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German Pages 211 [216] Year 1943
SCHRIFTEN DES KOLONIAL-INSTITUTS DER HANSISCHEN UNIVERSITÄT Band 7 Kolonialwirtschaftlich e Reihe Nr. 4 Veröffentlichungen des Instituts für Kolonialwirtschaft
Dr. Heinrich Helmut Kraft
C harter ges e l l s c h a f t e n
als Mittel zur Erschließung kolonialer Gebiete
HAMBURG FRIEDERICHSEN, DE GRUYTER & CO. 1943
Chartergesellschaften als Mittel zur Erschließung kolonialer Gebiete von
Dr. Heinrich Helmut Kraft Diplomvolkswirt
HAMBURG FRIEDERICHSEN, DE GRUYTER & CO.
1943
y
Druck r o n J . J . Anglisti« in Glflckstadt a n d Hamburg
Vorwort Chartere«! Companies haben in vergangenen Jahrhunderten den Grund gelegt zu den Kolonialreichen der Gegenwart. Diese Form der kolonialen Betätigung trat, nachdem sie große Erfolge und noch mehr Mißerfolge gezeitigt hatte, nach einer vorübergehenden Blütezeit mehr und mehr in den Hintergrund und bildete schließlich nur noch einen Gegenstand historischer Betrachtung. Es ist nun eine eigenartige Erscheinung, daß zu Beginn der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, nach einer Zeit, in der die Kolonisierung durch privilegierte Privatgesellschaften als für immer erledigt angesehen worden war, plötzlich eine Renaissance der Chartered Companies anbricht. I n Zusammenhang mit dem sich international bemerkbar machenden Bestrebungen, den verfügbaren Erdraum endgültig aufzuteilen und den bereits in Besitz befindlichen zu nutzen, sehen wir in verschiedenen Ländern Gesellschaften dieser Art entstehen, und für mehr als ein Jahrzehnt hallte die Öffentlichkeit in den beteiligten Ländern wider von den Erörterungen über die neugebildeten Unternehmungen. Nur langsam verebbte die Diskussion, in dem Maße nämlich, in dem nach und nach einige der neugegründeten Gesellschaften ebenso unvermittelt, wie sie in Erscheinung getreten waren, wieder verschwanden. Ob nun das angebliche Versagen von einzelnen Unternehmungen die Ursache für den Bedeutungswandel war, den das Problem der Chartergesellschaften erfuhr, oder ob andere Gründe vorlagen, es ist jedenfalls zu beobachten, daß dieser Fragenkreis, um den so lange gestritten worden war, fortan bei der Behandlung kolonialer Fragen an Interesse verlor. Als nach der Jahrhundertwende nur noch vier dieser „modernen" Chartered Companies fortbestanden, während die anderen sämtlich von der Bildfläche abgetreten waren, traten die Probleme, die mit der Neubelebung dieser Kolonisationsmethode aufgetaucht waren, völlig in den Hintergrund. Vielleicht hat zu dieser Entwicklung auch die Tatsache beigetragen, daß abgesehen von der Tätigkeit der British South Africa Company, die vor allem wegen der bedeutenden in Südafrika arbeitenden Kapitalien in der Öffentlichkeit der Welt nach wie vor verfolgt wurde, die drei anderen Gesellschaften in Gebieten wirkten, die fernab von dem politischen Weltgeschehen lagen. Die Nordbomeo-Gesellschaft, die irgendwo in einem unbekannten Gebiete des Fernen Ostens arbeitete, führte ein völlig unbeachtetes Dasein, und um die portugiesischen Compagnien kümmerte man sich schon deswegen nicht, weil die überseeischen Besitzungen Portugals seit jeher nicht im Scheinwerferlicht kolonialer Betrachtungen standen. Möglicherweise ist für das geringe Interesse, das späterhin dem Problem jder Chartergesellschaft entgegengebracht wurde, auch der Umstand von [Einfluß gewesen, daß sich im zwanzigsten Jahrhundert alle Kolonial-
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Vorwort
nationen in ihren eigenen Besitzungen vor große und ständig wachsende Aufgaben und Verpflichtungen gestellt sehen, deren Lösung die Kräfte und Sinne der beteiligten Kreise voll in Anspruch nahm. Nachdem im Jahre 1923 auch die British South Africa Company als Chartergesellschaft abgetreten war, schien die Tatsache, daß noch in unserer Zeit Unternehmungen dieser Art bestanden, der Vergessenheit anheimgefallen zu sein. Erst die Problematik, die sich daraus ergab, daß es in der Welt Nationen gibt, die über ausgedehnte koloniale Gebiete verfügen, während andere Staaten an den Schätzen der Welt nur geringen Anteil haben, lenkte den Blick wieder auf die Möglichkeiten zu kolonialer Betätigung, die große privilegierte Gesellschaften bieten. Als nach dem Eintritt der Welthandelskrise diese Gegensätze in einer von Jahr zu Jahr schrofferen Weise in Erscheinung traten, tauchte bei der Erörterung der sich aus der ungleichen Verteilung der Rohstoffe ergebenden Fragen in den international geführten Auseinandersetzungen wiederholt der Vorschlag auf, Chartergesellschaften ins Leben zu rufen, die die Nutzbarmachung und Erschließung bisher wenig entwickelter Gebiete in die Hand nehmen sollten. Die vorliegende Abhandlung ist aus dem Umstand heraus entstanden, daß die modernen Chartergesellschaften, ihre Leistungen und ihre Problematik bisher noch keine wissenschaftliche oder überhaupt umfassende Darstellung gefunden haben, ein Mangel, der sich in den letztvergangenen Jahren auch bei der Frage der Neubildung von derartigen Gesellschaften bemerkbar gemacht hat. Sie beschäftigt sich demgemäß in erster Linie mit der Geschichte und der Entwicklung der Chartered Companies, die vor etwa einem halben Jahrhundert entstanden sind und die zum Teil bis zum heutigen Tage gewirkt und gearbeitet haben. Im allgemeinen ist dabei auf eine eigene kritische Stellungnahme des Verfassers zugunsten der Darstellung der Tatbestände verzichtet worden. Die Arbeit wurde abgeschlossen im Herbst 1939.
Inhaltsverzeichnis Vorwort
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1. Teil: Die Entstehung der modernen Chartergesellschaften 1. Die Kolonialgesellschaften vergangener Epochen als Ausgangspunkt 2. Die Renaissance der Chartered Companies 3. Wesen und Aufgaben der neuen Gesellschaften
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2. Teil: Entwicklung und Tätigkeit der modernen Chartered Companies 1. Kapitel: Die britischen Chartergesellschaften 1. Abschnitt: Die „British North Borneo Company" 1. Die Entstehung 2. Die Charter 3. Tätigkeit der BNBC als politischer Körperschaft a) Gebietserwerb b) Die Verwaltung des Landes durch die BNBC 4. Die koloniale Entwicklung Nordborncos a) Die verkehrsmäßige Erschließung b) Die Wirtschaftspolitik der BNBC aa) Förderung der Einwanderung bb) Landpolitik cc) Landwirtschaft und landwirtschaftliche Produktion dd) Bodenschätze und Mineraliengewinnung ee) Bankpolitik und Währung 5. Außenhandel 6. Kapitalbeschaffung und Finanzen 7. Eigene wirtschaftliche Tätigkeit der BNBC 8. Zur Beurteilung des Werkes der BNBC
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2. Abschnitt: Die Royal Niger Company 1886—1900 1. Entstehung 2. Die Charter der Niger Co. — Rechte und Pflichten 3. Kapitalaufbringung und Leitung der Gesellschaft 4. Die Tätigkeit der Royal Niger Company a) Die Regierungs- und Verwaltungstätigkeit b) Die wirtschaftliche Tätigkeit c) Die Monopolstellung der Royal Niger Co 5. Die Ablösung der Charter und die Abfindung der Niger Co. . 6. Rückblick auf die Tätigkeit der Royal Niger Company
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3. Abschnitt: Die „Imperial British East Africa Company" 1888—1895] 1. Entstehung ' 2. Die Charter der IBEAC. — Rechte und Pflichten 3. Kapitalstruktur und Leitung 4. Die Tätigkeit der Imperial British East Africa Company a) Die politische Tätigkeit der Gesellschaft b) Verwaltungs- und Wirtschaftstätigkeit der IBEAC 5. Rückzug der Gesellschaft 6. Abfindung und Auflösung der IBEAC
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Inhaltsverzeichnis Seite
4. Abschnitt: Die „British South Africa Company" von 1889 bis 1923/24.. 51 1. Entstehung 51 2. Die Charter der British South Africa Company 53 3. Die erste Tätigkeit der Gesellschaft 55 '4. Leitung der Gesellschaft 56 5. Kapitalaufbringung 57 6. Das Werk der British South Africa Company 58 A. Südrhodesien 58 a) Verwaltung 58 b) Rechtsprechung und Justizverwaltung 59 c) Die Eingeboreaenpolitik 60 d) Die Erschließungst&tigkeit der BSAC 60 aa) Verkehramäßige Erschließung 61 bb) Bergbau j63 cc) Landwirtschaft und Siedlungswesen 64 dd) Handel 65 ee) Andere kolonisatorische Tätigkeit ....' 65 e) Finanzierung der Verwaltung 66
7. 8. 9. 10.
B. Nordrhodesien a) Verwaltung b) Die Entwicklung von Nordrhodesien Das Ende der BSAC als Chartergesellschaft Die Abfindung der BSAC Zur Beurteilung des Werkes der „Chartered" Das Ergebnis Sir die British South Africa Company
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Kapitel: Die portugiesischen Chartergesellschaften 1. Abschnitt : Die Entstehungsgründe 2. Abschnitt: Die Companhia de Mocambique 1. Entstehung 2. Die Charter der Mozambique Co 3. Kontrolle durch den Staat 4. Die Tätigkeit der CLd-M. als politische Körperschaft a) Die Besetzung des Landes b) Verwaltung 5. Die Erschließungstätigkeit der Companhia de Mocambique a) Voraussetzungen: Das Land b) Das Programm der Mozambique Company c) Die Erforschung des Landes d) Die verkehtsmäßige Erschließung aa) Eisenbahnen bb) Binnenschiffahrt cc) Straßen dd) Post- und Telegraphenwesen ee) Häfen e) Bergbau f) Landpolitik g) Landwirtschaft h) Industrie i) Bank- und Währungswesen k) Allgemeine wirtschaftspolitische Tätigkeit aa) Eingeborenenpolitik und -fttrsorge bb) Gesundheits- und Unterrichtswesen 6. Außenhandel 7. Kapitalbeschaffung und Finanzen 8. Eigene Wirtschaftstätigkeit der C.d.M 9. Zur Beurteilung des Werkes der Companhia de Mocambique 10. Vor dem Ende der Companhia de Mocambique als Chartergesellschaft. .
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Inhaltsverzeichnis
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3. Abschnitt: Die Companhia do Nyassa 1891—1929 1. Allgemeiner Überblick 2. Die Charter 3. Tätigkeit der Nyassa Co. als politischer Körperschaft 4. Die Erschließungstätigkeit a) Verkehrswesen b) Landpolitik und Landwirtschaft c) Eingeborenen- und Arbeiterpolitik d) Sonstige Tätigkeit der Nyassa Co 5. Außenhandel 6; Kapitalbeschaffung und Finanzen 7. Das Ende der Companhia do Nyassa 8. Zur Beurteilung des Werkes der Nyassa Company
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E x k u r s : Versuch, den Grad der Erschließung in den Gebieten der portugiesischen Chartergesellschaften durch einen Vergleich mit der Entwicklung in den vom Staat verwalteten Teilen Portugiesisch-Ostafrikas festzustellen 133 3. Kapitel: Die deutschen Schutzbriefgesellschaften 1. Abschnitt: Die Entstehungsgründe 2. Abschnitt: Die „Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft 1885—1890 1. Gründung und Gebietserwerb 2. Der Schutzbrief der DOAG 3. Kapitalaufbringung und Leitung 4. Die politische. Tätigkeit der DOAG a) Gebietserwerb und Besetzung b) Verwaltung 5. Die wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft a) Landwirtschaft und Handel b) Verkehrswesen c) Sonstige Tätigkeit 6. Der Verlust der Hoheitsrechte. Ihr Ende als Schutzbriefgesellschaft.... 3. Abschnitt: Die Neu-Guinea-Compagnie 1885—1899 1. Gründung und Gebietserwerb 2. Der Schutzbrief der Neu-Guinea-Compagnie 3. Kapitalaufbringung 4. Tätigkeit der Neuguinea-Compagnie als politische Körperschaft 5. Tätigkeit der NGC auf wirtschaftlichem Gebiet 6. a) Verkehrswesen b) Handel , c) Bergbau und Industrie d) Landwirtschaft 6. Eigene wirtschaftliche Tätigkeit der NGC 7. Abfindung der Neu-Guinea-Compagnie. Ihr Ende als Schutzbriefgesellschaft 8. Zur Beurteilung des Werkes der NGC 4. Abschnitt: Die Ursachen für das Scheitern der deutschen Gesellschaften.
