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German Pages 56 [88] Year 1929
Beiträge zur Natur- und Kulturgeschichte Lithauens und angrenzender Gebiete. Herausgegeben von Prof. Dr.
E. Stechow.
Biologische und morphologische Notizen über den Kaukasuswisent. Von E. W. Pfizenmayer, Mit 3 Tafeln.
Über die einstige Hege des Wisent im Urwalde von Bialowies. Von Prof. Dr. E. Stechow. Mit 1 Tafel.
Über einige Muriden aus Lithauen. Von Prof. Dr. E. Stechow.
Archäologische Untersuchungen im Urwalde von Bialowies. Von Prof. Dr. A. Götze. Mit 10 Tafeln und 1 Karte.
Abhandlungen der math.-naturw. Abteilung der Bayer. Akademie der Wissenschaften. Suppl.-Band. 11.—14. Abhandlung.
München 1929. V e r l a g der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Kommission des Verlags R. Oldenbourg München.
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Biologische und morphologische Notizen über den Kaukasuswisent von E. W . Pfizenmayer, Kustos a. D. des Kaukasischen Museums in Tiflis. Mit Taf. 1—3.
Das Schicksal des Wisents hat schon während des Weltkriegs und mehr noch nach dessen Ende das Interesse und die Sorge aller Naturfreunde und vor allem der Vertreter der Wissenschaft wachgerufen. Alle waren einig in dem Bestreben, den Untergang des Wisent zu verhindern; doch es scheint, daß alle Mühe vergeblich ist. Im Urwaldgebiet von Bialowies ist der Wisent vollkommen ausgerottet. Die überlebenden Reste lithauischer Wisente, kaum etwas über 60 Stück, befinden sich jetzt in zoologischen Gärten und in Wildgattern einiger Großgrundbesitzer. Im Nordwestkaukasus, in den Bergwäldern des Kubangebiets, hatten sich die Reste des dortigen früheren Wisentbestandes vor der ihnen von Seiten ihres gefährlichsten Widersachers, des Menschen, gleichfalls drohenden Vernichtung in die unzugänglichste Mittel- und Hochgebirgswildnis zu retten vermocht, als schon im Jahre 1917 im KubanSchutzgebiet in verheerender Weise von ganzen Wildschützenbanden unter ihnen gehaust wurde. W a s heute noch von diesen versprengten Resten am Leben ist, wissen wir nicht. Vor Kriegsausbruch haben sich in dem 477 000 Desjatinen ( = 524700 ha) großen staatlichen Schutzgebiet noch rund 600 Wisente befunden 1 ). Großfürst S e r g i u s M i c h a i l o w i t s c h , der das ausschließliche Jagdrecht im Schutzgebiet hatte, erlegte dort nur selten einen Wisent und ließ auch nur einige wenige Stiere und Kühe abschießen, die er als Geschenk an russische und ausländische Museen gab. Der im Jahre 1910 verstorbene Jagdverwalter des Großfürsten, J ü t h n e r , ein österreichischer Forstmann, teilte mir interessante Beobachtungen über die Lebensgewohnheiten des kaukasischen Wisents mit, die er während seiner mehr als 20 jährigen Dienstzeit gesammelt hatte. Als ich J ü t h n e r im Jahre 1909 kennen lernte, gab er mir an Hand der von ihm geführten Listen über die Zunahme der Wisente an, daß sich die Zahl derselben seit seinem Dienstantritt um über 200 Stück vermehrt habe, ein Ergebnis, auf das er mit *) D. P. F i l a t o w , Fahrten in den Kreis ßatalpaschinsk im Jahre 1909 zum Studium des kaukasischen Wisents. (Jahreshefte des Zoolog. Museums d. Akad. d. Wissensch., Band XV, 1910) russ. Abh. d. math.-naturw. Abt., Suppl.-Bd. 11. Abh. 63
498 Recht stolz war und das um so bemerkenswerter ist, als der Wisentbestand in Bialowies ständig zurückging. J ü t h n e r war überzeugt, daß ein Aussterben des Wisents im Kaukasus, im Gegensatz zum Bialowies -Wisent, durch Inzucht und Degeneration kaum zu befürchten sei; denn nach seinen Beobachtungen war die Zahl der Kälber immer entsprechend der der Kühe, mithin der Zuwachs ein normaler. Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Eroberung des Kaukasus durch die Russen begann, muß das Verbreitungsgebiet des Wisents ein weit ausgedehnteres gewesen sein. Er kam damals nicht nur an den beiden großen Zuflüssen des Kuban, Selentschuk und Teberda, vor, sondern sein Verbreitungsgebiet erstreckte sich noch weiter nach Südosten bis zum Elbrusmassiv. Auch in Abchasien kam er einst vor, und R a d d e , der verdienstvolle Erforscher der Tierwelt des Kaukasus, berichtet, daß er dort an den dem alten Jagdgott der Abchasen geweihten Opferstätten, außer zahlreichen an denselben aufgehäuften Hirschgeweihen und Steinbockgehörnen, auch Wisentschädel gesehen habe. Auf einer Karte R a d des über das Vorkommen des Wisents die aus dem Jahre 1898 stammt, sind als Punkte vereinzelten Vorkommens angegeben: am weitesten östlich die alpinen Wiesen am rechten Ufer der oberen Großen Laba, dann zwei Punkte im Quellgebiet des Flusses Bsyb, der südöstlich vom Bergmassiv des Psysch in Abchasien entspringt1). Auch an zwei Bergbächen, die zwischen Sotschi und Adler ins Schwarze Meer münden, sind auf genannter Karte Vorkommen des Wisents aus älterer Zeit verzeichnet. Diese beiden letzteren Punkte sind auf den Alphängen des Hauptgebirgszuges gegen die Schwarzmeerküste hin gelegen, befinden sich also weitab von den gewöhnlichen Standorten der Wisente, wie sie auf Raddes Karte vermerkt sind und wie sie auch bei Beginn des Weltkriegs im großen und ganzen noch dieselben waren. Die Hauptstandorte waren am Oberlauf der Flüsse Uruschten, Kischa, Abago, Maltschepa und Bjelaja, samt ihren rechts- und linksseitigen kleinen Zuflüssen. Wie mir J ü t h n e r mitteilte, kamen zu Beginn seiner Dienstzeit, also Ende der 80 er Jahre, Wisente am Oberlauf der Bjelaja und ihren westlichen Zuflüssen nur noch als Wechselwild vor und standen während des Frühjahrs nur so lange dort auf den alpinen Wiesen, als sie nicht von den aus den Niederungen heraufziehenden Herden und Menschen beunruhigt wurden. Nach J ü t h n e r s Beobachtungen, die ich bei meinem zweimaligen Besuch des Schutzgebietes in den Jahren 1912 und 1913 durch die Mitteilungen von Jägern und Wildhütern bestätigt fand, fällt die Brunft des Wisents in die zweite Hälfte des August. Starke Bullen haben dann bis zu 6 Kühe bei sich und vertreiben schwächere Nebenbuhler, die sich dem Rudel nähern. Die Tragzeit der Kuh dauert 9 Monate und sie setzt vom dritten, meist aber erst vom vierten Jahr ab 1, selten 2 Kälber. Die trächtigen Kühe kalben (meist Ende April) fern vom Rudel an einsamen Stellen ihres subalpinen Wohngebiets, wo sie sich während dieser Zeit in Dickichten verborgen halten. Nach 6 bis 7 Tagen ist das Junge bereits kräftig genug, um der Mutter folgen zu können. Stößt die ein Kalb führende Kuh auf Menschen, so soll sie ihr Junges nicht verteidigen, sondern, wie sie das auch sonst immer tut, sofort flüchten und das Kalb lieber seinem Schicksal überlassen, als daß sie in der Nähe der ihr verhaßten Menschen bliebe. Nach J ü t h n e r hat das Wisentkalb auch Raubtiere verschiedener Art sehr zu fürchten, *) R a d d e , Museum CaucasicumI: Die Standorte des Wisent im Quellgebiet des Kuban.
499 an denen die Wälder des Kubangebiets reich sind und gegen die Stier und Kuh häufig das Junge nicht zu schützen vermögen, so den Leoparden, der übrigens heutzutage im Nordkaukasus sehr selten geworden ist, dann den Luchs und Wolf und vor allem den sehr häufigen Bären; letzterer greift mit Vorliebe junge Kälber an, deren Reste in seinem Magen gefunden wurden. Der vorzüglich eingerichtete Wildschutz der großfürstlichen Jagdhüter zur Zeit J ü t h n e r s hielt zwar das Raubwild in Schach, doch hat dieses nach dem Weltkrieg auch im Nordkaukasus sehr überhandgenommen, vor allem die Wölfe, und sicher nicht wenig zur Verminderung des Wisentbestandes, besonders der jungen Tiere, beigetragen. Der kaukasische Wisent ist ebenso wie der lithauische, im Gegensatz zu seinem amerikanischen Verwandten, der Steppenbewohner war, ein reines Waldtier, und zwar ist der Kau. kasuswisent, trotz seiner scheinbaren Schwerfälligkeit, ein gewandter Kletterer und auch in unwegsamer Bergwelt heimisch. Mit erstaunlicher Sicherheit soll sich das schwere Wild, nach übereinstimmendem Urteil von Jägern und naturwissenschaftlich gebildeten Beobachtern, auf schmälsten Hochgebirgspfaden bewegen und auf seinen oft weitausgedehnten Wanderungen, die meist ins Frühjahr fallen, selbst Pässe von über 3000 Meter Höhe übersteigen. Im Walde verraten die Wisente ihre Standorte, wie ich mehrfach selbst feststellte, außer durch die Fährten, durch das weithin sichtbare Schälen der Rinde an den Stämmen der Vogelbeere, Ulme und der Wildobstbäume, deren Rinde sie allen andern Waldbäumen vorziehen. Das Schälen der Rinde findet, wie mir die Wildhüter sagten, das ganze Jahr über statt, besonders aber im Frühjahr, wenn der Saft in die Bäume steigt. Die Rinde wird von starken Bullen oft bis in Mannshöhe abgeschält. Eine besondere Vorliebe scheinen die Wisente für Farrenkraut zu haben, denn überall, wo sie ihre Standorte hatten, fanden wir dasselbe verbissen; es war die in den Bergwäldern des Nordkaukasus zu besonders kräftigen und schönen Pflanzen heranwachsende Onoclea struthiopieris L. Nächst dem Farrenkraut bildet die Eberesche (.Sorbus aucuparia L.) offenbar die Lieblingsäsung der Wisente. Wir fanden die Stämme dieses Baumes, der in zwerghafter Strauchform bis an die Waldgrenze im Hochgebirge emporsteigt, überall von den Wisenten geschält und auch die frischen grünen Triebe waren verbissen. Auch die Rinde der Feldrüster (Ulmus campestris) scheint Lieblingsäsung unseres Wildes zu sein, denn wir fanden auch diese Bäume bis in Reichweite hinauf von den Wisenten geschält. Ihre Hauptnahrung während der ganzen warmen Jahreszeit bilden im übrigen die üppigen und saftigen Gräser der Hochmatten, die sie des Abends und in der Morgenfrühe abweiden und auf die sie, nach Schilderung der mich begleitenden Jagdhüter, oft in ganzen Rudeln zu den angegebenen Tageszeiten aus dem schützenden Urwalddickicht austreten. Die salzhaltigen Mineralquellen, die auch im Wisentschutzgebiet, wie auch sonst im Kaukasus, nicht selten sind, werden häufig von Wisenten aufgesucht. Sie lecken die salzigen Rückstände von den vom Wasser benetzten Steinen. An solchen Quellen fanden wir oft Wisentfährten und Losung. Eine Eigentümlichkeit des kaukasischen Wisents sind, wie schon erwähnt, seine meist ins Frühjahr fallenden oft weiten Wanderungen, die ganze Trupps oder auch nur einzelne Tiere, im letzteren Fall meist ältere Bullen, nicht selten unternehmen. Von solchen Wanderungen der Wisente berichten sowohl Naturwissenschaftler als Jäger und Forstbeamte aus älterer und neuerer Zeit. Auch R a d d e s obenerwähnte Angaben über Wisente, die an weit vom Schutzgebiet entfernten Punkten auf ihnen zusagenden Weideplätzen beobachtet wurden, dürften auf den diesem Wildrind innewohnenden Wandertrieb zurückzuführen sein. 63*
