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German Pages 543 [546] Year 1837
Darstellung1 der
Aeg-yptischen M y t h o l o g i e verbunden mit einer kritischen Untersuchung der Ucberbleibsel
cler Aegyptischen Chronologie von
I. C. P r i c h a r d M. D. Uebersctzt und mit Anmerkungen begleitet
von L.
H a y m a n n.
Nebst einer Vorrede v Oll
A.
W. von
Schlcgel.
Bonn, bei
E d u a r d 1 837.
Weber,
Dem Ober-Gonsistorialrath und Dircctor im Consistorium zu Cohlenz, Ritter des rotlien A d l e r - O r d e n s etc. etc.
Herrn Professor Dr. Augusti und
dem Oberbibliothekar
der Königlich o
Rheinischen
Friedrich - Wilhelms - Universität zu Bonn etc. ctc.
Herrn Professor Dr. Welcker widmet diese Schrift
aus Hochachtung und inniger Dankbarkeit
der Uebersetzer,
V o r r c cl c.
D er Verfasse)' «Ter Schrift. welche liier dem Deutsclicn
Publicum
in
gelebt wirtl, Du.
einer treuen Uebersetzung
J.VMKS
COWJ.ES
PIUCHAJID,
vor-
lebt
als
praktischer Arzt in Bristol, und lial sich durch mehrere gelehrte Arbeiten als einen unabhängigen Denker und scharfsinnigen Forscher bewährt.
Bei einem Besuche,
den er mir vor einer Anzahl Jahre machte, war ich e r f r e u t , ihn auch persönlich als einen geistreichen und gebildeten Mann kennen zu lernen. Sein erstes W e r k : Untersuchungen sische
Geschichte
des Menschen
über
die.
phy-
( 1 8 1 3 ) handelt haupt-
sächlich von den verschiedenen Mensclienstämtnen. Es werden darin paradoxe Behauptungen durch scheinbaro Gründe und geschickt zusammengestellte
Thatsaclien
vcrtheidigL Ueber eine neuere Abhandlung desselben Gelehrten: Die
östliche
Herkunft
erwiesen
aus
Verglcichung
dem Sanskrit, den
Sprachen
der
der
dem Griechischen, Deutschen
Celtischen ihrer
Völker,
Mundarten
mit
dem Lateinischen,
und
Stammes
( 1 8 3 1 . ) habe ich
mich ausführlich erklärt, TUE
ROYAL
I I , p. 44 2•
SOCIETY u
in den
OF
TRANSACTIONS
LITTERATVRE
,
OF
Fol. I I ,
P.
- f- Nur wegen der Unzulänglichkeit der
bisher vorgetragenen Beweise habe ich die
Verwandt-
schaft der Celtischen Völker mit der schon anerkannten Indo - Germanischen Familie bezweifelt, ohne sie bestimmt verneinen zu wollen. Das vorliegende Werk umfasst mehr als der Titel ankündigt. Von einer methodischen und gelehrten Darstellung der Mythologie der Aegyptier, von ihrem Volksglauben und der Geheimlelire ihrer Priester, den Caeremonien und der ganzen Gestalt des Götterdienstes, endlich der politisch religiösen Gesetzgebung, geht der Verfasser über zu einer Vcrgleichung mit dem alten Indien, in Bezug auf die wichtigsten B e s t a n d t e i l e der Religion und Verfassung.
Hier begegnet er mir, so zu
Sagen, auf dein Gebiete meiner
eignen Forschungen.
Es würde mich weit über die Gränzen einer Vorrede hinausführen, wenn ich dem Gange der Untersuchung im einzelnen, wollte.
bestätigend
oder
bestreitend,
folgen
Ich begnüge mich mit einigen allgemeinen Be-
merkungen. Bei der Betrachtung der Religionen der alten Welt drängen sich dem Beobachter so viele Aehnlichkeiten auf, dass der Gedanke ganz nahe liegt, diese Uebereinstimmungen der Völker, zum Theil weit getrennter, einander entfremdeter oder von jeher fremd gebliebener Völker, möchten wohl auf einen gemeinsamen Ursprung ihres Glaubens oder Aberglaubens, ihrer heili-
gen Gebräuche und Gesetze aus einer unbekannten Heimat und Vorzeit zurückweisen. Durch die Ergebnisse der in unserm Zeitalter erweiterten und vervollkommten Sprachkunde gewinnt diese Vermuthung einen noch höheren Grad der Wahrscheinlichkeit. Die Sprachen des Indo - Germanischen Stammes tragen unverkennbar das Gepräge einer ursprünglichen Verwandtschaft, wiewohl die über zwei Welttheile verbreiteten Völker entweder gar keinen Verkehr mit einander hatten, oder, wo sie in Berührung kamen, eine solche Stammverwandtschaft nicht ahndeten. Unsere im Verhältnisse zu dem Alter des Menschengeschlechtes sehr junge Weltgeschichte bezeugt gleichwohl viele, zum Thcil unglaublich scheinende Streifzüge und Wanderungen mehr oder weniger zahlreicher, meistens nomadischer Horden. Die meisten Völker aber, besonders die ackerbauenden, finden wir schon seit dem entferntesten Alterthume, das unserer Kunde erreichbar ist, in denselben Wohnsitzen angesiedelt, die nachher der Schauplatz ihrer Thätigkeit und eigenthümlichen Entwickclung waren. Die jenseit des Zeitraumes historischer Ueberlieferung liegende Einwanderung war vergessen: nicht wenige Völker behaupteten, ihre Vorfahren seyen vom Anbeginn Eingeborne des Landes gewesen. Allein die Sprachen stellen sich dar als nähere oder entferntere Verzweigungen einer einzigen Muttersprache der gesamten Völkerfamilie, und beweisen, dass in einer fernen unbestimmbaren Vorzeit
VIII
Auswanderungen über weite Landstriche hin aus Einem gemeinsamen Ursitzc unternommen worden sind. Dies ist nicht etwa eine Hypothese, sondern eine zwar nicht bezeugte, aber sicher ausgemittelte Thatsache, welche bei urgeschichtlichenForschungcu nunmehr nicht länger verkannt werden darf. Nun liegt wiederum die Yermuthung sehr nahe, dass die Ansiedler
die Grundlagen ihrer Religion, so
wie die ersten Anfange der Künste und Wissenschaften , aus jenem Ursitzc in ilire neue Ileimat schon mitgebracht haben: um so m e h r , da mehrere dieser Volk e r , die Inder, die Perser, die Hellenen und die Italischen Völkerschaften
durch ausgezeichnete
hohe Cultur und unternehmende
Anlagen,
Thatkraft eine früh-
zeitig empfangene Erziehung beui kunden. -
Die Aegyptier freilich gehören ihrer Sprache nach entschieden nicht zu der oben bezeichneten Familie. Sie stehen gan? vereinzelt da zwischen den Eingebornen Libyens und Aethiopiens im Westen und Süden, und ihren östlichen Nachbarn,
den
sogenannten
schen Völkern, die, ganz verschieden
Semiti-
geartet,
eben-
falls sehr bedeutend in der Weltgeschichte auftreten. Indessen ist dies kein unüberwindlicher gegen eine aus so Einwirkung.
entfernten Weltgegenden
Einwurf erfolgte
Es gab unstreitig in früher Vorzeit, Mis-
sionen, meistens pi'iesterliche Missionen, gerichtet auf Erziehung der V ö l k e r , zuvörderst durch Religion und Gesetz, dann durch mitgcthcilte nisse,
Künste
und Kennte
Ich will liier nicht einige ganz historische Beispiele anführen, wie dieses, dass der Buddhismus aus dem diesseitigen Indien bis zu dem fernen Japan gelangt ist.
Denn hier kennen wir die Mittelglieder, was
bei einem
angenommenen Verkehr
uud Aegypten nicht der Fall ist.
zwischen Indien Uebcrdies
gehört
der Buddhismus, auf den Brahmanismus geimpft, nach seinem Charakter
und
der Zeit seiner
schon zur neueren Weltgeschichte.
Verbreitung
Aber es ist eine
Tliatsache, dass vor den Buddhisten eine Colonie von Brahmanen sich auf der Insel Java angesiedelt und die noch wilden Einwohner zu einem hohen Grade von Cultur erhoben hat.
Aus dem Gesetzbuche des Ma-
nus erhellet, dass die alten Indier der Seefahrt nicht so abgeneigt und fremd waren, als man oft angenommen hat.
Andererseits ist nicht zu bezweifeln, dass
die Phönicier frühzeitig zur See Handel mit Indien getrieben, und den Aegyptiern Indische W a a r e n zugeführt haben.
W a r Sesostris der Grosse auf seinen
abenteuerlichen Feldzügen wirklich
bis nach Indien
vorgedrungen, wie Champollion, gestützt auf seine Deutung der Denkmale, annimmt, so konnte er von dort hei- gefangene Brahmanen in sein Reich zurückbringen. Allein diese Möglichkeiten einer fremden Einwirkung liegen längst nicht weit genug in der Vorzeit zurück, wenn wir den Aussagen der Aegyptischen Priester von der uralten Unwandelbarkeit ihrer Religion nur halb so viel Glauben beimessen, als Plato tliat. Da die polytheistischen Religionen überall aus dem-
selben Princip hervorgegangen sind, so lassen sich schon im voraus viele Aelinlichkciten erwarten. Es fragt sich nur, ob diese so beschaffen sind, dass daraus auf eine von der einen oder andern Seite her geschehene Miltheilung und Belehrung, vielleicht sogar auf Ableitung aus einer gemeinschaftlichen Quelle geschlossen werden darf; oder ob das Zusammentreffen hinreichend aus allgemeinen Anlagen der menschlichen Natur, und aus der Denkart der Urwelt erklärt werden kann. Nur iu j e n e m Falle hat die gewonnene Einsicht historische Wichtigkeit; aber auch in diesem bleibt der Vergleiehung der Religionen das philosophische Interesse gesichert. Mit vollem Recht ist deswegen dies in der neueren Zeit und besonders in, Deutschland ein Lieblingsgegenstand der Forschung geworden. Aber weit entfernt, dass der aufgewendete Scharfsinn zu sichern und allgemein anerkannten Resultaten geführt hätte, scheint die Abweichung der Meynungen vielmehr mit dem Umfange der Gelehrsamkeit zuzunehmen. Dem Verfasser ist die Deutsche Sprache und Litteratur nicht fremd. Er hat sogar einen Abschnitt aus der Schrift meines Bruders über die Sprache und älteste Weisheit der Indier unverändert eingeschaltet. Mieles jedoch, was in Deutschland schon vor Abfassung seines Werkes kühn behauptet und heftig bestritten worden, scheint Hrn. Prichard unbekannt geblieben zu seyn. Dies war vielleicht vortheilhaft für die Unbefangenheit und den einfacheren Gang seiner Untersuchung,
Die Religion der Brahmanen werden wir in einer nicht sehr entfernten Zukunft besser kennen als irgend eine andere des Altertliums: sobald nämlich die schriftlichen Urkunden vollständig ans Licht gezogen werden.
seyn
Das Gesetzbuch des Manus haben wir längst;
mit den beiden ältesten Heldengedichten,
die neben
d e r heroischen Ueberlieferung so viel kosmogonisches und theogonisches enthalten, dem Rämäyana und Mah ä - B h ä r a t a , ist der Anfang gemacht worden; nun sind nur noch die Haupttlieile der Veda's zurück: ich meyne die Hymnen, die liturgischen Formeln und das Ritual. Der spätere contemplative
Thcil gehört schon mehr
zur Geschichte der Philosophie.
Zu den
Puräna's,
falls man sie benutzen zu müssen glaubt, muss man eine mistrauische Kritik in Bezug auf Aechtlieit und Zeitbestimmung mitbringen.
Die Ausartungen des heu-
tigen Aberglaubens dürfen uns vollends nicht kümmern: am wenigsten nach den einseitigen Berichten der Missionare. Die heiligen Bücher sind verloren,
der Aegyptischen Priester
eben sowohl wie die ganze Bibliothek
des Osymandyas; eben sowohl wie die Bücher d e s T u s kischen Tages und des Sabinischen Numa. sen uns mit den Berichten der
W i r müs-
Griechen behelfen.
Dieses eitle Volk, ungeachtet der stolzen Entgegensetzung von Hellenen und Barbaren, wollte überall sich selbst wiederfinden, und wusste jede fremde Götterlehre nach seiner eignen höchst Avillkühvlich umzudeuten.
Dasselbe gilt nicht bloss von den Geschichtschrei-
b e r n , sondern aucli von den späteren Mystikern und Philosophen, welche durch die Herleitung aus Aegypten ihren Lehren den Schein eines ehrwürdigen Alterthums zu geben hofften. Die Erwähnungen im alten Testament und beim Homer ausgenommen, ist Iierodot unser ältester Zeuge. Seine anschauliche Schilderung von dem ganzen äusseren Bestände der Götterverehrung: vom Priesterthum, den Tempeln, Opfern, Festen, Proeessionen, Pilgerfahrten, Caercmonien, Vorschriften Und Verboten, endlich von der ganzen geselligen Verfassung ist unschätzbar.
Leider scheute er die Beschuldigung-, o r> 1 die den Acgyptischcn analogen Griechischen Mysterien verratlicii zu haben: er vermied sorgfältig, wie er selbst e r k l ä r t , die heilige Deutung zu berühren.
hierüber
W a s uns
trösten kann, ist die Betrachtung, dass er
nach seiner beschränkten Sinnesart vcrmuthlich nicht viel davon begriffen hatte.
W i e mich dünkt,
haben
einige neuere Gelehrte Herodots Ansehen in allem, was über die unmittelbare Beobachtung hinaus liegt, etwas zu hoch gestellt. am und
Tage , wusste
er
war
ein
z. B. von
Seine Leichtgläubigkeit liegt unwissenschaftlicher der Astronomie
weit
Kopf, weni-
g e r , als er schon von seinen Griechischen Zeitgenossen, geschweige denn von gelehrten Aegyptiern lernen konnte. Hätte Plato seine Kenntnisse von der Kosmogonie, der mythologischen Bildersprache, den öffentlichen und esoterischen Dogmen ausführlich,
ohne Einmischung
Xlll
eigner Dichtung, darlegen wollen, so wären wir mancher Zweifel überhoben. Aber das alte Aegypten redet noch auf andere Weise als durch den Mund ausländischer Zeugen zu der erstaunten Nachwelt: durch seine Denkmale; und hierin hat es den Vorzug.
Allerdings
besitzt auch
Indien bewundernswürdige Felsentempel und Grotten; aber sie
liegen fast sämtlich im Süden des Vindhia -
Gebirges. Nun wissen wir, dass alle Brahmanische Cultur von- den Ganges - Ländern ausgegangen ist.
Die
südliche Halbinsel ward erst von dort aus durch Missionen und Einwanderungen zum gesetzlichen erzogen.
Leben
Die heroische Ueberlieferung hat das Anden-
ken einer Vorzeit bewahrt, wo diese Gegenden, nur sparsam von halbwilden Eingebornen bewohnt, wüst und unangebaut lagen, wie sie im Ramäyana geschildert werden. Im Flussgebiete des Ganges finden sich solche unverwüstliche Ruinen nicht, sey es nun, weil es an Material und angemessenen Lagen fehlte, oder weil der architektonische Pomp eine spätere Zuthat des Götterdienstes war.
Genaue Zeitbestimmungen
sind
unmöglich; von Seiten des Alters können sich jedoch die Indischen Denkmale schwerlich mit den Aegyptisclien und Nubischen messen. Für die Altcrthumskunde der beyden zuletzt genannten Länder hat seit dem Anfange des Jahrhunderts mit dem Französischen Feldzuge eine neue Epoche begonnen.
Vorher waren die fast unzähligen Ge-
XIV
bände, vvelclic den Nil einfassen, Temj)el, Paläste und Grabhöhlen , nur dem kleinsten Tlieile nach in untrenauen Zeichnungen bekannt.
Jetzt liegen uns dieSculp-
turen,
Hieroglyphen vor Augen,
die M a l e r e i e n ,
die
womit die tlieilweise gut erhaltenen Wände überdeckt sind.
Europäische Wissbegier hat sich mit glänzendem
Erfolge
an die Deutung
Entzifferung
der
der
Hieroglyphen und die
demotischen Schrift gewagt.
aber auch die Ei-klärung der Hieroglyphen,
Wäre
siegreich
über jeden Zweifel, in allen ihren Theilen vollendet; stände die der Analogie
der Sprachgeschichte wider-
strebende, und dennoch schon frühzeitig aufgestellte, und neuerdings zuversichtlich
wiederholte Behauptung
vollkommen fest: das Coptische sey die ganz unverändert gebliebene Sprache der alten Aegyptier; so steht es
doch dahin, ob wir daraus viel neue
über
Belehrung
den epischen Zusammenhang ihrer Mythologie,
und über die symbolisch eingekleideten kosmogonischen und physischen Lehren erwarten dürfen. der
Abbildungen
Götter, theils in grossen Steinbildern,
theils in
kleinen Idolen, endlich unter den eingegrabenen Sculpturen der Gebäude haben wir genug, kennen zum T h e i l ihre Namen, und sehen sie auch handelnd vorgestellt. Aber in diesen Handlungen, wie in den wechselnden Attributen und Zeichen
göttlicher Macht und W ü r d e
möchte noch viel unenträthselte Symbolik liegen.
Aus
den Papyrus-Rollen in den Gräbern wird man schwerlich etwas mehr erfahren als die priesterliche lcisprache der Segnungen und Weihungen.
Canz-
Für
die
Geschichte hingegen sind rlie Denkmale rcich tin mannichfaltiger Belehrung.
Zuvörderst gewährt uns ihre
erstaunenswitrdige Menge mittelbar eine Art von Chronologie.
W i e viel Jahrhunderte erfoderte
es, von
Nubien bis nach Memphis hinunter, oder von Thebä gegen Nubien hinauf, dies alles zu errichten, wenn wir den Maasstab der Angaben Herodots von der Zeitdauer einzelner Bauten hier anlegen? Ferner lernen wir die so stark gegen die Südafricanische abstechende nationale Physiognomie kennen. Jene colossale Bjddsäulc im Brittischen Museum, fälschlich der jugendliche Memnon benannt, ohne Zweifel das Bildniss eines Monarchen, kann man, wie mich dünkt, nicht aufmerksam betrachtet haben, ohne überzeugt zu seyn, dass wenigstens die beiden obern Casten der Aegyptier einem sehr edeln Menschenstamme angehörten.
Ein einziges
Blatt in dem Werke von Gau reicht hin, uns eine ganz neue Aussicht in die Aegyptische Vorzeit zu öffnen. Der König sitzt auf seinem Throne, ihm werden Ehrengeschenke dargebracht, und diese bestehen in Thicren: Löwen, Affen, Straussen, Antclopen und Giraffen. W e r kann zweifeln, dass die Bewohner der Gegenden des innern Africa, wo diese Thiergattungen einheimisch sind, damals den Aegyptiern tributär waren? So manche Darstellungen von Schlachten, Belageningen, Siegen, bezeichnet durch vorgeführte Kriegsgefangene,
sind
augenscheinlich historisch; und wenn Champollion die hieroglyphisch geschriebenen Namen der Könige und der besiegten Völker richtig gelesen hat, so besitzen
wir d a r i n ein Stück urkundliche Geschichte, d a s , mit den Dynastien des Manethon zusammengehalten, sich chronologisch wird ordnen lassen. ten n u r , so zu sagen,
Die Griechen kann-
die Vorderseite der Aegypti-
schen Geschichte, u n d auch diese mit Zuverlässigkeit nur seit dem Psammetichus. Ich komme
auf die unternommene Vergleichung
d e r Religionen zurück.
Je mehr ich in d e r alten W e l t -
geschichte forsche, um so mehr überzeuge ich m i c h , dass die gesitteten Völker von einer reineren V e r e h rung des höchsten W e s e n s ausgegangen sind; dass die magische Gewalt d e r Natur über die Einbildungskraft des damaligen Menschengeschlechtes Vielgötterei hervorrief
erst später d i e
und endlich in dem Volksglau-
b e n die geistigen Religionsbegriffe ganz
verdunkelte,
während die Weisen allein im Heiligthum das uralte Gcheimniss
bewahrten. Demnach scheint mir die Mytho-
logie d e r zuletzt entwickelte und d e r wandelbarste T h e i l d e r alten Religionen zu seyn.
Deswegen ist es inis-
lieh, wie d e r Verfasser thut, die Vergleichung mit der Mythologie
anzufangen.
Freilich tritt e r weit besser-
gerüstet auf, als Sir William Jones in seinem ganz v e r fehlten Versuch einer Zusammenstellung Indischer G ö t t e r mit Griechischen u n d Italischen.
W ä r e n aber auchi
die von Hrn. Prichard hervorgesuchten Aehnlichkeitem t r e f f e n d e r , als sie in d e r That s i n d ,
so würden sie?
dennoch b e i mir wenig Ueberzeugung bewirken.
An-
dererseits beweist auch die Divergenz d e r Mythologiem nichts gegen
die Herleitung der Religionen aus e i n e r
—
XVH
gcmeinschafdichen Quelle.
—
Nach Verschiedenheit des
Himmelslviches und der Landesart konnten die Mythologien sich örtlich
umgestalten:
die Oertliclikeit
so
mancher Aegyptischen Mythen ist unverkennbar. Aehnlichkcitcn hingegen Triebe
konnteil
aus
einem
verwandten
der Dichtung und Betrachtung hervorgehen,
ohne Mitthciluög von aussen.
Dies gilt
von vielen
kosmogonischcn Mythen: es sind eben Speculationen über die Natur; Philosopheme, wie Heyne sie treffend nannte, in anthropomorphistisclien und nicht selten grobsinnlichen Einkleidungen.
Das Chaos, auf das
ganze sichtbare Universum bezogen, ist nichts andres als die Lehre von der Ewigkeit der Materie, wozu dann die intelligente Schöpferkraft nur die Form hergeliehen hätte. Aber als eine geologische Theorie b e trachtet, wird sich das Chaos ziemlich gut vertheidigen lassen.
Die Kämpfe der Götter mit den Titanen
und Giganten, denen wir in allen Mythologien begegnen, hatten ausgemacht eine physische Bedeutung, wiewohl sie dann wieder hinaufgesteigert sind
zu
der
Lehre von einem guten und einem bösen Princip, woraus man den Ursprung des Uebels zu erklären gedachte.
Wenn man spielen wollte, könnte man sa-
gen, die Aufthürmung der drei Berge, Olympus, P c lion und Ossa durch Gigantenhand sey eine Divination der neueren geologischen Hypothese der Vulcanisten, hohe Gebirge seyen dem Innern worden;
durch Explosionen
der Erdrinde plötzlich
aus
hervorgestossen
—
XVIM
Die alten Brahmanen lehrten periodische Weltschöpfungen und Weltzerstörungen. Dies tliaten, wie bekannt, die Stoiker ebenfalls; und nach Hrn. Pricliards "Voraussetzung hatten sie ihre Lehre mittelbar von den Aegyp tischen Priestern überkommen. W ä r e das letzte auch ausgemacht, so würde meines Erachtens die Ucbereinstimmung dennoch nicht mit Sicherheit auf Einbürgerung aus Indien schliessen lassen. Die wechselnden Weltschöpfungen und Zerstörungen sind ein Versuch den Gegensatz des Endlichen und Unendlichen zu vermitteln. Ein absoluter Anfang des sichtbaren Weltganzen widerstrebt der Einbildungskraft; die Ewigkeit des immerfort Wechselnden hingegen empört die Vernunft: da schob man die unmögliche Auflösung in das Gränzenlose zurück. Die Lehre von der Seelenwanderung ist eine der auffallendsten Uebercinstimmungcn. Die Unsterblichkeit der S e e l e , und der Zusammenhang der Zustände nach dem Tode mit der sittlichen Verfassung der Abgeschiedenen, ward von den Weisen aller Zeiten gel e h r t ; und die Völker haben niemals ganz verlernt jenseit dieses Lebens zu hoffen und zu furchten, wie sehr auch dem sinnlichen Menschen die Zukunft sich in Nacht hüllen mochte. Aber die Unsterblichkeit in der Form der Seelenwanderung ist eine ganz eigent ü m l i c h e Lehre, die wir unter allen Völkern des Alterthums nur bei den Indiern und Aegyptiern klar ausgesprochen finden. Von den letzten haben Griechische Philosophen sie entlehnt. (Woher die G.illi-
XIX
sclicn Druiden? und seit wann? Die Berichte von ihnen sind aus später Zeit.)
Manus bestimmt genau die
Stufen des Aufsteigens und Hinabsinkens.
Die Wie-
derkehr in das organische Leben erschöpft aber keinesweges die Lehre der Brahmanen von den Zuständen nach dem T o d e : sie glaubten an himmlische Belohnungen und an Strafen in der Unterwelt, beide jedoch von beschränkter Dauer; endlich an Befreiung durch Versenkung in das göttliche Wesen.
Achnlichc
Ergänzungen können wir bei den Aegyptiem nur aus Pythagoreischen Lehren vermutlien. Die Aegyptischen Priester verstanden es eben so wohl wie die Brahmanen, die ganze Lebensweise bevormundeten Volkes zu ordnen.
des
Diätetische Regeln,
auf wirkliche' Erfahrung oder vielleicht auf Vorurtheil gegründet, wurden zu heiligen Gesetzen erhoben, und dadurch ihre Unverbrüchlichkeit bewirkt.
Dahin ge-
hören die Vorschriften über erlaubte und verbotene Speisen.
Die Uebereinstimmungen sind wichtig; doch
fehlt es auch nicht an Abweichungen: beide sind nicht strenge beweisend, weil die Diätetik nach Klima und Landesart sich anders bestimmt.
Gleicher Abscheu vor
d e m Genuss des Schweinefleisches, und vor dem unreinen Thiere selbst, in Aegypten und Indien.
Mit
der Schonung des
Rindergeschlechtes
hatte es eine
andre Bewandtniss.
Dieses uralte Gesetz war, wie mir
scheint, auf Beförderung des erst beginnenden Ackerbaues gerichtet, von welchem wiederum die Zunahme der Bevölkerung und das
gesittete L e b e n
überhaupt
abhiitg. Wenn man vielleicht in dem Wahne, die Bösartigkeit, der Gattung dadurch zu entwaffnen. Eine so seltsame Abirrung mochte ein Romischer Dichter wohlfeilen Kaufs »er*
spotten; er vergass, dass er in der Vorzeit seines eignen Volkes andre nicht weniger läppische Arten des Aberglaubens im Ueberfluss hätte finden können. Dieselbe Sinnesart, woraus die Vielgötterei hervorgegangen war, dass nämlich alle grossen Naturgegenstände und Naturkräfte dem Menschen nicht nur belebt und beseelt, sondern ganz persönlich entgegentraten; diese Sinnesart musste auch in den Instincten der Thiere etwas geheimnissvolles ahnden; und so sind in allen polytheistischen Religionen tliierisclie W e sen, wirkliche oder erdichtete, in die Göttcrwelt hinauf gelangt. Die Richtung der Einbildungskraft war nach der umgebenden Thierwelt verschieden, aber das Sinnbildliche ist unverkennbar. Aus begreiilichen Gründen erschien die Sehlange überall dem Menschen als das räthselhafteste aller Geschöpfe. Jene endlose Schlange, auf deren Ringen der schlummernde Vishnu im Ocean ruht, die mit ihren sieben Köpfen einen Baldachin über ihm bildet, ist, der Art nach, die Brillenschlange, eobra di capelloj welche das eigne hat, dass sie mit aufgeblähten Brustknorpeln sich emporhebt. Und eben diese Schlange (ein merkwürdiges Zusammentreffen!) bei den Aegyptiern Uräos genannt, kommt auf ihren Bildwerken unaufhörlich vor: an dem Hauptschmuck der Götter und Könige, am Gesimse der Tempel; am würdigsten und bedeutsamsten aber über den Portalen, wo der Discus zwischen ausgespreizten Sperberilügeln von zwei solchen Schlangen getragen wird.
xx m Die Gebräuche der Todtenbestattimg waren in beiden Ländern ganz verschieden. Die Indier gaben und geben noch durch das Feuer den entseelten Körper den Elementen zurück, wie es die weitverbreitete Sitte der alten Welt war. Das Einsalzen und Einbalsamiren der Todten hat man mit irgend einer Geheimlehre in Beziehung gesetzt; vielleicht war es ursprünglich nur eine Sanitäts - Maassregel. Es fehlte in Aegypten an Waldungen um den Scheiterhaufen zu genügen; Gräber konnten durch die jährlichen Ueberschwemmungen aufgewühlt werden; indem man die vor der Verwesung bewahrten Leichen in Felsengrotten b a r g , beugte man den Miasmen vor. In Einem Punkte des- Ritualgesetaes zeigt sich ein entschiedener Gegensatz. Den Aegyptiern war jeder Unbeschnittene unrein, und durfte an keiner heiliges Caeremonie Theil nehmen. Die Indier hingegen hegen den grössten Abscheu vor der Beschncidung: sogar gewaltsam erlitten, zieht sie Ausschliessung aus der Gaste nach sich. Dieser Abscheu spricht sich schon in dem ältesten Gesetze aus, indem eine solche von Geburt an unvollkommne Bildung der männlichen Geschlechtstheile als ein Fluch betrachtet wird. Vergebo lieh bemüht sich Hr. Prichard zu erweisen, unter den Aegyptiern seyen sen.
nur die Priester Beschnitten gewe-
Er hat zwei Steilen des Herodot (II, 36. 37.)
irrig ausgelegt,, und eine dritte entscheidende (H, 104.) gar nicht beachtet.
Nur den unehrlichen Ständen und
den aus ihrer Caste Verstossencn ward die Beschnei-
XXIV
dung verweigert.
W i r haben dafür ein altes und un-
gemein merkwürdiges Zeugniss, das ich hier nicht anführen will. In der ganzen geselligen Verfassuug tritt uns die auffallendste Aehnlichkeit entgegen: hier und dort Erblichkeit der Stände, bis zu den Unterabtheilungen des Gewerbes hinab 5 an der Spitze ein priesterlicher und ein kriegerischer Adel; Könige aus dem Kriegerstamm, begabt mit hohen Vorrechten, aber beschränkt durch jene doppelte Aristokratie.
Doch eine solche Verfassung ist
nicht den Indiern und Aegyptiern allein gemein gewesen 5 man findet starke Spuren davon
in
mehreren
Staaten der alten W e l t : bei den Persern, den Tuskern und im ältesten Rom.
Auch bei den Hellenen gab es
einzelne Priesterfamilien, denen man den Besitz gewisser Weihungen zutraute; ferner Asclcpiaden und Daedalid«n.
Der Unterschied ist nur, dass diese Verfas-
sung, wo sie den Bedürfnissen und Bestrebungen
der
Volker nicht mehr entsprach, frühzeitig andern Einrichtungen weichen musste; während sie in Aegypten und Indien so tiefe Wurzeln gesehlagen hatte, dass sie bis zum Verluste der Unabhängigkeit,
ja noch lange
darüber hinaus, fortdauerte. Wenn alle menschlichen Einrichtungen am richtigsten darnach beurtheilt werden, was sie bewirkt, und zwar dauerhaft bewirkt haben, so wird man dieser Anordnung des geselligen Lebens ihr grosses Verdienst um die Erziehung der Völker nicht absprechen können. W e r die Sitten, die Meinungen, vielleicht die Vorur-
XXV
llicile seiner Zeit und seiner Nation nicht bei Seile zu stellen weiss, wird den Geist der Vorwelt schwerlich erfassen. W i r erkennen deutlich in der Geschichte der Menschheit verschiedene Phasen: andre und wiederum andre Begriffe haben die grösste Gewalt über die Gemüther ausgeübt, und hiernach scheiden sich die Zeitalter. Was in einem früheren ausführbar und heilsam war, wird in dem folgenden vielleicht verderblich oder gar unmöglich seyn. Das alte Aegypten erscheint mir als ein Wunderwerk der Regierungskunst. Aber hier ist nicht der Ort, die Weisheit und Voraussicht seiner Priester zu preisen, und so manche irrigen Ansichten zu widerlegen, da ich nur die Frage von der Entlehnung oder Originalität zu erörtern habe* Es ist ungenau gesprochen, wenn Hr. Prichard in der Uebersclirift eines Abschnittes die beiden Ausdrücke, Hierarchie und erbliche Priesterschaft, als gleichbedeutend gebraucht. Diese Dinge sind wesentlich verschieden. Unter Hierarchie verstehen wir eine Stufenfolge geistlicher Würden, und deren Unterordnung unter Ein Oberhaupt, von welchem allgemein gültige Entscheidungen ausgehen. Gerade in solchen Religionen, wo den Priestern die Ehelosigkeit geboten war, >vie im Buddhismus und in der Römischen Kirche, hat sich die Hierarchie zum vollkommensten System ausgebildet. Die zu einer Caste gehörigen erblichen Priester hingegen waren ebenbürtig, und nur persönliche Eigenschaften konnten einen Vorrang begründen. Auch findet sich im Brahmanismus keine Spur einer priesterlichen
XXV!
Obergewalt in Religionssachen.
Bei den Aegyptieru
ist freilich von erblichen Oberpriestern die Rede 5 allein ihre Auctorität beschränkte
sich auf einen einzigen
Tempel. Wo. wir im Alterthum eine priesterliche Gesetzgebung antreffen, da dürfen wir auch mit Sicherheit einige Fortschritte in den Wissenschaften erwarten: eine sorgfältige Aufsammlung physischer Beobachtungen, die ersten Grundlagen der Mathematik, und eine, möchte man sagen, ahndungsvolle Aufmerksamkeit auf die Bewegungen der Himmelskörper.
W i r sind berechtigt,
diese Fortschritte dem Einflüsse der Priester zuzuschreiben, weil bei andern sonst geistreichen Völkern dieselben Wissenschaften, bis auswärtige Belehrung hinzukam, entweder ganz vernachlässigt wurden, oder in unmündiger Kindheit verblieben.
Schon zu Homers-
Zeit war der Ruf der Aegyptischen Aerzte bis zu der* Griechen gedrungen.
Die Astronomie insbesondre war
von uralter Zeit her eine priesterliche Wissenschaft. Die frühen Fortschritte der Aegyptier darin sind nicht zu bezweifeln: die Griechischen Astronomen sind aus ihrer Schule hervorgegangen.
Von der Astronomie der
Indier hat mein würdiger Freund Colebrooke mit seiner gewohnten wissenschaftlichen Strenge gehandelt,, und sie gegen die Geringschätzung eines Montucla und Delambre, besonders gegen die Hinabdrückung in die neuere Zeit, vertheidigt. (Vgl. meine Reflexions sur l'etude des langues
asiatiques,
p. 85—(}ö.)
Ueber
Alter der Lehrbücher ist viel gestritten worden.
das
Aber
X X V II
die Folgerung, dass die Wissenschaft selbst nicht älter sey, war ganz unstatthaft. So oft berichtigende Beobachtungen die alten Lehrbücher unbrauchbar gemacht hatt e n , mussten sie umgearbeitet werden; gen
natürlich
und dann gin-
die Originale verloren.
selbst beweiset
Die
Sprache
durch den Vorrath, und die Bestimmt-
heit astronomischer Ausdrücke Cultur der Wissenschaft.
eine lange fortgesetzte
Ausser den mythischen Ein-
kleidungen hat die Astronomie
der
Indier
Antiquitäten: ich meyne die Erwähnung
auch ihre himmlischer
Erscheinungen in d e n V c d a ' s , in dem Gesetzbuche des Manus, und in den Heldengedichten. Die Astronomie schreitet durch Beobachtung und Bei der Messung der Zeit und des
Berechnung fort. Raumes können
verschiedene Methoden
Statt
endlich bleibt manches der Willkühr der Einbildungskraft lich
überlassen.
die Figuren,
finden;
spielenden
Dahin gehören vornäm-
die man in Gedanken um gewisse
Slerngruppen herumzeichnete: sie wurden ohne Zweifel ersonnen als eine Gedächtnisshülfe, um sich in dem iiberschwänglich reichen Anblick des gestirnten Himmels zu orientiren.
Man weiss, dass Bailly durch die
Uebereinstimmung weit entlegener Völker in solchen Dingen, namentlich in den zwölf Bildern des T h i e r kreises , bewogen ward, ein vorgeschichtliches Volk anzunehmen, welches und Belehrungen
die Astronomie fleissig angebaut,
darüber nach
allen Weltgegenden
verbreitet habe, selbst aber aus seinen nördlichen W o h n sitzen verschwunden sey.
Voltaire
bestritt mit ober-
sxvm llächli'chen Gründen haben sie wieder
diese Hypothese; tiefere Denker
aufgenommen, und
aller Beachtung
werth geschätzt. Uebereinstimmungen in solchen Punkten der Astronomie, welche auch andern Völkern gemein waren, sind keinesweges beweisend für einen unmittelbaren
Ver-
k e h r zwischen Indien und Aegypten, sondern bloss für die Herleitung Gäbe
aus
einer
gemeinschaftlichen
Quelle.
es aber besondere Eigcnthümliclikeiten,
worin
beide Länder zusammenträfen, z. B. in der Jahresform, d e n Einschaltungen und
Cyklen, so würde
dadurch
Hrn. Prichards Annahme an Wahrscheinlichkeit gewinnen.
sehr
Denn wenn die Grundzüge d e r Religion
und Gesetzgebung aus einem d e r beiden Länder in das andere übertragen wurden, so konnten Belehrungen ü b e r die Einrichtung des Kalenders, diese priesterliche Staatsangelegenheit, nicht ausbleiben.
Und eben
h i e r , in d e r Anwendung d e r Astronomie auf die t e c h nisch« Chronologie, thut sich eine durchgreifende Abweichung d e r Indischen und Aegyptischen Methoden h e r v o r , und daraus wiederum e i n , wie mich
dünkt,
kaum zu beseitigender Einwurf gegen die Hypothese des Verfassers.
Ich beschränke mich auf einen einzi-
zigen P u n k t , einen Bcstaudthcil des volksmässigenKalenders. Die
Erfindung d e r W o c h e , einer siebentägigen
Abtheilung d e r Zeit, welche ohne Rücksicht auf die Dauer
des
synodischen
Monats
und des
tropischen
Jahres ins unendliche forlgezählt w i r d , ist von
dca
Acgypticrn ausgegangen: z.rugt.
diess wir«! ausdrücklich bc-
Durch die Heiligung Eines Wochentages, wel-
che zwei weltbeherrschende Religionen aus dem Mosaischen Gesetz, jedoch mit verschiedener W a h l der T a g e , entlehnt haben, hat sie sich über den ganzen Erdboden verbreitet.
Den sogenannten Semitischen Völ-
kern mag sie schon frühzeitig gemein gewesen seyn: in diesem Kreise können nur die Babylonier den Aegyptiern den Anspruch auf die Erfindung streitig machen.
Bei den Griechen und Römern kam die Beach-
tung der Wochentage sehr spät auf.
Doch hatte die
Sitte schon vor dem Aufkommen des Christenthums um sich gegriffen, durch den Einfluss Aegyptischer und Chaldäischcr Astrologen, auch der hier und da im Römischen Reich angesiedelten Judäer.
Hr. Ideler be-
merkt in seinem vortrefflichen Handbuche der Chronologie, dass die Woche an der ungefähren Dauer der Mondphasen eine natürliche Veranlassung hatte.
Dies
ist ganz richtig: gleichwohl war die Eintheilung ohne praktischen Gebrauch; denn da ein Zeitraum von vier Wochen weder mit der Dauer des periodischen noch des syrtodischen Monats zusammenfällt, so musste man entweder eine Woche in zwei Monate zerstückeln, oder unaufhörlich einschalten. Aber die Benennung der W o chentage nach den Planeten hat eine astrologische Bedeutung, und man verfuhr dabei
ganz systematisch.
Zweierlei muss vorausgesetzt werden: die Reihenfolge der sieben Planeten nach dem alten Weltsysteme, wo die Erde ;ils im Mit.LA[I£ xöofiov, 'Hille, ßgoTsoio ßi'ov doXtyßaxis noijxrjv, inntvwv eiixqöov oiov nokov al&oni dt'oxip, via yj>övov Xvxüßuviu ¿vcodexüfAijvop tliaatov y.ixXuy uytig (xtxu xvxlov. Nur ist's schwierig den Weg ausfindig zu machen, vermittelst dessen die Verehrung der Menschen und Thiere von dem Aberglauben abgeleitet wurde, der die ganze JValur als belebt darstellt, und ihren verschiedenen Tlieilen Verehrung zollt. Jene Betrachtungen mögen bei uns den Glauben veranlassen, dass viele Geschichlcn in Beziehung auf die ägyp-
20
Volksreligion der Aegyptier.
tischen Götter ihren Ursprung in den figürlichen Beschreibungen und Anspielungen hatten; nher was weit mehr für diesen Punkt schliessen lässt, ist die Versicherung, dass s o gar die am besten Unterrichteten unter der alten Priesterschaft Aegyptens gewahr w u r d e n , dass manche ihrer äusseren Riten eine geheime Beziehung auf etwas vom Volksbegriff Entferntes trügen, und dass die S a g e n , die auf ihre Götter bezogen wurden, ursprünglich einen allegorischen oder verborgenen Sinn hatten ').
Z w e i t e r
A b s c h n i t t .
Vergleicliung mit der Mythologie der Griechen und Römer. Sogar in der Mythologie der Griechen und Börner, und vielleicht noch specieller in der letztern, gibt, es viele Dinge, welche die Gelehrten fast einstimmig auf dieselbe Weise erklären, und es erfordert keine sehr schwierige Untersuchung der klassischen Fabeln des Alterthums, um wahrzunehmen, dass ein grosser Theil ihrer Theologie sich in physische Beobachtungen oder in Theorieen auflöset, die in einem mystischen Sinne ausgedrückt, und in ihrem Ursprünge ganz verschieden von historischen Traditionen sind, obgleich dieselben zu einer späteren Zeit mit verschönernden F r a g menten oder poetischer Geschichte so vermischt worden r.ti seyn scheinen, dass es sehr schwierig ist, jene Theile von einander zu sondern. Die Hauplgegenstäiule der Verehrung unter den Griechen und Römern 2) wurden von ihren eigenen gelehrtesten Alterthumsforschern als Personificationen der Elemente oder bloss allegorische Wesen erklärt. Ein 1 solches Wesen war offenbar die Minerva, oder die Weisheit, die aus dem Haupte des Jupiter entsprang. Vesta war nach Ovid das F e u e r , als belebendes Prineip der Natur: „Nec tu aliud Vestam quam vivani intellige flammnm." 1) Plutarch, de Iside et Osiride in praefat. Origen. ailv. p. 11. Jamblich. vit. Pythagor. cap. 9.32) Eusebius l'raep. Evang. L. Hi. Prooem, et oap 1.
L, I. 1
21
Natur der Gölter. . . F ü r nichts anders halt' du V e s t a , als f ü r das lebende F e u e r »)." A b e r E u r i p i d e s e r k l ä r t Vesta f ü r die E r d e : xoti Tata
f.tijrto • 'Eari'av
ß00T(öv xaXovaiv, „und
du
öi a' oi aotpol
fn.iivrtv ev ai9-egi
Mutter E r d e :
Vesta
nennen
dich
die W e i s e n
d e r Menschen , die im A e t h e r w o h n e n d e . " Jupiter w i r d von Allen mament
angesehen.
als das
So
wird
sichtbar er
personificirte F i r -
auch
in
den
folgenden
schönen Versen des Euripides beschrieben: 'Ootiq
TOP v\jjov rovä' UNEIQOV
aidioa
y.ut ytjv neQi% i'/ovfr' vyQatg ¿v TOVTOV VNFII^I Zijva, Sehaue
in
die H ö h e
TÖVÖ' yyov
dyxulaig, &iov.
das ätherische
E l e m e n t gränzenlos
haltend in seinen auf j e d e r Seite ausgestreckten W a s s e r A r m e n diese E r d k u g e l ;
dieses halte f ü r den mächtigen
Z e u s , deinen K ö n i g , deinen G o t t Dieselbe
Idee
findet
3 )."
sich in einem von C i c e r o angeführten
V e r s des E n n i u s : „Aspice
hoc
sublime
candens,
quem
invocant
omnes
Jovem." „ S c h a u e dieses E r h a b e n e ,
G l ä n z e n d e , das A l l e als" Zeus
anrufen." D e m gemäss w a r d der Blitz d u r c h die Iland des J u p i t e r g e s c h w u n g e n und
als L e n k e r
der
schauer f ü h r t e er die T i t e l "Oußgiog
S t ü r m e und
und Pluvius 4 ).
RegenE r wird
dargestellt als hätte e r seinen Sitz a u f dem wolkenverhüllten Berggipfel
des Ida oder
Olympus,
oder
als h o c h in
der
L u f t herrschend. Ops, Erde5).
das W e i h Saturn
war
des S a t u r n , selbst,
wie
war
n a c h Macrobius die
sein N a m e
anzeigt,
das
Ausstreuen d e r S a a t , w e l c h e die E r d e befruchtete u n d i h r e i) Ovid. Fasti 6. 3) Fragra. ex incert. tragoed. citat. apnd Maerob. Saturnal. lib. I, cap. a3. 3) Euripides fragroent. Cressarum. 4) Tibull. lib. I. cleg. VII. v. 26. 5) Macrob. Saturnal. lib. 1.
22
Volksrcligion der At'gypl n11-,
Hervorbringungen veranlasste. S o w a r d Ops oder Fatun in den pontificalischen B ü c h e r n beschrieben, und da sie die E r d e repräsentirt, so w a r d sie angebetet vermittelst des Opfers einer trächtigen S a u . D e r griechische K r o n o s , der sich von dem röniischcn Saturn unterscheidet, stellt nach einer alten Interpretation, die w i r demselben Schriftsteller v e r d a n k e n , die Zelt d a r , oder jenen Thcil der Ewigkeit und des grenzenlosen R a u m e s , in dem die Existenz der gegenwärtig beschränkten S p h ä r e eingeschlossen ist. K r o n o s w a r d von U r a n u s , dem unendlichen Himmel, erzeugt. E r entmannte seinen V a t e r und die Geburt der Aphrodite, der Göttin der F o r t p f l a n z u n g , hing mit dieser That zusammen. Durch diese Fabel, sagt Macrobius, wollten die alten Mystiker anzeigen, dass, nachdem die endliche W e l t in allen ihren Theilen vollkommen w a r , die produetiven o d e r schaftenden E i n f l ü s s e , welche vom Himmel auf die E r d e gestlegen und neue Geschöpfe ins Daseyn gerufen hatten , abgeschnitten w ä r e n und gänzlich aufgehört hätten, und dass die Erhaltung der animalischen und vegetabilischen Natur seitdem durch eine andere Methode unterstützt w o r den s e i , nämlich durch die Fortpflanzung. Dieser gelehrte Schriftsteller zieht physische E r k l ä r u n g e n der Fabeln der griechischen und römischen Mythologie stets v o r , u n d V a r r o , den Cicero und Augustinus ') als den tiefsten römischen Alterthumsforscher betrachten, bezieht die lateinischen G ö t t e r der ersten O r d n u n g , als J u p i t e r , J u n o , S a t u r n , Vulcan und P r o s e r p i n a auf die Elemente oder Regionen der W e l t 2 ).
D r i t t e r
A b s c h n i t t .
Zeugnisse der alten Schriftsteller über die ägyptische Mythologie im Allgemeinen. A b e r wenn diese Auslegungs - Methode irgend eine A n 1 ) Augustinus de Civit. dei Iib. V I . cap. 2. Siehe Vossius de origine et piogressu I d o l o l a l r i a e , Hb. I I . , wo dieser Schriftsteller eine grosse Anzahl von Beweisstellen über diesen Gegenstand g e sammelt hat. 2) S i e h e Varro de lingua L a t i n a , lib. I V , ubi de coelestibus agitur
Natur der Götter.
23
Wendung auf die F a b e l n der Griechen und R ö m e r h a t , so sieht dieselbe auf einem viel festeren Grunde, w e n n sie auf die Mythologien ur*d abergläubischen Gebrauche d e r A e gyptier angewendet wird. In der T h a t die einsichtsvollsten alten Schriftsteller, die auf diesen Gegenstand anspielt e n , haben uns v e r s i c h e r t , dass die Hauptgegenstände des ägyptischen Cultus jene physischen Agenten w a r e n , deren operative E n e r g i e die deutlichste in den Naturerscheinungen ist i ) . In d e n verschiedenen Nomen oder Provinzen Aegyptens w a r e n besondere religiöse Gebräuche eingesetzt, u n d die E i n w o h n e r von j e d e r richteten ihre Gebete an b e s o n . dere Gottheiten 3 ). Aber ausser jenem besonderen Aberglauben, d e r indessen in demselben Geiste aufgefasst wurde, u n d der V e r e h r u n g d e r Heiligen u n t e r den- Katholiken ähnlich w a r , halte m e h r oder weniger Beziehung auf ein verbundene» System. Das ganze ägyptische Volk nahm an den Riten der Isis u n d des Osiris T h e i l , zu denen- w i r jene des Serapis beifugen wollen, d e r , u n t e r einem besonderen C h a r a k t e r mit dem Osiris identifizirt war. Die V e r e h r u n g jener Gottheit w u r d e stets als die N a tionalreligion Aegyptens 3 ) betrachtet. W i r mögen daher b e m e r k e n , in welcher A r t die alten Schriftsteller davon sprachen. »Indem die erste Generalion der Menschen in »Aegypten,« sagt Diodorus, »die Schönheit der oberen W e l t »betrachtete u n d mit Erstaunen die E i n r i c h t u n g und O r d »nung des Weltgebäudes bewunderte, setzte sie voraus, dass »zwei ewige H a u p t g ö t t e r vorhanden wären, nämlich die Sonne »und d e r Mond, den ersten derselben nannten sie Osvris, d e » »andern Isis, beide Namen hatten eigene Etymologien ; denn »Osiris b e d e u t e t im Griechischen, etwas das viele Augen hat, »was denn ganz eigentlich auf die Sonne angewendet w e r d e n »kann, die ihre S t r a h l e n in jeden Winkel hineinschiesst, als
i) S i e h e d e n C o m m e n t a r ü b e r J a s I. Cap. N o t . a . a) H e r o d o t . I!b II. Porphyr, d e A b s l i n e n l i a lil>. TV. i ) Nach P l u t a r c h d e r s e i n e n Versuch ü b e r die Uclu;rt>n Afgyptciii „//int "Iaidos xtcl 'OüintJoi" betitelt hat.
24
Aegyptische Mythologie im Allgemeinen.
»schaltete u n d überblickte sie mit so vielen Augen tlas ganze »Land u n d M e e r ; mit welchem der Dichter übereinstimmt, »der da s a g t : »»Reitend in der H ö h e siebet und h ö r e t die »»Sonne Alles.«« Auch einige d e r alten griechischen M y t h o »logen nennen den Osiris Dionysius u n d gehen ihm den »Beinamen Sirius; u n t e r anderen auch Eumolpus iu seinen »bacchanalischen Versen : »»Dionysius schiesset seine feuerigen »»Strahlen««, u n d O r p h e u s »»Er w i r d genannt Phanetes u n d »»Dionysius.«« Einige stellen ihn gleichsam mit einem gefleckten R e h fell vor (Nebris g e n a n n t ) , wegen der Mannigfaltigkeit der S t e r n e , die ihn umgeben. Isis bedeutet gleichfalls in der Auslegung a l t , das ist der N a m e , den man dem Monde von ewig her beigelegt hatte. Eben so'giebt man demselben H o r ner, weil seine Gestalt im Ab - u n d Zunehmen eine Sichel d a r stellt und weil ein S t i e r bei den Aegyptiern ihm als O p f e r d a r g e b r a c h t w i r d , Sic halten d a f ü r , dass jene Götter die ganze W e l t beherrschen , alle Dinge pflegend und v e r m e h r e n d , thcilen sie auch das J a h r durch eine unsichtbare Bewegung in drei Theile, indem sie ihren beständigen Lauf in der Zeit vollenden, nämlich Frühling, Sommer u n d W i n t e r , u n d obgleich dieselben i h r e r Beschaffenheit nach sehr verschieden von einander sind , so vollenden sie doch das ganze J a h r in der vortrefflichsten Harmonie und U e b e r e i n stimmung. Sie sagen, dass jene Götter vermöge i h r e r Natur viel zur H e r v o r b r i n g u n g aller Dinge b e i t r ü g e n , indem der eine von heisser u n d thätiger Natur u n d die andere feucht und kalt sey ; aber Beide hätten etwas L u f t , durch die alle Dinge fortgebracht u n d e r n ä h r t w e r d e n ; daher jedes einzelne Wesen in dem Universum durch die Sonne und den Mond seine gänzliche Vollendung e r h ä l t , deren schon e r wähnte Eigenschaften fünf sind ; ein Geist, oder belebende W i r k s a m k e i t : Hitze, o d e r F e u e r , T r o c k e n h e i t , oder E r d e ; Feuchtigkeit, oder W a s s e r ; u n d Luft, aus denen die W e l t so zusammengesetzt ist, wie ein Mensch aus Kopf Händen, Füssen u n d anderen T h e i l e n . " Jene fünf Gegenstände werden als G ö l t e r b e t r a c h t e t , und das ägyptische V o l k , welches zuerst eine nrtikuliilc
Natur
der G ö t t e r ,
25
S p r a c h e besass, gab jedem derselben in i h r e m eigenen D i a lekte Namen.
D e r G e i s t , o d e r der belebende A e t h e r , liiess
J u p i t e r ; das F e u e r , V u l k a n ; die E r d e D e m e t e r o d e r C e r e s ; das W a s s e r O c e a n u s und die Luft Minerva oder T r i t o g e n i a M a c r o b i u s giebt uns im Allgemeinen dieselbe I d e e von dem ägyptischen Aberglauben. kannt, Natur
dass Osiris
Er
sagt:
»Es ist wohl b e -
die S o n n e und Isis die E r d e
oder
die
ü b e r h a u p t s e y 5 ) . D a h e r stellen die Aegypticr Osiris in
ihren Hieroglyphen d u r c h die F i g u r eines Scepters, a u f dessen S p i t z e sich
ein
Auge b e f i n d e t ;
dass dieser G o t t die S o n n e i s t ,
wodurch
sie
anzeigen,
und dass e r von der H o h e
h e r a b b l i c k t gleich einem Monarchen a u f die sublunarisclic Welt.«
Daher also,
w i e derselbe Autor an einer anderen
Stelle b e m e r k t , die Isisbilder mit vielen Brüsten dargestellt w e r d e n , anzeigend, dass die N a t u r die allgemeine S ä u g a m m e ist,
die
mit i h r e m Busen eine unendliche und m a n n i c h f a l -
tige N a c h k o m m e n s c h a f t Aber
uoch
Cluiremon,
ein
einer
ernährt.
ausdrücklicheres
Zeugniss
ist das
von den heiligen S c h r e i b e r n , ein
des
Orden,
der einen s e h r hohen R a n g in der ägyptischen P r i e s t e r s c h a f t einnahm, dessen G l i e d e r die einzigen Depositoren d e r a l t e n Gelehrsamkeit w a r e n .
P o r p h y r i i i s , in seinem Briefe an den
Friester Annebon,
d e r sehr viele Untersuchungen h i n s i c h t -
lich
Sinnes der ägyptischen Mythologie
des geheimen
hält , ben.
h a t ein Compendium der L e h r e des Chäremon Das Folgende
ist
eine Uebcrsetzung
entgege-
der S t e l l e ,
die
dort vorkommt. » I c h wünschte b e n a c h r i c h t i g t zu werden«, sagt P o r p h y rius, »welche Meinung die A e g y p t l e r hinsichtlich der ersten Ursache h a b e n ,
o b sie
annehmen,
dass es die Intelligenz,
o d e r etwas von derselben Verschiedenes sey.« mon und
andere
erkennen
Vorhergehendes a n ,
1) D i o d o r u s 2)
indem
nichts sie
den
Denn Chäre-
sichtbaren
die G ö t t e r als den
Welten Grund
ü b e r s e t z t von Boolli i. B u c h .
N e c in occulto e s t , n c q u e aliud esse O s i i i n quam solcm , Isin aliud lia,
lib
1.
esse quam t e r r o n i ,
naturamve rerum. —
nec
Saturna-
2ö
Aegyptisehc Mythologie im Allgemeinen.
ihrer Schlüsse ') setzen und andere Gottheiten annehmen, als die Planeten und Sterne des Thierkreises mit ihren P a ranatellonen den Unterabtheilungen der Zeichen, Dekane und Horoscope genannt; und diese Sterne bezeichnen, mächtige Häupter, deren Namen in den Kalendern eingeführt sind mit ihrem vermutheten Finfluss, Krankheiten zu lieilen, und mit den Vorbedeutungen, die man aus ihrem A u f - und Niedergang entnahm. Denn er bemerkte, dass jene Aegyptier, welche die Sonne als den Demiurg oder S c h ö pfer betrachteten , also die Abenteuer des Osiris und der Isis und alle heiligen Sagen auf die Sterne und ihr Erscheinen, auf ihren U n t e r - und Aufgang, oder auf das Zu - und Abnehmen des Mondes, oder auf den Aufenthalt der Sonne in der Nachts - oder Tags - Hemisphäre, oder auf den Nil bezögen, auch im Allgemeinen allen ihren mythologischen Sagen eine physische Auslegung gäben und Niemand dieselben auf geistige oder lebende Wesen zurückführe." E r fügt hinzu, dass sehr viele Personen menschliche Angelegenheiten mit den Bewegungen der Sterne in Verbindung setzten, indem sie alle Dinge mit der unauflöslichen Kette der Nothwendigkeit verbanden, die bei ihnen Schicksal hiess, und indem sie dieselbe von den-obenerwähnten Gottheiten abhängig machten , die sie in Tempeln oder durch Statuen oder auf andere Weise als die einzigen W e s e n , die Macht über das Geschick haben, verehrten. Die Meinung 3 ) des Chäremon wird von Eusebius ii> s e i n e r e v a n g e l i s c h e n V o r b e r e i t u n g angeführt, u n d der gelehrte Autor folgert daraus, dass die ägyptische Theologie sogar in ihrem geheimen und esoterischen Sinne, den die Philosophen so sehr rühmen, nichts anders als die Verehrung der Sterne und Planeten beträfe, und er erkannte weder ein unkörperliches Princip, noch eine unsichtbare Intelligenz als die hervorbringende Ursache des Universums i ) Die Stelle d e s Originales ist hier offenbar corrnpt. mich b e m ü h t den Sinn des T e x t e s so möglich, 7.11 geben.
wenig
Ich h a b e
verändert,
3) Epist. Porphyrii praemiss. J a m b l i c h , d e Myslev. Acgypt
als
Katar der G o t t e r .
