Calvinismus und Recht: Weltanschaulich-konfessionelle Aspekte im Werk reformierter Juristen in der Frühen Neuzeit 3161495810, 9783161495816, 9783161585791

In welcher Weise hat sich die konfessionelle Orientierung auf das Werk gelehrter Juristen in der Frühen Neuzeit ausgewir

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German Pages 585 [583] Year 2008

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Table of contents :
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Titel
Vorwort
Inhalt
Abkürzungen
Einleitung
1. Relevanz des Themas
2. Methodische Probleme
3. Vorgehen
I. Teil: Calvinismus und Jurisprudenz
1. Die Juristen und die Entstehung des Calvinismus
2. Bemerkungen zum Charakter der humanistischen Jurisprudenz in Frankreich
3. Die Attraktivität protestantischen Gedankenguts unter humanistischen Juristen
4. Einflüsse der humanistischen Jurisprudenz auf die Eigenart der calvinistisch-reformierten Lehre
II. Teil: Zentren reformierter Jurisprudenz im Reich
1. Juristische Fakultäten und Konfessionalisierung
2. Heidelberg
2.1 Das konfessionelle Spektrum Heidelberger Juraprofessoren 1560–1620
2.2 Christoph Ehem (1528–1592)
2.2.1 Berufliches Wirken in der Kurpfalz
2.2.2 Orientierung nach Westen
2.2.3 Papstkritik und Suche nach antirömischer Allianz
2.2.4 Gleichklang von Humanismus und reformiertem Christentum
2.3 Ludwig Camerarius (1573–1651)
2.3.1 Berufliches Wirken in der Kurpfalz
2.3.2 Kampf gegen die päpstliche Verschwörung angesichts der Erfahrung der Verfolgung
2.3.3 Bleibende Bedeutung des humanistischen Erbes
2.4 Hugo Donellus (1527–1591)
2.4.1 Religiöse Orientierung und berufliches Wirken
2.4.2 Die Verteidigung der wahren, reformierten Religion gegen die papistische Idolatrie 1573
2.4.3 Religiöse Bezüge und Grundentscheidungen in den Commentarii iuris civilis
2.4.3.1 Bibelstellenverweise und Kastigationen
2.4.3.2 Religion, Moral und Recht: der Zusammenhang von Gesetz Gottes, Naturgesetz und römischem Recht
2.4.3.3 Gottes Recht und Gottesverehrung
2.4.4 Transzendenter Gottesbegriffs und immanent-rationales Zivilrechtssystem
2.5 Marquard Freher (1565–1614)
2.5.1 Zur Biographie und rechtsgeschichtlichen Bedeutung
2.5.2 Fundamentalgegensatz von biblischhumanistischer Gesinnung und päpstlichen Machtansprüchen
2.6 Johann Kahl (Calvinus/Calvus) (gest. 1614)
2.6.1 Zur Biographie und rechtsgeschichtlichen Bedeutung
2.6.2 Humanistisches Erbe und Ausrichtung an der recta ratio
2.6.3 Consonantia biblicae religionis et rectae rationis
2.7 Denis Godefroy (1549–1622)
2.7.1 Zur Biographie und rechtsgeschichtlichen Bedeutung
2.7.2 Religion und Rationalität im Banne des Neustoizismus
2.7.3 Kritik an päpstlicher Bevormundung von weltlicher Obrigkeit und Vernunft
2.8 Resümee
3. Basel
3.1 Der Aufschwung der juristischen Fakultät der Universität Basel zur führenden Promotionsfakultät des protestantischen Europa 1560–1620
3.2 Zur Frage der Ursachen der starken Zunahme der juristischen Doktorpromotionen in Basel
3.3 Das weltanschaulich-konfessionelle Profil der Basler Juraprofessoren
3.4 Das weltanschaulich-konfessionelle Profil der Basler juristischen Dissertationen
3.5 Reformatorisches Profil und evangelische Pluralität in juristischen Dissertationen
4. Herborn
4.1 Hochschulgründung im Kontext der „römisch-spanischen Bedrohung“
4.2 Auswirkungen calvinistisch-reformierter Konfession auf Johannes Althusius’ OEuvre?
4.3 Konfessionelle Aspekte der rationalen Grundlegung der Rechtslehre bei Althusius
4.3.1 Die frühe Darstellung des römischen Rechts (1586–1592)
4.3.2 Die Konsequenzen des Programms einer „Reformation des Lebens“ für die Rechtslehre
4.3.3 Übereinstimmung von Vernunft und Wort Gottes: römisches und biblisches Recht
4.3.4 Der Gegensatz zur allgemeinen Rechtslehre des Jesuiten Pierre Grégoire
4.3.5 Das konfessionelle Profil der in der Dicaeologica zitierten Autoren
4.3.6 Bibel und Wissenschaften: reformiert-calvinistische Präferenzen
4.3.7 Resümee: Ausgangspunkt bei der recta ratio und Entwicklungen angesichts des Kampfes der Konfessionen
4.4 Herborner Staatsrechtslehre: die Disputationes politicae Philipp Heinrich Hoenonius’
4.4.1 Reformatio vitae als Anliegen des reformierten Humanisten Hoenonius
4.4.2 Monarchomachische Thesen, bundestheologische Grundentscheidungen und Ephoren-Lehre
4.4.3 Princeps legibus non solutus: die Auseinandersetzung mit Bodin
4.4.4 Rezeption von Lipsius’ Neustoizismus bzw. Tacitismus
4.4.5 Politik und Staatsrechtslehre im Kampf gegen die päpstlich-spanische Bedrohung
4.5 Weltanschaulich-konfessionelle Grundmuster bei Herborner Juristen?
5. Marburg
5.1 Die Juraprofessoren und ihre konfessionelle Orientierung im Überblick
5.2 Hermann Vultejus
5.2.1 Beruflicher Werdegang unter dem Einfluß von Humanismus und reformiertem Protestantismus
5.2.2 Übereinstimmung humanistischer und reformierter Zielsetzungen im juristischen OEuvre
5.2.3 Charakteristika der konfessionellen Orientierung bei Vultejus
5.3 Hieronymus Treutler: Jurist außerhalb der juristischen Fakultät
5.3.1 Biographisches
5.3.2 Charakteristika der konfessionellen Orientierung bei Treutler
5.3.3 Religion und Konfession in den Disputationen 1592/93
5.3.4 Harmonie von biblischer Wahrheit und zivilrechtlicher Argumentation
5.4 Resümee
III. Teil: Der Anteil reformierter Juristen an der Entfaltung des ius publicum
1. Anfänge der Entfaltung des ius publicum in Deutschland
2. Edition und Kommentierung mittelalterlicher Rechtsquellen des deutschen Reichs durch protestantische Juristen
2.1 Kammergerichtliche Literatur und „einheimische“ Rechtsquellen: Noë Meurer
2.2 Editionen zur mittelalterlichen Verfassungsgeschichte: Nikolaus Cisner
2.3 Deutsche Reichsgeschichte im Konflikt mit dem Papsttum: Simon Schard
2.4 Systematische Sammlungs- und Kommentierungsarbeit in antipäpstlicher Absicht: Melchior Goldast von Haiminsfeld
3. Die Debatte „de iurisdictione“
3.1 Entwicklungen im protestantischkatholischen Vergleich
3.2 Innerprotestantische Differenzen?
3.2.1 Tobias Paurmeister und Jakob Lampadius
3.2.2 Scipio Gentili
3.2.3 Innerprotestantische Pluralität
4. Augsburger Religionsfrieden und ius publicum
4.1 Verlust der innerkatholischen Pluralität im Zuge der tridentinischen Konfessionalisierung
4.2 Konfessionsspezifische Kennzeichen der Traktatliteratur zum Augsburger Religionsfrieden zwischen 1555 und 1635
4.3 Konfessionsspezifische Grundentscheidungen in der Bewertung des Augsburger Religionsfriedens
4.3.1 Die Frage der Kompetenz der weltlichen Obrigkeit zur Regelung des Religionsfriedens
4.3.2 Das Problem der einheitlichen Religion und der Gewissensfreiheit
4.3.3 Die Frage des Verhältnisses von politischem und geistlichem Frieden
4.3.4 Der Augsburger Religionsfriede als Fundamentalordnung des Reiches
4.4 Resümee
5. Konfessionelle Unterschiede bei der Rezeption der Souveränitätslehre Bodins?
6. Westeuropäische Einflüsse auf die Reichspublizistik
6.1 Relativierung des römischen Rechts und mittelalterliches Staatsrecht in Frankreich
6.2 Wege der Rezeption: Studienaufenthalte in Frankreich und der Schweiz
6.3 Die Bedeutung von Juristen westeuropäischer Herkunft: das Beispiel des Dominicus Arumaeus
6.4 Französische Glaubensflüchtlinge als Drucker
7. Desakralisierung der Reichsauffassung: der Marburg-Gießener Streit um die Stellung des Kaisers und die translatio-Lehre
Ergebnisse
Quellen- und Literaturverzeichnis
Namenregister
Sachregister
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Calvinismus und Recht: Weltanschaulich-konfessionelle Aspekte im Werk reformierter Juristen in der Frühen Neuzeit
 3161495810, 9783161495816, 9783161585791

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Spätmittelalter, Humanismus, Reformation Studies in the Late Middle Ages, Humanism and the Reformation herausgegeben von Berndt Hamm (Erlangen) in Verbindung mit Amy Nelson Burnett (Lincoln, NE), Johannes Helmrath (Berlin) Volker Leppin (Jena), Jürgen Miethke (Heidelberg) Heinz Schilling (Berlin)

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Christoph Strohm

Calvinismus und Recht Weltanschaulich-konfessionelle Aspekte im Werk reformierter Juristen in der Frühen Neuzeit

Mohr Siebeck

Christoph Strohm, geboren 1958; Studium der Ev. Theologie und Geschichte in München, Neuendettelsau, Heidelberg und Chicago; 1987 Promotion; 1995 Habilitation; 1996 – 2006 o. Professor für Kirchengeschichte an der Ruhr-Universität Bochum; seit 2006 o. Professor für Kirchengeschichte (Reformationsgeschichte und Neuere Kirchengeschichte) an der Universität Heidelberg und Leiter der Bucer-Forschungsstelle der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.

ISBN 978-3-16-149581-6 / eISBN 978-3-16-158579-1 unveränderte eBook-Ausgabe 2019 ISSN 1865-2840 (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2008 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Josef Spinner in Ottersweier gebunden.

SPS et SES

Vorwort Das vorliegende Werk bietet den Ertrag eines sechsjährigen Forschungsprojekts an der Johannes a Lasco Bibliothek Emden. Teilergebnisse wurden bereits in den Berichtsbänden mehrerer dort veranstalteter Tagungen veröffentlicht (siehe Literaturverzeichnis). Gefördert wurde das Projekt durch die Stiftung Johannes a Lasco Bibliothek, die Stiftung Niedersachsen und das Niedersächsische Wissenschaftsministerium. Insbesondere dem Direktor der Johannes a Lasco Bibliothek und Vorstand der Stiftung, Herrn Dr. Walter Schulz, danke ich für die langjährige Unterstützung. Die Zusammenarbeit bleibt mir als erfreuliches Beispiel sachorientierter und unkomplizierter Forschungsförderung in Erinnerung. Ohne die mir von meiner früheren Universität, der Ruhr-Universität Bochum, gewährten Forschungssemester – neben den regulären ein wegen einer Rufablehnung zusätzlich zugesprochenes – hätte diese Untersuchung nicht erarbeitet werden können. Dafür danke ich. Bibliothekare und Bibliothekarinnen der Bibliothèque publique et universitaire in Genf (jetzt: Bibliothèque de Genève), der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel, der Johannes a Lasco Bibliothek in Emden sowie der Universitätsbibliothek Heidelberg haben zahlreiche alte Drucke bereitgestellt. Die Kollegen und Freunde aus dem Institut d’histoire de la Réformation der Universität Genf haben mir viele Wochen lang die Türen zu ihren reichen Beständen geöffnet. Stud. theol. Markus Totzeck hat über mehrere Jahre hinweg Korrekturen gelesen, LayoutFormatierungen vorgenommen und selbständig die Register erstellt. Gleichfalls Korrektur gelesen haben stud. theol. et phil. Michael Becker und stud. theol. et phil. Niklas Haarstick. Ihnen allen danke ich. Herrn Prof. Dr. Berndt Hamm und den Mitherausgebern danke ich für die außerordentlich zügige Entscheidung über die Aufnahme des Werkes in die bewährte, nun unter neuem Namen publizierte Reihe. Herrn Dr. h.c. Georg Siebeck und Herrn Dr. Henning Ziebritzki sowie Frau Ilse König aus der Herstellungsabteilung sei für die präzise Beratung und Betreuung von Seiten des Verlages gedankt. Heidelberg, im Januar 2008

Christoph Strohm

Inhalt Vorwort ...................................................................................................... VII Abkürzungen ............................................................................................. XV Einleitung ....................................................................................................... 1 1. Relevanz des Themas ..................................................................... 1 2. Methodische Probleme ................................................................ 13 3. Vorgehen ....................................................................................... 22

I. Teil: Calvinismus und Jurisprudenz ......................................................... 25

1. Die Juristen und die Entstehung des Calvinismus .................. 25 2. Bemerkungen zum Charakter der humanistischen Jurisprudenz in Frankreich ......................................................... 28 3. Die Attraktivität protestantischen Gedankenguts unter humanistischen Juristen .................................................... 33 4. Einflüsse der humanistischen Jurisprudenz auf die Eigenart der calvinistisch-reformierten Lehre ......................... 35

II. Teil: Zentren reformierter Jurisprudenz im Reich .......................................... 39 1. Juristische Fakultäten und Konfessionalisierung .................... 39 2. Heidelberg .................................................................................... 53 2.1 Das konfessionelle Spektrum Heidelberger Juraprofessoren 1560–1620 ................................................. 54 2.2 Christoph Ehem (1528–1592) ............................................. 58 2.2.1 Berufliches Wirken in der Kurpfalz .......................... 59 2.2.2 Orientierung nach Westen ......................................... 60 2.2.3 Papstkritik und Suche nach antirömischer Allianz .................................................. 61 2.2.4 Gleichklang von Humanismus und reformiertem Christentum ......................................... 63 2.3 Ludwig Camerarius (1573–1651) ........................................ 69 2.3.1 Berufliches Wirken in der Kurpfalz .......................... 70

X

Inhalt

2.3.2 Kampf gegen die päpstliche Verschwörung angesichts der Erfahrung der Verfolgung ................ 71 2.3.3 Bleibende Bedeutung des humanistischen Erbes ............................................................................. 76 2.4 Hugo Donellus (1527–1591)................................................. 78 2.4.1 Religiöse Orientierung und berufliches Wirken ........................................................................... 80 2.4.2 Die Verteidigung der wahren, reformierten Religion gegen die papistische Idolatrie 1573 ........... 88 2.4.3 Religiöse Bezüge und Grundentscheidungen in den Commentarii iuris civilis ...................................... 93 2.4.3.1 Bibelstellenverweise und Kastigationen ................................................... 93 2.4.3.2 Religion, Moral und Recht: der Zusammenhang von Gesetz Gottes, Naturgesetz und römischem Recht ............. 102 2.4.3.3 Gottes Recht und Gottesverehrung ........... 112 2.4.4 Transzendenter Gottesbegriffs und immanent-rationales Zivilrechtssystem .................. 124 2.5 Marquard Freher (1565–1614) ........................................... 126 2.5.1 Zur Biographie und rechtsgeschichtlichen Bedeutung ................................................................... 126 2.5.2 Fundamentalgegensatz von biblischhumanistischer Gesinnung und päpstlichen Machtansprüchen ...................................................... 128 2.6 Johann Kahl (Calvinus/Calvus) (gest. 1614) ................... 132 2.6.1 Zur Biographie und rechtsgeschichtlichen Bedeutung ................................................................... 132 2.6.2 Humanistisches Erbe und Ausrichtung an der recta ratio ........................................................ 133 2.6.3 Consonantia biblicae religionis et rectae rationis ......................................................... 141 2.7 Denis Godefroy (1549–1622) ............................................ 142 2.7.1 Zur Biographie und rechtsgeschichtlichen Bedeutung ................................................................... 143 2.7.2 Religion und Rationalität im Banne des Neustoizismus ..................................................... 145 2.7.3 Kritik an päpstlicher Bevormundung von weltlicher Obrigkeit und Vernunft .................. 150 2.8 Resümee ............................................................................... 161

Inhalt

XI

3. Basel ..... ....................................................................................... 163 3.1 Der Aufschwung der juristischen Fakultät der Universität Basel zur führenden Promotionsfakultät des protestantischen Europa 1560–1620 ......................... 163 3.2 Zur Frage der Ursachen der starken Zunahme der juristischen Doktorpromotionen in Basel ................. 165 3.3 Das weltanschaulich-konfessionelle Profil der Basler Juraprofessoren ................................................. 168 3.4 Das weltanschaulich-konfessionelle Profil der Basler juristischen Dissertationen .............................. 175 3.5 Reformatorisches Profil und evangelische Pluralität in juristischen Dissertationen ............................................ 182 4. Herborn ...................................................................................... 183 4.1 Hochschulgründung im Kontext der „römisch-spanischen Bedrohung“ ............................. 184 4.2 Auswirkungen calvinistisch-reformierter Konfession auf Johannes Althusius’ Œuvre? ............................... 189 4.3 Konfessionelle Aspekte der rationalen Grundlegung der Rechtslehre bei Althusius ................................ 199 4.3.1 Die frühe Darstellung des römischen Rechts (1586–1592) ................................................................ 199 4.3.2 Die Konsequenzen des Programms einer „Reformation des Lebens“ für die Rechtslehre .................................................... 203 4.3.3 Übereinstimmung von Vernunft und Wort Gottes: römisches und biblisches Recht ................ 205 4.3.4 Der Gegensatz zur allgemeinen Rechtslehre des Jesuiten Pierre Grégoire ..................................... 211 4.3.5 Das konfessionelle Profil der in der Dicaeologica zitierten Autoren......................................................... 217 4.3.6 Bibel und Wissenschaften: reformiert-calvinistische Präferenzen ..................... 220 4.3.7 Resümee: Ausgangspunkt bei der recta ratio und Entwicklungen angesichts des Kampfes der Konfessionen........................................................ 225 4.4 Herborner Staatsrechtslehre: die Disputationes politicae Philipp Heinrich Hoenonius’ ................................ 227 4.4.1 Reformatio vitae als Anliegen des reformierten Humanisten Hoenonius ............................................ 228

XII

Inhalt

4.4.2 Monarchomachische Thesen, bundestheologische Grundentscheidungen und Ephoren-Lehre .......................................................... 231 4.4.3 Princeps legibus non solutus: die Auseinandersetzung mit Bodin ......................... 242 4.4.4 Rezeption von Lipsius’ Neustoizismus bzw. Tacitismus ......................................................... 245 4.4.5 Politik und Staatsrechtslehre im Kampf gegen die päpstlich-spanische Bedrohung .............. 253 4.5 Weltanschaulich-konfessionelle Grundmuster bei Herborner Juristen? ...................................................... 259 5. Marburg ....................................................................................... 262 5.1 Die Juraprofessoren und ihre konfessionelle Orientierung im Überblick ................................................. 263 5.2 Hermann Vultejus ............................................................... 275 5.2.1 Beruflicher Werdegang unter dem Einfluß von Humanismus und reformiertem Protestantismus .......................................................... 275 5.2.2 Übereinstimmung humanistischer und reformierter Zielsetzungen im juristischen Œuvre .......................................................................... 277 5.2.3 Charakteristika der konfessionellen Orientierung bei Vultejus ......................................... 285 5.3 Hieronymus Treutler: Jurist außerhalb der juristischen Fakultät ..................................................... 290 5.3.1 Biographisches ........................................................... 290 5.3.2 Charakteristika der konfessionellen Orientierung bei Treutler ......................................... 291 5.3.3 Religion und Konfession in den Disputationen 1592/93 ............................................. 299 5.3.4 Harmonie von biblischer Wahrheit und zivilrechtlicher Argumentation ........................ 306 5.4 Resümee ................................................................................. 313

III. Teil: Der Anteil reformierter Juristen an der Entfaltung des ius publicum .......................................................................... 315 1. Anfänge der Entfaltung des ius publicum in Deutschland .......................................................................... 318

Inhalt

XIII

2. Edition und Kommentierung mittelalterlicher Rechtsquellen des deutschen Reichs durch protestantische Juristen ................................................. 320 2.1 Kammergerichtliche Literatur und „einheimische“ Rechtsquellen: Noë Meurer ............................................... 321 2.2 Editionen zur mittelalterlichen Verfassungsgeschichte: Nikolaus Cisner ............................................... 322 2.3 Deutsche Reichsgeschichte im Konflikt mit dem Papsttum: Simon Schard .................................................... 324 2.4 Systematische Sammlungs- und Kommentierungsarbeit in antipäpstlicher Absicht: Melchior Goldast von Haiminsfeld .................................. 328 3. Die Debatte „de iurisdictione“ ................................................ 340 3.1 Entwicklungen im protestantischkatholischen Vergleich ........................................................ 341 3.2 Innerprotestantische Differenzen? ................................... 349 3.2.1 Tobias Paurmeister und Jakob Lampadius ............ 350 3.2.2 Scipio Gentili ............................................................. 356 3.2.3 Innerprotestantische Pluralität ................................. 362 4. Augsburger Religionsfrieden und ius publicum .................... 367 4.1 Verlust der innerkatholischen Pluralität im Zuge der tridentinischen Konfessionalisierung ......................... 368 4.2 Konfessionsspezifische Kennzeichen der Traktatliteratur zum Augsburger Religionsfrieden zwischen 1555 und 1635 .................................................... 371 4.3 Konfessionsspezifische Grundentscheidungen in der Bewertung des Augsburger Religionsfriedens ................................................................. 380 4.3.1 Die Frage der Kompetenz der weltlichen Obrigkeit zur Regelung des Religionsfriedens ............ 381 4.3.2 Das Problem der einheitlichen Religion und der Gewissensfreiheit ........................................ 383 4.3.3 Die Frage des Verhältnisses von politischem und geistlichem Frieden ............................................ 387 4.3.4 Der Augsburger Religionsfriede als Fundamentalordnung des Reiches .......................... 390 4.4 Resümee ............................................................................... 392 5. Konfessionelle Unterschiede bei der Rezeption der Souveränitätslehre Bodins? ................................................ 396 6. Westeuropäische Einflüsse auf die Reichspublizistik ........... 406

XIV

Inhalt

6.1 Relativierung des römischen Rechts und mittelalterliches Staatsrecht in Frankreich ....................... 407 6.2 Wege der Rezeption: Studienaufenthalte in Frankreich und der Schweiz .......................................... 409 6.3 Die Bedeutung von Juristen westeuropäischer Herkunft: das Beispiel des Dominicus Arumaeus ........... 413 6.4 Französische Glaubensflüchtlinge als Drucker ............... 422 7. Desakralisierung der Reichsauffassung: der MarburgGießener Streit um die Stellung des Kaisers und die translatio-Lehre ....................................... 429 Ergebnisse .................................................................................................. 439 Quellen- und Literaturverzeichnis .......................................................... 461 Namenregister ........................................................................................... 543 Sachregister ................................................................................................ 558

Abkürzungen Abkürzungen folgen dem Abkürzungsverzeichnis der Theologischen Realenzyklopädie. Zusammengestellt von SIEGFRIED SCHWERTNER, Berlin/New York ²1994. Darüber hinausgehend werden die unten stehenden Abkürzungen verwendet: Abschn.:

Abschnitt

BDS:

Martin Bucers Deutsche Schriften, hg. v. ROBERT STUPPERICH/ WILLHELM NEUSER/GOTTFRIED SEEBAß/CHRISTOPH STROHM, Bd. 1ff., Gütersloh 1960ff.

BPU:

Bibliothèque publique et universitaire, Genève

Bibl. Pal. 1 + 2: ELMAR MITTLER (Hg.), Bibliotheca Palatina: Katalog zur Ausstellung vom 8. Juli – 2. November 1986, Heiliggeistkirche Heidelberg/Universität Heidelberg in Zusammenarbeit mit der Bibliotheca Apostolica Vaticana, Heidelberg 1986. CO:

Calvini opera quae supersunt omnia, hg. v. JOHANN WILHELM BAUM/AUGUST EDUARD CUNITZ/EDUARD REUSS, 59 Bde., Braunschweig/Berlin 1863–1900.

Cod.:

Corpus Iuris Civilis, Bd. 2: Codex Iustinianus, 151970.

Comm.:

HUGO DONELLUS, Opera omnia, cum notis Osualdi Hilligeri. Accedunt Summaria, et Castigationes Theologicae, 12 Bde., Rom/Macerata 1828–1833 [Buch, Kapitel, Paragraph; in eckigen Klammern Band- und Spaltenzahl].

Comm. [1612]: HUGO DONELLUS, Commentariorvm ivris civilis libri vigintiocto. In qvibvs ivs civile vniversvm singvlari artificio atque doctrina explicatur. Scipio Gentilis IC. recensvit, edidit, posteriores etiam libros suppleuit, Hanau 1612. DBA:

BERNHARD FABIAN (Hg.), Deutsches Biographisches Archiv, bearb. unter Leitung v. WILLY GORZNY (Microfiche-Edition), München u.a. 1982–1985.

DBI:

Deutscher biographischer Index, 3. kumulierte und erweiterte Ausgabe, bearb. v. VICTOR HERRERO MEDIAVILLA, München 2004.

DBF:

Dictionnaire de Biographique Française, sous la direction de J. BALTEAU et al., Paris 1933ff.

Abkürzungen

XVI Decr. Grat.:

Decretum Gratiani, in: EMIL FRIEDBERG (Hg.), Corpus iuris canonici. Editio Lipsiensis secunda, 2 Bde., unveränd. Nachdr. d. Ausg. Leipzig 1879, Graz 1955, Bd. 1.

Decretal.:

Decretalen, in: EMIL FRIEDBERG (Hg.), Corpus iuris canonici. Editio Lipsiensis secunda, 2 Bde., unveränd. Nachdr. d. Ausg. Leipzig 1879, Graz 1955, Bd. 2.

Dic.:

JOHANNES ALTHUSIUS, Dicaeologicae libri tres, totum et universum jus, quo utimur, methodice complectentes. Cum parallelis huius et Judaici juris, tabulisque insertis [...]. Editio secunda priori correctior, Frankfurt a.M. 1649; Faksimile-Reprint Aalen 1967 [zuerst: Herborn 1617].

Dig.:

Corpus Iuris Civilis, Bd. 1: Digesta, 221973.

Disp.pol.[31615]: PHILIPP HEINRICH HOENONIUS, Disputationum politicarum liber unus; in qvo praemissis generalibus, tum causae constituentes et his contrariae destruentes, monstratis simul mutationum et conversionum remediis, tum species Rerumpublicarum, earundemque inter se confoederationes, insertis variis et gravissimis quaestionibus, luculenter et succincte ex fundamentis politicis explicantur, Herborn (1608) 31615. EKO 8/1:

EMIL SEHLING (Hg.), Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts, Bd. 8/1: Hessen. Die gemeinsamen Ordnungen, bearb. v. HANNELORE JAHR, Tübingen 1965.

EKO 14:

EMIL SEHLING (Hg.), Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts, Bd. 14: Kurpfalz, bearb. v. J. F. GERHARD GOETERS, Tübingen 1969.

gen.:

genannt

HPRG I+II/1: HELMUT COING (Hg.), Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, Bd. I: Mittelalter (1100–1500). Die gelehrten Rechte und die Gesetzgebung, München 1973; Bd. II: Neuere Zeit (1500–1800). Das Zeitalter des gemeinen Rechts, 1. Tlbd.: Wissenschaft, München 1977. Inst.:

Corpus Iuris Civilis, Bd. 1: Institutiones, 221973.

JUGLER 1–6:

JOHANN FRIEDRICH JUGLER, Beytraege zur juristischen Biographie: Oder genauere litterarische und critische Nachrichten von dem Leben und den Schriften verstorbener Rechtsgelehrten auch Staatsmaenner, welche sich in Europa beruehmt gemacht haben, 6 Bde., Leipzig 1773–1780.

KLEINHEYER/SCHRÖDER, Juristen: GERHARD KLEINHEYER/JAN SCHRÖDER (Hg.), Deutsche und europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, Heidelberg 41996.

Abkürzungen

XVII

Nov.:

Corpus Iuris Civilis, Bd. 3: Novellae, 101972.

PL:

Patrologia latina

Pol.:

JOHANNES ALTHUSIUS, Politica methodice digesta atque exemplis sacris et profanis illustrata. Cui in fine adiuncta est Oratio panegyrica de utilitate, necessitate et antiquitate scholarum, 3., erweit. Aufl., Herborn 1614; Faksimile-Reprint Aalen 1961 = 1981.

Pol. 1603:

JOHANNES ALTHUSIUS, Politica methodice digesta et exemplis sacris et profanis illustrata. Cui in fine adiuncta est Oratio panegyrica de utilitate, necessitate et antiquitate scholarum, Herborn 1603.

RGG4:

Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, 4. völlig neu bearb. Aufl., Bd. 1–9, Tübingen 1998–2007.

s.a.:

sine anno

s.l.:

sine loco

STRIEDER 1–21: FRIEDRICH WILHELM STRIEDER, Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftsteller-Geschichte. Seit der Reformation bis auf gegenwärtige Zeiten, fortgeführt v. LUDWIG WACHLER/KARL WILHELM JUSTI/OTTO GERLAND, 20 Bde. in 21 Tln., Kassel/Marburg 1781–1866; Reprint Göttingen 1983–1989. WA:

MARTIN LUTHER, Werke. Kritische Gesamtausgabe [Weimarer Ausgabe], Weimar 1883ff.

Einleitung 1. Relevanz des Themas Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die Frage, ob und wenn ja, in welcher Weise sich die konfessionelle Orientierung auf das Werk gelehrter Juristen in der Frühen Neuzeit ausgewirkt hat. Erörtert wird die Frage am Beispiel reformierter Juristen, ohne daß jedoch auf die Analyse des Werkes katholischer und lutherischer Juristen verzichtet werden kann. Die Frage ist aus verschiedenen Gründen in besonderer Weise aktuell. Sie stellt sich schon aufgrund der gegenwärtigen Situation einer vielfältigen und mitunter konfliktreichen Begegnung der verschiedenen Zivilisationen. Eine Plausibilisierung der Werte- und Institutionenbildung im allgemeinen und der Rechtsentwicklung im besonderen, die als Errungenschaften der westlichen Zivilisation angesehen werden, kann nur gelingen, wenn man über deren kulturelle Entstehungsbedingungen Auskunft zu geben in der Lage ist. Dazu gehören die – gerade in der Frühen Neuzeit sowohl im individuellen als auch im öffentlichen Leben präsenten – konfessionellen Leitbilder. Die Frage nach den Auswirkungen konfessioneller Orientierung auf das juristische Werk gelehrter Juristen und damit auch auf die Rechtsentwicklung in der Frühen Neuzeit insgesamt stellt sich gegenwärtig ebenfalls aus historiographischen Gründen im engeren Sinne. Nicht zuletzt bedingt durch die schwindende Präsenz von Religion bzw. Konfession in der Öffentlichkeit wie in den Biographien der Forschenden ist in den letzten Jahrzehnten die Berücksichtigung konfessioneller bzw. religiöser Aspekte in rechtshistorischen Darstellungen signifikant zurückgegangen. Sichtbar wird der implizite Bedeutungsverlust von Religion und Konfession im Vergleich der Artikel der seit den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts erscheinenden Neuen Deutschen Biographie (NDB) mit denen der in den Jahren 1873 bis 1912 verfaßten Allgemeinen Deutschen Biographie (ADB). So berichtet zum Beispiel der 1999 gedruckte Artikel der Neuen Deutschen Biographie über den Straßburger Juristen und ersten Inhaber des Codex-Lehrstuhls an der dortigen Akademie, Georg Obrecht, daß die-

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ser während seines Jurastudiums in Frankreich als Protestant von den Wirren der Bartholomäusnacht 1572 „überrascht“ worden und nach Straßburg zurückgekehrt sei.1 In dem 1887 erschienenen Artikel der Allgemeinen Deutschen Biographie hatte es noch wie folgt geheißen: „Durch die Verfolgungen, von welchen die Protestanten unmittelbar nach der Bartholomäusnacht (vom 23. auf 24. August 1572) in ganz Frankreich bedroht waren, gerieth O. zu Orleans in dringende Lebensgefahr und mußte mit Zurücklassung seiner werthvollen Büchersammlung nach der Heimath flüchten. Niedergeschlagen dort angelangt, trug er sich mit dem Gedanken die kriegerische Laufbahn einzuschlagen.“2

Hier entsteht nicht nur ein anderer Eindruck von dem Einschnitt, den das unmittelbare persönliche Miterleben der Massaker an den Protestanten Frankreichs im Leben dieses als lutherisch geltenden Straßburger Juristen bedeutet hat. Es wird auch ein inhaltlich hoch relevanter Aspekt klarer: Obrecht hat in Straßburg als einer der ersten überhaupt Vorlesungen de iure publico gehalten3 und damit für die Entstehung und Etablierung der Disziplin des öffentlichen Rechts in Deutschland eine Rolle gespielt. Aus seiner Biographie läßt sich vermuten, daß er angesichts der Lebensbedrohung in den Massakern an den Protestanten Frankreichs auch das in diesem Zusammenhang entstandene monarchomachische Schrifttum genau wahrgenommen hat. Es ist also zu erwägen, ob hier ein bislang nicht ausreichend gewürdigter Einfluß auf die Entwicklung der Staatsrechtslehre in Deutschland anzunehmen ist.4 Sachlich gravierender ist die schwindende Berücksichtigung konfessioneller bzw. religiöser Aspekte zum Beispiel in der Darstellung des braunschweigisch-lüneburgischen Staatsmanns Jakob Lampadius, der mit seiner Heidelberger Dissertation De jurisdictione, juribus principum et statuum imperii5 einen der wichtigsten und wirkungsreichsten Beiträge Vgl. FUCHS, Art. Obrecht, 404; vgl. auch SCHEFOLD, Einleitung zur Neuausgabe der Secreta Georg Obrechts, S. V: „Während der Bartholomäusnacht vom 23. auf den 24. August 1572 hielt sich Obrecht in Orléans auf und geriet in Lebensgefahr. Er flüchtete zunächst zurück nach Straßburg und ging dann 1574 nach Basel, wo er noch im gleichen Jahr promovierte.“ 2 Ritter von Eisenhart, Art. Obrecht, 114. 3 Siehe unten Abschn. III.Tl.3.1, S. 347. 4 Zum Einfluß westeuropäischer Traditionen auf die Entwicklung des ius publicum im deutschen Reich siehe unten Abschn. III.Tl.6. 5 J AKOB L AMPADIUS , De jurisdictione, juribus principum et statuum imperii, Heidelberg 1620; später unter neuen Titeln: DERS., Tractatus de republica RomanoGermanica, Helmstedt 1630 [weitere Ausg.: 21640; Erfurt 1653; Gotha 1661; Helm1

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zur Etablierung des neuen Reichsstaatsrechts bzw. der Disziplin des ius publicum geleistet hat.6 Der 1982 erschienene Artikel in der Neuen Deutschen Biographie erwähnt konfessionelle bzw. religiöse Aspekte nur noch insofern, als Lampadius als wichtiger Vertreter der protestantischen Stände in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges beschrieben wird, dessen „vermittelnde Politik gegenüber der der meisten seiner Mitstände sich durch das erfolgreiche Bestreben auszeichnete, zu einem Ausgleich mit den Reformierten und zu deren reichsrechtlicher Anerkennung als gleichberechtigter ev. Konfession zu kommen.“7 Hingegen hatte der 1883 von Adolf Köcher für die Allgemeine Deutsche Biographie verfaßte Artikel über Lampadius die Bedeutung konfessioneller bzw. religiöser Aspekte für das Werk eingehend gewürdigt. Lampadius’ Zuversicht, daß das eminente Problem der Verfassung des Reiches, der Ausgleich von kaiserlicher Majestät und ständischer Libertät, lösbar sei, sei in dem Glauben begründet gewesen, daß das Reich „von Gott die Verheißung ewiger Dauer“ habe.8 Über Lampadius’ grundlegendes Werk zum Reichsstaatsrecht heißt es dann wie folgt: „Das zweite und wichtigste ist sein herzhafter Eifer für die protestantische Sache. Das ganze Buch ist getragen von der Ueberzeugung, daß nichts dem Reiche größeren Abbruch gethan habe als der auf Superstition gegründete Dominat der römischen Päpste. Nichts beklagt der Autor lebhafter als die anmaßlichen Einmischungen des römischen Pontifex und die Abhängigkeit so vieler geistlicher Fürsten von seiner Autorität. Die Kirchenhoheit ist nach seiner Lehre ein in der Souveränität des Staates liegendes Recht. Insbesondere spricht er der Staatsgewalt die Ernennung und Beaufsichtigung der Kirchendiener und die Berufung von Kirchenversammlungen zu. Das von den protestantischen Landesherrn errungene Kirchenregiment erscheint ihm daher als der erfreulichste Fortschritt, der geistliche Vorbehalt Ferdinands I. als das beklagenswertheste Hemmniß der deutschen Entwicklung. Wenn aber auch L. mit größtem Eifer für die Kirchenhoheit des Staates eintritt, so weist er doch mit nicht geringerer Entschiedenheit die Uebergriffe der Staatsgewalt auf das Gebiet des Glaubens zurück: abutuntur potestate principes, qui subditis quicquam aliud quam externum cultum vigore potestatis praestituunt. So viel von dieser fast verschollenen Schrift des L.“9

stedt 1671; Jena 1671; Straßburg 1686; 1688; 1730]; DERS., Tractatus de constitutione imperii Romano-Germanici, hg. v. HERMANN CONRING, Leiden 1634 [weitere Ausg.: 31642; Jena 1688]. 6 Siehe dazu unten Abschn. III.Tl.3.2. 7 D IETRICH , Art. Lampadius, 455. 8 K ÖCHER , Art. Lampadius, 575. 9 Ebd.

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Während im NDB-Artikel die Beziehung zu dem Helmstedter Theologen Georg Calixt nur zusammen mit anderen erwähnt wird,10 hatte der ADB-Artikel die erhebliche sachliche Bedeutung dieser freundschaftlichen Beziehung erläutert. Nicht nur hätten Calixts „irenische Bestrebungen, eine Versöhnung der kirchlichen Parteien herbeizuführen, bei ihm Anklang und nachmals wirksame Unterstützung“ gefunden, sondern darüber hinaus habe „umgekehrt der streitbare Feuereifer des L. den Calixt im Kampfe gegen die Jesuiten bestärkt“.11 Selbstverständlich muß der von antikatholischen Ressentiments nicht freie Einfluß einer preußisch-protestantischen Geschichtsdeutung problematisiert werden. Jedoch hat Köcher, wie zu zeigen sein wird,12 die unmittelbare sachliche Relevanz der konfessionellen Orientierung für Lampadius’ Entfaltung der Reichsstaatslehre angemessen berücksichtigt, im Unterschied zu deren mangelnder Thematisierung in dem entsprechenden Artikel der Neuen Deutschen Biographie. Drängend ist die Klärung der Frage nach den Auswirkungen konfessioneller Orientierung auf das juristische Werk gelehrter Juristen bzw. die Rechtsentwicklung in der Frühen Neuzeit schließlich auch durch die Vgl. DIETRICH, Art. Lampadius, 455. KÖCHER, Art. Lampadius, 575. Angesichts der in seinem Reichspatriotismus („Lebhaftigkeit des Nationalgefühls“) wurzelnden Widerstände Lampadius’ gegen einen Anschluß an den Schwedenkönig Gustav Adolf räsoniert Köcher: „Sein einziger Trost war, durch solche Unterordnung der Sache des Protestantismus zum Siege zu helfen. Denn von protestantischem Eifer waren seine Gedanken zu jeder Stunde erfüllt. Unter dem Pseudonym Scipio Aretinus trat er auch noch einmal als Publicist für die Sache des Evangeliums in die Schranken mit einer ‚Gründlichen Deduction, wie es mit dem kaiserlichen Religions-Edict und dem geystlichen vermeinten Vorbehalt eygentlich bewant, und was dieselbe beyderseits vor Krafft und Würckung haben‘ (Frankfurt 1633, 40). Erbringt er hier den Nachweis, daß dem geistlichen Vorbehalt und dem darauf basirten Restitutionsedict keine Rechtskraft beiwohne, so treten uns die letzten Ziele seiner protestantischen Politik in einer Denkschrift vom 16. Januar 1634 entgegen, durch die der Beitritt des Hauses Braunschweig zum obersächsischen Vertheidigungsbunde motivirt werden sollte. Verlangt wird hier Ausschließung des päpstlichen Einflusses und Austreibung der Jesuiten aus Deutschland; die dogmatischen Streitigkeiten werden von der Kanzel, die nur der Erbauung dienen soll, auf die Universitäten verwiesen und zur Beförderung der Einigkeit und Duldsamkeit wird nicht nur ein allen Religionstheilen gemeinsamer Bettag, sondern die regelmäßige Alternation eines katholischen und eines evangelischen Kaisers verlangt. Dem Hause Braunschweig aber soll die Incorporation des Stiftes Hildesheim zuerkannt werden“ (aaO., 576). 12 Siehe unten Abschn. III.Tl.3.2.1. 10 11

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Etablierung des Konfessionalisierungsparadigmas in der Frühneuzeitforschung geworden. Anfang der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts haben die Historiker Heinz Schilling und Wolfgang Reinhard mit dem Begriff „Konfessionalisierung“ die zentrale Rolle beschrieben, welche die sich formierenden Konfessionen bei der Entstehung der frühmodernen Staatenwelt spielten.13 Lutherische, reformierte und katholische Konfession haben danach in gleicher Weise ihren Beitrag zur frühmodernen Territorialstaatsbildung und der Formierung der frühmodernen Gesellschaft insgesamt geleistet und selbst in diesem Kontext ihre charakteristische Gestalt gewonnen.14 Schillings und Reinhards Hypothesen haben die Erforschung der Reformationszeit in den letzten dreißig Jahren wie keine andere Theoriebildung angeregt. Sie sind von Kirchenhistorikern gerne aufgenommen worden, da hier Religion bzw. Konfession als Movens in der Geschichte ernstgenommen und nicht nur als Epiphänomen behandelt werden. Die Konfessionalisierungsthese bleibt jedoch an einer wichtiVgl. Schillings Erläuterung des Begriffs „Konfessionalisierung“, in: DERS., Die Konfessionalisierung im Reich, 6: „‚Konfessionalisierung‘ meint einen gesellschaftlichen Fundamentalvorgang, der das öffentliche und private Leben in Europa tiefgreifend umpflügte, und zwar in meist gleichlaufender, bisweilen auch gegenläufiger Verzahnung mit der Herausbildung des frühmodernen Staates und mit der Formierung einer neuzeitlich disziplinierten Untertanengesellschaft, die anders als die mittelalterliche Gesellschaft nicht personal und fragmentiert, sondern institutionell und flächenmäßig organisiert war.“ Vgl. auch REINHARD, Zwang zur Konfessionalisierung?, 258f.: „Die Vorstellung von ‚Reformation‘ und ‚Gegenreformation‘ als unvereinbaren sachlichen Gegensätzen und zeitlich aufeinanderfolgenden Phasen der Geschichte ist nicht mehr zu halten. Zutreffender erscheint heute die Unterscheidung einer relativ kurzlebigen ‚evangelischen Bewegung‘ [...], von einem [...] runde zwei Jahrhunderte anhaltenden Prozeß der ‚Konfessionalisierung‘, [...]. Er findet aber – und das ist das Wichtigste – in allen drei konfessionellen Bereichen, bei Calvinisten, Katholiken und Lutheranern sachlich weitgehend und zeitlich einigermaßen parallel statt.“ 14 Einen Überblick über die Breite der Diskussion geben die drei aus Symposien des Vereins für Reformationsgeschichte hervorgegangenen Sammelbände: SCHILLING (Hg.), Die reformierte Konfessionalisierung in Deutschland – Das Problem der „Zweiten Reformation“, 1986; RUBLACK (Hg.), Die lutherische Konfessionalisierung in Deutschland, 1992; SCHILLING/REINHARD (Hg.), Die katholische Konfessionalisierung, 1995. Vgl. ferner die Übersichten über die umfassende Rezeption und Diskussion des Konfessionalisierungsparadigmas, in: EHRENPREIS/HEUMANN , Reformation und konfessionelles Zeitalter; SCHMIDT, Konfessionalisierung im 16. Jahrhundert; KAUFMANN, Die Konfessionalisierung von Kirche und Gesellschaft. 13

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gen Stelle unbefriedigend.15 Sie betrachtet die Konfessionen primär funktional und kommt nur zu einer Deutung, welche die übereinstimmende funktionale Bedeutung von Konfessionen für die Formierung der frühmodernen Gesellschaft betont. Da sich konfessionelle Orientierungen zum Beispiel im Bereich der bildenden Kunst oder der Musik offensichtlich unterschiedlich ausgewirkt haben,16 ist auch nach den jeweiligen Wirkungen bzw. Ausprägungen der konfessionellen Orientierung in den einzelnen Kulturfeldern17 zu fragen.18 Knapp skizziert finden sich kritische Einwände und weiterführende Überlegungen zur Konfessionalisierung als Leitparadigma der Frühneuzeitforschung in: KAUFMANN, Einleitung: Interkonfessionalität, Transkonfessionalität, binnenkonfessionelle Pluralität. 16 Zusammenfassend zu den Kulturwirkungen des Barockkatholizismus auf dem Gebiet der Architektur, der bildenden Kunst, der Literatur und des Theaters sowie der Musik: WEISS, Katholische Reform, 163–170 (mit weiteren Literaturhinweisen); für den Bereich der bildenden Kunst: BAUMGARTEN, Konfession, Bild und Macht; kritische „Vorbemerkungen“ zur Frage der Wirkungen calvinistischer Theologie in der Kunst bietet BENEDICT, Calvinism as a Culture?; zur Frage eines spezifischen Beitrags der Reformierten zum Schul- und Hochschulwesen in der Frühen Neuzeit vgl. jetzt den Sammelband: SCHILLING/EHRENPREIS (Hg.), Frühneuzeitliche Bildungsgeschichte der Reformierten in konfessionsvergleichender Perspektive. 17 Zu einem Begriff von Kultur, der diese als auf Wertideen aufbauende Schöpfung des Menschen auf allen Gebieten des Lebens versteht, vgl. OEXLE, Geschichte als Historische Kulturwissenschaft, bes. 24–27. 18 Thomas Kaufmann hat den von Gerhard Schmidtchen in dessen grundlegender Studie zu den unterschiedlichen „konfessionellen Kulturen“ von Protestanten und Katholiken in Deutschland geprägten Begriff „Konfessionskultur“ in die Frühneuzeitforschung eingeführt, um den Engführungen des Begriffs „Konfession“ zu entgehen. Dieser Begriff sei in der Lage, „die innerlutherische Vielfalt hinsichtlich des geltenden Bekenntnisses ebenso wie hinsichtlich der kulturellen Ausdrucksformen begrifflich zu verbinden. Damit bietet der Begriff zugleich die Möglichkeit, die im Luthertum bemerkenswert vielfältigen Phänomene und die zahlreichen Personen, die sich einerseits durchaus als Lutheraner verstehen, sich andererseits aber gegenüber pansophischen, kabbalistischen, naturkundlich-alchimistischen, paracelsischen oder auch mystischen und spiritualistischen Einflüssen öffnen und diese in vielfältiger Weise aufnehmen, mit der eigenen Tradition zu verbinden versuchen oder sich diesen ohne Vermittlung mit ihrer religiös-theologischen Tradition widmen, innerhalb des zeitgenössischen Luthertums zu verorten. [...] Daß das, was ich mit lutherischer Konfessionskultur bezeichnen möchte, eine religiös integrierte Alltagskultur meint, die zwar keine monolithisch geschlossene Einheit darstellt, wohl aber prägende Verbindlichkeiten voraussetzt und diese in vielfältigen Formen aktualisiert, ist gegenüber neueren kulturgeschichtlichen Konzeptionen der Frühneuzeit nachdrücklich zu betonen“ (KAUFMANN, Dreißigjähriger Krieg, 144f.). Mit dem Begriff „kon15

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Die Arbeit der Juristen ist hier nicht nur deshalb ein besonders interessantes Thema, weil diese eine zentrale Rolle bei der Formierung der frühmodernen Staatenwelt spielten, sondern auch weil sie qua Profession entkonfessionalisierend zu wirken hatten, indem sie Konflikte religiös begründeter, unbedingter Wahrheitsansprüche rechtlich einzugrenzen suchten. Damit können zugleich Gesichtspunkte für die Klärung des Verhältnisses von Konfessionalisierung und Säkularisierung erarbeitet werden;19 ein Desiderat, das Michael Stolleis in seiner aus der Perspektive des Rechtshistorikers formulierten Kritik der Etablierung der Konfessionalisierung als Leitparadigma in der Frühneuzeitforschung zu Recht angemahnt hat.20 Auch Stolleis gesteht zu, daß die fessionelle Kulturen“ bzw. „Konfessionskultur“ kann in der Tat besser zum Ausdruck gebracht werden, daß es zwar eine funktionale Gleichheit der Konfessionen im Zusammenhang der frühneuzeitlichen Modernisierungsprozesse, aber auch unterschiedliche Kulturwirkungen und konfessionsspezifische Semantiken gibt. Kaufmann stellt für die von ihm behandelte lutherische Konfessionskultur eine außergewöhnliche Vielfalt fest, die als „eine religiös integrierte Alltagskultur“ ernstzunehmen sei. Hier bleibt das nicht befriedigend gelöste Problem, daß angesichts dieser Vielfalt das in irgendeiner Weise Spezifische der lutherischen Konfessionskultur im Vergleich zur reformierten oder katholischen definiert werden muß. 19 Ausgehend vom Sprachgebrauch in den rechtsgeschichtlichen Arbeiten M. Stolleis’ und M. Heckels wird unter Säkularisierung im folgenden die Entwicklung verstanden, daß Begriffe und Sachverhalte, die ihre Bedeutung ursprünglich in einem kirchlichen, von der Welt unterschiedenen Kontext hatten, diese nun in einem weltlichen Kontext gewinnen und es zu einer verschärften Verweltlichung und Vergeschichtlichung des Religiösen kommt. Mit einem solchen offenen, auf Wertungen weitgehend verzichtenden Begriff kann der Dissens von Karl Löwith und Hans Blumenberg entschärft werden. Trotz nachvollziehbarer Bedenken gegen „die zuweilen stark fortschrittsteleologisch wertende Säkularisierungsheuristik“ (so ZWIERLEIN, Heidelberg, 56 Anm. 72) bleibt der Begriff „Säkularisierung“ unverzichtbar. Vgl. auch ZABEL, Art. Säkularisation, Säkularisierung, bes. 827–829; MARRAMAO, Art. Säkularisierung; BARTH, Art. Säkularisierung; LEHMANN, Säkularisierung. 20 Vgl. S TOLLEIS , „Konfessionalisierung“ oder „Säkularisierung“; D ERS ., Religion und Politik. Stolleis hat im Unterschied zu Schilling (vgl. z.B. Schlußdiskussion, in: DERS. (Hg.), Die reformierte Konfessionalisierung, 454f.), die Sozialdisziplinierung und die Säkularisierung der Konfessionalisierung als zeitlich begrenzterem Phänomen übergeordnet: „Ebenso ist die langfristige Sozialdisziplinierung (im Sinne von Gerhard Oestreich und Norbert Elias) und die historisch relativ kurzfristige Konfessionalisierung auseinanderzuhalten. Die Sozialdisziplinierung war schon vor der Konfessionalisierung da, und sie hat sich, als die Konfessionalisierung in der Aufklärung zerfiel, weiter fortgesetzt. [...] Die letztlich stärkere historische Linie ist die der Säkularisierung des Rechts und der Enttheologisierung öffentlicher Herrschaft. Ich halte deshalb die These von der Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisa-

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Konfessionalisierung „im Ergebnis einen ‚erheblichen Wachstumsschub moderner Staatlichkeit‘ gebracht“ habe, wo ein konfessionell einheitlicher Staat die Religion „benutzt“ habe, „indem er sie durch ‚umarmende Reglementierung‘ zur Intensivierung seiner Herrschaftsabsichten einbezieht.“21 Der europaweit wichtigere und langfristig erfolgreichere Weg sei aber nicht der der Inklusion im Verhältnis von Religion bzw. Konfession und einer sich immer stärker verweltlichenden Politik gewesen, sondern der einer Exklusion. Dies bedeute, daß Institutionen und Repräsentationen der Konfession ausgeklammert und neutralisiert würden. Staatwerdung vollziehe sich hier „durch Errichtung eines legitimen Gewaltmonopols jenseits der streitenden Konfessionen und jenseits der vielfältigen Gliederungen des spätmittelalterlichen Gemeinwesens“.22 Juristen spielten bei beiden Varianten die entscheidende Rolle. Insofern gilt es bei der folgenden Untersuchung besonders auf das Verhältnis von konfessionalisierenden und säkularisierenden Aspekten im Werk reformierter Juristen zu achten.23 tion für die Langzeitperspektive vom Mittelalter bis zur Neuzeit für die richtige These. Das schließt nicht aus, daß die Konfessionalisierungsthese im Sinne einer kräftigen Unterstützung der Staatsbildung während des konfessionellen Zeitalters ihre sektorale und territorale Stimmigkeit hat“ (STOLLEIS, Religion und Politik, 40f.; vgl. DERS., „Konfessionalisierung“ oder „Säkularisierung“, 20–23). 21 S TOLLEIS , Religion und Politik, 30 (unter Aufnahme einer Formulierung Wolfgang Reinhards). 32. 22 „Sie implizierte die Distanzierung von ideologischen Inhalten, eine wachsende Verrechtlichung und die Einrichtung einer zentral gelenkten, more geometrico entworfenen Verwaltungsmaschinerie. Das bedeutete im Prinzip die Trennung von Politik und Religion und die Zurücksetzung der Theologen in der inneren Rangordnung der Höfe“ (aaO., 29; vgl. auch aaO., 32f.). 23 Schon in den sechziger Jahren hatte Martin Heckel darauf hingewiesen, daß „in eigenartiger Weise die teilweise Säkularisierung des Verfassungsrechts mit einer teilweisen Konfessionalisierung kombiniert“ sei (DERS., Zur Entwicklung des deutschen Staatskirchenrechts, 380). Vgl. auch den mehrfachen Verweis auf die „Teilemanzipation des Reichsverfassungsrechts vom theologischen Rechtsdenken und vom kirchlichen Rechtssystem“ (so z.B. DERS., Deutschland im konfessionellen Zeitalter, 52). Im Jahre 2006 hat Heckel unter der Überschrift „Konfessionalisierung und Säkularisierung im dialektischen Zusammenspiel“ wie folgt treffend zusammengefaßt: „Der Weg in die Moderne war noch lang und mühevoll für beide Konfessionen. Konfessionalisierung in Koexistenz mußte erst gelernt werden. Ein Kernproblem trat seit 1555 verstärkt auf: Der Westfälische Friede hatte sich allgemeiner und offener, d. h. säkularer Rechtsformen bedient, die beide Religionsparteien für ihre so unterschiedlichen religiösen Bedürfnisse benützen konnten. Konfessionalisierung und Säkularisierung standen dabei einerseits im Gegensatz, andererseits haben sie

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Im Blick auf die geschichtlichen Wirkungen der reformierten Konfession hat sich die Forschungslage in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Anfang und Mitte des 20. Jahrhunderts hatten Max Weber und Ernst Troeltsch mit ihren Hypothesen eines charakteristischen Beitrags des calvinistisch-reformierten Protestantismus zur Gestaltwerdung der westlichen Zivilisation die Diskussion beherrscht.24 Am Beginn des 21. Jahrhunderts ist davon nicht mehr viel übrig geblieben. In einer kritischen Bewertung der wirkungsreichen Protestantismus-Deutungen Troeltschs hat Luise Schorn-Schütte den Forschungsstand im Jahre 1993 wie folgt zusammengefaßt: „Gemeint ist die Troeltschs Grundannahme korrigierende Erkenntnis, daß alle drei Konfessionen an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert im Bündnis mit den erstarkenden Territorialherren gegen das Beharrungsvermögen der ständischen Partikulargewalten (vor allem Städte und Landstände) eine entwicklungsverändernde Rolle spielen konnten. Und andererseits konnten alle drei Konfessionen im Bündnis mit den ständischen Kräften gegen die auf Zentrierung von Herrschaft drängenden Landesherrn aktiv sein. Diese Erkenntnis belegt: es gibt keine wesensmäßig ‚modernisierend‘ wirkende Konfession. Sowohl das Luthertum als auch der Katholizismus und das Reformiertentum haben sich, abhängig von der je konkreten historischen Situation, mit den Veränderungen anstrebenden oder mit den am Hergebrachten festhaltenden politischen Kräften verbunden. Sowohl das Luthertum als auch Katholizismus und Reformiertentum konnten modernisierungsfördernd ebenso wie modernisierungshemmend auftreten. Die Richtung der politischen Wirkung der Konfessionen ist demnach kontingent, nicht wesensmäßig!“25

Der Autor der neuesten umfangreichen Geschichte des reformierten Protestantismus, Philip Benedict, kommt zu dem Ergebnis, daß die Frage, ob der reformierte Protestantismus einen besonderen Beitrag einander dialektisch ergänzt, ja bedingt. Die Historiographie wie die Dogmatik des Staatskirchenrechts irrt, wenn sie Säkularisierung und Konfessionalisierung als exklusive Alternative versteht“ (DERS., „Zelo domus Dei“?, 118). 24 Zu einer Bewertung der Thesen Troeltschs auf dem Hintergrund des gegenwärtigen Forschungsstandes vgl. STROHM, Nach hundert Jahren. Ernst Troeltsch, der Protestantismus und die Entstehung der modernen Welt. 25 S CHORN -S CHÜTTE , Ernst Troeltschs ‚Soziallehren‘ und die gegenwärtige Frühneuzeitforschung, 138. Besondere Plausibilität konnten diese mit der Konfessionalisierungsthese verbundenen neuen Bewertungen im deutschsprachigen Raum auch darum gewinnen, weil sie zu einem Zeitpunkt formuliert wurden, als die alte Dominanz der preußisch-protestantisch geprägten Deutungsmuster in der Geschichtswissenschaft endgültig obsolet geworden war. Bis in die Anfangszeit der Bundesrepublik hinein bestimmten die von konfessionellen wie weltanschaulichen Vorurteilen beherrschten, nicht zuletzt von Leopold von Ranke etablierten Thesen eines protestantischen Modernitätsvorsprungs die Frühneuzeitforschung.

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zum Werden der modernen Demokratie geleistet hat, letztlich negativ zu beantworten ist.26 Hingegen hatte die vor fünfzig Jahren erschienene, wirkungsreiche Gesamtdarstellung John T. McNeills The History and Character of Calvinism noch die Bedeutung calvinistisch-monarchomachischer Widerstandslehren und presbyterial-synodaler Kirchenleitungsmodelle für die Ausbreitung der modernen Demokratie betont.27 Selbst bei dem früher als Calvinisten par excellence angesehenen Juristen Johannes Althusius, dessen Politica methodice digesta als „ein auf der Theologie Calvins beruhendes Lehrbuch der politischen Wissenschaft“ beschrieben worden ist,28 wird heute ein konstitutiver Einfluß calvinistisch-reformierter Theologumena auf seine juristisch-politologische Theoriebildung überwiegend abgelehnt.29 Unbefriedigend bleibt, daß die Versuche, sozialgeschichtlich fundiert mentalitäts- oder kulturprägende Wirkungen der reformierten wie der anderen Konfessionen aufzuweisen, bislang lediglich zu sehr begrenzten Ergebnissen geführt haben.30 Nicht nur die angesprochenen, offensichtlich konfessionsbedingten Unterschiede in einzelnen Kulturfeldern, sondern auch die in der longue durée greifbare und von Soziologen vielfach bearbeitete,31 unterschiedliche kulturelle Entwicklung protestantisch und katholisch geprägter Reichsteile zwingen zu einer Neubewertung der kulturellen Wirkungen konfessioneller Orientierungen. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war die Rechtswissenschaft – wie auch die Geschichtswissenschaft – in Deutschland klar protestantisch dominiert. Friedrich Carl von Savigny (1779–1861) ist nur ein besonders illustres Beispiel in einer langen Reihe von protestantischen Juristen in Deutschland – und zwar protestantisch in einem durchaus profilierten Sinne.32 In der zweiten Hälfte Vgl. BENEDICT, Christ’s Churches, 533–537. Vgl. MCNEILL, History. 28 Vgl. WINTERS , Die „Politik“, 270; WOLF , Große Rechtsdenker, 182f. 29 Zu der Diskussion siehe unten Abschn. II.Tl.4.2. 30 Zugleich geht man in anderen Zusammenhängen mehr oder weniger unreflektiert von einer negativen Wirkung theologischer Lehren oder religiöser Prägungen aus. Es seien nur die vielzitierte lutherische Untertanenmentalität und die Auffassung von der Mitschuld des traditionellen christlich-religiösen Antijudaismus am rassisch motivierten Antisemitismus des 20. Jahrhunderts erwähnt. 31 Vgl. vor allem S CHMIDTCHEN , Protestanten und Katholiken; DERS . et al., Konfession, eine Nebensache?. 32 Zuletzt hat dies Joachim Rückert in einem Vortrag auf dem Symposium zum 65. Geburtstag von Michael Stolleis am 21./22. Juli 2007 herausgestellt. Vgl. auch DUFOUR, La religion de Savigny. 26 27

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des 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts fällt der signifikante Anteil protestantischer Juristen an der Ausbreitung der Reichspublizistik bzw. der Entstehung und Etablierung des ius publicum als Disziplin an den juristischen Fakultäten auf.33 In jüngerer Zeit hat lediglich Stolleis einige Gesichtspunkte zur ursächlichen Wirkung spezifisch mentaler Dispositionen bei protestantischen Juristen formuliert, um diesen Sachverhalt zu deuten.34 Eine eingehende Untersuchung des Einflusses konfessioneller Orientierung hat Harold J. Berman im Jahre 2003 unter dem Titel Law and revolution II. The impact of the Protestant Reformations on the western legal tradition vorgelegt. Der Schwerpunkt des der Frühen Neuzeit gewidmeten Teils liegt bei der Untersuchung des Beitrags lutherischer Juristen an den Bestrebungen einer systematischen Darstellung des Rechts im 16. Jahrhundert.35 Drei grundlegende Veränderungen hätten sich in der RechtsSiehe dazu eingehend unten Abschn. III.Tl., bes. S. 315–320. „Trotz strenger Konfessionalisierung auch im evangelischen Bereich und trotz der Herrschaft der Orthodoxie war der Grundgedanke der Reformation von der Selbstverantwortlichkeit des Menschen nicht untergegangen. Dieser Gedanke wirkte nicht nur bei der religiösen Begründung der ‚Freiheit des Christenmenschen‘ weiterhin lockernd, sondern auch bei der Behandlung politischer und juristischer Themen. Die Maxime, zweifelhafte Fragen selbst zu prüfen und selbst zu entscheiden, hat im Protestantismus viel schneller Wurzeln geschlagen und zu jener produktiven Unruhe geführt, der u. a. auch die protestantischen Universitäten und speziell das Fach des ius publicum ihren Aufschwung verdankten. [...] Das protestantische ius publicum wurde schneller autark, weil der zentrale theologische Begründungsund Herrschaftsanspruch sowohl geistig durchbrochen als auch organisatorisch zersplittert war. Der Mangel an einheitlicher geistiger Führung wirkte so in einer Phase des methodischen Umbruchs aller Wissenschaften außerordentlich anregend. Das gleiche gilt für den Mangel einer einheitlichen und effektiven Zensur“ (STOLLEIS, Glaubensspaltung und öffentliches Recht, 291f.). Vgl. auch WYDUCKEL, Althusius und die Monarchomachen, 150f. 156–160; DERS., Recht und Jurisprudenz im Bereich des reformierten Protestantismus. Selbstverständlich gilt es Wyduckels Warnung, daß „sich die Herausbildung des Öffentlichen Rechts nicht schlechthin konfessionalistisch vereinnahmen oder gar zur Domäne nur einer Konfession erklären“ läßt (zit. unten Abschn. III.Tl., Anm. 1), zu beachten. 35 Insbesondere Johann Apel (1486–1536) und Konrad Lagus (ca. 1499–1546) werden eingehender gewürdigt (vgl. BERMAN, Law and revolution II, 113–118. 118– 124). Die Ansätze einer systematischen Darstellung des Rechts wurden vor allem angeregt durch Melanchthons Etablierung der Loci communes-Methode (vgl. aaO., 83–87. 111–113. 150f.). Das erste entsprechende Werk von Johann Apel bietet im Zuge der Loci-Methode eine dogmatisch-dialektische Behandlung der einzelnen Materien (vgl. DERS., Methodica dialectices ratio ad juris prudentiam accommodata, Nürnberg 1535). Conrad Lagus ist dann wohl der erste, der in Ansätzen eine Syste33 34

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wissenschaft des 16. Jahrhunderts ereignet.36 Zuerst sei die Autorität des römischen Rechts im Zuge einer konsequenten philologischen Analyse und historischen Kontextualisierung durch Laurentius Valla und vor allem Guillaume Budé grundlegend in Frage gestellt worden. In einem zweiten Schritt hätten sich Juristen wie Andrea Alciato und Ulrich Zasius aufs Neue um Anwendbarkeit und Lehrbarkeit bemüht. Auf diesem Hintergrund hätten dann protestantische Juristen die entscheidenden Schritte zu einer Systematisierung der Rechtswissenschaften getan, weshalb man von einem „Usus modernus protestantorum“ sprechen könne. „A third stage in the transformation of Western legal science was needed to bring to fruition and to surpass the ‚sceptical‘ first stage and the ‚principled‘ second stage of humanist legal science. In the third, ‚systematic‘ stage, beginning in the late 1520s and 1530s, leading jurists, chiefly German and chiefly Protestant, undertook to derive from basic principles and concepts not simply individual aspects or parts of law but the entire body of law. This completed the shift – both the technical shift and the logical shift – to a new legal science.“37

Darüber hinaus hat Berman unter anderem anhand einer Analyse des Denkens Johann Freiherr zu Schwarzenbergs die Einflüsse der lutherischen Reformation auf die mit der Constitutio criminalis Carolina von 1532 einsetzende Strafrechtsreform in Deutschland und die Systematisierung des Strafrechts herausgearbeitet.38 Bermans Schüler John Witte Jr. hat im Jahre 2002 den Rechtslehren der lutherischen Reformation eine eingehende Studie gewidmet.39 Anhand der Positionen Melanchthons, Melchior Klings und Johannes Oldendorps wird die Umformung („conversion“) des kanonischen Rechts im Bereich der lutherischen Reformation dargestellt.40 Weitere Schwerpunkte des Werkes sind die Rezeption von Luthers Unterscheidung der beiden Reiche und Regimente matik des römischen und kanonischen Rechts entwickelt, sich dann jedoch bei der Durchführung wieder an die Institutionen-Ordnung gehalten hat (vgl. DERS., Juris utriusque traditio methodica, Frankfurt a. M. 1543). 36 Vgl. aaO., 100–130. 37 AaO., 108f.; vgl. aaO., 158–160. Berman bietet neben den Genannten eine Liste von 19 weiteren für die Systematisierung der Rechtswissenschaften bedeutsamen Juristen, von denen nur zwei der römischen Kirche treu geblieben sind (Johann Thomas Freigius [1543–1583] und Joachim Hopperus [1523–ca. 1580], vgl. aaO., 427f. Anm. 55). 38 Vgl. aaO., 130–155, bes. 146–150. 39 WITTE J R ., Law and protestantism. 40 Vgl. aaO., 53–87.

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durch lutherische Juristen41 sowie die Reformation der Ehegesetzgebung auf der Grundlage der neuen theologischen Bewertung der Ehe durch die Reformatoren.42 Vor kurzem hat Witte unter dem Titel The Reformation of Rights eine Darstellung des Einflusses der Lehren Calvins und seines Nachfolgers Beza auf die Ausbildung des Menschenrechtsgedankens, Ansätze moderater Religionsfreiheit, Widerstandsrechtsbegründungen sowie den Bundesgedanken als Grundlage eines politischen Gemeinwesens vorgelegt. Neben Calvin und Beza stehen Johannes Althusius, John Milton, John Winthrop und John Adams im Zentrum der Untersuchung.43 Im Unterschied zur gegenwärtigen Forschung, die sich dem Thema nur vereinzelt zugewandt hat, finden sich in den frühen biographischen Darstellungen der betreffenden Juristen vielfach Hinweise auf die Bedeutung der Konfession für deren Lebensweg. Diese Texte müssen neben dem Schrifttum und gegebenenfalls den erhaltenen Korrespondenzen der einschlägigen Autoren als wichtige Quellen ausgewertet werden. Auch spätere Darstellungen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert gehen mitunter auf die Bedeutung der konfessionellen Orientierung für den Lebensweg oder das Werk gelehrter Juristen ein.44

2. Methodische Probleme Die Untersuchung der möglichen Einflüsse konfessioneller Orientierungen auf das Werk reformierter Juristen in der Frühen Neuzeit hat vier grundlegende methodische Schwierigkeiten zu gewärtigen. Zuerst einmal besteht schon vom Ansatz her die Gefahr monokausaler Erklärungen. Auch wenn in der vorliegenden Untersuchung die konfessionelle Orientierung thematisiert wird, ist diese immer nur zusammen mit anderen kulturellen Faktoren, politischen Entwicklungen oder ökonomischen Interessen wirksam. So ist die geradezu explosionsartige Zu41 Witte spricht von „two-kingdoms framework“. Siehe dazu unten Ergebnisse, S. 443 mit Anm. 13. 42 Vgl. aaO., 199–255; vgl. auch DERS ., Sex, marriage, and family in John Calvin’s Geneva. 43 Vgl. WITTE J R ., The Reformation of Rights; vgl. auch DERS ., Moderate Religionsfreiheit in der Theologie Johannes Calvins; DERS., Religion and the American constitutional experiment. 44 Vgl. A DAM , Vitae iureconsultorum; B UDER , Vitae; J UGLER 1–6; S TRIEDER 1– 21; vgl. ferner GÖSCHEL, Zur theologisch-juristischen Literatur.

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nahme des Schrifttums „de iure publico“ um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert, die Schaffung von Lehrstühlen des öffentlichen Rechts und die Etablierung des ius publicum als einer eigenständigen Disziplin an den juristischen Fakultäten unter anderem Folge der mit der Territorialstaatsbildung verbundenen vermehrten Universitätsgründungen, eines Anwachsens des Buchdrucks oder auch der spezifischen Interessenlage der protestantischen Stände im Reich.45 Nur im Zusammenspiel damit sind auch spezifische mentale Dispositionen, Ideen und Milieus im Bereich des Protestantismus zu berücksichtigen. Aber diese sind eben auch nicht zu vernachlässigen. Denn es bildeten sich konfessionsspezifische Semantiken heraus, die sich förderlich auf die Rechtsentwicklung ausgewirkt haben – oder eben hemmend. Um konfessionalistische Mißverständnisse zu vermeiden, kann nicht deutlich genug betont werden, daß die Rechtsentwicklung der westlichen Zivilisation in ihren Anfängen ganz wesentlich auf den Errungenschaften des kanonischen Rechts und der mittelalterlichen Kanonistik beruht.46 Darüber hinaus darf auch die bedeutende Vorbildrolle der (mittelalterlichen) Kirche und ihrer Verwaltung – „vor allem hinsichtlich des Kanzleiwesens, der Verschriftlichung und der Ausbildung des Berufsbeamtentums“ – bei der Herausbildung des frühmodernen Staates und damit der Staatsrechtsentwicklung nicht unterschätzt werden.47 Das zweite methodische Problem resultiert aus der Schwierigkeit, in der zweiten Hälfte des 16. und den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts überhaupt klare Grenzen zwischen den Konfessionen zu ziehen. Besonders im Blick auf das Verhältnis von lutherischer und reformierter Konfession ist das letztlich nicht möglich. Die einzige Möglichkeit in dieser Hinsicht wäre, die Unterschrift unter die lutherische Konkordienformel von 1577 zum Maßstab zu machen. Dies trifft aber nur auf einen Teil der lutherischen Territorien zu, und man würde beträchtliche Teile des melanchthonianisch gesinnten Luthertums zum konfessionellen Niemandsland erklären. Für die Rechtsentwicklung so wichtige Siehe dazu unten Abschn. III.Tl.1. Nicht angemessen berücksichtigt werden können die sozialgeschichtlichen Aspekte der Entwicklung des Juristenstandes im reformierten, lutherischen und katholischen Bereich, auf deren Bedeutung Filippo Ranieri hingewiesen hat. Im 16. Jahrhundert ist in ganz Europa – und zwar konfessionsübergreifend – „eine massive, fast explosionsartige Zunahme des juristisch geschulten Personals“ festzustellen (DERS., Vom Stand zum Beruf, 91). 46 Grundlegend dazu: B ERMAN , Recht und Revolution. 47 Vgl. S TOLLEIS , Religion und Politik, 29. 45

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Hochschulen wie Helmstedt48 oder Altdorf würden herausfallen. Die von dem melanchthonianisch-reformiert gesinnten Prokanzler Philipp Camerarius seit 1581 über vierzig Jahre lang geleitete Nürnberger Hohe Schule in Altdorf zeigt, wie wichtig gerade diese nicht unter dem unmittelbaren Diktat eines Bekenntnisses stehenden Hochschulen für die Rechtsentwicklung gewesen sind.49 Ohne eine gewisse Zurückhaltung gegenüber den von lutherischen Theologen forcierten innerprotestantischen Unterscheidungslehren hätte man gerade nicht europäische Koryphäen wie Hugo Donellus (1588–1591 in Altdorf)50, Scipio Gentili (1590–1616 in Altdorf)51, den ebenfalls aus Westeuropa stammenden Hubert Giphanius (van Giffen, 1583–1590 in Altdorf),52 der freilich einer der zunehmenden Wechsler zwischen den Konfessionen geworden ist, oder Konrad Rittershausen (1591–1613 in Altdorf)53 berufen können. Schon das traditionelle Etikett „kryptocalvinistisch“ für das Altdorfer Milieu oder die melanchthonianisch orientierten Kreise um Philipp Camerarius nimmt die lutherische Konkordienformel zum entscheidenden Maßstab. Im reformierten Bereich ist die innerkonfessionelle Pluralität 48 Im Jahre 1583 war Herzog Julius von dem Einigungswerk der Konkordie zurückgetreten. Der neue Herzog Heinrich Julius gab systematisch der humanistischen gegenüber der orthodoxen Richtung den Vorzug. So berief er 1589 den berühmten Humanisten Johannes Caselius (bis 1613 in Helmstedt) und in den folgenden Jahren andere Gleichgesinnte an die philosophische Fakultät, so daß diese aufblühte. In den Jahren 1614 bis 1654 verkörperte Georg Calixt, dessen Betonung der Bedeutung der Werke neben dem Glauben ihm selbst den Vorwurf calvinistischer Tendenzen einbrachte, den Geist der Hochschule (zu den ersten Jahrzehnten der Universität Helmstedt vgl. BAUMGART, Die Anfänge der Universität Helmstedt; DERS., Universitätsautonomie und landesherrliche Gewalt; DERS., Universitäten im konfessionellen Zeitalter; SCATTOLA, Gelehrte Philologie vs. Theologie; FRIEDRICH, Die Grenzen der Vernunft; vgl. auch KUNDERT, Katalog der Helmstedter juristischen Disputationen, Programme und Reden). 49 Vgl. M ÄHRLE , Academia Norica, 35–38. Auch über den seit 1600 als Ratskonsulent in Nürnberg wirkenden Georg Rhem wurde geurteilt, daß er „ganz eindeutig im Lager des Kalvinismus“ stand (KUNSTMANN, Nürnberger Universität, 87). 50 Zu ihm siehe unten Abschn. II.Tl.2.4. 51 Zu ihm siehe unten Einleitung, Anm. 66 u. Abschn. III.Tl.3.2.2. 52 Zu Giphanius vgl. S ÖLLNER , Literatur, 507. 512. 606f. (Lit.); MÄHRLE , Academia Norica, 274f. 287f. 317–321. 347–350. 389f. 428–445. 451–456. 460–468. 53 Zu Rittershausen vgl. ADAM , Vitae iureconsultorum, 212–215; EISENHART , Art. Rittershausen (Rittershusius); STINTZING, Geschichte I, 414–419; GÖSCHEL, Zur theologisch-juristischen Literatur, 298f.; KUNSTMANN, Nürnberger Universität, 26–29. 33–86; MÄHRLE, Academia Norica, 295. 297. 305f. 451–467.

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noch stärker zu gewichten, da schon die beiden Zentren Zürich und Genf bzw. deren Protagonisten Zwingli und Calvin deutliche Unterschiede in ihrer theologischen Ausrichtung zeigen.54 Auch ist der Stellenwert der Bekenntnisse im Vergleich zu den lutherischen Kirchen geringer, da der Maßstab allein die Heilige Schrift sein sollte. Die späten und thematisch sehr zugespitzten Abgrenzungen der Dordrechter Synode von 1618/19 sind jedenfalls noch weniger als entscheidender Maßstab als die Konkordienformel geeignet. Unter den gelehrten Juristen befindet sich ein auffallend hoher Anteil an sog. „Kryptocalvinisten“, die sich bewußt der innerprotestantischen konfessionellen Differenzierung entziehen. Diese sind an lutherischen Universitäten tätig, verweigern aber die Unterzeichnung der seit Ende der siebziger Jahre des 16. Jahrhunderts in den meisten lutherischen Territorien verbindlich gemachten Konkordienformel.55 Prominente Beispiele sind Matthäus und Peter Wesenbeck, die vor der spanischen Verfolgung in den Niederlanden nach Deutschland flohen. Matthäus Wesenbeck (1531–1586) lehrte seit 1557 an der neugegründeten „lutherischen“ Universität in Jena, geriet dort aber bereits im Jahr 1560 in Konflikt mit den kirchlichen Autoritäten, als er sich anläßlich einer Taufe, bei der er als Zeuge fungierte, zum sächsischen Konfutationsbuch bekennen sollte, dies aber wegen dessen antimelanchthonianischer Abendmahlslehre nicht tat.56 In dem nachfolgenden Streit bekannte er sich lediglich zu Melanchthons Augsburger Konfession und Luthers Katechismus. Im Jahr 1569 wechselte Wesenbeck an die Universität Wittenberg. Hier scheint ihn lediglich sein außerordentliches Ansehen57 54 Zu nennen ist hier neben der Abendmahls- und Prädestinationslehre vor allem die unterschiedliche Auffassung von der Rolle der weltlichen Obrigkeit bei der Kirchenzucht. Zu dem im Folgenden verwendeten Begriff „calvinistisch-reformiert“ vgl. STROHM, Methodology, 65–70. 55 Einen umfassenden Überblick über die Diskussionen unter den Theologen um ihre Einführung gibt: DINGEL, Concordia controversa. 56 Zu Matthäus Wesenbeck vgl. ADAM , Vitae iureconsultorum, 123–126; GÖ SCHEL, Zur theologisch-juristischen Biographie und Literatur, 248–252; GUNDLING , Otia III, 213–274; EISENHART, Art. Wesenbeck, Matthäus; STINTZING, Geschichte I, 351–366; KLEINHEYER/SCHRÖDER, Juristen, 519; FEENSTRA, Matthäus Wesenbeck (mit Auflistung der Werke Wesenbecks); LÜCK, Ein Niederländer in Wittenberg. 57 Wesenbecks zuerst 1563 erschienene Paratitla gehören zu den meistzitierten juristischen Werken am Ende des 16. und Beginn des 17. Jahrhunderts (Auflistung der zahlreichen Ausgaben der Paratitla und daraus hervorgegangener Kommentare bei FEENSTRA, Matthäus Wesenbeck, 213–226).

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vor folgenreichen Konflikten mit den kirchlichen Autoritäten bewahrt zu haben. Überaus bezeichnend ist die Leichenpredigt, in der der Wittenberger Superintendent und Vertreter einer frühen lutherischen Orthodoxie, Polykarp Leyser, die angeblich unmittelbar vor dem Tod erfolgte, ernsthafte Hinwendung des berühmten Juristen zur lutherischen Kirche zu erläutern versucht.58 Auch sein Vetter Peter Wesenbeck (1546–1603) ist in den Jahren nach dem Tod des sächsischen Kurfürsten Christian I. im Jahre 1591 als Kryptocalvinist verdächtigt worden.59 Nach der Weigerung, die Konkordienformel zu unterzeichnen, mußte er aufgrund der Angriffe des Theologieprofessors Samuel Huber (1547–1624) Wittenberg verlassen und ging nach Altdorf.60 Zeitgleich mit Peter Wesenbeck verließ ein weiterer bedeutender Jurist, Eberhard von Weyhe (1553–1637?), der sich ebenfalls geweigert hatte, die lutherische Konkordienformel zu unterschreiben, die Universität Wittenberg.61 Die Aufzählung ließe sich fortsetzen,62 und die vorliegende Untersuchung wird zeigen, wie fließend die Grenzen zwischen einem philippistisch gesinnten Luthertum und dem reformierten Protestantismus in dem Zeitraum 1550 bis 1620 gewesen sind. Als einzige in Rechnung zu stellende Grenzlinie erweist sich immer wieder die ausdrückliche Weigerung, die Konkordienformel zu unterschreiben.

Vgl. POLYKARP LEYSER, Eine Predigt uber der Leich des weiland Edlen / Ehrnuesten vnd Hochgelarten Herrn Matthaei Wesenbecks / der Rechten Doctorn vnd Professorn bey der Vniuersitet Wittemberg / welcher den 5. Junij des 86. Jars Gottseliglich in Christo verschieden / vnd folgenden 6. tag Junij zu Wittemberg in der Schloßkirchen / ad pedes Reuerendi Patris LVTHERI ehrlich zur Erden bestattet ist worden, Wittenberg 1587. 59 Zu ihm vgl. ADAM , Vitae iureconsultorum, 68f.; zu den Verfolgungen der sog. Kryptocalvinisten in Sachsen vgl. KLEIN, Der Kampf um die Zweite Reformation; JUNGHANS, Art. Kryptocalvinisten. 60 Seit dem 1. September 1598 wirkte er in Coburg als Ordinarius am Schöppenstuhl sowie Assessor am Hofgericht und Geheimrat. Hier hatte er das Recht, am 1605 neu errichteten Gymnasium Casimirianum Vorlesungen zu halten, und war gleichsam von der Konfession freigestellt. 61 Zu von Weyhe vgl. J UGLER 2, 223–236; L ANGE , Art. Weyhe; STOLLEIS , Geschichte I, 189f.; BRAUNGART, Art. Weyhe; WYDUCKEL, Wittenberger Vertreter des Ius Publicum, 319–321. 62 Die besondere Rolle, die Juristen wie Nichttheologen insgesamt in den Auseinandersetzungen um den sog. Kryptocalvinismus in Sachsen spielten, harrt bislang der Klärung. 58

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Auch im Blick auf den Katholizismus ist von einer großen Pluralität auszugehen, die erst im Zuge der jesuitisch-tridentinischen Re-Formierung des Katholizismus weitgehend verlorengegangen ist.63 Unter den Juristen zeigt sie sich in charakteristischer Weise am Umgang mit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555. Das Spektrum katholischer Juristen reicht von einem kaiserlichen Juristen wie Johann Ulrich Zasius, der einen entscheidenden Anteil am Zustandekommende des Religionsfriedens hatte, bis zu scharfen Gegnern der Ausgleichsregelungen mit den Protestanten wie den auf dem Reichstag 1555 als Kanzler des Augsburger Bischofs Otto Truchseß von Waldburg agierenden Konrad Braun. Im Zuge der jesuitisch-tridentinischen Konfessionalisierung wurden die Auffassungen des letztgenannten dann allerdings zur herrschenden Lehre.64 Das dritte methodische Problem betrifft die persönliche konfessionelle Identifizierung der einzelnen Juristen. Einige haben sich explizit an eine bestimmte konfessionelle Ausrichtung gehalten oder sind durch ihre Kommunikationszusammenhänge eindeutig einzuordnen. Unter den klar calvinistisch-reformierten Juristen könnte man neben Althusius zum Beispiel Donellus oder auch Hermann Vultejus65 nennen, der schon durch seinen Vater in diese Richtung gelenkt wurde, in Genf studiert hat und dann beim Übergang der Universität Marburg zum reformierten Protestantismus unter Landgraf Moritz dem Gelehrten 1605 eine wichtige Rolle gespielt hat. Andere haben klar reformierte Prägungen, sind aber in ihrer weiteren Entwicklung schwieriger zu fassen und einer bestimmten Konfession zuzuordnen. Exemplarisch sei auf den

In Dieter J. Weiß’ jüngst erschienener Überblicksdarstellung Katholische Reform und Gegenreformation wird dieser Aspekt erstaunlicherweise überhaupt nicht beachtet. Stattdessen ist sie von dem Interesse bestimmt, die Kontinuität der tridentinischen Re-Formierung des Katholizismus mit mittelalterlichen Reformbestrebungen herauszustellen. Entsprechend wird dann auch das tridentinische Konzil bewertet: „Das Konzil von Trient ist nach Vorgehensweise wie inhaltlicher Festlegung in der Tradition der ökumenischen Konzilien zu sehen. Viele der hier vertretenen Ideen wurzeln in der Reformbewegung des Spätmittelalters. Die Beschlüsse des Konzils bilden die Gesetzesfassung von Ideen, die weit zurückreichen“ (WEISS, Katholische Reform, 16). Gegen diese tridentinische Selbstdeutung spricht schon die päpstliche Dominanz auf dem Konzil bei gleichzeitiger Marginalisierung konziliaristischer Traditionen. Die vorliegende Untersuchung gelangt zu grundlegend anderen Bewertungen der Folgen der tridentinischen Konfessionalisierung. 64 Siehe dazu unten Abschn. III.Tl.4.1. 65 Zu ihm siehe unten Abschn. II.Tl.5.2. 63

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erwähnten Scipio Gentili verwiesen.66 Er war mit seinem Vater und seinem Bruder Alberico um des Glaubens willen aus Italien geflohen, hatte in Tübingen und Wittenberg, später in Leiden bei Justus Lipsius Philologie und bei Donellus Jurisprudenz studiert. Weitere Stationen waren die reformierten Universitäten Heidelberg (seit 1587 Dozent) und Basel (1589 Dr. iur.), bevor Gentili schließlich seit 1590 in Altdorf lehrte – anfangs neben dem befreundeten, aber bald verstorbenen Donellus. In Gentilis umfangreichen Psalmnachdichtungen kommen Bezüge auf Theodor Beza vor, aber ansonsten bleibt Gentilis konfessionelle Einstellung weitgehend im Dunkeln oder anders gesagt – im modernen Sinne – seine Privatangelegenheit, trotz eines offensichtlich starken „religiösen Interesses“.67 Wieder anders stellt sich die konfessionelle Orientierung bei Scipios Bruder Alberico Gentili (1552–1608) dar.68 Er scheint nach seiner Flucht nach England Mitglied der französischen Flüchtlingsgemeinde in London gewesen zu sein, ist aber später als Mitglied der anglikanischen Kirche nachweisbar.69 Die Bezeichnung führender calvinistisch-refor-

66 Zu Gentili vgl. M ICHAEL P ICCART , Laudatio Funebris Scipionis Gentilis, IC. Consiliarii Norici et Acad. Altorfinae Antecessoris Primarii Celeberrimi, Qui pie in Christo obdormivit 7. Eid. Augusti, Anni M DC CXVI., in: HENNING WITTE, Memoriae jurisconsultorum nostri seculi clarissimorum renovatae decas prima [–quarta], Frankfurt a. M. 1676, 25–42; JUGLER 6, 148–168; STINTZING, Geschichte I, 393–395; DERS., Art. Gentilis, Scipio; MÄHRLE, Academia Norica, 440. 445–452. 460–478. 67 Vgl. S CIPIO G ENTILI , Paraphrasis aliquot Psalmarum Davidis, carmine heroico Scipio Gentili Italo auctore, London 1581; DERS., In [...] Davidis Psalmos epicae paraphrases, London 1584; vgl. auch DERS., In D. Pauli Apostoli ad Philemonem epistolam commentarius. Opvs postvmvm, theologis [...] ac philologis utilissimum, lectu jucundissimum, Nürnberg 1618. 68 Vgl. J UGLER 6, 126–145; VAN DER M OLEN , Alberico Gentili. 69 In der grundlegenden Arbeit über ihn heißt es: „In summing up, we come to the conclusion, that Gentili was a Calvinist, who afterwards joined the Anglican Church and conformed to her confession“ (VAN DER MOLEN, Alberico Gentili, 256). Da sie exemplarisch für die Schwierigkeiten einer konfessionellen Identifizierung sind, sei auf die Details verwiesen: „It seems, that originally Alberico and his wife belonged to the church of the French refugees. According to his own notes, found by Holland in the d’Orville M.S.S. and printed as Appendix I behind his Inaugural Lecture his son Robert and the two daughters born after him, were baptized ‚in ecclesia Gallica peregrina Londini‘. Shortly after the birth of Anna, who was baptized on Sept. 25, 1598 the family must have gone over to the Anglican church, to which Alberico had belonged even before 1600. Esther and Matthew,

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mierter Theologen als „nostri theologi“ in seinen juristischen Werken sowie teilweise ungedruckt gebliebene theologische Schriften von seiner Hand rechtfertigen es, ihn als einen durch calvinistisch-reformierte Theologie geprägten Juristen zu bezeichnen.70 Seine theologisch ausgerichteten Schriften zeugen von seinen – wohl auch durch die Verfolgungserfahrungen verstärkten – antipäpstlichen bzw. antirömischen Überzeugungen.71 Dem scheint zu widersprechen, daß Alberico Gentili, der neben Hugo Grotius einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung des Völkerrechts geleistet hat, in seinen letzten Lebensjahren als Jurist vor dem English Court of Admiralty die spanischen Positionen gegen die protestantischen Niederlande vertrat.72 who were born respectively in 1601 and 1603 were both bapitzed in the parochial church of St. Helen’s, Bishopgate“ (aaO., 323 Anm. 332). 70 Gentili hat in seinen zuerst 1598 erschienenen De jure belli libri tres Petrus Martyr Vermigli unter die „aut doctissimi, aut politissimi nostri theologi“ gezählt (DERS., De iure belli libri tres, Bd. 1: Faksimile-Reprint der Ausg. Hanau 1612, Oxford 1933, III/15, S. 615) und ihn sogar als den gelehrtesten Theologen seines Zeitalters bezeichnet (aaO., III/19, S. 659 [„doctissimo nostri seculi theologo“]). Gentili hat sich mehrfach ausdrücklich auf Vermiglis Kommentare zu den Richterund Samuel-Büchern des Alten Testaments berufen. An anderer Stelle bezeichnet Gentili die Calvinisten Lambertus Danaeus und Philips van Marnix van SintAldegonde als „nostri theologi“ (VAN DER MOLEN, Alberico Gentili, 215). Bevorzugte Zeugen sind daneben Calvin und Beza (vgl. aaO., 238). Siehe auch unten Ergebnisse, S. 456 mit Anm. 49. 71 In der Bodleian Library ist eine ungefähr 1580 entstandene, 24 Kapitel umfassende Schrift De Papatu Romano Antichristo assertiones ex verbo Dei et S.S. patribus, Alberico Gentili Italo auctore (D. Orville M.S.S. 607, Bodleian Library) erhalten. Vgl. dazu VAN DER M OLEN, Alberico Gentili, 246–251, bes. 251: „Though Gentili does not appeal to Calvin personally in this book, his disposition is yet strongly Calvinistic. As is always the case, quotations from Beza are numerous, but also the ‚Franco Gallia‘ and ‚De Feudis‘ from Hotman, the writings from Buchanan and Budaeus, a pamphlet by Danaeus about the Antichrist, and his Italian brothers, such as Peter Martyr, Scaliger [Vater], Vergerio and others are repeatedly quoted. Once he appeals to Luther. Gentili pours out the vials of his wrath not only over the Pontificate, but especially over the Sorbonne, the Council of Trent, and the Jesuits. In violent terms he rages against the Roman Catholic hierarchy, in which simony and the moral corruption are principally censured.“ 72 Vgl. A LBERICO G ENTILI , Hispanicae advocationis libri dvo, Bd. 1: FaksimileReprint der Ausg. 1661; Bd. 2: Engl. Übersetzung v. FRANK FROST ABBOTT, Oxford 1921; Reprint Buffalo, N.Y. 1995 [zuerst: Hanau 1613]. Gentili hat diese Aufgabe angesichts der Notwendigkeit Englands, sich in den Konflikten rechtsförmig zu verhalten, mit Billigung des Königs übernommen. Er sah darin eine praktische Anwendung seiner völkerrechtlichen Grundsätze (siehe dazu unten Ergebnis-

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Mit dem Gesagten ist schon ein viertes, grundlegendes methodisches Problem angesprochen. Man kann nicht die von den Theologen formulierten konfessionellen Unterscheidungslehren als die bei den einzelnen Juristen präsenten bzw. wirksamen voraussetzen, auch wenn die Juristen einigermaßen klar einer Konfession zuzuordnen sind. Es muß sorgfältig geklärt werden, welche Bestandteile des konfessionellen Erbes mehr oder weniger explizit präsent sind und welche davon wiederum überhaupt für die Rechtslehre bzw. Tätigkeit als Jurist relevant werden. So kommt die Prädestinationslehre bei calvinistisch-reformierten Juristen im allgemeinen nicht vor – auch zum Beispiel bei Althusius – oder sie wird sogar problematisiert wie von Basilius Amerbach, dem Sohn Bonifacius Amerbachs.73 Stattdessen ist ein Vertrauen auf die göttliche Führung vorherrschend, das nicht im Mindesten als Unterscheidungsmerkmal im Vergleich zu lutherischen Juristen taugt. Etwas anders verhält es sich mit der Abendmahlslehre. Hier findet man vielfach eine klare Abgrenzung gegenüber der körperlichen Realpräsenzlehre, die Luther gegen die sog. Schwärmer und dann gegen Zwingli betont hatte und die in die Konkordienformel übernommen wurde.74 Die Ablehnung der körperlichen Realpräsenz wirkt sich jedoch nur zusammen mit anderen Grundentscheidungen, die nicht einfach in Bekenntnisformulierungen aufgehen, sondern deren konstitutiven Kontext darstellen, in der Rechtslehre aus. So ist die Ablehnung der leiblichen Gegenwart Christi im Abendmahl letztlich Ausdruck der Auffassung, daß das biblische Christentum nicht im Widerspruch zur recta ratio, vielmehr gegen jede Art von Aberglauben steht. Und diese Überzeugung einer consonantia biblicae religionis et rectae rationis ist, wie im folgenden zu zeigen sein wird, dann unmittelbar relevant für die Rechtslehre. Es sind also nicht einfach spezifische Bekenntnisformulierungen oder die von den Theologen definierten konfessionellen Unterscheidungslehren, die im juristischen Œuvre zur Wirkung kommen, sondern weltanschauliche Grundentscheidungen, die konstitutive Kontexte von Bekenntnisformulierungen bilden. Diese sind wiederum in bestimmten se, S. 455–458). Im Sinne seines Bestrebens einer Emanzipation der Jurisprudenz von der Herrschaft der Theologen geht es primär um konkrete Fragen und insbesondere den Schutz der Interessen spanischer Bürger, so daß man hier keine seinen protestantischen Überzeugungen widersprechenden Ausführungen findet. 73 Siehe dazu unten Abschn. II.Tl.3.3. 74 Vgl. zusammenfassend L OHSE , Luthers Theologie, 187–195. 324–333.

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Milieus zu situieren, die im Fall der calvinistisch-reformierten Konfession vielfach einem sich von klerikaler Vorherrschaft emanzipierenden Bürgertum zugehören. Um dem Rechnung zu tragen, wird in der vorliegenden Untersuchung nach weltanschaulich-konfessionellen Aspekten im Werk von Juristen gefragt. Dies wird der Komplexität des Sachverhalts eher gerecht als die Rede von Auswirkungen der Konfession auf das Werk von Juristen.

3. Vorgehen Die dargelegten methodischen Schwierigkeiten legen es nahe, daß sich die Untersuchung von weltanschaulich-konfessionellen Aspekten im Werk reformierter Juristen auf die als Zentren reformierter Jurisprudenz greifbaren Universitäten begrenzt. Zuerst ist hier die kurpfälzische Universität in Heidelberg, die mit dem Übergang zum Calvinismus in den sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts für einige Jahrzehnte zum geistigen Zentrum des reformierten Europa wurde, in den Blick zu nehmen. Darauf folgt eine Analyse der juristischen Fakultät der bereits seit 1532 reformierten Universität Basel, die seit den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts aus verschiedenen Gründen zur führenden Promotionsfakultät im protestantischen Europa wird. Mit der Hohen Schule zu Herborn kommt dann eine Ausbildungsstätte in den Blick, deren Gründung wesentlich als Reaktion auf die „römisch-spanische Bedrohung“ erfolgt und deren juristische Ausbildung entsprechend konzipiert worden ist. Schließlich werden die Juraprofessoren der Universität Marburg untersucht, die zwar erst im Jahre 1605 offiziell zum calvinistisch-reformierten Protestantismus übergegangen ist, an der sich aber führende Gelehrte bereits zuvor für calvinistisch-reformierte Anliegen engagiert hatten. In einem weiteren Teil werden die Erörterungen inhaltlich zugespitzt. Hier ist zu klären, ob sich bei der in eben diesen Jahrzehnten erfolgenden Entwicklung und Etablierung der Disziplin des ius publicum ein spezifischer Anteil reformierter Juristen herausarbeiten läßt. Die Konzentration auf das öffentliche Recht bietet sich aus zwei Gründen an. Zum einen formieren sich hier Diskurse, die vergleichsweise wenig traditionsgebunden sind. Zum anderen beruhen die Rechtsentwicklungen im öffentlichen Recht in erheblichem Maße auf weltanschaulichen

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Grundentscheidungen, da sie von einem bestimmten Staats- und Politikverständnis abhängig sind. Den beiden skizzierten Teilen vorangestellt ist ein Teil, der das Verhältnis von Jurisprudenz und Calvinismus charakterisiert, soweit es für das konfessionelle Profil des calvinistisch-reformierten Protestantismus konstitutiv geworden ist. Hier gilt es den Sachverhalt zu erläutern und zu deuten, daß sich der Calvinismus in unmittelbarer personeller und geistiger Nähe zum Milieu der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs formiert hat. Der Begriff „Calvinismus“ wird dabei in einem präzisen Sinn für den reformierten Protestantismus Genfer Prägung verwendet, der maßgeblich unter Calvins Einfluß gestanden hat. Im Unterschied dazu nimmt der Obertitel „Calvinismus und Recht“ lediglich den Sprachgebrauch auf, der sich seit den Forschungen Max Webers und Ernst Troeltschs in der deutschen und angelsächsischen Forschung eingebürgert hat. Hier steht „Calvinismus/Calvinism“ für den reformierten Protestantismus insgesamt, unabhängig davon, wie stark der Einfluß Calvins oder anderer früher reformierter Theologen faktisch gewesen ist.75 Der Zeitraum der Untersuchung ist begrenzt auf die Jahrzehnte zwischen dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 und dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges. Erst mit den Entwicklungen im Gefolge des Augsburger Religionsfriedens wird die konfessionelle Ausdifferenzierung im Reich manifest. Wichtig sind hier vor allem die Auseinandersetzungen um den Weg der Kurpfalz in den sechziger Jahren und die Formulierung der lutherischen Konkordienformel im Jahre 1577. Mit dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges verändert sich die Situation vor allem für die Reformierten in fundamentaler Weise. Die vernichtende Niederlage des pfälzischen Kurfürsten und böhmischen Königs Friedrich V. in der Schlacht am Weißen Berg am 8. November 1620 hatte zur Folge, daß die Kurpfalz als reformierte Vormacht im Reich verschwand; ganz abgesehen davon, daß damit der Weg für die umfassende Rekatholisierung Böhmens und Österreichs frei wurde. Der Übergang des Herrscherhauses der Hohenzollern in Brandenburg zum calvinistisch-reformierten Protestantismus im Jahre 1613 führte nicht mehr wie im Falle der Kurpfalz zur Calvinisierung des Territoriums. Der bald einsetzende Ausbau der Universität Frankfurt an der Oder als reformierter Ausbildungsstätte und die dort aufblühende Rechtswissen-

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Vgl. dazu genauer STROHM, Methodology, 65–70.

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schaft werden nicht mehr einbezogen.76 Jedoch erfordern die Entwicklungen des ius publicum in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts und insbesondere die Auseinandersetzungen um die Auslegung und Deutung des Augsburger Religionsfriedens mehrfach Ausgriffe in spätere Jahrzehnte.

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27.

Siehe dazu die knappen Bemerkungen unten Abschn. II.Tl.1., S. 43 mit Anm.

I. Teil

Calvinismus und Jurisprudenz Die katastrophale Niederlage des Heidelberger Kurfürsten Friedrich V., des sog. Winterkönigs, in der Schlacht am Weißen Berg im Jahre 1620 – am Beginn des Dreißigjährigen Krieges – bedeutete das abrupte Ende der Ausbreitung des Calvinismus in Mitteleuropa. Dieses Geschehen und die weitgehende Eliminierung des Protestantismus in Frankreich im Laufe des 17. Jahrhunderts erschweren die angemessene Bewertung der Rolle des Calvinismus in Europa in den Jahrzehnten zuvor: Keine andere Konfession konnte sich in der zweiten Hälfte des 16. und am Beginn des 17. Jahrhunderts derart rasch ausbreiten wie die calvinistische Form des Protestantismus. Zu erklären ist die besondere Attraktivität des Calvinismus und die entsprechende Bedeutung bei der Formierung der westlichen Zivilisation in der Frühen Neuzeit nicht zuletzt durch seine besondere Nähe zum Milieu der humanistischen Jurisprudenz. Ihm entstammten die neuen Eliten, die eine tragende Rolle bei der frühmodernen Staatenbildung spielten1 und die angesichts der Eskalation der konfessionellen Konflikte das öffentliche Recht zu einer eigenständigen, die politische Praxis bestimmenden Disziplin entwickelten.2

1. Die Juristen und die Entstehung des Calvinismus 1. Die Juristen und die Entstehung des Calvinismus

Der Calvinismus konnte in diesen Eliten gerade darum viele Anhänger finden, weil seine konfessionelle Eigenart durch die humanistische Jurisprudenz, die ihre Zentren in Frankreich hatte, in besonderer Weise geprägt wurde. Humanistisch orientierte Juristen spielten bei der Formierung des frühen Calvinismus eine herausragende Rolle.3 Angefangen Vgl. z.B. SCHNUR (Hg.), Die Rolle der Juristen; DERS., Die französischen Juristen im konfessionellen Bürgerkrieg. 2 Vgl. S TOLLEIS , Geschichte I; vgl. auch WYDUCKEL , Ius publicum. 3 Vgl. S TROHM , Ethik, 228–235. 1

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I. Teil: Calvinismus und Jurisprudenz

mit Calvin war ein Großteil der Theologen des frühen Calvinismus ursprünglich in der humanistischen Jurisprudenz ausgebildet.4 Die Nachfolger Calvins als ständige Moderatoren der Compagnie des Pasteurs in Genf, Theodor Beza5 und Simon Goulart, verbrachten prägende Jahre ihrer Jugend mit dem Studium des römischen Rechts. Danach wurde mit Jacques Lect ein Jurist, der nicht einmal Pfarrer war, zum angesehensten Vertreter des Genfer Calvinismus.6 Die bis zum Jahre 1587 an der Genfer Akademie als Professoren der Theologie neben und nach Beza verpflichteten Nicolas Colladon, Bonaventura Cornelius Bertramus, Lambertus Danaeus und wohl auch Charles Perrot hatten zuvor juristische Studien absolviert; ebenso der einflußreiche Pfarrer der reformierten Gemeinde in Paris, Antoine de La Roche Chandieu. Nach dem Tod Calvins hat Beza mit besonderer Energie die Einrichtung einer Rechtsprofessur an der Genfer Akademie verfolgt,7 und der Rat erwog auf seine Initiative hin sogar die Schaffung von zwei Rechtsprofessuren.8 Vgl. zum folgenden genauer aaO., 219–225 (dort Nachweise im einzelnen und weitere Literatur); vgl. auch BONET-MAURY, Le protestantisme français au XVIe siècle dans les universités d’Orléans, de Bourges et de Toulouse. 5 Zu den Auswirkungen der juristischen Schulung auf Bezas Theologie vgl. STROHM, Wirkungen. 6 Eugène Choisy hat die Situation in Genf nach der Jahrhundertwende wie folgt charakterisiert: „Le Magistrat se fait théologien et évêque, et c’est un des seigneurs du Petit Conseil, Jacques Lect, qui se montrera en fait L’état chrétien calviniste à Genève au temps de Théodore de Bèze le vrai successeur de Théodore de Bèze“ (DERS., L’état chrétien calviniste, 412). Zu J. Lect vgl. CAMPAGNOLO, Jacques Lect, juriste et magistrat, „théologien et évêque“. 7 „Un des premiers soucis du successeur de Calvin fut l’organisation de l’enseignement du droit dans la haute école dont il avait pu, du dehors, mieux mesurer l’importance, mieux comprendre la mission au sein du monde protestant“ (BORGEAUD , Histoire, 88). Vgl. auch aaO., 87–93; M ARCACCI , Histoire de l’Université de Genève 1559–1986, 26–29; KELLEY, Hotman, 270, gibt irrtümlicherweise das Jahr 1575 anstelle des Jahres 1565 als Zeitpunkt der Erweiterung an. Noch vor der Berufung eines eigenen Rechtsprofessors hatte der Philosophie lehrende Henry Scrimger ein Jahr lang – wie es scheint, aber ohne großen Erfolg bei den Studenten – über die Institutionen gelesen (vgl. BORGEAUD, Histoire, 90). 8 In den Registres du Conseil heißt es unter dem Datum des 14. Mai 1565: „Professeurs en loix... A esté arresté d’exorter les ministres à trouver un ou deux professeurs en droit, affin que tant qu’il sera possible ceste université s’advance“ (zit. in: BORGEAUD, Histoire, 90). Vgl. auch GEISENDORF, Théodore de Bèze, 1949, 328; zur weiteren Entwicklung des Rechtsunterrichts an der Genfer Akademie vgl. aaO., 123–132 (Donellus, Hotman, Bonnefoy) u. 277–312; SCHMIDLIN/DUFOUR (Hg.), 4

1. Die Juristen und die Entstehung des Calvinismus

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Schon den Zeitgenossen war bewußt, daß die Reformation in Frankreich besonders im Umkreis der juristischen Fakultäten Anhänger fand. In den Klagen katholischer Autoren über den Abfall zur „neuen Religion“ wird vielfach auf die herausragende Rolle, die Juristen dabei spielten, verwiesen.9 Der Ausspruch „Bon jurisconsulte, mauvais catholique!“ oder, wie es von römisch-katholischer Seite hieß, „jurisconsultus, malus christianus“ war ein geflügeltes Wort.10 Insbesondere viele Studenten der Jurisprudenz fühlten sich angezogen.11 Ebenso können bei den führenden Vertretern der humanistischen Jurisprudenz vielfach protestantische Neigungen nachgewiesen werden, auch wenn es nur teilweise zum Bruch mit der römisch-katholischen Kirche kam.12 Eine Untersuchung der sozialen Zusammensetzung des frühen Calvinismus im Süden Frankreichs hat den hohen Anteil von Juristen und juristisch

Jacques Godefroy; vgl. auch die bei GODEFROY-MÉNILGLAISE, Les savants Godefroy, 26f., abgedruckten, die Nominierung von Juristen an der Akademie betreffenden Notizen in den Registres du Conseil du Genève vom 2. November 1579 (Denis Godefroy) und 11. März 1580 (Julius Pacius); zur Tradition der humanistischen Jurisprudenz unter den Genfer Rechtslehrern vgl. PIANO MORTARI, L’humanisme juridique à Genève. 9 Vgl. die Beispiele in: GARRISSON -ESTÈBE , Protestants du midi, 15. 10 Vgl. S TINTZING , Das Sprichwort „Juristen böse Christen“; HERBERGER , Juristen böse Christen. 11 Ein bezeichnendes Beispiel ist die in einem Schreiben vom 30. Dezember 1561 an die Compagnie des Pasteurs in Genf geäußerte Bitte der reformierten Gemeinde in Poitiers, einen der beiden Pfarrer François de St. Paul oder Nicolas des Gallars, von denen zumindest der Letztere Jura studiert hatte, zu schicken; nicht nur um in der großen Gemeinde zu predigen, sondern auch um eine beträchtliche Zahl von Studenten auszubilden, die das Studium der Jurisprudenz zugunsten des Studiums der Heiligen Schrift und des Dienstes in der Kirche aufgegeben hätten (vgl. CO 19,215f.). An der Universität Orléans, an der fast ausschließlich Juristen studierten, sympathisierte die deutsche Nation (d.h. alle Nicht-Franzosen) in der überwiegenden Mehrzahl mit der Reformation. Im Jahre 1555 erlangten die deutschen Studenten in Orléans, Bourges und Poitiers sogar das Privileg eigener Gottesdienste. Bei der großen Anzahl von deutschen Studenten in Orléans blieb dies nicht ohne Folgen für die Entstehung der reformierten Gemeinde in der Stadt. 12 Vgl. schon S TINTZING , Geschichte I, 372: „Es ist bei der Reform der Rechtswissenschaft in Frankreich nicht zu übersehen, daß sie auch hier neben der reformatorischen Bewegung auf kirchlichem Gebiete einhergeht und zu dieser nicht nur in einer gewissen inneren, sondern auch in sehr bestimmt erkennbarer äußerer Beziehung steht: die große Mehrzahl der hervorragenden Juristen bekannte sich mit größerer oder geringerer Entschiedenheit zur Partei der Hugenotten.“

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I. Teil: Calvinismus und Jurisprudenz

gebildeten Amtsträgern auch statistisch belegt.13 Ferner spielten die nicht in die Theologie oder ins Pfarramt übergewechselten Juristen eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung des Calvinismus. Juristen wie François Hotman und Philippe Duplessis-Mornay gehörten zum innersten Kreis der Reformatoren und standen mit ihren Propagandaschriften und ihren diplomatischen Aktivitäten bei der Ausbreitung der calvinistischen Reformation an vorderster Front.14 Sie lieferten über die Formulierung von praktisch-politischen Optionen und Rechtsansprüchen hinaus auch theologische Begründungen im Kampf um die Durchsetzung der Reformation in Frankreich. Diese enge personelle Verknüpfung von Theologie und Jurisprudenz blieb nicht ohne Folgen für die Formulierung der christlichen Lehre und die Gestalt der Kirche im Calvinismus.15

2. Bemerkungen zum Charakter der humanistischen Jurisprudenz in Frankreich 2. Bemerkungen zum Charakter der humanistischen Jurisprudenz in Frankreich

Die beschriebene enge Beziehung von Jurisprudenz und Theologie im frühen Calvinismus läßt sich präzisieren, wenn man die Eigenart der Jurisprudenz in Frankreich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in den Blick nimmt. Frankreich hatte sich in der ersten Hälfte des JahrVgl. GARRISSON-ESTEBE, Protestants du Midi, bes. 18f. 30–35. Das nach dem Modell der Genfer Kirchenordnung von 1539 eingeführte Amt der Diakone wurde fast ausnahmslos mit Juristen bzw. Advokaten besetzt (vgl. aaO., 90). 14 Vgl. z.B. KELLEY, Hotman, 252. 303f. 15 Vgl. STROHM, Ius divinum und ius humanum, 159–170. Calvin war ferner maßgeblich an der Formulierung weltlicher Gesetzgebung beteiligt. Ein bezeichnendes Beispiel ist Calvins im Auftrag des Rates der Stadt verfaßter Entwurf der Genfer Ehegesetzgebung (vgl. CO 10/1,33–44, Projet d’ordonnance sur les mariages, 1545; zur Verfasserschaft vgl. aaO., 33f. Anm. 1). Vgl. auch SEEGER, Nullité de mariage, 135–179. Calvin wurde vom Rat der Stadt Genf mehrfach ausdrücklich um juristischen Ratschlag gebeten (vgl. CO 10/1,231–244, Quaestiones matrimoniales, u. 245–254, Quaestiones iuridicae). Zu Calvins Mitgestaltung des Genfer Zivil- und Zivilprozeßrechts vgl. BOHATEC, Calvin und das Zivilprozeßrecht in Genf; GOLAY, Étude sur le vieux droit genèvois. Les édits civils et les ordonnances ecclésiastiques de 1576, 129f.; vgl. auch KAMPSCHULTE, Calvin II, 342–367; CHOISY, Théocratie; GRAHAM, Constructive Revolutionary, 157–173. 176–178; zur Gesetzgebung in Genf und ihren Quellen im 16. Jahrhundert vgl. ROTH-LOCHNER, Messieurs de la Justice, 35–40 (aaO., 199–203. 213–216, Quellen und weitere Literatur). 13

2. Bemerkungen zum Charakter der humanistischen Jurisprudenz in Frankreich

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hunderts zum Zentrum der humanistischen Jurisprudenz in Europa entwickelt. Charakteristisch war hier, daß eine umfassende Methodendiskussion in der Jurisprudenz einsetzte.16 Die von der scholastischen Rechtswissenschaft entwickelte Vorlesungsmethode – seit dem 16. Jahrhundert „mos italicus“ genannt – suchte das Corpus Iuris Civilis mit Hilfe eines meist sieben- oder achtstufigen Schemas auszulegen.17 Nach der Begriffsklärung erfolgte u.a. eine Zerlegung des Textes in einzelne Gedanken, die Bildung der summa legis, eine Präsentation der zugehörigen Fälle, die Abstraktion allgemeiner Rechtssätze mit Hilfe von Parallelstellen und schließlich die Diskussion der Widersprüche gegen das Gesetz mit einer meist weitschweifigen Darlegung der kontroversen Auslegungsauffassungen. Innerhalb des zuletzt genannten Arbeitsschrittes nahm die Darlegung der mittelalterlichen Glossen breiten Raum ein und wurde auch die praktische Anwendbarkeit beschrieben. Hier konnte sich die scholastische Methode am wirkungsvollsten entfalten. Der Vorteil der Methode lag in ihrem kasuistischen Charakter und der damit verbundenen Ausrichtung auf die praktische Anwendung. Die Entstehungssituation der Texte und ihr historischer Kontext wurden weitgehend ignoriert. Mit Guido Kisch sind hinsichtlich der Einwirkung des Humanismus auf den Bereich des Rechts drei Fragenkomplexe zu unterscheiden: „Zunächst hat die Betrachtung einem etwa möglichen Einfluß jener Geistesbewegung auf die Rezeption des römischen Rechts zu gelten; sodann ist ihre Bedeutung für die Rechtslehre und das Rechtsstudium ins Auge zu fassen; schließlich muß die Einwirkung der humanistischen Jurisprudenz auf die praktische Rechtsanwendung und materielle Rechtsgestaltung untersucht werden“ (DERS., Studien, 21). Zu der von den Humanisten ausgelösten Methodendiskussion vgl. aaO., 17–61; MAFFEI, Gli inizi dell’umanesimo giuridico; PIANO MORTARI, Considerazioni; BURMEISTER, Studium, 241– 261; DESAN, Naissance de la méthode, 97–100; THIREAU, L’enseignement du droit et ses méthodes au XVIe siècle; grundlegend zu den von der humanistischen Jurisprudenz veränderten oder neu geschaffenen Literaturtypen: TROJE, Literatur; weitere Literatur in den betreffenden Abschnitten der Bibliographien: BIENVENU, Bibliographie élémentaire, 1984; DERS., Bibliographie élémentaire, 1985; THIREAU, Les Facultés, 1ère partie; DERS., Les Facultés, 2e partie. 17 Vgl. B URMEISTER , Studium, 241–251; B OULET -S AUTEL , Sur la méthode de la Glose; zur Auslegungs- und Vorlesungsmethode der scholastischen Rechtswissenschaft vgl. bes. HORN, Die legistische Literatur, 324 (divisio, summa, casus, expositio litterae, notabilia, oppositiones, quaestiones); dort, Anm. 2, auch das Schema nach dem bekannten Merkvers des Gribaldus Mopha aus dem 16. Jahrhundert; vgl. ferner COING, Juristische Fakultät, 1973, 69–74; WEIMAR, Literatur, 140–145 (dort, 146f., weitere Literatur); GARCÍA Y GARCÍA, Rechtsfakultäten, 350–352. 16

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I. Teil: Calvinismus und Jurisprudenz

Die humanistisch orientierten Juristen hingegen versuchten das römische Recht im Kontext der klassischen Antike zu verstehen.18 Die in breitem Umfang herangezogene klassisch-römische Literatur diente der Aufhellung der historischen Voraussetzungen und der Situation, in der die Texte entstanden waren. Im Zuge dieses Bemühens war man auch zu der Erkenntnis gelangt, daß das im 6. Jahrhundert n. Chr. auf Veranlassung Kaiser Justinians geschaffene Corpus Iuris Civilis die Äußerungen der römischen Juristen aus der klassischen Zeit, den beiden Jahrhunderten vor und nach Christi Geburt, nur in unvollkommener und teilweise verdorbener Weise wiedergab.19 Die Digesten rückten ins Zentrum des Interesses, denn in diesem Teil des Corpus Iuris Civilis waren die Lehrmeinungen und Entscheidungen römischer Juristen aus der klassischen Zeit gesammelt. Guillaume Budés 1508 und 1515, vom Standpunkt einer Bewunderung des klassischciceronischen Lateins aus, vorgetragene Kritik der Digesten fand zahlreiche Anhänger und Nachfolger.20 Ausdruck dessen war die zunehmende Verbreitung der „historisierend-klassizistische[n] Spielart des gemeinrechtlichen Kommentars“ innerhalb der humanistischen Jurisprudenz.21 Diese Kommentare waren nicht mehr wie die älteren Kommentare primär daran interessiert, für das Recht der Gegenwart verwendbare Auslegungsergebnisse zu gewinnen, sondern suchten das justinianische und insbesondere das vorjustinianische Recht unter Zuhilfenahme philologisch-historischer Mittel zu erläutern. Ein solches philologisches und historisch-kontextualisierendes Bestreben war jedoch nur der eine Schwerpunkt der Arbeit humanistischer 18 Zur Entwicklung eines historisch-kritischen Zugangs zu den alten Rechtstexten vgl. KELLEY, Foundations; vgl. auch die dort im Vorwort, S. vi, aufgeführten Aufsätze Kelleys. Eine knappe Übersicht über den Umgang der humanistisch gesinnten Juristen mit den Texten des Corpus Iuris Civilis gibt: REULOS, Le droit romain; DERS., L’interprétation. Weitere Literatur in: TROJE, Literatur, 625–634; COING, Privatrecht I, 67f. 19 Vgl. hierzu grundsätzlich WIEACKER , Römische Rechtsgeschichte, 39–42 („Die humanistische Emanzipation der römischen Rechtsgeschichte“). 20 Budé hatte wie vor ihm bereits Lorenzo Valla in seinen Schriften Annotationes in quattuor et viginti pandectarum libros von 1508 und De asse et partibus ejus von 1515 dargelegt, daß die auf Veranlassung Justinians von einer Kommission unter der Leitung Tribonians erstellte Kodifikation nicht einfach klassisches römisches Recht wiedergab, sondern zahlreiche Interpolationen und Überarbeitungen enthielt. Zu Budés Bedeutung für die historische Kritik des Corpus Iuris Civilis vgl. DELARUELLE, Budé; KELLEY, Budé; PIANO MORTARI, ‚Studia humanitatis‘. 21 Zu dieser Literaturform vgl. H OLTHÖFER , Literatur, 121f.

2. Bemerkungen zum Charakter der humanistischen Jurisprudenz in Frankreich

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Juristen. Das zweite Anliegen der humanistischen Jurisprudenz war es, die ethische Dimension des römischen Rechts zu erfassen.22 Die Philosophie wurde als Quelle des Rechts und die Jurisprudenz selbst als ein Teil der Moralphilosophie angesehen.23 Die Auseinandersetzung mit den Fragen von Recht und Moral, des Wesens der Gerechtigkeit sowie der Natur der Gesetze kann geradezu als charakteristisches Kennzeichen der humanistischen Jurisprudenz bezeichnet werden.24 In den Vorschlägen zur Reform des Studiums der Jurisprudenz erhält die Ethik entsprechend einen herausragenden Platz.25 In dem Rat, den der Basler Jurist Bonifacius Amerbach dem Anfänger im Blick auf die Lektüre gibt, kommt dies anschaulich zum Ausdruck. Nicht die berühmten mittelalterlichen Rechtsgelehrten Bartolus und Baldus seien zu lesen, sondern Platons Politeia sowie die Ethik und die Politik des Aristoteles.26 Insbesondere der Ethik solle sich der junge Rechtsscholar widmen.27 Das Bestreben, die Jurisprudenz im Kontext der Moralphilosophie bzw. Ethik zu verstehen, hatte wesentlich pädagogische Gründe. Ebenfalls pädagogisch motiviert war das dritte Anliegen der humanistischen Jurisprudenz, die Grundbegriffe und Grundgedanken des römischen Rechts herauszuarbeiten. Ziel der neuen Lehrmethode, des sog. mos gallicus, war es, den Studenten die spitzfindigen Distinktionen und weitschweifigen Kommentierungen zu ersparen und statt der detaillierten Erklärung einzelner Texte einen umfassenderen Überblick zu bieten.28 Die Studenten sollten angeleitet werden, die Grundgedanken des römischen Rechts zu erfassen. Während die mittelalterliche Auslegung und Lehre streng dem Aufbau der autoritativen Rechtsquellen folgte, fragte man nun nach dem passenden systematischen Ort einer BestimVgl. KISCH, Studien, 34. 52–54; BURMEISTER, Studium, 192f. Vgl. den Satz Bonifacius Amerbachs „Die Rechtswissenschaft ist ein Zweig der Moralphilosophie“, zit. in: KISCH, Studien, 141; zur umfassenden Übernahme philosophischer Methodenlehre und der Moralphilosophie durch Cantiuncula vgl. KISCH, Cantiuncula, 57–97. 24 Vgl. T ROJE , Literatur, 616–618; dort, 619–625, weitere Literatur; vgl. auch die Auflistung von Arbeiten zu rechtsphilosophischen Grundbegriffen, der Rechtsfindung und Rechtsanwendung sowie den Rechtsquellen in: HOLTHÖFER, Literatur, 324–327; TROJE, Literatur, 700–703. 25 So zum Beispiel in den betreffenden Vorschlägen des calvinistischen Juristen François Hotman (vgl. VOGEL, Hotmann, 111); zur Umgestaltung in Lehrstoff und Lehrplan vgl. auch COING, Juristische Fakultät, 1977, 30–33. 26 Vgl. H ARTMANN (Hg.), Amerbachkorrespondenz, Bd. VI, 32. 361. 27 Vgl. aaO., IV, 4. 28 Vgl. B URMEISTER , Studium, 301f. 22 23

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I. Teil: Calvinismus und Jurisprudenz

mung.29 Zwar findet sich bereits im Corpus Iuris Civilis eine gewisse thematische Ordnung, aber allein die Aufteilung der Materie in Codex Iustinianus, Digesten und Institutionen verhinderte eine wirklich systematische Darstellung. Für die Gliederung des juristischen Unterrichts sollte nun nicht mehr die Einheit der behandelten Quelle maßgebend sein, sondern der Sachzusammenhang bzw. die Systematik.30 Das erste einschlägige Werk dieser Richtung ist der – freilich erst postum von François Hotman veröffentlichte – Zivilrechtskommentar des Franciscus Connanus, eines Studienfreundes Calvins.31 In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden die systematischen Bestrebungen der humanistischen Jurisprudenz durch Hugo Donellus – einen der profiliertesten calvinistischen Juristen der Generation nach Calvin – zu einem vorläufigen Höhepunkt geführt.32

29 Donald R. Kelley hat in seiner grundlegenden Arbeit Foundations of Modern Historical Scholarship die wichtigsten Vertreter und Ziele der historisch-antiquarischen Richtung innerhalb der humanistischen Jurisprudenz beschrieben, dabei aber die Bedeutung der systematischen Richtung unterbewertet. Vgl. zum Folgenden COING, Fakultät, 1978, 33–37; grundlegende Darstellung zu den humanistischen Bestrebungen, eine von der justinianischen Titelarchitektur unabhängige, systematische Darstellung des Stoffes zu leisten, in: TROJE, Literatur, 741–754 (dort, 751–754, auch Quellen und weitere Literatur); HOLTHÖFER, Literatur, 227–230. 30 „Von der Legalordnung der Quellen strebt man zur Enzyklopädie der juristischen Fachgebiete“ (COING, Juristische Fakultät, 1977, 34). 31 Vgl. F RANCISCUS CONNANUS , Commentariorum iuris civilis tomus prior, Bartholomaei Faii praefatio, Paris 1553; DERS., Commentariorum iuris civilis libri decem argumentis per clarissimum Franciscum Hotomannum exornati, Basel 1557; grundlegend zu Connanus’ systematischer Ausrichtung: BERGFELD, Franciscus Connanus, bes. 45; dort, 46–128, auch eine ausführliche Besprechung des ersten Buches der Commentarii. 32 Siehe dazu unten Abschn. II.Tl.2.4.3. Neben der historischen und der systematischen Richtung in der humanistischen Jurisprudenz, die sich, wie z.B. das Werk François Hotmans zeigt, in der Praxis häufig miteinander verbanden, trat in Frankreich seit der Mitte des 16. Jahrhunderts noch eine weitere Bestrebung. Nach dem Vorgang von Charles Du Moulin bemühte man sich um eine Kodifikation der lokalen und nationalen Rechtstraditionen. Diese Bestrebungen gingen mit den Arbeiten zur Schaffung einheitlichen Rechts in Frankreich einher.

3. Die Attraktivität protestantischen Gedankenguts unter humanistischen Juristen

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3. Die Attraktivität protestantischen Gedankenguts unter humanistischen Juristen 3. Die Attraktivität protestantischen Gedankenguts unter humanistischen Juristen

Der größte Teil der in Bourges, dem Zentrum der humanistischen Jurisprudenz, lehrenden Professoren zeigte mehr oder weniger deutlich protestantische Neigungen. Unterschiede blieben allein in der Frage des offenen Bruchs mit der römisch-katholischen Kirche. Neben den bekennenden Calvinisten François Hotman und Hugo Donellus ist zum Beispiel François Baudouin (Balduinus) zu nennen, der zeitweise Calvins Sekretär war, dann aber wieder in den Schoß der römischkatholischen Kirche zurückkehrte. Von Donellus’ Lehrer Franciscus Duarenus (François Le Duaren, 1509–1559) wird berichtet, daß er es auf dem Totenbett heftig bereute, sich zu Lebzeiten nicht offen zur evangelischen Lehre bekannt zu haben.33 Selbst Jacques Cujas, der immerhin das Verhalten des Königs in den Ereignissen der Bartholomäusnacht verteidigt hatte, galt als Anhänger evangelischer Lehren.34 Fragt man nach den Gründen für die auffällige Attraktivität protestantischen Gedankengutes unter den humanistisch gesinnten Juristen Frankreichs, so lassen sich vor allem vier Gesichtspunkte nennen. Erstens führte der Aufstieg der im römischen Recht geschulten Juristen als einer neuen Bildungselite unweigerlich zu einer gewissen Konkurrenz mit dem Klerikerstand.35 Das Jurastudium bot neue Möglichkeiten des sozialen Aufstiegs und verschaffte einen Zugang zum intellektuellen Erbe des Abendlandes, dessen Studium im Mittelalter im wesentlichen nur den Klerikern offengestanden hatte.36 Die Reformation mit ihrer Entmachtung traditioneller kirchlicher Autoritäten und der Konzentration auf das unmittelbare Verhältnis des Glaubenden zu Gott Vgl. HAAG/HAAG, Art. Duaren, 506–510, hier 508f; vgl. auch Johann Sturm an François Hotman, Mai 1561, in: CO 18,484. Zu Duarenus’ Bedeutung für die Rechtsentwicklung vgl. JOBBÉ-DUVAL, François Le Douaren; VOGT, Franciscus Duarenus. 34 Vgl. H AAG /H AAG , Art. Cujas, 957: „CUJAS [...] fut toute sa vie partisan des doctrines protestantes sans jamais les avoir publiquement avouées.“ 35 Vgl. G ILMORE , The Lawyers and the Church in the Italian Renaissance (Beispiele für den Konflikt); KELLEY, Beginning of Ideology, 178–185; DAWSON, History; ROMIER, Le Royaume de Catherine de Médicis II, 22ff. 36 Ausdruck dieses Konfliktes war z.B. der unten erwähnte (s. Anm. 47) Versuch, an der Pariser Universität die Vermehrung der Lehrstühle für Zivilrecht auf Kosten derer für kanonisches Recht aufzuhalten; vgl. auch BOUWSMA, Lawyers in Early Modern Culture; KELLEY, Beginning of Ideology, 45f. 33

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I. Teil: Calvinismus und Jurisprudenz

entsprach diesem neuen Selbstbewußtsein und -verständnis mehr als die hierarchisch strukturierte römisch-katholische Kirche. Eine zweite Ursache für die auffallende Neigung französischer Juristen zum Protestantismus dürfte darin gelegen haben, daß hier mit dem im Zuge der Territorialstaatsbildung relativ weit fortgeschrittenen Aufstieg des Juristenstandes auch ein entsprechendes Rechtsbewußtsein gewachsen war. Bereits Anfang des Jahrhunderts spielten Juristen eine führende Rolle bei der Verteidigung der Freiheiten und Rechte der gallikanischen Kirche gegenüber dem König. Die willkürlichen Verfolgungen protestantisch gesinnter Bürger durch den König oder von anderer Seite mußten hier Anstoß erregen und Sympathien wecken.37 Drittens konnte man die Anliegen der Reformation und der humanistischen Jurisprudenz, die in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in der französischen Zivilrechtswissenschaft dominierend geworden war, in zentralen Punkten als verwandt ansehen. Den Reformatoren ging es darum, die Heilige Schrift wieder ohne Verfälschung durch die scholastische Theologie und das römische Papsttum als reines Wort Gottes zu hören. Die humanistischen Juristen versuchten unter Zurückdrängung der spitzfindigen scholastischen Rechtswissenschaft sowie ihrer Glossierungen und Kommentierungen wieder den reinen Text des ursprünglichen römischen Rechts ins Zentrum zu stellen. Denn hierin sah man gleichsam Vernunft und Gerechtigkeit inkarniert.38 In einer vierten Hinsicht, in der die calvinistische Reformation insbesondere humanistisch geprägten Juristen attraktiv erschien, lassen sich Ursache und Wirkung schwer trennen. In der calvinistischen Gestalt der Reformation wurde der humanistische Moralismus nicht wie von Luther scharf kritisiert, sondern in gewisser Weise integriert. Ein humanistischer Jurist, der seine Tätigkeit als Rechtsgelehrter wesentlich als moVgl. dazu BONET-MAURY, Le protestantisme français, 496: „Il faut s’incliner avec respect devant ces types de la vieille magistrature française, qui s’appellent les Michel de L’Hôpital et les Achille de Harlay, les De Thou et les Molé, les Arnauld du Ferrier et les Anne Du Bourg. Or il était impossible qu’ils restassent témoins impassibles, que dis-je? complices muets et dociles des actes arbitraires et iniques du pouvoir royal et du clergé vis-à-vis des Luthériens [...] Ils refusèrent de porter des sentences iniques contre ceux dont tout le crime était de préférer la religion de l’Evangile à celle du pape.“ 38 Vgl. S TROHM , Ethik, 294–296. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist ein Pendelausschlag in die andere Richtung zu beobachten. Wie viele humanistische Juristen von neuem den Wert der mittelalterlichen Kommentatoren sahen, so stieg die Zahl derer, die beim alten Glauben verharrten. 37

4. Einflüsse der humanistischen Jurisprudenz auf die Eigenart calvinistischer Lehre

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ralphilosophisch inspirierte Aufstellung von Normen verstand, konnte seine ureigenen Anliegen in dem calvinistischen Bestreben, nicht nur die Lehre, sondern auch das sittliche Leben der Menschen und insbesondere auch die äußere Ordnung der Kirche zu reglementieren, wiederfinden.

4. Einflüsse der humanistischen Jurisprudenz auf die Eigenart der calvinistisch-reformierten Lehre 4. Einflüsse der humanistischen Jurisprudenz auf die Eigenart calvinistischer Lehre

Die Attraktivität protestantischen Gedankengutes für die humanistischen Juristen ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist, daß die maßgebliche Beteiligung von Juristen oder als Juristen ausgebildeten Theologen an der Formierung des Calvinismus zu einem prägenden Einfluß juristischen Denkens auf seine Eigenart führte. Bislang ist dies erst in Ansätzen erforscht, so insbesondere im Blick auf Calvin selbst39 und dessen Schüler Lambertus Danaeus.40 Der für die Formierung des Calvinismus nach Calvin wichtigste Theologe Beza hat sich mit seinem Lob Guillaume Budés41 und Andrea Alciatos42 zum Erbe der humanistischen Jurisprudenz bekannt. Mit seiner Kritik am βαρτολοβαλδιζειν der Juristen grenzt er sich auch ausdrücklich von den traditionellen Auslegungsweisen des Corpus Iuris Civilis ab, für die die beiden großen Autoritäten der scholastischen Rechtswissenschaft, die Postglossatoren Bartolus de Saxoferrato (1314–1357) und Baldus de Ubaldis (1327–1400), stehen.43 Zu Calvins juristischer Ausbildung und dem daraus resultierenden Einfluß auf seine Theologie vgl. BEYERHAUS, Studien, 26–84; HALL, John Calvin, the Jurisconsults and the Jus civile; LE GAL, Le droit canonique, 66–76; REID, John Calvin, Lawyer and Legal Reformer; MONHEIT, Passion and Order, 106–210; MILLET, Calvin et la dynamique de la parole, 43–55; STROHM, Ethik, 223–228. 311–326; DERS., Recht und Kirchenrecht. 40 Vgl. S TROHM , Ethik, 217–395. 41 Beza hat Budé als „vir nostrae aetatis doctissimus“ bezeichnet (B EZA , Iuvenilia, 112). Die besondere Wertschätzung Budés kommt auch darin zum Ausdruck, daß der Nachfolger Calvins dem Lob Budés mehr Raum in seinen frühen Epitaphien einräumt als jedem anderen (vgl. aaO., 112–114; vgl. auch BEZA, Les vrais portraits des hommes illustres, 136f.). 42 Alciato wird als „excellent jurisconsulte“ herausgestellt (B EZA , Discovrs, 19). 43 „Tu vero, ut scribis conflictaris cum Accursio, egregio scilicet antagonista, sed postquam ita ut jurisconsultum geras necesse est, quaeso ut ineptum illum ita ut 39

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I. Teil: Calvinismus und Jurisprudenz

So kann man – und zwar in Ansätzen bereits bei Calvin – sechs Eigenarten calvinistischer Lehre profilieren. Diese charakterisieren den calvinistisch-reformierten Protestantismus in unterschiedlich starkem Maße auch im Vergleich zum lutherischen. Zum einen ist der Umgang mit dem Bibeltext durch die Schulung in der Auslegung des Corpus Iuris Civilis beeinflußt. Die humanistische Jurisprudenz hat mit der historisch-kritischen Analyse der erst im 6. Jahrhundert entstandenen Sammlung des römischen Rechts begonnen und damit das Problem der autoritativen Geltung aufgeworfen – für den Fall nämlich, daß ein Gesetzestext aus klassischer Zeit nur verdorben im Corpus Iuris Civilis erhalten ist. Nach dem Wechsel vom Studium der Jurisprudenz zum Studium der Theologie hat man bei der Auslegung der Bibel ein umso klareres Bewußtsein der unumstößlichen, göttlichen Autorität dieses auf der Inspiration des Geistes Gottes beruhenden Textes. In Entsprechung zur Gesetzesauslegung in den Rechtswissenschaften nimmt zweitens die Klärung der moralischen, das Leben reglementierenden Dimension des Bibeltextes breiten Raum ein.44 Drittens wird die theologische Bedeutung des Gesetzes nicht wie im Luthertum auf seine Sünden aufweisende Funktion konzentriert und reduziert. Das Gesetz hat vielmehr auch im Leben des Wiedergeborenen eine bleibende und positive Bedeutung als Orientierungsmaßstab. Die lutherische Sorge, daß die Auffassung von der Bedeutung des Gesetzes auch im Leben der Glaubenden nur zu leicht wieder zu einer Auffassung von der Gesetzesbefolgung als Heilsbedingung führen könnte, findet sich im Calvinismus nicht. Viertens bildet die strenge Ausrichtung der Lehre und des Lebens auf die Ehre Gottes und die Vermehrung seines Ruhms eine Grundentscheidung, die sowohl den Charakter wie auch die besondere Konsedignus est accipias. Mihi quidem certe nunquam libebit βαρτολοβαλδιζειν, licet assiduis conviciis urgear“ (Beza an Maclou Popon, Paris, 7.12.[1539], in: Corr. de Bèze I (1539–1555), 1960, Nr. 5, S. 34–36, hier: 35). Vgl. auch GEISENDORF, De Bèze, 15f. Zu den Auswirkungen der Schulung in der humanistischen Jurisprudenz auf Bezas theologisches Œuvre vgl. STROHM, Wirkungen, bes. 518–525. 44 Einschlägige Bibeltexte wie die Pastoralbriefe wurden eingehend kommentiert (vgl. exemplarisch LAMBERTUS DANAEUS, In D. Pavli priorem epistolam ad Timotheum commentarius. In qvo non solvm ipsius epistolae doctrina, et artificium singulorumque argumentorum loci explicantur: sed etiam vera disciplinae ecclesiasticae forma, tum ex dei verbo, atque ex ipso Paulo, tum ex veteribus synodis repetita atque restituta est, vt legitima et Apostolica regendae Dei ecclesiae ratio et norma hodie in vsum reuocari possit, Genf 1577).