500 Bs scheint, daß die Wisente an derartigen neuen Standorten sich dann so lange halten, als sie nicht beunruhigt oder verdrängt werden, was naturgemäß in großen staatlichen Waldgebieten, wohin die Herden der kaukasischen Eingeborenen nicht kommen, noch am ehesten der Fall ist. So meldete der Bezirksforstbeamte von Warane (Kreis Sotschi des Schwarzmeer-Gouvernements) 1910 dem Tifliser Museum, daß in seinem Forstbezirk, und zwar in den Wäldern am rechten Ufer des Flusses Schache, sich seit einiger Zeit Wisente aufhielten und daß er seinem Personal strengste Weisungen zur Hegung und Bewachung derselben erteilt habe. Da schon R a d d e am Mittellauf des Schacheflusses, an dessen rechtem Ufer, einen Punkt gelegentlichen Vorkommens des Wisents auf seiner Karte vermerkt hat, so dürfte es sich in diesem Fall um einen von altersher bevorzugten Standort handeln, den die wandernden Herden immer von neuem aufsuchen und an dem sie dann leicht wieder heimisch werden. Noch im ersten Jahre nach Kriegsausbruch, im Mai 1915, meldete der Kreispolizeichef von Suchum (Schwarzmeer-Gouvernement) nach Tiflis, daß etwa 15 km oberhalb dieser Stadt in der subalpinen Waldregion am Gumistaflüßchen von einheimischen Jägern ein starker Wisentbulle erlegt worden sei. Auf Anforderung der Museumsverwaltung wurde die inzwischen schon verdorbene Decke dieses mächtigen Wisentstiers vom Kreischef nach Tiflis gesandt, dagegen war der Schädel nicht mehr aufzutreiben. Es ist dies der vom Schutzgebiet am weitesten entfernte Punkt, den ein Kubanwisent auf frühjahrlicher Wanderung in neuerer Zeit nach einwandfreier Feststellung erreicht hat. Der Kaukasuswisent unterscheidet sich durch Verschiedenheiten im Schädelbau und in der Hornform vom lithauischen, ist leichter gebaut als letzterer und dadurch zum Aufenthalt im unwegsamsten Hochgebirge sehr wohl befähigt. Die hohen, schmaleren und im Vergleich mit denen des Lithauers kleineren Hufe des Kaukasiers sind ebenfalls als Anpassung ans Gebirgsleben anzusehen. Die Hörner des Wisents sind verhältnismäßig klein, drehrund und halbkreisförmig nach oben gegen die Mittellinie gebogen. Das Körpergewicht eines Kaukasus-Wisentbullen überschreitet nach J ü t h n e r s , des langjährigen großfürstlichen Jagdverwalters, Angaben 800 kg als Höchstgewicht wohl nur selten und unwesentlich. Die mir ebenfalls von J ü t h n e r angegebenen Körpermaße eines starken Wisentbullen vom Kuban mit 1,60 m Widerristhöhe und 3,50 m Gesamtlänge halte ich für zutreffend. Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal des Kaukasuswisents vom lithauischen ist seine Behaarung. Dies charakteristische Unterscheidungsmerkmal hat in erster Linie schon vor längerer Zeit russische Systematiker veranlaßt, den Kubanwisent als besondere Unterart unter der Bezeichnung Bison bonasus caucasicus Greve von seinem lithauischen Artgenossen abzutrennen. Die aufgezählten besonderen Merkmale im Äussern und Unterschiede im Körperbau bedingen aber eine völlige Trennung des Kaukasiers vom Lithauer. Bestimmend hierfür sind auch die weit voneinander entfernten Verbreitungsgebiete beider Arten. Alles zusammen ergibt so wesentliche systematische Trennungspunkte beider Wisentformen, daß mir der Vorschlag Z u k o w s k y s , den schon 1909 von H i l z h e i m e r gegebenen Namen Bison caucasicus im Werte einer selbständigen Art einzuführen, zweckmäßig zu sein scheint1)Die Decke des Kaukasuswisents weist eine eigenartig gekräuselte, hellbraune Behaarung auf, die der des Astrachanlammfells ähnelt. Auch die Extremitäten, bis herab auf die Hufe, *) L. Z u k o w s k y , Ein Wort über die Notwendigkeit der systematischen Bearbeitung der Wisentreste, in: „Pallasia", Zeitschrift für Wirbeltierkunde II, 1 (1.4.1924).
501 zeigen diese Kräuselung der Behaarung, während im Gegensatz hierzu die Extremitäten des Bialowies-Wisents ganz glatthaarig sind. Keine Decke eines lithauischen Wisents, die mir zu Gesicht kam, zeigte eine solche Behaarung, wie sie für den Kaukasier typisch ist. Das braune, im Sommer hellere Haar ist beim Kaukasus-Stier an Hals, Brust und Widerrist etwa 15 cm lang, meist mehr oder weniger verfilzt. Bei der Kuh zeigt die Behaarung, wenn auch in geringerem Maße, die gleichen eben angegebenen Merkmale. Die Photographie zweier Wisentstiere, eines Bialowies-Wisents, der 1905 von K a i s e r N i k o l a u s II. erlegt wurde (Taf. 1, Abb. 2), und eines Kaukasuswisents, der im Herbst 1906 von Großfürst S e r g i u s M i c h a i l o w i t s c h im Kubanschutzgebiet geschossen wurde (Taf. 2, Abb. 3), zeigen in augenfälliger Weise diese Behaarungsunterschiede. Beide Bullen wurden im Auftrag ihrer Erleger im Petersburger Zoologischen Museum von Oberpräparator S. K. P r i c h o d k o montiert. Auch die Decke eines jüngeren Bullen, der auf Weisung des Großfürsten im Kubanschutzgebiet im Herbst 1911 erlegt und dem Kaukasischen Museum überwiesen worden war, zeigte, wenn auch in weniger ausgesprochenem Maße, die vorerwähnte dem Kaukasier eigentümliche Behaarung. Hier möge noch eine Momentaufnahme eines alten Wisentbullen in freier Wildbahn Platz finden, die mir Jagdverwalter J ü t h n e r überließ (Taf. 3). Heute, wo auch der Kaukasuswisent wohl unrettbar der Vernichtung verfallen ist, dürfte dieser Aufnahme J ü t h n e r s als seltener Natururkunde ein besonderer wissenschaftlicher Wert zukommen. Sehr bedauerlich ist, daß der einzige in Tiergärten gehaltene Kaukasuswisent, den die Firmä K a r l H a g e n b e c k 1907 als zwei Monate altes Bullkalb aus dem Kubangebiet einführte, unlängst im Zoologischen Garten in Hamburg eingegangen ist. Mit Genehmigung der Firma H a g e n b e c k veröffentliche ich hier auch von diesem Kaukasusbullen eine Aufnahme, die mir freundlicher Weise von Herrn L u d w i g Z u k o w s k y , zoologischem Assistenten in Hagenbecks Tierpark, zur Verfügung gestellt wurde (Taf. 2, Abb. 4). Der Ausbruch des Weltkriegs war die Schicksalsstunde sowohl für den lithauischen wie für den Kubanwisent. Waren für den Bialowies-Wisent die bis ins Waldgebiet sich erstreckenden Kriegshandlungen und mehr noch der schließliche Ubergang dieses Schutzgebietes in polnische Hände verderblich und führten zum endgültigen Untergang des Wisents in Lithauen, so hatte der für Rußland unglückliche Ausgang des Krieges für den kaukasischen Wisentbestand eine nicht minder verheerende Wirkung. Nach Ausbruch der russischen Revolution hörte bald jede Hege der Wisente im Schutzgebiet auf und die Wisente wurden in kurzer Zeit von Scharen von Wildschützen dezimiert, nachdem schon 1917 jede staatliche Gewalt im Nordkaukasus geschwunden und derselbe zum Schauplatz wildester Parteikämpfe geworden war. Jahrelang waren keinerlei zuverlässige Nachrichten aus dem Kaukasus zu erlangen, was vom Wisentbestand des einstigen großfürstlichen Jagdschutzgebietes noch am Leben sei und ob dort überhaupt noch an Maßnahmen zur Rettung etwa noch vorhandener Wisentreste gedacht werde. Allerdings konnte man ab und zu in der Tagespresse angeblich aus Rußland stammende Nachrichten lesen, die Sowjetregierung beabsichtige, um die völlige Vernichtung des Wisents im Kaukasus zu verhindern, das Schutzgebiet im Nordkaukasus wiederherzustellen, und habe strenge Verordnungen zur Erhaltung der noch vorhandenen Wisentreste erlassen. Die Quellen derartiger Nachrichten waren jedoch nie angegeben und konnten darum nicht als zuverlässig betrachtet werden. Wurden diese Meldungen nachgeprüft, so ergab es sich, daß Schutzmaßnahmen für die Wisente zwar geplant, aber noch nicht zur Ausführung
502 gekommen waren, und über das Wichtigste, über das Schicksal der Wisente selbst, war nichts zu erfahren. Auch die durch eine deutsche Konsulatsbehörde übermittelte Meldung aus dem Kaukasus, im Frühjahr 1925 sei eine 18 Köpfe starke Wisentherde im SakataliBezirk, an der Grenze von Georgien, erschienen und die dortigen Behörden hätten Maßnahmen zu ihrem Schutze getroffen, schien mir trotz der zuverlässigen Quelle von geringer Glaubwürdigkeit. Diese Wisente sollten „im Laufe des vorhergehenden Sommers" (aus ihrem Heimatgebiet im Nordwestkaukasus) „über einen Paß herübergewechselt" sein. R a d d e berichtet zwar vom Vorkommen des Wisents in Abchasien auf Wanderungen; wie ich angab, wurde 1915 ein alter Einzelgängerbulle noch weiter südlich von den nordwestkaukasischen heimatlichen Standorten erlegt, nämlich am Gumistaflüfichen im Kreise Suchum; Meldungen vom Vorkommen, beziehungsweise vom Zuwandern von Wisenten an Punkte, die vom Schutzgebiet im Nordwestkaukasus Hunderte von Kilometern entfernt sind, haben sich aber stets als falsch erwiesen. Ich erinnere an die vor einigen Jahren vielerörterten Meldungen über ein Wisentvorkommen in den Urwäldern von Masanderan und Gilan in Nordpersien, die sogar bei einzelnen Naturwissenschaftlern Glauben fanden, sich aber schließlich als zweifelloser Irrtum erwiesen. Wie nicht anders zu erwarten war, erhielt ich auch über das angebliche Einwandern der Wisente in den transkaukasischen Sakatalibezirk aus Tiflis die Mitteilung, daß diese Nachricht sich bei der Nachprüfung als falsch erwiesen habe und daß die georgische wie die deutsche Behörde Opfer einer „Tatarenmeldung" geworden seien. — Kurz vor Abschluß dieser Arbeit gingen mir nun aus Tiflis neue, leider recht unerfreuliche Nachrichten über den Kaukasus-Wisent zu, die Anspruch auf Glaubwürdigkeit haben. Sie sind enthalten in einer „Der kaukasische Wisent" betitelten Abhandlung von J. T s c h c h i k w i s c h w i l i in Nr. 2 der Tifliser Jagdzeitschrift „Nadiroba" vom Februar 1926. Ich gebe aus dieser russischen Abhandlung folgendes Wesentliche wieder: „Bis vor kurzem hatten die um das Geschick des Wisents in Tiflis besorgten Persönlichkeiten über ihn sehr widersprechende Nachrichten. Mehrmals hatte das Georgische Museum sogar aus Deutschland Zuschriften erhalten mit der Bitte um Nachrichten über das Schicksal des kaukasischen Wisents, doch konnte das Museum mangels zuverlässiger Nachrichten leider diesen Bitten nicht entsprechen. „Jetzt sind wir im Besitze von Nachrichten, die wir vom Verwalter des Kuban-SchwarzmeerBanngebiets Ch. G. S c h a p o s h n i k o w erhalten haben, und teilen diese unsern Lesern mit. „Nach den Mitteilungen S c h a p o s h n i k o w s waren die Jahre 1917 und 1918 für die Wisente die allerschwersten, denn es waren nach diesem Zeitpunkt von 500 Köpfen nur noch etwa 100 am Leben. Nicht weniger verderblich für die Wisente erwies sich auch das Jahr 1919, denn dieses überlebten nur noch 50 Stück. Begonnen hatte die Vernichtung der Wisente schon 1917, als das Jägerpersonal des damaligen Kubanjagdgebietes, welches sie bewacht hatte, niedergeschossen und vertrieben wurde. „Im Jahre 1918 pachtete Ch. G. S c h a p o s h n i k o w , getrieben von dem Wunsch, die Wisente vor völliger Vernichtung zu retten, das Wisentrevier von der örtlichen Sowjetbehörde, nachdem er unter Gleichgesinnten die nötigen Mittel zusammengebracht hatte. „Anfangs 1920 wurde nach dringender Befürwortung durch den Revolutionsrat der 9. Armee und nach Zustimmung der nordkaukasischen Sowjetregierung von der Zentralregierung die Genehmigung erteilt, das Wisentrevier zum Banngebiet zu erklären, und S c h a p o s h n i k o w wurde zum Verwalter desselben ernannt.