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4. Kapitel: Das Problem der Errichtung von Chartergesellschaften in anderen Staaten 160 1. Das Comité du Katanga 160 2. Französische Bestrebungen 162 3. Eine russische Gesellschaft 163 3. Teil: Das Für und Wider. Zur Problematik der modernen Chartered Companies 165 1. Entstehungsgründe 165 2. Die doppelte Stellung der Chartered Company 167 3. Staat und Chartergesellschaft 169
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4. Die Voraussetzungen für den Erfolg a) Größe des Kapitals b) Das Gebiet 5. Die Frage der Leitung 6. Ist die Erschließung durch Chartered Companies als Kolonisationsmethode abzulehnen? 7. Die Chartered Company — privatwirtschaftlich gesehen a) Die Kapitalaufbringung b) Der Nutzen für die Geldgeber 8. Zur Beurteilung der modernen Chartered Company in der Kolonialliteratur Schlußbetrachtung A n h a n g : Wiederaufnahme des Gedankens der Neubildung von Chartered Companies in der Gegenwart 1. Projekt einer deutschen Kolonisations-Gesellschaft in Holländisch-Neuguinea 2. Die Vorschläge von Dr. Schacht 3. Weitere Projekte 4. Neue Vorschläge zur Wiederbelebung der Chartered Company in Zusammenhang mit der Kolonisationsdiskussion in den Jahren 1935 bis 1938 5. „Nationale" und „internationale" Chartergesellschaften 6. Grundsätzliches zu der Frage der Neuerrichtung von Chartergesellschaften . Literaturverzeichnis
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BNBC BSAC C.d.M. DOAG IBEAC NGC Niger Co. Nyassa Co.
= = -= = = = =
Abkürzungen British North Borneo Company British South Africa Company Companhia de Mocambique Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft Imperial British East Africa Company Neu-Guinea-Compagnie Royal Niger Company Companhia do Nyassa
I. Teil
Die Entstehung der modernen Chartergesellschaften 1. Die Kolonialgesellschaften vergangener Epochen als Ausgangspunkt Die Geschichte der europäischen Kolonisation im 17. und 18. Jahrhundert ist von den Chartered Companies bestimmt worden. Diese Gesellschaften, die aus dem Zusammenschluß unternehmender Kaufleute entstanden waren, erhielten ihren Namen von dem vom König verliehenen Freibrief, der „royal charter". Die Urkunde, die ursprünglich nur Handelsprivilegien gewährte, übertrug späterhin den in Übersee tätigen Gesellschaften auch Hoheits- und Verwaltungsrechte, deren sie zur Ausübung ihrer Tätigkeit bedurften. Seit dem Ausgang des 16. Jahrhunderts haben fast alle europäischen Kolonialvölker derartige Körperschaften ins Leben gerufen. Die Ursachen für die Entstehung dieser alten Kolonialgesellschaften, die in jeder Hinsicht Kinder ihrer Zeit waren, sind verschiedenartiger Natur gewesen. Der Staat, der in früheren Jahrhunderten aus finanziellen und politischen Erwägungen heraus sich nicht in der Lage sah, überseeische Gebiete zu erwerben und zu behaupten, unterstützte mit der Verleihung von Charters Vereinigungen von K a u f l e u t e n , die bereit waren, auf ihre eigenen Kosten gefahrliche und wagemutige Unternehmungen nach fernen und unbekannten Gebieten durchzufuhren. Chartergesellschaften, die den Einfluß des Mutterlandes in Übersee verankern sollten, wurden vor allem dann gebildet, wenn sich verschiedene Nationen bei dem Erwerb von Ländereien und Rechten im Wettbewerb befanden. Dieses System war deswegen vorteilhaft, weil es geeignet war, den betreffenden Staaten die Verwicklung mit anderen Mächten zu ersparen. Die Stellung und das Ansehen dieser Gesellschaften beruhte auschließlich auf der Verleihung der Charter, einer Institution, die ihren Ursprung im mittelalterlichen Lehnsrecht hat. Der Herrscher, der von vornherein die formelle Oberhoheit über alles Land hatte, das von seinen Untertanen erworben werden sollte, belehnte mit der Charter kaufmännische Gesellschaften mit diesen Landgebieten und gewährte ihnen daneben andere Privilegien. Der König war jederzeit in der Lage, die verliehenen Vorrechte, wenn er es für angebracht hielt, wieder rückgängig zu machen, wodurch die betroffene Kompagnie jeden Rückhalt an der Heimat verlor. Unter den Rechten und Privilegien, die die Charterurkunden im allgemeinen gewährten, war neben dem Bodenerwerbsmonopol das Handelsmonopol das weitaus wichtigste. Daneben sicherten sich einzelne Gesell1
Kraft.
Die Entstehung der modernen Chartergesellschaften
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Schäften vielfach auch die monopolistische Ausübung anderer Erwerbszweige. Schließlich erhielten die Gesellschaften in den meisten Fällen auch administrative Rechte. Das Lebenselement der alten Chartergesellschaften war aber das Handelsmonopol, mit dem die einzelne Kompagnie stand und fiel; es wurde gegen In- und Ausländer rücksichtslos verteidigt. Welche große Bedeutung die Chartered Companies für die Ausbreitung des europäischen Einflusses auf der Erde gehabt haben, geht daraus hervor, daß im 18. Jahrhundert 55 derartiger Gesellschaften bestanden. Diese Form der Kolonisation begann aber mit der fortschreitenden Konsolidierung der Verhältnisse in den Heimatstaaten allmählich sich selbst zu überleben, zumal den meisten Gesellschaften auf die Dauer kein Erfolg beschieden war. Vor allem wurden aber gegen die privilegierten Handelsgesellschaften schwere Vorwürfe wegen der von ihnen betriebenen Ausbeutungswirtschaft erhoben. In der Tat kam es den Gesellschaften in erster Linie auf die Erzielung von großen Handelsgewinnen an, eine Art des Vorgehens, die mit den aufkommenden liberalen Wirtschaftsanschauungen in keiner Form mehr in Einklang zu bringen waren. Sehr scharf war insbesondere die Kritik, die von den Vertretern der klassischen ökonomischen Schule an den Chartergesellschaften geübt wurde. Adam Smith sagt in seinem Buch über den Reichtum der Nationen1), daß die Kompagnien erfahrungsgemäß das Aufblühen der Kolonien hinderten, da alle ihre Angestellten nur darauf aus seien, möglichst viel Gewinne, gleichviel auf wessen Kosten, zu erzielen. Kaufleute hätten naturgemäß in erster Linie nur das eigene Interesse im Auge und seien infolgedessen für die Verwaltung von Ländern ungeeignet. Privilegierte Gesellschaften verwüsteten die Gebiete, welche das Unglück hätten, unter ihrer Herrschaft zu stehen. An einer anderen Stelle des Werkes von Adam Smith heißt es, daß die Verwaltung durch eine kaufmännische Monopolgesellschaft die überhaupt schlechteste aller denkbaren Regierungsformen sei. J . B. Say2), der nicht ganz so scharf urteilte, brachte seine Meinung über die Chartered Companies dahingehend zum Ausdruck, daß die Gewährung von Privilegien an private Gesellschaften nur dann gerechtfertigt sei, wenn diese Methode das einzige Mittel sei, neuen Handel zu schaffen. So erklärt es sich, daß im 19. Jahrhundert das System der Chartergesellschaften, das über zwei Jahrhunderte das Monopol der Kolonisation innehatte, einer allgemeinen Ablehnung verfiel. Die noch bestehenden Kompagnien treten eine nach der anderen von der Bildfläche ab, so die Holländisch-Ostindische Kompagnie im Jahre 1800 und die berühmte BritischOstindische Gesellschaft, deren Rechte schon vorher starken Beschränkungen unterworfen worden waren, endgültig im Jahre 1858, in dem Indien zur Kronkolonie erklärt wurde. Als letzte der großen Chartergesellschaften der altenEpoche gab im Jahre 1869 die Hudsonbay Company ihre Privilegien sowie ihren umfangreichen Landbesitz gegen eine bedeutende finanzielle Entschädigung an Canada zurück und bestand fortan als lediglich normale Handelsgesellschaft weiter. 2)
IV. Buch 7. Kapitel 2. Abteilung. Cours Complet d'Economie Politique IV Chap. 25.
2. Die Renaissance der Chartered Companies Inzwischen hatten sich im Laufe des 19. Jahrhunderts neue Ansichten über Kolonialpolitik herausgebildet, eine natürliche Folge des Näherrückens der überseeischen Gebiete an die Mutterstaaten infolge der Errungenschaften der Technik. Es war nunmehr möglich, njit den Kolonien in eine viel unmittelbarere Verbindung zu treten, als dies früher möglich war. Wenn man einen Vergleich mit den Anschauungen der voraufgegangenen Kolonialepochen zieht, so wurde jetzt von der Regierung im Gegensatz zu früher erwartet, daß sie das Leben und die Interessen ihrer Staatsangehörigen jederzeit schützt. Sodann fallt vor allem die Wandlung der Einstellung zu den Eingeborenen ins Auge, denen gegenüber man nun unter dem Einfluß philanthropischer Anschauungen moralische Verpflichtungen empfand (Aufhebung der Sklaverei, Verbot des Handels mit Branntwein u. a.). Schließlich hatte man begonnen, den Wert einer gut organisierten und planmäßig vorgenommenen Erschließung der Kolonien zu erkennen, deren Bedeutung als Absatzmärkte für die dauernd wachsende heimische Industrieproduktion und als Lieferungsgebiete für Rohstoffe und Nahrungsmittel erst jetzt gewürdigt wurde. Allgemein wurde es als notwendig empfunden, wirkliche Kolonialpolitik zu betreiben. In diese Zeit völlig veränderter äußerer Voraussetzungen fallt die Wiederbelebung des Systems der Chartered Companies. Es ist bezeichnend, daß es Engländer waren, die auf dieses Instrument der Kolonisation zurückgriffen. Schon seit jeher hatte sich ihre kolonisatorische Begabung immer dann erwiesen, wenn es galt, sich neuen Bedürfnissen und Bedingungen anzupassen. Die erste moderne Chartergesellschaft, die ins Leben gerufen wurde, war die „British North Borneo Company", die ihre nach dem Vorbild der alten Kolonialgesellschaften gewährte Charter am 1. November 1881 erhielt. Diese für die' damalige Zeit aufsehenerregende Privilegierung einer privaten Unternehmung, die einen Rückfall in überholte Methoden zu bedeuten schien, fiel in eine geschichtliche Periode, die in mancher Beziehung, wenn auch nur äußerlich, den Zuständen in früheren Jahrhunderten nicht unähnlich war. Das Hauptmerkmal der politischen Situation am Ende der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts war, daß die englische Regierung sich auf kolonialem Gebiete völlig saturiert fühlte. Größere Landerwerbungen waren von England in den voraufgegangenen Jahrzehnten nur noch in geringem Umfang vorgenommen worden, und man war dabei, die vorhandenen Besitzungen zu sichern und auszubauen. Der in aller Welt herrschende Freihandel ließ es nicht als notwendig erscheinen, den Machtbereich der britischen Krone zu erweitern, zumal alle zusätzlichen Gebiets1*
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Die Entstehung der modernen Chartergesellschaften
erwerbungen naturnotwendig mit der Verausgabung größerer Mittel verbunden waren, die dem englischen Steuerzahler aufzubürden die Regierungen als nicht gerechtfertigt ansahen. Für die Einstellung der Regierung waren sodann politische Gründe maßgebend. Man wollte — wie einst — Verwicklungen mit anderen Mächten auf dem Felde kolonialer Expansion vermeiden, und der Staat sollte nicht unnötigen Belastungen ausgesetzt werden. Im Gegensatz zu der Meinung der maßgebenden Kreise, die dahin ging, daß die Nation der dauernden Eroberungen überdrüssig sei, standen — und hier ergeben sich wiederum Parallelen zu den Verhältnissen in früheren Zeiten — die Bestrebungen englischer Kaufleute, die es als ihre Aufgabe ansahen, dem britischen Einfluß zusammen mit der Ausbreitung des britischen Handels in aller Welt neue Stützpunkte zu gewinnen. Von dieser Seite her, von der unternehmender Privatleute, die wie ihre Vorgänger in alter Zeit ihre Initiative und ihre Kapitalien der nationalen Sache zur Verfügung stellen wollten, ist der Anstoß zur Wiederbelebung der Chartered Companies ausgegangen. E s war, als hätte diese Idee gleichsam in der Luft gelegen. Wir können beobachten, wie völlig unabhängig voneinander einzelne Engländer den Plan faßten, auf eigene Verantwortung das britische Weltreich um neue Gebiete zu erweitern. Es waren dies der in Ostasien tätige Kaufmann Alfred Dent und der frühere Offizier Goldie Taubman, der im Nigergebiet eine englische Kolonie ins Leben rufen wollte, wobei vor allem dem erstgenannten das Verdienst gebührt, durch seine zähen und unablässigen Bemühungen den Widerstand der Regierung besiegt und damit der Renaissance der Chartergesellschaft den Weg geebnet zu haben. Die britische Regierung ließ sich bei dieser Kampagne, die in der englischen Öffentlichkeit mit dem Ziele der Gewährung einer Charter an eine moderne Kolonisationsgesellschaft entfaltet worden war, nicht von Grundsätzen leiten, sondern betrachtete die anempfohlene Neubildung einer Chartered Company für den Erwerb eines Gebietes auf der Insel Borneo allein unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit. Nach jahrelangem Zaudern hielt es die Regierung für ratsam, dem Ansuchen der Bittsteller nachzugeben. Sie ließ sich dabei, wie sie offen zugab, von der Absicht leiten, Nordborneo dem britischen Einfluß zu sichern, ohne von staatswegen dafür erhebliche Opfer zu bringen. Vor allem aber glaubte die Regierung, durch diese Art ihres Vorgehens jedweden Konflikt mit Spanien und Holland, die ebenfalls Ansprüche auf das in Frage stehende Gebiet geltend machten, zu vermeiden, denn die Chartererteflung lud dem Staat weniger Verantwortung auf als eine direkte Aktion. Die vorsichtige und tastende Haltung des Staates in dieser Frage fand ihren Niederschlag in der Charter, die der British North Borneo Company gewährt wurde: äußerlich sich stark an die Formeln der alten Freibriefe anlehnend wich der wesentliche Inhalt der neuen Verleihung doch stark von den alten Vorbildern ab. Das Vorgehen der englischen Regierung fand eigenartigerweise weniger in Großbritannien als vielmehr in D e u t s c h l a n d größte Beachtung. Auf Grund einer Denkschrift des Legationsrates v. Kusserow hatte sich Bismarck, der bekanntlich einer aktiven Kolonialpolitik nur langsam und vorsichtig nähergetreten ist, entschlossen, den Bestrebungen der deutschen Kolonialbewegung Förderung angedeihen zu lassen unter der Voraus-
Die Renaissance der Chartered Companies