4. Einflüsse der humanistischen Jurisprudenz auf die Eigenart calvinistischer Lehre

37

quenz calvinistischer Theologie und Ethik prägt. Der ethische Anspruch gewinnt dadurch an Schärfe, daß es bei allen Fragen der Lebensgestaltung um die Wahrung des Rechtsanspruches Gottes auf das Leben seiner Geschöpfe geht. Der Kampf gegen abergläubische Gottesverehrung und alle möglichen Formen von Götzendienst, die Gott sein Recht nehmen, gehört zum Zentrum calvinistisch-protestantischen Denkens und Empfindens. Fünftens bewirkt nicht zuletzt die rechtsgelehrte Schulung bei Calvin und anderen Theologen des frühen Calvinismus, daß man ein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung der äußeren Ordnung der Kirche richtet. Sechstens bleibt die Hochschätzung des Zivilrechts bei gleichzeitiger Abwertung des kanonischen Rechts charakteristisch für die Theologen des calvinistisch-reformierten Protestantismus. Schon für die juristischen Ausbildungsstätten Orléans und Bourges,45 an denen sich die humanistische Jurisprudenz etablieren konnte,46 sind Spannungen zum kanonischen Recht charakteristisch gewesen. In Paris wachte man eifersüchtig darüber, daß die Ausbildung hier kanonisch-rechtlich dominiert blieb und nur Doktoren des kanonischen Rechts lehrten.47 Hingegen waren die Universitäten Orléans und vor allem Bourges von vornherein als alternative Ausbildungsstätten mit zivilrechtlichem Schwerpunkt konzipiert worden.48 Die Frage, in welchem Zeitraum und in welcher Weise die humanistische Jurisprudenz in der juristischen Ausbildung in Orléans Prägekraft erlangte, wird unterschiedlich beantwortet. Vgl. auch Burmeisters Urteil (DERS., Studium, 69): „Orléans war zwar antischolastisch, hielt aber am mos italicus fest und blieb insbesondere unter Petrus Stella ein Zentrum der Bartolisten.“ Zur Ausbreitung des Humanismus in Orléans in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts vgl. BOUSSARD, L’Université d’Orléans; zur Kritik der These Michael L. Monheits, daß Calvin durch Stella (Pierre de l’Estoille) in Orléans einen ganz der alten, scholastischen Methode verbundenen Rechtsunterricht erfahren habe, vgl. STROHM, Ethik, 224–227; vgl. auch MONHEIT, Passion and Order, 23. 210. 335f. 390. 446. 495f.; DERS., Guillaume Budé; DERS., Young Calvin. 46 Vgl. CHÉNON , Les professeurs; D EFLERS , Der juristische Humanismus; siehe auch unten Anm. 48. 47 Die Lehrstühle der Pariser Universität waren durch päpstlichen Erlaß (Honorius III. im Jahre 1219/20) für Doktoren des kanonischen Rechts reserviert, so daß ein Zivilrechtsstudium nicht möglich war (vgl. DOTZAUER, Deutsches Studium, 114). Erst ein Edikt Ludwigs XIV. von 1679 änderte das. 48 Zur Gründung der Universität Bourges vgl. F OURNIER , La fondation; zum Rechtsunterricht in Bourges vgl. DURTELLE DE SAINT SAUVEUR, Baron; DOT45

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I. Teil: Calvinismus und Jurisprudenz

Die Formierung der calvinistischen Gestalt des Protestantismus erfolgte wesentlich im Milieu der humanistischen Jurisprudenz. Juristen fühlten sich in besonderer Weise angezogen durch evangelische Lehren und haben zugleich mit ihren Prägungen und Präferenzen großen Einfluß auf die inhaltliche Ausgestaltung der Lehrbildung im calvinistisch-reformierten Protestantismus gewonnen. In einem weiteren Teil gilt es nun, die Universitäten im Reich in den Blick zu nehmen, die unter den Einfluß reformierter Lehre gelangt sind. Schon der Sachverhalt, daß sich hier Einflüsse der Theologie Calvins mit denen Luthers, Melanchthons, Zwinglis und anderer Reformatoren mischen, erschwert den Vergleich. Insofern muß bei dem nun folgenden Überblick über die „Zentren reformierter Jurisprudenz im Reich“ zuerst einmal geklärt werden, um welche Gestalt und welches Verständnis evangelischer Lehre es sich bei den behandelten Juristen handelt. Erst auf diesem Hintergrund kann dann exemplarisch nach Rückwirkungen weltanschaulichkonfessioneller Orientierungen auf das jeweilige juristische Werk gefragt werden.

ZAUER ,

622.

Deutsche Studenten; DERS., Deutsches Studium, 115f.; TROJE, Literatur,

II. Teil

Zentren reformierter Jurisprudenz im Reich In der zweiten Hälfte des 16. und am Beginn des 17. Jahrhunderts ist es nur selten möglich, die einzelnen Juristen aufgrund erhaltener Äußerungen eindeutig der reformierten Konfession zuzuordnen. Die Definition der konfessionellen Unterscheidungslehren innerhalb des Protestantismus durch die Theologen ist keineswegs abgeschlossen und endgültig. Bei den Juristen wirkt sie sich, wie die folgenden Ausführungen zeigen werden, nur mit Verzögerungen und dann auch lediglich in beschränktem Maße aus. Um einen Überblick über die gelehrten Juristen im Bereich des reformierten Protestantismus zu gewinnen, werden darum die Angehörigen der juristischen Fakultäten der Universitäten bzw. die Juraprofessoren der Hochschulen in den Blick genommen, die eindeutig dem reformierten Bekenntnis zuzuordnen sind. Es wird untersucht, in welcher Weise sich religiöse Themen im allgemeinen und protestantisches bzw. reformiertes Gedankengut im besonderen in ihrem Werk niederschlagen. Dabei ist auch die Frage zu beantworten, in wie starkem Maße das vorgegebene Bekenntnis für die Juraprofessoren verbindlich gemacht wurde und wie viel individuelle Freiheiten möglich waren.

1. Juristische Fakultäten und Konfessionalisierung In den Jahren zwischen 1500 und 1648 wurden auf dem Gebiet des Reiches mehr Universitäten bzw. Generalstudien gegründet als in den zwei Jahrhunderten zuvor. Während es im 14. und 15. Jahrhundert vierzehn waren, sind es in den anderthalb Jahrhunderten nach dem Beginn der Reformation zwanzig, wenn man die Gründungen in Wittenberg 1502 und Frankfurt an der Oder 1506 mit einbezieht.1 Die sich formie1 Vgl. S CHUBERT , Motive, 13f.; B AUMGART , Die deutschen Universitäten, 151; zusammenfassend zu den Auswirkungen der Reformation auf Wissenschaft und Lehre an den Universitäten vgl. HAMMERSTEIN, Bildung und Wissenschaft, 17–23;

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II. Teil: Zentren reformierter Jurisprudenz im Reich

renden Territorialstaaten hatten einen erhöhten Bedarf an gut ausgebildeten Juristen und Theologen, und diese sollten möglichst an landeseigenen Hochschulen studieren. Die Notwendigkeit verstärkter Schulung in der Jurisprudenz ergab sich aus dem Ausbau der Verwaltungen und der im 16. Jahrhundert vorangeschrittenen Rezeption des römischen Rechts.2 Die Notwendigkeit, Theologen an landeseigenen Hochschulen heranzubilden, war eine Folge der Festigung eines landeseigenen Bekenntnisstandes, dem bei der erstrebten Verdichtung der Staatlichkeit neben der Ausbildung von Verwaltungen eine Schlüsselrolle zukam. So waren die Universitäten bzw. Hochschulen, wie Sebastian Merkle formuliert hat, „Seminaria ecclesiae et reipublicae“, zugleich aber auch „Instrumenta dominationis“ des Landesherrn.3 Zwar gab es Unterschiede bei den präferierten Organisationsmodellen oder den überkommenen Lehrtraditionen,4 jedoch hat sich die funktionale Gleichheit egalisierend ausgewirkt.5

vgl. auch die allgemein gehaltenen Ausführungen in: HAMMERSTEIN, Die historische und bildungsgeschichtliche Physiognomie. 2 Vgl. den Überblick in: H AMMERSTEIN , Die Obrigkeiten und die Universitäten; zum verstärkten Bedarf an gelehrten Juristen infolge der Territorialstaatsbildung vgl. SCHNUR (Hg.), Die Rolle der Juristen. 3 M ERKLE , Die Julius–Universität, 52; vgl. auch B AUMGART , Universitäten, 152. 4 Hingewiesen sei auf die für die protestantischen Universitätsgründungen natürlich nicht in gleicher Weise charakteristischen Spannungen zwischen Landesherrschaft und Jesuiten sowie zwischen alteingesessenen Professoren und Ordensmitgliedern. Für die Universität Würzburg vgl. BAUMGART, Die Julius-Universität, 9– 11; DERS., Universitäten, 159f.; für die Universität Dillingen vgl. SCHUBERT, Zur Typologie, 86–93; für Dillingen, Fulda und Würzburg vgl. aaO., 94f. Schubert hat aaO., 85, „vier Archetypen“ gegenreformatorischer Universitäten beschrieben: Zum einen wuchsen die Jesuiten wie in Ingolstadt in eine bestehende Universität hinein. Zum anderen waren sie wie in Dillingen stiftungsgemäß von Anfang an beherrschend. Ferner gab es Lehreinrichtungen, die wie Fulda lediglich Jesuitenkollegien ohne eigentlichen Universitätsrang blieben, und schließlich Jesuitenkollegien, die später zum Studium generale ausgebaut wurden. 5 Vgl. das zusammenfassende Urteil Notker Hammersteins: „Dass gleichwohl nicht von einem eigenen Lehrsystem, einer typischen reformierten Universität bzw. Semiuniversität gesprochen werden kann, erscheint nach diesen Arbeiten als relativ sicher. Allenfalls der institutionelle Aufbau der Semiuniversitäten mit Klasseneinteilung, das Fehlen von Fakultäten und Einheitssenat stellt eine Eigentümlichkeit dar. Die mangelnde Privilegierung führte zu dieser Lösung, die von ferne aber wieder an bestimmte Seiten des jesuitischen Lehrprogramms erinnert. Allein bei bestimmten theologischen Positionen ergeben sich Unterschiede, während die allgemeine wis-

1. Juristische Fakultäten und Konfessionalisierung

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Für das Reich war der Sachverhalt charakteristisch, daß sich eine Vielzahl konfessionell festgelegter Landesuniversitäten auf engem Raum gegenüberstanden. Das wirkte sich verschärfend auf die konfessionelle Ausrichtung zuerst der theologischen Fakultäten und dann auch der Universitäten insgesamt aus. Schroffe Konfrontationen, heftige Polemik und das Beharren auf dem unhintergehbaren Bekenntnisstand lassen konfessionelle Enge und geistige Regsamkeit als charakteristisch für diese Epoche erscheinen. Gleichwohl läßt sich die alte Sicht einer „geistigen Verengung im konfessionellen Zeitalter“, wie sie zum Beispiel Friedrich Paulsen vertreten hat, nicht halten.6 Denn zugleich blieb die humanistische Bildungsbewegung konfessionsübergreifend wirkungsmächtig. Vor allem aber begründete die Konkurrenz der Bekenntnisse „eine Art von Bildungszwang für alle Beteiligten“, wie (zum Beispiel) die Übernahme und konsequente Ausweitung der von der Reformation in Gang gesetzten Bildungsanstrengungen durch die Jesuiten zeigen.7 Im Bereich der Jurisprudenz ist die Ausbildung der Reichspublizistik und die Etablierung der Disziplin des ius publicum an den Universitäten in den Jahrzehnten vor und nach der Wende zum 17. Jahrhundert der eindrucksvollste Beleg dafür, daß die Konkurrenz konfessionell gebundener Universitäten die geistige Auseinandersetzung und den wissenschaftlichen Wettbewerb gefördert hat. Die Gründung und der Aufbau von Universitäten wurden im protestantischen Bereich dadurch erschwert, daß das päpstliche oder kaiserliche Privileg nicht oder nur mit Verzögerung gewährt wurde. Die lutherischen Universitätsgründungen erhielten zumeist das kaiserliche Privileg.8 So erlangte die erste protestantische Universitätsgründung überhaupt, die 1527 gegründete Universität Marburg, die Bestätigung durch den Kaiser erst im Jahre 1541, nachdem Philipp von Hessen seisenschaftliche Orientierung – und das bei allen Konfessionen – ungefähr vergleichbar war“ (DERS., Bildung, 86). 6 Vgl. P AULSEN , Geschichte, 257f. 436–440. 458f.; dazu kritisch BAUMGART , Universitäten, 167. Jörg Baur hat sich explizit kritisch mit der Abwertung der Epoche der lutherischen Orthodoxie als erstarrt und wissenschaftsfeindlich auseinandergesetzt (vgl. BAUR, Lutherisches Christentum im konfessionellen Zeitalter). 7 AaO., 163. Johann Sturm hat diese Folge der von ihm ansonsten kritisch bewerteten Konfessionalisierung positiv beurteilt (vgl. SCHINDLING, Humanistische Reform, 163–166). 8 Zusammenfassend zu den Neugründungen im lutherischen Bereich vgl. H AM MERSTEIN , Bildung und Wissenschaft, 23–27; vgl. auch DERS., Universitäten und Reformation.

II. Teil: Zentren reformierter Jurisprudenz im Reich

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ne Aktivitäten für eine protestantische Bündnispolitik praktisch eingestellt hatte.9 Keine der Neugründungen im Geltungsbereich der reformierten Bekenntnisse konnte die päpstliche oder kaiserliche Bestätigung erlangen, so daß die Hohen Schulen oder Akademien ohne Promotionsrecht blieben.10 Mit den anerkannten Universitäten verband sie, daß hier über das philosophische Grundstudium hinaus theologische oder juristische Lehrstühle vorhanden waren. Im Reich und den angrenzenden Gebieten fand an zahlreichen reformierten Akademien oder Hohen Schulen juristischer Unterricht statt. An der 1559 gegründeten Genfer Akademie, die Vorbildfunktion für zahlreiche später entstandene reformierte Akademien oder Hohe Schulen hatte, wurde anfangs wie in Zürich (gegründet 1525), Bern (gegründet 1528) und Lausanne (gegründet 1537)11 kein juristischer Unterricht gegeben.12 Die Genfer Akademie, nach dem Vorbild der Straßburger und Lausanner Akademie konzipiert, verband eine siebenklassige Schola privata mit dem Unterricht in Theologie und Philosophie sowie der lateinischen, griechischen und hebräischen Sprache.13 Im Jahre 1572, als mit François Hotman und Hugo Donellus zwei international angesehene Rechtsgelehrte vor den Protestantenverfolgungen in Frankreich nach Genf geflohen waren, wurde auf Betreiben Theodor Bezas juristischer Unterricht installiert.14 Die in Frankreich gegründeten protestantischen Akademien15 in Nîmes (1562),16 Orange (1573),17 Orthez (1564/66; Universität 1583),18 MonVgl. SCHMIDT, Die kaiserliche Bestätigung; BAUMGART, Die deutsche Universität. 10 Eine Ausnahme bildet lediglich die 1575 gegründete Universität Leiden, die von einem früher ausgestellten Privileg profitierte. Vgl. MOLHUYSEN, Bronnen I; SCHNEPPEN, Niederländische Universitäten; CLOTZ, Hochschule für Holland; weitere Literatur in: STROHM, Art. Leiden, Universität. 11 Der später berühmt gewordene Jurist François Hotman wurde nach seiner Hinwendung zum Protestantismus im Jahre 1547 an der Akademie als Professor für Geschichte und klassische Philologie, nicht als Jurist angestellt (vgl. VUILLEUMIER, Professeurs; MEYLAN, La Haute Ecole). Weitere Literatur in: STROHM, Art. Lausanne, Universität. 12 Vgl. I M H OF , Entstehung; ELSENER (Hg.), Die Schweizer Rechtsschulen; VON ORELLY, Rechtsschulen. 13 Vgl. B ORGEAUD , Histoire I; M AAG , Seminary. 14 Siehe dazu genauer oben Abschn. I.Tl.1., bes. Anm. 7f. (dort weitere Literatur). 15 Vgl. B OURCHENIN , Etudes; B OISSET (Hg.), La réforme et l’éducation; PIT TION, Les Académies réformées; DEYON, Les Académies protestantes. 16 Vgl. M OREIL , Le Collège et l’Académie réformée de Nîmes. 17 Vgl. B OST , Art. Orange. 9

1. Juristische Fakultäten und Konfessionalisierung

43

tauban (1598),19 Montpellier (1596),20 Sedan (1601),21 Saumur (1604) und Die (1604)22 boten nur teilweise die Möglichkeit eines Jurastudiums. Möglich war es u.a. in Orthez seit 1583, in Montauban seit 1598 und Sedan seit 1605.23 Die Universität Heidelberg wurde nach dem Übergang der Kurpfalz zum Calvinismus in den sechziger Jahren bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges das intellektuelle Zentrum des reformierten Protestantismus in Europa. Juristen spielten dabei eine zentrale Rolle.24 Die juristische Fakultät der Universität Basel entwickelte sich im Laufe des 16. Jahrhunderts zu der Fakultät, an der die meisten Doktorpromotionen im protestantischen Bereich überhaupt durchgeführt wurden.25 Bereits lange vor der Einführung des reformierten Bekenntnisses in Hessen durch Moritz den Gelehrten im Jahre 1605 waren führende Juristen der Universität Marburg Anhänger des Calvinismus.26 Mit dem Übergang des Brandenburger Herrscherhauses zum Calvinismus im Jahre 1613 geriet auch die juristische Fakultät der Universität Frankfurt an der Oder in den Einflußbereich des reformierten Bekenntnisses.27 Im Jahre 1606 wirkten hier immerhin fünf Juraprofessoren, während es in Basel und Heidelberg nur drei und in Marburg nur vier waren.28 Vgl. PLANTE, L’université protestante du Béarn; GARRISSON, L’Académie d’Orthez. 19 Infolge einer zwar erfolgreich überstandenen, aber mit größten Opfern bezahlten Belagerung Montaubans durch Ludwig XIII. mußte die Akademie 1621 geschlossen und der Unterricht in der Jurisprudenz (und Medizin) aufgegeben werden. Lediglich die theologische Ausbildung bestand fort. Vgl. NICOLAS, Histoire; BOST, Les Académies protestantes. 20 Vgl. L ANDAIS (Hg.), Histoire de Saumur; D INGEL , Art. Saumur. 21 Vgl. M ELLON , L’Académie de Sedan. 22 Vgl. A RNAUD , Histoire. 23 Vgl. COING , Juristische Fakultät, 1977, 5; vgl. auch BOURCHENIN , Etudes, 59– 88. An der 1582 in Edinburgh gegründeten Akademie wurde im 16. und 17. Jahrhundert kein juristischer Unterricht angeboten. 24 Siehe unten Abschn. II.Tl.2. 25 Siehe unten Abschn. II.Tl.3. 26 Siehe unten Abschn. II.Tl.5. 27 Vgl. die Literaturangaben in: COING , Juristische Fakultät, 1977, 78f.; zur Förderung des reformierten Bekenntnisses an der Universität durch das Herrscherhaus der Hohenzollern vgl. MÜHLPFORDT, Oder-Universität, 23. 29–47; vgl. auch HAALCK, Zur Spruchpraxis; MODROW, Wonach in Frankfurt, 79−103. 28 Vgl. COING , Juristische Fakultät, 1977, 19; zu Marburg vgl. GUNDLACH (Hg.), Catalogus Professorum, 77. In Duisburg konnte 1655 eine reformierte Universität 18

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II. Teil: Zentren reformierter Jurisprudenz im Reich

Ansonsten blieben die Neugründungen in den reformierten Reichsterritorien zwischen 1550 und 1620 auf den Status von Akademien bzw. Hohen Schulen beschränkt. Mit den Universitäten verbanden diese „Semiuniversitäten“ Verfassung (Rektor und Senat) und der Sachverhalt, daß neben dem philosophisch-philologischen Grundstudium auch Theologie und Jurisprudenz studiert werden konnten. Abgesehen von der 1578 bis 1584 als Ersatz für die zwischenzeitlich lutherisch gewordene Universität Heidelberg geschaffenen Hohen Schule in Neustadt an der Haardt29 sind hier die 1584 in Herborn durch den Grafen von Nassau gegründete Hohe Schule30 sowie das im gleichen Jahr aus einer Lateinschule entstandene Gymnasium Academicum in Bremen zu nennen.31 In Herborn lehrten zwei Juristen, in Bremen wohl nur einer. Wie diese beiden, so wurde auch die 1591 durch Graf Arnold II. von Bentheim-Steinfurt in Burgsteinfurt ins Leben gerufene Hohe Schule nach dem Vorbild Genfs konzipiert.32 An dem 1582 gegründeten Gymnasium Illustre in Zerbst begann 1583 Bartholomaeus Gericke mit dem juristischen Lehrbetrieb, gefolgt von Caspar Taschenberger. Die Jura-Professur war jedoch nicht kontinuierlich, sondern nur mit Unterbrechungen besetzt.33 Die 1575 gegründete Universität der Reichsstadt Nürnberg in Altdorf muß hier ebenfalls erwähnt werden, auch wenn sie formal nicht dem Geltungsbereich reformierter Bekenntnisse zugehörig war.34 Denn die 1622 als Volluniversität anerkannte Hochschule, die über vierzig Jahre lang, von 1581 bis 1624, von dem als Prokanzler tätigen, melanchthonianisch gesinnten Philipp Camerarius geleitet wurde, bot von Anfang an profilierten reformierten, vielfach aus Westeuropa geflohenen Juristen eine gegründet werden (aufgelöst 1818), da ein Privileg aus dem 16. Jahrhundert vorhanden war. 29 Siehe unten Abschn. II.Tl.2.1. 30 Siehe unten Abschn. II.Tl.4. 31 Der Abschluß des Ausbaus der 1528 gegründeten Lateinschule zu einem Gymnasium Illustre mit vier Fakultäten erfolgte erst 1610. 32 Vgl. B ENRATH , Die deutsche evangelische Universität, 74f. 33 Vgl. CASTAN , Hochschulwesen, 183. Im Jahre 1601 gründete Georg Freiherr von Schoenaich in Beuthen (Nordschlesien) ein Gymnasium Academicum mit insgesamt 12 Lehrstühlen unter anderem auch für Jurisprudenz. Nach der Besetzung der Stadt und ihrer Rekatholisierung im Jahre 1628 wurde das als calvinistisch geltende Gymnasium Academicum von Ferdinand II. geschlossen. 34 Vgl. M ÄHRLE , Academia Norica; S CHINDLING , Straßburg und Altdorf. Die Universitätsgründung gelang insofern nur teilweise, als der theologischen Fakultät aus konfessionellen Gründen die Zuerkennung des Promotionsrechts versagt blieb.

1. Juristische Fakultäten und Konfessionalisierung

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Heimstatt.35 Mit ihren vier zivilrechtlichen Professuren (seit 1589) war die juristische Fakultät zudem überdurchschnittlich ausgestattet.36 Schließlich ist auch auf die in den Niederlanden gegründeten Universitäten bzw. Hochschulen hinzuweisen, da diese eine große Zahl von Studenten aus den reformierten Territorien des Reiches anzogen. Die Universität Leiden konnte 1575 als erste Neugründung im Geltungsbereich der reformierten Bekenntnisse – noch mit einem Privileg Philipps II. ausgestattet – als Volluniversität organisiert werden.37 Sie wurde nach Genf und Heidelberg zum intellektuellen Zentrum des reformierten Protestantismus in Europa. Die juristische Fakultät löste in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts diejenige Basels als die wohl am stärksten frequentierte im Bereich der reformierten Bekenntnisse ab.38 Leiden diente ferner als Vorbild für die beiden anderen profilierten calvinistischen Ausbildungsstätten in den Niederlanden, die 1585 gegründete Universität Franeker39 und die 1614 gegründete Universität Groningen.40 Neben der Territorialstaatsbildung haben vor allem Konfessionsspaltung und Konfessionalisierung die Gründung von Universitäten gefördert. So standen den protestantischen Universitätsgründungen gleich-

Vgl. MÄHRLE, Academia Norica, 36–38. 486–491. Im Jahre 1580 wurde ein zweiter, 1588 ein dritter juristischer Lehrstuhl eingerichtet (vgl. MÄHRLE, Academia Norica, 418–478, bes. 425f.). 37 Vgl. L UNSINGH S CHEURLEER /P OSTHUMUS M EYJES (Hg.), Leiden university in the seventeenth century; weitere Literatur oben Anm. 10. Die begrenzte Macht der reformierten Kirche über die Institutionen der akademischen Bildung in den Niederlanden zeigt: VAN MIERT, The Reformed Church and Academic Education in the Dutch Republic (1575−1686). 38 Vgl. A HSMANN , Collegium und Kolleg. 39 Vgl. J ENSMA /S MIT /WESTRA (Hg.), Universiteit de Franeker 1585–1811; GA LAMA , Het wijsgerig onderwijs; zur juristischen Fakultät vgl. FEENSTRA , De Franeker juridische Faculteit; AHSMANN, De juridische Faculteit te Franeker 1585– 1635; DIES./LAGROUW, Pericula Schotana. 40 Vgl. Universitas Groningana; K INGMA u.a. (Hg.), Universitair leven in Groningen; weitere Literatur in: STROHM, Art. Groningen, Universität. 1636 wurde die Universität Utrecht ebenfalls nach dem Vorbild Leidens gegründet. 1655 entstand in der 1591 durch Moritz von Oranien eingenommenen Stadt Nymwegen eine calvinistische Akademie, die aber nur bis 1679 Bestand hatte. 35 36

II. Teil: Zentren reformierter Jurisprudenz im Reich

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gewichtig katholisch-gegenreformatorische gegenüber.41 Einige von ihnen wie die 1562 gegründete Universität Douai in den südlichen Niederlanden,42 die 1572 von Kardinal Charles de Lorraine-Guise gegründete Universität Pont-à-Mousson in Lothringen43 sowie die 1582 von Fürstbischof Echter von Mespelbrunn (wieder-)eröffnete Universität Würzburg44 waren ausgesprochene „Kampfgründungen“.45 Die Konfessionalisierung wirkte sich insofern unmittelbar auf die juristischen Fakultäten aus, als man Professoren wie Studenten auf das jeweils herrschende Bekenntnis verpflichtete.46 Auch da, wo es die Statuten nicht ausdrücklich vorschrieben, wurde es vorausgesetzt. Die Ordnungen verlangten vielfach den regelmäßigen Gottesdienstbesuch der Studenten, Vgl. die Auflistung der Neugründungen u.a. in Spanien und den von ihm beherrschten Gebieten in: COING, Juristische Fakultät, 1977, 7f.; HAMMERSTEIN, Bildung und Wissenschaft, 42; vgl. auch STOLLEIS, Glaubensspaltung, 282–287. 42 Vgl. CARDON , La fondation de l’université de Douai; zur juristischen Fakultät, die mit fünf Professuren ausgestattet war, vgl. COLLINET, L’ancienne faculté de droit de Douai; PERRIN, La fondation de l’université de Douai. 43 Vgl. COLLOT , L’école doctrinale de Droit public de Pont-à-Mousson. 44 Vgl. B AUMGART , Universitäten im konfessionellen Zeitalter; RUDERSDORF , Konfessionalisierung und Reichskirche. 45 Die Folgen der Konfessionalisierung für die Veränderung der Universität werden dort am stärksten virulent, wo sich die Konfessionen auf engstem Raum gegenüberstehen. Wo das wie zum Beispiel in Spanien nicht der Fall ist, werden die Entwicklungen nicht in der gleichen Weise greifbar. So ist die Veränderung der mittelalterlichen, von den Territorialherren weitgehend unabhängigen Universität hin zu den frühmodernen Landesuniversitäten hier weniger ausgeprägt. Charakteristische Elemente der mittelalterlichen Universität bleiben in Spanien deutlich länger bestehen. Die Rektorwahl aus den Reihen der Studenten nach der ursprünglichen Bologneser Verfassung erfährt erst Ende des 16. Jahrhunderts Einschränkungen, und die relativ große Unabhängigkeit von Stadt, Territorialherrschaft oder Königtum bleibt erhalten (vgl. COING, Juristische Fakultät, 1977, 17). Auch wird die traditionelle Vorherrschaft der aristotelischen Philosophie in der Lehre der Universitäten in Spanien nicht aufgegeben. Die an der aristotelischen Ontologie orientierte Metaphysik erfährt in Gestalt der spanischen Neuscholastik sogar einen Aufschwung. Charakteristisch für das Klima an den spanischen Universitäten ist, daß sich die Erneuerung der Scholastik ohne Spannungen mit humanistischen Anliegen verbinden konnte, wie die Werke Franciscus Suárez’, Fernando Vázquez de Menchacas oder Didacus Covarruvias’ zeigen (vgl. COING, Juristische Fakultät, 1977, 14). Anders verhält es sich an den Universitäten, die als Kampfgründungen der Ausbreitung der Gegenreformation dienen sollten. Hier zeigen sich die polarisierenden Folgen der Konfessionalisierung und griffen die kirchlichen oder fürstlichen Vorgaben sehr viel unmittelbarer in das Leben der Universität ein. 46 Zum Folgenden vgl. COING , Juristische Fakultät, 1977, 8–11. 41

1. Juristische Fakultäten und Konfessionalisierung

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so zum Beispiel die Greifswalder Statuten von 1545. Auch der Besuch anderer Universitäten war verboten. Studium und Doktorpromotion an der Universität Bologna wurden protestantischen Jurastudenten Ende des 16. Jahrhunderts praktisch unmöglich gemacht, da der Doktoreid die Zustimmung zu den Beschlüssen des Tridentinums und auch dessen Verdammungen der protestantischen Zentrallehren vorsah.47 In den Situationen verschärfter konfessioneller Auseinandersetzung wie zum Beispiel in Douai wurde eine weitgehende Zensur verwirklicht, die unter anderem die Kontrolle der Privatbibliotheken der Professoren umfaßte.48 Auch die Lehrfreiheit war insofern eingeschränkt, als nichts gelehrt werden durfte, was gegen das herrschende Bekenntnis verstieß.49 Als erste deutsche Universität forderte Dillingen im Jahre 1565 bei der Immatrikulation die Verpflichtung auf das tridentinische Glaubensbekenntnis.50 An der Universität Würzburg wurden nicht nur der LehrHammerstein hat im Blick auf die Praxis der peregrinatio academica unter Juristen geurteilt, daß die „Konfession vor Ort“ „eine fast zu vernachlässigende Rolle“ gespielt habe (vgl. HAMMERSTEIN, Bildung und Wissenschaft, 51). Für die Jahrzehnte zwischen 1550 und 1620 trifft das nicht zu. Das zeigt nicht nur die verstärkte Wahl Basels als Alternative zu den traditionellen Zielen der peregrinatio academica in Italien und Frankreich seit den 1570er Jahren, sondern auch das von Hammerstein selbst erwähnte Beispiel der Universität Padua. Um die nicht zuletzt aus materiellen Gründen hochwillkommenen Studenten aus den protestantischen Territorien zu behalten, suchte die Universität die päpstliche Verfügung, daß jeder Promovend einen Eid auf die Jungfrau Maria zu schwören habe, zu unterlaufen. Bezeichnenderweise konnte man das nur dadurch tun, daß man die Graduierungen protestantischer Studenten nach Venedig verlegte. Papst Pius’ IV. in der Bulle In sacrosancta von 1564 unternommener Versuch, die Gewährung und Führung akademischer Grade an das Bekenntnis zum katholischen Glauben zu knüpfen, konnte an vielen italienischen Universitäten nur mit großen Abstrichen verwirklicht werden (vgl. DI SIMONE, Die Zulassung zur Universität, 240f.; zu Padua vgl. auch DE RIDDER-SYMOENS, Mobilität, 342). Zur Ausbreitung der Praxis des Religionseides an den Universitäten im Zuge der Konfessionalisierung vgl. SCHREINER, Iuramentum Religionis, bes. 218–230. 48 So schon 1529 in Caen; vgl. zum Ganzen bes. CARDON , Fondation. 49 1671 wird in Preußen eine juristische Privatvorlesung über Grotius mit der Begründung verboten, dieser sei Arianer (vgl. COING, Juristische Fakultät, 1977, 9 [dort weitere Beispiele]). 50 Vgl. S PECHT , Geschichte, 175; SCHUBERT , Typologie, 96. In Ingolstadt, wo schon die päpstliche Gründungsbulle von 1472 ein Eidesformular für die Scholaren, das die Treue gegen den Heiligen Stuhl bestimmte, enthielt, gab es harte Auseinandersetzungen, als auch die Universitätslehrer die professio fidei ablegen sollten (vgl. ebd.). Zum Rechtsunterricht an der Universität Ingolstadt vgl. WOLFF, Geschichte der Ingolstädter Juristenfakultät; NEUMAIER, Ius publicum. 47

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körper, sondern auch alle Graduierenden auf das Tridentinum verpflichtet.51 Eine vergleichbare Verpflichtung auf ein „Corpus doctrinae“ gab es auch an der 1576 gegründeten Universität Helmstedt.52 Die Statuten der Universität Franeker von 1586 verboten ausdrücklich, irgendwelche Lehren zu vertreten, die durch die Kirche verurteilt worden sind; und dies nicht nur an der theologischen Fakultät, sondern der gesamten Universität.53 In Herborn wurden die Studenten bei der Immatrikulation auf das Bekenntnis der Lehre von Gott, wie es in den Heiligen Schriften und dem apostolischen Glaubensbekenntnis bezeugt ist, verpflichtet.54 Den Professoren hingegen wurde keine ausdrückliche Bekenntnisverpflichtung abverlangt. Grundsätzlich galt das für die Universitäten im Bereich der reformierten Konfession ebenso wie für solche im Bereich der lutherischen und römisch-tridentinischen. Unterschiede in der zeitlichen Umsetzung ergaben sich dabei aus den unterschiedlichen Schlüsseldaten der jeweiligen Bekenntnisbildung. Für die römisch-katholische Kirche mit dem Abschluß des Tridentinums 1563, für die lutherischen Kirchen mit der Durchsetzung der Konkordienformel seit 1577 und für die reformierten Kirchen mit den Beschlüssen der Dordrechter Synode 1618/19. Die relative Vielfalt ermöglicht kaum weitergehende allgemeine Aussagen, zumal vielfach Ausnahmen von den skizzierten Grundsätzen zugestanden wurden. So suchte Papst Clemens VIII. den melanchthonianischreformiert gesinnten, profilierten Juristen Scipio Gentili aus Altdorf nach Bologna zu ziehen, indem er ihm die freie Ausübung der protestantischen Religion zusicherte.55 In Frankreich gestand das Edikt von Nantes 1598 den Protestanten ausdrücklich das Recht zu, akademische Grade zu erwerben.56 Vor allem für Ausländer galten Ausnahmeregelungen. So konnten deutsche Protestanten und Anglikaner weiterhin in Bourges und Orléans studieren. Gleiches galt für Padua, wo auch Anglikaner dieses Recht zugestanden bekamen. In Ingolstadt konnte die juristische Fakultät auch nach der Übernahme eines Teils der UniversiVgl. BAUMGART, Universitäten, 194. Vgl. BAUMGART, Universitätsautonomie und landesherrliche Gewalt, 38ff. 53 In Toulouse wurden bereits 1531 mehrere Professoren der juristischen Fakultät als Ketzer zum Tode verurteilt. Zu den scharfen Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten an der Universität Toulouse und deren juristischer Fakultät vgl. DELOUME, Aperçu historique, 56f. 71f. 81f. 100f. 54 Vgl. ZEDLER /S OMMER , Matrikel, 1f. 55 Vgl. M UMMENHOFF , Juristenfakultät Altdorf, 146. 56 So in Art. 22 (vgl. auch Art. 27); vgl. COING , Juristische Fakultät, 1977, 9. 51 52

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tät durch die Jesuiten ihre Bedeutung behalten und sogar protestantische Adlige graduieren.57 Unterschiede in den Auswirkungen der Konfessionalisierung auf die Gestaltung des juristischen Unterrichts an den Universitäten lassen sich in dreifacher Hinsicht feststellen. Erstens behielten die katholischen Neugründungen der Epoche die traditionelle Aufteilung in legistische und kanonistische Fakultät bei. An den protestantischen Universitäten hingegen wurde nicht nur diese Unterscheidung aufgegeben, sondern auch die Lehre des kanonischen Rechts weitgehend eingestellt. Im reformierten Bereich wurde die Lehre des kanonischen Rechts normalerweise von einem der Professoren für Codex oder Digesten mit versehen. An den juristischen Fakultäten der lutherischen Territorien hat sich die Lehre des kanonischen Rechts insgesamt gesehen stärker behaupten können, und es wurden auch wieder eigene Professuren für kanonisches Recht geschaffen. Die Unterschiede zu den Universitäten der reformierten Territorien, an denen ebenfalls weiterhin der Titel des Dr. iuris utriusque verliehen wurde, sind jedoch nur quantitativer Art. Ein zweiter Unterschied lag in den grundsätzlichen Vorbehalten, die insbesondere an den von Jesuiten geleiteten Universitäten gegenüber dem Zivilrecht insgesamt bestanden. Weder die Konstitutionen des Ignatius von 155058 noch die Ratio studiorum von 1599 sahen ein Studium des bürgerlichen Rechts vor.59 Das Kirchenrecht war im Rahmen des Studiums der Moraltheologie zu behandeln. An einer jesuitischen Neugründung wie der Universität Bamberg gab es keine juristische Fakultät, sondern nur die Lehre des kanonischen Rechts durch Philosophen und

Vgl. WOLFF, Geschichte. Vgl. Constit. P IV C XII Nr. 4: „Medicinae et legum studium, ut a nostro instituto magis remotum, in universitatibus Societatis vel non tractabitur vel saltem Societatis per se id oneris non suscipiet“, zit. in: HENGST, Jesuiten, 59 Anm. 20. 59 Vgl. P ACHTLER (Hg.), Ratio studiorum; vgl. auch SEIFERT , Der jesuitische Bildungskanon. Seifert weist darauf hin, daß die – z.B. an der Universität Ingolstadt von den Jesuiten übernommene – philosophische Grundausbildung an der Artistenfakultät auf die Theologie hin ausgerichtet war, und nicht „in gleichem Maße auch der Medizin oder der Jurisprudenz als Fundament zu dienen geeignet war“ (aaO., 48). Als Anlage ist hier ein Gutachten des Ingolstädter Juristen Kaspar Manz über die beste Art des philosophischen Studiums und über die Mängel des bestehenden juristischen Ausbildungssystems (aaO., 74). 57 58

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Theologen.60 Die Jesuiten versuchten, die Rechtswissenschaft von Klerikerjuristen innerhalb der theologischen Fakultäten unterrichten zu lassen. Wenn im Zuge der gegenreformatorischen Universitätsneugründungen in Pont-à-Mousson oder Douai dennoch zivilrechtlicher Unterricht an einer eigenständigen juristischen Fakultät installiert wurde, geschah dies nur unter Konflikten.61 Bei der vielfachen Übernahme und Neuorganisation alter Universitäten wurden zumeist Verträge geschlossen, die die Leitung und Stellenbesetzung der Artistenfakultät und der theologischen Fakultät vorsahen. Die Übernahme der dann als weltlicher Teil der Universität angesehenen juristischen (und medizinischen) Fakultät lehnte der Orden in der Regel ab. So dauerte es, nachdem die Jesuiten 1563 die 1552 zum Generalstudium erhobene Universität Dillingen übernommen hatten, noch zwei Generationen, bis dort unter Konflikten eine – allerdings nur rudimentär ausgestattete – juristische Fakultät errichtet wurde.62 Die 1582 als eigene Zentraluniversität errichtete Gregoriana in Rom hatte keine juristische Fakultät.

60 Zur Jesuitenuniversität Bamberg vgl. H ENGST , Jesuiten, 288–294; zu entsprechenden Auseinandersetzungen um die Gründung einer Universität in Münster vgl. aaO., 243–254. 61 Die Errichtung einer juristischen Fakultät in Pont-à-Mousson erfolgte in der Absicht, den Erfolgen der Ausbildungsbemühungen der Metzer Protestanten eine Alternative entgegenzustellen (vgl. DOTZAUER, Deutsches Studium, 116). Vgl. zum Folgenden COING, Juristische Fakultät, 1977, 7f. Im 17. Jahrhundert widersetzt sich der Orden zum Beispiel in Graz der Einrichtung juristischer Kurse. Den Sachverhalt, daß an der von den Jesuiten übernommenen und ausgebauten Universität Dillingen Anfang des 17. Jahrhunderts zwei juristische Lehrstühle eingerichtet werden, bezeichnet Coing zu Recht als Ausnahme (vgl. aaO., 8). Zu den lange anhaltenden Widerständen gegen die Übernahme der altbayerischen Landesuniversität in Ingolstadt durch die Jesuiten vgl. HENGST, Jesuiten, 86–99, bes. 93f. Die Juraprofessoren wehrten sich insbesondere dagegen, daß die Rhetorikvorlesung, die im im Rahmen des Artistenstudiums und damit zugleich für die angehenden Jurastudenten obligatorisch war, von einem Jesuiten gehalten werden sollte (vgl. SEIFERT, Universität Ingolstadt, 256–258, Nr. 77). Ihrer Auffassung nach, war „der Jesuiten docirn pro futuris iuris consultis et medicinis, et forte etiam theologis, nichts nutz“ (aaO., 307–312, Nr. 88−90, zit. in: HENGST, Jesuiten, 93 Anm. 117). 62 Vgl. S CHUBERT , Typologie, 90; SPECHT , Geschichte, 119–125; HENGST , Jesuiten, 177. Die Vorbehalte der Jesuiten gegenüber einer unabhängig von der Moraltheologie betriebenen Rechtswissenschaft gingen so weit, daß es Mitgliedern des Jesuitenordens bis 1655 nicht erlaubt war, einen Doktorgrad im kanonischen Recht zu erwerben (vgl. SPECHT, Geschichte, 120 Anm. 4).

1. Juristische Fakultäten und Konfessionalisierung

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Hingegen erfuhr die Zivilrechtswissenschaft an den protestantischen Universitäten eine ausgesprochene Förderung. Das Aufblühen der juristischen Fakultät der Universität Wittenberg schon zu Melanchthons Zeiten ist ein früher Beleg,63 die überragende Bedeutung der juristischen Fakultät der Universität Jena für die Ausbildung des ius publicum ein späterer.64 An der ersten Neugründung im protestantischen Bereich, der Universität Marburg, behandelten drei Professoren römisches Recht, keiner hingegen mehr kanonisches Recht.65 Einen graduellen Unterschied zwischen juristischen Fakultäten im reformierten und lutherischen Einflußbereich kann man im Zeitraum 1550 bis 1620 dergestalt feststellen, daß die reformierten Fakultäten bzw. Hohen Schulen weniger traditionsgebunden und entsprechend offener den neuesten Methoden und Lehrinhalten wie insbesondere der ramistischen Systematik gegenüberstanden. Das jesuitische Universitätssystem war durch die Vorherrschaft theologischen Denkens gekennzeichnet. In dem Moment, in dem in einer sich wandelnden Welt säkulare Konzepte der Wirklichkeitsgestaltung gefragt waren, zeigte sich das katholische, durch die Jesuiten geprägte Hochschulwesen schlecht gerüstet. Das „Zurückbleiben des katholischen Reiches hinter dem sich erneuernden protestantischen, wie es sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts abzuzeichnen begann,“ erklärt sich nicht zuletzt aus dem Aufblühen der juristischen Fakultäten im protestantischen Bereich.66 Das für das Gedeihen zivil- und Vgl. LÜCK, Wittenberg und die europäische Rechtswissenschaft; DERS., Einführung, bes. 18–20. 25–29; LIEBERWIRTH, Melchior Kling; TROJE, Konrad Lagus; FEENSTRA, Matthäus Wesenbeck; WYDUCKEL, Wittenberger Vertreter des Ius Publicum, 291–307. 64 Siehe dazu unten Abschn. III.Tl.4.3.4 u. III.Tl.6.3. 65 Vgl. B ENRATH , Die deutsche evangelische Universität, 70. In Wittenberg las anders als in Marburg der zweite der vier juristischen Professoren die Dekretalen (vgl. aaO., 71). 66 „Zunächst unbemerkt, im folgenden Jahrhundert aber immer offensichtlicher, verblieb nurmehr wenig vom einstmaligen Glanz und der führenden Rolle des jesuitischen – und vielfach damit katholischen – Bildungssystems. In dem Moment, in dem die Vorherrschaft theologischen Denkens nicht mehr aktuell sein konnte, verloren die Patres den Anschluss an die geistige Entwicklung der Zeit. Das schloss selbstverständlich Glanzleistungen Einzelner nicht aus, es galt nicht allenthalben und schlechthin. Aber es erklärt das Zurückbleiben des katholischen Reichs hinter dem sich erneuernden protestantischen, wie es sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts abzuzeichnen begann. Übrigens sollte eine erneuerte juristische Fakultät, eine methodisch modifizierte Jurisprudenz nebst ihren Beifächern dabei auf 63

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öffentlich-rechtlicher Lehre günstige Klima an protestantischen Universitäten hat einen entscheidenden Anteil an der Universitätsentwicklung in der Frühen Neuzeit. Denn der in der neueren Forschung hervorgehobene Sachverhalt, daß der mit der Reformation einhergehende Konfessionalisierungsschub nicht die generelle Abkehr von einem weltlichen Wissenschaftsverständnis und eine umfassende Retheologisierung bedeutet hat, beruht maßgeblich auf der wachsenden Bedeutung der juristischen Fakultät in der Universität.67 Dies ist gerade angesichts des Sachverhalts zu betonen, daß neuere Arbeiten zu Recht die Auffassung der älteren Forschung von einer generellen Rückständigkeit des jesuitisch-katholischen Bildungssystems relativiert haben.68 Schließlich scheint drittens für die juristischen Fakultäten und Universitäten im reformierten Bereich im Vergleich zu den in lutherischen Territorien gelegenen ein ausgeprägter internationaler Austausch charakteristisch gewesen zu sein.69 Ein relativ hoher Anteil an Jurastudenten aus reformierten Territorien des Reiches hat an Universitäten bzw. Akademien der Schweiz, Frankreichs und vor allem der nördlichen allen Seiten eine entscheidende Rolle spielen, bei den Katholiken noch nachhaltiger als bei den Protestanten. Die Juristen waren hier, da sich die Jesuiten dieser Materien nicht annehmen durften, neben dem oder den zu vernachlässigenden Mediziner(n) die einzigen nicht konfessionell und theologisch überformten Vertreter der Gelehrsamkeit. Sie hatten den katholischen Volluniversitäten ein Stück mundaner Wissensauffassung auch in konfessionsbestimmter Zeit erhalten können“ (HAMMERSTEIN , Bildung und Wissenschaft, 42f.; vgl. aaO., 53f.). 67 Vgl. aaO., 73; vgl. auch DERS ., Hochschulträger, 108–111. 68 Vgl. H ENGST , Jesuiten; B AUER , Jesuitische „ars rhetorica“, bes. 21–49; STOLLEIS, Glaubensspaltung, 288; vgl. schon VILLOSLADA, Storia di Collegio Romano. Stefan Ruppert hat seiner Frankfurter juristischen Dissertation die These gut begründet, daß auch für die Rechtsgeschichte des „modernen“ 19. Jahrhunderts die Bedeutung der religiösen Milieus bislang unterschätzt wird (vgl. DERS., Kirchenrecht und Kulturkampf). 69 Vgl. auch das Urteil Coings: „Die calvinistischen Hochschulen sind internationaler als die lutherischen. Zwischen allen calvinistischen Hochschulen besteht eine enge Bindung, sowohl hinsichtlich der Studenten wie hinsichtlich der Berufungen“ (DERS., Juristische Fakultät, 1977, 10). Vgl. ferner SCHNEPPEN, Niederländische Universitäten und deutsches Geistesleben; SCHÖFFLER, Deutsches Geistesleben, 47–69; VAN ROOSBROECK, Die Beziehungen der Niederländer; BENRATH, Die deutsche evangelische Universität, 78; DOTZAUER, Deutsches Studium, 114–117; DE R IDDER -SYMOENS, Mobilität, 337–340. 343f. 354. Hingegen waren für die habsburgischen und andere katholische Universitäten Abschottungstendenzen charakteristisch. So waren zeitweise nur 1,5 Prozent der Rechtsstudenten der bayerischen Universität Ingolstadt Ausländer, in diesem Fall zumeist Polen (vgl. aaO., 341).

2. Heidelberg

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Niederlande studiert. Auch der Wechsel von Professoren von und an Hochschulen dieser Gebiete ist relativ verbreitet. Zu erklären ist das mit der Notwendigkeit, sich angesichts der mangelnden rechtlichen Sicherung durch den Augsburger Religionsfrieden und des Minderheitenstatus im Reich Sicherheit durch Kontakte und Allianzen zu verschaffen. Der intensive Austausch der Jurastudenten mit westeuropäischen Universitäten legte sich auch insofern nahe, als die Glaubensgenossen zuerst in Frankreich und seit dem Ende des 16. Jahrhunderts in wachsendem Maße in den Niederlanden über den modernsten und besten Rechtsunterricht Europas verfügten.

2. Heidelberg Ein Überblick über die juristischen Ausbildungsstätten im Reich, an denen reformierte Bekenntnisse galten, hat mit der Universität Heidelberg zu beginnen. Unter Kurfürst Friedrich III. wurde die Kurpfalz in den sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts zum Zentrum calvinistisch-reformierter Lehre im Reich.70 Bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges erlebte die Universität, nicht zuletzt aufgrund ihrer engen Verbindungen mit Westeuropa, eine ausgesprochene Blütezeit.71 Die folgende Darstellung setzt ein mit einer Übersicht über die konfessionelle Orientierung der an der Universität Heidelberg in den Jahren 1560 bis 1620 tätigen Juristen. Nicht alle lassen sich konfessionell klar einordnen, aber es wird insgesamt ein breites Spektrum konfessioneller Orientierungen sichtbar. Ein zweiter Abschnitt analysiert die Gedankenwelt des Juraprofessors und späteren Kanzlers Christoph Ehem, der Übersicht über die wichtigsten Ereignisse und Personen der kurpfälzischen Geschichte zwischen 1550 und 1620 in: SCHINDLING/ZIEGLER, Kurpfalz, Rheinische Pfalz und Oberpfalz; neueste Literatur zur Rolle der Kurpfalz im Reich seit 1560 in: EDEL, Der Kaiser und die Kurpfalz, 190–249; LANZINNER/HEIL, Einleitung; DIES., Ergebnisse; zum Verhältnis von Späthumanismus und reformierter Konfession vgl. WALTER, Späthumanismus (mit Informationen zu zahlreichen Exponenten des „Heidelberger Späthumanismus“; vgl. ferner STROHM/FREEDMAN /SELDERHUIS (Hg.), Späthumanismus und reformierte Konfession (darin bes. STROHM, Weltanschaulich-konfessionelle Aspekte). 71 Vgl. B AUER , Aus der großen Zeit; B ENRATH , Die deutsche evangelische Universität, 74; CLASEN, The Palatinate, 33–39; HAMMERSTEIN, Vom „Dritten Genf“ zur Jesuiten-Universität; WOLGAST, Die kurpfälzische Universität, 33–45; MAAG, Seminary, 154–171; KOHNLE, Die Universität Heidelberg. 70

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einen maßgeblichen Anteil am Übergang der Kurpfalz zum reformierten Protestantismus gehabt hat. Dann folgt ein Gedankengang, der mit Ludwig Camerarius dem Juristen gewidmet ist, der in der späten Phase zum entscheidenden Propagandisten der gegen Rom und Habsburg gerichteten kurpfälzischen Politik wurde. Vier weitere Teile analysieren das juristische Schrifttum von Vertretern der humanistischen Jurisprudenz, die einerseits als profiliert calvinistisch-reformiert greifbar werden, andererseits in der Jurisprudenz teilweise herausragende Bedeutung erlangt haben. Es wird untersucht, ob und wenn ja, welche Zusammenhänge zwischen weltanschaulich-konfessionellen Orientierungen und spezifisch juristischer Argumentation nachweisbar sind. Bei allen Behandelten – Hugo Donellus, Marquard Freher, Johann Kahl und Denis Godefroy – zeigt die Wahrnehmung der Bedrohung der humanistischen wie der reformatorischen Errungenschaften in Gestalt der Förderung von Aberglauben und Autoritätshörigkeit durch das Papsttum Folgen für die juristische Argumentation. In den Augen dieser Juristen schien die calvinistisch-reformierte Gestalt des Protestantismus am ehesten der Überzeugung vom Gleichklang biblischer Religion und rechter Rationalität zu entsprechen. Angesichts der Wahrnehmung der gemeinsamen Bedrohung von Humanismus und Reformation erfolgt eine religiöse Aufwertung juristischer Rationalität, die bei dem zuletzt behandelten Godefroy so weit geht, daß er nur noch minimale Differenzen zwischen christlicher Lehre und stoischer Rationalität bemerken kann.

2.1 Das konfessionelle Spektrum Heidelberger Juraprofessoren 1560–1620 In den Jahren zwischen dem Herrschaftsbeginn Kurfürst Friedrichs III. 1559 und der vernichtenden Niederlage Friedrichs V. in der Schlacht am Weißen Berg im November 1621 waren ungefähr 25 Professoren an der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg tätig.72 Unter diesen befand sich lediglich einer, der vor dem Herrschaftsantritt Friedrichs III. angestellt wurde und als katholisch zu bezeichnen ist.73 Ferner überZur juristischen Fakultät der Universität Heidelberg in der zweiten Hälfte des 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts vgl. HAUTZ, Die Juristen-Facultät; DERS., Geschichte II, 43–169; DICKEL, Die Heidelberger juristische Fakultät; WADLE, Ottheinrichs Universitätsreform; SCHMIDT, Glaube und Skepsis; DRÜLL, Gelehrtenlexikon, bes. 571–573. 594. 73 Es handelt sich um Dionysius Graff, 1545–1549 Inhaber der Lektur für nova iura, 1549–1551 Prof. für Institutionen und 1551–1560 Prof. für Digesten (vgl. DRÜLL, Gelehrtenlexikon, 185f.). 72

2. Heidelberg

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nahmen in der Zeit der Relutheranisierung unter Kurfürst Ludwig VI. mit Eustachius Ulner, Stephan Mumm, Matthäus Enzlin und Valentin Forster vier als lutherisch zu bezeichnende Professoren eine Lehrtätigkeit an der juristischen Fakultät.74 Unter den übrigen kann man die überwiegende Zahl als reformiert bezeichnen, wobei diese Charakterisierung sehr unterschiedlich zu füllen ist. Auf der einen Seite finden wir Vertreter, deren reformierter Protestantismus sich klar gegen lutherische Zugänge abgrenzen läßt. Auf der anderen Seite stehen Vertreter eines philippistischen Protestantismus, die sich lediglich weigern, die 1577 entstandene lutherische Konkordienformel zu unterschreiben, ansonsten aber durchaus Nähen zu lutherischen Anschauungen zeigen. Der in dieser Hinsicht besonders charakteristische Vertreter ist der bereits 1559 bis 1566 in Heidelberg tätige und 1580 erneut aus Speyer nach Heidelberg berufene Nikolaus Cisner (Kistner).75 Cisner, der mit seinen Editionsarbeiten einen wichtigen Beitrag zur entstehenden Reichspublizistik geleistet hat, war vor der Aufnahme des Jurastudiums in Frankreich 1554 nach Straßburg gegangen, um bei dem mit ihm entfernt verwandten Martin Bucer zu studieren, und anschließend nach Wittenberg, um Melanchthon zu hören. Gleich diesen beiden jedem konfessionellen Hader abgeneigt, scheint Cisner keine aktive Rolle beim Übergang der Kurpfalz zum Calvinismus Anfang der sechziger Jahre gespielt zu haben.76 In der Phase der Relutheranisierung unter Ludwig VI. hat er ein Abendmahlsbekenntnis verfaßt, das die Confessio Augustana variata mit ihren Formulierungen zur Gegenwart Christi „cum pane et vino“ aufnimmt, sich an Martin Bucers Rede von der sakramentalen Einheit zur Deutung der Gegenwart anlehnt und im

Ulner war 1578–1585 Prof. für Institutionen, Enzlin 1580–1585 Prof. für Pandekten und Forster 1580–1585 Prof. für Codex. Der 1532 in den Niederlanden (Zwolle) geborene und 1562 an der Universität Orléans zum Dr. iur. promovierte Mumm lehrte im Jahre 1579 extraordinarie an der juristischen Fakultät (vgl. aaO., 535. 139f. 156f. 399). 75 Zur Biographie und zum juristischen Werk Cisners vgl. S TINTZING , Art. Cisnerus; PRESS, Calvinismus, 15. 194–196. 208f. 291–293. 297; DICKEL, Art. Kistner; Bibl. Pal. 1, 199f. 221. 232f.; DÜCHTING, Art. Cisner; KERN, Gerichtsordnungen; MERKEL, 40 Jahre Nicolaus-Kistner-Gymnasium; WIEGAND, Nicolaus Kistner; SCHMIDT, Glaube und Skepsis, 99f. 376. Zu Cisners Bedeutung für die Entfaltung des ius publicum siehe unten Abschn. III.Tl.2.2. 76 Cisner war 1562 Rektor der Universität Heidelberg. 74

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wesentlichen mit Calvins Abendmahlslehre übereinstimmt.77 Seine Rückkehr aus Speyer in das relutheranisierte Heidelberg im Jahre 1580 erfolgte nur unter Zusicherung von Gewissensfreiheit.78 In diesen Jahren galt er als einer der offen Reformierten am Heidelberger Hof.79 Im Zuge seines Frankreich-Aufenthaltes hatte er auch Calvin in Genf einen Besuch abgestattet und anschließend dessen Bildung und Frömmigkeit gelobt.80 Man kann ihn wohl als „gemäßigt reformiert mit einem starken humanistischen Einschlag“ bezeichnen.81 Eine ähnlich vermittelnde Rolle zwischen lutherischer und reformierter Ausrichtung läßt sich bei Kaspar Agricola annehmen, der von 1558 bis 1588 die Professur für Institutionen bzw. kanonisches Recht innehatte, ohne daß in der Phase der Relutheranisierung irgendein Konflikt entstanden zu sein scheint.82

„CREDO Eucharistiam, juxta verba Irenaei, duabus rebus constare; Terrena et Coelesti. Terrena: scil. pane et vino: Coelesti, scil. corpore et sanguine Domini: et cum pane et vino vere et substantialiter adesse, exhiberi et sumi corpus Christi et sanguinem; Et quidem in hoc mysterio divino ac coelesti, vero tamen et substantiali modo, non transubstantiatione, non locali inclusione, nec durabili aliqua extra usum Sacramenti conjunctione: sed sacramentali unione. [...] Ac propter hanc Sacramentalem unionem, [...]. Cum vero et hoc ipsum Sacramentum, ut Augustinus tradit (Tractat. 26. ad c. 6. Joannis), signum sit unitatis et vinculum caritatis, Deum oro, ut nos regat, qui in fundamento et plerisque articulis fidei secundum Augustanae Confessionis formulam convenimus, ut concordiae verbo Dei congruenti potius studeamus: ut a primarijs nostra patrumque memoria reformatae religionis Theologis factum videmus, quam dissidia alamus; ut deposita animorum acerbitate caritati et conciliationi operam navemus, ut gloriam Dei, ecclesiae christianae utilitatem, nostris sive cupiditatibus sive affectionibus anteponamus. Scriptum 1580“ (Nic. Cisneri Confessio de Coena Domini, exhibita praesenti El. Pal. Ludovico, P.M. Svmma sententiae meae de sacra Coena Domini nostri Jesu Christi, in: REUTER [Hg.], Nicolai Cisneri [...] opuscula, 960–962). Vgl. auch GÖSCHEL (Hg.), Zur theologischjuristischen Biographie und Literatur, 247. 78 Vgl. P RESS , Calvinismus, 282. 79 AaO., 292. 80 Vgl. N. Cisner an Johannes Calvin, aus Bourges, Dezember [1557], in: CO 16, Nr. 2766, Sp. 715f. 81 P RESS , Calvinismus, 282. 82 Im Zusammenhang der Disputation des Jahres 1584, mit der die Wiedereinführung des reformierten Bekenntnisses an der Universität vorangetrieben werden sollte, hat sich Agricola als Prorektor vielmehr gegen Eingriffe des Kurfürsten in die Autonomie der Universität gewehrt (vgl. KOHNLE, Die Heidelberger Disputation, 463–466). 77

2. Heidelberg

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Auf der anderen Seite des Spektrums reformierter Juristen finden wir diejenigen, die entweder in den Zeiten der Verfolgung in Westeuropa bzw. Kursachsen oder in den Heidelberger Jahren durch profiliert reformierte Positionen hervorgetreten sind. Unter den in Westeuropa aus Glaubensgründen Verfolgten sind zu nennen Peter Alst (Aelst, Alostanus, 1567–1577 Prof. für Institutionen), Hugo Donellus (Doneau, 1573–1579 Prof. für Codex), Dionysius Gothofredus (Godefroy, 1600– 1601 und 1604–1621 Prof. für Codex) und – mit Einschränkungen – François Baudouin (Balduinus, 1556–1559 Prof. für Pandekten, 1559– 1561 Prof. für Codex).83 Auch der aus Italien nach Genf geflohene Julius Pacius (1585–1586 Prof. für Pandekten, 1586–1594 Prof. für Codex) und der einer Flüchtlingsfamilie entstammende Hippolyt von Colli (a Collibus, 1586–1589 Prof. für Pandekten)84 sind – wiederum mit Einschränkungen – dieser Gruppe zuzuordnen. Unter denjenigen, die sich in den Heidelberger Jahren als Reformierte profilierten, sind zu nennen: der aus Augsburg stammende Christoph Ehem, zwischen 1556 und 1559 als Professor für Institutionen und Digesten tätig und bis Ende der achtziger Jahre einer der einflußreichsten Politiker der Kurpfalz, Nikolaus Dobbin, 1565–1566/67 Prof. für Institutionen und 1566/67– 1589 für Pandekten, der sich 1579 weigerte, die lutherische Konkordienformel zu unterschreiben, und 1580–1583 Prof. für Pandekten am Casimirianum in Neustadt war,85 und vor allem Marquard Freher d. J., der zwar nur kurze Zeit – in den Jahren 1596/97 – die Professur für Codex an der Universität innehatte, aber darüber hinaus durch seine publizistische Tätigkeit im Dienste Friedrichs IV. eine große Wirkung ausgeübt hat. Die übrigen Mitglieder der juristischen Fakultät lassen sich hinsichtlich ihres konfessionellen Profils mehr oder weniger klar – das heißt vor allem mangels geeigneter Quellen – in der Mitte des Spektrums einordnen.86 Im weiteren sollen nun skizzenhafte Bemerkungen zu einigen Ju83 Zu Baudouin vgl. T URCHETTI , Concordia. Unter diejenigen, die aus Glaubensgründen Frankreich verließen, ist wohl ebenfalls der aus Carpentras (bei Avignon) (?) stammende Jakob Concenatius, der 1560–1561 die Dekretalen-Professur vertreten hat und über den genauere Informationen fehlen, zu zählen (vgl. DRÜLL, Gelehrtenlexikon, 87). 84 Zu ihm J UGLER 3, 195–206; STEFFENHAGEN , Art. Colli; WALTER , Späthumanismus, 274–276; ZWIERLEIN, Heidelberg, 76–86. 85 Vgl. B ENRATH , Casimirianum, 31–37, bes. 35f.; FREY , Lehrer, bes. 65f. 86 Berthold Redlich, Juni 1565–Dezember 1565 Prof. für Institutionen, 1565– 1566/67 Prof. für Pandekten, 1566/67–1572 Prof. für Codex (vgl. DRÜLL, Gelehr-

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risten exemplarisch repräsentative Eigenheiten der weltanschaulichkonfessionellen Orientierung aufzeigen.

2.2 Christoph Ehem (1528–1592) Unter den Mitgliedern der juristischen Fakultät in der Zeit des Übergangs der Kurpfalz zum reformierten Protestantismus verdient der Professor für Institutionen Christoph Ehem87 besondere Beachtung, weil er zugleich als kurfürstlicher Rat tätig war und in wachsendem Maße die kurpfälzische Politik mitbestimmt hat. An ihm lassen sich wesentliche Orientierungen aufzeigen, die auch andere andere Heidelberger Juristen bestimmt haben. Hier ist erstens die starke Präsenz der Erfahrung einer Verfolgung aus Glaubensgründen im Westen Europas zu nennen. Verbunden damit ist zweitens die Wahrnehmung eines Fundamentalgegensatzes, in dem sich die durch Aberglauben und Machtinteressen verdortenlexikon, 466); Andreas Knichen, 1586–1588 Prof. für Institutionen (vgl. aaO., 82); Heinrich Kreffting, 1589 Prof. für Institutionen, 1589–1591 Prof. für Pandekten (vgl. aaO., 106–108); Peter Heymann (Heumann), 1589–1591 Prof. für Institutionen, 1591–1597 Prof. für Pandekten, 1597–1602 Prof. für Dekretalen (vgl. aaO., 208f.); Daniel Nebel, 1598/99–1604 Prof. für Institutionen, 1604–1626 Prof. für Pandekten (vgl. aaO., 400f.); zur konfessionellen Zuordnung Johann Kahls (Calvinus), 1605–1614 Prof. für Institutionen (vgl. aaO., 61f.), siehe unten Abschn. II.Tl.2.6. In einer Zeit klar reformierter Orientierung der Universität angestellt, aber ansonsten mangels Quellen in ihrem konfessionellen Profil nur schwer greifbare Mitglieder der juristischen Fakultät zwischen 1560 und 1621 sind: Karl Hugel, 1560– 1562 Prof. für Institutionen (vgl. aaO., 243); Peter Schalun 1564–1565 (?) Prof. für Pandekten (vgl. aaO., 487); Philipp Hoffmann, 1591–1597/98 Prof. für Institutionen, 1597/98–1604 Prof. für Pandekten, 1604–1624 Prof. für Dekretalen (vgl. aaO., 239f.). Mehrfach die Konfession gewechselt hat Reinhard Bachoven (Bachovius) von Echt, 1614–1626, 1629–1631 und 1634–1635 Prof. für Institutionen. 1629 trat er im Zusammenhang seiner gewünschten Wiederanstellung an der inzwischen katholischen Universität Heidelberg zur katholischen Konfession über, nach der Eroberung Heidelbergs durch die Schweden 1632/33 und der Restition der evangelischen Universität rekonvertierte er vor August 1634 zum reformierten Glauben, verweigerte dann aber die öffentliche Absage an die reformierte Konfession, die infolge der im Winter erfolgten Rekatholisierung der Universität gefordert wurde (vgl. aaO., 23–25). In seinen frühen Leipziger Jahren war Bachoven von den Verfolgungen der sog. Kryptocalvinisten in Sachsen betroffen (vgl. ADAM, Vitae iureconsultorum, 215). 87 Zu Ehem vgl. ADAM , Vitae iureconsultorum, 141–145; VON B EZOLD , Art. Ehem; FABIAN, Art. Ehem; STUCK, Personal, 111f.; HEPP, Religion und Herrschaft, 48f. 51. 59f. 103. 137f. 147, 161; DRÜLL, Gelehrtenlexikon, 131–133 (dort weitere Literatur).

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bene Kirche unter Führung des Papsttums und die wahre, biblisch bestimmte Religion gegenüberstehen. Schließlich findet sich drittens die tiefe Überzeugung einer Übereinstimmung der reformierten Gestalt christlicher Lehre mit humanistischen Zielen. Bevor dies dargestellt wird, ist kurz auf Ehems berufliches Wirken in der Kurpfalz einzugehen. 2.2.1 Berufliches Wirken in der Kurpfalz Ehem war im September 1556 durch Kurfürst Ottheinrich auf die Lektur für Institutionen gerufen worden und trat die Stelle bereits im Oktober desselben Jahres an.88 Auch als kurfürstlicher Rat angestellt, trieb er sogleich die Universitätsreform voran, die nach dem Willen Ottheinrichs aus der alten Hochburg der Scholastik eine humanistisch ausgerichtete und durch die Reformation bestimmte Hochschule machen sollte.89 Bereits im Jahre 1559 oder 1560 gab er die Professur an der Universität auf, um sich unter dem neuen Kurfürsten Friedrich III. ganz den Aufgaben als kurfürstlicher Rat, Mitglied des Kirchenrats, Protonotar im Oberrat und schließlich auch als Kanzler zu widmen.90 Seit alter Zeit gilt Ehem als die Gestalt, die neben den bekannten Theologen Kaspar Olevian, Zacharias Ursinus, Petrus Boquinus, Immanuel Tremellius und Michael Diller am konsequentesten und einflußreichsten den Übergang der Kurpfalz von der lutherischen zur reformierten Reformation vorangetrieben hat.91 Im Mai 1558 wechselte Ehem auf die Professur für Digesten (vgl. DRÜLL, Gelehrtenlexikon, 131f.). 89 Unter Verwendung eines Gutachtens und mündlicher Ratschläge Melanchthons arbeitete Ehem die neuen Statuten der Universität vom Dezember 1558 aus (vgl. HAUTZ, Geschichte II, 7–10; KÖHLER, Philipp Melanchthon). Neben der Mitarbeit an der Universitätsreform 1557/58 ist Ehem auch als Mitverfasser einer Ehegerichtsordnung (ca. 1557) und der Kirchenratsordnung von 1564 hervorgetreten (vgl. DRÜLL, Gelehrtenlexikon, 132; EKO 14, 28. 36f. 48f. u.ö.). 90 Zu den verschiedenen Ämtern unter den einzelnen Kurfürsten bis zu seinem Tod im Jahre 1592 vgl. DRÜLL, Gelehrtenlexikon, 132. 91 Vgl. das zusammenfassende Urteil von Ekkehard Fabian: „E. kann mit Recht als einer der einflußreichsten Mitarbeiter bei der Neugründung der Univ. Heidelberg von 1557/58, als ‚Hauptinitiator der offizellen Calvinisierung der Pfalz‘ und als ‚Mitgründer der pfälz. Unionspolitik‘ gelten“ (DERS., Art. Ehem, 343). Vgl. auch schon das Urteil Friedrich von Bezolds: „Wir dürfen ihn als einen Mitbegründer der pfälzischen Unionspolitik und der deutsch-reformirten Kirche bezeichnen“ (DERS., Art. Ehem, 694). Die frühesten Belege für die führende Rolle Ehems bei der „Calvinisierung“ der Kurpfalz stellen die kritischen Bemerkungen des vormaligen kurpfäl88

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2.2.2 Orientierung nach Westen Ehem kam zwar nicht wie zahlreiche andere kurpfälzische Juristen und Politiker aus Westeuropa nach Heidelberg, sondern entstammte einer in der Reichsstadt Augsburg ansässigen Familie. Gleichwohl ist er durch seine Studien in Antwerpen schon in jungen Jahren mit den Protestantenverfolgungen in Westeuropa konfrontiert gewesen. Ehem hat hier die französische Sprache erlernt92 und in den folgenden Jahrzehnten intensiv Anteil an den Verfolgungen der Glaubensbrüder in Frankreich und den Niederlanden genommen. Die Klage darüber durchzieht bis zuletzt seinen Briefwechsel.93 So ist es konsequent, daß Ehem einer der Architekten der pfälzischen Unionspolitik geworden ist, die der habsburgisch-katholischen Bedrohung eine starke Allianz der protestantischen Mächte Westeuropas und des deutschen Reichs – schließlich auch unter Einschluß Englands – entgegenzustellen suchte.94 Die Kehrseite dieses Bemühens war die wachsende Entfremdung von den lutherischen Mächten – nach dem Sturz der sog. Kryptocalvinisten, allen voran den beiden sächsischen Territorien, die aus theologischen wie politischen Gründen die erstrebte Bildung dieser Allianz nicht ausreichend unterstützten. Die gewisse Radikalisierung und Politisierung sowie die dauernde Anteilnahme an den bedrohlichen Entwicklungen in Westeuropa ist charakteristisch für Ehems Hinwendung zum reformierten Protestantismus. Illustren Ausdruck findet das zum Beispiel in dem Sachverhalt, daß der Sohn und Nachfolger Wilhelms von Oranien, Moritz von Oranien, während seiner Heidelberger Studienzeit mit seiner Familie im Hause Ehems wohnte.95

zischen Oberrats und Hofrichters Erasmus von Venningen in seinen Briefen an Johannes Marbach dar. Vgl. Erasmus von Venningen an Johannes Marbach, 25.3.1561, in: FECHT (Hg.), Historiae ecclesiasticae supplementum, Nr. 21, S. 130–134, hier: 130f. 92 Vgl. S TUCK, Personal, 111. 93 Zum Engagement Ehems für die verfolgten Glaubensbrüder in Frankreich und den Niederlanden vgl. KLUCKHOHN, Briefe II/1, 33f. 85. 174. 221. 224f. 231–234. 241 Anm. 1. 249f. 252f. 348f. 351–353. 443. 450–454. 516. 576f. 580f. 613. 624. 688–692. 703–705. 715–718. 726. 94 Siehe oben Anm. 91. Zu den Bemühungen um eine protestantische Allianz vgl. GARBER, Der deutsche Sonderweg, 165–172; vgl. auch SCHILLING, Die Konfessionalisierung und die Entstehung eines internationalen Systems. 95 Vgl. CLASEN , Palatinate, 38.

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2.2.3 Papstkritik und Suche nach antirömischer Allianz Eng damit verbunden kennzeichnet Ehems Konfession und Weltanschauung eine scharf antipäpstliche Haltung.96 Das Papsttum steht dabei für Aberglauben, Autoritätshörigkeit und Verderbnis der wahren Religion.97 In der Folge wird die päpstlich-habsburgische Allianz nicht nur als Bedrohung der Errungenschaften der Reformation gesehen, sondern ebenso der durch den Humanismus in Angriff genommenen Überwindung des finsteren Mittelalters und der traditionellen Ordnung des deutschen Reiches, die den Ständen und dem deutschen Volk ein hohes Maß an Freiheit gewährte.98 Ehems Denken ist bestimmt von der Nach August Kluckhohns Urteil erlangte Ehem „unter Friedrich maßgebenden Einfluß auf die auswärtige Politik. Er war strenger Calvinist und ein entschiedener Feind Roms und des habsburgischen Hauses, aber auch ein gewandter und kluger Diplomat. Der Gedanke der protestantischen Union fand in ihm den ersten Vertreter“ (DERS., Friedrich, 458). Anschauliche Belege für Ehems scharf antipäpstliche und antijesuitische Haltung finden sich z.B. in: Ch. Ehem an Landgraf Philipp v. Hessen, Februar 1574, in: GROEN VAN PRINSTERER (Hg.), Archives ou correspondance inédite IV, 337–341, hier: 340f. Die der wahren Lehre entgegengesetzte ist die „papistische“, wie ein Urteil Ehems über Heinrich Bullingers Confessio Helvetica posterior zeigt: „Literas tuas cum expositione brevi ac dilucida orthodoxae fidei et antithesibus verae et papisticae doctrinae cum adiuncta exhortatione ad imperatorem accepimus, non sine magna animi voluptate gaudio et gratiarum actione (quam tibi nos omnes ecclesiae nomine debere merito fatemur) praelegimus“ (Ch. Ehem an H. Bullinger, 6.1.1566, zit. in: KLUCKHOHN, Briefe II/2, 1040 Anm. 1). 97 „Denn im Papstthum handelt es sich um so viele greuliche, öffentliche Irrthümer, Gotteslästerung und Abgötterei, die das Fundament des christlichen Glaubens umstoßen; von dort, als dem rechten Quell, entspringen auch alle andern irrigen Secten, daher billig mit der Reformation und Abschaffung des Papstthums der Anfang gemacht würde, [...]“ (KLUCKHOHN, Briefe I, Nr. 316, S. 599–601, hier: 601). 98 „Deutschland ist nie in größerer Gefahr gestanden als jetzt. So sind auch die ausländischen Potentaten, Papst, Spanien und Frankreich nie so einig gewesen, die Religion mit Gewalt auszurotten, als jetzt. Wollte Gott, es lägen auch nicht andere mit unter der Decke, mit denen es beßer [sic!], daß sie sich öffentlich erklärten! So geht das Feuer in Frankreich wiederum an. In Italia hat man nie also verfolgt als jetzt, und die deutschen Chur- und Fürsten, et in primis noster Caesar, sitzen still, thun nichts; ist wahrlich zu besorgen, da den anreichenden Ländern das Garaus gemacht, man werde unser nicht verschonen, wie sich denn die Albanischen genugsam vernehmen lassen. Es darf Euch nicht Wunder nehmen, daß wir uns jüngsten zu Bacharach einer solchen General-Instruction verglichen, denn, wie Ihrs recht versteht, haben wir es nicht weiter bringen können. Wir hetten es gerne gesehen, daß man den Anfang allein (dahin) gemacht: da die kays. Mt. das Kriegswesen im Niederland nicht abschaffen konnten oder wollten, daß alsdann die 96

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Wahrnehmung eines Fundamentalgegensatzes, der dadurch besonders bedrohlich wird, daß das Papsttum als Urheber einer Verschwörung („conspiratio“) dunkler Mächte erscheint.99 Entsprechend werden auch die Ereignisse der jüngeren Geschichte gedeutet, so der Schmalkaldische Krieg oder das Konzil von Trient.100 Während bei Ehem an keiner Kurfürsten, Fürsten und Stände des Reichs auf solche Mittel und Wege verdacht sein müßten, wie man sich dieser Tirannei und Gefahr entschütten. Aber es hat bei den Pfaffen (gemangelt), und sollt das Spiel wohl letztlich dahin gerathen, daß sie die ersten in Sack geschoben würden. Denn sollte es dem Oranien mißrathen, so würde der Kurfürst zu Cöln und zweifelsohne die Stadt Cöln und darnach andere herhalten müssen. [...] Ich halt es gänzlich dafür, soll man sich des Papstes und seiner Praktiken, auch künftiger Dienstbarkeit und Servitut im Reich erwehren und die Deutsche Chur- und Fursten in pristinam autoritatem apud exteros bringen und einmal der Christenheit und anderen Ruhe schaffen, daß dies das einzige Mittel sei, wie denn England hiebevor und jetzt wieder in ebenmäßigen Gedanken steht. Es ist sich letzlich zu verwundern, daß die andern, so eine böse Sache haben, so treulich die Hand einander bieten, und daß wir in einer guten Sache, da Gottes Ehre, unsers Vaterlands und der ganzen Christenheit Wohlfahrt anlieget, so kalt sind und so lange zusehen, daß einer nach dem anderen geschwächt und verderbt wird“ (Ch. Ehem an G. Cracow, 29.8.1568, in: KLUCKHOHN, Briefe II/1, Nr. 534, S. 239f.). „Zuletzt ist männiglich bewußt, wie viel vorher practicirt worden, eine Monarchie aus Deutschland zu machen oder dasselbe zwischen den Potentaten zu theilen; wenn denn alle Anschläge noch dahin gerichtet, ist zur Abwehr dessen und zur Erhaltung der deutschen Libertät solche Verständnis gar hoch nöthig“ (Memorial aus Ehems Hand [bei: Ch. Ehem an Friedrich III., 17.7.1569], aaO., 349). 99 „Daraus ir abzunemen, was denen leuten zu vertrauen, die dem bapst, so unserer herren alle abgesagter feind ist, zuvertrawen. Den armen underthanen zu Trier [...]. Was mir zu Rom in etlichen briefen von einem alten wolvertrauten mann, der um des bapsts practiken weiss, geschriben, das werdet ir aus meines gnedigsten herrn an euern herrn gethane schriften befinden. Und lass euch auch zukomen, was mir Dr. Bullingerus gestern für zeitungen, wie es im Schweizerland geschaffen, und dass die bapisten daselb auch unsinnig und rasend, zugeschickt, also daraus zu vernemen, das es ein gemeine conspiratio und zu besorgen, da unsere herren nit anders, dann bisher beschehen darzuthung, und der prinz zu Uranien [Oranien] einen schnapp leiden solt, nichts gewissres zu besorgen, und zu gewarten, dann das wir den krieg mitten in teutschland haben wurden, da es doch viel besser were, denselben ausser dem vatterland zu behalten“ (Ch. Ehem an Georg Cracow, 8.10.1568, aaO., Nr. 542, S. 249f.). 100 „In unserm Voto macht er (Ehem) einen Discurs und führt aus, in was Gefahr unser Vaterland stünde. Dasselbe zu beweisen hätte er ausgeholt, was sich Anfangs bei Lutheri Zeiten zugetragen, item was hernach gefolgt, sonderlich im Schmalkaldischen Zug, alles der Neuerung (wegen), das Concilium Tridentinum ins Werk zu richten, wie A. 51 geschehen; wie es aber Gott durch wunderbarliche Mittel verhütet, das wüßte man. Hernach aber hätte sich der Papst unterstanden, solche

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Stelle eine Abgrenzung gegen den Humanismus greifbar wird, beherrscht der Gegensatz zum Papsttum und seinen Verbündeten alles. So erscheint das Papsttum nicht nur als Zerstörer der wahren Religion, sondern auch der Rationalität, die angesichts der Verdunklungen des Mittelalters aufs Neue erhellt zu haben, als eines der Hauptverdienste des Humanismus angesehen wurde. 2.2.4 Gleichklang von Humanismus und reformiertem Christentum Für Ehem ist charakteristisch, daß humanistisches Erbe und reformiertes Christentum ebenso harmonisch wie unauflöslich miteinander verbunden sind. Gerade angesichts der Bedrohung, die das Papsttum und seine Verbündeten für das humanistische Erbe ebenso wie für die Reformation darstellen, erscheinen die Differenzen vernachlässigenswert. Humanistisches Erbe wirkt bei Ehem in dreifacher Weise weiter. Erstens drückt es sich in einer ausgeprägten Abneigung gegen Lehrstreitigkeiten aus. Seine Korrespondenz ist voll von Klagen über den Fanatismus der Theologen, wobei er vor allem Gnesiolutheraner wie den von Mai 1558 bis September 1559 in Heidelberg als Theologieprofessor und Generalsuperintendent wirkenden Tileman Heshusius im Blick hat.101 Das kompromißlose und als selbstherrlich wahrgenommene Verhalten dieses Mannes hat den Weg Ehems von einem ethisch orientierten und an der Vermeidung von grob unvernünftiger, abergläubischer Lehre und Praxis orientierten Melanchthonianismus zu einem profilierten reformierten Standpunkt maßgeblich befördert. Erwähnt sei nur, daß Heshusius immerhin den Grafen Georg von Erbach, der in Abwesenheit des Kurfürsten die Regierung führte, mit dem Bann belegte und auch den Kurfürsten selbst des Abfalls vom rechten Glauben verdächtigte und daraufhin entlassen wurde.102 Vielfach klagt Ehem in seinen erhaltenen Executiones in andern Landen bereits anzufangen; darauf auch erfolgt, daß sich der Papst mit etlichen fremden Potentaten verbunden, wie dann Cäsar auf dem Tag zu Fulda uns vertraulich warnen lassen. Was darauf erfolgt, hätten sie demonstrirt“ (Referat Ehems über den Erfurter Tag in einer geheimen Ratssitzung, 19.9.1569, aaO., Nr. 600, S. 355–358, hier: 356). 101 Vgl. P RESS , Calvinismus, 115f. 222. 227f. 232; zu Heshusius vgl. B ARTON , Um Luthers Erbe; DINGEL, Concordia controversa, 414–425; zu seinem Aufenthalt in Heidelberg vgl. DRÜLL, Gelehrtenlexikon, 232f. (dort weitere Literaturtitel). 102 Vgl. K LUCKHOHN , Friedrich, 52. 56; STRUVE , Bericht, 80–84. Selbst der lutherisch gesinnte Simon Sulzer hat die Maßlosigkeit des Verhaltens Heshusius’ kritisiert: „Optandum est autem, ut Heshusii zoelus, intempestivus spiritu mansuetudinis temperetur, et magis accommodentur, quae habet vir ille, illustria dona ad

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Briefen über die Streitsucht der Gnesiolutheraner. Mitunter wird daraus auch die Klage über die Streitsucht der Theologen insgesamt.103 Das humanistische Erbe drückt sich zweitens in einem ausgeprägten ethischen Interesse aus, das auch für sein reformiertes Christentum charakteristisch bleibt. Ehems 1556 veröffentlichtes Hauptwerk De principiis Ecclesiae aedificationem, sed et ut alii cum justa fidei constantia, charitatem Christi servis dignam declarent, quo minus exhibeamus jucunda hostibus, infestissimis Papistis, phanaticisque odiosissimis hominibus spectacula“ (Simon Sulzer an Johann Marbach, 12.3.1571, abgedr. in: FECHT (Hg.), Historiae ecclesiasticae supplementum Tl. 5, Nr. 36, S. 351–353, hier: 352). 103 „Sonsten soll E. ch. G. sich unterthenigst nit verhalten, das abermals ein großes feuer in diesen landen zwischen den chur und furstlich saxischen theologis, so zu Aldenburg beisammen gewesen, vorhanden, welliches konftig, da es nit underpauet, zu einer großen weiterung gelangen wurdet. Eberhard von der Tann, Hodritz (Kötteritz?), so bei herzog Wolfgang gewesen, und Peter Brem, furwar drey unruwige menner, regieren jetz zu Weimar und werden alle prediger und professorn, so nit flacianisch sein wolle, abgeschafft. [...] Der allmechtig Gott wehre den unruwigen pristern, die unwillen zwischen den chur und furstlichen heusern anrichten“ (Ch. Ehem an Friedrich III., 17.5.1569, in: KLUCKHOHN, Briefe II/1, 323). In einem Schreiben vom 26. Juni 1569 berichtet Ehem dem Kurfürsten, welcher am 6. Juni ihm gegenüber brieflich seine Entrüstung über „die unruhigen, friedhässigen Köpfe“ ausgesprochen hatte, daß die einzige Ursache jener theologischen Streitigkeiten Matthias Flacius Illyricus sei. Ferner habe, so Ehem weiter, „Herzog Joh. Friderich aus I. F. G. custodia derselben geliebten bruder warnen lassen, das S. F. G. sich vor diesem mann wol hueten solle, werde sonst auch in costen komen; der unruwige mann Telemannus Heßhusius (bis dahin in Wolfgang’s Diensten) wie alhie die sag soll auch gen Weimar komen. Was er nun und andere guets anrichten were, ist leichtlich zuermesen. Gut were es, das man Illyricum zur hand mocht bringen, wurde man viel schelmerei und bubenstuck und vielleicht diejenigen finden, die ursach seind, das er sich understeed, so viel turbas zu moviren und die herren in einander zuhetzen. Ich habe hochstgedachten churfursten zugesagt, ich wolle mit E. C. F. G. dahin underthenigst handlen, ob der mann in geheimbd zu bekommen, doch das ime am leben nichts geschehe, es stecke dann was anders hinder ime. Er soll sich itz aus Straßburg gen Basel gethan haben. Da man einmal an einem sollichen clamanten wie auch Gallo zu Regenspurg, ein exempel statuirte, thut man furwar ein sonder gut werk, dann E. C. F. G. nit glauben können, wie heftig sie die leut in einander verpitteren. Alle diejenige, so zu frieden rathen, heißen sie pacisten, wie mir herzog Julius angezeigt“ (zit. aaO., 323 Anm. 1). Vgl. auch Ch. Ehem an G. Cracow, 5.8.1570, aaO., Nr. 623, S. 403–405; Ch. Ehem an Landgraf Wilhelm, 8.6.1574, aaO., Nr. 759, S. 688–692; Ch. Ehem an Landgraf Wilhelm, 29.6.1574, aaO., Nr. 768, S. 703–705, bes. 705; Ch. Ehem an G. Cracow, 29.8.1568, aaO., Nr. 534, S. 239f., zit. oben Anm. 98; Ch. Ehem an Georg Cracow, 8.10.1568, aaO., Nr. 542, S. 249f.; Memorial aus Ehems Hand [bei: Ch. Ehem an Friedrich III., 17.7.1569], aaO., 349; vgl. ferner STRUVE, Bericht, 393. 395–397.

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iuris libri septem104 ist dem Programm der humanistischen Jurisprudenz verpflichtet, das Recht ethisch zu begründen und die Rechtswissenschaft im engsten Miteinander mit der Moralphilosophie zu beschreiben.105 Wie andere Vertreter der humanistischen Jurisprudenz tut Ehem dies unter Bezug auf die Formulierung Ulpians, daß die Grundforderungen allen Rechts lauten, außer jedem das Seine zuzuteilen und niemandem zu schaden auch ehrenhaft zu leben (Dig. 1,1,10,1).106 Damit sei die Kenntnis von Tugenden und moralischen Handlungen für einen Rechtsgelehrten unabdingbar.107 Ebenso Ausdruck des ethischen InteCHRISTOPH EHEM, De principijs ivris libri septem, quibus iurisprudentiam arte, methodo, ordineque tradi, proprijsque finibus circunscribi posse, dilucide ostenditur, Basel 1556; Neudr. Hanau 1601; knappe Bemerkungen dazu in: TROJE, Literatur, 736f.; vgl. auch STINTZING, Geschichte I, 259f.; RISSE, Logik der Neuzeit I, 67–72, bes. 72. 105 „Itemque illae quae viciniores sunt, et similes et cognatae, et vt philosophi aiunt, subalternatae: veluti, medico magis in naturali philosophiae parte laborandum est, quam in morali: et Iureconsulto in hac magis quam naturali: quia vt medicus principia sui subiecti, itemque rationes et causas a naturali mutuatur, ita Iureconsultus a morali et ciuili. Eademque similitudo et cognatio in caeteris disciplinis inuenitur“ (EHEM, De principiis, 164). „Perinde igitur se habet politicus et legislator ad philosophum moralem, quemadmodum medicus ad physiologum: et vicißim, vt physiologus ad moralem, ita medicus ad legislatorem vel Iureconsultum. Medicus enim hominum sanum eum esse pronunciat, qui omnes actiones corporis et animi, vitales inquam, naturales animalesque ita affectas atque dispositas habet, vt nullum in his manifestum incommodum sensu percipi, laesioue aliqua insignis, membri functionem impediens, oculis cerni poßit. [...] Par est ratio legislatoris et moralis philosophi: etenim legislator ipsiusque interpres Iurisconsultus, non de omnibus actionibus loquuntur, sed de ijs tantum quae manifeste societatem reipub. Corrumpunt aut custodiunt [...]“ (aaO., 170f.). 106 „Itaque initio statim primum iuris praeceptum esse monet, vt honeste viuamus: honeste autem viuere nihil aliud est, quam secundum virtutem viuere: cuius honestatis causas rationesque aperit ethicus. Huic sententiae in de legibus libro subscribit etiam M.T. Cicero, qui Iuris praecepta et initia ex intima philosophia repetita repetendaque esse censet: eosque qui aliter Iurisprudentiam docent, litigandi potius quam iustitiae vias tradere arbitratur. Quae sententia vera est, et veterum Iureconsultorum scriptis consentanea“ (aaO., 254[richtig: 154]f.). 107 „[...] huius moralis disciplinae scientiam non solum esse vtilem, sed etiam qaummaxime necessariam, atque in hunc modum studio iuris et iustitiae coniunctam, vt est oculus corpori, et mens animo. Nam vt corpus sine oculo videre, aut animus sine mente verum cernere non potest, ita nec legislator aut Iureconsultus sine notitia actionum et virtutum, causas et principia legum recte et sine errore intueri potest“ (ebd.). „Quod igitur ad primum attinet, id sine controuersia statuendum est, Iuris ciuilis disciplinae cognitionem sine politices, oeconomices et ethices 104

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resses wie der Verbundenheit mit der humanistischen Bewegung ist Ehems Betonung der pädagogisch-erzieherischen Funktion von Gesetzen und damit auch der Jurisprudenz.108 Darüber hinaus wird die Jurisprudenz pointiert als eine auf Weltgestaltung ausgerichtete Wissenschaft beschrieben. „Die Jurisprudenz vollzieht sich nicht im Habitus des Erkennens oder Folgerns, sondern im Habitus des Handelns und Gestaltens“, formuliert Ehem unter Aufnahme aristotelischer Unterscheidungen.109 Im gesamten Werk tritt die contemplatio hinter die actio zurück oder wird gar kritisch bewertet.110 Ein Rechtsgelehrter denkt nicht nur über die Natur von Recht und Unrecht nach („contemplatur“), sondern schützt und verteidigt „in Aktion“, was durch die recta ratio als nützlich für das Gemeinwesen erkannt ist.111 So liegt das reformierte Anliegen, die Reformation der Lehnotitia haberi minime posse, tum quia hae disciplinae sunt partes et principia Iurisprudentiae, tum quia suppeditant rationes et causas actionum, et honestatis fontes aperiunt (aaO., 155).“ Vgl. ferner aaO., 200. 202. 108 „[...] at homo solus praeter naturam et consuetudinem, ratione et intelligentia regitur, et iusti, et iniusti, veri et falsi cognitionem rationemque habet. Rationes ergo docent, induntque desideria, vt Hippodamus ait, ad virtutem incitantes: leges partim metu deterrentes coërcent, partim honoribus et praemijs allicientes inuitant. Consuetudines autem et studia, animum formant, et quasi cereum fingunt, naturali habitu ob aßiduam actionem imbutum. Atque ut virtus tribus ex causis promouetur, metu nimirum, cupiditate atque pudore, ita metum incutere lex potest, pudorem consuetudines: bonis enim moribus imbutos turpe quid admittere pudet. doctrina vero desiderium parit: reddita enim rei causa, animum allicit attrahitque, maxime si cum adhortatione uel admonitione iuncta est“ (aaO., 271). „Rationes enim et cohortationes, consilia et sermones, docent, induntque desiderium, ac iuuentutem ad virtutem incitant. Leges partim metu deterrentes, eos a vitijs coërcent: partim honoribus et praemijs allicientes, inutant. Consuetudines autem et studia et exempla, animum formant et accendunt ad officium, ad aemulationem rerum honestarum, de qua Hesiodus praeclare loquitur: denique ad actiones ominum virtutum“ (aaO., 114f.). 109 „Iurisprudentiam non esse habitum cognoscendi aut efficiendi, sed agendi, et prudentiae partem“ (aaO., 94). 110 „Sed ad cognitionem referri nequit: quia Iurisprudentiae finis non est cognitio, seu contemplatio, sed potius quaedam actio, quae posita est in deliberando et consultando. Atqui cognitio nihil alius est quam separatio, et discretio veri a falso: Iurisprudentia non distinguit verum a falso, sed bonum a malo, iustum ab iniusto“ (ebd.). Vgl. auch aaO., 85f. 157. 199. 296. 111 „Iurisperitus non tantum contemplatur iusti et iniusti naturam, sed actione in Repub. tuetur ac defendit, id quod vtile esse recta ratione cognouerit“ (aaO., 95). „Deinde legislator tractat vniuersalia et θéσιν, nil agens, sed quid agendum sit praescribens: Iureconsultus vero particularia et πóθσιν, propterea quod non solum

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re durch die Reformation des Lebens zu vollenden, ganz auf der Linie von Ehems humanistisch-ethischem Interesse. Schließlich zeigt sich die selbstverständliche Überzeugung vom harmonischen Miteinander humanistischer und reformatorischer Anliegen drittens in der Hochschätzung rationaler Argumentation auch in theologischen Sachverhalten. So entsprach der Rationalitätsvorsprung der reformierten Abendmahlslehre vor der lutherischen offensichtlich der Mentalität des humanistisch geschulten Rechtsgelehrten. Während die für den Calvinismus spezifische Prädestinationslehre bei Ehem keine Rolle spielt, verhält es sich anders mit der Abendmahlslehre.112 Seit dem Disput zwischen Luther und Zwingli galt das reformierte Abendmahlsgeneratim naturam legum contemplatur, sed etiam actiones in ciuili societate efficit: [...]“ (aaO., 121). „Itaque quicquid cognoscit mathematicus vel philosophus, quantitatis vel corporis cognoscendi causa facit: quicquid efficit medicus, corporis gratia efficit: quicquid agit moralis vel ciuilis philosophus, animi et ciuitatis causa agit: omnis denique actio et contemplatio, ad materiam subiectam, tanquam ad scopum vnicum dirigitur ac deriuatur“ (aaO., 147f.). 112 Hier erfolgten die entscheidenden Abgrenzungen in den Anfangsjahren der Regierungszeit Friedrichs III. Die scharfe Kritik des Heidelberger Katechismus an der „vermaledeyte[n] abgötterey“ der „bäpstlichen meß“, wie sie die Antwort auf die 80. Frage des Heidelberger Katechismus formuliert (EKO 14, 359), gibt die Auffassungen des humanistischen Juristen Ehem wider. Die lutherische Abendmahlslehre schien ihm in ihren Abgrenzungen dagegen nicht klar genug. In einem Brief an den melanchthonianisch gesinnten Georg Cracow, in dem sich Ehem über die Verdammungen der kurpfälzischen Lehre durch die lutherischen Prediger der Gemahlin Johann Casimirs beklagt, hat er entsprechend auch die Differenz zum lutherischen Taufverständnis formuliert: „Man will die Flacianer ihres Scheltens halben nicht leiden und solche diesen Leuten zulassen. Ihr wißt Euch zu erinnern, was Anfangs bei der Abrede dieses Heiraths gebeten worden, uns mit keinem Clamanten zu beschweren. [...] Aber es ist ein harter Kopf. Er straffet unsere Leute, wie Ihr aus diesem Schreiben vernehmet, daß sie lehren, unsere Kinder, so von Christen geboren werden und das Sacrament des heiligen Taufs nicht erlangen können, seien deswegen nicht verloren, sondern von wegen des Bundes Gottes, den er mit Abraham und seinem semine und also auch mit uns und unsern Kindern gemacht hat, heilig. Diese armseligen Leute schreiben den Sacramenten vim justificandi, welches Paulus und die ganze heilige Schrift widerficht, zu. Wo bleibt das Fundament Pauli: nos sola fide justificari? Sie bereden die Leute, die jungen Kinder haben den Teufel in sich, ehe und zuvor sie zum heiligen Tauf kommen. Wer will aber glauben oder hat es je gehört, daß unsere lieben Weiber Teufel sollte tragen, wenn sie schwanger gehn? Ich glaube nicht, daß diese Lehre in vestro Corpore Doctrinae, darauf sich alle Eure Professores und Ministri referiren und gründen, im wenigstens begriffen sei“ (Ehem an Cracow, 5.8.1570, in: KLUCKHOHN, Briefe II/1, Nr. 623, S. 404).

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verständnis als „vernünftiger“, wobei Luther wie auch die sog. Gnesiolutheraner solche „Vernünftelei“ in den Grundsachverhalten des christlichen Glaubens ablehnten. Diese größere Vernunftgemäßheit der Abendmahlsauffassung stand Ehem und anderen Protagonisten der Calvinisierung der Kurpfalz vor Augen, auch wenn man selbstverständlich ebenfalls den Anspruch verfocht, damit dem biblischen Wort am besten gerecht zu werden. Der Kampf gegen jede Art von Aberglauben im Sinne einer religiösen Überhöhung der Welt und einer Beeinträchtigung der Göttlichkeit Gottes, ob in Gestalt der lutherischen körperlichen Realpräsenzlehre oder papistischer Praktiken, gehörte zum Zentrum der reformatorischen Identität Ehems wie zahlreicher anderer kurpfälzischer Juristen und Politiker. Ehems zuerst 1556 erschienenes und 1601 in Hanau nachgedrucktes Werk De principiis iuris libri septem ist ein beredtes Zeugnis der humanistischen Hochschätzung von Rationalität und methodischer Ordnung, die auch konfessionelle Präferenzen beinflußt hat. Obwohl es sich vom Thema her nahe legen würde, auf biblische Texte Bezug zu nehmen, verzichtet Ehem völlig darauf.113 Vielmehr ist es sein im Widmungsbrief ausdrücklich formuliertes Ziel, eine juristische Argumentationslehre zu bieten, die sich durch rationale Begründung und methodische Ordnung auszeichnet. Entsprechend finden sich dann auch unablässig Rückverweise auf den ordo, die methodus und die recta ratio. Dabei ist Aristoteles der Zeuge einer anthropologischen Begründung verschiedener wissenschaftlicher Zugänge, die dann unter Rückgriff auf die methodischen Überlegungen des Arztes und Polyhistors Galen kombiniert werden. Daneben gründet sich das Werk auf Platon und vor allem auf Cicero. Mit letzterem verbindet Ehem der kontinuierliche Verweis auf das recta ratio-Argument, das den Willen zeigt, ausschließlich rationale Begründungen zuzulassen. Nicht zuletzt durch die Schriften Ciceros werden auch die Altstoiker Zenon und Chrysipp sowie insbesondere die stoische Naturrechtslehre rezipiert.114 Ciceronische bzw. stoische Ratio113 Ehem erwähnt lediglich einmal die Auferweckung des Lazarus als Beispiel für etwas, das nur „absolute raro“ geschehe (vgl. EHEM, De principiis, 175). 114 „Recta ergo ratio dux est, et magistratus, et vinculum huius societatis, ad quam nati sunt homines a natura: quae tantisper salua et incolumis permanet, dum eidem paretur et obtemperatur. Porro autem recta ratio nihil aliud est, quam ipsa lex: quia ratio, est ipsius legis forma et essentia: quemadmodum anima et mens, est forma corporis. et proinde nomen quoque non temere, vt Plato ait, lex menti ac rationi proximum obtinuisse creditur: quippe cum νú̋ mentem ac rationem, νóµ̋ vero legem significet, sine qua nec domus vlla, nec ciuitas, nec gens, nec hominum genus

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nalität wird unmittelbar für die Grundlegung der Rechtslehre relevant. Pointiert und unter ausdrücklicher Berufung auf Cicero formuliert Ehem, daß aequitas nichts anderes als recta ratio sei und somit dem ius naturale entspreche.115 Die stoische Lehre des Anteils menschlicher Vernunft am göttlichen Logos wirkt insofern fort, als Ehem die göttliche Weisheit im menschlichen Vernunftfunken aufscheinen sieht.116 Wenn religiöse bzw. theologische Argumentationsfiguren auftauchen, dann ausschließlich im Kontext von Ausführungen der herangezogenen antiken Autoren.117

2.3 Ludwig Camerarius (1573–1651) Inwiefern die bislang herausgearbeiteten weltanschaulichen Grundentscheidungen und konfessionellen Orientierungen repräsentativ sind, zeigt die Analyse des Werkes Ludwig Camerarius’.118 Dieser hat zwar vniuersum stare, nec rerum natura, nec ipse mundus potest: haec enim praeest, praescribitque recta et vtilia, et coniuncta atque consentanea naturae, et vt Chrysippus ait, tam diuinarum quam humanarum rerum omnium regina est, non solum rebus honestis turpibusque praesidens, sed etiam principatum ac ducatum tenens, et per hoc regulam praescribens iustis simul et iniustis, [...]. Vtramque Cicero expreßit: Lex (inquit) illa quam dij humano generi dederunt, est ratio mensque sapientis“ (aaO., 137f.; weitere Verweise auf Zenon bzw. Chrysipp: aaO., 2. 140. 243. 254. 409). 115 Vgl. aaO., 304. 116 Vgl. aaO., 139. 427; vgl. auch aaO., 25. 314. 382. 117 Von Platon, der das bei den Humanisten übliche Prädikat „divinus noster“ erhält (vgl. aaO., 102 [richtig: 101]. 286), übernimmt Ehem die Auffassung, daß das Ziel der Philosophie als Wissenschaft von göttlichen und menschlichen Dingen die similitudo Dei sei (vgl. aaO., 296f.). Von Cicero übernimmt er recht unbekümmert die Rede von „den Göttern“ (vgl. aaO., 138f. 307. 315). Dabei bleiben die Aussagen zumeist auf der Ebene einer recht allgemeinen Religiosität, wenn zum Beispiel der Gehorsam gegen die Gesetze damit begründet wird, daß diese nicht nur auf menschlichem Dekret, sondern auch auf dem Walten der Götter beruhen (vgl. aaO., 140). An einer Stelle wird der „höchste Gott“ als Schöpfer eingeführt, um im Dienst der Naturrechtsbegründung die Vernunftausstattung des Menschen zu erklären (vgl. aaO., 427). Die religio, die wie die Tugenden Voraussetzung von Recht ist, beruht nach Ehems Auffassung auf der Gemeinschaft mit Gott und nicht auf Furcht (vgl. aaO., 432). 118 Zu Camerarius vgl. R ITTER , Art. Camerarius; S CHUBERT , Art. Camerarius; DERS., Ludwig Camerarius; WALTER, Späthumanismus, 271–273; zu Joachim Camerarius d. Ä. vgl. BOKELOH, Art. Camerarius, Joachim; KUNKLER, Zwischen Humanismus und Reformation.

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nicht an der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg gelehrt, aber die kurpfälzische Politik in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts maßgeblich mitbestimmt. Insofern kann er Ehem als Exponenten des frühen Übergangs der Kurpfalz zum reformierten Protestantismus als Vertreter der späteren Periode der reformierten Kurpfalz zur Seite gestellt werden. Nach einigen knappen Bemerkungen zum beruflichen Wirken in der Kurpfalz wird in einem weiteren Gedankengang Camerarius’ Wahrnehmung einer eminenten Bedrohung der Errungenschaften von Humanismus und Reformation durch den sich unter Führung des Papsttums re-formierenden Katholizismus dargelegt. Abschließend folgen Überlegungen zur bleibenden Präsenz humanistischer Anliegen in Camerarius’ Verständnis reformatorischen Christentums. 2.3.1 Berufliches Wirken in der Kurpfalz Camerarius, 1573 als Sohn des Mediziners Joachim Camerarius und Enkel des gleichnamigen Freundes Melanchthons in Nürnberg geboren, trat nach dem Studium der Rechte in Leipzig, Helmstedt, Altdorf und Basel im Jahre 1598 in den Dienst des pfälzischen Kurfürsten. In den Jahren 1603 und 1611 war er Mitglied der pfälzischen Reichstagsgesandtschaft. Seit 1611 wurde er als Geheimer Rat der eigentliche Leiter der pfälzischen Reichspolitik und begleitete Friedrich V. 1619 nach Prag, nachdem dieser zum böhmischen König gewählt worden war. Nach der vernichtenden Niederlage in der Schlacht am Weißen Berg versuchte der Jurist Camerarius, im sog. Kanzleienstreit die pfälzische Schuld am Kriegsausbruch publizistisch zu widerlegen,119 und wurde 1623 im Haag Leiter der pfälzischen Exilregierung.120 Von 1626 bis 1641 war er schwedischer Gesandter in den Niederlanden und ließ sich 1645 in Groningen nieder, bevor er kurz vor seinem Tod 1651 nach Heidelberg zurückkehren konnte. Die weltanschaulichen-konfessionellen Grundentscheidungen, die Camerarius’ Wirken für die kurpfälzische Politik bestimmt haben und die weitgehend denen der bereits besprochenen Juristen entsprechen, finden in einer kurz vor seinem Tod verfaßten, ausführlichen Widmungsrede Ausdruck. Sie begründet die Edition eines Bandes mit Briefen des französischen Juristen Hubert Languet an Vater und Sohn Joachim Camerarius, die der 72jährige im Jahre 1646 im niederländischen

119 120

Vgl. KOSER, Der Kanzleienstreit; vgl. auch KREBS, Politische Publizistik. Vgl. SCHUBERT, Die pfälzische Exilregierung.

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Exil zum Druck brachte.121 In dem Text äußert sich Ludwig Camerarius über den Sinn und die Notwendigkeit der Edition, die den ersten Ertrag einer langjährigen, planmäßigen Sammlungstätigkeit darstellte.122 2.3.2 Kampf gegen die päpstliche Verschwörung angesichts der Erfahrung der Verfolgung Camerarius blickt auf die Reformation zurück als die Wiederentdeckung der himmlischen Wahrheit angesichts der Verdunklungen der päpstlichen Herrschaft.123 Gerade in diesem Kontext ist der Gleichklang der Zielsetzungen von Reformation und Humanismus für Camerarius selbstverständlich. Dabei mildert die Präsenz humanistischer Anliegen den Gegensatz, den Camerarius zwischen Reformation und römischpäpstlich dominierter Kirche in überaus scharfer Weise herausstellt, nicht im Geringsten. Die Ausführungen aus dem Jahre 1646 fassen zusammen, was das gesamte berufliche Wirken des wenige Monate nach den Massakern an den französischen Protestanten im August und September 1572 geborenen Camerarius bestimmt hat: die Wahrnehmung einer eminenten Bedrohung der erlangten Befreiung der wahren biblischen Religion aus der päpstlichen Verdunklung durch den sich re-formierenden römischen Katholizismus – mit Camerarius’ Worten: die „blutrünstigen Presbytero-Monachi“, die nicht Anhänger Christi, sondern des Mars seien.124 Gerade weil Camerarius die Situation der verfolgten GlaubensLUDWIG CAMERARIUS (Hg.), Viri Cl. Huberti Langueti Burgundi ad Joachimum Camerarivm patrem, et Joachimvm Camerarivm, filium, medicum, scriptae epistolae, ob res politicas et historicas memorabiles lectu utilissimae, Groningen 1646; zu Languet vgl. NICOLLIER-DE WECK, Hubert Languet. 122 Vgl. CAMERARIUS , Epistola dedicatoria, in: D ERS . (Hg.), Langueti epistolae ad Camerarium, f. *2r–(***)11r). 123 „Illa profecto memorabilis est, et clarum pietatis in eo viro singularis et veritatem caelestem percipiendi flagrantis desiderii indicium exhibet; cum in mediis Regni Pontificii tenebris, atque adeo in ipsa Italia, de cunctis fidei Christianae capitibus, inprimis vero de S. Eucharistia tum ferventibus in Germania certaminibus adeo fuit sollicitus“ (aaO., f. (**)11r). Zu der sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im reformierten Protestantismus verdichtenden Wahrnehmung, daß angesichts der sich formierenden Gegenreformation ein europaweiter Entscheidungskampf zwischen „Licht und Finsternis“ bevorstehe, vgl. GOTTHARD, Der deutsche Konfessionskrieg; DERS., Der Augsburger Religionsfrieden, 389f. 124 „Verum nullum locum invenerunt illae submissiones et moderata consilia, aut Regum, Principumque prudentissima monita: Sed initis jam ad aliorum ambitionem et emolumenta privata pactis conventis, blandiente etiam victoribus aliquamdiu 121

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brüder in Frankreich und besonders in den Niederlanden im Bewußtsein hat – auch dies charakteristisch schon lange vor der niederländischen Exilszeit in den Heidelberger Jahren vor der böhmischen Katastrophe von 1620 –, nimmt er den Konflikt in aller Schärfe als Kampf

fortuna, oleum simul igni injecerunt sanguinarii Presbytero-Monachi, non Iesu Christi, sed Martis et Vulcani Socii, qui sub larua religionis, facta de exstirpandis in Imperio Protestantibus certa spe, inflammarunt Caesarem et Romanae formulae addictos Principes, ut repudiatis necessariis tempestivae pacis mediis, saevissimi belli civilis dubium semper et periculosum exitum praetulerint. Hi igitur Monachi, non minus quam olim in populo Iudaico Pharisaei et Zelotae, nostro tempore inter Christianos, Reipub. universae perniciem et prope interitum accersiverunt, quem nunc proh dolor! ante oculos nostros cernimus. Hi profecto sunt nostri hujus novissimi saeculi Sophistae, quos non Plato, sed Doctor gentium graphice describit Beatus Apostolus, quod sint homines sui amantes, avari, gloriosi, superbi, maledici, ζργι, σπνδι, διβλì, πρδóτι, habentes speciem pietatis, sed qua vim et virtutem hujus tollant, qui non tantum irrepunt in familias et in laqueis superstitionum captivas ducunt mulierculas, sed etiam Regum ac Principum conscientias. Hi sunt qui sicas tragicas ostentant, qui puluerarias artes norunt, ac Regum parricidia docent et perpetrant. Hi sunt qui Pharisaico plagio divitum filios parentibus eripiunt, qui pinguium haereditatum aucupia exercent. Hi sunt qui rescissis Regiis instrumentis et juramentis Bohemicum bellum constarunt et arrepta ex illo occasione bella bellis, incendia incendiis, et sanguinis profluvia in hunc diem miscuerunt et cumularunt in miserrima Patria nostra Germania; et interim in Coenobiis suis tripudiantes λωσιν Ilii repraesentarunt, ut olim fecit Nero in urbis Romae incendio. Sed mirum hoc non est, cum quotidie suos discipulos exerceant in agendis Comoediis et Tragoediis, ipsi interim Histrioniam facientes in universo mundo. Hi sunt qui in postremis Imperii Comitiis, spreta calamitate totius Christiani populi, omnem cum Protestantibus pacem et amnistiam publicis Scriptis dissuaserunt, et sanguine rubricatis libellis Marti litarunt. Hi sunt qui jam dudum ducto veluti circino delineata et decretoria facta fuisse bella in Protestantes palam jactarunt, qui demonstratione quadam Geometrica evincere et persuadere suis Catholicis conati sunt, certas et ineffabiles ex his bellis civilibus contra Haereticos (quo nomine cunctos Protestantes intelligunt) ex longo proposito gestis utilitates, ad quas tot millium etiam Pontificiorum interitus minime aestimandus, et tot regionum quoque Austriacarum et Episcopalium devastationes ne comparandae quidem sint. Sunt talia eorum truculenta scripta in omnium pene manibus. Et mirum esset, si unanimi consensu cuncti Romano-Catholici ad pestem adeo exitialem ex Rom. Imperio, sapientissimae Venetae Reipubl. exemplo, ejiciendam conspirarent? Nam quamdiu erunt et tolerabuntur in visceribus miserrimae nostrae patriae funestae istae Harpyjae, nulla unquam secura et diuturna pax, nulla inter Romano-Catholicos et Protestantes speranda est sincera et duratura concordia“ (aaO., f. (*)9v–11v). Vgl. auch aaO., f. (***)9v, zit. unten Anm. 125.

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auf Leben und Tod wahr.125 So kommt er zu der Auffassung, „daß ein möglichst ganz Europa umfassender Vernichtungskampf gegen die habsburgisch-ligistische Koalition das einzig Erstrebenswerte sei“.126 Vgl. SCHUBERT, Ludwig Camerarius, 113f. 426 u.ö. Die von den „grausamen Mönchen“ unter dem Vorwand der Häretiker-Bekämpfung angezettelten, unheilvollen Verfolgungen und Kriege in Italien, Frankreich und den Niederlanden, die Languet erleben mußte, beurteilt Camerarius als gefährliche Schwächung der Christenheit in der Auseinandersetzung mit den Türken. Sie könne ähnlich dramatische Folgen haben wie die Spaltung der frühen Christenheit in Nordafrika, die dem anstürmenden Islam keine Widerstandskraft habe entgegenstellen können. „Nam quae, illo eo tempore quo scripsit [sc. Languet], de funestis in Italia, Gallia et Belgio gestis bellis commemorat, inprimis etiam de Turcarum machinationibus contra Venetos et totum Orbem Christianum, talia sunt, ut ex illis quid nobis urgentibus Imperiorum fatis expectandum sit, facile conjicere possimus; qui atrocissimis bellis civilibus nos ipsos conficimus, atque adeo re ipsa per nostras divisiones Turcis viam et modum ostendimus, quo nos in visceribus Germaniae possint opprimere. Nam ne semel quidem bellorum istorum architecti recordantur, quae calamitates et quibus ex causis olim inter saevas Episcoporum concertationes, florentissimas Asiae et Africae Ecclesias obruerint, ut nunc gemant sub Mahumedis jugo et tyrannide; Quasi non eadem Europae justo Dei judicio ob similes, vel majores etiam, de Religione aetate nostra pugnans et persecutiones, contingere possint, nisi mature, honesta ac secura inter Christiani nominis populos stabilita pace, sublatis internis discordiis et intermissio in hominum conscientias dominatu, omnimoda πνλθρí et extrema malorum cito avertantur. Quam prudenter autem Languetus animaduertit, nulla unquam arma religionis causa sumpta eorum autoribus fuisse foelicia? Ipsa enim experientia satis evicit, per bella illa plusquam civilia in populo Christiano sub scopo Haereticos exstirpandi excitata, et per cruentas illas innocentium hominum lanienas, accensa ira divina magnam etiam Romano-Catholicorum multitudinem extinctam fuisse. Quamvis autem crudeles Monachi jacturam illam non aestiment, Reges tamen et Principes profecto ad animum revocare debebant, qui effusi Christiani sanguinis rationem coram Christi Domini nostri tribunali cogentur reddere. Sane etiam non pauca in Langueti Epistolis observare licet vaticinia nostro hoc infausto saeculo tristi eventu impleta; ut non frustra in eo animaduerterit avus meus, quod fuerit eventuum futurorum provisione admirabilis. Quod vero in his Epistolis pluribus in locis erga progenitores meos et familiam domus Camerariae singularem benevoli animi affectum tam luculenter expressit, id quoque aliqua ex parte ad hanc editionem vehementius me impulit; ut cum aliud nequeam, optimi Viri memoriae hanc publice gratiam honorifica saltem laudatione studiose rependam“ (CAMERARIUS, Epistola, in: DERS. [Hg.], Langueti epistolae ad Camerarium, f. (***)8v–10r). Die Wahrnehmung des notwendigen Kampfes gegen die habsburgisch-katholischen Grausamkeiten prägt auch ein jüngst aufgefundenes Lobgedicht Martin Opitz’ auf Ludwig Camerarius (vgl. AREND, Zu Topik und Faktur, 347–349). 126 „[...] konnte C. den Gedanken entwickeln, der seine Publikationen und – in vollkommener Weise seit 1623 – auch seine Politik beherrschte, daß es in erster 125

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Unmittelbar mit dieser Wahrnehmung hängt zusammen, daß er immer wieder die Einheit des Protestantismus als überlebenswichtig hervorhebt. Und eben hierin sieht Camerarius den besonderen Wert des Briefwechsels Languets bzw. seines Wirkens insgesamt. Languet steht nicht nur für das Bemühen, den Bruch zwischen lutherischen und reformierten Protestanten in Deutschland zu vermeiden, sondern vor allem auch für den Versuch, die Einheit zwischen den Evangelischen in Deutschland und den Protestanten in Frankreich und den Niederlanden herzustellen.127 Denn Languet hatte nicht nur als sächsischer Gesandter in Paris gewirkt, sondern sich in seinen letzten Lebensjahren noch in den Dienst Wilhelms von Oranien gestellt.128 Gerade in diesem Zusammenhang ist plausibel, daß die Verfolgungen der sog. Kryptocalvinisten in Kursachsen seit 1574 und Anfang der neunziger Jahre für Camerarius eine Katastrophe darstellten („tragoeLinie ein Religionskrieg sei, der geführt werde, und daß ein möglichst ganz Europa umfassender Vernichtungskampf gegen die habsburgisch-ligistische Koalition das einzig Erstrebenswerte sei. Seit 1623 im Haag Leiter der pfälz. Exilpolitik, stellte er in ihr die religiöse Idee noch entschiedener als bisher gegenüber der in den vorangegangenen zwei Jahrzehnten angewachsenen dynastisch-chevaleresken Tendenz in den Vordergrund und widersetzte sich den damals von England betriebenen Ausgleichsverhandlungen nach Kräften. Statt dessen bemühte er sich, die Idee des Glaubenskampfes zu verbreiten, und, nachdem ein Versuch, bei Frankreich Hilfe zu erlangen, nicht zum Ziel führte, eine möglichst rein prot. Koalition zustandezubringen“ (SCHUBERT, Art. Camerarius, 106). 127 Vgl. N ICOLLIER - DE WECK, Languet, 417–450. 128 „Nam in magna etiam aestimatione fuit apud optimum et aeterna laude dignissimum Principem Gulielmum Arausionensem, ad quem postremis annis suis se contulerat; qui ipsius fidelissimis consiliis in mediis Belgicae tempestatis procellis saepius usus fuit. In plerisque Imperatorum, Regum et Principum aulis in Germania, Gallia et Belgio gratus acceptusque, in arduis negotiis fidem suam, prudentiam et dexteritatem conspicuam reddidit“ (CAMERARIUS, Epistola, in: DERS. [Hg.], Langueti epistolae ad Camerarium, f. (***)6r). Camerarius hebt ferner hervor, daß Languet auch Kontakte nach England geknüpft habe: „Sed Languetus ingenui pectoris et erga liberalia ingenia intrinseci affectus propensa sua studia inprimis effudit in Philippum Sydnaeum, Equitem Anglum, tandem Vlissingensem Gubernatorem; ad quem complures Epistolas scripsit tanta doctrinae copia et tot honestae institutionis praeceptis refertas, ut vix putem in eo genere aliquid extare simile“ (aaO., f. (***)7v). Im Jahr des Erscheinens der Briefe Languets an die beiden Camerarius brachte Ludwig Camerarius auch eine Edition der Briefe Languets an den Dichter und Gesandten der englischen Königin, Philipp Sidney, zum Druck: LUDWIG CAMERARIUS (Hg.), Huberti Langueti epistolae politicae et historicae ad Philippvm Sydnaeum Equitem Anglum, Illustrissimi Pro-Regis Hyberniae filium, Vlissingensem Gubernatorem, Leiden 1646.

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dia“).129 Er skizziert die theologischen Auseinandersetzungen um das Verständnis des Abendmahls130 und würdigt neben Caspar Peucer und anderen vor allem den der Familie Camerarius und ihm persönlich seit Kindertagen aufs engste verbundenen, 1574 als Kryptocalvinist nach Mähren vertriebenen Esrom Rüdinger.131 Schließlich sei es dem Vater, dem Mediziner Joachim Camerarius, und dem Onkel Philipp Camerarius, der als Nürnberger Ratskonsulent und Prokanzler seit 1581 den entscheidenden Anteil am Aufblühen der Hochschule in Altdorf hatte, gelungen, Rüdinger dorthin zurückzuholen. In Altdorf habe dieser dann mit Hugo Donellus und anderen noch reichen Austausch pflegen können.132 An der Intensität, mit der Ludwig Camerarius diese Vorgänge und das Leiden Languets an den Verfolgungen seiner als Kryptocalvinisten verdächtigten Freunde schildert,133 wird deutlich, daß diese VerfolgunVgl. CAMERARIUS, Epistola, in: DERS. (Hg.), Langueti epistolae ad Camerarium, f. (***)4r, zit. unten Anm. 133. 130 „Verum de illis omnibus (sc. Diskussionen um das Verständnis des Abendmahls) Philippus Langueto intima sui pectoris sensa aperuit, ut uterque in simplicitate sincerae fidei cum Apostolorum, et primitivae Ecclesiae doctrina consentiente acquieuerit, et a novis putiori antiquitati incognitis illa aetate per contentiosos quosdam Theologos excogitatis, et ad turbandas Ecclesias invectis dogmatibus, semper abhorruerit. Neque enim obscurum et a Cl. Peucero aliisque accurate demonstratum est scriptis publicis, quae in Eucharistica illa controversia post accuratiorem cum Oecolampadio disquisitionem Philippi fuerit sententia, quam usque ad pium suum obitum constanter retinuit; [...] Cum contentiosis vero Theologis de illo argumento rixari publice nunquam voluit. Semper enim provocavit ad doctorum et piorum virorum Colloquia, aut ad communes Synodos, in quibus non daretur locus Sophisticis altercationibus“ (aaO., f. (**)11r–v). Vgl. ferner aaO., f. (***)4r–5v, zit. unten Anm. 133. 131 Vgl. aaO., f. (***)2r–4 v ; zu Esrom Rüdinger vgl. M ACHILEK, Art. Rüdinger. 132 „[...] unde Altorfium vectus aliquandiu ibi vixit, jucundissima usus consuetudine Academiae illius Professorum; inprimis Hugonis Donelli, celeberrimi juris Antecessoris, Doctoris mei, cum quo de rebus Theologicis colloquia praecipue miscuit. Me paterno amore complexus est, et multis praeclaris subjectionibus instruxit; Praeceptorem etiam tum meum, Conradum Ritterhusium, paucis post annis Juris in illa Academia Professorem primarium, qui per integrum triennium in bonis literis me privatim instituit, in magno pretio habuit. Uno autem eodemque anno et Donellus et Esromus pie obierunt, nimirum Christi 1591. cum ambo ejusdem aetatis vitae curriculum transegissent per annos LXVIII.“ (CAMERARIUS, Epistola, in: DERS. [Hg.], Langueti epistolae ad Camerarium, f. (***)3r–v). 133 „Hic igitur ob turbas istas tum a Theologis in Misnia excitatas et ex illis, dissipata Academia Witebergensi, objecta amicis suis pericula, magnum dolorem percepit, cum quidem illo tempore esset unus ex Principis Saxoniae Augusti Septemuiri 129

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gen in Kursachsen, wie schon Friedrich Hermann Schubert richtig hervorgehoben hat, wie dunkle Schatten über seiner Jugend gestanden haben.134 Repräsentativ für die Juristen an der Universität und am kurfürstlichen Hof Heidelbergs ist das insofern, als ein großer Teil durch ähnliche Erfahrungen geprägt ist, entweder die Protestantenverfolgungen in Westeuropa oder die Verfolgungen der sog. Kryptocalvinisten in Kursachsen. 2.3.3 Bleibende Bedeutung des humanistischen Erbes Für Camerarius’ Frömmigkeit ist charakteristisch, daß sich Gottvertrauen im Sinne der Fürsorge Gottes für das persönliche Heil mit einer Sehnsucht nach der wahren himmlischen, geistlichen Welt, die im Gegensatz zur armseligen irdischen, leiblichen Welt verstanden wird, verbindet.135 Ganz im Sinne der humanistischen Wertschätzung Platons Consiliariis; quorum non minus quam Professorum Witebergensium, saluti struebantur insidiae. Amplissimus certe Praeses Dn. Thuanus in sua Historia commemorat, ac si Languetus in suspicionem venisset, quasi Epexegesis de Coena Domini a Casparo Peucero et aliis juxta Helueticam Confessionem disseminatae consilio participasset, atque eam ob causam ab aula Saxonica discessisset. Facile hoc crediderim, cum in multos etiam alios, quamvis innocentes omnes, suspicio ista grassata fuerit; cum tamen neque Peucerus, neque alius quisquam ex illis, sed quantum ex viris fide dignis, qui eo tempore vixerunt, intellexi, Joachimus Curaeus Silesius, Medicus et Philosophus insignis, Exegeseos illius, quae oleum camino jam ardenti infudit, quamque cum Turbatores refutare non possent, omnibus modis abolere voluerunt, autor fuerit. Quidquid sit, ut nihil hic pro certe affirmo, ex Langueti Epistolis hoc tamen apparet, non propterea illum Ducis Augusti gratia excidisse; sed hunc potius cum in aula Imperatoris tum aliis in locis saepius adhuc ejus consilio et opera usum fuisse, donec tandem ab eo benignam dimissionem impetravit, quam ipse etiam honorifice praedicat. Scribit quidem inter alia, metuendum fuisse, si Joachim Camerarius senior, avus meus b.m. Tragoediae illi Saxoniae supervixisset architectos illius ne ipsius quidem venerandae senectuti parcituros fuisse; et Cl. D. Peucerus cum in historia carceris sui, tum in quadam Epistola ad patrem meum scripta 25. die Aprilis anni 1591. affirmat, Consulem quendam Lipsiensem sibi bis aperte dixisse, si vixisset Camerarius, eodem loco, quo ipse esset, hunc quoque futurum fuisse; Sed ege tantam ei indignitatem et erga virum de Ecclesia et Republ. optime meritum immanitatem, ne imaginari quidem mihi possum. Quamvis enim avus meus Philippi Melanchthonis et simplicis veritatis studiosissimus esset, ab istis tamen Theologicis contentionibus semper alienissimus fuit“ (aaO., f. (***)4r–5v). 134 Vgl. S CHUBERT , Camerarius, 24. 26. 425. 135 „Ego quidem, cum alterum quoque nunc pedem in sepulchro habeam, si Deus brevi ut illos ̋ τò πλíτµ ρáνιν sequar paterne jubeat, parebo in fide et spe aeternae beatitudinis, obediente animo lubens: Sin vero tamdiu adhuc vivere me

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hat wahre Religion mit geistig-geistlichen Sachverhalten zu tun, im Gegensatz zu abergläubischer Vermischung von Gott und Welt. Dem aus einem solchen Modell leicht resultierenden Quietismus steht jedoch entgegen, daß Camerarius von einem unauflöslichen Zusammenhang zwischen Politik und Religion, konkret zwischen der libertas rei publicae in Deutschland und der Befreiung von der päpstlichen Verdunklung der Religion ausgeht.136 Wie für andere humanistisch orientierte Juristen ist für Camerarius charakteristisch, daß er das wahre Christentum gegen einen sich im Streit um Spitzfindigkeiten verlierenden Dogmatismus profiliert und der rabies theologorum ebenso abgeneigt ist wie der verehrte Melanchthon.137 Dies hindert Camerarius jedoch nicht daran, seinerseits die sog. Gnesiolutheraner wegen ihrer politisch hochgefährlichen Streitsucht zu kritisieren138 und vor allem den Vernichtungswillen der „mönchisch-päpstlichen“ Gegner zu geißeln.139 Bei der umfangreichen Darlegung der Auseinandersetzungen um die rechte Lehre wird Camerarius’ Präferenz für Melanchthons Theologie offensichtlich. Dieser habe Languet mit der schlichten Lehre der apostolischen Zeit vertraut gemacht.140 Besonderes Interesse erfahren die Auseinandersetzungen um das rechte Verständnis des Abendmahls. Hier präferiert Camerarius gegen die vor allem von Johannes Brenz entfaltete Ubiquitätslehre die reformierte Deutung als geistliches Essen Christi. Camerarius verweist auch auf den für das reformierte Verständnis zentralen Bibeltext, das sechste Kapitel des „satis orthodoxa“ Johannesevangeliums, in dem sich bekanntlich die pointierte Formulie-

velit, ut pacem quam Christiano Orbi ab eo assiduis ardentissimisque precibus unice expeto, conspiciam, cum omnibus piis et mecum in exilio dispersis Divinae ejus bonitati et miserationi gratias agam ex intimo pectore maximas“ (CAMERARIUS, Epistola, in: DERS. [Hg.], Langueti epistolae ad Camerarium, f. (***)10v–11r). 136 Auch ist Camerarius, wie Friedrich Hermann Schubert formuliert hat, von der „zutiefst humanistische[n] Gesinnung“ beseelt, „daß alles sich werde zum Guten wenden lassen, wenn man nur mit Beharrlichkeit danach trachte und nicht müde werde, in Wort und Schrift die zuständigen Stellen auf den richtigen Weg und auf die wahrhaft erstrebenswerten Ziele hinzuweisen“ (DERS., Camerarius, 230). 137 Vgl. CAMERARIUS , Epistola, in: D ERS . (Hg.), Langueti epistolae ad Camerarium, f. (**)11v, zit. oben Anm. 130; Vgl. ferner aaO., f. (***)1v, zit. unten Anm. 141; aaO., f. (***)4r–5v, zit. oben Anm. 133. 138 Vgl. ebd. 139 Siehe oben Anm. 124f. 140 Vgl. aaO., f. (**)11r–v , zit. oben Anm. 130.

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rung „Der Geist ist’s, der lebendig macht; das Fleisch taugt dazu nicht“ (Joh 6,63) findet.141 Über die Betonung des geistlichen Charakters des Abendmahlsgenusses, die Ablehnung von Aberglauben und das Insistieren auf der Schlichtheit des Glaubens hinaus finden sich keine spezifisch reformierten Theologumena in der Widmungsrede zur Briefedition. Das entspricht im wesentlichen den übrigen erhaltenen Zeugnissen aus Camerarius’ Feder. Die für den Calvinismus charakteristischen Lehren der doppelten Prädestination, des auf die Erwählten begrenzten Erlösungswirkens Christi oder der gratia irrestibilis werden nicht ausgeführt. Insofern ist es nicht verwunderlich, daß das Schlüsselereignis der reformierten Konfessionalisierung, die Dordrechter Synode von 1618/19, weder in der Widmungsrede zu der Briefedition von 1646 noch – soweit ich sehe – in anderen Schriften des Camerarius Beachtung findet.

2.4 Hugo Donellus (1527–1591) Mit Hugo Donellus (Hugues Doneau) gelangte infolge der Massaker an den französischen Protestanten vom August 1572 einer der herausragenden Vertreter der humanistischen Jurisprudenz nach Heidelberg. Schon früh als Anhänger der Reformation in Frankreich greifbar, hat er mit seinem großen, postum vollendeten Zivilrechtskommentar die systematische Richtung der humanistischen Jurisprudenz zu einem vorläufigen Höhepunkt geführt.142 Seine überragende Leistung für die Ent141 „Et profecto, si Brentio de tota illa doctrina retinuisset suam declarationem, quam ad caput VI. Exegeseos suae in Johannis Euangelium satis Orthodoxam nobis reliquit, nec mirifica et antiquitati incognita dogmata postmodum sparsisset, minus dissidiorum exortum fuisset in Protestantium Ecclesiis. Non haec recenseo, quod curiose falcem in Theologorum messem immittere velim, sed saltem ut occasione ex Philippi et Huberti amicitia sumpta ostendam [...]“ (aaO., f. (***)1r–v). 142 Vgl. H UGO D ONELLUS , Commentariorvm ivris civilis libri vigintiocto. In qvibvs ivs civile vniversvm singvlari artificio atque doctrina explicatur. Scipio Gentilis IC. recensvit, edidit, posteriores etiam libros suppleuit, Hanau 1612. Zunächst waren 1589 und 1590, noch zu Lebzeiten Donellus’, die Bücher 1–5 und 6–11 erschienen. Dann folgten in den Jahren 1595–1597, von Donellus’ Schüler Scipio Gentilis besorgt, die teilweise noch von jenem fertiggestellten Bücher des Kommentars. Zitiert wird (wenn nicht anders vermerkt) nach folgender Ausgabe: HUGO DONELLUS, Opera omnia, cum notis Osualdi Hilligeri. Accedunt Summaria, et Castigationes Theologicae, 12 Bde., Rom/Macerata 1828–1833 (Buch, Kapitel, Paragraph; in eckigen Klammern Band- und Spaltenzahl); vgl. ferner Ausg. Lucca 1762–1770 [= Nachdr. Goldbach 1997]; Ausg. Florenz 1840–1847. Auflistungen der

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wicklung einer systematischen Zivilrechtswissenschaft ist verschiedentlich gewürdigt worden.143 Bekannt sind ferner die gravierenden Folgen für den beruflichen Lebensweg, die aus Donellus’ calvinistischer Orientierung resultierten.144 Weniger klar ist hingegen, worin diese faktisch bestand und wie sich theologische und juristische Argumentationen in seinem Werk zueinander verhalten. So wird im folgenden gefragt, welche theologischen Grundentscheidungen in Donellus’ Werk greifbar und in welchen Kontexten sie manifest werden.145 Zuvor sind Werke Donellus’ in: EYSSELL, Doneau, 344–352; HOLTHÖFER, Hugo Donellus, 175–178; AHSMANN/ FEENSTRA/STARINK, Bibliografie, 105–129 (Nr. 197–267). Das Folgende nach: STROHM, Religion und Recht. 143 Vgl. bes. EYSSELL , Doneau, 245–300; STINTZING , Geschichte I, 377–381; WAIDER, ‚Ars iuris‘; PIANO MORTARI, Diritto romano, 134–147; TROJE, Literatur, 763–770; BERGFELD, Savigny und Donellus; HOLTHÖFER, Donellus, 168–171; CANNATA, Systématique et dogmatique; FEENSTRA, Hugues Doneau et les juristes néerlandais; vgl. auch SCHRÖDER, Recht als Wissenschaft, 85. 144 Vgl. B UDER , Vitae, 85–119; EYSSELL , Doneau, 94–145; STINTZING , Donellus in Altdorf; BUHL, Donellus in Heidelberg; COHEN, Ecrivains français en Hollande, 159–168; HOLTHÖFER, Donellus; AHSMANN, Collegium und Kolleg, 343–376. 145 Volker Heise hat zum ersten Mal religiöse Bezüge in Donellus’ Zivilrechtskommentar aufgezeigt und die These zu erläutern versucht, daß calvinistisches Denken einen wichtigen Einfluß auf die für dessen System zentrale Subjektivierung des Rechtsverständnisses ausgeübt habe (vgl. DERS., Der calvinistische Einfluss). Es ist zu bedenken, daß der Einfluß eines spezifisch calvinistischen Denkens auf die Ausgestaltung von Donellus’ Rechtslehre kaum präzise nachgewiesen werden kann. Denn zum einen bildete sich das konfessionelle Profil des Calvinismus in Abgrenzung zu anderen Konfessionen erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts heraus. Zum anderen ist die konfessionelle Eigenart des Calvinismus selbst aufs stärkste durch das Milieu der humanistischen Jurisprudenz und die dort wirksamen Wahrnehmungen geprägt. Calvinistische Orientierungen werden insofern für die Rechtslehre besonders wirksam, als sie selbst Anliegen der humanistischen Jurisprudenz aufnehmen. So ist zum Beispiel Calvins besonderes Interesse an der Souveränität Gottes durch eine juristisch geschulte Zugangsweise geprägt (vgl. BEYERHAUS, Staatsanschauung, 52–129, bes. 52–60; vgl. auch BOHATEC, Budé, 326; BAUR, Recht, 7–24; LE GAL, Le droit canonique, 73–76). Gerade darum können calvinistische Juristen dann besonders früh und entschieden die monarchomachische Begrenzung weltlicher Souveränität ausführen. Ein anderes Beispiel sind die charakteristischen Auswirkungen der Stoarenaissance, die sich gleichermaßen in der humanistischen Jurisprudenz wie im konfessionellen Profil des Calvinismus nachweisen lassen (vgl. STROHM, Ethik, 116–159. 166–196). Tendenzen einer Rationalisierung, Systematisierung und Individualisierung, die mit ciceronisch-stoischem Denken verbunden sind, lassen sich kaum als Wirkungen calvinistischer Orientierung auf die Gestaltung der Rechtslehre beschreiben, auch wenn sie zum besonde-

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summarisch die Wechselwirkungen von religiöser Orientierung und Lebensweg sowie Donellus’ Auseinandersetzung mit den Protestantenverfolgungen in Frankreich zu behandeln. 2.4.1 Religiöse Orientierung und berufliches Wirken Donellus’ Lebensweg ist in vielfältiger Weise durch seine Hinwendung zum Protestantismus bestimmt worden. Der Schüler und Nachfolger in Altdorf, Scipio Gentilis, berichtet in seiner Begräbnisrede, daß jener, geboren am 23. Dezember 1527 in der burgundischen Stadt Chalon-surSaône, bereits sehr früh, wohl im Alter von 12 Jahren, durch seine Schwester für den reformierten Glauben gewonnen worden war.146 Auch andere frühe Quellen bestätigen diesen Vorgang und erwähnen die Rolle, die Werke des Erasmus, insbesondere der Miles christianus und die Colloquia, dabei gespielt haben.147 Donellus’ Orientierung an der reformierten Religion hatte mehrfach unmittelbare und gravierende Folgen für seine berufliche Laufbahn. Dies gilt noch nicht für die ersten Jahre der Tätigkeit in Bourges, wo er am 17. Juni 1551 von seinem Lehrer François Le Duaren (Franciscus Duarenus, 1509–1559)148 promoviert und sogleich durch den Kanzler ren konfessionellen Profil des Calvinismus gehören. Stattdessen gilt es, die dem Calvinismus und der humanistischen Jurisprudenz gemeinsamen Entstehungsbedingungen herauszuarbeiten (siehe auch oben I.Tl.3. u. 4.). Nur von daher erschließen sich die intensiven Wechselwirkungen, die an Donellus’ Werk exemplarisch aufgezeigt werden sollen. 146 „Quoniam de religione sermo incidit, recte facturus mihi videor, si hoc loco vobis exposuero, qua ratione primum Donellus ad verae pietatis cognitionem olim peruenerit. Sororem antea habuerat, virginem piissimam, natu paulo, quam ipse esset, grandiorem. Ea in animo fratris adoloscentuli religionis sincerae fundamenta princeps iecit, libellos quosdam pios, quib. illa delectabatur, lingua vernaculos pios, quib. illa delectabatur, lingua vernacula scriptos ei suppeditando clanculum. Quorum lectione adeo tactus is fuit, vt maiori deinceps cupiditate inflammatus, studiose Latina quoque nostrorum Theologorum scripta conquireret, auidissimeque legeret. Saepe tamen dubitans ac restitans interdum etiam monacho cuidam fido sese, veluti contaminatum, et obligatum scelere purgans, eo tandem deuenit, vt plane amore veri caperetur“ (Scipionis Gentilis Oratio, habita in fvnere Hug. Donelli viri et I. C. summi. in Academia Norica Altorfii, in: DONELLUS, Opuscula, 451f.) 147 Vgl. Z EIDLER , Spicilegium, f. ij r; vgl. zum Ganzen EYSSELL , Doneau, 27f.; dort auch Bemerkungen zu frühen inneren Kämpfen. 148 Von diesem wird – wie bereits erwähnt – berichtet, daß er auf dem Totenbett heftig bereute, sich zu Lebzeiten nicht offen zur evangelischen Lehre bekannt zu haben (siehe oben Abschn. I.Tl.3., S. 33 mit Anm. 33).