503 „Tatsächlich gelang es aber erst wesentlich später, den Banngebietsgedanken zu verwirklichen. Bis zum Jahre 1924 wurden staatliche Mittel für das Banngebiet überhaupt nicht bewilligt. Die Forstbehörden unterstützten den Wisentschutz nicht nur in keiner Weise, sondern sündigten selbst in vielen Fällen gegen ihn. Die Jagdvereine der an der Grenze des Banngebiets gelegenen Orte Maikop und Psebai veranstalteten, trotz der Hegebestimmungen der Sowjetbehörde für die Wisente, auf dieselben sogar Treibjagden und nicht wenig Wisente fielen ihren Kugeln zum Opfer, weshalb denn auch S c h a p o s h n i k o w mit diesen Wilddieben ständig zu kämpfen hatte. „Im Dezember 1923 erließ das Kuban-Schwarzmeer-Vollzugskomitee ein von der Zentralregierung bestätigtes Dekret, demzufolge eine Erweiterung der Grenzen des Banngebiets nach einem von der Akademie der Wissenschaften ausgearbeiteten Plan verfügt wurde. Dadurch wurde jedoch die tatsächliche Lage des Banngebiets in keiner Weise verbessert und S c h a p o s h n i k o w sah sich gezwungen, selbst nach Moskau zu fahren, um eine endgültige Lösung der Banngebietsfrage herbeizuführen, sich dort vor allem um Bewilligung von Geldmitteln für das Banngebiet zu bemühen und einen diesbezüglichen Kostenvoranschlag vorzulegen, den er ausgearbeitet hatte. „Sein Entwurf wurde vom Rat der Volkskommissare der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjet-Republiken bestätigt und für das Kuban-Schwarzmeerbanngebiet durch Erlaß vom 12. März 1924 eine 17 Köpfe starke Wachmannschaft bewilligt. Im Jahre 1925 wurde diese Bewachungstruppe auf 56 Mann erhöht und für sie 70000 Rubel als Unterhalt bewilligt. „Die Zählung, die jetzt vorgenommen wurde, ergab insgesamt 10 Wisente. Es ist sehr wahrscheinlich, daß noch eine gewisse Anzahl von Wisenten an Stellen des Banngebiets sich versteckt hält, die abzusuchen zur Zeit nicht möglich ist, da sich dort Räuberbanden aufhalten. „Wie sich aus den uns übermittelten Nachrichten ergibt", schließt T s c h c h i k w i s c h w i l i seine Mitteilungen, „ist die Frage der Erhaltung des kaukasischen Wisents in ein höchst bedenkliches Stadium getreten". — Derselben Ansicht bin auch ich und fürchte, daß es für den Kaukasuswisent keine Rettung mehr gibt, daß auch sein Untergang, den schon R a d d e vor 30 Jahren als unabwendbar voraussagte, nicht mehr aufzuhalten ist. Höchster Anerkennung wert sind die opferreichen, jahrelangen, unter zahllosen Schwierigkeiten mit bewundernswerter Tatkraft fortgesetzten Bemühungen des in Maikop im Nordkaukasus ansässigen Naturwissenschaftlers (Entomologen) Ch. G. S c h a p o s h n i k o w um die Rettung der im früheren großfürstlichen Jagdschutzgebiet noch vorhandenen Reste des kaukasischen Wisents. Ihm ist es zu danken, daß nicht schon in den schlimmsten Nachkriegsjahren von 1917 bis 1921, wo im Kubangebiet überall das Faustrecht herrschte, die vielverfolgten Reste des edlen Wildrindes völlig ausgerottet wurden. Er war es auch, der in Moskau bei der Zentralregierung Interesse für dies seltenste Säugetier der russischen Fauna wachzurufen verstand und dessen Schutz endlich zu erreichen vermochte. Wird dieser Mann trotz all seiner Opfer und Mühen den Untergang des Kaukasuswisents mitansehen müssen ? — Kurz vor Drucklegung meiner vorstehenden Arbeit ging mir aus Moskau die periodische Zeitschrift „Ochrana Prirodji" (Naturschutz) zu. Hier in Nr. 3, Mai—Juni 1928, berichtet M. P. R o s a n o w , Mitglied der Expedition des Professors F i l a t o w , welchem von der Russischen Akademie der Wissenschaften in Leningrad die Aufgabe übertragen worden war zu untersuchen, ob im Gebiet des Naturschutzparks im Nordkaukasus noch Spuren von Wisenten aufzufinden seien, über die Ergebnisse dieser Nachforschungen.
504 Das tief bedauerliche Ergebnis des genauen, abschnittweisen, 45 Tage lang fortgesetzten Absuchens aller früheren Standorte der Wisente unter Führung erfahrener und ortskundiger früherer Heger war, daß k e i n e r l e i Spuren von W i s e n t e n mehr entdeckt werden konnten. R o s a n o w schreibt, das Suchen habe nur zwei alte von Bären benagte Wisentschädel ergeben, an deren einem noch eine Schußverletzung, herrührend von einer Militärgewehrkugel, sichtbar gewesen sei. Irgendwelche Anzeichen vom Vorhandensein von Wisenten, wie z. B. Fährten oder Schälstellen an Bäumen, seien nirgends im Schutzgebiet gefunden worden, sodaß die Expedition in den ersten Tagen des Oktober 1927 aus dem Nordkaukasus mit der Überzeugung zurückkehrte, die aufgefundenen Schädel hätten den letzten kaukasischen Wisenten angehört, die im Naturschutzgebiet gelebt haben. R o s a n o w berichtet weiter, er habe, nach Beendigung der Expedition, von Oktober bis Dezember 1927, allein nochmals den nach den Südabhängen des kaukasischen Hauptgebirges von Babuk-Aul bis Krasnaja-Poljana sich hinziehenden Teil des Naturschutzgebietes abgesucht, habe aber auch hier keinerlei Spuren von Wisenten entdeckt, und auch die dortigen örtlichen Jäger hätten ihm von denselben nichts sagen können. Wie Rosanow mitteilt, habe vor dem Eintreffen der Expedition des Professors F i l a t o w der Gehilfe des Direktors des Banngebiets im Nordkaukasus A. P. Gunali im Frühjahr 1927 mit einer Anzahl von Leuten der Schutzwache, durchweg erfahrenen früheren großfürstlichen Jägern, von denen jeder seinen Bezirk genau kannte, ebenfalls eine Streife zur Auffindung der Wisente machen lassen. Er habe zu dem Zweck das ganze Naturschutzgebiet in 8 Abschnitte eingeteilt, von denen jeder Teil von 3—4 Leuten abgesucht wurde. Trotz aller Bemühungen hätten aber schon damals — also im Frühjahr 1927 — Gunali und die Wächter keinerlei Anzeichen vom Vorhandensein von Wisenten in irgend einem Teil des Banngebiets mehr entdecken können, während noch in den Jahren 1924 und 1925 derselbe Gunali mit einer geringeren Anzahl von Leuten in verschiedenen Teilen des Banngebiets frische Spuren der Wisente gefunden habe. Am Schlüsse seines Berichtes spricht Rosanow die Hoffnung aus, „es könnte irgendwo in tiefster, unzugänglichster Wildnis im Banngebiet sich das eine oder andere Exemplar dieser Wildart noch versteckt halten", und erklärt es für unbedingt notwendig, daß auch alle dem Naturschutzgebiet benachbarten, für den Aufenthalt von Wisenten geeigneten Wälder im Bereich der Zuflüsse der Großen Laba, der Flußläufe Uruschten, Kischa und Beresowa während der nächsten Jahre immer wieder auf das Vorhandensein von Wisenten hin durchforscht würden. Desgleichen empfiehlt Rosanow für das Auffinden und den Nachweis eines Wisents die Aussetzung einer Geldbelohnung. Dieser Vorschlag ist sehr zu empfehlen und sollte möglichst rasch verwirklicht werden. Die ausgelobte Geldbelohnung müßte durch alle örtlichen Verwaltungsbehörden und Zeitungen bekannt gegeben werden. Es wäre dringend zu wünschen, daß die Sowjetregierung und die interessierten und verantwortlichen wissenschaftlichen Kreise Rußlands jede nur irgendwie zweckdienliche Maßnahme ergriffen, um im Kubangebiet etwa noch vorhandene vereinzelte Wisente in zwölfter Stunde vor der Vernichtung zu retten. Die „ I n t e r n a t i o n a l e G e s e l l s c h a f t zur E r h a l t u n g des W i s e n t s " wäre, wie mir vor kurzem ihr Präsident, Dr. K. P r i e m e l in Frankfurt a. Main, versicherte, auf Einladung von russischer Seite sofort bereit, jede zur Erhaltung des Kaukasuswisents dienliche Maßnahme zu unterstützen, um zu verhindern, daß nicht schon ein Jahrzehnt nach Ausrottung des Wisents in Lithauen seinen Artgenossen im Kaukasus das gleiche Schicksal treffe.
Tafel 1 E. Stechow, N a t u r g e s c h i c h t e Lithauens, 11. A b h .
E. W . Pfizenmayer, Kaukasus-Wisent
Abb. 1. Gebirgslandschaft im nordkaukasischen Wisent-Schutzgebiet
Phot. E . W . P f l z e n m a u e r
Abb. 2. Wisent aus Bialowies, erlegt 1905 von Zar Nikolaus II.
Abh. d. m a t h . - n a t y r w . Abt. d. Bau. AKad. d. Wlss., S u p p l . - B d . , 11. A b h .
Lichtdruck J. B. Obernatter, München
Tafel 2 E. Stechow, Naturgeschichte Lithauens, 11. Abh.