27
an'). Dieselbe Stelle -wurde auch von einigen A u t o r e n neuerer Zeiten c i t i r t , die es sich z u r Aufgabe gemacht h a ben , eine Schilderung des Verfalls der Wissenschaft u n d Gelehrsamkeit des alten Aegyptens zu g e b e n ' ) . Im Gegensatze zu solchen Schriftstellern hat D r . C u d w o r t h , der strenge V e r t r e t e r der Weisheit des A l t e r t h u m s , das Zeugniss des Jamblichus angeführt, d e r u n t e r dem erdichteten Namen des Abammon die in dem Briefe des P o r p h y r i u s enthaltenen Fragen b e a n t w o r t e t e 1 ) . Das Folgende ist eine Uebersetzung der Stelle des J a m h l i c h u s , in welcher auf die Meinung des Chäremon angespielt w i r d . „Chäremon und einige andere, die von d e r ersten U r sache der Erscheinungen in der W e l t handeln, bringen n u r einzig die niedrigsten Principien in Anschlag, u n d jene Schriftsteller, welche die Planeten, den Thierkreis, so wie die D e k a n e , Horoseope e r w ä h n e n , u n d die Sterne mächtige H ä u p t e r nennen , weisen denselben eigene Regionen der produktiven Ursachen an. In der T h a t machen solche G e genstände die in den Kalendern enthalten s i n d , n u r einen sehr geringen Tlieil der Institutionen des Hermes a u s , u n d Alles was sich auf den A u f - u n d Untergang der S t e r n e , oder auf das Z u - u n d Abnehmen des Mondes bezieht, nimmt den niedrigsten Platz in der C a u s a l - L e h r e d e r Aegyptier ein. Auch lösen die Aegyptier nicht alle Dinge in physische Qualitäten a u f , sondern sie unterschieden sowohl das animalische als auch das intellectuelle Lehen nicht n u r im Universum, sondern auch im Menschen von der N a t u r seihst. Sie betrachten Verstand und V e r n u n f t als zuerst in sich seihst existirend, u n d nach diesem P r i n c i p nehmen sie die
i) Eusebius Evan. praep. IIb. III. cap. 4< s) Dr. Cudworth's intcllectual system. 3) Chäremon wird auch sehr von D u p u i i g e l o b t , tler wiederholt sein Zeugniss a n f ü h r t , um zu beweisen, dass die Idee einer vernünftigen und geistigen Ursache eine "Ficlion goSi't?]S vno'). oder die folgenden Verse des Lucretius: Postremo pereunt imbres, ubi eos pater Aetlier In gremium matris Terrai praeoipitavit 2 ). Diese physische Allegorie wird von einigen philosophischen Schriftstellern auf eine schulmässige "Weise ausgedrückt. „ U t a summis caasis exordiamur," sagt Proclus, „coelum et terram quasi marem et foeminam respicere licet. Est enim coeli motus qui ex diurna revolutione vires seminales edit, unde terra quae emanant reeipit. Haec feracem reddunt, atque efliciunt, ut fruetus et animalia omnigena ex se producat." Derselbe Autor bemerkt, dass diese vorausgesetzte Verbindung in einer mystischen Sprache yä/xo; hiess; auch verordneten die atheniensischen Gesetze demzufolge, dass neu vermählte Personen zuerst dem Himmel und der Erde opfern sollten, und dass in den eleusinischen Mysterien jene Elemente angerufen und mit Namen genannt wurden, die sie als Vater und Mutter aller erzeugten Wesen charaktcrisiren. Jene mystischen Namen waren vlog für den Himmel nnd TtTOxvta f ü r die Erde 3 ). Varro gibt uns einen ähnlichen Bericht von der alten Mythologie überhaupt „Principes dei, Goelura. et Terra. Hi dei iidem qui in Aegypto Serapis et Isis, qui sunt Taautes et Astarte apud Phoeniccs; et iidem principes in Latio, Saturnus et O p s " 4 ) . Apollodorus 5) und Plutarch 6 ) legen dasselbe Zeugniss i) Fragment. Oedip. •j) De Rerum Natura lib. I. r. a5i. Siehe auch Dr. Musgrave'i Dissertation on the grecian Mjrtüology, p. 20. 3) Procl. in Timaeuin lib. V. p. 291. 4) Varro de Ling. Lat. lib. IV. 5) Apollodoius initio. 6) Plutarch. de Placitis Philosoph, lib. I. c»p. VL
Darstellung der orphischen Fabeln.
35
ab. Der letztere bemerkt, dass Menschen sowohl d u r c h die Beobachtung der harmonischen Naturerscheinungen, als auch der Erzeugung der Pflanzen und Thiere auf der E r d e d a rauf kämen, den Himmel als den V a t e r und die E r d e als die Mutter von Allem zu betrachten. ,,Tovxtav de o /.isv Ovqavog, vddzcav sx/iaeig anSQ/närmv k'/jiv to Ss/taS'ai ravra xai TIKTUV.11
naTtjQ, Jim t o i«5 xmv ia£iv, TJ de Fij /¿rjtqQ, dt«
Macrobius schreibt diese Vorstellungen den Philosophen der platonischen Schule zu. „Einige Schriftsteller", bemerkt er, „haben die Welt in zwei Regionen getheilt, von der die eine activer die andere passiver Natur ist. Sie nennen die erstere desswegen activ, weil sie, selbst unveränderlich, jene Ursachen e r r e g t , die nothwendiger Weise Veränderungen i n der anderen hervorbringen ; die letztere wird deswegen passiv g e n a n n t , weil sie in ihrem eigenen- Stande "Wechsel erleidet. Die unveränderliche Weltregion erstreckt sich von der Aplanes genannten Sphäre bis zu dem Mondkreise b i n ; die bewegliche Region geht aber von der Mondscheibe bis zur E r d e hin ' ) . Diese Fietion nahmen die Platoniker von ihren V o r gängern, den Pythagoräern h e r . Man findet dieses in der That noch deutlicher in den W e r k e n des Pythagoräers Ocellus L u c a n u s ' ) . In den samothrakischen Mysterien, welche die ältesten Ceremonien dieser A r t in E u r o p a gewesen zu seyn scheinen, wurden, wie uns V a r r o berichtet, der Himmel lind die E r d e als eine männliche und weibliche G o t t heit, und als die Eltern aller Dinge verehrt. Ein wohlbekannter Theil der Ceremonien, die bei jenen oder anderen mystischen Feierlichkeiten vollzogen w u r d e n , waren die Iliten des Phallus und des Kteis. 3 ).
1 ) Macrobii Somnium Scipionis lib. I , cap. 1 1 . 2) Ocellus Lucanus. Siehe auch den weiter unten folgenden C o m mentar über das 1 . Capitel. Note ß. 3) Desselben Symbols bediente man sich auch bei den F e s t e n der Ceres und Proserpina in Sicilien, wie wir dieses au$ Athenaeu« lib, X X V . lernen.
36
Darstellung der orphischcn Fabeln.
Auch versichert uns D i o d o r , dass die oben beschriebene physische Theorie der typifizirte Gegenstand hei jenen sinnbildlichen Vorstellungen war. Dieselbe Idee kommt oft bei den griechischcn Dichtern vor. Euripides, der manches Wissenswiirdigc in Beziehung auf die mystische Allc^-orie der Alten in seinen Gedichtcn iHifnahm, hat dieses in folgenden Zeilen sehr emphatisch ausgedrückt 1 ) : TuTtt
(xtytrjtt]
'O fttv
v.al ¿iug ¿ f f i i t j Q ,
uvdQwntov
vyQoßoXovg 7LU(TUÖIS,UJ.LIV^,
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NUVTWV
VEVÖ/XTATUT^
Da die Sonne das augenfälligste der himmlischen Elemente i s t , so ward dieselbe als eine männliche Macht angeb e t e t , d i e im Himmel residirt und ihren stärksten Einfluss auf den Sonnenkreis offenbart. In jenen Vorstellungen, die mit der Idololatrie der S y rer verbuadon s i n d , d i e , wie wir nachher sehen werden, näher mit den ägyptischen Fabeln zusammen hingen, finden wir den Sonnencultns in der .bildliehen Theologie eingehüllt, die wir bereits bezeichnet haben. Macrohius gibt uns den folgenden Bericht von den Vorstellungen, -die in Bezug auf die Macht der Sonnengottheit bei -den Syrern oder Asyr-ern herrschten : „ S i e .geben'?, bemerkt e r , „ d e m G o t t , den sie als den höchsten anbeten, den Namen A d a d , welches der Eine b e deutet. Sie verehren denselben als die mächtigste Gottheit, aber vereinigen ihn auch mit der Göttin A d a r g a t i s ; und jenen beides Gottheiten, die in der That die Sonne und der Mond s i n d , schreiben sie die höchste Herrschaft über die ganze Natur zn. Die Attribute dieser Doppelgottheit sind nicht in vielen Worten beschrieben ; sondern in Symbolen, deren man sich bediente, um die Macht zu bezeichnen, die i ) Fragment Cliryssipi apuoioiy,
£yo>, MvO
4>aväxijS,
'uii'iftoyeus /tioyvaog.'1
liixtQtot, TizayoXizqg,
Auson. Eclog. ? * ) „Ich
b i n der Osiris A e g y p t e n s , Phanakes bei d e n Mysicrn
genannt,
Bacchus
unter den
P l u t o unter den T o d t e n ;
Lebenden
Abkömmling
und A'idoneus des F e u e r s ,
oder
zweige-
horntcr T i t a n - T ö d t e r Dionysos.
*) Dieses G e d i c h t befindet sich nicht Aiisouius, wie der Verfasser in
unter den belogen
irrtliiiinlich a n g i b t ,
dessen A \ 1 X , E p i g r a m m . Der
UeberseUcr.
des
sondern
58
Auslegung der Legende d e r Isis a n d dei Osiris.
nepsio» u n d die Boeotier D a m a t r i u s " . „Die P h r y g i e r " , f a h r t e r f o r t , „setzen a u c h v o r a u s , dass i h r G o t t w ä h r e n d des W i n t e r s schlafe , u n d im S o m m e r aufwache. Zu einer Zeit feiern sie seinen Rückzug z u r B u h e ; i n einer anderen a b e r erwecken sie ihn mit Lust u n d Schwelgereien aus seinem Schlummer. D i e P a p h l a g o n i e r m e i n e n , dass e r w a h r e n d d e r W i n t e r m o n a t e gefesselt u n d eingekerkert w ä r e ; im S o m m e r a b e r d e r F r e i h e i t u n d Bewegung wiedergegeben w ü r d e " f ) . U n m i t t e l b a r nach d e r E r w ä h n u n g dieser Feierlichkeit f ü g t P l u t a r c h eine a n d e r e E r z ä h l u n g von entgegengesetzter Schilderung h i n z u , v o n d e r w i r bei Beurtheilung unserer jetzigen Texten v e r m u t h c n m ü s s e n , dass dieses den v o r h e r gehenden Riten u n m i t t e l b a r folgte , o d e r dass dasselbe vielm e h r in die Mitte d e r e r s t e m fiel. E r s a g t : am neunzehnt e n des Monats 2 ) gehen sie bei Nacht in Procession an das Gestade des Meeres , die Stolistae u n d Priester tragen die heilige Lade, welche eine kleine goldene Arche enthält, w o rein sie frisches Wasser giessen u n d zur nämlichen Zeit ausr u f e n : „Osiris ist gefunden!". Nachher mischen sie f r u c h t b a r e E r d e mit W a s s e r , fügen dazu Aehren u n d köstliche W o h l g e r ü c h e u n d f o r m e n hieraus ein kleines Bild in m o n d a r t i g e r Gestalt, welches sie aufstellen u n d anbeten s ) . Manche A u t o r e n spielen auf dieses Fest a n , das u n t e r jauchzender F r e u d e begangen w u r d e . Juvenal berichtet von demselben also: „ E x c l a m a r e libet populus quod clamat Osiri invento" w o b e i der Scholiast b e m e r k t , d e r Volkshaufc h a b e bei der Anzeige, dass der Gott gefunden sei, ausgerufen: „tvQrjxafisv, avy%aiQOfi£vl" „ W i r haben ihn g e f u n d e n , f r e u e u wir uns". Ungeachtet der W o r t e des P l u t a r c h kann es k a u m v e r m u t h e t w e r d e n , dass diese Ceremonie in dem Monat A t h y r 1) Heroclot. l i b . II. cap. 171. 2) D i e a l t e n P e r s e r h i e l t e n i h r e F e s t e last u m d i e s e l b e P e r i o d e . Siehe den Coinmentar Note b. 3) P l u t a r c h i b i d e m cap. 39.
Volksreligion Aegyptens. vollzogen w u r d e . I h r e eigentliche P e r i o d e k a n n n i c h t g e nau festgesetzt w e r d e n ; a b e r es gibt m a n c h e U m s t ä n d e , die anzeigen, dass sie einige Zeit n a c h dem W i n t e r - S o l s t i t i u m geleiert w o r d e n denn u m die Zeit des Solstitiums w u r d e eine a n d e r e Ceremonie v o l l z o g e n , welche Zetesis o d e r das Aufsuchen des Osiris g e n a n n t w u r d e , u n d es m ö c h t e w o h l s c h e i n e n , dass die W i e d e r a u f f i n d u n g hierauf u n m i t t e l b a r g e folgt sey. W e n n w i r überdiess auf die L e g e n d e achten, w o m i t jene F e s t e z u s a m m e n h i n g e n , so finden w i r , dass die W i e d e r a u f f i n d u n g d e r U e b e r b l e i b s e l nach d e r W i e d e r k e h r d e r Isis in Aegypten s t a t t g e f u n d e n haben m u s s , u n d es w i r d uns v e r s i c h e r t , dass i h r e A n k u n f t aus P h ö n i z i e n au d e m siebenten T a g e des Monats T y b i gefeiert w u r d e , w e l c h e r dem zweiten J a n u a r e n t s p r i c h t , a n -). Das Aufsuchen w u r d e , w i e w i r b e m e r k t h a b e n , b e i m Solstitium gefeiert. „ Z u dieser Zeit.," sagt P l u t a r c h , „ f ü h r t e n die Aegyptier die heilige K u h , das l e b e n d e Bild d e r Isis, siebenmal um den T e m p e l , weil diese Jahreszeit d e r S o n n e n w a n n e am meisten b e d a r f . " E r f ü g t h i n z u , dass d e r Ritus siebenmal vollzogen w u r d e , u m a n z u z e i g e n , dass die R ü c k k e h r des G o t t e s z u r S o m m e r - S o n n e n w e n d e n i c h t e h e r stattfinde, als i m siebenten M o n a t n a c h h e r 3). Die A n t w o r t eines O r a k e l s des A p o l l o , w e l c h e von E u sebius a n g e f ü h r t w i r d , spielt wahrscheinlich auf die letzte r w ä h n t e C e r e m o n i e , o d e r auf j e n e , w e l c h e in d e m M o n a t A t h y r gefeiert w u r d e , a n 1 ) . "latSt, $' uv rpuoi't], yovi'firug naoix ysv/.tuoi Nulov, ftuoTtveiv GsisTQOiaiv iov nöaiv ußgov OOIQIV. An d e m N e u - M o n d des Monats P h a m e n o t h (der etwa d e m März entspricht) feiern die A e g y p t i e r , w i e P l u t a r c h sagt, ein F e s t , welches sie den E i n t r i t t des Osiris in den Mond n e n n e n , u n d welches den F r ü h l i n g bezeichnet. „ A l s o , " f ä h r t
i) Siehe fernere Bemerkungen über diesen Gegenstand iu ilcni Coniinenlar i'ibcr dieses Capitel Kote c. i) Plularcli de Isid. cap. 5o. 3) Plularcli de lsid. cap. i) Kusch, l'raep. Ev. lil>. V. cap. 7.
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Auslegung der Legende der Isis und des Osiris.
e r f o r t , „setzen sie die Macht des Osiris in den Mond, und stellen die Isis, welche die f r u c h t b a r e n Eigenschaften der IVatur anzeigt, als von ihm schwanger dar. Demzufolge nennen sie den Mond die Mutler der W e l t , und stellen ihn sowohl männlich als weiblich d a r : indem er die E m a n a t i o nen der Sonne empfangt, w i r d e r b e f r u c h t e t , u n d v e r b r e i tet dann wiederum seinen befruchtenden Einfluss d u r c h die L u f t . " „ Z u r Zeit des Aussäens," sagt P l u t a r c h , „ w a r d das Leichenbegängniss des Osiris g e f e i e r t , lind diese Ceremonie sollte das Hinstreuen d e r Saat in die E r d e bezeichnen, so wie das Hervorsprossen des grünen Grases die W i e d e r a u f Erstellung oder das Wiedererscheinen des Osiris. Z u r Anspielung auf diese Allegorie sollte Isis, indem sie sich schwanger f ü h l t e , in dem Monat P h a o p h i , bald nach der Auss.umgszeit, sich ein Amulet an den Hals gehängt, u n d so das Kind Harpokrates u m die Zeit des Solstitiums, w a n n das Gras hervorkeimt u n d aufspriesst, geboren haben. D a h e r sollen auch die Erstlinge d e r ägyptischen Linsen dem G o l t o geweiht worden s e y n , u n d die Xo/sia, die Reinigung d e r Isis wurden nach dem F r ü h l i n g s - A e q u i n o c t i u i n gefeiert. 1 )." W i r werden noch ein anderes ägyptisches F e s t , das der Paamylia, erwähnen. Es besteht in einem b a c c h a n a lischcn Aufzuge, ähnlich den Phallephorien o d e r P r i a peen der G r i e c h e n , bei welchen die mystischen Sinnbilder des Osiris. in Procession h e r u m getragen w u r d e n T ). Diese Ceremonie w u r d e der Mythologie zufolge von Isis eingeselzt, nachdem sie die von T y p h o n zerstreuten U c berblcibsel ihres Gatten wieder aufgefunden hatte. Es ist d a h e r wahrscheinlich, dass dieses Fest im F r ü h l i n g gefeiert w u r d e , d e r , wie w i r gesehen h a b e n , die J a h reszeit der Freudenfeste bei den Aegyptiern w a r . Der Zweck dieser s o n d e r b a r e n Darstellungen , wie ihn alle alten Schriftsteller a n g e g e b e n , w a r , in auffallenden Sinnbildern den f r u c h t b a r e n Einfluss d e r Elemente, d u r c h w e l 1) Plutarch de Isid. cap. 65. 2) Plutarch ibid, cap. 12. H e r o d , lib. II. cap. 4 ? .
Volksreligion Aegyptens.
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vhe die Natur in der erzeugenden Frühlingszeit befruchtet werden sollte, vorzustellen. Ich glaube, man wird mir e r lauben, den allgemeinen Schluss zu ziehen, dass die Feste , die zur Ehre der Isis nnd des Osiris gefeiert w u r d e n , mit den Veränderungen des Jahres und mit den sehr auffallenden Naturerscheinungen in den verschiedenen Jahreszeiten verbunden waren. Ueberdies tragen diese Solemnitäten in ihrer Aufeinanderfolge und in der Beschaffenheit und dem Sinne ihrer R i t e n , aus denen sie bestanden, eine evidente Beziehung auf die Legende, aus der wir auf den früheren Blättern einen Auszug gegeben haben. Es scheint, dass wir jene Fictionen üi dem Lichte einer physisischen Allegorie zu betrachten haben , die in bildlichen und sehr phantasiereichen Anspielungen, den jährlichen Gang der Sonne und die Ordnung der Jahreszeiten darstellt. Zugleich muss man aber auch vermuthen , dass diese Aussenseite mit manchen chimärischen Umständen angefüllt w a r , um dieselbe Volkst ü m l i c h e r zu machen. W i r müssen hier aus einer Ursache, welche sich nachher kund geben wird , die Geschichte und die Riten des Osiris von verschiedenen Emblemen und bildlichen Darstellungen, die sich Mos auf die Sonne bezogen, scheiden. Nicht n u r zur einfachen Sonnenscheibe richteten die Aegyptier ihre religiöse Andacht; sondern die ganze generative oder p r o duktive Macht der N a t u r , welche sich zu gewissen Jahreszeiten auf eine eigenthümliche Weise in dem Einflüsse der Sonne entfaltet, war Gegenstand derselben. Denn zu gewissen Perioden residirte Osiris in dem M o n d e , zu andern hingegen wurde er Zeugungsunfähig, und nachdem er in den Hades gegangen war, wurde seine Abwesenheit von der Oberwelt beweint. Die Sonne w a r noch sichtbar, aber die produktiven K r ä f t e , welche sie in der Frühlingszeit entfaltete, hatten sie jetzt verlassen. Dass Osiris nicht blos ein Name der Sonne war, und dass die ihm gezollte Verehrung vom gewöhnlichen Sonnchcultus verschieden war , geht in der That aus der Unterscheidung h e r v o r , die von Herodot und allen anderen griechischen Schriftstellern , welche die ägyptischen Gebräuche behandelten , aufgestellt ist. Es ist
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Natur des Osiris.
gewiss, dass bei den Aegyptiern das System der Riten Lei der Verehrung der Sonne ganz verschieden w a r von den Cercmonien des Osiris. Die ersteren gehörten vorzüglich dem Nomos von Heliopolis an, während nns versichert wird, dass die letztern dem ganzen ägyptischen Volke gemein waren.
D r i t t e r
A b s c h n i t t .
Fortsetzung desselben Gegenstandes. Allgemeiner Schluss ¡11 Bezug auf die N a t u r des Osiris. T y p h o n , H o r u s , ägyptische Trias, Ilarpokrates, Serapis. Es w a r nicht allein das Licht und die Hitze der Sonnenstrahlen , welche von den Aegyptiern als die Attribute des Osiris betrachtet wurden, sondern er ward auch, wenn wildem Plutarch glauben dürften, in jeder Region der fruchtbaren Natur v e r e h r t ; und alle jene Elemente oder sichtbaren Gegenstände, in denen nach der Einbildung irgend eine produktive K r a f t wohnte, wurden nur einzig f ü r verschiedene Manifestationsweisen dieses Gottes gehalten. Nächst dem Einflüsse der Sonne gibt es kein Element, das auf eine so auffallende Weise als die physische Ursache der P r o d u k tion und des Wachsthums der organischen Wesen vorzugsweise bei dem Pflanzenreiche erscheint, als die Feuchtigkeit. Besonders befruchten in Aegypten die Wasser des Nils so schnell den trockenen und sonst so unfruchtbaren Boden , und veranlassen auf eine so merkwürdige Weise in der animalischen und vegetabilischen Natur einen überschwenglichen Wachsthum, dass es sonderbar gewesen w ä r e , wenn die Ideen, welche durch diese Phaenomene eingegeben w u r den , nicht einen Eindruck auf die Mythologie des Volkes zurückgelassen hätte. In der That wurde der Nil von den Aegyptiern mit besonderer Verehrung betrachtet. Plutarch sagt: „Sie hielten den Nil f ü r den Vater und Heiland Aegyptens und f ü r eine Emanation von Osiris" 1 ). i) Plutarch de Iside et Osiride,
Volksrcligiou Aegyptens.
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Ueberdiess gibt es manche Stellen bei den alten S c h r i f t stellern, welche Osiris and den Nil identifiziren, so dass zwei sehr gelehrte Schriftsteller der neuren Z e i t , Joseph Scal i e r ' ) und Seiden 2 ) überzeugt w a r e n , dass beide eins und dasselbe seien, oder dass Osiris im ursprünglichen und eigentlichen Sinne eine Personification des heiligen Flusses gewesen. Eusebius behauptet in der That ausdrücklich, dass „Osiris der Nil war, welcher nach der Voraussetzung der Aegyptier vom Himmel herabströme". W i r finden dasselbe Zeugniss iu der folgenden Anrufung des Propertius 3 ) : Nile pater, quanam possum te dicere causa, Aut quibus in terris occuluisse Caput: Te propter nullos tellus tua postulat imbres, Arida nec pluvio supplicat herba Jovi; Te canit atque suum pubes miratur Osirim, . Barbara Memphitem plangere docta bovem". Manche andere Stellen könnten wohl zu denselben Zwecken aus den alten Schriftstellern angeführt werden. Verschiedene davon sind sowohl von den oben erwähnten Autoren als auch von Jablonsky beigebracht, der nichtsdestoweniger eine entgegengesetzte Meinung vertheidigt Plutarch benachrichtigt u n s , dass manche ägyptische Philosophen den Osiris in seinem wahren und ursprünglichen Sinne, als einen Flussgott betrachteten und vermutheten, dass die seines vorgeblichen Todes oder seines Verschwindens wegen angestellten Klagen sich auf die Abnahme des ^ils bezogen. E r setzt hinzu, dass wie Osiris als der Nil oder als die active Ursache angesehen wurde, Isis oder die passive Ursache auf das ägyptische Land bezogen w a r d , welches durch die Ueberschwemmung f r u c h t b a r oder p r o -
i ) Scaliger de Emcndatione tempornm p. 3 j o . a) S e i d e n de D i i s Syriis Syntagro. Hb. I, cap. 43) Propert. l i b . I. elcg. 8. 4) Jablousky b e s t e h t darauf, den Osiris allein als den S o n n e n k r e i s a u s z u l e g e n , und b e m ü h t s i c h , alle Zeugnisse .wclehe d i e s e m sehr beschränkten S i n n e entgegen sind, aus d e m W e g e zu räumen.
Natur des Osiris.
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Juki!* gemacht wird So fest hingen die Interpreten an den Principien der physischen Allegorie, von der wirjeinen Theil bereits untersucht haben. Aber die tiefem Gelehrteu unter den Aegyptiern verallgemeinerten ihre Ideen, und stellten den Osiris als den Typus des feuchten Elementes oder des Wassers überhaupt dar, das sie als das grosse zeugende Princip der ganzen Natur betrachteten , wclches die Früchte der Erde h e r v o r r u f t und pflegt 2 ). Auf diese V o r stellung gründete sich auch der Gebrauch ein Gcfass mit Wasser als einen Typus oder als ein Symbol bei allen P r o cessionen , die zur E h r e dieses Gottes veranstaltet wurden, herumzutragen. Dieses Dogma war eines der Principien jener Physiologie oder JNaturlchre, welche Thaies, der Stifter der jouischen Schule, in Aegypten gelernt haben soll; und es scheint, dass es durch einige griechische Mystiker oder Phylosophen noch vor dem Zeitalter des Thaies von daher entlehnt worden war. Dieses wenigstens ist der Sinn den Plutarch einem alten wohlbekannten homerischen Verse beilegt: ilxsavov
TS &iwv
yevtaiv
xai [i^xeQa
Trj&vv3).
Tetliys ist die Erde überhaupt, die hier in Verbindung mit dem Wasser, dem befruchtenden Principe erwähnt wird. Aus der Vergleichung jener Erklärungen und anderer ähnlicher A r t , welche alle eine solide Grundlage in den Riten und Doctrinen der Aegyptier zu haben scheinen, lernen w i r , dass Osiris nicht die einfache Sonne oder der 3NI1 war, sondern jeder Theil der Natur, in welchem p r o d u k tive Eigenschaften enthalten sind. Osiris scheint deutlich die active Natur - K r a f t , der wohlthätige oder generative Einiluss der Elemente, wo er sich immer entfaltete, vor-
i) Plutarch de Iside cap. 36. a) Plutarch ibid. 3) Aristoteles sagt: dass es eine sehr alte Lehre unter chen gewesen, dass alle Dinge von dem Oceanus Tethys erzeugt werden, und dass die wohlbekannte heit bei dem Styx zu schwören ihren Ursprung Fabel habe. Aristot. Met. lib, I. cap. 3.
den Grieund der Gewohnin dieser
Volksreligion Aegyptens.
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gestellt zu haben, Isis die passive Ursache' oder die hervorbringende K r a f t der Natur in der sublunarischen Welt. D a h e r wurde Osiris zuweilen in der Sonne verehrt, deren Strahlen die E r d e beleben und erfreuen, und bei deren Wiederkehr in der Frühlingszeit alle organische P r o d u k tionen sich wiederum neu gestalten : zuweilen in dem Nil, dessen Gewässer Reichthum über Aegypten verbreiten. Isis war, wie wir gezeigt haben, nach den wiederholten Behauptungen der alten Schriftsteller die E r d e oder sublunarische Natur ü b e r h a u p t , oder in einem beschränkteren Sinne der von dem Nil überschwemmte ägyptische Boden, oder das hervorbringende und erzeugende Princip, die Göttin der Generation und aller Produktion. Vereint betrachtet sind Osiris und Isis das universelle Wesen, die Seele der Natur, dem Panthens oder dem doppelgeschlechtigen Zeus der o r phischen Verse entsprechend.
Ueber
Typhon.
E s ist nicht lcicht einzusehen, wie das Dogma der beiden unabhängigen Principien mit dem Geiste des pantheistischen Systems vereinigt werden kann. Doch entdecken wir etwas dem Aehnliclies in der ägyptischen Mythologie'). Typhon steht dem Osiris eben so entgegen, wie Ahriman dem Ormuzd in der Religion des Zoroaster. Der Hauptunterschied scheint in diesen beiden Systemen in dem U m stände zu bestehen, dass die ägyptische Fabel fast ganz auf physischen Principien beruht. In der persischen Lehre aber war Ahriman nicht blos eine Personiflcation des natürlichen U e b e l s , sondern seine Attribute nmfassten auch das moralische Uebel. Aber wie wir gesehen h a b e n , dass Osiris der Naturgott w a r , d. i. die produetive oder generative K r a f t , eben so scheint Typhon die zerstörende U r sache in der Natur vorgestellt zu haben. „ W a s auch imm e r " , sagt P l u t a r c h , „stürmisch oder schädlich, oder un-
i) Sielie Plutarch de Iside S.-ct. 45.
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Ueber Typhon.
(6
ordentlich 111 unregelmässigen Jahreszeiten ist, wenn eine ungesunde L u f t herrscht, oder bei S o n n e n - oder Mondilnstei nissen, alles dieses sind W i r k u n g e n des T y p h o n ' ) . Typhon and Nephthys stehen in jeder Beziehung dem Osiris und der Isis entgegen ; w i e alle fruchtbare Regionen und h e r vorbringende Ursachen dem letzteren angehören, so stehen alle unfruchtbare und unproduetive Elemente unter der b e sonderen Herrschaft des ersteren 3). W e n n Osiris der b e fruchtende Nil ist, so ist T y p h o n das unfruchtbare M e e r , der „ n o v r o g ctrpvytTOs", welches ihn ganz verschlingt. D a her w u r d e das Meer und selbst das S a l z , welches dasselbe hervorbringt, von den Aegyptiern verabscheut. W e n n Osiris das Wasser oder die Feuchtigkeit überhaupt ist, so ist T y p h o n Hitze und D ü r r e . W i e das ägyptische durch den Nil befruchtete Land unter der Herrschaft der Isis s t a n d , so w a r die W ü s t e , die ausser dem erzeugenden Einflüsse der Stromgottheit lag, die unfruchtbare Nephthys 3 ). W e n n jene unfruchtbaren Striche d u r c h eine ungewöhnlich ausgebreitete Ueberschwemmung überfluthet und fruchtbar gemacht wurden , denn heisst es, Osiris habe seinen Melilotuskranz in dem Bette der Nephthys zurückgelassen und dieses Phänomen w u r d e in der physischen Allegorie der Aegyptier erwähnt. W e n n Osiris in den N o r d - oder etesischen W i n den , die so gesund in Oberägypten sind, wiedererkannt w u r d e , so w a r T y p h ö n der T y f a n , oder Südwind, welcher v o n der W ü s t e her wehet und alles , was Leben hat, v e r brennt oder zerstört'). Endlich wenn Osiris das Licht und das F e u e r der Sonne w a r , so w a r T y p h o n die Finsterniss des W i n t e r s , welche von dem Monat A t h y r a n , wenn Osiris von seinem Gegner besiegt w u r d e , bis zum folgenden Frühlinge vorherrschend ist, w o er dann zur Isis wiederum zurückkehrt , und in dem Monat Phamenoth seinen erzeugfinden Einfluss über die snblunansche W o l t verbreitet".
i) a) 3) 4)
Plntarcli ibid. Ibid. Sect. ¿¡n. Ibid. bect. 38. Plutarcli de Jsid • Sect. 40, 4t, 43.
Volksreligion Aegyptens.
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„ K u r z " , sagt Plutarch, „eine jede Sache, welche te? oder bösartiger Natur i s t , sei es in der vegetabilischen oder intellectuellen Welt, wird ein W e r k des Typhon, als seine Veranlassung Wirkung seines Einflusses betrachtet"
von schlechanimalischen, allgemein als oder als die
Daher waren alle jene Thiere von schrecklichem Anblicke oder von wilder uod unbezähmbarer Neigung dem Typhon heilig, und wurden fils seine lebenden Repräsentanten betrachtet 2 ). Unter jenen wurde das Crocodil und der Hippopotamus von verschiedenen Schriftstellern als die merkwürdigsten erwähnt 3 ), Der Hippopotamus war ein Emblem der westlichen Sphäre, der Zo ui&eoi
xitiui
ijsXi'oio.
„Meine Gottheit wird beschrieben in den W o r t e n , diu ich jetzt aussprechen will. Das Himmelszelt ist mein H a u p t ; die See mein Leib; die E r d e meine Füsse; meine Ohren sind in der ätherischen Region; und mein Auge ist das glanzende und fernlcuchtcndc Sonnenlicht." Sarapis war nielit nur der Pluto der Aegyptier, sondern entsprach auch dem griechischen Aesculap. In der i) Macrob. Saluraat. üb. I.
Volksreligiou Aegyptens.
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That gibt es, wie es scheint, wenig Grund zu zweifeln, dass die Griechen die Riten des Aesculap von dem ägyptischen Sarapis-Caltas entlehnt haben. Die Aegyptier führten kranke Personen in seinen Tempel, and von seinen Priestern scheinen Gaukelspiele ausgeführt zu seyn, jenen ähnlich, von denen uns Aristophanes eine launige Beschreibung in seiner Erzählung von dem blinden Manne mittheilt, der eine Nacht in dem Tempel des Aesculap ') zugebracht hatte. Dieselben Thiere, nämlich die Schlange und der Hahn, welche in den griechischen Fabeln als symbolischen Zeichen oder als dem Gott der Gesundheit dargebrachte Opfer so sehr bekannt sind, wurden dem Sarapis gewidmet. W i r werden Gelegenheit finden, wenn wir die sich auf den Thier-Cultus beziehenden Hauptfacta zusammenstellen, noch einige fernere Bemerkungen ü b e r diesen Gegenstand beizufügen. Es ist nicht schwierig einzusehen, warum Sarapis der Gott der Heilkunst w u r d e . W i r haben aus dem Zeugniss des P o r phirius und Eusebius erkannt, dass die Vermuthung obwalt e t e , e r stände der unsichtbaren Welt v o r , und sey der Herrscher der Dämonen oder bösen Geister. W i r wissen, dass die Aegyptier alle Krankheiten der Wirkung der Dämonen zuschrieben, und dass ihre Heilversuche grösstenteils auf magischen Formeln und verschiedenen Mitteln gegründet w a r e n , wodurch man die unsichtbaren Wesen zwingen oder versöhnen zu können glaubte. Es war nun natürlich, dass sie sich vorzüglich an den Gott wenden mussten; welcher die Agenten des Uebels oder die Beförderer aller jener Plagen unter seiner Aufsicht hielt, welche den menschlichen Körper befallen. Dieses ist in der That genau der Gesichtspunkt, aus welchem Porphyrius die Beziehung und Aemter des ägyptischen Pluto in seiner doppelten Eigenschaft als Heiler der Kranken und als Beherrscher der T o d ten betrachtet. i) A e l i a n lib. I I . T a c i l u s Histor. l i b . IV. cap. 5 i . Aristophanes i n Pluto. S i e h e u n t e n Buch IV. cap. i, Abschnitt, 4.
8ü
Commentar über Capitel II, Commentar
über Capitel
II.
Note a. zu Abschnitt 1. Es wurde von Jablonsky bemerkt, dass die Geburt der fünf Gottheiten an den fünf Schalttagen eine Geschichte gewesen, die zu einem astronomischen Zwecke erfunden w o r den sey, und mehr dem Kalender als der ägyptischen Theologie angehört h a b e ' ) . Shuckford l ) und andere, die diese Fabel in einem verschiedenen Lichte betrachten, haben daraus gefolgert, dass der Isis- und Osiris- Cultus in Aegypten zu der Periode angesetzt worden, als der Kalender, der ursprünglich aus dreihundert und sechzig Tagen bestand , durch die E i n schaltung von fiinfen verbessert w u r d e , eine Veränderung, die dem Syncellus zufolge, während der Regierung des Asseth, eines Herrschers aus der Dynastie der Hirtenkönige, bewerkstelligt worden ist. Ich kann hier keine Verbindung zwischen den Prämissen und dem Schlüsse finden. Zur Zeit als die ägyptischen Astronomen der Dauer ihres alten Jahres noch fünf Tage hinzufügten, war es gewiss natürlicher f ü r sie, jene Tage den bereits von der Volksreligion angenommenen Gottheiten zu weihen, als um den K a lender zu schmücken, neue Götter in die ägyptische Theokratie einzuführen. Es würde vernünftiger seyn. auf das hohe Alterthum zu schliessen, als den neuen Ursprung des Osiris - Cultus von dieser Geschichte herzuleiten, der wir schon deswegen kein Zutrauen schenken können, weil wir hinreichenden Grund haben die Behauptung des Syncellns zu bezweifeln, der uns nicht anzeigt, auf welcher Autorität e r dieselbe gegründet hat. Kote b. zu Abschnitt 1. Die alten Schriftsteller haben verschiedene Auslegung f ü r den Namen Osiris, ein Umstand, welcher beweist, dass i) Jablonsly Pantheon Aegypt. lib. II. cap. i. p. 1 a) Shuckford's connections of Sacred and, Profane History, Vol, I.
Volksreligion Aegyptens.
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die ägyptischen Götternamen schon zu der Z e i t , als jene Autoren schrieben, von einem bereits veralteten Dialecte abgeleitet wurden. Jablonsky hielt es indessen fiir seine P f l i c h t , alle jene Auslegungen in dem modernen Goptischen aufzusuchen. F o l gende Etymologieen hat er fiir diesen Namen : 1. O s h — i r i — Viel — wirkender. Dieses entspricht einem von Plutarcli beigelegten S i n n e : „tegäroi svtQyovv xai ayadojioiov". „ E n e r g i s c h e und wohlthätige Macht". 2. Osh — i — R E — „ D e r f e r n - R e i s e n d e König, oder die fern - Reisende S o n n e " . Diese ist eine dem Jablonsky eigene Conjectur. 3 . H o o a — S h E R — „ R e g e n - S p e n d e n d e r " Diese E t y mologie stutzt sich auf einer Conjectural - Emendation des P l u t a r c h , der, auf der Autorität des Hermäus, uns fifißgifiog als die Bedeutung von Osiris gegeben hat. Jablonsky meint, wir müssten ojußgiog, pluvialis, regnicht lesen, und er stellt diesen Sinn durch das Coptische Compositum H o o u — S h E R dar. In Bezug auf die E i g e n t ü m l i c h k e i t des ägyptischen K l i m a s müssen wir z u g e b e n , dass man k a u m eine unwahrscheinlichere Conjectur hätte machen können. 4 . O — ouje R E — „ U r h e b e r des Heils". Diese zeigt sich als der Interpretation des Jamblichus entsprechend welcher Osiris als aya&cöv noiijxixog: „ H e r v o r b r i n g e r des G u t e n " construirt. 5. O — o U o E i S H — iRi oder O E i S H — iRi — „ D i e Ursache oder der U r h e b e r der Zeit''. Dieses ist die Interpretation , welche Jablonsky mit Bedacht vorzieht und auf der er hauptsächlich seine Hypothese hinsichtlich des u r sprünglichen Charakters des Osiris gründet. D o c h ist es ein S i n n , welcher von keinem alten Schriftsteller auf den Namen dieses Gottes anwendbar gemacht w i r d . E r wird in der T h a t , wie Ainmianus a n f ü h r t e , von Hermapion als das Attribut des Horns e r w ä h n t ; a b e r dieser U m s t a n d b e günstigt keineswegs die Vorstellung des Jablonsky. Nach allem scheint es, dass es diesem A u t o r fehlschlug eine coptische Etymologie aufzufinden, die dem einzigen Sinne entspräche, den P l u t a r c h und D i o d o r annehmen, um 0
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Commentai' über Capitel If.
den Namen Osiris zu crkliiren, nämlich: „ d e r v i c l ä u g i g e G o t t " . Dieser Mangel wurde von dem gelehrten französischen Alterthumsforscher ergänzt, welcher eine grosse Mühe auf die Inschrift von Rosette verwandt hat. Aber I l e r r Silvestre de Sacy hielt es für nothwendig, Osiris in Osinis zu verwandeln. Dieses letzte W o r t leitet er von OSH, viel, und NAU, Sehen, ab. So viel von den etymologischen Theorien Note b. zu Abschnitt 2. Es muss indessen bemerkt werden, dass Eudoxus von dem Astronomen Geminus aus Rhodus getadelt w i r d , weil er voraussetzte, dass das Isis - Fest beständig einer JahrcsPeiiode entspreche. Da es, dem Geminus zufolge, mit dem unbestimmten Jahi-e der Aegyptier verbunden war, so muss es allmählich den ganzen Kreis der Jahreszeiten durchlaufen" haben. Aber die Autorität des Geminus verdient keine Widerlegung gegen die des Eudoxus, welcher nach Strabo (üb. XVII. p. 554.) dreizehn Jahre in Aegypten in der Gesellschaft der Philosophen jenes Landes sich aufgehalten hatte, und es ist hinreichend bekannt, dass er selbst Fleiss auf die Erforschung ihrer Astronomie verwandt h a t . E r konnte daher mit den Principien, auf denen ihr Kalender beruht, nicht unbekannt seyn. Verschiedene Versuche w u r den von den Gelehrten gemacht, die Nachrichten jener zwei Astronomen in Uebereinstimmung zu bringen. Jablonsky (Nova interp. tab. Isiac.) v e r m u t h e t , dass zwei Isis-Feste Statt gefunden hätten, wovon eines gegen das Solstitium gefeiert worden wäre, und dass dieser Umstand dem Geminus unbekannt geblieben sey und er jenes ausschliesslich auf ein's derselben bezogen hätte. Es ist indessen sehr wahrscheinlich, dass die Gewohnheiten der Aegyptier in Bezug auf ihre Kalender schon vor der Zeit des Geminus Erneuerungen erlitten hatten, und in i ) Siehe Jablonsky Pantheon Aegypt. üb. I. p. i5o. et seq. Item OpuscuL Tom. I. p. i88. M. Silvestre de Sacy, lelt. sur l'inscription de Rosette.
Volksrcligion Aegyptens. Betracht seines höheren Alterthums und seines allgemeinen Rufs ist die Autorität des Eudoxns gewiss vorzuziehen. Die Conjectur des Herrn von Humboldt (Recherches Americ.), dass die Aegyptier, gleich den Katholiken, sowohl bewegliche als unbewegliche Feste hätten, ist sehr w a h r scheinlich. Wenn dieses zugegeben w i r d , so muss vorausgesetzt werden, dass die Feste, mit welchen Eudoxns, P l n tarch und andere physische Auslegungen verbinden, bewegliche gewesen waren , d. h. dass sie in dem unbestimmten Kalender nicht bestimmt waren, sondern von den Priestern Lei der Wiederkehr der besonderen Jahreszeiten verkündet wurden und dass Geminus nur mit den unbeweglichen F e sten bekannt war, denn weil sie mit gewissen D:iten in dem vagen ägyptischen Kalender in Verbindung standen, allmählig alle Jahreszeiten durchlaufen haben mussten, demzufolge sie auch keine physische Auslegung erhalten konnten, Note c. zu Abschnitt II. Folgende Erzählung der grossen persischen Feste e r innert uns an jene allgemeine Betrachtungen des Plutarch. „Ihre Ilauptfeste", sagt Richardson, „waren jene um die Aequinoctien, die nächsten waren jenes des Wassers um die Mitte des Sommers, und jenes des Feuers um das W i n t e r Solstitium. Das erste war das Nuruz _ Fest, welches mit ihrem Jahre im März anfing, und sechs Tage d a u e r t e , während welcher alle Stände an der allgemeinen F r e u d e Theil genommen zu haben scheinen: der Reiche schickte dem Armen Geschenke, alle waren festlich gekleidet, ihre Häuser offen, feierliche Processionen, Musik, Tanzen, eine Art theatralischer Vorstellungen, ländliche Spiele nnd Zeitvertreibe stellten einen fortwährenden Kreis mannichfaltiger Ergötzungen dar. Sogar die Todten und die idealen Wesen waren nicht vergessen, kostbare Speisen wurden auf die Gipfel der Häuser und auf hohe Thürme gesetzt, deren W o h l g e r u c h , ihrer Meinung nach, die Peris und Geister ihrer abgeschiedenen Heroen und Freunde kosteten"'), • ) Richardson disjertation p. 174-
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Commentar za Capitel II.
Das Nuruz - oder Frühlingsfest wird bei den P e r s e r n , obgleich es mit der jetzt herrschenden Religion in keiner Verbindung s t e h t , gefeiert. Es beginnt gerade wann die Sonne in das Zeichen des Widders t r i t t , und daaert drei Tage «). Note d. zu Abschnitt 2. Die Periode des Jahres in der das Fest zur Feier der Wiederauffindung des Osiris bei den Aegvptiern begangen wurde , ist ein sehr verworrener Punkt. W i r besitzen keine hinreichende D a t a , um denselben mit Gewissheit aus dem Reiche der Controverse herauszubringen. Verschiedene Meinungen worden in der That unter den Gelehrten in neuerer Zeit über diesen Gegenstand behauptet. Auf der einen Seite finden wir Scaliger und Seiden, auf der anderen Jablonsky 5 ). Es scheint m i r , dass, obgleich das genaue Datum des Festes nicht durchaus gewiss bestimmt werden k a n n , sich doch verschiedene Betrachtungen darbieten , die es äusserst wahrscheinlich machen, dass es bald nach dem Winter-Solstitium Statt fand. 1. Scheint es evident aus dem Contexte der Stelle, in welcher PUitarcfo diese Ceremonie erwähnt, dass er nicht gemeint haben k a n n , dass es auf den neunzehnten Tag des Monats Athyr falle; und dass sich irgend ein I r r thum in den Text, wie wir ihn jetzt besitzen, eingeschlichen haben muss. Denn dieser Autor hat richtig bemerkt, dass die T r a u e r wegen des Verschwindens oder des Verlustes des Osiris am siebenzehnten jenes Monats anfing, und die drei folgenden Tage dauerte. Die Freude über des Gottes W i e dererscheinen muss gewiss an dem letzten der vier Tage Statt gefunden haben, welche die Aegyptier in Kummer und Wehklagen verbrachten. Es kann nicht unterstellt werden,
i) Morier's Journey throng Persia p. aoG. a) Sclden dc diis Sytiis Syntagm. lib. I. cap. 4- Scallger de Emcndatione temporum lib. II. p. 70. Jablonsky Nova interprcta • tio Tabulae Isiacac. Opuscnla, Torn. II.
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dass dieses am neunzehnten gewesen, welche einer der eben beschriebenen Tage w a r , dazu geweihet, um den Schmerz k u n d zu geben. Da wir nun aus der Stelle des Plutarch nicht lernen k ö n n e n , um welche Zeit die Wiederauflindung des Osiris gefeiert w u r d e , so müssen wir uns bestreben, dieses aus anderen Betrachtungen festzustellen. 2. Die F e s t e , welche mit den Begebenheiten der Isis u n d des Osiris verbunden w a r e n , scheinen in anderen Beziehungen der O r d n u n g der in der Legende erwähnten E r eignissen gefolgt zu seyn. Bei Beobachtung dieser Ordnung w e r d e n w i r d a h e r wohl einige W i n k e hinsichtlich der Folge d e r Feste u n d Ceremonien erhalten. Es ist wahrscheinlich, dass die drei Feste, welche respective mit dem Verluste des Osiris, seiner Aufsuchung und seiner Wiederauffindung v e r b u n d e n w a r e n , in der vorerwähnten Ordnung auf einander folgten. Aber es wird uns versichert, dass die Feier des Festes der Aufsuchung um das Winter-Solstitium Statt fand. D a h e r die Wiederauflindung wahrscheinlich in der darauf folgenden Periode gefeiert ward«. 3. A m siebenten des Monats T y b i , der dem zweiten J a n u a r entspricht, begingen die Aegyptier ein Fest zur Feier d e r Ankunft der Isis in Aegypten nach ihrer Reise von P h ö nizien. Dieses muss entweder unmittelbar vor oder bald nach der Aufsuchung Statt gefunden haben. Der zweite J a n u a r ist in der T h a t später als das Solstitium, aber wir wissen nicht sicher, oh die Aufsuchung genau i m die Sul«titialzeit gefeiert worden. Es wird in der T h a t von J a blonsky b e m e r k t , dass Ptolemäus den- eilften des Tybi, oder den sechzehnten Januar als die Periode f ü r die Mitte des W i n t e r s bezeichnet habe, und dass an jenem Tage die griechischen Feste zur E h r e des Bacchus, die wir als von den Riten der Aegyptier abgeleitet kennen , allgemein gefeiert w u r d e n , w o h e r er nun nicht ohne Grund v e r m u t h e t , dass die Aufsuchung in Aegypten an jenem Tage gefeiert worden sei. Obgleich nun dieses der Fall gewesen seyn mag, so ist dennoch nicht unwahrscheinlich, dass dieses Fest einige T a g e nach dem Solstitium gehalten worden sey, obschon es mit demselben in der Chronologie des Jahres verbunden
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Commentar zu Capitel II.
war. In diesem Falle mag dasselbe auf den siebenten Tybi nach der Ankunft der Isis gefallen seyn. "Wenn die Aufsuchung wirklich dem siebenten Tybi vorausgegangen ist, so muss angenommen werden, dass sie sich auf die Reise der Isis um die Arche aufzusuchen, in welcher Osiris eingeschlossen w a r , bezogen habe. Aber wenn diese nach jenem Datum Statt gefunden, so muss es auf jene Reise der Isis bezogen w e r d e n , als dieselbe in einem Boot von Papyrus über die sumpfigen Gegenden des Landes segelte, um die zerstreuten Ueberbleibsel des Körpers ihres Gemahls aufzusuchen und zu sammeln. Und dieses scheint der Sinn der W o r t e zu seyn , in denen Plutarch die Umstände der Legende und die Riten, womit dieselbe gefeiert wurden, erwähnt. Wenn die frühere Hypothese, nämlich dass das Solstitialfest, die A u f s u c h u n g genannt, sich auf die Reise der Isis nach Phönizien beziehe, so muss auch die W i e d e r a u f f i n d u n g mit den späteren Begebenheiten der Legende verbunden seyn. Denn dieses Fest konnte kaum zwischen dem Solstitium und dem siebenten Tybi fallen, wie es n o t wendigerweise musste, wenn man es auf die frühere Folge der Umstände bezöge. Ueber dieses w a r , wie wir gesehen h a b e n , die Einsetzung des Phallus mit der WiederauiUndung der zerstreueten Glieder dieses Gottes verbunden: welches zu beweisen scheint, dass das Fest der Wiederauflindung sich auf die letzte Begebenheit bezog. Wenn wir daher vermuthen, wie wir aus allen uns übriggebliebenen Data mit Recht thun hönnen, dass jene ägyptischen Feste der in der Legende erwähnten Ordnung der Begebenheiten folgten , so scheint es, dass die Euresis oder die Freude der Wiederauffindung des Gottes zu derselben Periode nach dem siebenten Tybi Statt fand und wahrscheinlich beträchtlich später in dem Jahre. 4. In allen Berichten, die wir von dieser Solemnitiit zur Feier der Wiederauffindung des Osiris haben, finden wir dieselbe verbunden mit einer Procession , die mit der Erscheinung des Harpokrates in Verbindung steht ; und Plutarch sagt uns ausdrücklich, dass die Feste, die. mit der
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G e b u r t u n d d e r K i n d h e i t dieses G o t t e s in V e r b i n d u n g s t ä n d e n , in der Zeit zwischen d e m W i n t c r - S o l s t i t i u m u n d d e m F r ü h l i n g s - A e q u i n o c t i u m gefeiert w u r d e n . Bei einer dieser Gelegenheiten w i r d ein kleines Bild g e t r a g e n , das den H a r p o k r a t e s a u f eine s o n d e r b a r e W e i s e gekleidet vorstellt. L a c t a n t i u s s p r i c h t von dieser Ceremonie w i e f o l g t : „Isidi A e g y p t i a s a c r a s u n t q u a t e n u s filium p a r v u l u m vel p e r d i d e r i t vel i n v e n e r i t . K a m p r i m o sacerdotes eins d e g l a b r a t o c o r p o r e sua p e c t o r a t u n d u n t , l a m e n t a n t u r sicut ipsa, c u m p e r d i d i t , fecerat. Deinde p u e r i n t r o d u c i t u r , quasi inventus, et in laetitiam luctus ille m u t a t u r " '). U n d Claudian spielt in f o l g e n d e n V e r s e n auf diese C e r e m o n i e a n : ;,Sic n u m i n a Memphis in vulgus p r o f e r r e solet. P e n e tralibus exit eifigies, brevis illa q u i d e m j sed plurimus i n f r a L i n i g e r imposito suspirat veste s a c e r d o s ; t e s t a t u r s u d o r e deum"2). D i e B e s c h r e i b u n g j e n e r Riten ist so s e h r d e r E r z ä h l u n g , welche u n s P l u t a r c h von d e r W i e d e r a u f f i n d u n g des Osiris mitthcilt, ähnlich ; dass ein h i n r e i c h e n d e r G r u n d zu d e m Schlüsse v o r h a n d e n zu seyn s c h e i n t , jene beziehe sich auf dasselbe F e s t ; u n d w i r d dieses z u g e g e b e n , so mnss dio P e r i o d e , in w e l c h e r m a n die W i e d e r a u f f i n d u n g f e i e r t e , zu irgend einer Z e i t zwischen dem W i n t e r - S o l s t i t i u m u n d d e m F r ü h l i n g s - A e q u i n o c t i u m gewesen seyn. 5. M a c r o b i u s u n d verschiedene a n d e r e oben a n g e f ü h r t e A u t o r e n sagen ausdrücklich, dass alle Ceremonien d e r beschriebenen F r e u d e n f e s t e im F r ü h l i n g e begangen w u r d e n . D a r a u s w i r d n o c h weiter g e f o l g e r t , was hinsichtlich d e r Aehnlichkeit d e r ägyptischen u n d syrischen Riten g e sagt w i r d . W a s f ü r eine Relation k o n n t e w o h l in irgend einem physischen S i n n e die W i e d e r a u f f i n d u n g des Osiris mit d e r F r e u d e wegen d e r W i e d e r a u f l e b u n g des Adonis h a b e n , w e n n n i c h t b e i d e z u r selben Jahreszeit gefeiert w o r d e n w ä r e n ? W i r w i s s e n d a s s das letztere beim F r ü h l i n g s - A e q u i n o c t i u m S t a t t f a n d , u n d der A u t o r , d e r uns von diesem i) Lactant. üb. I. cap. i . a) Clauiliau. de quarto couiulat. Ilonorii v. 569.
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Tabellarische Uebersicht des Kalenders.
Kunde g i b t , und seine zuvor angeführte Erklärung darauf gründet, fügt unmittelbar hinzu, dass die ägyptischen Riten in Bezug auf den Osiris ein Gegenstück in ihren physischen Anspielungen zu der syrischen Verehrung des Adonis gewesen seyen. U m nun d a s , was hinsichtlich der Jahreszeiten der ägyptischen Feste gesagt worden ist, verständlicher zu m a chen, wollen wir eine Tabelle des Kalenders mit den Daten der vornehmsten Solemnitäten hinzusetzen.
Tabellarische Uebersicht des Kalenders. Ister Thot entspricht dem 29. August. Ister Phaophi . . 28. Sept. Saatzeit. Leichenbegängniss des Osiris. Isis ist jetztschwanger mit Harpokrates, der geboren wird, wenn das grüne K r a u t zuerst entsprosst. Ister Athyr . . 28. Octbr. 17ter Aphanism oder Verschwindung des Osiris. Heise der Isis. Ister Choiak . . 28. Nov. Ister Tybi . . . 27. Dec. 7ter Wiederkehr der Isis nach Aegypten. Aufsuchung der , Ueherbleibsel des Osiris um das Solstitium. (Ungewisses Datum) . . . . "Wiederauffindung der U e berbleibsel des Osiris. lstcr Mechir . . . 26. J a n . Ister Phamcnolli . 25. Febr. U m den Neumond tritt Osiris in diesen Planet und befruchtet die sublunarisclic "Welt. Frühlings - Anfang.
Volksreligion Aegyptens. Ister Pharmuthi
. 27. Marz.
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Um den Anfang dieses Monats ward die Reinigung der Isis gefeiert.
Ister Pachon . . 26. April. Ister Payni . . . 26. Mai. lster Epiplii . . 25. Juni, lstcr Mechir . . 25. Juli, ß Schalt - Tage.
Die Aegyptier vermieden die Einschaltung, und der Kniender ging daher alle vier Jahr durch die Zeichen um einen Tag zurück, nämlich am Ende der Zodiacal - Periode die 4 X 365 = 1460 Jahre enthielt. Der Anfang des ersten Monats Thoth kehrte nach der Festsetzung wieder an dieselbe Stelle, oder er ging durch den ganzen Kreis der Zeichen zurück. Nach der Schlacht von Actium nahmen die ägyptischen Astronomen die Einschaltungs-Methode an, und ihr Jahr ward von dieser Zeit an bestimmt '). Der Anfang des Jahres und der des Monats Thoth fielen also zusammen auf den 29ten August, oder auf den Tag Johannes Baptist, und dieses ist unsere vorgestellte Entwickelung. W e n n die Feste, die wahrscheinlich in früheren Zeiten von Monat zu Monat nach der Veränderung des Kalenders und von Abweichungen zwischen dem vagen Jahre und den Jahreszeiten jetzt bestimmt worden waren, so können wir leicht einsehen, warum Plutarch, der nach dieser Veränderung geschrieben hat, dieselbe mit besonderen Tagen in dem Kalender verbindet. a ) Petavii Ratio, temp. pars. II. Iib. I. cap. i 3 .
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U e b c r die anderen ägyptischen Cotter.
IIIUcbcr
G a p i t e !.
die a n d e r e n
E r s t e r
ägyptischen
Götter.
A b s c h n i t t .
U c b e r einige emblematische Darstellungen der Sonne. V o n der häufigen W i e d e r k e h r der Thiergestalten und ähnlicher Gegenstände auf den ägyptischen Scalpturcn und symbolischen Darstellungen rührt es h e r , dass -wir G e fahr laufen die Formen, welche blosse Typen oder Embleme d e r Elemente oder auch der Abtheilungen der Natur b e zeichneten, mit den Gestalten der Götter oder der göttlichen T h i e r e zu vermischen. Diese Schwierigkeit wird noch dadurch v e r m e h r t , dass wir mit Grund verschiedene olte Schriftsteller in Verdacht haben dürfen, sie seyen in dieselbe Irrthümer verfallen, ohne diesen Unterschied gewahr i u werden. Die Aegyptier hatten verschiedene Arten den Gang der Sonne und die Veränderungen der Jahreszeiten durch S y m bole darzustellen. Beim " W i n t e r - S o l s t i t i u m bildeten sie die Sonne oder vielmehr den T a g unter dem Embleme eines neu geborenen Kindes a b , welches während des Jahrs alle Lebensstufen durchmachte, bis es gegen den W i n t e r alt und zeugungsunfähig wurde. W i r erhalten diese Kunde von Macrobins, welcher sagt, „dass die Figuren des Bacchus oder Liber pater verschiedene Alter darstellten, einige haben die Gestalt des Knaben - A l t e r s , andere die des J ü n g lings , während einige gleich erwachsenen Menschen bärtig sind, und andere das Ansehen eines hinfälligen Alters haben". „Diese Altersverschiedenheit", setzt er hinzu, „bezieht man auf die Sonne, die in Gestalt eines kleinen Kindes um das W i n t e r - S o l s t i t i u m , wenn die Tage am kürzesten sind, abgemalt w i r d ; aber wenn die Tage länger werden, daun erlangt es beim Frühlings-Acquinoctiuia die Kraft eines
Jablonsky's Hypothese.
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Jünglings, und wird demnach durch dieses Emblem typifizirt. Nachher finden wir das Alter der vollkommenen Mannbarkeit durch einen langen Bart bezeichnet und diese Forin bezieht sich auf das Sommer-Solstitium, zu welcher Jahreszeit die Sonne ihro grösste Macht erlangt hat. Zuletzt wann die Tage wieder abnehmen, wird die Sonne in eine vierte F o r m dargestellt, in der eines alten und hinfälligen Mannes" l). W a h r ist's, dass Macrobius hier die verschiedenen Bacchusfiguren erwähnt; aber jene Repräsentationen haben keine Beziehung auf die ägyptische Geschichtc des Osiris, oder auf irgend eine Cultusform. Die Bilder, welche er beschreibt, scheinen im Gegentheil der symbolischen Zeichnung oder beschreibenden Malerei der Aegyptier anzugehören ; und Macrobius hat sich wahrscheinlich geirrt, indem er dieselbe mit den Figuren verwechselte , die mit den r e ligiösen Riten und Fabeln verbunden sind. Plutarch erwähnt ein F e s t , dass eine Anspielung auf jene Darstellungen enthält. E r sagt, „am zweiundzwanzigsten Phaophi, nach dem Herbst - Aequinoctium, feiern die Aegyptier die S t ü t z e n oder Krücken der Sonne, um anzudeuten, dass, weil die Sonne um diese Zeit von uns zurückweicht, und eine schiefe RichtuDg annimmt, auch ihr Licht und ihre Hitze schwächer zu werden anfange, und daher bedürfen sie der Stütze und helfenden K r a f t " >). Es wurden auch gelegentlich andere Verwandlungsarten mit dem Typus der S o n n e , dem Wechsel der Jahreszeiten zufolge, angenommen. Eine Figur mit gemalten Flügeln bezeichnete die Sonne und diese Flügel waren von verschiedenen Farben, je nachdem das Emblem w a r , welches jenes Licht in der oberen oder unteren Hälfte des Thierkreises darstellte. In der oberen Hälfte waren die Fittiche der Sonne von glänzender F a r b e , in den Winter-Monaten aber oder während ihres infernalen Laufs wurden sie mit dunkelblauen Schwingen abgemalt 3 ). 1) Plutarcli Isid. et Osir. cap, ja. a) Macrob. Sat. lib. I.
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Uebcr die anderen ägyptischen Götter.