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der Universität, Michel de L’Hôpital, auf einen Lehrstuhl für Zivilrecht berufen wurde. Denn die bereits von François Baudouin (Franciscus Balduinus, 1520–1573), dem Gegner Le Duarens, geäußerte Auffassung, daß bei den heftigen Streitigkeiten innerhalb der juristischen Fakultät von Bourges religiöse Gründe eine Rolle gespielt haben,149 ist nicht zu belegen. Mit dem Beginn der Religionskriege änderte sich dies grundlegend. Nach dem Rücktritt des Kanzlers de L’Hôpital ging dessen mäßigender Einfluß verloren, und Donellus wurde ebenso wie sein seit 1567 in Bourges tätiger Kollege François Hotman (Franciscus Hotomannus, 1524–1590) wegen Häresieverdachts seiner Stellung entsetzt. 1568 mußten beide in die benachbarte Stadt Sancerre, die von den Hugenotten gehalten wurde, fliehen. Nach dem für die Protestanten günstigen Frieden von Saint Germain-en-Laye 1570 kehrten beide rehabilitiert an ihre Wirkungsstätte zurück. Die Wiederaufnahme der Tätigkeit war jedoch nur von kurzer Dauer, da unmittelbar nach den blutigen Protestantenverfolgungen in Paris Ende August 1572 auch in Bourges die Stadttore geschlossen und die Häuser der Protestanten umstellt wurden. Donellus konnte in letzter Minute, als Famulus verkleidet und durch Studenten geschützt, entkommen und gelangte Anfang September nach Genf.150 Bereits Ende 1572 erhielt Donellus einen Ruf auf den Codex-Lehrstuhl der kurpfälzischen Universität in Heidelberg.151 Nachdem Kurfürst Friedrich III. das Territorium und die Universität reformierten Überzeugungen geöffnet hatte, kam es unter dessen Sohn und Nachfolger Ludwig VI. seit 1576 zur Rückwendung zum Luthertum. Obwohl der neue Kurfürst versprochen hatte, die Freiheiten der Universität zu erhalten, entließ er am 6. Dezember 1577 die calvinistisch gesinnten Theologieprofessoren Pierre Boquin, Immanuel Tremellius und Hieronymus Zanchi.152 Die anderen Vgl. EYSSELL, Doneau, 75f. Auch auf seinem Weg dorthin über Lyon war er nur knapp höchster Gefahr entkommen. Er hatte sich als Ketzer verdächtig gemacht, weil er aus Achtung vor dem Gebot, den Namen des Herrn nicht unnütz zu gebrauchen, keine Fluchreden führen wollte, konnte aber nach der Verhaftung fliehen (vgl. HOLTHÖFER, Donellus, 161). 151 Dies geschah auf Empfehlung eines der früheren Schüler Donellus’ in Bourges, Theodor Weier, der inzwischen als Rat des Kurfürsten tätig war (vgl. BUDER, Vitae, 98; EYSSELL, Doneau, 101). 152 Zur lutherischen Restauration an der Universität vgl. H AUTZ , Geschichte II, 95ff.; WOLGAST, Universität Heidelberg, 44f.; DERS., Reformierte Konfession und Politik, 76f. Einen Überblick über die Bedeutung der Universität als Zentrum des 149 150

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Fakultäten blieben zunächst unbehelligt, jedoch initiierte Donellus bereits in der Senatssitzung am folgenden Tag einen freilich erfolglos gebliebenen Protest der Universität.153 In dieser schwierigen Situation wurde er am 20. Dezember 1578 zum Rektor gewählt. Einen Ruf an die 1575 gegründete Universität Leiden lehnte Donellus einstweilen ab, nachdem der Kurfürst zugesagt hatte, ihm und den übrigen Professoren die freie Religionsausübung zu gewähren und nichts anzuordnen, was den Satzungen der Universität zuwiderliefe. Als aber kurze Zeit später gegen die Universität eine förmliche Untersuchung eingeleitet wurde und Donellus in Gegenwart des Kurfürsten einem kränkenden Verhör unterworfen wurde, legte er das Rektorat nieder und siedelte im Herbst 1579 nach Leiden über.154 In einem Brief an seinen alten Schüler in Bourges und nunmehrigen Rat am Reichskammergericht, Nikolaus Cisner, vom 1. August 1579 betonte er, daß er gerne in Heidelberg geblieben wäre, wenn man der Universität und ihm die ungehinderte Ausübung seiner Religion belassen hätte.155 Neben diesem Beharren auf dem Recht der ungehinderten Religionsausübung156 zeigt sich in seinen Äußerungen aus den Tagen der Heidelberger Kämpfe ein ausgeprägtes Vertrauen auf die providentia Dei. Die in dieser Situation erfolgte Berufung nach Leiden sei Ausdruck der Vorsehung Gottes, auf die man sich angesichts der künftigen Unsicherheiten und Gefahren zu verlassen habe.157 Die Auseinandersetzungen im Zusammenhang des lutherischen Restaurationsversuchs, die Donellus’ Tätigkeit in Heidelberg ein Ende setzten, lassen sich nicht einfach auf einen lutherisch-calvinistischen Gegensatz reduzieren. Denn nach Donellus’ Weggang trafen die Verfolgungen des Kurfürsten und des lutherischen Kirchenrates auch Lutheraner, die sich weigerten, die Konkordienformel zu unterschreiinternationalen Calvinismus im 16. und frühen 17. Jahrhundert bietet: KOHNLE, Universität Heidelberg. 153 Vgl. B UHL , Donellus, 303. 154 Vgl. aaO., 304f. 155 Ebd. 156 Zu Donellus’ juristischer Begründung eines Kataloges subjektiver Individualrechte siehe unten S. 86f. mit Anm. 167–171. 157 „[...] qu’il fallait se reposer sur Dieu du soin de l’avenir, que nous ne pouvons prévoir; qu’il avait appris à vivre ainsi en paix, persuadé que cette sécurité est un hommage rendu à la Providence, laquelle ne nous demande que de la foi et du respect“ (Donellus an Nikolaus Cisner, 1.8.1579, abgedr. in: BUDER, Vitae, 103f.; vgl. auch EYSSELL, Doneau, 116).

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ben.158 Unter diesen ist besonders der Theologieprofessor Edo Hilderich zu nennen, der Heidelberg verließ, um an der Akademie der lutherischen Reichsstadt Nürnberg in Altdorf eine Stelle zu übernehmen. Donellus hat ihn hier wiedergetroffen, ohne daß das Verhältnis durch irgendwelche konfessionell bedingten Mißhelligkeiten getrübt war. Vielmehr würdigt Hilderich in seiner Rede als Rektor der Akademie anläßlich Donellus’ Ableben diesen ausdrücklich auch wegen seiner „Liebe zur wahren Religion“.159 In dieser letzten Wirkungsperiode Donellus’ an einer lutherischen Hochschule in den Jahren 1588–1591 hat der Gegensatz zwischen der entstehenden lutherischen und calvinistischen Konfession keine Rolle gespielt.160 Zwar hat Donellus in Altdorf nicht am Sonntagsgottesdienst teilgenommen, aber dies scheint vor allem durch seine mangelnde Kenntnis der deutschen Sprache bedingt gewesen zu sein. Denn er pflegte einen vertrauten Umgang mit dem Pfarrer Durch die Universitätsreform Ottheinrichs 1558 wurde lediglich von den Theologen die eidliche Zusicherung, daß sie nichts der Augsburgischen Konfession Widersprechendes lehren würden, verlangt (vgl. THORBECKE [Hg.], Statuten, 37). Im Zuge der Universitätsreform Ludwigs VI. 1580 wurde festgelegt, daß „hinfurter kheiner zu einicher profession, lectur, stipendio oder anderm ambt und dienst, so die universitet zu verleihen hat, zugelassen oder angenommen werde, er habe denn [...] gelobt und geschworen, das er unserer wahren christlichen religion wie dieselb in Gottes wort begriffen und der Augspurgischen confession, Schmalkaldischen articuln, catechismo Lutheri und unserer Kirchenordnung repetirt und verfasst, beides mit hertzen und mundt zugethan seie“ (aaO., 161). Vgl. auch BUHL, Donellus, 290f. 159 „Qvod sapientis. sanctissimusque rex et propheta Dauid Psal. 4. dixit cum inquit: mirabiliter regit Dominus sanctum suum, id quoque vere de clarissimo viro Hugone Donello Iurisconsulto natione Gallo dici posse existimamus. Huius enim viri totius vitae curriculum Dominus in maximis periculis mirabiliter gubernauit. Is enim etsi Biturigibus et Aureliae summa cum laude, et maximo auditorum fructu Iura publice est professus: tamen quo magis in hoc genere studii excelluit, hoc magis ob amorem verae religionis pontificiis in regno Galliae fuit inuisus, adeo, vt et eius nomen tandem fuerit inter nomina eorum, qui superioribus annis, tempore regiarum nuptiarum passim per Galliam ob religionem a pontificiis condelissime fuerunt interfecti, sicut ob eandam causam tunc etiam interfectus fuit Petrus Ramus vir doctissimus. Sed Dominus qui potest periculis, quos vvlt eripere, illo tempore, singulari sua ope Doctorem Donellum, cum a militibus ad caedem quaereretur, mirabiliter protexit et conseruauit“ (Rede des Rektors Edo Hilderich am 7.5.1591 aus Anlaß der Beerdigung Donellus’ am selben Tag, in: DONELLUS, Opuscula, 481). Siehe auch unten Anm. 319. 160 Zu Donellus’ letzten Lebensjahren in Altdorf vgl. S TINTZING , Donellus in Altdorf; EYSSELL, Les dernières années; zur juristischen Ausbildung in Altdorf vgl. MUMMENHOFF, Die Juristenfakultät Altdorf; LIERMANN, Juristen in Altdorf. 158

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und Professor der Theologie, Georg Sigel, und hörte regelmäßig dessen samstägliche Auslegungen.161 Das melanchthonianisch geprägte Luthertum der Reichsstadt Nürnberg, repräsentiert vor allem durch den umsichtigen, langjährigen Prokanzler der Akademie, Philipp Camerarius, war dem in der Literatur durchgängig als „strengen Calvinisten“ beschriebenen Donellus offensichtlich kein Problem. Schließlich dürfen auch die Konflikte, die die Beendigung der Lehrtätigkeit an der Universität Leiden in den Jahren 1579–1587 zur Folge hatten,162 nicht auf einen lutherisch-calvinistischen Gegensatz zurückgeführt werden. Nach vorangegangenen Auseinandersetzungen mit dem Leidener Magistrat über die Kirchenzuchtfrage war hier der unmittelbare Anlaß der Entlassung eine politische Parteinahme Donellus’. Angesichts der spanischen Bedrohung hatten sich die Generalstaaten nach der Ermordung Wilhelm von Oraniens am 10. Juli 1584 mit der Bitte um Schutz an Elisabeth von England gewandt und den von dieser gesandten Grafen von Leicester als Statthalter ernannt. Dessen Machtstreben und militärisch ungeschicktes Vorgehen führte jedoch zur Ablösung durch den Grafen Philipp von Hohenlohe und den jungen Prinzen Moritz von Oranien, welche die Interessen der Generalstaaten besser zu gewährleisten schienen. Als im Frühjahr 1587 bekannt wurde, daß sich Donellus an dem publizistischen Kampf gegen von Hohenlohe und die holländischen Provinzialstände zugunsten Leicesters beteiligt hatte, beschlossen die Kuratoren der Universität und die Bürgermeister auf eine Intervention Hohenlohes hin Donellus’ Entlassung. In diesem Streit ging es nur zum Teil um einen theologischen Dissens, wie nicht zuletzt das Engagement des eines „strengen Calvinismus“ ganz unverdächtigen Justus Lipsius zeigt, der mehrfach, u.a. auch als Rektor, in dem Konflikt zu vermitteln und Donellus’ Entlassung zu verhindern suchte.163 Vielmehr handelte es sich zuerst einmal um einen Konflikt zwischen der selbstbewußten und zugleich konservativen Leidener Führungsschicht und den Professoren der Universität. Diese waren ebensowenig bereit, das Vorgehen des Magistrats gegen mißliebige Kollegen hinzunehmen, wie der Magistrat bereit war, sich der KirchenVgl. aaO., 45. 70f. Vgl. AHSMANN, Collegium, 253–360; BISSCHOP, De woelingen, 23–36. 83–98; WOLTJER, De positie van Curatoren der Leidse Universiteit, 493–495; HOLTHÖFER, Donellus, 162–165. 163 Vgl. Acta Senatus vom 13.9.1585, abgedr. in: MOLHUYSEN , Bronnen I, 41; vgl. auch AHSMANN, Collegium, 356f. 161 162

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zucht der Pastoren zu unterstellen. Und dieser Konflikt war wiederum Ausdruck der Spannung, welche die Reformation in den Niederlanden bis hin zu den Remonstrantenkontroversen seit 1610 beherrschte. Auf der einen Seite standen die Versuche, in einem durchaus modernen, die Staatenbildung fördernden Sinne für Lehrvereinheitlichung, Disziplin und lehrmäßige Präzision zu sorgen, auf der anderen Seite versuchten insbesondere die städtischen Führungsschichten, die traditionelle Vielfalt und Offenheit der niederländischen Gesellschaft zu bewahren.164 In diese Gesamtkonstellation ist Donellus’ Engagement in der Kirchenzuchtfrage einzuzeichnen. Wie viele andere Immigranten stellte er sich in dem Streit um die Kirchenzucht, den der ihm aus den Tagen des Genfer Exils bekannte Theologieprofessor Lambertus Danaeus seit 1581 mit den Pastoren und dem Rat der Stadt Leiden führte,165 entschieden auf die Seite seines Universitätskollegen. Gegenstand dieses Streites war ähnlich wie 15 Jahre zuvor in der Kurpfalz die Frage, ob die Kirchenzucht in der Verantwortung der weltlichen Obrigkeit oder der Gemeinde liegen sollte. Für Anhänger der Reformation wie Donellus und Danaeus, die ihren reformatorischen Glauben angesichts immer wieder aufflammender und im Jahr 1572 schließlich eskalierender Verfolgung durch den König bzw. seine Umgebung in Frankreich entwickelt hatten, war eine Übertragung der Kirchenzucht auf die weltliche Obrigkeit inakzeptabel. Der Dissens in der Kirchenzuchtfrage war keineswegs spezifisch für den Unterschied der calvinistischen von der lutherischen Konfession. Vielmehr zeigten sich hier die Differenzen innerhalb des Reformiertentums: auf der einen Seite die Zürcher staatskirchlichen Ausrichtungen und auf der anderen Seite das konsistoriale Erbe der französisch-Genfer Richtung. Angesichts dieser nur wenige Jahre zurückliegenden Auseinandersetzungen ist der Sachverhalt, daß Donellus’ letzte Wirkungstätigkeit an der Akademie der lutherischen Reichsstadt Altdorf von keinerlei konfessionell bedingten Konflikten belastet war, bemerkenswert. Neben dem hohen Alter des mittlerweile über Sechzigjährigen und der relativen Nähe eines melanchthonianisch gesinnten Luthertums zum frühen Calvinismus166 dürfte auch eine charakteristische Entwicklung ursächIn diesem Sinne treffen die Beobachtungen, die B. J. Kaplan im Blick auf die Auseinandersetzung zwischen „Calvinisten“ und sog. „Libertinern“ in Utrecht formuliert hat, auch für Leiden zu (vgl. DERS., Calvinists and Libertines). 165 Vgl. F ATIO , Nihil pulchrius ordine. 166 Vgl. S TROHM , Melanchthon-Rezeption. 164

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lich dafür sein. Donellus’ Verständnis der reformierten Religion war zeitlebens von einer doppelten Tendenz bestimmt. Einerseits kommt der Gemeinde als Subjekt einer Bibel-bestimmten Religionsausübung die entscheidende Rolle zu, wobei zugleich der Staat – ganz im Sinne der im Corpus Iuris Civilis tradierten Gesetzgebung der christlichen Kaiser der Spätantike – für die Förderung der wahren Gottesverehrung in Anspruch genommen wird. Andererseits hat Donellus die Annahme seiner Berufungen immer vom Zugeständnis der freien Religionsausübung abhängig gemacht. Das Spezifische seiner juristischen Systematik ist der Ausgangspunkt bei den subjektiven Rechten,167 und hier gelangt er zu einem Katalog von subjektiven Individualrechten, wie er bis dahin wohl ohne Parallele ist.168 Qua Natur und göttlichem Recht kommen jedem Menschen das Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit und Menschenwürde zu.169 Donellus begründet damit noch nicht Bei der detaillierten Unterteilung seines Zivilrechtssystems orientiert sich Donellus an der die Institutionen bestimmenden Unterscheidung von personae, res und actiones, wie überhaupt das römische Recht bestimmend für seine juristischen Entscheidungen ist, auch wenn er die justinianische Titelordnung für völlig unzureichend hält. Der entscheidende Unterschied zu den Institutionen liegt darin, daß Donellus „ein System der subjectiven Rechte entwirft, während das Schema des Gaius die Rechtsbestimmungen gliedern will“ (STINTZING, Geschichte I, 380). Da alle Rechtssätze entweder bestimmen, was unser ist, oder wie wir dazu gelangen, hat das System des Zivilrechts aus zwei Teilen zu bestehen. „Diuisit enim totum ius ciuile in partes duas, in cognitionem Iuris nostri, et in eius obtinendi rationem ac potestatem“ (Comm. [1612], f. (:) (:) 2v [Vorrede Scipio Gentilis’]). „Der erste Theil des Systems enthält demnach die subjectiven Rechte, der zweite Theil ihre gerichtliche Verfolgung. Die subjectiven Rechte aber umfassen das, was uns im eigentlichen Sinne gehört, und das, was uns geschuldet wird (quod proprie nostrum est et quod nobis debetur). Das Erstere kommt unserer Person entweder als solcher zu oder durch ihre Beziehung zu den Dingen außer ihr (Personenrecht, Sachenrecht); das Zweite besteht in den Obligationen. Der zweite Theil des Systems, die Rechtsverfolgung, behandelt zuerst die dabei thätigen Personen, dann die Gegenstände der Verhandlung (Klagen und Einreden), ferner die Form und Ordnung des Verfahrens, endlich das Ziel (Urtheil und Rechtsmittel)“ (STINTZING, Geschichte I, 379f.). 168 Vgl. WAIDER , ‚Ars iuris‘, 58–66, bes. 61. 169 „In persona cuiusque id nostrum est, quod tribuitur personae, id est quod cuique ita tribuitur, ut is id habeat in sese, etiamsi desint res ceterae externae. Haec a natura cuique tributa sunt quatuor: vita, incolumitas corporis, libertas, existimatio [...] Vita quid sit, notum est. Incolumitas corporis est, ne vulneremur aut pulsemur. Libertatis est, facere quae velimus. Existimatio est, finitore Callistrato, illibatae dignitatis status legibus et moribus comprobatus. [...] Vitam quidem natura hominis esse propriam facile est intelligere, quippe quam omnibus mortalibus largitur Deus, 167

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eine Religions- und Gewissensfreiheit im modernen Sinne,170 aber die Tendenz einer Individualisierung ist offensichtlich.171 Beide Tendenzen bleiben nicht ohne Widerspruch, lassen sich aber aus dem Lebensweg des französischen Reformierten, der sein Heimatland nach der Flucht infolge der Massaker an den Protestanten im Sommer 1572 nicht mehr wiedersah, erklären. In Donellus’ Biographie kann man auch die Entwicklung einer verstärkten Individualisierung religiöser Orientierung und Praxis beobachten, die repräsentativ für den Calvinismus und das geistige Leben Westeuropas insgesamt am Ende des 16. und am Beginn des 17. Jahrhunderts ist.172 Sie verbindet sich mit einer ausgeprägten spiritualisierenden Tendenz, die schon in dem starken erasmianischhumanistischen Erbe begründet liegt und die frühe Auseinandersetzung mit der römisch-katholischen Kirche bestimmt hat.

etiam iis, qui ceterarum rerum omnino nihil possident. Quod si quas res extrinsecus ad cultum vitae homini leges tribuunt, ut tribuunt infinitas: quanto magis illam oportet per leges hominis esse propriam, sine qua cetera omnino non haberentur? Sed et, ut homines sunt conditi a Deo, vita ipsa sit inutilis vel acerba vel potius ne vita quidem sit, si cui haec contingat sine incolumitate, sine libertate, aut sit etiam cum dedecore coniuncta. Ubi alterum pro libidine laedentem aut imperantem pati cogaris: aut inter homines ita versere, ut indignus hominum honestum consortio et loco habeare. Quamobrem, ut vita, sic tria illa reliqua a Deo sunt, et iure gentium cuique tributa, incolumitas, libertas, existimatio“ (Comm. II,8, § 3 [I,229f.]). Vgl. auch Comm. II,1, § 10f. [I,189f.]. 170 Waider hat zur Erklärung dieses Sachverhalts auf folgende Stelle verwiesen: „Est quidem incolumitas animi in praecipuis rebus personae habenda; sed haec ad defensionem iuris non pertinet, fortasse ideo, quod nemo ita possit corrumpi, ut non quisque suo vitio et a se videatur corrumpi potius quam ab alio. De libero homine et qui sui iuris sit loquor [...]“ (Comm. II,8, § 3 [I,229]). Donellus zähle zwar die Unversehrtheit der Seele bzw. des Geistes, die er der des Körpers gegenüberstelle, zu den wichtigsten Angelegenheiten der Person. Weil jeder freie Mensch letztlich aber selbst schuld sei, wenn er in seinem Inneren verdorben wird, gehöre das Bewahren der incolumitas animi wohl nicht zu der schützenden Funktion des Rechts (vgl. WAIDER, ‚Ars iuris‘, 65f.). 171 Vgl. dazu genauer H EISE , Der calvinistische Einfluß. 172 Vgl. S TROHM , Ethik, 576–601; vgl. auch allgemein VAN D ÜLMEN , Entdeckung.

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2.4.2 Die Verteidigung der wahren, reformierten Religion gegen die papistische Idolatrie 1573 Seit August 1573 in Heidelberg tätig, erlangte Donellus Kenntnis von den Bemühungen des Bischofs von Valence, Jean de Monluc, die negativen Folgen der Berichte über die Massaker an den Protestanten für die erhoffte Wahl des Bruders des Königs, Franz von Anjou, zum polnischen König zu verhindern.173 Als Botschafter des französischen Königs tätig, hatte jener eine an die Stände Polens gerichtete Verteidigungsschrift für Franz von Anjou verfaßt.174 Donellus antwortete noch im Jahre 1573 unter dem Pseudonym Zacharie Furnesterus mit einer Gegenschrift, in der er den selbst protestantischer Neigungen verdächtigten Monluc als Heuchler bezeichnet und die Rolle König Karls IX. bei den Massakern im Sommer und Herbst 1572 aufs schärfste verurteilt.175 In aller Klarheit werden die unvorstellbaren Grausamkeiten geZu den Hintergründen der Kandidatur Franz von Anjous für den polnischen Königsthron vgl. BAIN, The Catholic Reaction, 84–89; zum publizistischen Kampf um die Frage der Beteiligung des Königshauses an den Protestantenverfolgungen des Sommers 1572 im Zusammenhang der polnischen Königswahl vgl. KINGDON, Myths, 88–106. 174 Defense de Iean de Monluc Euesque de Valence, Ambassadeur du Roy de France, pour maintenir le tresillustre Duc d’Anjou, contre les calomnies de quelques malvueillans. A la Noblesse de Pologne, in: [GOULART] (Hg.), Mémoires de l’estat de France, Bd. II, 177–189; vgl. ferner MONLUC, A Tresillvstres, Reuerendissimes, Spectables, Magnifiques, Genereux Seigneurs, les Archeuesques, Euesques, Palatins, Castellans, et autres Seigneurs et Officiers, et à toute la Noblesse du tresample gouuernement de Pologne, Lithuanie, Russie, Prusse, Masouie, etc. assemblez à Varsauie, Ses treshonnorez Seigneurs, paix et felicité [28.10.1572], aaO., 3–8; zu den weiteren Aktivitäten Monlucs vgl. aaO., 174–177; vgl. ferner MARQUIS DE NOAILLES, Henri de Valois, 91–95. 175 [D ONELLUS ], Zachariae Furnesteri defensio pro justo et innocente tot millium animarum sanguine in Gallia effuso adv. Montlucii calumnias, s.l. 1573; französische Übersetzung: Response de Zacharie Furnesterus, soustenant l’innocence et justice de tant de milliers de personnes massacrées au Royaume de France. Contre les calomnies de Iean de Monluc Euesque de Valence, in: [GOULART] (Hg.), Mémoires de l’estat de France, Bd. II, 189–225. Selbst der Herausgeber der französischen Übersetzung, Simon Goulart, entschuldigt in einleitenden Bemerkungen den überaus scharfen Ton der Schrift (vgl. aaO., 189). Über Donellus’ Verfasserschaft besteht seit langem Einigkeit. Nach Buder hat bereits Georg Michael Lingelsheim (1556–1636) den wahren Autor der Schrift gekannt (vgl. DERS., Vitae, 129f.). Vgl. auch ZEIDLER, Spicilegium, § 14, n. A., ix; EYSSELL, Doneau, 102–106; HAAG/ HAAG, Art. Doneau, 452; HAUSER, Les sources de l’histoire de France III, 259f., Nr. 2191. 173

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gen die Evangelischen und die unleugbare Verantwortung des Königs sowie seines Bruders für den perfiden Verrat an den treuen Untertanen dargelegt.176 Der König, den Monluc „treschrestien“ nennt, habe mit der eklatanten Verletzung des Friedens von Saint Germain-en-Laye 1570 nicht nur gegen die Rechte des Volkes verstoßen, sondern sich – für jeden sichtbar – auch als grausamer Tyrann und „vn monstre et public ennemy du genre humain“ erwiesen.177 Die Protestanten hätten hingegen bisher nur zu den Waffen gegriffen, um den König gegen das Haus Guise zu schützen. Die Gefangennahme von Katholiken und der Ausbau von Festungen durch die Anhänger der Reformation seien rein defensiv in Situationen akuter Bedrohung erfolgt und Kleinigkeiten gegenüber den monströsen Grausamkeiten der „katholischen“ Seite.178 Donellus’ Schrift endet mit einer polemischen Aufforderung an Monluc zuzugeben, daß der wahre Grund für die Massaker nichts als die Religion sei, daß niemals zuvor solche Grausamkeiten geschehen seien und daß die Pharaonen und Neros dieser Welt im Vergleich zu dem Tyrannen Karl IX. als geradezu menschliche Fürsten gelten könnten.179

Vgl. [DONELLUS], Response, 199–201. „Ce qu’ont fait ceux de la Religion, a esté executé parmi le bruit des armes et en la fureur des guerres ciuiles. De là s’est ensuyuie vne paix solennelle, qui a supprimé tous les outrages des annees precedentes. Ceste paix a esté iuree par le Roy, voire par ce Roy que vous appelez Treschrestien, lequel la confermee longuement par beaucoup de notables biensfaits tesmoins de sa bonne volonté envers ceux de la Religion. Cerchez, et vous tournez de tous costez, si bon vous semble: il faut que celuy qui contre la foy publique, contre son serment presté deuant Dieu, contre le droit et les loix des peuples, fait massacres vn nombre infini de ses suiets receus sous sa foy, innocens, affectionnez et fideles à son seruice, et ce par embusches, sous ombre des nopces de sa soeur dressees pour cest effect: il faut (di-ie) qu’vn tel soit estimé et iugé par toutes gens de bien estre non seulement vn cruel tyran, mais aussi vn traistre meschant et desloyal, vn monstre et public ennemy du genre humain“ (aaO., 208). Donellus wirft dem König vor, elementare Standards der Gerechtigkeit verletzt zu haben (vgl. aaO., 215f.) und vergleicht ihn mit Pharao und Nero. „Mais de ma part, ie l’estime plus meschant et detestable que ces deux, en ce que faisant comme eux, voire les surmontant en cruauté et desloyauté, cependant il couure le tout de paroles et edits en telle sorte, qu’il empesche les pauures affligez accablez de tous maux, de se complaindre d’vne tyrannie si estrange“ (aaO., 221; vgl. aaO., 225). 178 Vgl. aaO., 195; vgl. ferner aaO., 203f. 206f. 208. 179 Vgl. aaO., 225. Neben Monluc selbst hat auch Donellus’ alter Rivale aus den gemeinsamen Zeiten in Bourges, Jacques Cujas, eine Entgegnung verfaßt (vgl. CUJAS, Pro IO. Monlvcio episcopo et comite Valentino Diensi praescriptio aduersus 176 177

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Über politische Urteile und die Bewertung der aktuellen Lage der Protestanten in Frankreich hinaus offenbart die Schrift wichtige Aspekte, die des Autors Verständnis der reformierten Religion kennzeichnen. An einer Stelle äußert sich Donellus zusammenfassend zu der Frage, was es bedeutet, die reformierte Religion zu bekennen: „Brief quiconque a fait profession de la Religion reformee, c’est à dire quiconque s’estoit resolu de n’estre plus idolatre, ioueur, vilain et blasphemateur, il a esté cruellement traite entre ces bestes enragees. Vous sauez que ces vices estranges sont les marques que les Papistes de France ont prinses pour se reconoistre et distinguer d’auec ceux de la Religion.“180 Hier zeigen sich drei Punkte, die für die religiöse Überzeugung Donellus’ insgesamt charakteristisch sind. Zuerst geht es um die rechte Gottesverehrung wider jede Form von Idolatrie und Blasphemie. Was er unter Idolatrie versteht, wird greifbar in der Verteidigung der massenhaften Zerstörung katholischer Kirchen durch die Protestanten. Sie seien Abgöttern bzw. Götzenbildern und dem Satan gewidmet, und Gott habe geboten, solche Orte zu zerstören.181 Die bildhafte Darstellung Gottes, Heiligenverehrung oder abergläubische Riten („superstitieux“) scheinen unter das Verdikt der Idolatrie zu fallen. Erkenntnis des wahren Gottes macht den Unterschied zu falscher Religion („fausse religion“) aus.182 Rechte Gottesverehrung geschieht durch Anrufung des Namens Gottes.183 Wie bei Calvin verbinden sich humanistischneuplatonische Traditionen, die das Geistsein Gottes betonen, mit der durch die juristische Ausbildung geförderten Auffassung, daß es das selbstverständliche Recht des Schöpfers ist, durch das gesamte Leben seiner Geschöpfe verherrlicht zu werden.184 So sei es das entscheidende Kennzeichen der von den Vorgängern Karls IX. verfolgten Protestanlibellum quendam nuper editum Zachariae Furnesteri subdititio nomine [1575], in: DERS., Opera IV, 1259–1277). 180 [D ONELLUS ], Response, 206. 181 „Ils ont demoly vingt mille temples, ruiné deux mille moineries. Vous nous contez vne chose fort indigne, que les temples dediez aux idoles et à Satan, que les bordeaux de la putain de Rome ayent esté abatus. Il seroit à desirer qu’ils en eussent autant fait de tous les autres qui sont demeurez debout. Pour le moins, s’ils n’eussent gaigné dauantage sur les superstitieux ils eussent fait conoistre par cela en quelle estime ils auoyent les idoles, et eussent obey à Dieu qui commande qu’on ruine les hauts lieux“ (aaO., 207). 182 Vgl. aaO., 205. 183 Vgl. aaO., 204. 184 Zu diesem Zusammenhang bei Calvin und seinen Nachfolgern vgl. S TROHM , Ethik, 300–333.

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ten, daß sie Gott bereitwillig die Ehre gaben.185 Gott die Ehre erweisen, führe in den Konflikt mit anderen Autoritäten; darum bedeute Anhänger der wahren Religion zu sein, nur zu leicht, verfolgt zu sein.186 Bezeichnenderweise setzt sich Donellus in der Schrift dann auch eingehend mit dem Vorwurf des crimen laesae maiestatis gegen die Protestanten auseinander.187 Das zweite Charakteristikum der wahren, reformierten Religion, eine Lebensführung, die jeder Art von Hinterlist und Boshaftigkeit entbehrt, wird in der Schrift nicht genauer entfaltet. Hingegen nimmt das dritte Charakteristikum, die Abgrenzung gegenüber dem papistischen Aberglauben, breiten Raum ein. Sie erlangt eine geradezu konstitutive Bedeutung für das Selbstverständnis der reformierten Religion, wenn sie durchgängig an die Stelle einer positiven Darlegung des eigenen Standpunkts tritt. Nur an einer Stelle formuliert die Schrift profilierter und zugleich positiv den Inhalt der reformierten Religion als „accorder auec Iesus Christ“.188 Stattdessen prägt die Brandmarkung der Papisten oder Katholiken, die auch den Namen „Cacolyques“ erhalten,189 den im Banne der Ereignisse des Jahres 1572 geschriebenen Text. Die papistische

Vgl. [DONELLUS], Response, 192 („donnerent librement gloire à Dieu“). Donellus betont zugleich, daß an den von Protestanten beherrschten Orten niemand zu etwas gezwungen werde, von dem er glaube, daß es „Gott verletze“: „En tous lieux où il y auoit quelque ordre de iustice, on a commandé à tous de viure paisiblement et à leur mode, et n’a-on forcé personne d’eux en sa conscience, ni contraint de faire chose en quoy ils pensassent offenser Dieu“ (aaO., 205). 186 Vgl. aaO., 192f. 187 Monluc hatte auf das Beispiel des Theodosius verwiesen, der 10.000 Thessaloniker habe töten lassen, nur weil sie eine Statue mit seinem Abbild zerstört hätten. Theodosius habe dennoch nicht als grausam oder als Tyrann, sondern als guter christlicher Herrscher gegolten. Donellus antwortet mit einer Verurteilung der Tat des Theodosius und dem Hinweis auf die von Ambrosius geforderte strenge Buße. Zudem betont er, daß das Verhalten des Theodosius im Unterschied zu dem des französischen Königs durch das römische Recht gedeckt war, da er eine Rebellion und ein crimen laesae maiestatis vermutet hatte (vgl. aaO., 202–204). Donellus rechtfertigt ferner eine den Protestanten vorgeworfene widerrechtliche Tötung katholischer Adeliger auf dem Territorium der Königin von Navarra mit der Begründung des Vorwurfs eines crimen laesae maiestatis (vgl. aaO., 205). 188 AaO., 205. An einer anderen Stelle wird der 1559 hingerichtete Anne Du Bourg als „cest excellent personnage fidele seruiteur et tesmoin de Iesus Christ“ bezeichnet (aaO., 192). 189 Vgl. aaO., 203. 185

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Kirche wird als Hure Babylons und Synagoge des Satans bezeichnet.190 Deren Kirchengebäude und Klöster seien Orte der Idolatrie,191 die Priester verschworene Feinde Christi, der Kirche und aller Gutgesinnten, und das Konzil von Trient sei nichts als ein Ausdruck einer bösen Verschwörung.192 Der Gegensatz zum lutherischen Teil des Protestantismus spielt nicht nur keine Rolle, sondern er wird auch nivelliert durch den Hinweis, daß die Anhänger der wahren Religion in Frankreich früher „Luthériens“ genannt wurden.193 Die Ausrichtung auf die rechte Gottesverehrung wider alle Formen von Idolatrie und Aberglauben sowie die eine positive Füllung der eigenen Konfession verdrängende Betonung des Gegensatzes zur römischkatholischen Kirche markieren die Eigenart des in der Schrift von 1573 vertretenen Verständnisses reformierter Konfession. Hierin drückt sich zuerst einmal die starke Nähe des französischen Protestantismus zum Humanismus aus. Gerade in den Anfangsjahren war die evangelische Bewegung unauflöslich mit den humanistisch orientierten, reformkatholischen Kreisen um den Bischof von Meaux, Guillaume Briçonnet, und Jacques Lefèvre d’Etaples verbunden. Fast alle führenden Theologen des französischen Protestantismus waren zumindest zeitweise begeisterte Anhänger der humanistischen Reformbewegung. Inhaltlich wirkt sich der humanistische Zugang vor allem in Betonung des Geistseins Gottes und einer entsprechend rein geistig-geistlichen, allem Aberglauben zuwiderlaufenden Gottesverehrung aus. Wo wie im Falle des Donellus, aber auch einer Vielzahl der führenden Theologen des frühen Calvinismus, eine Schulung im römischen Recht hinzukommt, gewinnt die Ausrichtung auf die rechte Gottesverehrung besonderes Gewicht. Der Schöpfer hat ein selbstverständliches Recht darauf, daß das gesamte Leben seiner Geschöpfe seiner Ehre und der Vermehrung seines Ruhms dient. Hier wirkt sich die starke Nähe zum Milieu der humanistischen Jurisprudenz in Frankreich prägend auf die Formierung der Inhalte des Calvinismus aus. Aus der Verbundenheit mit den Zielen des Humanismus, der vielfach die Trennung von der römisch-katholiVgl. aaO., 190 („la putain de Babylone“). 207 („ceste paillarde de Babylon“; „la putain de Rome“). 208 („ces meschantes Synagogues de Satan“). 191 Vgl. aaO., 207, zit. oben Anm. 181. 192 „La ville de Nismes estant occupee par ceux de la Religion, on tua les prestres, c’est à dire les ennemis coniurez et desesperez de Iesus Christ, de son Eglise et de toutes gens de bien: qui par leurs meschantes conspirations auoyent dressé le Concile de Trente, et esté cause de tous les troubles precedens“ (aaO., 205). 193 Vgl. aaO., 192. 190

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schen Kirche nicht vollzog, wird in der Situation der akuten Bedrohung im Zuge der Bürgerkriege seit 1560 und dann vor allem seit 1572 eine militante, qua Gegensatz für die eigene Religion konstitutive Abgrenzung zum papistischen Aberglauben.194 2.4.3 Religiöse Bezüge und Grundentscheidungen in den Commentarii iuris civilis Im Vergleich zu der durchgehend scharf polemischen Diktion der Responsio zeichnet sich Donellus’ systematische Darstellung des Zivilrechts durch eine ausgesprochene Zurückhaltung im Blick auf konfessionelle Wertungen, theologische Urteile oder auch Rückgriffe auf die Bibel aus. So konnten seine juristischen Werke im 18. und 19. Jahrhundert im katholischen Italien mit insgesamt nur wenigen Kastigationen mehrfach nachgedruckt werden.195 Jedoch hat Donellus in dem Kapitel „De jure divino“ in aller Klarheit und unter ausführlichem Rückgriff auf Bibeltexte seine reformatorisch-calvinistische Sicht erläutert.196 Auch die Anfang 1589 verfaßte Vorrede zum ersten Band des schließlich 28 Bücher umfassenden Zivilrechtskommentars stellt die juristische Arbeit ausdrücklich in einen religiösen Kontext. 2.4.3.1 Bibelstellenverweise und Kastigationen Abgesehen von der umfassend biblisch fundierten Erörterung der Unterscheidung von ius divinum und ius humanum197 nennt Donellus in der Abhandlung der Grundfragen des Rechts in den beiden ersten Büchern des Kommentars lediglich zwei Bibelstellen: Der Verweis auf Ps 96,5 erläutert die Bedeutung der rechten Verehrung des einen wahren Gottes für den Bestand des Staates,198 und Paulus’ Wort vom in die Herzen der Menschen geschriebenen Gesetz Gottes in Röm 2,14f. spielt eine wichtige Rolle bei der Begründung des Naturrechtsgedankens.199 Auch in den übrigen 26 Büchern des Kommentars finden sich nur vereinzelt Verweise auf Bibelstellen. Innerhalb des Personenrechts werden unter anderem die Formen der Freilassung von Sklaven behanHier liegt die tiefere Bedeutung dessen, was als „Politisierung des französischen Protestantismus“ bezeichnet worden ist (vgl. NÜRNBERGER, Politisierung). 195 Siehe oben Anm. 142. 196 Vgl. Comm. II,4 [I,199–206]. 197 Siehe dazu unten Abschn. II.Tl.2.4.3.3. 198 Vgl. Comm. II,6, § 3 [I,217]; siehe dazu unten S. 112–115. 199 Siehe dazu unten S. 102–104. 194

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delt. Dabei erörtert Donellus Justinians Bestimmungen über das Mönchtum in Nov. 5,2 und Nov. 123,35, um dieses dann als „in manifestem Widerspruch“ zum Wort Gottes zu erweisen. Angeführt werden Röm 12,3, I Kor 7,20–22, Eph 6,5–8 und Tit 2,9f.200 Innerhalb des Sachenrechts widmet er ein Kapitel den res divini iuris, die nach dem römischen Recht sacrae, religiosae oder sanctae sind.201 Ein Unterschied zwischen res sacrae und res religiosae besteht darin, daß letztere ohne irgendwelche Weihehandlungen zu solchen werden, was Donellus am Beispiel von Gräbern erläutert. Gräber als separate Bestattungsorte für jeden einzelnen Menschen habe es nicht nur bei den Römern, sondern auch einst bei den Juden, dem Volk Gottes, gegeben, wie Joh 19,41 und Joh 11,38 belegen.202 Im gleichen Kapitel geht Donellus auf die Entstehung der Vorstellung von Gräbern als res religiosae ein und weist Ciceros Vorstellung, daß die Seelen an diesen Orten, vom Körper losgelöst, zu Göttern würden, als im Widerspruch zu I Kor 3,16 stehend zurück.203 Im Blick auf den angemessenen Weiheritus für res sacrae ver-

„Non est dissimulandum, (**) etsi maxime monachatus res fuisset accepta Deo, quod non ita est: (***) constitutum tamen esse adversus manifestum verbum Dei, quod jubet unicuique tribui, quod suum est: cui honorem debemus, honorem: cui tributum, tributum. Rom. 12. Servis autem praecipit, ut in quo statu sunt, in eo maneant, nisi beneficio juris, aut domini id consequantur. 1. Cor. 7. Iidem ut in omnibus dominio honorem, cultum, et fidem praestent: ne quid autem unquam domino subtrahant: multo minus se ipsos. Eph. 6. Tit. 2.“ (Comm. II,12, § 2 [I,256f.]). 201 „De rebus, quae dicuntur divini juris, Sacris, Religiosis, Sanctis. Quaenam hae, et quo jure habeantur“ (Comm. IV,1 [631–652]). Vgl. Comm. IV,1, § 4f. [I,634]: „Ergo divini juris res dicuntur, quae hominum potestati, et usibus promiscuis exemptae, quodammodo in solius Dei jure, ac potestate habentur. Humani juris eae, quae sunt in hominum jure, ac potestate. [...] Rerum divini juris species tres numerantur, sacrae, religiosae, sanctae, L. 1. D. de rer. divis. eaedem, quae apud Justinianum dicuntur res nullius, §. nullius, Inst. eod. ideo, quia hae vere non sunt cujusquam neque proprietate, neque usu promiscuo: ut per eminentiam vocabuli ita dicantur ex comparatione, cum publicae, quae proprietate nullius sunt, sint saltem in usu communi.“ 202 „Haec conditio rerum religiosarum fuit apud Romanos, nec minus apud alias gentes, et quidem olim apud populum Dei. Nam et Judaeos, constat, sibi privata sepulcra habuisse, quale scimus fuisse illud, in quo Christus Dominus noster conditus est; Johan. 19. 41. quale et Lazari. Johann. 11. 38.“ (Comm. IV,1, § 23 [I,641]). 203 „Id nos verbo Dei docti etsi falsum esse scimus: tamen non minus recte appellationem veterem in sepulcris retinere possumus, ut sint nobis quoque et ipsa religiosa, dum sint fidelium sepulcra. Habent enim illa id corpus, quod fuit templum Spiritus sancti, ut scriptura testatur, 1. Cor. Cap. 3. Huic templo decet nos velut reli200

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weist er auf Salomos Gebet I Kön 8 bei der Tempelweihe als ausgezeichnetes Beispiel.204 Bei der Behandlung der iurisdictio dient Röm 13,1–7 dazu, die im kanonischen Recht vertretene Exemtion von Inhabern kirchlicher Ämter von der Gewalt staatlicher Magistrate zurückzuweisen.205 Gehäuft finden sich Verweise auf Bibelstellen in zwei inhaltlichen Zusammenhängen, dem Eherecht und den Ausführungen über den Eid. Innerhalb des Eherechts verweist Donellus wiederum zweimal auf Röm 13,1–7. Dabei geht es jeweils um die Geltung von zivilen Gesetzen und Anordnungen der weltlichen Obrigkeit, auch wenn sie im Widerspruch zum päpstlichen Recht stehen oder kirchliche Amtsträger etwas ihnen Entgegengesetztes verlangen. Denn der weltlichen Obrigkeit nicht zu gehorchen, hieße, Gottes Anordnung zu widerstehen. Donellus vertritt mit Verweis auf das Gebot, die Eltern zu ehren, im Blick auf die Zustimmungspflicht der Eltern die restriktive Haltung des römischen Rechts.206 Ebenso kann bei Personen, die nach staatlichem Recht Sklagionis caussa honorem habere, propter eum, qui inhabitavit, cui, ut Deo, vere cultus, et religio debetur“ (Comm. IV,1, § 26 [I,642]). 204 „In dedicandi modo ut res rite dedicetur, exigimus. Quod et ipsum expressit Justinianus in definitione rei sacrae. d. §. sacrae. Ritus est solemnis ritus moribus cujusque populi receptus. Is rectus in rebus sacris, qui Deo acceptus. Is autem est, qui habet preces adjunctas, ut Deus loco, et operi praeesse velit, et si quae sunt alia, quae in hujusmodi rebus a Deo petenda, verbum Dei ostendit. Cujusmodi dedicationis luculentum exemplum habemus in dedicatione templi a Salomone commendati Deo, quod exstat 1. Reg. Cap. 8. Hunc ritum, et alia quaedam eodem pertinentia attigit Justinianus in d. Novell. Ut null. fabr. orat. dom. § 1.“ (Comm. IV,1, § 12 [I,636]). 205 „Postea pontificii iuris auctores ecclesiasticos iurisdictione magistratus politici omnino exemerunt ita, ut ne his quidem concederent volentes se iudici politico subiicere, c. significasti. c. si diligenti. ext. de for. comp. Quam recte illi viderint. Est certe (*) adversus verbum Dei manifeste constitutum. Sic enim Paulus praecipit ad Rom. C. 13. omnis anima potestatibus supereminentibus subiecta esto, magistratus enim Dei ordinatio est: et qui magistratui resistit, Dei ordinationi resistit“ (Comm. XVII,10, § 13 [IV,1198]). 206 „Neque hoc male aut inhumane, et contra * verbum Dei constitutum quis existimet, quandiu hoc manebit, jure fieri, ut servi sint in dominio dominorum. Nam verbo Dei, atque adeo natura Duce jubetur maritus adhaerere uxori suae, uxor contra erga maritum eodem modo se habere. Atqui non potest servus aut ancilla id facere, quin tantum de jure domini detrahatur. Quod quia nulla juris ratio concedit, ne illud quidem concedendum fuit, unde illa injuria nascitur. Nec si hi juncti erunt, ideo quis putet verbo Dei prohiberi ejusmodi conjunctionem dissolvi, propter dictum Christi, Quod Deus conjunxit, homo ne sejungat, Mat. 19. Nam quod de hoc praecepto in universum dicendum sit, quod ad sequentes quoque prohibitionis caussas pertineat: non sunt dicendi a Deo conjuncti esse, qui contra leges juncti sunt. Si quidem magistratus, quoque et magistratus leges, in quibus consistit potestas magistratus, ordinatio Dei est, et qui his se opponit,

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ven sind, die Ehe nicht ohne Zustimmung dessen, der das Verfügungsrecht hat, vollzogen werden.207 Insgesamt dreimal verweist er innerhalb des Eherechts ausdrücklich auf Mt 19,6,208 jeweils einmal auf Mt 19,5,209 Eph 5,22210 und I Kor 7,39211. Zur Eidproblematik, dem zweiten Themenbereich, in dem vermehrt auf Bibelstellen verwiesen wird, hat sich Donellus an verschiedenen Stellen seines Werkes geäußert; am umfassendsten im 24. Buch. Die betreffenden Kapitel (8–24) hatte Scipio Gentili mangels verwertbarer anderer Vorlagen aus einem 1582 erschienenen Kommentar Donellus’ übernommen.212 Hier stützt der Verweis auf Röm 13,1–7 die Auffasordinationi Dei resistit, nedum hanc sequitur, ut docet Apost. Rom. 13.“ (Comm. XIII,19, § 5 [III,940f.]). 207 „Sed ne anxie laboremus in dissolvendis decretalibus epistolis Pontificum, quae forte superiori sententiae juris civilis adversari videbuntur: hanc regulam tenere debemus in omnibus: quae bonis legibus publicis constituta sunt, ea *** nullis decretis Ministrorum verbi infringi aut mutari posse. Quinimo ipsi Ministri in primis legibus illis bonis subjiciuntur ex praecepto Apostoli, quo jubetur omnis anima subjecta esse potestatibus supereminentibus: et adjicitur Dei ordinationi resistere omnem, qui se potestati et magistratui opponat. ad Rom. 13. Quod praeceptum aliis tradens Apostolus in primis sibi ipsi dixit, et praecipue ad se pertinere ostendit, ut in eo observando aliis exemplo suo praeluceret. Ergo et eum dicit resistere Dei ordinationi, qui se opponit Magistratuum et Principum bonis legibus, quae scilicet aut verbo Dei consentiant, aut non adversentur. Nam in legibus est imperium et auctoritas Magistratus. At lex de consensu parentum adhibendo in nuptis liberorum qui in potestate sunt, non modo non pugnat cum verbo Dei, sed etiam prope videtur ex eo verbo expressa. Nam lex Dei vetat nunquam suum adimi illo praecepto, Non furtum facies: Jam autem dixi nuptiis quodammodo liberos subduci potestati patris. Praeterea eadem lex superior, quae est de parentum consensu, pertinet ad honorem parentibus debitum his asserendum. Hic honos inter ea praecepta divinae legis, quae sunt de proximo, primo praecepto sancitus est, Honora patrem et matrem. Quare legem superiorem de consensu parentum aut noluerunt mutare Pontifices, aut si voluerunt, certe non potuerunt. At enim Christi praeceptum est Matt. 19. quod Deus conjunxit, homo ne sejungat. Sed ut jam admonui, non intelliguntur conjungi a Deo, qui adversus bonas leges, id est adversus ipsam ordinationem Dei, ut vocat Apostolus, conjunguntur. Vel ut verius dicam, qui junguntur, adversus ipsissimum illud praeceptum Dei, Honora patrem et matrem. Manebit igitur sine consensu parentum, quorum in potestate sunt, qui contrahunt, nuptias contractas non esse nuptias, sed illicitam conjunctionem“ (Comm. XIII,20, § 10 [III,960f.]). 208 Vgl. neben den in den beiden voranstehenden Anmerkungen aufgeführten Stellen Comm. XIII,20, § 5 [III,956]. 209 Vgl. Comm. XIII,20, § 6 [III,957]. 210 Ebd. 211 Vgl. Comm. XIII,19, § 24 [III,949]. 212 Vgl. D ONELLUS , Commentarii ad titulos Digestorum, qui infra scripti sunt. De rebus creditis. Si certum petatur, et de condictione. De iureiurando. De in litem iurando. De condictione ex lege. De condictione triticaria. De eo, quod certo loco

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sung, daß ein Eid nicht bindet, wenn er dazu zwingt, gegen Gesetze zu verstoßen. Denn wenn schon Obrigkeiten zu widerstehen, Gottes Anordnung zu widerstehen bedeutet, um wieviel mehr ist dies der Fall, wenn man gegen Gesetze verstoße, an die auch die Obrigkeit gebunden sei.213 Bei der Frage der Geltung von unter Zwang oder Bedrohung geleisteter Eide argumentiert Donellus in gleicher Weise mit Röm 13,1–7, stellt hier aber mit Verweis auf Act 4,19 das ewige Gesetz Gottes als ohne Ausnahme gültigen Maßstab der menschlichen Gesetze voran.214 dari oportet, 1582. Die betreffenden Passagen sind nicht in die Ausgabe von 1828– 33 aufgenommen worden, wohl nicht zuletzt weil sie teilweise fast wörtliche Wiederholungen von bereits Ausgeführtem enthalten. 213 „Sed si iusiurandum esset contra leges, recte putauerunt iuris auctores non esse seruandum, quodcunque esset id, quod prohiberetur. l. non dubium. C. de legib. l. iurisgentium. §. si paciscar. in fin. D. de pact. Indignum est enim re sacra abuti ad oppugnandas bonas leges, ad quas potius confirmandas rem sacram adhiberi oportebat. Neque vero videtur licere iudici etiam ex verbo Dei id iusiurandum seruare, si quis priuatus ad legis auxilium et iussum reuocet. nam si Dei ordinationi resistit, qui magistratui resistit, ad Roman. 13. multo magis resistit, qui resistit bonis legibus, quae imperant ac praesunt Magistratui, et in quibus sita est omnis potestas et auctoritas magistratus. l. 1. et 2. D. de legib.“ (Comm. [1612] XXIV,9, 1290B, Zl. 63–74). 214 „Sed quod dicimus iusiurandum adversus leges interpositum hoc iure non valere, nec quemquam eo teneri, quasi frustra interposito; videndum, an aeque probandum sit ex verbo Dei. Nam si verbum Dei contra hoc iusiurandum servari iubet nequidquam hic obtenduntur civiles et politicae leges: cum voluntas et lex Dei summa sit lex et aeterna, cui leges et constitutiones humanas omnes subiici ac cedere oportet, iuxta illud Act. 4. Deo obediendum esse magis, quam hominibus. Paucis igitur, quid hic ex verbo Dei liceat, aut non liceat, videamus. Ego autem sic iudico, quod contra leges civiles interpositum sit iusiurandum, pariter et legibus civilibus, et verbo Dei improbari, ut neutro iure obligationem adferat, quo necesse sit servari. Id autem sic breviter colligi potest. Nullum turpe aut illicitum iusiurandum, nullum quod sit adversus voluntatem et legem Dei, quatenus tale est, est servandum. Omne autem iusiurandum, quod interponitur, ut fiat, quod lex civilis fieri non vult, puta ut obligetur, quem lex obligari vetat, turpe est et illicitum, atque adeo contra ipsam legem Dei. Nullum igitur, quatenus adversus legem haec obligatio petitur, est servandum. Quae hic sumuntur, non obscura esse arbitror. Primum convenit inter omnes, nullum illicitum iusiurandum, et contra legem Dei esse servandum: optima ratione, quam eruditi quidam Theologi hic reddiderunt. Quod enim Deus fieri non vult, idnec iuratos, nec iuraturos vult facere. Idque et Pontificii iuris auctores non uno loco agnoscunt. Huc enim illa pertinent: non est obligatorium contra bonos mores iusiurandum: C. non est obligatorium, de reg. jur. in v. et iusiurandum non est vinculum iniquitatis. C. inter caetera, 22. q. 4. c. quanto, extr. de jurejur. Jam vero testatur D. Paulus ad Rom. c. 13. magistratum, eoque et magistratus bonas leges esse ordinationem Dei, et qui magistratui, eoque et magistratus legibus resistit, ordini Dei resistere: ut plane

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Mit Dtn 6,13 und Hebr 6,16 betont Donellus, daß ein Eid allein bei Gott, nicht aber unter Anrufung einer Kreatur und noch viel weniger unter Anrufung falscher Götter geschehen dürfe.215 Die gleichen Bibelstellen werden an anderer Stelle noch einmal angeführt, um zu belegen, daß niemand zu einem solchen Eid gezwungen werden dürfe.216 Der Verweis auf Ps 5,7 belegt die unnachsichtige Strenge Gottes gegen diejenigen, die seinen Namen mißbrauchen.217 Dieses Thema wird auch an zwei anderen Stellen, unter Verweis auf Ex 20,7 und Ex 22,27, erörtert.218 Abergläubische Zeremonien bei der Eidleistung wie das Berühren der Evangelien oder die Anrufung der Erzengel Michael und Gabriel stellen ebenfalls eine Verletzung der Ehre Gottes dar. Gott als der alleinige „inspector cordium“ wird das, wie Donellus unter Verweis auf Jer 5,2f. und Hebr 6,13–20 betont, nicht ungestraft lassen.219 Ps 50 unverum sit illud alterum quod posui, si quod iusiurandum adverus leges civiles interponitur, id adversus ordinationem, id est, voluntatem et legem Dei interponi“ (Comm. XXI,13 [V,1223f.]). 215 „Summa autem est, vt iuretur per Deum, seu, vt Deus testis aut vindex adhibeatur; non autem iuretur per vllam creaturam, multoque minus per falsos Deos, vt bene comprehensum est in c. etsi Christus. ext. de iureiur. sumtum ex verbo Dei, Deuter. c. 6[,13]. et ad Hebr. c. 6[,16]. Secus si quis iurat, id demum est iusiurandum, quod Vlpianus illicitum vocat, et improbatae religionis, in l. 5. § sed si quis. hic. etsi ipse ethnicus de vero Deo et vera religione non sensit. Hoc vero omne est eiusmodi, vt nec pro iureiurando sit habendum“ (Comm. [1612] XXIV,9,1294B, Zl. 5–13). 216 Vgl. Comm. [1612] XXIV,21,1321B, Zl. 39–57, zit. unten Anm. 314. 217 Vgl. Comm. [1612] XXIV,17,1307A, Zl. 45, zit. unten Anm. 316. 218 Vgl. Comm. XXI,13 [V,1225]; Comm. XXI,13 [V,1203], zit. in folgender Anm. 219 „Quid enim, an minus sacrosanctum est nomen Dei, quod usurpatum est jurejurando, aut an minus ille testis praesens aut judex affirmationis tuae futurus est, si ad jusjurandum nihil addideris? Et quod olim tactus Evangeliorum inductus est apud Christianos in judiciis et rebus gravioribus ad firmandam religionis fidem, ex (*) ignoratione verbi Dei natum est: quo in jurejurando non de interventu aliarum rerum quarumlibet, non de earum auctoritate, vel contemptu, sed de attestatione nominis solius Dei sine alia adjectione ita praecipitur. Non usurpabis nomen Jehovae Dei tui temere: non enim habebit insontem Jehova eum, qui nomen ipsius usurpaverit vane. Exo. 22. Et certe non est levis contumelia, qua nomen Dei afficitur, si quis putat non esse satis per Deum jurare, aut Deum invocare testem, nisi tetigerimus sacra Evangelia, aut quid aliud: quasi quidquam majus aut sanctius sit in Evangelio, quam in eo, qui auctor est Evangelii et rerum omnium. Nec mirum sit Justinianus in eo jurejurando, quod praeformavit iis, qui administrationes suscipiunt. Novel. 9. hoc admiscuisse, ut qui juratus esset, juraret per quatuor Evangelia quae in manibus teneret. Nam hac (**) superstitione ille non tententus addidit etiam formulae jurisjurandi

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terstreicht, daß Gott Rechenschaft über die geleisteten Versprechungen fordern wird.220 Gerade darum wird die Frage, ob ein unter Gewaltandrohung einem Räuber gegenüber geleisteter Eid bindend sei, erst nach eingehender Diskussion des Gebotes, Gottes Namen nicht unnütz zu führen (Ex 20,7), sowie der Aufforderung in Ps 15,4, den Eid auch zu halten, wenn es einem Schaden einträgt, verneint.221 Bei der Erörterung der Frage, ob jemand zum Eid gezwungen werden könne, wird auch Paulus’ Aussage angeführt, daß alles, was nicht aus Glauben geschieht, Sünde sei (Röm 14,23).222 Die Ablehnung der Auffassung, daß Bischöfe bzw. Diener des Wortes Gottes vom Gehorsam gegenüber dem obrigkeitlichen Befehl zu schwören ausgenommen sind, erfolgt wesentlich unter Berufung auf Aussagen der Heiligen Schrift.223 Schließlich dient der Verweis auf die biblisch begründeten Ämter in der Kirche dazu, die Notwendigkeit herausgehobener Ämter im politischen Gemeinwesen, denen es zusteht, den Eid zu verlangen, zu erläutern.224 impietatem, dum vult jurari non solum per Deum, sed etiam per gloriosam Dei Genitricem, et per sanctos Archangelos Michaelem et Gabrielem cum tota scriptura clamet hunc honorem soli Deo deberi, ut per eum juretur. Jerem. 5. Hebr. 6. quippe qui solus sit inspector cordium, ut scire possit, qua fide, quave conscientia quisque jurarit; solus sui nominis contempti idoneus ultor et judex“ (Comm. XXI,13 [V,1202–1205]). 220 Vgl. Comm. XXI,13 [V,1226]. 221 „Semper enim hoc tenebimus, is quid aliud praecipiatur Dei verbo, solum hoc audiendum esse, facessere jussis omnibus aliis contrariis humanis legibus. Atque hic variant etiam doctissimorum et maxime piorum Theologorum sententiae. Quibusdam videtur ex verbo Dei jusjurandum hujusmodi omne servandum, etiam quod praedoni et latroni dederis, si de re privata tua et jure tuo agatur. Habetque maximam speciem veri haec sententia; defenditur enim et notis locis quibusdam, et ratione promemodum manifesta. Loci hi sunt. Primum quidem generale praeceptum illud legis divinae [Ex 20,7], quo vetamur usurpare nomen Domini temere et frustra. Sed praecipue Psalmus xv. in quo inter caeteras notas, quae affinguntur viro pio ex praescripto et mente divinae legis, una haec recensetur, ut sit is, qui jurat damno suo, et non mutat. Ratio haec. Constat enim inter omnes, omne licitum jusjurandum, quod sine peccato servari potest, esse servandum: [...]“ (Comm. XXI,13 [V,1232]). 222 Vgl. Comm. [1612] XXIV,21,1321B, Zl. 5f. 223 Vgl. Comm. [1612] XXIV,21,1324A, Zl. 70–1324B, Zl. 23, mit Verweis auf Röm 13[,1–7]; Röm 12[,18]; Hebr 12[,14]; I Petr 3[,11]; Hebr 6[,16]. 224 „Nihil enim horum nisi extra communem conditionem et sortem reliquorum ciuium. Illud praecipue, quod praesunt, extra gregem eos, ac proinde egregios esse ostendit. Quod n. praesunt, commune habent cum pastoribus. nemo autem ignorat pastores in grege non esse, sed maxime extra gregem. His finitimi sunt etsi sine

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Der wohl am häufigsten herangezogene Bibeltext in dem gesamten Kommentarwerk ist Röm 13,1–7 mit der Begründung der weltlichen Obrigkeit in Gottes Anordnung und der Aufforderung, ihr bzw. den staatlichen Gesetzen Gehorsam zu leisten. Zumeist ist der Rückgriff auf diesen Bibeltext mit dem Bestreben verbunden, den Geltungsanspruch des kanonischen Rechts oder die weltlichen Herrschaftsansprüche kirchlicher Amtsträger zurückzuweisen. Konsequenterweise finden sich gerade an solchen Stellen durch spätere katholische Herausgeber hinzugefügte Kastigationen. Insgesamt sind sie freilich in Donellus’ umfassendem System des Zivilrechts eher selten: In dem gesamten, 28 Bücher umfassenden Kommentarwerk finden sich lediglich 26 solcher kritischen Zusatzbemerkungen zu Textstellen, die gegen die römisch-katholische Lehre zu verstoßen scheinen. Es verwundert nicht, daß in dem Kapitel über das ius divinum gleich vier Kastigationen falsche Lehraussagen korrigieren. Gegen Donellus’ betonte Formulierung, daß das ius divinum ausschließlich dem Wort Gottes zu entnehmen sei, wird die Gültigkeit auch der Traditionen hervorgehoben.225 Eine Kastigation mahnt die Notwendigkeit guter Werke als Bestandteil der Gottesverehrung an, wenn Donellus diese als reine Anrufung des Namens Gottes, Dankopfer und Gebrauch der Sakramente charakterisiert.226 Selbstverständlich wird auch die These, daß Jesus lediglich zwei Sakramente gestiftet habe, zugunsten der mittelalterlichen Siebenzahl korrigiert.227 Donellus’ scharfe Kritik an Privilegien kirchlicher Amtsinhaber und bestimmten Formen kirchlicher Jurisdikti-

iurisdictione, qui praesunt in ecclesia Dei, episcopi, ministri verbi, doctores, et qui regendae ecclesiae quoquo studio dant operam. Et certe praecipue ecclesia gregi comparatur, hi sunt pastores. Ioan. 21[,15–17]. Act. 20[28]. I. Pet. 5[,1–4]. et hi quidem, qui maxime inter alios duplici honore digni habeantur. 1. ad Tim. 5[,17]. vt maxime hi egregii dicendi et habendi sint. quo et in numero praecipue habentur constitutionibus id, quod egregiis personis tributum dicimus, ne ad iudicium inuiti trahantur. l. nec honore. authentic. sed iudex. Codic. de episcopis et clericis.“ (Comm. [1612] XXIV,22,1326B, Zl. 39–53). 225 „Sed quia et hoc ipsum jus editis constitutionibus receptum, et sancitum est, quae et partem hujus juris obtinent: non male dicatur fortasse, et hoc ipsum jus approbatione civile factum esse, etsi maxime vera ejus cognitio (*) ex scripturis petenda est“ (Comm. II,4, § 3 [I,199f.]). Kastigation: „(*) Juris divini cognitio non solum petenda est a verbo Dei scripto, sed etiam a verbo Dei tradito, sive non solum a Scripturis, verum etiam a traditionibus.“ 226 Vgl. Comm. II,4, § 8 [I,202], zit. unten Anm. 303. 227 Vgl. Comm. II,4, § 8 [I,202], zit. unten Anm. 310.

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onsgewalt findet eine ebenso scharfe Zurückweisung durch den katholischen Herausgeber.228 Insgesamt sieben Kastigationen wenden sich gegen Donellus’ negative Beurteilung des Mönchtums. Sie finden sich innerhalb des Personenrechts bei der Behandlung der Freilassung von Sklaven229 sowie im Zusammenhang der Erörterung der Erbschaft als einer Form von Besitzerwerb, wo ausgehend von verschiedenen Konstitutionen Justinians auch die rechtlichen Folgen des Eintritts in das Mönchtum behandelt werden.230 Nicht weniger als neun Kastigationen finden sich bei der Behandlung eherechtlicher Fragen. Wo Donellus für die Fragen der Ehe und Ehescheidung auf das Wort Gottes verweist oder das Problem, welche Verwandtschaftsgrade ein Ehehindernis darstellen, mit dem Verweis auf Texte aus den römischen Rechtscorpora behandelt, mahnen mehrere Kastigationen die Berücksichtigung der Bestimmungen des kanonischen Rechts an.231 Auch das Tridentinum wird gegen die Bevorzugung des römischen Rechts oder ziviler Gesetze im Eherecht angeführt.232 Gleichfalls sei nicht nur das Wort Gottes, sondern auch die Tradition bei der Gestaltung des Hochzeitsritus zu beachten.233 Unter den vier Kastigationen bei der Behandlung des Eides ist besonders die Zurückweisung der erwähnten Kritik Donellus’ an abergläubischen Zeremonien bei der Eidesleistung hervorzuheben.234 „Haec e media Calvini schola impura verba impuro ore Donellus“, wird dagegen eingewandt.235 Eine solche Rückführung der Irrtümer des Juristen auf den „Irrlehrer“ Calvin erfolgt in mehreren Kastigationen.236 Schließlich erfolgt immer dann, wenn der katholische Herausgeber Donellus’ mit den Reformatoren geteilte Aufwertung der Heiligen Schrift und des weltliVgl. Comm. II,4, § 11 [I,205f.], zit. unten Anm. 293. Vgl. Comm. II,12, § 2 [I,255f.]; Comm. II,12, § 2 [I,256f.], zit. oben Anm. 200; Comm. II,12, § 2 [I,257f.], zit. unten Anm. 200. 230 Vgl. Comm. VI,1, § 6 [II,5]; Comm. VI,1, § 6 [II,5f.]; ebd.; Comm. VI,1, § 6 [II,6], zit. unten Anm. 290. 231 Vgl. Comm. XIII,19, § 5 [III,940], zit. oben Anm. 206; Comm. XIII,19, § 9 [III,942]; Comm. XIII,19, § 12 [III,943]; Comm. XIII,20, § 10 [III,960f.], zit. oben Anm. 207; Comm. XIII,20, § 11 [III,962]; Comm. XIII,20, § 14 [III,966]. 232 Vgl. Comm. XIII,20, § 5 [III,957]; Comm. XIII,20, § 6 [III,957f.]. 233 Vgl. Comm. XIII,19, § 23 [III,949]. 234 Vgl. Comm. XXI,13 [V,1204], zit. oben Anm. 219; vgl. auch Comm. XXI,13 [V,1202], zit. oben Anm. 219; Comm. XXI,13 [V,1226f.]. 235 Vgl. Vgl. Comm. XXI,13 [V,1203]. 236 Vgl. auch Comm. II,12, § 2 [I,256f.], zit. oben Anm. 200; Comm. XIII,20, § 10 [III,960f.]; Comm. XVII,10, § 13 [IV,1198]; Comm. XVII,25, § 8 [IV,1394f.]. 228 229

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chen Rechts auf Kosten von Tradition und kanonischem Recht wahrnimmt, eine Zurechtweisung.237 2.4.3.2 Religion, Moral und Recht: der Zusammenhang von Gesetz Gottes, Naturgesetz und römischem Recht Wie alle humanistisch orientierten Juristen thematisiert Donellus eingehend den Zusammenhang von Recht und Moral.238 Die Jurisprudenz ist gewissermaßen ein Teil der Moralphilosophie und dient wesentlich moralphilosophischen Zielen. Entsprechend ausholend entfaltet Donellus die Grundfragen des Rechts in seinem Kommentarwerk. Die ersten beiden der 28 Bücher des Zivilrechtskommentars behandeln Begriff, Inhalt, Geltungsbereich und Zweck des Rechts bzw. der Gerechtigkeit und der Jurisprudenz. In charakteristischer Weise werden hier die weltanschaulichen Grundentscheidungen des römischen Rechts aufgenommen und vor allem Cicero zur alle anderen (antiken) Autoren überragenden Autorität. Biblische Texte oder christliche Autoren außerhalb des Corpus Iuris Civilis spielen außer in dem Kapitel über das ius divinum nur eine ganz untergeordnete Rolle. Lediglich der stoisch beeinflußten Rede vom in die Herzen der Menschen geschriebenen Gesetz in Röm 2,14f. kommt eine besondere Bedeutung zu. Der Verweis auf Röm 2,14f. erfolgt in zwei Kontexten: zum einen bei der Behandlung des Naturrechtsgedankens,239 zum anderen bei der Erörterung des Problems der Wandelbarkeit des Rechts.240 Donellus kritisiert die mangelnde Klarheit der Darstellung des Naturrechts im Digesten-Titel „De iustitia et iure“. Weder ist die Einteilung von ius civile, ius gentium und ius naturae stringent durchgehalten noch stimmen die inhaltlichen Bestimmungen des Naturrechts in den einzelnen dargebotenen Exzerpten der Juristen aus klassischer Zeit überein. Donellus nivelliert die Unterscheidung von ius civilis, ius naturae als allen Lebewesen gemeinsames Recht und ius gentium als den Menschen gemeinsames Recht, indem er von einer Zweiteilung der Rechtsquellen ausgeht: Natur oder natürliche Vernunft auf der einen Seite und politisches

Vgl. auch Comm. XVII,10, § 13 [IV,1198], zit. oben Anm. 205; Comm. XVII,25, § 8 [IV,1394f.]. 238 Vgl. P IANO M ORTARI , Ricerche, 17–38; KISCH , Studien, 34. 53–54; BURMEI STER, Studium, 192f.; STROHM , Ethik, 204f. 236–252. 239 Vgl. Comm. I,7, § 2f. [I,42f.]. 240 Vgl. Comm. I,12, § 4 [I,77], zit. unten Anm. 247. 237

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Gemeinwesen auf der anderen Seite.241 Die Berufung auf Paulus’ Rede von dem auch den Heiden ins Herz geschriebenen Gesetz ermöglicht nun, die naturalis ratio mit dem Gesetz Gottes zu identifizieren und von daher inhaltlich zu bestimmen.242 Dessen wesentlicher Inhalt ist die Liebe bzw. Verehrung Gottes, das Gebot, die Eltern zu ehren und ihnen zu gehorchen, sowie das Gebot, dem anderen im Blick auf Person wie Sachen das Seine zukommen zu lassen, mithin die Goldene Regel in ihrer negativen und positiven Fassung. Dies entspricht nach Donellus’ Auffassung genau dem, was die Digesten mit Ulpian als praecepta iuris bezeichnen: „honeste vivere, alterum non laedere, suum cuique tribuere“ (Dig. 1,1,10,1).243 Mit dieser Grundbestimmung des Naturrechts bevorzugt Donellus die vor allem von Cicero überlieferte und verbreitete stoische Tradition eines rationalen Naturrechts, die den Ansatzpunkt in der Vorstellung „Auctoribus juris his duobus inventis, natura, aut naturali ratione, et civitate, intelligeremus jam, ubi esset jus omne, si hi auctores essent certi, si vox, et imperium notum, ut dici posset, illam esse vocem, seu jussum naturalis rationis, hanc civitatis“ (Comm. I,7, § 1 [I,41]). 242 „At non perinde constat, quae sit naturalis ratio, quae vox hujus rationis sit habenda, ut audiamus. Illa enim non cernitur a nobis, nec nobiscum lingua, aut scripto loquitur, ut extet hic aliquid, unde probatio hujus juris sumi possit, cum opus est, ad homines convincendos. Vis est, et tanquam lex Dei scripta in cordibus nostris, ut Paulus testatur ad Rom. C. 2. Scripta quidem, et vere nobis indita. Quod ex eo intelligitur, quod omnes tacitis judiciis huic juri apud se testimonium dant, dum, si quid adversus id commissum sit: in iis ipsis, qui commiserunt, conscientia accusat, et dictat male factum: ab aliis admissum damnant omnes, et dignum poena judicant. Sed indita, ut dixi, mentibus, et cordibus, tanquam vis et lex quaedam tacita. Maxima autem hominum pars hanc vim Dei, et judicium non modo in se non exsuscitat, sed potius quantum potest, supprimit, et praefocat, ne male agentibus conscientia obstrepat, et ab eo tanquam interno verbere torqueantur“ (Comm. I,7, § 2 [I,42]). 243 „Re autem vera nihil aliud est hoc jus, quam id, quod consentit cum lege Dei scripta, quae eadem sine lege, ut Paulus, ibidem loquitur, id est sine lege scripta (quae sola postea lex per excellentiam dici coepit), natura in cordibus nostris scripta est. Cujus haec sunt velut capita summa: ut Deum amemus, revereamur, et colamus: ut parentes omni honore, et observantia prosequamur: erga omnes homines ut nos geramus ita, ne cui quid neque in persona, neque in rebus ejus detrahamus; sed contra suum cuique tribuamus: et, si ad intelligentiam, et persuasionem aptius quid volumus, ut quod nobis fieri nolumus, alteri ne faciamus; et vice versa, ut quod nobis volumus fieri, id alii praestemus ipsi, quod possumus. Eadem illa videlicet, quae dicuntur esse praecepta juris, honeste vivere, alterum non laedere, suum cuique tribuere. L. justitia, D. de just. et jur.“ (Comm. I,7, § 3 [I,43]). 241

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einer Art von Vernunftfunken sucht. Die aristotelische Tradition einer Begründung des Naturrechtsgedankens in den natürlichen Neigungen („inclinationes“), die den Menschen wie allen anderen Lebewesen innewohnen, tritt hingegen in den Hintergrund. Da die römischen Rechtstexte diese Vorstellung aber in breitem Maße tradieren, setzt sich Donellus gleichwohl eingehend damit auseinander; nicht ohne noch einmal ausdrücklich die Ineinssetzung von ius gentium und ius naturae zu betonen.244 Denn beim ius naturae geht es ihm in erster Linie um die recta ratio bzw. das damit übereinstimmende göttliche Gebot.245 Das wird dann auch sichtbar in den häufigen zusammenfassenden Bemerkungen zum Naturrecht in seinem Kommentarwerk. Niemals nennt er hier Fortpflanzungstrieb u.ä. als Inhalt, sondern immer Gottesverehrung und Eltern- bzw. Vaterlandsliebe sowie mitunter zusätzlich Varianten der Goldenen Regel oder des Grundsatzes „suum cuique tribuere“.246 Auch im zweiten Zusammenhang, in dem Donellus auf Röm 2,14f. verweist, dem Problem der Wandelbarkeit des Rechts, dominiert das rationale Naturrecht. Im Unterschied zum positiven Recht eines Gemeinwesens ist das Naturrecht unveränderlich, da eine Änderung gegen die recta ratio und das göttliche Gesetz, das wie Gott selbst ewig und unveränderlich ist, verstoßen würde.247 An anderer Stelle wird die aus der divina providentia folgende Unveränderlichkeit des Naturrechts jedoch ausschließlich durch den Verweis auf Inst. 1,2,11 erläutert.248 „Jus gentium, quod idem naturale dicimus, duplex est. Quoddam in natura ita expressum, ut sit etiam cum caeteris animantibus quodammodo commune: quoddam solum hominum proprium“ (Comm. I,7, § 4 [I,44]). Im folgenden werden die in den Digesten als Inhalt des Naturrechts genannten „natürlichen Neigungen“ erörtert. Besonderes Interesse zeigt Donellus an der amor libertatis (Comm. I,7, § 5 [I,44]), um der in seinen Augen problematischen naturrechtlichen Begründung von Sklaverei zu begegnen. Mit einem Zitat aus Ciceros De officiis wird dann der Selbstschutz als allen Lebewesen eigene Neigung beschrieben, sowie in gewissem Maße auch der Fortpflanzungstrieb (vgl. Comm. I,7, § 5 [I,45]). 245 Vgl. Comm. I,16, § 7 [I,138], zit. unten Anm. 266. 246 Vgl. z.B. Comm. I,6, § 4 [I,32]; I,7, § 6 [I,45]; I,7, § 9 [I,48]; I,7, § 16 [I,51], zit. unten Anm. 249; I,12, § 4 [I,76]. 247 „Naturalis ratio in his principiis, quae omnes gentes peraeque docuit, lux est illa, vel lex Dei, quae in omnium cordibus natura scripta est, ut Paulus loquitur C. 2 ad Rom. Haec, ut auctor Deus, aeterna est, et immota. Ac quae hinc jura sunt si quis mutare conetur jure civili: nihil aliud afficiat, nisi ut jus, quod statuit, sit adversus rectam rationem, id est injustum et iniquum, ut omne jus naturale est aequum et bonum“ (Comm. I,12, § 4 [I,77f.]). 248 Vgl. Comm. I,7, § 16 [I,51], zit. unten Anm. 249. 244

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Mit den skizzierten Überlegungen kann Donellus jedoch nicht das Problem lösen, daß das römische Recht in seinen Augen ausgesprochen problematische inhaltliche Bestimmungen des Naturrechts wie den Sklavenstand enthält. Auch die Frage, ob zum Naturrecht Gemeineigentum oder privates Eigentum mit einer entsprechenden rechtlichen Regelung der Austauschverhältnisse gehört, ist für den privatrechtlich ausgerichteten Kommentar ein zentrales Problem. Donellus versucht, diese Probleme durch die Unterscheidung eines Naturrechts erster und zweiter Ordnung im Sinne einer Normenhierarchie in den Griff zu bekommen.249 Hier zeigt sich besonders klar, in wie starkem Maße die Aufnahme des römischen Rechts, stoischer Philosophie und nicht zuletzt Ciceros zur Transformation christlichen Erbes beiträgt. Denn Donellus greift zwar auf die Vorstellung „jener ersten Schöpfung“ zurück, bei der Gott die Menschen schuf.250 Das bleibt aber ein flüchtiger Verweis ohne Bezug auf Bibelstellen, da sein eigentliches Interesse der Diskussion verschiedener Texte aus den Digesten und Cicero gilt, die sich über das Verhältnis des Menschen zu anderen Lebewesen und den für das Naturrecht relevanten Gemeinsamkeiten äußern. Die folgende ausführliche Erörterung der Entwicklungen, die ein zweites Naturrecht, das auch Krieg u.ä. berücksichtigt, nötig gemacht haben, erwähnt mit keinem Wort die biblischen Erzählungen von der Entstehung der Sünde. Stattdessen wird die Notwendigkeit, die Rechte der einzelnen Menschen an Person und Sachen zu schützen und die wirtschaftlichen Austauschverhältnisse rechtlich zu regeln, im wesentlichen mit der schnell wachsenden Zahl von Menschen, die auf immer enger werdendem Raum zusammenleben mußten, begründet.251 Anklänge an die christ„Atque haec sunt generis secundi, jurisgentium illius, quod proprie ab Ulpiano ita vocari diximus. Quae ut jurisgentium sunt, ita an sint juris naturalis, dubitari potest. Nam de religione erga Deum, pietate erga parentes et patriam, quae sunt prioris generis, nemo facile dubitet. Sunt enim citra controversiam illa naturalia jura, quae divina providentia constituta immutabilia dicuntur in §. pen. Inst. de jur. nat. quibus nemo facile similia esse dixerit, dominiorum distinctionem, bella, servitutes. Sed et haec, ut jurisgentium sunt, sic et naturalis juris esse, ante diximus, et recte. Non sunt illius primi, quod cum natura hominis natum est: at sunt hujus posterioris, quod postea est inductum, eadem natura duce“ (Comm. I,7, § 16 [I,51f.]). 250 „Recte, dum naturam intelligamus primam illam conditionem, qua homines conditi sunt, communem cum animantibus etiam brutis“ (Comm. I,7, § 5 [I,45]). Vgl. auch Comm. I,7, § 11 [I,49], zit. unten Anm. 251. 251 „Fuit ergo in initiis hujus mundi tempus, cum ad tuendam vitam nihil dominiis, aut rerum distinctione opus esset. Cum enim duo homines primo conditi essent a Deo; ac diu multo post pauci fuissent: tantum fuit vacui in hoc orbe, et in rebus 249

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liche Sündenlehre bietet dann lediglich ein Zitat aus dem Codex Iustinianus (Cod. 10,35,2,1), in dem das mangelnde Respektieren des Gemeineigentums als naturale vitium bezeichnet und die Folgen erläutert werden.252 In der Vorrede des Kommentars hatte Donellus ganz allgemein auf die christliche und gerade von der Reformation neu ins Bewußtsein gebrachte Vorstellung einer umfassenden Macht der Sünde Bezug genommen, wenn er die Welt von der cupiditas beherrscht sieht. Sie steht dem für den Bestand des Gemeinwesens wie auch den Gerechtigkeitsbegriff zentralen suum cuique tribuere diametral entgegen.253 Die Jurisconditis; tanta utilium, et bonarum rerum ubique affluentia: ut singuli homines de communi sumere possent, quantum vellent, sine alterius injuria, aut offensione. At postquam terra multitudine hominum frequentari coepit: recta ratio usu et experientia confirmata docuit, aut diu stare non posse genus humanum; aut in iis, quae colentur, suum cuique constituendum, quod quisque privatim sibi coleret, quoque alii sine voluntate domini pervenire non liceret, Communione enim manente, alterutrum futurum erat, aut ut terra propter quorundam desidiam, et cessationem ab aliis quoque negligeretur, ac neglectu inculta jaceret: aut ut, quibusdam colentibus, et laborantibus, alii, qui nihil attigissent, in partem commodorum venirent, et alienis laboribus sine ullo suo fruerentur“ (Comm. I,7, § 11 [I,49]). 252 „Ex quibus prius illud bene notatum est in L. 2. pr. C. quand. et quib. quart. pars. Lib. 10. his verbis: Naturale vitium est negligi, quod communiter possidetur, utque se nihil habere, qui totum non habeat, arbitretur: denique suam quoque partem corrumpi patiatur, dum invidet alienae. Eventurum hoc quoque, ut qui ex parte coluissent, si essent cupidi, et potentes, facile majorem partem ad se avocarent: imbecilliores egerent, et opprimerentur. Sive autem in rebus communibus culturae usus neglectus esset; sive alii, quod ab aliis cultum esset, praetextu communionis invaderent: ex utraque re pariter interitum societatis humanae sequi oportuit. Illinc enim inopia rerum ad vitam necessariarum: hinc dissidia, et turbae: ex his bella, et caedes; unde et generis humani interitus. Quapropter post illam hominum frequentiam fuit hoc primum rectae rationis, et judicii opus, et lex inter homines, ut esset aliquid suum cujusque, quod (ut dixi) ut suo labore quisque coleret, ac procuraret: ita caveret sibi, ne in id alius quisquam posset invadere sine injuria“ (Comm. I,7, § 11 [I,49f.]). 253 „Omnes a Deo tributa, et jure concessa sibi servari cupiunt: quod possunt, retinent, nec facile sibi eripi patiuntur: detracta omni ratione persequuntur, et laborant, ut recipere liceat. Quod si impunitate proposita obtinere non licet: hic maxima mala consequuntur. Augetur in potentioribus habendi et dominandi, et tenujores opprimendi cupiditas. Qui injuriam acceperunt, dolent, et indignantur. Hinc odia, inimicitiae, rixae, contentiones certissimae pestes rerumpublicarum. Neque hoc satis, res denique ad vim atque arma spectare incipit. Unde caedes, bella, seditiones. Ex quibus tandem eversionem rerumpublicarum, et interitum generis humani sequi necesse est. Quamobrem, si qua est ratio regendae reipublicae ejusmodi, qua vis et injura prohibeatur inter omnes, et quod cujusque est, id ei tribuatur:

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prudenz als „ars, sive ratio, qua tribueretur suum cuique“254 und Mittel gegen die Macht der cupiditas ist nicht einfach eine menschliche Aufgabe, sondern zugleich und zuallererst Werk und Gabe Gottes.255 Bei aller menschlichen Schulung gelingt eine angemessene Darstellung der Jurisprudenz „nicht ohne die gewisse Wohltat Gottes“.256 Kann man hier noch Anklänge an das reformatorische Sünden- und Gnadenverständnis hören, so ist die Durchführung des Kommentarwerks ganz von den römischen Rechtstexten und der hier besonders präsenten stoischen Philosophie bestimmt. Das geht so weit, daß Donellus sich nicht scheut, die stoische Ineinssetzung von Gott und Natur zu übernehmen.257

ea demum est, quam frustra exquiri, aut qua nos non magnopere egere dicere non licet: quae est ejusmodi, quam in republica exstare, et bene positam omnibus modis retineri non tam ad utilitatem aliquam, quam ad salutem et incolumitatem omnium cum publice, tum privatim pertineat. Haec ratio sita est in jure et legibus. Justitia quidem, ut velimus tribuere, facit. Sic enim definitur: Constans, et perpetua voluntas suum cuique tribuendi. At hoc juris est munus, ad eam nos deducere; hoc efficere, ut hanc adipisci, et servare possimus. Nam, cum omnis alteri suum tribuendi ratio in eo posita sit, ut norimus, quid sit tribuendum, et cognitum tribuere velimus: utrunque horum jus bene constitutum praestat, dum et illud statuit, quid sit suum cujusque, et simul rationem ostendit atque confirmat ejus obtinendi: sine quibus nihil est, quod facile aut praestemus ipsi, aut ab aliis expectemus“ (Comm. praef. [I,x]). Vgl. auch Comm. praef. [I,jx] („cupiditate innata“). 254 Comm. praef. [I,jx]. Vgl. Comm. praef. II,1, § 3 [I,184]: „Juris igitur et justitiae finis idem, ut jus suum cuique tribuatur.“ 255 Donellus betont in der Vorrede über das zeitübliche Maß hinaus mehrfach, daß die Darlegung einer systematisch entfalteten Jurisprudenz nicht nur elementar für den Bestand des Gemeinwesens, sondern auch Gabe Gottes und Ausdruck seiner Wohltat sei. „Intelligere enim, quid sit juris in re quaque, similitudines rerum nosse et dissimilitudines, et in his aequitatis bene constitutae videre et expedire rationem, magni ingenii, et summae prudentiae est. Ad quam assurgere non est cujusvis: Dei donum est; et quidem singulare. Idem multa et varia rerum cognitione et totius juris tractatione, saepe longo usu et experientia indiget“ (Comm. praef. [I,xj]). Vgl. Comm. praef. [I,xiij. xv]. 256 „Unde fit, ut saepe eorum sententiam conjectando praesentire magis, quam certa et explorata ratione colligere liceat, nisi si quando doctis, et in jure maxime exercitatis hominibus non sine certo beneficio Dei id contingit“ (Comm. praef. [I,xij]). Vgl. Comm. praef. [I,xvj]. 257 „Retinentur haec non minus et in naturalibus, servilibusque cognationibus, L. parentes D. de in jus voc. quippe imposita lege naturae, quae a nullo mutari potest, non magis, quam natura ipsa, quae hanc legem posuit, id est Deus“ (Comm. I,12, § 7 [I,80]).

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Eine überragende Rolle sowohl bei der Interpretation des Corpus Iuris Civilis als auch bei der Adaption stoischen Gedankengutes spielt Cicero.258 Er ist der am meisten zitierte Autor259 und erlangt bis in die Konzeption des Werkes eine beherrschende Stellung. Denn Donellus’ charakteristisches Bestreben, das Zivilrecht in vollem Sinne systematisch darzustellen, orientiert sich ausdrücklich an Ciceros Überlegungen zur ars iurisprudentiae.260 Bei der programmatischen Formulierung seines Ziels einer systematischen Darstellung des Zivilrechts nimmt er den Titel der verlorengegangen, von den Humanisten häufig zitierten Cicero-Schrift De jure in artem redigendo auf.261 Die gesamte Breite des WerVgl. STROHM, Ethik, 122–151; DERS., Art. Neustoizismus. Hingegen finden sich nur ganz vereinzelte Verweise auf Aristoteles. Bei der Frage der Abgrenzung der Jurisprudenz von der Philosophie gilt dieser Donellus als Autor, der „totam philosophiam intellexit“ (Comm. I,16, § 3 [I,134]). Bei der Definition der iustitia beruft er sich außer auf Cicero auch auf Buch 5 der Nikomachischen Ethik (vgl. Comm. II,1, § 2 [I,183]). Bei der Darlegung der von Quintilian und Cicero entfalteten Unterscheidung verschiedener Argumentationsformen wird Aristoteles als derjenige erwähnt, der bereits eine solche Einteilung entwickelt habe (vgl. Comm. [1612] XXV,5,1338A, Zl. 16). 260 „Haec eleganter distinxit Cicero in Bruto, qui, cum multis jurisconsultis, qui antecesserant, cognitionem, et usum juris tribuisset, artem soli tribuit Servio Sulpicio, neque id sine magna Servii laude, qui rem ad jus civile facile, et sine confusione cognoscendum et praeclaram, et maxime necessariam adhibuisset. Simul et quam artem Cicero intelligat, exponit. Quod totum ut fiat certius, libuit Ciceronis verba adscribere. Is ergo in Bruto ita scribit: Hic Brutus: Ain tu? inquit, etiamne Q. Scaevolae Servium nostrum anteponis? Sic enim, inquam, Brute, existimo, juris civilis magnum usum et artem in hoc uno. Quod nunquam effecisset ipsius furis scientia, nisi eam praeterea didicisset artem, quae doceret rem universam tribuere in partes; latentem explicare definiendo; obscuram explanare interpretando; ambiguam primum videre, deinde distinguere; postremo habere regulam, qua vera, et falsa judicarentur, et quae quibus positis essent, quaeque non essent consequentia. Hic enim attulit hanc artem omnium artium maximam, quasi lucem, ad ea, quae confuse ab aliis aut respondebantur, aut agebantur. Dialecticam mihi videris dicere, inquit. Recte, inquam, intelligis. Haec Cicero de superiore arte, quam, ut ab illo describitur, utrum nunc ad jus attulerimus, dicere non est meum: certe, ut fieret, conati sumus. Nec me hic auctoritas aut Iuliani, aut adeo Iustiniani Imperatoris quidquam moverit. Ut enim verba bona, eorumque significationem Iustinianus, quamvis Princeps, mutare non potuit, quae usu populi constant, non cujusquam arbitrio, aut voluntate: sic nec efficere, ut non sit certa methodus ea, quam natura ipsa rerum, et cohaerentia praescribit. A principibus est auctoritas juris: a peritis, et intelligentibus via, et recta ratio docendi“ (Comm. I,1, § 12 [I,10f.]). Zur Bedeutung Ciceros für die Systematik des Zivilrechtskommentars vgl. auch WAIDER, ‚Ars iuris‘, 55–58. 261 „Atque hoc quidem in his libris, quos instituimus, de jure in artem redigendo, eodemque arte, et via explicando consilium nostrum est, ut ante praefati sumus“ 258 259

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kes Ciceros ist präsent. Das rhetorische Schrifttum wird herangezogen, um Methode und System des Zivilrechtskommentars zu begründen und zu erläutern.262 Das ethische Schrifttum, und hier insbesondere De officiis,263 aber auch Schriften wie Laelio de amicitia,264 dienen sowohl der allgemeinen weltanschaulichen Orientierung als auch der Begründung konkreter Optionen. Charakteristisch ist hier ein moderater stoischer Rationalismus. Auch juristischer Thematik im engeren Sinne gewidmete Texte wie De legibus werden häufig in Kontexten, in denen es um Grundfragen des Rechts geht, herangezogen und bieten nicht zuletzt weltanschauliche und politisch-philosophische Orientierung.265

(Comm. I,1, § 1 [I,1]). Vgl. auch die Formulierung in der Praefatio: „Haec illa est ars juris, quae tantopere expetitur ab omnibus, sed quae diu quaesita usque adhuc juri civili defuit. Et vero ejusmodi est, quam facilius sit optare, quam consequi. Et si autem non tantum mihi arrogo, ut solum me invenisse putem, quod tam multi ante non potuerunt: tamen fatebor, me, ut aliquid in eo praestare possem, jam inde ab initio cum in universo jure, tum in singulis partibus multum diligenterque elaborasse, cui semper curae fuit, quaecumque mihi proponerentur publice ad interpretandum, et quemcumque legum tractandarum ordinem sequerer, omnia ratione et via, eademque proprie et dilucide a me traderentur, accerserenturque ex his caussis et principiis, unde nascuntur, quo quaerendi occasio, et per hanc series atque usus rerum intelligeretur“ (Comm. [I,vx]). 262 Vgl. neben den bereits genannten Stellen auch Comm. II,1, § 3 [I,183], mit Verweis auf Inv. 1f.; Comm XXVI,2, § 7 [VI,301], mit Verweis auf Caec. Besonders ausführlich wird Ciceros (und Quintilians) rhetorisches Schrifttum in dem von Scipio Gentilis in Buch XXV übernommenen, frühen Kommentar zum Digesten-Titel „De probationibus“ zitiert (vgl. Comm. [1612] XXV,1333–1339). 263 Vgl. bes. Comm. praef. [x], mit Verweis auf Off. 2; Comm. I,6, § 6 [I,36], mit Verweis auf Off. 3; Comm. I,7, § 5 [I,45], mit Verweis auf Off. 1; Comm. II,1, § 10 [I,190], mit Verweis auf Off. 1; Comm XXVI,2, § 7 [VI,301], mit Verweis auf Off. 1 („summum jus summam esse injuriam“). 264 Vgl. z.B. Comm. I,6, § 6 [I,35]; Comm. IV,1, § 26 [I,642]. 265 Vgl. z.B. Comm. I,5, § 6 [I,26]: „Constitutio est, quae jubet, aut permittit, prohibetve non quidvis: sed jubet, aut permittit, quae recta sunt, prohibetve contraria. L. 2. de legib. Ad eundem modum Cicero Phil. 11. Est enim lex, inquit nihil aliud, nisi recta, et a numine Deorum tracta ratio imperans honesta, prohibens contraria.“ Vgl. auch Comm. II,3, § 5 [I,197]: „Caeterum et superiorem divisionem agnoverunt veteres, ac jus divinum juris civilis parte esse statuerunt: nec minus id senserunt, et secuti sunt in Codice Compositores. De veterum sententia sciri potest cum ex libris Ciceronis de Legibus, tum ex definitione jurisprudentiae a veteribus tradita, qua utimur. Nam Cicero leges constituturus populo suo, ac per leges jus, quod quale esse velit, disserit Lib. 1. initium hujus juris fecit ab ea lege, quae Deorum cultum, et religionem contineret, id est a jure divino, quod jus Lib. 2. exposuit: deinde egit, Lib. 3. de jure pu-

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Donellus geht zwar grundsätzlich von der Überlegenheit und unbedingten Geltung des Wortes bzw. Gesetzes Gottes aus.266 Die Konkretion theologischer und ethischer Aussagen erfolgt jedoch unter Rückgriff auf das römische Recht und ciceronisch-stoische Gedanken. Dies führt zu einer Nivellierung, wie sie an der allgemeinen Rede von der Schöpfung bei gleichzeitiger Reduktion der Sündenlehre sichtbar wird. Aussagen über Gott, die Verehrung Gottes oder die göttliche Vorsehung bewegen sich fast ausschließlich in den allgemeinen Kategorien des römischen Rechts und Ciceros. Faktisch beherrschendes Kriterium ist die naturalis ratio,267 nicht biblische Texte. Unmittelbar verbunden damit ist eine Umformung christlicher Sittlichkeit. Schon die Thematisierung der lex Dei im Kontext der naturrechtlichen Rechtsbegründung führt zu einer Reduktion. Aber auch die inhaltliche Gestaltung der Ethik gerät unter den Einfluß der römischstoischen Sittlichkeit des Corpus Iuris Civilis. Denn anders als für den modernen Juristen lassen sich für den humanistischen Juristen des 16. Jahrhunderts Recht und Ethik nicht voneinander abgrenzen. Zudem bieten die von Donellus hochgeschätzten praecepta iuris des römischen Rechts (Inst. 1,1,3f.; Dig. 1,1,10,1) einen entscheidenden Ansatzpunkt. Denn zu ihnen gehört neben dem „alterum non laedere“ und dem „suum cuique tribuere“ auch das „honeste vivere“. Das Bestreben einer Systematik des Rechts bringt Donellus dazu, die ersten beiden praecepta als die beiden Aspekte des Grundsatzes „suum cuique tribuere“ zu verstehen.268 Das „honeste vivere“ sagt im Endeffekt nichts anderes, blico, quod erat in magistratibus, non omissurus, ut credibile est, ordine et de jure privato dicere, si vita suppetivisset.“ Vgl. ferner Comm. II,3, § 5 [I,198]. 266 „Prima illa naturae praecepta, et rectae rationis, ad quam fere a nostris omnia exiguntur, sunt ejusmodi, quae omnibus nota esse debeant, et quibus omnes obtemperare oporteat. Esto, ne his teneamur, aut, cum teneamur, ne sint hoc jure expressa. At lege Dei verbo ejus nobis tradita tenemur omnes. Etsi hoc jus ea lex non est: tamen praeterquam quod est ex ea lege, qua parte homines attingit, velut expressum: etiam totius ejus partis legis divinae interpretatio est adeo luculenta: ut singulari quadam prudentia, et beneficio Dei ad explicandam legem Dei, ad statuendam omnem aequitatem, et justitiam ejus legis excitata videatur“ (Comm. I,16, § 7 [I,138]). 267 Vgl. z.B. Comm. I,6, § 4 [I,32]; I,7, § 1 [I,41]; I,7, § 2 [I,42]; I,7, § 5 [I,45]; I,7, § 10 [I,48]; I,12, § 4 [I,76]; I,12, § 4 [I,77], zit. oben Anm. 247. 268 „Jam vero quae juris praecepta sunt, iidem sunt et fines juris: quandoquidem non alia de caussa quid praecipitur jure, quam ut fiat, quod praecipitur. Sed enim tria praecepta hic commemorantur. Quocirca totidem videri possunt fines, non unus ille, quem posui. Et verbis tot sunt: re vera unus ille, quem dixi. Illud enim honeste vivere,

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sondern deutet nur den allgemeinen ethischen Horizont des „suum cuique tribuere“ als des höchsten Gebotes.269 Donellus versteht das „honeste vivere“ als „iuste vivere“ bzw. die honestas als iustitia. Als Gestalten der honestas oder Tugend nennt er prudentia, fortitudo, temperantia und – am eingehendsten erörtert!270 – continentia. In dieser Betonung der Enthaltsamkeit als Schlüsseltugend zeigt sich der Einfluß römisch-stoischer Sittlichkeit auf die Ethik besonders anschaulich. Es werden nicht nur die im Corpus Iuris Civilis im Zusammenhang des Eherechts aufgeführten Bestimmungen ausgewertet, sondern auch solche, die das aufgrund des öffentlichen Charakters insbesondere auch für die Sitten der Jugend höchst gefährliche „obszöne“ Spektakelwesen betreffen.271 in superioribus praeceptis [...] sic accipiendum est, ut vi ipsa sit juste. Haec autem duo, alterum non laedere, suum cuique tribuere, species sunt, quae ad unum illud genus referentur, jus suum cuique tribuere“ (Comm. II,1, § 6 [185f.]). 269 „Quae si ita sunt: efficitur, quod dixi, sic superiora praecepta accipienda esse, quasi ita dictum esset, juris praecepta haec esse, juste vivere: id autem esse alterum non laedere, suum cuique tribuere. Neque id cum dicitur, ideo duo statuuntur fines juris, ut dixi, sed unus: quia, ut posteriora duo prioris explicatio, et velut definitio sunt: ita eadem unius finis summi sunt species: summus autem ille genere unus, suum cuique tribuere. Sit ergo vel ex his ipsis praeceptis juris hic finis unus, et praeceptum summum, quod posui, jus suum, seu suum cuique tribuere. In quo ne quid novi dicere existememur, eumdem juris finem statuit. Cicero in Topicis in definitione juris: Jus civile, inquit, est aequitas constituta iis, qui sunt ejusdem civitatis, ad res suas obtinendas. Dixit, ad res suas, pro eo, quod nos dicimus, ad jus suum, et uno verbo, ad suum. Dixit, ad obtinendas, id quod dicimus, ad tribuendum, eodem plane sensu. Jubentur enim homines tribuere aliis, nimirum ut ii, quibus tribuitur, obtineant“ (Comm. II,1, § 13 [I,190]). Ohne das „honeste vivere“ hat weder Recht noch Gerechtigkeit noch überhaupt ein politisches Gemeinwesen Bestand (vgl. Comm. II,1, § 9 [I,9]). 270 Vgl. Comm. II,1, § 7f. [I,188f.]. 271 „Quid tamen, quod artis ludicrae, pronuntiandive caussa jure civili in scenam prodire non licet impune, sed qui prodierit, infamia notatur? L. 1. D. de his, qui not. inf. An non hic videtur continentia in dictis, et factis injungi, et quidem solius continentiae caussa, ubi scilicet eo facto nulli suum detrahatur? Minime. Non enim in scenam prodire, aut quid in scena pronuntiare per se turpe est. Sed ea erat olim scena apud Romanos, ut ab his, qui in eam prodirent spectaculi sui praebendi caussa, multa obscoene, turpiterque et dicerentur, et fierent, quae et laederent pudorem honestorum, et pravis verbis ac factis, audientium, et maxime juventutis bonos mores corrumperent. Sed et hi solum notantur, qui quaestus caussa prodeunt, id est qui ex ea arte quaestum faciunt. L. 2. §. ult. D. de his, qui not. infam. Quam vivendi artem qui sequerentur, apparet desidiae, et ignaviae deditos, publice ad eamdem ignaviam, et alias malas artes exemplo fuisse. Ergo horum vita, et facta prohibentur, ne aliis noceatur in moribus, quod nocendi genus est gravissimum: sed eo perniciosius,

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Schließlich führt das Vordringen römisch-rechtlicher und ciceronisch-stoischer Begrifflichkeit und Denkmuster in der „Theologie“ im engeren Sinne zu einer Verschiebung der Gewichte. Die von Donellus vielfach verwendete, vom Corpus Iuris Civilis und Cicero geprägte Formulierung „Deum colere“ als zusammenfassende Charakterisierung der zur Natur des Menschen gehörenden Gottesbeziehung verdrängt biblische Begrifflichkeit.272 Die Pluralität biblischer Rede von der Gottesbeziehung des Menschen und die besondere Bedeutung des Begriffs „Liebe“ bei deren Beschreibung gehen verloren zugunsten einer Konzentration auf die Rede von der Gottesverehrung. Vor allem darum – die rechte Gottesverehrung – geht es, wenn Donellus in einem eigenen Kapitel den Inhalt des ius divinum beschreibt.273 2.4.3.3 Gottes Recht und Gottesverehrung In der Vorrede zu den ersten, 1589 erschienenen Büchern des Zivilrechtskommentars stellt Donellus, wie gesagt, seine juristische Arbeit in einen religiösen Zusammenhang. Gott habe ihn einst zu der Arbeit als Jurist berufen,274 und dank seiner Vorsehung komme das Werk nun in Altdorf ans Licht.275 Alles, was er zur Darstellung der ars iuris beitrage, sei er von Gott gelehrt worden.276 Er wünsche, daß dies wie sein ganzes quod et publicum est, et specie blandae voluptatis facile irrepit, et illapsum abripit incautos. Ex quibus apparet, si quid praecipitur jure, etiam in iis quae maxime ad alias virtutes pertinere videbantur: omne vi ipsa ad justitiam referri, omne eo, ut juste vivatur. Huc enim spectare, ne cuiquam publice, aut privatim noceatur: quod est justitiae. Finis igitur hic juris solus, cujus caussa caetera praecipantur, ut juste vivatur“ (Comm. II,1, § 8 [I,188f.]). 272 Neben dem Begriff „cultus“ dient der ebenfalls mit römischen Traditionen gefüllte Begriff „religio“ zur Beschreibung der Gottesbeziehung. Mehrfach definiert Donellus religio als „metus numinis“ (vgl. z.B. Comm. [1612] XXIV,17,1307B, Zl. 3 u. 47). 273 Vgl. Comm. II,4 [I,199–206]. 274 Vgl. Comm. praef. [I,xjv]. 275 „Opus ipsum ita Deo pro sua providentia regere visum est, ut apud vos et in Academia vestra nasceretur: postquam ille hic quoque me vestrum esse voluit“ (Comm. praef. [I,xv]). 276 „Haec illa est ars juris, [...]. In quo cum longus usus et diligens ac prope assidua meditatio me aliquid docuerit, atque adeo videatur mihi exstuduisse id, quod sit ad eam rem non ineptum: dum in ea statione, quam mihi Deus attribuit, studeo opera mea prodesse quam plurimis, suscepi laborem hominibus nostris non ingratum, ut ex ea ratione, quam me Deus docuisset, de toto jure scriberem“ (Comm. praef. [I,xv]).

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Leben der Ehre Gottes und dem Nutzen der Menschen diene.277 Über diese allgemeinen Formulierungen hinaus erläutert Donellus ferner eine Grundentscheidung, die für die Eigenart seiner religiösen Überzeugung charakteristisch ist. Er betont den Anspruch Gottes auf unser gesamtes Leben, bevor die weiteren Dimensionen des suum cuique tribuere erläutert werden. Was einem jeden zukommt, ist das, was ihm geschuldet wird. Und hier ist zuerst einmal festzustellen, daß wir Gott alles schuldig sind, während unsere Verpflichtungen anderen Menschen, dem Vaterland usw. gegenüber zwar vielfältig, aber begrenzt sind.278 Diese vielfältigen, gegenseitigen Verpflichtungsverhältnisse zu klären, ist Aufgabe der Jurisprudenz. Donellus’ Ausführungen zeigen eine doppelte Tendenz. Einerseits wird der Anspruch Gottes auf das Leben der Menschen in aller Totalität herausgestellt und ansatzweise mit juristischen Kategorien (suum cuique tribuere) erläutert. Andererseits konzentriert Donellus die eigentliche juristische Arbeit in seinem Zivilrechtskommentar ganz auf die zweite Dimension – das, was wir den Menschen, dem Vaterland usw. schuldig sind. Wider die Vermischung dieser Dimensionen im kanonischen Recht, die zu einer Relativierung des Totalanspruchs Gottes führt, entwirft Donellus eine ars iuris, die als Zivilrechtssystem immanent und säkular durchgeführt werden kann. Es scheint, daß gerade die Betonung der Totalität des Rechtsanspruchs Gottes hilft, die Vielfalt weltlicher Rechtsansprüche immanent darzustellen. Da Donellus’ System des Zivilrechts aber auf der Kommentierung der römischen Rechtscorpora beruht, entfaltet er seine eigenen Untergliederungen in Anlehnung an die dort vorgegebenen Definitionen und Einteilungen. So wird – ausgehend von den vielfach zitierten Definitionen der Jurisprudenz als Kenntnis der göttlichen und menschlichen Dinge in den Institutionen279 und der Gerechtigkeit als dem beständigen Willen, jedem das Seine zuzuteilen, in den Digesten280 – das, „Quando enim studia nostra et vitam totam gloriae Dei, et reipublicae ac proximorum utilitatibus servire cupimus“ (Comm. praef. [I,xv]). 278 „Quod si etiam cujusque est, quod ei debetur: infinitum fit, quod in hoc genere numeretur. Omnia debemus Deo; multa patriae et reipublicae; innumera homines hominibus, ut personarum varietate, ita rerum genere maxime distincta. Non enim eadem sunt, quae subditi Principi, cives magistratibus, parentes liberis, liberi parentibus, servi dominis, liberti patronis, cunjunx conjugi pro conjunctione et officio; eadem, quae homines hominibus sua voluntate, aut maleficio contractu debent“ (Comm. praef. [I,jx]). 279 Vgl. Inst. 1,1,1. 280 Vgl. Dig. 1,1,10. 277

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was Gottes ist, und das, was der Menschen ist, unterschieden. „Aliud est enim jus Dei, seu quod Deo tribuitur: aliud, quod hominibus.“281 Mit Mt 22,21 findet Donellus sogar eine biblische Begründung für diese Unterscheidung. Das eine ist ius divinum, das andere ius humanum zu nennen.282 Da aber in den römischen Rechtscorpora das ius divinum als ius in sacris et sacerdotibus verstanden und als Teilbereich des ius publicum abgehandelt wird, ergibt sich ein Widerspruch zu der in der Vorrede formulierten Überzeugung, daß die Menschen Gott alles schuldig seien.283 Donellus hält gleichwohl mit den römischen Rechtscorpora

„Aliud est enim jus Dei, seu quod Deo tribuitur: aliud, quod hominibus. Et rursum in hominibus aliud, quod reipublicae, aliud quod privatis, et singulis. Neque haec ab hominibus nata tantum distinctio est, sed et verbo Dei aperte confirmata. Sic enim Christus loquitur Matth. 22[,21]. Reddite, quae sunt Caesaris, Caesari; et quae sunt Dei, Deo: significans, esse quaedam, quae sint Caesaris, ac per hunc, ut principem, reipublicae: quaedam, quae sint et vere dicantur Dei, quae illi reddenda sint. Quae nos jus Caesaris, et Dei nunc vocamus“ (Comm. II,3, § 1 [I,193]). 282 „Quod jus de rebus divinis, idest ad Deum pertinentibus, praecipit, divinum appellamus: quod de humanis, humanum: [...]“ (Comm. II,3, § 2 [I,194]). Das Problem, daß die Digesten und die Institutionen (im Unterschied zum Codex Iustinianus) das ius divinum als Teilbereich des ius civile nicht behandeln, löst Donellus mit einem schlagenden Argument: Die christlichen Kaiser, vor allem Justinian selbst als Urheber dieser Rechtscorpora, wollten die gottlosen, frevlerischen Reden des heidnischen, vorchristlichen römischen Rechts vermeiden, die dem allmächtigen Gott die Ehre rauben. „Divini juris nulla mentio in Pandectis aut Institutionibus: certe nulla scripta veterum ad eam partem pertinentia. At non ideo utique, quod veteres hanc partem juris civilis non agnoverint: sed Imperatores Christiani, in primis autem Justinianus hujus compositionis auctor, cum jus ad veram regulam suorum temporum redigere vellent, ea quae erat de sacris, et religione Paganorum, sustulerunt. Quaecunque enim ex veteribus illis Ethnicis de hoc genere afferretur, necesse esset falsa esse, et impia, ut quae ad falsos Deos quos ipsi commenti essent, referrentur. Omnes Dii gentium sunt idola, ut inquit Propheta Psalm. 96. Ex quo quicunque illis affingeretur cultus, quaecunque sacra, quamcunque speciem castitatis, et sanctimoniae prae se ferentia, daemoniorum cultum esse oportuit, idest impium, et sacrilegum, qui omnipotenti Deo suum honorem adimeret, et transferret ad eos, qui Dii non sunt. Quod, ut dixi, cum intelligerent Christiani, quorum opera jus civile ex libris veterum Ethnicorum in Pandectis, et Institutionibus collectum est, totam hanc partem omiserunt“ (Comm. II,3, § 4 [I,195f.]). 283 „Verius est ergo, duobus tantum illis generibus juris positis, publico, et privato, jus humanum totum comprehensum esse in Pandectis, et in Institutionibus; divinum illud Ethnicorum omissum. Sed consulto factum a Compositoribus, qui Christiani fuerant, praecidentibus hanc partem non solum ut impiam, sed et ut alienissimam ab eo cultu, quem Deus praeciperet, contrariam ei juri, quod principes 281

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am ius divinum als einem eigenständigen Teilbereich des ius civile fest,284 entfaltet dann aber in dem entsprechenden Kapitel „De jure divino“ den Totalanspruch Gottes auf das Leben der Menschen und erläutert das eingehend mit biblischen Texten.285 Die Gliederung des Kapitels ist durch spezifisch juristische Fragestellungen bestimmt. Nach der Begriffsklärung286 und der Skizzierung des Wortes Gottes als Rechtsquelle folgt die genauere Erläuterung des Inhalts. Im Sinne der für Donellus’ gesamtes Zivilrechtssystem zentralen Unterscheidung eines dinglichen und eines obligatorischen Anspruchs ist, was Gottes ist, entweder sein unmittelbarer Besitz oder das, was ihm geschuldet wird.287 Die Durchsetzung des Rechtsanspruchs wird dann in dreifacher Weise erläutert: in Gestalt der Verantwortung der Obrigkeit für die Geltung des ius divinum, durch die Darlegung von dessen Umformung ins Zivilrecht (d.h. den Codex Iustinianus) durch die christlichen Kaiser sowie in Gestalt der Darlegung der Strafen für die Verächter des ius divinum.288 Damit entspricht der Aufbau des Kapitels Christiani, in primis autem Justinianus hujus compositionis auctor, pro jure haberi vellent“ (Comm. II,3, § 4 [I,196f.]). 284 „Haec ipsa porro jurisprudentia definitur a veteribus divinarum, atque humanarum rerum notitia. d. L. justitia, de justit. et jur. Cur divinarum? quia et hoc jus de divinis rebus praecipit, id est de iis, quae sunt Dei, eaque illi tribuit. In quo est jus divinum, ut sit jus de rebus non minus ad Deum, quam ad homines pertinentibus, quo hae suis quaeque velut dominis tribuantur. Quae res si recte divinae, et humanae appellantur, eoque et distribuuntur, statuunturque omnes hoc jure: apparet, quam recte definita sit a nostris jurisprudentia, divinarum, atque humanarum rerum notitia, eademque justi, atque injusti, illud ut fiat; hoc ut vitetur, scientia. [...] Est ergo et veteribus juris civilis pars jus divinum“ (Comm. II,3, § 5 [I,197f.]). 285 Vgl. Comm. II,4 [I,199–206]. 286 „Jus divinum est, quod est de rebus ad Deum pertinentibus; quod Deo, quae sunt Dei, tribuit“ (Comm. II,4, § 1 [I,199]). 287 „Verbo Dei docemur, ut in jure privatorum evenit (de quo diligentius suo loco), sic in iis, quae Dei esse dicimus, hoc observari, ut quaedam proprie sint in Dei dominio, et potestate: quaedam illi debeantur“ (Comm. II,4, § 4 [I,200]). 288 Vgl. Comm. II,4, § 9–11 [I,203–206]; vgl. bes. Comm. II,4, § 11 [I,206]: „Quid, si quae hic a Deo praescripta sunt, non servantur, quae erit obtinendi ratio? Quod in omnibus legibus adversus nec obedientes fieri necesse est, hic factum est. Poena nimirum constituta, quam idem ille, qui legem tulit, omnibus suae legis contemptoribus, et violatoribus denuntiat, mors aeterna, seu aeternum exitium. Hanc ille, qui denuntiat, exiget, ipse idem legislator, et vindex, ut est apud Prophetam. Non consistent impii coram oculis tuis. Odisti omnes operantes iniquitatem, perdes, qui loquuntur mendacium. Psal. 5[,6f.]. Fortis est enim et potens, neque ad jus suum obtinendum opera nostra, aut auxiliis indiget. Idem, ut in lege sua denuntiat, zelotes,

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über das ius divinum einer weiteren Unterscheidung, die für Donellus’ System grundlegend ist: der von Erkenntnis des Rechts (cognitio iuris nostri) und Rechtsverfolgung (eius iuris obtinendi ratio).289 Während die Gliederung des Kapitels durch juristische Fragestellungen bestimmt ist, orientiert sich die inhaltliche Darstellung an biblischen Texten. Das ius divinum beruht ausschließlich auf dem Wort Gottes, andere Rechtsquellen sind nur subsidiär heranzuziehen, soweit sie, wie insbesondere der Codex Iustinianus, qua obrigkeitlicher Setzung dieses in Zivilrecht gießen.290 Zur Begründung verweist Donellus nicht weniger als dreimal auf Röm 10,17 („Der Glaube kommt aus dem Hören, das Hören aber aus dem Wort Christi“), wobei er den Vers jedoch leicht verändert zitiert.291 Im Falle des Konfliktes von Wort Gottes und obrigkeitlicher Anordnung gebührt nach Mt 22[,21], Act 4[,19] und Act 5[,29] ersterem der Gehorsamsanspruch. Denn die Obrigkeiten haben

vindicans peccata patrum etiam in filiis. Deuteron. 5[,9]. Sed et bonorum Principum est, in hac re voluntatem Dei sequi, et justis poenis contemptum Dei, et blasphemias coercere.“ 289 „Ita jus omne, cum de nostro obtinendo agitur, duabus his in rebus tanquam partibus versatur: cognitione juris nostri, et ejus juris obtinendi ratione“ (Comm. II,2, § 2 [I,191]). Vgl. auch die Praefatio des Herausgeber Scipio Gentilis: „Diuisit enim totum ius ciuile in partes duas, in cognitionem Iuris nostri, et in eius obtinendi rationem ac potestatem“ (Comm. [1612], f. (:) (:) 2v). 290 „Id non ex hominum opinionibus, aut principum constitutionibus, et decretis pendet: sed totum ex verbo Dei. Tantum enim est Dei, quantum ille jure suo suum esse vult, quantumque a nobis pro eo, atque illi debemus, justissime exigit, qui jubendi jus habet solus. Voluntatem autem suam in verbo suo patefecit [...]. Quod etsi ita est: tamen, quia multae exstiterunt Principum Christianorum constitutiones hujus juris tuendi caussa, quae hanc partem in Codice occuparunt: vel hoc nomine utile est brevem aliquam hujus juris summam expositam habere, ex qua intelligatur, quam ad partem ejus juris eae constitutiones referantur, et quantum singulis tribui debeat. Quanquam et per se conducet hanc partem notam esse, ne jus tractantibus, ejus juris, quod profitemur, pars aliqua ignoretur. Illud quidem fatendum erit, qua hoc jus a Deo est, non esse civile; non magis, quam civile, quod est naturae, aut gentium: quandoquidem id solum est civile, quod civitas aliqua sibi constituit“ (Comm. II,4, § 2f. [I,199f.]). Vgl. auch Comm. VI,1, § 6 [II,6]: „Quam recte utrumque, sciri potest ex (****) verbo Dei, ex quo statuendum est de omnibus, quae ad cultum Dei, et veram religionem pertinent; non ex ullis hominum placitis, aut constitutionibus.“ 291 Vgl. Comm. II,4, § 2 [I,199]; Comm. II,4, § 11 [I,204], zit. unten Anm. 292 u. 307; zur vorgenommenen Modifikation siehe unten S. 121.

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ihre Autorität allein aus Gottes Anordnung.292 Religionsgesetzgebung über das Wort Gottes hinaus, wie sie der Codex Iustinianus enthält, kann lediglich den Zweck haben, die Kirche und insbesondere ihre Diener zu schützen sowie deren Werk zu fördern.293 Donellus skizziert den Inhalt des ius divinum, wie er aus dem Wort Gottes zu gewinnen ist, in charakteristischer Weise.294 Mit Zitaten von Ps 24,1, Ps 115,16, Dtn 10,14 und Ps 8,7 wird das Eigentumsrecht Gottes (ius dominii et proprietatis) an seiner gesamten Schöpfung herausgestellt. Sie ist dem Menschen zur Nutznießung übergeben, wobei das volle Eigentumsrecht Gottes bestehen bleibt und er also ganz nach sei„Fidem autem constat non esse, nisi per verbum Dei. Roman. 10. Si constitutiones contrariae sunt: non modo rejiciendae. Nihil ad rem pertinet auctoritas constituentium. Hic enim illa opponere debemus: Reddite Caesar, quae sunt Caesaris, et quae sunt Dei, Deo: Mat. 22[,21]. item: Obediendum est Deo potius, quam hominibus. Act. 4. et 5. Non obstat, quod praecipit Apostolus, ut omnes homines subjecti sint potestatibus excelsioribus. Rom. 13[,1–7]. Nam hoc ipso praecepto jubemur ante omnia Deo parere. Hic est enim, de quo scriptum est, hunc esse Deum Deorum, et dominum dominantium, Deum fortissimum, maximum, potentissimum. Deut. 10[,17]. Quod si Apostolus de principibus, et magistratibus loquitur, ut loquitur: tamen dicti ratio, quomodo id accipendum sit, docet. Vult principibus, et magistratibus parendum esse, et quia summae potestates sunt, et quia ordinationes Dei, ut qui his resistat, ordinationi Dei resistat. Multo ergo magis his ipsis de caussis parendum Deo, si quando ille diversum constituet, quia et hujus solius summa est potestas; et quia multo certius ordinationi ejus resistitur, ubi ex verbo ejus contra constitutum esse, constat“ (Comm. II,4, § 11 [I,204f.]). Vgl. auch Comm. II,4, § 11 [I,204], zit. unten Anm. 312. 293 „Quis ergo locus relinquitur his constitutionibus? Hae sunt utiles, et reipublicae necessariae, quibus Principes intra officium, et munus suum consistentes tuentur ecclesias Christi; his sedem, et loca tuta concedunt; prohibent hostium vim, atque injurias; in primis tuentur adversus ista fideles ministros verbi Dei: item qua sunt de immunitatibus, et privilegiis ecclesiae ejusque ministris concessis: quae quidem conditio, et persona eorum possit recipere. Nam (****) illam audientiam, et jurisdictionem, quam pleraeque constitutiones confirmant, non modo verbum Dei non admittit, sed etiam aperte repudiat. De quibus ita Christus praecipit: Principes gentium dominantur eis, et in eos imperium exercent: at non ita fiet inter vos, sed quicunque volet magnus esse inter vos, sit minister vester. Matth. 20[,25f.]. Ejusdem generis cum superioribus sunt, quae immunitates, et privilegia hostibus ecclesiae adimunt, aliisque poenis eorum pervicaciam, et saevitiam coercent. Quae quidem lectione magis, et admonitione, quam diligentiore explicatione indigere videntur. Caetera verbo Dei relinquenda“ (Comm. II,4, § 11 [I,205f.]). 294 Für eine genauere Darlegung verweist Donellus auf das Wort Gottes: „Atque haec de jure divino breviter, ut pro instituto, et satis: quando id ex verbo Dei melius petitur“ (Comm. II,4, § 11[I,206]). 292

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nem Willen gibt und nimmt.295 Die diesem dann angemessene Lebenshaltung des Menschen ist die demütige Bitte um das, was er braucht, und der Dank für das, was er erhält, das Gebet, wie es Jesus gelehrt habe.296 Wir schulden Gott alles für seine übergroße Wohltat, aber Gott nimmt nur das an, was ihm gefällt. Denn Gott will – wie Donellus mit Verweis auf I Sam 15,22 formuliert – unseren Gehorsam, nicht Opfer.297 Was Gott von uns will, ist zum einen wahre Gotteserkenntnis und zum anderen die Liebe bzw. Verehrung (cultus) des Erkannten.298 Er„Si de jure dominii, et proprietatis quaeritur omnia sunt Dei. Domini est terra, et quod implet eam: orbis habitabilis, et habitantes in eo. Psal. 28 [richtig: 24,1]. Item Psal. 115[,16]. Coeli, sunt coeli Domini, terraque. Deut. 10[,14]. En Domini Dei tui sunt coeli, et coeli coelorum, et terra et quidquid est in ea. Sic tamen Dei omnia: ut omnia haec aspectabilia hominis caussa condiderit, eique terram hanc fruendam dederit. Posuisti, ait idem propheta, omnia sub pedibus ejus. Et quae sunt plura et magnificentiora in eam sententiam Psalmo 8[,7]. Idem Ps. 115[,16]. Coeli sunt coeli Domini, terraque, quam dedit filiis hominum. Sed habitandam, inquam, et fruendam dedit, idque beneficii loco, quandiu ipsius bonae voluntati visum fuerit: nihilominus ut pleno jure dominus idem maneat, qui et prius fuerat; ut stet illud, quod ante diximus, terram quoque Domini esse, nec tantum terram, sed homines ipsos etiam omnes, qui habitant in hoc orbe. Unde et jure suo largitur bona, quibus vult, et adimit data, cum videtur. Quin etiam et vitam ipsam, cum visum est, ad se recipit, qui usuram tantum dederat“ (Comm. II,4, § 5 [I,200f.]). 296 „Sed non eo spectat haec cognitio, quo rerum humanarum. In rebus hominum, cum describitur, quid cujusque sit, eo pertinet, ut quod cujusque esse noverimus, id ei tribuamus. Non ad hunc modum dicimus, omnia Dei esse. Nihil ex rebus creatis exigit a nobis, quod praestetur sibi, aut restituatur, duabus de caussis, quae exponuntur. Psal. 50. primum quia his rebus non indiget, ipse sibi τáρκη̋: deinde quia, si indigeret, non requireret a nobis, ut cujus sint in manu, et praesenti potestate. Quorsum ergo haec cognitio? Primum ut discamus ab eo petere, quae faciunt ad necessitates, et commoditates vitae praesentis, ut Christus inter caetera nos orare docuit; scilicet quia ejus est ea largiri, cum sint ejus. Tum ut consecuti discamus ei honorem habere, eique gratias agere, a quo accepimus, ut praecipitur eodem illo Ps. 50.“ (Comm. II,4, § 6 [I,201]). 297 „Propius ad nos pertinent, quae nos Deo debemus. Deo a nobis debentur omnia, si nos ipsos spectamus, pro immensis, et immortalibus ejus beneficiis, quae ab ipsius benignitate quotidie accipimus. At non omni sunt ejusmodi, quae illi praestare debeamus: sed tantum quae sunt illi accepta. Id vero tantum est, quantum a nobis exigit: caetera, etsi optima nobis videantur, non modo illi grata non sunt, sed etiam invisa, et exosa, qui obsequium requirit a nobis, non sacrificium. 1. Sam. 15[,22].“ (Comm. II,4, § 7 [I,201]). 298 „Exigit autem in summa a nobis haec duo, veram sui cognitionem, et cogniti dilectionem, atque cultum“ (Comm. II,4, § 8 [I,201]). 295

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kenntnis ist notwendig, da wir nicht lieben und verehren können, was wir nicht kennen.299 Die Liebe, die Gott nach seinem Recht von uns fordert, hat nach Dtn 6,5 und Mt 22,37 mit ganzem Herzen, ganzer Seele und allen Kräften zu geschehen.300 Dem geforderten cultus widmet Donellus den umfangreichsten Teil seiner Darstellung.301 Ausgangspunkt ist ein Zitat von Mt 10,12 („Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen“) sowie Verweise auf Dtn 6,13 und 4,10. Solcher cultus besteht in der reinen Anrufung seines Namens,302 im Dankopfer und dem Gebrauch seiner Sakramente, mit denen er uns in der Schwachheit des Fleisches auszeichnen und unseren Glauben versiegeln wollte.303 Ziel des cultus ist die wahre und reine Liebe Gottes, die mit I Tim 1,5 aus reinem Herzen, gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben geschehen soll. Kurz und prägnant zusammengefaßt ist der cultus durch Jesus in Joh 4,24: „Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“304 Um dieser Lehre und dieses cultus willen hat Gott die Kirche und die Ämter in ihr gegründet.305 Damit ist die Darlegung des ius divinum eigentlich abgeschlossen. Donellus geht jedoch in einem weiteren Gedankengang auf das ius diSiehe unten Anm. 311. „Dilectionem sui a nobis hanc postulat jure suo, ut se amemus ex toto corde nostro, ex tota anima nostra, et ex totis viribus nostris. Deuteronom. 6[,5]. Matth. 22[,37].“ (Comm. II,4, § 8 [I,202]). 301 Die Rede vom Gott geschuldeten cultus zieht sich durch das Kommentarwerk. Ihr ciceronischer und römisch-rechtlicher Hintergrund wird besonders in dem Kapitel „De rebus, quae dicuntur divini juris, Sacris, Religiosis, Sanctis“ deutlich (vgl. Comm. IV,1, § 26 [I,641f.], mit Zitat von Cicero, Amic.; teilw. zit. oben Anm. 203). 302 Entsprechend stark betont Donellus den Zorn Gottes im Falle der Verletzung der Heiligkeit seines Namens z.B. durch Meineid (vgl. Comm. [1612] XXIV,9, 1291A, Zl. 10f.). 303 „Cultum his verbis: Dominum Deum tuum adorabis, et illum solum coles. Deuteronom. 6[,13]. et 10[,12]. Matth. 4[,10]. Est autem hic cultus positus in (**) invocatione pura nominis ejus, in gratiarum actione, et in usu eorum sacramentorum, quibus in hac infirmitate carnis insigniri nos, et fidem nostram obsignari voluit. Invocationem, et gratiarum actionem, seu sacrificium laudis ipse exigit Psalm. 50.“ (Comm. II,4, § 8 [I,202]). 304 „Omnia haec sunt in cultu Dei, si ad finem suum referantur, id est ad veram, et puram caritatem, ac dilectionem Dei, quem finem mandati esse, ait Apostolus, 1. ad Timoth. 1[,5]. eamque ita describit, quae sit ex corde puro, et conscientia bona, et fide non ficta, ut in summa sit is cultus, quem Christus docet Joan. 4. his verbis: Deus spiritus est, et eos, qui illum adorant, oportet in spiritu, et veritate adorare“ (ebd.). 305 Vgl. ebd., mit Verweis auf: I Tim 3[,4]; Eph 1[,23]; I Kor 12; I Tim 3. 299 300

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vinum ein, wie es in den römischen Rechtscorpora, vor allem dem Codex Iustinianus, niedergeschrieben ist.306 Zwar ist es nur insoweit relevant als es mit dem Wort Gottes übereinstimmt,307 aber es dient Donellus nicht zuletzt dazu, die Verantwortung der weltlichen Obrigkeit für das Gesetz und den Willen Gottes deutlich zu machen. Ihre Aufgabe ist nicht nur die Sorge für die zweite Tafel des Dekalogs, sondern auch die für die erste, in der es um die Ehre und den cultus Gottes geht.308 Fragt man nach der Bedeutung der Christologie und Soteriologie in dieser knappen Gesamtdarstellung christlicher Lehre im Kapitel „De jure divino“, ergibt sich ein charakteristischer Befund. Jesus Christus ist primär als Lehrer, magister und doctor der Kirche im Blick.309 Er ist als Offenbarer gesandt, um Erkenntnis zu ermöglichen, nicht jedoch selbst als entscheidende Gestalt des Heilshandelns Gottes. Zwar erhält er das biblische Prädikat des Sohnes Gottes zugesprochen, aber seine Mittlerfunktion beschränkt sich fast ausschließlich auf die Ermöglichung von „Haec fere summa est ejus juris, quod divinum appellamus, nempe eorum, quae sunt Dei, sive quae proprie sunt ejus, sive quae ei debentur. Quam hic retulisse, ubi de jure civili, et constitutionibus Principum, non de verbo Dei agitur, huc pertinet“ (Comm. II,4, § 9 [I,202]). 307 „Aut enim idem praecipiunt, quod verbum Dei: aut diversum: aut contrarium. Si idem: non sunt necessariae. Ideo enim valent, quia sunt ex verbo Dei, nec prius ratae habendae sunt, quam de re ad Deum pertinente ex voluntate, et verbo ejus constiterit. Quidquid namque non est ex fide, peccatum est. Rom. 14[,23]. Fides autem ex auditu: auditus autem per verbum Dei. Rom. 10[,17].“ (Comm. II,4, § 11 [I,203f.]). Donellus erläutert die Komposition des Codex Iustinianus wie folgt: Ein erster Teil enthalte die Bestimmungen über Lehre und cultus Dei, ein zweiter die über die Kirche, ein dritter über die Amtsträger und ein vierter die Regelungen, die den Umgang mit den Häretikern, Heiden und anderen Feinden der Kirche betreffen (vgl. Comm. II,4, § 10 [I,203]). 308 „Sic enim ista sunt ex lege, et mandato Dei: ut tamen sit bonorum magistratuum, et principum tueri legem, ac voluntatem Dei: nec tantum secundam tabulam, quae de proximo praecipit, sed et primam, quae est de honore, et cultu Dei. Hac enim gratia ordinati sunt a Deo, et ob hanc ipsam caussam gladium gerunt, ut testatur Apostolus. Rom. 13. Quod et in veteri Ecclesia praestiterunt boni Imperatores Christiani multi, et quid in ea re servari vellent, constitutionibus sanxerunt. Quae cum sint de rebus ad cultum Dei, et religionem pertinentibus: non alio recte possunt, quam ad jus divinum, cujus tuendi caussa comparatae sunt, referri. Atquae eae sunt, quae collectae a Compositoribus Codicis, et in hunc ordinem relatae sunt in Codicem, cujus ideo primam partem acceperunt“ (Comm. II,4, § 9 [I,202f.]). 309 Vgl. Comm. II,4, § 6 [I,201] (Lehrer des Betens), zit. oben Anm. 296; Comm. II,4, § 8 [I,202] (Christus docet), zit. oben Anm. 304; Comm. II,4, § 11 [I,204] (magister, et Doctor in Ecclesia Dei), zit. unten Anm. 312. 306

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Erkenntnis.310 Nur einmal ist von ihm als demjenigen, in dem der Vater seine Barmherzigkeit offenbart habe, und also von ihm selbst als Gegenstand der Erkenntnis die Rede.311 Ansonsten ist er als Vertreter Gottes, dem alle Gewalt auf Erden gegeben und auf den allein zu hören ist, vorgestellt.312 Die Vielfalt biblischer Christologie erscheint als auf die Rolle Jesu als Lehrer und Erkenntnismittler reduziert. Auch das Gewicht der Christologie insgesamt wird gemindert. Bezeichnend hierfür ist die „Entchristologisierung“ des dreimal zitierten Verses Röm 10,17, wo Donellus jeweils „Wort Gottes“ und nicht „Wort Christi“ schreibt.313 In Donellus’ Zivilrechtskommentar zeigt sich die Umformung christlicher Lehre, wie sie im Kontext humanistisch-juristischer Fragestellungen und Erörterungen geschieht. Die dem römisch-rechtlichen Zugang und dem ciceronisch-stoischen Rationalismus am wenigsten kompatiblen Elemente, die Christologie und die Soteriologie, treten in charakteristischer Weise in den Hintergrund. Stattdessen tritt Gottes Eigentumsrecht an seiner Schöpfung und die rechte, dem rein geistigen Wesen und dem Rechtsanspruch Gottes angemessene Verehrung in den

An einer Stelle bezeichnet Donellus ihn als den, der die Sakramente in der Kirche eingesetzt habe. „Sacramenta Christus in Ecclesia sua instituit (***) duo, baptismatum, et sacram coenam. De baptismo mandatum Domini exstat Matth. 28. de coena Luc. 22.“ (Comm. II,4, § 8 [I,202]). 311 „In primis cognitionem sui, quia ignotum, ut oportet, diligere, ac revereri non possumus. Est autem in eo ut certi simus de ipsius potentia, sapientia, justitia, in primis autem bonitate, et misericordia erga nos, quam nobis patefecit in filio, juxta illud Christi: Haec est vita aeterna, ut cognoscant te verum Deum, et quem misisti Jesum Christum. Joan. 17[,3].“ (Comm. II,4, § 8 [I,201f.]). 312 „Unus est enim magister, et Doctor in Ecclesia Dei Christus, Matth. 23[,10]. cui omnis potestas data est in coelo, et in terra. Matth. 28[,18]. Joann. 17[,2]. Aliam vocem in ecclesia Deus non agnoscit, quam suam, id est filii sui. Hic est, inquit, filius meus dilectus, in quo acquiesco: ipsum audite. Matth. 17[,5]. et Joannes 1. cap. testatur, neminem vidisse unquam Deum: filium unicum, qui est in sinu patris, ipsummet enarrasse. Aliunde si quis cultus est: hunc rejicit Dominus: Frustra, inquit per prophetam, me colunt, praecipientes pro doctrina mandata hominum. Matth. 15[,8f.]. Isa. 29[,13]. Denique hoc in omni cultu Dei valet, sine fide impossibile esse placere Deo. Hebr. 11[,6].“ (Comm. II,4, § 11 [I,204]). Diese Formulierungen finden sich nicht in einem soteriologischen Kontext, sondern dienen dazu, die Begrenztheit der Autorität der weltlichen Obrigkeit, aber auch der Anordnungen und Gesetze der christlichen Kaiser durch die Autorität Christi zu betonen (siehe dazu oben S. 117). 313 Siehe oben Anm. 291. 310

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Vordergrund des Interesses.314 Der Kampf gegen die menschliche Neigung zum Aberglauben,315 gegen die Verletzung von Gottes heiliger Majestät und den Mißbrauch seines Namens316 gehört zum Zentrum der „Ex conceptione iurisiurandi idem praecipue metus est, eoque et recte recusatur iusiurandum, si cui deferatur ea conceptione, i. his verbis, in quae iurare viro bono et Christiano non licet: veluti si quis velit sibi iurari per sanctum Antonium, aut per aliquam creaturam, aut etiam per falsos deos. quo suscepto grauissime aduersus honorem soli Deo debitum peccatur. Hinc illa dubitatio et controuersia de qualitate iuramenti inter partes, cuius fit mentio in l. iusiurandum et ad. §. si de qualitate. hic. vbi placet, cum de ea qualitate dubitabitur inter litigantes conceptionem iurisiurandi, i. qualitatem, secundum quam iuretur, esse arbitrii iudicantis. quo significatur, iudicis esse existimare et statuere, quomodo iurare oporteat. Quid autem hic sequatur pius et Christianus iudex, si quaeritur, nihil melius praescribi potest, quam quod recte definitum esse iam ante diximus ex verbo Dei in c. etsi Christus. ext. de iur. ad hanc sententiam, vt ne iuretur, nisi controuersiae finiendae causa. quod si iurandum est, per Deum iuretur, illum testem, aut vindicem adhibendo, seu quid in te comprecando, non per vllam creaturam. sumtum ex Deut. c. 6[13]. et ad Heb. c. 6[,16].“ (Comm. [1612] XXIV,21,1321B, Zl. 39–57). 315 Vgl. z.B. Comm. [1612] XXIV,14,1296B, Zl. 42–52: „Sed vt est hominum quorundam superstitio, in iureiurando hoc euenit, vt quibus verbis quis iuret, saepe etiam in re multum intersit. Non sane ad periurium et iudicium Dei, quorum vtrumque quibuscunque verbis peieres, idem semper futurum est: sed ad metum eius, de quo iusiurandum postulatur. Homines enim superstitiosi plerique alii aliarum rerum metu et religione afficiuntur; vt his quidem verbis adactum iusiurandum nullo modo suscepturi sint; quia nimis graue putent in haec verba se obstringere: aliis verbis non recusent quamuis peieraturi; quia iusiurandum vulgare et leue, ac proinde contemnendum existiment.“ Vgl. auch Comm. [1612] XXIV,21, 1321B, Zl. 57–68. 316 Dies wird besonders deutlich in den Ausführungen über den Eid bzw. den Meineid. Vgl. Comm. [1612] XXIV,17,1307A, Zl. 7–10: „At certe, vt dixi, periurium delictum est, et quidem grauissimum; vtpote quo simul et falsum testimonium dicitur aduersus proximum, et Dei sacrosancta maiestas petulanter violatur.“ Vgl. ferner Comm. [1612] XXIV,17,1307A, Zl. 13–47: „Et de eo ita scriptum est in rescripto Alexandri Imperatoris, l. 2. C. eo. iurisiurandi contemta religio satis Deum vltorum habet. Quo significari putamus, contemtae periurio religionis poenam, diuinam quidem esse, vltionem Dei: humanam autem hoc iure nullam. et in summa Romanos, vt tum tempora fuerunt, contemtae religionis poenam in periurio nullam statuisse; sed rem totam iudicio et vltioni Dei reliquisse. In quo hoc secuti videntur. Nam quaecunque hic iniuria est, ea ad solum Deum fertur, cuius nomen et maiestas eo facto laeditur. Visum est eum esse debere aestimatorem et arbitrum iniuriae, qui accepit. Sed maxime cum de Deo agitur. Nam si inter homines quoque hoc ius vale, vt permittatur priuatis, qui iniuriam passi sunt, eam aestimare. § poena. Instit. de iniur. quanto iustius est in iniuria Deo illata hanc aestimationem illi relinqui. qui solus est in iniuria Deo illata hanc aestimationem illi relinqui. qui solus recte iudicat, quique vt iustus iudex, ita vltor et vindex omnino futurus est? In quam ipsam sententiam 314

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Theologie des Donellus. Die Beschreibung des Gottesverhältnisses mit Hilfe juristischer Kategorien verbindet sich mit der vom Humanismus geförderten platonischen Orientierung am Geistsein Gottes und der ciceronisch-stoischen Platzierung der Gottesbeziehung in den Bereich des Naturrechts. Damit ist eine Reduktion und Nivellierung des biblischen Zeugnisses verbunden, zugleich aber eine starke Konzentration.317 Dieser Befund, daß die klassischen soteriologischen Aussagen der Bibel ganz in den Hintergrund treten – die Rechtfertigungslehre beispielsweise wird an keiner Stelle thematisiert –, darf jedoch nicht zu irreführenden Schlußfolgerungen führen. Denn auf der Ebene gelebter Frömmigkeit läßt sich zugleich ein außerordentlich starkes Vertrauen auf Gottes Vorsehung und seine Sorge für das ewige Heil feststellen. So hat Donellus als Lebensmotto Röm 14,8 („Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn.“) gewählt.318 Hier zeigt sich, daß die Auffassung vom Rechtsanspruch Gottes auf das gesamte menschliche Leben, die auch in diesem Motto zum Ausdruck kommt, Tiberii dictum memoratur a Corn. Tacito lib. 1. Annal. Nam cum Rubrio cuidam crimini daretur violatum periurio nomen Augusti, refert Tacitus scripsisse Tiberium de ea re consulibus in haec verba: Iusiurandum perinde aestimandum, quasi Iouem fefellisset. Deorum iniurias diis curae. Sed an habeat superior definitio eam sententiam, quam diximus, et an sententia per se vera sit, paucis videamus. Ait Alexander; iurisiurandi contemta religio Deum vltorem habet. Est ergo poena periurii quaedam diuina; eaque est vltio et vindicta Dei poena omnium delictorum communis illa quidem, sed tamen praecipuo quodam modo sancita in periurio. Quod etsi ex communi intelligentia sumtum hoc loco vsurpatum est ab Alexandro; tamen ne qua sit dubitateo, ipsa lege Dei expressum est. Sic enim est tertium praeceptum: Ne vsurpes nomen Domini Dei tui temere. Neque enim Dominus dimittet eum impunitum, qui nomen Domini eius vane vsurpauerit. Sed quaenam haec et quanta poena est? Omnium grauissima: nempe exitium, vti scriptum est psalmo 5[,7]. Perdes omnes, qui loquuntur mendacium. Quod et ethnici naturae tacita lege in hominum mentibus diuinitus inscripta docti intellexerunt. Hoc enim et Cicero lib. 2. De legib. expressit his verbis [...].“ Siehe auch oben S. 102f. 317 Auch das Verständnis von Wort Gottes und Heiliger Schrift geschieht nicht zuletzt mit Hilfe juristischer Kategorien. Die Heilige Schrift wird als Rechtsquelle neben dem Codex Iustinianus betrachtet, wobei ihrem Text als Audruck des ius divinum eine uneingeschränkte, alle anderen Rechtsquellen normierende Autorität zukommt. 318 „[...] quod cum in his terris versareris, perpetuo non modo in ore habuisti, sed etiam in omnium libellis inscripsisti: siue viuimus, siue morimur, Domini sumus, Domino viuendum et moriendum est“ (Scipionis Gentilis Oratio, habita in fvnere Hug. Donelli, in: DONELLUS, Opuscula, 458).