E. W. Pfizenmayer, Kaukasus-Wisent
Abb. 3. Kaukasus-Wisentstier, erlegt von Großfürst Sergius Michailowitsch im Herbst 1906
Abb. 4. Kaukasus-Wisent in Hagenbecks Tierpark in Stellingen, 1925 im Zoolog. Garten Hamburg eingegangen (mit Genehmigung der Firma Carl Hagenbeck in Stellingen bei Hamburg)
A b h . d. m a t h . - n a t u r w . A b t . d. B a g . A k a d . d. W l s s , S u p p l . - B d . , 11. A b h .
Lichtdruck J. 9. ObernBÜer, München
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Über die einstige Hege des Wisent im Urwalde von Bialowies von Prof. Dr. E. Stechow. Mit Taf. 4. Es dürfte heute, wo der Wisent in Bialowies völlig ausgerottet ist, nicht ohne Interesse sein, das, was über die Art seiner dortigen Hege in Erfahrung zu bringen war, hier zusammenzustellen. Auf Grund mannigfacher Umfragen, die ich im Winter 1915/16 in Bialowies selbst gemacht habe, insbesondere nach einer mehrstündigen Unterredung mit einem der ehemaligen dortigen Wisentheger am 5. Dezember 1915, konnten darüber nachstehende Einzelheiten in Erfahrung gebracht werden. Die Hauptaufgabe dieser Wisentheger zur russischen Zeit war, die Bestände zu beobachten und besonders ihre Winterfütterung zu besorgen. Durch andauernde Hege und durch Züchtung in einem besonderen Zuchtgarten wurde der Wisentbestand allmählich, im Laufe vieler Jahre, stark in die Höhe gebracht und zwar kurz vor dem Kriege bis auf über 700 Stück einschließlich der Kälber. Die Zählungen wurden auf das Genaueste gemacht; sie fanden bei Schnee an den Futterstellen statt, im ganzen Walde an demselben Tage. Jeder der 14 Wisentheger kannte die Stücke seines Reviers so genau, daß er es sofort merkte, wenn einmal einer aus einem anderen Waldteil an die Futterstellen kam. Der Bestand in den einzelnen Revieren schwankte nach den Jahreszeiten und hing von der jeweilig vorhandenen Nahrungsmenge ab. Im Revier des befragten Hegers, etwa 60 Quadratwerst groß, standen z. B. im Winter etwa 60, im Sommer dagegen etwa 200 Stück. Bei den Kühen in voller Freiheit, die noch nicht halbzahm waren, ging das Kalb etwa 3 Jahre mit der Mutter und die Kuh ließ während dieser Zeit keinen Stier zu. Die Fortpflanzung war also eine äußerst langsame. Es wurde daher der oben genannte Zuchtgarten angelegt. Derselbe lag unmittelbar nördlich an der einzigen den Urwald durchquerenden Straße von Gajnowka nach Bialowies, etwa in der Mitte zwischen beiden Orten, in der Nähe eines größeren Forsthauses. Darin wurden 30—40 Stück gehalten und mit Heu und Hafergarben reichlich gefüttert. Die halbzahmen, in dem Zuchtgarten befindlichen Stücke, die hier Hafer bekamen, behielten das Kalb viel kürzer bei sich und setzten fast jedes Jahr. Die Kälber wurden dann freigelassen und auf diese Weise, mit Hilfe des Zuchtgartens, der Gesamtbestand in den letzten Jahrzehnten so stark in die Höhe gebracht. Abh. d. math.-naturw. Abt., Suppl.-Bd., 12. Abh.
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506 Einige wenige wurden alljährlich geschossen, jedoch nur die Einzelgänger, die ältesten Stiere also, niemals Stücke aus den Herden. Auch gefangen wurden gelegentlich welche, zuletzt 1914 vier Kälber, die nach Amerika gingen. Der Wisent ist in seiner Lebensweise vorzugsweise ein Nachttier. Die Herden bestehen aus Kühen, Kälbern und den jungen bis zu 10jährigen Stieren. Die alten Stiere sind meist Einzelgänger. Bis zum Alter von 8—10 Jahren bleibt der Stier gewöhnlich bei der Herde. Es gibt aber auch einzelne ganz alte, die die Herde dauernd nicht verlassen. Das Verhältnis der Geschlechter ist 1 Stier auf etwa 3 Kühe. Eine Herde zählt bis zu 50 Stück. Im Winter ist sie noch stärker, ebenso im Hochsommer, wo sie sich wegen der zahlreichen Fliegen und Bremsen zu größeren Herden zusammenscharen. Nur die Einzelgänger konnten gelegentlich gefährlich werden. Angriffe auf Menschen sind nicht vorgekommen (beim Nahen eines Menschen brummt der Stier nur und schüttelt den Kopf), dagegen wiederholt Angriffe auf Pferde, die ein Stier völlig über den Haufen gerannt, gelegentlich sogar getötet hat. Es ist vorgekommen, daß ein Einzelgänger die große Straße von Gajnowka nach Bialowies geradezu absperrte. Es mußte dann nach Petersburg telegraphiert und die Erlaubnis zum Abschuß erbeten werden. Diese Angriffe hingen übrigens mit der Brunft n i c h t zusammen. Besonders im Winter kam es vor, daß Einzelgänger, niemals aber ganze Herden, auf Nahrungssuche sehr weit streiften, wohl 30—40 Kilometer, sogar aus dem ganzen Bialowieser Walde heraus, der ja n i c h t eingegattert ist, bis auf die umliegenden Felder; doch kamen sie immer wieder in ihren Heimatwaldteil zurück, denn der Wisent sucht immer den Schatten und den Wald auf. Die umwohnenden Bauern waren verpflichtet sie zurückzutreiben, wenn einmal welche so weit herumstreiften; niemals durften sie sie töten. Die Brunftzeit war im A u g u s t . Die Kühe haben zwar den Stier auch später zugelassen. Besonders unbefruchtet gebliebene Kühe hatten dann im November eine Art von Nachbrunft und nur so sind die gelegentlichen Beobachtungen einer scheinbaren NovemberBrunft anzusehen. Auch im Jahre 1915 war die eigentliche Brunft trotz der Kriegsereignisse im August und September; eine Verschiebung der Brunft hat auch die Beunruhigung des Waldgebiets durch die Kämpfe nicht zur Folge gehabt. Nach 9 Monaten, Ende Mai bis Anfang Juni, wurden die Kälber gesetzt. K r e u z u n g e n mit dem Hausrind sind in Bialowies nie von selber zustande gekommen. Eine solche Kreuzung ist schon deshalb ganz ausgeschlossen, weil in Bialowies keine Kuh an einen Ort hingeht, wo ein Wisent war oder ist. Zwischen beiden Rinderarten wurde stets eine starke Abneigung beobachtet. Der Gewährsmann hat selbst tief im Walde gelebt, dort Kühe gehalten und dabei immer diese Beobachtung gemacht. Auch den alten Jägern ist von Kreuzungen mit dem Hausrind, die im Walde von selber zustande gekommen wären, nichts bekannt gewesen. 1915 und auch schon 1911 herrschte unter sämtlichem Bialowieser Wild (Wisenten, Hirschen, Wildschweinen) eine schwere epidemische Seuche, „Sibirische Jasuba" genannt, die auch Pferde, Rinder und Hausschweine befiel und meist tötlich verlief. Das befallene Wild, das morgens noch gesund schien, war am Abend bereits tot. Es entstanden unblutige, nicht eiternde Beulen oder Schwellungen unter der Haut, besonders an den Schenkeln und Hüften. Im Jahre 1915 gingen daran etwa 60 Wisente zu Grunde, 1911 sogar 72 Wisente und etwa 200 Hirsche. Wegen des ansteckenden Charakters der Krankheit wurden auf
Tafel 4 E. Stechow, Naturgeschichte Lithauens, 12. Abh
E. Stechow, Über einstige Hege des Wisent
Nachdruck in Jeder Form v e r b o t e n 1929
L i c h t d r u c k von ü. B. Obernetter, M ü n c h e n
Wisente aus der Zucht von Herrn von Beyme auf Scharbow bei Hagenow Aufnahmen von Prof. Dr. E. Stechow
Abh. d. math.-naturw. Abt, d. Baü. Akad. d. Wiss., Suppl.-Bd., 12. Abh.
507 Anordnung der Ärzte alle hieran verstorbenen Tiere verbrannt. Auch die Maul- und Klauenseuche soll gelegentlich die Wisente befallen haben. Früher ist sehr viel weniger Rotwild im Bialowieser Walde gewesen. Durch die starke Übersetzung gerade mit Rotwild wurde das dem Wisent ehemals als Hauptnahrung dienende , W i s e n t g r a s e b e n s o wie ein früher sehr häufiger Strauch mit schwarzen Beeren nahezu vernichtet. Für die Wisente war die Folge, daß eine sehr starke Winterfütterung einsetzen mußte, aus der sich als weitere Folge schließlich die gegenwärtige halbe Domestikation ergab. Die Winterfütterung betrug auf den Tag und auf den Kopf: 10—14 russ. Pfund = 4—6 Kilo Kleeheu und Grasheu und 6 russ. Pfund = 2 l /a Kilo Kartoffeln und Rüben; dazu in geringer Menge Hafergarben. Nur das beste Heu wurde verfüttert. Auch wurde Heu in großer Menge von auswärts mit der Bahn bezogen. Außerdem wurden der Rinde wegen überall Aspen geiällt. Die Winterfütterung begann am 1. November und dauerte bis Ende März. Im Zuchtgarten wurde dasselbe gegeben, nur statt der Hafergarben Haferkörner. — Soweit unser Gewährsmann. — Diese Angaben zeigen so recht den verweichlichten, halb domestizierten Zustand, in den der Wisent geraten war und der mit eine Hauptursache seines Unterganges geworden ist. Die Tiere waren bereits derartig an Winterfütterung gewöhnt, daß sie im Winter 1915/16, wo diese Fütterung, wenigstens in der bisherigen Reichlichkeit, ausblieb, um Heu bis in die Dörfer des Urwaldes kamen.
Einige Bilder des Wisentstiers aus der ehemaligen Zucht des Herrn Rittergutsbesitzers von B e y m e auf Scharbow bei Hagenow (Mecklenburg-Schwerin) sind hier auf Taf. 4 zur Darstellung gebracht. Durch das liebenswürdige Entgegenkommen des Besitzers konnte sie Schreiber dieser Zeilen am 19. August 1925 an Ort und Stelle photographisch aufnehmen. Dieser Stier ist am 6. Mai 1921 in Berlin geboren, hier also 4 Jahre und 3 Monate alt, und ist von reinem Bialowieser Blut.
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Uber einige Muriden aus Lithauen von Prof. Dr. E. Stechow. Eine kleine Sammlung von Mäusen, die ich in Zubrovo gesammelt hatte, ist leider bei der Rückreise im November 1918 verlorengegangen, war aber vorher genau vermessen und untersucht worden. Diese Notizen sind erhalten geblieben. Im Folgenden gebe ich die Kennzeichen und Maaße, insbesondere die der sogenannten „Winton's-Maus", nach den Aufzeichnungen meines Tagebuches.
Apodemus
ßavicollis
flavicollis
(Mich. 1834).