Porphyrius belehrt uns auch, „dass die Sonne bei ihrem jedeninaligen Eintritt in die zwölf Zeichen in veränderter Form oder als sieh selbst in das Zodion oder Thier verwandelnd, vorgestellt wurde, welches jeder der zwölf Abtheilungen des Zodiacos entspricht" Es scheint nicht, dass diese Umgestaltungen irgend eine Beziehung auf den ägyptischen Götter - Cultus hatten. Sie haben gewiss keine deutliche Verbindung mit der Geschichte 4er Isis and des Osiris, wie dieses von dem Mythologon auseinander gesetzt w i r d , und irre ich nicht, so hat ein Mangel an Aufmerksamkeit in Betreif dieses Umstandes zu irrigen Theorien in Bezug auf einen ansehnlichen Thcil des ägyptischen Aberglaubens Veranlassung gegeben.
Z w e i t e r
Abschnitt.
Ueber die Hypothese von Jablonsky und einigen anderen Schriftstellern hinsichtlich des Sarapis , Harpokratcs, Horus, J u p i t e r , Ammon , Hercules und Pan. Jene symbolischen Gestalten, vorzüglich aber die Metamorphosen , welche der Typus der Sonne in dem ägyptischen Kalender erlitten haben soll, als er die Gestalten der Zodiacal-Emblemen a n n a h m , haben zu einer berühmten Hypothese hinsichtlich verschiedener ägyptischen Gottheiten Veranlassung gegeben. Es trifft sich, dass verschiedene F i guren des Thierkreises Thiere darstellen,. die besondern Göttern gewidmet waren. Der "Widder war das heilige Thier des Ammon oder des ägyptischen Jupiter. Der W i d d e r ist auch eines der zwölf Zeichen oder Zodia, daher es leicht eu vermuthen ist, dass Ammon nur allein die in der Gestalt
i ) Porphyr. Epist. ad Annebon. praef. Jamblich, de Myst. Aegypt' a) Die einzige A u s n a h m e , welche diese Bemerkung e r l e i d e t , ist die Geschichte, dass Harpokrates der um das Solstitium geboren war; aber dieses mag wohl eine zufällige Uebereinstiinmung gewesen s e y n : sie b i e t e t auf keine Weise eine G r u n d lage dar, die für dieses System in Betracht zu ziehen wäre.
Jablonsky's Hypothese.
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des Widderzeichens verwandelte Sonne bedcntc. Aehnlichcn Principien zufolge wurden manche Theile der ägyptischen Mythologie in ein System astronomischer Anspielungen verwandelt. Unter den neueren scheinen Kircher ') und Basnage 3 ) auf diese Auslegungs - Methode hingezielt zu haben. Dem Basnage zufolge, der die Vermutbung b a t , die persische Mitlira sei von dem ägyptischen Osiris copirt, der auf einem Stiere reitend die Sonne in dem Zeichen des Stiers bezeichne. Aber Jablonsky hat jene Vorstellungen in ein System gebracht, und auf dem Grande einiger dunkeln W i n k e , die durch Hülfe einiger plansibcln Conjecturen und coptischen Etymologien verbunden w a r e n , eine freimüthige Theorie gebant, die sich über einen grossen Theil der ägyptischen Mythologie erstreckt. U n t e r den verschiedenen Gestalten , welche die Zeichen des Thierkreises und das verschiedene Alter der Sonne darstellten, hat er Stellungen f ü r die meisten ägyptischen Götter gegründet. Ich habe bereits die allgemeinen Schlüsse e r w ä h n t , die ich in Beziehung auf einige dieser Gottheiten ziehen will, andere werden in der Folge behandelt werden. Ich will eine karze Notiz von den Ideen geben, welche Jablonsky in Bezug auf die Aemter und Relationen jener angenommen hat, die er auf die Sonne und auf die Zeichen des T h i e r kreises bezieht. 1. Das Kind Harpokrates war um das W i n t e r - Solstitium geboren. Harpokrates ist d a h e r , nach Jablonsky, die in der ersten Stufe ihres Ganges als Kind dargestellte Sonne, wenn die Tage noch kurz and Hitze und Licht noch schwach sind. Dieses ist die haltbarste von Jablonsky's Conjectur e n , und beruhet auf einigen auffallenden Uebereinstim« mungen. Da Harpokrates in der Tliat mit der Geschichte der Isis und des Osiris verbunden ist, so steht er gewiss in irgend einer Beziehung zur Sonne und dem Fortgange der
2) Basnage, Hist. des juifs. lib. ]U. p. 181) Siebe Kircher's Tempel Isiac.
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lieber die anderen ägyptischen Götter.
Jahreszeiten, obschon nichts vorhanden i s t , um die besondere Erklärung nnseres Autors zu beweisen. 2. Jupiter wurde zu Theben in der Gestalt eines W i d ders , oder in der eines Menschen init dem Kopfe eines Widders verehrt. Ammou hingegen stellt die Sonne in dem Zeichen des Widders v o r . 3 . Es wird vorausgesetzt, Hercules sei die Sonne nach dem Aequinoctium, wenn sie Kraft erlangt hat. Diese C o n jcctur gründet sich auf eine Etymologie des ägyptischen Namens von Hercules, den Jablon sky mit grosser W a h r scheinlichkeit von J o m , welches K r a f t oder M a c h t b e deutet, ableitet. 4. Dein Horus wird ein Platz unter den Thicrcn des Thierkreises angewiesen, gemäss welchem Ilorapollo sagt, „dass Löwen unter dem Throne des Horus gestellt wären , u m eine gewisse symbolische Beziehung zwischen jenem Thiere und dem Gott auszudrücken". Es wird nun v e r m a t h e t , dass Horus demzufolge die Sonne in dem Zeichen des Löwen sey, wenn dieselbe um das Sommer-Solstitium ihre volle K r a f t erlangt hat. 5. Mendes, oder Pan ward in der Gestalt eines Ziegenbocks verehrt. In diesem Falle scheint Jablonsky sein Interpretationsprincip zu verlassen, und anstatt eine Stelle f ü r Pan in dem Thierkreise zu suchen, bezieht er diesen Gott auf den generativen Einfluss der Sonnenstrahlen ' ) . 6. Die Sonne in dem letzten Theile ihrer Laufbahn wurde, wie wir gesehen haben, unter der Gestalt eines a b gelebten alten Mannes dargestellt. Dieses erinnert unseren Autor an Serapis. Serapis ist, nach ihm, die Winter-Sonne, oder die Sonne in den drei letzten Monaten des Jahres.
l ) E r hätte wohl eine Autorität zur Stütze dieser Vorstellung finden können ; denn Hygin behauptet, dass Pan, um der V e r folgung des T y p h o n zu entwischen, die Vordertheile eines Ziegenbocks und den Schweif eines Fisches annahm ; d. h . er wurde das Zeichen des Steinbocks. — Hygin Poet. Astron. lib. II. cap. 28. Dieses ist eine vollkommenere Uebereinstimmung als irgend eine von J a b l o n s k y angeführte.
Jablonsk/s Hypothese.
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Diesen Gegenstand haben wir schon auf den vorhergehenden Seiten abgehandelt. Die Haupt - Autorität, worauf Jablonsky jene Conjeetnren stützt, ist ein von Maerobius aufbewahrtes Fragment, welches jener Schriftsteller iür ein Orakel des Apollo zu Claros hält. Diese Stelle scheint verschiedene Theile der Hypothese unseres Autors zu verbinden. Sie lautet folgeiulermnssen: 0QU^io tov ndvttav vnaxov &tbv ¿'/.iftsv 'law, yti'/.iuTt fiiv r 'AtSrjv, diu v' ti'aQog uQyofxsvoio, TisXiov ÖS 3'SQOVQ , /.ISIOJIIÜQOV ä' aßqdv 'Ida. „Erkläre dass Jao der erhabenste über alle Götter sey, der im Winter Pluto ist; Jupiter in dem Anfange des Frühlings; die Sonne in dem Sommer, und im Herbst der Zarte oder das Kind Jao." Es muss hinsichtlich dieses Fragmentes bemerkt werden, dass Maerobius keinen Wink gegeben h a t , und dass hier kein innerer Beweis von irgend einer Beziehung auf die ägyptische Mythologie ist. In der That der Name Jao, der die griechische Art ist, das hebräische Tctragrammaton zu schreiben, bietet einen klaren Beweis dar, dass die Stelle eine Nachahmung von irgend einer christlichen Ketzer-Secte ist, und Jablonsky selbst gibt zu, dass sie ein Fragment des gnostischen Mysticismus sey *). Diesem Berichte nach ist dasselbe unglaubwürdig; aber wenn auch angenommen würde, es habe die grösstc Aui) Der Name 'lata kommt oft in den mystischen Emblemen der Gnottiker vor. Fabrctti hat einen Abraxas mit dieser Inschrift b e k a n n t gemacht ,,'lciio 'ASovul 'Eiuial '¿¡Squ£«?,'* der von der Figur einer Schlange umgeben ist, mit einem Anubis auf der Kehrseite. Siehe Basnagc Hist. des Juifs, lib. I i i . cap. aß, über die Kabbala der christlichen Häretiker. Der ¿ßnos 'laut oder das Kind Jehovah ist offenbar weder Harpokrates noch Serapis. Der Herausgeber. Ju wie fern der Name Jehovah dein ägyptischen oder griechischen Ausruf '/etat entspricht, welcher Dioil. Sic. I , g ^ und Macrob. Saturn. X, 18 vorkommt, ist nicht ausgemacht. Der UebcrseUer.
00
UiJier die anderen ägyptischen Götter.
torität, so würde es nur zwei oben erwähnte Erklärungen stützen, wovon die eine gerade der anderen widerspricht. Der Umstand, dass der K i n d - G o t t die herbstliche Jahreszeit beherrsche, ist mit Jablonsky's System nicht zu vereinbareil. Aber eine Einwendung gegen diese Hypothese hat meiner Meinung nach ein weit grösseres Gewicht, als jedes Argument, welches man sie zu stützen herbeizwingt, diejenige, welche aus dem einhelligen Zeugnisse der Griechen entspringt, dass der ägyptische Jupiter, P a n , Hercules, Apollo, und andere Götter mit den griechischen gleichnamigen Gottheiten übereinstimmen. Obgleich wir nun jetzt zugeben, dass die Aehnlichkeit wahrscheinlich nicht vollkommen oder gleichförmig w a r , so muss hier dennoch eine allgemeine Uebereinstimmung, wenigstens in den auffallendsten Attribut e n , Statt gefunden haben. Aber Jablonsky's Theorie lasst nicht einmal die entfernteste Analogie zwischen den griechischen und ägyptischen Göttern bestehen, auf welche das erstere Volk als auf die Prototypen seiner eigenen Theokratie schauete. Ich will meine Bemerkungen über diesen Gegenstand schliessen, indem ich wenige zerstreute Winke sammele, die sich auf den ägyptischen Jupiter, Hercules und Pan beziehen, ohne jedoch eine hinlängliche Beleuchtung dem b e sondern Charakter und den einzelnen Attributen , die ihnen in diesem mythologischen Systeme beigelegt werden, zu gewähren. D r i t t e r A b s c h n i t t . Ammon oder der ägyptische Jupiter. „ D i e Aegyptier," sagt Herodot, „nennen den Jupiter Ammon." Dieser war der Gott, welcher in dem thebaischen Nomos verehrt w u r d e , dessen Hauptstadt demzufolge bei den Griechen Diospolis liiess. Alle griechischen Schriftsteller erklärten einstimmig diesen Gott f ü r den Zeus oder Jupiter ihrer eigenen Mythologie '), so dass wir nur • } Herodot. üb. II. cap. 4>- P' u l de Isid. et Osir. Diodor. Üb, 1. cap. i. Jawblich. de Myst. Aryyptiorum Scet. VIII. c. 3.
97
Jablonsky's H y p o t h e s e . eine auffallende Analogie zwischen
dem a f r i c a n i s c h e n
europäischen J u p i t e r annehmen k ö n n e n . drücklich versichert,
dass
und
E s w i r d uns a u s -
d e r J u p i t e r - C u l t u s in Griechen-«
land v o n A e g y p t e n aus eingeführt w u r d e , und d e r
olympi-
sche Z e u s behauptete noch seine V e r b i n d u n g mit den U f e r n des Nils, denn Horner sendet ihn gelcgcntlich zu einem F e s t e nach
Aethiopicn. Zevg
yixo ¿n
Xih^og
toxsuvov
tßrj ¡.UTU
fitz'
ÄATTA •
ufivfiova; &SOI ö'
¿4iSion!jag
ix ¡.La -aavteg
'¿novro
').
„ Z e u s ging gestern zum Mahl d e r unsträflichen Aethiopen A n des Oceanos F l u t ; und die Himmlischen folgten ihm alle". H o m e r scheint
sich
Voss.
h i e r auf eine C e r e m o n i e zu b e z i e -
hen, die bei den E i n w o h n e r n der T h e b a i s S t a t t f a n d , welcher lung
Diodor
initthcilen
wurde
jedes
und 3
).
Jahr
von
Eustathius uns eine b e s o n d e r e E r z ä h Die
Statue
des
thebäischen
Jupiters
a u f dem Nil mit einer glänzenden
Pro-
c e s s e n nach Acthiopien oder, w i e es wahrscheinlich gemeint ist, in einen T e m p e l desselben Gottes n a c h M e r o e g e f a h r e n . Da wurde er
er mit grossem P o m p empfangen, u n d n a c h d e m
das jährliche
Fest
der
Aethiopen
seiner G e g e n w a r t b e e h r t h a t t e , zurück.
Es
identisch mit
ist d a h e r k l a r , dem
Ammon
oder
kehrte
dass oder
Homer dem
Meroiten
er nach
mit
Aegypten
den J u p i t e r f ü r
G o t t v o n Diospolis
hielt. D i e griechischen
I n t e r p r e t a t i o n e n des Namens A m m o n
w e r f e n kein L i c h t auf seine N a t u r . bedeutet A m m o n o d e r b e i m m 1 i c h u 11 g " .
D e m Manetho
Ammun, „ V e r b o r g e n
Hecatäus a b e r s a g t ,
zufolge
oder
dass die
t i e r sich dieses W o r t e s b e d i e n t e n , w e n n sie jeden
Vor-
Acgypanderen
a n r i e f e n ; und P l u U r c h setzt hinzu, dass diese A u r u f u n g f ü r den H a u p t - G o t t gebraucht w ü r d e ,
den sie mit dem U n i -
versum selbst identifizirten, sie riefen u n d fleheten ihn an als einen Unsichtbaren und V e r b o r g e n e n , sich d o c h .selbst offenbaren 3 ) . 1) Iliad. A. v. 4?.3. 1 ) Diodor lib. II. p. 88. Eustath. in I l i a d . A. p. 128. 3 ) Pliitarcli Iside cap. 9.
7
zu
98
U e b e r die anderen ägyptischen G o t t e r .
Amnion scheint d a h e r , nach jenen Schriftstellern , d e n Geist des Universums b e d e u t e t zu h a b e n , den man seiner N a t u r nach als unsichtbar v e r m u t h e t e , a b e r sich vielleicht d o c h einbildete, wie dieses bei anderen Gegenständen des ägyptischen Aberglaubens d e r Fall w a r , dass e r der M a c h t der Bezauberung u n t e r w o r f e n w ä r e ') u n d sich selbst zuweilen dun Augen der Magiker in einer bestimmten Gestalt zeige a ). Diese Idee von d e r N a t u r des A m m o n stimmt mit d e m Zeugnisse des D i o d o r ü b e r e i n , welcher gesteht, seine B e r i c h t e deu ägyptischen Schriftstellern abgeborgt zu haben ; das ist, den Schriftstellern des Ptolemaischen Zeitalters, die griechisch schrieben. E r benachrichtigt uns, dass die ä g y p tischen Philosophen fünf Elemente z ä h l t e n , indem sie zu den vier gewöhnlichen n o c h ein fünftes „ni>sv/na", o d e r d e n Geist, hinzufügten. Dieses ist dasselbe, was d e r himmliscke A e t h e r den Griechen w a r , von dem man voraussetzte, dass er die h ö c h sten Regionen des Himmels erfüllte. Nach der V e r m u t h u n g d e r Aegyptier w u r d e von d a h e r ein erfrischender u n d b e l e b e n d e r Einfluss in alle beseelte C r e a t u r e n abgeleitet. D i e ser Lebens-Acther, o d e r dieses L e b e n s - P r i n c i p , w u r d e n a c h D i o d o r Jupiter oder Ammon genannt. Jambliclius theilt eine ähnliche E r k l ä r u n g von dem Namen dieses Gottes mit, obgleich er dieselbe in der P h r a s e o logie der späteren platonischen Schule einhüllt, von der alle seine Berichte nothwendig entkleidet w e r d e n müssen, b e v o r w i r eine Belehrung von ihm annehmen können. E r erzählt uns, „dass der Demiurgus o d e r S c h ö p f e r , als er das W e r k des W e r d e n s u n t e r n a h m , u n d die v e r b o r g e n e M a c h t sein e r V e r n u n f t oder Absichten e n t h ü l l t e , Ammon genannt
1) Siehe Jambliclius de Myst. Acgypt. a) Es wurde geglaubt, dass es bei gewissen religiösen Handlungen in der Macht des Sterblichen stehe, eine sichtbare Wahrnehmung von den himmlischcu Wesen zu erhalten. Siehe die Auszüge aus den Werken des Manetho, in dem letzten T h e i l e dieses iiaudes.
Jablonsky's Hypothese. wurde').
Dieses sind
99
die kargen Notizen, die w i r h i n s i c h t -
lich des Ainmoii zusammenstellen
können.
U n t e r s t e l l e n w i r n u n , dass jene A u t o r e n c o r r e c t s i n d , (und
ihre Uebereinstimmuiig
7.u b e g r ü n d e n ) ,
s c h e i n t ihre G l a u b w ü r d i g k e i t
so können wir v e r s t e h e n ,
w i e dieser G o t t
bei den G r i e c h e n m i t Jupiter identifizirt w a r , d e r u n s i c h t . b a r e G o t t des F i r m a m e n t s , der zuweilen d u r c h Blitz o d e r rindere M e t e o r - P h ä n o m e n e sich seihst offenbart. A b e r Jablonsky's Idee, dass A m m o n d i e S o n n e i m Z e i chen d e s W i d d e r s wäre, w e i c h t nicht n u r v o n allen o b e n a n g e f ü h r t e n Autoritäten ab, sondern bietet a u c h keine Art v o n Relation
zwischen
schen Gottheit
dem
dar,
ägyptischen G o t t u n d der g r i e c h i -
deren
Orakel und T e m p e l
durch
die
d e m thebäischen Zeus dargebrachten G e l ü b d e e r r i c h t e t w o r den
seyn
sollen.
Es
mag
auch d e r M ü h e
werth
seyn,
zu b e m e r k e n , dass die Jahreszeit in der, w i e J a b l o n s k y v e r mutliet, die S o n n e u n t e r dem Namen A m m o n v e r e h r t w u r d e , nämlich gegen das H e r b s t - A e q u i n o c t i u m , in
w e l c h e r die freudenvollsten
die P e r i o d e w a r ,
F e s t e zu E h r e n
des Osiris
g e f e i e r t w u r d e n , der dann als das in der S o n n e n s c h e i b e wohnende Wesen
angerufen w u r d e
und
von
b e f r u c h t e n d e n S t r a h l e n durch die s u b l u n a r i s c h e b r e i t e t e a J.
daher Welt
seine ver-
Es i s t unwahrscheinlich, dass in derselben J a h -
reszeit, w a n n Osiris v o r z ü g l i c h in d e r S o n n e v e r e h r t w u r d e , A m m o n als der G o t t desselben Lichtes a n g e b e t e t w o r d e n sey.
V i e r t e r
A b s c h n i t t .
D e r ägyptische Hercules. Hercules
war
eine der zwölf e i n g e b o r n e n
Gottheileu
l) Jamblich. Sect. VIII. cap. 3. a) Es findet in der That eine Uebercinstimmung in der k ö r p e r lichen Gestalt des Ammon und der Figur dieses Zeichens S t a t t ; aber es ist doch wahrscheinlicher, dass das Sternbild seinen Namen nachher uud als eine Copie von dem thebaischcn Widder erhielt, als das der thebäische Widder als ein Typus der Constellation verehrt wurde.
100
U c b e r die anderen ägyptischen
Götter.
Aegyptens u n d batte keine V e r b i n d u n g , ausgenommen vielleicht eine zufällige Aehnliebkeit mit dem griechischen H a l b g o t t c , d e m S o h n e d e r Alkmene. Cicero nennt ihn einen Abkömmling des Nils. Jablonsky's Etymologie von d e m ägyptischeh Namen Hercules ist eine d e r b e f r i e d i g e n d s t e n , die man in dem ganzen W e r k e findet. Es scheint aus E r a tosthenes, dass dieser G o t t in Aegypten S e m genannt -wurde; u n d Pythagoras erklärt Hercules, „rqv ävvüf.uv rrjg qivaecog die M a c - h t o d e r E n e r g i e d e r N a t u r . Macht und K r a f t ist in dem Coptischen Jona o d e r D s o m ; u n d dieses W o r t scheint die Etymologie des ägyptischen Namens Hercules zu seyn. Aber obgieich in diesem Falle d e r Versuch den N a m e n zu erklären glücklich i s t , so hat doch der Autor n u r einen kurzen W e g zu seinem Schlüsse in Bezug auf das A t t r i b u t des Gottes genommen. J a b l o n s k y v e r m u t h e t , dass Hercules die Sonne w a r * n a c h d e m sie das F r ü h l i n g s - A e q u i n o c t r a m passirt h a t t e , u n d dass dasselbe Licht, wenn es zum Sommersolstitinm k o m m t , H o r n s o d e r Apollo w u r d e . Dupuis , d e r im Allgemeinen dieselbe Hypothese ri'icksichtlich d e r ägyptischen G ö t t e r a n nimmt, v e r w i r r t in diesem Falle die C o n j e c t u r des Jablonsky u n d setzt voraus, dass die Frühlingssonnne Apollo, u n d die Solstitiulsonne Hercules gewesen sey. Dieses mag zum Beweis dienen, wie schlüpferig der G r u n d des von diesen A u t o r e n aufgestellten Planes im Ganzen ist. Es gibt indessen einige Stellen d e r mythologischen Schriftsteller, welche eine dunkele Relation zwischen den Riten des Hercules u n d dem Sonnen-Cultus anzeigen. P l u t a r c h sagt: „ d i e Aegypticr g l a u b e n , dass Hercules in d e r Sonne erzeugt w u r d e u n d die W e l t sich zusammen mit jenem Himmelskörper im Kreise bewege". Macrobius b e nachrichtigt uns, „dass das religiöse Ceremoniel der Aegyptier durch viellache Riten die vielfachen K r ä f t e der G o t t heit a u s d r ü c k t e n , u n d den Hercules als die Sonne b e zeichneten, die in Allem und d u r c h Alles existire". Aus jenen Bemerkungen liessc sich wohl die Conjectur m a chen , dass die K r a f t der S o n n e n - A t t r a c t i o n oder Gravit a t i o n u n t e r dem T y p u s des Herculcs abgebildet w a r £ wo—
Jublonsky's Hypothese.
101
f e m eine solche Idee nicht zu raffinirt und philosophisch erscheint ')• 'Aarno/iitav 'Hilis li.vxl.ov
'TTpaxAe?, uvu% nvQog,
ßitoxioio uytig
ßiov
doXiyöaxi's
OQ/uits
xoofiov,
noiftijv,
/USTU xvx/.or.
,,Hercules im Sternengewande, König des F e u e r s , der du das Weltall lenkest! Du Sonne e t c . , die du Kreis nach Kreis Wälzest". Die Theoristen der orphischen Schule indessen, welche alle ihre Dogmen aus Aegypten h e r l e i t e t e n , bezeichneten den Hercules als die wirkende Ursache in der N a t u r , die nach i h r e r Vorstellung das Universum in seine verschiedene Stufen cintheilte, und die jene Operationen vollzog, welche auf der Gravitation beruhen. Dieses scheint aus eiuer Stelle des Athenagoras: „Wasser w a r nach Orpheus das Princip aller Dinge; von dem sinkenden Wasser ward der Schlamm hervorgebracht ; und von jenen beiden Elementen ein Thier in der Gestalt eines D r a c h e n , mit einem L ö w e n k o p f e ; die Mitte seines K ö r p e r s hatte die F o r m der Gottheit, welche H e r c u l e s und Z e i t genannt wurde. Von Hercules w u r d e ein Ei hervoiyebracht von unendlicher Grösse, das n a c h dem es durch das Brüten voll geworden war, von demselben H e r v o r b r i n g e r geöifnet und in zwei Theile getheilt wurde. D e r obere Theil bildete den Himmel und der u n t e r e die E r d e " . Die Verthcilung der Elemente schreibt inan der Macht des Hercules zu. Die Embleme, welche die zusammengesetzte Gestalt des Hercules nach des Athenagoras Beschreibung in sich fassen, bezeichnen die physische Macht oder Stärke. Dieses ist auch wahrscheinlich die Etymologie seines Namens; sein A m t w a r , die Eintheilung des Universums im Stande zu erhalten. Alles, was wir von dem ägyptischen Hercules wissen, ist, dass sein Attribut Stärke oder Macht w a r . W i r können daher die Conjectur machen , dass jene P h ä n o m e n e in der Natur, welche die auffallendsten Erscheinungen von i) Dioccr Sinn müclilc wohl der Irivocation des Nonnui, eine» ägyptischen Dichters, beigelegt Verden.
Ueber die anderen ägyptischen f l o t t e r .
102
Macht und Energie d a r b i e t e n , ihm zugeschrieben wurden, u n d zuerst die Existenz dieses eingebildeten Agenten anregten. Es ist leicht einzusehen, w a r u m die A e g y p t i e r , welche ihre heiligen Gebrauche u n t e r den Pelasgern e i n f ü h r t e n , ihrem Hercules, oder Gott der S t a r k e , mit der Geschichte eines griechischen Helden vereinigten, der sich seiner ber ü h m t e n Thaten wegen als ein barbarisches Haupt auszeichnete. Die Aibeiten des Boeotischen Hercules waren Abenteuer dieser Klasse; und doch ist es möglich, dass ihre Zahl, u n d einige, welche mit ihnen in Verbindung stehen , nachh e r mit Bezug auf die zwölf Zeichen des Thierkreises geordnet worden seyn mögen. P o r p h y r i u s gibt diese Erklärung von den Arbeiten des H e r c u l e s , u n d dieselbe findet man auch in einem dem Orpheus zugeschriebenen V e r s e : /JwSsx
DN' dvTOkiwv
a/pt
ÖVO/LMUV
¿I'iQntov.
„Gehend durch die zwölf Arbeiten vom Osten bis zum Westen"'). W i e es nun scheint, dass Jupiter oder Ammon die L e benskraft b e d e u t e t e , welche die beseelten K ö r p e r bewegt und b e l e b t , eben so möchte es auch wohl scheinen, dass d u r c h Hercules die Macht ausgedrückt w ü r d e , welche die Functionen der leblosen Natur anordnet und vertheilt, die Bewegungen der grossen Massen t r e i b t u n d leitet und deren O r t v e r ä n d e r u n g die Idee einer ungeheueren K r a f t erregt. D e r ägyptische Hercules war vielleicht ursprünglich mit dem Atlas identisch, der an sich selbst eine atricanische Gottheit, der Gott der K r a f t oder jener E n e r g i e in der Natur ist, welche die Welt aufrecht e r h ä l t , o d e r , wie andere s a g e n , der die Säulen stützet, auf denen das Weltgebäude ruht.
• ) Dnpuis h a t e i n e n v o l l k o m m e n e n C o m m e n t a r über diese Stelle g e s c h r i e b e n , d e r vielen Scharfsinn e n t h a l t , obgleich es v i e l leicht nicht wahrscheinlich ist, dass er viele Personen von d e r W a h r h e i t der Hypothese ü b e r z r u g e n wird. Der L e s e r mag hiervon einen Auszug in dem British Review, Vol. VIII. ji. 3 ; o . sehen. D n p u i s hat d i e s e l b e , o h n e es zu bekennen-, aus C o u r t de G e b t l i u Monde p r i m i t i v e genommen.
Jablynsky's Hypothese.
103
Kiov ovouvov ts xai x&ovog "Siftoig ¿Qet'd'caVf u/3vg ovx tvuyxu\ov '). „ D e r . . . auf seinen Schultern eine schwere Last, Des Himmels und der E r d e Pfeiler, trügt." StoiLergs Uebersetz.
F ü n f t e r
A b s c h n i t t . Pan.
P a n war einer der acht G ö t t e r , welche dio erste oder i'illeste Reihe der ägyptischen Gottheiten ausmachten. E r w u r d e in dem Mendesischen Nomos unter der Gestalt eines Ziegenbocks v e r e h r t , und gab seinen Kamen der Stadt Mendes 2). Von den Abscheulichkeiten, die zur E h r e dieses Gottes ausgeübt w u r d e n , werden w i r bei einer andern Gelegenheit sprechen. Gegenwartig interessiren uns n u r sein Amt und seine Attribute. Ueber diesen Gegenstand waltet kein Dunkel. Suidns s a g t , dass der Bock verehrt w u r d e : „ t u j livaxei'fispov Tij yovijid) Svväfiei • oytvxiy.ov yug TO %mov." Dieselbe Idee wird als der Ursprung jener Riten bezeichnet von Diodorus Siculas 3 ), Horapollo«) und Nonnus, angef ü h r t von Gregorius von Nazianz ä ). Es ist daher unzweifelhaft, dass Pan bei den Aegyptiern die Macht der animalischen Rcproduction darstellte, oder die Gottheit w a r , welche der Vcrmuthung nach bei dem Processp den Vorsitz f ü h r t e , durch den alle Gattungen der lebenden Geschöpfe f o r t -
i) Aeschyli Prometh. Vinct. V. v. 34g3) Herodot. lib. II. cap. 46- Suidas in voce Miväqs. Eine grosse Anzahl S t e l l e n , die sich auf den Cultus des Mendes beziehen, hat Bochart in dem Hierozoicon P. I. lib. II. c. 43. gesammelt. 3) Diodor. Bibl. lib. I. p. 78. 4) Hieroglyph lib. II. cap. a8. J< Collect. Iliöt. ad Greg, invcctivas. Siehe die bei ßoehart citir len Autoritäten , loc. fit. und bei Jalilonsky.
104
U d i e r die auderea ägyptischen G ü l t « .
dauern. Diu Idee, welcho veranlasste, dass die Gestalt eine» Bocks zum Symbol dieser Eigenschaft erwählt wurde, ist hinreichend klar. Die Griechen geben eine ähnliche Erklärung von der F i g u r , die sie dem griechischen Pan zuschreiben'). Der Mendes-Cultus beschränkt sich auf den Mendesisehen Nomos; aber es gab auch eine Stadt in Oberägypten, welche die Griechen Panopolis nannten. Dieses war die Stadt, welche die Aegyptier Chemnis oder Chemno nannten, und Diodor erklärt den Namen derselben „ die Stadt dus P a n . " Dieses war indessen nicht derselbe P a n , welcher zu Mendes verehrt wurde. Der letztero halte eine Gestalt, wclehe der des Priapus ähnlich w a r , und die Peitsche des Osiris oder Ilorus in der Hand hielt. In dem Berichte, den Stcphanus von dem Gotte von Panopolis mittheilt 2 ), erkennen wir den Osiris in einem seiner Hauptkennzeichen wieder. W i e Bubastis und Eilithyia eines von den Aemtern der Isis verwalten , eben so finden wir den Mendes im Besitze eines der Attribute, das anderswo dem Osiris zugeschrieben w i r d ; und es scheint offenbar zu seyn, dass das Idol von Chemnis nur Osiris oder Horus in der Function vorstellte, die ihnen beiden eigen ist, nämlich als waltend über die animalische Generation. Es ist nicht schwierig einzusehen, warum die Griechen ihn mit dem Gotte verwechselten, dem diese Attribute eigentlich gehörten 3).
i) Siehe Phurmit. de Nat. d e o r , d e Panc Hymn. O r p h i c . ad Panem. u) Stephan. Fyzant. s. voce Tiayos nähi. Dieser Autor beschreite die Natur des Pan fast mit denselben W o r t e n , die Plutardi in der Beschreibung der Osirisßgur b r a u c h t . E r sagt: t a t t Ttai xov ötoC ayaXfta, OQdiazov txa* aiifoioy inaion if fitioriyas rfiJtij ati-^yi/, i;i etdtuXov if uaiy tivtu iov Ilüyu. Dieses war offenbar eine Statue des Osiris oder des Horns. Siehe Plutarch. de Isid. p. und den Graf de Caylus, Hc cueil d'Auütj. T . VI , wo man verschiedene Ki^uren des Osiris i i n d e l , die genau dieser lieschrcibung entsprechen. 3) Es ist iu keiner der Machrichten, die uns die Alten hinlerlies-
Jablonsky's Hypothese. S e c h s t e r
105
A b s c h n i t t .
Papremis oder der ägyptische Mars. Ein anderes Mitglied der ägyptischen Theocratie, von dem wir karge Nachrichten haben, w a r Papremis, den Herodot Ares oder Mars nennt. E r wurde in der gleichnamigen Provinz unter der Gestalt des Hippopotamus v e r e h r t ' ) . Wenigstens war jenes Thier das geheiligte und der Schutzgott dieses Districts. Herodot zeigt uns nicht a n , dass der Cultus des Papremis mit jenem des Tvphon verbunden war, aber wir lernen aus Plutarch, dass der Hippopotamus ein typhonisches Thier war. „Zu Hermopolis", sagt Plutarch, zeigen sie eine Statue des Typhon, die ein Flusspferd v o r stellt, auf dessen Rücken ein mit einer Schlange kämpfender Habicht steht". E r fugt hinzu, „dass man am siebenten Tybi, wann die Aegyptier die-Ankunft der Isis aus Phönizien feierten, Kuchen mache, auf denen ein gebundenes Flusspferd eingedrückt war". Eusebius benachrichtigt u n s , dass sich in der Stadt Apollinopolis eine Statue des Horus oder des Apollo befand, der im Begriffe stand, den Typhon zu durchbohren. Apollo wurde in der Gestalt eines Menschen mit einem Habichts köpfe, und Typhon in der eines Hyppopotamus vorgestellt. E r setzt hinzu, dass der Hippopotamus vermuthlich die W e s t region oder Westhimmelgegend bezeichne, dass er mit offenem Munde und mit seinen Wangen die herabsteigende Sonne aaffangend dargestellt w u r d e ' ) . Der Hippopotamus war in alten Zeiten in Aegypten wohl bekannt, aber er verschwand in der Zeit des Julian. Nonnus beschreibt denselben in W o r t e n , welche bewei-
s e n , ein G r u n d zu Jablonsky's Hypothese v o r h a n d e n , dass der Cultus des Mendes irgend eine Beziehung auf die Sonne hatte, und die coptisehe Interpretation des N a m e n s , auf welche der Autor seine Conjectur s t ü t z t , ist gezwungen und u n zurciclicml.
l) Herodot. üb. II. cap. 71. ilcin cap. 59—61. «) Kusch, praep. Ev. Iii), III, tap. in.
106
l i e b e r die anderen ägyptischen G ö t t e r .
seil, dass seine Eigenschaften zu s e i n e r z e i t wenig bekannt waren. y.tiDi v^ytTUi
/neXufixprjcfi'd'i vdaiüeig
diu'^voav nOTU/UKiOQ
(¡ol'ov Inuog
07i).tj ukrjjrjg.
„ D o r t schwimmt, auf der F l u t das i r r e n d e Ross, Dessen schwarzer Iluf gewaltig die silberne W o g e d u r c h s t a m p f t " •). V o n der Zeit des J o b w a r der Hippopotamns das Sinnbild d e r Stärke und des Ungestiinuns. Boehart b e h a u p t e t , dass er das Behemoth seye 3 ). Aus jenen Bemerkungen möchte es wohl scheinen, dass Tapreniis eine F o r m o d e r V e r k ö r p e r u n g des T y p h o n , des Genius der Z e r s t ö r u n g , w a r . D e r Hippopotamus, das u n geheure Behemoth, w a r kein unpassendes Bifd f ü r den KriegsGott.
S i e b e n t e r
A b s c h n i t t .
Anoubis o d e r Anubis. W e n i g e der ägyptischen G ö t t e r w u r d e n m e h r gefeiert als Anubis. E r w u r d e g r ö s s t e n t e i l s von den Aegyptiern im Allgemeinen v e r e h r t , aber vorzüglich in der Stadt u n d dem Nomos von Künopolis. Die S t a t u e des Anubis h a t t e einen Iliindskopf u n d die H u n d e w a r e n seiner H e r r s c h a f t heilig u n d w u r d e n in den Tempeln auf öffentliche Rosten gefüttert s). Anubis w i r d von einer grossen Anzahl klassischer Aut o r e n e r w ä h n t P r o p e r t i u s spielt auf denselben an, indem e r von der Cleopatra spricht':
i ) Dionys, lib. XXVI. a) Hierozoic. part. i . lib. V. 3) Strabo lib. XV. p. 558.
S t e p h a n de urb. voc. xvy¿>v
nöli.) Jul. Firmic. loc. citat. 3) Meteor, üb. I. cap. nlt. 4) ,,Est praetcrea annus", sngt Censorinus, „quem Aristoteles máximum potius quam ma^uum appcliat, quem loli« et luuac
156
Abwechselnde
Zerstörungen
düng zwischen jene» sonderbaren Fabeln Statt. Sie schienen von verschiedenen Traditionen hergeleitet worden zuseyn. 4. W i r könnten schon zufrieden seyn, dass jene Fabeln direct oder indirect von Aegypten abgeleitet waren, wenn wir nicht auch die positive Versicherung hätten, dass jene Dogmen von den Priestern jenes Landes aufgestellt worden. Einige Betrachtungen werden jenen Schluss wahrscheinlich machen. Zuerst erhalten wir die völlige Versicherung, dass die Lehre von den allm'ahligen Zerstörungen und Erneuerungen der W e l t keine neue Erfindung der Stoiker war, sondern dass dieselbe sowohl ihnen als auch allen altern philosophischen Secten unter den Griechen gemein w a r , welche dafür bekannt waren, ihre Lehren aus den ägyptischen Schulen hergeleitet zu h a b e n ' ) . Plutarch versichert uns ausdrücklich J ), dass dieses einen Theil der physischen Lehren des Orpheus ausmachte, oder dass es in jene Fragmente des Alterthums übergegangen sei, welche so wie die Gedichte jenes Poeten überliefert w u r d e n , obgleich diese wahrscheinlich von verschiedenen Mystikern oder Hierophanten in den früheren fabelhaften Zeiten Griechenlands verfasst worden sind. W i r finden sogar die Zeit - Periode erwähnt, welehe Orpheus f ü r die Dauer einer jeden dieser folgenden Welten bestimmt haben soll 3 ). Dasselbe Dogma herrschte in der jonischen Schule v o r ; denn Anaximander , der Milesier, lehrte, dass die Unendlichkeit die Quelle oder das Princip aller Dinge sei; woher unendliche Welten entständen , und in welcher sie sich wiederum auflösten "). vagarumque Stellarum orbes conGciunt cum ad idem Signum, u b i q u o n d a m slmul f u e r a o t una rcfertuntur. Cuius anni hiems summa est cataclysmus, quam nostri diluvionem vocant; Aestas autem Ecpyrosis quod est mundi incendium. Nam bis alternis temporibus mundus tum exignescere , t u m exaquesccre videtur. — Censor in de die Nat. Lipsius ubi supra. i) Clemens Alexand. Strom, lib. V. a) Plut. de defectu Oraculoruin cap. 12. 3) Ccusoriu ubi supra. .')) Plutarch de placitis Pliilos. lib, I, eap. 3.
und Erneuerungen der W e h .
157
In der italischen Schule des Pythagoras finden w i r die Fabel der V e r b r e n n u n g , welche in bestimmten Zwischen, räumen alle Wesen in das Urfeuer auilösst. P l u t a r c h , den Eusebius a n f ü h r t ' ) , und Clemens bestätigen, dass Heraclitus und Hippasus aus Metapontus die Lelirc von der Ekpyrosis, oder die Auflösung der W e l t durch Feuer vertbeidigten u n d auf dieser Meinung ein System der physischen Theologie gründeten. Dem Cicero 2 ) zufolge hatte Zeno diese L e h r a ven dem ersteren jener Philosophen als eine Grundlage f ü r das System der Stoiker angenommen. Nun haben wir die Gewissheit, dass die leitenden Grundsatze jener drei philosophischen Systemen, nämlich des Orphischen, Pythageraisclien u n d Jonischen aus Aegypten hergeleitet waren j u n d obgleich es uns f r e i s t e h t , vorauszusetzen, dass sie von d e n jenigen , welche sie in Griechenland einführten, einige E r neuerungen e r l i t t e n , so müssen ivir doch schliessen, dass solche D o g m e n , die allen dreien gemein waren, aus der gemeinschaftlichen Quelle flössen, welche die Schule zu Mem^ phis u n d Heliopolis w a r 3 ) . Aber wir w e r d e n über diesen Gegenstand nicht in Zweifel gelassen; denn P l a t o versichert uns, dass die ägyptischen Priester glaubten, die W e l t sei gelegentlichen Ueberschwemmungen u n d V e r b r e n n u n g e n unterworfen, wodurch die Gött e r die L a u f b a h n d e r menschlichen Bosheit h e m m e n , u n d die E r d e von der Schuld rcioigeni). Daher behaupten a u c h die A e g y p t i e r , .dass die Geschichte des Phaethon auf
1) Euseb. Pracp Ev. üb. XIV. cap. 14. Clemens Alex, cohortatio ad gentes cap. 5. 2) Cicero de Nat. dcor. ü b . III. cap. 14. 'i) Es gibt eine Stelle in dem asclepiadiscben Dialog, der dem Hermes zugeschrieben wird, und diese Lehre enthält : „ T u n c ille dominus et pater deus, primipotens et unui gubernator m u n d i , intuens in mores factacjue h o m i n u m , volúntate sua (cjuae est dei benignitas), vitiis resistens, et corruptelae errorem revocans, maüguitatcm omnem vel alluvione d i l u e n s , v e l igne consumeus, ad anliquam facicm m und um revocabit". — Dialog. Asclep, apud Ilcrmetis Tiismcgisti Op. p. 6 o j . 4) Plato in I'imaco, propp i 11 iti 11 in.
158
Abwechselnde
Katastrophen
Thatsachen gegründet sey. Es ist w a h r , dass der ägyptische Priester, welcher sich beim Plato mit Solon über diesen Gegenstand unterhält, sein eigenes L a n d eine Ausnahme von jenen Unfällen machen liess. Aber wenn auch diese Behauptung wirklich vorgebracht worden w ä r e , so muss sie dem Streben zugeschrieben werden , das Alterthum seiner Nation hervorzuheben. W i r erfahren aus Syncellus und aus anderen Schriftstellern , dass die ägyptischen Astronomen häufig von den langen Perioden oder Cyclen Gebrauch machten, und dass die Hypothese des grossen Jahres oder Zeittheiles, in welchem die Planeten der Vermuthung nach insgesammt in dasselbe Zeichen zurückkehren, mit denselben entsprang. Die.* ses ist ein Theil derselben Idee, und legt bei dem Glauben an den Einfluss der himmlischen Bewegungen auf di« sublunarische Angelegenheiten den Grund, auf dem das System der Secular-Wicderholungeit errichtet worden ist, und aus dem dieses in der T h a t nothwendig entspringt. I m Ganzen scheint es, dass wir die Lehre der aufeinanderfolgenden Zeitperioden, die sich durch eine Feuer oder Wasser - Katastrophe , durch eine partielle oder universelle Zerstörung endigt, als ein ursprünglich ägyptisches Dogma betrachten, und wenigstens schliessen müssen, dass dasselbe von den Griechen aus Aegypten hergeleitet w o r den sey.
S u p p l e m e n t
z u m
II.
C a p i t e l .
Erläuterung der vorhergehenden Fabel. W i r sind nicht im S t a n d e , die Geschichte der L e h r e , welche den Inhalt des vorhergehenden Capitels ausmacht, mit Hülfe der griechischen Philosophie, welche diese Lehre unmittelbar aus Aegypten herleitete, auf eine genügende Weise zu erläutern. Glücklicher Weise indessen für die Geschichte der My-
erläutert aas anderen Quellen.
159
tliologie kann man dasselbe Dogma in den Alterthümern verschiedener Nationen auffinden, die es, wenn auch irieht aus Aegypten, doch gewiss aus irgend einer gemeinschaftlichen Quelle hernahmen; daher werden wir durch Vergleichung der verschiedenen F o r m e n , worin wir dasselbe Finden, zu irgend einem Schlüsse hinsichtlich seiner Entstehung, so wie auch zu der Idee g e f u h r t , durch welche es mit der Kosmologie der Aegyptier zusammenhing« Von den zwei Katastrophen, die bestimmt sind, abwechselnd wiederzukehren und die W e l t , oder doch wenigstens ihre Bewohner zu zerstören, ist der Kataklysmos oder die Zerstörung durch Wasser bei weitem die berühmteste Fiction. Die alten Traditionen mancher berühmten Völker erwähnen umständlich die Geschichte einer oder mehr e r e r jener Zerstörungen. Wohlbekannt ist es, dass sie einen hervorstechenden Zug in den wilden Fictionen der Hindus bilden. Der erste Purana enthält eine Erzählung der Zerstörung durch die Flut, aus welcher wenige Personen in einem Schiffe entkamen, und auf eine wandervolle Weise von Wischnu erhalten wurden, der bei seiner Incarnation die Gestillt eines Fisches a n n a h m ' ) . Diese Gelegenheit macht den ersten der zehn Verkörperungen Wischnus ans. Die zweite und dritte, die Kurma und V a r ä h a , oder die Schildkröte- und Eber-Incarnation, enthalten sehr ähnliche Erzählungen und scheinen nichts anders als verschiedene Berichte der nämlichen Begebenheit zu seyn. In den alten mythologischen XJeberbleibseln der Chaldäer, die Berosus, Abydenus, und Polyhistor gesammelt haben , finden wir eine Erzählung von der Zerstörung der Welt durch W a s s e r , bei welcher Gelegenheit eine einzelne Familie in einer Arche erhalten w u r d e , nachdem dieselbe zuvor des Schicksals wegen von den Göttern gewarnt w o r den war. Dieselben Fragmente enthalten eine Erzählung l) 1 Diese Geschichte macht den Inhalt des ersten Puraoa aus Sis AV. Jones hat die ganze Erzählung aus dem Bhagavat übersetzt. Siehe Asiatic Ilijsearches Vol. I. p. a3o.
Abwechselnde Katastrophen
160 von den bar ter
den verschiedenen Diensten, die den Menschen durch Fisch-Gott Oanes geleistet worden sind Es ist offendieses die H i n d u - F a b e l von der Fisch-Incarnation u n irgend einer veränderten Gestalt. Gegenwärtig ist es nicht mein Plan, mich in eine weitläufige Aufzählung der Verkörperungen indischer Götter einzulassen. Indessen sind die eben erzählten Geschichten uns wichtig, da sie den U r s p r u n g der Fabel e n t h a l t e n , die wir in Betracht ziehen. Niemand, der die Legende der Fisch-Incarnation, die Erscheinung des Oannes und die Flut des Xisuthrus liest, wird nicht einen Augenblick zweifeln , dass diese beide auf denselben U r s p r u n g , wie die Mosaische Geschichte der Sünd-Flut bezogen werden müssen. Die chaldäische Sage liegt dieser Erzählung am nächsten , obgleich dieselbe mit dem Gewände der Mythologie geschmückt ist: so hat sie, wie erwartet werden kann , auf ihrer ferneren Reise nach Osten doch viel gewonnen. "Wir können den U r sprung dieser Fabel nicht annehmen ohne Voraussetzung, dass sie sich auf einer historischen U r k u n d e von solch einer Katastrophe gegründet h a b e a ) . Es gab in der That
1) Siehe Sincelli Chronographia p. 3o, Suiclas voce Nanacos Euseb. Pracp. Evang. lib. IX, c. 12, 2) In der T h a t kann man sich dies nicht in Bezug auf die Verb r e n n u n g vorstellen, da die endliche und gänzliche Zerstörung der W e l t nicht als eine schon wirklich eingetroffene Begebenheit betrachtet wurde, sondern als eine noch zukünftige. Sie kommt u n t e r dem Charakter einer Prophezeihung zu uns , die in noch ungebornen Zeiten in Erfüllung gehen soll. Eine solche, wie wir jetzt sehen werden, ist der MahaPralaya oder die grosse Zerstörung. Die Fluten oder die ger i n g e m Pralayas, von den einige bereits eingetroffen s i n d , h a b e n sehr verschiedene Ansprüche auf einen historischen Ursprung, weil sie sich an die vergangenen Begebenheiten reiheten. In der n e u e n französischen Uebersetzung der Cjcsetzc des Manou von Loiseleur des Longchamps heisst e s : „Lc Pralaya est la dissolution ou destruetion du monde qui a lien
und Erneuerungen der Welt.
101
k:tnm ein altes Volk, dass nicht irgend eine Tradition dieser Art hatte. Da man sich einbildete, dass der Lauf der zeitlichen Begebenheiten von dem Einflüsse der himmlischen Phänomene abhange und jene wiederum einen gewissen Kreis durchgehen , der am Ende von grösseren oder kleineren Cykeln sicli genau wiederholte, so wurde die Sündflut, welche einmal wirklich Statt fand, in alten Geschichten oft wiederholt, lind ihre Wiederkunft erwartet. Aber jene mehr partiellen Zerstörungen waren nicht die einzigen oder die grösten Katastrophen, welchc die Welt zu erwarten habe. Brahma, der Schöpfer der Welt, entsprang aus dem Wesen des ewigen Brahma, des unbegreiflichen Geistes. Brahma ist nicht unsterblich, obgleich er sehr lange lebt. Das Ziel seiner Existenz ist durch fünf grosse Kaipas, oder fünf J a h r h u n derte von Brahma-Jahre gemessen, von denen jedes Jahr einen ungeheueren Zeitverlauf in sich hegreift. Jedem Kalp a ' ) , mit Ausnahme des ersten, gehet eine allgemeine Flut vorher, nach welcher die Erneuerung Statt findet. W a h rend der Ueberschwemmung schlummert Brahma ruhig auf den Windungen der grossen Schlange Ananda. Der Kalpa ist die grosse anomalistische Periode der Hindu-Astronomen, an deren Ende alle Himmelskörper in eine Conjunctionslinie zurückkehren und dieselbe Stellung wieder einnehmen sollen, die sie, wie man glaubte, verlassen haben. Jeder der vier ersten Kaipas schliesst sich mit einer Flut oder einer geringem Katastrophe. Aber ein f u r c h t bareres Verderben erwartet noch die Welt, wenn nicht allein die Menschen und alle belebte E i n w o h n e r , sondern à la fin du j o u r d e Brahrnâ". Lois d e M a n o u l i v r e p r e m i e r si. C. cd. A u g u s t e L o i s e l c u r d e s l o n g c h a m p s . P a r i s , 1833. D e r Ueber«. i) L o i s d e M a n o u I. I. SI. 72. h e i s s t e s : S a c h e z q u e la r é u n i o n d e m i l l e ages divins c o m p o s e e n s o m m e u n j o u r d e B r a l i a r o i , et q u e la n u i t a u n e d u r é e égale. Sielic e b e n d a s e l b s t p . 4. N o t e p , 16, N o i e 1 — 3 . u n d p . 1 7 . Noie. 1.2. Der
lieber».
11
Abwechselnde Zerstörungen sogar Ja» feste Erdenrund selbst verzehrt oder verschlangen werden wird. Zur Zeit des Maha-Pralaya> der am Ende des letzten Kalpa eintrifft, ist die ganze Schöpfung, ja die Götterschaar selbst, mit in der allgemeinen Zerstörung begriffen Dieses ist offenbar die grausame Zerstörung oder Ekpyrosis der griechischen P h i losophen, welche die ätherische Intelligenz allein überleben soll. Das hohe Alterthum dieser Dichtung erhält noch mehr Licht, wenn wir in Betracht ziehen, dass sie die Grundlage der alt - runischen Mythologie und d e r Sagas der Skandinavier ausmacht; und auf die klarste und unbezweifeltste Weise wird sie in den Fabeln der Azteken, oder der alten Mexikaner wieder erkannt. W i r wollen jetzt zur ägyptischen Mythologie zurückkehren und die Resultate, welche sich au3 dieser weiten Abschweifung ergeben, in Anwendung bringen. Ohne nun eine fernere Verwandtschaft zwischen den indischen und ägyptischen Fabeln anzunehmen, können wir es als gewiss ansehen, dass die Fiction der wiederliolLen Zerstörungen und Erneuerungen, welche wir so weit verbreitet gefunden h a b e n , denselben Ursprang in beiden Systemen habe. W i r werden nachher finden, dass die Kosmogonie der Indier n u r in wenigen wesentlichen Punkten von der Aegyptischen verschieden ist. Aber ohne sich auf etwas zu beziehen , das über den gegenwärtigen Gegenstand hinaus liegt, wird es hinreichend seyn, die Geschichten zu vergleichen, welche die Stoiker in Griechenland hinsichtlich der Katastrophen der W e l t , und der dieselben begleitenden Umstände verbreitet haben, um mit Gewissheit zu dem vorhergehenden Schlüsse zu gelanl ) Maha Kala, der in seinen Händen die Rolle des Geschicks und ein Schwert h ä l t , um sein Amt zu verrichten, verschlingt zuerst Menschen und S t ä d t e , den Erdball selbst und das ganze Universum. B r a h m a , Wischnu u n d - S i v a werden dann in sein e n Rachen f a l l e n ; und Kala wird sich endlich selbst zerstören, so dass ausser B r a h m a , dem durch sich selbst existirenden ewigen Geist, in dessen unbegreifliches Wesen alle Creat.uren aufgelöst werden, nichts übrig bleiben wird.
und Erneuerungen der Weif,
163
gen. Die Periode einer jeden -Welt - Dauer war in beiden Systemen durch die Revolution der siderischen Cyklen b e stimmt. Dieser Zerstörung gingen bei beiden Phänomene des Verfalls sowohl in den Elementen als auch in der m o ralischen W e l t vorher. Schuld und Elend vergrösserten sich gegen das E n d e einer jeden Aera, bis endlich die Götter nicht länger das Verderbniss der Menschen e r t r u g e n , und ein Zusammenstoss der Elemente oder eine F l u t sie überwältigte; nach welchem Schicksal Astrea wiederum zur E r d e herabstieg, und das goldene Zeitalter erneuerte. Bei allen den Umständen, welche beide Systeme zu verbinden bezwecken, können wir den Schluss nicht f ü r falsch halten, dass die ägyptische Tradition sowohl die Basis der stoischen und orphischen F i c t i o n , als auch in ihrem U r s p r ü n g e eins gewesen sei mit der indischen Fabel von den Pralayas. W i r können d a h e r schliessen, dass die Reihe der wiederholten Zerstörungen und Erneuerungen nicht ewig w a r , sondern dass sowohl die ägyptischen als auch die östlichen Kosmologisten das Universum als einmal anfangend und zn irgend einer Periode aufhörend betrachteten.
III. C a p i t e 1. M e i n u n g e n d e r A e g y p t i e r i n B e z u g auf das Verhängiss des T o d e s . — G r ü n d e zum E i n b a l s a m i ren der Leichname. — Letztes Loos der Seele, E m a n a t i o n aus der G o t t h e i t und W i c d c r a u f t ö sang iu dieselbe. E s wurde oft b e m e r k t , dass der Gebrauch, die Todten zu balsamiren, dieselben mit so vieler Sorgfalt und auf eine so kostbare Weise aufzubewahren, eine Eigenthümlichkeit in den Meinungen der ägyptischen Philosophen hinsichtlich des Verhängnisses der Seele anzuzeigen scheine. W i r besitzen über diesen Gegenstand keine genaue und hinreichende K u n d e . Die alten Schriftsteller haben uns nur wenige dun-
164
M e i n u n g e n i n Bezug a u f den
Tod.
k c l e W i n k e h i n t e r l a s s e n , d i e fast nu,r G r u n d zu C o n j e c t u r e n darbieten.
Ein
gelehrter
und
geistreicher
Schriftsteller
g l a u b t , dass d i e A e g y p t i e r i h r e T o d t e n e i n b a l s a m i r t um
die Verbindung
haben,
zwischen d e r S e e l e u n d dem L e i b e
zu
e r h a l t e n , u n d die e r s t e r e an d e r F o r t w a n d e r u n g zu v e r h i n dern.
„ S i e w a r e n ü b e r z e u g t " , sagt e r ,
„dass d e r T o d
die
S e e l e n i c h t v o n d e m K ö r p e r t r e n n t e , s o n d e r n dass d i e s e l b e so l a n g e an d e r M u m i e h a f t e n b l i e b e , als dieselbe ganz w a r . Dieser
Idee
u m seine
wegen
b r a u c h t e jenes V o l k
so viele V o r s i c h t ,
L e i c h n a m e v o r V e r d e r b n i s s zu b e w a h r e n u n d s i e
gegen jeden
Zufall s i c h e r
veranlassen k o n n t e .
zu stellen , d e r
ihre
d a f ü r m a c h t e n , d a h e r die R o s i e n , g e n , u m die T o d t e n e i n z u b a l s a m i r e n
denen sici s i e h
D i e Haupt - Aufmerksamkeit diesen
Gegenstand.
So
Unterzo-
u n d an O r t e zu b r i n -
g e n , w o sie v o r j e d e r V e r u n g l i m p f u n g geschützt auf
Zerstörung
D a h e r die S o r g e , w e l c h e sie sich s e l b s t
waren.
d e r A e g y p t i e r l e n k l e sieb
betrachteten
sie
ihre Palläste
u n d Häuser als G a s t h ö f e o d e r als A u f e n t h a l t s ö r l e r , eine vergängliche Behausung berechnet waren ;
die f ü r
ihren
Grä-
b e r n h i n g e g e n g a b e n sie den N a m e n e w i g e r W o h n u n g e n ' ) . Der rität
Präsident von Goguet scheint keine andere
Auto-
f ü r diesen B e r i c h t g e h a b t zu h a b e n , als S e r v i a s , d e n
C o m m e n t a t o r des V i r g i l , w e l c h e r b e m e r k t , „dass die w e i s e n Aegyptier
Sorge
trugen,
ihre
u n d in C a t a c o m b e n beizusetzen, Z e i t in
Leichname
einzubalsamiren,
d a m i t die S e e l e e i n e
lange
V e r b i n d u n g mit dem K ö r p e r bleiben und nicht so-
b a l d e n t f r e m d e t w e r d e n m ö g e : w ä h r e n d die R ö m e r in e n t gegengesetzter Absicht Scheiterhaufen Lebensfunke
die U e b e r b l e i b s e l i h r e r T o d t e n
ü b e r g a b e n , weil sie d a c h t e n , gleich
wieder
dem
dass sich d e r
z u m allgemeinen E l e m e n t e
ge-
s e l l e , o d e r zu seiner v o r m a l i g e n N a t u r z u r ü c k k e h r e 2 ) . 1) On the Origin of Laws, Arts and Scientes, by the President de Goguet translated from the French vol. III. p. 682) Aegyptii peiiti sapientiac condita diutius reservant corpora , scilicet ut anima multo tempore perduret, et corpori sit obn o x i a , nec cito ad alia transeat. Romani contra faciebant, comburente^ cadavera ut statira anima in generalitatem. id eat in suam rediret naturam. Servius ad Aeneid. lib. III. v. 67.
G r ü n d e zur Einbalsamirung der Leichname.
