Das deutsche Künstlerdrama: Von der Aufklärung bis zur Gegenwart [Reprint 2013 ed.] 9783110913323, 9783110181531

This study drafts a history of German dramas dealing with artists.  The thread running through the study is that of the

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German Pages 302 [304] Year 2004

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Table of contents :
Einleitung: Der Künstler auf der Bühne
I. Vorläufiger Beginn. Weiße: Die Poeten nach der Mode
II. Notwendigkeit und Verklärung. Goethe: Des Künsders Erdewallen
III. Die Verleihung des Genies. Tieck: Die Sommernacht
IV. Die Disproportion des Talents mit dem Leben. Goethe: Torquato Tasso
V. Die Macht der Farben. Oehlenschläger: Correggio
VI. Der Sprung vom Felsen. Grillparzer: Sappho
VII. Der Künsder als Verführer. Immermann: Petrarca
VIII. Finales Kunstgespräch. Halm: Camoens
IX. Die Tendenz des Melodrams. Holtei: Lorbeerbaum und Bettelstab
X. Dramatische Insubordination. Laube: Die Karlsschüler
XI. Der Künstler im Verhältnis zur Öffentlichkeit. Hebbel: Michel Angelo
XII. Regelwerk und Innovation. Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg
XIII. Vollendung der Schönheit. Hofmannsthal: Der Tod des Tizian
XIV. Kunst und Krise. Hauptmann: Michael Kramer
XV. Ekstatische Expressionen. Sorge: Der Bettler
XVI. Der verfemte Autor. Jahnn: Thomas Chatterton
XVII. Erfolgreiches Scheitern. Dürrenmatt: Der Meteor
XVIII. Kunst und Politik. Weiss: Hölderlin
XIX. Der Künstler im Konjunktiv. Jandl: Aus der Fremde
XX. Meisterschaft und Negativität. Bernhard: Über allen Gipfeln ist Ruh
Ausblick
Chronologie
Bibliographie
Namenregister
Werkregister
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Das deutsche Künstlerdrama: Von der Aufklärung bis zur Gegenwart [Reprint 2013 ed.]
 9783110913323, 9783110181531

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Uwe Japp Das deutsche Künstlerdrama

Uwe Japp

Das deutsche Künstlerdrama Von der Aufklärung bis zur Gegenwart

w DE

Walter de Gruyter · Berlin · New York

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 3 - 1 1 - 0 1 8 1 5 3 - 3 Bibliografische

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Der Deutschen

Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

© Copyright 2004 by Walter de Gruyter G m b H & Co. KG, D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Berlin

Für G.

„Ein Drama wissen Sie von Ihrer Feder aufgeführt an einer ersten Bühne" Verleger zu Moritz Meister, in: Thomas Bernhard, LIber allen Gipfeln ist Ruh (10. Szene)

Vorwort Die vorliegende Untersuchung beansprucht keineswegs, eine auch nur annähernd lückenlose Geschichte des deutschen Künsderdramas zu sein. Das ist auf dem in Anspruch genommenen Raum weder möglich noch sinnvoll. Nach vorsichtigen Schätzungen gibt es ca. zweihundert Dramen, die hier Einschlägigkeit beanspruchen können, wahrscheinlich noch mehr. Insbesondere das 19. Jahrhundert, die eigentliche Hochzeit der Gattung, hat zahlreiche Schauspiele (Tragödien, Komödien, Dramolette, Melodramen, Festspiele u. a.) hervorgebracht, die sich mit Künsdern aller Art beschäftigen. Viele dieser Texte sind heute vergessen, häufig zu Recht. Hier geht es um einen theoriegeleiteten Überblick, der das Ganze perspektiviert, ohne das Einzelne zu marginalisieren. In diesem Sinne werden im Folgenden zwanzig Interpretationen vorgelegt, die den gesamten in Betracht kommenden Zeitraum - von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart (anders gesagt: von Goethe [bzw. Weiße] bis Bernhard) — abdecken, zumindest ihm entstammen. Darüber hinaus werden weitere zum Thema gehörende Stücke im Zusammenhang erörtert. Eine Definition des Gegenstandes wird in der Einleitung gegeben. Ebenfalls findet sich hier eine Grundlegung des gesamten Unternehmens sowie eine Erläuterung der Kriterien der Auswahl. Wenn im Titel vom 'deutschen' Künsderdrama die Rede ist, so wird hiermit auf die sprachliche Verfaßtheit der untersuchten Texte aufmerksam gemacht. Nicht eine nationale, sondern eine disziplinäre Grenze wurde beachtet. Ein kurzer Ausblick berücksichtigt neueste Tendenzen. Eine Untersuchung wie die vorliegende kann nicht ohne Unterstützung zahlreicher (zumindest verschiedener) Institutionen und Personen durchgeführt werden. Mein besonderer Dank gilt deshalb den Bibliotheken der Universitäten Regensburg und Karlsruhe (hier speziell der Badischen Landesbibliothek) und den Kolleginnen und Kollegen sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der jeweiligen Institute, die durch Rat und Tat wenn nicht das Gelingen, so doch die Möglichkeit des Abschlusses des vorliegenden Buches befördert haben. Der Universitätsgesellschaft Karlsruhe schulde ich Dank für einen namhaften Druckkostenzuschuß. Schließlich danke ich dem de Gruyter Verlag für die Aufnahme des Buches in sein Programm. Karlsruhe, 2004

Uwe Japp

Inhalt Einleitung: Der Künstler auf der Bühne

1

I. Vorläufiger Beginn Weiße: Die Poeten nach der Mode

20

II. Notwendigkeit und Verklärung Goethe: Des Künstlers Erdewallen

27

III. Die Verleihung des Genies Tieck: Die Sommernacht

40

IV. Die Disproportion des Talents mit dem Leben Goethe: Torquato Tasso

51

V. Die Macht der Farben Oehlenschläger: Correggio VI. Der Sprung vom Felsen Grillparzer: Sappho VII. Der Künsder als Verfuhrer Immermann: Petrarca VIII. Finales Kunstgespräch Halm: Camoens EX. Die Tendenz des Melodrams Holtei: Lorbeerbaum und Bettelstab X. Dramatische Insubordination Laube: Die Karlsschüler

71 87 105 117 130 145

ΧΠ

Inhalt

XI. Der Künstler im Verhältnis zur Öffentlichkeit Hebbel: Michel Angelo XII. Regelwerk und Innovation Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg

155 167

XIII. Vollendung der Schönheit Hofmannsthal: Der Tod des Tizian

183

XIV. Kunst und Krise Hauptmann: Michael Kramer

197

XV. Ekstatische Expressionen Sorge: Der Betder

209

XVI. Der verfemte Autor Jahnn: Thomas Chatterton

218

XVII. Erfolgreiches Scheitern Dürrenmatt: Der Meteor XVIII. Kunst und Politik Weiss: Hölderlin XIX. Der Künsder im Konjunktiv Jandl: Aus der Fremde XX. Meisterschaft und Negativität Bernhard: Über allen Gipfeln ist Ruh

227 235 243 251

Ausblick

263

Chronologie

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Bibliographie

269

Namenregister

285

Werkregister

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Einleitung: Der Künstler auf der Bühne Auf der Suche nach einem neuen dramatischen Plan schrieb Schiller am 19. März 1799 an Goethe: "Neigung und Bedürfniß ziehen mich zu einem frei phantasierten, nicht historischen und zu einem bloß leidenschaftlichen und menschlichen Stoff; denn Soldaten, Helden und Herrscher habe ich vor jetzt herzlich satt."1 Wenn die Neigung oder Abneigung gegenüber bestimmten dramatis personae als ein selektives Kriterium gelten darf, dann hätte Schiller folglich auch einen Künsder in den Mittelpunkt seines nächsten Dramas stellen können, wie das Goethe mit seinem Torquato Tasso getan hat (wenngleich der Stoff gerade nicht frei phantasiert war, sondern zu großen Teilen historischen Quellen entstammte). Schiller hat diese Möglichkeit nicht ergriffen. Vielmehr hat er das Königinnendrama um Maria Stuart und Elisabeth von England verfaßt, in dem bekanntlich Soldaten, Helden und Herrscher in großer Zahl vorkommen. Andere Autoren sind hingegen, einem Impuls der Zeit folgend, auf den Künstler als Gegenstand des Dramas aufmerksam geworden — und haben so die Geschichte des Künsderdramas begründet, deren Verlauf sich vom späten 18. Jahrhundert bis in unsere Gegenwart beobachten läßt. Damit das Künstlerdrama entstehen konnte, genügte es freilich nicht, daß der eine oder andere Autor der zahlreichen Soldaten, Helden und Herrscher auf der Bühne überdrüssig wurde. Vielmehr mußte der Künsder an sich zu einem Gegenstand des poetologischen und poetischen Interesses avancieren. Die Voraussetzungen für dieses Interesse wurden im Zusammenhang der sog. Genie-Epoche geschaffen. Indem das Nachdenken über das Genie nicht nur dessen Verklärung zum Inhalt hatte, sondern auch auf spezifische Grenzen und Gefährdungen aufmerksam machte, kamen jene Konfliktpotentiale in den Blick, die das Thema für eine dramatische Behandlung geeignet erscheinen ließen. Goethe hat den zentralen Konflikt des Künst-

Schilkrs Werke. Nationalausgabt, hg. v. L. Blumenthal u. B. v. Wiese, Bd. 30, Weimar 1961, S. 39.

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Einleitung

lerdramas am Beispiel des Tasso als die "Disproportion des Talents mit dem Leben" bezeichnet.2 Viele sind ihm darin gefolgt. Künsderdramen sind literarische Werke, die einen Konflikt um einen schöpferischen Protagonisten auf bühnenwirksame Weise zur Darstellung bringen.3 In dieser behelfsmäßigen Definition macht sich eine zweifache Spezialisierung oder Einschränkung bemerkbar. Denn erstens ergibt eine noch so vollständige Geschichte des Künstlerdramas nur eine Teilmenge der Dramengeschichte (während diese wiederum nur eine Teilmenge der Literaturgeschichte ausmacht). Zweitens werden Künsderprobleme mit literarischen Mitteln nicht nur im Drama behandelt, sondern auch im Roman, in der Erzählung und im Gedicht. Eine literaturgeschichtliche Betrachtung des Künsderdramas hat es folglich nicht mit allen möglichen Dramen und Künsdern zu tun, sondern nur mit solchen Dramen, die einen Künsder zum Protagonisten haben, und nur mit solchen Künsdern, die sich — wie auch immer — zu einer dramatischen Darbietung qualifiziert haben. Zwar ist diese Konfiguration - zumindest seit dem späten 18. Jahrhundert — nicht selten, sie ist aber auch nicht das Gewöhnliche. Ähnlich wie im Leben ist der Künsder im Drama mit einer Aura des Exzeptionellen ausgestattet, als deren tieferer Grund die unberechenbare Gabe des Talents erscheint. Unberechenbar ist das Talent deshalb zu nennen, weil es sowohl zur Beglückung als auch zur Gefährdung und sogar zur Vernichtung des Künsders ausschlagen kann, je nachdem, ob es dem Künsder gelingt, einen Ausgleich zwischen sich und der Welt bzw. dem Leben herzustellen. Umgekehrt ist allerdings auch zu fragen, ob das Leben zu einer bestimmten Zeit einen solchen Ausgleich überhaupt zuläßt. Wie dem auch sei, das Künsderdrama hat jedenfalls von Anfang an den Konflikt zwischen Talent und Leben zu seinem bevorzugten Gegenstand gemacht. Hierin ist folglich eine Konstante dieses speziellen Dramentypus zu erblicken, während sich die Vorstellungen vom Künsder und vom Leben im Laufe der Geschichte selbstverständlich nachhaltig gewandelt haben. Das Talent ist noch aus einem anderen Grund unberechenbar zu nennen: weil es sich nicht herbeizitieren läßt, sondern als eine Gabe er2 3

Goethes Werke. Hamburger Ausgabe, hg. v. E. Trunz, Bd. 5, München 1981», S. 500. Solche Protagonisten sind in der Regel Dichter, Maler oder Musiker. Prinzipiell sollte die Enumeration offengehalten werden, da mit einem gewissen Recht auch die Schauspielerdramen zu berücksichtigen sind, ferner speziellere und neuere Figurationen des Künsders auf der Bühne. Tatsächlich sind aber schon die Musikerdramen eher selten. Die Künstlerdramen exponieren in der überwiegenden Mehrzahl Dichter (bzw. Schriftsteller) und Maler. Vgl. pars pro toto Krista Jussenhoven-Trautmann, Tendenzen des Künstlerdramas in der Restaurationsepoche (1815-1848), Köln 1975, S. 1.

Der Künstler auf der Bühne

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scheint. Die Frage ist nur, welcher Instanz oder Macht sich die Gabe verdanken soll. Im Grunde gibt es hierauf nur zwei Antworten, dergestalt, daß entweder ein göttlicher oder ein natürlicher Einfluß geltend gemacht wird. Für den göttlichen Einfluß waren im antiken Denken die Musen verantwortlich.4 Die Musen ließen den Künsder am Wissen der Götter teilhaben. Der solchermaßen begeisterte (und privilegierte) Künsder konnte folglich vieles sehen und aussprechen, was anderen verborgen war. Diese Erklärung konnte allerdings nur solange überzeugen, wie sie geglaubt wurde. Bereits mit der Entstehung einer philosophischen Poetik und einer wissenschaftlichen Philologie verfiel sie der Skepsis.5 Die Musen wurden gleichsam überflüssig; was nicht verhindert hat, daß sie jahrhundertelang in den Reden über den Künsder gegenwärtig blieben (noch in Goethes Tasso werden sie gelegentlich angerufen). Die neuzeitliche Antwort auf die Frage nach der Herkunft des Talents verweist dagegen auf die Natur. So zum Beispiel in Kants berühmter Bestimmung des Genies: "Genie ist das Talent (Naturgabe), welches der Kunst die Regel gibt. Da das Talent, als angeborenes produktives Vermögen des Künsders, selbst zur Natur gehört, so könnte man sich auch so ausdrücken: Genie ist die angeborene Gemütslage (ingenium), dunh welche die Natur der Kunst die Regel gibt."6 Gemäß der Kantischen Betonung der Wirkung interessiert hier die Herkunft des Talents nur am Rande. Uberspitzt könnte man sagen: Obwohl das Talent in der Lage ist, Regeln zu geben, erscheint es selbst als das Resultat eines Zufalls. Die neuzeitliche Erklärung hat insgesamt (für den Künsder) den Nachteil unverbindlicher Abstraktheit, während der antike Mythos eine gleichsam familiäre Korrespondenz zwischen Künsdern und Göttern suggerierte. Es verwundert deshalb nicht, daß in den Künsderdramen immer wieder einmal an den göttlichen Einfluß erinnert wird. Freilich handelt es sich mehr um eine mythologische façon de parier in einem nachmythologischen Zeitalter denn um eine substantielle Überzeugung. Eine Ausnahme machen hier nur solche Dramen, die einen antiken Künsder oder eine antike Künsderin auf die Bühne bringen (z. B. Grillparzers Sappho). Hier können zumindest die Protagonisten sich in einem authentischen Kontakt mit den Göttern wähnen. Unter modernen Bedingungen verwandelt sich hingegen ein solcher Kontakt in ebenso na-

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Vgl. Eike Barmeyer, Die Musen. Eiη Beitrag r Inspirationsthtorie, München 1968, S. 53ff. Vgl. Heinz Schlaffer, Poesie und Wissen. Die Entstehung des ästhetischen Beumßseins und der phibbgschen Erkenntnis, Frankfurt/M. 1990, S. 76ff. Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft, hg. v. K. Vorländer, Hamburg 1968, S. 160.

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Einleitung

türliche wie unbegreifliche Kontingenz.7 Immerhin verdienen die Variationen des Themas das Interesse des Historikers. Wenn im Drama Soldaten, Helden und Herrscher auftreten, dann ist damit eine vorläufige Orientierung über die Situation dieser dramatis personae in ihrer Welt gegeben. Das verhält sich zunächst mit dem Künstler auf der Bühne nicht anders.8 Der Unterschied besteht indes darin, daß mit dem Auftritt des Künsders eine selbstbezügliche Struktur in das Drama hineinkommt, wenn und insofern der Autor, der den Künsder auf die Bühne gestellt hat, seinerseits beansprucht, Künstler zu sein. Ein solcher Anspruch ist zweifellos der Normalfall — und zwar auch dann, wenn sich herausstellen sollte, daß der Künsder auf der Bühne letztlich kein wirklicher Künsder ist, sondern ein Dilettant, ein Neurastheniker usw. Allerdings leuchtet ein, daß die Struktur der Selbstbezüglichkeit, die alle Künstlerdramen begleitet, unterschiedlich ausgeprägt ist, je nachdem, ob der Künsder als Musiker, als Maler oder als Dichter die Bühne betritt. Zwar figurieren auch der Musiker und der Maler als Künsder in einem Kunstwerk, sie bedienen sich aber bei ihren Hervorbringungen eines anderen Mediums. Dagegen wiederholt sich die sprachliche Verfaßtheit des Künstlerdramas in den Werken und Reden des Dichters auf der Bühne. Die postulierte Selbstbezüglichkeit potenziert sich also, wenn das Künsderdrama als Dichterdrama erscheint. Es handelt sich dabei nicht nur um eine strukturelle Symmetrie. Vielmehr ist von der Seite des Inhalts her zu fragen, inwieweit das Drama überhaupt geeignet ist, die Werke der Musiker und Maler zur Darstellung zu bringen, ohne die Grenzen des Dramas zu überschreiten. Immerhin besteht der auf der Hand liegende Vorteil der Dichterdramen darin, daß die Werke der Dichter im Drama 'zitiert' werden können. Allerdings stellt sich hierbei die abermals komplizierende Frage, welcher Art die Dichtungen sind, die die Dichter in den Dichterdramen produzieren bzw. produzieren wollen. Tasso ist Epiker, Petrarca Lyriker, Schwitter Dramatiker, Moritz Meister Verfasser einer Roman-Tetralogie. Die symmetrischste und zugleich virtuoseste Konstellation besteht offenbar darin, den Dichter im Drama bzw. auf der Bühne als Verfasser von Dramen auftreten zu lassen, die dem Drama, in dem er eine Rolle spielt, weitgehend ähnlich sind. Zwar gibt es diese Konstellation tatsächlich (z. B. bei Jandl), in der Regel sind aber die wirklichen Autoren andere, weniger virtuose Wege gegangen; unter anderem deshalb, weil hierbei die hiVgl. dazu Ernst Kris/ Otto Kurz, Die Legende vom Künstler. Ein geschichtlicher Versuch, Frankfurt/M. 1980, S. 52ff. Die Rede vom "Künstler auf der Bühne' ist selbstverständlich nicht im strengen Sinne zu verstehen. Gemeint ist die textuelle Konfiguration. Tatsächlich sind einige der hier interessierenden Künstlerdramen nie aufgeführt worden.