F u n d o r t . Zubrovo, 55 Kilometer nordöstlich von Grodno. — Ende Oktober 1918 in einer Reihe von Exemplaren in dem Gebäude der damaligen Deutschen Militär-Forstinspektion, einem einfachen Holzhäuschen, der einstigen russischen Försterei, in Fallen gefangen. — Auch in Bialowies und Quosnia gefunden (s. Gr. R ö r i g , in: Bialowies in Deutscher Verwaltung, Heft 3, S. 170, 1918, unter „Mus sylvaticus"). K e n n z e i c h e n der E x e m p l a r e . Typische Schnauzenform der Murinae. Ohr reicht angedrückt bis zu dem großen schwarzen Auge. Länge des Körpers mit Kopf 116 mm; Länge des Schwanzes 120 mm. 160 Schwanzringel. Ganze Oberseite hell-rotbraun so wie bei Mus sylvaticus princeps Barrett-Hamilton (nicht holzbraun wie bei Apodemus sylvaücus sylvaticus). Ganze Unterseite rein weiß, ohne j e d e S p u r eines F l e c k e s oder Bandes auf der B r u s t . U n t e r s c h e i d e n d e M e r k m a l e . Diese Maus gehört in die Verwandtschaft der großen Waldmäuse, die am besten unter dem Namen Apodemus flavicollis als b e s o n d e r e Species zusammengefaßt werden. Es sind dies: Mus flavicollis Mich. 1884 von Dänemark, Mus cellarius v. Fischer 1866 von St. Petersburg, Mus sylvaticus princeps Barrett-Hamilton 1900 von Rumänien, Mus sylvaticus wintoni Barr.-Ham. 1900 von England, Mus sylvaticus major Radde 1862 von der Krim, dem Kaukasus, ferner aus dem Bureja-Gebirge, dem Irkut-Tale, dem mittleren Amurgebiet und von Ajan, sämtlich in Ost-Sibirien. Von deutschen Fundorten gibt G e r r i t S. Miller (Catalogue of the Mammals of Western Europe, S. 830, 1912) an: Braunschweig, Harz, Magdeburg, Tharandt (Sachsen), Straß bei Burgheim in Bayern, Niesky (Schlesien), Königsberg. Mus sylvaticus wintoni ist in neuerer Zeit von Th. Noack auch bei Eberswalde gefunden worden (Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, Bd. 50, S. 308, 1918) und wird von T r o u e s s a r t für Sachsen, Böhmen und Schlesien angegeben (ebenda S. 319). Unter allen vorher genannten scheint die vorliegende Form aus Zubrovo nach
509 der genauen Maaßtabelle, die B a r r e t t - H a m i l t o n (Proceedings Zool. Society London, 1900, S. 423—428) und Miller (1912, 1. c., S. 829 ff.) angeben, eine der größten zu sein. Am nächsten kommt ihr die rumänische Mus sylvaticus princeps Barrett-Ham.. — Miller (1912, 1. c.) stellt übrigens alle diese Formen (mit Ausnahme der englischen Mus sylvaticus wintoni) als Synonyma sogar zu derselben Subspecies Apodemus flavicollis flavicollis. Unsere Exemplare, bei denen Körper und Schwanz fast g l e i c h l a n g sind unterscheiden sich dadurch sowohl von Mus sylvaticus major als auch von Mus cellarius, deren Schwanz kürzer ist als der Körper (s. B a r r e t t - H a m i l t o n , 1. c., 1900, S. 427; bezw. J . v. F i s c h e r , Zoolog. Garten, Bd. 7, S. 153, 1866; sowie ebenda Bd. 13, S. 223—224, 1872). — Von Mus sylvaticus wintoni, Mus cellarius und Mus sylvaticus princeps dagegen unterscheiden sie sich durch den gänzlichen Mangel eines braunen F l e c k e s oder Bandes auf der B r u s t . Kehle, B r u s t und Bauch sind vielmehr bei unseren s ä m t l i c h e n E x e m p l a r e n rein weiß. Wie weit das Fehlen oder Vorhandensein dieses Kehlfleckes als systematisches Unterscheidungsmerkmal von Subspecies brauchbar ist, wage ich nicht zu entscheiden; meiner Ansicht nach ist dem wohl kaum eine große Bedeutung beizumessen. Bei Zubrovo kam diese Maus immer paarweise, wenn auch in dem gleichen Gebäude zusammen mit großen Mengen der gewöhnlichen Waldmaus Apodemus sylvaticus, vor. Doch war Apodemus flavicollis stets viel weniger häufig, ohne aber deswegen gerade selten zu sein. Auf etwa 30 Paare von Apodemus sylvaticus mag 1 Paar von Apodemus flavicollis gekommen sein: indessen gelang es, von letzterer eine Reihe von Exemplaren zu erbeuten. Die einzelnen Paare von Apodemus flavicollis hielten offenkundig stets untereinander streng zusammen, wie man wochenlang täglich gut beobachten konnte. Nicht ein einziges Mal sah man ein Exemplar von Apodemus flavicollis mit einem von Apodemus sylvaticus paarweise zusammen einherlaufen. Ubergangsformen zwischen beiden Species sind überhaupt noch nie beobachtet worden. In den Gebäuden erschienen beide Maus-Arten erst zu Beginn des Winters, im Oktober, häufiger. Der Unterschied zwischen Apodemus sylvaticus und Apodemus flavicollis in Größe und F ä r b u n g ist ein derartiger, daß es unmöglich erscheint, die große Form nur als Varietät der kleinen aufzufassen, wie es noch B a r r e t t - H a m i l t o n (1900) und, ihm folgend, L . H e c k (in Brehm's Tierleben, Säugetiere Bd. 2, S. 369, 1914) taten. Die große Form, Apodemus flavicollis, hatte bei allen Exemplaren* von Zubrovo eine Gesamtlänge von Körper und Schwanz von zusammen 24 cm; bei der typischen Mus sylvaticus wurde am gleichen Fundort dagegen nur eine Gesamtlänge von 15—16,5 cm gemessen. Wenn man wie ich beide Species längere Zeit hindurch im Leben genau hat beobachten können, wozu bisher wohl nur wenige neuere Autoren Gelegenheit gehabt haben, erscheint es bei derartigen Verschiedenheiten in Größe und Färbung u n m ö g l i c h , diese beiden an demselben Fundort vorkommenden, aber sich s t e t s streng g e t r e n n t haltenden Formen nur als Subspecies einer einzigen Art aufzufassen, umsomehr als alle Ubergänge zwischen beiden fehlen. Ich muß daher der M i l l e r ' s c h e n Auffassung (1912, 1. c.) durchaus b e i t r e t e n und h a l t e Apodemus flavicollis e b e n f a l l s für eine besondere, von Apodemus sylvaticus völlig zu trennende gute Species. Wir müssen es daher als eine wissenschaftliche Tatsache hinnehmen, daß Deutschland von mehr als nur den altbekannten 4 Arten echter Mäuse (Mus Musculus, Apodemus sylvaticus,
510 Apodemus agrarius, Micromys minutus) bewohnt wird. Zu meiner Genugtuung hält auch F e r d i n a n d P a x in seinem neuesten Werke (Wirbeltierfauna von Schlesien, S. 131 und 132, Verlag Gebr. Bornträger, Berlin 1925) die beiden Formen specifisch vollkommen getrennt. Von diesen beiden Waldmaus-Arten stellt die größere Apodemus flavicollis möglicherweise die nach der Eiszeit von Osten her eingewanderte kontinentale S t e p p e n f o r m , die kleinere Apodemus sylvaticus dagegen die ozeanische westliche W a l d f o r m dar. Apodemus
sylvaticus
(Linné 1758).
F u n d o r t . Zubrovo, 55 Kilometer nordöstlich von Grodno. Oktober 1918. Körperlänge 80—90 mm; Schwanzlänge 70—75 mm. 160 Schwanzringel. Typische Exemplare dieser Species, die sich in nichts, weder in der Färbung, noch in der Größe des Ohres usw., von mitteleuropäischen Exemplaren unterschieden. Mus
musculus
Linné 1758.
F u n d o r t . Zubrovo, 55 Kilometer nordöstlich von Grodno. Oktober 1918. Typische Exemplare dieser Species, die von mitteleuropäischen nicht zu unterscheiden waren. Arvicola Fundort.
terrestris
(Linné 1758).
Zubrovo, 55 Kilometer nordöstlich von Grodno.
17. Oktober 1918.
Literatu rverzeichnis. B a r r e t t - H a m i l t o n , G. E. H., 1900, On geographical and individual variation in Mus sylvaticus and its allies, in : Proceedings Zool. Society London, 1900, S. 387—428. F i s c h e r , J. von, 1866, in: Zoolog. Garten, Bd. 7, S. 152—153, Frankfurt a. Main. 1872, ebenda, Bd. 13, S. 223-224. H e c k , L., 1914, Nagetiere, in: Brehm's Tierleben, Säugetiere Bd. 2, S. 369 ff. K r a u f i e , A„ 1918, Über die Eberswalder Mäuse aus dem Subgenus Mus, in: Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, Bd. 50, S. 317—324, Berlin. M i l l e r , Gerrit S., 1912, Catalogue of the Mammals of Western Europe, S. 828 ff., London. N o a c k , Th., 1918, Über einige in und bei Eberswalde gefundene Muriden, in: Zeitschrift für Forst-und Jagdwesen, Bd. 50, S. 307—310, Berlin. — — 1918, Eine neue Form von Mus sylvaticus aus Eberswalde, ebenda, Bd. 50, S. 466—468. P a x , Ferd., 1925. Wirbeltierfauna von Schlesien, S. 131 und 132, Verlag Gebr. Bornträger, Berlin 1925. R a d d e , G., 1862, Reisen im Süden von Ost-Sibirien, Bd. 1 Säugetierfauna, S. 180—182, St. Petersburg. R ö r i g , G., 1918, Die Säugetiere, i a : B i a l o w i e s i n D e u t s c h e r V e r w a l t u n g , Heft 3, S. 141—171, (Nagetiere S. 170), Verlag Paul Parey, Berlin. T r o u e s s a r t , E. L., 1910, Faune des Mammifères d'Europe, S. 149 und 153, Berlin.
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Archäologische Untersuchungen im Urwalde von Bialowies von Prof. Dr. A. Götze, Berlin. Mit 47 Textabbildungen, mit Taf. 5—14 und 1 Karte. Im Sommer 1915 besetzten die deutschen Truppen den mitten im ehemaligen russischen Gouvernement Grodno östlich von Bialystok gelegenen Urwald von Bialowies. Um das 160000 ha große Waldgebiet für den Heeresbedarf nutzbar zu machen, wurde die Militärforstverwaltung Bialowies eingerichtet und dem Major und bayerischen Forstrat Dr. E s c h e r i c h unterstellt. E s c h e r i c h beschränkte sich nicht auf diese nächstliegende und allerdings dringlichste Aufgabe, sondern richtete in der Erkenntnis, daß hier eine einzigartige Gelegenheit für naturkundliche Untersuchungen gegeben war, sein Augenmerk auf die wissenschaftliche Erforschung des Urwaldes, wobei in erster Linie die Pflanzenwelt, die Tierwelt, namentlich auch die Forstschädlinge, die Geologie u. a., kurzum die Fächer berücksichtigt wurden, die auch dem praktischen Zweck zugute kamen. Es wurden anerkannte Spezialisten zugezogen und in Bialowies ein Museum mit Präparatorium, Laboratorium und Arbeitsgelegenheiten für feldgraue und zivile Wissenschaftler, mit einem Wort ein richtiges wissenschaftliches Institut eingerichtet. Im Sommer 1917 entdeckte Hauptmann P a r s t (Forstinspektion Mala Xarewka), der sich schon in seiner schwäbischen Heimat mit Vorgeschichte beschäftigt hatte, in Abteilung 123 kleine Hügel, die er als vorgeschichtliche Grabhügel ansprach und durch eine Probegrabung (Hügel 13 und 19) als solche bestätigte. Daraufhin wurde auch die Erforschung der vorgeschichtlichen Besiedlung des Urwaldes in den wissenschaftlichen Arbeitsplan eingestellt und der Verfasser mit der Ausführung beauftragt. Um Weihnachten 1917 (16.—27. Dezember) fand eine Vorbesichtigung verbunden mit einigen Probegrabungen statt, auch wurde bei den verschiedenen Forstinspektionen ein Nachrichtendienst zur Meldung von Hügelgräbern eingerichtet, der so gut arbeitete, daß ich eine Menge Material vorfand, als ich am 7. Mai 1918 nach Bialowies zurückkehrte, um die Hauptarbeit vorzunehmen, die bis zum 26. Juni währte. Als Standquartiere dienten hierbei das Jagdschloß Bialowies, das Forsthaus Nowi Most, Mala Narewka, Cichowola und Gainowka. Man ersieht hieraus, daß sich meine Tätigkeit in der Hauptsache auf den nordwestlichen Sektor des Urwaldes und vom Nordosten nur auf die Gegend um Cichowola erstreckte. Insgesamt wurden 328 Grabhügel gezählt, wovon 35 ausgegraben wurden.