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für Donellus eine unmittelbare soteriologische Dimension hat. Diese ist auch nicht durch die Bedingung eingeschränkt, daß die Fürsorge Gottes von der Erfüllung des Rechtsanspruchs abhängt. Die erweiterte Fassung von Donellus’ Lebensmotto, die der erwähnte Theologieprofessor und Rektor der Altdorfer Akademie, Edo Hilderich, überliefert hat, macht ferner deutlich, daß auch die humanistisch beeinflußte Betonung des Gegensatzes von irdisch-materiellem und geistig-geistlichem Leben bei Donellus eine unmittelbar soteriologische Dimension besitzt. Im Sinne einer spiritualisierten Eschatologie folgt hier die Aussage: „Glücklich sind die Gestorbenen, die im Herrn sterben. Die Seelen der Gerechten sind in der Hand Gottes. Ich begehre, befreit zu werden und mit Christus zu sein. Heute wirst du mit mir im Paradies sein.“319 2.4.4 Transzendenter Gottesbegriff und immanent-rationales Zivilrechtssystem Die Konzentration auf das Recht Gottes an seiner Schöpfung, die juristische Präzisierung der Göttlichkeit Gottes und die rechte, dem rein geistigen Wesen und dem Rechtsanspruch Gottes angemessene Verehrung ist nicht nur für das Werk des Donellus charakteristisch. Man findet sie ähnlich bei anderen Vertretern des frühen Calvinismus.320 Auch bei Calvin selbst lassen sich ähnliche Ansätze wie bei Donellus aufweisen.321 Sie bezeichnen wesentlich die konfessionelle Eigenart des Calvi-

„[...] sicuti studiosi Iuuenes, et alii viri docti, qui familiariter cum eo sunt conuersati, testarum faciunt, dicentes, eundem huiusmodi dicta Scripturae semper in corde atque ore habuisse: Siue viuimus, siue morimur, sumus Domini: Qui habet filium, habet vitam: Beati mortui qui in Domino moriuntur: Iustorum animae in manu Dei sunt: Cupio dissolui et esse cum Christo. Hodie mecum eris in Paradiso. Huius igitur viri memoriam grati conseruemus, eiusque pietatem et virtutem, quantum possumus, imitemur“ (Rede des Rektors Edo Hilderich am 7.5.1591, in: DONELLUS, Opuscula, 481). 320 Beispielhaft genannt sei hier der Verfasser der ersten umfassenden, systematisch konzipierten Ethik im Calvinismus, Lambertus Danaeus (vgl. STROHM, Ethik, 300–333). 321 Vgl. schon T ROELTSCH , Soziallehren II, 616: „Es ist überhaupt nicht mehr wie beim Luthertum der Begriff der Liebe das Zentrum des Gottesgedankens, sondern der der Majestät, der die Mitteilung der Wirkung der Liebe durch Gott nur als ein Mittel zur Offenbarung der Majestät Gottes betrachten läßt. Gott hat hier nicht aus dem Bedürfnis nach Gegenliebe der Kreatur die Welt geschaffen. [...] Nicht auf das egoistische Seelenheil der Kreatur und die Universalität des göttlichen Liebeswillens kommt es an, sondern auf die Ehre Gottes, die gleich gepriesen wird in der heiligen Aktivität der Erwählten und in dem ohnmächtigen Grimm der Verworfenen.“ Vgl. ferner SAXER, Aberglaube; SCHREINER, Theater. 319

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nismus.322 Es wurde mehrfach auf Spannungen hingewiesen, die aus dem Miteinander biblischer und römisch-rechtlicher bzw. ciceronischstoischer Zugänge resultierten. Dies ist Ausdruck einer spezifischen Ambivalenz, welche die theologischen Grundentscheidungen des Donellus, aber auch des frühen Calvinismus insgesamt kennzeichnet. Einerseits findet man eine pointierte Darlegung des Eigentumsrechts des Schöpfers an der gesamten Schöpfung und des Totalanspruchs einer entsprechenden Gottesverehrung. Die Betonung des geistigen Wesens Gottes und also einer gerade nicht (nur) äußerlichen, sondern geistiggeistlichen Gottesverehrung trägt zur Radikalisierung dieses Anspruchs bei. Andererseits ist Donellus’ System des Zivilrechts durch das durchgängige Bemühen bestimmt, die naturalis ratio aufzuweisen und als System immanent rational-schlüssig zu sein. Religion und Transzendenz haben hier ihren Ort nur noch innerhalb des Naturrechts, wenn das „Deum colere“ als zur menschlichen Natur gehörig verstanden wird.323 Diese Ambivalenz einer pointierten Betonung der Transzendenz Gottes bei gleichzeitiger rational-immanenter Systembildung zeigt sich an einer Stelle besonders deutlich. Einerseits hebt Donellus den allumfassenden Charakter des göttlichen Rechtsanspruchs hervor, wenn er ausgehend von dem für sein Verständnis von Recht zentralen „suum cuique tribuere“, feststellt, daß Gott alles zuzuteilen ist. Andererseits übernimmt er aber in seinem Systemaufbau die Auffassung der römischen Rechtscorpora, die das ius divinum lediglich als einen Teilbereich des Rechts beschreiben.324 Inhaltlich ist das ius divinum in dem betreffenden Kapitel dann jedoch mit der Skizzierung des Totalanspruchs Gottes auf das Leben der Menschen gefüllt. Das charakteristische Ineinander der Betonung von Transzendenz und Immanenz, von konfessionalisierenden und säkularisierenden Tendenzen wird auch sichtbar im auffälligen Ungleichgewicht der Bibelbezüge. Donellus verzichtet in seinem Kommentarwerk, wie gezeigt, weitgehend auf Bibelbezüge. Weder bei der Grundlegung des Rechts noch bei den allermeisten konkre-

„Aus allen reformirten Controverslehren leuchtet die Grundrichtung hervor wider paganistische Creaturvergötterung“ (SCHWEIZER, Glaubenslehre I, 493). 323 Dem widersprechen auch die allgemeinen, religiös ausgerichteten Bemerkungen in der Widmungsrede an den Nürnberger Rat nicht. 324 Siehe oben Abschn. II.Tl.2.4.3.3. Auch das Kapitel „De rebus, quae dicuntur divini juris, Sacris, Religiosis, Sanctis“ innerhalb des Sachenrechts folgt der Einteilungslogik der römischen Rechtscorpora (siehe oben Anm. 201). 322

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ten Rechtsfeldern spielen sie eine Rolle.325 Das Kapitel über das ius divinum ist jedoch im wesentlichen eine konzentrierte Wiedergabe des Wortes Gottes mit zahlreichen Bibelbezügen, ergänzt durch eine Erörterung der Konstitutionen der christlichen Kaiser. Schließlich weist auch der auffällige Sachverhalt, daß Donellus in seiner Verteidigung der Protestanten nach den Massakern von 1572 in kompromißloser Weise religiös-positionell und polemisch argumentiert, zugleich aber in seinem Zivilrechtskommentar auf kontroverstheologische Argumente völlig verzichtet und im Sinne ciceronischer Rationalität die naturalis ratio aufzuzeigen sucht, auf die beschriebene Ambivalenz hin.

2.5 Marquard Freher (1565–1614) Während Donellus nur eine begrenzte Phase seines Lebens in der Kurpfalz verbracht hat, ist der mehr als eine Generation jüngere Marquard Freher fast ausschließlich als Jurist, Diplomat und Politiker in kurpfälzischen Diensten tätig gewesen. Dieses Wirken und die rechtsgeschichtliche Bedeutung seiner Arbeiten soll in einem ersten Abschnitt skizziert werden. Ein zweiter Gedankengang wird die auch von Freher geteilte Überzeugung eines Fundamentalgegensatzes von humanistischen und reformatorischen Anliegen einerseits und päpstlicher Kirche andererseits darlegen. 2.5.1 Zur Biographie und rechtsgeschichtlichen Bedeutung Freher, seit 1587 in kurpfälzischen Diensten und von 1596 bis 1598 Professor für Codex an der Universität Heidelberg, war bis zu seinem Tod 1614 in verschiedenen Ämtern und zahlreichen Missionen für die Kurpfalz tätig.326 Gleichwohl hat er eine große Anzahl von gelehrten

325 Möglicherweise läßt sich der vermehrte Bezug auf Bibeltexte bei der Erörterung des Eides dadurch erklären, daß es sich dabei um einen relativ frühen, vom Herausgeber in die Commentarii juris civilis übernommenen Text handelt (siehe oben Anm. 212). 326 Zu Frehers juristischem, editorischem und historiographischem Werk vgl. insgesamt KORNEXL, Studien; SCHWAN, Das juristische Schaffen; zur Biographie vgl. ADAM, Vitae iureconsultorum, 473–480; VON WEGELE, Art. Freher; FUCHS, Art. Freher; OBSER, Zur Lebensgeschichte Marquard Frehers; PRESS, Calvinismus, 83. 95. 447f. 464–469; WALTER, Späthumanismus, 276–278; SCHWAN, Freher, 8–25; Bibliographie: aaO., 1–5; KORNEXL, Studien, 107–143; weitere Literatur und Über-

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Werken hinterlassen, die seinen herausragenden Ruf als Historiker, Philologe und Jurist begründeten. 1565 in Augsburg geboren, war Freher nach dem Studium der Rechte in Altdorf, Basel und von 1583 bis 1585 in Bourges ebendort durch Jacques Cujas, den berühmtesten Vertreter der historischen Richtung der humanistischen Jurisprudenz, zum Lizentiaten promoviert worden. Entsprechend sind seine juristischen Arbeiten aufs stärkste historisch-philologisch ausgerichtet. Ein großer Teil seines Werkes ist der Edition mittelalterlicher Quellen gewidmet.327 Unter den von ihm edierten Texten sind auch unmittelbar staatsrechtlich relevante Texte wie Peter von Andlaus De imperio Romano, regis et augusti creatione, inauguratione libri II.328 Ferner ist er mit einer Verteidigung der Kompetenzen des Reichskammergericht gegenüber dem Hofrat – „Allen trewhertzigen Patrioten, und liebhabern der Warheit, zu guter Nachrichtung gestellet“ – hervorgetreten.329 Und schließlich hat er in mehreren Schriften die reformierte Position im Streit um die Vorsicht über Frehers Editionen in: KÜHLMANN/HARTMANN/EL KHOLI, Die deutschen Humanisten, I/1, 1–7. 327 M ARQUARD F REHER , Germanicarum rerum scriptores varii, partim hactenus incogniti [...], 3 Bde., Frankfurt a. M. 1600/1602/1611 [Bd. 3 auch mit Druckort Hanau]; DERS., Corpus Francicae historiae veteris et sincerae, in quo prisci eius scriptores, hactenus miris modis in omnibus editionibus depravati & confusi, nunc [...] emendati, & pro ordine temporum dispositi [...] exhibentur, 2 Tle. in 1 Bd., Hanau 1613; DERS., Originvm Palatinarvm pars prima [...]. Editio secunda, s.l. [Heidelberg] 1613 [zuerst: 1599]; DERS., Originvm Palatinarvm pars secunda [...]. Accedit P. Pithoei IC. de Palatinis tam Germaniae quam Galliae, et aliis, observatio e Gallico translata, [Heidelberg] 1612; DERS., Foederis Ludovici Germaniae et Karoli Galliae regum [...] apud Argentoratum anno 842 percussi formulae [...], s.l. 1611; DERS., Commentarii de secretis judiciis olim in Westphalia aliisque Germaniae partibus usitatis [...], Heidelberg 1610. Umfassend und mustergültig präsentiert finden sich nun die Vorreden und andere Beilagen der Editionen Frehers in: KÜHLMANN/ HARTMANN/EL KHOLI, Die deutschen Humanisten, I/1. 328 P ETER VON A NDLAU , De imperio Romano, regis et augusti creatione, inauguratione, administratione […] libri II, cum notis Marquardi Freheri, Straßburg 1612 [darin auch: LUPOLD VON BEBENBURG, Tractatus de iuribus regni et imperii Romanorum]; weitere Texte bei KORNEXL, Studien, 107–143; KÜHLMANN/HARTMANN /EL KHOLI , Die deutschen Humanisten, I/1. 329 [M ARQUARD F REHER /M ICHAEL L OEFFENIUS ], Gründlicher Underricht Von der im heiligen Römischen Reich entstandenen, Aber seythero noch unerledigten Frage: Ob der Kayserliche HoffRaht mit und neben dem Kayserlichen CammerGericht zu Speyer concurrentem Jurisdictionem, in allen und jeden Sachen ohne unterscheid habe? Allen trewhertzigen Patrioten, und liebhabern der Warheit zu guter Nachrichtung gestellet, Amberg 1613.

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mundschaft des Kurprinzen nach dem Tod Kurfürst Friedrichs IV. 1610 verteidigt.330 Letzterer hatte den reformierten Johann II. von Pfalz-Zweibrücken zum Vormund seiner Söhne bestimmt. Dagegen erhob der betont lutherische Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg Einspruch, da ihm als ältestem Verwandten das Administratorenamt zustehe. Aus dem Konflikt wurde eine lang andauernde Auseinandersetzung um die pfälzische Kur überhaupt, die erst mit Frehers Tod im Jahre 1614 endete.331 Mit den genannten Werken, vor allem seinen Editionen und Kommentaren mittelalterlicher Quellen sowie der Bekräftigung der Kompetenzen des Reichskammergerichts, hat Freher einen wichtigen Beitrag zur Entstehungsgeschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland geleistet. Der Sachverhalt, daß die Autoren der rasch anwachsenden kammergerichtlichen Literatur häufig in kurpfälzischen Diensten standen,332 läßt sich natürlich mit der besonderen Interessenlage der Kurpfalz erklären. Das Beispiel Frehers zeigt jedoch, daß auch weltanschaulich-konfessionelle Aspekte eine Rolle gespielt haben. 2.5.2 Fundamentalgegensatz von biblisch-humanistischer Gesinnung und päpstlichen Machtansprüchen Zunächst ist festzustellen, daß Freher sich kaum profiliert calvinistisch geäußert hat, auch wenn er die Politik der Kurpfalz in aller Entschiedenheit vertreten hat.333 Wie bei Ehem, Camerarius und den meisten kurpfälzischen Juristen fehlt die Prädestinationslehre. Allein die Aussage, daß mit den Maßnahmen Friedrichs III. die unter Ottheinrich beMARQUARD FREHER, De legitima tutela curaque electorali Palatina, ex integro ad auream Caroli IIII. imperatoris bullam commentario Marquardi Freheri, desumtus locus, Heidelberg 1611. 331 Vgl. dazu genauer S CHWAN , Das juristische Schaffen, 24–69 (mit Nennung bzw. Kurzbeschreibung der in diesem Zusammenhang entstandenen Schriften). 332 Vgl. S TOLLEIS , Geschichte I, 136. 333 In der Leichenpredigt heißt es lediglich: „Wie artlich vnd verstendig er auch von Theologischen vnd Politischen sachen aus Gottes wort, aus den Buechern der Rechtsgelehrten, vnd aus allerhand Historien mit verwunderung hab wissen zu discuriren, also daß niemands vnerbawt, sonder allzeit geschickter vnd gelehrter ist von ihm gangen, als er zuvor gewesen, das ist auch bekandt“ (JOHANN PHILIPP MYLAEUS , Ein Christliche Leichpredigt, so bey der Begraebnuß des Edlen Vesten vnd Hochgelehrten Herrn Marquard Frehers, Churfuerstl. Pfaltz Rahts vnd ViceHofrichters allhie zu Heydelberg, in einer ansehnlichen Versamlung ist gehalten worden den 15. May, Anno 1614. In der Kirchen zu S. Peter, Heidelberg 1614, 22). 330

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gonnene Reformation fortgesetzt und vollendet wurde, nimmt die reformierte Selbstdeutung auf, daß man die durch Luther geleistete Reformation der Lehre nun durch eine Reformation des Lebens vollenden müsse.334 Während der Unterschied zwischen lutherischer und reformierter Konfession für Freher nur ein gradueller ist, handelt es sich bei dem zwischen reformatorischer und päpstlicher Kirche um einen fundamentalen Gegensatz. Wie die anderen protestantischen Editoren mittelalterlicher Rechtstexte, die mit ihren Editionen den Grund zur Entfaltung des ius publicum um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert legten, ist Freher an den Autoren besonders interessiert, die die Rechte der weltlichen Herrscher gegenüber päpstlicher Bevormundung betonen. Wie sehr dieses Interesse mit weltanschaulich-konfessionellen Grundentscheidungen verbunden ist, zeigt eine Schrift, die er 1598 angesichts der Errettung aus Todesgefahr verfaßt und ausdrücklich als „Sermo votivus“ bezeichnet hat.335 Freher hat als Thema der Schrift die Auslegung von Mt 22,21 „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“ gewählt. In der Auslegung dieses Satzes, die er bewußt gegen die „hostes Domini“336 unternimmt,337 wird das für die Entstehung 334 Vgl. Frehers Beschreibung der Reformation in der Kurpfalz in den Origines Palatinae: „MDLVI. Otto Henricus statim initio gubernationis, mens Martio, Missam et Papisticos ritus omnes abolevit, Ecclesiam et Academiam e fundamentis reformavit, Ordinationem Ecclesiasticam patrio sermone publicavit, idola et statuas e templis exturbavit. Quod pium opus Fridericus III. postea continuavit et Divina ope absolvit“ (FREHER, Originum Palatinarum pars secunda, 106). Über den Beginn der Reformation der Kurpfalz unter Friedrich II. in den vierziger Jahren urteilt er, daß die vollständige Reformation durch den Schmalkaldischen Krieg und des Kaisers Sieg verhindert worden sei. „Repurgatio Ecclesiae Heidelbergensis, et Academiae, rejectis Papisticis dogmatibus, suscepta est a Friederico II. Elect. Palatino: cui propterea gratulati sunt Principes Protestantes. Auctor est Sleidanus, ex quo Thuanus annotavit. Sed interrupta est reformatio plena, bello Smalcaldico et victoria Caroli V.“ (aaO., 105f.). 335 Vgl. M ARQUARD F REHER , De verbis Domini, date caesari, qvae sunt caesaris; et qvae Dei, Deo. Sermo votiuus, Theologistoricam eius loci explicationem continens, Heidelberg 1598; vgl. dazu Bemerkungen in: Bibl. Pal. 1, 146. 336 Vgl. aaO., 4. Der Schrift ist ein Anhang angefügt (vgl. aaO., 38–44), der darlegt, wie sich die Päpste von den christlichen Kaisern das Recht erschlichen haben, Steuern zu erheben. 337 „Quem seruitutem quam indigne in complures eorum exercuerit, non est huius loci denarrare: vt et totam illam amplissimam segetem Theologis intactam relinquo, quomodo ea quoque quae Dei sunt, Christi seruatoris, eiusque sanctae sponsae Ecclesiae, idem infideliter reddiderit, quin sibi arroganter vsurparit;

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des öffentlichen Rechts und die politische Kultur der westlichen Zivilisation insgesamt zentrale Interesse einer klaren Unterscheidung von Kirche und Staat bzw. Religion und Politik deutlich. Freher liegt mit seiner Auslegung ganz auf der Linie von Luthers grundlegender Unterscheidung der beiden Regimente, geht aber einen bemerkenswerten Schritt darüber hinaus. Denn das Jesus-Wort fordert seiner Auffassung nach dazu auf, die Vermischung göttlicher und menschlicher Sachverhalte zu vermeiden.338 Die Pharisäer hätten Jesus scheinheilig anefferendo se supra omnia, et intolerabilem tyrannidem in Ecclesiam et oues dominicas exercendo. – Et audet spurcus et blasphemus ille auctor libri Monarchalis Papae, Iacobus de Terano, Vrbani VI. cubicularius, opus suum ab hoc dicto Domini ordiri: Reddite quae Caesaris, Caesari. vbi verba illa perbelle ita exponit: temporaliter scilicet, antequam Christus passus esset, et coelos victor ascendisset. Verba enim Domini [Marg.: Joh 12], Cum exaltatus fuero a terra, omnia traham ad meipsum, suauis conciliator exponit: Omnia imperia et regna mundi recuperabo, et aufferam a Caesare, Regibus et aliis Principibus, idque per milites meos Apostolos. Quibus potentis adulationum etiam Augustini de Anchona, caeterorumque parasitorum Pontificiorum libri pleni sonant, et bracteatae ipsae decretales Paparum non ab alio fere auro crepant.– Quanto magis sacerdotem decuisset, praecepti Dominici, Prophetici et Apostolici memorem vnctos Domini colere et venerari, eisque omnem amorem et obseruantiam quacunque animi submissione deferre, fidelibus praesertim et Dei cognitione vera imbutis, atque adeo patrocinium et defensionem Ecclesiae Christianae profitentibus. Erat quidem illud tempus, quo cum Principes Romani non tantum Deum verum ipsi ignorarent, sed alios ab eius cognitione et professione quantum in ipsis esset arcerent; tum certe Christianis etiam atque etiam cauendum esset, ne plusquam fas esset, Caesari tribuerent, et limites hos a Domino positos, sancte religioseque seruarent“ (aaO., 41f.). 338 „Illi enim texuerant proœmium alicuius quaestionis ad pietatem et religionem pertinentis, dicendo: Viam Dei in veritate doces. et tamen quaestio ipsa non pertinebat ex diuino instituto ad viam Dei. Ideo vocat eos Hypocritas, et mox e reipsa ostendit illos confundere rationes diuinas cum humanis, quando de censu soluendo tanquam de praecepti alicuius diuini violatione agunt; cum tamen allatus nummus de quo agitur, nil plane sacrum aut religiosum redoleat, atque adeo illius solutio non tangat aut offendat Deum, nec pietatem laedat; imo debeatur Caesari tanquam victori, legum et monetae conditori, et qui non petat violari religionem, sacra deseri, idola adorari, sed ex communi moneta reddi sibi numisma, in vsus promiscuos cusum et mere Romanum“ (aaO., 12). Vgl. auch aaO., 35f.: „Magistratus caeteri jus suum a Caesare habent, Caesar a Deo, Dei ipsius est minister, nec frustra gladium gerit: et vt ipse praefectis suis gladium ad tutelam bonorum, excidium malorum committit, ita ad hunc vsum prius a Deo accepit. Denique conjuncta est causa Dei et Caesaris, numinis et magistratus, quod iam olim sapientissimus Regum docuit [Marg.: Prov. Salomonis 24]: Time Deum, fili mi, et Regem. et deinceps Apostolus: Deum timete, Regem honorificate. Coniuncta est, non confusa. Itaque neque occupate jura Caesariana, neque vicissim quae sacri iuris sunt, ad profanos vsus conferte: vt Eleemosynas, quas Christus pro

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gesprochen „Du lehrst den Weg Gottes in die Wahrheit“, dann aber etwas gefragt, was gar nicht pietas und religio betraf. So habe Jesus sie als Heuchler bezeichnet und ihnen vorgeworfen, „confundere rationes diuinas cum humanis“. Eben damit, daß man dem Herrscher das ihm Zukommende zukommen läßt, läßt man Gott das Geschuldete zukommen. Oder etwas moderner gesprochen: In der Welt weltlich zu handeln, heißt Gott zukommen lassen, was ihm zukommt. Dem entspricht auch, daß Freher in seinem Schrifttum mit Entschiedenheit für ein als Vernunftrecht verstandenes Naturrecht eintritt und hier keinen Widerspruch zum göttlichen Gesetz sieht.339 Schließlich ist noch auf einen Sachverhalt hinzuweisen, der charakteristisch sowohl für sein juristisches als auch sein theologisches Schrifttum ist. Nicht nur das juristische Werk ist bestimmt durch das humanistische Anliegen, zu den Quellen zurückzukehren. Gleiches gilt in profilierter Weise auch für seine Arbeiten zu theologischen Themen. Die erwähnte Schrift zu Mt 22,21 besteht zu einem beträchtlichen Teil aus münzgeschichtlichen Erörterungen und zeigt mit seinem konsequenten Bemühen um historische Kontextualisierung das Erbe seines Lehrers Cujas. Auch die Etablierung und Kommentierung eines alemannischen Textes des Vaterunsers und des Glaubensbekenntnisses340 sowie einer altsächsischen Version von Dekalog, Vaterunser und Glaubensbekenntnis341 sind hier zu nennen. Frehers Bemühen um eine historische Kontextualisierung biblischer und altkirchlicher Texte ist Ausdruck seiner Überzeugung, daß reformatorische und humanistische Zielsetzungen im wesentlichen übereinstimmen. Wahres Christentum kann für ihn nur das ursprüngliche der Anfangszeit sein. Insofern präferiert er die radikalere Abgrenzung von den Fehlentwicklungen des mittelalterlichen Katholizismus, welche den reformierten im Vergleich zum lutherischen Protestantismus kennzeichnet. Gegen die ausufernden und mit Aberglauben verbundenen Machtansprüche des Papsttums stellt er die sinnvolle Unterscheidung von rationes divinae und rationes humanae. Hierbei geht es nicht nur um die se et membris suis acceptas fert; et alia sacris piisque vsibus destinata illis conseruate, exemplo Laurentij eam ob causam sub Diocletiano passi. Multominus profanis rebus sacrorum reuerentiam, aut hominibus diuinos honores date.“ 339 Vgl. S CHWAN , Freher, 154–170. 340 Vgl. M ARQUARD F REHER , Orationis Dominicae et Symboli Apostolici Alamannica versio vetustissima, Marq. Freheri notis exposita, s.l. [Heidelberg?] 1609. 341 Vgl. M ARQUARD F REHER , Decalogi, orationis, symboli Saxonica versio vetustissima, Marq. Freheri notis exposita, s.l. [Heidelberg] 1610.

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rechte Unterscheidung von geistlicher und weltlicher Gewalt, sondern auch von Religion und menschlicher Rationalität insgesamt.

2.6 Johann Kahl (Calvinus/Calvus) (gest. 1614) Die Erörterung weltanschaulich-konfessioneller Aspekte im Werk der bisher behandelten Heidelberger Juristen hat jeweils die Frage nach dem Verhältnis der humanistischen Ausrichtung und der calvinistischreformierten Orientierung ins Zentrum gerückt. Beides erscheint harmonisch nebeneinander zu existieren oder geradezu deckungsgleich. Im Werk eines weiteren Heidelberger Juristen, Johann Kahl, zeigt sich, daß damit eine eminente Aufwertung naturrechtlich-rationaler Argumentation verbunden ist. Bevor dies erläutert wird, sind noch einige Bemerkungen zu Kahls Biographie und rechtsgeschichtlicher Bedeutung darzulegen. 2.6.1 Zur Biographie und rechtsgeschichtlichen Bedeutung Johann Kahl (Calvinus/Calvus),342 dessen Geburtsjahr unbekannt ist, stammte aus Wetter bei Marburg und hatte seit 1576 in Heidelberg unter anderem bei Hugo Donellus studiert.343 Von 1587 bis 1605 lehrte er an der Artes-Fakultät – die meiste Zeit (1588–1605) davon Ethik – und hatte dann von 1605 bis zu seinem Tod im Jahre 1614 die Professur für Institutionen an der juristischen Fakultät inne. Kahl wurde bekannt durch sein umfangreiches, vielfach wieder aufgelegtes Lexicon iuridicum, das jedoch weniger eine originelle konzeptionelle Leistung als eine Kompilation älterer Werke darstellt.344

342 In manchen Registern wird Kahl wegen der latinisierten Form seines Namens mit seinem berühmten Genfer Namensvetter verwechselt (vgl. z.B. KARRER, Johannes Posthius, 630). 343 Zu Leben und Werk Kahls vgl. STEFFENHAGEN , Art. Calvinus; S TINTZING , Geschichte I, 682f.; STOLLEIS, Geschichte I, 75f. 176f. 179; vgl. auch ZWIERLEIN, Heidelberg, 64–68. 344 J OHANN K AHL , Lexicon juridicum: juris Caesarei simul, et canonici, feudalis item, civilis, criminalis, theoretici, ac practici, editio secunda, Frankfurt a. M. 1610 [zuerst: Frankfurt a. M. 1600]; vgl. dazu STINTZING, Geschichte I, 682f.; TROJE, Literatur, 792.

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2.6.2 Humanistisches Erbe und Ausrichtung an der recta ratio Im Jahre 1595 hatte Kahl unter dem Titel Themis Hebraeo-Romana eine an der Gliederung des Dekalogs orientierte Zusammenstellung von Gesetzen aus dem mosaischen, dem römischen und dem kanonischen Recht veröffentlicht.345 Das Werk ist Ausdruck des reformierten Anspruchs, alle Lebensbereiche dem Wort Gottes gemäß zu gestalten, und stellt sich in die Reihe entsprechender Versuche, die bis dahin im wesentlichen von Theologen unternommen wurden.346 Verwiesen wird insbeJOHANN KAHL, Themis Hebraeo-Romana, id est iurisprudentia Mosaica, et iuris tum canonici, tum civilis, Romana, inuicem collata; et methodice digesta: [...], Hanau 1595. Exemplarisch sei auf das Kapitel zum Gebot, die Eltern zu ehren, verwiesen. Hier stellt Kahl die Frage, „an princeps legibus solutus“ und zitiert dann Mt 22,21, I Petr 2,17 sowie Act 4,10, um damit die strikte Eingrenzung der Rede vom princeps legibus solutus zu begründen. „Quaeritur, An Princeps legibus solutus sit: et, An aliqua maiestas principis mere absoluta? Praesertim cum l. 31. ff. de legibus, principem legibus solutum pronunciet. [...] Quamobrem nulla est principis mere absoluta potestas: sed limitata ac certis finibus circumscripta inter Christianos: quae autem lunitata et certis finibus circumscripta, certisque conditionibus definita est, ea nequaquam est mere absoluta: sed forsan absoluta κτá τι. Itaque adulatorium illud Theologis nonnullis videtur: Quod principi placuit legis vigorem habet, quamquam hoc commoda interpretatione iurisconsultorum facile leniri potest, neque enim νóµ̋ sine λóγω intelligi debet: quod ergo principi placet κτà λóγν, qui in principe et consilio principis inesse praesumitur, quandoquidem est iusticia animata, secundum Aristotelem lib. 5. Ethic. id legis vigorem obtinet. [...] Quod autem princeps legibus solutus dicitur, id intelligendum est κτá τι, non in genere: sed speciatim de legibus poenariis, ac similibus: Nouell. 85. et quae ibi Gothofr.“ (aaO., 95–98). 346 D. Drüll hat Kahl nicht unter die reformierten Juristen Heidelbergs gezählt, sondern ihn mit dem Begriff „evangelisch“ charakterisiert (vgl. DRÜLL, Gelehrtenlexikon, 594). Dies ist zu korrigieren, wie insbesondere die Rede aus Anlaß des Todes des reformierten Theologen Georg Sohns zeigt (JOHANN KAHL, Oratio de vita et obitu [...] D. Georgii Sohn, etc., in: Opera Georgii Sohnii, Bd. 1, Herborn 1591, f. a ivr–b [vii]r). Nicht nur das uneingeschränkte Lob der Frömmigkeit und Lehre des profiliert-reformierten Theologen Sohn, sondern auch die Auflistung der Theologen, die „im Interesse der wahren evangelischen Religion gegen den römischen Antichristen“ aufgestanden seien, belegen dieses Urteil. „Etenim quoties recordor: recordor autem saepius qui et quam excellentes viri, ac praesertim religionis Euangelicae fortissimi contra Antichristum Romanum, et ejus assectas, patroni, hisce 30 aut 40 annis, adeoque tam brevi tempore, tam incommodo tempore, cum in aliis, tum vero et in nostra Republ. ex hac vita decesserint, toties commoveor animo et perturbor gravissime. Magnos illos viros et heroas intelligo. D. Lutherum intelligo. D. Zvuinglium, Oecolampadium, Bucerum, Capitonem, Thomam Cranmerum, Petrum Viretum, Augustinum Marloratum intelligo. D. Philip. Melanchthonem, Justum Jonam, Casparum Crucigerum, Calvinum, Martyrem, Pellicanum, VVolfgangum 345

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sondere auf die Schrift De politiae Mosis observatione des Heidelberger und dann Leidener Theologen Franciscus Junius.347 Der Zusammenstellung angefügt ist ein längerer Anhang mit Zitaten aus den 1577 zum ersten Mal in Genf erschienenen und ebenfalls am Dekalogaufbau orientierten Ethices Christianae libri tres des Genfer Theologieprofessors Lambertus Danaeus.348 Musculum, Andream Hyperium, Simlerum, Bullingerum, Victorinum Strigelium, Tremellium, Boquinum, ac nuper D. Ursinum, Lavaterum, Gualtherum, Herdessianum, Olevianum, VVidebramum: et nuperrime optimum illum ac beatissimum senem, D. Sturmium. Hos, inquam, et alios complures intelligo, qui tam brevi tempore, tam incommodo tempore, non ita multo ante ex hac vita decesserunt. Sed nunc quoque [...] qui, et quantus vir, quam pius, quam doctus, quam prudens, quam humanus, et erga quoadvis benevolus, et tamen quam gravis, quam candidus, quam de Marpurgensi simul et Heidelbergensi schola bene meritus, decessit? Georgius Sohnius decessit” (aaO., f. a ivv–a vr). 347 „Sed quoniam haec vniuersa; de quibus omnino ac ferme necessario in hoc Themidos Hebraeo–Romanae instituto, aliquid mihi praemittendum erat ad illa quae plurima inibi ex Mose citantur, rectius distinguenda et fuse et accurate praestantißimus ille F. Iunius noster pro insigni pietate, ac singulari acumine atque eruditione, iam pridem pertractauit ac perscripsit: [...] In huius vero opusculi laborem, et in hanc materiem (quam non minus in Iurisprudentia Christiana, et in politia, quam in Theologia et ecclesia, expeditam, promptam ac perspicuam vigere conuenit) propterea tanto libentius incubuit quod multi iam pridem tale aliquid desiderarent: et quod hanc vtilißimam diuinae et humanae Iurisprudentiae collationem, a tyronibus politici ac iuridici studii omnino ac perperam negligi perspicerem: tum vt ipse iuridicum aliquod et practicum cum pietate sacra coniunctum exercitium haberem: tum vero vt alios ad ista, quae coepi, et quae iam pridem desiderantur, perficienda, extimularem, ad Dei Opt. Max. honorem, et proximi vtilitatem“ (aaO., f. d 3v–4r). Vgl. FRANCISCUS JUNIUS, De politiae Mosis observatione; Quid in populo Dei obseruari, quia non obseruari ex ea oporteat, postquam gratia et veritas per Christum facta est, et Euangelio promulgata. Libellus nunc primum ad communem aedificationem perscriptus atque in lucem editus, Leiden 1593; vgl. ferner THEODOR BEZA, Lex Dei moralis, ceremonialis, et politica, ex libris Mosis excerpta, et in certas classes distributa, s.l. [Genf] 1577; WILHELM ZEPPER, Legum Mosaicarum forensium explanatio [...], Herborn 1604 [21614]; PIERRE PITHOU, Mosaycarvm et Romanarvm legvm collatio. Ex integris Papiniani, Pauli, Vlpiani, Gaij, Modestini, aliorumque veterum iuris auctorum libris ante tempora Iustiniani Imp. desumpta. Ex bibliotheca P. Pithoei IC. cuius etiam notae emendatiores adiectae sunt. Acceßit propter argumenti similitudinem lex dei moralis, ceremonialis et politica. Ex libris Mosis excerpta et in certas classes distr. a Th. Beza, s.l. [Heidelberg] 1603; dazu STROHM, Ethik, 262–272. 348 AaO., 338–375: „Themidos Hebraeo-Romanae Coronis: sev appendix miscellarum ad 10. superiora capita: ex L. DAN. E. C.“ Zu Danaeus’ Werk, der

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Eine umfangreiche Vorrede widmet sich der Frage, ob die mosaischen Gesetze heute noch gelten, und wenn ja, inwieweit.349 Der Ertrag der Erörterungen ist eher bescheiden und insofern wenig originell, als die traditionelle Unterscheidung von lex moralis, iudicialis und ceremonialis aufgenommen wird. Dabei gibt das moralische Gesetz die ratio communis wieder und ist ewig gültig. Das Zeremonialgesetz hingegen ist an die Umstände gebunden und darum wandelbar und entspricht einer ratio singularis oder particularis.350 Beim Judizialgesetz hängt die bleibende Gültigkeit davon ab, ob es mit dem Moralgesetz übereinstimmt oder nicht.351 So sieht Kahl zum Beispiel die Todesstrafe bei beersten systematisch entfalteten protestantischen Ethik überhaupt, vgl. STROHM, Ethik. 349 Schon auf dem Titelblatt wird angekündigt: „In praefatione, nobilissima illa et scitu necessaria discutitur quaestio: An leges Mosaicae, et quaenam, et cur, et quatenus, hodie Christianos homines obligent.“ 350 „Itque vt in aliis quorumcumque humanis legibus; sic et in lege Mosis duplex iuris ratio distincte notanda est, communis et singularis. Communis in Mose iuris ratio est, quam Deus Iudaeis per Mosen praescripsit communiter, quatenus homines erant illi in natura rerum, nempe communi naturae legi, communi rationi et iuri creaturae humanae, subiecti. Singularis vero aut particularis ratio; quam Iudaeis praescripsit singulariter, tamquam peculiari ac selecto populo suo, non vt hominibus in genere, sed vt hominibus peculiariter admißis in participationem et consortium gratiae ac foederis gratuiti“ (aaO., f. a 8r–v). „Itaque lex Moralis in Mose (quatenus simpliciter ac proprie moralis) sempiterna omnino et immutabilis est: nec Iudaeos tantum, sed etiamnum hodie Christianos, et omnes sine vlla exceptione homines, perpetuo constantißime, quo ad obedientiam obligat, et obstrictos tenet; quia rationis et iuris est, tum communis, tum sempiterni et immutabilis. Haec est imago aeternae legis, quam aeternus legislator, Deus, in natura et conscientia hominis adumbrauit, seu adumbrando expressit et impreßit: ac postea per Mosen iterauit ac redintegrauit: et a fecibus corruptae per lapsum hominis naturae expurgauit“ (aaO., f. b 1r–v). 351 „Iuris porro communis et rationis communis apud Mosen est lex Moralis, quatenus moralis: item lex politici seu forensis, quatenus generalis et moralis: Iuris vero particularis est lex Ceremonialis; quatenus ceremonialis; itemque lex politica, quatenus, politicae Iudaicae peculiaris ac propria“ (aaO., f. a 8v–b 1r). Vgl. auch aaO., f. b 6v–7v: „Lex Mosis politica seu iudiciaria, licet ratione principii et ortus sui diuina sit, quippe a Deo auctore profecta: tamen quia Deus eum si modum, materiam subiectam, formamque externam spectes, secundum naturam aliarum humanarum legum, quas homines ferunt, modificauit, seu modo humano conformauit: propterea quadantenus etiam humana est: proindeque non minus quam aliae leges humanae, partem sui aliquam immutabilem obtinet, qua scilicet omnes vniuersim homines naturae ductu obligantur; partemque mutabilem, qua non vniuersim omnes. Atque ita duplex est lex Mosis politica, vt supra non multo post initium huius

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stimmten Delikten als unwandelbar an, während jedoch die Vollzugsart wandelbar ist.352 Ausgesprochen aussagekräftig ist Kahls Vorrede zur Themis HebraeoRomana im Blick auf die Frage nach dem Verhältnis von humanistischem Erbe und calvinistisch-reformierten Einflüssen bzw. von biblischen Aussagen und naturrechtlich-rationaler Argumentation. Bereits auf dem Titelblatt wird der Anspruch eines methodisch geordneten Vorgehens („methodice digesta“) betont. Die Vorrede setzt ein mit einem Zitat aus Cicero und ist bestimmt von dem Bestreben, alles am Maßstab der recta ratio zu messen. Kahl legt eingehend und in unmittelbarem Anschluß an Melanchthons Naturrechtslehre die Vorstellung prooemii dictum: alia vniuersalis, alia particularis: illa immutabilis: haec mutabilis. Illa rationis est ac iuris communis, haec vero particularis. Lex tamen Moralis primario est iuris communis: Lex politica vniuersalis, quasi secundario. Legem Moralem natura et recta ratio, attest ante conscientia, dictat simplicißime, primario, ac sine omni longiore rationis discursu. Sed legem politicam vniuersalem secundario, et cum aliquo, licet exiguo, rationis discursu dictat natura; nempe primario rationis ac necessario discursu; per consequentiam, sed in conscientia mentis sanae recteque iudicantis omnino necessariam. Legis Moralis praecepta sunt ipsa quasi principia practica rationis rectae: praecepta vero politica vniuersalia, quae et ipsa moralia existunt, sunt conclusiones principiis adhaerentes, certae, necessariae, et immotae, ex ipsis principiis firmiter ac necessario apud omnes prudentes, rectaeque conscientiae homines, vltro consequentes. Illa sunt quasi primaria, haec vero secundaria principia practica et moralia; praesertim inter Christianos, qui legem naturae a Deo ipso illustratam et explicatam habent, et hanc explicationem in politicis quoque praesertim vniuersalibus, Mosis legibus contineri et continuari norunt.“ 352 „Vbicumque ergo ex iure rationeque communi ac ciuili communiter ac ciuiliter apud Mosen irrogatur poena mortis: ibidem et apud Christianos poena mortis irrogari debet: sed determinatio speciei, quo ad ipsam poenam mortis, non perinde naturalis omnibusque obuia est. Neque enim natura ipsa, vel principium aliquod naturae practicum, dictat hunc sceleratum igni, illum gladio, tertium equuleo, quartum rotae vel patibulo, etc. adiudicandum. Quicquid igitur in legibus humanis, aut etiam Mosaicis immutabile est, eo semper et immutabiliter tamquam adamantino vinculo homines omnes obligantur. Immutabile autem est non tantum in legibus Mosis iudicialibus, sed etiam mere humanis, quicquid communis ratio et conscientia, seu communis naturae et conscientiae lex, in Decalogo praesertim expressa, et alibi paßim illustrata, secundum conformitatem et ideam rationis ac iustitiae aeternae, omnibus communiter dictat: proindeque quicquid et ratione communi ac recta, et ad commune bonum, et ab eo qui legis ferendae auctoritatem habet, ordinatum ac praescriptum: atque adeo quicquid vel vniuersale rationis rectae principium practicum est, vel ex tali principio sincere ac necessario vniuersim concluditur, et ad legitimum communis boni finem, legitimumque obiectum, legitimo modo dirigitur“ (aaO., f. b 7v–8r).

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von dem Intellekt bzw. dem Gewissen innewohnenden Vernunftprinzipien dar.353 Ziel dessen ist eine durchweg rationale Rechtsbegründung. „Aque vt de ratione paulo preßius dicam: cum negociorum et iudiciorum politicorum hic ordo a Deo constitutus sit, vt ratio mentis, administra et cooperatrice, vel potius dictatrice conscientia nostra, principia certa et immota ex intellectu depromat; ex principiis deinde conclusiones generales ac speciales nectat, conclusiones postea rebus particularibus accommodet; et ex conditionibus denique particularibus determinationes particulares ac singulares, iustas nimirum et aequas, omni tempore, et ad omnia conficiat, recteque applicet vel conficere poti et applicare debeat: in his vniuersis ad singula mire labascit iudicium mentis humanae. Nec. n. intellectus noster communia illa principia nunc incorrupta et expedita habet vt olim ante ruinam illam primorum parentium funestißimam; per quam illa rubigine quadam obducta et obliterata fuerunt; neque etiam voluntas intellectui inseruit, moremque gerit, vt decebat. Deinde ratio turbata per lapsum ac deprauata, satis languida nunc atque interdum inepta est ad conclusiones firmas et immotas ex principiis illis eliciendas. Tum vero vt maxime conclusiones aliquando iustas exinde eliciat, res tamen ipsae, quae sensuales ac particulares sunt, ac e quibus ratio ex sensuum indicio ac iudicio statuere debet, nobis plerumque plus satis obscurae ac dubiae sunt: tum ob infirmitatem nostram, sensuumque hebetudinem, tum ob naturam ipsarum numerumque et infinitam partim copiam, partim varietatem. Etenim non solum res ipsae natura sua et generatim, et secundum διπθí̋ speciatim variantur; sed etiam modus, circumstantiae et conditiones in illis variae varias et aßiduas mutationes pariunt: cum tamen absque illa rerum ipsarum, itemque conditionum ac circumstantiarum particularium noticia, legitimae determinationes et applicationes singulares in singulis ac diuersißimis negociis recte fieri haudquaquam poßint“ (aaO., f. a 3v). Kahl schließt sich auch Melanchthons Rückgriff auf die stoisch-ciceronische Begründung des Naturrechtsgedankens, auf das Licht der Vernunft an: „Communis ratio omnibus et singulis communi naturae lumine, et conscientiae dictamine perspecta est, aut esse certe debet ac potest: atque haec omnes communiter et homines et gentes concernit, tenet, et obligat: omnesque sanae mentis mortales ea ipsa se teneri et obligari, a propria conscientia vel per se, vel certe si ab aliis moneantur, conuincuntur. Atque haec ratio immutabilis est: particularis vero in vniuersum omnibus nota est: nec omnes homines obligat: et haec temperamento iusto mutabilis est“ (aaO., f. a 7v). Vgl. ferner aaO., 2: „Siquidem Decalogus lex naturae est a Deo illustrata: propterea illas (politicas leges) Iudaeis equidem latas meminerint Christiani: sic tamen vt, quatenus naturalibus seu moralibus istis et vniuersalibus (in quantum hae ipsae naturales, et vniuersales sunt) vniuersali aequitatis ac iusticiae ratione cohaerent ac correspondent, nec speciale aliquid ac Iudaicae politiae peculiare, vel in ceremoniis vel in ritibus forensibus attemperatum et annexum habent; eatenus illas (Politicas leges) quoad vniuersalem illam, inquam, aequitatis rationem, Christianos perinde atque Iudaeos obligare sciant: non quatenus Iudaeis latae sunt aut praescriptae (his enim et Decalogus praescriptus, qui nos omnes obligat) sed quatenus ipsis, vt hominibus, secundum ius creationis ac legis et aequitatis naturae communis, praescriptae.“ 353

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„Die recta ratio ist nicht nur Anfang und Ursprung [...], sondern auch Fundament und Basis von Recht und Gesetz. Aus der ratio geht also das Recht hervor, und zwar aus der ewigen ratio des ewigen Gesetzgebers das ewige Recht, aus der menschlichen ratio das menschliche Recht, aus der recta ratio das richtige und gesunde Recht. Ebenso gilt das Gegenteil. So gründet sich das Recht auf die ratio gleichsam wie auf ein Fundament, ja, es wird von der ratio wie von einer Richtschnur gemessen und gebilligt. Ebenso stützt sich das sachgemäße Recht auf jene recta ratio [...] in den menschlichen Geschäften und Einrichtungen, und gemäß dem, was eben dieses Recht vorschreibt, entsteht das rechte Gesetz. Wenn darum die ratio nicht recta, sincera und iusta ist, können auch Recht und Gesetz nicht recht und sachgemäß sein.“354

Dieser Begründung allen Rechts – sowohl des römischen wie des mosaischen – in der recta ratio tritt keine ernsthafte Reflexion auf spezifisch biblische Grundlegungen des Rechts zur Seite.355 Sie ist nicht einmal dort zu finden, wo Kahl im Interesse der Klärung dessen, was wandelbar ist, auf die grundsätzliche Problematik der aequitas eingeht. Auch hier fehlt jeder Verweis auf spezifisch christliche Argumentatio„Iuris autem ac proinde et legis (quae est effigies seu index et tabula iuris) non tantum principium et origo, sed et fundamentum et basis est ratio recta (nempe practica) mentis et conscientiae sanae. A ratione ergo ius proficiscitur: a ratione aeterna aeterni legislatoris, ius aeternum: a ratione humana, ius humanum: a ratione recta, ius rectum et sincerum: et contra. Deinde vero ratione quoque tamquam fundamento ius nititur: quin et ratione tamquam norma diiudicatur ac probatur. Proinde in humanis negociis et institutis, ratione illa recta (iustitiam scilicet legis conscientiae in se complexa) ius rectum nititur, ac secundum eandem ius dictantem et praescribentem lex recta fertur. Itaque si ratio reuera non sit recta, sincera et iusta, nec ius rectum, sinterum ac verum esse poterit: proinde nec lex iusta ac sincera. Ratio vero illa; qua ius nititur, sicut lex iure, vel vniuersalis, seu vniuersim omnium hominum communis est, vel particularis: [...]“ (aaO., f. a 7r). 355 Die vielfache Berufung auf die „recta ratio“, die „ratio naturalis“, die „civilis ratio“ o.ä. ist auch für andere Schriften Kahls charakteristisch. Vgl. JOHANN KAHL, De principe, de maiestate, ac privilegiis eivs: proinde et de Lege Regia: commentatio iuridico-politica, et historico-iuridica et eiusdem privilegiis: capitibus duobus distincta [...], Frankfurt a. M. 1600, f. A 2v. S. 8f. 39. 44f. 51f. 54. 61. 64. 66. 68. 71. 80f. Bezeichnend ist die Auflistung folgender argumentativer Kriterien: „Principi ergo vero ac bono maximam necessitatem, obligationem, coactionem seu debitum obtemperandi legibus imponit 1. Deus et conscientia. 2. ratio recta. 3. virtus et iusticia. 4. honestas publica. 5. ratio officii ac personae quam sustinet. 6. modestia, decorum, et verecundia. 7. salus populi et vtilitas publica. 8. propriae ipsorum Imperatorum leges, quibus sibi hanc legem ponunt. Decet maiestatem seruare leges, l. 4. C. de legib. Eum qui leges facit, pari maiestate legibus obtemperare conuenit, ait Paul. 9. exemplum publicum. 10. conciliatio ardentioris subditorum erga principem amoris ac fidelitatis“ (aaO., 68). 354

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nen im Sinne der notwendigen Korrektur des ius strictum durch Barmherzigkeit oder Liebe. Es bleibt bei der allgemeinen Formulierung, daß ein Gesetz den besonderen Umständen entsprechend zu mäßigen bzw. zu mildern sei.356 Die wenigen Verweise auf Bibelstellen in der Vorrede haben keinerlei tragende Bedeutung für die Argumentation.357 Auch Kahls übrige Werke sind ganz im Geist des Humanismus verfaßt. So erhebt seine im Jahre 1600 gedruckte Schrift De jurisprudentiae Romanae studio recte conformando zwar den Anspruch, auch über das gegenwärtige christlich-römische Recht zu handeln („de toto hodierno jure Christiano-Romano“), geht aber an keiner Stelle über die humanistische Jurisprudenz hinaus.358 Die wichtigsten Charakteristika seien nur „Locum autem analogia ista non tantum habet in caußis iuris communis expressam legem non habentibus: sed in iisdem quoque expressam legem habentibus quidem, sed circumstantia quadam ad caussam siue casum communem accedente, proindeque ius commune variante, modificatis: propter hanc enim circumstantiam peculiarem ius commune per analogiam istam modificatur et temperatur, hoc est, exasperatur aut mitigatur: adeoque ius simpliciter commune, fit analogice, seu κτá τι, commune. Est ergo haec iuris analogia, si vera, expedita ac sincera sit, in fundamento rationis ac substantiae constans et immutabilis: verumtamen in circumstantiis mutabilis. Propterea accurate dispiciendum est, an in lege aliqua praeter istud rationis communis fundamentum circumstantiae, seu communes, seu particulares, personis aut rebus accesserint. Hae namque varietatem ipsis haud exiguam afferunt. Ideoque hic non summo iure agendum est: sed iuris analogia atque 'πιíκι ex circumstantiis personarum et rerum, similiumque exemplorum ac circumstantiarum collatione, studiosißime exploranda. Nam respectu circumstantiarum, quae mutabiles sunt, etiam mutabilis efficitur analogia iuris“ (KAHL, Themis, f. c 5r–v). 357 „Adhaec auctoritatem lex Mosis vtramque habuit, nempe et diuinam et humanam: et vtramque summam. Auctor namque et sancitor legis illius publica testificatione Deus erat: Moses autem administer Dei, ac fidelis seruus in tota domo ac politia ipsius; Israelitarum ductor ac legislator, ipsorummet consensu eximius, Deuteron. 33. Exod. 20, et 24. Nil igitur in ista Dei per Mosen lege desiderari potest: vtpote quae rationem occaecatam illuminat, corruptam instaurat, imperfectam diuinitus perficit ac firmat. Principia quoque practica, quae nunc mire in nobis deprauata in νµθσí( Mosis per legem moralem eiusque explicationem perfectione summa a corruptione ista vindicantur et instaurantur, Christo ipso Matth. 5 teste atque interprete“ (aaO., f. a 4v–5r). Vgl. auch aaO., f. 6v (Dtn 5; Ex 31); aaO., f. b 5r (Gal 5). 358 Vgl. J OHANN K AHL , De jurisprudentiae Romanae studio recte conformando; citiusque ac facilius (superatis difficultatibus et impedimentis ejus) docendo, discendo, et exercendo: item de toto hodierno jure Christiano-Romano: eijusque libris: et autoribus variis, pro varietate periodorum ac mutationum imperii, et imperantium: ubi et de variis generibus iuris, scripti, non scripti; ecclesiastici, politici, antiqui, novi, necessarii, praesumti etc; deque illorum inter se generum; quo ad 356

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kurz aufgezählt: stark pädagogische Ausrichtung, Betonung der moralphilosophischen Grundlagen der Jurisprudenz,359 Verweis auf den Wert der Kenntnis der Geschichte und der Originalsprache,360 Betonung der Notwendigkeit einer Kontextualisierung des römischen Rechts und hierbei insbesondere die Einbeziehung ciceronischer Rhetorik361 sowie Ansätze ramistischer Logik und schließlich die Propagierung des Ziels, das römische Recht über die justinianische Titelarchitektur hinaus systematisch zu erfassen.362 Der den Reformierten eigene Anspruch, Recht und Jurisprudenz wie alle Lebens- und Wissensbereiche vom Wort Gottes her zu normieren, birgt eine spezifische Ambivalenz. Gerade dadurch, daß biblische Texte neben Texte aus dem römischen Recht gestellt werden, erfahren sie über kurz oder lang die gleiche historisch-kritische Behandlung, mit der die Vertreter der humanistischen Jurisprudenz die Texte des römischen Rechts behandeln. Belegstellen aus dem jüdischen Gemeinwesen stehen neben denen aus dem römischen, und ihre Normativität wird nur noch

probationis praerogativam; comparatione, et allegatione: diatribae tres: ex optimorum ea de re scriptorum collatione. Coronidis vice est oratio de privilegiis et honoribus peculiaribus studiosorum ac professorum, Herborn 1600. 359 Vgl. bes. aaO., 25f. 360 Vgl. bes. aaO., 27–31 (dabei Verweis auf Guillaume Budés bahnbrechende Arbeiten). 361 Vgl. bes. aaO., 23. Auf keinen anderen Autor wird so häufig verwiesen wie auf Cicero (vgl. aaO., 2–4. 9. 19. 23. 27f. 32. 48). Unter den zeitgenössischen Autoren spielt die entscheidende Rolle Matthäus Wesenbeck mit seinen Paratitla (zuerst Basel 1565; vermehrt und unter neuem Titel Basel 1579 u.ö.), die die historischkontextualisierenden Kommentierungsarbeiten Jacques Cujas’ fortführen (vgl. aaO., 21. 38. 43). 362 Vgl. die zusammenfassende Darlegung der Rechtswissenschaft unter Rückgriff auf den ciceronisch geprägten Begriff der „ars iuris“, aaO., 41: „Quamobrem ars Juris Romani etiamnun hodie variis, imo etiam pluribus quam Justiniani tempore, libris ac partibus continetur. Ad illam Juris artem, ad varia illius Juris volumina, omnia superius tradita subsidia et beneficia assidue et prudenter adhibere convenit: ut puta ingenium primo et industriam, itemque diligentiam et constantiam, tum in doctrina seu theoria, tum in praxi addiscenda: deinde humaniores artes ac linguas, praesertim Dialecticam, Rhetoricam, Philosophiam practicam, itemque historiam: tum rectam praecptorum, definitionum, divisionum, itemque methodi conformationem: denique methodicam omnium Juris librorum, tractatuum, titulorum et materiarum synopsin: dici enim non potest, quantum haec commoditatis ad perspicue intelligendum, et quantum facultatis ad prompte recordandum allatura sit.“

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theoretisch postuliert, ist aber nicht mehr wirklich plausibel zu machen.363 2.6.3 Consonantia biblicae religionis et rectae rationis Die Beobachtungen zu der durchgehend rationalen Argumentation und Grundlegung in Kahls juristisch-politischem Werk lassen sich insofern verallgemeinern, als sie sich auch am Werk anderer Heidelberger Juristen verifizieren lassen. So kommt, wie beschrieben, Ehems Werk De principiis iuris libri septem, das ja gerade die Grundlegung des Rechts zum Thema hat, völlig ohne spezifisch christliche Argumentationen und Anschauungen aus.364 Die rational-immanente Stoffdurchdringung in den Bahnen des Humanismus steht keineswegs im Widerspruch zu der reformierten Ausrichtung des Protestantismus, sondern begünstigt diese gerade.365 Man kann sogar sagen, daß in dem stärker rationalen Zug der Lehrbildung, dem betonten Kampf gegen alle Formen von Aberglauben, deren Wesen die Vermischung von Göttlichem und Weltlichem, Geistiggeistlichem und Materiellem ist, das besondere weltanschaulich-konfessionelle Profil der Heidelberger Juristen greifbar wird. Dafür spricht, daß sich die konfessionelle Identität wesentlich in der Abgrenzung gegen die unbiblisch-abergläubische römische Messe und das sich hier nicht ausreichend abgrenzende lutherische Abendmahlsverständnis einer körperlichen Realpräsenz Christi konkretisiert. Und dafür spricht ebenfalls, daß der Gegensatz gegen die zeitgenössische päpstlich-römische Religion denkbar scharf herausgestellt wird, während die antik-rö-

Zum entsprechenden Befund in Althusius’ Dicaeologicae libri tres, totum et universum jus, quo utimur, methodice complectentes und der Politica methodice digesta atque exemplis sacris et profanis illustrata siehe unten Abschn. II.Tl.4.3.6; vgl. auch STROHM, Althusius’ Rechtslehre, 91f. 364 Siehe oben Abschn. II.Tl.2.2.4, bes. Anm. 113–117. 365 Mit der Hochschätzung der Rationalität unmittelbar verbunden ist das Selbstbewußtsein der Juristen, die Bibel ohne die Bevormundung der Theologen zu lesen und auszulegen. Den erwähnten kritischen Bemerkungen über die Rechthaberei und Streitsucht der Theologen ließen sich zahlreiche weitere anfügen. Dies entspricht dem Sachverhalt, daß auch bei Althusius ein wesentliches Motiv seines Einbezugs biblischer Texte in die juristischen Arbeiten die Auffassung war, die Auslegung der Bibel nicht den Theologen zu überlassen (vgl. MÜNCH, Göttliches oder weltliches Recht; siehe auch unten Abschn. II.Tl.4.3.6). 363

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mische Religiosität, die sich zum Beispiel bei dem hochgeschätzten Autor Cicero findet, auffällig harmonisierend integriert wird.366

2.7 Denis Godefroy (Gothofredus) (1549–1622) Besonders klar greifbar sind diese Zusammenhänge bei dem ebenfalls kurz nach der Jahrhundertwende an der Universität Heidelberg tätigen Juristen Denis Godefroy (Dionysius Gothofredus), der nun abschließend behandelt wird.367 Nach kurzen Bemerkungen zu Godefroys Biographie und rechtsgeschichtlicher Bedeutung gilt es im Folgenden, die Einflüsse des Neustoizismus auf sein Religions- und RationalitätsverEin anschauliches Beispiel ist die Unbeschwertheit, mit der Kahl – Aristoteles aufnehmend – von Gott und ratio in einem Atemzug spricht und dann unter breitem Bezug auf Cicero auf römische Religiosität zurückgreift: „[...] ubi lex imperat, ait, ibi Deus et ratio imperat: sed ubi homo, ibi affectus et belua: Quanto etiam gravius et aequius M. ille Tullius 2. Philipp. et 1. de legibus? Lex nihil aliud est, inquit, nisi recta et summa a numine deorum tracta ratio, jubens ea quae facienda sunt, ac prohibens contraria. Et 2. offic. [...]“ (KAHL, De jurisprudentiae Romanae studio, 8f.). Vgl. auch aaO., 9f.: „[...] quanto sapientius et honorificentius Divus ille noster Justinianus in Codice ac Novellis plurimis: Princeps, ait, custos ac patronus pietatis, Ecclesiae et religionis esse debet, custos atque patronus scholarum, omniumque bonarum artium, virtutum ac disciplinarum. Princeps custos justitiae, custos legum, custos juris ac judiciorum esse debet [...]. Etenim inter homines nihil unquam extitit robustius justitia, vel pulchrius, quodque Deum et Imperatorem seu principem placare magis et conciliare possit, ut in eadem N. dicitur.“ Vgl. ferner aaO., 48. In der Zusammenstellung der Gesetzestexte aus römischem, kanonischem und biblischem Recht zum ersten Gebot innerhalb der Themis Hebraeo-Romana finden sich neben den Bibelstellen aus dem Johannesevangelium, welche wahre Gotteserkenntnis allein durch Christus vertreten (Joh 14; Joh 1; I Joh 1), auch auffällig viele Cicero-Zitate (vgl. KAHL, Themis Hebreo-Romana, 3–7). Während die Vielzahl der heidnisch-antiken Götter eher am Rande thematisiert wird, identifiziert Kahl in dem ausführlichen Abschnitt „De erroribus circa primam Decalogi legem“ (aaO., 7–22) die tridentinisch-römische Heiligenverehrung und Marienfrömmigkeit als Verstoß gegen die Verehrung des einen Gottes. „Eorum qui vnum quendam Monarcham Deorum statuunt, cui alii subsint: qui vocantur Monarchitae et Deitae. Huc ergo pertinent tutelares Dii Papistarum“ (aaO., 8). 367 Zu Godefroys Leben und Werk vgl. J UGLER 6 (1780), 240–264; H AAG / HAAG, Art. Godefroy, 283–288; GODEFROY-MÉNILGLAISE, Les savants Godefroy, 21–63; DICKEL, Die Heidelberger juristische Fakultät, 181–184; LIERMANN, Art. Godefroy (Denis); DE MOREMBERT, Art. Godefroy (Denis); HOLTHÖFER, Art. Godefroy (Denis); NITSCHKE, Dionysius Gothofredus; DRÜLL, Gelehrtenlexikon, 182f.; vgl. auch PIANO MORTARI, L’humanisme juridique, 39–41; STINTZING, Geschichte I, 208f. 386–389; BORGEAUD, Histoire I, 296–310. 366

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ständnis und seine in antipäpstlicher Frontstellung entwickelte Obrigkeitskonzeption herauszuarbeiten. 2.7.1 Zur Biographie und rechtsgeschichtlichen Bedeutung Auch Godefroy hatte Frankreich um seiner evangelischen Gesinnung willen verlassen und fand an der Universität Heidelberg eine neue Wirkungsstätte. Geboren am 17. Oktober 1549 in Paris, studierte Godefroy an den Universitäten Löwen, Köln und Heidelberg. 1573 erwarb er den Lizentiatentitel in Paris, mußte die praktische Tätigkeit in dieser Stadt aber im Jahre 1579 wegen seines Übertritts zum Calvinismus aufgeben. Er übernahm eine Professur für römisches Recht an der Genfer Akademie, nachdem er 1579 in Orléans zum Dr. iur. promoviert worden war. Der Ernennung zum Gouverneur von Gex, Ternier und Gaillard (bei Genf) durch den französischen König im Jahre 1589 folgte kurze Zeit später die Ausplünderung durch savoyische Söldner, die Flucht nach Basel und die Annahme einer Professur für Pandekten und Geschichte an der Straßburger Akademie im Mai 1591. Im Januar 1600 wurde Godefroy Professor für Codex an der Universität Heidelberg, kehrte aber bereits im November 1601 nach Straßburg zurück. Im Oktober 1604 übernahm er erneut die Heidelberger Professur und blieb dort, bis er 1621 vor den bayerischen Truppen fliehen mußte und 1622 durch die Flucht geschwächt in Straßburg starb. Godefroys Ruf gründete sich vor allem auf seine Ausgaben des Corpus Iuris Civilis, die den Text in bis dahin nicht erreichter Vollständigkeit sowie durch Annotationen und Indices erschlossen präsentierten und als sog. „Littera Gothofrediana“ nach Jahrzehnten des Wildwuchses eine allgemein anerkannte Textrezension boten.368 In seinem Bemühen um die Etablierung und Erschließung des Textes des Corpus Iuris Civilis zeigt sich das humanistische Bemühen, über dessen relativ zufällige Titelarchitektur hinaus die Grundbegriffe und -entscheidungen des römischen Rechts herauszuarbeiten.369 Zwar nimmt Godefroy damit Anliegen der systematischen Richtung innerhalb der humanistischen Jurisprudenz auf, charakteristisch und beherrschend in seinem juristischen Werk ist jedoch das Bemühen um die historische Kontextualisierung Die erste Ausgabe erschien 1583 und dann vielfach wiederholt (über 50 Aufl.!), 1589 zuerst wieder mit Glosse: DENIS GODEFROY, Corpus juris civilis, cum notis, Lyon 1583; vgl. dazu SPANGENBERG, Einleitung in das Römisch-Justinianeische Rechtsbuch, 839–845; TROJE, Graeca leguntur, 90–103; DERS., Literatur, 651f. 369 Siehe oben Abschn. I.Tl.2. 368

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des Corpus Iuris Civilis. So hat Godefroy zahlreiche Ausgaben antiker Autoren veranstaltet.370 Insbesondere die Kenntnis des Werkes Ciceros erschien ihm zum Verständnis des römischen Rechts unabdingbar. Eine zuerst 1588 gedruckte und dann mehrfach neu aufgelegte Gesamtausgabe der Werke Ciceros, die auf der Ausgabe Dionysius Lambinus’ (1520–1572) von 1566 beruht, bietet neben den rhetorischen Schriften, den Reden und den Briefen in einem vierten Teil auch die philosophischen Schriften Ciceros.371 Godefroys Annotationen verweisen vielfach auf Gesetzestexte oder dienen deren Erklärung. Auch der ausgesprochen umfangreiche und detaillierte Index dient nicht zuletzt diesem Ziel.372 Ciceros religionsphilosophische Schriften De natura deorum373, De divinatione374 und De fato375 provozieren an keiner Stelle einen Widerspruch oder auch nur eine vorsichtige Distanzierung in den Annotationen des Herausgebers. Cicero selbst wird in den Bemerkungen der Schrift De natura deorum als Vertreter der Stoa bezeichnet.376 Im Vorwort an den Leser bringt Godefroy sein primär ethisches Interesse zum Ausdruck, wenn er nach dem „ad bene beateque vivendum“ Nützlichen fragt, aber zugleich deutlich macht, daß er dies als untrennbar mit der Religion zusammenhängend versteht. Seine Cicero-Ausgabe soll dem 370 Vgl. z.B. D ENIS G ODEFROY , Authores Latinae linguae in unum redacti corpus [...], Genf 1595 [1602; 1622]; DENIS GODEFROY, Antiqvae historiae ex XXVII. avthoribvs contextae libri VI, totidem sollennes temporum epochas continentes, Lyon 1591; (teilweise fehlerhafter) Überblick über die Werke Godefroys mit kurzer inhaltlicher Charakteristik in: JUGLER 6, 246–264. Vincenzo Piano Mortari hat zu Recht formuliert, „qu’il était principalement un disciple de Cujas“ (DERS., L’humanisme juridique à Genève, 41). 371 D ENIS G ODEFROY , M. Tvllii Ciceronis opera omnia. Praeter hactenus vul gatam Dion. Lambini editionem, accesserunt D. Gothofredi IC. notae: in queis variae lectiones prope infinitae: synopses generales et speciales singulis vel libris vel paginis adiectae: Ciceronis loca praecipua et difficiliora, inter se primo: alijs deinde authoribus grammaticis, rhetoribus, poetis, historicis, iurisconsultis maxime collata: vt et formulae quae ad ius, leges, senatusconsulta et actiones pertinent, explicatae. Index generalis breuitate et arte summa compositus praeter superiora adiectus est, 2 Bde., s.l.[Genf] 1596 [zuerst: 1588; weitere Ausgaben: 1591; 1616; 1633; 1660]. 372 „Index verborvm et rervm generalis in omnia M. Tvllii Ciceronis, in qvo tanquam per locos communes logica, ethica, physica, nautica, rustica, et id genus alia passim suis locis occurrentia breuissime et accuratissime notata sunt“ (aaO. II, f. A. ir–E. viv). 373 Vgl. aaO. II, Sp. 271–350. 374 Vgl. aaO. II, Sp. 349–412. 375 Vgl. aaO. II, Sp. 411–422. 376 Vgl. aaO. II, Sp. 272.

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Vater in der Familie wie auch dem Bürger im politischen Gemeinwesen helfen, „eher gut und weise zu leben als neugierig und abergläubisch zu reden“.377 2.7.2 Religion und Rationalität im Banne des Neustoizismus Der klaren und unmißverständlichen Abgrenzung von der römischpäpstlichen Kirche, die Godefroy zur Emigration zwang, steht eine auffällige Offenheit bzw. Sympathie für antik-römische Religiosität gegenüber. Besonders deutlich wird dies an einer weiteren, umfassenden Edition, die Godefroy im Jahre 1590, kurz nach dem Ende seiner Lehrtätigkeit in Genf zum Druck gebracht hat, der Edition der Schriften Senecas.378 Das Werk wurde mehrfach nachgedruckt, und ebenso zeigt eine heftige Fehde um die editorische Qualität der Ausgabe mit einem der Hauptrepräsentanten des Heidelberger Späthumanismus und späteren Kollegen, Janus Gruter, die Bedeutung, die der Aktualisierung des Denkens Senecas in diesen Jahren zugemessen wurde.379 Mit dieser Ausgabe hat Godefroy wie andere Vertreter des Genfer Calvinismus und des Heidelberger Späthumanismus einen wichtigen Beitrag zur Ausbreitung 377 „[...] Atqui hoc semper existimaui, magis ea nosse nos debere quae ad mores pertinent: siue qua homines in his terris: siue qua patres familias ac pars familiae, in domo: siue qua ciues in Republica versamur: vt ne pueriliter in syllabis et literarum apicibus vitam hanc caducam, miseram et breuem teramus: sed vt potius bene ac sapienter viuere, quam curiose, ac superstitiose loqui discamus“ (aaO., Vorrede an den Leser). 378 D ENIS G ODEFROY , In L. Annaei Senecae philosophi opera coniecturarum et variarum lectionum libri V. Loci communes seu libri aureorum, nomenclator sive commentarius selectarum dictionum, Basel 1590. Zitiert wird nach der folgenden Ausg.: DENIS GODEFROY, L. Annaei Senecae philosophi et M. Annaei Senecae Rhetoris opera qvae extant omnia. Cum omnibvs commentariis hactenus editis, ad ordinem et seriem textus literis et numeris praeeuntibus. […], Genf 1628. 379 Vgl. J ANUS G RUTER , Svspicionvm libri IX. [...]. In quibus varia scriptorum loca: praecipue vero Plauti Apuleij, et Senecae Philosophi; emendandi, illustrandi conatus, Wittenberg 1591, bes. f. A 1v (abgedr. in: KÜHLMANN/HARTMANN/EL KHOLI, Die deutschen Humanisten, I/2, 557); Antwort Godefroys: Pro coniecturis in Senecam, D. Gothofredi IC. brevis et e re nata, in ipsis nundinis Francofurtensibus, ad Janum Gruterum adolescentem responsio, Frankfurt a. M. 1591; erneute Gegenschrift Gruters: Confirmatio suspicionum extraordinariar[um], contra Dion[ysii]. Gothodofredi conjecturas et varias lectiones in philosophum, Wittenberg 1591; zu Gruter vgl. jetzt KÜHLMANN/HARTMANN/EL KHOLI, Die deutschen Humanisten, I/2 (532–534: Literatur). Die genannte Edition präsentiert nun umfassend die Vorreden und andere Beilagen der Editionen Gruters.

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des Neustoizismus, der im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts feststellbaren Verdichtung der Renaissance stoischen Gedankenguts zu einer kulturell und politisch hochwirksamen Geisteshaltung, geleistet.380 Charakteristisch für den vor allem in Westeuropa verbreiteten Neustoizismus ist die Synthese stoischen und christlichen Denkens, wobei zumeist nicht mehr Letzteres den Rahmen und die Themen vorgibt, sondern stoische Denkmuster dominant werden. Bei den calvinistischen Theologen, die im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts verstärkt stoisches Gedankengut aufnehmen, werden zumindest am Rande immer auch die Unvereinbarkeiten zur Sprache gebracht, und das sind im wesentlichen die stoische Verherrlichung der Leidenschaftslosigkeit, die mangelnde Kenntnis des Sündenfalls sowie die Tendenz zum „Fatalismus“. Bei Godefroy tritt ein Gegensatz zwischen christlichen Lehren und denen des Stoikers Seneca nicht hervor. Vielmehr nimmt er ähnlich wie Lipsius, dessen Biographie Senecas zum Abdruck kommt,381 den Vertreter der römischen Stoa als dem Christentum nahestehenden Philosophen wahr. Gleichsam als Beleg dafür wird der Ausgabe der fiktive, wohl im 4. Jahrhundert entstandene Briefwechsel Senecas mit Paulus vorangestellt.382 Danach bescheinigt dieser jenem, daß ihm bei seinen philosophischen Überlegungen Dinge enthüllt worden seien, wie sie Gott nur wenigen zugestanden habe. Er solle ein neuer Verkünder Jesu Christi werden, die unwiderlegbare Wahrheit, die er nahezu erlangt habe, mit allen Mitteln rhetorischer Kunst preisen und dem zeitlichen Herrscher und seinen Dienern verkünden.383 380 Vgl. zusammenfassend STROHM , Art. Neustoizismus (hier auch weitere Literatur); zum Verhältnis von Neustoizismus und Calvinismus vgl. DERS., Ethik, 114–188. 381 „Vita L. Annaei Senecae A I. Lipsio descripta“ (GODEFROY , Senecae opera, 1628, f. +++ 4v–++++ 2r). Vgl. bes. aaO., f. +++ 6v: „Potest maius aut clarius studium elucere Virtutis? Denique et pietas in Deum et submissio, quoties apparet? Vnum excerptum posuero: Si quid credis mihi, intimos affectus meos tibi cum maxime det, ego in omnibus quae aspera videntur et dura, sic formatus sum, non pareo Deo, sed assentior: ex animo illum, non quia necesse est, sequor. Nihil vmquam mihi incidet, quod tristis excipiam, quod malo vultu: nullum tributum invitus conferam. Et plura sunt alia, in Manuductione, aut Physiologia, a nobis notata. Imo tam clarae quaedam pietatis, vt Tertullianus et prisci Nostrum appellent, Concilia, ipsa quaedam auctoritate eius (in Fragmentis posui) vtantur. Atque adeo Otho Frisingensis asserat: L. Senecam non tam Philosophum, quam Christianum dicendum.“ 382 „Epistolae Senecae et Pavli“ (aaO., f. + 4v –5 r). 383 „PErpendenti tibi ea sunt reuelata, quae paucis diuinitus conceßit. Certus igitur ego in agro iam fertili semen fortißimum sero: non quidem materiam quae

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Bezeichnend ist, daß Godefroy der Seneca-Ausgabe eine nach Themengebieten geordnete Sammlung von aus dessen Schriften exzerpierten loci communes anfügt.384 Sie enthält Theologica, Iuridica, Ethica, Oeconomica, Politica sowie zahlreiche andere, knapper dargestellte Wissenschaftsbereiche. Die loci communes „de re theologica, seu rerum divinarum“ zeigen aufs deutlichste Godefroys Auffassung der Konsonanz stoisch-rationaler Religiosität mit biblisch-christlicher Lehre. Die loci beginnen mit der Gotteslehre385 und gehen dann zur Anthropologie über.386 Hier werden die verschiedenen Lebensalter, Tod und Begräbnis thematisiert.387 Beherrscht wird die Darstellung der Anthropologie von dem Gegensatz von Körper/Fleisch auf der einen und Seele/Geist auf der anderen Seite.388 Am Ende behandelt Godefroy in zwei Abschnitten falsche Gottesverehrung und Aberglauben389 sowie die priesterlichen Personen390. Die Überzeugung einer Konsonanz stoisch-rationaler Religiosität und biblisch-christlicher Lehre wirkt sich vor allem in zwei miteinander verbundenen Grundentscheidungen aus. Zum einen bestimmt der erwähnte Gegensatz von Körper/Fleisch und Seele/Geist nicht nur die Anthropologie, sondern auch die Gotteslehre. Der Mensch besteht aus geistigen und körperlich-fleischlichen Anteilen. Gemäß den Aussagen Senecas wird der animus oder die ratio als der beherrschende Teil im Menschen ohne Bedenken mit dem göttlichen Sein identifiziert. Gott als der die Natur durchwaltende Geist (mens/spiritus) ist auch der becorrumpi videtur, sed verbum stabile Dei, deriuamentum crescentis, et manentis in aeternum, quod prudentia tua aßecuta est, indeficiens fore debebit, Ethnicorum Israëlitarumque obseruationes censere vitandas. Nouum te auctorem feceris, Christi Iesu praeconijs ostendendo rhetoricis irreprehensibilem sophiam: quam propemodum adeptus regi temporali, eiusque domesticis atque fidis amicis insinuabis: quibus aspera et incapabilis erit persuasio, cum plerique eorum minime flectantur insinuationibus tuis, quibus vitale commodum sermo Dei instillatus, novum hominem sine corruptela, perpetuam animam parit ad Deum isthinc properantem. Vale Seneca charißime nobis. Data Cal. August. Catone et Sabino Coss.“ (aaO., f. + 5r). 384 „Loci commvnes sev libri avreorvm ex Seneca facti, Dionysio Gothofredo I.C. authore“ (aaO., 1–148). 385 Vgl. aaO., 1–6 („De deo“). 386 Vgl. aaO., 6–8 („De homine“) u. 8–16. 387 Vgl. aaO., 8–10 („De vita“). 10 („De aetatibvs hominis“). 10–12 („De morte“). 12f. („De lvctv et sepvltra“). 388 Vgl. bes. aaO., 8 („De corpore et carne“). 13–16 („De animo“). 389 Vgl. aaO., 16f. („De svperstitione et impietate“). 390 Vgl. aaO., 17f. („De personis ministris sacrorum“).

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stimmende Teil des Menschen.391 Godefroy kann sogar zusammenfassen: „Homo pars diuini spiritus.“392 Der animus des Menschen ermöglicht den Zugang zur himmlischen Welt,393 von der der Mensch durch Körperlichkeit und Fleischlichkeit getrennt ist.394 Menschsein ist bestimmt durch den Kampf von Geist und Fleisch.395 Dieser paulinisch-biblische Gegensatz wird freilich – und das ist der unkritischen Übernahme stoischer Gedanken geschuldet – in unbiblischer Weise mit dem Gegensatz von Körperlichkeit und Geistigkeit in einsgesetzt. Der zweite Sachverhalt, in dem Godefroys Überzeugung einer Konsonanz stoisch-rationaler Religiosität und biblisch-christlicher Lehre einen charakteristischen Ausdruck findet, ist das Interesse an der wahren Gottesverehrung. Aussagen über die rechte Religion und Gottesverehrung in der Abgrenzung gegen alle möglichen Formen von Aber-

„Quid sit Deus. Quid est Deus? Mens vniuersi. Quid est Deus? quod vides totum et quod non vides totum. Sic demum magnitudo sua illi redditur, quia nihil maius excogitari potest, si solus est omnia: opus suum et extra et intra tenet. Quid ergo interest inter naturam Dei et nostram? Nostri pars melior, animus est: in illo nulla pars extra animum, totus ratio est. nat prooem. [...]. Quid aliud natura quam Deus, et diuina ratio toti mundo et partibus eius inserta? 4. de benef. 7.“ (aaO., 1). „A Deo semina nostris corporibus immissa, vt boni cultores excipere debemus. Semina in corporibus humanis diuina dispersa sunt: quae si bonus cultor excipit, similia origini prodeunt, et paria ex his ex quibus orta sunt surgunt: [...] epist. 74“ (aaO., 6). 392 AaO., 7; vgl. aaO., 13f.: „Nemo improbe eo conatur ascendere, vnde descenderit. Quid ista autem quod non existimes, in eo diuini aliquid existere, qui Dei pars est? Totum hoc quo continemur et vnum est et Deus, et socij eius sumus et membra. Capax est noster animus: perfertur illo si vitia non deprimant. Quemadmodum corporum nostrorum habitus erigitur et spectat in coelum, ita animus in hoc a natura rerum formatus est, vt paria Diis velit, et sic vtatur suis viribus. Nam si aliena vi ad summa nitteretur, magnus erat labor, ire in coelum: redit, cum hoc iter ad quod natus est, vadit audacter, contemptor omnium, quae imperitorum oculos auertunt a coelo scit aliubi positas esse diuitias, quam quo cogeruntur, et iis animum compleri debere, non arcam. ep. 93.“ 393 „Animus vnde et quem in finem? Nobis datus est, vt Deum, quaeque Dei sunt, spectemus, et a corpore ad res diuinas, coelestes et aeternas eum subducamus“ (aaO., 13). Vgl. aaO., 14. 394 „Hominis conditio caelestis. De hominis conditione coelesti post Deum vide epist. 41. [...] Homo ex terreno fit coelestis, cum se supra humana erigit. [...] De hominis praestantia summa et hominis bono, qua parte et in qua sit positum et quare a brutis maxime ac proprie disserat“ (aaO., 6f.). „Corpori quantum tribuere debeat vir bonus. [...] In carne foelicitatem hominis non esse ponendum“ (aaO., 8). 395 „Carnis et spiritus pugna. Omni animo cum hac carne graui certamen est ne abstrahatur et fidat: nititur illo vnde dimissus est. ad Mart. 24. in si.“ (ebd.). 391

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glauben (superstitio) ziehen sich als eine Art Leitmotiv durch die theologischen loci. Bei der Frage, warum Gott vom Menschen zu verehren ist, lautet die Antwort im reformierten Sinne und unterstrichen durch ein Seneca-Zitat: wegen seiner außerordentlichen Majestät.396 Selbst Calvins Auffassung, daß Gott den Menschen erschaffen habe, um seinen Ruhm zu mehren, kann Godefroy mit einem Seneca-Zitat erläutern.397 Wahrer cultus kann nicht auf äußerliche Weise geschehen,398 er besteht in Glauben, Heiligkeit des Lebens, Nachfolge, Gotteserkenntnis und darin, daß man Gott die ihm gebührende Ehre zukommen läßt.399 In der Auffassung, daß die wahre Religion und Gottesverehrung nur eine geistiggeistliche sein kann, wirkt sich einmal mehr der Gegensatz von Körper/Fleisch und Seele/Geist aus. So hebt Godefroy gleich zu Beginn der Gotteslehre die Fundamentalalternative von cultus religiosus sive superstitiosus hervor und kann dafür pointierte Formulierungen Senecas zitieren.400 Den vielfältigen Formen von Aberglauben sind dann auch mehrere Abschnitte gewidmet.401

396 „De vera religione et vero Dei cultu: et cur Deus ab homine sit colendus. Deus colitur propter maiestatem eximiam, singularemque naturam. 4. de benef. 19.“ (aaO., 5). 397 „Homo, Dei opus maximum et ad eius gloriam. Scias non esse hominem tumultuarium et incogitatum opus. Inter maxima rerum suarum natura nihil habet quo magis glorietur, aut certe cui glorietur. 6. de benef. 23.“ (aaO., 6). 398 „Deus in nobis habitat. [AEdituo nobis non est opus qui nos ad aures simulachri admittit.] [...]. Non sunt ad coelum eleuandae manus, nec exorandus aedituus, vt nos ad aures simulachri, quasi magis exaudiri possimus, admittat. Prope est a te Deus, tecum est, intus, est. et post Bonus vir sine Deo nemo est. et post. In vnoquoque virorum qui Deus incertum est, habitat tamen Deus. epist. 41. (aaO., 4).“ 399 „Cultum Dei verum, in pia ac recta voluntate venerantium consistere, non in auro aut victimis“ (aaO., 5). „Quomodo Deus maxime sit colendus. Dei verum cultum consistere in fide, honore, sanctitate vitae, imitatione Dei, eiusque cognitione“ (ebd.). 400 „Cultu ipso, siue religioso, siue superstitioso.“ „Religio Deos colit, superstitio violat. 2. clem. 5.“ „Superstitio error insanus est, amandos timet: quos colit, violat. Quid enim interest vtrum Deos neges, an infames? epist. 124. [ADDITIO. Modum quendam esse religionis: nimium esse non oportere. Cicero pro domo: vbi Glossa est, cum ibi legitur, nimium esse superstitiosum non oportet.]“ (aaO., 1). 401 „Vulgus multa impie de Deo sentire. [...] Poetas de Diis fabulose et impie multa scripsisse. [...] Prophetas, vates et diuinos superstitionem auxisse. [...] Pictores et statuarios superstitionem propagasse. [...] Imperitos superstitionem induxisse, et ab imperitorum falsa persuasione, altissimos viros dissentire. [...] Imperatores nonnullos impios in Deum fuisse. [...] Principes in numerum Deorum ab adulatoribus subditis relatos. [...] Inanimatis diuinus honos a quibusdam

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Godefroys aus dem Werk Senecas exzerpierte loci sind ein sprechendes Beispiel für die Überzeugung eines grundlegenden Gleichklangs biblisch-christlicher mit stoisch-rationaler Religion. Es ist klar, daß hier für die klassischen christologischen und soteriologischen Motive christlicher Theologie wenig Platz ist. Die reduktionistische Tendenz wird offensichtlich, wenn einerseits der Prädestinationsgedanke entfällt, andererseits aber der christliche Gedanke der providentia mit Seneca-Worten illustriert402 und ohne Einschränkung mit der stoischen Auffassung des Fatum identifiziert wird.403 Die mangelnde Wahrnehmung der Gegensätze biblisch-christlicher Lehre und stoisch-rationaler Religion steht in einem auffälligen Kontrast zu der scharfen Abgrenzung, die Godefroy gegenüber päpstlich-römischen Standpunkten vollzieht. 2.7.3 Kritik an päpstlicher Bevormundung von weltlicher Obrigkeit und Vernunft Diese hat er unter anderem in einer 1592 anonym gedruckten Schrift mit dem Titel Maintenue et defense des princes sovverains et eglises chrestiennes, redditus. [...] Superstitio in victimarum numero“ (aaO., 16f.). „De cultu superstitioso et variis eius exemplis“ (aaO., 5). 402 „Deum nihil ignorare, et eius summa in rebus creatis prouidentia probari. Dij non possunt videri nescisse, quid effecturi essent, cum omnibus alimenta protinus et alia prouiderint. 6. de benef. 23. Nihil Deo clausum est. epist. 84. Dei prouidentia omnia facta esse. Cogitauit nos ante natura, quam fecit. 6. de beneficiis 23.“ (aaO., 2). 403 „De appellationibus et nominibus Dei variis. [...] Ne hoc quidem crediderunt, Iouem esse qualem in Capitolio, et in caeteris aedibus videmus mittere manu fulmina, sed eundem quem nos Iouem intelligunt, custodem, rectorem vniuersi, animum ac spiritum, mundani huius operis dominum et artificem cui nomen omne conuenit: Vis illum fatum vocare? non errabis. Hic est ex quo suspensa sunt omnia, ex quo sunt omnes causae causarum. Vis illum prouidentiam dicere? recte dices. Est enim, cuius consilio huic mundo prouidetur, vt inconcussus eat, et actus suos explicet. Vis illum naturam vocare? non peccabis. Est enim, ex quo natura sunt omnia, cuius spiritu viuimus. Vis illum vocare mundum? non falleris. Ipse enim est totum quod vides, totus suis partibus inditus, et se sustinens vi sua. Idem et Hetruscis visum est: et ideo fulmina a Ioue mitti dixerunt, quia sine illo nihil geritur. 3. nat. quaest. 35. Natura, fatum, fortuna omnia eiusdem Dei nomina sunt, varie vtentis sua potestate. 4. de benef. 8.“ (aaO., 1). „De fato, et quid fatum. Quid intelligis fatum? Existimo necessitatem rerum omnium, actionumque quam nulla vis rumpat. 2. nat. quaest. 36. [...] Fati prima lex, stare decreto Dei. Quemadmodum rapidorum aqua torrentium in se non recurrit, nec moratur quidem, quia priorem superueniens praecipitat: sic ordinem fati aeterna series regit, cuius haec prima lex, stare decreto. 2. natural. quaest. 35. Fato omnes obnoxij citra ordinem aetatis. [...] Fatum Deus non mutat, quia semel iußit. [...] Fato diuino neque liberum arbitrium: neque expiationes, neque aut vota aut preces tolli. [...] Fato etiam inanimata subiici“ (aaO., 2f.).

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contre les attentats, vsurpations, et excommunications des Papes de Rome404 formuliert. Der Text reagiert auf die Exkommunikation des legitimen Thronfolgers Henri IV durch Papst Gregor XIV., die ultimative Androhung der Exkommunikation gegen die Anhänger des neuen Königs im Jahre 1591 sowie des Papstes Versprechen, zur Durchsetzung dessen militärische Hilfe zu senden.405 Die Urteile über den Papst lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.406 Die Schrift beginnt mit dem Zitat der scharfen Verurteilung durch das Parlement von Tours am 5. August 1591, in der Gregor XIV. als Feind des Friedens und der Einheit der katholischen Kirche sowie des Königs, als Unterstützer der spanischen Verschwörung und Förderer von Rebellentum und schließlich als der grausamsten Verbrechen bis hin zum Mord schuldig gebrandmarkt wird.407 Petrus, als dessen Nachfolger der Papst sich ge404 [D ENIS G ODEFROY ], Maintenue et defense des princes sovverains et eglises chrestiennes, contre les attentats, vsurpations, et excommunications des Papes de Rome, s.l. [Heidelberg: Hieronymus Commelinus] 1592. Bei der von JUGLER 6, 256, und HAAG/HAAG, Art. Godefroy, 286, erwähnten Ausgabe Genf 1607 handelt es sich um eine Wiederverwendung der nach Genf gebrachten Restauflage, die mit einem neuen, leicht veränderten Titelblatt versehen wurde (vgl. DROZ, Fausses adresses typographiques, 392–394). Die Schrift ist aufgenommen in: [SIMON GOULART] (Hg.), Les mémoires de la Ligve, sovs Henri III. et Henri IIII. Ros de France. Comprenant en six volumes, ou recueils distincts, infinies particularités memorables des affaires de la Ligue, depuis l’an 1576 jusques à l’an 1598, 6 Bde., s.l. [Genf] 1593–1602, Bd. 4, 400–654; Neuausg.: [SIMON GOULART] (Hg.), Mémoires de la Ligue, contenant les évenemens les plus remarquables depuis 1576, jusqu’à la paix accordée entre le Roi de France et le Roi d’Espagne, en 1598. Nouvelle édition, 6 Bde., Amsterdam 1758, Bd. 4, 374–616. Während Goulart die Schrift ohne Angabe des Autors abgedruckt und nur von einer „tresdocte personnage“ gesprochen hat, wird sie seit Jacques Le Longs Bibliotheque historique de la France von 1768 ohne Widerspruch Godefroy zugesprochen (vgl. JUGLER 6, 256; HAAG/HAAG, Art. Godefroy, 286; DROZ, Fausses adresses typographiques, 393; CHAIX/DUFOUR/ MOECKLI, Les livres imprimés, 134). 405 Vgl. G ODEFROY , Maintenue, 3. 406 Der Verfasser der Schrift verteidigt die reformierte Kirche Frankreichs mehrfach gegen den Vorwurf der Häresie (vgl. z.B. aaO., 104, mit Verweis auf Art. 14 „de la confession de foy des Eglises de France“). Der Abdruck der Schrift in der Neuausgabe von Goularts Mémoires de la Ligue ist mit erläuternden Fußnoten versehen, in denen die reformierten Ansichten des Verfassers vom Standpunkt der gallikanisch-katholischen Kirche aus kritisiert werden. 407 „Declare Gregoire (soy disant Pape) ennemy de la paix et vnion de l’Eglise Catholique, Apostolique, et Romaine, du roy et de son estat: adherant a la coniuration d’Espaigne: fauteur des Rebelles: coupable du trescruel, tesinhumain, et tresdetestable parricide proditoirement commis en la personne de Henry 3. Roy de

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riert, sei den Märtyrertod gestorben, nicht aber als „vn boutefeu sanguinaire, spoliateur, et meurtrier des Princes“408. Sich von einem solchen „loup et voleur“ wie dem Papst loszusagen, gesteht schon die schlichte ratio naturalis zu.409 Der Papst gehört zu denen, die die Heilige Schrift konsequent falsch auslegen,410 und einem Papst wie Bonifaz VIII. („cest animal“) wird nicht einmal die Fähigkeit vernünftig schlußfolgernden Denkens zugestanden.411 Mit dem Konziliaristen Pierre d’Ailly (1350–1420) wirft Godefroy den Päpsten vor, durch ihre Verordnungen und Gesetze eine Vielzahl von abergläubischen Praktiken eingeführt zu haben.412 Die Kritik am Papsttum kumuliert in dem in immer neuen Varianten vorgetragenen Vorwurf, sich auf Kosten der legitimen weltlichen Obrigkeiten Herrschaftsgewalt in weltlichen Angelegenheiten anzumaßen. Entsprechend ausführlich wird das Verhältnis von weltlicher und geistlicher Gewalt im Allgemeinen und die strikte

tresheureuse memoire, treschrestien et Catholique“ (aaO., 4). Der „Arrest de la cour de Parlement seante a Tours“ ist abgedr. in: GOULART, Memoires 1768, IV, 367– 369. 408 G ODEFROY , Maintenue, 7. 409 „La septiesme est, que le Roy et les Conciles et Parlemens de Fance, deuoyent tenir la main a vne telle retraicte, Autoritate, Naturali ratione, proprii Iurisiurandi debito, et antecessorum nostrorum exemplo. Quant a l’authorité que S. Ambroise au liure des Patriarches dit, Necessitatem defensionis Ecclesiarum ad Regem pertinere, que la defense des Eglises apartient de necessité aux Roys. Que quand a la raison naturelle, Gentes etiam quae legem non habent, les nations mesmes les plus Barbares, et qui n’ont aucune loy, en reuiendroient là, de dire qu’il est loisible a l’Eglise de se retirer d’vn tel Loup et voleur que le Pape“ (aaO., 351f.). 410 „Ce seroit merueilles si ces gens [sc. Gegner] pouuoyent vne seule fois alleguer l’escriture en son vray sens“ (aaO., 104). 411 „Ce Boniface donc VIII. fit vn edict par lequel il declara, quod omnis creatura omnino de necessitate salutis debet subesse Romano Pontifici etiam in Temporalibus, Que toutes creatures doyuent necessairement pour leur salut croire qu’elle sont suiectes au Pape de Rome, voire mesmes pour le temporel. Voyons maintenant ses raisons, et comment cest animal syllogize“ (aaO., 158). 412 „Que c’est aux Conciles, ou l’on remedieroit a la multiplication et nombre effrené d’excommunications, par le moyen desquelles les Papes et ses seruiteurs se fuisoient craindre: Que c’est la, ou l’on deuoit connoistre de la multitude des loix, constitutions, decrets, et Canons des Papes: Plus du nombre infini de ieusnes, messes, images, festes, temples, et nouueaux saincts faicts et introduicts par les Papes. Voyla ce que ce Cardinal a escript des Conciles: qui me semble assez condamner l’excommunication de nostre Pape Gregoire“ (aaO., 101).

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Begrenzung der Herrschafts- bzw. Jurisdiktionsgewalt des Papstes in zeitlichen Angelegenheiten im Besonderen behandelt.413 Die 357 Seiten umfassende Schrift ist gegliedert in nicht weniger als 26 Erweise der „nullité“ der päpstlichen Exkommunikation. Mit der Form der Nichtigkeits- oder Rechtsungültigkeitserklärung wählt der Jurist Godefroy eine ausdrücklich juristisch geprägte Darstellungsform. Dabei werden nicht nur Gesetze bzw. Texte des römischen und kanonischen Rechts, sondern ebenso biblische Texte, Kirchenväter-Äußerungen und Belege der mittelalterlichen Papstgeschichte zur Erörterung und zum Beleg herangezogen. In den ersten fünfzehn Nichtigkeitserklärungen bzw. Argumentationen geht es um verschiedenste Fragen, die sich stellen, wenn ein Fürst häretisch zu sein scheint. Unter anderem wird hier die Kompetenz des Papstes, in geistlichen Angelegenheiten über den französischen König zu befinden, strikt begrenzt414 und die vermeintliche Befreiung der Untertanen von der Gehorsamspflicht im Falle der Häresie des Fürsten zurückgewiesen.415 Ihr Zentrum hat die Schrift in der 16. Nichtigkeitserklärung, welche die mit Abstand umfangreichste des gesamten Buches ist und den Anspruch des Papstes zurückweist, irgendeine Souveränität oder Jurisdiktionsgewalt über den französischen König in zeitlichen Angelegenheiten zu haben.416 „La 16. Nullité est qu’il s’attribue et vsurpe vne Iurisdiction et souuerainneté TEMPORELLE sur le Roy et le Royaume de France, laquelle il n’a iamais eue, ni de faict ni de droict.“417 Die Ausführungen bieten faktisch eine Godefroy beruft sich auch auf Argumentationen von Kanonisten, die den übersteigerten und in die Dekretalen aufgenommenen Primatsanspruch Bonifaz VIII. relativieren: „Au rest, que la principauté du Pape n’est point despotique, comme du Maistre sur l’Esclaue et seruiteur, qui n’a droict de se reuanger: mais Politique, comme du Pere sur les enfans, qui habent ius in aliquo resistendi, qui ont, droit de resister et se defendre: supposé que non sumus ancillae filii, sed liberae, qua libertate Christus non liberauit. Galat. 4. Voyla comme ce Cardinal parle“ (aaO., 82; vgl. Extravag. commun., lib. II, tit. 3, cap. 1, FRIEDBERG II, Sp. 1255f.). 414 Vgl. bes. aaO., 18–52; vgl. auch aaO., 243–260. 415 Vgl. aaO., 102–137; vgl. auch aaO., f. ]:[ 5v : „[...] ie leur demande, s’ils oseroient dire, qu’un des Saincts Peres et Patriarches ait iamais fait ligue contre son Prince de contraire religion? Pourront ils monstrer que quelque grand Pontife de la Loy ait prins les armes contre son Prince pour le dechasser du Royaume a cause de sa Religion? [...] Y a il Iesuiste auiourdhuy qui osat dire que Iesus Christ ai iamais faict ligue contre ses superieurs pour les deiecter de leur Throne et jurisdiction temporelle a cause de la Religion?“ 416 Vgl. aaO., 138–197. 417 AaO., 138. 413

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eingehende und grundsätzliche Erörterung des Verhältnisses von geistlicher und weltlicher Gewalt.418 Die nachfolgenden Ausführungen illustrieren im wesentlichen das hier Formulierte und konkretisieren es im Blick auf die französischen Verhältnisse.419 Charakteristisch für Godefroys Ausführungen ist die Aufwertung des weltlichen Regiments, das nicht nur gegenüber jeglichem Eingriff der geistlichen Gewalt in Schutz genommen wird und die Alleinzuständigkeit für alle zeitlichen Angelegenheiten zugesprochen bekommt, sondern auch erhebliche Kompetenzen in geistlichen bzw. kirchlichen Angelegenheiten erhält. Zur Begründung der Alleinzuständigkeit der weltlichen Gewalt für alle zeitlichen Belange listet Godefroy vierzehn Argumente auf, die in der Schrift an verschiedenen Stellen genauer ausgeführt und mit Beispielen illustriert werden. Erstens habe sich kein einziger der im Alten Testament vorkommenden Opferpriester weltliche Souveränität angemaßt.420 Zweitens lassen sich die päpstlichen Übergriffe in das weltliche Regiment auch nicht durch Jesu oder der Apostel Verhalten begründen. Hier werden neben der klassischen Stelle zur Begründung der Unterscheidung der beiden Regimente, der Aufforderung Jesu an die Jünger, dem Kaiser Steuern zu bezahlen, nach Mt 22,17–22 parr. auch zwei Texte aus dem Johannesevangelium herangezogen: Jesu Flucht vor den Anhängern, die ihn zum König machen wollen (Joh 6,15), sowie seine Vgl. bes. aaO., 138–151 („De la Temporalité et droit de Iurisdiction Temporelle du Pape sur les Princes et Roys de la Terre, et particulierement sur les Roys de France: et s’il peut les priuer de leur Temporalité pour heresie qui soit en eux“). 419 Godefroy bietet zahlreiche Belege, die zeigen sollen, daß die Exkommunikation durch den Papst im Widerspruch zum Vorbild der alttestamentlichen Patriarchen, Propheten und priesterlichen Gestalten, zu Jesus und den Aposteln, den Kirchenvätern und allgemeinen Konzilen sowie den ersten Päpsten steht (vgl. aaO., 197–240). Schließlich werden die Verhältnisse in der französischen Kirche beleuchtet, und zwar von der Frühgeschichte an und unter breiter Darlegung der äußerst beschränkten Jurisdiktionsgewalt des römischen Bischofs in der östlichen, afrikanischen und westlichen Christenheit (vgl. aaO., 240–345). Die Ausführungen münden im Aufweis der umfassenden und weitreichenden Kompetenzen, die der französische König im Laufe der Geschichte der gallikanischen Kirche gewonnen hat (vgl. aaO., 306–345). 420 „Pour le premier, faut remarquer que pas vn des souuerains Sacrificateurs en l’Ancienne loy, ne s’est attribué la souueraineté du temporel, par dessus les Roys et Princes destinez pour le gouuernement exterieur du Peuple. Voila quant a l’Eglise du viel testament“ (aaO., 138). 418

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Weigerung, die Ehebrecherin zu verurteilen (Joh 8,1–11). Der Sinn dieser Bibeltexte liegt in der Charakterisierung des Reiches Jesu als nicht von dieser Welt, wie dieser das selbst in Joh 18,36 formuliert.421 Drittens habe auch Petrus in I Petr 2,13f. die Forderung des Gehorsams gegenüber der weltlichen Obrigkeit mit dem Willen Gottes und nicht deren Einsetzung durch die Päpste begründet. Gleiches sage viertens Paulus nach Röm 13. Das fünfte Argument bietet ein im Decretum Gratiani als Schreiben des römischen Bischofs Clemens an den Herrenbruder Jakobus überlieferter Text, in dem jener ausdrücklich ablehnt, daß sich die Bischöfe mit weltlichen Geschäften befaßten.422 Weitere Argumente sind Augustins Auffassung, daß Gott das menschliche Recht durch die weltlichen Fürsten auf Erden installiert habe,423 die Zustimmung Papst Nikolaus’ I. zur Befolgung der kaiserlichen Gesetzgebung in weltlichen Angelegenheiten durch die Bischöfe424 und ähnliche Zeugnisse der mittelalterlichen Papst- und Konzilsgeschichte.425 Die Unterstellung der römischen Bischöfe unter die Gesetzgebung der Kaiser in „zeitlichen Angelegenheiten“ gilt auch im Falle von deren Häresie. Godefroy verweist darauf, daß Papst Gelasius I. das Recht des Arianers (und darum Häretikers) Theoderich, Gesetze in zeitlichen Angelegenheiten „circa reverentiam beati Petri Apostoli“ zu erlassen, anerkannt habe.426 Mit „Le mesme interrogé s’il estoit le Roy des Iuifs, respondit ouuertement que son Regne n’estoit point de ce monde“ (ebd.). 422 „[Marg.: quaest. 1. c. te quidem oportet. 19] Pour le cinquiesme, Clement en son epistre a Iaques frere du Seigneur monstre, que Dieu n’a point voulu que les Euesques fussent iuges ou prissent connoissance des affaires du monde, de peur qu’estans enuelopez aux affaires des hommes, ils ne peussent vaquer a la parole du Seigneur“ (aaO., 139, mit Bezug auf: Decr. Grat. II, C. 11, qu. 1, c. 29, FRIEDBERG I, Sp. 634). 423 Vgl. G ODEFROY , Maintenue, 139f. 424 Vgl. aaO., 140f. 425 Vgl. aaO., 141–151. 426 „Ce que dessus, n’est pas seulement verifié par les loix des Chrestiens concernant le temporel sur les Papes, mais encor par les Princes Heretiques: ainsi qu’il se voit par l’escrit du Pape Gelase au Roy Theodoric, auquel le susdict Pape reconnoist que Theodoric auoit puissance non seulement de faire des loix concernant les afaires temporelles, mais encores circa reuerentiam beati Petri Apostoli. Nous auons encor monstré en vn autre endroit, que les Empereurs (mesmes Heretiques) ont eu puissance de faire des Edicts et ordonnances, et par iceux astraindre les Papes. Qui monstre que les Papes sont suiects aux Empereurs et Roys de la terre pour le temporel, et par consequent, que faussement ils disent la temporalité des Royaumes leur auoir esté baillée“ (aaO., 149). 421

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den vierzehn dargelegten Argumenten sieht er es als klar belegt an, daß die Päpste in zeitlichen Angelegenheiten keinerlei Kompetenz beanspruchen dürfen, und wenn das in späterer Zeit dann doch der Fall gewesen sei, hätten sie sich diese eben zu Unrecht durch rohe Gewalt angeeignet.427 Unter diesen, in seinen Augen katastrophalen Fehlentwicklungen widmet sich Godefroy neben anderen der sog. Konstantinischen Schenkung428, dem Vorgehen Gregors VII. gegen Heinrich IV. im Rahmen des Investiturstreits429 sowie – besonders eingehend und polemisch – dem grotesk gesteigerten Machtanspruch Papst Bonifaz’ VIII. in der Bulle Unam sanctam430. Godefroy läßt es, wie angedeutet, nicht dabei bewenden, der weltlichen Obrigkeit die Alleinzuständigkeit für alle zeitlichen Belange zuzusprechen, sondern sie erhält auch erhebliche Kompetenzen in geistlichen bzw. kirchlichen Angelegenheiten. Die weitgehende Macht der französischen Könige bei der Auswahl und Besetzung der Bischofssitze und Abteien wird reich illustriert.431 Zusammen mit den französischen Konzilen hätten sie auch das Recht, Bischöfe und andere hohe geistliche Würdenträger abzusetzen.432 Bei der Einberufung und der Umsetzung der Beschlußfassungen der Konzile hat der König ebenfalls entscheidend mitzubestimmen.433 Anhand zahlreicher Konzilsentscheidun„Nous auons monstré ci deuant que les Papes de Rome n’ont eu aucun droit sur la Temporalité des Princes et des Roys, si nous regardons aux sainctes Escitures [sic!] et aux saincts Conciles. Car c’est de faict et de pleine force, qu’ils se sont attribuez ceste puissance“ (aaO., 151f.). 428 Vgl. aaO., 161–164. 429 Vgl. aaO., 152–155. 430 Vgl. aaO., 157–161, teilw. zit. oben Anm. 411. 431 „Des Eueschez, et Abbayes tant d’hommes que de femmes: et que le Roy pouruoyoit a l’un et a l’autre“ (aaO., 306–318). „Des grans et souuerains PATRIARCHES de France, mis et establis par les Roys de France en leur pays“ (aaO., 320– 323). 432 „De la deposition des Euesques, et autres Prelats de France: et qu’elle apartient tant a nos Roys, qu’aux Conciles de France“ (aaO., 318–320). 433 „Des Conciles de France, et de leur conuocation: et qu’ils ont este conuoquez par nos Roys, sans qu’il apparoisse auoir demandé congé au Pape, et sans faire aucune mention de luy, non pas mesmes aux prieres faictes es susdicts Conciles“ (aaO., 323–329). „Le Roy ayant conuoqué vn Concile donnoit par escript les poincts qu’il vouloit estre traitez et decidez en iceluy“ (aaO., 329–331). „De la seance des Euesques et des Roys aux Conciles“ (aaO., 331). „Les Decrets du Concile quelques fois estoyent raportés aux Ordonnances du Roy“ (aaO., 331f.). „La resolution de chasque Concile estoit presentee au Roy, remise icelle à son bon plaisir pour y 427

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gen und Texte aus dem kanonischen Recht wird die Kompetenz der französischen Könige bzw. ihrer Beamten, die Jurisdiktion in der Kirche Frankreichs zu handhaben, unterstrichen.434 Zum Abschluß weitet Godefroy diese Ausführungen, die dem französischen König eine ausgesprochen starke Stellung in der Kirche sichern, in grundsätzliche Aussagen zum Verhältnis von weltlicher Obrigkeit und Kirche aus. Die weltlichen Herrscher und Magistrate hätten von Anfang an, und zwar schon in alttestamentlicher Zeit, die kirchliche Jurisdiktionsgewalt innegehabt.435 Zahlreiche Belege aus dem Deuteronomium und den Könige- und Chronikbüchern sowie alttestamentliche Herrschergestalten, unter anderem David, Salomo und Josia, illustrieren und konkretisieren dies: „Par là nous voyons, qu’il apartient aux Roys de mettre ordre et establissement en la Police de l’Eglise. Nous voyons qu’ils ont eu puissance de faire des decrets et Canons en telles afaires iusques a mettre et demettre les grands Sacrificateurs, abatre les choses commandees par la Loy dont on abusoit, d’establir des Festes, de metre vn reglement sur les Leuites, et Ministres du Seigneur, tant pour la seruice Ecclesiastique, que pour leur sanctification, et celle du peuple, et du Temple. Nous voyons encore, qu’ils ont eu puissance d’assembler des Conciles pour cest effect, et qu’en iceux ils ont pris conseil de leurs Princes, et autres officier Politiques.“436

In der christlichen Kirche wurde das bewahrt, wie Godefroy dann anhand zahlreicher Belege aus dem Codex Iustinianus und den Novellen und unter Verweis besonders auf Konstantin d. Gr. und Iustinian ausführt.437 Die hier vorgenommene Bestimmung des Verhältnisses von weltlicher und geistlicher Obrigkeit läßt kaum Platz für irgendeine Begründung des Widerstandsrechts der Untertanen gegen eine häretische oder tyrannische Obrigkeit. Die knappen Aussagen dazu liegen auf der Linie der – auch eingangs zitierten – Klage des Ambrosius, der Waffengewalt der gotischen Herrscher, die arianisch-häretische Lehre verbreiten, nur changer, adiouster, ou diminuer, ainsi qu’il verroit estre bon“ (aaO., 332–336). „Le Roy connoissoit de la contrauention des Conciles“ (aaO., 336). 434 „De la Iurisdiction Ecclesiastique apartenante a nos Roys et a leurs Iuges“ (aaO., 336–338). 435 „Que de tout temps la Iurisdiction Ecclesiastique a apartenu aux Roys, et aux Magistrats, et comment“ (aaO., 338–345). 436 AaO., 341. 437 „Le Mesmes a esté gardé en l’Eglise Chrestienne: ainsi qu’il se voit en l’Histoire de Constantin, et de ses successeurs: et singulierement de Iustinian en son Code, et en ses Nouelles“ (ebd.; vgl. aaO., 341–345).

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mit seinen Tränen als Waffen Widerstand leisten zu dürfen und zu können.438 Lediglich die Ausführung von Befehlen, die dem Gebot Gottes zuwiderlaufen bzw. Idolatrie bedeuten, ist dem Untertanen untersagt. Hier hat er mit Augustin, der auch ausdrücklich zitiert wird, und Luthers Obrigkeitsschrift aus dem Jahre 1523 Wortwiderstand zu leisten, aber ansonsten die Sanktionen der Befehlsverweigerung durch die Obrigkeit zu erleiden.439 Von den unter den französischen Protestanten in den siebziger Jahren verbreiteten spezifisch monarchomachischen Argumentationen ist hier kaum etwas bewahrt. Selbst der Fall, daß ein Herrscher Häresie vertritt und fördert, kann keinen Widerstand mit Waffengewalt rechtfertigen.440 Mit Berufung auf Jakobs Aufenthalt in Ägypten, das Beispiel des Mose sowie das Verbot Jesu gegenüber Petrus, seine Verhaftung mit Waffengewalt zu verhindern, wird hier faktisch die Gegenposition zu den Vindiciae contra tyrannos, einer der calvinistisch-monarchomachischen Hauptschriften, eingenommen. Als Möglichkeiten der Reaktion blieben dem Untertan nur geduldiges Leiden oder Auswanderung.441 Zentral für Godefroys Argumentation ist die bereits angesprochene, klare und pointierte Unterscheidung von zeitlichen und geistlichen Angelegenheiten. Neben der erwähnten johanneischen Beschreibung des Reiches Jesu als eines geistlichen Reiches, das nicht von dieser Welt ist, „Le mesme [sc. Ambrosius] in oratione contra Auxentium: Coactus repugnare non noui. Potero dolere, potero flere, potero gemere. Aduersus arma, milites, Gothos quoque LACHRYMAE MEAE MEA ARMA SVNT. Talia sunt munimenta sacerdotum: ALITER NEC DEBEO, NEC POSSVM RESISTERE “ (aaO., 2; mit Zitat aus: AMBROSIUS V. M AILAND , Sermo contra Auxentium, PL 16, Sp. 1008). 439 „Si l’Empereur (dit il [sc. Augustin]) me commande chose que Dieu me defend, Que vous en semble? L’Empereur me commande il que ie luy paye le tribut, que ie le suiue, et luy face seruice? Ie le feray: mais ce ne sera point en son Idolatrie. Qui me le defend? vn qui est plus grand que luy. Ie luy diray, Excusez moy, Sire, vous ne me menacez que d’vne prison, et Dieu me menace des enfers“ (GODEFROY, Maintenue, 115; mit Bezug auf ein Augustin-Zitat in: Decr. Grat. II, C. XI, qu. 3, c. 97, FRIEDBERG I, Sp. 670). 440 Vgl. bes. G ODEFROY , Maintenue, 128–134: „De la Reuolte et prinse d’armes du suiect Orthodoxe contre son Prince Heretique; et si elle luy est loisible et permise.“ 441 „Tant y a que nous ne lisons autre chose de Moyse, sinon qu’il s’est retiré d’Egypte. Aussi est-ce le deuoir et l’office d’un suiect fidele persecuté par son Seigneur et souuerain, de se disposer a patience, ou bien de se retirer ailleurs loin de sa patrie, sans y esmouuoir vne guerre Ciuile, ou rebellion Populaire contre celuy que Dieu luy a donné pour Seigneur“ (aaO., 129). 438

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dient besonders das Bibelwort „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“ (Mt 22,21) als Begründung.442 Der klaren Unterscheidung entspricht ganz im Sinne Luthers auch Godefroys Betonung, daß in den Angelegenheiten der Religion Gewalt keinen Platz habe.443 Er selbst nimmt hier keinen Widerspruch zu der von ihm betonten Kompetenz des weltlichen Herrschers in kirchlichen Angelegenheiten wahr. Es ist offensichtlich, daß die Betonung der Autorität des Fürsten im Unterschied zur monarchomachischen Relativierung in der neuen Situation eines von der katholischen Partei bekämpften, protestantisch gesinnten Herrschers ihren unmittelbaren Anlaß hat. Sie ist aber zugleich auch Ausdruck der breiten Rezeption stoischen Gedankengutes am Ende des 16. Jahrhunderts. Der sich formierende Neustoizismus übertrug nach dem Vorbild von Justus Lipsius’ Schrift Politicorum sive civilis doctrinae libri sex aus dem Jahre 1589444 das Modell einer Eliminierung der Leidenschaften durch die Vernunft im einzelnen Menschen auf den politischen Bereich, wo entsprechend die starke Autorität des Herrschers dem wankelmütigen Volk gegenüberstehe. Auch bei anderen calvinistisch-reformierten Autoren läßt sich die Relativierung des in den siebziger Jahren formulierten monarchomachischen Gedankenguts beobachten. Exemplarisch kann hier der Verfasser der wichtigsten Ethik im frühen Calvinismus, der Genfer Theologieprofessor Lambert Danaeus, genannt werden. Während er in den siebziger Jahren noch das Recht

Vgl. aaO., 111–115. „Pour fin et conclusion de mon dire, qu’ils se souuiennent de ce que les saincts Peres ont escript contre la persecution qu’ils souffroient des Gentils: et qu’ils leur ont soustenu en face de bouche et d’escript que, Religionis non erat cogere religionem. Qu’ils se souuiennent que les mesmes Peres ont escript que Fides est suadenda non imponenda: Plus: que le vray moyen de defendre vne Religion, n’estoit point en la force ni aux tourmens, ni aux persecutions, non in saeuitia, sed patientia et morte, non verberibus sed in verbis: non in occidendo, sed in moriendo: non in scelere sed fide. Autrement que la Religion nestoit point deffendue ains trahie et vendue. Qu’il n’y auoit rien plus contraire à la verité et Iustice que la violence et la cruauté: finalement que contraindre autruy par armes a vne religion, c’estoit plustost carnificina quadam quam pietas“ (aaO., f. ]]:[[ 1r–v, mit Zitaten aus Tertullian, Clemens v. Alexandrien und Lactantius). 444 Vgl. J USTUS L IPSIUS , Politicorum sive civilis doctrinae libri sex, qui ad Principatum maxime spectant, Leiden 1589; zu Inhalt und Wirkung der Schrift vgl. OESTREICH, Antiker Geist (mit Auflistung der zahlreichen Ausgaben und Übersetzungen). 442 443

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der Protestanten, zu den Waffen zu greifen, verteidigt,445 schließt sich seine 1596, ein Jahr nach dem Tod postum veröffentlichte Politica Christiana ausdrücklich Justus Lipsius und dessen neustoizistischer Betonung der Autorität des Herrschers an.446 Von weitreichender Bedeutung für das juristische Werk Godefroys sind die skizzierten weltanschaulich-konfessionellen Grundentscheidungen vor allem in zweifacher Hinsicht. Zum einen wird im Gegensatz zur katholischen Lehre und Praxis die rechte Unterscheidung von geistlichen und zeitlichen Angelegenheiten betont. Kirchliches Handeln konzentriert sich auf die geistlichen Angelegenheiten, während der – christlich gesinnte – Herrscher ohne kirchliche Bevormundung für weltliches Handeln und weltliches Recht zu sorgen hat. Zwar steht auch hier das Ziel an oberster Stelle, für die rechte Gottesverehrung zu sorgen, dies besteht aber gerade darin, daß die rechte Unterscheidung von Gott und Welt gewahrt bleibt und die Welt nicht abergläubisch überhöht wird. Die spiritualisierende Tendenz bei Godefroy, die durch die Aufnahme stoischen Gedankenguts bekräftigt wird, führt zu einer Betonung des unterschiedlichen Charakters der beiden Regimente und des eigenständigen Rechts der weltlichen Obrigkeit. Hier liegt, wie zu zeiVgl. [LAMBERTUS DANAEUS], Ad Petri Carpenterii famelici rabvlae saeuum de retinendis armis et pace repudianda consilium Petri Fabri responsio. Ad V.C. Lomanium Terridae et Sereniaci Baronem, 1575; französ. Übersetzung: Response av crvel, et pernicievx conseil de Pierre Charpentier, chiquaneur, tendant à fin d’empescher la paix, et nous laisser la guerre. Traitte dvquel on apprendra en quel cas il est permis à l’homme Chrestien de porter les armes. Par Pierre Fabre. A Monsieur de Lomanie, Baron de Terride, et Seriniac. Traduit du Latin, s.a. [1575]. Es handelt sich um die Antwort auf eine an die Protestanten gerichtete Aufforderung des ehemaligen Genfer Juraprofessors Pierre Charpentier, die Waffen niederzulegen (vgl. Petri Carpenterii ivreconsvlti, pivm et Christianum de armis consilium, ad Dominum Lomanium Terridae et Sereniaci Baronem, Neustadii [Basel?] 1575). Zur Begründung von Danaeus’ Autorschaft vgl. FATIO, Méthode et Théologie, 22*–24*. 31 Anm. 153; zum Inhalt der Schrift vgl. STROHM, Das Verhältnis von theologischen, politisch-philosophischen und juristischen Argumentationen, 154–161. 446 Vgl. L AMBERTUS D ANAEUS , Politices Christianae libri septem [...] In quibus ea ex Dei verbo primum, post autem ex alijs quoque scriptis collecta sunt, quae ad optimam Reipubl. administrationem pertinent: quae definitionibus explicata, exemplisque variis confirmata, tandem certis, breuibusque aphorismis in singulis libris sunt comprehensa. De quibus autem rebus agatur, sequens pagina ostendet. Additi sunt peculiares aphorismi de optimo principe, et eius officio, ex C. Plinij Panaegyrico ad Traianum, s.l. [Genf] 1596; vgl. zu diesem Werk GOEDEKING, Die „Politik“, 64–180; STROHM, Ethik, 159–196. 346–395. 445

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gen sein wird,447 ein wesentlicher Ausgangspunkt der Entfaltung des öffentlichen Rechts als einer eigenständigen Disziplin an den Unversitäten. Eine innerprotestantische Differenz ist hier insofern nicht greifbar, als Luthers pointierte Unterscheidung der beiden Regimente ohne Einschränkungen geteilt und deren modernitätsgestaltendes Potential genutzt wird.448 Zum anderen haben Godefroys weltanschaulich-konfessionelle Grundentscheidungen eine Aufwertung der Rationalität zur Folge, die für die Entfaltung der Rechtswissenschaften insgesamt günstig war. Nicht nur die Betonung des Eigenrechts des Weltlichen gegenüber kirchlicher Bevormundung, sondern auch die Aufwertung menschlicher Rationalität als Teil des göttlichen Geistes, die Godefroy in stoischem Erbe findet, haben die systematische Darstellung der Rechtswissenschaften befördert. Auch wenn sein konkreter Beitrag dazu durchaus begrenzt war, hat die Überzeugung einer Konsonanz biblischer Religion und Rationalität, die in der stoischen Identifizierung von Vernunft und Geist Gottes einen pointierten Ausdruck findet, hier günstig gewirkt. Die von den humanistischen Juristen Frankreichs propagierte Abkehr von der an der justinianeischen Titelarchitektur orientierten Kommentierung hin zu einer Erfassung und systematischen Entfaltung der Grundgedanken des römischen Rechts kann ungebrochen fortgeführt werden.

2.8 Resümee Charakteristisch für Lebensweg und Werk Heidelberger Juristen ist das unauflösliche Miteinander humanistischer und calvinistisch-reformierter Anliegen. Angesichts der Wahrnehmung eines fundamentalen Konflikts Siehe unten Abschn. III.Tl. In der Maintenue et defense des princes sovverains et eglises chrestiennes, die am Beginn der Tätigkeit an der Straßburger Akademie erschien, stellt Godefroy den Reformator Luther ohne Einschränkungen neben Calvin: „Voyons ou l’ignorance et malice mene cest homme [sc. Papst Gregor XIV.]. Il faut qu’il confesse, que sa religion a plus de conformité et correspondance auec cesse des gentils qu’auec celle que Luther et Caluin on annoncée de nostre aage. S’il dit ou veut dire, que l’heresie est pire que l’idolatrie, et l’heretique plus detestable que l’idolatrie, Il dissimule, que le Roy (qu’il appelle Heretique, impenitent, et relaps) a vne mesme Saincte Excriture que luy, mesme loy, mesme Decalogue et commandemens en l’Escriture, mesme foy et symbole, mesme priere et oraison du Seigneur. Il ne considere point qu’il admet le Baptesme et la saincte Cene“ (GODEFROY, Maintenue, 61). 447 448

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mit dem Papst und seinen Verbündeten werden sie weitgehend ununterscheidbar. Die rechte Rationalität, die Religion des biblischen Wortes sowie eine entsprechende sittliche Bildung erscheint bedroht durch die päpstliche Förderung von Aberglauben und dessen gewaltsame Durchsetzung angemaßter Autorität. Diese Wahrnehmung verschärft sich durch den engen Austausch mit verfolgten Protestanten in Westeuropa bzw. die Gegenwart von Gelehrten, die wie Donellus oder auch Denis Godefroy selbst Verfolgungen erlitten hatten. Das geht so weit, daß Godefroy schließlich bei aller scharfen Abgrenzung gegen die römischkatholische päpstliche Irrlehre keine gewichtigen Differenzen zwischen biblischer Religion und stoischer Rationalität mehr formuliert. Die starke Präsenz humanistischer Anliegen bei Heidelberger Juristen zeigt sich in einer Hochschätzung von Rationalität, die sich zwar im Einklang mit den biblischen Texten weiß, aber weitgehend immanentjuristisch argumentiert. Selbst in Werken, in denen es um die Grundlegung von Recht geht, spielen Bibeltexte keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Der Verbundenheit mit der humanistischen Bewegung entspricht es, daß die calvinistisch-reformierte Orientierung inhaltlich im wesentlichen im Kampf gegen jede Art von Aberglauben Gestalt gewinnt. Weil Luthers Betonung der körperlichen Realpräsenz in der Abendmahlslehre als hierzu im Widerspruch stehend angesehen wird, grenzt man sich an dieser Stelle klar von lutherischer Lehre ab (nicht aber der Melanchthons!). Andere im Laufe der Jahrzehnte zu spezifisch calvinistischen Differenzlehren gewordene Bestandteile des konfessionellen Erbes wie die doppelte Prädestination spielen hingegen keine Rolle. In besonderer Weise attraktiv erscheint den allesamt der humanistischen Jurisprudenz verbundenen Gelehrten das Gewicht, das der Erneuerung des Lebens und nicht nur der Lehre im reformierten Protestantismus zugesprochen wurde. Auch wenn man hier keine innerprotestantische Differenz fixieren kann, entsprach das besondere ethische Interesse der von den humanistischen Juristen betonten moralphilosophischen Dimension der Jurisprudenz. Schließlich ist – ebenfalls eine Folge der Präsenz humanistischer Anliegen – die charakteristische Abneigung gegen die dogmatischen Auseinandersetzungen der Theologen zu nennen. Bei fast allen behandelten Juristen läßt sich die Klage über die negativen Wirkungen des „Theologengezänks“ nachweisen. Stattdessen stellt man die schlichten Lehren des ursprünglichen Christentums, und das heißt, das Hören des biblischen Wortes in Gestalt von Trost und Weisung, den Glauben an Got-

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tes Vorsehung und die persönliche Führung sowie die Hervorhebung der Differenz der armseligen irdischen im Vergleich zur himmlischen Welt, ins Zentrum. Den Übergang von einem philippistischen Standpunkt zu einem profilierter reformierten Standpunkt hat am Beginn der sechziger Jahre wohl nicht zuletzt das Auftreten des Theologieprofessors und Generalsuperintendenten Tileman Heshusius in den Jahren 1558/59 bewirkt. Dieser hatte mit dem Mittel des Banns eine streng lutherische Abendmahlslehre durchzusetzen versucht. In die gleiche Richtung einer verstärkten reformierten Konfessionalisierung drängte die Präsenz der eskalierenden Verfolgungen in Frankreich und den Niederlanden durch von dort kommende Gelehrte und Flüchtlingsgemeinden.

3. Basel Die Universität Basel war in den fünfziger und sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts die erste und anfangs auch die einzige Universität im Reich bzw. den angrenzenden Gebieten, an der eine Juristenausbildung im Kontext der reformierten Konfession geboten wurde.449 Zwar hatte sich Basel 1502 der Eidgenossenschaft angeschlossen und war somit von allen Verpflichtungen gegenüber dem Reich befreit, aber die formale Unabhängigkeit wurde erst mit dem Westfälischen Frieden 1648 vereinbart. In den Jahren 1550 bis 1620 vollzog sich die Arbeit an der juristischen Fakultät ohne Einschränkungen im Kontext des Reiches. Dies galt sowohl für die in den Lehrveranstaltungen, Disputationen und Dissertationen verhandelten Themen als auch für die an der Fakultät immatrikulierten Personen. Der weitaus überwiegende Teil der Basler Jurastudenten stammte aus den Gebieten des Reiches, und zugleich erlangten zahlreiche der führenden protestantischen Juristen des Reiches in Basel die Promotion zum Dr. iur.

3.1 Der Aufschwung der juristischen Fakultät der Universität Basel zur führenden Promotionsfakultät des protestantischen Europa 1560–1620 In den sechziger und siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts erlebte die juristische Fakultät der Universität Basel einen erstaunlichen Aufschwung und wurde, wie die Forschungen Karl Mommsens gezeigt ha-

449

Vgl. BERNER/GÄBLER/GUGGISBERG, Schweiz, 290–294.

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ben,450 zur führenden Promotionsfakultät des protestantischen Europa. Keine andere juristische Fakultät im Reich hatte Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts mehr Doktorpromotionen vorzuweisen als die der Universität Basel. Die Blütezeit hielt auch in den ersten Jahren des Dreißigjährigen Krieges an, und erst mit dem Ende des 17. Jahrhunderts verlor die juristische Fakultät ihre wichtige überregionale Bedeutung. Der Blick auf die statistisch erfaßbaren Daten in den ersten hundert Jahren nach der Wiedereröffnung der Universität im Jahre 1532 ergibt ein recht klares Bild der Entwicklungen.451 In den dreißig Jahren von 1532 bis 1562/63, dem Beginn der Religionskriege in Frankreich, lassen sich gerade einmal zwei Promotionen zum Dr. iur. nachweisen. Vom Dekanatsjahr 1568/69452 bis zum Dekanatsjahr 1572/73 erfolgen bereits zwölf. Dann schnellt die Zahl empor, und in dem einen Jahr 1573/74 werden elf Kandidaten zum Dr. iur. promoviert. Bis 1578/79 erfolgen jeweils zwischen acht und 21 Promotionen pro Jahr. Dann steigt die Zahl im Dekanatsjahr 1579/80 auf 28 und bewegt sich mit kleinen Ausnahmen bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges auf diesem hohen Niveau. Bis zu 36 Promotionen erfolgen pro Jahr, bis zum Ende des 16. Jahrhunderts durchschnittlich immerhin 25 und bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges gerechnet, immer noch mehr als 23 pro Jahr. Während der Jahre 1618 bis 1648 sinkt die Zahl dann spürbar.