Der Künstler auf der Bühne

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storischen Vorbilder disziplinierend wirksam wurden. Einen vergleichbaren Aufschwung selbstbezüglicher Strukturen bietet schließlich, um dies hier zumindest zu erwähnen, das Schauspielerdrama, in dem Schauspieler die Rollen von Schauspielern agieren. Das Schauspielerdrama nimmt aber im Zusammenhang des Künsderdramas deshalb eine Sonderstellung ein, weil der Schauspieler in der Regel zu den reproduzierenden Künsdern gehört. Eine Ausnahme von dieser Regel hat Thomas Bernhard vorgestellt: mit der Figur des Bruscon, der in sich die Talente des Schauspielers, des Dichters und des Theatermachers vereint.9 Gattungstheoretisch ist das Dichterdrama ein Subgenre des Künsderdramas. Mit dem Begriff des Künsders verbindet sich die Vorstellung, nur Künstler zu sein. Wie dies möglich sein können soll, ist das Thema zahlreicher Künsderdramen, gleichgültig, ob in ihnen Maler, Bildhauer, Musiker oder Dichter auftreten. Die andere allgemeine Frage lautet, ob der Künsder wirklicher Künsder sei. Auch diese Frage wird in zahlreichen Künsderdramen akut. Gewissermaßen als Antwort auf beide Fragen hat Lenz in seinem Pandämonium Germanicum Goethe ausrufen lassen: "Ich bin Künsder dumme Bestien und verlangte nie mehr zu sein."10 Zwar ist diese Bemerkung gerade gegen die übersteigerten Äußerungen der Journalisten (die in der Folge selbst Künsder werden wollen) gerichtet, gleichwohl bringt sie die emphatische Vorstellung vom freien und wirklichen Künstler auf einprägsame Weise zum Ausdruck. Nun ist Goethe in Lenz' dramatischer Skizze vor allem eins: Dichter. Daß er sich hier selbst als Künsder bezeichnet, ist deshalb nicht nur im generischen Sinn zu verstehen. Eine solche Bedeutung hat hingegen Oehlenschläger seinem Correggio in den Mund gelegt, wenn dieser die Bilder eines Traums mit den folgenden Worten resümiert: "Ringsum im Gras sah ich um mich versammelt / Die größten Künsder alter, neuer Zeit, / Dichter, Bildhauer, Mahler, Architekten."11 Der Künsderbegriff firmiert hier ganz selbstverständlich als Rubrum, unter dem die Exponenten der verschiedenen Künste versammelt werden. Andererseits hat gerade Oehlenschläger seinen Helden nachdrücklich über den Unterschied zwischen dem Maler und dem Dichter reflektieren lassen; mit dem Argument, daß der Maler sich von seinen Bildern trennen müsse, während der Dichter seine Werke immer um sich versammelt haben könne.12 Eine ebenfalls rubrizierende Sicht auf das Verhältnis des Künsders zum Dichter findet sich schließlich, um hier 9 10 11

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Thomas Bernhard, Oer Theatermacher, Frankfurt/M. 1984. Jakob Michael Reinhold Lenz, Pandemónium Germanicum, in: ders., Werke und Briefe, hg. v. S. Damm, Leipzig 1987, Bd. 1, S. 255. Adam Oehlenschläger, Correggio. Ein Trauerspiel, Stuttgart/Tübingen 1816, S. 156. Ebd., S. 19f.

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Einleitung

noch ein aktuelleres Beispiel anzuführen, in Thomas Bernhards DichterKomödie Über allen Gipfeln ist Ruh. Hier bemerkt der Protagonist mit dem sprechenden Namen Moritz Meister: "der schöpferische Künsder und vornehmlich der Dichter / oder Schriftsteller hat sich dem Thema zu stellen / alles andere ist unwichtig".13 Der Wandel der Zeiten macht sich hier vornehmlich in der substituierenden Benennung des Dichters als Schriftsteller bemerkbar. Zusammenfassend ist zu sagen, daß die Dichterdramen aus zweifacher Perspektive als Künsderdramen anzusehen sind, je nachdem, ob der emphatische oder der rubrizierende Künsderbegriff zugrundeliegt. Der emphatische Künsderbegriff exponiert den T)ichter als Künsder', der rubrizierende Künsderbegriff individualisiert den 'Künsder als Dichter'. Die Begriffskonkurrenz zwischen dem Dichter und dem Schriftsteller hat eine typologische und eine historische Facette. Ähnlich wie dem Künsderbegriff, der in einem allgemeinen Sinn alle Künsder, in einem speziellen Sinn aber nur den bildenden Künsder bezeichnet, eignet auch dem Begriff des Dichters die Zweideutigkeit, einerseits alle Wortkünsder', andererseits nur den Lyriker namhaft zu machen. Dies ist das typologische Problem, das gelegentlich noch dahingehend zugespitzt wird, daß der Dichter einer Berufung folge, während der Schriftsteller einen Beruf ausübe.14 Eine solche Sicht der Dinge impliziert allerdings Werturteile, die vom historischen Sprachgebrauch ad absurdum geführt werden. Zwar bezeichnet in der Goethezeit der Begriff des Dichters die qualitative Spitze des Schriftstellertums; aber im Laufe des 19. und erst recht dann im 20. Jahrhundert setzt sich mehr und mehr der Begriff des Schriftstellers als die allgemeinere und vor allem nüchternere Bezeichnung durch. Manche Autoren reagieren geradezu allergisch auf den Dichterbegriff und bevorzugen ostentativ handwerkliche Ausdrücke. Dies verhindert aber nicht, daß der Begriff des Dichters weiterhin, wenn auch auf schwankende Weise, in Gebrauch bleibt. Mit den Künsderdramen, insofern sie Dichter oder Schriftsteller exponieren, verhält es sich so, daß während des 19. Jahrhunderts der Dichter dominiert. Erst im 20. Jahrhundert — und genau besehen auch hier erst in der zweiten Hälfte — läßt sich dann eine deutliche Bevorzugung des Schriftstellers bemerken (ζ. B. bei Botho Strauß, Ernst Jandl oder Thomas Bernhard). Das heißt allerdings auch in diesem Fall nicht, daß der Dichter im 20. Jahrhundert von der Bühne verschwindet. Thomas Bernhards Dichtertag aus dem Jahr 1981 und Friedrich Dürrenmatts Dich13 14

Thomas Bernhard, Über allen Gipfeln ist 'Ruh. Ein deutscher Oichtertag um 1980. Komödie, Frankfurt/M. 1981, S. 62. Vgl. Klaus Schröter, "Der Dichter, der Schriftsteller. Eine deutsche Genealogie", in: AkZentt 20,1973, S. 168-188.

Der Künstler auf der Bühne

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terdämmerung (in der überarbeiteten Fassung) aus dem Jahr 1980 belegen vielmehr die Kontinuität des Dichterdramas in Zeiten der Schriftstellerkonjunktur.15 Ohnehin gehen die Begriffe gelegentlich durcheinander, so daß eine strenge Unterscheidung zwischen Dichter- und Schriftstellerdramen nicht immer gelingen will. So wird ζ. B. im Personenverzeichnis des 1833 uraufgefiihrten Holteischen Erfolgsstücks Lorbeerbaum und Bettelstab der Held als "Schriftsteller" bezeichnet, während er im Stück durchgehend als "Dichter" angesprochen wird. Darin, daß im überwiegenden Teil der hier interessierenden Stücke der Begriff des Dichters als die passende Benennung begegnet, liegt die Berechtigung, von der Geschichte des Dichterdramas zu sprechen. Vorausgesetzt, wir verstehen dies in einem okkasionellen Sinn, der von Fall zu Fall auch die Aufmerksamkeit auf den Schriftsteller und das ihn betreffende Drama zuläßt. Der Begriff des Künstlerdramas scheint nun gerade den Vorteil zu haben, von den genannten terminologischen Problemen zu entlasten, indem die verschiedensten Künsdergestalten unter einen Namen summiert werden können. Eine solche unifizierende Sicht, der Dichter, Bildhauer, Maler, Architekten und Musiker mehr oder weniger gleich gelten, vernachlässigt allerdings die Spezifik der Künstler und ihrer dramatischen Konflikte. Schon der von Oehlenschläger bzw. Correggio namhaft gemachte Unterschied zwischen dem Maler und dem Dichter verweist auf zwei durchaus divergente Problemhorizonte. Dabei ging es hier nur um das Verhältnis des Künstlers zu seinen Werken nach der Hervorbringung, nicht um den Akt der Hervorbringung selbst. Daß Tasso beim Schreiben andere Probleme hat als Correggio beim Malen, daß beide in anderen diskursiven Zusammenhängen stehen und sich mit unterschiedlichen Traditionen auseinandersetzen, sollte einleuchten. Hinzu kommen Differenzen technischer Art: Man versuche einmal, die Handlung des Hebbelschen Michel Angelo auf einen Dichter zu übertragen. Die unifizierende Sicht auf das Künsderdrama gleicht deshalb den gemischten Gesellschaften in manchen Dramen, in denen Maler und Dichter zusammentreffen, um ihres gemeinsamen Abstandes von der Welt der Philister gewahr zu werden. Gewiß gibt es zahlreiche Ubereinstimmungen zwischen den verschiedenen Künstlergestalten. Sie betreffen aber in erster Linie das Verhältnis des Künsders zur Welt (zur Macht, zum Geld, zur Liebe usw.). Weniger kommen auf dieser Ebene die Belange ihrer Kunst in den Blick: die Poetik des Dichters oder die Ästhetik des Malers. Das stärkste Argument für

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Allenfalls wäre hier der Vorbehalt zu machen, daß der Begriff des Dichters gegen Ende des 20. Jahrhunderts zunehmend in einem ironischen Sinn begegne. Bei Thomas Bernhard und Friedrich Dürrenmatt scheint dies so zu sein.

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Einleitung

eine differenzierende Sichtweise liegt aber in den unterschiedlichen Graden der Selbstbezüglichkeit. Ein Dichter, der in einem Drama einen Dichter über Literatur sprechen läßt, liefert ein Beispiel auf die Spitze getriebener Autoreflexivität; während die Darstellung eines Malers oder Bildhauers auf der Bühne immer den Akt einer medialen Übertragung impliziert. Diese Unterschiede sind also im Auge zu behalten. Die Geschichtsschreibung des Künstlerdramas hat sich in der Vergangenheit vorwiegend einer unifizierenden Sicht- und Darstellungsweise bedient.16 Dabei liegt die zweifellos richtige Überzeugung zugrunde, daß zu den Künsdern nun einmal die Dichter, Maler, Bildhauer, Musiker usw. gehören. Und da alle diese Künsdergestalten in dramatischer Form präsentiert worden sind, müsse die Einheit der Gattung eben auf diesem Niveau der Abstraktion gesucht werden. Daß es sich bei diesen Überlegungen um nominalistische Fiktionen handelt, ist leicht einzusehen, wenn man eine wiederum abstraktere Position bezieht. Dann ist nämlich gegen die historiographische Konzentration auf das Künsderdrama einzuwenden, daß es sich um eine willkürliche, allein vom Gattungsinteresse diktierte Verengung der Perspektive handle, die notwendig die ganzheitliche Dimension des Künsderproblems in der Literatur verfehlen müsse. Erforderlich sei deshalb die Behandlung des Künsderproblems in allen Gattungen; und wenn schon die Beschränkung auf eine Gattung als sinnvoll angesehen werde, so sei jedenfalls - aus noch zu erörternden Gründen der Roman ein geeigneterer Gegenstand als das Drama. Wie inkonsistent diese Position ihrerseits ist, läßt sich daran bemerken, daß im gleichen Zuge die Spezialisierung auf den "bildenden Künsder" als sinnvolle Demarche der Forschung ausgegeben wird.17 Natürlich ist es ein Leichtes, die Literatur schlechthin als den adäquaten Horizont einer thematologischen Untersuchung zu postulieren. Etwas anderes ist die Ausführung. Eine erschöpfende Darstellung des Künsderproblems in der Weltliteratur steht jedenfalls noch aus. In allen hier zu erwähnenden Fällen handelt es sich letztlich um mehr oder weniger mikrologische Studien, die die Wahl und die Begrenzung ihres Themas in der Auseinandersetzung mit dem Gegenstand zu rechtfertigen haben. Es ist wiederholt gegen das Künsderdrama geltend gemacht worden, es herrsche hier ein Widerspruch zwischen dem Gegenstand und der Gat-

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Vgl. Helene Goldschmidt, Das deutsche Känstlerdrama von Goethe bis R. Wagner, Weimar 1925; Erna Levy, Die Gestalt des Künstlers im deutschen Drama von Goethe bis Hebbel, Berlin 1929; R. S. Collins, The artist in modern German drama (1885-1930), Baltimore 1940. Siehe Käte Laserstein, Die Gestalt des bildenden Künstlers in der Dichtung, Berlin/Leipzig 1931, S. 2ff.

Der Künstler auf der Bühne

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tung.18 Denn es interessiere am Künstler nicht sein Leben, sondern das Werk, dies aber könne im Drama nicht zur Darstellung gelangen. Es ist hierauf zu erwidern, daß dieser Einwand allzu sehr auf die historischen Künsderdramen fixiert ist, da nur bei solchen ein 'interessantes' Werk überhaupt vorliegt, während es bei den fiktiven Künsdern imaginiert werden muß. Daß aber das Leben der Künstler nicht interessiert, ist ein autoritativer Irrtum. Tatsächlich thematisieren alle Künsderdramen die Instanz des Lebens. Freilich interessiert hier nicht der simple Lebenslauf, sondern die konfliktgeladene Relation zwischen Kunst (bzw. Talent) und Leben. Der grundsätzlichere Einwand gegen das Künsderdrama setzt denn auch das Interesse am Leben des Künsders voraus, moniert aber, daß sich die verschlungenen Lebenslinien dem vergegenwärtigenden Zugriff des Dramas entziehen. Soweit es sich darum handelt, das extensive Nacheinander von Entstehung, Entdeckung und Entwicklung des Talents nachzuzeichnen, ineins mit den jeweils begegnenden Krisen, Katastrophen oder Lösungen, ist allerdings zuzugeben, daß hierzu der Roman (und allenfalls die Novelle) geeigneter sei. Die Kunst des Dramatikers besteht aber gerade, sofern es Kunst ist, darin, das epische Nacheinander zur dramatischen Präsenz zu verdichten und zuzuspitzen. Es sind deshalb vornehmlich die Entscheidungssituationen, die im Künsderdrama zur Gestaltung gelangen. Mit einem gewissen Recht ist deshalb erstens vom Künsderdrama zu verlangen, daß es überhaupt einen Konflikt zur Darstellung bringe, zweitens, daß dieser Konflikt sich aus der Besonderheit des Künsders bzw. seiner Kunst ergebe. So verhält es sich etwa in Goethes Tasso und Grillparzers Sappho. Dagegen lassen die Künsderdramen des 20. Jahrhunderts — z. B. Thomas Bernhards Deutscher Dichtertag — eine solche konfliktuöse Signatur gelegentlich vermissen. Es heißt dies aber nicht, daß sie damit unter das jeweils geltende Maß des Künsderdramas gegangen sind. Vielmehr ist zu berücksichtigen, daß sich die Form des Dramas selbst gewandelt hat; ganz abgesehen von generischen Unterschieden, die etwa das Neben- oder Gegeneinander des Tragischen und Komischen im Drama betreffen. In der Diskussion über die Vorzüge oder Nachteile des Künsderdramas gegenüber dem Künsderroman lassen sich zwei divergierende Positionen bemerken: eine solche, die den Vorrang des Romans kategorisch behauptet, und eine solche, die beiden Gattungen gleiche Rechte zugesteht, wobei selbstverständlich ist, daß diese Rechte auf unterschiedliche Weise wahrgenommen werden. Die Prävalenz des Künsderromans gegenüber dem Künsderdrama hat als erster Ludwig Tieck in seiner Besprechung des Oehlenschlägerschen Correggio behauptet; und man kann sagen, Vgl. Goldschmidt, Oos deutsche Kiinstlerdrama von Goethe his R. Wagner, S. 7ff.