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Setzung, daß auch von deutscher Seite K o l o n i a l g e s e l l s c h a f t e n nach der Art der Englisch-Ostindischen Kompagnie und der neugebildeten Nordborneogesellschaft die Erschließung der in Übersee zu erwerbenden Gebiete in die Hand nehmen würden. Indem man so direkt auf das von England gegebene Vorbild zurückgriff, wurden am 27. Februar 1885 der „Gesellschaft für deutsche Kolonisation", der nachherigen „ D e u t s c h - O s t a f r i k a n i s c h e n G e s e l l s c h a f t " , und am 17. Mai desselben Jahres der „ N e u G u i n e a C o m p a g n i e " kaiserliche Schutzbriefe erteilt. Diese von Deutschland befolgte Politik wirkte nun in überraschender Form auf E n g l a n d zurück. Die Apathie, die hier noch vor einigen Jahren im Hinblick auf die weitere Ausdehnung des britischen Kolonialreiches bestanden hatte, war völlig verflogen. Eine stark imperialistische Strömung hatte in der Öffentlichkeit die Oberhand gewonnen, und alle Hebel waren in Bewegung gesetzt worden, damit England bei dem beginnenden Wettlauf der Nationen um die Verteilung der noch nicht unter europäische Herrschaft gekommenen Gebiete nicht zu kurz kam. Bestrebungen englischer Privatleute, die es sich ihrerseits zur Aufgabe gesetzt hatten, den britischen Einfluß so weit wie möglich auszudehnen, kamen der Bewegung im Mutterland entgegen. Hier erinnerte man sich jetzt wieder gern des Systems der Chartered Companies, das den Grund für Englands Weltherrschaft gelegt hatte. So kommt es, daß am 10. Juli 1886 einem zweiten englischen Unternehmen, der „ R o y a l Niger C o m p a n y " , nach voraufgegangenen Verhandlungen mit der englischen Regierung eine Charter erteilt wird. Zwei Jahre später, am 3. September 1888, erhielt die „ I m p e r i a l B r i t i s h E a s t A f r i c a C o m p a n y " , die im heutigen Kenya ihre Tätigkeit zu entfalten begonnen hatte, als dritte englische Gesellschaft einen königlichen Freibrief. Am 29. Oktober 1889 schließlich erfolgte die Verleihung der Charter an die größte und erfolgreichste der britischen Chartergesellschaften, an die „ B r i t i s h S o u t h A f r i c a C o m p a n y " . Die Ausbreitung der Macht Englands durch das Mittel der Chartered Companies war für den Staat in mehr als einer Hinsicht vorteilhaft. Indem die Regierung alle Hemmungen prinzipieller Natur beiseiteschob, faßte sie das sich ihr darbietende Problem allein von der praktischen Seite an. Nicht weil sie die Tätigkeit von Chartergesellschaften höher schätzte als die direkte Kolonisation durch den Staat, sondern weil dieses System verschiedene Vorteile bot, gelangte es zur Anwendung. Die Regierung ging bei ihren Überlegungen zunächst davon aus, daß die Gesellschaften, die sich zur Durchführung dieser Aufgabe anboten, den Gebietserwerb am schnellsten und am wenigsten kostspielig für den Staat vornehmen konnten, zumal eine Befragung des Parlaments bei dieser Art des Vorgehens fortfiel. Da die Ziele, die von den Gründern der neuen Kolonisationsgesellschaften vorgebracht wurden, ihr förderungswürdig erschienen, verband sie ihre eigenen Absichten mit dem Ehrgeiz der Gesellschaften, wobei ihr noch zugute kam, daß ihre eigentlichen Ziele nach außen hin nicht ohne weiteres in Erscheinung traten. Schließlich hat bei der Bildung der neuen*britischen Chartergesellschaften auch der Wunsch, dem Staat finanzielle Opfer zu ersparen, eine Rolle gespielt. Kurz und gut, es zeigte sich, daß sich England,
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Die Entstehung der modernen Chartergesellschaften
wie schon so oft vorher in der Geschichte, auch im Falle der Neugründung von Chartered Companies nicht von Grundsätzen, sondern ausschließlich von den Umständen leiten ließ. Als letzte der europäischen Kolonialnationen entschloß sich auch Portugal, dem von England und Deutschland gegebenen Beispiel zu folgen und Chartergesellschaften zur Entwicklung seiner überseeischen Besitzungen ins Leben zu rufen. Die Entstehung von Gesellschaften, die für die Erschließung großer Teile Portugiesisch-Ostafrikas gebildet wurden, ist das Ergebnis einmaliger historischer Tatbestände. Als nach jahrelangen politischen Auseinandersetzungen, die zwischen Portugal und England wegen der Abgrenzung der beiderseitigen Interessensphären in Afrika geführt worden waren, die portugiesische Regierung sich vor Verpflichtungen gestellt sah, die bei dem schlechten Zustand der Staatsfinanzen und dem zu jener Zeit fühlbaren Kapitalmangel Portugals aus eigenen Kräften nicht gelöst werden konnten, entschloß sie sich, dem von anderen Ländern gegebenen Beispiel zu folgen und durch die Errichtung von Chartergesellschaften a u s l ä n d i s c h e s K a p i t a l zur Entwicklung ihrer kolonialen Gebiete heranzuziehen. Im Jahre 1891 entstanden auf diese Weise zwei privilegierte Kolonisationsgesellschaften, die „ C o m p a n h i a de M o c a m b i q u e " mit Charter vom 11. Februar und die „ C o m p a n h i a d o N y a s s a " mit Charter vom 26. September desselben Jahres. Die Gesellschaften, deren Tätigkeit in den gewährten Charterurkunden eine sehr eingehende Festlegung erfahren hatte, wurden gebildet mit der Aufgabe, im Interesse Portugals die koloniale Entwicklung größerer Gebiete in Portugiesisch-Ostafrika an Stelle des Staates vorzunehmen.
3. Wesen und Aufgaben der neuen Gesellschaften Die Charter, die der British North Borneo Company gewährt worden war, wies im wesentlichen bereits alle die Merkmale auf, die für die neuen Verleihungen bezeichnend sind. Während es auf den ersten Blick scheinen mochte, daß mit der Neubildung einer Chartered Company die alten privilegierten Kolonialgesellschaften wieder eine Auferstehung erleben sollten, eine Annahme, die durch die äußere Ähnlichkeit der neuen Charterurkunden mit den alten Freibriefen noch gestärkt werden konnte, so zeigt eine nähere Untersuchung, daß diese neuen Gesellschaften keineswegs eine Neuauflage ihrer Vorgängerinnen waren. Im Gegenteil, die Nordborneogesellschaft und ebenso alle anderen in dem Zeitraum von 1881 bis 1891 entstandenen Chartergesellschaften müssen als eine Schöpfung der modernen Kolonialepoche angesehen werden. Sie stehen im Hinblick auf ihre Aufgaben und die von ihnen erwartete Tätigkeit durchaus im Einklang mit den neuen Anschauungen, die sich im Laufe des 19. Jahrhunderts über Kolonialpolitik herausgebildet haben. Die A u f g a b e der modernen C h a r t e r g e s e l l s c h a f t ist völlig neu g e s t e l l t . Nicht mehr bloße Okkupation und Ausbeutung überseeischer Gebiete ist ihr Zweck, sondern die Erschließung und Entwicklung der ihnen anvertrauten Ländereien zum allgemeinen Nutzen. Während die alten Kolonisationsgesellschaften in der Regel nur an Küsten und sonstigen günstig gelegenen Punkten Handelsstationen errichtet hatten, sollen die neuen Gründungen jetzt auf ihren Territorien alle die Aufgaben durchführen, die sich der moderne Staat bei seiner Kolonisationstätigkeit selbst setzt. Abgesehen davon, daß den neuen Gesellschaften — entsprechend dem gewandelten Zeitgeist — die Verpflichtung auferlegt wird, stets das Wohl der Eingeborenen und ihre Sitten und Gebräuche zu achten und ihnen in Verbindung damit zahlreiche Bedingungen moralischer und humanitärer Art gestellt werden, und abgesehen davon, daß ihnen die Monopolisierung des Handels strikt untersagt wird, unterscheiden sich die neuen Unternehmungen von ihren Vorläuferinnen vor allen Dingen dadurch, daß sie wirkliche V e r w a l t u n g s g e s e l l s c h a f t e n waren und sind. Sie haben also eine doppelte Aufgabe: sie sollen in den ihnen unterstellten unentwickelten Gebieten einen Zustand schaffen, der das Wirtschaftsleben und seine Ausbreitung begünstigt, und sie sollen zugleich die wirtschaftliche Tätigkeit auf jede ihnen geeignet erscheinende Weise selbst in die Hand nehmen und sie mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln fördern. Von dieser Aufgabenstellung her ergibt sich die Definition der modernen C h a r t e r g e s e l l s c h a f t . Unter teilweiser Vorwegnahme der Ergebnisse der nachfolgenden Ausführungen soll der Begriff der Gesell-
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Die Entstehung der modernen Chartergesellschaften
Schäften, die in dieser Arbeit untersucht werden, wie folgt umschrieben werden: C h a r t e r e d Companies sind große, p r i v i l e g i e r t e , p r i v a t e G e s e l l s c h a f t e n , denen die E r s c h l i e ß u n g und E n t w i c k l u n g kolonialer Gebiete auf eigene Rechnung und Gefahr übert r a g e n wird und die zur D u r c h f ü h r u n g ihrer A u f g a b e n mit b e s t i m m t e n , ihnen delegierten sogenannten Hoheitsrechten a u s g e s t a t t e t sind. Diese Begriffsfestlegung enthält vor allem zwei Kriterien: 1. Chartered Companies sind p r i v a t e Gesellschaften, und zwar durchweg in der Form der Aktiengesellschaft. 2. Ihre Aufgabe ist die Entwicklung eines mehr oder weniger u n e r s c h l o s s e n e n Gebietes, über das staatsrechtlich gesehen ein zivilisierter Staat die Souveränität ausübt. Von a n d e r e n Unternehmungen, die in kolonialen Gebieten tätig sind, unterscheidet sich die Chartergesellschaft in mehrfacher Hinsicht. Diese Verschiedenartigkeiten ergeben, sich aus der A u f g a b e der Chartered Company, die darin besteht, das ihr anvertraute Territorium zu ers c h l i e ß e n u n d zu e n t w i c k e l n , d. h. also, die in ihm liegenden wirtschaftlichen Möglichkeiten so weit wie möglich auszuschöpfen. Die Erfüllung dieser Aufgabe hat eine sehr v i e l s e i t i g e Tätigkeit zur Folge, die den Rahmen der Betätigung einer sonstigen kolonialen Unternehmung weit übersteigt. Richtig gesehen, übernimmt nämlich die Chartergesellschaft mit ihrer Mission auch Aufgaben, d i e s o n s t der S t a a t d u r c h s e i n e G o u v e r n e u r e a u s ü b t . Da ihr Gebiet in der Regel nur wenig oder kaum erschlossen ist, gehört es zu den wichtigsten Obliegenheiten der Gesellschaft, E i n r i c h t u n g e n zu s c h a f f e n , die im ö f f e n t l i c h e n I n t e r e s s e l i e g e n . Um überhaupt mit der Entwicklung zu beginnen, muß sie das Land eingehend erforschen; sie muß Verkehrswege, wie Eisenbahnen, Straßen, Telegraphenlinien, anlegen und sie muß auch für die Errichtung von Krankenhäusern und überhaupt für das Gesundheitswesen Sorge tragen. Auch das Unterrichtswesen ist Sache der Gesellschaft, die neben ihren wirtschaftlichen also auch kulturelle Aufgaben zu erfüllen hat. Schließlich ist auch das wichtige Erfordernis der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung zu nennen. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die Gesellschaft eine ausgesprochene V e r w a l t u n g s t ä t i g k e i t — neben der Erfüllung ihrer wirtschaftlichen Zwecke — ausüben muß, wenn sie die ihr gesteckten Ziele erreichen will. Abgesehen davon ist es aber auch Aufgabe der Chartergesellschaft, eine p l a n m ä ß i g e W i r t s c h a f t s p o l i t i k zu treiben. Sie muß für die Besiedlung des Landes sorgen, sie muß die Landwirtschaft — unter Umständen durch die Errichtung von Musterfarmen—, den Bergbau und eventuell auch einzelne Industrien mit allen Mitteln zu f ö r d e r n suchen und sie muß sich vor allem bemühen, K a p i t a l in das Land zu ziehen. Nur dann, wenn günstige Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Betätigung bestehen — etwa das Vorhandensein von Transportmöglichkeiten für die erzeugbaren
Wesen und Aufgaben der neuen Gesellschaften
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Waren —, ist damit zu rechnen, daß andere Unternehmungen und Firmen an dem Gebiet interessiert werden und mit der privaten Initiative auch das nötige Kapital. Auf der anderen Seite kann sich die Chartergesellschaft auch s e l b s t a u f w i r t s c h a f t l i c h e m G e b i e t e b e t ä t i g e n , so durch die Ausbeutung der Bodenschätze, der Wälder und der landwirtschaftlich nutzbaren Gebiete. Es zeigt sich also, daß das Tätigkeitsgebiet der Gesellschaft, das sich eo ipso aus ihren Aufgaben ergibt, so allseitig ist, daß sie zur Durchführung b e s o n d e r e r M i t t e l und R e c h t e bedarf, über die ein kaufmännisches Unternehmen der üblichen Art nicht verfügt. Die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung ist nur mit Hilfe einer P o l i z e i g e w a l t möglich. Die Gesellschaft benötigt sodann eine gewisse öffentliche Macht dergestalt, daß sie V e r o r d n u n g e n und V e r f ü g u n g e n m i t b i n d e n d e r K r a f t e r l a s s e n kann. Schließlich erfordert die Durchführung ihrer Verwaltungsfunktionen größere f i n a n z i e l l e Mittel. Es ist keinesfalls zu erwarten, daß die Gesellschaft diesen F i n a n z b e d a r f aus den Gewinnen befriedigen kann, die ihr aus ihrer eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit zufließen (sei es Handelstätigkeit, die Gewährung von Konzessionen und Lizenzen, Landverkäufe usw.). Da die Gesellschaft in der Tat A u f g a b e n im A l l g e m e i n i n t e r e s s e erfüllt, ist es auch recht und billig, daß ihr das Recht zusteht, S t e u e r n und A b g a b e n zu erheben. Die Ausübung aller dieser zuletzt genannten „Hoheitsrechte" ist u n e r l ä ß l i c h für das Gelingen der Mission der Chartergesellschaft; sie sind daher r e g e l m ä ß i g B e s t a n d t e i l der zwischen S t a a t u n d G e s e l l s c h a f t g e s c h l o s s e nen V e r t r ä g e . Große Unterschiede einer Chartergesellschaft ergeben sich auch dann, wenn einer kaufmännischen Unternehmung wirtschaftliche Konzessionen größeren Umfanges, wie etwa das Recht zum Abbau der Bodenschätze, zur Nutzbarmachung von Grund und Boden oder zum Betrieb einer Eisenbahn, zugestanden worden sind. Derartige Unternehmungen können ihre Tätigkeit nur in einem Gebiet ausüben, in dem die Voraussetzungen für die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit von übergeordneten Organen bereits geschaffen worden sind oder zumindest später geschaffen werden, denn stets werden sich die gewährten Konzessionen auf eine bestimmte, s c h a r f a b g e g r e n z t e B e t ä t i g u n g beziehen. Wesentliches Begriffsmerkmal einer Chartered Company dagegen ist eben die V i e l s e i t i g k e i t ihrer A u f g a b e und das ihr in Verbindung damit verliehene R e c h t zur A u s ü b u n g ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e r F u n k t i o n e n . Unter Berücksichtigung der herausgearbeiteten Charakteristika beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf diejenigen E r s c h l i e ß u n g s - u n d K o l o n i s a t i o n s g e s e l l s c h a f t e n , denen diese weitgehenden Rechte wirklich übertragen worden sind.