Vgl. MOMMSEN, Katalog; vgl. auch DERS., Staatssouveränität. Die Zahlen nach: MOMMSEN, Katalog, 94–96; vgl. auch THOMMEN, Geschichte, 152 Anm. 2. 452 Das Dekanatsjahr wechselt im Juni. 450 451

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Zahl der Promotionen an der jurist. Fakultät der Univ. Basel 1532–1632 (erstellt nach: Mommsen, Katalog der Basler jurist. Disputationen 1558–1818, 1978)

3.2 Zur Frage der Ursachen der starken Zunahme der juristischen Doktorpromotionen in Basel Bisher nicht geklärt ist die zentrale Frage, welche Rolle bei der signifikanten Vervielfachung der Doktorpromotionen konfessionelle Faktoren gespielt haben. Dabei macht bereits der Blick auf die statistisch erfaßbaren Daten den Zusammenhang mit dem Streit der Konfessionen und den damit verbundenen kriegerischen Auseinandersetzungen der Zeit augenfällig. Der Anstieg seit 1563 und dann das Emporschnellen im Jahre 1573 lassen sich damit erklären, daß die bis dahin übliche Praxis, an den Zentren der humanistischen Jurisprudenz in Frankreich einen Studienaufenthalt zu absolvieren, schwierig bzw. unmöglich wurde. Vor allem mit dem Höhepunkt der Protestantenverfolgungen in den Massenmorden im Gefolge der Bartholomäusnacht vom August 1572 war ein Frankreich-Aufenthalt für protestantische Studenten geradezu lebensgefährlich geworden.453 Sowohl aus geographischen als auch aus konfessionellen Gründen bot sich Basel als Alternative an. Der Weg zu den berühmten Studienorten im Süden und im Zentrum Frankreichs führte über Basel. Auch die mittelalterliche Praxis, an einer der alten Rechtsuniversitäten Norditaliens zu studieren, war im 16. Jahrhundert noch 453 Exemplarisch sind die Erlebnisse des späteren Straßburger Juraprofessors Georg Obrecht (siehe oben Einleitung, S. 1f.).

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verbreitet. Hier führte der Weg ebenfalls vielfach über Basel. Während in Frankreich Religionskriege und Protestantenverfolgungen zum alternativen Aufenthalt in Basel führten,454 waren es im Blick auf die norditalienischen Universitäten nicht zuletzt finanzielle und konfessionelle Gründe. Die Promotion zum Dr. iur. war in Bologna unerschwinglich teuer geworden, so daß sich Basel als auf dem Weg liegende, sehr viel günstigere Alternative anbot.455 Für aus protestantischen Territorien kommende Studenten wurde zudem die mit dem Doktoreid verbundene Verpflichtung auf den Papst zunehmend ein Problem.456 Hier bot die reformierte Universität Basel ebenso eine Lösung. Ein wichtiger Hinweis auf die Bedeutung der Konfession beim Aufschwung der Basler juristischen Fakultät in der zweiten Hälfte des 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu der bedeutsamsten Promotionsfakultät nördlich der Alpen ist die regionale Herkunft und die sich daraus ergebende konfessionelle Orientierung der Studenten.457 Bei allen Unsicherheiten, die hier bestehen bleiben müssen, kann man von einer ganz überwiegend evangelischen Studierendenschaft ausgehen. Es sei nur ein anschauliches Indiz genannt: Unter den Autoren der bis zum Jahre 1650 erhaltenen gedruckten Disputationen stammt die weit überwiegende Zahl aus evangelischen Territorien, vor allem Reichsstädten. Von den Disputanten, die nicht einem evangelischen Territorium zugeschrieben werden können, kommt eine beträchtliche Zahl aus Territorien mit aufgrund von Herrschaftswechsel konfessionell unklaren Verhältnissen und katholischen Gebieten mit einem bekannt hohen Anteil evangelischer Bevölkerung. So stammen zahlreiche Disputanten aus Schlesien und der Lausitz, den östlichen Habsburger Gebieten, die mit der böhmischen Krone verbunden waren und einen bekannt hohen Anteil evangelischer Bevölke-

Literatur zur Bedeutung von Glaubensflüchtlingen aus Frankreich für das Geistes- und Wirtschaftsleben in Basel insgesamt bei: BONJOUR, Die Universität Basel, 239 Anm. 14. 455 Einen Überblick über die zum Teil enormen Kosten der Doktorpromotion an verschiedenen Universitäten gibt: FRIJHOFF, Lebensweg, 293–295. 456 Vereinzelt gab es Ausnahmen, insbesondere für Ausländer. So konnten deutsche Protestanten und Anglikaner in Padua studieren. Vgl. VAN KESSEL, Duitse studenten; COING, Juristische Fakultät, 1977, 8–10; DE RIDDER-SYMOENS, Mobilität, 342. 457 Vgl. M OMMSEN , Katalog, 104–107 (Anhang VII: Provenienz der Disputanten); vgl. aaO., 72–82. 454

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rung hatten. Hingegen fehlen solche aus den katholischen westlichen habsburgischen Erblanden und Bayern völlig. Signifikant ist ebenfalls der Unterschied von Disputanten aus den protestantischen nördlichen und den katholischen südlichen Niederlanden (also dem heutigen Belgien).458 Die Zahl jener übertrifft die Zahl letzterer um ein Vielfaches, und im Jahre 1601 fand die letzte und zugleich einzige Disputation eines Kandidaten aus den katholischen südlichen Niederlanden im gesamten 17. Jahrhundert statt.459 Die Frage des Verhältnisses von reformierten und lutherischen Disputanten läßt sich kaum beantworten. Die Grenzen sind hier fließend, und aufgrund der zahlreichen Übergänge vom Luthertum zum Calvinismus in den Jahrzehnten zwischen 1550 und 1650 lassen sich vielfach keine klaren Zuordnungen treffen. Beispielhaft sei nur das Kurfürstentum Brandenburg genannt, aus dem zahlreiche Disputanten kommen und dessen Herrscher bekanntlich 1613 zum Calvinismus übergetreten ist, ohne daß sein Territorium calvinistisch wurde. Lutherische Territorien und Städte sind ebenso vertreten wie profiliert reformierte wie z.B. die Kurpfalz und Bremen. Auch sei noch einmal auf die bereits erwähnten zahlreichen Disputanten aus den nördlichen Niederlanden hingewiesen. Mit dem Gesagten ist der rasche Aufstieg der juristischen Fakultät der Universität Basel zu der Ausbildungsstätte, an der ein Großteil der Elite der europäischen Juristen in dem Zeitraum zwischen den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts und dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges promoviert wurde,460 noch nicht zureichend erklärt.

Vgl. GUGGISBERG, Die niederländischen Studenten. Vgl. MOMMSEN, Katalog, S. 204, Nr. 780: JOHANN BAPTIST VON MALLERY, Quaestiones ex jure civ., can., feudali ac divino, Disp. am 30.10. 1601. 460 Exemplarisch seien die in Basel zwischen 1550 und 1650 zu Doktoren promovierten Juristen genannt, welche um ihrer Bedeutung willen in die Deutsche Biographische Enzyklopädie aufgenommen sind (mit Jahr der Promotion): Johannes Althusius (1557–1638, 1586); Lukas Beckmann (1570/71–1624, 1595); Philipp Camerarius (1537–1624, 1569); Andreas Cludius (1555–1624, 1582); Hippolyt a Collibus (1561–1612, 1583); Peter Denais [Denaisius] (1560–1610, 1583); Scipio Gentili (1563–1616, 1589); Johann Georg von Godelmann (1559–1611, 1580); Peter Heige (1559–1599, 1584); Ludwig Iselin (1559–1612, 1589); Friedrich Lindenbrog (1573– 1648, lic. 1608); Georg Michael Lingelsheim (1556–1636, 1583); Georg Obrecht (1547–1612, 1574); Johann Christoph Oelhafen von und zu Schöllenbach (1574– 1631, 1600); Johann von Prott (1573–1634, 1597); Nikolaus von Reusner (1545– 1602, 1583); Konrad Rittershausen (1560–1613, 1591); Georg Schönborner (1579– 458 459

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Die Herkunft der Disputanten zeigt, daß der Schlüssel zum enormen Erfolg der juristischen Fakultät der Universität Basel gerade darin lag, daß sie über die reformierten hinaus auch auf lutherische Juristen eine beträchtliche Anziehungskraft ausübte. Während Genf im wesentlichen nur der reformierten Richtung des Protestantismus verbundene Jurastudenten anzog,461 finden wir in Basel ein ungewöhnlich breites Spektrum protestantischer Juristen.

3.3 Das weltanschaulich-konfessionelle Profil der Basler Juraprofessoren In dem Sachverhalt, daß Basel ebenso für lutherische wie für reformierte Jurastudenten attraktiv war, spiegelt sich das geistige Klima der Stadt im allgemeinen sowie der Universität im besonderen wider. Von Anfang an ist unter den Lehrern der 1532 wiedergegründeten protestantischen Universität und den mit ihr verbundenen Druckern eine auffällige Zahl von eigenständigen Gestalten, die in Genf, Zürich oder Wittenberg unter Häresieverdacht standen. Erwähnt seien nur Sebastian Castellio (1553–63 Prof. für griechische Sprache), Celio Secondo Curione (1546– 69 Prof. für Rhetorik) und Andreas Bodenstein von Karlstadt (1535– 1540? Prof. für Altes Testament).462 Gerade auch die der Universität eng verbundenen Drucker Johannes Oporin und Peter Perna druckten in erstaunlichem Maß „unorthodoxes“ oder sogar nach reformierter Lehre häretisches Schrifttum.463 Oporin reagierte einigermaßen ungehalten auf Versuche einer Reglementierung durch die kirchliche Zensur: „Der Tüfel het uns mit dem nüwen Bapsttum beschissen.“464 Petrus Ramus lobte im Jahre 1570 nicht nur das gute Klima Basels, sondern auch die dort gewährte „libertas“.465 Einem scharfen Beobachter wie Michel de Montaigne, der im Jahre 1580 führende Vertreter der Univer1637, 1608); Benjamin Schütz (1586–1666, 1627); Hermann von Vultejus (1555– 1634, 1580); Johann Zanger (1557–1607, 1580). 461 Ob das in den Jahren nach 1582 in gleicher Weise auch für die Universität Heidelberg gilt, ist noch nicht untersucht worden. 462 Vgl. G EIGER , Basler Kirche, 12–39. Zu Recht hat jetzt den ausgleichenden Weg der Basler Reformation angesichts der innerevangelischen Abgrenzungen von lutherischem und reformiertem Protestantismus Amy Nelson Burnett betont: Vgl. DIES., Teaching the Reformation, bes. 29−35. 463 Vgl. B ERNOULLI , in: H EITZ (Hg.), Basler Büchermarken, XIII–XXXVIII; vgl. auch GEIGER, Basler Kirche, 23–30. 464 Zit. in: B URCKHARDT , Geschichte, 25. 465 Vgl. P ETRUS R AMUS , Basilea. Eine Rede an die Stadt Basel aus dem Jahre 1570, 34.

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sität – Johann Jakob Grynaeus, Theodor Zwinger, Felix Platter und François Hotman – traf, entging nicht die Pluralität und mangelnde konfessionelle Geschlossenheit der kirchlichen Lehre in Basel.466 Der in den Jahren nach der Neueröffnung 1532 einzige Professor an der juristischen Fakultät, Bonifacius Amerbach,467 ist ein sprechendes Beispiel für die gewisse Freiheit, die in konfessioneller Hinsicht an der Fakultät herrschte. Amerbach, mit Erasmus befreundet und der humanistischen Jurisprudenz verbunden, empfand die mit der Einführung der Reformation verordnete Teilnahme am evangelischen Abendmahl als Gewissenszwang, dem er sich nicht beugen wollte.468 Zeitlebens hielt er sich von jeglichen konfessionellen Streitigkeiten fern.469 Mit Bonifacius Amerbach etablierte sich in Basel eine gemäßigte humanistische Jurisprudenz, die den neuen mos gallicus zwar übernahm, die traditionelle Lehrweise, den mos italicus, aber nicht gänzlich abschaffte.470 1536 trat neben Amerbach als Inhaber der Professur für Pandekten Peter Pitrellius als Professor für Codex und 1537 Johann Jeuchdenhammer (Sphyractes) (1548–1562 Prof. für Codex, gest. 1578). Letzterem folgten Bernhard Brand (1548–1552), ein Sohn des Bürgermeisters,471 sowie Markus Hopper472 (1557–1564) als Professoren für InstiMit der Ironie des Skeptikers formuliert er, „qu’ils estoient mal d’accord de leur religion, pour les responses divers, qu’il en receut: les uns se disant Zvingliens, les autres Calvinistes, et les autres Martinistes; et si fut averty que plusieurs couvoient encore la religion romaine dans leur cœur“ (RIGOLOT [Hg.], Journal de voyage de Michel de Montaigne, 16). 467 Ein Prospekt von 1532, mit dem der Rektor zum Besuch der Universität einlud (abgedr. in: THOMMEN, Geschichte, 317f.), konnte nur einen juristischen Professor nennen: den seit 1525 als Ordinarius legum lehrenden Bonifacius Amerbach. Für die juristische Fakultät blieben auch nach 1532 die Statuten von 1511 gültig (abgedr. in: KISCH, Anfänge, 301–322). Vgl. auch BERNOULLI, Statuten. 468 Vgl. S TAEHELIN (Hg.), Das Buch der Basler Reformation, 237; vgl. auch BURCKHARDT-BIEDERMANN, Bonifacius Amerbach. 469 In seinem umfangreichen Briefwechsel, auch mit seinem Sohn Basilius, geht er nicht auf den Streit von alter und neuer Kirche ein. Sein Freund Beatus Rhenanus schrieb ihm nach dem Erscheinen seiner Tertullian-Ausgabe, daß ihn – Amerbach – das wohl kein bißchen interessieren werde, da es sich ja um theologische Bücher handele (vgl. THOMMEN, Geschichte, 148f.). Vgl. auch BONJOUR, Universität, 192– 194; HARTMANN (Hg.), Die Amerbachkorrespondenz. 470 Vgl. K ISCH , Erasmus; D ERS ., Studien zur humanistischen Jurisprudenz; BONJOUR, Universität, 192–194. 471 Brand hat in Frankreich studiert und ist 1552 als Soldat in die Dienste König Heinrichs II. getreten. Erhalten ist von seiner Hand ein „Volkumner Begriff“ der 466

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tutionen. Während diese keinerlei Spuren in der Rechtswissenschaft hinterlassen haben, ragt der im Juni 1542 auf die Professur für Codex berufene Johann Ulrich Zasius in mehrfacher Hinsicht heraus.473 So hat er Werke seines berühmten Vaters, des Freiburger Juristen Ulrich Zasius, ediert und gelangte später in die Stelle eines Reichsvizekanzlers in Wien. Auch in konfessioneller Hinsicht bildet er eine Ausnahme, da der Rat die Wahl wohl nicht zuletzt wegen Zasius’ katholischem Glauben nicht ratifiziert hat und dieser Basel bereits Ende 1544 wieder verließ.474 Bis zu seinem Tod im Jahre 1562 blieb Amerbach die beherrschende Persönlichkeit der juristischen Fakultät. Ein geregelter Lehrbetrieb scheint überhaupt erst mit der Berufung von Amerbachs Schwiegersohn Ulrich Iselin im Jahre 1547 eingesetzt zu haben.475 Dieser hatte in Basel, Paris, Valence und Poitiers studiert und war dann in Padua unter Mitwirkung Alciatos promoviert worden. Juristische Werke sind von seiner Hand nicht erhalten. In konfessioneller Hinsicht fällt auf, daß er erst sehr spät, kurz vor dem Antritt der Professur in Basel, zum reformierten Glauben übergetreten ist. Nachfolger Iselins auf dem Lehrstuhl für Pandekten war seit 1564 sein Schwager Basilius Amerbach.476 Bereits zuvor Professor für Codex (1562–1564), blieb er bis 1591, fast dreißig Jahre lang, als Juraprofessor in Basel tätig. Basilius Amerbach war stärker am lokalen Recht interessiert als sein Vater Bonifacius, teilte aber dessen humanistische Bildung und trat durch eigenständige numismatische Forschungen in Italien hervor. Seine ausgeprägten außerjuWeltgeschichte (vgl. BURCKHARDT, Bernhard Brand J.U.L. [...] und sein Vater der Bürgermeister Theodor Brand). 472 Zu Hopper vgl. T HOMMEN , Geschichte, 157. 473 Zu ihm vgl. G OETZ , Art. Zasius; jetzt umfassend M EUSSER , Für Kaiser und Reich. 474 Vgl. B ONJOUR , Universität, 195. Anders als Bonjour meint Mommsen, das Scheitern von Zasius’ Engagement in Basel sei erfolgt „wohl weniger wegen des Katholizismus des Zasius als deswegen, weil eine Kompetenzstreitigkeit vorlag und weil Zasius seine Professur (Codex) nicht ordnungsgemäß antreten wollte, vielmehr in fürstlichen Diensten blieb“ (MOMMSEN, Katalog, 93). Zu Zasius’ Mitarbeit am Augsburger Religionsfrieden von 1555 siehe unten Abschn. III.Tl.4.1, bes. Anm. 179–182. 475 Iselin erhielt zuerst die Professur für Codex, die nach Zasius kurze Zeit Martin Peyer aus Schaffhausen innehatte (vgl. THOMMEN, Universität, 158. 160). 476 Zu Basilius Amerbach vgl. aaO., 164–175; ALFRED H ARTMANN , Basilius Amerbach, in: STAEHELIN (Hg.), Professoren, 50; ELSENER, Die Basler Juristenfakultät, 118; THIEME, Eine akademische Sittenpredigt Basilius Amerbachs; BONJOUR , Universität, 196–198.

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ristischen Interessen richteten sich nicht nur auf die Altertumskunde, sondern auch auf die Medizin, die Naturwissenschaften und die Theologie, hier allerdings wie sein Vater ohne greifbares konfessionelles Interesse. Auch die tolerante Haltung des Vaters gegenüber den humanistisch-„häretischen“ Refugiantenkreisen hat er beibehalten.477 Von dem 1571 bis 1599 als Juraprofessor tätigen Samuel Grynaeus, der als Doktorvater einen maßgeblichen Anteil am Aufschwung der Fakultät hatte, sind lediglich handschriftliche Rechtskommentare überliefert. Gleiches gilt für den ebenfalls lange Jahre, von 1599 bis 1652 tätigen Johann Jakob Faesch. Von Remigius Faesch, 1628 bis 1667 als Prof. an der Universität tätig, ist die 1628 verteidigte Doktordissertation erhalten, die ihn als Schüler der reformierten Marburger Juristen Vultejus und Sixtinus und Gegner des Papsttums ausweist.478 Der seit 1565 als Prof. für Institutionen, seit 1571 als Prof. für Codex tätige und 1583 zurückgetretene Basler Adam Henricpetri hat 1577 eine oranienfreundliche Apologie des niederländischen Aufstands verfaßt, die in ihrer deutschen Originalfassung und in englischer und französischer Übersetzung stark gewirkt hat.479 Nur knapp zwei Jahre, von Oktober 1584 bis Sommer 1586, war Hippolyt a Collibus, der aus einer um ihres Glaubens willen aus Italien nach Zürich geflohenen Familie stammte, als Prof. für Institutionen tätig. Er trat später, in seinen Heidelberger Jahren, durch mehrere Schriften hervor, die allerdings weniger juristischen als politisch-ethischen Inhalt aufweisen.480 Repräsentativ für die unter den Basler Juraprofessoren481 vorherrschende weltanschaulich-konfessionelle Orientierung dürften die moderaten, vor den Gefahren einer zu stark calvinistischen Orientierung warnenden Äußerungen Basilius Amerbachs gewesen sein. In einem Brief an den ihm nach dem frühen Tod des Vaters anvertrauten Neffen Ludwig Iselin, der sich zum Jurastudium in Genf aufhielt, warnt er diesen vor der unkritischen Übernahme calvinistischer Lehren. Iselin hatte 477 Geiger bezeichnet ihn sogar als „Curiones Beschützer“ (vgl. D ERS ., Basler Kirche, 30). 478 Siehe unten Anm. 524. 479 Vgl. V ERMASEREN , Der Basler Geschichtsschreiber Adam Henricpetri. 480 Vgl. u.a. H IPPOLYT A COLLIBUS , Princeps, consiliarivs, palatinvs, sive avlicvs, et nobilis. Editio postrema, aucta varie aut innovata, Hanau 1598 [elektron. Version: http://www.uni-mannheim.de/mateo/camenahist/colli1/te01.html; 14.9.2007]; siehe auch oben Abschn. II.Tl.2.1, bes. S. 57 mit Anm. 84 (Literatur). 481 Vollständige Liste der Professoren der juristischen Fakultät in: M OMMSEN , Katalog, 89–93.

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dem Onkel und Vormund mitgeteilt, daß er, wie das üblich sei, auch bei Theodor Beza Vorlesungen höre. Der lese gerade – jede zweite Woche wenigstens dreimal – über den Römerbrief und sei nun dabei, auf subtilste Art die Prädestinationslehre zu behandeln.482 Daraufhin gibt Basilius Amerbach in einem Brief vom 3. September 1581 dem zukünftigen Basler Juraprofessor Iselin (1589–1612) folgenden bezeichnenden Rat: „Mit theologischen Fragen scheint es sich so zu verhalten, daß in der Heiligen Schrift nichts geschrieben ist, was nicht in höchstem Maße nützlich, bewundernswert und ganz göttlich wäre; aber man wird vielleicht nicht irren, wenn man sagt, daß dem einen dies, dem anderen das davon zu wissen notwendig ist. Was dem schlichten Erlernen und Einüben von Moral und Glauben dient, geht alle in gleicher Weise an. Jene subtileren und höheren Fragen zu behandeln, scheint jedoch eher den professionellen Theologen als den übrigen notwendig. Auch scheint es hier so zu sein, daß diese Fragen uns desto weniger berühren oder gar beunruhigen, je spitzfindiger sie sind. Gewisser als gewiß ist, daß Gott der allergerechteste Weltenlenker und allergütigste Vater ist, der niemandem Unrecht tun oder am Verderben derer Gefallen finden würde, die er geschaffen hat und die er durch seinen Sohn gerettet und denen er Erkenntnis seiner selbst ermöglicht hat. Daraus können wir recht gut schließen, daß uns alles Gute und alle Erfüllung ohne Ausnahme von dem einen und einzigen Gott zukommt, Unheil und Böses aber von uns ausgeht. Darum sollen wir primär dafür sorgen, daß wir uns durch einen untadeligen Lebenswandel als Kinder erweisen, die seiner würdig sind und die er nicht enterben muß. Nicht jedoch sollen wir tiefer in die Geheimnisse eines anderen, verborgenen Willens als dem, der uns durch die allgemeine Verkündigung des göttlichen Wortes offenbart ist, einzudringen versuchen. Und da kein Vater so verrucht ist, daß er jemals wünschen könnte, seinen Sohn für den Galgen gezeugt zu haben, so können wir auch mit Gewißheit davon ausgehen, daß uns Gott, der allerbarmherzigste Vater, sein Wort nicht nutzlos verkündigen wollte und den, der um sein Seelenheil fleht, noch weniger als einen, der von ihm leiblich Gesundheit erbittet, zurückstoßen wird. Dies steht so fest. Das Übrige überlassen wir der Barmherzigkeit des über alle Maßen großen und guten Gottes. Das dürfte mehr zur Stärkung des Gewissens beitragen, als neugierige, ganz und gar nicht notwendige Debatten.“483 Vgl. Ludwig Iselin an Basilius Amerbach, 1.3.1581 u. 13.7.1581, zit. in: THOMMEN, Geschichte, 186f. 483 „De Theologicis ita videtur: nihil esse in divinis literis nisi summopere utile admirandum suscipiendum et plane divinum, sed fortasse non aberrabis, si quis scitu alia aliis necessaria magis dixerit. Quae ad morum fideique institutionem simplicem pertinent, ad omnes aeque pertinent; subtiliora illa et alta theologicum ex instituto profitentibus magis quam caeteris necessaria videntur. De quibus etiam videndum est, ut quanto acutiora sunt, minus nos pungant aut etiam vulnerent. Hoc certo certius est deum ut iustissimum omnium rerum gubernatorem et clementissimum patrem nec iniuriam cuiquam inferre nec pernicie interituque eorum, quos creavit quosque per filium suum redemit quibusque sui agnitionem proposuit, delectari. 482

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Charakteristisch für Amerbachs Verständnis des Christentums ist das besondere Interesse an dem schlichten Vertrauen auf die Güte Gottes und an den ethischen Konsequenzen. Es ist unauflöslich verbunden mit einer pointierten Ablehnung detaillierterer Lehrbildung bzw. theologischer Spitzfindigkeiten und vor allem den daraus resultierenden dogmatischen Auseinandersetzungen. Wie die beträchtliche Anzahl theologischer Bücher in Basilius Amerbachs Bibliothek zeigt,484 handelt es sich hier nicht einfach um Desinteresse an der Theologie oder um konfessionelle Indifferenz. Vielmehr kann man durchaus von einem profiliert humanistischen, in der Tradition des Basler Humanisten Erasmus stehenden Verständnis des Christentums sprechen, das primär am lebenspraktischen Ertrag und insbesondere den ethischen Konsequenzen interessiert ist. Amerbachs Äußerungen dürften repräsentativ für die unter den Basler Juraprofessoren in der zweiten Hälfte des 16. und am Beginn des 17. Jahrhunderts verbreiteten Auffassungen sein. Man muß es bei diesem vorläufigen Urteil belassen, da diese Professoren der juristischen Fakultät kaum Publikationen oder andere schriftliche Zeugnisse hinterlassen haben. Schließlich ermöglichen Äußerungen des Juristen François Hotman485 einen Einblick in die in konfessioneller Hinsicht relativ offenen Verhältnisse an der Universität486 und der Fakultät. Hotman hatte 1548 wegen des Übertritts zum protestantischen Glauben seine Vaterstadt Unde non male inferamus salutem felicitatem bonumque esse ab uno soloque deo sine ulla exceptione proficisci, interitum vero malaque a nobis manare. Curareque ob id debere, quo vita sanctimonia ipso non indignos et quos merito exheredare debeat nos prestemus filios, potius quam de eius abdita quadam et alia quam generali verbi divini anuntiatione patefacta voluntate altius inquiramus. Et cum tam impius pater nullus fuerit, qui filium suum patibulo natum voluerit unquam, certo etiam statuere non frustra nobis deum, benignissimum patrem, verbum suum anuntiari voluisse et, cum bonam ab eo valetudinem petentem reiecerit nullum unquam multo minus anime salutem flagitantem repulsurum. Hoc ita statuere; reliqua dei optimi maximi clementiae committere nescio an melius sit ad firmandamque conscientiam faciat magis quam curiosior de ea re et forte non necessaria disputatio“ (Basilius Amerbach an Ludwig Iselin, 3.9.1581, zit. in: THOMMEN, Geschichte, 187f. Anm. 3 [Übersetzung teilw. übernommen]). 484 Vgl. T HOMMEN , Universität, 174. 485 Vgl. K ELLEY , François Hotman; vgl. auch P ANNIER , Hotman en Suisse; KLEYSER, Calvin und Franz Hotman; TRIBOUT DE MOREMBERT, Art. Hotman (François). 486 Zu den Professoren der theologischen Fakultät vgl. B ONJOUR , Universität, 205–220.

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Paris verlassen müssen, kam auf der Flucht in Genf mit Calvin in Kontakt und wurde in den folgenden Jahrzehnten einer der engagiertesten publizistischen Propagandisten der evangelischen Sache in Frankreich. Mit seinen rechtswissenschaftlichen Werken hat er herausragende Beiträge zur historischen Kontextualisierung und systematischen Erschließung des römischen Rechts, aber auch der Wiederaneignung französischen Rechts geleistet.487 Im Zuge der Protestantenverfolgungen des Jahres 1572 mußte Hotman seine Lehrtätigkeit an der Universität Bourges aufgeben und floh nach Genf. Von dort kam er im Sommer 1578 nach Basel, wo er bis 1584 blieb und private Rechtskurse gab, jedoch nie im vollen Sinne Juraprofessor der Universität war.488 Zurückgekehrt nach Genf, ging er Ende 1589 erneut nach Basel und starb dort bereits sechs Monate später. Hotman, der 1558 privatim von Bonifacius Amerbach in Basel promoviert worden war, hat in mehreren Briefen die mangelnde Konsequenz der Reformation in Basel scharf kritisiert. Der Grundtenor der Äußerungen ist die Klage über die mangelnde Kirchenzucht und Disziplinierung der Sitten. „Wir werden selbst den Papisten zum Gespött. Doctrina reformata est, vita deformatissima.“489 Besonders der Antistes Simon Sulzer, der ihn noch 1578 ehrenvoll in Basel empfangen hatte, verfällt gnadenloser Kritik. „In diesem ganzen Jahre ist mir seine außerordentliche, ganz haltlose und träge Gleichgültigkeit in der Kirchenzucht aufgefallen. Nicht einen Erweis, nicht ein Zeichen einer wahren und tiefergehenden Frömmigkeit habe ich an ihm erkannt.“490 Daneben kritisiert Hotman die lutheranisierenden Tendenzen Sulzers als lebensgefährliche Schwächung der Protestanten in ihrem Kampf gegen das Papsttum.491 Die neuen Tendenzen einer deutlich stärkeren Anlehnung Zu Hotmans juristischen Werken vgl. KELLEY, Hotman; EHINGER, Franz Hotmann; BARON, Franz Hotmann’s Antitribonian; MESNARD, François Hotman (1524–1590) et le complexe de Tribonien; DE SAINT-CHAMARAN, L’Antitribonien dans l’oeuvre de François Hotman; VOGEL, Franz Hotmann. 488 Vgl. EHINGER , Hotmann, 46; B ONJOUR , Universität, 199. 489 „Nos Papistis ipsis ludibrio sumus. Doctrina reformata est, vita deformatissima“ (Hotman an Rudolph Gwalther in Zürich, 26.5.1579, abgedr. in: MEELIUS [Hg.], Epistolae, 110f. hier: 111). Vgl. GEIGER, Basler Kirche, 37. 490 „Animadverti hoc toto anno summam et plane dissolutam, et (ut J.C. nostri loquuntur) supinam ejus in Ecclesiae disciplina socordiam. Nullum verae et solidae pietatis specimen aut argumentum in illo cognovi: [...]“ (Hotman an Wilhelm Stuckius in Zürich, 4.9.[1587], abgedr. in: MEELIUS, Epistolae, 201f., hier: 201). 491 Hotman sieht gerade auch die Gefahren einer Uneinigkeit der Schweizer Protestanten für die französischen Protestanten, die deren Hilfe in ihrem 487

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an Genf, die Sulzers Nachfolger als Antistes, Johann Jakob Grynaeus (1586–1617), nicht zuletzt als Reaktion auf den verstärkten katholischen Druck von seiten Bischof Christoph Blarer von Wartensees vollzieht, hat Hotman positiv bewertet. Aber auch in den Jahren nach 1586 blieben in der Basler Kirche trotz der verstärkten calvinistisch-reformierten Konfessionalisierung erstaunliche Freiräume erhalten,492 und unter den Juraprofessoren des Zeitraums 1532 bis 1632 läßt sich nicht ein einziger finden, der auch nur annähernd Hotman vergleichbar als Propagandist eines profiliert reformierten bzw. calvinistischen Kurses hervorgetreten ist.

3.4 Das weltanschaulich-konfessionelle Profil der Basler juristischen Dissertationen Die mangelnde literarische Produktion der Basler Juraprofessoren in der zweiten Hälfte des 16. und am Beginn des 17. Jahrhunderts läßt nur vorläufige Urteile über deren weltanschaulich-konfessionelle Orientierungen zu. Gleichwohl kann man anhand der zahlreichen Disputationen bzw. Dissertationen, die zur Erlangung des Doktorgrades verfaßt wurden, einige Feststellung zu konfessionellen Einflüssen auf die juristische Lehre in Basel treffen.493 Dabei muß offen bleiben, in welchem Maße der Doktorvater an der Abfassung mitgewirkt hat oder sogar der alleinige Autor von Disputationsthesen gewesen ist.494 Herangezogen werden im Folgenden Disputationen bzw. Dissertationen zu Themen des öffentlichen Rechts, da hier weltanschauliche Grundentscheidungen in

Überlebenskampf gegen den König dringend bedürften. „Affirmant multi animum illius (sc. Sulceri) ab Helveticarum Ecclesiarum concordia disjungi et cum Lutheranis atque Ubiquitariis ab eo consilia misceri“ (aaO., 202). Vgl. GEIGER, Basler Kirche, 37. 492 So haben selbst die Führer der Basler Kirche, die maßgeblich an der Etablierung der calvinistisch-reformierten Orthodoxie beteiligt waren, die Antistes Johannes Wolleb und Lukas Gernler, den Namen Celio Secondo Curiones durchaus in Ehren gehalten und sein Erbe für sich in Anspruch zu nehmen versucht (vgl. GEIGER , Basler Kirche, 32). 493 Zum Folgenden vgl. den Überblick über Inhalte in: M OMMSEN , Staatssouveränität; vgl. ferner die Auflistung in: DERS., Katalog, 131–351. 494 Aufgrund des vielfach nur kurzen Immatrikulationszeitraums in Basel vor der Erlangung des Doktorgrades, muß man davon ausgehen, daß viele Doktoranden bereits weitgehend fertiggestellte Texte nach Basel mitbrachten.

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besonderem Maße greifbar sind. 495 Der Befund ist in vierfacher Hinsicht signifikant. Erstens lassen die zitierten und herangezogenen Autoren kein präzises reformiertes, in der Abgrenzung zu lutherischen Positionen formuliertes, konfessionelles Profil sichtbar werden. Unter den häufig herangezogenen Texten ist die calvinistisch-monarchomachische Hauptschrift Vindiciae contra tyrannos496 ebenso zu finden wie das frühabsolutistische Schrifttum Jean Bodins und seiner Anhänger.497 Der häufige Rückgriff auf die berühmten Vertreter der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs wie Jacques Cujas und François Hotman verwundert nicht. Überraschend sind hingegen die vielfachen Verweise auf die spanischen und portugiesischen Spätscholastiker. Katholische Autoren aus Deutschland spielen, abgesehen von dem 1630/35 zum Katholizismus konvertierten Tübinger und späteren Ingolstädter Juraprofessor Christoph Besold, keine Rolle. Beim Bezug auf lutherische und reformierte Juristen Deutschlands sind keine Präferenzen festzustellen. Der profiliert lutherische, in Gießen lehrende Dietrich Reinkingk wird nicht weniger als Autorität geschätzt als die reformierten Juristen Hermann Vultejus und Johannes Althusius. Auch der später als Juraprofessor in Basel wirkende Jakob Brandmüller beruft sich umfassend auf Reinkingk.498 Selbst der Bis Ende des 16. Jahrhunderts werden öffentlich-rechtliche Themen meist im Zuge einer Kommentierung des Digesten-Titels „De iurisdictione“ erörtert. Nach der Jahrhundertwende lassen sie sich zunehmend in Disputationen zu unterschiedlichen Fragestellungen, so zum Beispiel feudalrechtlichen Abhandlungen und Dissertationen über die Regalien, finden (siehe dazu unten Abschn. III.Tl.3.1). 496 Vgl. z.B. L UDWIG CLEMINIUS , Fasciculus controversiarum iuris positionum, Basel 1616. Heinrich Zölner hat seiner Dissertation ein Zitat aus George Buchanans De iure regni apud Scotos als Motto vorangestellt, das betont, daß der König um des Volkes willen (und nicht umgekehrt) da sei: „Rex populi causa creatur: neque bono Rege quidquam praestantius divinitus nobis dari, neque malo pestilentius potest: Et quia tanta non est bonorum copia, ut semper probi suppetant, quos eligamus: nec tanta nascendi felicitas, ut fors illa bonos offerat: si non quales optaremus, at quales vel consensus approbavit, vel casus obtulit, pro Regibus habemus. Ea autem, quae est vel in eligendis novis, vel in oblatis forte nascendi approbandis alea, in causa est, uti leges cupere debeamus, quae Regibus Imperii modum faciant: quae leges nihil aliud esse debent, quam boni Principis Imago“ (vgl. HEINRICH ZÖLNER, De regis Romanorum electione ac designatione, itemque iurisdictione conclusiones delibatae ex aurea bulla sacratissimi imperatoris Karoli quarti, Basel 1611). 497 Vgl. M OMMSEN , Staatsouveränität, 98–188. 498 Vgl. J AKOB B RANDMÜLLER , Dissertatio de lege, Basel 1640. Brandmüller geht von der selbstverständlichen Geltung der Formel „princeps legibus solutus“ aus, schränkt die Freiheit des Herrschers von den Gesetzen dann allerdings mit Hilfe des 495

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lutherische Gegner des Vultejus, Gottfried Antonius,499 erhält ohne Einschränkung das Wort. Althusius, selbst Basler Student und später einer der profiliertesten reformierten Juristen im Reich, bekommt nicht den herausragenden Platz, den man erwarten könnte.500 Bibeltexte werden nicht häufiger zitiert als in den vergleichbaren Disputationen bzw. Dissertationen lutherischer Universitäten.501 Zweitens kann man das Gesagte dahingehend zuspitzen, daß sich in Basler Disputationen keineswegs eine offensive Bekundung calvinistisch-monarchomachischer Widerstandslehren fassen läßt.502 Vielmehr herrschen an Bodins Begründung des Souveränitätsbegriffs orientierte, das Widerstandsrecht strikt begrenzende Argumentationen vor.503 Seit den neunziger Jahren werden die Lehren Bodins ausführlich diskutiert, und die römisch-rechtliche Formel „princeps legibus solutus“ wird überwiegend im Sinne von dessen Souveränitätsbegründung interRückgriffs auf Reinkingk weitestgehend ein. Danach sei der Herrscher nicht nur durch das göttliche und das natürliche Gesetz gebunden, sondern ebenso durch die Grundgesetze des Staates und des bürgerlichen Zusammenlebens. Vgl. auch die Hinweise bei MOMMSEN, Staatssouveränität, 36. 53. 130f. 133. 146. 153f. 198. 499 Zu den betreffenden Auseinandersetzungen siehe unten Abschn. III.Tl.7. 500 Vgl. aber JOHANN BRUNINGH, Conclusiones inaugurales de homagiis subjectivis, vulgo Erb: und Landtshuldigungen [...], Basel 1621; JOHANN JAKOB VINTHER, Dissertatio politico-iuridica de republica, Basel 1619; PHILIPP JOHANN TREUTLER VON KROSCHWITZ, Disputatio politica de statu et formis rerumpublicarum [Praes.: THEODOR ZWINGER], Basel 1609. 501 Vgl. z.B. NIKOLAUS M OLLINGER, Conclusiones feudales, Basel 1616 (I Sam 8 als Beschreibung einer entarteten tyrannischen Machtübernahme und nicht eines von Gott eingeführten Königsrechts). 502 Vgl. MOMMSEN , Staatssouveränität, 47–64, bes. 63f. Auch der Gedanke eines Vertrages zwischen Herrscher und Volk, dem im Kontext reformierter Bundestheologie die Funktion einer Widerstandsbegründung zukam, findet sich in Basler Disputationen nur vereinzelt. So wird sie von Johann Bruningh unter Berufung auf das Alte Testament sowie mit Bezug auf Althusius ausgeführt (vgl. DERS., De homagiis subjectivis). 503 Die vielfach auch anzutreffende Kritik an Bodin richtet sich vor allem gegen dessen Beschreibung des Reichs als Aristokratie und nicht als Monarchie (vgl. z.B. GEORG ADAM BRUNNER, De potestate publica, Basel 1602). Bernhard Reineccius wirft Bodin vor, daß seine These von der Aristokratie des Reiches aus Neid geboren sei. Im Sinne der reichsständischen Richtung der Reichspublizistik, wie sie seine Lehrer Dominicus Arumaeus und Friedrich Hortleder vertraten, betont er, daß der Macht des Kaisers schon immer Grenzen gesetzt waren, und geht auf die Wahlkapitulationen ein (vgl. DERS., Disputatio de lege Germanorum regia, seu capitulatione imperatoria, Basel 1619).

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pretiert.504 Danach ist der Kaiser als derjenige, der Recht setzt, nur durch das göttliche und natürliche Recht uneingeschränkt gebunden, nicht jedoch durch das positive Recht und Verträge mit Privatleuten, auch wenn ihm der Respekt allen geltenden Rechts empfohlen wird. Die Mehrheit der Dissertationen legt die Formel „princeps legibus solutus“ jedoch restriktiver aus als Bodin. So wird dem Herrscher als dem, der das Recht schafft, zwar grundsätzlich zugestanden, daß er über den positiven Gesetzen steht. Im einzelnen wird seine Freiheit dann jedoch durch die verschiedensten Argumente deutlich eingeschränkt. So betont der in pfälzischem Dienst stehende Johann Christoph Herpfer mit vielen anderen die Verpflichtung des Herrschers, für den öffentlichen Nutzen zu sorgen, den elementaren Grundsatz der Billigkeit, daß der Herrscher die von ihm erlassenen Gesetze befolgen müsse, wenn er das von seinen Untertanen erwarte.505 Ein anderes Beispiel bietet die Dissertation De maiestate Daniel Ottos, eines der Hauptvertreter der reichsständischen Richtung innerhalb der Reichsstaatslehre, d.h. der Richtung, die die Kompetenzen der Reichsstände gegenüber dem Kaiser zu stärken suchte. Otto nimmt mit Bartholomäus Keckermann den Herrscher zwar von dem Zwang der Gesetze aus, verpflichtet ihn aber zugleich auf die vis directiva der Gesetze.506 Vielfach wird auch die Gebundenheit des Herrschers nicht nur an das göttliche und natürliche Recht, sondern auch an das Völkerrecht und die leges fundamentales eines Gemeinwesens betont.507 Eine originelle, an seinem früheren Herborner Lehrer Althusius orientierte Variante bietet Philipp Johann Treutler von Kroschwitz, Sohn des in Marburg und Herborn tätigen Juristen Hieronymus Treutler von Kroschwitz.508 Auch er unterstreicht die Bindung an die leges fundamentales, konzentriert sich aber zugleich auf den seines Erachtens vernachlässigten Fall, daß die Souveränität bzw. suprema potestas ja nicht nur einem einzelnen Herrscher, sondern auch den Optimaten oder dem Volk zukommen könne.509 Aus den zitierten und vielen weiteren Beispielen scheint sich nun eine deutliche Präferenz Basler Disputationen bzw. Dissertationen für die reichsständische Richtung in der Reichsstaatslehre in den Jahren 1550 Siehe dazu genauer unten Abschn. III.Tl.5. Vgl. JOHANN CHRISTOPH HERPFER, Praecepta iuris politica, Basel 1615. 506 Vgl. D ANIEL O TTO , Disputatio publica de maiestate, Basel 1617. 507 Vgl. z.B. M ATTHAEUS B RAUNSCHWEIG , De reservata imperatorum Romanorum iurisdictione, Basel 1619. 508 Zu diesem siehe unten Abschn. II.Tl.5.3. 509 Siehe oben Anm. 500. 504 505

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bis 1650 zu ergeben. Dem widerspricht jedoch nicht nur die insgesamt gesehen große Bandbreite der Interpretation der Formel „princeps legibus solutus“, sondern auch der bereits erwähnte vielfache Rückgriff auf Dietrich Reinkingk, den profiliertesten Vertreter einer kaisertreuen Reichsstaatslehre auf lutherischer Seite.510 Vor allem aber verwundert, daß ein Rückgriff auf die antiabsolutistischen Traditionen der Eidgenossenschaft,511 der zur Unterstützung der Positionen der reichsständischen Richtung naheliegen würde, in den Jahren bis 1650 weitestgehend fehlt.512 Drittens läßt sich ein eindeutiges Urteil fällen im Blick auf die Bewertung der translatio imperii-Lehre. Danach sei das römische Reich mit der Kaiserkrönung Karls d. Gr. auf die Franken übergegangen. Reichsrechtlich hochrelevant war diese Lehre insofern, als daran die Geltung des römischen Rechts hing.513 Anders als das mittelalterliche Feudalrecht, das die Stellung der Reichsstände und insbesondere der Kurfürsten betonte, konnte das römische Recht zur Legitimation der uneingeschränkten Macht des Kaisers herangezogen werden. Darum beurteilten die der reichsständischen Richtung in der Reichsstaatslehre verbundenen Juristen die Lehre von der translatio imperii in der Regel eher kritisch. Die Wirkmächtigkeit der translatio imperii-Lehre beruhte auf Prophezeiungen des Daniel-Buches. Angefangen mit Calvin wurden die betreffenden Stellen in der reformierten Tradition so ausgelegt, daß man, wie noch genauer darzulegen sein wird,514 damit schwerlich die translatio imperii begründen konnte. In Basler Disputationen bzw. Dissertationen wirken sich solche der reformierten Tradition naheliegenden Interpretationen kaum aus. Stattdessen herrscht eindeutig die Überzeugung einer translatio imperii mit der entsprechenden Aufwertung der Stellung des Kaisers vor.515 Zu erklären ist das wohl nicht zuletzt mit dem Bedürfnis einer Anlehnung an Siehe oben Anm. 498. Vgl. bes. JOSIAS SIMLER, De Republica Helvetiorum libri duo [...]. Describitur [...] non tantum communis totius Helvetiæ politia [...] verum etiam foederum omnium origo et conditiones exponuntur [...], Zürich 1576; vgl. dazu REIBSTEIN, Respublica Helveticorum; zur Frage des Einflusses Simlers u. eidgenössischer Traditionen auf Althusius während seiner Studienzeit in Basel vgl. WOLF, Große Rechtsdenker, 190f. 201; BILDHEIM, Calvinistische Staatstheorien, 64. 512 Vgl. M OMMSEN , Staatssouveränität, 207–228. 513 Siehe dazu unten Abschn. III.Tl.7. 514 Siehe dazu unten Abschn. III.Tl.7., S. 433f. 515 Vgl. M OMMSEN , Staatssouveränität, 156. 187–190. 259f. 271. 510 511

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das Reich, das die Basler Staatsrechtslehre kennzeichnet. Denn in den Dissertationen erscheint die translatio imperii-Lehre vielfach zusammen mit einer Kritik an dem Franzosen Bodin,516 der diese Lehre und die aus ihr folgende Identifikation des fränkisch-deutschen mit dem römischen Reich zurückgewiesen hatte.517 Viertens lassen sich an einer Stelle deutlich weltanschaulich-konfessionelle Einflüsse fassen. In keiner Basler Dissertation der Jahre 1550 bis 1650 wird eine Mitwirkung des Papstes bei der translatio imperii vertreten.518 Die Betonung der Stellung des Kaisers geschieht gerade wesentlich in der Absicht, sie gegenüber der des Papstes aufzuwerten. Durchgängig findet sich in den Basler Disputationen und Dissertationen eine scharfe Papstkritik oder antipäpstliche Tendenz. Dies gilt sowohl für Arbeiten, die ausdrücklich die Abgrenzung von den Geltungsansprüchen des päpstlichen bzw. kanonischen Rechts thematisieren, als auch für Arbeiten, die sich den verschiedensten Gegenständen widmen. In der Disputation des aus Nürnberg stammenden Plato Mathias Schilherr ist die scharfe Zurückweisung der im kanonischen Recht verankerten Ansprüche des Papstes gegenüber Kaiser und Reich mit einer Verherrlichung des Reichsgedankens verbunden.519 Auch in anderen Disputationen bzw. Dissertationen kommt es dadurch, daß die unmittelbar von Gott kommende Jurisdiktion und Herrschaftsgewalt des Kaisers gegen die kanonisch-rechtliche Überordnung des Papstes über die weltliche Obrigkeit betont wird, zu einer Aufwertung der Stellung des Kaisers.520 Brandmüller setzt sich in seiner Dissertation De lege von 1640 eingehend und kritisch mit den kanonisch-rechtlichen Begründungen der Befugnis des Papstes, im Konfliktfall weltliche Obrigkeiten zu exkommunizieren, auseinander.521 Die erwähnte Disputation Clutens, die Vgl. aaO., 189. 255. Siehe unten Abschn. III.Tl.7., Anm. 440. 518 Repräsentativ für die Propagierung der Lehre von der translatio imperii bei scharfer Zurückweisung einer Mitwirkung des Papstes ist die juristische Disputation des Straßburger Geschichtsprofessors Joachim Cluten (vgl. DERS., Sylloge rerum quotidianarum, Basel 1513 [i.e. 1613]). 519 Vgl. P LATO M ATHIAS S CHILHERR , De iure principis contra pontificam usurpationem, Basel 1594. 520 Vgl. z.B. T HOMAS M ICHAELIS , Conclusiones iuridicae de SS. Caesareae Maiestatis camerae, statuum imperii et aliorum magistratuum iurisdictione, s.l. 1601; vgl. auch GERLACH BUXTORFF, Dissertatio historico-iuridica in XVII. priora aureae Caroli IV. bullae capita [...], Basel 1612; BRAUNSCHWEIG, De iurisdictione. 521 Vgl. B RANDMÜLLER , Dissertatio de lege. 516 517

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die Mitwirkung des Papstes bei der translatio imperii zu widerlegen sucht, hat weniger die Zurückweisung Bodins als die Bekämpfung der Jesuiten zum Ziel und scheut dabei nicht, ausnahmsweise auch auf das kanonische Recht zurückzugreifen.522 In einer Thesenreihe „De crimine laesae maiestatis“ wird auch über die Frage der Gotteslästerung gehandelt. Unter der göttlichen Majestät sei allein die Trinität zu verstehen, aber gemäß der Basler Reformationsordnung seien auch Beleidigungen der Gottesmutter oder der Heiligen zu bestrafen. Dem Papst hingegen werden die Majestätsrechte praktisch abgesprochen.523 Eine klare Abgrenzung gegen Papst und Jesuiten vollzieht auch der Basler Remigius Faesch in seiner 1620 verteidigten Dissertatio de foederibus.524 Faesch, Schüler der reformierten Marburger Juristen Vultejus und Regner Sixtinus und von 1628 bis 1667 als Juraprofessor in Basel tätig, dürfte in besonderer Weise repräsentativ für die Basler Rechtslehre in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gewesen sein.525 Zugleich bestehen bei Faesch keine Hemmungen, im Sinne einer gewissen Toleranz Erasmus und Sebastian Castellio zu zitieren und die Unterscheidung von geistlichem und weltlichem Regiment zu unterstreichen. Einflüsse konfessioneller Orientierung auf Basler juristische Disputationen und Dissertationen der Jahre 1550 bis 1650 werden im evangelisch-katholischen Vergleich sichtbar. Unterschiede zwischen der lutherischen und reformierten Konfession wirken sich nicht im mindesten in dem Maße auf die juristische Arbeit aus, wie das die evangelische im Unterschied zur katholischen Orientierung tut. Während im hochspezialisierten Diskurs der gelehrten Theologen Unterschiede und Gegensätze lutherischer und reformierter Konfession bald und sehr deutlich Niederschlag finden, ist das bei den Juristen nicht der Fall.

Vgl. SCHILHERR, De iure principis. Vgl. JOHANN LUKAS GRAFF, De crimine laesae maiestatis, Basel 1632. 524 Vgl. R EMIGIUS F AESCH , Dissertatio de foederibus, ex iure publico deprompta, Basel 1620. 525 Im Zuge der für sein konfessionelles Profil charakteristischen Frontstellung gegen Papst und Jesuiten bewertet Faesch Begründungen eines Widerstandsrechts kritisch, da er sie als „jesuitisch“ identifiziert. 522 523

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3.5 Reformatorisches Profil und evangelische Pluralität in juristischen Dissertationen Nach dem Gesagten kann nun eine Antwort auf die Frage, welche Bedeutung die konfessionelle Orientierung für den Aufschwung der juristischen Fakultät der Universität Basel gehabt hat, gegeben werden. Die Fakultät bot ein klar evangelisches Profil, das es erlaubte, die fundamentale Kritik an den päpstlichen Machtansprüchen in der juristischen Arbeit zu berücksichtigen. Damit war eine wesentliche Voraussetzung für die Entfaltung eines öffentlichen Rechts, das weltliche Machtansprüche kirchlicher Obrigkeiten ebenso ausschloß wie den Geltungsanspruch des kanonischen Rechts mit seiner Fundamentalunterscheidung von Klerikern und Laien, gegeben.526 Mit dem Verweis auf die profiliert evangelische, antipäpstliche Ausrichtung der Fakultät ist ihre Attraktivität aber nicht ausreichend erklärt. Nicht weniger wichtig ist die zugleich vorhandene große Pluralität, die es nicht nur reformierten, sondern auch lutherischen Juristen erlaubte, in Basel zu studieren und zu promovieren. Für Basel ist im Unterschied zum Beispiel zu Genf gerade charakteristisch, daß auch in den Zeiten der verstärkt calvinistisch-reformierten Orientierung seit 1586 in großer Zahl Studenten aus lutherischen Territorien promoviert wurden. Selbst gegenüber Studenten aus katholischen Territorien brachte man eine gewisse Toleranz auf.527 Die besondere Attraktivität der Basler juDie juristische Fakultät der Universität Basel verfügte seit der Reform in den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts über je einen Lehrstuhl für Institutionen, Codex und Pandekten. Einen Lehrstuhl für kanonisches Recht gab es nicht mehr, jedoch wurde weiterhin der Dr. iuris utriusque verliehen und regelmäßig finden sich in den Disputationen „theses ex iure canonico“, so daß man davon ausgehen kann, daß das kanonische Recht im Rahmen zivilrechtlicher Vorlesungen mitgelehrt wurde. Erst im Jahre 1706 wird das kanonische Recht an der juristischen Fakultät der Universität Basel förmlich wiedereingeführt (vgl. STAEHELIN, Geschichte, 291– 294). Das kanonische Recht wurde von den evangelischen Juristen „in vim consuetudinis“ rezipiert. Im Falle des Gegensatzes zum Zivilrecht hatte es jedoch zu weichen. Der Bruch mit dem kanonischen Recht ist im Bereich der reformierten Kirche gründlicher als im Luthertum erfolgt. So finden sich in den Basler Disputationen keine Spuren des neuen protestantischen Kirchenrechts, das sich an lutherischen Universitäten aus Resten des kanonischen Erbes entwickelt hat (vgl. COING, Juristische Fakultät, 1977, 39f.; MOMMSEN, Katalog, 64f.). 527 So wird im Jahre 1605 Franz Rossel aus dem Jurastädtchen Pruntrut promoviert. Hier residierte der Fürstbischof von Basel, der auch nach der Schließung und Wiedereröffnung der Universität infolge der Reformation Kanzler der Univer526

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ristischen Fakultät im letzten Drittel des 16. und ersten Drittel des 17. Jahrhunderts erklärt sich somit – neben den eingangs genannten Faktoren528 – am ehesten durch die charakteristische Mischung aus klar evangelischem Profil und antikonfessionalistischer Pluralität. Gerade damit hat sie eine bedeutende Rolle bei der Entstehung des öffentlichen Rechts in Deutschland, das fast ausschließlich an evangelischen Universitäten entfaltet wurde, erlangt – auch wenn keiner ihrer Professoren hier als Autor Maßgebliches beigetragen hat.

4. Herborn Die Frage nach dem weltanschaulich-konfessionellen Horizont, in dem Herborner Juristen ihr juristisches Werk entfaltet haben, ist von besonderem Interesse, da die Herborner Hohe Schule in besonderer Weise repräsentativ für das calvinistische Hochschulwesen gewesen ist.529 Anders als Heidelberg und Basel war hier nicht eine mehr als hundertjährige Tradition gegenwärtig, die im Sinne des calvinistisch-reformierten Protestantismus umgeformt werden mußte. Die Gründung der Hohen Schule 1584 erfolgte vielmehr mit dem ausdrücklichen Ziel, die Reformation voranzutreiben und angesichts der römischen-spanischen Bedrohung zu sichern.530 Die äußere Organisationsstruktur wie die Gestaltung der Lehrinhalte sind somit ganz durch Zeitalter und Zielsetzung bestimmt. Gerhard Menk hat in seiner grundlegenden Studie zum Thema formuliert: „Die Hohe Schule Herborn durfte innerhalb des deutschen Kalvinismus in besonderem Maße für sich in Anspruch nehmen, als der Prototyp einer konfessionell ausgerichteten Ausbildungsstätte zu gelten.“531 Auch die Grafschaft Nassau insgesamt ist im Blick auf ihre territorialen Ausmaße und ihre Stellung im Reichsverband in stärkerer

sität blieb und sein Promotionsrecht an die Dekane der Fakultäten delegiert hatte (vgl. STAEHELIN, Geschichte, 21–25; MOMMSEN, Katalog, 20). 528 Siehe oben Abschn. II.Tl.3.2. 529 Zur Entstehung und frühen Geschichte der Hohen Schule zu Herborn vgl. vor allem MENK, Hohe Schule; vgl. ferner STEUBING, Geschichte; GRÜN, Geist und Gestalt; WIENECKE (Hg.), Von der Hohen Schule; BENRATH, Die theologische Fakultät; DIENST, Hohe Schule; DERS., Art. Herborn; HOTSON, Johann Heinrich Alsted, 15–24. 530 Vgl. M ENK, Hohe Schule, 22–35. 531 AaO., 15.

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Weise als die Kurpfalz repräsentativ für andere calvinistisch-reformierte Territorien im Reich.532

4.1 Hochschulgründung im Kontext der „römisch-spanischen Bedrohung“ Der Übergang des Hochschulgründers Johann VI. von Nassau-Dillenburg zum Calvinismus im Jahre 1577/78 erfolgte im Kontext engster Beziehungen zu den Niederlanden.533 Zwei Brüder Johanns VI. waren infolge dynastischer Verbindungen in den Niederlanden engagiert. Der älteste Bruder Wilhelm von Oranien war als Statthalter der nördlichen Niederlande der Führer des Aufstands gegen die spanische Oberherrschaft. Der jüngere Bruder Ludwig von Nassau, der in Straßburg und Genf studiert hatte, führte 1568 den militärischen Aufstand gegen den spanischen Statthalter Herzog Alba an. Im Jahre 1578, kurz nach seinem Übergang zum Calvinismus, übernahm Johann VI. selbst auf Drängen Wilhelms für knapp zwei Jahre die Statthalterschaft in Geldern und war dann maßgeblich an der Formierung der Utrechter Union im Jahre 1579 beteiligt. Ein Jahr nachdem die langjährigen Bemühungen Johanns VI. um die Gründung einer Hohen Schule in Nassau-Dillenburg zum Erfolg führten, rief sein ältester Sohn Wilhelm Ludwig im Jahre 1585 als friesischer Statthalter die Hochschule zu Franeker ins Leben. Entsprechend vollzog sich der Aufbau und Aufstieg der Hohen Schule in engstem Austausch mit den Niederlanden.534 Mit der Rückkehr Johanns VI. aus den Niederlanden im Jahre 1580, die angesichts der Differenzen mit seinem Bruder, mehrfacher Niederlagen und der kaum zu tragenden Kosten des niederländischen Engagements einem Rückzug glich, veränderte sich der Horizont seiner Politik grundsätzlich. Nun waren nicht mehr die Niederlande und internatiVgl. die Auflistung in: CUNO/ZAHN (Hg.), Gedächtnisbuch, 5 Tle. Vgl. CUNO, Johann der Ältere; OESTREICH, Grafschaft und Dynastie Nassau; GLAWISCHNIG, Niederlande; MENK, Graf Johann VI.; DERS., „Qui trop embrasse, peu estreind“; GROPPLER-GÖRGEN, Johann VI. von Nassau-Dillenburg; zu Ludwig von Nassau, insbesondere seiner frühen calvinistischen Orientierung und seiner Beteiligung am niederländischen Aufstand vgl. BLOK, Lodewijk van Nassau; VAN HERWERDEN , Lodewijk van Nassau; PARKER, Der Aufstand der Niederlande; zu den Beziehungen Nassau-Dillenburgs zu den Niederlanden vgl. PRESS, Wilhelm von Oranien, die deutschen Reichsstände und der niederländische Aufstand; MÖRKE, Das Haus Oranien-Nassau; DERS., ‚Stadtholder‘ oder ‚Staetholder‘; KLUIVER (Hg.), De Correspondentie; weitere Literatur in: MENK, Hohe Schule, 22f. Anm. 1–3. 534 Zur Beteiligung des nassauischen Grafenhauses (Nassau-Dillenburg) am niederländischen Aufstand vgl. bes. GLAWISCHNIG, Niederlande. 532 533

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onale Beziehungen die entscheidenden Bezugspunkte, sondern er konzentrierte sich auf die Absicherung seines Territoriums im Reich und die Stärkung seiner Stellung im Austausch mit den Nachbarn. Angesichts der Erfolge der Gegenreformation galt es, Allianzen zu schaffen und die innere Einheit des Territoriums zu festigen. Ein wesentlicher Aspekt dabei war die klare Abgrenzung der konfessionellen Orientierung der Untertanen gegen den römischen Katholizismus,535 die schon durch die enge und teilweise konfliktreiche Nachbarschaft mit dem geistlichen Kurfürstentum Trier geboten war. Abgesehen von ständigen Konflikten um die Einkünfte von säkularisierten Klöstern mit dem Trierer Bischof war gerade ein Jahr zuvor 1583 das wesentlich vom nassauischen Grafenhaus unterstützte Bemühen um die Überführung des geistlichen Kurfürstentums Köln in das evangelische Lager vollständig gescheitert.536 Um die Dramatik der Auseinandersetzung mit der römisch-habsburgischen Allianz im Erfahrungshorizont Johanns VI. zu ermessen, muß man sich nur den Sachverhalt vor Augen führen, daß er in den beiden Jahrzehnten vor der Gründung der Hohen Schule nicht weniger als drei Brüder und drei Söhne auf dem Schlachtfeld verloren hatte.537 Im Jahr der Schulgründung 1584 wurde sein Bruder Wilhelm von Oranien, der Statthalter der Provinzen Holland, Seeland und Utrecht, von einem römisch-katholischen Gegner in Delft ermordet. Die Präsenz dieser bedrohlichen Auseinandersetzung wird auch daran sichtbar, daß die Versuche, die Reformation des Territoriums voranzutreiben, von der neuartigen Formierung eines Volksheeres flankiert sind.538 Entscheidend für das Gelingen einer tiefgreifenden Reform und insbesondere die Zurückdrängung von Aberglauben bei der ländlichen Bevölkerung, die jederzeit für Rekatholisierungsversuche der Gegner anfällig schien, war die Entwicklung des Bildungswesens und die AusbilVgl. MÜNCH, Zucht und Ordnung; SCHMIDT, Die „Zweite Reformation“ im Gebiet des Wetterauer Grafenvereins. 536 Vgl. G LAWISCHNIG , Niederlande, 142–162. 204–229; SCHMIDT , Der Wetterauer Grafenverein, 339–347. 537 Neben dem bereits genannten Ludwig von Nassau verlor Johann VI. in Schlacht in der Mooker Heide im Jahre 1574 noch einen weiteren Bruder. 538 Bei dem durchaus risikoreichen Unternehmen, dem Volk Waffen in die Hand zu geben, orientierte sich Johann VI. an den Erfahrungen seines Neffen Moritz von Oranien im Kampf gegen die Spanier. Vgl. insgesamt HATZFELD, Wehrpolitik und Heeresreform; OESTREICH, Graf Johanns VII. Verteidigungsbuch; SCHMIDT, Wetterauer Grafenverein, 288–320; Zur Wahrnehmung einer permanenten spanischen Bedrohung vgl. auch MENK, Die politische Kultur. 535

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dung entsprechender Eliten. Neben Theologen und Lehrern mußten Juristen ausgebildet werden, die nicht nur sachkompetent, sondern auch konfessionsloyal dem als bedroht wahrgenommenen Territorium dienten. So war es konsequent, daß die Leitung und Gestaltung der Institution in den Händen von Männern lagen, die sich als entschiedene Vertreter des calvinistisch-reformierten Bekenntnisses erwiesen hatten. Mit Caspar Olevian konnte Johann VI. den damals wohl bekanntesten reformierten Theologen im Reich als ersten Theologieprofessor und Gründungsrektor gewinnen.539 Nicht nur in den Auseinandersetzungen um die Kirchenzucht in Heidelberg hatte sich Olevian auch als durchsetzungsfähiger praktischer Reformer bewährt. Wie dieser hatte auch der erste Philosophieprofessor und Nachfolger Olevians als Rektor, Johannes Piscator, wegen seiner calvinistisch-reformierten Überzeugungen 1576 Heidelberg verlassen und seine Professur für Physik aufgeben müssen.540 Durch die Berufung nach Herborn entkam er der Bedrohung des Gymnasiums in Moers durch die Spanier, als dessen Rektor er seit 1582 tätig war. Nach den Statuten von 1584 und 1609 waren in Herborn drei Professoren der Theologie, zwei der Jurisprudenz und zwei der Philosophie tätig.541 Die Jahre von der Gründung bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges und insbesondere dem Restitutionsedikt Kaiser Ferdinands II. von 1629542 sind zurecht als eine erste Blütezeit der juristischen Fakultät bezeichnet worden. Sie sind vor allem durch das Wirken Johannes Althusius’ gekennzeichnet, der auf Betreiben Caspar Olevians (aus Basel) berufen wurde und abgesehen von einer Unterbrechung in den Jahren 1592 bis 1594543 von 1586 bis 1604 an der Hohen Schule in Zu Olevian vgl. FRANZ/HOLTMANN, Caspar Olevian, 1536–1587; FRANZ/ HOLTMANN/JENNY, Caspar Olevian, 1536–1587; MENK, Caspar Olevian. Siehe auch unten Anm. 552, 559 u. 598. 540 Zu Piscator vgl. S TEUBING , Lebensnachrichten; B OS , Johann Piscator; G RÜN , Geist und Gestalt; HATZFELD, Mose und die Kriegskunst; GRÜN, Die theologische Fakultät; ONG, Johannes Piscator. 541 Einen Überblick über die Geschichte der juristischen Fakultät der Hohen Schule bietet: SCHMIDT VON RHEIN, Zur Geschichte. Medizin wurde zunächst nur von einem Professor der Philosophie gelehrt. 542 Die Hohe Schule war dadurch insofern direkt betroffen, als die im Restitutionsedikt festgelegte Rückgabe säkularisierter Klöster an Kurtrier der Hohen Schule die Finanzierung entzog. Zum Restitutionsedikt von 1529 und seinen Folgen insgesamt vgl. MENK, Das Restitutionsedikt. 543 Althusius folgte im Frühjahr 1592 einem Ruf an die neugegründete reformierte Hohe Schule, wohl weil er dort ein höheres Gehalt erhielt, kehrte aber bereits 539

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Herborn bzw. in Siegen tätig war.544 Ungefähr zeitgleich, aber wohl nur kurze Zeit war Johann Ulner (Eulner) tätig. Von 1588 bis 1594 lehrte Johannes Goeddaeus in Herborn und als dessen Nachfolger von 1594 bis 1606 Anton Matthaeus. Beide waren nicht nur in Marburg zum Dr. iur. promoviert worden, sondern setzten dort auch später ihre Lehrtätigkeit fort. Zusammen mit den beiden anderen Marburger Rechtslehrern Hermann Vultejus und Christoph Deichmann gehörten sie nach der Einführung des reformierten Bekenntnisses an der Universität Marburg im Jahre 1605 für fast zwanzig Jahre der dortigen juristischen Fakultät an.545 Eine Generation jünger war der 1576 geborene Philipp Heinrich Hoenonius, der seit 1604 an der Hohen Schule lehrte.546 Seine Tätigkeit endete im Jahre 1608 mit dem Aufstieg zum Kanzleidirektor. 1627 wurde seine Laufbahn in Nassau-Dillenburg durch die Ernennung zum Geheimen Rat gekrönt. Nicht mehr in der gleichen Weise wie Althusius oder Goeddaeus durch die Verfolgung der Reformierten in Westeuropa oder auch im lutherischen Kursachsen geprägt, spielte Hoenonius u.a. eine führende Rolle bei der Einigung der lutherischen und der reformierten deutschen Reichsstände auf dem Leipziger Konvent von 1631. Wichtige Disputationen von seiner Hand zu staatsrechtlichen Themen sind zu einem Werk, auf das noch genauer einzugehen ist, zusammengeführt und publiziert worden.547 Die drei übrigen bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges tätigen Juraprofessoren – Martin Naurath (1575–1637),548 Martin Schickard (1606–1629) und Wolfgang Ficinus (1608–ca. 1629) – haben vergleichsweise wenig Spuren hinterlassen. 1594 zurück nach Herborn bzw. Siegen (vgl. MENK, Hohe Schule, 48 Anm. 18; WARNECKE, Althusius und Burgsteinfurt). 544 Siehe unten Abschn. II.Tl.4.2–3. 545 Zu Goeddaeus und A. Matthaeus siehe unten Abschn. II.Tl.5.1, bes. S. 271– 274 mit Anm. 884–897. 546 Hoenonius, geboren am 23. Juli 1576 in Diez/Lahn und gestorben am 28. April 1649 in Frankfurt a. M., wechselte nach Matthaeus’ Weggang im Jahre 1606 von der zweiten auf die erste juristische Professur. Literatur zu Hoenonius siehe unten Abschn. II.Tl.4.4, Anm. 704. 547 Siehe unten Abschn. II.Tl.4.4. 548 Naurath war nach dem Studium an der Hohen Schule seit 1592 ebendort ab 1599 Professor für Philosophie und 1600–1602 Juraprofessor. Seit 1608 ist er als Rat und Amtmann in Siegen und seit 1617 bis zu seinem Tod in gleicher Funktion in Diez nachgewiesen.

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Der Überblick über die in Herborn tätigen Juristen ist nicht vollständig ohne die Erwähnung dreier weiterer Herborner Gelehrter, die zwar nicht als Juraprofessoren, aber doch als Autoren juristisch profilierten bzw. relevanten Schrifttums hervorgetreten sind. Mit Wilhelm Zepper war von 1595 bzw. 1599549 bis 1607 ein praktischer Theologe an der Hohen Schule tätig, der mit guten Gründen als Begründer der reformierten Kirchenrechtswissenschaft bezeichnet worden ist.550 Zepper hat nicht nur in seiner Politia ecclesiastica von 1595 einschlägige Überlegungen zu Kirchenrecht und Kirchenordnung im Sinne des Calvinismus verfaßt,551 sondern auch eine wirkungsreiche Schrift zum Verhältnis von römischem und mosaischem Recht, in der die Frage der gegenwärtigen Geltung des mosaischen Rechts erörtert wird.552 Der von 1588 bis 1591 als Professor der Rhetorik tätige Hieronymus Treutler von Kroschwitz brachte wenige Jahre nach seinem Herborner Aufenthalt Selectae disputationes ad ius civile Justinianeum quinquaginta libris pandectarum comprehensum zum Druck.553 Diesen vielfach nachgedruckten und kommentierten Disputationsthesen kam in den folgenden Jahrzehnten eine bedeutende Rolle bei der Entfaltung des ius publicum im Reich zu.554 Schließlich ist der Philosoph und Theologe Johann Heinrich Alsted zu nennen, der seit 1610 Professor der Philosophie und seit 1619 bis zu Faktisch konnte er die Stelle eines Professor practicus erst 1599 – nach der Rückverlegung der Hochschule aus Siegen – wahrnehmen (vgl. DIETRICH THYEN, Zur Biographie Wilhelm Zeppers, bei: ZEPPER, Von der christlichen Disziplin, 207– 214, hier: 213). 550 Vgl. WEERDA , Wilhelm Zepper. 551 WILHELM ZEPPER , Politia ecclesiastica: sive Forma, ac ratio administrandi, et gubernandi regni Christi, quod est ecclesia in his terris, Herborn 1595; Editio secunda, priori longe emendatior, et varia [...] accessione locupletata, 1607. 552 Vgl. WILHELM ZEPPER , Legum Mosaicarum forensium explanatio [...], Herborn 1604 [21614]; siehe dazu unten Abschn. II.Tl.4.3.2. Auch der erwähnte erste Theologieprofessor und Gründungsrektor Olevian ist hier zu nennen. Er war 1557 nach dem Jurastudium in Orléans und Bourges zum Dr. iur. promoviert worden. Sein Hauptwerk, in dem er einen profilierten bundestheologischen Entwurf vorgelegt hat, kann nicht ohne diese Schulung in der Jurisprudenz verstanden werden. Vgl. CASPAR OLEVIAN, De substantia foederis gratuiti inter Deum et electos, Genf 1585; Neuausg. 1994; vgl. auch GRAFFMANN, Caspar Olevians Stellung; ESSER, Die politische Theorie; weitere Literatur siehe oben Anm. 539. 553 Vgl. H IERONYMUS T REUTLER , Selectarum disputationum ad ius civile Iustinianeum L. libris pandectarum comprehensum volumina duo, Marburg 1592/93 [ebd. 1594; ebd. 1596; ebd. 1603; ebd. 1606; ebd. 1617; ebd. 1622; ebd. 1628; Frankfurt a. M. 1639; ebd. 1649]. 554 Siehe unten Abschn. II.Tl.5.3.3 u. III.Tl.4.3.4. 549

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seinem Weggang nach Siebenbürgen im Jahr 1629 Professor der Theologie in Herborn war. Alsted hat in seinen enzyklopädischen Werken auch die Jurisprudenz und die Politik behandelt und in seiner umfassendsten Enzyklopädie, der Ausgabe von 1630, eine detaillierte Darstellung der Rechtswissenschaften unternommen.555

4.2 Auswirkungen calvinistisch-reformierter Konfession auf Johannes Althusius’ Œuvre? Die Frage, ob und wenn ja in welcher Weise sich die calvinistischreformierte Orientierung im juristisch-politischen Werk Herborner Juristen niedergeschlagen hat, ist vor allem und fast ausschließlich am Beispiel von Althusius’ Politica methodice digesta556 diskutiert worden. Nach Erik Wolfs grundlegenden Arbeiten557 hat insbesondere Peter Jochen Winters die These zu erläutern versucht, daß Althusius’ Politica Vgl. JOHANN HEINRICH ALSTED, Encyclopaedia. Faksimile-Reprint der Ausg. Herborn 1630, 7 Tle. in 4 Bdn., Stuttgart-Bad Cannstatt 1989, Tl. V, 1691–1772 [Jurisprudenz]; vgl. ferner aaO., Tl. IV, 1388–1504 [Politik]; JOHANN HEINRICH ALSTED [Praes.]/JOHANN W. V. RÖVENSTRUNCK [Resp.], Discursus politicus geminus, qui est de statu rerum publicarum tum generali tum speciali: praeceptis, regulis & problematis informatus et [...] propositus, Herborn 1612; JOHANN HEINRICH ALSTED , Decuria miscell. illustrium quaestionum grammatico-ethico-politicarum, Herborn 1613; DERS., Decuria quaestionum politicarum, Herborn 1612; DERS., Disputatio politica continens decuriam quaestionum illustrium, Herborn 1613. Weitere Quellen sind aufgeführt in: GRÜN, Politische Diskussionen, 276. 556 J OHANNES A LTHUSIUS , Politica methodice digesta atque exemplis sacris et profanis illustrata, Herborn 1603; Groningen 21610; Herborn 31614; Faksimile-Reprint, Aalen 1981; vgl. auch die deutsche Übersetzung in Auszügen: ALTHUSIUS, Politik, 2003. 557 Erik Wolf hat wie folgt über Althusius’ in der „Politica“ entfaltetes Rechtsund Staatsdenken geurteilt: „Seine religiöse Grundlage bildet die Gotteslehre und Rechtsauffassung Calvins. Das bedeutete einen vielen Lutheranern unter den deutschen Rechtsdenkern des 17. Jahrhunderts fremden, ja anstößigen Standort theologisch-politischer Erkenntnis, nämlich die Ablehnung jeder menschlichen Willkür im Aufbau des sozialen Körpers. Gottes absolute Souveränität über die Menschen äußert sich nach Calvin in seiner unerforschlichen und unumstößlichen Prädestination aller irdischen Dinge und Schicksale, seien es einzelmenschliche oder solche der Staaten und Völker. Alle Tatsachen der Geschichte bekommen durch diese religiöse Aussage eine metaphysische Bedeutung; die Erde erscheint als Schauplatz der Verwirklichung des göttlichen Weltplans. Was geschieht, ist jeweils Ausdruck einer unmittelbaren, unentrinnbaren Entscheidung Gottes und dient ‚ad salutatem [sic!] animae‘“ (WOLF, Große Rechtsdenker, 182f.; vgl. auch aaO., 184. 214f.). 555

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„ein auf der Theologie Calvins beruhendes Lehrbuch der politischen Wissenschaft“ sei.558 Neben dessen Auffassung von der absoluten Souveränität Gottes, der göttlichen Prädestination und der Betonung der Gerechtigkeit Gottes seien hier auch Ekklesiologie und Bundesverständnis zu nennen.559 Auf der anderen Seite haben Carl Joachim Friedrich und Ernst Reibstein den auf säkularen Begründungen beruhenden Charakter der Rechts- und Staatslehre des Althusius betont.560 Ihr entscheidendes Argument ist, daß die Vielzahl der von Althusius angeführten Bibelstellen eher illustrativer als inhaltlich normierender Art sei. Zudem fänden sich an entscheidenden Stellen nicht Verweise auf Calvin oder andere reformierte Theologen, sondern Verweise auf die spanischen Spätscholastiker Fernando Vázquez de Menchaca und Diego Covarruvias sowie andere katholische Autoren. In jüngster Zeit hat Horst Dreitzel in einem umfangreichen Aufsatz über Althusius in der Geschichte des Föderalismus die These von einem prägenden Einfluß alttestamentlicher Bundesvorstellungen oder reformierter Bundestheologie auf Althusius’ Politica zurückgewiesen.561 Bereits in einem ausführlich komWINTERS, Die „Politik“, 270. Vgl. aaO., 37–60. 268–270. Gerhard Menk hat geurteilt, daß Althusius’ „Politica“ vielfach auf der Olevianschen Föderaltheologie aufbaue (vgl. DERS., Die Hohe Schule Herborn im 16. und 17. Jahrhundert, 27). Vgl auch SCHRENK, Gottesreich, 67–73. 189f.; WIENECKE, Die Einrichtungen, 85; MCCOY, The Centrality of Covenant; ESSER, Calvin und Althusius; DERS., Die politische Theorie Caspar Olevians; MALANDRINO, Teologia federale; DERS., Die Subsidiarität in der „Politica“, 257. 560 Vgl. R EIBSTEIN , Johannes Althusius als Fortsetzer der Schule von Salamanca; FRIEDRICH, Johannes Althusius. 561 Vgl. D REITZEL , Althusius in der Geschichte des Föderalismus, 52–63. Gegen Dreitzels Deutung spricht der Sachverhalt, daß Althusius im Jahre 1602 in Gestalt von Disputationsthesen De regno recte instituendo et administrando eine Art Entwurf der Politica vorgelegt hat, in dem die Vorstellung dreier miteinander verbundener Verträge – neben dem Vertrag zur Konstitution des Gemeinwesens und dem zur Einsetzung der Obrigkeit auch der zwischen Gott und Volk – eine zentrale Rolle spielt. Vgl. JOHANNES ALTHUSIUS [Praes.]/HUGO PELLETARIUS [Resp.], Disputatio politica de regno recte instituendo et administrando, Herborn 1602; vgl. dazu STOLLEIS, De regno recte instituendo et administrando. Dreitzels Argument, daß von calvinistischen Juristen und Theologen verwendete Argumente unter Umständen schon zuvor entwickelt worden seien, muß insofern präzisiert werden, als die Frage zu klären ist, welche Zeitgenossen diese Lehren in der Gegenwart präsent halten. Im Falle der wegweisenden Überlegungen Marsilius von Paduas zum Beispiel sind das eindeutig protestantische und nicht tridentisch-katholisch geprägte Autoren (vgl. auch KOCH, Zur Dis-Kontinuität mittelalterlichen politischen Denkens). 558 559

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mentierenden Beitrag zu dem Sammelband Politische Theorie des Johannes Althusius aus dem Jahre 1989 hatte Dreitzel die gängigen Urteile über Althusius’ Calvinismus oder der Prägung durch die Theologie und politische Ethik Calvins in Frage gestellt.562 Gegen die Herleitung der Lehren Althusius’ aus Calvin’scher oder calvinistischer Theologie spricht, daß sich die postulierten Theologumena in der Politica, aber auch in den anderen Werken des Althusius, entweder gar nicht nachweisen lassen oder aber nicht so einschlägig oder an so prominenter Stelle präsent sind, daß man hier einen wirklich konstitutiven Einfluß auf die politische Theorie bescheinigen kann. So fehlt der Prädestinationsgedanken bei Althusius,563 und die alttestamentliche Bundesvorstellung ist zwar präsent, hat aber für die politische Theorie, den Gedanken der Volkssouveränität und die Begründung des Widerstandsrechts keine konstitutive Bedeutung.564 Bezeichnenderweise greift Althusius bei der Darlegung der ursprünglichen Herrschaftsgewalt des Volkes gerade auf den Spätscholastiker Vázquez de Menchaca zurück.565 Auch die Rede von einem auf säkularen Begründungen beruhenden Charakter der Rechts- und Staatslehre des Althusius bleibt unbefriedigend, weil Bezugnahmen auf biblische Texte und theologische Autoren in starkem Maße präsent sind.566 Um einer Antwort auf die Frage nach dem Einfluß der calvinistisch-reformierten Konfession auf Althusius’ juristisches Werk näherzukommen, sind zwei Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zum einen darf nicht ein unhistorisches Verständnis der calvinistisch-reformierten Konfession zugrundegelegt werden. Bis zur 562 Vgl. D REITZEL , Neues über WIETZ/WYDUCKEL (Hg.), Politische

Althusius, 280–285; vgl. auch DAHM/KRATheorie. 563 Anders als in der Literatur behauptet, finde ich keine calvinistische Prädestinationslehre bei Althusius. Wenn er in der Dicaeologica von electi spricht, meint er für bestimmte Ämter ausgewählte Personen. Wenn Althusius von den Gläubigen spricht, nennt er sie nicht praedestinati, sondern regenerati (vgl. Dic. I,20, n. 14, 77). 564 Vgl. D REITZEL , Althusius in der Geschichte des Föderalismus, 52–63; vgl. auch BENRATH, Johannes Althusius, 98; RENGSTORF, Die Exempla sacra. 565 Vgl. Pol. 19,35f., S. 342f.; zu den diesbezüglichen Ausführungen bei Vázquez de Menchaca vgl. VAN NIFTERIK, Vorst tussen volk en wet, 211ff.; zum Einfluß Covarruvias’ vgl. bes. Pol. 9,21, S. 177; Pol. 1603, f. (:)vv; vgl. ferner WYDUCKEL, Althusius und die Monarchomachen, 149. 566 Ernst Troeltsch hat in einem abwägenden Sinne geurteilt, daß die Lehre des Althusius „ein Schritt über den echten Calvinismus hinaus und ein Mittelglied zwischen ihm und dem klassisch-rationalistischen Naturrecht“ sei (TROELTSCH, Soziallehren, 697 Anm. 376).

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Synode von Dordrecht 1618/19, auf der mit der Definition der orthodoxen Prädestinationslehre ein beträchtlicher Teil der humanistischmoralistisch orientierten Kreise ausgegrenzt wurde, und sogar darüber hinaus war der calvinistisch-reformierte Protestantismus gerade in Deutschland durch eine große Pluralität gekennzeichnet. Ohne das charakteristische Miteinander von humanistischen und reformatorischen Grundentscheidungen in Rechnung zu stellen, läßt sich der reformierte Protestantismus eines Althusius, aber auch anderer Herborner Juristen nicht angemessen erfassen. Zum anderen ist die Frage nach den Auswirkungen der calvinistisch-reformierten Konfession auf Althusius’ juristisches Werk bisher nicht befriedigend beantwortet worden, da sich sämtliche Erörterungen der Frage auf die Politica und das hier entfaltete Politikverständnis beschränken.567 Auch Althusius’ andere Werke, vor allem seine Darstellung des römischen Rechts und sein umfassendes System des Rechts, sind in dieser Hinsicht zu untersuchen. An Althusius’ calvinistisch-reformierter Orientierung kann kein Zweifel bestehen. Dies machen schon die äußeren Daten seines Lebenslaufes deutlich.568 Abgesehen von einem für den Frühsommer 1581 belegten Studienaufenthalt in Köln hat Althusius nur in reformiert ausgerichteten Kontexten studiert und gearbeitet. Das Studium erfolgte wohl zum größten Teil in Basel, wo er Gast im Hause des Theologen Jakob Grynaeus war und 1586 zum Doktor iuris utriusque promoviert wurde. Ein Studienaufenthalt in Genf im Winter 1585/86 eröffnete ihm den Kontakt mit Dionysius Gothofredus und wohl auch Theodor Beza. Mit der Lehrtätigkeit an der Hohen Schule in Herborn bzw. Siegen ab 1586 und für kurze Zeit auch an der in Steinfurt (1592–1595/6) hat Althusius an den damals neben der Universität Heidelberg wohl profiliertesten calvinistisch-reformierten Studieneinrichtungen im Reich gelehrt. In der über dreißigjährigen Wirkungszeit als Syndikus der calvinistisch-reformierten Stadt Emden seit 1604 schließlich spielte deren calvinistisch-reformierte Positionierung und enge Anlehnung an den politischen Calvinismus der Niederlande eine Schlüsselrolle in der dauernden Auseinandersetzung mit den lutherischen Grafen von OstfriesAls Ausnahmen sind lediglich zu nennen: WYDUCKEL, Recht und Jurisprudenz; STROHM, Althusius’ Rechtslehre. 568 Geboren wohl im Jahre 1563, wurde er in der Jugend offensichtlich durch seinen Landesherrn Graf Ludwig d. Ä. von Sayn-Wittgenstein sowie dessen Bruder Georg, Dompropst und Propst zu Köln, gefördert. Im Sommer 1577 ist er am Pädagogium in Marburg eingeschrieben (vgl. HOLZHAUER, Hat Althusius in Marburg studiert?, 109–111). 567

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land.569 Seit 1617 war er überdies als Ältester der Emder Gemeinde tätig. Für Althusius’ konfessionelle Orientierung ist grundlegend, daß er gleichermaßen dem Humanismus und der Reformation verbunden war und hier offenkundig keinen Gegensatz sah. Die reformatorische Auffassung von der fundamentalen Sündhaftigkeit des Menschen und der damit korrespondierenden Prädestinationslehre hat in Althusius’ Denken keine greifbare Bedeutung. Stattdessen steht im Vordergrund das Ziel der Vervollkommnung der von Luther in Angriff genommenen Reformation der Lehre durch die reformatio vitae. Dabei geht es im wesentlichen um die sittliche Vervollkommnung des einzelnen, die auch die Überwindung eines abergläubischen Umgangs mit der Welt umfaßt, sowie die Destruktion kirchlicher Bevormundung weltlicher Obrigkeit und eine den biblischen Vorgaben entsprechende Kirchenlehre und Kirchenordnung.570 Ein als Plakat gedrucktes Vorwort zum Verzeichnis der im Sommersemester 1598 in Siegen abgehaltenen Vorlesungen,571 das wahrscheinlich auf Althusius zurückgeht, betont ausdrücklich, daß das Ziel des Studiums an der Hohen Schule nicht nur die Reformation der Lehre, sondern auch die Reformation des Lebens sei. „Lectionum elencho duo jam praemittenda duximus. De scholae nostrae recollectione unum, alterum de ejusdem reformatione [...]. Reformatio erit tum doctrinae tum disciplinae.“572 Die pointierte Ausrichtung auf die Reformation des Lebens über die der Lehre hinaus, die wesentlich eine Folge der Aufnahme humanistischer Anliegen in die reformatorische

Vgl. ANTHOLZ, Die politische Wirksamkeit; DERS., Johannes Althusius als Syndicus Reipublicae Embdanae; BEHNEN, „Status regiminis provinciae“; vgl. ferner WANGERIN, Der geistige Hintergrund; KAPPELHOFF, Emden als quasiautonome Stadtrepublik, 1611–1749. 570 Exemplarisch entfaltet wird das Programm der reformatio vitae bei: WILL HELM ZEPPER, Von der Christlichen Disziplin oder Kirchenzucht: Das ist Welcher gestalt den grossen vilfaltigen sünden, lastern vnd ärgernussen vnder den Euangelischen gestewert vnd gewehrt: hiergegen aber ein recht gotseliges und bußfertiges leben vnd wandel in der Kirchen Gottes angestelt vnd erhalten werden müge. Nachdr. d. Ausg. Siegen 1596, 1980; vgl. auch MÜNCH, Volkskultur und Calvinismus, bes. 296f. 571 Index Lectionum Scholae Nassovicae Sigenensis aestivo semestri habendarum anni MDXCIIX. [Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 95, 1750II]; vgl. BENRATH, Johannes Althusius, 95 Anm. 20. 572 Zit. aaO., 95 Anm. 21. 569

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Orientierung ist, bildet Ausgangspunkt und Horizont der Rechts- und Staatslehre des Althusius. Die konstitutive Bedeutung klassisch-humanistischer Anliegen für seinen Zugang zur Reformation wird in einer Rede greifbar, die Gustav Adolf Benrath 1988 zum ersten Mal eingehender interpretiert hat.573 Der Text ist der ersten Ausgabe der Politica beigegeben und, um Exempel und Belege vermehrt, auch in den späteren Ausgaben abgedruckt.574 Es handelt sich um eine Oratio panegyrica de utilitate, necessitate et antiquitate scholarum,575 die Althusius vermutlich zum Antritt seines Rektorats im Mai 1602 gehalten hat. Auffällig ist die inhaltliche Nähe zu einer Rede des calvinistischen Theologen Hieronymus Zanchi,576 die dieser bei der Eröffnung der calvinistisch-reformierten Hochschule in Neustadt an der Haardt 1578 gehalten und die Althusius gekannt hat.577 Althusius betont wie Zanchi die Bedeutung des Studiums nicht nur für das politische Gemeinwesen, sondern auch für den Aufbau der Kirche und insbesondere für das Verstehen der Heiligen Schrift. Das Studium dient der Aufrichtung des Reiches Gottes und der Erkenntnis der Herrlichkeit des göttlichen Namens.578 Althusius’ Rede offenbart drei theologische Grundentscheidungen. Erstens wird die Sünde verstanden als Verlust des Lichtes der göttlichen Weisheit und Erkenntnis, und das Heilshandeln besteht entsprechend

Vgl. aaO., 99–107. Vgl. aaO., 101 Anm. 45. 575 Pol., 969–1003. 576 Vgl. H IERONYMUS Z ANCHI , De aperiendis in ecclesia scholis, deqve opera sacrarvm literarvm studiis cvmprimis danda, oratio: in schola Neostadiana, ab illvstr. Princ. Iohanne Casimiro recens instituta, 20. Maij, [1578], habita, Neustadt 1579. Auf die Bedeutung dieser Rede für Althusius hat Benrath zu Recht hingewiesen (vgl. DERS., Johannes Althusius, 100). Vgl. zum Folgenden aaO., 99–107. Der Eröffnungsrede ist ein Widmungsschreiben für Christoph Ehem vorangestellt, in dem dessen Verdienste um die Intensivierung der doctrina pietatis mit denen verglichen werden, die sich Johann Sturm um die Straßburger Hochschule erworben hatte (vgl. ZANCHI, De aperiendis in ecclesia scholis, f. A 2r). 577 Vgl. F RIEDRICH , Althusius, 158. 578 „Nam si hisce studiis, quae in scholis excoluntur et discuntur, Ecclesia Dei et Respublica aedificatur, continuatur et ad posteros transmittitur, regnumque Dei in hisce terris stabilitur, erigitur et nominis divini gloria, majestas et amplitudo cognoscitur et celebratur, quis Christianus non in ea omnes suas vires, facultates et operam lubens conferret?“ (Pol., 970). 573 574

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in der Wiedergewinnung der wahren Erkenntnis.579 Damit ist die reformatorische Grundentscheidung Luthers und Calvins, die in augustinischer Tradition Sünde als Selbstliebe bzw. Selbstsucht beschrieben hatten, in charakteristischer Weise rationalistisch verengt. Die Befreiung aus der Sünde oder Herrschaft des Satans wird gedacht als Wiederherstellung der geistigen Fähigkeiten.580 Die Wissenschaften und das göttliche Wort seien die entscheidenden Gaben Gottes, welche die Überwindung der Sünde ermöglichten. Darum kann Althusius sagen, daß Schulen „die Tür, durch die Christus bei uns Eingang findet,“ seien.581 Den Menschen ist nichts Besseres, Vorzüglicheres und Blühenderes gegeben als Schulen, in denen alles, auch das Schwierigste, gelernt werden kann, so insbesondere die Erkenntnis Gottes als Schöpfer, Erlöser und Heiligmacher sowie die Erkenntnis unserer selbst.582 In den Schulen werden die Menschen zu wahrer Frömmigkeit und ehrenhaftem Leben er„Ex sacris literis constat, hominem scientia boni et imagine Dei ornatum, eximia sapientia, justitia, et dignitate excelluisse. Sed cum hanc lucem cognitionis et sapientiae divinae homines primi per lapsum, sua culpa, maxima ex parte amisissent, pro luce illa Dei, ignorantiam illius, et rerum divinarum maximam acceperunt. Atque hoc, proh dolor, miseriae et inopiae nostrae caput et initium est, unde scholarum instituendarum necessitas, quibus scil. amissas praeclaras hasce dotes, quantum quidem fieri possit, recuperaremus“ (aaO., 970f.). 580 Vgl. auch H. Dreitzels Urteil, daß die „Restitutionslehre“ Althusius weit stärker bestimmte als „die Prädestinationslehre des ‚Calvinismus‘“ (DREITZEL, Althusius in der Geschichte des Föderalismus, 61). 581 „Breviter dicam, si Respublica si Ecclesia et regnum Dei, ejusque gloria nobis cordi est, si vita honesta, pia, justa, grata, si cognitio Dei ejusque voluntatis, si rerum creatarum scientia, si temperantia, fortitudo, justitia, totusque chorus virtutum, si artes omnes et singulae, utiles ac necessariae; si denique benedictionem divinam et successum in rebus et actionibus nostris desideramus; imo si regnum Dei, ejusque gloriam et cognitionem quaerimus; scholas, scholas, inquam harum omnium officinam et portam, qua Christus ad nos ingreditur, aperiamus et conservemus atque hisce totos nos excolendos et sanandos tradamus, et haec omnia consequemur, ut extat promissio Dei, Deut. c. 11. 19. 20. 21. et seqq. Esa. c. 30. 21. et seqq. Luc. c. 12. 31.“ (Pol., 1002f.). 582 „Scholis a Deo generi humano nihil melius, nihil praestabilius, nihil florentius datum est. In scholis enim una nos, tum caeteras res omnes, tum quod difficillimum, didicimus, ut nosmetipsos nosceremus, imo et ipsum Deum nostrum creatorem, conservatorem, redemptorem et sanctificatorem. [...] Sunt igitur haec bona vera bona, sunt tales divitiae et opes, quas non India, neque Ægyptus, vel America, imo ne totus quidem mundus dare potest. Quanto enim animi bona sunt praestantiora bonis corporis, tanto etiam Scholae sunt praestantiores et rebus omnibus caeteris excellentiores“ (aaO., 1002). 579

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zogen und aus den Schulen kommen diejenigen, die in der Lage sind, Kirche und politisches Gemeinwesen verantwortlich zu gestalten.583 Charakteristisch ist, daß Althusius die einzelnen Wissenschaften preist und dies ausdrücklich biblisch begründet.584 Ihren letzten Zweck haben die Wissenschaften im Verstehen der heiligen Schriften.585 Paulus’ Wort vom Glauben, der aus dem Hören kommt, wird dahingehend ergänzt, daß der Glaube aus dem Hören und dem Unterricht kommt.586 Mose und Aaron werden als Schulgründer gewürdigt, die Leviten als ordentliche Lehrer, die Propheten als außerordentliche Lehrer, die beide Theologie und Jurisprudenz lehrten. Sogar Jesus und seine Jünger werden als Schule, die neben der Schule der Pharisäer gewirkt habe, in Anspruch genommen.587 Althusius bleibt insofern den reformatorischen Grundentscheidungen verbunden, als die Überwindung der Sünde letztlich Wirkung des Wortes und Geistes Gottes ist. Jedoch kommt der Förderung von Rationalität und sittlicher Bildung und damit menschlicher Aktivität zentrale Bedeutung zu. Zur Erkenntnis des Willens Gottes bedarf es neben dem Wort und Geist Gottes auch der Bildung. Sie ist der Ausgangspunkt der dem Wort Gottes gemäßen Gestaltung von Kirche und politischem Gemeinwesen und damit das Zentrum der angestrebten reformatio vitae. Die zweite theologische Grundentscheidung, welche die Rede bestimmt, ist die Überzeugung einer Übereinstimmung von Vernunft und „In scholis enim homines ad pietatem veram, vitae integritatem et morum honestatem formantur. Ex scholis homines docti, sapientes, excellentes et eruditi sumuntur ad ministerium Ecclesiae et ad Reipublicae gubernationem“ (aaO., 979). 584 Vgl. aaO., 976f. 585 „Sine fideli institutione scholastica et artium cognitione quis praeter Apostolos illud facere potuit. Discendae sunt linguae veteres, in quibus doctrina de DEO traditur. Addenda est Philosophiae cognitio, quam DEI donum veteres Theologi etiam dixerunt. Addendi ratio disserendi, tropicas locutiones a propriis cognoscendi, et distinguendi, notitia historiarum et antiquitatis conjungenda, cognoscenda judicia aliorum doctorum; ethnicorum scripta etiam legenda, quibus Apostolus hanc laudem tribuit, quod illi cognoverint id, quod de DEO sciri potest, quanquam Deum non glorificarint, Roman. cap. 1. conferenda et examinanda omnia, et quod bonum est retinendum, exemplo Pauli citantis quaedam ethnicorum dicta: exemplo Augustini et aliorum veterum eximiorum Theologorum: exemplo Mosis, Josephi, Salomonis, Danielis, qui mundanam eruditionem cum divina conjunxerunt: [...]“ (aaO., 978). 586 „Fides enim non nobiscum nascitur, sed ex auditu verbi Dei, et institutione generatur, Rom. cap. 10. 14.“ (aaO., 986). 587 Vgl. aaO., 992–994. 583

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Wort Gottes. In Folge seiner rationalisierenden, außerordentlichen Hochschätzung menschlicher Geisteskraft setzt sich Althusius an keiner Stelle mit dem Problem eines Widerspruchs von Vernunft und Offenbarung auseinander. Lediglich die traditionelle Unterscheidung von natürlich und übernatürlich wird erwähnt.588 Das Wort Gottes dient der Wiederherstellung der durch die Sünde weitgehend zerstörten Fähigkeit der Erkenntnis Gottes und seines Willens. Nachdem die Menschen anfangs Gott und seine Werke mit der Vernunft aus der Schöpfung erkannt hätten, habe Gott in seiner Barmherzigkeit diese durch den Fall verlorengegangene Möglichkeit wiederhergestellt. Entsprechend preist Althusius die Wissenschaften, die je auf ihre Weise zur Erkenntnis Gottes beitragen. Ohne die Kenntnis von Lesen und Schreiben wären die meisten Taten und Wunder Gottes unbekannt, so daß die Überlieferung der Vergangenheit (historiae) und die Wissenschaften (artes) darniederlägen.589 Mit Hilfe von Arithmetik und Geometrie durchmesse der Mensch die Räume des Kosmos und gelange so zur Erkenntnis der Werke Gottes.590 Mit Hilfe der Physik sei, wie schon der Apostel Paulus bemerkt habe, die Erkenntnis Gottes aus der Natur und seinen Schöpfungswerken möglich.591 Das höchste Lob erhalten die Theologie, der Vgl. aaO., 975. „Sine hoc necessario medio, literarum scilicet lectione, ad praeclarissimarum et necessariarum harum rerum cognitionem pervenire non possumus. Lectione scripturarum ad Dei cognitionem deducti sunt Beroënses, Act. c. 17. 11. camerarius Candaces reginae, Act. c. 8. Et quoties Christus se refert ad scripturarum lectionem, Uti scriptum est Matth. c. 4. Rom. c. 15. 4. Legere vero qui potest ille, qui non in scholis didicit? Nam multa quae scimus, ex humana infirmitate oblivione tradimus, experientia testante. Literis consignata vero semel, permanent, et oculis et menti perpetuo subjici possunt [...] Mirabile quid DEUS in arte scribendi et legendi in vilissimis chartis et scriptura omnibus conspicuum proponit. Quod tamen ab satietatem et usum quotidianum parvi facimus. Audi, quid de hoc DEI beneficio et scripturae excellentia Americani judicaverint, quibus haec ars scribendi et legendi usque ad nostrum seculum ignota fuit. [...] Plane sine hac legendi et scribendi scientia omnes historiae et artes sepultae jacerent, nihilque de plurimis DEI miraculis et operibus divinis constaret. [...] Literae lux temporum sunt et fidelissimus rerum factorumque custos“ (aaO., 972f.). 590 „Arithmeticae et Geometriae benificio homo quasi in caelum ascendit ad sidera et planetas, orbes coelestes discurrit, rerum quantitatem, locorum distantiam, longitudinem, latitudinem metitur, describit, totam mundi machinam percurrit, in eaque suavissima operum Dei cognitione se oblectat“ (aaO., 973f.). 591 „Quid igitur de rerum naturalium scientia, seu Physica dicam? Haec rerum naturas et proprietates docet, quae sit hominis, quaeque bestiae et caeterarum rerum omnium, quae caelo, mari terraque continentur, natura a DEO illis indita, quae vir588 589

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die Aufgabe zukomme, die rechte Gottesverehrung zu lehren, und die Jurisprudenz bzw. die Politik, welche die Regeln des rechten Zusammenlebens der Menschen lehrten.592 Althusius’ Überzeugung einer vollständigen Übereinstimmung der Inhalte des Wortes Gottes mit der Vernunft hat für seine Darstellungen der Politik und Jurisprudenz weitreichende Folgen. Er setzt den Dekalog mit den meisten seiner Zeitgenossen als Zusammenfassung des Gottesgesetzes mit dem Natur- und Vernunftgesetz gleich. Christus ist nicht der Geber eines neuen Gesetzes, sondern offenbart nur von neuem das alte Gesetz.593 Darüber hinaus kann Althusius die biblischen Texte als Belege für gelungene politische oder rechtliche Gestaltungen bruchlos neben andere Texte stellen. Vor allem aber kann er eine rationale Grundlegung der politischen Wissenschaften und ein ganz auf den Vorgaben des römischen Rechts aufbauendes System des Rechts erstellen und ohne Schwierigkeiten mit biblischen Belegen absichern.594 Drittens sieht Althusius die Gegenwart durch die Fundamentalauseinandersetzung zwischen Papsttum und römischer Kirche auf der einen und rechter christlicher Lehre, wahrem Gottesdienst und Blüte der Wissenschaften auf der anderen Seite bestimmt. In der Reformationszeit wurden zugleich mit dem richtigen Gottesdienst und der wahren Lehre auch die Wissenschaften wiederhergestellt, die unter dem Papsttum im Reich der Finsternis viele Jahre hindurch unterdrückt und entstellt worden waren.595 Humanistische und reformatorische Erneuerung rücken tus, quae operatio naturalis, quae praeternaturalis. Quaeso. nonne harum rerum consideratio etiam apud ethnicos et atheos cognitionem de DEO peperit, ut quod de DEO scire potest, ex natura et rebus conditis mundi, DEUS illis manifestaverit, ut docet Apostolus Rom. c. 1. adeo ut ex hac cognitione etiam illi inexcusabiles reddantur, quando omiserunt facienda, vel fecerunt omittenda, conscientia illis suggerente, et accusante scelera, atque excusante ob innocentiam: Rom. c. 2.“ (aaO., 975). 592 Vgl. aaO., 975–977. 593 Vgl. Pol. XXI,29, S. 413f.; XXII,10f., S. 430–434. 594 Siehe unten Abschn. II.Tl.4.3.3–4. 595 „Quando Ecclesia Romana ad tantam defecit barbariem doctrinae, morum et religionis? Nimirum, postquam scholae aut penitus neglectae fuerunt, aut sane barbaris sophistarum literis corruptae. [...] Adhuc est ob oculos exemplum Germaniae: in hac simul cum bonis artibus et disciplinis, patrum nostrorum memoria studium sacrarum literarum etiam restitutum et integritas cultus divini et veritas, quae sub Papatu in regno tenebrarum per multos annos pressa corruptaque erat“ (aaO., 984f.). „Si doctrina scholarum est officina pietatis et virtutum, seminarium Reipublicae et ecclesiae, quid aliud privatio harum, quam atheismus, epicureismus, et regnum tenebrarum?“ (aaO., 985).

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angesichts des gemeinsamen Feindes aufs engste zusammen. So bittet Althusius zum Abschluß seiner Rede darum, daß durch die Bewahrung der Schulen und Wissenschaften auch die Erkenntnis der heilbringenden Lehre Christi erhalten bleibe.596 Angesichts dieser „satanischen“ Bedrohung, verkörpert durch das Papsttum und seine geistlichen und weltlichen Hilfstruppen, ist es verständlich, daß Althusius seine rationale Grundlegung der politischen Wissenschaften und sein ganz auf den Vorgaben des römischen Rechts aufbauendes System des Rechts mit einer Überfülle an Bibelstellen biblisch abzusichern bestrebt ist.

4.3 Konfessionelle Aspekte der rationalen Grundlegung der Rechtslehre bei Althusius Althusius’ Darstellungen des Rechts sind von der skizzierten Übereinstimmung von Vernunft und Wort Gottes geprägt. Zugleich sind sie Teil des umfassenden Programms einer reformatio vitae, das angesichts der wahrgenommenen Bedrohung durch das Papsttum und seine geistlichen und weltlichen Verbündeten biblisch-theologisch verteidigt werden muß. Vor einer Analyse des 1617 zum ersten Mal gedruckten umfassenden Systems des Rechts597 ist ein früher Entwurf aus dem Jahr 1586, dem Jahr der Berufung nach Herborn, zu untersuchen. Denn hier zeigen sich die Ausgangspunkte der rechtswissenschaftlichen Arbeit des Althusius in besonders klarer Weise. 4.3.1 Die frühe Darstellung des römischen Rechts (1586–1592) Althusius hat noch während seines Studiums in Basel mit der Entfaltung einer systematischen Darstellung des römischen Rechts begonnen, aus der dann im Laufe mehrerer Jahre seine umfassende Gesamtdarstel„Ita imago tua per lapsum Adami corrupta restaurabitur, et regnum tuum amplificabitur. Ne permittas in hac ultima mundi senecta, furore et rabie hostium tuorum, ut sublata clave congnitionis, scholis piis, pura et salutaris doctrina de Christo filio tuo erroribus et tenebris involvatur, licentia peccatorum et regnum diaboli vigeat. Fac potius, ut per has tuas officinas, invito Diabolo et hostibus tuis, seminarium Ecclesiae et Reipublicae, quae illius hospitium est, conservetur [...],“ (aaO., 1003). 597 Zit. wird nach folgender Ausg.: J OHANNES A LTHUSIUS , Dicaeologicae libri tres, totum et universum jus, quo utimur, methodice complectentes. Cum parallelis huius et Judaici juris, tabulisque insertis [...]. Editio secunda priori correctior, Frankfurt a. M. 1649; Faksimile-Reprint Aalen 1967 [zuerst: Herborn 1617]. Vgl. zum Folgenden STROHM, Althusius’ Rechtslehre. 596

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lung des Rechts erwachsen ist. Bereits im Jahre 1586, demselben Jahr, in dem er aufgrund der Empfehlung Caspar Olevians von Basel nach Herborn als Rechtslehrer an die neugegründete calvinistisch-reformierte Hohe Schule gerufen wurde,598 erschien die erste von mehreren Ausgaben unter dem Titel Iuris Romani libri duo, ad leges methodi Rameae conformati, et tabula illustrati.599 In der Vorrede legt er die Mängel im Aufbau der Institutionen, des Lehrbuchs des römischen Rechts innerhalb des justinianischen Corpus Iuris Civilis, dar und fordert entsprechend eine aus den Grundbegriffen entwickelte, methodisch stringente und wirklich systematische Darstellung des römischen Rechts. Die bisher unternommenen Versuche einer methodisch geleiteten, systematischen Darlegung seien weithin unbefriedigend.600 Entsprechend macht bereits der Titel programmatisch deutlich, daß Althusius dieses Ziel einer wirklich systematischen Darstellung mit Hilfe des Rückgriffs auf die ramistische Methode zu erreichen sucht. Althusius’ Gesamteinteilung offenbart keine theologischen Grundentscheidungen oder konfessionellen Prägungen. Sie ist vielmehr bestimmt durch die bei dem Basler Lehrer Theodor Zwinger gelernte ramistische Methode, die als eine visualisierbare und zugleich simplifizierende Einteilungslogik dem Ordnungsbedarf der Zeit offensichtlich in besonderer Weise entsprach und in den letzten Jahrzehnten des 16. und am Beginn des 17. Jahrhunderts eine enorme Ausbreitung erfuhr.601 Das bedeutet, Althusius gelangt von einem Oberbegriff aus mit Hilfe fortlaufender dichotomischer Begriffsspaltungen bis in die Einzelheiten. So wird das Recht eingeteilt in das materielle Recht („jus primum“), dem Buch I gewidmet wird, und das Verfahrens- und Prozeßrecht („jus or-

Eßer nennt Olevian den geistigen und geistlichen Sponsor Althusius’ seit 1577 (vgl. ESSER, Die politische Theorie Caspar Olevians, 83). Althusius’ Zusammenarbeit mit Olevian in Herborn dauerte jedoch nur kurze Zeit, von der Berufung im Dezember 1586 bis zu Olevians Tod am 15. März 1587. 599 Basel 1586. Ab der zweiten Ausgabe lautete der Titel: J OHANNES A LTHUSIUS , Iurisprudentia Romana, vel potius iuris Romani ars; duobvs libris comprehensa, et ad leges methodi Rameae conformata, Herborn 1588 [weitere Ausg.: Basel 1589; Herborn 1592; 1599; 1607; 1623]. 600 Vgl. A LTHUSIUS , Iurisprudentia Romana, 1588, f. )( 2r–4 r. 601 Vgl. S TROHM , Theologie und Zeitgeist. Reformierte Autoren spielten bei der Ausbreitung dieser Logik eine herausragende Rolle, wohl nicht zuletzt, weil Ramus den Massakern an den Pariser Protestanten im August 1572 zum Opfer gefallen war und schon von daher ein besonderes Ansehen unter den Reformierten genoß. 598

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tum a primo“), das in Buch II behandelt wird, und so fort.602 Die ramistische Methode bestimmt die Untergliederungen. Allenfalls bei der Darlegung der verschiedenen Delikte innerhalb des materiellen Rechts könnte man einen an den Geboten des Dekaloges orientierten Gedankengang wiederfinden. Nach den Missetaten gegen Gott603 werden Tötungsdelikte, vom Ehebruchsverbot abgedeckte Delikte, Diebstahl und schließlich „De crimine falsi“, also im weiteren Sinne dem Verbot des falschen Zeugnisses zuzuordnende Delikte, behandelt. Für diese These spricht, daß sich in eben diesen Kapiteln – neben dem über das Eherecht – verstärkt Verweise auf die Bibel finden, während Althusius in den anderen Teilen des Werkes fast keine Bibelstellen nennt. Im Vergleich zu den an Bibelbezügen überreichen späteren Schriften sind die Verweise auf die Bibel bzw. mosaisches Recht auffallend spärlich. In der frühen Iurisprudentia Romana hingegen sind die ständig zitierten Zeugen Vertreter der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs, allen voran Jacques Cujas. Dieser hatte die Texte des unter Justinian gesammelten römischen Rechts der klassischen Zeit in innovativer Weise im historischen Kontext nichtjuristischer antiker Texte wie insbesondere der Reden Ciceros interpretiert.604 In der Neuausgabe der Iurisprudentia Romana von 1592 teilt der Drucker in einem kurzen, auf den 1. Oktober 1591 datierten Vorwort mit, daß Althusius ihm Hoffnung gemacht habe, bald eine umfassendere und detailliertere Darstellung des gesamten Rechts, die auch die Heilige Schrift einbeziehe, zu liefern.605 Bis das geschehen sei, solle der Leser

602 Knappe Bemerkungen zu der Schrift in: STINTZING , Geschichte I, 471f.; GIERKE, Althusius, 39. 603 Vgl. A LTHUSIUS , Iurisprudentia Romana, 1588, I,52, 150–153. 604 Zu Cujas’ Bedeutung innerhalb der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs vgl. HOLTHÖFER, Literatur, 149f.; TROJE, Literatur, 746f.; zu den bei Cujas vor 1572 deutlich greifbaren evangelischen Neigungen vgl. HAAG/HAAG, Art. Cujas (Jacques), 962–964. Nach Cujas’ historischen Erläuterungen des Corpus Iuris Civilis sind das wohl am zweithäufigsten zitierte Werk die Paratitla in Pandectarum iuris civilis libros quinquaginta (zuerst 1566) des um seines evangelischen Glaubens willen aus den spanischen Niederlanden geflohenen Wittenberger Juristen Matthäus Wesenbeck (1531–1586). Dieser war ebenfalls durch die humanistische Jurisprudenz Frankreichs geprägt und wird trotz seiner Tätigkeit in Wittenberg als eindeutig reformiert gesinnter Jurist greifbar (siehe oben Einleitung, S. 16f.). 605 „CUm nuper, benevole lector, authorem hujus libelli de nova ejusdem editione admonerem, dedit mihi hanc epitomen. De uberiore et accuratiore Juris totius tractatione et ejusdem cum sacris literis collatione plena mihi spem fecit. hanc ubi

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die dem Text vorangestellte Kurzfassung, die immerhin 60 Seiten umfaßt, konsultieren.606 Auch in diesem Text sind Verweise auf Bibelstellen rar.607 Erst die um die Jahrhundertwende entstandenen Werke Althusius’ sind gekennzeichnet durch die Überfülle an Verweisen auf Bibelstellen. Das gilt sowohl für die 1601 unter dem Titel Civilis conversatio erschienene Benimm-Lehre608 sowie die zuerst 1603 erschienene Politica als auch die 1617 zum ersten Mal erschienene Dicaeologica. Am signifikantesten ist die Vielzahl an Verweisen auf Bibelstellen wohl in der zuletzt gedruckten Schrift. Auch zwischen der Erstausgabe der Politica von 1603 und den folgenden Ausgaben von 1610 und 1614 ist der Zuwachs an Bibelstellenverweisen erheblich.609 Die erwähnte Bemerkung des Druckers vom Oktober 1591 belegt, daß Althusius den Plan, ein System der Rechtslehre, das auch das biblische Recht einbezieht, in den ersten Jahren der Tätigkeit in Herborn gefaßt hat. Um die Jahrhundertwende arbeitete er intensiv an dem umfassenden System einer Rechtslehre unter Einbeziehung biblischen Rechts.610 Der Ausgangspunkt der Rechtslehre des Althusius ist das Bestreben der humanistischen Jurisprudenz, zu einer aus den Grundbegriffen entwickelten, methodisch stringenten und wirklich systematischen Darstelaccepero, eam lubens tuis usibus communicabo. Hisce interim utere fruere“ (ALTHUSIUS, Iurisprudentia Romana, 1592, f. A ir). 606 Epitome et brevis ΑΝΑΚΕΦΑΛΑΙΩΣΙΣ DICAEOLOGICAE ROMANAE , in: aaO., 1–60. 607 Vgl. aaO., 1. 4. 21. 24–27. 30f. 40. 55. 608 Vgl. JOHANNES ALTHUSIUS, Civilis conversationis libri duo, methodice digesti et exemplis sacris et profanis paßim illustrati. Editi a Philippo Althusio, Hanau 1601 [weitere Ausg.: Hanau 1611]. 609 In Althusius’ Biographie gibt es keinen Hinweis auf eine frühe lutherische Prägung, welche die These einer erst später erfolgten Hinwendung zur reformierten Konfession erlauben würde. Man könnte hier lediglich den bemerkenswerten Sachverhalt nennen, daß Althusius in der frühen Iurisprudentia Romana das Gebot, die Eltern zu ehren, nach lutherischer Zählung als viertes Gebot anführt. Auch die späteren Ausgaben behalten diese Zählung bei: „Jure vero divino ex 4. praecepto decalogi tam matris quam patris consensus requiritur. Exempla sunt Exo. 22. Judic. 14. Gen. 24. cap. sufficiat. 27. q. 1. de despon. impub. quod et hodie apud nos observatur [...]“ (Iurisprudentia Romana, 1599, I,38, 219). 610 Vgl. die Bemerkung des Herausgebers der Civilis conversatio, Philipp Althusius, in der Epistola dedicatoria vom August 1601: „Non dubito quin hasce ipse autor aliquando incudi sit redditurus et limaturus. etsi publicis negotiis districtus, vix satis otii ad res suas curandas habeat, et id ipsum quod conceditur otii, in juridicis studiis, inprimis Dicaeologica sua, quam parturit, ipsum consumere ego mallem“ (ALTHUSIUS, Civilis conversatio, f. ¶ 4v).

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lung des römischen Rechts zu gelangen. Im Zuge der Ausrichtung auf die reformatio vitae wird daraus eine Gesamtdarstellung des Rechts, die auch auf das biblische Recht zurückgreift. 4.3.2 Die Konsequenzen des Programms einer „Reformation des Lebens“ für die Rechtslehre Das für den reformierten Protestantismus konstitutive Ziel, über die Reformation der Lehre hinaus auch die Reformation des Lebens voranzutreiben, stellte notwendig auch die Frage nach den Konsequenzen für das Rechtsleben. Neben der moralischen Erneuerung, der Gestaltung von Kirchenordnung und -zucht nach biblischen Vorgaben war auch die Frage der biblischen Normierung der weltlichen Gesetzgebung ein zentrales Thema. Ebenso repräsentativ wie charakteristisch sind hier die Ausführungen Wilhelm Zeppers, der seit 1595 bzw. 1599 neben Althusius an der Herborner Hohen Schule als praktischer Theologe wirkte.611 Zepper hatte der Frage der Gegenwartsbedeutung des mosaischen Gesetzes ein umfangreiches Werk gewidmet. In der 1604 zum ersten Mal erschienenen Legum Mosaicarum forensium explanatio stellt er die Frage als von Juristen und Theologen bis heute kontrovers diskutiertes, ungelöstes Problem dar.612 Zugleich hebt er ihren Stellenwert in der Gegenwart durch den Rückgriff auf die Anfänge der Reformation hervor. Schon Luther und Melanchthon hätten nach der begonnenen Reinigung der evangelischen Lehre vom päpstlichen Unrat in dieser Sache mit Karlstadt um eine Antwort gerungen. Da aber die Verteidigung des Evangeliums gegen die päpstliche Raserei alle Energien in Anspruch genommen habe, habe man keine Zeit mehr für eine Klärung aufbringen können. Jetzt aber sei so viel Boden gegen die Päpstlichen gewonnen worden, daß man die Lösung angehen müsse.613 Siehe auch unten Abschn. II.Tl.4.4.1. Vgl. WILHELM ZEPPER, Legum Mosaicarum forensium explanatio [...], Herborn 1604 [21614], f. [b7]r. 613 „Nostro vero hoc seculo sub repurgatae a Pontificiis inquinamentis doctrinae Evangelicae initia, prodiit Andr. Carolostadius, qui inter alia ex lege Mosi Christianas resp. constituendas, et res politicas judicandas esse asseruit. Quanquam autem Lutherus et Melanchthon in disputationibus, epistolis et libris suis hinc inde Carolostadium hoc nomine obiter perstringant; doctrinae tamen Evangelice contra Pontificiorum furores assertio et vindicatio tantum ipsis, aliisque ecclesiae doctoribus dedit negotii, ut ad penitius excutiendam et ventilandam hanc quaestionem munus fuerit otii. [...] Nunc vero rebus aliquomodo, Dei beneficio, contra Pontificios pacatis: fit nonnumquam, ut in rebus praesentibus quaestio haec redintegretur. Incidunt enim 611 612

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Althusius’ große Werke fügen sich genau in das reformierte Programm der Vollendung der Reformation im Sinne einer Ergänzung der Reformation der Lehre durch die des Lebens ein. Sowohl im Blick auf die Lehre der Politik als auch im Blick auf die Rechtslehre will er den „päpstlichen“ Entwürfen eine biblisch-evangelische und das hieß für ihn, zugleich vernünftige Alternative zur Seite stellen.614 Die Politica versteht Althusius als Gegenentwurf zu den Arbeiten Jean Bodins615 und vor allem der Schrift De republica von dessen Schüler, dem Jesuiten Pierre Grégoire von Toulouse (1540–1597).616 Dieser ist mit ca. 500 Verweisen der meistgenannte Autor in dem Werk.617 Bezeichnenderweise – und bisher nicht beachtet – trifft das ebenfalls für die Dicaeologica zu. Auch hier übertreffen die Verweise auf Pierre Grégoires zuerst 1580 in non raro casus, et quidem praeter caetera in delictis atrocioribus atque capitalibus, ubi ecclesiarum ministri, ad magistratus conscientiam in communione sanctorum externa administranda, pro officii sui ratione, instruendam et muniendam, ad conscientias item aliorum infirmas tranquillandas, ad verbum et legem Dei in concionibus suis, et privatim etiam, si res ita ferant, digitum intendant, et huc magistratus et judices pios, aliosque revocent: his interim existimantibus, Mosaica illa simpliciter, et in universum nunc abrogata, antiquata et obsoleta esse, frustraque adeo haec inculcari. At fieri leviori aliquo motu ex velitationibus talibus facile posset, ut hac quidem ecclesiarum ministri in hanc sententiam delaberentur, quasi viri politici minus honorifice de scripturis et divinis legibus sentientes, magis in Bartholum et Baldum, quam Dei leges jurarint, et nisi Dei sanctionibus et legibus suppressis eminere atque emergere se, aut in gradu suo atque fastigio permanere non posse existiment. Politicis vicissim viris in mentem venire posset subvereri, ut Theologie, et ecclesiarum ministri ipsorum dignitati atque amplitudini minus faveant, et 3λλτριπισκπ5ντ̋ in ipsorum irrumpere vocationem, et alio quidem pede in suggesto sacro, altero in curia consistere velint“ (aaO., 9f., zit. in: MÜNCH, Göttliches oder weltliches Recht?, 25f. Anm. 51f.). 614 In gewissem Sinne gilt das auch für die Civilis Conversatio. Althusius nimmt den Titel von Stefano Guazzos La Civil Conversatione aus dem Jahre 1574 auf. Eine Übersetzung dieses Werkes war 1599 bei Wechel/de Marne/Aubry in Frankfurt a. M. erschienen. Gegen den zunehmenden Einfluß des spanischen Hofzeremoniells in Italien hob Guazzo hervor, daß das Zeremoniell kirchlichen Ursprungs sei (vgl. BONIFATTI , Ethica ceremonialis). Auf dem Gebiet der Ethik im modernen Sinne liegt mit den Ethices Christianae libri tres des Calvin-Schülers Lambertus Danaeus ein entsprechendes Werk bereits vor (vgl. dazu STROHM, Ethik). 615 J EAN B ODIN , Les six livres de la République. Faks.-Druck d. Ausg. Paris 1583, Aalen 1961. Bodin wird im Vorwort zur ersten Ausgabe der Politica als Hauptgegner bezeichnet (vgl. Pol. 1603, f. (:)ivv−vr). 616 P IERRE G RÉGOIRE , De republica libri XXVI, s.l. 1597; Lyon 1609 u.ö. 617 Vgl. J ANSSEN , Bibel, 32; WYDUCKEL , Althusius und die Monarchomachen, 149f.

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Lyon erschienenes System des Rechts, das Syntagma iuris universi,618 alle anderen Bezugnahmen bei weitem. Althusius’ systematische, mit Hilfe der ramistischen Methode durchgeführte Darstellung des römischen und biblischen Rechts versucht, eine reformierte bzw. – und das ist historisch zutreffender – biblisch-christliche Alternative zu der großen Gesamtdarstellung des römischen und kanonischen Rechts des Jesuiten zu bieten. Werke lutherischer Autoren werden nicht als Gegenmodell, sondern eher als noch unvollkommene Versuche betrachtet.619 4.3.3 Übereinstimmung von Vernunft und Wort Gottes: römisches und biblisches Recht Bevor die Auseinandersetzung mit Grégoires Werk genauer beleuchtet wird, seien kurz einige Gesichtspunkte zur Charakterisierung von Althusius’ umfassender Darlegung der „Gerechtigkeitswissenschaft“, der 1617 erstmals erschienenen Dicaeologica, genannt. Zuerst einmal ist charakteristisch, daß hier in geradezu zwanghafter und vielfach wenig plausibler Weise die dichotomischen Einteilungen der ramistischen Methode bis in die letzten Verästelungen durchgeführt werden.620 Das oberste Begriffspaar ist der Gegensatz von „membra“ und „species“. Unter membra versteht Althusius die (Elemente oder besser) Grundlagen des Rechts, d.h. die allgemeine Rechtslehre.621 Die species bieten den besonderen, „speziellen“ Teil des Rechts, der aus der Zuteilung der Rechte („dicaiodotica“) und Verfahrens-/Prozeßrecht („dicaiocritica“) besteht. Die Zuteilung der Rechte geschieht entweder durch Rechtserwerb oder durch Rechtsverlust. Das Corpus Iuris Civilis gibt die Themen und Begriffe vor, wenn z.B. Rechtserwerb und Rechtsverlust ausschließlich und umfassend mit Hilfe der römisch-rechtlichen Vertrags- und Deliktslehre erläutert werden. Ebenso charakteristisch wie die rationalisierende Zergliederung des römischen Rechts im Zuge der ramistischen Methode ist für die Dicaeo618 Das Werk ist vielfach nachgedruckt worden – auch im protestantischen Genf! Zit. wird nach folgender Ausg.: PIERRE GRÉGOIRE, Syntagma ivris vniversi, atqve legvm pene omnivm gentivm, et rervm publicarvm praecipvarvm, in tres partes digestum, in qvo divini et hvmani ivris totivs, naturali, ac noua methodo per gradus, ordineque materia vniuersalium et singularium, simulque iudicia explicantur, Genf 1611; (unvollständige) Auflistung der Ausgaben in: HOLTHÖFER, Literatur, 206. 619 Siehe unten Abschn. II.Tl.4.3.5. 620 Knappe Darstellungen bei: STINTZING , Geschichte I, 472–477; GIERKE , Al thusius, 40–49; WOLF, Große Rechtsdenker, 206–211. 621 Dic. I,1–34, S. 1–129.

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logica die Überfülle an Bibelbezügen, und zwar alttestamentlichen wie neutestamentlichen. Die Grundfrage ist nun, wie sich dies auf die Rechtslehre inhaltlich auswirkt. Die Verweise sind über das gesamte Werk verteilt, auch wenn sie in den späteren Teilen etwas geringer ausfallen. Dies kann durch den zuletzt behandelten Stoff – das Verfahrensbzw. Prozeßrecht – bedingt sein, könnte aber auch dadurch zu erklären sein, daß Althusius, der über viele Jahre an dem Werk gearbeitet hat, zuletzt zügiger vorangeschritten ist, um endlich zum Abschluß zu kommen.622 In jedem Fall wirken die Bibelbezüge bzw. Bibelstellenverweise vielfach weniger den Gedankengang oder die Systematik tragend, als vielmehr zur Illustration, exemplarischen Verdeutlichung und Vertiefung hinzugefügt. So wird die Lehre vom Rechtserwerb gemäß den römisch-rechtlichen Vorgaben mit Hilfe des Vertragsgedankens ausgeführt.623 Die wesentlichen Gesichtspunkte gibt das römische Recht vor, jedoch werden einzelne Aspekte wie zum Beispiel die Unverbrüchlichkeit des Treueversprechens überwiegend mit Hilfe von Bibeltexten erSchon Anfang der neunziger Jahre hat er das Ziel gehabt, ein solches Werk zu schreiben (siehe oben Anm. 605), in den Jahren um die Jahrhundertwende hat er intensiv daran gearbeitet (siehe oben Anm. 610) und noch nach 1613/14 hat er an der Fertigstellung gewirkt. Beleg dafür ist der Sachverhalt, daß bei den zahlreichen Verweisen auf die eigene Politica die Kapiteleinteilung der Ausgabe 1614 zugrundeliegt (vgl. z.B. Dic. I,32, n. 6f., S. 118; I,36, n. 38, S. 141, S. 118; I,113, n. 8.13f., S. 420; I,118, n. 25, S. 435). Ferner geht er auf eine 1613 erschienene Schrift der Heidelberger Juristen Marquard Freher und Michael Loeffenius über die Abgrenzung der jurisdictio-Gewalt zwischen Kaiser und Reichskammergericht ein (vgl. [MARQUARD FREHER/MICHAEL LOEFFENIUS], Gründlicher Underricht Von der im heiligen Römischen Reich entstandenen, Aber seythero noch unerledigten Frage: Ob der Kayserliche HoffRaht mit und neben dem Kayserlichen CammerGericht zu Speyer concurrentem Jurisdictionem, in allen und jeden Sachen ohne unterscheid habe? Allen trewhertzigen Patrioten, und liebhabern der Warheit zu guter Nachrichtung gestellet, Amberg 1613). „[...] late et nervose Germanicus tractatus de hac causa editus Ambergae anno 1613. Unde frustra hic movetur quaestio, an jurisdictio Camerae Imperiali tributa sit abdicative et privative, an vero accumulative; et an Caesar cum Camera concurrentem habeat jurisdictionem, et an praeventioni hic locus detur, quia jurisdictio Camerae est et manet Caesaris jurisdictio, et ab eodem exercetur ministerio adsessorum Cameralium“ (Dic. III,12, n. 4, S. 604). Zugleich belegen die Verweise auf die Dicaeologica in der ersten Ausgabe der Civilis conversatio, daß die endgültige Kapiteleinteilung der 1617 zuerst erschienenen Schrift im wesentlichen bereits 1601 vollzogen war (vgl. ALTHUSIUS, Civilis conversatio, II,1, S. 200. 205. 210; II,4, S. 259; II,5, S. 282; II,7, S. 311. 313). 623 Vgl. Dic. I,64–95, S. 219–349; vgl. auch die graphische Darstellung aaO., S. 218. 622

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läutert.624 Einzelne Teile der Vertragslehre wie der beeidete, unter Anrufung des Namens Gottes, geschlossene Vertrag und der Ehevertrag werden unter Rückgriff auf besonders viele Bibelstellen erläutert.625 Auffällig ist die Ausweitung des Vertragsbegriffs, der bei Althusius so weit gefaßt wird, daß auch das Gemeinwesen als vertraglicher Zusammenschluß behandelt wird.626 Wie in der Politica geht Althusius von der Ehe als der primären und privaten symbiosis oder societas im Sinne eines stillschweigenden Vertragsschlusses aus und gelangt dann zu der societas publica, dem politischen Gemeinwesen.627 Trotz der Vielzahl der Bibelstellen-Verweise läßt sich in diesen Kapiteln kein signifikanter Bezug auf den alttestamentlichen Bundesgedanken, d.h. die Vorstellung eines Bundes Gottes mit dem Herrscher und dem Volk sowie von Volk und Herrscher, erkennen.628 Der Sachverhalt, daß Althusius die römisch-rechtliche Vertragslehre solchermaßen weitfaßt und auch die Konstitution des Gemeinwesens einbezieht, dürfte aber durch entsprechende alttestamentliche Vorstellungen zumindest angebahnt worden sein. Eine weitere Häufung von Bibelstellen findet sich im Rahmen des Teils über die der Vertragslehre folgende Deliktslehre und hier insbesondere in der ausführlichen Abhandlung der verschiedenen Formen Vgl. Dic. I,64, n. 9, S. 220: „Fides vero in conventionibus data, non est violanda, [...].“ Im Anschluß werden folgende Bibeltexte angeführt: Ps. 15,4; Röm 1,31; Gal 3,15; Prov 28,2; 6,1ff.; 25,14f.; Ri 11; 1,24; Jos 2,12f.; 6,22f.; Jer 41,8; I Sam 20; Jos 9,22ff.; 6,20. 22. 25. 28. Der Definition des Begriffs „conventio“ („Conventio est, qua ex duorum pluriumve in idem negotium seu placitum, consensu, obligatio ad dandum quid, vel vaciendum, contrahitur“) werden erst Verweise auf leges und dann auf Bibelstellen angefügt. 625 Vgl. Dic. I,66, n. 13–21, S. 229f.; Dic. I,79, S. 269–273 („De conjugio“). Zum Beispiel werden die gegenseitigen Pflichten der Ehepartner fast ausschließlich anhand biblischer Texte erläutert (vgl. Dic. I,79, n. 24, S. 277). 626 Vgl. Dic. I,81, S. 282–289 („De societate publica“). 627 „Hactenus de societate bonorum: sequitur de vitae societate. [...] [n. 1] Vitae societas est, qua σµβíωσι̋ contrahitur, et res, operae, ministeria atque bona ad σµβíωσιν illam conservandam conferuntur a sociis. Haec societas est domestica privata, vel publica“ (Dic. I,79, S. 274). „HActenus de societate privata domestica: sequitur de publica. [...] [n. 1] Publica societas est, qua nudo consensu σµβíωσι̋ publica, ad commune jus symbioticum habendum, ab universitatis et corporis membris inter se contrahitur, [...]“ (Dic. I,81, S. 283). Es folgt dann allerdings kein Verweis auf Bibeltexte, sondern auf die beiden spanischen Juristen Fernando Vázquez de Menchaca (1512–1569) und Diego Covarruvias y Leyva (1512–1577). 628 Vgl. aber die Rede von dem mit der Schöpfung gegebenen Bund Gottes mit den Menschen, s. unten Anm. 631. 624

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der Verletzung der göttlichen Majestät.629 Schon die Grobeinteilung in Delikte, die gegen das Gebot der Gottesliebe verstoßen, und solche, die gegen das Gebot der Nächstenliebe gerichtet sind, orientiert sich an der Aufteilung in erste und zweite Tafel des Dekalogs.630 Das mit der Schöpfung gegebene Bundesverhältnis bedeutet rechtliche Verpflichtungen.631 Der Verstoß gegen das Gott geschuldete Erkennen und Bekennen bedeutet die Verletzung göttlicher Rechte.632 Römischrechtliche und biblische Vorgaben ergänzen sich insofern, als erstere den Delikt-Charakter profilieren, letztere aber die Vielfalt der Verstöße gegen die Gebote der Ersten Tafel des Dekalogs hervortreten lassen. Die Auflistung der Delikte, die als „crimen majestatis divinae laesae“ beschrieben werden, reicht von Häresie, Idolatrie, Blasphemie und Entweihung des göttlichen Namens über Kreaturvergötterung, Aberglauben und Atheismus bis hin zu Zauberei, Magie und Meineid.633 Entscheidend für den Deliktscharakter ist, daß das, was Gott an Erkenntnis, Liebe, Verehrung und Ruhm zukommt, Kreatürlichem zuteil wird.634 Vgl. Dic. I,101–103, S. 381–392. „Haec juris ademptio est duplex: prior, quae pugnat cum Dei dilectione: altera, quae dilectioni proximi est contraria“ (Dic. I,101, n. 4, S. 382). „HActenus de ademptione juris alieni, quae cum Dei dilectione et prima Decalogi tabula pugnat: sequitur de ea, quae cum proximi dilectione et secunda Decalogi tabula pugnat“ (Dic. I,104 pr., S. 393). 631 „Jus obligationis violatur, quando foedus cum Deo initum jure creationis et redemptionis, ab homine rumpitur perfide, promissa non praestando, vide supra c. 20. Galat. c. 4. 24. Rom. c. 10. 5.“ (Dic. I,101, n. 7, S. 382). 632 Vgl. Dic. I,101, n. 5, S. 382: „Prior, cum tabula Decalogi prima pugnans, est, qua jus dominii et obligationis divinae, quod Deus in homine habet, violatur. Dominii jus, quod Deus in corpus et animam hominis obtinet, Exod. cap. 15.16. Deut. cap. 4.20. c. 9.26. c. 15.14. Matth. c. 25.14. 1. Corinth. c. 6.13.15.16. [...]. Quando scil. homo usum membrorum suorum, actiones et cogitationes suas, ad Dei dilectionem, cognitionem, cultum et gloriam, non refert, sed iis ad res impias, Deique dilectioni contrarias, abutitur. [...]“ Auf das Zitat folgt eine lange Auflistung von Bibelstellen und der Verweis, daß der Mensch „sich durch gute Werke Gott heiligt“ („per opera bona homo seipsum Deo sanctificat“), durch böse und verbotene hingegen sich profaniert und beschmutzt („sic per vetita et mala seipsum profanat [...] et polluit“). 633 Interessanterweise ist bei Althusius kein besonderes Interesse am Bilderverbot festzustellen. 634 „Hoc fit, quando membra sua, quae templum Spiritus sancti esse debebant, 1. Cor. c. 6.13.15.16. c. 3.16. arma injustitiae sistit, Rom. cap. 6.13. per tot. et in iis peccatum dominari et regnare patitur, d. c. 6. dum factis, vel dictis suis Deo detrahit, vel adimit, quod ipsius est proprium, vel dum falso ei tribuit, quod in ipso non est pro629 630

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Es ist offensichtlich, daß Althusius keinen wirklichen Gegensatz zwischen biblischen und römisch-rechtlichen Vorgaben sieht. Stattdessen bemüht er sich um ein ergänzend-harmonisierendes Verhältnis. Dort, wo es zu Widersprüchen kommt, modifiziert er den durch römischrechtliche Begrifflichkeit und Unterscheidungen bestimmten Gedankengang im Sinne biblischer Perspektiven. So übernimmt er aus dem Corpus Iuris Civilis die grundlegende Unterscheidung von göttlichen und menschlichen Dingen (res divinae et humanae).635 Im Sinne des römischen Rechts sind res divinae vor allem für den Kult geweihte Gegenstände und Orte, die res sacrae,636 sowie Friedhöfe, Begräbnisstätten und Leichname, die sog. res religiosae.637 Es stellt sich das Problem, daß im biblischen Sinne alles Geschaffene Gottes Eigentum ist und nicht nur besonders geweihte Orte und Gegenstände göttlichem Recht und göttlicher Herrschaftsgewalt unterstehen. Althusius verweist auf Mt 22,21 („Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“), um die Übereinstimmung der römisch-rechtlichen Unterscheidung von res divinae et humanae bzw. res divini iuris et humani iuris mit der Bibel zu belegen.638 Gleichwohl sieht er das theologische Problem der römisch-rechtlichen Unterscheidung von Dingen göttlichen Rechts und solchen menschlichen Rechts damit nicht als gelöst an, wie der folgende Verweis auf Ps 24,1 zeigt („Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen“).639 Nach biblischem Glauben kann es nichts auf der Erde und also auch keine menschlichen Handlungen geben, die der Herrschaftsgewalt (dominium) und dem Rechtsanspruch Gottes entzogen sind. prium, vel dum falso ei tribuit, quod in ipso non est, Psal. 14.2. et 106. Ephes. cap. 2.12. Job. c. 21.14.15. vel, quod ipsius est proprium, sacrum et singulare, reverendum et incommunicabile, tribuit creaturae, atque vulgare et profanum facit, Lev. c. 24.2. Reg. c. 19. Rom. c. 2.24. Actor. c. 6.11. Joh. c. 10.36.“ (Dic. I,101, n. 6, S. 382). „Ob haec jura divina violata, dicitur hoc delictum gravissimum, atrocissimum, in divinam majestatem immensam et infinitam commissum, Pet. Greg. lib. 33. syntagm. c. 12. num. 4. Decian. de crimin. libr. 5. cap. 19. per Novell. 77. cap. 1. ubi Gothofred. Levit. cap. 24. 2. Reg. c. 19. Rom. c. 2.24. Act. c. 6.11. Esa. c. 52.“ (Dic. I,101, n. 8, S. 382). 635 Dic. I,20, S. 75–78 („De rebus divinis“); Dic. I,21, S. 78–82 („De rebus humanis, in genere“); vgl. Dig. 1,1,10,2; 1,8,1; Dig. 43,1,1; vgl. auch Inst. 2,1,7–10; Cod. 1,2,22 pr.; Cod. 1,17,2,18. 636 Vgl. Dic. I,20, n. 7.16–18, S. 76f. 637 Vgl. Dic. I,20, n. 19–21, S. 77f. 638 Vgl. Dic. I,20, n. 1–3, S. 76. 639 Vgl. Dic. I,20, n. 5, S. 76.