165
Diese Idee ist sehr scharfsinnig; aber aus der Weise, •wie Servius sie berichtet, kann es wohl bezweifelt w e r d e n , ob er einen bessern G r u n d f ü r seine Behauptung gehabt habe, als eine blosse C o n j e c t u r und wenn dies der Fall ist, so verdient die Meinung des französischen A l t e r t h u m s f o r schers gleichen Glauben, als die des römischen K r i t i k e r s . Es ist eine wohlbekannte Stelle in dem Buche des P r e digers , welche in dem i h r von einem neueren Schriftsteller beigelegten Sinne v e r s t a n d e n , indirect eine Stütze f ü r die Conjectur des Servius darbietet. Ich spiele auf Salomos b e r ü h m t e Schilderung des Alters a n 1 ) . Die Stelle ist folg e n d e : „Gedenke deines Schöpfers in den Tagen deiner K r a f t , ehe denn kommen die bösen T a g e , und sich nahen die J a h r e , von welchen du sagen w i r s t : sie gefallen m i r nicht"; dann folgt eine Beschreibung der succcssiven Zeichen des Verfalls und der Krankheiten , die mit dem T o d e endigen. „Denn es wandert der Mensch in sein ewiges Haus u n d es gehen u m h e r auf den Strassen die Klageweiber". Der geistreiche H e r r I i a r m e r v e r m u t h e t e , dass die folgenden Verse sich auf das alhnählige Zerstäuben der M u mie und auf das Zerstören der Cataeombe bezögen. „ E h e dieser letzte Verfall vollendet seyn wird, ehe denn abhanden kommt die silberne Schnur, das Gewand des Leichnams u n d z e r t r ü m m e r t wird das goldene Oelgefäss, a n d z e r b r o c h e n der Eimer an d e r Q u e l l e , u n d z e r t r ü m m e r t das S c h ö p f r a d am Brunnen ; d a n n " — heisst es f e r n e r — „ w i r d d e r S t a u b z u r E r d e k e h r e n , wie e r gewesen, der Lebenshauch a b e r zu Gott, der ihn gegeben hat". W e n n die H e b r ä e r zu Salomo's Zeit wirklich eine solche V o r s t e l l u n g , wie diese, hinsichtlich des Schicksals d e r Seele h a t t e n , so leiteten sie dieselbe wahrscheinlich von den Aegyptiern a b , und dieser Umstand w ü r d e die Idee des Servius streng beweisen. Es muss indessen b e m e r k t w e r d e n , dass die vorhergehende Stelle im P r e d i g e r eine k l a r e u n d genügende E r k l ä r u n g ohne Bezug auf eine solche a b e r 1) Prediger, Capitel XII.
Siehe Ilarmcis observations on varions
Passages of S c r i p l i u c . cliap. VIII. »ect.
166
Meinungen in Bezug attf den T o d .
glftubische Meinung zulässt, und dass verschiedene zweifei. hafte Punkte geprüft werden müssen, bevor wir autorisirt seyn können, den Schluss des Herrn Harmer anzunehmen 1 }. E s w u r d e ferner von einem gelehrten und scharfsinnigen Reisenden die Conjectur gemacht, dass die Aegyptier ihre Todten deswegen einbalsamirten, a n d in prachtvollen G r ä bern beisetzten , deren massive Structur berechnet schien, menschlicher und elementarischer Macht zu trotzen, weil sie hofften so ungestört die verhängte Periode von dreitausend Jahren zu verschlafen, nach welcher, wie sie vielleicht glaubt e n , die Seele wieder zurückkehren w e r d e , um denselben K ö r p e r zu beleben E i n e solche Lehre von der Wiederaulerstehung d e s K ö r pers in dem genauesten Sinne des Wortes wird diesem Volke zugeschrieben. Diese Idee gibt' eine Erklärung von der Aengst-« lichkcit, welche die Aegyptier für die Bewahrung ihrer sterblichen Ueberhleibsel vor Verfall gezeigt haben, und von den Ausgaben, welche ihre Könige zur Errichtung der P y ramiden und zur Ausschmückung ihrer Catacombcn verschwendet haben. Aber wenn eine solche merkwürdige L e h r e wirklich bei den Aegyptiern vorherrschte, so müssen wir voraussetzen, dass sie ausserordentliche S o r g e hegten, dieselbe zu verheimlichen, weil auch nicht der leiseste "Wink davon bis auf unsere Zeiten gekommen ist. Herodot e r wähnt in der That die Ueberwanderung als das gemeinschaftliche Loos aller Seelen 3 ). „ D i e Aegyptier", sagt jener Geschichtschreiber, „behaupten, dass Bacchus und Ceres (mit welchen Namen sie Serapis und Isis bezeichnen) den unteren Regionen vorstehen; und eben sie sind das erste V o l k , welches die Lehre von der Unsterblichkeit der menschlichen i ) Die von Dr. Mead in seiner medica saera gegebene Erläuterung ist weit einfacher und wird wahrscheinlich von deu urtheilsvollsten Personen, welche sich die Mühe nehmen sie mit der des Herrn Harmer zu vergleichen, vorgezogen werden. Siehe Dr. Adam Clarke's Note ou H a r m e r , Vol. I i i p. 206. 3) Aegyptiaca by W. Hamilton. Esq. 3) Ileiodot lifo. 11. cap. a3.
Gründe zar Einbalsamirung der Leichname.
167
Seele aufstellt a n d von der nach dem Tode stattfindenden Wanderung derselben in irgend ein anderes T h i e r , welches zufällig zur Annahme derselben geboren ist. Sie sagen, tlass sie durch alle Geschöpfe des Meeres, des Landes, und durch alle beflügelte Thiere w a n d e r e ; und nachdem sie nun so während einer Zeit von dreitausend Jahren diesen Kreislauf vollendet habe, wieder in den menschlichen Körper zurückkehre". E r setzt hinzu, „dass einige Griechen, deren Namen er kenne, die er aber nicht erwähnen wollte, sowohl in f r ü h e m als auch in spätem Zeiten diese Lehre als ihre eigene vorgetragen hätten. Wahrscheinlich spielt Iierodot in dieser Stelle auf Pythagoras a n ' ) , der wohl dafür bekannt i s t , in den Geheimlehren der Aegyptier eingeweiht gewesen zn seyn und ihre Gebräuche in den meisten Beziehungen sehr genau copirt zu haben. Aber die Berichte, welche wir hinsichtlich der pythagoreischen Lehre h a b e n , sind durchaus der Meinung nicht günstig, dass die ägyptischen Priester, die Lehrer ihres Meisters, an die Auferstehung des Leibes glaubten : ebenso wenig ist es uns erlaubt anzunehmen, dass sie durch die Einbalsamirung und Aufbewahrung der Todten der Hoffnung Kaum gaben, die Seele vor dem Ungemache der Ueberwanderung zu schützen. Pythagoras behauptete sogar, dass seine eigene Seele übergewandert sei, und nach und nach verschiedene K ö r p e r belebt habe. „Ipse ego, nam memini, Trojani tempore belli Panthoides Euphorbus eram, cui pectore quondam Sedit in adverso gravis hasta minoris Atridae. Cognovi clypeum, laevae gestamina nostra, Nuper Abantéis templo Junonis in argis. Omnia m u t a n l u r : nihil interit. Errat, et illinc Huc venit, hinc illuc, et quoslibet occupat artus «) Plierecydes u n d Pythagoras haben, wie man glaubt, die ägyptische Philosophie in den Priester-Coltcgien vor der Invasion der Perser in diesem L a n d e s t u d i r t , wählend sie noch acht und durch auswärtigen Verkehr nicht verfälscht war. Siehe Brücket'» Historia Critica Phitosophiae.
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Meinungen in Dczug auf den T o d . S p i r i t u s : eque feris humann in c o r p o r a transit, Inque feras noster, nec t e m p o r e deperit ullo. U t q u e novis facilis Signatur cera figuris , Nec manet, ut fuerat, nec formas servat e a s d e m , S e d tarnen ipsa eadem e s t : animam sie Semper eandem E s s e , sed in varias doceo migrare fignras".
Ovid Metamorph, ü b . X V . v. 160. U e b e r h a u p t ist es mir vielmehr wahrscheinlich, dass die Aegyptier bei Einbalsamirung ihrer Todten vielleicht ähnliche Absiebten hegten, wie die Griechen und Römer, welche so 'angstlich b e s o r g t w a r e n , die gewöhnlichen religiösen G e b r ä u c h e bei ihren abgeschiedenen K r i e g e r n genau vollziehen zu lassen. E s waltete nämlich dabei die Idee vor, dass jene Feierlichkeiten die Reise der Seele nach ihrem bestimmten O r t e beschleunigten, wo dieselbe das Urthcil f ü r ihre vorigen Thaten empfangen sollte, demzufolge denn auch ihr künftiges Schicksal bestimmt wird. Dieses scheint aus dem Gebete gefolgert werden zu müssen , welches von dem Einbalsamirer im Namen der Hingeschiedenen ausgesprochen w u r d e , » d e r die himmlischen Mächte anflehet, diese Seele in die Region der G ö t t e r a u f z u n e h m e n " ' ) . D i e ses Gebet wurde lins von P o r p b y r i u s a u f b e w a h r t . D a diese Liturgie m e r k w ü r d i g ist, und zugleich Licht auf die religiösen Ideen der Aegyptier wirft, so will ich eine U e b e r s e l z u n o" des Ganzen beifügen. o
E h e jene, welche die S o r g e für den Todten haben, den K ö r p e r einer Person von ausgezeichnetem R a n g e einbalsam i r e n , nehmen sie zuerst die Eingeweiden heraus und legen dieselben in ein besonderes Gefäss. Nachdem die a n d e ren heiligen G e b r ä u c h e f ü r den Todten vollzogen worden sind, legt einer der E i n b a l s a m i r e r seine H a n d auf das G e fäss, wendet sich an die Sonne, spricht f ü r den Hingeschiedenen folgendes G e b e t , welches Euphantus aus der U r s p r a che ins Griechische übersetzt h a t : „ O du Sonne, unser H e r r , und all ihr G ö t t e r , die ihr den Menschen das Leben spend e t ! nehmet mich auf und empfanget mich in die Wohnun. i ) T o r p h y r . de A b s t i i i e u t i a , ü b . I V . cap.
10.
G r ü n d e zur EinbaUamirung der Leichnamc.
169
gen der ewigen G ö t t e r ; denn ich habe w ä h r e n d meines Lebens in dieser "Welt f r o m m jene Gottheiten v e r e h r t , die meine E l t e r n mich anbeten l e h r t e n . Ich habe stets jene E l t e r n geehrt, die meiner P e r s o n das Daseyn gaben. Auch h a b e ich w e d e r irgend einen Menschen getödtet, noch j e manden seiner Schätze b e r a u b t , noch irgend einem schmerzliches Uebei zugefügt; wenn ich aber etwas Unrechtes in meinem Leben gethan habe, sey es , dass ich etwas V e r b o tenes gegessen o d e r getrunken, so w u r d e diese Sünde nicht d u r c h mich b e g a n g e n , sondern durch das, was in dieser Kiste enthalten ist". D e r S p r e c h e r meint damit die Eingeweide in dem Gefässe, welche denn auch in den Fluss geworfen werden. Nachdem dieses Gebet verrichtet ist, w i r d d e r Leichnam als rein angesehen. Diese Apologie machte man der Sünde des V e r s t o r b e n e n wegen , u n d der Einbulsamirer richtet sie nach den vorgeschriebenen heiligen G e brauchen ein. Die Authenticität dieser Erzählung wird von P l u t a r c h bestätigt >). Dass die Aegyptier an die Existenz einer besonderen f ü r den T o d geeigneten W o h n u n g glaubten, erfahren w i r aus einer oben von H e r o d o t u n d Plutarch citirten S t e l l e , welche uns b e n a c h r i c h t i g e n , „dass sie jener unterirdischen Region den Namen Amcnthes beilegten, wohin i h r e r V o r stellung zufolge die Seelen der Gestorbenen nach dem Hinscheiden sich begeben". D e r Name Amenthes heisst so viel als „ d e r E m p f ä n g e r u n d G e b e r " 2 ) . Aus dieser Bezeichnung möchte es wohl scheinen, dass die Region des T o des ein t e m p o r ä r e r Aufenthalt w a r , wohin sich die Seele u n m i t t e l b a r nachdem sie den Leib verlassen hatte, b e g a b , u n d wo sie dann auch so lange b l i e b , bis sie z u r ü c k g e schickt w u r d e , um wieder in einen sterblichen L e i b , sey es in den eines Menschen o d e r eines niedrigen Thiercs einzugchen ; und hierin unterscheidet sich die ägyptische L e h r e nicht wesentlich von dem italischen oder pythagoräischcn D o g m a , welches V i r g i l , der gelehrteste Dichter des Alteri) Plut. Op. Tom. II. p. ifig. 996. a) Plutarch de Isia. et Oiir. cap. 29.
»
170
Italisches oder pythagoräisches Dogma.
thums in folgenden sch önen Zeilen vorgetragen hat, aas denen denn auch die Verbindung mit der alten Lehre der Emanation der S eele aus dem Wesen der Gottheit, oder dem Weltgeiste hervorgeht. „Principio coelum, ae terras camposque liquentes, Lucentemque glob um lunae Titaniaque astra Spiritus intus alit, totamque infusa per artus Mens agitat molem, et magno se corpore miscet Inde hominatn pecudum que genus vitaeque volantoni, Et quae marmoreo fert monstra sub aequore pontus. Igneus est ollis vigor, et coelestis Origo Seminibus: quantum non noxia corpora tardant, Terrenique hebetant artus, moribundaque membra. Hinc metuunt cupiuntque, dolent gaudentque ; neque auras Respiciunt, clausae tenebris et carcere caeco. Quin et supremo cum lumine vita reliquit, Ifon tarnen omne malum miseris, nec fanditus omnes Corporeae excedunt pestes; penitusque necesse est Multa diu concreta modis inolescere miris. Ergo exercentur poenis, veterumque malorum Supplicia expendunt. Aliae panduntur inancs • Suspensae ad ventos : aliis sub gurgite vasto Infectuin eluitur scelus, aut exuritur igni. Quisque suos patimur manes. Exinde per amplur» Mittimur Elysium, et pauci laeta arva tenemus: Donec longa dies perfecto temporis orbe Concretam exemit labem, purumque reliquit Aethereum sensura, atque aura'i simplicis ignem. Has omnes, ubi mille rotam volvére per annos, Lethaeum ad.fluvium deus evocat aginine magno: Scilieet immemores supera ut convexa revisant, Kursus et ineipiant in corpora velie reverti". „Erst den Himmel uinber , und Land und flüssige Ebnen, Auch die leuchtende Kugel des Monds, und die Feier des Titan , Nährt von inuen ein Geist, und ganz die Glieder durchströmend,
Italisches oder pythagoraisclies Dogma.
171
Reget Seele das All, dem grossen Leibe vereinigt. D o r t her Menschengeschlecht und Thier und rasches Geflügel, Auch so viel Meerwunder die wogende Tiefe durchtaumeln , Feurige Lehenskraft ist entflammt, und himmlischer Ursprung; Jeglichem K e i m , sofern nicht schädliche Stoffe sie zögern, Nicht des Staubes Gelenk sie betäubt, und verwesende Glieder. Deshalb Furcht und Begier, auch Schmerz und Freude nicht aufwärts Schaue sie zur Luft, umschlossen von Nacht und blindem Gefängniss. Ja , wenn das Leben sogar mit erloschenem Licht sie verlassen; Doch nicht alles Verderb, nicht weicht den Armen von Grund aus Alles verpestende Ucbcl des Leibs; an dem Innersien hängt noch Vieles, das lang anwuchs, und bekleidt in zäher V e r einigung. Drum wird marternde Strafe geübt, und das alte V e r derb niss Ahgebüsst durch Pein. Denn anderen schweben gebreitet Gegen der "Wind Anhauch; und anderen spület der Strudel Haftende Sünden hinweg, noch andern brennt sie die Flamm' aus. Alle wir dulden im Tode f ü r uns, durch Elysiums Räume Schweben wir dann, und bewdhnen wir wenige, Fluren des Heiles; Bis langwieriger T a g , nach vollendetem Ringe der Zeilen, AU' anklebende Flecken getilgt, und völlig gekläret
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Aegyptische L e h r e ü b e r die Seele.
Stellt dem ätherischen S i n n , a n d die Gluth o r l u u t e r e r Heitre. D i e s e , nachdem sie gerollct durch tausend J a h r e den Umkreis, R u f t zum Lethäischen FJuss ein Gott in grossen» G e wimmel : Dass sie erinnerungslos die obere W ö l b u n g des Aethers W i e d e r schaun , u n d willig in andere Leiber z u r ü c k gehn". Voss. Dieses scheint beinahe das ganze der ägyptischen L e h r e in Bezug auf die Seele zu enthalten. Amenthes oder das Reich des T o d e s ' , dem Osiris in seinem höllischen C h a r a k t e r vorstand empfing die Seelen f ü r eine Zeit und schickte dieselben wiederum w e g , um den Kreislauf der U c b e r w a n d e r u n g zn wiederholen. Es bleibt nun noch übrig zu u n tersuchen, ob diese Relation ewig w a r . F u h r die Seele stets f o r t von den Menschen zu den niedrigen T h i e r e n ü b e r z u w a n d e r n , und von den niedrigen Thieren wieder zum Menschen, oder gab es f ü r diesen v o r ausbestimmten Wechsel eine Gr'anze? W i r haben keine directe R u n d e ü b e r das, was die Aegypticr in dieser Hinsicht g l a u b t e n , sondern wir lernen durch Schlussfolgerung, dass sie der Metempsychosis eine Gränze setzten. Es schcint, dass die Seelenwanderung von allen alten Philosophen, welche d i e ses Dogma a n e r k a n n t e n , als eine Art reinigende Züchtigung angesehen w u r d e , die d e r Seele in Folge der vorhergehenden Sünden auferlegt worden w a r . Die P y t h a g o r ä e r l e h r t e n , dass verschiedene Klassen von erhabeneren W e s e n als Men-
l ) Folgende Schilderung h a t der Herausgeber von einem ägyptischen Papyrusmanuscript, worauf das Höllen - Cericht des Sarapis vorgestellt war, abcopirt. Auf demselben sitzt der p r ä sidirende Gott in seiner Function als Richter, u n d T h o t durch das Haupt des Ibis a u s g e z e i c h n e t , hält eine Schreib-Tafel in seiner H a n d , die ein Zeugniss in Bezug auf die Handlungen des Verstorbenen zu enthalten s c h e i n t ; während Anubis oder Mercur der F ü h r e r , d i e Wage a u f h e b t u n d bereit scheint, das Urtheil zu vollziehen.
Grenze tier Seelcnwandcrting,
173
sehen existirten, deren Seelen aus der Gottheit e m a n i r t e n ' ) . D i e Seelen d e r erhabeneren Klassen waren verurlheilt in menschliche K ö r p e r einzugehen, und sich auf E r d e n r e i nigenden S t r a f e n zu unterziehen. Das menschliche Lehen an sich seihst w u r d e als ein Zustand von sträflicher E r n i e d r i g u n g angesehen J ) ; aher die Demüthigung der Seele endigt nicht liienieden: aus dem Menschen steigt dieselbe in die niedrigsten T h i c r e , u n d , nach einigen, in P f l a n z e n 3 ) , bis sie eine ihrer S c h u l d angemessene Bahn der Bestrafung durchlaufen hat, dann steigt sie wiederum hinauf und kehrt zu den höheren Ordnungen der lebenden Natur zurück. V o n dieser A r t Züchtigung spricht man immer als von einer zeitlichen o d e r endlichen und daher ist es wahrscheinlich, dass die S e e l e n - W a n d e r u n g ihre G r ä n z e gehabt h a b e 4 ) . E s scheint aus P i n d a r , dass die Seele verurtheilt w a r , wenigstens dreimal diese W a n d e r u n g zu machen , b e v o r sie aus d e r niederen W e l t ging, und würdig wurde, Eintritt in die höheren Regionen d e r seligen Geister zu erhalten 5 ). „ D o c h w e r v e r m o c h t , hier und drunten Zu drei Malen ausharrend, von allem Ungerechten rein Das Herz zu halten, wallet zu K r o n o s S t a d t Zeus W e g dahin, wo selige Inseln okeanisebe L u f t ' all' umweh'n goldner Blüthen auch das L a n d rings erglänzt, auf Au'n ; Anmuthsvoller Bäum', und F l u t nähret a n d r e , K r a n z w i u d u n g e n zu flechten um Hand' und Hauptes Gelock, Nach r e c h t e m Rathschluss R h a d a m a n t h o s , den D o r t der V a t e r K r o n o s ihm zur S e i t e , i ) Plutarch de Placit. Philos. I. cap. 8. 3) S i e h e ein F r a g m e n t des Cicero, dass uns der heilige Augustin in seinem vierten Buchc gegen Pelagius aufbewahrt hat. 3) l.aertius vit E m p e d o c l i s . Aelian de aninial. lib. XII. cap. 7. 4) In der Clavis des Hermes, eiu Buch, d a s , nach E u s e b i u s , e i n Auszug aus den verlorenen Eiichern Genica betitelt ist, wird d i e S e e l e n w a n d e r u n g in T h i e r e als eine Bestrafung der S ü n den erwöhnt.
„¿s
xaia
5) Pindar. Od. Olymp. II.
ätxg ipi'xijs
xux>]s".
174
Grenze der Seelen Wanderung.
Allstets bereit, hat, Rhea's Geraahl, die hoch O b allen U r a n i d e n t h r o n t " . Bothe. E s w ü r d e eine interessante Untersuchung s e y n , ob die Aegyptier oder irgend einer der alten Fabeldichter an die ewige Existenz der Seele glaubten. Cicero und einige a n dere Philosophen leiteten dieses D o g m a von der v o r a u s g e setzten Unverminderbarkeit eines untheilbaren Wesens, u n d v o n der Unzerstörbarkeit eines ätherischen Geistes a b , a b e r es scheint n i c h t , dass irgend einer der alten W e i s e n , dia ihre Lehren aus der Mythologie und Tradition zogen, sich die Seele als in ihrem individuellen Charakter unsterblich o d e r ewig seyend vorstellten. Aus Cicero und Diogenes Laertius erfahren w i r , dass die stoische S c h u l e , die ihre L e h r e n aus dem Alterthum ableitete, im Allgemeinen b e h a u p t e t e , die Seele überlebe den K ö r p e r , h a b e a b e r ein endliches Ziel der Existenz Cleanthes hielt d a f ü r , dass alle Seelen in einem b e s o n deren Zustande bis zur grossen K a t a s t r o p h e oder der V e r brennung des Weltgebäudes bleiben w ü r d e n , w o alle endlichen Geschöpfe in das göttliche W e s e n , von dem sie u r sprünglich ausgeflossen seyen , aufgelöst würden J ) . Chrysippus lehrte, dass die Seelen der Weisen und Guten allein eines so langen Zieles der Existenz theilhaftig würden. K u r z die Periode des grossen Cyclus oder der Apokatastasis w a r die äusserste Gränze bis zu der man die individuelle E x i stenz eines endlichen Wesens ausdehnen konnte. Euripidcs, welcher glaubte, dass die jonische Secte diese L e h r e n durch die G r ü n d e r jener Schule aus Aegypten abgeleitet h a b e , spielte verschiedene Mal auf die L e h r e der E m a n a t i o n d e r Seele und ihre Refusion an. Die folgende Stelle aus einem F r a g m e n t e des Chrysippus d r ü c k t dieses a u f s klarste aus : XcoQtt
ä' ornato
tà
/.lèv ex
yaiag
1) Tusc. quaest. lib. I. cap. 3a. Diog. Laert. lib. VII. «ect. 156. 2) Siche Leland's advantagc and ISeceasily of the Chritian Rcvelation; part. III. cliap. 3.
175
Emanation und Refusion der Sonliv (pvvx' it'g yuluv, iti rf' ai&CQi'ov ßXuaxövxu yovijg, ilg ovQiiviov HQXOV TjXds nuliv • d-yijox« , Desswegen, •• sagt dieser G e l e h r t e , >, nannte Jacob in Aegypten m i t dem landesüblichen Ausdruck seine beiden blutdürstigen S ü h n e , Simeon u n d L c v i , Gelasse der Sünde (vasa inkjuitatis)." Gen. XL1X. 5. Der UebtrseUer.
das Herab - und Wiederhinaufsteigen dei Seele.
17?
aller intelligenten u n d geistigen W e s e n , so lang sie nun d o r t frei von allen Unvollkommenbeiten der Materie blieb e n , war ihre N a t u r rein u n d unbefleckt. Gewisse Seeleu indessen, entweder angetrieben durch Neigung z u r W a n d e rung, oder auch vielleicht zur gebührenden Züchtigung wogen Sünden v e r t r i e b e n , (denn einige sind dieser Meinung) stiegen in die niedrige W e l t herab, u n d indem sie n u n h e r a b kamen d u r c h die sieben S p h ä r e n , (so b e n a n n t nach den sieben Planeten) erlangten sie durch diesen Durchgang jeuo Lasier u n d schlechten Neigungen, die jeder Region eigenlliiiinlich w a r e n . Origines benachrichtigt uns, „dass dieses Herabsteigen auf eine symbolische Weise durch eine Leiter beschrieben w u r d e , die vom Ilimmel zur E r d e reichte und in sieben Stufen abgetheill, auf deren jeder ein T h o r abgebildet w a r ; das achte T h o r befand sieh auf der Spitze der L e i t e r , die bis zur S p h ä r e des Himmelsgewölbe r e i c h t e 1 ) . Es gab auch n o c h einen a n d e r e n P f a d f ü r das Aufsteigen der Seelen von d e r E r d e zum H i m m e l , an deren E n d e sich ein anderes T h o r b e f a n d , welches das G ö t t e r - T h o r hiess; das f r ü h e r e h i n g e g e n , nämlich j e n e s , w o d u r c h die Seelen herabstiegen, w u r d e das M e n s c h e n - T h o r genannt. Die Lage jener zwei T h o r e w i r d von Macrobius bestimmt, welcher sagt, sie b e fänden sich an den Wendekreisen des Krebses u n d Sieiiibocks, w o die Milchstrassc den Thierkreis durchschneidet D a w a r auch ein T h o r , welches zu jedem der sieben plalietarischen Sphären gehörte. W e n n eine Seele das Unglück erlitt, von dem Iliminul wir E r d e erniedrigt zu w e r d e n , so geschah es n u r , damit sie sich von den v e r d e r b t e n Neigungen des K ö r p e r s reinigle, was sie d a n n wiederum fähig m ä c h t e , zu den himmlischen Regionen zurückzukehren. In dieser Absicht werden, einigen Philosophen zufolge, drei P e r i o d e n der Seelenwander u n g angenommen ; und wenn sie jene Gelegenheiten zu b e nutzen vernachlässigte, so w a r sie nach der Behauptung E L i) Origcn, loco supra cital.e. -j.) Macrol) Sorna Scip üb I cap
u
n
178
Aegyptische Lehre über die Seele.
niger zur gänzlichen Vernichtung verui'theilt. E s kann in »ler That gefragt w e r d e n , ob diese Theorie in der oben auseinander gesetzten F o r m ein e i g e n t ü m l i c h e s Stück der Mythologie w a r . W i r können indessen mit grosser Sicherheit die L e h r e der Emanation und Refusion und die der reinigenden Seelenwanderung, welche wir durch die v o r h e r gehenden Auszüge aus V i r g i l , Pindar und E u r i p i d e s , und durch die Dogmen der stoischen und pythagoräischcn S c h u len erläutert haben, den Acgyptiern zuschreiben.
Supplement
zum
III.
Capitel.
F e r n e r e Erläuterung der ägyptischen Doctrin. Die Ideen der Alten und vorzüglich der Aegypticr hinsichtlich des Schicksals der Seele, sind selbst nach der ilcissigsten Untersuchung des Altesthums noch so sehr in D u n kelheit eingehüllt, dass es uns passend scheint, nach entfernten Seiten hin, uns fiir irgend eine zusätzliche Erläuterung umzusehen. "Wir wissen, dass die Aegyptier und die Bewohner Hindostans seit undenklichen Zeiten an die Metempsychose geglaubt haben. Dieses bevveisst eine Verbindung in den metaphysischen Dogmen jener beiden Nationen und verschafft den Vortheil, die Meinungen der Brahmnncn hinsichtlich des Zustandes nach dem T o d e zu untersuchen, und dieselben mit den Ideen der Aegypticr zu vergleichen. E s scheint irgend eine Art von Widerspruch in den Lehren der ägyptischen Priesterschaft, oder wenigstens in jenen Dogmen zu s e y n , welche die philosophischen Secten Griechenlands in Bezug auf den Zustand der Seele in einer künftigen W e l t , und auf die Individualität ihrer Existenz von jenen erborgt zu haben scheinen. Sowohl die Hindus als auch die Aegyptier glaubten, dass wiederholte Revolutionen Statt fänden, welche Zerstörung und Wiederherstellung der Welten in beständigem yVechsel
E r l ä u t e r u n g der ägyptischen
179
mit sich b r a c h t e n , und dass am Enilc eines jeden grossen Cyclus alle emanirten W e s e n zu dein göttlichen Wesen zurückkehrten. Es ist offenbar, dass keine P a r t e i an das ewige Daseyn der Seele in einem Zustande von klarem Bewusstseyn glaubte. An dem E n d e des grossen Cyclus , w a n n der Himmel selbst sich auflösen u n d hinwegschmelzen w i r d , u n d ausser dem IJrgeiste nichts ü b r i g bleibt, dann w e r d e n sowohl die G ö t ter als Menschen u n d die Seelen unteren Banges alle absorbirt w e r d e n . Dieses w a r die ausserste Gränzc der I>ewussten Existenz. Aber die endliche Absorption, wclche die Hindus glauben, kann antieipirt seyn ; und ausser -dieser höchsten Glückseligkeit, der einzig w a h r e n U n s t e r b l i c h k e i t , welche Yogis u n d fanatische Ascctikcr d u r c h freiwillige h e r b e E n t h a l t u n gen und durch die schrecklichsten M a r t e r n zu erreichen s u chen , gibt es nach der L e h r e der Brnhmanen verschiedene Stufen d e r Seligkeit o d e r des U n g l ü c k s , d e r Belohnung oder der strafenden Züchtigung, welche man gemessen o d e r erdulden muss. Dieses ist die L e h r e der indischen B r a h m a n e n , und aus den Bemerkungen im vorhergehenden Capilel scheint es wahrscheinlich, dass die Meinungen der alten Aegyptier h i n sichtlich des künftigen Zustandes der S e e l e , auf ähnliche W e i s e modifizirt w a r e n . Den Sastras zufolge gibt es vier Arten von Glückseligkeit nach dem T o d e : 1. die in dem Himmel d e r G ö t t e r genossen w i r d ; 2. die E h r e u n d F r e u d e d e r V e r g ö t t e r u n g ; 3. das V o r r e c h t in der Gegenwart der G ö t t e r zu w o h n e n ; und 4. Absorption. Aus den drei ersten steigt die Seele in eine nachfolgende G e b u r t herab. Die letzte ist ein Zustand ewiger Vereinigung mit d e r göttlichen N a t u r . „Die drei, ersten w e r d e n d u r c h W e r k e , die letztere d u r c h göttliche Weisheit erhalten". Die verschiedenen Himmel und H ö l len der Hindu. Mythologie sind den klassischen Fictioncn hinsichtlich d e r F r e u d e n auf den elysiiischcn Gefilden , o d e r auf den Inseln der Seligen, o d e r auch den Qualen des P h l c geton ahnlich.
180
L e h r e ü b e r die Seele.
Das Dogma der Absorption nimmt ein philosophischeres Anselm an. Es ist sogar in d e r Erklärungsweise den L e h ren der jonischen Philosophie sehr ähnlich, welche in den oben aus Euripides a n g e f ü h r t e n Versen enthalten ist. D i e Seele w i l d aus ihrem Gefangnisse befreit und in den allgemeinen Ocean des Geistes oder der Gottheit absorbirt. „ D i e Hindus erklären ihre Idee ü b e r diesen Gegenstand, indem sie die Seele mit der in einem Gefässe eingesperrten L u f t vergleichen, w e l c h e , sobald das Gefäss b r i c h t , unmittelbar in den ungeheueren K ö r p e r d e r L u f t , welcher die A t m o s p h ä r e ausmacht, verloren geht" ' ) . W e n n wir einer aus Servius schon oben angeführten Stelle Glauben beimessen wollen, so suchten die Reimer bei ihren Leichenceremonien die Vereinigung der Seele mit dem universellen Geiste zu beschleunigen ; während die A e g j p t i e r sich bestrebten , dieses zu verzögern und die Zeit d e r getrennten Existenz zu verlängern. W i r werden b e n a c h r i c h tigt, dass einige Hindus, wie die V e r e h r e r des W i s c h n u , nicht f ü r die Absorption beten , welche sie als den Verlust des klaren Selbstbewustseyns fürchteten , sondern f ü r das Privilegium, stets in dem Himmel ihres Gottes zu w o h n e n , frei von einer etwaigen künftigen Geburt. Es ist unmöglich zu entscheiden, welche besondere Sehattirungen o d e r Varietäten jener Ideen von den Nachfolgern des Hermes angenommen w u r d e n . Es ist höchst wahrscheinlich, dass sie in Aegypten durch die verschiedenen Secten verschiedenartig gemischt waren, wie dieses denn auch in dem Osten der Fall w a r . W e n n die Menschen die der Herrschaft der Sinne u n d den nüchternen Verstandskräften u n t e r w o r f e n e Region verlassen und ihrer Einbildung einen freien Flug in die W e l t der unsichtbaren Dinge geben , so w e r d e n alle Ideen , die sie sich machcn können , vag und unstät seyn, u n d selten wird man ein Dogma finden, das lange ohne Wechsel besteht.
i ) Sielie
Rev. W . W a r d ' s v i e w
of t h e
R e l i g i o n of t h e l l i n d o u s Vol. I.
literature,
History
and
Erläuterung der ägyptischen Doctriu.
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Die Hindus , wie auch die A e g y p t i e r , Griechen uiul Römer glauben, dass die L e i c h e n - C e r e m o n i e n , die sie S r a d dha nennen, einen wichtigen Einfluss auf das Schicksal d e r Seele haben. Die Sastras lehren, dass die Seele u n m i t t e l b a r nach dem T o d e ein Geist oder „ p r e t a " w e r d e , und in e i nem kleinen K ö r p e r unter der Obhut des Y a m a , des T o d tcn-Richlcrs, eingeschlossen bleibe. W e n n die Leichen Ceremonien o d e r S r a d d h a übergangen w e r d e n , so kann die Seele dem S t a n d e des „ p r e t a " nicht entgehen. W e n n dieselben aber gehörig gefeiert w e r d e n , so w i r d die Seele nach V e r l a u f eines J a h r e s aus ihrem Gefangnisse befreit und steigt in einen Zustand zeitlicher Glückseligkeit hinauf, w o r a u s sie nachher z u r ü c k k e h r t , um in einen ihren Verdiensten a n g e messenen K ö r p e r überzugehen. Das Urtheil über die V e r dienste der Seele w i r d von Yama g e f a l l t , w e l c h e r S u r y a , die Sonne; Chandra, den Mond; P a v a n a , den W i n d ; A g n i , das Feuer ; Akaca , den Aether ; P r i t ' h i v i , die E r d e ; u n d Varuria, das W a s s e r vor seinem T r i b u n a l zu Zeugen a n r u f t . Eine Anrufung, welche uns sehr an die bei den alten g r i e chischen Dichtern so häufig vorkommende A n r u f u n g d e r Elemente e r i n n e r t , dass sie als Zeugen v o r das letzte G e richt erscheinen sollen. Folgende Zeilen des Horner rufen diese Idee auf die auffallendste W e i s e w i e d e r zurück : — Ztv Ttiirfn' "idtj&f v /xsdsiav, y.vSiaxs , f i s y t o r s , 'Hskiog 3' og navt' ¿rpOQCtg, xai navt* ¿nuxovtig, y.al lloTUfj.rd, y.ui rata , xai 01 vnevtQ&s y.u/invxug dv&Qianovg rtvvadov ong y.' ¿niojjxov 0/116001], T/ililg /ild^TVQOl ¿'(TIS , ) 11 i.11I 3. v. a;G. Siehe Parallclstellcn 111 Aesculus, l'romctbcus v. yü. et seq. Acucid IV. XII. ftc.
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L e h r e über diu Suele.
S e y d uns Zeugen ihx- a l l ' , und b e w a h r t die S c h w ü r e des B u n d e s " ! Voss. W i r haben diese B e m e r k u n g e n gemacht, weil die Ideen d e r Hindus in Bezug auf die Seelenwanderung u n d a u f den endlichen Z u s t a n d , welche eine offenbare Aehnlichkeit mit den ägyptischen Lehren haben, ebenfalls von den oben b e merkten W i d e r s p r ü c h e n in den Vorstellungen der g r i e c h i schen Philosophen und ägyptischen P r i e s t e r Rechenschaft gehen, und weil wir d a d u r c h eine Aussenlinie gewinnen, w o von die verschiedenen F r a g m e n t e ihrer L e h r e n in ein einförmiges und nicht ganz zusammenhangloses System vereinig! winden. F ü r jetzt wollen wir nicht sagen , w i e weit die Analogien zwischen den Ideen jener beiden Nationen sich ausdehnten , sondern w a g e n es b l o s s v o r g r e i f e n d anzudeuten , dass sich nachher ein hinlänglicher G r u n d zu dem Schlüsse finden w i r d , dass die Uebereinstimiming wesentlich und fnndamental sey.
D R I T T E S
B U C H .
Versuch die ägyptische Mythologie d u r c h V e r g l e i c h u n g m'it d e m Aberglauben des Ostens zu e r l ä u t e r n .
I-
C a p i t e l . Einleitung,
l i i ' a t c r
A I) s c Ii ii i t t.
Vorläufige Bemerkungen. Nuch d e r sorgfältigsten Darstellung d e r Ueberbleibscl der ägyptischen Mythologie finden w i r uns selbst uufVihig, das ganze System in jenen vollkommenen u n d zusammenhangenden Zustand wiederherzustellen, in welchem es d e r V e r m u t h u n g nach ursprünglich existirt hat. Bei Verfolgung dieses Versuchs stehen w i r in einem b e sonderen Naehtheil. Die L e h r e r der ägyptischen Philosophie sind bereits lange verschwunden. Niemand ist noch übrig, u m uns d u r c h die Irrgänge i h r e r L a b y r i n t h e zu f ü h r e n , das ganze Geschlecht w u r d e vertilgt, u n d i h r e einheimische L i t e r a t u r ging mit ihnen u n t e r . U n s e r e Landsleute im Osten, welche uns mit den W i s senschaften u n d der Religion der Hindus b e k a n n t gemacht h a b e n , fingen ihre Nachforschungen u n t e r weit günstigeren Auspicien an. Sic w u r d e n in ihren U n t e r s u c h u n g e n von einheimischen P a n d i t s , Abkömmlingen u n d Nachfolgern d e r alten Brahmaneu , geleitet, welche fähig w a r e n die heiligen
184
Vorläufige Bemerkungen.
B ü c h e r ihrer alten Hierarchie auszulegen. Demgemäss hat d e r Erfolg, welcher die A r b e i t e n der asiatischen Gesellschaft begleitete, die sanguinischesten Hoffnungen der Gelehrten in Europa übertreffen. Es gibt manche mit den ägyptischen Antiquitäten u n d besonders aus d e r Geschichte d e r Mythologie u n d d e r e n fortschreitenden E n t w i c k l u n g -verbundene Gegenstände, w e l che wahrscheinlich stets in Dunkel gehüllt bleiben w e r d e n , w o f e r n w i r es nicht möglich finden sollten, ein indirectes von der alten L i t e r a t u r Indiens abgeleitetes Licht auf dieselben zu werfen. A b e r , b e v o r es uns erlaubt ist , irgend eine wichtige Stütze aus dieser Quelle v o r w e g z u n e h m e n , kann es wohl f ü r unsere Pflicht gelten, einen etwas m e h r als inneren Beweis von der zwischen d e r Mythologie Aegyptens und der des Ostens v e r m u t h e t e n Y e r w a n d s c h a f t darzulegen. Seitdem man d u r c h die Schriften des Sir W i l l i a m J o nes u n d seiner gelehrten Gesellschafter mit den auffallenderen Zügen der indischen Idololatrie n u r sehr im Allgemeinen b e k a n n t ' w a r d , ist häufig die Behauptung aufgestellt w o r d e n , dass jene zwei Systeme aufs innigste v e r b u n d e n seyen. Dieser Schluss w u r d e a b e r neuerlich bestritten u n d b e h a u p t e t , dass die Mythologie der Aegyptier einheimisch u n d in i h r e m U r s p r ü n g e v o n jedem asiatischen A b e r g l a u ben verschieden sei. Man muss gestehen, dass keine wesentliche V e r w a n d t schaft zwischen den Sprachen Aegyptens u n d Indiens aufgefunden worden ist; auch können w i r w e d e r aus a u t h e n t i schen Geschichten o d e r T r a d i t i o n e n irgend eine alte V e r b i n d u n g d e r B e w o h n e r dieser L ä n d e r d a r t h u n , n o c h beweisen, dass dieselben gemeinschaftlichen Ursprungs sind. W i r müssen d a h e r das ganze Gewicht unserer H y p o these auf die innere Evidenz legen. Man w i r d vielleicht z u g e b e n , dass diese A r t v o n Zeugniss, w o f e r n sie a u s f ü h r lich genug i s t , die N o t w e n d i g k e i t eines dirccten Beweises erlasse. Ich bin in d e r T h a t überzeugt, dass diese Bemerkung sich auf den gegenwärtigen Fall anwenden lässt, u n d dass die Grösse d e r E v i d e n z , welche sogar aus einer oberflächlichen Vcrglcicbung der ägyptischen upd indischen l ' a b e l n cnl-
Allgemeine Bemerkungen etc.
185
springt, hinreichend i s t , um ihre wesentliche V e r w a n d t schaft zu beweisen. Ich habe Ursache zu glauben, dass diejenigen meiner Leser, welche mit der L i t e r a t u r u n d M y t h o logie der Hindus bekannt sind, bereits hinreichende Beweise f ü r diese Meinung a n e r k a n n t h a b e n ; und dass jene, die einen Zweifel hegen, nachher zu dem nämlichen Schlüsse g e langen w e r d e n . Dieses will ich n u r fürs E r s t e vorgreifend hinsetzen ; aber ohne irgend einen wichtigen Gegenstand auf blosse Muthmassung zu stützen. Jetzt will ich a b e r zu einer U n t e r s u c h u n g s c h r e i t e n , die sowohl Gelegenheit d a r b i e t e t , meine Hypothese zu unterstützen, als auch zu gleicher Zeit mir zu den V o r t h e i l e n verhelfen w i r d , die davon abgeleitet w e r d e n k ö n n e n . D a es nie meine Absicht gewesen, ex professo ü b e r die fabelhafte Religion Indiens zu handeln, so w e r d e ich dieselbe n u r von jenem Gesichtspunkte a'.ts b e t r a c h t e n , der w a h r scheinlich ihre Beziehung zu der ägyptischen Mythologie entfalten w i r d . Dieser Zweck wird nun am besten erreicht werden d u r c h eine historische Uebersicht der philosophischen Systeme u n d d e r abergläubischen Culten, die von dem f r ü hesten Alterthume an in dem Osten vorgeherrscht haben.
Z w e i t e r
A b s c h n i t t .
Allgemeine Bemerkungen ü b e r die Geschichte der indischen Mythologie. Es gibt keinen Schriftsteller in unserer S p r a c h e , w e l cher die Mythologie der Hindus von dem Gesichtspunkte a u s , der f ü r unsere gegenwärtige U n t e r s u c h u n g der wichtigste ist, b e h a n d e l t hätte. Ich habe nirgend wo diesen G e genstand auf eine genügende Weise beleuchtet g e f u n d e n , ausser in einer kurzen Abhandlung, die in Deutschland v o n dem gelehrten H e r r n F . Schlegel, „ U c b e r die S p r a c h e u n d "Weisheit der Indier" herausgegeben ist. Verschiedene G r ü n d e haben mich b e s t i m m t , f ü r jetzt mit einein kurzen Auszuge ;;us der Uebersicht de» von die-
Allgemeine Bemerkungen etc. sem Autor in Betracht gezogenen Gegenstandes begnügt zu seyn. Es scheint mir unmöglich, meinen Lesern gegenwärtig at » i n j sie i d e n t i s c h n a c h a u s d r ü c k l i c h e r Kcliaiiptuug des Porp b y r i u s ; Maia h i e s s sie als irdische G ö t t i n , M u i . t r d e r E r d e , d i e Pflegerin aller l e b e n d e n C r c a t u r c n . Siclie Por^lyrriu» d e A b s t i n e n t i a , ü b . IV. c a p . 16. 4) Moor's H i n d u P a u l h c o n .
232
Aegyptwcher and indischer Polytheismus.
Unter dem Namen Bliavani bezeichnet diese Göttin die Fruchtbarkeit der Natur. Sie wird, wie Isis es wurde, von Frauen in Rindesnöthen angerufen. Dieselbe Hindu-Göttin wird unter der Gestalt der J a gaddhatri oder der Mutter der "Welt verehrt. Sie wird iu jenem Charakter als auf einem Löwen sitzend, und in ihren vier Hunden eine Muschel, eineti Discus, eine Keule und eine Wasserlilie haltend vorgestellt. Ihr hesonderes E m . blem, die Y o n i , ist eben so sehr bekannt, als es die Kteis in den eleusiniscben Mysterien war. Dur letzte Umstand, den ich anführen will, ist die V e r ehrung der K u h , als verbunden mit dem Cultus der Isis in Aegypten, und mit dem der Bhagavati, oder Bhavani in Indien. Die Kuh wird in Indien als eine F o r m der Bhagavati betrachtet, so wie sie in Aegypten die der wohlthätigen Isis ist. Auch ist es merkwürdig, dass Nephthys, die ägyptische Venus U r a n i a , ebenfalls unter der Gestalt einer Kuh v e r ehrt wurde, und dass Lakschmi, die F r a u des Wisclinu, die mit ihr in allen Particularitäten, welche die Geschichte aufbewahrt hat, correspondirt, einen ähnlichen Bezug auf dieses heilige Thier hat. Die Brahmanen haben eine Ceremonie, mit welcher ihrer Vorstellung nach gewisse Geistesprivilegien verbunden »ind. Dieser Process wird als eine Art von Regeneration angesehen ; er besteht in dem Durchgang durch den Körpur einer goldenen Kuh. Es wurde bemerkt, dass die Geschichte des Mycerinus wahrscheinlich Spuren desselben Gebrauches unter den alten Aegyptiern enthielt 2 ). Es ist unser Plan , nur eine Parallele zwischen jenen beiden Systemen zu ziehen, deren Relationen ziemlich.am Tage liegen. Der Leser, der mehr über diesen Gegenstand t u wissen verlangt, wird darüber umständlichere Nachwei0 W a r d Vol. I. p . ia3. a) Siehe die Geschichte des Mycerioui, der seine Tochter in den L e i b einer goldenen K u h einschloss. Herodotus ü b . II. Diese Urbcreinstiramung wurde auch Ton H e r r n tforbe», Oricatal Meiooirs, b e m e r k t .
Wischnu verglichen mit Horns.
233
«ung in dea Werken des Sir W . J o n e s , Mr. Paterson, Mr. Wilford und des Mr. Maurice und in denen verschiedener anderer wohl bekannten Autoren finden. Den genauen Zusammenhang der berühmtesten und auffallendsten ägyptischen Ceremonien mit dem System des indischen Aberglaubens, der wieder mit der verderbten Religion des Siva und seiner Gemahlin Bhavani in Verbindung steht, glaube ich hinlänglich nachgewiesen zu haben. Man untersuche deshalb z. B. diejenigen Ceremonien, welche die Aufmerksamkeit der ganzen heidnischen Welt auf sich z o gen, und sich über einen grossen Theil derselben verbreiteten ; desgleichen den prachtvollen Cultus der Isis und des Osiris. Dieses System haben wir in unserer historischen U e bersicht in die dritte Aera gesetzt, zu welcher Zeit der morgenländische Götzendienst den äussersten G r a d v o n V e r derbniss erreicht hatte.
D r i t t e r
A b s c h n i t t .
Indische Fabeln in Bezug auf W i s c h n u , verglichen mit der ägyptischen Mythologie. In der vorhergehenden geschichtlichen Uebersicht der Hindu-Mythologie sah man, dass die Verehrung des Wischnu, oder wenigstens die Religion der gegenwärtigen Vaishnavas ')> vielleicht einen noch späteren Ursprung hat, als jene F o r m e n des Aberglaubens, die wir mit den ägyptischen R e ligionsgebräuchen der Isis und des Osiris verglichen haben. l ) Ich sage d i e Religion der gegenwärtigen V a i s c b n a v a s , oder Anhänger des Wischnu, die seine Incarnationen R a m a , K i i s c h n a , etc. verehren oder in anderen W o r t e n Heroenverehrer s i n d . W i s c h n u , als e i n e der drei M a n i f e s t a t i o n e n der G o t t h e i t , h a t «einen P l a t z in den Vedas, ob er gleich nicht so offenbar d a rin ist a l s Brahma, die schaffende M a c h t ; doch u n t e r s c h e i d e t (ich der Wischnu der s p ä t e r e n Zeiten in m a n c h c n E e t i e h u n gen vou dcui W a c h a u der ältesten T r a d i i i o u .
234
Aegyptischer und indischer Polytheismus.
Die Fabeln der Puranas in Beziehang auf die Wischnu Incarnationen scheinen nicht in die ägyptische Mythologie gekommen zu seyn, noch finden wir in Aegypten deutliche oder sichere Spuren von dem diese Aera bezeichnenden Aberglauben. In dem Charakter des Horns oder Arueris, des Wiederherstellers des Universums, als des Luft - Gottes , sind indessen doch .wohl einige Züge, die mit der Schilderung des Wischnu, oder mit Heri, dem Erhalter, c o r r e spondiren. „Wischnu ist eine Personification der S o n n e , oder gewöhnlich ist die Sonne ein Typus von ihm ; diesen Charakter, so wie jenen der Z e i t , theilt er mit Brahma und Siva. In der Hindu-Mythologie ist in der That die Sonne so viel als das "Weltall. Wischnu ist zuweilen die E r d e ; e r ist Wasser, oder das feuchte Princip ü b e r h a u p t , daher ist e r L u f t , welche die Hindus als eine F o r m des Feuchtcn b e trachten" '). Horns war gleichfalls die Sonne unter einer besondern Beziehung: es hatten in der T h a t Osiris wie auch andere Götter Aegyptens eine nahe Beziehung auf die Sonne, aber Horas hatte eine noch eigentümlichere auf dieselbe: daher auch die Griechen ihn Apollo nannten. Hermapiou, in der Auslegung der berühmten Inschrift auf dem lleliopolitanischen Obelisk 3 ), findet, dass Horns der erhabene Herr und Urheber der Zeit genannt wird. Horns sitzt in der Gestalt des Kindes Harpokrates auf einer Lotusblume, andeutend, wie wir gesehen h a b e n , das keimende P r i n c i p , so wie auch den Einfluss der Feuchte und der Sonnenhitze. Garuda, der heilige Adler, ist der Vogel des Wischnu: auf ihm sitzend, sauset der Gott hoch in der Luft. „Dieses bezeichnet", sagt Herr Moor, „die luftige Leichtigkeit seines Charakters". Mehr als eine Habichts - Art und verschiedene andere Vögel waren in Aegypten dem Horas heilig. Der Habicht, der aufwärts gegen die Sonne fliegt, ohne da'ss er durch i) Moor'j Hinilu Pantho.on, Art. Vislinu. j) Ammianus Mircellinus. lib, XVII. p. 109. ed. Ernesli.
W i s c h n u v c r g l i f l i e n mit deren
S t r a h l e n geblendet
Lesondere
Art
der
335
Morus.
«u w e r d e n s c h e i n t , w a r a u f e i n e
Typus
oder
der
geheiligte
Bote
des
Horus. Morus, w i e z u v o r b e m e r k t ,
w u r d e seiner Seits als der
F a n t h e u s o d e r die S e e l e der universellen N a t u r b e s c h r i e h e n . Man
findet
auch dieselbe V o r s t e l l u n g von W i s c h n u in dem
S r i B h a g a v a t und in anderen von den Anhängern des W i s c h n u g e s c h r i e b e n e n W e r k e n der Ungeachtet
jener
zweifelt w e r d e n , Wischnu
ob
Horus
des
Osiris
eines
seyn,
war.
derholung
von
H o r n s scheint e i n e g e »
zu seyn.
der
denen
Daher
der
kann
Gleich dem O s -
D i e G r u n d i d e e des Horus s c h e i n t
Wiederherslcllcrs
zu
bringer
bemit
gewesen
iris w a r e r ein P r i a p u s . die
es
a u f eine deutliche W e i s e
identilizirt w e r d e n k a n n .
naue Copie
wesen
Indier.
Achnlichkeits«Punkte
ist
Nalur - Productionen
Osiris
seine
Geschichte
des
indessen
Geschichte Osiris,
der
fast eine
Die
dem
persischen
gewesen Thcil
Mithracultus
seyn m a g ,
der
Mythologie
Systeme
noch d u r c h
als
eine
Obgleich
es doch n i c h t ,
sich schon
völlig e n t w i c k e l t h a t t e ,
des
Schlegel,
e i n g e f ü h l t und mit
verbunden.
so scheint
Wie-
Religion
W i s c h n u w a r , n a c h d e r C o i i j e c t u r des H e r r n von in das indische S y s t e m von P e r s i e n aus
ge-
Hervor-
in j e n e r
fernen
die ägyptischen
Periode
und
enge V e r w a n d t s c h a f t
dieses
dass dieser indischen verbunden
waren. Es
ist
in
der
That
eine
kommene Uebereinstimmung indischen T r i a s . inasscn
mit
Vorstellung
Osiris,
Brahma, einer
obgleich
und
unvoll-
d e r ägyptischen
T y p h o n und H o r u s sind
Siva
Trias
sonderbare
zwischen
Wischnu
verwandt.
der erhabenen Mächte
und
einiger-
ist
in
Die der
T h a t den meisten alten Religionen gemein ; a b e r d e r Beweis, dass
es e i n e b e s o n d e r e V e r b i n d u n g zwischen d e r
indischen
uiul ägyptischen T r i a s gibt, ist die F a b e l , dass die drei G ö t ter
jedes Systems
von
drei v e r s c h i e d e n e n
Farben
waren.
In d e r Hindu-Mythologie ist B r a h m a r o t l i , W 7 ischnu schwarz, und Siva weiss1).
In d e r
ägyptischen,
l } Tatcrsou Asialic HcjrarcLcs.
w i e uns P l u t a r c h
236
AegyptiicLer und indischer Polytheismus.
benachrichtigt, war Osiris immer schwarz, Horns weiss a n d T y p h o n r o t h . Die wesentliche Verschiedenheit zwischen d e r indischen a n d d e r ägyptischen Trias ist der U m s t a n d , dass in d e r e r s t e m der Schöpfer noch eine Stelle hat, w ä h r e n d in der ägyptischen, obgleich diese Mythologie einen Schöpfer der W e l t a n e r k e n n t , er doch aus seiner Stelle in der Trias h e r a u s f ä l l t , die gänzlich mit rein sinnlichen und physischen Göttern oder Gestalten der Naturkräfte ausgefüllt w u r d e . "Wir sind genöthigt, tiefer in die ägyptische Mythologie e i n zudringen, um die Schöpfungslehre oder einen Schöpfer a u f zufinden : ein f r a p p a n t e r e r Aberglauben , der sich auf die Objecte der Sinne bezieht, nimmt das Aeussere ein, da der Volkscultus auf sichtbare u n d u n b e r ü h r b a r e Gegenstände gelenkt w a r . Es gibt eine Fabel des W i s c h n u , die eine besondere Aehnlichkeit mit einer der merkwürdigsten Fictionen in d e r ägyptischen Mythologie h a t . Ich meine die Geschichte seines Schlafs w ä h r e n d d e r vier 'Wintermonate, und sein Wiedererstehen im F r ü h l i n g e ; eine Allegorie, die sich auf Seine Verwandtschaft mit d e r Sonne gründet. Diese Fiction e r i n n e r t uns stark an das jährliche Verschwinden und an die Wiederauferstehung des Sonnen-Osiris. W i s c h n u schläft von dem zwölften oder fünfzehnten des Monds-Monats Asha r h a , der mit dem December correspondirt, bis zum zwölften oder fünfzehnten K a n d i k a , der dem April e n t s p r i c h t 1 ) . Die Ceremonien, die zum Andenken seines Schlafs Statt finden, haben eine Aehnlichkeit mit den ägyptischen Gebräuchen. Ein Hindu g e l o b t , dass kein Scheermesser auf sein H a u p t kommen soll, dass er sich des Fleisches, der Fische, des Salzes, der Erbsen und des Oels etc. enthalten, a n d dass er nicht m e h r als einmal des Tages während dieser ganzen Zeit essen will, und er verpflichtet sich seinen täglichen Pflichten genauer als zuvor obzuliegen, sowie zu b a den und den Namen seines Gottes zu wiederholen 3 ). Diese
i) Ward Vol. II. p. ») Ward Vol. II. p. a6.
Aegyptische und indische Kosmogonie.
237
Observanzen sind jenen Gebräuchen der Aegyptier während der F a s t e n - und Reinigungszeit ähnlich *). Die Hindus beobachten am eilften des zunehmenden Mondes im S r a v a n a , Bhadra und K a r t i k a J ) ein strenges Fasten. An dem ersten jener Tage legt sich Wischnu schlafen, am zweiten wendet er sich auf die andere Seite, und am dritten wacht er auf. Jene Verordnungen können mit den "Winterfesten verglichen w e r d e n , die mit dem V e r schwinden und dem Wiedererscheinen des ägyptischen Got« tes verbunden sind, worüber wir bereits umständlich gehandelt haben.
V i e r t e r
A b s c h n i t t .
Die esoterische Philosophie der Aegyptier,
verglichen
mit
den Lehren der Hindus in der frühesten Periode« Die berühmtesten Fabeln der Aegyptier und beinahe ihr ganzer Volkscultus sind, wie wir gesehen h a b e n , nahe mit dem Ritus des Slva und der Bhavani,verwandt; auch haben andere religiöse Gebräuche unserer Vermulhung nach ihren Ursprung um dieselbe Zeit gehabt. N u r in den mehr verborgenen Theilen der ägyptischen Mythologie, die uns hauptsächlich nur aus wenigen in den W e r k e n über Philosophie und Metaphysik aufbehaltenen Fragmenten bekannt sind, können wir eine Aehnlichkeit mit den älteren Lehren der Hindus über die Schöpfung der W e l t und ü b e r die untergeordneten Wesen aus der Substanz eines ewigen Geistes auffinden. W i r sind aber im Stande, in jenen unvollkommenen Fragmenten der ägyptischen Kosmogonie u n d ihrer eigentlich sogenannten Theologie, die der Zerstörung d e r Zeit entgangen s i n d , alle leitende, in den alten HinduSchriften völlig enthüllte Principien zu entdecken. i ) Diese Gcbränehe werden im folgenden Buche bemerkt werden, a) Ward Vol. II. p. 76.
238
Aegyptisehe u n d indische K o s m o g o n i e .
D e r k u r z e I n h a l t d e r ägyptischen L e h r e i s t , wie w i r schon oben gezeigt h a b e n , dass ein geistiges, u n t h e i l b a r r g u n d unbegreifliches W e s e n von aller E w i g k e i t h e r existire. A u s seiner Substanz e n t s p r a n g zu e i n e r gewissen P e r i o d e ein endliches W e s e n , welches d e r D e m i u r g u s , o d e r S c h ö p f e r w u r d e , u n d aus demselben e m a n i r t e n alle u n t e r g e o r d n e t e n Seelen. Nicht n u r findet man diese L e h r e in d e m M o r g e n l a n d , s o n d e r n a u c h alle mit derselben v e r k n ü p f t e U m s t ä n d e u n d den e i g e n t ü m l i c h e n Stil d e r D a r s t e l l u n g . D e r ewige Geist R n e p h i s , o d e r R n e p h g e n a n n t , b r a c h t e das U n i v e r s u m in seinem chaotischcn Z u s t a n d e h e r v o r , d e r u n t e r dein Sinnbilde eines Eies a b g e b i l d e t ist. Z u r gleichen Zeit n a h m er eine neue Gestalt an u n d gab dem P h t h a , d e m ägyptischen V u l k a n , d e m W e r k m e i s t e r des W e l t g e b a u d c s , das Daseyn , d u r c h den das c h a o t i s c h e E i in seinen E l e m e n t e n geschieden u n d L u i t u n d E r d e u n d a n d e r e C r e a t u r e n h e r v o r g e r u f e n w u r d e n . K n e p h i s e n t s p r i c h t dem i n d i schen B r a h m , u n d P h t h a d e m B r a h m a . Die H i n d u - L e h r e ist in folgenden V e r s e n d e r K o s m o g o n i e des M a n u e n t halten. „ E r , den d e r Geist allein b e g r e i f e n k a n n , u n b e g r e i f l i c h f ü r den S i n n , u n s i c h t b a r , d e r v o n E w i g k e i t h e r existirte — j a e r , die Seele aller W e s e n , den kein W e s e n fassen k a n n , glänzt in P e r s o n h e r v o r " . „ E r , d e r den W i l l e n h a t t e , m a n n i c h f a l t i g e W e s e n aus s e i n e r eigenen göttlichen Substanz h e r v o r z u b r i n g e n , schuf zuerst d u r c h einen G e d a n k e n die W a s s e r , u n d legte einen p r o d u e t i v e n Samen in d i e s e l b e , j e n e r S a m e w u r d e ein E i , glänzte w i e Gold, f l a m m e n d g l e i c h d e m L i c h t e m i t t a u s e n d S t r a h l e n 1 ) ; « n d in j e n e m E i w a r e r selbst in d e r Gestalt d e s B r a h m a , des grossen V o r v a t e r s a l l e r Geister, g e b o r e n " . l) Vergleiche diese Beschreibung mit der orphischen Fabel, wie sie dieses in folgenden schon oben übersetzten Worten dar~ «teilte : XIXTH
NQIÜTITITOV
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Aägyptische und indischc Kosmogonie.