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Einleitung

daß die Mehrzahl der Späteren nicht viel mehr als Variationen dieser Quelle gegeben hat.19 Eine bemerkenswerte Bestätigung hat die zweite — ausgleichende - Position durch Herbert Marcuse erfahren. Marcuse exponiert zunächst die konfliktuöse Signatur des Künsderdramas: "Wo es sich von vornherein um Überwindung eines Zwiespalts, um den Versuch einer Versöhnung von Gegensätzen, eines Ausgleichs und Angleichs, um eine wesentlich von der Umwelt bestimmte Wirkung handelt, kommt das Drama als Kunstform nicht in Betracht: bedeutet es doch gerade Bejahung des Kampfes, Aufeinanderprall von Subjekt und Objekt. Wo daher das Drama eine dem Künsdertum wesentlich zugehörende Problematik gestaltet, wird es die Gegensätze in letzter Steigerung zusammenballen: die Zweiheit von Kunst und Leben, Künsdertum und Menschentum zu einem akuten Konflikt in symbolisch zusammengedrängter Form anschwellen lassen."20 Bemerkenswert ist hieran vorab nicht so sehr die Betonung des Konflikts in bezug auf das Künsderdrama (dies leuchtet ja gattungstheoretisch ein); erstaunlich ist vielmehr, daß dem Künsderroman eine allgemeine Tendenz zur Versöhnung zugesprochen wird. Der Grund für diese Argumentation liegt nun nicht auf gattungstheoretischem, sondern geschichtsphilosophischem, letztlich sogar metaphysischem Gebiet. Mit der Aufklärung, zugleich aber gegen den rationalistischen Impetus der Aufklärung, soll sich die Befreiung des künsderischen Ichs" vollzogen haben, so allerdings, daß der Künsder sich in einem leidvollen Gegensatz zu seiner Umwelt gefunden habe. Hier setze der Künsderroman ein, indem er den Gegensatz reflektiere und mit Notwendigkeit eine neue Einheit erstrebe. Irgendwie müsse eine Lösung gefunden werden, da der Gegensatz so schmerzlich sei, daß er auf Dauer nicht ertragen werden könne, vielmehr Künsdertum und Menschentum zerstören müsse. Die These mag allgemeinmenschlich einleuchten, gattungstheoretisch fundiert ist sie nicht. Vielmehr scheint hier die Erinnerung an den besonderen Bildungsgang Wilhelm Meisters nachzuwirken. De facto wird die avisierte Versöhnung auf epischen Wegen denn auch nicht — zumindest nicht in jedem Fall — zustande gebracht, wie etwa ein Blick auf das desaströse Schicksal Anton Reisers zu zeigen vermag.21 Die Geschichte des Künsderromans ist jedenfalls mit der metaphysischen Einheitssehnsucht nicht lückenlos zur Deckung zu bringen. Auch im Künsderroman kommt es gelegentlich zum 19 20 21

Ludwig Tieck, "Oehlenschlägers 'Correggio'", in: ders., Kritische Schriften, Bd. 4, Leipzig 1852, S. 270ff. Herbert Marcuse, Der deutsche Künstlerroman, in: ders., Schriften, Bd. 1, Frankfurt/M. 19812, S. 18. Über Karl Philipp Moritz' Roman heißt es bei Marcuse: "Eine Lösung wird nicht gefunden." Ebd., S. 32.

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Beharren des Zwiespalts und der Zerrissenheit. Umgekehrt ist, wie schon angedeutet, das Konfliktpotential des Künstlerdramas nicht in allen Fällen gleich mächtig; wofür im 20. Jahrhundert unter anderem die parodistische Transformation der Gattung verantwortlich zu machen ist. Die Abgrenzung des Künsderromans von der Künsdernovelle ist hier von Interesse, weil sie mit ähnlichen gattungstheoretischen Argumenten begründet wird wie die Unterscheidung des Künsderromans vom Künstlerdrama. Der Roman beeindruckt, kurz gesagt, durch narrative Totalität, das Drama durch szenische Gegenwärtigkeit. Insofern die szenische Gegenwärtigkeit des Dramas weiterhin durch eine ihr eigentümliche Konzentration auf die entscheidende Situation ausgezeichnet zu sein scheint, gleicht sie der Darbietungsform der Novelle, der man ja eine ähnliche Konzentration auf singuläre Schicksalsstunden oder unerhörte Begebenheiten nachsagt. Letztlich ist es also die situative Ausschnitthaftigkeit, gemessen an der Lebenstotalität, durch die sich das Drama und die Novelle aneinander annähern. Dem parteiergreifenden Gattungstheoretiker dienen diese Unterscheidungen dazu, den Künsderroman als die geeignetste Gattung zur Darstellung von Künsderproblemen herauszustellen. Die Novellisten und Dramatiker haben sich darum nicht gekümmert und vielmehr eigene Traditionen ausgebildet. Zur Genauigkeit der getroffenen Unterscheidungen ist zu sagen, daß es natürlich nicht allen Künsderromanen gelungen ist, die gewünschte narrative Totalität auszubilden: wie etwa die Erinnerung an Sternbalds Wanderungen oder an Heinrich von Ofterdingen, insbesondere an den fragmentarischen Zustand dieser Künsüerromane, zu zeigen vermag. Andererseits ist aber auch die Künsdernovelle nicht in jedem Fall auf solche Weise auf den einzelnen Vorfall fixiert, wie es dem Gattungstheoretiker wünschenswert erscheinen mag: Man denke an Tiecks Dichter/eben, wo die Grenze zwischen Novelle und Roman ohnehin zu verschwimmen droht, an Leopold Schefers Künstlerehe oder an Gottfried Kellers tìadlaub. Und auch dem Künsderdrama ist es selbstverständlich möglich — und erlaubt —, die Konzentration auf die entscheidende Situation auf eine Reihe mehr oder weniger locker miteinander verbundener Szenen zu verteilen (wie noch genauer zu sehen sein wird). Es ergibt sich daraus für das Künsderdrama die prinzipielle Unterscheidung zwischen dem Stationendrama und dem Drama der entscheidenden Situation. Gelegentlich wird gesagt, Goethe habe mit seinem Tasso das erste deutschsprachige Künsderdrama geschrieben.22 Das ist nicht ganz oder

Siehe Dieter Borchmeyer, "Tasso oder das Unglück, Dichter zu sein", in: Allerhand Goethe. Seine wissenschaftliche Sendung, ausAnlaß des 150. Todestages, hg. v. D. Kimpel u. a., Bern 1985, S. 67-88.

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nur in einem wertenden Sinn richtig. Denn erstens ist hier der Vorläuferrolle Christian Felix Weißes zu gedenken - und zweitens hat Goethe selbst Künstlerprobleme in dramatischer Form bereits vor dem Tasso behandelt. Sieht man einmal von Weißes aufgeklärter Dichterkomödie sowie dem gelegentlichen Auftreten des Künstlers bei Lessing ab, so kann mit Recht gesagt werden: "Das Künsderdrama entstand im Sturm und Drang, und zwar beim jungen Goethe."23 Zu denken ist hierbei an Goethes Künsderdramolette (Des Künstlers Erdewallen, Des Künstlers Vergötterung und Künstlers Apotheosè), aber auch an Clavigo. Clavigo ist, dem Sprachgebrauch der Zeit entsprechend, eher Schriftsteller als Dichter. Dies ist auch von dem Helden des Lenzschen Stückes Die Freunde machen den Philosophen zu sagen; obwohl dieser immerhin der Autor einer Tragödie ist, die sogar im Verlauf des Stücks zur Auffuhrung gelangt. Zwar werden beide, Clavigo und Strephon, weniger bei der eigentlichen Kunstproduktion beobachtet, vielmehr bedienen sie sich — versuchsweise — ihrer Werke im Kampf mit der Welt und der Liebe, gleichwohl kann hierin eine frühe Konfiguration des Künstlerdramas gesehen werden, eine Konfiguration, die als Kollision des Talents mit dem Leben im Laufe der Geschichte immer neuen Katastrophen und Lösungen zutreiben wird. Clavigo und Strephon sind zum Teil in recht äußerliche Verhältnisse verstrickt, auch gerieren sie sich mehr als Liebende denn als Künstler bzw. Dichter. Ganz im Vordergrund des Interesses steht der Dichter (der Dichter als Künstler und der Künsder als Dichter) hingegen in Lenz' Pandämonium Germanicum. Freilich gibt es kaum eine dramatische Handlung, da sich das Stück vielmehr als Satire und gelegentlich auch als Manifest präsentiert. Die Autoren des Sturm und Drang protegieren die Natur, die Tat und das Genie. Nun ist das Genie zwar reich an Worten, aber arm an Taten. Das hat zur Folge, daß der Künstler im Drama des Sturm und Drang, wenn er denn überhaupt auftritt, in eine zwielichtige Beleuchtung gerät: einerseits gefeiert als neuer Prometheus, andererseits perhorresziert als Repräsentant eines 'tintenklecksenden Säkulums'.24 Die Vergötterung des Künsders findet sich deshalb eher in Nebenwerken, Reden und programmatischen Schriften. Gleichwohl liegen in dieser Zeit die Gründe dafür, daß das Künsderdrama überhaupt entstehen und prosperieren konnte. Solange der Künsder als Könner und Kenner, als mehr oder weniger kompetenter Hersteller von Kunstwerken begegnete, eignete er sich na23 24

Goldschmidt, Das deutsche Künstlerdrama von Goethe bis R. Wagner, S. 11. Siehe Uwe Japp, "Lesen und Schreiben im Drama des Sturm und Drang; insbesondere bei Goethe und Lenz", in: Lesen und Schreiben im 17. und 18. Jahrhundert. Studien 3» ihrer Bewertung in Deutschland, England, Frankreich, hg. v. P. Goetsch, Tübingen 1994, S. 265-276.

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turgemäß nur bedingt als Mittelpunkt dramatischer Handlungen. Wird hingegen der Künsder als genialer Schöpfer (als alter deus oder "second maker") perzipiert, avanciert er zu einem privilegierten Medium der Weltaneignung, in dem sich Exzentrizität und Repräsentativität auf konfliktuöse und folglich spannende Weise mischen.25 Das literarische Avancement des Künstlers wird von einem sozialen Wandel begleitet. Denn die Proklamation des Genies fallt zusammmen mit der intendierten Emanzipation des Künstlers zum 'freien Künstler'.26 Dem solchermaßen profilierten Künsder wird eine gesteigerte Apperzeption zugetraut, die es ihm erlaubt, die Welt auf überlegene Weise zu durchdringen und zu gestalten. Zwar überlegen, aber auch repräsentativ. Deshalb ist das Drama des Künsders nicht nur ein Drama für Künsder, sondern ein Drama für alle Menschen, die sich in seinen gesteigerten Apperzeptionen wiederzuerkennen vermögen. Der Künstler als Apperzeptionstalent ist aber nur die eine Seite der Sache, die insbesondere in den zahlreichen Genietraktaten gezeigt wird. Die andere Seite ist die Exzentrizität des Künstlers, der aufgrund seiner besonderen Begabung in einen Gegensatz zum (gewöhnlichen) Leben gerät — bzw. geraten kann, je nachdem, ob wir uns in einer Tragödie oder in einer Komödie befinden. Die Genietraktate vernachlässigen diesen Zusammenhang, dagegen wird er im Künsderdrama zum bevorzugten Thema. Es handelt sich um den "malheur d'être poète", wie Grillparzer es genannt hat.27 Ein solches Unglück kann man sich zeidos denken. Indes leuchtet ein, daß es in einer Zeit, in der der Künsder aus tradierten Bindungen herausfallt oder heraustritt, eklatant wird. Dies ist im Sturm und Drang der Fall. Das Unglück, Dichter bzw. Künsder zu sein, kann auf eher äußerliche Weise daherkommen: als chronischer Geldmangel oder als Borniertheit des Publikums, wie in Künstlers Erdewallen. Es kann aber auch als szenische Durchleuchtung der seelischen (bzw. psychischen oder charakterlichen) Tiefendimension des Künsders begegnen, wie im Tasso. Immerhin eignet auch dieser Tiefendimension eine gesellschaftliche Oberfläche. Die Geschichte des Künsderdramas teilt mit der allgemeinen Literaturgeschichte das Charakteristikum des - vorläufig - offenen Endes. Hingegen läßt sich die Entstehung des Künsderdramas relativ präzise datie25

26 27

Vgl. Levy, Die Gestalt des Künstlers im deutschen Drama, S. 10. Ferner Jochen Schmidt, Die Geschichte des Genie-Gedankens in der deutschen Literatur, Philosophie und Politik 1745-1945, Bd. 1, Darmstadt 19882, S. 258. "Frei will ich sein im Denken und im Dichten, / Im Handeln schränkt die Welt genug uns ein", sagt Tasso, IV, 2. Goethes Werke. Hamburger Ausgabe, Bd. 5, S. 135. Dichter über ihre Dichtungen. Franç Grillparzer, hg. v. K. Pömbacher, München 1970, S. 103 (Grillparzer an Adolf Müllner, Ende Februar / Anfang März 1818).

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ren. Es käme folglich darauf an, eine strukturierte Verlaufsform zu (re-) konstruieren: von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis in unsere Tage. Dies geschieht gewöhnlich so, daß in die avisierte Zeitextension Epochen oder Perioden eingezeichnet werden, wobei es darauf ankommt, den Epochen oder Perioden eine möglichst dichte Kohäsion zuzuschreiben. Nun stellt ein solches Verfahren vor die bekannten Probleme der Literaturgeschichtsschreibung. Dazu gehört, daß die Probleme umso aufdringlicher werden, je spezieller die zu schreibende Geschichte ist. Dies kann etwa daran bemerkt werden, daß es auf der Ebene der Geschichte des deutschen Dramas nicht oder nur schwer gelingen will, die großen Einzelgänger - z. B. Grillparzer oder Hebbel - einer bestimmten Epoche zuzuordnen. Die historiographische Nodösung besteht dann darin, die Surindividualisten zwischen den Epochen zu postieren.28 So ergibt sich in der Folge das gemischte Bild einer Abfolge von Epochen und Personen, unterbrochen von Exkursen, die sich jeder Systematik entziehen. Ähnlich und noch extremer verhält es sich mit der wiederum spezielleren Geschichte des Künsderdramas. Unter anderem kommt es hier zu der Merkwürdigkeit, daß zwar die Klassik genannt werden könnte, dafüir aber nur ein Werk (Goethes Tasso) zur Verfugung stünde.29 Es gibt allerdings noch einen anderen Weg, der darin besteht, den Künsderdramen selbst zu folgen, um dann zu sehen, ob sich epochenspezifische Merkmale namhaft machen lassen. Im Grunde handelt es sich bei der Geschichte des deutschen Künsderdramas weniger um eine andere Geschichte, als darum, die Geschichte des deutschen Dramas anders zu lesen: eben unter einem speziellen Gesichtspunkt, der gleichwohl ein erstaunlich umfangreiches Textkorpus umfaßt. Wie umfangreich dieses Korpus tatsächlich ist oder sein soll, hängt von verschiedenen Entscheidungen ab. Was ein Künsderdrama ist, läßt sich definitorisch relativ genau sagen. Es läßt sich aber auch in Frage stellen, indem man qualitative Kriterien geltend macht und so die große Zahl der Epigonen ausschließt.30 Wer je alle Künsderdramen Deinhardsteins gelesen hat, wird diese Argumentation verständlich finden, schlüssig ist sie nicht. Einer verschärften Selektion könnte schließlich das gesamte Genre abhanden kommen, mit Ausnahme eines extrem exklusiven Höhen28 29

30

Vgl. z. B. Dieter Kafitz, Grundspge einer Geschichte des deutschen Dramas von Lessing bis Naturalismus, Frankfurt/M. 19892, S. 167ff. u. S. 207ff. Aus solcher Problemlage ergibt sich bei Erna Levy die Folge: Goethe, Romantik, Grillparzer, Junges Deutschland, Hebbel. Bei Helene Goldschmidt: Aufklärung und klassische Kunst, Romantik, Grillparzer, Junges Deutschland, Hebbel, Richard Wagner. (Siehe Anm. 16) So Levy, Die Gestalt des Künstlers im deutschen Drama, S. 145.

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kamms, der sich aber auch andernorts piazieren ließe. Es sind deshalb neben den bekannten auch weniger bekannte Beispiele des Genres zu berücksichtigen, insofern sie für die Geschichte des Künsderdramas interessant sind. Was nennen wir interessant? Erstens die individuellen Deutungen des Künsderproblems, zweitens die unterschiedlichen Maßnahmen der dramatischen Realisierung, drittens die Sinnakkumulation, die sich daraus ergibt, daß die jeweiligen Künstlerdramen nicht nur als solche, sondern auch in Beziehungen zueinander gesehen und gedacht werden.31 Eines ist es, als Thomas Bernhard-Leser Thomas Bernhards Künsderdramen zu lesen. Etwas anderes ist es, hierbei die Geschichte des Künstlerdramas (soweit sie bekannt ist) 'mitzuhören'. Goethe hat mit seinem Bericht von der Entstehung des Tasso die Vermutung genährt, er habe auch seine Verhältnisse gemeint. Nach einer langen und umfangreichen Interpretationsgeschichte wissen wir, daß dies nur in einem sehr eingeschränkten Sinn zutrifft. Gleichwohl steht das Künstlerdrama - und insbesondere das Dichterdrama - von Anfang an in dem Ruf, daß es die Subjektivität des Künsders transportiere und als ein Sich-Aussprechen des Dichters fungiere. Gewiß ist zu unterstellen, daß in den verschiedenen Künsderdramen subjektive Problemlagen wirksam werden. Ebenso ist aber anzuerkennen, daß epochale Konzeptionen hinzutreten und jene überlagern bzw. durchkreuzen. Dies ist in besonderem Maße dort der Fall, wo das Künsderdrama überhaupt zu epochaler Signifikanz gelangt: z. B. in der Romantik und im Jungen Deutschland. Andererseits kann das Künsderdrama nicht (jedenfalls nicht umstandslos) als eine Art Thesaurus epochaler Künsderkonzeptionen angesehen und benutzt werden. Dies verbietet sich deshalb, weil zahlreiche Künsderdramen Künsder anderer Epochen auf die wirkliche oder imaginäre Bühne gestellt haben: so Goethe mit Tasso, Oehlenschläger mit Correggio, Grillparzer mit Sappho, Immermann mit Petrarca, Laube mit Schiller, Peter Weiss mit Hölderlin usw. Hierin liegt zugleich eine Komplizierung der Geschichtsschreibung, die (möglicherweise) vor das Problem stellt, daß ein freier Schriftsteller des 19. Jahrhunderts seine Konzeption des Künsders in Auseinandersetzung mit einem höfischen Dichter des 16. Jahrhunderts entwickelt. Diese Beispiele zeigen schon, daß im Zusammenhang des Künsderdramas von einem unmittelbaren Sich-Aussprechen des Dichters (als Künsder) kaum die Rede sein kann. Immerhin gibt die hier berührte Problematik ein Kriterium zur Differenzierung an die Hand: indem wir jeweils fragen, ob ein Künsderdrama einen historischen oder einen fikti-

Dazu allgemein Uwe Japp, Bespehungssinn. Ei» Konzept der Literaturgeschichte, Frankfiirt/M. 1980.

