Controlling und Basel IV in der Unternehmenspraxis: Strategien zur Bewältigung erhöhter regulatorischer sowie bonitätsbezogener Anforderungen [2. Aufl.] 9783658313517, 9783658313524

Das vorliegende Buch gibt einen praxisbezogenen Überblick zum finalisierten Rahmenwerk von Basel III (alternativ als ‚Ba

451 112 9MB

German Pages XXIX, 379 [403] Year 2020

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Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XXIX
Implikationen veränderter Anforderungen an Kreditinstitute für die Unternehmenssteuerung (Bernd Zirkler, Jonathan Hofmann, Sandra Schmolz)....Pages 1-3
Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III (Bernd Zirkler, Jonathan Hofmann, Sandra Schmolz)....Pages 5-134
Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute (Bernd Zirkler, Jonathan Hofmann, Sandra Schmolz)....Pages 135-180
Auswirkungen der Anforderungen durch Basel IV auf kleinere und mittlere Unternehmen (Bernd Zirkler, Jonathan Hofmann, Sandra Schmolz)....Pages 181-209
Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV (Bernd Zirkler, Jonathan Hofmann, Sandra Schmolz)....Pages 211-280
Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV (Bernd Zirkler, Jonathan Hofmann, Sandra Schmolz)....Pages 281-372
Conclusio mit kritischer Würdigung (Bernd Zirkler, Jonathan Hofmann, Sandra Schmolz)....Pages 373-379
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Controlling und Basel IV in der Unternehmenspraxis: Strategien zur Bewältigung erhöhter regulatorischer sowie bonitätsbezogener Anforderungen [2. Aufl.]
 9783658313517, 9783658313524

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Bernd Zirkler Jonathan Hofmann Sandra Schmolz

Controlling und Basel IV in der Unternehmenspraxis Strategien zur Bewältigung erhöhter regulatorischer sowie bonitätsbezogener Anforderungen 2. Auflage

Controlling und Basel IV in der Unternehmenspraxis

Bernd Zirkler • Jonathan Hofmann Sandra Schmolz

Controlling und Basel IV in der Unternehmenspraxis Strategien zur Bewältigung erhöhter regulatorischer sowie bonitätsbezogener Anforderungen 2. Auflage

Bernd Zirkler Nürnberg, Deutschland

Jonathan Hofmann Zwickau, Deutschland

Sandra Schmolz Pöcking, Deutschland

ISBN 978-3-658-31351-7    ISBN 978-3-658-31352-4 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-31352-4 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2014, 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Geleitwort

Basel ist nicht nur ein Bankenthema! Mit dieser Aussage hatte ich das Geleitwort zur ersten Auflage 2014 begonnen. Seinerzeit musste man dies noch deutlich hervorheben, da die Wirtschaft außerhalb des Finanzsektors noch nicht vollständig durchdrungen hatte, wieso die Basel-Regularien, die ja zunächst wirklich nur zwingende Vorgaben für den Bankensektor bedeuteten, auch für jedes Unternehmen einen wichtigen Einflussfaktor darstellten und natürlich noch immer darstellen. Mittlerweile sind einige Jahre vergangen. In dieser Zeit gab es Weiterentwicklungen der Basel-Regularien, die auch den Anlass boten, dieses Fachbuch auf den aktuellen Stand der weiterentwickelten Regeln und vor allem der Diskussion um diese Regeln zu heben. Neben den veränderten und natürlich auch zusätzlichen Regularien nach den Basel-­ Abkommen hat sich aber auch – so ist die Erfahrung in der akademischen Lehre sowie in den Diskussionen mit Praktikern – das Bewusstsein und die Erkenntnis zu dem Regelwerk in einem breiten Teil der Wirtschaft etabliert. Hierzu hat die erste Auflage sicherlich einen guten Beitrag geleistet, ich hoffe, dass auch die nun vorliegende erweiterte und ergänzte zweite Auflage dazu führt, dass sich noch mehr Personen in der Unternehmensführung bzw. in den Finanzabteilungen der Realwirtschaft mit der Notwendigkeit, die Regeln zu beachten und im eigenen Unternehmen auch proaktive Steuerungs- und Kontrollmechanismen zu initiieren, beschäftigen. Die Basel-Regeln wurden seit den 1970er-Jahren – ausgehend von damaligen Finanzkrisen wie z.  B. dem Herstatt-Bank-Konkurs in Deutschland bzw. dem Beinahe-­ Zusammenbruch des savings-and-loan-systems in den USA – entwickelt und immer weiterentwickelt. Sie sollten das Finanzsystem stabiler und sicherer machen. Viel ist darüber diskutiert worden, ob die Finanzkrise von 2008 hätte vermieden werden können – wie einige behaupten, die die Meinung vertreten, dass die Regeln zu schwach, zu spät initialisiert und installiert worden sind – oder ob sie schlimmer ausgefallen wäre – was die Ansicht derer ist, die sagen, ein „schneller“ wäre aufgrund der Komplexität im internationalen Kontext und auch in den Wechselwirkungen mit der Realwirtschaft nicht gegangen. Fakt ist, dass alles, was seit 2008 passiert ist, zu einer Weiterentwicklung der Regularien ­geführt

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Geleitwort

hat, im besten Glauben daran, die Regeln „besser“ zu machen, mithin die Wirtschaft besser vor Krisen zu schützen. Und gerade in dieser Zeit, wo sowohl die Endredaktion der Neuauflage als auch dieses Geleitwort, aufgrund der Corona/COVID19-Einschränkungen im jeweiligen Homeoffice entstehen, ist die Wirtschaft wieder in einer Krise, der stärksten Krise seit rund 100 Jahren. Die Belastungen sind nun aber primär umgekehrt zu sehen. Während in der Finanzkrise zunächst Banken strauchelten und die Realwirtschaft im Nachgang mit belastet wurde, haben wir nun durch den lock-down von praktisch allen Ländern und Ökonomien zunächst realwirtschaftliche Probleme, die dann auf die Bankenwelt durchschlagen können. Die Politik hat dies erkannt und neben den hygienischen Anordnungen (Ausgangssperren etc.) auch beispiellose ökonomische Hilfsprogramme gestartet. Klar ist, dass wir nach Bewältigung der Pandemie im Nachgang Diskussionen über die Wirksamkeit der bisherigen Basel-Regularien haben werden. In der Folge werden wiederum Weiterentwicklungen angeregt, diskutiert, als notwendig erachtet und umgesetzt. Ich hoffe, dass dieser Band in den nächsten Jahren dazu beiträgt, das Wissen um den gegenwärtigen Stand der Regeln zu verbreiten und aufbauend auf dann guten Kenntnissen Weiterentwicklungen, Anpassungen, Verbesserungen sowohl des Regelwerks als auch des Verhaltens, der Prozesse, der Entscheidungsfindung in allen Branchen der Wirtschaft umzusetzen. Da auch diese Regelungen letztendlich auf die Kunden der Geschäftsbanken durchgreifen bzw. zu einer Änderung des Verhaltens der Banken gegenüber den Kunden führt, ist es nicht nur für Mitarbeiter in Banken wichtig, die Reglungen und ihre Wirkungen zu kennen, sondern gleichfalls für Mitarbeiter von Unternehmen, die Kredite bei Banken oder anderen Finanzdienstleistern nachfragen. Daher gilt nicht nur mein Eingangsstatement der ersten Auflage, sondern auch dieser Absatz ist so aus dem ersten Geleitwort vollständig übernommen, da er nach wie vor Gültigkeit besitzt: Das vorliegende Buch ist somit nicht nur ein Bankenbuch, d. h. für Auszubildende und Praktiker in Kreditinstituten, sondern kann auch Studierenden (der BWL, der VWL, der Rechtswissenschaften und naheliegender Fakultäten) sowie Praktikern aus Unternehmen aber auch Kommunalvertretern helfen, die komplexen Wirkungsstrukturen, die auf jeden von uns als Kunden von Kreditinstituten durchgreifen, zu verstehen. Basel ist nicht nur ein Bankenthema! Prof. Dr. rer. pol. Dr. h.c. mult. H.-Christian Brauweiler Lehrstuhl für ABWL, insb. Betriebliches Rechnungswesen und Interne Revision WHZ Zwickau

Vorwort zur 2. Auflage

Es sind mittlerweile annähernd zehn Jahre vergangen, seit der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS), dessen Sitz an der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel verortet ist, im Dezember 2010 die vorläufige Endfassung der Regulierungsvorschriften für Banken vorlegte, welche unter dem Begriff Basel III bekannt wurden. Unter dem Eindruck der globalen Finanzkrise der Jahre 2007/2008 sowie der sogenannten Eurokrise ab 2009 wurde Handlungsbedarf offenkundig, die bis dahin geltenden regulatorischen Vorschriften gemäß Basel II signifikant zu überarbeiten. Zum 01.01.2014 entfaltete daraufhin Basel III als Neufassung der Eigenkapitalrichtlinie Capital Requirements Directive IV auch in der Europäischen Union Wirkung, unter zum Teil zeitlich großzügig bemessenen Übergangsbestimmungen. Auf der Grundlage gesammelter praktischer Erfahrungen im Hinblick auf die mit Basel III verbundenen Implikationen zum einen sowie unter Berücksichtigung sachkritischer Einschätzungen geltender Regelungen zum anderen erarbeitete der Basler Ausschuss ein Reformpaket, welches im Dezember 2017 vorgestellt, in der Folgezeit noch in Details angepasst und im Dezember 2019 als in sich geschlossenes Consolidated Framework vorgelegt wurde. Obgleich der Basler Ausschuss in seiner offiziellen Diktion lediglich von einer Finalisierung des Basel III -Regelwerks spricht, in welcher die geltenden Regelungen eine Konkretisierung erfahren, wurden diese adjustierten Standards zwischenzeitlich unter Praktikern als Basel 3.5 bezeichnet und sind schließlich unter dem Begriff Basel IV bekannt geworden. Vor diesem Hintergrund ist die Bezeichnung Basel IV zwar nicht offiziell, gleichwohl schließen sich die Autoren des vorliegenden Buches jenen Experten an, welche sowohl die Quantität, als auch die Qualität vorgenommener Überarbeitungen und Ergänzungen der Basel III-Standards als solchermaßen fundamental erachten, dass die Verwendung des Begriffs Basel IV legitim erscheint, weswegen dieser Terminus Bestandteil des Titels der 2. Auflage ist. Bei der Erstellung des vorliegenden Buches wurde der Datenstand per 30.06.2019 zu Grunde gelegt. Der Vollständigkeit halber sei indes erwähnt, dass der Beschluss des Lenkungsgremiums des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht vom 27.03.2020, das ursprünglich für das Jahr 2022 anvisierte Inkrafttreten der Basel IV-Standards im Zuge der sogenannten Corona-Krise auf das Jahr 2023 zu verschieben, im Fließtext ebenfalls Berücksichtigung fand. Der Buchinhalt zeichnet sich in Analogie zur 1. Auflage dadurch aus, VII

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Vorwort zur 2. Auflage

dass er einen betont praxisbezogenen Überblick über die im Regelwerk von Basel IV enthaltenen Vorschriften zum einen sowie den hieraus zu erwartenden Auswirkungen auf Kreditinstitute und Unternehmen zum anderen gibt. Im Vergleich zu den bisher gültigen Standards sind die modifizierten, beziehungsweise teilweise umfangreich ergänzten Vorschriften des Basel-IV-Rahmenwerks als restriktiver zu bewerten, weswegen sich Kredit­ institute im Zuge der Umsetzung mit nicht unwesentlichen Herausforderungen im Hinblick auf eine wirksame Gesamtbanksteuerung konfrontiert sehen werden. Aus diesem Grund werden in der nun vorliegenden 2. Auflage diese Sachverhalte besonders ausführlich behandelt. Im Anschluss hieran wird ein Ausblick auf potenzielle daraus erwachsende Implikationen für das finanzwirtschaftliche Management kleinerer bis mittlerer Unternehmen abgeleitet, verbunden mit einem gegenüber der 1. Auflage aktualisierten und erweiterten Überblick über wesentliche alternative Finanzierungsinstrumente unter Berück­ sichtigung deren Wirkungen auf die Kreditwürdigkeit des Unternehmens. In diesem Zusammenhang werden unmittelbar daran anknüpfend ebenso bedeutende praxisbezogene Controlling-Aspekte und -instrumente ausführlich und mit diversen Beispielen anschaulich dargestellt. Ein besonderes Anliegen der Autoren ist hierbei das Aufzeigen innerbetrieblicher Gestaltungspotenziale sowie die Anwendung geeigneter Methoden, um die Bonität einer Unternehmung zu steigern. Im Zuge dessen wurde in der vorliegenden 2. Auflage diese Perspektive vergleichsweise umfangreich um das Themengebiet „Covenants“, demgemäß kreditvertragliche Nebenabreden, ergänzt. Das Ziel solcher Maßnahmen ist es, die Chancen zu erhöhen, etwaige Finanzierungslücken durch Kapitalgeber zu schließen, respektive die Aufwendungen für den betrieblichen Kapitaldienst zu senken, was als wesentlicher Beitrag nachhaltigen Wirtschaftens zu betrachten ist. Somit ist die 2. Auflage als praxisbezogenes Grundlagen-, beziehungsweise Nachschlagewerk für die Thematik Basel IV im Kontext möglicher Auswirkungen auf Kreditinstitute und KMU konzipiert. Potenzielle Adressaten sind primär Geschäftsführer, Finanzmanager, Treasurer, Controller sowie Bereichsleiter, aber ebenso Studierende, welche an Universitäten, Fachhochschulen und Berufsakademien weiterführende Veranstaltungen in den Disziplinen Finanzierung und/oder Controlling besuchen. Nicht zuletzt gilt ein herzlicher Dank Herrn Marian Süße für die akribische Wahrnehmung des Lektorats sowie Herrn Christoph Schmolz für die technische Unterstützung bei der Abbildungserstellung. Nürnberg, Deutschland Zwickau, Deutschland Pöcking, Deutschland

Bernd Zirkler Jonathan Hofmann Sandra Schmolz

Inhaltsverzeichnis

1 Implikationen veränderter Anforderungen an Kreditinstitute für die Unternehmenssteuerung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1 2 Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III. . . . . . . . . . . . . . . . . . .   5 2.1 Historische Entwicklung der Basler Eigenkapitalvorschriften ��������������������   5 2.2 Wesentliche Inhalte von Basel III ����������������������������������������������������������������  10 2.2.1 Mindestkapitalanforderungen ����������������������������������������������������������  11 2.2.2 Risikoerfassung und Ermittlung der risikogewichteten Aktiva��������  20 2.2.3 Höchstverschuldung/Leverage Ratio������������������������������������������������  26 2.2.4 Liquiditätsanforderungen������������������������������������������������������������������  31 2.2.5 Risikomanagement und Bankenaufsichtlicher Überprüfungsprozess������������������������������������������������������������������������  34 2.2.6 Marktdisziplin, Offenlegung und Transparenz ��������������������������������  36 2.3 Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV������������������������������  36 2.3.1 Mindestkapitalanforderungen ����������������������������������������������������������  37 2.3.2 Risikoerfassung und Ermittlung der risikogewichteten Aktiva��������  45 2.3.3 Höchstverschuldung/Leverage Ratio������������������������������������������������  90 2.3.4 Liquiditätsanforderungen������������������������������������������������������������������  92 2.3.5 Risikomanagement und Bankenaufsichtlicher Überprüfungsprozess������������������������������������������������������������������������  96 2.3.6 Marktdisziplin, Offenlegung und Transparenz ��������������������������������  98 2.4 Zusammenfassende Darstellung und vergleichende Gegenüberstellung������ 103 2.4.1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede������������������������������������������������ 103 2.4.2 Untersuchung der Wirksamkeit des Kennzahlengefüges nach Basel IV�������������������������������������������������������������������������������������������� 119 2.4.3 Aktuelle Diskussionen und Entwicklungen�������������������������������������� 122 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 126

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Inhaltsverzeichnis

3 Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute. . . . . . . . 135 3.1 Allgemeine Wirkungsmechanismen/Auswirkungen������������������������������������ 135 3.1.1 Kapitalquoten������������������������������������������������������������������������������������ 135 3.1.2 Kapitalpuffer als Gegenmechanismus zur Prozyklik������������������������ 143 3.1.3 Leverage Ratio���������������������������������������������������������������������������������� 144 3.1.4 Liquidität������������������������������������������������������������������������������������������ 145 3.1.5 Risikomanagement���������������������������������������������������������������������������� 146 3.1.6 Resümee�������������������������������������������������������������������������������������������� 147 3.2 Implikationen der veränderten Regelungen auf die Geschäftsmodelle/ Geschäftspolitik von Kreditinstituten ���������������������������������������������������������� 151 3.2.1 Bestandteile und Einflussfaktoren der Geschäftsmodelle von Kreditinstituten �������������������������������������������������������������������������������� 151 3.2.2 Kategorisierung der Kreditinstitute anhand ihrer Geschäftsmodelle������������������������������������������������������������������������������ 152 3.2.3 Potenzielle Einflüsse der veränderten Regelungen nach Basel IV auf die Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik von Kreditinstituten������� 157 3.2.4 Zwischenfazit������������������������������������������������������������������������������������ 169 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 178 4 Auswirkungen der Anforderungen durch Basel IV auf kleinere und mittlere Unternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 4.1 Definition von KMU ������������������������������������������������������������������������������������ 181 4.2 Das typische Verhältnis zwischen KMU und Kreditinstitut ������������������������ 183 4.3 Ratingkriterien für KMU������������������������������������������������������������������������������ 187 4.3.1 Hardfacts ������������������������������������������������������������������������������������������ 187 4.3.2 Softfacts�������������������������������������������������������������������������������������������� 188 4.3.3 Branchenspezifische Faktoren���������������������������������������������������������� 188 4.4 Verfahren zur Ermittlung der Risikogewichtung������������������������������������������ 189 4.4.1 Standardansatz���������������������������������������������������������������������������������� 191 4.4.2 Interner Ratingansatz������������������������������������������������������������������������ 192 4.4.3 Vergleich Standardansatz und IRB-Ansatz�������������������������������������� 193 4.5 Mittelstandskomponente zur Entlastung der KMU�������������������������������������� 197 4.6 Covenants für KMU�������������������������������������������������������������������������������������� 198 4.7 Fristentransformation������������������������������������������������������������������������������������ 202 4.8 Zusammenfassung der Implikationen wesentlicher Aspekte von Basel IV auf KMU���������������������������������������������������������������������������������������� 203 4.9 Kompakte Darstellung vorbezeichneter Inhalte�������������������������������������������� 204 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 207 5 Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 5.1 Typische Finanzierungsquellen von KMU��������������������������������������������������� 211 5.2 Mögliche Veränderungen der Finanzierungsmöglichkeiten unter Basel IV�������������������������������������������������������������������������������������������������������� 218

Inhaltsverzeichnis

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5.2.1 Veränderungen der Finanzierungsmöglichkeiten für größere KMU������������������������������������������������������������������������������������ 219 5.2.2 Veränderungen der Finanzierungsmöglichkeiten für kleinere KMU ���������������������������������������������������������������������������������� 221 5.3 Alternative Finanzierungskonzepte�������������������������������������������������������������� 222 5.3.1 Instrumente der Außenfinanzierung�������������������������������������������������� 222 5.3.2 Instrumente der Innenfinanzierung �������������������������������������������������� 242 5.3.3 Folgerungen aus den Betrachtungen zu den alternativen Finanzierungsinstrumenten �������������������������������������������������������������� 248 5.4 Zusammenfassende Darstellung der Alternativen Finanzierungsinstrumente und ihrer Wirkungen������������������������������������������ 250 5.4.1 Finanzierungsmöglichkeiten für größere KMU�������������������������������� 250 5.4.2 Alternative Finanzierungsmöglichkeiten für kleinere KMU������������ 273 5.4.3 Zwischenfazit������������������������������������������������������������������������������������ 273 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 278 6 Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 6.1 Implikationen aus Basel IV auf das Controlling������������������������������������������ 281 6.1.1 Balanced Scorecard als Instrument des Controllings����������������������� 282 6.1.2 Integration von Ratingkriterien in das Grundmodell der BSC �������� 286 6.1.3 Kennzahlen �������������������������������������������������������������������������������������� 288 6.1.4 Risikomanagement���������������������������������������������������������������������������� 295 6.1.5 Umsetzungsprozessstrukturelle Implikationen �������������������������������� 316 6.2 Controlling bei kleinen und mittleren Unternehmen unter besonderer Beachtung von Basel IV ������������������������������������������������������������������������������ 320 6.2.1 Rating und Ratingkriterien���������������������������������������������������������������� 320 6.2.2 Betrachtungen zur Rentabilität �������������������������������������������������������� 322 6.2.3 Betrachtungen zur Wertorientierung ������������������������������������������������ 324 6.2.4 Betrachtungen zur Liquidität sowie KK-Linien-Management �������� 329 6.2.5 Zusammenfassung der Betrachtungen zum Controlling bei KMU unter Basel IV������������������������������������������������������������������������ 339 6.3 Verbesserte Bedingungen für kleine und mittlere Unternehmen durch Einführung eines Risikomanagementsystems���������������������������������������������� 340 6.3.1 Risikomanagement und Risikocontrolling���������������������������������������� 340 6.3.2 Risiko- und Frühwarnindikatoren ���������������������������������������������������� 342 6.3.3 Controlling/Risikomanagement von KMU in der Praxis������������������ 343 6.3.4 Integration des Risikomanagements in das Grundkonzept der BSC�������������������������������������������������������������������������������������������� 367 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 370 7 Conclusio mit kritischer Würdigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373

Abkürzungsverzeichnis

ABCP Asset-backed commercial paper (gesichertes Geldmarktpapier) ABS Asset Backed Securities Abs. Absatz ADC Land Acquisition, Development and Construction (Grunderwerb, Erschließung und Bebauung) AfA Absetzung für Abnutzung AktG Aktiengesetz AMA Advanced Measurement Approach (fortgeschrittener Messansatz) AQR Asset Quality Review (Prüfung der Aktiva-Qualität) Art. Artikel ASF Available Stable Funding (verfügbare stabile Refinanzierung) AV Anlagevermögen AVC Asset Value Correlation (Vermögenswertkorrelation) BA Basic Approach (Basisansatz) BA-CVA Basic CVA Approach (Basisansatz zur Bestimmung des CVA-Risikos) BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BAIT Bankaufsichtliche Anforderungen an die IT Basel I Erste Basler Eigenkapitalvereinbarung Basel II Zweite Basler Eigenkapitalvereinbarung Basel III Dritte Basler Eigenkapitalvereinbarung Basel IV Weiterentwicklung von Basel III BCBS Basel Committee on Banking Supervision (Basler Ausschuss für Bankenaufsicht) BdB Bundesverband deutscher Banken; Bankenverband BCR Balanced Chance and Risk BDI Bundesverband der Deutschen Industrie BI Business Indicator (Geschäftsindikator) BIA Basic Indicator Approach (Basisindikatoransatz) BIC Business Indicator Component XIII

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Abkürzungsverzeichnis

BilMoG Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz BilRUG Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz BIS Bank of International Settlement BIZ Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BSC Balanced Scorecard BVR Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken BWA Betriebswirtschaftliche Auswertung C-QIS Comprehensive Quantitative Impact Study (Auswirkungsstudie) CCF Credit Conversion Factor (Kreditumrechnungsfaktor) CCP Central Counterparty (zentrale Gegenpartei) CCR Counterparty Credit Risk (Gegenpartei Kreditrisiko) CCyB Countercyclical Capital Buffer (antizyklischer Kapitalpuffer) CDO Collateralized Debt Obligations CDS Credit Default Swaps CEM Current Exposure Method (Marktbewertungsmethode) CEPS Centre for European Policy Studies CET1 Common Equity Tier 1 Capital (hartes Kernkapital) CF Cashflow CIR Cost Income Ratio CRD IV Capital Requirements Directive IV (Kapitaladäquanzrichtlinie der EU) CRD V Capital Requirements Directive V (Kapitaladäquanzrichtlinie der EU) CRM Comprehensive Risk Measure (umfassender Risikoansatz für das Marktrisiko) CRR Capital Requirements Regulation (Kapitaladäquanzverordnung der EU) CRR II Capital Requirements Regulation II (Kapitaladäquanzverordnung der EU) CTP Correlation Trading Portfolio CVA Cash Value Added CVAd Credit Valuation Adjustment (Anpassung der Kreditbewertung) CVaR Conditional Value at Risk D-SIB Domestic Systemically Important Bank (anderweitig systemrelevante Bank) DCF Discounted Cashflow DIHK Deutscher Industrie- und Handelskammertag DRC Default Risk Charge (Ausfallrisiko) DRS Deutsche Rechnungslegungs Standards DTA Deferred Tax Asset (latenter Steueranspruch) EAD Exposure at Default (ausstehende Forderungen bei Ausfall) EBA European Banking Authority (europäische Bankenaufsichtsbehörde)

Abkürzungsverzeichnis

EBIT

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Earnings Before Interest and Taxes (Jahresüberschuss vor Zins- und Steueraufwendungen [= Betriebsergebnis]) EBITDA Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization (Jahresüberschuss vor Zins- und Steueraufwendungen sowie Abschreibungen) EBT Earnings Before Taxes (Ergebnis vor Steuern) ECRA External Credit Risk Assessment Approach (überarbeiteter Kreditrisikostandardansatz bei vorhandenem externen Rating) EIOPA European Insurance and Occupational Pensions Authority (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) EK Eigenkapital EKR Eigenkapitalrentabilität ERBA External Ratings-Based Approach (auf externen Ratings basierender Ansatz) ES Expected Shortfall (erwartetes Ausfallrisiko) EStG Einkommensteuergesetz ESMA European Securities and Markets Authority (Europäische Wertpapierund Marktaufsichtsbehörde) EU Europäische Union EUR Euro EURIBOR Euro Interbank Offered Rate EVA® Economic Value Added EVE Economic Value of Equity (Barwert des Eigenkapitals) EZB Europäische Zentralbank FDIC Federal Deposit Insurance Corporation (amerikanischer Einlagensicherungsfonds) FED Federal Reserve Bank (amerikanische Zentralbank) FinaV Finanzinformationenverordnung FK Fremdkapital FPMI Finanzplatz München Initiative FRTB Fundamental Review of the Trading Book (überarbeitetes Marktrisiko-Rahmenwerk) FRTB-CVA FRTB-CVA-Rahmenwerk (Adaption CVA-Rahmenwerk an Marktrisikorahmenwerk) FSB Financial Stability Board G Gewinn G10 Zusammenschluss der 10 finanz- und währungsstärksten Mitgliedsländer des Internationalen Währungsfonds (IWF) (Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Schweden, USA)

XVI

Abkürzungsverzeichnis

G20 Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer G-SIB Global Systemically Important Bank (Global systemrelevante Bank) GE Geldeinheiten GK Gesamtkapital GKR Gesamtkapitalrentabilität GLAC Gone-Concern Loss-Absorbing Capacity (Verlustabsorptionsfähigkeit im Abwicklungsfall) GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GroMiKV Groß- und Millionenkredit Verordnung GuV Gewinn- und Verlustrechnung HGB Handelsgesetzbuch HQLA High Quality Liquid Assets (erstklassige liquide Aktiva) i Fremdkapitalzins IAA Internal Assessment Approach (interner Bewertungsansatz) IAS International Accounting Standards ICAAP Internal Capital Adequacy Assessment Process ICT Information and Communication Technology (Informations- und Kommunikationstechnik) IFD Initiative Finanzstandort Deutschland iFK integrierter Fremdkapitalzinssatz IfM Institut für Mittelstandsforschung IFRS International Financial Reporting Standards ILM Internal Loss Multiplier (Multiplikator interner Verluste) IMA Internal Model Approach (Interne Modelle Ansatz) IMA-CVA Interner Modell Ansatz zum CVA IMM Internal Model Method (auf internen Modellen basierende Methode) InsO Insolvenzordnung IOSCO International Organization of Securities Commissions IRB/IRBA Internal Ratings-Based Approach (auf internen Ratings basierender Ansatz) IRC Incremental Risk Charge (zusätzlicher Risikoaufschlag) IRR Interest Rate Risk (Zinsänderungsrisiko) IRRBB Interest Rate Risk in the Banking Book (Zinsänderungsrisiko im Bankbuch) IW Institut der deutschen Wirtschaft Köln KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau KI Kreditinstitut KK Kontokorrent KKK Kontokorrentkredit KMU kleinere und mittlere Unternehmen KonTraG Gesetz zur Kontrolle und Transparenz

Abkürzungsverzeichnis

XVII

KSA Kreditrisikostandardansatz KWG Kreditwesengesetz LaR Liquidity-at-Risk LB Landesbank LC Loss Component LCR Liquidity Coverage Ratio (Mindestliquiditätsquote) LfA Förderbank Bayern LGD Loss Given Default (Verlustausfallquote) LiqV Liquiditätsverordnung LR Leverage Ratio LTV Loan-to-Value-Ratio (Beleihungsauslauf) LVaR Liquidity Value-at-Risk M Maturity (Restlaufzeit des Kredits) MaRisk Mindestanforderungen an das Risikomanagement MBM Market Based Method (Marktbewertungsmethode) MBS Mortgage Backed Securities MREL Minimum Required Own Funds and Eligible Liabilities (Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten) MVA Market Value Added MWU Marktwert der Unternehmung NCWO No-creditor-worse-off NGR Net-to-Gross Ratio (Netto-Brutto-Verhältnis) NICA Net Independent Collateral Amount (Nettowert der marktpreisunabhängigen Sicherheiten) NIF Note issuance facility NII Net Interest Income (Nettozinserträge) NMD Non-Maturity Deposits (unbefristete Einlagen) NMRF Non-Modellable Risk Factors (nicht modellierbare Risikofaktoren) NOA Net Operating Assets ([zinspflichtiges] betriebsnotwendiges Vermögen) NOPAT Net Operating Profit After Taxes (versteuertes Geschäftsergebnis [= Jahresüberschuss]) NSFR Net Stable Funding Ratio (strukturelle Liquiditätsquote) O-SIB Other Systemically Important Banks (sonstige/national systemrelevante Banken) OCC Office of the Controller of the Currency OEM Original Exposure Method (Laufzeitmethode) OpRisk operationelles Risiko ORC Operational Risk Capital OTC Over-the-Counter P&L-Attribution Profit and Loss Attribution (Zuordnung von Gewinnen und Verlusten)

XVIII

PD PFE

Abkürzungsverzeichnis

Probability of Default (Ausfallwahrscheinlichkeit) Potential Future Exposure (Verlust durch einen potenziellen zukünftigen Anstieg der Wiedereindeckungskosten) PLA Profit and Loss Attribution (Zuordnung von Gewinnen und Verlusten) PRAP Passive Rechnungsabgrenzungsposten PVA Prudent Valuation Adjustment PwC PricewaterhouseCoopers AG QIS Quantitative Impact Studies (Auswirkungsstudien) r durchschnittlicher Zinskostensatz R-SbM reduced sensitivities-based method (reduzierte auf Sensitivitäten basierende Methode) rEK Eigenkapitalkostensatz rFK (integrierter) Fremdkapitalkostensatz rGK durchschnittlicher Gesamtkapitalkostensatz RBA Ratings-Based Approach (auf Ratings basierender Ansatz) RC Replacement Costs (aktuelle Wiederbeschaffungskosten) RCAP Regulatory Consistency Assessment Programme ROCE Return on Capital Employ (Gesamtkapitalrentabilität des betriebsnotwendigen Vermögens) ROE Return on Equity (Eigenkapitalrentabilität) ROI Return on Investment (Gesamtkapitalrentabilität) RLZ Restlaufzeit RSF Required Stable Funding (erforderliche stabile Refinanzierung) RUF Revolving Underwriting Facilities RWA Risk-weighted Assets (risikogewichtete Aktiva) S&P Standard and Poor’s SA Standardised Approach (Standardansatz) SA-CCR Standardised Approach for Counterparty Credit Risk (Standardansatz zur Ermittlung des Kontrahentenrisikos) SA-CVA Standardised Approach for Credit Valuation Adjustment (Standardansatz zur Ermittlung des CVA-Risikos) SbM Sensitivities-based Method (Sensitivitäten basierende Methode) SCRA Standardised Credit Risk Assessment Approach (überarbeiteter Kreditrisikostandardansatz ohne externes Rating) SEC-ERBA Securisation External Ratings-Based Approach (auf externen Ratings basierender Ansatz für Verbriefungen) SEC-IRBA Securisation Internal Ratings-Based Approach (auf internen Ratings basierender Ansatz für Verbriefungen) SEC-SA Securisation Standardised Approach (Standardansatz für Verbriefungen) SES Stressed Capital Add On (Add On für Restrisiko) SF Supervisory Formular (aufsichtliche Formel)

Abkürzungsverzeichnis

SFA

XIX

Supervisory Formular Approach (auf aufsichtlicher Formel basierender Ansatz) SFT Securities Financing Transactions (Wertpapierfinanzierungsgeschäft) SHV Shareholder Value SIV Structured Investment Vehicles (strukturierte Anlagevehikel) SM Standardised Method (Standardmethode) SMA Standardised Measurement Approach (Standardmessansatz) SME Small and Medium-sized Enterprise (kleinere und mittlere Unternehmen) SolvV Solventabilitätsverordnung SPV Special Purpose Vehicle SREP Supervisory Review and Evaluation Process (aufsichtlicher Überprüfungs- und Bewertungsprozess) SSFA Simplified Supervisory Formular Approach (vereinfachter aufsichtlicher Formel Ansatz) SSM Single Supervisory Mechanism (einheitlicher Aufsichtsmechanismus) STC Simple – Transparent – Comparable (einfach, transparent und vergleichbar) STS Simple – Transparent – Standardised sVaR stressed Value-at-Risk TEUR tausend Euro Tier 1 Kernkapital Tier 2 Ergänzungskapital TLAC Total Loss-Absorbing Capacity (gesamte Verlustabsorptionsfähigkeit) TLAC-LRE Total Loss-Absorbing Capacity – Leverage ULZ Ursprungslaufzeit USD US-Dollar UV Umlaufvermögen V Verschuldungsgrad VaR Value-at-Risk VÖB Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands WACC Weighted Average Cost of Capital (gewichteter Gesamtkapitalkostensatz) Xopt. optimaler Verschuldungsgrad ZIM Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand

Formelverzeichnis

Formel 2.1 Leverage Ratio���������������������������������������������������������������������������������������������� 27 Formel 2.2 Liquidity Coverage Ratio������������������������������������������������������������������������������ 31 Formel 2.3 Net Stable Funding Ratio������������������������������������������������������������������������������ 32 Formel 2.4 TLAC-Quote (RWA) ������������������������������������������������������������������������������������ 41 Formel 2.5 TLAC-LRE���������������������������������������������������������������������������������������������������� 41 Formel 2.6 Ermittlung des Operational Risk Capital������������������������������������������������������ 80 Formel 2.7 Ermittlung des BIC���������������������������������������������������������������������������������������� 81 Formel 6.1 Weighted Average Cost of Capital�������������������������������������������������������������� 327 Formel 6.2 Zusammenhang Leverage – Formel und Verschuldungsgrad���������������������� 345

XXI

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1 Entwicklung der Seitenzahl vom BCBS veröffentlichter gültiger Standards 1988 bis 2019 ���������������������������������������������������������������������������������� 2 Abb. 2.1 Säulen des Basel-III-Rahmenwerks���������������������������������������������������������������� 12 Abb. 2.2 Entwicklung der Kapitalabzugspositionen (Paul, S. 2011, S. 50.) ���������������� 13 Abb. 2.3 Entwicklung des Bestandsschutzes für Eigenkapitalbestandteile (Deutsche Bundesbank 2013, S. 62.)�������������������������������������������������������������� 13 Abb. 2.4 Entwicklung der Kapitalanforderungen (Deutsche Bundesbank 2011, S. 19.)�������������������������������������������������������������� 15 Abb. 2.5 Vergleich der Kapitalanforderungen von Basel II und Basel III (Funk, W./Rossmanith, J. 2011, S. 26.; Deutsche Bundesbank 2011, S. 10.) �������������������������������������������������������������� 16 Abb. 2.6 Kapitalpuffer der CRD IV im Überblick (Eigene Darstellung, in Anlehnung an KPMG 2012, S. 69.)������������������������������������������������������������ 17 Abb. 2.7 Vergleich der Kapitalanforderungen nach Basel III und CRD IV (Bundesministerium der Finanzen 2013, S. 18.)�������������������������������������������� 18 Abb. 2.8 Entwicklung der Kapitalanforderungen���������������������������������������������������������� 19 Abb. 2.9 LCR Einführung im Zeitablauf���������������������������������������������������������������������� 32 Abb. 2.10 Agenda zur Einführung von Basel III������������������������������������������������������������ 34 Abb. 2.11 Übersicht Änderungsbereiche zu Kapitalanforderungen unter Basel IV�������� 37 Abb. 2.12 Umgang mit in Schieflage geratenen Banken (Deutsche Bundesbank 2016, S. 68.)�������������������������������������������������������������� 39 Abb. 2.13 Haftungsreihenfolge im Bail-in (Ebenda, S. 72.) ������������������������������������������ 40 Abb. 2.14 Bankbilanz im Abwicklungs- und Sanierungsfall (Ebenda, S. 69.)���������������� 40 Abb. 2.15 Ermittlung TLAC für RWA und Leverage Ratio (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Wallenborn, I./Brisbois, E. 2014)������ 42 Abb. 2.16 Kapitalanforderungen unter Basel IV ������������������������������������������������������������ 46 Abb. 2.17 Prüfschema Forderungsklasse „Banks“���������������������������������������������������������� 49 Abb. 2.18 Prüfschema Forderungsklasse „Banks“ – gedeckte Schuldverschreibungen ���������������������������������������������������������������������������������� 50 Abb. 2.19 Prüfschema Forderungsklasse „Corporates“�������������������������������������������������� 52 XXIII

XXIV

Abbildungsverzeichnis

Abb. 2.20 Prüfschema Forderungsklasse „Secured by Real Estate“ ������������������������������ 54 Abb. 2.21 Wesentliche Veränderungen nach dem neuen KSA���������������������������������������� 58 Abb. 2.22 Veränderungen bei der Behandlung von Verbriefungen �������������������������������� 62 Abb. 2.23 Veränderungen bei der Behandlung des Kontrahentenrisikos������������������������ 68 Abb. 2.24 Wesentliche Veränderungen nach dem CVA-Ansatz�������������������������������������� 72 Abb. 2.25 Ablaufschema für die Ermittlung des Marktpreisrisikos nach dem Interne Modelle Ansatz (Schema angelehnt an BCBS 352 2016, S. 2)�������� 74 Abb. 2.26 Hauptkomponenten des neuen Standardansatzes für Marktrisiken (BCBS 352 2016, S. 3) ���������������������������������������������������������������������������������� 76 Abb. 2.27 Wesentliche Veränderungen nach dem FRTB������������������������������������������������ 76 Abb. 2.28 Wesentliche Veränderungen für operationelles Risiko ���������������������������������� 81 Abb. 2.29 Veränderte Regelungen zum Zinsänderungsrisiko im Bankbuch (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Seiwald, C./Hämmerle, J. 2018, S. 6.)�������������������������������������������������������������������������� 86 Abb. 2.30 Einführung der veränderten Regelungen im Zeitverlauf������������������������������ 114 Abb. 2.31 Entwicklung der veränderten Regelungen nach Risikobereichen���������������� 115 Abb. 2.32 Überführung der Einzelstandards in das Consolidated Framework (RFC Professionals 2019)���������������������������������������������������������������������������� 118 Abb. 2.33 Anteil der Banken mit Beschränkung durch Kapitalanforderung und Leverage Ratio (BCBS 433 2018, S. 43.)���������������������������������������������������� 120 Abb. 2.34 Entwicklungen zu LCR und NSFR sowie der damit verbundenen Kapitallücken (Eigene Darstellung, in Anlehnung an BCBS 433 2018, S. 52.)�������������������������������������������������������������������������� 121 Abb. 3.1 Aggregation der Veränderungen risikobasierter und Leverage Ratio basierter Mindestkapitalanforderungen (BCBS 426 (2017), S. 10; vgl. ebenso BCBS 461 (2019), S. 29.) ���������������������������������������������� 138 Abb. 3.2 Darstellung der Kernkapitalveränderungen auf Zielebene (Ebenda.)���������� 140 Abb. 3.3 Darstellung der wesentlichen Kostenbestandteile (Bundesverband deutscher Banken 2009, S. 20.)�������������������������������������������������������������������� 150 Abb. 3.4 Bestandteile, Einflussfaktoren und Kategorisierung von Geschäftsmodellen (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Ayadi, R. et al. 2016, S. 87.) ������������������������������������������������������������������������ 155 Abb. 3.5 Übersicht zur Einordnung der Geschäftsmodelle (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Ayadi, R. et al. 2016, S. 87.)���������������������������������������������� 157 Abb. 3.6 Regelungsbereiche mit Einfluss auf die Geschäftsmodellkategorien ���������� 170 Abb. 4.1 Geplante Kreditnachfrage und realisiertes Kreditvolumen 2005 bis 2018 (Schwartz, M. (2019), S. 12.)�������������������������������������������������������� 184 Abb. 4.2 Entwicklung durchschnittlicher Kreditnachfrage 2005 bis 2017 (Schwartz, M. (2018), S. 12.) ���������������������������������������������������������������������� 185 Abb. 4.3 Entwicklung mittelständischer Eigenkapitalquoten nach Größenklassen 2002 bis 2018 (Schwartz, M. (2019), S. 17.)���������������������� 186

Abbildungsverzeichnis

XXV

Abb. 4.4 Kapitalanforderungen nach den EU-Richtlinienformeln (Ebenda, S. 23.)�������������������������������������������������������������������������������������������� 194 Abb. 4.5 Vergleich der verschiedenen Ratingansätze unter Basel IV ������������������������ 196 Abb. 4.6 Klassifikation und Arten von Covenants������������������������������������������������������ 199 Abb. 4.7 Um Covenants ergänztes 3-Säulen-Modell gemäß Basel III������������������������ 201 Abb. 4.8 Zusammenfassende Übersicht Basel IV – Inhalte, Auswirkungen und Handlungsmöglichkeiten ���������������������������������������������������������������������� 205 Abb. 4.9 Zusammenhänge der Auswirkungen von Basel IV auf Kreditinstitute und KMU������������������������������������������������������������������������������������������������������ 206 Abb. 5.1 Überblick Finanzierungsinstrumente/Finanzierungskonzepte (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Wöhe, G. et al. (2013), S. 22 sowie Becker, H. P. (2016), S. 129.)���������������������������������������������������� 212 Abb. 5.2 Bedeutung der Finanzierungsinstrumente (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Schwartz, M. (2012), S. 87.) ������������������������������������������������ 215 Abb. 5.3 Übersicht zu alternativen Finanzierungskonzepten�������������������������������������� 223 Abb. 5.4 Übersicht zu Mezzaninen����������������������������������������������������������������������������� 226 Abb. 6.1 Abb. 6.2 Abb. 6.3 Abb. 6.4 Abb. 6.5 Abb. 6.6 Abb. 6.7

Modell der Balanced Scorecard�������������������������������������������������������������������� 284 Strategy Map – Erfüllung Kapitalanforderungen ���������������������������������������� 291 Strategy Map – Einhaltung LCR������������������������������������������������������������������ 294 Determinanten des Kreditrisikos������������������������������������������������������������������ 298 Determinanten des operationellen Risikos �������������������������������������������������� 299 Determinanten des Marktpreisrisikos ���������������������������������������������������������� 300 Methodischer Zusammenhang zwischen Value at Risk und Conditional Value at Risk. (Albrecht, P./Huggenberger, M. (2015), S. 68.)�������������������� 301 Abb. 6.8 Determinanten des Zinsänderungsrisikos ���������������������������������������������������� 302 Abb. 6.9 Determinanten des Kontrahentenrisikos gemäß SA-CCR Ansatz���������������� 303 Abb. 6.10 Determinanten des Credit Valuation Adjustment Risikos���������������������������� 304 Abb. 6.11 Determinanten des Verbriefungsrisikos�������������������������������������������������������� 305 Abb. 6.12 Dispositive und strukturelle Liquiditätssteuerung (Rempel-Oberem, T./Zeranski, S. (2008), S. 9.)������������������������������������������ 308 Abb. 6.13 Systematik bedeutsamer Rentabilitätsmaße������������������������������������������������� 322 Abb. 6.14 Strategy Map – Steigerung Rentabilität�������������������������������������������������������� 324 Abb. 6.15 Graphische Darstellung der Balanced Scorecard – Steigerung Rentabilität���������������������������������������������������������������������������������������������������� 326 Abb. 6.16 Strategy Map – Wertorientierung������������������������������������������������������������������ 329 Abb. 6.17 Graphische Darstellung der Balanced Scorecard – Wertorientierung���������� 332 Abb. 6.18 Schematischer Ablauf des Cashflow-Zyklus������������������������������������������������ 333 Abb. 6.19 Strategy Map – Sicherung Liquiditätsreserve���������������������������������������������� 334 Abb. 6.20 Graphische Darstellung der Balanced Scorecard – Sicherung Liquiditätsreserve������������������������������������������������������������������������������������������ 337

XXVI

Abbildungsverzeichnis

Abb. 6.21 KK-Linien-Management durch Verringerung nicht genutzter Bestandteile�������������������������������������������������������������������������������������������������� 338 Abb. 6.22 KK-Linien-Management durch Umschuldung genutzter Bestandteile�������� 338 Abb. 6.23 Prozesskreislauf des Risikomanagements. (Zirkler, B. et al. (2018), S. 59.) ������������������������������������������������������������������ 341 Abb. 6.24 Optimaler Verschuldungspunkt nach der Leverage-Theorie������������������������ 347 Abb. 6.25 Kapitalkosten nach dem Theorem der optimalen Verschuldung (in Anlehnung an Perridon, L. et al. (2017), S. 570.).���������������������������������� 348 Abb. 6.26 Klassifikation und Arten von Covenants������������������������������������������������������ 353 Abb. 6.27 Um Covenants erweitertes 3-Säulen-Modell gemäß Basel III �������������������� 354 Abb. 6.28 Strategy Map – Einhaltung kreditvertraglicher Covenants�������������������������� 356 Abb. 6.29 Graphische Darstellung der Balanced Scorecard – Covenants�������������������� 362 Abb. 6.30 Gefüge des Balanced Chance and Risk Managements (Reichmann, T. et al. (2017), S. 664.)���������������������������������������������������������� 369

Tabellenverzeichnis

Tab. 2.1 Entwicklung der Basler Rahmenvereinbarungen und wesentliche Auswirkungen im Zeitverlauf�������������������������������������������������������������������������� 9 Tab. 2.2 Risikogewichte nach KSA seit Basel II���������������������������������������������������������� 21 Tab. 2.3 Übersicht Markt-/Kursrisiken ������������������������������������������������������������������������ 25 Tab. 2.4 Übersicht zu MREL und TLAC���������������������������������������������������������������������� 43 Tab. 2.5 Kreditrisikominderungen im neuen KSA ������������������������������������������������������ 47 Tab. 2.6 Aktuelle und überarbeitete Forderungsklassen und Risikogewichtea ������������ 48 Tab. 2.7 Risikogewichtung der Forderungsklasse „Banks“������������������������������������������ 50 Tab. 2.8 Risikogewichtung der Forderungsklasse „Banks“ – gedeckte Schuldverschreibungen ���������������������������������������������������������������������������������� 50 Tab. 2.9 Risikogewichtung der Forderungsklasse „General Corporate Exposures“ ����� 52 Tab. 2.10 Risikogewichtung der Forderungsklasse „Specialised Lending“a������������������ 52 Tab. 2.11 Risikogewichtung der Forderungsklasse „Residential Real Estate“�������������� 55 Tab. 2.12 Risikogewichtung der Forderungsklasse „Commercial Real Estate“ ������������ 55 Tab. 2.13 Übersicht zu den Konversionsfaktoren ���������������������������������������������������������� 57 Tab. 2.14 Veränderungen Kreditrisikoermittlung im Überblick ������������������������������������ 58 Tab. 2.15 Buckets zur Ermittlung der BI Komponente�������������������������������������������������� 80 Tab. 2.16 High-Level Principles für Banken������������������������������������������������������������������ 82 Tab. 2.17 High-Level Principles für die Aufsicht ���������������������������������������������������������� 84 Tab. 2.18 Themenfelder von Leverage Ratio und Capital Floors���������������������������������� 87 Tab. 2.19 Standardansätze zur Floor-Ermittllung���������������������������������������������������������� 89 Tab. 2.20 Übersicht zu Veränderungen nach Basel IV ������������������������������������������������ 104 Tab. 2.21 In 2020 beschlossene verschobene Startzeitpunkte für Teilbereiche des Basel IV Framework������������������������������������������������������������������������������ 113 Tab. 3.1 Tab. 3.2 Tab. 3.3 Tab. 3.4 Tab. 3.5

Veränderungen der Kapitalquoten und Kapitallücken���������������������������������� 136 Kombinierte Kapital- und Leverage Ratio-Lücken�������������������������������������� 137 Kernkapitalveränderungen auf Zielebene ���������������������������������������������������� 138 Kernkapitalveränderungen auf Zielebene ���������������������������������������������������� 139 Risikobasierte Kapitalquoten, Leverage Ratio und Kapitallücken auf Zielebene������������������������������������������������������������������������������������������������ 141 XXVII

XXVIII

Tab. 3.6 Tab. 3.7 Tab. 3.8 Tab. 3.9 Tab. 3.10 Tab. 3.11

Tabellenverzeichnis

Als Engpass wirkende Teile des Rahmenwerks�������������������������������������������� 142 Ausgewählte antizyklische Kapitalpuffer nach Ländern������������������������������ 144 Indikatoren zur Kategorisierung der Geschäftsmodelle ������������������������������ 156 Übersicht zu wesentlichen Eigenschaften der Geschäftsmodelle���������������� 158 Ergebnisse zu Schlüsselindikatoren nach Geschäftsmodellen���������������������� 160 Implikationen auf die Geschäftsmodellkategorien �������������������������������������� 171

Tab. 4.1 KMU-Schwellenwerte der Europäische Kommission (Tabelle in Anlehnung an Amtsblatt der Europäischen Union (2003).)������� 182 Tab. 4.2 Ratingstufen und Ausfallwahrscheinlichkeiten (Bundesverband deutscher Banken (2010), S. 15.)������������������������������������������������������������������ 189 Tab. 4.3 Zusammenhang von Rating und Kreditkonditionen (Zuordnung der Risikogewichte nach Basel II und III zu Ratingstufen und erwartetes Handeln der Kreditinstitute nach IRB-Ansatz, vgl. Müller, S. et al. (2011), S. 18.)���������������������������������������������������������������������������������� 190 Tab. 4.4 Risikogewichte nach KSA seit Basel II�������������������������������������������������������� 191 Tab. 4.5 Risikogewichte für Unternehmenskredite nach KSA (Vgl. BCBS 424 (2017), S. 10–15.)�������������������������������������������������������������� 191 Tab. 4.6 Prozentwerte zu den Kapitalanforderungen nach IRB seit Basel II (Vgl. Hofmann, F. (2011), S. 24.) �������������������������������������������������� 193 Tab. 4.7 Zu erwartende Kapital-Mindestanforderungen bei Anwendung der Floor-Regelungen ���������������������������������������������������������������������������������� 195 Tab. 5.1 Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkung im Überblick������ 251 Tab. 5.2 Finanzierungsquellen und Finanzierungsmöglichkeiten von KMU ������������ 274 Tab. 6.1 Übersicht über wichtige meldepflichtige Kennzahlen und Inhalte aus Eigenkapitalvorschriften von Basel IV�������������������������������������������������� 289 Tab. 6.2 Übersicht über wichtige meldepflichtige Kennzahlen und Inhalte aus Liquiditätsvorschriften von Basel IV ���������������������������������������������������� 290 Tab. 6.3 Chronologie reputationsschädigender Ereignisse Deutsche Bank (Vgl. zdf.de (2018): Strafzahlungen – Die Niederlagen der Deutschen Bank; https://www.zdf.de/nachrichten/heute/strafendeutsche-bank-100.html. Zugegriffen am 30.11.2019.) ������������������������������ 313 Tab. 6.4 Tabellarische Darstellung des Zusammenhangs von Rating und Marge für Zielrendite������������������������������������������������������������������������������������ 317 Tab. 6.5 Tabellarische Darstellung der Balanced Scorecard – Steigerung Rentabilität���������������������������������������������������������������������������������������������������� 325 Tab. 6.6 Tabellarische Darstellung der Balanced Scorecard – Wertorientierung ������ 330 Tab. 6.7 Tabellarische Darstellung der Balanced Scorecard – Sicherung Liquiditätsreserve������������������������������������������������������������������������������������������ 336

Tabellenverzeichnis

XXIX

Tab. 6.8 Wirkungsgefüge des Leverage-Effekts (in Situation N wird unterstellt, dass infolge des negativen EBT eine Ertragsteuerrückerstattung zu einem betragsmäßig niedrigeren Jahresfehlbetrag führt.)���������������������������� 346 Tab. 6.9 Schema zur szenarischen Ermittlung des optimalen Verschuldungsgrads (vgl. Prätsch, J. et al. (2012), S. 38.)������������������������������������������������������������ 349 Tab. 6.10 Abgleich definierter Covenant-Kennzahlen mit Ist-Werten Periode to �������� 355 Tab. 6.11 Abgleich definierter Covenant-Kennzahlen mit Plan-Werten Periode t1������ 355 Tab. 6.12 Tabellarische Darstellung der Balanced Scorecard – Covenants������������������ 360

1

Implikationen veränderter Anforderungen an Kreditinstitute für die Unternehmenssteuerung

Die beschlossenen regulatorischen Veränderungen von Basel IV haben direkte Auswirkungen auf Kreditinstitute, die in der Folge ihre Geschäftsmodelle und Geschäftspolitik entsprechend anpassen müssen. Über die aufgrund der Anpassungsreaktionen möglicherweise veränderten Finanzierungsmöglichkeiten können sich daraus indirekte Folgewirkungen für kleinere und mittlere Unternehmen ergeben. Im Rahmen des vorliegenden Buches wird zunächst die Entwicklung der Basler Eigenkapitalregelungen dargestellt. Darauf aufbauend wird aufgezeigt, mit welchen Implikationen/Auswirkungen aufgrund der beschlossenen regulatorischen Veränderungen auf die Kapitalanforderungen sowie die Geschäftsmodelle und Geschäftspolitik der Banken zu rechnen ist. Des Weiteren werden die sich ergebenden indirekten Auswirkungen auf die KMU sowie die Finanzierungsmöglichkeiten von kleineren und mittleren Unternehmen dargestellt und erläutert. Abschließend wird noch auf Controlling-Aspekte aus Sicht der Banken und der KMU eingegangen. Das vorliegende Buch berücksichtigt die aktuellen Entwicklungen der vom Basler Ausschuss erarbeiteten und veröffentlichten regulatorischen Regelungen bis zum Juni 2019. Die fortwährende Veröffentlichung neuer Konsultationspapiere und finaler Standards sowie von Positionspapieren verschiedener Verbände zeigt die sehr dynamische Entwicklung im Bereich der Regulatorik der vergangenen Jahre. Ein geeigneter Indikator, welcher die stetig zunehmende Komplexität der regulatorischen Anforderungen der Basler Eigenkapitalvereinbarungen darstellt, ist die Entwicklung des Umfangs publizierter Standards. Die nachfolgende Abb.  1.1 zeigt die annähernd exponentiell verlaufende Quantität der Basler Eigenkapitalregelungen von den Anfängen im Jahr 1988 bis hin zu dem konsolidierten Basel-IV-Rahmenwerk 2019. Bei der Abschätzung des Regelungsumfangs der einzelnen Stufen der Eigenkapitalrege­ lungen (Basel I – Basel II – Basel 2.5 – Basel III – Basel 3.5 – Basel IV) wurde die Seiten-

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Zirkler et al., Controlling und Basel IV in der Unternehmenspraxis, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31352-4_1

1

Abb. 1.1  Entwicklung der Seitenzahl vom BCBS veröffentlichter gültiger Standards 1988 bis 2019

2 1  Veränderter Anforderungen an Kreditinstitute für die Unternehmenssteuerung

1  Veränderter Anforderungen an Kreditinstitute für die Unternehmenssteuerung

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zahl der einzelnen chronologisch hinzugekommenen Standards in kumulierter Form zugrunde gelegt und zugunsten einer höheren Transparenz im kleineren Diagrammausschnitt nach geltenden Rahmenwerkversionen kategorisiert. Ferner ist zu beachten, dass die jeweils additionalen Standards die bis dahin gültigen in aller Regel nicht substituieren, sondern ergänzen, was im Zuge der Ermittlung der kumulierten Werte innerhalb der Abbildung bestmöglich berücksichtigt wurde. Des Weiteren visualisiert die Grafik ausschließlich die Seitenzahl finalisierter Standarddokumente, das heißt, dass die Quantität sogenannter Kon­ sultationspapiere 1. und 2. Ordnung, welche Zwischenstadien finalisierter Standards darstellen, sowie Technical Amendments, unberücksichtigt blieb. Sofern diese ebenso Bestandteil der Analyse gewesen wären, hätte sich die Anzahl veröffentlichter Dokumente vervielfacht. Gleichwohl ist der Vollständigkeit halber einschränkend ­anzumerken, dass innerhalb überarbeiteter und ergänzter Standarddokumente zuweilen Passagen entfallen, weswegen die Seitenzahl für sich allein betrachtet als Komplexitätsindikator ein gewisses Maß an Unschärfe aufweist. Seit der Einführung von Basel I ist das ursprünglich 30-seitige Basler Regelwerk bis 2019 auf einen 1626 Seiten umfassenden Regulierungsrahmen angewachsen. Insbesondere die seit der Einführung von Basel III hinzugekommenen Regelungen zu den einzelnen Risikoarten (Kreditrisiko, Marktrisiko, CVA, Zinsänderungsrisiko, Kontrahenten­ risiko, Verbriefungen, operationelles Risiko und Liquiditätsrisiko) sowie der Leverage Ratio, dem Risikomanagement (Säule 2) und der Offenlegung (Säule 3) führten zu einem überproportionalen Anstieg des Regulierungsumfangs. Es ist zu berücksichtigen, dass eine vollumfängliche Umsetzung der finalen Regelungen erst ab 2022/2023 vorgesehen ist. Somit können die Basel IV-Auswirkungen noch nicht abschließend quantifiziert werden. Zudem basieren vorliegende Studien in der Regel auf einem Datenbestand bis Mitte 2019, so dass ihre Ergebnisse nur eingeschränkt für eine Einschätzung der Implikationen der aktuell diskutierten Veränderungen nutzbar sind.

2

Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

2.1

Historische Entwicklung der Basler Eigenkapitalvorschriften

Die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht1 entwickelten Basler Eigenkapitalvorschriften wurden seit ihrer Einführung im Jahr 1988 laufend überarbeitet, erweitert und an die Entwicklungen auf den Finanzmärkten angepasst. So wurde die dritte Basler Eigenkapitalvereinbarung noch einmal deutlich ergänzt und unter der offiziellen Bezeichnung „Basel III Finalisierung“2 fertiggestellt. Aufgrund der umfassenden Anpassungen wird für diesen Stand der Basler Eigenkapitalvereinbarung in Praktikerkreisen3 bereits seit geraumer Zeit auch die Bezeichnung „Basel IV“ verwendet, welche auch in diesem Buch genutzt wird. Alle Versionen der Basler Eigenkapitalvereinbarungen bauen aufeinander auf und zielen vor allem auf das Eigenkapital der Kreditinstitute zur Gewährleistung der Stabilität des Finanzsystems. Basel I, die erste Basler Eigenkapitalvereinbarung von 1988, war ursprünglich an international operierende Kreditinstitute in den G10 Staaten adressiert. Unter Basel I mussten sämtliche Kreditrisiken mit 8,0 % Eigenkapital unter Anwendung eines einheitlichen Gewichtungsfaktors von 100 % unterlegt werden. Auf Grund der schnellen Weiterentwicklung der Finanzmärkte waren diese Regelungen rasch überholt und das Regelwerk musste

 Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht oder auch Basel Committee on Banking Supervision (BCBS) wurde 1974 von den Zentralbanken der G10 Staaten gegründet und ist bei der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIS) mit Sitz in Basel angesiedelt. Derzeit gehören ihm Vertreter aus 27 Ländern an (G20+). 2  Vgl. auch BCBS 424 (2017) und Deutsche Bundesbank (2018a). 3  Unterlagen und Publikationen über „Basel IV“ werden beispielsweise von den Wirtschaftsprüfungs-gesellschaften/Unternehmensberatungen PricewaterhouseCoopers, Deloitte, KPMG u. v. m. herausgegeben. 1

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Zirkler et al., Controlling und Basel IV in der Unternehmenspraxis, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31352-4_2

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6

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

erneuert werden, um die Stabilität des Finanzsystems weiterhin zu gewährleisten. Die Überarbeitungen führten zu Basel II, welches 2006 eingeführt wurde. Die zweite Basler Eigenkapitalvereinbarung basiert auf den folgenden drei Säulen: Eigenmittelanforderungen, aufsichtsrechtliche Überprüfungsverfahren und Offenlegungspflichten. Sie verfeinert die bisher gültigen Regelungen durch Einführung eines variablen, ratingabhängigen Gewichtungsfaktors und erweitert sie um weitere Komponenten, wie zum Beispiel die Unterlegung des operationellen Risikos. Neben externen Ratings4 werden auch bankeigene, interne Ratings zugelassen. Weitere Inhalte sind verschärfte Aufsichtsregelungen und eine höhere Markttransparenz. Während der ‚Finanzmarktkrise‘ und der daraus entstandenen ‚Staatsschuldenkrise‘ zwischen 2008 und 2012 wurden Schwächen der zweiten Basler Eigenkapitalvereinbarungen deutlich. Diese Erfahrungen wurden genutzt, um die bisherigen Regelungen noch einmal grundlegend zu überarbeiten. Zunächst folgte als Reaktion auf die ‚Finanzmarktkrise‘ eine Erweiterung der Regelungen von Basel II. Dieses kurzfristige Maßnahmenpaket wurde im Jahr 2009 vom Basler Ausschuss beschlossen und ist auch bekannt als Basel 2.5. Es beinhaltete strengere Regelungen, wie z. B. eine höhere Eigenkapitalunterlegung von Verbriefungen und Marktrisiken. Daneben wurden die Anforderungen an das Risikomanagement und die Offenlegung verschärft. Das schließlich 2010 veröffentlichte und 2012 in Kraft getretene Regelwerk Basel III kann als Antwort des Basler Ausschusses auf jene Krisen verstanden werden, welche ab 2008 die Welt- und insbesondere die Finanzwirtschaft konfrontierten. Basel III beinhaltet unter anderem neue Kapitalanforderungen, eine sogenannte Leverage Ratio (LR), Liquiditätskennzahlen sowie die Erweiterung der Asset Value Correlation.5 Ziel der dritten Basler Eigenkapitalvereinbarung war und ist es, die vorzuhaltende Kapitalbasis und damit die Haftungsmasse der Kreditinstitute zu erhöhen und gleichzeitig eine stärkere Risikosensibilisierung zu erreichen. Sie betrifft „sowohl den Kreditvergabeprozess als auch die Bankorganisationsvorgaben und die Regelungen der Risikoberücksichtigung bei der Bepreisung von Krediten.“6 Mit den Basler Eigenkapitalvereinbarungen sollte weltweit ein „starkes und widerstandsfähiges Bankensystem“ geschaffen werden, welches „die Grundlage für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum“ bildet, „da Banken im Zentrum des Kreditvermittlungsprozesses zwischen Sparern und Anlegern stehen.“7

 Das Rating dient der Einschätzung der Kreditwürdigkeit (Bonität) eines Unternehmens und ist neben der Kreditentscheidung ein wesentlicher Faktor im Kreditvergabeprozess. Es dient dazu, die „Kreditentscheidung vorzubereiten und zu unterstützen“ sowie „risikogerechte Konditionen zu ermitteln“. 5  Die Asset Value Correlation ist ein Korrelationsparameter, der in die Berechnung der Eigenkapi­ talunterlegung für den Ausfall eines Kontrahenten für OTC-Geschäfte d. h. die Risikogewichtungsfunktion des Kontrahentenrisikos einfließt. 6  Müller, S. et al. (2011), S. 13. 7  BCBS 188 (2010), S. 1. 4

2.1  Historische Entwicklung der Basler Eigenkapitalvorschriften

7

Einer der Hauptgründe der Finanzkrise von 2010 war, dass sich in Bankbüchern Risiken aufgebaut hatten, die nicht ausreichend identifiziert und bewertet und folglich unterschätzt wurden. Außerbilanzielle Geschäftsvorfälle/Positionen entstanden vorwiegend durch den Einsatz verschiedener Instrumente, wie beispielsweise Hedging, Derivate, Asset Backed Securities, Mortgage Backed Securities, Leasing, Factoring sowie bilanzpolitische Maßnahmen, die zur Bildung von stillen Reserven oder stillen Lasten führen. Ferner sind in diesem Zusammenhang auch Eventualverbindlichkeiten, die nicht in der Bilanz ausgewiesen wurden, zu beachten. Dies war verbunden mit einem allmählichen Rückgang der Höhe und der Qualität der Eigenkapital- und Liquiditätspolster. Damit war das Bankensystem nicht mehr in der Lage, die sich daraus ergebenden systemischen Handels- und Kreditverluste zu absorbieren oder zurückzuführen. Die Wirtschafts- und Finanzkrise wurde zusätzlich durch einen prozyklischen Schuldenabbauprozess sowie die internationale Verflechtung systemrelevanter Institute verschärft. Schließlich verlor der Markt das Vertrauen in die Solvenz und Liquidität vieler Kreditinstitute. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Realwirtschaft und führte letztlich zu einer massiven Verknappung der Liquidität und des Kreditangebots am Markt. Die öffentliche Hand musste mit Liquiditäts- und Kapitalzufuhren sowie Garantien in die Realwirtschaft eingreifen. Durch den massiven Einbruch der globalen Liquidität, des grenzüberschreitenden Kreditangebots und der Exportnachfrage breitete sich die Krise weltweit aus, mit der Konsequenz, dass diverse Staaten mit umfassenden Programmen intervenieren und Stützungsmaßnahmen einleiten mussten. „Als Reaktion auf das Versagen der Märkte in der Krise führte der Ausschuss eine Reihe grundlegender Reformen des internationalen Regulierungsrahmens ein.“8 Dabei wurden auch die systemweiten Risiken, die sich im gesamten Bankensektor aufbauen können, und das Problem der prozyklischen Verstärkung dieser Risiken im Zeitablauf berücksichtigt. Hierzu hat der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht im Dezember 2010 das neue Regelwerk „Basel III“, die 3. Basler Eigenkapitalvereinbarungen, verabschiedet, das aus den Rahmenvereinbarungen „Basel III: Ein globaler Regulierungsrahmen für widerstandsfähigere Banken und Bankensysteme“ (BCBS 189) und „Basel III: Internationale Rahmenvereinbarung über Messung, Standards und Überwachung in Bezug auf das Liquiditätsrisiko“ (BCBS 188) besteht. Ziel dieser beiden Rahmenvereinbarungen war und ist es, durch die darin enthaltenen „strengeren globalen Regeln für Eigenkapital und Liquidität die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors zu stärken“ und „die Resistenz des Bankensektors gegenüber Schocks aus Stresssituationen im Finanzsektor und in der Wirtschaft, unabhängig von ihrem Ursprung, zu verbessern und so die Gefahr zu verringern, dass sich Probleme im Finanzsektor auf die Realwirtschaft auswirken.“9 Es war geplant, die in diesen Rahmenwerken enthaltenen Regelungen und zeitlichen Vorgaben schrittweise zwischen 2013 und 2019  in allen Mitgliedsstaaten des Basler 8 9

 BCBS 188 (2010), S. 2.  Ebenda, S. 1.

8

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

­ usschusses möglichst zeitgleich einzuführen. Auf Grund der notwendigen nationalen A Gesetzgebungsverfahren im Rahmen der Umsetzung kam es jedoch zu Verzögerungen, so dass diese erst zum 01.01.2014 erfolgen konnte. Hierdurch hat sich der Einführungszeitraum entsprechend um ein Jahr verkürzt. In Deutschland wurde am 22.08.2012 mit der Verabschiedung des CRD IV Umsetzungsgesetzes10 im Kabinett beschlossen, die Basel III Regeln national umzusetzen. Betont wurde immer wieder die Notwendigkeit einer zeitgleichen Einführung in allen Ländern, um Verzerrungen zu vermeiden. Lautenschläger erklärte in einem Interview: „Die neuen Basler Standards können allerdings nur dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn sie auf allen wesentlichen Finanzmärkten angewendet werden. Nur so können wir sicherstellen, dass der europäische Bankenmarkt nicht über Zweit- und Drittrundeneffekte von Banken solcher Länder angesteckt wird, in denen beispielsweise für bestimmte Geschäfte wie komplexe Verbriefungen nicht ausreichend Kapital vorgehalten werden muss.“11 Auslöser für die beschriebenen drei Basler Eigenkapitalvereinbarungen, die in Tab. 2.1 zusammengefasst dargestellt sind, waren allesamt Krisensituationen, bei welchen jeweils ein ähnlicher Verlauf mit der folgenden Kettenreaktion festgestellt werden kann. Auf Grund von riskanten Spekulationen oder auch Fehlspekulationen kommt es zu einer Börsenkrise mit horrenden Kursverlusten auf diversen Kapitalmarktsegmenten, Banken schränken signifikant ihr operatives Geschäft ein oder sind sogar gezwungen zu schließen, mit der Folge einer Kreditkrise. Die Verknappung der Liquidität führt zu einer Handelskrise, die sich schließlich zu einer Wirtschaftskrise ausweitet. Das während des Krisenverlaufs verlorengegangene Vertrauen musst wieder aufgebaut werden – oft verbunden mit staatlichen Hilfsmaßnahmen. Aufgrund der sich ständig verändernden Rahmenbedingungen sind kontinuierlich Anpassungen und Überarbeitungen der Rahmenwerke erforderlich. Diese Entwicklung zeigt sich in den regelmäßig wiederkehrenden Veröffentlichungen entsprechender Konsultationspapiere, die zuletzt insbesondere die Bestimmung der risikogewichteten Aktiva für die verschiedenen Risikobereiche als Basis für die Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen betroffen haben. Die ersten Erweiterungen zwischen 2012 und 2014 wurden auch als ‚Basel 3.5‘ bezeichnet. Auch danach wurde das Regelwerk der dritten Eigenkapitalvereinbarung noch vor dem endgültigen Inkrafttreten zum 01.01.2019 ein weiteres Mal erweitert und ergänzt. Die Änderungen betreffen insbesondere die Vorgaben zur Ermittlung der risikogewichteten Aktiva, welche als Grundlage für die Kapitalanforderung dient. So konnte der Basler Ausschuss am 07.12.2017 unter dem Titel „Basel III: Finalising post-crisis reforms“ (BCBS 424) ein Dokument mit den finalen Regelungen von Basel III veröffentlichen. Das zwischen dem ursprünglichen Basel-III-Rahmenwerk von 2010 bis zur Finalisierung im Dezember 2017 entstandene Regelungspaket wird teilweise schon als „Basel IV“ bezeichnet.  Vgl. Amstblatt der Europäischen Union (2013).  Geers, D. (2013).

10 11

Tab. 2.1  Entwicklung der Basler Rahmenvereinbarungen und wesentliche Auswirkungen im Zeitverlauf

2.1  Historische Entwicklung der Basler Eigenkapitalvorschriften 9

10

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Die neuen Regelungen sollten zwischen 2022 und 2027 eingeführt werden und dann vollständig umgesetzt sein. Auf Grundlage des Beschlusses des Basler Ausschusses vom 27.03.2020 wird das Inkrafttreten auf den 01.01.2023 verschoben. Die Umsetzung der neuen Vorgaben auf europäischer Ebene erfolgte über die CRD V und die CRR II mit Beschluss vom April 2019 im EU Parlament und vom Mai 2019 im EU Rat. Die Veröffentlichung im Amtsblatt der EU folgte daraufhin im Juni 2019.12 Damit werden die neuen Regelungen mit wenigen Ausnahmen Anfang 2021 (CRD V) bzw. Mitte 2021 (CRR II) in Kraft treten. Für den weiteren Verlauf des Buches liegt der Fokus auf dem Basler Regelwerk. Europäische und nationale Besonderheiten werden daher nicht näher betrachtet.

2.2

Wesentliche Inhalte von Basel III

Die Grundlage für das Rahmenwerk zu den Regelungen von Basel III bilden die folgenden, am 16.12.2010 vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht veröffentlichten, Doku­mente: • „Basel III: Ein globaler Regulierungsrahmen für widerstandsfähigere Banken und Bankensysteme“ (BCBS 189), in dem die modifizierten Kapitalvorschriften13 festgelegt wurden und • „Basel III: Internationale Rahmenvereinbarung über Messung, Standards und Überwachung in Bezug auf das Liquiditätsrisiko“ (BCBS 188), welches Regelungen zu den Liquiditätsanforderungen beinhaltet. Die Liquiditätsvorschriften wurden in der Folge noch weiter verfeinert und im Januar 2013 in einem überarbeiteten Dokument, „Basel III: The Liquidity Coverage Ratio and liquidity risk monitoring tools“ (BCBS 238) neu veröffentlicht. Für systemrelevante Kreditinstitute (Global systemically important banks, G-SIB), welche aufgrund ihrer starken internationalen Verflechtung von besonderer Bedeutung für die Stabilität der Finanzmärkte sind, gelten zusätzliche Anforderungen. Diese wurden in einem weiteren Dokument, „Global systemrelevante Banken: Bewertungsmethodik und Anforderungen an die zusätzliche Verlustabsorptionsfähigkeit“ (BCBS 207), festgelegt und im November 2011 veröffentlicht. Auf diese Rahmenvereinbarung wird im weiteren Verlauf nicht mehr näher eingegangen, da sie international betrachtet in Deutschland derzeit nur ein Institut, die Deutsche Bank, betrifft. Bezüglich der speziellen Vorgaben für systemrelevante Kreditinstitute sei exemplarisch auf die schärferen Anforderungen an eine höhere Verlustabsorptionsfähigkeit verwiesen, die durch zusätzlich vorzuhaltendes hartes Eigenkapital im Korridor zwi Vgl. Amtsblatt der Europäischen Union (2019a) sowie (2019b).  Regelungen zu Eigenkapitaldefinition, Risikodeckung, Kapitalerhaltungspuffer, antizyklischer Kapitalpuffer und Höchstverschuldungsquote (Leverage Ratio). 12 13

2.2  Wesentliche Inhalte von Basel III

11

schen 1,0  % bis 3,5  % der risikogewichteten Aktiva (oder auch RWA) zu gewährleisten sind. Die Höhe der Kapitalzuschläge für national systemrelevante Institute wird jährlich von der Bundesbank und der BaFin vorgegeben.14 Die in Basel III enthaltenen Regulierungen werden in Analogie zum Muster nach Basel II in Form von drei Säulen dargestellt: • Säule 1 beinhaltet Regelungen zum Eigenkapital, zur Risikoerfassung und Verschuldungsbegrenzung sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität, Quantität und Flexibilität des Eigenkapitals, Minderung der Zyklizität sowie strengere Kapitalanforderungen für einzelne Risikoaktiva. • Säule 2 umfasst Regelungen zu Risikomanagement und Aufsicht sowie detaillierte Vorgaben zur Gestaltung des Risikomanagements mit Bewertung und Behandlung von Risiken, Off-Balance Sachverhalten, Stresstests sowie Vorschriften zur Vergütung. • Säule 3 enthält Vorschriften zu Marktdisziplin und Offenlegungspflichten. Abb. 2.1 gibt einen kurzen Überblick über die Rahmenwerke von Basel III sowie der darin enthaltenen Kernelemente.

2.2.1 Mindestkapitalanforderungen 2.2.1.1 Qualität des Kapitals/Eigenkapitalinstrumente In den Regelungen zu den Kapitalanforderungen wird das zur Erfüllung der Mindestkapitalanforderungen anerkannte Eigenkapital über einen Katalog aus vierzehn Kriterien zu den beiden vorgesehenen Kapitalbestandteilen Kernkapital (= Tier 1 Kapital) und Ergänzungskapital (= Tier 2 Kapital) zugeordnet. Das Kernkapital wird in hartes und zusätzliches Kernkapital unterschieden. Dem harten Kernkapital (Common Equity Tier 1, CET1) werden vor allem folgende Elemente zugeordnet: Stammkapital oder andere rechtsformspezifische, typische Eigenkapitalin­ strumente wie Genossenschaftsanteile bei Genossenschaften und stille Einlagen bei öffentlich-­rechtlichen Sparkassen, Aufgeld, Gewinnrücklagen, andere offene Rücklagen sowie eingeschränkt Minderheitenanteile Dritter. Für eine rechtmäßige Anerkennung als Kernkapital müssen die folgenden wesentlichen Kriterien erfüllt sein: • effektive Kapitaleinzahlung, • Dauerhaftigkeit der Kapitalbereitstellung,  National systemrelevant waren in Deutschland, Stand 2014, Berichten zufolge 36 Kreditinstitute. Die 2018 von der Bafin veröffentlichte Liste enthält noch 13 Institute mit Kapitalzuschlägen zwischen 0,5 % und 2,5 % für das Jahr 2019. 14

12

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Abb. 2.1  Säulen des Basel-III-Rahmenwerks

• Verlustabsorption durch Nachrangigkeit und uneingeschränkte Verlustteilnahme sowie • Zahlungsflexibilität über den Ausschluss obligatorischer Ausschüttungen. Die bisher zugelassenen Drittrangmittel (Tier 3) dürfen künftig nicht mehr als Eigenkapitalanteil berücksichtigt werden. Hierdurch soll die Qualität des aufsichtsrechtlichen Kapitals verbessert werden. Der Anteil des harten Kernkapitals war zwischen 2012 und 2015 schrittweise von zunächst 2,0 % der risikogewichteten Aktiva auf dann 4,5 % als Zielgröße zu erhöhen. Dem zusätzlichen Kernkapital werden insbesondere Kapitalinstrumente, Aufgeld und eingeschränkt auch Minderheitenanteile Dritter zugeordnet. Es muss  – bis auf den Unterschied, dass der Emittent unter bestimmten Voraussetzungen nach frühestens 5 Jahren kündigen oder Rückkäufe vornehmen darf – die gleichen Bedingungen erfüllen, wie das harte Kernkapital. Seit 2015 ist ein Anteil von 1,5 % vorgeschrieben, sodass die Mindestanforderung für das gesamte Kernkapital ohne Kapitalpuffer in Höhe von 6,0 % erreicht wird. Zu berücksichtigen ist die inzwischen abgeschlossene stufenweise Einführung bestimmter Abzugs- und Korrekturposten, beispielsweise auf Firmenwert (Goodwill), immaterielle Vermögensgegenstände, Finanzbeteiligungen und aktive latente Steuern. Sie sind bei der Berechnung der aufsichtsrechtlichen Eigenmittel direkt vom harten Kernkapi-

2.2  Wesentliche Inhalte von Basel III

13

tal in Abzug zu bringen und wurden stufenweise zwischen 2014 und 2018 in Schritten von jeweils 20,0 % eingeführt. Abb.  2.2 zeigt die stufenweise Einführung der Kapitalabzüge, welche vom harten Kernkapital vorgenommen werden müssen. Außerdem existierte ein abnehmender Bestandsschutz für verschiedene, vormals berücksichtigungsfähige Eigenkapitalbestandteile. Dies wird in der folgenden Abb. 2.3 verdeutlicht. Die obenstehende Abbildung illustriert der Vollständigkeit halber die Entwicklung der berücksichtigungsfähigen Eigenkapitalbestandteile mit Bestandsschutz in Prozent der ausschließlich nach alter Regelung berücksichtigungsfähigen Eigenkapitalbestandteile, welche für vor dem 31.12.2011 begebene Emissionen beziehungsweise vorhandene Eigenkapitalbestandteile gültig waren. Ausgenommen sind Staatsanleihen, sofern diese im Rahmen von genehmigten Unterstützungsmassnahmen und vor Inkrafttreten der CRR gewährt wurden und bis zum 31.12.2017 vollumfänglich berücksichtigungsfähig waren, nun hingegen nicht mehr anrechenbar sind. Zum Ergänzungskapital als zweitem Kapitalbestandteil zählen im Wesentlichen Nachrangverbindlichkeiten, aber auch Vorzugsaktien, Aufgeld und freie Pauschalwertberichtigungen sowie Wertberichtigungsüberschüsse. Auch hierzu sind im Rahmenwerk Kriterien für die Anerkennung festgelegt. So dürfen unter anderem keine ­Anreizmechanismen, wie zum Beispiel Step-up-Klauseln zur vorzeitigen Rückzahlung langfristiger Nachrang-

Abb. 2.2  Entwicklung der Kapitalabzugspositionen (Paul, S. 2011, S. 50.)

Abb. 2.3  Entwicklung des Bestandsschutzes für Eigenkapitalbestandteile (Deutsche Bundesbank 2013, S. 62.)

14

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

verbindlichkeiten, bestehen und mögliche Kündigungsrechte bedürfen unter bestimmten Voraussetzungen der Zustimmung der Aufsicht. Das Ergänzungskapital hat unter diesen Voraussetzungen deutlich an Bedeutung verloren. Die Verlusttragfähigkeit beschränkt sich ausschließlich auf den Liquidations-, respektive Insolvenzfall. Es darf zu großen Teilen aus langfristigen Nachrangverbindlichkeiten bestehen und kann auch Vorzugsaktien und Aufgeld sowie freie Pauschalwertberichtigungen und Wertberichtigungsüberschüsse enthalten. Sein Anteil verringerte sich von 4,0 % im Jahr 2012 auf 2,0 % ab dem Jahr 2015. Folgende Bedingungen müssen für die Anerkennung erfüllt sein: • Verbot von Anreiz-Mechanismen wie Step-up-Klauseln zur vorzeitigen Rückzahlung langfristiger Nachrangverbindlichkeiten. • Einhaltung der Vorschriften zu Kündigungsrechten verbunden mit „einem aufsichtlichen Zustimmungserfordernis für die Rückzahlung grundsätzlich unbefristet aufgenommener Mittel“15 Bis 2015 mussten Kern- und Ergänzungskapital noch ohne Berücksichtigung des Kapitalpuffers in Höhe von mindestens 8,0 % der risikogewichteten Aktiva aufgebaut werden.

2.2.1.2 Zusammenfassung Quantität des Kapitals/Kapitalquoten Mit der Umsetzung der Regelungen von Basel III war ein schrittweiser Anstieg des harten Kernkapitals von 2,0 % der risikogewichteten Aktiva unter Basel II auf 4,5 % bis 2015 verbunden. Wird der Kapitalerhaltungspuffer zusätzlich berücksichtigt, erhöht sich die geforderte Quote des harten Kernkapitals bis 2019 auf mindestens 7,0 % der risikogewichteten Aktiva. Dabei wurde der darüber hinaus mögliche antizyklische Kapitalpuffer von bis zu 2,5 % der risikogewichteten Aktiva noch nicht berücksichtigt. Der Anteil des zusätzlichen Kernkapitals wurde von 2,0 % der risikogewichteten Aktiva unter Basel II auf nunmehr 1,5 % reduziert. Für das gesamte Kernkapital (bestehend aus hartem und zusätzlichem Kernkapital) stieg die Mindestanforderung ohne Berücksichtigung der zusätzlichen Kapitalpuffer auf 6,0 % der risikogewichteten Aktiva. Der Anteil des Ergänzungskapitals ging von 4,0 % der risikogewichteten Aktiva unter Basel II auf 2,0 % der risikogewichteten Aktiva ab 2016 zurück, so dass dieses an Bedeutung verloren hat. Dies kann auch damit erklärt werden, dass eine Verlusttragfähigkeit nur im Liquidations-, respektive im Insolvenzfall gegeben ist. 2.2.1.3 Kapitalpuffer Die Regelungen zu den Kapitalanforderungen sehen zwischen 2016 und 2019 eine schrittweise Einführung von zwei zusätzlichen Kapitalpuffern, dem Kapitalerhaltungspuffer und dem antizyklischen Kapitalpuffer, vor. Beide Kapitalpuffer sind in Form von hartem Kernkapital vorzuhalten.  Deutsche Bundesbank (2011), S. 15.

15

2.2  Wesentliche Inhalte von Basel III

15

Abb. 2.4  Entwicklung der Kapitalanforderungen (Deutsche Bundesbank 2011, S. 19.)

Der Kapitalerhaltungspuffer ist seit 2016 schrittweise mit 0,625 % pro Jahr aufzubauen, bis er 2019 schließlich seine endgültige Höhe von 2,5  % der risikogewichteten Aktiva erreicht hat. Der antizyklische Kapitalpuffer wird von der nationalen Aufsichtsbehörde je nach Wirtschaftslage festgesetzt und kann bis zu 2,5 % der risikogewichteten Aktiva betragen. Hieraus ergibt sich die Möglichkeit, zyklische Schwankungen auszugleichen, was dem Grundsatz folgt, in „guten Zeiten“ Kapital aufzubauen, um in „schlechten Zeiten“ davon zu zehren. Der Einsatz dieses Kapitalpuffers kommt v. a. nach einer Phase schnellen Kreditwachstums in Betracht.16 Abb.  2.4 zeigt zusammenfassend die zuvor beschriebene Einführung der neuen ­Kapitalanforderungen. Abb. 2.5 veranschaulicht zusammenfassend die Veränderungen bei den Kapitalanforderungen von Basel II auf Basel III. Es wird deutlich, dass zukünftig wesentlich mehr hartes Kernkapital zu unterlegen ist und die Bedeutung des Ergänzungskapitals abnehmen wird. Dabei kommt es beim harten Kernkapital zu einem Anstieg von 2,0 % im Jahr 2012 auf 4,5 % ab dem Jahr 2015 zuzüglich des ebenfalls in Form von hartem Kernkapi Für Deutschland wurde von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) am 15.12.2015 zunächst eine erste Quote von 0 % festgesetzt. Zum 3. Quartal 2019 wurde ein antizy­ klischer Kapitalpuffer in Höhe von 0,25 % eingeführt. Unter Verweis auf die Allgemeinverfügung der BaFin vom 31.03.2020 ist dessen Wirkung bis mindestens 01.01.2021 außer Kraft gesetzt. 16

16

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Abb. 2.5  Vergleich der Kapitalanforderungen von Basel II und Basel III (Funk, W./Rossmanith, J. 2011, S. 26.; Deutsche Bundesbank 2011, S. 10.)

tal vorzuhaltenden Kapitalpuffers von bis zu 5,0 % ab 2019. Das vorzuhaltende Ergänzungskapital geht hingegen von 4,0  % in 2012 auf 2,0  % ab 2015 zurück. Außerdem entfallen die Drittrangmittel aus dem Ergänzungskapital komplett. Des Weiteren wird zukünftig nicht mehr zwischen Ergänzungskapital 1. Klasse und Ergänzungskapital 2. Klasse unterschie-­den. Zusätzlich zu den beiden bereits beschriebenen Kapitalpuffern wurde im Rahmen der Umsetzung von Basel III in europäisches und nationales Recht über die CRD IV und die CRR in Art. 133 und 134 CRD IV die Einführung eines Systemrisikopuffers als Kapitalpuffer für systemische Risiken vorgesehen. Er dient der Abdeckung systemischer oder makroprudenzieller Risiken auf nationaler Ebene und soll mindestens 1,0 % betragen. Die Festlegung erfolgt durch die nationalen Aufsichtsbehörden unter Berücksichtigung bestimmter Verfahren für verschiedene Institutsgruppen oder Forderungs-klassen.

2.2  Wesentliche Inhalte von Basel III

17

Für systemrelevante Institute ist in Art. 131 und 132 CRD IV noch ein weiterer Kapitalpuffer vorgesehen. Dieser zusätzlich vorzuhaltende Kapitalpuffer soll ab 2016 verpflichtend vorgehalten werden und für die global systemrelevanten Institute 1,0  % bis 3,5  % des Gesamtforderungsbetrages betragen. Für die anderweitig systemrelevanten Institute können die nationalen Aufsichtsbehörden einen zusätzlichen Kapitalpuffer in Höhe von maximal 2,0  % des Gesamtforderungsbetrages festsetzen. Dabei erfolgt die Unterscheidung von global systemrelevanten und anderweitig systemrelevanten Instituten anhand verschiedener in der Richtlinie beschriebener Kriterien und Kategorien, welche noch in Form einer Leitlinie verfeinert werden sollen. Auch diese weiteren Kapitalpuffer sind in Form von hartem Kernkapital vorzuhalten und bei den in Abb. 2.4 und 2.5 dargestellten Kapitalanforderungen zusätzlich zu berücksichtigen. Abb. 2.6 gibt einen abschließenden Überblick über alle im Rahmen der CRD IV zur Umsetzung der Regelungen von Basel III vorgesehenen Kapitalpuffer. Als ergänzende Information zu den oben dargestellten Puffern aus systemischen Risiken (Art. 131 bis Art. 134 CDR) sei erwähnt, dass ein Institut – falls es mehreren Puffern unterliegt – grundsätzlich den höchsten Puffer zu berücksichtigen hat. Gesetzt den Fall, dass der Systemrisikopuffer lediglich für Risikopositionen gilt, welche Mitgliedstaaten der Höhe nach individuell definieren können, so ist die Anforderung zu einem gegebenenfalls anzuwendenden Kapitalpuffer G-SIB oder D-SIB additional zu betrachten. Abb. 2.7 zeigt die Unterschiede bei den Kapitalanforderungen zwischen Basel III und der CRD IV.

Abb. 2.6  Kapitalpuffer der CRD IV im Überblick (Eigene Darstellung, in Anlehnung an KPMG 2012, S. 69.)

18

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Abb. 2.7  Vergleich der Kapitalanforderungen nach Basel III und CRD IV (Bundesministerium der Finanzen 2013, S. 18.)

Die zuvor beschriebenen Kapitalpuffer wurden in Deutschland auch im Kreditwesengesetz (KWG) verankert. So werden im zweiten Abschnitt in den §§ 10d bis 10i KWG die Anforderungen an die verschiedenen Kapitalpuffer näher definiert: • § 10d Antizyklischer Kapitalpuffer • § 10e Kapitalpuffer für systemische Risiken • § 10f Kapitalpuffer für global systemrelevante Institute

2.2  Wesentliche Inhalte von Basel III

19

• § 10g Kapitalpuffer für anderweitig systemrelevante Institut • § 10h Zusammenwirken der Kapitalpuffer für systemische Risiken, für global systemrelevante Institute und für anderweitig systemrelevante Institute • § 10i Kombinierte Kapitalpuffer-Anforderung.

2.2.1.4 Zusammenfassung zu den Mindestkapitalanforderungen Die folgende Abb. 2.8 gibt einen Überblick über die Entwicklung der zuvor beschriebenen Kapitalanforderungen. Ein Anstieg ist insbesondere beim harten Kernkapital zu erkennen. Hier kommt es zu einer Erhöhung um 2,5 % bis 2015 und aufgrund der zusätzlich vorzuhaltenden Kapitalpuffer bis 2019 zu einem weiteren Anstieg von bis zu 5,0 %. Systemrelevante Banken müssen zusätzlich zu den bereits beschriebenen Kapitalanforderungen mit dem Systemrisikopuffer einen weiteren Kapitalpuffer für die Verbesserung der Verlustabsorptionsfähigkeit vorhalten.

Hartes Kernkapital

16

Zusätzliches Kernkapital

1% bis 3,5%

Ergänzungskapital Kapitalerhaltungspuffer (hartes Kernkapital)

1% bis 3,5%

Antizyklischer Puffer 1% bis 3,5%

Systemrisikopuffer (G-SIB)

12

1% bis 3,5% Basel II

0% bis 1,875% 0% bis 1,25%

Basel III bis 0,625%

0,625%

8 2,5% 4%

0% bis 2,5%

1,25%

1,875%

2,5%

2%

2%

2%

2%

2%

1,5%

1,5%

1,5%

1,5%

1,5%

4,5%

4,5%

4,5%

4,5%

4,5%

2015

2016

2017

2018

2019

3,5%

1,5% 4

1% 2% 4%

3,5% 2%

2012

2013 ursprünglich geplanter Starttermin

2014 neuer Starttermin

Abb. 2.8  Entwicklung der Kapitalanforderungen

20

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Dieser wird von der nationalen Aufsichtsbehörde festgelegt und liegt je nach Relevanz des Instituts zwischen 1,0 % und 3,5 %. Die Einführung erfolgte ab dem 01.01.2016 mit einer Übergangsphase bis 01.01.2019.

2.2.2 Risikoerfassung und Ermittlung der risikogewichteten Aktiva In diesem Abschnitt erfolgt eine Darstellung der Ermittlung der risikogewichteten Aktiva und Betrachtung der Risiken für die verschiedenen Risikobereiche, die für die Kapitalunterlegung eine Rolle spielen.

2.2.2.1 Kreditrisiko Als Kreditrisiko im engeren Sinn (Ausfallrisiko) „ist das Risiko zu verstehen, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seinen Zahlungsverpflichtungen […] in vollständigem Umfang nachzukommen.“17 Unter Kreditrisiko im weiteren Sinn (Migrationsrisiko) „ist das Risiko einer Bonitätsverschlechterung (z.  B.  Ratingherabstufung) zu verstehen und damit eine Erhöhung der (durch das Rating signalisierten) Ausfallwahrscheinlichkeit. Für markgehandelte Schuldtitel resultiert hieraus ein erhöhter Spread relativ zu einem vergleichbaren ausfallfreien Titel (spread risk) und damit ceteris paribus eine Verringerung des Marktwertes (Kursverlust).“18 Bereits in den Regelungen von Basel II wurden die folgenden Forderungsklassen definiert, zu denen die bestehenden Forderungen zugeordnet werden: • • • • • • •

Forderungen an Staaten sowie Forderungen an sonstige öffentliche Stellen, Forderungen an multilaterale Entwicklungsbanken, Forderungen an Banken, Forderungen an Wertpapierhäuser, dem Retail-Portfolio zuzuordnende Kredite, Forderungen an Wirtschaftsunternehmen, durch Wohnimmobilien besicherte Forderungen, durch gewerbliche Immobilien besicherte Forderungen, • Kredite in Verzug, Forderungen mit höherem Risiko sowie • andere Vermögenswerte und außerbilanzielle Positionen. Zusätzlich sind die folgenden Instrumente zur Risikominderung zu berücksichtigen: Besicherte Transaktionen, Netting von Bilanzpositionen, Garantien und Kreditderivate, Laufzeitinkongruenzen.

 Albrecht P./Huggenberger, M. (2015), S. 238.  Ebenda.

17 18

2.2  Wesentliche Inhalte von Basel III

21

Seit Basel II stehen den Kreditinstituten drei Ansätze zur Ermittlung der Risikogewichte für Kreditrisiken zur Verfügung: • Standardansatz (KSA), • Einfacher IRB-Ansatz (Internal Ratings-Based Approach, IRBA) und • fortgeschrittener IRB-Ansatz. Die Risikogewichte nach dem Standardansatz wurden bereits in der zweiten Basler Eigenkapitalvereinbarung festgelegt (siehe Tab. 2.2) und sind insbesondere abhängig von Schuldner, Kreditart sowie dem externen Rating des Schuldners. Die Ermittlung des aufsichtsrechtlich zu unterlegenden Kapitals nach den bankinternen Ratingansätzen erfolgt auf Basis interner Ratings. Dabei werden verschiedene Gewichtungsfunktionen mit folgenden Risikoparametern verwendet: • • • • •

Ausfallwahrscheinlichkeit (Probability of Default, PD), erwartete ausstehende Forderungen zum Ausfallzeitpunkt (Exposure at Default, EAD), Verlustquote bei Ausfall (Loss Given Default, LGD), Restlaufzeit des Kredits (Maturity, M) sowie Größe des Unternehmens.

Beim einfachen IRB-Ansatz erfolgt eine Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeiten durch die Kreditinstitute, während die übrigen Komponenten von der Basler Bankenaufsicht vorgegeben werden. Beim fortgeschrittenen IRB-Ansatz werden alle Komponenten vom Kreditinstitut auf Grundlage eines von der Aufsicht genehmigten eigenen Ratingsystems geschätzt.

2.2.2.2 Verbriefungen Mit Basel III wurden bestehende Anforderungen an die institutseigene Risikobeurteilung nach Säule 2 erhöht. Dies wird beispielsweise an der Einführung einer Due Diligence Prüfung für Verbriefungspositionen von Banken zur Reduzierung der Relevanz externer Ratings für die Kreditrisikomessung deutlich. Demnach ist zur Überprüfung der Angemessenheit der Eigenmittel eine eigene Bonitätsprüfung der Kreditnehmer auch dann durchzuführen, wenn bereits ein externes Rating vorliegt. Zusätzlich wurden die folgenden Änderungen beschlossen:

Tab. 2.2  Risikogewichte nach KSA seit Basel II Ratinga Schuldner/Kreditart Unternehmen Retail-Segment

AAA bis BBB+ bis BB+ bis ohne AA− A+ bis A− BBB− BB− B+ bis B− unter B− Rating 20 % 50 % 100 % 100 % 150 % 150 % 100 % 75 %

Die Ratingnotation folgt der Methode des Instituts Standard & Poor’s

a

22

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

• Anhebung der aufsichtlich geforderten Kapitalunterlegung für Wiederverbriefungen, • Erhöhung des Umrechnungsfaktors für Liquiditätszusagen mit einer Laufzeit von unter einem Jahr von 20,0 % auf 50,0 % sowie • höhere Offenlegungsanforderungen für alle Aktivitäten von Banken im Verbriefungsgeschäft (Säule 3). Die jeweiligen Risikogewichte für Verbriefungspositionen und Wiederverbriefungspositionen können wie beim Kreditrisiko nach dem Standardansatz oder dem IRB-Ansatz ermittelt werden. Beim internen Rating Ansatz wird für Verbriefungspositionen, für die ein externes Rating verfügbar ist, die Methode des Ratings-Based Approach (RBA) angewendet. Bei diesem Ansatz wird für Verbriefungen zwischen drei und bei Wiederverbriefungen zwischen zwei verschiedenen Kategorien von Risikogewichten unterschieden. Je nach angewendetem Verfahren und Tranchenzuordnung der Verbriefung kommt es dabei zu unterschiedlichen Risikogewichten zwischen 7,0 % und 1250 %. Die im Standard „Enhancements to the Basel II framework“ (BCBS  157) enthaltenen Tabellen geben einen Überblick über die verschiedenen, vom langfristigen bzw. kurzfristigen Rating abhängigen, vorgesehenen Risikogewichte in den beiden Ansätzen. Für Verbriefungspositionen, deren Risikogewichtung nicht auf Basis eines externen Ratings vorgenommen werden kann, ist vom Basler Ausschuss die Ermittlung über eine sogenannte „Supervisory Formula“ (aufsichtliche Formel, SF) vorgesehen. Diese beinhaltet die folgenden Inputparameter: • regulatorische Kapitalanforderung für das zugrunde liegende Portfolio ohne Verbriefung zuzüglich der erwarteten Verluste, • Höhe der Bonitätsverbesserung der Verbriefungsposition (Credit Enhancement Level), • Tranchendicke, • effektive Anzahl der Kredite sowie • ausfallgewichtete durchschnittliche Verlustquote bei Kreditausfall.

2.2.2.3 Kontrahentenrisiko Unter dem Kontrahentenrisiko werden die Verlustrisiken aus dem Ausfall vertraglich festgelegter Zahlungen (Adressausfallrisiko) der Gegenpartei eines Derivategeschäfts verstanden. Bei der Ermittlung der Kapitalanforderungen für das Kontrahentenrisiko ist neben dem Adressausfallrisiko auch das Risiko aus höheren erwarteten Verlusten aufgrund einer Bonitätsverschlechterung des Kontrahenten (Credit Valuation Adjustment, CVA) zu berücksichtigen. Dabei ist nach den Regelungen von Basel III zwischen Geschäften mit einer zentralen Gegenpartei (Central Counter Party, CCP) und Geschäften mit anderen Kontrahenten zu unterscheiden, wobei unter dem sogenannten Kontrahenten eine zwischen Käufer und Verkäufer zwischengeschaltete Vertragspartei zur Abwicklung von Wertpapierfinanzgeschäften zu verstehen ist.

2.2  Wesentliche Inhalte von Basel III

23

Für nicht über eine zentrale Gegenpartei abgewickelte OTC-Derivategeschäfte erfolgt die Ermittlung der Eigenkapitalunterlegung nach speziellen Regelungen zum Credit Valuation Adjustment Risiko. Diese werden in Abschn. 2.2.2.4 noch eigens behandelt. Bei der Ermittlung der Eigenkapitalunterlegung für Risikopositionen gegenüber größeren Banken ist im IRB-Ansatz zusätzlich eine im Regelwerk festgelegte Vermögenswertkorrelation (Asset Value Correlation, AVC) zu berücksichtigen, die zu einem höheren Risikogewicht führt und zu einer besseren Diversifizierung beitragen soll. Der Kreditäquivalenzbetrag einer derivativen Risikoposition, welcher der Forderungshöhe im Standardansatz sowie den ausstehenden Forderungen bei Ausfall (EAD) im IRB-Ansatz entspricht und sich aus der Summe der Wiederbeschaffungskosten und eines Zuschlags für den möglichen zukünftigen Wert errechnet, kann nach der Marktbewertungsmethode (MBM), der Standardmethode oder der Interne Modelle Methode (IMM) ermittelt werden. Mit dem auf diese Weise ermittelten Risikokapital kann lediglich das Ausfallrisiko der Gegenpartei (des Kontrahenten) abgedeckt werden. Zur Quantifizierung des Kontrahentenrisikos können verschiedene Bemessungsgrundlagen verwendet werden. Die Abbildung des reinen Adressenausfallrisikos erfolgt über das Exposure at Default (EAD), welches sich nach verschiedenen Methoden ermitteln lässt. Es setzt sich aus den beiden Komponenten des „heutigen Marktwerts“ und einem Aufschlag (Add On) für zukünftige Marktwertveränderungen/Marktwertschwankungen zusammen. Nach dem Standardansatz kann die Ermittlung des für das Kontrahentenrisiko relevanten Exposures mittels drei unterschiedlicher Methoden ermittelt werden: • Current Exposure Method (CEM) bei welcher der derzeitige Marktwert die Grundlage bildet und durch einen von Nominalbetrag, Art und Restlaufzeit des Kontrakts abhängigen Add On-Faktor ergänzt wird, • Standardised Method (SM), die nur für OTC-Derivate und Geschäfte mit langer Abwicklungsfrist angewendet werden darf sowie • Original Exposure Method (OEM), die insbesondere für Institute mit kleinem Handelsbuch anzuwenden ist.

2.2.2.4 Credit Valuation Adjustment Risiko Beim CVA-Risiko (CVA-Charge) handelt es sich um das Risiko einer Bonitätsänderung der Gegenpartei beim Handel von OTC-Derivaten über dezentrale Kontrahenten. Aufgrund der in der Vergangenheit in diesem Zusammenhang beobachteten Verluste wurde mit den Regelungen von Basel III eine zusätzliche Kapitalanforderung für diese Geschäfte eingeführt. Zudem werden die Risikogewichte für Forderungen gegenüber einem zentralen Kontrahenten gesenkt, um einen Anreiz für die Abwicklung der Geschäfte mit OTC-Derivaten über eine zentrale Gegenpartei zu schaffen.

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Bei der Ermittlung des CVA-Risikos kommen zwei Ansätze zum Einsatz. Dabei erfolgt die Messung des Risikos im Advanced-CVA-Ansatz nach der Interne Modelle Methode und im Standard-CVA-Ansatz nach der Bond-Äquivalenz-Methode. Die Bond-Äquivalenz Methode verwendet ein Näherungsverfahren auf Basis des Value-at-Risk. Das CVA-Risiko wird durch Messung der Auswirkung möglicher Bonitätsveränderungen des Kontrahenten auf das Exposure des Derivats zu einem Konfidenzniveau von 99,0 % und einer Haltedauer von einem Jahr bestimmt. Der Advanced-CVA-Ansatz verwendet aufsichtsrechtlich genehmigungsbedürftige interne Modelle zur Quantifizierung des Marktrisikos sowie des spezifischen Zinsrisikos und greift dabei auf Marktdaten (Spreads) zurück.

2.2.2.5 Marktpreisrisiko/Handelsbuch Marktrisiken repräsentieren die von negativen Marktentwicklungen ausgehenden Ge­ fahren für ein Kreditinstitut. Sie beinhalten insbesondere Verlustrisiken aus Marktpreisschwankungen wie Aktienkurs-, Währungs-, Zins- und Rohwarenrisiken und werden in eine allgemeine und eine besondere Komponente unterteilt. Die Eigenmittelanforderungen für die einzelnen Komponenten werden getrennt voneinander ermittelt. Die Regelungen zum Marktpreisrisiko basieren auf dem im Juli 2009 veröffentlichten Basel-II-Rahmenwerk „Revisions to the Basel II market risk framework“ (BCBS 158). In diesem Dokument sind Änderungen beim Standardansatz zur Messung des Marktpreisrisikos, beim auf internen Modellen basierenden Ansatz, dem aufsichtlichen Überprüfungsprozess und den Offenlegungsanforderungen von Marktpreisrisiken beschrieben. Die Regelungen zur Berechnung der Kapitalunterlegung für Markt-/Kursrisiken sind in Tab. 2.3 zusammengefasst dargestellt. Zu beachten ist, dass das allgemeine Kursrisiko insbesondere von der Entwicklung von Marktfaktoren abhängt, während das besondere Kursrisiko von individuellen Entwicklungen bei den Emittenten/Schuldnern beeinflusst wird. Das Marktrisiko im Handelsbuch wurde bislang über den Value-at-Risk (VaR) abgebildet. Für Institute, welche eigene Marktrisikomodelle verwenden, wird nach den neuen Regelungen eine zusätzliche Berechnung eines Stressed-Value-at-Risk unter einer simulierten, angespannten Marktsituation vorgeschrieben. Zudem gelten bei Verwendung interner Risikomodelle mit der Incremental Risk Charge (IRC) für Nichtverbriefungspositionen zusätzliche Kapitalanforderungen zur Abdeckung des besonderen Kursrisikos dieser Positionen. Die Ermittlung der Incremental Risk Charge wird auf Ausfall- und Migrationsrisiken beschränkt und beinhaltet im Wesentlichen alle Preisrisiken, die nicht auf Veränderungen von Währungen und Rohwaren zurückzuführen sind. Das besondere Kursrisiko für Verbriefungspositionen wird künftig in Anlehnung an die Anlagebuchregeln über den Value-at-Risk und den Stressed-Value-at-Risk be­ rechnet.

2.2  Wesentliche Inhalte von Basel III

25

Tab. 2.3  Übersicht Markt-/Kursrisiken Zinsrisiko

Aktienrisiko

allgemeines Kursrisiko

VaR verpflichtend für alle Positionen

besonderes Kursrisiko

VaR und stressed VaR (optional für Verbriefungen nach Standardmethode; für alle anderen Positionen verpflichtend)

Nichtverbriefungspositionen

und Ausfallrisiko

Verbriefungspositionen

Standard-Methode

davon Correlation Trading Portfolio

IRC für Migrations-

Währungsrisiko

Rohwarenrisiko

Ereignisrisiken

IRC optional

Modifizierte Standard-Methode oder Modellierung des gesamten Preisrisikos

(Comprehensive Risk Measure, CRM)

Eigene Darstellung, in Anlehnung an Stickelmann, K. (2015), S. 244

Die Comprehensive Risk Measure (CRM) als ein Modell zur Erfassung sämtlicher Wert­ änderungsrisiken, darf nur für Positionen aus dem „Correlation Trading Portfolio“19 (CTP) als Teil der Verbriefungspositionen angewendet werden. Dabei werden die gleichen Parametervorgaben wie bei der Incremental Risk Charge verwendet. Dynamische Absicherungsstrategien können bei der Ermittlung der Kapitalunterlegung risikomindernd berücksichtigt werden. Die auf diese Weise ermittelte Kapitalanforderung darf einen Floor von 8,0 % der Kapitalanforderungen der zugehörigen revidierten Standardmethode nicht unterschreiten.

2.2.2.6 Operationelles Risiko Der Basler Ausschuss definiert das operationelle Risiko als „die Gefahr von Verlusten, die in Folge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder von externen Ereignissen eintreten.“20 Das Management operationeller Risiken erfordert klare Regelungen relevanter Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf allen Ebenen sowie obligatorische Berichts- und Eskalationswege im Rahmen der Aufbau- und Ablauforganisation. Die Messung erfolgt mit Hilfe interner Messverfahren. Basis für Ursachen- und Szenarioanalysen der Steuerung sind historische Erfahrungen aus eingetretenen Ereignissen und den damit verbundenen finanziellen Konsequenzen. Die ermittelten operationellen Risiken sind zu mindestens 12,0 % mit Eigenkapital zu unterlegen. 19  Das „Correlation Trading Portfolio“ beinhaltet Referenzinstrumente, welche u. a. die folgenden Bedingungen erfüllen: Bezug auf einen Schuldner, Marktliquidität aber keine Zuordnung zum Mengengeschäft, Besicherung durch Immobilien oder Zweckgesellschaften. 20  Schierenbeck, H. et al. (2014), S. 563.

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Zur Ermittlung der erforderlichen Kapitalunterlegung wird im Rahmenwerk eine Sammlung von Ansätzen (continuum of approaches) eingeführt. Die Ansätze reichen vom Basisindikatoransatz (Basic Indicator Approach, BIA) über den Standardansatz (Standardised Approach, SA) bis hin zu fortgeschrittenen Messansätzen (Advanced Measurement Approach, AMA). Für die Zulassung der jeweiligen Ansätze müssen die Kreditinstitute bestimmte Qualifikationskriterien erfüllen. Diese sind im Regelwerk „International Convergence of Capital Measurement and Capital Standards: A Revised Frame­ work – Comprehensive Version“ (BCBS 128) festgelegt und umfassen qualitative und quantitative Kriterien. Zu den qualitativen Kriterien zählen beispielsweise ein effektives Risikomanagement sowie ein entsprechender Prozess zur Risikobewertung und -berichterstattung für operationelle Risiken, eine unabhängige Risikocontrolling-Einheit und interne Revision. Die quantitativen Kriterien beinhalten u. a. die Bewertung und Validierung sowie Daten und Methoden zur Ermittlung der Kapitalunterlegung. Der Basisindikatoransatz ermittelt die Kapitalunterlegung als das α-fache des durchschnittlichen Bruttoertrages (Summe aus Zins- und Provisionsüberschuss sowie Handelsund Finanzanlageergebnis) der letzten drei Jahre. Beim Standardansatz wird die Kapitalunterlegung nach einem ähnlichen Verfahren wie bei dem Basisindikatoransatz ermittelt, jedoch getrennt nach festgelegten Geschäftsfeldern. Über die Berücksichtigung des jeweiligen Risikoprofils der Geschäftsfelder mittels geschäftsfeldspezifischer Beta-Faktoren wird eine höhere Risikosensitivität erreicht. Über fortgeschrittene Messansätze soll – wie bei den internen Marktrisikomodellen – eine risikoadäquate Kapitalunterlegung erreicht werden. Bei der AMA-Modellierung und Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen sind die jeweilige Geschäftsstruktur, die Risikokategorien sowie interne und externe Verlustdaten, Szenarioanalysen und qualitative Komponenten zu berücksichtigen. In diesem Ansatz ist es möglich, über die Beachtung eines Risikotransfers (z. B. durch Versicherungen bestimmter Risiken) die Kapitalanforderung zu mindern. Die Grundsätze für das Management operationeller Risiken sind im finalen Standard „Principles for the Sound Management of Operational Risk“ (BCBS 195) detailliert beschrieben.

2.2.3 Höchstverschuldung/Leverage Ratio Neben der Erfassung der zuvor beschriebenen verschiedenen Risikokategorien zur Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen auf Basis der risikogewichteten Aktiva ist im Basel-­ III-­ Rahmenwerk auch die Ermittlung einer risikounabhängigen Leverage Ratio als Höchstverschuldungsquote vorgesehen. Zur Ermittlung der Leverage Ratio wird das Eigenkapital ins Verhältnis zur nicht risikogewichteten Aktiva und den außerbilanziellen Geschäften gesetzt. Hierdurch ergibt sich folgende in Gl. 2.1 dargestellte Bildungsvorschrift:

2.2  Wesentliche Inhalte von Basel III

Leverage Ratio =

27

ße Kapitalmessgro > 3, 0 % ße Engagementmessgro

(2.1)

Die Kapitalmessgröße ist dabei gemäß der am 12.01.2014 vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht genehmigten Fassung der Rahmenregelung und Offenlegungsanforderungen für die Höchstverschuldungsquote das im Rahmen der Kapitalanforderungen definierte Kernkapital. Diese wird wiederum aus den folgenden vier Hauptkategorien bilanzieller und außerbilanzieller Positionen ermittelt: • • • •

bilanzwirksame Engagements (On balance sheet exposures), derivative Engagements (Derivative exposure), Wertpapierfinanzierungsgeschäfte (Securities financing transaction exposure) sowie außerbilanzielle Positionen (Off-balance sheet items).

Demzufolge weist eine Bank mit einem hohen Verschuldungsgrad eine niedrige Leverage Ratio auf. Durch die Einführung der Leverage Ratio soll der Verschuldungsgrad eines Kreditinstitutes begrenzt werden. Die spezifische Behandlung der obenstehenden Kategorien wurde im Regelwerk detailliert dargestellt. Neu eingeführt wurde die teilweise Zulässigkeit von Nettings bei Derivaten und Wertpapierfinanzierungsgeschäften. Darüber hinaus besteht seit dem 01.01.2015 eine Pflicht zur vierteljährlichen Offenlegung und Berichterstattung bei großen Banken. Die Offenlegungsfrequenz für andere Institute wurde an deren viertel- oder halbjährliche Finanzberichterstattung angepasst. Details zu Art und Umfang der Offenlegung sind im Regelwerk genau definiert und umfassen folgende Bereiche: • • • •

eine summarische vergleichende Tabelle, ein einheitliches Offenlegungsschema, Abstimmungsanforderungen und sonstige Offenlegung.

Während der Beobachtungsphase von 2013 bis 2017 wurde die Leverage Ratio als Informationskennzahl in Säule 2 geführt. Die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht erarbeiteten einheitlichen Standards für die Berechnungsgrundlagen sowie die Form der Offenlegung sollten eine weltweite Vergleichbarkeit der Leverage Ratio gewährleisten. In diesem Zusammenhang sollte bis zur endgültigen Einführung im Januar 2018 ein Praxistest zur Ermittlung der Auswirkungen bei Anwendung verschiedener Berechnungsmethoden und nationaler Rechnungslegungsstandards durchgeführt werden. Hierzu dienten auch die vorgenommenen Auswirkungsstudien im Rahmen des aufsichtsrechtlichen Überprüfungsprozesses. Bei der abschließenden Regelung wurden die Erkenntnisse aus den während dieser Beobachtungsphase gemeldeten Daten berücksichtigt. Gleichzeitig wurde die Angemessenheit des angedachten einheitlichen, für alle Kreditinstitute verbindlichen, Satzes von 3,0 % auf den gesam-

28

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

ten Kreditzyklus geprüft. Damit werden Aktiva und außerbilanzielle Geschäfte auf das 33-fache des Eigenkapitals begrenzt. Die CRD IV hatte für Anfang 2018 die abschließende Festlegung einer europaweit einheitlichen Höchstverschuldungsquote vorgesehen. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch über eine Übernahme in Säule 1 als verbindliche, risikounabhängige Messgröße oder einen Verbleib in Säule 2 im Rahmen des aufsichtsrechtlichen Überprüfungsprozesses entschieden. Im Dezember 2017 wurde vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht die Implementierung der vorläufigen Zielquote von 3,0 % als verbindliche Mindestkapitalanforderung und Integration in Säule 1 zum 01.01.2018 beschlossen. Frenkel und Rudolf haben in ihrem im Auftrag des Bundesverbands deutscher Banken erstellten Gutachten zu den Auswirkungen einer Leverage Ratio als zusätzliche aufsichtsrechtliche Beschränkung der Geschäftstätigkeiten von Banken verschiedene Anreizeffekte sowie mögliche Reaktionen des Bankensystems dargestellt. Ein wichtiger darin beschriebener und unterlegter Aspekt ist die mögliche Wettbewerbsverzerrung auf Grund der derzeit vorhandenen unterschiedlichen Rechnungslegungsstandards. Diese führen zu teilweise deutlichen Unterschieden hinsichtlich der Höhe des zu unterlegenden Eigenkapitals. Für Frenkel und Rudolf ist noch unklar, wie diese Unterschiede auf Grund der unterschiedlichen ‚Accounting Standards‘ zum Beispiel hinsichtlich der Zulässigkeit des Nettings bei Derivate-Positionen und bei der Behandlung stiller Einlagen und stiller Reserven berücksichtigt werden müssen. Weiter ist zu beachten, dass die Leverage Ratio als zusätzliche Regulierungsgröße des internationalen Bankensystems nur dann relevant ist, sofern sie nicht mit vorhandenem risikoadjustierten Eigenkapital erfüllt werden kann und damit auch bindend ist. Dabei ist von der folgenden Annahme auszugehen: „Banken verhalten sich so, dass sowohl die Leverage Ratio Regel wie auch die klassische Regel zu den risikogewichteten Aktiva erfüllt ist, es ist aber immer nur eine von beiden Regeln bindend.“21 Die Leverage Ratio wird mit einem übermäßigen Aufbau an außerbilanziellen Risikopositionen und Modellrisiken begründet. Sie stellt eine „vertikale Regel“ dar, die eine auf sämtliche Anlagen bezogene Mindest-Eigenkapitalquote verlangt, welche unabhängig vom jeweiligen in den Positionen der Aktiva und Passiva enthaltenen Risiko und eventuellen Absicherungen über Derivatepositionen ist. Das Gutachten beschreibt und diskutiert die folgenden möglichen Reaktionen des Bankensystems auf die Einführung der Leverage Ratio: • Abbau von Absicherungspositionen in Form von Derivaten, wenn die Eigenkapitalausstattung für Abdeckung der RWA ausreichend ist. Hier wird die Leverage Ratio zum Engpassfaktor. • Bilanzverkürzungen durch Verbriefung und Auslagerung von Risikopositionen oder Beschränkung des Kreditangebots. • Eigenkapitalerhöhungen, die wiederum zu einer Verringerung der Eigenkapitalrendite führen können.  Frenkel, M./Rudolf, M. (2010), S. 8.

21

2.2  Wesentliche Inhalte von Basel III

29

Die Leverage Ratio impliziert somit einen Anreiz, mehr Risiken einzugehen, was nicht der Zielsetzung von Basel III eines sichereren Finanzsystems entspricht. Durch den Fokus auf die Leverage Ratio könnte es zu einer Ausrichtung der Geschäftsmodelle auf ertragreichere aber – ceteris paribus – folglich auch auf riskantere Bankgeschäfte kommen. Verbriefungen von Kreditrisikopositionen können zu einer Tendenz zur Risikoverlagerung auf den Kapitalmarkt führen. Die Risiken bleiben jedoch im Finanzsystem, da die Verbriefungen lediglich zu einer Veränderung der Kreditstruktur von bankbasiert auf kapitalmarktbasiert bei gleichbleibendem Gesamtkreditvolumen führen. Im weiteren Verlauf werden in dem Gutachten die folgenden möglichen Anpassungsreaktionen des Bankensystems dargestellt: • Erhöhung der Eigenkapitalausstattung, was kurzfristig nur sehr begrenzt über Umschichtungen bei Vermögenswerten, Bildung von Ersparnissen oder Gewinnthesaurierung möglich ist, • Reduzierung des Kreditvolumens – Deleveraging – zur Erfüllung der Leverage Ratio. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in der Regel nur geringe Teile des Kreditvolumens kurzfristig abbaubar sind und kurzfristige Kredite meist der Bereitstellung einer für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs erforderlichen Liquidität dienen. Um der Gefahr einer zu starken Einschränkung bei Liquiditätsversorgung und Zahlungsverkehr entgegenzuwirken sollten daher Anpassungszeiträume von mindestens ein bis zwei Jahren berücksichtigt werden. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wird die folgende Wirkungskette bei einer Reduzierung des Kreditvolumens beschrieben: Durch eine geringere Kreditaufnahme kommt es zu einer sinkenden Konsum- und Investitionsnachfrage. Dieser Effekt wird durch ein geringeres Kreditangebot, welches zu einem Zinsanstieg verbunden mit weiterem Rückgang der Konsum- und Investitionsnachfrage führt, noch verstärkt. Indirekt kommt es im weiteren Verlauf zu steigenden Finanzierungskosten verbunden mit einer sinkenden Eigenkapitalrendite. Der dadurch indizierte Rückgang der Investitionsnachfrage kann in der Folge zu Wachstumseinbußen und Beschäftigungseffekten in Form eines Anstiegs der Arbeitslosigkeit führen. Um diese negativen Auswirkungen zu vermeiden oder zumindest abzumildern, ist eine schrittweise Anpassung über einen längeren Zeitraum notwendig, damit Kreditinstitute die Möglichkeit zum Aufbau eines entsprechenden Eigenkapitals erhalten. Zu den längerfristigen volkswirtschaftlichen Auswirkungen findet sich in dem Gutachten die folgende Aussage: „Eine Leverage Ratio wirkt in dem Maße prozyklisch, wie in Rezessionen Kreditausfälle zu Abschreibungen, entsprechenden Verlusten und letztlich zur Reduktion des Eigenkapitals führen, so dass Banken, die bereits ihre Leverage Ratio ausgeschöpft hatten, eine Reduktion ihres Kreditvolumens vornehmen müssen.“22  Frenkel, M./Rudolf, M. (2010), S. 84.

22

30

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

In einer Stellungnahme23 zu dem vom Basler Ausschuss erarbeiteten und im Juni 2013 veröffentlichtem Diskussionspapier zur finalen Gestaltung der Leverage Ratio – „Revised Basel III leverage ratio framework and disclosure requirements – consultative document“ (BCBS 251) wurden von der Kreditwirtschaft unter anderem die folgenden Kritikpunkte ausgeführt: • Die mit den risikobasierten Kapitalanforderungen einhergehenden Anreize zur Risikoreduzierung gehen durch den vorgesehenen einheitlichen Satz für alle Positionen ver-loren. • Bei den derzeit angedachten Modellen zur Leverage Ratio wären die Kapitalanforderungen für das vergleichsweise risikoarme großvolumige Geschäft mit niedrigeren Margen eher verschuldungs- als risikobasiert. Dies hätte wiederum zur Folge, dass diese Geschäftsfelder mit geringer Profitabilität eher reduziert würden, während Transaktionen mit höheren Risiken ausgeweitet werden. Dadurch würden die zur Stabilisierung und Sicherung des Finanzsystems aufgestellten risikobasierten Eigenkapitalregelungen ausgehebelt. • Je nach Definition der Leverage Ratio kann diese durch die angewendeten Rechnungslegungsvorschriften sowie durch verschiedene bilanzpolitische Maßnahmen beeinflusst werden. Dabei wird das aus den bilanziellen und außerbilanziellen Transaktionen hervorgehende wirtschaftliche Risiko nicht oder nur unzureichend berücksichtigt. • Je nachdem, wie die endgültigen Regelungen bezüglich der Einbeziehung verschiedener außerbilanzieller Positionen ausgestaltet werden, kommt es in der Folge zu einer Erhöhung der Gesamtposition und damit zu einem zusätzlichen Kapitalbedarf. Dabei sollen die außerbilanziellen Risiken möglichst komplett erfasst und im Rahmen der Verschuldungsobergrenze berücksichtigt werden. • Es wird deutlich, dass die Leverage Ratio in keinem Fall als Ersatz für die auf der RWA basierenden Eigenkapitalregeln angesehen werden darf. Auf Basis dieses Diskussionspapieres einigte sich der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht am 12.01.2014 auf die unter dem Titel „Basel III leverage ratio framework and disclosure requirements“ (BCBS  270) veröffentlichte Fassung der Rahmenregelung und Offenlegungsanforderungen für die Höchstverschuldungsquote. Durch die darin beschlossenen Erleichterungen bei der Behandlung von Derivaten und Wertpapierfinanzierungsgeschäften durch die teilweise bestehende Möglichkeit eines Netting kommt es de facto zu einer Verringerung der Engagementmessgröße und damit zu einer Erhöhung der Leverage Ratio. In der Folge ergibt sich insbesondere für große Institute wie die Deutsche Bank mit einem hohen Bestand an Derivatepositionen ein klarer Vorteil hinsichtlich des vorzuhaltenden Kernkapitals.

 Tischer, M. (2013).

23

2.2  Wesentliche Inhalte von Basel III

31

2.2.4 Liquiditätsanforderungen Die Liquiditätsanforderungen beinhalten Regelungen zur Mindestliquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio, LCR), zur strukturellen Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio, NSFR) sowie zur Steuerung und Überwachung des Liquiditätsrisikos. Diese hat der Basler Ausschuss in seinen Veröffentlichungen „Basel III – Internationale Rahmenvereinbarung über Messung, Standards, und Überwachung in Bezug auf das Liquiditätsrisiko“ (BCBS  188) vom Dezember 2010 und „Basel III: Mindestliquiditätsquote und Instrumente zur Überwachung des Liquiditätsrisikos“ (BCBS 238) vom Januar 2013 detailliert geregelt.

2.2.4.1 Liquidity Coverage Ratio/Mindestliquiditätsquote Die Liquidity Coverage Ratio ist eine kurzfristige Liquiditätskennziffer und steht für eine einheitlich festgelegte Mindestliquiditätsquote bei einem 30-tägigen Liquiditätsstressszenario. Die Berechnung erfolgt nach der folgenden Gl. 2.2: LCR =

Erstklassige liquide Aktiva > 100, 0 % Gesamter Nettoabfluss von Barmitteln  in den nachsten 30 Kalendertagen

(2.2)

Die Positionen erstklassiger liquider Aktiva – auch High Quality Liquid Assets (HQLA) genannt – werden in zwei Stufen eingeteilt. Zu berücksichtigen ist, dass mit dem neuen Rahmenwerk die Mindestanforderungen an die Positionen der erstklassigen liquiden Aktiva entschärft wurden. Die ohne Begrenzung ansetzbare HQLA der Stufe 1 beinhaltet Barmittel, Zentralbankguthaben sowie von Staaten oder Zentralbanken garantierte marktgängige Wertpapiere. Die Stufe 2 darf maximal 40,0 % des HQLA Bestandes umfassen und wird wiederum in Stufe 2A und 2B unterteilt. Stufe 2A entspricht den bisherigen Level 2 Vermögenswerten und enthält Staatspapiere, gedeckte Schuldverschreibungen sowie Unternehmensschuldtitel. Unter Stufe 2B werden qualifizierte Unternehmensanleihen mit Rating bis BBB- (Ansatz mit maximal 50,0  %), mit Wohnimmobilien unterlegte Wertpapiere (Residential Mortgage Backed Securities) mit Rating bis AA (Ansatz mit maximal 75,0 %), und zentralbankfähigen Stammaktien (Ansatz mit maximal 50,0 %) subsumiert. Sie dürfen einen Anteil von 15,0 % des HQLA Bestandes nicht überschreiten. Bei den Vermögenswerten der Stufe 2B besteht ein nationales Wahlrecht bezüglich der teilweisen Anerkennung dieser Positionen im Rahmen der Ermittlung der hochliquiden Aktiva. Des Weiteren können nach Ermessen der nationalen Aufsicht auch Teile der Mindestreserve im Rahmen der neu definierten Zentralbankguthaben als hochliquide Aktiva anerkannt sowie der Abflussfaktor für die der Einlagensicherung unterliegenden ­Retail-­Einlagen von 5,0 % auf 3,0 % gesenkt werden. Neue Regelungen gibt es zudem bei den zu berücksichtigenden Abflussraten und Ziehungsquoten für bestimmte Positionen sowie den Berechnungsmethoden und Meldepositionen im Bereich der Derivate.

32

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Abb. 2.9  LCR Einführung im Zeitablauf

Im Rahmenwerk „Basel III: Mindestliquiditätsquote und Instrumente zur Überwachung des Liquiditätsrisikos“ vom Januar 2013 wurde eine stufenweise Einführung der Liquidity Coverage Ratio zwischen 2015 und 2019 vorgesehen. Ausgehend von einer Quote von 60,0 % soll diese jährlich um zehn Basispunkte angehoben werden, um 2019 eine Quote von 100  % zu erreichen. Dies wird in der folgenden Abb.  2.9 gezeigt. Die Meldungen an die nationale Aufsicht sind mindestens monatlich zu erstellen. In Stresssituationen kann die Aufsicht hingegen wöchentliche oder sogar tägliche Meldungen verlangen. Neu ist die Regelung, dass der Bestand an hochliquiden Aktiva in Zeiten finanzieller Anspannung auch kurzzeitig unter die verlangte Quote von 100  % fallen darf. Dies ist dann von den nationalen Aufsichtsbehörden zu prüfen und zu beurteilen. Die bei der Berechnung der Nettomittelabflüsse für die jeweiligen Positionen einheitlich zu berücksichtigenden Vorgaben sind ebenfalls detailliert geregelt.