512 Dazu waren aus drei Abteilungen „viele" Hügel ohne nähere Angaben gemeldet worden. So erstaunlich die Menge dieser Zeugen früherer Besiedlung des „Urwaldes" auch ist: es kann nur ein Teil bisher erfaßt worden sein. Daß aus dem nordöstlichen Zipfel und der ganzen Südhälfte des Urwaldes nichts bekannt geworden ist, mag daran liegen, daß diese Teile erst in geringem Maße von der Forstwirtschaft aufgeschlossen waren. Durch die Ausgrabungen in den verschiedenen Bezirken, die Besichtigungs- und Ermittlungsfahrten, durch die persönliche Fühlungnahme mit den Offizieren und Forstbeamten namentlich in den Außenbezirken, auch durch einen stark besuchten Vortrag, den ich im Bialowieser Schloß hielt, war das Interesse für diese sonst so abgelegenen und unbekannten Dinge so gestiegen, daß eine geplante erneute Rundfrage die Liste der Hügelgräber gewiß erheblich vergrößert hätte. Die Fortsetzung der ergebnisreichen Arbeiten war mit dem Chef der Militärforstverwaltung für das nächste Jahr schon verabredet worden — aber das Schicksal wollte es anders.
Der Denkmälerbestand. Als Gegenstand der Untersuchungen kamen nur äußerlich sichtbare Denkmäler in Frage, also Grabhügel, denn von Burgwällen kam trotz eifriger Ausschau und Nachfrage nicht ein einziger zum Vorschein- Nach offenen Siedlungen im unverritzten Wald- und Wiesengelände zu suchen war von vorn herein aussichtslos, und systematische Nachforschungen durch Suchgräben hätten Zeit und Arbeitskräfte beansprucht, die man lieber für ergebnisreiche Arbeiten als für solche wenig oder keinen Erfolg versprechende Unternehmungen einsetzte. Außerdem wurden noch einige eigentümliche Anlagen verzeichnet, die ich kurz „Mardellen" genannt habe, ohne damit über ihr Wesen etwas aussagen zu wollen. Vgl. den kurzen Abschnitt gegen Ende der Arbeit. Die Vermessung der Friedhöfe und kleineren Hügelgruppen ist in der Regel mit Winkelprisma und Bandmaß erfolgt; nur wo Eile geboten war oder Uber größere Entfernungen wurde mit dem Böschungsmesser abgegriffen oder abgeschritten und in Meter umgerechnet, ein Verfahren, das bei einiger Übung genügende Ergebnisse erzielt. Die Entfernung der Hügel voneinander versteht sich von Mitte zu Mitte. Nivellements und Hügelprofile sind mit dem von mir konstruierten „Böschungsmesser" (beschrieben Zeitschrift für Ethnologie 1904, S. 115), der die geringsten Niveauunterschiede automatisch anzeigt, ausgeführt. Die Photographien sind vom Verfasser aufgenommen und in Bialowies von Herrn Z i m m e r m a n n entwickelt worden. An Kartenmaterial standen russische Karten 1 : 25000 und später auch die deutsche Generalstabskarte 1 : 100000 zur Verfügung. Der „Urwald" ist von den Russen durch Schneisen in nicht immer regelmäßige Gestelle von 2 Werst ( = 2130 m) nordsüdlicher Länge und 1 Werst ( = 1065 m) ostwestlicher Breite aufgeteilt worden. Die Deutsche Militärforstverwaltung hat die russischen Gestelle halbiert und so quadratische „Abteilungen" von 1065 m Seitenlänge eingeführt, die, im Nordwesten beginnend, fortlaufend nummeriert sind. Der nachstehenden Aufzählung der Denkmäler liegen die deutschen Abteilungen zugrunde, innerhalb jeder Abteilung sind die Grabhügel laufend durchnummeriert.
513 Abteilung 28. Eine große „Mardelle" wurde auf einer Wagenfahrt südlich des Weges von Mala Narewka nach Worony Bor auf der Höhe eines Sandrückens (Höhe 165) gesichtet. Abt. 38. Yier große flache Hügel ohne seitliche Gruben, Durchmesser 10—14 m, an der Gabelung des Weges von Olchowka nach Masiewo und Worony Bor, am südlichen Rande eines Sumpfes. Abt. 45. Am Nordrande des Urwaldes liegen südlich von Bernadski Most zwischen der Eisenbahn und dem von Gnilec kommenden Weg 19 Hügel in mehreren lockeren
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Abb. 1.
Plan der Grabhügel in Abt. 45.
zieht sich in einer schmalen etwa 300 m langen Zone von WSW nach ONO. Es sind Hügel von verschiedener Form und Größe, ein großer Langhügel (Hügel 5) und ein rechteckiger (Hügel 15), sonst runde, z.T. mit je zwei seitlichen Gruben (Hügel 1, 6,9). Untersucht wurden Hügel 5, 7 und 9 (vgl. unten die Ausgrabungsberichte). Die zweite Gruppe besteht aus zwei flachen Hügeln (Hügel 12, 13) am Waldrande. Die dritte Gruppe von vier Hügeln (Hügel 16—19) zieht sich in nordsüdlicher Richtung am Wege von Bernadski Most nach Skupowo entlang. Hügel 16, mit zwei Gruben an der Südund Westseite, wurde ausgegraben (vgl. Ausgrabungsberichte). Abt. 46. Am Fahrwege von Bernadski Most nach Mala Narewka entlang zieht sich eine Reihe von Hügeln und zwar zwei (Hügel 1, 5) südlich, drei (2—4) nördlich vom Weg. Es sind meist flache Hügel von etwa 10 m Durchmesser, nur Hügel 2, der ausgegraben wurde (vgl. Ausgrabungsberichte) ist ein kleiner Hügel mit je einer Grube an der Südund Westseite. Abseits, am Westrande der Abteilung, ein sechster Hügel. Abt. 47. Auf einer Fahrt von Bernadski Most nach Mala Narewka wurden nördlich neben dem Weg im Abstände von ungefähr 500 m voneinander zwei Hügel gesichtet. Abh. d. math.-naturw. Abt. Suppl.-Bd.
14 Abh.
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514 Abt. 48. In der Südostecke der Abteilung an der Fahrstraße von Mala Narewka nach Masiewo zwei Hügel, die zu einer Gruppe in Abteilung 63 gehören (s. dort). Abt. 49. Am Wege, der von der Fahrstraße Mala Narewka—Masiewo nach Worony Bor abzweigt, liegen 10 Hügel (Textabb. 2), drei in der Nähe der Fahrstraße, die übrigen
130 m nach Osten in weitläufiger Gruppierung. Hügel 1 und 2 sind kleine Hügel von 8 m Durchmesser mit Gruben an der Ost- und Westseite; Hügel 3—9 große spitze Hügel ohne Gruben (Durchmesser 12—14 m, Höhe 1—1,50 m); Hügel 10 ein ovaler Langhügel von 25 m Länge. Abt. 62. Am Nordrande der Narewka-Niederung zwei Hügel im Abstände von 25 m voneinander. 10 m Durchmesser, 1,25 m Höhe, keine Gruben. Abt. 68. Südlich der Fahrstraße von Mala Narewka nach Masiewo 6 Hügel in der Richtung von SW nach NO angeordnet; die Gruppe setzt sich jenseits des Gestells in Abt. 48 mit 2 Hügeln fort (Textabb. 3). Es sind ziemlich spitze Hügel von etwa 10 m Durch-
515 messer mit seitlichen Gruben. Hügel 2—6 liegen in Abständen von 10—15 m in einer ziemlich geraden Reihe, als ob sie einen jetzt nicht mehr vorhandenen Weg begleiteten. Abt. 67. Nördlich der Fahrstraße von Mala Narewka nach Masiewo dicht am westlichen Gestellweg 2 ganz flache deformierte Hügel von 5 m Durchmesser. Abt. 70. Am Wege von Mala Narewka nach Cichowola, 500 m nordöstlich von der Kreuzung mit Gestellweg 69/70, 1600 m nordöstlich von Masiewo 1 beginnt südlich am Weg eine Sumpfwiese. Zwischen Weg und Sumpf liegt ein großer, ganz flacher Hügel aus Sand (Hügel 3; vgl. Tafel 5, Abb. 1). 70 m nordnordöstlich auf der Nordseite des Weges ein weiterer Hügel (Hügel 2) mit einer seitlichen Grube und 10 m weiter ostnordöstlich ein dritter Hügel (Hügel 1) mit einer langen Grube. Hügel 1 und 2 wurden ausgegraben (vgl. Ausgrabungsberichte). Abt. 81. In der nördlichen Hälfte eine „Mardelle" von demselben Profil wie diejenige in Abteilung 214 (s. dort); sie hat einen Abzugsgraben. Abt. 82. Im südwestlichen Teile der Abteilung, 20 m nördlich vom Querweg, etwa 100 m vom westlichen Gestellweg am westlichen Niederungsrand der Braszcza ein sehr flacher Hügel von 10 m Durchmesser. Abt. 91. Auf dem südlichen Talrande des Narew westlich neben der Fahrstraße ein großer oben ebener Hügel in Form eines umgedrehten Tellers, Durchmesser 13 m, Höhe 0,50 m. Abt. 95. Im Dezember 1917 kam ich zu einer merkwürdigen Anlage. In der Südostecke der Abteilung unmittelbar nördlich am Gestellweg 95/120 liegt dicht am Ostufer eines größeren Sumpfes eine Gruppe von Hügeln in eigenartig symmetrischer Anordnung: in einer Reihe von Nord nach Süd acht ovale Hügel (8 m lang, 5 m breit, fast 1 m hoch, Längsachse Ost-West), rechts und links neben dem nördlichen Endhügel je ein Langhügel schräg aber systematisch geordnet, rechts und links von der Mitte je zwei Rundhügel, ebenfalls symmetrisch, nur daß die beiden westlichen scheinbar durch den Sumpf etwas näher an die Mittelreihe gedrängt sind, während die beiden östlichen 20 Schritt entfernt liegen. Also eine Symmetrie, die sich als planmäßig aufdrängt und dann natürlich die Gleichartigkeit und Gleichaltrigkeit aller Hügel zur Yoraussetzung hat. Und doch verhält sich die Sache anders, wie sich beim Ansetzen des Spatens herausstellte. Der Fall ist ein Schulbeispiel dafür, daß der Zufall absichtliche Planmäßigkeit vortäuschen kann. Erst die Untersuchung der Gruppe am 21. und 29. Mai 1928 zerstörte die Symmetrie und brachte Aufklärung. Schon wenige Stichproben genügten zur Feststellung, daß 12 von den 14 Hügeln Kohlenmeiler, die beiden östlichen dagegen Grabhügel sind. Letztere, 15 m voneinander entfernt, wurden ausgegraben. Sie enthielten eine viereckige Steinsetzung und haben je 4 seitliche Gruben (vgl. Ausgrabungsberichte). Abt. 123. Ein großer slawischer Friedhof befindet sich nördlich neben dem sumpfigen Ufergelände der Jelinka und 250 m östlich vom Wege Nowi Most—Mala Narewka in ebenem, trockenem Sandboden (Textabb. 4). Häufig liegen die Hügel so dicht, daß ihre Ränder sich berühren. Die Hügelmasse ist bei den größeren Hügeln aus noch sichtbaren umlaufenden Gräben, bei den kleineren aus Gruben entnommen, deren Zugehörigkeit zu einem bestimmten Hügel wegen der dichten Lage sich meistens nicht
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@ ©© ©© :!ix*xj!*xiw • Abb. 22.