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Die Harmonisierung der römisch-rechtlichen Begrifflichkeit bzw. Unterscheidung mit biblischer Theologie gelingt Althusius dadurch, daß er den Menschen unter die res sacrae zählt.640 Der Mensch darf nie Handelsobjekt sein, und dafür kann Althusius sowohl Belegstellen aus dem Corpus Iuris Civilis als auch aus der Bibel anführen.641 Allein biblisch belegt sind dann die weiteren Erläuterungen bzw. Konkretisierungen: Der Mensch lebt nicht für sich selbst, sondern für Gott. Er ist gleichsam geheiligt zur Verehrung Gottes („cultui divino, tam privato, quam publico consecratus“) und hat diesem Sachverhalt durch sein Handeln zu entsprechen.642 Ergebnis allen menschlichen Handelns muß die Verehrung Gottes sein.643 Alles Handeln aller Glieder ist Gott geschuldet, dem ein absolutes Herrschafts-, Eigentums- und Nutznießungsrecht daran zukommt. Regel und Norm aller Handlungen ist der Dekalog.644 Zusammenfassend läßt sich sagen, daß das römische Recht im wesentlichen die Themen und die Begrifflichkeit bestimmt. Die zahlreichen Verweise auf Bibeltexte prägen nur in einem – insgesamt gesehen – geringen Maße die Inhalte der Rechtslehre. Vielfach ist der sachliche Bezug einer angeführten Bibelstelle zum übrigen Text nur schwer nachvollziehbar. Nicht selten scheint lediglich ein gemeinsames Stichwort, nicht aber eine echte inhaltliche Nähe der Grund für den Bibelstellenverweis zu sein. Es drängen sich Parallelen zum Programm der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs auf, wie es insbesondere der von Althusius im frühen Werk zum römischen Recht meistzitierte Vertreter Jacques Cujas entfaltet hatte. Während bei ihm wie bei Hotman und anderen humanistischen Juristen zur Erklärung des Corpus Iuris Civilis in 640 Heilige Sachen sind zweierlei Art: Die einen sind direkt und absolut von ihrem Anfang an heilig, die anderen ex post und nachträglich. Zu ersteren gehört der Mensch (vgl. Dic. I,20, n. 7f., S. 76). 641 Vgl. Dic. I,20, n. 9, S. 76. 642 Vgl. Dic. I,20, n. 10, S. 76f. 643 Vgl. Dic. I,20, n. 11, S. 77. 644 „Actiones istae sunt membrorum et sensuum nostrorum operationes, ministeria, servitia, officia et obsequia Deo debita, Rom. cap. 7.4.5.6.7. c. 6.12.13.14.15. et seqq. c. 3.13.14.15.16. Joh. c. 8.34. 2. Petr. c. 2.19. 2. Timoth. c. 2.15.16. quorum usus, ususfructus proprietas, dominium absolutum Dei est, Rom. cap. 3.7. c. 6.4.5.22.23. et quae hominis fructus vocantur, Matth. cap. 12.33.34.35.36.37. Rom. c. 7.4.5.6. c. 15.28. 29. et hominis corpus templum, domus et habitatio Dei, 1. Cor. c. 3. 25. c. 6. 15.16. Johan. c. 14. 20. Hebr. c. 3.3.4.5.6. Officiorum et actionum harum regula et norma est Decalogus, Psalm. 119. Deut. c. 5. juxta quem omnes homines actiones et obsequia sunt Deo ab homine praestanda, Exod. c. 20. et seqq. Deut. c. 1.“ (Dic. I,20, n. 12, S. 77).

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breitem Maße auf außerjuristische Texte der Antike wie zum Beispiel die Reden Ciceros zurückgegriffen wird, sucht Althusius in gleicher Weise biblische Paralleltexte anzuführen. Zugleich kann man ihm im Rahmen seines Ansatzes, der von einer grundsätzlichen Übereinstimmung von römischem und biblischem Recht ausgeht, bescheinigen, daß er in seinem System des Rechts durchaus biblische Perspektiven zur Geltung bringt und Bibelstellen nicht nur zur Illustration dienen, sondern auch argumentativ verwendet werden. Vor allem aber ist das Werk von der Überzeugung getragen, daß die rationale, am römischen Recht orientierte Rechtslehre mit dem Wort Gottes und also der Offenbarung übereinstimmt.645 Der von der humanistischen Jurisprudenz ins Zentrum gestellte Begriff der aequitas,646 pointiert als Ausdruck der recta ratio communis verstanden, wird zum Maßstab der Geltung des biblischen Gesetzes in all seinen Ausformungen.647 4.3.4 Der Gegensatz zur allgemeinen Rechtslehre des Jesuiten Pierre Grégoire Das Bestreben einer immanent-rationalen Durchdringung des Rechts wird nicht nur durch die Bibelbezüge ergänzt, sondern es ist selbst Ausdruck eines konfessionellen Standpunktes. Althusius sieht die Vernunft wie die reformatorische Erneuerung des Christentums als durch die römische Verdunklung bedroht an. Insofern ist die Dicaeologia in einem pointiert kontroverstheologischen Kontext verfaßt. Wie bereits erwähnt, hat Althusius bei seiner systematischen Darlegung des römi-

645 Das ist wohl der Sachgehalt der im Blick auf die zahlreichen BibelstellenVerweise in der Politica – etwas steil – formulierten These von K. H. Rengstorf, daß die „Exempla sacra der offenbarungsgeschichtlichen Begründung seiner politischen Theorie dienen“ (vgl. RENGSTORF, Exempla sacra, 203). 646 Vgl. dazu S TROHM , Voraussetzungen, 407–410. 647 So die Formulierungen in dem Kapitel „Lex propria Judaeorum, an utilis Republicae Christianorum et quatenus abolita“ der Politica: „HActenus de lege, qua Resp. regenda, administranda, et secundum quam vita subditorum instituenda est: sequitur de legis propriae Judaicae abolitione et mutatione. In hac generalis haec regula semper est tenenda. Quicquid in hac lege propria ceremoniali, vel forensi, est morale, seu aequitatem naturalem, immotam et perfectam exprimit, secundum rectam rationem communem, vel analogiam justam; hoc esse perpetuum, immortale et natura sua immutabile. [...] Quicquid vero in lege propria, pro ratione circumstantiarum, certi loci et temporis, et pro natura certae personae, vel rei, est constitutum, hoc natura sua mutabile et temporale est. In his enim lex propria a communi morali lege variat“ (Pol. XXII,1f., S. 425).

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schen und biblischen Rechts das Syntagma juris universi des Jesuiten Pierre Grégoires von Toulouse als Gegenmodell vor Augen.648 Der Jesuit Grégoire war u.a. durch eine Anfang der achtziger Jahre gegen den Gallikanismus eines Charles Du Moulin gerichtete Verteidigung des Konzils von Trient hervorgetreten.649 Von dem Guisen-Herzog Charles III. zum Professor und Dekan der juristischen Fakultät der lothringischen Universität Pont-à-Mousson ernannt, lieferte er ähnlich wie sein ebenfalls dort tätiger Kollege William Barclay650 mit der Schrift De republica eine Programmschrift gegen die als autoritätszersetzend angesehenen calvinistisch-monarchomachischen Lehren.651 Sein Syntagma juris universi vertritt insofern ein klar gegenreformatorisches Programm, als es nicht nur Zusammenstellung des menschlichen und göttlichen Rechts zu sein beansprucht und vielfach auf römisch-katholische Theologie zurückgreift, sondern auch dem kanonischen Recht den ihm im päpstlichen Sinne zukommenden, von den Protestanten bestrittenen Stellenwert einräumt. Eine erste theologische Grundentscheidung betrifft die Anordnung des Stoffes. Während andere Darstellungen sich an der bereits die Institutionen bestimmenden Reihenfolge personae-resactiones (Personenrecht, Sachenrecht, Aktionen- bzw. Prozeßrecht) orientieren, beginnt Grégoire mit den res, dem Sachenrecht. Begründet wird das mit dem Hinweis darauf, daß Gott zuerst die Welt, die Dinge und die Lebewesen geschaffen habe und dann erst den Menschen als vollkommenstes Werk seiner Schöpfung.652 Bereits in der frühen Iurisprudentia Romana hat Althusius auf Grégoires Syntagma juris universi Bezug genommen, allerdings lediglich in inhaltlichen Detailfragen (vgl. ALTHUSIUS, Iurisprudentia Romana, 1599, I,52, S. 259f.). 649 P IERRE G REGOIRE , Réponse au conseil donné par Charles des Molins sur la dissuasion de la publication en France du Concile de Trente en France, Lyon 1583; vgl. dazu CRIMANDO, Two French Views; COLLOT, La réponse de Pierre Grégoire. 650 Vgl. WILLIAM B ARCLAY , De regno et regali potestate adversus Buchananum, Brutum, Boucherium et reliquos monarchomachos libri sex, Paris 1600. 651 Zum Inhalt der Schrift De republica und dem Werk Barclays vgl. SALMON , Catholic resistance theory, 234f.; GAMBINO, Politica e diritto nei Praeludia di Pierre Grégoire; QUAGLIONI, Tirannide e tirannicidio; vgl. ferner zum Ganzen HYVER, Le doyen Pierre Grégoire de Toulouse; COLLOT, L’ecole doctrinale de Droit public de Pont-à-Mousson. 652 „Idcirco Ius quod tractare nunc instituimus absolutum omnibus suis membris, videlicet quod complectitur omnia iura diuina et humana, tres partes principales habet. Prior est de rebus, altera de personis, altera de actionibus seu negotiis compositis ex rebus et personis. Vna tamen methodo, Deo iuuante, prima mediis et vltimis connectimus, vt partes omnes ordine naturae sese consequi videantur. Praeponimus 648

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Innerhalb des Sachenrechts nimmt die Darstellung der Sachen göttlichen Rechts („De rebus diuini iuris“) eine beherrschende Stellung ein. Hier werden neben der Definition des Begriffs „ecclesia“ in all seinen Bedeutungsvarianten die fides catholica sowie alle Sakramente, kirchliche Gebräuche wie das Fasten, kirchliche Feiertage und Feste, alle möglichen Formen von kirchlichen Abgaben sowie die Kirchengüter eingehend abgehandelt.653 Die Darstellung des Personenrechts ist insofern stark am kanonischen Recht orientiert, als sie mit einer auf seinen Regelungen beruhenden, umfassenden und eingehenden Behandlung des Eherechts einsetzt.654 Breitesten Raum nehmen hier ferner die Bücher über die Kleriker höheren und minderen Rangs („De personis ecclesiasticis maioris et minoris dignitatis“)655 sowie die Ordensleute („De personis sacris ordinibus initiatis, et de earum sacerdotiis“)656 ein. Auch im dritten Teil des Werkes, das dem Prozeßrecht gewidmet ist, finden sich in besonderer Weise durch theologische Grundentscheidungen bestimmte Themen wie die ausdrückliche Skizzierung göttlicher Strafen, wo unter anderem die Exkommunikation dargelegt wird.657 Vor allem das Delikt der Beleidigung der göttlichen Majestät in allen seinen Ausformungen von der Blasphemie über die Häresie und Magie bis hin zur respektlosen Rede ist hier zu nennen.658 Die weiteren Delikte werden res personis, non tanquam nobiliores, sed creationis et originis seriem sequuti: primum enim creatae sunt res, dehinc personae, et postea negotia seu actiones prodierunt“ (GREGOIRE, Syntagma, f. ):( iiijr). Vgl. auch ebd.: „DEVS optimus maximusque primum ex nihilo coelum et terrum creauit: postea distinctis et perfectis rerum formis, hominem, qui rebus omnibus praeesset, formauit: et ad eum (vt secundum rei cuiusque propriam naturam commode imperaret, et iuxta cuiusque conuenientem modum prospiceret) adduxit animalia cuncta, vt videret quid vocaret ea. Genes. 2. Homo vltimus creatione, sed perfectius creationis opus, centrum totius vniuersi, et in quo omnes circumferentiae, omnesque omnium rerum naturae coniunguntur, et praecipuum quod habent, contribuunt.“ Grégoire greift auch auf die biblische Sündenfall-Erzählung zurück, um die mangelnde Fähigkeit des Menschen, das Gerechte zu erkennen, zu erklären (vgl. ebd.). 653 Vgl. aaO. I,14, S. 13f. u. II,1–28, S. 14–46; über das Kirchengut vgl. auch aaO. VI,5, S. 105 („De feudo ecclesiastico, et seculari, et aliis speciebus“). 654 Vgl. aaO. IX,1–26, S. 141–180 („De matrimoniis et nuptiis“) u. X,1–6, S. 181– 190 („De personis extra legitimam coniunctionem natis et nominatis“). 655 Vgl. aaO. XV,1–42, S. 231–269. 656 Vgl. aaO. XVI,1–11, S. 269–283. 657 Vgl. aaO. XXXI,4–13, S. 531–541. 658 Vgl. aaO. XXXIIII,1–23, S. 580–601 („De crimine diuinae imminutae maiestatis“) u. XXXIV,1–22, S. 601–622 („De sortilegis et maleficis“).

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hingegen nicht in engerer Anlehnung an die Einteilungen der zweiten Tafel des Dekaloges dargestellt. Über die traditionelle Unterscheidung von Sachen-, Personen- und Prozeßrecht hinaus ist in Grégoires Syntagma juris universi keine stringente Systematik zu erkennen. Sie wird vielmehr dadurch konterkariert, daß er neben dem römischen Recht auch das kanonische Recht einzubeziehen versucht und in der Folge kirchlich-theologischen Themen breiten Raum gibt. So sind auch einigermaßen vernichtende Urteile über die systematische Kraft des Werkes gefällt worden.659 Im Vergleich zu diesem Werk gewinnt Althusius’ Rechtslehre ihr besonderes konfessionelles Profil. Auch wenn die Vielzahl der angeführten Bibelstellen dem zu widersprechen scheint, bedeutet Althusius’ Dicaeologica im Vergleich zu Grégoires Werk einen konfessionell orientierten und biblisch begründeten Entsakralisierungsschub in der Rechtslehre. Die Bibelbezüge erfüllen nicht zuletzt die Funktion, den konsequenten Verzicht auf das kanonische Recht in der Rechtslehre und damit einen denkbar radikalen Bruch theologisch zu begründen. Bei Grégoire hatten – durch das kanonische Recht vorgegeben – die res divini iuris noch breitesten Raum eingenommen: von der Definition des Begriffs „ecclesia“ in all seinen Bedeutungsvarianten über die fides catholica sowie alle Sakramente, kirchliche Gebräuche und kirchliche Feste bis hin zu allen möglichen Formen von kirchlichen Abgaben. Bei Althusius fällt das alles fast ersatzlos fort. Gleiches gilt für das Personenrecht, wo Grégoires kanonisch-rechtliche Darlegung des Eherechts und die ausführliche Behandlung der verschiedenen Gruppen des geistlichen Standes entfällt. So ist es kein Zufall, daß Althusius gerade an den wenigen Stellen, an denen er die fast durchgängig sachliche Darstellung zugunsten polemischer Abgrenzung verläßt, eben solche im kanonischen Recht festgeschriebenen päpstlichen Irrtümer im Blick hat. Der Papst befindet sich Ein Autor des 19. Jahrhunderts meinte, ein solches Chaos verdiene nicht den Namen „System“: „Il a fait une compilation de droit ecclésiastique, de droit féodal, de droit public proprement dit, et de droit pénal; il prend pour base du droit la religion; il emprunte soit le plan de son sujet, soit ses distinctions, à des notions philosophiques, cosmogoniques ou autres, absolument étrangères à la science du droit; il disserte sur des sujets qui ne sont rien moins que juridiques. Lorsqu’il traite des matières de droit civil, il y mêle des sujets qui appartiennent aux autres parties du droit. Un pareil chaos ne mérite pas le nom de système, car un système véritable exige un plan où toutes les matières soient coordonnées et dont toutes les parties soient reliées entre elles par des affinités et des rapports naturels, comme les membres d’un corps organisé“ (EYSSELL, Doneau, sa vie et ses ouvrages, 200f.). 659

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in mehrfacher Hinsicht im Gegensatz zur Ersten Tafel des Dekaloges und wird daher als Antichrist bezeichnet.660 Die Überzahl kirchlicher Ämter in der päpstlichen Kirche wird scharf kritisiert, und die einzige Stelle, die mir aufgefallen ist, an der Althusius pointiert „ich“ sagt, dient der Abwehr eines Jurisdiktionsanspruchs kirchlicher Ämter.661 Nur an einigen ganz wenigen Stellen und eher vage werden Regelungen des kanonischen Rechts angeführt,662 zugleich betont er aber, daß es im Blick auf das ius divinum keinen Dispens geben könne.663 „Posterioris generis [sc. haereseos] est, qui in pluribus capitibus orthodoxae religionis errat, qualis est Antichristus, homo peccati, filius perditionis, bestia, meretrix, Draco, Angelus ille abyssi, uti vocatur 1. Thessal. c. 2.2. Thess. c. 2.3.7. 1. Joh. c. 4.3. Apoc. c. 13.11. c. 18.2. qui est summus haereticus, et haereticorum patriarcha et princeps, Daniel. c. 7.25. reges sibi subjiciens, cum signis et miraculis in ecclesia Dei sedens, tanquam Deus, Dan. d. cap. 7.24. c. 8.11.36. 2. Thess. c. 2.4.9. Matth. c. 7.22. Apocal. c. 13.13. cap. 16.14. plenus idololatria, hypocrisi, ambitione et superbia, νµ̋, θ̋, celebs, vanus, mendax, impudens, crudelis, scortator impurus, vafer, blasphemus, Romae sedens, ut describitur Apocalyps. cap. 17.2. cap. 18.3.9. cap. 13.11.39.37. c. 11.39.7. c. 19. c. 14. c. 16. cap. 20.10. 2. Thess. c. 2. 1. Tim. c. 4.3. Dan. c. 7. c. 8.“ (Dic. I,101, n. 15, S. 382). 661 „Ego ecclesiasticis nullam possum tribuere jurisdictionem, cujus illi sunt incapaces, Matth. c. 20. 25. et seqq. Luc. cap. 22. 25. Johan. c. 18. 36. c. 8. 11. cap. 6. 15. Marci c. 10. 42. 43. Luc. c. 12. 13. 14. qui potestati seculari sunt subjecti, Roman. cap. 13. Jerem. cap. 27. 8. Matth. cap. 17. 24. 27. cap. 22. 21. Luc. c. 22. 25. Tit. cap. 3. 1. Pet. c. 2. 13. et seqq. cap. 5. 3. 1. Timoth. cap. 2. 2. et quibus dominatio in domini clerum adempta est, 1. Pet. cap. 5. 3. Ezech. c. 34. 4. 1. Corinth. cap. 7. 35. cap. 1. 24. et qui separati sunt a secularibus negotiis, Act. cap. 6. 2. 3. 4. 5. 6. Matth. cap. 10. 5. 6. 7. et seqq. neque iis se implicare debent, 2. Timoth. cap. 2. 4. In politia quoque Judaica, ecclesiastici, Levitae, seculari magistratui erant subjecti, [...]“ (Dic. III,3, n. 26, S. 606). 662 Auch wenn Althusius sehr selten einmal auf die Regelungen eines Sachverhalts im kanonischen Recht verweist, tut er das eher pauschal und meist, ohne Stellen aufzuführen. Exemplarisch ist der Verweis auf den Sachverhalt, daß der aus Marburg stammende und später in Wittenberg tätige Jurist Valentin Wilhelm Forster die Frage der Gültigkeit des Konkubinats im römischen und kanonischen Recht diskutiere („An jure civili et canonico sublatus sit concubinatus, disputat Forsterus [...]“, Dic. I,58, n. 24, S. 205). Althusius hält es hier nicht einmal für notwendig, neben dem römischen Recht auch eine Belegstelle aus dem kanonischen Recht anzuführen, stattdessen nennt er nur Bibelstellen (Ri 9,7ff.; Ri 11). Dann folgt die klare Aussage: „Jure Judaico non admittebantur simul cum aliis legitimis et naturalibus liberis, Genes. cap. 21. 6. 9. 10. c. 25. 5. 6. c. 30. 4. 5. 6. cap. 49. Judic. cap. 11. 4. 9. 2. 3. cap. 9. 7. 19.“ Im Anschluß wird das römische Recht wiedergegeben: „Jure civili alimenta tantum, hoc in casu illis praestantur, Authent. licet. C. de nat. lib.“ Vgl. auch den pauschalen Verweis auf das kanonische Recht in der Vertragslehre: „Hodie, ex consuetudine, legitima censentur omnia pacta, Wesenb. de pact. num. 9. sicut et Jure 660

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Daß Althusius in seinen Werken in umfassendem Maße auf Bibeltexte zurückgreift, darf nicht den Blick dafür versperren, daß er damit gerade gegen eine falsche Vermengung von Gott und Welt argumentiert, d.h. nicht nur Gott Gott sein lassen, sondern eben auch Welt Welt sein lassen will. So finden weltliche Machtansprüche der Kirche oder auch die Einschränkung der Kompetenz der weltlichen Obrigkeit im Blick auf die Person des Geistlichen den scharfen Widerspruch des Althusius.664 Um diese Anliegen zu unterstreichen, wird insbesondere auf Röm 13,1–7 als für die von der geistlichen Gewalt unabhängige Einsetzung und Eigenständigkeit der weltlichen Obrigkeit verwiesen. Dieser Text ist nicht zufällig der am häufigsten zitierte Bibeltext in der Politica.665 Auch dort, wo einmal biblische Grundentscheidungen Einfluß auf die Gliederung von Althusius’ Darstellung der Rechtslehre gewinnen, geht es um die rechte Unterscheidung der Pflichten Gott und den Menschen gegenüber. So orientiert sich die Darlegung der Deliktslehre, wie bereits erwähnt, an der Unterscheidung von erster und zweiter Tafel des Dekalogs. Die in der ersten Tafel vorgeschriebenen Pflichten der Gottesverehrung bzw. die Verstöße dagegen werden in charakteristischer Weise breit ausgeführt, insbesondere die idolatria, die superstitio Canonico omnia pacta, honesta et licita pro legitimis habentur, et efficacem obligationem producunt, uti et jure gentium, Wesenb. de pact. num. 9. per l. 1. de pact. l. 1. de constit. pecun. l. 7. §. 1. de pact. l. 10. l. 13. C. d. t.“ 663 „Quid de dispensatione statuendum? certe in jure gentium et jure divino prohibitis nuptiis, nemini quicquam concedendum erit, Levit. c. 18. et 20. arg. §. pen Instit. de nupt. in nuptiis autem, jure civili vetitis, legitimi magistratus autoritas multum valet“ (Dic. I,79, n. 16, S. 276). 664 Im Unterschied zu dem von ihm in diesem Zusammenhang zitierten Calvin hebt Althusius die Stellung der Laien gegenüber den Pastoren im Konsistorium wie auch die Rolle des Presbyteriums insgesamt hervor. Im Übrigen lehnt Althusius sowohl eine theokratische Bevormundung des Gemeinwesens als auch eine völlige Einordnung kirchlicher Ordnung und Sittenzucht in den Bereich des Staates nach Zürcher Vorbild ab. Die klare Unterscheidung von Kirche und Staat wird allerdings dadurch relativiert, daß Althusius die Kirche als eine Korporation neben Provinzen und anderen symbiotischen Gebilden wie den Ständen im Rahmen seiner föderalen Staatslehre beschreibt (vgl. Pol. VIII,5–39, S. 131–146; IX,31–45, S. 181–189; XXVIII,1–73, S. 567–605). 665 Vgl. J ANSSEN , Bibel, 51. Gleiches läßt sich auch über andere calvinistischreformierte Juristen sagen. So ist auch in dem weitestgehend immanent-rational argumentierenden Zivilrechtssystem des profilierten Calvinisten Hugo Donellus Röm 13 die meistzitierte Bibelstelle, in eben dem angesprochenen Sinne (vgl. STROHM, Religion und Recht, 200).

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und die profanatio, die Gott Zukommendes der Welt zukommen lassen. Das auch mit juristischen Kategorien betonte Anliegen, die Göttlichkeit Gottes zu wahren, steht gerade nicht in Spannung zur Betonung der Weltlichkeit der Welt. Vielmehr ergänzt sich beides bzw. bedingt sich beides geradezu gegenseitig. Charakteristisch für Althusius’ Rechtslehre ist, daß mit Hilfe der eingehenden Auslegung der ersten Tafel des Dekaloges die Göttlichkeit bzw. Transzendenz und Unterschiedenheit Gottes von der Welt betont wird und daraus eine entsakralisierende Sicht der Welt als Gestaltungsmaterial folgt. Denn der Mensch, der „consecratus cultui divini“ ist, wird gerade als in der Welt Handelnder zum wesentlichen Inhalt der res sacrae. Mangelndes Handeln oder die Flucht ins kontemplative Leben bedeuten, wie gebotswidriges Handeln, Profanierung des Leibes und letztlich ein crimen laesae maiestatis divinae. Darin hat die Einpassung der Rechtslehre in das reformierte Programm der reformatio vitae über die reformatio doctrinae hinaus ihre Pointe bei Althusius. Exemplarisch deutlich wird die Tendenz einer Entsakralisierung der Welt am Fehlen der sakralen Reichs- und Kaisertradition im Werk des Althusius.666 Anders als für die reformierten Juristen war diese für einen großen Teil der lutherischen Juristen charakteristisch. Man entfaltete hier die sakrale Stellung des Kaisers als Gegenmodell zu den weltlichen Herrschaftsansprüchen des Papstes und gelangte infolgedessen auch zu einer signifikanten Aufwertung der Stellung des Kaisers gegenüber den Ständen. Althusius teilt das Ziel einer Stärkung der weltlichen gegenüber der geistlichen Gewalt, greift dafür aber weder auf die sakrale Reichs- und Kaisertradition noch irgendwelche endzeitlich-apokalyptisch orientierten Deutungsschemata zurück.667 Vielmehr ist der vielfache Verweis auf Röm 13,1–7, wo die Autorität der weltlichen Obrigkeiten mit ihrer göttlichen Einsetzung begründet wird, ausreichend. 4.3.5 Das konfessionelle Profil der in der Dicaeologica zitierten Autoren Nach dem Gesagten ist deutlich, daß man Althusius’ Rechtslehre nicht in dem Sinne als „reformierte Rechtslehre“ bezeichnen kann, daß sich hier spezifisch reformierte Theologumena unmittelbar in rechtlichen Gestaltungen niederschlagen. Das reformierte Profil zeigt sich vielmehr in dem Bestreben, eine umfassende Darstellung des Rechts vorzulegen, Vgl. WOLF, Große Rechtsdenker, 196f.; vgl. auch Pol. XVIIIf., S. 273–380. Zu Althusius’ Geschichtsauffassung und dem Fehlen einer Teleologie, etwa im Sinne eines Kampfes der civitas terrena und civitas Dei, vgl. JANSSEN, Bibel, 36ff. 666 667

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die nicht durch die theologischen Grundentscheidungen des kanonischen Rechts geleitet ist. Es erscheint geradezu als reformiertes Anliegen, ausgehend von den Vorgaben des römischen Rechts ein rationales System des Rechts vorzulegen und eben dies biblisch zu begründen bzw. durch biblisches Recht zu ergänzen und zu präzisieren. Der durch die konsequente Anwendung der den Stoff dichotomisch zergliedernden ramistischen Methode668 verstärkte rationalisierende Zug widerspricht nicht dem konfessionellen Profil. Denn dieses ergibt sich bereits aus der beherrschenden Frontstellung. Die Wahrnehmung einer fundamentalen Bedrohung von Vernunft und reformatorischer Erneuerung des Christentums durch das römische Papsttum und seine weltlichen (vor allem spanischen) Hilfstruppen gehört bei Althusius wie bei zahlreichen anderen reformierten Juristen zu den konfessionellen Essentials. Das konfessionelle Profil zeigt sich ebenso wie das charakteristische Miteinander von konfessionalisierenden und entkonfessionalisierend-rationalen Tendenzen auch an den in der Dicaeologica konsultierten und zitierten Autoren. Die Auswahl der konsultierten theologischen Autoren offenbart ein klares konfessionelles Profil. Die theologischen Autoren stammen sämtlich aus dem reformierten Protestantismus. Der mit Abstand am meisten zitierte Theologe ist Petrus Martyr Vermigli, ein ehemaliger Mönch, der um seines Glaubens willen aus Italien über Genf nach Straßburg geflohen war und schließlich seine Tätigkeit in Zürich beendete. Althusius hat eine Vielzahl seiner alttestamentlichen Belegstellen aus Vermiglis Kommentaren zum Alten Testament und den aus diesen zusammengestellten Loci communes669 gezogen. Auf Calvin verweist Althusius einige wenige Male,670 häufiger auf dessen Nachfolger als Moderator der Dreitzel hat die in der Literatur immer wieder betonte Bedeutung der ramistischen Methode für den Aufbau der Politica zugunsten der Orientierung an Aristoteles relativiert. Sein Hauptargument ist, daß das Werk nicht, wie es gemäß der ramistischen Methode eigentlich erforderlich wäre, vom Allgemeinen zum Besonderen schreitet, sondern gerade umgekehrt vorgeht (vgl. DREITZEL, Althusius in der Geschichte des Föderalismus, 61; vgl. auch WEINACHT, Althusius – ein Aristoteliker?). Hingegen sind die frühe Darlegung des römischen Rechts und die Dicaeologica, wie oben dargelegt (siehe oben Abschn. II.Tl.4.3.1 u. 3.), eindeutig von der ramistischen Methode bestimmt. 669 Vgl. CAMPI /unter Mitarb. v. J AMES /O PITZ (Hg.), Peter Martyr Vermigli. 670 Vgl. z.B. Dic. I,66, n. 44, S. 232 (Evangelienauslegung Calvins zu Mt 5,42 [zur Zinsproblematik]; Dic. I,100, n. 9, S. 377 (Institutio IV,20); zu den Calvin-Bezügen in Althusius’ Politica vgl. KINGDON, Althusius’ use of Calvinist Sources, 19–28. 668

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Compagnie des Pasteurs in Genf, Theodor Beza.671 Vielfach wird ferner auf Franciscus Junius’ Schrift De politiae Mosis observatione,672 eine Abhandlung über die Frage der gegenwärtigen Geltung des mosaischen Rechts, zurückgegriffen.673 Junius war nach Studienjahren in Genf in der reformierten Kurpfalz als Pfarrer und Professor tätig und lehrte am Ende seines Lebens in Leiden.674 Weitere mehrfach zitierte reformierte Theologen sind sein Kollege an der Hohen Schule zu Herborn, Johannes Piscator,675 der Calvin-Schüler und Verfasser der ersten umfassenden, systematisch entfalteten Ethik im Bereich des reformierten Protestantismus, Lambertus Danaeus,676 der Heidelberger Theologe David Paraeus677 und schließlich auch der Frühpuritaner William Perkins.678 Charakteristisch ist das Fehlen jeglicher Bezüge auf Luther und Melanchthon. Hingegen wird auf die des Calvinismus verdächtigten Melanchthon-Schüler Caspar Peucer679 und Niels Hemmingsen680 verwiesen. Auch der Straßburger Martin Bucer wird mit seinen Ausführungen zur Zinsfrage in den betreffenden Abschnitten ausführlich konsultiert und positiv aufgenommen.681 Bezüge auf die führenden Vertreter der

671 Vgl. z.B. Dic. I,66, n. 14, S. 229; Dic. I,79, n. 9, S. 275; Dic. I,79, n. 14, S. 275; Dic. I,79, n. 28, S. 277; Dic. II,6, n. 40, S. 543. 672 F RANCISCUS J UNIUS , De politiae Mosis observatione; Quid in populo Dei obseruari, quia non obseruari ex ea oporteat, postquam gratia et veritas per Christum facta est, et Euangelio promulgata. Libellus nunc primum ad communem aedificationem perscriptus atque in lucem editus, Leiden 1593. 673 Vgl. z.B. Dic. I,66, n. 44, S. 232; Dic. I,103, n. 25, S. 390; Dic. I,141, n. 3, S. 503; Dic. III,3, n. 14, S. 604. 674 Junius ist einerseits als Kontroverstheologe in der Auseinandersetzung mit Robert Bellarmini hervorgetreten. Andererseits hat er mit seinem für Heinrich IV. von Frankreich geschriebenen Eirenicum de pace ecclesiae catholicae (zuerst franz. 1593), das ein gallikanisches Kirchenmodell auf der Basis der Anerkennung der Heiligen Schrift und des Erlösungstodes Christi vertritt, einen frühen Beitrag zur Überwindung der konfessionellen Streitigkeiten geleistet. 675 Vgl. z.B. Dic. I,20, n. 3, S. 76. 676 Vgl. z.B. Dic. I,80, n. 37, S. 282; Dic. I,102, n. 22, S. 387; Dic. I,103, n. 15. 29, S. 389f.; Dic. I,104, n. 5, 394; Dic. I,111, n. 27. 29–31, S. 416; Dic. I,118, n. 25, S. 435. 677 Vgl. z.B. Dic. I,113, n. 8, S. 420. 678 Vgl. z.B. Dic. I,111, n. 21. 31, S. 416. 679 Vgl. z.B. Dic. I,102, n. 9f. 17. 26. 32, S. 386–388; Dic. I,103, n. 11. 20. 31. 42. 45. 49. 51. 53f. 56f., S. 389–392. 680 Vgl. z.B. Dic. I,66, n. 44, S. 232. 681 Vgl. z.B. Dic. I,66, n. 40. 44, S. 231f.; Dic. I,141, n. 3. 4. 6, S. 503f.

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Zürcher Theologie, Zwingli und Bullinger682, fehlen ebenso wie solche auf katholische Theologen. Diese Beobachtungen sind insofern besonders bemerkenswert, als Althusius in breitestem Umfang und vielfach zustimmend auf katholische Juristen – vor allem die spanischen Spätscholastiker683 – zurückgreift.684 Auch lutherische Juristen wie der für die Entwicklung des lutherischen Kirchenrechts bedeutsame Greifswalder Matthias Stephani werden positiv aufgenommen.685 Die Dicaeologica verbindet klare konfessionelle Präferenzen bei den theologischen Autoren mit einem weitestgehend unbefangenen sachlichen Bezug auf juristische Autoren aller Konfessionen. Einmal mehr zeigt sich darin eine charakteristische Mischung aus konfessionalisierenden und säkularisierenden Tendenzen. 4.3.6 Bibel und Wissenschaften: reformiert-calvinistische Präferenzen Der häufige Rückgriff auf Bibeltexte in Althusius’ juristisch-politischem Œuvre offenbart Aspekte, die für den Umgang calvinistisch-reformierter Juristen mit der Bibel charakteristisch sind. Schon mehrfach wurde die auffallende Kritik des Streits der Theologen aus dem Mund von Juristen erwähnt. Das darin sich manifestierende Selbstbewußtsein des „Laien“ gegenüber dem Theologen hat bei Althusius in pointierter Weise Ausdruck gefunden. Im Vorwort zur ersten Ausgabe der Politica (1603) hatte er ausgehend von der schwierigen Verhältnisbestimmung von Politik und Jurisprudenz eine Abgrenzung der einzelnen Wissenschaftsbereiche vorgenommen.686 Dabei beklagt er den Sachverhalt, daß die Theologen wie Philosophen und Rechtsgelehrte in die politische Wissenschaft Sachfremdes eintrügen und das zudem in methodisch unbefriedigender Weise täten.687 Die Theologen werden aber auch im Hingegen findet sich ein Verweis auf den Mediziner Thomas Erastus, der in den Auseinandersetzungen um das Abendmahl und die Gestaltung der Kirchenzucht in der Kurpfalz in den sechziger und siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts zwinglianische Positionen vertreten hatte (vgl. Dic. I,102, n. 27, S. 387). Zu Erastus vgl. ROTH-WESEL, Erastus. 683 Im Blick auf die Politica vgl. R EIBSTEIN , Althusius. 684 Siehe unten Abschn. II.Tl.4.3.4. 685 Vgl. Dic. I,32, n. 4, S. 118; Dic. I,33, n. 4f. 7. 12. 15, S. 120f.; Dic. I,33, n. 22, S. 122 (kritisch). 686 Vgl. Pol. 1603, f. (:)ijv −(:)iiij r; vgl. auch Pol. XXI,41, S. 423f. 687 „Lectioni horum etiam quosdam alios adjunxi, qui tamen hoc argumentum ex professo minime tractarunt. Deprehendi, prout quisque horum politicorum docto682

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Blick auf ihre Funktion als Bibelausleger in die Schranken gewiesen. Denn der Jurist Althusius beansprucht eine Kompetenz in der Bibelauslegung, die nicht in jedem Falle von dem Urteil der Theologen abhängig ist.688 Nach Althusius’ Auffassung enthält die Bibel nicht nur Aussagen zu Heilsfragen und Fragen individueller Lebensgestaltung, sondern ebenso beispielhafte Aussagen zu Recht und Staat. Und aus diesem Wissen kann der Jurist bzw. Politiker schöpfen, ohne der Deutungshoheit der Theologen unterworfen zu sein. Diese bezieht sich abgesehen von den Heilsfragen lediglich auch auf das moralische Gesetz, nicht aber auf das Judizialgesetz bzw. die politischen Gestaltungsmaximen. Hierin bestand der Sachgehalt einer Auseinandersetzung, zu der es im Jahre 1601 zwischen Althusius und den in Herborn lehrenden Theologen Johannes Piscator, Mathias Martinius und Wilhelm Zepper über rum, huic vel illi disciplinae et profeßioni fuit addictus, ita quoque eundem ex sua quam professus est arte, multa impertinentia aliena ad hanc doctrinam politicam attulisse. Tractarunt vero politicas quaestiones et aphorismos tum Philosophi, tum Jurisconsulti, tum Theologi. Philosophos animadverti, ex Ethicis virtutes plurimas ethicas tradere, quibus illi politicum et principem ornandum et informandum esse voluerunt. Jurisconsulti ex Jurisprudentia, politicae valde cognata et adfini, plurimas quaestiones juridicas invexerunt, de quibus illi egregie ex scientia juris disseruerunt. Theologi, qui ex hoc genere fuerunt, pietatis et caritatis Christianae praecepta paßim illi insperserunt, imo dixerim praxin quandam Decalogi ad politicum instruendum, praescripserunt. Ejusmodi, ut supervacua in hac arte et aliena rejicienda, et ad sedes proprias, quas dictante justitia in aliis scientiis habent, releganda esse putavi“ (Pol. 1603, f. (:)ijv). 688 Auch in der vor 1601 entstandenen Civilis conversatio äußert sich Althusius ausführlich zur unterschiedlichen Aufgabe der verschiedenen Disziplinen. „Quid aliud pleraeque Ethicae virtutes quam rivuli ex aliis artibus deducti et derivati? quid aliud quam consectaria ex aliarum artium regulis et praeceptis formata, vel per consequentiam deducta axiomata? Quid aliud quam flores in amplissimis altarum artium campis decerpti et collecti? Excipio hic paucas quasdam virtutes, quas ut Ethicae proprium patrimonium et possessionem adsigno et reservo, et suis in locis trado. Respiciunt enim illae ad summum Ethicae scopum et finem, nimirum conversationem in sermone et gestu seu habitu consistentem. Ideoque in aliis artibus heterogenae et peregrinae. Reliquae virtutes, quaecunque ex his ad pie vivendum ab hoc fine dependent, ad Theologiam referuntur: quae ad commode degendum et humanam societatem colendam, ad Politicam: quae ad jus in humana societate colendum, ad Jurisprudentiam: quae ad naturales rei proprietates et affectiones cognoscendas spectant, ad Physicam: quae ad rationem bene disserendi, ad Logicam. Quodcunque enim praeceptum ad summum artis alicujus bonum et finem directo tendit, et reciproce cum forma et fine artis congruit, hoc eidem etiam homogeneum et eßentiale constituendum est, vt Logici docent“ (ALTHUSIUS, Civilis conversatio I/2, 18).

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die Gegenwartsbedeutung des mosaischen Rechts gekommen war.689 Vordergründig ging es um die grundsätzliche Frage, welche Teile des mosaischen Gesetzes in der Gegenwart noch gültig seien und inwieweit sich die weltliche Gesetzgebung am biblischen Gesetz zu orientieren habe. Konkret wurde das an dem Problem, mit welcher Strafe Diebstahl zu ahnden sei. Die Theologen sahen die Todesstrafe nur in den Fällen als angemessen an, in denen sie nach dem im mosaischen Gesetz offenbarten Willen Gottes vorgesehen war. Althusius hingegen orientierte sich in dieser Sache primär am römischen Recht mit deutlich strengeren Strafen.690 Im Grundsatz war die Position des Althusius, daß das Judizialgesetz des Alten Testaments nur insoweit Gültigkeit behalte, als es mit dem Moralgesetz übereinstimme, auch bei den Theologen konsensfähig.691

Vgl. dazu eingehend und die älteren Fehldeutungen C.J. Friedrichs und E. Wolfs korrigierenden Ausführungen bei: MÜNCH, Göttliches oder weltliches Recht?. 690 Vgl. aaO., 27f. u. oben Anm. 613. 691 „[...] der einhalt aber meiner lectionum ist etwan dießer geweßen, daß ich zuuorderst den studiosis legem Dej, quam moralem vocant, expliciret, darnach leges ceremoniales vndt forenses, quas vocant. In forensibus legibus ist die summ desen so ich weijttleufftig ex Theologis et Jurisconsultis dociret, quod in hisce illud quod est morale atque dilectionem Dej et proximi concernit, sit immutabile et hodie in Christianis Rebuspublicis retinendum. quod vero ratione et intuitu circumstantiarum, locj, temporis, personarum, rerum et in politia Mosaica constitutum, id sua natura inconstans et mutabile, imo pro circumstantiarum varietate saepe mutandum esse, ut lex moralis observari possit, wie ich daselb multis rationibus vndt exemplis ihn meinen lectionibus dociret vndt außgefhuret. Conclusio ist gewesen in hac re Christianam libertatem nobis retinendam et servitutis jugum abijciendum secundum Apostolum ad Galat. c. 5. et 6. vndt daß man ahn dieße forenses leges Mosaicas, quatenus concernunt circumstantias necessario oder per conscientiam nicht gebunden seij, sondern muste man allezeit vff moralem legem sehen, daß demselben quocunque modo possit, gnung geschehe, et pia pura omnia puris, so konntten wier Dona Dei quae ipse nobis per Ethnicos homines praestat, zue vnserm nutz vndt besten (wie auch in philosophia beschicht) gebrauchen, habe auch meine auditores fleisig vermanet zu lesen waß hiuon sehr trefflich vndt gotsfurchtig geschriben Doctor Franciscus Junius de politiae Mosis observatione. Zacharias Ursinus in tractatione Theologica Cap. de lege divina. Johannes Calvinus lib. 4. Inst. c. 20. sect. 15. et 16. ubj contrariam sententiam vocat turbulentam, periculosam et stolidam et falsam. Martinus Bucerus in Matth. c. 5. v. 19. et cap. 10. v. 10. Danaeus in politica. Petrus Martyr in locis communibus et alij plures qui omnes mecum sentirent“ (Althusius an die Räte Bartholdus Schorey u. Gerhard Mehn, 17.5.1601, abgedr. aaO., 31f., hier: 32). Vgl. auch Pol. XXII,1–14, S. 424–445. 689

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Die Differenzen dürfen nicht überbewertet werden, da man sich in der Abgrenzung gegen die Vertreter einer ungebrochenen Fortgeltung wie auch einer völligen Abschaffung des mosaischen Gesetzes einig war. So hebt auch Althusius in einem Schreiben an die mit der Sache befaßten Räte hervor, daß er in allen seinen „lectionibus bießhero legem Mosaicam mit zugleich allegiret vndt adcommodiret“ habe.692 Die Auseinandersetzung zeigt aber anschaulich, daß der reformierte Jurist Althusius den Theologen auch in Fragen der Bibelauslegung mit beträchtlichem Selbstbewußtsein entgegentritt. Zugleich sieht er die Bibel im Sinne des reformierten Protestantismus nicht nur als Zeugnis des Heilshandelns Gottes, sondern auch als mehr oder weniger normativ verstandenes Exempelbuch für alle möglichen Bereiche der Weltgestaltung. Hier zeigt sich ein konfessionelles Spezifikum, das den calvinistischreformierten Protestantismus auch vom lutherischen Protestantismus unterschied und das eine folgenreiche Wirkungsgeschichte entfaltete. Dieser las – jedenfalls in seinen Anfängen bei Luther und Melanchthon – die Bibel primär als Zeugnis des im Christusgeschehen gipfelnden Heilshandelns Gottes und konnte von da aus auch Sachkritik an einzelnen Teilen der Bibel üben. Im calvinistisch-reformierten Protestantismus wurde die Bibel von Anfang an als Buch gelesen, in dem auch beispielhaft oder sogar normativ Vorgaben zur Kirchenordnung und Weltgestaltung gemacht wurden. Insofern lag es hier näher, wie Althusius die Bibel auch als Exempelbuch für Politikwissenschaft und Rechtslehre heranzuziehen. Der nächste Schritt ist dann die Abfassung von enzyklopädischen Werken, die insbesondere der Herborner Philosoph und Theologe Johann Heinrich Alsted in Angriff genommen hat.693 Insgesamt gesehen hat die vielfach geradezu wahllose Auflistung biblischer Belegstellen neben denen aus dem Corpus Iuris Civilis sowie von weiteren Autoren jedoch eine nicht ausdrücklich intendierte Folge. Bei692 „Daß aber, wie Euer Edlen berichtet, ich mit den Ehrn Theologis oder dieselb mitt mir streijtig seijen, ist mir frembt vorkommen, wie auch daß ich dociret haben sollte, daß man vff Gotteswort ihn vrtheilen nicht zusehen, sondern allein vff die gemeine keiserliche Rechte, darnach man sich zu reguliren, ist meiner meinung niemalß gewesen, noch ihn meinen sihn kommen, vndt wird mir von mißgunstigen per calumniam angedichtet, der ich juris civilis leges ihn vielen verbo Dej contrarias zusein publice dociret vndt erwiesen, auch ihn allen meinen lectionibus bießhero legem Mosaicam mit zugleich allegiret vndt adcommodiret, wie hiuon meine publice dictata vndt auditores Zeugnuß geben werden“ (ebd.). 693 Siehe oben Anm. 555.

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spiele aus der Bibel stehen gleichgewichtig neben Beispielen aus Rom und anderen Gemeinwesen. Auch wenn die politia Judaica nach Althusius’ Auffassung das vorbildliche Gemeinwesen schlechthin ist, kommt es zu einem historisierenden Umgang mit den Bibeltexten auf Kosten von deren normativem Charakter. Insofern macht die Dicaeologica deutlich, wie gerade der für die Reformierten charakteristische Anspruch, die Reformation des Lebens mit Hilfe einer dem Wort Gottes gemäßen Gestaltung aller Lebensbereiche voranzutreiben, eine spezifische Dialektik beinhaltet. Der konsequent durchgeführte Anspruch, den Glauben ins Leben zu ziehen, ist mit einer Verweltlichung des Religiösen, einer Entsakralisierungstendenz verbunden.694 Am Umgang mit einem von Althusius besonders häufig herangezogenen Bibeltext zeigt sich in charakteristischer Weise, wie stark er ursprünglich streng gemeindebezogene Bibelstellen aus ihrem „religiösen“ Kontext in einen allgemeinmenschlichen, gleichsam säkularen überträgt. Die paulinische Charismenlehre in I Kor 12, die angesichts von Konflikten in der Gemeinde die Verschiedenheit der Wirkung des Geistes Gottes hervorhebt, wird bei Althusius zu einem der Grundtexte, die das Programm einer umfassenden Reformation nicht nur der Lehre, sondern auch des Lebens begründen.695 Auf der Linie Luthers und Calvins, aber eben konsequenter sieht der Jurist Althusius in I Kor 12 die biblische Begründung dafür, daß die unterschiedlichen Begabungen und Berufe in der gottgewollten vita activa zur Anwendung kommen sollen.696 So zeigt sich auch im Umgang mit der Bibel die für Althusius’ juristisch-politische Arbeiten charakteristische Dialektik von konfessionalisierenden und entsakralisierenden bzw. säkularisierenden Tendenzen.

Schließlich zeigt sich die Entsakralisierungstendenz, die mit der scharfen Abgrenzung gegenüber dem päpstlichen Kirchenwesen und dem kanonischen Recht und seinen Themenvorgaben verbunden ist, noch an einer weiteren Stelle. Gegen die Verkirchlichung der Welt bemüht er sich in den Vorworten seiner Politica und der Civilis conversatio um eine klare Abgrenzung der verschiedenen Wissensgebiete. Der Anspruch, biblische Grundsätze in allen Lebensbereichen zur Geltung zu bringen und diese jeweils methodisch reflektiert und wirklich systematisch abzuhandeln, führt zu einem verstärkten Bewußtsein um den jeweils eigenen Wissensbeitrag von Juristen, Philosophen, Ethikern, Politikern, Physikern und Theologen. 695 In der Politica mehr als dreißigmal, teilweise sogar ausführlich zitiert: so z.B. Pol. VI,28, S. 93f.; VII,13, S. 108; XVI,3, S. 240; vgl. bereits FRIEDRICH, Althusius, 70; dazu genauer JANSSEN, Das paulinische Gleichnis; DERS., Bibel, 70–90. 696 Vgl. aaO., 80–90. 694

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4.3.7 Resümee: Ausgangspunkt bei der recta ratio und Entwicklungen angesichts des Kampfes der Konfessionen Althusius’ frühe Darstellung des römischen Rechts ist den Grundanliegen der humanistischen Jurisprudenz verbunden. Über die Kommentierungen, die an der relativ willkürlichen Anordnung des Stoffes in der justinianeischen Titelarchitektur orientiert blieben, hinaus sollte eine systematische, aus den Grundbegriffen bzw. -entscheidungen des römischen Rechts entwickelte Darstellung treten. Nicht zuletzt unter dem Einfluß des hochgeschätzten Cicero kam dabei dem recta ratio-Argument eine Schlüsselrolle zu. Die simplifizierende Einteilungslogik des Ramismus schien nicht nur pädagogisch wertvoll, sondern auch in besonderer Weise geeignet, den systematischen Anspruch und die rationale Durchführung zu gewährleisten. Bezugnahmen auf die Bibel oder die christliche Tradition kommen nur eine marginale Bedeutung zu. Dies ändert sich in den Jahren der Herborner und Steinfurter Lehrtätigkeit nicht zuletzt unter dem Eindruck des durchaus kontroversen Gespräches mit den an der Herborner Hohen Schule lehrenden Theologen. Vor allem tritt in Herborn und in Emden – anders als in den Basler Anfängen – die Dimension eines ebenso politisch wie konfessionell bedingten Fundamentalkonfliktes in den Vordergrund. Angesichts der päpstlich-spanischen Bedrohung der Errungenschaften von Humanismus und Reformation galt es auf dem Feld des Geistes die Alternativen darzulegen. Ein sprechendes Indiz für die verschärfte Konfessionalisierung, die mit der solchermaßen wahrgenommenen Kampfsituation verbunden war, ist die starke Vermehrung der Verweise auf Bibelstellen in der zweiten und dritten Ausgabe der Politica 1610 und 1614. Das für die zweite Ausgabe 1610 geschriebene, neue Vorwort der Politica positioniert das Werk auch ausdrücklich im niederländischen Freiheitskampf.697 Der deutlich verstärkte Einfluß des Magistrates auf die Regelung der administrativen Angelegenheiten der Kirche in der dritten Ausgabe der Politica ist ebenso in diesem Sinne zu deuten.698

Vgl. Pol., f. ):(4v−5r. Antholz hat richtig formuliert, daß die Tendenz spürbar sei, „dem Staat einen weitgehenden Einfluß auf die administrativen Angelegenheiten der Kirche zu ermöglichen und ihm dabei Rechte und Hoheiten zuzusprechen, die über die Hilfsund Schutzpflichten, die ihm Calvin zugewiesen hatte, hinausgehen“ (ANTHOLZ, Wirksamkeit, 79; vgl. aaO., 76–80; vgl. auch Pol. VIII,21, S. 138f.; XXVIII,3–69, S. 568–605). 697 698

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Auch der große Entwurf einer allgemeinen „Gerechtigkeitswissenschaft“, an dem Althusius seit der Jahrhundertwende arbeitete, ist in diesem Kontext zu interpretieren. Das 1617 unter dem Titel Dicaeologica erschienene Werk, das nicht nur das römische, sondern auch das biblische Recht umfassen sollte, bietet die „protestantische Alternative“ zu dem altgläubigen, das kanonische Recht integrierenden Entwurf des Jesuiten Pierre Grégoire. Hier liegt die eigentliche konfessionelle Differenz, weniger zu Ansätzen im Bereich des Luthertums. Denn Althusius bewegt sich in den Bahnen des epochemachenden Entsakralisierungsschubes, der mit Luthers konsequenter Unterscheidung des geistlichen und weltlichen Regiments verbunden war, mit allen beschriebenen Konsequenzen für das Personen- und Sachenrecht. Die Fülle der Bibelstellen-Verweise darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß er sich gerade so – gleichsam biblisch begründet – von der Vermischung von Gott und Welt im kanonischen Recht distanziert. Diese Distanzierung wird zudem mit Hilfe der ramistischen Methode in rationalisierender Weise konsequent durchgeführt. Man darf am Ende des 16. und am Beginn des 17. Jahrhunderts die Unterschiede zwischen lutherischer und reformierter Verhältnisbestimmung von geistlichem und weltlichem Regiment nicht überbewerten. In der Praxis gab es im lutherischen Bereich ja bald ganz ähnlich wie im reformierten Bereich auch eine weitgehende Verantwortung der weltlichen Obrigkeit für die rechte Gottesverehrung – was der von Luther geforderten klaren Unterscheidung der beiden Regimente nur mangelhaft entsprach.699 Hingegen gehört die biblisch-theologische Begründung des Eigenrechts der weltlichen Obrigkeiten gegenüber der päpstlichen und jeder klerikalen Bevormundung zu den elementaren Anliegen der protestantischen Seite in den großen, durch den konfessionellen Gegensatz bestimmten, geistigen Auseinandersetzungen der Zeit. Auch das von Walter Sparn und Wilhem Schmidt-Biggemann betonte reformierte Spezifikum der Rechts- und Staatslehre, das Fehlen

Althusius’ Bestimmung des Verhältnisses von Kirche und Staat befindet sich in der Mitte zwischen dem Zürcher Modell der Oberherrschaft der weltlichen Obrigkeit in der Kirche und den Bestrebungen Calvins, die Eigenständigkeit kirchlicher Entscheidungen in Lehr- und Lebensfragen zu betonen. Dabei hat er in der Herborner Zeit unter dem Einfluß Zeppers die Eigenständigkeit der Kirche betont, in den Jahrzehnten der Tätigkeit als Syndikus der Stadt Emden und Presbyter hingegen den politisch Verantwortlichen eine stärkere Befugnis in Kirchenleitungsangelegenheiten eingeräumt. 699

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der klaren Unterscheidung von Gesetz und Evangelium, kann keinen innerprotestantischen Unterschied markieren.

4.4 Herborner Staatsrechtslehre: die Disputationes politicae Philipp Heinrich Hoenonius’ Althusius’ bereits vielfach erwähnte Politica eignet sich kaum, als repräsentatives Werk der Herborner Staatsrechtslehre behandelt zu werden. Schon der Anspruch, über die von Juristen geschaffenen Werke zur Politik hinaus eine eigenständige Abhandlung unter politikwissenschaftlichen und nicht juristischen Gesichtspunkten vorzulegen,700 muß daran hindern. Die Originalität des Werkes und zugleich die es bestimmenden unterschiedlichen, teilweise spannungsvollen Argumentationslinien erschweren zudem eine eindeutige Einordnung. Anders verhält es sich mit dem bisher nur wenig beachteten Disputationum politicarum liber unus des nach dem Weggang des Althusius seit 1604 in Herborn wirkenden Juristen Philipp Heinrich Hoenonius.701 Es handelt sich dabei um ein unmittelbar aus der Lehrtätigkeit hervorgegangenes Werk, das aus insgesamt dreizehn Disputationen zu einschlägigen Themen zusammengestellt ist. Sein Verfasser ist ferner als juristischer Schriftsteller nicht in besonderer Weise hervorgetreten, da er bereits 1608 zum Rat des Nassauischen Grafen und Kanzleivorsteher ernannt wurde. Die Ausgabe von 1615 wurde dann neben der praktischen Tätigkeit stark überarbeitet und erweitert.702 Die erste Ausgabe war 1608 als Teil einer zweibändigen Sammlung von in den Jahren zuvor in Jena und Herborn gehaltenen Disputationen Hoenonius’ zu politischen und zivilrechtlichen Themen erschienen.703 Das Werk spiegelt schon insofern die konfessioSiehe oben Anm. 686f. Vgl. PHILIPP HEINRICH HOENONIUS, Disputationum politicarum liber unus; in qvo praemissis generalibus, tum causae constituentes et his contrariae destruentes, monstratis simul mutationum et conversionum remediis, tum species Rerumpublicarum, earundemque inter se confoederationes, insertis variis et gravissimis quaestionibus, luculenter et succincte ex fundamentis politicis explicantur, Herborn 31615. 702 So nimmt Hoenonius Bezug auf Schriften, die in den Jahren 1611 und 1612 erschienen sind (vgl. aaO. III/44, S. 129; V/43, S. 240). 703 Vgl. P HILIPP H EINRICH H OENONIUS , Libri duo disputationum: prior politicarum methodice digestarum, posterior iuridicarum ad selectas aliquot pandectarum materias: de quibus ipso praeside in celeberrima Schola Nassovica publice disputarunt ii, quorum nomina singulis disputationibus adscripta sunt, Herborn 1608. Obwohl die Ausgabe von 1615 auf dem Titelblatt als „editio tertia“ bezeichnet 700 701

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nellen und weltanschaulich-politischen Vorgaben der Grafschaft Nassau-Dillenburg in besonders treuer Weise wider. Hoenonius war 1588 zwölfjährig in das Herborner Pädagogium aufgenommen worden und begann 1594 das Studium an der Hohen Schule ebendort.704 Nach 1596 wechselte er an die Universität Jena – seit Justus Lipsius’ Lehrtätigkeit in den siebziger Jahren (1572–1578) ein Zentrum der Rezeption westeuropäischer Einflüsse. Der Aufenthalt dauerte nur kurz, da ihn Graf Johann VI. (der Ältere) zurückrief, um als Erzieher des gräflichen Enkels Adolf, des Sohnes Graf Johanns des Mittleren, mit diesem die reformierten Hochschulen in Basel und Genf zu besuchen und Frankreich und England zu bereisen. Im Dezember 1603 immatrikulierte er sich an der Universität Marburg, wo sein früherer Herborner Lehrer Goeddaeus jetzt lehrte und er ein knappes Jahr später, im November 1604, seine Studien mit der Promotion zum Dr. juris utriusque zum Abschluß brachte. Hoenonius’ Disputationes politicae sind in vielfacher Hinsicht durch den Austausch mit Westeuropa geprägt, wie er bereits im Werk des Althusius präsent ist. Sowohl die umfassende Verarbeitung monarchomachischen Schrifttums mit seinen bundestheologischen Grundentscheidungen als auch die Rezeption des Neustoizismus bzw. Tacitismus eines Justus Lipsius, aber auch das Bewußtsein der bedrohlichen Dimensionen des konfessionellen Gegensatzes sind Ausdruck dessen. Wirken sich hierin bereits die besonderen Herborner Verhältnisse aus, so trifft dies in noch stärkerem Maße auf die Verbundenheit mit dem Programm der reformatio vitae zu, als dessen Hauptgewährsmann der Herborner Kollege Wilhelm Zepper genannt und genutzt wird. 4.4.1 Reformatio vitae als Anliegen des reformierten Humanisten Hoenonius Die dreizehn Disputationes politicae setzen ein mit einer kurzen allgemeinen Einführung zum Gegenstand der Politik, einer Bestimmung des

wird, muß die Existenz einer eigenständigen zweiten Ausgabe fraglich bleiben. Bislang ist es mir nicht gelungen, ein Exemplar einer solchen nachzuweisen. 704 Zu Hoenonius’ Biographie vgl. B URCHARDI , Versuch einer Lebensbeschreibung; BECKER, Dr. jur. utr. Philipp Heinrich von Hoen; HECK, Die nassauische Beamtenfamilie Hoen. Zu Hoenonius’ juristisch-politischem Œuvre vgl. GRÜN, Politische Diskussionen; SCHINZER, Philipp Heinrich Hoenonius; SCHMIDT VON RHEIN, Zur Geschichte der rechtswissenschaftlichen Fakultät, 272–274.

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Begriffs und Erörterungen zur Entstehung von Staaten.705 Die zweite Disputation ist den Untertanen gewidmet,706 die dritte den Magistraten.707 Die Disputationen IV708 und V709 behandeln verschiedene Ämter sowie die kirchliche und zivile Verwaltung. Dann folgen Disputationen über die Zensur,710 den Krieg711 und die Gründe für den Wandel bzw. Untergang von Staaten.712 Die letzten Disputationen erörtern die verschiedenen Staatsformen (IX–XII)713 und die Konföderation der Staaten (XIII)714. Hoenonius übernimmt zwar nicht die Gliederung der Politica des Althusius’, dafür aber die wesentlichen Grundgedanken, einen erheblichen Teil der Belegstellen und zahlreiche Ausführungen zu den verschiedensten Themen bis hin zu wörtlichen Formulierungen. Hoenonius’ Disputationes politicae sind dem humanistisch-reformierten Programm der reformatio vitae ebenso verbunden wie Althusius’ Politica. Auf die diesem Werk beigefügte Oratio panegyrica de utilitate, necessitate et antiquitate scholarum, in der die humanistischen Wurzeln des Programms

705 „D ISPUTATIO P OLITICA I. DE DEFINITIONE ET OBJECTO Politicae; item de origine et legibus Reipublicae; et denique de virtute civili seu politica.“ (Disp. pol. [31615] II, S. 1–26). 706 „D ISPUTATIO II. DE SUBDITIS, PRIMA CIVITATis seu Republicae parte“ (aaO. II, S. 27–66). 707 „D ISPUTATIO III. DE MAGISTRATU; ALTEra civitatis parte“ (aaO. III, S. 66–153). 708 „D ISPUTATIO IV. DE MAGISTRATUS ADministris“ (aaO. IV, S. 154–214). 709 „D ISPUTATIO V. DE ADMINISTRATIONE religiosa et civili“ (aaO. V, S. 214–307). 710 „D ISPUTATIO VI. DE CENSURA RE ANTIquissima, saluberrima, adeoque laudatissima“ (aaO. VI, S. 308–338). 711 „D ISPUTATIO VII. DE ADMINISTRATIONE bellica“ (aaO. VII, S. 338– 384). 712 „D ISPUTATIO VIII. DE CAUSIS MUTATIONUM et eversionum Rerumpublicarum, earundemque remediis“ (aaO. VIII, S. 384–423). 713 „D ISPUTATIO IX. DE MONARCHIA; PRIORE Reipub. specie, ejusque in tyrannidem degeneratione“ (aaO. IX, S. 423–485). „DISPUTATIO X. DE POLYARCHIA IN GEnere, ejusque speciebus, Aristocratia et Democratia“ (aaO. X, S. 486–512). „DISPUTATIO XI. DE ILLA REIPUBLICAE specie, quae prima seu simplex appellatur“ (aaO. XI, S. 512–530). „DISPUTATIO XII. DE REPUBLICA ORTA seu composita“ (aaO. XII, S. 531–548). 714 „D ISPUTATIO X. DE CONFOEDERATIONE Rerumpublicarum“ (aaO. XIII, S. 548–583).

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besonders deutlich werden, hat Hoenonius auch ausdrücklich hingewiesen.715 Neben Althusius ist einer der am häufigsten zitierten Autoren der Herborner praktische Theologe und Hofprediger Wilhelm Zepper, der in Herborn das Programm in mehreren Schriften entfaltet hat. Die Erörterung der Frage der gegenwärtigen Geltung des mosaischen Gesetzes716 und die Schrift Christlich Bedencken717, in der Zepper angesichts der gegenwärtigen Mißstände Reformvorschläge für das individuelle wie auch das kirchliche Leben entwickelt, werden mehrfach herangezogen.718 Von überragender Bedeutung für einzelne Teile der Disputationes politicae ist die Politia ecclesiastica719, in der Zepper seine Vorstellungen der Organisation des Kirchen- und Schulwesens entwickelt und theologisch begründet. Gehäuft finden sich die Verweise auf Zepper insbesondere in der Disputation „De administratione religiosa et civili“, die in enger Anlehnung an die Politia ecclesiastica verfaßt ist.720 Hier wird ganz im Sinne Zeppers und des reformierten Humanismus Herbornscher Prägung die Sorge für das Kirchen- und Schul- bzw. Hochschulwesen unter dem Stichwort „administratio religiosa“ behandelt. „Religiosa administratio est, quae versatur circa literas, religionem et sacra, quatenus cura eorum ad Magistratum pertinet, procuranda, dirigenda et defendenda. [...] Haec iterum vel est Scholastica, vel Ecclesiastica.“721 Beides wird miteinander in engstem Zusammenhang stehend behandelt, denn auch das Schulund Hochschulwesen dient wesentlich der Förderung von pietas und nicht nur der Vermittlung von gelehrtem Wissen.722 Zugleich kommt – 715 AaO. I/4, S. 9. Hoenonius übernimmt an dieser Stelle zustimmend Althusius’ Auffassung, daß es von Anbeginn des Menschengeschlechts an den „docentium et discentium coetus“ gegeben habe. 716 Siehe oben Anm. 612. 717 Vgl. WILHELM ZEPPER , Christlich Bedencken, Vorschlag vnd Raht, durch waserley mittel vnd wege dem hochbetruebten zustand der Kirchen Gottes, wegen der vnchristlichen, ergerlichen spaltungen, laesterns, verketzerns, vnd verdammens zwischen den Euangelischen Kirchen und Lehrern [...] abzuhelffen seyn moege, Herborn 1594. 718 Vgl. z.B. Disp. pol. [ 3 1615] I/14, S. 15; I/20, S. 18; III/1, S. 67; III/44, S. 124; V/46, S. 248; V/64, S. 267; Verweise auf die Schrift Christlich Bedencken: V/44, S. 242f. 244; V/52, S. 255. 719 Siehe oben Anm. 551. 720 Vgl. aaO. V, S. 214–307. 721 Vgl. aaO. V/3f., S. 214. 722 „Scholastica est, qua Ecclesiae et Reip. seminaria, quae sunt docentium et discentium in scholis pietatem et prudentiam literatam coetus, recte curantur“ (aaO.

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mit Zepper und Althusius – der weltlichen Obrigkeit eine zentrale Rolle bei der administratio ecclesiastica, der Sorge für Lehre und Ordnung der Kirche, zu.723 Das für die Herborner Auffassungen im Allgemeinen, aber auch für Hoenonius im Besonderen Charakteristische läßt sich durch eine Analyse des Verhältnisses von calvinistisch-monarchomachischen und neustoizistischen Traditionen in dem Werk erschließen. 4.4.2 Monarchomachische Thesen, bundestheologische Grundentscheidungen und Ephoren-Lehre Anders als im Fall der Politica des Althusius sind in Hoenonius’ Werk die Schriften der calvinistischen Monarchomachen, alttestamentliche Bundesvorstellungen und die calvinistisch-reformierte Bundestheologie an den entscheidenden Stellen präsent. Bei Althusius bildet die consociatio-Lehre den Ausgangspunkt der politischen Theorie. Calvinistischreformierte Bundestheologie, alttestamentliche Bundesvorstellungen oder die Texte der calvinistischen Monarchomachen Frankreichs werden erst später und in anderen Zusammenhängen eingeführt. Hoenonius setzt – nach der einleitenden, den Gegenstand des Werkes bestimmenden Disputatio – bewußt mit der Darlegung der Untertanen als dem „ersten“ Teil des Staates ein und schließt sich damit der von allen calvinistischen Monarchomachen betonten These an, daß die Obrigkeit um der Untertanen willen da sei und nicht umgekehrt. Darüber hinaus beginnt die Disputation mit der These eines doppelten Bundes, der das politische Gemeinwesen konstituiert. „PArtes et causae constituentes civitatis seu Reipublicae duae sunt, Subditi et Magistratus, Duplici uterque pacto seu obligatione tenetur, una Deo, altera sibi invicem.“724 Zur V/5, S. 215). Unter den vier zur Begründung dieser These gebotenen Argumenten zeigt vor allem das zweite die unauflösliche Einheit: „II. Quia scholae sunt armamentaria Reipublicae, ex quibus omnis generis arma depromuntur, non tantum ad propugnandam veram et orthodoxam religionem adversus haereticos, sed etiam ad defendendam et conservandam ipsius Reipubl. salutem ac incolumitatem“ (ebd.). 723 Vgl. aaO. V/39–46, S. 233–259. 724 „2. Reg. cap. 11. vers. 17. 2. Chronic. c. 23. vers. 16. Stephan. Jun. Brut. [Vindiciae], in vind. contra Tyran. quaest. 1. pag. 9. et sequent. Lambert. Danae. lib. 3. cap. 6. pag. mihi 219. in pr. et lib. 6. Pol. Christ. in Aphorism. sacr. sub loc. seu tit. de Magistratus officio. Althus. cap. 14. Pol. pag. 146. et cap. 15. pag. 168. 169. 170. et 171. et c. 23. pag. 302. 303. 304. et 305. Bornitius de fund. Reip. stat. c. 9.“ (Disp. pol. [31615] II, S. 27). Die zentrale alttestamentliche Belegstelle wird bei der Erläuterung der folgenden These dann auch ausdrücklich zitiert (siehe unten Anm. 729).

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Begründung werden die einschlägigen alttestamentlichen Belegstellen sowie die pseudonymen Vindiciae contra tyrannos, die Politica Christiana des Lambertus Danaeus, Althusius’ Politica und die Partitionum politicarum libri IV des Jakob Bornitz725 angegeben.726 Abgesehen von dem letztgenannten Werk handelt es sich dabei um profilierte Vertreter des calvinistisch-monarchomachischen Schrifttums. Die 1579 zum ersten Mal unter dem Pseudonym Stephanus Junius Brutus erschienenen Vindiciae contra tyrannos727 sind dann in den folgenden vier Thesen die entscheidende Referenzschrift bei der Erläuterung der Vorstellung des für das politische Gemeinwesen zentralen pactum religiosum et civile. Nach den Vindiciae contra tyrannos hat Gott mit dem Herrscher und dem Volk einen Bund, das sog. pactum religiosum, geschlossen, durch den diese sich verpflichten, für die Einhaltung der ersten Tafel des Dekalogs und das heißt, die rechte öffentliche Verehrung Gottes zu sorgen. Zum anderen hat das Volk mit dem Herrscher einen zivilen Bund geschlossen, der in einer mutua obligatio besteht. Das Volk verpflichtet sich zum Gehorsam gegenüber dem Herrscher, jedoch nur solange dieser seiner Verpflichtung zu einer gerechten Herrschaft nachkommt. Beide Bünde sind unauflöslich miteinander verbunden und verpflichten den Herrscher zur Gerechtigkeit. „Or nous lisons deux sortes d’alliance au sacre Vgl. JAKOB BORNITZ, Partitionum Politicarum Libri IV, in quibus ordine & summatim capita artis Politicae designantur De Rep. Fundanda, Conservanda, Amplificanda & Curanda, Hanau 1608. 726 Wie bei Althusius fehlen auch bei Hoenonius’ Rückgriff auf die calvinistischreformierte Bundestheologie Bezüge auf die in dieser Hinsicht einschlägige Schrift Caspar Olevians Schrift De substantia foederis gratuiti inter Deum et electos von 1585. 727 S TEPHANUS J UNIUS B RUTUS [P SEUDONYM ], Vindiciae contra tyrannos. Traduction française de 1581, Genf 1979; zu der Schrift vgl. ELKAN, Publizistik der Bartholomäusnacht; MESNARD, L’essor, 340–347; WINTERS, Die „Politik“, 90–101; GOEDEKING, Die „Politik“, 35–40. Die Verfasserschaft der Vindiciae ist weiterhin umstritten. Die einen sehen Hubert Languet (dagegen nun mit überzeugenden Argumenten: NICOLLIER-DE WECK, Hubert Languet, 465–487), die anderen Philippe Duplessis-Mornay und wieder andere beide zusammen als Verfasser an. M. Marabuto hat im Anschluß an G. T. van Ysselsteyn eine Gemeinschaftsarbeit der Genfer Theologen und Juristen Beza, Hotman, Innocent Gentillet, Jean de Serres und Lambertus Danaeus’ in den Jahren 1572 bis 1578 vermutet (vgl. MARABUTO, Les théories politiques; VAN YSSELSTEYN, L’auteur de l’ouvrage „Vindiciae contra tyrannos“). Auch wenn die Frage der Autorschaft bislang nicht befriedigend geklärt ist, sprechen die meisten Argumente noch immer für Duplessis-Mornay als Hauptautor (vgl. die Einführung zur Neuausgabe der französischen Übersetzung von 1581, aaO., I–V; dort, aaO., 399–403 weitere Literatur). So jetzt auch DAUSSY, Les huguenots et le roi, 229–256, bes.: 254. 725

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des Rois: la premiere entre Dieu, le Roy et le peuple, à ce que le peuple fust peuple de Dieu: la seconde entre le Roy et le peuple, asauoir que le peuple obeiroit fidelement au Roy qui commanderoit iustement.“728 Hoenonius übernimmt diese theologisch-juristische Argumentation mit einer eigenständigen Betonung des Sachverhalts, daß die Untertanen der Obrigkeit nur insofern zu gehorchen haben, als sie eher Gott und seiner Ehre als den Menschen folgen sollen.729 Hoenonius hebt auch ausdrücklich hervor – wiederum mit Berufung auf die Vindiciae contra tyrannos (sowie Hotman) –, daß das pactum zwischen Obrigkeit und Untertanen auch in den profanen Geschichtswerken gut bezeugt und also ohne das pactum religiosum mit dem Volk Gottes verwirklicht gewesen sei.730 Die Vindiciae contra tyrannos sind diejenige der calvinistisch-monarchomachischen Schriften, welche die bundestheologische Grundlegung des politischen Gemeinwesens am umfassendsten erläutert haben. Auch das Widerstandsrecht gegen eine Obrigkeit, die entweder die Kirche verfolgt oder elementare Grundsätze gerechter Herrschaft verletzt, wird hier zugespitzter formuliert als bei den anderen französischen Monarchomachen der siebziger Jahre. Auch diese – Hotman, Beza, Innocent Gentillet und Danaeus – werden ausgiebig zitiert; zusammen mit Althusius’ Politica am häufigsten werden jedoch die Vindiciae contra tyrannos herangezogen.731 Die Situation, daß das Volk angesichts eines tyranniAaO., 25; vgl. aaO., 184. Im lateinischen Text werden die Bünde als foedus oder pactum bezeichnet. 729 „2 DEus a magistratu stipulatur pariter et a subditis. A magistratu stipulatur pariter et a subditis. A magistratu, velitne sic regere, ut totam gubernationem ad gloriam cultumque Dei dirigat. A subditis, velintne sic obtemperare Magistratui, ut Deo potius et honestati, quam hominibus obsequantur. Exempla hujus stipulationis sue pacti plurima adducit Althus. d. c. 23. pag. 30. 304. et 305. Illustre exemplum habetur 2. Reg. 11. vers. 17. ubi haec leguntur verba: Pepigit ergo Jojada foedus inter Deum et Regem et populum, ut esset populus Domini, et inter Regem et populum. Idem repetitur 2. Chronic. c. 23. vers. 16. Steph. Jun. Brut. d. q. 1. in vind. contr. Tyran.“ (Disp. pol. [31615] II, S. 27). 730 „Exempla pacti inter Magistratum et subditos initii extant in sacris. 2. Reg. cap. 11. vers. 17. 2. Chron. cap. 23. v. 3. 1. Sam. c. 10. v. 19. c. 12. v. 14. et 15. Althus. cap. 15. Poli. pag. 168. 169. 170. 171. In profanis historiis tale pactum inter Cyrum, Regem Persarum, et Persas intercessisse, legitur apud Xenophont. lib. 8. Cyropaed. et inter Senatum populumque Romanum et Caesares; Halicarnassae. lib. 2. Stephan. Jun. Brut. quaest. 3. Hotom. de antiquitate Juris Regni Gall. cap. 6. et c.12.“ (ebd.). 731 Allein in der zweiten Disputation De subditis (aaO. II, S. 27–66) verweist Hoenonius zwölfmal auf die Vindiciae contra tyrannos. 728

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schen Verhaltens der Obrigkeit nicht mehr an den Vertrag mit ihr gebunden ist, wird unter Bezug auf diese Schrift und Althusius, der ihr folge, entfaltet.732 Eng mit der Aufnahme monarchomachischer Traditionen verbunden ist die durchgängige scharfe Kritik an Machiavelli, dem „florentinischen Monster“733 und „homo perversissimus“734. Daß die Machiavelli-Kritik in diesem Kontext zu deuten ist, zeigt Hoenonius’ häufiger Rückgriff auf Innocent Gentillets Antimachiavell,735 eine der calvinistisch-monarchomachischen Hauptschriften der siebziger Jahre des 16. Jahrhunderts.736

732 „Magistratus pure promittunt a, subditi sub conditione omnia honesta, eaque, quae Magistratui debentur, repromittunt b; Id quod faciunt vel expresse, vel tacite c. Expresse, ubi per electionem; tacite, ubi per successionem Magistratus defertur. a) Steph. Jun. Brut. in vindic. contr. Tyran. quaest. 3. pag. mihi 154. Althus. cap. 38. Polit. pag. 849. b) Si scilicet Magistratus, Rex, Princeps juste et pie, non tyrannice imperaturus sit. Haec conditio si minus impleatur, solutus est populus, irritus contractus, obligatio ipso jure nulla. Perfidus ergo Rex, si injuste imperet, perfidus populus, si juste imperanti non obtemperet. At omni perfidiae crimine vacuus populus, si injuste imperanti publice renunciet, aut regnum retinere illegitime cupienti, armis evincere conetur. Cur ei, qui primus pacta conventa violat, fides in totius Reipub. Damnum a populo servetur? Cur qui ipsa Regni vel Reipublicae fundamenta convellit, Rex aut princeps et pater populi censeatur, cum ille demum sit princeps qui ea constabilita, non autem eversa cupit, ut est Psalm. 75. v. 3. Lambert. Danae. lib. 3. Polit. Christ. cap. 6. Jun. Brut. d. pag. 154. Sed quomodo et a quibus resisti possit Magistratui, ob vim et tyrannidem, suo loco plenius docebimus. Quod vero sub conditione subditi Magistratui obligati sint, id post Jun. Brut. affirmat etiam Althus. d. pag. 849.“ (aaO. II/5, S. 28f.). 733 AaO. V/42, S. 234 („monstri Florentini“). Im Anschluß an die kritische Wiedergabe des Rates Machiavellis, die Religion ohne Rücksicht auf die Wahrheitsfrage für die Staatsräson nutzbar zu machen, verweist Hoenonius auf Gentillet: „Vide eleganter contra eum disputantem Antimachiavellum lib. 2. de Reg. administran. theorem. 2.“ 734 AaO. I/3, S. 5; vgl. ferner aaO. II/6, S. 30 (hier Verweis auf Danaeus’ Widerlegung des „impudens Machiavellistarum dogma“, daß die Untertanen um der Magistrate willen vorhanden seien); aaO. III/20, S. 83f.; aaO. III/154, S. 146; aaO. IV/10, S. 159; aaO. IV/37, S. 180; aaO. IV/46, S. 184f.; aaO. VI/24, S. 331. 735 Vgl. INNOCENT GENTILLET, Antimachiavel. Edition de 1576, Genf 1968. 736 Vgl. z.B. Disp. pol. [31615] I/23, S. 21; II/13, S. 32; II/30, S. 54; III/41, S. 111; IV/8, S. 157; IV/20, S. 163; V/44, S. 243; V/68, S. 272; V/96, S. 304; VII/93, S. 382; VII/98, S. 383; VIII/5, S. 387; VIII/12, S. 395; VIII/13, S. 397; VIII/23, S. 409; IX/32, S. 474; IX/36, S. 475.

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Die Frage des Widerstandsrechts bzw. der Widerstandspflicht behandelt Hoenonius ebenfalls in enger Anlehnung an Althusius und die calvinistisch-monarchomachischen Autoren. Mit ihnen, aber auch lutherischen Autoren und den spanischen Spätscholastikern begrenzt er das Widerstandsrecht weitestgehend auf die untergeordneten Magistrate. Hier wiederum werden wie bei Althusius die verschiedenen Formen des Ephoren-Amtes und seine Besetzung sowie seine Aufgaben eingehend beschrieben.737 Sie und nicht das Volk sind das eigentliche Gegenüber des Herrschers bzw. obersten Magistrats. Sie überwachen nicht nur sein Handeln, sondern können ihn auch absetzen.738 Die Übereinstimmung bei der Bewertung des Ephoren-Amtes geht so weit, daß er Althusius’ Auflistung von dessen fünf Aufgaben fast wörtlich übernimmt.739 Schließlich ist auch die breit entfaltete und mit zahlreichen Gleich zu Beginn der Disputationes politicae bietet Hoenonius ein langes Zitat aus dem Antimachiavell, in dem Gentillet „eleganter“ die Schwierigkeit beschreibt, die Politik methodisch geordnet darzustellen (aaO. I/1, S. 3f.). 737 „45 Inferiores magistratus sunt omnes illi, qui superiorem magistratum recognoscunt. 46 Ex hisce praecipui sunt, quibus a populo a Reipublicae summa est demandata b, ad magistratum summum auxilio c consilioque juvandum, et intra limites officiii continendum d: Unde dicuntur Ephori e. Et hi universi, quatenus universum populum repraesentant, sunt magistratu superiores; singuli vero sigillatim considerati, eo sunt inferiores f.“ (aaO., S. 134). 738 Die Stellung der Ephoren ist gegenüber der des obersten Magistrats oder Königs, die lediglich über zeitlich und materiell begrenzte Herrschaftskompetenz verfügen, unvergleichlich stärker. Ihre Legitimität und Rechtsstellung wird mit zahlreichen Bibelstellen abgesichert (vgl. Disp. pol. [31615] II, S. 135). Zu Althusius vgl. Pol. XVIII,49, S. 292; vgl. SCHMIDT-BIGGEMANN, Althusius’ politische Theologie, 228f.). 739 „Officium Ephororum quinque potissimum capitib. continetur: I. est, ut constituant generalem summum Magistratum. II. est, ut intra fines et limites officii sui eundem contineant, et sint custodes, defensores ac vindices libertatis ac reliquorum jurium, quae populus in summum Magistratum non transtulit, sed sibi reservavit. III. est, ut constituant summo magistratui ad Reip. administrationem inepto, vel tempore interregni curatorem ad obeundam Reipublicae administrationem, donec alius summus Magistratus eligatur. IV. Officium illorum est, ut removeant magistratum summum tyrannum. V. est in summi magistratus defensione et jurium illius, in quibus singulis peragendis ephoris omnia et singula, sine quibus officii sui partes expedire nequeunt, demandata esse censentur, [...]“ (Disp. pol. [31615] III, S. 135f.). Althusius hatte wie folgt formuliert: „Officium horum ephorum quinque potissimum continetur. Primum est, ut constituant generalem summum magistratum. Alterum est, ut intra fines et limites officii sui eundem contineant, et sint custodes, defensores ac vindices libertatis et reliquorum jurium, quae populus in summum magistratum non transtulit, sed sibi reservavit. Tertium est, ut constituant summo magi-

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Beispielen illustrierte Unterscheidung von ephori generales oder ephori speciales von Althusius übernommen.740 Die Ephoren sind die Akteure des Widerstandes,741 und sie müssen, wenn sie in einem Staatswesen nicht vorgesehen sind, in ihrer Wächterfunktion im Blick auf Freiheit und Recht durch den Konsens des gesamten Volkes „ersetzt“ werden.742 Die Erörterung des Widerstandsrechts gegen tyrannische Herrschaft in den Disputationes politicae setzt wenig eigene Akzente.743 Sie ist aufs Stärkste bestimmt durch die Ausführungen in Althusius’ Politica. Wie beim Rückgriff auf die calvinistisch-reformierte Bundestheologie und die Ephorenlehre orientiert sich Hoenonius mit Althusius am Schrifttum der calvinistischen Monarchomachen, und hier insbesondere an den Vindiciae contra tyrannos. Gleichfalls finden sich hier verstärkt Verweise auf Bibelstellen, die er zumeist von Althusius übernimmt.744 Hoenonius’ Darstellung geht aus von der mittelalterlichen Unterscheidung des tyrannus exercitio oder absque titulo.745 Nach der Erläuterung von

stratui, ad Reipub. administrationem inepto, vel tempore interregni, curatorem, ad obeundam Reip. administrationem, donec alius summus magistratus eligatur. Quartum officium illorum est, ut removeant magistratum summum tyrannum. Quintum est in summi magistratus defensione, et jurium illius; In quibus singulis peragendis ephoris omnia et singula, sine quibus officii sui partes expedire nequeunt, demandata esse censentur“ (Pol. [31614] XVIII,63, S. 296f.). 740 Vgl. Disp. pol. [ 3 1615] III, S. 136–145. 741 „Hic ab Ephoris remedium petendum, ad quorum pertinet officium, subditis crudelitatem, faevitiam, oppressionem et tyrannidem passis tempestive succurrere, magistratum verbis primum, et quidem leniter emendare [...]“ (aaO. VIII/25, S. 412). 742 „Quod si in Republica ejusmodi Ephori non sunt, tunc illa quae Ephoris alias demandantur, expediuntur consensu totius populi tributim, curiatim, vel centuriatim, aut viritim collecti, adeo, ut nulla praescriptio vel usurpatio contraria huic libertati et juri Regni a magistratu opponi possit. Eleganter Stephan. Jun. Brut. d. quaest. 3. in vindic. contra Tyran. Althus. d. c. 18. n. 123.“ (aaO. III/51, S. 145). 743 Die betreffenden Ausführungen finden sich in der 9. Disputation, die der Monarchie und ihrer Entartung, der Tyrannis, gewidmet ist (vgl. aaO. IX/43–57, S. 478–485). 744 Insgesamt gesehen nehmen die Disputationes politicae sehr viel weniger Bezug auf Bibelstellen als Althusius’ Politica. 745 „Est autem tyrannus vel absque titulo vel exercitio“ (aaO. IX/32, S. 474). Althusius’ Auffassung, daß der Tyrannus absque titulo nicht im eigentlichen Sinne ein Tyrann sei und von Privatleuten abgesetzt werden könne (vgl. Pol. XXXVIII,27, S. 893f.), hat Hoenonius nicht übernommen.

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deren Spezifika746 erfolgt die Feststellung, daß Tyrannis nicht dauerhaft sei und Gott unmittelbar oder mittelbar dagegen vorgehe.747 Im zweiten Fall sind die Mittel, derer sich Gott bedient, entweder private oder öffentliche Personen. Die personae publicae sind die Ephoren, die das entscheidende Werkzeug Gottes wider die Tyrannis darstellen.748 Den Privatpersonen bzw. Untertanen kommt im wesentlichen nur die Pflicht zu, sich den Widerstand leistenden Ephoren anzuschließen.749 Ein Widerstandsrecht steht ihnen allein gegen den tyrannus absque titulo zu, dem die Bürger eines Landes nicht den Gehorsam geschworen haben und der als von außen kommender Feind wie ein Privatmann behandelt werden kann.750 Einschränkungen für die Ephoren ergeben sich lediglich aus der Unterscheidung von ephori generales oder speciales, wobei das Widerstandsrecht der letzteren entsprechend ihrer obrigkeitlichen Kompetenz begrenzt ist. Auch müssen die Kennzeichen der Tyrannis dauerhaft und manifest sein, als solche bezeichnet und ausreichende Versuche unternommen worden sein, den Mißständen durch begrenztere Mittel Abhilfe zu schaffen.751 Der Widerstand erfolgt mit Worten im Falle dessen, daß nur die Verehrung Gottes verletzt und gegen die Rechte der Staatswesens verstoßen worden ist, oder mit Gewalt und Waffen, wenn

Vgl. Disp. pol. [31615] IX/3–42, S. 474–478. „Ob haec et alia immania scelera, tyrannicus status non est durabilis a. Hinc omnis fere tyrannus tragicum habet exitum b. Non enim plus valet vis tyrannorum, quam consilium et decretum Dei, qui eorum impetum saepe frangit. [...] Id quod Deus facit vel immediate, vel mediate. Immediate, sine mediis et opera humana. Mediate, vel per publicas, vel per privatas personas Deus tyrannos coërcet et punit“ (aaO. IX/43f., S. 478f.). 748 „Publicae personae sunt Ephori, seu ordines Regni, qui universi et singuli tyranno pro virili resistere tenentur a. Cum enim ex jussu et consensu populi jus creandi Magistratum habeant, etiam potestatem eum judicandi et removendi habent b.“ (aaO. IX/45, S. 479). 749 „Resistenti vero Ephoro debent se adjungere subditi resistentis, et cives patriae amantes, qui salvam Rempublicam volunt a: detrectantes ope, pecunia, vel consilio resistentem juvare, habentur pro hostibus et desertoribus b.“ (aaO. IX/46, S. 479). 750 „At tyranno absque titulo Regnum invadenti etiam privatae personae resistere possunt a. Est enim his tyrannus alienus, cui populus nullo jurejurando vel jure est obligatus; unde ei tanquam privato et aggressori vim inferenti recte a quobis Reipublicae cive resistitur b.“ (aaO. IX/56, S. 484). 751 Vgl. aaO. IX/49–52, S. 480f. 746 747

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die Tyrannis mit bewaffneter Hand und von außen kommender Gewalt ausgeübt wird.752 Das Charakteristische von Hoenonius’ Ausführungen zum Widerstandsrecht wird in einem längeren Abschnitt greifbar, in dem das Widerstandsrecht von Privatleuten gegen den tyrannus exercitio abgelehnt wird, da ihnen keine Schwertgewalt zukomme.753 Auch in Althusius’ Politica findet sich ein entsprechender Abschnitt „Privati non debent tyrannidi resistere, et quare“.754 Hoenonius hat die Hauptthese teilweise wörtlich von Althusius übernommen,755 ferner acht der zwölf von ihm aufgeführten Bibelstellen sowie einige Verweise auf die zeitgenössischen Autoren Calvin, Bodin, Pierre Grégoire, Lipsius und die Vindiciae contra tyrannos. Althusius hatte in dem bei ihm weniger als die Hälfte langen Abschnitt immerhin mehr als vierzig Verweise auf Bibelstellen aufgelistet. Die hier sichtbare, signifikante Reduktion der Überfülle an Bibelstellen-Verweisen, die noch Althusius’ Werk kennzeichnet, ist charakteristisch für Hoenonius’ Disputationes politicae insgesamt. In gleicher Weise charakteristisch sind die zahlreichen hinzugefügten Verweise auf zeitgenössische Autoren. Die am häufigsten aufgeführten sind – neben den bereits genannten und natürlich Althusius selbst – Lambertus Danaeus, Clemens Timpler, Bartholomäus Keckermann, Jakob Bornitz,756 Georg Schönborner und der hochgeschätzte Eberhard von Weyhe.757 Neu bei Hoenonius ist der Sachverhalt, daß er den Abschnitt in eine umfangreiche Auflistung der Gründe, die grundsätzlich gegen das Wi„Resisti autem ei debet verbis vel armis. Verbis, quando verbis tantum Dei cultum violat, et Republicae jura et facta oppugnat a. Vi et armis, quando armata manu et vi externa tyrannidem exercet b; et tum licebit exercitum conscribere ex Regnicolis, confoederatis amicis vel aliis“ (aaO. IX/54, S. 482). 753 „Hactenus de personis publicis, quae Tyranno resistere possunt; privatae personae, hoc est, subditi, si Tyrannus sit exercitio, quia non habent usum et jus gladii, eo jure non uti a, sed quiescere, et injuriam patientes, jugum Tyranni ferre b debent“ (aaO. IX/55, S. 482). 754 Vgl. Pol. XXXVIII,65, S. 910–912. 755 Althusius hatte wie folgt formuliert (die Hervorhebungen zeigen die quasiwörtlichen Übereinstimmungen mit Hoenonius): „Quid vero de subditis et privatis ex populo sentiendum est? Nam quae hactenus diximus de ephoris, personis publicis dicta sunt. Plane hi privati, quando magistratus tyrannus est exercitio, quia non habent usum et jus gladii, neque eo jure utentur“ (aaO. XXXXVIII,65, S. 910f.). 756 Allein dieser wird in dem besprochenen Abschnitt nicht ausdrücklich erwähnt. 757 Hoenonius hat Eberhard von Weyhe als „vir ob prudentiam politicam incomparabilis“ (Disp. pol. [31615] VI/11, S. 317) bezeichnet und gleich im Vorwort auf ihn verwiesen (aaO., f. a 3r). 752

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derstandsrecht insgesamt sprechen, verwandelt. Es werden nicht weniger als vierzehn Argumente gegen das Widerstandsrecht genannt:758 die Gehorsams- und Treueverpflichtung; die Gefahr von sich ausbreitenden Rebellionen und Verschwörungen; das biblische Gebot, für die Obrigkeiten zu beten; das Verbot, daß der Sohn den Vater schlägt, auch wenn er gute Gründe dazu hätte; die Gefahr, daß das Ergebnis des Widerstandes gegen Tyrannis ein noch schlimmerer Zustand ist; der Sachverhalt, daß Gott die Ungläubigen nicht durch die Hand der Juden, sondern anderer Völker gestraft habe; sowie weitere biblische und profane Beispiele. Die Auflistung mündet in der grundsätzlichen Aussage, daß zu bedenken sei, daß Könige von Gott und darum sein Werkzeug seien. Man solle also in dem guten König ein Werkzeug der Milde Gottes, im schlechten ein solches der Gerechtigkeit erkennen. Hoenonius führt dann als einen profiliert katholischen Autor den Juristen Konrad Braun an, der seit 1551 Kanzler des Augsburger Bischofs Otto Truchseß von Waldburg war und sich in besonderer Weise als Verteidiger der katholischen Kirche hervorgetan hatte.759 Der Verweis auf Braun dient jedoch nur dem Zweck, die „gegenwärtigen Päpstlichen“ umso heftiger zu kritisieren. Denn diese würden, wann auch immer sie einen Herrscher der Häresie oder Tyrannis verdächtigten, befehlen, mit Betrug, Schwert und Gift gegen ihn vorzugehen.760 Unter den zahlreichen Belegen wird an erster Stelle die Rechtfertigung der Ermordung Heinrichs III. durch Jean Boucher im Jahre 1589 genannt,761 ferner die bekannte Schrift De rege et regis institutione des Jesuiten Juan de Mariana,762 eine in Paris veröffentlichte Apologia Jesuita-

Vgl. Disp. pol. [31615] IX/55, S. 482–484. Vgl. aaO., S. 483f. Hoenonius verweist darauf, daß Braun im ersten Buch seines Werkes De seditionibus libri sex (Mainz 1550) eben dies betont habe. Zu Braun siehe unten Abschn. III.Tl.4.1, S. 369–371 (Anm. 183: Literatur). 760 „Atque hanc rationem urget inprimis Brunus lib. 1. de sedit. multum ille diversus a reliquis hodie Pontificiis, qui in quosvis principes haeresis aut tyrannidis ipsis suspectos, fraude, ferro, veneno grassari jubent“ (Disp. pol. [31615] IX/55, S. 484). 761 „Jesuitae de justa Henrici III. Galliarum Regis abdicatione lib. 4. c. 3. Mariana de Rege lib. 1. c. 6. Apolog. Jes. et Castelli part. 5. c. 1. et 2. Ribaden. de principe lib. 1. cap. 26. Joh. Paul. Windeck in delib. de haeret. extirp. pag. 408. Cresvvel. in Resp. ad Reg. pag. 143. Memo. Lig. To. 6. pag. 251. 252. 256. 261.“ (ebd.). Vgl. JEAN BOUCHER, De iusta Henrici III. abdicatione e Francorum regno libri IV, Paris 1589; Lyon 1591. 762 Vgl. J UAN DE M ARIANA , De rege et regis institutione libri tres, Toledo 1599; Mainz 1605; Mainz 21611. 758 759

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rum,763 die gegen Machiavelli verfaßte Fürstenlehre des spanischen Jesuiten Pedro de Ribadeneyra,764 Johann Paul Windecks Deliberatio de haeresibvs extirpandis,765 eine gegen die englische Königin Elisabeth I. gerichtete Schrift des Jesuiten Joseph Cresswell (1557–1623?)766 sowie Voten aus den Akten des Prozesses gegen den Jesuitenzögling Jean Chastel, der 1595 einen Attentatsversuch gegen Heinrich IV. unternommen hatte.767 Abschließend verweist Hoenonius auf drei Widerlegungen dieser jesuitisch-katholischen Rechtfertigung des Widerstands oder sogar des Tyrannenmords im Falle häretischer oder tyrannischer weltlicher Obrigkeit.768 Vgl. ISAAC CASAUBON ad Frontonem Ducæum, S.J. theologum, epistola, in qua de apologia disseritur, communi Jesuitarum nomine ante aliquot menses Lutetiae Parisiorum edita, London 1591. 764 Vgl. P EDRO DE R IBADENEYRA , Princeps Christianus: adversus Nicolaum Machiavellum ceterosque huius temporis Politicos [...], nunc Latine a Ioanne Orano editus, Antwerpen 1603 [zuerst spanisch: Madrid 1595]; vgl. dazu STOLLEIS, Geschichte I, 111. 765 Vgl. J OHANN P AUL WINDECK, Prognosticon fvtvri statvs ecclesiae [...]. Item, Christiana deliberatio, de optimo religionis statu continendo, seu quibus remediis, a Catholicorum provincijs sectae omnes arceri, aut vbi nidificarunt, funditus euelli queant, Köln 1603. In der Kopfzeile wird der Titel der Schrift als „deliberatio de haeresibvs extirpandis“ angegeben. Zu Windeck und seiner Schrift siehe genauer unten Abschn. III.Tl.4.2, bes. Anm. 203 (Literatur). 766 [J OSEPH CRESSWELL ?], A Proclamation (for the due execution of all former Lawes against Recusants) published vnder the name of Iames, King of Great Brittany. [2 June 1610.] With a briefe & moderate Answere therunto. Whereto are added the penall Statutes, made in the same Kingdome, against Catholikes. Togeather With a Letter which sheweth the said Catholikes piety: And diuers Aduertisements also, for better vnderstanding of the whole matter, Saint Omer 1511 [i.e. 1611] [Faksimile-Reprint in: English recusant literature, 1558−1640, Bd. 58, 1971]. Die Vorrede ist mit dem Pseudonym B. D. de Clerimond unterzeichnet. 767 Vgl. [S IMON G OULART ], Les mémoires de la Ligve, sovs Henri III. et Henri IIII. Ros de France. Comprenant en six volumes, ou recueils distincts, infinies particularités memorables des affaires de la Ligue, depuis l’an 1576 jusques à l’an 1598, 6 Bde., s.l. [Genf] 1593–1602, Bd. VI, 251f. 256. 261. 768 „Contra hos vide quae habentur in wolmeinender warnung an alle Christliche potentaten vnd obrigkeiten anno 1606. edit. Et in Antiphilippica opposita Philippi Jacobi Sylvani Jesuitae edita anno 1608. Item in Responsione ad declarationem Jesuitae Parisiensis P. Cottonis anno 1610. edita, et apud Germanum Francum in Repraesentatione pacis generalis c. 3. pag. 36.“ (Disp. pol. [31615] IX/55, S. 484). Vgl. [MICHAEL LOEFFENIUS?], Wolmeinende Warnung an alle Christliche Potentaten und Oberkeiten, ider deß Bapsts unnd seiner Jesuiten hochgefehrliche Lehr und Practicken. Auß Bäpstlichen und Jesuitischen Büchern gezogen, s.l. s.a. [ca. 1606]; 763

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Der behandelte Abschnitt über die Frage des Widerstandsrechts von Privatleuten zeigt die starke Abhängigkeit der Disputationes politicae von Althusius’ Politica, zugleich aber auch die eigenständigen Akzente, die Hoenonius setzt. Seine Darstellung hat ihre Pointe in der Abgrenzung gegen römisch-katholische Ausführungen zum Widerstandsrecht. Mit der Ermordung König Heinrichs III. von Frankreich, die von jesuitischen Autoren gerechtfertigt wurde, und – so muß man hinzufügen – auch der Ermordung seines Nachfolgers Heinrich IV. im Jahre 1610 zeigte sich die Ambivalenz eines stark ausgeweiteten Widerstandsrechts auch für die protestantische Seite in aller Klarheit. Hoenonius ist angesichts dessen bemüht, das Widerstandsrecht strikt auf die untergeordneten Magistrate zu begrenzen und die römisch-katholische Seite als die Partei erscheinen zu lassen, die weltliche Obrigkeit und gute Ordnung unterminiere.769 Dies entspricht der Grundwahrnehmung der protestantischen Juristen insgesamt, die in den römisch-katholischen, und insbesondere den jesuitisch-päpstlichen Lehren der Gegenwart eine mangelnde Respektierung des Eigenwertes der weltlichen Obrigkeiten gegenüber den geistlichen Ämtern sahen. Ein Vergleich der Ausführungen zum Widerstandsrecht in der Ausgabe der Disputationes politicae von 1615 mit der ursprünglichen Fassung der betreffenden Disputation aus dem Jahre 1607 bestätigt den Be[MICHAEL LOEFFENIUS?], Antiphilippica: Oder Rettung und fernere Beweisung der Anno 1606. beschehener wolmeynenden Warnung an Evangelische und Römische Catholische friedliebende Freunde, Wider deß Regenspurgischen Jesuitischen Theologi, Jacobi Sylvani, alias Jacob Kellers, außgangene Philippicam, s.l. 1608; GERMANUS F RANCUS , Repraesentatio Pacis Generalis, inter Orbis Christiani Reges, Principes Et Status Pontificum Et Sedis Romanae sollicitudine, ab exordio superioris seculi ad haec usque tempora procuratae: In qua eorundem in illa scopus, & dolosae artes ad veterum Romanorum consilia comparata, & graphice depicta, velut in tabella conspicienda exhibentur; quorum omnium cognitio, quid ad veram tranquillitatem obtinendam, cuiq[ue] sequendum fugiendumve erit, ostendit, s.l. 1609. 769 In diesem Bestreben geht Hoenonius so weit, daß er sich nicht nur auf den oben genannten katholischen Juristen und Kleriker Konrad Braun beruft (s. oben Anm. 759), sondern sogar die Kritik des scharfen Gegners der calvinistischen Monarchomachen, William Barclay, an den Ausführungen George Buchanans als Belegstelle aufführt (Disp. pol. [31615] IX/55, S. 482). Der schottische Humanist Buchanan hatte anders als Beza, Danaeus, Hotman und die anderen calvinistischen Monarchomachen Frankreichs in seiner Schrift De Iure Regni apud Scotos (Edinburgh 1579) dem Volk stärkere Mitwirkungsrechte in der Widerstandsfrage zugebilligt und das Widerstandsrecht nicht als reines Amtsrecht strikt auf die inferiores magistratus begrenzt.

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fund.770 Die hier gebotenen Erläuterungen bzw. Belege zur Ablehnung jeglichen Widerstandsrechts gegen den tyrannus exercitio für Privatleute sind fast vollständig aus Althusius’ Politica übernommen.771 Auch wenn die These selbst schon 1607 wörtlich übereinstimmend formuliert ist, sind die oben festgestellten Veränderungen gegenüber Althusius – und das sind der breite Rückgriff auf zeitgenössische Politica-Literatur, die ausführliche Auflistung von vierzehn Argumenten gegen das Widerstandsrecht insgesamt sowie die kritische Auseinandersetzung mit „päpstlichen“ Autoren – erst in den Jahren bis 1615 hinzugefügt worden. Hervorzuheben ist bei all dem, daß trotz der in den Vordergrund getretenen Auseinandersetzung mit dem Mißbrauch des Widerstandsrechts durch „die Päpstlichen“ die Bezüge auf das monarchomachische Schrifttum französischer Calvinisten uneingeschränkt beibehalten werden. Deren Grundentscheidungen, die Vorordnung des Volkes vor der Obrigkeit, die Vorstellung des pactum religiose et civile als Grundlegung des politischen Gemeinwesens und die starke politische Verantwortung der untergeordneten Magistrate oder Ephoren bis hin zu einem Recht auf Widerstand werden festgehalten und bekommen zum Teil im Vergleich zu Althusius ein stärkeres Gewicht. 4.4.3 Princeps legibus non solutus: die Auseinandersetzung mit Bodin Bevor die den monarchomachischen gegenläufigen, neustoizistischen Traditionen in dem Werk behandelt werden, ist kurz auf die Auseinandersetzung mit der Souveränitätslehre Jean Bodins772 einzugehen. Sie spielt wie in Althusius’ Politica, die sich schon im Vorwort der ersten Ausgabe von 1603 als Gegenmodell zu Bodins zuerst 1576 erschienenen Six livres de la république773 empfohlen hatte, eine wichtige Rolle. Vgl. PHILIPP HEINRICH HOENONIUS [Praes.]/PAULUS KUTNAUR [Resp.], Disputatio politica de monarchia, priore reipublicae specie, ejusque in tyrannidem degeneratione, Herborn 1607. In stark erweiterter Fassung in die Ausgabe der Disputationes politicae von 1615 aufgenommen als: „DISPUTATIO IX. DE MONARCHIA; PRIORE Reipub. specie, ejusque in tyrannidem degeneratione“ (aaO. IX, S. 423– 485). 771 Vgl. H OENONIUS [Praes.]/K UTNAUR [Resp.], Disputatio politica de monarchia, f. B 4r. 772 Für eine eingehendere Darstellung siehe oben Abschn. III.Tl.5. 773 J EAN B ODIN , Les six livres de la république [1593], 6 Bde., Paris 1986. Die wirkungsgeschichtlich wichtige lateinische Übersetzung erschien 1586. Vgl. auch JEAN BODIN, Sechs Bücher über den Staat [zuerst 1576], nach der französ. Ausg. v. 770

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Hoenonius nimmt mit Althusius positiv Bezug auf Bodin, da dieser das Reich nicht als Monarchie, sondern als Aristokratie beschrieben habe,774 denn die eigentliche Souveränität liege nicht beim Kaiser, sondern bei den Reichsständen.775 Vor allem diskutiert er mit Althusius, dem eine wichtige Rolle bei der Bodin-Rezeption im Reich zukommt, eingehend Inhalt und Zuordnung der maiestas,776 des Wortes, das Bodin selbst für souveraineté verwandte.777 Im Gefolge des Althusius stellt Hoenonius den iura maiestatis die lex fundamentalis und die pactio Reipublicae zur Seite.778 Wichtigster Zeuge dafür ist der calvinistisch-monarchomachische Autor Danaeus.779 Bodins Bestimmung des souveränen Herrschers als legibus solutus wird von Hoenonius jedoch wie von Althusius unmißverständlich zurückgewiesen. „Majestas Bodino a est summa in cives ac subditos legibusque soluta potestas. Male b. Nam primo Monarchae majestatem ejusque jura per se non habent, sed ea a populo universo, tanquam vero Reipublicae domino acceperunt. Populus enim et prior et potior est Monarchis, quippe quos rectores et curatores Reipublicae is creat et constituit c.“780 Als Belege werden neben den calvinistisch-monarchomachischen Autoren und Althusius u.a. die spanischen Spätscholastiker Covarruvias und Vázquez sowie die wirkungsreiche Schrift De iurisdic1583 übers. u. mit Anm. versehen v. BERND WIMMER, eingel. u. hg. v. PETER C. MAYER-TASCH, München 1981; vgl. ferner CRAHAY et al., Bibliographie. 774 Siehe dazu unten Abschn. III.Tl.5. 775 Vgl. die ausführliche Diskussion der Frage, ob das Reich eine Monarchie oder eine Aristokratie sei, und Hoenonius’ These, daß beides richtig sei (vgl. HOENONIUS, Disp. pol. [31615] IX/16, S. 446–456). 776 Vgl. Disp. pol. [31615] III/40–44, S. 110–134. 777 Für einen zusammenfassenden Überblick vgl. STOLLEIS, Geschichte I, 174– 186; zur Bodin-Rezeption im Reich und der Frage konfessioneller Einflüsse dabei siehe unten Abschn. III.Tl.5. 778 „Sunt autem jura regni seu Reipublicae ejusmodi jura, secundum quae ex communi placito vita socialis inter membra Reipublicae instituitur et regitur: Suntque lex fundamentalis et pactio Reipublicae, et jura majestatis. [...] Lex fundamentalis est, sub qua Respublica constituta est, qua tantquam fundamento innititur ex consensu communi a. Pactio Reipublicae est conventio inter magistratum summum et proceres seu ordines, inita et ultro citroque confirmata b.“ (aaO. III/40f., S. 110). 779 Zur Bedeutung der leges fundamentales regni in Danaeus’ Politica Christiana vgl. STROHM, Verhältnis, 163–167. 780 Disp. pol. [31615] IX/5, S. 427; vgl. aaO. IX/6, S. 428: „Deinde majestas talis, qualem depingit Bodinus, nulla ne fingi quidem, nedum inveniri potest. Nullus unquam Princeps summus legibus solutam potestatem habuit [...].“

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tione Tobias Paurmeisters781 genannt. Der Herrscher ist nach Hoenonius’ Auffassung nicht nur an das göttliche782 und natürliche783 Gesetz sowie die Grundgesetze des Reiches gebunden, was auch Bodin zugestehen konnte, sondern seine Souveränität ist gleichfalls durch die Bindung an das positive Recht beschränkt. Hoenonius diskutiert hier verschiedene Unterscheidungen, so die von Strafrecht und anderer Gesetzgebung,784 die von Gesetzen, die von Vorgängern des Herrschers oder ihm selbst erlassen worden sind,785 und die von Gesetzen, die das Verhältnis zu anderen Gemeinwesen oder nur die eigenen Untertanen be-

Vgl. TOBIAS PAURMEISTER VON KOCHSTÄDT, Tractatus de iurisdictione imperii Romani libri duo, Hanau 1608; Frankfurt a. M. 21616; Helmstedt 31670 [mit Vorrede v. J. EICHEL]. Mit Bezug auf Clemens Timpler bringt Hoenonius unter anderem auch das klassische monarchomachische Argument, daß die Absolutheit Gottes jede menschliche Herrschaftsgewalt begrenze: „III. Rationem, quae est Timpleri lib. 5. Polit. c. 1. q. 1. nimirum, quia Deus solus absolutam, et illiminatam imperandi potestatem in omnes suas creaturas obtinet, cum sit Rex regum, et Dominus dominantium. Ideoque nulli in terris Magistratui, quantum vis summo, attribui potest, nisi velimus illum plane Deo exaequare, quo nihil absurdius cogitari potest“ (Disp. pol. [31615] IX/6, S. 429). Vgl. CLEMENS TIMPLER, Philosophiae practicae pars tertia et vltima complectens politicam integram libris V, Hanau 1611, lib. 5, c. 1, n. 1–3, S. 508. 782 „Divinis legibus Principem seu Monarcham teneri nemo sanae mentis negabit; quas si violare, si perrumpere, aut quovis modo labefactare tentabit, divinae majestatis reus est. A Deo enim potestatem suam habet sibi commissam; Dei subditus est; Deum superiorem agnoscit [...]“ (Disp. pol. [31615] IX/7, S. 430). 783 „Humanae leges vel communes sunt, vel propriae, sive civiles a. Communes rursus vel naturales, vel gentium. Jure naturae b et gentium c Principem teneri, dubium quoque nullum est d.“ (aaO. IX/8, S. 431). 784 „De legibus civilibus major controversia est. Quidam summum Principem legibus poenariis solutum dicunt, quos historia refellit a. Alii distinguunt inter vim coërcitivam et directivam b; sed et illa distinctio subsistere nequit c.“ (aaO. IX/9, S. 436). 785 „Pro ulteriori explicatione praedictae controversiae duplex illa consideratio observanda est; Absoluta et Relata. Absolute aut de legibus a summo Principe latis quaeritur, aut ab aliis. Legibus quas ipse tulit, omnino solutum esse summum Principem seu Monarcham ajunt a. Quod simpliciter ita prolatum non recipimus b.“ (aaO. IX/11, S. 439). „Ab aliis, quam a Principe leges latae, vel antecessorum suorum sunt, vel status. Antecessorum legibus eum non teneri, vulgaris est regula a. Legibus status b, quae et Imperii seu Reipublicae dicuntur, Principem omnino teneri putamus c.“ (aaO. IX/12, S. 440). „Alterius obligatio sui antecessoris est, cujus contractum justum, qui in Reipublicae detrimentum non vergit, observandum censeo.“ (aaO. IX/14, S. 444). 781

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treffen.786 Immer wird die Bindung des Herrschers an das positive Recht betont, und als Kriterium gilt, daß dessen Aufhebung dem Gemeinwesen oder der „honestas“ keinen Schaden zufügen würde.787 Selbst die Formulierung der Digesten (Dig. I,4,1 pr.) und der Institutionen (Inst. I,2,6), daß alles, was dem Herrscher gefällt, Gesetzeskraft gewinnt, wird zwar nicht abgelehnt, aber durch die Mahnung, daß in einem Gemeinwesen nichts dem Wohl des Volkes als oberstem Gesetz widersprechen dürfe, weitestgehend entschärft.788 4.4.4 Rezeption von Lipsius’ Neustoizismus bzw. Tacitismus Den Inhalten monarchomachischer Tradition in gewissem Sinne gegenläufig ist die starke Aufnahme neustoizistischen Gedankenguts, die die Disputationes politicae ebenso wie Althusius’ Politica und andere Werke Herborner Autoren kennzeichnet.789 Man wird darin auch eine Folge „Relate princeps consideratur, quatenus Imperium erga alios exercet. Quo casu vel obligatio quaedam praecessit, vel nulla. Prior illa vel sua est vel alterius. Sua iterum vel privata inter eum et cives a, vel publica b, ex conventione facta vel cum amicis c, sive cum hostibus ac barbaris d, orta; A neutra sine mutuo consensu discedi potest“ (aaO. IX/13, S. 442). 787 „Nos in genere hic statuimus, Monarcham seu Principem summam, legibus civilibus, quibus ab eo non servatis Respublica aut honestas laeditur, obligatum obstrictumque recte dici“ (aaO. IX/10, S. 437). 788 „Atque haec hactenus de casu, quo obligatio praecessit; Sequitur nunc casus, quo nulla obligatio intervenit; nimirum quando princeps jus suum exercet in subditos et dives ita ut id quod ipsi placuerit, legis vigorem habeat. [...] Nec enim placitum illud eo extenditur, ut pro libidine omnia administrare, et quadrata rotundis; candida nigris mutare possit princeps. Sed cum salus populi suprema lex sit, et princeps publicae salutis causa constitutus (cujus, teste ipso Justiniano et Friderico Impp. proprium est, subjectorum commoda imperialiter existimare, ut singulorum status jugiter servetur illaesus) consequens est, placitum hoc totum ad bonum publicum, et ad populi salutem dirigendum esse“ (aaO. IX/15, S. 445). 789 Zu Althusius’ Politica vgl. B EHNEN , Herrscherbild und Herrschaftstechnik; SIEDSCHLAG, Machtstaat und Machtstaatsgedanke, 322–332 (Auflistung der Übereinstimmungen zwischen Lipsius und Althusius); STROHM, Recht, Macht und Gewissen, 509–512. Althusius’ Wiederentdecker Otto von Gierke hat Lipsius nur in zwei Anmerkungen erwähnt (vgl. DERS., Johannes Althusius, 153 Anm. 19; 159 Anm. 109). Carl Joachim Friedrich unterschätzt den Einfluß von Lipsius’ neustoizistischer Staatslehre auf Althusius, wenn er lediglich eine gewisse methodische Nähe im Umgang mit den Quellen und in der Darstellungsweise feststellt (vgl. DERS., Johannes Althusius und sein Werk, 42). Allein in den drei Kapiteln über den Krieg wird Lipsius häufiger zitiert als Calvin in dem gesamten Werk. Althusius hat sich auch vielfach auf Seneca und Ciceros De officiis bezogen. In späteren Jahren spielte 786

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des engen Austausches Herborns mit den Niederlanden, wo Justus Lipsius mit seiner 1584 zum ersten Mal erschienenen Schrift De constantia790 sowie der Civilis doctrina791 von 1589 die entscheidenden Anstöße gegeben hat, sehen können. Außer durch Lipsius’ Schriften selbst792 hat Hoenonius neustoizistisches Gedankengut vermittelt durch Althusius’ Politica und Danaeus’ im Jahre 1596 zum ersten Mal erschienene Politica christiana aufgenommen, die beide durch das Ineinander von monarchomachischen und neustoizistischen Traditionen gekennzeichnet sind.793 Der Neustoizismus ist monarchomachischen Anliegen insofern gegenläufig, als er angesichts der wahrgenommenen Herrschaft gefährlicher Leidenschaften die Herrschaft der Vernunft und im politischen Leben die Stärkung der Autorität der Obrigkeit betont. Mit Lipsius und Althusius794 stellt Hoenonius das Volk auf die Seite der gefährlichen Leidenschaften und bezeichnet es als affektgebunden, unzuverlässig und von Natur aus aufsässig.795 Mit den Genannten und unter Darbietung zahlreicher Belege aus Werken Tacitus’ und Ciceros wird die gesamte

Cyriacus Lentulus (1609–1678) eine wichtige Rolle bei der Rezeption des Neustoizismus bzw. Tacitismus in Herborn und Marburg (vgl. WIRTH, Die Entwicklung der Alten Geschichte, 44–57. 202–203). 790 Vgl. J USTUS L IPSIUS , De constantia libri dvo, qui alloquium praecipue continent in publicis malis, Leiden 1584; 51591; ultima ed. castigata, Antwerpen 1599. Eine Auflistung der zahlreichen Ausgaben und Übersetzungen des Werkes findet sich in: OESTREICH, Antiker Geist, 213–219. 791 Vgl. J USTUS L IPSIUS , Politicorvm sive civilis doctrinae libri sex. Nachdr. der Ausgabe Frankfurt a. M./Leipzig 1704, mit einem Vorwort von Wolfgang Weber (Historia scientiarum), Hildesheim/Zürich/New York 1998. 792 Bereits im Vorwort wird Lipsius zitiert (Disp. pol. [ 3 1615], f. a 3v ). 793 Zur Rezeption Lipsius’ und des Neustoizismus in Danaeus’ Politica Christiana vgl. STROHM, Ethik, 166–196; vgl. auch STOLLEIS, Lipsius-Rezeption. 794 „Est vero plerumque natura et ingenium vulgi, et populi universi Primo mobile, varium, inconstans et mutabile, pronum in affectus, quos ponit, vel sumit varios, imo contrarios saepe et diversos, et plerunque in bene de se meritos ingratum, pro beneficiis maleficia reponens“ (Pol. XXIII,21, S. 451). „Universi populi ingenium, inclinationem, propensionem et naturam intelligere decet magistratum, qui nimirum sint motus, affectus omnib[us] subditis communes erga superiorem sibi imperantem“ (aaO. XXIII,19, S. 451). Vgl. auch die zusammenfassende Charakterisierung der schlechten Eigenschaften des Volkes nach Politica XXIII/21–37 durch GOEDEKING, Die „Politik“, 258. 795 „Unde dicitur vulgus instabile, mobile, varium inconstans et mutabile“ (Disp. pol. [31615] II/57, S. 65).

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Litanei der negativen Eigenschaften des Volkes, wie sie für den Neustoizismus charakteristisch ist, aufgeführt.796 Weitere Schwerpunkte der Lipsius-Rezeption in den Disputationes politicae sind die Darstellung der Tugenden, die dem Herrscher geziemen, in der Disputation De magistratu.797 Unter anderem nimmt die von Lipsius betonte und als Alternative zu Machiavellis Thesen entfaltete prudentia in der Disputation De magistratus administris breiten Raum ein.798 Ähnlich wie in Althusius’ Politica sind ferner die Disputationen über die Zensur799 sowie das Militärwesen800 stark an Lipsius’ Civilis doctrina orientiert. Hoenonius’ Rezeption von Lipsius’ Neustoizismus bzw. Tacitismus zeigt keine Besonderheiten im Vergleich zu der in Althusius’ Politica, wenn man einmal von der breiteren Abstützung durch Verweise auf die zeitgenössische Politica-Literatur absieht. Wie bei Althusius steht sie in Spannung zu der monarchomachischen Relativierung der Kompetenzen des Herrschers zugunsten der untergeordneten Magistrate. Und mit Althusius führt Hoenonius die unterschiedlichen Tendenzen durch die Betonung einer starken Stellung der Ephoren, Optimaten oder Stände zusammen. An einer anderen Stelle, an der es zum Konflikt zwischen monarchomachischer und neustoizistischer Orientierung kommen muß, zeigt sich die Eigenheit der Disputationes politicae gegenüber Althusius’ Politica. Ausführlicher als dieser und unter Bezug auf die gegenwärtige Situation im Reich thematisiert Hoenonius die Frage der Religions- bzw. Gewissensfreiheit. Schon in den Schriften der calvinistischen Monarchomachen 796 „Plebis seu vulgi ingenium personas politicas accurate cognitum et exploratum habere oportet. Est enim vulgo nihil incertius a, tam pronum in misericordiam, quam immodicum saevitia b, secretorum impatiens c, expers judicii d, invidum e, credulum f, turbidum g, praeceps h, inexplebile i, bono publico privata commoda praeferens k. Summa igitur cautione homini politico in conversatione cum plebejis opus, ne incautus a bellua ista multorum capitum in labyrinthum periculorum et calamitatum, ex quibus postea difficulter emergere possit, abripiatur l.“ (aaO., S. 64f.). 797 „Per virtutem autem potissimum intelligenda est pietas a, justitia b, prudentia natura et usu aquisita c, fortitudo d, liberalitas e, temperantia f, clementia severitate temperata g, mansuetudo h.“ (aaO. III/20, S. 82). 798 Vgl. aaO. IV/8f., S. 157f.; IV/25f., S. 168–170 (hier z.B. umfangreiches Lipsius-Zitat). 799 „D ISPUTATIO VI. DE CENSURA RE ANTIquissima, saluberrima, adeoque laudatissima“ (aaO. VI, S. 308–338). 800 „D ISPUTATIO VII. DE ADMINISTRATIONE bellica“ (aaO. VII, S. 338– 384).

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Frankreichs zeigte sich die Spannung zwischen dem Anspruch auf Schutz vor den Verfolgungen durch die römisch-katholische Obrigkeit und der calvinistisch-reformierten Betonung der Verantwortung der weltlichen Obrigkeit, im Sinne der ersten Tafel des Dekaloges für die rechte Gottesverehrung zu sorgen. Mit dem Rückgriff auf die neustoizistische Betonung der Autorität des Herrschers, die auch die Kompetenz, in seinem Territorium eine einheitliche Religion zu gewährleisten, umfaßte, mußte sich die Spannung verschärfen.801 Hoenonius sucht die Lösung, indem er den Augsburger Religionsfrieden von 1555 als grundlegendes Reichsgesetz ins Zentrum seiner Erörterungen stellt. Hoenonius geht mit Althusius davon aus, daß der Magistrat für die Einführung und Pflege einer einzigen Religion sorgen muß, und zwar der einen wahren, mit der Heiligen Schrift übereinstimmenden Gottesverehrung.802 Ausführlich und unter anderem auch mit Berufung auf Lipsius’ Civilis doctrina803 werden fünf Argumente, die gegen die Pluralität mehrerer Religionen in einem politischen Gemeinwesen sprechen, dargelegt.804 Erstens habe Gott in seinem Wort den Menschen eine Religion vorgeschrieben, und so habe auch die Obrigkeit als „vicarius Dei“ für eine einzige Religion in ihrem Gemeinwesen zu sorgen. Auch könne es keine Gemeinschaft des Lichts mit dem Schatten oder Christi mit Belial geben. Zweitens belege das Alte Testament deutlich, daß die Könige, die abweichende Gottesverehrung zugelassen hätten, von Gott bestraft worden seien. Drittens sei die Obrigkeit als Hüter beider Tafeln des Dekaloges verpflichtet, für die eine rechte Gottesverehrung zu sorgen, die seit der Menschenschöpfung gepflegt worden und Grundlage des Gedeihens eines Gemeinwesens sei. Viertens sei die Einheit der Religion das Band des Friedens und der Einigkeit der Bürger, während die verschiedenen Religionen der Grund für Uneinigkeit und Konflikte seien. Schließlich sei fünftens keine falsche Religion zu tolerieren, da ansonsten die Untertanen zu Irrtümern verführt werden und der ewigen Verdammung anheimfallen könnten oder aber Gott sogar das gesamte Gemeinwesen zugrundegehen lassen werde. Zu Rückgriffen auf Lipsius in diesem Kontext vgl. aaO. V, 233–259. „Una, non plures ac diversae, a magistratu introducenda et instituenda est Religio. Unus enim verus et sacrae scripturae conformis est Deum colendi modus, ac proinde una tantum, eaque vera et orthodoxa religio“ (Disp. pol. [31615] V/43, S. 234). 803 Vgl. aaO. V/43, S. 237, mit Verweis auf: LIPSIUS , Civ. doctr. IV/2f. 804 Vgl. Disp. pol. [ 3 1615] V/43, S. 237f. 801 802

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Zugleich hatte Hoenonius jedoch in der von zahlreichen Verweisen auf das monarchomachische Schrifttum bestimmten zweiten Disputation über die Untertanen ein recht weitgehend erscheinendes Recht auf Religionsfreiheit vertreten.805 „Quid si subditi a vera religione aberrantes eam suscipere nolint? Propterea Magistratus in eos saevire non debet persecutionibus, exiliis aut crudelibus suppliciis a. nec vindicare sibi imperium in conscientias, sed cogitabit, potius fidem suaderi, non cogi posse b.“806 Denn religiöse Überzeugung könne sich, wie er mit Berufung auf Bezas De jure magistratuum und Gentillets Antimachiavell erläutert, nicht durch Waffen und Drohungen bilden, sondern nur durch Lehren, Ermahnen, Argumente und Zeugnisse.807 Diese Auffassung wird durch mehrere Kirchenväterzitate und Bernhard von Clairvaux’ Satz „fides suanda est, non imperanda“ weiter ausgeführt808 und dann durch insgesamt sieben, aus Clemens Timplers Politica übernommene Argumente begründet.809 Erstens sei der Obrigkeit nicht die Herrschaft („dominium“) über die Seelen der Untertanen überantwortet. Darum dürfe sie auch nicht Richter über ein anderes Gewissen oder Herr über einen anderen Glauben sein. Zweitens sei die wahre Religion die aus dem ureigenen Willen und aus freiem Antrieb kommende Gottesverehrung. Drittens könne der Eifer um die wahre Religion nur durch Lehren, Ermahnen und Überzeugungsarbeit geweckt werden. Viertens kann eine Obrigkeit durch keinerlei äußere Gewalt die Wiedergeburt eines Menschen bewirken und ihn zum wahren Christen machen. Fünftens zwinge Gott, der der oberste Monarch dieser Welt ist, selbst niemanden dazu, die wahre Religion anzunehmen, sondern stelle sie der freien Willensentscheidung des Menschen anheim. Sechstens finde das, was der Mensch nur gezwungenermaßen tut, bei Gott keinen Gefallen. Und schließlich hätten siebtens die Apostel das Evangelium ohne die Hilfe der weltlichen Obrigkeit verkündet und gerade so die christliche Religion in der ganVgl. aaO. II/13–16, S. 32–40; II/20, S. 47. Den Begriff der (zu respektierenden) „libertas conscientiae“ verwendet HOENONIUS, aaO. II/15, S. 37; II/20, S. 47. 806 Vgl. aaO. II/13, S. 32. 807 „a) Quum enim religio in iis approbandis sita sit, quae ad Dei cultum pertinent; approbatio autem ex persuasione et fide oriatur, persuaderi homines armis et minis non possunt, sed docendo, monendo, argumentis et testimoniis, quae paulatim ad assentiendum illiciunt, Autor de jur. Magistratus quaest. 10. pag. mihi 278. Antimachiavel. lib. 3. de Regn. administrat. theorem. 1. pagin. mihi 296.“ (ebd.). 808 Vgl. aaO. II/13, S. 32f. 809 Vgl. aaO. II/13, S. 33; mit Bezug auf: T IMPLER , Politica, lib. 4, c. 2, q. 3, S. 274–277. 805

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zen Welt verbreitet. Nur im Blick auf ausdrücklich verurteilte Häretiker gesteht Hoenonius hier Gewaltanwendung zu,810 warnt aber ausdrücklich davor, daß eine Obrigkeit, die durch den Anspruch, die Gewissen zu beherrschen, in den Herrschaftsbereich Gottes einbricht und nicht ungestraft davonkommen wird.811 Das monarchomachische Erbe wirkt sich nicht in der Weise aus, daß der Grundsatz, daß die Obrigkeit für die rechte Gottesverehrung zu sorgen hat, aufgegeben wird. Jedoch ist es mitverantwortlich dafür, daß der Aspekt, daß die Obrigkeit sich keine Herrschaft über die Gewissen anmaßen darf, in den Disputationes politicae einen außerordentlich starken Stellenwert erhält. Der Satz „Ut cogitet fidem suaderi, non cogi posse, ac proinde in conscientias sibi imperium non vindicet“812 wird eingehend und durch die Auflistung von sechs Argumenten geradezu programmatisch erläutert, unter anderem wiederum mit Berufung auf Bezas De jure magistratuum und Gentillets Antimachiavell.813 Auch die Frage, ob die Obrigkeit eine „inquisitio in conscientias subditorum“ einrichten darf, wird erörtert.814 Hoenonius hält lediglich eine freundliche und freiwillige inquisitio, ohne Gewaltanwendung und ex bono et aequo, die zudem durch kirchliche Amtsträger erfolgen muß, für gestattet. Eine böswillige, gewalttätige, die auch Folter einsetzt, ist abzulehnen.815 Im „Quamdiu haereseo convicti non sunt, etiamsi adulatores instigent, nunquam tamen magistratus eos bello persequi debet; Antimachiavel. d. loc. pag. mihi. 301.“ (Disp. pol. [31615] II/13, S. 33). 811 „Quod si vero Magistratus Dei imperium invadit, suae jurisdictionis limites excedit, atque in hominum conscientias imperium sibi vindicat; non impune hoc maleficium feret. Nam ob hoc factum oriuntur in Republica sive Regno seditiones et tumultus, quos parere solet persecurio“ (aaO., S. 33f.). 812 AaO. V/44, S. 241. 813 AaO., S. 243–247. 814 Vgl. aaO., S. 246, zit. in der nachfolgenden Anm. 815 „A praecedentibus dependet et illa quaestio, An Magistratus Religionis causa inquisitionem instituere debeat in conscientias subditorum? Distinguit Timplerus dict. loc. [lib. 4. Polit. cap. 2] quaest. 4. nimirum inquisitionem in Religionem aliorum esse duplicem, unam amicabilem et spontaneam, quae fit sine tortura, ex bono et aequo, et in commodum ejus, in quem dirigitur; alteram hostilem et violentam, quae fit per torturam, ex malo animo et in perniciem ejus, in quem dirigitur. De priore aliquo modo concedi posse, quod licita sit Magistratui, quatenus nimirum hanc committit Ecclesiasticis personis, ad quas animorum cura directe et immediate pertinet. De posteriore vero negari. I. Quia occulta peccata neque Ecclesia ipsa debet vel inquirere vel judicare, sed soli Deo judicium relinquere. Ergo multo minus Magistra810

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Übrigen dürfen Anhänger einer anderen Konfession nicht verfolgt werden, vielmehr muß ihnen mit dem Augsburger Religionsfrieden das Recht eingeräumt werden, in Frieden auszuwandern.816 Hoeonius nennt einen einzigen Fall, der notwendig macht, daß in einem Gemeinwesen mehrere Religionen bzw. Konfessionen toleriert werden müssen, trotz der von ihm aufgelisteten fünf Gegenargumente.817 Wenn in einem Reich gewisse Städte oder Stände unterschiedliche Auffassungen in ihrem Bekenntnis vertreten, zu deren Verteidigung sie sich auf das Wort Gottes berufen, dürfen Magistrate, die der Auffassung einer Partei anhängen, die Vertreter anderer abweichender Auffassungen nicht mit Gewalt verfolgen. Dabei ist zu betonen, daß der Magistrat nur dann richtig handelt, wenn er die Unterschiede in Religion bzw. Konfession nicht ohne Gefahr für den Bestand des Gemeinwesens ändern kann und um des Friedens und der Ruhe willen die Ausübung der abweichenden Religion toleriert, und zwar so lange, bis Gott deren Anhänger erleuchtet, auf daß nicht mit dem Untergang des Reiches auch die Heimstatt der Kirche vernichtet würde. Der Magistrat solle sich somit wie der Kapitän verhalten, der nicht den direkten Kurs durch den Sturm, der sein Schiff untergehen lassen würde, sondern einen Umweg um den Sturm herum wählt.818 tus. II. Quia Magistratus, uti supra probatum est, non potest per vim externam cogere subditos ad Religionem veram amplectendam. Ideo vana et supervacanea est illius in conscientias subditorum inquisitio. Hinc Lipsius libr. 4. Polit. cap. 4. docet, non anxie nimis esse inquirendum a Principe in subditos Religionis causa, cum non ex usu videatur, et doctore magis hic opus sit, quam tortore“ (ebd.). Vgl. TIMPLER, Politica, lib. 4, c. 2, q. 4, S. 277–279. 816 Disp. pol. [ 3 1615] V/44, S. 245. 817 Siehe oben Anm. 804. 818 „Non enim hic quaeritur, An duae pluresve Religiones esse possint, quod negatur cum Althus. c. 9. Pol. n. 45. Nec quaeritur, An Magistratus ipse duas Religiones diversas amplecti possit, quod etiam negatur. Nec quaeritur, an Magistratus habeat potestatem disponendi de Religione contra verbum Dei, quod itidem negatur, per ea, quae tradit Antimachiav. lib. 2. theor. 2. de Regn. administran. Verum quaeritur, quando in Republica seu Regno Civitates vel Status quidam discrepantes in confessione sententias amplectuntur, pro quarum defensione quilibet verbum Dei allegat, an tum Magistratus, qui unius partis sententiam amplectitur, reliquos dissentientes armis et gladio persequi possit. Hoc in casu statuitur recte, quod Magistratus, qui sine Reipub. periculo et turbatione mutare vel tollere non potest Religionis et Confessionis discrepantiam, ob pacis et tranquillitatis publicae causam tolerare debeat dissentientes, connivendo et permittendo exercitium Religionis improbatae. eousque, donec

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Diese Thesen sind nicht nur fast wörtlich von Althusius übernommen,819 sondern auch Lipsius hatte sich bereits in der Civilis doctrina entsprechend dazu geäußert.820 Neu und charakteristisch für Hoenonius ist nun, daß er diese Auffassung in präziser Weise auf die konkreten Regelungen des Augsburger Religionsfriedens von 1555 bezieht und damit die Entschärfung des Konfessionskonflikts durch ein juristisches Regelwerk ausdrücklich weltanschaulich-politisch und auch theologisch legitimiert. Über die von ihm formulierte These einer begrenzten Toleranz kann es seiner Auffassung nach keinerlei Zweifel geben, wenn in einem Reich im Blick auf die Religionsausübung Edikte, Gesetze und öffentliche Verträge aller Stände im Konsens initiiert und umgesetzt worden sind. Und genau das sei in „unserem“ römisch-germanischen Reich in Gestalt des im Jahre 1555 durch den gemeinsamen Willen des höchsten Herrschers, der Kurfürsten, der Fürsten und anderer Stände verabschiedeten Religionsfriedens der Fall.821 Hoenonius würdigt den Sachverhalt, daß der Augsburger Religionsfrieden von 1555 die Koexistenz zweier Konfessionen in einem Gemeinwesen rechtlich verbindlich vorsieht. Zwar ist die Regelung aus der Not geboren, aber ihre Geltung wird durch den ausführlichen politiktheoretischen Diskurs und die mit den zahlreichen Verweisen auf Bibeltexte gegebene theologische Argumentation denkbar stark betont. Dies erfolgt in einem deutlich konfessionspolitischen Interesse, das die Deus reliquos illuminet, ne alias totum Regnum, et cum eo Ecclesiae hospitium evertatur, Luc. c. 24. vers. 11. et 25. Sic Deus ipse, qui Rex est regum, et Dominus dominantium, in sua Republica mundana, obnis seculis diversas Religiones publice exerceri passus est. Exempla vide [...]. Atque hac in parte imitari debet Magistratus exemplum navarchi periti, qui cum videt, ob vim tempestatis adversae praesentis se cursum directum in mari tenere non posse, obliquo et indirecto utitur, aut plane tempestati cedit, ne navis in periculum extremum deducatur“ (aaO. V/43, S. 238f.; Hervorheb. vom Vf., CS). 819 Wesentlich neu gegenüber Althusius ist in dem zitierten (s. vorangegangene Anm.) Abschnitt lediglich der hervorgehobene Satz. 820 Vgl. L IPSIUS , Civilis doctrina IV/2f., S. 229–282. 821 „Nullum haec res dubium iis in locis habet, ubi super exercitio Religionis publico Edicta, Leges, Decreta, pacta publica omnium Statuum Reipublicae seu Regni consensu inita, sancita, confirmata et constituta extant, veluti in Imperio nostro Romano-Germanico pax Religionis voluntate et consensu summi Principis. Electorum, Principum, aliorumque Statuum anno 1555. in comitiis Augustanis facta est; quae etiamnum in vigore suo rata illibataque manet. Id quod evidentissimum est ex verbis his juratis dictae constitutionis pag 429. Receß. Imperii: [...]“ (Disp. pol. [31615] V/43, S. 239).