II. Teil
Entwicklung und Tätigkeit der neuen Chartered Companies 1. Kapitel: Die britischen Chartergesellschaften 1. Abschnitt: Die „British North Borneo Company4'.
Die „British North Borneo Company", die erste der Chartered Companies der modernen Kolonialepoche, wird, wie angenommen werden darf, alle nach ihr entstandenen Gesellschaften überleben. Sie bietet heute, 60 Jahre nach ihrer Gründung, ein interessantes Anschauungsobjekt bei der Untersuchung der Möglichkeiten, koloniale Gebiete durch Chartergesellschaften entwickeln zu lassen. 1. Die Entstehung. Die Gründung der British North Borneo Company (BNBC) geht auf die Initiative von britischen Kaufleuten zurück. Im Westen und Norden der großen Sunda-Inseln kreuzten sich in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts die verschiedenartigsten Interessen. Bereits 1841 hatte an der Westküste von Borneo ein Engländer, James Brooke, ein größeres Gebiet, Sarawak, erworben und für sich und sein Haus die erbliche Radschah-Würde erhalten. Großbritannien hatte dann im Jahre 1845 die Borneo vorgelagerte Insel Labuan besetzt. Auch die Spanier, deren Staatshoheit damals noch die Philippinen sowie die Sulu-Inseln unterworfen waren, und die Niederlande, die ihrerseits schon seit Jahrhunderten Besitzansprüche auf den größten Teil Borneos hatten, zählten den bisher noch nicht unter europäische Herrschaft gekommenen Teil dieser Insel zu ihrem Interessenbereich. Der äußerste Norden Borneos unterstand damals zu einem wichtigen Teil der Oberhoheit des Sultans von Brunei, während auf die Regionen an der nordöstlichen Küste der Sultan von Sulu Ansprüche erhob. Das gesamte Gebiet war dem Handel zu dieser Zeit kaum erschlossen, bis im Jahre 1866 eine amerikanische Gesellschaft, die „American Trading Company of Borneo" von dem Sultan von Brunei Konzessionen erwarb, die ihr Souveränitätsrechte an der Westküste von Borneo gaben. Die Gesellschaft hatte Niederlassungen am Kimanisfluß errichtet und eine größere Zahl von Chinesen in das Land gezogen. Bereits im Jahre 1875 sah sich dieses Unternehmen jedoch genötigt, aus Mangel an ausreichendem Kapital zu liquidieren. Inzwischen war ein schottischer Kaufmann, William Clarke Co wie, mit dem Sultan von Sulu in Verbindung getreten, der, wenn auch nur dem Namen nach, die Herrschaft über Nordborneo vom Pindassan-Fluß im
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Nordwesten bis zum Sibukufluß im Osten ausübte. Der Sultan erteilte Cowie die Konzession, an der Sandakan-Bay eine Handelsstation zu errichten. I m J a h r e 1875 schloß Cowie mit dem einzigen Überlebenden der inzwischen aufgelösten „American Trading Company", Torrey, ein Übereinkommen, wonach die von der amerikanischen Gesellschaft erworbene Konzession unter der Voraussetzung, daß sie der Sultan von Brunei erneuere und daß der Sultan von Sulu zur Gewährung entsprechender Rechte veranlaßt werden könne, an die „ L a b u a n Trading Company", an der Cowie selbst beteiligt war, übertragen werden sollte. Die Verwirklichung dieses Planes, der auf die effektive Besetzung Nordborneos hinauslief, stieß jedoch auf die Schwierigkeit, daß die anderen Teilhaber der L a b u a n Trading Co. sich ablehnend verhielten. E s gelang dann aber, ein anderes britisches Unternehmen, die Firma D e n t & Co., f ü r den Plan der Erwerbung Nordborneos zu gewinnen. Baron Gustav v. Overbeck, ein Österreicher, Teilhaber dieses Hauses, t r a t mit dem Sultan von Brunei in Verhandlungen, die am 29. Dezember 1877 zu einem befriedigenden Abschluß f ü h r t e n . Der Sultan übertrug gegen eine jährliche Rente von 15000 Dollar (die später auf die Hälfte herabgesetzt wurde) das gesamte unter seiner Oberhoheit stehende Gebiet im Norden Borneos, das sich vom Kimanis bis zum Sibuku erstreckte, mit allen Hoheits- und Eigentumsrechten an Overbeck und seine Freunde. Am 22. J a n u a r 1878 t r a t auf Vermittlung Cowies auch der Sultan von Sulu gegen eine jährliche an ihn zu entrichtende Zahlung von 5000 Dollar die volle Souveränität über seine Besitzungen in Nordborneo (vom Pindassan bis zum Sibuku) an Overbeck u n d (später Sir) Alfred Dent ab. Baron v . Overbeck, der dem Deutschen Reich zweimal die Übernahme der Schutzherrschaft über Nordborneo angeboten hatte 1 ), h a t seine Rechte und Interessen später an die Brüder Dent verkauft. E s sind somit a u s s c h l i e ß l i c h u n t e r n e h m e n d e K a u f l e u t e gewesen, die auf diese Weise bemüht waren, dem britischen Reich ein weiteres Glied hinzuzufügen. Es galt nunmehr, die o f f i z i e l l e A n e r k e n n u n g der Regierung in London zu erreichen. Da die Zahlungen an die Sultane u n d die Erschließung des Landes große Mittel erforderten, wurde von den Interessenten zunächst ein Syndikat, die „ N o r t h Borneo Provisional Association, Limited", gegründet, dem alle erworbenen Rechte übertragen wurden und das die Besetzung der konzedierten Ländereien sofort in Angriff nahm. Dieser Vereinigung gehörten eine Anzahl in England sehr angesehener u n d gesellschaftlich einflußreicher Persönlichkeiten an, wie Sir Rutherford Alcock, Admiral Sir Henry Keppel, Konteradmiral R . C. Mayne und R . Bromley-Martin. Schon am 16. Mai 1877 wurde von Dent an das Foreign Office das Ansuchen gestellt, die von der Gesellschaft erworbenen Rechte u n d Besitzungen offiziell anzuerkennen, und am 2. Dezember desselben J a h r e s t r u g die Association Lord Salisbury, dem damaligen Außenminister, unmittelbar die Bitte u m Verleihung einer C h a r t e r vor. Obwohl die Regierung die großen Vorteile, die sich aus einer Anerkennung der Konzessionen ergaben, erkannte, h a t sie jahrelang gezögert, ihre Zu1 ) Das Angebot ist erst 1881 von Bismarck endgültig abschlägig beschieden worden. Vergl. M. v. Hagen, Bismarcks Kolonialpolitik S. 47 und 51).
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Stimmung zu geben. Hierfür waren verschiedene Gründe maßgebend: einmal die Furcht, damit in der Öffentlichkeit die Debatten über die alten Kolonialgesellschaften zu erneuern, die f ü r die Ökonomisten der liberalen Schule ein Gegenstand des Abscheus waren, u n d zum andern außenpolitische Bedenken, denn Spanien u n d die Niederlande h a t t e n gegen die mögliche Verleihung einer Charter schon von vornherein Protest erhoben, Spanien auf Grund der Suzeränität des Sultans von Sulu, Holland unter Hinweis auf einen englisch-niederländischen Vertrag von 1824. Das damals saturierte England glaubte sich den von dieser Seite kommenden Einwänden gegenüber nicht verschließen zu können. Nur so ist es zu erklären, daß die Regierung ihre Entscheidung immer wieder hinausschob, obwohl die Interessenten auf die Wichtigkeit der geographischen Lage Nordborneos hinwiesen und auf ihren Wunsch, das Land ohne Verzögerung zu erschließen. Erst nachdem im J a h r e 1880 ein Kabinettswechsel erfolgt war, erteilte die liberale Regierung Gladstone der inzwischen gegründeten „British North Borneo Company" die Ermächtigung, die gesamten Konzessionen von der „British North Borneo Provisional Association" zu erwerben. Die Gründer des Unternehmens erhielten damit nach dreijährigem Warten am 1. November 1881 die erbetene R o y a l C h a r t e r nach dem Vorbild der alten Privilegien. Der Entschluß der Regierung wurde von Lord Granville, dem neuen Außenminister, verteidigt; indem er sagte: „Wir h a t t e n drei Möglichkeiten: entweder die ausgedehnten Territorien direkt zu annektieren, sie der Verwaltung der Dents zu überlassen oder sie schließlich der unmittelbaren Aufsaugung durch andere Nationen preiszugeben. Gegen die erste u n d dritte Lösung bestanden schwere Bedenken, die sich im zweiten Fall nicht zu erheben scheinen." 2. D i e C h a r t e r . Die Charter beginnt mit einer generellen Anerkennung der Konzessionen u n d Rechte, die die Gesellschaft von den Sultanen von Brunei u n d Sulu erworben h a t . Dann erwähnt die Charter die Bitte u m Inkorporation, die von Dent an die britische Regierung gerichtet war, und schließt wie folgt: „Wir errichten hiermit eine politische Körperschaft unter dem Namen ,British North Borneo Company', die von den Antragstellern gebildet wird entsprechend den Bedingungen, die in der vorliegenden Charter aufgeführt werden. Diese Bedingungen haben den Hauptzweck, der englischen Regierung das Recht zur Intervention in die Verwaltung der Compagnie zu geben und die Beständigkeit ihres britischen Charakters zu sichern". Die Einschränkungen, die die Charter vorsieht, waren vom S t a n d p u n k t der Regierung aus u m so mehr angebracht, als die von den Sultanen gewährten Rechte sehr weitgehend waren. Die Gesellschaft besaß nach diesen Verträgen die Macht über Leben u n d Tod der Eingeborenen Nordborneos, das Recht, über das Gebiet zu verfügen, das Land nutzbar zu machen, das Geldwesen zu regeln, Zölle und Steuern zu erheben u n d ganz allgemein alle Rechte und Befugnisse, die Bestandteile einer legitimen Souveränität sind. Versehen mit diesen Hoheitsrechten verspricht die Gesellschaft ihrerseits den Sultanen, eine gerechte Justiz aus-
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zuüben unter voller Berücksichtigung der Sitten der Eingeborenen, sich um die Beseitigung der Sklaverei zu bemühen und kein allgemeines Handelsmonopol zu errichten. Die Charter ermächtigte die Gesellschaft offiziell zur Ausübung a l l e r aus den S u l t a n s v e r t r ä g e n a b g e l e i t e t e n Rechte. Die British North Borneo Co. war also berechtigt, Gesetze und Verordnungen zu erlassen und alle zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. In den Parlamentsverhandlungen, die der Chartererteilung folgten, sagte der damalige Premier Gladstone ausdrücklich, daß die Charter, die die Regierung der Gesellschaft gab, ihr kein einziges Recht übertragen hat, das sie nicht schon vorher als rechtsgültigen Titel erworben hatte (17. Mai 1882). B e d i n g u n g e n und P f l i c h t e n der Charter. Zunächst enthält die Charter in § 3 die Forderung, daß die Gesellschaft in ihrem Charakter und in Hinblick auf ihren Gesellschaftssitz, der zu allen Zeiten in London sein soll, stets britisch zu bleiben hat. Alle Direktoren der British North Borneo Co. und ebenso ihre Hauptvertreter in Borneo sollen britische Staatsangehörige sein. Die eigene Flagge, die die Gesellschaft auf ihren Niederlassungen und Schiffen führt, soll in gleicher Weise ihren britischen Charakter anzeigen (§ 14). § 4 bestimmt, daß die Gesellschaft die erlangten Konzessionen ohne die Zustimmung der Regierung weder ganz noch teilweise übertragen darf. Alle Differenzen zwischen den Sultanen von Brunei und Sulu einerseits und der Gesellschaft andererseits sollen der Entscheidung durch die Regierung unterworfen sein. Alle Verhandlungen und Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und fremden Mächten unterstehen der Aufsicht der Regierung; die Gesellschaft hat sich den in dieser Hinsicht gegebenen Anweisungen des Staatssekretärs voll zu fügen (§ 6). Eingehend werden insbesondere die Verpflichtungen der Gesellschaft im Hinblick auf ihre Eingeborenenpolitik festgelegt. So obliegt nach § 7 der BNBC die Beseitigung der Sklaverei. Weiterhin soll sie lt. § 8 die religiösen Anschauungen und Bräuche der Eingeborenen in jeder Weise achten. Bei der Ausübung der Gerichtsbarkeit sind die Gesetze und Gewohnheiten der Parteien zu beachten (§ 9). Den Einwendungen der Regierung gegen ihre Eingeborenenpolitik hat sich die Gesellschaft sofort unterzuordnen. Von besonderer Bedeutung — und hierin unterscheidet sich die erste Charter der modernen Kolonialgeschichte grundlegend von den alten Octrois — war das s t r i k t e Verbot der E r r i c h t u n g eines a l l g e m e i n e n Handelsmonopols: „Der Handel soll frei und offen für alle sein, abgesehen von dem Recht auf Zölle, die die Gesellschaft erheben kann zur Deckung der ihr bei der Verwaltung erwachsenden Ausgaben" (§ 18). Wichtig ist schließlich die Bestimmung, daß die Ernennung des Hauptvertreters der Gesellschaft (des Gouverneurs) in Borneo der Zustimmung des Staatssekretärs bedarf (§ 13). Einer der letzten Paragraphen behandelt die Möglichkeit des Widerrufs der Charter, der dann erfolgen kann, wenn die Gesellschaft die ihr auf-