2.2.4.2 Net Stable Funding Ratio/strukturelle Liquiditätsquote Die Net Stable Funding Ratio stellt eine langfristige strukturelle Liquiditätsquote für einen Zeitraum von einem Jahr zum Ausgleich von Liquiditätsinkongruenzen dar. Sie gibt an, inwieweit eine Fristenkongruenz und ausgewogene Fristenstruktur zwischen den Positionen der Aktiva und Passiva eingehalten wurde und steht für eine stabile Finanzierungskennziffer. Die Berechnung erfolgt nach der folgenden Gl. 2.3: NSFR =

 Verfugbarer Betrag stabiler Refinanzierung > 100, 0 % Erforderlicher Betrag stabiler Refinanzierung

(2.3)

Als stabile Refinanzierung wird hierbei derjenige Bestand an Eigen- und Fremdmitteln verstanden, der erwartungsgemäß über einen Zeitraum von einem Jahr unter anhaltenden Stressbedingungen weiter zur Verfügung steht. Vor der geplanten verbindlichen Einführung zum 01.01.2018 sollten bis 2016 auf Basis der Erkenntnisse der Beobachtungsphase noch weitere Details konkretisiert und festgelegt werden.

2.2  Wesentliche Inhalte von Basel III

33

Im Jahr 2014 wurden die beiden Liquiditätskennziffern und die durch sie gestellten und teilweise noch zu konkretisierenden Anforderungen auf Grund erwarteter negativer Nebenwirkungen teilweise recht kontrovers diskutiert. Sicher war bereits, dass die Liquiditätsreserve und damit die Liquiditätssteuerung zukünftig an Bedeutung gewinnen werden. Durch die Einführung der bankaufsichtsrechtlichen Mindestliquiditätsvorschriften soll eine jederzeitige Zahlungsbereitschaft der Kreditinstitute gewährleistet werden.

2.2.4.3 Steuerung und Überwachung des Liquiditätsrisikos Die beiden beschriebenen Mindestanforderungen werden durch die folgenden vier weiteren Instrumente/Messverfahren zur Überwachung und Steuerung des Liquiditätsrisikos (Monitoring Tools zur Steuerung und aufsichtsrechtlichen Überwachung des Liquiditätsrisikos) ergänzt: • Vertragliche Laufzeitinkongruenz (Contractual Maturity Mismatch) Diese Regelung stellt durch Gegenüberstellung von vertraglich geregelten Liquiditätszu- und -abflüssen aus allen bilanziellen und außerbilanziellen Geschäften mit Restlaufzeiten in vorgegebenen Laufzeitenbändern auf die Identifikation von Liquiditätslücken und des Ausmaßes der betriebenen Fristentransformation ab. Als Instrumente hierzu sind die Liquiditätsablaufbilanz und Gap-Analysen zu nennen. • Finanzierungskonzentration (Concentration of Funding) Diese Kennzahl soll bestehende Konzentrationen marktbasierter Refinanzierung und die damit verbundenen Liquiditätsrisiken abbilden. Sie zeigt den Anteil der Refinanzierung des jeweiligen wesentlichen Gläubigers, Produkts oder der wesentlichen Währungen. Sie gibt somit einen Hinweis auf die vorhandene Diversifikation, welche einen Beitrag zur Risikoreduzierung leisten kann. • Verfügbare unbelastete Vermögenswerte/verfügbare lastenfreie Aktiva (Available Unencumbered Assets) In diesem Bereich wird das vorhandene Liquiditätspotenzial bestehender unbelasteter liquidierbarer Aktiva geführt, welche zur besicherten Refinanzierung eingesetzt werden kann, weswegen sie als Indikator für das jeweilige Refinanzierungspotenzial zu interpretieren ist. • Marktbezogene Beobachtungsgrößen/Überwachungsinstrumente (Market-­related Monitoring Tools) Diese weiteren Überwachungsinstrumente bestehen in der Beobachtung von Frühwarn­ indikatoren für potenzielle Liquiditätsrisiken durch Auswertung und Betrachtung marktweiter, finanzsektorbezogener und bankspezifischer Informationen. Abb. 2.10 gibt einen kurzen Überblick über die zuvor dargestellten stufenweise einzuführenden wesentlichen Elemente aus den Basel-III-Rahmenwerken. Die Verschiebung

34

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III Stufenweise Einführung der Regelungen von Basel III Eigenkapital

2013

2014

2015

2016

2017

2018

Kapitalerhalt ungspuffer

Antizyklischer Kapitalpuffer

Stufenweiser Aufbau des geforderten Kapitals mit Berücksichtigung von Abzugspositionen schrittweise ab 2014 bis 2018

Leverage Ratio

LCR

Beobachtungsphase

Beobachtungsphase

Beginn der Offenlegung und Meldepflicht der Leverage Ratio

Stufenweise Berücksichtigung der Abzugspositionen schrittweise ab 2014 bis 2018 Stufenweise Einführung zwischen 2016 und 2019

Einführung und endgültige Festlegung nach Abschluss der Stufenweise Beobachtungsphase Einführung ab Anfang 2018 zwischen 2016 mit Entscheidung und 2019 über eine Berücksichtigung in Säule 1 oder den Verbleib in Säule 2

2019

NSFR

Stufenweise Einführung beginnend mit 60 %

70 % Beobachtungsphase 80 %

90 %

Einführung nach Abschluss der Beobachtungsphase

vollständige Einführung

Abb. 2.10  Agenda zur Einführung von Basel III

der Einführung auf den 01.01.2014, welche aufgrund von Verzögerungen durch die nationalen Gesetzgebungsprozesse notwendig wurde, ist hier bereits berücksichtigt. Die Umsetzung wird laufend im Rahmen des Regulatory Consistancy Assessment Programme (RCAP) überwacht.

2.2.5 Risikomanagement und Bankenaufsichtlicher Überprüfungsprozess Die zentralen Grundsätze zum aufsichtlichen Überprüfungsverfahren in Säule 2 wurden bereits im Basel-II-Rahmenwerk „Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen“ (BCBS 128) festgelegt. Neben Kredit- und Marktrisiken sind dort auch operationelle Risiken enthalten. Außerdem wurden in Basel II verschiedene Verfahren zu Ermittlung der risikogewichteten Aktiva auf Basis interner und externer Ratings beschrieben. Basel III erweitert das Risikomanagement und enthält spezielle Regelungen zu Risikokonzentrationen, Stresstests, Reputationsrisiko sowie Veränderungen bei den Eigenmittelanforderungen für Kontrahentenrisiko, Handelsbuch und Verbriefungen.

2.2  Wesentliche Inhalte von Basel III

35

Sie bestehen unter Basel III unverändert weiter. Wesentliche Elemente sind in den folgenden vier zentralen Grundsätzen verankert: • Grundsatz 1: „Banken sollten über ein Verfahren zur Beurteilung der Angemessenheit ihrer gesamten Eigenkapitalausstattung im Verhältnis zu ihrem Risikoprofil sowie eine Strategie für den Erhalt ihres Eigenkapitalniveaus verfügen.“24 Dabei ist die Geschäftsleitung für die Überwachung der eingegangenen Risiken entsprechend der festgelegten Risikotoleranz und die Sicherstellung einer im Verhältnis dazu angemessen Eigenkapitalausstattung im Rahmen des Risikomanagements verantwortlich. Zudem muss die Kapitalbedarfsplanung in Einklang mit den strategischen Zielen stehen. Zur Überwachung sind eine fundierte Beurteilung der Eigenkapitalausstattung, eine umfassende Bewertung aller Risiken sowie eine interne Kontrollstruktur und ein entsprechendes Berichtswesen erforderlich. • Grundsatz 2: „Die Aufsichtsinstanzen sollten die bankinternen Beurteilungen und Strategien zur angemessenen Eigenkapitalausstattung überprüfen und bewerten, ebenso die Fähigkeit der Banken, ihre aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen zu überwachen und deren Einhaltung sicherzustellen. Die Aufsichtsinstanzen sollten angemessene aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergreifen, wenn sie mit dem Ergebnis dieses Verfahrens nicht zufrieden sind.“25 Aufgabe der Bankenaufsicht ist es demnach, die Angemessenheit der von den Kreditinstituten vorgenommenen Risikoeinschätzung und die Einhaltung der Mindestanforderungen zu prüfen sowie die Eigenkapitalausstattung und die Kontrollsysteme der Kreditinstitute zu beurteilen. • Grundsatz 3: „Die Bankenaufsicht sollte von den Banken erwarten, dass sie über eine höhere Eigenkapitalausstattung als die regulatorischen Mindestquoten verfügen, und sie sollte die Möglichkeit haben, von den Kreditinstituten eine Eigenkapitalausstattung zu verlangen, die über dem Minimum liegt.“26 Vorstehende Ausführungen stellen insbesondere auf das Erfordernis von Puffern oberhalb des Mindeststandards bei gewissen Marktlagen ab.

 BCBS 128 (2006), S. 232.  BCBS 128 (2006), S. 236. 26  BCBS 128 (2006), S. 239. 24 25

36

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

• Grundsatz 4: „Die Bankenaufsicht sollte frühzeitig eingreifen, um zu verhindern, dass das Eigenkapital unter die Mindestausstattung fällt, die aufgrund des Risikoprofils einer bestimmten Bank notwendig ist. Sie sollten schnelle Abhilfe fordern, wenn das Eigenkapital nicht erhalten oder nicht wieder ersetzt wird.“27 Neben diesen Grundsätzen wurden noch einige weitere Detailregelungen für besondere Sachverhalte festgelegt, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen wird.

2.2.6 Marktdisziplin, Offenlegung und Transparenz Die Grundlage für die in Säule 3 verankerten Vorschriften zu Marktdisziplin sowie Offenlegung und Transparenz bilden die in Basel II verankerten Regelungen. Sie sollen der Ergänzung der beiden anderen Säulen dienen und beinhalten insbesondere Offenlegungspflichten sowie Leitlinien zur Offenlegungspraxis. Dabei wurden auch die Offenlegungspflichten aus den Rechnungslegungsanforderungen mit berücksichtigt. Grundsätzlich ist ein halbjährliches, für systemrelevante, international tätige Kreditinstitute sogar vierteljährliches Offenlegungsintervall vorgesehen. Das Basel-II-Rahmenwerk enthält zudem detaillierte Regelungen zu den qualitativen und quantitativen Offenlegungsanforderungen für verschiedene Anwendungsbereiche. Dazu gehören die Eigenkapitalstruktur, die Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung sowie die Betrachtung verschiedener Risikobereiche. Ziel der erweiterten Offenlegungsanforderungen ist eine höhere Transparenz bezüglich der Ermittlung des regulatorischen Eigenkapitals, die dazu beitragen soll, das Vertrauen in die Kapitalmärkte wiederzuerlangen und damit eine Stabilisierung der Finanzmärkte zu fördern. Dabei wird zukünftig die Offenlegung folgender Elemente verlangt: • • • • •

vollständige Überleitungsrechnung aller regulatorischen Kapitalelemente, separate Offenlegung aller Abzugspositionen, Beschreibung aller Beschränkungen und Mindestanforderungen, Darstellung der wesentlichen Elemente emittierter Kapitalinstrumente sowie Grundlagen der Berechnung der auf Komponenten des Kapitals abstellenden Quoten.

2.3

Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

Nach den teilweise auch als Basel  3.5 bezeichneten Erweiterungen des ursprünglichen Basel-III-Rahmenwerks von 2010 zwischen 2012 und 2014 hat der Basler Ausschuss die bisherigen Regelungen mit Verfahren und Methoden zur Bestimmung der r­ isikoabhängigen  BCBS 128 (2006), S. 240.

27

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

37

Abb. 2.11  Übersicht Änderungsbereiche zu Kapitalanforderungen unter Basel IV

Mindestkapitalanforderungen für alle Risikokategorien nochmals überarbeitet. Die wesentlichen (geplanten) Veränderungen werden im weiteren Verlauf dieses Kapitels genauer dargestellt. Der Schwerpunkt des Regelwerks Basel III lag mit der Definition der Eigenkapitalin­ strumente, Kapitalquoten, Kapitalpuffern und Absetzpositionen auf den Eigenmitteln. Demgegenüber liegt der Schwerpunkt der neuen Regelungen von Basel IV auf den Eigenmittelanforderungen und den jeweiligen Berechnungsmethoden der RWA (risikogewichteten Aktiva) für sämtliche Risikoarten. Abb. 2.11 gibt einen Überblick über die wesentlichen Änderungsbereiche zu den Kapitalanforderungen unter Basel IV und die jeweiligen Dokumentationsstände, welche in der Folge noch genauer dargestellt werden.

2.3.1 Mindestkapitalanforderungen 2.3.1.1 Qualität des Kapitals/Eigenkapitalinstrumente Die Regelungen zur Qualität des Eigenkapitals und den zur Erfüllung der Kapitalanforderungen zugelassenen Eigenkapitalinstrumenten bleiben gegenüber Basel III unverändert.

38

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

2.3.1.2 Quantität des Kapitals/Kapitalquoten Die Regelungen zu den Kapitalquoten bleiben ohne Änderungen bestehen. Die (geplanten) Neuregelungen führen jedoch zu Anpassungen bei den risikogewichteten Aktiva als Bezugsgröße und Berechnungsbasis für die jeweiligen Kapitalanforderungen. Sie beeinflussen damit auch die Höhe des zukünftig vorzuhaltenden Eigenkapitals. Bei der Analyse der Veränderungen der Kapitalanforderungen sind daher alle im Rahmen der neuen Regelungen zur Ermittlung der risikogewichteten Aktiva beschriebenen Risikobereiche und deren Auswirkungen zu berücksichtigen. 2.3.1.3 Kapitalpuffer Die bereits mit Basel III eingeführten Kapitalpuffer (Kapitalerhaltungspuffer, antizyklischer Puffer und Systemrisikopuffer) bleiben unverändert. Seit Ende 2014 gab es mehrere Konsultationspapiere des Financial Stability Board, die sich mit der Einführung einer neuen Kapitalkennzahl, der Total Loss-Absorbing Capacity (Verlustabsorptionsfähigkeit, TLAC) für G-SIBs (systemrelevante Kreditinstitute) beschäftigen. Im November 2015 wurde schließlich das finale Papier „Principles on Loss­Absorbing and Recapitalisation Capacity of G-SIBs in Resolution“28 mit konkreten Anforderungen an die Verlustabsorptionsfähigkeit global systemrelevanter Institute veröffentlicht. Sie basieren auf einer Reihe von Grundsätzen und wurden vom Financial Stability Board und dem Basler Ausschuss gemeinsam entwickelt. Ziel ist es, das „Too-­ Big-­to-Fail“ Problem zu lösen und eine ausreichende Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungsfähigkeit sicherzustellen sowie den Einfluss auf die finanzielle Stabilität zu minimieren. Die technische Einführung soll bis Ende 2019 erfolgen. Durch diese zusätzlichen Kapitalanforderungen für systemrelevante Kreditinstitute soll eine geordnete Abwicklung dieser Institute ohne Gefährdung der Finanzmarktstabilität oder Belastung des Steuerzahlers sichergestellt werden. Ein zentrales Instrument des neuen Abwicklungsrahmenwerks ist die Gläubigerbeteiligung. Dieses als „Bail-in“ bezeichnete Instrument stellt darauf ab, dass außerhalb von Insolvenzverfahren gleichermaßen Eigentümer, nachrangige Gläubigern sowie neuerdings Fremdkapitalgeber, deren Ansprüche nicht nachrangig sind, für den teilweisen Ausgleich von Verlusten eines Kreditinstituts herangezogen werden. Die Realisierung eines Bail-in erfolgt auf der Grundlage einer sogenannten Haftungskaskade, welche im Vorfeld eindeutig und verbindlich zu definieren ist. Ausnahmen bilden im Rahmen der Einlagensicherung gedeckte Einlagen bis 100.000 EUR und kurzfristige Verbindlichkeiten. Zur Sicherstellung eines ausreichenden Bestandes an Bail-in-fähigem Kapital wurden Mindestanforderungen an vorzuhaltende Bail-in-fähige Verbindlichkeiten definiert sowie ab 2019 geltende neue Mindestanforderungen an die Gesamtverlustabsorptionsfähigkeit von G-SIBs (Total Loss Absorbing Capacity, TLAC) festgelegt. Auf europäischer Ebene wurde im Rahmen der Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie (Bank Recovery and Resolution Directive, BRRD) bereits eine Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (Minimum Requirement for  Financial Stability Board (2015).

28

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

39

Own Funds and Eligible Liabilities, MREL) eingeführt.29 Diese ist institutsindividuell unter Berücksichtigung bestimmter Vorgaben festzulegen. Im Monatsbericht vom Juli 2016 beschreibt die Deutsche Bundesbank in dem Beitrag „Abwicklung und Restrukturierung von Banken  – Die neuen Mindestanforderungen TLAC und MREL“ den vorgesehenen Bail-in Mechanismus sowie die Haftungsreihenfolge und die Wirkung auf die Bankbilanz. Die folgenden Grafiken (Abb. 2.12 sowie 2.13) wurden aus diesem Artikel entnommen und zeigen die Funktionsweise des Abwicklungsmechanismus nach den neuen Regelungen sowie die Haftungsreihenfolge im Rahmen des Bail-in. Die erste Grafik zeigt den Umgang mit in Schieflage geratenen Banken vor, während und nach der Finanzkrise im Vergleich. Dabei ist das Bail-in ein zentrales Instrument des neuen Abwicklungsmechanismus. Demnach sollen neben den Eigentümern auch die Investoren für Verluste haften. Die Gläubiger-Hierarchie hinsichtlich der Haftung beim Bail-in wird in der zweiten folgenden Grafik dargestellt. Daraus ergeben sich die folgenden Implikationen für eine Bankbilanz (Abb. 2.14) Die TLAC-Anforderung für G-SIBs soll 16,0 % bis 18,0 % der risikogewichteten Aktiva betragen und ist zusätzlich zu den bereits eingeführten Kapitalpuffern vorzuhalten. Die Betrachtung der TLAC-Anforderungen erfolgt auf Ebene von definierten AbwickUmgan g mit in Schieflache ger ate nen Ban ken vor und wäh rend der Finan zkr ise Klassisches Insolvenzver fah ren

Bail-out

- beendet ökonomische Funktionen der Bank (z.B. Einlagen-/Kreditgeschäft) - Ansteckungsrisiken

- Moral Hazard - Marktverzerrung - Sozialisierung von Verlusten

>> Potenzielle Gefäh r dung der Finan zstab ilität u nd der Realwir tschaft

>> Fehlan reize

Lösungsan satz nach der Finan zkr ise: Neues San ier ung- und Abwicklungsregime mit Bai l-in Bail-in - Gleichlauf von Haftung und Kontrolle durch Beteiligung der Eigentümer und Gläubiger an Verlusten und Rekapitalisierung - Minimierung der Kosten für den Steuerzahler Sicherstellung ausreichend bail-in-fähiger Verlustabsorptionsmasse Globale Ebene / G-SIBs: TLAC

EU / alle europäischen Banken: MREL

Abb. 2.12  Umgang mit in Schieflage geratenen Banken (Deutsche Bundesbank 2016, S. 68.)  Vgl. Amtsblatt der Europäischen Union (2019c).

29

40

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Abschreibung oder , bei positivem Nettowert, Verwässerung durch Wandlung von Fremdkapital

hartes Kernkapital (CET 1)

Abschreibung oder Wandlung

zusätzliches Kernkapital (AT 1)

Ergänzungskapital (Tier 2)

Abschreibung oder Wandlung

nachrangige Verbindlichkeiten

sonstige berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten nicht gedeckte Einlagen von natürlichen Personen oder KMU

= wenn nicht ausreichend

Abschreibung oder Wandlung

Abschreibung oder Wandlung

Abschreibung oder Wandlung

Beitrag Einlagensicherung

Barleistung der Einlagensicherung

Abb. 2.13  Haftungsreihenfolge im Bail-in (Ebenda, S. 72.)

Abb. 2.14  Bankbilanz im Abwicklungs- und Sanierungsfall (Ebenda, S. 69.)

lungseinheiten. Vorgesehen ist die Einführung eines Verlustpuffers von mindestens 16,0 % der RWA ab 2019, der in einer zweiten Stufe bis 2022 auf mindestens 18,0 % der RWA angehoben werden soll. Die Ermittlung der TLAC-Quote erfolgt nach der folgenden Gl. 2.4:

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

TLAC − Quote =

41

 CET1 + TLAC − fahige Verbindlichkeiten + G − SIBInvestments (2.4) RWA

Dabei umfasst TLAC grundsätzlich sämtliches „going concern“-Kapital (zur Deckung von Verlusten im laufenden Geschäftsbetrieb) und „gone concern“-Kapital (zur Verlusttragung und Rekapitalisierung im Abwicklungsfall) eines Institutes, mit Ausnahme des zur Erfüllung der Kapitalpufferanforderungen benötigten Eigenkapital. Zusätzlich müssen G-SIBs ab den 01.01.2019 eine TLAC-Leverage (TLAC-LRE) in Höhe von mindestens 6,0 % und ab dem 01.01.2022 von mindestens 6,75 % vorhalten. Nationale Aufsichtsbehörden können auch eine über diesem Mindeststandard liegende Anforderung festsetzen. Die Ermittlung der TLAC-LRE erfolgt nach der folgenden Gl. 2.5: TLAC − LRE =

 CET1 + TLAC − fahige Verbindlichkeiten + G − SIBInvestments (2.5) Leverage Ratio Denominator

Die geplante Total Loss-Absorbing Capacity besteht aus den Minimum-Basel-III-Mitteln sowie der Gone-Concern Loss-Absorbing Capacity (GLAC), die aus Bail-in-fähigem Fremdkapital oder dem die Mindestquote von 8,0 % überschreitendem Eigenkapital gebildet werden kann. Mindestens ein Drittel der TLAC Anforderung soll über nicht zum regulatorischen Eigenkapital zählendes anrechenbares Fremdkapital abgedeckt werden. Die zur Deckung der Kapitalanforderungen für die TLAC angesetzten Fremdkapitalpositionen müssen die folgenden Eigenschaften erfüllen: • • • •

Restlaufzeit von mehr als einem Jahr, unbesichert und nicht gedeckt (eingezahlt), unterliegen vertraglich einem Bail-in im Abwicklungsfall sowie im Insolvenzfall nachrangig zu allen anderen, nicht TLAC-fähigen Verbindlichkeiten.

Zudem ist zu beachten, dass die Teile des harten Kernkapitals, die zur Erfüllung der TLAC-Anforderungen verwendet werden, nicht mehr zur Abdeckung der anderen regulatorischen Kapitalpuffer zur Verfügung stehen. Beide Steuerungskennziffern (TLAC-Quote und TLAC-LRE) gelten für systemrelevante Kreditinstitute und haben die Funktion eines Bail-in-Instruments. Die Regelungen beinhalten Vorgaben bezüglich eines Mindestmaßes an im Abwicklungsfall durch eine Umwandlung für eine Verlustdeckung oder Rekapitalisierung zur Verfügung stehenden Verbindlichkeiten. Auf diese Kapitalpuffer würde demnach zurückgegriffen werden, wenn im Abwicklungsfall das Eigenkapital mit sonstigen Kernkapitalbestandteilen und Ergänzungskapital nicht zur Verlustdeckung beziehungsweise Rekapitalisierung ausreicht. Die folgende Abb. 2.15 veranschaulicht die mögliche Zusammensetzung des TLAC-­ Kapitals hinsichtlich der TLAC-Kapitalanforderung und der TLAC-Leverage.

42

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Total Loss Absorbing Capacity - 16% bis 18%

hartes Kernkapital bis zu 5%

berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, hartes Kernkapital, Ergänzungskapital oder Nachrangkapital

TLAC für Leverage Ratio

Kapitalerhaltungspuffer und G-SIB Puffer

Total Loss Absorbing Capacity (Verschuldungsquote)

TLAC für Risikogewichtete Aktiva

berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, hartes Kernkapital, Ergänzungskapital oder Nachrangkapital

Leverage Ratio

hartes Kernkapital oder Ergänzungskapital

Gone Concern Loss Absorbing Capacity

8% bis 10%

Ergänzungskapital 2% zusätzliches Kernkapital 1,5%

Eigenkapital nach Basel III

hartes Kernkapital 4,5%

Abb. 2.15  Ermittlung TLAC für RWA und Leverage Ratio (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Wallenborn, I./Brisbois, E. 2014)

Seit 2019 gelten zudem erweiterte Offenlegungspflichten für G-SIBs bezüglich der gehaltenen TLAC-fähigen Instrumente. Diese beinhalten regelmäßige Informationen zu Volumina, Laufzeiten und Zusammensetzung des TLAC, Internal TLAC sowie weiteren berücksichtigungsfähigen nachrangigen Instrumenten. Die im November 2015 veröffentlichte Auswirkungsstudie zur TLAC, „TLAC Quantitative Impact Study Report“ (BCBS 341), basiert auf Daten von Ende 2014. Sie zeigt anhand der Untersuchung von vier Szenarien mit unterschiedlichen Kalibrierungen von RWA und Leverage Ratio, dass viele der teilnehmenden Banken noch deutliche Kapitallücken aufweisen,30 die bis zur endgültigen Einführung der TLAC per 2019 noch geschlossen werden mussten. Das im November 2015 mit einer Kommentierungsfrist bis 12.02.2016 veröffentlichte Konsultationspapier „Consultative Document: TLAC Holdings“ (BCBS 342) basiert auf den Ergebnissen dieser Voruntersuchung. Gleichzeitig wurde auf EU-Ebene von der European Banking Authority (EBA) ein Konsultationsentwurf für einen neuen technischen Standard zur Ermittlung der Minimum Required Own Funds and Eligible Liabilities (Minimum an regulatorischen Eigenmitteln und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten, MREL) erarbeitet und veröffentlicht.31

30  Die aggregierten Kapitallücken der 30 untersuchten systemrelevanten Institute liegen je nach Szenario und Kalibrierung zwischen 42 Milliarden und 1388 Milliarden EUR, vgl. BCBS 341 (2015), S. 2. 31  Vgl. PwC (2014) und Maurer, R. et al. (2016), S. 3, 5–9.

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

43

Tab. 2.4  Übersicht zu MREL und TLAC Anwendungsbereich Inkrafttreten Bestimmung

Kapitalpuffer Anforderung an Nachrangigkeit Geeignete Instrumente

G-SIBs 01.01.2019 Säule 1 Anforderung 01.01.2019: 16,0 % der RWA/6,0 % der Basel III LR 01.01.2022: 18,0 % der RWA/6,75 % der Basel III LR Ausgeschlossen Ja über Strukturelle Nachrangigkeit, Gesetzliche Nachrangigkeit, Vertragliche Nachrangigkeit Gesamtkapital = Tier 1 Kapital + Tier 2 Kapital TLAC-fähige Verbindlichkeiten: • Verbindlichkeiten, die ohne No-creditor-worse-off (NCWO) Ansprüche abgeschrieben oder in Eigenkapital gewandelt werden können. •  eingezahlte, unbesicherte Verbindlichkeiten •  kein Recht zur Aufrechnung •  Restlaufzeit über ein Jahr •  nicht rückkaufbar durch den Inhaber •  keine versicherten Einlagen •  keine Sicht- und kurzfristigen Einlagen •  keine Derivateverbindlichkeiten • keine zu normalen Senior Unsecured Bonds vorrangige Verbindlichkeiten •  keine Verbindlichkeiten, die vom Bail-in ausgeschlossen sind (vom Gesetz)

Eigene Darstellung, in Anlehnung an Wallenborn, I./Brisbois, E. (2014)

Dieser wird im Rahmen des vorliegenden Buches, welches auf den Dokumenten des Basler Ausschusses basiert, nicht weiter erörtert. Die folgende Tab. 2.4 zeigt die wesentlichen Elemente des TLAC im Überblick.32 Das zuvor dargestellte Anforderungspapier des Financial Stability Board zum TLAC diente als Grundlage für den am 12.10.2016 vom Basler Ausschuss veröffentlichten finalen Standard „TLAC Holdings – Amendments to the Basel III standard on the definition of capital“ (BCBS 387). Durch diesen Standard wurden die zuvor festgelegten Kriterien zur Ermittlung von TLAC Beständen in das Regelwerk Basel III integriert. Die in dem finalen Papier enthaltenen Regelungen beziehen sich vor allem auf die Behandlung von Anlagen von Banken in TLAC sowie gleichberechtigter Instrumente und ergänzt die Kapitaldefinition aus dem Standard Basel III. Die neuen Anforderungen werden sich ab dem 01.01.2019 auf Investments der meisten G-SIBs auswirken, für die Banken mit Sitz in Entwicklungsländern jedoch erst später. Mit dem finalen Standard wird ein Tier 2 – Reduzierungsansatz eingeführt. So müssen international aktive Banken (egal ob G-SIB oder nicht) ihre TLAC Bestände, die sonst  Vgl. NordLB (2017), S. 5.

32

44

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

nicht die Kriterien für regulatorisches Kapital erfüllen, von ihrem eigenen Tier 2 Kapital (Ergänzungskapital) in Abzug bringen. Hierdurch wird eine signifikante Ansteckungsquelle im Bankensystem deutlich reduziert. Ohne den Abzug könnten die TLAC Bestände dazu beitragen, dass Verfehlungen eines G-SIBs zu einer Verminderung der Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazitäten anderer Banken führen. Der Abzug der TLAC Bestände vom Tier 2 Kapital ermöglicht eine einheitliche Behandlung, die von allen Instituten konsistent eingesetzt werden kann. Banken werden hierdurch ausreichend von einer Investition in TLAC abgeschreckt. Bislang galt die Regelung, dass bei einem Bestand von weniger als 10,0 % der Stammaktien des Emittenten die Kapitalbestände nur um den Teil, der den Schwellenwert von 10,0 % des Stammkapitals des investierenden Instituts übersteigt, reduziert werden. Die darunter liegenden Bestände werden stattdessen risikogewichtet. Diese Behandlung wird nun auch auf TLAC Bestände ausgeweitet. Demnach können TLAC Bestände auch in den bisher nur für Bestände an regulatorischem Kapital gültigen Schwellenwert einbezogen werden. Zudem wurde ein weiterer Schwellenwert von 5,0 % des Stammkapitals der investierenden Bank für nicht den regulatorischen Kapitalbeständen zuzurechnenden TLAC Bestände eingeführt. Bei G-SIBs darf dieser Schwellenwert nur für TLAC Bestände im Handelsbuch, die innerhalb von 30 Geschäftstagen verkauft werden, angewendet werden. Die nationalen Aufsichtsbehörden können eine Ausweitung der strikteren Vorgaben auf alle oder einen Teil der von ihnen beaufsichtigten Institute beschließen. Hält die investierende Bank mehr als 10,0 % der Stammaktien eines Emittenten, müssen die TLAC Bestände vollständig vom Tier 2 Kapital in Abzug gebracht werden. Die Bestände eines G-SIBs an eigenem TLAC aus nicht-regulatorischem Kapital müssen von den eigenen TLAC Ressourcen in Abzug gebracht werden. Eigenfinanzierter TLAC erfüllt generell nicht die Qualifikationskriterien für den TLAC. Die Reduzierung in Höhe solcher festgestellten Positionen führt zu einer verbesserten Reflektion der TLAC Positionen des G-SIBs als die Beibehaltung als TLAC Ressource bei gleichzeitigem Abzug vom Tier 2 Kapital. Das wesentliche Qualifikationskriterium für TLAC-fähige Instrumente ist die Nachrangigkeit zu einer Liste ausgeschlossener Verbindlichkeiten. Diese Nachrangigkeit kann eingebettet sein in vertragliche Vereinbarungen sowie in gesetzliche Vorgaben oder strukturelle Nachrangigkeit aufgrund der Emission durch eine Abwicklungseinheit, die keine ausgeschlossenen gleich- oder nachrangige Verbindlichkeiten zu TLAC fähigen Instrumenten hat. Die Minderungen/Abzüge können sich  – je nach Einschätzung des emittierenden G-SIB – im Zeitverlauf verändern. Zudem wird die Berechnung der TLAC Bestände durch eine Zeitverzögerung bei der Offenlegung der TLAC Informationen durch die emittierenden G-SIBs beeinflusst. Um diesen Risiken zu begegnen, wurde bestimmten Ausnahmen hinsichtlich der Nachrangigkeit zugestimmt. G-SIBs, die diese gedeckelte Ausnahmeregelung nutzen, müssen am Berichtstag auch den Anteil der mit ausgeschlossenen Verbindlichkeiten gleichrangigen Refinanzierung, die als TLAC-fähig erkannt wurde, offenlegen.

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

45

Investierende Banken müssen den aktuellsten verfügbaren Wert für die Berechnung der Reduzierung ihrer TLAC Bestände heranziehen. Der Standard erklärt, wie international agierende Banken ihre Bestände an externen TLAC von G-SIBs bei der Berechnung ihrer konsolidierten Kapitalpositionen behandeln sollten. Durch die Regelungen zum TLAC ergeben sich ebenso Änderungen bei der Berechnung der regulatorischen Kapitalpuffer. So steht das zur Deckung der TLAC Anforderungen benötigte und genutzte Kernkapital nicht für die Erreichung der geforderten Kapitalpuffer zur Verfügung. Es wird gefordert, dass die Kapitalpuffer zusätzlich zu den Mindestanforderungen für den TLAC vorgehalten werden.

2.3.1.4 Zusammenfassung zu den Mindestkapitalanforderungen Die folgende Abb. 2.16 veranschaulicht die vorgesehenen Kapitalanforderungen nach den Regelungen von Basel IV.  Sie zeigt, dass die Kapitalanforderungen insbesondere für ­systemrelevante Institute aufgrund der Einführung der Total Loss-Absorbing Capacity und der damit verbundenen zusätzlich vorzuhaltenden Gone-Concern Loss-Absorbing Capacity ab 2019 deutlich ansteigen werden.

2.3.2 Risikoerfassung und Ermittlung der risikogewichteten Aktiva Im folgenden Abschnitt werden vorgesehene Veränderungen bei der Ermittlung der risikogewichteten Aktiva für die verschiedenen Risikobereiche unter Basel IV näher dargestellt.

2.3.2.1 Kreditrisiko Der Kreditrisikostandardansatz nach Basel III wurde wegen unzureichender Risikosensitivität, zu starker Abhängigkeit von externen Ratings, einer nicht mehr adäquaten Kalibrierung der Risikogewichte sowie fehlenden Vergleichbarkeit der Ergebnisse aufgrund von nationalen Wahlrechten immer häufiger kritisiert. Der Basler Ausschuss hat unter Berücksichtigung dieser Kritikpunkte einen Vorschlag für einen neuen Standardansatz für das Kreditrisiko mit dem Ziel einer höheren Risikosensitivität und besseren Vergleichbarkeit der Ergebnisse erarbeitet. Das erste Konsultationspapier, „Consultative Document: Revisions to the Standardised Approach for credit risk“ (BCBS 307) wurde im Dezember 2014 mit einer Konsultationsfrist bis zum 27.03.2015 veröffentlicht. Zu den wesentlichen geplanten Änderungen gehörten der Ersatz externer Ratings durch eine begrenzte Anzahl von Risikotreibern sowie deren individuelle ­Festlegung für jede Forderungsklasse. Hierdurch soll die Abhängigkeit von externen Ratings reduziert werden. Auf Basis der erhaltenen Rückmeldungen veröffentlichte der Basler Ausschuss im Dezember 2015 das zweite Konsultationspapier „Second consultative document: Revisions to the Standardised Approach for credit risk“ (BCBS 347) für einen neuen Standardansatz für das Kreditrisiko mit einer Konsultationsfrist bis 11.03.2016. Dieser Entwurf beinhaltet

46

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Hartes Kernkapital Zusätzliches Kernkapital 24

Ergänzungskapital Kapitalerhaltungspuffer (hartes Kernkapital) Antizyklischer Puffer 8% bis 10%

Systemrisikopuffer (G-SIB) Gone Concern Loss Absorbing Capacity (G-SIB)

8%

20

16 1% bis 3,5%

1% bis 3,5%

0% bis 2,5%

0% bis 2,5%

2,5%

2,5%

1% bis 3,5% 1% bis 3,5%

12 1% bis 3,5% Basel II

0% bis 1,25%

Basel III ≤ 0,625%

0,625%

8 2,5% 4%

0% bis 1,875%

1,25%

1,875%

2%

2%

2%

2%

2%

2%

1,5%

1,5%

1,5%

1,5%

1,5%

1,5%

4,5%

4,5%

4,5%

4,5%

4,5%

4,5%

2015

2016

2017

2018

2019

2020

3,5%

1,5% 4

1% 2% 4%

3,5% 2%

2012

2013

ursprünglich geplanter Starttermin

2014

neuer Starttermin

Abb. 2.16  Kapitalanforderungen unter Basel IV

geplante Kapitalanforderung nach Basel IV

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

47

Tab. 2.5  Kreditrisikominderungen im neuen KSA Einfacher Ansatz

Substitution des Risikogewichts der Gegenpartei durch das Risikogewicht der Sicherheit

Umfassender Ansatz

Exposure angepasst um zulässiges Collateral inklusive Haircuts

Besicherte Transaktionen

Finanzielle Sicherheiten

Bilanzielles Netting

Aufsichtsrechtliche Haircuts werden neu kalibriert bei vorhandenem Netting-Agreement mit Kontrahenten zwischen Krediten (Exposure) und Einlagen (Collateral)

Garantien und Kreditderivate

Bei geeigneten Sicherheiten/ Sicherheitengebern wird deren niedrigeres Risikogewicht im Vergleich zum Kontrahenten für (Teil-)Exposure verwendet

detaillierte Neuregelungen für die einzelnen Forderungsklassen. Vorgesehen sind die Einführung verschiedener Risikotreiber sowie eines nationalen Wahlrechts zur Zulassung externer Ratings für Banken- und Unternehmensforderungen sowie Spezialfinanzierungen. Die Forderungen werden in verschiedene, teilweise neue Forderungsklassen eingeteilt. Neben Veränderungen bei den jeweiligen Risikogewichten gibt es neue Regelungen zu Konversionsfaktoren für außerbilanzielle Geschäfte und den Kreditrisikominderungen, wie nachfolgende Tab. 2.5 zeigt. Bereits in dem Konsultationspapier „Capital floors: the design of a framework based on standardised approaches“ (BCBS 306) wurde die Einführung eines neuen Floors als Untergrenze für die Kapitalanforderungen vorgesehen. In dem vom Basler Ausschuss am 07.12.2017 endgültig beschlossenen und in dem Papier „Basel III: Finalising post-crisis reforms“ (BCBS 424) veröffentlichten finalen Basel III Reform Paket ist unter anderem die Einführung des Floors enthalten. Demnach wird der Kreditrisikostandardansatz zukünftig die Bemessungsgrundlage für den Floor bilden. Die entsprechende Kapitalanforderung muss künftig auch von IRB- Instituten zusätzlich ermittelt und offengelegt werden. Daneben enthält das Papier auch die finalen Regelungen zur Behandlung der Kreditrisiken. Diese beinhalten gegenüber den im Konsultationspapier vorgesehenen Regelungen eine weitere Differenzierung und damit höhere Granularität bei den Forderungsklassen sowie teilweise Änderungen der Risikogewichten. Tab. 2.6 zeigt eine Gegenüberstellung der bisher gültigen und finalen Forderungsklassen mit den jeweiligen Risikogewichten. Wesentliche Neuerungen in den einzelnen Forderungsklassen werden nachfolgend erläutert. • Forderungsklasse „Banks“ (Banken) Zur Ermittlung der Risikogewichte werden zwei neue Ansätze eingeführt:

48

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Tab. 2.6  Aktuelle und überarbeitete Forderungsklassen und Risikogewichtea Aktuelle Risikogewichte

Überarbeitete Risikogewichte

Institute

20 % - 150 %

Banks mit separaten Regelungen für Positionen mit und ohne externem Rating sowie gedeckte Schuldverschreibungen

20 % - 150 %

Multilaterale Entwicklungsbanken

0 % - 150 %

Multilateral Development Banks

0 % - 150 %

Corporates - General Exposure mit separaten Regelungen für Positionen mit und ohne externem Rating sowie KMU *

20 % - 150 %

Unternehmen

20 % - 150 %

Corporates - Specialised Lending mit separaten Regelungen für Project Finance, Object Finance und Commodities Finance *

Beteiligungen

100 % - 250 %

Mengengeschäft

75 %

20 % - 150 %

Subordinated Debt, Equity and Other *

150 % - 400 %

Regulatory Retail mit Unterscheidung in

45 % / 75 %

Other Retail *

100 %

Revolving und non-revolving Retail *

Residential mit

Wohnen

Unterscheidung Whole Loan Approach und Loansplitting Approach

35 %

Durch Immobilien besichert

Secured by Real Estate * Gewerbe

50 %

25 % - 150 %

Commercial mit

Unterscheidung Whole Loan Approach und Loansplitting Approach

ADC (SPV und Residential ADC)

20 % - 150 %

150 % / 100 %

Überfällige Positionen

100 % - 150 %

Past due Loans

100 % - 150 %

Sonstige Positionen

0 % - 100 %

Other Assets

0 % - 100 %

Aktuelle Konversionsfaktoren Außerbilanzielle Verpflichtungen

0 % - 100 %

Überarbeitete Konversionsfaktoren Off-Balance Sheet

10 % - 100 %

bei Forderungen in Fremdwährung ist zusätzlicher Add On für Währungsmismatch vorgesehen in Anlehnung an Übersicht in Cluse, M. et al. (2016), S. 6

* a

• External Credit Risk Assessment Approach (ECRA) mit der Möglichkeit der Verwendung vorhandener externer Ratings, für die mit Hilfe einer Tabelle das jeweilige Basis-Risikogewicht ermittelt wird. Neu ist hier die zusätzliche Pflicht zu einer Due-­ Diligence-­Überprüfung des vorhandenen externen Ratings. • Standardised Credit Risk Assessment Approach (SCRA) zur Risikogewichtung von Forderungen an Banken ohne externes Rating, beziehungsweise falls der Einsatz exter-

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

49

Prüfschema Forderungsklasse „Banks“ Externes Rating für Forderung vorhanden? nein

ja Einsatz externer Ratings von nationaler Aufsicht zugelassen? nein

ja

Anwendung SCRA

Anwendung ECRA

Ermittlung Risikogewicht gemäß Zuordnung zu Stufe A, B oder C aus Tabelle mit Unterscheidung zwischen langfristigen und kurzfristigen Forderungen Due Diligence

Ermittlung Risikogewicht gemäß Rating aus Tabelle mit Unterscheidung zwischen langfristigen und kurzfristigen Forderungen Due Diligence

Abb. 2.17  Prüfschema Forderungsklasse „Banks“

ner Ratings nicht explizit zugelassen wurde. Dieser Ansatz sieht die Einteilung des Kreditrisikos nach bestimmten Kriterien in drei Stufen A, B und C33 sowie eine Due-­ Diligence-­Überprüfung vor. Ein weiterer wesentlicher Unterschied neben den neuen Gewichtungsstufen besteht darin, dass bei den aktuellen Ansätzen nicht mehr nach der Restlaufzeit der Forderung, sondern deren Ursprungslaufzeit differenziert wird. Zudem wird eine zusätzliche Unterscheidung zwischen kurzfristigen und langfristigen Forderungen eingeführt. Neu sind auch die separaten Regelungen zu gedeckten Schuldverschreibungen. Die nachfolgende Abb. 2.17 visualisiert das Prüfschema zur Ermittlung der Risikogewichte für die Forderungsklasse „Banks“. Die folgende Tab.  2.7 zeigt die jeweils vorgeschriebenen anzuwendenden Risikogewichte für die Forderungsklasse Banks in den unterschiedlichen Ansätzen: Die nachfolgenden Abb. 2.18 visualisiert das Prüfschema zur Ermittlung der Risikogewichte für die Forderungsklasse „Banks“ – gedeckte Schuldverschreibungen. Die folgende Tab.  2.8 zeigt die jeweils vorgeschriebenen anzuwendenden Risikogewichte für die Forderungsklasse „Banks“ – gedeckte Schuldverschreibungen in den unterschiedlichen Ansätzen: Zusätzlich wird ein neues Grade (A+) für Forderungen ohne Rating mit einem Risikogewicht von 30,0 % eingeführt, bei denen die regulatorischen Mindestkapitalanforderungen sowie die Leverage Ratio jedoch deutlich übertroffen werden. Dafür entfällt das bisherige Sitzlandprinzip bei ungerateten Forderungen gegenüber Banken.  Stufe A: Erfüllung aller regulatorischen Mindestvorgaben, Stufe B: ein oder mehrere Kapitalpuffer nicht eingehalten, Stufe C: mindestens eine regulatorische Mindestanforderung nicht erfüllt. Vgl. BCBS 347 (2015), S. 29. 33

50

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Tab. 2.7  Risikogewichtung der Forderungsklasse „Banks“ Neuer KSA: ECRA - Banken mit Rating

AAA bis AA-

A+ bis A-

BBB+ bis BBB-

BB+ bis B-

unter B-

Basis-Risikogewicht

20 %

30 %

50 %

100 %

150 %

Risikogewicht bei ULZ < 3 Monate

20 %

20 %

20 %

50 %

150 %

Neuer KSA: SCRA - Banken ohne Rating

Stufe A

Stufe B

Stufe C

Basis-Risikogewicht

40 %48

75 %

150 %

20 %

50 %

150 %

Risikogewicht bei ULZ < 3 Monate

Vgl. BCBS 424 (2017) Prüfschema Forderungsklasse „Banks“ - gedeckte Schuldverschreibungen Externes Rating für Forderung vorhanden? nein

ja Einsatz externer Ratings von nationaler Aufsicht zugelassen? nein

ja

Anwendung SCRA

Anwendung ECRA

Ermittlung Risikogewicht gemäß Tabelle abhängig vom Risikogewicht der ausgebenden Bank Due Diligence

Ermittlung Risikogewicht gemäß Rating aus Tabelle Due Diligence

Abb. 2.18  Prüfschema Forderungsklasse „Banks“ – gedeckte Schuldverschreibungen Tab. 2.8  Risikogewichtung der Forderungsklasse „Banks“ – gedeckte Schuldverschreibungen Rating der gedeckten Schuldverschreibung

AAA bis AA-

A+ bis A-

BBB+ bis BBB-

BB+ bis B-

unter B-

Basis-Risikogewicht

10 %

20 %

20 %

50 %

100 %

Risikogewicht der ausgebenden Bank bei ungerateten gedeckten Schuldverschreibungen

20 %

30 %

40 %

50 %

75 %

100 %

150 %

Basis-Risikogewicht

10 %

15 %

20 %

25 %

35 %

50 %

100 %

Vgl. BCBS 424 (2017)

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

51

• Forderungsklasse „Corporates“ (Unternehmen) mit Aufteilung in zwei Kategorien Zur Ermittlung der Risikogewichtung für die Kategorie „General Corporate Exposures“ (klassische Unternehmensfinanzierungen) sollen künftig je nach Zulässigkeit externer Ratings unterschiedliche Verfahren angewendet werden. Sind externe Ratings zugelassen, wird den Corporates mit einem externen Rating das Risikogewicht über eine entsprechende Tabelle zugeordnet. Gegenüber dem Konsultationspapier wurden die Risikogewichte in der finalen Version abgesenkt. Sind keine externen Ratings zugelassen, erhalten Corporates, die als „Investment Grade“ eingestuft werden, ein Risikogewicht von 65,0 % und alle anderen nicht der Forderungsklasse Ausfall zuzuordnenden Exposures ein Risikogewicht von 100  %. Forderungen gegenüber KMU ohne externes Rating erhalten künftig ein Risikogewicht von 85,0 %, unabhängig davon, ob ein externes Rating vorhanden ist oder nicht. Bei Einhaltung bestimmter Kriterien können Forderungen gegenüber KMU auch dem Retail-­Segment mit einem Risikogewicht von 75,0 % zugeordnet werden. Die neue Kategorie „Specialised Lending“ (Spezialfinanzierungen) ist in die drei Subkategorien Project Finance mit Unterscheidung zwischen „pre-operational“- und „operational“-Phase, Object Finance sowie Commodities Finance unterteilt. Die Ermittlung der Risikogewichte bei gerateten Positionen erfolgt über die Tabelle für General Corporate Exposures. Für Positionen ohne Rating kommen in den Subkategorien unterschiedliche Risikogewichte von 80,0 % bis 130 % zur Anwendung. Die Möglichkeit der Zuweisung des Risikogewichts des Staates des Sitzlandes des Unternehmens entfällt künftig. Neu aufgenommen wurde die Anwendung der Risikogewichte der General Corporate Exposures für Positionen aus der Spezialfinanzierung, wenn für diese ein Rating ermittelt werden kann und dessen Verwendung zugelassen ist. Abb. 2.19 zeigt das Prüfschema zur Ermittlung der Risikogewichte für die Forderungsklasse „Corporates“. Die folgenden Tabellen (Tab. 2.9 sowie 2.10) zeigen die jeweils vorgeschriebenen anzuwendenden Risikogewichte für die Forderungsklasse „Corporates“ in den unterschiedlichen Unterklassen: • Forderungsklasse „Subordinated Debt, Equity and other Capital Instruments“ (nachrangige Verbindlichkeiten, Aktien und andere Kapitalinstrumente) Diese neu geregelte Forderungsklasse umfasst Aktien, nachrangige Verbindlichkeiten und andere Kapitalinstrumente. Auch hier ergeben sich gegenüber dem Konsultationspapier, in welchem vorgesehen war, dass Aktien zukünftig ein einheitliches Risikogewicht von 250 % erhalten, nachrangige Verbindlichkeiten und andere Kapitalinstrumente mit einem Risikogewicht von 150 % berücksichtigt werden und Kapitalabzugspositionen unverändert bleiben. So sieht der finale Standard bei den Beteiligungsrisikopositionen eine höhere Granularität und weitere Unterteilung der Regelungsklassen wie folgt vor:

52

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III Prüfschema Forderungsklasse „Corporates“ Forderungsklasse „Corporates“

General Corporate Exposures

Specialised Lending

Project Finance

Einsatz externer Ratings von nationaler Aufsicht zugelassen? nein

preoperational Phase

Anwendung ECRA

nein

ja

Ermittlung Risikogewicht gemäß Rating aus Tabelle Due Diligence

100%

65%

20% bis 150%

Ausnahme: KMU 85%

Commodities Finance

Positionen ohne Rating / Rating nicht zugelassen

ja

Investment Grade?

Object Finance

130%

Ausnahme: KMU 85%

operational Phase

100% / 80%, wenn high quality

100%

100%

geratete Positionen Anwendung ECRA und Ermittlung Risikogewicht gem. Rating aus Tabelle für General Corporate Exposure Due Diligence

Abb. 2.19  Prüfschema Forderungsklasse „Corporates“ Tab. 2.9  Risikogewichtung der Forderungsklasse „General Corporate Exposures“ Neuer KSA: ECRA – Unternehmen mit Rating Basis-Risikogewicht

AAA bis AA20 %

A+ bis A50 %

BBB+ bis BBB75 %

BB+ bis BB100 %

unter BB150 %

Ohne Rating 100 %

Vgl. BCBS 424 (2017) Tab. 2.10  Risikogewichtung der Forderungsklasse „Specialised Lending“a Neuer KSA: ECRA – Spezialfinanzierungen ohne Rating Basis-Risikogewicht a

Objekt Finance 100 %

Commodity Finance 100 %

Project Finance pre-­ operational operational 130 % 100 %b

Vgl. BCBS 424 (2017) Alternativ 80 %, sofern Kriterien für hohe Qualität erfüllt sind

b

–– nachrangige Verbindlichkeiten und andere Kapitalinstrumente sowie TLAC Verbindlichkeiten erhalten ein Risikogewicht von 150 %, –– Aktien aus bestimmten Regierungsprogrammen erhalten ein Risikogewicht von 100 %, –– die neu eingeführte Unterkategorie für nicht gelistete, hochvolatile oder spekulative Positionen erhält ein Risikogewicht von 400 %, –– für alle anderen Beteiligungspositionen bleibt es bei dem bereits im Konsultationspapier vorgesehenen Risikogewichtung von 250 %.

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

53

• Forderungsklasse „Regulatory Retail“ (reguläres Mengengeschäft) und „Other Retail“ (sonstiges Mengengeschäft) Unter den Bereich Retail fallen Forderungen gegenüber natürlichen Personen und KMU’s. Neu ist die Unterscheidung zwischen „Regulatory Retail“ und „Other Retail“. „Regulatory Retail“-Forderungen erhalten ein einheitliches Risikogewicht von 75,0 % und müssen die folgenden Kriterien erfüllen: –– Kreditnehmer ist natürliche Person oder KMU, –– bei der Forderung handelt es sich um einen revolvierenden Kredit, eine Kreditlinie, einen Privatkredit, Leasing oder eine Kreditlinie oder Zusage an Kleinunternehmen, –– gesamter geschuldeter Betrag des Schuldners darf 1  Mio.  EUR nicht übersteigen sowie –– Gesamtkredite eines Schuldners liegen unter 0,2 % des gesamten Portfolios „Regulatory Retail“. Alle Forderungen gegenüber natürlichen Personen, bei denen diese Kriterien nicht erfüllt sind, werden der Kategorie „Other Retail“ zugeordnet und erhalten ein Risikogewicht von 100 %. Forderungen gegenüber KMU, welche die zuvor genannten Kriterien nicht erfüllen, sind nach den Vorgaben für „Corporates“ zu behandeln. Auch in diesem Bereich gibt es durch den finalen Standard Änderungen bei den Unterkategorien. So wird eine zusätzliche Kategorie „Transactors“ eingeführt, die beispielsweise Kreditkartenforderungen beinhaltet. Diese Unterkategorie erhält ein niedrigeres Risikogewicht von 45,0 %. Voraussetzung ist, dass die zugeordneten Forderungen innerhalb der letzten 12 Monate immer fristgerecht bedient wurden. • Forderungsklasse „Secured by Real Estate“ (durch Immobilien gesicherte Forderungen) Bereits im Konsultationspapier war die folgende Unterteilung vorgesehen. Zusätzlich zur Unterteilung in „Residential Real Estate“ (Wohnimmobilien) und „Commercial Real Estate“ (Gewerbeimmobilien) mit Unterscheidung in besicherte und unbesicherte Forderungen wird eine neue Kategorie „Land Acquisition, Development and Construction“ (Grunderwerb, Erschließung und Bebauung, ADC) eingeführt. Die jeweiligen Risikogewichte sind davon abhängig, inwieweit die Rückzahlung der Forderung auf Cashflows aus der Immobilie beruht und wie hoch die Loan-to-Value-Ratio (LTV) als Risikotreiber ist, welche das Verhältnis von Gesamtkreditvolumen je Immobilie zum Wert des Objekts (Beleihungsauslauf) darstellt. Für „Residential Real Estate“-Forderungen gilt bislang eine einheitliche Risikogewichtung von 35,0 %. Die neuen Regelungen sehen Risikogewichte zwischen 20,0 % und 150  % bei verschiedenen, im finalen Standard feiner untergliederten LTV-­Bän­ dern vor. Für „Commercial Real Estate“-Forderungen gilt bislang eine einheitliche Risikogewichtung von 50,0  % während die künftigen Risikogewichte je nach LTV-Zuordnung zwischen 60,0 % und 150 % liegen sollen.

54

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

• Bei beiden Forderungsklassen werden die Risikogewichte bei Anwendung des Whole Loan Approaches auch weiterhin entscheidend davon beeinflusst, inwieweit die Rückzahlung von den Cashflows aus der Immobilie abhängt und wie hoch die Loan-to-Value Ratio ist. • Die finale Fassung des Standards sieht die Umsetzung des Loan-to-Value Ansatzes bei gleichzeitiger Reduzierung der Risikogewichte und der Wahlmöglichkeit zwischen dem „Whole Loan Approach“ und dem „Loan-splitting Approach“ (Realkreditsplitting) vor. • Für die unter „Land Acquisition, Development and Construction“ fallenden Forderungspositionen soll ein Risikogewicht von 150 % gelten. Die Rückzahlung der Forderung hängt dabei vom Cashflow aus einem ungewissen zukünftigen Verkauf ab. • Die finale Fassung des Standards unterscheidet bei dieser Kategorie je nach Einhaltung bestimmter Qualitätsmerkmale zwischen zwei verschiedenen Risikogewichtungen. Abb. 2.20 zeigt das Prüfschema zur Ermittlung der Risikogewichte für die Forderungsklasse „Secured by Real Estate“. Die folgenden Tabellen (Tab. 2.11 sowie 2.12) zeigen die jeweils vorgeschriebenen anzuwendenden Risikogewichte für die Forderungsklasse „Secured by Real Estate“ in den unterschiedlichen Unterklassen: Die Änderungen bei weiteren Forderungsklassen sind meist kleinere Anpassungen und Präzisierungen, welche im zweiten Konsultationspapier dokumentiert sind. Dazu gehören

Prüfschema Forderungsklasse „Secured by Real Estate“ Forderungsklasse „Secured by Real Estate“

Residential Real Estate

Commercial Real Estate

Rückzahlung abhängig von CF aus Immobilie

Rückzahlung unabhängig von CF aus Immobilie

Rückzahlung abhängig von CF aus Immobilie

Rückzahlung unabhängig von CF aus Immobilie

Loan to Value Ratio

Loan to Value Ratio

Loan to Value Ratio

Loan to Value Ratio

Ermittlung Risikogewicht gemäß LTV aus Tabelle

Ermittlung Risikogewicht gemäß LTV aus Tabelle mit Wahlmöglichkeit zwischen Whole loan Approach und Loansplitting Approach

bisher 35 %; neu 20 % bis 150 %

Ermittlung Risikogewicht gemäß LTV aus Tabelle

Ermittlung Risikogewicht gemäß LTV aus Tabelle mit Wahlmöglichkeit zwischen Whole loan Approach und Loansplitting Approach

bisher 50 %; neu 60 % bis 150 %

Abb. 2.20  Prüfschema Forderungsklasse „Secured by Real Estate“

Land Acquisition, Development and Construction

Risikogewicht 100 % bei Erfüllung bestimmter Qualitätsmerkmale, sonst 150 %

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

55

Tab. 2.11  Risikogewichtung der Forderungsklasse „Residential Real Estate“ neuer KSA: Rückzahlung nicht abhängig von Cashflows aus Immobilie

LTV ≤ 50 %

50 % ≤ LTV ≤ 60 %

60 % ≤ LTV ≤ 80 %

80 % ≤ LTV ≤ 90 %

90% ≤ LTV ≤ 100 %

LTV > 100 %

20 %

25 %

30 %

40 %

50 %

70 %

LTV ≤ 50 %

50 % ≤ LTV ≤ 60 %

60 % ≤ LTV ≤ 80%

80 % ≤ LTV ≤ 90 %

90 % ≤ LTV ≤ 100 %

LTV > 100 %

30 %

35 %

45 %

60 %

75 %

105 %

Risikogewicht neuer KSA: Rückzahlung abhängig von Cashflows aus Immobilie Risikogewicht

Vgl. BCBS 424 (2017) Tab. 2.12  Risikogewichtung der Forderungsklasse „Commercial Real Estate“ neuer KSA: Rückzahlung nicht abhängig von Cashflows aus Immobilie

LTV ≤ 60 %

LTV > 60 %

Risikogewicht

Minimum aus 60 % oder Kontrahent

Kontrahent

neuer KSA: Rückzahlung abhängig von Cashflows aus Immobilie

LTV ≤ 60 %

60 % ≤ LTV ≤ 80 %

LTV > 80 %

70 %

90 %

110 %

Risikogewicht

Vgl. BCBS 424 (2017)

die Forderungsklasse „Multilateral Development Banks“, die Forderungsklasse „Past due Loans“ (ausgefallene Positionen)34 und die Forderungsklasse „other Assets“. Weitere Anpassungen gibt es bei den zusätzlichen Risikogewichten für Forderungen mit Währungs-Mismatch sowie den Kreditkonversionsfaktoren (Credit Conversion Factors, CCFs) für außerbilanzielle Positionen (Off-Balance Sheet). Im finalen Standard wurden die Kreditkonversionsfaktoren wie folgt festgelegt: • • • •

Multiplikator von 1,5 für Währungsinkongruenzen, 10,0 % für jederzeit und unbedingt kündbare Kreditzusagen, 40,0 % für nicht unbedingt kündbare Linien unabhängig von der Laufzeit, 50,0 % für Fazilitäten der Liquiditätsbeschaffung über eine revolvierende Platzierung von kurzfristigen Schuldtiteln (Note insurance facilities (NIFs) und Revolving underwriting facilities (RUFs)) und bestimmte transaktionsbedingte contingent items,

34  Unter ausgefallene Positionen zählen Forderungen, die schon mehr als 90 Tage überfällig sind und für die eine Zahlung unwahrscheinlich erscheint. Vgl. BCBS 347 (2015), S. 17.

56

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

• 20,0  % für kurzfristige, selbst-liquidierende Akkreditive, die aus dem Warentransfer entstehen (short term self-liquidating letters of credit arising from the movement of goods), • 100 % für Kreditsubstitute und andere außerbilanzielle Positionen, • Risikogewichte für ausgefallene Positionen (mit einem Zahlungsrückstand von mindestens 90 Tagen oder gegenüber einem ausgefallenen Gläubiger – genau definiert unter Punkt 90 bis 93 der finalen Regelungen von Basel III in BCBS 424) wurden mit 100 % bzw. 150 % an die der CRR angepasst. Die Veränderungen bei Kreditrisikominderungstechniken betreffen im Wesentlichen die Zulässigkeit der Verwendung externer Ratings, Haircut-Tabellen und die Anerkennung von Sicherheiten und Sicherheitengebern. Die Auswirkungen der geplanten Neuregelungen wurden durch eine quantitative Auswirkungsstudie überprüft. Insgesamt ist von einer Erhöhung der Kapitalanforderungen für Kreditrisiken aufgrund der tendenziell steigenden Risikogewichtungsfaktoren auszugehen. Dabei sind wesentliche Unterschiede bei den Risikogewichten für Forderungen mit und ohne Rating zu erkennen. Weitere Veränderungen werden sich insbesondere aufgrund der Einführung der Due Diligence Prüfung für externe Ratings sowie der neuen operationellen Kriterien ergeben. Wegen der im weiteren Verlauf noch näher vorzustellenden verbindlichen Floor-­ Regelungen auf Basis der überarbeiteten Standardsätze müssen Kreditinstitute, die den IRB-Ansatz nutzen, künftig neben diesem parallel auch den Standardansatz für das komplette Portfolio berechnen. Von der hieraus resultierenden verbindlichen Untergrenze für die Kreditrisikounterlegung sind insbesondere die IRB-Banken betroffen. Es ist davon auszugehen, dass es mit der Festlegung einer Untergrenze für Kreditrisikounterlegung zu einer Begrenzung der Kapitalersparnis bei Anwendung des IRB-Ansatzes statt des KSA-Ansatzes kommt. Bisher lagen die Werte bei 35,0 % bei Anwendung des KSA und bei unter 15,0 % bei Nutzung des IRB-Ansatzes. Die Regelungen des finalen Standards sehen den einfachen IRB-Ansatz nur noch für Forderungen an Banken und große und mittlere Unternehmen vor. Sie beinhalten genaue Vorgaben zu den anzuwendenden Input-Parametern für Ausfallwahrscheinlichkeit (PD), dem Verlust bei Ausfall (LGD) und der Forderungshöhe bei Ausfall (EAD) vor, wie aus nachfolgender Tab. 2.13 hervorgeht. Der bislang für alle Forderungsklassen bei Nutzung des IRB-Ansatzes anzuwendende Multiplikator von 1,06 entfällt mit der Neuregelung. Für Forderungen an KMU und das Mengengeschäft sowie Spezialfinanzierungen und Forderungen an Zentralstaaten bleiben beide IRB-Ansätze (fortgeschrittener und einfacher IRBA) zulässig.

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

57

Tab. 2.13  Übersicht zu den Konversionsfaktoren Forderungsklasse Unternehmen

Forderungsklassen im Mengengeschäft Immobilien Qualifizierende revolvierende Retail-­Exposures – Transactors Qualifizierende revolvierende Retail-­Exposures – Revolvers Sonstige Retail

Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) 0,05 %

Loss Given Default unbesichert besichert 25 % Abhängig von der Sicherheit: – Finanzsicherheiten: 0 % –  Receivables: 10 % –  Immobilien: 10 % – sonstige physische Sicherheiten: 15 %

0,05 % 0,05 %

N/A 50 %

5 % N/A

0,10 %

50 %

N/A

0,05 %

30 %

Abhängig von der Sicherheit: – Finanzsicherheiten: 0 % –  Receivables: 10 % –  Immobilien: 10 % – sonstige physische Sicherheiten: 15 %

Bakry, S. et al. (2018), S. 13

Mit den dargestellten neuen Regelungen verfolgt der Basler Ausschuss das Ziel, die Risikosensitivität bei einer überschaubaren Komplexität zu erhöhen und die nationalen Wahlrechte zur Herstellung vergleichbarer Kapitalanforderungen zu reduzieren. Das folgende Schaubild Abb. 2.21 fasst die Veränderungen im Überblick zusammen. Die folgende Tab. 2.14 gibt einen Überblick über die Veränderungen der einzelnen Forderungsklassen nach dem neuen Kreditrisikostandardansatz.

2.3.2.2 Verbriefungen Der Basler Ausschuss hat die Verbriefungsvorschriften überarbeitet und nach zwei Konsultationen in den Jahren 2009 und 2012 am 11.12.2014 das finale, neue Verbriefungsregelwerk „Revisions to the securisation framework“ (BCBS 303) veröffentlicht. Es ist zum 01.01.2018 in Kraft getreten. Aufgrund der Erfahrungen während der Finanzkrise (2008/2009) wurden Schwächen der bisherigen Vorschriften deutlich und im Rahmen ihrer umfassenden Überarbeitung berücksichtigt. Ziel ist es, künftige Fehlentwicklungen durch eine stärkere Unabhängig-

58

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

neue Risikogewichte

neue Regelungen other Assets -

Currency-Mismatch

neue Forderungsklassen und Risikogewichte

other Assets -

Wertpapierpensionsgeschäfte

neue Regelungen bei Netting

neue Konversionsfaktoren und Risikogewichte Off-Balance Sheet

Past due Loans

zusätzliche Due Diligence Prüfung, neue Risikogewichte separate Regelung für gedeckte Schuldverschreibungen mit Rating - ohne Rating Banks

Multilateral Development Banks

Veränderungen nach dem neuen Kreditrisikostandardansatz

Subordinated Debt, Equity and other

Retail Regulatory - Other - KMU zusätzliche Forderungsklasse, neue Risikogewichte und operationelle Kriterien, Unterscheidung Revolving und non-revolving

Secured by Real Estate Residential - Commercial - ADC neue Forderungsklassen, zusätzliche Due Diligence Prüfung, neue Risikogewichte und neuer Risikofaktor LTV, Whole loan Approach und Loan splitting Approach ADC: SPV und Residential ADC

Corporates (Specialised Lending)

Project - Object - Commodities Erweiterung der Forderungsklassen, zusätzliche Due Diligence Prüfung, neue Risikogewichte separate Regelung für KMU

Corporates

(General Corporate Exposure)

zusätzliche Due Diligence Prüfung, neue Risikogewichte

Abb. 2.21  Wesentliche Veränderungen nach dem neuen KSA Tab. 2.14  Veränderungen Kreditrisikoermittlung im Überblick Veränderungen im Überblick Banks • Positionen mit externem Rating: ECRA + Due Diligence Prüfung; Risikogewichte 20 % bis 150 % gem. Tabelle mit 5 Stufen • Positionen ohne Rating: SCRA + Due Diligence Prüfung; Risikogewichte 40 % bis 150 % gem. Tabelle mit 3 Klassen (abhängig davon, ob Gegenpartei regulatorische Mindestanforderungen und Puffer einhält) Multilateral Development • Risikogewicht 0 % bei Einhaltung bestimmter Kriterien, ansonsten Banks Ermittlung auf Basis externer Ratings über Tabelle (20 % bis 150 %) bzw. 50 % ohne Rating Corporates: General • Externe Ratings zugelassen: beurteilte Unternehmensforderungen Exposure erhalten gleiches Risikogewicht wie bisher (20 % bis 150 %), zusätzlich ist eine Due Diligence Prüfung zwingend vorgeschrieben • Externe Ratings zugelassen: unbeurteilte Unternehmensforderungen erhalten Risikogewicht von 100 %; Sonderregelung für KMU 85 % • Externe Ratings nicht zugelassen: alle Unternehmensforderungen erhalten Risikogewicht von 100 %; Ausnahmen: Forderungen mit Investment Grade (Risikogewicht von 65 %) und KMU (Risikogewicht von 85 %) (Fortsetzung)

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

59

Tab. 2.14 (Fortsetzung) Veränderungen im Überblick Corporates: Specialised • Externe Ratings zugelassen und verfügbar: Risikogewicht gem. Lending Tabelle für allgemeine Unternehmensforderungen •  Externe Rating nicht zugelassen oder nicht verfügbar:  – Objekt- und Warenfinanzierung: Risikogewicht von 100 %  – Projektfinanzierung pre-operational: Risikogewicht von 130 %  – Projektfinanzierung operational: Risikogewicht von 100 % bzw. 80 %, wenn High Quality Kriterien erfüllt sind. Subordinated Debt, •  Eigenkapital-Instrumente: Risikogewichtung 250 % Equity and Other • Nachrangige Verbindlichkeiten und andere Kapitalinstrumente: Risikogewichtung 150 % •  Sonstige Vermögenswerte: Standard-Risikogewichtung: 100 %  – Kassenbestände und Goldbarren: Risikogewichtung 0 %  – in Einzug befindliche Kassenpositionen: Risikogewichtung 20 % Regulatory Retail • Risikogewicht von 75 % bei Einhaltung bestimmter Kriterien (Produkt, geringe individuelle Forderungshöhe, Granularität) Other Retail • Risikogewicht von 100 %, wenn nicht alle Kriterien erfüllt sind und es sich nicht um immobilienbesicherte Forderung oder KMU handelt Secured by Residential Allgemein gilt: Real Estate • Bei Erfüllung der operativen Kriterien ist LTV Basis für Risikogewicht zwischen 20 % und 70 % • Bei Nicht-Erfüllung der operativen Kriterien: Risikogewicht der Gegenpartei Bei Income Producing Real Estate (Abhängigkeit der Kreditrückzahlung von Cashflow aus der Immobilie) gilt: • Bei Erfüllung der operativen Kriterien ist LTV Basis für Risikogewicht zwischen 30 % und 105 % •  Bei Nicht-Erfüllung der operativen Kriterien: Risikogewicht 150 % Commercial Allgemein gilt: • Bei Erfüllung der operativen Kriterien ist LTV Basis für Risikogewicht:  – bei LTV bis 60 %: Risikogewicht = Min (60 %; Risikogewicht Gegenpartei)  – bei LTV > 60 % gilt das Risikogewicht der Gegenpartei • Bei Nicht-Erfüllung der operativen Kriterien: Risikogewicht der Gegenpartei Bei Income Producing Real Estate gilt: • Bei Erfüllung der operativen Kriterien ist LTV Basis für Risikogewicht:  – bei LTV bis 60 % gilt Risikogewicht von 70 %  – bei LTV > 80 % gilt ein Risikogewicht von 110 % •  Bei Nicht-Erfüllung der operativen Kriterien: Risikogewicht 150 % ADC • Risikogewicht = 150 %; Risikogewicht = 100 % bei Erfüllung bestimmter Qualitätsmerkmale (Fortsetzung)

60

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Tab. 2.14 (Fortsetzung) Veränderungen im Überblick Past due Loans/ •  Forderung > 90 Tage überfällig ausgefallene Positionen •  Risikogewichtung von 100 %, wenn Wohnimmobilienforderung • Risikogewichtung von 150 %, wenn nicht besichert/garantiert oder andere Immobilie Other Assets • Währungsungleichgewichte: Erweiterung von 50 % bei ungesicherten Unternehmensforderungen, Mengengeschäft und Immobilienforderungen, wenn Kreditwährung nicht gleich der Haupteinkommenswährung des Kreditnehmers • Wertpapierpensionsgeschäfts: Veränderungen bei Regelungen zum Netting Überarbeitete Konversionsfaktoren Off-Balance Sheet/ • Konvertierung in Kreditforderung über Konversionsfaktor auf den außerbilanzielle Positionicht beanspruchten zugesagten Teilbetrag (20 % bis 100 %) nen

keit von externen Ratings, höhere Risikosensitivität und einer Verringerung von „Klippen­ effekten“ zu vermeiden. Dieser Terminus bezeichnet die Folgen einer unvorhergesehenen Herabstufung der Bonität unterhalb eines definierten Schwellenwertes, sofern die Bonitätsverschlechterung eines einzelnen Wertpapiers unverhältnismäßig hohe Implikationen auf das Gesamtportfolio nach sich zieht. Damit verbunden ist die Einführung höherer Risikogewichte für Tranchen mit einem schlechteren Rating und verminderter Risikogewichte für gut geratete Seniortranchen. Das neue Rahmenwerk enthält weniger Ansätze sowie eine veränderte Rangfolge der auf internen und externen Ratings basierenden Ansätze zur Beurteilung und Bewertung der Risiken von Verbriefungspositionen. Dabei vermindert sich die Bedeutung externer Ratings. In dem neuen Rahmenwerk ist die folgende Rangfolge zur Anwendung der vorgesehen drei Ansätze geregelt: 1 . Securisation Internal Ratings-Based Approach (SEC-IRBA), 2. Securisation External Ratings-Based Approach (SEC-ERBA),35 3. Securisation Standardised Approach (SEC-SA). Der Securisation Internal Ratings-Based Approach (SEC-IRBA) darf nur angewendet werden, wenn ein genehmigtes IRB-Modell für die Forderungen im Verbriefungspool vorliegt. Er nutzt den „Simplified Supervisory Formula Approach“ (SSFA)36 zur Bestimmung des Risikogewichts für die jeweilige Verbriefungsposition. Als zusätzliche Inputpa-

35  Dieser Ansatz ist nur anzuwenden, falls vom nationalen Gesetzgeber zugelassen, vgl. BCBS 303 (2014), S. 3–5. 36  Zum Simplified Supervisory Formula Approach, vgl. BCBS 236 (2012), S. 22 f.

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

61

rameter werden die Tranchendicke, die Laufzeit der Verbriefungstranche sowie die für die Forderung geltende Kapitalunterlegung berücksichtigt, wenn diese nicht verbrieft worden wäre. Der Securisation External Ratings-Based Approach (SEC-ERBA) setzt ein externes oder abgeleitetes Rating für die zu gewichtenden Verbriefungspositionen voraus. Daneben werden die Tranchendicke, die Seniorität37 und die Restlaufzeit der Verbriefungsposition als weitere Inputfaktoren bei der Ermittlung der Risikogewichte über Mapping-Tabellen mit einer Restlaufzeit von einem und fünf Jahren für short-term und long-term Ratings berücksichtigt. Die Risikogewichte für Zwischenlaufzeiten müssen durch lineare Interpolation ermittelt werden. Zur Ermittlung der Risikogewichte nach dem Securisation Standardised Approach (SEC-SA) wird wie beim SEC-IRBA der Simplified Supervisory Formula Approach verwendet. Zusätzlich notwendige Inputparameter sind die Kapitalanforderungen der zugrundeliegenden Exposures nach dem Kreditrisikostandardansatz (KSA), der Anteil der Positionen mit einer Leistungsstörung (Leistungsverzug > 90 Tage oder Insolvenz-/ Zwangsvollstreckungsverfahren) sowie die Tranchendicke. Der Securisation Internal Ratings-Based Approach (SEC-IRBA) und der Securisation Standardised Approach (SEC-SA) basieren nicht mehr auf externen Ratings, sondern auf aufsichtlichen Formeln zur Risikoermittlung. Sie bedürfen umfangreicherer Datenanforderungen als bisher und verwenden komplexe Berechnungen, deren Darstellung im Detail den Rahmen des vorliegenden Buches sprengen würde. Die neuen Ansätze führen tendenziell zu höheren Risikogewichtungen. Am 11.07.2016 wurde vom Basler Ausschuss mit dem Dokument „Revisions to the securisation framework“ (BCBS 374) ein überarbeitetes finales Papier zur Behandlung der Verbriefungen veröffentlicht. Die zuvor beschriebenen Ansätze zur Beurteilung und Bewertung der Risiken von Verbriefungen und deren Rangfolge werden darin beibehalten. Die wesentliche Neuerung besteht in der Integration separater Regelungen zur Behandlung von „einfachen, transparenten und vergleichbaren“ Verbriefungen (simple, transparent and comparable (STC) securisations). Für diese sind Erleichterungen bei den Risikogewichten vorgesehen. Entsprechende Tabellen mit den verschiedenen Risikogewichten für Verbriefungen sind im genannten Basler Dokument BCBS 374 enthalten (S. 23 zum ERBA und S. 35 zu STC-Verbriefungen).

37  Der dem Finanzwesen entstammende Begriff der Seniorität bezeichnet die Reihenfolge der Rückzahlung im Falle des Verkaufs, oder der Insolvenz des Emittenten, wobei vorrangige gegenüber nachrangigen Schuldtiteln zurückzuzahlen sind. Jedem Wertpapier, welches ein Unternehmen emittiert, ist ein bestimmter Vorrang oder Rang immanent, wobei es grundsätzlich irrelevant ist, ob es sich hierbei um Schuldtitel, wie zum Beispiel Anleihen, oder um Eigenkapital, beispielsweise in Form von Vorzugsaktien handelt. Fremdkapitaltitel, welche in der Kapitalstruktur eines Unternehmens die gleiche Stellung aufweisen, werden als pari passu bezeichnet (siehe auch Abschn. 4.6.) Im Segement des Eigenkapitals besitzen Vorzugsaktien Vorrang gegenüber Stammaktien. Vgl. Lee, C.F./Lee A. C. (2013), S. 170.

62

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Grundlage für die abschließende Festlegung bildeten die Rückmeldungen zu zwei Konsultationspapieren vom Juli und November 201538 sowie die Ergebnisse von im Rahmen der Konsultationen durchgeführten Auswirkungsstudien.39 Für Verbriefungen, welche die Kriterien der Einfachheit, Transparenz und Vergleichbarkeit erfüllen, gelten niedrigere Risikogewichte, was in der Folge tendenziell zu sinkenden risikogewichteten Aktiva und geringeren Kapitalanforderungen führt. Die im Regelwerk definierten Kriterien sollen den Vertragspartnern dabei helfen, die Risiken und Erträge bestimmter Verbriefungen besser einschätzen und vergleichen zu können. Investoren sollen bei der Due Diligence Prüfung unterstützt werden und umfangreichere und verlässlichere Informationen erhalten. Neben der Erhöhung der Transparenz und Vergleichbarkeit soll hierdurch auch die Risikosensitivität verbessert werden. Die folgende Abb. 2.22 gibt einen Überblick über die Veränderungen bei der Behandlung von Verbriefungen. Der Basler Ausschuss diskutiert in dem am 06.07.2017 veröffentlichten Konsultationspapier „Capital treatment for simple, transparent and comparable short-term securisations“ (BCBS 413) Ansätze zur Einbeziehung der Kriterien für kurzlaufende STCs (wie z. B. asset-backed commercial paper (= gesichertes Geldmarktpapier, ABCP) Strukturen) in das Verbriefungsrahmenwerk. Grundlage hierfür bildet das Konsultationspapier zu den Kriterien für kurzlaufende STCs. Dieses wurde zeitgleich vom Basler Ausschuss zusammen mit der International Organization of Securities Commissions (IOSCO) unter dem Titel „Criteria for identifying simple, transparent and comparable short-term securisations“ (BCBS 414) veröffentlicht. Verbriefungen alte Regelung

neuer Standardansatz

Standardansatz für Verbriefungspositionen (SA) Securisation Internal Ratings-Based Approach (SEC-IRBA) Rating-basierter Ansatz für Verbriefungspositionen (RBA) Securisation External Ratings-Based Approach (SEC-ERBA) Interne Ansätze für nicht geratete Positionen Supervisory Formular Approach (SFA)

Internal Assessment Approach (IAA)

Das Rahmenwerk enthält neben vielen Ausnahmeregelungen vier Tabellen zu Risikogewichten nach dem RBA (jeweils zwei im IRB- und im Standardansatz-Verbriefungsrahmenwerk) sowie zwei interne Ansätze für nicht geratete Positionen (SFA und IAA)

Securisation Standardised Approach (SEC-SA)

Anwendung des Simplified Supervisory Formula Approach bei SEC-IRBA und SEC-SA Regelung der Rangfolge der vorgesehenen neuen Ansätze Erleichterungen für „einfache, transparente und vergleichbare“ Verbriefungen

Abb. 2.22  Veränderungen bei der Behandlung von Verbriefungen

 Vgl. BCBS 332 (2015) und BCBS 343 (2015).  Vgl. BCBS 374 (2016), S. 1.

38 39

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

63

In den beiden genannten Konsultationspapieren werden verschiedene Kriterien geändert, um einige Spezifika von Programmen mit gesicherten Geldmarktpapieren (ABCPs) zu reflektieren. Dabei handelt es sich insbesondere um die folgenden Punkte: • kurze Laufzeiten der ABCP Verbriefungen, • unterschiedliche Formen von Programmen sowie • Existenz verschiedener Formen von Liquiditäts- und Kreditunterstützungsfazilitäten auf verschiedenen Ebenen der Strukturen gesicherter Geldmarktpapiere (ABCPs). Die neuen Kriterien sollen dabei helfen, die mit Risikokapital, Strukturrisiko, Governance und operationellem Risiko verbundenen Unsicherheiten zu vermindern. Dabei wird dem Bedarf an einem höheren Regelungsgrad bei den Vorgaben zu den vorrangigen Kapitalanforderungen Rechnung getragen und ein Fokus auf die Investorenperspektive gelegt. Das Konsultationspapier beschreibt die Erweiterung der folgenden Kriterien: • anfängliche und laufende Daten (laufende monatliche Informationen zu Performance und Schlüsselcharakteristika), • vollständige Absicherung gegen Verluste, • Rückzahlungs-Cash-Flow Sicherung für Investoren sowie • Dokumentationsoffenlegung und gesetzliche Nachprüfung. In dem Konsultationspapier werden verschiedene Ansätze beschrieben. Der erste Ansatz ist der „baseline approach“. Dabei müssen dem alle beschriebenen Kriterien mit Ausnahmen für genau beschriebene Positionen erfüllt werden und Investoren vollständig gegen Verluste abgesichert sind (Full support). Daneben gibt es bei diesem Ansatz noch die Variante eines partial support, bei der eine Absicherung gegen alle Verluste mit Ausnahme von Kreditverlusten aus ausgefallenen Vermögensgegenständen zu dem Zeitpunkt, an dem das Absicherungsgeschäft gezogen wird, erfolgt. Daneben werden noch zwei alternative Ansätze vorgestellt. Beim ersten alternativen Ansatz müssen alle Kriterien ohne Ausnahmen für Positionen von Strukturen gesicherter Geldmarktpapiere (ABCPs) erfüllt werden. Beim zweiten alternativen Ansatz müssen die Kriterien nur auf Geschäftsebene unabhängig von weiteren verbundenen Transaktionen erfüllt werden. In dem zweiten, vom Basler Ausschuss zusammen mit der International Organization of Securities Commissions (IOSCO) erstellten, Konsultationspapier die Kriterien für kurzlaufende STCs genauer definiert. Die entwickelten 17 Kriterien sind speziell auf kurzlaufende Verbriefungen ausgerichtet und auf verwandte Positionen von mit Conduits40 ­gesicherten Geldmarktpapieren (ABCP) fokussiert. Sie sind jedoch kein Ersatz für die Due Diligence des Investors und nicht abschließend und nicht bindend. 40  Unter dem Begriff Conduits sind Finanzierungs-/Refinanzierungsstrukturen im Zusammenhang mit Verbriefungstransaktionen zu verstehen.

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Grundsätze/Ziele der Kriterien für kurzfristige STCs sind: • Einfachheit (bezogen auf die Homogenität der unterlegten Vermögenswerte und nicht zu komplexen Strukturen), • Transparenz (Versorgung von Investoren mit ausreichenden Informationen über die zu grunde liegenden Vermögenswerte und Transaktionen sowie Details zur Struktur, Liquidität und erhaltene Kreditunterstützung; Versorgung des Sponsors mit granularer Information über die zu grunde liegenden Vermögenswerte) sowie • Vergleichbarkeit (soll den Investoren dabei helfen, solche Investments zu verstehen und einen Vergleich über gleiche Verbriefungsprodukte innerhalb einer Klasse von Vermögenswerten hinweg ermöglichen. Sie sollten ausreichend die Unterschiede der Gesetzgebungen in den verschiedenen Ländern berücksichtigen). Der Gültigkeits-/Anwendungsbereich liegt insbesondere auf ABCP Papieren, die sich vorrangig über die Begebung von Geldmarktpapieren selbst finanzieren. Kreditverbriefungsarbitrage und strukturierte Anlagevehikel (SIV) waren die problematischsten während der Finanzkrise und sind von den Kriterien ausgeschlossen. Die Kriterien legen den Fokus auf die Charakteristika von ABCP Papieren (besicherten Geldmarktpapieren) und den ihnen zu grunde liegenden Transaktionen. Die Ausgestaltung der Kriterien orientiert sich an den im Juli 2015 veröffentlichten STC-Kriterien für Verbriefungen. Einige Kriterien wurden geändert, um spezifische Aspekte von Conduits gesicherter Geldmarktpapiere (ABCP) zu reflektieren: • kurze Laufzeit der durch ABCP Conduits ausgegebenen Geldmarktpapiere, • verschiedene Formen von Programmstrukturen sowie • die Existenz multipler Formen von Liquiditäts- und Kreditunterstützungs Fazilitäten auf verschiedenen Ebenen der Struktur gesicherter Geldmarktpapiere (ABCPs). Eine der Hauptänderungen war die Aufteilung der Kriterien in zwei Kategorien, um zwei Ebenen von Stakeholdern zu reflektieren: • Verkäufer (typischerweise die ursprünglichen Leiher und Bediener des zu grunde liegenden Vermögenswertes) sowie • Geldgeber (der ein ABCP Conduit einführt oder managed und eine essenzielle Treuhänderfunktion übernimmt, indem er die Qualität der zu grunde liegenden Transaktionen und des Pools an finanzierten Vermögenswerten durch das ABCP Conduit sicher­ stellt). Als Ergebnis unterscheiden die kurzfristigen STC-Kriterien zwischen Kriterien, die auf Ebene der Transaktion relevant sind und solchen, die auf Ebene des Conduit relevant sind. Die meisten Kriterien sind für beide Ebenen relevant, besitzen allerdings einen etwas un-

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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terschiedlichen Fokus, um die Unterschiede bei Risiko, Stakeholdern und Struktur auf jeder Ebene zu reflektieren. Das Konsultationspapier enthält zudem Ausführungen zur Rolle der Geldgeber, Beschaffenheit und Ebene der wünschenswerten Unterstützung, Vertraulichkeit und Offenlegung, Wiederverbriefung, Deckelung der Fristentransformation sowie verschiedenen Stake­holdern und Schlüsselparteien. Auf Grundlage der Rückmeldungen zu den zuvor genannten Konsultationspapieren haben der Basler Ausschuss und der IOSCO 17 STC-Kriterien speziell für kurzlaufende Verbriefungen mit Verbindungen zu ABCP Conduits entwickelt. Das Ergebnis wurde am 14.05.2018  in einem Papier mit dem Titel „Criteria for identifying short-term „simple, transparent and comparable“ securitisations“ (BCBS  441) veröffentlicht. Die darin beschriebenen Kriterien werden den Bereichen Asset Risk (Risiko des Vermögenswertes), Structural Risk (strukturelles Risiko) sowie Fiduciary and servicer Risk (Treuhänder- und Dienstleisterrisiko). Sie ersetzen nicht die Due Diligence Prüfung der Investoren und sind weder abschließend noch bindend. Sie können individuell durch zusätzliche/detailliertere Kriterien in Abhängigkeit der spezifischen Bedürfnisse ergänzt werden. Gleichzeitig wurde vom Basler Ausschuss der finale Standard zu den Kapitalanforderungen für kurzlaufende STC-Verbriefungen unter dem Titel „Capital treatment for simple, transparent and comparable short-term securisations“ (BCBS  442) veröffentlicht. Hierdurch sollen die Besonderheiten der ABCP Strukturen bei der Ermittlung der Kapitalanforderungen besser berücksichtigt werden. Die Weiterentwicklungen und Ergänzungen der STC-Kriterien für kurzlaufende Verbriefungen werden durch die Aufnahme neuer Richtlinien und Anforderungen bei verschiedenen Kriterien auch konsistent für die Kapitalanforderungen umgesetzt. Dabei werden auch die Risikogewichte für STCs neu geregelt. Sie liegen – je nach externem Rating – bei 10,0 %, 30,0 %, 60,0 % oder 1250 %. Bei Anwendung des SEC-IRBA liegen die Risikogewichte bei 10,0 % für Senior Tranchen und 15,0 % für die anderen Tranchen.

2.3.2.3 Kontrahentenrisiko Der Basler Ausschuss hat im März 2014 das neue Regelwerk „The standardised approach for measuring counterparty credit risk exposures“ (BCBS 279) mit überarbeiteten Vorgaben zum Standardansatz für das bereits in Abschn. 2.2.2.3 erläuterte Kontrahentenrisiko veröffentlicht. Die Einführung der neuen Verfahren zur Ermittlung des Adressenausfallrisikos erfolgte zum 01.01.2017. Die Überarbeitung des Rahmenwerks wurde notwendig, da die Ergebnisse zu künftigen Wertänderungen nach der zuvor verwendeten Marktbewertungsmethode nicht mehr der Realität entsprechen. Dies gilt insbesondere bei Derivaten, welche in ihrem Marktwert stark schwanken. Durch die Überarbeitung sollen neue Risikogewichte für die einzelnen Forderungsklassen entwickelt werden. Die bisher verwendeten Verfahren Current Exposure Method, Standardised Method und Original Exposure Method, werden durch den neuen Standardansatz für Counterparty Credit Risk (SA-CCR), eine risikosensitivere Methode, ersetzt.

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Bei der Ermittlung des regulatorischen Exposure at Default (EAD)41 nach dem neuen Standardansatz (SA-CCR) sind insbesondere die aktuellen Replacement Costs (RC) des Nettingsets42 sowie der Wert des Potential Future Exposure (PFE)43 von Bedeutung. Die Ermittlung des Potential Future Exposure erfolgt auf Basis eines Multiplikators sowie eines Add Ons, die für jede Assetklasse separat festgelegt werden. Dabei wird zwischen Zinsderivaten, Fremdwährungsderivaten, Kredit- und Aktienderivaten sowie Rohstoffderivaten unterschieden. Die Berechnung der Exposure at Default erfolgt auf Basis der folgenden vier Komponenten: • Replacement Costs: zukünftiger Wiedereindeckungsaufwand, • Alpha-Faktor: aufsichtlicher Skalierungsfaktor (1,4 entspricht IMM), • Multiplikator: zur Berücksichtigung der risikoreduzierenden Wirkung einer Übersicherung und negativen Marktwerten (reduziert dann das Add On) sowie • Add On: potenzielle künftige Erhöhungen des gegenwärtigen Exposures in Abhängigkeit von der Volatilität der Assetklasse (Zinssatz, Währungen, Kredit, Aktien und Roh­ stoffe). Zusätzlich sind Hedging Effekte zu berücksichtigen, welche die Höhe des Exposures beeinflussen und über die Bildung von Hedging-Sets zu einer Minimierung des anzuwendenden Risikopositionswerts beitragen können. Die Verwendung des dargestellten SA-CCR Ansatzes zur Ermittlung des Kontrahentenrisikos ist insbesondere für Kreditinstitute obligatorisch, die keine Zulassung zur Anwendung interner Modelle für OTC-Transaktionen besitzen. Dabei gibt es in Abhängigkeit der Transaktionsart verschiedene Verfahren zur Kalkulation der einzelnen Komponenten. Die Methode zur Ermittlung der Replacement Costs ist der Marktbewertungsmethode sehr ähnlich. Zusätzlich zu den Marktwerten der Derivate dürfen auch die vom Kontrahenten gestellten Sicherheiten über einen neu eingeführten Sicherheitenbetrag (Net Independent Collateral Amount, NICA) berücksichtigt werden. Bei der Berechnung des Potential Future Exposure muss eine Einschätzung über zukünftige Marktwertveränderungen auf Basis der Marktbewertungsmethode vorgenommen werden. Die Ermittlung erfolgt als Produkt aus einem Multiplikator und den aggregierten Add Ons.

 Exposure at Default (EAD) = erwartete Höhe der Forderung zum Zeitpunkt des Ausfalls.  Unter Netting wird ein Verfahren verstanden, in welchem bestehende Forderungen und Verbindlichkeiten gegeneinander aufgerechnet werden, mit dem Ziel, gleichermaßen finanzwirtschaftliche Risiken, als auch administrativen Aufwand innerhalb des gesetzlich zulässigen Rahmens zu verringern. In diesem Zusammenhang beschreibt der Begriff Nettingset das Netting sämtlicher Transkationen zwischen identischen Gegenparteien zu einem Gesamtobligo. 43  Potential Future Exposure (PFE) = potenzieller Verlust infolge eines mit Unsicherheit behafteten zukünftigen Anstiegs der Wiedereindeckungskosten. 41 42

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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Die detaillierte Darstellung der Verfahren zur Berechnung der Replacement Costs und des Potential Future Exposure würde den Rahmen dieses Buches sprengen und wird an dieser Stelle nicht weiter vertieft. Neu eingeführt werden Vorzeichen für Optionen (je nach Richtung der mit einer Risikoänderung verbundenen Wertänderung), ein Delta für Optionen in Abhängigkeit der impliziten Volatilitäten sowie ein Multiplikator für Zins- und Kreditderivate zur Berücksichtigung der aufsichtlichen Laufzeiten. Zudem werden für die Aggregation von Transaktionen einer Assetklasse bestimmte Aufsichtsfaktoren für Volatilität und Korrelation vorgegeben. Daneben ist gegebenenfalls noch ein Marginfaktor zu berücksichtigen. Eine Übersicht zu den vorgegebenen aufsichtlichen Parametern findet sich auf Seiten 19 und 20 im Regelwerk BCBS 279 des Basler Ausschusses. Der neue SA-CCR ist aufgrund der Komplexität der Berechnungsmethoden und der erforderlichen Datenmenge mit einem erhöhten Ermittlungsaufwand verbunden. Tendenziell ist mit höheren Werten der Exposures und damit höheren Kapitalanforderungen zu rechnen. Gleichzeitig führt die höhere Risikosensitivität dazu, dass „ökonomisch getriebene Risikominderungsmaßnahmen auch regulatorisch in einem höheren Grad berücksichtigt“44 werden. Abb. 2.23 gibt einen Überblick über die Veränderungen bei der Behandlung des Kontrahentenrisikos.

2.3.2.4 Credit Valuation Adjustment Risiko Der Basler Ausschuss überarbeitete seit Mitte 2015 auch das Rahmenwerk zu dem in Abschn. 2.2.2.4 beschriebenen Credit Valuation Adjustment Risiko. Vor der Finalisierung im Dezember 2017 wurde im Juli 2015 das Konsultationspapier „Review of the Credit Valuation Adjustment Risk Framework“ (BCBS 325) mit einer Kommentierungsfrist bis 01.10.2015 veröffentlicht. Durch die Überarbeitung des CVA-Rahmenwerks sollten die folgenden Ziele erreicht werden: • Erfassung und Berücksichtigung aller für die Bestimmung der CVA-Risiken relevanten Einflussfaktoren (insbesondere der bislang nicht berücksichtigten Marktpreisrisikofaktoren) unter Einbeziehung von Hedging-Maßnahmen zur Risikoreduzierung, • Angleichung der Quantifizierung des beizulegenden Zeitwerts (Fair Value) des CVA-Stan­ dards an IFRS 13 sowie • Konsistenz mit der Überarbeitung des „Fundamental Review of the Trading Book“. Es war vorgesehen, die CVA-Risk-Capital-Charge45 für sämtliche Derivatetransaktionen mit einem Gegenparteiausfallrisiko sowie alle marktbewerteten Wertpapierfinanzie Blecha, K./Schlener, M. (2015), S. 3.  CVA-Risk-Capital-Charge = Kapitalanforderung für das CVA-Risiko.

44 45

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Kontrahentenrisiko alte Regelung

neuer Standardansatz

Current Exposure Method (CEM) Standardized Approach for Counterparty Credit Risk (SA-CCR)

Standardised Method (SM) Original Exposure Method (OEM)

werden ersetzt durch

EAD = Alpha (RC + PFE)

EAD = RC + PFE ▪ ▪

RC ist der aktuelle Marktwert abzüglich der Sicherheiten Der PFE nach folgender Formel zu berechnen: Add On = Notation x aufsichtlicher Faktor

PFE = Summe (Add On (Handel) (0,4 + 0,6 x NGR)

▪ ▪ ▪ ▪

Alpha = 1,4 (wie bei IMM) RC berücksichtigt Sicherheiten und Begrenzungen EAD für begrenzte Nettings ist auf einer unbegrenzten Basis gedeckelt für jede der fünf Asset Klassen ist PFE nach folgender Formel zu berechnen:

Notation x Delta x Fälligkeitsfaktor x aufsichtlicher Faktor

Internal Model Method (IMM)

behält Gültigkeit bis auf abgekürzte Methode

Abb. 2.23  Veränderungen bei der Behandlung des Kontrahentenrisikos

rungsgeschäfte einzuführen. Eine Ausnahmeregelung sollte es nur für Transaktionen mit qualifizierten zentralen Gegenparteien geben. Die bislang gültigen Verfahren (Standardmethode und fortgeschrittener Ansatz) sollten durch neue Ansätze (BA-CVA und FRTB-­ CVA mit SA-CVA und IMA-CVA) ersetzt werden. Hierdurch sollte eine höhere Risikosensitivität erreicht werden. Das Konsultationspapier zum überarbeiteten CVA-Rahmenwerk bestand aus zwei Teilen: dem FRTB-CVA-Rahmenwerk mit Berücksichtigung der Marktrisiko-Anforderungen und dem Basis-CVA-Rahmenwerk (Basic-CVA-Rahmenwerk, BA-CVA). Das BA-CVA-Rahmenwerk stellt dabei eine Fortführung der aktuellen Standardmethode dar. Sie kann ohne die Bestimmung eigener Sensitivitäten für die Marktrisikofaktoren angewendet werden. Die Anwendung dieser Methode hat somit den Vorteil eines geringen Rechenaufwandes, führt aber aufgrund der nicht vorgesehenen Berücksichtigung von Exposure-Hedges zum höchsten CVA-Risiko und der damit verbundenen Eigenkapitalanforderung. Das FRTB-CVA-Rahmenwerk darf nur mit Zustimmung der Aufsicht unter Einhaltung eines genau definierten Kriterienkatalogs angewendet werden. Zudem ist eine eigene Ermittlung der Preissensitivitäten gegenüber Marktrisikofaktoren erforderlich. Wie beim

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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Marktpreisrisiko-Rahmenwerk (FRTB) wird zwischen einem Standardansatz (SA-CVA) und einem internen Modellansatz (IMA-CVA) unterschieden. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Anwendung des internen Modellansatzes ist eine entsprechende Zustimmung der nationalen Aufsichtsbehörde im Bereich des Marktrisikos. Bei Verwendung des internen Modellansatzes ist der Standardansatz parallel anzuwenden. Um eine Zulassung für dieses (Teil-)Rahmenwerk zu erhalten, muss ein Kreditinstitut die folgenden Eingangskriterien erfüllen: • Verfügbarkeit von Instrumenten zur Modellierung der eigenen Risikokomponenten und regelmäßigen mindestens monatlichen Ermittlung der CVA und CVA-Sensitivitäten mit einer Mindestanzahl an Risikokomponenten, • Vorliegen einer Methodik zur Approximation von Credit Spreads illiquider Gegenparteien sowie • Existenz einer dedizierten Funktionseinheit mit Verantwortung für das CVA-­Risiko­ management und Hedging des CVA. Bei Anwendung des IMA-CVA-Ansatzes müssen zusätzliche Anforderungen, wie beispielsweise die tägliche Berechnung von CVA-Sensitivitäten und Expected Shortfall46 und die Durchführung entsprechender Backtestings und P&L-Attributionen,47 erfüllt werden. Vorgesehen ist eine tägliche Ermittlung des Expected Shortfall für das CVA-Risiko auf dem 97,5 % Konfidenzniveau und ohne aufsichtsrechtliche Einschränkungen der Korrelationen zwischen den Risikofaktoren. Hierzu müssen die Risikofaktoren auf Basis einer Stressperiode48 kalibriert werden. Zusätzlich ist für jeden Risikofaktor ein partieller Expected Shortfall zu ermitteln. Neben dem Counterparty-Credit-Risiko-Spread soll in Anlehnung an das Markt­ preisrisiko-­Rahmenwerk die Modellierung von fünf weiteren Risikofaktoren,49 welche als Risikotreiber des CVA-Risikos angesehen werden, verpflichtend eingeführt werden. Weitere Anforderungen sind die Verwendung von marktimplizierten Ausfallwahrscheinlichkeiten (PDs) und marktimplizierten, erwarteten Verlustquoten bei Kreditausfall 46  Der Expected Shortfall stellt insofern eine Weiterentwicklung des Value at Risks dar, dass er die Schadenshöhe quantifiziert, welche das Unternehmen zu tragen hat, wenn der Fall einer Überschreitung der Risikoeintrittswahrscheinlichkeit (1-α) zu verzeichnen ist. Er weist eine enge methodische Nähe zum Conditional Value at Risk auf und ist als Mittelwert jener Schadenshöhe zu interpretieren, welche über dem Value at Risk liegt. 47  P&L-Attributionen = Vergleich zwischen P&L und den auf Basis interner Modelle ermittelten theoretischen Gewinnen/Verlusten unter besonderer Berücksichtigung evaluierter Risikofaktorbewegungen auf Tagesbasis. 48  Stressperiode = 12-monatige Periode, in der die Standardabweichung der täglichen Änderung des nicht gehedgten, bankweiten CVA maximal ist. Vgl. BCBS 325 (2015), S. 26. 49  Weitere Risikofaktoren mit Auswirkung auf das Marktpreisrisiko sind Zinsraten, Referenz-Credit-Spread, Equity Preise, Währungen und Rohstoffpreise.

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

(LGDs) sowie die Simulation sämtlicher Marktpreisrisikofaktoren und Beachtung von Korrelationen zwischen Exposure und der Ausfallwahrscheinlichkeit (PD). Der IMA-CVA-Ansatz führt aufgrund einer umfassenden Berücksichtigung von Hedges zum geringsten CVA-Risiko und damit verbundenen Eigenkapitalanforderung. Gleichzeitig muss aber der mit der täglichen Kennzahlenermittlung verbundene Informationsbeschaffungsaufwand beachtet werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass das im März 2016 veröffentlichte Konsultationspapier zur Anwendung interner Modelle „Consultative Document: Reducing variation in credit risk-weighted assets  – constraints on the use of internal model approaches“ (BCBS  362) eine Abschaffung des IMA-CVA-Ansatzes vorsieht. Die weiteren Inhalte dieses Konsultationspapiers werden im Abschn. 2.3.2.8 genauer erläutert. Bei Anwendung des Standardansatzes SA-CVA sind einige Erleichterungen vorgesehen. So können beispielsweise bestimmte vorgegebene Modellparameter und Multiplikatoren verwendet werden. Die Kapitalanforderung nach dem SA-CVA-Ansatz wird als Summe der Kapitalanforderungen für das Delta- und das Vega-Risiko50 jeweils über alle Risikotypen nach bestimmten vorgegebenen Verfahren berechnet. Bei der monatlichen Ermittlung der Kennzahlen werden die Exposure Hedges berücksichtigt, was zu einer Verringerung des CVA-Risikos führt. Mit dem Rahmenwerk zur Anpassung der Kreditbewertung (Credit Value Adjustment, CVA) sollen die mit OTC Derivaten einhergehenden Risiken bewertet werden. Diese beinhalten sowohl Markt- als auch Kreditrisiken. Es ist zu berücksichtigen, dass eine Verschlechterung der Kreditqualität auch einen negativen Einfluss auf den Wert des Derivats zur Folge hat. Zur Risikomessung wird der Wertunterschied zwischen einem kreditrisikolosen Portfolio und einem identischen Portfolio mit Änderungen der Kreditwürdigkeit ermittelt. Wert­ änderungen können entweder aus einer veränderten Kreditqualität (Kreditrisiko) oder einer Änderung des Marktpreises (Marktrisiko) beziehungsweise einer Kombination aus beiden entstehen. Im Rahmen der Überarbeitung sollte eine methodische Konsistenz zum FRTB erreicht werden. Die finalen Regelungen zur Behandlung des CVA-Risikos sind in dem im Dezember 2017 veröffentlichten Standard zur Finalisierung von Basel III (BCBS 424) enthalten. Darin vorgesehen sind noch ein CVA-Standard-Ansatz, ein CVA-Basisansatz sowie eine vereinfachte Methode für kleinere Transaktionsvolunima bis 100 Mrd. EUR. Der interne Modellansatz entfällt wie bereits erwartet. Die Implementierung der neuen Regelungen sollte zum 01.01.2022 erfolgen. Auf Grundlage des Beschlusses des Basler Ausschusses vom 27.03.2020 wird das Inkrafttreten auf den 01.01.2023 verschoben. Ziele der überar-

 Delta-Risiko = Risiko einer Optionsposition, welches dergestalt ist, dass sich der Kurs des Basiswertes entgegen der erwarteten Richtung bewegt. Vega-Risiko = Risiko von Auswirkungen veränderter Volatilitäten auf die Optionsprämie. 50

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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beiteten Regelungen waren die Verbesserung der Risikosensitivität, die Stärkung der Robustheit sowie eine bessere Konsistenz. Die Anpassungen wurden aus den folgenden Gründen vorgenommen: • Die Risikosensitivität wurde bislang durch das Fehlen einer Exposure Komponente eingeschränkt. Die direkte Relation zum Preis der Transaktionen im Zusammenhang mit dem CVA-Risikokapital wurde bisher nicht bzw. nur unzureichend berücksichtigt. Sie wird in den neuen Regelungen zusammen mit verbundenen Hedges einbezogen. • Es wird eine Materialitätsschwelle zur Abbildung der Sensitivität der Preise zur Variabilität der unterlegten Marktrisiko-Faktoren eingeführt, um die materielle Abhängigkeit der CVA zu diesen Faktoren abzubilden. Da das CVA-Risiko meist komplexer ist, als die Mehrheit der Positionen im Handelsbuch, ist der Basler Ausschuss der Auffassung, dass eine robuste und korrekte Modellierung nicht möglich ist. Aus diesem Grund werden interne Modelle nicht mehr zugelassen. Banken mit einem Nominalvolumen an nicht zentral abgewickelten Derivaten von bis zu 100 Mrd. EUR dürfen die CVA-Capital-Charge als einfachen Multiplikator der CCP-­ Risk-­Charge (aus den Regelungen zum Kontrahentenrisiko) ansetzen. Hierbei besteht ein Wahlrecht, die regulatorische CVA-Kapitalanforderung pauschal mit dem risikogewichteten Kapitalbetrag des Gegenparteirisikos gleichzusetzen. Der Standard-Ansatz basiert dabei auf Fair Value Sensitivitäten zu Marktrisikofaktoren. Für die Nutzung ist eine Zulassung durch die zuständige Aufsichtsbehörde erforderlich. Wie beim FRTB-Rahmenwerk erfolgt eine Aggregation der Kapitalanforderungen für Delta- und Vegarisiken über alle Risikotypen und Buckets hinweg. Die Sensitivitäten werden für jeden Risikofaktor separat ermittelt. Dabei sind Risikogewichte und Korrelationen für alle Buckets und Risikofaktoren genau definiert. Der Basis-Ansatz nutzt den Standard-Ansatz als Benchmark und fußt auf der aufsichtlichen Formel. Die Regelungen enthalten eine Tabelle mit anzuwendenden Risikogewichten je nach Sektor und Rating der Gegenpartei (Aufteilung in Investment Grade und High Yield/ohne Rating). Die Risikogewichte der Auswirkungsstudie von 2016 werden im finalen Regelwerk beibehalten. Neu ist ein weiterer Bucket „andere Sektoren“. Des Weiteren wurde der Beta-Faktor angepasst. Das CVA-Risiko als Form des Marktrisikos wird in der Veränderung des Mark to Market Wertes von Bankforderungen gegenüber derivativen Gegenparteien ersichtlich. Um die Konsistenz zu erhöhen, wurden die Regelungen an das Marktrisiko-Rahmenwerk (FRTB) angeglichen. Bei der vereinfachten Methode für kleinere Transaktionsvolumina darf die CVA-­ Kapital-­anforderung gleich gesetzt werden mit 100 % der Kapitalanforderungen für das Kontrahentenrisiko des Kreditinstituts. Diese Möglichkeit kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen von der nationalen Aufsicht untersagt werden. Resümierend ist davon auszugehen, dass es durch die Einführung der veränderten Regelungen tendenziell zu einer steigenden Kapitalanforderung für CVA-Risiken kommen

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

kann. Dies ist insbesondere für Kreditinstitute ohne Zulassung für die Anwendung der FRTB-CVA-Ansätze von Bedeutung. Abb. 2.24 zeigt die geplanten Änderungen im Überblick. Am 28.11.2019 hat der Basler Ausschuss das Konsultationspapier „Credit Valuation Adjustment risk  – targeted revisions“ (BCBS  488) mit einer Konsultationsfrist bis 25.02.2020 veröffentlicht. Hierdurch sollen die Regelungen zum Credit Valuation Adjustment an die im Januar 2019 finalisierten neuen Regelungen zum Marktpreisrisiko angepasst werden. Änderungen sind insbesondere in den folgenden Bereichen vorgesehen: • Anpassungen der im CVA-Standardansatz (SA-CVA) verwendeten Risikogewichte u. a. für Zinsänderungsrisiken und Wechselkursrisiken, • Einführung eines neuen Ansatzes für die Berechnung der Eigenkapitalanforderungen ausgewählter Instrumente, die im Bereich Ermittlung von Marktwerten in Abhängigkeit von Kredit- und Aktienindizes Anwendung finden, • Angleichung der Berechnungsformel zur Aggregation der CVA-Eigenkapitalanforderung in den Marktrisikorahmen sowie • gezielte Überarbeitungen des CVA-Rahmenwerks mit

Credit Valuation Adjustment

Standard-CVA Ansatz > Bond-Äquivalenz-Methode Basis: Value-at-Risk Advanced-CVA Ansatz > Interne Modelle Methode Basis: aufsichtlich genehmigtes Modell

neue Regelung mit drei möglichen Ansätzen

werden ersetzt durch

alte Regelung

CVAStandardansatz

CVABasisansatz

Basis: Fair Value Sensitivitäten zu Marktrisikofaktoren >> Verpflichtende Modellierung von Zinsraten, ReferenzCredit-Spread, EquityPreise, Währungen und Rohstoffpreise

Basis: aufsichtliche Formel

Aggregation der Kapitalanforderungen für Deltaund Vegarisiko über alle Risikotypen und Buckets hinweg Zulassung durch zuständige Aufsichtsbehörde erforderlich Risikomaß: Value-at-Risk

Standardansatz als Benchmark Risikogewichte gemäß Tabelle nach Sektor und Rating der Gegenpartei (Einteilung Investmentgrade, High Yield und ohne Rating) Gesamt 15 Buckets; neuer Bucket „andere Sektoren“ Beta-Faktor Risikomaß: Expected Shortfall

Abb. 2.24  Wesentliche Veränderungen nach dem CVA-Ansatz

vereinfachte Methode für kleine Transaktionsvolumina

Nutzung der CVACapital Charge als einfacher Multiplikator der CCP Risk Charge Wahlrecht regulatorische CVA pauschal mit dem risikogewichteten Kapitalbetrag des CCP- Risikos gleichzusetzen

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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–– Anpassung bei den unter die CVA-Risikokapitalanforderungen fallenden Portfolios sowie –– Verkürzung der Margin-Risikoperiode für ausgewählte Derivatepositionen im CVA-Standardansatz. Die Auswirkungen sind stark vom zugrunde liegenden Portfolio abhängig. Zur Bestimmung möglicher zusätzlicher Kapitalanforderungen wird angeraten, frühzeitig Proberechnungen für Auswirkungsanalysen vorzunehmen, auch wenn die Umsetzung erst bis 01.01.2023 vorgesehen ist.

2.3.2.5 Marktpreisrisiko/Handelsbuch Zwischen Oktober 2013 und Januar 2016 überarbeitete der Basler Ausschuss die Regelungen zur Behandlung des Marktpreisrisikos im Handelsbuch. Die Vorschläge und der endgültige überarbeitete Standard wurden in den folgenden Dokumenten veröffentlicht: • „Consultative Document: Fundamental Review of the trading book“ (BCBS 265) vom Oktober 2013 mit einer Kommentierungsfrist bis 31.01.2014, • „Consultative Document: Fundamental review of the trading book: outstanding issues“ (BCBS 305) vom Dezember 2014 mit einer Kommentierungsfrist bis 20.02.2015, • „Fundamental review of the trading book – interim impact analysis“ (BCBS 346) vom November 2015 sowie • „Minimum capital requirements for market risk“ (BCBS  352) vom Januar 2016 als neuer finaler Standard für die Behandlung der Marktpreisrisiken. Die im finalen Dokument detailliert dargestellten Veränderungen zur Ermittlung der Kapitalanforderungen für Marktpreisrisiken im Handelsbuch, welche ab Januar 2019 umgesetzt werden müssen, betreffen die folgenden drei Bereiche: • Abgrenzung von Handelsbuch und Anlagebuch, • Überarbeitung des „Interne Modelle Ansatzes“ sowie • Einführung eines neuen Standardansatzes. Zur Zuordnung der verschiedenen Geschäfte und Positionen zu Anlage- oder Handelsbuch werden explizite Kriterien für die „Handelsbuchtauglichkeit“ definiert und eingeführt, nach denen bestimmte Produkte direkt dem Handelsbuch zuzurechnen sind. Zudem soll eine regulatorische Arbitrage aufgrund von Verschiebungen bei der jeweiligen Zuordnung (interner Risikotransfer) durch die abschließende Festlegung einer zusätzlichen Kapitalanforderung für umgewidmete Positionen eingedämmt werden. Hierzu erfolgt eine klare Definition der Anforderungen an Handelstische, interne Risikotransfers sowie Begrenzungen der Entscheidungsmöglichkeiten bezüglich der Umwidmung von Positionen, wobei der Begriff Handelstisch (Trading Desk) auf einen Geschäftszweig

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mit einer vorgegebenen Geschäftsstrategie sowie einem eindeutig definierten Risiko­ managementprozess abstellt. Das finale Regelwerk enthält zudem erweiterte Anforderungen an die Datenbereitstellung und die Dokumentation der Vorgehensweise bei der Zuordnung und Umwidmung von Positionen. Bei internen Modellen erfolgt die Quantifizierung des Marktrisikos nicht mehr über den Value-at-Risk und den Stressed Value-at-Risk, sondern über den Expected Shortfall. Die Marktilliquidität bei Stress wird über für einzelne Investmenttypen definierte unterschiedliche Liquiditätshorizonte simuliert. Die Genehmigung der Verwendung eines internen Modells durch die jeweilige Aufsichtsbehörde ist von der Einhaltung genau definierter qualitativer und quantitativer Kriterien abhängig und kann auch auf einzelne Handelstische beschränkt werden. Es ist anzunehmen, dass die Einführung neuer Faktoren für nicht modellierbare Risikofaktoren (non-modellable risk factors, NMRFs) tendenziell zu einer Erhöhung der Kapitalanforderungen beitragen wird. Ein Ablaufschema zur Ermittlung des Marktpreisrisikos nach dem „Interne Modelle Ansatz“ visualisiert die nachfolgende Abb. 2.25. Der Standardansatz wurde seit seiner Einführung 1996 praktisch nicht mehr verändert, weswegen ein hoher Anpassungsbedarf bestand. Über den neuen Standardansatz soll sowohl ein angemessener Floor für interne Modelle als auch ein geeignetes Risikomaß für Banken mit geringen Handelsaktivitäten festAblaufschema für Ermittlung Marktpreisrisiko nach Interne Modelle Ansatz Schritt 1: Bewertung der Gesamtbankweiten internen Risikomodelle

Schritt 2a: Benennung der für eine Modellzulassung vorgesehenen Handelstische

nicht bestanden

Standardansatz für gesamtes Handelsbuch

nicht vorgesehen

Standardansatz für spezifische Handelstische Schritt 2b: Bewertung des Leistungslevels des Handelstischmodells mit Prüfung von P&L Attribution und Backtesting

Schritt 3: Analyse individueller Risikofaktoren (echte, verifizierbare Preise und Häufigkeit beobachtbarer Preise)

nicht bestanden

modellunabhängig modellabhängig

modellabhängig

Global Expected Shortfall (ES)

Default Risk Charge (DRC)

Stressed Capital Add On (SES)

Gleichgewichteter Durchschnitt diversifizierter ES und nicht-diversifizierter Teil-ES für spezifische Risikoklassen

Erfasst Ausfallrisiken im Handelsbuch ohne Diversifikationseffekte mit anderen Marktrisiken

Messung des aggregierten regulatorischen Kapitals für modellunabhängige Risikofaktoren über modellabhängige Tische

Abb. 2.25  Ablaufschema für die Ermittlung des Marktpreisrisikos nach dem Interne Modelle Ansatz (Schema angelehnt an BCBS 352 2016, S. 2)

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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gelegt werden. Hierzu wurden an unterschiedliche Liquiditätshorizonte angepasste Risikogewichte sowie eine Berücksichtigung von Risikosensitivitäten als Inputparameter eingeführt. Die neuen Regelungen beinhalten zudem die folgenden Veränderungen: • Einführung einer Default Risk Charge (DRC) zur Angleichung der Kapitalanforderungen mit ähnlichen Risiko-Exposures im Anlage- und Handelsbuch. Sie ersetzt die bislang verwendete Incremental Risk Charge (IRC) für das Bonitätsveränderungsrisiko, • Einführung eines zusätzlichen Restrisikozuschlags (Add Ons) über einen fixen Multi­ plikator für komplexe Instrumente. Bei der Ermittlung Eigenmittelanforderungen nach dem Marktpreisrisikostandardansatz sind neben Delta-Risiko, Vega-Risiko, Curvature-Risiko51 die Default-Risk Charge sowie ein Residual Risk Add On zu berücksichtigen. Zusätzlich wird die Durchführung einer Korrelationsszenario-Analyse für hohe, mittlere und niedrige Korrelationen vorgeschrieben. Der neue sensitivitätsbasierte Standardansatz verwendet Varianz-Kovarianz-Ansätze und Korrelationen zur Modellierung von Marktpreisrisiken. Er ist risikosensitiver und wird vermutlich aufgrund des Wegfalls der Kapitalentlastungen für die Diversifikation innerhalb einer Asset Klasse zu einer Erhöhung des regulatorischen Kapitals beitragen. Die folgende Abb. 2.26 gibt einen Überblick über die Hauptkomponenten des neuen Standardansatzes für Marktrisiken. Da der Standardansatz zur Floor-Ermittlung dient, ist er von Instituten, die interne Modelle verwenden, zusätzlich zu ermitteln. Die Berechnung des Floors muss auf monatlicher Basis erfolgen, was zu einer deutlich höheren Quantität an zu reportierenden Informationen führt. Insgesamt werden die internen und externen Anforderungen an die Messung und Meldung der Marktrisiken sowohl beim neuen Standardansatz als auch beim „Interne Modelle Ansatz“ deutlich verschärft. Die im November 2015 veröffentlichte Auswirkungsanalyse gelangt zu dem Ergebnis, dass sich die Kapitalanforderungen durch die neuen Regelungen bei Verwendung von internen Modellen um 26,0 % (Median) beziehungsweise 45,0 % (gewichteter Durchschnitt) erhöhen werden. Bei Anwendung des Standardansatzes kommt es zu einem deutlichen Anstieg um 83,0 %. Demnach fallen die Auswirkungen der Veränderungen des Standardeinsatzes erheblich stärker aus als die des auf internen Modellen basierenden Ansatzes. Insgesamt geht der Basler Ausschuss von einer Erhöhung des Mittelwertes der Kapitalanforderungen um 22,0 % und einer Erhöhung der gewichteten durchschnittlichen Kapitalanforderungen um 40,0  % aus. Diese Auswirkung kann jedoch teilweise durch eine Optimierung des Portfolios entschärft werden. 51  Curvature-Risiko = quantifizierte Sensitivität im Hinblick auf Schwankungen innerhalb des Delta-Risikos bei Betrachtung eines spezifischen Risikofaktors.

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Sensitivitätsbasierte Methode:

Default Risk Charge (DRC) für vorgeschriebene Risikoklassen:

Capital Charges für Faktorsensitivitäten von Delta-, Vega-, Curvature-Risiko für ein vorgeschriebenes Set an Risikoklassen:

• Ausfallrisiko Nichtverbriefungen • Ausfallrisiko Verbriefungen

• Generelles Zinsänderungsrisiko

Residual Risk Add-On: Auf Nominalbeträge von Instrumenten mit nichtlinearen Auszahlungen bezogene Risikogewichte.

• Ausfallrisiko Verbriefungen im Correlation Trading Portfolio

• Credit Spread Risiko für Nichtverbriefungen, Verbriefungen und Verbriefungen in Correlation Trading Portfolios

Anlagebuchbasierte Behandlung

Abb. 2.26  Hauptkomponenten des neuen Standardansatzes für Marktrisiken (BCBS 352 2016, S. 3) Veränderte Ansätze für Marktpreisrisiken Abgrenzung von Anlageund Handelsbuch

Haltungsgründe für Handelsbuch, zwingende Handelsbuchinstrumente, Instrumente mit Abweichungsmöglichkeit von Handelsbuchzuordnung, Anlagebuchinstrumente

Umwidmung

nur mit Zustimmung der Aufsicht, detaillierte Regelungen zum internen Risikotransfer

neue Regelungsbereiche

Definition von Handelstischen

neuer, sensitivitätsbasierter Standardansatz Bestandteile

> Ermittlung in fünf Schritten

7 Risikobereiche Risikofaktoren Risikopositionen Buckets Eigenmittelanforderung

Bestandteile

> Eigenmittelanforderung als Summe aus - Capital Charges - Default Risk Charge - Residual Risk Add On

ES als neues Risikomaß

> Risikofaktor: vordefinierte Variable Mapping zu Risikobereich

mehrere Liquiditätshorizonte

> Buckets: Gruppierung der Risikopositionen

Risikobereiche: - Währungsrisiken - Aktienrisiken

neuer Interne Modelle Ansatz

- Warenrisiken - Zinsrisiken

- Credit Spread Risiken für - verbriefte Positionen im CTP - verbriefte Positionen außerhalb des CTP - unverbriefte Positionen

gestresste Kalibrierung

Default Risk Charge Modellgenehmigung

> Ermittlung in drei Schritten > Eigenmittelanforderung als Summe aus - Global Expected Shortfall - Default Risk Charge - Stressed Capital Add On (SES) > spezielle Anforderungen an Handelstisch, Validieren, Backtestung und P&L-Attribution; Parallelrechnung des Standardansatzes wegen Floor

Risikopositionen:

bisherige Regelungen:

- Delta Risiko - Vega Risiko - Curvature-Risiko

- 4 Risikobereiche - 4 Risikopositionen - Messverfahren: VaR, sVaR, IRC, Standardmethode und CRM - Floor 8% - Risikominderung über dynamische Absicherungsstrategien

Abb. 2.27  Wesentliche Veränderungen nach dem FRTB

Die veränderten Ansätze zur Ermittlung der Marktpreisrisiken sind in Abb. 2.27 zusammengefasst dargestellt. Die mit dem überarbeiteten Marktrisiko-Rahmenwerk als Standardansatz eingeführte und zuvor beschriebene auf Sensitivitäten basierende Methode (sensitivities-based method, SbM) ist auch für die Risiken großer, international aktiver Banken ausreichend risiko-­sensitiv. Jedoch kann die Komplexität dieser Methode zu großen Implementierungsherausforderungen bei einigen Banken führen. Beispielsweise verfügen Institute mit geringen Handelsbuchaktivitäten und kleinere Institute häufig nicht über die notwendige

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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IT-Infrastruktur für die Durchführung der geforderten Berechnungen. Aus diesem Grund hat der Basler Ausschuss am 29.06.2017 das Konsultationspapier „Simplified alternative to the standardised approach to market risk capital requirements“ (BCBS 408) veröffentlicht. Es enthält einen Vorschlag für reduzierte auf Sensitivitäten basierende Methode (R-SbM) als alternative, einfachere Version der auf Sensitivitäten basierenden Methode für alle nicht zu den großen, international aktiven Banken gehörenden Institute. Demnach soll die Kapitalanforderung nach dem Standardansatz einfach die Summe der drei folgenden Komponenten betragen: • Risk Charges unter der R-SbM, • Default Risk Charge (wie im überarbeiteten Marktrisiko-Rahmenwerk) sowie • Residual Risk Add On (wie im überarbeiteten Marktrisiko-Rahmenwerk). Dabei sind eine Reihe wesentlicher Vereinfachungen durch den SbM vorgesehen: • Wegfall der Kapitalanforderungen für Vega- und Curvature-Risiken, • Vereinfachung der Basisrisikokalkulation und • Reduzierung der Granularität an Risikofaktoren und der Korrelations-Szenarien bei verbundenen Kalkulationen. Die Zulässigkeit der Anwendung des vereinfachten Ansatzes soll von bestimmten qualitativen und quantitativen Kriterien abhängig gemacht werden. Zudem können die nationalen Aufsichtsbehörden in bestimmten Fällen die Anwendung der kompletten SbM anstelle der R-SbM anordnen. Aufbauend auf den zuvor dargestellten Regelungen wurde vom Basler Ausschuss am 22.03.2018 das weitere Konsultationspapier „Consultative Document Revisions to the minimum capital requirements for market risk“ (BCBS 436) mit einer Konsultationsfrist bis 20.06.2018 veröffentlicht. Darin war eine Verschiebung des Einführungszeitpunktes auf den 01.01.2022, sowohl für die Implementierung als auch für die Berichterstattung, vorgesehen. Das Konsultationspapier enthält Anpassungen zum Standardansatz sowie dem IRBA für Marktpreisrisiken auf Basis des vorherigen Konsultationspapieres sowie der Rückmeldungen dazu. Des Weiteren wurde der Vorschlag für eine vereinfachte Alternative zum überarbeiteten Ansatz zur Ermittlung des Marktrisikos wie im vorherigen Konsultationspapier vom Juni 2017 beschrieben integriert. Der Konsultationsvorschlag beinhaltet folgende Änderungen: • Veränderungen bei den Messgrößen des Standardansatzes zur Verbesserung der Risiko-­ Sensitivität inklusive Veränderungen bei Währungsrisiken, • Rekalibrierung der im Standardansatzes verwendeten Risikogewichte für allgemeine Zinsrisiken, Währungs- und Aktienrisiken,

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

• Korrekturen des Assessment-Prozesses zur Entscheidung, ob die internen Risikomanagement Modelle eines Instituts die Risiken der einzelnen Trading Desks angemessen reflektieren, • Klarstellungen bei den Anforderungen an die Identifizierung von Risikofaktoren, die für eine interne Modellierung geeignet sind sowie • Klarstellungen des Umfangs der Positionen, die unter die Kapitalanforderungen für das Marktrisiko fallen. Die Änderungen beim Standardansatz betreffen demnach insbesondere die Behandlung und Risikogewichtung von Währungspositionen, die Korrelations-Szenarien bei der Berechnung des Standardansatzes und die Behandlung von nicht-linearen Finanzinstrumenten, wie beispielsweise Optionen. Zudem sollen die Risikogewichte für Zinsrisiken um 20,0 % bis 40,0 % und die für Währungsrisiken um 25,0 % bis 50,0 % gesenkt werden. Für den IRBA wurden die Vorgaben für die durchzuführenden PLA-Tests sowie die Behandlung von „Nicht modellierbaren Risikofaktoren“ (NMRFs) angepasst. Zudem wird eine Rekalibrierung des Basel II Standardansatzes für Banken mit weniger erheblichen Marktrisikopositionen vorgeschlagen. Am 14.01.2019 wurde schließlich der finale Standard zum Marktrisiko (FRTB) unter dem Titel „Minimum capital requirements for market risk“ (BCBS  457) veröffentlicht. Darin enthalten sind im Wesentlichen verschiedene Verfeinerungen sowie Klarstellungen in unterschiedlichen Bereichen, wie z.  B. die Zuordnung bestimmter Positionen/Instrumente zu Handels- und Anlagebuch oder die Behandlung von Fondspositionen und strukturierten Fremdwährungspositionen. Dabei wurde das bereits bisher zu grunde liegende Verfahren beibehalten. Im Rahmen der Regelungen zu den internen Modellen wurden die Vorgaben für die P&L-Attribution und für den Umgang mit nicht modellierbaren Risikofaktoren (NMRF) erweitert und angepasst. Beim Sensitivitäten-basierten Standardansatz wurden auch Anpassungen bei den Vorgaben zur Behandlung von Währungs-, Aktien- und Credit-Spread-Risiken vorgenommen. Zudem wurden die Regelungen zur Berechnung der Risikokapitalanforderungen für das Curvature Risiko für Optionen angepasst. Das „Low-Correlations“ Szenario wurde im Hinblick auf die Aggregation von Sensitivitäten modifiziert. Für Banken mit kleinen oder nicht komplexen Handelsportfolios wird ein vereinfachter Standardansatz auf Grundlage des Standardansatzes unter Basel 2.5 eingeführt. Auf Grund erster Proberechnungen wird erwartet, dass die angepassten Regelungen zu einem durchschnittlichen Anstieg der Kapitalanforderungen für das gesamte Marktrisiko um 22,0 % gegenüber 40,0 % bei den im Rahmenwerk von 2016 enthaltenen Regelungen führen. Der Anteil der risikogewichteten Vermögenswerte (RWAs), die auf das Marktrisiko zurückzuführen sind, ist mit rund 5,0 % des gesamten RWAs weiterhin gering. Die Implementierung des neuen Standards und der damit verbundenen Offenlegungsanforderungen in Säule 3 sollte ursprünglich analog zu den Regelungen im Standard zur Finalisierung von Basel III (BCBS  424) zum 01.01.2022 erfolgen. Auf Grundlage des

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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Beschlusses des Basler Ausschusses vom 27.03.2020 wird das Inkrafttreten auf den 01.01.2023 verschoben.