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ven Künstler zum Helden macht. Zwar wird auch die szenische Darstellung eines historischen Künsders nicht in allen Hinsichten historisch genau sein; gleichwohl stellt sie vor andere Probleme, auch bei der Interpretation. Der Gegensatz zwischen historischen und fiktiven Künsdergestalten im Drama hat bereits auf eine andere — mögliche oder notwendige — Unterteilung aufmerksam gemacht. Es ist demzufolge zwischen höfischen und 'freien' Künsdern zu unterscheiden. Wenn wir von freien Künsdern sprechen, dann ist dies nicht im Sinne eines idealistischen Euphemismus gemeint, sondern als soziale Bestimmung. Der Unterschied zwischen höfischem und freiem Künsder impliziert die Differenz zwischen Mäzenat und Markt.32 Dabei kann es so sein, daß der von einem Mäzen abhängige Künsder in seiner Kunstausübung 'freier' ist als der Künstler, der seine Werke auf dem Markt anzubieten gezwungen ist. Das hängt erstens von der Art des Mäzenats ab, zweitens vom Erfolg des Künsders. Die mäzenatische Konstellation spielt im Zusammenhang des Künsderdramas fast ausnahmslos für die historischen Künsdergestalten eine Rolle. Der Grund ist leicht einzusehen: Das Künsderdrama entstand zu einer Zeit, in der das Mäzenat bereits eine vergangene Institution war und dem Künsder nurmehr als eine vereinzelte Gunst begegnete. Deshalb wird es gelegentlich sehnsüchtig beschworen: so in Goethes Künsderdramoletten oder in Oehlenschlägers Correggio. Thomas Mann hat dann in Fiorenza eine eher unschöne Erscheinungsform des Mäzenats in Erinnerung gebracht. Die Autoren der Künsderdramen selbst sind, soweit ich sehe, ausnahmslos diesseits der mäzenatischen Konstellation situiert; d. h. sie leben und schreiben als freie Schriftsteller. Freilich beginnt der Beruf des freien Schrifstellers in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts überhaupt erst möglich zu werden, so daß die Autoren häufig noch andere Berufe haben, auch solche, die sie mit einem Hof verbinden. Hier ist etwa ein signifikanter Unterschied zwischen Goethe und Tieck zu beobachten. Im Drama kehrt solche Zweigleisigkeit dann als eine besonders peinigend empfundene Zumutung wieder, der der Künsder zu entkommen sucht, um nur Künsder zu sein: z. B. bei Holtei. Eine angenehmere Verbindung von freiem Künsdertum und bürgerlichem Beruf haben anscheinend jene Maler in Hauptmanns Künsderdramen erreicht, die zugleich Professoren an einer Kunstakademie sind. Allerdings wirft auch eine solche Engführung von Beruf und Berufung Probleme auf. Der moderne Typus der Künstlers ist aber der 'freie' Künsder, der sich weder von einem Hof noch von Hierin liegt ein Grund, die versammelnde Perspektive auf das Künstlerdrama zu wahren, da mäzenatische Probleme sowohl im Dichter- als auch im Malerdrama begegnen.

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einem Amt abhängig weiß. Dafür stellen sich andere Abhängigkeiten ein: vom Publikum, von Galeristen, Händlern, Verlegern, Kritikern usw. Gerade für den freien Künstler wird es unter den Bedingungen von Angebot und Nachfrage zum Problem, die Unabhängigkeit seiner Kunst (sprich Autonomie) zu bewahren.33 Hier gibt es prinzipiell drei Möglichkeiten. Entweder dem Künsder gelingt es, seine Kunst durchzusetzen. Oder er scheitert. Oder er geht einen Kompromiß ein; dergestalt, daß er Kunstwerke in seinem Sinne und Auftragsarbeiten produziert. Das Dilemma eines solchen Künsders hat Goethe auf drastische Weise in Künstlers Erdewallen dargestellt. Der Gegensatz zwischen dem scheiternden und dem reüssierenden Künsder qualifiziert sich zu einer weiteren Unterscheidung der Künsderdramen. Der erfolgreiche Künsder müßte eigentlich als eine Konsequenz der Genie-Epoche im Drama erscheinen, da ja der Künsder in den Genietraktaten als der höchste Mensch profiliert wurde. Tatsächlich kommt es aus verschiedenen Gründen nur zu einer sehr vereinzelten Ausprägung dieses Typus; wenn man von der etwas distanzlosen Idealisierung des Künsders in Lenz' Pandämonium Germanicum absieht. Die Romantiker haben dann der Glorifizierung des Künsders entschieden zugearbeitet. Es ist hier allerdings die zweifache Einschränkung zu machen, daß die Romantiker den reüssierenden Künsder erstens mit deutlicher Vorliebe im Roman oder in der Erzählung dargestellt haben; zweitens ist festzuhalten, daß die Romantiker, wenn sie überhaupt Künsderdramen verfaßt haben, den Maler bevorzugt haben, nicht den Dichter. Die weitere Geschichte des Künsderdramas kennt wenige reüssierende Künstler: es sei denn in der Komödie oder in Weihe-Festspielen, die von vornherein der glücklichen Schlußgebung zugetan sind. Insbesondere in der Folge der Dichterdramen zeichnet sich eine eher düstere Perspektive ab. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts läßt sich eine gewisse Aufheiterung bemerken, freilich unter parodistischen Vorzeichen und zugespitzt zur Konstellation derer, die am Erfolg scheitern (ζ. B. in Dürrenmatts Meteor). Wiederum ist bei diesen Langzeitbeobachtungen das gattungstheoretische Kalkül in Rechnung zu stellen. Während der Roman sowohl die Lösung als auch die Auflösung des Künsderproblems zu seiner Sache machen kann, tendiert das Drama aufgrund seiner konfliktgeladenen Beschaffenheit eher zur Darstellung des Scheiterns. Indes sind hier Nuancen der Radikalität zu beachten: Während ζ. B. Goethe das Scheitern Tassos einer mehr oder

33

Siehe Peter Rech, "Engagement und Professionalisierung des Künsders", in: Kölner Zeitschriftfür Soziologie und Soqalpsychotoge, 24. Jg., 1972, S. 509-522. Ferner: Margot und Rudolf Wittkower, Künstler - Außenseiter der Gesellschaft, Stuttgart 1989, S. 33ff.

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weniger hoffnungsfrohen Offenheit überantwortet, gefallen sich Raupach und Smets in der Ausmalung des gräßlichen Untergangs des Dichters. Ohnehin sind die Künstlerdramen, die mit dem Tod des Künstlers oder der Künsderin schließen, häufig. Epidemisch ist das Scheitern.34 Natürlich können hierfür die verschiedensten Gründe angeführt werden, auch gänzlich äußerliche. Die hauptsächlichen Gründe des Scheiterns, die mit dem Künstlerproblem zu tun haben, sind die folgenden: Mangel an Talent, Härte des Lebens, Manko der Person. Der Mangel an Talent, dem wir gelegentlich in Gerhart Hauptmanns Künsderdramen begegnen, ist die seltenere Konfiguration. Dies leuchtet ein, denn im Grunde handelt es sich dabei um einen sachlichen und terminologischen Widerspruch. Der Künsder, der an einem Mangel an Talent scheitert, ist offenbar gar kein Künsder, weshalb hier streng genommen von einem Scheitern des Künsders nicht die Rede sein kann. Vielmehr scheitert der Dilettant in seiner Ambition, Künsder zu sein. So ergeht es bei Gerhart Hauptmann dem Maler Peter Brauer und cum grano salis auch Michael Kramer. Ansonsten eignet sich die Zuschreibung eines Mangels an Talent eher für kontrastive Nebenfiguren. Oder aber es handelt sich um eine temporäre Verkennung, die einer späten, meist zu späten Anerkennung weichen muß. So wird ja selbst Tassos Talent zunächst von Antonio in Zweifel gezogen. — Die Härte des Lebens wird auch von zahlreichen anderen Dramenhelden erfahren. Die Spezifik des Künsderproblems besteht darin, daß die Härte des Lebens als ausbleibende Anerkennung begegnet. Von der materiellen Seite her gesehen, liegt hierin die Verwandschaft des Künsders mit dem Betder (z. B. bei Karl von Holtei und Reinhard Sorge). Es kann aber auch sein, daß die Kunst des Künsders (bzw. der Künsderin) hochgradig anerkannt ist, daß sich aber gerade deshalb ihm (oder ihr) die gewöhnlichen Freuden des Lebens entziehen (so in Grillparzers Sapphà). Insgesamt gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den Künstler mit der Härte des Lebens zu konfrontieren und ihn in dieser Konfrontation scheitern zu lassen. Zugleich ist hiermit die oben vermißte dramatisch-dramaturgische Gelegenheit einer Erhöhung der Künsdergestalt gegeben, allerdings ex negativo, im Scheitern. — Die Konstatierung eines Mankos der Person setzt bereits ein entwickeltes psychologisches Interesse an der Gestalt des Künsders voraus. Dies ist auf unübersehbare Weise in Goethes Tasso der Fall. Es mischen sich aber auch typologische, 34

Mit den Mitteln seiner Übertreibungskunst hat Thomas Bernhard diesen Sachverhalt einen seiner Schriftsteller im Drama aussprechen lassen. SCHRIFTSTELLER: "Das ist erwiesen / Wir haben nur Beispiele für das Scheitern / der Schriftsteller / Alle Schriftsteller sind gescheitert / es hat immer nur gescheiterte Schriftsteller gegeben". (Thomas Bernhard, Am Ziel, Frankfurt/M. 1981, S. 105f.)

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gleichsam standardisierte Vorstellungen vom Künsder in die Zeichnung seines Bildes, seines Erfolges und seines Scheiterns, hinein. Die geläufigsten Vorstellungen gehen dahin, daß in der Person des Künstlers Besonderheiten zusammentreten, die ihn zur Hervorbringung seiner Kunst geeignet, aber zur Bewältigung des Lebens ungeeignet erscheinen lassen. Je sensibler und apperzeptiver auf der einen Seite, umso unzuverlässiger und selbstzerstörerischer auf der anderen Seite, kann die ebenso kurze wie ungenaue Formel lauten.35 Traditionellerweise ist hier an die Bedeutung, die man der Melancholie und selbst dem furor an der Verfertigung von Kunstwerken zugesprochen hat, zu erinnern. Aus moderner Sicht genügt es, einen gewissen Kunstfanatismus oder die Exzentrizität des Künsders schlechthin zu konstatieren. So kann also das Talent gänzlich bestätigt sein, die Härte des Lebens weit entfernt oder zumindest überwindlich scheinen - und doch scheitert der Künsder bzw. richtet großes Unheil an, wie es etwa mit Gutzkows Richard Savage oder Immermanns Petrarca der Fall ist. Die kardinale Frage wird aber in all diesen Fällen sein, ob der Künstler mit seiner Kunst oder am Leben scheitert. In der Regel ist es aus den oben genannten Gründen - so, daß das Leben auf der Strecke bleibt, während das Talent beharrt.

35

Siehe dazu Maurice Beebe, Ivory Towers and Sacred Founts. The Artist as Hm in Fiction from Goethe to Joyce, New York 1964, S. 5: "The person blessed (or cursed?) with 'artistic temperament' is always sensitive, usually introverted and self-centered, often passive, and sometimes so capable of abstracting himself mentally from the world around him that he appears absentminded or 'possessed'." Die Beschreibung mag oftmals zutreffen. Gleichwohl handelt es sich - wie es bei 'Archetypen' nicht anders sein kann um eine Verallgemeinerung, die der historischen Spezifizierung bedarf. Gelegentlich kann die Spezifizierung auch als Widerlegung ausfallen.

I. Vorläufiger Beginn Weiße: Die Poeten nach der Mode Die bislang vorliegenden Monographien zur Geschichte des deutschen Künstlerdramas lassen die Entwicklung des Genres, sofern von Entwicklung oder Progression die Rede sein kann, übereinstimmend mit Goethe beginnen, wobei einmal, einem verbreiteten Vorurteil folgend, Goethes Tasso an den Anfang gestellt wird, während andernorts, mit größerem Recht (wie auch wir sagen würden), auf die vorhergehende Erscheinung der Goetheschen Künstlerdramolette verwiesen wird.1 Beide Optionen können eine gewisse Plausibilität für sich in Anspruch nehmen, insofern die Künsderdramolette zweifellos das frühere Datum indizieren, allerdings in der Gestalt einer solchen formalen Zurückgenommenheit, das hier gelegentlich die Zugehörigkeit zur dramatischen Form überhaupt bestritten wurde.2 Anders gesagt, aus der Perspektive einer normativen Gattungsdefinition drängt sich das klassische Drama "selon les règles" als Einsatz auf, während eine historisch verfahrende Betrachtung auf jeden Fall die 'unausgeführten' Jugendwerke voranzustellen hat. Für die weitere Geschichte des Künsderdramas sind beide Werke (oder Werkgruppen) folgenreich geworden, sogar so, das sich im Einzelfall zeigen läßt, an welches dieser Werke ein späteres Künstlerdrama angeknüpft hat — und auch so, daß sich vermuten läßt, welche Anknüpfung ostentativ vermieden wurde. Trotz aller Unterschiede, die man verkürzt dahingehend zusammenfassen kann, daß die Künsderdramolette die äußere Seite der künsderischen Existenz exponieren, während im Tasso die subjektive Konstitution des Künsders (in extremis) ausgelotet wird, stimmen beide Werke darin überein, daß sie - pleonastisch gesprochen - den Künstler als Künstler zur Siehe Levy, Oie Gestalt des Künstlers im deutschen Drama von Goethe bis Hebbel, S. 10: "Das Künsderdrama, das zu Anfang des 19. Jahrhunderts eine besonders starke Verbreitung in Deutschland fand, hatte seinen Ausgangspunkt in Goethes Tasso*. Goethes Tasso' ist die erste Gestaltung des Künsderproblems im Drama." - H. Goldschmidt, Das deutsche Künstlerdrama von Goethe bis R. Wagner, S. 11: "Das Künstlerdrama entstand im Sturm und Drang, und zwar beim jungen Goethe." Vgl. das Kapitel II in dieser Arbeit.

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Darstellung bringen.3 Die scheinbar überflüssige Häufung sinngleicher bzw. identischer Wörter ist in diesem Fall dergestalt aufzulösen, daß der oder ein Protagonist sich ausschließlich seiner Kunst verpflichtet weiß — und nicht noch anderen (vielleicht sogar für ihn wichtigeren) Tätigkeiten nachgeht. Historisch gesehen, ist es zutreffend, daß sich die Vorstellung von einem solchen 'Vollkünsder' im Sturm und Drang gebildet hat. Das heißt aber natürlich nicht, daß es nicht auch vorher Künsderfiguren in der Literatur - und insbesondere im Drama - gegeben habe. Die entscheidende Frage muß hierbei lauten, ob der Künsder zur Hauptsache der dramatischen Darstellung wird. Auf dem Hintergrund dieser Fragestellung kann das für eine Geschichte des Küns tlerdramas einschlägige Problem der Zugehörigkeit der Aufklärung genauer bestimmt werden. Hinter die Aufklärung zurückreichende Datierungsvorschläge sind in der Literatur zum Künsderdrama meines Wissens bislang nicht unterbreitet worden. Das Drama der Aufklärung kennt Künstlerfiguren sowohl im ernsten wie im komischen Genre. Genau besehen ist es aber so, daß der Künsder im ernsten Genre (genauer im bürgerlichen Trauerspiel) lediglich als eine Nebenperson die Bühne betritt, um diese nach einer kurzen, wenngleich signifikanten Unterredung mit dem männlichen Protagonisten sogleich wieder zu verlassen.4 Er begegnet also nicht als Protagonist, schon gar nicht als 'wirklicher' Protagonist. Umgekehrt können wir zwei Komödien der Aufklärung namhaft machen, die sogar den Künsder (genauer den Dichter bzw. den Poeten) im Titel fuhren, bei denen aber mehr als zweifelhaft ist, ob der 'wirkliche' Künsder gemeint sei. Tatsächlich ist es gerade eine epochenspezifische Eigenart der Aufklärungskomödie, den Künstler (ebenso wie den Gelehrten) einem von der Überlegenheit der Vernunft geleiteten Verlachen preiszugeben. Daß solches in (von Künsdern verfaßten) literarischen Werken geschieht, ist so zu verstehen, daß im Hintergrund jeweils die Vorstellung vom wirklichen ('großen") Künsder bewahrt wird, während die im Stück begegnenden Künsder als wirklichkeitsfremde Pseudodichter und in Wahrheit gänzlich unbegabte Afterpoeten desavouiert werden. Der strengeren Frage, ob der Künsder im Stück als wirklicher Protagonist und als wirklicher Künsder auftrete, genügen die Dramen der Aufklärung folglich, soweit wir sehen, nicht. Immerhin verdienen auch Stücke, die weniger strengen Kriterien entsprechen, ein gewisses InEine vergleichbar pleonastische - oder doch am Rande des Pleonasmus lavierende Formulierung begegnet übrigens in Erna Levys Definition des Künstlerdramas , über das es (a.a.O., S. 7) heißt: "Ein Künstlerdrama ist eine dramatische Dichtung, in der der Künsder in seiner Eigenschaft als 'Künstler' zum dramatischen Helden wird." Dies ist bekanntlich die Situation des Malers Conti in Lessings Emilia Gaietti. Vgl. dazu ebenfalls das Kapitel II in dieser Arbeit.