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erlegten Bedingungen nicht einhält. E i n e B e g r e n z u n g d e r D a u e r der C h a r t e r erfolgt jedoch nicht. Schließlich wird die BNBC durch die Charter verpflichtet, innerhalb einer Frist von einem Jahre durch ein besonderes Abkommen alle Fragen zu regeln, die sich auf die Kapitalbeschaffung, die Rechnungslegung und ihre Organisation als private Gesellschaft beziehen 1 ). Wie Lord Granville sich ausdrückte, erlangte die Regierung mit der Charter eine negative Kontrolle über die Gesellschaft im Hinblick auf ihre Eingeborenenpolitik und ihre Beziehungen zu fremden Staaten. Ein Eingreifen in die Verwaltungstätigkeit der BNBC sollte nur erfolgen, wenn diese in Gegensatz geriet zu den Ansichten und der Politik der Regierung oder der öffentlichen Meinung in England. Für die Gesellschaft selbst war die Chartererteilung vor allem in moralischer Hinsicht von Bedeutung. Sie erhielt dadurch A n s e h e n u n d K r e d i t und konnte nunmehr ihre Verwaltung»- und Erschließungstätigkeit mit größerer Aussicht auf Erfolg in Angriff nehmen. Mit der Gewährung der Charter an eine landbesitzende Gesellschaft, ohne daß die Regierung ihre Souveränität über dieses Gebiet erklärte, war unter v ö l k e r r e c h t l i c h e n Gesichtspunkten zweifellos eine zweideutige Situation entstanden, die es erklärt, daß die englische Regierung entgegen ihrer ursprünglichen Annahme den Widerstand der Spanier und Holländer nur schwer überwinden konnte. Erst im Protokoll von Madrid von 1885 konnte Spanien zum Verzicht auf Nordborneo veranlaßt werden. Obwohl nun die Regierung laut Charter eine Oberaufsicht über die BNBC ausübte und insbesondere ihre auswärtigen Beziehungen kontrollierte, hielt sie es im Jahre 1888 für zweckmäßig, die in den Händen englischer Staatsangehöriger befindlichen Gebiete in Borneo (Nordborneo und Sarawak) sowie das dem Sultan von Brunei verbliebene Gebiet unter die Schutzherrschaft der Krone zu stellen. Am 12. Mai desselben Jahres wurde das Territorium der British North Borneo Co. als unabhängiger „Staat von Nordborneo" britisches P r o t e k t o r a t . Die Krone erlangte damit eine verstärkte Kontrolle über die auswärtigen Angelegenheiten Nordborneos sowie das Recht, Konsularbeamte zu ernennen. Sie ging gleichzeitig die Verpflichtung ein, sich jeder Einmischung in die internen Verhältnisse Nordborneos über die in der Charter festgelegten Bestimmungen hinaus zu enthalten. Nordborneo blieb also nach innen autonom. Die Erklärung des Protektorats über Nordborneo war für die Gesellschaft fast von ebenso großer Bedeutung wie die Verleihung der Charter, da nunmehr Gewißheit herrschte, daß das Land von ausländischen Zugriffen verschont blieb 2 ). Weiterhin wurde das Ansehen der Gesellschaft gehoben und die Beständigkeit ihrer Institution unterstrichen. Die Verwaltung über das Land übte die BNBC weiterhin gemäß den Bestimmungen der Charter aus. Der 1. November, der „Charter Day", wird jedes J a h r als öffentlicher Feiertag im ganzen Land gefeiert. !) Diese Klausel enthalten auch alle später gegründeten englischen Chartfered Companies. 2 ) Die Folge der Einreihnng Nordborneos in das britische Empire war die endgültige Festlegung der Grenzen gegen Niederländisch-Borneo in einem holländisch-englischen Vertrag von 1891.
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Die Stellung der Nordborneo- Gesellschaft gegenüber der Regierung ist ziemlich unabhängig. Lediglich die Ernennung des in Borneo amtierenden Gouverneurs, die von dem Verwaltungsrat der Gesellschaft (Court of Directors) vorgenommen wird, bedarf der Zustimmung des Staatssekretärs (s. o.). Die auswärtigen Beziehungen Nord-Borneos werden von dem Gouverneur der Straits Settlements überwacht 1 ). 3. T ä t i g k e i t d e r B N B G a l s p o l i t i s c h e K ö r p e r s c h a f t , a) Gebietserwerb. Das Gebiet der Nordborneo-Gesellschaft, das auf Grund der von den Sultanen von Brunei u n d Sulu gewährten Konzessionen zur Zeit ihrer Gründung etwa 47000 qkm bedeckte, ist in den folgenden Jahren u n d Jahrzehnten weiter vergrößert u n d abgerundet worden. Bereits 1884 wurden der Putatan-Distrikt u n d das Gebiet von Pada-Klias hinzugefügt, 1885 der Kawang-Distrikt u n d die Mantanari-Inseln. Später wurden 1897 u n d in den folgenden Jahren weitere Grenzgebiete vom Sultan von Brunei erworben. 1902 ging der Membakut-Distrikt an die Gesellschaft über, während 1904 der Lawas-Distrikt, ein kleines Gebiet von 500 qkm, an Sarawak übertragen wurde im Austausch gegen Kohlengebiete an der Brunei-Bay. Die Ausdehnung Nordborneos k a m damit auf ihren heutigen Stand von 76000 qkm. Weiterhin ist zu erwähnen, d a ß 1889 auch die im britischen Besitz befindliche Insel Labuan vorübergehend der Verwaltung der BNBC anvertraut wurde. I m J a h r e 1906 übernahm Großbritannien allerdings das Gebiet als Kronkolonie wieder zurück, nachdem die Gesellschaft durch die Verwaltung von Labuan einen Verlust von 9000 £ erlitten hatte. Zeitweilig schien es, daß im Zusammenhang mit der über deutsche (Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft) u n d andere britische Chartergesellschaften hereingebrochenen Liquidationsperiode auch das Ende der BNBC gekommen sei. Lord Brassey äußerte sich im Oberhaus dahin, daß Britisch-Nordborneo entweder von der Imperial-Regierung übernommen oder aber Sarawak angegliedert werden müsse 2 ). Die BNBC sollte ihr Land behalten u n d durch dessen schrittweisen Verkauf den Aktionären das eingezahlte Kapital zurückerstatten. Die Bedingungen, unter denen die Änderungen vor sich gehen sollten, erschienen dem Verwaltungsrat der BNBC jedoch derart ungünstig, daß das Projekt von dieser Seite einer Ablehnung verfiel. Die B e s e t z u n g des Landes ging auf vergleichsweise friedliche Weise vor sich, Die meisten der zusätzlichen Gebietserwerbungen erfolgten durch freundschaftliche Übereinkommen mit eingeborenen Fürsten; lediglich in den J a h r e n 1889 und 1898 war es zu militärischen Operationen gekommen. Die Aufnahme der Verwaltungstätigkeit durch die Gesellschaft wurde in der Regel von den Eingeborenen ohne Widerstreben hingenommen Der „Governor of the Straits Settlements" ist zugleich „High Commissioner of Malaya" und „British Agent for Borneo"; er hat gewisse Aufgaben in Verbindung mit dem Staat von Nordborneo und Sarawak (The Colonial Problem, London 1937, S. 222). 2 ) s. u. S. 31.
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Auch im späteren Verlauf der Geschichte Nordborneos hat sich gegen die Herrschaft der Chartered Company k a u m Widerstand erhoben, so daß die Gesellschaft niemals zu größeren militärischen Aufwendungen genötigt war. b) Die Verwaltung des Landes durch die BNBC. Mit der Besetzung des Landes ging H a n d in H a n d die Einrichtung einer Verwaltungsorganisation. Am Sitze der Verwaltung wurde eine Reihe von Amtern geschaffen (für Polizei, Justiz, Finanzen, Landwirtschaft, Häfen, Mineralien, Medizin u. a.), die mit geeigneten Personen besetzt wurden, während die neueingerichteten Verwaltungsstationen Residenten, die ihrerseits dem Gouverneur verantwortlich waren, übertragen wurden. Das Land war anfangs in neun Provinzen eingeteilt, doch wurde später dieses System verlassen u n d insgesamt 5 Residentschaften geschaffen, die in Distrikte u n d Unterdistrikte unterteilt wurden. Die H a u p t s t a d t war zuerst K u d a t , dann wechselnd Jesselton und Sandakan. Die Verwaltungsorganisation wurde von Beginn an sehr vereinfacht, um mit einer Mindestzahl von Beamten auszukommen. Die Sorge u m die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung im Innern wurde von der Gesellschaft weitgehend den eingeborenen Fürsten übertragen, ebenso in gewissem Umfange auch die Ausübung der Gerichtsbarkeit über die Eingeborenen. Der oberste Beamte in Borneo ist der Gouverneur, der seinerseits dem Verwaltungsrat in London untersteht. I h m zur Seite steht ein gesetzgebender R a t (Legislative Council), der aus sieben Beamten und vier nichtbeamteten Personen besteht. Dieser Ausschuß h a t n u r beratende Funktion. Der Gouverneur ist Oberbefehlshaber der bewaffneten Macht Nordborneos. Die „British North Borneo Constabulary", deren Zahl zwischen 300 u n d 800 schwankt (1937: 550) u n d die unter dem Befehl von (1937: 10) europäischen Offizieren steht, ist eingeteilt in eine Militär- u n d eine Zivilpolizei. Die Polizeikräfte sind über das ganze Land' verteilt. Bemerkenswert ist, daß die leitenden Offiziere der Zivilpolizei zugleich als öffentliche Ankläger (Staatsanwälte) fungieren. Neben dem Constabulary-Department besteht am Sitze der Regierung die Justizbehörde, deren Leiter der Justiz-Kommissar ist. Dieser Beamte, der besonders ernannt wird, steht ebenso wie die anderen in Nordborneo amtierenden Richter in den Diensten der BNBC; er behandelt u n d entscheidet Kriminalangelegenheiten in der ersten Instanz u n d h a t daneben die Jurisdiction über die wichtigeren Zivilangelegenheiten. Eine Berufungsmöglichkeit gibt es an den High Court, der gebildet wird aus dem Gouverneur, dem Justiz-Kommissar u n d einem der Richter (Sessions Judge), die ebenso wie die Gerichte der Justizbehörde unterstellt sind. I n den einzelnen Ortschaften von Bedeutung bestehen Magistrats-Gerichtshöfe, in Bagatell-Sachen können auch die unteren Beamten entscheiden. Rechtsgrundlage ist im allgemeinen das in Indien geltende Straf- u n d Verfahrensrecht, ergänzt durch lokale Verordnungen, die von Zeit zu Zeit von dem Gouverneur u n d dem Legislative Council erlassen werden. Neben den von europäischen Beamten besetzten Behörden-Gerichtshöfen gibt es die Institution der Eingeborenen-Gerichtshöfe, die entsprechend der