2.3.2.6 Operationelles Risiko Der Basler Ausschuss überarbeitete seit Oktober 2014 die Regelungen zur Ermittlung des operationellen Risikos. Ein erstes Konsultationspapier hierzu, „Operational risk – Revisions to the simpler approaches“ (BCBS 291) wurde im Oktober 2014 mit einer Kommentierungsfrist bis 06.01.2015 veröffentlicht. Gleichzeitig wurde am 06.10.2014 das Dokument „Review of the Principles für sound Management of Operational Risk“ (BCBS 292) herausgegeben. Auf Basis der Rückmeldungen wurde im März 2016 ein zweites Konsultationspapier, „Standardised Measurement Approach for operational risk“ (BCBS  355) mit einer Kommentierungsfrist bis 03.06.2016 veröffentlicht. Die Finalisierung der Regelungen erfolgte schließlich mit der Veröffentlichung zur Finalisierung von Basel III im Dezember 2017. Im zweiten Konsultationspapier wurde ein neuer Standardansatz zur Ermittlung der Kapitalanforderungen für operationelle Risiken vorgestellt. Damit sollte die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Instituten sichergestellt werden. Zusätzlich war vorgesehen, interne Verluste als maßgeblichen Indikator bei der Ermittlung der operationellen Risiken mit einzubeziehen. Bereits im ersten Konsultationspapier war die Zusammenführung des Basic Indicator Approach (BIA) und des Standardised Approach (SA) vorgesehen. Mit dem zweiten Konsultationspapier sollte zusätzlich auch der Advanced Measurement Approach (AMA) zur Berechnung des operationellen Risikos abgeschafft und alle bisherigen Verfahren durch die Einführung eines einzigen neuen Verfahrens, dem Standardised Measurement Approach (SMA) ersetzt werden. Als Basis für diesen Ansatz dient ein Geschäftsindikator (Business Indicator, BI), der sich aus den folgenden drei Komponenten zusammensetzt: • Zins-, Leasing- und Dividendenkomponente (Interest, Leasing and Dividend Component), • Servicekomponente (Service Component) sowie • Finanzkomponente (Financial Component) (Basis: absoluter Durchschnittswert der Nettogewinne/-verluste im Handelsbuch der letzten drei Jahre). Neben dem Business Indicator, der auf Basis der Gewinn- und Verlustrechnung berechnet wird, fließen bei der Ermittlung des operationellen Risikos zusätzlich die Einordnung in fünf größenabhängige Buckets sowie bankspezifische interne Verlustdaten mit ein. Die Zuordnung von Kreditinstituten zu den Buckets erfolgt über die sogenannte BI Range, welche Schwellenwerte der Buckets in Bezug auf Geschäftsvolumina zeigt. Zur Berechnung der BI Komponente wird pro Bucket ein Koeffizient zugeteilt. Die Berechnung erfolgt ausschließlich im jeweiligen Bucket des Kreditinstitutes unter Berücksichtigung des darin vorgesehenen Multiplikators für interne Verluste.

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Zur Erhöhung der Risikosensitivität sind eingetretene interne Verluste über einen Multiplikator interner Verluste (Internal Loss Multiplier, ILM), welcher eine Verlustkomponente und eine BI Komponente enthält, zusätzlich zu berücksichtigen. Dabei erfordert diese vorgesehene Kombination aus Business Indikator und Verlustkomponente komplexere Berechnungen zur Ermittlung der Kapitalanforderung für die operationellen Risiken. Daneben sind umfangreichere Datenerhebungen und Analysen bezüglich der Verlustdaten erforderlich. Die stärksten Auswirkungen sind für (meist größere) Institute, die derzeit den AMA-Ansatz nutzen, zu erwarten. Die am 07.12.2017 veröffentliche Finalisierung der Regelungen von Basel III (BCBS 424) enthält die in der Folge beschriebenen finalen Regelungen zu den Kapitalanforderungen für operationelle Risiken. Aufgrund der in der Finanzkrise deutlich gewordenen Schwierigkeiten in Verbindung mit der Anwendung interner Modelle zur Schätzung der Kapitalanforderungen für operationelle Risiken werden die bisherigen Ansätze durch einen risikosensitiven Standardansatz für alle Banken ersetzt. Dieser basiert auf drei Buckets (statt der im Konsultationspapier noch vorgesehenen fünf Buckets). Die Ermittlung der Kapitalanforderung für operationelle Risiken erfolgt über die im Folgenden beschriebenen zwei Komponenten: • Business Indicator Component (BIC) zur Berücksichtigung der Erträge einer Bank sowie • Internal Loss Multiplier (ILM) als Multiplikator für interne Verluste und Verlustkomponente. (Abbildung der historischen Verlusterfahrungen der letzten 10 Jahre in Bucket 2 + 3 zwingend; nationale Wahlrechte für Bucket 1) Die Ermittlung des Operational Risk Capital (ORC) erfolgt nach der folgenden Gl. 2.6: ORC = BIC x ILM (2.6)



Der Business Indicator (Geschäftsindikator, BIC) berücksichtigt die Ertragsbestandteile Zins, Leasing und Dividenden als Nettoertragsgrößen sowie eine Service- und eine Finanz-­ Komponente. Die Berechnung erfolgt als 3-Jahres-Durchschnitt der einzelnen Ertragskomponenten mit Absolutbeträgen von Differenzen oder dem Größeren von Aufwand und Ertrag. Des Weiteren ist der BI mit dem jeweiligen α-Faktor, einem von der Größe des BI abhängigen Koeffizienten, zu multiplizieren. Dabei gibt es eine Aufteilung in 3 Buckets, wie die folgende Tab. 2.15 zeigt. Die Ermittlung der BIC erfolgt nach der folgenden Gl. 2.7: Tab. 2.15  Buckets zur Ermittlung der BI Komponente BI bucket 1 2 3

BI range ≤ 1 Mrd. EUR 1 Mrd. €  30 Mrd. EUR

Marginal BI coefficients α 0,12 0,15 0,18

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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BIC = Σ ( α i BI i )



(2.7)

Der Internal Loss Multiplier (Multiplikator für interne Verluste, ILM) ist eine Funktion aus der Verlustkomponente (LC) und der Business Indicator Component (BIC). Dabei ist die LC das 15-fache der durchschnittlichen historischen Verluste der vergangenen 10 Jahre. Zudem besteht ein nationales Wahlrecht, den ILM gleich einer der nationalen Banken für alle Banken festzusetzen. Bei einem BI bis 1 Mrd. EUR wird die ILM gleich eins gesetzt und muss nicht ermittelt werden. In allen anderen Fällen ist sie nach einer vorgegebenen Formel zu ermitteln. Die Ermittlung der Kapitalanforderung erfolgt bei Bucket 1 durch Multiplikation des BI mit dem vorgegebenen Koeffizienten α. Bei den beiden anderen Buckets ist zusätzlich noch eine Multiplikation mit dem ILM durchzuführen. Zu beachten ist, dass zusätzliche Verluste bei Instituten mit nur geringen Schäden in der Vergangenheit zu größeren Ausschlägen führen (höhere Sensitivität je kleiner die ILM Quote). Des Weiteren haben einzelne Schadensfälle aufgrund der Durchschnittsbildung i.d.R. nur begrenzte Auswirkungen. Gegenüber den bisherigen Regelungen sind v. a. für Buckets 2 und 3 komplexere Berechnungen sowie umfangreichere Datenerhebungen und Analysen notwendig. Zudem sind künftig auch die internen Verlustdaten offenzulegen. Abb. 2.28 gibt einen Überblick zu den wesentlichen Veränderungen.

2.3.2.7 Regelungen zu Zinsänderungsrisiken im Bankbuch Der Basler Ausschuss hat die Regelungen zur Behandlung der Zinsänderungsrisiken im Bankbuch/Anlagebuch überarbeitet. Auf Basis der Rückmeldungen zu dem im Juni 2015 Operationelles Risiko

Basic Indicator Approach (BIA) Standardised Approach (SA) Advanced Measurement Approach (AMA)

Continuum of Approaches quantitative und qualitative Qualifikationskriterien für Zulassung der jeweiligen Ansätze

neuer Ermittlungsansatz

werden ersetzt durch

bisherige Ermittlungsansätze

Standardised Measurement Approach (SMA) Basis: Business Indicator (BI) 3 Komponenten: - Zins-, Leasing- und Dividendenkomponente - Servicekomponente - finanzielle Komponente Einordnung in drei größenabhängige Buckets (Bucket - BI Range - BI Komponente) bankspezifische interne Verlustdaten (Internal Loss Multiplier (ILM)) >> operationelles Risikokapital (Operational Risk Capital (ORC))

Abb. 2.28  Wesentliche Veränderungen für operationelles Risiko

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

vorgelegten Konsultationspapier „Consultative Document: Interest rate risk in the banking book“ (BCBS  319) wurde der finale Standard „Interest rate risk in the banking book“ (BCBS 368) entwickelt und am 22.04.2016 veröffentlicht. Die Zinsänderungsrisiken im Bankbuch sind im Überwachungsprozess und damit in Säule II beinhaltet. Die grundlegenden Regelungen für einen umfassenden Risikomanagementprozess, der Zinsänderungsrisiken identifiziert, misst, überwacht und kontrolliert, wurden bereits 2004 in dem Dokument „Principles for the Management and Supervision of Interest Rate Risk“ (BCBS 108) vom Juli 2004 festgelegt. Die Quantifizierung der Zinsänderungsrisiken lässt sich auf zweierlei in dem Konsultationspapier dargestellten Wegen bewerkstelligen. Als Option 1 wurde die Einführung einer weiteren Mindestkapitalanforderung in Säule 1 mit einem Standardansatz (IRRBB standardised approach under Pillar 1) diskutiert. Option 2 hatte die Erweiterung des Säule 2 Ansatzes des aufsichtlichen Überwachungsprozesses um eine zusätzliche Erfassung bei der Offenlegung in Säule 3 (enhanced Pillar 2 approach) zum Gegenstand. Im Ergebnis stand die Erkenntnis, dass der Säule 1 Ansatz aufgrund der Heterogenität der Zinsänderungsrisiken und der Komplexität nicht zielführend ist. Aus diesem Grund entschied sich der Basler Ausschuss für die Neuregelung über einen Säule 2 Ansatz. Somit sind die Zins­ änderungsrisiken im Bankbuch auch in Zukunft nicht unmittelbar mit Eigenkapital zu unterlegen. Die Umsetzung auf Basis der im Standard enthaltenen 12 Grundsätze musste bis 01.01.2018 erfolgen. Die nachfolgenden Tabellen (Tab. 2.16 sowie Tab. 2.17) visualisieren diese, unterteilt nach Grundsätzen für Banken sowie für die zuständige Aufsicht. Tab. 2.16  High-Level Principles für Banken High-Level Principles für Banken 1. Behandlung des Das Zinsänderungsrisiko im Bankbuch ist eine wesentliche Risikoart, IRRBB die im Zeitverlauf und bei verschiedenen Zinsen unterschiedlicher Währungen, bei welchen ein Basisrisiko trotz gleichlaufender Zinsbindungen auftreten kann, durch unterschiedliche Fälligkeiten der betrachteten Instrumente und ihnen zugrunde liegende Zinsausprägungen entsteht. Alle neuen zinsbehafteten Produkte und Aktivitäten müssen daher vor ihrer Einführung gesondert identifiziert, gemessen, beobachtet und kontrolliert werden. 2. Verantwortlichkeit Der Aufsichtsrat einer Bank ist für die Überwachung des Managements von Zinsänderungsrisiken in Bankbuch zuständig und sollte daher über ausreichende Kenntnisse zur Ausübung dieser Kontrollfunktion verfügen. Die Risikoüberwachung und das Risikomanagement selbst können an geeignete Experten oder Abteilungen delegiert werden. Die Ausführungs- und Kontrollfunktion sollten von voneinander unabhängigen Einheiten ausgeübt werden. 3. Bestimmung des Der Risikoappetit einer Bank sollte mit Hilfe von Economic Value of Risikoappetits Equity und Earnings-at-Risk-Maßen bestimmt werden. Er wird durch geeignete interne Risikolimits quantifiziert und mindestens jährlich kontrolliert. Zusätzlich wird ein geeignetes System zur Messung des Zinsänderungsrisikos im Bankbuch auf Basis historischer Entwicklungen sowie eine interne, effiziente Berichterstattung benötigt.

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

83

Tab. 2.16 (Fortsetzung) High-Level Principles für Banken 4. Basis für die Basis für die Messung von Zinsänderungsrisiken im Bankbuch bilden Messung des IRRBB Zinsschock-Szenarien sowie die Betrachtung ihrer Auswirkungen auf den Economic Value of Equity und die Earnings-at-Risk. Die entsprechenden Verfahren sind Bankindividuell in Abhängigkeit der jeweiligen Ausprägungen der Risikoarten zu gestalten. 5. Bewertungsannahmen Die bei der Messung der Zinsänderungsrisiken getroffenen Annahmen müssen verständlich und klar dokumentiert sein und regelmäßig getestet und angepasst werden. Bei Positionen mit unbestimmten Fälligkeiten und anderen Geschäften mit Verhaltensoptionen sind deren individuelle Charakteristika und Risiken gesondert zu berücksichtigen. 6. Messung des IRRBB Die Maße und internen und externen Modelle für die Ermittlung des Zinsänderungsrisikos im Bankbuch sind regelmäßig über robuste interne Validierungsprozesse zu überprüfen, welche umfassend dokumentiert werden müssen. Um die Fehlerquote zu reduzieren soll eine automatische Datenanlieferung erfolgen. 7. Internes Reporting Der Aufsichtsrat und die für das Management der Zinsänderungsrisiken im Bankbuch zuständige Abteilung sollten regelmäßige Berichte mit aggregierten und nach Währungen aufgeteilten Daten über die Höhe der Zinsänderungsrisiken und die Hedging-Strategien erhalten. Diese Berichte sollten auch Aussagen über die Einhaltung des internen Rahmenwerkes, verwendete Annahmen, Ergebnisse der Stressszenarien und eventuelle Auffälligkeiten beinhalten. 8. Externes Reporting Von jedem Institut sind Informationen über verwendete Modelle, und Offenlegung getroffene Annahmen, Exposure und Limits zu Zinsänderungsrisiken im Bankbuch an die externen Aufsichtsbehörden zu übermitteln. Zusätzlich sollten die Ergebnisse des Standardverfahrens nach Säule 1 über einen standardisierten Meldebogen offengelegt werden. 9. Internes Kapital Internes Kapital sollte eindeutig dem Zinsänderungsrisiko im Bankbuch zugeordnet werden und dem nach intern entwickelten Methoden bestimmten Risikoappetit entsprechen. Bei der Quantifizierung des internen Kapitals sind u. a. die Hauptrisikoquellen und das Risikoumfeld zu berücksichtigen. Dabei sollte neben der Kapitalunterlegung für das Economic Value of Equity Risiko auch der Aufbau eines geeigneten Kapitalpuffers für erwartete Zinsverluste aus dem Earnings-at-Risk Maß beachtet werden.

Die Grundsätze 1 bis 7 beschreiben die allgemeinen Anforderungen an das Management von Zinsänderungsrisiken,52 die Grundsätze 8 und 9 die Erwartungen an die Offenlegung und den internen Prozess der Prüfung der Angemessenheit der Kapitalausstattung und die Grundsätze 10 bis 12 beziehen sich auf den aufsichtlichen Überwachungsprozess des Zinsrisikomanagements und der Angemessenheit der Kapitalausstattung.  Hierzu gehören die Erwartungen an den Zinsrisikomanagementprozess der Banken, insbesondere die Effizienz bei Identifikation, Messung, Überwachungs- und Kontrollaktivitäten der Zinsänderungsrisiken, vgl. BCBS 368 (2016), S. 1. 52

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Tab. 2.17  High-Level Principles für die Aufsicht High-Level Principles für die Aufsicht 10. Überwachungsprozess Die Aufsicht ist verpflichtet, regelmäßig standardisierte Informationen bzgl. des Zinsänderungsrisikos im Bankbuch der Kreditinstitute zu sammeln, um dadurch eventuell gefährdete Banken zu identifizieren. Dabei sind die Ergebnisse der internen Verfahren und die des Standardverfahrens einander gegenüberzustellen. Materielle Differenzen sollten von der Aufsicht individuell untersucht werden. 11. Ressourcen Die Aufsichtsbehörden müssen über Experten verfügen, die in regelmäßigen Abständen die Ansätze der Banken zur Identifizierung, Messung, Beobachtung und Kontrolle des Zinsänderungsrisikos im Bankbuch bewerten. Dabei sollten auch Vergleiche bezüglich der Komplexität des Geschäftsmodells, Angemessenheit der institutsinternen Leitungs- und Kontrollgremien, Güte der internen Modelle, der ihnen zu Grunde liegenden Annahmen und Methoden und ihrer Validierung, Effektivität von Stresstests und Ausmaß des institutsinternen Zinsänderungsrisikos im Bankbuch beinhalten. 12. Internes Kapital Die Aufsicht muss das intern vorgehaltene Kapital der Institute überwachen. Von zu schwach ausgestatteten Banken kann die Aufsicht eine Aufstellung eines Plans zur Verbesserung des internen Managements des Zinsänderungsrisikos im Bankbuch verlangen. Die Ausreißer können mithilfe des Economic Value of Equity-Maßes (wird ins Verhältnis zum CET1 oder Tier 1-Kapital gesetzt) oder eines unzureichenden generierten Zinsertrages definiert werden. Von diesen Banken kann die Unterlegung des zusätzlichen Kapitals oder eine Minderung des Risikos verlangt werden.

Wesentliche Änderungen bei den IRR Grundsätzen gibt es in den folgenden Punkten: • Detaillierte Regelungen bezüglich der Anforderungen an das Management von Zinsrisiken, insbesondere zur Entwicklung von Schock- und Stressszenarien53 als Grundlage für die Quantifizierung des Zinsänderungsrisikos. Diese beinhalten wesentliche Verhaltens- und Modellierungsannahmen, die bei der Messung zu beachten sind sowie interne Validierungsprozesse der internen Risikomesssysteme und Modelle zur Bestimmung der Zinsänderungsrisiken (Grundsätze 4 bis 6). • Veränderungen bei den unter Grundsatz 8 festgelegten Offenlegungspflichten, um eine höhere Konsistenz, Transparenz und Vergleichbarkeit bei der Messung und dem Management von Zinsänderungsrisiken zu erreichen. So muss der Einfluss eines Zinsschocks auf die Veränderung des Economic Value of Equity (EVE) und des Net Interest Income (NII) auf Basis vorgegebener Zinsschockszenarien offengelegt werden.

 Zinsschock basierend auf Risikoprofil und internem Risikotragfähigkeitsprozess sowie zusätzliche auf historischen und hypothetischen Daten beruhende Zinsstressszenarien und sechs weitere Zinsschockszenarien. Vgl. PwC (2016), S. 44 f. 53

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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• Zum aufsichtlichen Überprüfungsprozess wurden in Grundsatz 11 die Regelungen zu den Faktoren verfeinert, die bei der Beurteilung des Zinsrisikomanagements der Banken zu berücksichtigen sind. Durch neue Regelungen soll die Risikoerfassung verbessert werden. • Die Aufsichtsbehörden müssen ihre Kriterien zur Identifizierung von „Ausreißer“-In­ stituten (Grundsatz 12) veröffentlichen. Der Grenzwert für die Identifizierung als Ausreißer wurde verschärft. Demnach gelten Institute, die bei Anwendung der neu gestalteten Zinsschockszenarien einen Verlust von 15,0 % ihres harten Kernkapitals (zuvor 20,0  % Kernkapital) aufweisen, als „Ausreißer“. In diesem Fall kann die nationale Aufsichtsbehörde zusätzliche regulatorische Kapitalauflagen anordnen. Aufgrund der Verschärfung ist davon auszugehen, dass die Anzahl der „Ausreißer“-Institute mit einem erhöhten Zinsänderungsrisiko zukünftig zunehmen wird. Im Rahmen der Überarbeitung ging es insbesondere um die Sicherstellung einer ausreichenden Kapitalausstattung zur Kompensation von Verlustrisiken im Bankbuch aufgrund von Zinsänderungen. Hierbei sind neben dem allgemeinen Zinsänderungsrisiko auch das Risiko aus Credit Spreads zu berücksichtigen. Des Weiteren sollen – analog zur Überarbeitung der Regelungen zum Handelsbuch – Arbitragemöglichkeiten zwischen Handelsund Bankbuch so weit wie möglich eingeschränkt werden. Der Ansatz wird um ein offenlegungspflichtiges sechsstufiges Standardverfahren zur Messung des Zinsänderungsrisikos ergänzt. Dabei müssen die risikosensitiven Anlagebuchpositionen ermittelt und zu drei verschiedenen Kategorien zugeordnet werden. Darauf aufbauend ist die Veränderung des Economic Value of Equity für sechs vorgeschriebene Zinsschockszenarien zu ermitteln. Davon wird das schlechteste Ergebnis für den Standardansatz als Grundlage für die Beurteilung des Zinsänderungsrisikos verwendet. Bei diesem Verfahren sind künftig auch negative Zinsen zu berücksichtigen. Die folgende Abb. 2.29 zeigt das Standardverfahren zur Messung des Zinsänderungsrisikos und gibt einen Überblick über die weiteren wesentlichen Änderungen bei den Regelungen zum IRRBB. Die hier dargestellten Regelungen führen zu einem Mehraufwand für die Kreditinstitute aufgrund der erweiterten Offenlegungs- und Meldepflichten sowie den komplexen Berechnungen zur Ermittlung der IRRBB Kennzahl.

2.3.2.8 Floor Regelung als Begrenzung des IRBA Der Basler Ausschuss hat im Dezember 2014 unter dem Titel „Capital floors: the design of a framework based on standardised approaches“ (BCBS 306) ein Konsultationspapier zur Einführung neuer, auf den Standardansätzen basierenden Floor-Regelungen mit einer Kommentierungsfrist bis 27.03.2015 veröffentlicht. Dieses Rahmenwerk hat eine wesentliche zusätzliche Komponente des Kapitalrahmenwerks dargestellt. Mithilfe der Capital floors sollte sichergestellt werden, dass das Kapitallevel im Bankensektor nicht unter ein definiertes Mindestmaß fällt. Weitere Ziele waren und sind die Reduzierung von Modellrisiken und Messfehlern interner Modelle sowie die Vergleichbarkeit der ermittelten RWA

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III Zinsänderungsrisiken im Bankbuch - IRRBB IRRBB Kennzahl nach dem Standardverfahren

Erweiterter Säule 2 Ansatz

Standardisierter sechsstufiger Ablaufprozess

aufsichtlicher Überwachungsprozess aus Säule 2 erweitert um zusätzliche Erfassung bei Offenlegung in Säule 3

weniger geeignet Stufe 1

ungeeignet unbefristete Einlagen

geeignet

Verhaltensoptionen

Stufe 2

CF aus Neubewertung - Zuordnung zu einem der 19 Zeitbänder

Stufe 3

Berechnung der Änderung des EVE (6 Szenarien)

Stufe 4

Ergänzung um Änderung der Optionswerte in Szenarien

Stufe 5

Aggregation der Währungen

Stufe 6

Ermittlung der IRRBB Kennzahl

Methodik zur Bewertung der Angemessenheit der Kapitalausstattung Offenlegungsanforderungen

Richtlinien für aufsichtliche Maßnahmen Definition eines einheitlichen Nachschau- und Überprüfungsprozesses

High Level Principles für Banken: - Behandlung des IRRBB - Bestimmung des Risikoappetits - Basis für die Messung des IRRBB - Messung des IRRBB - Externes Reporting und Offenlegung

- Verantwortlichkeit - Bewertungsannahmen - Internes Reporting - Internes Kapital

High Level Principles für die Aufsicht - Überwachungsprozess - Ressourcen - internes Kapital

Abb. 2.29  Veränderte Regelungen zum Zinsänderungsrisiko im Bankbuch (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Seiwald, C./Hämmerle, J. 2018, S. 6.)

und Vermeidung der Variabilität der RWA durch eine Begrenzung von Gestaltungsspielräumen und konsistente Modellierung. Die neuen Capital floors bilden eine Kapitaluntergrenze für interne Modelle unter Berücksichtigung von Ratings. Sie sollen auf den überarbeiteten Standardansätzen zur Messung von Kredit-, Markt- und operationellen Risiken basieren. Die Neuregelung der Capital floors sollte die bis 2017 vorgesehene Übergangsregelung des Basel-I-Floors als bisherige Untergrenze für Mindestkapitalanforderung ablösen. Sie wird vom Basler Ausschuss auch als Ergänzung zur Leverage Ratio gesehen, was in nachfolgender Tab. 2.18 verdeutlicht wird. In dem der Thematik entsprechenden Konsultationspapier wurden zwei verschiedene Ansätze für zukünftige Regelungen dargestellt: • Floor ausgehend von den einzelnen Risikoarten (Kredit-, Markt- und operationelles Risiko, „risk category-based floor“) als Mindestkapitalanforderung pro Risikoart. Dieser Ansatz enthält ein Verbot der Verrechnung zwischen den einzelnen Risikoarten. Je Risikokategorie ist jeweils die höhere Mindestkapitalanforderung aus internem Modell und Standardansatz zu berücksichtigen. • Floor ausgehend von den gesamten risikogewichteten Aktiva („aggregated RWA-based Floor“). Die aggregierte Untergrenze müsste auf einem höheren Niveau festgelegt werden, um für beide Ansätze vergleichbare Mindesteigenmittelanforderungen zu erhalten.

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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Tab. 2.18  Themenfelder von Leverage Ratio und Capital Floors Themen-/Problemfeld • Verwendung niedriger RWAs zur Steigerung des financial leverage • Unerwartet hohe Verluste in Portfolios mit niedrigen RWAs •  Fehlendes Marktvertrauen zu RWAs •  RWA Inkonsistenz und Streuung •  Niedriges Level modell-basierter RWAs • Horizontale Ungerechtigkeit bei risikogewichtetem Kapital

durch risikogewichteten Capital Floor gelöst Nein

durch Leverage Ratio gelöst Ja

Nein

Ja

Nein Ja Ja Ja

Ja Nein Nein Nein

Vgl. BCBS 306 (2014), S. 4 f

Es ist zu berücksichtigen, dass die Höhe der Mindestkapitalanforderungen und der Implementierungsaufwand für die Kreditinstitute stark davon abhängig ist, welches der beiden Verfahren letztendlich eingeführt wird. Das Konsultationspapier stellte zudem zwei alternative Ansätze für die Revidierung der unterschiedlichen Behandlung der Wertberichtigungen im Standardansatz und IRB-­Ansatz vor. Mögliche Ansatzpunkte dazu waren die Anpassung der Kapitalgröße oder die Anpassung der risikogewichteten Aktiva. Die Regelungen zum Floor haben auch einen erheblichen Einfluss auf die Möglichkeiten des Einsatzes interner Modelle. In diesem Zusammenhang hat der Basler Ausschuss am 24.03.2016 das Konsultationspapier „Consultative Document: Reducing variation in credit risk-weighted assets – constraints on the use of internal model approaches“ (BCBS 362) mit einer Kommentierungsfrist bis 24.06.2016 veröffentlicht. Ziel dieses Dokuments war die Reduktion der Komplexität der Risikomodelle sowie der Variabilität der Kapitalanforderungen beim Einsatz interner Modelle. Gleichzeitig sollte die Vergleichbarkeit der Ergebnisse verbessert werden. In dem Konsultationspapier war insbesondere eine Einschränkung der Möglichkeiten zur Anwendung des IRBA bei der Ermittlung der Kreditrisiken vorgesehen. Interne Modelle sollten dabei künftig nur noch für Forderungen im Bereich Retail sowie Forderungen an Unternehmen mit einer Bilanzsumme bis 50  Mrd.  EUR und einem Umsatz bis 200 Mrd. EUR zulässig sein. Für Forderungen an Kreditinstitute, sonstige Finanzinstitute, Spezialfinanzierungen und im Anlagebuch gehaltene Beteiligungen war eine Abschaffung interner Modelle vorgesehen. Für diese wurde stattdessen der auf externen Ratings basierende Standardansatz mit einer internen Due Diligence Prüfung verpflichtend. Die Zulassung interner Modelle sollte künftig auf Portfolios begrenzt werden, welche die folgenden drei Bedingungen erfüllen: • Verfügbarkeit von Daten von angemessener Qualität und Quantität, • Informationsvorteil durch Nutzung eigener Daten und Informationen, welche dem Markt nicht zugänglich sind sowie

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

• Verfügbarkeit validierbarer, robuster und allgemein akzeptierter Modelltechniken. Es ist tendenziell mit einer Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen für Kredite an große Unternehmen zu rechnen. Dies steht im Einklang mit der geringeren Granularität und dem damit verbundenen höheren Klumpenrisiko bei Portfolios aus größeren Forderungen. Um einen Anstieg der gesamten Eigenkapitalanforderungen zu vermeiden, müssten jedoch die Risikogewichte anderer Forderungsklassen gesenkt werden. Auf den im Konsultationspapier zum Credit Valuation Adjustment vom Juli 2015 (BCBS 325) noch vorgesehenen IMA-CVA-Ansatz sollte verzichtet werden. Für das Kontrahentenrisiko sollte eine Untergrenze zum IMM Ansatz auf Basis des Standardeinsatzes eingeführt werden. Eine weitere Neuerung war die Einführung von restriktiveren „Input-Floors“ (Para­ meter-­Untergrenzen) für die anzuwendenden Ausfallwahrscheinlichkeiten, Verlustausfallquoten und Kreditkonversionsfaktoren. Insbesondere für Kredite aus dem „Corporate“-Portfolio kommt es hierdurch zu einem deutlichen Anstieg der RWA von etwa 15,0 % auf knapp 21,0 %. Die dargestellten Regelungen wurden durch „Output-Floors“ als eine an den Standardansatz gekoppelte prozentuale Untergrenze für die IRBA-Kapitalanforderung ergänzt. Diese sollten bei 60,0 % bis 90,0 % liegen. Somit muss der Standardansatz auch bei Anwendung des IRBA parallel implementiert und ermittelt werden. Die Finalisierung des Standards zu den Veränderungen der Interne Modelle Ansätze wurde als Schlüsselelement des Reformprogramms des Basler Ausschusses betrachtet und sollte nach Abschluss von Auswirkungsstudien bis Ende 2016 erfolgen. Das am 07.12.2017 schließlich veröffentlichte Dokument zur Finalisierung des Basel III Regelwerks (BCBS  424) enthält die folgenden finalen Regelungen zur Verwendung interner Modelle. Es beinhaltet den Wegfall des fortgeschrittenen IRBA für • Forderungen an Banken sowie • Forderungen an (mittel-)große Unternehmen mit einem konsolidierten Umsatz > 500 Mio. EUR, unabhängig von deren Bilanzsumme. Für diese Forderungen ist nur noch eine Ermittlung der Kapitalanforderungen nach dem einfachen IRBA (Schätzung PD bei Vorgabe LGD und CCF) oder dem Standardansatz zugelassen. Für Forderungen an Unternehmen mit einem konsolidierten Umsatz von < 500 Mio. EUR, Mengengeschäft, Spezialfinanzierungen und Forderungen an Zentralbanken ist der fortgeschrittene IRBA weiterhin zugelassen. Für Aktienpositionen im Anlagebuch und Beteiligungspositionen ist künftig zwingend der KSA anzuwenden. Daneben wurden die Inputfloors innerhalb des IRBA neu festgelegt. Bei einer eigenen Schätzung der Risikoparameter besteht stets die Problematik der Validierung anzuwen-

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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dender Schätzwerte. Die Mindest-PD erhöht sich von 0,03 % auf 0,05 % bzw. 0,10 % für revolvierende Geschäfte. Die LGD im einfachen IRBA für besicherte und unbesicherte Unternehmensforderungen soll künftig von 45,0 % auf 40,0 % reduziert werden. Der fortgeschrittene IRBA sieht eine LGD von 25,0 % für unbesicherte Positionen vor. Im Mengengeschäft ist künftig eine LDG von 30,0 % bzw. 50,0 % bei unbesicherten Positionen und 0,0 %, 5,0 %, 10,0 % oder 15,0 % bei besicherten Positionen in Abhängigkeit der Besicherungsart vorgesehen. Die Kreditkonversionsfaktoren werden künftig an den Standardansatz gekoppelt. Bei der Schätzung der Parameter soll durch Anwendung des Through the Cycle Verfahrens die Stabilität der Ratings sichergestellt werden. Die Schätzung der PD basiert auf historischen Durchschnittswerten der beobachteten Ein-Jahres-Ausfallraten. Des Weiteren wird eine neue Forderungsklasse qualifizierte Retail Exposures mit Unterscheidung in Transactors (regelmäßige Begleichung der Forderung) und Sonstige neu eingeführt. Der bisherige Multiplikator von 1,06 entfällt künftig für alle Forderungsklassen. Folgende finale Regelungen zum Output Floor sind vorgesehen: • der Standardansatz ist stets zusätzlich zum IRBA zu ermitteln und gemäß Säule 3 offenzulegen, • die Gesamtkapitalunterlegung wird über den Output Floor an den Standardansatz gekoppelt, was zu einer Begrenzung der Ersparnis/Vorteile aus der Verwendung interner Modelle auf max. 27,5 % ab 2028 führt. Der Floor dient als Untergrenze bezogen auf sämtliche nach dem Standardansatz ermittelte RWA und stellt damit einen risikobasierten Backstop dar, der das Ausmaß, in welchem die Kapitalanforderungen im Vergleich zu Standardansätzen gesenkt werden können, limitiert. Das heißt: RWA (IRBA + SA) ≥ min. 72,5 % RWA (SA) sowie • die Einführung des Floors erfolgt stufenweise zwischen 2023 und 2028 wie folgt: • 50,0  % ab 01.01.2023, 55,0  % ab 01.01.2024, 60,0  % ab 01.01.2025, 65,0  % ab 01.01.2026, 70,0 % ab 01.01.2027 und 72,5 % ab 01.01.2028. Künftig dienen die folgenden Standardansätze als Basis bei der Ermittlung des aggregierten Capital Floors für die einzelnen Risikoklassen wie in folgender Tab.  2.19 dargestellt:

Tab. 2.19  Standardansätze zur Floor-Ermittllung Risikoklasse Kreditrisiko Kontrahentenrisiko CVA-Risiko Verbriefungen Marktrisiko Operationelles Risiko

Standardansatz zur Anwendung bei Floor-­ Ermittlung KSA SA-CCR SA-CVA oder BA-CVA oder 100,0 % CCR (SEC-ERBA), SEC-SA oder 1250,0 % FRTB-SA SA für OpRisk

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

2.3.3 Höchstverschuldung/Leverage Ratio Der Basler Ausschuss überarbeitete auch die ursprünglichen Regelungen zur Höchstverschuldungsquote Leverage Ratio. In diesem Zusammenhang wurden im Juni 2013 das Konsultationspapier „Consultative Document: Revised Basel III leverage ratio framework and disclosure requirements“ (BCBS 251) und im Januar 2014 das finale Dokument „Basel III leverage ratio framework and disclosure requirements“ (BCBS 270) veröffentlicht. Schließlich wurde am 06.04.2016 ein weiteres Konsultationspapier „Consultative Document: Revisions to the Basel III leverage ratio framework“ (BCBS 365) mit einer Kommentierungsfrist bis 06.07.2016 herausgegeben. Demnach sollte eine abschließende Kalibrierung bis Ende 2016 erfolgen, so dass ausreichend Zeit für die Übernahme in Säule 1 zum 01.01.2018 bestand. Wesentliche Veränderungen zum bislang finalen Dokument „Basel III: Rahmenregelung für die Höchstverschuldungsquote und Offenlegungsanforderungen“ (BCBS  270) haben die folgende Bereiche betroffen: • Wertpapierfinanzierungsgeschäfte (Securities financing transactions, SFTs) Bilanzielle Forderungen dürfen unter bestimmten Voraussetzungen mit bilanziellen Verbindlichkeiten verrechnet werden und sind zusätzlich zum „regulatorischen“ Betrag zu berücksichtigen. • Sicherheitenanrechnung bei Derivaten Für Derivate-Positionen wird künftig eine Berücksichtigung von Sicherheiten erlaubt. • Gewichtung der außerbilanziellen Positionen Für außerbilanzielle Positionen werden die Gewichtungsfaktoren des Kreditrisikostandardansatzes verwendet. Widerrufliche Kreditzusagen erhalten eine Gewichtung von 10,0 %. • Konsolidierungskreis Hier ist grundsätzlich der aufsichtsrechtliche Konsolidierungskreis maßgeblich. • Frequenz und Art der Kalkulation Es ist eine quartalsweise Meldung der Quartalsendwerte vorgesehen. • Offenlegung Die Basis hierfür bilden Offenlegungstabellen mit einer Überleitungstabelle, welche Effekte aus veränderten Konsolidierungskreisen, nicht berücksichtigtem Treuhandvermögen und sonstige Effekte dokumentieren. Hierzu ist der Ausweis zusätzlicher Positionen erforderlich. Das Konsultationspapier zur Überarbeitung der Regelungen der Leverage Ratio enthielt Vorschläge zu Veränderungen in Bezug auf Behandlung von Derivaten, marktüblichen Käufen und Verkäufen finanzieller Vermögenswerte und Wertberichtigungen sowie Cash Pooling Transaktionen, Verbriefungen und Wertpapierfinanzierungsgeschäften. Weitere Änderungen waren bei den Kreditumrechnungsfaktoren für außerbilanzielle Positionen

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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sowie den Offenlegungsanforderungen vorgesehen. Außerdem sind zusätzliche Anforderungen für systemrelevante Institute intendiert. Eine im November 2015 veröffentlichte Studie der EZB54 zur Leverage Ratio und der Stabilität des Bankensystems zeigte, dass sich die risikounabhängige Leverage Ratio und das risikoorientierte Kapitalrahmenwerk gegenseitig ergänzen. Die Studie untersuchte insbesondere den Zusammenhang zwischen Leverage Ratio, Risikobereitschaft und Stabilität. Im Ergebnis der Studie stand die Erkenntnis, dass die Leverage Ratio ein bedeutender Indikator für die Ausfallwahrscheinlichkeit von Banken ist. Demnach hat die Erhöhung der Leverage Ratio um einen Prozentpunkt eine Verringerung der Ausfallwahrscheinlichkeit um 35,0 % bis 39,0 % zur Folge. Demgegenüber ist ein Anstieg der risikogewichteten Aktiva um einen Prozentpunkt mit einem Anstieg der Ausfallwahrscheinlichkeit um 1,0 % bis 3,5 % verbunden.55 Eine Erhöhung der Leverage Ratio steigert überproportional die Stabilität des Finanzsystems. Der Risikoanstieg aus der Erhöhung der RWA wird durch den Anstieg der Verlustausgleichfähigkeit mehr als aufgewogen. Eine Kalibrierung bei 5,0 % wird in dem Gutachten als plausible regulatorische Größe angesehen. Bei der Kalibrierung sollten die konjunkturabhängige und die strukturelle Dimension beachtet werden. Zudem wird die Konsistenz mit den anderen risikogewichteten Quoten als zentraler Baustein der Kalibrierung betrachtet. Die Auswirkungen sind abhängig von der abschließenden Kalibrierung sowie der jeweiligen Bilanzstruktur und dem Geschäftsmodell des Kreditinstituts. Da die Regelungen zur Ermittlung der Engagementmessgröße für die Leverage Ratio teilweise von denen zur Ermittlung der Kapitalanforderungen abweichen, kann es bei einzelnen Instituten zu einer höheren Kapitalanforderung durch die Leverage Ratio kommen. In diesem Fall wird die Leverage Ratio zur bindenden Kapitalanforderung und kann zu einer Kapitallücke führen. Sie hat demgemäß für das jeweilige Institut eine gegenüber den risikoabhängigen Kapitalanforderungen dominierende Bedeutung.56 Kritisch anzumerken ist, dass die Leverage Ratio tendenziell dazu führen kann, dass das risiko- und damit margenarme Geschäft in riskantere Engagements überführt wird. Das schließlich am 07.12.2017 veröffentlichte Dokument zur Finalisierung des Basel III Regelwerks (BCBS  424) beinhaltet die folgenden finalen Regelungen zur Leverage Ratio. Es erfolgt grundsätzlich eine Festsetzung eines verbindlich einzuhaltenden Mindestwertes der Leverage Ratio von 3,0 %. Sie ergänzt als risikounabhängige Mindestanforderung die risikobasierten Eigenkapitalanforderungen und trägt damit zur Sicherstellung einer Mindestausstattung an Eigenkapital bei. Für G-SIBs wird – je nach Systemrelevanz – ein additionaler Leverage Puffer zusätzlich zur Mindestanforderung neu eingeführt. Dieser beträgt 50,0 % des berechneten risi Studie unter Europäische Zentralbank (2015).  Vgl. ebenda, S. 8. 56  Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2016), S. 73. 54 55

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kobasierten Kapitalpuffers (G-SIB Puffer) und ist ab 2023 in Form von Kernkapital vorzuhalten. Des Weiteren kann die nationale Aufsicht vorgeben, dass Zentralbankguthaben im Falle außer-gewöhnlicher makroökonomischer Umstände für bestimmte Zeiträume zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Geldpolitik nicht in die Engagementmessgröße eingerechnet werden. Gleichzeitig können die allgemeinen Leverage Ratio-Anforderungen erhöht werden. Sollte die Leverage Ratio Mindestanforderung nicht erreicht werden, können Ausschüttungsbeschränkungen angeordnet werden.

2.3.4 Liquiditätsanforderungen Der Basler Ausschuss hat ebenso die Regelungen zur kurzfristigen Liquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio, LCR), zur strukturellen Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio, NSFR) und zur Überwachung des Liquiditätsrisikos aus dem ursprünglichen Liquiditätsrahmenwerk „Basel III: International framework for liquidity risk measurement, standards and monitoring“ (BCBS 188) vom Dezember 2010 überarbeitet und verfeinert.

2.3.4.1 Liquidity Coverage Ratio/Mindestliquiditätsquote Die Grundsätze zur Messung und Steuerung des Liquiditätsrisikos und Mindestanforderungen an die Mindestliquiditätsquote wurden in den Dokumenten „Principles for sound liquidity risk management and supervision“ (BCBS 144) vom September 2008, „Basel III: The Liquidity Coverage Ratio and liquidity risk monitoring tools“ (BCBS 238) vom Januar 2013 und „Basel III: the net stable funding ratio“ (BCBS 295) vom Oktober 2014 festgelegt. Diese Rahmenwerke wurden vom Basler Ausschuss im Januar und März 2014 durch einen gemeinsamen Offenlegungsrahmen für die Mindestliquiditätsquote, „Liquidity coverage ratio disclosure standards“ (BCBS 272) ergänzt. Ziel war es, erhöhte Transparenz bei den regulatorischen Liquiditätsanforderungen sowie eine höhere Marktdiszi­ plin zu erreichen und die Grundsätze für eine solide Steuerung und Überwachung des Liquiditätsrisikos zu untermauern. Durch die ab Januar 2015 geltenden Offenlegungsvorschriften soll zudem eine internationale Vergleichbarkeit der Liquiditätsberichte sichergestellt werden. Im Zuge der Offenlegung der quantitativen Informationen zur Mindestliquiditätsquote (LCR) muss ein einheitliches Schema verwendet werden. Die Daten sind als Durchschnitt der Tageswerte des Vorquartals anzugeben. Bis 2017 durften die Daten auch noch als Durchschnitt von Monatswerten bestimmt werden. Des Weiteren sind die meisten Positionen in Form von gewichteten und ungewichteten Werten der LCR-Komponenten zu melden. Die Berechnung muss nach genau festgelegten Vorgaben erfolgen. Hierzu finden sich im Anhang des BIS-Dokuments zur LCR (BCBS 272) genaue Erläuterungen zu jeder einzelnen Position.

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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Die Angaben in dem einheitlichen Meldebogen sind durch entsprechende qualitative Erläuterungen zur LCR zu ergänzen. Dazu gehören beispielsweise folgende Bereiche: • Hauptfaktoren der LCR-Ergebnisse und Entwicklung des Beitrags der in die LCR-­ Berechnung eingehenden Parameter, • Veränderungen innerhalb des Berichtszeitraumes und im Zeitverlauf, • Zusammensetzung der HQLA, • Finanzierungskonzentrationen, • derivative Positionen und mögliche Sicherheitenanforderungen, • Währungsinkongruenzen in der LCR, • Beschreibung des Konzentrationsgrads des Liquiditätsmanagements und der Interaktion zwischen Geschäftseinheiten sowie • für das Liquiditätsprofil wesentliche sonstige Zu- und Abflüsse bei der LCR-­Berech­ nung, die im LCR-Schema nicht erfasst werden. Diese erweiterten Meldevorschriften führen zu einem Anpassungsbedarf bei der Organisation des Meldewesens, der mit einem administrativen Mehraufwand auf Seiten der Kreditinstitute einhergeht. Dieser wird sich vermutlich bei kleineren Instituten stärker bemerkbar machen als bei großen Banken.

2.3.4.2 Net Stable Funding Ratio/strukturelle Liquiditätsquote Im Januar 2014 wurde vom Basler Ausschuss das Konsultationspapier „Basel III: Strukturelle Liquiditätsquote“ (BCBS  271) mit Regelungen zur strukturellen Liquiditätsquote NSFR veröffentlicht. Darauf aufbauend erschien im Oktober 2014 das Regelwerk „Basel III: the net stable funding ratio“ (BCBS 295). Der Standard trat zum 01.01.2018 in Kraft. Er beinhaltet neue Definitionen und Mindestanforderungen für die beiden zugrunde liegenden Bilanzstrukturkennziffern „Available Stable Funding“ (verfügbare stabile Refinanzierung, ASF) und den „Required Stable Funding“ (erforderliche stabile Refinanzierung, RSF). Die Ermittlung der verfügbaren stabilen Refinanzierung erfolgt in drei Schritten: • Zuordnung aller Passivpositionen zu einer der fünf vorgegebenen ASF-Kategorien (Eigenmittel, stabile, weniger stabile und andere Einlagen und Verbindlichkeiten sowie sonstige Passiva), • Ermittlung des Buchwertes der Positionen sowie • Multiplikation mit dem für die jeweilige ASF-Kategorie vorgesehenen Faktor (100,0 %, 95,0 %, 90,0 %, 50,0 % oder 0,0 %). Neuerungen bei der Ermittlung der verfügbaren stabilen Refinanzierung betreffen insbesondere die Zuordnung zu verschiedenen ASF-Faktoren; sie sind in den folgenden Bereichen zu finden:

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

• Einlagen: zusätzliche Berücksichtigung stabiler Retaileinlagen ohne feste Laufzeit mit einem Haircut von 5,0 % (ASF-Faktor von 95,0 %) und operativer Einlagen von Großkunden mit einem Haircut von 50,0 %, • Repos: Verringerung der Haircuts für reverse Repos von 50,0  % auf 10,0  %, beziehungsweise 15,0 % abhängig von der Sicherheitenkategorie. Darüber hinaus ist auch eine weniger restriktive Behandlung von betrieblichen (operativen), Retail- und KMU-Einlagen vorgesehen. Die Definition der High Quality Liquid Assets wird für LCR und NSFR vereinheitlicht. Die Ermittlung der erforderlichen stabilen Refinanzierung erfolgt in drei Schritten: • Zuordnung einzelner Positionen der Aktiva und außerbilanzieller Risikopositionen je nach Laufzeit und Liquidität zu drei Laufzeitbändern (weniger als 6 Monate, zwischen 6 und 12 Monaten sowie mehr als 12 Monate), • Ermittlung des Buchwertes der Positionen sowie • Multiplikation mit dem für die jeweilige RSF-Kategorie vorgesehenen Faktor (5,0 % für Aktiva Stufe 1, 15,0 % für Aktiva Stufe 2 A, 50,0 % für Aktiva Stufe 2 B, 10,0 % bis 50,0 % für Kredite gegenüber Finanzinstituten mit Restlaufzeit bis zu einem Jahr, mindestens 50,0 % für Risikopositionen gegenüber Firmen- und Privatkunden, etc.). Neuerungen bei der Ermittlung der erforderlichen stabilen Refinanzierung betreffen insbesondere die Zuordnung zu verschiedenen RSF-Faktoren und ergeben sich in folgenden Bereichen: • Neuerungen bei unbelasteten Aktiva, • Neuerungen bei belasteten Aktiva sowie • Neuerungen bei Derivaten. Dabei sind Erleichterungen bei der Gewichtung von Retail- und KMU-Darlehen vorgesehen. Die neuen Regelungen führen in Abhängigkeit des Geschäftsmodells und der Bilanzstruktur des jeweiligen Kreditinstitutes zu Verschärfungen oder Erleichterungen bei den Kapitalanforderungen. Wesentliche Änderungen ergeben sich in folgenden Bereichen: • Im Zuge der Ermittlung der verfügbaren stabilen Refinanzierung (ASF) bleiben innerhalb eines Jahres abfließende zukünftige Cashflows aus dem Positionswert unberücksichtigt. • Bei der Ermittlung der erforderlichen stabilen Refinanzierung (RSF) wird die Anrechnung von Forderungen gegenüber Nicht-Finanzkunden bei der Ermittlung der RSF deutlich reduziert, was zu Erleichterungen bei typischen Geschäftsbanken führen dürfte. • Zusätzliche Belastungen von Positionen der Aktiva mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr führen zu einer deutlichen Erhöhung der Refinanzierungsanforderungen.

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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Auch hier ist zu erwarten, dass es zu einem organisatorischen Anpassungsbedarf und Mehraufwand aufgrund der neu definierten Verfahren zu Ermittlung von verfügbarer und erforderlicher stabiler Refinanzierung (ASF und RSF) sowie den erweiterten Offenlegungs- und Meldevorschriften kommen wird. Die Offenlegungsanforderungen wurden in den folgenden Dokumenten geregelt und veröffentlicht: • Net Stable Funding Ratio disclosure standards (Konsultationspapier BCBS 302 vom 09.12.2014 mit Kommentierungsfrist bis 06.03.2015), • Net Stable Funding Ratio disclosure standards (Finaler Standard BCBS  324 vom 22.06.2015). Additional wurden oben stehende Offenlegungsanforderungen durch folgende Dokumente ergänzt: • Pillar 3 disclosure requirements – consolidated and enhanced framework (Konsultationspapier BCBS 356 vom 11.03.2016 mit Kommentierungsfrist bis 10.06.2016), • Pillar 3 disclosure requirements – consolidated and enhanced framework (Finaler Standard BCBS 400 vom 29.03.2017), • Pillar 3 disclosure requirements – updated framework (Konsultationspapier BCBS 432 vom 27.02.2018 mit Kommentierungsfrist bis 25.05.2018) sowie • Pilar 3 disclosure requirements  – regulatory treatment of accounting provisions (Technical Amendment, BCBS  435 vom 22.03.2018 mit Kommentierungsfrist bis 04.05.2018).

2.3.4.3 Steuerung und Überwachung des Liquiditätsrisikos Seit Einführung von Basel III hat der Basler Ausschuss zusätzliche Dokumente zur Regelung der Steuerung und Überwachung des Liquiditätsrisikos veröffentlicht: • „Basel III: Mindestliquiditätsquote und Instrumente zur Überwachung des Liquiditätsrisikos“ (BCBS 238) vom Januar 2013 und • „Monitoring tools for intraday liquidity Management“ (BCBS 248) vom April 2013. Sie verfeinern und ergänzen die ursprünglichen Regelungen zur LCR und den Instrumenten zur Überwachung des Liquiditätsrisikos sowie dem Management der untertägigen Liquidität. Die Umsetzung der darin enthaltenen Vorgaben obliegt der nationalen Aufsicht. Die Offenlegungspflichten bezüglich der NSFR wurden in zwei weiteren Dokumenten, dem Konsultationspapier „Consultative Document: Net stable Funding Ratio disclosure standards“ (BCBS 302) vom Dezember 2014 und dem finalen Standard „Net Stable Funding Ratio disclosure standards“ (BCBS 324) vom Juni 2015 ergänzend geregelt. Ziel war die Stärkung der Transparenz und der Marktdisziplin sowie die Reduzierung der Marktunsicherheit bezüglich der Einführung der NSFR. Die Offenlegungsstandards müssen seit

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dem 01.01.2018 verpflichtend eingehalten werden und beinhalten bestimmte viertel-, beziehungsweise halbjährliche Offenlegungspflichten. Die genannten Standards enthalten verpflichtend einzusetzende Vorlagen für die Offenlegung sowie Erläuterungen zu den einzelnen darin anzugebenden Positionen. Diese erweiterten Vorgaben zur Überwachung des Liquiditätsrisikos sowie Offenlegungs- und Meldevorschriften können zu einem organisatorischen Anpassungsbedarf führen und gehen mit einem administrativen Mehraufwand für das Meldewesen einher.

2.3.5 Risikomanagement und Bankenaufsichtlicher Überprüfungsprozess Der Basler Ausschuss hat im Januar 2013 mit dem Dokument „Principles for effective risk data aggregation and risk reporting“ (BCBS 239) ein neues Dokument mit Grundsätzen für die Behandlung der Regelungen zum Risikomanagement in Säule 2 veröffentlicht. Das Rahmenwerk hat Auswirkungen auf Datenmanagement, Risikoberichterstattung sowie Validierung und Überwachung und die Systemarchitektur einer Bank. Die gegenüber den bisherigen Vorgaben aus dem Basel-II-Rahmenwerk deutlich erweiterten und verfeinerten Regelungen sind ab 2016 umzusetzen und beinhalten 14 Grundsätze, die sich auf vier eng miteinander verbundene Themenbereiche beziehen: • • • •

Gesamtunternehmensführung und Infrastruktur, Fähigkeit und Ressourcen zur Aggregation der Risikodaten, Methoden der Risikoberichterstattung sowie Aufsichtlicher Überprüfungsprozess, Instrumente der Zusammenarbeit.

Die Grundsätze richten sich vor allem an die globalen systemrelevanten Banken aber auch an systemrelevante Institute auf nationaler Ebene. Sie zielen auf eine weitere Stabilisierung des Bankensystems sowie auf Verbesserungen bei Daten- und Informationssystemen ab. Die Grundsätze 1 und 2 beziehen sich auf die Gesamtunternehmensführung und Infrastruktur: • Governance: Die Ressourcen einer Bank zur Aggregation der Risikodaten und die Methoden zur Risikoberichterstattung sollen von strengen Regelungen abhängig sein, die mit anderen Grundsätzen und Empfehlungen des Basler Ausschusses konsistent sind. • Datenarchitektur und IT-Infrastruktur: Die Datenarchitektur und IT-Infrastruktur sollen so entworfen, implementiert und gepflegt sein, dass sie die Ressourcen zur Aggregation von Risikodaten und Methoden zur Risikoberichterstattung, sowohl unter normalen Bedingungen als auch in Stressphasen oder Krisen vollumfänglich unterstützen.

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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Grundsätze 3 bis 6 beziehen sich auf die Ressourcen zur Risikodatenaggregation: • Genauigkeit und Integrität: Eine Bank soll in der Lage sein, genaue und zuverlässige Risikodaten zu generieren, um die Berichtserstattungsanforderungen unter normalen Umständen und in Stressphasen einzuhalten. Dabei sollte die Aggregation so weit wie möglich automatisiert erfolgen, um die Fehlerwahrscheinlichkeit zu minimieren. • Vollständigkeit: Eine Bank soll in der Lage sein, alle wesentlichen Risikopotenziale innerhalb der Bankengruppe zu erfassen und zu aggregieren. Die Daten sollten nach verschiedenen Kategorien (z.  B.  Geschäftsfelder, Art des Vermögenswertes, Branche und Region) geordnet vorliegen, die für das jeweils betrachtete Risiko relevant sind. • Aktualität: Eine Bank soll in der Lage sein, aggregierte und aktuelle Risikodaten zu erstellen und gleichzeitig die anderen Prinzipien zu berücksichtigen. Das genaue Timing hängt von der Ursache und der Volatilität des gemessenen Risikos sowie der bankspezifischen Häufigkeit der Risikomanagementberichterstattung ab. • Anpassungsfähigkeit: Eine Bank soll in der Lage sein, aggregierte und aktuelle Risikodaten zu erstellen, um einer Reihe verschiedener Anfragen bezüglich der Risikoberichterstattung zu begegnen. Die Grundsätze 7 bis 11 beziehen sich auf die Methoden der Risikoberichterstattung: • Genauigkeit: Die Risikomanagementberichte sollen genau und präzise die aggregierten Risikodaten vermitteln und die Risiken exakt widerspiegeln. Die Berichte sollen abgeglichen und validiert werden. • Umfang: Die Risikomanagementberichte sollen alle wesentlichen Risikobereiche der Organisation abdecken. Die Detailliertheit und der Umfang dieser Berichte sollen mit der Größe und Komplexität des operativen Geschäfts und Risikoprofils der Bank und den Anforderungen der Adressaten konsistent sein. • Klarheit und Nutzen: Risikomanagementberichte sollen Informationen klar und präzise kommunizieren. Berichte sollen einfach zu verstehen, aber umfassend genug für eine fundierte Entscheidungsfindung sein. Berichte sollen die wesentlichen Informationen auf die Bedürfnisse der Adressaten zugeschnitten bereitstellen. • Häufigkeit: Das Management soll die Häufigkeit der Risikoberichterstattung und deren Verteilung festlegen. Die Anforderung an die Häufigkeit soll die Bedürfnisse der Adressaten, den Ursprung des jeweiligen Risikos und seiner Veränderungsgeschwindigkeit widerspiegeln. Außerdem ist die Bedeutung der Berichte für ein solides Risikomanagement und zugehörige Entscheidungsprozesse zu berücksichtigen. Die Häufigkeit sollte während Krisenzeiten erhöht werden. • Verteilung: Risikomanagementberichte sollen unter Sicherstellung einer vertraulichen Behandlung an die zuständigen Stellen verteilt werden.

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Die Grundsätze 12 bis 14 beziehen sich auf die aufsichtliche Überwachung und Instrumente der Zusammenarbeit. Sie stellen keine Anforderungen an Banken dar, sondern sind Empfehlungen an die nationale Aufsicht. • Überwachungsprozess: Die Aufsicht soll eine regelmäßige Überprüfung vornehmen, um die Compliance der Bank gegenüber den zuvor dargelegten Grundsätzen zu beurteilen. • Korrektur- und Aufsichtsmaßnahmen: Die Aufsicht soll geeignete Instrumente und Kapazitäten vorhalten und nutzen, um wirkungsvolle und zeitnahe Korrekturen von Mängeln einer Bank zu fordern und Defiziten bei den Ressourcen der Risikodatenaggregation und den Methoden der Risikoberichterstattung entgegenzuwirken. Die Aufsicht soll die Möglichkeit besitzen, eine Reihe von Instrumenten inklusive Säule 2 zu nutzen. • Grenzüberschreitende Zusammenarbeit: Aufsichtsbehörden sollen im Hinblick auf die Überwachung der Grundsätze und – falls erforderlich – der Implementierung von Korrekturmaßnahmen mit entsprechenden Behörden anderer Länder kooperieren. Entscheidende Handlungsfelder zu den genannten Regelungen sind das Datenqualitätsmanagement, die vollständige Dokumentation, einheitliche Datenklassifizierung sowie die Prozessautomatisierung und der Datenabgleich. Die Umsetzung und Einhaltung der erweiterten Vorgaben erfordert auch die Überprüfung und Anpassung der internen Prozesse (Ablauforganisation) und Entwicklung und Kommunikation der veränderten Arbeitsanweisungen. Um die geforderte Datenqualität und -dokumentation zu gewährleisten, sind umfangreiche Anpassungen der IT notwendig. Des Weiteren müssen die Kreditinstitute einen großen Aufwand in die Etablierung eines adäquaten Risikomanagement- und Risikoberichtsystems investieren. Der im Januar 2015 unter dem Titel „Progress in adopting the principles for effective risk data aggregation and risk reporting“ (BCBS  308) vom Basler Ausschuss veröffentlichte Fortschrittsbericht zeigt die Ergebnisse eines Fragebogens aus dem Jahr 2014. Ziel war es, Problemfelder bei der Umsetzung der Grundsätze 1 bis 11 zu identifizieren und zu beseitigen. Diese waren von den systemrelevanten Kreditinstituten zum 01.01.2016 umzusetzen. Die Ergebnisse zeigen die höchste Compliance bei Grundsatz 8 (Umfang), Grundsatz 9 (Klarheit und Nutzen) und Grundsatz 11 (Verteilung der Berichte). Die geringste Compliance gab es bei Grundsatz 2 (Datenarchitektur und IT-Infrastruktur), Grundsatz 6 (Anpassungsfähigkeit) und Grundsatz 3 (Genauigkeit und Integrität).

2.3.6 Marktdisziplin, Offenlegung und Transparenz Die Offenlegungsanforderungen in Säule 3 wurden bereits mehrfach überarbeitet. Auf Basis des Konsultationspapiers „Consultative Document: Review of the Pillar 3 disclosure

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

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requirements“ (BCBS 286) vom Juni 2014 wurde im Januar 2015 der finale Standard „Revised Pillar 3 disclosure requirements“ (BCBS 309) veröffentlicht. Die darin enthaltenen Regelungen müssen bereits ab Ende 2016 umgesetzt werden. Die Offenlegungsanforderungen beziehen sich auf sämtliche in Säule 1 zu betrachtenden Risikoarten. Ziel der überarbeiteten Regelungen in Säule 3 ist es, die Vergleichbarkeit und Konsistenz der Offenlegungen zu verbessern. Hierzu wurden eine Hierarchie von Offenlegungsanforderungen aufgestellt und feste Vorlagen für die Offenlegung wesentlicher quantitativer Informationen eingeführt. Diese können auch mit qualitativen Kommentaren zu speziellen Umständen und Risikoprofil ergänzt werden. In Abhängigkeit der spezifischen Offenlegungsanforderungen wird eine viertel-, halbjährliche beziehungsweise jährliche Berichterstattung vorgeschrieben. Das Rahmenwerk definiert fünf Grundsätze für die Offenlegungsanforderungen nach Säule 3. Demnach hat die Offenlegung • • • • •

klar, umfassend, bedeutend und aussagekräftig für die jeweiligen Adressaten, im Zeitverlauf konsistent sowie über alle Banken hinweg vergleichbar zu erfolgen.

Am 11.03.2016 wurde hierzu ein weiteres Konsultationspapier „Consultative Document: Pillar 3 disclosure requirements – consolidated and enhanced framework“ (BCBS 356) mit einer Kommentierungsfrist bis 10.06.2016 veröffentlicht. Darin wurden neun neue Offenlegungsanforderungen beschrieben. Sie berücksichtigen u. a. die erforderlichen Anpassungen aufgrund der neuen Total Loss-Absorbing Capacity (TLAC) für systemrelevante Banken sowie der revidierten Regelungen zu Marktrisiken und operationellen Risiken. Geplant waren Erweiterungen des „Revised Pillar 3“ Frameworks sowie weitere Veränderungen und Ergänzungen aufgrund des fortschreitenden regulatorischen Reformprozesses. Des Weiteren sollte eine Konsolidierung aller bestehenden und zukünftigen Offenlegungsanforderungen im Säule-3-Rahmenwerk erfolgen. Das Dokument enthielt bereits Vorschläge zu den jeweiligen Berichtsperioden sowie detaillierte Vorlagen für die Offenlegung in Bezug auf sämtliche Risikobereiche. Die geplanten Änderungen sind in dem am 29.03.2017 veröffentlichten finalen Standard „Pillar 3 disclosure requirements – consolidated and enhanced framework” (BCBS 400) enthalten. In diesem Dokument sind insbesondere die drei folgenden Bereiche geregelt: • Konsolidierung aller existierenden BCBS Offenlegungsanforderungen in das Säule-­3-­ Rahmenwerk Die Offenlegungsanforderungen beinhalten die Zusammensetzung des Kapitals, die Leverage Ratio, die Liquidity Coverage Ratio (LCR), die Net Stable Funding (NSFR),

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

die Indikatoren zur Festsetzung global systemrelevanter Banken (G-SIBs), den antizyklischen Kapitalpuffer, das Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch und Neunummerierungen. • Zwei Erweiterungen zum Säule-3-Rahmenwerk Der Standard führt ein „Dashboard“ mit wesentlichen aufsichtlichen Messgrößen ein, welches den Nutzern der Daten von Säule 3 einen Überblick über die aufsichtliche Position einer Bank vermittelt. Zudem wird eine neue Offenlegungsanforderung für Banken beschrieben, die Einblicke in die jeweilige Berechnungsmethodik der vorsichtigen Wertberichtigungen (prudent valuation adjustments, PVAs) ermöglichen soll, sofern diese angewendet werden. • Revisionen und Ergänzungen zum Säule 3 Standard aufgrund der laufenden Reformen des regulatorischen Grundsatz-Rahmenwerks. Der Standard enthält weitere Offenlegungsanforderungen im Hinblick auf die neu geregelten Standards zum TLAC und dem überarbeiteten Rahmenwerk zum Marktrisiko. Der neue Standard beinhaltet zudem eine umfassende Übersicht zu den jeweiligen Offenlegungsvorschriften für die einzelnen Risiko- und Regelungsbereiche mit den zu verwendenden Vorlagen, Implementierungszeitpunkten und Meldefrequenzen. Der Implementierungszeitraum wurde zwischen Ende 2016 und Ende 2019 festgelegt, bei viertel­ jährlichen, halbjährlichen oder jährlichen Meldefrequenzen. Mit der Veröffentlichung dieses Standards wurde die zweite Phase der Überarbeitung des Säule-3-Rahmenwerks durch den Basler Ausschuss abgeschlossen. Eine überarbeitete Version des zuvor beschriebenen Standards zu den Offenlegungsanforderungen wurde als Konsultationspapier am 27.02.2018 mit einer Kommentierungsfrist bis 25.05.2018 unter dem Titel „Pillar 3 disclosure requirements – updated framework“ (BCBS 432) veröffentlicht. Es beinhaltet Vorschläge für die dritte Phase der Überarbeitung des Säule-3-­ Rahmenwerks und beinhaltet Regelungen zu den folgenden vier Bereichen: • Überarbeitungen und Ergänzungen zum Säule-3-Rahmenwerk aufgrund der Finalisierung des Basel-III-Rahmenwerks In diesem Rahmenwerk sind zusätzliche Offenlegungsanforderungen aufgrund der finalen Regelungen von Basel III im Dezember 2017 enthalten. Diese beinhalten die überarbeiteten Offenlegungsanforderungen für Kreditrisiken, operationelle Risiken, die Leverage Ratio und Credit Valuation Adjustments. Daneben enthält das Konsultationspapier Offenlegungsanforderungen bezüglich der RWA-Berechnung nach dem Standardansatz als Benchmark für die RWA Berechnung auf Basis interner Modelle. Die Offenlegungsanforderungen für Übersichten zu Risikomanagement, RWA und aufsichtliche Schlüsselparameter wurden überarbeitet. • Neue Offenlegungsanforderungen zur Vermögensbelastung (Asset encumberance) Der Basler Ausschuss sieht die Offenlegung von Informationen der Banken zu belastetem und unbelastetem Vermögen als bedeutend für die Nutzer von Säule-3-Daten.

2.3  Wesentliche Inhalte und Veränderungen unter Basel IV

101

Sie geben einen ersten Überblick darüber, in welchem Maß das Kapital der Bank für Gläubiger im Falle einer Insolvenz verfügbar bleibt. Daher wird die Einführung eines neuen Templates vorgeschlagen, in welchem Banken Informationen zu ihrem belasteten und unbelasteten Kapital bereitstellen müssen. • Neue Offenlegungsanforderungen zu Kapitalverteilung bei Auflagen Nutzer von Säule-3-Daten sollen mit Informationen über Kapitalquoten versorgt werden, die sich aus Auflagen nationaler Aufsichtsbehörden zur Kapitalverteilung ergeben würden. Die Offenlegung würde vorrangig Nutzern der Säule-3-Daten befähigen, informiertere Entscheidungen über Risiken eines Couponausfalls bei Kapitalin­ strumenten zu treffen. Dies betrifft insbesondere Aspekte der Preisfindung sowie der Marktstabilität. Die vorgeschlagene Offenlegung kann unter bestimmten Umständen dazu führen, dass ein Kreditinstitut seine Säule 2 Anforderungen offenlegt. • Neufassung/Ergänzung des Einsatzbereiches hinsichtlich Offenlegung der Zusammensetzung des regulatorischen Kapitals Im Rahmen der Konsultation sollte eine Rückmeldung zu den Vor- und Nachteilen einer Ausweitung des Einsatzbereiches der Offenlegung auf die Zusammensetzung des regulatorischen Kapitals im Vergleich zur Beibehaltung des aktuellen Anwendungsbereichs für konsolidierte Gruppen erfolgen. Das erwähnte Konsultationspapier enthält Veränderungen und Ergänzungen zu den in Säule 3 niedergelegten Offenlegungsvorschriften, die auf Grund der Finalisierung des Basel-­III-Rahmenwerks notwendig wurden. Es beinhaltet neue Regularien und Templates für annähernd sämtliche mit Eigenkapital zu unterlegenden Risikoarten. Daneben enthält es einen Überblick darüber, ab wann und in welcher Frequenz die Meldungen für die einzelnen Risikoarten erfolgen müssen. Abhängig von der Risikoart musste die Implementierung spätestens bis Ende 2019, beziehungsweise hat bis zum 01.01.2022 zwingend zu erfolgen. Auf Grundlage des Beschlusses des Basler Ausschusses vom 27.03.2020 wird das Inkrafttreten auf den 01.01.2023 verschoben. Ab diesem Zeitpunkt muss vierteljährlich, halbjährlich oder jährlich eine entsprechende Meldung und Offenlegung erfolgen. Im Zusammenhang mit den Rechnungslegungsvorschriften wurde im März 2018 vom Basler Ausschuss ein technisches Zusatzdokument unter dem Titel „Technical Amendment – Pillar 3 disclosure requirements – regulatory treatment of accounting provisions“ (BCBS 435) mit einer Kommentierungsfrist bis 04.05.2018 veröffentlicht. Es enthält neue Templates für TLAC und Kreditrisiken. Der finale Standard hierzu wurde am 30.08.2018 vom Basler Ausschuss unter dem Titel „Technical Amendment – Pillar 3 disclosure requirements – regulatory treatment of accounting provisions“ (BCBS 446) veröffentlicht. Der Standard beinhaltet zusätzliche Regelungen den zusätzlichen Säule 3 Offenlegungsanforderungen, insbesondere im Hinblick auf Informationen zu den Übergangseffekten und Auswirkungen der erwarteten Wertberichtigungen für das aufsichtsrechtliche Kapital sowie die Zuordnung von Bilanzierungsrückstellungen während der Übergangszeit. Die Regelungen gelten für die Rechtsordnungen, welche die Implementierung eines Modells zur

102

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Berechnung des erwarteten Kreditrisikos (ECL) oder Übergangsregelungen für die aufsichtsrechtliche Behandlung von Bilanzierungsvorschriften vorsehen. Des Weiteren sind finale Templates zu TLAC, Kreditrisiko und Kreditqualität der Vermögenswerte beinhaltet. Die neuen Regelungen sollen bereits zum 01.01.2019 verpflichtend in Kraft treten. Am 11.12.2018 wurde unter dem Titel „Pillar 3 disclosure requirements  – updated framework“ (BCBS 455) die finale Version des überarbeiteten Säule 3 – Offenlegungsrahmenwerks veröffentlicht. Darin wurden die zahlreichen Rückmeldungen zum Konsultationspapier berücksichtigt. Gegenüber dem Konsultationspapier wurden insbesondere An­ passungen in den folgenden Bereichen vorgenommen: • Offenlegungsanforderungen für operationelle Risiken Den geäußerten Bedenken bezüglich der Offenlegung historischer Verluste sowie Informationen zu den historischen Verlusten innerhalb der gesetzlichen Rücklagen wurde durch Änderungen im Template begegnet. Vertrauliche Informationen einschließlich der Informationen zu gesetzlichen Reserven wurden ausdrücklich von der Offenlegungs- und Informationspflicht zu historischen Verlusten ausgenommen. • Offenlegungsanforderungen für CVA-Risiken Die Anforderungen wurden hinsichtlich der Granularität der CVA-Offenlegungspflichten überarbeitet und an einigen Stellen eingeschränkt. Daneben werden Diversifikations- und Netting-Vorteilen im Zusammenhang mit Marktrisiko und Kontrahenten-­ Kreditrisiko in der Gestaltung der Vorlage berücksichtigt. • Offenlegungsanforderungen zu belasteten Vermögenswerten Die vorgesehene erklärende Aufgliederung bei den belasteten Vermögenswerten wurde gestrichen und es liegt künftig im Ermessen der nationalen Aufsichtsbehörde, die Offenlegung einer solchen Aufgliederung zu fordern. Der Unklarheit hinsichtlich der Unterschiede zu den im Rahmen der Liquiditätsoffenlegung geforderten Zahlen zu den belasteten Vermögenswerten wurde durch Anpassungen und weiteren Erläuterungen bei der Definition begegnet. Die Umsetzungsfrist der Offenlegungsanforderungen für belastete Vermögenswerte, Kapital–verteilungsbeschränkungen sowie der aufsichtlichen Behandlung von Problemkrediten wurde um ein Jahr bis Ende 2020 verlängert. Die Offenlegung für die mit Basel III in Verbindung stehenden weiteren Regelungsbereiche muss – analog zum Einführungstermin des Säule-1-Rahmenwerks – bis spätestens 01.01.2022 erfolgen. Auf Grundlage des Beschlusses des Basler Ausschusses vom 27.03.2020 wird das Inkrafttreten auf den 01.01.2023 verschoben. Ergänzend zu den zuvor beschriebenen Anpassungen und Neuerungen des Offenlegungs–rahmens hat der Basler Ausschuss am 13.12.2018 das „Consultative Document – Revisions to leverage ratio disclosure requirements“ (BCBS 456) mit einer Konsultationsfrist bis März 2019 veröffentlicht. Ziel der darin vorgesehenen Änderungen der Offen­ legungsanforderungen der Leverage Ratio ist die Eindämmung des vom Basler Ausschuss als kritisch beobachteten „window dressing“.

2.4  Zusammenfassende Darstellung und vergleichende Gegenüberstellung

103

Die vorgesehenen wesentlichen Anpassungen sehen wie folgt aus: Zusätzlich zu den aktuellen Anforderungen im Rahmen der quartalsweisen Offenlegung sollen für die folgenden Positionen Werte auf Basis täglicher Durchschnittswerte über das Quartal ermittelt und offengelegt werden: • angepasste Brutto-Wertpapierfinanzierungsgeschäfte (SFT) Positionen, • Wiedereindeckungskosten (RC) derivativer Positionen sowie • Zentralbankreserven, die in Bilanzpositionen enthalten sind. Die speziellen Regelungen zur Offenlegung in Bezug auf die Leverage Ratio wurden in dem vom Basler Ausschuss am 26.06.2019 veröffentlichten Standard „Revisions to leverage ratio disclosure requirements“ (BCBS 468) finalisiert. Gegenüber dem Konsultationspapier wurden Anpassungen an den Templates mitsamt Erläuterungen vorgenommen. Die Implementierung der neuen Regelungen soll – in Übereinstimmung mit den weiteren Offenlegungsanforderungen für international tätige Institute – spätestens zum 01.01.2023 erfolgen. Spezielle Regelungen zur Offenlegung von Marktpreisrisiken hat der Basler Ausschuss im Konsultationspapier „Consultative Document: Revisions to market risk disclosure requirements“ (BCBS 484) vom 14.11.2019 mit einer Konsultationsfrist bis 14.02.2020 zur Diskussion gestellt. Es ist zu erwarten, dass die vollständige Einführung und Umsetzung der erweiterten Offenlegungsanforderungen bis 2023 wiederum zu einem hohen Anpassungsbedarf auf Seiten der Kreditinstitute führt. Dabei ist insbesondere mit einem Änderungsbedarf im Bereich der Organisation des Meldewesens zu rechnen.

2.4

 usammenfassende Darstellung und vergleichende Z Gegenüberstellung

2.4.1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede Die folgende Tab.  2.20 gibt einen Überblick über die wesentlichen zuvor dargestellten Veränderungen der Anforderungen nach Basel IV samt deren Zielsetzung und Wirkung. Die Implementierung der finalen Regelungen sollte, wie bereits erwähnt, zum 01.01.2022 erfolgen. Infolge des Beschlusses vom 27.03.2020 erfolgt die Inkrafttretung – größtenteils – indes zum 01.01.2023. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die notwendigen Anpassungen vorzunehmen. Mit dem Ziel, die Auswirkungen auf die Höhe der RWA und die Kapitalquoten abschätzen und darauf aufbauend bereits im Vorfeld strategische Maßnahmen einleiten zu können, sollten antizipativ Proberechnungen durchgeführt werden. Die bisherigen Ausführungen demonstrierten, dass im Zusammenhang mit der Überarbeitung der verschiedenen Ansätze zur Ermittlung der RWA zumeist eine Begrenzung des Rahmens vorgesehen ist, in welchem Banken interne Modelle verwenden können, um die

104

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Tab. 2.20  Übersicht zu Veränderungen nach Basel IV Risikobereich

Veränderungen

Ziel / Wirkung

Veränderungen bei den Kapitalpuffern Finales Papier zu TLAC Holdings vom 07.12.2017

- BCBS 387

Veränderungen:

Kapitalpuffer (TLAC)

Ziel: • Beendigung des „Too-Big-to-Fail“ Problems

• Einführung einer neuen Kapitalkennzahl zur Verlustabsorptionsfähigkeit für G-SIBs

• Sicherstellung ausreichender Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungsfähigkeit

• Einführung TLAC Leverage mit GLAC

Wirkung:

• Schrittweise Einführung zwischen 2019 und 2022 (vollständige Implementierung; KEINE Verschiebung auf 2023!)

• Steigende Kapitalanforderungen von 8 % auf 16 % (ab 01.01.2019) und 18 % (ab 01.01.2022) jeweils zzgl. der weiteren Kapitalpuffer • steigende Leverage-Anforderungen von 3 % auf 6 % (ab 01.01.2019) und 6,75 % (ab 01.01.2022) • Stand 06/2018 bestehen tendenziell noch erhebliche Kapitallücken

Risikobereich

Veränderungen

Ziel / Wirkung

Veränderungen bei risikogewichteten Aktiva

Kreditrisiko

Finales Papier - BCBS 424 vom 07.12.2017

Ziel:

Veränderungen:

• Geringere Variabilität und höhere Vergleichbarkeit der ermittelten Ergebnisse

• Erweiterung der Forderungsklassen • Gesonderte Behandlung gedeckter Schuldverschreibungen, Spezialfinanzierungen und Forderungen an KMU • Verwendung externer Ratings und Risikotreiber • Due Diligence Prüfungspflicht • ECRA und SCRA • Whole Loan Approach und Loan splitting Approach / unechtes Realkreditsplitting • Veränderungen bei Risikogewichten und entsprechende Tabellen zur Ermittlung der Risikogewichte für die einzelnen Forderungsklassen; höhere Granularität! • Bei Verwendung interner Modelle ist zusätzlich die Kapitalanforderung nach Standardansatz zu ermitteln und offenzulegen (Floor) • Einführung zum 01.01.2023

• Höhere Risikosensitivität

• Reduzierung nationaler Wahlrechte

Wirkung: • Je nach Bilanzstruktur des KI und Rating und Besicherung der Forderung • Tendenziell höhere Kapitalanforderungen • Tendenziell abnehmende Bedeutung externer Ratings • Floor führt zu einer Begrenzung der Kapitalersparnis aus Anwendung des IRBA • Personeller und zeitlicher Mehraufwand (erweiterte Meldeund Offenlegungspflichten, Due Diligence Prüfung und zusätzlich vorgeschriebener Ausweis des KSA bei Anwendung des IRBA)

2.4  Zusammenfassende Darstellung und vergleichende Gegenüberstellung

105

Tab. 2.20 (Fortsetzung) Finales Papier - BCBS 303 vom 11.12.2014, revidiert durch BCBS 374 vom 11.07.2016 und ergänzt durch Konsultationspapiere BCBS 413 und BCBS 414 vom 06.07.2017

Ziel:

Veränderungen:

• Höhere Risikosensitivität

• Veränderte Rangfolge der auf internen und externen Ratings basierenden Ansätze

• Geringere Variabilität und höhere Vergleichbarkeit der ermittelten Ergebnisse

• Neue Verfahren: - SEC-IRBA - SEC-ERBA - SEC-SA

SSFA* statt externer Ratings

*SSFA = aufsichtliche Formel zur Risikoermittlung

Verbriefungen

• Mapping Tabellen mit Risikogewichten bei short- und long-term Rating (feinere Abstufung) • In der revidierten Fassung wird insbesondere eine alternative Behandlung für „einfache, transparente und vergleichbare“ Verbriefungen mit niedrigeren Risikogewichten integriert, die in den neuen Konsultationspapieren noch auf kurzfristige Verbriefungen ausgeweitet werden.

• Stärkere Unabhängigkeit von externen Ratings wegen Due Diligence Prüfung

• Anpassung Risikogewichte an Rating der jeweiligen Tranche zur Vermeidung künftiger Fehlentwicklungen • Verringerung von Klippeneffekten Wirkung: • Tendenziell höhere Risikogewichte, RWA sowie Kapitalanforderungen • Personeller und zeitlicher Mehraufwand wegen erweiterter Datenanforderungen und komplexerer Berechnungsmethoden

• Einführung zum 01.01.2018 Ergänzende finale Papiere BCBS 441 und BCBS 442 vom 14.05.2018 • Definition der Kriterien zur Identifikation von kurzlaufenden STC-Verbriefungen • Beschreibung der Kapitalanforderungen für kurzlaufende STC-Verbriefungen Risikobereich

Veränderungen

Ziel / Wirkung

Veränderungen bei risikogewichteten Aktiva (fortgesetzt) Finales Papier - BCBS 279 vom 31.03.2014 Veränderungen:

Kontrahentenrisiko

• Bisherige Standardmethoden (CEM, SM und OEM) werden durch einen neuen Standardansatz (SA-CCR) ersetzt; Interne Modelle Methode (IMM) bleibt erhalten • Wesentliche Elemente: RC, PFE (Multiplikator und Add On) und Alpha-Faktor sowie Netting • Einführung zum 01.01.2017

Ziel:

• Höhere Risikosensitivität • Geringere Variabilität und höhere Vergleichbarkeit der ermittelten Ergebnisse Wirkung:

• Höhere Komplexität (Daten und Berechnungsmethoden) und damit verbunden höherer Ermittlungsaufwand • Tendenziell höhere RWA und steigende Kapitalanforderungen wegen höherer Exposures

106

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Tab. 2.20 (Fortsetzung) Finales Papier - BCBS 424 vom 07.12.2017

• Höhere Risikosensitivität

Veränderungen:

• Einführung von 3 neuen Ansätzen zur Ermittlung des CVA-Risikos: CVA-Standardansatz, CVA-Basisansatz sowie eine vereinfachte Methode für kleinere Transaktionsvolumina (100 % CCR) • Wegfall des interne Modelle Ansatzes IMACVA mit Umsetzung von BCBS 362 und BCBS 424 • Angleichung an Marktrisikorahmenwerk und teilweise Berücksichtigung von Hedges bei Ermittlung des CVA-Risikos als Basis für die Bestimmung der Eigenkapitalanforderungen • Separate Ermittlung der Sensitivitäten für jeden Risikofaktor CVA-Risiko

Ziel:

• 15 Buckets • Tabellen mit Risikogewichten nach Sektor und Rating der Gegenpartei

• Geringere Variabilität und höhere Vergleichbarkeit der ermittelten Ergebnisse • Erfassung aller relevanten Einflussfaktoren (weitere Risikofaktoren) • Angleichung an IFRSRechnungslegungsstandards • Konsistenz mit FRTB Wirkung:

• Mehraufwand wegen höherer Komplexität (Daten und Berechnungsmethoden) • Höhere Kapitalanforderungen in Abhängigkeit von den genutzten Verfahren

• Value at Risk wird ersetzt durch Expected Shortfall • CVA-Risk-Capital-Charge für alle Derivatetransaktionen mit einem Gegenparteiausfallrisiko und marktbewerteten Wertpapierfinanzierungsgeschäften. • Einführung zusammen mit FRTBRahmenwerk zum 01.01.2023 Konsultationspapier - BCBS 488 vom 28.11.2019 geplante Veränderungen: • Anpassungen an Regelungen des FRTB Standards vom Januar 2019 Risikobereich

Veränderungen

Ziel / Wirkung

Veränderungen bei risikogewichteten Aktiva (fortgesetzt) Finales Papier - BCBS 352 vom 14.01.2016 Veränderungen:

• Abgrenzung Handelsbuch und Anlagebuch (Thema Handelsabsicht) • Strengere Regelungen für Umwidmung (verbunden mit Beschränkung des internen Risikotransfers) • Definition von Handelstischen • Neuer Standardansatz mit fünf Bestandteilen: Risikobereiche, Risikofaktoren, Risikopositionen, Buckets und Eigenmittelanforderungen

Ziel:

• Risikosensitivere RWA-Ermittlung • Geringere Variabilität und höhere Vergleichbarkeit der ermittelten Ergebnisse Wirkung:

• Tendenziell steigende Kapitalanforderungen sowohl bei Anwendung des Standardansatzes (+83 %) als auch beim Interne Modelle Ansatz (+45 %)

2.4  Zusammenfassende Darstellung und vergleichende Gegenüberstellung

107

Tab. 2.20 (Fortsetzung) • Expected Shortfall (ES) zuzüglich Ausfallrisiko (DRC) und Add On für Restrisiko (SES) als neues Risikomaß bei internen Modellen • Kalibrierung an gestressten Marktbedingungen (ungünstigstes Zeitintervall seit 2005) • Verschiedene Liquiditätshorizonte

Marktpreisrisiko (FRTB)

• Mehraufwand durch höhere Komplexität und erweiterte Meldeund Offenlegungsanforderungen (Ermittlung von Standard- und Interne Modelle Ansatz) sowie verschärfte interne und externe Anforderungen an Risikomessung und Meldung

• Geänderte Modellabnahmen durch Aufsicht (erweiterte Anforderungen wie HandelstischAnnahmen, Validierung, Backtestings und P&L-Attributionen, Parallelrechnung des Standardansatzes) • Floor auf Basis der Standardmethode (monatliche Ermittlung) Konsultationspapiere – BCBS 408 vom 29.06.2017 und BCBS 436 vom 22.03.2018 Geplante wesentliche Veränderungen:

• Einführung eines vereinfachten alternativen Standardansatzes (R-SbM) • Anpassungen bei Messverfahren, Prozessen zur Prüfung interner Modelle, Risikogewichtungen, Klarstellungen zu Regelungen für interne Modellierung und zum Umfang der einzubeziehenden Positionen • Einführung zum 01.01.2023 Finales Papier - BCBS 457 vom 14.01.2019 Veränderungen:

• Verfeinerungen sowie Klarstellungen in unterschiedlichen Bereichen • Anpassungen bei Vorgaben für die P&LAttribution und Umgang mit NMRF

Risikobereich

Veränderungen

Ziel / Wirkung

Veränderungen bei risikogewichteten Aktiva (fortgesetzt)

Operationelles Risiko

Finales Papier - BCBS 424 vom 07.12.2017

Ziel:

Veränderungen:

• Geringere Variabilität und bessere Vergleichbarkeit der ermittelten Ergebnisse

• Bisherige Standardansätze (BIA, SA und AMA) werden durch den SMA, einen möglichst einfachen und risikosensitiven Standardansatz, ersetzt.

• Höhere Risikosensitivität

• Neuer einheitlicher Standardansatz Wirkung:

108

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Tab. 2.20 (Fortsetzung) Operationelles Risiko

• Einführung Business Indicator mit drei Komponenten (Zins-, Dienstleistungs- und Finanzerträge) • 3 Größenabhängige Buckets, BI Range und BI Komponente  BIC • Interne Verluste als weiterer neuer maßgeblicher Indikator sowie separate Verlustkomponente  ILM = LC * BIC

• Auswirkungen abhängig von Institutsgröße (höher bei großen KI, die bisher AMA genutzt haben) • Mehraufwand durch komplexere Berechnungen und umfangreichere Datenerhebung

• Operational Risk Capital (ORC) = BIC * ILM • Einführung zum 01.01.2023 Finales Papier - BCBS 368 vom 22.04.2016 Veränderungen:

Zinsänderungsrisiko im Bankbuch (IRRBB)

• Einführung eines „Enhanced“ Säule 2 Ansatzes • Änderungen bei IRR Grundsätzen zu Anforderungen an das Management von Zinsrisiken, Offenlegungspflichten und aufsichtlichem Überprüfungsprozess • Messung des Zinsänderungsrisikos anhand von sechs vorgeschriebenen Zinsschockszenarien • Einführung zum 01.01.2018

Risikobereich

Ziel: • Höhere Risikosensitivität • Geringere Variabilität und höhere Vergleichbarkeit der ermittelten Ergebnisse Wirkung: • Mehraufwand aufgrund erweiterter Offenlegungspflichten und komplexen Berechnungen • Gegebenenfalls Erhöhung der Kapitalanforderungen durch zusätzliche regulatorische Kapitalauflagen

Veränderungen

Ziel / Wirkung

Veränderungen bei weiteren Anforderungen

Floor Regelungen und IRBA

Finales Papier: BCBS 424

Ziel:

Vom 07.12.2017

• Höhere Risikosensitivität

Veränderungen:

• Geringere Variabilität und höhere Vergleichbarkeit der ermittelten Ergebnisse

• Einführung von Kapitaluntergrenzen (Output Floors) für interne Modelle und Ratings auf Basis der jeweiligen überarbeiteten Standardansätze ausgehend von den einzelnen Risikoarten • Stufenweise Einführung der Output-Floors (an Standardansatz gekoppelte prozentuale

Untergrenze für die IRBA-Kapital-anforderung) 50 % ab 01.01.2023, 55 % ab 01.01.2024, 60 % ab 01.01.2025, 65 % ab 01.01.2026, 70 % ab 01.01.2027 und 72,5 % ab 01.01.2028 • Stellt eine Ergänzung zur Leverage Ratio dar; vorgesehen ist auch ein Ausgleich der unterschiedlichen Behandlung der • Deutliche Einschränkung der Möglichkeit zurAnwendung interner Modelle bei der Ermittlung der RWA;

• Festlegung von „Input-Floors“ (ParameterUntergrenzen für Ausfallwahrscheinlichkeiten, Verlustausfallquoten und Kreditkonversionsfaktoren) • Einführung ab 01.01.2023

• Sicherung eines Mindestmaßes für Kapitallevel Wirkung: • Auswirkungen insbesondere bei IRB-Instituten zu erwarten

(Begrenzung des Gestaltungsspielraumes); die einzuhaltende Kapitalanforderung ist der höhere Wert aus IRB- und Standardansatz

2.4  Zusammenfassende Darstellung und vergleichende Gegenüberstellung

109

Tab. 2.20 (Fortsetzung) Finales Papier - BCBS 424 vom 07.12.2017

• Höhere Risikosensitivität

Veränderungen: • Veränderungen bei der Behandlung von Wertpapierfinanzierungsgeschäften, der Sicherheitenanrechnung bei Derivaten, Gewichtung außerbilanzieller Positionen, Kalkulations- und Offenlegungsanforderungen

Leverage Ratio

• Kalibrierung bei 3 % • Einführung eines Add Ons für G-SIBs in Höhe der Hälfte des einzuhaltenden regulatorischen G-SIB Kapitalpuffers (und damit abhängig von der Systemrelevanz des Instituts) • Einführung in Säule 1 zum 01.01.2018 • Neue Exposure-Definition und G-SIB Puffer ab 01.01.2023

Risikobereich

Ziel: • Geringere Variabilität und höhere Vergleichbarkeit der ermittelten Ergebnisse • Konsistenz mit den risikogewichteten Quoten • Sicherstellung der Verlustausgleichfähigkeit

Wirkung: • Abhängig von der jeweiligen Bilanzstruktur und Geschäftsmodell des Kreditinstituts sowie dessen Systemrelevanz • Leverage Ratio kann gegebenenfalls zur relevanten Kapitalanforderung werden

Veränderungen

Ziel / Wirkung

Veränderungen bei den Liquiditätsanforderungen

LCR

Finales Papier - BCBS 272 vom Januar und März 2014

Ziel:

Veränderungen:

• Geringere Variabilität und höhere Vergleichbarkeit der ermittelten Ergebnisse

• Vorgabe und Anpassung des Ermittlungsschemas mit einem einheitlichen Meldebogen • Ermittlungs- und Offenlegungsfrequenzen • Einführung zum 01.01.2015

Finales Papier - BCBS 295 vom Oktober 2014 Veränderungen: • Definition neuer Mindestanforderungen von ASF und RSF sowie deren Ermittlung

NSFR

• Festlegung von fünf ASF-Kategorien mit neuen Faktoren • Festlegung von neuen Zuordnungsvorgaben • Einführung zum 01.01.2018

• Höhere Transparenz

Wirkung: • Organisatorischer Anpassungsbedarf und Mehraufwand für die Einhaltung der erweiterten Meldevorschriften

Ziel: • Höhere Risikosensitivität und Transparenz • Geringere Variabilität und höhere Vergleichbarkeit der ermittelten Ergebnisse

Wirkung: • Abhängig von abschließender Kalibrierung und jeweiliger Bilanzstruktur und Geschäftsmodell des Kreditinstituts • Organisatorischer Anpassungsbedarf und Mehraufwand für die Einhaltung der erweiterten Meldevorschriften

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2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Tab. 2.20 (Fortsetzung) Finale Papiere - BCBS 238 vom 07.01.2013 und - BCBS 248 vom 11.04.2013 Ergänzende Papiere in Bezug auf NSFR und Offenlegung: Steuerung und Überwachung Liquiditätsrisiko

Konsultationspapier - BCBS 302 vom Dezember 2014 und Finales Papier - BCBS 324 vom Juni 2015 Veränderungen:

• Detailliertere und ergänzte Vorgaben zu Instrumenten zur Steuerung und Überwachung des Liquiditätsrisikos und Management der untertägigen Liquidität

Ziel:

• Geringere Variabilität und höhere Vergleichbarkeit der Meldedaten • Höhere Transparenz Wirkung:

• Organisatorischer Anpassungsbedarf und Mehraufwand für die Einhaltung der erweiterten Überwachungs- und Meldevorschriften

• Neue Vorlagen und Regelungen für die Offenlegung der Daten zu LCR und NSFR • Einführung ab 01.01.2018 Risikobereich

Veränderungen

Ziel / Wirkung

Veränderungen bei Risikomanagement und aufsichtlichem Überprüfungsprozess (Säule 2) Finaler Standard - BCBS 239 vom Januar 2013 Veränderungen:

Säule 2

• Erweiterung der Grundsätze für die Behandlung der Regelungen zum Risikomanagement (detailliertere Vorgaben) • Regelungsbereiche: - Gesamtunternehmensführung und Infrastruktur - Ressourcen zur Risikodatenaggregation - Methoden der Risikoberichterstattung - Aufsichtliche Überwachung und Instrumente der Zusammenarbeit • Einführung bis 2016

Ziel:

• Geringere Variabilität und höhere Vergleichbarkeit • Sicherstellung eines adäquaten Risikomanagements Wirkung:

• Organisatorischer Anpassungsbedarf und Mehraufwand für Einhaltung der Regelungen

• Fortschrittsbericht BCBS 308 vom Januar 2015

Säule 3

Finales Papier - BCBS 400 vom 29.03.2017, Konsultationspapier - BCBS 432 vom 27.02.2018 und neues finales Papier - BCBS 455 vom 14.01.2019

Ziel:

Veränderungen:

Wirkung:

• Berücksichtigung der veränderten Offenlegungsanforderungen aufgrund der revidierten Regelungen zu den verschiedenen Risikobereichen

• Geringere Variabilität und höhere Vergleichbarkeit der Offenlegung und Transparenz • Organisatorischer Anpassungsbedarf und Mehraufwand für Einhaltung der erweiterten Offenlegungs- und Meldevorschriften

2.4  Zusammenfassende Darstellung und vergleichende Gegenüberstellung

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Tab. 2.20 (Fortsetzung) Konsolidierung aller bestehenden und zukünftigen Offenlegungsanforderungen Erweiterungen um ein Dashboard und die Offenlegung der Prudent Valuation Adjustment

Säule 3

Ergänzungen hinsichtlich der neuen Regelungen in den bis Ende 2017 final geregelten Risikobereichen (TLAC, FRTB, Kreditrisiko, OpRisk, CVA, LR, Floor mit SA als Benchmark, Risikomanagement, regulatorische Schlüsselpositionen) Kapitalbelastung, Kapitalverteilung und Zusammensetzung des regulatorischen Kapitals Weitere Anpassungen bei der Offenlegung in den Bereichen OpRisk, CVA und belastete Vermögenswerte Umsetzung stufenweise bis 01.01.2023 je nach Risikobereich Ergänzung durch spezielle Regelungen zur Offenlegung der Leverage Ratio im finalen Papier - BCBS 468 vom 26.06.2019 sowie spezielle Regelungen zur Offenlegung von Marktpreisrisiken im Konsultationspapier BCBS 484 vom 14.12.2019

für die verschiedenen Risikoarten berechneten Eigenkapitalanforderungen zu senken. Ein vorrangiges Ziel der veränderten Regelungen ist die Einführung von risikosensitiven, standardisierten Ansätzen sowie der Abbau nationaler Wahlrechte, um vergleichbarere und konsistentere Ergebnisse zu erzielen. Dies ist jedoch teilweise mit einer höheren Komplexität verbunden. Zudem wurde deutlich, dass die Banken in Abhängigkeit ihrer Bilanzstruktur und Geschäftsmodelle mit tendenziell steigenden Eigenkapitalanforderungen rechnen müssen. Die Regelungen von Basel III im Jahr 2010 konzentrierten sich auf die Überarbeitung der Anforderungen an die Qualität und Quantität des regulatorischen Eigenkapitals. Die nun finalisierten Regelungen von Basel IV beinhalten die zuvor dargestellten veränderten Ansätze zur Berechnung der RWA für jede Risikoart (Kredit-, CVA-, Kontrahenten- und Marktrisiko sowie operationelle Risiken). Dabei werden die Regelungen aus Basel III übernommen und ergänzt. Durch die neuen Regelungen gab es Veränderungen bei den Verfahren und Methoden zur Risikoermittlung und der Ermittlung der RWA sowie bei den Exposure Definitionen. Dies hat wiederum Auswirkungen auf die Kapitalqualität und -quantität sowie die Zusammensetzung des vorzuhaltenden Kapitals.

112

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Durch die Einführung eines zusätzlichen TLAC Kapitalpuffers als Add On in Höhe der Hälfte des regulatorischen Kapitalpuffers sowie des zusätzlichen Leverage Ratio Add On kommt es zu zusätzlichen Kapitalanforderungen für G-SIBs. Die neu festgelegten Floor-Regelungen und Einschränkungen beim Einsatz interner Modelle sind insbesondere für IRB-Banken von Bedeutung. Ersten Untersuchungen zu den Auswirkungen zu Folge sind die RWA-Änderungen auf Grund der überarbeiteten Standardansätze Instituts-individuell und stark abhängig vom jeweiligen Geschäftsmodell der Banken. Die erwarteten Auswirkungen reichen von -10,0 % bis zu einer Erhöhung um 30,0 %. Insgesamt wird von einem Anstieg der RWA von 1,0 bis 2,5 Mio. EUR (und damit einer Erhöhung der durchschnittlichen RWA der größten europäischen Institute um bis zu 73,0 % von 13,0 % auf 22,0 %) ausgegangen. Die größten Auswirkungen werden im Bereich der Capital Floors und des Kreditrisikos v. a. für Immobilienforderungen und Spezialfinanzierungen erwartet. Für kleinere Banken und Institute mit kleinen IRB-Portfolien wird hingegen eine Reduzierung der RWA durch die Neuregelungen erwartet. Weitere Herausforderungen ergeben sich aus der zunehmenden Komplexität der neuen Standardansätze und den damit verbundenen erhöhten Datenanforderungen. Aus den neuen Regelungen ergeben sich neue Anforderungen an die Daten und damit verbunden auch an die IT und deren Architektur. Mit dem Ziel, die Vollständigkeit und Korrektheit der Daten zu gewährleisten, ist eine stärkere Systemintegration zwischen den Bereichen Rechnungslegung, Risikoberichterstattung und Meldewesen zwingend erforderlich. Das Datenmanagement und der Trend zu einer detaillierteren und häufigeren Berichterstattung betreffen insbesondere die Verfügbarkeit, Verwertbarkeit, Qualität und Flexibilität der Daten. Ein erweiterter Anpassungsbedarf auf Grund der zunehmenden Komplexität und des Trends zu einem immer differenzierteren und übergreifenden Berichtswesen ergibt sich auch im Bereich der Meldewesen-Architektur sowie der Reporting Software und Data Analytics. So werden zum Teil auch neue Tools erforderlich, um zuverlässige Testrechnungen durchführen und regulatorische Reportingprozesse wirkungsvoll und fristgerecht umsetzen zu können. Banken müssen die verbleibende Zeit bis zur abschließenden Implementierung der finalen Regelungen zum 01.01.2022, beziehungsweise 01.01.2023 nutzen, um die Kapital­ bindung in den einzelnen Geschäftsbereichen zu überprüfen und ihr Produkt- und Preisangebot sowie das bestehende Produktportfolio anzupassen. Damit verbunden sind auch Auswirkungen auf die Geschäftsstrategien und Geschäftsmodelle, auf die im folgenden Kapitel noch näher eingegangen wird. Größere Banken und IRB-Institute sollten vor allem die Auswirkungen des neuen Capital Floor betrachten und die Standardansätze optimal implementieren. In diesem Zusammenhang ergibt sich auch ein erhöhter Bedarf an Ressourcen aufgrund des ­Anpassungsbedarfs der bestehenden Modelle, die nach der Rekalibrierung erneut validiert und von der Aufsicht abgenommen werden müssen. Kleinere Institute müssen insbesondere die Infrastruktur und Technologie verbessern, um die mit den komplexeren Standardansätzen verbundenen steigenden Anforderungen an die Menge und Granularität der Daten zu bewältigen.

2.4  Zusammenfassende Darstellung und vergleichende Gegenüberstellung

113

Die strategischen Herausforderungen für alle Banken liegen in den Bereichen Kapitalmanagement (steigende Kapitalanforderungen und Umverteilung des Kapitals), Portfoliostruktur (Optimierung der Portfoliozusammensetzung), Produktpalette (Balance zwischen Auswirkungen der Capital Floors und der Risikobegrenzung) und Rechtsform (rechtliche Struktur und zusätzliche Kapitalauswirkungen aus Beteiligung mit Kapitalanforderungen an Tochtergesellschaften). Eine Quantifizierung der Auswirkungen ist derzeit aufgrund der institutsspezifischen Unterschiede, der teilweise noch umzusetzenden finalen Regelungen sowie der erst bis 2022/2023 (2028) erfolgenden abschließenden Einführung noch nicht möglich. Sie sind abhängig vom jeweiligen Geschäftsmodell, dem Umfang des Einsatzes interner Modelle, dem Marktwettbewerb, Zinsniveau und der Profitabilität. Daher sind individuelle Proberechnungen zwingend erforderlich. Zusammenfassend zeigt die nachfolgende Tab. 2.21 bisher beschlossene Teilbereiche des Basel IV Framework, welche mit Beschluss vom 27.03.2020 vom ursprünglich anvisierten Startpunkt 01.01.2022 auf den 01.01.2023 verschoben werden. Die folgende Abb. 2.30 gibt einen Überblick über die geplante Einführung der neuen Regelungen im Zeitverlauf. Als Abschluss dieses Kapitels wird die Entwicklung der veränderten Regelungen nach Risikobereichen geordnet zusammengefasst dargestellt. Abb.  2.31 zeigt die Dokumente im Zeitverlauf, den jeweiligen Konsultationsstand und die zu erwartenden Einführungs­ termine.

Tab. 2.21  In 2020 beschlossene verschobene Startzeitpunkte für Teilbereiche des Basel IV Framework Standard Überarbeitetes Leverage Ratio-Rahmenwerk und G-SIB Puffer Überarbeiteter Standardansatz für Kreditrisiko Überarbeiteter IRB-Ansatz für Kreditrisiko Überarbeitetes Rahmenwerk für operationelles Risiko Überarbeitetes CVA-­ Rahmenwerk Überarbeitetes Marktrisiko-­ Rahmenwerk Output Floor Überarbeitetes Säule 3 Offenlegungs-Rahmenwerk

ursprüngliches Implementierungsdatum 01.01.2022

überarbeitetes Implementierungsdatum 01.01.2023

01.01.2022

01.01.2023

01.01.2022

01.01.2023

01.01.2022

01.01.2023

01.01.2022

01.01.2023

01.01.2022

01.01.2023

01.01.2022 mit Übergangsregelungen bis 01.01.2027 01.01.2022

01.01.2023 mit Übergangsregelungen bis 01.01.2028 01.01.2023

Abb. 2.30  Einführung der veränderten Regelungen im Zeitverlauf

114 2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Abb. 2.31  Entwicklung der veränderten Regelungen nach Risikobereichen

2.4  Zusammenfassende Darstellung und vergleichende Gegenüberstellung

115

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Abb. 2.31 (Fortsetzung)

116

2.4  Zusammenfassende Darstellung und vergleichende Gegenüberstellung

117

Die Abbildung zeigt die Vielzahl der zwischen 2013 und 2020 vom Basler Ausschuss veröffentlichten Dokumente zu Basel III. Für die meisten der darin geregelten Risikobereiche sind die Regelungen ab 2022/2023 zu implementieren. Die Vielzahl der in Abb.  2.31 dargestellten Einzelstandards wurde von Basler Ausschuss zu einem konsolidierten Framework zusammengefasst. Damit wurden die Leitlinien aus den Einzelstandards von Basel IV holistisch zusammengeführt und ergeben nun ein in sich geschlossenes Rahmenwerk. Demgemäß ist davon auszugehen, dass von Seiten des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht keine neuen fundamentalen Fragestellungen mehr zur Disposition stehen, sondern lediglich Detailfragen nuanciert angepasst werden. Im Rahmen der Entwicklung des konsolidierten Basel Framework hat der Basler Ausschuss am 09.04.2019 zwei Dokumente in einem eigens dafür eingerichteten Bereich auf der BIS-Webseite zur Konsultation veröffentlicht. Das Konsultationspapier „Consolidated Basel Framework“ (BCBS 462) wurde mit einer Kommentierungsfrist bis 09.08.2019 mit Informationen zu Hintergrund, Struktur, Inhalt und Implementierung sowie einem ersten Entwurf für konsolidierte Basel Framework herausgegeben. Der Fokus lag dabei auf der Neuorganisation bestehender Regelungen und verfolgte nicht das Ziel der Einführung neuer Anforderungen. Im Rahmen des Konsolidierungsprozesses wurden einige Ungereimtheiten zwischen den verschiedenen Basler Anforderungen sowie Unklarheiten durch geringfügige meist technische Änderungen und Klarstellungen erledigt. Das Konsultationspapier enthält zudem eine Mapping-Tabelle mit der Überleitung der Einzelstandards inklusive der jeweiligen FAQs in die 14 (mit drei Buchstaben abgekürzten) jeweils in verschiedene Kapitel unterteilten Standards des Gesamtrahmenwerks, die in der nachfolgenden Abb. 2.32 vereinfacht dargestellt wurde. Die Abbildung gibt einen Überblick über den Aufbau des konsolidierten Frameworks, die wesentlichen Inhalte sowie die wichtigsten in die einzelnen Standards einfließenden wesentlichen Einzelstandards. Neben einer integrierten Suchfunktion besteht über eine sogenannte ‚Time Traveller‘ Funktion die Möglichkeit, sich die zu einem bestimmten historischen oder zukünftigen Zeitpunkt gültigen Regelungen anzeigen zu lassen. Unter Berücksichtigung der Rückmeldungen im Rahmen der Konsultation wurde vom Basler Ausschuss am 16.12.2019 der finale Standard „Launch of the consolidated Basel Framework“ (BCBS 491) veröffentlicht. Dieser fasst die Änderungen gegenüber dem zur Konsultation gestellten Consolidated Basel Framework zusammen. Diese betreffen kleinere Änderungen und Klarstellungen v. a. bei der Terminologie, der Referenzierung oder den Templates in einzelnen Teilbereichen. Die Struktur bleibt unverändert. Im Zuge der Konkretisierung der finalen Regelungen, haben die Kreditinstitute bis 2022/2023 Zeit, um sich auf die neuen Anforderungen und Vorgaben vorzubereiten. Aufgrund der teilweise sehr komplexen und umfassenden neuen Regelungen sollte demgemäß möglichst zeitnah mit der Umsetzung begonnen werden. Hierfür empfiehlt es sich, zunächst Proberechnungen durchzuführen um festzustellen, inwieweit es zu einem zusätzlichen Kapitalbedarf oder strategischem Anpassungsbedarf kommt. Die konkreten Herausforderungen sind dabei in Abhängigkeit der Geschäftsmodelle und individuellen strategischen Voraussetzungen der jeweiligen Kreditinstitute zu identifizieren.

118

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Standard SCO Anwendungsbereich und Definitionen

CAP Kapitaldefinition

RBC risiko-basierte Kapitalanforderungen

CRE RWA Kalkulation für Kreditrisiken

MAR RWA Kalkulation für Marktrisiken

OPE RWA Kalkulation für operationelle Risiken

LEV Leverage Ratio

LCR Liquidity Coverage Ratio

NSF Net Stable Funding Ratio

LEX Großkredite / Large Exposure

MGN Margin Anforderungen

SRP Aufsichtlicher Überwachungsprozess

DIS Offenlegungsanforderungen

Konsolidiertes Basel Framework wesentliche Quelldokumente Inhalte BCBS 128

BCBS 255

Geltungsbereich des regulatorischen Baseler Rahmenwerks

BCBS 445

Kriterien für Kapitalinstrumenten zur Erfüllung der Baseler Kapitalanforderungen, notwendige reg. Anpassungen und Übergangsregelungen

BCBS 189 BCBS 128

BCBS 189

BCBS 233

BCBS 255

BCBS 424

BCBS 445

BCBS 128

BCBS 266

BCBS 282

BCBS 279

BCBS 374

BCBS 424

BCBS 128

BCBS 159

BCBS 193

BCBS 189

BCBS 457

BCBS 128

BCBS 424

BCBS 270

BCBS 424

Rahmenwerk für risiko-basierte Kapitalanforderungen Vorgaben zur Berechnung der Kapitalanforderungen für Kreditrisiken Vorgaben zur Berechnung der Kapitalanforderungen für Markt- und CVA Risiko Vorgaben zur Berechnung der Kapitalanforderungen für operationelles Risiko Einfache, transparente nicht risikobasierte Leverage Ratio Begrenzung der Verschuldungsquoten; Ergänzung der risiko-basierten Anforderungen Vorgaben zur LCR als Messgröße zur Förderung der Widerstandsfähigkeit des Liquiditätsrisikoprofils

BCBS 238

Vorgaben zur NSFR verlangen ein stabiles Refinanzierungsprofil im Verhältnis der Zusammensetzung ihrer Vermögenswerte und außerbilanziellen Aktivitäten

BCBS 295

BCBS 283

Großkreditregelung zur Limitierung des max. Verlusts bei plötzlichem Gegenparteiausfall Messung der Position ggü. GP oder GVK

BCBS 317

Mindeststandards für Margin Anforderungen für Derivate ohne zentrales Clearing zur Reduzierung des systemischen Risikos

BCBS 128

BCBS 157

BCBS 238

BCBS 309

BCBS 400

BCBS 455

BCP Kernprinzipien für wirksame Bankenaufsicht

BCBS 233

BCBS 230

BCBS 248

BCBS 368

Aufsichtlicher Überwachungsprozess nach Säule 2 zur Sicherstellung einer angemessenen Kapital- und Liquiditätsausstattung zur Deckung aller Geschäftsrisiken Offenlegungsanforderungen zur Stärkung der Marktdisziplin Umfassender Standard als solide Basis für Regulierung, Aufsicht, Governance und Risikomanagement im Bankensektor

Abb. 2.32  Überführung der Einzelstandards in das Consolidated Framework (RFC Professionals 2019)

2.4  Zusammenfassende Darstellung und vergleichende Gegenüberstellung

119

2.4.2 U  ntersuchung der Wirksamkeit des Kennzahlengefüges nach Basel IV Ein im Auftrag der Deutschen Kreditwirtschaft erstelltes Gutachten zur Leverage Ratio aus dem Jahr 2016 kommt unter anderem zu dem folgenden Ergebnis: „Die durchgeführten Auswirkungsstudien zu Basel III deuten allerdings darauf hin, dass bereits eine Leverage Ratio in Höhe von 3,0 % in vielen Fällen zur bindenden Eigenkapitalvorschrift wird, d. h. nicht als Backstop- sondern als Frontstop-Kennziffer wirkt. Das Basel III-Monitoring der Deutschen Bundesbank ergab, dass die Leverage Ratio im Durchschnitt aller in die Untersuchung einbezogenen Institute eine höhere Kapitalanforderung mit sich bringt als die risikobasierten Kapitalanforderungen. Ähnliche Ergebnisse erbrachte das Comprehensive Assessment der EZB für zahlreiche Banken in anderen wichtigen Volkswirtschaften des SSM. Ein niedriges durchschnittliches Risikogewicht haben typischerweise Banken, die in hohem Maße risikoarme Assets halten, wie z. B. durch Grundpfandrechte oder Wertpapiere besicherte Kredite sowie Wertpapiere erstklassig gerateter Emittenten.“57 Die Rangfolge der Kennzahlen ist stark abhängig von der jeweiligen Geschäfts- und Risikostrategie des Kreditinstituts. Tendenziell ist davon auszugehen, dass für Kreditinstitute mit einem risikoarmen Portfolio eher die Leverage Ratio als die auf der RWA basierten Kapitalquoten und Kapitalanforderungen zu einem begrenzenden Faktor werden. Eine hierzu im März 2018 veröffentlichte Auswirkungsstudie zeigte, dass lediglich 1,6 % der teilnehmenden Institute nach Erreichung der RWA-basierten Kapitalquoten (inklusive der zusätzlichen Anforderungen für G-SIBs) noch nicht die Mindestquote der Leverage Ratio von 3,0 % erreichen. Für 0,5 % der Institute war die Kernkapitalquote eine bindende Größe. 97,8  % erfüllten sowohl die Leverage Ratio als auch die Kernkapitalquoten.58 Zwischen der RWA und der Leverage Ratio existiert ein Multiplikator von 2,83 (8,5 % ÷ 3 %). Dieser Zusammenhang wird durch die diagonale Linie im folgenden Schaubild verdeutlicht. Banken oberhalb dieser Linie haben die Leverage Ratio als begrenzenden Faktor. Banken unterhalb dieser Linie werden durch die RWA-basierten Kapitalanforderungen begrenzt. Die Auswirkungsstudie gelangt zu dem Ergebnis, dass die Gruppe 1-Banken tendenziell häufiger durch die RWA-basierten Kapitalanforderungen begrenzt werden als durch die Anforderungen der Leverage Ratio. Umgekehrt werden die Gruppe 2-Banken etwas häufiger durch die Anforderungen der Leverage Ratio beschränkt. Bei Gruppe 1-Banken haben Kernkapitallücken aufgrund der Leverage Ratio keinen Einfluss auf die Kernkapitallücken zur Erfüllung der RWA-basierten Mindestkapitalanfor-

 Hartmann-Wendels, T. (2016), S. IV f.  Vgl. BCBS 433 (2018), S. 41.

57 58

120

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Anteil der Beschränkung durch Kernkapitalanforderung und / oder Leverage Ratio 80 %

80 %

80 % Gruppe 1 Banken

G-SIBs

Gruppe 2 Banken

70

70

70

60

60

60

50

50

50

40

40

40

30

30

30

20

20

20

10

10

10

2011

2012

2013

2014

2015

2016 2017

2011

2012

2013

2014

2015

2016 2017

2011

2012

2013

2014

2015

2016 2017

risikobasierte Kernkapitalanforderung und Leverage Ratio nur risikobasierte Kernkapitalanforderung

Abb. 2.33  Anteil der Banken mit Beschränkung durch Kapitalanforderung und Leverage Ratio (BCBS 433 2018, S. 43.)

derungen. Bei Gruppe 2-Banken kommt es hingegen durch die Leverage Ratio zu einer Erhöhung der Kapitallücken für das Kernkapital. Die folgende Abb.  2.33 zeigt den Verlauf des Anteils der durch die risikobasierten Kernkapitalanforderungen und/oder die Leverage Ratio beschränkten Institute aufgeteilt nach Gruppe 1-Banken, G-SIBs und Gruppe 2-Banken. Auffällig ist, dass G-SIBs zwischen 2011 und 2013 noch deutlich stärker beschränkt wurden als Gruppe 1- und Gruppe 2-Banken. Im weiteren Verlauf nimmt der Anteil der Institute mit Beschränkungen jedoch deutlich schneller ab. Nur durch die Leverage Ratio alleine wurde keines der untersuchten Institute begrenzt. Zu den Auswirkungen der neuen Floor-Regelungen liegen noch keine abschließenden Untersuchungen vor. Es ist davon auszugehen, dass die Regelungen sich insbesondere bei den Instituten, welche die Kapitalanforderungen derzeit vorwiegend auf Basis interner Modelle ermitteln, auswirken werden. Diese zumeist größeren Institute (Gruppe 1-­Banken) müssen sich auf höhere Kapitalanforderungen aufgrund der Begrenzung der Möglichkeiten zur Reduzierung der Kapitalunterlegung durch die Anwendung interner Modelle ­einstellen. Die genauen Auswirkungen sind institutsindividuell zu ermitteln und stark vom jeweiligen Portfolio und Geschäftsmodell abhängig. Die RWA als Basis für die Kapitalunterlegung wird hierdurch tendenziell steigen, sodass die RWA-basierten Kapitalanforderungen tendenziell stärker zur bindenden Größe werden. Kleinere Institute verwenden in der Regel die Standardansätze. Hier sind für diese Gruppe insgesamt keine wesentlichen Erhöhungen der RWA zu erwarten.

2.4  Zusammenfassende Darstellung und vergleichende Gegenüberstellung

121

Die Untersuchungen zur LCR zeigen, dass insbesondere die Gruppe 1-Banken und G-SIBs die in 2012 noch sehr hohe Kapitallücken zur Erfüllung der Anforderungen bereits 2014 bzw. 2015 schließen konnten. Gruppe 2-Banken hatten von Anfang an nur sehr geringe oder gar keine Kapitallücken. Die LCR der Gruppe 2-Banken war zudem im Zeitverlauf stets höher als jene der Gruppe 1-Banken und G-SIBs. Die Untersuchungen zur NSFR zeigen, dass insbesondere die Gruppe 1-Banken und G-SIBs, welche in 2012 und 2013 noch sehr hohe Kapitallücken zur Erfüllung der Anforderungen aufwiesen, diese seit 2014 immer weiter reduzieren konnten. Auf Basis der Daten des ersten Halbjahres 2017 konnte die Kapitallücke sogar nahezu geschlossen werden. Gruppe 2-Banken hatten 2012 und 2013 noch geringe Kapitallücken, welche seit Ende 2013 nahezu vollständig geschlossen wurden. Im Zeitverlauf ist eine nahezu parallele Entwicklung der NSFR über alle betrachteten Bankengruppen zu beobachten. Die Quote der Gruppe 1-Banken lag dabei stets leicht unterhalb der Quote der Gruppe 2-Banken und G-SIBs. Die folgende Abb. 2.34 zeigt jeweils den Verlauf der LCR und NSFR sowie der jeweiligen Kapitallücken seit 2012 im Vergleich. Die Grafik zeigt bei Gruppe 1-Banken und G-SIBs eine nahezu parallele Entwicklung bei den Kapitallücken sowie den Quoten der LCR und NSFR im Zeitverlauf. Die VerändeEntwicklung der LCR und der NSFR sowie der damit verbundenen Kapitallücken imVergleich Mrd € 600

540

Gruppe 1 Banken

G-SIBs

Gruppe 2 Banken

% 480 %

160 %

Mrd €

Mrd €

140

420

140

120

360

120

360

120

360

100

300

100

300

100

300

80

240

80

240

80

240

60

180

60

180

60

180

40

120

40

120

40

120

20

60

20

60

20

60

2012

2013 LCR

2014

2015

2016

2017

140

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2012

2013

2014

2015

2016

2017

NSFR

Abb. 2.34  Entwicklungen zu LCR und NSFR sowie der damit verbundenen Kapitallücken (Eigene Darstellung, in Anlehnung an BCBS 433 2018, S. 52.)

122

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

rung der LCR im vom zweiten Halbjahr 2014 auf das erste Halbjahr 2015 kann insbesondere mit der zu diesem Zeitpunkt vorgenommenen Anpassung der Definition der hochliquiden Aktiva (HLQA) erklärt werden. Gruppe 2-Banken hatten bereits 2012 eine deutlich höhere LCR-Quote sowie deutlich geringere Kapitallücken als die Banken der anderen Gruppen. Dies kann damit begründet werden, dass diese Banken in der Regel eine geringere Handelsaktivität am Markt aufweisen. Des Weiteren verfügen insbesondere Retail-Banken mit einer Refinanzierung der ausgereichten Kredite über Kundeneinlagen tendenziell über einen höheren Bestand an Positionen der hochliquiden Aktiva. Eine Festlegung einer eindeutigen Rangfolge der verschiedenen beschriebenen Mindestanforderungen kann aufgrund der Vielzahl darin zu berücksichtigender institutsindividueller Gegebenheiten nicht erfolgen. Zu beachten ist grundsätzlich die hohe Anzahl und Komplexität der Mindestkenngrößen. Hieraus ergeben sich die Schwierigkeit einer konsistenten holistischen Steuerung nach einem übergreifenden Ansatz sowie das Risiko einer Fehlsteuerung aufgrund der hohen Wechselwirkungen.

2.4.3 Aktuelle Diskussionen und Entwicklungen Im folgenden Abschnitt werden einige aktuelle Diskussionen und Entwicklungen auf­ gezeigt. Basel III sollte ursprünglich bis 2019 vollständig eingeführt sein. Ende Dezember 2017 wurde schließlich die Implementierung der finalen Regelungen ab 2022 beschlossen. Es stellt sich die Frage, was in der verbleibenden Vorbereitungszeit bis 2022, respektive 2023 noch zu tun ist und welche Änderungen zu beachten sind? PwC stellt in der Veröffentlichung „Basel IV“: Big Bang oder „the endgame of Basel III“ die folgenden wesentlichen Herausforderungen in dieser Zeit dar:59 • Anpassungsbedarf bei Geschäftsmodellen, Risiko- und Geschäftsstrategien (Überarbeitung der Ansätze zur RWA Berechnung; generell ist in allen Risikoarten mit RWA-An­ stieg zu rechnen), • Zunehmende Komplexität der neuen Standardansätze führt zu einem erheblichen Implementierungsaufwand, • Neue Ansätze sind mit umfangreichen Datenanforderungen verbunden (z.  B. detaillierte Daten zu Immobiliensicherheiten (KSA), Marktdatengranularität und historische Daten für Nutzung interner Marktrisikomodelle, …), • Starker Anstieg der Meldepflichten gegenüber Aufsichtsbehörden (höhere Frequenz) sowie • IT-Infrastruktur (neue Generation der Daten- und Reporting-Tools und Software).  Vgl. PwC (2017).

59

2.4  Zusammenfassende Darstellung und vergleichende Gegenüberstellung

123

Die Diskussionen seit der Veröffentlichung des finalen Regelwerks zu Basel III Anfang Dezember 2017 beziehen sich insbesondere auf die folgenden Bereiche: • Forderung nach strikter und nachhaltiger nationaler Umsetzung der Basler Regelungen Die vollständige nationale Umsetzung/Implementierung von Basel III ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass diese Regelungen auch die gewünschte Wirkung erzielen können. Sie wird durch den laufenden aufsichtlichen Überwachungsprozess RCAP überwacht. Im Rahmen des RCAP erfolgt die Überwachung und Nachprüfung, ob Standards von den nationalen Behörden vollständig und konsistent umgesetzt wurden. Dabei werden sämtliche Abweichungen vom Rahmenwerk dokumentiert. (1200 Abweichungen; 2/3 der Mitglieder haben RWA Standards konform oder weitgehend konform umgesetzt) Der RCAP wird auch in Zukunft eine Schlüsselrolle bei der Sicherstellung der Implementierung der finalisierten Basel III Reform wie vom Komitee beschlossen einnehmen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich aus den Ergebnissen der laufenden Monitorings noch ein weiterer Änderungs-/ Anpassungsbedarf ergibt. Im Rahmen der aufsichtlichen Überwachungsaktivitäten ist ebenso auf eine Weiterentwicklung der Effektivität/Wirksamkeit bei einer Reduzierung der übermäßigen Variabilität der risikogewichteten Aktiva (RWA) zu achten. Hierzu muss der Basler Ausschuss damit fortfahren, auftretende Risiken zu beobachten und zu bewerten. • Künftige Behandlung der bislang noch privilegierten Staatsanleihen Nach den Regelungen von Basel III besteht eine privilegierte Behandlung von Forderungen gegenüber Staaten in Form eines Risikogewichtes von Null im Rahmen des Kreditrisikostandardansatzes. Demnach entfällt die Kapitalunterlegung. Einer fehlenden Diversifizierung von Staatsanleihenportfolios in Folge nicht berücksichtigter Kredit- und Konzentrationsrisiken soll durch die Regulierung entgegengewirkt werden. Hierzu sind in dem vom Basler Ausschuss im Dezember 2017 mit einer Konsultationsfrist bis 09.03.2018 veröffentlichten Diskussionspapier „The regulatory treatment of sovereign exposures“ (BCBS 425) die folgenden drei Reformelemente vorgesehen: –– Bessere Abgrenzung staatlicher Schuldner, –– Kapitalunterlegung von Kredit- und Konzentrationsrisiken über vom Rating abhängige Risikogewichte sowie von der jeweiligen Forderungshöhe abhängige zusätzliche Risikogewichte sowie –– Weiterhin bevorzugte Behandlung von Forderungen gegenüber Zentralstaaten. Diskutiert wird die Übertragung auch auf nachgelagerte staatliche Stellen, beispielsweise verbunden mit einem Unterstützungskriterium oder einem Autonomiekriterium. Die Auswirkungen auf die Kapitalanforderungen sind institutsindividuell und in Abhängigkeit von Art und Höhe des Bestandes an Staatsanleihen sowie der abschließenden Regelungen zu ermitteln und zu untersuchen. Dabei werden die geplanten Neuregelungen insbesondere bei Instituten mit hohen Beständen an Staatsanleihen zu einem ggf. deutlichen Anstieg der Kapitalanforderungen führen.