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teresse, selbst für den Fall, daß sie nur auf einen vorläufigen Beginn verweisen sollten. Anstatt von einem vorläufigen könnte man auch von einem heiteren Beginn sprechen, da es ja zur Zeit der Aufklärung Stücke, die einen Künstler als (wirklichen) Protagonisten kennen, nur auf komischem Gebiet zu geben scheint. Hier ist nun eine weitere Differenzierung zu beachten, insofern der Künsder in der Komödie so beschaffen sein mag, daß er sich gänzlich seiner Kunst widmet oder widmen möchte, allerdings auf einem anderen Blatt steht, vor welchem materiellen Hintergrund er dies tut. Mit der genannten Alternative eröffnet sich der Blick auf den adligen Dilettanten oder Gentlemandichter einerseits, auf den bürgerlichen Artisten oder 'autonomen' Poeten im Zeichen des Genies andererseits. Der erste Fall begegnet in Joseph Freiherr von Petraschs Lustspiel Der Dichter, der zweite Fall (wenngleich ex negativo) in Christian Felix Weißes Stück Die Poeten nach der Mode. Daß der Protagonist in Petraschs Lustspiel nicht nur Dichter ist, geht bereits aus dem Personenverzeichnis hervor, das ihn als "Edelmann und Dichter" ausweist, außerdem als "Liebhaber der Lucinde".5 Bei solcher Lage der Dinge ist der Künstler selbstverständlich nicht darauf angewiesen, seinen Lebensunterhalt mit Hilfe seiner Kunst zu finanzieren. Die Notwendigkeit, die dann in Goethes Künsderdramoletten auf ebenso drastische wie wirkungsmächtige Weise an den Künsder herantreten wird, bleibt hier gänzlich ausgespart. Der Konflikt des Stücks liegt denn auch auf einem anderen Niveau. Er betrifft das traditionsreiche Lustspielmotiv, demzufolge ein Vater einem Liebhaber die begehrte Braut vorenthält. In der Regel der Tradition besteht das Hindernis im Vorwurf mangelnder Kapitalanhäufung. An diesem Problem laboriert der Petraschsche Dichter aber nicht, vielmehr wird ihm zum vorübergehenden Verhängnis (oder Verdruß), daß der Vater seiner Geliebten (der den sprechenden Namen "Herr von Dummkopf' trägt) eine scheinbar unüberwindliche Aversion gegenüber Dichtern unterhält, insbesondere dann, wenn sie zu seinen Standesgenossen gehören. In diesem Sinne ist etwa seine folgende Einlassung an die Adresse des Oichters' zu verstehen: "Wollen sie noch leugnen: was für Böses sie durch ihre verfluchte Feder in der Welt schon angestiftet haben? Bedenken sie doch: daß sie ein Edelmann sind, der durch Bücher, durch Schauspiele und Versemachen und dergleichen lasterhafte Dinge sein adeliges Herkommen nicht vermehren sollte."6 Herr von Dummkopf unterhält folglich, wie viele Cha5

«

Siehe Bar. Petrasch, Der Dichter. o.O.o.J. [1765], S. 1-192, hier S. 2. Ebd., S. 13.

Ein Lustspiel in fünfAnfügen, in: ders., Lustspiele, I. Bd.,

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raktere der Aufklärungskomödie, ein Vorurteil, das in seiner grillenhaften Zuspitzung dem Verlachen preisgegeben wird. Da er aber als pater familias die Macht im Hause hat, ist er in der Lage, den Knoten der Handlung dergestalt zu schürzen, daß sich der TDichter' vor die Alternative gestellt findet, entweder der Dichtkunst oder seiner Braut zu entsagen. Die mögliche tragische Konsequenz, die in dieser Konstellation liegen könnte, wird vom Verfasser allerdings sogleich verworfen, indem er auch seinen dichtenden Protagonisten an einer spezifischen Grillenhaftigkeit partizipieren läßt. Auf die ihm von seiner Geliebten eröffnete Alternative seines Lebensglücks antwortet er mit der Versicherung, er wolle "gleich ein Gedicht verfertigen, darinnen ich mich von meiner Muse beurlaube", allerdings nur vorläufig und unter Vorbehalt.7 In der Folge bewirkt der gelegentlich allzu weitläufige Gang der Handlung, daß beide Positionen einer gelinden Kur unterworfen werden, mit der Folge, daß sich die Extreme einander annähern, indem von Dummkopf die vernünftigen Vorzüge der Dichtung einsehen lernt, während Leander die praktischen Verpflichtungen der Welt als Voraussetzung der intendierten Familiengründung akzeptiert. So kann es zur komödienspezifischen matrimonialen Schlußgebung kommen. Wenn allerdings der "Dichter' am Schluß sogar von der Autorität des Hofes in seiner Neigung bestätigt wird (gleichsam eine feudale Apotheose der Dichtung), so ist hierbei zu berücksichtigen, daß in Petraschs Stück unter Dichtung immer nur die Sprache der Aufklärung im Dienste der Vernunft und der Tugend verstanden wird. Ein genuines Künsderproblem ergibt sich hieraus nicht, insbesondere deshalb nicht, weil der Künstler in der Hauptsache Edelmann bleibt.8 Wenn es dem Petraschschen Dichter (immerhin) obliegt, die Welt in ihrer vernunftwidrigen Verfaßtheit zu korrigieren, obwohl er selbst durch häufige Anwandlungen manifester Weltfremdheit charakterisiert ist, so sind die Weißeschen Poeten zur Wahrnehmung positiver Funktionen gänzlich ungeeignet, sowohl in der Welt als auch in der Kunst. Bei Petrasch sind wir gelegentlich berechtigt, den Protagonisten als Sprachrohr seines Autors zu verstehen. Bei Weiße ist dies ganz unmöglich, da seine Poeten in toto als lächerliche Figuren dargestellt und solchermaßen einem 7 8

Ebd., S. 7. Zu einem ähnlichen Urteil kommt auch Helene Goldschmidt, die freilich zunächst die Zugehörigkeit des Pertraschschen Lustspiels zur Geschichte des Künstlerdramas mit deutlichen Worten nahegelegt hat: "In das Lustspiel, das von jeher liberaler war in der Wahl seiner Helden, war das Dichterproblem schon zur Aufklärungszeit einmal gelangt." Goldschmidt, Dos deutsche Künstlerdrama von Goethe bis R. Wagner, S. 13. Im folgenden heißt es aber über den Protagonisten, er sei "doch im Grunde nur ein aufgeklärter Edelmann, der, um der Tugend zum Sieg zu verhelfen, sich schriftstellerisch betätigt." Ebd.

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rückhaltlosen Verlachen ausgesetzt werden. Insofern entspricht das Weißesche Lustspiel dem Schematismus der satirischen Typenkomödie, wie er von Gottsched beschrieben und gefordert wurde, bis ins Detail, während eine Distanzierung vom Verlachmechanismus unter Berufung auf Lessing gerade mit Rücksicht auf dieses Stück nicht bestätigt werden kann.9 Vielmehr wird der Verlachmechanismus sogar in das Stück hereingeholt und an den bedauernswerten Dichtern exekutiert. Wenn etwa der Dichter Reimreich sich anschickt, die Perücke seines Gönners und erhofften Schwiegervaters zu besingen, so schaltet sich die Tochter Henriette als Agentin des gesunden Menschenverstandes mit großem und wiederholtem Gelächter in die Situation ein.10 Dasselbe Schicksal wird in der Folge den hexametrischen Perorationen des Konkurrenten Dunkel zuteil.11 Nach Gottsched ist es die Aufgabe der Komödie, "allgemeine Torheiten lächerlich zu machen" bzw., wie es an späterer Stelle heißt, "lächerliche Fehler [zu] verbessern".12 Die Torheit, die in Weißes Lustspiel lächerlich gemacht wird, besteht darin, sich für einen großen Dichter zu halten, wenn man in Wirklichkeit ein ausgemachter Stümper ist. Dieser Torheit erliegen in Weißes Stück die Dichter Reimreich und Dunkel, die in der Torheit als solcher übereinstimmen, ansonsten aber auch noch konträre Schulen der Pseudopoesie repräsentieren. Die bei Gottsched stets mitzudenkende Verbesserungsabsicht ("lächerliche Menschen [zu] verbessern") wird indes am Beispiel der Poeten nicht oder nur zum geringen Teil erreicht. Ohnehin ist hierbei natürlich zwischen dem Personal des Stücks und den realen Lesern oder Zuschauern zu unterscheiden. Ob letztere von der unterstellten Wirkungsabsicht erreicht werden, ist wie immer schwer zu überprüfen, kann jedenfalls nicht allein auf dem Wege der Interpretation erhellt werden. Es gibt aber auch im Stück Personen, die über einen verbesserungswürdigen Fehler verfügen und im Laufe der Handlung tatsächlich einer Verbesserung zugeführt werden. Diese Personen sind die Eltern der von drei Freiern umworbenen Henriette, die im Erstdruck von 1757 Herr und Frau Geronte heißen, während Weiße ihnen in der überarbeiteten Fassung von 1783 die 9

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" 12

Vgl. die (im Hinblick auf den zweiten Sachverhalt anderslautende) Einschätzung bei Horst Steinmetz, Das deutsche Drama von Gottsched bis hissing. Ein historischer Überblick, Stuttgart 1987, S. 103. [Christian Felix Weiße], Die Poeten nach der Mode. Ein Lustspiel in drey Auflägen, [Hamburg 1757], S. 1-80, hier S. 18: "Henriette, (die aus vollen Leibeskräften anzulachen fängt". Ferner: "Henriette, (fährt fort zu lachen)", ebd.; "Henriette, (fallt ihm mit grossem Gelächter ins Wort.)", ebd., S. 19; "Henriette, (lacht)", ebd. "Henr. (fängt ein grosses Gelächter an, und geht davon.)" Ebd., S.24. Johann Christoph Gottsched, Versuch einer Critischen Dichtkunst, Darmstadt 1982, S. 640 u. 645 (unverän. reprogr. Nachdruck der 4. Auflage, Leipzig 1751).

Weiße: Die Poeten nach der Mode

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sprechenden Namen Herr und Frau Schwindel (bzw. Frau Schwindelin) verliehen hat.13 Der Fehler der solchermaßen typisierten Eltern besteht darin, den lächerlichen Aspirationen oder Prätentionen der beiden Dichter, die eben in Wahrheit keine Dichter sind, sondern nur Toeten nach der Mode', zu verfallen. In einem überzeugend durchgeführten 'test of ridicule' werden die beiden Toeten' gründlich desavouiert. Der Erfolg bei den bislang verblendeten (bzw. in einem Schwindel befangenen) Eltern ist durchschlagend. Zunächst befindet Herr Geronte, der offenbar sich selbst abhanden gekommen war: "Ach, jetzt komme ich erst wieder zu mir selber..."14 Woraufhin auch Frau Geronte dem Retter in großen Nöten bestätigt, "daß sie uns von einem Vorurteile zurück gebracht haben ...",5 So sind also die Eltern kuriert (bzw. verbessert), während die Dichter das Weite suchen, auf jeden Fall aber die begehrte Tochter aus vermögendem Hause nicht erhalten. Diese bekommt vielmehr der vernünftige Valer16, dem sie freilich von Anfang an versprochen war, so daß also die zwischenzeitliche Anwartschaft der beiden soi-disant- oder would-be-Poeten nur als eine temporäre Störung der Ordnung der Dinge erscheint. Die einigermaßen herbe Abkanzelung der Poeten am Schluß der Handlung erklärt sich indes nicht nur aus ihrer mehrfach zutage tretenden poetischen Insuffizienz, sondern weiterhin daraus, daß sie auch in ethischer Hinsicht zu wünschen übriglassen, ganz zu schweigen von den materiellen Ressourcen. Kurz gesagt, es stellt sich nicht nur schon sehr bald (für die Partei der Vernünftigen) heraus, daß die selbsternannten Dichter ausgesprochene 'Narren' seien17, vielmehr wird ebenfalls deutlich, daß sie "bettelarm"18 sind, woraus sich dann ein wenig ehrenhaftes Motiv für ihre poetisch dekorierten Heiratsabsichten ergibt. Umso positiver erscheint der ehrenhafte und offenbar vermögende Valer, der zwischendurch noch seinen Geschäften nachgeht und der am Schluß sogar über ausreichende

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is 16 17

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Siehe Lustspiele von C. F. Weiße. Erster Band. Neu überarbeitet, Leipzig 1783, S. 1-110. Ich zitiere im folgenden weiterhin nach dem Erstdruck. [Weiße], Die Poeten nach der Mode, S. 77. Ebd. Also der Werthaltige oder Wertvolle (valeo, value, valeur). In der überarbeiteten Fassung ist Valer in Palmer umbenannt: offenbar der, der die Palme erringt. Valer zu Dunkel: "Sie sind ein Narr!" [Weiße], Die Poeten nach der Mode, S. 29. - Noch deutlicher wird in dieser Sache der Diener Johann (im Gespräch mit Henriette): "Aber bei meiner Treu, Mamsell, Ihre poetischen Liebhaber sind ein paar große Kalbsköpfe [...]". Ebd, S. 47. Ebd., S. 52.

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Kapitalien verfugt, um einem der Poeten tausend Reichstaler für den Fall anzubieten, daß er keine Verse mehr drucken lassen wolle.19 Dies ist offenbar alles aus der Perspektive einer populären Ethik und bürgerlichen Ökonomie gesehen. Für die Nöte des Künstlers besteht jedenfalls vor dem Hintergrund dieser Wertwelt kein Verständnis, wie man weiterhin fragen kann, ob dem Künsder hier überhaupt ein auch nur von ferne adäquates Verständnis — in der Form des Dramas — entgegengebracht wird - oder ob der Künstler hier, ähnlich wie der Gelehrte, der Mißtrauische, der Müßiggänger usw., zum schematisierten Gegenstand der Aufklärungskomödie geworden sei. Indes ist hier zu bedenken, daß Weiße durchgehend mit der entlastenden Prämisse arbeitet, derzufolge die satirisierten Poeten keine wirklichen Dichter sind, sondern nur Toeten nach der Mode'. Demzufolge entfaltet sich das Lustspiel noch vor einem weiteren Hintergrund, auf dem nicht die Insignien des common sense sichtbar werden, sondern das Bild des großen Künsders pathetisch beschworen wird. Wenn Frau Geronte am Schluß des Lustspiels in die folgende Poetenschelte ausbricht: "Die Leute sollten einem auf Zeidebens einen Eckel für Verse beybringen. Was sind die Poeten für Geschöpfe!" so ist es die Sache des vernünftigen und werthaltigen Valer, die durcheinander geratenen Maßstäbe wieder zurechtzurücken: "Sie haben recht, so bald Sie von schlechten Reimern und schwülstigen Schwärmern reden. Grosse Dichter aber sind die Zierde der Welt; sie machen unsre Herzen empfindlich, sie pressen uns Thränen der Großmuth und eines edlen Mitleids aus, sie heiligen unsre Herzen zur Menschenliebe, und erheben sie zu großen Thaten. Diese verdienen gewiß den Beyfall der Welt und einen ewigen Nachruhm."20 Nur ist eben von diesen in Weißes Lustspiel nicht, jedenfalls nicht in der Hauptsache, die Rede. Das Stück erhält aber durch die insuläre Erhöhung des Dichters zum 'großen Dichter' ein anderes Relief. Während auf der Oberfläche der Künsder als lächerliche Figur erscheint, wird im Hintergrund, gleichsam als Hohlform, aus der sich das Ganze ergibt, die Vorstellung vom wirklichen Künstler errichtet und bewahrt. Somit qualifiziert sich das Weißesche Lustspiel letztlich doch noch zu einem Künsderdrama, wenngleich auf eher verschwiegene und verborgene oder eben vorläufige Weise.

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Ebd., S. 76. - Dazu Herr Geronte: "das ist doch ein braver Schwiegersohn... Ich Narr mit meinen Bettelpoeten..." Ebd. Ebd., S. 78.