239
„In diesem Ei sass die grosse Macht anthätig ein ganzes Schöpfer - J a h r , und, in demselben verborgen, v e r u r sachte er durch seine Gedanken aliein, dass das Ei sich selbst theiltc: u n d a a s s e i n e n b e i d e n T h e i l e n m a c h t e er den H i m m m e l oben, u n d d i e E r d e h i e r unten". Die Aegyptier vermochten sogar in ihren Kosmogonien dem Hange zu materiellen und sinnlichen Analogien nicht zu widerstehen. F h t h a , der W e l t b i l d n e r , e r , der einzige Vater aller Dinge, war wirklich doppelten Geschlechts. W i r haben schon f r ü h e r die Figur dieses Wesens in W e r k e n von unbezweifelter Autorität nachgewiesen, und können auch jetzt den dem Hermes zugeschriebenen asclepäischen Dialog a n f ü h r e n , in welchem der Gott zweimal masculo- femine, oder mann - weiblich genannt w i r d : „Hic ergo", sagt er, „qui solus est omuia, utriusque sexus foecunditate plenissimus, scmper voluntatis suae praegnans, parit semper quidquid voluerit proereare". Also ist der Deiniurgus mehr als künftiger Vater aller Wesengattungen dargestellt, denn als wirklicher Schöpfer derselben. Diese Fiction ist auf Manus Kosmogonie und auf v e r schiedene andere indische Schriften gegründet '). Das F o l gende ist eine aas dem R i g - Veda gewählte Stelle, in welcher dieselbe Idee auf eine sonderbare Art auseinandergesetzt ist. „Das ursprüngliche Wesen schauete rings um sich her, und da es sich n u r selbst sah" — „so fühlte es sich nicht behaglich. Es wünschte die Existenz eines anderen, und augenblicklich wurde es als Mann und Weib vereinigt. Es veranlasste, dass sein eigenes Selbst sich spaltete, und so wurde Mann und W e i b : so entstanden die menschlichen Wesen". „Zweifelnd überlegte sie, die F r a u : Ich will jetzt eine; Gestalt annehmen. Sie wurde eine R u h und der andere wurde ein Stier— die Kachkommen waren Kühe. Sie wurde in eine 0 Die Tantra's l e h r e n , dasj nachdem Rralitna in die W e l t e i n getreten s c y , er sich selbst iu männliches und weibliche» ttaeilte. Ward.
240
Vergleichung der esoterischen Philosophie.
Stute und er in einen Hengst verwandelt. Die eine nahm die Gestalt einer Eselin and der andere die eines Esels an, nnd das einhnfige Geschlecht ward ihre Nachkommenschaft". D e r Autor fährt fort ihre Metamorphosen in Ziegen u n d Schafe aufzuzählen, und schliesst: auf diese Weise schuf er alle existirenden T h i e r - P a a r e bis zu den Ameisen und den kleinsten Insecten h e r u n t e r " ' ) . W i r haben bereits gezeigt, dass die Hindus wenigstens so f r ü h als das Zeitalter der Veda's, obgleich sie keinen Schöpfer anerkannten, doch denselben mit seinen Werken vermischten, und dass sie das Universum selbst in ihrer Idee von der Gottheit einschlössen. Dass die Aegyptier Pantheisten sogar in diesem Sinne w a r e n , und die Seele der Welt mit der ewigen Gottheit identifizirten , mag man aus den Bemerkungen in dem vorhergehenden Theile dieses Werks ü b e r ihre Kosmogonie ersehen. Dieses ist das Dogma, welches P l u tarch aus Hecateus citirt. „Sie betrachten", sagt dieser Schriftsteller, „den U r - G o t t als identisch mit dem Universum selbst". Ungeachtet dieser vagen und undeutlichen BegrifFsweise enthalten die Hinduschriften die Lehre der Weltschöpfung in ihrem eigentlichen Sinne, wie es nun auch wahrscheinlich bei den Aegyptiern der Fall war. Folgende Hymne aus dem Rig-Veda erklärt diese Lehre in W o r t e n , die uns aus dem Anfange der Genesis noch übrig sind. „Das oberste Wesen existirte allein : nachher war allgemeine Dunkelheit; dann wurde durch die Verbreitung der K r a f t das Wasser des Oceans hervorgebracht j darauf erhob sich der Schöpfer, der Herr des Weltalls, aus dem Ocean und schuf allmählig die Sonne und den Mond, welche Tag und Nacht herrschen, woher denn die Umkreisungen der Jahre kommen, und dann schuf er Himmel und Erde, den Zwischenraum und die himmlische Region" J ). I
Colebrooke on the Vedas A. R. Vol. VIII. Ich habe bei diesem Citat „euphciniae gratia" einige Worte auagelaiseo. a) Colebrooka Aiialic licsearche», Vol. V. p. 367,
mit den indischen und ägyptischen Kosmogonien.
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W i r haben gesehen, dass die Aegyptier durch einen sonderbaren Widerspruch in einigen Theilen ihrer Mythologie erklären, die Sonne sei der Demiurgus, und dass sie häufig dieselbe mit der Weltseele identifiziren. In dem Rig Ycda finden w i r , dass die Sonne die grosse Seele, Malian Atma, genannt w i r d , denn sie ist die Seele aller W e sen , und es wird von dem Weisen erklärt, die Sonne sey die Seele alles Beweglichen und t Unbeweglichen. Andere Gottheiten seyen nur Theile derselben '). Von dieser Seele des Universums oder von diesem Urgeist emaniren alle individuelle Seelen. Dieses Dogma, wie wir es aus den bereits angeführten Stellen sehen, ist sowohl in der ägyptischen Mythologie, als auch in den ältesten Ueherbleibscln der orientalischen Lehre gewöhnlich. Bemerkenswerth ist es , dass die Verehrung des höchsten Gottes kaum in der Geschichte der Aegyptier erwähnt •wird. W i r lernen in der That aus Plutarch, dass das Volk von Elephantine den Beitrag zur Erhaltung der heiligen Thiere verweigerte', weil sie keine andere Gottheit als den Kneph , den ewigen Geist, v e r e h r t e n ; aber dieses scheint eine Spur des Alterthums und der Meinungen gewesen zu seyn, die lange unter den b e r ü h m t e m Klassen des ägyptischen Volkes veraltet waren. Fhthas, oder Vulkan, der secundäre Gott, oder Demiurgus, hatte in einer späteren P e riode in Unterägypten einige Tempel, aber seine ReligionsGebräuche wurden durch den glänzenderen I s i s - und Osiris - Cultus verdunkelt, und er wurde in den Theogonien des Manetho als der älteste der Götter angesehen. In I n dien ist auch Brahma der Demiurgus, der Gott des Alterthums und hat keinen Tempel, so wie auch keinen eigentlichen Cultus unter den modernen Hindus; Brahma, der ewige Geist, der, wie wir gesehen h a b e n , unter einem a n deren Namen als Kneph figurirt, ist noch weiter von der Volks-Verehrung entfernt.
i) Colebrooke on the Veda», Asiat. RCJ. Vol. VIII. p. 3g;.
16
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U r s p r u n g und Geschichte der Mythologie.
F ü n f t e r
A b s c h n i t t .
Allgemeine Schlüsse ü b e r den U r s p r u n g u n d die Geschichte der Mythologie. Aus dem TJeberblicke u n d der Vergleichang aller N a c h r i c h t e n , die wir ü b e r die Geschichte des Aberglaubens in Aegypten und in Indien zusammenbringen können, w e r d e n w i r zu den folgenden allgemeinen Betrachtungen ü b e r den ursprünglichen Zustand und ü b e r die nachfolgenden V e r ä n derungen der Mythologie, so wie d e r metaphysischen L e i n e n in jenen Thcilen der alten W e l t geleitet. 1. Scheint es , dass die P r i e s t e r u n d Weisen der A e gvpticr sowohl als diu der Indier 111 den frühesten Zeiten, welche in das Bereich der P r o f a n - Geschichte f a l l e n , ein ewiges Princip als die Quelle a n e r k a n n t e n , aus welcher u r sprünglich alle andere W e s e n ausgeflossen und mit w e l chem alle o d e r ein Theil. nach Zwischen-Räumen von l ä n g e r e r o d e r k ü r z e r e r D a u e r bestimmt waren, auf irgend eine W e i s e w i e d e r vereinigt zu w e r d e n ; dass dieses erste P r i n c i p in den ältesten TJeherbleibseln d e r Philosophie b e i d e r N a tionen als ein geistiges u n d unbegreifliches Wesen b e s c h r i e b e n wird, das mit Verstand u n d Macht zur freiwilligen H e r v o r b r i n g u n g begabt i s t , von d e r die P r o d u c t i o n aller e n d lichen Wesen ein A t t r i b u t ist. Es muss d a h e r angenommen w e r d e n , dass die Mythologie jener Nationen den Glauben an die Existenz einer G o t t h e i t in dem Sinne e n t h a l t , in welchem jenes W o r t von den christlichen u n d europäischen Philosophen im Allgemeinen verstanden w i r d . W e n n es uns e r l a u b t ist jene Principien zu b e t r a c h t e n , die beinahe allen alten Systemen der Mythologie als u r sprünglicher Besitz der Menschen gemein sind, so müssen w i r zugeben, dass die oben beschriebene L e h r e oder eine dieser sehr ähnliche A r t von Theismus u n t e r den Elementen des Urglaubens gewesen ist, o d e r dass sie das erste v o r h e r r schende Religions-System ausmachte; denn wir finden dieselben , o d e r doch sehr ähnliche L e h r e n , in dem religiösen Glauben aller jener Nationen, die eine hinlängliche K u n s t
U r s p r a n g und Geschich'c der Mythologie.
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u n d Verfeinerung Lesassen, um einige Denkmale der f r ü h e r e n Zeiten aufzubewahren. Den Hindus können w i r die P e r s e r , die Chinesen u n d die Scandinavier , das celtische V o l k , oder jene S l ä m m e , die der A u t o r i t ä t d e r D r u i den unterworfen w a r e n , und verschiedene andere' Nationen beifügen. 2. Diese Lehre w a r nicht bloss, wie einige Schriftstel. ler v o r g a b e n , eine Theorie d e r speculativen Philosophie, sondern ein Religions-Syslem im eigentlichen Sinne. Es b e trachtete in der Gottheit nicht n u r den U r h e b e r des W e l t alls, sondern auch den moralischen W e l t b e h e r r s c h e r , dessen Gesetz die Tugendhaften belohnet u n d die Sündigen b e strafet. Es stellt den gegenwärtigen eingekörperten Zustand d e r vernünftigen W e s e n als eine Scene der reinigenden Z ü c h tigung und des bestimmten Mittels i h r e r Wiederherstellung in die ursprüngliche Unschuld u n d Glückseligkeit, o d e r als eine Wiedervereinigung mit d e r Quelle, aus welcher sie abgeleitet w a r e n , d a r . In der T h a t ein sehr wichtiger Zug in diesem allen philosophischen Systetae ist die deutliche Stelle, die es der Unsterblichkeit d e r Seele anweist, und d e r feste u n d blinde Glaube, mit welchem dieses Dogma aufgenommen w u r d e . „ D e r Glaube an einen zukünftigen Zustand, welcher im Morgenlande in den frühesten Zeiten d e r Geschichte v o r herrschte, w a r nicht, wie es b e m e r k t w u r d e , eine auf w a h r scheinliche Argumente gegründete U e b e r z e u g u n g , oder ein d u r c h langes Kachdenken aufgefundener Schluss , noch b e stand er in dem fernen Blick einer kühnen Einbildungskraft in eine unbestimmte S c h a t t e n w e l t : sondern es w a r die klare Zusicherung von so gewissen u n d eindrucksvollen Realität e n , dass die Betrachtung der Z u k u n f t die Regel b i l d e t e , d u r c h die alle Angelegenheiten dieses Lebens gelenkt w u r den ; das Ziel, gegen welches die alten gesellschaftlichen Gewohnheiten und V e r o r d n u n g e n des bürgerlichen Lebens gerichtet waren, sogar die kleinlichsten O b s e r v a n z e n " ' ) . „Die A e g y p t i e r " , sagt D i o d o r , „sehen diese W e l t als j) Kr, Y. SchlcgcI Sprache und Weisheit «Irr indier.
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Ursprung und Geschichte der Mythologie.
eine H e r b e r g e an und den k ü n f t i g e n Zustand als eine stete "Wohnung, d a h e r sie zufrieden waren in Hütten zu w o h n e n , aber angstlich ihre G r ä b e r mit vieler Mühe und P r a c h t ausschmückten, weil sie dieselben als ewige W o h n u n g e n a n sahen" '). 3. W e i l wir unsere Aufmerksamkeit auf die frühesten Lehren ü b e r die Gottheit r i c h t e n , so dürfen w i r es auch nicht unterlassen, einen b e s o n d e r e n Umstand zu bemerken , der schon die Beobachtung m a n c h e r Theologen u n d A l t e r t u m s f o r s c h e r auf sich gezogen h a t . W e n n jene Principien, die den ältesten Religionssystemnn gemein sind, ;ils Elemente des primitiven Glaubens b e t r a c h t e t w e r d e n , so müssen w i r dem Theismus d e r ersten Zeitalter eine dreilache V e r t h e i lung der göttlichen A t t r i b u t e , o d e r das Döging einer Trias der P e r s o n e n o d e r Manifestationen der Gottheit zuschreiben. W i r wollen der Relation dieser dunkeln U c b c r l i e f e r u n g sammt jener L e h r e ü b e r die göttliche jNalur und die Art i h r e r Existenz nicht nachspüren, welche die christliche Theologie von dem einfachen Theismus der speculativen Schriftsteller unterscheidet. Solch eine U n t e r s u c h u n g w ü r d e unserem gegenwärtigen Zwecke f r e m d seyn. W i r haben n u r d e r L e h r e einer göttlichen T r i a s als eines den ältesten Systemen der heidnischen Theologie gewöhnlichen C h a r a k ters zu erwähnen. Es kann nicht e r w a r t e t w e r d e n , dass •wir uns hier in eine lange E r ö r t e r u n g ü b e r den U r s p r u n g dieser primitiven Religion einlassen sollten. W e n n wir diesen Gegenstand mit den Speculationen, die sich unserem Blicke eröffnen m ö c h t e n , v e r f o l g t e n , so w ü r d e uns dies von dem H a u p t - Zwecke dieses W e r k e s a b f ü h r e n . W i r wollen d a h e r dieses mit einer o d e r zwei kurzen Bemerkungen abfertigen. W e n n die f r ü h e s t e Religion die P r o d u c t i o n der menschlichen Fähigkeiten w ä r e , — wenn dieselbe durch menschliche V e r n u n f t u n d E i n b i l d u n g ausgearbeitet w o r d e n w ä r e , i ) Siehe auch die ägyptischen Papyrusrollen der Vaticaniaehen Bibliothek von Angelo Mai , übersetzt von Bachmann. S. i. Der Uebersetzer.
U r s p r a n g und Geschichte der Mythologie.
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so w ü r d e n w i r sie ohne Zweifel in der ersten P e r i o d e d e r Gesellschaft, in dem gröbsten u n d sinnlichsten, in d e m rohesten u n d unvollkommensten Zustande finden : man w ü r d e auch s e h e n , d a s s , so wie der menschliche Geist gebildeter geworden w ä r e , auch sie einen um so verfeinerten C h a r a k t e r angenommen hätte. Aber das wirkliche Gegenlheil von diesem steht als historische Thatsache fest. D e r f r ü heste Glaube w a r rein u n d einfach, bot vcrständiclie u n d erhabene Begriffe v o n der Gottheit d a r , u n d enthielt die e h r f u r c h t e r r e g e n d s t e n und eindrücklichsten Sanctionen d e r Moralität. In den nachfolgenden Perioden scheint derselbe stets schlechter u n d sinnlicher zu w e r d e n . Ein a n d e r e r m e r k w ü r d i g e r U m s t a n d ist der tiefe und gewaltige E i n d r u c k , den die Religion der ersten Zeiten auf die G e m ü t h e r i h r e r Anhänger h a t t e , u n d i h r h o h e r Einfluss auf den g a n zen natiooellen u n d persönlichen Charakter des V o l k s , das ihren Institutionen u n t e r w o r f e n w a r . Koch ist es m i n d e r wichtig zu b e m e r k e n , dass alle sowohl heilige als p r o fane Geschichte darin übereinstimmt, diesen Einfluss u n d den blinden G l a u b e n , womit die Dogmen der Religion a u f genommen w u r d e n , ihrem übernatürlichen U r s p r ü n g e u n d den Umständen z u z u s c h r e i b e n , u n t e r welchen sie von d e r Gottheit dem Menschengeschlecht offenbart w u r d e n . D e r erste S c h r i t t z u r Verderbniss dieser einfachen F o r m der Theologie scheint der Versuch gewesen zu s e y n , dieselbe mit philosophischen Fictionen nach dem philosop h i r e n d e n Stile, der dem Genius des Zeitalters passend w a r , auszuschmücken.' Auf diese P e r i o d e müssen w i r die h e i d nischen Kosmogonien beziehen. Manche derselben enthalten die L e h r e , dass die W e l t d u r c h die freiwillige Action des Höchsten erschaffen w u r d e ; a b e r diese Idee genügte n i c h t , die Wissbegierde zu befriedigen: u n d wir finden sie o f t mit einigen phantasiereichen Analogieen v e r m i s c h t , die v o n dem täglich beobachteten N a t u r g a n g e hergenommen w a r e n . Das H e r v o r b r i n g e n der organisirten W e l t w u r d e von einigen mit deoi Aufkeimen d e r Saaten verglichen , eine Idee , die w i r in den Institutionen des Manu und in einigen Darstellungen der griechischen Schulen finden : daher
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U r s p r u n g und Geschichte der Mythologie.
auch die b e r ü h m t e Fiction des "Welt - E i ' s , oder das freiwillig in den Schooss der E r e b u s gelegte Ei, das die Elemente in sich e n t h i e l t , welche nachher in die verschiedenen R e gionen der W e l t vertheilt w u r d e n . Zu derselben kindischen Vorliebe f ü r Analogien u n d E r k l ä r u n g e n müssen wir noch jene Schilderung des D e m i u r gus o d e r der erschaffenden Macht hinzunehmen, die ihn als in sich selbst zwei Geschlechtcr enthaltend und alle u n t e r geordnete C r e a t u r e n d u r c h Zeugung h e r v o r b r i n g e n d d a r stellt. U e b e r diesen Gegenstand w u r d e auf den v o r h e r g e henden Seiten genug gesagt. E i n a n d e r e r wichtiger S c h r i t t in dem F o r t g a n g e des Aberglaubens u n d zwar ein s o l c h e r , der den W e g zur B e g r ü n d u n g d e r ersten heidnischen Religionsverchrung g e b a h n t zu haben scheint, w a r die G e w o h n h e i t , die E m a n a tionslehre in jenen Schilderungen von der Gottheit a u f z u lösen, die sich gegen den Pantheismus hinneigen. Jene zwei T h e o r i e n sind so nahe verbunden, dass die erstere natürlich in die letztere ausartet, w ä h r e n d die pantheistische Darstellung der Gottheit unvermeidlich zur V e r g ö t t e r u n g der m a teriellen Wesen u n d besonders der f r a p p a n t e r e n u n d offenb a r e n Gegenstände in dem sichtbaren Universum h i n f ü h r t , u n d uns so zu sagen damit umschlingt. Zu demselben p h i losophischen Stile gebort auch die Personification der m e r k würdigsten N a t u r k r ü f t e , die W e i h e der Embleme, von denen einige sehr obseön waren, als die Symbole jener Kräfte, die prachtvollen Aufzüge u n d d e r schimmernde Aberglauben d e r heidnischen W e l t und alle die ungeheuern Abscheuüchkciten, in denen eine v e r d e r b t e Religion die wirkliche Schlechtigkeit der Menschen eifrig nachahmte u n d übersehritt. — Alle jene Neuerungen b r a c h t e n einen Nebel hervor, der die Augen d e r Schlachtopfer des Aberglaubens verdunkelte und jene Principien v e r b a r g , welche noch immer von den Gelehrten als die Basis ihres Religionssystems wieder erkauni werden,
V
I
E
R
T
E
S
B U C H .
V o n dem e x o t e r i s c h e n o d e r d e m V o l f c s C u l t t i s d e r A e g y p t i e r u n d v o n i h r e n vers c h i e d e n e n aus i h r e r R e l i g i o n hervorgehenden Givil-Institutionen.
I. Von
C a p i t e l . dem
E r s t e r
Thier
-Cultus.
A b s c h n i t t .
Einleitende Bemerkungen. Es gaL keinen Zug in dem Charakter u n d den G e w o h n heiten der alten Aegyptier, der den F r e m d e n so sonderbar u n d von so gehässigem Anzeichen schien, als die den T h i e ren gezollte religiöse Verehrung. Die prachtvollen Processionen u n d die grotesken Ceremonien dieses b e r ü h m t e n Volks e r r e g t e n die Bewunderung aller Z u s c h a u e r ; a b e r eben diese Bewunderung verwandelte sich ins L ä c h e r l i c h e , wenn man die Gegenstände ihrer Andacht betrachtete. Es w u r d e von Clemens und Origenes b e m e r k t 1 ) , dass die, welche Aegypten b e s u c h t e n , sich mit Vergnügen ihren geheiligten G r ä b e r n u n d prachtvollen Tempeln n ä h e r t e n , die mit herrlichen Vo-rhallen und luftigen Säulengängen geschmückt, die Schauplätze mancher feierlichen u n d mystischen Religionsgebräuelie waren. „ D i e " W ä n d e " , sagt C l e m e n s , „glänzen 1) Clemens Pacctag. lib. III. Origen. Adv. Cclsuui. üb. III, p. rai.
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Exoterische oder Volksreligion.
von Gold, Silber und Bernstein, besetzt mit mannichfachcm Edelgestein aus Indien nnd Aethiopien; und das Allerheiligste war stets durch glänzende Vorhänge verborgen. Aber "wenn man die inneren Räume betritt, und das Bild des G o t tes sucht, f ü r den der Tempel erbaut worden ist, so nähert sich einer der Pastoplioren oder ein anderer Tempeldiener mit einer feierlichen und mysteriösen Haltung , ziehet den Schleier hinweg und erlaubt, dass man hineinschaue und eines Strahles von der Gottheit thcilhaftig werde. Dort e r blickt man nun eine Schnecke, ein Crocodil, oder eine Katze oder irgend ein anderes T h i e r , welches schicklicher eine Höhle oder einen Morast bewohnte, als einen Tempel". Eine ähnliche Bemerkung machte auch Lucian ; und Juvenal in seiner fünfzehnten Satyre , wo er die Thorheit der Aegyptier verspottet, deren Priester zu seiner Zeit in eine Klasse von Gauklern ausgeartet waren. „Quis nescit, Volusi Bithynice, qualia demens Acgyptus portenta colat? Crocodilon adorat Pars haec, illa pavet saturam serpentibus Ibim. *
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P o r r u m et coepe nefas violare et frangere morsu. O sanetas gentes, cjuibus haec nascuntur in liortis Numina"! Es erklärt sich der exoterische oder Volks-Charakter des ägyptischen Aberglaubens durch sich selbst in dem Ritus des Thiercultus sehr deutlich. Durch jene Religionsgebräuche werden wir in den Stand gesetzt, die praktische Tendenz dieser alten Gattung des Heidenthums zu unterscheiden und die moralischen Wirkungen, welche dieselbe auf das seinem Einflüsse unterworfene Volk hervorzubringen berechnet war, zu schätzen. Dieser ist nicht weniger wichtig, wenn wir den wahren Charakter der Mythologie zu verstehen w ü n schen, als die Auflösung der philosophischen Räthsel, bei denen das gemeine Volk durchaus nicht interessirt war, und zu deren wahrem Sinn es nicht zugelassen wurde. W i r werden dalier auf den folgenden Seiten fortfahren, die merkwürdigsten Thatsachen, welche die alten Schriftsteller über diesen Gegenstand uns aufbewahrt haben, rusammenzustellen.
Tliiercultus. Exoterische o d e r Volksreligion. - Z w e i t e r
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A b s c h n i t t .
Von der den Thieren im Allgemeinen gezollten V e r e h r u n g . Die religiöse E h r f u r c h t , mit welcher man die heiligen T h i e r e bei den Aegyptiern b e t r a c h t e t e , gab sich selbst in den seltsamsten Absurditäten kund. Es w a r ein I i a u p t v e r hrcchen, irgend eines derselben freiwillig zu tödten ') 5 a b e r wenn ein Ibis oder Habicht zufallig vertilgt w a r d , so w u r d e der unglückliche U r h e b e r der T h a t ohne gesetzliche F o r m von dem Volke getödtet. U m n u n den V e r d a c h t einer solchen gottlosen Handlung zu v e r m e i d e n , und das eilende Schicksal, welches oft einen Mann v e r f o l g t e , d e r zufällig einen solchen todten Vogel f a n d , so verhüllte man sich sogleich in solchem Falle, u n d fing an mit ü b e r l a u t e r S t i m m e zu w e h k l a g e n , und b e t h e u e r t e ihn bereits todt gefunden zu haben 1). W e n n in einem Hause zufällig F e u e r ausbricht, so e n t steht der grösste L ä r m d e r Aegyptier ü b e r die Ratzen, die i h r e r Gewohnheit nach (welche H e r o d o t „ e i n e n g ö t t l i c h e n I n s t i l i e t " nennt) über die Häupter oder zwischen den Füssen d e r Zuschauer sich in die F l a m m e h i n e i n stürzen. W e n n nun diese K a t a s t r o p h e Statt f a n d , so e r regte dieselbe ein allgemeines Wehklagen. Bei dem T o d e einer Katze schor jeder H a u s b e w o h n e r sich n u r die A u g b r a u n e n ab, aber wenn ein Hund starb, so schor e r sich das H a u p t u n d den ganzen K ö r p e r 3 ) . Alle todten Katzen w u r d e n
1) 2) 3) 4)
e i n b a l s a m i r t , u u d nach
Herodot. Ii. cap. 65. Diod. ü b . I. p. 74. Diodor. lib. I. p. 75. Ilerod. lib. II. cap. 66. Der Verfasser gibt hier rcioixtvsiy durch sait, salzen, wieder , was freilich die erste Bedeutung i s t ; hier muss es aber einbalsamiren lieissen , wie dieses denn auch Larcher richtig durch embaumer wiedergibt. Siehe dessen Ü b e r s e t z u n g : H i stoire d'llerodolc, Tom. II. l i b . ' I I . p. 5G. und Notes sur le second livre d'IIerorlote p. 3o3. No. 2 J 9 . , wo ausführlich und mit Stellen aus den Alten belegt über das Einbalsamirea
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Thiercultus. Esoterische oder Volksreligion.
Bubastos g e b r a c h t , um dort begraben zu werden '). Es wird auch als eine bekannte Sache berichtet, dass vielo Aegyptier, die durch Krieg in fremde Lander kamen , todte Katzen und Habichte, die sie zufällig fanden, nachdem sie dieselben einbalsamirt und mit vielem frommen Kummer und Wehklagen f ü r die Grabstätte zubereitet h a t t e n , mit »ich führten 3). In der äussersten Hungersnoth, wenn sie durch Mangel angetrieben wurden alles andere zu verzehren , Hessen sich es die Aegyptier doch nie zu Schulden kommen, die heiligen Thiere zu b e r ü h r e n . Jeder Nomos in Aegypten zollte eine besondere Verehrung dem Thiere, welches seinem Schutzgotte gehelligt w a r ; »her es gab auch gewisse Gattungen, die bei der ganzen Nation in grosser Verehrung standen. Jene waren der Stier, der Hund und die Katze, der Habicht und der Ibis, und die Fische Oxyrhynchus und Lepidolus 3 ). In jedem grossen Nomos bezeigte man grosse Achtung der ganzen Thiergattung, deren Cultus man oblag; aber ein einzelnes, begünstigtes wurde erwählt, um die Anbetung der Menge anzunehmen, uud die Stelle des Götzenbildes zu v e r treten. Vielleicht ist dieses nicht fern von dem Sinne, ii» welchem Strabo die h e i l i g e n von den göttlichen Thieren unterscheidet. So waren in dem Arseno'itischen Nomos Crocodile heilis;; ein Einzelnes dieser Gattung hatte man in dem Tempel aufbehalten und wie einen Gotl der Thiere gehandelt wird ; wo es denn auch unter anderen heisst: „On rcDdoit aux animaux sacrés à peu - près les mêmes honneurs qu'aux hommes après leur mort. Ils avoient leurs embaumeurs particuliers. Elien les apetle gens qui pre'sident aux embaumemens des animaux et habites dans cet art". Ilist. Animal, lib. X. cap. XXIX. Tom. i. p. 5?2. Noch findet man Mumien-Lager von Katzen in Aegypten. Siehe Champollions des Jüngeren Briefe aus Aegypten a n d Nubien in der deutschen Ucbcrsetzung- S. 56Dcr Uebcrs. i) Herodot. lib. II. cap. 67. a) Diod. lib. I. cap. 6. 3) Strabo Geograph, lib. XVII.
Verehrung der vierfüssigen Thiere.
25i
verehrt. Es wurde von den Priestern, die es „Souchos" genannt, gezähmt und sorgsam b e w a c h t , und es ass Fleisch und Kuchen, welche ihm von Fremden dargebracht wurden i ) . In derselben Nachbarschaft war ein Teich, der zur E r nährung der Crocodile diente, von denen er wimmelte. Die Arsenoïten hüteten sich sehr, eines derselben zu verletzen. Heilige Stiere wurden in verschiedenen Städten und D ö r fern gehalten und nichts wurde gespart, was zur Ergötzung dieser gehörnten Götter beizutragen schien, die in der grosäten Ueppigkeit verzärtelt wurden.
D r i t t e r
A b s c h n i t t .
Von der Verehrung der vierfiissigen Thiere. Unter allen Thieren genossen die iStiere in Aegypten die höchsten Ehrenbezeugungen. Kein Thier dieser Gattung wurde jo geschlachtet, um verzehrt zu werden. Stiere wurden nur gelegentlich z u m O p f e r getödtet. Kühe aber waren stets von jener Gefahr b e f r e i e t 2 ) . Sie waren der Isis heilig, und so gottlos und unrein galten alle j e n e , die das Fleisch der Kuh assen , dass weder ein ägyptischer Mann , noch eine F r a u das Messer oder den Topf eines Griechen brauchen oder" sich seiner Person nähern wollte. Starb eine K u h , so begleitete man ihren Körper zum heiligen Flusse, aber die Stiere begrub man in den Vorstädten und liess ein oder auch beide Horner zum Zeichen hervorstehen, und wenn eine bestimmte Zeit, während der man das Fleisch l'ür weggefault halten konnte, verflossen war, so wurde ein Schiff von der Insel Prosopitis im Delta mit Mannschaft abgeschickt, deren Pflicht es war, die Gebeine aufzugraben und an einen bestimmten Ort zu bringen, wo sie alle bestattet wurden 3 ). 1) Sli-.iho ibid. 2) H e r o d o t u s lib. 2 3) Hcroilot.
ibid.
C.
Ji
252
.Von Jen Stieren. Verehrung des Apis.
So w a r die Achtung, die man in Aegypten der ganzen Gattung zollte; aber es gab einzelne Rinder, denen eiue besondere Verehrung zu Theil wurde. Die Stiere Apis und Mnevis waren die höchsten in diesem R a n g e : der erstcre "wurde in einem Tempel zu Memphis aufbehalten, der zweite aber zu Heliopolis, und dem Diodor zufolge waren sie beide dem Osiris heilig. Strabo sagt, sie seyen nicht heilig, sondern g ö t t l i c h . Apis war ein schwarzer Stier, aber er hatte einen weissen Stern auf der Stirn , die Figur eines Adlers auf dem Rücken, und dem Plinius zufolge einen Halbmond auf der rechten Seite 1 ) und einen Knoten unter der Zunge, der einem Scarabäus oder heiligen Käfer ähnlich war 3 ). Aelian indessen e r k l ä r t , dass der Körper des heiligen Apis mit neun und zwanzig heiligen Zeichen geschmückt gewesen ; einem jeden derselben legten die Aegyptier irgend eine mystische Bedeutung b e i , d i e , wie dieser Autor sagt, f ü r profane Personen nicht leicht verstandlich war. — Eines derselben war ein Symbol des wachsenden Nils; ein a n deres sollte einen Mikrokosmos oder Darstellung der "Welt bedeuten ; ein drittes enthielt wieder eine mystische Anspielung auf jenes Dunkel, welches existirte, bevor das Licht hervorgebracht wurde 3 ). Apis war der Nachkömmling der himmlischen Elemente. Man glaubte, seine Mutter sey durch einen Blitz schwanger geworden, oder nach Plutarch durch das Licht des Mondes 4 ). E r l e b t e fünf und zwanzig J a h r e , welcher Zeitr a u m bekanntlich die Dauer eines berühmten Cyclus in dem Systeme der ägyptischen Chronologie ausmachte; und am Ende dieser Periode soll er sich selbst, wie berichtet w i r d , durch einen Sprung in einen Brunnen, oder, wie einige sagen, in den Nil vernichtet haben. Statius spielt auf diese Katastrophe a n : 1) riinii Hist. Nat. üb. VIII. 2 ) H c r o d o t . l i b . I I . ca|>. 2 8 . 3 ) A e l i a n . d e A n i m a l . ü b . IL cap. 4 ) Plut. de
Iside.
10.
Von den Stieren. V e r e h r u n g des Apis.
253
„Sag a n , auf welclicn A u e n es dem göttlichen Apis gefallt, vor dcmuthsvoller Schäfer - Schaar zarte Sprossen a b z u w e i d e n , bis h a u p t w ä r t s e r sich in des heiligen W a s sers Mitte s t ü r z t , u n d lebenssatt die kummervolle W e l t v e r lässt"?»). Die Auffindung eines neuen Apis gab Veranlassung zu einem F r e u d e n f e s t e , welches T h e o p h a n i e o d e r die Manifestation des Gottes genannt w u r d e ; es d a u e r t e sieben Tage. A e ü a n , ein fleissiger Sammler jener abergläubischen G e schichten, über die er zuweilen in Zweifel geräth, ob e r sie behielten, oder mit Staunen und V e r e h r u n g b e t r a c h t e n soll, hat uns folgende Erzählung ü b e r das V e r f a h r e n , welches bei d e r Auffindung eines neuen Apis S t a t t f a n d , mitgetheilt: „Sobald als das G e r ü c h t sich v e r b r e i t e t h a t , der ägyptische Gott habe das Licht der W e l t e r b l i c k t , n ä h e r n sich gewisse heilige S c h r e i b e r , die in den d u r c h T r a d i t i o n erlernten mystischen Zcichen wohl geübt sind, dem O r t e , w o die gottliche K u h ihr Kalb hingelegt h a t , und dies w i r d d e r Vorschrift des Hermes zufolge vier Monate lang an demselben O r t e in einem H a u s e , welches d e r aufgehenden Sonne gegenüber s t e h e t , mit Milch genährt. Nachdem es, wenn man es so nennen will, die P e r i o d e der K i n d h e i t vollbracht h a t , begeben sich die heiligen Schreiber u n d P r o p h e t e n zur Zeit des Neumonds in die W o h n u n g des Apis u n d bringen denselben in ein f ü r diesen Zweck zubereitetes Schilf, b e gleiten ihn nach Memphis, w o e r eine schickliche u n d a n genehme W o h n u n g mit Lustgärten erhält, u n d einen weiten R a u m , nm sich gesunde Bewegung zu machen. Man v e r sorgt ihn mit G e f ä h r t i n n e n , mit W e i b c h e n seiner eigenen G a t t u n g . E r t r i n k t aus einer Quelle o d e r aus einem Springb r u n n e n klares W a s s e r , weil man es nicht f ü r erspriesslich hält, ihn zu dem W a s s e r des Nils zuzulassen, welches f ü r zu sehr mästend angesehen w i r d . Die Erzählung w ü r d e zu
i ) Statii Sylvarum ü b . II. carm. 3. r- (15. Aegypt. lib. IV. cap. a. p. igg. a) Aelian. loc. citat.
Jablonsky
Panth.
254
Von den Stieren.
V e r e h r u n g des Mnevis.
lang w e r d e n " , f ä h r t Aelian f o r t , „welche pompöse P r o c e s sionen u n d heilige Ceremonien hei den Aegyptiern S t a t t f i n d e n , wenn sie das Steigen des Nils, o d e r die T h e o p h a n i e zur E h r e dieses Gottes feiern, o d e r welche Tänze, Festlichkeiten u n d fröhliche Gesellschaften in d e r Stadt und auf dem Lande bei dieser Gelegenheit angeordnet w e r d e n . D e r M a n n , von dessen H e e r d e das göttliche T h i e r gehören -wurde, ist d e r glücklichste u n t e r den Sterblichen u n d w i r d von dem ganzen Volke mit Bewunderung b e t r a c h t e t . Dieser Apis", f ä h r t Aelian f o r t , „ist ein vortrefflicher Ausleger d e r Z u k u n f t . E r b r a u c h t w e d e r eine auf einem Dreifusse sitzende F r a u gleich einigen a n d e r n G ö t t e r n , noch eine l ' r i c sterin d u r c h heiligen T r a n k berauscht, sondern e r begeistert die K n a b e n , die rings um seinen Stall spielen, mit göttlichem I m p u l s e , der sie in den Stand setzt, Vorhersagungen in gutem Rhythmus h e r v o r z u b r i n g e n " . Apis w u r d e nach seinem zuvor berichteten traurigen Schicksale mit einem prachtvollen Leichenbegängnisse in den T e m p e l des Serapis zu Memphis g e b r a c h t ; u n d die Priester begleiteten ihn in einer Procession bis zu seinem G r a b e mit C e r e m o n i e n , die dem P l u t a r c h zufolge denen des Bacchus u n t e r den Griechen ähnlich w a r e n ' ) . „Nächst dem mempliitischen Apis w u r d e n dem heiligen Stier zu Heliopolis, der Mnevis hiess, die höchsten E h r e n bezeugungen gezollt" J ). Dieser dem Osiris geweihete Stier w a r von derselben F a r b e , wie dieser Gott, nämlich schwarz 5 ). Es h e r r s c h t ü b e r den Apis u n t e r den Alten eine V e r schiedenheit d e r Meinungen ; einige Schriftsteller b e h a u p t e n , e r sey dem Monde geweihet, obgleich genauere Schriftsteller, wie D i o d o r u n d S t r a b o , das Gegentheil sagen, n ä m lich, dass Apis u n d Osiris identisch seyen; aber es wird a l lenthalben angenommen , dass Mnevis dem Osiris oder d e r Sonne gehöre. S t r a b o sagt, e r w e r d e in einem Stalle, d e r i) Plut. de Isid. cap. 33. a) Siehe Strabo lib. XVII. Aelian. lib. XI. cap. 3) Plutarch, fie Isid. rnp. 33.
it.
Von den Stieren. Verehrung des Mnevis und anderer Stiere. 255 in einem Sonnentempel gewesen zu seyn scheint, aufbehalten und von den Bewohnern von Heliopolis eben so verehrt, wie Apis von denen zu Memphis. Unter den heiligen Stieren von untergeordneterem Range erwähnt Strabo einen, der zu Ilermonthis gehalten w u r d e ' ) . Macrobius benachrichtigt gns, dass dieses Thier Facis genannt w u r d e 3 ) ; dass es der Sonne in einem prachtvollen Tempel des Apollo geweihet und durcli seine F a r b e u n t e r schieden gewesen sey, die sich jede Stunde verändert haben soll, so wie auch durch die Richtung seiner Haare, die immer anders wurde. Aelian erwähnt einen heiligen Stier, der unter dem Namen Onujjhis verehrt w u r d e s ) . E r sagt, es sey ein grosser Stier gewesen, und sein Haar habe er stets gewechselt. Dieses war auch ein characteristisches Kennzeichen . für den Mnevis 4). Ueber die heiligen R ü h e der Aegyptier haben wir zu den bereits gegebenen Bemerkungen in Bezug auf die Ccremonien der Isis und den Cultus der Nephthys nichts hinzu, zufügen. W i r schreiten nun 1.
Z a r V e r e h r u n g der
Hunde5).
Der Hund w a r , wie wir gesellen, dem Anubis heilig und wurde vorzüglich zu Kynopolis , oder der HundeStadt , verehrt. Aber wie der Ritus des Anubis allenthalben mit dem zur E h r e der Isis verknüpft w a r , so wird auch dem Hunde in ganz Aegypten Verehrung zu Theil: und Hunde begleiten die berühmte Pornpa Isiaca oder die Procession zu E h r e dieser gehörnten Göttin. Manche lächerliche Ursachen werden über die den H u n den gezollte Verehrung angegeben. Aelian hat uns eine
1) S t r a b o l i b . X V I L 2) Macrob. S a t u r n , l i b . I . cap. 2 1 . 3) A e l i a n . l i b . XII. cap,
n.
4) P o r p h y r , a p u d E u s c b . P r a e p . E v a n g . ü b . III. cap. i 3 . 5 ) Heilige H u n d e w u r d e n a u f S i c i l i e n i n d e m T e m p e l des k a n g e h a l t e n . Aelian. ü b . X l f . cap. 3.
Vul-
256
Die K a t z e , d e r W o l f
und d e r W i d d e r .
S a m m l u n g d a v o n mitgetlieilt. Einige e h r u n g aus d e r Idee e n t s p r a n g , dass T a g e lang n a c h i h r e r G e b u r t b l i n d a u c h dreizehn T a g e im J a h r e d u n k e l
sagen, dass diese V e r junge Hunde dreizehn s i n d , nnd der M o n d ist.
A n d e r e v e r b i n d e n den H u n d s - C u l t u s mit d e m wichtigen S t a n d , den d e r H u n d s - S t e r n im. ägyptischen K a l e n d e r e i n n i m m t '). 3.
Von
der Verehrung
der
Katzen.
K a t z e n w u r d e n vorzüglich zu Bubastos v e r e h r t . Wir h a b e n schon die Aengstlichkcit e r w ä h n t , die sich bei d e n A e g y p t i c r n zeigte, die t o d t e n K a t z e n , w o sie dieselben a u c h i m m e r f a n d e n , mit den heiligen G e b r ä u c h e n zu b e g r a b e n . D i e A e g y p t i c r h a t t e n etwas b e s o n d e r s Heiliges an H u n d e n u n d Katzen a u f g e f u n d e n , wie w i r dieses aus d e m E p i t h e t o n sehen , welches sie ihnen beilegen: „ P e r tua sistra p r e c o r p e r Anubidis o r a v e r e n d a " ; u n d S a n c t a Bubastis — „ d i e heilige Bubastis" : dieses w a r das E p i t h e t o n d e r K a t z e n Göttin'). P l u t a r c h s a g t : „ E s ist eine w u n d e r b a r e S y m p a t h i e z w i schen d e r P u p i l l e des K a t z e n a u g e s u n d d e m Z u - u n d A b n e h m e n des Mondes, u n d eine mystische Beziehung zwischen d e r Anzahl d e r J u n g e n , die eine K a t z e in einem W u r f z u r W e l t b r i n g t , u n d d e r Anzahl d e r M o n d t a g e u n d es w i r d uns e r z ä h l t , dass die A e g y p t i e r jenen Analogien die s o n d e r b a r e V e r e h r u n g z u s c h r i e b e n , welche dieses T h i e r u n t e r i h n e n genoss 3 ). H o r a p o l l o s a g t , die Bildsäule d e r S o n n e zu Ileliopolis stelle eine K a t z e v o r ; a b e r e r ist a a c l i d e r einzige A u t o r , d e r dieses b e h a u p t e t . D i e K a t z e w i r d v o n allen a n d e r e n S c h r i f t s t e l l e r n ausschliesslich d e r Bubastis u n d dem M o n d e zugeschrieben 4 ) . 4.
Di e V e r e h r u n g
des Wolfes.
D e r W o l f wurde zu Lycopolis, i) a) 3) 4)
w i e es d e r Name d e r
Aelian. de animal. lib. X. cap. 45. Ovid. Amor. lib. Ii. Eleg. i3. Metam. ü b . IX. v. 687. Plutarch. de Isid. Horap. Hierog. lib. I. cap. 10.
Verehrung der vierfiissigen Thiere.
257
Stadt bedeatet, verehrt. W i r sehen ans Aelian, dass der Wolf dem Apollo, das ist dem Horus, heilig war. D e r Grund dieser Heiligung ist , dass Apollo von Latona geboren, oder, wie die Aegyptier sagten, von ihr in der Gestalt einer Wölfin genährt wurde. Aua dieser Ursache stand auch die Statue eines Wolfes in dem Tempel des Apollo zu Delphi»). 5.
Die V e r e h r u n g des
Widders.
Der Widder wurde zu Theben in Oberägypten und zu Sais in dem Delta heilig gehalten 1 ). „Jene die ihn in dem Tempel des thebaischen Jupiters verehren", sagt Horapollo, „enthalten sich der Schaf - und Ziegenopfer 3 ). Sie geben als Ursache dieser Gewohnheit eine Geschichte an , deren Inhalt unverständlich ist, dass nämlich Jupiter oder Ammon sich selbst mit einem Schafsfelle umhüllte, als er dem Hercules erschien. Die Thebaier tödteten nie einen Widder, ausgenommen bei dem jährlichen Feste des Ammon, wenn sie die Statue des Gottes mit dem Felle bekleideten. Diese Statue hatte eine menschliche Gestalt mit einem Widderhaupte 1 ). „In dem nitriotischen Nomos", sagt Straho, „wird Serapis verehrt, und hier werden n u r Sehafe von den Aegyptiern geopfert". ti.
V o n d e r V e r e h r u n g des B o c k s .
Die Verehrung des mendesischen Bocks w a r einer der sonderbarsten Theile des ägyptischen Thiercultus. Dieser Ritus war eben so abscheulich, als die Anbetung der Ratzen und Hunde lächerlich war. Der Bock wurde, wie wir gesehen haben, als ein Bild derselben Macht verehrt, welche die Griechen unter dem Namen des Priapus personilizirten. Ein 1) Aelian. Jib. X. cap. a6. 2) Strabo lib. XVII. p. Säg. 3) Herod. II, 4a. 4) H e r o d . loc. cit. Vergl. a u c h P a n t h é o n E g y p t i e n a v e c u n t e x t e e x p l i c a t i f p a r M. 3. F. C h a r a p o l l i o n le j e u n e , p l a n c h e a , m i t d e r dazu g e h ö r i g e n B e s c h r e i b u n g , D e r Uebers17
"Verehrung d e r Affen.
258
B o c k stellte den G o t t P a n dar, und w u r d e in dem T e m p e l des Mendes e r n ä h r t . A b e r die ganze G a t t u n g w a r in d e m N o m o s heilig. S t r a b o gibt uns in wenigen W o r t e n eine Idee von dein Ritus des M e n d e s : äs ILtvSaQoq (ptjaiv, oi zgayot ¿trav&a yvvui%i ¡xiyvvvTai. Die Stelle des P i n d a r , a u f die sich d e r G e o g r a p h bezieht, ist folgende : JHevdijra naqa y.g?]/.ivov d'ukäaoijg Nti'kov xdpug , aiyi'ßuioi °0&1 iQotyoi yvpai'ii /.uayomai ') Diese abscheuliche Gewohnheit w a r daher so alt als P i n d a r , der f ü n f h u n d e r t J a h r vor der christlichen Zeilrechnung lebte , u n d wahrscheinlich w a r dieselbe noch viel ält e r . H e r o d o t bestätigt diese E r z ä h l u n g , erwähnt ihrer a b e r als eines seltenen und unheilvollen Ereignisses. Plutarch macht eine s o n d e r b a r e B e m e r k u n g ü b e r diesen Gegenstand. cO MBvSijaiog sv Atyvnuo TQixyog ksytrai noXXatg xai xaluig avvtiQyvv/xevoq yvvui^i ovx tivui /.u'yvvoOcu 7IQ6&V/.toi, akXa nQog r«? alyag kmoiytai /^SkXov. H i e r ü b e r b e m e r k t Bochavt 5 J fuglich: „ N e m p e sola in hrutis N a t u r a s a e p e plus p o t e s t q u a m in homine r a t i o " . T a n t u m Religio p o t u i t s u a d e r e m a l o r u m ! 7.
Von der Verehrung
der
Hindin.
Zu C o p t o s , w o man Isis mit g r o s s e r Anhänglichkeit u n d f r o m m e r E r g e b u n g verehrte , weiheten ihr die A e g y p tier wilde Hindinnen und verehrten dieselben. D a s V o l k hielt es f ü r keine S ü n d e , die männlichen von dieser G a t t u n g zu t ö d t e n und zu verzehren '). 8.
Von
der Verehrung
der Meerkatzen
und
Affen. E s s c h e i n t , dass zwei T h i e r e von d e m M e e r k a t z e n - G e schlechte in Aegypten verehrt w u r d e n , denn S t r a b o benach-
1) Bei S l r a b o l i b . XVII. p. 5 5 i . 2) J e i i e Autoritäten werden von Bocliart Hierozoic. lib. IX. p. 6 4 a . und aus ihm von J a b l o n s l y angeführt. 3 ) Atlian. lib. X . cap a3.
Verehrung dti$ npog rrjV avaroX^v, z^v tov 'Hfo'ov rd niqma tavzov TQ0(pij
reQLia ßi'oio cpsQmv.
Tacitus aber bestimmt das Alter des Phönix w a h r scheinlich genauer auf 1461 J a h r e , welches die Dauer des grossen J a h r e s d e r Aegyptier ist, an dessen E n d e die A p o catastasis Statt findet, w a n n alle Planeten, wie man glaubte, auf einen P u n k t am Himmel zurückkehren 3 ) . D e r junge P h ö n i x ¿erschien zu Heliopolis u n d legte die Leiche seines Vaters in den T e m p e l d e r Sonne nieder. A n d e r e s a g e n , dass der alte Vogel nach Aegypten gek o m m e n , d o r t auf einem Scheiterhaufen g e s t o r b e n , u n d dass der neue aus dessen Asche entsprungen sey. Ich will
i ) „ D e s c r i p t i o n des „ D e s c r i p t i o n de a ) Cum h u i u s vita a p u d auctores. 3) S i e h e Salmasius A u t o r i t ä t e n des geführt.
A n t i q u i t é s d ' E d f o u , p a r D. J o m a r d " , i n l'Egypte", a n n i m a g n i fieri conversionem rata fides Solin. Polyhist. cap. 36. in S o l i n u m . D i e s e r S c h r i f t s t e l l e r h a t M a n e t h o , Dio , F i r m ì c u s u n d Censorious
der eil die an-
Fabelhafte die B e s c h r e i b u n g des C l a u d i a n l ) sich auf diesen V o g e l „O
felix h a e r e s q u e
Per
cinerem.
tui.
Moritur
quodcunque
Cuncta
revolvuntur. elatas
Ilesiod Phönix
legunt,
ist d e r
dass H i o b 3 )
Phönix,
ponlus
undas;
Parcae nocendi".
griechische Schriftsteller, der ist s e h r alt, d e n n
auf denselben
18.,
iu
superstes
stainina
ius b a b u e r e
i) C l a u d i a i i i X L I V . E i d y l l i u m „ D a dacht' ich :
Senectus.
teste
tempore
solusque
die Sage
2 ; H i o b cap. X X I X . v . der
quo
Non
non
älteste
erwähnt; aber
ausgemacht,
saecula
erroribus arserit annus }
tellure manes.
te dura
origo
non pereunte Te
Nosti
clades te nulla r a p i t ,
Edomita In
te
fuit.
meisten
enthält. omnes,
Praebetur
scopulis stagnantibus
Quis Phaethonteis Et
Umstände
Q u o solvimur
vires.
Vidisti Fuderit
c i t i r e n , w e i l sie d i e
beziehenden
Hoc tibi suppeditat
267
Vögel.
es
des
scheint
anspielt.
i.
w e l c h e s so ü b e r s e t z t w e r d e n
muss:
m e i n e r H ü t t e w e r d ' ich s t e r b e n und w i e
vermehren
meine Tage".
Die
Septuaginta
das h e b r ä i s c h c W o r t d u r c h
d i e s e s die I d e e war, m i t w e l c h e r die G r i e c h e n die O p l e r d a r b r a c h t e n , e r h e l l t aus der G e s c h i c h t c des P r o m e t h e u s , welcher
Ideen bei der Darbringung der Opfer.
301
Die nämliche Idee findet sich in den Gebräuchen m a n cher halb civilisirten Nationen w i e d e r ; aber die Gefühle, mit welchen die Aegyptier die O p f e r d a r b r a c h t e n , w a r e n sehr verschieden. Die Idee , die G ö t t e r zu nähren, scheint nie in i h t e r Betrachtung Raum gefunden zu haben. Ihre O p f e r waren einfache Sühnopfer. Des Volkes Schuld w u r d e , i h r e r Meinung nach, von den Beleidigern auf das geschlachtete Vieh ü b e r t r a g e n ; die Bestrafung i h r e r Sünden w u r d e bei einigen Feierlichkeiten d u r c h den dienstthuenden P r i e ster verfluchend auf das Haupt des Schlachtopfers herabgew ü n s c h t , u n d sein T o d , wie man voraussetzte, von den Göttern als eine Aussöhnung o d e r als eine stellvertretende Gcnugthuung angesehen. Dieses wird aus dem Folgenden k l a r werden. TJ e I) e r d i e
Menschenopfer.
So wie es k a u m irgend ein altes Volk g i b t , welches "nicht die Gewohnheit h a t t e , T h i e r e auf die Altäre seiner Götter d a r z u b r i n g e n , so gab es auch w e n i g e , deren G e schichte nicht Spuren von Menschenopfer hat. Sogar die Hebräer können sich nicht gänzlich von der Schuld reinig e n , Menschenopfer dargebracht zu h a b e n , ungeaclitct des ausdrücklichen Verbots im mosaischen Gesetze ü b e r die Menschenopfer
Jupiter dadurch beleidigte , dass er ihm Knochen statt der besten Stücke Fleisches darreichte. Hesiod. Theog. v. 536. Siehe auch Clemens Alexand. Strom. VII. p. 846. edit. O i o n . und die in den Noten von dem Herausgeber beigebrachten Stillen. 1) Ich spiele hier auf die Geschichte des J e p h t h a a n , deren klaren Sinn einige Commentatoren auf eine so sonderbare Weise entstellt haben. Michaelis ist der eiuzige Schriftsteller, welcher diesen Gegenstand in den Gesichtspunkt gestellt hat, in welchem er betrachtet werden muss. Siehe die Commeutare dieses Gelehrten über das mosaische Hecht: und Bruns über Bandolphs Erklärung in Eichhorn'« Kepertorinm, Tli, VIII.
302
A ägyptische Menschenopfer.
Einige Schriftsteller haben »ich vergeblich bemüht, die Aegyptier von der Beschuldigung zu befreien, jenen schrecklichen Gebrauch ausgeübt zu haben. Herodot ist völlig entscheidend über diesen Gegenstand. Doch konnte er das Vorurtheil seiner Landsleute nicht beseitigen, und sie wiederholten stets folgenden Vers des Homer als ein Sprichwort : Aiyvnxov Beziehung auf die Z e i t , w a n n die meisten der ägyptischen F e s t e gefeiert w u r d e n . Sie w u r d e n meist am 3\eu - o d e r Vollmond gehalten. Dieses ist besonders in verschiedenen Fällen von den alten Schriftstellern b e m e r k t , welche uns eine Erzählung jener Feierlichkeiten mitgetheilt haben 1 ). i ) D i e s e r Umstand ist dem J a b l o n s l y n i c h t entgangen , der darüber iu der Vorrede zu s e i n e m ägyptischen Pantheon spricht. D i e s e s wird ausdrücklich von Plutaich in Bezug auf das Pest in dem Phamenoth erwähnt, welches beim Vollmond eintrifft, zu welcher Periode auch der Eintritt des Osiris in den V o l l m o n d und die Befruchtung der sublunarischeu We.lt, gefeiert wird : cap. 43. Ebenso wurde das Fest, welches sich auf den T o d des Osiris bezieht, b e i m Vollmond in dem Monat Athyri feierlich begangen. Cap. 42. N o c h andere Beziehungen auf die Mondsperioden finden sich in Plutarchs Abhandlungen. S i e h e Cap. 4 2 > 4 ' > > t ' a s F e s ' des Osiris und der Isis werd e n beim Hcrodot erwähnt. S i c fanden b e i d e um die Zeit des V o l l m o n d e s Statt.
312
Bürgerliche Einrichtungen der Apgj-pUer,
III. C a p i t e 1. Uebei
die
bürgerlichen Einrichtungen A e g y p t i e r.
E r s t e r
der
A b s c h n i t t .
Eintheilung des Volks in Kasten, und Be^elucibuiii; derselben. U n t e r den Institutionen Aegyptens w a r keine in ihrem Einfluss auf den Charakter der Nation w i c h t i g e r , als die Eintheilung des Volks in Stamme oder Familien, die durch die Gesetze uiid den dort herrschenden Aberglauben v e r pflichtet waren ohne Abweichung in die Gewerbe und Gewohnheiten i h r e r Vorfahren einzutreten. Solch eine Institution konnte nicht verfehlen, den niederen Klassen den Stempel einer verächtlichen Knechtschaft aufzudrücken ; und musste durch gänzliche Erstickung alles Wetteifers diu Menschen im Ganzen gefühllos und gleichgültig für die V e r besserung ihrer eigenen Gewerbe machen. U e b e r a l l , wo nur je das Kasten - System exlstlrl h a t , erhielt die Nation durch dasselbe einen ausserordentlich starren und einförmigen Charakter. Ein Beispiel davon sind die Bewohner Hindostans. Dieses Volk stimmt noch jetzt fast in jedem Punkte mit der Schilderung übercin , die uns Megasthenes gegeben h a t , welcher den Huf eines indischen Königs bald nach der Eroberung Indiens durch die Maeedonier besucht hatte. W i r besitzen keine sehr genaue und umständliche Berichte von den Kasten, in welche das ägyptische Volk cingetheilt w a r , und von den eigenlhümlichen Gebrauchen eines jeden. Es scheint in der T h a l , dass schon zur Zeit des Psammitiehus, nachdem man zuerst die alte Abneigung des Volkes gegen die Fremden besiegt b u l l e , Neuerungen
Küsten - Eintheilungen.