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Charter die Angelegenheiten entscheiden, die sich auf Eingeborenenhräuche und -gewohnheiten beziehen. Schließlich gibt es ein Gericht für die Anwendung mohammedanischen Rechtes. Die Vielzahl der Gerichte erklärt sich daraus, daß neben den Eingeborenen in Nordborneo auch zahlreiche Chinesen und Inder ansässig sind. Rein verwaltungsmäßige Abteilungen innerhalb der administrativen Organisation der British North Borneo Co. sind das „Land Office", das einem Land-Kommissar untersteht und die Landverkäufe überwacht, und das „Labour-Protectorat". Fachabteilungen sind in Gestalt des Forstkulturamtes und der Ämter für das Post- und Telegraphenwesen, für öffentliche Arbeiten, Eisenbahnen, Gesundheitswesen sowie für Straßenbau und allgemeine Erschließung vorhanden. Weitere Behörden sind das Schatzamt und die Überwachungsabteilung. Die Regierung von Nordborneo besitzt schließlich eine eigene Druckerei; sie gibt seit dem Jahre 1882 unter der Bezeichnung „British North Borneo Herald" einen eigenen Regierungsanzeiger heraus. 4. Die k o l o n i a l e E n t w i c k l u n g Nordborneos. Als die BNBC ihre Tätigkeit in Nordborneo aufnahm, waren die Kenntnisse über dieses Land nur gering. Während man von der Bevölkerung Nordborneos eine annähernd richtige Vorstellung hatte, gab man sich im Hinblick auf die wirtschaftlichen Reichtümer des Gebietes übertriebenen Hoffnungen hin. Zwar boten und bieten die fruchtbaren Küstenstriche die Möglichkeit für intensive Landwirtschaft, doch hat Borneo, das im Gegensatz zu den übrigen Sunda-Inseln nicht vulkanisch ist, im allgemeinen einen nur armen Boden. Das Territorium der BNBC ist im Innern sehr gebirgig und steigt bis 4566 m an. Ein weiterer großer Teil des Hinterlandes ist unwegsame Dschungel, deren verkehrsmäßige Überwindung allein eine gewaltige Aufgabe wäre. Wirtschaftlich von Vorteil dagegen sind die ausgedehnten Wälder, die zum Teil leicht ausgebeutet werden können. Die langen Küsten des Landes sind ebenfalls als ein Vorteil für die Erschließung Nordborneos anzusehen. Bei den Einwohnern des Landes handelt es sich im allgemeinen um friedfertige, teilweise auf niedriger Kulturstufe stehende Stämme. Unter der Autorität der Sultane, die in einzelnen Gegenden allerdings höchst unsicher war, waren wenigstens die Grundlagen einer Ordnung vorhanden, ein Umstand, der der Arbeit der Gesellschaft zugute kam. Für die Besiedlung durch Weiße war das Land wegen seines Klimas dagegen nur in geringem Umfange geeignet. Die Gesellschaft begann, was Kapital und Menschen anbetrifft, ihr Werk mit kleinen Mitteln, aber mit viel Eifer und Energie. Von dem autorisierten Kapital in Höhe von 3 Mill. £ waren im Jahre 1882 nicht mehr als 383000 £ eingezahlt. Auch die Einkünfte, mit denen die BNBC rechnen konnte, waren vorerst nur gering. Infolge dieser Gegebenheiten stellte sich die Gesellschaft bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit ein P r o g r a m m , das ihren A u f g a b e n b e r e i c h f e s t l e g t e und umgrenzte. Die Leitung der Chartergesellschaft beschloß, in e r s t e r L i n i e eine V e r w a l t u n g s - Gesellschaft zu sein, d. b. 2
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sich im wesentlichen auf die Regierung des Landes zu beschränken. Der erste Gouverneur von Nordborneo, William Hood Treacher, der vorher englischer Generalkonsul in Borneo und Gouverneur von Labuan gewesen war, umschrieb das Tätigkeitsfeld der Gesellschaft in einer später von ihm herausgegebenen Schrift dahingehend, daß es die Aufgabe der Gesellschaft sei, das Werk der ersten Ansiedler zu vervollständigen und eine bessere Kenntnis von dem Lande zu erlangen. Zu gleicher Zeit sei es notwendige Einnahmequellen zu schaffen durch die Vergebung von Konzessionen zur Ausbeutung der Wälder und Bodenschätze, die Erhebung von Zöllen, die Besteuerung von Alkohol, Opium und Tabak, den Verkauf von Land usw. Die Gesellschaft sah von einer eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit ab in der Erkenntnis, daß ihre Mittel hierzu nicht ausreichten. Statt dessen sollte das Land dem privaten Unternehmungsgeist geöffnet werden und seine Erschließung durch die Heranziehung von fremden Kapitalien ermöglicht werden. Die BNBG nahm sich selbst vor, die privaten Bemühungen der Kaufleute, denen sie ihrerseits keine Konkurrenz bereitete, zu lenken und zu unterstützen. Aus der auf diese Weise, durch eine kluge Verwaltung und Wirtschaftspolitik, bewirkten Erschließung des Landes wollte die BNBC auf indirektem Wege Nutzen ziehen. Rund 40 Jahre lang hat die Gesellschaft dieses Programm getreu eingehalten. Erst dann ist sie dazu übergegangen, sich an der wirtschaftlichen Nutzbarmachung des Landes auch auf direkte Weise zu beteiligen (s. u.). a) Die verkehrsmäßige Erschließung. Neben der Erforschung des Landes, der die BNBC stets große Aufmerksamkeit gewidmet hat, nahm die Gesellschaft schon wenige Jahre nach der Aufnahme ihrer kolonisatorischen Tätigkeit die verkehrsmfißige Erschließung Nordborneos in Angriff. Günstig erwies sich von vornherein die Tatsache, daß das Land eine ausgedehnte Küstenlinie und an mehreren Stellen natürliche Häfen hatte. Auch die Flüsse dienten schon damals den Eingeborenen als Verkehrswege. Der Verkehr auf dem Lande war dagegen wegen des fast völligen Fehlens von Wegen ganz unbedeutend. I m Interesse der Verwaltung des Landes ging die Chartered Company zunächst an die Schaffung von T e l e g r a p h e n l i n i e n , die die einzelnen Stationen miteinander in-Verbindung brachten. Die wichtige, 400 km lange Linie von Jesselton nach Sandakan, die die beiden wichtigsten Orte des Gebietes miteinander verband, wurde 1896 fertiggestellt; sie erforderte einen Kostenaufwand von 10500 £. Das Telegraphennetz Nordborneos erreichte 1910 eine Länge von 1300 km. Später hat die Gesellschaft Funkstationen errichtet; es existieren heute solche in Sandakan, Jesselton, Kudat, Tawao und Lahad Dahu sowie zwei weitere. Fernerhin wurde auch das Postwesen von der Gesellschaft organisiert. Die British North Borneo Co. trat dem Weltpostverein bei. Heute bestehen in Nordborneo 8 Postanstalten. Bereits 1891 tauchte das Projekt auf, eine E i s e n b a h n zu bauen. Die Initiative hierzu ging zurück auf Cowie, der, wie ausgeführt, maßgeblich an der Gründung der Chartergesellschaft beteiligt gewesen ist und der seine
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Aktivität stets in den Dienst der Entwicklung Nordborneos gestellt hat. Er trat bald dem Verwaltungsrat bei und ist späterhin, von 1909 bis zu seinem Tode im Jahre 1911, Präsident der BNBC gewesen. Die Gowie 1891 gewährte Konzession für den Bau einer Bahn von der Westküste quer durch das Land nach Sandakan fand jedoch nicht die Unterstützung der Gesellschaftsleitung, und der großzügige Plan mußte wieder aufgegeben werden. Die Gesellschaft nahm den Eisenbahnbau dann selbst in die Hand. 1896 wurde mit dem Bau in Weston, dem Hafen für den Verkehr mit Labuan, begonnen und zwei Jahre später bis Beaufort fertiggestellt. Die Weiterführung der Strecke nach Jesselton wurde in die Hände der bekannten englischen Firma George Pauling & Co. gelegt. Der Anschluß nach Jesselton war 1902 hergestellt. Es erfolgte danach der Bau einer Anschlußstrecke von Beaufort nach Melalap. Bei der Konstruktion aller Strecken waren große Geländeschwierigkeiten zu überwinden, so daß sich im Endergebnis die Aufwendungen der BNBC für den Eisenbahnbau auf 500000 £ beliefen. Der 1907 erneut aufgerollte Plan, eine Bahnverbindung quer durch Nordborneo zu schaffen, wurde nach eingehender Prüfung wegen der hohen Kosten, die die Ausführung dieses Projektes verursachen würde, endgültig aufgegeben. Das Eisenbahnnetz der Gesellschaft, das damals eine Länge von etwa 200 km erreichte, hat bis zum heutigen Tage keine Erweiterung erfahren, doch zeigen bereits die vorhandenen Verbindungen, daß die BNBC ernsthaft bestrebt war, ihre kolonisatorische Aufgabe zu lösen. Der Betrieb der Bahn hat sich übrigens in der Anfangszeit kaum bezahlt gemacht; sie hat ihren Nutzen erst in einer späteren Zeit, als die Kautschukpflanzungen sich ausdehnten, erwiesen. Die BNBC hat seit etwa dreißig Jahren ihr Augenmerk mehr auf die Schaffung von S t r a ß e n gerichtet. Zunächst wurden in der Nähe der größeren Ortschaften geschotterte Straßen hergestellt. 1920 wurde ein größeres Straßenbauprogramm aufgestellt, das 1927 in einem von der BNBC aufgestellten Zehnjahresplan noch eine Erweiterung erfuhr. 1937 gab es in Nordborneo 236 km geschotterte Straßen und 160 km Erdstraßen, die von der Verwaltung miterhalten wurden. Es bestehen abgesehen davon in Nordborneo etwa 800 km ausgezeichneter Reitwege. Auch den Ausbau der Häfen, die Befeuerung der Küsten und die Schaffung von Schiffsverbindungen nach Hongkong und Singapore hat die BNBC zu allen Zeiten gefördert. b) Die Wirtschaftspolitik der British North Borneo Co. Die positiven Faktoren, mit denen die Leitung der BNBC bei Beginn der Erschließung des Landes rechnen konnte, waren die Kräfte des Bodens, die der Erschließung harrten: die Wälder, das für Plantagenzwecke geeignete Land und die vermuteten Mineralienvorkommen. Es fehlte dagegen an Kapital und Arbeitskräften. aa) Förderung der Einwanderung. An Menschen mangelte es insofern, als die eingeborenen Einwohner für die planmäßige Arbeit nur schwer zu erziehen waren. Um dem dadurch 2*
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bewirkten Menschenmangel abzuhelfen, hat die BNBC schon frühzeitig in Verbindung mit der Vergebung von Landkonzessionen und der Heranziehung von privaten Erwerbsgesellschaften die Zuwanderung von Arbeitern gefördert. Vor allem lag ihr an c h i n e s i s c h e n Einwanderern, die gegen die Gewährung von Darlehen und freier Passage in Nordborneo angesiedelt wurden. Bereits 1883 sah sich die Gesellschaft infolge des wider Erwarten übermäßig starken Zustroms von Chinesen genötigt, ihre bis dahin geübte Einwanderungspolitik abzubremsen. Ein großer Teil der zugewanderten Chinesen mußte sogar das Land wieder verlassen. Trotzdem sind auch späterhin ständig Chinesen nach Nordborneo eingewandert, und ebenso ließen sich auch chinesische Kapitalgesellschaften, die großen Landbesitz erwarben, im Lande nieder. Die Einwanderung aus Hongkong hörte erst im Jahre 1929 auf. Daneben hat die NordborneoGesellschaft auch die Zuwanderung von den niederländisch-indischen Inseln gefördert; speziell wurde die Einwanderung von J a v a durch eine Vereinbarung mit der Regierung von Niederländisch-Indien geregelt1). bb) Landpolitik. Die Heranziehung von Arbeitskräften und deren Ansiedlung war eines der Mittel, die die BNBC zur Förderung der Landwirtschaft in ihrem Gebiete ergriff. Ein anderes Mittel war der V e r k a u f von L a n d zu günstigen Bedingungen. Nur auf diese Weise, erkannte die Gesellschaft, war es möglich, mit den anderen, schon längst in der Entwicklung begriffenen Gebieten im malayischen Archipel in Wettbewerb zu treten und Kapital heranzuziehen. Bis 1889 war es bereits gelungen, an 78 Gesellschaften Land in einem Umfang von 700000 acres zu verkaufen, hauptsächlich für den Anbau von T a b a k . Als ein Fehler erwies es sich allerdings später, daß die Verträge über den Verkauf von Land keine Klausel enthielten, wonach die Käufer verpflichtet waren, das erworbene Land wirklich zu nutzen. Es war damals viel Land zu Spekulationszwecken übernommen worden. Die L a n d p o l i t i k der Gesellschaft wurde durch die 1894 erlassenen und 1897 modifizierten „Land regulations" auf eine neue Grundlage gestellt. Die BNBC behielt sich danach das absolute Recht vor, über das Grundeigentum in ganz Nordborneo zu verfügen. Die Eingeborenen durften nach diesen Vorschriften ihren Grundbesitz ohne Genehmigung der Gesellschaft an Fremde nicht verkaufen. Die Gewährung von Land erfolgte grundsätzlich in der Form der Pacht auf 999 Jahre. Der Mindestpreis für Land wurde festgesetzt auf 12 Dollar pro Acre bei Land, das für den Anbau von Tabak geeignet war, und für 3 Dollar je acre bei anderem Boden. Die Käufer hatten auch die Möglichkeit, die Hälfte des genannten Preises zu zahlen und statt des Differenzbetrages eine jährliche Pachtrente von 20 bzw. 10 cts je acre. Vorgesehen wurde auch der Verkauf im Wege der Versteigerung und schließlich die kostenlose Abgabe von Grund und Boden gegen die Übernahme gewisser Verpflichtungen. In allen Fällen wurden den Käufern von der Gesellschaft wesentliche Zahlungserleichterungen gewährt. !) The Colonial Problem S. 355.