124

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

Eine fakultative Offenlegung des Bestandes an Staatsanleihen wurde vom Basler Ausschuss auch im Konsultationspapier „Consultative Document: Voluntary disclosure of sovereign exposures“ (BCBS 485) vom 14.12.2019 mit einer Konsultationsfrist bis 14.02.2020 zur Diskussion gestellt. • Proportionalität bei der Bankenregulierung Die deutsche Aufsicht und die Kreditwirtschaft haben im November 2017 einen Vorschlag zur Proportionalität vorgelegt. Hierdurch sollen v. a. kleine und mittelständische Banken spürbar im Hinblick auf Beachtung und Anwendung neuer Regularien entlastet werden. Die Anforderungen an Höhe und Qualität des Eigenkapitals oder die obligatorischen Liquiditätsregeln sollen dabei beibehalten werden. Zur Entlastung der kleineren Banken sind regulatorische Erleichterungen bei den Melde- und Offenlegungspflichten sowie den Vergütungsregeln geplant. In einem gemeinsamen Positionspapier der Industrie- und Handelskammern in Bayern, des Bayerischen Bankenverbandes, Genossenschaftsverbands Bayern und Sparkassenverbands Bayern wird gefordert, die Anforderungen der Regulierungsvorgaben für nicht systemrelevante, kleine und mittlere Institute deutlich zu vereinfachen. ­Entsprechende Veränderungen und Erleichterungen sind bereits in den finalisierten Dokumenten zur CRD V und CRR II umgesetzt bzw. vorgesehen. Neben den Erleichterungen wird auch eine Überprüfung der Regulierungsvorschriften auf ihre Effektivität im Hinblick auf die angestrebte Finanzmarktstabilität und auf die Auswirkungen bezüglich der Kreditversorgung der Unternehmen und der Wirtschaft gefordert. Auch die Finanzplatz München Initiative fordert in ihrem Positionspapier „Für eine funktionsfähige Mittelstandsfinanzierung: Mehr Proportionalität in der Bankenregulierung“ vom 27.03.2018 eine stärkere Ausrichtung der Regulierung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit weg von dem Gedanken „One Size Fits All“. Hierzu sollen die von der Deutschen Kreditwirtschaft erarbeiteten Vorschläge für eine abgestufte Anwendung regulatorischer Anforderungen in drei Schritten weiterverfolgt und übernommen werden: 1. „Kleine, nicht komplexe Institute“ müssen klar umrissene Anforderungen erfüllen. Notwendig ist eine „Positivliste“, die auf einzelne Artikel/Anforderungen innerhalb des vollständigen aufsichtlichen Regelwerkes verweist. Für diese Gruppe sollte ein vereinfachtes Meldeverfahren mit einem deutlich reduzierten Satz von Kennzahlen für Mindestkapital- und Liquiditätsvorschriften (verringerte Anforderungen an Meldefrequenz und Umfang) erarbeitet werden. Zudem wird gefordert, die Regelungen zur Leverage Ratio und Net Stable Funding Ratio für diese Institutsgruppe nicht anzuwenden. 2. „Mittelgroße Institute“ werden von bestimmten regulatorischen Anforderungen ausgenommen. Für diese Gruppe sollen reduzierte Anforderungen bezüglich Umfang und Frequenz der Meldungen gelten. Offenlegungsberichte sollen entfallen. Für die Net Stable Funding Ratio soll eine vereinfachte Form gelten. Auf eine MREL Ermittlung, Meldung und Offenlegung soll verzichtet werden.

2.4  Zusammenfassende Darstellung und vergleichende Gegenüberstellung

125

3. „Systemisch bedeutende Institute“ unterliegen dem vollständigen europäischen aufsichtsrechtlichen Regime. Die Umsetzung der hier geforderten Erleichterungen soll auf europäischer Ebene erfolgen. Es bleibt abzuwarten, welche Einigung hierzu erreicht werden kann. Im Sinne einer Wettbewerbsgleichheit sollte darauf geachtet werden, die Vorschläge soweit wie möglich umzusetzen. • Streit in den USA hinsichtlich der Lockerungen bei Dodd Frank Act/Deregulierung in den USA • In den USA sind Tendenzen einer Deregulierung zu erkennen. So hat Präsident Donald Trump im Mai 2018 veranlasst, dass die im Dodd-Franc-Act für die Einordnung der Institute als systemrelevant vorgesehene Bilanzsumme von 50  Mrd.  Dollar auf 250 Mrd. Dollar erhöht wird. Hierdurch können insbesondere kleinere Institute bis zu dieser Grenze wieder mehr Risiken eingehen. Die für Europa diskutierten Summen sind deutlich niedriger, was zu einem Nachteil für die Wettbewerbsfähigkeit für europäische Banken führt. Der Vorstoß der USA könnte auch die europäischen ­Aufsichtsbehörden unter Druck setzen, Lockerungen vorzunehmen, um Wettbewerbsnachteile zu vermeiden. Dies wird durch das folgende Zitat von Bankenexperte Wolfgang Gerke deutlich: „Es ist durchaus denkbar, dass man hier gezwungen wird, aus Wettbewerbsgründen dann auch zu liberalisieren. Das wäre ein dramatischer Fehler, denn die nächste Finanzkrise würde das wesentlich wahrscheinlicher machen. Und dann ist die Frage, wie viele Banken das überleben würden.“60 Mit den neuen Regelungen verfolgt der Basler Ausschuss unter anderem die Ziele einer Stärkung des Vertrauens in das Finanzsystem. Die Variabilität der RWA soll verringert und gleichzeitig die Vergleichbarkeit verbessert werden. Ob diese Ziele durch die abschließende Implementierung erreicht werden können, wird sich erst im Zeitverlauf herausstellen. Der Basler Ausschuss sollte in jedem Fall dafür offen bleiben, zu entscheiden, ob zusätzliche Messungen oder Überarbeitungen existierender Messverfahren eine Reduzierung der RWA Variabilität gewährleisten. Zu beachten ist außerdem die höhere Komplexität bei den Standardansätzen, welche insbesondere die kleineren Institute vor erhebliche neue Herausforderungen stellt. Es bleibt abzuwarten, inwieweit es diesbezüglich noch zu erneuten Änderungen kommt. Die Regelungen in Säule 1 und 2 sind seit Dezember 2017 weitgehend finalisiert. Aktuell werden noch Anpassungen in Säule 3 diskutiert. Der Basler Ausschuss muss weiterhin wachsam gegenüber konjunkturellen und strukturellen Risiken sein und die Reaktion der Banken auf die Reformen beobachten. Dies zeigt die Bedeutung der Aufsicht als Werkzeug der Regulierung. Ein Thema von besonders hoher Relevanz ist das Cyberrisiko aufgrund der zunehmenden Abhängigkeit des Bankensystems von der Informationstechnologie, verbunden mit steigenden operationellen Risiken. Banken mit operationell belastbaren Syste Ehrhardt, M. (2018).

60

126

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

men, Mitarbeitern, Prozessen und Technologien können sich besser an aufkommende Schocks anpassen und erhalten die Erbringung kritischer Finanzdienstleistungen aufrecht. Es wird derzeit beobachtet und geprüft, ob in diesem Zusammenhang zusätzliche Messungen benötigt werden. Der Basler Ausschuss wird aufmerksam die Reaktionen der Banken auf die abgeschlossenen Reformen beobachten, obgleich insbesondere einige vorwiegend technische Themen noch einer abschließenden Diskussion bedürfen. Des Weiteren wird auch auf die Entwicklung jeglicher Optimierungs- oder Arbitragetechniken, die nicht den Standards entsprechen, geachtet. Die Regulierung umfasst auch eine Reihe von Messgrößen zur Unterstützung einer strengen Aufsicht, wie zum Beispiel Grundsätze und Leitlinien für Corporate Governance, Risikodaten-Aggregation, adäquate Behandlung von Vermögenswerten, die Behandlung schwacher Banken sowie eine überarbeitete Reihe wesentlicher Grundsätze für eine effektive Bankenaufsicht. Weitere Verbesserungen der Aufsichtspraktiken und Grundsätze der Aufsicht sollen vorangetrieben werden.

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BCBS 374: Revisions to the securisation framework, July 2016, https://www.bis.org/bcbs/publ/ d374.pdf. BCBS 387: TLAC Holdings – Amendments to the Basel III standard on the definition of capital, October 2016, https://www.bis.org/bcbs/publ/d387.pdf. BCBS 400: Pillar 3 disclosure requirements – consolidated and enhanced framework, March 2017, https://www.bis.org/bcbs/publ/d400.pdf. BCBS 408: Consultative Document: Simplified alternative to the standardised approach to market risk capital requirements, June 2017, https://www.bis.org/bcbs/publ/d408.pdf. BCBS 413: Capital treatment for simple, transparent and comparable short-term securisations, July 2017, https://www.bis.org/bcbs/publ/d413.pdf. BCBS 414: Criteria for identifying simple, transparent and comparable short-term securisations, July 2017, https://www.bis.org/bcbs/publ/d414.pdf. BCBS 424: Basel III: Finalising post-crisis reforms, December 2017, https://www.bis.org/bcbs/ publ/d424.pdf. BCBS 425: Discussion paper: The regulatory treatment of sovereign exposures, December 2017, https://www.bis.org/bcbs/publ/d425.pdf. BCBS 429: Technical Amendment – Basel III: Treatment of extraordinary monetary policy operations in the Net Stable Funding Ratio, December 2017, https://www.bis.org/bcbs/publ/d429.pdf. BCBS 432: Consultative Document – Pillar 3 disclosure requirements – updated framework, February 2018, https://www.bis.org/bcbs/publ/d432.pdf. BCBS 433: Basel III Monitoring Report, March 2018, https://www.bis.org/bcbs/publ/d433.pdf. BCBS 435: Technical Amendment  – Pilar 3 disclosure requirements  – regulatory treatment of accounting provisions , March 2018, https://www.bis.org/bcbs/publ/d435.pdf. BCBS 436: Consultative Document Revisions to the minimum capital requirements for market risk, March 2018, https://www.bis.org/bcbs/publ/d436.pdf. BCBS 441: Criteria for identifying short-term „simple, transparent and comparable“ securitisations, May 2018, https://www.bis.org/bcbs/publ/d441.pdf. BCBS 442: Capital treatment for simple, transparent and comparable short-term securisations, May 2018, https://www.bis.org/bcbs/publ/d442.pdf. BCBS 445: Global systemically important banks: revised assessment methodology and the higher loss absorbency requirement, July 2018, https://www.bis.org/bcbs/publ/d445.pdf. BCBS 446: Technical Amendment  – Pillar 3 disclosure requirements  – regulatory treatment of accounting provisions, August 2018, https://www.bis.org/bcbs/publ/d446.pdf. BCBS 455: Pillar 3 disclosure requirements – updated framework, December 2018, https://www.bis. org/bcbs/publ/d455.pdf. BCBS 456: Consultative Document – Revisions to leverage ratio disclosure requirements, December 2018, https://www.bis.org/bcbs/publ/d456.pdf. BCBS 457: Minimum capital requirements for market risk, January 2019, https://www.bis.org/bcbs/ publ/d457.pdf. BCBS 457: The market risk framework In brief, January 2019, https://www.bis.org/bcbs/publ/d457_ inbrief.pdf. BCBS 457: Explanatory note on the minimum capital requirements for market risk, January 2019, https://www.bis.org/bcbs/publ/d457_note.pdf. BCBS 462: Consolidated Basel Framework, April 2019, https://www.bis.org/bcbs/publ/d462.pdf. BCBS 468: Revisions to leverage ratio disclosure requirements, June 2019, https://www.bis.org/ bcbs/publ/d468.pdf. BCBS 484: Consultative Document: Revisions to market risk disclosure requirements, November 2019, https://www.bis.org/bcbs/publ/d484.pdf.

134

2  Von den Anfängen bis zur Finalisierung von Basel III

BCBS 485: Consultative Document: Voluntary disclosure of sovereign exposures, November 2019, https://www.bis.org/bcbs/publ/d485.pdf. BCBS 488: Credit Valuation Adjustment risk – targeted revisions, November 2019, https://www.bis. org/bcbs/publ/d488.pdf. BCBS 491: Launch of the consolidated Basel Framework, December 2019, https://www.bis.org/ bcbs/publ/d491.pdf.

3

Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

3.1

Allgemeine Wirkungsmechanismen/Auswirkungen

Zur Untersuchung der Auswirkungen von Basel III werden vom Basler Ausschuss seit 2010 regelmäßig halbjährliche Auswirkungsstudien auf Ebene aller Mitgliedsstaaten durchgeführt. Für die folgenden Ausführungen wurden die Ergebnisse des „Basel III Monitoring Report“ (BCBS 426) vom Dezember 2017 verwendet. Die in diesem Report enthaltenen Informationen soll relevante Stakeholder mit einer verwertbaren Benchmark für Analysen und Schätzungen zu den Auswirkungen der letzten Reformen vom Dezember 2017 versorgen. Dabei wird die vollständige Implementierung der finalen Basel III Anforderungen zugrunde gelegt. Es wurden keine Annahmen zur Profitabilität oder Verhaltensweisen sowie Veränderungen des Bankkapitals oder der Zusammensetzung der Bilanz im Zeitverlauf getroffen. Daneben werden zusätzliche Kapitalanforderungen aus Säule 2, die Kapitalpuffer-Anforderungen oder TLAC Anforderungen für national systemrelevante Banken, nicht berücksichtigt.

3.1.1 Kapitalquoten Für die Auswirkungsstudie werden bereits heute die ab 2022/2023 geltenden Anforderungen zu Grunde gelegt. Das durchschnittlich mindestens vorzuhaltende Kernkapital bei Gruppe 1-Banken sinkt um 0,5 % wohingegen die Anforderungen bei Gruppe 2-Banken um 3,8 % ansteigen. Die durchschnittlichen risikobasierten Kapitalquoten erhöhen sich bei Gruppe 1-Banken um 0,2  % und bei Gruppe 2-Banken um 0,1  % in Abhängigkeit des jeweiligen nationalen Implementierungsstandes.

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Zirkler et al., Controlling und Basel IV in der Unternehmenspraxis, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31352-4_3

135

136

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

Der Vollständigkeit halber muss einschränkend angeführt werden, dass die betrachtete Auswahl an Gruppe 1- und Gruppe 2-Banken aufgrund der verschiedenen Geschäftsmodelle und regionaler Verteilung weder einheitlich noch direkt vergleichbar sind. Die Effekte variieren zwischen den Kreditinstituten. Einige Banken werden höheren Kapitalanforderungen gegenüberstehen. Unter den Gruppe 1-Banken wird der aggregierte zusätzliche Kapitalbedarf bei 27,6 Mrd. EUR an hartem Kernkapital und 90,7 Mrd. EUR an Gesamtkapital betragen. Der größte Teil dieser Kapitallücken ist den G-SIBs zuzurechnen. Dieser Kapitallücke steht ein Ergebnis nach Steuern von 198,3 Mrd. EUR gegenüber. Es ist zu beachten, dass lediglich die künftigen Überschüsse von Instituten mit bestehenden Kapitallücken zur Schließung eben dieser Kapitallücke genutzt werden können, sofern nicht über Außenfinanzierungsvorgänge frisches haftendes Kapital beschafft werden kann. Die Kapitallücke bei den Gruppe 2-Banken wird sich im Vergleich zum aktuellen Level bei vollständiger Implementierung der Regelungen vom Januar 2016 leicht reduzieren. Die folgende Tab. 3.1 zeigt die zuvor beschriebenen Durchschnittswerte der Veränderungen sowie die daraus resultierenden Kapitallücken. Die Bandbreite der voraussichtlichen Veränderungen mit 50,0 % der Werte, die zwischen der 25,0 % und 75,0 % Perzentile liegen, ist bei Gruppe 1-Banken zwischen -7,5 % und 12,9  % bei einem Median von 1,0  %. Bei G-SIBs zeigt sich eine höhere Schwankungsbreite bei einem Median von 9,7 %. Gruppe 2-Banken lassen hingegen ein sehr enges Schwankungsintervall bei einem Median von 4,7 % erkennen. Die Ergebnisse zur Untersuchung der Veränderungen berücksichtigen die Gesamtveränderung der Mindestanforderung an Kernkapital einschließlich der risikobasierten Anforderungen und der Leverage Ratio. Der Report enthält auch eine Aggregation der Veränderungen der risikobasierten Mindestkapitalanforderungen sowie der Mindestkapitalanforderungen bezogen auf die Leverage Ratio.

Tab. 3.1  Veränderungen der Kapitalquoten und Kapitallücken

Anzahl an Banken Gruppe 1 71 Banken davon 27 G-SIBs Gruppe 2 42 Banken BCBS 426 (2017)

Veränderung der Tier 1 Mindestanforderungen davon gesamt risikobasiert 0,2 -0,5

Veränderung CET1 Kapitalquote (in Prozentpunkten) 0,2

-1,4

-0,9

3,8

0,9

Kombinierte Kapitallücken (in Milliarden EUR) CET1 27,6

Tier 1 Gesamt 56,4 90,7

0,3

27,6

55,4

85,7

0,1

0,3

0,8

1,4

3.1  Allgemeine Wirkungsmechanismen/Auswirkungen

137

Der Rückgang der Mindestanforderungen an Kernkapital von 0,5  % bei Gruppe 1-­Banken setzt sich zusammen aus einer Erhöhung um 0,2 % durch risikobasierte Komponenten v. a. aufgrund der Kreditrisiken (1,4 %) und der Outputfloors (1,9 %) sowie einer Reduktion der Anforderungen für operationelle Risiken (3,0 %). Der Anstieg wird vollständig durch eine Reduzierung des zur Einhaltung der Leverage Ratio Anforderungen notwendigen Mindestkapitals um 0,7 % kompensiert. Dies zeigt, dass die Leverage Ratio bei Vorhandensein eines Output-Floors vergleichsweise weniger beschränkend wird. Die Ergebnisse für die Untergruppe der G-SIBs zeigen hingegen vergleichsweise höhere Auswirkungen beim Kreditrisiko und geringere Auswirkungen bei den Outputfloors. Dies führt auch zu einer geringeren Reduzierung durch die Leverage Ratio Komponente. Es zeigt sich jedoch auch eine stärkere Reduzierung beim operationellen Risiko. Bei den Gruppe 2-Banken ergibt sich die Erhöhung der Mindestanforderung beim Kernkapital um 3,8 % sowohl aus den risikobasierten Messgrößen (0,9 %) als auch der Leverage Ratio (2,9 %), welche die bei den risikobasierten Anforderungen bereits berücksichtigte Reduzierung der Output-Floor Anforderungen (-1,9 %) vollständig aufhebt. Eine im März 2019 veröffentlichte Auswirkungsstudie zeigt ermittelte kombinierte Kapital- und Leverage Ratio-Lücken, basierend auf dem Datenbestand zum 30.06.2018, wie nachfolgende Tab. 3.2 visualisiert. Demnach haben sich die Kapitallücken im Zeitraum zwischen Mitte 2017 und Mitte 2018 deutlich reduziert. Gleichzeitig ist ein leichter Anstieg der Kapitallücken bei den Gruppe 2 Banken zu erkennen, während sich die Kapitallücken bei den Gruppe 1-Banken und G-SIBs deutlich reduziert haben. Zu beachten ist indes, dass die zwischenzeitlich erfolgte Veröffentlichung der Regelungen zu Basel IV Auswirkungen auf die Mindestkapital anforderung aufweisen und lediglich in oben zitierter Auswirkungsstudie vom März 2019 berücksichtigt wurden. Demgemäß ist ein Vergleich mit den Werten vom Dezember 2017 aus der Tab. 3.1 nur eingeschränkt möglich. Die Vergleichbarkeit wird ferner ebenso durch die unterschiedlichen zugrunde liegenden teilnehmenden Banken erschwert. Allgemein setzt sich die hingegen Tendenz der Reduzierung der Kapitallücken weiter fort. Die folgende Abb.  3.1 veranschaulicht die Funktionsweise bei der Aggregation der risiko-­basierten und Leverage Ratio Mindestkapitalanforderung. Dabei werden die folgenden beiden Beispielfälle zugrunde gelegt: Beispiel 1 zeigt ein Institut, welches zunächst durch die Leverage Ratio begrenzt wird. Das zur Deckung der Leverage Ratio Anforderung vorgehaltene Kernkapital wird mit der zusätzlichen risiko-basierten Mindestkapitalanforderung verrechnet. Die Umschichtung Tab. 3.2  Kombinierte Kapital- und Leverage Ratio-Lücken

Gruppe 1-Banken davon G-SIBs Gruppe 2 Banken BCBS 461 (2019), S. 18

Kombinierte Kapitallücken (in Milliarden EUR) CET1 Tier 1 7,0 10,6 7,0 10,3 2,2 2,3

Gesamt 12,6 12,0 1,4

138

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

Abb. 3.1  Aggregation der Veränderungen risikobasierter und Leverage Ratio basierter Mindestkapitalanforderungen (BCBS 426 (2017), S. 10; vgl. ebenso BCBS 461 (2019), S. 29.) Tab. 3.3  Kernkapitalveränderungen auf Zielebene

Gruppe 1- Banken davon G-SIBs Gruppe 2- Banken

Gesamt-Ver- Risikobasierte Kapitalanforderungen änderung der davon Anzahl Tier 1 MindestanOperationelles Output Leverage an Floor Ratio Banken forderungen gesamt Kreditrisiko Risiko 71 0,2 1,4 1,9 -0,5 -3,0 -0,7 27

-1,4

-0,9

1,8

-4,1

1,3

-0,4

42

3,8

0,9

2,2

0,6

-1,9

2,9

BCBS 426 (2017), S. 11

wird auch als negativer Effekt aus dem Kernkapital der Leverage Ratio bezeichnet und dient dazu, eine Doppelabbildung zu vermeiden. Beispiel 2 zeigt ein Institut, welches zunächst durch die Leverage Ratio begrenzt wird. In diesem Fall ist der Beitrag der Leverage Ratio die bereinigte zusätzliche Leverage Ratio Mindestkapitalanforderung (LR*). Der Umschichtungseffekt aus dem risiko-basierten Kernkapital (LR) kann hierbei positiv oder negativ sein. Die nachstehende Tab. 3.3 gibt einen Überblick über die zuvor beschriebenen zu erwartenden Auswirkungen der neuen Regelungen zu Kreditrisiko, operationellem Risiko, Ouput-­Floor und Leverage Ratio. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede bei den verschiedenen Bankengruppen. Im Vergleich gelangt die Auswirkungsstudie vom März 2019 auf die in der folgenden Tab. 3.4 dargestellten Ergebnisse. Die Werte sind nur sehr eingeschränkt vergleichbar, auf-

3.1  Allgemeine Wirkungsmechanismen/Auswirkungen

139

Tab. 3.4  Kernkapitalveränderungen auf Zielebene

Gruppe 1- Banken davon G-SIBs Gruppe 2- Banken

Anzahl an Banken 80

Gesamt-Ver- Risikobasierte Kapitalanforderungen davon änderung der Tier 1 OperatioMindestannelles Output forderungen gesamt Kreditrisiko Risiko Floor 1,7 6,8 6,8 2,8 -0,6

28

1,5

5,9

5,9

-0,9

1,5

-0,2

67

8,3

15,9

7,8

1,3

5,2

-7,0

Leverage Ratio -1,5

BCBS 426 (2017), S. 11

grund der geänderten zugrundeliegenden Zusammensetzung der teilnehmenden Banken sowie der zwischenzeitlich veränderten, beziehungsweise angepassten regulatorischen Vorgaben zur Ermittlung der risikobasierten Kapitalanforderungen zum ­Kreditrisiko, operationellen Risiko und Output Floor sowie der finalen Übernahme der Leverage Ratio in Säule 1. Signifikante Änderungen zeigen sich insbesondere beim Kreditrisiko durch den neuen Kreditrisikostandardansatz. Dieser führt sowohl bei Gruppe 1-Banken und G-SIBs als auch bei Gruppe 2-Banken zu deutlichen Erhöhungen der risikobasierten Kapitalanforderungen. Die deutliche Erhöhung der risikobasierten Kapitalanforderung zum Output Floor bei den Gruppe 2-Banken könnte mit der Erweiterung des Kreises der teilnehmenden Gruppe 2-Banken mit Nutzung interner Modelle erklärt werden. Der deutliche Rückgang der Anforderung bei der Leverage Ratio könnte mit den insgesamt gestiegenen risikobasierten Kapitalanforderungen in Verbindung gebracht werden. Hierdurch wirkt sich die Leverage Ratio weniger begrenzend aus als bisher. Die Übernahme der Leverage Ratio von Säule 2 in Säule 1 führt aktuell auch zu Umstrukturierungsmaßnahmen bei den Banken. Insgesamt ist die Veränderung als Momentaufnahme zu betrachten. Es ist davon auszugehen, dass die Leverage Ratio zukünftig wieder zu einem stärker beschränkenden Faktor wird, sobald mögliche Optimierungen bezüglich der risikobasierten Kapitalanforderungen abgeschlossen sind. Die folgende Abb. 3.2 zeigt die jeweiligen Veränderungen ausgehend vom aktuellen Niveau für die verschiedenen Bankengruppen. Die Ergebnisse berücksichtigen nicht die Veränderungen aufgrund der überarbeiteten Rahmenwerke für Verbriefungen und CVA-Risiken. Diese führen zusammen zu Veränderungen von 3,4 % (Gruppe 1-Banken) und 1,6 % (Gruppe 2-Banken) bei den Mindestanforderungen des Gesamtkapitals. Nachstehend werden die geschätzten Auswirkungen auf die risikobasierten Quoten für hartes Kernkapital, für die Kernkapitalanforderungen der Leverage Ratio und die Kapitallücken für Gruppe 1-Banken, G-SIBs und Gruppe 2-Banken dargestellt.

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute G-SIBs

103

103

103

102

102

102

101

101

101

100

100

100

99

99

99

98

98

98

Post-Reform

Leverage

97

Output Floor

Post-Reform

Leverage

Output Floor

97

operationelles Risiko

104

operationelles Risiko

104

Kreditrisiko

Post-Reform

Leverage

positive Auswirkung

Gruppe 2 Banken

104

97

Output Floor

operationelles Risiko

Kreditrisiko

Gruppe 1 Banken

Kreditrisiko

140

gesamte Auswirkung

negative Auswirkung

Abb. 3.2  Darstellung der Kernkapitalveränderungen auf Zielebene (Ebenda.)

Dabei zeigt das Leverage Ratio Kernkapital PLUS die Prozentpunkte an Kernkapital, die oberhalb der alleinigen Leverage Ratio Anforderungen (ohne die risikobasierten Standards) zusammen mit den G-SIB Zusatzanforderungen gehalten werden. Insgesamt wird erwartet, dass die Kapitalquoten für hartes Kernkapital sich bei Gruppe 1-Banken um 0,2 Prozentpunkte, bei G-SIBs um 0,3 Prozentpunkte und bei Gruppe 2-Banken um 0,1 Prozentpunkte erhöhen werden. Die Leverage Ratio wird nahezu konstant beim aktuellen Level von 5,5  % für Gruppe 1-Banken und 5,0 % für Gruppe 2-Banken bleiben. Bei G-SIBs wird mit einem leichten Anstieg von 5,6 % auf 5,7 % gerechnet. Die Zusatzanforderungen liegen bei 2,0 Prozentpunkten für Gruppe 1-Banken und 1,9 Prozentpunkten für G-SIBs, was höhere gewichtete durchschnittliche Kapitalanforderungen widerspiegelt. Bei den Gruppe 2-Banken entspricht die Zusatzanforderung von 2,0 Prozentpunkten stets der Mindestanforderung. Durch die Überarbeitung der risikobasierten Kapitalanforderungen kommt es bei Gruppe 1-Banken zu einer Lücke beim harten Kernkapital von 27,6 Mrd. EUR. Bei Einbeziehung der Anforderungen an zusätzlichem Kernkapital und der Leverage Ratio liegt die Kapitallücke bei 56,4 Mrd. EUR. Hinzu kommt noch ein zusätzlicher Bedarf an Ergänzungskapital in Höhe von 34,3 Mrd. EUR. Die Kapitallücken bei hartem Kernkapital und Kernkapital sind nahezu ausschließlich den G-SIBs zuzurechnen. (Vergleich: Ergebnis nach Steuern:

3.1  Allgemeine Wirkungsmechanismen/Auswirkungen

141

Tab. 3.5  Risikobasierte Kapitalquoten, Leverage Ratio und Kapitallücken auf Zielebene Risikogewichtetes Rahmenwerk CET Kernkapital Leverage Ratio Kapitallücken (Mrd. €) Anzahl 1-Kapitalquote der Differenz Differenz Banken aktuell Final (gerundet) aktuell Final (gerundet) aktuell Final Differenz 71 11,5 % 11,6 % 0,2 % 5,5 % 5,5 % 2,0 % 27,6 56,4 90,7

Gruppe 1- Banken davon 27 G-SIBs Gruppe 42 2- Banken

11,3 % 11,6 % 0,3 %

5,6 %

5,7 %

1,9 %

27,6

55,4

85,7

11,8 % 11,9 % 0,1 %

5,0 %

5,0 %

2,0 %

0,3

0,8

1,4

BCBS 426 (2017), S. 13

198,3 Mrd. EUR). Die Fehlbeträge bei den Gruppe 2-Banken liegen bei 0,3 Mrd. EUR an hartem Kernkapital und 0,8 Milliarden EUR an Kernkapital sowie 0,6 Mrd. EUR an Ergänzungskapital. Dabei sind die Lücken hauptsächlich auf die risikobasierten Anforderungen zurückzuführen. (Vergleich: Ergebnis nach Steuern: 7,1 Mrd. EUR). Folgende Tab. 3.5 fasst die beschriebenen erwarteten Auswirkungen zusammen. Im Rahmen der Auswirkungsstudie wurden auch die Kapitallücken auf Basis des aktuellen Standards und der finalen Regelungen gegenübergestellt. Dabei fällt auf, dass Gruppe 1-Banken und G-SIBs aktuell keine Kernkapitallücken aufweisen. Unter dem finalen Standard kommt es zu einer Kapitallücke von über 80 Mrd. EUR. Die Kapitallücken der Gruppe 2-Banken liegen nach dem aktuellen Standard bei ca. 1,6 Mrd. EUR und gehen leicht auf ca. 1,4 Mrd. EUR zurück. Dieses Ergebnis ist zumindest teilweise auch auf die Einschränkungen bei der Anwendung interner Modelle sowie die Floor-Regelungen zurückzuführen. Des Weiteren wurden die Wechselwirkungen zwischen risikobasierten Kapitalanforderungen, Output Floor und Leverage Ratio untersucht. Ziel war es, die jeweils hemmende Komponente mit der höchsten Kernkapitalanforderung zu ermitteln. Dabei werden die Ergebnisse für das aktuelle Rahmenwerk und die für den finalen Standard gegenübergestellt. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tab. 3.6 zusammengefasst. Es wird deutlich, dass die Gruppe 1-Banken und G-SIBs sowohl nach den aktuellen Standards als auch nach den finalen Regelungen deutlich durch die risikobasierten Kapitalanforderungen beschränkt werden. Mit den finalen Regelungen nimmt zudem die Beschränkung durch den Output Floor noch einmal zu, während die Engpasswirkung der Leverage Ratio abnimmt. Bei den Gruppe 2-Banken ist zu unterscheiden zwischen jenen, welche den IRB anwenden und denen, welche ausschließlich den Standardansatz nutzen. Hier zeigt sich eine zunehmende Beschränkung durch die Leverage Ratio sowie den Output Floor bei den Instituten mit IRB-Ansatz. Die Quote, der durch die Leverage Ratio

142

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

Tab. 3.6  Als Engpass wirkende Teile des Rahmenwerks

Gruppe 1-Banken  aktuell  final G-SIBs  aktuell  final Gruppe 2-Banken (IRB)  aktuell  final Gruppe 2-Banken (SA)  aktuell  final

Engpass-Komponente für ... (%) Risikobasierte Basel I basierter Floor/ Kapitalanforderungen Output Floor

Leverage Ratio

54,9 % 46,5 %

19,7 % 32,4 %

25,4 % 21,1 %

59,3 % 55,6 %

25,9 % 33,3 %

14,8 % 11,1 %

50,0 % 33,4 %

11,1 % 22,2 %

38,9 % 44,4 %

70,8 % 70,8 %

0,0 % 0,0 %

29,2 % 29,2 %

BCBS 426, S. 34

eingeschränkten Institute liegt mit 44,4 % deutlich über der der Gruppe 1-Banken und G-SIBs (21,1  % und 11,1%) während die Beschränkung durch die Output Floors mit 11,1 % deutlich niedriger ist (32,4 % und 33,3 %). Für Institute, welche den Standardansatz anwenden, ergibt sich keine Änderung. Die Quote der durch die risikobasierten ­Kapitalanforderungen eingeschränkten Insitute liegt hier mit 70,8 % deutlich über allen anderen Bankengruppen. Untersuchungen zur Ermittlung eines Haupttreibers der Auswirkungen konnten keine signifikanten/eindeutigen Ergebnisse zu Zusammenhängen und Korrelationen liefern. Untersuchungen zu den Auswirkungen der neuen Regelungen zum Kreditrisiko hingegen zeigten, dass es zwischen den einzelnen Instituten je nach Portfoliostruktur und Umfang der Anwendung interner Modelle große Unterschiede gibt. Insbesondere bei den Positionen Banken und Finanzunternehmen (Banks and financial Corporates) sowie bei den Retail Wohnbaudarlehen sind deutliche Unterschiede zwischen den Werten für Gruppe 1-Banken und Gruppe 2-Banken zu erkennen. Die Untersuchungsergebnisse zu den Risikogewichten nach dem aktuellen und finalen Standardansatz zeigen die größten Veränderungen bei den Kapitalanforderungen für Beteiligungspositionen (Equity) und Nachrangverbindlichkeiten (deutlicher Anstieg v. a. bei Gruppe 2-Banken) sowie Erwerb, Entwicklung und Bebauung von Land (ADC). Daneben steigt auch die geforderte Kapitalunterlegung im Bereich der Spezialfinanzierungen. Die Kapitalanforderungen für an KMU ausgereichte Darlehen gehen bei allen Bankengruppen leicht zurück. Die Auswirkungsstudie des Basler Ausschusses vom März 2018 zeigt auf Basis der Daten vom 30.06.2017 einen leichten Anstieg der harten Kernkapital Quote bei Gruppe 1-Banken auf 12,5 % und einen deutlichen Anstieg bei Gruppe 2-Banken auf 14,7 %. Alle teilnehmenden Institute haben die Anforderungen an das harte Kernkapital inklusive der

3.1  Allgemeine Wirkungsmechanismen/Auswirkungen

143

Kapitalpuffer erreicht. Bezüglich der ab 2022 von G-SIBs vorzuhaltenden TLAC Anforderung besteht noch ein Fehlbetrag von 109 Mrd. EUR. Seit Juni 2011 steigerte sich der Anteil harten Kernkapitals bei den Gruppe 1-Banken um 81,0 % von 1.982 Mrd. EUR auf 3.588 Mrd. EUR angestiegen. Dabei war der Anstieg in Europa mit 52,3 % am geringsten. Im ersten Halbjahr 2017 hat der Ertrag der Gruppe 1-Banken nach Steuern einen historischen Höchststand erreicht, was es den Instituten ermöglichte weiteres hartes Kernkapital aufzubauen. Auffällig ist, dass europäische Banken seit 2011 zwar fast 60,0 % des harten Kernkapitals aufgebaut haben, allerdings im gleichen Zeitraum lediglich 20,0 % der Erträge nach Steuern generieren konnten. Die Mindestkapitalanforderungen für Kreditrisiken machen noch immer einen Anteil von ca. 63,5 % der gesamten Mindestkapitalanforderungen aus – auch wenn in 2011 der Anteil noch bei 74,6 % lag und seither deutlich reduziert wurde. Dabei erhöhte sich v. a. der Anteil für Unternehmenspositionen, während sich der Anteil für Verbriefungspositionen entsprechend reduziert hat. Gleichzeitig erhöhte sich der Anteil der Anforderungen für operationelle Risiken deutlich von 7,8 % auf 16,1 %.

3.1.2 Kapitalpuffer als Gegenmechanismus zur Prozyklik Die prozyklische Wirkung ergibt sich vor allem aus dem Grundprinzip, dass die Risikoübernahme eines Kreditinstituts durch dessen Eigenkapital begrenzt wird. So kann in prosperierenden Konjunkturphasen bei gleichzeitig fallenden Risikomesszahlen aus einbehaltenen Gewinnen Eigenkapital gebildet und die Geschäftstätigkeit und damit der Leverage-Grad erhöht werden. In rezessiven Konjunkturphasen erfordert eine geringere Bonität der Schuldner eine höhere Eigenkapitalunterlegung, während gleichzeitig sinkende Gewinne die Bildung von Eigenkapital verlangsamen. In der Folge muss das Kreditvolumen reduziert werden. Dieser Prozyklik soll durch den verpflichtenden Aufbau von Kapitalpuffern in Boomphasen entgegengewirkt werden. Vorgesehen sind ein Kapitalerhaltungspuffer und ein antizyklischer Puffer. Diese Puffer können in kritischen Phasen zur Verlustabsorption verwendet werden und sollen die Auswirkungen möglicher Krisen abfedern. Sie können Kreditvergabespielräume in Abschwungphasen schaffen und die Kreditvergabe in Boomphasen bremsen. Die Dimensionierung des antizyklischen Puffers wird von der nationalen Aufsichtsbehörde untersucht und festgelegt. Die Einführung erfolgte stufenweise ab 2016. In der Veröffentlichung „Countercyclical capital buffer (CCyB)“ auf der offiziellen Seite der BIS gab der Basler Ausschuss Stand 25.10.2019 Kapitalzuschläge bekannt. Die nachfolgende Tab. 3.7 gibt nach Höhe der obligatorisch zu beachtenden Kapitalpuffer sortiert die prozentualen Werte für die betreffenden Länder wieder. Alle weiteren Länder ­haben zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch einen antizyklischen Kapitalpuffer von 0,0 % festgelegt.

144

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

Tab. 3.7  Ausgewählte antizyklische Kapitalpuffer nach Ländern Land Luxemburg Deutschland Frankreich Belgien Großbritannien Schweden Norwegen

antizyklischer Kapitalpuffer in % 0,25 % 0,25 % 0,50 % 0,50 % 1,00 % 2,50 % 2,50 %

Einführungszeitpunkt ab 01.01.2020 ab 01.07.2020 ab 02.04.2020 ab 01.07.2020 seit 28.11.2018 seit 19.09.2019 seit 31.12.2019

Zusätzlich wird die Prozyklik dadurch verringert, dass die Bildung von Wertberichtigungen in Zukunft über den ‚expected loss‘-Ansatz auf Grundlage künftig erwarteter Ereignisse erfolgen muss. Eine Wertberichtigung ist daher bereits früher zu bilden als bisher. Eine Reduzierung der Prozyklik ergibt sich auch aus der Differenzierung verwendeter Risikomessverfahren, beispielsweise durch die Verwendung langfristiger Durchschnitte bei der Ermittlung von Ausfallraten und Ausfallwahrscheinlichkeiten unter Berücksichtigung von Abschwungphasen.

3.1.3 Leverage Ratio Die Untersuchungen zur Leverage Ratio im Rahmen der Auswirkungsstudie vom Dezember 2017 (BCBS 426) zeigt die Ausprägungen möglicher Gesamtauswirkungen sowie die Auswirkungen auf Basis der einzelnen neu geregelten Exposure Komponenten. Die Veränderungen der Leverage Ratio liegt bei Gruppe 1-Banken im Durchschnitt bei -0,9  %, wohingegen Gruppe 2-Banken mit einem leichten Anstieg von 0,2  % zu rechnen haben. Die Änderungen bezüglich der Messgrößen derivativer Positionen führt zu einer Reduzierung der Kernkapital Mindestanforderungen für Gruppe 1-Banken in Höhe von 0,3 %, bei Gruppe 2-Banken allerdings zu einer Erhöhung um 0,3 %. Die Einführung der zusätzlichen Leverage Ratio Pufferanforderungen für G-SIBs führt insgesamt zu einem Fehlbetrag von 12,4  Mrd. EUR.  Nur bei drei der untersuchten 27 G-SIBs stellt der Leverage-Ratio-Puffer einen Engpass dar. Die Auswirkungsstudie des Basler Ausschusses vom März 2018 auf Basis der Daten vom 30. Juni 2017 zeigt eine unveränderte Leverage Ratio von 5,5  % bei Gruppe 1-­Banken und 5,0  % bei Gruppe 2-Banken. Die Untersuchung berücksichtigt jedoch nicht die Änderungen aus der Finalisierung von Basel III im Dezember 2017. Seit Juni 2012 sind die Leverage Ratios bei Gruppe 1-Banken um 1,8 Prozentpunkte angestiegen. Bei Gruppe 2-Banken ist lediglich ein Anstieg in Höhe von 0,6 Prozentpunkten zu verzeichen. Die Leverage Ratios in Europa sind noch immer geringer als jene in Amerika und in der restlichen Welt, wenngleich die Lücke im Zeitverlauf leicht schmäler geworden ist.

3.1  Allgemeine Wirkungsmechanismen/Auswirkungen

145

3.1.4 Liquidität Bei den geplanten neuen Liquiditätsstandards LCR und NSFR kommt die Auswirkungsstudie vom März 2018 (BCBS 433) zu folgenden Ergebnissen: • Die durchschnittliche LCR betrug auf Basis der Daten vom 30.06.2017 (31.12.2016) 134,0 % (131,0 %) für Gruppe 1-Banken und 174,9 % (163,8 %) für Gruppe 2-Banken. Sie konnte demgemäß insbesondere von den Gruppe 2-Banken noch einmal deutlich erhöht werden. Per 30.06.2017 erfüllten bereits 98,8  % der Gruppe 1-Banken und alle Gruppe 2-­Banken die finale Mindestanforderung von 100 %. • Die NSFR betrug per 30.06.2017 (31.12.2016) durchschnittlich 116,9 % (115,8 %) bei Gruppe 1-Banken und 117,6 % (114,1 %) bei Gruppe 2-Banken. Sie konnte bei beiden Gruppen leicht gesteigert werden. Auf Basis der Daten vom 30.06.2017 haben bereits 93,1 % der Gruppe 1-Banken und 93,8 % der Gruppe 2-Banken die finale Anforderung von 100 % erfüllt oder überschritten. Nahezu alle teilnehmenden Banken erfüllten den für 2017 vorgesehenen Wert von 90 %. Während der Fehlbetrag zur Erfüllung der Mindestanforderung der LCR von 100 % bei Gruppe 1-Banken Ende Dezember 2012 noch bei 364,8 Mrd. EUR lag, betrug er Ende Juni 2017 nur noch 0,1 Mrd. EUR. Die Unterschiede innerhalb des Clusters der Gruppe 2-Banken sind dabei deutlich größer als bei den Gruppe 1-Banken. Der Fehlbetrag zur Erreichung der NSFR Mindestanforderung lag Ende Juni 2017 (Ende Dezember 2016) bei 15,1 (25,2)  Mrd.  EUR für Gruppe 1-Banken und bei 2,6 (16,2) Mrd. EUR für Gruppe 2-Banken. So konnten beide Gruppen im ersten Halbjahr 2017 ihren Fehlbetrag deutlich reduzieren. Die durchschnittlichen Werte der LCR für Gruppe 1-Banken in den verschiedenen geografischen Regionen haben sich seit Ende 2012 aneinander angeglichen und liegen inzwischen durchgängig über 120 %. Die durchschnittlichen Werte der NSFR für Gruppe 1-Banken liegen in allen drei Regionen deutlich über 100 %. In Amerika und Europa liegen sie mit etwa 110 % unterhalb des Wertes für den Rest der Welt mit 123,7 %. Die Werte haben sich seit 2012 in allen drei Regionen verbessert. Die Ergebnisse der Untersuchung der Entwicklung von LCR und NSFR in den verschiedenen Regionen im Zeitverlauf seit 2012/2013 zeigt unterschiedliche Entwicklungen. Bei der LCR konnten sich die europäischen Banken zwischen 2012 und 2017 von einer anfänglichen Differenz von ca. 30,0 % an den Rest der Welt angleichen. Amerika liegt noch ca. 10 Prozentpunkte dahinter. Bei der NSFR liegen Europa und Amerika auf dem gleichen Niveau und etwa 15 Prozentpunkte hinter dem Rest der Welt. Europa und Amerika verzeichnen über den gesamten Betrachtungszeitraum deutlich niedrigere Werte als der Rest der Welt. Dabei konnte die anfängliche Differenz von ca. 30,0 % (2013) auf 10,0 % reduziert werden.

146

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

Der NSFR Standard verlangt von Kreditinstituten, dass langfristige Kredite auch mit langfristigem Kapital unterlegt werden. Dies hat indirekte Auswirkungen auf Umfang und Bedingungen für langfristige Kredite.

3.1.5 Risikomanagement Basel IV stellt Kreditinstitute vor erweiterte Anforderungen an die Identifikation und Steuerung von Risiken. Über Kredit-, Markt- und operationelle Risiken hinaus müssen Liquiditätsrisiken und Risiken aus der Fristentransformation im Rahmen des Risikomanagement behandelt werden. Konkrete Beispiele sind: • Forderung nach einer Risikosteuerung auf Gesamtunternehmensebene und einer aktiven Einbindung der Geschäftsleitung in das Risikomanagement sowie • Formulierung spezieller Anforderungen für einzelne Risikoarten sowie die Ausgestaltung von Stresstests und für Vergütungspraktiken. Der Basler Ausschuss hat dazu bereits im Regelwerk von Basel III konkrete Anforderungen und Prinzipien formuliert. Diese betreffen beispielsweise Risikokonzentrationen innerhalb einzelner Risikoarten und Korrelationen zwischen einzelnen Risikoarten, welche bisher teilweise unterschätzt beziehungsweise nicht oder nur unvollständig vom Risikomanagement erfasst wurden. Des Weiteren werden die Einbindung von Stresstests und krisenrelevanten Risiken in das Risikomanagement vorgeschrieben. In den neuen Regelungen werden diesbezüglich Anforderungen an eine entsprechende Dokumentation sowie die Darstellung der zur Risikoermittlung und -bewertung angewendeten Methoden und Szenarien durch die Kreditinstitute im Detail festgelegt. Des Weiteren stellt auch die steigende Komplexität der Methoden und Verfahren zur Ermittlung der risikogewichteten Aktiva in den neuen Standardansätzen deutlich erweiterte Anforderungen an das Risikomanagement. Die Menge und Granularität benötigter Daten nimmt erheblich zu. Zudem wurden die Vorgaben bei der Modellierung, Parametrisierung und Validierung interner Modelle deutlich verschärft. Die Ergebnisse sind durch Backtestings und Analysen laufend zu überprüfen und zu überwachen. Daneben werden deutlich erweiterte Offenlegungsanforderungen eingeführt. Bedeutsam ist die Feststellung, dass die neuen Vorgaben zur Bewertung und Ermittlung der Risiken und der Risikotragfähigkeit zumindest teilweise von den anzuwendenden Rechnungslegungsstandards abweichen, was zu einem Mehraufwand führt, da beide Verfahren ermittelt werden müssen. Somit ist davon auszugehen, dass die Umsetzung der neuen Vorschriften auch mit einem u.U. erheblichen personellen Mehraufwand im Bereich des Risikomanagements verbunden ist. Die bestehenden (internen) Prozesse müssen entsprechend angepasst werden. Es ist erforderlich, dass hier eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Rechnungswesen/Accounting und dem Meldewesen stattfindet. Weitere Basel IV-­Anforderungen

3.1  Allgemeine Wirkungsmechanismen/Auswirkungen

147

an Kreditinstitute sind die Identifikation und Bewertung von Reputationsrisiken sowie die angemessene und nachhaltige Qualifizierung der Mitglieder der Leitungs- und ­Aufsichtsgremien.

3.1.6 Resümee Zusammenfassend sind folgende Aspekte zu den Auswirkungen der neuen Regelungen von Basel IV auf Kreditinstitute zu erörtern.

3.1.6.1 Potentielle Auswirkungen auf Kreditvergabemöglichkeiten Sämtliche Kreditinstitute müssen während der schrittweisen Einführung von Basel IV noch weiteres Kapital aufbauen. Dieser zusätzliche Kapitalbedarf und ein verschärftes Risikomanagement bei der Kreditvergabe können dazu führen, dass die Kreditvergabe eher erschwert und/oder eingeschränkt wird. Eine Reduzierung der Kreditausreichung zur Senkung des zusätzlichen Eigenkapitalbedarfs kann nicht ausgeschlossen werden. Durch den finalisierten Kreditrisiko-Standardansatz und die Floor-Regelungen ist tendenziell mit einem Anstieg der RWA und damit der Kapitalanforderungen v. a. bei den Immobilienfinanzierungen und immobilienbesicherten Forderungen zu rechnen. Bei Forderungen gegenüber Unternehmen sind die Auswirkung in Abhängigkeit des jeweiligen Portfolios zu betrachten. Noch durchzuführende Proberechnungen können einen ersten Anhaltspunkt für den individuellen Handlungsbedarf der einzelnen Institute (strategische Änderungen zur Optimierung der Portfoliostruktur u. ä.) geben. Durch Veränderungen und Anpassungen bei Geschäftsstrategien und Geschäftsmodellen kann es auch zu Neuregelungen/Umgestaltungen bei der Kreditvergabe und den Kreditvergabeprozessen kommen. Noch ist nicht abschätzbar, wie sich die neuen Regelungen von Basel IV holistisch auf die Kreditvergabe auswirken werden. Um das bislang genutzte Geschäftsmodell bei der Kreditvergabe aufrecht erhalten zu können, müssen sich die Banken gegebenenfalls erst das nötige Eigenkapital beschaffen. Zukünftig wird in jedem Fall auch bei bekannten Unternehmen eine genauere und umfassendere Prüfung vorgenommen werden müssen. Dies tangiert die Thematik der Due Diligence. Als mögliche Gründe für eine rückläufige Kreditvergabe sollen hier neben Einschränkungen bei den als Eigenkapital anerkannten Positionen und der Einsatzmöglichkeit interner Modelle die Beschränkungen der Fristentransformation auf Grund der NSFR aufgeführt werden. Vorhandenes Kapital muss auf Grund der Verschärfung der Kapital- und Liquiditätsanforderungen gezielter eingesetzt werden, was zu einer Reduzierung der Geschäftsaktivitäten oder einem deutlichen Anstieg der Kosten führen kann. 3.1.6.2 Erfordernis der Veränderung interner Prozesse Schon mit der Umsetzung von Basel II mussten interne Prozesse beispielsweise im Controlling-Bereich angepasst werden. Die Umsetzung der Regelungen von Basel III und

148

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

der Erweiterungen durch Basel IV stellen die Kreditinstitute vor neue administrative Herausforderungen. So werden durch die weitergehenden Anforderungen an die Risikosteuerung und -bewertung weitere Anpassungen insbesondere im Rahmen des Risikomanagements und der Bereitstellung und Offenlegung entsprechender Daten not­ wendig. Auch die komplexeren Standardansätze und erweiterten Datenanforderungen sowie die höhere Bedeutung interner Ratings, die geforderten Stresstests und Due Dill­ igence Prüfungen werden Auswirkungen auf die internen Prozesse haben. Eine Studie von KPMG sieht in verschiedenen Bereichen auf Grund der Veränderungen im Rahmen der Überarbeitung der MaRisk einen Handlungsbedarf.1 Neben der Einführung eines Kapitalplanungsprozesses, soweit dieser insbesondere bei mittleren und kleinen Instituten noch nicht vorhanden ist, müssen Anpassungen der Aufbauund Ablauforganisation zur Einrichtung einer erweiterten und aufgewerteten Compliance Funktion erfolgen. Dabei sind die folgenden Aspekte zu berücksichtigen: Abgrenzung und Priorisierung der in den Verantwortungsbereich der Compliance Funktion fallenden Nor­ men, Abstimmung von Risikoidentifikations- und Risikobewertungsverfahren, Definition der Berichtsinhalte, -wege und -frequenzen einschließlich korrespondierender Kontrollen und Sicherstellung der Verfügbarkeit relevanter Informationen. Weitere Veränderungen ergeben sich in den Bereichen des Liquiditätstransferpreissystems zur internen Verrechnung von Liquiditätskosten und -risiken sowie den Risikosteuerungs- und -controllingprozessen. Dazu gehören beispielsweise das Limitsystem, ein Risikotragfähigkeitskonzept und ein Risikofrüher­ kennungssystem. Kreditinstitute haben bereits mit Einführung von Basel II erforderliche Schritte durchgeführt. Damit verbunden waren und sind ständige Verbesserungen der internen Prozesse, Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen. Auf dieser Basis lassen sich die zuvor beschriebenen mit Basel IV verbundenen Erweiterungen und Änderungen vermitteln und umsetzen. Anpassungsbedarf ist vor allem im Bereich der IT zu sehen. Hier müssen möglicherweise Änderungen an bestehenden Verfahren erfolgen, um beispielsweise Kennzahlen für Risikobewertung und Ratings zu erstellen und zu pflegen. Dabei sind auch die Veränderungen auf Grund der neuen Standardansätze zur Ermittlung der RWA benötigten zusätzlichen Daten und anzuwendenden komplexeren Verfahren zu beachten. Außerdem sind Erweiterungen im Berichts- und Meldewesen notwendig. Im jeweiligen Einzelfall muss geprüft werden, ob auf Grund von Basel IV in einem Kreditinstitut strategische Änderungen in der Geschäftspolitik erforderlich werden, welche Auswirkungen auf bestehende Strukturen oder die Geschäftsmodelle haben können. Es ist damit zu rechnen, dass hiervon insbesondere der Kreditvergabeprozess betroffen sein wird.

3.1.6.3 Auswirkungen der Regelungen auf Stabilität Es wird davon ausgegangen, dass die neuen Regelungen vor allem durch die qualitativ und quantitativ höhere Eigenkapitalunterlegung, die aufzubauenden Kapitalpuffer, die  Vgl. KPMG (2012), S. 4 f.

1

3.1  Allgemeine Wirkungsmechanismen/Auswirkungen

149

Liquiditätsvorschriften sowie die risikosensitiveren neuen Standardansätze zur Ermittlung der RWA zu mehr Stabilität des Finanzsektors und damit auch zu mehr Sicherheit führen werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Stabilität im Hinblick auf ausreichende Liquidität auch mit einer entsprechend hohen Rentabilität einherzugehen hat. Für den Finanzsektor wird ein reduziertes Risiko einer systemischen Bankenkrise durch den Abbau wechselseitiger Abhängigkeiten erwartet. Die neuen Mindestanforderungen können sich auf die Ertragskraft der Institute auswirken. Der Umfang der Auswirkung ist abhängig von der bisherigen Kapitalausstattung und dem jeweiligen Geschäftsmodell. Weiter muss mit eingeschränktem Wettbewerb, weniger Fristentransformation sowie weniger Innovationen bei Finanzprodukten und Finanzdienstleistungen gerechnet werden. Die vorhandenen Ermessensspielräume, die in verschiedenen Ländern unter Nutzung nationaler Wahlrechte durch die Aufsichtsbehörden unterschiedlich ausgelegt und umgesetzt werden, können zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen führen. Mit den Neuregelungen von Basel IV wurden diese Wahlrechte jedoch deutlich eingeschränkt. Daneben kann auch die Anwendung von verschiedenen – von der jeweiligen nationalen Aufsicht zu genehmigenden  – internen Risikomodellen zu teilweise erheblichen Unterschieden bei der Ermittlung des zur Risikounterlegung vorzuhaltenden Kapitals führen. Hierdurch kann es in der Folge zu Wettbewerbsverzerrungen kommen. Durch die Neuregelungen soll eine höhere Konsistenz und Vergleichbarkeit geschaffen werden. Durch die Einschränkung der Anwendbarkeit interner Modelle und die an die Standardansätze gekoppelten Output Floors soll die Variabilität der Ergebnisse der RWA Ermittlung verringert werden. Zur Überwachung der fristgerechten und vollständigen Implementierung der Basler Regelungen führt der Basler Ausschuss regelmäßige Untersuchungen im Rahmen des ‚Regulatory Consistency Assessment Programme‘ (RCAP) durch. Der inzwischen siebente Report hierzu wurde im November 2018 unter dem Titel „Implementation of Basel Standards“ (BCBS 453) veröffentlicht. Darin enthalten sind im Wesentlichen die Untersuchung der Fortschritte bei der Umsetzung der Basler Standards, der Konsistenz der nationalen Bankenregulatorik mit den Basler Standards sowie Analysen der aufsichtlichen Ergebnisse dieser Regularien. Obgleich die Schlüsselkomponenten bereits umgesetzt wurden, bleiben noch einige Herausforderungen, wie zum Beispiel die termingerechte regulatorische Anpassung einiger Standards.

3.1.6.4 Auswirkungen der Regelungen auf die Kostenstrukturen Auf Grund der verschärften Vorschriften zur Qualität und Quantität des Eigenkapitals können die Regelungen unter Basel IV zu einem deutlichen Anstieg der Eigenkapital- und Risikounterlegungskosten führen. Wesentliche Kostenbestandteile bei der Kalkulation der Kreditkosten und -konditionen sind:

150

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

• Kapitalkosten (Kosten für die Eigenkapitalunterlegung zur Abdeckung von unerwarteten Verlusten) sowie • erwartete Verluste (Risikokosten zur Abdeckung möglicher Ausfallrisiken). Diese sind abhängig vom Rating des Kreditnehmers und steigen mit sich verschlechternden Rating progressiv an. Weitere Kostenbestandteile sind: • Betriebliche Kosten (Kosten für den laufenden Geschäftsbetrieb) und • Finanzierungskosten (Kosten der Bank zur Refinanzierung am Markt). Diese beiden Kostenbestandteile bilden einen ratingunabhängigen Kostenblock. Die folgende Abb. 3.3 fasst die zuvor beschriebenen Kostenbestandteile in Verbindung mit dem Rating in einer Grafik schematisch zusammen. Es wird deutlich, dass die Risiken mit einer zunehmenden Bonität des Unternehmens und damit besseren Unternehmensratings abnehmen, was in der Folge zu sinkenden Kosten für die Kreditinstitute führt. Die Gesamtkosten für ein Kreditinstitut werden – je nach Bonität/Rating der Kreditnehmer – tendenziell steigen. Sie können jedoch auf Grund des bestehenden Wettbewerbs in aller Regel nur teilweise über höhere Kreditkonditionen weitergereicht werden, so dass Margen und damit die Profitabilität des Kreditgeschäfts tendenziell zurückgehen werden.

Abb. 3.3  Darstellung der wesentlichen Kostenbestandteile (Bundesverband deutscher Banken 2009, S. 20.)

3.2  Implikationen auf Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik …

151

Demgemäß wird es bedeutsamer, im Rahmen von Cross-Selling-Geschäften weitere Erträge zu erzielen, um den Deckungsbeitrag je Kunde zu erhöhen. Neben erhöhten Eigenkapitalkosten zur Unterlegung verschiedener Risiken führen auch vorzuhaltende Liquiditätsreserven zu einem zusätzlichen Anstieg der Kosten. Mithin sind Liquiditätsreserven als ein von Rechts wegen vorzuhaltender Kapitalblock gebunden und können nur weniger ertragsbringend reinvestiert werden, als dies bei vollkommen frei fungiblem Vermögen der Fall ist, was zu Opportunitätskosten führt. Dies wirkt sich zusätzlich auf das Ergebnis und die Innenfinanzierungsmöglichkeiten über eine Gewinnthesaurierung aus. Je nach verfolgter Risikostrategie werden die Auswirkungen durch die variablen Kosten im Rahmen der Risikovorsorge unterschiedlich stark sein.

3.2

I mplikationen der veränderten Regelungen auf die Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik von Kreditinstituten

3.2.1 B  estandteile und Einflussfaktoren der Geschäftsmodelle von Kreditinstituten Zum Verständnis der Implikationen der veränderten regulatorischen Anforderungen auf die Geschäftsmodelle werden zunächst deren wesentliche Bestandteile definiert. Wöhler und ebenso Slywotzky beschreiben die Geschäftsmodelle anhand der folgenden sechs Komponenten: • Kunden (Betrachtung der bedienten Kundengruppen und Segmentierung anhand der jeweiligen Wertbeiträge), • Produkte und Dienstleistungen (Angebot), • Erlösmodell (Bepreisung des Kundennutzens und Ausschüttung an Eigentümer), • Geschäftsumfang (erbrachte und zugekaufte Leistungen), • Strategische Absicherung (Differenzierung zur Konkurrenz) sowie • Betriebsmodell (Aufbau- und Ablauforganisation).2 Auf die Geschäftsmodelle wirken wiederum exogene Einflussfaktoren, die in regulatorische, politische, ökonomische, ökologische, soziale und technologische Faktoren unterteilt werden. Sie können zu Verhaltensanpassungen bei Stakeholdern und Shareholdern mit Einfluss auf die Geschäftsmodelle führen. Die im Dezember 2013 veröffentlichte Studie „Auswirkungen regulatorischer Anforderungen“, welche von KPMG in Kooperation mit dem Bankenverband (BdB) und dem Verband Öffentlicher Banken (VÖB) erarbeitet wurde, belegt die hohe Relevanz der Regulierung im Vergleich zu anderen Einflussfaktoren. Demnach stellen die neuen aufsichts2

 Vgl. Wöhler, J. (2015), S. 56 f. sowie Slywotzky, A. J. (1997), S. 34 f.

152

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

rechtlichen Regelungen rund 85 % der befragten Kreditinstitute vor erhebliche geschäftspolitische Herausforderungen. Laut diesen Studienergebnissen spielen Herausforderungen bei der Implementierung neuer aufsichtsrechtlicher Regelungen sowie Eingriffe in die Bankstrategie und -steuerung eine wichtigere Rolle als Wettbewerb, Kundenverhalten und Margendruck. Die Regelungen von Basel IV zielen vor allem auf eine Verbesserung der Finanzmarktstabilität ab. Vor diesem Hintergrund werden im weiteren Verlauf insbesondere mögliche Einflüsse der regulatorischen Regelungen zu Eigenkapital, Liquidität und Risikomanagement auf die Geschäftsmodelle dargestellt und Unterschiede zwischen den verschiedenen Geschäftsmodellen untersucht. Die Ergebnisse der Studie von KPMG legen nahe, dass die Herausforderungen in Abhängigkeit zum jeweiligen Geschäftsmodell zu verorten sind. Anpassungen der Geschäftsmodelle werden insbesondere in den Bereichen des Produktangebots und der Konditionierung, der Bilanzstruktur sowie der Aufbau- und Ablauforganisation notwendig.

3.2.2 K  ategorisierung der Kreditinstitute anhand ihrer Geschäftsmodelle In ihrem Quartalsbericht vom Dezember 2014 veröffentlichte die Bank of International Settlement (BIS) einen Beitrag zu den „Bank Business Models“. Darin wird ein auf statistischen Methoden beruhendes Verfahren zur Clusterung der Kreditinstitute nach ihrem Geschäftsmodell in drei verschiedene Kategorien beschrieben. Die Kategorisierung wurde auf Basis der folgenden acht aus den Bilanzen ermittelten Kennzahlen vorgenommen. Diese wurden jeweils als Anteil an der um Derivatepositionen bereinigten Bilanzsumme ermittelt. • Aktiva mit den Anteilen der ausgereichten Darlehen, der Wertpapiere, dem Umfang des Handelsbuches und der Interbankenkreditvergabe • Passiva mit den Anteilen der Kundeneinlagen, Großkundenverbindlichkeiten, der stabilen Refinanzierung und der Interbankenkreditaufnahme. Aus den Ergebnissen dieser Kennzahlen wurde die folgende Kategorisierung der Geschäftsmodelle von Banken abgeleitet: • Kategorie 1: durch Einlagen refinanzierte Geschäftsbanken („Retail“), • Kategorie 2: am Interbanken- oder Kapitalmarkt refinanzierte Geschäftsbanken („Wholesale“) sowie • Kategorie 3: kapitalmarktorientierte Geschäftsbanken („Investment“). Die beschriebene Vorgehensweise bei der Zuordnung der Kreditinstitute zu einer dieser Kategorien von Geschäftsmodellen zeigt, dass diese insbesondere von der jeweiligen Bilanzstruktur abhängig ist.

3.2  Implikationen auf Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik …

153

Die in genanntem Beitrag der Bank of International Settlement vorgenommene Kategorisierung deckt sich weitgehend mit der Einteilung in einer Studie von Ayadi und de Groen, deren Ergebnisse unter dem Titel „Banking Business Models Monitor 2014 – Europe“ vom Centre for European Policy Studies in Brüssel und International Observatory on Financial Services Cooperatives in Montréal veröffentlicht wurden. Darin wird lediglich die Kategorie „durch Einlagen refinanzierte Geschäftsbanken“ noch einmal in „Diversified Retail“ und „Focused Retail“ unterteilt. Die Ergebnisse des „Banking Business Models Monitor 2014 – Europe“ zeigen die besondere Relevanz der Kennzahlen Anteil ausgereichter Darlehen, Anteil der Verbindlichkeiten ohne Einlagen und Anteil der Interbankenverbindlichkeiten bei dieser Kategorisierung. Wichtige zusätzliche Unterscheidungsmerkmale der beschriebenen Geschäftsmodelle sind die Schlüsselaktivitäten der Banken (key banking activities), die Refinanzierungsstrategie (funding strategies, Mittelbeschaffung), die finanzielle Ausstattung (financial exposures) und die eingegangenen Risiken. Anhand der Größen Ertragskraft, Zusammensetzung der Erträge, Fremdfinanzierung und Kosteneffizienz wurden zusätzlich die Entwicklung des jeweiligen Erfolgs sowie die Wechselwirkungen zwischen strategischer Entscheidung und Marktumfeld in den einzelnen Kategorien betrachtet und analysiert. Für diese Untersuchung wurden u.  a. die Eigenkapitalrentabilität als Ertragskraftindikator und das Kosten-Ertrags-Verhältnis als Effizienzindikator zugrunde gelegt. Dabei waren Unterschiede sowohl zwischen den verschiedenen Modellen als auch im Zeitverlauf zu erkennen. Die Folgestudie „Banking Business Models Monitor 2015 – Europe“ bestätigt diese Kategorisierung. Bezüglich der Kategorie „Diversified Retail“ differenziert sie noch einmal nach Typ 1 und Typ 2. Sie nutzt zur Kategorisierung der Geschäftsmodelle die folgenden Bilanzkennzahlen, die sich leicht von denen des Beitrags der Bank of International Settlement unterscheiden und im weiteren Verlauf der Arbeit verwendet werden: • Aktiva mit den Anteilen der Kundendarlehen, der derivativen Positionen, der Handelsbestände und der Bankdarlehen • Passiva mit den Anteilen der Kundeneinlagen, Schuldverpflichtungen, dem einsetzbaren Buchkapital und der Bankverbindlichkeiten.

3.2.2.1 Durch Einlagen refinanzierte Geschäftsbanken Die Geschäftsmodelle der Kategorie „durch Einlagen refinanzierte Geschäftsbanken“ („Retail“) sind insbesondere gekennzeichnet durch einen hohen Anteil an Krediten in der Bilanz sowie eine starke Abhängigkeit von stabilen Refinanzierungsquellen einschließlich Einlagen. So machen die Kundeneinlagen ungefähr 2 3 der Gesamtverbindlichkeiten aus. Die Unterteilung in „Diversified Retail“ und „Focused Retail“ aus dem „Banking Business Models Monitor 2014 – Europe“ basiert auf der Nutzung der Refinanzierungsquellen. Während die Gruppe der „Focused Retail“-Banken einen Fokus auf die Refinanzierung über Kundeneinlagen legt, hat die Gruppe der „Diversified Retail“-Banken eine stärkere Affinität zum Kreditmarkt. Die Banken der Kategorie „Diversified Retail“ sind in der

154

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

Regel umso größer, je breiter die Diversifikation der Refinanzierungsquellen ist, was sich auch über eine höhere Leverage Ratio bemerkbar macht. Die Kategorie „Focused Retail“ umfasst die kleinsten Banken. Der „Banking Business Models Monitor 2015 – Europe“ nimmt eine weitere Unterteilung der Kategorie „Diversified Retail“ in Typ 1 und Typ 2 vor. Unterschiede zwischen den drei Subkategorien bei den „durch Einlagen refinanzierten Geschäftsbanken“ bestehen hinsichtlich der Diversifikation der Geschäftsaktivitäten und der genutzten Refinanzierungsquellen. Dabei sind die „Focused Retail“-Banken am aktivsten in der klassischen Einlagen-Kredit-Intermediation und enthalten die kleinsten Banken aus dem Bereich „Retail“.

3.2.2.2 Am Interbanken- oder Kapitalmarkt refinanzierte Geschäftsbanken Hauptmerkmale der Geschäftsmodelle der in die Kategorie „am Interbanken- oder Kapitalmarkt refinanzierte Geschäftsbanken“ („Wholesale“) fallenden Institute sind ähnlich wie bei der Gruppe der „durch Einlagen refinanzierten Geschäftsbanken“. Der Hauptunterschied liegt im Refinanzierungsmix, welcher einen höheren Anteil an Interbankenverbindlichkeiten und Kapitalmarktfinanzierungen bei einem geringeren Anteil an Kundeneinlagen aufweist. Die Kreditinstitute in dieser Kategorie haben sich auf die Finanzierung über den Interbankenmarkt fokussiert. Die Verbindlichkeiten betragen durchschnittlich 37,4 % der Bilanzsumme. Die Einlagen haben lediglich einen Anteil von 16,0 % der Bilanzsumme. Die Banken in dieser Kategorie weisen zudem mit 28,1 % der Bilanzsumme einen hohen Bestand an Handelsvermögen auf. Die Interbankenverbindlichkeiten betragen durchschnittlich 38,4 % des Gesamtvermögens. Diese Kategorie beinhaltet die am weitesten diversifizierten Typen von Banken. Die darin enthaltenen Institute weisen eine wesentlich höhere Leverage Ratio und die höchste Quote an verfügbarem Eigenkapital auf. Dieser Kategorie werden die wenigsten Institute zugerechnet. 3.2.2.3 Kapitalmarktorientierte Geschäftsbanken/Investmentbanken Hauptmerkmale von Kreditinstituten der Kategorie „auf Kapitalmarkt spezialisiert“ („Investment“) sind eine zu etwa 50,0  % aus handelbaren Wertpapieren bestehende Aktiva sowie die in der Regel über den Kapitalmarkt erfolgende Refinanzierung. Sie nehmen mit einem Anteil von jeweils ungefähr 20,0 % der Aktiva und Passiva am aktivsten am Interbankenmarkt teil. In dieser Kategorie werden typischerweise große, Investment-orientierte Banken zusammengefasst. Sie beinhaltet die größten Banken mit einer durchschnittlichen Bilanzsumme von etwa 583 Mrd. EUR im Jahr 2013. Das entspricht etwa dem Vierfachen einer „Wholesale“- oder „Focused Retail“-Bank und dem doppelten einer „Diversified Retail“-Bank. Sie zeigen wesentliche Handelsaktivitäten und haben einen Bestand an Handelsvermögen und derivativen Positionen von etwa 66,4 %. Sie refinanzieren sich insbesondere über Pensionsgeschäfte und sind in einem hohen Maße fremdfinanziert. Bezogen

3.2  Implikationen auf Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik …

155

Abb. 3.4  Bestandteile, Einflussfaktoren und Kategorisierung von Geschäftsmodellen (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Ayadi, R. et al. 2016, S. 87.)

auf die Refinanzierung liegt der Fokus auf den weniger stabilen und traditionellen Quellen wie Schuldverschreibungen. Die folgende Abb.  3.4 fasst die zuvor beschriebenen grundlegenden Bestandteile und Einflussfaktoren der Geschäftsmodelle sowie deren Kategorisierung komprimiert zusammen. Die Studie „Banking Business Models Monitor 2015  – Europe“ liefert eine weitere Sicht auf die Geschäftsmodelle, auf der Grundlage eines Untersuchungszeitraumes von 2005 bis 2014. Dabei wurden zur Abgrenzung der fünf Geschäftsmodellkategorien die folgenden fünf mit der Bilanzstruktur verbundenen Indikatoren verwendet: • • • • •

Bankdarlehen, Kundendarlehen, Handelsbestände, Schuldverpflichtungen sowie derivative Positionen.

Weitere Indikatoren, die nicht verwendet wurden, sind Bankverbindlichkeiten, Kundeneinlagen und einsetzbares Buchkapital. In der nachstehenden Tab. 3.8 sind die durch-

156

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

Tab. 3.8  Indikatoren zur Kategorisierung der Geschäftsmodelle Indikator/ Geschäftsmodell Focused Retail Diversified Retail Typ 1 Diversified Retail Typ 2 Wholesale Investment

Kunden- derivative Handels- Bankdar- Kundendarlehen Positionen bestände lehen einlagen 78,5 % 0,3 % 11,8 % 7,0 % 69,5 %

SchuldBankververpflich- einsetzbares bindlichkeitungen Buchkapital ten 10,1 % 7,6 % 12,3 %

55,6 %

0,4 %

30,9 %

10,3 %

70,7 %

7,3 %

7,5 %

14,0 %

68,9 %

1,7 %

22,6 %

6,6 %

36,7 %

43,3 %

7,4 %

10,6 %

20,7 % 23,5 %

0,8 % 5,2 %

17,1 % 60,2 %

52,2 % 11,4 %

51,8 % 49,3 %

10,4 % 19,9 %

14,1 % 9,8 %

22,4 % 14,9 %

Eigene Darstellung, in Anlehnung an Ayadi, R. et al. 2016, S. 22 f

schnittlichen Werte der jeweiligen Anteile der genannten Indikatoren für die einzelnen Geschäftsmodelle angegeben. Zu beachten ist, dass die Anzahl der Institute und Geschäftsvolumina der einzelnen Geschäftsmodellkategorien teilweise erhebliche Unterschiede aufweisen. Dabei sind in den Kategorien „Investment“ und „Diversified Retail“ die höchsten Volumina zu beobachten. Abb. 3.5 zeigt die Einordnung der Geschäftsmodelle nach den Dimensionen Aktivität und Refinanzierung. Die beiden Studien „Banking Business Models Monitor 2014 – Europe“ und „Banking Business Models Monitor 2015 – Europe“ beinhalten jeweils eine Betrachtung im Zeitverlauf. In beiden Beobachtungszeiträumen waren deutliche Wanderbewegungen zu erkennen. In dem im „Banking Business Models Monitor 2014  – Europe“ erfassten Beobachtungszeitraum von 2006 bis 2013 sind vor allem Wanderbewegungen von „Investment“ nach „Retail“ sowie von „Wholesale“ zu „Focused Retail“ und „Investment“ und von „Focused Retail“ zu „Diversified Retail“ festzustellen. Der „Banking Business Models Monitor 2015 – Europe“ zeigt für die Zeit von 2005 bis 2014 insbesondere Wanderbewegungen von „Investment“ zu „Diversified Retail“ sowie von „Focused Retail“ zu „Diversified Retail“. Auffällig ist die deutlich stärkere Wanderbewegung von „Diversified Retail Typ 1“ zu „Diversified Retail Typ 2“ im Zeitraum 2013 bis 2014. Die Ergebnisse der Untersuchungen im Rahmen des „Banking Business Models Monitor 2015 – Europe“ legen nahe, dass derartige Wanderbewegungen und damit verbundene Anpassungen der Geschäftsmodelle unter anderem aus den folgenden Gründen erfolgen: • als Reaktion auf Marktkräfte und Wettbewerbsdruck, • als Reaktion auf regulatorische und politische geführte Entscheidungen sowie • oder aber aus anderen, nicht offensichtlichen Gründen, welche bedeutsam für das Verständnis des Verhaltens der Banken sein könnten.

3.2  Implikationen auf Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik …

157

Refinanzierung Retail

Focused Retail

Diversified Retail (Typ 1) Kundendarlehen Handelsbestände Kundeneinlagen

Wholesale Bankdarlehen 52,2 % Kundeneinlagen 51,8 %

Markt Investment Handelsbestände 60,2 % Kundeneinlagen 49,3 %

Kundendarlehen Kundeneinlagen

55,6 % 30,9 % 70,7 %

78,5 % 69,5 %

europäischer Bankendurchschnitt Bankdarlehen

11,7 %

Kundendarlehen

59,1 %

Handelsbestände

25,7 %

Bankverbindlichkeiten

13,6 %

Kundeneinlagen

61,8 %

Schuldverpflichtungen

15,1 %

derivative Positionen

Retail

Aktivität

1,0 %

einsetzbares Buchkapital 8,2 %

Diversified Retail (Typ 2) Kundendarlehen 68,9 % Kundeneinlagen 36,7 % Schuldverpflichtungen 43,3 %

Markt

Abb. 3.5  Übersicht zur Einordnung der Geschäftsmodelle (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Ayadi, R. et al. 2016, S. 87.)

Notwendige Restrukturierungsmaßnahmen zur Bewältigung der Finanzkrise erforderten eine Konzentration auf das traditionelle Kerngeschäft der Banken, wie beispielsweise die Nutzung von Kundeneinlagen zur Kreditvergabe an die Realwirtschaft. Daher kam es bei vielen Kreditinstituten zu einer Verschiebung hin zu „Focused Retail“ Geschäftsmodellen. Die Anzahl an „Focused Retail“ Kreditinstituten hat sich zwischen 2006 und 2013 annähernd verdoppelt, während die Anzahl der unter anderen Kategorien zu subsumierenden Banken deutlich abgenommen hat. Das bedeutet eine Fokussierung auf das traditionelle Bankgeschäft bei gleichzeitigem Rückzug aus den riskanteren Geschäftsmodellen.

3.2.3 P  otenzielle Einflüsse der veränderten Regelungen nach Basel IV auf die Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik von Kreditinstituten In der nachstehenden Tab.  3.9 werden die wesentlichen Eigenschaften der identifizierten Kategorien von Geschäftsmodellen zusammengefasst. Sie basiert auf den Ergebnissen des „Banking Business Models Monitor 2015 – Europe“. Bei der nachfolgenden Darstellung der möglichen Implikationen der (geplanten) veränderten regulatorischen Anforderungen auf

Kategorie 1 Focused Retail Internationali- Überwiegend regional sierung tätig; durchschnittlich weniger als eine Tochtergesellschaft und eine Zweigstelle Wanderbewe- Stabilstes gungen Geschäftsmodell (90 %); Wanderbewegungen fast ausschließlich zu Diversified Retail Typ 1 finanzielle Modell mit relativ Performance hohen Erlösen außer in wirtschaftlicher Krise und mit bester operationeller Effizienz Beitrag zur Modell mit hohem, Realwirtschaft stabilem Wachstum bei Kundenkrediten Diversified Retail (2) Gemäßigt international tätig; durchschnittlich nicht mehr als eine Tochtergesellschaft und eine Zweigstelle Hochstabiles Geschäftsmodell (87 %); Wanderbewegungen zu beiden weiteren Retailorientierten Modellen

Modell mit geringem Wachstum bei Kundenkrediten während der Finanzkrise und rückläufigem Wachstum während und nach der Wirtschaftskrise

Diversified Retail (1) Überwiegend regional tätig; durchschnittlich weniger als eine Tochtergesellschaft und eine Zweigstelle Hochstabiles Geschäftsmodell (89 %); größte Wanderbewegungen zu Focused Retail und Hauptempfänger von anderen Modellen Erlöse und operationelle Effizienz verfallen während Finanz- und Wirtschaftskrise

Modell mit hohem Wachstum bei Kundenkrediten, das aber geringer ist als bei Focused Retail

Modell mit relativ hohem Wachstum bei Kundenkrediten während der beiden Krisen

Kategorie 2 Wholesale Überwiegend regional tätig; durchschnittlich weniger als eine Tochtergesellschaft und eine Zweigstelle Instabilstes Geschäftsmodell (80 %); Wanderbewegungen zu Diversified Retail Typ 1 und Austausch mit Investment Modell mit stabilen Modell mit stabilsten Erlösen bis auf Verluste Erlösen; einziges Modell, während Finanzkrise das in keinem Jahr einen Verlust zu verzeichnen hatte mit geringerer Effizienz

Tab. 3.9  Übersicht zu wesentlichen Eigenschaften der Geschäftsmodelle

Kreditwachstum dieses Modells ist während der Finanzund Wirtschaftskrise relativ stark verfallen

Kategorie 3 Investment Meistens international tätig; durchschnittlich 3–4 Tochtergesellschaften und 2 Zweigstellen Stabiles Geschäftsmodell (85 %); Wanderbewegungen zu Diversified Retail Typ 1 und Austausch mit Wholesale Modell mit eher stabilen Erlösen außer während Finanzkrise mit geringerer Effizienz

158 3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

Modell mit höchstem Abstand zum Ausfall, geringsten Kreditausfallrückstellungen unter den Retail-Banken; hoher Anteil an Heimatlandpositionen Modell weist mit die höchsten Risikogewichte und nur einen mäßigen Tier 1 Cap bei einem hohen verfügbaren Eigenkapital auf; höchster Einfluss auf Asset Quality Review/ Stresstest; geringer Bail-in Beitrag

Modell mit geringem Abstand zum Ausfall, mäßige Kreditausfallrückstellungen; hoher Anteil an Staatspositionen Modell weist sinkende Risikogewichte bei einem geringen Tier 1 Cap und mäßigem verfügbarem Eigenkapital auf; mäßiger Einfluss auf Asset Quality Review/Stresstest; hoher Bail-in Beitrag; geringste Liquidität

Modell mit hohem Abstand zum Ausfall, höchste Kreditausfallrückstellungen; hoher Anteil an Staatspositionen mit Home Bias Modell weist mit die höchsten Risikogewichte und nur einen geringen Tier 1 Cap bei mäßigem verfügbarem Eigenkapital auf; mäßiger Einfluss auf Asset Quality Review und geringer Einfluss auf Stresstest; geringer Bail-in Beitrag

Eigene Darstellung, in Anlehnung an Ayadi, R. et al. 2016, S. 89 f

Antwort auf Regulatorik

Risiko

Modell mit geringem Abstand zum Ausfall und durchschnittlichen Kreditausfallrückstellungen; erhebliches, aber diversifiziertes Staatsportfolio Modell weist geringe Modell weist geringe Risikogewichte bei Risikogewichte und einen stark ansteigenden einem hohen Tier 1 Cap und geringem Tier 1 Cap und verfügbarem verfügbares Eigenkapital auf; Eigenkapital auf; geringer Einfluss auf geringer Einfluss auf Asset Quality Review/ Asset Quality Review Stresstest; hoher Bail-in und hoher Einfluss auf Stresstest; hoher Beitrag Bail-in Beitrag Modell mit geringem Abstand zu Ausfall und geringsten Kreditausfallrückstellungen; beschränkter Anteil an Staatspositionen

3.2  Implikationen auf Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik … 159

160

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

Tab. 3.10  Ergebnisse zu Schlüsselindikatoren nach Geschäftsmodellen

RWA Kernkapitalquote verfügbares Eigenkapital Einfluss Asset Quality Review Einfluss Stresstest Kapital-­ Deckungslücken (% RWA) NSFR Bail-in Beiträge kumulierte Spitzenverluste

Focused Retail 62,3 % 12,5 % 6,7 %

Diversified Retail (Typ 1) 56,9 % 12,6 % 6,2 %

Diversified Retail (Typ 2) 62,8 % 12,2 % 7,2 %

Wholesale 42,3 % 18,6 % 9,7 %

Investment 37,9 % 15,2 % 5,7 %

alle 57,6 % 12,8 % 6,5 %

-0,7 %

-0,4 %

-0,4 %

0,0 %

-0,1 %

-0,3 %

-3,0 % 0,0 %

-2,3 % 0,0 %

-2,4 % 0,0 %

-0,9 % 0,0 %

-1,7 % 0,0 %

-2,3 % 0,0 %

106,9 % 3,1 % 7,4 %

119 % 3,5 % 2,3 %

93,3 % 3,0 % 3,3 %

241,8 % 4,6 % k.a.

131,9 % 5,0 % 0,3 %

111,1 % 3,5 % 3,1 %

Tabelle in Anlehnung an Ayadi, R. et al. (2016), S. 63

die Geschäftsmodelle der Banken ist zu beachten, dass weitere mikro- und makroökonomische Einflüsse diese teilweise überlagern und somit verstärken oder abschwächen können. In der Studie „Banking Business Models Monitor 2015 – Europe“ wurden die risikogewichteten Aktiva, die Kernkapitalquoten, das verfügbare Eigenkapital, der Einfluss des Asset Quality Review und der Stresstests, die Kapital-Deckungslücken im Verhältnis zur RWA, die NSFR sowie die Bail-in Beiträge und die kumulierten Spitzenverluste als regulatorische und aufsichtsrechtliche Schlüsselindikatoren untersucht. Tab. 3.10 gibt einen Überblick über die Ergebnisse auf Basis der Mittelwerte der jeweiligen Kategorie. Aus dieser Übersicht lassen sich folgende Ergebnisse/Erkenntnisse ableiten: • Die regulatorischen Kapitalquoten unterstellen, dass Retail-orientierte Banken gegenüber den „Wholesale“- und „Investment“-Instituten signifikant höhere durchschnittliche Risikogewichte haben. „Wholesale“- und „Investment“-Institute zeigen wiederum deutlich höhere Kernkapitalquoten. Gleichzeitig weisen „Wholesale“-Banken die höchste und „Investment“- Banken die geringste Leverage Ratio aus. • Bei den aufsichtlichen Kapitalprüfungen wie Asset Quality Review und Stresstests zeigen sich bei Retail-orientierten Kreditinstituten höhere Anpassungen und Risikovorsorgen. • Die Liquiditätsquoten (NSFR) marktorientierter Geschäftsmodelle („Wholesale“ und „Investment“) liegen deutlich über denen der Retail-orientierten Modelle. • Vorkalkulationen zu potenziellen Bail-in Beiträgen kommen zu dem Ergebnis, dass marktorientierte Banken scheinbar in der Lage sind, höhere Verluste zu absorbieren,

3.2  Implikationen auf Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik …

161

bevor sie Beiträge aus dem Unterstützungsfonds erhalten würden. Zurückblickend haben die Retail-orientierten Banken während der letzten Krisen die höchsten Verluste bekannt gegeben und hätten aus dem Fonds den größten Anteil der Verluste decken können, sofern dieser schon existiert hätte. Aus den Ergebnissen der von KPMG durchgeführten Studie „Auswirkungen regulatorischer Anforderungen“ zeigt sich ein negativer Zusammenhang zwischen den Geschäftsfeldern mit erwartetem Wachstumspotenzial und den Auswirkungen der Regulierung. Vor diesem Hintergrund werden insbesondere Geschäftsfelder mit vergleichsweise hohen Ertragspotenzialen unter Berücksichtigung zunehmender Regulierung belastet. Je nach Geschäftsmodell wird daraus auch eine Chance aus Wettbewerbsvorteilen gesehen. Dabei ist der Anpassungsbedarf abhängig vom Geschäftsmodell und insbesondere im Bereich der Geschäftsorganisation (Aufbau- und Ablauforganisation) und Banksteuerung zu erwarten. Als Schwerpunkte für Anpassungen werden die Stärkung der Kapital- und Liquiditätsausstattung sowie ein Trend weg vom Eigenhandel hin zum Firmen- und Privatkundengeschäft beschrieben.

3.2.3.1 Einflüsse auf durch Einlagen refinanzierte Geschäftsbanken Die Untersuchungen im Rahmen des „Banking Business Model Monitor 2015 – Europe“ zeigen die im weiteren Verlauf dargestellten Ergebnisse. Bezogen auf die risikogewichteten Aktiva ist bei der Gruppe der „Diversified Retail Typ 2“ die größte Veränderung ersichtlich. Diese gleicht sich im Untersuchungszeitraum von 2005 bis 2014 an das Level der „Wholesale“- und „Investment“-Banken an. Die statistische Analyse weist für die Retail-orientierten Banken deutlich höhere durchschnittliche Risikogewichte von 53,0  % bis 63,0  % als bei den anderen marktorientierten Geschäftsmodellen mit 38,0 % beziehungsweise 42,0 % aus. „Investment“- und „Wholesale“-Institute scheinen demnach ein geringeres Risiko in sich zu bergen als die Retail-orientierten Banken. Insgesamt deuten die zur Verfügung stehenden Daten darauf hin, dass die Regelungen zur Ermittlung der risikogewichteten Aktiva in der Lage sind, die zu unterlegenden Risiken der Geschäftsmodelle mit dem höchsten Anteil an Kundenkrediten (Retail-orientierte Kreditinstitute) korrekt zu erfassen. Bei den anderen Kategorien scheint dies tendenziell nicht der Fall. In diesem Zusammenhang sollte die Parametrisierung und Risikogewichtung einzelner Risikobereiche überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Bezüglich der Kapitalquoten zeigt die Analyse, dass Banken der Kategorie „Focused Retail“ mit über 5,0 % deutlich mehr verfügbares Eigenkapital vorweisen als alle anderen Geschäftsmodelle. Banken aus dem Bereich „Diversified Retail“ konnten seit der Krise 2008 die Erhöhung ihrer Kapitalquoten fortsetzen, wobei die Entwicklung der einlagenbasierten Typ 1-Institute robuster scheint als die der marktbasierten Typ 2-Banken. Hinsichtlich des Einflusses des Asset Quality Review, der anhand der risikogewichteten Aktiva untersucht wurde, kommt der „Banking Business Model Monitor 2015 – Europe“ zu dem Ergebnis, dass Retail-orientierte Banken höhere Anpassungen vornehmen

162

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

mussten als marktorientierte Kreditinstitute, wie „Wholesale“- und „Investment“-Banken. Dies unterstützt die Annahme, dass Banken mit weniger marktorientiert bewerteten Assets tendenziell höhere Abschreibungen eingehen. Dies kann mit der Fair Value Bewertung bei der Marktorientierung und der damit verbundenen früheren Abschreibung im Rahmen von Impairment Tests auf der Grundlage des IFRS 9 erklärt werden. Hierdurch kommt es bei sinkenden Marktpreisen im Zeitverlauf zu einer geringeren Abschreibung als bei Anwendung der Methode zu fortgeführten Anschaffungskosten. Der Einfluss des Stresstests zur Untersuchung der Fähigkeit der Kreditinstitute, einem adversen makroökonomischen Szenario standzuhalten, ist sehr stark abhängig von dessen spezifischer Ausgestaltung. So zeigen die Ergebnisse der Analyse für Retail-orientierte Banken tendenziell eine höhere Reaktionsfähigkeit auf Szenarien, die einen wirtschaftlichen Rückgang vorsehen. Kapitaldeckungslücken sind der Studie zu Folge nur bei Retail-orientierten Banken zu beobachten. Insbesondere die Focused Retail Institute mussten im Rahmen des Asset Quality Review und dem beim Stresstest ermittelten Expected Loss die größten Anpassungen vornehmen. Den Studienergebnissen zur strukturellen Liquiditätskennziffer NSFR zu Folge weisen Retail-orientierte Banken höhere Liquiditätsrisiken auf als Banken der beiden anderen Kategorien. Mit der seit 2015 verwendeten Verfeinerung innerhalb dieser Kategorie ergeben sich einige weitere Erkenntnisse: • „Focused Retail“: Der Fokus liegt auf dem traditionellen Bankgeschäft und damit Kundenkrediten, die über Kundeneinlagen refinanziert sind. Die Haupteinnahmen resultieren aus Nettozinseinkommen, Provisionen und Gebühren. Weitere Merkmale sind eine relativ hohe Leverage Ratio sowie geringe Kreditverluste und das stabilste Kreditwachstum, was ihre unstrittige Bedeutung für die Realwirtschaft bestätigt. Sie scheinen auch unter extremen Stresssituationen widerstandsfähiger zu sein als die anderen Geschäftsmodelle. Auf Basis der Ergebnisse der regulatorischen Messinstrumente und Marktrisikomessgrößen kann jedoch angenommen werden, dass die „Focused Retail“-Institute deutlich riskanter sind, als die meisten anderen Geschäftsmodelle. • „Diversified Retail (Typ 1)“: Institute haben eine moderate Größe, kombinieren Kundenkredite mit einem moderaten Anteil an Handelsaktivitäten, nutzen aber vorrangig Kundeneinlagen. Es besteht das höchste Austauschniveau zwischen allen Modellen. Dies zeigt sich daran, dass viele Institute aus den anderen Kategorien in diese Kategorie wechselten. Die Haupteinnahmen fließen aus Nettozinseinkommen und das Handelseinkommen ist stabiler als bei „Investment“-Banken. Die Banken dieser Kategorie weisen einen moderaten Risikofaktor aus, der sich aus verschiedenen Berichts- und Marktrisiko-Indikatoren ergibt, verzeichneten aber während der Krise die höchsten Kreditverluste. • „Diversified Retail (Typ 2)“: Beinhaltet im Verhältnis zu den anderen Retail-­ orientierten Banken relativ große und international tätige Institute. Sie ist die Gruppe

3.2  Implikationen auf Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik …

163

mit der geringsten Anzahl an Instituten und dem größten Bestand an Vermögenswerten unter den Retail-orientierten Banken. Ihre Hauptaktivität liegt bei Kundenkrediten mit Refinanzierung über Kreditschuldverschreibungen und Kundeneinlagen. Die Einnahmen aus Handelsaktivitäten sind fast doppelt so hoch wie bei anderen Retail-­orientierten Banken. Basierend auf verschiedenen Berichtsindikatoren sind die Institute dieser Kategorie relativ risikoreich und haben den geringsten durchschnittlichen Abstand zum Ausfall sowie eine deutlich höhere Einstufung bei den regulatorischen Risikoindikatoren. Sie konnten die stabilsten Erträge vorweisen und waren die einzige Kategorie, die trotz hoher Bereitstellung von Kundenkrediten in keinem Jahr einen negativen Ertrag aus den Vermögensgegenständen und Eigenkapital zu verzeichnen hatte. Die Erträge wurden nicht über höhere Kundenkredite an die Realwirtschaft weitergeleitet, sondern dazu verwendet, die eigene Kapitalposition zu verbessern. Aus den bisherigen Darstellungen zu den beschlossenen Veränderungen von Basel III auf Basel IV und den Eigenschaften der einzelnen Kategorien der Geschäftsmodelle können die folgenden zu erwartenden Implikationen für die durch Einlagen refinanzierten Geschäftsmodelle abgeleitet werden. Bei den Instituten der Kategorie „Focused Retail“ ist davon auszugehen, dass im Hinblick auf die neuen Vorschriften zur Ermittlung der risikogewichteten Aktiva für die einzelnen Risikobereiche insbesondere das Kreditrisiko, das operationelle Risiko sowie das Zinsänderungsrisiko von Bedeutung sind. So machen die Kundenkredite einen Anteil von 78,5 % der Bilanzsumme aus, was für die Relevanz der Regelungen für das Kreditrisiko spricht. Aufgrund der guten Kapitalausstattung ist nicht zu erwarten, dass es aufgrund der neuen Regelungen zu einer Einschränkung des Kreditgeschäfts kommt. Bei den operationellen Risiken könnte es aufgrund der neu einzuführenden größenabhängigen Buckets zu einem Vorteil gegenüber den anderen Geschäftsmodellen kommen, da die Institute in dieser Kategorie eher klein sind. Die Auswirkungen sind in jedem Fall abhängig von den bankspezifischen internen Verlustdaten. Da die Zinseinnahmen die Haupteinnahmequelle darstellen, ist die Zinsmarge und damit das Zinsänderungsrisiko von hoher Bedeutung. Dabei werden insbesondere die vorgegebenen Zinsschockszenarien eine wichtige Rolle spielen. Zudem müssen sich die Institute auf die erweiterten Anforderungen an das Management von Zinsrisiken und die Offenlegung einstellen. Die Leverage Ratio scheint für diese Kategorie nur von geringer Bedeutung zu sein, da die darin enthaltenen Institute eine tendenziell hohe Leverage Ratio aufweisen. So zeigt die Untersuchung für den Zeitraum 2006 bis 2010 bei kleineren und „Focused Retail“-Banken, deren Hauptaktivitäten im Kundengeschäft mit Kundeneinlagen und Kundenkrediten liegen, die höchste Leverage Ratio. Somit ist nicht zu erwarten, dass es durch die neuen Regelungen zur Leverage Ratio zu deutlich höheren Kapitalkosten zur Erfüllung der Kapitalanforderungen kommen wird.

164

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

Im Hinblick auf die Liquiditätsrisiken sind die Institute dieser Kategorie durch Kundeneinlagen und damit stabil und unabhängig von Interbanken- oder Kapitalmarkt refinanziert. In Bezug auf die LCR ist in jedem Fall der zunehmende Wettbewerb um Kunden­ einlagen zu beachten. Bei der bislang vergleichsweise konstanten NSFR muss die Einschränkung bei der Fristentransformation berücksichtigt werden, da Einlagen derzeit tendenziell kurzfristigen Charakter haben, wohingegen Kredite tendenziell langfristig nach­ gefragt werden. Insbesondere für kleine Institute stellen die Vorschriften zu Risikomanagement, Transparenz und Offenlegung einen verhältnismäßig hohen zusätzlichen Aufwand dar, da die gleichen Anforderungen wie für größere Institute gelten. Die daraus resultierenden regulatorischen Kosten sind nicht zu unterschätzen. Bei den Instituten der Kategorie „Diversified Retail (Typ 1)“ ist von nahezu den gleichen Implikationen wie bei der Kategorie „Focused Retail“ auszugehen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass sich aufgrund des Handelsvermögens (etwa 30  %) und einem ­kleinen Anteil an Handelsaktivitäten auch die neuen Regelungen zum Marktpreisrisiko auswirken werden. Der neue Standardansatz führt ersten Auswirkungsstudien zur Folge zu deutlich höheren Kapitalanforderungen, bei gleichzeitiger Zunahme der Komplexität bei der Risikoermittlung und damit einhergehenden steigenden Kosten der Regulierung. Bei den Instituten der Kategorie „Diversified Retail (Typ 2)“ ist wegen der teilweisen Refinanzierung über Kreditschuldverschreibungen zu erwarten, dass neben den bereits dargestellten Risiken auch die Vorschriften zu den Verbriefungen zu Änderungen bei der Ermittlung der RWA und den Kapitalanforderungen führen werden. Die Auswirkungen sind neben dem Rating insbesondere von der Restlaufzeit und der Seniorität der Verbriefung abhängig. Dabei sind die Risikogewichte bei kürzeren Laufzeiten geringer als bei längeren Laufzeiten. Bei den operationellen Risiken könnte es aufgrund der neu einzuführenden größenabhängigen Buckets zu stärkeren Auswirkungen kommen als bei den anderen beiden Subkategorien im Bereich „Retail“. Für die größeren Institute dieser Kategorie, welche die Interne Modelle Ansätze nutzen, ist zu vermuten, dass die Auswirkungen aufgrund der veränderten Regelungen stärker sein werden als bei kleinen Instituten, welche den Standardansatz nutzen. Bei Anwendung des IRB-Ansatzes sind zudem die neuen Floor-Regelungen zu beachten. Diese könnten zu einer Einschränkung der Möglichkeiten zur Minderung der RWA über die Anwendung interner Modelle und damit zu steigenden Kapitalanforderungen führen. Zudem ist mit einem erhöhten Aufwand im Rahmen der Offenlegung zu rechnen, da die RWA nach IRBund Standardansatz parallel ermittelt und veröffentlicht werden muss.

3.2.3.2 Einflüsse auf Interbanken- oder Kapitalmarkt refinanzierte Geschäftsbanken In Bezug auf die risikogewichteten Aktiva der Gruppe der „Wholesale“-Banken ist zu konstatieren, dass diese einerseits geringere Risiken und eine geringere Risikogewichtung in ihren Vermögenswerten aufweisen. Andererseits offenbaren sich Inkonsisten-

3.2  Implikationen auf Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik …

165

zen dahingehend, dass im Vergleich zu „Retail“-Banken höhere Ausfallrisiken zu verzeichnen sind. Die Untersuchung der Kapitalquoten zeigt, dass die Unterschiede bei den Risiken und der Verlustabsorptionsfähigkeit in den Risikogewichten und den Kernkapitalquoten abgebildet werden. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass die derzeit verwendeten regulatorischen Instrumente und Parameter insbesondere bei „Wholesale“- und „Investment“-Banken nicht adäquat sind, die Verlustabsorptionsfähigkeit zu erfassen. Die Leverage Ratio legt nahe, dass „Wholesale“-Banken vergleichsweise höhere Verluste absorbieren können als „Investment“-Banken. Im Zeitraum der Finanzkrise offenbart sich rückblickend hingegen ein volatiler Verlauf der Leverage Ratio. Obwohl die Interbankenverbindlichkeiten etwa ein Viertel ihrer Gesamtaktivitäten ausmachen, haben diese Institute die geringste Leverage Ratio. Dies lässt vermuten, dass die Liquiditätsrisiken im derzeitigen Regelwerk nicht adäquat berücksichtigt wurden. Hinsichtlich des anhand der risikogewichteten Aktiva gemessenen Einflusses des Asset Quality Review ergeben sich für die „Wholesale“-Banken die geringsten Auswirkungen. Das Ergebnis unterstützt die Annahme, dass Banken, die Liquiditätsprobleme aufzeigen, sowie Kreditinstitute, die nicht von den strengeren Meldeanforderungen betroffen sind, tendenziell versuchen, Verluste zu verschieben. Die Ergebnisse der Untersuchung bezüglich des Einflusses des Stresstests legen nahe, dass „Wholesale“-Banken in der Lage sind, einer wirtschaftlichen Rezession, wie sie im adversen Szenario angenommen wird, besser standzuhalten als Banken anderer Kategorien. Kapitaldeckungslücken ergaben sich bei den Banken dieser Kategorie nicht. Den Studienergebnissen zur Liquiditätskennziffer NSFR zu Folge weisen „Whole­ sale“-Banken relativ geringe Liquiditätsrisiken aus. Die Liquiditätsbedingungen haben sich stufenweise verbessert, weswegen schon heute die ab 2018 einzuhaltende 100 %-Quote erreicht wird. Weitere wesentliche Ergebnisse des „Banking Business Models Monitor 2015 – Europe“ sind die starken Interbankenbeziehungen in der Kategorie „Wholesale“. Die Ergebnisse hängen stark von Nettozinseinkommen, Provisionen und Gebühren ab. „Wholesale“-Banken haben jedoch während der Finanz- und Wirtschaftskrise die höchsten Handelsverluste aus dem Eigenhandel erlitten. Gleichzeitig sind sie geprägt von niedrigen Kreditverlusten sowie einer Nivellierung der Ertragslage, vom Zeitraum oben genannter Krisen einmal abgesehen. Die Stabilisierung des Kapitals wurde bei den „Wholesale“-Banken nicht von aufei­ nanderfolgenden Jahren rückläufiger Kredite begleitet und die Kundenkredite stiegen sogar während der Krisenjahre an. Aus den bisherigen Darstellungen zu den beschlossenen Veränderungen von Basel III auf Basel IV und den Eigenschaften der einzelnen Kategorien der Geschäftsmodelle können die folgenden zu erwartenden Implikationen für die über den Interbanken- oder Kapitalmarkt refinanzierten Geschäftsbanken abgeleitet werden: Bei den Instituten der Kategorie „Wholesale“ ist davon auszugehen, dass im Hinblick auf die neuen Vorschriften zur

166

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

Ermittlung der risikogewichteten Aktiva für die einzelnen Risikobereiche insbesondere das Kreditrisiko, das Marktpreisrisiko, das operationelle Risiko sowie das Zinsänderungsrisiko und die Verbriefungen von Bedeutung sind. So haben auch bei dieser Kategorie die Kundenkredite und damit die Regelungen zum Kreditrisiko eine hohe Bedeutung. Die Auswirkungen können gegebenenfalls durch Anwendung von IRB-Ansätzen etwas verringert werden. Die Relevanz des Marktpreisrisikos zeigt sich in der Höhe des Handelsbestands. Das Handelsvermögen beträgt etwa 28 % der Bilanzsumme. Tendenziell ist dabei sowohl bei Anwendung des Standardansatzes als auch des Interne Modelle Ansatzes durch die neuen Regelungen mit höheren Kapitalanforderungen zu rechnen. Bei den operationellen Risiken könnte es aufgrund der neu einzuführenden größenabhängigen Buckets zu stärkeren Auswirkungen kommen, als bei anderen Geschäftsmodellen. Die Auswirkungen werden insbesondere von der Größe des Instituts und den jeweiligen internen Verlustdaten maßgeblich bestimmt. Neben Handelseinnahmen stellen auch bei dieser Kategorie die Zinseinnahmen eine Haupteinnahmequelle dar. Demgemäß ist das Zinsänderungsrisiko relevant. Die Auswirkungen der neuen Regelungen sind wiederum abhängig von den vorgegebenen Zinsschockszenarien. Ein erhöhter Aufwand entsteht voraussichtlich durch die erweiterten Anforderungen an das Management der Zinsrisiken und die Offenlegung. Durch die teilweise Refinanzierung über den Kapitalmarkt und Interbankenverbindlichkeiten sind auch die neuen Regelungen zu den Verbriefungen von Bedeutung. Aufgrund des Umfangs der Positionen sind hier stärkere Auswirkungen zu erwarten als bei „Retail“-Instituten. Die Leverage Ratio ist für diese Kategorie von höherer Bedeutung, da sie gegenüber den anderen Geschäftsmodell-Kategorien prozentual betrachtet niedrig ist, weswegen eine Verschärfung der Anforderungen zur Leverage Ratio gegebenenfalls Kapitallücken impliziert. Im Hinblick auf die Liquiditätsrisiken sind die Institute dieser Kategorie durch einen Refinanzierungsmix aus Kundeneinlagen, Interbankenverbindlichkeiten und Kapitalmarkt­ finanzierungen und damit scheinbar relativ stabil refinanziert. In Bezug auf die LCR ist jedoch die bestehende Abhängigkeit vom Interbankenmarkt zu beachten. Bei der NSFR scheint eine entsprechende Fristentransformation leichter möglich. Die Vorschriften zu Risikomanagement, Transparenz und Offenlegung stellen für die Institute dieser Kategorie einen geringeren zusätzlichen Aufwand dar als für kleine Institute der Kategorie „Retail“. Es ist zu vermuten, dass die Auswirkungen aufgrund der veränderten Regelungen zu Floor und Offenlegung für größere Institute, welche die Interne Modelle Ansätze nutzen, stärker sein werden, als bei kleinen Instituten, welche den Standardansatz anwenden. Demzufolge ist von tendenziell steigenden Kapitalanforderungen auszugehen, zumal die Möglichkeiten zur Minderung der RWA durch die neuen Regelungen stark eingeschränkt werden. Daneben ist ein administrativer Mehraufwand aufgrund der erweiterten Meldeund Offenlegungsvorschriften zu erwarten.

3.2  Implikationen auf Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik …

167

3.2.3.3 Einflüsse auf kapitalmarktorientierte Geschäftsbanken/ Investmentbanken Die risikogewichteten Aktiva sind bei der Kategorie der „Investment“-Banken auf einem stabilen, relativ geringen Niveau. Allerdings ist einschränkend zu vermerken, dass ihre Aussagekraft in Bezug auf die Quantifizierung des Ausfallrisikos für Banken dieser Kategorie begrenzt ist. Aufgrund der typischerweise viel geringeren durchschnittlichen Risikogewichte ist es sehr wahrscheinlich, dass die risikosensitiven Kapitalanforderungen den angemessenen vorzuhaltenden Kapitalbetrag unterschätzen. Ein Grund hierfür könnten die Minderungsmöglichkeiten durch die Nutzung interner Modelle bei der Ermittlung der RWA sein. Die Untersuchung der Kapitalquoten hat gezeigt, dass die Quoten bis 2013 stufenweise leicht angestiegen sind. Im Jahr 2014 ist ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Sie liegen derzeit auf einem nahezu gleichen Niveau mit den „Retail“-Banken, was den Schluss nahelegt, dass die Risiken durch die derzeitigen regulatorischen Regelungen nicht adäquat erfasst werden. Die Leverage Ratio der „Investment“-Banken ist während der Finanzkrise deutlich zurückgegangen und hat sich gegenüber diesem Stand zwar prozentual betrachtet wieder verdoppelt. Gleichwohl weist sie im Vergleich zu den übrigen Kategorien das niedrigste Niveau auf. Diese geringere Leverage Ratio kann genutzt werden, um Vermögenswerte über Schulden auszuweiten und einen maximalen Nutzen aus dem vorhandenen Kapital zu erreichen sowie das überschüssige Kapital zu minimieren. Das niedrige Niveau der Leverage Ratio steht im Einklang mit den typischerweise hohen Aktivitäten mit Derivaten, welche der Reduzierung der Risikogewichte dienen. Dabei haben die Regelungen zum Netting bei Derivatepositionen einen erheblichen Einfluss auf die Möglichkeiten zur ­Reduzierung der RWA.  Dabei ist zu beachten ist, dass Derivatepositionen signifikante Position insbesondere in der Bilanz von „Investment“-Instituten darstellen. Einheitliche Netting-­Regelungen können zu einer Heterogenität bei der Messung der Leverage Ratio führen und ihre Effektivität untergraben. Hinsichtlich des anhand der risikogewichteten Aktiva gemessenen Einflusses des Asset Quality Review ergeben sich für die „Investment“-Banken nur sehr geringe Auswirkungen. Sie weisen tendenziell trotz höherer Handelsaktivitäten geringere Risikogewichte aus, was darauf hindeutet, dass Minderungsmöglichkeiten genutzt werden, um von Skalen­ effekten zu profitieren. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Kalibrierung mancher Risikogewichte zumindest teilweise bis überwiegend in der intendierten Wirkung verfehlt ist. Die Ergebnisse zur Untersuchung des Einflusses des Stresstests zeigen, dass „Investment“-Banken unter dem vorgegebenen adversen Szenario mit hohen Verlusten konfrontiert werden. Kapitaldeckungslücken ergaben sich auch bei den Banken dieser Kategorie nicht. Den Studienergebnissen zur Liquiditätskennziffer NSFR zur Folge weisen auch „Investment“-Banken relativ geringe Liquiditätsrisiken aus. Die Liquiditätsbedingungen ­haben sich stufenweise verbessert und es wird schon heute die ab 2018 einzuhaltende 100 %-Quote erreicht.

168

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

Weitere wesentliche Ergebnisse des „Banking Business Models Monitor 2015 – Europe“ sind die hohen Risikokosten während der Finanz- und Wirtschaftskrise, die zu einem Ertragsdruck geführt haben. Die „Investment“-Banken nutzten das Deleveraging dazu, ihre Kapitalposition zu stärken und der weniger stabilen Refinanzierung zu begegnen.3 Hierdurch wurde das Deleveraging über geringere Kundenkredite an die Realwirtschaft weitergereicht. Trotzdem ist die Leverage Ratio der „Investment“-Banken noch relativ gering, was über einen höheren „Bail-in“-Beitrag abgebildet wird. Aus den bisherigen Darstellungen zu den (geplanten) Veränderungen von Basel III auf Basel IV und den Eigenschaften der einzelnen Kategorien der Geschäftsmodelle können die folgenden zu erwartenden Implikationen für die über den Kapitalmarkt refinanzierten Geschäftsbanken abgeleitet werden: Bei den Instituten der Kategorie „Investment“ ist davon auszugehen, dass für diese die neuen Vorschriften zur Ermittlung der risikogewichteten Aktiva für sämtliche Risikobereiche von Bedeutung sind. Trotz des Deleveraging im Bereich der Kundenkredite während der letzten Jahre scheinen die neuen Regelungen zum Kreditrisiko weiterhin eine hohe Bedeutung zu haben. Insbesondere durch die Einführung der Floor Regelungen und die vorgesehenen Einschränkungen der Anwendungsmöglichkeiten des IRBA ist mit steigenden Kapitalanforderungen zu rechnen. Die Relevanz des Marktpreisrisikos zeigt sich in der Höhe des Handelsbestands. Das Handelsvermögen beträgt etwa 60 % der Bilanzsumme. Durch die neuen Regelungen zur Zuordnung zu Handels- und Anlagebuch sowie der Festlegung des Standardansatzes als Floor kommt es zu einer Einschränkung der Minderungsmöglichkeiten bei der Ermittlung der RWA. Insgesamt ist mit höheren Kapitalanforderungen zu rechnen. Bei den operationellen Risiken könnte es aufgrund der neu einzuführenden größenabhängigen Buckets und der Größe der in dieser Kategorie enthaltenen Institute zu stärkeren Auswirkungen kommen. Daneben spielen auch hier die bisherigen internen Verlustrisiken eine entscheidende Rolle in Bezug auf die zukünftigen Kapitalanforderungen. Wegen des hohen Anteils an Marktaktivitäten ist auch für diese Gruppe das Zinsänderungsrisiko ebenso im Hinblick auf den Bestand an Anleihen relevant. Durch die Aktivitäten im Bereich des Wertpapierhandels und der Derivate sind sowohl die neuen Regelungen zu den Verbriefungen als auch zu Kontrahenten- und CVA-Risiko von Bedeutung. Hier ist durch die neuen Regelungen je nach Bilanzstruktur mit steigenden Kapitalanforderungen sowie steigenden regulatorischen Kosten aufgrund der höheren Komplexität zu rechnen. Die Möglichkeiten zur Minderung der RWA und damit der Kapitalanforderungen wird durch die Beschränkung der Anwendung interner Modelle aufgrund der Floor-­ Regelungen stark begrenzt.

 Der dem Finanzwesen entstammende Begriff Deleveraging bezeichnet im Allgemeinen die Verringung des Verschuldungsgrades eines Unternehmens und stellt insbesondere auf den Finanzierungsprozess der Substitution von Fremdkapital durch Eigenkapital ab, wodurch zum einen der Bestand an bilanziellem Kapital unverändert bleibt, zum anderen eine Minimierung eingegangener finanzwirtschaftlicher Risiken erreicht wird. 3

3.2  Implikationen auf Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik …

169

Die Leverage Ratio könnte für Institute dieser Kategorie von hoher Bedeutung sein, da sie aufgrund der Refinanzierung über den Kapitalmarkt eine geringe Leverage Ratio aufweisen. Aus diesem Grund ist bei einer entsprechend höheren Kalibrierung der Leverage Ratio mit der Entstehung von Kapitallücken zu rechnen. In diesem Fall kann die Leverage Ratio zur bindenden Kapitalanforderung werden. Im Hinblick auf die Liquiditätsrisiken sind die Institute dieser Kategorie durch die Refinanzierung über den Kapitalmarkt auf einen funktionierenden Markt angewiesen. In Bezug auf die LCR ist daher die bestehende Abhängigkeit zu beachten. Bei der NSFR ist eine entsprechende Fristentransformation leichter möglich. Der mit Einführung der TLAC vorzuhaltende zusätzliche Kapitalpuffer trifft insbesondere die in dieser Kategorie enthaltenen international tätigen systemrelevanten Institute. Die neuen Floor Regelungen führen zu einer Einschränkung der Möglichkeiten zur Minderung der RWA und damit der Kapitalanforderungen durch Anwendung interner Modelle. Auf diese Weise soll die bislang bestehende die Gefahr einer regulatorischen Arbitrage durch Nutzung der IRB-Modellansätze zur Minimierung der geforderten Kapitalunterlegungen entgegengewirkt werden. So tendieren größere Banken zu einer höheren Spezialisierung auf die geprüften Methoden zur Minimierung der RWA, ohne dabei Risiken abzubauen. Diese Möglichkeit zur Berechnung eigener Risikokosten mittels interner Modelle ist höchstwahrscheinlich ein Grund für die bisher falsche Ausrichtung der regulatorischen Risikomessung. So werden außerbilanzielle Positionen insbesondere im Zusammenhang mit Verbriefungstransaktionen nicht im notwendigen Umfang beachtet und es muss keine Rechenschaft über das Besicherungsrisiko abgelegt werden. Banken werden dadurch dazu verleitet, ihre finanziellen Ressourcen einzusetzen, ohne das eigentliche Risikoprofil hinreichend zu beachten. Sowohl die Regelungen zur TLAC als auch die Floor Regelungen werden zu einer Erhöhung der Kapitalanforderungen führen und betreffen insbesondere die großen Institute der Kategorie „Investment“. Die Vorschriften zu Risikomanagement, Transparenz und Offenlegung stellen für die zumeist großen Institute dieser Kategorie einen geringeren zusätzlichen Aufwand dar als für kleine Institute. Auch hier ist zu beachten, dass die Institute dieser Kategorie in der Regel Interne Modelle Ansätze nutzen. Nach den neuen Regelungen muss zwingend eine zusätzliche Ermittlung und Offenlegung der Ergebnisse nach dem Standardansatz erfolgen, welche zu steigenden regulatorischen Kosten führt. Es ist zu vermuten, dass die Auswirkungen der veränderten Regelungen zu Floor und Offenlegung für die größeren Institute der Kategorie „Investment“ stärker sein werden, als bei kleinen Instituten der anderen Kategorien, welche ausschließlich den Standardansatz nutzen.

3.2.4 Zwischenfazit Abschließend werden die Ergebnisse der zuvor in diesem Kapitel herausgearbeiteten Auswirkungen der Veränderungen der Regelungen von Basel IV auf die jeweiligen Geschäfts-

170

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

Implikationen der Veränderungen auf die verschiedenen Geschäftsmodellkategorien Focused Retail

Diversified Retail (Typ 1)

Diversified Retail (Typ 2)

Wholesale

Investment

Kreditrisiko

Kreditrisiko

Kreditrisiko

Kreditrisiko

Kreditrisiko

operationelles Risiko

operationelles Risiko

operationelles Risiko

operationelles Risiko

operationelles Risiko

Zinsänderungsrisiko (IRRBB)

Zinsänderungsrisiko (IRRBB)

Zinsänderungsrisiko (IRRBB)

Zinsänderungsrisiko (IRRBB)

Zinsänderungsrisiko (IRRBB)

Leverage Ratio

Marktpreisrisiko (FTRB)

Marktpreisrisiko (FTRB)

Marktpreisrisiko (FTRB)

Marktpreisrisiko (FTRB)

Liquidität (LCR / NSFR)

Leverage Ratio

Verbriefungen

Verbriefungen

Verbriefungen

Liquidität (LCR / NSFR)

Leverage Ratio

Floor

Kontrahentenrisiko und CVA Risiko

Liquidität (LCR / NSFR)

Leverage Ratio

Floor

Aufwand zur Erfüllung der Vorschriften zu Risikomanagement und Offenlegung

Liquidität (LCR / NSFR)

Leverage Ratio

Aufwand zur Erfüllung der Vorschriften zu Risikomanagement und Offenlegung

Aufwand zur Erfüllung der Vorschriften zu Risikomanagement und Offenlegung

Aufwand zur Erfüllung der Vorschriften zu Risikomanagement und Offenlegung

Liquidität (LCR / NSFR) Aufwand zur Erfüllung der Vorschriften zu Risikomanagement und Offenlegung TLAC und weitere Kapitalpuffer

Abb. 3.6  Regelungsbereiche mit Einfluss auf die Geschäftsmodellkategorien

modellkategorien noch einmal kurz zusammengefasst. Die folgende Abb. 3.6 ordnet zunächst die Regelungsbereiche den Geschäftsmodellkategorien zu. Die zu erwartenden wesentlichen Implikationen der Veränderungen in den einzelnen Regelungsbereichen sind in der nachfolgenden Tab. 3.11 zusammengefasst. Bei der Betrachtung der Implikationen der veränderten Anforderungen unter Basel IV sollten zudem folgende, auf alle Geschäftsmodellkategorien bezogene, Aspekte berücksichtigt werden. Kapitalanforderungen und RWA Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass zwischen den Geschäftsmodellen bei den Verlustrisiken in Stresssituationen deutliche Unterschiede bestehen. Daher sollten die Mindestkapitalanforderungen die verschiedenen Geschäftsmodelle der Banken berücksichtigen. Zudem wird eine Differenzierung bei der Risikobehandlung bei der Ermittlung der RWA unter Beachtung der sich verändernden Geschäftsmodelle und der damit verbundenen Risikoprofile gefordert. Dies wird damit begründet, dass sich die mit Derivaten und Wertpapierhandel verbundenen Risiken stark von denen des traditionellen Einlagengeschäfts unterscheiden. Somit scheinen einheitliche Kapitalregeln wenig sinnvoll. Statt-

Operationelles Risiko

Kreditrisiko

Allgemeinesa

Kategorie 2 Wholesale Tragen eine Vielzahl von Risiken v. a. durch einen offensichtlichen Liquiditätsrückgang und fehlenden Aufbau adäquater Puffer um Lücken aus diesen Risiken abzufedern Hauptaktivität liegt auf Vor dem Hintergrund Diese Kategorie konnte Hauptaktivität liegt Kundenkrediten, so dass steigender Kundenkredite ein stetiges und stabiles auf Kundenkrediten, in dieser Kategorie ist es auch in dieser so dass es auch in Kreditwachstum auch hier mit steigenden Kategorie zu höheren vorweisen und hat den dieser Kategorie zu Kapitalanforderungen aus Kapitalanforderungen höheren Fokus auf die den veränderten Kapitalanforderungen kommen könnte traditionellen Regelungen zum Bei IRB-Instituten ist kommen könnte Bankgeschäfte Kreditrisiko zu rechnen durch Einführung des Veränderungen könnten KSA als Floor mit zu höheren zusätzlich steigenden Kapitalanforderungen Kapitalanforderungen zu führen rechnen Auswirkungen sind Auswirkungen sind Zinskomponente als Zinskomponente als abhängig von abhängig von wesentlicher wesentlicher größenabhängigen größenabhängigen Ertragsfaktor könnte für Ertragsfaktor könnte Buckets und internen für diese Kategorie zu Buckets und internen diese Kategorie zu Verlustdaten Verlustdaten höheren höheren Kapitalanforderungen Kapitalanforderungen führen führen

Kategorie 1 Focused Retail Diversified Retail (1) Diversified Retail (2) Arbeiten mit einem hohen Anteil an verfügbarem Eigenkapital Nutzen Kundeneinlagen zur Refinanzierung, sind weniger ausfallanfällig (gilt insbesondere für „Diversified Retail“) und können ihre Liquiditätsrisiken besser steuern „Diversified Retail“ haben das geringste Risiko von Kapitallücken während Krisenperioden

Tab. 3.11  Implikationen auf die Geschäftsmodellkategorien

(Fortsetzung)

Auswirkungen sind abhängig von größenabhängigen Buckets und internen Verlustdaten. Ertragsdruck durch steigende Risikokosten

In dieser Kategorie war seit der Finanzkrise tendenziell ein Deleveraging zu verzeichnen. Mit Einführung des KSA als Floor ist mit steigenden Kapitalanforderungen zu rechnen

Kategorie 3 Investment Insbesondere aktiv bei Handel und Derivaten

3.2  Implikationen auf Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik … 171

Verbriefungen, Kontrahentenrisiko und CVA-Risiko

Marktpreisrisiko (Handelsbuch; FRTB)

Zinsänderungsrisiko (IRRBB)

Keine/sehr geringe Auswirkungen auf die Institute dieser Kategorie, da keine Handelsaktivitäten am Interbankenmarkt und Refinanzierung über Kundeneinlagen

Diversified Retail (2) In dieser Kategorie könnte es zu stärkeren Auswirkungen kommen, da sie tendenziell größere Institute beinhaltet Geringeres Zinsänderungsrisiko, da zusätzlich Einnahmen aus Handelsaktivitäten

Kategorie 2 Wholesale

Kategorie 3 Investment

Geringeres Zinsänderungsrisiko, da zusätzlich Einnahmen aus Handelsaktivitäten

Zinsänderungsrisiko relevant wegen Handelsbestand an Anleihen (Kurs abhängig von der Zinsentwicklung) Aufgrund der starken Stärkere Stärkere Erhöhungen aufgrund der Handelsaktivitäten und Erhöhungen aufgrund des Handelsbestandes höheren der höheren ist mit den stärksten Handelsaktivitäten Handelsaktivitäten Steigerungen bei den möglich möglich Kapitalanforderungen durch die veränderten Regelungen zu rechnen Aufgrund des hohen Aufgrund der Kaum Auswirkungen Wegen der teilweisen Handelsbestandes in Handelsaktivitäten am auf die Institute dieser Refinanzierung über Interbankenmarkt und der Form von Derivaten und Kategorie, da nur sehr KreditschuldverschreiRefinanzierung über den der Refinanzierung über bungen kann es durch geringe den Kapitalmarkt ist in Kapitalmarkt ist mit Handelsaktivitäten am der neuen Regelungen dieser Kategorie mit den tendenziell steigenden zu tendenziell leicht Interbankenmarkt stärksten Steigerungen steigenden Kapitalanfor- Kapitalanforderungen Hauptrefinanzierung bei Kapitalanforderungen durch die neuen über Kundeneinlagen derungen kommen durch die veränderten Regelungen zu rechnen Regelungen zu rechnen

Diversified Retail (1) Auswirkungen sind abhängig von größenabhängigen Buckets und internen Verlustdaten Hohes Zinsänderungsrisiko, da Nettozinseinnahmen Haupteinnahmequelle sind Leichte Erhöhung der Keine oder nur sehr geringe Auswirkungen Kapitalanforderungen aufgrund des auf die Institute dieser moderaten Anteils an Kategorie, da in der Regel kein Handelsbuch Handelsaktivitäten möglich vorhanden

Kategorie 1 Focused Retail Auswirkungen sind abhängig von größenabhängigen Buckets und internen Verlustdaten Hohes Zinsänderungsrisiko, da Zinskomponente Haupteinnahmequelle ist

Tab. 3.11 (Fortsetzung)

172 3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

Keine Auswirkungen, da in der Regel der IRB-Ansatz nicht genutzt wird (kleinere Institute)

Tendenziell sind für diese Kategorie wegen der höchsten Leverage Ratio nur geringe Auswirkungen zu erwarten

Floor

Leverage Ratio

Auswirkung abhängig vom Umfang der Nutzung der IRBAnsätze zur Minderung der RWA (v. a. durch größere Institute) und der Kapitalanforderungen

Tendenziell sind für diese Kategorie wegen der etwas höheren Leverage moderate Auswirkungen zu erwarten

Keine Auswirkungen, da in der Regel der IRB-Ansatz nicht genutzt wird (kleinere Institute)

Tendenziell sind für diese Kategorie wegen der geringen Leverage (hohe Leverage Ratio) nur geringe Auswirkungen zu erwarten

(Fortsetzung)

Auswirkung abhängig vom Umfang der Nutzung der IRBAnsätze zur Minderung der RWA und der Kapitalanforderungen Tendenziell größte Auswirkungen, da hier die international tätigen großen Institute beinhaltet sind, die den IRB-Ansatz meist aktiv nutzen Haben in erheblichem Diese Kategorie weist Untersuchungen zu Folge Maß Leverage und damit Risiken die geringste Leverage aufgebaut Ratio auf, was auf eine Tendenziell sind für bisherige diese Kategorie wegen Fehladjustierung der geringen Leverage hindeutet Ratio höhere Auswirkungen zu erwarten Auswirkung abhängig vom Umfang der Nutzung der IRB-Ansätze zur Minderung der RWA (v. a. durch größere Institute) und der Kapitalanforderungen

3.2  Implikationen auf Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik … 173

Kapitalpuffer (TLAC)

Liquidität (NSFR)

Liquidität (LCR)

Kategorie 1 Focused Retail Erscheinen über Kundeneinlagen stabil und unabhängig vom Interbanken- oder Kapitalmarkt refinanziert Zu beachten ist der zunehmende Wettbewerb um Kundeneinlagen Studienergebnisse zeigen tendenziell höhere Liquiditätsrisiken im Bereich Retail Einschränkung der Fristentransformation (kurzfristige Einlagen versus langfristige Kreditvergabe) In dieser Kategorie nicht relevant

Tab. 3.11 (Fortsetzung)

In dieser Kategorie nicht relevant

Diversified Retail (1) Erscheinen über Kundeneinlagen stabil und unabhängig vom Interbanken- oder Kapitalmarkt refinanziert Zu beachten ist der zunehmende Wettbewerb um Kundeneinlagen Studienergebnisse zeigen tendenziell höhere Liquiditätsrisiken im Bereich Retail

Studienergebnisse zeigen relativ geringe Liquiditätsrisiken und leichtere Fristentransformation Studienergebnisse zeigen relativ geringe Liquiditätsrisiken und leichtere Fristentransformation

Die zusätzlichen Kapitalpuffer zur Verlustabsorptionsfähigkeit betreffen G-SIBs, die insbesondere in dieser Kategorie enthalten sind

Kategorie 3 Investment Trotz des bereits erfolgten Deleveraging besteht wegen der geringen Leverage Ratio die Gefahr von Liquiditätsproblemen bei Krisen

Kategorie 2 Wholesale Trotz Refinanzierungsmix ist eine gewisse Abhängigkeit vom Interbankenmarkt zu beachten

In dieser Kategorie nicht In dieser Kategorie nicht relevant relevant

Studienergebnisse zeigen tendenziell höhere Liquiditätsrisiken im Bereich Retail

Diversified Retail (2) Erscheinen über Kundeneinlagen stabil und unabhängig vom Interbanken- oder Kapitalmarkt refinanziert Zu beachten ist der zunehmende Wettbewerb um Kundeneinlagen

174 3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

a

Vgl. Ayadi, R. et al. (2012), S. 1 f.