Abt. 95, Hügel 2.
1:150.
Aufriß ohne Gruben.
1:150.
Abt. 123, Hügel 9 (Textabb. 23). Durchmesser 5,50 m, Höhe 0,56 m, Grube an der Nordseite. Die Abtragung des aus reinem Sand aufgeschütteten Hügels ergab nur eine schwache kohlengefärbte Schicht auf der Grundfläche. JfW ... mmQ
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H.-if. Abb. 28.
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H-14. Abt. 123.
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""" Aufriß der Hügel 15, 14 und 9.
H.9. 1:150.
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529 Abt. 123, Hügel 13 (Taf. 18, Abb. 3; Taf. 14, Abb. 1 und 2). Der Hügel war vor meiner Ankunft von Hauptmann P a r s t durch Kreuzschnitt geöffnet worden. Er bestand aus reinem Sand. Das Skelett lag gestreckt mit dem Kopf nach Osten etwas oberhalb des Hügelgrundes, 0,80 m unter der Hügelspitze. B e i g a b e n : a . Vor dem rechten Fuß ein rundstabiger geschlossener Bronzering (Durchmesser 2,6 cm) an einer Lederschlaufe hängend (Taf. 13, Abb. 4). — b. Ebenda ein Tongefäß (Höhe 13,3 cm, größte Breite 14 cm), auf der Scheibe gedreht, gut gebrannt, Boden schwach eingewölbt, Rand 0,8 cm breit und horizontal abgestrichen. Der Bauch ist von der Schulter bis weit hinab mit seichten Horizontalfurchen bedeckt. Auf der Schulter eine Reihe kreisrunder Eindrücke von 0,7 cm Durchmesser (Taf. 14, Abb. 2). — c. Ebenda ein zweites Tongefäß (Höhe 12,2 cm, größte Breite 13 cm, Randbreite 0,6 cm), ohne die runden Eindrücke, sonst alles wie beim vorigen Gefäß (Taf. 14, Abb. 1). — d. Ein ebenda stehendes drittes Tongefäß war so mürbe und zerfallen, daß nichts gerettet werden konnte. Abt. 123, Hügel 14 (Taf. 11, Abb. 1; Taf. 12, Abb. 2; Textabb. 23). Durchmesser 5,50 m, Höhe 0,82 m, eine Grube an der Südostseite, nordwestlich berührt er den Hügel 15. Er besteht aus Sand ohne Steinbauten und wurde vollständig abgetragen. In halber Tiefe, 0,24 m über der Hügelbasis, lagen einige zusammenhanglose mürbe Knochenstückchen, die Hälfte einer bronzenen Filigran-Hohlperle von genau derselben Art wie die später am Hals gefundene, eine tonnenförmige Glasperle mit starker brauner Verwitterungsschicht, ein Bruchstück einer aus zwei Schichten zusammengesetzten bandförmigen Glasperle (Innenwand hellgrün, Außenwand grünlichblau), sowie Bruchstücke von meergrünen, lauchgrünen und gelben Glasperlen. Diese Funde stammen augenscheinlich aus einem Grab, das beim Aufwerfen des Hügels gestört wurde. Auf dem Hügelgrund, 3 cm höher als die benachbarte Erdoberfläche lag ein schwaches Skelett (Taf. 11, Abb. 1) mit sehr mürben Knochen, gestreckt, Kopf nach WSW gerichtet und auf die rechte Seite gedreht, Mund etwas geöffnet, Oberarme am Körper entlang, Unterarme im rechten Winkel über den Leib gelegt, der rechte Oberschenkel ist um seine Achse gedreht, sodaß der Gelenkkopf nach außen zeigt. Die Gesamtlänge konnte wegen der schlechten Erhaltung der Unterschenkel- und Fußknochen nicht gemessen werden, Länge vom Scheitel bis zum Kniegelenk 1,23 m. Am Hinterhaupt haben sich durch Infiltration mit Kupfersalzen braune Haarbüschel mit einzelnen weißen Haaren erhalten, darunter geringe Strohreste und unter diesen Holz. Das Skelett liegt in dunkelgefärbtem Sand und ist mit schwachen aber deutlich erkennbaren Holzresten umgrenzt, die in der Mitte eine Breite von 0,43 m haben; augenscheinlich sind es die Reste eines Sarges, in den der Leichnam auf eine Strohschütte gebettet war. Beigaben (vgl. Taf. 12, Abb. 2): a. Am Hals eine große,Filigran-Hohlperle aus Bronze, darin Reste eines dicken Bindfadens; Länge einschließlich des Halses 2,3cm, Durchmesser 1,8 cm. Ferner 35 Glasperlen und zwar 19 (davon 2 zusammenhängend) abgeplattet kugelig amethystblau, 11 lang-doppelkonisch meerblau, 1 tonnenförmig hellgrün, 1 ringförmig hellgrün, 1 zylindrisch dunkelblaugrün, 2 zylindrisch hellblau, sowie Bruchstücke einiger zerfallener Glasperlen. Die Filigranperle und die Glasperlen lagen so, wie wenn sie auf eine Schnur aufgereiht auf einem Häufchen niedergelegt worden wären. — b.Zwischen den Knieen zwei Glasperlen, die eine abgeplattet-kugelig amethystblau, die andere langAbh. d. math.-naturw. Abt., Suppl.-Bd.
14. Abh.
67
530 doppelkonisch meerblau. — c. Beim Freilegen des Schädels wurden in der Gegend der linken Hinterhauptwarze drei bronzene Schläfenringe sichtbar, dann wurde er zusammen mit der darunter liegenden Erde bandagiert. Beim Auswickeln erschienen in der Gegend des rechten Ohres noch drei Schläfenringe und ein Drahtring mit zwei aufgesteckten zierlichen Filigran-Hohlperlen (Achsenlänge 1 cm, größte Breite 1,3 cm), alles aus Bronze, deren Kupfersalze die benachbarten Schädelteile grün gefärbt haben. Dadurch sind auch Lederstücke erhalten geblieben, in denen die Ringe hingen. Das Ganze ist ein Kopfschmuck, bei dem von einer Mütze oder einem Band Lederstreifen herabhängen, der linke mit drei Schläfenringen, der andere mit drei ebensolchen und dem Drahtring mit den Filigranperlen besetzt. Alle sechs Schläfenringe sind einander gleich, sie gehören dem kleinen dicken Typus an (Stabstärke 3 mm, größte Breite je nach Biegung etwa 3 cm), bei einem hängt in der S-Biegung ein Stück Bindfaden. Abt. 123, Hügel 15 (Taf. 14, Abb. 3; Textabb. 23). Kleiner Steinhügel, Durchmesser 3 m, Höhe 0,34 m. Er wurde vollständig abgetragen. Das Skelett liegt im Niveau der Umgebung, gestreckt, Kopf nach Osten, und ist durch die Steinpackung ganz zerdrückt. Zu Füßen Scherben eines ebenfalls zerdrückten Tongefäßes, das wieder zusammengesetzt werden konnte. Einzelne Scherben und Knochenstücke wurden schon oben im Hügel angetroffen. Das zusammengesetzte Gefäß (Taf. 14, Abb. 3) ist auf der Scheibe gedreht, aber vor dem Trocknen ziemlich verdrückt und überarbeitet worden. Höhe 12 cm, der kurze zylindrische Hals oben scharfkantig abgestrichen, Boden schwach konkav, auf der Schulter Tannenzweigornament, darunter schlechte Horizontalfurchen mit zwei Kerbenreihen.
5
Abb. 24.
Abt. 139.
Met«.
Aufriß und Grundriß des tellerförmigen Hügels 1.
1:150.
Abt. 123, Hügel 19. Sandhügel mit Steinkern und Steindecke, von Hauptmann P a r s t vor meiner Ankunft durch Kreuzschnitt geöffnet. Das Skelett lag gestreckt im Niveau der Umgebung mit dem Kopf nach Osten. Keine Beigaben, in der Steindecke einzelne Scherben.
531 Abt. 133, Hügel 58. Der kleine Hügel wurde vollständig abgetragen. Er bestand aus Sand ohne Steine und ohne Überreste einer Bestattung. Abt. 139, H ü g e l 1 (Textabb. 24). Der Hügel bildet ein Oval von 8 m nordsüdlichem und 9,50 m ostwestlichem Durchmesser, ist 0,44 m hoch und oben ganz eben, sodaß er einem umgedrehten Teller gleicht. Die Untersuchung ergab, daß er aus Sand aufgeschüttet ist. Im Niveau der Umgebung liegt auf dem gewachsenen Boden (Sand) eine 20 cm starke, mit Holzkohle schwach durchsetzte Sandschicht, die sich in der Hügelmitte um 15 cm senkt und eine seichte ovale Grube von 1 X 0,65 m Durchmesser bildet. Drei ähnliche kleinere, durch Holzkohle gefärbte Gruben liegen nördlich, nordöstlich und südöstlich von der zentralen Grube. Keine Funde. Abt. 52, H ü g e l 1. Durchmesser 11 m, Höhe 0,70 m. Wurde im Dezember 1917 untersucht. Auf dem gewachsenen Boden eine schwache Aschenschicht, darüber besteht der Hügel aus reinem Sand. Keine Funde. Abt. 2 4 , H ü g e l 7 (Taf. 7, Abb. 1; Textabb. 25). Der zweitgrößte Hügel der Gruppe I, Durchmesser 9 m, Höhe 1,55 m. Er fällt durch eine im Grundriß viereckige Form mit stark abgerundeten Ecken auf, ferner dadurch, daß er nach SW, d. h. der durch keine Grube versperrten Frontseite hin, sanfter abfällt als nach NO, wodurch die Hügelspitze aus der Mitte nach NO verlegt ist. Er teilt diese Eigentümlichkeit mit dem andern großen Viereckhügel dieser Gruppe (Hügel 30), wo sie nur weniger deutlich ausgeprägt ist. Der Hügel wurde durch eine Ausschachtung geöffnet, die
Abb. 25.
Abt. 214, Hügel 7.
Aufriß mit dem nordöstlichen Graben.
1:150.
am Südwestrand begann und in 3 m Breite auf eine Länge von 6,70 m auf dem gewachsenen Boden hin bis weit über die Mitte vorgetrieben wurde und nur eine schmale Randzone vom Hügel übrig ließ, die auch noch durch einen Querschlag von Südost her untersucht wurde. Trotz einer solchen umfänglichen Aufdeckung wurde nichts gefunden, weder ein Artefakt, noch Knochenreste, noch irgend welche Andeutungen von Holzeinbauten. Es ließ sich lediglich feststellen, daß der Hügel auf der unverritzten alten Oberfläche, deren Humusschicht sich deutlich abhob, aus Sand aufgeschüttet war, in dem hin und wieder kleine Holzkohlenteilchen bemerkt wurden. Die Entnahme der Hügelmasse hat einen Graben hinterlassen, der den Hügelrand an der Nord-, Ost- und Südseite begleitet. Abt. 24, H ü g e l 8 (Textabb. 26). Durchmesser 4,50 m, Höhe 0,45 m. Wurde vollständig abgetragen. Wie der vorige Hügel ist er auf der alten unbewegten Erdoberfläche aus dem um den Ostrand des Hügels laufenden Graben aufgeschüttet. Auf dem Hügelgrund liegt in der Mitte eine 10 cm starke dunkle Sandschicht mit feinen Holzkohlestückchen, die allmählich ohne klare Abgrenzung ausläuft. Keine Funde. yr Abb. 26.