II. Notwendigkeit und Verklärung Goethe: Des Künstlers Erdewallen "Guten Morgen, Conti. Wie leben Sie? Was macht die Kunst?" So der Prinz in Les sings Emilia Gaietti. Die Antwort des Künstlers lautet bekanntlich: "Prinz, die Kunst geht nach Brot." Weniger oft zitiert wird die Fortsetzung des Gesprächs. Der Prinz: "Das muß sie nicht; das soll sie nicht, in meinem kleinen Gebiete gewiß nicht. - Aber der Künstler muß auch arbeiten wollen." Darauf Conti: "Arbeiten? Das ist seine Lust. Nur zu viel arbeiten müssen, kann ihn um den Namen Künstler bringen."1 Für Lessings Maler ist die Arbeit Lust und lästiger Broterwerb. Dementsprechend bringt er zur Audienz beim Prinzen zwei Bilder mit, eine Auftragsarbeit und ein Sujet nach eigener Wahl. Das eine zeigt die Gräfin Orsini, das andere Emilia Galotti. Das weitere ist bekannt. Warum soll die Kunst nicht nach Brot gehen? Offenbar deshalb, weil sie um ihrer selbst willen ausgeübt werden soll, als interesseloser Dienst am Schönen. Im Grunde bleiben dem Künsder, sofern er nicht über ausreichende Subsistenzmittel verfügt, zwei Möglichkeiten: das Mäzenat und der Markt. Eine besondere Art des Mäzenats hat lange Zeit die Kirche ausgeübt. Zwar geht auch der professionelle Madonnenmaler (wie ihn etwa Tieck in Sternbalds Wanderungen gezeigt hat) nach Brot, nur wird es nicht so deutlich, weil er seine Kunst in den Dienst des Heiligen gestellt hat. Ansonsten gibt es zwei Formen des Mäzenats: eines, das den Künstler finanziert und ihm ansonsten freie Bahn läßt, ein anderes, das den Künsder mit Interessen unterstützt (z. B. zu Zwecken der politisch vorteilhaften Verherrlichung eines Herrscherhauses usw.). Ein besonderes mäzenatisches Problem begegnet sodann noch in der Frage nach den Eigentumsrechten an den hervorgebrachten Werken. Nun geriert sich Hettore Gonzaga in Lessings Trauerspiel als Mäzen, indem er den Gedanken, daß die Kunst nach Brot gehen könne oder müsse, sogleich entrüstet abwehrt. Betrachten wir die Geschäftsusancen zwischen dem Prinzen und dem Maler genauer, so stellt sich her1

Gotthold Ephraim Lessing, Wirke, hg. v. H. G. Göpfert, Bd. 2, München 1971, S. 130.

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aus, daß der Prinz ein Mäzen im strengen Sinne nicht ist, sondern nur ein fürstlicher Auftraggeber und Käufer. Die großzügige Bemessung des Honorars hat indes andere Motive. So vermutet Conti angesichts der wahrhaft fürstlichen Belohnung ganz richtig, daß der Prinz noch etwas anderes belohnen wolle "als die Kunst".2 Letztlich bleibt nicht viel mehr als der Verkauf eines Bildes. Zwar befindet sich der Maler im Kabinett eines Prinzen, aber auch dort herrschen die Gesetze von Angebot und Nachfrage. In Des Künstlers Erdewallen hat Goethe die mäzenatische Konstellation ganz weggelassen. Gleichwohl ist die Bezugnahme auf Lessings Trauerspiel nicht zu übersehen. In Goethes Dramolett geht die Kunst ganz offensichtlich nach Brot. Erschwerend kommt hinzu, daß es gerade daran zu fehlen scheint. Damit steht die das Künsderproblem (auf materiellem Gebiet) verschärfende Konfiguration des verkannten Genies im Raum. Lessings Künsder fühlte sich in seinem Künsderethos, nur Künstler zu sein, bedroht; materielle Sorgen schien er keine zu haben. Was die Malerszene in Lessings Trauerspiel und Goethes Dramolett verbindet, ist die gemeinsame Sorge, durch die Forderungen des Alltags von der Kunst abgezogen zu werden. Darüber hinaus gibt es eine weitere frappante Ubereinstimmung zwischen beiden Künsderszenen: auch Goethes Künsder hat zwei Bilder gemalt, die nun zum Verkauf stehen, eine Auftragsarbeit und ein Sujet nach eigener Wahl. Die Auftragsarbeit zeigt (und hier wird man mit der Gräfin Orsina einer weiteren Vergleichung Einhalt gebieten wollen) "das Bild einer dikken, häßlichen, kokettschielenden Frau", das Sujet nach eigener Wahl die vom Künstler als "Urquell der Natur" apostrophierte Venus Urania. Die Szene ist im Hause des Malers, vor Sonnenaufgang. Indem der Maler die Auftragsarbeit auf eine Staffelei stellt, bricht er in seine erste Klage aus: "Ich will nicht! Ich kann nicht! / Das schändliche, verzerrte Gesicht! / Soll ich so verderben den himmlischen Morgen? / Da sie noch schlafen all meine lieben Sorgen!"3 Die lieben Sorgen sind seine Frau und seine Kinder. Der Künsder ist also verheiratet, im Gegensatz etwa zu Leander in Petraschs Lustspiel, der diesen Zustand erst anstrebt. Tatsächlich könnte man eine Einteilung der literarischen Künsdergestalten nach ihrem Famili2 3

Ebd., S. 135. Goethes Werke. Hamburger Ausgabe, Bd. 1, S. 63, V. 1-4 (Des Künstlers Erden/allen, S. 6367; im folgenden zit. als Erden/allen). Erich Trunz hat in der hier zitierten Ausgabe Des Künstlers Erdetvalkn (ineins mit Des Künstlers Vergötterung und Künstlers Apotheose) zu den sog. "Künsdergedichten" gerechnet und dies im wesentlichen mit der Kürze der in Rede stehenden Texte begründet. Dagegen ist erstens die dramatische Form dieser Texte geltend zu machen, zweitens der Umstand, daß Goethe selbst jeden dieser Texte im Untertitel als "Drama" bezeichnet hat. Andere Ausgaben und Untersuchungen haben denn auch diesem Sachverhalt Rechnung getragen.

Goethe: Des Künstlers Erdewallen

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enstand vornehmen. Jedenfalls leuchtet ein, daß die malenden und dichtenden Familienväter von den Notwendigkeiten des Lebens auf andere Weise betroffen sind als ihre unverheirateten Kollegen. Die erste Klage des Künsders geht also dahin, daß er - für Geld - malen muß, was er nicht malen will. Er fühlt sich als Künsder profaniert, ja korrumpiert. Mit der charakteristischen Inkonsequenz des Künsders stellt er die widrige Auftragsarbeit weg, um sich vielmehr an seiner Venus Urania zu ergötzen. Diese ist ein Resultat der freien und lustvollen Arbeit des Künsders, allerdings in einem doppelten Sinne des Wortes. Immerhin wirkt es einigermaßen pikant, wenn sich der Maler, während seine Frau und seine Kinder womöglich im selben Raum — noch schlafen, der schönen Gestalt auf der Leinwand mit den Augen eines "Bräutigams" nähert: "Meine Göttin, deiner Gegenwart Blick / Überdrängt mich wie erstes Jugendglück, / Die ich in Seel' und Sinn, himmlische Gestalt, / Dich umfasse mit Bäutigams Gewalt."4 Zwar hat der Künsder mit der Gestalt der Venus Urania eine Allegorie der geistigen Liebe geschaffen, man bemerkt aber, wie er den Gegenstand seiner Neigung mit Worten auf ein sinnliches Gebiet zu ziehen weiß. Man tritt dem Künsder in Goethes Dramolett mit solchen Beobachtungen nicht zu nahe. Zwar wird der Künsder im Eingangsmonolog als genialer Schöpfer profiliert; insgesamt geschieht dies jedoch nicht ohne die Hinzufügung verschiedener für den Künsder vielleicht ebenfalls charakteristischer Nonchalancen und Frivolitäten. Ohnehin wird man dem Text nicht gerecht, wenn man ihn als eine hymnische Proklamation liest. Man übersieht dann den Witz, der z. B. im grotesken Kontrast der beiden Bilder liegt und als solcher die ganze Szene begleitet.5 Vorerst kommt es zur zweiten Klage des Künsders. Wiederum wird dabei die Schönheit als Ziel der Kunst benannt: "Uranfängliche Schönheit, Königin der Welt! / Und ich soll dich lassen für feiles Geld -". 6 Ging es bei der Auftragsarbeit für den Künsder darum, das malen zu müssen, was er nicht malen wollte, so handelt es sich hier — bei dem Sujet eigener Wahl — darum, das, was er malen wollte, veräußern zu sollen. Ein besonderer Stachel liegt für den Künsder in der Vermutung, daß das geliebte Werk in die Hände von "Toren" gelangen könne. Es ist dies ein typisches Malerproblem. Während der Dichter in der Regel erfreut sein wird, sein Werk veröffentlicht zu sehen, impliziert der entsprechende Vorgang für den Maler den Verlust seiner Hervorbringung. Dies beklagt ja dann auch Correg4 5

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Erdavallen, S. 63, V. 9-12. Vgl. Martin Stern, "Die Schwänke der Sturm-und-Drang-Periode: Satiren, Farcen und Selbstparodien in dramatischer Form", in: Goethes Dramen. Neue Interpretationen, hg. v. W. Hinderer, Stuttgart 1980, S. 23-41. Erdewalltn, S. 63, V. 15f.

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Notwendigkeit und Verklärung

gio in Oehlenschlägers Trauerspiel. Indes manifestiert sich in dieser Merkwürdigkeit nicht nur ein technischer Unterschied der Künste, sondern auch ein Hinweis auf die Gefährdung des Künstlers, der sich in einer Art verschobener Selbstliebe nicht von seinem Werk zu trennen vermag.7 Goethes Künstler widersteht aber der Anfechtung, indem er sich mit deutlichem Biedersinn sagt, die verkaufte Göttin werde ihm "Brot" für seine Kinder einbringen. Das Leben hat ihn wieder. Freilich nur, um ihn sogleich erneut an eine Phantasie immerwährender Vereinigung mit seiner Göttin zu verlieren: "In dir versunken / Fühl' ich mich selig an allen Sinnen trunken."8 Die Szene verdeutlicht den Konflikt des Künstlers, der zwischen den Notwendigkeiten des Lebens und den Interessen seiner Kunst hin und her schwankt. In der Folge belebt sich die häusliche Szene auf unüberhörbar burleske Weise, so daß nun der Künsder auch von außen von seiner Kunst abgezogen wird.9 Der Künsder spricht zunächst mit sich selbst und seinem Bild, sodann wird er mit den lautstark geäußerten Wünschen seiner Familie konfrontiert. Ferner treten der Auftraggeber und seine häßliche Gattin auf, um durch verschiedene kunstfremde Bemerkungen auf sich und das Los des Künsders aufmerksam zu machen. Der Künsder macht (angefeuert von seiner Frau mit den Worten "Mach's nur, es wird ja wohl bezahlt") gute Miene zum bösen Spiel und salviert sich allenfalls durch gelegentliches a parte-Sprechen ("O weh! Das mag der Teufel ertragen!"). In das Gespräch mit dem Auftraggeber mischt sich noch eine kleine Szene, die ein überaus bezeichnendes Licht auf den Künsder als Familienoberhaupt wirft: "Frau mit einem Korbe, heimlich Gib mir Geld, ich muß auf den Markt! / Künstler Ich hab' nichts. Fra» Dafür kauft man ein' Quark. / Künstler gibt ihr Da."10 Müssen wir folglich annehmen, daß der Künsder aus einer Art artistischem Egoismus heraus seine Frau zunächst angelogen hat? Offenbar ist dies zuzugeben. Allerdings sorgt gerade dieser an sich unfeine Zug dafür, daß das Stück nicht in die sentimentale Skizze einer hungernden Künsder7

» 9

•o

Das Hinüberspielen dieser Merkwürdigkeit ins Pathologische hat bekanntlich E.T.A. Hoffmann in seiner Erzählung von den Irrwegen des Goldschmiedes Cardillac beschrieben. Vgl. Jochen Schmidt, Die Geschichte des Genie-Gedankens in der deutschen Literatur, Philosophie und Politik 1750-1945, Bd. 2, Darmstadt 19882, S. 33ff. ("Das Fräulein von Scuderi und Cardillac: Die geschichtliche Opposition von gesellschaftsbezogenem und genial-asozialem Künstlertum"). Erdewallen, S. 64, V. 26f. "Ein Kind schreit Ä! ä! Der Künstler Lieber Gott! Trau erwacht 's ist schon Tag! / Lieber, geh doch, schlag / Mir Feuer, leg' Holz an, stell Wasser bei, / Daß ich dem Kindel koch den Brei / Künstler am Bilde einen Bück weilend Meine Göttini" Erdewallen, S. 64, V. 27-31. Erdewallen, S. 66, V. 51-53.

Goethe: Des Künstlers Erdewallen

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familie abgleitet. Das Pathos der Entgegensetzung von Talent und Leben wird eben in dieser frühen Einlassung zum Thema von einer durchgehenden Strömung burlesker Heiterkeit konterkariert. Insgesamt sind die Weltorientierungen des Künsders in Goethes frühem Stück auf dreifache Weise zentriert: in Richtung auf die Kunst, in Richtung auf die Familie und in Richtung auf das (zahlende) Publikum. Einen Zustand des Glücks oder der Seligkeit vermag der Künsder, soweit das Stück reicht, nur im Zusammenhang mit seiner Kunst zu erfahren. Dagegen treten die Familie und das Publikum als störende bzw. widrige Faktoren in Erscheinung. Sie gehören eben zur Partei des Lebens.11 Immerhin ist hier zu berücksichtigen, daß der Künsder seine Angehörigen als seine "lieben Sorgen" anspricht, während das Publikum ihm nur Sorgen bereitet und darüber hinaus seinen Widerwillen erregt. Die besonders ungünstige Beurteilung des Publikums wird im Stück durch den doppelten Vorwurf begründet, daß es erstens die Kunst nicht angemessen zu würdigen wisse, zweitens nicht angemessen bezahle. Allerdings widerspricht diese Kritik dem Wunsch des Künsders, sein Werk überhaupt nicht veräußern zu müssen. Dieser Wunsch könnte nur durch das Eintreten eines voraussetzungslos agierenden Mäzenats erfüllt werden. Da aber das Mäzenat, wie schon gesagt, in Goethes frühem Stück keine Rolle spielt, bleibt das Verhalten des Künsders auch in dieser Frage widersprüchlich, schwankend, um nicht zu sagen lebensfern. Zweifellos erscheint der Künsder in Goethes Stück als eine zur Identifikation einladende Gestalt. Goethe hat es sich aber nicht versagt, in das Bild dieses Künstlers einige Merkwürdigkeiten einzuzeichnen, die geeignet sind, das überlebensgroße Maß des Genies zu relativieren. Des Künstlers Erdewallen schließt mit dem überraschenden Auftritt der Muse, die, von den anderen Personen ungesehen, dem Künsder den folgenden Bescheid gibt: Mein Sohn, fängst jetzt an zu verzagen? Trägt nicht ein jeder Mensch sein Joch? Ist sie garstig, bezahlt sie doch! Und laß den Kerl tadeln und schwätzen. Hast Zeit genug, dich zu ergötzen An dir selbst und an jedem Bild, Das liebevoll aus deinem Pinsel quillt. Wer muß eine Zeidang hacken und graben, Der wird die Ruh' erst willkommen haben. Der Himmel kann einen auch verwöhnen, Eine positivere Würdigung der Bedeutung des "Familienglück[s]" für den Künsder unternimmt Goldschmidt, Das deutsche Kiinstlerdrama von Goethe Us R. IVoguer, S. 20.

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Notwendigkeit und Verklärung Daß man sich tut nach der Erde sehnen. Dir schmeckt das Essen, Lieb' und Schlaf, Und bist nicht reich, so bist du brav.12

Überraschend ist bereits der Auftritt der Muse an sich, da die ansonsten eher realistische Situation dies nicht unbedingt erwarten läßt. Überraschender noch ist allerdings der Inhalt ihrer Rede: diese nunmehr entschiedene Zurückstufung der Ausnahmeexistenz des Künsders auf das Mittelmaß und die mit Durchhalteparolen angereicherte Empfehlung, sich ins Joch zu spannen wie alle anderen auch. Es hätte nicht eines göttlichen Mundes bedurft, um einen derartigen Biedersinn zu verkünden. Dramaturgisch freilich hat die Rede der Muse noch eine andere Funktion. Sie nimmt den Lebenslauf des Künsders in extremer Raffung und Antizipation vorweg, so daß die dea ex machina also auch ein dramentechnisches Problem aus dem Weg räumt, das Problem, wie die Extension eines Lebens szenisch darzustellen sei. In der Rede der Muse gelangt der Lebenswagen des Künstlers bis an seine letzte Station. Von der Zeit nach dem Tod berichten dann die beiden Fortsetzungen. In die Forschung hat die Vermutung Eingang gefunden, Goethe habe zur häuslichen Künsderszene in Des Künstlers Erdewallen William Hogarths Kupferstich "The distressed poet" als eine Quelle der Inspiration genutzt.13 Abgesehen davon, ob diese Vermutung im Sinne eines Einflusses zutrifft, ist zu sagen, daß die Übereinstimmungen groß sind. Freilich auch die Unterschiede. Hogarths 1736/37 entstandener Kupferstich zeigt ebenfalls eine häusliche Künsderszene. Ob es bei Goethes Künstler ähnlich unordentlich zugeht, Besen, Degen, Waschzuber, Manuskripte, Flicken auf dem Boden herumliegen und -stehen, wissen wir nicht. Zwei wesentliche Unterschiede fallen ins Auge: Hogarths Künsder ist Dichter, und er befindet sich im Zustand äußerster Armut. Die Engführung beider Themen wird dadurch erreicht, daß wir den Dichter sehen, wie er ein Gedicht über die Armut schreibt ("Poverty. A Poem") - bzw. zu schreiben versucht, 12 13

Erdewallen, S. 67, V. 58-70. Vgl. Konrad Hämmerling, William Hogarth, Dresden 1950, S. 96f. - Johann Wolfgang Goethe, Sämtliche Werke, Bd. 4, hg. v. D. Borchmeyer unter Mitwirkung v. P. Huber, Frankfurt/M., S. 870 ("Des Künstlers Erdewallen. Quellen und Deutung"). - Martin Stem, "Die Schwanke der Sturm-und-Drang-Periode: Satiren, Farcen und Selbstparodien in dramatischer Form", S. 29. — Goethe hat am 6. Oktober 1772 eine Rezension englischer Kupferstiche in den Frankfurter Gelehrten Anzeigen veröffentlicht. Darin werden auch zwei Stiche nach Hogarth besprochen. Siehe Johann Wolfgang Goethe, "Englische Kupferstiche", Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche, hg. v. E. Beutler, Bd. 13, Zürich 19652, S. 10-12, hier S. 10. Eine zweifelsfreie Bekanntschaft mit Hogarths "distressed Poet" läßt sich daraus jedoch nicht ableiten. Zu Goethes weiterer Beschäftigung mit Hogarth siehe auch den Brief vom 31. Juli 1775 an Lavater.