Säule 2 – Risiko- Strengere und management umfassendere Anforderungen an Risikomanagement bedeuten für kleine KI relativ gesehen höheren Aufwand Säule 3 – Strengeres und Offenlegung, umfassenderes Marktdisziplin Meldewesen sowie umfassende Offenlegungspflichten bedeuten für kleine KI relativ gesehen höheren Aufwand

Strengere und umfassendere Anforderungen an Risikomanagement bedeuten für kleine KI relativ gesehen höheren Aufwand Strengeres und umfassenderes Meldewesen sowie umfassende Offenlegungspflichten bedeuten für kleine KI relativ gesehen höheren Aufwand

Strengere und umfassendere Anforderungen an Risikomanagement bedeuten für größere KI relativ gesehen geringeren Aufwand Strengeres und umfassenderes Meldewesen sowie umfassende Offenlegungspflichten bedeuten höheren Aufwand

Strengere und umfassendere Anforderungen an Risikomanagement bedeuten für größere KI relativ gesehen geringeren Aufwand Strengeres und umfassenderes Meldewesen sowie umfassende Offenlegungspflichten bedeuten höheren Aufwand

Strengere und umfassendere Anforderungen an Risikomanagement bedeuten für größere KI relativ gesehen geringeren Aufwand Umfassendste Berichterstattungs- und Offenlegungsanforderungen führen zukünftig zu einem deutlich höheren Aufwand

3.2  Implikationen auf Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik … 175

176

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

dessen sollten bei den Kapitalregeln die unterschiedlichen Geschäfte voneinander getrennt betrachtet werden. Der Fokus der Regelungen lag bislang nicht auf dem Einfluss der Geschäftsmodelle und ihrer Merkmale, wie zum Beispiel Bilanzstruktur und Hauptaktivitäten, sondern stattdessen auf den an die RWA angelehnten Kapitalregeln. Der zunehmende Datenbestand ermöglicht es, die Bedeutung einzelner Merkmale der Geschäftsmodelle zu analysieren und die Kapital- und Liquiditätsregeln im Hinblick auf den Einfluss auf die Risikolage der Banken zu testen. Leverage Ratio Wissenschaftliche Untersuchungen zu den Determinanten der Risikobehaftung eines Kreditinstitutes gemessen am Abstand zum Ausfall zeigen, dass eine einfache Leverage Ratio deutlich besser performt als die Kernkapitalquote.4 Der aufgrund der risikosensitiven regulatorischen Anforderungen bestehende Trend zu einer geringeren Leverage Ratio führt jedoch auch zu höheren mikro- und makroprudenziellen Risiken und ist daher problematisch. In Krisenzeiten kann es neben sinkenden Werten der Assets in Verbindung mit einer gestörten Kapitalallokation von Seiten der Märkte zu Liquiditätsproblemen kommen. Liquiditätsrisiken Im Hinblick auf die zunehmende Fristentransformation infolge gestiegener Refinanzierung langfristiger Kredite über kurzfristige Einlagen entstehen Fälligkeitsdiskrepanzen. Dabei kann die Zunahme der kurzfristigen Refinanzierung damit erklärt werden, dass Kundeneinlagen nur bis zu einem gewissen Grad zum Wachstum einer Bank beitragen können. Ein Bilanzwachstum kann häufig nur mit Hilfe einer stärkeren Abhängigkeit von kurzfristiger Refinanzierung erreicht werden. Dies führt gleichzeitig zu höheren Liquiditätsrisiken. Dieser Entwicklung soll durch die strukturelle Liquiditätsquote NSFR entgegengewirkt werden. Als außerordentlich problematisch ist hierbei die Nullgewichtung der Staatsanleihen zu sehen, die insbesondere bei einem hohen Bestand an Staatspapieren zu Schwierigkeiten führen und die rechtzeitige Erkennung von Liquiditätsrisiken untergraben könnte. Es besteht ein Zusammenhang zwischen den vorgeschlagenen Liquiditätsmessgrößen und den Handlungen der Finanzpolitik. Um eine regulatorische Arbitrage zu vermeiden, muss auf eine Übereinstimmung der Kriterien für die HQLA bei der LCR und den Liquiditätsanforderungen der Zentralbank für Positionen zur Hinterlegung für Zen­ tralbankliquidität geachtet werden. Berichterstattung und Offenlegungsanforderungen Die unterschiedliche Transparenz bei den Offenlegungspraktiken der verschiedenen Geschäftsmodelle und das Fehlen entsprechender Standards führen dazu, dass die Vergleichbarkeit nur sehr eingeschränkt vorhanden ist. Diese Inkongruenzen nehmen mit der ­steigenden Anzahl von Vorschriften zum Berichtswesen und regulatorischen Anforderun Vgl. Blundell-Wignall, A. et al. (2013), S. 1.

4

3.2  Implikationen auf Geschäftsmodelle/Geschäftspolitik …

177

gen tendenziell weiter zu. Die Verfügbarkeit vierteljährlicher Berichte ist sehr nützlich für Forscher und Investoren, welche versuchen, Schlüsselvariablen im Zusammenhang mit Bankstrukturen, Performance, Stabilität, Profitabilität und ganz wesentlich die Veränderungen der Geschäftsmodelle zu vergleichen. Wanderbewegungen Der internationale Regulierungsprozess, die Globalisierung und Internationalisierung ­haben zu Veränderungen von Geschäftsstrategien beigetragen. Langfristige Kreditver­ hältnisse wurden teilweise durch kurzfristige Darlehen ersetzt, welche als verbriefte Forderungen am Markt an Langzeitinvestoren verkauft werden sollten. So beginnt der Derivatehandel die Bilanzen zu dominieren. Im Zusammenhang mit der Veränderung der Zusammensetzung der Bilanzen kommt es auch zu Änderungen bei den Einnahmequellen. So führt die Zunahme der Verbriefungen zu einer Wanderbewegung weg vom traditionellen Bankgeschäft hin zum Handel. Bedingt durch diese Wanderbewegung ändern sich der Fokus und Horizont des Managements. Während das traditionelle Bankgeschäft5 beziehungsorientiert und langfristig ausgerichtet war, sind die Handelsmodelle6 geleitet von einer kurzfristigen Renditeerwartung. Kreditvergabe- und Kreditprüfungsprozesse Es wird davon ausgegangen, dass die Vorschläge von Basel IV zu einer Verschärfung der Kapitalunterlegung und in der Folge zu einer Einschränkung der Kreditvergabemöglichkeiten führen können. So könnte es insbesondere zu einer Verknappung bei langfristigen Krediten kommen, insbesondere sofern diese tendenziell als riskant beurteilt werden. Dieser Aspekt ist vor allem im Hinblick auf die künftigen Finanzierungsmöglichkeiten für KMU von Bedeutung. Eine Studie der Association for Financial Markets in Europe in Zusammenarbeit mit PwC zu den Auswirkungen der Regulatorik auf die Aktivitäten der Banken am Kapitalmarkt kommt zu den folgenden Schlüsselergebnissen (04/2018): • Die Regulierungskosten betrugen ca. 37 Mrd. USD und damit 39,0 % der gesamten Kapitalmarktausgaben 2016. • Der größte Einfluss entsteht durch risikobasierte Kapitalanforderungen und Leverage Anforderungen. Die Liquiditätsanforderungen machen derzeit nur einen sehr geringen Teil aus. Es wird jedoch mit vollständiger Einführung der NSFR ab 2018 ein Anstieg erwartet. • Durch die Regulatorik kam es zwischen 2010 und 2016 zu einer Verringerung des ROE der Kapitalmärkte um 14 Basispunkte von 17,0 % auf 3,0 %. Durch Bilanzverkürzun5  Beim traditionellen Bankgeschäft investiert der Kreditgeber in Darlehensbeziehungen mit der Perspektive auf künftige Erträge. 6  Handelsmodelle sind darauf ausgelegt, erwartete künftige potenzielle Cashflows durch den Verkauf von Assets unmittelbar nach deren Entstehung zu generieren.

178

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

gen und andere Schritte, welche die Kreditinstitute zur Performance-Verbesserung unternahmen, konnte der durchschnittliche ROE der Kapitalmärkte wieder auf 11,0 % in 2016 gesteigert werden. Zinsen und Kredite wurden von der Regulierung am meisten beeinflusst und führten zu einem Rückgang von 23,0 % (2010) bzw. 17,0 % (2016). • Höhere regulatorische Kosten und geringere Erträge waren die Schlüsseltreiber des Asset-Deleveraging bei den Kapitalmarktaktivitäten der Banken. • Daneben sind auch andere, nicht-regulatorische Faktoren relevant: Aktivitäten in zukünftig weniger profitablen Bereichen werden reduziert. Auch makroökonomische Faktoren, wie zum Beispiel ein höheres Wirtschaftswachstum und die Geldpolitik, können ein Teil der Verschiebungen bei den Vermögenswerten erklären. Einige Banken sind auch in einer deutlich besseren Verfassung als die Peers, was teilweise die Anstrengungen der Restrukturierung und in der Folge die Wachstumsmöglichkeit widerspiegelt. • Einige Bilanzveränderungen zeigen auch individuelle strategische Entscheidungen, sich aus bestimmten Marktsegmenten zurückzuziehen oder diese zu verstärken. Auch die bis 2022/2023 noch abschließend zu implementierenden finalen Regelungen werden einen weiteren Druck auf die Geschäftsfelder der Banken ausüben, in denen bereits ein Rückgang aufgrund regulatorischer Anforderungen stattgefunden hat. Mit dem Ziel, das Maß an Transparenz in Bezug auf die Chancen und potenziellen Kosten und Effekte auf das Marktumfeld transparenter weiter als bisher zu erhöhen, sollte der Einfluss der Märkte und der Regulatorik auch in Zukunft laufend und vor allem stärker untersucht werden.

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Literatur

179

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180

3  Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Kreditinstitute

Verzeichnis der Basel Committee on Banking Supervision (BCBS) Standards BCBS 426: Basel III Monitoring Report, December 2017, https://www.bis.org/bcbs/publ/d426.pdf. BCBS 433: Basel III Monitoring Report, March 2018, https://www.bis.org/bcbs/publ/d433.pdf. BCBS 453: Implementation of Basel Standards, November 2018, https://www.bis.org/bcbs/publ/ d453.pdf. BCBS 461: Basel III Monitoring Report, March 2019, https://www.bis.org/bcbs/publ/d461.pdf.

4

Auswirkungen der Anforderungen durch Basel IV auf kleinere und mittlere Unternehmen

Die mit Basel IV geforderte stärkere Risikoorientierung der Kreditinstitute wirkt sich über die Kreditvergabe auf die Kreditnehmer und damit die vorrangig bankfinanzierten KMU aus. Die Regelwerke aus Basel IV betreffen bei KMU hauptsächlich folgende Bereiche: • Kapitalbeschaffung und Finanzierungsalternativen, • erweiterte Informationsanforderungen im Rahmen von Ratingprozessen sowie • die vom Rating und den gestellten Sicherheiten abhängigen Kreditkonditionen und Finanzierungskosten. Besonders wichtige Faktoren sind: –– Eigenkapitalquote, –– Liquidität sowie –– Rentabilität. Basel IV stellt umfangreiche Anforderungen an ein Risikomanagement, welche auch für KMU von Bedeutung sind. Diese werden in den Abschn. 6.2.2 und 6.3 behandelt.

4.1

Definition von KMU

In diesem Buch wird folgende KMU-Definition der Europäischen Kommission zugrunde gelegt, die eine Einteilung in Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vorsieht. Die EU-Empfehlung 2003/361 legt fest, dass ein KMU nicht mehr als 249 Beschäftigte haben und einen Jahresumsatz von 50 Mio. EUR oder eine Bilanzsumme von 43 Mio. EUR nicht überschreiten darf. Tab. 4.1 zeigt die seit dem 01.01.2005 für Einzelunternehmen geltenden KMU-­Schwel­ lenwerte aus dieser EU-Empfehlung.

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Zirkler et al., Controlling und Basel IV in der Unternehmenspraxis, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31352-4_4

181

182

4  Auswirkungen veränderter Regelungen auf KMU

Tab. 4.1  KMU-Schwellenwerte der Europäische Kommission (Tabelle in Anlehnung an Amtsblatt der Europäischen Union (2003).) Unternehmensgröße kleinst klein* mittel** *

Zahl der Beschäftigten bis 9 bis 49 bis 249

Umsatz €/Jahr bis 2 Mio. EUR bis 10 Mio. EUR bis 50 Mio. EUR

Bilanzsumme €/Jahr bis 2 Mio. EUR bis 10 Mio. EUR bis 43 Mio. EUR

und kein kleinstes Unternehmen und kein kleinstes oder kleines Unternehmen

**

Im Rahmen empirischer oder statistischer Analysen erfolgt die Abgrenzung in der Regel über die Zahl der Beschäftigten und den jährlichen Umsatz. Für Unternehmen, die Teil einer Unternehmensgruppe sind, ist ab einem Anteil von 25,0 % zusätzlich die jeweilige Größe der Unternehmensgruppe zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Finanzierungsmöglichkeiten muss zwischen kleineren und größeren KMU unterschieden werden. So kommt die Finanzierung über den Kapitalmarkt mittels einer Anleiheemission aufgrund der Mindestvolumina und dem mit der Emission verbundenen Fixkostenblock in der Regel nur für größere Mittelständler in Frage. In Deutschland sind etwa 99,5 % aller Unternehmen dem Segment der KMU zuzurechnen.1 Die herausragende Bedeutung mittelständischer Unternehmen in Deutschland ist auch daran zu erkennen, dass diese ungefähr 34,4 % des steuerbaren Umsatzes aus Lieferungen und Leistungen erwirtschaften, rund 57,6  % der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse auf sich vereinen2 und fast 85  % aller Ausbildungsplätze stellen.3 Die Ergebnisse einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zur Entwicklung der Unternehmensfinanzierung in Deutschland weisen auf einen Einfluss der Unternehmensgröße auf das jeweilige Finanzierungsverhalten hin.4 Demnach finanzieren kleinere Unternehmen ihre Investitionen tendenziell stärker über Hausbankkredite beziehungsweise eigene Mittel. Größere Unternehmen nutzen häufiger Kapitalmarktfinanzierungen und setzen ebenfalls mehr Eigenmittel zur Investitionsfinanzierung ein. Das einzelne Finanzierungsverhalten ist außerdem stark abhängig von der jeweiligen Branche und der damit verbundenen Kapitalintensivität. Bei der Analyse der Bilanzstruktur der KMU ist seit 2003 ein Trend zu höheren Eigenkapitalquoten auf der Passiva sowie einem höheren Forderungsanteil und einem sinkenden Sachanlageanteil auf der Aktiva zu erkennen. Dieser Trend trägt zu einem besseren Rating und in der Folge einem leichteren Zugang zu Bankkrediten bei.

 Vgl. IfM Bonn (2018).  Vgl. ebenda. 3  Vgl. Wüerst, A. (2015), S. 18. 4  Vgl. Bendel, D. et al. (2016), S. 38 f. 1 2

4.2 Das typische Verhältnis zwischen KMU und Kreditinstitut

4.2

183

Das typische Verhältnis zwischen KMU und Kreditinstitut

Für KMU ist der Bankkredit ein zentraler Finanzierungsbaustein. Die Hürden für eine Finanzierung über den Kapitalmarkt sind tendenziell hoch. Insofern sind KMU von Änderungen der Kreditvergabepolitik von Kreditinstituten im Besonderen betroffen. Neben verschärften Finanzierungsbedingungen mit rückläufigen Kreditvolumina vor allem im risiko- und margenärmeren Mengengeschäft werden dabei auch kürzere Laufzeiten für neue Kredite beziehungsweise Anschlussfinanzierungen erwartet. Bereits mit Basel II wurde eine Risikogewichtung bei Mittelstandkrediten unter Berücksichtigung von Ratings im Kreditvergabeprozess eingeführt. Diese Regelungen werden durch Basel III und IV ergänzt und verschärft. Im Verlauf der Verhandlungen in 2013 wurde – wie bereits 2012 von mehreren Verbänden gefordert – eine Absenkung des Risikogewichts für Mittelstandskredite von derzeit 75,0 % auf 50,0 % sowie die Anhebung der Betragsgrenze für Retailkredite auf 1,5 Mio. EUR beschlossen.5 Hierdurch sollte eine Benachteiligung des Mittelstands auf Grund des steigenden Kapitalbedarfs durch Übernahme der bereits unter Basel II eingeführten Mittelstandskomponente vermieden werden. Diese Erleichterung wird durch das in den finalen Regelungen von Basel IV vorgesehene neue Risikogewicht von 85,0 % für Forderungen an kleine und mittelständische Unternehmen begrenzt. Es ist noch abzuwarten, in wie weit die sich dadurch ergebende höhere Kapitalanforderung auch Auswirkungen auf die Kreditvergabe an KMU haben wird. Daneben konnten die KMU in den vergangenen Jahren infolge kontinuierlicher The­ saurierung von Gewinnen eine solide Eigenkapitalbasis aufbauen. KMU sind daher häufig in der Lage, Investition ohne Bankkredite vorzunehmen und verfügen bei ihren Entscheidungen über mehr Unabhängigkeit von den jeweiligen Hausbanken. Dieser Trend ist wichtig, da durch die Anforderungen von Basel IV vor allem für KMU eine Kreditaufnahme über Banken erschwert werden könnte. Untersuchungen des Bankenverbandes zeigten, dass die Eigenkapitalkosten für die unter Basel IV geforderte Unterlegung der Kreditrisiken je nach Bonität des Kreditnehmers um bis zu 30 % steigen werden, was nur teilweise in die Kreditkosten eingepreist werden kann.6 Als eine mögliche alternative Finanzierungsquelle über den Kapitalmarkt werden auch sogenannte Mittelstandsanleihen diskutiert. Hierbei müssen von den Emittenten jedoch strenge Anforderungen erfüllt werden. Das KfW-Mittelstandspanel 2017 zeigt die folgende Entwicklung: Auch im Jahr 2016 waren die mittelständischen Unternehmen in Deutschland die wichtigsten Arbeitgeber und ermöglichten den gesamtwirtschaftlichen Zuwachs an Erwerbstätigen in allen Regionen Deutschlands. Der Umsatz und die Gewinne der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) haben sich bei sehr optimistischen Zukunftsaussichten weiter gut entwickelt.

 Sogenannter Mittelstandskompromiss, nach welchem an KMU ausgereichte Darlehen geringer gewichtet werden als andere Unternehmenskredite. 6  Vgl. Funk, W./Rossmanith, J. (2011), S. 16 ff. 5

184

4  Auswirkungen veränderter Regelungen auf KMU

„Insgesamt stagniert die Bereitschaft zu investieren. Die Vorsicht dominiert noch immer. Vor allem im verarbeitenden Gewerbe investierte nur jedes zweite Unternehmen. Dennoch nimmt das Investitionsvolumen zu, getrieben durch den Ausbau von Kapazitäten. Die Nettoinvestitionen des Mittelstands sind positiv. Großunternehmen tragen dagegen nicht zum Ausbau des Kapitalstocks bei. Das günstige Finanzierungsumfeld nutzen vor allem große KMU. Sie erhöhen die Ticketgröße ihrer Kredite deutlich. Davon getrieben klettert die gesamte Kreditnachfrage des Mittelstands. Der starke Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit und die Sorge vor ungünstigen Finanzierungskonditionen halten aber viele KMU von Kreditverhandlungen fern. Dabei ist die Lücke in der Kreditversorgung klein. Eigenablehnungen der KMU nehmen zu. Bankkredite werden etwas häufiger zur Finanzierung genutzt. Insgesamt setzt der Mittelstand bei der Investitionsfinanzierung weiter stark auf Eigenmittel. Die Eigenkapitalquote knackt die 30-Prozent-Marke.“7 Die folgende Abb. 4.1 visualisiert einen Vergleich der ursprünglichen Kreditnachfrage gegenüber dem tatsächlich realisierten Kreditvolumen zur Finanzierung von Investitionen im Zeitraum 2005 bis 2018. Hierbei ist ersichtlich, dass im Nachgang der Wirtschaftskrise der Jahre 2008/2010 die geplante Kreditnachfrage mittelständischer Unternehmen für Investitionszwecke seit 2012 signifikant gestiegen ist, wohingegen das Volumen des tatsächlich in Anspruch genommenen Fremdkapitals einen relativ betrachtet niedrigeren Anstieg verzeichnet. Mithin nahm

Abb. 4.1  Geplante Kreditnachfrage und realisiertes Kreditvolumen 2005 bis 2018 (Schwartz, M. (2019), S. 12.) 7

 Schwartz, M. (2017), S. 1.

4.2 Das typische Verhältnis zwischen KMU und Kreditinstitut

185

dieses Delta seit 2014 – seit der Einführung von Basel III – tendenziell zu und bleibt seit 2017 auf konstantem Niveau, bei gleichzeitigem absoluten Anstieg geplanter und realisierter Kreditaufnahme. Als Treiber der Kreditnachfrage sind vor allem große KMU zu identifizieren, welche das günstige Finanzierungsumfeld nutzen und demgemäß zu einer Erhöhung der Nachfrage nach großvolumigen Krediten ab TEUR 500 mit steigender Ticketgröße beitragen. Gleichermaßen ist zu erkennen, dass im Vergleich zu 2005 mehr Investitionen mit Eigenkapital realisiert werden. Dies kann u. a. als Folge der verschärften Anforderungen an die Eigenkapitalquoten und die Sicherheiten unter Basel III interpretiert werden. Die Nachfrage nach großen Kreditvolumina wurde von großen Mittelständlern weitaus stärker ausgeweitet als von KMU anderer Größenklassen (kleineren Mittelständlern). Hierdurch kam es seit Einführung von Basel III zu einem deutlichen Anstieg der durchschnittlichen Ticketgröße, wohingegen die Nachfrage nach kleinen Kreditvolumina deutlich abnahm. Die folgende Abb. 4.2 zeigt die durchschnittliche Höhe angefragter Kredite im Zeitverlauf. Der Rückgang der durchschnittlichen Losgrößen in 2011 kann u. a. mit der Wirtschaftskrise nach der Finanzkrise (2008/2009) erklärt werden. In dieser Zeit wurde insgesamt von Seiten der Unternehmen weniger investiert. Insgesamt ist zu attestieren, dass die Zahl der Unternehmen, die Kreditverhandlungen führen, v. a. im Bereich von Kleinstunternehmen weiter abnimmt. Sie schätzen die finanzielle Unabhängigkeit und entscheiden sich daher häufig gegen eine Bankfinanzierung. Als Hemmnisse bei kleineren KMU sind ungünstige Finanzierungskonditionen, hoher Aufwand in Kreditverhandlungen (z. B. für Offenlegung und Dokumentation) sowie hohe Sicherheitenforderungen anzusehen. Dabei nahmen die Ablehnungen von Seiten der

Abb. 4.2  Entwicklung durchschnittlicher Kreditnachfrage 2005 bis 2017 (Schwartz, M. (2018), S. 12.)

186

4  Auswirkungen veränderter Regelungen auf KMU

­ nternehmer nach der Vorlage von Kreditangeboten zu. Insbesondere bei kleinen und U jungen Unternehmen sind die Informationsdifferenzen aufgrund der noch nicht gefestigten Beziehungen zu Kreditinstituten noch sehr hoch, was sich teilweise wiederum in den Kreditkonditionen widerspiegelt. Größere Unternehmen haben in der Regel umfangreichere Investitionsvorhaben und damit einen höheren Bedarf an Kreditfinanzierung und sind einer Bankenfinanzierung gegenüber offener eingestellt. Insgesamt ist die Kreditangebotslücke bei einer weiterhin hohen Kreditnachfrage als noch tendenziell gering einzuschätzen. Eine Untersuchung der von den Unternehmen zur Investitionsfinanzierung genutzten Kapitalquellen zeigt einen robusten Trend beim Eigenmitteleinsatz bei gleichzeitig rückläufigem Anteil an Bankkrediten. Nach derzeitigem Stand beträgt der Anteil der Investitionsfinanzierung über Bankkredite bei großen KMU ca. 30 %, der Anteil der Investitionsfinanzierung über Eigenkapital ca. 50 % sowie beigesteuerte staatliche Fördermittel von ca. 15 %, wenngleich diese Proportionen mit geringen Abweichungen ebenso in kleineren KMU-Größenklassen zu beobachten ist. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Trend auch aufgrund der neuen Regelungen von Basel IV weiter anhält. Nach dem Kreditrisikostandardansatz sind die Kapitalunterlegungsanforderungen neben der Besicherung auch vom Rating abhängig. Das Rating wiederum wird u. a. durch die Eigenkapitalquote mit beeinflusst. Die folgende Abb.  4.3 zeigt die Entwicklung der Eigenkapitalquoten im Zeitverlauf nach Unternehmensgröße. Es zeigt sich ein robuster Anstieg der Eigenkapitalquoten über alle Unternehmensgrößen hinweg. Es ist davon auszugehen, dass dieser Trend weiter anhält, da das Rating und

Abb. 4.3  Entwicklung mittelständischer Eigenkapitalquoten nach Größenklassen 2002 bis 2018 (Schwartz, M. (2019), S. 17.)

4.3 Ratingkriterien für KMU

187

damit auch die Eigenkapitalquote eine zunehmende Bedeutung im Rahmen der Eigen­ kapitalanforderungen nach Basel IV erhalten. Zudem können Unternehmen durch höhere Eigenkapitalquoten auch ihre Abhängigkeit vom Bankkredit verringern.

4.3

Ratingkriterien für KMU

KMU weisen heute zumeist ein mittleres Rating aus. Die Verschärfung der Ratingkriterien kann die Kreditwürdigkeit belasten und zu höheren Finanzierungskosten und/oder zu stellenden Sicherheiten führen. Insbesondere risikoreichere Vorhaben der Unternehmensfinanzierungen können hierdurch Einschränkungen erfahren. Die Konditionen der Kreditbeschaffung sind noch stärker als bisher von dem mit der Kreditvergabe verbundenen Aufwand und Risiko abhängig. Die Bewertung von Risiken fließt in das Rating ein, welches wiederum bedeutende Aussagen zur Bonität des KMU liefert. KMU sollten daher genau wissen, welche Komponenten bei der Erstellung ihres Ratings herangezogen werden. Sie müssen in der Lage sein, die damit verbundenen Kennzahlen und weitere Unterlagen bereitzustellen. Zudem spielt der Kommunikationsfluss eine immer größere Rolle, da im Rahmen der Ratingerstellung bei fehlenden Informationen immer von der schlechtesten Situation ausgegangen wird, was wiederum zu einer Ratingverschlechterung führt. Demgemäß verschaffen sich KMU ggf. dadurch Vorteile gegenüber finanzierenden Kreditinstituten, sofern „alle unternehmensrelevanten Sachverhalte aktiv, regelmäßig und offen kommuniziert werden und die aktuelle sowie die pro­ gnostizierte künftige Lage des Unternehmens transparent dargestellt wird.“8 Dazu bietet zum Beispiel der Bankenverband eine Broschüre für Unternehmer an, in der die wesentlichen Ratingfaktoren aufgezeigt und erläutert werden.9

4.3.1 Hardfacts Hardfacts sind quantitative Kennzahlen, die aus dem Jahresabschluss abgeleitet werden können. Hierzu werden die folgenden Komponenten mit dem Ziel untersucht, mögliche Ausfallrisiken frühzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen: • • • • •

8 9

Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage und deren Entwicklung, Cashflow-Analyse, Bilanzpolitik, Kontodatenanalyse sowie Sonstiges.

 Kümmel, J. et al. (2013), S. 668.  Bundesverband deutscher Banken (2010).

188

4  Auswirkungen veränderter Regelungen auf KMU

Beispielsweise werden folgende Kennzahlen ermittelt und bewertet: Eigenkapital-/Eigenmittelquote, Gesamtkapitalrentabilität, sonstige Kapitalstruktur, Nettoverschuldungsquote, Liquiditätsgrad, Lohnproduktivität, Zinsdeckungsgrad, Limit-­ Ausschöpfung, durchschnittlicher Saldo, Verhältnis von Haben- und Sollumsätzen, Überziehungen.

4.3.2 Softfacts Softfacts sind qualitative, nicht unmittelbar messbare Faktoren mit Komponenten wie: • Unternehmensplanungen (Plausibilität von Unternehmensplanungen, Risiken der Unternehmensführung, Rationalisierungspotenziale beziehungsweise Verbesserungsmöglichkeiten entlang der betrieblichen Wertschöpfungskette, Leistungserstellung, Leistungsstruktur, Vertrieb, Bilanzierungsverhalten, Qualität des Forderungsbestandes, Forderungsmanagement, eigene Zahlungsweise, IT-Systeme und IT-Sicherheit) • Management/Strategie (fachliche Managementqualifikation, Organisationsstruktur, Mit­ arbeiter) • Marktstellung (Wettbewerbssituation, Abhängigkeiten, Unternehmens-/Branchenentwicklung) • übrige Softfact-Risikofaktoren (unterjährige Berichterstattung, Informationsverhalten und -verfügbarkeit) Dabei werden vor allem die für die zukünftige Unternehmensentwicklung und -strategie bedeutsamen Erfolgsfaktoren, wie beispielsweise Wettbewerbsposition und Managementqualität, analysiert. Ein probates Instrument, um diese zu kontrollieren und zu steuern, ist die in Abschn. 6.1.1 dargestellte sogenannten Balanced Scorecard (oder auch BSC), mit welcher sich sowohl monetäre als auch nicht monetäre Faktoren messen lassen.

4.3.3 Branchenspezifische Faktoren Neben Hard- und Softfacts werden im Rahmen des Ratingprozesses noch branchenspezifische (Risiko-)Faktoren über das Branchenrating sowie individuelle Ratingkomponenten berücksichtigt, um der konkreten Situation des Unternehmens gerecht werden zu können. Dies erfolgt durch eine manuelle Überprüfung (Overruling).

4.4 Verfahren zur Ermittlung der Risikogewichtung

189

Tab. 4.2 Ratingstufen und Ausfallwahrscheinlichkeiten (Bundesverband deutscher Banken (2010), S. 15.) Rating-Stufe/-Klassea I (AAA bis BBB) II (BBB- bis BB+) III (BB+ bis BB-) IV (BB- bis B+)

Beschreibung sehr gute bis gute Bonität gute bis zufrieden stellende Bonität befriedigende bis noch gute Bonität durchschnittliches bis erhöhtes Risiko hohes Risiko V (B+ bis B-) VI (schlechter als B-) sehr hohes Risiko

Ausfallwahrscheinlichkeitsbereich bis 0,3 % 0,3 % bis 0,7 % 0,7 % bis 1,5 % 1,5 % bis 3,0 % 3,0 % bis 8,0 % ab 8,0 %

Die Ratingnotation folgt der Methode des Instituts Standard & Poor’s

a

Das Ratingergebnis stellt die erwartete Ausfallwahrscheinlichkeit innerhalb eines Jahres dar und ergibt sich aus den unterschiedlich gewichteten zuvor dargestellten Komponenten. Es beeinflusst sowohl die Kreditverfügbarkeit als auch die Kreditzinsen der KMU. Die Ratingergebnisse werden in verschiedene Ratingstufen eingeordnet. Tab.  4.2 zeigt die verschiedenen Ratingstufen und die dazugehörigen Ausfallwahr  – scheinlichkeiten nach der Ratingskala der IFD (Initiative Finanzstandort Deutschland). Die Übersicht in Tab.  4.3 verdeutlicht den maßgeblichen Einfluss der in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Rating stehenden Risikokosten auf die Kreditkonditionen. Im Zuge der Ermittlung risikogewichteter Kreditkonditionen werden zusätzlich Sicherheiten und deren Werthaltigkeit berücksichtigt. Durch Stellung werthaltiger Sicherheiten kann ein Unternehmen in der Regel zu erwartende Verlustrisiken und damit die ­Kreditkosten senken. Für mittelständische Unternehmen kommen folgende Kreditsicherheiten in Frage: Grundpfandrechte, Sicherungsgrundschulden, Sicherungsabtretungen, Sicherungsübereig­ nungen, Pfandrechte sowie Bürgschaften.

4.4

Verfahren zur Ermittlung der Risikogewichtung

Seit der Einführung von Basel II können Kreditinstitute bei der Ermittlung der risikogewichteten Aktiva als Basis für die aufsichtsrechtliche Eigenkapitalunterlegung zwischen der Anwendung des Standardansatzes (KSA-Ansatz) und einem internen Bankenansatz (IRB-Ansatz) wählen. Während beim KSA-Ansatz externe Ratings verwendet werden, nutzt der IRB-Ansatz interne Ratings.

a

Die Ratingnotation folgt der Methode des Instituts Standard & Poor’s

Standardrisikokosten Ratingklassea Ausfallwahrscheinlichkeit Risikogewichtung Basel II Basel III AAA 0,01 % 7,53 % 0,20 % 0,20 % AA+ 0,02 % 11,32 % 0,38 % 0,38 % AA 0,03 % 14,44 % 0,39 % 0,39 % 0,04 % 17,18 % 0,47 % 0,47 % AAA+ 0,05 % 19,65 % 0,62 % 0,62 % A 0,07 % 24,03 % 0,77 % 0,77 % 0,09 % 27,88 % 0,96 % 0,96 % ABBB+ 0,13 % 34,50 % 1,32 % 1,32 % BBB 0,22 % 46,22 % 1,69 % 1,69 % 0,39 % 61,96 % 2,02 % 2,02 % BBBBB+ 0,67 % 79,06 % 2,86 % 2,86 % BB 1,17 % 97,50 % 3,37 % 3,37 % 2,03 % 115,33 % 4,14 % 4,14 % BBB+ 3,51 % 134,28 % 5,70 % 5,70 % B 6,08 % 160,37 % 7,31 % 7,31 % 10,54 % 196,85 % 10,49 % 10,49 % BCCC/ 18,27 % 233,54 % 13,85 % 13,85 % CC

Eigenkapitalkosten Basel II Basel III 0,09 % 0,15 % 0,14 % 0,22 % 0,17 % 0,28 % 0,21 % 0,34 % 0,24 % 0,38 % 0,29 % 0,47 % 0,33 % 0,54 % 0,41 % 0,67 % 0,55 % 0,90 % 0,74 % 1,21 % 0,95 % 1,54 % 1,17 % 1,90 % 1,38 % 2,25 % 1,61 % 2,62 % 1,92 % 3,13 % 2,36 % 3,84 % 2,80 % 4,55 %

Produktkosten Basel II 0,50 % 0,50 % 0,50 % 0,50 % 0,50 % 0,50 % 0,50 % 0,50 % 0,50 % 0,50 % 0,50 % 0,50 % 0,50 % 0,50 % 0,50 % 0,50 % 0,50 %

theoretisch zu zahlender Zins Basel II Basel III 1,83 % 1,89 % 2,06 % 2,14 % 2,10 % 2,21 % 2,22 % 2,35 % 2,40 % 2,54 % 2,60 % 2,78 % 2,83 % 3,04 % 3,27 % 3,53 % 3,78 % 4,13 % 4,30 % 4,77 % 5,35 % 5,94 % 6,08 % 6,81 % 7,06 % 7,93 % 8,85 % 9,86 % 10,77 % 11,98 % 14,39 % 15,87 % 18,19 % 19,94 %

Tab. 4.3  Zusammenhang von Rating und Kreditkonditionen (Zuordnung der Risikogewichte nach Basel II und III zu Ratingstufen und erwartetes Handeln der Kreditinstitute nach IRB-Ansatz, vgl. Müller, S. et al. (2011), S. 18.)

190 4  Auswirkungen veränderter Regelungen auf KMU

4.4 Verfahren zur Ermittlung der Risikogewichtung

191

4.4.1 Standardansatz Beim Standardansatz ist das Risikogewicht abhängig von Schuldner, der Kreditart und dem externen Rating des Schuldners. Die Risikogewichte wurden bereits in den zweiten Basler Eigenkapitalvereinbarungen wie in Tab. 4.4 dargestellt festgelegt: Hierdurch war es möglich, zumindest ansatzweise das Ziel einer risikogerechteren Ermittlung der aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalunterlegung von Kreditinstituten zu ­ erreichen. Die finalen Regelungen von Basel IV sehen für den Bereich Unternehmen die bereits in Abschn. 2.3.2.1 beschriebenen erweiterten Forderungsklassen mit folgenden Risikogewichten vor. Die folgende Tab. 4.5 gibt hierzu noch einmal einen Überblick. KMU erhalten pauschal ein Risikogewicht von 85,0  %. Sofern bestimmte Kriterien eingehalten werden, können Forderungen gegenüber KMU weiterhin dem Retailsegment zugeordnet werden und erhalten ein Risikogewicht von 75,0 %.

Tab. 4.4  Risikogewichte nach KSA seit Basel II Ratinga Schuldner/Kreditart Unternehmen Retail-Segment

AAA bis AAA+ bis A20 % 50 % 75 %

BBB+ bis BB+ bis BBBBBB+ bis B100 % 100 % 150 %

unter B150 %

ohne Rating 100 %

Die Ratingnotation folgt der Methode des Instituts Standard & Poor’s

a

Tab. 4.5  Risikogewichte für Unternehmenskredite nach KSA (Vgl. BCBS 424 (2017), S. 10–15.) Ratinga Schuldner/Kreditart

AAA bis AA-

A+ bis A-

BBB+ bis BBB-

BB+ bis BB-

unter BB-

ohne Rating

Unternehmen General Exposure (Basis-Risikogewicht mit Rating)

20 %

50 %

75 %

100 %

150 %

100 %

Ohne Rating/ECRA nicht zugelassen

100 %

Specialised Lending

Object Finance & Commodities Finance

Operational: 100 %

high quality: 80 %

Retail-Segment a

Investment Grade 100 %

65 % PreOperational: 130 %

Project Finance 75 %

Die Ratingnotation folgt der Methode des Instituts Standard & Poor’s

192

4  Auswirkungen veränderter Regelungen auf KMU

4.4.2 Interner Ratingansatz Beim bankinternen Ratingansatz wird das aufsichtsrechtlich zu unterlegende Eigenkapital auf Basis interner Ratings nach dem Basis-IRB-Ansatz oder dem fortgeschrittenen IRB-Ansatz ermittelt. Die Ermittlung erfolgt über verschiedene Gewichtungsfunktionen unter Verwendung der folgenden Risikoparameter10: • Ausfallwahrscheinlichkeit (Probability of Default, PD) Sie wird auf Basis historischer Ausfalldaten geschätzt und gibt an, wie viele Kredite einer Risikoklasse voraussichtlich innerhalb eines Jahres ausfallen werden. Sie steht in direktem Zusammenhang mit der Länge der Restlaufzeit des Kredits. • Erwartete ausstehende Forderungen zum Ausfallzeitpunkt (Exposure at Default, EAD) Sie entspricht der Kreditinanspruchnahme zum Zeitpunkt des Ausfalls. • Verlustquote bei Ausfall (Loss Given Default, LGD) mit Verwertung der Sicherheiten Sie gibt an, welcher Anteil einer offenen Forderung durch den Ausfall verloren geht und wird auf Basis mehrjähriger Zeitreihen geschätzt. Gleichzeitig kann eine Risikoentlastung der Kreditforderung durch bankübliche Sicherheiten erfolgen. • Restlaufzeit des Kredits (Maturity, M) sowie • Größe des Unternehmens. Beim Basis-IRB-Ansatz werden vom Kreditinstitut nur die Ausfallwahrscheinlichkeiten geschätzt. Die übrigen Komponenten werden von der jeweiligen Bankenaufsicht vorgegeben. Beim fortgeschrittenen IRB-Ansatz werden sämtliche oben aufgeführte Komponenten vom Kreditinstitut auf Grundlage eines von der Aufsicht genehmigten eigenen Ratingsystems geschätzt. In Frage kommen in diesem Zusammenhang insbesondere hybride Systeme, welche mehrere Rating-Ansätze miteinander kombinieren, beispielsweise sogenannte Expertensysteme, multivariate Diskriminanzanalyse, Neuronale Netzwerke, Fuzzy Logik, etc. Derartige Systeme werden in hochleistungsfähige IT-Systeme implementiert und sind in der Lage, sowohl quantitative Merkmale eines Unternehmens, insbesondere die Jahresabschlüsse, als auch qualitative Ausprägungen, wie zum Beispiel die Unternehmensstrategie oder Qualität des Managements in die Analyse einzubeziehen. Der bedeutende Vorteil derartiger Systeme besteht darin, dass sie automatisiert arbeiten und eine wesentlich größere Anzahl von Bonitätsuntersuchungen bewältigen können, als dies einem Experten in vergleichbarer Zeit möglich wäre. Dieser Vorteil ist der Grund dafür, weswegen sich ihr Einsatz trotz der mitunter horrenden Implementierungskosten rechnet und sie weiter an Bedeutung gewinnen werden. Zudem stellt die objektive Bewertung des Ratingergebnisses im Zuge der Automatisierung sicher, dass subjektive Einflüsse von menschlicher Seite de facto ausgeschlossen sind, sofern diese nicht ausdrücklich vorgesehen sind, wie dies beispielsweise bei Expertensystemen der Fall ist.  Vgl. Ziegenbein, K. (2012), S. 451 f. sowie Hofmann, F. (2011), S. 24.

10

4.4 Verfahren zur Ermittlung der Risikogewichtung

193

4.4.3 Vergleich Standardansatz und IRB-Ansatz Ein zweiter wesentlicher Vorteil ist darin zu sehen, dass Banken unter Verwendung ihres eigenen – von der nationalen Aufsicht zu zertifizierenden – internen Ratingansatzes in der Regel gegebenenfalls deutlich weniger Risikokapital vorhalten müssen, als dies beim Standardansatz der Fall wäre. Zu beachten ist, dass sich die im Vergleich nach dem Standardansatz und den IRB-Verfahren ermittelten Kapitalanforderungen auf Grund der unterschiedlichen Gewichtungsfaktoren zum Teil erheblich unterscheiden. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die neuen Regelungen der sogenannten Capital Floors explizit das Ziel verfolgen, einerseits die Möglichkeiten zur Minimierung des vorzuhaltenden Eigenkapitals zu begrenzen und andererseits eine Vergleichbarkeit verwendeter IRB-Ansätze zu gewährleisten. Dies wird anhand der folgenden tabellarischen Gegenüberstellung auf Basis der ursprünglichen Regelungen von Basel III in Tab. 4.6 deutlich: Grafisch lassen sich die nach den verschiedenen Ansätzen geforderten Eigenkapitalunterlegungen gemäß Abb. 4.4 wie folgt darstellen: Als dritter Vorteil eines bankinternen Ratingansatzes (IRB) ist die Berücksichtigung der individuellen Situation des Kreditinstituts zu nennen. Diese kennen sowohl die lokalen als auch kausalen Komplexitäten ihres Geschäftes am besten, mithin bestehen ggf. zum betreffenden (potenziellen) Schuldner seit Jahren stabile Geschäftsbeziehungen, sodass in der Regel über diesen mannigfaltige Informationen vorliegen, welche im Zuge einer Bonitätsanalyse herangezogen werden können. Ein einheitlicher Ansatz – wie es der Standard­ ansatz ist – trägt diesen Gegebenheiten allenfalls eingeschränkt Rechnung. Als Konsequenz können Banken vor allem durch die Nutzung des bankinternen Rating­ ansatzes (IRB) bei Kreditnehmern mit guter und sehr guter Bonität die Kapitalanforde­ rungen gegenüber dem auf externen Ratings basierenden Standardansatzes deutlich reduzieren. Hieraus wird ersichtlich, dass für KMU grundsätzlich eine Weiterentwicklung des Controllings ratingrelevanter Größen sowie des Risikomanagements nahezu unerlässlich ist. Allerdings ist wie bereits erwähnt einschränkend zu konstatieren, dass dieser Vorteil

Tab. 4.6 Prozentwerte zu den Kapitalanforderungen nach IRB seit Basel II (Vgl. Hofmann, F. (2011), S. 24.) Ausfallwahrscheinlichkeit Schuldnerklassen IRB (Unternehmen) IRB (Retail) Standardansatz Basel I

0,03 % 0,05 % 0,10 % 0,20 % 0,50 % 1,00 % 2,00 % 5,00 % 10,00 % 1,22 % 1,67 % 2,51 % 3,72 % 5,90 % 7,83 % 9,74 % 12,71 % 16,37 % 0,38 % 0,56 % 0,95 % 1,55 % 2,74 % 3,88 % 4,92 % 5,63 % 6,41 % 1,60 % 4,00 % 8,00 % 8,00 % 8,00 % 8,00 % 8,00 % 12,00 % 12,00 % 8,00 % 8,00 % 8,00 % 8,00 % 8,00 % 8,00 % 8,00 % 8,00 % 8,00 %

194

4  Auswirkungen veränderter Regelungen auf KMU

Abb. 4.4  Kapitalanforderungen nach den EU-Richtlinienformeln (Ebenda, S. 23.)

durch die zwischen 2022/2023 und 2028 zu berücksichtigenden Floor-Regelungen zukünftig an Bedeutung verlieren wird. Nach diesen Regelungen werden die Möglichkeiten zur Reduzierung der Kapitalanforderungen durch Anwendung interner Modelle deutlich reduziert. Der Floor wird stufenweise eingeführt. (Mindestanforderung in % des auf Basis des KSA ermittelten Wertes: 50 % ab 01.01.2023, 55 % ab 01.01.2024, 60 % ab 01.01.2025, 65 % ab 01.01.2026, 70 % ab 01.01.2027 und 72,5 % ab 01.01.2028). Der betreffende Sachverhalt wurde bereits im Abschn. 2.3.2.8 diskutiert. Die folgende Tab. 4.7 zeigt eine Abschätzung der zu erwartenden Mindestanforderungen im Bereich der General Exposures bei der Begrenzung des IRB durch die Floors sowie einen Vergleich zu den bisherigen Anforderungen nach dem IRB-Ansatz. Dabei wurde unterstellt, dass die Ergebnisse der internen Modelle konstant bleiben. Die Tabelle zeigt eine deutliche Zunahme der Kapital-Mindestanforderungen für die Ausfallwahrscheinlichkeiten zwischen 0,03 % und 0,50 % und damit den Ratingklassen A+ bis BBB-. Demgemäß scheinen insbesondere die Exposures mit Ratings zwischen A+ und BB+ von der Floor-Regelung betroffen zu sein. Das folgende Schaubild in Abb. 4.5 verdeutlicht die Unterschiede zwischen den verschiedenen nach Basel IV zugelassenen Ratingansätzen hinsichtlich Eigenkapitalunterlegung, Steuerungsmöglichkeiten sowie Güte der Messgrößen und Validität. Die Regelungen von Basel IV sehen eine Neugestaltung der Regelungen zur Ermittlung der risikobasierten Eigenkapitalanforderungen (RWA) für alle zu betrachtenden Risikobereiche vor. Hierdurch soll insbesondere eine höhere Risikosensitivität, Transparenz und Vergleichbarkeit bei geringerer Variabilität gewährleistet werden. Dies war erforderlich, da die zuvor zugelassenen und angewendeten unterschiedlichen internen Modelle zur Risikoermittlung einen hohen Grad an Komplexität, Wahlrechten und Ermessensspielräumen

IRB (Unternehmen) IRB (Floor 72,5 %) IRB (Floor 50 %) Standardansatz

Ausfallwahrscheinlichkeit Schuldnerklassen Angenommene Ratingzuordnung

0,03 % AAA AA1,22 % 1,16 % 0,80 % 1,60 % 1,67 % 2,90 % 2,00 % 4,00 %

0,05 % A+ - A2,51 % 4,35 % 3,00 % 6,00 %

3,72 % 4,35 % 3,00 % 6,00 %

0,10 % 0,20 % BBB+ - BB+ 5,90 % 5,80 % 4,00 % 8,00 %

7,83 % 5,80 % 4,00 % 8,00 %

0,50 % 1,00 % BB+ - BB-

Tab. 4.7  Zu erwartende Kapital-Mindestanforderungen bei Anwendung der Floor-Regelungen

9,74 % 5,80 % 4,00 % 8,00 %

2,00 %

12,71 % 8,70 % 6,00 % 12,00 %

5,00 % unter BB-

16,37 % 8,70 % 6,00 % 12,00 %

10,00 %

4.4 Verfahren zur Ermittlung der Risikogewichtung 195

196

4  Auswirkungen veränderter Regelungen auf KMU

Abb. 4.5  Vergleich der verschiedenen Ratingansätze unter Basel IV

aufwiesen und teilweise zu äußerst unterschiedlichen Ergebnissen bezüglich der Höhe des zur Risikounterlegung benötigten Eigenkapitals führten. In diesem Zusammenhang wurde zur Einschränkung der Möglichkeiten zur Nutzung interner Modelle zur Senkung der Kapitalanforderungen – wie bereits in Abschn. 2.3.2.8 beschrieben  – im Rahmen von Basel IV die Einführung eines Output Floor wie folgt vorgesehen: • der Standardansatz ist stets zusätzlich zum IRBA zu ermitteln und gemäß Säule 3 offenzulegen, • die Gesamtkapitalunterlegung wird über den Output Floor an den Standardansatz gekoppelt, was zu einer Begrenzung der Ersparnis/Vorteile aus der Verwendung interner Modelle auf max. 27,5 % ab 2028 führt. Der Floor dient als Untergrenze bezogen auf sämtliche nach dem Standardansatz ermittelte RWA und stellt damit einen risikobasierten Backstop dar, der das Ausmaß, in welchem die Kapitalanforderungen im Vergleich zu Standardansätzen gesenkt werden können, limitiert. Das heißt: RWA (IRBA + SA) ≥ min. 72,5 % RWA (SA) sowie • die Einführung des Floors erfolgt stufenweise zwischen 2023 und 2028 wie folgt: 50,0  % ab 01.01.2023, 55,0  % ab 01.01.2024, 60,0  % ab 01.01.2025, 65,0  % ab 01.01.2026, 70,0 % ab 01.01.2027 und 72,5 % ab 01.01.2028.

4.5 Mittelstandskomponente zur Entlastung der KMU

197

Durch die neuen Regelungen sollten eine einheitliche Grundlage geschaffen und Ermessensspielräume eingeschränkt werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Im Rahmen der Untersuchungen wurden sowohl regulatorische Einflussfaktoren, wie beispielsweise unterschiedliche Stände bei der Umsetzung der Rahmenwerke und nationale Wahlrechte bei der Zulassung interner Modelle, als auch bankinterne Einflussfaktoren betrachtet. Diese betrafen insbesondere Wahlmöglichkeiten für die historischen Zeitreihen bei der VaR-Berechnung, angenommene Korrelationen zwischen verschiedenen Risikopositionen und Verfahren zur Risikoquantifizierung. Als potenzielle Maßnahmen zur Verringerung der Variabilität der RWAs kamen die Erhöhung der Markttransparenz durch Erweiterung der Melde- und Offenlegungsanforderungen sowie die Einschränkung von nationalen Wahlrechten und Modellierungsfreiheiten bei internen Modellen in Frage. In diesem Zusammenhang wurde auch die Rekalibrierung der Risikogewichte des Standardansatzes diskutiert, um die Unterschiede bei den Ergebnissen der RWA-Berechnung nach KSA und IRB-Ansatz zu verringern. Die zwischenzeitlich diskutierten und zuletzt im Dezember 2017 abschließend beschlossenen Anpassungen bei den RWA-Rechenvorschriften, welche obligatorisch im Zeitraum zwischen 2019 und 2022/2023 zu implementieren sind, wirken sich – in Abhängigkeit bislang angewendeter Verfahren – auch auf die Bereiche der Kapitalplanung sowie die Risiko- und Geschäftsstrategie von Kreditinstituten und damit indirekt auf die Kreditvergabe an die KMU aus. Hier sind auch Veränderungen im Rahmen der Organisation, Prozesse und Technik erforderlich. Mit Auswirkungen auf die Kreditvergabe an Unternehmen ist aufgrund der neuen Forderungsklassen und Risikogewichte (auch bei Projektfinanzierungen und Gewerbeimmobilien) im neuen Kreditrisikostandardansatz zu rechnen. Zudem darf der fortgeschrittene IRBA (mit Schätzung von PD, LGD und CCF durch KI selbst) nur noch für Forderungen gegenüber kleineren Unternehmen, Spezialfinanzierungen und das Mengengeschäft angewendet werden. Für große Unternehmen, Banken und Finanzinstitute ist künftig der Basis IRBA zwingend, wobei lediglich die PD von Seiten des ausreichenden Kreditinstituts geschätzt werden darf. Dabei werden für die verschiedenen Forderungsklassen Input-Floors für PD und LGD (zusätzlich abhängig von der gestellten Sicherheit) sowie CCF vorge­ geben. Vor diesem Hintergrund ist zu konstatieren, dass die zukünftig anzuwendenden Floor-Regelungen gegenüber den bisherigen Basel III-Regelungen eine signifikante Einschränkung von Kreditinstituten darstellen, weil insbesondere die individuelle Risikopräferenz, welche zugunsten einer Standardisierung zurückgedrängt wird, ein charakteristisches Merkmal unternehmerischen Handelns darstellt.

4.5

Mittelstandskomponente zur Entlastung der KMU

Schon seit Basel II existieren über die sogenannten Mittelstandkomponenten bestimmte größenabhängige Entlastungen für KMU, die sich mindernd auf die Kapitalanforderungen für dieses Segment auswirken. Hierdurch sollte eine übermäßige Belastung der KMU auf Grund

198

4  Auswirkungen veränderter Regelungen auf KMU

der tendenziell eher schlechteren Bonität im Vergleich zu größeren Unternehmen verhindert werden. Die neuen Regelungen von Basel IV sehen für Forderungen gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen mit einem Umsatz bis 50 Mio. EUR zukünftig ein Risikogewicht von 85,0 % unabhängig vom Rating vor. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen diese Forderungen weiterhin dem Retailsegment mit einem Risikogewicht von 75,0 % zugeordnet werden. Ein spezieller KMU-Korrekturfaktor, wie ihn die CRR für Mittelstandskredite bis zu einem Volumen von 1,5  Mio.  EUR vorsieht, ist weiterhin kein Bestandteil der Basler Standards. Unter den bisherigen Regelungen von Basel III bestand die Möglichkeit, Kleinkredite mit einem Volumen bis zu 1 Mio. EUR dem sogenannten „Mengengeschäft“ zuzuordnen und dadurch mit weniger Eigenkapital zu unterlegen (Risikogewicht 75,0  % statt 100 %). Künftig dürfen einzelne Kredite nur noch dann dem Mengengeschäft zugeordnet werden, sofern ihr Volumen geringer ist als 0,2  Prozent des gesamten Mengengeschäfts. Hierdurch erhöht sich die Kapitalanforderung für alle größeren Mittelstandskredite um etwa ein Drittel, was in der Folge zu einer Verteuerung der Kredite führen wird. Die Regelungen der CRR sehen für mittelständische Kredite bis zu einem Volumen von 1,5 Mio. EUR mittels eines Korrekturfaktors von 0,76 eine Absenkung der Kapitalunterlegung um ca. 25,0 % vor. In der Folge müssen Kreditinstitute eine geringere Risikokapitalunterlegung für Mittelstandsdarlehen bis zu genannter Größe vornehmen, wodurch die Ausreichung eines größeren Kreditvolumens im Vergleich zu einem nach dem Standardansatz gewichteten Kreditportfolio möglich ist. Wenngleich die beantragenden KMU weiterhin ihre Kreditwürdigkeit unter Beweis stellen müssen, wird mit dieser Sonderregel ein Beitrag für eine mittelstandsfreundliche Kreditvergabepolitik geleistet, denn die Risikobewertung und damit das Rating von KMU bestimmen die risikogewichtete Eigenkapitalunterlegung der Kreditinstitute und damit Umfang und Konditionen von Krediten. Bei einer Übernahme der Basler Regelungen in die derzeit zu erstellende CRR II wäre dieser Vorteil auch für europäische KMU nicht mehr gegeben. Dies hätte eine deutliche Erhöhung der Kapitalanforderungen für Kredite an KMU sowie eine Verteuerung der Kredite zur Folge.

4.6

Covenants für KMU

Unter Covenants werden zusätzliche vertragliche Vereinbarungen/Vertragsklauseln zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber verstanden, welche den Spielraum des Schuldners für ein Gläubiger schädigendes Verhalten vor Eintritt des Risikofalls begrenzen sollen. Covenants lassen sich in Financial Covenants sowie Affirmative Covenants unterteilen. Financial Covenants regeln verpflichtend, welche kritischen Werte zugrunde gelegter finanzieller Kennzahlen für jede einzelne Periode oder für den gleitenden Durchschnitt mehrerer Perioden nicht über-, respektive unterschritten werden dürfen. Typische Kennzahlen sind die Eigenkapitalquote (haftende Substanz des Unternehmens), der (dynamische) Verschuldungsgrad, die Eigen- oder Gesamtkapitalrentabilität (Leistungsfähigkeit) sowie der Cashflow und der Anlagendeckungsgrad (mittel- bis langfristiger Liquiditätsspielraum). Daneben wird häufig auch der Zinsdeckungsgrad als Messgröße für die

4.6 Covenants für KMU

199

­ apitaldienstfähigkeit des Schuldners verwendet. Sämtliche Kennzahlen werden in der K Regel aus jeweils vorliegenden Jahresabschlüssen sowie gegebenenfalls obligatorischen unterjährigen Zwischenberichten abgeleitet und stellen dem Charakter nach für Kreditinstitute herausragend bedeutende Hardfacts herangezogener Ratingkriterien dar. Die folgende Abb. 4.6 gibt einen Überblick über gängige Covenants. Affirmative Covenants beinhalten konkrete Handlungspflichten in Form von Geboten oder Verboten. Sie lassen sich weiter unterteilen in Non Financial Covenants (Einhaltung von Gesetzen, Reporting geforderter Informationen) und Corporate Covenants (z. B. Untersagung des Verkaufs bestimmter Vermögenswerte). Als typische Beispiele für Affirmative Covenants gelten: • Nichtbesicherungsklausel (negative pledge): Verbot einer weiteren Belastung bestimmter Vermögensgegenstände, • Gleichbehandlungserklärung (Pari-passu Klausel): Im Insolvenzfall ist die Forderung des Kreditgebers mindestens gleichrangig mit den Forderungen anderer Gläubiger zu behandeln, • Cross-Default-Klausel: Kündigungsmöglichkeit des Kreditgebers im Falle einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage eines im Haftungsverbund mit dem Kreditnehmer stehenden Unternehmens,

Abb. 4.6  Klassifikation und Arten von Covenants

200

4  Auswirkungen veränderter Regelungen auf KMU

• Owner-Maintenance-Klausel: Kündigungsrecht des Kreditgebers im Fall eines Eigentümerwechsels beim kreditnehmenden Unternehmen, • Disposal-of-Assets-Klausel: Verbot des Verkaufs bestimmter Vermögenswerte, • Dividend-Restriction-Klausel: Verbot oder Einschränkung von Dividendenzahlungen in bestimmten wirtschaftlichen Situationen, • Abstimmungspflichten bei Investitionen und Desinvestitionen sowie • Gebot zur angemessenen Versicherung von Gebäude, Vorratsbeständen, … gegen Gefahren wie Diebstahl, Brand, etc. Gerade im Hinblick auf gegebenenfalls auferlegte Abstimmungspflichten hinsichtlich geplanter Investitionen und Desinvestitionen tangieren Affirmative Covenants die Sphäre der strategischen Unternehmenssteuerung, weswegen sie sich als Teilmenge von Softfacts herangezogener Ratingkriterien charakterisieren lassen. Die Bedeutung der Covenants als zusätzliches Mittel zur Kreditsicherung hat insbesondere seit der Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich zugenommen. So werden immer häufiger bestimmte Verhaltens- und Informationspflichten als Nebenbedingungen in Kredit­ verträge mit aufgenommen. Insbesondere bei den Financial Covenants sind Aspekte der Bilanzierung und der internen Rechnungslegung zu beachten. Sofern der Schuldner die vertraglich definierten Covenants nicht erfüllt, ist der Kreditgeber berechtigt, bedeutende Vertragsbedingungen, wie zum Beispiel den zugrunde liegenden Nominalzinssatz, oder die mittels Sicherheiten zu hinterlegende Deckungsmasse anpassen, gegebenenfalls sogar den Vertrag zu kündigen und somit bereitgestellte Kreditlinien fällig zu stellen. Das in Abschn. 2.2 dargestellte 3-Säulen-Modell für Banken kann dem Charakter nach um die KMU Perspektive im Hinblick auf Covenants erweitert werden, wie in Abb. 4.7 dargestellt wird: Es wurde gleichermaßen bereits in Abschn. 2.2 ausgeführt, dass Kreditinstitute regulatorische Anforderungen in Bezug auf die Zusammensetzung ihres haftenden Kapitals (= Säule 1), Anforderungen hinsichtlich Risikomanagement und Aufsicht (= Säule 2) sowie zu informationeller Offenlegung (= Säule 3) zu erfüllen haben. Mittels Covenants sind Kreditinstitute befähigt, die genannten Anforderungen an ihre jeweiligen Debitoren gewissermaßen „weiterzureichen“, das heißt, dass Kreditinstitute in der Lage sind, für sie erforderliche Informationen aggregiert und zweckorientiert vom Schuldner einzuholen. Die Kenntnis darüber, wie viel Kernkapital für ein Darlehen vorzuhalten ist, spielt nicht nur im Prozess der Anbahnung des Kreditgeschäfts eine Rolle, sondern Kreditinstitute sind dazu verpflichtet insbesondere bei langfristigen Engagements den entsprechend vorzuhaltenden Kapitalstock zu adjustieren, sofern Veränderungen in der wirtschaftlichen Lage des Schuldners identifiziert werden. Die hierfür erforderlichen Daten stellen überwiegend die Financial Covenants der Schuldner dar, welche im übertragenen Sinne mit den Anforderungen der Kreditinstitute aus Säule 1 in Kombination stehen. Des Weiteren lassen sich auch Anknüpfungspunkte und Übereinstimmung im Bereich des Risikomanagements in der Form ausmachen, dass diverse Bestandteile der Affirmative Covenants von Seiten der Schuldner auf die Bewältigung potenzieller Gefahren hin ausgerichtet sind,

4.6 Covenants für KMU

201

Abb. 4.7  Um Covenants ergänztes 3-Säulen-Modell gemäß Basel III

wie zum Beispiel Aufforderungen zum Abschluss separater Versicherungen, oder das Einholen von Bürgschaften und Garantien, welche wiederum das Risiko der Gläubigerbanken mindern. In diesem Kontext ist auch die nachträgliche Bereitstellung weiterer Sicherheiten zu verstehen, welche positiv die Verlustquote bei Ausfall (Loss Given Default, LGD) beeinflusst und somit einen Beitrag zum Risikomanagement des Gläubigerinstituts leistet. Die von den Kreditinstituten regulatorisch verpflichtende regelmäßige Offenlegung ausgewählter Geschäftsdaten lässt sich ebenso auf die in Covenants geregelte zyklische Berichtspflicht über definierte Kennzahlen übertragen. Zum einen sehen Covenants in der Praxis häufig vor, dass Schuldner unaufgefordert fristgerecht zumeist unterjährige Geschäftsdaten offenzulegen haben, zum anderen können sie auf Anforderung dazu verpflichtet werden, separate Sonderrechnungen und -berichte einzureichen, welche wiederum

202

4  Auswirkungen veränderter Regelungen auf KMU

Gläubigerinstitute dazu verwenden, die Risiken des Engagements zu quantifizieren und daraus Implikationen für das eigene Risikomanagement abzuleiten. Vor diesem Hintergrund werden Covenants verstärkt im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Fremdkapital angewendet. Sie spielen daher nicht nur für die Bankfinanzierung, sondern auch bei der Kapitalbeschaffung von Unternehmen über alternative ­Finanzierungsinstrumente, wie z. B. Anleiheemissionen, eine wichtige Rolle. Covenants gewinnen mit zunehmendem Kreditrisiko aufgrund geringer Sicherheiten oder niedriger Eigenkapitalquoten stetig an Bedeutung. Neben ihrer Risikofrüherkennungsfunktion können Covenants auch zum Abbau von Informationsasymmetrien sowie als Steuerungs- und Kontrollinstrumente eingesetzt werden. Auf diese Weise leisten sie einen Beitrag zur Reduzierung des Kreditausfallrisikos und können zu einer Verbesserung der Finanzierungsbedingungen und -konditionen beitragen. Unternehmen sollten daher die Möglichkeiten des Einsatzes von Convenants im Rahmen der Fremdkapitalbeschaffung individuell prüfen.

4.7

Fristentransformation

Eine weitere Auswirkung ergibt sich aus der in den Liquiditätsvorschriften von Basel IV geregelten Fristentransformation (NSFR). Längerfristige Kredite müssen zukünftig stärker fristenkongruent refinanziert werden, wodurch es zu einer Tendenz zu kürzeren Kreditlaufzeiten kommen kann. Dies wirkt sich direkt auf die Unternehmensfinanzierung aus und kann dazu führen, dass sich die erforderlichen Fremdmittel für Investitionen für Unternehmen verteuern und längerfristige Kredite knapper werden. Für KMU bedeutet dies, dass mittel- und langfristige Investitionen zumindest teilweise über kurzfristige Kredite finanziert werden müssen. Damit verbunden sind Zinsänderungsund Prolongationsrisiken, die im Rahmen der Unternehmensplanung und -steuerung besonders zu berücksichtigen sind. Sie haben auch Auswirkungen bei der Erstellung von Investitionsrechnungen zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und Rentabilität einer Investition. Insbesondere angesichts des derzeit historisch niedrigen Zinsniveaus ist eine fristenkongruente Refinanzierung durch die Kreditinstitute aus dem Segment der Retail-Institute nicht immer gewährleistet. Die Einlagen werden von Investoren und Anlegern bei einem niedrigen Zinsniveau regelmäßig tendenziell nur sehr kurzfristig zur Verfügung gestellt, um möglichst frühzeitig an einer positiven Zinsentwicklung zu partizipieren. Gleichzeitig werden Kredite mit eher langfristigen Zinsbindungen zur Sicherung des historisch niedrigen Zinsniveaus nachgefragt. Dies führt zu einer Fristeninkongruenz bei der Refinanzierung. Insbesondere bei einem Zinsanstieg nach einer Niedrigzinsphase, wie sie derzeit vorherrscht, kann es zu Risiken für Banken kommen. Anleger sind daran interessiert, möglichst zeitnah von den steigenden Zinsen zu profitieren und fordern höhere Zinsen für ihre Einlagen. Auf der anderen Seite sind die Kreditzinsen meist langfristig festgelegt. Dadurch kommt es – zumindest zwischenzeitlich – zu einem Rückgang der Zinsmargen und

4.8 Zusammenfassung der Implikationen wesentlicher Aspekte von Basel IV auf KMU

203

Gewinne aus dem Zinsgeschäft der Banken. Gemäß den Grundsätzen des Bundesaufsichtsamtes für Kreditwesen dürfen kurzfristig zur Verfügung gestellte Einlagen nur in Höhe eines Bodensatzes auch längerfristig ausgeliehen werden. Volkswirtschaftlich gesehen ist die Fristentransformation eine wichtige Bankenfunktion und bezeichnet die Bündelung kürzerfristig überlassener Einlagen, welche als längerfristige Kredite ausgereicht werden. Hierdurch kommt es zu einer gezielten Herbeiführung von Fristeninkongruenzen. Dieser Verstoß gegen die „goldene Bankregel“ kann – je nach Umfang  – jedoch mit Liquiditätsrisiken und Zinsänderungsrisiken behaftet sein, weswegen die regulatorischen Maßnahmen gezielt eine zu starke Fristentransformation verhindern sollen. Die Möglichkeiten einer Fristentransformation sind vor allem abhängig vom Verhalten der Einleger sowie der Struktur des Einlagengeschäfts. Zur Einhaltung der regulatorischen Anforderungen müssen die zunächst kurzfristigen Einlagen längerfristig gebunden werden oder die Kreditvergabe mit kürzeren Zinsbindungen erfolgen. Letzteres hat zur Folge, dass für Unternehmen eine Zinsunsicherheit und damit ein Zinsänderungsrisiko bei der (Re-)Finanzierung längerfristiger Investitionen entstehen können.

4.8

 usammenfassung der Implikationen wesentlicher Aspekte Z von Basel IV auf KMU

Die Neuerungen unter Basel IV werden Auswirkungen auf die Möglichkeiten zur Finanzierung des Kapitalbedarfs von KMU haben. Eine sorgfältige Planung des Kapitalbedarfs mit dem Ziel einer soliden Finanzierungsstruktur ist deswegen insbesondere für KMU unerlässlich, weil deren Möglichkeiten zur anderweitigen Beschaffung frischen Kapitals über alternative Wege begrenzt sind. Die Untersuchung und Nutzung von Verbesserungspotenzialen bei den verwendeten Finanzierungsbausteinen können dabei besonders hilfreich sein. Im Rahmen der Finanzplanung sind unter anderem die Liquiditätsplanung mit den erwarteten Cashflows und die Betrachtung von langfristig benötigtem Kapital beziehungsweise Kreditvolumina wichtig. In Bezug auf die Bedeutung des Ratings ist eine offene Kommunikation mit dem bewertenden Kreditinstitut unverzichtbar. Grundlage ist ein vollständiges und aussagekräftiges Berichtswesen mit quantitativen und qualitativen Aussagen. Über negative Veränderungen sowie Liquiditätsprobleme und eingeleitete Gegenmaßnahmen muss frühzeitig informiert werden, gegebenenfalls sind diesbezüglich gesonderte Aufforderungen in den korrespondierenden Covenants niedergelegt. Kapitalmarktorientierte KMU sind über bestehende gesetzgeberische Regelungen, wie zum Beispiel KonTraG, BilMoG, HGB/IFRS, AktG, KWG, MaRisk, BAIT, ICT-Leitlinien, EBA-Guideline on Outsourcing, et cetera zur Errichtung eines Risikomanagements sowie zur Offenlegung und einer ausführlichen Berichterstattung verpflichtet. Bei kleineren KMU sind Risikomanagement und Berichtswesen aus Aufwands- und Zeitgründen häufig wenig effektiv und effizient. Betreffende Unternehmen sind dazu angehalten, sich entsprechendes Know-how aufzubauen und in Instrumente der Risikoerkennung und -behandlung zu investieren.

204

4  Auswirkungen veränderter Regelungen auf KMU

Darüber hinaus müssen KMU sich auch des prozyklischen Effekts bewusst sein, dass Bilanzen in der Regel mit einer zeitlichen Verzögerung erstellt und eingereicht werden. Die Aktualität der Unterlagen spielt in das Rating mit hinein, sodass ältere Unterlagen zu Abschlägen beim Rating führen. In den Ratinggesprächen zwischen KMU und Kreditinstitut sollte der Schwerpunkt auf die dem Kreditinstitut besonders bedeutsamen Ratingkriterien gelegt werden. Es empfiehlt sich, diese im Vorfeld abzuklären. Notwendig ist eine gute Vorbereitung des ­Ratinggesprächs von Seiten der KMU, beispielsweise mit Hilfe von Stärken- und Schwächenanalyse, Maßnahmenplänen, Wettbewerbsvergleichen, Portfolioanalysen, Argumentenbilanzen und Nutzwertanalysen. Weitere Hilfsmittel zur Vorbereitung auf ein Bankgespräch sind die Durchführung eines Selbstratings oder die Nutzung von Checklisten. Der DIHK gibt beispielsweise eine Anleitung zu den wesentlichen Unterlagen, die für solche Gespräche vorliegen sollten.11 Aus den in diesem Abschnitt dargelegten Aspekten und Anforderungen wird ersichtlich, dass zukünftig der Auf- beziehungsweise Ausbau von Controlling-Funktionen eine immer wichtigere Rolle spielen wird. Die Verbindung der sich hieraus ergebenden quantitativen Kenngrößen mit den qualitativen Aussagen kann beispielsweise über den Einsatz einer Balanced Scorecard erfolgen. Wie diese aussehen und eingeführt werden kann, wird ab Abschn. 6.1.1 erläutert.

4.9

Kompakte Darstellung vorbezeichneter Inhalte

Die folgende Abb. 4.8 fasst die bisher beschriebenen und dargestellten Neuregelungen von Basel IV, deren Auswirkungen auf Kreditinstitute und KMU sowie deren Handlungsmöglichkeiten zusammen und soll damit einen schnellen Überblick über die wesentlichen behandelten Aspekte ermöglichen. Dabei werden die Handlungsmöglichkeiten jeweils den Bereichen Bilanzpolitik, Geschäftspolitik und Organisation zugeordnet. Die Neuregelungen von Basel IV haben – wie bereits dargestellt – direkte Auswirkungen auf Kreditinstitute, welche dazu führen, dass diese entsprechende Maßnahmen im Rahmen ihrer Handlungsmöglichkeiten ergreifen müssen. Hieraus ergeben sich dann die indirekten möglichen Auswirkungen auf die KMU, die wiederum deren Reaktion im Rahmen bestimmter Handlungsmöglichkeiten erforderlich machen. In Abb. 4.9 werden die bislang beschriebenen bestehenden Zusammenhänge der Auswirkungen von Basel IV auf Kreditinstitute und KMU zusammengefasst dargestellt. Erläuterung Bei Kreditinstituten führen die regulatorischen Anforderungen von Basel IV zu einem höheren Kapitalbedarf und gegebenenfalls zu einer Begrenzung der Kreditvergabemöglichkeiten.  Vgl. Bundesverband deutscher Banken (2010), S. 10.

11

4.9 Kompakte Darstellung vorbezeichneter Inhalte

205

Neuregelungen von Basel IV Höhere Eigenkapitalausstattung (qualitativ und quantitativ) Zunehmende Bedeutung und Anforderungen an das Risikomanagement

Risikounabhängige Höchstverschuldung (Leverage Ratio)

Liquiditätssicherung (Liquidity Coverage Ratio, Net Stable Funding Ratio)

Obligatorische Stresstests

Transparenz und Offenlegungsanforderungen

Mögliche Auswirkungen auf Kreditinstitute • • • • • • • • • • •

erhöhter Kapitalbedarf zur Erfüllung geforderter Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen, Einschränkungen bei Kreditvergabemöglichkeiten (Kapitalquoten, Leverage Ratio) in Abhängigkeit von vorgehaltenem Eigenkapital und Risikobewertung, zunehmende Anforderungen an das Risikomanagement, höhere Kosten infolge verschärfter Kapital- und Liquiditätsanforderungen, veränderte Kostenstrukturen mit tendenziell steigenden Gesamtkosten, eingeschränkte Möglichkeiten zur Fristentransformation, erweiterte Meldevorschriften und Offenlegungsanforderungen, zunehmende Bedeutung effizienter Ratingprozesse, rückläufige Margen und damit Profitabilität des Kreditgeschäftes, eingeschränkter Wettbewerb sowie Rückgang von Innovationen bei Finanzprodukten und -dienstleistungen

Handlungsmöglichkeiten für Kreditinstitute Geschäftspolitik Organisation

Bilanzpolitik Erhöhung der Eigenkapitalausstattung

Deleveraging (Reduzierung des Kreditvolumens)

Gewinnthesaurierung

Kürzere Kreditlaufzeiten bei Kreditvergabe

Kapitalerhöhungen

Risikoabhängige Kreditbepreisung mit teilweise höheren Kreditkonditionen Nutzung des IRBAnsatzes statt des Standardansatzes

Auf- und Ausbau eines Risikomanagement- und Ratingsystems Anpassungen bei Geschäftsmodellen

Anpassungen bei Ablauf- und Aufbauorganisation Interne Revision, Compliance

Mögliche Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen • • • • • • • • • •

Verschlechterung der Kreditkonditionen, Verringerung des Kreditangebotes, Verringerung der Kreditlaufzeiten, zunehmende Informationsanforderungen durch Kreditinstitute (Kommunikationsfluss für Ratingprozess), Belastung des Verhältnisses von Hausbanken und KMU, Hemmung des Wirtschaftswachstums sowie Investitionen zur Erhaltung der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit von KMU, zunehmende Relevanz / Bedeutung des Ratings und der Ratingkriterien (Eigenkapitalquote, Liquidität, Rentabilität, Aktualität der Unterlagen, …), höhere Anforderungen an Sicherheiten, Zins- und Prolongationsrisiken  Planungsunsicherheit sowie zunehmende Bedeutung von Finanzierungsalternativen zur Kapitalbeschaffung

Handlungsmöglichkeiten für kleinere und mittlere Unternehmen Bilanzpolitik Geschäftspolitik Organisation Anpassung der Finanzierungsstruktur und Aufbau von Eigenkapital (Gewinnthesaurierung, Gesellschaftereinlagen) Bereithaltung fungibler Sicherheiten Einsatz bilanzpolitischer Maßnahmen gemäß Adressat Berichtswesen und zeitnahe Erstellung und Einreichung der Bilanzen / Jahresabschlüsse

Ratingverbesserung Verbesserung der Transparenz und der Kommunikation gegenüber den Kreditinstituten Inanspruchnahme alternativer Finanzierungsquellen

Verbesserung des Risikomanagement und des Controllings ratingrelevanter Größen unter besonderer Berücksichtigung aller relevanten Ratingfaktoren /kriterien (Hard- und Softfacts) exakte Finanzplanung (mit Liquiditäts- und Kapitalbedarfsplanung)

Abb. 4.8  Zusammenfassende Übersicht Basel IV  – Inhalte, Auswirkungen und Handlungsmöglichkeiten

206

4  Auswirkungen veränderter Regelungen auf KMU

Abb. 4.9  Zusammenhänge der Auswirkungen von Basel IV auf Kreditinstitute und KMU

Wichtigste Schnittstelle zwischen den Auswirkungen auf Kreditinstitute und KMU ist das Rating. Basel IV fordert von Kreditinstituten eine risikoorientierte Kapitalunterlegung und damit adäquate Kreditkonditionen und Kreditvergaben, welche wiederum in Abhängigkeit zur Risikobewertung und den jeweiligen Kapitalmöglichkeiten stehen. Für KMU gilt: Kreditkonditionen und -kosten sowie Finanzierungsalternativen bei Kapitalbedarf für Investitionen sind vom jeweiligen Rating abhängig. Die Erhaltung der eigenen Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit macht in der Regel Kapitalbedarf erforderlich, dabei sind genaue Betrachtungen zu Liquidität und Rentabilität unerlässlich. Daneben werden besondere Anforderungen an das Controlling von Kreditinstituten und KMU gestellt. Kreditinstitute benötigen Controlling-Funktionen zur Gewährleistung des geforderten Meldewesens sowie zur Prüfung/Überwachung der Einhaltung der vorgeschriebenen Anforderungen. KMU müssen den Kreditinstituten für die Ratingerstellung entsprechende Unterlagen liefern, welche auf Daten des Controllings aufbauen. Zudem ist ein gutes Controlling auch zur Bewertung von Maßnahmen zur Ratingverbesserung zwingend erforderlich.

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5

Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

5.1

Typische Finanzierungsquellen von KMU

Bei den Finanzierungsquellen ist nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung sowie nach der Kapitalherkunft zwischen Innen- und Außenfinanzierung zu unterscheiden. Als mögliche Finanzierungsinstrumente für KMU kommen im Rahmen der Außenfinanzierung neben dem kurz-, mittel- oder langfristigen Bankkredit auch Lieferantenkredite, Factoring, Leasing, Anleihen und Schuldverschreibungen sowie Mezzanine, Darlehen oder Einlagen der Familie oder Gesellschafter und Beteiligungskapital in Frage. Zudem können verschiedene Instrumente der Innenfinanzierung, wie die Selbstfinanzierung aus der Thesaurierung von Gewinnen, Finanzierung aus Abschreibungen, Vermögens­ umschichtung oder Rückstellungen sowie konzerninterne Finanzierungen, genutzt werden. Die genannten Finanzierungsinstrumente werden in Abschn. 5.3 genauer erläutert. Abb. 5.1 gibt einen systematischen Überblick zu den verschiedenen, den KMU zur Verfügung stehenden Finanzierungsformen. Die Fremdkapitalfinanzierung kann sowohl über den Kapitalmarkt als auch über Kreditinstitute erfolgen. Für die Eigenkapitalfinanzierung spielt die Emission von Aktien am Kapitalmarkt eine entscheidende Rolle. Dabei ist zu beachten, dass insbesondere kleinere Unternehmen aufgrund der hohen Fixkosten und Emissionsvolumina sowohl bezogen auf Aktien als auch auf Anleihen einen nur eingeschränkten Zugang zum Kapitalmarkt haben. Dies führt zu einer stärkeren Abhängigkeit kleinerer Unternehmen von Bankkrediten. Insbesondere bei kleineren Unternehmen kann die Hausbank mit Hilfe der gesammelten Kenntnisse und Informationen aus der engen Kundenbeziehung die Bonität des

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Zirkler et al., Controlling und Basel IV in der Unternehmenspraxis, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31352-4_5

211

Factoring

Abb. 5.1  Überblick Finanzierungsinstrumente/Finanzierungskonzepte (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Wöhe, G. et al. (2013), S. 22 sowie Becker, H. P. (2016), S. 129.)

Außenfinanzierung

Innenfinanzierung

Anleihen und Schuldverschreibungen

Finanzierung aus Vermögensumschichtung

konzerninterne Finanzierungen

Lieferantenkredit

Leasing

Bankkredit

Beteiligungskapital

Finanzierung aus Rückstellungen

Finanzierung aus Abschreibungen (Kapitalfreisetzung und Kapazitätserweiterung)

Mezzanine

Selbstfinanzierung aus Thesaurierung von einbehaltenen Gewinnen

Fremdfinanzierung

Einlagenfinanzierung Beteiligungsfinanzierung (Gesellschafter)

Eigenfinanzierung

212 5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

5.1 Typische Finanzierungsquellen von KMU

213

­ nternehmens meist entsprechend gut einschätzen. Dies hat zur Folge, dass die KreditU konditionen der Hausbank in der Regel risikosensitiver sind als jene von Finanzinvestoren. Eine Erklärung hierfür ist, dass mit zunehmender Dauer der Kreditbeziehungen regelmäßig ein Rückgang bei den Informationsasymmetrien zwischen Kreditgebern und Kreditnehmern zu verzeichnen ist. Daraus lässt sich die wichtige Rolle des „Relationship Lending“ (Hausbankprinzip)1 ableiten, welches über eine Verbesserung der Bankinformationen zum Unternehmen und seinen Projekten häufig zu geringeren Kreditkosten im Zeitverlauf führen kann. Eine Kreditkonzentration bei einer Hauptbank hat somit bei kleineren Unternehmen meist positive Effekte auf die Kreditverfügbarkeit. Umgekehrt sollten sich große KMU bei der Kreditaufnahme nicht auf eine Hausbank konzentrieren, sondern auf wenige verschiedene ausgewählte Institute stützen. Die maximale Einschränkung bei der Kreditverfügbarkeit liegt bei einem Anteil einer Bank von 45 % am Gesamtkreditbestand des Unternehmens.2 Unternehmen finanzieren ihre Investitionen in der Regel über langfristiges Kapital und nutzen kurzfristige Kredite meist zur Finanzierung erforderlicher Betriebsmittel, beziehungsweise zur Überbrückung etwaiger Liquiditätsengpässe. Aufgrund der veränderten Regelungen nach Basel IV ist damit zu rechnen, dass insbesondere die Ausgestaltungen der NSFR und der damit einhergehenden Notwendigkeit einer fristen­kongruenten Refinanzierung der Kreditinstitute zu einem Rückgang beim langfristigen Kreditangebot führen. Dies hätte zur Folge, dass Unternehmen bei langfristigen Investitionen mit einem Zinsänderungs- und Prolongationsrisiko rechnen müssen, da während des Investitionszeitraumes über Anschlussfinanzierungen verhandelt werden muss. Über einen zusätzlichen Aufbau von Eigenkapital können KMU hingegen ihre Abhängigkeit von Bankkrediten verringern. Auf diese Weise wurden sowohl kurzfristige als auch langfristige Verbindlichkeiten in Form von Bankkrediten in den letzten Jahren deutlich reduziert. Trotz des Niedrigzinsumfeldes erfolgt die Finanzierung kurzfristiger Verbindlichkeiten immer häufiger nicht mehr über Bankkredite, sondern über konzerninterne Finanzierungen oder Lieferantenkredite, was zu einer breiteren Diversifikation führt. Veränderungen sind auch im Bereich der langfristigen Finanzierungen zu erwarten. Daher sollte der Zugang zum Kapitalmarkt für KMU im Zuge der Kapitalmarktunion erleichtert werden. Bezüglich der regulatorischen Auswirkungen an die Kreditvergabe beeinflussen sowohl die Bilanzbereinigungen aufgrund der Eigenkapitalanforderungen als auch die zusätzlichen makroprudenziellen Instrumente, wie beispielsweise durch nationale Aufsichtsbehörden festzusetzende antizyklische Kapitalpuffer, die Kreditvergabe. Zur Bestimmung

 Das Hausbankprinzip bezeichnet eine in der Regel langjährige, intensive Geschäftsbeziehung zwischen einem Unternehmen und einem (ggf. mehreren) Kreditinstitut(en), unter Inanspruchnahme wesentlicher Bankdienstleistungen von Seiten des Unternehmens. 2  Vgl. Cenni, S. et al. (2015), S. 263 ff. 1

214

5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

der zur Glättung des Kreditzyklus erforderlichen Höhe des antizyklischen Kapitalpuffers wird die vom Basler Ausschuss beschriebene „Kreditlücke“3 verwendet. Eine Untersuchung verschiedener Einflussfaktoren auf die Kreditvergabe förderte zutage, dass die vormalige Kalibrierung im Betrachtungszeitraum von 2000 bis 2013 Fehlanreize setzte und den Kreditzyklus zeitweise verstärkte. Aus diesem Grund wird eine Überarbeitung gefordert. Die Untersuchung hat ebenso gezeigt, dass die regulatorische Privilegierung der Staatsanleihen durch deren Null-Prozent-Gewichtung zu einer Benachteiligung der Kreditvergabe an Unternehmen und private Haushalte führen kann. Dieser Effekt wird durch die aktuelle Niedrigzinsphase noch verstärkt. Dabei gilt der Zusammenhang, dass Kreditinstitute bei sinkenden Zinsen für Hypotheken- und Unternehmenskredite tendenziell ihren Bestand an Staatsanleihen ausbauen und gleichzeitig ihre Kreditvergabe an Unternehmen und Haushalte drosseln. Die aktuell herrschende Niedrigzinsphase steigert die Attraktivität des Engagements in Staatsanleihen, da diese nicht mit haftendem Eigenkapital zu unterlegen sind, was wiederum zu einer Verstärkung genannten Effekts beiträgt. Im Rahmen der langfristigen Finanzierung muss zwischen kleineren und größeren KMU unterschieden werden. Während für kleinere KMU nach wie vor der Bankkredit zusammen mit langfristigen Fördermitteln den wichtigsten Finanzierungsbaustein darstellt, steigt für größere, international ausgerichtete Unternehmen die Bedeutung der Kapitalmarktfinanzierung über Schuldschein- und Anleiheemissionen. Eine Unternehmensbefragung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur Unternehmensfinanzierung aus dem Jahr 2012 zeigt ein im Zeitverlauf weitgehend konstantes Ergebnis bei den genutzten Instrumenten der Unternehmensfinanzierung.4 Es bestehen jedoch teilweise deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Größenklassen der KMU. Abb. 5.2 zeigt die wichtigsten Finanzierungsquellen aus dieser Unternehmensbefragung. In dieser Abbildung sind die Innenfinanzierung5 sowie die kurz-/mittelfristigen und langfristigen Bankkredite als Hauptfinanzierungsquellen aller KMU zu erkennen. Weitere häufig genutzte Finanzierungsquellen sind Darlehen und Einlagen von Familie und Gesellschaftern sowie das Leasing und vor allem bei kleinen KMU die Lieferantenkredite. Die konzerninterne Finanzierung wird insbesondere von größeren KMU genutzt. Die Finanzierung über Factoring, Mezzanine sowie Beteiligungskapital hatte den Ergebnissen der Unternehmensbefragung zu Folge eine nur geringe Bedeutung. Die Befragung zeigte auch, dass Anleihen und Schuldverschreibungen fast ausschließlich von gro-

 Der Basler Ausschuss hat für die Messung der Kreditlücke die Abweichung von dem Trend in Prozentpunkten (Bankkredite an Unternehmen und Haushalte in Prozent des Bruttoinlandsprodukts) festgelegt. 4  Vgl. Schwartz, M. (2012), S. 86. 5  Unter Innenfinanzierung wird hier die Eigenfinanzierung aus thesaurierten Gewinnen, Abschreibungen und Rückstellungen verstanden. 3

79,1%

87,9%

66,5% 72,0%

Innenfinanzierung

41,9% 43,6% 44,6% 46,3%

Bankkredit (kurz-/mittelfristig)

28,5% 34,0% 32,4% 31,4% Bankkredit (langfristig)

5,4% 6,0% 6,0% 5,5% Factoring

25,7% 22,5% 19,2%

33,5% Lieferantenkredite

7,2% 10,6% 16,0% 20,6% konzerninterne Finanzierung

Gesellschafter

35,7% 37,6% 39,9% 37,8%

über 10 bis 50 Mio. EUR

über 2,5 bis 10 Mio. EUR

über 1 bis 2,5 Mio. EUR

Beteiligungskapital

Abb. 5.2  Bedeutung der Finanzierungsinstrumente (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Schwartz, M. (2012), S. 87.)

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

bis 1 Mio. EUR

6,7% 10,7% 9,1% 9,3%

90%

Leasing

21,7% 23,7% 29,4% 30,1%

100%

5.1 Typische Finanzierungsquellen von KMU 215

216

5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

ßen KMU und vor allem von Großunternehmen genutzt werden. Dies kann durch die mit der Emission und den Offenlegungspflichten verbundenen hohen Kosten sowie den für KMU erforderlichen hohen Emissionsvolumina erklärt werden. Eine im Dezember 2015 veröffentlichte Auswertung des Instituts für Mittelstandsforschung für den Betrachtungszeitraum von 2003 bis 2013 zeigt, dass die Eigenkapitalquote der KMU im Durchschnitt um 86,8 Prozentpunkte auf nunmehr 24,1 % angestiegen ist, während jene der Großunternehmen nur um 10,4 Prozentpunkte auf 29,6 % zugenommen hat.6 Dies ist von Bedeutung, da die Eigenkapitalquote und die Kreditfähigkeit/-würdigkeit eines Unternehmens über die Bonitätsbeurteilung in einem direkten Zusammenhang stehen. Nur bei Vorliegen eines entsprechend hohen Eigenkapitals ist es dem Unternehmen möglich, Investitionen zu finanzieren und Wachstum zu generieren. Gleichzeitig ist den Ergebnissen dieser Untersuchung zu Folge ein Rückgang bei den kurzfristigen Bankkrediten zu beobachten. Dieser wird nicht über Lieferantenkredite oder Kredite von verbundenen Unternehmen, welche nur von einer sehr begrenzten Anzahl von meist größeren KMU in Anspruch genommen werden können, gedeckt. Es gibt einen grundsätzlichen Trend einer abnehmenden Bedeutung der Fremdkapitalfinanzierung und steigenden Eigenkapitalquote durch eine verstärkte Gewinnthesaurierung. Letztere ist ein zentraler Bonitätsfaktor und im Zusammenhang mit der bonitätsabhängigen Bepreisung der Kreditinstitute ein wesentlicher Einflussfaktor für die Finanzierungskonditionen und Kreditverfügbarkeit. Die jeweilige Finanzierungsstrategie des Unternehmens ist von verschiedenen Einflussfaktoren abhängig. Neben finanzwirtschaftlichen Zielsetzungen müssen die Interessen und Informationsbedürfnisse der verschiedenen Kapitalgeber berücksichtigt werden. Dabei übernimmt das Eigenkapital eine Haftungsfunktion,7 Vertrauensfunktion und eine indirekte Finanzierungsfunktion. Bei der Entscheidung über die Finanzierungsstrategie spielen auch Unternehmer- und Unternehmensmerkmale sowie das makroökonomische Umfeld8 und die verfügbaren Finanzierungsquellen eine wichtige Rolle. Die Umsetzung der regulatorischen Anforderungen unter Basel IV führte durch die darin vorgegebenen ratingabhängigen Gewichtungsfaktoren zu einer steigenden Kapitalunterlegung. Die Auswirkung ist somit abhängig vom Rating. Es wird erwartet, dass kleinere Unternehmen einen tendenziell schwereren Zugang zu Bankkrediten haben als mittlere und große Unternehmen. Erfolgreich am Markt etablierte Unternehmen mit einem guten Rating werden auch unter den Regelungen von Basel IV weiterhin unproblematisch Kredite erhalten. Zu einer Einschränkung der Kreditverfügbarkeit kann es insbesondere für Unternehmen mit einer schlechteren Marktposition und einem mittleren oder schlechteren Rating kommen. Hieran wird sich auch unter Basel IV nichts ändern.

 Vgl. Pahnke, A. et al. (2015), S. 6.  Die Haftungsfunktion ist verbunden mit einer Ausgleichs- und Gläubigerschutzfunktion. 8  Das makroökonomische Umfeld beinhaltet Faktoren wie konjunkturelle Lage, Entwicklung des Zinsniveaus und das regulatorische Umfeld. 6 7

5.1 Typische Finanzierungsquellen von KMU

217

Im Rahmen der Bonitätsbeurteilung über den Ratingprozess spielt die Finanzkommunikation eine wesentliche Rolle. Sie ist die Basis für das Vertrauensverhältnis und die Beziehung zu Kapitalgebern sowie die Auswahl an Finanzierungsalternativen. Dabei bestehen bei den KMUs häufig noch Vorbehalte gegenüber einer Öffnung hinsichtlich einer höheren Transparenz und Informationstiefe. Dies kann zu Nachteilen bei der Verfügbarkeit und Konditionen von Krediten führen. Oberstes Ziel der Finanzkommunikation ist der Aufbau und Erhalt von Vertrauen als wichtige Voraussetzung für eine dauerhafte Verfügbarkeit von Finanzmitteln. Hierbei ist zu beachten, dass Transparenz und Verlässlichkeit die Basis für das Vertrauen darstellen. Zudem muss die aktive Information zum Unternehmen, den Adressaten und deren Anforderungen passen. Zusätzlich zu den „harten Fakten“ aus Bilanz, GuV, BWA sowie Investitions- und Finanzplan muss die Finanzkommunikation auch eine qualitative Berichterstattung mit Informationen zu Geschäftsmodell, Konkurrenzumgebung, Marktposition und Zukunftsszenarien enthalten. Im Rahmen der Umsetzung von Basel III hat sich gezeigt, dass die regulatorischen Anforderungen die Konditionen von Bankkrediten und die Finanzierungsbeziehungen beeinflussen können. Die folgenden drei Wirkungsketten zeigen Auswirkungen auf Kredit­ institute, welche in der Folge zu Störungen der Finanzierungsbeziehungen mit KMU führen können. • Zusätzlich benötigtes aufsichtsrechtliches Kapital muss durch einbehaltene Gewinne oder von außen zugeführt werden. Neben diesem Volumeneffekt sind die Anforderungen an qualitativ höherwertiges und damit teureres Eigenkapital einzuhalten, was wiederum zu höheren Eigenkapitalkosten führt. Dies kann zur Folge haben, dass sich Kredite verteuern, wenn Kreditinstitute versuchen, die gestiegenen Kosten über höhere Konditionen an ihre Kreditnehmer weiterzureichen. Zudem kann es zu einer Verringerung des Kreditvolumens und damit des Risikos kommen, um die Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen. • Die geforderten höheren Liquiditätspuffer aus niedrig verzinslichen Aktiva haben zur Folge, dass sich die Kapazitäten für das Kreditgeschäft und die Erträge verringern. Gleichzeitig wird das Geschäftsvolumen bestehend aus Krediten und außerbilanziellen Positionen zusätzlich über die risikounabhängige Leverage Ratio begrenzt. Durch den höheren Liquiditätspuffer verringert sich das zur Unterlegung des Kreditrisikos zur Verfügung stehende Eigenkapital. In der Folge steigt die Attraktivität risikoarmer, besicherter und ertragsarmer Finanzierungen, für die tendenziell eine geringere Kapitalunterlegung erforderlich ist. Dies kann zu einer Risikoverlagerung in den unregulierten Schattenbankensektor führen. • Aufgrund der verschärften Anforderung an die Laufzeitkongruenz werden die Möglichkeiten einer Fristentransformation stark eingeschränkt. Vom Kreditinstitut muss für langfristige Kredite auch eine langfristige, in der Regel teurere Refinanzierung vorgehalten werden. Des Weiteren erhöht sich mit einer längeren Finanzierungsfrist das Zinsänderungsrisiko der Bank. Somit ist insbesondere bei längeren Kreditlaufzeiten

218

5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

eine Verteuerung zu erwarten. Zusätzlich besteht ein Preiswettbewerb um langfristige Einlagen von Privatkunden und KMU, welcher zu einem Margendruck beim Einlagengeschäft führt. Es ist davon auszugehen, dass die in Abschn. 2.3 dargestellten regulatorischen Veränderungen von Basel III auf Basel IV zu weiteren Veränderungen bei den Finanzierungsmöglichkeiten für KMU führen können.

5.2

 ögliche Veränderungen der Finanzierungsmöglichkeiten M unter Basel IV

Die in Abschn. 2.3 beschriebenen Veränderungen von Basel III auf Basel IV bezüglich der Ermittlung der risikogewichteten Aktiva führen dazu, dass Kreditinstitute tendenziell bei allen Aktivpositionen mehr Eigenkapital zur Einhaltung der geforderten Risikounterlegung aufbringen müssen. Bezogen auf die Veränderungen der Finanzierungsmöglichkeiten für KMU ist davon auszugehen, dass sich insbesondere die geplanten neuen Regelungen zum Kreditrisikostandardansatz, Credit Valuation Adjustment, Zinsänderungsrisiko im Bankbuch (IRRBB), Leverage Ratio und der strukturellen Liquiditätsquote NSFR auswirken werden. Dieser höhere Eigenkapitalbedarf wird durch die neuen Floor-Regelungen und die Einschränkungen bei der Anwendung interner Modelle (IRBA) insbesondere für große Kreditinstitute noch vergrößert. Für Unternehmen könnte dies dazu führen, dass Kreditinstitute die zusätzlichen Eigenkapitalkosten über höhere Konditionen an die Unternehmen weiterreichen und/oder höhere Anforderungen an die Sicherstellung von Krediten stellen, was beispielsweise häufig über entsprechende Covenants von Seiten der Kreditinstitute von vorn herein in den Kreditvereinbarungen schriftlich niedergelegt wird. Das Wesen und die Bedeutung von Covenants wurden bereits in Abschn. 4.6 diskutiert. Durch die Erleichterungen für Mittelstandskredite über die vorgesehene Risikogewichtung von 85 % ist davon auszugehen, dass KMU davon weniger stark betroffen sein werden. Das gleiche gilt für die erweiterten Kapitalanforderungen aufgrund der zusätzlichen Kapitalpuffer (TLAC) für große Kreditinstitute (G-SIBs). Durch die neuen Regelungen zur risikounabhängigen Leverage Ratio kann es in Verbindung mit dem aktuell bestehenden Margendruck zu einer Einschränkung des volumenstarken aber gleichzeitig margenarmen (und risikoarmen) Geschäftes kommen. Dies kann – je nach abschließender Kalibrierung – zu einer Begünstigung der risiko- und margenreicheren Geschäfte führen. Es ist zu erwarten, dass die Veränderungen der Liquiditätsregeln zu Liquidity Coverage Ratio und Net Stable Funding Ratio die Fristentrans­ formation einschränken und den Refinanzierungsaufwand der Kreditinstitute erhöhen werden. Dies kann wiederum indirekte Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzierung haben. So kommt es durch die neuen Regelungen zur Liquidity Coverage Ratio zu erhöhten Anforderungen an die hochliquiden Aktiva im Rahmen der Bankenrefinanzierung,

5.2 Mögliche Veränderungen der Finanzierungsmöglichkeiten unter Basel IV

219

was tendenziell zu verschlechterten Finanzierungsbedingungen für KMU führen kann. In diesem Zusammenhang ist nach wie vor die Bevorzugung der Staatsanleihen (Nullprozentgewichtung) zu berücksichtigen. Die neuen Regelungen zur Net Stable Funding Ratio führen wie bereits dargestellt zu Veränderungen beim langfristigen Kreditgeschäft. Es ist mit einer Verkürzung von Kreditlaufzeiten sowie einer damit verbundenen Einschränkung der langfristigen Finanzierungsmöglichkeiten zu rechnen. Dies impliziert Unsicherheiten für Unternehmen bei der Finanzierung langfristiger Projekte und Investitionen, weil das Anschlussfinanzierungs- und Zinsänderungsrisiko vom Unternehmer zu tragen ist und eine fristenkongruente Finanzierung von Anlagen oder Projekten schwierig realisierbar sein wird. Zudem ist die langfristige Refinanzierung für die Kreditinstitute teurer, was dazu führt, dass auch die Unternehmen mit höheren Finanzierungskosten rechnen müssen. Aufgrund der erweiterten Melde- und Offenlegungspflichten für die Banken entsteht für diese ein höherer Verwaltungsaufwand. Soweit es der Wettbewerb zulässt, können die Kreditinstitute versuchen, die damit verbundenen weiteren Kosten über höhere Kreditkonditionen einzupreisen und an die Kreditnehmer weiterzureichen. Das Rating wird weiter an Bedeutung gewinnen und die Anforderungen an Sicherheiten werden steigen. Insbesondere bei Unternehmen mit einem mittleren Rating kann dies zu einer Erhöhung der Kreditkosten und gegebenenfalls zu einer Einschränkung der Finanzierungsvolumina aufgrund des nur limitiert zur Verfügung stehenden Eigenkapitals der Banken führen. Insbesondere für kleinere KMU werden das Rating, die damit verbundene erforderliche Verfügbarkeit aktueller Unterlagen und die umfangreichere Kommunikation sowie das Reporting zu einem deutlichen Mehraufwand führen, da diese bislang nur die für sie geltenden erleichterten Offenlegungspflichten erfüllen mussten. Die Informationsasymmetrien werden aktuell teilweise durch die bestehenden Hausbankbeziehungen (Relationship Lending) verringert. Sie erschweren jedoch die Suche der Unternehmen nach alternativen Kapitalgebern.

5.2.1 V  eränderungen der Finanzierungsmöglichkeiten für größere KMU Größere KMU haben in der Regel einen höheren Kapitalbedarf, um ihre meist langfristigen Investitionen zu decken. Die bereits dargestellten möglichen Auswirkungen der veränderten regulatorischen Anforderungen auf die Kreditvergabemöglichkeiten und -modalitäten der Banken führen aufgrund der bisher hohen Bedeutung der Bankkredite dazu, dass die Finanzierungsstrategie/das Finanzierungsverhalten angepasst werden muss. Ein Gutachten im Auftrag der Finanzplatz München Initiative9 für den Zeitraum von 2003 bis 2013 zeigt bereits Veränderungen im Finanzierungsverhalten der KMU. Demnach 9

 Kaserer, C. (2015).

220

5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

konnte im Betrachtungszeitraum die durchschnittliche Eigenkapitalquote größerer KMU durch die Thesaurierung von Gewinnen um 31,0 Prozentpunkte von 24,0 % auf 32,0 % gesteigert werden.10 Dem Gutachten zu Folge ist dieser Trend nicht nur als Folge möglicher Finanzierungsrestriktionen zu sehen, sondern auch das Ergebnis bewusster Finanzierungsentscheidungen der Unternehmen. Die neuen Regelungen nach Basel IV können die Finanzierungsmöglichkeiten und -strategien tendenziell wie im weiteren Verlauf dieses Kapitels dargestellt beeinflussen. Nach den in Abschn. 2.3.2 dargestellten neuen Vorgaben des Kreditrisikostandardansatzes zur Ermittlung der mit Eigenkapital zu unterlegenden Kreditrisiken wird für Forderungen gegenüber KMU ohne Rating eine Risikogewichtung von 85,0 % eingeführt. Bei Krediten ab 1 Mio. EUR oder einem Gesamtkredit des Schuldners von mehr als 0,2 % des Portfolios „Regulatory Retail“ erfolgt die Behandlung der Forderungen an KMU nach den Vorgaben für „Corporates“. Je nach Rating kann dadurch das Risikogewicht entsprechend höher ausfallen. Dies könnte tendenziell zu einer Einschränkung bei der Vergabe größerer Kreditvolumina führen. Dabei ist mit einer überproportionalen Wirkung auf Unternehmen mittlerer und geringer Bonität zu rechnen. Dem Gutachten der Finanzplatz München Initiative zufolge sind hiervon jedoch nur wenige große KMU betroffen. So hatten lediglich etwa 5,0 % der befragten KMU einen Kreditbedarf von über TEUR 500. Aufgrund der neuen Regelungen zur NSFR kommt es, wie bereits beschrieben, tendenziell zu einer Einschränkung der langfristigen Kreditvergabe und kürzeren Kreditlaufzeiten. Dies kann zur Folge haben, dass die meist langfristigen Investitionen der größeren KMU nicht mehr fristenkongruent über Bankkredite finanziert werden können. Im Hinblick auf das hieraus entstehende Prolongations- und Zinsrisiko wird die Planungssicherheit des KMU bezüglich der Rentabilität der Investition eingeschränkt. Durch die Regulierung sind ein rückläufiges Kreditangebot sowie Veränderungen bei bisher stabilen Kreditbeziehungen mit der Hausbank zu erwarten. Es ist davon auszugehen, dass für die bislang vor allem bankfinanzierten größeren KMU alternative Finanzierungsinstrumente und -strategien zur Diversifizierung ihrer Finanzierungsstruktur sowie die Finanzierung über den Kapitalmarkt immer mehr an Bedeutung gewinnen. Vor diesem Hintergrund werden diese ausführlicher ab Abschn. 5.3 behandelt. Bei der Nutzung von Finanzierungsalternativen am Kapitalmarkt sind die damit verbundenen relativ hohen Fixkosten beispielsweise für Prospekterstellung, Due Diligence, Rating, Roadshow und Beratung zu berücksichtigen, so dass diese erst ab gewissen Volumina ratsam und rentabel erscheinen. Dies ist auch einer der Gründe, weswegen diverse alternative Finanzierungskonzepte insbesondere im Mittelstand bislang noch keine nennenswerte Bedeutung erlangen konnten. Tendenziell wird eine auf den jeweiligen Kapital- und Liquiditätsbedarf sowie eine auf die Unternehmensstrategie abgestimmte Finanzierungsstruktur auf Basis mehrerer Finanzierungsbausteine an Bedeutung gewinnen. Dabei ist die für das KMU erforderliche Flexibilität der Finanzierung zu beachten. Die Diversifizierung der Finanzierungsstruktur  Vgl. ebenda, S. 16.

10

5.2 Mögliche Veränderungen der Finanzierungsmöglichkeiten unter Basel IV

221

größerer KMU sollte daher über einen Finanzierungsmix erfolgen, welcher neben dem klassischen Bankkredit ebenso Instrumente der Kapitalmarktfinanzierung sowie andere Finanzierungsmittel beinhalten sollte.

5.2.2 V  eränderungen der Finanzierungsmöglichkeiten für kleinere KMU Insbesondere kleinere KMUs unterhalten in der Regel eine Hausbankbeziehung mit lokalen Banken. Diese zumeist kleineren und nicht systemrelevanten Kreditinstitute werden von den für alle Banken gleichermaßen gültigen Regelungen im Verhältnis stärker bei der Kreditvergabe eingeschränkt als größere Institute. Gleichzeitig sind die Informationsasymmetrien zwischen kleineren KMU und anderen potenziellen Kreditgebern aufgrund  der eingeschränkten Datenverfügbarkeit und Offenlegung höher als bei größeren KMU. Hierdurch ist nur eine eingeschränkte Kreditwürdigkeitsprüfung möglich, was die Suche nach alternativen Finanzierungsquellen zusätzlich erschwert. Das Rating und damit die Risikoeinschätzung als wesentliche Einflussfaktoren für die Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten fallen bei fehlenden Informationen tendenziell schlechter aus, was in der Folge zu Konditionsaufschlägen und/oder Einschränkungen der Kreditverfügbarkeit führt. Für kleinere KMU besteht daher – gleichermaßen wie für größere KMU – ein Trend zu einer stärkeren Eigenkapitalfinanzierung. Die Bankenfinanzierung ist dennoch mit durchschnittlich 35,0 % der Bilanzsumme nach wie vor die wichtigste Säule der Außenfinanzierung.11 Im Zeitraum von 2003 bis 2013 konnte die durchschnittliche Eigenkapitalquote kleiner Unternehmen (kleinere KMU) durch die Thesaurierung von Gewinnen um 52,0 Prozentpunkte von 18,0 % auf 27,0 % gesteigert werden. Dabei war der Anstieg der Eigenkapitalquote umso stärker, je kleiner das Unternehmen war. Das Gutachten der Finanzplatz München Initiative weist für 64,0 % der KMU einen Kreditbedarf von unter 50.000 EUR aus. Aufgrund der geringen Kreditvolumina scheidet eine alternative Finanzierung über den Kapitalmarkt wegen der damit verbundenen hohen Fixkosten aus. Analog zu größeren KMU müssen auch kleinere KMU mit höheren Kreditkonditionen und damit höheren Finanzierungskosten bei möglicherweise eingeschränkter Kreditverfügbarkeit und verschärften Anforderungen an die Sicherheiten rechnen. Dabei ist zu beachten, dass bei kleineren KMU die Absicherung häufig in Form privater Sicherheiten des Unternehmers erfolgt. Auch kleinere KMU müssen die möglicherweise mit den neuen Regelungen verbundenen kürzeren Kreditlaufzeiten und die damit einhergehenden Zinsänderungs- und Prolongationsrisiken im Zusammenhang mit der Finanzierung längerfristiger Projekte beziehungsweise Investitionsvorhaben bei ihrer strategischen Planung berücksichtigen.

 Vgl. ebenda, S. 4, 23.

11

222

5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Bankfinanzierung durch die Veränderungen der regulatorischen Regelungen erschwert wird. Da insbesondere die kleineren KMU meist von der Bankfinanzierung abhängig sind, müssen sie sich auf begrenzte Finanzierungsmöglichkeiten einstellen. Somit wächst weiterhin die Bedeutung einer weiteren Steigerung der Eigenkapitalquote durch Innenfinanzierung, mit dem Ziel einer höheren Unabhängigkeit vom Bankkredit.

5.3

Alternative Finanzierungskonzepte

Aufgrund der sich verschärfenden regulatorischen Anforderungen im Zuge der Einführung von Basel IV muss insbesondere für KMU mit mittlerem Rating tendenziell mit einer Einschränkung der Verfügbarkeit von langfristigen Bankenfinanzierungen gerechnet werden. Des Weiteren kann es zu einer Erhöhung der Kreditkonditionen aufgrund der gestiegenen Refinanzierungskosten sowie verstärkten Anforderungen bezüglich der Sicherheiten kommen. Falls es zu Einschränkungen im Rahmen der Kreditfinanzierung über Kreditinstitute kommt, wird es für KMU immer wichtiger, nach alternativen Kapitalquellen zu suchen. Die bislang überwiegend über Bankkredite finanzierten KMU sollten daher ihre Finanzierungsstruktur überprüfen und an die neuen Bedingungen anpassen. Zur Optimierung sollten auch alternative Finanzierungsinstrumente in Betracht gezogen werden, um die Abhängigkeit von der Hausbankfinanzierung zu verringern. Unter alternativen Kapitalquellen seien in diesem Kontext die Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung außerhalb der klassischen Bankkredite inklusive Kontokorrentkredite oder/und Lieferantenkredite verstanden. Der Einsatz alternativer Kapitalbeschaffungsinstrumente hängt unter anderem von der aktuellen Kapitalstruktur des Unternehmens ab und hat Einfluss auf Liquidität, Eigenkapitalquote und Rating. Dabei gilt der Grundsatz, dass je stärker der Eigenkapitalcharakter einer Finanzierung ist und sie damit in der Folge als haftendes Kapital gilt, desto höher ist die zu leistende Vergütung an die Kapitalgeber. Es wird explizit darauf hingewiesen, dass in den nachfolgenden Ausführungen Aspekte der ertragsteuerlichen Optimierung nicht betrachtet werden. Die folgende Abb. 5.3 liefert eine Übersicht über die im weiteren Verlauf näher dargestellten alternativen Finanzierungsinstrumente im Rahmen der Außen- und Innenfinanzierung.

5.3.1 Instrumente der Außenfinanzierung Als Beispiele für Instrumente der Außenfinanzierung, bei welcher das Kapital dem Unternehmen von außen zufließt, sollen in der Folge Mezzanine, Venture Capital, Private Equity, Crowd-funding, Unternehmens- und Nullkuponanleihen, Asset und Mortgage Backed ­Securities, Collateralised Debt Obligations, Factoring und Forfaitierung, Leasing, Einla-

5.3 Alternative Finanzierungskonzepte

223

Abb. 5.3  Übersicht zu alternativen Finanzierungskonzepten

gen- und Beteiligungsfinanzierung, Aktien sowie öffentliche Fördermittel überblicksartig betrachtet werden.

5.3.1.1 Mezzanine Die zwischen 2004 und 2007 zeitlich befristet aufgelegten mezzaninen Finanzierungsprogramme liefen seit 2011 nach und nach aus. Dies hatte zur Folge, dass mezzanines Kapital verlängert oder durch andere Finanzierungsalternativen gedeckt, beziehungsweise refinanziert werden musste. In Verbindung mit einer eher restriktiveren Kreditvergabe der Kreditinstitute könnte dies weiterhin zu einer Finanzierungslücke für mittelständische Unternehmen führen.

224

5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Die hybriden mezzaninen Finanzierungsinstrumente weisen einen hohen Grad an Flexibilität hinsichtlich ihrer Gestaltungsmöglichkeiten auf. Sie können – je nach vertraglichen Vereinbarungen – Eigen- oder Fremdkapitalcharakter aufweisen. Dieser wandlungsfähige Charakter ist der Hintergrund der Bezeichnung für diese Art von Instrumenten. Der etymologische Ursprung des Begriffs „Mezzanin“ geht auf einen italienischen Fachbegriff aus dem Bereich der Architektur zurück und meint ein Halb-, beziehungsweise Zwischengeschoss innerhalb eines mehrstöckigen Gebäudes, weswegen eine eindeutige Zuordnung zu einem Hauptstockwerk unterbleibt, was im übertragenen Sinne auf eine mangelnde eindeutige Einordnung in die Kategorien Eigen- oder Fremdkapital abstellt. In der Fachliteratur wird die Bezeichnung Equity Mezzanine Capital für Mezzanine, die sowohl wirtschaftlich als auch bilanziell dem Eigenkapital zugeordnet werden, oder aber Debt Mezzanine Capital, die zwar wirtschaftlich dem Eigenkapital jedoch bilanziell dem ­ Fremdkapital zuzurechnen sind, verwendet. Beispiele für Mezzanine sind – ausgehend vom Eigenkapital hin zum Fremdkapital – typische stille Beteiligungen, Genussrechte, Wandel- und Optionsanleihen, atypische stille Beteiligungen, partiarische Darlehen sowie nachrangige Darlehen. Dabei ist zu beachten, dass das Risiko für die Kapitalgeber und damit deren Renditeerwartung sowie die Kosten der Finanzierung mit zunehmendem Eigenkapitalcharakter ansteigen. Auf die wesentlichen Merkmale der verschiedenen Mezzanine soll nachfolgend Stelle kurz eingegangen werden: Zum Equity Mezzanine Capital (Mezzanine mit Eigenkapitalcharakter) zählen die typischen stillen Beteiligungen sowie die Genussrechte. Die typische stille Beteiligung (auch stille Gesellschaft genannt) im Sinne der §§ 230 bis 236 HGB beschreibt eine Beteiligung eines Dritten an einer Unternehmung mittels Vermögenseinlage, mit der Eigenschaft, dass das bestehende Gesellschafterverhältnis von außen nicht unmittelbar identifizierbar ist. Des Weiteren ist bei der typischen stillen Beteiligung der stille Gesellschafter lediglich an den Gewinnen, nicht aber an den Verlusten sowie am Vermögen und den stillen Reserven der Unternehmung beteiligt. Ferner ist der stille Teilhaber von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Damit die Einlage als Eigenkapital bilanziert werden kann, muss der Gläubiger vertraglich auf die Rückzahlung der Einlage im Insolvenzfall verzichten. Genussrechte sind eine Form mezzaniner Finanzierungsinstrumente, demgemäß ein Hybrid mit eigen- und fremdkapitaltypischen Eigenschaften, welchen ein schuldrechtliches Kapitalüberlassungsverhältnis immanent ist. Genussrechteinhaber besitzen – je nach spezifischer Ausgestaltung des Instruments  – Vermögensrechte, wie zum Beispiel Gewinnbeteiligung oder eine Beteiligung am Liquidationserlös, beziehungsweise ein Recht zum Bezug von Aktien, sowie gewinnabhängige Gläubigerrechte, jedoch keine Gesellschafter- und/oder Kontrollrechte. Die Rechte können als Genussscheine verbrieft und in der Folge auch am Kapitalmarkt gehandelt werden. Die Laufzeiten liegen in der Regel zwischen 5 und 10 Jahren. Die Rückzahlung erfolgt zumeist zum Ende der Laufzeit. Auf Grund der Nachrangigkeit kann das Genussrechtskapital beim Rating als Eigenkapital angerechnet werden. Durch die Vereinbarung eines gewinnabhängigen Vergütungsanspruchs

5.3 Alternative Finanzierungskonzepte

225

werden die Zahlungen regelmäßig an die Ertragslage des Unternehmens angepasst. Bezüglich der Einsatzmöglichkeit von Genussrechten sei darauf hingewiesen, dass diese nicht nur zur Kapitalbeschaffung, sondern auch als Instrument der Unternehmenssanierung oder Gewinnbeteiligung der Mitarbeiter verwendet werden können. In Verbindung mit Basel IV sei hier die folgende Wirkungskette beschrieben: Auf Grund der zumeist vereinbarten Nachrangigkeit hinsichtlich der Kapitalrückzahlung im Insolvenzfall können die generierten Einlagen im Rahmen des Ratingprozesses als Eigenkapital berücksichtigt werden. Dies führt zu einer Verbesserung der in das Rating eingehenden Eigenkapitalquote. Zudem können die Zahlungsverpflichtungen auf Grund der Vereinbarung einer gewinnabhängigen Vergütung an die jeweilige Ertragslage ­angepasst werden. Die Liquidität wird erst mit der Rückzahlung zum Ende der Laufzeit belastet. Wandel- und Optionsanleihen stellen Mischformen dar, die bilanziell sowohl zum Eigen-, als auch zum Fremdkapital gerechnet werden können. Wandelanleihen sind Schuldverschreibungen, denen die Möglichkeit immanent ist, das schuldrechtliche Gläubiger­ verhältnis in ein Beteiligungsverhältnis umzuwandeln, wobei im Falle der Wandelung Unternehmensanteile in Höhe des bestehenden Rückzahlungsbetrags bezogen werden. Optionsanleihen sind Anleihen, die zusätzlich neben dem Anspruch auf Verzinsung und Tilgung mit dem Recht ausgestattet sind, während einer festgelegten Optionsfrist Aktien des ausgebenden Unternehmens zu einem in den Emissionsbedingungen festgelegten Kurs zu erwerben. Dabei besteht die Forderung aus der Anleihe auch nach der Ausübung des Optionsrechtes weiter. Im Hinblick auf Basel IV ist zu berücksichtigen, dass beide Finanzierungsinstrumente Anleihen darstellen und damit zu den Fremdkapitalfinanzierungsinstrumenten zählen. Somit verschlechtern sie bis zu einer Wandelung beziehungsweise Ausübung der Option die ­Eigenkapitalquote und belasten durch die vereinbarten festen Zinszahlungen die Liquidität. Andererseits wird durch die Wandelung oder Ausübung der Option Eigenkapital generiert, was wiederum die Eigenkapitalquote erhöht. Die Wirkung auf das Rating ist demnach abhängig vom Verhalten der Inhaber der Anleihen. Zum Debt Mezzanine Capital (Mezzanine mit Fremdkapitalcharakter) zählen atypische stille Beteiligungen, partiarische Darlehen sowie nachrangige Darlehen. Bei der atypischen stillen Beteiligung geht der stille Gesellschafter die Position eines Mitunternehmers ein und kann damit Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen. Als Gläubiger ist er dabei sowohl am Gewinn und Verlust, als auch am Wertzuwachs, dem Vermögen und den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt. Des Weiteren kann eine variable zusätzliche Verzinsung vereinbart werden. Beim partiarischen (gewinnabhängigen) Darlehen handelt es sich in der Regel um langfristig eingelegtes Fremdkapital, wobei der Vergütungsanspruch des Kapitalgebers vertraglich an den Gewinn oder Umsatz des Unternehmens gekoppelt wird. Nachrangige Darlehen stellen unbesichertes Fremdkapital dar, beinhalten jedoch im Unterschied zu klassischen Bankdarlehen zusätzlich einen Rangrücktritt der Gläubiger gegenüber anderen Fremdkapitalgebern und werden im Insolvenzfall nachrangig bedient.

226

5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Für die zeitlich befristete Überlassung des Fremdkapitals ist regelmäßig ein fester, vom Gewinn unabhängiger Zins zu leisten, welcher infolge des Verlustpotenzial des Kapitalgebers in der Regel höher ist, als klassische Bankdarlehenszinssätze. In Verbindung mit Basel IV ist zu berücksichtigen, dass sich Unternehmen mithilfe oben genannter Finanzierungsinstrumente weiteres Fremdkapital beschaffen können und es in der Folge zu einer Verschlechterung der in das Rating einfließenden Eigenkapitalquote kommt. Die in Form des Fremdkapitals generierte Liquidität steht dem Unternehmen in der Regel langfristig bis zur Fälligkeit des Darlehens zur Verfügung. Durch Vereinbarung eines gewinnabhängigen Vergütungsanspruchs können die fälligen Zahlungen an die Ertragslage angepasst und die Liquidität geschont werden. Auf Grund der Nachrangigkeit erhöht sich das vom Gläubiger eingegangene Risiko, was in der Folge meist zu höheren Vergütungsforderungen führt. Eine Übersicht über die wichtigsten Mezzanine liefert die folgende Abb. 5.4: Aus den bisherigen Ausführungen sei die folgende Schlussbemerkung zu den Mezzaninen getroffen: Hinsichtlich der Regelungen von Basel IV besitzt mezzanines Kapital für KMU den Vorteil, dass es auf Grund seiner Nachrangigkeit im Rahmen des Ratingprozesses häufig als sogenannte Eigenmittel wie Eigenkapital behandelt werden kann, was

Abb. 5.4  Übersicht zu Mezzaninen

5.3 Alternative Finanzierungskonzepte

227

­ iederum Auswirkungen auf die Eigenkapitalquote und das Ratingergebnis hat. Des w ­Weiteren kann durch Vereinbarung einer gewinnabhängigen Vergütungskomponente die ­Liquidität geschont und an die jeweilige Ertragslage angepasst werden. Die etwaige Wirkung auf das Eigenkapital und die Liquidität ist abhängig von der Ausgestaltung des Finanzierungsvertrages. Bezüglich des Einsatzes von mezzaninen Finanzierungsformen als alternative Kapitalbeschaffungsmöglichkeit zum Bankkredit und zur Innenfinanzierung soll insbesondere auf deren hohe Flexibilität bei der vertraglichen Ausgestaltung hingewiesen werden. Dies ermöglicht es den Unternehmen, ihre Finanzierungsstruktur dem jeweiligen Bedarf entsprechend aufzustellen und sich Eigen- oder Fremdkapital zu beschaffen. Nachteilig ist, dass das mezzanine Kapital regelmäßig nur für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung steht und danach – in Analogie zu Bankdarlehen – einem Prolongationsrisiko unterliegt.

5.3.1.2 Risikokapitalfinanzierung Unternehmen haben vor allem bei der Finanzierung von risikoreicheren und innovativen Projekten häufig Schwierigkeiten, sich das notwendige Kapital von den externen Geldgebern zu beschaffen. Hiervon sind insbesondere Existenzgründer und Start-up-Unternehmen mit innovativen Geschäftsideen betroffen. Für diesen Fall stellen die im Folgenden näher dargestellten Instrumente Venture Capital, Private Equity oder Crowdfunding12 eine Möglichkeit zur Beschaffung von Risikokapital dar. Alle drei beinhalten Elemente aus der Beteiligungs-, Kredit- und der Mezzanine-Finanzierung. Das Kapital wird zeitlich befristet von den jeweiligen Kapitalgebern außerhalb der Börse bereitgestellt. Es stellt für das Unternehmen haftendes Eigenkapital dar. Des Weiteren erhalten die Unternehmen als Kapitalnehmer eine Managementunterstützung, durch die ein Wertzuwachs (Added Value) erreicht werden soll. 5.3.1.2.1  Venture Capital und Business Angels Die Finanzierung über Venture Capital – oder auch Wagniskapital – bietet sich vor allem im Rahmen der Frühphasenfinanzierung während der Seed- und Start-up-Phase für kleinere und mittlere sowie innovative, schnell wachsende Start-up Unternehmen mit einem niedrigeren Finanzierungsbedarf an. Die Unternehmen erhalten von Kapitalgebern außerhalb des Unternehmens Eigenkapital und können dadurch Ihre Eigenkapitalquote steigern und in der Folge das Rating verbessern.