313
in die bürgerliche und religiöse Verfassung Aegyptens eingeführt wurden. Die verschiedenen Unfälle, welche die Nation zwischen dieser und der Zeit e r l i t t , in welcher Herodot Aegypten besuchte, konnten nicht verfehlen manche Schranke niederzubrechen , welche die alte Priesterschaft errichtet hatte, um den Einfluss des Aberglaubens zu erhalten. Herodot ist der früheste Schriftsteller, welcher die Kasten oder erblichen Klassen der Aegyptier erwähnt und seine Erzählung scheint einzig das Ergebniss seiner persönlichen Beobachtung gewesen zu seyn. Hütte dieser Schriftsteller die Sprache des Volkes verstanden, wäre er im Stande gewesen, die Bücher des Hermes zu lesen, in welchen die alten priesterlichen Institutionen enthalten w a r e n , so hätten wir von ihm eine so genaue und umständliche. Beschreibung von der Eintheilung der Kasten in Aegypten erwarten können, als jene ist, welche neuere Schriftsteller in Indien aus dem Gesetzbuche des Manu, über die Kasten und Unterabtheilungen des b ü r gerlichen Wesens in Hindostan gewonnen haben. Diodor, welcher den Vortheil h a t t e , ägyptische Schriftsteller in griechischer Sprache zu Rathe zu ziehen und auch diese Gelegenheit fleissig benutzt zu haben scheint, kann in dem, was er von der innern Staats-Einrichtung dieser Nation berichtet, f ü r genauer als Herodot angenommen werden , welcher, obwohl ein fleissiger Beobachter , doch manche wichtige Eigenschaften entbehrte. Man hat oft veriiiulhct, dass die Untereintheilung des Volks in Kasten aus der Vermischung verschiedener Nationen entstanden, oder dass sie auch die Wirkung mehrfacher Siege gewesen s e y , indem man die besiegten Stämme stets durch Anweisung eines niederen Ranges in dem Gemeinwesen entwürdigt habe. Man glaubte zum Beispiel, dass die verworfenen Parias die Abkömmlinge der Urbewohncr Indiens gewesen seyen, welche zuerst von den Sudras, die eine Zeitlang die h e r r schende Kaste gewesen seyn mögen, besiegt und unter deren Botmässigkeit gebracht worden seyen, bis auch diese ihrer Seits von den Brahmanen und Ivaschatriyas unterjocht wurden, welche sie zwangen Ackerbauer zu werden und nun
314
Bürgerliche Einrichtungen der Acgvptier.
diu Parias immer inebr bis zum niedrigsten Stand in der Gesellschaft heruntersetzten. Es ist möglich, dass diese Conjectur, in sofern sich dieselbe auf Hindostán bezieht, nicht ganz grundlos ist; aber wir haben keinen Haltpunkt in der Geschichte, der uns e r laubte, dasselbe Problem in Aegypten auf gleiche Weise zu lösen. Das ägyptische Volk wird stets als eine unvcrmischte uud ungctbeilte Nation beschrieben. W i r haben nicht die leiseste Spur, dass unter den Aegyptiern eine Verschiedenheit der Race oder der Sprache vorhanden w a r , und wir dürfen mit Recht schliessen, dass sowohl die Mundarten der verschiedenen Kasten als auch j e n e r , welche in den verschiedenen Districtcn Aegyptens vorherrschten, nicht auffallend von einander verschieden waren '). Strabo spricht auf eine sehr kurze Weise von der E i n theilung der ägyptischen Nation in Klassen. E r unterscheidet die zwei höheren Stände, nämlich die Priester - uncl Krieger - K a s t e , und umfasst alle übrige der im Staate Lebende unter dein Namen der ackerbauenden Klasse , "wozu er die Beschäftigung mit Ackerbau und Künsten reebnet 2). Diodor nimmt mit dieser letzten K l a s s e , nachdem er dieselbe von der P r i e s t e r - und Krieger - Kaste geschieden h a t , Unterabteilungen vor. E r b e m e r k t , dass die übrigen Landesbewohner in drei Abtheilungen eingetheilt wären, die er folgender Massen benennt: 1 Hirten. 2 Ackerbauer. 3 Künstler oder Menseben, welche Handwerke trieben. Herodot kommt sehr nahe in seiner Aufzählung mit der des Diodor überein. Seine Namen für die verschiedenen Klassen sind folgende: 1) D i e Erläuterung der geographischen Namen bietet allein schon h i n l ä n g l i c h e B e w e i s e d a r , um d i e s e n Sehluss 7,11 z i e h e n ; a b e r «lieses w i r d ganz o h n e Z w e i f e l g e f o l g t d u r c h e i n « V c r g l c i c h u n g der Dialecto
der ägyptischen
•ichcn , des S a h i d i s e h e n und 2) S t r a b o ü b . X V I I .
Sprache,
nämlich
des
Copti-
D a h i n g e h e n oder M c u i p h i t i s c h c u .
Kasten - Eintheiluiigeii.
315
1. '2.
Priester oder die priesterliehe Kaste. Krieger oder der Krieger Kaste. Kuhhirten. 4. Schweinehirten. 5. Handwerker. 6. Dolmetscher. 7. Schiffer »). In diesem Verzeichnisse sind die dritte und vierte Klasse deutlich Unterabtheilungen von der dritten des D i o d o r , welche jener Schriftsteller unter dem allgemeinen Namen Hirten einschliesst. Die Kaste der Dolmetscher sowohl als auch der Schiffer muss aus einer kleinen Zahl von Menschen bestanden haben , weil die Aegyptier wenig Umgang mit Fremden hatten, und ihre ganze Schifffahrt sich auf das Hinauf- und Hinahsegcln des Nils beschränkte. Die Schiffer waren wahrscheinlich ein Stamm aus derselben K a s t e , als die Künstler oder Handwerker des Diodor 2 ). Die Handwerker des Herodot müssen dieselbe Kaste gewesen seyn, •welche Diodor Ackerbauer nennt. Also werden wir durch Vergleicbung der verschiedenen Berichte in den Stand gesetzt, die verschiedenen Zweige, aus denen der ägyptische Staat bestand, in folgende Klassen zu bringen: 1. Die Priester Kaste. 2. Die der K r i e g e r . 3. Die der Hirten. 4. Die ackerbauende und handeltreibende Kaste. 5. Die der Künstler oder Handwerker. Die Beschäftigungen aller jener Kasten waren erblich, «nid nacli dem Gesetze war es Niemanden gestattet, sich in ein Geschäft einzulassen, worin er nicht von seinen Eltern erzogen worden war 3 ). i ) Iis ist m e r k w ü r d i g , class Megasthenes ill s e i n e m Berichte von den indischen K a s t e n d i e F l u s s - Schiffer (Navtai itöy noia(iiüv) als einen Tiieil der K l a s s e der H a n d w e r k e r , oder ti%viitti auiTührt. a) Diodor. sic lib. I. 3) llerodot. ü b , III. Diodor. Iii), f. cap. 6.
316
Bürgerliche Einrichtungen der Acgyptier.
Es ist k l a r , dass dieses Verbot sich weiter ausgedehnt haben muss als über die oben erwähnten Klassen, von denen jede eine Menge besonderer Beschäftigungen enthielt. Daher könnte es scheinen, dass jede wieder in eine Zahl von Kasten abgetheilt war und dass die einzelnen Individuen verbunden waren , das von ihren Vorfahren Ererbte Gewerbe auszuüben. Es w a r eine ehrende Auszeichnung entweder zur Priester - oder zur Krieger - Kaste zu gehören, die andern Klassen betrachtete man als bei weitem geringer an W ü r d e ' ) , und kein Aegyptier, der nicht aus dem Priesteroder Kriegerstamm entsprossen w a r , konnte den Thron besteigen a ). Das Land gehörte ausschliesslich jenen zwei Klassen , und dem K ö n i g , der es zu geringen Zinsen an die Brbauer verpachtete. „Weil diese" sagt Diodor, „von Kindheit an zum Betreiben der Landwirthschaft erzogen wurden, so sind sie die erfahrensten Landwirthe in der W e l t , und mit manchen Dingen, die anderswo unbekannt sind, theils durch die Kenntniss , welche sie sich von ihren Vorfahren e r w o r b e n , theils aber auch durch ihre eigene Erfahrung vertraut." Wenn irgend ein Handwerksmann sich in öffentliche Angelegenheiten mischt, oder es versucht, mehr als ein Handwerk zu treiben, so wird er streng bestraft. Die bevorrechteten Klassen in Aegypten herrschten über die arbeitenden Klassen der Gesellschaft. Sie theilten, wie wir gesehen haben, den ganzen Besitz des Bodens mit dem Könige, während die Bcbauer desselben gar keinen Auspruch daran haben. Jedem Individuum der K r i e g e r - oder Priester - Klasse war ein Theil Landes, welches so viel als zwölf Aecker b e t r u g , frei von allen Abgaben zugetheilt. Die Krieger genossen auch andere Vorrechte. Diese Klasse war in zwei grosse Stämme getheilt, die Kalasirii und Hermotibii genannt. Aus beiden wurden jährlich tausend Mann l'ür die W a c h e des Königs gewählt, und während diesel-
1) Ilerodot. lib. II. 168. 2) lleioilot. lib II. Plut. .le Isiil. etc. caji. 5,
Rasten - Einteilungen.
317
ben im Dienste w a r e n , erhielt ein jeder von ihnen noch ausserdem was seine Landes - Antheile hervorbrachten, ein Gewisses an B r o d , Fleisch und Wein. Es war f ü r einen jeden aus der Krieger-Kaste ungesetzlich, sich mit Handel oder sonst einer mechanischen Beschäftigung zu befassen '). Einige der fruchtbarsten und bevölkertsten Districte Aegyptens gehörten jenen zwei Stämmen. Der Distrikt, welchen die Hermotibii besassen, hatte, aufs Genaueste berechnet, hundert sechzig tausend Menschen und der der Kalasirii zwei hundert fünfzig tausend 2). Dem Krieger-Stande wurde desswegen ein so grosser Gebietstheil eingeräumt, weil man wünschtc, dass diejenigen, welche die Waffen in Händen h a t t e n , auch ein beträchtliches Eigenthum im Lande besitzen sollten; so wenigstens würden wir uns ausdrücken, wenn es erlaubt w ä r e , eine neuere Ansicht zu gebrauchen, welche mit den Ideen der Aegyptier übereinstimmt 3 ). Die Aegyptier nämlich , so wie die Gründer des F e u dal Systems im neuern Europa glaubten, dass Tapferkeit erblich sey, und dass V ä t e r , welche sich in der Yertheidigung ihres Landes ausgezeichnet hatten , auch wahrscheinlich Kinder haben würden, die eben so tapfer und patriotisch w ä r e n , als sie. Man liess daher den Familien der Krieger-Kaste jede Ermunterung zukommen , sich zu vergrössern und ihre Ehen zu befördern
1) 2) 3) 4)
Herodot. II. cap. i65, 166. Herodot. das. Diodor. Sic. lib. I. cap. 6. Diodor. daselbit.
31S
Z w e i t e r
A b s c h n i t t .
Beschreibung der Hierarchie oder der erblichen P r i e s t e r schaft und ihrer Untcrabtheilungen. Es giebt kein Land in der W e l t , in -welchem die Hierarchie m e h r die Oberherrschaft hatte als in Aegypten. W i r erfahren ans der treuen Feder des grossen hebräischen Gesetzgebers und Geschichtschreibers, wie bald dieser O r den alle jene Laster angenommen h a t t e , welchcn Priester Corporationen besonders ausgesetzt zu seyn scheinen. Z u gleich verdienen die Priester aber auch Dank für die Sorge, welche sie auf die Verbesserung der Wissenschaften wendeten und f ü r manche weise Gesetze, die u n t e r ihrem Einflüsse entstanden. Ihr grösstes Verbrechen besteht d a r i n , dass sie einen erniedrigenden Aberglauben fortpflanzten und der Volks Masse ihre Kenntnisse verheimlichten. W i r wollen die ägyptische Priesterschaft in ihren drei Eigenschaften betrachten: 1. In ihrer politischen Function, als gesetzmässige Rathgeber des Königs und wirkliebe L e n ker des Staates. 2. Als Besitzer der Gelehrsamkeit u n d Wissenschaft. 3. Als Religionsbeamtcte. 1. „Die P r i e s t e r , sagt D i o d o r , waren frei von allen öffentlichen Lasten und Abgaben, und standen n u r dem K ö nige an Ansehen nach." Es scheint indessen aus dem Zeugnisse desselben Schriftstellers, dass alle politische Macht sich in den Händen der Priester b e f a n d , und dass der König n u r ein blosses Werkzeug war, um ihre P l ä n e in W i r k s a m keit zu setzen. „ D e r erste Theil des ägyptischen Landes w u r d e den Priestern zugetheilt; der zweite dem König." Sie waren sehr boch geehrt und hatten theils durch den Einfluss i h r e r Frömmigkeit auf die Götter, theils aber auch durch ihre grosse Weisheit und Gelehrsamkeit eine grosse Autorität ü b e r das Volk. „Aus ihren Einkünften bestritten sie die O p f e r und unterhielten ihre Familien." Sie waren stets des Königs rechte Hand und seine Geheimräthe, um ihn bei allen Gelegenheiten 711 unterrichten nnd zu leiten.
Beschreibung der Hierarchie. Es scheint, dass der K ö n i g nicht b e f u g t w a r , irgend eine Handlung o h n e Anleitung jener (¡(institutionellen Directoren vorzunehmen. Die Söhne der Priester w a r e n seine Begleiter von d e r "Wiege an. Jeder Artikel seiner Diät w a r ihm vorgeschrieben, so wie auch die S t u n d e n , in denen e r s i e h mit den Staatsgeschäften befassen, u n d die Gerechtigkeit bandhaben sollte. Dann waren ihm auch die Zeiten b e s i i m m t , wann er ausgehen, baden und sogar w a n n er jede noch so geringe Handlung vollziehen sollte. Das Mittel durch welches die Priester den Besitz i h r e r V o r r e c h t e sicherten , w a r die Meinung , dass sie Kenntniss von der Z u k u n f t haben und die Ausleger des Götter-Willens seyen. Sic sagten die Begebenheiten d u r c h Hülfe d e r Astrologie u n d durch Besrhauung der Opfereingeweide voraus." Es scheint in der T h a t , dass zu allen Zeiten in der ägyptischen Monarchie nichts gewöhnlicher w a r , als dass sich ein P r i e s t e r selbst auf den T h r o n schwang. Die Gesetze gestatteten dieses und wir finden u n t e r den ägyptischen Königs-Namen manche die bloss Priester - Titel sind '). Nicht n u r politische Angelegenheiten standen u n t e r d e r Leitung der Priester , sondern auch das ganze System der ägyptischen .Rechtsgelehrsamkeit oder die Civilverwaltung befand sich in ihren Händen. Alle Gesetze dieses Volkes wurden von den G ö t t e r n gegeben , das ist von den P r i e s t e r n , welche vorgaben , die Ausleger des Götter-"Willens zu seyn. Mnevis w a r der berühmteste Gesetzgeber 2 ). Mnevis w a r auch der b e r ü h m t e Stier von Heliopolis, u n d jener w a r wahrscheinlich dieselbe P e r s o n ; a b e r ein Stier w ü r d e ein trauriger Gesetzgeber gewesen s e y n , ohne den Beistand eines "Weisen, der seine Sprache verstand u n d w u s s t e , wie die Rolle eines Dolmetschers zu spielen w a r .
i) Kurz
vor
der Regierung
der
Psammiticliiu,
P r i e s t e r des V u l k a n , K ö n i g von A e g y p t e n . o i s s e u des M a u e t h o
und E r a l o s l h c n e s
N a m e n , d i e o l f c n b a r Priester T i l e l 3 ) D i o d o r . l i b . I.
war S e t h o n ,
haben
sind.
ein
I n den Verzeichwir
sehr
viele
320
Pflichten der Priciterschaft,
Dieser Stier Mnevis sclieint, wie wir angedeutet haben. Jas Vorbild des kretischen Minotauros gewesen zu seyn und vielleicht auch das des berühmten Minös. Aber die Priester verfassten nicht nur die Gesetze, s o n dern hatten auch die Pflicht über deren Vollziehung zu w a chen und die ganze Gerichtsverwaltung zu leiten. Aelian berichtet uns, dass die Richter Aegyptens im ganzen Alterthume aus den Priestern gewählt wurden '). Die Richter trugen als Zeichen ihres Amtes eine goldene Rette um den Hals, an welcher ein Bild aus Saphir h i n g , welches die Wahrheit vorstellte 2 ). Dieses Symbol sollte sie erinnern, dass ein Richter der aufrichtigste, leutseligste und unparteilichste unter allen Mensehen seyu müsse 3 ).
i ) Aelian. H i s h l i b
XIV. cap. 34.
a ) D i o d o r . l i b . I. A e l i a n . wie o b e n . 3 ) D i e ' M q & e i u o d e r das Bild d e r W a h r h e i t w u r d e v o n e i n i g e n f ü r das M u s t e r der Urim u n d T h u m m i m i n d e n m o s a i s c h e n R i t u a l g e s e t z e n g e h a l t e n . F ü r d i e s e V o r s t e l l u n g g i e b t es k e i n e n G r u n d als d e r U m s t a n d , dass d i e LXX das h e b r ä i s c h e U r i m d u r c h d a s g r i e c h i s c h e uXijS-iia ü b e r s e t z t h a b e n . D i e s e s , wie Dr. W o q / l w a r d b e m e r k t h a t , b e w e i s e t n u r , dass d i e J u d e n , w e l c h e d e n P e n t a t e u c h ü b e r s e t z t e n , in d e n I d e e n u n d R e d e n s a r t e n der ä g y p t i s c h e n G r i e c h e n n i c h t s A n a l o g e r e s finden k o n n t e n , als d i e s e n Ausdruck. D i e einzige A n a l o g i e i n d e s s e n ist die , dass s o w o h l d i e U r i m als a u c h d a s ä g y p t i s e h e Bild der W a h r h e i t e i n S c h m u c k w a r e n , d e r b e i feierlichen Gelegenheiten getragen wurde. Siehe Dr. W o o d w a r d o n t h e wisdom of t b e a n c i e n t E g y p t i a n s , a r c h a e o l o g y , V o l . IV. D i e Urim u n d T h u m m i m s i n d e i n v i e l b e s t r i t t e n e r G e g e n s t a n d gewesen. D i e w a h r s c h e i n l i c h s t e M e i n u n g ü b e r d i e . s e l b e n u n d v i e l l e i c h t , die a m b e s t e n u n t e r s t ü t z t e , ist d i e v o n M i c h a e l i s , welcher v e r m u t h e t , dass diese ein heiliges L o o s w a r e n , d u r c h dessen G e b r a u c h Zweifel gelöst w u r d e n , w i e d u r c h e i n e B e r u f u n g auf d i e G o t t h e i t . S i e w u r d e n in g e r i c h t l i c h e n Fallen g e b r a u c h t , u m d i e S c h u l d zu e n t d e c k e n , a b e r n i c h t u m d i e M e n s c h e n d e r s e l b e n zu ü b e r w e i s e n , d e n n i n d e n einzigen zwei licispiclen , d i e , wir v o n i h r e r An-
Untereintheilnngen der ägyptischen Hierarchie.
321
Jene wichtigen Aemter waren zu verschieden und zu vielfacher A r t , als dass sie von denselben Personen vollzogen werden konnten , und es scheint, dass die Priesterklasse in Aegypten wieder in verschiedene besondere Orden getheilt war , wclche die für sie bestimmten Beschäftigungen zu versehen hatten , und der W ü r d e und dem Ansehen nach in verschiedenem Range standen. Mehrere jener Orden w e r den in der berühmten Stelle bei Clemens von Alexandria e r wähnt, die sich der Mühe l o h n t , hier anzuführen '). „ D i e Aegyptier haben eine besondere ihnen eigene P h i losophie, von welcher die Ordnung ihrer religiösen Processionen eine Idee darbietet. In diesen feierlichen Aufzügen geht der S ä n g e r , welcher ein musikalisches Symbol t r ä g t , gewöhnlich voran. Es ist sein A m t , zwei von den Büchern des Hermes zu t r a g e n , von denen eines Hymnen auf die Götter und das andere Vorschriften enthält, welche sich auf die Pflichten des Königs beziehen. Dem Sänger folgle der Horoskopenstcllcr, der einen Zeitmesser und Palrnzweige, die Sinnbilder der Astrologie, in der Hand hält. Diese P e r son inuss vollkommen in den Büchern des Hermes bewandert seyn, wclche von der Astrologie handeln. Dieser B ü cher giebt es v i e r : eines davon beschreibt die Ordnung der Fixsterne; ein anderes die der Conjunctionen und die E r leuchtungen der Sonne und des Mondes ; die übrigen handeln von dem Aufgange der Sterne. Der heilige Schreiber kommt zunächst, auf dem Kopfe trägt er F e d e r n , und in seinen Händen ein Buch und ein Richtscheit, wie auch Tinte und ein R o h r , womit die Aegyptier schreiben 2 ). Zu seinem Amte gehört die Kenntniss der sogenannten Wendung i n s o l c h e n F ä l l e n
finden,
n ä m l i c h J o s n a V I I 14, etc»
u n d S a m , X I V . 3 7 . etc. l i n d e n wir d a s B e k e n n t n i s s Schuldigen
angehängt.
Siehe
Michaelis
der
Mosaisches
zwei Recht
V o l . IV. p . 3 5 8 in Dr. S m i t h s U e b e r s e t z . i ) C l e m e n s A l e x . S t r o m Hb. V I . c a p . 4i ) Michaelis hat die Sitte des heiligen Schreibers schreibung sches
Rcclit
im
Ezechiel
V o l . III. p.
verglichen, 383.
mit
einer Be-
Siehe Michaelis
cngliiche
Uebersetz.
Smith.
21
Mosai • von
Dr..
322
Unlereintheilungeu der
hieroglyphischen B ü c h e r , welche eine Beschreibung der W e l t , eine Geographie und den Lauf der Sonne und des Mondes, so wie auch den der fünf Planeten enthalten; er muss a u c h mit der Beschreibung Aegyptens und mit der des Nils b e kannt s e y n , mit der Beschaffenheit der Werkzeuge, mit den f ü r dieselben bestimmten P l a t z e n , mit Massen , so wie auch mit allen anderen Gegenständen, die man bei den heiligen Riten brauchte. Nach diesem geht der S t o l i s t , den S t a b der Gerechtigkeit und den Becher zum Trankopfer in d e r Hand haltend. Dieser stehet allem v o r , was sich auf die Aufziehung und Auswählung der Opferthiere beziehet. Diese Gegenstände sind in zehn Büchern enthalten, welche handeln von den O p f e r n , die man den Göttern schuldig ist, so wie auch von dem ägyptischen Cultus, von den Opf'ergcbräuclien , den Erstlingsfrüchten , den Hymnen, Gebelen, P r o cessionen, Festen und ähnlichen Gegenständen ' ) . Als der letzte von allen kommt der P r o p h e t , der ein Wassergefäss im Schoosse t r ä g t , und von Personen begleitet w i r d , welche Brode halten. — D e r P r o p h e t , welcher Vorsteher aller heiligen Gegenstände i s t , hat die Verpflichtung , die zehn priesterlichen B ü c h e r zu studiren , welche von den Gesetzen, Göttern und von der gesammten P r i e sterdisciplin handeln ; der P r o p h e t hat auch bei den Acgyptiern die Oberaufsicht über die Vertheilung der öffentlichen Einkünfte. Es scheint also, dass es zwei und vierzig B ü cher gab , welche man dem Hermes zugeschrieben, und für sehr nothwendig gehalten werden. Sechs und dreissig von diesen , welche die ganze Philosophie der Aegyptier enthielt e n , wurden von den obenerwähnten Personen studirt; die sechs andern , welche von der Arzneikunde handelten , gehörten den Pastoplioren 2 ). Verschiedene Abtheilungen der Hierarchie werden von Porphyrius unter Namen aufgezahlt, welche wenig verschieden von jenen des Clemens sind. E r erwähnt die P r o p h e i ) Diese Bücher werden von Clemens Moschosphagistica genannt, oder wie wahrscheinlich besser zu lesen i s t , Moschosphragistica. a ) Clemens Ales. Strom, lib. VI. p. 633.
ägyptischen Hierarchie.
323
t e n , die Hierostolisten, die Ilierogrammaten und sogar die Hierologen als zu den höhern Klassen gehörig, die Pastophoren hingegen sammt dem Haufen der Neocoren oder Aeditni und den dienenden Priestern als Glieder eines niedern Ranges. An einer andern Stelle spricht er von den Moschosphragistae. In den vorhergehenden Stellen unterscheiden wir folgende Klassen: 1. Die Propheten, welche, wie es scheint, den ersten Rang in der Hierarchie besessen haben. W i r dürfen annehmen, dass diese die höchste Autorität in allen göttlichen und menschlichen Angelegenheiten hatten. Sie standen dem Cultus der Götter vor, so wie auch der Verwaltung der Gesetze und den öffentlichen Einkünften. 2. Die Stolisten. Ihnen scheint die Wahl der Schlachtopfer und alles dessen , was sich auf die Opfer bezieht, zugekommen zu seyn. In die Klasse der Stolisten waren wahrscheinlich als eine untergeordnete Abtheilung, die von Plutarch und Porphyrius erwähnten Sphragistae oder Moschospliragistae eingeschlossen, deren Amt es w a r , die Opfer auszuwählen und ihnen das Siegel aufzudrücken, welches die Weihung zum Opfer b e zeichnete '). 3. Die Hierogrammaten, oder heiligen Schreiber, welche die Verwalter aller Gelehrsamkeit und Wissenschaft des alten Aegyptens waren. Die zehn Bücher, welche flir diesen Orden bestimmt w a r e n , wurden vorzugsweise die hieroglyphischen genannt. Der heiligen Schreiber gedenken sowohl Josephus in seinem Auszuge ans Manetho sehr o f t , als auch andere Schriftsteller 2). Lucian spricht von einem derselben, welcher obgleich die Disciplin des Hermes lange in Verfall gerathen w a r , doch behauptete , mit der ganzen Geheimlehre der Aegyptier wohl bekannt zu seyn, indem er drei und zwanzig Jahre in unterirdischen Wohnungen zugebracht zu haben 1) Porphyr. 3 i de Abstinentia lib. IV, cap. 7. 2) J o s e p h , Epiat, advers. apron.
324
Untereintheilungen
der
v o r g a b , wo er von Isis in den G e h e i m - L e h r e n unterrichtet worden sey '). Diese scheint eine Klasse von Menschen gewesen zu seyn, •welche in einer Stelle beim Democritus, die von Clemens und Eusebius abgeschrieben wurde, Arpedonaptae oder Arsepedonaptae genannt wurden 2 ). D e r Philosoph rühmt sich, dass e r es mit dem gelehrtesten ägyptischen Arpedonapten im Ziehen der Linien und im Entwerfen der Diagramme aufgenommen habe. 4. Die Iioroscopen oder Horologen, welche Astrologie trieben und wahrscheinlich jede Art von Zauberei, w enn w i r nicht voraussetzen, dass die Magie einer besondern nicht an dieser Stelle erwähnten Klasse gehörte. 5. W e r d e n Sänger erwähnt, welche zuerst in der P r o c e s s e n gehen; und es ist wahrscheinlich , dass Gesang und Musik einen besondern Zweig des Studiums ausmachten. Sie sangen täglich dreimal Hymnen auf die Sonne 3 ). 6. Die P a s t o p h g r e n , ein oft von den alten Schriftstellern erwähnter Priesterorden. Ihr Titel scheint , wie C u p e r 4 ) uns gezeigt h a t , „von naazoi," abgeleitet zu seyn, welches ein ausgeschmücktes Z i m m e r , Tabernakel oder Schrein heisst, worin die Priester die Götterbilder bei den Processionen auf den Schultern umhertrugen oder auf vierräderigen Wagen fuhren. Diodorus sagt 5 ), dass der Orden der Kyovxsg oder Herolde bei den Eleusinischen Mysterien von diesem ägyptischen Collegium abgeleitet sey." Aus diesem U m s t ä n d e , und aus der Beschaffenheit ihres Amtes könnte es wohl vermuthet w e r d e n , dass dieselben einen niederen Rang in der Hierarchie bekleideten, und wir finden ihrer erwähnt bei Clemens von Alexandrien, unter den dienenden Priestern der Tempel 6 ) . Porphyrius stellt sie zusammen mit den Keocori
oder
1) Lueian. in Philopseude. 2 ) Clemens Alex. Strom. lib. I. cap. i 5 . wie auch Euseb. praep. Evang. 3 ) Ebendaselbst. 4) C u p e r ' » Harpocrates , p. 1 2 9 scq) Herodot lib. III. cap. 37. a) Der Bischof W a r b u r t o n v e r m u t h e t , dass das A m t , den Körper einzubalsamiren, den Aerzten in der Absicht anvertraut worden sey , dass sie dadurch i n den S t a n d gesetzt würden, die K r a n k h e i t anatomisch zu u n t e r s u c h e n . Ich fürchte, dass diese schlaue Priesterschaft auf solche aufgeklärte Bestrebungen Leine triftigen Ansprüche habe. Siehe Buch IV. Abschnitt V. der göttlichen Sendung.
327 D r i t t e r
A b s c h n i t t .
Ileligions- Pflichten der Priester - Raste in Aegypten. Manche G e b r ä u c h e , welche von der Priester - Klasse in Aegypten beobachtet w u r d e n , verdienen unsere Aufmerksamkeit nicht n u r weil sie Licht, auf die in diesem L a n d e verschiedenen religiösen Ideen werfen, sondern auch wegen d e r Beziehungen , welche sie entweder mit den Institutionen d e r Hebräer oder auch mit denen der östlichen Nationen zu h a ben scheinen. W i r verdanken unsere Kenntniss der meisten dieser U m stände dem P l u t a r c h , insonderheit aber dem P o r p h y r i u s , w e l cher in dem vierten Buche seiner Abhandlung ü b e r die Enthaltsamkeit, die Lebensweise der ägyptischen Priester aus den W e r k e » des Chaeremon beschrieben hat. Die meisten jener Gebräuche o d e r V e r b o t e kann man auf die Idee der nothwendigen Reinheit , die von den D i e nern der Götter beobachtet w u r d e , beziehen ; obgleich es zuweilen schwer i s t , einzusehen, w a r u m die verbotenen A r tikel als verunreinigend angesehen w u r d e n , oder wie d i e Vorstellung irgend einer besondern Heiligkeit oder Tauglichkeit zu Religionszwecken mit d e r V e r o r d n u n g v e r b u n d e n seyn könnte. Es gab gewisse Zeiten der feierlichen R e i n i g u n g , zu •welchen alle Regeln d e r Enthaltsamkeit strenger als bei a n d e r n Gelegenheiten beobachtet wurden. Diese fanden statt, wann die Priester sieh zu irgend einem grossen Feste z u r E i n e der G ö t t e r vorbereiteten. Es w u r d e als nöthig a n g e sehen , dass sie sich selbst v o r d e r Vollziehung der Ceremonien reinigten , indem sie einen besondern Grad von F e i e r lichkeit in ihren Sitten beobachteten, u n d sorgfaltig jede Veranlassung zur Verunreinigung entfernten. Die Zeiten der Reinigung dauerten zuweilen zwei und vierzig, aber nie w e niger als sieben Tage v o r dem Feste. 0 Siehe über die ayveiat oder Reinigungen Porphyr, de Abslinenth !ib. IV cap, 6 u.
328
Religions - Pflichten
der
Allo Arten animalischer Nahrung war während jener heiligen Tage v e r b a t e n , und dieses Vexbot erstreckte sich sogar bis auf E y e r . Manche der Priester, vielleicht einige besondere Secten, welche den Character einer höhern Heiligkeit zu erhalten oder sich durch ihre "Werke auf E r d e n oder in einem zukünftigen Zustande höhern W e r t h zu verschaffen strebten , bemühten sich zu allen Zeiten, jedes Fleisch von irgend einem lebendigen Geschöpfe zu vermeiden. Andere genossen thierische Nahrung, aber unter manchen Beschränkungen hinsichtlich der besondern Arten, welche verzehrt werden durften; und es scheint, däss sie nur jene Thiere assen , welche als rein und passend für Opfer gehalten wurden. Das Schaaf wurde nie von den Priestern gegessen '). Das Schwein wurde besonders als unrein angesehen und niemals ausser bei dem jährlichen Feste des Osiris gegessen; wann dasselbe dem Gotte zur Zeit des Vollmondes geopfert w u r d e , und bei dieser Gelegenheit theilten es die Priester unter sich 2 ). Zu anderen Zeiten w a r dasselbe allen v e r b o t e n , mit Ausnahme der einen K a s t e , welche die Schweine h ü t e t e , die aber auch deswegen für so unrein gehalten wurde, dass es ihr nicht einmal erlaubt w a r , die Tempel der Götter zu betreten Von dem Rindgeschlecht wurden nie die weiblichen v e r z e h r t , weil sie der Isis heilig waren 4 ). V o n den männlichen durften diejenigen weder gegessen noch geopfert w e r d e n , welche entweder Zwillinge oder gefleckt oder sonst an F a r b e und Gestalt verschieden waren. Hierunter waren auch die begriffen, welche im J o c h e gegangen waren , oder denen ein Auge fehlte, oder von denen man sich einbildete, dass sie etwas dem menschlichcn An-
«) a) 3) 4)
Plutarch, Plutarch. Herodot. Hcrodot.
de Isitl. et Osir. cap 8. 5. a. Pint, daselbst. a.
Priester - Kaste.
329
sehen Aehnliches hätten. Diese Regeln so wie auch sehr viele andere waren in den Moscho - Sphragistica benannten Büchern enthalten '). Ebenso wie alle vierfiissige Tliiere , welche harte oder auch mehrfach gespaltene Hufe hatten, waren auch jene verboten, welche keine Hörner hatten 2). Alle fleischfressende Vögel und alle Fische waren unrein, weil man glaubte, dass sie sich von ihren eigenen Gattungen nährten; verschiedene Pflanzen waren unrein und man enthielt sich ihrer besonders in den Reinigungszeiten, wo ebenfalls alle Arten von Hülsenfrucht verboten waren 3 ); und Pythagoras scheint seine Abneigung gegen die Bohnen aus Aegypten erhalten zu haben. Dieselbe Beschrankung scheint sich auf die meisten andern Arten von Gartenkräutern ausgedehnt zu haben Alles Ausländische oder Erzeugnisse anderer L ä n d e r , und solche, welche in Aegypten nicht gedeihen konnten, waren verboten 5). Michaelis glaubt, dass dieses Verbot einen politischen Grund gehabt habe , wodurch man die Einfuhr von LuxusArtikeln aus fremden Ländern in Aegypten verhindern wollte 6), Dieses ist nicht unwahrscheinlich; aber dieses Verbot wurde unter einem betrügerischen Vorwande erlassen und durch eine religiöse Sanction bestätigt — ein Beispiel von Priester - T r u g , den man selbst f ü r das Wohl des Staates erfunden hatte. Unter dieser Rubrik waren auch "Wein und Oel begriffen. Zur Zeit des Hecateus und Herodot hatten die Priester ein Gewisses an Wein 7) ; aber dieses war, wie Plutarch uns
i) а) 3) 4) £>) б) 7)
Porphyrius daselbst. Porphyrius. Herodot. Plut, cap. 7. Porphyr. Porphyr. Michaelis Mosaisches liccbU Herodot.
330
Religions - Pflichten der
versichert, ein Beispiel von der eingeführten Lockerheit, welche seit dem Umgange mit den Griechen und andern Fremden so hiiufig geworden w a r , und manche Neuerungen in die strengen Sitten des Alterthums gebracht Latte Kurz vor der Regierung des Psammitichus w a r den P r i e stern der W e i n gänzlich verboten, und es stand wahrscheinlich nicht in der Macht der niedern Kasten sich denselben zu verschaffen. Sicher w a r derselbe nie ein gewöhnlicher' Nahrungsartikel in Aegypten 2 ). Ebenso enthielt man sich des Oels, oder man genoss dasselbe unter Beschränkungen , welches anzeigt, dass dessen Gebrauch f ü r ungesetzlich gehalten wurde 3). Brod war Wahrend der heiligen Tage untersagt. Zu andern Zeiten , wann die Priester Brod assen , besprengten si< dasselbe mit Hyssop , welches demselben, wie man glaubte, alle schädliche und verunreinigende Eigenschaften benahm Salz wurde f ü r unrein gehalten und w a r während der Reinigungs-Zeiten verboten 5 ). H a a r , W o l l e oder was auf irgend einem Thierkörper von selbst hervorwuchs , wurde als verunreinigend angesehen. Demnach w a r es den Priestern verboten, wollene K l e i der zu tragen. Sie kleideten sich selbst in Linnen und t r u gen aus Byblos gefertigte Schuhe 6 ). 1) Plut. de Isid. cap. 8. 2) In der Genesis lesen wir von dem M u n d s c h e n k des P h a r a o , u n d f i n d e n , dass der König den a u s g e p r e i s t e n S a f t des W e i nes t r a n k , a b e r dieses war M o s t , oder u n g e g o h r e n e r S a f t , u n d nicht W e i n , w i e M i c h a e l i s b e m e r k t h a t . S i e h e Genesis cap. XL. v. 9—13. Die A e g y p t i e r t r a n k e n anstatt W e i n e i n e Art Bier. S i e h e Herodot l i b . IF. Aeschylus s p i e l t auf diese als auf e i n e sehr sonderbare Gewohnheit an u n d z e i g t , dass seine L a n d e s l e u t e d i e A e g y p t i e r v e r a c h t e t e n , w e i l sie B i e r t r ä n k e n , gerade so v e r a c h t e n d i e Engländer die F r a n z o s e n , w e i l sie Holzschuhe tragen. 3) 4) 5) 6)
Porphyr. Porphyr. Plutarch. cap. 5 . Herodot. l i b . JPluUicli de Iai'ic cap 4-
Priester - Kaste.
331
Sie lagen in Betten , welche aus Palmzweigen gewebt waren, und gebrauchten als Hauptkissen halbcylinderförmige Stücke von polirtem Holze 1). Einer ähnlichen Vorstellung zu F o l g e Schoren sie jeden dritten Tag ihren ganzen K ö r p e r 2 ). Die ägyptischen Priester werden stets auf Gemälden und Sculpturen mit geschornen Häuptern vorgestellt. Es scheint indessen dass diese Gewohnheit, sich nur auf die Männer beschränkte, denn man sieht häufig in den Aufzügen und heiligen Processionen der ägyptischen Tempelmalereien Frauen , deren Haupt mit Haar bedeckt ist 3). Bei einigen feierlichen Gelegenheiten hielten es die Aegyptier für liöthig, mit nackten Füssen zu erscheinen. Die P y thagoräer ahmten den Aegyptiern hierin nach. „ D e r Philosoph" sagt Pythagoras, „ d e r nackt aus dem Schoosse seiner Mutter k a m , soll auch nackt, das heisst mit blossen Füssen, vor seinem Gott erscheinen" 4 ). Sie nahmen eine besonders feierliche Haltung an , lachten nie, und wandelten mit gemessenem Schritte einher und zu gewissen Zeiten vermieden sie die Augenlieder zu b e wegen 6 ). Einige Umstände , die man f ü r Veranlassung zu Verunreinigung hielt, erinnern uns an die gesetzlichen Befleckungen des mosaischen Gesetzes 6). E s wurde jemand unrein durch Berührung eines Leichnams, oder wenn er auch nur in das Haus ging, wo ein solcher lag. Diogenes Laertius benachrichtigt u n s , dass P y thagoras, wenn er von einem Leichenbegängnisse zurückkehrte , oder aus einem Hause kam , in welchem sich eine kreissende F r a u befand, stets sich sorgfältig gewissen Reini-
1) Porphyr, wie oben. 2) Herodot. wie oben. 3) Siehe M o n t f a u c o n , Antiquité e x p l i q u é e , tom. II. pl. a86 etc. 4) Demophili sententiac Pythagoreae Michaelis Mosaisches Reiht. i>) Porphyr, de Abstinent, wie oben, 6) Siehe Porphyr. 4 t e s Buch 7. Capilel wo jene verschiedene Ursachen der Verunreinigung aufgezählt werden.
«
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Rcügions - Pflichten der
gungs - Ceremonien unterzogen habe. W i r können kaum zweifeln, dass Pythagoras diese Vorstellung von seinen ägyptischen Lehrern erhalten hatte. Euripides spielt auf ähnliche Ideen a n , welche unter den Verehrern der Diana in Griechenland geherrscht haben '), und in einigen Versen desselben Dichters , welche uns Porphyrius a u f b e w a h r t h a t , finden wir verschiedene Ideen und Gewohnheiten der ägyptischen P r i e s t e r , welche den Idäischen Kureten , oder den Priestern des Jupiter auf K r e t a zugeschrieben werden. nuvXsvy.a ä's/cov eifiara cpevya ysvtai'v TS §()OTWV, V.AI VIXQOD-IJXTJG ov /Qi/itnio/Liivog, j?jv z'i/nipv/cüv ßpiZmv iätattäv ncrfvXuy/nui. „Ich f ü h r t e ein keusches Leben , gekleidet in weissen Gewändern; vermied ich es, mich einem Leiehnabme zu n a hen , auch verunreinigte ich mich n i c h t , indem ich T h i e r fleisch ass." 2). Die ägyptischen Priester bedienten sich häufig des W a s sers zur Weihung oder Reinigung. Jeder Priester war v e r pflichtet , sich zweimal des Tags und zweimal des Nachts mit kaltem Wasser zu waschen ; oder nach P o r p h y r i u s , dreimal während des Tags, nämlich beim Aufstehen aus dem B e t t e , v o r der Hauptmahlzeit and beim Schlafengehen 3). Die letzte Gewohnheit, welche, wie mir d ü n k t , der Mühe w e r t h ist, aufzuzeichnen, ist der sehr berühmte religiöse Gebrauch der Beschneidung. Dieser Ritus , obgleich einige das Gegentheil behauptet h a b e n , beschränkte sich in Aegypten n u r auf die Priesterklasse : bei-dem Volke war er nicht gebräuchlich. Herodot drückt sich in der That an einer Stelle zweideutig über diesen Gegenstand aus 4 ) ; aber in einer andern beschränkt er die Beschneidung nur auf die Kinder der Priester 5 ).
i ) E u r i p . Iphig- i n T a u r i i l v. 3 8 o . a) P o r p h y r , l i b . I V . cap. 19. 3) V e r g l e i c h e H e r o d o l lib, ^ 4) H e r o d . l i b . I I . cap. 5) Ibicl
und r o r p h j r . Iii
4 *
l i b . 11. cap. 3 6 .
4
Priester - Kaste.
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Es scheint aus dem Briefe des Josephas an den Apion, dass dieser Gebrauch nicht von allen Aegyptiern ohne U n terschied vollzogen wurde, sondern verhältnismässig nur von wenigen P e r s o n e n ' ) . . Horapollo erwähnt desselben , als eines e i g e n t ü m l i c h c n Gebrauches der heiligen Kaste 2 ). Und Origenes hat die Personen genau angegeben, die sich diesem heiligen Gebrauche unterwerfen rnussfen. Er sagt, „Jeder ägyptische P r i e s t e r , Augur, oder Prophet oder ein anderer Religionsdiener unterziehet sich der Beschneidung; es wird niemand zur Erlernung der P r i e s t e r - C h a ractcre der alten Aegyptier zugelassen, wenn er nicht zuvor dieser Verordnung nachgekommen ist" 3 ). Demnach erfahren w i r , dass Pythngoras, bevor er in die geheimen Wissenschaften der Aegyptier eingeweiht werden konnte, verpflichtet w a r , sich nach diesem angenommenen Gebrauche zu richten. Endlich wurde in d e n , in einem früheren Thcile dieses W e r k e s aus dem Athenäus angeführten Versen des Anaxandrides b e m e r k t , dass die Priester sich der Beschneidung unterziehen; ohne irgend eine Bemerkung, dass sie auch von Personen der andern Kasten vollzogen wurde 4 ). Es war ein anderer G e b r a u c h , der nahe mit-diesem R i tus verwandt w a r , von dessen genauer Beschaffenheit wir aber nicht unterrichtet sind. Strabo sagt: Es war ein G e setz unter den Aegyptiern ,,xai
TU &!jXttt
¿xrefivtiv."
So wie alle heiligen Verordnungen der Priesterschaft in keinem andern Lande ausser Aegypten gehalten werden k o n n t e n , und da durch das Reisen in fremden Ländern ein Aegyptier sich nothwendiger W e i s e zahllosen Verunreinigungen aussetzen musste , so wurde es für eine sehr gottlose Handlung gehalten, sich einzuschiffen , und über das Meer
1) I o t e p h . , Epist. ad Apion. 2) De Cynocephal. Horapoll. Hieroglyph. 3 ) Origen. Comm^nt. in Epist. ad Romanoi cap, II. i3. 4 ) Siehe oben S .
18.
334'
Vergleichung der indischen
in ein fremdes Land zu reisen. Dieses war bloss denjenigen erlaubt, die mit einem königlichen Auftrage dahin geschickt w u r d e n , um Staatsgeschäfte zu besorgen ').
Kote über das IV. Buch Cnp. III. Bemerkenswerth ist die bleibende W i r k u n g , welche durch die erblichen Kasten auf den Zustand der menschlichen Gesellschaft hervorgebracht wurde. W i r haben bereits auf eine Thatsache hingezeigt, welche einen Beweis und eine Erklärung über diese Bemerkung liefert; das ist, die Uebereinstimmung zwischen der gegenwärtigen bürgerlichen Verfassung der Hindus , und die Beschreibung, welche uns von derselben Nation von Megasthenes überliefert w i r d , welcher ihr Land fast drei Jahrhunderte vor der christlichen Zeitrechnung besuchte. Aber ein auffallender Umstand ist die Uebereinstimmung der Gewohnheiten der Aegyptier, wie dieselben von alten Geschichtschreibern beschrieben w e r d e n , und den Gewohnheiten der Hindus, wie sich dieselben uns in ihrem gegenwärtigen Zustande darbieten, und in dem Codex ihres Gesetzgebers Manu niedergelegt sind.
1) Porphyr, wie oben. Dieses V o r u r t h e i l herrschte in demselben Grade u n t e r den Rrahmancn in Indien. In der T h a t h a b e n wir die ganze Art u n d W e i s e des Systems der Verordnungen in genauer Gleichförmigkeit mit d e n Vorurtheilen der Hindus überblickt. W i r k ö n n e n n i c h t jedem besondern Gebrauelie , der bei denselben h e r r s c h t , n a c h s p ü r e n , aber es ist k l a r , dass ähnliche D e n k a r t e n u n d dieselben Grundprincipien durch verschiedene Umstände modificirt , ihre W i r k u n g auf jene b e i d e n Nationen entfaltet h a b e n .
und ägyptischen Kasten.
335
Ich will mich bei der Aufstellung dieses Vergleichs nicht z.u weit von unscrm Gegenstände entfernen. Megasthenes begleitete den macedonischen E r o b e r e r nach Indien, während dieser Expedition hatte er Gelegenheit das Pcnjab Pentepotamia zu sehen '). E r wurde nachher von Seleucus in einer Gesandtschaft an den König der Prasier geschickt, und hielt sich einige Zeit am Hofe von Palibothra auf. E r hatte daher überhaupt hinlängliche Gelegenheit, mit den Gewohnheiten der Indier bekannt zu werden. Sein ursprünglicher Bericht kam nicht bis auf unsre T a g e ; aber es ist wahrscheinlich , dass der Haupttheil der Wachrichten, welche derselbe enthielt , von Arrian , S t r a b o und Diodor aufbehalten wurde. In der That sind die Erzählungen, welche jene Schriftsteller über die indischen Stämme auf die Autorität des Megasthenes überliefert h a b e n , unter sich selbst so genau übereinstimmend , dass man sie als wenig veränderte A usziige aus dem Original-Werk erkennen kann. Arrian ist am genauesten und am umständlichsten in seiner Beschreibung ; a b e r Strabo und Diodor haben einige E i n zelheiten erwähnt, welche er übergangen hat. Das Folgende ist die Uebcrsetzung jener Stellen in Arrians I n d i c a , welche seine Berichte über die indischen Kasten oder Stämme enthalten, mit noch einigen von ihm übergangenen U m ständen aus den Werken anderer Compilatoren, die ihre Kunde aus derselben Quelle ableiteten. „ D i e ganze indische Nation," sagt A r r i a n , „ist in sieben Haupt-Stämme getheilt. Einer von jenen Stämmen b e steht aus weisen Männern, der aber nicht so zahlreich ist, als die andern Stämme sind; aber im Range und in der öffentlichen Achtung am höchsten steht. Denn die Glieder desselben sind weder verpflichtet irgend eine körperliche Arbeit zu verrichten, noch von dem Einkommen ihrer Güter zu den Staats - E i n künften beizutragen. Kurz, die weisen Männer haben keine
i ) V c r g l . L a s s e n , ü b e r d a s P c n j a b P c n t a p o t a m i a Indica eoramentatio.
Bonnae 1 8 2 ; . 4>
D e r Uebers.
336
Vcrgleichung der
indischen
a n d e r e Pflicht, als den G ö t t e r n f ü r das öffentliche W o h l i r u diens feierliche O p f e r darzubringen ; auch ist es gleichfalls a n g e o r d n e t , dass, wenn irgend jemand ein P r i v a t o p f e r d a r bringen w i l l , ihm einer d e r weisen M ä n n e r als Obera'ufselier d e r heiligen Riten dazu Beistand leisten m u s s , d e n n ohne eine solche Vorsicht glaubt man , dass das O p f e r d e n G ö t t e r n nicht angenehm sey. Aus dem ganzen indischen Volke besitzen n u r jene Personen die K u n s t zu p r o p h e z e i hen , auch darf Niemand ausser diesen dieselbe ausüben. Die P r o p h e z e i h u n g betrifft die Jahreszeiten, u n d sagt öffentliche, die Nation b e d r o h e n d e Unglücksfälle v o r h e r , a b e r die E r f a h r u n g dieser weisen Männer erstreckt sich nicht auf die Angelegenheiten von P r i v a t p e r s o n e n , sey es nun , dass sie glauben, dass die Macht des Auguriums sich nicht auf so kleinliche Einzelheiten ausdehne, oder dass sie derartige G e genstände f ü r i h r e Zeit u n d Anstrengung zu u n w ü r d i g halten." A r r i a n b e m e r k t ferner, dass die weisen Männer nackend gehen u n d in der freien Luft leben, indem sie sich im S o n m e r vor der Sonnenhitze, u n t e r einer Art von breiten B ä u men s c h ü t z e n , von denen Nearchus einen s a h , der so gross • w a r , dass sein Schatten f ü n f Morgen Landes bedeckte, u n d einen hinlänglichen R a u m gewährte, u m zehntausend P e r s o nen vor den Sonnenstrahlen zu schützen '). E r f ü g t h i n z u , dass i h r e Nahrung aus F r ü c h t e n u n d aus andern Gegenständen des Pflanzenreiches bestehe. D i o d o r nennt diesen Stamm ,,Philosophen." E r s a g t , „sie haben die Oberaufsicht ü b e r die Leichenbegängnisse, weil sie mit den Angelegenheiten d e r niedern Regiorien b e k a n n t s i n d , f ü r welches Amt sie ansehnliche Belohnungen u n d Ehrenbezeugungen erhalten:" In andern einzelnen U m ständen stimmt dieser Schriftsteller im Wesentlichen seiner Beschreibung mit A r r i a n ü b e r e i n . „ D e r sechste Stamm d e r I n d i e r , den w i r aus Ursachen, die sich jetzt zeigen w e r d e n , an d e r zweiten Stelle e r w ä h -
i ) D i e s e s s i n d oliuc Zweifel d i e B a n y a n e n - B ä u m e .
und ägyptischen Kasten.
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nen wollen, sind die Episcopi otler Oberaufseher, sie fiibren die Oberaufsicht über das, was in dem Lande und den Städten v o r g e h t , und da wo eine monarchische Regierung vorhanden ist, ertheilen sie dem Könige Nachricht; in unabhängigen Städten aber dem Magistrate. E s ist fiir sie ein Verbrechen einen falschen Bericht abzustatten, auch wurde noch keine derartige Klage gegen sie vorgebracht." Der siebente Stamm besteht aus Personen, welche dem Könige über Staatsangelegenheiten Rathschläge ertheilen , oder auch dem Magistrate in freien Staaten. Diese Klasso ist nicht zahlreich, aber an Weisheit und Rechtschaffenheit sind ihre Mitglieder sehr ausgezeichnet. Aus dieser Corporation werden die Magistratspcrsonen gewählt, unter denen sich denn aueb die Statthalter der Districte so wie auch die Vize-Statthalter , die Schatzmeister , die Befehlshaber der Truppen , und die der Schiffe , die Magazinverwalter und die Oberaufseher über das, was den Ackerbau betrifft, befinden. Jene drei Stämme sind augenscheinlich U n t e r a b t e i l u n gen der grossen Brahmanen- K a s t e , aus der gewisse F a m i lien weltliche Aemter erhalten. W i e genau diese Schilderung des Megasthenes mit den spätem Gebräuchen übereinstimmt, wird aus den folgenden Bemerkungen klar werdenD e r eigentliche Beruf eines Brahmanen ist, über göttliche Dinge nachzudenken, und seinen Bedarf muss er sich durch Almosen verschaffen. Aber durch das Verderbnis« der s p ä t e m Zeiten wurden manche aus der cdcln Kaste gezwungen, sich selbst mit Beschäftigungen abzugeben, die ihrer unwürdig waren, so wurden sie zum Beispiel Städteverwalter und Richter, K a s s e n - und Rechnungsführer; ja sogar Hessen sich einige h e r a b , durch Sclaven die E r d e zu bebauen , d a h e r , wie Dr. F . Bucbanan b e m e r k t , die U n terscheidung der Brahmanen in Vaidika und Laukika veranlasst wurde. Die Verschiedenheit der Beschäftigung bringt keinen absoluten Unterschied der Kasten hervor; die T o c h ter eines Vaidika kann eine Laukika heirathen, oder der Sohn eines Laukika sich selbst mit der Beschäftigung eineVaidika abgeben; aber solche Beispiele sind ungewöhnlich.
\ ergleichung der indischen besonders bei der letztem Raste, in welcher man anf den neuen Vaidika stets als auf einen von unedler Geburt herabsieht , und die Familie wird nur nach einigen Generationen, die sie dem Studium und der Abtödtung w i d m e n , als rein .ingesehn. Die Beschreibung der sechsten und siebenten Klasse von Arrian beweist, dass jene Abtheilungen von den L a u k i k a Brahmanen waren ; das letztere stimmt merkwürdiger "Weise mit dem folgenden Berichte über gewisse in Südindien u n ter dem Hamen der Tahsildar bekannte Beamten überein. „Die Pflicht eines Tahsildar, sagt D r . Bucbanan, i s t , die Districte zu bereisen , die Aufführung der D o r f b e a m t e n zu ¡Rspiciren, so wie auch dieselben von der U n t e r d r ü c k u n g der Pächter abzuhalten, und von der Bebauung solcher G r ü n d e , welche keine Rente tragen. E r beaufsichtigt auch die Ausbesserung der Dciche und K a n ä l e ; er empfängt die Einkünfte von den Dorfbeamten und überliefert dieselben sorgfältig an die Hauptscliatzkammer, er handelt als Civilbeamter in der ersten Instanz, indem er alle Streitsachen entscheidet , aber in jedem Falle findet noch eine Appellation an den O b e r heamten statt. Als Polizeibeamter nimmt er alle Criminalsachen auf, und nachdem er die Zeugen abgehört h a t , sendet er einen Bericht von dem Vorgange an den Oberbeamten, der entweder die Bestrafung v e r f u g t , oder wenn er damit nicht zufrieden i s t , die Sache persönlich untersucht; der Bericht, den Herr Forbes von den Brahmanen von Malabar g i b t , stimmt so genau mit der Beschreibung des Arrians überein, dass ich nicht umhin k a n n , folgende Stellen anzuführen : „Die Malabar-Brahmanen gleich jenen in andern Theilen Indiens bilden zwei ausgezeichnete Klassen , denen verschiedenartige Geschäfte obliegen; beide werden von den andern Kasten f ü r heilig gehalten; eine hat die unumschränkte und gänzliche Verwaltung von Allem, was sich auf die Religion bezieht, und beschäftigt sich durchaus nicht mit weltlichen Angelegenheiten. Die Mitglieder dieser Kaste verbringen ihre Tage in den geweihten Hainen ihrer Tempel, iu religiösen Ceremnnien, oder in tiefsinniger Starr-
und ägyptischen Kasten. lieit, oder im Studium der heiligen B ü c h e r , welche ü b e r Astrologie, Arzneikunde oder fabelhafte Sagen handeln. Sie schärfen W o h l w o l l e n gegen die Menschen und Milde gegen die thierische Schöpfung ein , u n d w e r d e n von den u n t e r n Stämmen v e r e h r t , welche hei ihren H a u p t e r n schwören u n d ihnen mit kindlicher Liebe zugethan sind. Die B r a h m a n e n , welche in grossen Städten l e b e n , und die u n t e r ihren respeetfven Fürsten als Regierungsbeamle, als E i n n e h m e r der Revenuen oder f ü r a n d e r e Staatsverwallungszweige angestellt s i n d , e r w e r b e n sich diesen liebenswürdigen C h a r a k t e r nicht. Sie können im Gegentheil mit den so oft e r w ä h n t e n Despoten in eine Klasse gesetzt w e r d e n , welche gefühllos die R u t h e d e r U n t e r d r ü c k u n g ü b e r das Leben u n d Eigenthum ihrer Mitmenschen schwingen , obgleich d u r c h eine s o n d e r b a r e Inconsequenz eben dieselben P e r s o n e n , i h r e m empfangenen U n t e r r i c h t e gemäss, bei dem T o d e eines Insects von Schaudern ergriffen w e r d e n , oder bei der Vorstellung, ein lebendiges Thierchen einzuhauchen , zittern sollen Es gibt a b e r noch eine a n d e r e Abtheilung der B r a h manen , welche Aufmerksamkeit verdienen. Dies sind die Mitglieder jener Kaste, welche Numbi heissen u n d in dem Tempel des W i s c h n u und Schiwa angestellt sind. Sie stehen so weit in der öffentlichen Achtung dein Laukika und Vaidika an W ü r d e nach , dass sogar d e r niedrigste V a i d i k a - B r a l i m a n e sich nicht mit d e r Familie eines Numbi verheirathen will. Die Gurus sind erbliche T e m p e l v o r s t e b e r , die P u r o h i tas sind die Familien - P r i e s t e r , deren Geschäft es i s t , die O p f e r in den Häusern zu vollziehen, u n d d e r Privatandacht, der Hindus beizustehen, "wie dieses schon oben von Arrian b e m e r k t w o r d e n ist. Dieses ist die Beschreibane»'j Oriental. Mom., Vol. 1. p. 376.
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\ «i'yli ichung der indischen
r e r m u t h e n , zu einer noch frühern P e r i o d e , weil es anders unmöglich w ä r e , die Verfassung der indischen und ägyptischen Hierarchie in Üebereinstimmung zu bringen. Denn es ist überflüssig zu bemerken , dass man kaum einen Zug in dem Umriss findet, den w i r jetzt entworfen haben, w e l cher nicht fast genau sowohl das E i n e als auch das Andere ergänzt. Sowohl in Indien als in Aegypten hatte die P r i e s t e r - K l a s s e dieselben Aemter zu verrichten. I3ic Unterabtheilungen der Klasse und die Vertheilung der Functionen für die verschiedenen Orden waren dieselb e n , und endlich hatten in beiden Ländern besondere F a milien ihre besondern Aemter. Dem Guru in Indien folgt der S o h n : so war es auch in Aegypten mit dem Präsidenten eines jeden Collegiums der Fall. Der Puroliila hatte dieselben Amtspflichten, w e l che dem Mosaischen Gesetze zufolge die besondere L e v i t e n Klasse hatte. Es wird aus Gründen , die ich jetzt darthun w e r d e , wahrscheinlich, dass die mosaische Staatsverfassung in dieser Hinsicht mit den Gewohnheiten der Aegyptier übereinstimmt. W i r wollen jetzt aus Arrians W e r k e die Schilderung mittheilen, welche derselbe von den andern indischen K l a s sen macht. Die Krieger-Klasse, die Megasthenes den fünften Stamm der Indier n e n n t , war diesem Schriftsteller zufolge an Zahl der Ackerbau treibenden Klasse die nächste. Sie gemessen die grösste F r e i h e i t und sind die muthigsten und kräftigsten Glieder der ganzen Nation. Die Waffen und der nöthige Bedarf an Pferden werden ihnen von andern verschafft, alle schweren Arbeiten im Lager werden von Personen verricht e t , die für ihre Pferde Sorge t r a g e n , ihre Waffen reinig e n , ihre Elephanten führen, ihre W a g e n anspannen und f a h r e n , sie selbst aber führen den K r i e g so lange es nöthig ist, wenn jedoch der Friede einmal geschlossen ist, v e r b r i n gen sie ihr Leben in Ruhe und Wohlhabenheit. D e r von Megasthenes im zweiten Range erwähnte A c k e r bau treibende Stamm ist der zahlreichste unter allen indischen Kasten. Diese Leute besitzen weder eine Militärstelle,
u n d ägyptischen
Kasten.