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Politicae disputationes insgesamt bestimmt. Dabei hat Hoenonius wie Althusius keine individuelle Gewissens- oder Religionsfreiheit im modernen Sinne vertreten, sondern diese lediglich den Amtsinhabern zugestanden. Der von Lipsius im Interesse einer Stärkung der Autorität der Obrigkeit vertretene Grundsatz der obrigkeitlichen Durchsetzung einer einzigen Religion im Staat wird festgehalten. 4.4.5 Politik und Staatsrechtslehre im Kampf gegen die päpstlich-spanische Bedrohung Hoenonius’ Ausführungen über die notfalls zuzulassende Pluralität von Konfessionen in einem Gemeinwesen und deren rechtliche Absicherung im Reich richten sich gegen die „päpstlichen“ Juristen und Theologen, welche die Geltung des Augsburger Religionsfriedens durch das tridentinische Konzil für aufgehoben ansehen. Im Anschluß an die wiedergegebenen Ausführungen zitiert er ausführlich den Teil des Textes des Augsburger Religionsfriedens, in dem von seinem beständigen, und ewigwährenden Charakter die Rede ist. Die Worte „beständig“, „beharrlich“, „unbedingt“, „für und für“, „ewigwährend“ usw. aus kaiserlichem und fürstlichem Mund seien denkbar stark betont, und das sei auch von verschiedensten Juristen so ausgelegt worden.822 Dagegen hätten nun „päpstliche“ Juristen und Theologen mit Vehemenz die Auffassung vertreten, daß mit der Verdammung der Protestanten durch das Tridentinum die Geltung des Religionsfriedens an ihr Ende gelangt sei. Denn dort sei ja von einer Geltung nur „bis zu endlicher vergleichung der Religion und Glaubenssachen“ im Zusammenhang eines Generalkonzils die Rede.823 „Quae verba, Bestendig / beharrlich / vnbedingt / fuer und fuer / ewigwaehrend / vest / stet / aufrichtig vnd vnverbruechlich zu halten / singularem habent emphasin, vim et energiam, et denotant juratam, aeternam et nunquam interituram pacem. Et verba illa, bey Keyserlichen Koeniglichen Würden / Fuerstlichen ehren / waaren worten juramento aequipollere docent [...]“ (aaO., S. 239f.). Als entsprechende Autoren werden u.a. genannt: Joachim Mynsinger von Frundeck (1514–1588), Matthias Colerus (1530–1587), Matthäus Wesenbeck (1531–1586) und Georg Schönborner (1579–1637) mit seinen vielfach nachgedruckten Politicorum libri VII. 823 „Contra haec alia a Pontificiis concilium Tridentinum objicitur valdeque urgetur, quo Protestantium confessionem anathemate percussam et pacificationi (cujus in d. constitutione Imperii, versic. Wo dann solche vergleichung durch die wege des general concilii, nationalversammlung / colloquien oder Reichshandlungen nicht verfolgen wuerde / Sol alsdann nichts daweniger dieser fridenstand in allen oberzehlten puncten vnd articuln bey kraeften bis zu endlicher vergleichung der Religion 822

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Hoenonius hält dem mit anderen „Protestanten und Evangelischen“ entgegen, daß das tridentinische Konzil im Gegensatz zum altehrwürdigen Herkommen einberufen worden ist. In der Alten Kirche seien Konzile vom Kaiser und unter ihm als erstem Richter einberufen worden. Bei dem vom Papst ohne jedes Recht veranstalteten tridentinischen Konzil sei dieser Angeklagter und Richter zugleich. Hoenonius’ Ausführungen münden in eine scharfe Kritik des die Obrigkeit zerstörenden Handelns des Papstes: Er habe nicht nur gewagt, das, was zu Frieden, Stabilität und Autorität von Kaiser und Reich gehört, zu unterminieren und zu zerstören, sondern auch versucht, die von Reichsständen und Kaiser/Herrscher eingegangenen Verpflichtungen zu pervertieren. Denn der Religionsfrieden könne für alle Ewigkeit nur durch den Konsens aller – Reichsstände und Kaiser – aufgehoben werden.824 Die hier greifbare Argumentation gegen die Unterminierung weltlicher Obrigkeit durch die päpstlichen Theologen und Juristen bestimmt die Disputationes politicae wie keine andere Auseinandersetzung. Schon vnd Glaubenssachen stehen vnn bleiben etc.) finem impositum esse, clamitant Burckhardus [Andreas Erstenberger unter dem Pseudonym Franciscus Burgkard], Brunus [Konrad Braun], [Johannes Paul] Windeck, Symancha [Jakob Simancas] et plerique alii“ (Disp. pol. [31615] V/43, S. 240). Zu den betreffenden Schriften siehe unten Abschn. III.Tl.4.2. Hier nicht behandelt ist: JAKOB SIMANCAS, Enchiridion ivdicvm violatae religionis, Ad extirpandas haereses, theoricen & praxim summa breuitate complectens: Opus admodum vtile. [...], s.l. [Antwerpen] s.a. [1573]. 824 „Quinimo ea, quae ad constitutam Imperii pacem et tranquillitatem Caesaris atque Imperii autoritatem pertinent, tollere et abolere ausus, obligationemque inter Imperii Ordines et Principem ipsum initam pervertere conatus est, cum tamen sine omnium, Imperatoris et Statuum Imperii autoritate et consensu in aeternum tolli nequeat, d. constit. Spring. in tract. de pace Relig. cap. 13.“ (Disp. pol. [31615] V/43, S. 240). Hoenonius beruft sich auf das unter dem Pseudonym Justus Springerus von Peter Syring (1581–1653) verfaßte Werk: De pace religionis, in Imperio Romano, unanimi procerum sub regimine D. Karuli V. Caesaris semper Augusti anno M.D.LV. in Comitiis Augustanis sollemniter condita promulgataque commentatio politico-iuridica: ex ipsis Imperii recessibus, gravißimis consistorii Imperialis cum decretus, tum votis, aliisque scriptoribus contexta, & ad ordinis dilucidioris scopum distinctis quibusdam capitibus breviter collimata: qua Scurriles quidam sarcasmi et virulentissimae D. Francisci Burcharti (quem Antonius Possevinus nominat Anderam Ernstenberger) calumniae, quas in sua Autonomia oder Freystellung mehrerley Religion und Glauben / [et]c. in Augustanae Confessionis Principes & magni nominis Theologos impudenter evomuit, caesim cursimque punguntur, s.l. 1607; Frankfurt a. M. 1608; Frankfurt a. M. 1613; vgl. auch PETER SYRING [JUSTUS SPRINGER], De pace religionis in comitiis Augustanis anno Christi 1555 [...], in: ARUMAEUS, Discursus II/10, 275–435; siehe dazu unten Abschn. III.Tl.4.2.

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die oben dargestellten Veränderungen des Widerstandsrechts gegenüber der Vorlage bei Althusius hatten eben das Ziel, der Infragestellung weltlicher Obrigkeit durch päpstlich-jesuitische Autoren entgegenzutreten, deutlich gemacht. Eingehend verteidigt Hoenonius die Auffassung, daß eine weltliche Obrigkeit ihre Autorität über die Untertanen auch dann behält, wenn sie der falschen Gottesverehrung anhängt, gegen die „pessima dogmata“ der „Päpstlichen“.825 Diese – genannt werden Wilhelm Rossaeus (ca. 1544–1594), Andreas Philopater [=Robert Parsons, 1546– 1610], Petrus Maschith, Johannes Dinardus, Gregorius de Valentia und Robert Bellarmini – erklären jeden Herrscher und Magistrat zum Tyrannen, wenn er nicht mit der päpstlichen Religion übereinstimmt. Denn solange ein Herrscher seine Untertanen nicht mit Gewalt zur falschen Religion zwingt, darf er nach Hoenonius’ Auffassung nicht für einen Tyrannen gehalten werden. Ein Herrscher, der eine falsche Religionspolitik betreibt, zugleich aber für das zivile Wohlergehen seiner Untertanen sorgt, behält seinen obrigkeitlichen Charakter. Das Evangelium bzw. die christliche Religion hebt ein politisches Gemeinwesen, das Recht und Gemeinwohl gewährt, nicht auf, auch wenn nicht die rechte pietas gefördert wird. Die scharfe Zurückweisung der „päpstlichen“ Lehren wird mit dem Zitat bzw. Verweis auf die einschlägigen Bibelstellen Mt 22,21; Röm 13; I Petr 2 ausdrücklich biblisch begründet. Wie bei Althusius und anderen reformierten Juristen gehört Röm 13(,1– 7) zu den am häufigsten herangezogenen Bibeltexten, vor allem um das

„Quod si ab impio proposito desistere Magistratus nolit, sed idololatricum cultum ac falsam religionem obtrudere per vim et tyrannidem molitus fuerit a; [...]“ (Disp. pol. [31615] II/16, S. 38). „a) Quamdiu vero Magistratus seu Princeps per vim et tyrannidem neminem cogit ad falsam religionem, pro tyranno haberi non debet. Nam magistratus, qui a religione dissentit, et interim tamen subditos suos ad civile bonum ducit ac dirigit, retinet adhuc fundamenta Magistratus sue principatus, ea nimirum, quae pertinent ad statum politicum, et idcirco obedientia ei et honor debetur. Evangelium enim et religio Christiana non tollit honestatem, neque politias ad bonum civile et ad honestatem compositas, etiamsi non sint compositae ad pietatem. [...] Hinc Christus Matth. 28 [richtig: 22]. Date, inquit, Caesari quae sunt Caesaris, id est, agnoscite eum pro principe, etiamsi non sit religioni vestrae addictus. Similia loca extant ad Roman. 13. et 1. Petr. 2. quae observanda sunt contra pessima dogmata Pontificiorum, qui omnem eum Principem et Magistratum Tyrannum pronunciant, quicunque a religione Pontificia dissentit“ (aaO., S. 39). 825

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Eigenrecht weltlicher Obrigkeit gegenüber klerikaler Bevormundung zu unterstreichen.826 Die Disputation „de magistratu“ setzt zwar ein mit einer Kritik der Obrigkeit-zersetzenden Lehren der Täufer.827 Weitaus mehr Raum nimmt jedoch die Auseinandersetzung mit der päpstlich-klerikalen Unterminierung der weltlichen Obrigkeit ein. Nach der biblischen Fundierung mit Hilfe der einschlägigen Bibelstellen weist Hoenonius die berüchtigten Bullen Pius’ V. gegen die englische Königin und Sixtus’ V. gegen den französischen König als unqualifiziert zurück828 und setzt sich mit den „gegenwärtigen päpstlichen Speichelleckern“ auseinander. Ihrer Auffassung nach umfaßt die Überordnung des Papstes nicht nur die geistlichen Angelegenheiten, sondern auch die Überordnung über alle Reiche und Völker in zeitlichen Angelegenheiten. Der Papst habe auch die zeitliche Herrschafts- und Jurisdiktionsgewalt im gesamten Erdkreis und könne entsprechend Herrscher ein- und absetzen.829 Dies ist für Hoenonius nichts anderes als schlimmste Usurpation und Tyrannis.830 Charakteristisch für Hoenonius’ Position im Streit der Konfessionen ist der Sachverhalt, daß er gegen die „gegenwärtigen päpstlichen Schmeichler“ gerade auch katholische Autoren des Mittelalters und der Gegenwart in Anspruch nimmt. So listet er mehr als 25 entsprechende Schriften auf, die Melchior Goldast von Haiminsfeld in seinen für die Entstehung der Reichspublizistik wirkungsreichen Sammlungen publi-

826 Vgl. u.a. aaO. I/18, S. 16; I/20, S. 22; I/22, S. 21; II/8, S. 31; II/16, S. 40; II/18, S. 41; II/20, S. 47; III/1, S. 67; III/44, S. 124; V/64, S. 266; VII/1, S. 338; IX/55, S. 482. 827 Vgl. aaO. III/1, S. 67. 828 Vgl. aaO. III/4, S. 68. 829 „Hinc moderni Pontificii adulatores Franciscus et Thomas Bozius, Moscovius, Celsus, Mancinus, Carerius aliique tenent, directo papae omnem superioritatem etiam temporalem in et supra omnium Regna, principatus et populos totius orbis competere, atque [...] non solum habito respectu ad spiritualia, sed etiam ad temporalia naturaliter et temporaliter. Item, Papam habere dominium, jurisdictionem temporalem in universo temporaliter; Et Regna, principatus, et quicquid habere mortales possunt, auferre et dare posse“ (aaO. III/4, S. 68f.). Hoenonius nennt u.a. namentlich Francesco (1562–1643) und Tommaso Bozzio (1548–1610), Celsus Mancini (1542–1612) sowie Alessandro Cariero (1546–1626). 830 „Verum haec Pontificum et sedis Romanae pessima usurpatio imo tyrannis est, [...]“ (aaO., S. 69; mit Berufung auf: FRANCUS, Repraesentatio pacis generalis).

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ziert hatte.831 Es handelt sich dabei um die wichtigsten Texte, in denen die kaiserliche Position gegen Machtansprüche des „römischen Parasiten“ verteidigt oder andere Übergriffe des Papsttums verurteilt werden. Sie reichen von Hinkmar von Reims über Wilhelm von Ockham, Johannes Hus und Jean Gerson bis Beatus Rhenanus und Isaac Casaubon. Die Bedeutung der Krönung des Kaisers durch den Papst wird entschieden relativiert832 und selbstverständlich wird auch die Legende von der sog. konstantinischen Schenkung als Erfindung der „Päpstlichen“ scharf zurückgewiesen.833 Das Papsttum wird des Versuches beschuldigt, auf Kosten der weltlichen Obrigkeiten, aber auch innerhalb der Kirche auf Kosten der Bischöfe eine universale Tyrannis aufzurichten.834 Wie Althusius und andere reformierte Juristen geht Hoenonius von einem fundamentalen Gegensatz von Papsttum auf der einen Seite und Wort Gottes und Vernunft auf der anderen Seite aus. Die Licht-Finsternis-Metaphorik wird in diesem Sinne verwendet, und humanistische Errungenschaften erscheinen ebenso bedroht durch die päpstlichen „Ver-

831 „Imo omnes illi scriptores catholici, quos Melchior Goldastus Haiminsfeldus in Monarchia S. Rom. Imperii sive in tractatibus de jurisdictione Imperiali seu Regia et Pontificia seu Sacerdotali, deque potestate Imperatoris ac Papae cum distinctione utriusque Regiminis Politici et Ecclesiastici, complexus est, belle conveniunt et conspirant amice et concorditer, Papae Romano nullum imperium esse in Ecclesias Christi, nec ullum jus in Imperatorem, Reges ac principes orbis, sive illud parasiti Romani absolutum esse velint cum Bozio, sive subordinatum cum Bellarm.“ (Disp. pol. [31615] III/4, S. 69). Hoenonius bezieht sich auf: MELCHIOR GOLDAST VON HAIMINSFELD, Monarchia sacri Romani imperii sive tractatus doctorum complurium de jurisdictione imperiali seu regia, et pontificia seu sacerdotali, etc. Acced. Guillelmi Ockam opera de potestate ecclesiastica et politica, 3 Tle. in 2 Bdn., Hanau/Frankfurt a. M. 1611–1614; Reprint Graz 1960; siehe dazu unten Abschn. III.Tl.2.4. 832 „Atque hinc recte Maximilianus I. Imp. coronam imperialem a Romano Pontifice accipere non necessarium sibi videri, cum Imperii majestatem ab electione et Ordinibus Imperii acceperit, coram Statibus publice professus, Bodin lib. 2. de Rep. c. 6. n. 225. Et quis ignorat, Ferdinandum, Maximilianum II. Rudolphum II. Imperatores Romae nunquam Italiam vidisse, multo minus Romae coronatum, tralatitium est, si historicis credimus“ (Disp. pol. [31615] III/36, S. 106). 833 Vgl. aaO. III/8, S. 71. 834 „Eaedem sunt artes et media adhuc hodie Pontificum et sedis Romanae ad usurpandam et renovandam Catholicam in universum orbem tyrannidem, [...]“ (aaO. VIII/28, S. 417). Vgl. auch aaO. V/44, S. 242; V/50, S. 251.

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dunklungen“ wie die reformatorischen.835 Es fällt auf, daß Hoenonius sich mit Kritik am Kaiser zurückhält. Abgesehen von der unzweideutigen Zurückweisung einer Souveränität des Kaisers, die nicht durch weitgehende Bindung an die Gesetz bestimmt ist, dominiert die Argumentation gegen die päpstliche Schwächung der weltlichen Obrigkeiten, und hier erfährt der Kaiser, durch mittelalterliche Texte gestützt, eine denkbar starke Aufwertung. Gleichwohl sind die Verfolgungen der Protestanten in Westeuropa, in Frankreich, den Niederlanden und England (unter Maria Tudor ab 1553) in Hoenonius’ Werk präsent.836 So muß „Neminem latere potest, quantis bellorum civilium seditionumque incendiis flagrarit Germania sub Imperio Caroli V. Caesaris; quantae tenebrae efflorescenti verbi divini splendori offusae fuerint; nempe multorum oculos ita perstrinxerat Romanae devotionis studium, ut renascentem Evangelii lucem longe lateque irradientem, ferre aut non possent aut nollent. Verum quo vehementioribus obsuscationibus illi soli obviam itum est, eo majori impetu erupit; Nihil erubescit veritas, nisi solummodo abscondi. Et quemadmodum plantis quibusdam veluti lilio, myrrhae oxali, croco, plantagini secundum Physicos ea est natura, ut calcatae magis magisque virescant; aut sicut in universum aromata late odorem emittunt, si teras; ita veritas fama diffunditur, si premas; Ita Georg. Schönborn. lib. 4. Polit. cap. 6. Saepius tentata res est, qua ratione libera ab oppressionibus adversariorum Evangelicae veritatis professio haberi posset. Primum enim anno 1541. pacificatio quaedam, sed temporaria et arctior erecta, quae anno 1544. ad ulteriorem declarationem prorogata est; donec plena et perfecta religionis pacificatio in Comitiis Augustanis jussu Caroli V. Caesaris a Ferdinando Rege Rom. et Statibus Imperii solenniter gestis, introducta est anno 1555. et confirmata a Maximiliano Caesare anno 1566. Capita constitutionis [...]“ (aaO. II/13, S. 34). „Veritas religionis ex solius verbi divini fonte haurienda, non ex hominum corruptorum judiciis definienda est. [...] Quid commercii esse potest tenebris cum luce? Quid umbris cum sole?“ (aaO. V/42, S. 233f.). 836 „O voces rabiosae, execrandae et detestandae, a quibus pietas, fides, promissio, pax, juramenta, et quod omnium pessimum, et homine, qui nomen Christiani usurpat, indignissimum, imo turpissimum, Religio sancta, pro ludibrio habentur. De dicti concilii Tridentini effectis tristissimis et calamitosissimis, lanienis Gallicis aliisque crudelissimis persecutionibus Evangelicorum multa habentur lectu dignissima in tractatu de Repraesentatione pacis generalis sub nomine Germani Francii edita cap. 9. 10. 11. et 12. et passim alibi in historiis extant exempla varia. Verum quod Deus ter Optimus Maximus rabiem illorum impunitam non sinat, qui innixi autoritate dicti concilii Tridentini contra pacta, promissiones, fidem datam, edictaque publicata et confirmata, exercitium Religionis tollunt, horrendasque persecutiones adversus orthodoxos instituunt, testatur abunde ex infinitis exemplum Ducis Guisii, persecutionis in Evangelicos per Galliam autoris praecipui. [...] Quis non, hisce visis, Rex caeli et terrae justissima judicia tua admiretur et revereatur? Voyer l’histoire des derniers troubles de France. Caeterum Pontificii ut colorem aliquem suae habeant perversae sententiae, in hunc modum contra liberum exercitium verae Religionis pro sua erronea 835

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man von einer Politik- und Staatsrechtslehre angesichts päpstlichspanischer Bedrohung sprechen, auch wenn sich Hoenonius auf die Auseinandersetzung mit den „Pontificii“ konzentriert. Sie sind die Hauptgegner, wenn man einmal von dem aus dem monarchomachischen Schrifttum übernommenen Erzfeind Machiavelli absieht. Angesichts der „Päpstlichen“ als den entscheidenden Gegnern spielen mögliche Differenzen mit dem Luthertum nicht die geringste Rolle. Hoenonius hat kein Problem damit, sich bei der Zurückweisung des Tridentinums auf einen Vertreter der lutherischen Frühorthodoxie wie Martin Chemnitz837 oder bei der Argumentation für die Stärkung der weltlichen Obrigkeit gegenüber den päpstlich-jesuitischen Übergriffen auf einen Vertreter der lutherischen Hochorthodoxie wie Johann Gerhard zu berufen.838 Gleichwohl sind die reformierten Theologen Petrus Martyr Vermigli, Lambertus Danaeus und Johannes Calvin die bevorzugt herangezogenen theologischen Autoritäten.839

4.5 Weltanschaulich-konfessionelle Grundmuster bei Herborner Juristen? Die Analyse einschlägiger Werke der Herborner Juristen Althusius und Hoenonius hat gezeigt, daß eine unmittelbare Ableitung ihrer juristifaslaque sententia stabilienda argumentantur: Ubi nullus finis, ibi nulla felicitas. Finis autem Politiae est vera Religio, et Dei cultus unanimis“ (aaO. V/43, S. 236). Bei der Würdigung des Augsburger Religionsfriedens äußert Hoenonius seine Auffassung, daß durch ihn dem Vaterland die schrecklichen Zerfleischungen „bislang“ erspart geblieben seien, die andere Länder heimgesucht haben. Bezeichnenderweise verweist er mit England, Frankreich und „Belgien“ auf die Länder, in denen es schwere Protestantenverfolgungen gegeben hat. „Atque idcirco dissensiones quidem religionis omnes sedulo praecavebit atque avertet. Sin autem praecavere non possit, tolerabit, et pacem inter dissidentes subditos servabit, ut majora mala caveri possint; quae sane beneficio dictae pacis de Religione, Augustae anno 1555. factae, in Germania evitata sunt hactenus. Nec enim tam horribilibus lanienis haec patria nostra vexata est, uti Anglia, Gallia, Belgium etc. Exemplum germanorum secuti sunt Ordines Poloniae, sancita confoederatione religionis anno 1573. [...] Si tempore superiori Belgii Statibus Philippus Hispaniarum Rex Religionis exercitium indulsisset, non implicatus fuisset bello, [...]“ (aaO. II/13, S. 36). 837 Vgl. aaO. V/43, S. 241; mit Bezug auf M ARTIN CHEMNITZ , Examen Concilii Tridentini, 4 Tle., Frankfurt a. M. 1599 u.ö. 838 Vgl. Disp. pol. [ 3 1615] V/43, S. 234. 238. 839 Zu Martyr Vermigli vgl. z.B. aaO. III/44, S. 124; III/46, S. 135; V/64, S. 266; V/99, S. 306; VII/1, S. 338; VII/5, S. 343; IX/13, S. 443; IX/45, S. 479; Verweise auf Calvins Institutio Christianae Religionis in: aaO. I/20, S. 17; III/46, S. 135; VII/1, S. 338; VII/5, S. 343; IX/34, S. 475; IX/35, S. 475; IX/45, S. 479; IX/55, S. 484.

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schen und politischen Lehren aus calvinistisch-reformierten Theologumena nicht möglich ist. Insofern ist Dreitzels Kritik an der Herleitung der politischen Lehren Althusius’ aus der reformierten Bundeslehre Recht zu geben. Die Präsenz des calvinistisch-monarchomachischen Schrifttums an entscheidenden Stellen des Werkes Hoenonius’ kann jedoch als Indiz dafür genommen werden, daß dessen Bedeutung trotz aller gegenläufigen Tendenzen – und hier ist vor allem neustoizistisches Gedankengut zu nennen – auch bei Althusius nicht unterschätzt werden darf.840 Vor allem aber darf die Frage nach konfessionellen Einflüssen auf das Werk Herborner Juristen nicht auf die Frage der unmittelbaren Auswirkung von bestimmten theologischen Grundentscheidungen, die dem Calvinismus spezifisch zukommen, verengt werden. Dagegen spricht schon der Sachverhalt, daß die reformierte Konfession vor den Scheidungen, die auf der Dordrechter Synode 1618/19 vollzogen wurden, durch einen ausgesprochen fließenden Übergang zu humanistischen Orientierungen gekennzeichnet war. Das gilt auch für Nassau-Dillenburg, obwohl hier mit der Kirchenordnung von 1579 ein deutlicher Schritt auf dem Weg der calvinistisch-reformierten Konfessionalisierung getan wurde.841 Ein sprechendes Beispiel für die relative Pluralität, die selbst noch nach Dordrecht zu beobachten ist, stellt der Herborner Philosoph und Theologe Heinrich Alsted dar. Er nahm als offizieller Vertreter Nassaus an der Dordrechter Synode teil und trug die Abgrenzung gegen die humanistisch-moralistische Richtung des reformierten Protestantismus in Gestalt der doppelten Prädestinationslehre mit. Gleichwohl ist gerade Alsteds umfassendes enzyklopädisches Werk zutiefst durch humanistische Anliegen geprägt. Es ist getragen durch die geradezu mit missionarischem Eifer vertretene Überzeugung, daß das in der Heiligen Schrift offenbarte Wort Gottes nicht im Widerspruch zur Vernunft steht. Auf tausenden von Seiten wird hier die Übereinstimmung des antiken und gegenwärtigen Wissens der Menschheit mit der biblischen Weisheit dargelegt.842 840 Althusius selbst hat anders als in der Politica in der ein Jahr vor deren Publikation gedruckten Disputation De regno recte instituendo et administrando calvinistischmonarchomachischen Belegstellen und der reformierten Bundeslehre eine durchaus zentrale Stellung eingeräumt (siehe oben Anm. 561). 841 Vgl. MÜNCH, Zucht und Ordnung, 35–98. 842 Siehe oben Anm. 555. Zu den Spannungen zwischen der Hochschätzung der Vernunft und pansophischen Tendenzen auf der einen und dem calvinistisch-reformierten Dogma auf der anderen Seite vgl. auch HOTSON, Johann Heinrich Alsted, 65f.

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Auch das religiös begründete Interesse der Herborner Juristen an der Bildung im Sinne des Programms der Vollendung der reformatio doctrinae durch die reformatio vitae ist Ausdruck der Hochschätzung der Vernunft und des unauflöslichen Ineinanders von humanistischen und reformatorischen Anliegen. Neben der individuellen sittlichen Bildung ging es dabei auch um die Gestaltung des kirchlichen und politischen Lebens entsprechend den biblischen Vorgaben. Schließlich wirkt sich die weltanschaulich-konfessionell bestimmte Wahrnehmung einer Bedrohung humanistischer und reformatorischer Errungenschaften durch das Papsttum auf das Werk Herborner Juristen aus. Argumente der Vernunft und Texte der Bibel werden den „Vernebelungen“ der „Päpstlichen“, denen im wesentlichen auch das kanonische Recht zugerechnet wird,843 entgegengehalten. Gerade im Gegensatz zu den Bestrebungen des Papsttums und der „Päpstlichen“, die geistliche der weltlichen Gewalt überzuordnen, wird mit Röm 13 und anderen Bibeltexten der Eigenwert der weltlichen Obrigkeit und ihrer Autorität ausgesprochen stark betont. Bei den genannten Einflüßen auf das Werk der Herborner Juristen handelt es sich nicht um Kennzeichen, die die calvinistisch-reformierte Konfession grundsätzlich von der lutherischen unterscheiden. Man kann sie in humanistisch-reformierten Milieus stärker ausgeprägt finden als in lutherischen, wobei dieser Unterschied schon nicht mehr zutrifft, sobald man die melanchthonianisch ausgerichteten Teile des Luthertums betrachtet. Wenn man die Dordrechter Selbstdefinition des calvinistisch-reformierten Protestantismus zum Maßstab macht, muß man sogar eher Spannungen mit der dort betonten radikalen Sündenverfallenheit und doppelten Prädestination feststellen. Die aufgewiesenen Einflüsse sollten als weltanschaulich-konfessionelle Einflüsse bezeichnet werden, da sie einerseits nur in Ansätzen spezifisch für eine bestimmte Konfession sind, andererseits aber deutliche konfessionelle Konnotationen haben. Die konfessionellen Unterscheidungslehren finden im Werk der Herborner Juristen anders als bei den Theologen nur in sehr geringem Maße Niederschlag. Darüber hinZu Althusius’ Kritik des kanonischen Rechts siehe oben Abschn. II.Tl.4.3.4, bes. Anm. 662. In Hoenonius’ Disputationes politicae wird das kanonische Recht fast völlig übergangen. Nur an einigen wenigen Stellen wird es – als im Widerspruch zum ius divinum stehend (vgl. Disp. pol. [31615] IX/7, S. 431) oder als durch die päpstliche Auslegung mißbraucht (aaO. V/44, S. 242) – kritisch erwähnt. Vgl. auch aaO. VII/3, S. 342. 843

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aus zeigt das Beispiel der Herborner Juristen, daß die Formierung konfessioneller Überzeugungen und ihre Auswirkungen auf das juristische Werk unauflöslich mit bestimmten Erfahrungshorizonten verbunden sind. So scheint gerade die Präsenz der Verfolgungserfahrungen in Westeuropa die antipäpstliche Ausrichtung der juristischen und politischen Argumentationen mit allen beschriebenen Konsequenzen zu verstärken.844

5. Marburg Bereits mehrfach sind die engen Beziehungen der Herborner Hohen Schule zur benachbarten Universität Marburg845 angesprochen worden. Ein erheblicher Teil der Herborner Professoren hat in Marburg studiert und nach der Tätigkeit in Herborn an der Universität Marburg gewirkt. An diesem Sachverhalt wird die geistige Nähe der Marburger Universität zur reformierten Hohen Schule schon lange vor dem formalen Übergang der Universität zum reformierten Protestantismus im Zuge der Einführung der sog. Verbesserungspunkte durch Landgraf Moritz den Gelehrten im Jahre 1605 deutlich.846 Einer der Exponenten calvinistisch-reformierter Orientierung an der Universität war der Juraprofessor Hermann Vultejus, der dann auch eine wichtige Rolle beim Übergang der Universität zum reformierten Protestantismus spielte. Aber auch andere Juraprofessoren werden bereits vor 1605 als Anhänger der calvinistisch-reformierten Konfession greifbar, so zum Beispiel die von

Zum intensiven Austausch Herborns mit den Niederlanden vgl. WOLF, Niederländischer Einfluß; DIBON, Le fonds Néderlandais; SCHNEPPEN, Niederländische Universitäten und deutsches Geistesleben, 50f.; VAN ROOSBROECK, Die Beziehungen der Niederländer, 109–119; MENK, Die Hohe Schule Herborn, der deutsche Kalvinismus und die westliche Welt; MOORMAN VAN KAPPEN, Die Niederlande in der „Politica“ des Johannes Althusius; HAMMERSTEIN, Bildung und Wissenschaft, 126f. 845 Literatur zur ersten protestantischen Universitätsgründung in Marburg im Jahre 1527 siehe oben Abschn. II.Tl.1., Anm. 9. 846 Vgl. G RIEWANK, Das „christliche Verbesserungswerk“; BENRATH , Die hessische Kirche; MENK, Die „Zweite Reformation“; DERS. (Hg.), Landgraf Moritz der Gelehrte; darin bes.: DERS., Die Konfessionspolitik; TROSSBACH, Landgraf Moritz. 844

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der Herborner Hohen Schule an die Universität Marburg übergewechselten Professoren.847

5.1 Die Juraprofessoren und ihre konfessionelle Orientierung im Überblick Gemäß dem Freiheitsbrief des Landgrafen Philipp vom 31. August 1529 sollten an der Universität mindestens drei Juristen lehren. Nach den reformierten Statuten vom 14. Januar 1564848 waren es vier. Die Lehre blieb auf das Zivilrecht, im wesentlichen die Institutionen, Digesten und den Codex, beschränkt, da der Unterricht des kanonischen Rechts in Hessen schon durch die Reformatio ecclesiarum Hessiae infolge der Homberger Synode von 1526 ausdrücklich verboten war.849 Zeitweise lehrten fünf oder sogar sechs Juristen, seit 1580 durchweg vier ordentliche Professoren.850 Mit dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges und insbesondere der Einquartierung der Ligatruppen unter Tilly im Herbst 1623 änderte sich das. Von 1621 bis 1627 blieb die Professur für Pandekten unbesetzt. Auch das Ergebnis des Reichshofratsprozesses, den der lutherisch gesinnte Darmstädter Vetter gegen Moritz’ Übergang zum reformierten Bekenntnis angestrengt hatte, wirkte sich unmittelbar negativ auf die juristische Fakultät aus. Im Urteil vom 11. April 1623 räumte der Reichshofrat dem Darmstädter die ganze Marburger Erbschaft und wenig später halb Niederhessen als Kostenpfand ein. Im Zuge der Wiedereinführung des lutherischen Bekenntnisses beließ man zwar den Exponenten des reformierten Protestantismus an der juristischen Fakultät, Hermann Vultejus, in seinem Amt, um sein hohes reichsweites Ansehen für die Universität zu nutzen, ein anderer reformiert gesinnter Jurist, Anton Matthaeus, hingegen wurde suspendiert. Auflistung der Inhaber der Professuren der juristischen Fakultät ca. 1550 bis ca. 1650 in: GUNDLACH, Catalogus, 78–94; vgl. ferner die Verzeichnisse in: HERMANN VULTEJUS, Consiliorum sive responsorum doctorum et professorum facultatis juridicae in academia Marpurgensi, opera omnia in volumina quatuor distributa, editio nova [...], Bd. I–IV, Frankfurt a. M. 1652–1653 [zuerst: Marburg 1611–1631], Bd. I, f. ¶ 2r–v („Nomina eorum, qui in Academia Marburgensi publice jura professi sunt“) u. Bd. IV, f. ):( 4v; PÄTZOLD, Die Marburger Juristenfakultät, 144–148; MERK, Spruchtätigkeit. 848 Abgedr. in: HILDEBRANDT (Hg.), Urkundensammlung, Nr. 20. 849 Vgl. Reformatio ecclesiarum Hessiae, cap. 29, abgedr. in: EKO 8/1, 63; vgl. auch COING, Juristische Fakultät, 1977, 40; zur Möglichkeit einer professio iuris canonici in den Jahren 1630 bis 1640 vgl. GUNDLACH, Catalogus, 93. 850 Vgl. aaO., 77. 847

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II. Teil: Zentren reformierter Jurisprudenz im Reich

Die konfessionelle Ausrichtung der Professoren der juristischen Fakultät vor dem Übergang zum Calvinismus im Jahre 1605 spiegelt die traditionelle konfessionelle Offenheit der Landgrafschaft Hessen seit der Einführung der Reformation durch Philipp den Großmütigen wider. Seine Söhne wußten sich an dessen Testament gebunden, das vorsah, die Confessio Augustana in Geltung zu lassen. Dies sollte nicht gemäß gnesiolutherischen Positionen, sondern im Sinne der Vermittlungsbemühungen Bucers, die die Oberdeutschen durch eine Abmilderung der Vorstellung der körperlichen Realpräsenz in der Abendmahlslehre einzubeziehen suchten, geschehen.851 Auch die Kirchenordnung von 1566 ist durch den Melanchthonianismus geprägt, und entsprechend setzte die innerprotestantische Konfessionalisierung in Hessen später als anderen Ortes ein.852 Die beiden nach dem Tod des Landgrafen für die Universität Marburg verantwortlichen Söhne, Ludwig IV. der Ältere und Wilhelm IV., Landgraf von Hessen-Kassel, verkörperten die unterschiedlichen Tendenzen.853 Während Ludwig entschieden lutherisch gesinnt war, zeigte Wilhelm Sympathien für calvinistische Lehren. Ein erster Konflikt, in dem lutherische und calvinistisch-reformierte Auffassungen im Umkreis der Universität aufeinanderprallten, entzündete sich an den Ansichten des Vaters des späteren Juraprofessors Hermann Vultejus, Justus Vultejus. Dieser war 1560 als Rektor des Pädagogiums nach Marburg gekommen und 1572 Professor für hebräische Sprache an der Universität geworden.854 Studiert hatte er in Straßburg bei Martin Bucer, später in Leipzig und Wittenberg bei Melanchthon und schließ851 Zur Duldung calvinisch-reformiert gesinnter Professoren an der Universität Marburg durch Landgraf Philipp vgl. HEPPE, Generalsynoden I, 69. 852 Von Anfang an stand die hessische Reformation sowohl unter dem Einfluß der sächsisch-lutherischen Reformation als auch oberdeutsch-bucerischer Traditionen. Auch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wirkten neben Luthers Anstößen in gleicher Weise Melanchthon, Bucer und Calvin konfessionsprägend. In der konfessionell bestimmten Kirchengeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts fanden die für die hessische Reformation charakteristischen Spannungen ihren Ausdruck in der Betonung des lutherischen Charakters der hessischen Reformation durch August Vilmar auf der einen Seite und der reformierten Ausrichtung durch Heinrich Heppe auf der anderen Seite. Überblick über die Reformation in Hessen und diesbezügl. Literatur in: RUDERSDORF, Hessen; vgl. ferner FRIEDRICH, Bildungspolitik; SCHNEIDER -L UDORFF, Der fürstliche Reformator; zur Außenpolitik Hessen-Kassels vgl. GRÄF, Konfession und internationales System. 853 Siehe dazu genauer unten Abschn. II.Tl.5.2.3. 854 Zu dem bereits 1575 verstorbenen Justus Vultejus vgl. S TRIEDER 16, 347–349; PISTOR, Art. Vultejus, Justus.

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lich in Zürich und Basel. Ausgedehnte Reisen in die Niederlande, die Schweiz und nach Frankreich eröffneten Vultejus die Bekanntschaft mit Calvin. Anfang der siebziger Jahre wurde ihm eine spiritualisierende Auffassung der Confessio Augustana vorgeworfen. Die Generalsynoden von 1571 und 1572 behandelten die Vorwürfe, die seit Philipp gültige Grundlage der hessischen Kirchen verlassen zu haben. Man ermahnte Vultejus und seinen Hauptgegner, die Confessio Augustana als gültige Lehrnorm zu respektieren, und der gesamte Lehrkörper der Universität wurde an seinen Amtseid erinnert, in dem er sich eben dazu verpflichtet hatte.855 Auch der Sachverhalt, daß Vultejus den Katechismus Luthers durch den melanchthonianisch-kryptocalvinistischen des Marburger Theologen Andreas Hyperius ersetzen wollte, rief heftige Gegenreaktionen hervor. Vultejus starb bereits im Jahre 1575 in Folge eines Unfalls. Gravierendere Folgen blieben ihm wohl auch darum erspart, weil Landgraf Wilhelm IV. seinen Auffassungen nahestand.856 Wilhelm hatte enge Kontakte zu französischen Protestanten und in die Niederlande und stand in Korrespondenz mit Calvins Nachfolger in Genf, Theodor Beza,857 und François Hotman, den er erfolglos an seinen Kasseler Hof zu ziehen suchte.858 Im Jahre 1591 gelang es ihm aber, mit dem Wittenberger Juristen Eberhard von Weyhe einen Kryptocalvinisten nach Kassel zu holen, der dann seinem Sohn Moritz als Kanzler diente. Diesen hatte er bereits unter anderem durch den als Kryptocalvinisten aus Kursachsen vertriebenen Caspar Cruciger d. J. im

Vgl. zu dem Streit zuletzt FRIEDRICH, Gelehrtenschulen, 38–50. Vgl. aaO., 48f. Eine Fortsetzung fanden die Auseinandersetzungen in dem Ringen um die Nachfolge Vultejus’. Der pädagogisch am besten qualifizierte, von Willhelm protegierte Kandidat, Bernhard Copius, stand unter Zwinglianismus- bzw. Calvinismusverdacht und konnte aufgrund der starken Widerstände in der Generalsynode nicht durchgesetzt werden (vgl. aaO., 50–56). Das Instruktionsschreiben Landgraf Wilhelms IV. vom 13. Juli 1575 betr. die Mängel am Pädagogium und der Ephorei nimmt Copius gegen den Calvinismusverdacht in Schutz. Zum einen könne dieser Verdacht nicht anhand des von Copius abgelegten Bekenntnisses erhärtet werden. Zum anderen stelle sich das Problem sowieso nicht, da er nicht als Theologus angestellt werden solle (zit. aaO., 198f. Anm. 92). Zu Copius siehe auch unten Anm. 882. 857 Vgl. H EPPE (Hg.), Epistolae, quas Theodorus Beza ad Wilhelmum IV. Hassiae landgravium misit, 1860. 858 Vgl. M ENK, Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel; DERS ., Ein Regent, 44f.; vgl. auch RIBBECK, Landgraf Wilhelm IV. von Hessen. 855 856

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reformierten Sinne unterrichten lassen.859 So fanden sich bereits in den achtziger Jahren des 16. Jahrhunderts, mehr als zwanzig Jahre vor dem offiziellen Übergang des Territoriums zum Calvinismus, profilierte Vertreter des reformierten Protestantismus unter den Professoren der juristischen Fakultät, was auch auf Seiten der lutherischen Gegner genau wahrgenommen wurde.860 Bis zum Jahr 1567, dem Jahr, in dem auch Landgraf Philipp von Hessen starb, war die juristische Fakultät dominiert durch den herausragenden lutherischen Naturrechtslehrer der Zeit, Johannes Oldendorp.861 Seit 1540 hatte dieser neben der Professur für Codex dem Landgrafen als Rat und seit 1553 auch als oberster Visitator und Reformator der Universität gedient. Schon vor ihm (seit 1527) und bis 1558 neben ihm war der Melanchthon-Schüler Johann Eisermann, gen. Ferrarius Montanus, als Professor für Pandekten und in zahlreichen anderen Universitätsämtern tätig.862 Unter den anderen bis Ende der sechziger Jahre tätigen Rechtslehrern863 ragt lediglich Nikolaus Vigelius, 1560–1568(?) Professor für Institutionen und 1568–1594 Professor für Pandekten, heraus.864 Schüler Baudouins in Heidelberg, 1564 von Ol859 Vgl. M ENK, Regent, 46; zu Cruciger vgl. STRIEDER 2, 445–454; HÜTTEROTH , Die althessischen Pfarrer, 51f.; STUPPERICH, Art. Cruciger, Caspar d. J. 860 Vgl. M ENK, Absolutistisches Wollen, 171–184, mit Verweis auf einen Brief Henricus Menchius’ an Simon Sulzer aus dem Jahre 1584. 861 Vgl. S TRIEDER 10, 110–139 (aaO., 119–139: Schriften); GUNDLACH , Catalogus, 78f.; WOLF, Große Rechtsdenker, 138–176; MACKE, Das Rechts- und Staatsdenken; PETTKE, Art. Oldendorp; LUIG, Art. Oldendorp; PAHLMANN, Johann Oldendorp; WITTE JR., Law and Protestantism, 154–175. 862 Vgl. A DAM , Vitae iureconsultorum, 54–56; M UTHER , Art. Ferrarius; S TRIE DER 4, 90–98 (aaO., 96–98: Schriften); GUNDLACH, Catalogus, 84f.; WITTE J R., Law and Protestantism, 140–154. 168–175. 863 Johann Lersner (1546–1550 Prof. für Institutionen), Theobald Gerlacher, gen. Billicanus (1548–1554, ohne festen Lehrstuhl), Ambrosius Schürer (1550–1552 Prof. für Codex), Wolfgang Scheib (1550–1552 Prof. für Institutionen), Christoph Lersner (1553–1560 Prof. für Institutionen), Hieronymus Turler (1560–1564 Prof. für Pandekten), Reinhard Hamer (1563–[nach 1605] Privatdozent), Antonius Heistermann (1564–1568 Prof. für Pandekten), Hermann Lersner (1564–1605, ohne festen Lehrstuhl), Jakob Lersner (1552–1579, ohne festen Lehrstuhl). Knappe biographische und bibliographische Informationen zu den Genannten in: GUNDLACH, Catalogus, 78–94. 864 Vgl. J UGLER 2, 79–81; STRIEDER 16, 322–340 (aaO., 332–340: Schriften); STINTZING, Geschichte I, 426–440; EISENHART, Art. Vigel, Nikolaus; GUNDLACH, Catalogus, 85f.; TROJE, Wissenschaftlichkeit und System, 75–83; BERMAN, Law and Revolution II, 124–126. 151.

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dendorp in Marburg promoviert, ist er von Stintzing als „der Erste, welcher in Deutschland die Aufstellung eines vollständigen, ins Einzelne gehenden Systems unternahm und zur Durchführung brachte“,865 gewürdigt worden. Vigelius hat sich vom konfessionellen Streit fernzuhalten versucht und in Vorreden und Dedikationen seiner Schriften davor gewarnt. In dieser von dem theologischen Gezänk der Papisten, Lutheraner und Calvinisten bewegten Zeit sei zu fürchten, daß man in dem Streit um die himmlischen Dinge die Erde an die Türken zu verlieren drohe.866 Die Formulierungen legen eine Nähe zu einem melanchthonianischen Standpunkt nahe, aber immerhin sind seine Schriften zum größten Teil im reformierten Basel gedruckt worden. Der Konflikt mit Vultejus, der zu seiner Entlassung im Jahre 1594 führte, ist jedenfalls nicht auf konfessionelle Differenzen zurückzuführen. Ausschlaggebend war wohl die ausgeprägte Eitelkeit Vigelius’, der sich nicht für ausreichend gewürdigt gehalten hat.867 Im Jahre 1569 übernahm mit Valentin Forster ein ebenso hochkarätiger wie profiliert lutherischer Rechtslehrer die Professur für Codex.868 STINTZING, Geschichte I, 428. Zugleich hat Stintzing in Vigelius’ systematischen Bemühungen „nur [rein] äußerliche[n] Schematismus“ erkennen können. Die Einzelheiten stünden „ohne inneren Zusammenhang als Regulae und Exceptiones nebeneinander“ (STINTZING, Hugo Donellus in Altdorf, 41). Vgl. NIKOLAUS VIGELIUS, Digestorvm ivris civilis libri qvinquaginta, in septem partes distincti. Nunc denuo ab ipso autore recogniti, et multis in locis emendati, Basel 1584 [zuerst: 1568–1571]; DERS., Ivris civilis totius absolutissima methodus: in qva, bone lector, non solum omnes totius iuris ciuilis titulos, sed & singulas singulorum titulorum leges, singulos singularum legum paragraphos, miro ordine ad suos locos habes redactos & dispositos: opus multis retro annis, a multis doctissimis uiris exoptatum, a multis tentatum, tandem [...] perfectum, Basel 1561 [u.ö.]; vgl. auch DERS., Methodvs vniversi iuris pontificij absolutißima, in quin[que] libros distincta. Ex qua patet, in quibus ius pontificium cum iure ciuili consentiat [...]. Cum praefatione ad sacri Romani imperij ordines uniuersos, ut afflictae iurisprudentiae succurrant, Basel 1577. 866 Vgl. S TINTZING , Geschichte I, 427. 867 Nachdem Vultejus in seinem System des römischen Rechts (siehe dazu unten Abschn. II.Tl.5.2.2) die systematischen Bemühungen seines Lehrers Vigelius mit keinem Wort erwähnt hatte, ließ dieser 1593 eine kleine Schrift mit dem Titel Examen Jurisconsultorum (s.l.) drucken, in der unter anderem Vultejus scharf angegriffen wurde (vgl. aaO., 439f.). 868 Vgl. S TRIEDER 4, 138–145 (aaO., 142–145: Schriften); STINTZING , Art. Forster, Valentin, 181f.; DERS., Geschichte I, 396–402; STRÖMHOLM, Legal hermeneutics, 227–232; RAISCH, Juristische Methoden, 72–75; SCHRÖDER, Juristische Hermeneutik; DERS., Recht als Wissenschaft, 52–74. 865

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Dieser wechselte aber bereits im Jahre 1580 an die Universität Heidelberg, um hier in der kurzen Phase der Relutheranisierung der Kurpfalz unter Ludwig VI. zu wirken. Bis zum Jahre 1623 findet sich nur ein einziger weiterer, eindeutig lutherischer Rechtslehrer an der Universität Marburg: Gottfried Antonius.869 Dieser übernahm nach Privatvorlesungen seit 1594 zwei Jahre lang die Professur für Institutionen und 1605 für ein halbes Jahr die Professur für Pandekten, wechselte dann aber noch im gleichen Jahr aus konfessionellen Gründen von Marburg an das explizit lutherische Gymnasium illustre in Gießen. Nach der Umwandlung des Gymnasiums in eine als lutherisches Gegenmodell zum reformierten Marburg verstandene Universität wurde Antonius Kanzler und deren erster Rektor. Bereits in den fünfziger Jahren ist eine reformierte oder kryptocalvinistische Orientierung bei dem seit 1556 oder 1560 neben Oldendorp als Professor für Codex wirkenden Wigand Happel (1522–1572) zu vermuten.870 Darauf deutet jedenfalls der auffällige Studienweg des 1522 Geborenen hin. Nach dem Studium der alten Sprachen in Löwen hörte er in Wittenberg Luther, Melanchthon und Caspar Cruciger. 1542 ging Happel nach Straßburg, um bei Martyr Vermigli, Bucer, Johann Sturm, Paul Fagius und Caspar Hedio zu studieren, und zog dann weiter nach Zürich, dem damaligen Zentrum des reformierten Protestantismus. Hier wurde vor allem Konrad Pellican sein Lehrer. Mehr läßt sich aus dem wenig erhaltenen Schrifttum nicht schließen.871 Präziser als bei Happel läßt sich die konfessionelle Orientierung bei Regner Sixtinus (ca. 1543–1617), der seit 1568 als außerordentlicher Professor und noch im gleichen Jahr als ordentlicher Professor für Institutionen lehrte, erschließen.872 Als Professor für Codex von 1580 bis 1591 war er zugleich Professor primarius der juristischen Fakultät. Sixtinus, wohl 1543 in Leeuwarden in Friesland geboren, ging zum Studium nach Bourges und hörte dort die Häupter der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs, Baron, Cujas, Baudouin, Donellus und Le Duaren. Nach dem Erwerb des Doktorgrades in Orléans 1565 konnte er als Anhänger der Reformation wegen der Verfolgungen unter Herzog Alba Vgl. STRIEDER 1, 79–88 (aaO., 86–88: Schriften); STEFFENHAGEN, Art. Antonius, Gottfried; siehe auch unten Abschn. III.Tl.7. 870 Vgl. S TRIEDER 5, 270; 13, 348. 871 Hermann Vultejus heiratete 1581 Happels Tochter Eulalie Adelheid. 872 Vgl. F REHER , Theatrum, 1014f.; STRIEDER 15, 24–33 (aaO., 28–33: Schriften); STINTZING, Geschichte I, 707f.; EISENHART, Art. Sixtinus, Regner; GUNDLACH, Catalogus, 91; STOLLEIS, Geschichte I, 168f. 869

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nicht in seine Heimat zurückkehren. Nach einem Aufenthalt am Reichskammergericht in Speyer begann er seine Tätigkeit in Marburg, wo er auch zahlreiche Ämter und Pflichten außerhalb der Universität übernahm.873 Der Weggang nach Frankfurt im Jahre 1591, wo Sixtinus Syndikus wurde, war wohl wesentlich konfessionell motiviert. Angesichts der Förderung des Luthertums durch den Landesherrn Ludwig IV. den Älteren, die sich zum Beispiel in der Berufung des württembergischen Theologen Ägidius Hunnius an die Universität Marburg manifestierte und zum Abbruch der gemeinsamen Generalsynoden der vier hessischen Teilstaaten führte, befürchtete er Verfolgungen durch die lutherischen Prädikanten.874 Der calvinistisch-reformiert gesinnte Landgraf Moritz holte ihn bereits 1593 zurück nach Hessen an seinen Hof in Kassel, wo er bis zu seinem Tod im Jahre 1617 als Geheimer Rat lebte. In Sixtinus’ juristischem Schrifttum875 treten calvinistisch-reformierte Überzeugungen nicht unmittelbar hervor. Es ist bestimmt von der historisch-kontextualisierenden Methode der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs. Die wirkungsvollste Schrift war ein in neun Ausgaben gedruckter Tractatus de regalibus, der eine Vorreiterrolle bei der Rezeption und Adaption der Lehren Bodins im Reich spielte.876 Zusammen mit seinem Marburger Kollegen Hermann Kirchner hat er die für die spätere reichsständische Richtung der Reichspublizistik grundlegende Unterscheidung von maiestas personalis, die allein dem Kaiser zusteht, und maiestas realis vorbereitet.877 Man wird in der konsequenten Abkehr von der mittelalterlich-scholastischen hin zur humanistischen Jurisprudenz sowie deren Hochschätzung des römischen Zivilrechts und der ciceronischen recta ratio eine Entsprechung zu der schärferen Abgrenzung des reformierten Protestantismus gegenüber der Auflistung in: GUNDLACH, Catalogus, 91. Vgl. EISENHART, Art. Sixtinus, 441. 875 Vgl. die Auflistung in: STRIEDER 15, 28–33. 876 Vgl. REGNER SIXTINUS, Tractatus de regalibus, ex sacri Romani imperii constitutionibus, et hodierno reipublicae Romanae statu, iurisq[ue] consultorum responsis doctissime pertractatus, in: DERS./GEORG OBRECHT, Tractatvs dvo, prior de regalibus D. Regneri Sixtini [...], posterior de ivrisdictione et imperio D. Georgii Obrechti [...] opera et studio Othonis Melandri, Mühlhausen 1602 [weitere Ausg. v. Sixtinus’ Traktat: Frankfurt a. M. 1606; Kassel 1609; Kassel 1614; Frankfurt a. M./ Kassel 1614; Frankfurt a. M. 1617; ebd. 1620; Hanau 1657; Nürnberg 1683; ebd. 1693; ebd. 1716]; siehe auch unten Abschn. III.Tl.5., S. 399. 877 Vgl. SIXTINUS, Tractatus de regalibus, 1609, tractatus 1, cap. 1, § 23; vgl. dazu SCHUBERT, Reichstage, 478f. 873 874

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mittelalterlich-päpstlichen Kirche, wie sie für den westeuropäischen Protestantismus charakteristisch ist, sehen können. Ebenfalls als Anhänger reformierter Lehren greifbar ist der im Jahre 1574 für kurze Zeit die Institutionen lehrende Johannes Antrecht (1544–1607).878 Schon der frühe Ausbildungsweg, der den auch an theologischen Studien Interessierten nach Straßburg, Basel, Zürich und Genf sowie nach Frankreich führte, gibt Hinweise darauf.879 Ferner ist der Sachverhalt, daß ihn nicht nur Landgraf Wilhelm IV., sondern auch Moritz zum Rat machte und er eben in den Jahren der Einführung der kirchlichen Verbesserungspunkte (von 1592 bis zu seinem Tod 1607) Kanzler war, in diesem Sinne zu bewerten. In der Begräbnisrede für seinen Schwiegervater Justus Vultejus, der dem calvinistisch-reformierten Protestantismus zuneigte, brachte Antrecht seine eigenen Neigungen in diese Richtung zum Ausdruck.880 In der Begräbnispredigt wurde als charakteristisch hervorgehoben, daß Vultejus immer mehr Gott als den Menschen die Verehrung habe zukommen lassen.881 Nach Sixtinus’ Wechsel auf die Professur für Codex erhielt 1580 der seit 1569 als Professor für Griechisch tätige Bernhard Copius die Professur für Institutionen, versah sie aber nur kurze Zeit, da er bereits 1581 an der Pest starb.882 Seine reformierten Neigungen waren schon anläßlich der Wiederbesetzung der Leitung des Marburger Pädagogiums nach Justus Vultejus’ Tod im Jahre 1575 Gegenstand der Tagung der siebten Generalsynode vom 25. April bis 3. Mai 1575 in Marburg gewesen. Die Superintendenten hielten Copius trotz seiner unbestrittenen pädagogischen Qualifikation für ungeeignet, da er unter Verdacht auf Calvinismus stand. Man sah es als erwiesen an, daß er eben darum die

Vgl. ADAM, Vitae iureconsultorum, 186f.; STRIEDER 1, 88f.; GUNDLACH, Catalogus, 93. 879 Vgl. A DAM , Vitae iureconsultorum, 186. Antrecht wurde im Jahr 1574 in Basel zum Dr. iur. promoviert. 880 Vgl. J OHANNES A NTRECHT , Oratio funebris in obitum viri Justi Vulteji, Marburg 1575; DERS., De vita et obitu Justi Vulteii [...] commentatio, Appendix I zu: JOHANN P. KUCHENBECKER (Hg.), Vita Hermanni Vulteji [...], Gießen 1731. 881 „Pietatis verae ita studiosus: ut fidei rationem palam reddere nunquam detrectarit, magis Deum, quam homines reveritus“ (vgl. ADAM, Vitae iureconsultorum, 186). 882 Vgl. S TRIEDER 2, 280–282 (aaO., 281f.: Schriften); NORDHOFF , Art. Copius (Cop); GUNDLACH, Catalogus, 307. 878

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Leitung der Lateinschule in Lemgo 1566 aufgegeben habe bzw. aufgeben mußte.883 Für die beiden von der reformierten Hohen Schule in Herborn nach Marburg gewechselten Rechtslehrer Johannes Goeddaeus und Anton Matthaeus kann ebenfalls die reformierte Konfession angenommen werden. Der 1555 in Schwerte (Grafschaft Mark) geborene Goeddaeus884 hatte die alten Sprachen, Geschichte und Philosophie in Dortmund und dann 1570 in Deventer, das er aber wegen der durch die Spanier verursachten Unruhen bereits nach einem Jahr wieder verlassen mußte, studiert. Seit 1578 widmete er sich in Marburg der Theologie, wandte sich jedoch, durch „die confessionellen Zänkereien angewidert“, von ihr ab und ging zur Jurisprudenz über.885 Nach der Promotion zum Dr. iur. in Marburg im Jahre 1585, der Lehrtätigkeit als Privatdozent ebendort und der Übernahme einer juristischen Professur an der Hohen Schule Herborn in den Jahren 1588 bis 1594 wirkte er seitdem als Professor für Institutionen, seit 1603 für Pandekten und wohl 1605 bis 1625 für Codex in Marburg. Die Kritik am Streit der Theologen, die Goeddaeus mit vielen anderen reformierten Juristen teilt, deutet auf den irenischen Zug seiner reformierten Orientierung hin. Dafür spricht auch der Sachverhalt, daß Goeddaeus zwar einerseits 1605, dem Jahr des Übergangs der Universität Marburg zum reformierten Bekenntnis, Universitätsrektor war, andererseits aber im Jahre 1624 bei der Rückkehr zum Luthertum unter Hessen-Darmstadt – jedenfalls für kurze Zeit – im Amt belassen wurde. Sein schriftliches Œuvre besteht zum großen Teil aus Disputationsthesen, die an der Hohen Schule in Herborn oder der Universität Marburg verteidigt wurden.886 Gegenstand sind sowohl zivilrechtliche als auch feudalrechtliche bzw. öffentlichrechtliche Themen887 sowie die Auseinandersetzung mit dem kanoniZu den Auseinandersetzungen vgl. FRIEDRICH, Gelehrtenschulen, 50–56. Zu Goeddaeus vgl. STRIEDER 4, 507–520 (aaO., 511–520 u. aaO. 5, 540: Schriften); MÜLLER, Art. Goeddaeus, Johannes; STINTZING, Geschichte I, 708f.; GUNDLACH, Catalogus, 80f. 885 Vgl. S TINTZING , Geschichte I, 708; MÜLLER , Goeddaeus, 313. Die Wahrnehmung „confessioneller Zänkereien“ dürfte durch die zwei Jahre zuvor erfolgte Berufung des lutherischen Theologen Ägidius Hunnius an die Universität Marburg verstärkt worden sein. 886 Vgl. bes. J OHANNES G OEDDAEUS , Thesivm sive dispvtationvm jvris [...] pars I/pars II, Marburg 1595. 887 Vgl. J OHANNES G OEDDAEUS , Feudalia sive theses et disputationes de feudis, Marburg 1607; DERS., Medulla juris feudalis sive theses et disputationes de feudis, 883 884

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schen Recht.888 Wie andere humanistische Juristen legt er im historischkontextualisierender und begriffsklärender Absicht insbesondere die Digesten aus.889 Der Herborner Nachfolger des Goeddaeus, Anton Matthaeus890 (1564–1637), wechselte im Jahre 1606 nach Marburg und verließ die Stadt knapp zwanzig Jahre später, um von 1625 bis zu seinem Tod im Jahre 1637 an der reformierten Universität Groningen zu lehren. Matthaeus, der seit 1581 die Rechte in Marburg, Heidelberg, Helmstedt, Wittenberg und Altdorf studiert hatte, war 1594 in Marburg zum Dr. jur. utr. promoviert worden. Der Sachverhalt, daß Landgraf Moritz Matthaeus im Jahre 1605 eben in dem Moment, als er mit den kirchlichen Verbesserungspunkten den Übergang der Universität zum reforKöln 1655; DERS. [Praes.]/HEINRICH RUGERUS [Resp.], De jvrisdictione, in: JOHANNES GOEDDAEUS, Thesivm sive dispvtationvm jvris [...] pars I, Marburg 1595, f. B1v−C1v ; DERS. [Praes.]/FRANCISCUS ROSELLUS [Resp.], Positionum iuridicarum de iurisdictione decades duae, Marburg 1602; JOHANNES GOEDDAEUS [Praes.]/KASPAR LUDOLPHI [Resp.], Theses de iurisdictione et imperio, Marburg 1603; JOHANNES GOEDDAEUS [Praes.]/OTTO WINTER [Resp.], Ope vivifici Christi centvria positionvm legalivm amplissimam et universam. Augustae ac sacrosanctae maiestatis imperatoriae eivsque [...] materiam continens, Lich 1597; vgl. auch CASPAR WILLICH, Oratio de haereticis non occidendis scripta et publice Marpurgi in incluta Cattorum Academia proposita a Caspare Willichio, [...] cum ipsi 7. cal. Decembr. anno 1616 a [...] Joanne Goedaeo, [...] antecessore primario [...] insignia doctoralia decernerentur, Rostock 1623. 888 Vgl. J OHANNES G OEDDAEUS , De sequestratione possessionum et fructuum, qui est titulus XVII. libri II. Decretalium Gregorii IX. repetitio. Ab autore recens recognita et plerisque locis aucta. Cui accesserunt quaedam de eadem re Theses, in illustri Nassoviorum Schola Herbornensi ad disputandum propositae, Marburg 1599. 889 Vgl. z.B. J OHANNES G OEDDAEUS , Commentarius repetitae praelectionis in tit. XVI. libri L. pandectarum de verborum et rerum significatione, Siegen 1597; DERS. [Praes.]/HEINRICH BERLAGIUS [Resp.], De justitia et jure, ejus principiis et divisione, in: JOHANNES GOEDDAEUS, Thesivm sive dispvtationvm jvris [...] pars I, Marburg 1595, f. A1r−B1v. 890 Zu Matthaeus vgl. J UGLER 2, 281–288; STRIEDER 8, 261–272 (aaO., 264–272: Schriften); STINTZING, Geschichte I, 710; EISENHART, Art. Matthaeus. Anton Matthaeus’ älterer Bruder Philipp (ca. 1554–1603) war bis 1579 Lehrer am Marburger Pädagogium und nach der Promotion zum Dr. iur. in Basel 1581 bis 1591 Professor für Rhetorik an der Universität Marburg (vgl. JUGLER 2, 277–280; STRIEDER 8, 254–261 [aaO., 258–261: Schriften]; GUNDLACH, Catalogus, 86). Nach dem Weggang Sixtinus’ und dem Aufrücken Vultejus erhielt er 1591 die freigewordene Professur für Institutionen und schließlich 1594 die Professur für Pandekten. Philipp Matthaeus’ juristische Abhandlungen sind auf das römische Zivilrecht konzentriert und lassen kein besonderes konfessionelles Profil erkennen.

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mierten Bekenntnis in die Wege leitete, nach Marburg rief und Matthaeus den ins lutherische Gießen gewechselten Gottfried Antonius ersetzen sollte, ist Indiz für das reformierte Profil. Gleiches gilt für den Sachverhalt, daß Matthaeus nach Rückführung der Universität Marburg zum lutherischen Bekenntnis durch den Landgrafen von Hessen-Darmstadt am 17. März 1624 suspendiert wurde. Ein großer Teil seiner zahlreichen Schriften ist in den Collegia iuris sex891 gesammelt. Bezeichnenderweise wurde die Sammlung – für ein Werk dieser Art ungewöhnlich – 1649 auf den römischen Index gesetzt.892 In der siebten Dissertation (§ 18) des ersten Teiles, des Collegium fundamentorum juris, erörtert Matthaeus eingehend die Bibelstelle Lev 18,11 und folgert daraus das Verbot der Heirat zwischen Stiefgeschwistern. Die Dissertation893 ist aus den 1598 entstandenen Thesen De nuptiis hervorgegangen.894 Diese dürften eine wesentliche Rolle gespielt haben, als es um die Jahrhundertwende zwischen Althusius und den Herborner Theologen zu dem bekannten Streit um die Berücksichtigung des mosaischen Gesetzes bei der weltlichen Gesetzgebung kam.895 Denn am Beginn stand eine Auseinandersetzung Althusius’ mit seinem Kollegen Matthaeus um eben diese Frage.896 Matthaeus hat dem mosaischen Recht als Norm der weltlichen Gesetzgebung offensichtlich eine stärkere Priorität gegenüber dem römischen Recht zugestanden als Althusius. Diese Differenz darf jedoch nicht überbewertet werden, da Matthaeus in seinen Disputationsthesen und Abhandlungen keineswegs eher auf biblisches als römisches Recht zurückgreift. So fehlen in seiner Disputation De jurisdictione Verweise auf Bibelstellen völlig.897 Vielmehr

Vgl. ANTON MATTHAEUS, Collegia iuris sex. Unum fundamentorum juris, alterum Institutionum, tertium et quartum earundem, quintum Pandectarum, sextum Codicis. Quibus adjectae sunt disputationes quaedam extraordinariae, Groningen 1638 [auch: Franeker 1647]; vgl. ferner DERS., Disputationes XIV. de fundamentis quibusdam juris, aliter jaciendis, quam vulgo jacta sunt, Marburg 1618. 892 Vgl. EISENHART , Art. Matthaeus, 616. 893 Vgl. auch J UGLER 2, 285. 894 Vgl. A NTON M ATTHAEUS [Praes.]/ANDREAS F ARENHEIT [Resp.], Theses juridicae de nuptiis, Herborn 1598. 895 Siehe dazu oben Abschn. II.Tl.4.3.6. 896 Vgl. M ÜNCH , Göttliches oder weltliches Recht?, 20f.; zu den Spannungen zwischen Matthaeus und Althusius vgl. SCHLOSSER, Althusius, 41. 897 Vgl. A NTON M ATTHAEUS [Praes.]/H EINRICH J ULIUS EBERHARD [Resp.], Dispvtatio de jurisdictionis materia rerum utilitate uberrima varietate quaestionum copiosissima et antiquitatis doctrina literatissima, Marburg 1606; vgl. auch ANTON 891

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ist neben den Texten des römischen Rechts die wichtigste Autorität, auf die mehrfach verwiesen wird, der führende Marburger Jurist Hermann Vultejus.898 Weitere mehrfach zitierte zeitgenössische Autoritäten sind neben den klassischen Vertretern der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs Georg Obrecht, Hieronymus Treutler und Scipio Gentilis. Der vierte Rechtslehrer, der neben Vultejus, Goeddaeus und Anton Matthaeus die Geschicke der juristischen Fakultät nach der Einführung der kirchlichen Verbesserungspunkte im Jahre 1605 bestimmt hat, war der langjährige Professor für Pandekten Christoph Deichmann (1575– 1648).899 1576 in Steinfurt als Sohn eines Bürgermeisters geboren, erhielt er die erste wissenschaftliche Ausbildung an der 1591 in seinem Heimatort gegründeten Hohen Schule unter anderem durch Otto Casmann.900 Nach Studienaufenthalten in Köln und Wittenberg studierte er bei seinem späteren Schwiegervater Vultejus in Marburg. Dieser riet ihm zu einer Studienreise nach Italien, Frankreich und in die Niederlande, in deren Anschluß er 1605 in Marburg zum Dr. iur. promoviert und noch im gleichen Jahr zum Professor für Pandekten ernannt wurde. Deichmann diente seinem Landesherrn Moritz auf vielfältige Weise außerhalb der Universität, zog sich aber im Zusammenhang von ihm übertragenen Verhandlungen mit dem Kaiser den Unmut Moritz’ zu und wurde daraufhin 1621 seiner Professur entsetzt. Er konnte jedoch sogleich einem Ruf des reformierten Grafen Simon zur Lippe als Kanzler nach Detmold folgen und übernahm bis zu seinem Tod 1648 noch weitere Aufträge verschiedener, im wesentlichen lutherischer Fürsten. Schon durch seine frühen Ausbildungsjahre dem reformierten Protestantismus verbunden,901 dürfte die unter Mitwirkung Vultejus’ vollzogene Anstellung im Jahr der Einführung der kirchlichen VerbesMATTHAEUS [Praes.]/CASPAR MEUSCH [Resp.], De ivrisdictione et imperio disquisitio iuridica, Marburg 1607. 898 Vgl. bes. H ERMANN V ULTEJUS , Ad titvlos codicis, qui sunt, de ivrisdictione et foro competenti, commentarius, Frankfurt a. M. 1599 [weitere Ausg.: 1625; 1630]; siehe dazu unten Abschn. II.Tl.5.2.2, Anm. 925. 899 Vgl. S TRIEDER 3, 1–6 (aaO., 4–6: Schriften); GUNDLACH , Catalogus, 87; DEICHMANN, Dr. iur. Christoph Deichmann. 900 Vgl. O TTO CASMANN [Präs.]/CHRISTOPH D EICHMANN et al. [Resp.], Scholarvm philosophicarvm privatim Steinfurti Bethemidum habitarum, semestre unum, praeside Othone Casmanno, cum enneade una subcesivarum, seu subsecundarum, miscellanearumque quaestionum et discussionum, Hanau 1596. 901 Zwei Schwestern waren zudem verheiratet mit den Steinfurter Professoren Clemens Timpler und Johann Hubert.

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serungspunkte auch unter dem Gesichtspunkt der konfessionellen Zuverlässigkeit erfolgt sein. Als Autor juristischer Abhandlungen ist er kaum hervorgetreten. Im wesentlichen handelt es sich um Disputationsthesen, die von seiner Hand erhalten sind.902 Das Beispiel seiner Subsequentes conclusiones de jurisdictione et imperio zeigt, daß sich auch er – wie Anton Matthaeus – aufs Stärkste am Werk seines Lehrers Vultejus orientiert hat.903

5.2 Hermann Vultejus Wie bereits angesprochen, hat Vultejus über viele Jahre hinweg eine zentrale Rolle sowohl bei der Ausgestaltung des juristischen Unterrichts an der Universität Marburg als auch bei ihrem Anschluß an das calvinistisch-reformierte Bekenntnis gespielt. Im folgenden wird sein beruflicher Werdegang unter dem Einfluß von Humanismus und reformiertem Protestantismus dargestellt, bevor auf diesem Hintergrund die sein juristisches Œuvre kennzeichnende Übereinstimmung humanistischer und reformierter Zielsetzungen erläutert wird. Abschließend erfolgt die Bestimmung der Charakteristika der konfessionellen Orientierung bei Vultejus. 5.2.1 Beruflicher Werdegang unter dem Einfluß von Humanismus und reformiertem Protestantismus Schon durch den Vater hat der am 16. Dezember 1555 in Wetter in Hessen geborene Hermann Vultejus Prägungen erhalten, die ihn in die Richtung des reformierten Protestantismus führten.904 So wechselte er Vgl. u.a. CHRISTOPH DEICHMANN [Praes.]/JAKOB MAKOWSKI [Resp.], Disputatio duplex de publicis Iudiciis, Marburg 1618. 903 Vgl. CHRISTOPH DEICHMANN [Praes.]/JOHANNES M ARTINIUS [Resp.], Subsequentes conclusiones de jurisdictione, Marburg 1616; vgl. auch CHRISTOPH DEICHMANN [Praes.]/SIGISMUND COCCEJUS [Resp.], Disputatio de natura juris nec non de legum volumine, quod usitato nomine Corpus juris dicitur, Marburg 1614. Die von STRIEDER 3, 4, Deichmann zugeschriebene Disputatio de jurisdictione et imperio (Marburg 1610) konnte ich bislang nicht identifizieren. 904 Zu Vultejus’ Biographie vgl. JOHANN HEINRICH DAUBER , Auctoris vita [...] descripta, in: JOHANNES VULTEJUS (Hg.), Tractatus de judiciis in libros IV divisus, quo judiciorum natura in genere et processus judiciarius in specie accuratißime ex Jure Civili, Canonico, Receßibus Imperii et moribus hodiernis traditur et explicatur. Opus posthumum hactenus a multis desideratum, in lucem editum opera Johannis Vulteji, Kassel 1654, f. ¶¶ 3r–¶¶¶ 1r; JOHANN PHIL. KUCHENBECKER, Vita Hermanni 902

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nach der Absolvierung des Pädagogiums in Marburg im Jahre 1569 im April 1571 an das Collegium Sapientiae in Heidelberg, um sich im damaligen Zentrum des reformierten Protestantismus im Reich philosophischen, linguistischen und theologischen Studien zu widmen. Unter anderem studierte Vultejus bei Zacharias Ursinus Physik und Hebräisch, bei dem Alttestamentler Immanuel Tremellius ebenfalls Hebräisch und bei Hieronymus Zanchi die loci communes der Theologie.905 Nach der Rückkehr aus Heidelberg trat er eine Lehrtätigkeit am Marburger Pädagogium an. Diese gab er jedoch bald auf und wandte sich dem Jurastudium zu, nachdem er zuvor theologische Studien begonnen hatte.906 Von April bis August 1576 studierte er in Genf, wo er mit den Juristen Hotman und Julius Pacius sowie den Theologen Beza und Danaeus näheren Umgang pflegte.907 Nach einem Aufenthalt in Frankreich kehrte er im März 1577 noch einmal nach Genf zurück. Darauf folgen eine Italien-Reise in den Jahren 1577/78 und die Arbeit als Hauslehrer in der Steiermark. Am 10. Dezember 1579 disputierte Vultejus in Basel unter Basilius Amerbach, bevor am 2. Februar 1580 durch diesen und Adam Henricpeter die Promotion erfolgte. Vultejus’ früher Ausbildungsweg, insbesondere auch der Erwerb ausgezeichneter hebräischer und griechischer Sprachkenntnisse, zeigt die gleiche Verbundenheit mit den Zielen des Humanismus, die auch für den Vater kennzeichnend war. Im Zuge dessen erhielt er anläßlich eines Aufenthaltes in Marburg die dortige Professur der griechischen Sprache, die er im Herbst 1580 antrat. Bereits an der Jahreswende 1581/82 wurde er Prof. der Institutionen und 1591 – als Sixtinus’ Nachfolger – Prof. primarius der juristischen Fakultät. Daneben hatte er zahlreiche weitere Ämter in der Universität, dem Justizwesen und in den Jahren nach dem Übergang zum Calvinismus 1605 auch in der Kirchenverwaltung (1611 Konsistorialassessor) inne. 1605 wurde er auch Vizekanzler der Universität und 1609 Vizerektor. Im Unterschied zu seinem Kollegen Anton Matthaeus wurde er im Zuge der Relutheranisierung der Universität durch Hessen-Darmstadt 1624 nicht suspendiert. Wohl um sein hohes Ansehen für die Umgestaltung der Universität zu nutVulteji J[uris]C[onsul]ti. Ex monumentis fide dignis [...], Gießen 1731; STRIEDER 16, 351–364; STINTZING, Geschichte I, 452–455; CUNO, Art. Vultejus, Hermann. 905 Vgl. DAUBER , Vita, f. ¶¶ 3r–v. 906 Vgl. STRIEDER 16, 351. Seine juristischen Lehrer in Marburg waren Regner Sixtinus, Hermann Lersner, Nikolaus Vigelius und sein nachmaliger Schwager Johannes Antrecht. 907 Vgl. STINTZING, Geschichte I, 453.

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zen, übernahmen die neuen Herrscher ihn sogar als Vizekanzler der Universität (bis Dezember 1627) und setzten ihn 1625 als Dekan der juristischen Fakultät ein. 5.2.2 Übereinstimmung humanistischer und reformierter Zielsetzungen im juristischen Œuvre Über Vultejus’ calvinistisch-reformierte Orientierung kann kein Zweifel bestehen. Nicht nur die aktive Mitwirkung beim Übergang der Universität Marburg zur reformierten Konfession im Zuge der Einführung der kirchlichen Verbesserungspunkte durch Landgraf Moritz , sondern auch ein (abgelehnter) Ruf auf die calvinistische Akademie in Sedan und der Wunsch des dezidiert reformiert gesinnten Pfalzgrafen Johann Casimir, ihn zum Kanzler zu machen, sind eindeutige Belege.908 Schon in jungen Jahren sind humanistische und reformierte Orientierung in gleicher Weise anzunehmen, wie Elternhaus, Theologiestudium in Heidelberg und der Studienaufenthalt in Genf nahelegen. Wie bei Althusius ist bei Vultejus das Miteinander reformatorischer und humanistischer Anliegen charakteristisch. Trotz seiner durch den Genf-Aufenthalt dokumentierten und schon durch den Vater vorgezeichneten Orientierung an der Genfer Richtung des Protestantismus findet sich in seinem Werk keinerlei Niederschlag eines prädestinatianischen Ansatzes. Im Gegenteil sind gerade die schriftlichen Äußerungen seiner frühen Jahre durch die humanistische Bildungsorientierung und die historisch-kritische und systematische Richtung der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs bestimmt. So hat er im Januar 1581, als er für ein Jahr die Professur der griechischen Sprache innehatte, eine platonisch inspirierte Abhandlung De perfectione hominis philosophica vorgetragen.909 Vgl. STRIEDER 16, 353; vgl. auch das etwas zu vollmundige Urteil Cunos: „Bei der Einführung der Verbesserungspunkte, durch welche Moritz sein Land zu dem völligen reformirten Bekenntnisse führte, war V. vor allem thätig als ein begeisterter Calvinist, weshalb ihn dieser Fürst noch in demselben Jahre 1605, wo solche kirchliche Veränderung vorgenommen wurde, in Anerkennung seiner Verdienste zum Vicekanzler der Universität Marburg machte“ (CUNO, Art. Vultejus, 389). Hinzuweisen ist auch auf Vultejus’ Briefwechsel mit Johann Heinrich Alsted (vgl. Appendix II: H. Vulteji et clarissimorum virorum ad ipsum epistolae XX, zu: KUCHENBECKER, Vita Hermanni Vulteji). 909 Vgl. H ERMANN V ULTEJUS , Diatribe, de perfectione hominis philosophica, in Academia Marpurgensi publice [...] proposita, cum Timaeum Platonis interpretaturus esset 30. Jan. Anno 1581, in: RUDOLPH GOCLENIUS (Hg.), ΨΥΧΟΛΟΓΙΑ, hoc est, de hominis perfectione, animo, et in primis ortu hujus, commentationes ac disputa908

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Vultejus’ frühes Hauptwerk, eine unter dem Titel Jurisprudentiae Romanae, a Justiniano compositae, libri duo910 erschienene systematische Darstellung des römischen Rechts, ist ganz dem Programm der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs verpflichtet.911 Vielfach wird auf die Hauptvertreter der historisch-kontextuellen Interpretation des römischen Rechts, allen voran Jacques Cujas, verwiesen.912 Das Erbe der historisch-kritischen Richtung der humanistischen Jurisprudenz zeigt sich tiones quorundam theologorum & philosophorum nostræ ætatis, quos versa pagina ostendit, Marburg 1590, 17–61. 910 H ERMANN V ULTEJUS , Jurisprudentiae Romanae a Justiniano compositae libri duo, Marburg 1590; zitiert wird nach der Ausg. Marburg 61610; vgl. dazu STINTZING , Geschichte I, 452–465. Bereits im Jahre 1586 waren ohne sein Wissen Bruchstücke seiner Institutionen-Vorlesung auf der Grundlage einer studentischen Mitschrift publiziert worden: HERMANN VULTEJUS, Tractatvs tres. I. Idea ivris logica; secundum quam ars iuris ciuilis artificiosa methodo ex libris Iustinianeis commode disponi et extrui videtur posse. II. Diatribe de cavsis iuris constituentibus. III. Expositio XVI posteriorum titulorum lib. 2. Institutionum, at vltimas voluntates pertinentium [...], Frankfurt a. M. 1586. Trotz der ausdrücklichen Kritik an dem Herausgeber Friedrich Sylburg scheint die starke Resonanz auf die darin angedeuteten systematischen und methodologischen Gedanken, aber auch die Sorge vor weiteren unautorisierten Publikationen seiner Vorlesungen den überaus gewissenhaften Vultejus dazu bewegt zu haben, die Jurisprudentia Romana zum Druck zu bringen (vgl. STINTZING, Geschichte I, 455f.). 911 Vgl. auch die ein Jahr vor der Jurisprudentia Romana erschienenen Abhandlungen über zwanzig kontroverse Materien: HERMANN VULTEJUS, Disceptationum iuris scholasticarum liber unus, Marburg 1589. Charakteristisch ist hier wie in der Jurisprudentia Romana die wietestgehende Ausscheidung der mittelalterlichen Jurisprudenz zugunsten der humanistischen Juristen Frankreichs. Hier werden allgemeine Sätze bzw. Rechtsgrundsätze unter breitestem Rückgriff auf die bekannten Vertreter der französischen humanistischen Jurisprudenz Cujas, Antonius Goveanus, Balduinus, Duarenus, Connanus, Hotman und Donellus erörtert. Vor allem der wichtigste Vertreter der historisch-kritischen Richtung, Jacques Cujas, nach dessen Vorbild auch Cicero und Quintilian zur Interpretation des römischen Rechts herangezogen werden, ist der alles überragende Gewährsmann. Zu Vultejus’ juristischem Œuvre insgesamt vgl. STINTZING, Geschichte I, 455–462; MAZZACANE, Umanesimo e sistematiche giuridiche; TROJE, Literatur, 750f.; Bibliographie der Werke in: STRIEDER 16, 356–364. 912 Vgl. bes. VULTEJUS , Jurisprudentia Romana, 6 1610, 56 [im Abschnitt „de potestate ecclesiastica“]; mit Verweis auf: JACQUES CUJAS, Paratitla in libros quinquaginta digestorum seu pandectarum imperatoris Justiniani, Basel 1569 [u.ö.]; hier auch Verweis auf die ebenfalls vielfach herangezogenen, Cujas’ Werk fortführenden In pandectas iuris ciuilis et codicis Iustinianei lib. IIX. commentarii (Basel 1579 u.ö.) Matthäus Wesenbecks. Zu Wesenbeck vgl. jetzt FEENSTRA, Matthäus Wesenbeck.

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in dem Sachverhalt, daß Vultejus im Vergleich zu Althusius’ vier Jahre zuvor erschienener Darstellung des römischen Rechts913 signifikant häufiger auf Texte des Corpus Iuris Civilis Bezug nimmt und sogar die historischen Kontexte des römischen Rechts übernimmt.914 Das Projekt selbst, über die relativ zufällige Titelarchitektur des Corpus Iuris Civilis hinaus eine aus den Grundbegriffen und Grundgedanken des römischen Rechts entwickelte Darstellung zu bieten, nimmt das Anliegen der systematischen Richtung der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs auf.915 In deren Sinne wird der ciceronische Anspruch der ars doSiehe oben Abschn. II.Tl.4.3.1, bes. Anm. 599. So listet er im Kapitel „De Magistratibus“ (vgl. VULTEJUS, Jurisprudentia Romana, 61610, I/13) nach einer eingehenden Darstellung der römischen Ämter teilweise sogar die römischen Provinzstatthalter mit ihren Gebieten auf („Orientis praefecti tempore Justiniani fuerunt duo, sub eorum cura dioeceses quinque: Oriens, AEgyptus, Asia, Pontica et Thracia“ usw., aaO., 71). 915 Schon in den Tractatus tres von 1586 hat er die Notwendigkeit hervorgehoben, die mangelnde Systematik der justinianischen Titelarchitektur durch eine systematisch und methodisch stringente Ordnung zu überwinden: „Nam ars iuris, libris Iustinianeis comprehensa, non tam artis nomen meretur, quam vagae alicuius et non admodum sibi constantis farraginis; quippe quae non secundum artificium Logicum, sed secundum edicti perpetui ordinem congesta sit. In solis Institutionum Imperialium libris, aliqua videtur esse adhibita Methodus. Sed illa etiam quam 3µéθδ̋ sit, quam imperfecta, quam inartificiosa, quam denique nulla, iam pridem a magni nominis Iurisconsultis animaduersum et annotatum est. Ad eam igitur iuris artem Iustinianeam studium iuris instituere, perinde est ac siquis doceat quomodo Grammatica sit discenda, nec tamen certam aliquam Grammaticam, sed vagam quandam et inordinatam congeriem praeceptorum Grammaticorum inter se confusorum, discenti proponat. Nam verissima et certissima omnis studii, quod in arte aliqua collocatur, recte instituendi ratio et dux est Methodus illius, quae docenda aut discenda suscipitur, artis; qua deficiente, equidem non video quomodo vllum studium recte institui possit. Vt enim aliquod institui possit, id tamen minus recte fiet, magnoque labore, saepe etiam cum diffidentia, vt ipse ait Iustinianus in § His igitur Institution. De iustit. et iure, [...]“ (VULTEJUS, Tractatus tres, 2f.). Wiederum bezeichnend für die Orientierung an der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs, aber auch an einem moderaten Ramismus, sind das Lob und die Vorbildfunktion, die Jean Bodin zugesprochen werden: „[...] futurumque esset vt ars illa Iuris ciuilis Romani aliquando elegantissima et absolutissima (quod vnicum Iustinianus noster tantopere affectauit) redderetur, atque ad posteritatem, si vlla futura est posteritas, transmitteretur. Eam ad rem plurimum contulit iam IOANNES BODINVS, vir vndequaque doctissimus, et Galliae iurisconsultus eximius, ea tabula quam Vniuersi Iuris distributionem esse voluit: sed praeterquam quod ea tabula non est iuris Romanae reipubl. Peculiaris, cuius artem nos quaerimus; sunt nonnulla quae in ea (dixerim hoc tanti viri pace) a doctis non immerito desiderari possint“ (aaO., 5). 913 914

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cendi et discendi durch den Anspruch der methodischen Ordnung präzisiert. Entsprechend gibt das vorangestellte, ausführliche „Prolegomenon de studio juris“916 einen Überblick über die Rechtsquellen und hebt hervor, daß die rechte Methode, zu lehren und zu lernen, daran hänge, daß der Stoff selbst nach der ihm eigenen, sachnotwendigen Disposition geordnet werde.917 Daran mangele es vergleichbaren Unternehmungen von Zeitgenossen, wobei Konrad Lagus918, Julius Pacius919 und Althusius920 ausdrücklich erwähnt werden. Die Durchführung ist inspiriert von dem Bestreben der ramistischen Methode, durch fortlaufende Dichotomien vom Allgemeinen zum Besonderen voranzuschreiten. Schon das Prolegomenon geht von der alle Wissenschaften kennzeichnenden Unterscheidung von Erkenntnis und Anwendung (cognitio – usus) aus.921 Die Systematik der Darstellung beVgl. VULTEJUS, Jurisprudentia Romana, 61610, 9–62. „Ars enim sui et docendi et discendi ipsa est methodus, et qui aliam praeter legitimam praeceptorum dispositionem artis methodum inquirunt, nae [sic!] illi egregie falluntur, omneque studium suum in re non necessaria frustra collocant. Quod illis, si non intellexerunt, condonandum est: si viderunt, reprehendendi, quod studii juris rationem profiterentur, et tamen eam vix dum attingerent. Sed cum res illa omnis difficultatis esset plenissima, studiose illi hos scopulos evitare voluisse videntur. Quare juris praeceptis artificiose dispositis, nihil video, quod ad rationem docendi discendique juris desiderari possit amplius: quibus lectio librorum juris civilis et Canonici si accedat, uberem illi praebebunt ad praecepta ita disposita commentarium, ut aliis non tam videatur fortasse opus esse, tametsi et illi, ut libri juris rectius intelligantur, non sint usquequaque abiiciendi. Verum cum ejusmodi praeceptorum juris dispositio hactenus non prodierit, quae vel ipsis suis authoribus, vel mihi aut aliis etiam omni ex parte satisfaciat, nec id a me nunc praestitum esse affirmem; (sunt enim in hisce duobus jurisprudentiae libris non pauca, quae lima indigent accuratori) nolim quidem libellos illos Lagi, Pacii, Althusii, aliorumque Juriscon.“ (aaO., 55f.). 918 Vgl. KONRAD LAGUS , Juris utriusque traditio methodica, Frankfurt a. M. 1543 [u.ö.]. 919 Vgl. IULIUS PACIUS, Synopsis iuris civilis, Lyon 1588; Straßburg 1607. 920 Siehe oben Anm. 910. 921 „QUEMADMODVM omnium scientiarum et disciplinarum, ita et jurisprudentiae vis omnis atque studium in duobus illis positum est, in cognitione nimirum, eiusdemque usu: de quibus illa ingenii potissimum est, hic judicii: tametsi utrunque illud simul et ingenium et judicium, suo tamen quodque modo desideret. Cognitio autem cum sit contemplationis, in generalib. atque ut ita dicam, in abstracto, h.e. in rebus a gerendo remotis, artiumque, quae tractantur, praeceptis occupata est: Usus vero cum efficientiae alicuius sit, in specialib. atque, ut ita dicam, in concreto, hoc est, in rebus gerendis maxime spectatur. Atque illa cum sola sit, usus is est, qui res in cognitione positas rebus in actione versantibus accommodat, et coniungendo istas quomodo 916 917

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ruht auf der Grundunterscheidung von ius absolutum, das ein anderes Recht nicht voraussetzt, und ius relatum, welches jenes voraussetzt und dessen Praxis und Gebrauch (usus) enthält. Die alte, auf Gaius beruhende Dreiteilung in homo, res und iudicium/actiones (Inst. 1,2,12; Dig. 1,5,1 pr.) wird modifiziert, indem Person- und Sachenrecht (homo, res) in der Darlegung des ius absolutum zusammengezogen werden. Charakteristisch für Vultejus’ Werk ist, daß aus dieser allgemeinen Grundunterscheidung das gesamte System qua dichotomischen Unterscheidungen deduziert wird.922 In der Logik dieses Vorgehens liegt, daß jede metaphysische Grundlegung des Systems des Rechts aufgegeben wird. Stattdessen gewinnt der Gedanke des subjektiven Rechts „den Rang einer zentralen, das gesamte System durchziehenden und dieses bald organisierenden Kategorie“.923 Das Bestreben einer immanent-rationalen Organisation des Systems zeigt sich in der konsequenten Ausscheidung des kanonischen Rechts ebenso wie in dem weitestgehenden Verzicht auf Bibelstellenverweise. Während Althusius in seiner vier Jahre vorher erschienenen Darstellung des römischen Rechts wenigstens vereinzelt Bibelstellen als Belege angeführt hatte, verzichtet Vultejus auf Verweise auf die Bibel bzw. das illae ad has affectae sint demonstrat. Qui consequens illud est, ut si cognitio et usus coniuncta sint, is qui utrumque habet, scientiae istius sive disciplinae sit et dicatur artifex. Cognitio enim ut sine usu aliqua esse possit, vix tamen est, ut cuiquam nisi illi, qui rei cognitionem habet, utilis sit: at usus sine cognitione incertus, dixerim fere etiam nullus“ (VULTEJUS, Jurisprudentia Romana, 61610, 9f.). 922 Eine knappe, zusammenfassende Wiedergabe der weiteren Dichotomien des Systems findet sich bei: STINTZING, Geschichte I, 456–460; AFFOLTER, Institutionen-System, 151–161. 923 T ROJE , Literatur, 750. Troje sieht eine Organisation des Systems nach der zentralen Kategorie des subjektiven Rechts erstmals in dem Werk Digestorum juris civilis libri quinquaginta in VII partes distincti (Basel 1568–1571) von Vultejus’ Marburger Lehrer Nikolaus Vigelius gegeben (vgl. TROJE, Wissenschaftlichkeit und System, 81ff.). Bei Vigelius’ Werk handelt es sich allerdings noch nicht um eine wirklich systematische Darstellung, sondern um eine thematisch geordnete Aneinanderreihung des Inhalts der Digesten. Zur Entwicklung des Gedankens des subjektiven Rechts als das gesamte System organisierender Kategorie im 16. und 17. Jahrhundert vgl. VILLEY, L’idée du droit subjectif; DUBISCHAR, Über die Grundlagen. Volker Heise hat die subjektiven Rechte in Verbindung mit den drei klassischen praecepta iuris als Ausgangspunkt und Zentrum des in die beiden Teile „cognitio iuris nostri“ und „eius iuris obtinendi ratio“ gegliederten Systems Hugo Donellus’ herausgearbeitet (vgl. DERS., Der calvinistische Einfluss, 191–201; vgl. auch WAIDER, ‚Ars iuris‘ und ‚suum in persona ipsa‘, 65f.).

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göttliche Recht.924 Jener greift bei der weiteren Ausarbeitung seines Werkes massiv auf Bibeltexte zurück, um die Übereinstimmung des römischen Rechts mit dem göttlichen Recht zu erweisen. In Vultejus’ späterem rechtswissenschaftlichen Œuvre findet sich hingegen nichts Vergleichbares. Dies gilt sowohl für die rechtswissenschaftlichen Werke im engeren Sinne925 als auch für die Consilien-Sammlungen.926 Selbst bei der Erörterung eherechtlicher Fragen verweist Vultejus ausschließlich auf Regelungen des Corpus Iuris Civilis und nicht auf Bibelstellen oder die betreffenden Erörterungen zeitgenössischer reformatorischer Theologen. Interessanterweise wird dann aber in einer späteren Ausgabe eine Marginalie hinzugefügt, in der er die aktuelle Diskussion der Theologen über den Ehebruch und seine Konsequenzen wiedergibt.927 Dabei wird eine Vielzahl von theologischen Kommenta924 Vultejus hält sich stärker an die Vorgaben des römischen Rechts (siehe oben Anm. 914). 925 Vgl. z.B. H ERMANN V ULTEJUS , Tractatus de judiciis in libros IV divisus, quo judiciorum natura in genere et processus judiciarius in specie accuratißime ex Jure Civili, Canonico, Receßibus Imperii et moribus hodiernis traditur et explicatur. Opus posthumum hactenus a multis desideratum, in lucem editum opera Johannis Vulteji, Kassel 1654. Auch in Vultejus’ Kommentierung des Codex-Titels „De iurisdictione“ aus dem Jahr 1599, die nach 1605 den für die Ausbildung der Reichspublizistik zentralen Streit der lutherischen Universität Gießen mit der reformierten in Marburg auslöste, fehlt der Bezug auf die Bibel (vgl. HERMANN VULTEJUS, Ad titvlos codicis, qui sunt, de ivrisdictione et foro competenti, commentarius, Frankfurt a. M. 1599 [weitere Ausg.: 1625; 1630]; siehe dazu unten Abschn. III.Tl.7.). Ebenfalls bestätigen andere Werke der frühen Zeit neben der Jurisprudentia Romana den Befund (vgl. VULTEJUS, Tractatvs tres; DERS., Disceptationum iuris scholasticarum liber unus [siehe oben Anm. 911]; DERS. [Praes.]/ALBERT RUST [Resp.], De jurisdictione propositiones juridicae, Marburg 1588). 926 Vgl. H ERMANN V ULTEJUS , Consiliorum sive responsorum doctorum et professorum facultatis juridicae in academia Marpurgensi, opera omnia in volumina quatuor distributa, editio nova [...], Bd. I–IV, Frankfurt a. M. 1652–1653 [zuerst: Marburg 1611–1631]. 927 „Et ex Theologis quidam hanc sententiam amplexi sunt Lutherus im Buch vom Ehestandt / Melancht. In exam. Ordinan. sub. tit. de divort. et in addit. Ad suos locos communes, et in comment. super Matth. c. 5. Pomer. [Bugenhagen] in tr. Vom Ehebruch vnd weglauffen / sub tit. Vom Ehebruch / §. wenn ales. Eras. Roterod. Calvinus, Martyr et Bulling. in Epist. 1. ad Corinth. C. 7. et in tractatib. Suis de caus. Matrim. Brentius, Bulling. et Sarcer. quib. accedunt Bucer. et Chytraeus in enarratione Matth. c. 19. et ibid. Illyricus, attestans cum hoc concordare Canones veteres, et ex pontificiis Theologis Cajetanum, Catharinum et Erasmum. Idem multis confirmavit Chemnit. in tr. de divort. causa 1. divor. ubi dicit, falsam esse Canonistarum opinionem, et praeter omnes illos Theodor. Beza in tr. de divor. Eandem

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ren zu den einschlägigen Bibelstellen angeführt, und zwar im wesentlichen zur Abwehr der Auslegung der „Canonistae“. Das Spektrum der Autoren reicht von Luther über Bugenhagen, Melanchthon, Brenz und Flacius Illyricus bis hin zu Bucer, Martyr Vermigli, Calvin und Bullinger. Mit Martin Chemnitz’ und vor allem Theodor Bezas Schriften über die Ehescheidung grenzt Vultejus sich gegen das kanonische Recht und die Kanonisten ab. Zugleich wird neben Erasmus und den alten Canones auch ein humanistisch gesinnter Reformkatholik wie Cajetan als Zeuge für den eigenen Standpunkt herangezogen. Nur hier beansprucht Vultejus – soweit ich sehe – einmal ausdrücklich, nicht nur das römische Recht und die Billigkeit (aequitas), sondern auch die Heilige Schrift auf seiner Seite zu haben.928 Aldo Mazzacane hat in einem umfangreichen Aufsatz Vultejus’ Rechtsverständnis im Kontext der frühmodernen Territorialstaatsbildung zu interpretieren versucht.929 Die von diesem angestrebte Entmythologisierung von Recht und Rechtsanwendung befreie das Rechtsverständnis aus der Macht einer klerikal-feudalen Ständeordnung.930 Hans Erich Troje hat Mazzacanes Thesen wie folgt zusammengefaßt und zugespitzt: Vultejus’ „Verständnis von Gerechtigkeit als Tatbestand des Privaten, seine Definition der in seiner Rechtstheorie zentralen Kategorie des aequum als die dem empirisch-historischen Zustand je eigene Proportionalität der Zuteilungen und Tauschvorgänge, kurz: sein Ansententiam docendo et consulendo amplexi et secuti sunt doctißimi Germaniae Ecclesiarum reformatorum Icti, Ioach. Beust. in tr. de matrim. c. 24. Molra. in d. §. si uxor, vers. Quaeritur et illud Schnei. in com. Inst. De nup. p. 4. n. 35 ubi testatur Theologos et Consistoriales in Syxon. Ecclesiis contrarium juri Canonico tenere ac pronunciare. quod idem scribit Wes. [Wesenbeck] in parat. D. de divort. n. 11. atque in eandem sententiam consuluit Ioh. Fisch. [Fischart] cons. 68. n. 5. in si. et cons. 69 n. 3. vol. 2. eaque verior est, et non juri tantum civili atque aequitate ipsi, sed sacris etiam literis magis consentanea“ (VULTEJUS, Jurisprudentia Romana, 61610, I/21, 125f.). 928 Siehe vorangegangene Anm. 929 Vgl. M AZZACANE , Umanesimo e sistematiche giuridiche. 930 „Il richiamo alla ratio interna della giurisprudenza diventava così il richiamo ad una esperienza sistematica, capace essa stessa di porsi come fondamento ed ordine dello Stato. Di qui lo sforzo di definire l’equità in termini lontani dalle mistiche speculazioni, onde contrapporre un senso della ‚res publica‘, del tutto antifeudale, alla giustizia intesa come un fatto intimo e privato. Di qui ancora l’attenzione rivolta ad inserire nel sistema una dottrina giuridica dei rapporti politici, laddove Vultejo [...] configurava come ‚ordo‘ lo status dell’ uomo in quanto cittadino“ (aaO., 316). Vgl. aaO., 283.

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satz zur Ausmerzung der spekulativ-philosophischen Elemente im Recht zeigen ihn auf dem Wege zu einem bürgerlichen Rechts- und Selbstverständnis. [...] Einem solchen bürgerlichen Rechtsselbstverständnis, welches primär nicht klagen, sondern durch Verträge erwerben und über Erworbenes verfügen und disponieren will, ist der wie immer geordnete Katalog zugelassener Klagen kein angemessenes Gehäuse mehr. Bei Vultejus sind ‚Gesetze‘ nicht länger Gegenstand jenseitsgerichteter Sinnspekulation, sondern in den Dienst diesseitiger Zwecke gestellt. Sie sind Instrumente der gesellschaftlichen Steuerung durch den souveränen, mit dem Bürgertum geheim oder offen verbündeten Gesetzgeber. Vultejus’ Jurisprudentia romana ist in ihrer Handlichkeit geeignet, die Begriffe und Wirklichkeiten von Staat und Recht im Territorialstaat zu stabilisieren und die Praxis und Theorie des diesen Staat tragenden Bündnisses von Landesherrn und Bürgertum zu legitimieren.“931 So weitreichend diese Interpretation der Rechtslehre Vultejus’ ist, so spekulativ muß sie bleiben. Präziser läßt sich der Anteil der rechtswissenschaftlichen Systematik des Vultejus an der Gesamtentwicklung von rationaler Weltdurchdringung und Individualisierung bestimmen. Die vielfach neu aufgelegte Jurisprudentia Romana932 hat Anteil an der Entwicklung, das Recht als einen Teil der Weltgestaltung immanent-rational und nicht von (metaphysisch-)theologischen Grundentscheidungen aus zu entfalten. Auch wenn Vultejus nicht eine rechtsphilosophische oder humanwissenschaftliche Grundlegung im modernen Sinne vorlegt, rückt mit dem Ausgangspunkt bei den subjektiven Rechten das Individuum in den Mittelpunkt des Interesses. Diese Entwicklung vollzieht sich wesentlich im Zuge der Eliminierung des kanonischen Rechts mit seinen theologischen Grundentscheidungen, die insbesondere das Kirchen-, Sakraments- und Amtsverständnis sowie das Obrigkeitsverständnis bestimmen.933 TROJE, Literatur, 750f. Nach der Erstausgabe von 1590 erschienen bis Mitte des 18. Jahrhunderts immerhin elf weitere Ausgaben: Marburg 21594; ebd. 31598; ebd. 41602; ebd. 51606; ebd. 61610; ebd. 41614 [sic!]; ebd. 1618; ebd. 1628; Hanau 1652; Bremen 1660; Marburg 1748. Hieronymus Treutler gab Annotationen zu dem Werk heraus: DERS., Annotationes aureae in jurisprudentiam Romanam [...] Hermanni Vulteii [...], Kassel 1612; auch unter etwas verändertem Titel: Hanau 1652. 933 Wie oben gezeigt, ist Althusius’ Rechtsdenken trotz des in den späteren Werken erfolgten starken Rückgriffs auf Bibeltexte in diesem Sinne zu interpretieren. Troje hat geurteilt, daß die ramistische Dispositionslehre „mit ihrem Schein von Ra931 932

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Es ist hervorzuheben, daß sich diese Entwicklung nicht im Gegensatz zur konfessionellen Ausrichtung, sondern gerade im Einklang damit und dadurch gefördert vollzieht. Angesichts des unauflöslichen Miteinanders humanistischer und reformatorischer Anliegen scheint weder in der Rechtslehre noch in der Religiosität des Vultejus viel Platz für metaphysische Spekulationen zu sein. So wie das römische Recht immanent-rational entfaltet wird, so ist die religiöse Orientierung pointiert Bibeltext-bezogen und auf die praktische Lebensgestaltung ausgerichtet. 5.2.3 Charakteristika der konfessionellen Orientierung bei Vultejus Die theologischen Werke, die Vultejus in der Jurisprudentia Romana bei der Bewertung des Ehebruchs und seiner Folgen zu Wort kommen läßt, entstammen einem auffällig breiten theologischen Spektrum. Vultejus sieht kein Problem darin, sog. Gnesiolutheraner wie Flacius Illyricus oder einen Reformkatholiken wie Cajetan als Autoritäten zu nennen. Charakteristisch für seine konfessionelle Orientierung ist wie bei vielen anderen bereits betrachteten reformierten Juristen eine ausgesprochene Zurückhaltung gegenüber den von den Theologen forcierten innerprotestantischen Abgrenzungen. So hat er in einer Rede anläßlich des Todes seines Landesherrn Ludwig IV. des Älteren im Jahre 1604 eingehend dessen Frömmigkeit und Sorge für die Kirche gewürdigt,934 obwohl dieser seit seinem Aufenthalt am Hof Herzog Christophs von

tionalität [...] bürgerlichen Rechtstheorien verschiedenster Schattierungen als Bewußtsein von Wissenschaftlichkeit den Schein von Stringenz“ gebe (TROJE, Literatur, 751). Zugleich konstruiert Troje einen Gegensatz zwischen dem Werk des Vultejus, das eine herrschaftsstabilisierende Funktion in dem vom Bündnis von Landesherrn und Bürgertum getragenen Territorialstaat zu erfüllen vermochte, und der Dicaeologica des Althusius. „Die von Althusius mitbegründete Lehre von der Volkssouveränität, Widerstandsrecht und konstitutioneller Bindung bringt die bis dahin in Deutschland zumindest obrigkeitsgläubige bürgerliche Reflektion zu einem obrigkeitskritischen Verständnis ihrer selbst. Mit großer Konsequenz wirkt Althusius so auf das Ende der Illusion vom vernünftigen Staat, von Koinzidenz von rational entworfener und gelebter Gesellschaftsordnung hin“ (ebd.). Dieses Urteil steht im Widerspruch zur neueren Althusius-Forschung und dem oben, Abschn. II.Tl.4.3, Dargelegten. 934 Vgl. H ERMANN V ULTEJUS , Oratio de vita et morte illustrissimi et potentissimi principis ac domini, domini Ludovici Senioris, Hessiae Landgravii [...], Marburg 1605.

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Württemberg in Stuttgart in den Jahren 1561 bis 1565 profiliert lutherisch gesinnt war.935 Vultejus stellt Ludwig IV. – wohl nicht ganz in Übereinstimmung mit dessen Selbstverständnis – in eine Reihe mit drei dem reformierten Protestantismus besonders aufgeschlossen gegenüberstehenden Fürsten, deren Tod in jüngster Zeit nicht nur für das Reich, sondern insbesondere für die wahre Kirche einen „mehr als fatalen“ Verlust bedeutet habe: dem sächsischen Kurfürsten Christian I. (1560–1591), dem Pfalzgrafen Johann Casimir (1543–1592) und Ludwigs älterem Bruder Wilhelm IV., Landgraf von Hessen-Kassel (1532–1592).936 Der Sachverhalt, daß Ludwig die Confessio Augustana mit vollem Herzen vertreten habe, gibt ihm lediglich Anlaß, sie als mit den Propheten und Aposteln übereinstimmend zu bewerten.937 Insbesondere wird Ludwigs mäßigende Haltung Ludwig IV. der Ältere, Landgraf von Hessen-Marburg (27.5.1537–9.10.1604), war der zweitälteste Sohn Landgraf Philipps des Großmütigen von Hessen. 1563 heiratete er die Tochter Herzog Christophs von Württemberg. Bei der Erbteilung 1567 fiel ihm Hessen-Marburg zu, wobei ihm gemeinsam mit seinem älteren Bruder Wilhelm IV. Vorrechte gegenüber den beiden jüngeren Brüdern zustanden. Ludwig stand hinter der 1576 erfolgten Berufung des aus Württemberg stammenden, lutherischen Theologen Ägidius Hunnius an die Universität Marburg. Zu Ludwig IV. vgl. auch RUDERSDORF, Art. Ludwig IV. der Ältere. 936 „Vix dum enim ex hac lacrymarum valle in vitam illam coelestem morte concesserat CHRISTIANUS Elector Dux Saxononiae, cum eum mox insequitur JOANNES CASIMIRUS Comes Palatinus, dux Bavariae, atque hunc, ex intervallo haud ita longo, magnus illi WILHELMUS Hessiae Landgravius, universi orbis Christiani, dum vivebat, vere Nestor ut facundissimus, ita sapientissimus: et hos quidem tres heroas fortissimos unus nobis abstulit annus, inquam ille Imperio Romano, quod his ceu firmissimis columnis atque fulcris stabat subnixum, cum primis vero Ecclesiae (utinam id tum animadvertissent, imo utinam adhuc animadverterent, qui ad clavum Reipublicae sedent,) plus quam fatalis“ (VULTEJUS, Oratio, 3; vgl. auch aaO., 32, zit. unten Anm. 938). Christian I., der früh verstorbene Hoffnungsträger der sog. Kryptocalvinisten in Sachsen, ließ sich für die protestantische Unionspolitik seines Schwagers Johann Casimir gewinnen, welche die französischen und niederländischen Protestanten unterstützen sollte. 937 „Confessionem Augustanam CAROLO V. Imp. Anno 1530. exhibitam et in magno aestu atque fervore certaminum evictam et in principum congressibus repetitam, quam Illustrissimus parens in testamento suo filiis diligentissime commendaverat, toto corde amplectebatur, illam ex scriptis Propheticis et Apostolicis, itemque ex Symbolis approbatis et conciliis Oecumenicis, non haec ex illa esse interpretanda recte sentiens, atque eandem ita ad posteritatem derivari enixe cupiens. Verum cum pro singulari sua pietate intelligeret, populis se ideo a DEO praefectum esse, ut regnum DEI suo etiam loco magis ac magis propagaret, et Domino gloriae ad intro935

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in den (innerprotestantischen) Auseinandersetzungen um das Bekenntnis gewürdigt.938 Hier kommen offensichtlich Vultejus’ eigene konfessionelle Interessen zum Ausdruck. Gleiches kann für die weiteren von ihm positiv gewürdigten Kennzeichen der Frömmigkeit und konfessionellen Ausrichtung Ludwigs gelten. Zuerst einmal ist es die Haltung, die demütig alles von Gott erwartet und erkennt, daß menschliches Tun ohne Gottes Hilfe sinnlos sei. Nur so werde Gott als König aller Könige und Herrscher aller Herrscher ernstgenommen und ihm die Ehre gegeben, die ihm zukomme.939 In ëundum in sua ditione portas panderet, nihil prius aut antiquius Ecclesiarum et subditorum suorum salute habendum sibi esse existimabat“ (aaO., 31). 938 „Atque utinam tam interdum res successissent, quam in votis habebat Princeps optimus, multa secum improbans, quae emendare non poterat, aut certe emendare videbatur difficilius, moderatione vero utens in nonnullis controversiis sane laudabili, quam si mitandam sibi proponerent alii multi, qui minime mali clamoribus et concionibus tribunitiis istorum, quibus non satis est videre laborantem ex simultatibus Ecclesiam, nisi adversariam partem vel ad solam nominis mentionem exosam reddiderint, hostibus vero communibus lacerandam dilaniandamque etiam objecerint, in transversum abripiuntur, turbarum esset minus, plus autem spei de obducendo tandem vulnere, quo Ecclesia Christiana hodie tantum non est prorsus enecta. Animadvertebat Iliacos intra muros peccari et extra, et prudenter atque pie tandem statuebat controversias istas, quae tanta animorum contentione et fervore agerentur, tanti non esse, ut ob illas animi hominum distrahendi, et pax atque tranqillitas Ecclesiarum Germaniae turbanda esse videretur, valde solicitus, qua ratione huic malo medicina reperiri et afferri posset. Sed fatale illud et ipsi et Ecclesiae sedio humano, sed DEO defendente conservatur“ (aaO., 31f.). Vultejus’ Haltung dürfte der seines Freundes Rudolph Goclenius (1547–1628) vergleichbar gewesen sein. Dieser hatte eine Schrift verfaßt, in der er sich nicht nur jedem theologischen, sondern auch allem philosophischen Hader abgeneigt zeigt (vgl. DERS., Conciliator philosophicus, Kassel 1609). Im Jahre 1618 sandte Landgraf Moritz Goclenius mit drei hessischen Theologen zur Synode nach Dordrecht, wo er sich – allerdings vergeblich – für eine mildere Fassung der gegen die Arminianer gerichteten Sätze und die Beseitigung der schroffen deterministischen Formeln einsetzte (vgl. FREUDENTHAL, Art. Goclenius, 309f.). 939 „Quemadmodum autem divina humanis potiora sunt, ita omnium rerum auspicandarum principium, quod etiam Ethnici natura duce agnoverunt, a pietate esse debet. Id cum probe intelligeret LUDOVICUS Princeps, nullam unquam rem agendam vel ipse suscipiebat, vel aliis mandabat, antequam preces suas, quas quotidie et singulis quidem diebus saepius ad DEUM fundere solebat, absolvisset. Sciebat enim sine DEO ejusque auxilio nihil recte suscipi; agnoscebat DEUM regem regum esse, dominum dominantium, cui soli et unico ab omnibus terrae regibus genua flectenda essent; intelligebat DEUM regna transferre et stabilire, cui in timore et tremore serviendum esset“ (VULTEJUS, Oratio, 29f.).

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Vultejus’ Rede vermischt sich dies mit dem Eintreten für die evangelische Wahrheit, das, wie gerade das Beispiel des in Gefangenschaft geratenen Philipp von Hessen und auch dessen Sohn Ludwig zeigt, teuer zu stehen kommen kann.940 Inhaltlich gefüllt wird die evangelische Wahrheit im gemeinreformatorischen Sinne biblisch-theologisch mit dem Wort des Paulus (Röm 1,16), daß das Evangelium jedem, der glaubt, eine Kraft Gottes zum Heil ist.941 Eine zentrale Rolle komme der Heiligen Schrift zu, die göttlich inspiriert sei.942 Nicht nur ist die tägliche Bibellektüre neben dem Gebet943 elementarer Teil der Frömmigkeitspraxis,944 sondern Vultejus betont auch die Kompetenz des „Laien“ Ludwig – und so kann man ergänzen, ebenso des „Laien“ Vultejus – beim Erfassen der Bibel, die der der Theologen durchaus ebenbürtig gewesen sei.945 Bibellektüre bedeute nichts anderes, als dafür aufmerksam zu sein, daß Gott uns sage, was zu tun und zu meiden sei.946 Die Schrift sage das Nötige über die Gerech„[...] atque de veritate Evangelica jam actum videbatur, sed is qui in infirmitate hominis potens est, in hac hominum infirmitate potentiam suam mirabiliter exercebat, ita ut si ante id tempus unquam, certe hoc tempore maxime Evangelii doctrina cursum suum teneret, ejusque praedicatio incrementum acciperet incredibile. Non nobis Domine, non nobis, sed nomini tuo da gloriam propter misericordiam tuam, propter veritatem tuam“ (aaO., 19). 941 „[...] meminerat ejus, quod Apostolus ait, Evangelium esse potentiam Dei ad salutem omni credenti [...]“ (aaO., 30). 942 „[...] didicerat ex eodem Apostolo totam scripturam divinitus esse inspiratam ad institutionem, quae est in justitia [...]“ (ebd.). 943 Vgl. aaO., 30, zit. unten Anm. 946; aaO., 31, zit. unten Anm. 948. 944 Vgl. aaO., 17 („certa ex sacris literis loca quotidie proponere solicitus“). 945 „Qua ratione sibi exactam sacrarum scripturarum cognitionem comparabat, ut etiam cum Theologis de dictorum scripturae vero sensu et intellectu colloqui et conferre posset, idque tam ingeniose, tam pie, ut personam Principis exuisse, Theologi induisse videretur. Rem Principe profecto dignissimam, qua nihil est aliud, quod hominem ad DEUM accedere faciat propius“ (aaO., 31). 946 „[...] noverat precari ad D EUM nihil esse aliud, nisi cum D EO colloquium instituere, legere autem verbum DEI esse attendere DEO in nobis loquenti, quid agendum quidve fugiendum sit: perpendebat denique secum, quo majori DEI beneficio ipsi accidisset, ut inter homines innumerabiles natus esset Princeps, hoc majorem prae illis omnibus a se DEO deberi pietatem“ (aaO., 30f.). Vgl. auch aaO., 29: „Quod si deinde tempus necessariis negotiis, curandaeque valetudini vacuum offerretur, id omne sacrorum librorum lectionibus impendebat, neque vero tam res ulla necessaria inciderat, quin prima luce unum aut alterum sacrarum literarum caput diligenter et perlegeret et animo versaret, priusquam ulla de re alia suscipienda cogitaret.“ 940

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tigkeit.947 Zum guten und erfüllten (glücklichen) Leben sei neben der Anrufung Gottes die sorgfältige Meditation der Heiligen Schrift notwendig.948 Wird bereits an dieser Formulierung die Überzeugung eines harmonischen Miteinanders von humanistischem und reformatorischem Erbe sichtbar, so wirkt dieses sich insbesondere beim ethischen Übergewicht der Bibelauslegung aus. Vultejus findet in der Bibel das Gesetz Gottes aufgezeichnet. Im Blick auf den Herrscher und seine Pflichten konkretisiere es sich im Königsgesetz nach Dtn 17.949 Konsequenterweise wird der Herrscher dann auch für sein schriftgemäßes Vorgehen gegen Kleiderluxus und Götzendienst sowie insbesondere sein persönlich vorbildliches Verhalten gelobt.950 Der Text ist insofern repräsentativ für Vultejus’ gesamtes Werk, als hier weder ein prädestinatianisches Denken noch eine radikale SündenVgl. aaO., 30, zit. oben Anm. 946; vgl. auch ebd., zit. unten Anm. 949. „Cum enim duabus rebus potissimum efficiatur, ut et officii curas sustinere, et bene beateque vitam instituere et agere possit homo, attenta nimirum divini auxilii invocatione, et diligenti sacrae scripturae meditatione, a qua cogitatio mortalitatis, sapientiae studium, animaeque praesidium abesse non solet, tum vero hoc magis id principes atque in summis dignitatibus positos decere videtur, quo et majus sibi curas impositas esse sentiunt“ (aaO., 31). 949 „Semper enim in memoria habebat ea, quae regibus Israëlitarum D EUS praecepta dedit Deuteron. cap. 17. [Dtn 17] Cum autem sederit rex super solium regni sui, scribet sibi literatam legem hanc in conspectu Sacerdotum et Levitarum, eritque apud illum, et leget in ea omnibus diebus vitae suae, ut discat timere Jehovam Deum suum, et custodiat omnia verba legis hujus et statuta haec, ut faciat illa. Ob oculos ipsi semper obversabatur praeceptum Domini, quo scrutari jubemur scripturas, ut quae de eo testimonium perhibeant: [...]“ (aaO., 30). 950 „Luxum in vestitu aversabatur, suosque non dissolutos, sed indutos graviter et honeste conspicere gestiebat. Sane si quisquam alius LUDOVICUS Princeps ab ambitione aberat quam longissime, et summa animi ipsius erat moderatio, quo nescio an Principi bono quid esse possit optabilius. Arcus enim et statuas, aras etiam, templaque et delubra DEORUM demolitur et obscurat oblivio, negligit carpitque posteritas, contra contemptor ambitionis et infinitae potestatis domitor ac frenator nimus ipsa vetustate florescit, nec ab ullis magis laudatur, quam quibus minime necesse est: praeterea ut quisquis factus est Princeps, ex templo fama ejus incertum bona mala, ceterum manet, sed bona concupiscenda est; ea porro non imaginibus et statuis, sed virtute ac meritis propagatur, conservatur innocentia, fidelissima Principis custodia. Haec arx inaccessa, hoc inexpugnabile munimentum, munimento non egens. Est profecto magnificum bonum esse, sed multo magnificentius suos reddere meliores, quod non tam potest ulla disciplina effici, quam proba Principis vita. Nam vita Principis subditorum censura est, eaque perpetua, ad hanc diriguntur, ad hanc convertuntur, nec tam imperio subditis opus est quam exemplo, quippe infidelis recti magister metus“ (aaO., 54f.). 947 948

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lehre oder eine konsequente Positionierung im innerprotestantischen Streit um Abendmahl, Christologie und Prädestination Niederschlag findet. Vielmehr ist seine konfessionelle Orientierung durch eine biblische – oder präziser – dogmatischer oder kontroverstheologischer Positionierung abgeneigte, ethisch ausgerichtete Theologie bestimmt. Der Größe Gottes und seiner Vorsehung steht die Schwäche des Menschen, darum seine Angewiesenheit auf dessen Hilfe, gegenüber. Der Mensch, dessen Leben zuerst an der Ehre Gottes ausgerichtet zu sein habe, empfängt sein Heil wie auch die Anweisungen für das gute Leben durch die Heilige Schrift. Daß in Vultejus’ Werk auch die Abgrenzung gegenüber dem tridentinischen Katholizismus weniger stark hervortritt als bei anderen reformierten Juristen dürfte eine Ursache darin haben, daß ihm – im Unterschied zu vielen anderen – die Erfahrung der Verfolgung aus Glaubensgründen erspart geblieben ist.

5.3 Hieronymus Treutler: Jurist außerhalb der juristischen Fakultät Zu den reformierten Juristen der Universität Marburg ist auch Hieronymus Treutler zu zählen, obwohl er nicht der juristischen Fakultät angehört hat.951 Seine Bedeutung als Jurist erlangte er durch die neben seiner Professur für Rhetorik gehaltenen juristischen Privatvorlesungen. Nach einigen Bemerkungen zur Biographie Treutlers sollen diese im folgenden auf einen möglichen Niederschlag konfessioneller Orientierung und deren Verhältnis zu zivilrechtlichen Argumentationen hin befragt werden. 5.3.1 Biographisches Treutler, 1565 in Schweidnitz (Schlesien) geboren, hatte in Straßburg Philologie und Jurisprudenz studiert; nach eigener Auskunft vor allem bei seinem schlesischen Landsmann Nikolaus Reusner, der dort von 1583 bis 1589 Jurisprudenz lehrte und den er seinen wichtigsten Lehrer in dieser Zeit nennt. Nachdem er die Magisterwürde erlangt hatte, trat er 1588 eine Lehrerstelle am Marburger Pädagogium an. Dessen Rektor war damals Johannes Ferinarius, wiederum ein schlesischer Landsmann. Diesem Schüler Melanchthons, der wegen seiner calvinistischen Orientierung viel Unbill erfahren hatte, trat Treutler besonders nahe, indem 951 Vgl. J UGLER 2, 307–313; STRIEDER 16, 231–234 (hier auch Auflistung der Schriften); STINTZING, Geschichte I, 135–139. 465–467; MARKGRAF, Art. Treutler; GUNDLACH, Catalogus, 318.

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er dessen Tochter heiratete. Über Treutlers Biographie gibt es ansonsten nur spärliche Notizen, so daß die frühe reformierte Orientierung lediglich aus dem Sachverhalt gefolgert werden kann, daß er 1589 an die neugegründete reformierte Hohe Schule nach Herborn als Professor für Rhetorik berufen wurde. Hier tat er sich durch seine Arbeiten zur ramistischen Logik hervor,952 wechselte aber bereits im Mai 1591 auf die Professur für Rhetorik an der Universität Marburg. Nachdem er im Januar 1590 in Marburg von Vigelius zum Dr. iur. promoviert worden war, begann er privatim über Zivilrecht zu lesen und Disputationsübungen abzuhalten. Treutler verließ Marburg bereits am 1. Januar 1594 Richtung Heimat, um einem Ruf als Syndikus der Stadt Bautzen in der Oberlausitz zu folgen.953 Bereits im folgenden Jahr wurde er von Kaiser Rudolf II. zum kaiserlichen Kammerprokurator der Oberlausitz und später auch der Niederlausitz ernannt. Einige Jahre vor seinem frühen Tod am 9. Dezember 1607 wurde er zum kaiserlichen Rat ernannt und erlangte den Adel mit dem Prädikat „von Kroschwitz“. 5.3.2 Charakteristika der konfessionellen Orientierung bei Treutler Im Jahre 1592 hat Treutler eine umfangreiche Rede über Leben und Sterben Landgraf Wilhelms IV. zum Druck gebracht.954 In diesem Text, der wesentlich dem Lob der pietas des Fürsten gewidmet ist, kommt zum Ausdruck, was auch Treutler selbst für die wichtigsten Elemente rechter Konfession und Frömmigkeit hält. Wesentliche Aspekte seiner konfessionellen Orientierung finden sich in einer Art persönlichen Glaubensbekenntnisses, das er seiner Schilderung des eindrucksvollen Lebens und Sterbens Landgraf Wilhelms IV. angefügt hat. Dem Vertrauen auf die menschlichen Kräfte wird die Haltung, die um die Tiefe der Sünde und der eigenen Misere weiß und alles von Gott erwartet, gegenübergestellt. Diese Haltung wird dann in einem Kampfesgeschehen situiert, in dem der Glaube als der entscheidende Schutzschild dient. Mit Röm 8,31 ruft Treutler aus: „Ist Gott für uns, wer kann wider Vgl. HIERONYMUS TREUTLER, Rudimenta dialecticae P. Rami, breviter collecta, et exemplis selectis, sacris potißimum, illustrata, Herborn 21599 [weitere Ausg.: 1589; 1593; Halle 1603; 1611; 1614]. 953 Es ist zu vermuten, daß Treutler Marburg aufgrund der scharfen Angriffe seines Doktorvaters Vigelius gegen die Praxis der „privaten Disputationscollegia“ verließ (vgl. MARKGRAF, Art. Treutler, 586). 954 Vgl. H IERONYMUS T REUTLER , Oratio historica de vita et morte [...] Wilhelmi [IV.] Hassiae Landgravii [...], Marburg 1592. 952

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uns sein.“ Mit dem Apostel heißt es ferner, daß das Heil in der Furcht Gottes erlangt wird und also unsere Stärke in der Stille und der Hoffnung liegt. Wenn dies mit ganzem Herzen geschieht, werde sich Gott, der die verdienten Strafen bisher abgewandt hat, in seiner Großmütigkeit erbarmen, in all den Wirren das geplagte Hessen vor den bedrängenden Stürmen retten und sich gegen die Feinde seines allerheiligsten Namens wenden.955 Scheint die Kampfesmetaphorik auf den ersten Blick ganz der biblischen Bildersprache geschuldet, so zeigen die letztgenannten Formulierungen doch, daß Treutler konkrete Gegner im Blick hat. Es erscheinen nicht nur die Spanier als die grausamen Feinde Hessens,956 sondern es sind wieder, wie bereits bei zahlreichen anderen reformierten Juristen beobachtet, die „Pontificii“.957 Einmal mehr wird die evangelische Wahrheit der Finsternis der päpstlichen Herrschaft gegenübergestellt.958 Treutler stellt die Jugend Wilhelms als durch die Niederlage seines Vaters Philipp von Hessen im Schmalkaldischen Krieg und dessen anschließende Inhaftierung durch den Kaiser geprägt dar. Die eigentlichen Gegner sind jedoch die römischen Päpste bzw. die Päpstlichen, denn der Kaiser wird gleichsam entschuldigt durch den Hinweis darauf, daß er nur in dieser Weise handele, weil er durch die ständigen päpstlichen Machenschaften dazu angestachelt werde.959 Der Schmalkaldische Krieg „Nos vero non tam humanis in auxiliis confidamus, quam mente ad Deum convertamur, agnoscamus delictorum magnitudinem, miseriam nostram deploremus: fidei vero scutum arripiamus, scutum illud et Palladium Christianum pectori apprimamus: Si Deus pro nobis, quis contra nos? recte factorum conscientiam Deo probemus, et, ut verbo dicam cum Apostolo, in timore Dei operemur salutem nostram: sic in silentio et spe erit fortitudo nostra. Hoc si toto corde fecerimus, tum Deus pro sua longanimitate meritißimas poenas adhuc avertet, vel saltem servabit sibi in his rerum confusionibus semen sanctum suum: cum gloria et decore plagam Haßiae illatam sanabit: calamitatum procellas ipse a cervicibus nostris propulsabit, et in hostes nominis sui sanctißimi convertet“ (aaO., 118). 956 Vgl. aaO., 27 („laresque hos omnes haßiacos atroci hosti Hispano illudendos diripiendosque permittere“). 957 Vgl. z.B. aaO., 17 („Pontificii“). 958 Vgl. ebd. („caeterum invalescentibus paulatim in regno Pontificio tenebris“). 959 „In hoc autem studiorum curriculo perstitit ad annum usque aetatis decimumquartum, qui fuit a Christo nato 1546, tum enim eae civilium bellorum procellae non tam Caroli V. Imperatoris alias sapientis et benefici, quam diuturnis Pontificum Romanorum machinationibus excitatae, foederis Smalcaldici socios, et inprimis Saxoniae Electorem, Haßiaeque Principem Philippum impetere coeperunt: [...]“ (aaO., 21). 955

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sei letztlich ein Krieg zur Propagierung der päpstlichen Religion gewesen.960 Im Blick auf die innerprotestantischen konfessionellen Unterscheidungslehren vermeidet Treutler jede abgrenzende Formulierung. Mehrfach findet sich Kritik an den Lehrstreitigkeiten der Theologen und ihren spitzfindigen Disputationen.961 Wilhelms Wirken wird wesentlich als in dieser Hinsicht Frieden stiftendes Handeln charakterisiert. Dies geschah auch über sein Territorium hinaus zum Nutzen der Nachbarn und des Reiches.962 Die Confessio Augustana und das Werk Melanchthons erscheinen als Orientierungspunkt nicht nur Wilhelms, sondern auch Treutlers.963 Als außerordentlich wertvoll hebt er die Ausbildung des jungen Wilhelm in Straßburg unter den herausragenden Theologen Hedio, Fagius, Zell sowie – im Blick auf die Offenheit zum reformierten Protestantismus besonders wichtig – Bucer und Martyr Vermigli hervor.964 Treutlers konfessionelle Positionierung wird am deutlichsten greifbar in der Schilderung des Wirkens des als Kryptocalvinist aus Kursachsen

960 „[...] haec bello religionis praetextu moto pro Pontificia religione pugnanti contigerat“ (aaO., 299). 961 „Ordinem igitur et leges ecclesiasticas a Philippo parente sapienter sancitas noster negligeret? Minime profecto omnium: quin easdem tum cum reliquis Illustrißimis fratribus in universum, tum pro sua ditione seorsim pro re nata augendas sibi et multis modis amplificandas putaret. De quaestionibus non-necessariis rixas et disputationes ille permitteret? Profecto nunquam faceret. Oderat noster Princeps toto pectore eos homines, qui vel praeconceptas, vel plane novas opiniones pertinacius defenderent: qui insolitas, et neque sacris in literis, neque in receptis ecclesiae Symbolis, nec denique in oecumenicis conciliis, et veteri Ecclesia approbatas phrases et loquendi modos eo praetextu Ecclesiae obtruderent, ut mysteria articulorum fidei suum ad sensum possent traducere; non expectantes ex scripturis sensum, sed inferentes. Contra vero qui piam verbi divini simplicitatem sui semper similem sectarentur, qui ad eam praecipue in docendo respicerent, hos summopere sibi et amandos et honorandos noster statuebat“ (aaO., 46). „Studium porro concordiae in illo nostro quasi hereditarium fuit tam ingens et magnum, ut tum demum felicem Ecclesiae Christi operam se navasse crederet, si gliscentibus in religionis negocio certaminibus aliquam adferre levationem consilio, opera, cogitatione sua posset. omnino enim statuebat a viris pacis amantibus, et verbum Dei tanquam, cynosuram sequentibus, si non prorsus componi, certe mitigari posse“ (aaO., 47). Vgl. aaO., 48 („idem afflictae Ecclesiae toties optatam pacem restitueret“). 962 Vgl. bes. aaO., 57f. 963 Vgl. aaO., 15, zit. unten Anm. 970; aaO., 99, zit. unten Anm. 966. 964 Vgl. aaO., 23.

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vertriebenen Caspar Cruciger d. J.965 Er lobt ausdrücklich Wilhelms Entschluß, seinen Sohn Moritz von eben diesem Melanchthon-Anhänger in der rechten christlichen Lehre unterrichten zu lassen. Stoff seien neben den Artikeln der Confessio Augustana Melanchthons Loci communes gewesen.966 Ziel dieses Unterrichts sei nach dem überaus weisen Plan Wilhelms gewesen, daß der Sohn bei nüchterner, vernünftiger Erkenntnis gehalten werde und sich nicht in den Unsinn unglückseliger Disputierereien verstricken lasse.967 Mit der scharfen Kritik an den unglückseligen, spitzfindigen Erörterungen der Theologen grenzt sich Treutler im Jahre 1592 in erster Linie gegen die Zumutungen der lutherischen Konkordienformel von 1577/80 ab. Beleg dafür ist nicht nur, daß Treutler Wilhelms konfessionelle Einigungspolitik, der die Konkordienformel gerade nicht unterzeichnet hat, über die Maßen lobt.968 Vielmehr erhält die Würdigung Wilhelms dafür, daß dieser nur die Einfachheit der Heiligen Schriften als Norm und darüber hinaus lediglich die altkirchlichen Bekenntnisse und die Confessio Augustana akzeptiert habe, auch ausdrücklich eine gegen die Konkordienformel gerichtete Spitze. So sei das zu bewundernde Geheimnis des Mensch gewordenen Gottessohnes in den vorgenannten Bekenntnissen nicht über die Heilige Schrift hinaus mit vorwitzigen und skandalösen Wortklaubereien abgehandelt worden. Eben die Lehre von der Person des inkarnierten Christus spielte in der Konkordienformel eine wichtige Rolle bei der Begründung der Lehre von der Ubiquität Christi und der körperlichen Realpräsenz im Abendmahl.969 Siehe auch oben Anm. 859. „In haurienda vero sincerae pietatis doctrinae opera quoque adhibita est venerandi senis Casparis Crucigeri Fil. theologi: qui horis succisivis Augustanae Confeßionis capita et locos, quos vocant, communes Melanchtonis [Melanchthon] Principi Mauricio preculiari jussu Principis Wilhelmi praelegit“ (TREUTLER, Oratio, 99). 967 „Voluit enim Parens sapientißimo consilio hunc suum Filium intra metas sobriae cognitionis ita contineri, nec infelicium disputationum tricis involvi“ (ebd.). 968 Vgl. aaO., 46–59. Treutler führt im Blick auf Wilhelms Wirken Jesu Seligpreisung der Friedensstifter an: „imo multo magis dici de illo potuerit illud Christi: Beati pacifici, quoniam filii Dei vocabuntur“ (aaO., 58f.). Vgl. auch aaO., 60 („Princeps noster Pacificus“). 62 („Princeps noster Pacificus“). 969 „Scripta Prophetica et Apostolica pacis illius normam esse volui: proximum ab iis locum Symbolis Apostolico, Nicaeno, Athanasiano attribui: concilia Oecumenica, quas in difficillimis fidei articulis phrases, quos loquendi modos approbassent, eos retinendos censui: phrases novas, ut plenas scandali et indubios contentionis fomites procul arceri jußi: idque potißimum in doctrina de persona Christi, in admirando 965 966

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Charakteristisch für Treutler ist wie für andere reformierte Juristen, daß er pietas und Bildung in engstem Zusammenhang sieht. So scheint auch er davon auszugehen, daß das „finstere Reich der Päpstlichen“ für die Errungenschaften der Reformation und des Humanismus gleich bedrohlich ist. Das Dreigestirn, das pietas und Bildung für Treutler verkörpert, ist durch die Namen Melanchthon, Johann Sturm und Petrus Ramus gekennzeichnet.970 Beim Lob für die ausgezeichnete Erziehung, die Wilhelm seinem Sohn Moritz angedeihen ließ, wird mehrfach im incarnati filii Dei mysterio fieri mandavi: ut ultra sacras illas literas mei homines saperent; ut sibi licere putarent, quod iis, quae dixi, symbolis, iis, quae dixi, conciliis prohibitum inveniretur, non tuli, non permisi unquam. Ad has, quas dixi, normas Augustanam Confeßionem, Ecclesiarum in Germania symbolum retuli ipse, et ut referrent alii, apud meos praecepi, apud alios suasi: monendo, scriptitando, quoad vixi, eadem dicere, eadem subjicere Electoribus et Principib. aliis non destiti: ut potius de veteri tuenda pace, quam de nova instituenda; et magis de communi negocio expediendo, quam intestinis dißidiis exaggerandis solliciti esse vellent, suasi: darent gloriam Deo, et scandala evitarent, rogavi, oravi, obsecravi“ (aaO., 49). Zu Wilhelms Sympathie für reformierte Auffassungen vgl. das Schreiben, das er am 24. März 1581 an einen Kritiker gesandt und das STRIEDER im Auszug veröffentlicht hat: „ich kann wol dencken, das die Leutte so die gancze Weltt vnderstehn zu reformiren, vundt Jderman die Splitterlein in Augen suchen, aber die grosse kloecz so sie jnn jhren aigenen Augen habenn, nitt allein nitt herrauß ziehen, sondern vor eytel Heiligthum gehaltten haben wollenn, solche Ding vonn mir spargiren, Dan ich waiß jhren brauch laider viel zu wohl. Nemlich mehr jhre Paradoxa nit will gutt haissen, alß das Christus begraiflicher laiblicher Waise, nit jnn Gott noch bey dem Vatter noch jm Himmel say, Item das ehr vff die waise, wie vnser gesicht, auch Hicz vnd klang, durch die lufft vndt glaß dringet, vndt kainen raum gibtt noch nimpt, also auch von seiner Mutter geboren soll sein. Item das der Himmel so wohl als Christi Menschlicher Leib allenthalben jnn allen Creaturen, laub, graß, ja im strick vnndt bierkanten sein solle, Item das ehr nit eines fingers, ja nit eines hars breyt vffgefahren, sondern wie etzliche vorgeben, sain vffart nurt ein entzuckung von vnserem gesicht sein soll, vnd was der fantasey vnndt schwermerai noch viel mehr ist, die Gottes wortt vnd den heiligen symbolis ex diametro zuwieder saind, das sie den flur Caluinisch, ja erger alß Turcken vnd Juden pflegen außzuschreyen“ (STRIEDER 2, 452f. Anm (*)). 970 „Proinde cum jam freno potius quam calcaribus opus ei esse animadverterent praeceptores; consultius visum est ingenii ubertatem pietate et literis humanioribus excoli, quam immergi praeceptionum spinis: quibus adhuc dum artes liberales pene involvebantur, nondum ita plenam usus familiaris applicationem consecutae, quam efflorescens MELANTHONIS dexteritas, STURMII industria, operosa RAMI et aliorum solertia magno Reip. bono temporis successu perfecit“ (TREUTLER, Oratio, 15). Vgl. auch aaO., 19: Verweis auf Erasmus’ Schrift Institutio principis christiani (zuerst Basel 1516).