 Venture Capital = Wagniskapital. Business Angels = natürliche Personen, welche sich gleichermaßen mit Teilen ihres Privatvermögens an jungen Unternehmen beteiligen, als auch diesen ggf. Beratungsleistungen anbieten. Private Equity = Kapitalbeteiligung an nicht börsennotierten Unternehmen. Crowdfunding = Schwarmfinanzierung, bei welcher viele von einander unabhänginge Kapitalgeber Finanzmittel für die Realisierung eines Investitionsvorhabens zur Verfügung stellen. 12

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5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Die Venture-Capital-Finanzierung läuft in der Regel über verschiedene Beteiligungsgesellschaften wie Kapitalbeteiligungsgesellschaften, Unternehmenskapitalgesellschaften, Wagniskapitalgesellschaften oder auch mittelständische Beteiligungsgesellschaften. Ihr Hauptbetätigungsfeld liegt in der Phase der Expansions- und Wachstumsfinanzierung. Neben der Bereitstellung von Kapital bieten sie häufig ebenso Beratungsleistungen und Netzwerkkontakte an. Die als Business Angels bezeichneten privaten Investoren haben in der Regel neben einer dem eingegangenen Risiko angemessenen Rendite insbesondere auch Interesse an einer nachhaltigen positiven Entwicklung des KMU (Kapitalnehmer). Sie übernehmen häufig schon eine Frühphasen-Finanzierung in der Seed-Phase, in welcher das Geschäftskonzept noch weiter ausreifen muss und damit ein entsprechend hohes Investitionsrisiko besteht. Meist werden von den einzelnen Kapitalgebern jeweils nur kleinere Beträge zur Verfügung gestellt und auf diese Weise das Investitionsrisiko innerhalb eines Pools von Investoren diversifiziert. Die erwartete Rendite der Kapitalgeber – und damit die Erwartung an das Unternehmenswachstum an sich – ist vergleichsweise hoch, da sie Kapitaldienstausfälle in Folge von letztendlich misslungenen Investitionen refinanzieren werden müssen. Neben dem Kapital werden auch hier zusätzlich Netzwerkkontakte oder Beratungs- und Betreuungsleistungen angeboten. Vor dem Hintergrund von Basel IV ist zu beachten, dass das Kapital für einen begrenzten Zeitraum in Form von Eigenkapital zur Verfügung gestellt und regelmäßig am Ende zurückgeführt wird. Dies hat zur Folge, dass bis dahin die Liquidität geschont wird. Durch die verbesserte Eigenkapitalquote und Kapitalstruktur kommt es auch zu einer Ratingverbesserung. Die Unternehmen haben die Möglichkeit auf diesem Weg bereits in einer frühen Phase einer Geschäftsidee das dafür notwendige Kapital zu generieren, um diese auch umsetzen zu können. Damit stellen diese Instrumente eine echte Alternative zum klassischen Gründungskredit dar, da bereits seit der Einführung der Regelungen von Basel III die Möglichkeiten zur Finanzierung innovativer Projekte während der Seed-Phase im Rahmen von Bankkrediten deutlich eingeschränkt wurden, was sich im Zuge der Umsetzung von Basel IV nicht ändern sollte. 5.3.1.2.2  Private Equity Die Kapitalbeschaffung über Private Equity oder auch privates Eigenkapital kann vor allem von größeren und bereits etablierten Unternehmen mit einem höheren Kapitalbedarf genutzt werden. Investoren sind hierbei in der Regel institutionelle Anleger, die meist über Private-Equity-Fonds Kapital für bestimmte Projekte zur Verfügung stellen. Sie sind da­ rauf ausgerichtet, Beteiligungsgewinne zu erwirtschaften und erwarten eine entsprechend risikoadäquate Rendite für das investierte Kapital. Bezogen auf Basel IV sei auf folgende Wirkungskette hingewiesen: Wie schon bei Venture Capital und Business Angels wird dem Unternehmen von der Beteiligungsgesellschaft Eigenkapital und damit zusätzliche Liquidität von außen zur Verfügung gestellt. Beides hat wiederum positive Auswirkungen auf das Rating und die Bonitätseinschätzung und damit auf die Möglichkeiten einer weiteren Kapitalbeschaffung. Zu beachten ist,

5.3 Alternative Finanzierungskonzepte

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dass – wie bei Bankkrediten – ein Prolongationsrisiko besteht, da die Kapitalüberlassung in der Regel nur zeitlich befristet für einen Zeitraum von 1 bis 5 Jahren erfolgt. Unter Private Equity fallen auch die sogenannten Buy-out-Finanzierungen oder auch Finanzierungen von Unternehmensübernahmen. Finanzierungen über Private Equity werden in der Praxis teilweise kritisch gesehen. Als Erklärung hierfür ist anzuführen, dass sofern sich die Private Equity Gesellschaft selbst das für die Unternehmensbeteiligung oder den Kauf eines Unternehmens erforderliche Kapital über die Aufnahme von Krediten beschafft, werden die Schulden auf das jeweilige Unternehmen übertragen. In der Folge besteht das Risiko, dass über die für das Beteiligungskapital an die Private Equity Gesellschaft zu leistenden Zahlungen lediglich weiteres Kapital aus dem Unternehmen entnommen wird und letztlich nur ein hoch verschuldetes Unternehmen verbleibt. Durch die bereits vorab festgelegte Exit-Strategie zieht sich die Beteiligungsgesellschaft in dieser Phase automatisch zurück. Gleiches gilt in ähnlicher Weise für Venture Capital und Business Angels. 5.3.1.2.3  Crowdfunding/Crowdinvesting Beim Crowdfunding sollen über die Veröffentlichung einer Geschäftsidee und eines dazugehörigen Businessplans im Internet potenzielle Investoren auf ein bestimmtes Projekt aufmerksam gemacht und für eine Kapitalbeteiligung gewonnen werden. In der Regel kommt es zur Bereitstellung des für die Investition benötigten Kapitals über einen Pool aus vielen Geldgebern, welche verhältnismäßig kleine Beträge zur Verfügung stellen. Daher wird häufig auch von Schwarmfinanzierung gesprochen. Die Rahmenbedingungen für die Investoren, wie zum Beispiel Beteiligungssumme, Laufzeit und Zinssatz, werden diesen vom kapitalsuchenden Unternehmen definiert. Die von den einzelnen Investoren für das Projekt zur Verfügung gestellten Geldbeträge werden auf der Plattform gebündelt. Die Investoren können sich dabei auch schon mit kleinen Beträgen an einer innovativen und speziellen Geschäftsidee beteiligen. Die Finanztransaktion erfolgt dann direkt zwischen dem Unternehmen und den Investoren ohne Zwischenschaltung eines Kreditinstitutes. Das Unternehmen erhält Eigenkapital, welches meist in Form einer stillen Beteiligung zur Verfügung gestellt wird. Auch das Crowdfunding leistet somit einen Beitrag zur Verbesserung des Ratings und in der Folge der Bonitätseinschätzung des Unternehmens. Das Crowdfunding stellt als verhältnismäßig neues, innovatives Finanzierungsmodell insbesondere für junge Unternehmen eine interessante Alternative zum Bankkredit dar und gewinnt in jüngster Zeit immer mehr an Bedeutung. Zuweilen erfolgt die Kapitalbeteiligung der Investoren neben der typischerweise stillen Beteiligung auch in Form von Genussrechten oder partiarische Darlehen. Ein Zusammenhang zwischen der Risikokapitalfinanzierung mit ihren verschiedenen dargestellten Varianten und Basel IV kann über die folgende Wirkungskette hergestellt werden: Über die Risikokapitalfinanzierung können insbesondere Unternehmen in der Gründungsphase und Unternehmen mit neuen, innovativen Ideen und Projekten Eigenkapital von externen Kapitalgebern generieren. Durch die steigende Eigenkapitalquote kann in

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5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

der Folge auch das Ratingergebnis verbessert werden, so dass den Unternehmen im weiteren Verlauf auch andere alternative Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Da die Rückzahlung des Risikokapitals erst zum Ende der Laufzeit erfolgt, wird die geschaffene Liquidität bis dahin geschont. Nachteilig ist, dass das Risikokapital in der Regel mit hohen Kapitalkosten für das Unternehmen verbunden ist, da die Investoren eine entsprechende Rendite für das eingegangene Risiko erwarten. Im weiteren Verlauf können die Kapitalkosten durch die Nutzung der dann verfügbaren weiteren alternativen Finanzierungsinstrumente meist gesenkt werden. Im Vergleich zur zuvor beschriebenen Risikokapitalfinanzierung über Private Equity, Venture Capital oder Business Angels beinhalten das Crowdfunding und Crowdinvesting ein geringeres Risiko – sowohl für die Investoren als auch das kapitalsuchende Unternehmen. Das Kapital wird von vielen kleinen Investoren zur Verfügung gestellt, wodurch es zu einer hohen Risikostreuung kommt.

5.3.1.3 Emission von Unternehmensanleihen und Schuldscheindarlehen Langfristiger Finanzierungsbedarf kann durch die Emission von Anleihen über den Kapitalmarkt gedeckt werden. Die Unternehmensanleihen – oder auch Corporate Bonds – haben in der Regel eine Laufzeit ab fünf Jahren und sind mit einem festen Zins ausgestattet. Auf Grund der realisierbaren Volumina ab 10 Mio. EUR für Mittelstandsanleihen – in der Regel aber mindestens 25 Mio. EUR – und der mit der Begebung und dem Börsenhandel der Anleihen einhergehenden hohen Emissions- und Publizitätskosten lohnt sich der Einsatz dieses Instruments nur für größere KMU. Eine weitere Möglichkeit ist die Ausgabe von Schuldscheindarlehen, die insbesondere auch für kleinere Unternehmen interessant ist. Bei Schuldscheindarlehen handelt es sich um eine Form der Kreditfinanzierung, bei welcher der Gläubiger einen Schuldschein erhält. Dieser dient als Nachweis, dass der Schuldner den genannten Geldbetrag gezahlt hat, ferner kann dieser nicht an der Börse gehandelt werden, was die Fungibilität entsprechend einschränkt. Im Rahmen des zu Grunde liegenden Darlehensvertrages werden Laufzeit sowie Zins- und Tilgungszahlungen festgelegt. Für KMU besteht auf diese Weise die Möglichkeit, weiteres Fremdkapital aufzunehmen. Dies führt zu einer Verschlechterung der in das Rating eingehenden Eigenkapitalquote. Des Weiteren wird die Liquidität durch die fest vereinbarten Zinszahlungen über die gesamte Laufzeit sowie die in der Regel zum Laufzeitende vereinbarte endfällige Tilgung regelmäßig belastet. Eine weitere Form der Unternehmensanleihen ist die auch als Zerobond bezeichnete Nullkuponanleihe. Das über die Ausgabe von Nullkuponanleihen generierte Fremdkapital steht dem Unternehmen komplett bis zum vereinbarten Laufzeitende zur Verfügung. Demgemäß wird die Liquidität bis zum Laufzeitende geschont, da auch die Zinsen und Zinseszinsen erst mit der endfälligen Tilgung am Schluss der Laufzeit zu bedienen sind. Demzufolge wird nur ein einmaliger Kapitaldienst geleistet, welcher dann allerdings gegebenenfalls eine beträchtliche Belastung der Liquidität darstellt.

5.3 Alternative Finanzierungskonzepte

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Im Hinblick auf die Regelungen von Basel IV gilt folgender Sachverhalt: KMU können sich durch die Ausgabe von Unternehmensanleihen unabhängig vom Bankkredit weiteres Fremdkapital von externen Kapitalgebern beschaffen. Bilanziell führt dies zu einer Verringerung der in das Rating eingehenden Eigenkapitalquote und damit tendenziell zu einer Verschlechterung des Ratingergebnisses. Zu beachten ist auch, dass das Kapital nur für einen bestimmten Zeitraum befristet zur Verfügung steht. Die Liquidität wird in jedem Fall durch die Rückzahlung zum Laufzeitende belastet. Je nach vertraglicher Ausgestaltung der Unternehmensanleihe ergeben sich auch schon während der Laufzeit feste Zahlungsverpflichtungen in Form von Zinszahlungen an die Kapitalgeber.

5.3.1.4 Finanzierung über die Börse Am 01.03.2017 ersetzte das Börsensegment „Scale“ den 2005 eingeführten Entry Standard. Das neue Börsensegment soll kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zum Aktienmarkt erleichtern. Dabei gelten die folgenden Qualitätsstandards: • • • • • •

Unternehmenshistorie von mindestens 2 Jahren, mindestens 10 Mio. EUR Umsatz, Mindestmarktkapitalisierung von 30 Mio. EUR, mindestens 20 Mitarbeiter, Nennbetrag von mindestens 1 EUR sowie mindestens 20 Prozent Streubesitz oder mindestens 1 Mio. Aktien im Streubesitz.

Scale berücksichtigt dabei nicht nur Aktiengesellschaften, sondern auch Unternehmen ohne Börsennotierung, die Anleihen emittiert haben. Somit besteht sowohl die Möglichkeit der Emission und des Handels von Aktien, als auch Unternehmens-/Mittelstandsanleihen. Stand April 2020 sind 48 Aktien sowie 8 Anleihen in diesem Segment an der Frankfurter Börse gelistet. Die Liquidität der Unternehmen hat sich seit Einführung des Segments im März 2017 nahezu verdoppelt. Scale bietet den kleineren und mittleren Unternehmen die Möglichkeit, sich außerhalb des Bankkredits Kapital und damit Liquidität über die Börse zu beschaffen. Dabei gelten vereinfachte Publizitätspflichten. Über die Veröffentlichung von Research Reports und Investoren-­ Veranstaltungen kann zudem die Öffentlichkeitsarbeit unterstützt werden. (Thema Public Relations).

5.3.1.5 Finanzierung durch Forderungsverkauf/ Umschichtungsfinanzierung Eine weitere alternative Kapitalbeschaffungsmöglichkeit für KMU besteht über den Verkauf von Forderungen. Dieser kann beispielsweise in Form des Factorings oder der Forfaitierung erfolgen. Als weitere Instrumente im Rahmen der Umschichtungsfinanzierungen seien an dieser Stelle Verbriefungen von Forderungen mit Hilfe von Zweckgesellschaften,

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5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

wie zum Beispiel Asset Backed Securities, Mortgage Backed Securities und Collateralised Debt Obligations, genannt. 5.3.1.5.1  Factoring Beim Factoring handelt es sich um einen vertraglich geregelten laufenden Ankauf von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen durch einen sogenannten Factor. Dabei übernimmt der Factor häufig sowohl eine Finanzierungsfunktion durch den Ankauf der Forderung vor Fälligkeit als auch eine Dienstleistungsfunktion durch Übernahme des Mahnwesens und Inkassos und eine Kreditsicherungs- oder auch Delkrederefunktion durch Übernahme des Forderungsausfallrisikos. Hierfür muss jedoch eine Factoring-Gebühr entrichtet werden. Durch Factoring besteht die Möglichkeit, Zahlungsausfälle zu vermeiden und Skonti in Anspruch zu nehmen. Das Factoring kann insbesondere aufgrund seiner Finanzierungsfunktion als alternatives Finanzierungsinstrument betrachtet werden. Der Factor kauft die Forderung vor Fälligkeit an und stellt dem Veräußerer sofort zwischen 80 % bis 90 % des Rechnungsbetrages zur Verfügung. So kann das Unternehmen durch den Einsatz des Factorings Forderungen abbauen und Liquidität generieren sowie Risiken vermindern. Bei einem gleichzeitigen Abbau von Verbindlichkeiten kann das KMU eine Bilanzverkürzung realisieren und auf diese Weise seine Eigenkapitalquote verbessern sowie den Verschuldungsgrad reduzieren. Bezüglich des Zusammenhangs mit den regulatorischen Anforderungen soll auf die positive Wirkung des verbesserten Forderungs- und Liquiditätsmanagements verbunden mit dem Abbau von Forderungen und der Freisetzung von Liquidität hingewiesen werden. Zudem kann die Verschuldungsquote durch die Nutzung der Liquidität zum Abbau von Verbindlichkeiten verbessert werden, was sich auch positiv auf das Rating auswirkt. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, mit der freien Liquidität Investitionen zu tätigen und die Effizienz zu steigern. Dies kann wiederum zu besseren risikoorientierten Kreditkonditionen beitragen. Vor dem Hintergrund von Basel IV sei auf folgende Zusammenhänge hingewiesen: Das Factoring kann gezielt zum Forderungsmanagement und damit zur Reduzierung des Unternehmensrisikos eingesetzt werden. Über den Abbau von Außenständen und einer damit einhergehenden Reduzierung der Forderungen in der Bilanz bei gleichzeitiger Schaffung von Liquidität über die Freisetzung des zuvor in der Forderung gebundenen Kapitals werden die in das Rating eingehenden Bilanzkennzahlen und damit die Bonitätseinschätzung positiv beeinflusst. Gleichzeitig verbessert sich durch eine mit dem Factoring möglicherweise einhergehende Bilanzverkürzung bei gleichbleibender Eigenkapitalausstattung die ebenfalls in das Rating eingehende Eigenkapitalquote. Die über die Nutzung des Factorings geschaffene Liquidität kann in der Folge für weitere Investitionen oder zur Reduzierung bestehender Verbindlichkeiten eingesetzt werden. Bezüglich der neuen Anforderungen aus Basel IV und die damit verbundenen risikoorientierten Kreditkonditionen kann der Einsatz des Factorings über den Abbau des Risikos und die Verbesserung des Ratings und der Liquiditätslage zu besseren Kreditkonditionen beitragen.

5.3 Alternative Finanzierungskonzepte

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5.3.1.5.2  Forfaitierung Das Instrument der Forfaitierung wird im Bereich der Exportfinanzierung verwendet und kann für Forderungen aus dem Exportgeschäft ähnlich eingesetzt werden wie das bereits beschriebene Factoring. Die Forderungen werden durch einen Forfaiteur angekauft. Hierdurch hat der Exporteur/das Exportunternehmen die Möglichkeit, sein Forderungsausfallrisiko auf den Forfaiteur zu übertragen und mit dem Abbau der Forderungen gleichzeitig sofort neue Liquidität zu schaffen. Dies führt in der Folge – in Analogie zum Factoring – beim Forderungsverkäufer (Forfaitist) zu einer Verbesserung der Eigenkapitalquote, sofern Verbindlichkeiten getilgt werden, sowie zu einer Reduzierung der Verschuldungsquote. Ein Nachteil der Forfaitierung ist, dass sie in der Regel mit hohen Kosten verbunden ist. Im Unterschied zum Factoring, welches sich auf eine große Anzahl an kurzfristigen Kundenforderungen aus Lieferungen und Leistungen bezieht, wird bei der Forfaitierung meist eine einzelne, große und langfristige Forderung aus dem Exportgeschäft verkauft. Durch den zu Grunde liegenden regresslosen Verkauf trägt der Forfaiteur regelmäßig das volle Ausfallrisiko. Im Zusammenhang mit Basel IV kann die folgende Wirkungskette beschrieben werden: Über den Abbau von Forderungen und gleichzeitige Schaffung von Liquidität (Aktivtausch) und der zusätzlichen Möglichkeit zur Reduzierung bestehender Verbindlichkeiten (Bilanzverkürzung) können in das Rating eingehende Größen wie Liquidität und Eigenkapitalquote und damit das Ratingergebnis verbessert werden. Des Weiteren können Ausfallrisiken reduziert werden. Durch die vorzeitige Freisetzung der in den Forderungen enthaltenen Liquidität kann gleichzeitig die Kapitalbindungsdauer reduziert werden. Eine Ratingverbesserung kann in der Folge auch zu einer Verbesserung der weiteren Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten und -konditionen führen. 5.3.1.5.3  A  sset Backed Securities/Mortgage Backed Securities/Collateralised Debt Obligations Über das Instrument der Asset Backed Securities (ABS) werden gleichartige Forderungen eines Unternehmens zusammengefasst und über eine Verbriefungs- oder Zweckgesellschaft zu deren Refinanzierung als festverzinsliches Wertpapier am Kapitalmarkt begeben, sodass letztlich die Investoren als Käufer der Wertpapiere Liquidität zur Verfügung stellen. Die gehandelten Wertpapiere werden durch die zu Grunde gelegten Forderungen gesichert. Die Ansprüche der Investoren hinsichtlich der Zins- und Tilgungszahlungen werden aus den zu Grunde liegenden Kreditforderungen bedient. Ihre Renditeerwartungen hängen dabei von den in dem verbrieften Forderungspaket enthaltenen Risiken ab. Durch den Verkauf der in den Wertpapieren enthaltenen Forderungen an die Zweckgesellschaft kann das Unternehmen noch vor Fälligkeit der Forderung neue Liquidität generieren. Das Unternehmen kann sich durch den Verkauf der Forderungen nicht nur günstig liquide Mittel beschaffen, sondern gleichzeitig die Forderungsausfallrisiken und damit das Kreditausfallrisiko eliminieren oder zumindest reduzieren. Durch den Abbau der Forderungen und die Schaffung von Liquidität erfolgt ein Aktivtausch, über den die Kapitalstruktur

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5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

verbessert werden kann. Hierdurch werden in der Folge auch das Rating und damit die Bonitätsbewertung des Unternehmens positiv beeinflusst. Der Finanzierungseffekt nimmt dabei mit zunehmender Laufzeit der Forderungen zu. Zu berücksichtigen ist, dass nur der Nettoverkaufspreis der Forderungen, der sich aus deren Nominalbetrag abzüglich der Kosten- und Risikoabschläge ergibt, als neue Liquidität zufließt. Das Instrument der Mortgage Backed Securities (MBS) ist fast identisch mit dem der bereits dargestellten Asset Backed Securities. Statt der Kreditforderungen des Unternehmens werden Forderungen aus gesicherten Hypothekenkrediten zusammengefasst, an eine Zweckgesellschaft verkauft und zur Refinanzierung von dieser in Form von festverzinslichen Wertpapieren verbrieft. Demgemäß handelt es sich um mittels Hypotheken gesicherte Wertpapiere, deren Zins- und Tilgungszahlungen aus den zu Grunde liegenden grundpfandrechtlich gesicherten Forderungen geleistet werden. Wie schon beim Instrument der Asset Backed Securities beschrieben, können hierdurch Liquidität generiert, Risiken abgebaut und die Kapitalstruktur verbessert werden, was sich wiederum positiv auf das Rating und die Bonität des Unternehmens auswirkt. Daneben gibt es innerhalb der Gruppe der Asset Backed Securities noch die sogenannten Collateralised Debt Obligations (CDO), bei denen ein Portfolio aus festverzinslichen Wertpapieren verbrieft wird. Die den Wertpapieren zu Grunde gelegten und von der für die Verbriefung errichteten Zweckgesellschaft angekauften Forderungen können dabei Darlehensforderungen und/oder Schuldverschreibungen sein. Dementsprechend wird zwischen Collateralised Loan Obligations und Collateralised Bond Obligations unterschieden. In der Regel gibt es verschiedene Tranchen – Senior Tranchen, Mezzanine- und First Loss-Tranchen –, die jeweils individuell bewertet werden und ein eigenes Rating erhalten, um das in der einzelnen Tranche enthaltene Risiko separat abzubilden. Wie bereits bei den Asset Backed Securities dargestellt, werden die Zins- und Tilgungsleistungen aus den verbrieften Forderungen heraus erbracht. Insbesondere diese Form der Verbriefung beinhaltet einen hohen Grad an Komplexität bei geringer Transparenz, was ihre Risikobewertung sehr erschwert. Allgemein kann konstatiert werden, dass die soeben dargestellten Instrumente bis zur Finanzmarktkrise ein wichtiges Refinanzierungsmittel insbesondere für Kreditinstitute waren. Seither werden sie infolge der hohen Ausfallraten einerseits und falschen Ratingeinordnungen andererseits – insbesondere durch die großen internationalen Ratingagenturen – eher kritisch betrachtet. Vor diesem Hintergrund sind die Volumina der in jüngerer Vergangenheit neu emittierten ABS-Papiere nicht mit jenen des Zeitraums vor Ausbruch der Finanzkrise vergleichbar. Allerdings verfolgte die EU-Kommission in den letzten Jahren das Ziel, dem europäischen Verbriefungsmarkt mittels eines erarbeiteten Rahmenwerkes neue Impulse zu geben. Hierbei ist als einer der wichtigsten Punkte die Schaffung von Standards für hochqualitative Verbriefungen zu nennen. Die sogenannten STS-Kriterien zielen insbesondere darauf ab, die bisherige Komplexität des Aufbaus von Verbriefungen signifikant zu reduzieren und demgemäß die Transparenz in Bezug auf das Finanzprodukt zu erhöhen. Sämtliche Verbriefungen sind fortan der ESMA gegenüber anzuzeigen und dürfen keine notleidenden Risikopositionen enthalten. Allerdings ist kritisch anzumerken, dass

5.3 Alternative Finanzierungskonzepte

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keine konkreten Anforderungen definiert wurden, welche eine grundsätzliche Begrenzung des Kreditrisikos verbriefter Positionen zum Gegenstand haben. Ebenfalls ist hervorzuheben, dass es sich bei modernen ABS-Papieren mit STS-Siegel teilweise um Umwidmungen handelt, das heißt, dass Papiere mit Strukturen aus Zeiten der Finanzkrise lediglich angepasst wurden, um den neuen Standards zu genügen. Demgemäß sind die Finanzprodukte lediglich angepasst, nicht aber innovativ. Des Weiteren ist zu konstatieren, dass die Intentionen der EU-Kommission der Schaffung eines geregelten europäischen Verbriefungsmarktes im Hinblick auf die verstrichene Zeit seit Ausbruch der Finanzkrise deutlich verspätet umgesetzt wurden, um bei potenziellen ABS-Investoren verlorenes Vertrauen nachhaltig zurückzugewinnen. Vor diesem Hintergrund ist damit zu rechnen, dass schätzungsweise in mittel- bis langfristiger Perspektive die STS-Standards einen Beitrag dazu leisten werden, ehemalige oder neue ABS-Investoren für diese Art von Finanzinstrumenten zu gewinnen und folglich das Angebot an verbrieften Papieren zukünftig zu verbreitern. Bezogen auf Basel IV sei folgende Anmerkung gemacht: Die Nutzung der soeben beschriebenen Verbriefungsinstrumente gibt den Unternehmen die Möglichkeit, Risiken auf Zweckgesellschaften auszulagern und gleichzeitig Liquidität zu generieren. Zudem kann die Eigenkapitalquote verbessert werden, wenn diese Liquidität in der Folge dazu verwendet wird, Verbindlichkeiten zurückzuführen. Dies wirkt sich wiederum positiv auf das Rating und damit die künftigen Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten und -konditionen aus.

5.3.1.6 Leasing/Sale and Lease Back Im Rahmen des Leasings wird ein Anlagegegenstand von einer Leasinggesellschaft, dem Leasinggeber, an den Leasingnehmer vermietet. Der Leasingnehmer darf den Leasinggegenstand nutzen und muss dafür laufende vertraglich vereinbarte Leasingraten entrichten. Je nach Gestaltung der Leasingverträge ist zwischen verschiedenen Varianten des Leasings innerhalb der beiden Grundformen Operating Leasing13 und Financial Leasing14 zu unterscheiden. Zudem gibt es die Unterscheidung zwischen Voll- und Teilamortisationsmodellen sowie die Möglichkeit der Vereinbarung einer Kauf- oder Mietverlängerungsoption. Die Art des Leasings, die Vertragsgestaltung sowie die Grundmietzeit und voraussichtliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes haben wiederum Auswirkungen auf die Bilanzierung des Leasinggegenstandes bei Leasingnehmer und Leasinggeber und damit auf den mit dem Leasing verbundenen Finanzierungseffekt.

13  Operate-Leasing wird u. a. durch die Kurzfristigkeit seiner Laufzeit charakterisiert und weist deswegen diverse Parallelen zu einem Mietvertrag auf. Unternehmen werden dadurch in die Lage versetzt, ihre Kapazität an kurzzeitige Intensitätsschwankungen anzupassen. 14  Finance-Leasing wird u. a. durch langfristig zugrundegelegten Zeitraum charakterisiert. Im Gegensatz zum Operate-Leasing ist der Leasing-Vertrag innerhalb einer definierten Grundmietzeit unkündbar, weswegen Risiken auf den Leasing-Nehmer übertragen werden, welche typischerweise Eigentümer aufweisen.

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5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Im Hinblick auf Basel IV sei auf die folgenden Wirkungszusammenhänge hingewiesen: Durch das Leasing besteht die Möglichkeit, die Liquidität des Unternehmens zu schonen, indem Investitionen ohne unternehmenseigenen hohen Kapitaleinsatz durchgeführt werden und stattdessen monatliche Leasingraten entrichtet werden, welche auf Basis sogenannter Leasingfaktoren vom Leasing-Geber kalkuliert werden. Angesichts des aktuell niedrigen Zinsniveaus ist diese Finanzierungsform eine attraktive Alternative zu klassischen Darlehen, zumal mit dieser die Kapitalbindung verringert werden kann. Durch die fest vereinbarten Leasingraten über die gesamte Vertragslaufzeit kann eine feste und sichere Kalkulationsgrundlage für das Unternehmen als Leasingnehmer geschaffen werden. Mittels Leasing kann im Falle der Bilanzierung des Leasinggegenstandes beim Leasinggeber gemäß Handelsgesetzbuch eine Reduzierung der Verbindlichkeiten beim Leasingnehmer  – und damit eine Bilanzverkürzung  – erreicht werden, was sich wiederum positiv auf die Eigenkapitalquote sowie das Rating und die Bonitätsbewertung auswirkt. Das Leasing ersetzt in diesem Fall gleichzeitig das Fremdkapital. In diesem Zusammenhang sei einschränkend auf die sogenannte 40-90-Regel hingewiesen, welche besagt, dass der Vermögensgegenstand lediglich dann von Seiten des Leasinggebers als wirtschaftliches Eigentum zu bilanzieren ist, sofern die vertraglich vereinbarte Grundmietzeit größer 40 %, beziehungsweise kleiner 90 % der gewöhnlichen Nutzungsdauer gemäß AfA-Tabellen ist. Andernfalls hat der Leasingnehmer das Wirtschaftsgut bilanziell zu aktivieren. Des Weiteren entfalten Leasinggeschäfte auch dahingehend liquiditätsschonende Wirkung, dass beim gewerblichen Leasing die damit in Verbindung stehenden Aufwendungen steuerlich abzugsfähig sind, wohingegen bei einer klassischen Kreditfinanzierung lediglich die Zinsaufwendungen, nicht aber die Tilgungsleistungen ertragsteuermindernd sind. Zu beachten ist, dass im Rahmen der Ratingprozesse bei einer höheren Leasingquote Ratingabschläge vorgenommen werden, um das Risiko aus den Leasingverbindlichkeiten zu berücksichtigen. Dieses vor dem Hintergrund, dass Leasinggeschäfte lediglich als in der Regel monatlich wiederkehrende Rate in der Gewinn- und Verlustrechnung erscheinen, der langfristige Charakter der Finanzierung mit vertraglich vereinbarter Grundmietzeit hingegen nicht bilanziell aus Schuld ausgewiesen wird. Aus diesem Grund gehen Kreditinstitute dazu über, von ihren (potenziellen) Schuldnern Leasingspiegel einzuholen, welche in Analogie zum Verbindlichkeitenspiegel im Sinne des § 268 Abs. 5 HGB zu strukturieren sind. Entsprechend gelten für Unternehmen, welche Jahresabschlüsse auf der Grundlage des Rechnungslegungsstandards IFRS erstellen, seit 01.01.2019 die verpflichtenden anzuwendenden Vorgaben gemäß IFRS 16. Der Finanzierungseffekt bei Einsatz des Leasings als alternatives Finanzierungsinstrument besteht insbesondere in der Schonung der Liquidität im Vergleich zum Kauf des Leasinggegenstandes. Gleichwohl ist im Hinblick auf die Regelungen des IFRS 16 anzumerken, dass Leasing-Geschäfte  – bis auf wenige Ausnahmen  – bilanzierungspflichtig und entsprechende Leasing-Verbindlichkeiten zu passivieren sind, was dazu führt, dass die bilanzpolitische Möglichkeit zur Verbesserung der Eigenkapitalquote durch diese Finanzierungsform de facto nicht mehr existiert.

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Ein im Zusammenhang mit der Kapitalfreisetzung durch Leasing gerne verwendetes Instrument ist das sogenannte Sale and Lease Back. Es stellt eine Kombination aus dem Verkauf von Vermögensgegenständen und dem Leasing dar. Hierbei wird der Leasinggegenstand aus dem Vermögen des Leasingnehmers an den Leasinggeber zunächst verkauft und dann gleich wieder vom diesem ‚zurück‘ geleast. Hierdurch kann aus dem Verkaufserlös Liquidität generiert werden, welche in der Folge wiederum für weitere Investitionen oder zur Reduzierung der Verbindlichkeiten und damit einer Bilanzverkürzung mit positiver Wirkung auf die Eigenkapitalquote zur Verfügung steht. Gleichzeitig muss allerdings beachtet werden, dass durch diesen Vorgang infolge der damit in Verbindung stehenden Leasingraten zum einen und ausbleibender Abschreibungsbeträge zum anderen der operative Cashflow gemindert wird, was in der Regel einen negativen Einfluss auf das Rating nach sich zieht, sofern keine weitere Kommentierung zum Geschäftsvorfall erfolgt. Im Zuge der indirekten Darstellung derivativ ermittelter operativer Cashflows werden gemäß DRS 21, als auch gemäß IFRS 7 Aufwendungen für Abschreibungen dem Jahresüberschuss/-fehlbetrag als nicht liquiditätswirksame Position wieder hinzugerechnet. Da allerdings der Vermögensgegenstand nach Abschluss eines Sale-and-Lease-Back-Geschäfts beim Leasinggeber aktiviert ist, verbucht der Leasingnehmer lediglich die Leasingaufwendungen, hingegen nicht die Aufwendungen für Abschreibung.

5.3.1.7 Einlagen- oder Beteiligungsfinanzierung Die Einlagen- oder Beteiligungsfinanzierung stellt ein klassisches Instrument der Gründungsund Erweiterungsfinanzierung dar. Daneben bietet sie den Unternehmen – je nach Rechtsform  – auch im weiteren Verlauf die Möglichkeit, über Kapitalerhöhungen oder weitere Gesellschaftereinlagen zusätzliches Eigenkapital im Rahmen der Außenfinanzierung zu generieren, welches in der Regel langfristig zur Verfügung steht. Zu beachten sind die mit der Einlage/Beteiligung verbundenen Rechte der Kapitalgeber. So besteht ein Recht zur Mitsprache und Mitwirkung an der Geschäftsführung sowie ein Recht auf Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös. Gleichzeitig besteht eine Beteiligung am Verlust sowie eine Haftung im Insolvenzfall. Das Unternehmen hat keine fixen, sondern lediglich gewinnabhängige Zahlungsverpflichtungen, welche durch Verhandlungen mit den Kapitalgebern gegebenenfalls auch individuell vertraglich fixiert werden können, was ein hohes Maß an Flexibilität nach sich zieht. Die Durchführung einer Kapitalerhöhung sowie die Generierung weiterer Gesellschaftereinlagen leisten einen Beitrag zur Verbesserung der Eigenkapitalquote, Liquidität und Kapitalstruktur und damit des Ratingergebnisses und der Bonität des Unternehmens. Im Zusammenhang mit den regulatorischen Anforderungen kann die Kapitalbeschaffung über weitere Einlagen zu einer Verbesserung der Eigenkapitalquote sowie der Liquidität und Kapitalstruktur beitragen und sich auf diese Weise positiv auf das Rating des KMU auswirken. Aufgrund der flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten kann das Unternehmen über die Nutzung dieses alternativen Finanzierungsinstruments seine Finanzierungsstruktur an die individuellen Bedürfnisse bezüglich der Verfügbarkeit von Kapital und Liquidität anpassen und gleichzeitig die Abhängigkeit vom Bankkredit reduzieren.

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5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Neben den Gesellschaftereinlagen besteht auch die Möglichkeit, über Gesellschafterdarlehen weiteres Fremdkapital im Rahmen der Außenfinanzierung durch die Gesellschafter einzuwerben. Hierdurch kommt es zu einer Verbesserung der Liquidität, allerdings auch zu einer Verschlechterung der Eigenkapitalquote. Gesellschafterdarlehen stellen hierbei eine verhältnismäßig kostenintensive Art der Kapitalbeschaffung im Rahmen der Außenfinanzierung dar, weil diese Darlehen in der Regel nachrangigen Charakter haben. Die Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen ergibt sich dabei direkt aus § 39 Abs. 2 InsO und führt zu einem höheren Risiko für die kapitalgebenden Gesellschafter im Falle einer Insolvenz des Unternehmens. Vor diesem Hintergrund behandeln häufig Kreditinstitute Gesellschafterdarlehen im Rahmen der Festsetzung von Covenant-Kennzahlen gegenüber ihren Schuldnern zwar nicht als originäres Eigenkapital, gleichwohl gehen diese Finanzierungsinstrumente als Eigenmittel in die Kalkulation von Kennzahlen ein, welche de facto Eigenkapitalcharakter aufweisen. Demgemäß können Gesellschafterdarlehen wiederum dazu beitragen, das unternehmensindividuelle Rating zu verbessern. Die Beteiligungsfinanzierung erfolgt regelmäßig auch in Form von Aktienemissionen und die Generierung von zusätzlichem Eigenkapital (Grundkapital) über die Ausgabe weiterer Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung. An dieser Stelle soll kurz auf die verschiedenen Typen von Aktien eingegangen werden: Nach Umfang der verbrieften Rechte ist dabei zu unterscheiden zwischen Stammaktien und Vorzugsaktien. Dabei sind Vorzugsaktien mit bestimmten Vorrechten gegenüber den Stammaktien, wie Stimmrechtsvorzüge, Dividendenvorzüge oder Vorzüge beim Anteil am Liquidationserlös, ausgestattet. Nach Art der Übertragung muss eine Unterscheidung in Inhaberaktien, Namensaktien und vinkulierte Namensaktien erfolgen. Die Inhaber von Namensaktien müssen in das Aktienbuch des Unternehmens eingetragen werden. Vor allem durch die vinkulierte Namensaktie können beispielsweise von vorn herein unerwünschte Verschiebungen innerhalb der Aktionärsstruktur bis hin zu feindlichen ­Übernahmen in Folge von verdecktem Aufkauf im Umlauf befindlicher Aktien verhindert werden, weswegen insbesondere familiär geführte Unternehmen auf diese Instrumente zurückgreifen. Eine weitere Unterscheidung kann in Stückaktien und Nennbetragsaktien erfolgen. Bei Stückaktien verbrieft jede Aktie den gleichen Anteil am Grundkapital der Gesellschaft, während bei der Nennbetragsaktie der Anteil am Grundkapital über den Nennwert abgebildet wird. Durch die Ausgabe von Aktien und deren Handel über die Börse kann das Unternehmen langfristig zur Verfügung stehendes Eigenkapital in Form des Grundkapitals generieren. Zu beachten sind dabei die hohen Kosten im Zusammenhang mit dem Börsengang und der Börsenzulassung sowie die Folgekosten zur Einhaltung der Publizitätsanforderungen des jeweiligen Marktsegments. Kapitalerhöhungen müssen regelmäßig vorab im Rahmen einer Aktionärsversammlung genehmigt werden. Hinsichtlich Basel IV sei angemerkt, dass sich Unternehmen durch die Ausgabe von Aktien nach erfolgtem Börsengang langfristig zur Verfügung stehendes Eigenkapital be-

5.3 Alternative Finanzierungskonzepte

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schaffen können. Dies hat wiederum einen positiven Einfluss auf die Eigenkapitalquote und demgemäß auf das Rating. Des Weiteren hat sie eine positive Wirkung auf die Liquidität des Unternehmens, da für das beschaffte Kapital keine festen Zinszahlungen, sondern lediglich in der Regel gewinnabhängige Dividendenzahlungen zu leisten sind. In der Folge kommt es zu einer Verbesserung des Ratings und damit der zukünftigen Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten und -konditionen. Mitarbeiterbeteiligungen stellen eine Sonderform der Beteiligungsfinanzierung dar und können auf verschiedenen Wegen erfolgen. Die Form der Beteiligungsfinanzierung durch Mitarbeiter wird dabei wesentlich durch die Rechtsform des Unternehmens beeinflusst. Bei der Gestaltung und Wahl der Beteiligungsmodelle müssen die individuellen Verhältnisse und Interessen des Unternehmens zwingend berücksichtigt werden. Mögliche Formen sind die Eigenkapitalbeteiligung, Mischkapitalbeteiligung (Mezzaninbeteiligung) von Mitarbeitern sowie eine überbetriebliche Mitarbeiterbeteiligung. Die Eigenkapitalbeteiligung kann beispielsweise in Form von Belegschaftsaktien, Genossenschaftsanteilen, Kommanditanteilen oder einer GmbH-Beteiligung erfolgen. Dabei wird dem Unternehmen von den Mitarbeitern zunächst unbefristet Eigenkapital zur Verfügung gestellt. Häufig geschieht dies über eine Umwandlung von Vergütungsansprüchen von Mitarbeitern – insbesondere von Mitarbeitern aus höheren Hierarchiestufen – indem vertraglich zur Auszahlung ausstehende Gehalts-, Bonifikations- oder Provisionsaufwendungen, welche dem Charakter nach sonstige Verbindlichkeiten darstellen, buchtechnisch in Eigenkapital passivisch getauscht werden. Dieser Variante ist der Vorteil immanent, dass es für das betreffende Unternehmen zu keinem Liquiditätsabfluss kommt. Alternativ kann Mitarbeitern gegenüber das Angebot unterbereitet werden, vorzugsweise Wertpapiere oder Anteile des Unternehmens zu erstehen, sodass das Unternehmen frisches liquides Kapital akquiriert. Im Zuge beider Möglichkeiten erhalten die Mitarbeiter bestimmte Informations- und Mitwirkungsrechte und einen Anspruch auf erfolgsabhängige Erträge und übernehmen das Haftungsrisiko. Die Mischkapital- oder auch Mezzaninbeteiligungen beinhalten Beteiligungsformen, wie zum Beispiel stille oder indirekte Beteiligungen sowie Genussrechte. Sie sind unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens und können – je nach Ausgestaltung – Eigenkapital- oder Fremdkapitalcharakter aufweisen. Der Unternehmer behält die wesentlichen Einflussmöglichkeiten. Bei der Mitarbeiterbeteiligung über Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaften können sich die Mitarbeiter indirekt über eine Beteiligungsgesellschaft an ihrem Unternehmen beteiligen. Hinsichtlich der Regelungen von Basel IV ist folgendes zu beachten: Die aufgezeigten verschiedenen Formen der Mitarbeiterbeteiligung sollen nicht ausschließlich der Liquiditätsschonung, beziehungsweise der Kapitalbeschaffung, sondern auch der Motivations- und Loyalitätssteigerung der Mitarbeiter dem Unternehmen gegenüber dienen, was gegebenenfalls positive Implikationen auf qualitative Ratingfaktoren hat. Sie gibt den Unternehmen die Möglichkeit, sich unabhängig von externen Kapitalgebern Finanzmittel zu beschaffen und weitere Liquidität zu generieren. Sie hat – je

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5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

nach genutzter Form – auch Auswirkungen auf die in das Rating einfließenden Kennzahlen und damit die Bonitätsbewertung und Möglichkeiten zur Nutzung weiterer alternativer Kapitalbeschaffungsquellen.

5.3.1.8 Öffentliche Fördermittel Neben den bisher genannten alternativen Kapitalquellen kann die Möglichkeit einer Finanzierung bestimmter Investitionen über öffentliche Fördermittel geprüft werden. Sie können in Form von zinsvergünstigten Darlehen und/oder Zuschüssen für bestimmte Investitionsmaßnahmen gewährt werden. Die Wirkung auf die Liquidität und Rentabilität ist abhängig von der jeweiligen Art des Fördermittels. Diese werden beispielsweise durch die KfW Bankengruppe oder die LfA (Förderbank Bayern) angeboten und in der Regel über die Hausbank des Kreditnehmers beantragt. Hierbei handelt es sich um Programme mit zinsgünstigen Darlehen und/oder Zuschüsse für bestimmte Maßnahmen, welche – politisch motiviert – zu einer Steigerung der Investitionsbereitschaft beitragen sollen. Gleichzeitig können die Finanzierungskosten durch Nutzung der zinsgünstigen Darlehen als Finanzierungsalternativen zum Bankkredit gesenkt und so die Liquidität geschont und die Rentabilität verbessert werden. Bezogen auf Basel IV ist zu beachten, dass die genutzten Fördermittel als Verbindlichkeiten in Form von Fremdkapital in der Bilanz auszuweisen sind, wodurch die Eigenkapitalquote sowie das Rating entsprechend belastet werden. Des Weiteren ist zu berück­ sichtigen, dass über geförderte Darlehen finanzierte Investitionsvorhaben in der Regel langfristig ausgelegt sind. Vor diesem Hintergrund muss das beantragende Unternehmen damit rechnen, dass die von der entsprechenden Förderbank vorgegebenen Zinskonditionen innerhalb der sogenannten Zinsbindungsfrist typischerweise nach 10 Jahren Laufzeit gegebenenfalls angepasst werden. Diese Zinssatzänderung orientiert sich am dann aktuellen Marktzinsniveau, typischerweise am EURIBOR, welcher ein Referenzzinssatz für in Euro fakturierte Termingelder im Interbankengeschäft ist und dient als Orientierung, zu welchem Zinssatz Kreditinstitute untereinander Liquidität zur Verfügung stellen. Das heißt, dass das beantragende Unternehmen nach Ablauf der Frist einem Zinsänderungsrisiko ausgesetzt ist. Insbesondere für Forschungszwecke und Entwicklungsvorhaben können unter Umständen auch staatliche Fördermittel in Form nicht rückzahlbarer Zuschüsse oder Zulagen beantragt werden. Hierdurch wird die notwendige Liquidität zur Durchführung der Projekte geschaffen, ohne dass daraus in der Folge eine Belastung aus einer Darlehensrückzahlung entsteht. Im Hinblick auf die Liquiditätswirkung im Zeitverlauf sei auf folgenden wesentlichen Unterschied zwischen Zulage und Zuschuss hingewiesen: Während Zulagen im Rahmen der steuerlichen Betrachtung keine Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) darstellen, sind Zuschüsse diesen zuzuordnen. Ebenso lassen sich beide Subventionsformen dahingehend unterscheiden, dass potenzielle Investoren auf Zulagen einen Rechtsanspruch gemäß Investitionszulagengesetz besitzen, sofern die hierfür erforderlichen Rahmenbedingungen erfüllt sind. Auf Zuschüsse hingegen besteht kein Rechtsan-

5.3 Alternative Finanzierungskonzepte

241

spruch, sondern die Gewährung derselben wird von der zuständigen Behörde im Rahmen des individuellen Falls entschieden. Das Unternehmen hat grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten, Investitionszuschüsse zu versteuern: Zum einen können die Einkünfte sofort im Jahr des Zuschusszuflusses versteuert werden, was zur Folge hat, dass die Liquidität entsprechend durch den Steuerabfluss bereits im Jahr des Zuflusses des Zuschusses unmittelbar belastet wird. Zum anderen kann das Unternehmen von einem Aktivierungswahlrecht Gebrauch machen und den Anschaffungs-/Herstellungswert um den zugeflossenen Investitionszuschuss mindern. Dies führt zu einem entsprechend niedrigeren jährlichen ertragsteueraufkommenmindernden Abschreibungsbetrag über die gesamte Nutzungsdauer gemäß AfA-Tabellen. Die Anwendung des Aktivierungswahlrechts wirkt liquiditätsschonend, da die Steuerbelastung über den gesamten Abschreibungszeitraum verteilt anfällt und nicht in einer Summe unmittelbar bei Zufluss des Investitionszuschusses. Als konkrete Förderprogramme des Bundeswirtschaftsministeriums seien an dieser Stelle das „Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand“ (ZIM) und das branchenspezifische Programm „KMU-Innovativ“ genannt. Beide Programme wurden bislang insbesondere von technologieorientierten Unternehmen im Rahmen der Entwicklungsfinanzierung genutzt. Dabei erhalten Unternehmen über das ZIM Programm in der Regel über zwei Jahre verteilt einen nicht rückzahlbaren Zuschuss schon für kleinere Investitionen im Entwicklungsbereich.15 Des Weiteren halten auch die Bundesländer über ihre jeweiligen Landesförderinstitute spezifische Programme mit günstigen Finanzierungskonditionen vor. Den Ergebnissen der KfW Unternehmensbefragung 2012 zu Folge werden öffentliche Förderkredite insbesondere von investierenden Unternehmen, jedoch abhängig von der Unternehmensgröße und mit insgesamt rückläufiger Tendenz in Anspruch genommen. Auffällig ist dabei, dass aufgrund des mit der Antragstellung verbundenen Aufwands sowie Informationsdefiziten zu Förderprogrammen und der Rechnungslegungs- und Berichtspflichten nur etwa 13,0 % der kleineren Unternehmen Fördermittel beantragt ­haben.16 Insbesondere für kleinere Unternehmen zeigt sich eine hohe Bedeutung der Beantragung von Fördermitteln der KfW. Weitere Fördermittel von Bund, Ländern und der EU werden meist von großen Unternehmen in Anspruch genommen. Die Nutzung von Förderkrediten als alternative Finanzierungsquelle stellt durchaus eine sinnvolle Ergänzung zum Bankkredit dar. Sie ermöglicht eine Diversifikation und stärkere Unabhängigkeit von der Bankfinanzierung zu meist günstigen Konditionen. Zu beachten ist jedoch, dass die Antragstellung in der Regel über die Hausbank erfolgen muss.

 Die Konfiguration der jeweiligen Programme ist von beantragenden Unternehmen zu beachten. In der Regel sind diese je zu finanzierendem Teilprojekt der Höhe nach begrenzt. Des Weiteren sind lediglich ausgewählte Kostenarten zuwendungsfähig, wie zum Beispiel Personalkosten sowie übrige Kosten mit pauschalem Zuschlag auf die Personalkosten. 16  Vgl. Schwartz, M. (2012), S. 77 f. 15

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5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

5.3.2 Instrumente der Innenfinanzierung Bei einer Verknappung von langfristigem Kapital wird für Unternehmungen die Innenfinanzierung immer bedeutsamer, um die Abhängigkeit von externen Kapitalgebern zu verringern. Die Mittel zur Innenfinanzierung fließen dem Unternehmen aus dem eigenen ­betrieblichen Leistungs- oder Umsatzprozess zu. Dabei gilt der Cashflow – und hier insbesondere der Cashflow aus operativer Tätigkeit – als wesentliche Betrachtungsgröße für das Innenfinanzierungspotential des Unternehmens. Als Möglichkeiten der Selbstfinanzierung seien an dieser Stelle die offene und stille Selbstfinanzierung, die Finanzierung aus Abschreibungen, die Finanzierung aus Rückstellungen, die Beteiligungsfinanzierung sowie die Finanzierung durch den Verkauf von Anlage- und Umlaufvermögen genannt.

5.3.2.1 Finanzierung aus Gewinnen 5.3.2.1.1  Offene Selbstfinanzierung (Gewinnthesaurierung) Die offene Selbstfinanzierung erfolgt über die Thesaurierung von im Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinnen. In diesem Kontext ist der Terminus „offen“ so zu interpretieren, dass eine für jedermann ersichtliche bilanzielle Einstellung nicht verwendeter Gewinnanteile in die Gewinnrücklagen, beziehungsweise in den Bilanzgewinn erfolgt. Diese verbleiben im Unternehmen und führen zu einer Erhöhung des Eigenkapitals, ohne dass Kapitalbeschaffungskosten entstehen. Um entsprechende Gewinne generieren zu können, muss formal buchhalterisch die Differenz zwischen Erträgen und Aufwendungen positiv sein, was bedeutet, dass Kosten reduziert und/oder Erlöse/Deckungsbeiträge gesteigert werden müssen. In diesem Zusammenhang ist die Rentabilität wichtiger eingegangener Investitionen kritisch zu prüfen. Die Möglichkeiten zur Gewinnthesaurierung hängen von der Rechtsform des Unternehmens und den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften zur Gewinnverwendung ab. Bei der Ermittlung des Innenfinanzierungspotenzials aus der Gewinnthesaurierung ist stets der Gewinn nach Ertragssteuern relevant. Daneben ist zu beachten, dass im ­Vergleich zur Kreditfinanzierung die Möglichkeit zur Nutzung des Leverage Effekts entfällt. Bezogen auf Basel IV gilt der folgende Zusammenhang: Über die Erhöhung des Eigenkapitals durch die bilanzielle Einstellung des nicht ausgeschütteten Gewinns in die Gewinnrücklage/den Bilanzgewinn wird auch die in das Rating eingehende Eigenkapitalquote verbessert. Darüber hinaus wirkt sich die offene Selbstfinanzierung über die Vermeidung von Liquiditätsabflüssen aufgrund von Ausschüttungen auch positiv auf die Liquiditätssituation des Unternehmens aus. In der Folge führt dies zu einer Verbesserung des Ratings, was sich wiederum positiv auf die weiteren Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten und -konditionen des KMU auswirkt. Des Weiteren wird die Abhängigkeit vom Bankkredit und externen Kapitalgebern verringert.

5.3 Alternative Finanzierungskonzepte

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5.3.2.1.2  Stille Selbstfinanzierung Die stille Selbstfinanzierung erfolgt durch Bildung stiller Reserven über die Nutzung bestimmter Bewertungswahlrechte in der Bilanz. Diese entstehen im Kontext gezielter bilanzpolitischer Ausnutzung gesetzlich vorgegebener Ermessensspielräume und Wahlrechte durch eine Unterbewertung der Aktiva (wenn zum Beispiel die Abschreibungsbeträge höher als die tatsächlich eingetretene Wertminderung sind) oder Überbewertung der Passiva (bei Bildung zu hoher Rückstellungen) und werden somit nicht offen ausgewiesen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass auch die Steuerstundung einen positiven Einfluss auf die Liquiditätssituation des Unternehmens hat, solange die Bildung neuer stiller Reserven über die Reserven-Auflösung hinausgeht. Zu beachten ist, dass die Bildung stiller Reserven nicht zwangsläufig zu einem Selbstfinanzierungseffekt führen muss. Diese Form der Innenfinanzierung verliert angesichts der zunehmenden Verbreitung der internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS) auf Grund der darin enthaltenen Fair-­ Value-Betrachtung und der damit verbundenen Einschränkung der Möglichkeiten zur ­Bildung stiller Reserven an Bedeutung. Im Hinblick auf den Einsatz als alternatives Finanzierungsinstrument ist zu berücksichtigen, dass ein Finanzierungseffekt lediglich dann entsteht, sofern dem KMU durch die Nutzung der Bewertungsmaßnahmen im Betrachtungszeitraum liquide Mittel ohne einen gleichzeitigen zahlungswirksamen Aufwand zufließen. Mit Perspektive auf Basel IV sei an dieser Stelle angemerkt, dass sich die beschriebenen Effekte wiederum günstig auf das Rating und die Bonitätsbewertung und damit die weiteren Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten und -konditionen des Unternehmens auswirken.

5.3.2.2 Finanzierung aus Umsatzerlösen 5.3.2.2.1  Finanzierung aus Abschreibung Die Finanzierung aus Abschreibungen kann in Form eines Kapitalfreisetzungseffektes oder eines Kapazitätserweiterungseffektes erfolgen. Die Abschreibung zeigt den non-monetären Werteverzehr bilanziell aktivierter Vermögensgegenstände an und wird über die Nutzungsdauer verteilt in der Gewinn- und Verlustrechnung als Aufwand berücksichtigt. Dabei ist die Höhe des Finanzierungseffektes abhängig von der angewandten Abschreibungs- und Rechnungslegungsmethode. Weitere Voraussetzungen für eine Finanzierung aus Abschreibung sind, dass der kalkulatorische Aufwand noch nicht wieder zu einer Auszahlung geführt hat und die Abschreibungsgegenwerte auch aus dem laufenden Umsatzprozess erwirtschaftet wurden. Ein Kapitalfreisetzungseffekt tritt dann auf, sofern über den Zufluss an Liquidität, vorzugsweise aus Umsatzerlösen, die in den Verkaufspreisen einkalkulierten Abschreibungsgegenwerte (= Amortisation) bis zur Reinvestition in Form einer notwendigen Ersatzin­ vestition alternativ eingesetzt werden können. Die Höhe des Effektes ist abhängig vom Abschreibungsverlauf und der Abschreibungsmethode. Durch Nutzung dieses Effekts kann der Bedarf an Kapital von außerhalb des Unternehmens reduziert werden. Der Kapitalfreisetzungseffekt hängt maßgeblich vom Zufluss-Zeitpunkt der Abschreibungsgegenwerte ab.

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5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Der Kapazitätserweiterungseffekt – oder auch Lohmann-Ruchti-Effekt – entsteht, wenn die durch die Abschreibungen und den Zufluss der Abschreibungsgegenwerte freigesetzte Liquidität laufend für Erweiterungsinvestitionen in neue Anlagen eingesetzt wird. Dies ermöglicht die Erweiterung der Unternehmenskapazität ohne Kapitalbedarf von außen. Damit der Kapazitätserweiterungseffekt genutzt werden kann, ist es zudem erforderlich, dass die Abschreibungssumme den notwendigen Kapitalbedarf für Reinvestitionen übersteigt. Der Kapazitätserweiterungseffekt ist insbesondere abhängig von der jeweiligen Nutzungsdauer der Vermögensgegenstände. Durch Ausnutzung der beiden beschriebenen Effekte kann der Bedarf an Fremdkapital zur Finanzierung von Investitionen verringert und gleichzeitig die Rentabilität gesteigert werden. Im Hinblick auf die neuen Regelungen von Basel IV sei folgende Anmerkung gemacht: Durch die Nutzung des Instruments der Finanzierung aus Abschreibung kann der Fremdmittelbedarf für Investitionen vermindert werden. Gleichzeitig kommt es zu einer Verbesserung der Kapitalstruktur, was sich wiederum positiv auf das Rating und die Bonitätsbewertung und damit zukünftige Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten und -konditionen aus­wirkt. 5.3.2.2.2  Finanzierung aus Rückstellungen Die Finanzierung aus Rückstellungen stellt eine Form der Innen- und Fremdfinanzierung dar und ist immer dann möglich, wenn der Aufwand für die Rückstellung zeitlich vor der entsprechenden Auszahlung liegt. Der Finanzierungseffekt entsteht demgemäß durch die zeitliche Differenz zwischen der Entstehung des Aufwands bei Rückstellungsbildung, welcher über die Umsatzerlöse wieder zurückfließt, und dem Liquiditätsabfluss mit der Auszahlung in einer in der Zukunft liegenden Periode. Dies ist regelmäßig im Jahr der Rückstellungsbildung der Fall, da hierdurch gemäß der dynamischen Betrachtungsweise des Rückstellungsbegriffes buchungstechnisch ein Aufwand entsteht, dem erst in einer der folgenden Perioden eine Auszahlung gegenübersteht. In der Zeit bis zur Auszahlung steht auch hier dem Unternehmen die aus den über den Umsatzprozess zufließenden Rückstellungsgegenwerten geschaffene Liquidität für andere Zwecke zur Verfügung. Der Finanzierungseffekt ist stets zeitlich begrenzt und wird durch den Steuerstundungseffekt und der daraus folgenden Liquiditätsschonung noch verstärkt. Die Höhe des Refinanzierungseffektes ist dabei abhängig vom Rückstellungsvolumen und -zeitraum. Dabei gilt, dass der Finanzierungseffekt sich mit zunehmendem Rückstellungsvolumen und zunehmender Dauer der Rückstellung immer weiter verstärkt. Auf Grund des Abzinsungsgebots nach § 253 Abs. 2 S. 1 HGB für Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von über einem Jahr wirkt sich auch der für die Abzinsung anzuwendende durchschnittliche Marktzins der letzten sieben Jahre auf den Finanzierungseffekt aus Rückstellungen aus. Für passivierte Rückstellungen für Altersvorsorgeverpflichtungen sind zehn Jahre anzusetzen. Dabei können die Bruttomethode oder die Nettomethode angewendet werden.

5.3 Alternative Finanzierungskonzepte

245

Bei der Bruttomethode entsteht durch die Abzinsung des im Betriebsergebnis zu berücksichtigenden gesamten Erfüllungsbetrages ein Zinsertrag, welcher sich positiv auf das Finanzergebnis auswirkt, während sich das operative Ergebnis verringert. Bei der Nettomethode erfolgt eine barwertige Erfassung der Rückstellungen verbunden mit einem gleichbleibenden Finanzergebnis und einem etwas höheren operativen Ergebnis. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass in den Folgejahren ein Zinsaufwand entsteht. In beiden Fällen hängt der Finanzierungseffekt von der Höhe der Abzinsung und damit von der Höhe des zu Grunde gelegten Marktzinssatzes ab. Zusätzlich ist die Höhe der zu bilanzierenden Rückstellungen abhängig von dem jeweils verwendeten Rechnungslegungsstandard. Aus diesem Grund sei in diesem Zusammenhang auch auf die Bedeutung der langfristigen Pensionsrückstellungen hingewiesen. Bezogen auf Basel IV kann die folgende Wirkungskette beschrieben werden: Durch die Bildung der Rückstellungen wird das Fremdkapital des Unternehmens unabhängig von externen Kapitalgebern erhöht. Gleichzeitig steht dem Unternehmen bis zur Auszahlung zusätzliche Liquidität aus den zufließenden Rückstellungsgegenwerten zur Verfügung. Ein weiterer Finanzierungseffekt entsteht aus der Steuerstundung und der Einsparung von Ertragssteuern im Jahr der Rückstellungsbildung, wodurch die Liquidität weiter geschont wird. Damit stellt die Finanzierung aus Rückstellungen für das Unternehmen eine Möglichkeit dar, unabhängig von externen Kapitalgebern Liquidität zu generieren.

5.3.2.3 Finanzierung aus sonstigen Verbindlichkeiten In die Kategorie der Finanzierungen aus sonstigen Verbindlichkeiten gehören Geschäftsvorfälle, deren Aufwendungen innerhalb einer laufenden Geschäftsperiode entstanden sind, deren Auszahlungen allerdings erst in der folgenden Geschäftsperiode erfolgen. Als typische Beispiele für sonstige Verbindlichkeiten können ausstehende Zinsen, Mieten, Löhne und Gehälter, (Sozialversicherungs-)Beiträge, Bonifikationen und Provisionen oder Verbindlichkeiten aus Steuern, insbesondere aus Umsatzsteuern, etc. genannt werden. Demgemäß stellen sonstige Verbindlichkeiten dem Charakter nach periodisch abgegrenzte Aufwendungen dar, welche kurzfristig zu einem Abfluss an Liquidität führen werden. Vor diesem Hintergrund ist der Finanzierungseffekt aus sonstigen Verbindlichkeiten tendenziell als gering einzustufen. Gleichwohl ist der Effekt umso größer, je länger sich für die Unternehmung Zahlungsziele in die Zukunft verschieben lassen. Gleichermaßen fallen in die Kategorie der Finanzierungen aus sonstigen Verbindlichkeiten auch passivierte Mitarbeiterdarlehen. Diese stellen de facto eine Sonderform der Finanzierung im Rahmen der Innenfinanzierung durch Mitarbeiter dar. Im Gegensatz zu den in Abschn. 5.3.1.7 beschriebenen Formen der eigenkapitalwirksamen Mitarbeiterbeteiligung, stellt diese Form auf eine Mitarbeiterbindung mittels Fremdkapital ab. Dabei wird dem Unternehmen von den Mitarbeitern – ähnlich wie bei einem Gesellschafterdarlehen – Fremdkapital in Form von Mitarbeiterdarlehen zur Verfügung gestellt. Hierdurch wird ein schuldrechtliches Verhältnis zwischen den Mitarbeitern und dem Unternehmen begründet. Für dieses Finanzierungsinstrument existieren zwei grundsätzliche Ausgestaltungsformen. Zum

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5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

einen stellen Mitarbeiter in Analogie zum Gesellschafterdarlehen dem Unternehmen Kapital zur Verfügung. Diese können vertraglich hinsichtlich Laufzeit und ­Bereitstellungsvergütung/ Kapitaldienst sowie Haftungswirkung unterschiedlich ausgestaltet sein, beispielsweise als klassisches, partiarisches und/oder nachrangiges Darlehen. Die Mitarbeiterdarlehen werden in der Regel für eine bestimmte Zeit zur Verfügung gestellt und zum Ende der Laufzeit ­zurückgezahlt, demgemäß stellen sie eine Form der Außenfinanzierung dar, weil dem ­Unternehmen frisches liquides Kapital zufließt. Diese Geschäftsvorfälle können auch in standardisierter Form vorliegen, wenn zum Beispiel Mitarbeiter Anteile an begebenen Schuld­verschreibungen des Unternehmens zeichnen. Die alternative Ausgestaltungsvariante ist den Innenfinanzierungsformen zuzuordnen. Hierbei offeriert das Unternehmen den Mitarbeitern die Möglichkeit, einen Sockelbetrag an von den Mitarbeitern nicht zwingend benötigten Lohn- und Gehalts-, respektive Bonifikations- und Provisionsbestandteilen im Unternehmen zu belassen und zu verzinsen. Dem Charakter nach lassen sich diese Geschäftsvorfälle mit dem Führen eines „Tagesgeldkontos“ beim Arbeitgeber vergleichen. Angesichts aktuell sehr niedriger Verzinsungen marktüblicher, von Kreditinstituten angebotenen privaten Giro- und Tagesgeldkonten erhalten die Mitarbeiter, welche sich für dieses Instrument entscheiden, eine Verzinsung ihres Guthabens oberhalb des marktüblichen Niveaus. Demgegenüber ergeben sich für das Unternehmen dahingehend Vorteile, dass ein gewisser prozentualer Anteil der zur Auszahlung vorgesehenen Personalaufwendungen nicht, beziehungsweise erst in der Zukunft liquiditätswirksam werden. Gleichermaßen können Zinssätze so vereinbart werden, dass sie unterhalb des unternehmensindividuellen gewogenen Fremdkapitalzinssatzes liegen, sodass sich das Unternehmen im Vergleich zu klassischen Darlehen zu günstigeren Konditionen finanziert, welche trotzdem oberhalb des Zinsniveaus für private Spareinlagen bei Kreditinstituten liegen. Demgemäß profitieren gleichermaßen Mitarbeiter und Unternehmen. Gleichwohl sei darauf hingewiesen, dass diese Form der Finanzierung zum einen mit vergleichsweise hohen Aufwendungen für die Administration einhergeht, da die Guthaben der Mitarbeiter verwaltungstechnisch penibel betreut werden müssen, was ebenso die Liquiditätsdisposition mit einschließt, sofern Mitarbeiter ihre Spareinlagen benötigen. Des Weiteren ergibt sich aus der gegebenenfalls schwierig zu ermittelnden durchschnittlichen Überlassungdauer und -höhe des zur Verfügung gestellten Kapitals ein Refinanzierungsrisiko für das Unternehmen, sofern unter Verwendung der passivischen Mitarbeiterdarlehen langfristige Investitionen getätigt wurden. Die bereits in Abschn. 5.3.1.7 beschriebene Möglichkeit, die kurz- bis mittelfristig im Unternehmen eingelegten Fremdkapitalbestandteile finanzstrategisch in langfristige Eigenkapitalbestandteile liquiditätsunwirksam umzuwidmen und im gleichen Zug die Mitarbeiter an der Unternehmung zu beteiligen, ist eine potenzielle Möglichkeit im Umgang mit dem von Seiten der Belegschaft zur Verfügung gestellten Kapital. Hinsichtlich der Regelungen von Basel IV ergibt sich folgende Wirkungskette: Die Steigerung von Zahlungszielen in Bezug auf charakteristische Bilanzpositionen der sonstigen Verbindlichkeiten ziehen eine Steigerung der Liquidität nach sich, was wiederum positive Wirkungen auf das Rating hat, weil sich unter anderem der dynamische

5.3 Alternative Finanzierungskonzepte

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Verschuldungsgrad verbessert. Demgegenüber ist anzumerken, dass eine betragsmäßige Erhöhung der sonstigen Verbindlichkeiten mit einer Herabsetzung der Eigenkapitalquote einhergeht. Die Finanzierung aus frischem zur Verfügung gestelltem Fremdkapital und/ oder einbehaltenen Personalaufwendungen dient gleichermaßen der Kapitalbeschaffung, als auch der Steigerung hinsichtlich Motivation und Loyalität der Mitarbeiter dem Unternehmen gegenüber, was sich gegebenenfalls positiv in den qualitativen Ratingkriterien niederschlägt, weil sich beispielsweise Fluktuationsquoten verringern und notwendiges Know-how im Unternehmen verbleibt. Sie gibt den Unternehmen die Möglichkeit, sich unabhängig von externen Kapitalgebern Finanzmittel zu beschaffen und weitere Liquidität zu generieren. Hierbei ist zu bedenken, dass gegebenenfalls partiarische/nachrangige Darlehen im Hinblick auf die Verzinsungsansprüche schlechtere Konditionen als klassische Bankkredite aufweisen, weil diesen Finanzierungsinstrumenten ein höheres potenzielles Verlustrisiko für die Kapitalgeber anhaftet. Demgemäß gehen diese Darlehensformen gleichermaßen zulasten der Eigenkapitalquote als auch des Zinsdeckungsgrads und wirken sich negativ auf das Rating aus. Im Gegenzug stellen sie eine von Kreditinstituten unabhängige Finanzierungsquelle dar und es muss im Einzelfall geprüft werden, inwiefern die partiarischen/nachrangigen Darlehen den Eigenmitteln zuzuordnen sind, was wiederum positive Implikationen auf das Rating zur Folge hätte. In Bezug auf einbehaltene und niedrig verzinste Gehaltsbestandteile von Mitarbeitern ist anzumerken, dass auch diese dazu führen, dass die Eigenkapitalquote formal sinkt, was sich negativ auf das Rating auswirkt. Demgegenüber stehen die positiven Impulse auf den gewogenen Fremdkapitalzinssatz des Unternehmens, welcher wiederum den Zinsdeckungsgrad zugunsten des Ratings beeinflusst. Selbiges gilt für die erhöhten Bestände an Bankguthaben und Sichteinlagen, beispielsweise im Hinblick auf einen niedrigeren dynamischen Verschuldungsgrad.

5.3.2.4 Finanzierung aus passiv abzugrenzenden Geschäftsvorfällen Im Gleichklang mit Finanzierungen aus sonstigen Verbindlichkeiten sind ebenso die Geschäftsvorfälle zu nennen, welche in der Position des passiven Rechnungsabgrenzungspostens (PRAP) zusammengefasst sind. Innerhalb dieser Bilanzpositionen werden gemäß § 250 Abs. 2 HGB Einnahmen vor dem Abschlussstichtag verbucht, soweit sie Erträge für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag ausweisen. Das heißt, er enthält transitorische Geschäftsvorfälle, deren Einnahmen buchungstechnisch in der laufenden Geschäftsperiode Berücksichtigung finden, die korrespondierenden Erträge allerdings erst in der folgenden Geschäftsperiode zu erfassen sind. Demgemäß handelt es sich um liquiditätsmäßig im Voraus erhaltene Erträge, wie beispielsweise eine im Dezember für zwei Monate vorschüssig gezahlte Miete. Die im Dezember für den Monat Januar bereits vereinnahmte Miete ist als passiver Rechnungsabgrenzungsposten zu verbuchen, weil sie erst im Januar ertragswirksam wird. Sofern es der Unternehmung gelingt, die im Voraus vereinnahmten Zahlungen zu steigern, desto größer ist der daraus resultierende Finanzierungseffekt. In Bezug auf die Regelungen von Basel IV ist Folgendes anzumerken:

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5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Eine betragsmäßige Steigerung der Bilanzposition des passiven Rechnungsabgrenzungspostens zieht eine Steigerung der Liquidität nach sich, was wiederum positive Wirkungen auf das Rating hat, weil sich unter anderem der dynamische Verschuldungsgrad verringert. Demgegenüber ist anzumerken, dass ein Anwachsen genannter Bilanzposition mit einer Herabsetzung der Eigenkapitalquote zulasten des Ratings einhergeht. Gleichwohl ist realistischerweise zu konstatieren, dass sich die Finanzierungseffekte dieser potenziellen Kapitalquelle in Grenzen halten.

5.3.2.5 Finanzierung aus Kapitalfreisetzung oder Vermögensumschichtung durch Verkauf von Anlageund Umlaufvermögen Der Finanzierungseffekt durch den Verkauf von – typischerweise nicht betriebsnotwendigem – Anlage- und Umlaufvermögen erfolgt aus der mit der Veräußerung von Vermögensgegenständen verbundenen Kapitalfreisetzung. Bilanziell handelt es sich hierbei zunächst um einen Aktivtausch. Dies hat wiederum eine positive Wirkung auf die in das Rating einfließende Vermögensstruktur. Gleichzeitig kann es zu einer erfolgswirksamen Bilanzverlängerung kommen, wenn im Rahmen des Verkaufs eine Buchwertüberdeckung zu verzeichnen ist und demgemäß stille Reserven aufgelöst und als Gewinn realisiert werden. Zu beachten ist, dass hieraus nur der Nettoerlös nach Steuern zur weiteren Disposition zur Verfügung steht. Durch die mit dem Verkauf von Vermögensgegenständen verbundene Rationalisierung sollen gleichzeitig Kosten und künftige Aufwendungen gesenkt und die Effizienz und Rentabilität gesteigert werden. Bezogen auf Basel IV sei auf folgenden Zusammenhang hingewiesen: Durch den Verkauf des Vermögensgegenstandes entsteht durch das freigesetzte Kapital neue Liquidität, die in der Folge flexibel, beispielsweise für neue Investitionen oder zur Verringerung der Verbindlichkeiten eingesetzt werden kann. Im Kontext des sich vergrößernden Cashflows aus Investitionstätigkeit in Folge der Desinvestition aus Abgängen aus Anlagevermögen erhöht sich die Liquidität (und gegebenenfalls kommt es zu einer Verbesserung der Rentabilität), wodurch positive Effekte auf das Rating und die Bonitätsbewertung des Unternehmens zu verzeichnen sind. In der Folge kann damit gerechnet werden, dass auch weiteres Kapital leichter beschafft/generiert werden kann.

5.3.3 F  olgerungen aus den Betrachtungen zu den alternativen Finanzierungsinstrumenten Die in diesem Kapitel beispielhaft dargestellte Auswahl an alternativen Finanzierungsformen zeigt, dass den KMU neben dem Bankkredit viele weitere mögliche Instrumente zur Kapitalbeschaffung zur Verfügung stehen. Der Einsatz solcher Instrumente ermöglicht den Unternehmern eine gewisse Unabhängigkeit vom klassischen Bankkredit. Diese ist

5.3 Alternative Finanzierungskonzepte

249

wichtig, da wie bereits dargestellt, unter Basel IV mit einer Reduzierung der Kreditvergabe durch Kreditinstitute gerechnet wird. Aus diesem Grund sollten die Unternehmen im Rahmen ihrer Finanz- und Kapitalbedarfsplanung in jedem Fall auch die dargestellten Finanzierungsalternativen zur internen und externen Kapitalbeschaffung betrachten und in Abhängigkeit ihrer individuellen Unternehmenslage berücksichtigen. Auf diese Weise können die Finanzierungsstruktur und -kosten für das Unternehmen optimiert werden. Im Hinblick auf das Ziel, beide Komponenten bestmöglich auszutarieren, ist eine laufende Überprüfung und Anpassung an die jeweilige Unternehmenssituation im Rahmen der Steuerung unverzichtbar. Des Weiteren hat die Nutzung der dargestellten Finanzierungsalternativen stets auch Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens. Da diese Faktoren wiederum direkt in das Rating und damit die Bonitätsbeurteilung für das Unternehmen einfließen, werden hierdurch auch die künftigen Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten und deren Konditionen beeinflusst. Die vorangegangenen Ausführungen haben verdeutlicht, welche Bedeutung das Rating für die Finanzierungsmöglichkeiten der KMU hat. Insbesondere durch die Nutzung der Möglichkeiten zur internen Kapitalbeschaffung kann das KMU unabhängig von externen Kapitalgebern Liquidität und für Investitionen notwendiges Kapital generieren. In der Folge kann dadurch die bisherige Abhängigkeit von einer Bankenfinanzierung entsprechend reduziert werden. Den meisten Unternehmern ist aufgrund der Erfahrungen seit der Einführung der Basler Eigenkapitalvorschriften die Bedeutung einer soliden Finanzplanung und des Ratings für die Kreditverfügbarkeit und Kreditkonditionen bereits bewusst. Dies zeigt sich beispielsweise in den kontinuierlich steigenden Eigenkapitalquoten sowie den rückläufigen Finanzierungen über Bankkredite. Laut einer Untersuchung von Ernst & Young vom September 2013 wurde bislang nur mit jedem fünften KMU ein Gespräch mit der entsprechenden Hausbank über die konkreten Auswirkungen der veränderten regulatorischen Rahmenbedingungen auf die individuelle Finanzierungssituation geführt.17 Dies erklärt auch die zunehmende Bedeutung einer bankenunabhängigen Finanzierungsberatung. Diese Studie zeigt weiter, dass Factoring, Mezzanine sowie Beteiligungsfinanzierungen in den letzten 10 Jahren stark an Bedeutung gewonnen haben. Neben der Eigenkapitalfinanzierung über die Innenfinanzierung bleibt der Bankkredit trotz rückläufiger Tendenz weiterhin die Hauptfinanzierungsquelle der KMU.  Die Kapitalmarktfinanzierung spielt nach wie vor eine nur untergeordnete Rolle. Unternehmen, die bereits eine diversifizierte Finanzierungsstrategie umgesetzt haben, konnten in der Regel eine höhere Rentabilität und ein schnelleres Wachstum erzielen. Alternative Finanzierungsinstrumente werden als Ergänzung zur Eigenkapitalfinanzierung über die Innenfinanzierung aus einbehaltenen Gewinnen und laufendem Cashflow  Vgl. Becker, B. et al. (2013), S. 7.

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5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

tendenziell weiter an Bedeutung gewinnen. Diesbezüglich wird insbesondere auf die weiter steigende Bedeutung der Nutzung von Factoring, Leasing sowie mezzaninen Finanzierungsformen hingewiesen. Bei der Wahl von ergänzend einzusetzenden alternativen Finanzierungsinstrumenten muss beachtet werden, dass diese sich unterschiedlich auf Eigenkapital, Eigenkapitalquote, Liquidität und Rating auswirken. Des Weiteren sind die jeweiligen Kapitalkosten und die Kapitalüberlassungsdauer zu berücksichtigen. Dabei sind die Kapitalkosten für Eigenkapital aufgrund seiner Funktion als Risikoabsorptionspuffer in der Regel deutlich höher als jene für Fremdkapital. Die Konfiguration eines Finanzierungsmixes muss demgemäß zwingend eng auf die Unternehmensstrategie abgestimmt werden, weil diese mittel- bis langfristig die korrespondierende Kapitalstruktur- und Kapitalbedarfsplanung determiniert. Bei der Kapitalbeschaffung über die beschriebenen alternativen Finanzierungsinstrumente sind die erhältlichen Kreditkonditionen und die Kreditverfügbarkeit stark von der jeweiligen Bonitätseinschätzung des KMU durch die Investoren abhängig. Diese wird von der Transparenz des KMU und der Kommunikation von relevanten Informationen (Reporting) bestimmt und stellt zusätzliche und neue Anforderungen an KMU.

5.4

 usammenfassende Darstellung der Alternativen Z Finanzierungsinstrumente und ihrer Wirkungen

Die folgende Tab. 5.1 liefert einen zusammengefassten Überblick über die wesentlichen Wirkungen der einzelnen in diesem Kapitel beschriebenen alternativen Finanzierungsin­ strumente.

5.4.1

Finanzierungsmöglichkeiten für größere KMU

Durch die zusätzlichen regulatorischen Anforderungen und das nur begrenzt verfügbare Eigenkapital bei Kreditinstituten kann es zu einer Disintermediation18 kommen. Aufgrund der tendenziell zurückhaltenden Kreditvergabe und Einschränkung des Angebots an längerfristigen Krediten bei den Banken ist mit einem strukturellen Wandel zu rechnen. Insbesondere ist davon auszugehen, dass Finanzierungsformen jenseits des klassischen Bankenkredits an Bedeutung gewinnen, welche in einem schwach bis nicht reguliertem Marktsegment abgewickelt werden. Dies zeigt sich in einem wachsenden Angebot an Private Debt, Direct Lending und Kreditverbriefungen.

18  Als Disintermediation wird der Verzicht von Unternehmungen bezeichnet, bei (Re-)Finanzierungsbedarfen auf die Dienstleistungen von Kreditinstituten zurückzugreifen, welche als Finanzintermediäre fungieren.

Einlagen-/ Beteiligungsfinanzierung – Aktien

Instrument Eigenka- Einlagen-/ pital Beteiligungsfinanzierung – Gesellschaftereinlagen

Verbesserung des Ratings durch Erhöhung des Eigenkapitals und der Eigenkapitalquote

Aktien als Anteile am Eigenkapital, die über die Börse an die Anleger verkauft werden Bildung von Grundkapital (echtes Eigenkapital) in Höhe des Nennwerts und Rücklagen in Höhe des Agios

Eigenkapital/ Rating Eigenkapitalquote Verbesserung des Unmittelbare Erhöhung von Ratings durch Stammkapital bzw. Erhöhung des Eigenkapitals und ausgewiesenem der Eigenkapital- Kapital (je nach Rechtsform) quote → langfristiges Eigenkapital durch neue Einlagen

Wirkung auf … Kapitalkosten/ Kosten der Liquidität Finanzierung Abhängig von der Schonung der Liquidität, da keine Renditeerwartung der Gesellschafter regelmäßigen Zahlungen an die Eher höhere Renditeerwartung Kapitalgeber; zum Ausgleich des Vergütung über Gewinnausschüt- eingegangenen Risikos tungen, EntnahZusätzlich: relativ men bzw. hohe Kosten für Wertzuwachs bei Suche nach Anteilsverkauf potenziellen Investoren Kosten für Positive LiquidiEmission und tätswirkung, da Börsengang; keine fixen Zusätzlich: Zinszahlungen risikoabhängige anfallen und Dividendenzahlun- Rendite-erwartung der Anleger gen in der Regel gewinnabhängig erfolgen Vorteil einer hohen Liquidität am Kapitalmarkt

Tab. 5.1  Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkung im Überblick

Keine vorgesehene Kapitalrückzahlung → zeitlich unbefristete Kapitalüberlassung Zur langfristigen Finanzierung geeignet

Dauer der Kapitalüberlassung Reines Eigenkapital mit in der Regel unbefristeter Kapitalüberlassung Zur langfristigen Finanzierung geeignet

(Fortsetzung)

Erfordert Börsengang verbunden mit entsprechenden Kosten und Publizitätsanforderungen

Bemerkung Gesellschafter erhalten Mitsprache- und Entscheidungsrechte sowie Informationsrechte

5.4 Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkungen … 251

Wirkung auf …

Eigenkapital/ Instrument Rating Eigenkapitalquote Finanzierung Verbesserung des Aktien als Anteile am Eigenkapital, über die Ratings durch die über die Börse Börse – „Scale“ Erhöhung des Eigenkapitals und an die Anleger der Eigenkapital- verkauft werden Bildung von quote bei Grundkapital Emission von (echtes EigenkapiAktien tal) in Höhe des Nennwerts und Rücklagen in Höhe des Agios Beschaffung von Fremdkapital durch Emission von Anleihen, die über die Börse an Anleger/Investoren verkauft werden

Tab. 5.1 (Fortsetzung) Kapitalkosten/ Kosten der Dauer der KapitalLiquidität Finanzierung überlassung Aktien: Keine Kosten für die Aktien: Positive vorgesehene Emission und LiquiditätswirBörsengang sowie Kapitalrückzahkung, da keine fixen Zinszahlun- Berichterstattung; lung → zeitlich unbefristete Zusätzlich: gen anfallen und Kapitalüberlasrisikoabhängige DividendenzahRenditeerwartung sung lungen in der Anleihen: Regel gewinnab- der Anleger Laufzeit kann hängig erfolgen vertraglich Anleihen: festgelegt und Liquiditätswirauf Investitionskung abhängig plan abgestimmt von Ausgestaltung werden der AnleihebedinZur langfristigungen gen, aber auch Vorteil einer mittelfristigen hohen Liquidität Finanzierung am Kapitalmarkt geeignet

Bemerkung Erfordert Börsengang verbunden mit entsprechenden Kosten und Publizitätsanforderungen, auch wenn diese im Vergleich zu anderen Börsensegmenten Erleichterungen vorsehen

252 5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Je nach Ausgestaltung tendenziell günstigere Kapitalbeschaffung aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses Mitarbeiter – Unternehmung

Auf Grund des eingegangenen Risikos sehr hohe Renditeerwartungen der Kapitalgeber

Positive Liquiditätswirkung und Schonung der Liquidität (abhängig von der Form der Beteiligung)

Schonung der Liquidität bis zur Rückzahlung, da zunächst keine festen Zins- und Tilgungsverpflichtungen bestehen und individuelle Vergütungsvereinbarungen für die Kapitalüberlassung getroffen werden

Durch die Mitarbeiter-Eigenkapital-Beteiligung kommt es zu einer unmittelbaren Erhöhung des Eigenkapitals

Einlagen der Business Angels führen zu einer Erhöhung des bilanziellen Eigenkapitals

Verbesserung des Ratings durch Erhöhung des Eigenkapitals und der Eigenkapitalquote

Kann durch die Generierung von Eigenkapital und damit der Verbesserung der Eigenkapitalquote zur Verbesserung des Ratings beitragen

Mitarbeiter-Eigenkapital-Beteiligung aus einbehaltenen Ausschüttungen

Risikokapitalfinanzierung Private Equity/ Business Angels

(Fortsetzung)

Möglich sind hier Belegschaftsaktien, Genossenschaftsanteile, Kommanditanteile oder eine GmbH-Beteiligung, aber auch Mitarbeiterbeteiligungen aus einbehaltenen Ausschüttungen/ Lohnauszahlungen Mittel zur Motivation der Mitarbeiter i. d. R. Beteili- Zusätzlicher gungsdauer von Mehrwert über Netzwerkkon5-10 Jahren gefolgt von einer takte, Betreuung und Beratung; Exit Strategie; Beteiligung der → begrenzter Business Angels Zeitraum der Kapitalüberlas- an der Unternehmensführung; sung und v. a. für junge Prolongationsund innovative risiko Unternehmen in der Regel zeitlich unbefristete Kapitalüberlassung

5.4 Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkungen … 253

Kapitalkosten/ Kosten der Dauer der KapitalLiquidität Finanzierung überlassung Hohe Kosten durch KapitalüberlasSchonung der hohe Renditeerwar- sung meist nur Liquidität, da für max. 5 Jahre tungen wegen Vergütung für die (BeteiligungsKapitalüberlassung hohem Risiko; dauer); Ausstieg Zusätzlich: i. d. R. erst bei wird schon vor Aufwand für Ausstieg aus der VertragsabErstellung der Beteiligung schluss geplant Unterlagen und (Mehrwert bei → begrenzter Verkauf) und damit Prüfungsprozess Zeitraum der keine laufenden KapitalüberlasKosten während der sung und Laufzeit der ProlongationsBeteiligung risiko Kosten für Entwick- Befristete Schonung oder Einlagen aus dem Kann durch die lung und Gestaltung KapitalüberlasBelastung der Generierung von Investorenpool sung über die zu der Plattform mit Eigenkapital zur stellen Eigenkapital Liquidität Vertragsbeginn abhängig von der Businessplan und Verbesserung der dar vereinbarte Präsentation und vertraglichen Eigenkapitalquote folgende Reportings Laufzeit Ausgestaltung und damit zur zum Vorhaben: Verbesserung des 25 % - 40 % des Ratings beitragen akquirierten Kapitals zzgl. kosten zur Befriedigung der Renditeerwartung der Investoren

Wirkung auf …

Crowdfunding

Eigenkapital/ Instrument Rating Eigenkapitalquote Einlage in Grund-/ Kann durch die Beteiligungsgesellschaften: Generierung von Stammkapital führt Private Equity/ Eigenkapital und zu neuem Eigenkapital und einer Venture Capital damit der Verbesserung der Erhöhung der Eigenkapitalquote Eigenkapitalquote zur Verbesserung des Ratings beitragen

Tab. 5.1 (Fortsetzung)

Kommt insbesondere zur Finanzierung kleinerer, innovativer Projekte/ Geschäftsideen in Frage (Start-up’s) Kapitalbereitstellung über einen Pool von kleineren Geldgebern

Bemerkung Zur Bereitstellung höherer Kapitalsummen Zusätzlicher Mehrwert über Netzwerkkontakte, Betreuung und Beratung

254 5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Zeitlich befristete aber langfristige Kapitalüberlassung Je nach vertraglicher Ausgestaltung meist fixe Verzinsung und variable Gewinnbeteiligung

Möglichkeit der Schonung der Liquidität durch Vereinbarung gewinnabhängiger Vergütungskomponenten; ggf. liquiditätsunwirksame Wandelung aus Lohnanteilen

Wirkung auf das Eigenkapital ist abhängig von der vertraglichen Ausgestaltung

Mitarbeiter-Mezzanine-Beteiligung

Können durch die Nachrangklausel zu einer Ratingverbesserung führen, da das Kapital beim Rating wie Eigenkapital gesehen wird (unechtes Eigenkapital)

Zeitlich befristete, aber langfristige Kapitalüberlassung mit anschließendem Prolongationsrisiko

Je nach vertraglicher Ausgestaltung meist fixe Verzinsung und variable Gewinnbeteiligung Gewinnabhängige Vergütung und ggf. eine geringe vereinbarte Mindestverzinsung

Wirkung zwischen Eigen- und Fremdkapital Ggf. höhere Liquiditätsbelastung im Vergleich zur Bankfinanzierung auf Grund der Vereinbarung einer gewinn-/ umsatzabhängigen Vergütungskomponente; Verlustbeteiligungen nicht unüblich

Einlagen aus dem Investorenpool stellen (unechtes) Eigenkapital

Crowdinvesting Kann durch die Generierung von (unechtem) Eigenkapital zur Verbesserung der Eigenkapitalquote und damit zur Verbesserung des Ratings beitragen

(Fortsetzung)

Kommt insbesondere zur Finanzierung kleinerer, innovativer, junger Unternehmen in Frage Kapitalbereitstellung über einen Pool kleiner Investoren in Form von stillen Beteiligungen, Genussrechten oder partiarischen Darlehen Möglich sind hier stille oder indirekte Beteiligungen sowie Genussrechte Unabhängig von Rechtsform des Unternehmens

5.4 Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkungen … 255

Genussrechte

Instrument Typische stille Equity Beteiligung Mezzanine Capital – Eigenkapitalähnliches Kapital

Tab. 5.1 (Fortsetzung)

Rating Können durch die Nachrangklausel hinsichtlich der Rückzahlung im Insolvenzfall zu einer Ratingverbesserung führen, da das Kapital beim Rating wie Eigenkapital gesehen wird (unechtes Eigenkapital) Können durch die Nachrangklausel zu einer Ratingverbesserung führen, da das Kapital beim Rating wie Eigenkapital gesehen wird (unechtes Eigenkapital)

Wirkung auf … Eigenkapital/ Eigenkapitalquote Abhängig von der Ausgestaltung des Finanzierungsvertrages i. d. R. auf Grund der enthaltenen Nachrang regelung zwar keine Bilanzierung als Eigenkapital aber Möglichkeit der Anrechnung als Haftkapital im Rahmen des Ratings Je nach Ausgestaltung besteht bei Vereinbarung einer Nachrangigkeit der Kapitalrückzahlung im Insolvenzfall die Möglichkeit der Anrechnung als Eigenkapital im Rahmen des Ratings

Kapitalkosten/ Kosten der Dauer der KapitalLiquidität Finanzierung überlassung Zeitlich Wirkung zwischen Hohe Kosten für befristete aber Eigen- und Fremd- Suche nach Kapitalgebern und langfristige kapital für Verhandlungen KapitalüberlasSchonung der bzgl. Vertragsaus- sung über meist Liquidität im gestaltung, Notar, 15 Jahre oder Vergleich zur länger mit Bankfinanzierung ect. anschließendem Je nach vertragliauf Grund der cher Ausgestaltung ProlongationsVereinbarung risiko meist fixe einer gewinnabVerzinsung und hängigen variable GewinnVergütungskombeteiligung ponente Schuldrechtlicher Einstufung als Liquiditätsschobilanzielles Anspruch des nend, da die Eigen kapital Zahlungen an die Genussrechtsererfordert Liquiditätslage des werbers auf langfristige Rückzahlung des Unternehmens angepasst werden Genussrechtskapi- Anlage über mindestens 5 tals und auf können; Gewinnbeteiligung Jahre;

Keine Kontrollund Mitwirkungsrechte auf Grund das schuldrechtlichen Charakters aber Informationsrechte der Kapitalgeber

Bemerkung Eingeschränkte Verfügbarkeit, da kein organisierter Markt Eigenkapital-ähnliches Kapital ohne Einflussverlust der bisherigen Gesellschafter

256 5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Mischformen

Optionsanleihe

Auswirkungen auf Bilanzkennzahlen, Eigenkapitalquote und damit das Rating hängen vom Verhalten des Inhabers des Papiers ab. Bei Ausübung des Optionsrechts wird zusätzlich Eigenkapital generiert, was zu einer Verbesserung der Eigenkapitalquote und des Ratings führt.

→ Beteiligung am Gewinn und Möglichkeit der Vereinbarung einer Mindestverzinsung bei Verlust oder Nachholpflicht

→ geringeres Risiko und damit geringere Renditeerwartung

Zeitlich befristete aber langfristige Kapitalüberlassung mit einer Laufzeit von i. d. R. über 10 Jahren Danach: Prolongationsrisiko Zeitlich Stellt zunächst wie Vor Ausübung der Kosten für befristete aber Anleihen Fremdka- Option Belastung Platzierung der langfristige Anleihe in Höhe der Liquidität pital dar Kapitalüberlasvon 4-5 % des durch feste Bei Ausübung des sung über meist Zinszahlungen aus Nominalbetrages Optionsrechts 10 bis 20 Jahre bleiben Anleihe und dem Gläubigerver- Zusätzlich: Zins oder mit abhängig vom hältnis schuldrechtlicher Kapitalmarkt sowie anschließendem Nach Ausübung Anspruch auf Prolongationslaufende Kosten Kapitalrückzahlung der Option risiko von 1-2 % des zusätzlich bestehen und es gewinnabhängige Nennbetrags entsteht aus der jährlich Vergütung aus weiteren Einlage zusätzlich Eigenka- dem Beteiligungsverhältnis pital abhängig von der jeweiligen vertraglichen Ausgestaltung Unechtes Eigenkapital auf Grund des schuldrechtlichen Anspruchs der Kapitalgeber auf Kapitalrückzahlung

(Fortsetzung)

Wirkung abhängig vom Verhalten des Inhabers des Papieres Option kann getrennt oder zusammen mit der Anleihe gehandelt werden Anleihe bleibt bei Ausübung der Option bestehen!

5.4 Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkungen … 257

Instrument Wandelanleihe

Tab. 5.1 (Fortsetzung)

Rating Auswirkungen auf Bilanzkennzahlen, Eigenkapitalquote und damit das Rating hängen vom Verhalten des Inhabers des Papiers ab. Bei Wandelung wird Eigenkapital geschaffen, was zu einer Verbesserung der Eigenkapitalquote und des Ratings führt.

Wirkung auf … Eigenkapital/ Eigenkapitalquote Stellt zunächst wie Anleihen Fremdkapital dar Bei Wandelung verfällt der schuld rechtliche Anspruch auf Kapitalrückzahlung und es entsteht Eigenkapital

Kapitalkosten/ Kosten der Dauer der KapitalLiquidität Finanzierung überlassung Zeitlich Kosten für Vor Wandelung befristete aber Platzierung der Belastung der langfristige Anleihe in Höhe Liquidität durch Kapitalüberlasfeste Zinszahlun- von 4-5 % des sung über meist Nominalbetrages gen aus dem 10 bis 20 Jahre Gläubigerverhält- Zusätzlich Zins oder mit abhängig vom nis Nach Wandelung Kapitalmarkt sowie anschließendem Prolongationsgewinnabhängige laufende Kosten risiko von 1-2 % des Vergütung aus dem Beteiligungs- Nennbetrags jährlich verhältnis Ansonsten abhängig von der jeweiligen vertraglichen Ausgestaltung

Bemerkung Wirkung abhängig vom Verhalten des Inhabers des Papieres Möglichkeit der Wandlung des Gläubigerverhältnisses in ein Beteiligungsverhältnis gem. einem vertraglich festgelegten Wandelungsverhältnis innerhalb einer Umtauschfrist ggf. mit Zuzahlungen

258 5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Partiarische Darlehen

Atypische stille Debt Beteiligung Mezzanine Capital – Fremdkapitalähnliches Kapital

Das Rating kann sich trotz der Berücksichtigung als Fremdkapital auf Grund anderer Bilanzkennzahlen verbessern; Wirkung ist abhängig von der vertraglichen Ausgestaltung

Können durch die Nachrangklausel zu einer Ratingverbesserung führen, da das Kapital beim Rating wie Eigenkapital gesehen wird (unechtes Eigenkapital)

Bilanzielles Fremdkapital, das auf Grund der Gewinnbeteiligung dem Eigenkapital ähnelt Eine Zurechnung zum Eigenkapital im Rahmen des Ratingprozesses ist jedoch nicht zulässig!

Abhängig von der Ausgestaltung des Finanzierungsvertrages i. d. R. auf Grund der enthaltenen Nachrang regelung zwar keine Bilanzierung als Eigenkapital aber Möglichkeit der Anrechnung als Haftkapital im Rahmen des Ratings

Wirkung zwischen Eigen- und Fremdkapital Liquiditätsschonung im Vergleich zur Bankfinanzierung auf Grund der Vereinbarung einer gewinnabhängigen Vergütungskomponente sowie einer Verlustbeteiligung Liquiditätsentlastung, da der Vergütungsanspruch vertraglich an Gewinn oder Umsatz gekoppelt wird Ähnliche Verbindung wie bei stiller Gesellschaft jedoch ohne Verbindung durch gemeinsam verfolgten Zweck Kein Einfluss des Kapitalgebers auf die Geschäftsführung, keine Verlustteilnahme Zeitlich befristete aber langfristige Kapitalüberlassung mit anschließendem Prolongationsrisiko Gewinnabhängige Vergütung und ggf. eine geringe vereinbarte Mindestverzinsung

(Fortsetzung)

Eingeschränkte Verfügbarkeit, da kein organisierter Markt Eigenkapital-ähnliches Kapital ohne Einflussverlust der bisherigen Gesellschafter

Zeitlich befristete aber langfristige Kapitalüberlassung über meist 15 Jahre oder länger mit anschließendem Prolongationsrisiko

Hohe Kosten für Suche nach Kapitalgebern und für Verhandlungen bzgl. Vertragsausgestaltung, Notar, ect. Je nach vertraglicher Ausgestaltung meist fixe Verzinsung und variable Gewinnbeteiligung

5.4 Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkungen … 259

Instrument Nachrangdarlehen

Tab. 5.1 (Fortsetzung)

Eigenkapital/ Rating Eigenkapitalquote Können durch die Bilanzielles Nachrangklausel Fremdkapital mit schuldrechtlichem zu einer RatingAnspruch auf verbesserung Kapitalrückzahlung führen, da das Nachrangkapital Kapital beim kann – abhängig Rating wie von der Gestaltung Eigenkapital der Nachrangklaubetrachtet wird sel – bei Bankkrediten als Eigenkapitalersatz angesehen werden

Wirkung auf … Kapitalkosten/ Kosten der Dauer der KapitalLiquidität Finanzierung überlassung Zeitlich Vergütung für die Durch die befristete Nachrangigkeit Kapitalüberlassung mittels fester besteht ein höheres Kapitalüberlassung für meist 5 Risiko für die Zinszahlung und bis 10 Jahre Kapitalgeber, die ggf. einer demnach auch eine Mögliches GewinnbeteiliKündigungshöhere Renditegung aber auch recht des Aussetzungsmög- erwartung haben Kapitalgebers lichkeit; es kann Prolongationsauch vereinbart risiko werden, dass Zinszahlung erst mit Kapitalrückzahlung gemeinsam erfolgt → Möglichkeiten zur Liquiditätsentlastung je nach Gestaltung

Bemerkung Verzicht auf Stellung von Sicherheiten und vorrangige Bedienung im Insolvenzfall

260 5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Fremdkapitalersetzende Instrumente

Factoring

Leasing (Operate Leasing und Finance Leasing)

Kein Einfluss auf Höhe des bilanziellen Eigenkapitals aber ggf. Beitrag zur Reduzierung der Verbindlichkeiten, wenn Leasinggegenstand beim Leasinggeber bilanziert wird → möglicherweise positive Wirkung auf Eigenkapitalquote

Belastung der Liquidität durch die laufend zu zahlenden Leasingraten mit festen Zahlungszeitpunkten, die zwingend eingehalten werden müssen Ggf. ist zusätzliche Liquidität für Anzahlung/Schlussrate erforderlich Positiver Einfluss Verbesserung der Keine bilanzielle auf die Liquidität Bilanzkennzahlen Wirkung auf das durch Freisetzung Eigenkapital und damit auch Forderungsverkauf des in den Forderundes Ratings stellt zunächst einen gen gebundenen Aktivtausch dar, der Kapitals, das in der zu einer Bilanzver- Folge für Investitionen oder zur kürzung führen Rückführung von kann, wenn der Verbindlichkeiten Erlös gleichzeitig verwendet werden zur Tilgung von kann; über Verbindlichkeiten verwendet wird → Delkrederefunktion steigende Eigenka- gleichzeitig Verlagerung des pitalquote Forderungsausfallrisikos → Planbarkeit der Liquidität

Verbesserung des Ratings durch Erhöhung der Eigenkapitalquote

Beinhaltet neben der Finanzierungsfunktion auch Delkredere- und Servicefunktion Verschiedene Formen: echtes und unechtes Factoring, stilles und offenes Factoring Kann für wiederkehrende, unstrittige Forderungen genutzt werden Höhe und Dauer abhängig vom Bestand an Forderungen aus Lieferung und Leistung; teilweise dauerhafte Kapitalüberlassung (Bodensatz); Sinnvoll ist eine Vertragslaufzeit von 5 bis 10 Jahren Orientiert an den marktüblichen KK-Zinsen Entgelt für Übernahme der Dienst leistungsund Delkrederefunktion sowie Verwaltungsaufgaben

(Fortsetzung)

Sonderform: Sale and Lease Back Verlagerung des Investitionsrisikos Keine Bilanzverlängerung Wirkung abhängig von der Vertragsgestaltung

Unkündbare Grundmietzeit (i. d. R. 50-70 % der Nutzungsdauer des Vermögensgegenstandes) als Dauer der Kapitalüberlassung

Kosten sind auf Grund der Aufwendungen der Leasinggesellschaft in der Regel leicht höher als die der klassischen Bankfinanzierung

5.4 Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkungen … 261

Instrument Forfaitierung

Tab. 5.1 (Fortsetzung)

Eigenkapital/ Rating Eigenkapitalquote Verbesserung der Keine bilanzielle Bilanzkennzahlen Wirkung auf das Eigenkapital und damit auch Forderungsverkauf des Ratings stellt zunächst einen Aktivtausch dar, der zu einer Bilanzverkürzung führen kann, wenn der Erlös gleichzeitig zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwendet wird → steigende Eigenkapitalquote

Wirkung auf … Kapitalkosten/ Kosten der Dauer der KapitalLiquidität Finanzierung überlassung Positiver Einfluss Zins orientiert sich Mittel- bis langfristige auf die Liquidität am Kapitalmarkt durch Freisetzung und ist kostengüns- Laufzeit der Forderungen tiger als der KK des in den und damit der Zins Forderungen Kapitalüberlasgebundenen sung Kapitals, das in Die Kapitalüberder Folge für lassungsdauer Investitionen oder ist abhängig von zur Rückführung der Laufzeit der von Verbindlichverkauften keiten verwendet Forderung werden kann; über den regresslosen Verkauf der Forderung kann gleichzeitig das Forderungsausfallrisiko verlagert werden → Planbarkeit der Liquidität

Bemerkung Instrument, das meist im Rahmen der Exportfinanzierung oder für singuläre Exporte eingesetzt wird

262 5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

ABS/MBS/ CDO

Anhebung des Ratings durch Verbesserung verschiedener Bilanzkennzahlen und Risikominderung auf Grund des Abbaus des Forderungsbestands

Keine bilanzielle Wirkung auf das Eigenkapital (es kommt lediglich zu einem Aktivtausch) Hauptziel: Risikominimierung und Generierung von Liquidität

Zufluss von Liquidität aus dem Verkauf der Gegenstände des AV/UV in Höhe des jeweiligen Barwertes abzüglich entstehender Kosten Liquiditätsentlastung, da laufende Zins- und Tilgungsleistungen an die Investoren durch die Zweckgesellschaft aus dem Einzug der Forderungen geleistet werden

Kosten für die Verbriefung der Forderung Renditeforderung der Investoren ist abhängig von dem in dem verbrieften Forderungspaket enthaltenen Risiko

Laufzeit ist abhängig von der durchschnittlichen Laufzeit der verbrieften Forderungen

(Fortsetzung)

Verkauf von Gegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens mit bilanzbefreiender Wirkung an eine Zweckgesellschaft Diese werden von der Zweckgesellschaft zur Refinanzierung in Form von Wertpapieren verbrieft

5.4 Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkungen … 263

Wirkung auf …

Finanzierung aus Gewinnen – offene Selbstfinanzierung

Verbesserung des Ratings auf Grund der verbesserten Eigenkapitalquote und Liquiditätssituation des Unternehmens

Erhöhung des Eigenkapitals durch Thesaurierung vom im Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinnen Innenfinanzierungspotenzial abhängig vom Gewinn nach Ertragssteuern

Eigenkapital/ Instrument Rating Eigenkapitalquote Verbesserung des Keine bilanzielle Finanzierung aus Kapitalfrei- Ratings auf Grund Wirkung auf das Eigenkapital (es der durch den setzung über kommt lediglich zu Aktivtausch den Verkauf einem Aktivtausch) veränderten von AV/UV Vermögensstruk- Ggf. Bilanzverlängerung durch mit tur dem Verkauf verbundene Realisierung stiller Reserven (Nettoerlös nach Steuern)

Tab. 5.1 (Fortsetzung)

Entlastung durch Vermeidung von Liquiditätsabflüssen für Zins- und Tilgungsleistungen obsoleter Außenfinanzierungsinstrumente

Keine Kapitalbeschaffungskosten für alternatives externes Kapital

Bemerkung Bei den veräußerten Vermögensgegenständen sollte es sich um nicht betriebsnotwendiges Vermögen handeln, um das Leistungserstellungspotenzial aufrecht zu erhalten Kapitalüberlas- Möglichkeiten der Gewinnthesungsdauer saurierung sind abhängig vom abhängig von Reinvestitions-Zeitpunkt Rechtsform des des thesaurierten Unternehmens und rechtlichen Gewinns Vorschriften zur Gewinnverwendung Keine Nutzung des Leverage Effekts möglich

Kapitalkosten/ Kosten der Dauer der KapitalLiquidität Finanzierung überlassung Keine zusätzlichen Zufluss von Kosten; InvestitioLiquidität durch nen können ohne die mit dem Kapitalbedarf von Verkauf von AV/ außen erfolgen UV verbundene Kapitalfreisetzung Kostenreduzierung, wenn aus Veräußerungserlös Verbindlichkeiten zurückgeführt werden

264 5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Fremdka- Finanzierung pitalum- aus Rückstellungen schichtung

Finanzierung aus Gewinnen – stille Selbstfinanzierung

Verschlechterung der Eigenkapitalquote bei gleichzeitiger Verbesserung anderer Bilanzkennzahlen wie Liquidität kann zu einer Verbesserung des Ratings führen

Verbesserung des Ratings auf Grund der verbesserten Eigenkapitalquote und Liquiditätssituation des Unternehmens

Kapitalüberlassungsdauer abhängig vom Zeitpunkt der Bildung und Realisierung/ Auflösung der stillen Reserven

Kapitalüberlassungsdauer ist abhängig vom Zufluss-Zeitpunkt des Rückstellungsgegenwertes sowie des Rückstellungszeitraumes

Keine Kapitalbeschaffungskosten für alternatives externes Kapital

Keine zusätzlichen Kosten; Investitionen können ohne Kapitalbedarf von außen erfolgen Kostenreduzierung, wenn aus zufließender Liquidität Verbindlichkeiten zurückgeführt werden

Generierung von Liquidität durch Realisierung von in der Bilanz enthaltenen stillen Reserven

Liquiditätszufluss über den Zufluss der Rückstellungsgegenwerte aus dem laufenden Umsatzprozess

Bei Realisierung der in der Bilanz enthaltenen stillen Reserven kann das Eigenkapital in Höhe des Netto erlöses erhöht werden

Erhöhung des Fremdkapitals durch Bildung von Rückstellungen Finanzierungseffekt auf Grund der zeitlichen Differenz zwischen dem Rückstellungsaufwand und der tatsächlichen Auszahlung sowie der Steuerstundung im Jahr der Bildung der Rückstellung

(Fortsetzung)

Entstehung stiller Reserven durch Unterbewertung der Aktiva und Überbewertung der Passiva Möglichkeiten abhängig vom zu Grunde gelegten Rechnungslegungsstandard Finanzierungseffekt ist abhängig vom Rückstellungsvolumen und Rückstellungszeitraum und Marktzinssatz

5.4 Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkungen … 265

Instrument Finanzierung aus Abschreibungen

Tab. 5.1 (Fortsetzung)

Eigenkapital/ Rating Eigenkapitalquote Keine bilanzielle Möglichkeit der Wirkung auf das Verbesserung Eigenkapital; verschiedener Bilanzkennzahlen Finanzierungseffekt und in der Folge auf Grund der zeitlichen Differenz des Ratings zwischen dem Abschreibungsaufwand und der tatsächlichen Auszahlung

Wirkung auf … Kapitalkosten/ Kosten der Dauer der KapitalLiquidität Finanzierung überlassung Liquiditätszufluss Keine zusätzlichen Die KapitalüberKosten; Investitio- lassungsdauer über den Zufluss ist abhängig von nen können ohne der Abschreibungsgegenwerte Kapitalbedarf von der bei der Ermittlung der aus dem laufenden außen erfolgen Kostenreduzierung, Abschreibung Umsatzprozess berücksichtigten → Kapitalfreiset- wenn aus zuflieNutzungsdauer ßender Liquidität zungs- und Kapazitätserweite- Verbindlichkeiten sowie dem Zufluss-Zeitzurückgeführt rungseffekt punkt der werden Wirkung ist Abschreibungsabhängig von gegenwerte und angewandter vom Zeitpunkt Abschreibungsmeder notwendigen thode und Ersatz-/ RechnungsleErweiterungsgungsstandard investition

Bemerkung Finanzierungseffekt abhängig von der angewandten Abschreibungsund Rechnungslegungsmethode, berücksichtigter Nutzungsdauer und Zeitpunkten des Zuflusses der Abschreibungsgegenwerte und der notwendigen Auszahlungen

266 5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Finanzierung aus passivisch abzugrenzenden Geschäftsvorfällen

Finanzierung aus sonstigen Verbindlichkeiten

Möglichkeit zur Verbesserung des dynamischen Verschuldungsgrades und in der Folge des Ratings Verschlechterung des Zinsdeckungsgrads bei Nachrang vereinbarungen führt auch zur Verschlechterung des Ratings Verbesserung des Ratings durch verbesserte Liquidität und Verbesserung des dynamischen Verschuldungsgrades Gleichzeitig belastet die sinkende Eigenkapitalquote das Rating Finanzierungseffekte dieser potenziellen Kapitalquelle eher gering Überlassungsdauer abhängig vom zugrunde liegenden Geschäftsvorfall

Dem Charakter nach Abzugskapital, demgemäß zinslos überlassenes Fremdkapital

Erhöhung des passiven Rechnungsabgrenzungspostens führt zu einer Steigerung der Liquidität

Erhöhung des passiven Rechnungsabgrenzungspostens führt zu einer Verschlechterung der Eigenkapitalquote

(Fortsetzung)

Finanzierungseffekt abhängig von der jeweiligen vertraglichen Gestaltung

Überlassungsdauer abhängig von den vertraglichen Vereinbarungen

Kapitalkosten ggf. höher als bei klassischer Bankfinanzierung (höheres potenzielles Verlustrisiko der Kapitalgeber bei Nachrang vereinbarungen)

Steigerung der Zahlungsziele im Rahmen der sonstigen Verbindlichkeiten und damit einhergehende Verbesserung der Liquidität

Erhöhung der sonstigen Verbindlichkeiten bei gleichzeitiger Herabsetzung der Eigenkapitalquote

5.4 Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkungen … 267

Fremdkapital

Wirkung auf …

Eigenkapital/ Instrument Rating Eigenkapitalquote Unternehmens- Verschlechterung Über die Ausgabe der Anleihe mit anleihen – Mit- des Ratings auf einem festen Grund der telstandanleihöheren Verschul- schuldrechtlichen hen Anspruch auf dungsquote Kapitalrückzahlung erfolgt eine Aufnahme von Fremdkapital über den Kapitalmarkt Verschlechterung Eigenkapitalquote Unternehmens- Verschlechterung Bereitstellung von Fremdkapital des Ratings auf anleihen – verbunden mit einer Schuldschein- Grund der höheren Verschul- Verschlechterung darlehen der Eigenkapitaldungsquote quote

Tab. 5.1 (Fortsetzung)

Liquiditätsbelastung durch regelmäßige, fest vereinbarte Zins- und Tilgungszahlungen, die auch in wirtschaftlich angespannten Zeiten nicht ausgesetzt werden können

Einmalige Platzierungskosten von 1-2 % des Nominalbetrages Zins ca. 0,25-0,5 % über vergleich-baren Anleihezinsen

Kapitalüberlassungsdauer max. bis 15 Jahre wegen Deckungsstockfähigkeit Prolongationsrisiko

Kapitalkosten/ Kosten der Dauer der KapitalLiquidität Finanzierung überlassung Langfristige Liquiditätsbelas- Kosten sind aber zeitlich abhängig von der tung durch befristete regelmäßige, fest Ratingeinstufung der Emission oder Kapitalüberlasvereinbarte sung des Emittenten; Zinszahlungen, Zusätzliche Kosten Laufzeit bis zu die auch in 10 Jahre für Begebung, wirtschaftlich ProlongationsÖffentlichkeitsangespannten arbeit, Information risiko Zeiten nicht ausgesetzt werden der Investoren, externes Rating, … können

Schuldschein zur Bestätigung des Kapitalerhalts durch den Schuldner Sicherstellung über Briefgrund-schulden mit Zwangsvollstreckungsklausel

Bemerkung Hohe Anforderungen bei Emission Mindestvolumen 10 Mio. EUR

268 5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Möglicherweise Verschlechterung des Ratings auf Grund der höheren Verschuldungsquote trotz verbesserter Liquiditätssituation

Bereitstellung von Fremdkapital verbunden mit einer Verschlechterung der Eigenkapitalquote

Liquiditätsentlastung, da Zinsen nicht direkt gezahlt werden, sondern eine Verrechnung – ggf. über Disagio – im Kurs erfolgt Liquidität wird erst mit Rückzahlung am Laufzeitende – ggf. stark – belastet LiquiditätsbelasVerschlechterung Bereitstellung von MitarbeiFremdkapital durch tung durch ter-Fremdkapi- des Ratings auf die Mitarbeiter des regelmäßige, fest Grund der tal-Beteilivereinbarte höheren Verschul- Unternehmens gung – MitZinszahlungen, Verschlechterung arbeiterdarlehen dungsquote die auch in Eigenkapitalquote wirtschaftlich angespannten Zeiten nicht ausgesetzt werden können

Nullkuponanleihen/ Zerobonds

Langfristige aber zeitlich befristete Kapitalüberlassung Laufzeit min.10 Jahre Prolongationsrisiko

Kapitalüberlassungsdauer max. bis 15 Jahre Prolongationsrisiko

Kosten sind abhängig von der Ratingeinstufung der Emission; Zusätzliche Kosten für Begebung, Öffentlichkeitsarbeit, Information der Investoren, externes Rating, …

Vergleichbar mit Bankkredit

(Fortsetzung)

Möglich sind auch Beteiligungen über Schuldverschreibungen, die vom Mitarbeitern erworben werden

Bilanzierung als Verbindlichkeit ist zum Brutto – oder Nettoansatz möglich

5.4 Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkungen … 269

Instrument Öffentliche Fördermittel

Tab. 5.1 (Fortsetzung)

Eigenkapital/ Rating Eigenkapitalquote Bei öffentlichen Trotz der sich verschlechternden Förderdarlehen: Eigenkapitalquote Bereitstellung von ist eine Verbesse- Fremdkapital rung des Ratings verbunden mit einer Verschlechterung auf Grund der der Eigenkapitalgeschonten quote Liquidität sowie Beim Zuschuss: der verbesserten Bei Anwendung der Rentabilität Bruttomethode möglich Ausweis als gesonderter Passivposten (SoPo für Investitionszulagen) zwischen Eigenkapital und Rücklagen, der erfolgswirksam über die Nutzungsdauer wieder aufgelöst wird

Wirkung auf … Kapitalkosten/ Kosten der Liquidität Finanzierung Zinsgünstige Förderdarlehen: Liquiditätsentlas- Darlehen im Vergleich zu tung durch Bankdarlehen geringere Zinsbelastungen, anfängliche Aussetzung der Tilgung sowie Gewährung von Tilgungs- oder Investitions-Zuschüssen aber auch Liquiditätsbelastung durch regelmäßige, fest vereinbarte, auch bei wirtschaftlich angespannter Lage nicht ausgesetzbarer Zinszahlungen Zuschuss: Liquiditätsschonung durch ertragswirksame Auflösung über die gesamte Nutzungsdauer Dauer der Kapitalüberlassung Dauer der Kapitalüberlassung erfolgt in der Regel über einen Zeitraum von 5 bis max. 20 Jahren

Bemerkung Beantragung erfolgt in der Regel über die Hausbank Wahlrechte bei Bilanzierung von Zuschüssen

270 5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

5.4 Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkungen …

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Als Private Debt werden Kapitalmittel bezeichnet, welche insbesondere von Dritten (zum Beispiel institutionelle Anleger/Investoren) vorzugsweise außerhalb des Bankensektors angeboten werden. In der Regel handelt es sich hierbei um privat platzierte, vorzugsweise nichtgehandelte (illiquide) erst-/nachrangige Fremdkapital- oder Mezzanine-Titel, welche in einem Sekundärmarkt gehandelt werden und zumeist ein Sub-Investment-Grade-Rating aufweisen. Die Finanzierungskontrakte können entweder einer vertraglichen Regelung unterliegen oder es liegt eine Verbriefung vor. Das Direct Lending bezeichnet eine direkte Kreditvergabe zwischen einem Investor und einem Kreditnehmer, ohne dass hierfür die Dienstleistungen eines Finanzintermediärs in Anspruch genommen werden. Zwar stärkt diese Finanzierungsform die Unabhängigkeit von Kreditinstituten, gleichwohl muss angeführt werden, dass die Finanzierungskosten dieser Art der Kapitalbeschaffung mit Verzinsungsansprüchen von in der Regel über 5,0 % p.a. und einer additionalen Strukturierungsgebühr vergleichsweise hoch sind. Unter Kreditverbriefungen fallen beispielsweise Asset Backed Securities, Mortgage Backed Securities oder auch Collateralised Debt Obligations. Diese Finanzierungsinstrumente werden in der Regel als festverzinsliche Wertpapiere am Kapitalmarkt gehandelt und durch die zu Grunde gelegten Forderungen abgesichert. Die Zins- und Tilgungsansprüche der Investoren werden über die jeweilige Kreditforderung bedient. Das Unternehmen kann sich auf diese Weise günstig liquide Mittel beschaffen und gleichzeitig seine Forderungs- und Kreditausfallrisiken minimieren. Für umfangreichere Ausführungen zur Thematik wird auf den Abschn. 5.3.1.5.3 verwiesen. Neben diesen alternativen Finanzierungsmöglichkeiten könnten vor allem für innovative Unternehmen mit einem tendenziell risikoreicheren Geschäftsmodell die Beteiligungsfinanzierung über Private Equity oder Venture Capital sowie das Crowdlending und Crowdfunding weitere alternative Möglichkeiten zur Kapitalbeschaffung darstellen. Insbesondere für größere KMU mit Zugang zum Kapitalmarkt stellt der Rückgriff auf kapitalmarktnahe Fremdfinanzierungsinstrumente, wie Mezzanine oder Mittelstandsanleihen, eine weitere Alternative zum Bankkredit als derzeit noch wichtigste Säule der Außenfinanzierung mit einem durchschnittlichen Anteil von etwa 16 % der Bilanzsumme dar.19 Allerdings ist anzumerken, dass für eine Finanzierung über den Kapitalmarkt in der Regel ein Mindestvolumen von 25 Mio. EUR (10 Mio. EUR für Mittelstandsanleihen) notwendig ist. Daher steht diese Alternative in der Regel nur großen KMU mit höheren Investitionsvolumina zur Verfügung. Des Weiteren sind die mit der Emission und Erfüllung der Publizitätspflichten verbundenen Kosten zu beachten. In den Leitlinien für Anleiheemissionen werden die folgenden Empfehlungen genannt: • mehrjährig erprobtes und etabliertes Geschäftsmodell, • Jahresumsatz von mindestens 100 Mio. EUR, • Emissionsvolumen von mindestens 25  Mio.  EUR (für Mittelstandsanleihen 10  Mio. EUR),  Vgl. Kaserer, C. (2015), S. 23 f. und 35 f.

19

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5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

• positives und stabiles Geschäftsergebnis über mindestens 3 Jahre vor Emission sowie • erfahrenes Management und kapitalmarktorientiert aufgebautes Rechnungswesen.20 Zudem kann die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes aufgrund asymmetrischer Informationen deutlich eingeschränkt werden. Diese wird insbesondere am Markt für Mittelstandsanleihen deutlich, an dem die Vorgaben bezüglich der Berichterstattung gegenüber dem übrigen Kapitalmarkt deutlich geringer sind. In diesem Zusammenhang muss ein Ausgleich zwischen dem Informationsaufwand der KMU und dem Informationsbedarf der Investoren erfolgen. Ein entscheidender Erfolgsfaktor für Emissionen von Mittelstandsanleihen ist die sogenannte Bond-Story. In dieser werden insbesondere die Branchenzugehörigkeit, die Positionierung im Wettbewerb und aktuelle Kennzahlen des Unternehmens sowie der geplante Einsatz der Finanzierungsmittel dargestellt. Zielsetzung ist es, die potenziellen Kapitalanleger von der Investition in das Unternehmen zu überzeugen. Für die Platzierung ist zudem der Bekanntheitsgrad des Unternehmens bei den Investoren von hoher Bedeutung. Ferner wird empfohlen, das Emissionsvolumen so hoch zu bemessen, dass es neben dem eigentlichen Finanzbedarf der Investition einen Sicherheitspuffer für den Fall beinhaltet, sofern nicht das gesamte Anleihevolumen platziert werden kann. Eine weitere potenzielle Alternative zum klassischen Bankkredit für größere KMU sind Schuldscheindarlehen. Hierbei handelt es sich um langfristige, hochvolumige Kredite, welche große Ähnlichkeiten zu Anleihen aufweisen. Die in der Regel von Industrieunternehmen und der öffentlichen Hand nachgefragten Kreditbeträge werden in Schuldscheine portioniert und zumeist von Kreditinstituten, Versicherungen, Vorsorgekassen oder ähnlichen Kapitalsammelstellen begeben. Dem Schuldschein ist die Verpflichtung zum Kapitaldienst immanent, das heißt die Tilgung sowie die Entrichtung der fixierten Zinsen. Demgemäß fungiert er als Beweis für die Vergabe des Kredites. Im Gegensatz zu (Mittelstands-)Anleihen werden Schuldscheindarlehen nicht börslich gehandelt. Schuldscheindarlehen basieren auf einem Kreditvertrag und können auch als „übertragbarer Kredit“ mit flexibler Mittelverwendung zumeist ohne dingliche Sicherheiten und mit gegenüber Anleihen bedeutend vereinfachten Dokumentations- und Reporting-Anforderungen beschrieben werden. Sie sind in der Regel für KMU mit guter Bonität (Investment-Grade-Profil) verfügbar und werden nicht nachrangig ausgegeben. Sie sind aktuell insbesondere an institutionelle Investoren gerichtet. Durch die Beschaffung von Fremdkapital durch die Emission von Anleihen oder Schuldscheindarlehen können größere KMU ihre Finanzierungsstruktur diversifizieren und die Abhängigkeit vom Bankkredit verringern. Sie gewinnen insbesondere vor dem Hintergrund einer verschärften bankaufsichtsrechtlichen Regulierung als günstigere Alternative zum ­ ­klassischen Bankkredit an Bedeutung. Gleichwohl ist indes zu beachten, dass diese Instrumente die Eigenkapitalquote verschlechtern und die laufende Zins- und Tilgungsleistungen zu einer regelmäßigen Liquiditätsbelastung führen, wodurch ceteris paribus die Rentabilität des KMU und in der Folge das Rating tendenziell negativ beeinträchtigen werden.  Vgl. Deutscher Sparkassen und Giroverband (2015), S. 22 und Deutsche Börse AG (2014), S. 5, 7.

20

5.4 Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkungen …

273

5.4.2 Alternative Finanzierungsmöglichkeiten für kleinere KMU Insbesondere kleinere KMU haben zumeist eingeschränkte Möglichkeiten, die dargestellten alternativen Finanzierungsinstrumente zu nutzen. Häufig fehlen solchen KMU die notwendigen Ressourcen und/oder das Know-how für eine entsprechend transparente Berichterstattung. In diesem Fall wirken sich die damit verbundenen Informationsasymmetrien zwischen den KMU und den potenziellen Investoren/Kapitalgebern negativ auf die Bonitätseinschätzung beziehungsweise das Rating und damit die Kreditverfügbarkeit in Form von Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten und -konditionen aus. Die tendenziell schlechtere Bonitätseinschätzung insbesondere kleinerer KMU kann mit den erleichterten Veröffentlichungspflichten und der damit häufig einhergehenden geringeren Informations- und Datenverfügbarkeit erklärt werden. Diese Problematik hat sich im Zuge des Inkrafttretens des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BilRUG) seit 2015 verschärft, weil insbesondere KMU von Erleichterungen im Hinblick auf erforderlichen Publizitätsumfang profitieren, da beispielsweise Schwellenwerte für Größenklasseneinordnungen signifikant angehoben worden sind. Das Rating spielt sowohl bei der Kapitalbeschaffung über den Kapitalmarkt als auch über andere alternative Finanzierungsquellen eine wichtige Rolle und führt insbesondere bei kleineren KMU tendenziell zu höheren Risikoprämien und damit schlechteren Konditionen. Die Kapitalbeschaffung über den Kapitalmarkt scheidet für kleinere KMU aufgrund der geringen Kreditvolumina meist aus. Auch der Zugang zu den anderen beschriebenen alternativen Finanzierungsquellen dürfte vergleichsweise problematisch sein, da es zu den grundlegenden Interessen eines potenziellen Investors gehört, Informationen über Wirtschaftlichkeit und Risiken zu erlangen. So verbleibt für kleinere KMU zumeist lediglich die Innenfinanzierung aus Eigenmitteln. Externe Eigenkapitalgeber fordern in der Regel neben einer entsprechenden Vergütung für das eingegangene Risiko auch gewisse Mitspracherechte. Dies ist häufig vom Unternehmer nicht gewünscht, da es ihn in seiner Entscheidungsfreiheit einschränken würde. Für kleinere KMU könnte die Finanzierung über die Mitarbeiterbeteiligung noch eine Alternative zum Bankkredit darstellen. In diesem Fall wären die Mitarbeiter an ihrem eigenen Unternehmen und dessen Ergebnis beteiligt. Dies kann einen Beitrag zur Motivationssteigerung sowie zu höherer Loyalität und Mitarbeiterbindung leisten. Die Ergebnisbeteiligung könnte zu einer höheren Produktivität und Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter führen. Gleichzeitig können durch Nutzung dieser Finanzierungsalternative nicht gewünschte Mitspracherechte von Unternehmensexternen Investoren vermieden werden.

5.4.3 Zwischenfazit Die differenzierte Betrachtung der Auswirkungen der veränderten Regelungen auf die Finanzierungsmöglichkeiten der KMU zeigt teilweise deutliche größenabhängige Unterschiede. Die folgende Tab. 5.2 fasst die bisherigen Ausführungen zusammen.