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Die Landvorschriften von 1894 behielten derRegierung auch alle Minenr e c h t e vor. Die Nutzbarmachung der Bodenvorkommen war hiernach nur noch auf Grund der von der BNBC erteilten Lizenzen möglich. Weiterhin ist zu erwähnen, daß die Nordborneo-Gesellschaft sich auch die Enteignung des Landes für öffentliche Zwecke gegen angemessene Entschädigung vorbehielt. Wichtig ist, daß den Eingeborenen genügend Land reserviert blieb, und zwar im Hinblick auf den Bevölkerungszuwachs dreimal soviel Bodenfläche, als von den Einwohnern des Landes bei Erlaß dieser Bestimmungen bewirtschaftet wurde. Es zeigte sich später, daß die Landvorschriften von 1894 einseitig die Entstehung von Großgrundbesitz begünstigten. Die Gesellschaft beschloß daher 1927, in Zukunft dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Das Bodengesetz von 1927 sah die Schaffung von kleinen Bauernstellen bis zu 15 acres vor, deren Bildung zu günstigen Bedingungen ermöglicht wurde. Mit dieser Regelung hoffte die Gesellschaft, zugleich die Voraussetzungen für die befriedigende Lösung der zu allen Zeiten schwierigen Arbeiterfrage zu schaffen. cc) Landwirtschaft und landwirtschaftliche Produktion. Als die Gesellschaft ihre Arbeit begann, wurde von den Eingeborenen bereits Zucker, Reis und Sago angebaut; ferner wurden die Produkte der" Wälder ausgebeutet: Kautschuk, Guttapercha, Kampfer. Daneben spielte schließlich die Gewinnung von Guano und eßbaren Vogelnestern eine Rolle. In ihrem Bestreben, das Land in einem über diese unbedeutende landwirtschaftliche Betätigung weit hinausgehenden Umfange nutzbar zu machen, suchte die BNBC zunächst die Anlage von T a b a k p f l a n z u n g e n zu fördern. Es war für die Gesellschaft gewiß ein glücklicher Umstand, daß man in den achtziger Jahren in Nordborneo für den Tabakbau sehr geeignetes Land entdeckt zu haben glaubte. Der Nordborneo-Tabak fand eine günstige Beurteilung als Deckblatt-Tabak, und die Zahl der Tabakgesellschaften, die Pflanzungen in Nordborneo anlegten, wuchs allmählich auf 50 an. Von diesen Unternehmungen war allerdings eine Reihe unterkapitalisiert; sie verschwanden infolgedessen schon nach wenigen Jahren von der Bildfläche. Der Tabakexport stieg von 1618 Dollar im Jahre 1885 auf 1686173 Dollar in 1897. Der Tabak-Boom hielt jedoch nicht lange an. Die Konkurrenz des Sumatra-Tabakes, wo das Klima für den Anbau günstiger ist, Pflanzenkrankheiten und eine starke Fehlschätzung der Absatzmöglichkeiten waren die Ursachen dafür, daß die Tabakkultur wieder in den Hintergrund trat. Viele Gesellschaften gingen zugrunde, und im Jahre 1920 arbeiteten nur noch drei der überlebenden Firmen in Nordborneo, von denen nur zwei wirkliche Bedeutung erlangt hatten: die „New London Borneo Tabacco Company" und „New Darvel Bay Company". Während im Jahre 1913 die Tabakausfuhr noch 341000 £ erreichte (40% der Gesamtausfuhr), belief sie sich im Jahre 1920 auf nur noch 729 Tonnen im Werte von 191169 £. 1929 waren es nur noch 407 t im Werte von 96000 £. Später ging die Tabakerzeugung noch weiter zurück (Anbaufläche 1937 nur noch
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340 acres), und erst neuerdings wird Tabak wieder in erhöhtem Maße angepflanzt. Der Rückgang des Tabakanbaues wurde teilweise kompensiert durch die Aufnahme der K a u t s c h u k k u l t u r in den Jahren 1904/05, die von der BNBC durch verschiedene Maßnahmen gefördert wurde. Da infolge des Zusammenbruches vieler Tabakfirmen, die daselbst tätig gewesen waren, Nordborneo an den europäischen Börsenplätzen nicht den besten Namen hatte, wurde der Anbau von Kautschuk auf Vorschlag von Cowie durch zwei Mittel anziehender gemacht: einmal durch eine von der BNBC übernommene D i v i d e n d e n g a r a n t i e auf das eingezahlte Kapital der Gesellschaften, die in dem Gebiet der Chartered Company ihre Tätigkeit aufnahmen, und sodann durch die Zusicherung, daß auf 50 Jahre (beginnend April 1905) kein A u s f u h r z o l l auf Kautschuk erhoben werden sollte. Die garantierte Dividende sollte von der Nordborneo-Gesellschaft solange gezahlt werden, bis die Plantagen produzierten und die Kautschukgesellschaften selbst in der Lage waren, eine Dividende auszuschütten; in der Regel auf 6 Jahre. Das von der BNBC vorgeschossene Geld sollte dann in Teilzahlungen wieder zurückerstattet werden. Derartige Dividendengarantien wurden 10 Kautschuk-Unternehmungen gegeben; der Satz belief sich auf 5% und 6%. Die Politik Cowies hatte Erfolg. Ermuntert durch die günstigen Bedingungen, begannen insgesamt etwa 15 Gesellschaften ihre Tätigkeit an der Westküste Nordborneos, wo nunmehr die Eisenbahn, die durch für den Kautschukbau geeignetes Land führt, sich als sehr wertvoll erwies. Im Jahre 1909 brach geradezu ein G u m m i - B o o m aus, der sich auf die weitere Entwicklung des Landes günstig auswirkte. Die an neue Pflanzungsgesellschaften vergebenen Landkonzessionen konnten zu dem ausgezeichneten Preis von 5 £ je acre verkauft werden. 1920 arbeiteten in Nordborneo 23 Kautschukgesellschaften mit einem Kapital von 3 y 2 Mill. £, 1928 waren es 40 Unternehmungen mit 4 Mill. £, darunter auch einige mit japanischem und chinesischem Kapital. Die Kautschukkultür stellte 1913 schon 25% der G e s a m t a u s f u h r , 1925 sogar fast 70%, obwohl infolge des 1923 erfolgten Zusammenbruches der Kautschukpreise etwa 45% der Plantagen zeitweise ihren Zapf betrieb eingestellt hatten. Heute (1937) beläuft sich der Anteil von Kautschuk an der Gesamtausfuhr auf 61,5%. Die Kautschukausfuhr entwickelte sich wie folgt: Menge Menge Wert Wert in t in t in £ in £ 24 1910 34315 7381 580 115 1929 376 450 1050 274422 1930 7115 1915 1935 1920 4105 689403 441 405 8869 397562 1025 123 1925 5425 1937 13213 Nordborneo, das schon dem Stevenson-Restriktionsplan angehört hatte, trat auch dem Internationalen Kautschuk-Restriktionsabkommen vom 1. Juli 1934 bei, das nach seiner 1938 erfolgten Verlängerung noch bis 1943 in Kraft bleibt. Die Basisausfuhrquote für Nordborneo, die für 1938 auf 16500 (long)t festgesetzt war, wurde für 1939 bis 1943 auf 21000 t
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bemessen. Die bepflanzte Fläche, die sich 1920 auf 53000 acres belief, betrug von 1934—1938 126600 acres; in den kommenden J a h r e n d a r f e i n e weitere Fläche von 6 330 acres neu bepflanzt werden. Die neue Regelung wird sich f ü r Nordborneo zweifellos günstig auswirken. Bemerkenswert ist, daß infolge der Restriktion auch in Nordborneo die von Eingeborenen bewirtschaftete Kulturfläche angewachsen ist, während die Kulturen der Pflanzungsgesellschaften einen relativen Rückgang zeigen. Von der mit Kautschuk bebauten Fläche entfallen 70864 acres auf Pflanzungen von über 100 acres Größe, 55772 auf Kleinbetriebe (1938). Während die Ausfuhrproduktion während der Regierungszeit der BNBG einen starken Aufschwung erlebte, ist es bisher nicht möglich gewesen, das Land auf dem Ernährungsgebiet autark zu machen. Das wichtigste Nahrungsmittel des Landes, R e i s , m u ß zu einem großen Teil auch heute noch eingeführt werden, obwohl die Gesellschaft ständig bemüht gewesen ist, eine Ausdehnung der Reisanbauflächen herbeizuführen und höhere Erträge je Flächeneinheit zu erzielen. I m J a h r e 1935 stellte Reis mit 17000 Tonnen imWerte von 130000 £ das wichtigste Einfuhrprodukt d a r ; sein Anteil an der Gesamteinfuhr stellte sich auf 24%. Es ist als ein Fortschritt zu betrachten, daß die Reisanbaufläche in den letzten Jahren von 65500 acres auf 84000 acres (1937) angewachsen ist. Reis wird vorwiegend an der Westküste angepflanzt. Landwirtschaftliche Ausfuhrerzeugnisse sind K o p r a u n d S a g o m e h l . Die mit Kokospalmen bestandene Fläche, die, überwiegend an der Ostküste gelegen, von Eingeborenen und Chinesen kultiviert wird, belief sich in den vergangenen J a h r e n auf 52000 acres. Die K o p r a ausfuhr erhöhte sich von 6641 im Werte von 12 000 £ im J a h r e 1910 auf 10201 und 41000 £ in 1920 und auf 6 3581 u n d 91000£ im J a h r e 1929. I m J a h r e 1937 erreichte der Ausfuhrwert von Kopra bei 8789 t eine Höhe von 89000 £. S a g o p a l m e n stehen in Nordborneo auf einer Nutzfläche von 14000 acres. Die E r n t e betrug 1935 1338 t . Der Ausfuhrüberschuß wird in Form von Sagomehl exportiert, das von zwei chinesischen Fabriken a n der Westküste hergestellt wird. Unter den neuen Erwerbszweigen spielt M a n i l a - H a n f eine Rolle. Die Ausfuhr dieser früher k a u m angebauten Faserpflanze stieg von 4341 £ im J a h r e 1936 auf 119080 £ im J a h r e 1937; die Anbaufläche umf a ß t e in diesem J a h r e 4200 acres. Schließlich ist noch die Ausfuhr von getrocknetem Fisch u n d von Fischkonserven zu nennen, die ausschließlich nach China gerichtet ist. Der Ausfuhrwert belief sich im J a h r e 1913 auf 19000 £, 1929 auf 48000 £ u n d 1937 auf 51000 £. Neben die landwirtschaftlich produzierten Güter treten die Erzeugnisse der F o r s t w i r t s c h a f t . Hier steht die Gewinnung von B a u h o l z an erster Stelle. Nachdem in den ersten drei Jahrzehnten der Tätigkeit der BNBC der Mangel an Kapital u n d Transportschwierigkeiten eine Ausbeutung der Wälder weitgehend behindert hatte, n a h m die Holzwirtschaft nach der 1914 vorgenommenen Errichtung einer eigenen Forstbehörde (Department of Fdrestry) durch die Gesellschaft einen Aufschwung. Es erfolgte im J a h r e 1920 die Gründung der „British Borneo Tiniber Company", die von der Verwaltung das Monopol erhielt, Holz f ü r den Export innerhalb des
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gesamten Gebietes von Nordborneo (mit Ausnahme der Rechte und Lizenzen, die bereits bis 1. Januar 1920 vergeben waren) zu schlagen gegen die Verpflichtung, für jeden Kubikfuß ausgeführten Holzes eine Abgabe von % d an die Gesellschaft abzuführen. Die BNBC beteiligte sich selbst kapitalmäßig an dem neuen Unternehmen (s. u.). Die Holzausfuhr aus Nordborneo, die 1920 1,4 Mill. cf im Werte von 155000 £ betragen hatte, erhöhte sich, von einer systematischen Aufforstungspolitik begleitet, auf 3,5 Mill. cf im Jahre 1929, 4,86 Mill. cf und 263000 £ im Jahre 1934 und auf 6,27 Mill. cf und 332000 £ im Jahre 1937. Holz steht in der Gesamtausfuhr heute an zweiter Stelle (20% in 1937). Der Holzexport geht vorwiegend nach Japan, Hongkong und Australien. Zwei Sägewerke befinden sich in Sandakan. Die British Borneo Timber Co. besitzt ihre Konzession bis 1964, doch ist beiderseitige Kündigung schon 1945 und 1955 möglich. Andere forstwirtschaftlich gewonnene Produkte sind Catechu, ein Gerbextrakt aus der Rinde des Mangrovenbaumes, der seit 1892 von der „Bakau and Kenya Extract Company" hergestellt wird, sowie Dammarharze. Der Export von Catechu betrug 1913 1295 t, 1929 2320 t und 1937 2946 t im Werte von 37270 £, derjenige von Dammarharzen 1929 3620 t, ebensoviel im Jahre 1934 und im Jahre 1937. dd) Bodenschätze und Mineraliengewinnung. Die Hoffnungen, die von der BNBC auf das Vorhandensein von Mineralien in Nordborneo gesetzt worden sind, haben sich in nur geringem Umfange erfüllt. Die Gesellschaft rief bereits 1882 eine Abteilung für Mineralien ins Leben, die an vielen Stellen des Gebietes Schürfungen vornahm. 1887 wurden in London zwei Goldgewinnungsgesellschaften für den Abbau von Vorkommen in Nordborneo gegründet, die jedoch wegen geringer Erfolge bald wieder verschwanden. Das 1898 errichtete „British North Borneo Gold Syndicate" mußte 1904 seine Tätigkeit ebenfalls wieder einstellen. Im Jahre 1905 wurde auf Veranlassung der Chartergesellschaft die „British Borneo Exploration Company", die aus dem 1902 ins Leben gerufenen „British Borneo Syndicate" hervorging, mit einem Nominalkapital von 500 000 £ gegründet. Die BNBC übernahm 75000 Gründeraktien der Gesellschaft im Nennwert von 1 £. Das neue Unternehmen erlangte das alleinige Recht, im gesamten Gebiete des Staates nach Mineralien zu schürfen, wobei die Vereinbarung getroffen wurde, daß jährlich mindestens 8000 £ für Forschungsarbeiten aufgewendet werden sollten. Die British Borneo Exploration Co. gab in der Folgezeit an andere Unternehmungen, an denen sie sich zum Teil selbst beteiligte, Unter-Konzessionen. Die Arbeit der Gesellschaft war nicht von Erfolg gekrönt. Während die Suche nach Gold und Diamanten überhaupt enttäuschend blieb, mußten die tatsächlich vorhandenen Zinnober-, Pyrit-, Silber- und Eisenerzvorkommen wegen der gegebenen Transportschwierigkeiten als nicht abbauwürdig betrachtet werden. Lediglich Manganerze wurden in größerem Umfange einige Jahre ausgebeutet. Die British Borneo Exploration Co. sah sich im Jahre 1914 gezwungen, infolge der unbefriedigenden Resultate ihrer Tätigkeit ihre Konzessionen zurückzugeben.