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denn ihm scheint momentan nicht viel einzufallen. Ansonsten häufen sich die Insignien der Armut. Der Vorratsschrank an der Wand ist leer. Ein Hund stiehlt gerade das letzte Kotelett. Die Frau des Dichters flickt sein vermutlich einziges Paar Hosen. Im Bett unter der Mansardenschräge, dicht an den Schreibtisch des Künsders angrenzend, liegt ein schreiendes Kind. Soeben ist das Milchmädchen eingetreten, um die fällige, offenbar recht umfängliche Rechnung zu präsentieren. Die Frau des Dichters blickt sie mit mildem Erstaunen und leicht erhobenen Händen an. Ihr fehlt anscheinend die Resolutheit, die die Frau des Goetheschen Künsders auszeichnet. Der Dichter selbst, der im Schlafrock an seinem engen Tisch sitzt, kümmert sich um die häuslichen Belange nicht. Die Hand unterstützend in den Nacken gelegt, blickt er mit seitlich verdrehten Augen ins Leere. Oder geht der Blick nach innen? Wahrscheinlicher ist, daß er in das neben seinem Manuskript liegende Buch blickt, um hier die dringend benötigte Anregung zur Fortsetzung seines Gedichts zu finden. Ein poeta doctos ist er gleichwohl nicht, wie seine spärliche, aus sechs Büchern bestehende Bibliothek zeigt. Insgesamt ist die Not auf Hogarths Kupferstich ungleich größer. Bei Goethe betritt immerhin anstatt einer geldeinfordernden Abgesandtin der Kaufmannswelt ein zwar banausisches, aber eben auch honorarversprechendes Philisterpaar die karge Künsderherberge. Auch verfugt ja Goethes Maler noch über letzte pekuniäre Ressourcen, obwohl er dies nur unwillig eingesteht. Der gravierendste Unterschied liegt aber in der Begeisterung des Goetheschen Künsders für seine Kunst. Das Bildnis der Venus Urania steht für eine ideale Welt, die mit den Notwendigkeiten des Broterwerbs nichts zu tun hat. Umso empörender ist es für den Künsder, daß er auch dieses Bild veräußern soll. Dagegen ist der Hogarthsche Dichter offenbar bereits soweit heruntergekommen, daß er auch dichtend nurmehr in monetären Bahnen zu denken vermag. Hogarths Dichterporträt ist in mehreren Versionen überliefert. Während der Dichter im zweiten Zustand (den wir hier betrachtet haben) sein Gedicht über die Armut schreibt, arbeitet er im dritten Zustand an einem Gedicht über den Reichtum. Der Druck über seinem winzigen Bücherregal zeigt dann nicht Pope, sondern Ά View of the Gold Mines of Peru'.14 Das sind satirische Überspitzungen, die in Goethes Dramolett fehlen. Die Rede der Muse hätte denn vermutlich auf den Hogarthschen Dichter auch noch unverständlicher gewirkt, als sie wahrscheinlich dem Goetheschen Maler vorgekommen ist.15 ··» 15

Siehe Ronald Paulson, Hogarth's Graphic Works, London 19893, S. 324f., PI. 145 u. 145b. Einen weiteren Kupferstich hat Hogarth dem Musiker gewidmet ("The enraged Musician"). Ein drittes Blatt, das den Maler hätte zeigen sollen, ist nicht zustande gekom-

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Notwendigkeit und Verklärung

Des Künstlers Erdewallen stellte die Frage, ob der Künstler von seiner Kunst und für seine Kunst leben könne, ohne die Kunst (d. h. sein Kunstideal) zu verraten. Die Antwort fiel einigermaßen skeptisch aus. Die Muse jedenfalls empfahl, einen Kompromiß zwischen Talent und Leben, zwischen Kunstautonomie und Broterwerb zu schließen. Eine Antwort des Künsders fehlte. Goethe griff die Frage in Des Künstlers Vergötterung wieder auf, nunmehr aus der Perspektive des Nachlebens.16 Des Künstlers Vergötterung ist als szenischer Dialog zwischen einem Jünger und einem Meister in einer Gemäldegalerie konzipiert. An der Wand hängt das Bild der Venus Urania "in einer breiten goldnen Rahme wohlgefirnißt".17 Der Jünger bricht seine Bemühungen, das Bild zu kopieren, mit dem Eingeständnis ab, die Größe des Originals beschäme seine unzulänglichen Mittel. Der Meister will allerdings in dem Gefühl für die Überlegenheit des Vorbilds ein sicheres Zeichen sich ankündigender Meisterschaft erkennen: "Das starke Gefühl, wie größer dieser ist, / Zeigt, daß dein Geist seinesgleichen ist."18 Die kurze Szene dient also der nachträglichen Profilierung des Genies. Während der Maler die ihm gebührende Anerkennung zeit seines Lebens schmerzlich vermissen mußte, wird sie ihm nach seinem Tode in überschwenglichem Maße zuteil. "Ganz, heil'ger Genius, versink' ich vor dir", bemerkt der Jünger.19 Nunmehr werden auch Erinnerungen an das Leben des Malers wertvoll. Mit der Vergötterung zugleich beginnt die Legendenbildung. Von den Nonchalancen des Künsders ist jetzt selbstverständlich nicht mehr die Rede, sondern allein von seiner Größe und von den Plagen, die ihn heimgesucht haben.20 Das alles wird in feierlichem Ton vorgetragen, so daß der Witz allenfalls aus der Vergleichung mit dem ersten Teil herausspringt. Für sich gesehen entfaltet die Szene hingegen die Tragik des Zu spät. Zwar mag der Glanz des Nachruhms als eine Art Entschädigung gelten. Zusammengesehen aber bleibt doch der Eindruck einer Asymmetrie, so daß die Darstellung der "Vergötterung" sowohl der

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men. Vgl. Berthold Hinz/ Hartmut Krug, William Hogarth 1697-1764. Das vollständige graphische Werk, Gießen 19862, S. 109ff. Goethe hat Des Künstlers Vergötterung 1774 auf der Rheinreise verfaßt und dann beide Stücke in das Stammbuch des Malers Friedrich Schmoll eingetragen. Im Gegensatz zu Des Künstlers Erden/allen, das noch 1774 erstmals erschien, hat Goethe Des Künstlers Vergötterung nicht veröffentlicht. Erst 1788, also bereits nach der Italienreise, hat Goethe das kurze Stück ausgearbeitet und unter dem Titel Künstlers Apotheose dem Druck übergeben. Hier findet sich denn auch eine Antwort des Künsders aus der Jenseitsperspektive. Goethes Werkt. Hamburger Ausgabe, Bd. 1, S. 67 (Des Künstlers Vergötterung, S. 67-68; im folgenden zit. als Vergötterung). Vergötterung, S. 67, V. 11 f. Ebd., V. 13. Vergötterung, S. 68, V. 14ff.

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Profilierung des Genies als auch der Problematisierung des Nachruhms zu dienen scheint. Ausgeführt wird dies freilich erst in der überarbeiteten Fassung. Aufschlußreich ist indes, daß sich der Nachruhm des Künsders ausschließlich auf seine 'freie' Arbeit bezieht. In der Gemäldegalerie hängt die Venus Urania, nicht etwa die Auftragsarbeit. Die Auftrags- oder Brotarbeiten sind mithin zu den faux frais des Lebens zu rechnen. Was in der postumen Abrechnung zählt, ist die autonome Kunst. Die genannten Positionen werden in Künstlers Apotheose in verschiedenen Hinsichten modifiziert. Daß die Postulate des Sturm und Drang nicht mehr uneingeschränkt gelten, wird daran bemerkbar, daß die bloße Bewunderung des Genies als unzureichend empfunden wird. In der Fassung von 1774 hatte sich die Meinung des Meisters noch darauf beschränkt, die gefühlssichere Bewunderung des Genies als ein Kriterium eigener Meisterschaft anzuerkennen. Das ist der Geist des Sturm und Drang. Nun, 1788, treten gleich zwei Meister auf. Der erste empfiehlt die unablässige Übung der Hand, während der zweite das Hinzukommen der Verstandestätigkeit fordert. Damit deuten sich die ausgleichenden Maßnahmen der klassischen Kunsdehre an, die der Selbstermächtigung des Genies durch Instinkt oder Natur gleich zweifach widersprechen. Als ein irrlichternder Nachhall eines dogmatischen Geniepostulats erscheint, eingeschoben zwischen die beiden Meister, der Liebhaber, der dem Schüler auf einigermaßen stereotype Weise rät, sich ganz der Natur anzuvertrauen: "Sie sind nicht auf der rechten Spur; / Natur, mein Herr! Natur! Natur!" 21 Dieser Position wird im weiteren Verlauf des Kunstgesprächs mit den Worten des zweiten Meisters an den Schüler unzweideutig widersprochen: "Allein du übst die Hand, / D u übst den Blick, nun üb' auch den Verstand. / Dem glücklichsten Genie wird's kaum einmal gelingen / Sich durch Natur und durch Instinkt allein / Zum Ungemeinen aufzuschwingen". 22 Freilich zeigt der vergleichende Uberblick, daß alle diese Stimmen zu parteilicher Einseitigkeit und theoretischer Verselbständigung tendieren, gleichgültig, ob sie nun die Übung der Hand, das Vertrauen in die Natur oder den Einsatz des Verstandes empfehlen. Die Diskussion wird denn auch nicht einer dezidierten Lösung zugeführt, sondern, wie es Goethe gemäß ist, durch das Erscheinen eines Werkes der Kunst selbst unterbrochen. Goethe resümiert mit seiner dramatischen Szene gewissermaßen den Stand der Kunstdiskussion seiner Zeit, ohne eindeutig Partei zu ergreifen. Dies entspricht Goethes lebenslang geübter Zurückhaltung in dieser Sache,

21

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Gotthts Werkt. Hamburger Ausgabt, Bd. 1, S. 70, V. 60f. {Künstlers Apotheose, S. 68-77; im folgenden zit. als Apotheose). Apotheose, S. 71, V. 92-96.

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Notwendigkeit und Verklärung

schließlich seinem Vorbehalt gegen Kunst-Theorien überhaupt, ineins mit der komplementären Bevorzugung des "lebendig Vorhandenen".23 Wiederum wird also das Bild der Venus Urania auf der Bühne sichtbar. Ein Gemäldehändler hat es, wie er sagt, aus einer Erbschaft erworben. Der Fürst aber habe den Ankauf des Bildes durch oder über die Gemäldegalerie finanziert. Der Gemäldehändler knüpft daran die Bemerkung: "Man wird einmal in unsern Tagen / Erkennen, wie ein Fürst die Künste liebt und schützt."24 Damit wird das Thema des Mäzenats im dritten Künsderdramolett zum ersten Mal akut. Ähnlich wie in Lessings Trauerspiel handelt es sich allerdings um eine Art halbiertes Mäzenat. Denn der Fürst, der übrigens wie bei Lessing als Prinz ausgezeichnet ist, tritt nicht als uneigennütziger Förderer des Künsders auf, sondern als Käufer bzw. Finanzier von Kunstwerken. Damit steht er, bildlich gesprochen, mit einem Bein auf dem Boden des Mäzenats, mit dem anderen aber auf dem Boden des Marktes. Erschwerend kommt jedenfalls in Goethes Dramolett hinzu, daß der Künsder erst hat sterben müssen, bevor sein Bild einen Käufer hat finden können, so daß von der kostenintensiven Transaktion allenfalls die Nachfahren (und der Gemäldehändler) profitieren. Das verdrießt den Künsder in seiner Jenseitsperspektive. Die unmittelbaren Reaktionen auf die Zurschaustellung des Bildes wiederholen zunächst den Pluralismus der Theorie-Diskussion. Zwar stimmen alle dramatis personae in die Bewunderung des Bildes ein, aber alle tun dies aus verschiedenen Gründen. So bewundert der erste Meister die handwerkliche Perfektion, der zweite Meister die gedankliche Durchdringung, dem Schüler brennen die Eingeweide, dem Liebhaber imponiert das Göttliche, dem Händler die Manier, dem Prinzen der große Wert. Ein begründetes Kunsturteil ergibt sich daraus nicht; allenfalls die Persiflage eines Kunstgesprächs. Dies scheint die Reaktion des Künsders, der nunmehr an der Hand der Muse auf einer Wolke erscheint, zu bestätigen: Muse. Sieh nieder und erkenne dich! Dies ist der Schauplatz deiner Ehre. Künstler. Ich fühle nur den Druck der Atmosphäre.25 Man kann folglich bezweifeln, ob das kunstkritische Stimmengewirr dem Künsüer wirklich zur Ehre gereicht. Immerhin wird ihm zuteil, wonach er zu Lebzeiten vergeblich strebte: Anerkennung. Und schließlich wird die Anerkennung sogar durch eine Stimme höchster Autorität bestätigt, indem die Muse ihrerseits das Werk des Künsders als einen "Stern der ersten a 24 25

Siehe Goethes Werkt. Hamburger Ausgabe, Bd. 9, S. 109. Apotheose, S. 74, V. 153f. Apotheose,S. 75, V. 179-181.

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Größe" benennt.26 Im folgenden vertraut die Muse allerdings nicht auf die Autorität ihres Urteils, sondern verweist auf die mannigfaltigen Wirkungen, die das Bild des Malers in der Gemäldegalerie hervorruft. Den Umstand, daß die erfreulichen Wirkungen des Werkes für den Künsder erst mit einer eklatanten Verspätung einsetzen, nämlich nach dem Tod, nutzt die Muse - mit einem Hinweis auf den "engen Raum des Lebens" - zu einem Lob der Unsterblichkeit: "Die gute Tat, das schöne Wort, / Es strebt unsterblich, wie es sterblich strebte. / So lebst auch du durch ungemeßne Zeit. / Genieße der Unsterblichkeit!"27 Die Unsterblichkeit des Werkes soll folglich für die Plagen des Künsderlebens entschädigen. Tatsächlich liegt darin ein Privileg des Künsders, dem es zwar begegnen kann, sich gleich allen anderen Menschen ins Joch des Lebens spannen zu müssen, wie die nivellierende Rede der Muse bei ihrem ersten Auftritt lautete, dem dafür aber eine Kompensation durch Unsterblichkeit in Aussicht gestellt wird, worauf der Normalsterbliche in der Regel verzichten muß. Voraussetzung hierfür ist freilich, daß der Künsder wirklich als Künsder anerkannt wird, wenn auch vielleicht für ihn selbst zu spät. Daß die Kunst lange, das Leben aber nur kurze Zeit währt, ist ein oft wiederholter und variierter Allgemeinplatz, der gleichwohl kontroverser Auslegungen fähig ist.28 Letztlich ist es eine Frage des Naturells, ob ein jeweiliger Künsder in das Lob der Unsterblichkeit (der Kunst) einzustimmen vermag oder nicht. Goethes Künsder - in Künstlers Apotheose — vermag es jedenfalls nicht. Er sieht darin vielmehr einen schwachen Trost und eine andauernde Asymmetrie: ,"> in: ders., Kritische Schriften, Bd. 4, Leipzig 1852, S. 270-343. Tieck, Ludwig, "Tod des Dichters", in: ders., Schriften, Bd. 19, Berlin 1853, S. 189484. Tieck, Ludwig, Franç Sternbalds Wanderungen, in: ders., Werke, hg. v. Marianne Thalmann, Bd. 1, München 1963, S. 699-986. Tieck, Ludwig, Dichterkben, in: ders., Werke, hg. v. Marianne Thalmann, Bd. 3, München 1985, S. 333-549. Vasari, Giorgio, Künstler der Renaissance. Lebensbeschreibungen der ausgezeichnetsten italienischen'Baumeister,Malerund Bildhauer, hg. v. Herbert Siebenhüner, Leipzig 1940. Vasari, Giorgio, Lebensläufe der berühmten Mater, Bildhauer und Architekten, dtsch. v. T. Fein unter Heranziehung der Ausg. v. L. Schorn u. E. Förster, Zürich 19935. Verlaine, Paul, Les Poètes maudits, in: ders., Oeuvres en prose complètes, hg. v. Jaques Borei, Paris 1972, S. 635-691. Wackenroder, Wilhelm Heinrich, Herspnsergeßungen eines kunstliebenden Klosterbruders, in: ders., Sämtliche Werke und Briefe. Historisch-Kritische Ausgabe, hg. v. S. Vietta u. R. Litdejohns, Bd. I, Werke, hg. v. S. Vietta, Heidelberg 1991, S. 51-145. Wagner, Richard, "Eine Mittheilung an meine Freunde", in: ders., Gesammelte Schriften und Dichtungen, Bd. 4, Leipzig 1887, S. 230-344. Wagner, Richard, "Über die Benennung "Musikdrama"', in: ders., Gesammelte Schriften und Dichtungen, Bd. 9, Leipzig 18983, S. 302-308. Weiss, Peter, "Notizen zum 'Hölderlin'-Stück", in: Der andere Hölderlin. Materialien %um Hölderlin'-Stück von Peter Weiss, hg. v. Thomas Beckermann u. Volker Canaris, Frankfurt/M. 1972, S. 127-132.