Große KMU Kleinere KMU Typische Finanzierungsquel- Hausbankkredite (gestützt auf ein paar ausgewählte Institute) und Insbesondere Hausbankkredite mit Kreditkonzen­ tration bei einer Hauptbank und Innenfinanzierung len Innenfinanzierung sowie teilweise Kapitalmarktfinanzierung (zunehmende Bedeutung von Schuldschein- und Anleiheemissio- v. a. genutzte Finanzierungsquellen: - Innenfinanzierung nen) - Bankkredit v. a. genutzte Finanzierungsquellen: - Gesellschafter – Innenfinanzierung - Lieferantenkredite – Bankkredit - Leasing – Gesellschafter Allgemeiner Trend zu abnehmender Bedeutung – Leasing der Fremdkapitalfinanzierung und deutlich – konzerninterne Finanzierung Zunehmender Trend zu konzerninternen Finanzierungen und Lie- steigenden Eigenkapitalquoten durch verstärkte ferantenkrediten zur breiteren Diversifikation der Finanzierungs- Gewinnthesaurierung quellen Veränderungen der allgemein: Finanzierungsmöglichkeiten höhere regulatorische Eigenkapitalanforderungen an Banken durch neue Regelungen zur Ermittlung der RWA, unter Basel IV inklusive Floor- und IRBA-Regelung und TLAC → zusätzliche Eigenkapitalkosten auf Seite der Kreditinstitute → Weitergabe an Kreditnehmer (KMU) über höhere Konditionen und/oder Anforderungen an Sicherstellung beziehungsweise Einschränkungen der Kreditvergabe zusätzlich: – mögliche Einschränkung des langfristigen Kreditangebots (fristenkongruente Refinanzierung durch NSFR) und Entstehung eines damit verbundenen Zinsänderungs- und Prolongationsrisikos für KMU – wachsende Bedeutung alternativer Finanzierungsinstrumente und -strategien zur Diversifizierung der Finanzierungsstruktur (Finanzierungsmix) – steigende Bedeutung des Ratings und der damit verbundenen Finanzkommunikation und Datenverfügbarkeit sowie Transparenz und Informationstiefe der Berichterstattung zum Abbau von Informationsasymmetrien

Tab. 5.2  Finanzierungsquellen und Finanzierungsmöglichkeiten von KMU

274 5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

Veränderungen der Finanzierungsmöglichkeiten unter Basel IV

Mehraufwand durch die wachsende Bedeutung der Finanzkommunikation und des Reportings im Rahmen des Ratingprozesses (Informationsasymmetrien können nur teilweise über Hausbankbeziehung verringert werden) Höhere Informationsasymmetrien zu potenziellen Kreditgebern als bei größeren KMU aufgrund der eingeschränkten Datenverfügbarkeit und Offenlegung → eingeschränkte Möglichkeiten der Kreditwürdigkeitsprüfung → tendenziell schlechtere Bonitätsbeurteilung → erschwert Suche nach alternativen Finanzierungsquellen Deutlicher Trend zu stärkerer Innenfinanzierung und steigenden Eigenkapitalquoten durch Thesaurierung von Gewinnen zur Stärkung der Unabhängigkeit vom Bankkredit bei nur begrenzten weiteren alternativen Finanzierungsmöglichkeiten

Zunehmende Bedeutung eines auf den jeweiligen Kapital- und Liquiditätsbedarf des KMU abgestimmten Finanzierungsmix aus Bankkredit ergänzt durch andere Finanzierungsinstrumente Zunehmende Bedeutung der Innenfinanzierung zur Reduzierung der Abhängigkeit von externen Kapitalgebern

(Fortsetzung)

Stärkere Abhängigkeit von Hausbankkrediten und Relationship Lending Meist Hausbankbeziehungen mit lokalen Banken, die durch die veränderten Regelungen tendenziell stärker bei der Kreditvergabe eingeschränkt werden Zu beachten ist, dass erweiterte Sicherheitenanforderungen meist in Form privater Sicherheiten des Unternehmers erfüllt werden müssen

Insbesondere bei der Finanzierung langfristiger Investitionen nimmt die Bedeutung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten zum Bankkredit zu, um eine fristenkongruente Finanzierung zu gewährleisten Wachsende Bedeutung der Finanzierung über den Kapitalmarkt zur weiteren Diversifizierung der Finanzierungsstruktur; dabei sind die erweiterten Anforderungen bei der Finanzierung über den Kapitalmarkt und der damit verbundene Mehraufwand zu berücksichtigen

5.4 Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkungen … 275

Alternative Finanzierungsmöglichkeiten

Tab. 5.2 (Fortsetzung)

Trend zur Disintermediation mit einem wachsenden Angebot an Nicht-Banken-Finanzierungen, z. B. wie Private Debt und Direct Lending Wachsendes Angebot an Kreditverbriefungen und verschiedenen Formen der Beteiligungsfinanzierung Zunehmende Bedeutung von Mezzanine, Mittelstandsanleihen und Schuldscheindarlehen

Meist nur eingeschränkte Möglichkeiten zur Nutzung alternativer Finanzierungsinstrumente Eine alternative Finanzierung über den Kapitalmarkt scheidet aufgrund der meist geringen Kreditvolumina aus Alternative Finanzierungsmöglichkeit zum Bankkredit ist insbesondere die Nutzung der Instrumente der Innenfinanzierung

Außenfinanzierung: Factoring, Leasing, Mezzanine und Emission von Anleihen bzw. Schuldscheindarlehen, öffentliche Fördermittel, Einlagen- und Beteiligungsfinanzierung, gegebenenfalls Risikokapitalfinanzierung Innenfinanzierung: Finanzierung aus Gewinnen, Finanzierung aus Abschreibungen, Finanzierung aus Rückstellungen, Finanzierung aus Vermögensumschichtung, Beteiligungsfinanzierung (Mitarbeiterbeteiligungen) Zu beachten: Die genannten Finanzierungsinstrumente haben unterschiedliche Wirkungen auf die Kapitalstruktur, Liquidität und Rating. Des Weiteren existieren Unterschiede bei Kapitalkosten und Kapitalüberlassungsdauer.

276 5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

5.4 Alternative Finanzierungsinstrumente und ihre Wirkungen …

277

Die Auswirkungen der regulatorischen Veränderungen auf die Finanzierungsmöglichkeiten der KMU sind abhängig von der teilweise noch ausstehenden finalen Kalibrierung von Basel IV. Es sind in jedem Fall rating- und größenabhängige Unterschiede zu erwarten. Insbesondere für kleinere Unternehmen mit tendenziell schlechteren Ratings könnte es zu stärkeren Einschränkungen der Kreditverfügbarkeit kommen. Unternehmen müssen sich auf die veränderten Rahmenbedingungen einstellen. Insbesondere die Datenqualität und -verfügbarkeit aussagekräftiger und transparenter Daten sowie Informationen zur Lage des Unternehmens im Rahmen der Finanzkommunikation sind eine wesentliche Voraussetzung im Rahmen der Kapitalbeschaffung  – unabhängig davon, ob diese in Form eines Bankkredits oder anderer alternativer Instrumente der externen Finanzierung erfolgt. Somit gewinnt das Rating und demgemäß die Einschätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit durch die Bank, insbesondere im Hinblick auf die Kapitalverfügbarkeit und die Finanzierungskonditionen, immer mehr an Bedeutung. Dabei verwenden Banken im Rahmen der Bonitätsprüfung meist quantitative Verfahren mit Betrachtung von Eigenkapitalquote, Cashflow und der Umsatzentwicklung. Die Finanzierungsstrategie und damit die Wahl des Finanzierungsmix muss exakt auf den Kapital- und Liquiditätsbedarf abgestimmt werden. In diesem Zusammenhang ist die Implementierung eines entsprechenden Finanzcontrollings zu postulieren, welche insbesondere kleinere KMU vor eine neue Herausforderung stellt. Grundsätzlich ist hierfür das Verständnis der Kausalität von Rating (Risiko) und Kondition (Marge) von besonderer Bedeutung. Der Zusammenhang kann auch mit Hilfe der Portfoliotheorie nach Markowitz beschrieben werden. Demnach liegen alle effizienten Kombinationen aus erwarteter Rendite und Risiko auf der Effizienzkurve. Diese erfüllen die folgenden Effizienzkriterien: „Es gibt kein anderes Portfolio, das 1 ) bei gleichem Renditeerwartungswert ein geringeres Risiko, 2) bei gleichem Risiko einen höheren Renditeerwartungswert, 3) sowohl einen höheren Renditeerwartungswert als auch gleichzeitig ein geringeres Risiko besitzt.“21 Die erwartete Rendite steigt mit zunehmendem Risiko an. Die Tatsache, dass das ­Risiko des Unternehmenskredits über das Rating abgebildet wird, führt zu folgenden Schlussfolgerungen: je schlechter das Rating, desto höher das Risiko und umso schlechter die Kondition.

 Steiner, M. et al. (2017), S. 9.

21

278

5  Typische Finanzierungsquellen von KMU und ihre Veränderungen unter Basel IV

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6

Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

6.1

Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

In den Kap. 2, 3 und 4 wurden die wesentlichen Inhalte von Basel IV einschließlich ihrer Grundlagen aus Basel II und Basel III dargestellt und daraus zu erwartende Auswirkungen auf Kreditinstitute und KMU abgeleitet. Dabei wurde deutlich, dass das Controlling – bestehend aus dem kybernetischen Kreislauf Planung, Kontrolle, Analyse und Steuerung sowie Information und Kommunikation – bei der Umsetzung und Einführung von Basel IV eine wichtige Rolle spielt. Eng mit dem Controlling verbunden sind sowohl das Risikomanagement, welches als wesentlicher Bestandteil der 2. Säule nach Basel IV (Risikobewusstsein und Risikostrategie) besonders hervorgehoben wird, als auch das betriebliche Finanzmanagement. Zu letztgenanntem bildet insbesondere das Finanzcontrolling insofern eine Schnittstelle, dass es eine Unterstützungsfunktion besitzt und sowohl Planungs- und Kontroll-, als auch Analyse- und Steuerungsaufgaben für das betriebliche Finanzmanagement wahrnimmt, indem es die relevanten Informationen erhebt und zur Entscheidungsgrundlage aufbereitet. Weitere Controlling-relevante Auswirkungen von Basel IV sind vor allem in den Bereichen Ertragslage, Vermögens- und Kapitalstruktur, Liquidität, Rentabilität und Wertschöpfung sowie Rating zu beobachten. Die Kapitalanforderungen stehen in einem direkten Zusammenhang mit den ermittelten Risiken. Zur Risikobewertung dienen wiederum Ratings, die auf verschiedenen Kennzahlen und Kennzahlensystemen basieren. Bei der Ratingerstellung werden auch die Qualität der Rating-Unterlagen sowie die Controlling-Dienstleistungen bewertet. Dabei werden Entwicklungen der vergangenen drei bis fünf Jahre und die darauf aufbauenden Prognosen für die folgenden Jahre berücksichtigt. Wesentliche Ratingkriterien und -komponenten wurden bereits in Abschn. 4.3 dargestellt.

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Zirkler et al., Controlling und Basel IV in der Unternehmenspraxis, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31352-4_6

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282

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Die Rentabilität wird an der Eigenkapitalrentabilität, der Gesamtkapitalrentabilität, der Umsatzrentabilität oder über Margen und Deckungsbeiträge gemessen. Als Messgrößen für die Wertschöpfung können im Rahmen eines stetigen wertorientierten Controllings unter anderem der Discounted Cashflow (DCF), Economic Value Added (EVA®) oder Cash Value Added (CVA) bis hin zum Shareholder Value (SHV) verwendet werden. Die Liquidität wird gemessen über LCR, NSFR sowie Liquiditätsdeckungsgrade. Daneben ist auf Grund der geforderten risikobasierten Eigenkapitalunterlegung das Risikomanagement zu beachten, da dieses die risikogewichtete Aktiva der Bankbilanz mit beeinflusst. Wie eingangs genannt unterstützt ein umfassendes Controlling alle Funktionen einer modernen Unternehmensführung von der strategischen und operativen Planung über Kontrolle, Analyse und Steuerung bis hin zu einem aussagekräftigen Berichtswesen. Es ist unverzichtbar für eine bedarfsgerechte, vollständige, nachvollziehbare, durchgängige und pünktliche Informationsversorgung. Der Informationsversorgungsprozess beinhaltet verschiedene Informationsphasen: • • • • •

Ermittlung des Informationsbedarfs, Informationsbeschaffung, Informationsaufbereitung, Informationsspeicherung sowie Informationsabgabe.

Die Informationsversorgung bildet die Basis der Unternehmenssteuerung und gewährleistet, dass während des Kommunikationsprozesses zeitnah Auskünfte über den wirtschaftlichen und finanziellen Status gegeben werden können. Außerdem dient sie der Erfüllung von Basel IV – Anforderungen wie aufsichtsrechtliche Meldungen, Publizitäts- und Offenlegungsvorschriften. Ein Zusammenwirken von Controlling, Risikomanagement und Rating ist gleichermaßen für Kreditinstitute und KMU von Bedeutung. Es ermöglicht eine wirkungsvolle Steuerung der Strategie sowie des Ratings und trägt zur Kommunikation bei. KMU erhalten darüber hinaus Instrumente, um die Bedingungen für die Kapitalbeschaffung zu verbessern. Demgemäß wird in den weiteren Ausführungen der Schwerpunkt auf ein ratingorientiertes Controlling gelegt. Exemplarisch wird das von Kaplan und Norton entwickelte Konzept der Balanced Scorecard (= ausgewogener Berichtsbogen) als geeignetes Instrument vorgestellt und angewendet.

6.1.1 Balanced Scorecard als Instrument des Controllings Controlling-Systeme bauen auf Kennzahlen, Kennzahlensystemen und Verknüpfungen zwischen diesen Elementen auf. Balanced Scorecards erlauben die Abbildung kausaler Beziehungen und ermöglichen damit die Erfassung des sachlogischen Zusammenhangs

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

283

zwischen den Kennzahlen und ihren Treibergrößen. Damit kann eine Erweiterung um nicht-monetäre Ziele und Kennzahlen erfolgen. Engel stellt die Balanced Scorecard als ein Instrument des strategischen Managements dar. Sie ist ein „geschlossenes Instrumentarium, um Vision und Unternehmensstrategie in ein strategiefokussiertes Bündel von Leistungsmessfaktoren (= Kennzahlen) zu übertragen.“1 Die Balanced Scorecard beinhaltet vier Perspektiven – Finanz-, Kunden-, interne Prozess- und Lern- und Entwicklungsperspektive – und ist wie folgt aufgebaut: • Finanzperspektive Die Finanzperspektive zeigt die monetären Konsequenzen der Strategieumsetzung sowie die Ziele und Anforderungen der Anteilseigner. Sie verlangt eine Verbindung aller anderen Perspektiven über Ursache-Wirkungs-Ketten. Ihre Ziele werden gemäß dem Lebenszyklus in die drei Phasen Wachstum, Reife und Ernte unterteilt. Wesentliche Messgrößen sind Umsatzwachstumsrate, Wachstumsrate des Marktanteils, Umsatzrentabilität, Return on Investment (oder auch ROI) sowie Cashflow, aber auch der Unternehmenswert und die immateriellen Vermögenswerte und deren Veränderungen. • Kundenperspektive Die Kundenperspektive beinhaltet auf Kunden- und Marktsegmente bezogene abgeleitete Ziele, das heißt Wünsche und Bedürfnisse der Kunden. Dabei steht die Steigerung des Kundennutzens im Mittelpunkt. Die verwendeten Kennzahlen können in zwei Blöcke unterteilt werden: ① Kernkennzahlen wie Kundenzufriedenheit, Kundenerhaltung, Kundenakquisition, Kundentreue und Kundenrentabilität stellen meist nachlaufende Ergebnisgrößen dar und dienen der Beantwortung der Frage, inwieweit die Kundenanforderungen erfüllt werden konnten. ② Spezifische Leistungstreiber der Kundenergebnisse dienen der Identifizierung der Wertangebote, die zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit führen sollen und als Frühindikatoren zu charakterisieren sind. In diesem Zusammenhang sollen beispielhaft die Produkt- und Serviceeigenschaften, die Kundenbeziehungen sowie Image und Reputation genannt werden. • Prozessperspektive Die Prozessperspektive zeigt die erfolgskritischen Prozesse entlang der Wertschöpfungskette mit größtem Einfluss auf die Erreichung der übergeordneten Finanz- und Kundenziele. Diese werden unterteilt in ① Innovationsprozesse zur Erforschung aufkommender latenter Kundenwünsche sowie des Entwicklungsprozesses zur Schaffung gewünschter Produkte und Dienstleistungen, ② Betriebsprozesse zur Herstellung und Distribution der Produkte und Dienstleistungen 1

 Engel, A. (2006), S. 133.

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6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

sowie ③ Serviceprozesse mit After-Sales-Aktivitäten. Wesentliche Kennzahlen hierbei sind time to market, produktionsbezogene Durchlaufzeiten, vertriebsbezogene Lieferzeiten, Ausschussquoten und Fehlerraten. • Lern- und Entwicklungsperspektive Die Lern- und Entwicklungsperspektive soll die für langfristiges Wachstum und kontinuierliche Verbesserungsprozesse benötigten und gegebenenfalls aufzubauenden Ressourcen und Potenziale aufzeigen. Hierzu gehören zum Beispiel Mitarbeiterpotenziale, Potenziale von Informationssystemen, Motivation und Zielausrichtung. Kennzahlen sind Mitarbeiterzufriedenheit, Mitarbeitertreue, Mitarbeitermotivation, Anzahl von Verbesserungsvorschlägen und die Informationsdeckungsziffer. Weitere Kennzahlen sind das Durchschnittsalter der Produkte, der Umsatzanteil neuer Produkte oder die Verringerung der Lieferzeiten. Die vier Perspektiven können in Anlehnung an Hofmann2 und Engel3 in Form der folgenden Abb. 6.1 dargestellt werden:

Abb. 6.1  Modell der Balanced Scorecard

 Hofmann, F. (2011), S. 249, 251.  Engel, A. (2006), S. 133.

2 3

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

285

Hauptaufgabe der Balanced Scorecard ist die operative Umsetzung der Unternehmensstrategie. Hierzu müssen für jede Perspektive strategische Ziele formuliert und mit einem Sollwert unterlegt werden. Zu jedem Ziel müssen die dazugehörenden konkreten Aktionen in Form von Maßnahmen und Terminen festgelegt werden. Die strategischen Ziele werden in einem hierarchischen Zielsystem systematisch geordnet, welches die Grundlage für die Steuerungsaktivitäten bildet. Hierbei existiert eine Unterteilung in monetäre und nicht-monetäre Ziele, für welche gleichermaßen die Messung der Zielerreichungsgrade und demgemäß die Kontrolle des Ausmaßes der Strategieimplementierung obligatorisch ist. Die Strategieimplementierung erfolgt mittels eines sich kontinuierlich wiederholenden Prozesses. Er kann in Anlehnung an die bei Horváth dargestellten vier Schritte auch mit den folgenden fünf Schritten dargestellt werden. • Als Ausgangspunkt müssen Vision und Strategie bereits vorliegen, indem die Frage „Wo wollen wir hin?“ von Seiten des Managements zu beantworten ist. Hieraus ergibt sich die strategische Stoßrichtung mit richtungsweisenden Impulsen. In diesem Zusammenhang ist nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Balanced Scorecard kein Visions- und Strategieentwicklungsinstrument ist, sondern lediglich auf diesen strukturellen Vorarbeiten ansetzt. • Es folgt die Festlegung und Verknüpfung (Definition) klarer strategischer Ziele für jede Perspektive. Dabei ist auf eine überschaubare Anzahl strategischer Ziele je Perspektive zu achten. Hierdurch werden die strategischen Stoßrichtungen konkretisiert. Die strategisch grundlegenden Zusammenhänge zwischen den strategischen Zielen werden über Ursache-Wirkungs-Ketten dargestellt. • Diese festgelegten strategischen Ziele werden durch probate Messgrößen in Form von Kennzahlen konkretisiert und quantifiziert. Messgrößen werden benötigt, um die Ziele kontrollieren und steuern zu können („If you can’t measure it, you can’t manage it“, Robert S. Kaplan, David P. Norton).4 • Über die Messgrößen werden spezifische Zielvorgaben für jede Kennzahl bestimmt. Diese Zielwerte sind ein wichtiger Anreiz zur Zielerreichung, welche obligatorisch kommuniziert werden müssen („What gets measured, gets managed“, Peter F. Drucker).5 • Auf Basis der Zielwerte müssen in der Folge einzelne Maßnahmen, sogenannte strategische Aktionen, und Verantwortliche für die Operationalisierung der Strategie zur Erreichung der strategischen Ziele festgelegt werden („From strategy to action“, Robert S. Kaplan, David P. Norton).6

 Kaplan, R./Norton, D. (1996), S. 21.  Drucker, P. (1954). 6  Kaplan, R./Norton, D. (1996). 4 5

286

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Durch die Verknüpfung von Zielen, Kennzahlen, Zielvorgaben und Maßnahmen können mit Hilfe der Balanced Scorecard die jeweiligen Zielerreichungsgrade abgebildet, beurteilt und analysiert werden. Wesentlich dabei ist die Untersuchung der Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den verschiedenen Perspektiven. So ergeben sich Wirkungsketten, über welche die Lernund Entwicklungsperspektive, die Prozessperspektive und die Kundenperspektive jeweils Rückwirkungen auf die Ergebnisse der Finanzperspektive haben und diese beeinflussen können. Die Wirkungsketten lassen sich vereinfacht in Form von Strategy Maps darstellen. Diese Art der Darstellung der Ursache-Wirkungsbeziehungen eignet sich auch zur Kommunikation der Strategie und deren Umsetzung. Eine ausgewogene Unternehmenssteuerung wird durch die Betrachtung aus verschiedenen Perspektiven ermöglicht. Die Anforderungen aus Basel IV sind sachlogisch komplex miteinander verbunden. Die Verwendung der Balanced Scorecard ist daher hilfreich bei deren Umsetzung. Beispielsweise führt eine Verbesserung des Ratings nicht nur zu einer Reduzierung der Fremdkapitalkosten, sondern kann auch die Wettbewerbsfähigkeit und Bestandsfestigkeit verbessern und damit einen Beitrag leisten, den Unternehmenswert zu steigern.

6.1.2 Integration von Ratingkriterien in das Grundmodell der BSC Dem Ziel folgend, Ratingkriterien und Balanced Scorecard zusammenzuführen, sind zwei grundsätzliche Integrationsansätze möglich: • Ergänzung des Grundmodells um eine zusätzliche Ratingperspektive, welche jedoch von Hofmann als problematisch angesehen wird. Für ihn überwiegen die damit verbundenen Nachteile den Vorteilen einer klar ersichtlichen Ratingbedeutung, hohen Transparenz sowie der Möglichkeit einer „schnellen und kostengünstigen Zusammenfassung aller relevanten Ratingkriterien“.7 So können nur wenige Ratingkriterien klar separiert werden, da die meisten bereits in den vier Perspektiven der BSC abgebildet werden. Die Ratingkriterien können auf Grund der parallelen Ziele von Rating und BSC nicht klar von den klassischen Zielen und Kennzahlen abgegrenzt werden. Eine separate Ratingperspektive würde zu einer Beeinträchtigung der durch den hierarchischen Aufbau der BSC-Perspektiven klaren Struktur führen, da die Ratingperspektive in der Regel Kennzahlen aller anderen Perspektiven beinhalten müsste. Hierdurch wird der Nutzen einer klaren Abbildung der Unternehmensstrategie über die BSC-basierten Strategy Maps deutlich eingeschränkt, da Wirkungsbeziehungen nicht mehr eindeutig bestimmt werden können und lediglich bedingt hierarchisch aufeinander aufbauen. Die Ursache-­Wirkungs-­Beziehungen und damit die Verbindung zwischen Ratingkriterien, deren Bewertung nicht unabhängig von der Ausrichtung der Unternehmung erfolgen  Hofmann, F. (2011), S. 262.

7

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

287

kann, und der Unternehmensstrategie werden aufgeweicht. Dies hat eine Behinderung der Kommunikationsfähigkeit des BSC Konzepts zur Folge. Auf Grund der beschriebenen Zuordnungsproblematik sollte daher auf diesen Ansatz verzichtet werden. • Einfacher realisierbar ist die Ergänzung der vier Perspektiven des Grundmodells um jeweils dazugehörende ratingspezifische Kennzahlen. Eine entsprechende Integration der Ratingkriterien kann leicht über die in den Balanced Scorecards berücksichtigten Ziele und Kennzahlen erfolgen. In der Praxis wird der zweite Ansatz bevorzugt, da er den klaren, hierarchischen Aufbau der Balanced Scorecard beibehält und die Bewertung von Ratingkriterien im Rahmen der Gesamtstrategie eines Unternehmens ermöglicht. Wie die Integration der Ratingkriterien in die verschiedenen Perspektiven des Grundmodells der BSC in der Praxis erfolgen kann, zeigt das folgende Beispiel: Im Fokus der Lern- und Entwicklungsperspektive stehen insbesondere die Bereiche Personal, Forschungs- und Entwicklungstätigkeit, Investitionstätigkeit sowie deren vorhandene Potenziale zu nutzen und bei Bedarf weiter auszubauen. Als ratingorientierte Kennzahlen kommen hier beispielsweise die fachliche Qualifikation und Schulung der Mitarbeiter, die Ablauforganisation, Alter der Anlagen und Anlagenabnutzungsgrad, Investitionsquote aber auch die Verbesserungsvorschläge und ihre Umsetzung, Innovationsdauer, Produktneuentwicklungen sowie Patentanmeldungen in Frage. In der Prozessperspektive geht es insbesondere darum, erfolgskritische Prozesse entlang der Wertschöpfungskette mit Einfluss auf die Erreichung der übergeordneten Finanzund Kundenziele zu identifizieren und zu optimieren. Beispielhaft seien an dieser Stelle die folgenden ratingorientierte Kennzahlen aufgeführt: durchschnittliche Durchlaufzeiten, Auslastungsgrad der Anlagen und der Lagerkapazität, Lagerumschlag und durchschnittliche Kapitalbindung, sowie verschiedene Kennzahlen zur Kostenintensität aber auch Prozessinnovationen und Prozesskostensätze. In der Kundenperspektive stehen Kundennutzen und Marktstellung im Mittelpunkt. Ratingorientierte Kennzahlen im Rahmen dieser Perspektive sind zum Beispiel der Kundennutzen, die Kundenzufriedenheit und Kundentreue, die Wiederkaufrate und der Kundenwertbeitrag/Customer Lifetime Value. Die Beurteilung der Marktstellung kann unter anderem über folgende Kennzahlen erfolgen: Relativer sowie absoluter Marktanteil, Marktattraktivität sowie Wettbewerbsposition, aber auch die aktuelle und künftig zu erwartende Unternehmens- und Branchenentwicklung. Die Finanzperspektive aggregiert die monetären Auswirkungen der untergeordneten Perspektiven, respektive der verfolgten Unternehmensstrategien. Im Rahmen der ratingorientierten Kennzahlen geht es hierbei insbesondere um die Analyse der Vermögens-, ­Ertrags- und Finanzlage, welche mit Hilfe einer Vielzahl von Kennzahlen aus der Bilanzanalyse erfolgen kann. Als hierbei grundlegende Kennzahlen seien an dieser Stelle die Eigenkapitalquote, die Fremdkapitalstruktur, die Verschuldungs- und Kapitalbindungsdauer, der Zinsdeckungsgrad, die Eigen- und Gesamtkapitalrentabilität, aber auch die

288

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

­ iquiditätsgrade, der Free-Cashflow und die Wertschöpfung sowie der Economic Value L Added (EVA®) genannt. Sie zeigen die Vermögens- und Kapitalstruktur sowie die Ertragskraft der Unternehmung. Als weitere ratingorientierte Kennzahlen spielen auch der Forderungsbestand und das Forderungsmanagement sowie die Debitoren- und Kreditorenziele eine bedeutende Rolle. Anhand dieser beispielhaften Darstellung einer Zuordnung diverser ratingorientierter Kennzahlen zu den verschiedenen Perspektiven des Grundmodells der Balanced Scorecard wird die enge Verbindung zwischen dem strategischen Management und dem Rating deutlich. Durch die Berücksichtigung von Ratingkriterien im Rahmen des Einsatzes der Balanced Scorecard als Instrument des strategischen Managements kann dieses auch einen Beitrag zur Verbesserung des Ratings des Unternehmens leisten. Die Untersuchung der Auswirkungen von Basel IV auf das Controlling bei Kreditinstituten erfolgt nach drei Teilbereichen: Kennzahlen, Risikomanagement und organisatorische Implikationen.

6.1.3 Kennzahlen Einige wesentliche Beispiele für Anforderungen aus Basel IV werden über meldepflichtige Kennzahlen anhand des Konzeptes der Balanced Scorecard erörtert. Dabei soll dargestellt werden, wie die Einhaltung der Vorschriften aus Basel IV über das Controlling überwacht und gesteuert werden kann. Die wichtigsten meldepflichtigen Kennzahlen, welche im Detail bereits ab Abschn. 2.3 erörtert wurden, sind in Tab. 6.1 und 6.2 getrennt nach den auf den 3 Säulen von Basel II aufbauenden Eigenkapitalvorschriften und den neuen Liquiditätsvorschriften zusammengefasst. Soweit nicht schon erfolgt, muss das Controlling in die Gesamtbankstrategie integriert werden. Hierzu kann das bereits vorgestellte Konzept der Balanced Scorecard verwendet werden. Im Folgenden werden einige bedeutsame Aspekte sowie Ursache-Wirkungs-­ Ketten anhand von ausgewählten Beispielen dargestellt.

6.1.3.1 Betrachtungen zu Kapital und Kapitalquoten Ein Kreditinstitut muss stets darüber Kenntnis haben, ob es mit seiner aktuellen Kapitalausstattung die Basel IV – Anforderungen erfüllt. Der Schlüsselindikator für die Ermittlung der Kapitalquoten ist die risikogewichtete Aktiva im Nenner. In diesen Indikator gehen zahlreiche Einflussgrößen, wie zum Beispiel die Bewertung und Gewichtung der verschiedenen Risiken, Bewertung von Sicherheiten,

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

289

Tab. 6.1  Übersicht über wichtige meldepflichtige Kennzahlen und Inhalte aus Eigenkapitalvorschriften von Basel IV Eigenkapitalvorschriften Säule 1 Eigenkapital Qualität und Höhe der Eigenkapitalbasis Kapitalerhaltungspuffer

zu meldende Kennzahlen/Größen

Höhe von hartem und zusätzlichem Kernkapital sowie Ergänzungskapital und deren Verhältnis zur risikogewichteten Aktiva (RWA) → jeweilige Kapitalquoten Höhe des in Form von hartem Kernkapital vorgehaltenen Puffers im Verhältnis zur risikogewichteten Aktiva (RWA) antizyklischer Kapitalpuffer Höhe des in Form von hartem Kernkapital vorgehaltenen Puffers im Verhältnis zur risikogewichteten Aktiva (RWA) Zusatzpuffer TLAC und TLACHöhe des in Form von hartem Kernkapital zusätzlich von Leverage G-SIBs vorgehaltenen Puffers im Verhältnis zur risikogewichteten Aktiva (RWA) bzw. zusätzliche Leverage Anforderung jeweilige Höhe des geschätzten Risikos und Art und Weise Risikoerfassung für der Ermittlung und Erfassung der RWA-Bewertungsbasis – Kreditrisiko – Kreditrisiko: ECRA/SCRA, LTC, CF, Whole-Loan – Verbriefungen Approach/Loan- Splitting Approach, Forderungsklasse – Kontrahenten-Ausfallrisiko/ – Verbriefungen: SSFA als Grundlage  Engagements gegenüber – Kontrahenten-Ausfallrisiko: RC, Alpha-Faktor, zentralen Multiplikator, PFE  Gegenparteien – CVA-Risiko: Expected Shortfall, Delta- und Vega-Risiko – CVA-Risiko – Marktpreisrisiko: Default Risk Charge (DRC), Add On, – Marktpreisrisiko Delta-, Vega-, Curvature-, Default-Risiko – operationelles Risiko – Zinsänderungsrisiko im Bankbuch – operationelles Risiko: Business Indicator Component (BIC), Internal Loss Multiplier (ILM) – Zinsänderungsrisiko im Bankbuch: Economic Value of Equity (EVE), Net Interest Income (NII) Verschuldungsbegrenzung Leverage Ratio (zur Begrenzung des Schuldenaufbaus/ Höchstverschuldungsquote Verschuldungsgrads als Verhältnis von Eigenkapital zu Aktiva und außerbilanziellen Geschäften) Säule 2 Risikomanagement und Aufsicht Hier werden genaue Regelungen zu Anforderungen bezüglich des Risikomanagements, Risikoerfassung und Behandlung bestimmter Risikopositionen sowie Risikosteuerung getroffen. Bewertungspraxis, Bilanzierungsgrundsätze, Überwachung durch die Aufsicht → Risikoberichterstattung (siehe Risikomanagement) Säule 3 Marktdisziplin und Offenlegung Erweiterte Offenlegungs- und Publikationspflichten zum Beispiel zu den Bestandteilen des regulatorischen Eigenkapitals und der Ermittlung der Kennzahlen zum Eigenkapital, Kapitalquoten, … Detaillierte Regelungen zu Umfang und Frequenz der Offenlegung Transparenz der Berichterstattung

290

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Tab. 6.2  Übersicht über wichtige meldepflichtige Kennzahlen und Inhalte aus Liquiditätsvorschriften von Basel IV zu meldende Kennzahlen/ Liquiditätsvorschriften Größen Mindestliquiditätsquote Liquidity Coverage Ratio Sicherstellung ausreichender liquider Vermögenswerte für ein (LCR) 30-tägiges Stressszenario strukturelle Liquiditätsquote Net Stable Funding Ratio Sicherung einer langfristig stabilen Refinanzierung und (NSFR) Liquiditätskongruenzen Grundsätze für eine solide Steuerung und Überwachung des Liquiditätsrisikos Vorgaben zu sachgerechten Methoden für die Liquiditätssteuerung in Kreditinstituten →Aufgabe Rechnungswesen/Treasury Überwachung durch die Aufsichtsinstanzen Einheitliche Indikatoren zur Aufdeckung (Erkennung, Analyse) von Liquiditätsrisikotrends

Abzugskapital, die Zuordnung zu den verschiedenen Forderungsklassen und die verwendeten Verfahren zur Ermittlung der Risikopotenziale, ein. Die risikogewichtete Aktiva ­bestimmt dabei die Kapitalquoten und diese wiederum den Kapitalbedarf zur Deckung der Anforderungen für die verschiedenen Kapitalbestandteile – hartes und ergänzendes Kernkapital, Ergänzungskapital und Kapitalpuffer. Zur Erfüllung der Anforderungen aus Basel IV ist obligatorisch Kapital in entsprechender Qualität und Quantität aufzubauen und vorzuhalten. Aufgabe des Controllings ist es hierbei, im Rahmen der Planung den Kapitalbedarf zu ermitteln und zu untersuchen, wie und zu welchen Konditionen dieser generiert werden kann. Zusätzlich ist zu analysieren, welche Ursache-Wirkungs-Gefüge bestehen. Ausgangspunkt ist hierfür stets die Unternehmensstrategie. Beispielhaft wird eine mögliche Ursache-Wirkungs-Kette zum Oberziel „Erfüllung von Kapitalanforderungen“ im Rahmen der Balanced Scorecard betrachtet. Abb. 6.2 stellt die Zusammenhänge in Form einer vereinfachten Strategy Map dar. Erläuterung In der Lern- und Entwicklungsperspektive, welche die vorhandenen Ressourcen beinhaltet, sind erforderliche IT-Kapazitäten sowie ausgebildetes Personal vorzuhalten, welches zur Ermittlung der risikogewichteten Aktiva auf der Grundlage aktueller Daten benötigt wird. Auf der Prozessebene werden aus den ermittelten risikogewichteten Aktiva die Kapitalquoten abgeleitet, der Umfang des benötigten aufsichtsrechtlichen Kapitals ermittelt und mit den Ist-Werten verglichen. Sind die Anforderungen nicht erfüllt, müssen entsprechende Maßnahmen zur Deckung des Kapitalbedarfs festgelegt und umgesetzt werden. Diese wirken sich auf die Prozess- und Kundenperspektive aus und können sein: Kapitalbeschaffung am Markt, Beschaffung/Forderung weiterer Sicherheiten von Kreditnehmern und die Reduzierung eigener Risiken oder Veränderung der Risikostrategie.

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

291

Abb. 6.2  Strategy Map – Erfüllung Kapitalanforderungen

Jede ergriffene Maßnahme ist mit einer Neuberechnung der risikogewichteten Aktiva verbunden. Ist eine Gewinnthesaurierung zur Deckung der Kapitallücke möglich, führt dies über die Finanzperspektive zu einer Erhöhung der Ist-Daten der Prozessperspektive und in der Folge zur Einhaltung der vorgegebenen Anforderungen. Dieses Beispiel demonstriert, dass die Implementierung von Basel IV-Anforderungen in das Controlling sehr komplex ist. Dabei wurden lediglich einige wenige Handlungsoptionen kurz skizziert. Dennoch können mit dem Instrument der Balanced Scorecard auch andere strategische Ziele überprüft und umgesetzt werden, wie beispielsweise die Senkung oder Steigerung des gesamten Kreditvolumens um x % oder aber die Steigerung des „Risikoniveaus“, beziehungsweise die Einführung von Risikobegrenzungsstrategien. Auf diese Weise ist es auch möglich, ganze Geschäftsfelder eines Kreditinstitutes zu überprüfen und die Geschäftsaktivitäten neu zu bewerten.

292

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

6.1.3.2 Betrachtung zur Leverage Ratio – Verschuldungshöchstgrenze Additional muss die Einhaltung der Höchstverschuldungsquote (Leverage Ratio), welche ebenfalls Bestandteil der Säule 1 ist, geplant, kontrolliert, analysiert, gesteuert sowie überwacht werden. Auch hier hat das Controlling die Aufgabe, die Geschäftsleitung in regelmäßigen Abständen mit entscheidungsrelevanten Daten über die aktuelle Situation und Entwicklungstendenzen in entsprechend aufbereiteter Form zu versorgen. Über erkennbare Fehlentwicklungen muss sofort informiert werden, damit zeitnah Gegensteuerungsmaßnahmen eingeleitet werden können. In diesem Zusammenhang ist es von wesentlicher Bedeutung, die halbjährliche Meldung und Berechnung dieser Kennziffer auf Basis monatlicher Durchschnitte in das Controlling-­Berichtswesen zu integrieren. Wie bereits in Abschn. 2.2.3 beschrieben, erfolgt die Berechnung der Leverage Ratio nach Gl. 2.1: Leverage Ratio =

ße Kapitalmessgro > 3, 0 % ße Engagementmessgro

6.1.3.3 Betrachtungen zur Liquidität Um die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten, müssen Kreditinstitute jeder­ zeit über ausreichend Liquidität verfügen. Die vom Basler Ausschuss eingeführten globalen Liquiditätsstandards verlangen die Einhaltung einer Mindestliquiditätsquote (LCR), mit dem Ziel, einem 30-tägigen Liquiditätsstressszenario standhalten zu können und einer strukturellen Liquiditätsquote (NSFR), um eine langfristige Fristenkon­ gruenz zu gewährleisten. Beide Kennzahlen sind in regelmäßigen Abständen an die Aufsichtsbehörde zu melden, welche die Verlaufswerte überwacht. Zur Sicherstellung der Einhaltung der vorgegebenen Liquiditätsquoten und einer jederzeitigen Auskunftsbereitschaft muss ein entsprechendes Liquiditätsmanagement und -controlling eingerichtet werden. Die Geschäftsleitung ist regelmäßig über den Verlauf der Liquidität zu unterrichten, um gemäß der strategischen Unternehmensausrichtung über Maßnahmen zur Liquiditätssteuerung entscheiden zu können. Da zukünftig für die vergebenen Kredite eine fristenkon­ gruente Kapitalunterlegung gefordert wird, kommt es zu deutlichen Einschränkungen bei der Fristentransformation. • Liquidity Coverage Ratio Die LCR dient der Sicherstellung einer Liquiditätsdeckungsquote. Dabei müssen die hochwertigen liquiden Vermögenswerte ausreichen, um auch unter gestressten Bedingungen für mindestens 30 Tage zahlungsfähig zu bleiben. In Anlehnung an die Ausführungen in Abschn. 2.2.4.1 sei hier noch einmal auf die Gl. 2.2 zur Berechnung der LCR verwiesen: LCR =

Erstklassige liquide Aktiva > 100, 0 %  30 Kalendertagen Gesamter Nettoabflussvon Barmitteln in den nachsten

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

293

Als Hauptbestandteile der erstklassigen liquiden Aktiva sollen in diesem Kontext insbesondere die Barreserve, zentralbankfähige Schuldtitel und Unternehmensanleihen bis zu einem Rating von A+ bis BBB- genannt werden. Sie stellen Schlüsselindikatoren im Zähler dar. Die Nettozahlungsmittelabflüsse werden auf Basis von Cashflow-Berechnungen unter vorgegebenen Stressbedingungen und Berücksichtigung von Eventualverbindlichkeiten und außerbilanziellen Positionen ermittelt. Definiert werden diese Bedingungen durch die nationale Aufsicht. Bei der Ermittlung des Nettomittelabflusses unter Stress muss das Risikocontrolling unter anderem die folgenden regulatorischen Vorgaben berücksichtigen: –– Ratingverschlechterung von drei Stufen, –– Verlust des Zugangs zu unbesicherter Refinanzierung über institutionelle Investoren und Reduzierung besicherter Refinanzierungsquellen, –– Einschränkungen bei kurzfristigen, besicherten Finanztransaktionen sowie –– höhere Marktvolatilität, die sich auf die Bewertung von Sicherheiten und Derivaten auswirkt, einschließlich Nachschusspflichten wegen Ratingverschlechterung und erhöhte Sicherheitsabschläge. In der Praxis wird auf statischen Risikoanalysen zur Beurteilung der kurzfristigen Liquiditätssituation aufgebaut. Die benötigte Liquiditätsreserve spiegelt die individuelle Risikoneigung des Kreditinstituts wider, welche für verschiedene Zeiträume ermittelt wird. • Net Stable Funding Ratio Die NSFR stellt eine längerfristige strukturelle Liquiditätsquote dar. Sie legt ein Minimum langfristiger Refinanzierungsmittel im Verhältnis zum Liquiditätsrisiko unter gestressten Marktbedingungen fest. Für illiquide Anlagen wird eine langfristige Refinanzierung gefordert. Auch hier sei auf die bereits in Abschn. 2.2.4.2 dargestellte Gl. 2.3 zur Berechnung der NSFR verwiesen: NSFR =

 Verfugbare stabile Refinanzierungsmittel > 100, 0 % Erforderliche stabile Refinanzierungsmittel

Die verfügbaren stabilen Refinanzierungsmittel ergeben sich aus dem Produkt der gesamten Passivposten mit einem von der Bankenaufsicht vorgegebenen „Available ­Stable Funding“ (ASF)-Faktor. Die erforderlichen stabilen Refinanzierungsmittel werden ermittelt, indem die langfristig zu refinanzierenden Aktivposten als Vermögen, das innerhalb einer einjährigen Stressperiode nicht liquidiert werden kann, mit einem vorgegebenen „Required Stable Funding“ (RSF)-Faktor multipliziert werden. Diese stellen gleichzeitig die Schlüsseleinflussindikatoren der NSFR dar. Das Risikocontrolling hat die Aufgabe, die Aktiv- und Passivpositionen den entsprechenden aufsichtsrechtlichen Kategorien zuzuordnen. Die Einführung der NSFR, deren Quote langfristig über 100 % liegen muss, führt zu steigenden Refinanzierungskosten. Diese Kosten lassen sich mit der notwendigen fristenkongruenten – sprich langfristigen – Refinanzierung begründen. Dies führt dazu, dass das Risikocontrolling die Aus-

294

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

wirkungen einer rückläufigen Zinsspanne in der Analyse der Risikotragfähigkeit berücksichtigen muss. Auf Grund der durch die NSFR eingeschränkten Möglichkeiten zur Fristentransformation, weshalb illiquide Aktiva langfristig und damit teurer refinanziert werden müssen, sehen sich die Kreditinstitute im Rahmen der strategischen Planung mit folgenden Szenarien konfrontiert: a) eine Ausweitung der langfristigen Refinanzierung oder b) eine eingeschränkte Vergabe langfristiger Kredite. Das folgende Beispiel zeigt die Verbindung zur Balanced Scorecard: Die strategische langfristige Finanzierung eines Kreditinstituts determiniert die kurzfristig zu steuernde Liquidity Coverage Ratio (LCR), welche gleichwohl ihrer Bedeutung nach als notwendige zu erfüllende Bedingung zu interpretieren ist. Demgemäß ist das vorgegebene Oberziel des bankeninternen Finanzmanagements, respektive der bankinternen Liquidätsdisposition die Einhaltung der LCR. Diese ist – wie bereits dargestellt – abhängig von der hochliquiden Aktiva sowie den erwarteten Nettozahlungsabflüssen. Darauf aufbauend kann die folgende Ursache-Wirkungs-Kette abgeleitet werden, die in Abb. 6.3 als Strategy Map dargestellt ist:

Abb. 6.3  Strategy Map – Einhaltung LCR

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

295

Erläuterung In der Lern- und Entwicklungsperspektive werden Ressourcen in Form einer entsprechenden IT mit Verfahren zur Ermittlung der LCR sowie für deren Anwendung geschultes Personal benötigt. Dies ist Voraussetzung für die Ermittlung der hochliquiden Aktiva sowie der Nettozahlungsabflüsse und damit der LCR in der Prozessperspektive. Abweichungen sind über einen Soll-Ist-Vergleich festzustellen und die maßgeblichen Einflussfaktoren im Rahmen der Kundenperspektive zu analysieren. Diese können beispielsweise unerwartete Zahlungsverpflichtungen, unerwartete Ausfälle von Zahlungseingängen oder ein unerwartet starker Abzug von Einlagen sein. Zur Gegensteuerung sind Maßnahmen zur Kundenbindung und Vertrauensförderung zu ergreifen. Die Zielsetzung ist dabei die Einhaltung der LCR in der Finanzperspektive. Des Weiteren sollte immer eine individuell bemessene Mindestliquiditätsreserve vorgehalten werden, um die Einhaltung der regulatorischen Vorgaben zur LCR zu gewährleisten. Für die NSFR kann auf ähnliche Weise eine Ursache-Wirkungs-Kette modelliert werden. Der Bestand an innerhalb eines Jahres liquidierfähiger Aktiva, die zu unterlegende Passiva sowie die festgelegten Multiplikatoren ASF und RSF stellen hierbei Schlüsselindikatoren dar.

6.1.4 Risikomanagement Der zweite Teilbereich, der unter Controlling-Aspekten betrachtet wird, ist das Risikomanagement. Wenngleich das Risikomanagement im engeren Sinne kein Bestandteil des ­betrieblichen Controllings ist, soll an dieser Stelle dennoch eine Subsumtion im weiteren Sinne vorgenommen werden. Die Basler Eigenkapitalvereinbarungen zielen mit den Anforderungen zum Risikomanagement, wie zum Beispiel Regelungen zu Risikokonzentrationen, Stresstests, Reputation, Unternehmensführung/Corporate Governance sowie Vorschriften zur Vergütung, auf eine nachhaltige Stabilität und auf die Sicherung von Liquidität und Rentabilität. Das Risikomanagement ist eng mit dem Controlling verbunden. Kreditinstitute müssen eingegangene Risiken künftig noch sorgfältiger prüfen und eine höhere Risikovorsorge treffen. Die durch die Leitung erstellte Risikostrategie bildet den Rahmen für das Risikomanagement und Risikocontrolling und muss in die Gesamtbanksteuerung integriert werden. Die Basler Vorschriften nennen die folgenden erweiterten wesentlichen Risikobereiche: • • • • • • •

Kreditrisiko, operationelles Risiko, Marktpreisrisiko, Zinsänderungsrisiko, Kontrahentenrisiko, CVA-Risiko, Risiko von Verbriefungen,

296

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

• Liquiditätsrisiko (LCR/NSFR), • rechtliche und strategische Risiken sowie • Reputationsrisiko. Die Risikofelder und Risikobereiche wurden im Rahmen der Weiterentwicklung des Basler Rahmenwerks laufend mit neuen detaillierten Regelungen ergänzt. Unternehmerische Entscheidungen bergen grundsätzlich Risiken in sich. Die Literatur gibt für den Begriff „Risiko“ keine allgemein gültige Definition an, obwohl im alltäglichen Sprachgebrauch der Risikobegriff synonym mit „Wagnis“ oder „Gefahr“ verwendet wird. Wenngleich seit den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts ein Umdenken bezüglich des Risikobegriffs hinsichtlich seiner zweiseitigen Ausprägung (Chancen und Wagnis) stattgefunden hat, so wird häufig Risiko vordergründig mit negativen Folgen assoziiert. In diesem Zusammenhang lässt sich Risiko als potenzielle negative Abweichung gegenüber einem Erwartungswert im Zustand informationeller Unsicherheit definieren. Die einzelnen wesentlichen Risiken werden im weiteren Verlauf der Ausführungen noch näher behandelt. Das Risikomanagement umfasst die Risikoanalyse und die Risikoüberwachung. Dabei beinhaltet die Risikoanalyse die Identifikation, Messung und Bewertung einzelner Risiken hinsichtlich des Risikopotenzials und liefert die Datenbasis für Entscheidungen der Führung. Im Rahmen der Risikoüberwachung erfolgen Kontrolle, Reporting sowie die Ableitung und Implementierung von Maßnahmen zur Risikosteuerung, Risikoprävention und Prüfung der Risikotragfähigkeit. Über die vorhandenen Risikoarten und getroffene Maßnahmen zu deren Steuerung und Überwachung muss regelmäßig in einem Risikobericht, der auch das Risikoprofil und den Einfluss der Risiken auf den Erfolg des Kreditinstitutes beinhaltet, informiert werden. Im Falle drohender Verluste trägt das Risikomanagement über Ad hoc-Mitteilungen zu einer schnellen Informationsweitergabe bei. Die Basler Regelungen beschreiben verschiedene Risikomodelle, die Implementierung eines Limitsystems zur Überwachung der Limit-Auslastung sowie der Entwicklung von Maßnahmenplänen im Fall von Überschreitungen und zur Gewährleistung der Risikotragfähigkeit. Sie verlangen eine geeignete Infrastruktur für das Risikomanagement sowie die Bewertung der Prozesse durch unabhängige Kontrollinstanzen. In der 2. Säule beschreibt Basel IV den aufsichtsrechtlichen Überprüfungsprozess. Kernelemente dabei sind die Einführung adäquater Risikomanagementsysteme und deren Überwachung durch die nationale Aufsicht. So muss gewährleistet sein, dass genügend internes Kapital zur Abdeckung aller wesentlichen Risiken verfügbar ist und angemessene Leistungs-, Steuerungs- und Kontrollprozesse vorliegen. Die Überprüfung erfolgt jährlich durch die nationalen Aufsichtsbehörden im Rahmen des „Supervisory Review and Evaluation Process“ (SREP). Die Mindestanforderungen an die bankeigenen Risikosteuerungssysteme und damit der qualitative Rahmen für ein angemessenes Risikomanagement wurden von der deutschen Aufsicht über das KWG und die MaRisk sowie die SolvV vorgegeben.

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

297

Im Folgenden wird für sieben besonders bedeutsame Risikobereiche dargestellt, in welchen Grundzügen das Risikocontrolling für verschiedene Risikoarten gestaltet werden kann.

6.1.4.1 Risikomanagement kapitalunterlegungspflichtiger Risiken 6.1.4.1.1  Kreditrisiko und Kreditrisikocontrolling Kreditrisiko wird definiert als spezifisches Wagnis der Geschäftsbanken bei Gewährung von Krediten. Dabei ist das Forderungs- oder Kreditausfallrisiko die Gefahr des teilweisen oder vollständigen Ausfalls vertraglich vereinbarter Zins- und Tilgungszahlungen, die ein Kreditnehmer zu erbringen hat. Bereits in den regulatorischen Anforderungen nach Basel II wurden wesentliche Regelungen zum Management von Kreditrisiken festgelegt. Dazu gehören: • Kategorisierung bestehender Forderungen zu sechs Forderungsklassen: Forderungen an Staaten, Forderungen an Kreditinstitute, Forderungen an sonstige Unternehmen, Forderungen an Privatkunden, Projektfinanzierungen und Anteile/Beteiligungen an Unternehmen. Den einzelnen Forderungsklassen werden jeweils bonitätsabhängige Gewichtungen zugeordnet. • Instrumente zur Risikominderung, wie zum Beispiel Sicherheiten, Garantien, Kreditderivate und Netting-Vereinbarungen für bestimmte Bilanzpositionen. Die Ermittlung von Kreditrisiken kann über verschiedene Ratingverfahren erfolgen. Die Berechnungskomponenten wurden bereits in Abschn. 4.3 beschrieben. Für die Kreditrisiken hat der Basler Ausschuss detaillierte Regelungen für einen Kreditrisikostandardansatz erarbeitet. Daneben sind – je nach Forderungsklasse – der IRB-­ Ansatz und der Advanced IRB-Ansatz zugelassen. Die Möglichkeiten der Reduzierung der Kapitalanforderungen über den Einsatz interner Modelle werden durch die vom KSA abhängigen Floor Regelungen begrenzt. Die folgende Abb. 6.4 veranschaulicht die im Rahmen des Controlling-Prozesses zu berücksichtigenden wesentlichen Einflussfaktoren bei der Ermittlung der Kapitalanforderungen zur Unterlegung der Kreditrisiken. • Risikostreuung durch Portfoliostreuung Auf Grund der höheren Eigenkapitalanforderungen und ausgelasteter RWA-Limits wird eine aktive Steuerung des Kreditportfolios immer bedeutsamer. Grundlage hierfür sind eine genaue Kenntnis der Portfoliostruktur sowie die Identifikation der darin enthaltenen wesentlichen Risiko- und Ertragstreiber, wie zum Beispiel Kundenbeziehungen mit langfristig positiven Deckungsbeiträgen. Durch die Weiterentwicklung von Ratingverfahren soll der Kapitaleinsatz mit Hilfe des Risikocontrollings optimiert werden. Potenzielle Einsparmöglichkeiten ergeben sich auch aus der Reduzierung offener, nicht genutzter Kreditlinien.

298

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

KreditKonversionsfaktoren für Off-Balance Sheet Positionen

Kreditrisikominderungstechniken (Haircut Tabellen, Sicherheiten und Sicherheitengeber)

Sicherheiten

Interne / externe Ratings und Due Diligence Real Estate: Whole Loan Approach / Loan-splitting Approach Loan to Value und Cash Flow aus Immobilie

Kreditrisiko

interne Modelle Ansatz (IRBA)

KreditrisikoStandardansatz (KSA)

Forderungsklassen Forderungsklassen

Risikogewichte gem. Tabelle Floors ECRA / SCRA

Kapitalanforderung abhängig von PD, LGD, EAD und anrechenbarem Sicherungswert

Restlaufzeit

Abb. 6.4  Determinanten des Kreditrisikos

• Risikominderungsinstrumente/-möglichkeiten Als Instrumente für die Steuerung und Verlagerung von Adress-/Kreditausfallrisiken werden Verbriefungen, Kreditausfall-Swaps und der Handel mit notleidenden Krediten verwendet. Im Hinblick auf die Kreditversorgung des Mittelstandes gewinnen Verbriefungen als Instrument der Risikodiversifikation an Bedeutung. 6.1.4.1.2  Operationelles Risiko Das operationelle Risiko wird vom Basler Ausschuss definiert als „von Verlusten, die in Folge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder in Folge externer Ereignisse eintreten.“8 Es stellt nach dem Kreditrisiko die zweitwichtigste Risikokategorie dar. Das Management operationeller Risiken stellt darauf ab, im Rahmen der Aufbau- und Ablauforganisation relevante Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf allen Ebenen sowie obligatorische Berichts- und Eskalationswege zu regeln. Dabei müssen auch eine einheitliche Kommunikation und ein einheitliches Begriffsverständnis sichergestellt werden. Die Quantifizierung operationeller Risiken erfolgt mit Hilfe der Komponenten Business Indicator und Internal Loss Multiplier, der eine aus historischen Daten zu ermittelnde Verlustkomponente beinhaltet. Die Steuerung erfolgt anhand historischer Erfahrungen aus eingetretenen Ereignissen und den damit verbundenen finanziellen Konsequenzen. Instru-

8

 Schierenbeck, H. et al. (2014), S. 563.

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

299

BI-Alpha-Koeffizient Historische Verlustdaten

BI-Range Buckets

Operationelles Risiko

Service- und Finanzkomponente

Business Indicator Component (BIC) (Geschäftsindikator)

Zins Leasing Dividenden

Operational Risk Capital (ORC)

Internal Loss Multiplier (ILM)

Verlustkomponente (Loss Component) (15x durchschnittlicher historischer Verlust der letzten 10 Jahre)

Abb. 6.5  Determinanten des operationellen Risikos

mente dabei sind Ursachen- und Szenarioanalysen, um in der Folge ursachenbezogene Maßnahmen einleiten zu können. Die ermittelten operationellen Risiken sind zu mindestens 12 % mit Eigenkapital zu unterlegen. Die folgende Abb. 6.5 gibt einen Überblick über die in die Berechnung der Kapitalanforderungen eingehenden Komponenten. 6.1.4.1.3  Marktpreisrisiko und Marktpreisrisikocontrolling Unter dem Begriff des Marktpreisrisikos werden jene Gefahren subsumiert, welche im Zusammenhang mit Änderungen von Markt- oder Kurswerten entstehen. Zu den Marktrisiken gehören insbesondere Verlustrisiken aus Marktpreisschwankungen, wie zum ­Beispiel Aktienkurs-, Währungs-, Zins- und Rohstoffrisiken. Aus der Perspektive der ­Bankenaufsicht wird dieses Risiko in eine allgemeine und eine spezifische Komponente unterteilt. Die allgemeine Komponente erfasst Risiken, welche im Zusammenhang mit gewöhnlichen Volatilitäten der Märkte entstehen, mithin die damit einhergehenden Wertänderungen der im Portfolio befindlichen Finanztitel. Demgegenüber stellt die spezifische Komponente auf Preisänderungsrisiken ab, welche emittentenbezogen sind. Der Basler Ausschuss hat die ursprünglichen Regelungen zum Marktpreisrisiko von 2009 (Basel 2.5) mit dem Regelwerk von Basel IV noch einmal grundlegend überarbeitet. Die wesentlichen Regelungen zur Berechnung der Kapitalunterlegung für Markt-/ Kursrisiken werden anhand der folgenden Abb. 6.6 zusammengefasst. Es wurde bereits ausgeführt, dass allgemeine Kursrisiken jene Risiken der Preisänderung einer Position beschreiben, die einer allgemeinen Veränderung des Marktes zuzuschreiben sind, jedoch in keinem ursächlichen Zusammenhang mit den spezifischen

300

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Abb. 6.6  Determinanten des Marktpreisrisikos

Merkmalen der Position stehen. Zu identifizierende Verlustpotenziale beziehen sich demgemäß auf den gesamten Markt. Die bisherigen Regelungen nach Basel III sahen eine obligatorische Quantifizierung des Verlustpotenzial aus allgemeinen Kursrisiken mithilfe der Kennzahl Value-at-Risk (VaR) vor. Es wurde bereits im Abschn. 2.3.2.5 darauf hingewiesen, dass in Bezug auf die regulatorischen Vorgaben von Basel IV die Quantifizierung des Marktpreisrisikos bei Anwendung interner Modelle nicht mehr über den Value-at-Risk, respektive den Stressed Value-­at-­Risk erfolgt, sondern über den Expected Shortfall. Hierbei handelt es sich um eine statistische Größe, welche insbesondere zur Quantifizierung finanzwirtschaftlicher Risiken herangezogen wird. In Analogie zum Value-at-Risk zählt auch er zu den sogenannten „Downside-Risikomaßen“, das heißt, dass lediglich negative Abweichungen von einem Erwartungswert bemessen werden. Der Expected Shortfall stellt eine methodische Weiterentwicklung des Value-at-Risks dar, welcher lediglich den zu erwartenden Maximalverlust innerhalb eines betrachteten Zeitraums bei einer im Vorfeld definierten Risikoeintrittswahrscheinlichkeit abbildet. Der Expected Shortfall quantifiziert hingegen die durchschnittliche zu erwartende Verlusthöhe jenseits des definierten Konfidenzniveaus (1-α). Demgemäß ist die bei Anwendung des Expected Shortfalls ermittelte Schadenshöhe größer als jene, welche der Value-at-Risk bemisst. Die nachfolgende Abb. 6.7 visualisiert den eben beschriebenen Zusammenhang am Beispiel des Conditional Value at Risks (CVaR), welcher eine enge methodische Verwandtschaft zum Expected Shortfall aufweist.

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

301

Abb. 6.7  Methodischer Zusammenhang zwischen Value at Risk und Conditional Value at Risk. (Albrecht, P./Huggenberger, M. (2015), S. 68.)

6.1.4.1.4  Zinsänderungsrisiko Unter dem Begriff des Zinsänderungsrisikos werden jene Verlustpotenziale zusammengefasst, welche sich aus einer marktseitig getriebenen Verringerung der bankindividuellen Bruttozinsspanne – demgemäß die Differenz von Zinserträgen aus begebenen Darlehen und Zinsaufwendungen aus Einlagen oder anderweitigen Refinanzierungen  – ergeben. Dieser Effekt tritt insbesondere bei festverzinslichen Positionen auf, gleichwohl können sich auch variabel verzinste Engagements negativ auf die Ertragslage auswirken, sofern bei fristenkongruenter Refinanzierung Disparitäten zwischen Forderungen und Verbindlichkeiten entstehen, das heißt, dass Aktiv- und Passivpositionen unterschiedliche Zinselastizitäten aufweisen. Die Regelungen zu den Zinsänderungsrisiken wurden unter Basel IV abschließend festgelegt und stellen vorwiegend auf die Zinsänderungsrisiken im Bankbuch ab. Insbesondere durch das neue Standardverfahren zur Messung des Zinsänderungsrisikos sowie die bei Anwendung interner Modelle vorgeschriebenen Schock- und Stressszenarien entstehen neue Herausforderungen für das Controlling. Die folgende Abb. 6.8 visualisiert die wichtigsten Bestandteile und Einflussgrößen des Zinsänderungsrisikos im Bankbuch. 6.1.4.1.5  Kontrahentenrisiko Vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der Finanzkrise wurden bereits unter Basel III umfangreiche Regelungen zum Kontrahenten-Ausfallrisiko getroffen, die sich auf Controlling und Risikomanagement auswirken. Dies betrifft vor allem Verlustrisiken aus dem Derivategeschäft in Verbindung mit Bonitätsverschlechterungen der Kontrahenten (Gegenpartei). Hierbei kam es zu umfangreichen Änderungen bei den Eigenmittelanforderungen. In der Folge wurden kreditrisikobezogene Wertanpassungen bei der Bewertung der mit den zentralen Kontrahenten ausstehenden Derivategeschäfte vorgenommen. Durch das Zwischenschalten zentraler Kontrahenten konnten die Risiken der Abwicklung zwar deutlich gemindert, gleichwohl nicht völlig vermieden werden. Demgemäß haben Kreditinstitute seit Basel III auch jene Kreditrisiken mit Eigenmitteln zu unterlegen,

302

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Erwartungen an die Offenlegung und den internen Prozess zur Prüfung der Angemessenheit der Kapitalausstattung aufsichtlicher Überwachungsprozess des Zinsrisikomanagements und der Angemessenheit der Kapitalausstattung

allgemeine Anforderungen an das Management von Zinsänderungsrisiken IRR Grundsätze High Level Principles

Zinsänderungsrisiken im Bankbuch 6-stufiges Standardverfahren zur Messung des Zinsänderungsrisikos

IRRBB Kennzahl

Schock- und Stressszenarien als Grundlage für die Quantifizierung des Zinsänderungsrisikos

Verhaltens- und Modellierungsannahmen

Economic Value of Equity (EVE)

Net Interest Income (NII)

interne Validierungsprozesse der internen Risikomesssysteme und Modelle zur Bestimmung der Zinsänderungsrisiken

Abb. 6.8  Determinanten des Zinsänderungsrisikos

die sie gegenüber zentralen Kontrahenten eingegangen sind. In der Praxis kommt den Clearingstellen die Bedeutung eines zentralen Kontrahenten zu. Mit Basel IV wurden die Regelungen zur Ermittlung der Kapitalanforderung für das Kontrahentenrisiko mit dem risikosensitivitätsbasieren SA-CCR Ansatz noch einmal vollständig überarbeitet. Die wesentlichen Bestandteile und Einflussfaktoren des neuen Verfahrens sind in der folgenden Abb. 6.9 dargestellt. 6.1.4.1.6  Credit Valuation Adjustment Risiko Innerhalb des Kanons der in Abschn. 6.2.2 genannten Risikobereiche stellt das Credit Valuation Adjustment Risiko eine Sonderform dar. Im engeren Sinne ist das CVA-Risiko dem Charakter nach dem übergeordneten Kontrahentenrisiko zuzuordnen. Gleichermaßen erfasst dieses Risiko die Gefahren, welche aus einer Bonitätsveränderung der Gegenpartei im Handel resultieren. Im weiteren Sinne besteht zwischen dem Kontrahentenrisiko und dem CVA-Risiko der entscheidende Unterschied darin, dass die mit negativen Folgen einhergehende Bonitätsveränderung nicht eine zentrale Gegenpartei betrifft, sondern mehrere dezentrale Parteien. Diese Konstellation ist für Kreditinstitute gleichermaßen typisch, weswegen dieser Risikobereich gesondert erfasst und behandelt wird. Vor diesem Hintergrund beschreibt das CVA-Risiko eine Bonitätsänderung der Gegenpartei beim Handel von OTC-Derivaten über dezentrale Kontrahenten. Bereits in den Regelungen zu Basel III wurde dieses Risiko insofern berücksichtigt, dass ein sogenanntes Credit Value Adjustment als zentraler Bestandteil der Steuerung des Risikos eingeführt wurde, welches Wirkung entfaltet, sofern die eingegangenen Derivategeschäfte nicht über einen zentralen Kontrahenten (Central Counter Party, CCP) abgewickelt werden.

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

303

EAD

Multiplikator AddOn

Replacement Costs (RC)

Net Independent Collateral Amount (NICA)

AlphaFaktor

Potential Future Exposure (PFE)

Kontrahentenrisiko SA-CCR

Asset-Klassen - Zinsderivate - Fremdwährungsderivate - Kreditderivate - Aktienderivate - Rohstoffderivate

Hedging-Effekte / Hedging Sets

Tabelle mit Aufsichtsfaktoren für Volatilität und Korrelationen für Zins- und Kreditderivate

Asset-Klasse

Marginfaktor

Abb. 6.9  Determinanten des Kontrahentenrisikos gemäß SA-CCR Ansatz

Die Regelungen zur Ermittlung der Kapitalanforderungen für diesen Bereich wurden unter Basel IV grundlegend überarbeitet. Die wesentlichen Bestandteile der neuen, auf Sensitivitäten basierenden Ansätze sind in der folgenden Abb. 6.10 dargestellt. Neben den Sensitivitäten wird dabei der Expected Shortfall als grundlegendes Risikomaß eingesetzt. 6.1.4.1.7  Verbriefungsrisiko Im Zuge der Neuregelungen gemäß Basel IV wird für Verbriefungspositionen von Banken eine Due Diligence Prüfung9 eingeführt, um die Relevanz externer Ratings für die Kreditrisikomessung zu reduzieren. Kreditinstitute sollen künftig auch bei Vorliegen eines externen Ratings zur Überprüfung der Angemessenheit ihrer Eigenmittel eigene Bonitätsprüfungen ihrer Kreditnehmer vornehmen. Eingeschränkte Berücksichtigungsmöglichkeiten externer Ratings sowie strengere Anforderungen an die Due Diligence implizieren einen Ausbau der bankinternen Ratingkapazitäten, sowohl in methodischer als auch in personeller Hinsicht. Der zentrale Kreditausschuss warnt davor, „dass eigene Beurteilungen für sämtliche Papiere dem Proportionalitätsprinzip10 nicht gerecht werden und einen unangemessenen Zusatzaufwand verursachen.“11

 Due Diligence = „gebotene Sorgfaltspflichten“, beispielsweise im Hinblick auf Selbstbehalt, Kreditqualität, Weiterentwicklung der verbrieften Forderungen, bestehender Sicherheiten, etc. 10  Das Proportionalitätsprinzip für interne Steuerungs- und Controlling-Prozesse bedeutet, dass der Umfang des Risikomanagements auf das unternehmensindividuelle Risikoprofil abzustimmen ist. 11  Breidenbach, S. (2011), S. 52. 9

304

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Abb. 6.10  Determinanten des Credit Valuation Adjustment Risikos

Die folgende Abb. 6.11 zeigt die im Rahmen der Ermittlung der Kapitalanforderungen für Verbriefungen zugelassenen Verfahren und ihre wesentlichen Einflussfaktoren/Komponenten. Dabei sind im Rahmen des Controllingprozesses in jedem Fall die Möglichkeiten der Nutzung der Erleichterungen für STC-Verbriefungen zu prüfen.

6.1.4.2 Risikomanagement von Liquiditätsrisiken 6.1.4.2.1  Liquiditätsrisiko und Liquiditätsrisikocontrolling Im Rahmen des Liquiditätsrisikocontrollings geht es um die jederzeitige Sicherstellung einer ausreichenden Liquidität, wobei Liquidität als die Fähigkeit einer Unternehmung verstanden wird, seine kurzfristigen Verbindlichkeiten betrags- und termingenau bedienen zu können. Zu Liquiditätsrisiken gehören das • • • •

Terminrisiko, Abrufrisiko, Marktrisiko mit Ausfall- und Preisrisiko sowie strukturelle Risiko, wie beispielsweise das Refinanzierungsrisiko.

Liquiditätsrisiken entstehen dann, wenn der tatsächliche Zahlungsmittelbedarf eines Kreditinstituts dessen geplanten Zahlungsmittelbedarf übersteigt und den anstehenden

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

305

Abb. 6.11  Determinanten des Verbriefungsrisikos

Zahlungsverpflichtungen nicht mehr uneingeschränkt und fristgerecht nachgekommen werden kann. Ursachen für das Liquiditätsrisiko können sein: Aktiva kann nicht liquidiert werden, fehlende Refinanzierungsmöglichkeiten, Ausbleiben erwarteter Kundenzahlungen oder der Eintritt unerwarteter Kundenforderungen. Gemäß Schierenbeck existieren drei Hauptkategorien von Liquiditätsrisiken:12 • Das Liquiditätsanspannungsrisiko umfasst die Gefahr eines objektbezogenen Liquiditätsrisikos auf Grund mangelnder Marktliquidität. Insbesondere ist hierbei der Tatbestand der Kapitalbindung insofern als Risiko zu verstehen, dass entweder die Veräußerung von Aktiva gar nicht beziehungsweise nur unter erschwerten Bedingungen möglich ist, oder dass die Möglichkeit einer erforderlichen Anschlussfinanzierung gänzlich verwehrt, respektive nur unter schlechten Konditionen gegeben ist. • Das Terminrisiko beschreibt die Gefahr, dass sich die Kapitalbindungsdauer der laufenden Aktivgeschäfte unplanmäßig verlängert. Die Ursachen hierfür können einerseits ein verzögerter Liquiditätszufluss auf Grund von Markthemmnissen und andererseits unpünktliche Zahlungen der Schuldner sein. Mit dem Ziel, das Terminrisiko zu verringern, wurde bereits in den regulatorischen Vorschriften von Basel III die Einführung der strukturellen Liquiditätsquote NSFR verankert. Sie dient der Sicherung einer langfristig stabilen Refinanzierung und Liquiditätskongruenzen. Hierdurch soll die Abhängigkeit von weiteren Marktteilnehmern oder Gegenparteien verringert werden.  Vgl. Schierenbeck, H. et al. (2014), S. 578.

12

306

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

• Im Abrufrisiko werden jene Gefahren subsumiert, welche dadurch entstehen, dass gewährte Kreditlinien über ein zu erwartendes Maß hinaus, beziehungsweise zu einem früheren als vorgesehenen Zeitpunkt in Anspruch genommen werden, respektive dass Einlagen über ein zu erwartendes Maß hinaus, beziehungsweise zu einem früheren als vorgesehenen Zeitpunkt abgerufen werden. Das folgende Zitat von Funk/Rossmanith demonstriert, wie bedeutsam die Berücksichtigung der Liquiditätsrisiken im Rahmen des Risikomanagementprozesses ist und welche Folgen diese bei unzureichender Beachtung haben können: „Die nur unzureichende Erfassung von Liquiditätsrisiken und der Risiken aus der Fris­ tentransformation ist dabei besonders kritisch zu sehen. Eine zu starke Fristentransformation hat gerade bei vielen Banken erst zu den aktuellen Problemen geführt oder zumindest diese verstärkt. Unter bestimmten Bedingungen ist es auch möglich, Risiken zum Beispiel in sogenannte Conduits auszulagern und damit einer Unterlegung mit Eigenkapital zu entziehen. Auch durch die Billigung der deutschen Politik und Aufsicht geschah dieses, um angesichts geringer Regelungen in anderen Ländern die internationale Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Banken zu erhalten.“13 Zum Management der Liquiditätsrisiken hat der Basler Ausschuss wesentliche Bestandteile in der Veröffentlichung „Principles for Sound Liquidity Risk Management and Supervision“ unter anderem wie folgt geregelt: • • • • • • •

Sicherstellung ausreichender Intraday Liquidität und Liquiditätspuffer, Beobachtung der Liquiditätspotenziale, Festlegung einer Risikotoleranz, Notfallplan, Stresstests, regelmäßiges Reporting, ausreichende Diversifikation, Einbindung der Geschäftsleitung in die Liquiditätsrisikomanagement-Strategie, Cashflow-Messung und -Planung sowie Einbezug außerbilanzieller Positionen.

Die bedeutendsten Kennzahlen im Bereich der Liquiditätssteuerung von Kreditinstituten sind die LCR sowie die NSFR. Neben der Meldung der kurzfristigen LCR und der langfristigen NSFR ist die Aufnahme aufsichtsrechtlicher Monitoring Tools erforderlich. Um Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge genauer erfassen zu können, müssen die Stresstests zu ­Liquiditätsrisiken an der eigenen Liquiditätsrisikosituation ausgerichtet werden und Schätzungen zu potenziellen Mittelabflüssen aus Eventualverbindlichkeiten berücksichtigen. Die Rahmenwerke „Internationale Rahmenvereinbarung über Messung, Standards und Überwachung in Bezug auf das Liquiditätsrisiko“14 und „The Liquidity Coverage Ratio and liquidity risk monitoring tools“15 sollen dazu beitragen, die internationale Aufsicht hinsichtlich der Überwachung von Liquiditätsrisiken zu vereinheitlichen.  Funk, W./Rossmanith, J. (2011), S. 21.  BCBS 188 (2010). 15  BCBS 238 (2013), ergänzt durch BCBS 274 (2013). 13 14

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

307

6.1.4.2.2  Besondere Steuerungsgrößen des Liquiditätsrisikocontrollings Das Ziel der Befähigung eines Kreditinstituts, seine Kernaufgaben der Fristen- sowie Liquiditätstransformation erfüllen zu können, erfordert, dass die Zahlungsbereitschaft durch eine entsprechende vorgehaltene Liquidität jederzeit gesichert ist. Aus diesem Grund ist eine Liquiditätsrisikostrategie unabdingbar, die insbesondere die kurzfristige dispositive Liquiditätssteuerung zum Gegenstand hat, daneben aber parallel die langfristige Liquiditätsstruktur nachhaltig gestaltet. Als Steuerungsgrößen für das Liquiditätsrisiko dienen der Liquidity-at-Risk (LaR) zur kurzfristigen/dispositiven Liquiditätsrisikosteuerung mit dem Ziel der Sicherstellung der täglichen Zahlungsbereitschaft sowie der Liquidity Value-at-Risk (LVaR) im Rahmen der langfristigen/strukturellen Liquiditätsrisikosteuerung zur Gewährleistung eines strukturellen Liquiditätsgleichgewichtes. Der Liquidity-at-Risk ist eine Volumengröße und zeigt die maximale Liquiditätsbelastung, welche mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit innerhalb des zu betrachtenden Zeitraumes eintreten kann. Durch Analyse der Nettomittelabflüsse werden unter Einsatz der Extremwerttheorie die Zahlungsstromrisiken eines Kreditinstitutes geschätzt und die ‚optimale Liquiditätsreserve‘ ermittelt. Als weiteres internes Controlling-Instrument kann zur Analyse struktureller Liquiditätsrisiken der Liquidity Value-at-Risk verwendet werden. Dieser basiert auf dem Grundmodell des Value-at-Risk, wobei diese Größe definiert ist als maximaler Verlust innerhalb eines festgelegten Betrachtungszeitraums, der mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird. Aufbauend auf der Vermögenslage der Bank und unter Berücksichtigung einer Zunahme von Refinanzierungskosten beschreibt der Liquidity Value-at-­ Risk den der Bank aus steigenden Liquiditätsspreads entstehenden Vermögensschaden. Ursachen für das im Liquidity Value-at-Risk (LVaR) enthaltene Refinanzierungsrisiko können Abweichungen vom erwarteten strukturellen Liquiditätsbedarf oder -überschuss oder auch eine Bonitätsverschlechterung des Kreditinstituts sein. In diesem ­Zusammenhang ist zwingend darauf hinzuweisen, dass zwar beide Instrumente  – Liquidity-at-Risk und Liquidity Value-at-Risk – unterschiedliche Ausgangsdaten und damit divergierende temporale Perspektiven analysieren, trotzdem aber beide Methoden obligatorisch in einem integrierten Steuerungsmodell zu verwenden sind. Es liegt auf der Hand, dass der kurzfristig vorzuhaltende dispositive Kapitalstock in der langfristigen Perspektive ein Bestandteil der mittel-/langfristigen Liquiditätsablaufbilanz ist. In der Folge muss eine stabile Schnittstelle zur Geschäftsplanung des Kreditinstituts implementiert sein. Die Liquiditätsstruktur determiniert das potenzielle Geschäftsvolumen, gleichzeitig speist sich die Liquidität insbesondere aus erfolgreich abgewickelten Geschäften, beziehungsweise wird durch geschäftlichen Misserfolg belastet. Abb. 6.12 stellt schematisch die Verbindung zwischen kurzfristig/dispositiver Liquiditätssteuerung und mittel-/langfristiger Liquiditätsstruktur dar. Auf Grund der Tatsache, dass außer den oben beschriebenen Risiken noch weitere, nicht genau quantifizierbare Risiken zu berücksichtigen sind, werden für beide Steuerungsgrößen zusätzlich verschiedene Stressszenarien simuliert und untersucht. Auf diese

308

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Weise soll ein finanzieller Spielraum zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die sogenannte Financial Mobility-at-Risk, sichergestellt werden. Ergänzend wird daher als Entscheidungsgrundlage für Refinanzierungs- und Dispositionsstrategien auch ein bonitätsunabhängiger Anstieg über eine Szenariobetrachtung modelliert. Die MaRisk schreiben vor, dass jede Bank angemessene Systeme für die Messung, Überwachung, Kontrolle ihrer Liquiditätsrisiken in Wechselwirkung mit allen anderen Risiken vorhalten muss. Dabei werden die Durchführung von Liquiditätsstresstests sowie die Ermittlung der Liquiditätskosten und der Liquiditätsrisikotoleranz vorgeschrieben. „Im Sinne der MaRisk und CRR gehört zu einer umsichtigen Liquiditätsrisikostrategie die Prüfung der Annahmen zur Liquiditätsrisikoschätzung, um damit der Gefahr von Modellrisiken, Fehlsteuerungen und Risikounterdeckungen wirksam zu begegnen.“16 6.1.4.2.3  Liquiditätsüberwachung – „Monitoring Tools“ Zusätzlich zu den beiden auf die Liquidität bezogenen Kennzahlen LCR und NSFR führte bereits das Basel-III-Rahmenwerk vier Instrumente ein, mit denen die Liquiditätsrisikosituation gesondert überwacht werden kann. Mit Hilfe der in der Folge dargestellten Überwachungsinstrumente können Trends im Rahmen der Liquidität sowohl bei einzelnen Kreditinstituten als auch im gesamten Bankensystem ermittelt und analysiert werden. Zusätzlich leisten sie einen Beitrag zur Implementierung eines weltweit einheitlichen Aufsichtsprozesses. Sie stellen Mindestanforde Ahrens-Freudenberg, H./Zeranski, S. (2015), S. 699.

16

Abb. 6.12 Dispositive und strukturelle Liquiditätssteuerung (Rempel-Oberem, T./Zeranski, S. (2008), S. 9.)

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

309

rungen dar und sind durch weitere, von den zuständigen Aufsichtsbehörden zu entwickelnde Messverfahren zu ergänzen und sollen die Berücksichtigung spezifischer Aspekte des Liquiditätsrisikos ermöglichen: • Vertragliche Laufzeitinkongruenz (Contractual Maturity Mismatch) Aktuelle Liquiditätslücken und das Ausmaß der betriebenen Fristentransformation sollen durch Gegenüberstellung der vertraglichen Liquiditätszu- und -abflüsse aus allen bilanziellen und außerbilanziellen Geschäften entsprechend deren vertraglichen Restlaufzeiten in vorgegebenen Laufzeitbändern identifiziert werden. Dabei werden Aktiva mit dem spätesten und Passiva mit dem frühesten Laufzeitdatum angesetzt. Aufsichtsbehörden können durch Anwendung eigener Annahmen verschiedene Marktsituationen simulieren und deren Auswirkungen auf die Liquidität untersuchen. Neben dieser Liquiditätsablaufbilanz müssen Kreditinstitute auch individuelle Gap-Analysen basierend auf dem Going-Concern-Prinzip für Normal- und Stresssituationen durchführen und Maßnahmen zur Schließung identifizierter Liquiditätslücken aufzeigen. Es handelt sich um eigene Analysen der Aufsichtsbehörde, für welche keine Meldung der Kreditinstitute erforderlich ist. • Konzentration der Refinanzierung (Concentration of Funding) Diese Kennzahl dient der Abbildung bestehender Konzentrationen marktbasierter Refinanzierung und den damit verbundenen Liquiditätsrisiken und soll Anregungen zur Diversifikation der Refinanzierungsquellen liefern. Zu bestimmende Parameter sind der Anteil der Refinanzierung eines jeweiligen wesentlichen Gläubigers, der Anteil der Refinanzierung eines jeweiligen wesentlichen Produkts sowie Vermögen und Verbindlichkeiten in jeweiligen wesentlichen Währungen. • Verfügbare unbelastete Vermögenswerte/verfügbare lastenfreie Aktiva (Available unencumbered Assets) Ermittlung der unbelasteten liquidierbaren Aktiva, die zur besicherten Refinanzierung am Sekundärmarkt eingesetzt werden können, um eine jederzeitige Zahlungsfähigkeit auch bei kurzfristigen Liquiditätsengpässen zu gewährleisten. Dabei ist auch die Minderung dieses Liquiditätspotenzials in Stresssituationen zu berücksichtigen. Sie dient der Darstellung von zusätzlichem Refinanzierungspotenzial. • Marktbezogene Beobachtungsgrößen/Überwachungsinstrumente (Market related Monitoring Tools) Aufsichtsinstanzen müssen aktuelle marktweite, finanzsektorspezifische und bankindividuelle Informationen beobachten und als Frühwarnindikatoren für potenzielle Liquiditätsengpässe/zur Früherkennung von Liquiditätsrisiken in den Analyseprozess einbeziehen.

6.1.4.3 Risikomanagement nicht kapitalunterlegungspflichtiger Risiken 6.1.4.3.1  Reputationsrisiko und Reputationsrisikocontrolling „Das Reputationsrisiko kann vor diesem Hintergrund als das Risiko einer negativen Wahrnehmung von Kunden, Gegenparteien, Anteilseignern, Investoren, Einlegern, Markt-

310

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

analysten (insb. Ratingagenturen), Mitarbeitern, weiterer relevanter Anspruchsgruppen oder Regulierungsbehörden verstanden werden, das dazu geeignet ist, die Fähigkeit der Bank zum Bestands – oder Neugeschäft, die Pflege von Kundenbeziehungen und die Nutzung von Refinanzierungsquellen (z.  B.  Interbanken- oder Verbriefungsmarkt) aktuell oder zukünftig nachteilig zu beeinflussen.“17 Reputation ist dabei der aus Wahrnehmungen der Anspruchsgruppen resultierende öffentliche Ruf einer Bank bezüglich ihrer Solvenz, Kompetenz, Integrität und Vertrauenswürdigkeit. Infolge der Finanzkrise und der damit einhergehenden erhöhten Vertrauenssensitivität der Finanzdienstleistungsbranche ist das Reputationsrisiko in das Blickfeld der Bankenaufsicht gerückt. Auf Grund der komplexen Wirkungszusammenhänge mit anderen Risikoarten können Aussagen über mögliche Konsequenzen nur eingeschränkt getroffen werden. Es hat sich aber gezeigt, dass die in der Vergangenheit eher vernachlässigten Reputationsrisiken zu erheblichen Refinanzierungseinschränkungen führen können. Diese Erfahrungen wurden auch von den Regulierungsbehörden aufgegriffen. 6.1.4.3.1.1  Reputationsrisiko

Das Spektrum der Reputationsrisiken kann folgendermaßen systematisiert werden: • „klassische“ Primärrisiken bestehend aus Kreditrisiko, operationellem Risiko, Marktpreisrisiko sowie Liquiditätsrisiko, • Complianceverstöße, wie zum Beispiel Beihilfe zur Steuerhinterziehung, Korruption, Diskriminierung und Interessenskonflikte, • betriebswirtschaftliche Entscheidungen sowie • unvorhergesehene Ereignisse. Reputationsrisiken wirken sich unterschiedlich auf die Finanzwirtschaft aus und können wie folgt kategorisiert werden: • zeitlich und/oder räumlich begrenzte Auswirkungen Eine Ausweitung der Implikationen von Einzelfällen auf die Gesamtbank sind zu unterbinden. Dazu sind entsprechende interne Kontrollprozesse und deren konsequente Anwendung notwendig, um beispielsweise Ursachen zu analysieren, Vorgehensweisen festzulegen und Verbesserungen zu realisieren. • Auswirkungen auf den Absatzmarkt In diesem Bereich spielen die Kernkompetenzen von Banken und die Kommunikation von Entscheidungen und deren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit eine große Rolle. Ein möglicher Vertrauensverlust kann in der Folge zu deutlichen Ertragseinbrüchen führen.  Einhaus, C. (2015), S. 349.

17

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

311

• Einschränkungen in der Funktions- und/oder Handlungsfähigkeit eines Instituts Durch unterschiedliche Informationsstände unter den Finanzmarktteilnehmern können zusätzlich zu den mit dem Reputationsereignis verbundenen Kosten durch den erhöhten Finanzbedarf sogenannte ‚Agency- und Informationskosten‘ entstehen. Dies kann zu einer Beschränkung der operativen Funktionsfähigkeit und der finanziellen Möglichkeiten führen. • Branchenweite Auswirkungen in Form einer Vertrauenskrise Spezifische Auswirkungen auf einzelne Institute können sich auch auf andere Institute übertragen und gegebenenfalls zu einer Systemkrise führen. Auslöser können ein branchenspezifisches Verhalten oder eine unpräzise öffentliche Berichterstattung sein. Regulatorische Grundlagen Bereits die regulatorischen Bestimmungen von Basel II beziehen die Reputationsrisiken lediglich am Rande der Definition von operationellen Risiken ein. Eine Eigenkapitalunterlegung war hierfür nicht vorgesehen. In Säule 2 wurden die Reputationsrisiken zu den „anderen Risiken“ zugeordnet. Dies hat sich seit dem Inkrafttreten von Basel III grundlegend geändert. Vom Bankenmanagement werden umfassende Kenntnisse in Bezug auf den Zusammenhang des Refinanzierungs- und Liquiditätsrisikos mit Reputationsrisiken gefordert, welche in den Risikomanagementprozess obligatorisch zu integrieren sind. Dabei müssen sowohl die individuellen Risiken als auch mögliche negative externe Ausstrahlungseffekte einbezogen werden. Bei der Identifizierung, Messung und Steuerung der Risiken der Liquiditätspositionen sind neben den Reputationseffekten die Kreditrisiken, operationellen Risiken sowie Marktpreisrisiken und zu berücksichtigen. Als Instrumente dienen dabei vor allem Szenarioanalysen, Stresstests sowie eine frühzeitige Kommunikation über den Supervisory Review Evaluation Process (SREP). Managementinstrumentarium Die Unternehmensreputation wird dem Charakter nach als immateriellen Vermögenswert betrachtet. Demgemäß richten sich auch die zur Verfügung stehenden Instrumente zum Management derselben aus. Diese können unterteilt werden in • reaktive Ansätze, welche den Eintritt eines Reputationsereignisses als gegeben hinnehmen und auf eine Abmilderung des Schadens zielen sowie • präventive Ansätze, welche dem Schadenseintritt vorbeugen und versuchen, die Eintrittswahrscheinlichkeit zu verringern. Sie bilden die Basis für ein späteres reaktives Management. Im Rahmen des Aufbaus eines Managements von Reputationsrisiken wird folgendes Drei-Phasen-Konzept verwendet: Die erste Phase erweitert ein bereits bestehendes Risikomanagementsystem für Primärrisiken um eine qualitative Betrachtung von Reputationsrisiken im Rahmen der Risikobewertung. In der Folge werden daraus primär reaktiv ausgerichtete Steuerungs-

312

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

maßnahmen abgeleitet. Reputationsrisiken werden als Nebenerscheinung dem Risiko­ management zugeordnet. Die zweite Phase betrachtet das Reputationsrisiko als eigene Risikoart innerhalb eines vollständigen Risikomanagement-Kreislaufs. Reputationsrisiken werden zielgerichtet ermittelt und auf diese Weise das Risikospektrum beispielsweise um Complianceverstöße und betriebswirtschaftliche Entscheidungen erweitert. Der Ansatz verfolgt präventive Risikosteuerungsmaßnahmen. In der dritten Phase erfolgt zusätzlich eine umfassende Untersuchung der Reputationsrisiken mitsamt den im Vorfeld erkennbaren Wirkungszusammenhängen. Dabei werden sowohl präventive als auch reaktive Methoden angewendet. Mit diesem Konzept soll die Funktions- und Handlungsfähigkeit des Gesamtinstitutes gewährleistet werden. Dabei sollen strategisch gesehen vor allem die Reputation als immaterieller Vermögensbestandteil gesichert sowie der Unternehmenswert erhalten oder gesteigert werden. Instrumente zur Bewertung der Reputationsrisiken sind beispielsweise Szenarioanalyse, indexbasierte Modelle und Medienresonanzanalyse, welche die Wahrnehmung in der öffentlichen Berichterstattung aufzeigt. Dabei ist zu beachten, dass die in diesem Kontext verfügbaren Bewertungsmodelle noch nicht im Stande sind, Reputationsrisiken in annähernd gleicher Exaktheit wie beispielsweise Kreditrisiken oder Marktpreisrisiken zu quantifizieren. Die Risiken können aber trotzdem priorisiert, qualitativ eingeschätzt und im Steuerungsprozess integriert werden. Im Rahmen der Steuerung werden spezifische und unspezifische Ansätze unterschieden. Während die spezifischen Ansätze ermittelten Risikogebieten reaktiv begegnen, indem beispielsweise definierte Reaktionen implementiert werden, konzentrieren sich die unspezifischen Ansätze auf proaktives Handeln. Dieses umfasst beispielsweise die Einbettung aufbau- und ablaufbezogener Handlungen in der Bank, um die Mitarbeiter für reputationsorientiertes Handeln zu sensibilisieren. 6.1.4.3.1.2  Reputationsrisikocontrolling

Im Rahmen des Risikocontrollings muss überprüft werden, ob und in wie weit eine sachgerechte Implementierung und aktive Umsetzung der geplanten Prozesse und Maßnahmen erfolgt ist. Da bei der Beurteilung der Wirksamkeit ein neutraler Vergleichsmaßstab fehlt, ist hier lediglich eine Plausibilitätskontrolle möglich. Auf Gesamtbankebene können beispielsweise Marktwertvergleiche durchgeführt werden. Ein probater Indikator zu Ermittlung eines etwaigen Reputationseffektes wäre beispielsweise die Ermittlung der Differenz zwischen dem Auslöser eines den Ruf der Bank schädigenden Ereignisses und dem damit einhergehenden prognostizierten Marktwertverlust und der realen Kursausprägung. Dabei gilt, dass je geringer der sich ergebende Differenzbetrag ist, umso effektiver stellt sich das Reputationsmanagement dar. Es wird deutlich, dass die Reputation ein wesentlicher Erfolgstreiber ist und sich auf die Handlungs- und Funktionsfähigkeit auswirkt. Neue Regulierungsmaßnahmen erfordern ein umfassenderes Reputationsrisikomanagement als bisher.

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

313

In welcher Form Reputationsrisiken entstehen können und welche negativen wirtschaftlichen Implikationen mit ihnen einhergehen, lässt sich am Beispiel der Deutschen Bank demonstrieren. Das Image der Deutschen Bank ist auf Grund von diversen Berichten verschiedener Medien seit dem Jahr 2012 kontinuierlich massiv unter Druck geraten. Die folgende Tab.  6.3 gibt in chronologischer Ordnung Auskunft über ausgewählte, bedeutende reputationsschädigende Ereignisse des Kreditinstituts, ohne dass diese Auflistung Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Tab. 6.3  Chronologie reputationsschädigender Ereignisse Deutsche Bank (Vgl. zdf.de (2018): Strafzahlungen – Die Niederlagen der Deutschen Bank; https://www.zdf.de/nachrichten/heute/strafen-deutsche-bank-100.html. Zugegriffen am 30.11.2019.) Jahr Reputationsschädigendes Ereignis 2012 Beilegung eines Rechtsstreits wegen Betrugs mit der Stadt Mailand; Hintergrund waren umstrittene Finanzprodukte (Swap-Geschäfte) für Zinsspekulationen 2012 Beilegung eines Rechtsstreits wegen Hypotheken-Geschäfte von MortgageIT, einer auf dem US-amerikanischen Markt tätigen Tochtergesellschaft der Deutschen Bank 2013 EU-Kommission verhängt Strafzahlungen im Zusammenhang mit der Manipulation Referenzzinssätzen 2013 Rechtsstreit mit den US-amerikanischen Immobilienfinanzierern Fannie Mae sowie Freddie Mac im Zusammenhang mit Hypothekenpapieren 2014 Beilegung des Rechtsstreits im Zusammenhang mit der Insolvenz der Kirch-Gruppe 2015 Verhängung von Strafzahlungen durch US-amerikanische sowie britische Behörden im Zusammenhang mit der Manipulation des LIBOR-Zinssatzes 2016 Schließung eines Vergleichs mit US-amerikanischen Behörden im Zusammenhang mit Hypothekengeschäften im Vorfeld des Beginns der Finanzkrise 2017 Verhängung von Bußgeldern von Seiten US-amerikanischer und britischer Behörden im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften, welche Geldwäsche begünstigten 2017 Verhängung von Bußgeldern von Seiten US-amerikanischer Behörden auf Grund von Regelverstößen im Zusammenhang mit Finanzgeschäften, welche durch interne Kontrollen nicht verhindert wurden 2018 Verhängung einer Geldbuße in den USA, initiiert durch die für Rohstoffbörsen zuständige Aufsichtsbehörde CFTC, welche im Zusammenhang mit Manipulationen von Edelmetallkursen stehen 2018 Verhängung einer Strafzahlung von Seiten der New Yorker Finanzaufsicht im Zusammenhang mit Manipulationen am Devisenmarkt

Monetärer Schaden mind. 88 Mio. EUR 202 Mio. USD

725 Mio. EUR 1,9 Mrd. USD

925 Mio. EUR circa 2,5 Mrd. USD 7,2 Mrd. USD

annähernd 600 Mio. EUR annähernd 157 Mio. USD

circa 30 Mio. USD circa 205 Mio. USD

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6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

An diesen obenstehenden – für das Image der Deutschen Bank extrem schädlichen – Beispielen wird deutlich, wie unterschiedlich die Ursachen für die Entstehung von Reputationsrisiken sein können und dass diese keinesfalls unterschätzt werden dürfen. Neben den amtlichen monetären Schäden, welche das Kreditinstitut überwiegend in Form von Strafzahlungen zu verzeichnen hatte, ist der daraus erwachsende Schaden auf Grund von Reputationsrisiken nicht seriös quantifizierbar. Betriebswirtschaftlich sind diese Schäden den sogenannten Opportunitätskosten zuzuordnen, das heißt, dass der Deutschen Bank ceteris paribus zwar keine weiteren pagatorischen Kosten entstanden sind, gleichwohl ist davon auszugehen, dass das beschädigte Image die Akquisition neuer Bankgeschäfte erschwerte, beziehungsweise sogar verhinderte. In der Folge sind dem Kreditinstitut potenzielle Erträge abhandengekommen, welche positive Wirkung auf das Betriebsergebnis entfaltet hätten. Demgemäß wird es unter anderem die Aufgabe des Vorstands der Deutschen Bank sein, neben der strategischen Ausrichtung der Geschäftsfelder, dem Management der Implikationen des vorherrschenden Niedrigzinsumfeldes sowie der sukzessiven Umsetzung regulatorischer Vorgaben ebenso die Sensitivität bestehender interner Kontrollsysteme zu erhöhen, beziehungsweise neue zu implementieren, mit dem Ziel, eine lückenlose Regelkonformität (Compliance) in Bezug auf bestehende Gesetze, Richtlinien sowie freiwillige Kodizes herzustellen. Diese Maßnahmen werden einen positiven Beitrag dazu leisten, zunächst die Reputation des Kreditinstituts nicht weiter zu schädigen und zukünftig die Qualität des Images wieder zu verbessern. Der Vollständigkeit halber soll erwähnt werden, dass die Deutsche Bank zwar aus medialer Hinsicht ein prominentes Exempel im Hinblick auf Reputationsrisiken infolge ihrer geschäftlichen Verfehlungen darstellt, gleichwohl ist die Deutsche Bank nicht das einzige Kreditinstitut, welches Reputationsrisiken zu bewältigen hat.

6.1.4.4 Gesamtbanksteuerung 6.1.4.4.1  Stresstests und Backtestings Der Basler Ausschuss hat für verschiedene Risikobereiche Anforderungen an Stresstests formuliert und deren Durchführung verpflichtend gemacht. Stresstests stellen zentrale Frühwarn- und Überwachungsinstrumente dar, die eine kritische Reflexion der aktuellen Risikosituation auslösen sollen. Sie sollen durch Integration aller wesentlichen Risiken des Gesamtbankportfolios eine Identifikation von institutsspezifischen Gefährdungen ermöglichen und sind daher institutsindividuell zu gestalten. Außerdem sind Risikokonzentrationen, Diversifikationseffekte und Risiken aus außerbilanziellen Geschäften zu berücksichtigen. Stresstests dienen damit nicht nur als Instrument der regulatorischen Steuerung, sondern auch der Identifikation betriebswirtschaftlicher Nutzenpotenziale sowie zur qualitativen Weiterentwicklung des Risikomanagements. Die Anforderungen zu den Stresstests hat der Basler Ausschuss in seiner Veröffentlichung „Stress testing principles“18 festgelegt. Sie schreiben vor, dass für alle wesentlichen Risiken historische und hypothetische Szenarien zu simulieren sind. Hierdurch soll eine  BCBS 450 (2018).

18

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

315

bessere Integration von Stresstests in den bankinternen Steuerungsprozess erreicht werden. Mögliche Instrumente, die in diesem Zusammenhang angewendet werden, sind beispielsweise Szenario- oder Sensitivitätsanalysen. Die Modellannahmen sind dabei durch Backtestings zu validieren. Dabei werden die tatsächlich eingetretenen Gewinne und Verluste mit den von Risikomodellen prognostizierten Werten bei Unterstellung einer unveränderten Portfolio-Zusammensetzung und einer Haltedauer von einem Tag verglichen. Dies ermöglicht den Kreditinstituten eine Beurteilung der Qualität und Genauigkeit ihrer Risikomesssysteme. Der Bankenverband schreibt in seiner Veröffentlichung Fokus Unternehmen: Rating folgendes: „Jedes bankinterne Rating-System muss regelmäßig validiert, das heißt überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Hierzu führt die Bank ein sogenanntes Backtesting durch, bei dem im Nachhinein die vorhergesagten Ausfallwahrscheinlichkeiten mit den tatsächlich aufgetretenen Kreditausfällen verglichen werden. Durch diese Maßnahmen können Ungenauigkeiten und systematische Fehler entdeckt werden, so dass das Rating-­System ständig verbessert wird.“19 Ein Backtesting hat definierten Anforderungen zu genügen. Aufsichtsinstanzen stellen qualitative Kriterien für interne Modelle der Banken auf, um sicherzustellen, dass diese auf einem gut fundierten Konzept basieren und korrekt eingeführt wurden. Unter diese Kriterien fallen auch regelmäßige Rückvergleiche zwischen den tatsächlichen und den errechneten Risikomessgrößen. Des Weiteren müssen die Modelle durch eine von den Modellentwicklern unabhängige Stelle überprüft und validiert werden. Zusätzlich werden weitere interne Kontrollmechanismen im Rahmen des Risikomanagementprozesses vorgeschrieben. Die zusätzlich verlangten Sensitivitäts- und Szenarioanalysen dienen der Untersuchung von spezifischen Einflüssen einzelner Risikofaktoren. Mit der Identifikation von Risikotreibern können Schwachstellen in der Portfolio-Struktur aufgedeckt werden. Mit dem Ziel, etwaige Korrelationen zwischen den verschiedenen Risikofaktoren zu berücksichtigen, müssen zusätzlich multivariate Stresstests sowie Szenarioanalysen durchgeführt werden. Aus den Stresstestergebnissen lassen sich wiederum obligatorische Notfallpläne ab­leiten. 6.1.4.4.2  Gesamtbanksteuerung und Gesamtbankrisikomanagement Ausschließlich im Zuge der Integration des Risikomanagements in die Gesamtbanksteuerung kann eine konsequente risikoorientierte Steuerung, wie sie Basel IV verlangt, sichergestellt werden. Dabei muss die Risikostrategie zwingend auf die Geschäftsstrategie abgestimmt werden, um die Risikotragfähigkeit zu gewährleisten und das Chancen-Risiko-Profil zu optimieren und auf diese Weise zu einer Unternehmenswertsteigerung beizutragen. Die Risikodeckungsmasse wird zunehmend zum Engpassfaktor. Bei der Strategieformulierung und Risikotragfähigkeitsanalyse sind künftig auch Risikokonzentrationen zu berücksichti-

 Bundesverband deutscher Banken (2010), S. 16.

19

316

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

gen. Hauptziel der Abstimmung des Risikopotenzials auf die Risikotragfähigkeit ist es, die Stabilität des Finanzsystems auch im Stressfall sicherzustellen.

6.1.5 Umsetzungsprozessstrukturelle Implikationen Als letzter Teilbereich der Auswirkungen von Basel IV auf das Controlling von Kreditinstituten werden die organisatorischen Implikationen betrachtet. Wesentliche Veränderungen ergeben sich hierbei vor allem für das Liquiditäts- und Risikomanagement. Diese Bereiche sind in der Regel auf Grund der Vorschriften von Basel II und spätestens seit Umsetzung der regulatorischen Anforderungen von Basel III bereits vorhanden, müssen jedoch an die neuen Regelungen angepasst werden. Sofern die Basel III Anforderungen bereits umgesetzt sind, ergeben sich dadurch üblicherweise keine größeren Veränderungen im Rahmen der Aufbau- und Ablauforganisation.

6.1.5.1 Risikogewichtete Aktiva, Rating Im Rahmen der Ermittlung der zu unterlegenden risikogewichteten Aktiva müssen verstärkt Kreditrisiken eingeschätzt werden. Bei Verwendung des im Hinblick auf die aufsichtsrechtlichen Kapitalunterlegungsanforderungen meist günstigeren IRB-Ansatzes, beziehungsweise des Advanced IRB-Ansatzes ist die Einführung einer eigenen Risikoprüfung bei der Kreditvergabe und damit die Erstellung eigener interner Ratings zwingend erforderlich. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Kreditinstitute im Zuge der regulatorischen Anforderungen von Basel IV obligatorisch die Regelungen hinsichtlich der Input Floors zu beachten haben, das heißt, dass annähernd alle Modellparameter von Seiten der nationalen Aufsicht definiert werden und lediglich die Ausfallwahrscheinlichkeiten von den anwendenden Kreditinstituten zu schätzen sind, sofern der einfache IRB-Ansatz zugrunde gelegt wird. Ferner sind diese Kalkulationen zukünftig parallel unter Anwendung des Standardansatzes durchzuführen und zu dokumentieren, dürfen allerdings die im Rahmen des Capital Floors definierten Grenzen nicht unterschreiten, wie bereits in Abschn. 2.3.2.8 ausgeführt wurde. Hierzu sind von Kreditinstituten gegebenenfalls zusätzliche Kapazitäten bereitzustellen, zum Beispiel durch den Ausbau der Ratingabteilung und Schulung betroffener Mitarbeiter. Für einen inhaltlichen Vergleich zwischen dem IRB-Ansatz und dem Standardansatz wird auf die Ausführungen des Abschn. 4.4.3 verwiesen. Das folgende Beispiel zeigt, wie sich die vom Rating des Schuldners abhängigen unterschiedlichen Eigenkapitalanforderungen auf die Ertragslage der Kreditinstitute auswirken. Dr. Josef Ackermann, zunächst Vorstandssprecher (2002 bis 2006) und anschließend Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank (2006 bis 2012), proklamierte medienwirksam erstmalig ab dem Jahr 2003 wiederkehrend ein Eigenkapitalrentabilitätsziel in Höhe von 25 %. Im Hinblick auf das durch die Vorgaben der Basler Eigenkapitalrahmenwerke in Höhe von 8,0 % der RWA zu unterlegende Eigenkapital sind die zur Erreichung dieses Ziels benötigten Margen unter anderem von der Bonität des Kunden abhängig.

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

317

Tab. 6.4  Tabellarische Darstellung des Zusammenhangs von Rating und Marge für Zielrendite AAA bis AA20 %

Ratinga des Schuldners Gewichtungsfaktor bei Darlehen an Unternehmen erforderliches Eigenkapital für 2000 Darlehen über 100 T€ erforderlicher Ertrag bei Zielrendite 500 von 25 % erforderliche Marge zur Erreichung der 0,5 % Zielrendite

A+ bis A50 %

BBB+ bis BBB75 %

BB+ bis BB100 %

unter BB150 %

ohne Rating 100 %

4000

6000

8000

12.000

8000

1000

1500

2000

3000

2000

1,0 %

1,5 %

2,0 %

3,0 %

2,0 %

Die Ratingnotation folgt der Methode des Instituts Standard & Poor’s

a

Für ein Darlehen an einen Firmenkunden in Höhe von 100.000 EUR sind je nach Bonität/ Rating unterschiedlich hohe Gewichtungsfaktoren nach dem bereits in Abschn. 4.4.1 dargestellten Standardansatzes (KSA) zu berücksichtigen. Die folgende Tab. 6.4 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Bonität des Schuldners, Eigenkapitalunterlegung und der erforderlichen Zinsmarge zur Erreichung einer Zielrendite auf das Eigenkapital von 25,0 %: Aus den Inhalten obenstehender Tabelle geht hervor, welche Auswirkungen das Rating auf die durch die Kreditinstitute im Rahmen der Konditionierung einzupreisenden Margen hat, damit es die Renditeerwartungen der Kapitalmärkte erfüllen kann. Zu beachten ist, dass der beschriebene Effekt bei der Anwendung interner Modelle Ansätze durch die Einführung der Floor-Regelung unter Basel IV begrenzt wird, da stets ein Vergleich zu den Anforderungen nach dem Standardansatz vorgenommen werden muss.

6.1.5.2 Liquiditätsvorschriften Das Controlling von Liquiditätsrisiken wurde bereits ausführlich behandelt. Es ist zu erwarten, dass zusätzliche Kapazitäten für Liquiditätscontrolling und Liquiditätsrisikomanagement aufzubauen und vorzuhalten sind. Im Rahmen der Liquiditätssteuerung wird dabei eine enge Zusammenarbeit zwischen Liquiditätscontrolling und Liquiditätsdisposition (Treasury) erforderlich. Neben der internen Kommunikation muss auch die externe Kommunikation gewährleistet werden. So wird beispielsweise eine jederzeitige Auskunftsbereitschaft bezüglich der Einhaltung der vorgegebenen Liquiditätsquoten und eine regelmäßige Meldung zu den beiden liquiditätsbezogenen Kennzahlen LCR und NSFR an die Aufsichtsbehörden vorgeschrieben. Die quantitativen regulatorischen Vorgaben zu LCR und NSFR sowie den in ihre Berechnung einfließenden verschiedenen Parametern machen eine gesamtbankweite Betrachtung potenzieller Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit mitsamt einer Überprüfung der Geschäftsstrategie erforderlich. Daneben spielen auch die qualitativen regulatorischen Anforderungen an das Liqui­ ditätsrisikomanagement eine wichtige Rolle. Diese betreffen insbesondere die strategische

318

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Festlegung einer Risikotoleranz sowie daraus abgeleitete Limite für einzelne Geschäfts­ arten, welche in der Folge entsprechend zeitnah überwacht werden müssen. Des Weiteren müssen zukünftig umfassende Liquiditätspläne aufgestellt werden. Damit auch einzelne Bereiche genauer betrachtet werden können, wird der Einsatz interner Liquiditäts­ transferpreissysteme dringend angeraten. Auch hierfür sind entsprechende Kapazitäten bereitzustellen. Die neuen regulatorischen Vorgaben erfordern Erweiterungen in den entsprechenden IT-Verfahren, beispielsweise zur Berechnung der Kennzahlen LCR und NSFR und deren interne und externe Kommunikation. Weitere Anforderungen an die IT ergeben sich aus dem erweiterten Liquiditätsrisikomanagement. Diese betreffen sowohl Datenqualität als auch Verfahren.

6.1.5.3 Veränderungen im Rahmen des Kreditvergabeprozesses Durch die neuen Regelungen werden gegebenenfalls auch Veränderungen im Rahmen des Kreditvergabeprozesses und eine Anpassung der Risikostrategie nötig. Beispiele für Veränderungen sind unter anderem die Einführung die Implementierung neuer Richtlinien im Kreditvergabeprozess. Die Überwachung der Einhaltung der Eigenkapitalvorschriften muss durch interne Prozesse und internes Controlling erfolgen. Die aufbauorganisatorische Ausgestaltung der Stabbereiche wie Controlling und Revision sind dabei stark vom jeweiligen Geschäftsmodell der Bank abhängig. Jede Funktion muss jedoch letztendlich dem Verantwortungsbereich mindestens eines Geschäftsleiters/Vorstands unterstellt werden. Auf Grund von internationalen Entwicklungen sowie der Einführung von Basel III sind bereits die Trennung von Vertrieb und Bearbeitung mit Markt und Marktfolge sowie die Aufwertung der Risikoanalyse in Kreditinstituten implementiert. Die Bedeutung der Risikoanalyse wurde insbesondere durch die starke Zunahme der kreditausfallbedingten ­Abschreibungen noch verstärkt. In diesem Zusammenhang sind auch die Anforderungen in der Risikoanalyse deutlich gestiegen, was neue Qualifikationsprofile der Mitarbeiter erforderlich macht. Die Bedeutung und Aufgabengebiete der internen Revisionen von Kreditinstituten werden auch weiterhin kontinuierlich zunehmen. Neben der internen Revision ist das interne Kontrollsystem ein notwendiger Bestandteil des internen Kontrollverfahrens. Aufgaben der internen Revision sind beispielsweise die Erstellung allgemeiner Prüfberichte und die Prüfung des Kreditgeschäfts zur Dokumentation von materiellen und formellen Prüfungen. Vorschriften hierzu finden sich auch im Bankwesengesetz. Bereits mit Basel II wurden unter anderem die folgenden Prüfungsgebiete für die interne Revision festgelegt: • Kreditrisiko: Wird einer der beiden potenziell wählbaren IRB-Ansätze verwendet, muss die interne Revision die Einhaltung aller vorgeschriebenen Mindestanforderungen prüfen. Dabei geht es unter anderem um die Zuverlässigkeit von Ratingsystem und -prozess, inklusive einer Prüfung der verwendeten Parameter LGD, PD und EAD. Insbesondere im Hinblick auf die zugrunde gelegten Ausfallwahrscheinlichkeiten sind

6.1  Implikationen aus Basel IV auf das Controlling

319

besonders strenge Prüfmaßstäbe anzulegen, da die übrigen Parameter unter Berück­ sichtigung der regulatorischen Anforderungen von Basel IV von Seiten der nationalen Aufsicht definiert werden. • Operationelles Risiko: Beim Standardansatz ist die Prüfung der Zuordnung der Be­ triebserträge auf die einzelnen Geschäftsfelder vorgesehen. Durch die Vorgaben von Basel III und in der Folge von Basel IV ergeben sich auch Veränderungen hinsichtlich der Prüfungsplanung und -häufigkeit. Mögliche Prüfbereiche sind die Risikostrategie, Vollständigkeit und Glaubwürdigkeit der Ratingzuordnung, Über­ wachung von Ratingsystemen und -prozessen, Überprüfung des Verfahrens und der Mess­ methoden für das Management der Kreditrisiken und des operationellen Risikos, internes Validierungsverfahren, Limitsystem und internes Berichtswesen.

6.1.5.4 Berichts- und Meldewesen Weitere Anforderungen stellen sich auch bei der Sicherstellung der Einhaltung des im Basel-IV-Rahmenwerk festgelegten Meldewesens und der Veröffentlichungs- und ­Offen­ legungsvorschriften. In Abhängigkeit von den endgültigen, im Konsultationsprozess befindlichen Vorgaben der europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) sind hierzu deutliche Erweiterungen und Anpassungen in IT-Verfahren und der IT-Infrastruktur notwendig. Das Meldewesen beinhaltet unter anderem verschiedene meldepflichtige, zum Teil durch Basel IV neu implementierte, Kennzahlen und deren Meldetermine. Außerdem werden neue Anforderungen an die Transparenz des Berichtswesens und Offen­legungs­ pflichten gestellt. In Säule 3 der dritten Basler Eigenkapitalvereinbarung werden insbesondere die Offenlegungspflicht für außerbilanzielle Positionen sowie geforderte Erläuterungen zum regulatorischen Eigenkapital und der Berechnung bestimmter Kennzahlen definiert. Mit den Regelungen von Basel IV sollen diese Regelungen zu Offenlegungsanforderungen und -frequenzen auf alle im Rahmenwerk enthaltenen Risikobereiche ausgeweitet werden. Unverzichtbar sind in diesem Zusammenhang Schulungen aller betroffenen Mitarbeiter sowie der Aufbau und/oder Ausbau der internen und externen Kommunikation. Zur Abstimmung zwischen den Bereichen und mit der Geschäftsleitung sollten Steuerungskreise eingeführt werden. Durch diese ist eine einheitliche Umsetzung der Gesamtunternehmensstrategie in allen Bereichen gewährleistet. Das Berichts- und Meldewesen ist IT-unterstützt. Die Ermittlung aller Daten für das  Berichts- und Meldewesen erfordert gegebenenfalls die Einbeziehung weiterer Fachbereiche und Änderungen in den IT-Verfahren des Kreditinstituts sowie die zusätzliche Sicherung der Datenqualität. Weitere Anforderungen an IT-Verfahren ergeben sich durch die Erstellung der geforderten externen Berichte und Meldungen und zusätzlichen Informationen für die mit dem Berichtswesen verbundene interne Kommunikation. In diesem Kapitel wurden einige wesentliche Implikationen der Anforderungen von Basel IV auf Kreditinstitute und deren Controlling anhand der Teilbereiche Kennzahlen,

320

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Risikomanagement und Organisation dargestellt. Dabei wurde beispielhaft gezeigt, dass die Balanced Scorecard ein geeignetes Instrument ist, das bei der Umsetzung der Vorschriften von Basel IV eingesetzt werden kann.

6.2

 ontrolling bei kleinen und mittleren Unternehmen unter C besonderer Beachtung von Basel IV

In diesem Kapitel werden Controlling-Anforderungen an KMU behandelt, welche sich im Hinblick auf die regulatorischen Anforderungen von Basel IV aus der Perspektive von Kreditinstituten ableiten lassen. Demgemäß wird sich das folgende Kapitel mit der Fragestellung auseinandersetzen, welche Anforderungen ein Unternehmen zu erfüllen hat, um aus der Sicht von Banken seine individuelle Kreditwürdigkeit zu steigern.

6.2.1 Rating und Ratingkriterien Aus den bisherigen Ausführungen zu den Auswirkungen von Basel IV wird deutlich, dass KMU insbesondere im Hinblick auf eine Kreditbeschaffung steigende Restriktionen zu bewältigen haben werden und dass dabei das Rating von KMU eine immer bedeutendere Rolle einnimmt. Kreditinstitute sind verpflichtet, die Bonitäten ihrer Kreditnehmer zu ermitteln, um die in Basel IV geforderte Risikobeurteilung durchführen. In der Folge sind Banken befähigt, eingegangenen Risiken besser zu quantifizieren, was sich wiederum auf eine adäquate und notwendige Eigenkapitalunterlegung auswirkt. Das Rating hat im Kreditvergabeprozess einen bestimmenden Einfluss auf Kreditkonditionen und Kreditverfügbarkeit. Im Mittelstandrating werden typischerweise folgende Bereiche betrachtet und beurteilt: • • • •

aktuelle und künftige Finanz- und Ertragslage, Brancheneinschätzung und Wettbewerbsposition, Kontoführung sowie Qualität der Bereitstellung von Informationen. Zur Erstellung von Ratings verlangen Kreditinstitute zum Beispiel folgende Unterlagen:

• • • • • •

Jahresabschlussdaten (Bilanz, GuV, Kapitalflussrechnung, Lagebericht), unterjährige betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA), Finanz- und Liquiditätsplanungen für die folgenden drei Jahre, Investitionsplanungen mit entsprechenden Kapitalbedarfsplänen, Daten zu außerbilanziellen Geschäften (z. B. Leasing-Spiegel), Bericht über Prüfung des Risikofrüherkennungssystems,

6.2  Controlling bei KMU unter Beachtung von Basel IV

321

• Unterlagen zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens und der Unternehmensorganisation sowie der einzelnen Geschäftsfelder, • etc. Aus diesen Unterlagen werden quantitative Kennzahlen zur Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage und der Entwicklung des Cashflows abgeleitet, sofern keine Kapitalflussrechnung vorliegt. Die Bilanzanalyse für KMU liefert zum Beispiel folgende typischen ratingrelevanten Kennzahlen: • • • • • • • • • • • • •

Eigenkapital-/Eigenmittelquote, Fremdkapitalstruktur – dabei vor allem der Anteil zinstragender Verbindlichkeiten, Bruttoverschuldungsdauer, Verschuldungsgrad (Fremdkapital im Verhältnis zum Eigenkapital), Fremdkapitalverzinsung, Zinsdeckungsgrad (EBIT oder Cashflow im Verhältnis zu Fremdkapitalzinsen), Kapitalbindungsdauer; Umschlagsdauer und Umschlagshäufigkeit, Debitoren- und Kreditorenziel, Working Capital, Ertragskraft – Umsatz- und Gesamtkapitalrentabilität, Wertentwicklung des Unternehmens/Wertschöpfung, Liquiditätsgrade, etc.

Eine entscheidende Rolle spielen Qualität, Aktualität und Vollständigkeit der gelieferten Daten, da ansonsten das Rating negativ beeinflusst wird. Normalerweise wird dieser Sachverhalt in regelmäßigen Ratinggesprächen zwischen Kreditinstitut und KMU erörtert. Auf Grund der großen Bedeutung des Ratings für die Kapitalbeschaffungskonditionen ist für KMU ein effektives sowie effizientes Controlling unverzichtbar. Das Controlling liefert Daten, welche direkt in den quantitativen Teil des Ratings einfließen, aber auch über Softfacts den qualitativen Teil des Ratings betreffen. Ein KMU kann sich durch ein Selbstrating auf den Ratingprozess vorbereiten und das Rating steuern. Im Hinblick auf das Selbstrating existiert eine umfangreiche Literatur, in welcher häufig probate Checklisten enthalten sind, welche auch Fragestellungen zu Softfact-­Bereichen beinhalten. Das Controlling bildet in diesem Zusammenhang eine wesentliche Grundlage für den Informations- und Kommunikationsfluss innerhalb eines KMU sowie zwischen dem Unternehmen und seinen Anteilseignern und Kapitalgebern – demgemäß auch den Kreditinstituten. Aus der Perspektive von Kreditinstituten wirken Rentabilität, Liquidität und Wertschöpfung in besonderer Weise auf das Rating eines KMU. Diese drei wesentlichen Bereiche werden nachfolgend beispielhaft unter Controlling-Aspekten näher betrachtet. Es wird ein Bezug zur Balanced Scorecard hergestellt, in welche diese Bereiche als Erfolgsfaktoren in die Finanzperspektive eingehen.

322

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

6.2.2 Betrachtungen zur Rentabilität Die Rentabilität stellt das Verhältnis einer Ergebnisgröße zu einer für sie maßgeblichen Einflussgröße dar. Demgemäß ist Rentabilität ein relativiertes Ergebnis, sodass sie als Indikator der betrieblichen Ertragskraft zu bewerten ist. Die nachfolgende Abb. 6.13 visualisiert eine Systematik bedeutsamer Rentabilitätsmaße. Ein Zusammenhang zu Basel IV kann über das Rating hergestellt werden. In dieses gehen unter anderem die Umsatzrentabilität sowie die Gesamtkapitalrentabilität ein. Daher ist es für ein Unternehmen wichtig, diese beiden Größen zu beurteilen und gezielt zu steuern. Maßgebliche Einflussgrößen auf die Rentabilität sind zum Beispiel der Kapitaleinsatz und damit verbunden die Kapitalkosten sowie die Brutto- und Netto-Umsatzerlöse. Diese müssen sowohl auf Gesamtunternehmensebene als auch für einzelne Vorgänge untersucht und betrachtet werden. Probate Bezugsobjekte können Sparten, Investitionen, Produktlinien oder Produkte, etc. sein. Wesentliche Ergebnisgrößen sind beispielsweise das Betriebsergebnis, der Jahresüberschuss sowie der Ergebnisbeitrag einer Investition oder bestimmter Produkte. Entsprechende Kennzahlen sind insbesondere Umsatzrentabilität, Gesamtkapitalrentabilität (ROCE) und Investitionsrentabilität. Eine Verbindung zur Eigenkapitalrentabilität ergibt sich über den Leverage Effekt. Solange der zu zahlende risikoorientierte Fremdkapitalzinssatz geringer ist als die Gesamtkapitalrentabilität, führt eine weitere Verschuldung über die Leverage-Chance zu einer Erhöhung der Eigenkapitalrentabilität.

Abb. 6.13  Systematik bedeutsamer Rentabilitätsmaße

6.2  Controlling bei KMU unter Beachtung von Basel IV

323

Das Controlling ist bei der Ermittlung dieser Daten besonders gefordert. Insbesondere für Investitionsentscheidungen müssen Investitionsrechnungen durchgeführt werden. Auf deren Grundlage lässt sich unter anderem ein kritischer Zinssatz ermitteln, bis zu dem die Investition gerade noch rentabel ist. Gleichermaßen können Vergleiche zwischen erwarteter Amortisationszeitraumes gewöhnlicher wirtschaftlicher Nutzungsdauer erfolgen. Dabei ist es wichtig, stets den gesamten Investitionszyklus zu betrachten. Im Rahmen des Controllings werden in diesem Zusammenhang auch Planrechnungen, Deckungsbeitragsrechnungen, Plan-Ist-Vergleiche und weitere Abweichungsanalysen sowie Lebenszykluskosten- und -erlösrechnungen durchgeführt. Über die Balanced Scorecard können Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zwischen den einzelnen Bezugsgrößen/Erfolgsfaktoren innerhalb der vier Perspektiven aufgezeigt werden. Die Ziele leiten sich grundsätzlich aus der Geschäftsstrategie des KMU ab. Die Darstellung erfolgt zunächst wieder kompakt in Form einer Strategy Map mit einer knappen Erläuterung einer möglichen Wirkungskette. Die Strategy Map soll beispielhaft am Oberziel Steigerung beziehungsweise Optimierung der Rentabilität entwickelt werden. Die Messung der Erreichung dieses Oberziels kann über die Gesamtkapital-, Umsatzoder Eigenkapitalrentabilität erfolgen. Abb. 6.14 zeigt hierzu eine exemplarische Ursache-Wirkungskette, die vereinfacht anhand einer Strategy Map dargestellt wird. Erläuterung In der Lern- und Entwicklungsperspektive können über eine gute Mitarbeiterqualifikation benötigte Ressourcen auf- und ausgebaut sowie die Mitarbeitermotivation gesteigert werden. In der Folge können Arbeitsproduktivität angehoben und vorhandene Kapazitäten optimal ausgelastet und genutzt werden. Dies führt zum einen zu einer höheren Effizienz in Rahmen der Prozessperspektive, wodurch bei gleichem Output weniger Input ­notwendig ist, demnach verringert sich das betriebsnotwendige Vermögen, was per definitionem zu einer Steigerung der Rentabilität führt. Zum anderen bringt die gesteigerte Arbeitsproduktivität eine Verbesserung der Lieferbereitschaft hervor, die wiederum den Kundennutzen erhöht und in der Folge zu einem Anstieg der Kundenzufriedenheit führt. Durch die optimale Auslastung vorhandener Kapazitäten können Stückkosten gesenkt und Stückdeckungsbeiträge erhöht werden. Über die erhöhte Kundenzufriedenheit und den verbesserten Kundennutzen der Kundenperspektive steigen gleichzeitig die Preisbereitschaft und der erzielbare Deckungsbeitrag. Dies führt zu einer höheren Umsatzrentabilität und damit zu einer Steigerung der Gesamtkapital- und Eigenkapitalrentabilität in der Finanzperspektive. Zu beachten ist, dass dieses Beispiel extrem vereinfacht eine mögliche Ursache-­ Wirkungs-­Kette darstellt und dabei viele weitere Einfluss- und Erfolgsfaktoren auf die Gesamtkapitalrentabilität unberücksichtigt lässt. Aus dieser Strategy Map lässt sich direkt die folgende beispielhafte Balanced Scorecard in tabellarischer und graphischer Form (Tab. 6.5 und Abb. 6.15) ableiten:

324

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Abb. 6.14  Strategy Map – Steigerung Rentabilität

6.2.3 Betrachtungen zur Wertorientierung Der dritte wichtige Bereich, welcher Einfluss auf das Rating ausübt, ist die Wertorientierung im KMU. Wertorientierung bedeutet die Schaffung von zusätzlichen Werten im Rahmen der gesamten Wertschöpfungskette, was mit einer Schließung identifizierter Wertlücken einher geht. Im Rahmen des wertorientierten Controllings spielen in Ergänzung zu den für die rentabilitätsorientierte Steuerung ohnehin bedeutsamen Größen die konsequente Einbeziehung von Kapitalkostensätzen sowie die Zukunftsorientierung wesentliche Rollen. Eine Möglichkeit zur Ermittlung des Unternehmenswertes aus ertragswertorientierter Sicht ist der EVA®-Ansatz. Einflussgrößen zur Steuerung des Unternehmenswertes sind beispielsweise Preis- und Konditionspolitik, Zuliefer-Management, Fixkostenmanagement, Cash-Management, Debitoren-Management, Bestandsmanagement mit Optimierung der Lagerbestände, Finanzmanagement und Risikomanagement. Für alle Bereiche ist ein adäquates Controlling notwendig.