Doch stehen sie mit den Kriegsangelegenheiten in i r g e n d einer V e r b i n d u n g , s o n d e r n b e b a u e n den B o d e n u n d zahlen den Königen o d e r in F r e i - S t a a t e n den M a g i s t r a t e n T r i b u t . B r i c h t ein B ü r g e r - K r i e g u n t e r den I n d i e r n a u s , so ist es gegen das K r i e g s r e c h t , die A r b e i t e n d e r L a n d l c u t e zu s t ö r e n , o d e r das L a n d zu v e r h e e r e n , s o n d e r n die a n d e r n fechten u n d schlagen i h r e F e i n d e , w o sie Gelegenheit dazu finden, w ä h r e n d d e r L a n d m a n n u n g e s t ö r t das L a n d in i h r e r G e g e n w a r t p f l ü g t , seine W e i n l e s e h ä l t , u n d sein Holz u n d seine A e r n d t e einsammelt. „ ü e s s h a l b , " sagt D i o d o r , „ b r i n g t d e r Boden G e t r e i d e in U e b e r f l u s s h e r v o r , da er nie d u r c h diu V e r w ü s t u n g e n des K r i e g s leidet. D i e B a u e r n w o h n e n mit i h r e n F r a u e n u n d K i n d e r n auf d e m L a n d e u n d k o m m e n d u r c h a u s in k e i n e B e r ü h r u n g mit den S t ä d t e n ; sie bezahlen den Königen f ü r i h r e G ü t e r eine R e n t e , indem ganz I n d i e n königliches E i g e n t h u m i s t , u n d kein P r i v a t m a n n das R e c h t h a t , L a n d zu besitzen. Die R e n t e b e t r ä g t den vierten Theil des E i n k o m m e n s , w e l c h e r a n die königliche Kasse bezahlt wird." E i n a n d e r e r S t a m m besteht aus H a n d w e r k e r n , K l e i n h ä n d l e r n u n d aus P e r s o n e n , w e l c h e von k ö r p e r l i c h e r A r b e i t leben. Diese bezahlen eine kleine A b g a b e u n d v e r r i c h t e n b e s t i m m t e A r b e i t e n , v e r f e r t i g e n "Waffen, u n d b a u e n Schiffe, w o f ü r sie L o h n e r h a l t e n . " „ V o n diesem S t a m m e sind die S c h i f f b a u e r u n d die Schif f e r , w e l c h e die S t r ö m e b e f a h r e n . D i e zwei letztgenannten Klassen schliessen die verschiedenen Abtheilungen d e r Vaisyau n d S u d r a - K l a s s e n e i n , obgleich sie n i c h t g e n a u u n t e r schieden sind. , , E i n siebenter S t a m m w i r d e r w ä h n t , d e r aus G e b i r g s b e w o h n e r n b e s t a n d , welche w a n d e r n d e H i r t e n u n d J ä g e r waren. „ E h e l i c h e V e r b i n d u n g e n zwischen den verschiedenen S t ä m m e n sind v e r b o t e n , a u s g e n o m m e n zwischen den A c k e r bauern und Handwerkern." W i r k ö n n e n b e m e r k e n , dass diese A b t h e i l u n g e n nach d e m Staatsgesetze von I n d i e n zu e i n e r grossen Klasse g e h ö r e n . „ W e d e r d ü r f e n die I n d i e r von einem H a n d w e r k t u m
342
Vergleichung der indischen
andern übergehen, noch darf eine Person mehr als eines betreiben, ausgenommen die Mitglieder der Priesterklasse, welche dieses ihrer überlegenen Geistesgaben wegen thun dürfen." Ich will diese Bemerkungen über die H i n d u - K a s t e n mit folgender Stelle aus Manu's Institutionen schliessen , welche die Pflichten der vier grossen Volksabtheilungen bestimmen und eine so nahe Beziehung auf die Staatsverfassung der Aegyptier haben , als auf die Gewohnheiten der Hindus selbst. „ U m dieses Weltall zu erhalten, theilte das erhabene glorreiche Wesen denjenigen, die respectiv aus seinem Munde, «einen Armen, seiner Hüfte und aus seinen Füssen entsprungen , besondere Pflichten zu. „Den Bralimanen legte er die Pflichten a u f , den V e d a tu lesen, ihn zu l e h r e n , zu opfern , Andern beim Opfer beizustehen, Almosen zu spenden, wenn sie reich sind; und, VFenn sie arm sind , Gaben zu empfangen. „ D a s Volk zu vertheidigen, Almosen zu geben, z u opfern , den Veda zu lesen, den Lockungen sinnlicher V e r gnügungen auszuweichen, sind in wenigen Worten die Pflichten eines Kschatriya. „Viehheerden zu halten , milde Gaben zu s p e n d e n , Opfer zu b r i n g e n , die heil. Schrift zu lesen , Geschäfte zu m a c h e n , auf Zinsen zu leihen, das Land zu bebauen, sind dem Vaisya vorgeschrieben oder erlaubt. „ E i n e Hauptpflicht schrieb der erhabene Schöpfer dem Sudra v o r , nämlich den vorerwähnten Klassen zu dienen, ohne ihren W e r t h zu verachten." Ich will mich nicht in fernere umständliche Auseinandersetzungen über d a s , was die einzelnen Klassen b e t r i f f t , einlassen. E s ist genug gesagt w o r d e n , um in den Hauptpunkten eine Beziehung zwischen.Indien und Aegypten nachzuweisen. Dieselben Vorschriften über Enthaltsamkeit, dieselbe Aufmerksamkeit in Betreff der Reinigungen und ähnliche Vorstellungen über d a s , was Befleckung oder gesetzliche Verunreinigung veranlasst, finden sich in den G e schichten beider Völker.
und ägyptischen Kasten.
343
Den Brahmanen gleich den alten Priestern Aegypten» war es nicht erlaubt ihre Heimath zu verlassen, um sich selbst in fremden L'ändern unvermeidlichen Abweichungen vom Gesetze auszusetzen. S o g a r jene Individuen dieser e r habenen K a s t e , welche die Höfe fremder Fürsten als Gesandte von ihren eigenen Regenten besucht hatten, waren bei ihrer Heimkehr gezwungen, sich einer Ceremome zu unterwerfen, welche als eine symbolische Wiedergeburt b e trachtet w u r d e , bevor sie als rein von der Befleckung angesehen weiden konnten, die sie sich durch ihre Reise in unreine Länder zugezogen halten , und bevor sie die V o r rechte ihrer K a s t e wieder gemessen konnten ').
IV- C a p i t e 1. Vcrgleichung
der
mosaischen
mit den G e s e t z e n
Verordnungen
und Gewohnheiten
der
A e g y p t i e r.
Erster
Abschnitt. Einleitung.
Es wurde oft bemerkt, dass verschiedene Theile des mosaischen Gesetzes eine gewisse. Aehnlichkeit mit einigen von der ägyptischen Priesterschaft beobachteten Verordnungen haben. Diese Analogie ist auf sehr entgegengesetzte Weisen ausgelegt worden. Einige Schriftsteller haben ganz entschieden behauptet, dass Moses ein blosser Nachahmer der lieidi ) S i e h e F o r b e s ' s Orienlal. Mcmolrä V o l . I. p. 3 7 9 , wo sich noch ciuige wichtige B e m e r k u n g e n ü b e r d i e i e u G e g e n s t a n d
finden.
und ägyptischen Kasten.
343
Den Brahmanen gleich den alten Priestern Aegypten» war es nicht erlaubt ihre Heimath zu verlassen, um sich selbst in fremden L'ändern unvermeidlichen Abweichungen vom Gesetze auszusetzen. S o g a r jene Individuen dieser e r habenen K a s t e , welche die Höfe fremder Fürsten als Gesandte von ihren eigenen Regenten besucht hatten, waren bei ihrer Heimkehr gezwungen, sich einer Ceremome zu unterwerfen, welche als eine symbolische Wiedergeburt b e trachtet w u r d e , bevor sie als rein von der Befleckung angesehen weiden konnten, die sie sich durch ihre Reise in unreine Länder zugezogen halten , und bevor sie die V o r rechte ihrer K a s t e wieder gemessen konnten ').
IV- C a p i t e 1. Vcrgleichung
der
mosaischen
mit den G e s e t z e n
Verordnungen
und Gewohnheiten
der
A e g y p t i e r.
Erster
Abschnitt. Einleitung.
Es wurde oft bemerkt, dass verschiedene Theile des mosaischen Gesetzes eine gewisse. Aehnlichkeit mit einigen von der ägyptischen Priesterschaft beobachteten Verordnungen haben. Diese Analogie ist auf sehr entgegengesetzte Weisen ausgelegt worden. Einige Schriftsteller haben ganz entschieden behauptet, dass Moses ein blosser Nachahmer der lieidi ) S i e h e F o r b e s ' s Orienlal. Mcmolrä V o l . I. p. 3 7 9 , wo sich noch ciuige wichtige B e m e r k u n g e n ü b e r d i e i e u G e g e n s t a n d
finden.
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Vergleiehung d. mos. Religionsgebräuche mit d. ägypt,
nischen Institutionen gewesen sey : andere aber sagen, ohne hinlänglichen historischen Beweis, und mit sehr wenig W a h r scheinlichkeit , die A e g y p t i e r haben die Verordnungen des hebräischen Gesetzgebers copirt. Dieser Gegenstand w u r d e von wohlbekannten Schriftstellern weitläufig e r ö r t e r t , u n d die meisten Thatsachen, die n n r irgend eine Beziehung hierauf h a t t e n , wurden angeführt und verglichen. Ich k ö n n t e d a h e r fuglich diesen Gegenstand u n b e r ü h r t lassen , w e n n sich nicht auf den vorhergehenden Seiten wie von selbst einige Bemerkungen gelegentlich d a r geboten h ä t t e n , deren Inhalt ohne f e r n e r e E r k l ä r u n g missverstanden werden dürfte. S o w o h l dieses als auch oinige a n d e r e Beweggründe veranlassen mich zu folgenden allgemeinen Bemerkungen ü b e r diese Beziehungen zwischen den h e b r ä i s c h e n u n d ä g y p t i s c h e n V e r o r d n u n g e n , welche so oft die Aufmerksamkeit der Theologen u n d Alterthumsf o r s c h e r e r r e g t haben. Ich w e r d e mich selbst aus b e k a n n ten Ursachen n u r auf einen ellgemeinen Ueberblick b e schränken, und mich bei besondern Erklärungen auf Schriftsteller b e z i e h e n , die ü b e r die verschiedenen Zweige dieses Gegenstandes ausführlich gehandelt haben. Es ist mein P l a n , die mosaischen Institutionen mit den ägyptischen u n t e r drei verschiedenen Beziehungen zu v e r gleichen : erstens in Beziehung auf die Theologie oder R e ligionslehre ; zweitens, in Bezug auf die gesellschaftlichen u u d politischen E i n r i c h t u n g e n ; u n d drittens sollen auch die heiligen G e b r ä u c h e u n d Ceremonien so wie alle äusserliche Religions-Uebungen u n d die priesterliche Disciplinen betreffenden Handlungen in B e t r a c h t gezogen werden.
345
Z w e i t e r
A b s c h n i t t .
Die theologische Lehre des Moses verglichen mit der der Aegyptier. In Bezug auf Theologie können zwei Systeme sich nicht Schröder einander entgegenstehen, als das mosaische dem der Aegyptier entgegenstand. Die letztere Religion personificii le, wie wir gesehen, die Elemente und die physischen K r ä f t e , deren Wirkung in den Naturerscheinungen am auffallendsten i s t , und ihre theologischen Fabeln erstrecken sich, genau untersucht, wenig weiter als auf die bildliche und phantasievolle Schilderung der Phänomene der materiellen W e l t , oder auch auf die Ursachen, die man als deren Veranlassung annahm. Sie verehrten der Reihe nach fast jeden Gegenstand, der sich am Himmel zeigte, und jedes mit Bewegung b e gabte Geschöpf auf Erden. Das mosaische Gesetz hingegen richtet, wie wohl bekannt, seine schärfsten Verbote gegen jede Art von Götzendienst, und befiehlt die Verehrung des Einen unsichtbaren Gottes. Es ist w a h r , dass die Aegyptier unter ihren esoterischen oder philosophischen Lehren die Existenz eines geistigen und ewigem Wesens anerkannten; aber diese Lehre w u r d e sorgfältig vor dem Volke verheimlicht, anstatt dass sie die Grundlage und der geofFenbarteste Theil der Volks - Religion hätte werden sollen; auch w a r sie in den Darstellungen der Aegyptier durch grillenhafte Phantasieen entstellt, die ihre einfache und erhabene W i r kung zerstörten. Sie wurde mit abergläubischen Vorstellungen so zusammengesetzt, dass sie in hohem Maasse ihrer moralischen Sanction beraubt ward. E s kann in der That eingewendet werden, dass grösste Verderbniss zu einer nachmosaischen Zeit in ägyptische Religion gekommen sey, und sie daher in Tagen des hebräischen Gesetzgebers eine ganz andere ltalt gehabt haben k ö n n e , als wir aus dem Zeugnisse
das die den Geweit
346
Verglcicliung der theologischen Lehre des Moses
späterer Zelten erhalten. Aber wenn die Aegyptier in hohem Maasse den einfachen Glauben der Patriarchen zu der Epochc behalten h a t t e n , auf welche wir uns beziehen, so haben wir noch stärkere Gründe anzunehmen, dass derselbe in einem nicht weniger ächten Zustand unter jenen Nomaden Völkern geblieben sey, deren einfache und unveränderliche Haltung und Lebensart alle grosse Erneuerungen in Gebräuchen und Meinungen ausscliliesst. "Wir müssen daher schliessen, Moses habe bei der Ver kündigung jener grossen und lichten L e h r e , die er stets als den Zweck und das Hauptziel aller Verordnungen betrachtete, sich weder durch die Dogmen noch durch den Einiluss der Beispiele seiner ägyptischen Lehrer leiten lassen,
D r i t t e r
A b s c h n i t t .
Politische und bürgerliche Einrichtungen des Moses, v e r glichen mit denen der Aegyptier. In der von Moses gegründeten politischen und b ü r g e r lichen Einrichtung finden wir einige Beispiele, welche mit der ägyptischen Regierungsart übereinstimmen, und andere, welche einen merkwürdigen Gegensatz darbieten. Der von dem hebräischen Gesetzgeber angenommene Plan steht aufs Deutlichste mit dem ägyptischen Regierungswesen in geradem Gegensatze. Die Stifter des letztern haben ihre Hauptbeinühung dahin gerichtet, die Masse der Gesellschaft zu u n t e r d r ü c k e n , um der Ueppigkeit und dem Stolze der ausgezeichneten Klassen zu schmeicheln. Daher das zusammengesetzte System der untergeordneten Stände, welches die niedrigen Kasten sammt ihrer Nachkommenschaft in einem Stande beständiger Sclaverei und niedriger Entwürdigung hielt. Das von Moses gestiftete gesellschaftliche System hingegen war eines von vollkommener Gleichheit *) nicht das zui) lu der Beiliramung der Gibcouilcu „Holzhauer uud Wa»sci-
mit der der Aegvptier.
347
fällige Resultat von Umständen, sondern das Objcct, welches der Gesetzgeber mit Bedacht aufgestellt hatte, um einen grossen Theil seiner Civil _ Institutionen aufrecht zu erhalten. Daher die Verordnungen, sofern als möglich, einen gleichen Güterbesitz zu haben , indem man jeder Familie ein gewisses Stück Land gab und durch eigene Gesetze den Güterverkauf auf ewig untersagte. In einem merkwürdigen Umstände ist die von Moses gegründete Staatsverfassung der Aegyptischen ähnlich : Dieses ist die Weihnng eines besondern Geschlechtes oder einer besnndern Familie zu den Religions-Aemtern und za einigen bürgerlichen Pflichten , welche in einer mehr oder weniger engen Verbindung mit denselben standen. Die Levitische I'riesterschaft entsprach in manchen Einzelnheiten der erblichen Hierarchie der Aegyptier; doch gibt es auch einen charakteristischen Z u g , der die Absichten unterscheidet, welche die verschiedenen Stifter dieser Orden leiteten, lu Aegypten hatten die Priester ausser ihren zahlreichen Privilegien und Freiheiten Anspruch auf den dritten Theil des ganzen Gebiets als auf ihr wirkliches Eigenthum. Zeitlicher Glanz und Reichthum waren hauptsächlich der Gegenstand, wonach diese Corporation strebte. Die Mosaische Priestcrschaft, obwohl gleich erhaben in Amt und W ü r d e , war ausdrücklich von dem Güterbesitze ausgeschlossen und auf gewisse mit ihren bürgerlichen und religiösen Pflichten verbundene Einkünfte angewiesen. Die verschiedenen von Moses den Leviten zugetheilten bürgerlichen und religiösen Amtspflichten waren denen ähnlich, welche der ägyptischen Hierarchie zukamen. N u r Eine auffallende Ausnahme verdient hier bemerkt
Schöpfer zu seyn" liegt e t w a s , was der Gründung einer n i e d e r n , zur bestündigen Dienstbarkeit herabgewürdigten Kaste ähnlich sieht. Aber dieses war das Resultat von zufallig zusammentreffenden Umständen, die während der Eroberung von l'uldstiua durch Josua statt f a n d e n , u n d man findet weder eine Verordnung noch eine Vorausbestimmung dafür iia Gc»eUe. Moses ist auf keiue Weise dafür verantwortlich.
348
Bürgerliche Verordnungen
zu werden. Nämlich die Propheten der Aegyptier waren ein O r d e n in der erblichen P r i e s e r s c h a f t ; die Propheten der Hebräer waren M ä n n e r , die sich ohne Unterschied aus i r gend einem S t a m m e e r h o b e n ; und die berühmtesten s t a m m ten nicht von L e v i a b . 1. Die Hohepriesterscliaft selbst w a r in einem besondern Hause erblich ; so w a r es auch der F a l l mit dem P r i e s t e r thum eines jeden besondern Gottes in Aegypten. 2. Das richterliche Amt gehörte den L e v i t e n , so w i e es in Aegypten den Priestern zukam. Die Oberbehörden , Schophtim oder Suffcten g e n a n n t , die dem Josua f o l g t e n , Waren hauptsächlich Kriegsbefehlshaber und entsprangen aus verschiedenen Stämmen ; aber die genauere Auseinandersetzung des Rechtes und die Schlichtung der Streitfragen w u r d e u ausdrücklich von Moses als F u n c t i o n e n , die nicht den L e viten z u k a m e n , getrennt, und wir finden, dass sie f o r t w ä h rend von derselben Corporation bekleidet wurden '); so waren während David's Regierung sechstausend Leviten als Richter und Schreiber angestellt. 3. D i e Sclioterim oder S c h r e i b e r w a r e n gewöhnlich aus dem S t a m m L e v i 2 ). Ihr Amt entsprach genau dem der Hierograinmaten in A e g y p t e n ; sie waren öffentliche R e c h n u n g s f ü h r e r , verwahrten die Urkunden, führten die Register u n d waren die Verwalter der ganzen L i t e r a t u r und aller Wissenschaften der H e b r ä e r 3 ). 4. M e d i c i n , gleich andern Theilen der "Wissenschaft, schien sowohl in Palästina als auch in Aegypten den P r i e stern zugekommen zu s e y n , wenigstens lagen ihnen die Diagnose des Aussatzes und die medicinisch-polizeilichen V e r o r d n u n g e n ob. Gibt man z u , dass dieser Theil der mosaischen Staatsverfassung nach dem Muster einer ägypti-
i ) Deuteron. XXI. 5. siehe Michaelis Mosaisches Recht. Th. I. §. 35. a) Michaelis ebendaselbst. 3 ) Als David jedem Leviten sein Amt zullicilte, bestimmte er auch einige zur Oberaufsicht über Maass und Gewicht, i. Cliron, XXIII. i g .
ilcr H e b r ä e r
n n d Aegyptier.
349
sehen E i n r i c h t u n g gebildet w a r , so kann dies f ü r den heiligen Charakter des hebräischen Gesetzgebers als nachtheilig gcdacht w e r d e n ; betrachten w i r a b e r , wie sehr die ä g y p tische H i e r a r c h i e , durch die E r h a l t u n g und Behauptung des i h r anvertrauten Aberglaubens, sich selbst als ein machtvolles W e r k z e u g b e w ä h r t h a t ; wie angemessen augenscheinlich eine solche erbliche Priesterschaft dem gesellschaftlichen Z u stande der Zeiten war, auf welche w i r hinweisen: so scheint es ein Beweis der höchsten Weisheit u n d einer wahrlich e r leuchteten Staatsklugheit zu seyn, sich der Macht eines solchen Agenten zur V e r t e i d i g u n g der 'wahren Religion zu b e dienen. W e n n in den ägyptischen Staatsverordnungen ein Theil ist, von dem w i r Moses als einen blossen Nachbeter oder sklavischen Nachahmer zu finden erwarten k ö n n e n : so ist es das System d e r Criminal - u n d Civilgesetze u n d die Verord-* Hungen , die sich auf die Vorschriften der Moral und auf das gesellschaftliche Leben beziehen. Hierin w u r d e den G e setzen der Aegyptier der grösste Beifall zu Theil. Ihre Theologie e n t h ä l t , wie w i r gesehen, eine Mannigfaltigkeit der ausschweifendsten Vorstellungen, u n d b e w a h r t in einem sehr unvollkommenen Zustande selbst die vornehmsten Grundsätze einer natürlichen Religion, ihre politische Staatsverfassung erniedrigte die Volksmasse zu einem sehr sklavischen Zustande u n d opferte dieselbe dem Interesse d e r bevorrechteten Klasse auf. Ihre Gebräuche u n d Gewohnheiten w a r e n in manchen Beispielen verabscheuungswürdig, aber die Civilverordnungen u n d das Moral - Gesetzbuch d i e ses Volks haben den lauten Beifall u n t e r den grössten Schriftstellern des Alterthums e i n g e e r n d t e t , u n d ihr R u h m erschallte in neuern Zeiten oft wieder. Von dieser Seite können wir nun mit der grössten Wahrscheinlichkeit eine Uebereinstimmung zwischen den Gesetzen des Moses u n d denen der Aegyptier e r w a r t e n . V o n einem Gesetzgeber, welcher von den Priestern von Heliopolis belehrt w o r d e n i s t , kann man auch als wahrscheinlich voraussetzen, dass e r in seinen W e r k e n die Grundsätze seiner L e h r e r aufgen o m m e n , u n d besonders jene Theile ihres Systems copirt
350
Bürgerliche Verordnungen
l i a t , welche die weisen Männer der alten Zeiten so g e neigt waren zu bewundern und zu rühmen; indessen sehen wir uns doch nach irgend einem Merkmale der U e b c r einstimmung zwischen der Sittenlehre des Moses und der seiner Vorgänger vergebens um. Zuerst können wir b e merken , dass es im Geiste der hebräischen lind ägyptischen Gesetze einen grossen Unterschied gab, wenn wir die Sanctionen betrachten, durch welche ihre Autorität bestätigt w u r de. Die ägyptischen Priester verkündeten Ungemach eines zukünftigen Lebens und eine biissende Seelenwanderung d e n jenigen , welche ihre Vorschriften verletzten. Moses e r klärte bei der Auseinandersetzung seines Systems , Gott, habe versprochen , als unmittelbarer.Fürst über die Israeliten mit zeitlichen Belohnungen und Strafen zu herrschen. Demnach hat er in seinen Gesetzen keine Ilinweisung auf Dispensation in der unsichtbaren Welt gegeben, die Beispiele, die das gegenwärtige Leben darbietet, sind weit nachdrücklicher denn zukünftige Erwartungen, besonders in einem halb barbarischen unüberlegenden Zeitalter; und die Seelenlebre ist im Osten oft eine Quelle endlosen Aberglaubens gewesen. "Wir wissen , dass die Rabbinen in spätem Zeiten die Psychologie der Aegyptier, und zwar mit allen den albernen L e h r e n , mit welchen diese verbunden w a r , angenommen haben. Moses, sich auf die allgemeine E r f a h rung der göttlichen Gerechtigkeit b e r u f e n d , hat uns ein grosses Beispiel seiner Aufrichtigkeit und seines Zutrauens gegeben, auch hat er darin wahre Weisheit gezeigt, indem er solche Methoden ausschlug, welche als die populärstell seines Zeitalters Einfluss auf die Meinungen der Menschen h a t t e n , und unter den vorhandenen Umständen sich selbst als unnütz und als die Quelle grober und schädlicher T ä u schungen dargethan hatten. W i r bemerken in den Strafen , welche beide Theile f ü r nöthig erachteten, den Eindruck der Religion zu unterstützen, einen grossen Unterschied. Das Strafgesetzbuch der Aegyptier b e s t a n d , dem Diodor zufolge, g r ö s s t e n t e i l s aus verschiedenen Verstümmelungen. D a s Glied des K ö r p e r s , von welchen man glaubte, dass es hauptsächlich den Fehler
der Hebräer nnd Aegyptier.
351
begangen liabe, wurde bei den meisten Vergehen zur Strafe abgeschnitten 1 ). Verschiedene strenge Folterungen wurden in anderen Fällen a n g e w a n d t , und einige schreckliche und schaudererregende Strafen wurden bei Kindes- oder V a t e r m o r d auferlegt J ) . In dem Strafgesetzbuche des Moses finden wir keine körperlichen Verstümmelungen oder Martern ausser einer beschränkten Anzahl von Schlägen und Todesstrafen erwähnt, die oligleich zahlreich, dennoch kurz nnd unmittelbar waren. 5. In dem Criminalgesetzbuche des Moses sind verschiedene Handlungen als Verbrechen aufgezählt und sogar mit Todesstrafe b e l e g t , die in Aegypten durch religiöse Gebräuche und durch das Beispiel der Götter angeregt wurden und also allgemein im Schwünge waren. Die schnödeste sinnliche Lust w u r d e in Aegypten nicht nur geduldet, sondern man wurde sogar dazu aufgemuntert, nnd es scheint w o h l , dass keine A r t von Unzucht in das Verzeichniss der Verbrechen in jenem L a n d e eingetragen wurde. Vergehen dieser Art
i ) Personen, die eines verräthcrischcn Umganges mit dem Feinde überwiesen 'wurden, schnitt man die Zunge aus dem Halse, des Betrugs oder anderer Verbrechen überführten Personen schnitt m a n die Hände a b ; „ q u i foeminae liberae vim obtulerant membri cuiusdam amputationem passi s u n t . " Diodor, Hist. lib. I, cap. 6. a ) Der Kindermord wurde bestraft, indem man die Eltern zwang, drei auf einanderfolgende Tage und Nächte die todten Kinder in ihren Armen zu halten. Wenn dieses wahr i s t , so gibt es der Ton Warburton gehegten Vorstellung Haltbarkeit, nämlich dass der Kindesmord zu Moses Zeiten in Aegypten nicht ungewöhnlich war. Die Erzählung der ägyptischen Hebammen im Exodus , sagt der Bischof, zeigt a n , dass das Amt, welches sie hatten , den ägyptisehen Nationalgewohnheiten nicht gänzlich fremd war; eine so sonderbare Bestrafung, wie die oben erwähnte, würde kaum bemerkt worden seyu , wenn dieses Verbrechen nicht oft statt gefunden und in den vorhergehenden Zeiten nicht geduldet worden wäre.
352
Bürgerliche V e r o r d n u n g e n
w a r e n , wie wir wohl wissen, von Moses u n t e r den schärfsten Strafen strenge verboten '). In den Verordnungen , welche ehliche V e r b i n d u n g e n u n d häusliche Verhältnisse b e t r e f f e n , pflegte man m e h r den bestehenden Gewohnheiten und V o r u r t h e i l e n zu folgen, als in a n d e r n Dingen. W e n n d a h e r Moses geneigt w a r , die Sitten seines Volks nach denen jenes Volkes zu b i l d e n , u n t e r welchem er e r z o gen w o r d e n w a r , so hat er dieselben gewiss in dieser B e ziehung nicht erneuern wollen. Es ist wohl b e k a n n t , dass seine Gesetze gerade in allen jenen P u n k t e n den G e w o h n heiten der Aegyptier entgegenstehen J ). Das Folgende ist die V o r r e d e ü b e r die E h e n in dem mosaischen Gesetzbuche. „Nach den W e r k e n des Landes Aegypten, worin i h r wohnt, sollt ihr nicht thun — ihr sollt meine Gebote halten u n d meine Gesetze beobachten , u m darin zu w a n d e l n : ich bin J e h o v a , e u e r G o t t . " 3) Es gibt einen a n d e r n Z u g , w e l c h e r , wie b e m e r k t w u r d e , die M o ralität der mosaischen Institutionen von denen der Aegyptier unterscheidet. In dem Gesetzbuche jener gelehrten Heiden gab es manche heilsame V e r o r d n u n g , aber die besten d a r u n t e r w a r e n d u r c h Betrügereien verunstaltet; und die Tau-" s c h a n g e n , welche f r o m m e Betrügereien genannt w u r d e n , b r e i t e t e die Priesterschaft selbst auf jede Weise aus. In dem mosaischen Gesetze entdecken w i r eine strenge Anhänglichkeit an T r e u e u n d Aufrichtigkeit, falsche V o r w ä n d e w e r d e n nicht als Motive a n g e w a n d t , u m d a d u r c h den graden Lauf einer Handlung zu leiten.
l ) Mose« w a r g e n ö t h i g t sich so w e i t zu J e n G e w o h n h e i t e n e i n e s b a r b a r i s c h e n Z e i t a l t e r s h e r a b z u l a s s e n , dass e r tlie P o l y g a m i e d u l d e t e . I n d e s s e n z i e l t e n s e i n e V e r o r d n u n g e n , wie M i c h a e l i s gezeigt h a t , s e h r d a h i n , d i e s e l b e i n d e r A u s ü b u n g zu v e r mindern. a ) E h e n zwischen n a h e n V e r w a n d t e n w a r e n in Aegypten s e h r i n S c h w ü n g e , u n d w u r d e n d u r c h d a s Beispiel d e r G ö t t e r g e heiligt. 3) LeviticuJ cap. XVIII.
der H e b r ä e r und
Aegyptier.
353
Die V o r l i e b e fiir Geheimnisse und das Bestreben, W a h r h e i ten o d e r Meinungen in ein mystisches Gewand zu hüllen, ist ein anderer Zug der ägyptischen P r i e s t e r s c h a f t .
Daher der b e -
rühmte U n t e r s c h i e d d e r esoterischen und exoterischen P h i l o s o phie, die von den Aegyptiern erfunden nnd n a c h h e r von vielen G r i e c h e n nachgeahmt w u r d e .
E s geschah vielleicht aus dem
Streben
dass
nach G e h e i m h a l t u n g ,
b r a u c h der hieroglyphischen
die Aegyptier
oder
symbolischen
den
Ge-
Charaktere
n o c h beibehielten, nachdem die alphabetische S c h r e i b a r t w o h l bekannt war.
Er
Wunder ihrer
Gelehrsamkeit und
entsprach
der Volksneugierde; Unwissenheit
vor
so
der
ihrem P l a n : ihres
verbarg
die
Aberglaubens
vor
w i e er vielleicht unehrerbietigen
er
immer
ihre
Untersuchung
fiir
der
Nachkommenschaft v e r s c h l e i e r t hat. Moses v e r w a r f j e d e n Gegenstand , w e l c h e r das G e h e i m niss und Dunkel begünstigte, und tauschte die H i e r o g l y p h e n schrift , die e r w o h l
kennen m u s s t c ,
gegen
die
alphabeti-
schen C h a r a k t e r e u m , damit das gemeine V o l k sich
diesel-
ben nicht zu Nutze m a c h e .
V i e r t e r
A b s c h n i t t .
Vergleichung des C e r e m o n i a l - Gesetzes des Moses m i t jenem der
Aegyptier.
E s b l e i b t uns n o c h ü b r i g , die E i n r i c h t u n g e n des Moses und die d e r Aegyptier in Beziehung
auf die
äussern
Reli-
g i o n s - C e r e m o n i e n tind die priesterliche Disciplin zil v e r g i e ß (•hen.
Man kann nicht lätignen, dass es h i e r m e h r e r e Ähn-
liche Züge zwischen den mosaischen und ägyptischen len g « b ,
aus
zufalliger U e b e r e i n s t i m m u n g , entsprungen seyn tnüssten.
Eid
oberflächlicher
einer andern
Ueberblick
h i n r e i c h e n , zu b e w e i s e n ,
dieses
dass der
Quelle,
Rituaals
sehr
w e l c h e aus irgend
Gegenstandes
hebräische
in diesem T h e i l e seines Codex ^nicht
ein
Her ägyptischen E i n r i c h t u n g e n w a r .
Aber wir
wird
Gesetzgeber
blosser
Nachbeter wollen
23
m-
Ceremontal-Gesetze vor mit dieser Betrachtung ein wenig zurückhalten und u n tersuchen , ob es aus der jVatur der Umstünde nicht gewiss seV , dass ein zu irgend einer Zeitperiode errichtetes System von Riten und Ceremonien auch Spuren von vorhergehenden D e n k - u n d Handlungsweisen enthalte. W i e alle C e r e monien ihre Macht u n d ihren Nutzen von den Vorstellungen und Empfindungen e r h a l t e n , die sie bei ihren Theilnehmern e r r e g e n , weil ja diese Vorstellungen und Empfindungen von dein Einflüsse der f r ü h e m Gewohnheiten und Vorurtheilö abhängen , so muss d e r V e r k ü n d e r eines Ritualgesetzes n o t wendiger W e i s e , sey er nun durch göttliche oder menschliche Intelligenz geleitet, sein Gebäude auf den vor ihm daseyenden F u n d a m e n t e n errichten. Ein welser Gesetzgeber wünschte solche Gebräuche entweder durch eine neue S a n ction anzunehmen , oder zu bestätigen , dieselben mögen d u r c h eine natürliche Deutung o d e r durch Gewohnheit mit den Gefühlen der E h r e oder mit dem verbunden seyn, was auf eine genaue u n d eindrückliche Weise eine w a h r e Idee über die Beziehungen des Menschen zu einer höheren Macht enthält und dahin zielt, Gefühle der F r ö m m i g k e i t , der Humanität und moralischen Reinheit in den Gernüthern der Theilnehmer zu erwecken. Solche unabweisbare W e r k zeuge zu verwerfen u n d dahin zu s t r e b e n , die Meinungen u n d Gefühle d e r Menschen d u r c h ein künstliches System zu b e h e r r s c h e n , welches an den Gewohnheiten u n d an dem Charakter des V o l k s , welches geleitet u n d e r b a u t werden soll, keinen Halt hat, dieses w ü r d e eine gänzliche U n b e k a n n t schaft mit dem Zustande des menschlichen Geistes verralhen, dieser Plan w ü r d e ganz u n d gar albern seyn. Diese Betrachtungen mögen hinreichen zu zeigen, dass wir nicht e r w a r t e n dürfen, in dem Ceremonial - Gesetze des Moses ganz neue religiöse Gebräuche zu f i n d e n , die keine Spuren von den f r ü h e r h i n existirenden Gewohnheiten u n d V e r o r d n u n g e n tragen. Bei d e r weitern Vergleichung können w i r zuerst b e merken , dass alle jene Riten und Gewohnheiten der Aegypt i c r , welche eine Beleidigung gegen die N a t u r oder gegen die guten Sitten w a r e n , von Moses ausdrücklich verbannt
der Hebräer uiul Aegyptier.
>155
wurden. Hierunter können wir diu Menschenopfer, die Abscheuliehkeiten in dem Tempel des Mondes und manche lindere Ausschweifungen zählen , welche mit dem Götzeildienste dieses Volks verbunden waren. Dureli einige andere V e r b o t e scheint Moses seine P r i e sterschaft und dass ihrem Einflüsse u n t e r w o r f e n e Volk, von den Aegvptiern unterscheiden gewollt zu habet). Dieses ist wahrscheinlich die Absicht des Gesetzes gewesen, welches einem Priester verbot sich die Haare abzuschneiden sowie auch desjenigen, welches v e r b o t , Bäume in d e r Nähe des Jehova - Altars zu pflanzen. Hieher gehört auch das Ge» b o t , junge K ü h e anstatt der Stiere und männlichen Kälber zu opfern 2 ). In allen diesen Einzelheiten, so wie auch in lftatichen anderen, standen die von Moses gegebenen Verordnungen in geradem W i d e r s p r u c h e mit den Gewohnheiten der Aegyptier. Ich w e r d e jetzt die merkwürdigsten Beispiele der Aehnlichkeit und # U e,b e r e i n s t i m m u n g zwischen den hebräischen Religionsgebräuchen und denen der Aegvptier und a n d e r e r heidnischen Nationen aufzählen. 1. In den religiösen Weihungen oder Reinigungen dareh W a s s e r haben wir ein Beispiel von einer solchen Uebereinstiinmung. Aber diese kann n u r als zufällig über* einstimmend gedacht werden. Die Ceremonie, die Person durch Abwaschung zu reinigen, bietet ein so natürliches und deutliches Bild der innern oder Seelenreinigung dar®), dass
1) Ezechiel. XLIV. 20. S p e n c e r de logg. H e b r a e o r . eap. XXV snet. 2. 2) Nurarn. XIX. 5. S p e n c e r d e leg. l i b . II. c a p . l5. «ect. a . 3) Es i s t k l a r , dass e i n e d e r a r t i g e C e r e m ö n i e , die z u e r s t Mos typisch w a r , e i n e r V o l k s v o r s t e l l u n g v o r h e r g e g a n g e n und d e r s e l b e n a u c h d e n U r s p r u n g gegeben h a b e n imiss j dass eine A b waschung in heiligen Strömen oder Quellen die Kraft hatte, e n t w e d e r e i n e w i r k l i c h e S ü n d e o d e r a u c h geistige Befleckung s a m m t ä u s s e r e r V e r u n r e i n i g u n g zu b e s e i t i g e n . Solch e i n e Vors t e l l u n g k a n n einzig «las Ergebnis» e i n e r k u r z Vorher e i n g e g a n g e n e n Cereroonie gewesen seyn , m a n k a n n auch n i c h t d e n k e n , dass m a n z u e r s t e i n e n G r u n d zur E i n s e t z u n g diese»
Cereiiionial-Gesetze nichts w a h r s c h e i n l i c h e r i s t , als Jass verschiedene Nationen diese a n g e n o m m e n hahen mögen , ohne Austausch derselben zu G r u n d e liegenden Ideen. A b e r obgleich der G e b r a u c h der Abwaschung bei den Religionsceremonien selbst nicht den Ideenaustausch zwischen beiden Nationen beweist , bei welchen dieser G e b r a u c h h e r r s c h t e , so k a n n doch die A r t , wie man sich derselben b e d i e n t e , b e s t i m m e n , ob sie zufällig als ein n a türliches u n d klares Sinnbild angenommen w u r d e , o d e r ob sie eine Kation von d e r a n d e r n nachgeahmt hat. Spencer h a t so m a n c h e U m s t ä n d e in den d u r c h das levitische Gesetz v e r o r d n e t e n Reinigungen g e z e i g t , welche dun Riten v e r schiedener Nationen ähnlich sind , d e r e n religiöse C e r c m o nien mit den ägyptischen in V e r b i n d u n g standen , dass w i r k a u m d e m von ihm a n g e f ü h r t e n Beweise u n s e r e B e s t i m m u n g versagen k ö n n e n . Sein Schluss ist, dass Moses diesen Ritus von den G e b r ä u c h e n des Alterthums angenommen habe. W i r wollen k u r z einige U m s t ä n d e bei den heidnischen Reinigungen a n f ü h r e n , welche den mosaischen V e r o r d n u n g e n s e h r ähnlich sind. B e v o r man zu den G ö t t e r n b e t e t e , w a r es f ü r den Betenden Pflicht, sich seihst d u r c h Händewaschen zu reinigen. „Mrjds noz' s| rtovg /Jtilfißsiv al'&ona oivov ysQaiv uvt'mmaiv, fxrjd' uXt.oig ädaväioiotv". Niemahls spreng' in d e r F r ü h e d e m Zeus r o t h f u n k e l n d e s Weines Mit u n g e w a s c h e n e r H a n d noch anderen ewigen G ö t t e r n . l\l>J$h TIOT' dtvacov noraueöv xaXi'oöoov väcoo •nooai nfririv. TIQ/V y' sv'Sfi . . . . , idwv BIG y.alu (IFIFTOA Xiiyug viipt'tfxivoq nolvijnürw VJCITI Xevxm '). Ritus , o d e r e i n e n Zweck h a t l e , zu welchem man d e n s e l b e n e r l a n d . D i e h e i d n i s c h e n S c h r i f t s t e l l e r hatt('D eine klare V o r s t e l l u n g von der U n w i r k s a m k e i t d e r Abwaschung im l e t i t a r u Sinne: ,.ah n i i m u m facilt-s, qui Iristia crimina caedi» T n t l i fluminea posse p u t a t i s a q u a , " 1) Htsiocl. op. et dies. 7. -Tg.
der Hebräer und Aegvptier. Niemali 1s d a r f
durch
der
Slrom'
357
unversiegende
lautere
Wasser Waten
dein Fuss,
ehe schauend zur h e r r l i c h e n F l u t h
du
gebetet, R e i n erst waschend die Hand' in der schönen kristallenen W e l l e «). Reinigungen von gesetzlichen V e r u n r e i n i g u n g e n in m a n c h e n Fällen durch Besprengung vollzogen. diente
sich bei
ges d a z u , b e i
der
levitisclien
Ceremonie
den heidnischen Riten
eines
brauchte
wurden ¡Mau b e Isopzwei-
man
einen
L o r b e e r - und Palinzwcig. „ S p a r g i t et ipse suos lauro r o r a n t e capillos I n c i p i t et solita fundere voce preccs 2 ). In anderen mit den Reinigungs-Ccremonien verbundenen Umständen h a t uns S p e n c e r die U e b c r e i n s t i i n m u n g
zwischen
den mosaischen und ägyptischen Gesetzen gezeigt J ) . 2.
W u r d e die Gewohnheit T h i e r e zu o p f e r n
Beispiel d e r U e b e r e i n s t i m m u n g in den Culten nen b e t r a c h t e t .
als
ein
beider Natio-
Indessen kann man aus dem Y o r h a n d e n s e y n
dieses Ritus in zwei besonderen L ä n d e r n keinen Schluss ziehen.
D e r allgemein in der alten W e l t h e r r s c h e n d e G e b r a u c h
d e r O p f e r b e w e i s t , dass dieser Ritus entstanden sich die Menschen in einzelne
Familien
ist,
abgesondert
bevor hatten.
D i e O p f e r der A e g v p t i e r waren Sühn - o d e r stellvertretende Opfer.
S o w a r e n es auch die der H e b r ä e r , a b e r w i r
dür-
fen aus
diesem U m s t ä n d e
Volk
diesen G e b r a u c h von
nicht
schliessen,
dass
ein
dem andern abgeleitet h a b e , weil alle
morgenländische N a t i o n e n ,
bei welchen
w i r uns
nach
den
Gewohnheiten u n d Ideen eines entfernten Alterlhums umsahen ,
diese C c r e m o n i e n
mit
ähnlichen
Beweggründen
und
Vorstellungen vollzogen ').
i ) Voss Hausleiiren r. j3ga) Ovid. fastor. lib. V. 3) Spencer 4)
Dass
de legg. H e b r a e o r . dissert.
die Opfer
der
ältesten
n i c h t b l o s s V e r r i c h t u n g e n , um erwerben,
indem
mau
III.
Nationen
Stilinopfer
sich die
dieselben
luit
Gunst dem
waren
der G ö t t e r
und zu
woliliiechen4 Anysis wieder hergestellt. Tarakos . - . ao Tarakos . . 18 Tarakos • 20 S e t h o n e i n Priester de» Vulkan. 46 40
XXV. Dynastie der Aethiopier. Sabbakon . . 12
XXVI. Dynastie XXVI. Dynastie der Saiten. der Saiten. Ammeres. . . 12 Stcpliinates . 8 Nephanathis 7 Nechepsos. . 6 Nechepsos. . 6 Nechao. . . . 8 Nechno . . . 8 Psammetichos. Psammetichos
Ainaes 38 Stephinates 27 JSachepsos . i3 Nechaab I. . 1 Psammetichos
33
1) Dass der Seihon des Herodot und der Tarakos des Manetho Zeitgenossen waren, ist leicht zu beweisen. Sethon regierte in der Zeit, als Sanherib die berühmte Niederlage erlitt. Sanchric's Regierung war sehr kurz; sie dauerte vom zwölften bis zum fünfzehnten Jahre des Hezekia und war also in der Zeit, als Sethon regierte. Jetzt war zwischen Sanherib und einem äthiopischen König ein Krieg ausgebrochen. Der letzte äthiopische König in Aegypten war Tarakos, denn nach ihm hörte die Dynastie auf. Tarakos Regierung ist also die letzte Periode, in der
416
Aegyptisehe Chronologie
Daher fällt 33 + 671 = 704') das Ende der Regierung des Tarakos und der ägyptischen Dynastie um 724. D e r Krieg des Assyrers Snnherib gegen Tirhaka fand im 14ten oder löten Jahre der Regierung des Hiskias, nämlich, u m 710 v. Chr. Statt; daraus ersehen wir also, dass das Datum der heiligen Schrift von der Unternehmung des Tirhaka in die Periode fällt, welche Manetho als die der Regierung des Tarakos bestimmte. Dieser Krieg des Tirhaka gegen Sanherih ist wegen einer berühmten Begebenheit merkwürdig, welche sowohl bei den heiligen als auch den Profanschriftstellern auf v e r schiedene Weise e r w ä h n t , und von beiden als wunderbar dargestellt wird. Sanlierib daclitc auf seinem Züge gegen den äthiopischen König Jerusalem anzugreifen, Welches damals durch den frommen Hiskias beherrscht wurde. Bei dieser Gelegenheit wurde das Heer des assyrischen Königs des Nachts durch einen Engel des Herrn vernichtet, und Jerusalem auf eihe wunderbare Weise gerettet. Heroclot berichtet auch diesen Kriegszug des Sanherib gegen Aegypt e n , welches damals von einem Fürsten beherrscht wurde,
wir die Unternehmung des Sanherib setzen k ö n n e n ; u n d die von Manetho aufgestellte Zahl der J a h r e zwischen d e r Regierung des Nechao oder Pharao Necho und der äthiopischen Dynastie wird uns nicht e r l a u b e n , das Datum dieser Begebenheit weiter zurück zu stellen. T a r a k o s der Aethiopier war folglich, zu Sanheribs Zeit, Herrscher von Aegypten; obgleich die ägyptischen Priester den Herodot wahrscheinlich zu der V e r m u t h u n g v e r l e i t e t e n , dass die K r o n e damals das Haupt Irgend eines Mannes aus ihrem O r d e n schmückte. Vielleicht war der Hohepriester des Vulkan dem Namen nach K o n i g , während die königliche Macht u n d der Befehl ü b e r die Heere in dem äthiopischen Haupte vereinigt w a r e n , welches daher auf den genauesten Tabellen dieser Reihenfolge zu den Königen gerechnet wird, i) Der Verfasser b e g e h t an dieser Stelle einen Additionsfehler, indem er statt 704 als Resultat 701 h e r a u s b r i n g t , wodurch von n u n an alle Zahlen, die hiermit zusammenhängen, um 3 zu klein sind. Der Uebers.
von Psammitichus aufwärts.
417
der nach diesem Geschichtschreiber Sethon hiess, ein Priester des Vulkan w a r und von dem ägyptischen Heere sehr gehasst wurde. Als der Priester von seinen Kriegern verlassen ward, betete er zu seinem Gotte und erhielt in einem Traum Antwort von ihm, worin ihm befohlen wurde, seinen Zug kühn zu unternehmen und das assyrische Heer anzugreifen. Er zog an der Spitze von wenigen Bauern und Handwerkern aus, und trug leicht den Sieg davon; weil spät in der Nacht Vulkan eine Menge Ratten schickte, um die Bogensehnen der assyrischen Krieger zu zernagen. Es kann kaum bezweifelt werden, dass diese Berichte sich auf eine und dieselbe Begebenheit beziehen. Ein anderer König Aegyptens wird in der heiligen Schrift unter dem Namen So erwähnt, mit welchem Hosea, der König von Israel, sich gegen den Assyrier Salnianoser, Nachfolger des Sanherib, in eine geheime V e r bindung einliess. Durch diesen Vertrag bewogen, belagerten die Assyrier Samaria und führten die zehn Stämme Israel in Gefangenschaft. Diess Bündniss zwischen Hosea und So wurde ungefähr um 725 v. Chr. abgeschlossen, ein mit der Regierung des Sevechus gleichzeitiges Datum. Daraus geht hervor, dass So der zweite Fürst der äthiopischen Dynastie war. Das Resultat ist, dass die Unterjochung Aegyptens durch, die Aethi opier, oder die Vereinigung der ägyptischen und äthiopischen Krone, in das Jahr 748 v. Chr. gesetzt 1 ) werden muss. • ) Auch h i e r ist wegen des oben erwähnten tat de« Verfassers irrthümlich 74^'
F e h l e r s das ReiuU Der Uebers.
27
Aegyp tische Chronologic
418
V i e r t e r
A b s c h n i t t .
Von den vier Dynastien, welche der äthiopischen Eroberung vorhergingen ; nämlich die 21ste, 22ste, 23stc und 24ste. Folgendes ist eine vergleichende Tabelle der Reihenfolge dieser Dynastie nach Eusebius, Africanus und Syncellus. Nach Eusebius.
Nach Africanus.
XXI. Dynastie der
XXI. Dynastie der
Taniten.
Smendes. . . Psousennes. . Nephcrcheres . Ammenephthis Osochor . . . . Psinaches . . . Psousennes II.
Nach Syncellus.
Taniten.
Jahre. . 26 . 4< . 4 . g 6 g . 35
Summe i3o
Jahre. Smedes . . . 26 Psousenes . . . 46 Neephelcheres . 4 Âmenophis . . g Osochor . . . 6 Psinaches . . . g Psousennes . . 3o Summe i3o
JahreSoussakcim . . 34 Psoucnos . . . 25 Ammenophcs . . Nephercheres . . Saites . . . . Psinaches . . .
9 6 5 ig
Summe 98
XXII. Dynastie der XXII. Dynastie der Bubastiden. Bubastiden. Jahre. Jahre. Jahre. Sesonchosis . . 31 Sesonchosis . . . 21 Potoubastes , . g Osorthon , 15 Osoroth . . . . i5 Osorthon . . . 44 Takellothij . . i3 3 unbekannte Könige 25 Takellothis . . . i3 3 unbekannte Könige 42 Summe 49 XXIII. Dynastie der Taniten, Jahre. Potoubastes . . 25 Osorthon . . . g Psammos. . . . 10
Summe 116
Summe 53
XXIII. Dynastie der Taniten. Jahre. Potoubates . . 4° Koncharis . . Osorthon . . . 8 Ororthon . . Psammos . . . 10 Takelophes . Zet . . . . . 3i
Jahre. . i3 . i5 • 21
von Sabbacon aufwärts, XXIV- Dynastie
von
einem Saiten Bocchoris
. . .
XXIV. Dynastie
419
von
einem Saiten. Jahre. Jahre. 44 Bocchoris . . . 6 Bocchoris
Hauptsumme d. i 3 t e n u. ^ t e a Dynastie . 98
. . .
Jahre. 44
95
Bei der Zusammenzählung der Regierungen dieser D y nastien wollen wir dem Eusebius folgen, dessen Copie des Manetho am besten mit der Tabelle des Syncellus übereins t i m m t , und ohne die Lücken ist, welche die zusammenhängende Reihenfolge bei Africanus unterbrechen. Die 21te Dynastie . . . 130 22te Dynastie . . . 49 23te Dynastie . . . 44 24te Dynastie . . . 44 267 "Wir wollen also den Anfang der ein und zwanzigsten Dynastie um 267 Jahr vor Sabbacon setzen, dessen Regierung 748 v. Chr. begann. 748 + 267 = 1015. D e r Anfang der ein und zwanzigsten Dynastie wird daher in das Jalir 1Ö15 v. Chr. fallen, und Smedes oder Soussakcim, wie S y n cellus ihn nannte, regierte bis 989 y. Chr. Daraus erhellt also, dass Syncellus diesen Soussakcim Sisak's E i n richtig f ü r den Sisak der Hebräer angibt. fall in Judäa kann nach einer Berechnung, welche der Chronologie der heiligen Schrift 1 ) folgt, in das Jahr 985 v. Chr. angesetzt w e r d e n , welches dem Africanus zufolge ein J a h r nach Smedes Tod ist; und ein I r r t h u m um vier 2 ) Jahre kann in diesem Falle als ein merkwürdiges Beispiel von Genauigkeit betrachtet werden 3). 1) Siehe Note B. 2) Auch hier ist au9 3 o i3 Chebron . . . Chebros . . . i3 Chebron . . ai Amenophis . . 20 7 Amenophthis. . 21 Amraenophis. Amesses . . . 21 9 Amersia . . . 22 12 Mephres . . . 12 9 Misaphris . . . i3 Miphris . . . Misphragmuthosis 26 Misphragmuthosis 26 Misphragmuthosisii 10 Touthmosis . . g Touthmosis . . 9 Thmosis . . 9 8 Amenophis oder Amenophis . . 3i Amenophis . 3o 10 Memnon . . 3i Horus . . . . 37 Horus . . 36 od. 38 Orus . . . 30 5 Acherres . . . 3a Achencheries . 12 Acheuchres , 12 1 Rathos . . . . 6 A t h o r i s . . . . 39 Rathosis . . 9 0 Chebres . . . 1a ehelicheres . . 16 Achencheres 12 5 Acherres . . . 8
bis zur achtzehnten Dynastie.
423
Jahre. M. Jahre. Jahre. . . i5 Achencheres •a 3 Acherres II. . . la Cherres Arraesej . . . 5 Armes oil. Danaas 5 Armais oder Danaus . 4 Harnesses oder Ammcscs oder Rarocsscs Aegyptus . . i Aegyptus . 68 Harmesses Mianura . . . 66 Amcnophis 19 MenophU . 4° Amenophis . . 19 Summe a63
3j8
RichtigcSumme a5g
376
3a8 11
Die Tabelle der Regierungen in dem Auszuge bei Josephus ist offenbar die genaueste, und wir werden ihm in seiner Rechnung folgen, so weit dieselbe sich erstrecktDie Zahl der von Josephus dieser Dynastie bestimmten Jahre ist 328 Jahre 11 Monate, welche wir als 329 Jahre annehmen wollen. Zählen wir nun diese Periode zu dem oben erwähnten Datum von 1354, so erhalten wir 1683 ') ab den Anfang der achtzehnten Dynastie. Diess kommt dem Datum in der heiligen Schrift von dem Auszug der Israeliten aus Aegypten sehr nahe, und das Gleichzeitige dieser Begebenheit mit der Auswanderung der Hirtenkönige fuhrt zu einigen interessanten Untersuchungen und Schlüssen. Josephus hielt die Hirten, welche Aegypten beherrschten, für Israeliten und verräth nicht den geringsten Verdacht, dass Manetho irgend ein anderes Volk unter diesem Namen nennen wollte. Die meisten neuem Gelehrten, ausgenommen Perizonius, sind verschiedener Meinung gewesen. Da diess nun eine sehr wichtige Frage in der ägyptischen Geschichte ist, so werden wir uns bemühen, dieselbe zu lösen. In Josephus Brief an Apion finden wir ein ansehnliehes Bruchstück aus dem zweiten Buche des Manetho, enthaltend eine Geschichte der Ilirtenkönige, welches ein gapz umständlicher und treuer Auszug aus den ägyptischen Chroniken dieser Geschichtchreiber zu seyn scheint. Diese Chroniken sind wahrscheinlich eine Compitation aus verschiedenen j} Bsim Vtrfa33er mlhuailüh .6i>9
424
Die achtzehnte Dynastie
Quellen gswesen '). Der Verfasser berichtet, diesen Theil derselben aus würdigen Urkunden seines Landes Folgendes ist eine Uebersetzung der tigen Zweck sehr wichtigen Stelle.
gesteht, wie Josephus den heiligen und glaubgenommen zu haben. f ü r unsern gegenwär-
G e s c h i c h t e des E i n f a l l s d e r H i r t e n in A e g y p t e n von M a n e t h o . „Es war ein König in Aegypten, Namens Timaus, in dessen Zeiten ei Gott gefiel, ich weiss nicht wcsshalb, uns mit Unglücksfidlen heimzusuchen, und eiu Volksstamm von niederer Herkunft drang mit unerwarteter Kühnheit aus dem Osten in unser Land ein und kam ohne eine Schlacht zu liefern leicht in dessen Besitz. Dieses Volk, nachdem es die Landesfdrsten unter seine Botmässigkeit gebracht hatte, verbrannte auf eine barbarische Weise die Städte und zerstörte die Tempel unserer Götter. Es übte die äusserste Grausamkeit gegen die Einheimischen aus, indem es die Männer mit dem Schwerte tödtete und die Frauen und Kinder zu Sklaven machte. Endlich wählte es sich einen König aus seiner Mitte, welcher Salatis hiess; dieser residirte zu Memphis, machte ganz O b e r - und Unterägypten zinspflichtig und legte Besatzungen in alle bedeutende Städte. Dieser König war hauptsächlich für die Sicherheit der östlichen Gränze besorgt, aus F u r c h t , dass die Assyrier, die damals mächtig und ehrgeizig w a r e n , das Königreich zu erobern wagen möchten. Als er daher eine f ü r seinen Zweck passend gelegene Stadt in dem Saitischen Nomos, auf der Morgenseite des Flusses Bubastos, gefunden h a t t e , welche nach einer theologischen Fabel Auaris hiess, legte e r dort eine Niederlassung an, worin er, nachdem er dieselbe stark befestigt hatte, eine Besatzung von zwei Hundert und vierzig Tausend Mann einsetzte. Während des Sommers schlug er hier seine Residenz auf, theils um das Korn auszumessen und seine Truppen zu besoli) Dies« erhellt sogar aus dem T i t e l der alten Chvouik in Eusebius Caiiou.
und der Ilyksos.
425
d e n ; und theils durch die häufigen Uebungen der Krieger seine Macht bei den F r e m d e n in E h r f u r c h t zu setzen. Dieses Haupt regierte neunzehn Jahre und ihm folgte ein anderer Namens Baion, welcher vier und vierzig J a h r e regierte. Nachher herrschte Apachnas sechs u n d dreissig Jahre sieben Monate. Sein Nachfolger Apophis ein und sechzig J a h r e ; Janias fünfzig Jahre und einen Monat u n d zuletzt Assis neun u n d vierzig Jahre u n d zwei Monat. Diese sechs F ü r s t e n , welche die ersten llirtenkönige w a r e n , f ü h r t e n einen beständigen Krieg und bestrebten sich, sowohl den Namen, als auch die Nation Aegyptens zu zerstören. I h r ganzer Stamm w u r d e H y k s o s genannt, welches Sehaafhirtenkönige bezeichnet ; denn H y k bedeutet 111 der heiligen Sprache König u n d S o s in der Volkssprache einen Schaafhirten oder ( i m plur.) S c h a a f h i r t e n ; und daraus ist der Name H y k s o s gebildet. Einige sagen, dieselben wären ein Araberslamm." „ A b e r , " sagt Josephus, „ i c h finde in einer andern Copie des M a n e t h o , dass l l y k nicht Könige b e d e u t e t , sondern dass die Schaafhirten durch diese Benennung als Gefangene unterschieden w e r d e n ; denn H y k oder H a k mit einem Aspirat ist in der ägyptischen Sprache der Ausdruck f ü r einen Gefangenen, u n d diese A u s l e g u n g , " fügt er hinzu, „ist die wahrscheinlichste und mit der alten Geschichte am meisten übereinstimmend." „ Diese oben erwähnten Könige," fährt Manetho f o r t , „ w u r d e n von dem Volke Schaafhirten g e n a n n t , und ihre Nachkommenschaft hielt Aegypten u n g e f ä h r fünf Hundert und eilf Jahre u n t e r ihrem Scepter. Nach dieser P e r i o d e empörten sich die ägyptischen Könige in d e r Thehais und in anderen Gegenden des Landes gegen das Joch der S c h a a f h i r t e n ; und ein schwerer und hartnäckiger K r i e g w u r d e zwischen ihnen geführt." Es wird hinzugesetzt, dass „die S c h a a f h i r t e n , u n t e r einem K ö n i g , Namens Alisphragmuthosis v e r m i n d e r t , geschwächt u n d aus ganz Aegypten vertrieben worden u n d n u r in Avaris, einem O r t e , der zehn Tausend Morgen gross w a r , eingeschlossen seyen." Diesen O r t s a g t Manetho, „befestigten die Hirten zur Sicherheit i h r e r Besitzungen und ihrer Beute mit einer starken und hohen M a u e r ; aber Thutmosis, der Sohn des Alisphrag-
426
Goschichte der Hyksos
muthosis, belagerte die Festung mit einem Heer von vier Hundert und achtzig Tausend Mann, versuchte es, diesselbe mit Gewalt einzunehmen; und ging zuletzt, indem er diese Hoffnung aufgab, mit den Belagerten einen Vertrag ein, dass sie Aegypten verlassen und ungestört mit allem, was sie wünschten, abziehen sollten. Dieses Volk zog seinem Vertrage gemäss mit allen seinen Familien und Besitzungen nicht weniger als zwei Hundert und vierzig Tausend Mann stark aus Aegypten, durch die Wüste nach Syrien, aber da sie die damals in Asien mächtigen Assyrier fürchteten, bauten sie in der Gegend, welche jetzt Jud'aa genannt wird, eine Stadt, gross genug um diese Volksmenge zu fassen und nannten dieselbe Jerusalem. „Josephus erwähnt an einer andern Stelle, dass Manetho die Eroberung Judäa's durch diese Vertriebenen erzählt und hinzugefugt habe, dass dieselben sich in Jerusalem niederliessen und den Tempel erbauten: eine Nachricht, die er ganz ans den heiligen U r kunden Aegyptens geschöpft hatte." „ I n einem andern W e r k e über ägyptische Gcschichte," sagt Josephus: „Manetho berichtet uns, dass eben diese Schaafhirten in ihren eignen heiligen Büchern G e f a n g e n e genannt w u r d e n , und seine Behauptung ist richtig; denn da die Schaafzuclit in frühern Zeiten das Geschäft unserer Vorfahren w a r , welche ein nomadisches Leben führend xnit Recht Schaafhirten hiessen, so wurden sie auch nicht unpassend » G e f a n g e n e « genannt, weil unser Ahnherr Joseph sich dein ägyptischen Könige als Gefangener erklärte und nachher mit des Regenten Erlaubniss seine Brüder zu sich nach Aegypten kommen liess.» Aus dieser Nachricht, welche Josephus aus Manethos Werken wörtlich angeführt zu haben gesteht, geht deutlich h e r v o r , dass der ägyptische Geschichtschreiber die Schaafhirten f ü r Israeliten hielt; und obgleich einige in seiner Erzählung sie betreffende Umstände erdichtet sind, so kann man denoch vermuthen, dass Moses andere, welche sich auf Thatsachen gründeten, mit Stillschweigen übergangen hat. Betrachten wir die Zahl der zwölf Stämme, als sie Aegypten verliessen, nachdcm sie so lange die grausame Verfolgung
vertrieben von Tethmosis.