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Das einzige Mineral, das einige Jahrzehnte mit Gewinn gefördert worden ist, war K o h l e . Die Steinkohlenvorkommen befinden sich in der Nähe von Cowie Harbour, wo sie seit 1901 von der „Cowie Harbour Coal Company" ausgebeutet werden, und in kleineren Mengen auch an der Westküste. Die Kohlengesellschaft hatte mit großen Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen, doch wurde sie von der Chartered Company unterstützt, die nicht wünschen konnte, daß ihr einziges Mineralien produzierendes Unternehmen aus Mangel an einigen tausend Pfund Sterling scheiterte. 1920 wurde das Kapital der „Cowie Harbour Coal Company" erhöht, wobei die BNBC selbst einen Teil des Kapitals übernahm (s. u.). Die Gesamtvorkommen an Steinkohle wurden damals auf 98 Millionen Tonnen geschätzt; die Förderung belief sich 1920 auf 65500 Tonnen. Die gewonnene Kohle' wurde in erster Linie zur Bebunkerung von Schiffen verwendet, zum Teil auch ausgeführt. Im Jahre 1931 sah sich die Gesellschaft jedoch gezwungen, die Kohlengruben wegen Unrentabilität stillzulegen. Seit einigen Jahren hat man auch auf die Ausbeutung von E r d ö l v o r k o m m e n in Nordborneo Hoffnungen gesetzt. Bereits 1910 hatte schon einmal eine Gesellschaft, das „British Borneo Petroleum Syndicate", von der „British Borneo Exploration Company" das ausschließliche Ölschürfungsrecht erhalten, ohne jedoch Erdöl in abbauwürdigen Mengen anzutreffen. Im Jahre 1934 erhielt die „Anglo-Saxon Petroleum Company", ein Unternehmen der Shellgruppe, das alleinige ölschürfungsrecht für Nordborneo; sie hat seitdem an zahlreichen Punkten des Landes die Bohrungen nach Öl in großem Umfange aufgenommen und auch ihrerseits Förderlizenzen vergeben. Bisher ist die Erdölförderung in Nordborneo allerdings noch nicht aufgenommen worden. ee) Bankpolitik und Währung. Nordborneo hat seine eigene S t a a t s b a n k und sein eigenes N o t e n u n d M ü n z g e l d . Die 1890 gegründete Bank übernahm die Abwicklung von Bankgeschäften aller Art, die Kreditgewährung zur Förderung der Landwirtschaft und zur Erschließung des Landes und vor allem auch die E m i s s i o n d e r N o t e n des Gesellschaftsgebietes. Die Leitung des Geldund Währungswesens liegt bei der Finanzabteilung (Schatzamt) am Regierungssitz der BNBC. Die Währung Britisch-Nord-Borneos wurde an die in den Straits Settlements geltende Dollarwährung angeschlossen. Statutengemäß muß ein Drittel des umlaufenden Geldes voll gedeckt sein. Die Noten der Gesellschaft lauten auf 25, 10, 5 und 1 Dollar sowie auf 50 und 25 cents. Daneben gibt es Silbergeld zu 25 cents, Nickelgeld zu 5, 2y 2 und 1 cent und Kupfermünzen zu 1 und % cent. Der Dollar basiert seit 1931 auf der Pfundwährung; 1 Dollar = 2 s 4 d. Der Notenumlauf ist ein getreues Spiegelbild der wirtschaftlichen Lage im Gebiet der Gesellschaft. Er betrug 1917 122065 £. erreichte seinen höchsten Stand mit 234996 £ im Jahre 1926, sank dann in der Krise wieder auf 114775 £ und hat sich seitdem bis Ende 1937 wieder auf 212868 £ erhöht. Bei einer Beurteilung dieser Zahlen müssen die starken Schwankungen, denen die Weltmarktpreise seit dem Weltkriege unterlagen, berücksichtigt werden. Der Index der Weltmarktpreise für Rohstoffe und
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Halbwaren war beispielsweise in der Welthandelskrise auf ein Drittel des Standes von 1925 gesunken; der für Britisch-Nordborneo besonders wichtige Kautschukpreis hat einen noch weit stärkeren Fall erfahren. 5. Außenhandel. Die Gestaltung des Außenhandels gibt für die Beurteilung des Erschließungsgrades kolonialer Gebiete wertvolle Aufschlüsse. Dies gilt auch für Nordborneo. Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über die Ein- und Ausfuhr Nordborneos seit der Aufnahme der Tätigkeit der Chartered Company (in £): Einfuhr Ausfuhr Einfuhr Ausfuhr 80422 29836 1915 522 648 1883 865 561 109402 1920 1284 438 1405 722 67 776 1885 140214 1925 336 345 854 399 2 083 800 1890 176 789 226 376 1927 1224 705 1895 1978 596 1930 841 750 1900 337 761 353453 1146 493 313 215 501013 1935 594 101 1905 951 563 1937 794 964 443 486 537 720 1667 788 1910 Wie aus der Übersicht hervorgeht, ist der Außenhandel Nordborneos bis zu den Jahren, die der Weltwirtschaftskrise vorangingen, langsam aber stetig angestiegen. Die besten Exportziffern überhaupt wurden in den Jahren 1925—1927 erreicht; die Ausfuhr betrug in diesem Zeitraum jährlich rund 2 Millionen £. Der Preiszusammenbruch am Weltmarkt hat sich stark auf die wirtschaftliche Lage des Landes ausgewirkt. Seit 1936 haben die Ausfuhrumsätze im Zusammenhang mit der Besserung der Absatzverhältnisse und dem Ansteigen der Preise wieder zugenommen. Von Nachteil für die Entwicklung des Gebietes der Chartergesellschaft ist stets dessen starke Abhängigkeit von der Erzeugung und der Ausfuhr bestimmter Produkte gewesen. Während in früheren Jahrzehnten Tabak das dominierende Exporterzeugnis war — sein Anteil an der Ausfuhr betrug 1894: 55%, 1911: 45%, 1913: 40% und 1929 : 7%, ist später Kautschuk an die Stelle von Tabak getreten. Die Kautschukausfuhr war an der Gesamtausfuhr in einzelnen Jahren: 1913:31%, 1929:45% und 1937: 61,5%. Heute hängt der wirtschaftliche und soziale Fortschritt des Landes in erster Linie vom Kautschuk ab. Die Einfuhr besteht in der Hauptsache aus Reis, Zucker und anderen Nahrungsmitteln, aus Baumwollgeweben, Eisenwaren, Maschinen und Mineralöl. Bemerkenswert ist, daß im Interesse der Eingeborenen, im besonderen der chinesischen Bevölkerung, die im britischen Kolonialreich durchgeführte Einfuhrkontingentierung für nichtbritische (insbesondere japanische) Waren in Nordborneo nicht zur Einführung gelangt ist. Britische Erzeugnisse genießen im übrigen teilweise Praeferenzzölle. Während im ersten Jahrzehnt der Erschließung Nordborneos die Einfuhr die Ausfuhr überstieg, ist seitdem eine Umkehrung eingetreten. Das starke Überwiegen der Ausfuhr über die Einfuhr ist ein typischerAusdruck
Die britischen Chartergesellschaften
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für den kapitalistisch-kolonialen Charakter der Entwicklung des Landes. Soweit erzielte Gewinne im Gebiet der Nordborpeogesellschaft selbst angelegt werden, erfolgt die Investierung weniger in Form von eingeführten Kapitalgütern als vielmehr in Gestalt einer weiteren Aufschließung des Landes durch Eingeborenenarbeit. 6. K a p i t a l b e s c h a f f u n g und F i n a n z e n . Das A k t i e n k a p i t a l der British North Borneo Co. wurde schon bei Gründung des Unternehmens auf nominell 2 Millionen £ festgesetzt; es sollte ursprünglich aus 100000 Aktien zu je 20 £ bestehen. Zunächst wurden 383000 £ eingezahlt, und zwar lediglich von den Gründern der Gesellschaft. Die erste Emission betrug 65 000, Aktien, von denen 4500 als voll eingezahlt den Gründern zugeteilt wurden, 10000 wurden zur Zeichnung des vollen Betrages aufgelegt, während auf weitere 50500 Aktien vorerst nur ein Betrag von 10 s zu leisten war. 1895 entschloß sich die Gesellschaft, den Nennwert der Aktien von 20 £ auf 1 £ herabzusetzen, um auch kleineren Kapitalbesitzern einen Anreiz zu bieten, sich das Papier der BNBC zu erwerben. Im Jahre 1905 waren 812 010 Aktien ausgegeben, von denen indes nur 353016 voll eingezahlt waren, während der Rest von 458994 Aktien zu nur 17 s je Aktie abgegeben war. Von 1909 sin — die jährlich zur Ausschüttung gelangende Dividende betrug von 1909 bis 1913 5% — wurden weitere 649259 Aktien zur Zeichnung aufgelegt, und im Jahre 1913 schließlich belief sich das ausgegebene und eingezahlte Kapital der BNBC auf 1844 385 £. Es erfuhr bis 1918 eine weitere Zunahme auf 1852385 £; auf diesem Stand ist es seither verblieben. Bei den großen Aufgaben, die sich die Gesellschaft gestellt hatte, erwies es sich schon bald als notwendig, den Kapitalmarkt auf andere Weise als durch Aktienemissionen in Anspruch zu nehmen. Im März 1901 schon wurde eine h y p o t h e k a r i s c h g e s i c h e r t e A n l e i h e in Höhe von 200000 £ aufgenommen, offenbar zur Finanzierung der Bahnbauten, und im Mai 1903 eine weitere Anleihe in derselben Höhe. Beide Anleihen waren gesichert durch die Eisenbahn, das rollende Material, die Betriebsanlagen und Telegraphenlinien sowie durch eine Belastung auf die Zahlungen aus Landverkäufen. Eine weitere Anleihe von 100000 £ — der Zinssatz betrug wie bei den anderen Emissionen 5 %—wurde im August 1907 zur Zeichnung aufgelegt. Mit Hilfe dieser Mittel ist die Erschließung des Landes weiter gefördert worden. Im Jahre 1912 beschloß die Leitung der BNBC, die bisher ausgegebenen Anleihen zurückzukaufen und sich gleichzeitig neue Mittel zu beschaffen. Es wurde eine 4%%ige hypothekarisch gesicherte Anleihe in Höhe von 1 Million £ zur Zeichnung aufgelegt, von der 500000 £ im Juli 1912 zu einem Kurse von 95% und weitere 500000 £ zu 88% i m Februar 1914 auf den Markt gebracht wurden. Im Jahre 1924 schließlich erhöhte die Gesellschaft den Nominalbetrag der von ihr ausgegebenen Obligationen auf 2 Mill. £ bzw. den Betrag, der dem gezeichneten Kapital entspricht (statutengemäß dürfen die Anleiheschulden der Gesellschaft: das Aktienkapital nicht übersteigen). Während die erste Million, die 1912 und 1914 zur Aus-
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Entwicklung und Tätigkeit der neuen Chartered Companies
gäbe gelangte, bis 1. Januar 1943 rückzahlbar blieb, brauchen die 1924 in einem Gesamtbetrag von 650000 £ ausgegebenen Obligationen erst bis 1974 getilgt zu werden. Seit 1928 wird der erste Betrag planmäßig zurückgezahlt, so daß sich die noch ausstehende Obligationen-Schuld der BNBC Ende 1937 auf nur noch 980000 £ belief. Diese Anleihe ist gesichert durch eine Sonderbelastung auf die Eisenbahn, die Telegraphenlinien und andere Aktiva sowie durch eine an erster Stelle stehende schwebende Belastung auf das verbleibende Eigentum. Eine weitere Anleihe von 300000 £ in Gestalt von Dreijahres-Schuldscheinen hatte die BNBC im Februar 1922 zu einem Kurse von 9 5 % % ausgegeben. Diese Schuld wurde 1925 zu pari zurückgezahlt. Finanzen. Die von der BNBC in ihrer Eigenschaft als Aktiengesellschaft in die Erschließung Nordborneos gesteckten Kapitalien hatten vornehmlich den Zweck, das Land auf eine höhere Entwicklungsstufe zu bringen und damit die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Tätigkeit überhaupt zu schaffen. Die Leitung der Gesellschaft hoffte, daß nach einer gewissen Anlaufszeit die für die Verwaltung und weitere Öffnung Nordborneos notwendigen Mittel aus dem Lande selbst aufgebracht werden könnten und daß darüber hinaus eine angemessene Verzinsung der investierten Gelder erzielt werden könnte. Die Chartergesellschaft hat sich daher von vornherein um die Erschließung geeigneter E i n n a h m e q u e l l e n bemüht. In Frage kamen hierfür in erster Linie Zölle und andere steuerähnliche Abgaben, und demgemäß führte die Gesellschaft sowohl Einfuhr- als auch Ausfuhrzölle ein. Mit wenigen Ausnahmen (wie Arzneien, Bücher) unterliegt jeder Artikel, der nach Nordborneo eingeführt wird, einem Wertzoll von 5—30%. Eine wichtige Rolle spielen auch die Ausfuhrzölle, und zwar beträgt der Zollsatz hier y