Abt. 214, Hügel 8.
O Aufriß mit dem östlichen Graben.
1:150. 67*
532 Abt. 214, Hügel 30 (Taf. 7, Abb. 2; Textabb. 27—30). Dieser Hügel überragte alle andern der Gruppe I derart, daß man an ein „Fürstengrab" denken konnte und ihn daher mit besonders hochgespannten Erwartungen in Angriff nahm. Der Durchmesser beträgt in der Richtung NO—SW 14 m, NW—SO 11 m, die Höhe 1,87 m. Er macht den Eindruck eines Rundhügels und erst bei näherem Zusehen bemerkt man leichte seitliche Abplattungen, die eine viereckige Grundlage andeuten. Während das Profil NW-SO gleichmäßig gerundet ist, fällt die Nordostböschung um eine Kleinigkeit steiler als die Südwestböschung ab, wenn auch der Unterschied nicht so groß wie
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Abb. 27.
Abt. 214, Hügel 30.
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Grundriß.
1 150.
bei Hügel 7 ist. Am Nordost-, Nordwest- und Südostrand liegt je eine Grube, aus denen das Material für den Hügel (schmutziger Sand) entnommen ist. Um für andere Aufgaben nicht zu viel Zeit zu verlieren, wurde von vollständiger Abtragung abgesehen. Die überall bis auf den gewachsenen Boden durchgeführte Ausgrabung legte die ganze Südwestfront und ein anschließendes Dreieck frei. Ferner wurde an der Nordostseite ein Graben durch die Grube und den nordöstlichen Hügelteil bis über die Mitte vorgetrieben und dort erweitert, sowie ein Graben von C in den Sudostrand des Hügels hinein angelegt. Zwischen der ersten und zweiten Ausschachtung mußte eine Erdbrücke, die mit großen Bäumen bestanden war, als Stütze
533 gegen Erdrutsche stehen bleiben. Der Nullpunkt für die Höhenmessung liegt auf der Oberfläche der nördlichen Erdbrücke bei D. Betrachten wir zunächst den Befund und versuchen dann eine Rekonstruktion und Deutung der Anlage. Die Hügelschüttung besteht aus unreinem Sand und liegt auf der ursprünglichen ebenen Humusdecke, die in der südwestlichen Ausschachtung sich überall gut abhob, aber im Nordwestgraben und der zentralen Erweiterung
Abb. 28. Abt. 214, Hügel 30.
Aufriß mit der nordöstlichen Grube.
1:150.
infolge starker Verwurzelung nicht überall verfolgt werden konnte. Diese alte Oberfläche liegt 15 bis 20 cm über dem Nullniveau. Auf ihr lag am Südwestrande des Hügels zwischen den Punkten A und B eine zusammenhängende Holzkohlenmasse, die einen kräftigen Balken (oder mehrere aneinander gelegte?) von 6,85 m Länge und
Abb. 29.
Abt. 214, Hügel 30. Aufriß mit der nordwestlichen und südöstlichen Grube.
1:150.
etwa 15 cm Stärke deutlich erkennen ließ. Dahinter folgte im lichten Abstand von 30 cm im gleichen Niveau ein ebensolcher vollständig verkohlter Balken, der sich über A hinaus um 50 cm verlängerte und an eine eigentümliche hufeisenförmige Holzmasse (vgl. Textabb. 30) stieß, die ebenfalls vollkommen verkohlt war mit Ausnahme der Höhlung, deren Wände nur braun gebrannt waren. Hieran setzte im stumpfen Winkel ein weniger gut erhaltener verkohlter Balken an. In gleicher Weise bog am andern Ende des langen inneren Balkens bei B die verkohlte Balkenlage im stumpfen Winkel um und ließ sich auf eine Länge von 0,80 m verfolgen, wo sie scharf abbrach. Überreste dieser verkohlten Balkenlage wurden angetroffen an der Südostseite in der von Abb. 30. Abt. 214, Hügel 30. C ausgehenden Grabung, wo ihre Unterkante bei 20cm Grundriß der Holzkonstruktion an liegt; schließlich auch in dem von Nordost kommenden der Westecke. 1:30. Graben am Nordostrande des Hügels bei — 51 cm, hier allerdings in gelockertem Zustand und daher vielleicht etwas abgerutscht. Vervollständigt man hiernach die verkohlte Balkenlage, so erhält man ein Rechteck von etwa 10,50:9,80 m
534 Durchmesser mit abgekanteten Ecken. Als dieser Holzbau brannte, mußte er natürlich der Luft zugänglich sein, d. h. er war noch nicht mit der Hügelerde überdeckt. Ferner setzen die gleichmäßige starke Yerkohlung und der gute Zusammenhalt der Balken voraus, daß sie noch in voller Glut mit Erde überschüttet wurden, sonst wären sie wenigstens stellenweise wohl zu Asche verbrannt und auseinandergefallen. Die geringe Yerkohlung im Innern der hufeisenförmigen Holzkonstruktion an der Ecke bei A läßt darauf schließen, daß hier schon während des Brandes der Luftzutritt irgendwie behindert war. In der südwestlichen Ausschachtung lag der Beckenknochen eines größeren Tieres auf dem Hügelgrund und innerhalb der Abkantung bei B im- gleichen Niveau drei dicke Scherben von handgemachten rohen Gefäßen mit höckeriger ungeglätteter, nicht körniger Oberfläche ohne die kennzeichnenden Merkmale einer bestimmten Zeitperiode. Die zentrale Ausschachtung gab wegen der vielen Baumwurzeln kein klares Bild. Besonders die wichtige Stelle bei Z war durch verästelte starke Pfahlwurzeln, die mit der Axt beseitigt werden mußten, derartig zerstört, daß nicht festzustellen war, in welchem Umfange die alte Humusdecke durchbrochen war, um das hier befindliche Grab auf das Niveau von — 24 cm niederzubringen. In dieser Tiefe, also 45 cm unter dem Niveau der alten Humusoberfläche, die unter dem 1 m westlich liegenden Stein noch vorhanden war, befand sich in tonigem Sand eine dunkel gefärbte Stelle und hier fanden sich wenige ganz feine Stückchen weißgebrannter Knochen sowie Bruchstücke von Stäbchen aus einer weißen porösen Masse. Es waren zwei Arten solcher Stäbchen vorhanden. Die eine ist 8 — 1 0 mm stark, manchmal leicht gebogen und in der Längsrichtung tief gefurcht. Die dünnere Art ist nur 3 bis 5 mm stark, teils massiv, teils röhrenförmig und zuweilen wie ein gestrecktes S gekrümmt. Zwei Stücke der stärkeren Art hatten noch eine Länge von 15 und 16 cm. Sie ähneln verwitterten Knochen, unterscheiden sich aber doch von solchen, namentlich durch die erwähnten Krümmungen. 1 m westlich von Z lag ein großer Kollstein auf der alten Humusdecke, ein zweiter 2 m nordwestlich von Z. Die Grube an der Nordostseite des Hügels, die durch den Nordostgraben aufgeschlossen wurde, ist ursprünglich 0,94 m tiefer als heute gewesen. Yon ihrer Sohle senkte sich eine mit dunkler Erde gefüllte runde Vertiefung um weitere 0,40 m hinab, die fast an ein Pfostenloch erinnerte, aber wahrscheinlich durch Zufall, etwa durch einen verfaulten Stubben, entstanden ist. Ferner wurde auf der alten Oberfläche der inneren Grubenböschung Holzkohle bemerkt, die wohl von dem oben beschriebenen verbrannten Holzbau herabgefallen ist. Faßt man alle beobachteten Einzelheiten zusammen, dann ergibt sich folgendes. Nach Verbrennung der Leiche wurden die Brandknochen in einer 0,45 m tiefen Grube unter der ebenen Erdoberfläche ohne Urne beigesetzt. Das Grab als Mittelpunkt umgab ein großer viereckiger Holzbau, den man sich eher als eine Umzäunung denn als geschlossenen haus- oder kammerartigen Bau vorzustellen hat. Ein solcher kommt deshalb nicht in Frage, weil er bei der Verbrennung, die, wie wir sahen, vor Aufschüttung des Hügels erfolgt sein muß, erheblichen Brandschutt auf der ganzen Hügelbasis hinterlassen hätte, was nicht der Fall ist. Unmittelbar nach dem Brande, während noch das Holz schwelte, begann die Aufschüttung des Hügels.
535 Der Mangel an Beigaben läßt eine unmittelbare Zeitbestimmung des Grabes nicht zu, sie soll unten im größeren Rahmen erörtert werden. Der Terminus post quem ist durch eine unverzierte slawische Topfscherbe (Handarbeit mit gekörnter Oberfläche), die in der Hügelmitte in halber Tiefe gefunden wurde, gegeben. Abt. 214, Hügel 40. Durchmesser N— S 5 m, 0 — W 4 m. Höhe 0,70 m, Grube an Nordostseite. Wurde im Dezember 1917 bis auf schmale Streifen des Nord- und Südrandes abgetragen. Der Untergrund besteht aus kiesigem Sand, der mit einer 10 cm starken grauen Sandschicht überlagert ist, darüber humoser Sand: die ehemalige Oberfläche, auf welcher der Hügel aus Sand aufgeschüttet ist. In der Hügelmasse etwas Holzkohle verstreut, z. T. größere Stücke. Keine Funde. Abt. 214, Hügel 42. (Taf. 5, Abb. 2; Textabb. 31). Der Hügel gehört dem großen Typus ohne seitliche Grube an. Durchmesser 13 m, Höhe 1,42 m, an der Spitze eine kleine Mulde wohl von einer früheren Ausgrabung. Er ist aus Sand aufgeschüttet. An der Hügelbasis wenige feine Holzkohle und einige sehr kleine Brocken von schwarzen Topfscherben, sonst keine Funde.
Abb. 31.
Abt. 214, Hügel 42.
Aufriß.
1:150.
Abt. 214, Hügel 6 2 (Taf. 11, Abb. 3; Taf. 14, Abb. 4; Textabb. 32, 33). Durchmesser 6—7 m (im unebenen Gelände nicht genau meßbar), Höhe 0,50—0,60 m, je eine Grube an der Nordost-, Nordwest- und Südwestseite. Der Hügel wurde bis auf geringe Randstreifen abgetragen. Die Hügelmasse bestand aus unreinem Sand, dessen humose Bestandteile nach unten zunahmen und mit Sandstreifen durchsetzt waren. Letztere bogen sich in der Hügelmitte nach unten durch und deuteten damit auf einen darunter befindlichen eingestürzten Hohlraum hin. Gegen die Regel wurde das Grab auf der Hügelbasis nicht vorgefunden, sondern die dunkle gemischte Erde senkte sich unter Niveau, bis bei —0,82 m das Skelett erschien. Es lag auf fest getenntem Boden in der dunklen humosen Sandfüllung der Gruft gestreckt, die Arme gerade neben dem Körper, der Kopf nach rechts gedreht mit weit geöffnetem Mund. Länge Scheitel bis Sohle 1,69 m. Neben dem rechten Fuß ein Tongefäß. Oberhalb des Schädels und 0,32 m über der Gruftsohle ein großer Stein, der mit seinem Außenrand über der Ostgrenze der Gruft abschneidet, also innerhalb der Gruft liegt. Ein zweiter großer Stein gegenüber am Fußende außerhalb der Gruft, 0,12 m über der Gruftsohle. +50 X P r^tl -n-.-a •