427
des Pharao erlitten h a t t e n , welcher ihre gesammte männliche Jugend ins Wasser werfen Hess, lind bringen wir ihre w a h r scheinliche Anzahl vor diesen Unglücksfällen in Anschlag, so können wir kaum glauben, dass eine so grosse Menge ohne "Widerstand Sklaven geworden sey, wenn sie abermals glücklich w a r e n , so behandelten sie die Aegyptier w a h r scheinlich nicht mit grosser Milde. In der That haben wir keine Ursache zu glauben, dass die Israeliten j e einen ihrer eignen Nation auf den T h r o n erhoben haben; aber weil sie abgesondert in G o s c h e n lebten, welches, wie wir jetzt sehen, der District w a r , der Auaris genannt w i r d , so h a t ten sie wahrscheinlich ihre eigenen H ä u p t e r , welche die mit ihren Sitten unbekannten Aegyptier natürlicher Weise als Könige betrachteten. Manetho stellt die Hirtenkönige nicht als ordentliche Herrscher Aegyptens d a r , sondern als solche, die eine tyrannische Macht über das Land ausübten, w ä h rend die eingebornen Fürsten stets in der Thebais und in andern Districten regierten, und zuletzt im Stande waren, ihre Truppen hinlänglich zu verstärken, ihr Ansehen wieder zu erlangen und die Hirten wieder in die Sklaverei zu führen oder zu vertreiben. Das Geschäft der Schaafhirtenkönige in Auaris oder Goschen, nämlich das Kornvertheilen , ist ein besonderer Umstand, aber der Schluss seiner Erzählung , der Vertrag hinsichtlich des Auszuges aus Aegypten , ihre Wanderung durch die W ü s t e , die ungeheure Menge des ausgewanderten Stammes und die Erbauung des Tempels und der Stadt Jerusalem, stellen es ausser Zweifel, dass hier die Israeliten beschrieben werden. Ausser der Geschichte des Einfalls der Schaafhirten, während der Regierung des Timaus, und ihrer Vertreibung unter Tethmosis hat Manetho in seinem W e r k e noch eine Erzählung von einer zweiten Eroberung Aegyptens durch dasselbe Volk mitgetheilt, welche er in die Regierung des Amenophis setzt. Diese letztere Geschichte ist in mancher Beziehung eine Wiederholung der erstem. Josephus behaupt e t , als wäre es Manetho's eignes Geständniss, dass die erste Erzählung acht historisch und aus alten Urkunden geschöpft sey: die zweite hingegen habe der Geschichtschreiber aus
428
Geschichte der Hyisos
einem W e r k e von ungewisser Autorität genommen. WU* •werden zu der Annahme berechtigt w e r d e n , dass diese Behauptung nicht ohne G r u n d w a r . Erstens finden wir, dass diese letzte Geschichte, die Manetho m i t der Zeit des Amenophis verbunden h a t , von manchen a n d e r n Geschichtschreibern des Ptolomäischen Zeitalters in die Regierungen verschiedener Könige gestellt und mit vielen u n d mannigfaltigen Umständen erzahlt wird. Zweitens stellt die letztere Erzählung in allen m e r k w ü r d i g e n Umständen mit der ersten in so naher Beziehung, dass man leicht einsieht, beide G e schichten seyen n u r verschiedene Darstellungen einer u n d derselben Begebenheit. Jedes Hauptfactum in der erste» Erzählung w i r d in der zweiten mit dem Zusätze einiger offenbar fabelhaften Ereignisse wiederholt. Da es von grosser Wichtigkeit i s t , diesen Theil d e r ägyptischen Geschichte zu e r l ä u t e r n , so will ich dieses zweite Bruchstück aus Manetho. übersetzen. „Dieser König Amenophis," sagt M a n e t h o , „wünschte, so wie H o r u s , einer seiner V o r g ä n g e r , z u r Anschauung der Götter zugelassen zu w e r d e n , u n d theilte diesen W u n s c h dem Sohne des Papis m i t , der auch Amenophis hiess, von dein man glaubte, dass er, wegen seiner Weisheit und K e n n t niss der Z u k u n f t , der göttlichen Natur tbeilhaftig sey. D i e ser versicherte i h n , dass sein W u n s c h gewährt werden w ü r d e , wenn er das ganze Land von aussätzigen und u n r e i neu Personen reinigen liesse. D e r K ö n i g , zufrieden mit dieser A n t w o r t , liess alle d i e , welche irgend einen k ö r p e r lichen Feliler h a t t e n , deren Zahl sich auf achtzig Tausend Menschen belief, aus allen Gegenden Aegyptens zusammenk o m m e n , u n d schickte s i e , in die ostwärts vom Nile gelegenen Steinbrüche zu a r b e i t e n , damit sie von dem übrigen Theile des ägyptischen Volkes getrennt wären. Unterdessen traf sich, dass unter den Verbannten einige mit Aussatz behaftete priesterliche Schreiber w a r e n , wesshalb der P r o phet Amenophis, aus F u r c h t , dass der Götter Zorn auf ihn und den König fallen m ö c h t e , vorhersagte: dass gewisse F r e m d e d e m unreinen Volke zu Hülfe k o m m e n , Aegypten erobern und dasselbe dreizehn J a h r e unter ihrer Botmässig-
von Amenophis vertrieben.
429
keit halten w ü r d e n . Amenophis, der den Muth nicht hatte, dem König diese Unglücksfälle zu berichten, hatte seine Prophezeihung schriftlich abgefasst, und sich dann selbst getödtet." Manetho f ä h r t i n seiner Erzählung f o r t , dass nachdem die aussätzigen Leute sich lange den mühsamen Arbeiten unterworfen h a t t e n , die ihnen in den Steinbrüchen oblagen, sie den König u m ihre Freiheit baten. Dieser erlaubte ihnen in der Stadt Auaris zu w o h n e n , welche damals leer w a r , weil die S c h a a f h i r t e n 'sie verlassen hatten. Diese Stadt war nach der alten Mythologie Aegyptens eine der Typhonischen Städte. Nachdem die Aussätzigen dahin gekommen und den O r t f ü r eine E m p ö r u n g passend fanden, wählten sie sich einen P r i e s t e r von Ileliopolis, Namens Osars i p h , zum O b e r h a u p t e und verpflichteten sich durch einen E i d , allen seinen Befehlen zu gehorchen. E r verordnete z u e r s t , dass sie weder die Götter v e r e h r e n , noch sich eines der von den Aegyptiern als heilig betrachteten Thiere e n t h a l t e n , sondern dieselben alle ohne Unterschied tödten und verzehren, und keine Verbindung ausser ihrer Gemeinde eingehen sollten. Als e r diese Gesetze und viele andere, die den Einrichtungen Aegyptens sämmtlich entgegen waren, gegeben h a t t e , befahl er die Stadt zu befestigen und sich zum Kriege gegen Amenophis vorzubereiten. Unterdessen zog er sich einige Priester und unreine Personen auf die Seite, welche er als Gesandte zu den v o n Tethmosis v e r triebene S c h a a f h i r t e n nach Jerusalem schickte. E r machtc diesem Volke seine Umstände und die seiner Mitleidenden b e k a n n t , u n d lud es ein sich zu v e r b i n d e n , um einen gemeinschaftlichen Einfall in Aegypten zu machen. E r nahm es auf sich, sie nach A u a r i s , dem Lande ihrer Voreltern, zu f ü h r e n , f ü r den Unterhalt ihres ganzen Volkes zu s o r gen , und versprach im Nothfalle f ü r sie zu kämpfen und ihnen schnell den Besitz des Landes zu verschaffen. Die S c h a a f h i r t e n nahmen seinen Vorschlag a n , die ganze Nation, zwei H u n d e r t Tausend Mann s t a r k , begab sich fröhlich auf den Marsch und erreichte in kurzer Zeit Auaris. A m e n o phis , König von A e g y p t e n , w a r , als e r von diesem E i n -
430
Geschichte der Juden
falle liörte, nicht wenig bestürzt, denn er erinnerte sich der Weissagung des Amenophis, des Papis Sohn.» Der Geschichtschreiber berichtet ferner umständlich, dass der König mit seinem ägyptischen Heere, indem er den Apis und die andern heiligen Thiere mitnahm, nach Aethiopien floh, und dass die Schaafhirten, o h n e e i n e S c h l a c h t zu l i e f e r n , •wieder in den Besitz von ganz Aegypten kamen. Sie sollen sich -wiederum äusserst grausam gegen die Einwohner betragen , ihre Dörfer verbrannt, ihre Tempel beraubt und ihre heiligen Thiere gebraten haben, zu welchem gottlosen Zwecke sie das Feuer mit den Götterbildern anzündeten, und sogar die Priester und Propheten zwangen, ihnen bei diesen abscheulichen Thaten Beistand zu leisten. Manetho sagt uns, dass der Priester, der also die Rolle des Gesetzgebers und Feldherrn spielte, ein Heliopolitaner w a r , welcher nach Osiris, dem Gotte von Heliopolis, Osarsiph hiess, der aber, als er zu den Schaafhirten übergegangen war, seinen N a men veränderte, und von der Zeit an Moses genannt wurde. Die Geschichte berichtet ferner, dass, nachdem die vorhergesagte Periode der Leiden vorüber w a r , der König von Aegypten mit einem Heere aus Aethiopien zurückgekehrt sey, und dass, nachdem er die Schaafhirten nebst den Aussätzigen besiegt, dieselben aus dem Lande vertrieben und sie bis an die Gränzen Syriens verfolgt habe. Diese zweite Eroberung Aegyptens durch die Schaafhirten ist in allen wesentlichen Einzelheiten eine so treue Copie der ersten, dass wir beide Erzählungen sicher für eine und dieselbe Begebenheit halten können. Das Volk war ein und dasselbe; in beiden Fällen kam es aus dem Westen; in beiden Erzählungen soll es das Volk Jerusalems and die Nation gewesen sein, welche ihren Gottesdienst im Tempel verrichtete. In beiden Berichten war ihr Hauptwohnort in Aegypten Auaris, welches offenbar Goschen gewesen zu seyn scheint. Bei beiden Gelegenheiten sollen die Fremden ohne ein Haupttreffen Aegypten verheert haben, und ihr glücklicher Erfolg wird dem Zorne der Götter gegen die Herrscher und das Volk des Landes zugeschrieben. Bei beiden Vorfällen wurden sie von einem Heere
nach Macrernon und Lysimachus.
431
aus dem Süden aus Aegypten vertrieben, und wanderten durch die W ü s t e nach Palästina. In diesen beiden E r z ä h lungen sind Umstände erwähnt, welche sich auf keine andere Begebenheit in der Geschichte beziehen k ö n n e n , als auf den Auszug der Israeliten aus Aegypten. Ausser diesen Fragmenten des Manetho besitzen wir über den Auszug der Israeliten von andern ägyptischen Schriftstellern noch verschiedene B e r i c h t e , w e l c h e , obgleich sie in den Hauptpunkten meistens übereinstimmen, doch in einigen Umständen von der obigen verschieden sind. Einige derselben stimmen beinah mit der ersten Erzählung des Manetho, andere mit der zweiten überein. W i r werden, ehe wir den Gegenstand b e r ü h r e n , weshalb wir uns besonders in diese Auseinandersetzung eingelassen h a b e n , einen kurzen Auszug aus derselben mittheilen. Das merkwürdigste dieser Geschichten besitzen w i r aus Chäremon, welcher wie Manetho, obgleich lange nach ihm, ein Mitglied der Hierarchie und ein ägyptischer heiliger Schreiber war. Die Erhaltung desselben haben wir dem Josephus zu verdanken. Chäremon bezieht, gleich Manetho, diese Geschichte auf die Regierung eines ägyptischen K ö n i g s , Namens Amenophis. Folgendes ist eine Uebersetzung aus der Stelle des Geschichtscbreibers, die Josephus aufbewahrt hat. «Die Göttin Isis erschien dem Amenophis im T r a u m e und machte ihm V o r w ü r f e wegen ihres in T r ü m m e r n liegenden T e m p e l s , der während des Krieges zerstört worden war.» W i r wissen nicht, auf welchen Krieg Chäremon a n spielt; wahrscheinlich ist es aber dieselbe Verheerung Aegyptens, welche Manetho bei dem Einfalle der Schaafhirten erwähnt. «Phritiphantes, der heilige S c h r e i b e r , » f ä h r t e r f o r t , « gab indessen dem Könige die Versicherung, dass er, wenn er das Land Aegypten von allen aussätzigen Menschen reinige, künftig von solchen nächtlichen Schreckbildern b e freit bleiben würde. D e r König Hess hierauf das angesteckte V o l k , ungefähr zwei Hundert und fünfzig Tausend Mann, zusammen kommen und aus dem Lande jagen. D i e F ü h r e r dieses Heeres waren zwei S c h r e i b e r , Namens Moses und
432
Geschichte der Juden
J o s e p h , von denen der letztere ein heiliger Schreiher war ; ihre ägyptischen Namen waren Tisithen und Peteseph. S i e gingen nach Pelusium, wo sie drei Hundert und achtzig Tansend Mann fanden, die von Amenophis zurückgelassen waren, weil dieser König sie nicht nach Aegypten führen wollte. Es sind offenbar die Schaafhirten des Manetho, welche abgesondert von den Aegyptiern in Auaris oder Goschen wohnten, und welche dem unter Moses Anführung v e r j a g ten und aussätzigen Volke Hülfe geleistet haben sollten. «Sie fielen, nachdem sie sich mit diesem Volke vereint hatten, in Aegyten ein; und Amenophis floh ohne ihren A n griff auszuhalten nach Aelhiopien und liess seine schwangere F r a u zurück. Diese verbarg sich in eine sichcre Höhle, w o sie von einem Sohne entbunden w u r d e , welcher Messenes hiess, und als er erwachsen w a r , die J u d e n , ungefähr zwei Hundert Tausend Mann an der Zahl, nach Syrien verfolgte > und seinen aus Aethiopien zurückkehrenden Vater Amenophis abholte. In dieser Geschichte, sowohl wie sie von Chäremon, als auch von Manetho berichtet w i r d , unterscheiden wir zweierlei Arten V o l k , woraus Moses Heer bestanden haben soll; erstens die mit Aussatz angesteckten Bewohner Aegyptens, und zweitens die Schaafhirten, Bewohner Auaris oder Goschen, welche Manetho als ein fremdes Volk aus Judäa öder Arabien beschrieben hat. Diese Schaafhirten sind augenscheinlich ächte Israeliten, die wirklichen Aegyptier, die das israelitische Heer begleiteten, müssen eine sehr unbedeutende Zahl gewesen seyn. Eine dritte Geschichte ähnlicher Art hat Josephus aus den Werken des Lysimachus ausgezogen, welcher dieselbe auf Bocchoris Zeitalter bezog. U n t e r seiner Regierung nahmen die J u d e n , welche von Aussatz, Krätze und andern ekelhaften Krankheiten angesteckt w a r e n , ihre Z u . flucht in den Tempeln und wurden Bettler. Es entstand damals, indem viele Menschen von Krankheit befallen w u r den, eine Hungersnoth in Aegypten, wesswegen der König Bocchoris Personen nach dem Orakel des Jupiter Ammon
von Mulo und T a c i t u s , sandte,
um
dasselbe
zu
befragen.
dass der K ö n i g seine T e i n j i e l
433
Der Colt
von
erwiederte,
unheiligen und goLtlosen
Menschen reinigen , dieselben nach u n b e w o h n t e n O r t e n t r e i ben und die -aussätzigen und kranken L e u t e ins W a s s e r w e r fen lassen solche
müsse,
Elende
weil
leben
reinigen
solle und
bringen
würde.»
die S o n n e e r z ü r n t
Hesse;
ferner,
alsdann Es
w ä r e , dass man die
Tempel
die E r d e ihre F l ü c h t e
hervor-
wird
dass
er
der
König
gehorcht und s o w o h l die Aussätzigen h a b e e r t r a n k e n
hinzugefügt,
lassen,
als auch die Gottlosen oder Ungläubigen trieben habe, dass diese d a r a u f sich
dass in
die W ü s t e g e -
v e r s a m m e l t , die G ö t t e r
ausgesöhnt, dass sie F e u e r in der W t i s l e angezündet,
Wachen
ausgestellt und sich
begeben
haben,
welcher
übernommen,
unter
sie
und
in
den Befehl eines ein
unbewohntes
sie endlich
Land
zu
führen
Judiia
gebracht
wo sie eine Stadt b a u t e n , die sie Jerusalem
nannten.
Appolonius Molo Zahlung
von
dem
w a r der
Auszuge,
als fabelhaften Umstunden derselbe
Auszug
h a b e , und z w a r e r b a u t hatten.
sich
nach
Moses
in
Verfasser e i n e r
den
e r mit
ausgestattet dem
in dem J a h r e ,
andern
eben so
hat.
Zeitalter
habe,
Er
Er
albernen
sagt,
das*
der D i d o
ereignet
als die P h ö n i z i e r
Cartbago
D e r B e r i c h t dieses Schriftstellers s t i m m t , wie
es s c h e i n t , in einigen Einzelheiten mit dem des
Lysimacluis
überein. Tacitus hat uns einen kurzen Auszug von den verschiedenen
Erzählungen
Beziehung
a u f die
mitgctheilt, Juden
welche zu
vorherrschten.
seiner Nebsl
Zeit
in
mehreren
F a b e l n erwähnt e r des wahren Verhältnisses, dass sie u r s p ü n g lieh aus Assyrien a u s g e w a n d e r t , dann einen T h e i l Aegyptens in Besitz genommen haben und n a c h h e r w i e d e r nach stina
und
den Hebräischen
Ländern
zurückgekehrt
PalaSeyen.
allein e r zieht eine Erzählung vor^ in w e l c h e r , seiner A u s sage gemäss,
die meisten S c h r i f t s t e l l e r ü b e r e i n k o m m e n ,
uml
welche beinahe eine W i e d e r h o l u n g d e r Geschichte des L y s i maebus ist.
U n t e r B o c c h o r i s R e g i e r u n g b r a c h in Aegypten
eine ekelhatte K r a n k h e i t O r a k e l des Amnion
aus,
bei
befraet wurde.
w e l c h e r Gelegenheit das E s befahl
dem K e n i a t .
28
434
Geschichte d e r J u d e n
das Land zu reinigen u n d diu J u d e n , einen den G ö t t e r n \ e r h a s s t e n Mensclienstamm, aus demselben zu v e r t r e i b e n . Diese gesammte V o l k s m e n g e w u r d e d a r a u f z u s a m m e n g e b r a c h t u n d in die W ü s t e getrieben w o sie sich aus Mangel an W a s s e r in d e r äussersten Noth b e f a n d e n , bis einer aus i h r e r M i t t e , Namens Moses, d e r m u t h i g e r w a r als die U e b r i g e n , i n d e m e r eine S c h a a r w i l d p r Esel v e r f o l g t e , zufällig eine w a s s e r r e i c h e Quelle a n t r a f . Die V e r t r i e b e n e n setzten, n a c h d e m sie sich so e r h o l t h a t t e n , i h r e n Z u g d u r c h die W ü s t e f o r t , kamen a m siebenten T a g e in Palästina an und n a h m e n ein L a n d in Besitz, w o sie die Stadt u n d den T e m p e l von J e r u salem e r b a u t e n . E r f ü g t h i n z u , dass sis stets den siebenten T a g feierten , weil sie ihren gefahrvollen Z u g in sieben T a g e n vollendet hat.teo ; dass sie sich des Schweinefleisches enthielten Wegen d e r E r i n n e r u n g an die U n g l ü c k s f ä l l e , die sie d u r c h die K r a n k h e i t , w e l c h e r dieses T h i e r u n t e r w o r f e n ist, e r l i t t e n h a t t e n ; u n d dass sie aus D a n k b a r k e i t wegen i h r e r B e f r e i u n g aus d e r W ü s t e stets die Gestalt eines Esels v e r e h r t e n . Diese F a b e l w a r sehr v o r h e r r s c h e n d u n t e r den G r i e c h e n . Das Bild eines Esels o d e r das eines Esel - K o p f e s w a r , wie m a n g l a u b t , d e r grosse Gegenstand der A n b e t u n g in d e m T e m p e l von J e r u s a l e m . D i e erste dieser Geschichte von T a c i t u s ist offenbar dieselbe, die M a n e t h o vom ersten Einfall d e r S c h a a f h i r t e n e r z ä h l t . D i e z w e i t e , welche d e r V e r f a s s e r wegen d e r U e b e r einstunmung der meisten Schrifisteller v o r z i e h t , k o m m t mit d e m zweiten Einfalle bei Mauellio und bei C.häremon überein. W i r sehen e i n , dass Tacitus diese beiden T r a d i t i o n e n auf die jüdische "Valion bezieht. P h o t i n s b a t uns in seiner Bibliothek ein Bruchstück des f ü n f u n d dreissigsten Buchs des D i o d o r von Sicilien a u f b e w a h r t , welches den Auszug d e r H e b r ä e r betrifft. E r sagt, «dass Aegypten in allen Zeiten d u r c h eine grosse Plage h e i m gesucht w o r d e n , welche wegen d e r Menge von F r e m d e n , die d o r t die G e b r ä u c h e d e r einheimischen Religion v e r n a c h lässigt h a t t e n , d e m Z o r n e G o t t e s zugeschrieben w u r d e . Die Edelsten von ihnen g'mgen u n t e r Cadmus u n d D a n a u s nach
nach den Aegyptiern.
4.15
Griechenland; die grossere Zahl aber folgte Moses, einem weisen und t.apf'e.rn H e e r f ü h r e r , nach Paliistina. Moses e r o b e r t e das L a n d , b a u t e Jerusalem, gab vortreffliche Gesetze und stiftete eine reine Religion.» Aus den grossen Abweichungen in Zeit und U m s t ä n d e n geht deutlich h e r v o r , dass keine dieser Geschichten, im Gegensatz mit dem Berichte , den die jüdischen S c h r i f t steller über die Geschichte ihrer Kation milgethellt haben, Glauben verdient. Sie alle scheinen Erfindungen eines verhältnismässig s p ä t e m Zeitalters gewesen zu s e y n , u n d sich auf schwankende Berichte gegründet zu h a b e n , welche man in Aegypten von dem Auszuge der Israeliten a u f b e w a h r t e ; sie bestätigen aber zufällig die im Exodus e r w ä h n ten Thatsachen. Mnnethos Geschichte des Osarsiph weicht am wenigsten a b , obgleich, wie Josepbus gezeigt, die E r zählung viele Albernheiten enthält. Es ist indessen gewiss, dass sehr unsichere Vorstellungen von der Zeit v o r h e r r s c h t e n , In welcher diese Begebenhelten sich ereigneten; denn wir s e h e n , dass einige Schriftsteller dieselben auf die Regier u n g des Amenophis, andere auf die des Boccboris beziehen. Es w a r e n verschiedene K ö n i g e , welche Amenophis hiessen; allein der F ü r s t , den Manetho m e i n t , lebte, nach dessen eigenem Geständnisse, u n g e f ä h r sechzig J a h r e vor dem t r o janischen Kriege. Boccboris ging unmittelbar dem Acthiop i e r Sabaceo v o r h e r , welcher ein Zeitgenosse des Hosea, des letzten Königs der zehn Stämme Israels, war. Obgleich die Meinungen dieser Schriftsteller hinsichtlich der Zeit dieser Auswanderung so schwankend und widersprechend sind, so können wir doch schliessen, dafs sie unzuverlässige Traditionen a n n a h m e n , und dieselben vermuthlicli auf irgend eine Zeit bezogen, die ihnen In der ägyptischen Geschichte die wahrscheinlichste schien. Manetho u n d Chäremon stimmen unterdessen in dern Namen des K ö nigs, der Moses nach der W ü s t e verfolgte, überein. Es ist d a h e r wahrscheinlich, dass sein wirklicher Name Amenophis w a r ; ich vermuthe a b e r , Manetho habe sich g e i r r t , indem e r den Amenophis annimmt, welcher an der dritten Stelle in
Zeit des Auszugs der Israeliten der neunzehnten D y n a s t i e , statt an der dritten in der achtz e h n t e n , v o r k o m m t . Ich gründe diese Meinung hauptsächlich auf zwei Betrachtungen. Erstens scheint es o f f e n b a r , dass die zwei Berichte, die Manetho über die E r o b e r u n g Aegyptens d u r c h die Scliaafhirten gegeben h a t , sieh auf eine und dieselbe Begebenheit beziehen. Nun ist der Rückzug der Scliaafliirten unauflöslich mit dem Anfange der achtzehnten Dynastie v e r b u n den. W i r können d a h e r mit einem F ü r s t e n aus der n e u n zehnten Dynastie nichts zu thun haben. Telhmosis, der erste König der achtzehnten Dynastie war es, der die Schaai'hirtcu in Auaris belagerte; aber der erste Amenophis ist durch einen Zwischenraum von etwa dreizehn Jahren von T c t h mosis getrennt. Die U n t e r h a n d l u n g e n , die in der einen Regierung b e g o n n e n , können daher in der andern vollendet w o r d e n seyn. Aus diesem Grunde ziehe ich den Schluss, dass Amenophis der Erste der König w a r , welcher die Schaafhirten u n t e r Osarsiph verfolgte. Zweitens, ohne anzunehmen, dass der erste und zweite B e r i c h t , wie es aus der Uebereiusliinmung der Umstände erhellt, zu einer und derselben Begebenheit g e h ö r e n , wollen w i r das Resultat betrachten , welches aus der Verglcicbung der Daten hervorgeht. Die Chronologen haben die Daten des Exodus oder des Auszugs der Israeliten aus Aegypten verschieden angegeben. 'Nach der B e r e c h n u n g , welche durch die Daten der heiligen Schrift am besten gestützt zu seyn scheint, sind fünf Hundert und zwei und neunzig Jahre die Zwischenzeit zwischen dieser Begebenheit, und der Z e i t , als Salomon's Tempel gegründet w u r d e . Diess ist die Berechnung des Josephus, und es ist offenbar, dass der heil. Paulus sie angenommen habe. Michaelis und andere unter den neuern Schriftsteller ziehen dieselbe vor '). W i r wollen nun die Zeit des Exodus auf diese vorläufigen Grundsatze festsetzen. i) Sielir Nute B.
nach den Aegvptiern. Die Erlernung des Tempels haben w i r angesetzt in das J a h r . . . . . Setzen w i r nun die oben erwähnten . . als Zwischenraum h i n z u ; so finden w i r das Datum des Exodus in dem Jahre . . . . . .
457
1027 v. C h r . 502
1619 v. C h r .
Die neunzehnte Dynastie erhielt das Scepter Aegyptens, wie zuvor b e r e c h n e t , gegen . . . 1350 ' ) Die gemeinschaftlichen Regierungen der F ü r s t e n der achtzehnten Dynastie . . . . . 3 2 8 , 11 Monat. beliefen sich auf Also fällt die Thronbesteigung der achtzehnten Dynastie in das Jahr . . 1 6 7 8 , 11 Monat, und Tethmosis, der erste K ö n i g , begann seine Regierung ungefähr fünfzig J a h r e vor dem Auszuge der Israeliten. Lassen w i r uns nun in eine umständlichere Untersuchung ein , so finden w i r , dass Tethmosis der König von Aegypten gewesen seyn muss, welcher die Hebräer in den f r ü h e r n J a h r e n des Moses verfolgte ; und dass w ä h r e n d seiner Regierung der künftige Gesetzgeher Israels eine Zuflucht in den W ü s t e n von Midian suchte. Sein V o r g ä n g e r w a r der P h a rao , d e r aus einer neuen Dynastie e n t s p r a n g , Joseph nicht k a n n t e und die Israeliten zu vermindern suchte. Diess ist wenigstens das Resultat, welches aus der Vergleichung d e r Daten hervorgeht. W e n n wir f e r n e r von den obigen 1678 Jahren und 11 Monaten öS J a h r e u n d 11 M o n a t e , den Zeilraum der drei ersten Regierungen, abziehen, so finden w i r , dass1 der Tod des ersten Amenophis in das J a h r 1620 v. Chr. fällt, welches in die Zeit f ä l l t , als P h a r a o der Zeitrechnung der heiligen Schrill zufolge mit einem Heere in dein rothen Meer ertrank. Diess ist eine treffende U e b o r einstimmung und viel g e n a u e r , als wir es mit Recht hoffen konnten. Diess ist das Ergebnis« einer sorgfältigen U n t e r s u c h u n g der Chronologie des Manetho in diesem Tlieile seines Werkes, 1) Eigentlich 13f>4 vgh oben.
Der Uebers.
438
Zeit des Auszugs der Israeliten
AVir besitzen einige a n d e r e historische Zeugnisse, die zu einem ähnlichen Resultate führen. D e r einzige Umstand, d e r das G e w i c h t ihres Ansehens v e r r i n g e r t , ist d e r , dass w i r nicht w i s s e n , w o h e r die S c h r i f t s t e l l e r , auf welche w i r uns b e z i e h e n , ihre "Nachrichten genommen haben ; aber da m a n c h e wissenschaftliche Quelle ihnen offen s t a n d , welche seitdem f ü r i m m e r unzugänglich g e w o r d e n ist, so dürfen w i r die Zeugnisse dieser Chronologen nicht v e r w e r f e n , zumal da sie u n t e r sich seihst übereinstimmen und w i r keinen G r u n d haben , eine E i n w e n d u n g dagegen zu machen. Erstens haben Eusebius und Clemens von Alexandrien uns eine lange Stelle aus dem Artabanus a u f b e w a h r t , w e l c h e die Geschichte der Israeliten in Aegypten und i h r e n Auszug u n t e r Moses enthält und welche dien Namen verschiedener P e r s o n e n u n d viele mit den Angelegenheiten j e n e r Zeiten v e r w e b t e Umstände e r w ä h n t , von denen w i r w e i t e r keine N a c h r i c h t besitzen '). Dem A r t a b a n u s zufolge hiess d e r ä g y p t i s c h e König , der die Israeliten mit Grausamkeit b e h a n delte, Palmanöthes. Dieses seheint im Griechischen eine a n d e r e S c h r e i b a r t f ü r den Kamen Amenophis zu s e v n , oder w i e es m i t d e m Coptischen Artikel geschrieben w e r d e n mag Ph'Amenöphes. Dieser F ü r s t b a u t e , nach A r t a b a n u s , Kessan oder G o schen und den T e m p e l zu Heliopolis. Seine T o c h t e r w a r m i t Chenephren , dem K ö u i g e einer Landschaft O b e r ä g y p tens, v e r m ä h l t ; „ d e n n Aegypten w a r d a m a l s , " w i e A r t a b a nus s a g t , „ i n verschiedene kleine K ö n i g r e i c h e g e t h e i l t . ü b e r welche indessen d e r König von Memphis die O b e r h e r r s c h a f t gehabt zu haben scheint. Diese F ü r s t i n hiess M e r r h i s , sie n a h m , du sie kinderlos w a r , einen jungen Israeliten an K i n d e s S t a t t a n , w e l c h e r Moyses oder Musaeus genannt wurde. D e r Geschiclitschreiber sagt f e r n e r , dass Moses
i) F,u»eb. lib.
Praep.
livang.
lib. IX.
eap. 27.
Clemens Alex.
Strom,
i.
j ) Chenephren
h e i s s t er bei E u s e b i u s ;
und d i e a l e x a n d r i n i s c h e C h r o n i k , t a b a n u « c o p i i t , u e u u t ¡Im
Necliepliro» bei
Clemens,
w e l c h e g l e i t l i f a l l j d e n Ac-
Chcucbroo.
nach den A e g y p t i e r n .
439
b e a u f t r a g t w o r d e n s e y , eine A r m e e gegen die A e t h i o p i e r zu b e f e h l i g e n , u n d viele r u h m v o l l e T h a t e n a u s f ü h r t e , w e l c h e von den im P c n t a t e u e h e r w ä h n t e n s e h r abweichen. In M a n e t h o ' s Königsliste d e r a c h t z e h n t e n Dynastie finden w i r alle diese Namen etwas verschieden g e s c h r i e b e n ; P a l m a n o t h e s ist P h ' A m e n o p h e s . Merrliis scheint die K ö n i g i n Amersis zu s e y n , welclie nach A m c n o p h i s regierte. Unmitteliiar n a c h Amersis has Josephus den Namen Mephris a u f gestellt; a b e r Eusebius hält diesen m i t Amersis f ü r e i n e n Namen. N u n sind M e p h r i s , Mersis o d e r M e r r h i s leichte V e r ä n d e r u n g e n , die ägyptischen F r a u c n n a n i e n m i t g r i e c h i schen B u c h s t a b e n d a r z u s t e l l e n , i n d e m die a s p i r i r t e n C o n s o n a n l e n b e s t ä n d i g wechseln. C h e n e b r o n o d e r C h e n c p h r e n ist vielleicht clerselhe K ö n i g , d e r in Mnnethos Liste u n t e r d e m Namen C h f i b r o n u n m i t t e l b a r v o r A m e n o p h i s v o r k o m m t . Diese U e b e r e i n s t i m m u n g e n b i e t e n einige G r ü n d e m e h r d a r , den A m e n o p h i s , d e r den Moses v e r f o l g t e , f ü r den d r i t t e n K ö n i g d e r achtzehnten Dynastie zu h a l t e n . Alle alten C h r o n o l o g e n beziehen den Auszug d e r I s r a e liten auf dieselbe E p o c h e , n ä m l i c h : auf den Anfang d e r R e g i e r u n g d e r achtzchnt.cn Dynastie. Sie s p r e c h e n in d e r T h a t von diesen E r e i g n i s s e n , als w e n n die Unglücksfälle d e r H e b r ä e r u n t e r T e t h m o s i s o d e r Amosis a n g e f a n g e n u n d g e e n d i g t b a l l e n ; allein die R e g i e r u n g dieses K ö n i g s ist f ü r die ganze F o l g e von Begebenheiten zu k u r z . W e n n Tethmosis d e r M o n a r c h w a r , in dessen Zeit Moses aus Aegypten v e r t r i e b e n o d e r nach Arabien zu flüchten g e z w u n g e n w u r d e , so w i r d die R e g i e r u n g des A m e n o p h i s in die Zeit d e r israelitischen A u s w a n d e r u n g fallen. W a h r s c h e i n l i c h f ü h r t e T e t h m o s i s , w i e M a n e t h o b e r i c h t e t , K r i e g gegen die Israeliten u n d u n t e r j o c h t e sie; w e n n es gleich unglaublich i s t , dass eine so m ä c h t i g e u n d grosse N a t i o n , o h n e einen W i d e r s t a n d zu ' w a g e n , sich d e r / u r c h t b a r s t e n Sklaverei u n t e r w o r f e n h a b e . Viele von ihnen ergriffen v c r m u t h l i c h die F l u c h t u n d d i e Z u r ü c k b l e i b e n d e n w u r d e n , wie M a n e t h o s a g t , nach d e r ö s t lichen (rrän/.e g e s c h i c k t , u m in den d o r t i g e n S t e i n b r ü c h e n xu a r b e i t e n . Nach der Z e i t , als Moses aus dem L a n d e M i dian z u r ü c k g e k e h r t , w u r d e n , wie im Buche des E x o d u t
Zeil citó Auszugs d e r Israeli leu s t e l l t , dieselben h e b r ä i s c h e n o d e r arabisehe» S c h n a f h i r t c n , die sieh jetzt w i e d e r in dein Z u s t a n d e d e r Sklaverei b e f a n d e n , d i e V e r a n l a s s u n g vieler Unglücksfälle in Aegypten u n d ^lein I l a u s e P h a r a o s . D a h e r die z w e i f a c h e E r z ä h l u n g in M a n e t h o s W e r k e n , dass T e t h m o s i s d e r K ö n i g w a r , d e r die K c h a a f h i r t e n besiegte u n d d e r P h a r a o gewesen zu sovn s c h e i n t , w e l c h e r die Z a h l u n d M a c h t d e r Israeliten v e r m i n d e r t e u n d v o r w e l c h e m Moses geflohen w a r . W e n n diess d e r F a l l w ä r e , u n d Manelhos Tabelle richtig i s t , so niuss A m e n o } his d e r E r s t e d e r P h a r a o gewesen sey n , d e r iin r o l l i c n M e e r e e r t r u n k e n ist. E u s e b i u s h a t uns einen grossen Auszug au» d e r C h r o n o g r a p h i e des Julius A f r i c a n u s ü b e r l i e f e r t , in w e l c h e m . 11.
nach den Acgypticrn.
441
des Apis, König von Argos , Sohn des P h o r o n e u s , ein Theil der Kriegerkaste Aegyptens ans diesem Lande u änderte, und sieh im syrischen Palästina, unweit Arabien, ansiedelte. „ E r bezieht s i c h , " sagt Eusebius, „ a u f d i e , welche Moses gefuhrt hatte." Auch lierodot nennt die Juden, Syrier aus Palästina, und s a g t , dass sie aus Aegvpten ausgewandert seyen. Das Zeitalter des Inaehus und Phoroneus ist nach der Berechnung des Tatian und Eusebius ungefähr sechs7.elm Regierungen, oder vielmehr 400 Jahre vor dem T r o janischen K r i e g e , gewesen '), Inaehus w u r d e von allen diesen Schriftstellern f ü r einen Zeitgenossen des Tethinosis gehalten. Aus allen diesen Gewährsmännern und zusammentreffenden Umständen geht zuverlässig h e r v o r , insofern wir e r w a r ten d ü r f e n , dass eine F r a g e , welche sich auf eine so e n t fernte P e r i o d e bezieht, in einer so dunklen Geschichte gelöst w e r d e , dass die S c h a a f h i r t c u , welche von den ersten Fürsten der achtzehnten Dynastie aus Aegvpten vertrieben w u r d e n , die Israeliten w a r e n , welche Moses nach Canaan geführt hat. M a n e t h o , der ihre Geschichte so umständlich berichtete, hielt die Sehaafhirten gewiss mit den Hebräern f ü r einerlei; denn e r sagt, dass sie sich durch einen V e r trag von Aegypten zurückzogen und Jerusalem und den Tempel b a u t e n ; und obgleich er in dem folgenden Theile seines W e r k e s die allgemeinere Geschichte annahm, welche
i ) Diese R e g i e r u n g e n sind b e s t i m m t e G e n e r a t i o n e n ; v i e l e b e n w a r e n in d e r T h a t n u r S e i t e n l i n i e n . Sie w e r d e n also vou T a t i a n a u fÖ' gezählt: l. Inaehus. I i . Lynccut. j. Phoroneus. is. Abas. 3. Apis. i 3 . Wraetus. • 4. Aerisius. 4- Argiiis, j5. Perseus. ü. Criasus.
6 Fhorba«.
lö. E u r y s t h c u s .
7. T r i o p u s .
17. Atreus.
8. Crilopm.
18. T h y e s t e s HJ. A g a m e m n o n ,
9. S t h e n c l a u s . 10. D a u a i i i .
deriel-
442 die
Zeit des Auszugs d e r Israeliten. Juden
als
zum
Tlieil von ägyptischen
abstammend d a r s t e l l t e ;
so b e t r a c h t e t e
s c h i c h t e derselben
so
für
verwebt
Auswurfska»teii
er dennoch die
mit
jenen
Ge-
den Seh;«al-
hirten , dass e r keinen andern Ausweg zu finden wussle,
als
dieses Volk, w i e d e r von Jerusalem nach Goschen zu b r i n g e n , und seinen E i n f a l l in Aegypten und die folgende "Vertreibung daraus fast mit denselben Umstanden zu w i e d e r h o l e n , w e l c h e in der «rsten E r z ä h l u n g von seinem Zuge aus A r a b i e n
oder
Palästina
Molo
vorkommen.
Auch
Chäreinon,
Apollonius
und L y s i m a c h u s , von welchen D i o d o r uiul Tacitus ihre Kund«! zum T h c i l h e r n a h m e n , Berichte
verbinden
indem sie die Umstünde dieser zwei
und sie
beide auf
die Ge.*chichlc
der
J u d e n beziehen , scheinen keinen feineren Zweifel zu h e g e n , dass die S c h a i i f b i r l e n ,
welche Jerusalem bauten ,
gegen die
Meinung d e r n e u e m Chronologen dasselbe Volk w a r e n , w e l ches Moses d u r c h die W u s l e geführt h a t t e .
A c Ii t c r Von
A b s c h n i t t .
den ersten siebenzehn Dynastien in der C h r o n i k des Manetlio.
"Wir geben jetzt zu der Chronologie der f r ü h e m stien
in
Manclhos
Chronik.
Durch
die
B e m e r k u n g e n halten w i r es für a u s g e m a c h t , zehnte, Dynastie
mit
Anienophis a n f i n g ,
den
und
R e "oi e r u mn; e n
dass die
der hebräischen den v o r h e r
mit. der Geschichte
Geschiehtschreiher
fast
ganz
war.
iiherein.
e r w ä h n t e n Zeitaltern hatten wir keine denn
ägyptischen Angelegenheiten , Wir
und
des-Moses und
die Chronologie des Manetlio mit j e n e r
h e i t sie zu v e r g l e i c h e n ; Schrift.
acht-
des Tethiriosis
d u n Auszuge der Israeliten aus Aegypten gleichzeitig S o w r eit stimmt
Dyna-
vorhergehenden
müssen
wir
zogen,
hinsichtlich
keine K u n d e aus der
unterdessen
gestehen,
Iu
Gelegender
heiligen
das» Rlanetho,
Zeit der E r o b e r u n g Aegypt. durch die Schaafhirten.
443
so weit w i r ihm gefolgt s i n d , sich als ziemlich treuer F ü h r e r benommen habe. Folgen w i r seiner Geschichte Aegyptens bis zum fünfzehnten J a h r h u n d e r t e v o r der christlichen Z e i t r e c h n u n g , so entdecken w i r keinen Schein eines Planes, dass e r das Altertimm seines Vaterlandes über die wirklichen Gränzen ausgedehnt habe. E r verdient d a h e r m e h r Achtung, als ihm gewöhnlich gezollt w i r d , wenn wir die Stellen seiner Geschichte untersuchen, welche sieh ausser dem Bereiche einer Vergleichung mit der Geschichte anderer Nationen befinden. Nehmen w i r a n , dass Amenophis d e r Pharao w a r , welcher bei der Verfolgung der Israeliten u m k a m ; setzen wir das Ende seiner Regierung in das Jahr 1619 vor Christus, u n d zahlen w i r in einer graden Linie die Regierungen der ersten Könige der achtzehnten Dynaste und die ganz« Zahl der G e s a m m t - R e g i e r u n g e n der vorhergehenden siebenzehn Dynastien, bis auf Menes den ersten K ö n i g : so werden wir den Anfang der ägyptischen Monarchie in eine sehr e n t f e r n t e P e r i o d e setzen. W i r wollen nun sehen, wie weit diese Rechnungsart uns führen wird. Das Bruchstück aus Manethos C h r o n i k , wclches Josephus a u f b e w a h r t h a t t e , ist, so weit es sich e r s t r e c k t , viel vollkommener, als einer von den Auszügen, welche S y n cellus abschrieb; w i r werden dasselbe daher als die achten Zahlen des Manetho enthaltend b e t r a c h t e n , und uns mit d e r Vergleichung d e r Daten des Eusebius und Africanus n i c h t bemühen. Die drei ersten Könige der achtzehnten Dynastie, Amenophis mit eingeschlossen, regierten acht und fünfzig J a h r e u n d cilf M o n a t e , welche wir f ü r neun und funzig J a h r e annehmen wollen. Die ganze Zeit von dem Einfalle der S c h a a f h i r t c n , bis »ie Aegypten verliessen, bat Manetho nach dem von Josephus a u f b e w a h r t e n Auszuge auf 511 Jahre berechnet. Von dieser Zahl müssen wir die obigen 59 Jahre abziehen und den firsl zu 1019, dem Dalum des E \ o d u s , zahlen, so w e r den wir die Summe von 2071 Jahre vor Christus, als das
444
Zeit der E r o b e r u n g Aegyptens,
Datum der Zeit erhalten, in welcher die Schaafliirten zuerst nach Aegypten kamen. Manetho s a g t , dass es m e h r e r e Dynastien von S c h a a f hirten gab; und Afrieanus e r w ä h n t deren d r e i , n ä m l i c h : die fünfzehnte, sechszehnte und siebenzehnte Dynastie, welche aus Schaafhirten - Königen bestanden. Also begannen d i e Scbaafhirten ihre Regierung mit dem Anfange der f ü n f zehnten Dynastie, welche um 2071 Jahre vor Christus zu datiren ist. Die ganze Summe die w i r h e r a u s b e k o m m e n , indem w i r die gemeinschaftlichen Regierungen der ersten vierzelin D y nastien zusammenzählten, ist nach Africanus: zwei Tausend sieben Hunderl ein und zwanzig, und nach E u s e b i u s : zwei Tausend neun H u n d e r t und zwei u n d siebenzig Zählen w i r diese Summen zu dem vorhin erhaltenen D a t u m , n ä m lich: zwei Tausend ein und siebenzig, so finden w i r , dass nach dein E r s t e m der Anfang der ägyptischen Monarchie vier Tausend sieben H u n d e r t und zwei und neunzig und nach Lctzterin fünf Tausend drei u n d vierzig J a h r e v o r C h r i stus fällt; vorausgesetzt, dass alle diese Dynastien in gerader Linie nach einander folgten. Verschiedene Versuche sind gemacht w o r d e n , die C h r o nologie des Manetho mit der des Moses zu vereinigen. Perizonius nimmt a n , dass der ägyptische Chronikenschreih e r in der letzten Hälfte «einer Chronik richtig s e v , allein da er nicht wusste, was e r mit den ersten fünfzehn D y n a stien anfangen sollte, so strich e r sin kühn auf einmal aus und erklärte dieselben f ü r eine Betrügerei des Autors 2 ). Diese Verfalirungsart heisst m e h r den Gordischen Knoten
i) W i r müssen hier b e m e r k e n , die vierzehnte fehlt.
Dynastie,
dass
in d e r R e i h e d e s A f r i c a n u s die
fünfte
Um n u n d i e Z a h l e n sämiiillit h h e r a u s z u b r i n g e n ,
haben
wir in j e d e r Reihe
und
die Lücken
d e r des
Eusebius
vollgemacht,
Zeit d e r J a h r e a u u a l i m e n , w e l c h e f ü r d i e
i n d e m wir d i e
mangelhafte Dyna-
stie in der a n d e r n Liste b e s t i m m t w a r . 2 ) D e m P e r i z o n i u s folgten v e r s c h i e d e n e s p ä t e r e S c h r i f t s t e l l e r , vorzüglich Haies.
Zeit. ilcs Anfangs der Aegyplischen Monarchie.
445
z e r h a u e n , als denselben auflösen. W i r haben nicht J a s R e c h t , auf eine so kurze W e i s e zu v e r f a h r e n . W e n n w i r «las in den C h r o n i k e n einer Nation a n g e n o m m e n e A l t e r t h u m mit dem U r s p r ü n g e der Reielic und dem d e r W e l t in den Nachrichten e i n e r a n d e r n nicht vereinigen können, so bleibt uns kein anderes Mittel ü b r i g , als den W i d e r s p r u c h zwischen denselben a n z u e r k e n n e n . W i r mögen g u t e G r ü n d e haben, einer Nachricht m e h r V e r t r a u e n als einer a n d e r n zu s c h e n ken ; a b e r w i r h a b e n nicht das Recht alles d a s , was sich zu weit a u s d e h n t , aus den U r k u n d e n Aegyptens w e g z u s c h n e i d e n ; dieses hiesse die Glieder des Prokrustos v e r k ü r z e n , und dann v o r z u g e b e n , w i r hatten dieselben mit der R e c h n u n g d e r hebräischen Schriften v e r e i n i g t . Aber obgleich w i r uns enthalten müssen , die ägyptischen A l l e r l h ü m e r nach dem Muster der H e b r ä e r umzuformen, so kann, man doch keine E i n w e n d u n g m a c h e n , wenn w i r alle Zeugnisse v e r g l e i c h e n , die w i r ü b e r ägyptische C h r o nologie b e s i t z e n , und uns bestreben eine Methode zu finden, um sie mit sich selbst zu vereinen. W i r sind n u r v e r pflichtet, w ä h r e n d w i r uns in diesen Versuch einlassen, jedes V o r u r t h e i l zu Gunsten d e r einzelnen Methode auszuschliessen, welches zu Schlüssen l e i t e , die w i r von a n d e r n B e t r a c h t u n g e n anzunehmen geneigt sind. Die drei l l a u p t b e w e i s e , von welchen unsere Nachricht, ü b e r das A l t e r t h u m der ägyptischen M o n a r c h i e abhangen m u s s , sind die jetzt in B e t r a c h t gezogenen Tabellen des M a n e t h o , die Listen der dreissig Dynastien die bei Syncellus die a l t e C h r o n i i k heissen und aus den alten historischen W e r k e n ausgezogen zu seyn s c h e i n e n , welche von E r a tosthenes unter die hermeischen B ü c h e r und die Reihen d e r hebräischen K ö n i g e mit einbegriffen w u r d e n . Diese U e b e r bleibsel stehen in n a h e r Beziehung zu e i n a n d e r ; sie sind offenbar aus denselben o d e r aus v e r w a n d t e n Quellen h e r g e n o m m e n , n ä m l i c h : aus den heiligen U r k u n d e n , die in den ägyptischen Tempeln a u f b e w a h r t w u r d e n . Svncellus g l a u b t e , dass Manetho sein W e r k nach dem Muster d e r a l t e n C h r o n i k als eine Art Ergänzung zu dieser vertiwst h a b e ; und dassEralo.slhenes seine Materialien von Zeugnissen erhielt.
446
Zelt des Anfangs
die jenen nicht ganz fremd w a r e n , erhellet aus Jen Namen und Regierungen der zwei eisten K ö n i g e , Menes und A t h o tes, welche in seiner Liste so wie in der des Manetho d i e selben sind. Da nun diese Zeugnisse solcher Gestalt in V e r bindung stehen, so müssen w i r sie zu i h r e r gegenseitigen E r l ä u t e r u n g berücksichtigen. Die Tabellen, die von IJerodot und Diotlor in dem ersten Theil der ägyptischen Geschichte aufgenommen w u r d e n , enthalten n u r wenige Namen, a b e r sehr grosse L ü c k e n , und sind aus den oben angegebenen G r ü n d e n weniger beachtungswerth als d i e , welche uns von bekannten Chronologen a u f b e w a h r t w u r d e n . W i r wollen nun b e m e r k e n , welche Dalen f ü r den Anfang der ersten Dynastie, d. i. f ü r die Thronbesteigung des M). W i r wollen diese Uebereinstimmungen zu einer Uebersicht darstellen.
l ) Dieser Moiri» ist eine wichtige Person in der Geschichte. F r wird von Strabo u n d Aeliaa e r w ä h n t , bei dem letztem heisst er Marres.
der Chronik des Manetho. Erqtosthencs, Mines
Herodot. Menés.
Bimsiris.
Biuris. Nitocris. Meures. l t é Generation. 2te Generation. 3te Generation. 4te Generation. 5tc Generation. 6te Generation.
Diodor. Menas.
Nitocris. Mûris. l i e Generation. 2le Generation, •jle Generation. 4to Generation. 5te Generation. (5tc Generation.
Moires oder Marres, wie er von Aelian genannt wird, Sesostris. 7te Sesostris. Aus den Analogien, die sich auf diesen Tabellen von seihst darbieten, geht hervor, dass Eratosthenes die Materialien, mit welchen er die Reihen der Thebaischen Könige verfasst h a t , aus derselben Quelle hergenommen, woher Herodot und Diodor ihre Nachrichten erhielten. W i r können daher die Abweichungen zwischen diesen Schriftstellern der unvollkommenen Weise zuschreiben, in welcher die zwei Letztem die ihnen mitgetheilten Nachrichten verstanden. Nun war der Moires des Herodot und der Marres des Aelian der unmittelbare Vorgänger des Sesostris. Sesostris wurde dem Manetho zufolge auch Aegyptus genannt; d. i. er führte den Namen des heiligen Flusses von Aegypten. Auf der Tabelle des Eratosthenes finden wir gerade unter Marres und von ihm nur durch einen einzigen Namen getrennt, einen König P h r o u r o n , welcher als der Nil erklärt wird. Dieser P h r o u r o n scheint also ein anderer Name oder ein anderes E p i theton des berühmten Sesostris zu seyn. E r musste unmittelbar dem Maris folgen, und der Name Siphthas Hermes, welcher dazwischen kommt, hätte wahrscheinlich dem Maris v o r h e r gehen müssen. Wenn es uns erlaubt ist, diese kleine Veränderung zu machen, so werden wir eine übereinstimmende Analogie in der Ordnung der Namen zwischen diesen drei Schriftstellern finden.
4(38
Verbindung der verschiedenen Theile
Eratosthenes, 1. Meures. 2. Chomaephtha. 3. Ancounios, 4. Penthe- Athyris. 5. St. Amenemes. 6. Sistosich - Hernies. * 7. * 8. Sephthas Hermes. 9. Maris. 10. Phrouron od. der Nil.
Herodot Mûris. D,
und
Diodor.
Sasyches. D.
Moeris od. Marres. (H. it. Aelian.) Sesostris wurde auch Aegyptus oder Nil genannt. W i r wollen nun diese Reihenfolge mit der Königsreilie vergleichen, die auf der Tabelle des Manetho unmittelbar dem Sesostris oder Aegyptus vorhergeht. Der Vorgänger und Vater des Sesostris wird bei Herodot Moiris genannt. Bei Manelho heisst er Amenophis. Woher diese Verschiedenheit? Diese Kamen scheinen wirklich gleichbedeutend zu seyn. Maris wird in der Liste des Eratosthenes Heliodotus „das Geschenk der Sonne" erklärt, und dieselbe Bedeutung kann man auch dem Amenophis beilegen, so dass man diese Epitheta oder Titel als verändert betrachten kann. Memnon oder Meiion, wie Plinius diesen Namen schreibt, ist eine andere Ausdrucksweise für Amenophis, denn diese beiden Titel gibt Africanus einem andern Fürsten der achtzehnten Dynastie. Memnon war ein Abkömmling der Sonne. Seine Bildsäule gab, wenn die Sonnenstrahlen sie beschienen, einen harmonischen Ton von sich i ) Durch gefällige Mittheilung des H e r r n Professor Welcker erhielt ich folgende wichtige Bemerkung. » H e r r W i l t i n s o n , der sich lange Zeit in Aegypten a u f g e h a l t e n , hat das Geheimniss der M e m n o n - S t a t u e entdeckt und hat c o n s t a t i r t , dass die wunderbare H a r m o n i e , die sie berühmt gemacht h a t , durch einen in i h r e n weiten Weichen verborgenen hellklingenden Stein hervorgebracht w a r d , den ein in einer i n n e r n Nische gestellter Mensch in gewissen Stunden des Tages mit i i n e r eisernen Ruthe schlug, so dass jene geheimnissvollen T ö n e e n t s t a n d e n , welche ein abergläubisches, unwissende»
d e r C h r o n i k des Marietlio. S t r a b o bestätigt diese Y e r m u t h n n g ,
i n d e m e r uns v e r -
s i c h e r t , dass M o e r i s derselbe K ö n i g s e y , d e r s o n s t M e m n o n g e n a n n t w e r d e , u n d dessen Bildsäule so b e r ü h m t u n t e r d e n Griechen war. ist daher in u n d da
Memnon oder Menon oder auch
diesem
Falle
diese N a m e n
zuverlässig
dieselbe
a u c h w a h r s c h e i n l i c h , 'dass Uebereinstimmung Wir
stellen
finden
nun
die
derselbe
Bedeutung
wir
in
Amenophis wie
haben,
andern
Fällen
Maeris, so ist es dieselbe
werden. drei
Tabellen,
nämlich
die
des
E r a t o s t h e n e s , d i e des H e r o d o t u n d des D i o d o r , s o w i e a u c h die
achtzehnte
Dynastie
des
Manetho gegen
e i n a n d e r auf,
und bemerken ihre Uebereinstimmungen. Eratotthenes.
Herodot und Diodor.
XVIII.
Manethot Dynastie-
«AMENOPHIS der iste Mipbris. Misphragmouthosis. Toutlimosis. •AMENOPHIS oder Muris, D. MENNON. Horas. Chomaephtha, Achen - eberes. Ancounios. ATHORIS. Pente -ATHYRIS. (24 Jelire) Achenchercs I. u. II. St. Amenenes (23Jahrc.) Sistosich-HERMES* Sasyes, D. ARMES, od. Hermeus* Raruesses. Siphthas-HERMES. HARMESSES. MARIS. MOIRIS od. MARRES, "AMENOPHIS. oder MEMNON. Phrourott, genannt Sesostris. Sethosis, auch Aegyptus nach dem Nilfluas. g e n a n n t , der Name des Nils. Sesostris II. Rapsakes. Ammosis, Amenophtliis. Actisanes. Rameses. •MARUS. 'AMMENEMES.
Thuosi-MARES. Thoyrillus. Semphoucrates, Chouther. MAKES.
Volk in Erstaunen setzten. Die Statue selbst war wahrscheinlich durch Katnbyses zertrümmert und seitdem wiederhergestellt worden, allein das Geheimniss ward sorgfaltig bewahrt." Globe and traveller Nov. i833. p. X. S. w. Gell in Bulletin»
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Verbindung der verschiedenen Theile
W i r bemerken, dass der Name Muris, M e u r i s , Moiris, Marres oder auch Myris viermal in den Reihen den Eratosthenes, Diodor und Herodot vorkommen. In drei Stellen entspricht derselbe dem Namen Amenophis, w e l c h e r , w i e w i r gezeigt haben, ein gleichbedeutendes Epitheton mit dem Amencmes in der vierten Stelle i s t ; und Manetho h a t , w i e w i r dieses in einem vorhergehenden Abschnitte dargethan haben , oft Amenemes anstatt Amenophis geschrieben. Eine andere Uebereinstimmung zeigt sich auf der T h e b a i schen Liste, in welcher zweimal Hermes vorkommt, und dem Armes oder Harmesses auf der Liste des Manetho entgegensteht. Pente-Athyris ist ein nomen appellativum der P'hont-Atbyri oder H o h e n - P r i e s t e r der Albyri oder Athor. Diesem Kamen sehen wir Athoris gegenüberstehen, der ebensoviel bedeutet. W e n n diese Uebereinslimmungen als hinlänglich angenommen werden, um die Verbindung zwischen dessen beiden Reihen zu begründen, so werden sie uns in den Stand setzen, das D a tum des Anfangs der ägyptischen Monarchie genauer zu bestimmen , als w i r es durch die zuvor angeführten Data versuchten. W i r Iiaben bereits gezeigt, dass der Anfang der Regierung des Sesostris oder Aegyptus um 1350 v. Chr. angesetzt werden muss. Die Gesammt _ Reibe des Eratosthenes von Menes bis zum letzten K ö n i g , dessen Namen aufgezeichnet worden, nahm, wie Syncellus gesagt, 1075 Jahre ein. Von dieser Summe müssen w i r nun öS J a h r e abziehen, denn die Länge der zwei letzten Regierungen und der Zwischenraum « w i schen Menes und Phrouron w i r d 1007 J a h r e ausmachen. W e n n nun dieser P h r o u r o n , dessen Name der Auslegung zufolge „ d e r Nil bedeuten s o l l , " wirklich derselbe wie der Aegyptus oder Setbosis des Manetho ist, so haben w i r nur 1007 dem zuvor erhaltenen Datum beizufügen, um die Zeit zuverlässig zu bestimmen, in der Menes seine Regierung anfing. Die Nachricht der ägyptischen Monarchie fängt an 1350 + 1007 macht 2357. Dieses Datum f a l l t , wenn man «833. p. i3o. Man sehe auch über diese berühmte Bildsäule l.a Statue voeale de Memnoo, considcree dans ses rapporU »vcc l'Egvpte et la Gre