6.2  Controlling bei KMU unter Beachtung von Basel IV

325

Tab. 6.5  Tabellarische Darstellung der Balanced Scorecard – Steigerung Rentabilität Ziel Finanzperspektive 12) Erhöhung der Rentabilität 11) Erhöhung Stückdeckungsbeiträge 10) Höhere Preisbereitschaft beim Kunden

9) Senkung der Stückkosten Kundenperspektive 8) Steigerung Kundennutzen/-zufriedenheit 7) Verbesserte Lieferbereitschaft

Prozessperspektive 6) Verringerung des betriebsnotwendigen Vermögens 5) Optimale Kapazitätsauslastung

Kennzahl

Vorgabe

Maßnahmen

Return on Capital Employed [ROCE] Deckungsbeitrag

+ X % pro Jahr + X % pro Jahr + X % pro Jahr

Folge aus Maßnahme 6) und 11) Folge aus Maßnahme 9) und 10) • Folge aus Maßnahme 7) und 8) • „Trägheit des Kunden“ nutzen • Qualitätssicherung Produkte • Folge aus Maßnahme 5) • Verhandlung mit Lieferanten

Preis pro Stück

Variable Kosten pro Stück

− X % pro Jahr

Happy Customer Index

+ X Punkte Regelmäßiges Feedback des pro Jahr Kunden mittels Fragebogen +X% • Kombination aus Maßnahme 1), 4) und 5) • Optimierung Sicherheitsbestand

Lieferbereitschaftsgrad

Anlagenintensität

Auslastungsgrad

4) Steigerung der Ausbringungs-menge Arbeitsproduktivität Stück/h Lern- und Entwicklungsperspektive 3) Mitarbeitermotivation Krankenstand

2) Mitarbeiterqualifikation

Anzahl Schulungen pro Mitarbeiter

1) Auf-/Ausbau von Ressourcen

Anzahl Lieferanten

- X % pro Jahr

• Kombination aus Maßnahme 4) und 5) • Effizientere Ersatzinvestitionen Mind. X % Optimierter Maschinenbelegungsplan (z. B. durch Verwendung von Heuristiken) + X % pro Verbesserte Qualifizierung der Stunde Mitarbeiter Ø X Tage pro Jahr

• Betriebseigene Physiotherapie • Entwicklungsperspektiven auf zeigen X Tage pro • Kooperation mit IHK als Jahr Bildungspartner • Freistellungsplan X Anbieter Ausschreibung der pro A-Teil Anforderungen an A-Teile

Abb. 6.15  Graphische Darstellung der Balanced Scorecard – Steigerung Rentabilität

326 6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

6.2  Controlling bei KMU unter Beachtung von Basel IV

327

Das Konzept des Economic Value Added kann sowohl für die Performancemessung im Rahmen einer periodischen Kontrollrechnung als auch für die Berechnung des Unter­neh­ mens wertes eingesetzt werden. So können mit Hilfe des EVA® die erfolgswirtschaftlichen Ziele von Unternehmen gemessen werden. Der EVA® wird zu einer zentralen Kennzahl der Finanz perspektive der Balanced Scorecard und wird im Kontext der wertorientierten Steuerung als die am häufigsten verwendete Zielgröße betrachtet. Grundlage für die Performancemessung im Rahmen des EVA®-Ansatzes sind Größen des Jahresabschlusses. Die Verwendung des oben bezeichneten Konzeptes stellt sicher, dass sowohl die unternehmensinterne Steuerung als auch die Bewertung durch externe Stakeholder und ­Analysten, wie zum Beispiel Banken und Ratingagenturen, auf einer identischen Datenbasis fundiert. Durch den Einsatz des EVA® können sowohl eine Bewertung wertsteigernder Strategien als auch eine Beurteilung von Investitionen mit Hilfe eines durchgängigen finanzwirtschaftlichen Konzeptes erfolgen. Wesentliche Größen zur Berechnung des EVA® sind der NOPAT (Net Operating Profit After Taxes) als versteuertes Betriebsergebnis beziehungsweise Periodenergebnis vor Zinsen und nach Steuern und die aus Eigen- und Fremdkapitalkosten bestehenden Kapitalkosten. Die Kapitalkosten werden wiederum als Produkt aus dem gewichteter Gesamtkapitalkostensatz (WACC = Weighted Average Cost of Capital) und dem renditetragenden betriebsnotwendigen Vermögen zu Periodenbeginn (NOA = Net Operating Assets) er­mittelt. Der WACC wird dabei definiert als Summe aus risikoadjustiertem Eigenkapitalkostensatz und steueradjustiertem Fremdkapitalkostensatz. Die nachstehende Gl. 6.1 gibt die Berechnungsvorschrift wieder: WACC =

Eigenkapital Fremdkapital ∗ k EK + ∗ k FK ∗ (1 - s ) Gesamtkapital Gesamtkapital

(6.1)

kEK = Eigenkapitalkostensatz kFK = Fremdkapitalkostensatz s = Steuersatz auf Unternehmensebene Der NOA entspricht dem zur Erwirtschaftung des NOPAT eingesetzten Vermögen, mithin das gebundene, zinspflichtige Kapital, welches um sogenanntes Abzugskapital, demgemäß um zinslos überlassenes Fremdkapital, zu bereinigen ist. Dessen Finanzierungskosten ermitteln sich aus der Multiplikation mit dem gewichteten Kapitalkostensatz WACC. Die besondere Bedeutung dieses Ansatzes besteht darin, dass die Kosten des Eigenkapitals Berücksichtigung finden, was beispielsweise bei einer rentabilitätsorientierten Steuerung unterbleibt. Nach dem EVA®-Konzept wird eine Wertsteigerung erzielt, sofern das versteuerte Betriebsergebnis die Summe aller Finanzierungskosten übersteigt. Das Unternehmen konnte dann über die risikoadäquaten Renditeforderungen der Fremd- und Eigenkapitalgeber hi-

328

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

naus einen zusätzlichen Wert schaffen. Fällt der EVA® demgegenüber negativ aus, konnte die risikoadäquate Verzinsung für das eingesetzte Kapital nicht erwirtschaftet werden und es wurde Wert vernichtet. Unter Anwendung des EVA® ist ein Unternehmen in der Lage, den Erfolg von strategisch bedeutsamen Entscheidungen zu beurteilen. Diese Kennzahl versetzt das Unternehmen in die Lage, die für eine nachhaltige Unternehmenswertsteigerung wesentlichen Einflussfaktoren zu optimieren und den Unternehmenswert gezielt zu steuern. Diese auf Langfristigkeit abstellende wertorientierte Steuerung mündet in der Spitzenkennzahl „Shareholder Value“ – dem Marktwert des Eigenkapitals –, auf dessen Ermittlung nachfolgend allerdings verzichtet werden soll. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass eine wertorientierte Unternehmenssteuerung, mithin die Steuerung des „Shareholder Value“, ebenso auf Basis von Free-Cashflow-Kalkülen erfolgen kann. Diese Variante soll in den weiteren Ausführungen gleichermaßen nicht weiter betrachtet werden. Wertorientierung und EVA® können über Ursache-Wirkungs-Ketten der Balanced Score­ card vereinfacht dargestellt und kommuniziert werden. Dies wird in Abb. 6.16 beispielhaft für das Oberziel der Optimierung des in der Finanzperspektive enthaltenen Economic Value Added in Form einer Strategy Map dargestellt und beschrieben. Erläuterung Im Rahmen der Lern- und Entwicklungsperspektive muss ein effektives Innovationsmanagement eingerichtet werden. Dieses fördert und prüft beispielsweise innerbetriebliche Verbesserungsvorschläge und neue Ideen und wertet gleichermaßen verfügbare Kundendaten, Feedbacks zu Produkten/Dienstleistungen und Marktdaten unter Anwendung von Methoden der Business Intelligence aus. Mit diesen Ergebnissen soll ein optimiertes Produktportfolio entwickelt und aufgebaut werden. Der Begriff der Optimierung ist hier im doppelten Sinne zu verstehen: einerseits bestmöglich für den Kunden und dessen Bedürfnisse, andererseits bestmögliche Effizienz für das KMU. In diesem Zusammenhang sind auch Produkt- und Servicequalität zu beachten. In der Folge müssen Ineffizienzen und nicht optimal genutzte Kapazitäten identifiziert und eine Anpassung der Arbeitsabläufe, Kapazitäten und Ressourcen vorgenommen werden. Über eine effizientere und damit kostengünstigere Prozessabwicklung verbunden mit verkürzten Durchlaufzeiten, einer Reduzierung der Kapitalbindung durch den Abbau von Überkapazitäten sowie einem verbesserten Zuliefer-Management hat dies wiederum Auswirkungen auf die Prozessperspektive. Diese wirken über höheren Kundennutzen, Kundenzufriedenheit und Kundentreue sowie eine damit verbundene gestiegene Preisbereitschaft direkt auf die Kundenperspektive. Dies kann wiederum zu einer nachhaltigen Umsatzsteigerung bei Reduzierung der Kapitalkosten über eine Verringerung des eingesetzten Vermögens und Verbesserung des Kapitalkostensatzes führen, was sich in einer Erhöhung des EVA® auswirkt und damit zur Erreichung des Oberziels beiträgt. Daneben kann der Einsatz alternativer Finanzierungs-

6.2  Controlling bei KMU unter Beachtung von Basel IV

329

Abb. 6.16  Strategy Map – Wertorientierung

instrumente zur Minimierung des Fremdkapitalzinssatzes und damit einer Verbesserung des Kapitalkostensatzes und damit zu einer Reduzierung der Kapitalkosten und in der Folge einer Steigerung des EVA® führen. Auch aus dieser Strategy Map lässt sich wiederum direkt die folgende in tabellarischer und graphischer Form (Tab. 6.6 und Abb. 6.17) dargestellte Balanced Scorecard ableiten:

6.2.4 Betrachtungen zur Liquidität sowie KK-Linien-Management Neben Rentabilität und Wertorientierung spielt auch die Liquidität eine entscheidende Rolle für die Bestandsfähigkeit des Unternehmens. Liquidität bezeichnet die jederzeitige Zahlungsbereitschaft eines Unternehmens, lässt sich demgemäß plakativ als „Luft zum

330

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Tab. 6.6  Tabellarische Darstellung der Balanced Scorecard – Wertorientierung Ziel Kennzahl Finanzperspektive 14) Steigerung des EVA® EVA®/MVA 13) Nachhaltige Umsatzsteigerung

Kapitalumschlag (Umsatz/ Gesamtkapital)

12) Höhere Preisbereitschaft beim Kunden

Deckungsbeitrag pro Stück

Kundenperspektive 11) Kundentreue

10) Höhere Kundenzufriedenheit 9) Kundennutzen

Prozessperspektive 8) Verbesserte Lieferbereitschaft

5) Verkürzte Durchlaufzeiten

Maßnahmen

+ X % pro Folge aus Maßnahme 12) Jahr und 13) + X % pro • Folge aus Maßnahme 12) Jahr über Maßnahmen 9), 10) und 11) • zusätzlich: Nutzung entsprechender Werbemaßnahmen + X % pro • Folge aus Maßnahme 9), Jahr 10) u. 11) • Qualitätssicherung Produkte • „Trägheit des Kunden“ nutzen

Wiederkaufquote, Stammkundenanteil, Marktanteil Weiterempfehlungsquote

X%

Wissenstransfer über Zugriffe auf Wissensdatenbanken

X

Lieferpünktlichkeit/-treue

X% Anteil pünktliche Lieferung ØX

7) Zuliefer-Management Durchschnittlicher Lagerbestand

6) Reduzierung Kapitalbindung über Abbau von Überkapazitäten

Vorgabe

X%

• Befragungen • Einsatz von Kundenkarten und deren Nutzung Regelmäßiges Feedback der Kunden mittels Fragebogen Austausch von Know-how zwischen Kunde und Unternehmen und Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen Kombination aus Maßnahmen 3), 4), 5) und 6)

• Just in time Bestellungen • Lieferantenstreuung und deren Lieferbereitschaft • Optimierung Sicherheitsbestand Produktions- bzw. Anzahl • Optimierter Fertigungszykluseffektivität Tage Maschinenbelegungs-und Mitarbeitereinsatzplan • Folge aus Maßnahmen 3) und 4) Produktionsbezogene X Stunden Folge aus Maßnahme 3) Durchlaufzeiten und 4) (Fortsetzung)

6.2  Controlling bei KMU unter Beachtung von Basel IV

331

Tab. 6.6 (Fortsetzung) Ziel Kennzahl Lern- und Entwicklungsperspektive 4) Optimale Nutzung System-/ von Kapazitäten und Anlagenauslastungsgrad Ressourcen 3) Anpassung von Arbeitsproduktivität Arbeitsabläufen und Prozessen

2) Optimierung Produktportfolio

Anzahl neu eingeführter Produkte, Produktqualität

1) Innovations­ management

Anzahl neu angemeldeter Patente

Vorgabe

Maßnahmen

X%

• Neu-/Ersatzinvestitionen • Einsatzpläne • Mitarbeiterqualifizierung X % pro Betrachtung der Jahr Arbeitsabläufe mit Echtzeitinformationen bezüglich Qualität, Zykluszeit und Kosten X Entwicklung neuer Produkte und Verbesserung der Produktqualität X pro Jahr Entwicklung und Patentierung neuer Produkte/Produktlösungen

Atmen“ interpretieren und stellt eine notwendige Bedingung unter anderem für betriebliche Innovationen, Investitionen und Prozessoptimierung dar. Üblicherweise steht in mittelständischen Unternehmen die Steuerung der Liquidität eng im Zusammenhang mit einem gezielten Management bestehender Kontokorrentkredit-Linien. Die Überwachung der Liquidität muss gleichermaßen über statische Liquiditätskennzahlen, die zeitpunktbezogen aus der Bilanz heraus ermittelt und in sogenannte Liquiditätsgrade überführt werden, und dynamische Liquiditätskennzahlen als Ergebnis einer zeitraumbezogenen Betrachtung auf Basis von Zahlungsströmen erfolgen. Hierfür ist zunächst der zugrunde zu legende Fonds festzulegen. Das Controlling eines KMU hat das Liquiditätsmanagement zu unterstützen, welches Planung, Kontrolle, Analyse und Steuerung von Zahlungsströme beinhaltet. Für diesen Zweck eignen sich insbesondere Kapitalflussrechnungen, welche sich aus bestehenden Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Bilanzen ableiten lassen, gleichermaßen ob als Datengrundlage Ist- oder Plan-Werte herangezogen werden. Diese Vorgehensweise bringt es mit sich, dass eine lückenlose Überwachung und Steuerung der Herkunft und Verwendung betrieblicher Finanzmittel ermöglicht wird. In diesem Zusammenhang lassen sich ferner mithilfe des Investitionscontrollings, welches gleichermaßen auf den Saldo von Ein- und Auszahlungen abstellt, unter anderem Amortisationszeitpunkte von Investitionen ermitteln. Kapitalflussrechnungen differenzieren Zahlungsströme in die Bereiche der laufenden Geschäftstätigkeit (operativer Cashflow), der Investitionstätigkeit sowie der Finanzierungstätigkeit. Im Hinblick auf die unterjährige Steuerung der betrieblichen Liquidität kommt dem operativen Cashflow eine besonders hohe Bedeutung zu, da er als Indikator der Innenfinanzierungskraft zu interpretieren ist und darüber Auskunft erteilt, welches Potenzial besteht, Investitionsmaßnahmen, Fremdkapitalrückzahlungen sowie Ausschüttungen an Eigenkapitalgeber (Dividenden) aus laufender Geschäftstätigkeit zu realisieren.

Abb. 6.17  Graphische Darstellung der Balanced Scorecard – Wertorientierung

332 6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

6.2  Controlling bei KMU unter Beachtung von Basel IV

333

Der Free Cashflow als Summe aus operativem Cashflow und investivem Cashflow zeigt den Teil des Cashflows an, der zur Bedienung des von außerhalb des Unternehmens beschafften Kapitals zur Verfügung steht. Der Cashflow-Zyklus stellt den Liquiditätsfluss innerhalb einer Wertschöpfungskette dar. Dieser symbolisiert als Kreislauf den gesamten Wertschöpfungsprozess von der Kapitalbeschaffung über die Kapitalbindung durch Investition, die Kapitalumwandlung im Rahmen der Produktion bis hin zur Kapitalentbindung durch den Absatzprozess, beziehungsweise durch Liquidierung nicht benötigter Vermögensgegenstände. Die nachfolgende Abb. 6.18 visualisiert die eben beschriebenen Zusammenhänge. In der Kapitalflussrechnung werden in der Ursachenrechnung sämtliche Einflussfaktoren auf die Liquidität, wie zum Beispiel Forderungsmanagement, Vorratshaltung und Lagerbestände, Lieferantenverbindlichkeiten, Investitionen und Desinvestitionen bei Anlagebeständen sowie Zahlungen für Eigen- und Fremdkapital berücksichtigt. Die Plan-Kapitalflussrechnung stellt ein Verbindungselement zwischen Investitionscontrolling (hier Datenlieferant) und wertorientiertem Controlling (hier Datenempfänger) auf Gesamtunternehmensebene dar. Über die bereits genannten Plan-Kapitalflussrechnungen können die erwarteten laufenden Rückflüsse jährig als auch unterjährig, sowie aggregiert oder in einzelne Unternehmensbereiche disaggregiert abgebildet werden, so dass der Liquiditätsfluss laufend geplant und überwacht werden kann.

Abb. 6.18  Schematischer Ablauf des Cashflow-Zyklus

334

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Abb. 6.19  Strategy Map – Sicherung Liquiditätsreserve

In Abb. 6.19 wird beispielhaft das strategische Oberziel „Sicherung einer bestimmten Liquiditätsreserve“ betrachtet. Ein mögliches Ursache-Wirkungs-Diagramm (Strategy Map) dazu umfasst folgende Elemente: Erläuterung Zuerst sind in der Lern- und Entwicklungsperspektive Standards und Abläufe zur Überwachung der Liquiditätszuflüsse und -abflüsse sowie eine Zielgröße für die Liquiditätsreserve zu definieren. Diese werden in der Folge an die Mitarbeiter kommuniziert. Durch Qualifizierungsmaßnahmen soll schließlich eine effiziente Überwachung der Liquidität gewährleistet werden. Über ein in der Prozessperspektive etabliertes Forderungsmanagement mit zeitnaher Rechnungsstellung und Mahnwesen durch Gewährung von Skonti als Anreiz für eine schnelle Zahlung kann eine Verkürzung der Zahlungsziele erreicht werden, was in der Folge die Kapitalbindung verringert und die Liquidität verbessert. Daneben kann in der Kundenperspektive eine Vereinbarung von Verzugszinsen bei Überschreitung des Zahlungsziels getroffen werden. Insbesondere bei größeren und zeitintensiven Aufträgen mit höheren Materialkosten sollten zusätzlich Abschlagszahlungen oder Vorauszahlungen vereinbart werden, um die Kapitalbindung zu verringern. Werden in der Prozessperspektive gleichzeitig längere Zahlungsfristen mit den eigenen Lieferanten/Kreditoren ausgehandelt, kann eine zusätzliche Schonung der Liquidität erfolgen,

6.2  Controlling bei KMU unter Beachtung von Basel IV

335

wenn dadurch der Absatz und die Zahlungseingänge bereits vor Ablauf der Zahlungsziele realisiert werden können. Dies ermöglicht den Aufbau einer Liquiditätsreserve im Rahmen der Finanzperspektive. Eine weitere Möglichkeit zur Erhöhung und Sicherung einer Liquiditätsreserve ergibt sich aus höheren Margen als Resultat erfolgreicher Preisverhandlungen mit den eigenen Lieferanten. In der Folge kann die Liquiditätsreserve über die Bildung von Rücklagen aus thesaurierten Gewinnen gesteigert werden. Aus dieser Strategy Map lässt sich wiederum die folgende Balanced Scorecard dargestellt in tabellarischer und graphischer Form (Tab. 6.7 und Abb. 6.20) ableiten: Grundsätzlich schaffen ein hoher Bestand an Liquidität und eine ausreichend quantifizierte Liquiditätsreserve einen strategischen Handlungsspielraum für KMU. Dabei kann das Rating unter anderem über die Liquiditätsgrade beeinflusst werden. Trotz möglicherweise verschärfter Kreditanforderungen seitens der Kreditinstitute können sich KMU dann ausreichend Finanzmittel zu guten Bedingungen beschaffen. Mittelständische Unternehmen verwenden zur Vereinfachung der eigenen Liquiditätsdisposition häufig sogenannte Kontokorrentkredite. Dies sind spezielle Bankkonten, welche sich dadurch auszeichnen, dass das in Anspruch nehmende Unternehmen auf diesem einen betragsmäßig begrenzten sowie zeitlich befristeten Kapitalbetrag zur Verfügung gestellt bekommt, dessen Abruf und Rückzahlung ohne Kommunikation mit dem vorhaltenden Kreditinstitut erfolgt. Der eingeräumte Kreditrahmen wird auch als Kontokorrent-, beziehungsweise KK-Linie bezeichnet. Diese finanzielle Flexibilität geht einher mit zum Teil sehr hohen Finanzierungskosten, welche Banken für die Einräumung eines Kontokorrentkredits in Rechnung stellen. Diese Kosten setzen sich in der Regel aus zwei Komponenten zusammen, zum einen aus einem Zinssatz a, mit welchem die Inanspruchnahme des Kreditrahmens verzinst wird sowie aus einem Zinssatz b, welcher die Bereitstellung des noch frei verfügbaren Betrags der KK-Linie verzinst. Vor diesem Hintergrund ergeben sich für ein kosteneffizientes KK-Linien-­Management zwei wesentliche Ansatzpunkte. Der einfacher zu realisierende Tatbestand ist die Reduzierung des Kontokorrentkredits um nicht in Anspruch genommene Beträge, welche unnötig Bereitstellungszinsen verursachen. Sofern ein Unternehmen mit zyklisch wiederkehrenden Ein- und Auszahlungsmustern beispielsweise über den Zeitraum eines Jahres eine Analyse über die Inanspruchnahme der bestehenden KK-Linie vornimmt, so lassen sich gegebenenfalls auch zu große Dimensionierungen derselben identifizieren. Die nachfolgende Abb. 6.21 visualisiert den eben dargelegten Zusammenhang. Die zweite bedeutende Handlungsalternative im Rahmen eines KK-Linien-­Manage­ ments besteht darin, langfristig bestehende – allerdings kurzfristig finanzierte – Sockelbeträge umzuschulden, was allerdings mit nicht unerheblichen administrativen Auf­ wendungen verbunden ist. Das heißt, dass aus einem bestehenden Kontokorrentkredit, welcher vergleichsweise stark in Anspruch genommen wird und entsprechend hohe ­Finanzierungskosten verursacht, ein Teil in eine langfristige Finanzierung überführt wird. Die nachstehende Abb. 6.22 visualisiert exemplarisch den Liquiditätsverlauf im Rahmen der Nutzung eines Kontokorrentkredites. In dieser ist ersichtlich, dass die eingeräumte

336

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Tab. 6.7  Tabellarische Darstellung der Balanced Scorecard – Sicherung Liquiditätsreserve Ziel Finanzperspektive 13) Sicherung/Aufbau der Liquiditätsreserve 12) Verringerung der Kapitalbindung 11) Absatz und Zahlungseingang vor Ablauf des Zahlungsziels 10) Erzielung höherer Margen Kundenperspektive 9) Gewährung von Skonti als Anreiz für schnelle Zahlung 8) Verkürzung der Zahlungsziele

Kennzahl

Vorgabe

Maßnahmen

Free Cashflow

X€

Durchschn. Kapitalbindung/Periode Vermögensumschlag

X %/Jahr o. Quartal X%

Folge aus Maßnahme 6), 10) und 11) Folge aus Maßnahme 3), 4), 6), 7), 8) und 9) sowie 11) Folge aus Maßnahme 3), 6), 7), 8) und 9)

Durchschnittlicher Deckungsbeitrag/CIR

X%

Folge aus Maßnahme 5)

Anteil von mit Skonti bezahlten Rechnungen

X%

Vertragliche Skonti-­ Vereinbarung

Anzahl Tage

• Kombination aus Maßnahme 4), 6) und 7) • Verhandlungen mit Kunden Vertragliche Vereinbarungen von Verzugszinsen bei Überschreitung der Ziele Vertragliche Vereinbarung von Teilzahlungen nach Fertigungsfortschritt

Kundenziel (durchschn. Forderungsbestand * 365/ Umsatzerlöse) 7) Verzugszinsen bei Anteil an nicht während Überschreitung des des Ziels gezahlten Zahlungsziels Rechnungen 6) Abschlagszahlungen bei Bestand an erhaltenen größeren Aufträgen Anzahlungen Prozessperspektive 5) Preisverhandlungen mit Lieferanten 4) Forderungsmanage-­ ment mit zeitnaher Rechnungsstellung und Mahnwesen 3) Vereinbarung langer Zahlungsziele mit Lieferanten

Höhe mögliche Rabatte Inkassozeitraum (durchschn. Forderungsbestand und Zeit bis Forderungseingang) Lieferantenziel (durchschn. Bestand an Warenschulden * 365/ Wareneingang)

Lern- und Entwicklungsperspektive 2) Kommunikation an die Information coverage Ratio (erhältliche Infos/ Mitarbeiter und angenommener entsprechender Infobedarf) Qualifikation Cash Balance 1) Festlegung von Standards und Abläufen zur (als Ergebnis des Kapitalflusses) Überwachung der Liquiditätszu und -abflüsse

X%

X%

Mind. X % Vertragliche Vereinbarung von Rabatten Anzahl • Aufbau eines Tage entsprechenden Mahnwesens • Nutzung Factoring Anzahl • Vertragliche Tage Vereinbarungen mit Hauptlieferanten • Ware auf Kommission • Vereinbarung Eigentumsvorbehalt X%

• Interne Informations- und Kommunikationssysteme • Arbeitsanweisungen

X€

• Einführung einer regelmäßig überwachten Kapitalflussrechnung/ Cashflow Betrachtung

Abb. 6.20  Graphische Darstellung der Balanced Scorecard – Sicherung Liquiditätsreserve

6.2  Controlling bei KMU unter Beachtung von Basel IV 337

338

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Abb. 6.21  KK-Linien-Management durch Verringerung nicht genutzter Bestandteile

Abb. 6.22  KK-Linien-Management durch Umschuldung genutzter Bestandteile

Kontokorrentlinie faktisch bis an ihr gesetztes Limit ausgereizt ist und sich diese über den Verlauf einer analysierten Periode größtenteils zwischen - 300 GE und - 400 GE bewegt. Dieses Vorgehen der Umschuldung von Teilen einer verwendeten KK-Linie bringt die positiven Nebenerscheinungen mit sich, dass zum einen der nun langfristig finanzierte Schuldbetrag infolge günstigerer Konditionen erheblich geringere Zinsaufwendungen nach sich zieht. Zum anderen wird die Inanspruchnahme des Kontokorrentkredits v­ erringert, weswegen bis zu dessen finanzkapazitiver Grenze wieder – gegebenenfalls ein um den umgeschuldeten Betrag reduzierter – Spielraum besteht, welcher lediglich niedrigere Bereitstellungszinsen verursacht, statt des bedeutend höheren Zinssatzes der Inanspruchnahme.

6.2  Controlling bei KMU unter Beachtung von Basel IV

339

Im Allgemeinen ist für ein effektives KK-Linien-Management zu postulieren, die Grund­ sätze fristenkongruenter Finanzierung zu beachten, demzufolge die – annähernde – zeitliche Entsprechung von Kapitalbindung und Kapitalüberlassung, welche den Kernge danken der „Goldenen Bankregel“ darstellt. Kontokorrentfinanzierungen stellen flexible Kreditlösungen für kurzfristigen Finanzbedarf dar, insbesondere für Betriebsmittel. Demge­ mäß sollte es vermieden werden, langfristig genutztes betriebsnotwendiges Vermögen über Kontokorrent­ linien zu finanzieren und stattdessen Darlehen, beziehungsweise sonstige Finanzinstrumente zu wählen, welche mit angemesseneren Konditionen bepreist sind.

6.2.5 Z  usammenfassung der Betrachtungen zum Controlling bei KMU unter Basel IV In diesem Kapitel wurde anhand dreier Beispiele gezeigt, dass sich KMU verstärkt auf eine Verbesserung von Rentabilität und Liquidität konzentrieren müssen. Ihre Controlling-Prozesse sollten dabei überprüft und gegebenenfalls erweitert werden. Mit Hilfe des wertorientierten EVA®- Ansatzes können Maßnahmen zur Steigerung des Unternehmenswerts beurteilt werden, welche im Zuge ihrer Umsetzung einen positiven Beitrag auf Rating/Bonität bewirken. Die Balanced Scorecard mit ihren zugrunde liegenden Ursache-Wirkungs-Ketten ist ein geeignetes Instrument zur Steuerung von Rentabilität, Liquidität und EVA®. Neben den drei beschriebenen Hauptbereichen – Rentabilität, Liquidität und Wertori­ entierung  – müssen KMU auch die weiteren zu Beginn dieses Kapitels beschriebenen ratingrelevanten Kennzahlen im Rahmen des Controllings berücksichtigen. Diese fließen direkt in den Ratingprozess der Kreditinstitute ein, beeinflussen demgemäß dieses und damit die Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten und -konditionen der KMU. Mit dem Ziele, das Rating nachhaltig zu verbessern, müssen folglich auch diese Kennzahlen laufend überwacht, analysiert und gesteuert werden. Das Controlling der KMU ist daher sowohl zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen als auch zur Steigerung der Rentabilität und Wertorientierung gefordert. Liquidität als singuläre Perspektive reicht nicht aus, sie muss auch ertragsschöpfend eingesetzt werden. Dies führt dazu, dass auch die Wertorientierung an Bedeutung gewinnt. Vor dem Hintergrund von Basel IV stellen Kreditinstitute verschärfte Anforde­ rungen  an KMU.  Diese stellen insbesondere auf den Informationsfluss, respektive die -versorgung mit ratingrelevanten Daten ab. Die Bereitstellung dieser Daten erfolgt durch ein in das Gesamtunternehmen eingebundenes Controlling. Somit ist ein gut integriertes Controlling in KMU wesentliche Voraussetzung zur Erfüllung der Anfor­ derungen der Kreditinstitute. Da KMU noch immer überwiegend über Bankkredite finanziert sind, erwarten diese Unternehmen von ihren jeweiligen Hausbanken eine umfassende Beratung, um nach­ haltig ein gutes Rating zu erreichen. Sie zählen ferner auf Feedbacks und Anregun­ gen zur Identifikation typischer Risikobereiche und vertrauen darauf, im Rahmen

340

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

einer geschäftspartnerschaftlichen Kommunikation Maßnahmen vorgeschlagen zu bekommen, um Risiken entgegenzuwirken, respektive um etwaige Auswirkungen bestehender Risiken zu verringern. Die regelmäßig stattfindenden Ratinggespräche dienen der Verbesserung des Informationsaustausches und können als Beratung und Dienstleistung des Kreditinstitutes betrachtet werden. Im Gegenzug erhalten Hausban­ ken im Rahmen dieser Gespräche nicht selten Informationen über weitere geplante strategische Planungen des Unternehmens, woraus diese dann wiederum neue poten­ zielle Geschäfte anbahnen können. Auf Basis einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit und Vertrauensbeziehung sollten erkannte Stärken und Schwächen und damit verbundene Erfolgs- und Risikopotenziale offen diskutiert werden. Gemeinsam sollten Maßnahmen zur Nutzung von Erfolgspotenzialen und Vermeidung oder Verminderung von Risikopotenzialen erarbeitet werden. Außerdem wird erwartet, dass ein Kreditinstitut an finanzierte Unternehmen klare Hinweise für ein optimales Berichtswesen erteilt.

6.3

 erbesserte Bedingungen für kleine und mittlere V Unternehmen durch Einführung eines Risikomanagementsystems

Dieses Kapitel diskutiert einige ausgewählte Aspekte, inwieweit ein wirksames, auf die Anforderungen von Basel IV ausgerichtetes betriebliches Risikomanagementsystem zu verbesserten Bedingungen für KMU führen kann.

6.3.1 Risikomanagement und Risikocontrolling Zu den Aufgaben des Risikomanagements und Risikocontrollings gehören per se der Aufund Ausbau sowie die Nutzung eines internen Kontrollsystems. Das Risikomanagement ist ein integraler Bestandteil des betrieblichen Führungs- und Steuerungssystems. Es beinhaltet Prozesse zur Identifikation, Analyse und Bewertung, Steuerung und Überwachung sowie Bewältigung und Kontrolle von Risiken mit dem Ziel, Risiken zu vermeiden oder deren Auswirkungen zu begrenzen. Eine in die Unternehmensstrategie integrierte Risikostrategie soll dabei den Rahmen für das Risikomanagement vorgeben, welches auf der Grundlage eines kybernetischen Kreislaufs permanent Wirksamkeit zu entfalten hat. Die nachfolgende Abb. 6.23 visualisiert das Grundkonzept eines Prozesskreislaufs des Risikomanagements. In den vorherigen Kapiteln wurde dargestellt, dass Basel IV auf KMU insbesondere Auswirkungen auf die Kapitalbeschaffung hat und dass das Rating eines KMU dabei die Kapitalbeschaffungskonditionen wesentlich beeinflusst. Zur Steuerung des Ratings wurden verschiedene Einflussgrößen untersucht, die auf das Rating wirken.

6.3  Positive Impulse eines Risikomanagementsystems für KMU

341

Abb. 6.23  Prozesskreislauf des Risikomanagements. (Zirkler, B. et al. (2018), S. 59.)

Das Management eines KMU muss sich dessen bewusst sein, welche Risiken auf diese Einflussgrößen in besonderem Maße wirken können, und wie damit umzugehen ist. Dabei sind grundsätzlich alle Bereiche zu betrachten, die das Rating sowohl kurzfristig als auch mittel- und langfristig beeinflussen können. Dazu gehören unter anderem Strategie, Markt, betriebliche Prozesse, Finanzierung, Personal und Organisation. Besonders wichtig sind dabei die Risiken mit Auswirkungen auf Eigenkapital und Liquidität des KMU. Die Basler Eigenkapitalvereinbarungen geben für Kreditinstitute sehr genau den Rahmen für Risikomanagementprozesse vor und verlangen die Anwendung aufsichtsrechtlich geprüfter interner Verfahren zur Beurteilung der Risikosituation von Kreditnehmern. Durch diese Risikoorientierung der Kreditinstitute kommt dem Risikomanagement in KMU eine wichtige Bedeutung zu. Eine Reihe von Grundsätzen zum Risikomanagement lassen sich auf KMU übertragen. Bei KMU müssen die Risikobereiche branchenspezifisch und in Abhängigkeit von der Größe des Unternehmens ausgewählt werden. Für kleinere KMU ist es meist ausreichend, einige wenige Hauptrisikobereiche wie Markt-, Leistungs-, Finanz- und Organisationsrisiken zu ermitteln, hierfür Indikatoren festzulegen und diese beispielsweise jährlich zu überprüfen. Mittlere und große KMU sollten alle Risiken identifizieren und diese kontinuierlich überprüfen. Den Umfang des Risikomanagements gibt der Unternehmer beziehungsweise die Geschäftsleitung im Rahmen der Risikostrategie vor. Hierunter fallen beispielsweise auch Zertifizierungen, welchen sich das KMU auf freiwilliger Basis unterzieht, die wiederum mit diversen ins Detail gehenden Auditings verbunden sind. Deren Ziel ist es, bestehende Missstände im Unternehmen zu identifizieren und folglich abzustellen.

342

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

6.3.2 Risiko- und Frühwarnindikatoren Die Risikoidentifikation umfasst das Erkennen von potenziellen Gefahren (Risiken), Ereignissen und Entwicklungen (Schadensursachen und Störpotenziale), welche die Erreichung von Geschäftszielen gefährden können. Die Analyse und Bewertung von Risiken erfolgt auf der Basis von Risikoindikatoren, deren Eintrittswahrscheinlichkeiten, Auswirkungen und Ausmaß. Einzuleitende Maßnahmen wirken den Risiken entgegen. Je nach Ausmaß können Risiken • • • • •

vermieden, vermindert, begrenzt, verlagert, oder bewusst eingegangen und selbst getragen werden.

Risikoindikatoren sollen gut erfassbar sein, beispielsweise abgeleitet aus Kennzahlen, die im Rahmen des Controllings regelmäßig überwacht werden. Beispiele sind die Entwicklung der Eigenkapitalquote, des dynamischen Verschuldungsgrades, des Debitorenund Kreditorenziels und der Liquiditätsdeckungsgrade. Frühwarnindikatoren sind beispielsweise Marktanteile, kalkulatorische Ergebnisrechnungen, Cashflow-Rechnungen zur Liquidität, Finanzreserven, Produktprogramm, aber auch Auftragseingänge und -bestände, Auslastung der Kapazitäten und Lagerbestände. Frühwarnsystem Zur frühzeitigen Erkennung von Anzeichen für den Eintritt möglicher Risiken und Pro­ bleme kann ein Frühwarnsystem dienen. Frühwarnsysteme sind Teil des Risikomanagements. Sie definieren typischerweise Beobachtungsbereiche, bestimmen die dazugehörigen Indikatoren und deren Soll-Werte sowie Toleranzgrenzen. In einem Frühwarnsystem wird weiter festgelegt, welche Daten durch wen zu prüfen und zu bewerten sind und welche Maßnahmen durch wen einzuleiten sind. Typische Beobachtungsbereiche sind Beschaffung, Produktion, Absatz, betriebliche Projektarbeiten, Markt und Finanzen, aber auch die Entwicklung der Branche und der Gesamtwirtschaft. Im Rahmen des Risikomanagements können neben Risiken ebenso Chancen erkannt werden. Neben der Senkung von Risikokosten kann im Zuge der Nutzung von Chancen der zukünftige Erfolg des Unternehmens gesichert und der Marktwert gesteigert werden. Die Verbindung von Chancen und Risiken in einem Managementprozess sollte das KMU motivieren, in das Risikomanagement zu investieren, zumal auch Umfang und Qualität eines Risikomanagements von Kreditinstituten in das Rating einbezogen wird. Um Chancen und Risiken im gleichen Maße zu behandeln, verwendet man im Allgemeinen den neutralen Begriff des sogenannten Früherkennungssystems. Es gilt der Grundsatz: Ein gutes Rating muss durch ein gutes Risikomanagement gesichert werden.

6.3  Positive Impulse eines Risikomanagementsystems für KMU

343

6.3.3 Controlling/Risikomanagement von KMU in der Praxis Die Bedeutung des Controllings/Risikomanagements wird anhand einiger wesentlicher Beispiele näher erläutert.

6.3.3.1 Finanzwirtschaftliche Aspekte 6.3.3.1.1  Theoretische Betrachtungen zur optimalen Verschuldung Betrachtungen hinsichtlich einer ‚optimalen Verschuldung‘ bedingen die Integration mehrerer Dimensionen, was bedeutet, dass die Optimierung der betrieblichen Verschuldung auf der Grundlage eines spezifischen, komplexen Zielsystems auszurichten ist. Demgemäß existiert keine optimale Finanzierungs- und Kapitalstruktur mit einem individuellen Verhältnis aus Fremd- und Eigenkapital, welche sämtlichen potenziellen Zielen gleichzeitig gerecht wird. Sofern beispielsweise die finanzwirtschaftliche Stabilität – und damit verbunden die Bonität – als Ziel zugrunde gelegt wird, so ist zu konstatieren, dass ein in finanzwirtschaftlichen Theorien herangezogenes unverschuldetes Unternehmen, welches ausschließlich mit Eigenkapital finanziert ist, ein Optimum darstellt. In diesem Zusammenhang ist einschränkend anzumerken, dass das Konstrukt eines unverschuldeten Unternehmens realitätsfern und in der ‚reinen‘ Form praktisch nicht umsetzbar ist, denn der Verzicht auf Fremdkapital im Rahmen der betrieblichen Finanzierung ist nicht mit dem Zustand nicht gegebener Verschuldung gleichsetzbar. So sei darauf hingewiesen, dass ebenso Rückstellungen sowie Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen zu betrieblichen Schulden zu subsumieren sind. Ein weiteres potenzielles Zielsystem könnte darauf ausgerichtet sein, den Unternehmenswert zu maximieren. In diesem Zusammenhang sind obligatorisch die Modigliani-­ Miller-­Theoreme zu nennen. Im Rahmen der von Franco Modigliani und Merton Miller veröffentlichten Aufsätze The Cost of Capital, Corporation Finance and the Theory of Investment (1958) und Dividend Policy, Growth and the Valuation of Shares (1961) erbrachten sie den Beweis, dass unter definierten Annahmen sowohl die Kapitalstruktur – und demzufolge auch der Verschuldungsgrad –, als auch die Dividendenpolitik keine Implikationen auf den Unternehmenswert nach sich ziehen. Gleichwohl ist mit Verweis auf die von Modigliani und Miller notwendigerweise gesetzten Prämissen anzumerken, dass sich die praktische Umsetzung bedeutender Aspekte genannter Theoreme im Rahmen ­derselben als problematisch bis unmöglich erweist, insbesondere was die Existenz eines vollkommenen Kapitalmarkts anbelangt. Einen wissenschaftlichen Beitrag hinsichtlich der Optimierung der betrieblichen Finanzierungs- und Kapitalstruktur mit praktischer Relevanz liefert die Leverage-Theorie. Dieser ist die grundsätzliche Aussage immanent, dass eine zusätzliche Verschuldung zu einer Erhöhung der Eigenkapitalrentabilität führt, solange die Gesamtkapitalrentabilität größer als der (integrierte) Fremdkapitalzinssatz ist, was als Leverage-Chance bezeichnet wird. Umgekehrt führt eine zusätzliche Verschuldung zu einer sinkenden Eigenkapital-

344

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

rentabilität, sofern die Gesamtkapitalrentabilität kleiner ist als der (integrierte) Fremdkapitalzinssatz (Leverage-Risiko). Bezogen auf Basel IV können auf dieser Grundlage nachstehende Schlussfolgerungen gezogen werden: • Basel IV fordert höhere Eigenkapitalquoten sowohl von den Kreditinstituten als auch von KMU. Für die Kreditinstitute wirken sich vor allem die Vorschriften zur Verschuldungskennziffer Leverage Ratio und Mindestkapitalunterlegung der risikogewichteten Aktiva auf die Eigenkapitalquoten aus. Für KMU spielen Eigenkapital-, beziehungsweise Verschuldungsquote als bedeutende Einflussfaktoren auf das Rating eine wichtige Rolle. Hierdurch werden die Verschuldungsmöglichkeiten sowohl der Kreditinstitute als auch der KMU eingeschränkt. Kreditinstitute sind dazu verpflichtet, ausgereichte Darlehen bei simultaner Einhaltung einer maximal zulässigen Verschuldung (Leverage Ratio) entsprechend mit Eigenkapital zu unterlegen, weswegen gegebenenfalls Eigenkapital zu einem Engpassfaktor wird. Gleichermaßen sind begebene Kredite im Hinblick auf die strukturelle Liquiditätsquote NSFR entsprechend fristenkongruent mit Kapital zu decken. Beide Restriktionen haben zur Folge, dass gegebenenfalls das Kreditangebot sinkt und sich demgemäß die Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten für Unternehmen einschränken. Dies führt zu engeren Grenzen bei der Nutzung einer Leverage-­ Chance und der damit verbundenen potenziellen Steigerung der Eigenkapitalrentabilität durch vom Rating abhängige maximale Fremdkapitalbeschaffungsmöglichkeiten. • Die infolge zunehmender Verschuldung abnehmende Eigenkapitalrentabilität bei gleichzeitiger Erhöhung der Fremdkapitalzinsen führt dazu, dass die Leverage-Chance auf Grund der geringeren Zinsspanne deutlich sinkt oder sogar zu einem Leverage-­ Risiko wird, sofern die Fremdkapitalzinsen die Gesamtkapitalrentabilität übersteigen. Gleichwohl ist der Vollständigkeit halber anzumerken, dass die Fremdkapitalzinsen – und demgemäß der integrierte gewichtete Fremdkapitalzinssatz  – auf Grund ihrer steuerlichen Abzugsfähigkeit steuer-adjustiert  – also nach Steuern  – betrachtet werden müssen. Im Hinblick auf die beiden oben stehend beschriebenen Sachverhalte ist anzumerken, dass sich diese im Rahmen der Leverage Theorie noch gegenseitig verstärken können. Es wurde ausgeführt, dass das Leverage-Risiko mit negativen Implikationen auf die Eigenkapitalrentabilität verbunden ist, was ebenso Auswirkungen auf die betrieblichen Wertschöpfungsmöglichkeiten hat. Dies kann in der Folge das Rating negativ beeinflussen, was wiederum zu höheren Kapitalkosten führt und sich erschwerend auf die Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten und die Kapitalverfügbarkeit auswirkt. Im Rahmen der Leverage-Theorie existiert ein optimaler betrieblicher Verschuldungsgrad, welcher insbesondere von folgenden Faktoren abhängig ist: • Kapitalstruktur • Kapitalkosten und -beschaffungsmöglichkeiten auf Basis des Ratings

6.3  Positive Impulse eines Risikomanagementsystems für KMU

345

• Steuersatz • Wertschöpfung/Gesamtkapitalrendite vor Zinsen Auf Grund der gegenseitigen Abhängigkeiten und Zusammenhänge dieser Faktoren ist die Ermittlung der optimalen Verschuldungsquote in der Praxis mithin sehr komplex und problembehaftet. Der Zusammenhang zwischen dem Leverage Effekt und dem Verschuldungsgrad kann über die nachfolgende Gl. 6.220 wie folgt hergeleitet werden: 1) Gegeben sei:

① EKR =

G G + i ⋅ FK ② GKR = ③ GK = EK + FK GK EK

2) ③ in ② überführen:

 ④ GKR =

G + i · FK EK + FK

3) ④ nach G auflösen:

⑤ G = GKR · [EK + FK] – i · FK

4) ⑤ in ① einsetzen: ⑥ EKR =

GKR · [ EK + FK ] – i · FK EK

⇒ Leverag − Formel : EKR = GKR + [ GKR − i ] ⋅

EKR EK GK G GKR i FK V

= GKR ·

EK FK FK + GKR · –i· EK EK EK

FK ( statischer ) −−−− (6.2) EK Verschudungsgrad V

= Eigenkapitalrentabilität = Eigenkapital = Gesamtkapital = Gewinn (nach Abzug von Fremdkapital-Zinsen) = Gesamtkapitalrentabilität = Fremdkapitalzins = Fremdkapital = Verschuldungsgrad

Das Wirkungsgefüge des Leverage-Effekts wird nachfolgend am Beispiel einer Unternehmung demonstriert, welche in sämtlichen betrachteten Situationen ein Gesamtkapital in Höhe von 200.000 GE sowie einen Gewinn vor Fremdkapitalzinsen und Steuern in Höhe von 20.000 GE verzeichnet. Das Beispiel berücksichtigt des Weiteren einen steigenden (integrierten) Fremdkapitalzinssatz infolge des wachsenden finanzwirtschaftlichen Risikos bei zunehmendem Verschuldungsgrad und unterstellt einen realistischen (inte­ grierten) Ertragsteuersatz in Höhe von 33 %. Die nachfolgende Tab. 6.8 stellt exemplarisch das Wirkungsgefüge zwischen (integriertem) Fremdkapitalzinssatz, Gesamtkapital- und Eigenkapitalrentabilität dar. Die Auswertung des obenstehenden Beispiels ergibt einige nennenswerte Aspekte.

 Kofner, S. (2019), S. 44.

20

346

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Tab. 6.8  Wirkungsgefüge des Leverage-Effekts (in Situation N wird unterstellt, dass infolge des negativen EBT eine Ertragsteuerrückerstattung zu einem betragsmäßig niedrigeren Jahresfehlbetrag führt.)

• Bei einem unverschuldeten Unternehmen (Situation A) entspricht die Gesamtkapitalrentabilität der Eigenkapitalrentabilität. Beide positionieren sich in Relation zu den übrigen Situationen auf vergleichsweise niedrigem Niveau. • Infolge der Zurechnung der Fremdkapitalzinsen auf den Jahresüberschuss/-fehlbetrag steigt die Gesamtkapitalrentabilität, beginnend beim unverschuldeten Unternehmen in Situation A, über sämtliche weiteren Situationen hinweg an. Dies trifft ebenfalls auf die Situation N zu, in welcher die hohen Fremdkapitalzinsen ein negatives EBT zur Folge haben. • Sofern sich der (integrierte) Fremdkapitalzinssatz in gleicher Höhe zur Gesamtkapitalrentabilität positioniert, erreicht die Eigenkapitalrentabilität ihr Maximum (Situation J), was dem optimalen Verschuldungsgrad entspricht. • Nach der Ausprägung eines Maximums sinkt die Eigenkapitalrentabilität mit zunehmender Verschuldung schnell ab, bis hin zu negativer Polarität (Situation N). Die nachfolgende Abb. 6.24 visualisiert den Verlauf der drei betrachteten Determinanten im Intervall der Situationen G bis M grafisch, mit dem Ziel, den Verlauf – und insbesondere das Maximum – der Eigenkapitalrentabilität zu verdeutlichen. Obgleich der optimale Verschuldungsgrad auf der Grundlage der Leverage-Theorie am Schnittpunkt zwischen (integriertem) Fremdkapitalzinssatz und Gesamtkapitalrentabilität in praktischer Hinsicht Anhaltspunkte für eine (vermeintlich) ideale Kombination von Eigen- und Fremdkapital liefert, so ist einschränkend anzumerken, dass diese Theorie ausschließlich auf die Maximierung der Eigenkapitalverzinsung abstellt, was bedeutet, dass Eigenkapitalkosten im engeren Sinne mit der Ausschüttung an Eigenkapitalgeber vernachlässigt werden. Demgemäß verbleibt das Eigenkapital im Unternehmen, was eine realitätsferne Annahme ist. Gleichwohl ist eine rentabilitätsorientierte Unternehmenssteuerung auf dieser Grundlage insbesondere für Unternehmen denkbar, welche inhabergeführt sind, sämtliche Anteile bei einer/weniger Personen liegen, Gewinne ausschließlich thesauriert werden und eine Vergütung der Managementtätigkeit in Form eines Gehalts erfolgt.

6.3  Positive Impulse eines Risikomanagementsystems für KMU

347

Abb. 6.24  Optimaler Verschuldungspunkt nach der Leverage-Theorie

Das in der Literatur regelmäßig beschriebene traditionelle Theorem des optimalen Verschuldungsgrades – und damit einhergehend einer optimalen Kapitalstruktur – geht gegenüber der Leverage-Theorie von abweichenden Prämissen aus. Dieses unterstellt, dass bei konstantem Gesamtkapitalbestand infolge der kontinuierlichen Substitution von kapitalkostenintensivem Eigenkapital durch Fremdkapital mit geringerem Zinsaufwand eine Kombination erreicht wird, in welcher der durchschnittliche Gesamtkapitalkostensatz – welcher dem Charakter nach dem gewichteten Kapitalkostensatz WACC des wertorientierten Controllings entspricht – ein Minimum verzeichnet. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass das Theorem berücksichtigt, dass eine zunehmende Verschuldung des Unternehmens im Hinblick auf die Risikosensitivität der Eigenkapitalgeber zeitnah mit Risikoaufschlägen auf das zur Verfügung gestellte Eigenkapital einhergeht. Im Resultat werden die Eigenkapitalkosten dennoch infolge der Substitution  – und damit des ­geringeren Eigenkapitalbestandes – stärker sinken, als dass die risikoadjustierten Eigenkapitalkostensätze durch das de facto zunehmende finanzwirtschaftliche Risiko steigen, wodurch sich der durchschnittliche Gesamtkapitalkostensatz verringert. Des Weiteren berücksichtigt das Theorem, dass neu hinzugekommene Fremdkapitalgeber den höheren Verschuldungsgrad in ihren geforderten Konditionen risikosensitiv einpreisen, die bestehenden Fremdkapitalgeber hingegen ihre vertraglich fixierten Konditionen (vorerst) beibehalten, sodass der Fremdkapitalkostensatz nahezu konstant bleibt. Solange dieses beschriebene Schema Bestand hat, verringert sich kontinuierlich der durchschnittliche Gesamtkapitalkostensatz des Unternehmens. Erst ab dem Zeitpunkt, an welchem ebenso die bisher bestehenden Fremdkapitalgeber ihrerseits eine risikoadjustierte Anpassung ih-

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6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

rer Konditionen vornehmen, ist eine Steigerung des durchschnittlichen Gesamtkapitalkostensatzes zu verzeichnen. Die nachfolgende Abb. 6.25 visualisiert exemplarisch die Graphenverläufe wesentlicher obenstehender Kenngrößen bei zunehmender Verschuldung nach beschriebenem Schema. Mit Verweis auf obenstehende Abb. 6.25 existiert der optimale Verschuldungsgrad an jenem Punkt, bei welchem der durchschnittliche Gesamtkapitalkostensatz (WACC) ein Minimum aufweist, welcher innerhalb der Abbildung als xopt. gekennzeichnet ist. In der Terminologie des wertorientierten Controllings liegen am optimalen Verschuldungspunkt xopt. des beschriebenen Modells sowohl der Minimalwert des WACC, als auch der Maximalwert des Unternehmenswertes, welcher in der Literatur gleichermaßen als Marktwert der Unternehmung bezeichnet wird. Im Zuge der Ermittlung des ‚optimalen‘ Verschuldungsgrades müssen demgemäß unter Unsicherheit in der Praxis Annahmen über das jeweilige Verhalten der Kapitalgeber zu Grunde gelegt werden, weswegen eine exakte mathematische Quantifizierung des optimalen Verschuldungspunktes xopt. in der Praxis problematisch ist. Allerdings ist es möglich, unter Anwendung heuristischer Verfahren, wie zum Beispiel einer Szenario-Analyse, eine näherungsweise Ermittlung des optimalen Verschuldungsgrads mit gleichzeitig maximalem Marktwert der Unternehmung vorzunehmen. rFK rEK rGK MWU rEK rGK rFK

xopt.

V

Abb. 6.25  Kapitalkosten nach dem Theorem der optimalen Verschuldung (in Anlehnung an Perridon, L. et al. (2017), S. 570.).

6.3  Positive Impulse eines Risikomanagementsystems für KMU

349

Die nachfolgende Tab. 6.9 stellt ein probates Schema für eine szenarische Ermittlung des optimalen Verschuldungsgrads dar. Die Ausführungen verdeutlichen, dass eine Ermittlung des ‚optimalen‘ Verschuldungsgrades in der Praxis lediglich mit Hilfe approximativer Modellannahmen erfolgen kann, welche gleichermaßen das Verhalten der Kapitalgeber antizipieren, als auch potenzielle Entwicklungen am Kapitalmarkt berücksichtigen. Das dargestellte Schema dient dazu, Anhaltspunkte über das Wirkungsgefüge der Veränderungen verschiedener bedeutender Einflussgrößen zu erlangen. Die ermittelte Gesamtkapitalrentabilität am Punkt des optimalen Verschuldungsgrads kann ferner als Anhaltspunkt für den reellen internen Zins im Rahmen dynamischer Investitionsrechenverfahren dienen, beispielsweise als erforderlicher Parameter der internen Zinsfußmethode. Im Zuge der Verwendung der auf Basis des internen Zinses ermittelten Daten erhalten Unternehmen eine robuste Entscheidungsgrundlage im Rahmen ihrer Investitionsplanung hinsichtlich der Einschätzung der Vorteilhaftigkeit einer Investition. Dies ermöglicht gleichzeitig eine gezielte wertorientierte Steuerung und kann auf diese Weise dazu beitragen, wesentliche in das Rating eingehenden Größen wie Rentabilität, Liquidität und Wertschöpfung zu verbessern. Dies ist – wie die vorstehenden Ausführungen gezeigt haben – insbesondere vor dem Hintergrund von Basel IV von besonderer Bedeutung.

Tab. 6.9  Schema zur szenarischen Ermittlung des optimalen Verschuldungsgrads (vgl. Prätsch, J. et al. (2012), S. 38.) Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3 Szenario 4 Gesamtkapital Eigenkapital Fremdkapital Verschuldungsgrad Gewinn (vor FK-Zinsen) - Fremdkapitalkostensatz (in %) Fremdkapitalzinsen effektiv (absolut) Gewinn Eigenkapitalrentabilität (Gewinn/EK in %) Eigenkapital • absolut zum Marktwert berechnet aus Jahresüberschuss/EKR • prozentual zum nominellen Eigenkapital Marktwert des Gesamtkapitals (FK + Marktwert EK) Gesamtkapitalrentabilität (r = Gewinn vor FK Zinsen/Marktwert des GK)

350

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

6.3.3.1.2  Eigenkapitalquote Die Eigenkapitalquote beeinflusst unter anderem indirekt die Vermögenslage, Rentabilität sowie Liquidität und direkt das Rating. Eine hohe Eigenkapitalquote gilt allgemein als Indikator für finanzwirtschaftlich solide Unternehmen. Eine geringe Eigenkapitalquote bedeutet meist starke Abhängigkeit von Fremdkapitalgebern. Die Eigenkapitalquote ist eine kritische Kenngröße, die unter Risikoaspekten genau beobachtet werden muss. In diesem Zusammenhang sei der Vollständigkeit halber zwingend erwähnt, dass auch die Art der Rechnungslegung einen großen Einfluss auf die zu ermittelnde Eigenkapitalquote hat. Ein Unternehmen, welches seinen Einzelabschluss gemäß Handelsgesetzbuch aufstellt, weist erfahrungsgemäß eine niedrigere Eigenkapitalquote aus als dasselbe Unternehmen, welches seinen Jahresabschluss nach den IFRS aufstellt. Der Unterschied liegt darin begründet, dass das evident vom Vorsichtsprinzip21 geleitete HGB das Eigenkapital der Höhe nach bewusst niedrig ansetzt  – und damit den Aufbau stiller Reserven begünstigt –, während die IFRS insbesondere auf eine realistische Darstellung der wirtschaftlichen Lage abstellen (Stichwort unter anderem Fair Value). Das Eigenkapital bestimmt zusammen mit der Liquidität das vorhandene Risikoabsorpti­ onspotenzial und damit den Umfang und die Höhe der Risiken, welche eingegangen werden können. Es ist Haftungskapital für die Deckung eingegangener Risiken und übernimmt eine Ausgleichfunktion für laufende Verluste. Eine hohe Eigenkapitalquote verringert aus Sicht der Kreditinstitute die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Kreditnehmers. Sie signalisiert schließlich Stabilität des Unternehmens und Vertrauen. Im Zusammenhang mit dem Risikomanagement sind vor allem jene Risiken zu prüfen, welche zu einer Verringerung der Eigenkapitalquote führen können. Ein möglicher Risikoindikator dabei ist der dynamische Verschuldungsgrad, welcher regelmäßig zu ermitteln ist. Dieser lässt sich als Frühwarnindikator heranziehen. Mit einem steigenden statischen Verschuldungsgrad nimmt definitionsgemäß die Eigenkapitalquote ab. Beide Größen gehen als Indikatoren in das Rating ein und wirken sich in der Folge negativ auf dieses und damit auf die Kapitalbeschaffungskonditionen aus. Weitere Risikoeinflüsse auf die Eigenkapitalquote sind beispielsweise die Verteuerung einer wichtigen Investition, Erhöhung von Beschaffungskosten, welche nicht an Debitoren weitergegeben werden können, oder Umsatzeinbrüche und damit verbundene rückläufige Umsatzerlöse, die zu Verlusten führen und letztlich durch Eigenkapital gedeckt werden müssen. Zur Absicherung von nicht erkannten und bewusst vom Unternehmen in Kauf ge­ nommenen Risiken wird eine hinreichende Kapitalausstattung benötigt. Im Rahmen der Festlegung der Finanzierungsstrategie ist auf eine optimale Risikoaufteilung zu achten. In Abhängigkeit der Höhe der für solche Risiken geplanten und gebildeten Risiko­ vorsorge müssen Handlungsoptionen vorgesehen und implementiert werden. Bei­spiels­ weise könnte eine Investition nicht durchgeführt oder verschoben oder zusätzliches Eigen­ kapital über weitere Gesellschaftereinlagen beschafft werden. 21  Vgl. insbesondere Allgemeine Bewertungsgrundsätze von Vermögensgegenständen und Schulden, § 252 Abs. 1 HGB.

6.3  Positive Impulse eines Risikomanagementsystems für KMU

351

Sofern die Eigenkapitalquote zu stark sinkt, kann es zu Schwierigkeiten bei der Anschlussfinanzierung kommen. In der Folge muss nach alternativen Kapitalquellen gesucht werden, um den Kapitalbedarf weiterhin zu decken. In diesem Zusammenhang ist eine ganze Folge möglicher Risiken zu bedenken. Soll beispielsweise eine wichtige Investition mit Fremdkapital finanziert werden, besteht das Risiko, dass dieser Bedarf nicht oder nur mit hohen Kosten auf Grund schlechter Kreditkonditionen gedeckt werden kann. Eine Folge kann sein, dass die Investition nicht durchführbar ist, wodurch Wettbewerbsnachteile entstehen können. Oder die Investition wird unrentabel, was die Gesamtkapitalrentabilität und gegebenenfalls über das Leverage Risiko die Eigenkapitalrentabilität belastet. Maßnahmen zur Vermeidung eines Leverage Risikos sind die laufende Überwachung der Entwicklung des gewogenen Fremdkapitalzinssatzes der Unternehmung sowie der Aufbau einer entsprechenden Kapitalreserve in Form von Rücklagen. Geplante Investitionen sind über Investitionsrechnungen auf ihre Rentabilität hin zu überprüfen. Mit folgenden Instrumenten und Maßnahmen kann – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – einer sinkenden Eigenkapitalquote entgegengewirkt werden: • Thesaurierung von Gewinnen, • Nutzung alternativer Finanzierungsinstrumente, wie zum Beispiel Gesellschaftereinlagen, Beteiligungen, Nachrangdarlehen, Genussrechte oder Wandel- und Optionsan­leihen, • Einsatz von Leasing, • Nutzung von Factoring, wodurch Forderungen aus Lieferungen und Leistungen abgebaut werden, • Rationalisierung, • etc. 6.3.3.1.3  Risikoprämie Im Rahmen der bereits in Basel II enthaltenen risikoorientierten Konditionsermittlung bei der Kreditvergabe fließt die Risikoprämie direkt über die Risikokosten in die Finanzierungskonditionen für KMU ein. Die Renditeerwartungen von Kapitalgebern und damit die als Differenz zu einer risikolosen Verzinsung zu zahlende Risikoprämie stehen in direktem Zusammenhang mit den geschätzten eingegangenen Risiken. Diese Schätzung erfolgt auf Grund einer Bonitätsbeurteilung, woraus eine direkte Verbindung zum Rating ersichtlich wird. Für ein erwartetes Risiko werden Risikozuschläge in Form eines Zinsaufschlags gefordert. Im Zuge der Ermittlung der Risikokosten werden das Schuldnerausfallrisiko, das Geschäftsrisiko und besonders das Kapitalstrukturrisiko sowie der Verschuldungsgrad berücksichtigt. Für das Unternehmen besteht die Gefahr, dass die Kapitalkosten über die zu entrichtende Risikoprämie soweit steigen, dass zum Beispiel eine Investition nicht mehr rentabel ist. Indikatoren für die Risikoeinschätzung und damit die Höhe der Risikoprämie sind Unterschiede zwischen den Zinsen bei ‚risikolosen‘ vergleichbaren Zinssätzen und den vom KMU zu zahlenden Zinsen. Je weiter diese differieren, desto höher ist die Risikoprämie.

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6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Die Risikoprämie kann durch vertrauensbildende Maßnahmen im Rahmen des Berichtswesens und der Kommunikation mit den Kapitalgebern sowie die Stellung von Sicherheiten und den Aufbau von Eigenkapital beeinflusst werden. Das Eigenkapital dient hierbei als Haftungs- oder Deckungskapital. Im Rahmen der Risikoberichterstattung müssen vorhandene und eingegangene sowie künftig erwartete Risiken mitsamt möglichen Eintrittswahrscheinlichkeiten und bereits eingeleiteten Gegensteuerungsmaßnahmen offen kommuniziert werden. Gegensteuerungsmaßnahmen sind dabei Maßnahmen zur Risikoreduzierung beziehungsweise Risikovermeidung. Risikoprämie und Renditeerwartung können zum Beispiel durch Diversifizierung, Portfolio-Streuung, Absicherungsgeschäfte, Versicherungen und Produktmodifikationen beeinflusst werden. Die Risikoprämie ist daher sowohl vom Risikomanagement als auch vom Rating abhängig. Auf sie kann durch eine gezielte Steuerung des Ratings Einfluss genommen werden. 6.3.3.1.4  Betrachtungen zu Covenants Es wurde bereits im Abschn. 4.6 ausgeführt, dass es sich bei Covenants um zusätzliche vertragliche Vereinbarungen, respektive Vertragsklauseln zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber handelt, welche das Ziel verfolgen, den Spielraum des Schuldners für ein den Gläubiger schädigendes Verhalten zu begrenzen und somit das Kreditausfallrisiko zu senken. Covenants lassen sich in Financial Covenants und Affirmative Covenants unterteilen. Während Financial Covenants verpflichtend regeln, welche Grenzwerte definierter finanzieller Kennzahlen nicht über-, oder unterschritten werden dürfen, stellen Affirmative Covenants konkrete Handlungsverpflichtungen des Schuldners in Form von Geboten oder Verboten dar. Die nachfolgende, bereits aus Abschn. 4.6 bekannte Abb. 6.26 visualisiert eine Systematik in der Praxis verwendeter Beispiele von Covenants. Gleichermaßen wurde bereits in Abschn. 4.6 diskutiert, dass das bereits seit Basel II bekannte und in den weiteren Entwicklungsstufen überarbeitete 3-Säulen-Modell widerspiegelt, dass Kreditinstitute regulatorische Anforderungen in Bezug auf die Zusammensetzung ihres haftenden Kapitals (= Säule 1), Anforderungen hinsichtlich Risikomanagement und Aufsicht (= Säule 2) sowie zu informationeller Offenlegung (= Säule 3) zu erfüllen haben. Mittels Covenants sind Kreditinstitute befähigt, die genannten Anforderungen an ihre jeweiligen Debitoren gewissermaßen „weiterzureichen“, das heißt, dass Kreditinstitute in der Lage sind, für sie erforderliche Informationen aggregiert und zweckorientiert vom Schuldner einzuholen. Im Wesentlichen ziehen Kreditinstitute hierfür die Financial Covenants der Schuldner heran, welche eine große Nähe zu den Anforderungen aus Säule 1 aufweisen. Gleichermaßen lassen sich inhaltliche Überschneidungen im Bereich des Risikomanagements aus Säule 2 dergestalt identifizieren, dass diverse Bestandteile der Affirmative Covenants von Seiten der Schuldner auf die Bewältigung potenzieller Gefahren hin ausgerichtet sind, wie zum Beispiel Aufforderungen zum Abschluss separater Versicherungen, oder das Einholen von Bürgschaften und Garantien, welche wiederum das Risiko der Gläubigerban-

6.3  Positive Impulse eines Risikomanagementsystems für KMU

353

Abb. 6.26  Klassifikation und Arten von Covenants

ken verringern. Analog dazu ist die nachträgliche Bereitstellung weiterer Sicherheiten einzuordnen, welche die Verlustquote im Falle eines Ausfall des Schuldners (Loss Given Default, LGD) senkt. Und schließlich lässt sich die von Kreditinstituten regulatorisch ver­ pflichtende regelmäßige Offenlegung ausgewählter Geschäftsdaten aus Säule 3 auf die in Covenants geregelte zyklische Berichtspflicht für definierte Kennzahlen übertragen. Die bereits in Abschn. 4.6 dargestellte nachfolgende Abb. 6.27 visualisiert die inhaltliche Kombination aus Anforderungen des 3-Säulen-Modells an Kreditinstitute mit von Kreditinstituten gegenüber Kreditnehmern auferlegten Covenants. Vor allem im Hinblick auf die Financial Covenants ist zu konstatieren, dass insbesondere das operative betriebliche Controlling gefordert ist, die vertraglich definierten Grenzen permanent im Blickfeld zu haben. Dies betrifft zum einen die kontinuierliche, in engen zeitlichen Abständen vorzunehmende Erhebung und Auswertung des Ist-Zustandes sowie den Abgleich mit gesetzten Financial Covenants. Im Rahmen dieser Ex-post-­ Analyse ist obligatorisch festzustellen, welche Covenant-Kennzahl die kritische ist, demgemäß welche den geringsten Spielraum bis zum Erreichen des Grenzwertes aufweist. Die nachfolgende Tab. 6.10 visualisiert exemplarisch einen solchen Vergleich. Ferner hat das operative Controlling gleichermaßen definierte Covenant-Kennzahlen im Zuge von Planungen stets zu berücksichtigen. Stichtagsbezogene oder gegebenenfalls rollierende Planungen sind im Rahmen von Ex-ante-Analysen mit den vertraglich definierten Grenzen abzugleichen. Die exemplarische Kontrolle in Tab. 6.10 ergab, dass die

354

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Abb. 6.27  Um Covenants erweitertes 3-Säulen-Modell gemäß Basel III

Eigenmittelquote zum 30.06. der Wirtschaftsperiode t0 lediglich einen Prozentpunkt von der auferlegten Grenze in Höhe von 30 % entfernt lag. Folglich sind beispielsweise im Rahmen der Investitionsplanungen der Wirtschaftsperiode t1 erforderliche Ersatz-, respektive Neuinvestitionen nicht durchführbar, sofern diese über Fremdkapital finanziert werden sollten. Die nachfolgende Tab. 6.11 stellt den eben beschriebenen Zustand dar. Mithilfe einer Balanced Scorecard lassen sich gleichermaßen Ursache-Wirkungs-­ Zusammenhänge zwischen den einzelnen Einflussfaktoren in Bezug auf vertraglich definierte Covenants innerhalb der vier Perspektiven aufzeigen. Es wurde bereits in Abschn.  6.1.1 darauf hingewiesen, dass die Balanced Scorecard vereinfacht formuliert darauf abzielt, Strategien umzusetzen, indem diese in operative Teilaspekte kaskadiert werden, welche sich gemäß ihres jeweiligen Umsetzungsgrades messen und entsprechend

6.3  Positive Impulse eines Risikomanagementsystems für KMU

355

Tab. 6.10  Abgleich definierter Covenant-Kennzahlen mit Ist-Werten Periode to

Tab. 6.11  Abgleich definierter Covenant-Kennzahlen mit Plan-Werten Periode t1

steuern lassen. In diesem Zusammenhang erfährt die Kommunikationsfunktion der Balanced Scorecard eine besondere Bedeutung. Dieses vor dem Hintergrund, dass bereits mehrfach darauf hingewiesen wurde, dass unter Basel IV die Intensität der Kommunikation zwischen Kreditinstituten und kapitalnachfragenden Unternehmen zunehmen wird. Im Hinblick auf die in Abb. 6.27 dargestellte Verknüpfung zwischen den regulatorischen Restriktionen der Kreditinstitute auf der einen Seite und der faktischen Weitergabe derselben in Form von Covenants an Kreditnehmer auf der anderen Seite, lassen sich zum Teil abstrakte regulatorische Ziele auf konkrete betriebliche Ziele überführen, welche sich wiederum mithilfe der Balanced Scorecard tief in betrieblichen Prozessen implementieren lassen. Demgemäß eignet sich die Balanced Scorecard zum einen als ein herausgehoben probates Kommunikationsinstrument zwischen Kreditinstituten und Unternehmen im betrieblichen Außenverhältnis, zum anderen entfaltet die BSC gleichermaßen im Innenverhältnis Wirkung, indem der Belegschaft gegenüber transparent kommuniziert wird, in wie fern die Erfüllung operativer Teilziele dazu beiträgt, das gesamte Unternehmen innerhalb kreditvertraglich gesetzter Rahmenbedingungen handlungsfähig zu halten und weiterzuentwickeln. Die darauf ausgerichteten Ziele leiten sich grundsätzlich aus der Geschäftsstrategie des KMU ab, diesmal unter Berücksichtigung von Covenants, welche dem Charakter nach als notwendige Bedingungen zu interpretieren sind. Die Darstellung erfolgt zunächst wieder kompakt in Form einer Strategy Map mit einer knappen Erläuterung einer exemplarischen Wirkungskette. Die Strategy Map soll beispielhaft am Oberziel der Einhaltung sämtlicher in Kreditverträgen vereinbarten Covenants entwickelt werden. Die

356

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Abb. 6.28  Strategy Map – Einhaltung kreditvertraglicher Covenants

Messung der Erreichung dieses Oberziels hat unter Zugrundelegung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu erfolgen. Die nachfolgende Abb. 6.28 zeigt hierzu eine exemplarische Ursache-Wirkungskette, die vereinfacht anhand einer Strategy Map dargestellt wird. Erläuterung Covenants entfalten mit ihrer Ausrichtung auf die Vermögens-/Kapital-, Finanz- und Ertragslage eine ganzheitliche Wirkung auf das Unternehmen. Der Fokus der Kreditinstitute ist darauf gerichtet, zum einen ausgereichte Kapitalmittel nach Ablauf des Kreditengagements vollständig wiederzuerlangen, zum anderen die hierfür vom Unternehmen zu entrichtenden Gebühren in Form von Zinsen ertragsteigernd zu realisieren.

6.3  Positive Impulse eines Risikomanagementsystems für KMU

357

Vor diesem Hintergrund hat das betreffende Unternehmen in seinen Planungen zu berücksichtigen, welche Kapazitäten an Anlage- und Umlaufvermögen für die Realisierung anvisierter finanzwirtschaftlicher Ziele erforderlich sind, wobei kreditvertragliche Vereinbarungen als notwendige Bedingung gelten, welche mindestens zu erfüllen sind. Demgemäß sind in der Lern- und Entwicklungsperspektive umfangreiche, in sich integrierte Planungsarbeiten vorzunehmen, ob und welche Vermögensgegenstände zu beschaffen, respektive zu ersetzen sind. Der Aufbau erforderlicher Kapazitäten lässt sich entweder über organisches, oder über anorganisches Wachstum in Form von Akquisitionen fremder Unternehmen bewerkstelligen. In die genannten Planungen sind obligatorisch Überlegungen hinsichtlich einer gegebenenfalls existierenden CAPEX-Ratio, demgemäß einer kreditvertraglich zulässigen Investitionsobergrenze bestehend aus einer Division zwischen Investitionsausgaben für langfristige Anlagegüter und Umsatz, zu integrieren. Auf der Grundlage dieses Wertes sind des Weiteren unter anderem Informationen zum durchschnittlichen Anlagenalter einzuholen, aus welchen zu bewerten ist, welche Anlagen zu ersetzen, respektive zu ergänzen oder aber auf Grund von Unwirtschaftlichkeit zu liquidieren (Desinvestition) sind. Diese Investitionsentscheidungen beeinflussen im engeren Sinne die Vermögens-/Kapitallage sowie die Finanzlage des Unternehmens, im weiteren Sinne ebenfalls die Ertragslage, weil Investitionsauszahlungen und damit verbunden bilanzielle Aktivierungsvorgänge in der Periode to in Folgeperioden das Ergebnis durch Abschreibungen und in der Regel durch Zinsaufwendungen belasten. Die konkrete Umsetzung erforderlicher Investitionsmaßnahmen lässt sich im Vier-­ Perspektiven-­Schema der Balanced Scorecard in der Prozessperspektive verorten. Aus dem Konglomerat bevorstehender Investitionen sind Mehrjahresplanungen abzuleiten, welche wiederum in periodisierte Finanzpläne münden. Hierfür bieten sich insbesondere die bereits in Abschn. 6.3.4 vorgestellten Plan-Kapitalflussrechnungen an, in welche die Investitionsmaßnahmen periodengerecht zu integrieren sind. Zum einen lassen sich durch dieses Vorgehen die finanzwirtschaftlichen Implikationen auf das Unternehmen holistisch bewerten und gegebenenfalls adjustieren, zum anderen ist es möglich, aus Plan-­Kapitalflussrechnungen systematisch Liquiditätspläne und periodisierte Budgets für einzelne Organisationseinheiten abzuleiten. In der Konsequenz lassen sich die Auswirkungen auf die Vermögenslage (­Anlageund Umlaufvermögen) differenziert quantifizieren. Im Zuge des Prozesses der Investitionsdurchführung ist gegebenenfalls zu beachten, dass in Fremdwährungen denominierte Valutaschulden für im Ausland beschaffte ­Vermögensgegenstände des Anlage-/Umlaufvermögens ein Wechselkursrisiko inhärent ist, weswegen zwischen dem Zeitpunkt der Rechnungslegung der Lieferanten und dem Zeitpunkt der Begleichung Wechselkursschwankungen zu Erträgen im Falle einer Aufwertung des EURO führen, gleichermaßen aber auch zu Aufwendungen im Falle einer Aufwertung der Fremdwährung gegenüber dem EURO. Mit dem Entstehen einer Verpflichtung ist der sogenannte Briefkurs der Buchung zugrunde zu legen, weswegen die stichtagsbezogenen Wechselkursschwankungen zwischen Eingangsbuchungen und Bezahlungen grundsätzlich ergebniswirksam sind. Diese Implikationen sind insbesondere bei volatilen Wechselkursen in Verbindung mit hochvolumigen Investitionen zu be-

358

6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

rücksichtigen, weswegen gegebenenfalls Sicherungsinstrumente, wie zum Beispiel  Devi sentermingeschäfte, anzuwenden sind. Diametral ist der Sachverhalt in der Kundenperspektive gelagert, sofern das betrachtete Unternehmen fertige Erzeugnisse und/oder zu liquidierende Aktiva veräußert und in einer von EURO abweichenden Währung fakturiert. Die entstehenden Valutaforderungen sind zum Geldkurs zu erfassen und entfalten zum abweichenden Zeitpunkt des Zahlungseingangs und damit in Verbindung stehender nachgelagerter Umrechnung in EURO ebenfalls Wirkung auf das Ergebnis. Demgemäß gelten die Anmerkungen, welche bereits in der Prozessperspektive zum gleichen Sachverhalt ausgeführt wurden. Des Weiteren besteht potenziell die Möglichkeit, dass Darlehen ausreichende Kreditinstitute Schuldnern Pflichten in Form von affirmativen Covenants auferlegen. Sofern beispielsweise ein bestehendes CAPEX-Limit schon erreicht ist, allerdings für einen A-Kunden ein spezifischer Großauftrag auszuführen ist, für welchen gegebenenfalls additionale Betriebsmittel- und/oder Investitionskreditlinien erforderlich sind, kann das Kreditinstitut darauf bestehen, dass weitere Sicherheiten zu hinterlegen sind. Infrage kommen hierfür beispielsweise eine Abtretung der mit dem Auftrag in Verbindung stehenden Forderungen gegenüber den betreffenden A-Kunden, oder die objektbezogene Sicherungsübereignung angeschaffter Anlagegüter, für welche zum Teil separate Versicherungen abzuschließen sind. Infrage kommen aber auch Aufforderungen zur Bereitstellung projektunabhängiger pfandrechtlich verwertbarer Sicherheiten und/oder das Beibringen von Garantien und Bürgschaften Dritter. Die Implikationen der bereits in der Prozessperspektive erarbeiteten Plan-­Kapitalflussrechnungen und aus ihnen abgeleiteter Liquiditätspläne und Budgets lassen sich auf Teilaspekte der Finanzlage überführen, deren Ursprung in der Kundenperspektive verortet ist. Hierzu gehört exemplarisch die Erlösschmälerungspolitik eines Unternehmens. Typischerweise werden im Zuge der Angebotspreiskalkulation den vollen Selbstkosten von Produkten noch Erlösschmälerungen in Form von potenziell einräumbaren Skonti und Rabatten sowie ein Gewinnzuschlag hinzugefügt. Obgleich Skonti dazu dienen, ausstehende Forderungen schneller zu liquidieren, mindern sie sowohl den Betrag an zufließenden Kapitalmitteln als auch das Ergebnis. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich zu überprüfen, inwiefern die Gewährung von Skonti als Anreiz für beschleunigt eingehende Zahlungen unter Berücksichtigung der Finanzlage des betreffenden Unternehmens erforderlich ist. Im Zusammenhang einer schnelleren Liquidierung ausstehender Forderungen sind die operativen Prozesse des Unternehmens dahin gehend zu analysieren, ob zeitnah nach Leistungserbringung auch korrespondierende Rechnungen an Debitoren versandt werden, und/oder ob das betriebliche Mahnwesen gestrafft werden kann, um die Quantität offener Posten zu reduzieren. Ebenso sind im Rahmen der Kundenperspektive strategische Ausrichtungen hinsichtlich einer ausreichend diversifizierten Zusammensetzung der Debitorenstruktur vorzunehmen. Diese sind gezielt darauf abzustellen, sogenannte Klumpenrisiken zu vermeiden, was bedeutet, dass eine geringe Anzahl bestehender Kundenbeziehungen eine überproportional hohe Quote des betrieblichen Umsatzes auf sich vereint. Dies birgt einerseits das Risiko ins sich, dass sich bei

6.3  Positive Impulse eines Risikomanagementsystems für KMU

359

einem Erlöschen der Geschäftsbeziehungen zu A-Kunden der Zufluss an Liquidität aus Umsätzen binnen kurzer Zeit signifikant reduziert, was eine Anspannung der Finanzlage zur Folge haben kann. Andererseits können Klumpenrisiken dazu führen, dass wirtschaftliche Abhängigkeiten von A-Kunden entstehen und diese dem leistenden Unternehmen unvorteilhafte Preiskonditionen diktieren, welche gleichermaßen zulasten der Ertragsund Finanzlage gehen. In der Konsequenz besitzen sämtliche der erwähnten Ansatzpunkte in der Finanzperspektive Auswirkungen auf charakteristische Kennzahlen der Vermögens-/Kapital-, Ertrags- und Finanzlage, welche wiederum mit den von den Kapitalgebern vorgegebenen Financial Covenants abzugleichen sind. Hierbei ist sicherzustellen, dass zu jedem Zeitpunkt gesetzte Grenzen eingehalten werden. Ebenso ist im Rahmen die Finanzperspektive auch auf die Einhaltung der gegebenenfalls sonstigen geltenden Covenants zu achten, sofern dem Vertragswerk neben den Financial Covenants auch darüber hinaus gehende affirmative Covenants zugrunde liegen. Aus dieser Strategy Map lässt sich die folgende in tabellarischer und graphischer Form (Tab. 6.12 und Abb. 6.29) dargestellte Balanced Scorecard ableiten:

6.3.3.2 Operationelle Aspekte 6.3.3.2.1  Forderungsmanagement Im Rahmen des Forderungsmanagements ist das Risiko eines Ausfalls von Forderungen zu berücksichtigen. Indikatoren zur Quantifizierung des sogenannten Delkredererisikos sind die durchschnittliche Dauer zur Begleichung der Forderung, die Höhe der offenen Forderungen und hier insbesondere der überfälligen Forderungen sowie die korrespondierende Dauer der Überziehung. Die sich ergebende Kennzahl des sogenannten Zahlungsziels, welche sich sowohl für den Gesamtbestand offener Forderungen als auch für individuelle Debitoren kalkulieren lässt, sollte wiederum im Zuge der Ermittlung des Plan-Cashflows aus operativer Tätigkeit kommender Perioden Berücksichtigung finden. In diesem Zusammenhang muss ein Unternehmen in Verbindung mit dem Risikomanagement die Ausfallwahrscheinlichkeit der bestehenden offenen Forderungen einschätzen, um eine entsprechende Risikovorsorge über Rückstellungen treffen zu können. Offene Forderungen binden Kapital und verzögern die Liquidierung, was gegebenenfalls zu einem Liquiditätsengpass und damit zu Liquiditätsrisiken führen kann. Zusätzlich steht das gebundene Kapital nicht für weitere rentable Investitionen zur Verfügung und verursacht damit Opportunitätskosten. Ein Ausfall, der über die Risikorückstellung hinaus geht, belastet direkt Rentabilität und Liquidität und damit auch das Rating. Zur Risikobewertung im Rahmen des Forderungsmanagement können zum Beispiel folgende Instrumente eingesetzt werden: zügige Fakturierung sowie Debitorenbuchhaltung, Mahnwesen, Bildung von Rückstellungen/Wertberichtigungen als Risikovorsorge für mögliche Forderungsausfälle sowie Factoring als Forderungsverkauf, verbunden mit

8) Änderungen der Erlös ­schmälerungspolitik

10) Sicherung der Kapitallage zur Gewährleistung der gemäß strategischer Ausrichtung des Unternehmens erforderlichen Vermögenslage Kundenperspektive 9) Strategische Ausrichtung Kundenpolitik

11) Sicherung Ertragslage

Ziel Finanzperspektive 14) Einhaltung sämtlicher vertraglich vereinbarter Covenants 13) Einhaltung vertraglich vereinbarter Financial Covenants 12) Sicherung Liquiditätslage

Höhe der Rabatte und Skonti Kundenziel (durchschnittlicher Forderungsbestand * 365/ Umsatzerlöse)

Anteil der größten Kunden am Gesamt kundenbestand (Auftragsvolumen)

X% Anzahl Tage

Auftrags volumina A-Kunden/ Gesamtauftragsvolumen < 50 %

• Vermeidung von Klumpenrisiken • Definition eines maximalen kumulierten A-Kunden Auftragsvolumens • Ggf. vertragliche Vereinbarung von Vorleistungen oder Sicherheiten bei großen Aufträgen (z. B. Treuhandzahlung/Bürgschaften/Garantien) • Verhandlungen mit Kunden • Überprüfung Faktura und Mahnwesen

Folge aus Maßnahmen 1), 3), 5) und 7)

X% X%

Folge aus Maßnahmen 2), 3), 4), 5), 6), 8) und 9)

X% X%

Folge aus Maßnahmen 4), 5), 6), 8) und 9)

Folge aus Maßnahmen 10), 11) und 12)

X%

X%

Folge aus Maßnahmen 7) und 13)

X%

Vertraglich definierte Quoten für Covenants Vertraglich definierte Quoten für Financial Covenants Zinsdeckungsgrad auf Free Cashflow Cashflow Adequacy Ratio (OCF/(Investitionen in AV + Tilgung FK + Bardividenden)) Dynamischer Verschuldungsgrad auf EBITDA Eigenmittelquote Asset encumbrance ratio

Maßnahmen

Vorgabe

Kennzahl

Tab. 6.12  Tabellarische Darstellung der Balanced Scorecard – Covenants

360 6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

X%

3) Mehrjahresplanung für Netto-Investitionen in Anlage- und Investitionen in Anlage- und Umlaufvermögen Umlauf ­vermögen Lern- und Entwicklungsperspektive 2) Begrenzung/Überwachung der CAPEX-Ratio Investitionsausgaben für (als Verhältnis von CAPEX zum langfristige Anlagegüter (CAPEX) Umsatz) 1) Investitionen und Akquisitionen Netto-Investitionsquote zum Auf-/Ausbau benötigter (als Ergebnis der Ressourcen Investitionsplanung) X%

X%

X€

Prozessperspektive 5) Realisierung NettoBudget-Ausschöpfungsgrad X% Investitionen in Anlage- und Umlaufvermögen 4) Management offener Bestand an Verbindlichkeiten in FX/ X € Positionen aus Einstandspreisen in EUR FX/EUR

6) Management offener Positionen Bestand an Forderungen in EUR/FX X € aus Netto-Verkaufspreisen in EUR/FX

7) Einsatz von AV und UV als Anteil der durch Hinterlegung von Sicherheit für dessen Finanzierung AV und UV besicherten Finanzierungen

• Definition der einzuhaltenden Ratio im Rahmen der festgelegten der Strategie • Überwachung der Einhaltung der Ratio • Einführung einer regelmäßig überwachten Investitionsplanung auf Grundlage der unternehmerischen Strategie unter Berücksichtigung der Anlagenbuchhaltung

• Definition und Überwachung offener FX-Positionen • Definition der zugelassenen unbesicherten FXVolatilität (Wechselkursschranken) • Absicherung von FX-Risiken durch Devisentermingeschäfte • Cashflow Rechnungen • Liquiditätspläne • Ableitung jährlicher Budgets

• Definition der jährlichen Budgets und Überwachung der Budget-Ausschöpfung

• Vertragliche Vereinbarungen von Sicherheiten (z. B. Sicherungs übereignung Warenlager oder Anlage) • Ggf. Versicherung des als Sicherheit hinterlegten AV/UV • Definition und Überwachung offener FX-Positionen • Definition der zugelassenen unbesicherten FXVolatilität (Wechselkursschranken) • Absicherung von FX-Risiken durch Devisentermingeschäfte

6.3  Positive Impulse eines Risikomanagementsystems für KMU 361

Abb. 6.29  Graphische Darstellung der Balanced Scorecard – Covenants

362 6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

6.3  Positive Impulse eines Risikomanagementsystems für KMU

363

einer Verlagerung des Forderungsausfall-, beziehungsweise Delkredererisikos auf den Factor. Durch das Factoring kann Liquidität geschaffen werden. Dieses Instrument ist zwar mit Kosten in Form der Factoringgebühr verbunden, belastet die Rentabilität des Unternehmens jedoch weniger als ein möglicher Ausfall. Im Rahmen der Exportfinanzierung stellt die Forfaitierung als Verkauf einer Exportforderung an einen Forfaiteur (beispielsweise Bank oder Versicherer) eine wichtige Finanzierungsform für den Exporteur dar. Die Wirkungskette und der Ablauf sind nahezu analog zum Factoring. Zusätzlich werden in der Regel wesentliche Risiken durch sogenannte Hermesdeckungen der Bundesregierung abgedeckt, wodurch das aus diesen Geschäften resultierende Risiko für den Forfaiteur/die Bank sehr gering wird. Im Rahmen der Regelungen zur (risikounabhängigen) Leverage Ratio würden solche Finanzierungen benachteiligt werden. Bei der endgültigen Festlegung soll dieser Aspekt über einen Konversionsfaktor berücksichtigt werden. Im Hinblick auf den bereits in Abschn. 6.3.1 dargestellten kybernetischen Risikocon­ trolling-Kreislauf ist regelmäßig die Qualität der eingesetzten Instrumente zu prüfen. 6.3.3.2.2  Asset Management Risiken im Zusammenhang mit dem Asset Management sind beispielsweise nicht veräußerliche Lagerbestände – vor allem bei verderblichen Produkten oder Saison- sowie Trendprodukten – sowie Ausfall von Anlagen. Nicht rechtzeitig vorgenommene Ersatzinvestitionen führen zu einer Überalterung des Anlagenbestandes, verbunden mit höheren Kosten für Instandhaltungen sowie Reparaturen und einer möglicherweise rückläufigen Produktivität. Per se wirkt sich eine verringerte Produktivität certeris paribus negativ auf die betriebliche Rentabilität aus, gleichwohl ist im Zusammenhang mit der rentabilitätsorientierten Betriebssteuerung zu ergänzen, dass ein überalterter Anlagenbestand infolge unterbliebener Ersatzinvestitionen die Rentabilität mitunter beträchtlich steigern kann. Dieses Phänomen ist als sogenannte Altersstrukturabhängigkeit von Anlagen bekannt und beschreibt den Sachverhalt, dass zum einen bereits abgeschriebene, allerdings noch im Einsatz befindliche Anlagen das Betriebsergebnis im Zähler infolge ausbleibender Aufwendungen aus Abschreibungen nicht mehr belasten und zum anderen der Betrag des Gesamtkapitals, respektive des betriebsnotwendigen Kapitals im Nenner aufgrund der vollständigen Abschreibung überalterter Anlagen niedriger ist, als dieser bei ordnungsgemäßer Durchführung von Ersatzinvestitionen wäre. Indikatoren für Risiken im Zusammenhang mit dem Asset Management sind beispielsweise ein hoher Lagerbestand, beziehungsweise eine hohe durchschnittliche Lagerdauer von Vorräten sowie eine geringe oder rückläufige Kapitalumschlaghäufigkeit. Ferner der Auslastungsgrad, die jeweilige Verfügbarkeit der Anlagen und Stillstandzeiten auf Grund von Instandhaltungen und Reparaturen und der Anlagenabnutzungsgrad sowie der technische Stand von Anlagen, welcher gegebenenfalls mit Intensitätsverlusten in der Produktion einhergeht.

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6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Maßnahmen zur Beherrschung dieser Risiken können die Optimierung der Logistikprozesse samt Qualitätskontrollen bei Ein- und Ausgang und der Fertigungsprozesse sein. Eine weitere Maßnahme ist eine vorausschauende Marktbeobachtung und -überwachung, um zeitnah auf Veränderungen in der Unternehmensumwelt reagieren zu können. Unverzichtbar ist die genaue Planung des Anlageneinsatzes und Anlagenbedarfs sowie der Nutzungsdauer und notwendiger Anlagenerneuerungen zur Sicherstellung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit. Risiken wirken sich auf Rentabilität, Liquidität (Kapitalbindung) und Wertschöpfungspotenzialen aus. Diese sind im Zuge der Anlagenplanung und Marktbeurteilung zu berücksichtigen. Im Zuge der Senkung der Kapitalbindungskosten, des Kapitalbedarfs sowie des Liquiditätsrisikos sollte das Anlage- und Umlaufvermögen auf dessen Betriebsnotwendigkeit hin untersucht, analysiert und gesteuert werden. Dem betriebsnotwendigen Vermögen  – und hier insbesondere der betriebsnotwendige Aktiva  – kommt über die Berücksichtigung bei der Ermittlung der Net Operating Assets im Rahmen des bereits dargestellten EVA®-Konzepts ebenso eine bedeutende Rolle hinsichtlich der Wertschöpfung und damit der Ermittlung des Unternehmenswertes zu. Dies hat wiederum auch Auswirkungen auf das Rating.

6.3.3.3 Investor Relation und Value Reporting Bislang stellen die Risikoberichte häufig eine Schwachstelle im Rahmen der Geschäftsberichte dar. Kapitalgeber erhalten nicht, beziehungsweise in unzureichendem Rahmen die gewünschten und benötigten Informationen. Diese Informationslücken können zu Konditionsaufschlägen oder Kreditablehnungen führen. Unternehmen haben die Chance, sich durch aussagefähige Risikoberichte zu differenzieren und Vertrauen bei Kapitalgebern zu erlangen, um in der Folge weitere oder neue Finanzierungsquellen zu erschließen. Im Rahmen der Risikoberichterstattung muss die Risikolage eines Unternehmens vermittelt werden. Dabei sind im Risikobericht Angaben zur Tragweite der analysierten Risiken mit Einschätzungen zu Eintrittswahrscheinlichkeit und quantitativen Auswirkungen sowie zum Zusammenwirken von Einzelrisiken zu machen. Folgende Aspekte sind im Rahmen der Risikoberichterstattung besonders zu berücksichtigen: • Eine vollständige Berichterstattung inklusive einer Beurteilung der zukünftigen Wirkung der Risiken. Dabei ist aufbauend auf der unternehmensindividuellen Planung über sämtliche Risiken zu berichten, die zu einer Abweichung von der Planung in Form einer Chance oder Gefahr führen können. Interne Informationen sind in die externe Berichterstattung zu transformieren. • Die angewendeten Methoden zur Risikoidentifikation, -messung und zum Risikomanagement sind unternehmensindividuell zu gestalten. Die Beschreibung der verwendeten Verfahren wird häufig im Rahmen der Informationspolitik vernachlässigt. Dies kann zu Zweifeln an der Qualität und Funktionalität der Risikomanagements führen.

6.3  Positive Impulse eines Risikomanagementsystems für KMU

365

• Zur Gewährleistung der Transparenz der Risikoinformationen müssen diese nachvollziehbar sein. Zusätzlich muss eine Bewertungsmöglichkeit bestehen, um von externer Perspektive Eigenkapitalbedarf und Risikotragfähigkeit einschätzen zu können. In Risikoberichten sollte die tatsächliche Qualität des bestehenden Risikomanagementsystems überzeugend dargestellt und die verwendete Methodik zur Risikoquantifizierung genau dokumentiert werden. Eine weitere Optimierungsmöglichkeit ergibt sich durch die Nutzung von intern vorhandenen Risikoinformationen für die wertorientierte Unternehmenssteuerung. Im Rahmen der Risikoberichterstattung in Verbindung mit Investor Relations sollte unbedingt auch der Mehrwert für die Kapitalgeber aufgezeigt werden. So kann die Vertrauensbasis gestärkt werden. Die aufgezeigten Chancen fördern die Wertschöpfungsmöglichkeiten und sind für das Value Reporting unverzichtbar. Getreu dem Motto: Tue Gutes und sprich darüber sollen im Rahmen der Berichterstattung die Interessen der Kapitalgeber in den Vordergrund gestellt werden. Vor allem Eigenkapitalgeber verlangen Informationen zu den gegenwärtigen und zukünftigen Wertschöpfungsmöglichkeiten des Unternehmens. Verschiedene Verfahren und Kennzahlen liefern Anhaltspunkte für die Ermittlung einer Steigerung des Unternehmenswerts im Sinne eines Residualgewinnes. Beispielhaft zu nennen sind der Discounted Cashflow (DCF) sowie der Economic Value Added (EVA®) und der Cash Value Added (CVA) bis hin zum Shareholder Value (SHV), als der vom Unternehmen generierbare Wertbeitrag für den Eigenkapitalgeber. Daneben sind Informationen über die strategische Unternehmensausrichtung, Risikostrategie, Zukunftserwartungen sowie ein Vergleich mit den Wettbewerbern von Be­deutung. Eine Berichterstattung, welche bestehende Risiken sowohl in quantitativ als auch qualitativ adäquater Form beschreibt, kann einen Beitrag zur Verbesserung des Ratings leisten und in der Folge zu einer höheren Rentabilität und Liquidität sowie verbesserten Wertschöpfungs möglichkeiten des KMU führen. Um eine Vertrauensbasis herzustellen und zu erhalten, sind Gespräche mit Analysten, Investoren und (Fremd-) Kapitalgebern notwendig. Wesentliche Voraussetzung für das Vertrauen sind Transparenz und Kommunikation der aktuellen und in Zukunft erwarteten Risikolage des Unternehmens. Mit dem Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) wurden einheitliche Regelungen für die Aufsichtspflicht und das Risikomanagement eingeführt. In diesem Zusammenhang wurde auch der § 91 Abs. 2 AktG mit Regelungen zu einem internen Überwachungssystem im Aktiengesetz verankert, welcher auch auf GmbHs angewendet werden kann. Das KonTraG enthält ebenso Regelungen zum Prüfbericht des Abschlussprüfers/Wirtschaftsprüfers, welche als Ergänzung zu den Anforderungen des § 317 HGB im Hinblick auf Gegenstand und Umfang der Prüfung zu verstehen sind, sofern eine Pflicht zur Prüfung im Sinne des § 316 HGB besteht. Hierin wird unter anderem eine Stellungnahme zur Risikoberichterstattung und Risikofrüherkennung

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mitsamt Maßnahmen zu deren Minimierung vorgeschrieben. Der Wirtschaftsprüfer benötigt hierfür einen umfassenden Einblick in den gesamten Risikomanagementprozess des Unternehmens. Eine weitere Aufgabe des Wirtschaftsprüfers ist die Überprüfung des Jahresabschlusses. Die Grundlage der Erstellung des Jahresabschlusses ist die betriebliche Buchführung. Für diese wird in §  238 Abs.  1 HGB geregelt, dass es einem sachverständigen Dritten möglich sein muss, in einem angemessenen Zeitraum einen umfassenden Einblick in die Geschäftsvorfälle sowie die Lage des Unternehmens zu erhalten. Diese Regelung gilt auch für die gesetzestreue Arbeit des Wirtschaftsprüfers: Nur wenn diese Vorgabe eingehalten wird, kann der Wirtschaftsprüfer seinen gesetzlichen Verpflichtungen in angemessener Weise nachkommen.

6.3.3.4 Positive Effekte eines wirksamen Risikomanagements Auf der Grundlage der bisherigen Ausführungen dieses Kapitels soll erneut Bezug genommen werden auf die einleitenden Bemerkungen des Abschn. 6.3. In diesen wurde darauf hingewiesen, dass die ausgewählten diskutierten Aspekte darauf ausgerichtet sind aufzuzeigen, inwieweit ein wirksames, auf die Anforderungen von Basel IV ausgerichtetes betriebliches Risikomanagementsystem zu verbesserten Bedingungen für KMU führen kann. Die dargestellten Beispiele sollen als Handlungsempfehlungen fungieren, mit welchen ein KMU mittels Implementierung eines Risikomanagements letztlich sein Rating verbessern kann. In der Folge werden die Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung sowie die korrespondierenden Kapitalbeschaffungskonditionen positiv beeinflusst. Im Rahmen des Ratingprozesses werden von Kreditinstituten Umfang und Qualität des Risikomanagements abgefragt. Ein gutes Risikomanagement wirkt sich direkt auf das Rating aus und muss gleichermaßen dokumentiert und kommuniziert werden. Voraussetzung für ein wirkungsvolles und adäquates Risikomanagement ist eine kontinuierliche und systematische Erkennung und Bewertung aller aktuellen, zukünftigen und potenziellen Risiken über alle betrieblichen Prozesse und Funktionsbereiche hinweg. Es ermöglicht neben der Risikobeherrschung auch die Identifikation und Nutzung von Chancen. Umsetzung und Integration des Risikomanagements in die Unternehmensplanung können aufwendig sein, ihre Wirkung übersteigt jedoch in aller Regel diesen Aufwand. Ein gutes Risikomanagement entfaltet insofern positive Wirkungen auf ein KMU, dass mit diesem ein besseres Rating erzielt werden kann, was wiederum zu in der Regel zu günstigeren Kapitalbeschaffungskonditionen führt, respektive dass sich die Chancen für eine Anschlussfinanzierung erhöhen. Geringere Kapitalkosten heben sowohl die Umsatz-, als auch die Eigenkapitalrentabilität. Zusätzlich ermöglicht die höhere Kapitalverfügbarkeit eine Verbesserung der Liquidität. Weitere Auswirkungen eines guten Risikomanagements können im Bereich der zu zahlenden Risikoprämie und der Eigenkapitalquote beobachtet werden.

6.3  Positive Impulse eines Risikomanagementsystems für KMU

367

Aus dieser exemplarischen Wirkungskette wird deutlich, dass ein gutes Risikomanagement wesentlich für ein gutes Rating ist und in verschiedenen Bereichen direkt oder indirekt zu verbesserten Bedingungen für KMU führen kann.

6.3.4 I ntegration des Risikomanagements in das Grundkonzept der BSC Die Instrumente des Risikomanagements können auch für ein „Chancenmanagement“ genutzt werden. Unter Chance werden in diesem Zusammenhang sowohl positive Planabweichungen als auch Erfolgspotenziale verstanden. Die gleichzeitige Verfolgung von Chancen sowie Vermeidung, respektive Verminderung von Risiken im Rahmen eines kontinuierlichen Prozesses trägt zu einer Optimierung des Chance-Risiko-Verhältnisses bei. Für das Chancen-Risiko-Management lassen sich wiederum unter anderem Balanced Scorecards einsetzen. Zur Integration des Risikomanagements existieren folgende drei Möglichkeiten: • Die Balanced Scorecard wird um das Risikomanagement als fünfte Perspektive erweitert. • Die wesentlichen Faktoren des Risikomanagements werden in die vier Grundperspektiven als weitere Kennzahlen integriert. • Neben der Balanced Scorecard wird eine separate Balanced Chance and Risk Card erstellt. Als zielorientiertester Ansatz wird in der Literatur die dritte Möglichkeit betrachtet. Reichmann stellt dabei die Balanced Chance and Risk Card als Instrument zur Integration des Risikomanagements in die Gesamtsteuerung wie folgt dar. Unternehmerisches Handeln besteht in der Nutzung von Chancen und dem Management der damit verbundenen Risiken. Der evidente Zusammenhang zwischen Risiken und risikobegründenden Chancen muss abgebildet werden. Ein probates Instrument/Hilfsmittel hierzu ist die Verwendung einer Balanced Chance and Risk Card. Diese „verfolgt das Ziel, die Realisierung von Strategien unter Berücksichtigung von Chancen- und Risikoerwägungen und einem Ansatz zu integrieren und diesen zur zielbezogenen Unterstützung der Führungsaufgaben durch ein geeignetes Berichtsystem zu ergänzen.“22 Chancen und Risiken werden gleichzeitig erfasst und die vier Perspektiven des BSC-Grundmodells durch strategische Erfolgsfaktoren ersetzt und über strategische Ziele konkretisiert. Die Operationalisierung der strategischen Ziele erfolgt über quantitative und qualitative sowie vorlaufende und nachlaufende Kennzahlen und Indikatoren. Hierdurch beinhaltet die BSC eine systematische Zusammenstellung entscheidungsrelevanter Informationen zur Wert- und Geschäftsentwicklung. Sie enthält sowohl wertorientierte Kennzahlen, wie zum Beispiel Discounted Cashflow (DCF), Economic Value Added (EVA®),  Reichmann, T. et al. (2017), S. 660.

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6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Cash Value Added (CVA) und Shareholder Value (SHV) als auch Führungsgrößen wie Umsatz, Betriebsergebnis und Cashflow. Der Zusammenhang zwischen den Erfolgsfaktoren und den jeweiligen Chancen und Risiken wird tabellarisch dargestellt und durch verschiedene Analyseergebnisse wie Zielerreichung und Einschätzung der zukünftigen Entwicklung ergänzt. Das Ergebnis ist eine Übersicht über strategische Ziele, deren jeweilige Erreichungsgrade, den damit verbundenen Risiken und der eingeleiteten oder geplanten Maßnahmen zur Reduzierung/Vermeidung derselben sowie bestehende Handlungserfordernisse. Die Wirkungszusammenhänge zwischen Chancen, Risiken, Erfolgsfaktoren und Unternehmenswert werden über Shareholder Value Größen sowie wertorientierte Ergebnisund Zielgrößen wie EVA®, CVA und DCF dargestellt. Der Unternehmenswert wird als Resultat der Wirkung kritischer Erfolgsfaktoren als Grundlage einer erfolgszielorientierten Steuerung betrachtet. Ausgangspunkt für das Management der Chancen- und Risikoindikatoren ist eine formulierte Unternehmensstrategie, von welcher Einzelziele für die kritischen Erfolgsfaktoren abgeleitet werden. Diese sind über die Hauptziele und davon abgeleitete Subziele auf die verschiedenen Ebenen (Kunde-Produkt-Leistung-Personal sowie Finanzen) zu übertragen. Anhand von Kennzahlen werden die Erfolgsfaktoren messbar und hinsichtlich ihrer Zielerreichung über Vorgabewerte, Maßnahmenkataloge und Schwellenwerte kontrollierbar. Diesen Chancen werden im Rahmen des Balanced Chance and Risk Management die mit den kritischen Erfolgsfaktoren verbundenen endogenen, mit den unternehmerischen Handlungen und Endscheidungen zusammenhängenden, Risiken gegenübergestellt. Mit dem Ziel, ebenso die aus dem Unternehmensumfeld hervorgehenden exogenen Risiken zu berücksichtigen, wird die Risk-Card um diesen zusätzlichen erfolgsbestimmenden Faktor ergänzt. Die folgende exemplarische Darstellung zur Balanced Chance and Risk Card/dem Balanced Chance and Risk Management (Abb. 6.30) ermöglicht einen schnellen Überblick über die in den verschiedenen Ebenen enthaltenen und identifizierten Chancen und Risiken. Die Ableitung steuerungsrelevanter Zusammenhänge erfolgt dabei auf Basis der Shareholder-Value Größen Discounted Cashflow, Economic Value Added und Market Value Added. Alle drei Größen nutzen verschiedene Ansatzpunkte zur Ermittlung des Unternehmenswertes und dessen Entwicklung. Der Discounted Cashflow stellt die Barwerte der künftigen Einzahlungsüberschüsse auf Basis des Gesamtkapitalkostensatzes dar. Der Economic Value Added zeigt jenen Betrag, welcher in einer einperiodischen Betrachtung über die durchschnittlichen Gesamtkapitalkosten hinaus erwirtschaftet wird. Der Market Value Added hingegen entspricht in einer mehrperiodischen Perspektive dem Marktwert des Eigen- und Fremdkapitals des Unternehmens, welcher über das investierte Kapital hinausgeht. Demgemäß ist er als originärer Firmenwert, respektive Goodwill zu interpretieren. In der Folge werden die Risiken noch in vier verschiedene diskrete Risikoklassen eingeteilt. Diese erstrecken sich von der Risikoklasse I, welche Faktoren beinhaltet, denen ein geringes Verlustpotenzial beigemessen wird, bis hin zur Risikoklasse IV, unter welcher existenzbedrohende Risiken subsumiert werden.

Abb. 6.30  Gefüge des Balanced Chance and Risk Managements (Reichmann, T. et al. (2017), S. 664.)

6.3  Positive Impulse eines Risikomanagementsystems für KMU 369

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6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

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6  Controlling-Aspekte aus der Perspektive von Basel IV

Verzeichnis der Basel Committee on Banking Supervision (BCBS) Standards BCBS 144: Principles for sound liquidity risk management and supervision, September 2008, https://www.bis.org/publ/bcbs144.pdf. BCBS 188: Basel III: International framework for liquidity risk measurement, standards and monitoring, December 2010, https://www.bis.org/publ/bcbs188.pdf. BCBS 238: Basel III: The Liquidity Coverage Ratio and liquidity risk monitoring tools, January 2013, https://www.bis.org/publ/bcbs238.pdf. BCBS 274: Annex – Revisions to Basel III: The Liquidity Coverage Ratio and liquidity risk monitoring tools, January 2013, https://www.bis.org/publ/bcbs274.pdf. BCBS 450: Stress testing principles, October 2018, https://www.bis.org/bcbs/publ/d450.pdf.

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Conclusio mit kritischer Würdigung

Abschließend sollen die Ergebnisse aus den vorangegangenen Ausführungen anhand der folgenden Leitfragen zusammengefasst und gleichermaßen kritisch hinterfragt werden: • Worin bestehen die maßgeblichen konzeptionellen Änderungen zwischen Basel III und Basel IV? • Inwieweit ergeben sich für Kreditinstitute im Zuge der Umsetzung der regulatorischen Anforderungen von Basel IV Herausforderungen? • Welche Schritte müssen gegebenenfalls Unternehmen einleiten, mit dem Ziel, auf die Auswirkungen von Basel IV vorbereitet zu sein? In diesem Buch wurde die Weiterentwicklung der Basel III Standards auf die zukünftig geltenden regulatorischen Anforderungen gemäß Basel IV überblicksartig dargestellt und damit verbundene potenzielle Auswirkungen auf das Geschäftsmodell von Kreditinstituten und die Finanzierungsmöglichkeiten von KMU untersucht. Als Grundlage der Analyse wurden bevorzugt Dokumente herangezogen, welcher der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht veröffentlichte. Einleitend wurden die Basel III Standards zusammenfassend beschrieben. Daran anschließend folgte die Darstellung der Weiterentwicklungen hin zu Basel IV. Die Veränderungen betreffen insbesondere Methoden und Verfahren zur Ermittlung der risikogewichteten Aktiva für die zukünftig verstärkt zu berücksichtigenden verschiedenen Risikobereiche. Die neuen Regelungen werden seit dem zweiten Halbjahr 2019 in Analogie zu Basel III in einem in sich holistisch abgeschlossenen Rahmenwerk zusammengefasst. Grundsätzliche Ziele der Neuregelungen sind insbesondere eine höhere Sensitivität gegenüber potenziellen Risiken sowie eine geringere Variabilität und verbesserte Vergleichbarkeit ermittelter Ergebnisse im Hinblick auf die Risikoquantifizierung, welche in adäquater Höhe mit vorzuhaltendem

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Zirkler et al., Controlling und Basel IV in der Unternehmenspraxis, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31352-4_7

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7  Conclusio mit kritischer Würdigung

Eigenkapital zu kompensieren ist. Durch die neuen Standards soll in der Folge die Widerstandsfähigkeit des Finanzmarktes gegenüber unerwarteten Ereignissen und Krisen weiter gestärkt werden. Die Erfahrungen und Ergebnisse aus den bisher durchgeführten Stresstests, Auswirkungsstudien, Konsultationen und Stellungnahmen diverser Verbände fanden in den Entwürfen der neuen Standards u. a. in Form geänderter Kalibrierungen der Faktoren zur Ermittlung der RWA Berücksichtigung. Im Rahmen der Analyse ist ersichtlich geworden, dass insbesondere die Vielzahl neu formulierter Regelungen in Bezug auf Kapitalanforderungen ein hohes Maß an Komplexität mit sich bringt. Dieser Sachverhalt wird Kreditinstitute vor Herausforderungen stellen. Es ist zu erwarten, dass sich mit den neuen Regelungen die risikogewichteten Aktiva und die daraus abgeleiteten Eigenkapitalanforderungen erhöhen. Das Ausmaß der Erhöhung hängt hierbei stark von der jeweiligen Bilanzstruktur des Kreditinstituts ab. Die zukünftig geltenden Leitlinien zur Verwendung interner Modelle sind im Vergleich zu jenen unter Basel III signifikant restriktiver. Hierdurch ist mit einem zusätzlichen Anstieg der Kapitalanforderungen zu rechnen. Dieser Effekt wird durch die neuen Floor-Regelungen noch zusätzlich verstärkt, welche ein obligatorisches Mindestmaß an zu unterlegendem Eigenkapital vorsehen. Vor diesem Hintergrund ist nicht auszuschließen, dass die in Deutschland vergleichsweise geringen Unternehmensrisiken nicht mehr adäquat abgebildet werden können, was tendenziell zu einer weiteren Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen führen kann. Diese Maßnahmen sind zum einen insofern positiv zu bewerten, dass Standardisierungen im Rahmen der Eigenkapitalunterlegungspflicht die anvisierte Vergleichbarkeit begünstigen. Gleichwohl ist kritisch anzumerken, dass Kreditinstitute mit den beschlossenen Regulierungen in ihrer individuellen geschäftspolitischen Risikotragfähigkeit de facto bevormundet werden. Des Weiteren wurden ebenso die gegenüber Basel III verschärften regulatorischen Anforderungen an die vorzuhaltende Liquidität erörtert sowie die damit in Verbindung stehenden potenziellen Einschränkungen in Bezug auf die Fristentransformation, welche eine Kernaufgabe von Kreditinstituten darstellt. Demgemäß ist im Zuge des sukzessiven, schrittweisen Inkrafttretens des Basel-IV-Rahmenwerks damit zu rechnen, dass die Herausgabe langfristiger Darlehen, welche aus einer Bündelung kurzfristiger Einlagen hervorgegangen ist, erschwert wird. Ferner ist zu konstatieren, dass die Anforderungen an die Datenqualität und -verfügbarkeit der Kreditinstitute gegenüber den Regelungen aus Basel III deutlich zunehmen werden. Neben weiteren Detailregelungen werden insbesondere die Neuregelungen der Offenlegungs- und Meldevorschriften zu einem deutlichen regulatorischen Mehraufwand bei Kreditinstituten führen. Im weiteren Fortgang wurden die Auswirkungen der neuen Regelungen auf die Geschäftsmodelle der Banken und in der Folge die damit verbundenen Finanzierungsmöglichkeiten der KMU diskutiert. Kreditinstitute werden zukünftig ebenso die Implikationen der veränderten Regelungen in Bezug auf ihre jeweiligen Geschäftsmodelle, respektive auf ihre Geschäftspolitik, zu bewältigen haben. Unterschiedliche Geschäftsmodelle gehen unter anderem mit divergierenden Bilanzstrukturen, Marktaktivitäten und Refinanzierungsstrukturen einher, weswegen gleichermaßen die jeweils relevanten Risikobereiche bei der Ermittlung der risikogewichteten Aktiva voneinander abweichen. Dies hat zur

7  Conclusio mit kritischer Würdigung

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Folge, dass mit Implikationen unterschiedlich starker Ausprägung in Abhängigkeit des Geschäftsmodells und der Geschäftsstrategie gerechnet werden muss. Tendenziell ist anzunehmen, dass bei einer entsprechenden Kalibrierung die Auswirkungen im Bereich der risikoärmeren, durch Einlagen refinanzierten „Retail“-Banken geringer ausfallen, als bei den risikoreicheren und meist international tätigen Kreditinstituten der Kategorie „Investment“. Diese These wird von bisher vorliegenden Simulationsergebnissen untermauert, welche zum Teil deutliche Unterschiede bei den Auswirkungen auf verschiedene Geschäftsmodelle erkennen lassen, welche wiederum unter anderem mit verschiedenen zugrunde liegenden Bilanzstrukturen erklärt werden können. Diese Resultate rücken ein Grundanliegen des neuen Basel IV Frameworks zum Teil in ein kritisches Licht, dass die neuen Standards darauf ausgerichtet sind, einheitliche Regelungen für alle Kreditinstitute vorzusehen, mit dem Ziel, ein höheres Maß an Vergleichbarkeit zu generieren. Hierbei ist indes kritisch anzumerken, dass insbesondere kleine und kleinere Institute mit verhältnismäßig geringen Risiken in ihren Büchern eine im Vergleich zu den regulatorischen Anforderungen von Basel III höhere Belastung zu bewältigen haben, was gegebenenfalls zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber größeren Instituten führt. Vor diesem Hintergrund ist der Ansatz des Basel-IV-Rahmenwerkes gutzuheißen, Regelungen nach Geschäftsmodellkategorien zu differenzieren, um dem jeweiligen Risikoprofil gerecht zu werden. Diese zeigen sich unter anderem in jenen Standards mit Ausführungen zur sogenannten Proportionalität, in denen dargelegt wird, welche Vereinfachungen in den Methoden zur Ermittlung der RWA sowie Erleichterungen beim Reporting und der Offenlegung zulässig sind, sofern die für die Anwendung der Vereinfachungen definierten Bedingungen – insbesondere Schwellenwerte  – eingehalten werden. Diese sollen dazu beitragen, Wettbewerbsnachteile kleinerer Institute mit risikoarmen und wenig komplexen Geschäftsmodellen zu reduzieren. Demgegenüber stehen jedoch Abstriche bei der Vergleichbarkeit der Ergebnisse von Instituten aus verschiedenen Geschäftsmodellkategorien sowie eine signifikante Erhöhung der Komplexität existierender Vorschriften. Relevante Änderungen ergeben sich ebenfalls im Hinblick auf die neuen Regelungen zu den Marktpreisrisiken im Handelsbuch. Diese können dazu führen, dass bisherige als Nicht-Handelsbuch-Institute klassifizierte Banken aufgrund der verschärften Zuordnungskriterien zukünftig zu den Handelsbuch-Instituten subsumiert werden, sodass davon betroffene Banken erweiterte Kapitalanforderungen zu erfüllen haben. Im Rahmen der gebotenen Ausführlichkeit wurden bedeutende Implikationen der Veränderungen des regulatorischen Frameworks von Basel IV auf die Finanzierungsmöglichkeiten von KMU erörtert. Hierbei wurde aufgezeigt, dass ein enger Zusammenhang zwischen der Bonität/dem Rating und den Finanzierungsbedingungen des KMU in Form von Kapitalverfügbarkeit und Kreditkondition (Kapitalkosten) existiert. Die zukünftig zum Teil erheblich verschärften Eigenkapitalanforderungen implizieren eine Einschränkung der Kreditvergabemöglichkeiten der Kreditinstitute, was zu Restriktionen bei den Finanzierungsmöglichkeiten auf Seiten der KMU führen kann. Diese verstärken sich zusätzlich infolge von Einschränkungen der kreditwirtschaftlichen Grundfunktion der Fristentransformation durch die Liquiditätsanforderungen der NSFR, mit welcher eine Reduzierung

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7  Conclusio mit kritischer Würdigung

des langfristigen Kreditangebots einhergehen wird. KMU können mit Problemen bei der Beantragung von Finanzierungen für langfristige Investitionen konfrontiert werden, was gleichermaßen für Zinsänderungs- und Prolongationsrisiken gilt. Vor diesem Hintergrund wird die Bedeutung des Ratings für die Finanzierungsbedingungen des KMU unter Basel IV tendenziell noch weiter zunehmen, als dies unter Basel III zu verzeichnen gewesen ist. Das Rating wird zur wichtigsten Schnittstelle zwischen KMU und Kreditinstituten. In diesem Zusammenhang wurden die Spezifika von Hardund Softfacts sowie branchenspezifische Faktoren vorgestellt, welche als Komponenten im Rahmen der Verfahren zur Ermittlung der Risikogewichtung zugrunde gelegt werden. Hierbei wurde im Speziellen evident, dass zum einen die Bedeutung der Softfacts im Vergleich zu den Hartfacts in jüngerer Vergangenheit signifikant gestiegen ist, zum anderen, dass vor allem mittelständische Betriebe die Finanzkommunikation gegenüber ihren (Fremd-)Kapitalgebern forcieren müssen, mit dem Ziel, Informationsasymmetrien zu potenziellen Investoren/Kreditgebern abzubauen. Des Weiteren stellen für viele KMU nach wie vor klassische Hausbankkredite neben der Innenfinanzierung die Hauptfinanzierungsquellen dar. Mit dem Ziel, diese Abhängigkeit zu verringern ist eine Diversifizierung über einen Mix aus verschiedenen alternativen Finanzierungsinstrumenten angeraten. Neben typischen Finanzierungsquellen und potenzieller Veränderungen der Sichtweise auf diese durch Basel IV wurden ebenso alternative Konzepte der Außen- und Innenfinanzierung vorgestellt. Hierbei wurde zum einen deutlich, dass vor allem Instrumente der Innenfinanzierung für KMU an Bedeutung gewonnen haben. Diese befähigen die Unternehmungen, unabhängig von externen Kapitalgebern notwendige Investitionen zu finanzieren, verbunden mit dem Nebeneffekt, ihre jeweilige Eigenkapitalquote zu erhöhen. Diese Finanzin­ strumente haben wiederum positive Implikationen auf das Rating zur Folge, sofern weitere Außenfinanzierungen geplant sind. Zum anderen erfuhren in der jüngeren Vergangenheit insbesondere Schuldscheindarlehen eine wachsende Bedeutung als Instrument der Außenfinanzierung, unter der Einschränkung, dass die betreffenden Unternehmen eine für die Emission erforderliche, beziehungsweise sinnvolle Größe aufweisen. Tendenziell ist ebenso zu erwarten, dass zukünftig Disintermediationen verstärkt zu beobachten sein werden, verbunden mit einem Bedeutungsgewinn von Finanzierungsalternativen außerhalb des regulierten Bankensektors. Die mit dem Basel-IV-Rahmenwerk neu formulierten Regelungen bedürfen einer systematischen und detaillierten Implementierung in den laufenden Geschäftsbetrieb von Kreditinstituten, für welche sie Geltung entfalten. In diesem Zusammenhang ist deutlich geworden, dass dem Controlling eine außerordentlich hohe Bedeutung zukommt. Dieses muss sowohl in institutioneller, als auch instrumenteller Hinsicht rekonfiguriert werden. Die unter Basel IV zum Teil deutlich gestiegenen Eigenkapitalanforderungen, die Verschuldungsgrenze Leverage Ratio, die kurzfristig wirkende Liquiditätsdeckungsquote LCR, die mittel- bis langfristig ausgerichtete strukturelle Liquiditätsquote NSFR u. v. a. sind als obligatorische, mindestens einzuhaltende Formalziele zu interpretieren. Demgemäß ist der klassische kybernetische Kreislauf des Controllings, bestehend aus Planung, Kontrolle, Analyse und Steuerung im Rahmen einer permanenten Informationsversorgung

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darauf auszurichten, dass strategische bis taktische Sachziele mit kurzfristigen Formalzielen in Einklang gebracht werden. Mit dem Ziel einer dahin ausgerichteten wirksamen Gesamtbanksteuerung wurden Vorschläge auf Basis des Grundmodells der Balanced Score­card präsentiert. Des Weiteren wurde vergleichsweise detailliert der Fokus auf ein Gesamtbankrisikomanagement gelegt, welches gleichermaßen kapitalunterlegungspflichtige Risiken, Liquiditätsrisiken sowie nicht kapitalunterlegungspflichtige Risiken berücksichtigt. Hierbei wurde herausgearbeitet, dass im Allgemeinen im Rahmen des Risikomanagements die Risikoüberwachung und -steuerung sowie das Frühwarnsystem weiter an Bedeutung gewinnen werden. Dies hat ebenso Auswirkungen auf die Abläufe im Kundengeschäft von Kreditinstituten. Neben Änderungen im Kreditvergabeprozess wird das Chance-Risiko-Verhältnis immer mehr an Bedeutung gewinnen. Zu betrachten sind hierbei insbesondere Größen wie Deckungsbeiträge, Margen-Kalkulationen  – insbesondere im momentan vorherrschenden Niedrigzinsumfeld –, Risikokosten und Risikovorsorge sowie überarbeitete Anreizsysteme für den Vertrieb zur Steigerung des Ergebnisses unter Berücksichtigung der damit in Verbindung stehenden Risikopotenziale. Im Speziellen ist insbesondere im Hinblick auf kapitalunterlegungspflichtige Risiken eine bedeutende Veränderung der Quantifizierung derselben darin zu sehen, dass die unter Basel III gültigen Methoden auf Basis des Value at Risk unter Basel IV durch Methoden auf Basis des Expected Shortfall/Conditional Value at Risk abgelöst werden, wodurch ceteris paribus allein aus mathematisch-statistischen Gründen das zu berücksichtigende Risikopotenzial steigt, welches wiederum mit entsprechend hohen Risikoabsorptionspuffern in Form von Eigenkapital zu kompensieren ist. Ferner verschärft sich im Vergleich beider Rahmenwerke signifikant die Quantität als auch die Qualität des Berichts- und Meldewesens, weswegen insbesondere die Controlling-Grundfunktion der Informationsversorgung auf die geänderten Anforderungen hin zu adjustieren ist. In Analogie zur gewählten Abhandlung der formalen Veränderungen zwischen den Rahmenwerken Basel III und Basel IV sowie den daraus ableitbaren Implikationen auf das Controlling von Kreditinstituten wurden gleichermaßen neben den zu erwartenden Auswirkungen der Anforderungen durch Basel IV auf kleinere und mittlere Unternehmen ebenso probate Anpassungsbedarfe an das betriebliche Controlling als zukünftige Herausforderungen aufgezeigt. Hierbei wurde postuliert, dass dieses konsequent ratingorientiert auszurichten ist, was bedeutet, dass das betriebliche Controlling die Erfüllung, respektive Übererfüllung ratingspezifischer Hard- und Softfacts sowie gegebenenfalls vorliegender branchenindividueller Faktoren in den Mittelpunkt seiner Tätigkeit stellt. In diesem Zusammenhang wird das betriebliche Controlling unter Basel IV dezidiert den Fokus auf individuell zu bestimmende Zielgrößen von Ergebnissen, von Rentabilitäten und der Wert­ orientierung legen, bei paralleler Sicherstellung der betrieblichen Liquidität sowie eines effektiven Kontokorrentlinien-Managements. Im Hinblick auf die Koordinationsfunktion des betrieblichen Controllings ist vor diesem Hintergrund noch stärker als in der Vergangenheit die hierfür erforderliche Informationsversorgung weiterzuentwickeln, um im Zuge zyklisch vorzunehmender Kontrollen etwaige Abweichungen zwischen Plan-, Sollund Ist-Werten auf ihre jeweiligen Ursachen hin effizient analysieren zu können. Es ist

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evident, dass eine ratingorientierte Ausrichtung des betrieblichen Controllings die Unterstützung des Managements im Zuge der Überführung strategisch-taktischer Sachziele des Unternehmens auf die operativen Formalziele inkludiert, welche in Form von zu erfüllenden Ratingkriterien bereits definiert sind. Gegebenenfalls unterliegt die betreffende Unternehmung von Kapitalgebern auferlegten Restriktionen in Form von Covenants, welche obligatorisch zu erfüllen sind, sofern das Risiko minimiert oder im Idealfall ausgeschlossen werden soll, dass zusätzliche Sicherheiten zu hinterlegen sind, oder gegebenenfalls dass bestehende Kreditlinien fällig gestellt werden. Im Falle des Vorliegens derartiger Restriktionen hat das betriebliche Controlling holistisch mit dem ihm zur Verfügung stehenden Instrumentarium primär auf die Einhaltung derselben hinzuwirken, um wirtschaftlichen Schaden vom Unternehmen abzuwenden, beziehungsweise um seinen höchstmöglichen Beitrag zu dessen nachhaltiger Existenzsicherung zu leisten. In diesem Zusammenhang ist gleichermaßen zu postulieren, dass KMU unabhängig von ihrer Größe ebenso ein wirksames Risikomanagement implementieren, welches in enger Kooperation mit dem betrieblichen Controlling agiert, mit dem Ziel, sowohl finanzwirtschaftliche als auch operationelle Risiken zu identifizieren, zu bewerten und entsprechend zu steuern. Folglich kommt dem unternehmensinternen Kommunikationsprozess anvisierter Ziele eine besondere Bedeutung zu. Hierfür wurden exemplarisch mehrere Vorschläge für Balanced Scorecards präsentiert, welche zwar in der Finanzperspektive auf unterschiedliche Ziele hin ausgerichtet sind, wie zum Beispiel Rentabilitäten, Wertorientierung, oder Covenant Kennzahlen. Mithin stellen sie allesamt auf das Primärziel ab, mittel- bis langfristige Sachziele in kurzfristige Formalziele zu transferieren, mit der Folge, das unternehmensindividuelle Rating zu verbessern und damit die Kreditwürdigkeit zu steigern, respektive die gegebenen Toleranzen bis zum Erreichen sich negativ auswirkender Covenant Kennzahlen zu wahren. Die damit in Verbindung stehenden Ziele sind unter Zugrundelegung quantifizierbarer Parameter zu definieren. Damit wird das betriebliche Controlling einerseits befähigt, Zielerreichungsgrade zu bestimmen und Abweichungsanalysen vorzunehmen, andererseits lassen sich die definierten Ziele effektiv und effizient unternehmens­ intern kommunizieren. Parallel zur Intensivierung unternehmensinterner Kommunikation ist ebenso die Kommunikation zu externen Stakeholdern zu forcieren, insbesondere zu externen Kapitalgebern. Vor dem Hintergrund, dass die Kommunikation zwischen Schuldner und (potenziellem) Gläubiger ein softes Ratingkriterium darstellt, ist zu empfehlen, proaktiv mit diesen ins Gespräch zu kommen. In diesem Rahmen lassen sich in einem geschäftspartnerschaftlichen Gefüge auf Augenhöhe aktuelle operative sowie zukünftige strategische Entwicklung innerhalb des Unternehmens sowie im Unternehmensumfeld erörtern. Nicht selten zeigen Finanziers mit Verweis auf ihre Branchenkenntnisse potenzielle Lösungswege für spezifische Probleme auf. Von essenzieller Bedeutung für die Finanzkommunikation zwischen Schuldnern und Gläubigern ist die Qualität des betrieblichen Controllings, welches unternehmensinterne Daten zu bedeutenden Kennzahlen aggregiert und im Rahmen seines (Value-)Reportings adressatengerecht aufbereitet. Demgemäß ist das betriebliche Controlling die Kommunikationsschnittstelle zwischen dem Unternehmen, dessen Daten es erhebt, respektive auf diese zugreift, zielgerichtet verarbeitet und bedarfs-/anforderungsgerecht an externe Kommunikationspartner weiterleitet. Die Bedeu-

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tung dieses Aspekts sei insofern explizit herausgehoben, dass sowohl die Qualität der nach außen gerichteten Daten des betrieblichen Controllings als auch die Intensität der Erarbeitung derselben im Rahmen der Ermittlung des unternehmensindividuellen Ratings zu den Softfacts subsumiert werden, weswegen vor dem Hintergrund der Gültigkeit des neuen Rahmenwerks Basel IV der Beitrag des betrieblichen Controllings für die Kreditwürdigkeit gegenüber jenem im Vergleich zu Basel III abermals steigen wird.