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Namenregister

Albert, Anna Amalie 106 Alewyn, Richard 186,191 Alt, Peter-André 152 Antipater v. Sidon 87 Ariost 55 Aristophanes 259 Aristoteles 92, 93, 95,155 Barmeyer, Eike 3 Barthofer, Alfred 258 Baudelaire, Charles Pierre 185,219 Bayerdörfer, Hans Peter 210 Beckett, Samuel 247 Beebe, Maurice 19 Berghahn, Klaus L. 154 Bernhard, Thomas 5, 6,15,18,228, 251-262,263 Bernhardt, August Ferdinand 42 Bertaux, Pierre 236 Blumenberg, Hans 117 Böcklin, Arnold 201,202 Bonaparte, Louis 55 Borchmeyer, Dieter 11,69,179,181 Böschenstein, Bernhard 240 Botticelli 39 Boyle, Nicolas 52 Brecht, Bertolt 237,264 Breig, Werner 170 Brie, Maria 131,133 Briese-Neumann, Gisa 192 Bulthaupt, Heinrich 146 Byron, George Gordon Noel 204, 219 Camöes, Luis de 104,118,119,120, 126,128

Chaucer, Geoffrey 44

Chezy, Wilhelm von 128 Clesius, H. 144 Collins, Ralph Stokes 8,263 Corneille 157 Correggio 71,72, 75,84 Cowen, Roy C. 198 Dahlhaus, Carl 173 Deinhardstein, Johann Ludwig 14, 170,172,174 Denkler, Horst, 131,147, 209 Dick, Emst S. 228 Dingelstedt, Franz 156 Dittmar, Jens 245 Dorst, Tankred 236,263,264 Dürrenmatt, Friedrich 7,17, 227234, 263, 264 Dux, Manfred 236, 238 Fichte, Hubert 226 Fichte, Johann Gottlieb 238 Finter, Helga 244 Fouqué, Friedrich de la Motte 42 Frank, Manfred 42 Freeman, Thomas 219 Frenzel, Elisabeth 99,106 Freytag, Gustav 113 Gamper, Herbert 248,249, 251 Genette, Gérard 261 George, Stefan 185 Girschner, Gabriele 58 Goethe, Johann Wolfgang von 1, 9, 12,14,15,16,17,18,20,27-39,49, 51-70,73,79, 84, 85, 89,94,95,102, 107,121,128,131,132,133,138,

286

Namenregister

139,147,149,157,162,170,180, 181,182,190,211,238,260,262 Goetz, Rainald 264,265,266 Goldschmidt, Helene 8, 9,12, 20, 23,31,52,71 Gottsched, Johann Christoph 24 Götz, Susanne 211, 215, 217 Grass, Günther 236,263,264 Greiner, Bernhard 227 Grillparzer, Franz 3, 9,13,14,15, 18,87-104,108,119,123,182 Gubitz, F. W. 99,101,102 Guldin, Rainer 220 Guntermann, Georg 247, 249 Günther, Christian 223 Guthke, Karl S. 198,204,228,258 Gutzkow, Karl 19,131,145,146, 153 Haiduk, Manfred 237,241 Halm, Friedrich 117-129 Hammer, Ellen 245 Hämmerling, Konrad 32 Hardt, Emst 214 Härtung, Harald 244 Hauptmann, Gerhart 16,18,197208,214,222,263 Haym, Rudolf 50 Hebbel, Friedrich 7,14,155-166, 169,181 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 118,132,156,160,238 Heine, Heinrich 168, 219 Herder, Caroline 53, 67 Hilscher, Eberhard 203 Hilzinger, Klaus Harro 237 Hinck, Walter 216,237 Hinderer, Walter 54, 64 Hinterhäuser, Hans 192 Hinz, Berthold 34 Hoffinann, E.T.A. 30,168 Hofmannsthal, Hugo von 120,183196,198, 202 Hogarth, William 33, 38 Hölderlin, Friedrich 237, 238

Holtei, Karl von 7,16,18, 38,117, 130-144,146,157,210,218 Holz, Arno 198 Horaz 135 Horn, Uffo 128 Hornby, Richard 217 Immermann, Karl 15,19,105-116, 133, 206 Itter, Helen von 145 Jahnn, Hans Henny 146, 218-226 Jandl, Emst 4,6,228,243-250,264 Japp, Uwe 12,15,161,220,244, 250,262 Jussenhoven-Trautmann, Krista 2, 123,131,145 Kafitz, Dieter 14 Kaiser, Herbert 155 Kalb, Charlotte von 53 Kant, Immanuel 3 Karl August 53 Karl Eugen 236, 238 Keats, John 185 Keith-Smith, B. 221 Keller, Luzius 109 Kemper, Hans-Georg 210 Kierkegaard, Sören 105 Kleist, Franz von 99,100,101,102 Kleist, Heinrich von 133 Klug, Christian 254, 261 Knapp, Gerhard P. 228 Koch, Roland 248, 249 König, René 211 Koopmann, Helmut 145 Kris, Emst 4, 72,75 Krug, Hartmut 34 Kurz, Otto 4, 72, 75 Lange, Sigrid 241 Laserstein, Käte 8 Laube, Heinrich 15,146-152 Lehmann, Hans-Thies 265

287

Namenregister Lenz, Jacob Michael Reinhold 5 , 1 2 , 17,40 Lessing, Gotthold Ephraim 12, 21, 27,36, 8 6 , 1 7 0 , 1 9 9 Levy, Erna 8 , 1 3 , 1 4 , 2 0 , 2 1 , 7 1 , 1 4 6 Loew Cadonna, Martin 246 Lortzing, Albert 1 7 0 , 1 7 4 Lüdeke, Henry 48 Lukrez 117 Maeterlinck, Maurice 211 Mallarmé, Stéphane 1 8 5 , 1 9 6 Mann, Thomas 16, 93, 97, 204 Marcuse, Herbert 10 Martini, Fritz 214 Marx, Karl 241 Merkl, Helmut 61 Mertens, Volker 171 Mennemeier, Franz Norbert 214, 242 Meyerstein, Eward Harry William 219 Michelangelo 7 2 , 7 3 , 1 6 0 Molière 107 Moritz, Karl Philipp 10 Mozart, Wolfgang Amadeus 106 Müllner, Adolf 9 0 , 9 6 Mündt, Theodor 132 Muschg, Walter 219 Nagel, Thomas 262 Neumann, Michael 237 Nietzsche, Friedrich 1 6 7 , 1 6 9 , 1 8 6 , 189 Nolle, Karl 1 5 0 , 1 5 4 Noll-Wiemann, Renate 51 Novalis 84 Oehlenschläger, Adam 5, 7 , 9 , 1 5 , 16,29,67,71-86, 94, 9 6 , 1 3 7 , 1 5 9 Page, Denys 103 Paulin, Roger 49 Paulsen, Wolfgang 211, 216 Paulson, Ronald 3 3 , 3 8

Petrarca 1 0 8 , 1 1 2 Petrasch, Joseph von 22, 2 3 , 2 8 Pfanner, Helmut F. 208 Pfister, Manfred 111 Piaton 8 7 , 1 9 5 Plautus 161 Poe, Edgar Allen 185 Politzer, Heinz 96, 9 8 , 1 0 3 Raffael 3 9 , 7 5 , 7 9 , 8 4 Ranke-Graves, Robert von 119 Rasch, Wolfdietrich 59, 63 Raupach, Ernst 1 8 , 1 2 0 , 1 2 8 Rech, Peter 17 Reinhardt, Hartmut 179 Riemer, Friedrich Wilhelm 73 Rimbaud, Arthur 2 1 9 , 2 2 3 Romano, Giulio 73, 74 Rommel, Otto 260 Roth, Friederike 264 Rothe, Wolfgang 210 Rüdiger, Horst 99 Rupe, Hans 103 Ruppert, Wolfgang 58 Ryan, Lawrence 61, 6 3 , 6 9 Sachs, Hans 172 Sade, Donatien Alphonse de 236 Salvatore, Gaston 120, 235, 264 Sappho 87, 91, 9 4 , 1 0 0 Schefer, Leopold 11 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph 238 Schianchi, Lucia Fornati 84 Schier, Christian Samuel 1 6 2 , 1 8 2 Schüler, Friedrich 1, 89, 90,125,147, 1 4 9 , 1 5 4 , 1 8 1 , 238 Schlaffer, Heinz 3 Schlegel, August Wilhelm 54 Schlegel, Friedrich 4 0 , 4 1 , 4 7 , 54 Schmid, Hermann Theodor von 128 Schmidt, Jochen 13, 30 Schmoll, Friedrich 34 Schnell, Ralf 233 Schopenhauer, Arthur 9 5 , 1 7 9 , 2 5 8

288

Namenregister

Schreibet, Ulrich 237 Schulz, Gerhard 62 Schumacher, Hans 210 Sergel, Albert 71, 74 Shakespeare, William 42, 44,45, 46, 49, 50,108 Smets, Wilhelm 18,128 Sokrates 196 Sophokles 93,156 Sorge, Reinhard 18, 209-217,218, 246,263 Sprengel, Peter 207 Spycher, Peter 230 Starobinski, Jean 253 Stein, Charlotte von 53 Stein, Gertrude 244 Steinmetz, Horst 24 Stern, Martin 29, 32,186 Stockinger, Claudia 42 Strindberg, August 209 Szondi, Peter 93,157, 192,193, 209, 266 Tarot, Rolf 186 Tasso, Torquato 52, 54, 69 Tieck, Ludwig 10,16, 37,40-50,71, 72, 73, 74, 79, 80, 81,120,134, 250 Tizian 39,185,189,192,193 Trunz, Erich 28 Ueding, Gert 62,63

Vaget, Hans Rudolf 66 Vasari, Giorgio 72, 75, 79,161 Vergil 55 Verlaine, Paul 185, 219 Vietta, Silvio 210 Villon, François 223 Viviani, Annalisa 209,210 Voltaire 86 Vordtriede, Werner 93 Voss, Egon 177 Wackenroder, Wilhelm Heinrich 84 Wagenseil, Johann Christoph 169 Wagner, Nike 208 Wagner, Richard 14,107,167-182 Wapnewski, Peter 169 Waugh, Patricia 217 Wedekind, Frank 219 Weiglin, Paul 145,149,153 Weiss, Peter 15,235-242,264 Weiße, Christian Felix 12, 20, 24-26 Wethey, Harold E. 193 Wiese, Benno von 106 Wilmsmeier, Wilhelm 128 Wind, Edgar 39 Wolgast, Eike 148 Zedlitz, Joseph Christian von 128

Werkregister

Abendstunde im Spätherbst 234 Agnes Bernauer 156 Alte Meister 256 A Midsummer Night's Dream 44, 50 Am Ziel 18,253,262 Antigone 156 Après-midi d'un faune 185,196 Aus der Fremde 243-250 Auslöschung 259 Baal 263 Bahnwärter Thiel 206 Beim Propheten 204 Bettelstab und Lorbeerbaum 142 Büchners Tod 120, 235, 264 Camoens 117-129,235 Canterbury Tales 44 Clavigo 12,151,152 Correggio 10,16,67, 71-86, 96,159, 235 Das Urbild des Tartüffe 131,145, 146 Der Betder 209-217 Der Dichter (Petrasch) 22 Der Dichter (Hebbel) 156 Der fliegende Holländer 167,168 Der gestiefelte Kater 249 Der Ignorant und der Wahnsinnige 253 Der Königsleutnant 145 Der Meteor 17,227-234 Der Schein trügt 253 Der Theatermacher 5, 257 Der Tod des Dichters 120

Der Tod des Tizian 120,183-196, 202, 203 Der Weltverbesserer 257 Des Künsders Erdewallen 12,13, 17,28-34, 38, 39, 263 Des Künsders Vergötterung 12, 34, 35,38,144 Dichterdämmerung 6, 234 Dichterleben 11, 37,42 Die Ahnfrau 88, 89 Die Berühmten 253 Die Braut von Messina 90 Die Ermitdung 237 Die Freunde machen den Philosophen 12 Die Humanisten 244, 246 Die Jagdgesellschaft 251,253,257, 258, 262 Die Karlsschüler 131,145-154, 235 Die Leiden des jungen Werther 55, 71 Die Macht der Gewohnheit 253 Die Meistersinger von Nürnberg 107,167-182 Die Plebejer proben den Aufstand 236,263 Die Poeten nach der Mode 20-26 Die Räuber 146,150,151,154,240 Die Sommernacht 40-50 Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade 236, 237 Die versunkene Glocke 198 Don Juan 107 Don Kados 147,149,151

290

Werkregister

Egmont 127 Einfach kompliziert 253 Elisabeth II. 251, 256 Emilia Galotti 21, 27 Erben und Sterben 264 Fiorenza 16 Fortunat 45 Franz Stembalds Wanderungen 11, 27,134 Fuhrmann Henschel 206 Gabriel Schillings Flucht 197,198 Gerusalemme conquistata 69 Gerusalemme liberata 69,133,260 Gesang vom Lusitanischen Popanz 237 Gottsched und Geliert 146 Götz von Berlichingen 71,152 Gudrun 214 Hadlaub 11 Hanneies Himmelfahrt 197 Heinrich von Ofterdingen 11 Herodes und Mariamne 156 Hölderlin 235-241,264 Huon de Bordeaux 44 Iphigenie 52, 54, 55 Ist es eine Komödie? Ist es eine Tragödie? 257 Jeff Koons 265,266 Judith 156

Lorbeerbaum und Bettelstab 7,38, 130-144,210 Lusiades 104,118,119,126,128 Merope 86 Michael Kramer 197-207 Michel Angelo 7,155-165,168,181 Minetti 252, 253,254 Nach Damaskus 209 Palestrina 162 Pandemónium Germanicum 5,12, 17,40 Peter Brauer 198,199,263 Petrarca 105-115,133 Richard Savage 131,145,146 Rigoletto 106 Sappho 3,9,18,87-104,107,182 Schillers Todtenfeier 42 Tagebuch des Verfuhrers 105 Tannhäuser 168 Tassos Tod 120 Thomas Chatterton 218-226 Toller 235,263 Tonio Kröger 93 Torquato Tasso 1,2, 9,11,12,14, 15,20, 39,43, 51-69, 94, 96,107, 108,114,117,120,127,132,133, 138,139,147,151, 235,260, 261, 262

Kollege Cramp ton 197 König Ödipus 93 Künstlerehe 11 Künsders Apotheose 12,35-38,144

Über allen Gipfeln ist Ruh 6, 9,250262

Lohengrin 168

Zopfund Schwert 145

Viet Nam Diskurs 237

Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte Sophie von Glinski

• Imaginationsprozesse Verfahren phantastischen Erzählens in Franz Kafkas Frühwerk 2004. XII, 399 Seiten. Gebunden. ISBN 3-11-018144-4 (Band 31)

Peter-André Alt

• Der Tod der Königin Frauenopfer und politische Souveränität im Trauerspiel des 17. Jahrhunderts 2004. X, 261 Seiten. 17 Abb. Gebunden. ISBN 3-11-018117-7 (Band 30)

Thorsten Fitzon

• Reisen in das befremdliche Pompeji

Antiklassizistische Antikenwahrnehmung deutscher Italienreisender 1750-1870 2004. XI, 454 Seiten. 33 Abb. Gebunden. ISBN 3-11-017898-2 (Band 29)

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• Christian August Vulpius: Eine Korrespondenz zur Kulturgeschichte der Goethezeit Band 1: Brieftexte Band 2: Kommentar Hrsg. v. Andreas Meier 2003. 2 Bde. Bd 1: CLXXXVII, 498 S. 1 Frontispiz. Bd 2: 708 S. 1 Frontispiz. Gebunden. ISBN 3-11-017773-0 (Band 28)

Andreas Bässler

• Sprichwortbild und Sprichwortschwank

Zum illustrativen und narrativen Potential von Metaphern in der deutschsprachigen Literatur 2003. XI, 403 Seiten. 40 Abb. Gebunden. ISBN 3-11-017629-7 (Band 27)

Stefan Scherer

• Witzige Spielgemälde Heck und das Drama der Romantik 2003. VIII, 652 Seiten. Gebunden. ISBN 3-11-017774-9 (Band 26)

de Gruyter

Berlin • New York

Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte Hans-Peter Nowitzki

Silke PasewaIk

• Der wohltemperierte Mensch

• „Die fiinffingrige Hand"

Aufklärungsanthropologien im Widerstreit

Die Bedeutung der sinnlichen Wahrnehmung beim späten Rilke

2003. XI, 458 Seiten. Gebunden. ISBN 3-11-017725-0 (Band 25)

Frank Degler

• Aisthetische Reduktionen

2002. X, 331 Seiten. 4 Abb. Gebunden. ISBN 3-11-017265-8 (Band 21)

• Situationen des Erzählens

2003. VII, 386 Seiten. Gebunden.

Aspekte narrativer Praxis im Mittelalter Hrsg. v. Ludger Lieb / Stephan Müller

ISBN 3-11-017759-5

2002. VIII, 290 Seiten. Gebunden.

(Band 24)

ISBN 3-11-017467-7

Analysen zu Patrick Süskinds ,Der Kontrabaß', ,Das Parfum' und,Rossini'

Sabine Mainberger

• Die Kunst des Aufzählens Elemente zu einer Poetik des Enumerativen 2003. X, 363 Seiten. Gebunden. ISBN 3-11-017246-1 (Band 22)

(Band 20)

Ansgar M. Cordie

• Raum und Zeit des Vaganten Formen der Weltaneignung im deutschen Schelmenromann des 1 7 . Jahrhunderts 2001. XII, 632 Seiten. 44 Abb. Gebunden. ISBN 3-11-017011-6 (Band 19)

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