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gleichen Atemzug neben der Erkenntnis in der Theologie die in der Philosophie genannt.971 Trost ist nicht nur im Gebet, sondern auch in den Studien zu finden.972 Treutler hebt hervor, daß für Wilhelms Handeln neben der Orientierung an der gloria Dei auch das Licht der Natur zentral gewesen sei.973 Wilhelms Förderung der Wissenschaften am Kasseler Hof führt gerade nicht weg von der wahren Quelle Christus.974 Behandelt wird neben der Mathematik und der Astronomie insbesondere die Astrologie, bei der Treutler eingehend die Überzeugung Wilhelms, daß hier kein Widerspruch zum Wort Gottes besteht, erläutert.975 Ihren konkreten Ausdruck findet die unauflösliche Zusammengehörigkeit von pietas und Bildung in der durchgehenden Hochschätzung der gelehrten Bibelauslegung.976 Wilhelms Verdienste darum werden stark betont.977 Treutlers Auffassung, daß kontinuierliche Bibellektüre Vgl. aaO., 100–102. „Norat preces esse arma Ecclesiae: intelligebat illud, proximo post pietatem loco nulla in re alia plus esse levamenti, quam in honestarum artium studiis: [...]“ (TREUTLER, Oratio, 30). 973 „Nihil igitur fieri potest et ad Deum et ad homines in tam ancipiti vocationis genere rectius, quam si id sequantur omnes, quod Wilhelmus Princeps sapienter dicere solebat: Dei gloriam, naturae lucem, rationis ab effectibus vacuae ductum sequendum esse: ita fore, ut cuivis aequabile jus expedite satis, ut quaeque res ferret, trebueretur, nec devii tramites, aut disputationum labyrinthi transversum quem abriperent“ (aaO., 67). 974 „Fontem illum in horti inferioris Cassellani medio quis unquam sine singulari delectatione aspexit? in cujus textorio venustißimae picturae nos cogitatione animi ab aliis fontibus; quorum sacris in literis mentio fit, ad verum salutis fontem Christum cum muliercula Samaritana colloquentem deducunt“ (aaO., 81). 975 Vgl. aaO., 82–88, bes. 88, teilw. zit. unten Anm. 984. 976 „Si ille qui legendi partes obibat, non satisfaceret, mox aut mutos magistros, hoc est, lectißimorum interpretum libros consulendos, aut cum Theologis aliis conferendum sibi putabat. et cum incredibili memoriae facultate valeret, ac universae historiae cognitionem haberet tantam, quantam quisque alius optare sibi ausit, inde eveniebat, ut arduas persaepe moveret quaestiones, ea tamen, qua par est modestia, dans gloriam Deo, et non ignorans illud: Credens scit se credere. Si hoc non est scrutari Scripturas; nescio quid aliud sit? Si hoc non est probare Spiritus, an ex Deo; tum nescio quid sit probare spiritus. Quam etiam ad idem studium, quod sibi tam fructuosum experiretur, traduci cuperet alios Principes, [...]“ (aaO., 42f.). 977 Treutler erwähnt eine mehrsprachige Bibelausgabe, die Wilhelm im Jahre 1573 der Universität vermacht hat, und zitiert ausführlich die von ihm eigenhändig eingefügte Widmung (aaO., 65). Vgl. ferner die eingehende Würdigung von Wilhelms Arbeiten zu den Psalmen aaO., 20f. 42. 971 972

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das fundamentum pietatis ist, kommt in der Würdigung der entsprechenden Praxis Wilhelms zum Ausdruck.978 Über die zentrale Bedeutung der Heiligen Schrift979 hinaus lassen sich weitere Schwerpunkte religiöser Formulierungen aufzeigen. So wird hervorgehoben, daß der Mensch angesichts seiner Schwäche und Sündhaftigkeit nur bei Gott Hilfe bzw. durch Christus Versöhnung findet.980 Sodann wird der Armseligkeit des irdischen Lebens das wahre himmlische Leben gegenübergestellt.981 Und schließlich kommt dem Gedanken der göttlichen Führung eine zentrale Bedeutung für die Frömmigkeit und Konfession Treutlers zu. Sie hilft, den Lebenslauf des jungen Wilhelm zu deuten, der in der Bedrängnis des Schmalkaldischen Krieges zu seinem größten Nutzen nach Straßburg geschickt wurde.982 Und sie ist in Treutlers Schrift der Ort, an dem biblische Aussagen und vernünftigwissenschaftliche Erörterung in Übereinstimmung gebracht werden. Anlaß ist die Beschäftigung Wilhelms mit Johannes Garcaeus’ 1576 in Basel erschienener Astrologiae methodus. Jener hatte im Zuge seiner Studien des Werkes an den Rand geschrieben: „Deus numeravit omnes dies vitae meae.“983 Treutler berichtet nun, wie Wilhelm in der Auseinandersetzung mit der Bibel und mit Hilfe von Augustins Kommentar De Genesi ad litteram 6, cap. 17 eine tragfähige Lösung gefunden habe. Die causae secundae würden von Gott häufig gewandelt und so sei eine gewisse Freiheit des Handelns nicht im abergläubischen Sinne aufgehoben.984 Charakteristisch ist, daß Treutler zwar in diesem Sinne „Primo enim, quod est pietatis fundamentum, in indefessa librorum sacrorum lectione ita fuit aßiduus, ut (quod absque invidia dixerim) plurium Theologorum in eo genere diligentiam, ut olim Demosthenes antelucanas mechanicorum opificum operas longe superaret“ (aaO., 41). Mehrfach wird die Bedeutung der Psalmen für Wilhelms Frömmigkeit und Auslegungsbemühen hervorgehoben. 979 Vgl. auch aaO., 118 („repone verbum tuum in ore et corde servi tui [...] Mauricii“). 980 Vgl. aaO., 45. 110. 114. 981 Vgl. aaO., 73. 108. 115. 982 Vgl. aaO., 98. 983 Vgl. aaO., 87. 984 Nach einem längeren Zitat aus: AUGUSTIN , De Genesi ad litteram VI,17,28, PL 34,351, formuliert Treutler folgende Schlußfolgerung: „Hactenus ex sacris literis et D. Augustino noster satis ostendit, quid de ejus generis praedictionibus sentiret: sive enim ea nitantur artis suae fundamento, voluntatis tamen libertatem in actionibus non tollunt, et a Deo saepe mutantur: sive ex Arabum superstitionibus iis aliquid uspiam aspersum sit, minus eis fidei adhibendum. et in hoc posteriori genere lapsum esse Garcaeum alii artifices existimarunt“ (TREUTLER, Oratio, 88). 978

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von praescientia und providentia, nie jedoch in einem spezifisch calvinistischen Sinne von praedestinatio spricht.985 Zusammenfassend läßt sich sagen, daß in der Rede zwar in großer Ausführlichkeit Wilhelms Frömmigkeit und Sorge für den rechten Gottesdienst dargestellt wird,986 zugleich aber keine der innerprotestantischen konfessionellen Unterscheidungslehren Ausdruck findet. Auch das Lob, daß Wilhelm als Wächter über beide Tafeln des Dekaloges für den Schutz und die Ausbreitung des rechten Gottesdienstes gewirkt habe, kann nicht in diesem Sinne gedeutet werden. Denn nach dem Vorbild Melanchthons war die Verantwortung der weltlichen Obrigkeit für beide Tafeln des Dekaloges längst ebenfalls im Luthertum Gemeingut geworden.

Der Begriff „praescientia“ wird im Augustin-Zitat eingeführt. Über die Vorstellung der providentia hinaus wird der Begriff wörtlich bei der Beschreibung von Wilhelms Tod verwendet: „quanquam peculari Dei providentia factum arbitror, ut in hac extrema profectione suis subditis charißimis vale extremum diceret (aaO., 111). Vgl. auch aaO., 73 („Deo pro suo ineffabili consilio“). 93 („Deus omnipotens, in cujus manu est cor Principis“). 107 („si Deo ita placuerit“). Vgl. ferner aaO., 38f.: „Nihil nunc dico de distinctione temporum, cujus certitudinem Deus in Imperiorum translatione, in vaticiniis de Ecclesia vult conspici: ea vero certa esse nequit, nisi magnifici regum et Principum sumtibus ingenia excitentur, parentur instrumenta, quibus ad ingeniosam subtilißimae contemplationis exercitationem est opus.“ 986 Die Rede geht aus von der traditionellen Drei-Stände-Lehre, nach der jedes Leben, so Treutlers Formulierung, „dreifacher Art“ ist: kirchlich, politisch und ökonomisch. Als Herrscher habe Wilhelm in allen drei Dimensionen vorbildlich gelebt. Als Wächter über beide Tafeln des Dekaloges habe er für den Schutz und die Ausbreitung des rechten Gottesdienstes gewirkt, für das Gedeihen des Gemeinwesens und insbesondere den Schutz der Rechte der Untertanen gesorgt und schließlich auch Wirtschaft, Bildung sowie Ehe- und Familienleben gedeihen lassen. „Vt autem vitae genus potißimum est triplex, ECCLESIASTICUM, POLITICUM, OECONOMICUM: ita ea quae in gubernatione pia ac salutari geruntur, vel ad cultus divini propagationem et conservationem spectant; vel ad imperium, curam Reip. juraque subditorum recte tuenda pertinent; vel denique ad familiae administrationem, uxorem, liberos, agriculturam, aedificandi studium et honestam a laboribus publicis relaxationem referuntur. Jam vero in Principe nostro, qui magistratum utriusque tabulae Decalogi custodem esse, nec minus cultus divini et purae religionis, quam gubernationis politicae curam debere gerere noverat, qui in amabili, pio et foecundo conjugio vivebat; qui denique nunquam minus erat ociosus quam cum aliquid a curis publicis ocii concederetur; multa in omnes partes oratione explicanda occurrunt“ (aaO., 39). Entsprechend ist die Rede grob gegliedert (aaO., 39–ca.50: status ecclesiasticus; aaO., ca.50–72: status politicus; aaO., 72–ca.105: status oeconomicus). 985

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5.3.3 Religion und Konfession in den Disputationen 1592/93 Mit seinen zivilrechtlichen Disputationsübungen hatte Treutler so großen Erfolg, daß er 63 der Disputationen bereits in den Jahren 1592 und 1593 zum Druck brachte.987 Dieses Werk wurde nicht nur vielfach nachgedruckt,988 sondern auch Gegenstand zahlreicher Vorlesungen und Grundlage eigener Kommentarwerke.989 Im Unterschied zu früheren Disputationen ging es in diesen Collegia nicht mehr primär um Übungen in der Kunst, dialektisch zu argumentieren, sondern um methodische Durchdringung des Stoffes.990 Treutlers Schulung in der ramistischen Methode begünstigte die Elementarisierung des Stoffes der Pandekten in Gestalt von Hauptsätzen, die zwar in der Reihenfolge der justinianischen Titel geboten wurden, aber dennoch eine thematische Gliederung leisteten. So kam der Treutlerschen Thesensammlung zwar nicht die Qualität eines Systems im strengen Sinne zu, aber sie fand als Kompendium der Pandekten willkommene Verwendung. Die den Thesen beigefügten Erläuterungen diskutieren Einzelfragen, setzen sich mit Widersprüchen auseinander und bieten eine Fülle von Belegstellen aus

987 Vgl. H IERONYMUS T REUTLER , Selectae disputationes ad pandectarum juris civilis Justinianei part. I. II. et III., Marburg 1592; DERS., Selectae disputationes ad pandectarum juris civilis Justinianei partes quatuor posteriores, Marburg 1593; vgl. auch DERS., Selectarvm disputationum ad ius civile Iustinianeum quinquaginta libris pandectarum comprehensum volumina duo, Marburg 1617. 988 Die Verzeichnisse der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 16. und 17. Jahrhunderts führen Ausgaben (einschließlich der kommentierten) in folgenden Jahren und an folgenden Orten auf: Marburg 1594; ebd. 1596; ebd. 1603; ebd. 1604; ebd. 1606; ebd. 1617; Frankfurt a. M. 1617; ebd. 1620; Marburg 1622; Frankfurt a. M. 1624; Marburg 1628; Frankfurt a. M. 1632; ebd. 1640; ebd. 1649; Bremen 1660; Bremen/Frankfurt a. M. 1660. 989 Vgl. H ELFERICH U LRICH H UNNIUS , Hieronymi Treutleri [...] selectarum disputationum ad jus civile Justinianeum, quinquaginta libris pandectarum compraehensum, resolutiones absolutißimae, 2 Bde. in 3 Tlbdn., Frankfurt a. M. 1617; REINHARD BACHOVEN VON ECHT, Notae et animadversiones ad dispvtationes Hieronymi Treutleri [...] quibus omnia a Treutlero proposita, et pro ipso et adversus ipsum, ex interpretum antiquorum praecipue opinionibus, tum ex veris iurisprudentiae principiis evolvuntur et explicantur, volumen privs, Heidelberg 1617; DERS., Notae et animadversiones ad volvmen posterivs disputationum Hieronymi Treutleri [...] ita ex opinionibvs priscorvm maxime interpretum et veris iurisprudentiae principiis concinnatarum, ut et resolutionum ad Treutlerum, et commentariorum ad singulas materias, loco esse poßint, pars prior et posterior, 2 Bde., Heidelberg 1618/1619. 990 Vgl. dazu genauer S TINTZING , Geschichte I, 132–139.

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dem Corpus Iuris Civilis und Schriften zeitgenössischer Rechtsgelehrter.991 Die Disputationen argumentieren rein zivilrechtlich. Andere Rechtsquellen als das Corpus Iuris Civilis spielen keine nennenswerte Rolle. Wichtigster zeitgenössischer Referenztext ist die 1590 erschienene Jurisprudentia Romana seines Marburger Kollegen Vultejus. Mit ihm greift er in großem Umfang auf die Vertreter der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs, insbesondere Jacques Cujas, zurück. Vertreter der mittelalterlichen, scholastischen Rechtswissenschaft spielen nur eine ganz untergeordnete Rolle. Verweise auf Bibelstellen oder das ius divinum finden sich ebenfalls nur an wenigen Stellen. Selbst in der Disputation De iustitia et iure,992 in der Fragen der Grundlegung des Rechts behandelt werden und sich ein Rückgriff insofern nahelegte, verzichtet Treutler weitestgehend darauf. Nur zweimal werden hier überhaupt Bibelstellen genannt, und auch dann nur in einem nebensächlichen Sinne: Bei der Diskussion der Frage, inwieweit der Herrscher legibus solutus ist, verweist Treutler auf die Kompetenz des römischen Herrschers, Edikte wie das zur Bevölkerungszählung nach Lk 2 zu Christi Zeiten zu erlassen.993 Eine zweite Bibelstellen-Angabe erfolgt bei der Erläuterung des Sachverhalts, daß ein Gesetz anfangs durch das Volk, dann aber, nachdem das Volk dem Herrscher alle seine Herrschaftsgewalt übertragen hat, durch diesen erlassen werden kann.994 Treutler erläutert, daß diese Gewalt zuerst von Gott kommt, weshalb in Ps 82[,6] die Magistrate Götter genannt würden.995 An einer Stelle in der Disputation erörtert Treutler die Frage, ob unter die in den Digesten vorgenommene Definition der Gerechtigkeit auch die göttliche Gerechtigkeit zu subsumieren sei, und verweist dabei auf Aristoteles’ einschlägige Darlegungen zur Gerechtigkeit im fünften Vgl. STINTZING, Geschichte I, 136–139. 466. HIERONYMUS TREUTLER [Praes.]/JOANNES RHEM [Resp.], De justitia et jure, in: TREUTLER, Disp. 1592/93, I/1, f. A 1r–4v. 993 Vgl. T REUTLER , Disp. 1592/93, I/1, Th. VI.c), f. A 3v . 994 „Ex tali compositione factum est jus civile Romanum a; idque lege b, vel moribus c. Lege sancita ab eo qui id potest d) ut initio populus; vel totus, unde in specie Lex e; vel per partes, unde plebiscitum f et Senatusconsultum g: aut postea Princeps, in quem populus omne suum imperium transtulit h.“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, I/1, Th. V, f. A 3r). 995 „d) l. fin. de iurisd. quae potestas primum a Deo, c. firmiter. et ibi Canonist. de summ. Trin. a qua communicata Magistratus Dii appellantur, Psal. 82. vide exacte marant. d. p. 3. q. unic. et Bodin. 1. de Repub. 5. et passim in illis libris“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, I/1, f. A 3r). 991 992

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Buch der Nikomachischen Ethik sowie auf Melanchthons als Kommentar dazu entworfene Epitome philosophiae moralis.996 Die den Institutionen entnommene Rede von der Jurisprudenz als Kenntnis der göttlichen und menschlichen Angelegenheiten führt Treutler zu der Erörterung der Frage, ob unter göttlichen Angelegenheiten, wie manche meinen, die Philosophie, oder, wie andere sagen, die doctrina Evangelii zu verstehen sei.997 In der gesamten Disputation hat nur ein einziger Verweis auf religiöse bzw. christliche Inhalte grundsätzliche, einschlägige Bedeutung. Treutler nimmt die in den Digesten genannten drei praecepta iuris auf und verbindet sie mit der ebenfalls dort ausgeführten Unterscheidung von ius publicum und ius privatum.998 Da in den römischen Rechtscorpora das ius publicum der Bereich ist, in dem das ius in sacris et sacerdotibus bzw. das ius divinum abgehandelt wird, stellt sich die Frage, wie das ius publicum von einem christlichen Standpunkt aus zu definieren ist. Das ius divinum als Teilbereich des ius publicum bzw. des Rechts insgesamt wäre jedenfalls nicht akzeptabel. So schlägt Treutler zuerst einmal eine Neudefinition des Begriffs „ius publicum“ vor.999 Dann reVgl. TREUTLER, Disp. 1592/93, I/1, Th. I.c), f. A 1r. „c) d. l. 10. §. fin. §. 1. Instit. hic, quae definitio mirifice a Dd. divexatur. sunt qui eam certo genere constare negant, vel duo habere genera dicunt; quibus respondet Wes. ibid. sunt qui jurisprudentiam ibi definiri negant, sed universi juris summam quandam cognitionem proponi, ut Hot. ibid. Alii cum rerum divinarum mentio sit philosophiam definiri putant, ut Baro ibid. alii doctrinam Euangelii comprehendi, quod historia ineptum esse docet, ex qua constat Vlp. Christianae fidei inimicum fuisse: nec Iustiniani scopus in Inst. admittit; vide Myns. ibid. adde Vacun. 1. declar. 30. Cors. 1. indagat. 11 Verbo dici potest: describi hic jurisprudentiam et per opposita objecta amplitudinem ejus populariter depingi“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, I/1, Th. II.c), f. A 1v–2r). Vgl. Inst. 1,1,1: „Iuris prudentia est divinarum atque humanarum rerum notitia, iusti atque iniusti scientia.“ 998 „Juris illius sive artis aequi praecepta tria sunt, honeste vivere; alterum non laedere: suum cuique tribuere a; Et referuntur aut ad publicam utilitatem, unde jus publicum, quod ad statum rei Romanae spectat b; aut ad privatam, unde jus privatum ad singulorum utilitatem pertinens c“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, I/1, Th. III, f. A 2r). Vgl. Dig. 1,1,10; Inst. 1,1,3f. 999 „b) principaliter: nam alias per consequentiam utilia privatim etiam sunt utilia publice, sed neque semper; neque eodem modo; idque dicitur consistere in sacris et magistratibus, adeoque nec naturale nec gentium; unde intelligitur, quo sensu Vlp. et post eum Imperator privatim jus origine dicant esse tripartitum. optime Baro ad §. fin. Inst. hic, et ibid. Coj. in not. post adde Bocer. hic. th. 35. Wes. par. nu. 7. diss. Hot. in d. §. fin. illud obiter addo jus publicum hic dici non ratione formae; nam ita omne ius est publicum: sed ratione obiecti; quod Crassus apud Cic. 1. de Orat. eleganter exprimit, cum jus publicum ait esse in iis, quae sunt propria civitatis et 996 997

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lativiert er in einem historisierenden Sinne das überholte ius publicum vetus und stellt diesem das in der Gegenwart gültige ius publicum, „consistens in pietate juxta verbum Dei et quatuor symbola“, entgegen.1000 Ferner gehören dazu die Goldene Bulle und ein großer Teil der Reichsabschiede, wobei der in Augsburg 1555 beschlossene Religionsfriede besonders hervorzuheben ist.1001 Hier wird im reformatorischen Sinn die auf die Heilige Schrift und die altkirchlichen Bekenntnisse begrenzte Lehre als wesentlicher Inhalt des ius publicum beschrieben.1002 Diese Begrenzung ist schon an sich eine kritische Zurückweisung der mittelalterlichen Entwicklungen, die ihren rechtlichen Niederschlag im kanonischen Recht gefunden haben. Noch signifikanter wird diese Kritik durch die betonte Qualifizierung des Augsburger Religionsfriedens als ius publicum des Reiches. In späteren Ausgaben tritt der reformiertprotestantische Standpunkt dadurch noch stärker hervor, daß der Augsburger Religionsfrieden von 1555 als wiederholt und bestärkt durch den Reichstag von 1566 bezeichnet wird. Denn auf eben diesem Reichstag in Augsburg konnte Kurfürst Friedrich III. verhindern, daß seine calvinistisch inspirierte Reformation den reichsrechtlichen Schutz verlor.1003 Charakteristisch ist, daß Treutlers umfassende Darlegung des Rechts rein zivilrechtlich erfolgt. Das kanonische Recht bzw. die Kanonisten imperii: hoc est, ut JCtus ait, spectat ad statum rei (quod defendit Hot.) vel Reip. (quo placet Raev. 5. d. c. 12.) Romanae“ (ebd.). 1000 „Non tamen verum est, quod scribit Raevard. d. c. 12. l. regia ius publicum omnino esse sublatum: licet antiquatum tempore Iustiniani maxima ex parte fateatur Wes. par. hic nu. 7. ius publicum vetus. Est autem nobis jus publicum aliud, consistens in pietate juxta verbum DEI et quatuor symbola [Ausg. 1617: arg. t. t. C. de SS. Trinit. et seqq.]; [...]“ (ebd.). 1001 „[...] item in statu Imperii Romanogermanici, de quo Aurea Bulla Caroli IV. et magna pars Recessuum in Comitiis Imperii der Reichs abschiede / et inprimis pax religioni data Augustae 1555 post transactionem Passaviensem 1552. vide Sleidan. lib. 24. suae historiae“ (ebd.). 1002 In späteren Ausgaben der Disputationen wird hier zur Begründung auf die Codex-Titel, die die Trinitätslehre verbindlich machen (Cod. 1,1ff.), verwiesen (s. oben Anm. 1000). 1003 Vor „vide Sleidan. [...]“ ist die folgende längere Einfügung vorgenommen worden: „repetita et confirmata 1566. § vnd nach dem. vide prolixe rationem practicandi hujus constitutionis in Camera Imperiali apud P. Frider. Mindan. lib. 1. de process. extrah. cap. 28. Swaneman. lib.1. de process. Camer. c. 8. adde per discursum Franc. Burcard. libris 3. de autonomia, passim. ubi in initio lib. 1. et pluribus locis paulo odiosius originem hujus sanctionis perstringit“ (HIERONYMUS TREUTLER [Praes.]/JOANNES RHEM [Resp.], De justitia et jure [1592], in: TREUTLER, Disp. 1617, I/1, Th. III.c), S. 5).

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werden, von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen, weder diskutiert noch in die umfangreichen Auflistungen von Belegstellen aufgenommen. So verweist Treutler bei der Diskussion der Weisen, wie es zum Sklavenstand kommen kann, im Rahmen der Disputation De jure et statu personarum darauf, daß das kanonische Recht eine entsprechende Strafe kennt.1004 In der gleichen Disputation wird der Anspruch des Papstes, kraft seiner Autorität ein legitimes Erbschafts- bzw. Nachfolgeverhältnis im Blick auf ein Reich zu stiften, zurückgewiesen, ohne daß überhaupt Argumente des kanonischen Rechts diskutiert werden.1005 Ähnlich knapp und kritisch behandelt Treutler die um der legitimen Nachfolge willen erfolgte Adoption einer Königin mit Hilfe der Autorität des Papstes.1006 Auch bei den grundlegenden Erörterungen De justitia et jure wird das reichhaltige Material des kanonischen Rechts zum Verhältnis von Naturrecht und göttlichem Recht nicht herangezogen, obwohl es sich gerade hier nahelegen würde. Lediglich in der Disputation De nuptiis1007 erörtert Treutler eingehend Texte des kanonischen Rechts. Dies geschieht zumeist kritisch, wobei sich Treutler vielfach auf Theodor Bezas Traktat über die Ehescheidung1008 beruft.1009 Über die Auseinandersetzung mit dem „ius cano1004 Vgl. T REUTLER , Disp. 1617, I/2, Th. III.c), S. 21. In der Disputation De jurisdictione werden drei „gradus“ an Strafen unterschieden, neben dem Verlust des leiblichen Lebens, auch der des bürgerlichen Lebens sowie die Deportation. Die Auffassung, daß die Exkommunikation wie die Reichsacht als Strafe der zweiten Art zu betrachten ist, lehnt Treutler gegen das kanonische Recht ab (vgl. TREUTLER, Disp. 1617, I/3, Th. V.e), S. 36). Vgl. auch aaO. 1617, I/3, Th. XII.e), S. 42. 1005 Vgl. T REUTLER , Disp. 1617, I/2, Th. VII, S. 26. 1006 Vgl. T REUTLER , Disp. 1617, I/2, Th VIII.f), S. 28. 1007 Vgl. T REUTLER , Disp. 1592/93, II/6, f. F 1r–4 v ; D ERS ., Disp. 1617, II/6, S. 46–56. 1008 Vgl. T HEODOR B EZA , Tractatio de repvdiis et divortiis: in qva pleraeqve de cavsis matrimonialibvs (quas vocant) incidentes controversiae ex Verbo Dei deciduntur. Additur Iuris Ciuilis Romanorum, et veterum his de rebus canonum examen, ad eiusdem Verbi Dei, et aequitatis normam, Genf 1569; vgl. auch DERS., Tractatio de polygamia, et divortiis: in qva et Ochini apostatae pro polygamia, et Montanistarum ac aliorum aduersus repetitas nuptias argumenta refutantur: et pleraeque in causis matrimonialibus, quas vocant, incidentes controuersiae, ex verbo Dei deciduntur. Additur Iuris Ciuilis Romanorum, et Veterum his de rebus Canonum examen, Genf 1568. 1009 Vgl. T REUTLER , Disp. 1592/93, II/6, Th. I.a). d), f. F 1r–v ; aaO., Th. II.e). f). g), f. 2r; aaO. Th. III.a). b). c). d), f. F 2v; aaO., Th. IV.c). d). h), f. F 3r; aaO., Th. V.c). d), f. F 3v; aaO., Th. VI.b). d). e), f. F 3v–4r; aaO., Th. VII.f). g), f. F 4r; aaO., Th. VIII.a). b). f), f. F 4v; in späteren Ausgaben hinzugefügt: TREUTLER, Disp. 1617,

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num“ in den Erläuterungen hinaus markiert er den Gegensatz auch an zwei Stellen in den Thesen. „Cognatio spiritualis“ und Klerikerstand bilden keine Ehehindernisse.1010 Ein solches stellt Verwandtschaft zweiten oder dritten Grades dar, nicht jedoch vierten Grades. Hier ist das „civile“ Recht dem „päpstlichen“ bei weitem vorzuziehen. Vor allem aber ist die angemaßte Kompetenz des Papstes, von solcher Art Ehehindernis zu dispensieren, durch göttliches wie „civiles“ Recht ausgeschlossen.1011 Über die Abgrenzung gegen das ius canonum oder ius canonicum und die Feststellung „diss.[entiunt] Canonistae“ hinaus stellt Treutler dem Rückgriff auf das kanonische Recht andere Rechtsquellen und andere Begründungen entgegegen. Dies sind das ius civile (oder ius civile Romanum), das ius divinum, das ius naturale oder die natura.1012 Insbesondere das ius civile und das ius divinum werden in einem Atemzug genannt und so ihre fundamentale Übereinstimmung bei gleichzeitigem Gegensatz zum kanonischen Recht betont. In der Erläuterung der oben zitierten These, daß Klerikertum kein Ehehindernis darstelle, erklärt Treutler die gegenteilige Auffassung, die vom kanonischen Recht bzw. dessen Auslegern als göttliches Recht bezeichnet wird, als im Wider-

II/6, Th. I.e), S. 47; aaO., Th. IV.f)., S. 50; vgl. auch aaO., Th. VII.f), S. 54. Bezeichnend für das konfessionelle Profil Treutlers ist, daß er als zweiten Text eines evangelischen Theologen die gerade im reformierten Protestantismus hochgeschätzte Schrift Martin Bucers De regno Christi (zuerst Basel 1557) mehrfach anführt. Vgl. TREUTLER, Disp. 1592/93, II/6, Th. II.e). f)., f. 2r; aaO., Th. VII.g), f. F 4r; aaO., Th. VIII.b). f), f. F 4v, zit. unten Anm. 1015. 1010 „III. Affinitatis (quae inter cognatos mariti et uxoris non est a) prohibitio eandem habet regulam, ut impediat conjungi eos qui sibi invicem parentum liberorumve loco sunt b. Nudis porro sponsalibus ea non contrahitur c, sicut nec ex coitu illicito d. Cognatione autem spirituali e et clericatu f impedimentum induci non putamus“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, II/6, Th. III, f. F 2r). 1011 „II. Consensus ille legitimus est in personis contrahentibus, et contrahendi modo a. Personae quaedam sponsalia contrahere prohibentur ob necessitudinem, eamque cognationis vel affinitatis. Cognatio in linea recta prohibitionis est infinitae b: in transversa ii qui sibi invicem sunt loco parentum et liberorum c; in caeteris secundi et tertii gradus personae prohibitionem habent d; non quarti e: et licet computatio Pontificia usu hodie frequentetur, civilem tamen longe rectiorem putamus f: nec dispensandi in gradibus jure divino vel civili prohibitis potestatem Papae tribuimus g“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, II/6, Th. II, f. F 1v). 1012 So bringt die Ehe die Gewalt des Ehemannes über die Ehefrau mit sich, und zwar „jure naturali et divino“; zudem: „jure [...] civili veteri non aliter“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, II/6, Th. VII.i), f. F 4v).

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spruch zum ius divinum wie auch zum ius civile Romanum stehend.1013 Auch die erwähnte Ablehnung der päpstlichen Ansicht, daß Verwandtschaft vierten Grades ein Ehehindernis darstelle, wird mit Verweis auf das ius divinum und civile (sowie ius divinum und natura) begründet.1014 Wie die eingehende Erörterung des kanonischen Rechts in der Disputation De nuptiis singulär in der gesamten Disputationensammlung ist, so sind auch nur hier gehäuft Verweise auf Bibelstellen zu finden. Treutler benötigt sie, um das gegen das kanonische Recht angeführte ius divinum zu illustrieren. Dabei ist charakteristisch, daß er von der Überzeugung der Übereinstimmung von ius civile und ius divinum ausgeht. Einen charakteristischen Ausdruck findet sie im Abschluß der Disputation De nuptiis. Bei der Erläuterung, der These, daß Verlöbnisse von Richtern, die auch „saecularis“ sein können, gelöst werden dürfen, weist er – unter Berufung auf Beza und Bucer – die römisch-katholische Auffassung, daß die Ehe eine geistliche Angelegenheit sei, zurück. Vielmehr ist sie ein contractus mixtus: „quod ad societatem humanam attinet, plane civilis: quod ad Deum auctorem et mysterii significationem, Ecclesiasticus“.1015 Die in dieser Weise vorgenommene Unter1013 „f) quod jure divino verum fatetur ipse Covar. d. c. 6. §. 3. nu. et conjugium non obesse sacerdotio ex divina institutione. Alf. de Castro. tr. de haeret. haeres. 4. verb. matrimonium. Dom. Soto 8. de just. et jur. q. 4. art. 2. contra alios. Fatentur igitur prohibitionem esse humanam, quam nos juri divino et civili Romano contrariam asserimus: confer Hebr. 13. vers. 4. Tit. 1. vers. 7. 1. Timot. 3. vers. 2. 1. Cor. 7. vers. 5. 9. et seqq. etc. addel. 2. §. fin. C. de episc. et cler. Nov. 123. c. 13. et 15.“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, II/6, Th. III.f), f. F 2v). 1014 „f) quia cum natura et jure divino consentit, ut late et pulchre ostendit Beza d. tr. pag. 22. et seqq. item 31. et seqq. Bucer. d. c. 17. Imo amplius, ex Canonum supputatione interdum ducere possum, quam nec divino nec civili jure ducere possem, ut in specie c. 9. de consang. ubi vide gl. et Io. Andr. Bez. d. p. 31. Diss. c. 2. 35. 1. 5. et ibi Canonisti omnes [...]“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, II/6, Th. II.f), f. F 1v). 1015 „f) est enim matrimonii contractus mixtus: quod ad societatem humanam attinet plane civilis: quod ad Deum autorem et mysterii significationem, Ecclesiasticus, vide plane Bez. d. tr. p. 245 et seqq. Buc. d. lib. 2. c. 15. Diss. Cov. d. p. 2. c. 8. §. 12. per tot. Mozz. tit. de nat. mat. n. 18. et seqq. qui simpliciter et absolute conjugium dicunt esse rem spiritualem“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, II/6, Th. VIII.f), f. F 4v). In späteren Ausgaben findet sich der folgende, verstärkende abschließende Verweis: „Coronidis loco sit: pessimo exemplo a posterioribus Canonibus permitti, ut raptor cum rapta libere possit contrahere matrimonium, quod enim in l. un. C. de rapt. c. placuit. c. de puellis. 36 q. 2. contra statuitur, id justissimam rationem habuit jure divino et humano suffultam: contra quam non potuit nec debuit aliud jus induci, in c. fin. de rapt. (Diss. Covar. d. p. 2. c. 3. §. 9. nu. 1.) quibus quaestionibus opus non esset,

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scheidung von Weltlichem und Kirchlichem ist zentral für die Überzeugung von der Übereinstimmung von ius civile und ius divinum und damit letztlich rechter Rationalität und biblischer Religion. 5.3.4 Harmonie von biblischer Wahrheit und zivilrechtlicher Argumentation So zurückhaltend Treutlers zivilrechtliche Disputationen im Blick auf christliche Themen, Bibelstellen-Verweise oder religiöse Sprache sind, so konzentriert und geradezu emphatisch entfaltet die Widmungsrede theologische Grundentscheidungen, welche den Thesen leitmotivisch vorangestellt sind.1016 Gewidmet ist die Disputationensammlung den Herren Breslaus, der Nachbarstadt seines Heimatortes Schweidnitz und Zentrum philippistisch-calvinistischer Bestrebungen in Schlesien.1017 Die Widmungsrede endet mit der inständigen Bitte, daß Gott, der durch seinen Sohn Jesus Christus der Geber alles Guten ist, das blühende Gemeinwesen segnen möge, daß er das Fortschreiten seiner reinen Erkenntnis geschehen lasse, das Handeln der Herren von Breslau bestimme und ehrenhafte Ordnung („honesta disciplina“) in allen Ständen bewahre.1018 Nach einem Zitat, des Apostelwortes, durch Furcht Gottes für das eigene Heil zu arbeiten, schließt Treutler die Datierung der Widmungsrede mit dem bezeichnenden Hinweis auf den polnischen Fürsten Mieszko I. (ca. 960–992) ab, der unter anderem durch die Zerstörung der heidnischen Götzenbilder zuerst das göttliche Licht des christlichen Glaubens in der Region zum Leuchten gebracht habe.1019 si ubique locorum aequalis circa punienda delicta magistratuum animadversio vigeret, vide d. l. un. P. H. D. art. 118.“ (TREUTLER, Disp. 1617, II/6, Th. VIII.f., S. 56). 1016 Vgl. T REUTLER , Disp. 1592, f. ):( 2r–4 v . 1017 Vgl. M ACHILEK, Schlesien, 120. 1018 „Quod superest D EUM Opt. Max. largitorem omnis boni per Filium suum dominum nostrum Jesum Christum ardentibus votis oro, ut florientissimae vestrae Reip. et patria communi porro quoque affatim benedicat; sinat in ea propagati ad posteros incontaminatam sui agnitionem, regat actiones et consilia vestra omniumque piorum magistratuum, ut populi gentis illius vere sint Elysii, sicut eos vetustas transpositis leviuscule literis appellavit, ut floreat ipsa tranquillitas; honesta disciplina in omnibus ordinibus conservetur; absit barbaries et furores Cyclopici, atque, ut concludam cum Apostolo, in timore DEI operemur singuli salutem nostram“ (TREUTLER, Disp. 1592, f. ):( 4v). 1019 „Quo in voto epistolam hanc finio, atque diu florentes vos et incolumes omnes et singulos gloriae divinae et usibus generis humani vivere et superesse opto. Scripsi MARPURGI Cattorum, 1592. ipsis Nonis Mart. qui dies cum ante annos 697. incidisset in quartam Quadragesimae Dominicam, nobilitata est ejus memoria vere regio MIESLAI primi Poloniae ducis Christiani edicto, quo sublatis et in coenum

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Damit nimmt Treutler noch einmal das Thema auf, das die Vorrede insgesamt beherrscht: das Verhältnis der antiken philosophischen Erkenntnis, wie sie vor allem Platon verkörpert, und der durch den Heiligen Geist geschenkten vollkommenen Erkenntnis. Mit der heidnischen Antike sind gute Gesetze für Treutler der Ort, an dem die Weisheit Gottes aufscheint. Gesetzgeber können daher als socii Dei („Genossen Gottes“) bezeichnet werden.1020 In gut humanistischer Weise wird Platons Zielformulierung, Gott ähnlich und Genossen Gottes zu werden, aufgenommen. Dann würden Reiche in ruhigem Frieden und guter Ordnung blühen.1021 Diese Auffassung „jenes göttlich genannten“ Platon erscheine denen, die in der Schule des Heiligen Geistes unterrichtet worden sind, als nicht ausreichend göttlich. Auch wenn Treutler nicht die naturrechtliche Erkenntnis verschmähen möchte, umfaßt sie angesichts der menschlichen Schwäche doch nur einen Teil der Wahrheit des göttlichen Lichts.1022 Gott kennen sei nur durch Christus möglich,

deturbatis idolorum Ethnicorum statuis, prima fidei Christianae lux genti nostrae divinitus oborta, [...]“ (ebd.). 1020 „Regant hominum vitam, ait porro nomotheta noster, non affectus et privata arbitria potentum, sed leges honestae: in quibus DEI lucet sapientia, et ad quas ipsi etiam magistratus sua attemperent omnia. Prima vero ac praecipua gubernatorum cura sit, ut ipsi sint socii DEI, ambulent in comitatu ipsius: in quo viri sapientes et beati enixe elaborant; superbi vero suarum virium nitentes fiducia a comitatu DEI se avellunt, suasque Respublicas pessundant tandem ipsi et evertunt“ (TREUTLER, Disp. 1592, f. ):( 2r–v). 1021 „Pergit itaque Plato, et obambulare DEUM dicit et circumire imperia, ut inspectorem et custodem eorundem perpetuum: quem sequatur ultrix insolentiae Nemesis, comitetur vindex scelerum Zelus sive indignatio. Cum vero similitudo omnem amicitiam et conciliet et nutriat, ait oportere nos esse DEO similes, hoc est, conspici in nobis oportere virtutes, quibus copulati cum DEO simus in comitatu ipsius. Unde tandem concludit, normam omnium actionum, immotamque regulam statui oportere DEUM: tum demum fore ut stent imperia et tranquilla pace ac disciplina honesta perpetuo floreant“ (TREUTLER, Disp. 1592, f. ):( 2v). 1022 „Etsi enim orationem hanc ex rivulis legis naturae extructam non aspernamur: quia tamen particulam tantum complectitur lucis divinae, eam nempe quae natura nota est etiam gentibus, ideo manca ea est et mutila, nec omnino amplitudinem rei, de qua sermo est, assequi valet. Quis enim DEUS ille sit summe sapiens et bonus, cujus nos exprimere in vita similitudinem, conformitatem retinere debeamus, neque novit ipse Plato, neque docere alios potuit. Similitudinem etiam cum DEO dum in nudis illis virtutum simulacris ac revera umbris inanibus collocat, quas homines solo naturae ductu per assuefactionem crebram utcunque efformant, satis ostendit ignorare se τò διóτι sive causam miseriae nostrae et foedae illius

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durch den jene aller menschlichen Vernunft verborgene Weisheit im Evangelium offenbart sei. Insofern seien die wahren, durch göttliche Offenbarung erlangten und der göttlichen Norm entsprechenden Ratschläge und Handlungen von den platonischen Halluzinationen zu unterscheiden.1023 „Multo proinde plenius et divinius Rex sanctus ac vere socius DEI in Psalmo: Quando Principes populorum congregantur cum DEO Abraham, tum demum exaltatur DEUS valde: hoc est, tum ea floret tranquillitas, in qua et sonare vox divina in piorum congressibus publicis, et erudiri ad pietatem juventus, et ad conservandam disciplinam frequentari judicia possint.“1024 Trotz dieser starken Betonung des Unterschieds der offenbarten Erkenntnis von der vernünftigen Erkenntnis Platons erläutert Treutler mit keinem Wort, worin der faktische Mehrwert an Erkenntnis im Blick auf die konkrete Rechtsgestaltung liegt. Allein die Förderung der rechten Lehre von Gott und der öffentlichen Ordnung im Sinne der Sorge für die beiden Tafeln des Dekaloges wird im Folgenden genannt.1025 Die Widmungsrede erscheint so als ein Zeugnis der Auffassung Treutlers, daß bei aller Betonung der Überlegenheit der offenbarten Erkenntnis corruptionis, qua natura nostra per lapsum contaminata est“ (TREUTLER, Disp. 1592, f. ):( 2v). 1023 „Multo minus novit unicum illum ;δηγòν, qui ad societatem cum D EO postliminio nos reducit Christum: cum arcana illa sapientia toti rationi humanae ignota per solam revelationem divinam patefacta sit in Euangelio. Unde in propatulo est, gubernatorem Reip. Platonicum nequaquam esse, ut ipse existimat, in comitatu DEI; neque hac ratione propagari sapientiam et justiciam, quam lucere DEUS praecipue et conspici in ordine politico jubet. Spes enim omnis et opinio rerum feliciter gerendarum pendet ei ex sagacitate propria suppeditante celeriter consilia idonea, et efficiente omnia cum quadam dexteritate: quae tamen omnia, ut ex omnium aetatum historiis et Rebuspub. constat, facilime [sic!] concidunt et evanescunt. Discernenda igitur fuerit Platonica haec idea ab illo intellectu, luce et justicia, quam in mentibus piorum ipso DEI Filio docente accendit Spiritus sanctus, ne halucinatione quapiam aberrent a DEO, ut recta sint consilia, et actiones ad normam divinitus patefactam dirigantur“ (TREUTLER, Disp. 1592, f. ):( 2v–3r). 1024 T REUTLER , Disp. 1592, f. ):( 3r. 1025 „Aperuistis jamdudum portas vestras Regi gloriae; constituistis ecclesias et scholas: easque omni cura conservatis, ut ad posteritatem vera de DEO doctrina propagetur, et ad disciplinae quandam severitatem mature assuefiat juventus, quae seminarium est Reipub. Itaque quod nulli Ethnicorum utcunque excellenti Imperatori contigit, custodes estis utriusque tabulae Decalogi: et in politica vestra gubernatione, ut verbo complectar quod res est, omnino vivum lucet exemplum illius quod ait regum post homines natos sapientissimus: Oculus videt; et auris audit: utrumque vero est a Domino“ (TREUTLER, Disp. 1592, f. ):( 3r–v).

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die im römischen Recht kodifizierte vernünftige Erkenntnis in der konkreten Rechtsgestaltung treffend und zureichend ist. Er sieht die in der Disputationensammlung rein römisch-rechtlich begründete Gestaltung des Rechts als nicht im Widerspruch zur biblischen Offenbarung. Spezifisch christliche Erkenntnis scheint sich nicht auf die Rechtsgestaltung selbst, sondern auf die Motivation, mit der diese geschieht, und deren Zielsetzungen zu beziehen.1026 Die Geschichte lehrt ihn, daß Reiche ohne rechte pietas zugrundegehen bzw. zu Tyranneien werden.1027 Darüber hinaus scheint sich für Treutler biblisch-christliche Erkenntnis im Sinne Melanchthons auf Fragen des persönlichen Heils und der individuellen Lebensführung zu beziehen.1028 Trotz der Relativierung der natürlichen Erkenntnis im Vergleich zu der durch den Geist Gottes ermöglichten Erkenntnis in der Vorrede argumentiert Treutler vollständig im Sinne der Naturrechtslehre und begründet dies auch ausdrücklich. In der vierten These der Disputation De justitia et jure wird die naturrechtliche Argumentation der Digesten aufgenommen1029 und unter anderem mit Melanchthons diesbezüglichen Überlegungen ausgeführt. Die Unterscheidung von ius naturale und ius gentium sei dadurch zu erläutern, daß ersteres das Recht umfaßt, das dem Menschen entspricht, soweit er ein Lebewesen wie andere ist, das zweite, soweit er ein Vernunftwesen ist.1030 Das ius naturale ist unwandelbar und beinhaltet unter anderem das Recht auf Selbstverteidigung Eine Parallele stellt die bei der Erläuterung der Ehe als contractus mixtus eingeführte Unterscheidung dar (siehe oben Anm. 1015). 1027 „Ejusmodi [sc. durch Herrscher, die den Gott Abrahams kennen] gubernationis forma, Patres Conscripti, conspicitur revera in laudatissima vestra Republ. cujus status, DEI beneficio, multum antecellit et gloriam monarchiae Alexandri cum suo pene rege evanescentem, vel Augusti Caesaris in tyrannicas successorum lanienas desinentem: et illam ipsam ideam status politici, quam laudatus ille Plato efformare conatus est. Etenim et pura veri DEI agnitio in animis tum vestris tum subditorum fulget, eaque moderatrix est caeterarum virtutum longe praestatior fraeno illo Palladis, quod Homerus commentatur“ (TREUTLER, Disp. 1592, f. ):( 3r). 1028 Siehe dazu oben Abschn. II.Tl.5.3.2, bes. S. 293f. 1029 „Bonum autem illud et aequum cujus ars est Jurisprudentia, desumitur ex natura, vel institutis cujusque civitatis a. Et ex illa vel inferiore b, unde jus naturale c; vel superiore d, unde jus gentium e dicitur: Gajus id totum una voce appellavit commune f“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, I/1, Th. IV, f. A 2v). 1030 „e) d. l. 1. §. fin. et d. l. 9. hic, §. 1. Inst. eod. Ex quibus omnibus deducitur, recte jus naturale a jure gentium per duplicem naturae hominis respectum, qua animal et qua homo, distingui, nec utrumque idem esse, [...]“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, I/1, Th. IV.e), f. A 2v). 1026

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oder betrifft die Fortpflanzung. Treutler erläutert es weiterhin mit dem Verweis auf einen auch den Nichtwiedergeborenen eingegebenen göttlichen Samen, der die äußere Ordnung zu schützen veranlaßt.1031 Das ius gentium umfaßt das Naturrecht, soweit es nur den Menschen als vernunftbegabten Menschen betrifft, und dieses wiederum wird unterschieden in das ius gentium primaevum, soweit es für sich unmittelbar einleuchtend ist, und das ius secundarium, soweit es sich durch den Diskurs erschließt.1032 Treutler greift hier die verschiedenen Naturrechtsbegründungen auf: die scholastisch-aristotelische, die das Naturrecht von den Bedürfnissen des Lebewesens her definiert, und die ciceronisch-stoische, die von dem den Menschen eingegebenen Vernunftfunken ausgeht. Die skizzierte Naturrechtslehre hilft, eine rationale Rechtsbegründung zu etablieren.1033 Nach Treutlers Auffassung kann kein Recht ohne ratio geltendes Recht werden. Die ratio wird mit dem Kriterium des öffentlichen Nutzens inhaltlich gefüllt. Darüber hinaus wird die „rationabilitas“ als ausdrückliches Merkmal genannt, das bei der Rechtsbildung bzw. Entstehung von Gewohnheiten erforderlich ist. Treutler nennt auch ein Beispiel für eine consuetudo, der die ratio mangelt, und eine consuetudo irrationabilis lehnt er in einer später zugefügten Ergänzung ausdrücklich ab.1034 So wird die Berufung auf die ratio ein Stan„b) quae homini competit quatenus est animal; estque jus inde ductum semper immutabile, quia jubet propter honestatem, cujus semina naturae divinitus insita ad tuendam disciplinam externam etiam in non renatis, Melanth. in 1. Ethic. §. pen. Inst. d. tit. [...] c) quasi commune homini cum brutis, per d. t. Inst. quod per metonymiam effecti pro causa dixit Vlp. idque cum non assequerentur plerique, ad varia dilapsi sunt. Hinc defensio a natura monstrata, ab omnibus pene gentibus jure quodam informata recte juris naturae dicitur: quatenus defensio: recte etiam juris gentium, quatenus injuriae in bruta non cadentis propulsatio justa“ (TREUTLER, Disp. 1592, I/1, Th. IV.b)–c), f. A 2v). 1032 „d) quae homini competit, quatenus homo, hoc est, ratione praeditus: qua intelligit vel per se, unde jus gentium primaevum: vel per discursum, unde secundarium“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, I/1, Th. IV.d), f. A 2v). 1033 Vgl. z.B. die Formulierung „utrorumque par ratio habetur, cum jus naturae sequimur“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, I/2, Th. I.c), f. B 1r). 1034 „b) itaque ut jus nullum sine ratione ad id quod honestum et publice utile est, sancitur: ita nec consuetudo: unde unum consuetudinis requisitum rationabilitas, [Ergänzung in Ausg. 1617: daß es eine gute oder vernünfftige gewonheit sey /] l. 39. de LL. Nov. 134. c. 2. 3. et 4 dist. 8 c. fin. et ibi gl. in verb. rationabilis, de consuet. [Ergänzung in Ausg. 1617: (Diss. Bald. in l. 32. de LL. qui etiam irrationabilem consuetudinem valere putat, per l. 20. eod. titul. l. 12. qui et a quib. man.)] [...]“ (TREUTLER, 1031

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dardargument, das Treutler auch gegen traditionelle Autoritäten wie das kanonische Recht anführt, wenn er diesem vorhält, „contra juris omnis rationes“ zu sein.1035 In einer Erweiterung der abschließenden zehnten These der Disputation De justitia et jure findet das Bestreben nach Rationalität in der pointierten Formulierung „anima autem legis sit ratio“ ihren Ausdruck. Entsprechend wird die rationabilitas als Kriterium dafür genannt, daß ein Statut Gesetzeskraft erlangen kann.1036 Treutlers zuerst 1592/93 erschienene Disputationensammlung bestätigt eine bereits am Werk Vultejus’ und Althusius’ gemachte Beobachtung. Wie diese beiden reformierten Juristen in ihren frühen Werken in humanistischer Ausrichtung unter Rückgriff auf Cicero und Ramus eine immanent-rationale Systematik durchzuführen suchen, beschränken sich auch die Disputationen weitestgehend auf römisch-rechtliche Argumentationen.1037 Während Althusius in seinen späteren Werken diesen methodischen Zugang durch den umfassenden Rückgriff auf Bibeltexte auch theologisch zu legitimieren versucht, bleibt Treutler wie Vultejus beim ursprünglichen Verfahren. Aber auch bei Treutler kann man in den der Disputationensammlung später hinzugefügten Ergänzungen neben einem stärkeren Gewicht des recta ratio-Arguments auch vermehrt den Bezug auf biblische Texte bzw. das ius divinum feststellen. So werden zum Beispiel bei der Erörterung des für Treutler problematischen Sklavenstandes innerhalb der Disputation De jure et statu personarum1038 das recta ratio-Argument oder Verweise auf Bibelstellen bzw. das ius divinum hinzugefügt.1039

Disp. 1592/93, I/1, Th. IX.b), f. A 4v). Als Beispiel für eine Gewohnheit, der die ratio mangelt, nennt er den Sachverhalt, daß der Retter eines Schiffbrüchigen sich an dessen Gut schadlos hält. 1035 Vgl. T REUTLER , Disp. 1592/93, II/6, Th. VI.e), f. F 4r. 1036 „Talia tamen statuta, praesertim inferiorum, debent esse rationabilia: cum valeant ut lex: anima autem legis sit ratio: [...]“ (TREUTLER, Disp. 1617, I/1, Th. X.a), S. 16). Vgl. auch die Rede von der „ratio aequitatis“, aaO., Th. X.e), S. 17. 1037 Zur Frage der systematischen Qualität der Disputationensammlung Treutlers vgl. STINTZING, Geschichte I, 467. 1038 „Ex jure porro homines alii liberi sunt a, alii servi b: sub servis et statu liberos comprehendo c, non etiam adscriptitios d. Imo hodie vere servos in orbe Christiano reperiri non puto e: ad cognitionem tamen juris Romani veteris disquisitio de servis est necessaria f.“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, I/2, Th. II., f. B 1v). „Servi igitur fiunt, aut nascuntur. Fiunt jure gentium, captivitate a, jure civili venditione sui ipsius b, et aliis quibusdam modis c: in quibus et ingratitudo in patronum commissa numeratur d. Nascuntur ex ancillis nostris e. Utrique dominis non tantum operarum praestatione et rerum adquisitione adstricti, sed et vitae necisque arbitrio

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II. Teil: Zentren reformierter Jurisprudenz im Reich

Wie bereits erwähnt, entstanden bereits 25 Jahre nach der Erstpublikation umfangreiche Kommentare zu Treutlers Disputationensammlung.1040 Hier war ein Autor der Sohn des lutherischen Theologen Ägidius Hunnius, Helferich Ulrich Hunnius – selbst bis zu seiner Konversion zur katholischen Kirche Anfang der dreißiger Jahre des 17. Jahrhunderts profiliert lutherisch.1041 Der andere, Reinhard Bachoven von Echt, war Professor an der Universität Heidelberg. Aufgrunddessen ist er bis zu seiner (mehrmaligen) Konversion in Folge des Konfessionswechsels der Kurpfalz nach 1622 dem reformierten Protestantismus zusubjecti ante Antonini constitutionem f: unde in eorum conditione nulla esse differentia dicitur g.“ (aaO., Th. III., f. B1v–2r). 1039 Zu These II., Buchstabe b, lautete der Text ursprünglich wie folgt: „b) quorum status servitus, hoc est, constitutio (origine) jurisgentium, qua quis dominio alieno contra naturam (primaevam scil. cui bella fuerunt incognita) subjicitur, d. l. 4. §. 1. vide Const. Land. ad tit. de just. et jur. c. 10“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, I/2, Th. II.b), f. B 1v). Hinzugefügt wurde folgender Text: „adeoque servitutem esse etiam poenam peccati constat ex Gen. 9. v. 25. Recta enim ratio coërcendam improbitatem humanam bello, captivitate, et servitute suasit. Ita cum sapientes Romani non promiscue omnes in bello occidendos, et tamen puniendos hostes, qui injustum bellum gessissent, existimarent, servos effecerunt: et illis ipsis utilem servitutem credidere, qui in eandem redigerentur: praeterquam enim quod vitam retinebant, etiam improbis licentia auferebatur injuriarum, et domiti se melius habituri videbantur, quam indomiti se habuerant: [...]“ (TREUTLER, Disp. 1617, I/2, Th. II.b), S. 19). Zu These III., Buchstabe a) lautete der Text 1592: „a) [...] Ergo natura nemo servus est, et longe alio sensu accipiendus erit Arist. 1. polit. 3. nempe de servitute, qua recta ratio ab affectibus vincitur: vide ibi Interpp. et in primis Genes. Sepulved. et Joach. Camer. [...] * Sicut autem servitutis, ita et captivitatis vetera jura inter Christianos bellum invicem gerentes non obtinent: facit Lev. 25. vers. 39. et seq. Deut. 24. vers. 7. 2. Paral. 8. vers. 9. l. 11. §. 1. l. 24. de capt. [...]“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, I/2, Th. III.a), f. B 2r). An der mit * gekennzeichneten Stelle wird folgende Erweiterung hinzufügt: „nisi comparate intelligamus aliam gentem, alium hominem ad servitutem, alium ad imperium natura magis aptum esse. Sicut enim Deus homini, animus corpori, ratio libidini imperat, ita sapientes et cordati imbecillioribus: itaque natura servum esse intelligatur politice subjectione, vide August. 19. de civit. Dei. c. 7.“ (TREUTLER, Disp. 1617, I/2, Th. III.a), S. 21). Zu These III., Buchstabe e), lautete der Text ursprünglich lediglich: „e) d. §. 4. d. l. 5. §. 1.“ (TREUTLER, Disp. 1592/93, I/2, Th. III.a), f. B 2r). Hinzugefügt wurde: „idque etiam juri divino consonum est, ut servi sive nati ex ancillis, sive in captivitate venditi, jure veteri Hebraeo facti sint in potestate dominorum, Genes. 17. vers. 12.“ (TREUTLER, Disp. 1617, I/2, Th. III.e), S. 21). Zu These III., Buchstabe f), wurde hinzugefügt: „cum quo consentit jus divinum, Exod. 21. vers. 26. et seq. Bodin. 1. de Repub. 5.“ (aaO., Th. III.f), S. 21). 1040 Siehe oben Anm. 989. 1041 Zu Hunnius vgl. G UNDLACH , Catalogus, 81.

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zuordnen.1042 Die unterschiedliche konfessionelle Orientierung der Autoren provoziert die Frage, ob sich diese in dem jeweiligen Kommentarwerk spezifisch niederschlägt. Eine grobe Durchsicht läßt keine solchen innerprotestantisch unterschiedlichen, konfessionsspezifischen Argumentationen hervortreten. Dies gilt insbesondere auch für den Umgang mit Bibeltexten bzw. dem ius divinum. Hier zeigt sich, daß nicht der (eher) reformierte, sondern der lutherische Autor häufiger und unbefangener auf Bibeltexte zurückgreift.1043

5.4 Resümee Bereits lange vor dem Übergang der Universität zum Calvinismus im Jahre 1605 zeichnete sich die juristische Fakultät der Universität Marburg durch eine besondere Offenheit für calvinistisch-reformiertes Gedankengut aus. Spezifisch calvinistische Theologumena wie zum Beispiel die Prädestinationslehre lassen sich im Werk der Juraprofessoren jedoch weder vor noch nach 1605 nachweisen. Wie bei den behandelten reformierten Juristen anderer Universitäten, so geht es bei der Hinwendung zur reformierten Konfession primär um die im Vergleich zum lutherischen Protestantismus konsequentere Abkehr von den mittelalterlich-päpstlichen Verdunklungen. Insofern scheint auch die reformierte Interpretation der Confessio Augustana im Sinne einer nur spiritualen und nicht körperlichen Präsenz Christi im Abendmahl gemeinsame Auffassung gewesen zu sein. Wie bei anderen bisher untersuchten Juristen findet man die Abgrenzung gegen den „Theologenstreit“, und diese erfolgt wiederum mit einer kritischen Wendung gegen die Konkordienformel bzw. die Verfolgung der sog. Kryptocalvinisten. Das durch relative Offenheit gekennzeichnete geistige Klima an der Universität Marburg hat sich ausgesprochen förderlich auf die Entwicklung der Rechtswissenschaft ausgewirkt. Von hier kamen nicht nur die meisten der Juristen der Hohen Schule Herborn, sondern einzelne Vertreter wie Sixtinus, Vultejus und Treutler haben auch entscheidende Beiträge zur rechtswissenschaftlichen Debatte geleistet. In den Jahren vor 1605 waren darüber hinaus dem reformierten Protestantismus fernerstehende Gelehrte wie Nikolaus Vigelius oder herausragende lutherische Juristen wie Valentin Forster wirksam. Nach 1605 ging zwar die Siehe oben Abschn. II.Tl.2.1, bes. Anm. 86. Zu der überaus polemischen, von Eitelkeiten geprägten Auseinandersetzung zwischen den beiden Autoren vgl. JUGLER 4, 101f. 1042 1043

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II. Teil: Zentren reformierter Jurisprudenz im Reich

bis dahin charakteristische innerprotestantische Offenheit verloren, aber auch jetzt noch leisteten Marburger Juristen – gerade auch in der Auseinandersetzung mit Juristen der lutherischen Gegengründung in Gießen1044 – einen wesentlichen Beitrag zur entstehenden Reichspublizistik.

1044

Siehe unten Abschn. III.Tl.7.

III. Teil

Der Anteil reformierter Juristen an der Entfaltung des ius publicum Der vorhergehende Überblick hat zahlreiche Gesichtspunkte zur Beantwortung der Frage nach den Auswirkungen der konfessionellen Orientierung bei Juristen, die in den Jahrzehnten zwischen 1560 und 1620 an den reformierten Universitäten im Reich tätig waren, ergeben. Während sich unterschiedliche Auswirkungen reformierter und lutherischer Konfession nicht oder nur schwer nachweisen lassen, sind solche zwischen protestantischen und katholischen Juristen klar greifbar. Wie u. a. die Analyse der in Basel entstandenen Disputationen und Dissertationen gezeigt hat, gilt dies insbesondere auch für den Bereich des öffentlichen Rechts. Michael Stolleis hat in seiner grundlegenden Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland nicht nur die Entstehung und Etablierung dieser Disziplin an den juristischen Fakultäten in eben diesen Jahrzehnten aufgezeigt, sondern auch die konfessionellen Unterschiede hervorgehoben. Nach Stolleis’ Darstellung ist es charakteristisch, daß „die Tendenzen gegenseitiger Durchdringung von politischer Theorie und Frühformen des ius publicum sich auf das reformierte und lutherische Schrifttum beschränken. Die katholischen Universitäten [...] nahmen von diesen Tendenzen kaum Notiz.“1 Notker Hammerstein STOLLEIS, Geschichte I, 122; vgl. DERS., Glaubensspaltung; vgl. auch DERS., Geschichte I, 248: „Es ist offenkundig, daß die Pflege des öffentlichen Rechts sowohl in der Gründungsphase um 1600 als auch während des ganzen 17. Jahrhunderts eine im wesentlichen protestantische Angelegenheit geblieben ist. Die kontinuierliche Vermittlung des öffentlichen Rechts auf katholischen Universitäten setzte erst in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, z. T. noch später ein (Mainz 1719, Trier 1722, Würzburg 1729, Innsbruck 1733/34, Bamberg 1739, Wien 1749, Freiburg/Br. 1767). Einige Anstalten verzichteten nahezu oder gänzlich auf öffentliches Recht (Köln, Passau, Graz, Linz, Breslau, Dillingen). Erst am Ende des 18. Jahrhunderts glichen sich die Verhältnisse einigermaßen an.“ Wolfgang Reinhard hat die eindeutigen Befunde Stolleis’ in einer Besprechung der Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland durch das Argument in Frage zu stellen versucht, daß Stolleis’ Ergebnisse durch die Benutzung protestantisch dominierter Bibliotheksbestände verzerrt sein 1

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III. Teil: Der Anteil reformierter Juristen an der Entfaltung des ius publicum

hat darüber hinaus auf die modernisierenden Folgen für die frühneuzeitliche Universität insgesamt, vor allem in Gestalt einer Enttheologisierung bzw. Mundanisierung der Wissenschaften, hingewiesen, welche die Etablierung der Disziplin des öffentlichen Rechts gefördert hat: „Die nicht nur für die juristischen Fakultäten bedeutsame Rolle dieser insgesamt wissenschaftsreformierend wirkenden Disziplin – sie verjüngte noch während des Dreißigjährigen Krieges die curricula mancher anderer Fakultät – ist inzwischen aner-

könnten. „Zu Recht wird immer wieder auf die protestantische Dominanz in der Reichspublizistik hingewiesen, doch könnte es sein, daß dieser Befund durch die Überlieferungslage zu Ungunsten der Katholiken verzerrt ist, wie Feststellungen von Breuer zur Literaturgeschichte nahelegen. Immerhin stützt sich Stolleis vor allem auf die Bestände der notorisch protestantischen Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel“ (DERS., Glanz und Elend deutscher Rechtswissenschaft, 367; mit Bezug auf: BREUER, Konfessionelle Vorbehalte). Wie die Auswertung der in dieser Hinsicht völlig unverdächtigen Kataloge der Bayerischen Staatsbibliothek und der Münchener Universitätsbibliothek im Blick auf das „de iurisdictione“-Schrifttum zeigt (siehe unten Abschn. III.Tl.3.), läßt sich die Mutmaßung einer protestantischen Verzerrung der Ergebnisse Stolleis’ entkräften. Im Übrigen hat Notker Hammerstein wie dieser den Ertrag seiner Forschungen zusammengefaßt: „Seit dem frühen 17. Jahrhundert an einigen wenigen Universitäten vertreten, eroberte sie [sc. die Disziplin des ius publicum] dann rasch die neugläubigen Anstalten, griff aber erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts auf das katholische Reich über, [...]“ (DERS., Bildung und Wissenschaft, 79). Vgl. auch DERS., Jus und Historie; vgl. ferner WYDUCKEL, Wittenberger Vertreter des Ius Publicum, 296: „Als Träger eines neuen Welt- und Wissenschaftsverständnisses haben die protestantischen Universitäten und Fakultäten an der Ausbildung des Ius publicum als eines akademischen Lehrfachs wesentlichen Anteil. Auch ist ein erheblicher Teil der publizistischen Produktion protestantischen Ursprungs, wie umgekehrt die konfessionell bedingte Pluralisierung eine Verrechtlichung des politischen Diskurses nachhaltig befördert hat. Gleichwohl läßt sich die Herausbildung des Öffentlichen Rechts nicht schlechthin konfessionalistisch vereinnahmen oder gar zur Domäne nur einer Konfession erklären, was schon im Hinblick auf die innerprotestantischen Auseinandersetzungen problematisch wäre und – wie hinzuzufügen ist – den Entstehungs- und Entwicklungszusammenhang des Ius publicum unzulässig verkürzen würde.“ Auch Manfred Friedrich hat betont, daß die akademische Pflege des ius publicum während des 17. Jahrhunderts „noch so gut wie völlig auf protestantische hohe Schulen beschränkt“ bleibt, und auf den hemmenden Einfluß des Jesuitenordens verwiesen (DERS., Geschichte, 43; vgl. aaO., 84f.). Dann aber stellt er – in der Begründung nicht ganz plausibel – fest: „Als eine protestantische Wissenschaft im konfessionellen Sinne kann jedoch die frühe Reichsrechtswissenschaft in Anbetracht der hochgradigen innerprotestantischen Gegensätze keineswegs bezeichnet werden“ (ebd.). Zur Entwicklung an katholischen Universitäten im 18. Jahrhundert vgl. HAMMERSTEIN, Aufklärung und katholisches Reich; SCHINDLING, Bildung und Wissenschaft.

1. Anfänge der Entfaltung des ius publicum in Deutschland

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kannt [...]. Früher nicht beachtet, erwies sich ihre Wiederentdeckung als eine der Ursachen für die insgesamt gerechtere und positivere Beurteilung der deutschen Universitätsgeschichte der Frühen Neuzeit. Die wichtige Rolle dieses Fachs für eine Enttheologisierung bzw. Mundanisierung der Wissenschaften ermöglichte es bereits während des Krieges, inmitten konfessionell-politisch aufgeheizter Atmosphäre, Auswege und ausgleichende Lösungsmöglichkeiten zu eröffnen und so zur Vorbereitung des Friedenskompromisses beizutragen. Nach dem Friedensschluss war das Jus publicum dann endgültig eine etablierte Disziplin. Es war beträchtlich daran beteiligt, in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die meisten juristischen Fakultäten der protestantischen Universitäten zu den führenden Anstalten vor den bislang bestimmenden theologischen zu machen. Diese neue Wertigkeit der Wissenschaften hielt sich bis ins 19. Jahrhundert. Die zwar immer schon ‚feinste‘ Fakultät wurde damals also zur Ton angebenden, was allein schon am Gehalt ihrer Professoren abzulesen war, und erlangte schließlich methodische Auswirkungen auf die anderen Disziplinen. Auch hier zog im 18. Jahrhundert das katholische Reich nach [...]. Jus publicum, Naturrecht und Cameralistik waren diejenigen Materien, die die nächste Universitätsreform bestimmten und die Anstalten über die Aufklärung hinweg lebensfähig, produktiv und orientierungsstiftend sein ließen [...].“2

Angesichts der nicht nur für die juristischen Fakultäten, sondern für die gesamte Universitätsentwicklung in der Frühen Neuzeit wichtigen Rolle des ius publicum bedürfen die weltanschaulich-konfessionellen Aspekte, die bei der Etablierung des Faches eine Rolle gespielt haben, einer besonderen Erörterung. Dabei geht es sowohl um die Frage, welche mentalen Voraussetzungen sich hier förderlich ausgewirkt haben, als auch um die Frage innerprotestantischer Differenzen. Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, daß die neue, theologisch positive Würdigung von Weltlichkeit im allgemeinen und der weltlichen Obrigkeit im besonderen eine entscheidende Rolle gespielt hat. Jede Art von Bevormundung der weltlichen durch geistliche Obrigkeiten oder Relativierung des Rechts weltlicher Obrigkeiten wird als Gefährdung der lebenserhaltenden göttlichen Ordnung gewertet. Da die Anfänge des ius publicum in eben die Phase fielen, in der der calvinistisch-reformierte Protestantismus seine stärkste Ausbreitung im Reich erringen konnte, liegt es nahe, ein besonderes Augenmerk auf den Beitrag reformierter Juristen zur Etablierung des öffentlichen Rechts zu richten. So ist der Anteil der reformiert geprägten oder orientierten Juristen, die in profilierter Weise zur Rechtsentwicklung beigetragen haben, an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert signifikant. Mit dem Dreißigjährigen Krieg veränderte sich dies im Reich dann weitestgehend zugunsten des luthe-

2

HAMMERSTEIN, Bildung und Wissenschaft, 79f.

318

III. Teil: Der Anteil reformierter Juristen an der Entfaltung des ius publicum

rischen Protestantismus. Nun waren fast alle bedeutenden Juristen lutherische Protestanten oder durch das Luthertum geprägt.

1. Anfänge der Entfaltung des ius publicum in Deutschland 1. Anfänge der Entfaltung des ius publicum in Deutschland Das Aufkommen und die Ausbreitung öffentlich-rechtlicher Diskussion ist eine unmittelbare Folge der Veränderung der Reichsverfassung seit 1555, der im Zuge der erstarkten Gegenreformation verschärften Spannungen zwischen den Religionsparteien sowie der damit unauflöslich verbundenen Festigung der Landeshoheit in den größeren Territorien des Reichs.3 Diese akuten Anlässe beschleunigten eine Entwicklung, die das 16. Jahrhundert insgesamt kennzeichnete. Mit der Ausbreitung des Humanismus und der wachsenden Bedeutung der Juristen im Zusammenhang der Entstehung der frühmodernen Territorialstaaten erfuhr die Literatur, in der traditionellerweise Fragen politischer Theorie und Gestaltung verhandelt wurden, eine tiefgreifende Wandlung. An die Stelle der mittelalterlichen Fürstenspiegel war eine von der aristotelischen Einteilung der praktischen Philosophie bestimmte Politica-Literatur getreten, die umfassend das Wissen der antiken, insbesondere der römischen Schriftsteller zu integrieren suchte. Diese Politica-Literatur wiederum emanzipierte sich Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts zunehmend von dem philosophisch-theologischen Rahmen und räumte fachjuristischer Erörterung des ius publicum einen wachsenden Raum ein. Frühe Spuren öffentlich-rechtlicher Erörterungen lassen sich außer in Heidelberg, Marburg, Gießen und Jena an den reichsstädtischen Universitäten Straßburg und Altdorf (Nürnberg) nachweisen. Die Konfessionsspaltung verstärkte und beschleunigte diese Entwicklung, da die Konflikte, die damit verbunden waren, zur Eingrenzung juristischer Argumentation bedurften. In Deutschland suchten insbesondere die evangelischen Reichsstände ihre trotz des Augsburger Religionsfriedens gefährdete Position rechtlich abzusichern und publizistisch zu bekräftigen. Die Auslegung des römischen Rechts, das geeignet war, die Stellung des Kaisers zu stärken, wurde durch die Edition, Exegese und Kommentierung des Reichsrechts seit der Goldenen Bulle von 1356 ergänzt. Daraus entstand am Ende des 16. und am Be-

3 Vgl. zum Folgenden STOLLEIS , Geschichte I, 126–156, bes. 154–156; DERS ., Glaubensspaltung; vgl. auch WYDUCKEL, Ius publicum.

1. Anfänge der Entfaltung des ius publicum in Deutschland

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ginn des 17. Jahrhunderts an den Universitäten die neue Disziplin des ius publicum. Neben dem überlebensnotwendigen Bestreben nach juristischer Absicherung protestantischer Positionen lassen sich weitere Ursachen für den Aufschwung der Erörterungen des ius publicum feststellen. Gerade auch das Bestreben der zahlreichen Territorien im Reich und der Reichsstädte, eigene Universitäten zur Ausbildung der Landeskinder zu gründen, führte zur vermehrten publizistischen Tätigkeit.4 Mit der Vielzahl der Universitäten war unmittelbar ein Austausch verbunden, der die Produktion von Büchern beförderte. Vor allem die Pluralität, die aus den relativ eigenständigen Entwicklungen der protestantischen Territorien resultierte, stimulierte einen wachsenden Büchermarkt. Reisende Buchführer sorgten für einen regen Austausch und schufen zugleich neue Nachfrage. Mit den genannten Gründen ist das Phänomen einer geradezu explosionsartigen Zunahme des Schrifttums „de iure publico“ um die Jahrhundertwende, der Schaffung von Lehrstühlen des öffentlichen Rechts und der Etablierung des ius publicum als einer eigenständigen Disziplin an den juristischen Fakultäten noch nicht zureichend erklärt. Denn die katholische Seite hätte in der Situation eines Ringens der Konfessionen den Weg einer Stärkung der eigenen Positionen durch reichsrechtliche Absicherung in gleicher Weise einschlagen können. Sie hat dies aber, wie eingangs gesagt, nur mit großer Verzögerung getan.5 Im Jahre 1506 gab es 15 Universitäten im Reich. Zwischen 1540 und 1700 stieg ihre Zahl von 17 auf 40 an. Unter diesen waren 22 protestantisch und 18 katholisch (vgl. STOLLEIS, Glaubensspaltung, 270; dort auch weitere Literatur). 5 So ist zum Beispiel in der Staatslehre des Mainzer Jesuiten Adam Contzen der traditionelle theologische und aristotelisch-philosophische Rahmen beibehalten bei gleichzeitigem weitgehenden Fehlen der neuen Elemente des ius publicum (vgl. STOLLEIS, Geschichte I, 123; vgl. auch SEILS, Staatslehre). Den evangelischen Werken am ehesten entsprechend: KASPAR MANZ, Summa iuris publici, Ingolstadt 1623; zu Manz vgl. STINTZING, Geschichte I, 657f.; RITTER VON EISENHART, Art. Manz, Kaspar. Neben dem bekannten Konvertiten Christoph Besold, der in seinen letzten Lebensjahren noch als Juraprofessor nach Ingolstadt gerufen worden war (siehe unten Abschn. III.Tl.3., Anm. 87), ist der Weg eines weiteren Autors bezeichnend. August Vischer, der nach seiner Konversion in Trier lehrte, orientierte sich in seinem Werk (DERS., Discvrsvs historico-politico-ivridicvs de electione regis et imperatoris Romanorvm, eivsqve solemnitatibvs ad Avreae Bullae Caroli IV. Romani imperatoris leges imperii fvndamentales methodice conscriptus [...], Luxemburg 1620) weitestgehend an Arumaeus’ Dissertationen- und Disputationensammlung (siehe unten Abschn. III.Tl.4.2, bes. Anm. 220). Vgl. dazu PÜTTER, Litteratur I, 4

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III. Teil: Der Anteil reformierter Juristen an der Entfaltung des ius publicum

Der Sachverhalt, daß das Entstehen einer spezifischen öffentlichrechtlichen Literatur ein fast ausschließlich protestantisches Phänomen war, ist nicht allein mit dem Verweis auf das Interesse der Protestanten an einer rechtlichen Absicherung angesichts ihrer bedrohten Lage zu erklären. Daneben haben auch spezifische Erfahrungshorizonte, mentale Dispositionen und Ideen im Bereich des Protestantismus die öffentlich-rechtliche Erörterung gefördert.

2. Edition und Kommentierung mittelalterlicher Rechtsquellen des deutschen Reichs durch protestantische Juristen 2. Edition und Kommentierung mittelalterlicher Rechtsquellen Die wesentliche Entwicklung, die zur Entfaltung des ius publicum als einer eigenständigen Disziplin an den Universitäten führte, war die Ergänzung und Ersetzung des römischen Rechts durch Rechtstraditionen, die sich im mittelalterlichen Reich herausgebildet hatten. Hier sind drei Tendenzen zu beobachten. Zum einen wurden vor allem die spätmittelalterlichen Texte, die das Eigenrecht der weltlichen Obrigkeit gegenüber päpstlichen oder anderen kirchlichen Vorherrschaftsansprüchen verteidigten, herangezogen.6 Zum anderen suchte man Texte auszuwer173f. Stolleis hat darauf hingewiesen, daß die Synopsis iuris imperii Romano-Germanici des kölnischen Syndikus Wilhelm Becker als das einzige gewichtige und überregional erfolgreiche Werk im katholischen Bereich bezeichnenderweise außerhalb der Universität entstanden ist (vgl. STOLLEIS, Geschichte I, 250). 6 Vgl. z.B. [ANOMYM ], Syntagma tractatvvm de imperiali ivrisdictione, authoritate et praeeminentia, ac potestate ecclesiastica: deque jvribus regni & imperii authorum variorum, qui ante nostram aetatem vixerunt. Qvorum nomina et temporis quo scripservnt notationem, Catalogvs, ante dedicatoriam epistolam positvs, recenset: opvs non solvm jvrisperitis, sed et theologis ac historicis [...] utile et necessarium, Straßburg 1609; vgl. ferner die Ausgabe des Defensor pacis des MARSILIUS VON PADUA, die der dem calvinistisch-reformierten Kreis um Hermann Vultejus und Georg Martin zugehörige Danziger Daniel Patterson 1612 zum Druck brachte: Defensor Pacis. Rationem ac modum, quo potissimum imperia seu quaevis aliae civiles hominum inter se societates optime contineantur atque foederentur, citraque ullum seditionis & discordiae metum firmentur, continens; & in quantum se extendat imperatoris & pontificis potestas atque iurisdictio, exquisitißime & acutißime explicans [...]. Nunc vero diligenter a mendis repurgatum, & hac minori forma editum, cura & studio Danielis Pattersonii Dantiscani, Frankfurt a. M. 1612. Im folgenden Jahr erschien das Werk noch einmal mit einem neuen Titel, der das Verhältnis von weltlicher, „säkularer“ und kirchlicher Gewalt ausdrücklich thematisierte: Defensor pacis. Legislator Romanus de iurisdictione et potestate, tam seculari, quam ecclesia-

2. Edition und Kommentierung mittelalterlicher Rechtsquellen

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ten, die den Interessen der aufstrebenden Territorien gegenüber dem Kaiser als der Zentralgewalt des Reiches entsprachen. Mittelalterliche Rechtsquellen konnten die Landeshoheit der Territorien besser begründen als das römische Recht, das die potestas absoluta des Kaisers betonte. Schließlich führten auch die Konflikte, die sich infolge der konfessionellen Spaltung verschärften und vor dem Reichskammergericht ausgetragen wurden, zur Notwendigkeit einer Fixierung praxisnaher juristischer Normen.

2.1 Kammergerichtliche Literatur und „einheimische“ Rechtsquellen: Noë Meurer Bei allen drei Tendenzen trieben insbesondere der Kurpfalz verbundene Juristen die Entwicklung voran.7 Es entstand eine reiche kammergerichtliche Literatur, „wobei auffällt, wie häufig die Autoren in kurpfälzischen Diensten standen (WURMSER, EHEM, HARTMANNI, WEISSENBERGER, CISNER, MEURER, DENAISIUS u.a.), d. h. im Dienste des Landes, das politisch am meisten auf den Schutz des Gerichts angewiesen war.“8 Der erste, der den Kammergerichtsprozeß systematisch behandelte, war der Heidelberger Hofgerichtsrat Noë Meurer (1525/28– 1583).9 Dieser war nach dem Studium 1548 an das Reichskammergericht nach Speyer gegangen, aber bereits 1549 als Rat am Heidel-

stica, pontificis Romani & imperatoris, iuxta politicas regnorum administrandorum formas potiores [...]. Olim sub titulo Defensoris Pacis conscriptus a Marsilio Patavino. Et nunc publicae utilitati restitutus, cura & studio Danielis Pattersonii, Frankfurt a. M. 1613; vgl. auch STOLLEIS, Geschichte I, 157f. 7 Vgl. nur die Auflistung der Kammergerichtsassessoren aus der Kurpfalz mit späterer Karriere in Heidelberg (Luther Quad, Hartmanni d.J., Johann Wilhelm von Botzheim, Nikolaus Cisner und Johann Christoph von der Grün) bei PRESS, Calvinismus, 153, sowie der aus Speyer in pfälzische Dienste gewechselten Juristen (Wolf von Affenstein, Christoph Prob, Noë Meurer, Ulrich Bitter, Abel von Schwechenheim, Justus Reuber und Marquard Freher), ebd. 8 S TOLLEIS , Geschichte I, 136. 9 Vgl. N OË M EURER , Cammergerichts Ordnung vnd Process. Neben allerley dessselben Formen vnd Exemplarn, Allen so sich solchs hochloeblichen vnd hoechsten der Teutschen Nation Gerichts, in der Practica vnd Handlungen zu gebrauchen [...], Frankfurt a. M. 1566 [weitere Ausg.: 1567; 1571; 1577; 1584; Mainz 1584; 1592; 1598].

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III. Teil: Der Anteil reformierter Juristen an der Entfaltung des ius publicum

berger Hof eingestellt worden, wo er 1583 starb.10 Über die Darlegung des Kammergerichtsprozesses hinaus hat Meurer eine systematische Zusammenstellung der wichtigsten reichsgesetzlichen Bestimmungen unter dem Titel Loci communes: aller des Hayligen roemischen reichss ordnungen, gehaltener reichstaege und abschied, gemeyne titul unternommen.11 Den Zielen des Humanismus verpflichtet, hat Meurer die Bedeutung des Corpus Iuris Civilis als eines historisch gewordenen Textcorpus relativiert und gegenüber einer unbeschränkten Geltung bereits in Ansätzen auf einheimische Rechtsinstitute bzw. Rechtsquellen zurückgegriffen. Meurer hat die Calvinisierung der Kurpfalz mitvollzogen, sich jedoch nicht in gleicher Weise konfessionspolitisch exponiert wie andere Heidelberger Juristen.12

2.2 Editionen zur mittelalterlichen Verfassungsgeschichte: Nikolaus Cisner Einen Schritt weiter ging ein zweiter Heidelberger Jurist der älteren Generation, der wie Meurer in den zwanziger Jahren geborene Nikolaus Cisner (Kistner).13 Nach dem Studium der alten Sprachen und kurzer Lehrtätigkeit an der Universität Heidelberg ging Cisner nach Frankreich, um in Bourges bei Duarenus, Cujas und Donellus zu studieren. Mit letzterem bewahrte er eine lebenslange Freundschaft, seine VerZu Meurer vgl. TEICHMANN, Art. Meurer, Noä; HAUSRATH, Zur Lebensgeschichte Dr. Noë Meurers; KERN, Art. Meurer, Noë; PRESS, Calvinismus, 95. 153. 194. 259. 282. 297; STUCK, Personal, 62. 11 N OË M EURER , Loci communes: aller des Hayligen roemischen reichss ordnungen, gehaltener reichstaege und abschied, gemeyne titul [...], Frankfurt a. M. 1568 [weitere Ausg.: Mainz 1578]; vgl. den Auszug daraus: NOË MEURER, Handtbuechlein, oder Compendium. Darinnen Summarie, vnd auffs kuerzest, gleich als in einem Register, alle vnd jede des Heiligen Roemischen Reichs Abschied, Ordnungen vnd Constitutiones, [...] menniglichen, hohes vnd nidern Standts Personen [...], Mainz 1580 [weitere Ausg.: 1586; 1595]; vgl. ferner DERS., Liberey Keyserlicher, Auch Teutscher Nation Landt vnd Statt Recht Das ist: Ordentliche vnd gantz nuetzliche Beschreibung, Erstlichen, der gemeinen Keyserlichen Recht. Zum andern, Wie an dem Hochloeblichen Keyserlichen Cammergericht gemeinlichen gevrtheilt, vnd [...] obseruiert worden [...], Heidelberg 1582 [weitere Ausg.: Frankfurt a. M. 1592; 1597]; DERS., Thesaurus iuris Caesarii & constitutionum Imperii Germanici, das ist: Keyserliche, Chur und Fuersten, auch ansehenlicher Grauen und fuernemmer freyer Reichs-Staett, Recht, Gewonheiten und Ubung. Von Erbschafften und Erbgerechtigkeiten, Frankfurt a. M. 1586. 12 Siehe oben Abschn. II.Tl.2. 13 Zu Cisner vgl. oben Abschn. II.Tl.2.1, S. 55f. mit Anm. 75 (dort auch Literatur). 10

2. Edition und Kommentierung mittelalterlicher Rechtsquellen

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bundenheit mit Duarenus fand ihren Ausdruck in der Mitarbeit an einer Ausgabe von dessen Schriften.14 Nach einer Italienreise, die er im Auftrag des Kurfürsten unternahm, um Manuskripte zu sammeln, und der 1559 in Pisa erfolgten Promotion zum Dr. iur. lehrte er in Heidelberg, seit 1561 als Prof. der Pandekten. 1567 wurde er Beisitzer am Reichskammergericht in Speyer, dann kurfürstlicher Rat und Vizehofrichter in Heidelberg. Bei Cisner verbindet sich die praktische Tätigkeit am Reichskammergericht mit historisch-philologischer Arbeit am Corpus Iuris Civilis15 und Interesse an der deutschen Verfassungsgeschichte.16 Cisner hat die historischen Grundlagen der Praxis des Kammergerichts17 und die Chronik des Johannes Aventin ediert18 sowie die für die Wiederentdeckung der mittelalterlichen Rechtsquellen bedeutsame Editionstätigkeit seines Freundes Simon Schard nach dessen Tod fortgesetzt.19 Cisners bereits skizziertes konfessionelles Profil offenbart anschaulich, wie fließend die Übergänge zwischen einem melanchthonianisch geprägten Luthertum

Vgl. CISNER, Opuscula, 536–622; vgl. auch EYSSEL, Doneau, 74. Vgl. CISNER, Opuscula; DERS., De ivris divisione, qvibusqve olim populis & ciuitatibus, dominantibus Romanis, iuris ciuilis statuendi potestas fuerit, uel non fuerit, positiones, Heidelberg 1560. 16 So z.B. in kleineren Schriften über Otto III., Friedrich II. und Konradin. 17 N IKOLAUS CISNER , Der Roemischen Kaiserlichen Mayestat Und gemeiner Staenden des heiligen Reichs angenommene, und bewilligte Cammergerichts-Ordnung [...]: auss allen alten Cammergerichts-Ordnungen und Abschieden, auff dem Reichsstag zu Augspurg, Anno M. D. XLVIII. von newen zusamen gezogen und gemehrt, und auff den Reichstaegen Anno M. D. LV. LVII. LIX. LXVI. LXX. LXXVI. gehalten [...] und gebessert [...], Mainz 1580 [weitere Ausg.: 1588; 1594; 1605]; vgl. auch DERS., Gerichtlich Formular Allerley Gewaelden, Tutorien, Curatorien, Actorien, so im Hochloeblichen Keyserlichen Cammergericht eyngebracht [...], Mainz 1584. 18 N IKOLAUS CISNER , Io. Aventini Annalivm Boiorvm libri VII: Ex autenticis manuscriptis codicib. [....], Recogniti, restituti, aucti. Nic. Cisneri [...], Basel 1580 [weitere Ausg.: 1615]; NIKOLAUS CISNER, Johannis Aventini, [...] „Chronica“, darinn nicht allein desz gar alten Hausz Beyern Keyser, Könige [...] Stamm und Geschichte, sondern auch der uralten Teutschen Ursprung [...] beschrieben und ausz allerley Chronicken [...] zusammen getragen und in acht Bücher getheilet, sampt etlichen Tafeln obgenannter Herrn Genealogi betreffend, darunter die zwentzigst Tafel von dem Herkommen der Hertzogen in Beyern und Pfaltzgraffen bey Rhein, so jetziger Zeit uber die Pfaltz und Beyern herrschen, gemehret, gebessert und bisz auff diese Zeit vollnführet worden ist [...], Frankfurt a. M. 1580 [weitere Ausg.: 1622]. 19 Siehe u. Abschn. III.Tl.2.3, Anm. 28. 14 15

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und dem Calvinismus unter den humanistisch orientierten Rechtsgelehrten gewesen sind.

2.3 Deutsche Reichsgeschichte im Konflikt mit dem Papsttum: Simon Schard Im humanistisch-historisierenden Zugang zu den Rechtsquellen eng verwandt, im konfessionellen Profil jedoch weniger greifbar ist der mit Cisner befreundete Simon Schard. 1534 in Neu-Haldensleben geboren, hatte er um 1549 in Leipzig studiert und in seinen letzten Lebensjahren 1566–1573 als Beisitzer am Reichskammergericht in Speyer gewirkt. Neben juristischen hat er auch historische Studien betrieben und wohl in Basel, wo auch die meisten seiner Werke erschienen, den Doktortitel erworben.20 Nach längeren Forschungsarbeiten in Italien erschien 1561 seine Ausgabe einer byzantinischen Rechtssammlung aus dem 11. Jahrhundert mit lateinischer Übersetzung.21 Im Jahre 1566 folgten dann eine Ausgabe der Sammlung der von Petrus de Vinea verfaßten Briefe und Manifeste Kaiser Friedrichs II.22 sowie ein Sammelwerk mit Streitschriften zu Gunsten des Kaisers wider päpstliche Ansprüche seit Heinrich IV.23 In den beiden letztgenannten Editionen manifestiert sich die scharf-antipäpstliche Haltung Schards. Die Sammlung der vom kaiserlichen Protonotar und Logotheten Petrus de Vinea (vor 1200–1249) in glänzendem Stil verfaßten Briefe und Manifeste Friedrichs II. war im Mittelalter weitverbreitet und diente in vielen Kanzleien als FormularVgl. RITTER VON EISENHART, Art. Schard, Simon, 581. De varia temporum in jure civili observatione Eustathii olim Constantinopolitani antecessoris libellus, Basel 1561. Die Practica ex actis Eustathii Romani (griech. Kurztitel: Πεíρα) sind eine auf 75 Sachtitel verteilte Sammlung von Urteilen, Gutachten, juristischen Abhandlungen und aus den Basiliken entnommenen Gesetzesexzerpten (vgl. OIKONOMIDÈS, The „Peira“ of Eustathios Romaios). 22 S IMON S CHARD (Hg.), Epistolarvm Petri de Vineis: Cancellarii qvondam Friderici II Imperatoris, quib. res eius gestae, memoria dignissimae, historica fide describuntur, et alia quamplurima utilia continentur, libri VI. Nunc primum ex tenebris, in quibus hactenus iacuere, in laudem fortißimi Imp. Friderici, ac studio forum historiae utilitatem, eruti, et luce donati [...], Basel 1566; zum historischen Kontext der Entstehung der Sammlung vgl. SCHALLER, Stauferzeit, 197–223. 225–270. 463– 478. 23 S IMON S CHARD (Hg.), De imperali jurisdictione, autoritate et praeeminentia imperii atque juribus regni syntagma tractatuum, Basel 1566 [weitere Ausg.: Straßburg 21609]. Die von STOLLEIS, Geschichte I, 158 Anm. 192, erwähnte Ausgabe Basel 1561 konnte ich bisher nicht nachgewiesen finden. Die Epistola dedicatoria ist auf den 20. März 1566 datiert. Siehe auch unten Anm. 26f. 20 21

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behelf.24 Schard hat sie nicht nur im Zuge eines humanistischen Interesses an elegantem Latein, sondern – wie die Beigabe der Exkommunikations- bzw. Absetzungsbeschlüsse der Päpste Gregor IX. und Innozenz IV. zeigt25 und wie er in der Epistola dedicatoria auch ausdrücklich formuliert26 – bewußt als Dokumente des legitimen Kampfes Kaiser Friedrichs II. gegen die usurpatorischen Bestrebungen des Papsttums ediert. Schard hat das Papsttum in denkbar negativer Weise beschrieben und ist nicht bei der allgemeinen Rede vom Antichristen stehen geblieben.27 Vgl. HANS MARTIN SCHALLER/unter Mitarb. v. BERNHARD VOGEL, Handschriftenverzeichnis zur Briefsammlung des Petrus de Vinea. 25 Vgl. auch den angefügten Untertitel „His accessit ob similitudinem argumenti, HYPOMNEMA, de fide, amicitia, et obseruantia Pontificum Romanorum erga Imperatores Germanicos“. 26 „Quid, quod huiusmodi scripta ad interruptionem diuturnae posseßionis, quam in plerisque commentis seu traditionibus suis praetendunt, ac ueluti caput Gorgonis obijciunt, non parum momenti habent? Cum etenim ex doctrina Iurisperitorum constet, uel per attestationem, uel contradictionem, posseßionis uel quasi ex tempore, ut ipsi loquuntur, causatae interruptionem, ita induci, ut quis malae fidei poßessor constituatur: quomodo in plerisque se multorum annorum diuturna praescriptione tuebuntur, quam saepius complurium scriptis, non secus ac per executoris conuentionem interpellatam esse constat. Gloriatur ista superbiae mater, ad se pertinere Imperatoris Electi confirmationem, et depositionem: perinde ac si filius Dei Apostolis ministerio docendi commisso, ipsis simul orbis dominium tradiderit: nec satis sit confirmatus, qui legitime electus sit. At Fridericus talem Pontificis potestatem nunquam agnouit. Nam etsi ad Pontificem, de iure et more maiorum, Imperatoris consecrationem pertinere non diffiteatur: non magis tamen ad eum Imperatoris depositionem seu remotionem pertinere contendit, quam ad quoslibet Regnorum praelatos, qui reges suos consecrant, et inungunt. Sic et autoritatem indicendi Concilij, quam hodie Pontifices uiolenter usurpant, in tantum Pontifici adimit, ut sibi, Imperio et terrae principibus indicentißimum iudicet, causam secularium potestatum Ecclesiae foro uel iudicio Synodali subijcere. Quod si non alia causa esset, ueterum scripta conseruandi: an non haec sola sufficere posset, ut pontifices malae fidei possessores, in praescribendis Imperij iuribus constituerentur?“ (SCHARD, Epistolarum libri VI, f. α4r–α5r). 27 „Initio namque huius generis scripta, optimi maximi Dei bonitatem ac misericordiam erga Ecclesiam suam ostendunt: qui, ne ingruentibus erroribus, uel falsis doctrinis grassantibus, ea in errores pertracta, funditus interiret, sed septem millia piorum Baali genua non inflectentia retineret, singulis temporibus uel Prophetas, Doctores ac Euangelistas, uel alios pios uiros excitauit, qui erroribus atque mendacijs resistentes, uitia taxarunt, ac pio et intrepido zelo ueritati testimonium tulerunt. Ac si id unquam alias retroactis temporibus, sub tyrannica Pontificum Romanorum dominatione accidit: certe temporibs Friderici huius id factum fuisse, uerisimile est. Nam quae de Synagoga Romana optimi ac fortißimi herois Friderici II sententia fue24

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Die scharfe antipäpstliche Tendenz und das Bestreben, das Recht des deutschen Kaisertums gegenüber dem Papsttum zu stärken, bestimmt auch sein umfangreiches, vierbändiges Historicum opus, in dem mit Hilfe zahlreicher Dokumente eine deutsche Geschichte im europäischen Kontext bis in die jüngste Zeit geboten wird.28 Die konfessionelle Einordnung Schards ist besonders schwierig, da er sich über die scharfe Abgrenzung vom Papsttum hinaus kaum zu den innerprotestantischen Gegensätzen geäußert hat. Einerseits hatte er maßgebliche Verbindungen zur reformierten Universität in Basel, wo auch die meisten seiner Werke erschienen, und war er mit profilierten reformierten Theologen wie Ursinus befreundet. Andererseits trat er in den sechziger Jahren kurzzeitig29 in den Dienst Herzog Wolfgangs von Pfalz-Neuburg und Zweibrücken (1526–1569), der sich durch eine betont lutherische Kirchenpolitik auszeichnete, die auch die Gegnerschaft gegen die Einführung des Calvinismus in der Kurpfalz bedeutete.30 Für rit, hae Epistolae luculenter ostendunt: cum Pontifices gregis Dominici lupos rapaces, patres doli, uiros sanguinum, amatores schismatum, pacis aemulos, lapides offensionis, denique Antichristos aperte nominat. Ac quam eorum autoritas tunc temporis in Italia, Gallia, Germania, alijsque locis exigua fuerit, inde colligere licet, quod tam multi per Friderici concionatores ac Valdensium doctrinam crediderint, Romam esse Babylonem, ac meretricem illam magnam, Papamque ipsißimum Antichristum: ut per Cyrillum quendam Graecum, Carmelitarum praesidem generalem, Apocalypsin Iohannis ex Ecclesia tollere, et in eius locum aliam substituere conati fuerint: quam impostor sceleratißimus, Dei ipsius digito scriptam, se e coelis accepisse, de futuro Ecclesiae statu, commentus est. Vt ergo in caeteris operibus Deus, bonitatem ac dilectionem suam erga Ecclesiam agnosci ac praedicari uult: sic eam quoque ex huiusmodi monumentis agnoscamus, eique pro benignitae in conseruanda Ecclesia toto pectore gratias agamus“ (ebd., f. α2v–α3v). 28 Vgl. S IMON S CHARD [/N IKOLAUS CISNER ], Historicvm opvs, in qvatvor tomos divisvm [...], 3 Bde., Basel s.a. [1574]. Neben Schriften anderer Autoren finden sich in dem Werk auch Aufzeichnungen Schards seit 1558, vor allem über die schottischen, niederländischen und französischen Unruhen. Vgl. z.B. aaO., Bd. 3, S. 2115–2133: „Responsio illvstriss. viri D. Castilionae Amiralii Franciae, aliorvumqve, qvorvm nomina in eo indicio aedita iactantur, Ad falsum Indicium quod professus esse dicitur quidam Ioannes Poltrotius Dominus Meraei, quum de morte Ducis Guisiani quaestio haberetur“ (mit mehrfachem Bezug auf Theodor Beza!). 29 1565 war er – wie erwähnt – als „Doctor S. Schardius J. C. Saxo“ an der Universität Basel immatrikuliert und seit 1566 Beisitzer am Reichskammergericht in Speyer. 30 Herzog Wolfgang trat freilich – in der Hoffnung, die lothringischen Besitztümer für das Reich zurückzugewinnen – 1569 auf Seiten der Hugenotten in den französischen Religionskrieg ein.

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ihn scheinen die entstehenden lutherisch-calvinistischen Differenzen keine Rolle gespielt zu haben angesichts des unüberwindlichen Gegensatzes zum römischen Papismus.31 Im Unterschied zur ersten Generation von Juristen, die sich in humanistischer Manier Quellen der Reichsgeschichte zuwandten und damit eine wesentliche Voraussetzung für die Ausformung des öffentlichen Rechts geschaffen haben, wird das konfessionelle Profil bei den späteren Generationen zunehmend klarer.32 Als Beispiel sei der bereits vorgestellte Heidelberger Codex-Professor Marquard Freher, dessen editorische Tätigkeit und reformiert-konfessionelles Profil bereits erörtert wurde, genannt.33

31 „Porro ex huiusmodi scriptis multi boni, qui ex simplicitate in tenebris ignorantiae captiui detinentur, non parum iuuantur, cum uident, papisticas fraudes, deceptiones atque nequitias, non recens coepisse notari: sed et ante hanc aetatem fuisse, qui Romanistarum imposturis animaduersis, eos exagitare, proscindere, et damnare sint ausi. Ducentis et sexaginta abhinc annis has Epistolas scriptas fuisse constat: at quam insignia Pontificum ac Cardinalium facinora hic recensentur? Et quam praeclaris eulogijs sanctißimi patres a Friderico ornantur? Quod si quis hodie Pontificum uitia taxet, eorumque scelera suis coloribus pingat, id nouum, uel potius Lutheranicum esse necesse est: ad id exemplo superioris aetatis minime carere, hae Epistolae liquido probant“ (SCHARD, Epistolarum libri VI, f. α3v–α4r). Eine interessante Einzelheit ist, daß Schard im Zuge des fundamentalen Gegensatzes zum Papsttum als dem eigentlichen Verderber Friedrich II. ohne Einschränkungen gegen den Vorwurf verteidigt, Urheber des berüchtigten Wortes von Moses, Jesus und Mohammed als den drei größten Betrügern der Weltgeschichte zu sein: „Cum anno 1242 Fridericus Cunradum filium, Imperatorem Francofurti fecisset, dixisse ibi apud pontificem Gregorium per landgrauium Thuringiae, delatus est: Tres in regiminib. suis mundum seduxisse Moysem Iudaeos, Christum Christianos, Mahometem Gentiles. Qua re Gregorius incitatus eum excommunicauit. Sed hanc delationem Heinrici, Thuringi magis falsam quam ueram fuisse, eius in Romanorum regem postea facta electio salis [sic!] probatur. Chronica Thuringiae“ (ebd., 211f. [Marg. zu lib. I, cap. 31]). 32 Unter den einschlägigen Autoren ist lediglich Joachim Mynsinger von Frundeck (1514/17–1588) nicht klar dem protestantischen Lager zuzuordnen. 33 Siehe oben Abschn. II.Tl.2.5.

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2.4 Systematische Sammlungs- und Kommentierungsarbeit in antipäpstlicher Absicht: Melchior Goldast von Haiminsfeld Den für die entstehende Reichspublizistik wichtigsten Beitrag hat der Schweizer Melchior Goldast von Haiminsfeld (1578–1635) mit seinen Editionen des Reichsrechts der jüngeren Zeit geleistet.34 Der 1578 im Kanton Thurgau (Espen bei Bischofszell) geborene Sohn eines verarmten Patriziergeschlechts hatte seit 1594 Rechtswissenschaften, Philologie, Geschichte und Theologie an den Universitäten Ingolstadt, Altdorf und Genf studiert und war seit 1603 als Sekretär und Hauslehrer im Dienst adliger Familien tätig.35 Zumeist in Frankfurt am Main lebend, verfaßte er für eine Reihe von Städten und Fürstenhäusern historische und juristische Gutachten. Die von ihm präferierte Tätigkeit in kurpfälzischen Diensten ließ sich nicht verwirklichen,36 nur zeitweise konnte er feste Anstellungen bei verschiedenen Fürstenhäusern erlangen.37 Seine Studien der mittelalterlichen Quellen des Klosters St. Gallen, die ihm maßgeblich durch den Juristen Bartholomäus Schobinger ermöglicht wurden, führten 1605 zur Publikation der Suevicarum rerum scriptores aliquot veteres und wenig später der Alamannicarum rerum scriptores 34 Zu Goldast von Haiminsfeld vgl. G ONZENBACH , Art. Goldast, Melchior; VA SELLA, Art. Goldast, Melchior; SCHECKER, Melchior Goldast von Haiminsfeld; KNOLL/SCHMIDT, Die Erschließung der Bibliothek des Humanisten Melchior Goldast von Haiminsfeld (1578–1635) in Bremen; MULSOW, Gelehrte Praktiken politischer Kompromittierung; BAADE, Melchior Goldast von Haiminsfeld; CASPARY, Späthumanismus; Bibliographie der Werke Goldast von Haiminsfelds in: GONZENBACH, Art. Goldast, Melchior de Haiminsfeld, 107–111; Ergänzung in: GRAESSE, Trésor VII, 335; CASPARY, Späthumanismus, 217f.

Heinrich Christian von Senckenberg hat vermutet, daß Goldast 1603 in Heidelberg den Grad eines Doktors der Rechte erwarb. Vgl. dazu genauer FREDERIC GARDY, in: M ELCHIOR GOLDAST VON HAIMINSFELD , Histoire de la supervenue inopinée des Savoyards en la ville de Genève en la nuict du dimanche 12e jour de décembre 1602. Réimprimée d’après l’édition de 1603 et précédée d’une introduction sur le séjour de Goldast a Genève (1599–1603) par FREDERIC GARDY. […], Genf 1903, 31f.; vgl. auch den Brief Josua Malers vom 4. Februar 1604, in: HEINRICH GÜNTHER T HÜLEMEYER (Hg.), Virorum cll. et doctorvm ad Melchiorem Goldastum [...] epistolae ex bibliotheca Henrici Günteri Thülemarii, Frankfurt a. M./Speyer 1688, Nr. 84, S. 106. 36 Vgl. P RESS , Calvinismus, 470. 37 Goldast war seit 1613 Titularrat von Sachsen-Weimar und stand dann 1615 bis 1624 im Dienst des Grafen Ernst II. von Schaumburg-Bückeburg. Nach dessen Tod lebte er erneut in Frankfurt am Main, seit 1632 im Dienst des Landgrafen von Hessen. 35

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aliquot vetusti.38 In den folgenden Jahren brachte Goldast neben Texten mittelalterlicher Literaturgeschichte zahlreiche Editionen wichtiger Quellen zur Reichs- und Rechtsgeschichte zum Druck,39 die seinen Ruf als „juris publici cultor clarissimus“ und seine überragende Bedeutung für die entstehende Reichspublizistik begründeten.40 Die eminente Bedeutung der protestantischen Orientierung in Gestalt eines „protestantischen Reichspatriotismus“ für seine Editionstätigkeit hat zuletzt Gundula Caspary anhand einer Analyse der Widmungsrede der Monarchia sacri Romani imperii herausgearbeitet.41 MELCHIOR GOLDAST VON HAIMINSFELD, Suevicarum rerum scriptores aliquot veteres, partim primum editi, partim emendatius atque auctius, in quibus Suevorum origo, migratio, regna, principes, bella, foedera, religiones, monasteria, civitates, comitatus [...] memoriae mandantur [...], Frankfurt a. M. 1605; DERS., Alamannicarum rerum scriptores aliquot vetusti a quibus Alamannorum, qui nunc partim Suevis, partim Helvetiis cessere, historiae tam saeculares quam ecclesiasticae, ea diligentia atque fide perscriptae sunt [...], 3 Bde., Frankfurt a. M. 1606; zu der Arbeit in St. Gallen vgl. SCHIESS, Zu Goldasts Aufenthalt in St. Gallen; HERTENSTEIN, Joachim von Watt (Vadianus), Bartholomäus Schobinger, Melchior Goldast. 39 M ELCHIOR G OLDAST VON H AIMINSFELD , Deß Heyligen Roemischen Reichs Keyser, Koenig vnnd Churfuersten Constitution, Reformation, Ordnungen vnnd Außschreiben Von Anbeginn der Regierung Keyser Carle deß Grossen [...] biß auff Carolum den Fünfften vnnd Enderung der Religion [...], Frankfurt a. M. 1607; DERS., DD. NN. imperatorvm caesarvm avgvstorvm, regvm, et principvm electorvm s. Rom. imperii statvta et rescripta imperialia, a Carolo Magno primo e Germanis imperatore vsque ad Carolum V. et reformationem religionis, 2 Bde., Frankfurt a. M. 1607; DERS., Collectio constitutionum imperialium, hoc est, DD. NN. Imperatorum, caesarum, ac regum augustorum, sacri imperii Germano-Romani, recessus, ordinationes, decreta, rescripta, mandata, & edicta, in publicis comitiis promulgata, aut alias edita [...], 3 Bde., Frankfurt a. M./Hanau/Offenbach 1609–1615; DERS., Monarchia sacri Romani imperii, siue tractatvs de iurisdictione imperiali seu regia, et pontificia seu sacerdotali, deque potestate imperatoris ac papae, cum distinctione utriusque regiminis, politici et ecclesiastici, 3 Bde., Hanau 1611–1614 [Reprint Graz 1960]; DERS., Politica imperialia, sive discursus politici, acta publica et tractatus generales […], Frankfurt a. M. 1614. 40 Vgl. S TOLLEIS , Geschichte I, 133. 41 Vgl. CASPARY , Späthumanismus und Reichspatriotismus, bes. 180–192. Die Monarchia sacri Romani imperii ist, wie Caspary richtig betont (vgl. DIES., Späthumanismus und Reichspatriotismus, 188), als Textsammlung gegen die Schriften derjenigen, die die geistliche und die weltliche Gewalt „speichelleckerisch“ oder „unwissend“ vermischten. Mehrfach explizit genannter Hauptgegner ist der Jesuit Robert Bellarmin. In der Widmungsrede zum ersten Band der Monarchia sacri Romani imperii wird das Ziel formuliert, dessen Tractatus de summi pontificis potestate in rebus temporalibus zu widerlegen. „In postremo Bellarminus libro, quem de Potestate summi Pontificis 38

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Bei Goldast von Haiminsfeld ist die reformierte Herkunft und Ausrichtung klar greifbar. Schon die frühe Förderung durch die beiden befreundeten Zürcher Theologieprofessoren Johann-Wilhelm Stucki und Kaspar Waser weist darauf hin. Vermutlich waren diese – gut bekannt mit den Genfer Theologen42 – auch beteiligt an dem Entschluß, in den Jahren 1599 bis 1603 die Studien in Genf fortzusetzen. Hier wohnte und studierte Goldast bei dem Juristen Jacques Lect, der damals zu einer der wichtigsten Gestalten des Genfer Calvinismus wurde.43 In diese Zeit fällt seine erste Publikation, eine Edition zweier aus dem 5. bis 7. Jahrhundert stammende Texte, die den Themen Kirchenzucht, Kirchenordnung und Kirchenleitung gewidmet sind.44 Nicht nur die thein rebus temporalibus aduersus Barclaium, Doctorem Pontificium in Academia Pontemussana, instituit, non eodem acumine & eruditionis colore, quo caetera ejus scripta legimus insignita pariter & miramur, hoc ponit effatum; Barclaius potestatem summi Pontificis in temporalibus vniverse negat; ego quoque potestatem eandem vniuerse astruam, non multum laborans, si ea potestas sit absoluta, vel in ordine tantum ad spiritualia se extendat. Huic effato, minime quidem (vt paret) Apostolico, de consilio ac sententia summorum virorum, PRINCEPS ELECTOR, opponere visum est scriptores ante-veteres & nunc-novos quasi triginta, qui illud falsimoniae debeant arguere“ (GOLDAST VON HAIMINSFELD, Monarchia I, f. +3v). Casparys Erörterungen beschränken sich im wesentlichen auf die Interpretation der Monarchia sacri Romani imperii bzw. deren Widmungsrede. Weder die gegen den Jesuiten Jacob Gretser gerichtete Schrift (siehe unten Anm. 55) noch die im folgenden genannten Editionen von im engeren Sinne kirchen- bzw. theologiegeschichtlich relevanten Texten, die genaueren Aufschluß über Goldasts konfessionelles Profil und dessen Auswirkungen auf seine Editionstätigkeit bieten, werden behandelt. Auch Goldast Edition Politische Reichshandel bietet zahlreiche Texte, die im Zusammenhang konfessioneller Auseinandersetzungen stehen: DERS., Politische Reichshandel, Das ist / allerhand gemeine Acten / Regimentssachen / vnd Weltliche Discursen [..], Frankfurt a. M. 1614. 42 Die Briefe an den in Genf weilenden Goldast werden regelmäßig mit Grüßen an den 95jährigen Theodor Beza, seinen Nachfolger als Moderateur de la Venérable Compagnie des Pasteurs, Simon Goulart, sowie den Theologieprofessor Antoine de La Faye und den Hebraisten Jean Diodati abgeschlossen (vgl. z.B. K. Waser an Goldast von Haiminsfeld, 16. 12. 1599, in: THÜLEMEYER (Hg.), Virorum epistolae, Nr. 16, S. 24). 43 Zu Lect vgl. CAMPAGNOLO , Jacques Lect, juriste et magistrat, „théologien et évêque“; zu Goldasts freundschaftlichen Beziehungen zu Lect und seinem Genfer Aufenthalt insgesamt vgl. GARDY, in: GOLDAST VON HAIMINSFELD, Histoire, 7–34. Es ist zu vermuten, daß Goldast in irgendeiner Weise an der von Jacques Lect vorbereiteten dreibändigen Ausgabe der Opera François Hotmans (Genf 1599–1600) mitgewirkt oder zumindest deren Erarbeitung wahrgenommen hat. 44 M ELCHIOR G OLDAST VON H AIMINSFELD , S. Valeriani Cimelensis episcopi De bono disciplinae sermo. S. Isidori Hispalensis episcopi de praelatis fragmentum, s.l.

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matische Auswahl der editierten Texte und die Kommentierung vor allem in Gestalt zahlreicher Kirchenväter, sondern die Widmungsrede an den als „Theologenfürst“ bezeichneten Theodor Beza zeigen seine Verbundenheit mit dem Genfer Calvinismus.45 Ein Schlüsselereignis der Geschichte des reformierten Genf wurde dann auch Gegenstand einer seiner folgenden Publikationen. Die Erstürmung der belagerten Stadt in der Nacht des 12. Dezember 1602 durch den katholischen Herzog von Savoyen konnte durch das beherzte Eingreifen der Bürger im letzten Moment verhindert werden. Goldast hat in der 1603 pseudonym erschienenen Schrift Carolus Allobrox, seu de superventu Allobrogum die Rettung der Stadt als Folge des Eingreifens Gottes beschrieben und im Verhalten des Herzogs den Ausdruck der christentumsfeindlichen Politik des römischen Papstes und des spanischen Königs gesehen.46 Gott sorge für das Heil der Stadt Genf, in der sein Name rein und angemessen verehrt werde.47

1601. Die Kommentierung der Bischof Valerianus Cemeliensis (gest. 460) zugeschriebenen Predigt (abgedr. auch in: PL 52, 691–696), aaO., 43–109, die des Textes Isidors von Sevilla (ca. 560–636), aaO., 109–157). 45 Vgl. aaO., 37–39: „REVERENDISSIMO ET DOCTISSIMO PATRI THEODORO BEZAE Vezelio, Theologorum facile principi.“ In der Vorrede an den Leser beschreibt Goldast sein Anliegen wie folgt: „NON ego te longo et verboso altero alloquio: sed in Christiana olim Catholica quondam Ecclesia Disciplina quae fuerit, clarius exponas, in verba autem paucissima conferam“ (aaO., 40). 46 [M ELCHIOR G OLDAST VON H AIMINSFELD ], Sallustii Pharamvndi Helvetii Carolvs Allobrox, seu de svperventv Allobrogum in urbem Genevam historia, in qua, praeter res biennio gestas, ingenium ducis infidum: adhoc pontificis Romani, et Hispaniarum regis, quae in Christianos captaverant, Consilia deteguntur, s.l. [Zürich] 1603 [zit. wird nach folgender Ausg.: s.l. (Genf) s.a. (1603)]; zur ebenfalls im Jahre 1603 erschienenen französischen Übersetzung und der Druckgeschichte der Ausgaben vgl. GARDY, in: GOLDAST VON HAIMINSFELD, Histoire, 34–53. Vgl. auch GOLDAST VON HAIMINSFELD , Carolus Allobrox (Genfer Ausg.: BPU Sign. Hb 552/3), f. Ajv–Aijr: „Nisi Dominus custodiat ciuitatem, frustra sedulus est custos: frustra sunt, qui summo diluculo surgunt, qui tarde sedent: ita dat dilectis suis somnum, qui cultum sui, probitatem, industriam, caeterasque bonas artes sustinent. Horum recoepit esse currus et auriga: in necessitudine rupes robusta, locus munitißimus ad seruandum eos, petra et munitio, quos propter nomen suum agitat et deducit. At vero impios et consceleratos, qui capti prauis cupidinibus ad superbiam et crudelitatem pessumdati sunt, perniciosa libidine paulisper vsi: vbi Deum neglegere sacra profanaque omnia polluere, nihil pensi sanctique habere, quoad visum est potuerunt, relictos atque deserte habet.“ 47 „Verum non Homo, non Fores: Deus conterens bella omnia regebat. is obfirmauit cor Ducis, vt persequeretur Geneuenses, quo glorificaretur in Duce et in omnibus copijs ejus,

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Goldasts reformierte Orientierung schlägt sich ebenfalls unmittelbar nieder in einer Edition, die er kaiserlichen Dekreten zur Bilderverehrung seit der Zeit der Alten Kirche gewidmet hat.48 In der Widmungsrede an Philipp Ludwig II., Graf von Hanau-Münzenberg (1576–1612), äußert er sich zu der Ausbreitung der falschen Bilderverehrung seit der Zeit der Alten Kirche. Gott habe sich aber erbarmt, wolle uns nicht länger in diesem Irrtum gefangen sein lassen und habe darum fähige Männer erweckt, die sich ernsthaft um das Verständnis des göttlichen Wortes bemühten.49 Im übrigen stimmten die Juristen darin überein, daß Etwas-falsch-machen und Etwas-nicht-machen juristisch das Gleiche sei und also falsche Gottesverehrung wie überhaupt keine zu bewerten sei.50 Der Jakobusbrief bietet gleichsam von theologischer Seite Unterstützung, wenn danach Einen-Teil-des-Gesetzes-nicht-erfüllen bedeutet, das ganze Gesetz nicht zu erfüllen.51 experirenturque Allobroges se esse Gehouam, cui salus Geneuae, vbi nomen suum pure sancteque colitur, sit curae“ (aaO., f. Djr). 48 Imperialia decreta de cvltv imaginvm in vtroq.[ue] imperio tam orientis quam occidentis promulgata, nvnc primvm collecta, recensita et notis illustrata [...], Frankfurt a. M. 1608. 49 „Doctrina quoque coelestis non alium exitum fecit, postquam nonnullorum audacia sacrarum, et spiritualium rerum compendiosam nundationem inuenit. At non est passus misericors dominus, et deus noster nos diutius errare hunc errorem, sed excitauit nobis subinde praeclara ingenia diuini verbi sui studiosorum, [...]“ (aaO., Epistola; in dem von mir benutzten Exemplar [BPU Sign. Ba 494x] ist die gedruckte Fassung des Widmungsbriefs verlorengegangen und durch eine handschriftliche Abschrift ersetzt). 50 „Definitio juris communis est, etiam canonibus, et ecclesiasticis decretis comprobata, quae tradit paria esse aliquid omnino non facere, et non recte facere. Paria ergo pro utriusque jurisperitorum verbis, deum omnino non colere, et non rite colere: paria, religionem omnino nullam habere, et non rectam habere: paria, sanctos omnino non honorare et non ex instituto honorare“ (ebd.). 51 „Quam juris, et aequi regulam apte, atque conuenienter in hanc nostram sententiam accommodauit diuus Jacobus apostolus. Qui enim (inquiens) quamuis alioquin totam legem obseruet, tamen in uno delinquit, is omnibus tenetur. nam dixit, ne adulteres, idem dixit, ne occidite, et, ne simulacra colite. Quod si non adulteras, sed occidis, et simulachra dolis, contra legem committis“ (ebd.). In der an die „römische Kaiserin“ gerichteten Widmungsrede einer seiner Editionen verweist er auf die Orientierung der „ruhmreichen Fürsten“ Israels, Mose, Josua und Eleazar, sowie der „ehrenreichen Fürstinnen“ Deborah und Judith am Gesetz Gottes. Zur Begründung heißt es: „WIR lesen in dem fuenfften Buch Moysis am 31. Capitel / daß Moyses der Heylige Mann GOttes / ein Fuerst vnnd Regierer deß Volcks Israel / das Gesetze ihme gegeben von dem Allmaechtigen Himmelischen Kayser / dem HERRN aller

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Unter Goldasts zahlreichen Werken finden sich auch historisch-theologische Arbeiten wie die Edition von Bestimmungen zum Abendmahl aus verschiedenen Rechtscorpora52 und von Texten zur Bibelhermeneutik53. Dabei äußert sich seine reformierte Orientierung – soweit ich sehe – kaum in der ausdrücklichen Abgrenzung gegen lutherische Lehren.54

HERREN vnd Koenigen / als seiner goettlichen Mayestat auff Erden Statthaltern vnnd Vicari / habe den Obersten deß Volcks Israels / so wol den Geistlichen als den Weltlichen / zugestelt / vnd solches nicht allein den Maennern / sondern auch den Weibern / gebotten / zuhoeren / lesen / vnnd daraus zu lernen / GOtt ihren Schoepffern und Heilandt recht erkennen / seine Himmelische Mayestat gebuerlich ehren / vnnd alle Wort desselbigen Gesetzes halten vnnd vollfuehren. Es seynd aber die Gesetze durch Moysen den getrewen Diener Gottes gegeben /also gestellt / daß sie in sich neben den Heyligen vnnd Geistlichen Rechten / auch Weltliche vnnd Politische Ordnungen begreiffen. Daraus dann die Heyligen Vaetter vnd Kirchenlehrer vernuenfftig woellen schliessen / daß einer Kayserin / Koenigin / Fuerstin / vnnd jeder Regentin von GOtt anbefohle sey / neben der Heyligen Schrifft der Propheten vnnd Aposteln / zu Aufferbauwung ihrer Heyl vnnd Seligkeit / sich auch in Weltlichen vnnd Politischen Gesetzen / Ordnungen vnnd Reformationen zu erkundigen vnnd erfahren / damit / so viel an ihnen ist / vnnd ihrem obligenden Ampt zustehen vnnd gebuehren thut / gute Policey vnnd Ordnung in dem irdischen Regiment vnnd gemeinen menschlichen Wesen / durch sie moegen angegeben vnd erhalten werden“ (MELCHIOR GOLDAST VON HAIMINSFELD, Reichssatzung Deß Heiligen Römischen Reichs / Keyser / König / Churfürsten und Gemeiner Stände / Constitution / Ordnung / Rescript und Außschreiben / auff den gehaltenen Reichstägen und Keyserlichen Höffen statuirt und außgangen, so weder in gemeinen Reichs Abschieden / noch in allbereyt außgegangnen Lateinischen und Teutschen Constitutionen und Reichshandlungen / gefunden werden [...], Hanau/Frankfurt a. M. 1609/1613, f. (:) ijr−v). 52 M ELCHIOR G OLDAST VON H AIMINSFELD , Digesta regia, de sacrosancta eucharistia, sive constitutiones imperiales, de sacramento corporis et sanguinis domini nostri Jesu Christi. Collectae ex Corpore Iuris Civilis Romanorum, legibus veterum Germanorum, capitularibus Francorum, basilicis Graecorum, recessibus s. imperii, & variis Imperatorum nostrorum novellis constitutionibus, decretis & rescriptis, Frankfurt a. M. 1616. 53 M ELCHIOR G OLDAST VON H AIMINSFELD , Manuale biblicum sive enchiridion S.S. Scripturae a catholicae apostolicae veteris ecclesiae patribus compendiatum, & nunc primum ex vetustis membranis mss. collectum, & dicatum [...], Frankfurt a. M. 1610; weitere Werke historisch-theologischen Charakters in: GONZENBACH, Art. Goldast, Melchior de Haiminsfeld, 107–111; Ergänzung in: GRAESSE, Trésor VII, 335. 54 Lutherische Autoren, auch lutherische Theologen wie Johannes Bugenhagen, werden in seinen staatsrechtlichen Publikationen ohne sichtbare Einschränkungen ediert (vgl. z.B. Fragmentum de migrationibus et mutationibus gentium in occidentis

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Hingegen hat er sich ausdrücklich und polemisch mit den Jesuiten auseinandergesetzt.55 Diesen wie auch dem römischen Index verbotener Bücher56 galt er als Calvinist.57 Für seine juristische Arbeit unmittelbar relevant wurde die scharf antipäpstliche Haltung. Ein Großteil der von ihm edierten Texte diente dem Erweis einer gefährlichen und widerchristlichen Ausweitung des päpstlichen Machtanspruchs auf Kosten der legitimen Herrschaft der weltlichen Obrigkeit. Im ersten Band seiner 1611–1614 unter dem Titel Monarchia sacri Romani imperii erschienenen, umfassenden Edition grundlegender Texte des Reichsrechts bietet er einen Querschnitt einschlägiger mittelalterlicher Autoren, von Hinkmar von Reims über Johannes Hus, Wilhelm von Ockham und Jean Gerson bis Beatus Rhenanus’ Vorrede zum Defensor pacis des Marsilius von Padua. In der Widmungsrede, die an den kurze Zeit später zum Calvinismus übergetretenen Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg (1572–1619) gerichtet ist, betont er die grundlegende AlternaImperio: siue oratio de gentibus, quae imperium Romanum in occidente lacerarunt: auctore Iohanne Bugenhagio Pomerano, anno 1526, in: GOLDAST VON HAIMINSFELD, Politica Imperialia, 783–786). In der Vorrede zur Sammlung Imperatorum [...] statuta et rescripta imperialia kritisiert Goldast den Sachverhalt, daß die Confessio Augustana nicht in das „Corpus Iuris“ aufgenommen worden sei, denn zum ius publicum gehöre auch das ius sacrum. Die Schuld daran trage der Papst zu Rom, der all sein Dichten und Trachten darauf richte, daß er „das Keyserthumb vnter den Banck / ja gar die Fueß trucke vnnd seinen Stuel erhoehe, vber alles / das da ist“ (GOLDAST VON HAIMINSFELD, Imperatorum [...] statuta et rescripta imperialia, f. )( 4r). 55 M ELCHIOR GOLDAST VON HAIMINSFELD, Replicatio pro sac. caesarea et regia Francorum maiestate illustrissimisque imperii ordinibus, adversus Jacobi Gretseri jesuitae e societate Loyolitarum, crimina laesae maiestatis, rebellionis & falsi: extemporaliter & populariter instituta a Melchiore Goldasto Haiminsfeldio [...]. Accesserunt insuper evererendiss. & Illustriss. quorumdam S. Rom. imperii principum apologiae pro d.n. Henrico IV. imp. aug. patre patriae, adversus Gregorii VII. Papae cognomento Hildebrandi, & aliorum patriae hostium, impias ac malignas criminationes, Hanau 1611. 56 Dem Madrider Index librorum prohibitorum von 1667 galt Goldast als Calvinist (vgl. GARDY, in: GOLDAST VON HAIMINSFELD, Histoire, 8 Anm. 1). Zu den indizierten Werken vgl. REUSCH, Index II, 90f.; DE BUJANDA, Index librorum prohibitorum, 394. 57 JACOB GRETSER , Gemina aduersus Melchiorem Gvldinastvm Calvinianvm replicatorem, vel potivs qvadrvplatorem, defensio, prior pro S. R. orthodoxi et catholici Imperij auita Maiestate, Replicationem Caluinianam, Imperij huius vastatricem, accurate examinat et refutat. Avctore Iacobo Gretsero, societatis Iesv theologo. Posterior complura monumenta hactenus inedita, pro Gregorio VII. aliisque Pontificibus Romanis lectori exhibet. Editore C. V. Sebastiano Tengnagel, Ingolstadt 1612.

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tive, die heute aufs Heftigste umstritten sei. Auf der einen Seite werde die maiestas im Reich dem Kaiser mit den weltlichen und geistlichen Kurfürsten zugesprochen, auf der anderen Seite beanspruche sie der Papst mit den Kardinälen und Bischöfen.58 Goldast nimmt die seit alter Zeit bestehende Praxis auf, daß die Christenheit in zweifacher Weise regiert werde, durch die „sancta Maiestas Regia“ und die „sacra Cura Sacerdotalis“. Anknüpfend an Konstantin den Großen erhält der Kaiser bei der weiteren Erläuterung seiner Kompetenz einen außerordentlich großen Spielraum. Er ist zwar nur Aufseher über die äußeren Dinge in der Kirche, aber dieses Amt besteht über die Verteidigung der Kirche und die Sorge für die Ordnung in ihr hinaus auch in der Verbesserung der Gottesverehrung und der Abschaffung von Aberglauben und Idolatrie.59 Angesichts der in der Gegenwart völlig veränderten Situation – des „Kollapses“ der göttlich eingerichteten Ordnung – gelte es, das Erbe derer, die seit 1300 Jahren gegen die päpstliche Tyrannei geschrieben hätten, fruchtbar zu machen.60 Goldast versäumt es auch nicht, die rö„DE Maiestate Imperii, PRINCEPS ELECTOR, quam maiorem statum Politici et Iurisprudentes interpretantur, et olim inter Gentes varie decertatum fuit, et hodie apud Christianos acerrime controuertitur: hinc Imperatore cum Regibus et Archiprincipibus Electoribus, illinc Papa cum Cardinalibus et Episcopis, eam sibi arrogantibus“ (GOLDAST VON HAIMINSFELD, Monarchia I, f. +a2r). 59 „Etenim quum duo sint, quibus (ipso Gelasio Papa teste) genus Christianum regitur, sancta Maiestas Regia et sacra Cura Sacerdotalis, alteram alterius auxilio vegere, non misceri aut in vnum confundi debet. Imperator est Pontifex Maximus, hoc est, vt Magnus ille Constantinus Imp. de se dicere solitus erat, [...] rerum exteriorum in Ecclesia Episcopus ac Inspector. Res autem exteriores in Ecclesia sunt (quomodo mihi persuadeo) defensio Ecclesiae, custodia disciplinae Ecclesiasticae recte atque ordine gerendae, Conciliorum indictio seu Synodorum, sanctio Canonum et Decretorum, emendatio cultus diuini, abrogatio superstitionum et idololatriarum, obseruatio caerimoniarum Ecclesiasticarum, notatio vitae et honestatis Clericorum, punitio impie ac flagitiose viuentium, Ministrorum Ecclesiae positio et depositio, et si qua sunt alia id genus, quae alibi a me nuper prolixius commemorata leguntur. At vero Papa est, si proprie velimus loqui, Sacerdos siue Presbyter Summus, id est, [...] rerum interiorum in Ecclesia Episcopus atque (vt ita dicam) Superintendens. Res autem interiores in Ecclesia esse videntur annuntiatio verbi diuini, poenitentiae praedicatio, administratio Sacramentorum, potestas clauium, visitatio infirmorum, et consimilia. Haec officia ita inter se discriminantur, vt certos ambo habeant fines, quorum respectu iidem sibi inuicem Imperator et Papa, et praeesse et subesse diuersis possint rationibus. Namque Imperator Papae subesse autumatur in rebus Ecclesiae interioribus“ (aaO., f. +2r– +2v). 60 „O tempora! o mores! quantum nunc pontifices ab illis mutati sunt? Collapsus est ordo diuinitus institutus, hierarchia turbata est, munium Ecclesiasticorum di58

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mischen Gegner der Gegenwart, wie z.B. Bellarmin und Gretser, mit ihren „monströsen, unerhörten und unchristlichen“ Reden ausdrücklich zu nennen.61 Goldast hat auch zahlreiche Texte ediert, die über das Reich hinaus die verderblichen Übergriffe des Papsttums in anderen Ländern zurückweisen. Insbesondere die Geschichte Frankreichs ist präsent. So druckt er nicht nur Charles Du Moulins Traktat über das französische Königtum ab,62 sondern auch François Hotmans überaus scharfe Antwort auf die Bulle, mit der Papst Sixtus V. Heinrich von Navarra und stinctio sublata, boni mores obsoleuerunt, gladius abscidit Ecclesiae vinculum, et mater deuorauit filium primogenitum, id est, Imperatoria potestas a Sacerdotio est absumpta, et spiritualia cum temporalibus commutata cernuntur. Vbi est nunc sancta illa obedientia Regibus debita, quam tantopere prisci illi Pontifices inulcare solebant? vbi seruus seruorum Domino suo Imperatori ministrare paratus est? vbi Principibus propter recti ordinis obseruationem obsequium praestatur? vbi leges, decretiones et sanctiones Magistratuum recipiuntur, vt ex cathedris templorum publicentur; quibusve ipsi Pontifices aeque, ac caeteri subiecti, constringantur ac pareant?“ (aaO., f. +2v–+3r). „Quae vbi Serenitati Tuae, PRINCEPS ELECTOR, non ingrata fore intellexero, magis diligentiorem operam nauabo, vt propediem maius opus videas quadraginta et plurium Auctorum, qui per annos ∞ ccc. [1300] in Ecclesia Christi sese Pontificae tyrannidi, veluti murum pro templo Dei, et scutum pro legitimo magistratu obiecerunt“ (aaO., f. +4r). Vgl. auch GOLDAST VON HAIMINSFELD, Imperatorum [...] statuta et rescripta imperialia, f. )( 2r–v) 61 „Sed haec ferri quadamtenus potuissent, si hoc fine malum stetisset, nec eo vsque progressa esset quorundam assentatorum impudentia vt affirmare nihil erubescant: Papam esse vniuersae mundi machinae Dominum, totius orbis absolutum Monarcham, in coelestibus, terrestribus et infernis immediatum Vicarium et Vicedeum, Ecclesiae vniuersali Principem anormalum atque supremum caput, etc. cui omnes Imperatores, Caesares, Reges atque Principes, quantum terra gerit cumque, in temporalibus ac spiritualibus subesse, et ad nutum eius viuere cogantur siue prece, siue precio, siue precario. Haec sunt monstra verborum in Catholica Dei Ecclesia quondam inaudita; quae nuper adeo ex nescio quo Tartaro Europam inuaserunt, et animos Christianorum ad pietatem et ordinariam subiectionem surgentes, veluti pestilente quodam fidere afflauerunt, semelque corrupta verae obedientiae regula stetit et obmutuit. Quis legit Prieratis, Poli, Sanderi, Pighii, Aluarezi, Vargasii, Bellarmini, Baronij, Bozij, Pesantij, Stabletoni, Gretseri, Coquaei, et similium libros, et non commouetur ad verba tam inchristiana, in Deumque ac principes injuriosa? Quippe quibus cum Diuina, tum humana laedatur Majestas“ (GOLDAST VON HAIMINSFELD, Monarchia I, f. +3r–+3v). 62 Caroli Molinaei IC. Franci regis et reginae Navarrae a supplicibvs libellis ordinarii magistri, ac principum Germaniae consiliarii, tractatvs de origine, progressv et praestantia monarchiae regnique Francorum, in: GOLDAST VON HAIMINSFELD, Monarchia III, 45–66.

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den Prinzen von Condé, exkommunizierte. In der ironisch betitelten, 1585 erschienenen Schrift Brutum fulmen papae Sixti V. adversus Henricum sereniss. Regem Nauarrae, et illustrißimum Henricum Borbonium, Principem Condaeum hatte Hotman eine literarische Aburteilung des Papstes veranstaltet, in der dieser gravierendster Vergehen überführt wird, des crimen impietatis multiplex, des crimen illusae religionis, des crimen occupatae in ecclesia tyrannidis, des crimen corruptae religionis, des crimen sacrilegii, des crimen laesae maiestatis, des crimen perduellionis sowie der Lüge und Geschichtsfälschung („crimen falsi“).63 Die dominierend antipäpstliche Ausrichtung, die das Eigenrecht des Kaisers als der weltlichen Obrigkeit zu stärken sucht, führt bei Goldast zu einer weitestgehenden Nivellierung lutherisch-calvinistischer Differenzen.64 Auch wenn er vielfach auf Hotman verweist,65 kann man bei ihm keine calvinistisch-monarchomachische Tendenz, die eventuell von einer lutherischen obrigkeitsfreundlicheren Ausrichtung zu unterscheiden wäre, feststellen. Stattdessen unterstreicht Goldast, daß es nach christlicher Lehre nicht vorgesehen sei, daß der Papst eine tyrannisch gewordene Obrigkeit absetze, so wie ja auch Paulus nicht Nero abgesetzt habe.66 Gegenüber den römisch-katholischen Vorwürfen, die Pro63 Vgl. F RANÇOIS H OTMAN , Brutum fulmen papae Sixti V. adversus Henricum sereniss. Regem Nauarrae, et illustrißimum Henricum Borbonium, Principem Condaeum, in: GOLDAST VON HAIMINSFELD, Monarchia III, 68–123. 64 Beispielhaft ist hier eine Schrift, die Goldast in seiner Sammlung Politica Imperialia anonym mit dem Zusatz „auctore quodam Icto Germano, anno 1606“ publiziert hat (aaO., 488–538). Die gegen Robert Bellarmin gerichtete Schrift mit dem Titel De translatione imperii Romani, a Graecis ad Francos, an et qvatenvs a pontifice Romano facta sit. Clarißimi cuiusdam Germaniae Iurisconsulti politica dispvtatio, opposita disceptationi Roberti Bellarmini cardinalis et iesuitae, de eadem re wurde im Jahre 1613 noch einmal separat in Hanau gedruckt. Diese Schrift konnte Goldast zugeordnet werden (vgl. HOLZMANN/BOHATTA, Deutsches Anonymen-Lexikon, Bd. 6, S. 1414, Nr. 3804). Es handelt sich dabei um eine Zusammenstellung von Texten verschiedener Autoren zum Thema, u. a. Marsilius von Padua, Matthias Flacius Illyricus, Matthäus Dresser und Franciscus Junius. 65 So schließt sich Goldast bei der Zurückweisung der päpstlichen Fälschung eines Primats des römischen Bischofs in der Alten Kirche Hotman an und referiert dessen sechs Argumentationen, wie sie sich in Buch 1, Kap. 1 der 1601 in Hanau nachgedruckten Responsionum amicabilium libri duo finden (vgl. GOLDAST VON HAIMINSFELD, De translatione, 500f.; vgl. auch aaO., 533). 66 „Pontificum autem Romanorum potestas sine dubio non erit maior quam Reges et Iudices fuisse. Pontificum autem Romanorum potestas sine dubio non erit maior quam Prophetarum et Apostolorum, quos tanti faciunt, vt constat. Sequitur alterum de Tyrannide, sic enim id intelligimus, quod inquit: Si vt aries furiosus contemto

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testanten seien an Aufruhr und Rebellion schuld, betont Goldast deren Stärkung der Autorität weltlicher Obrigkeit, ganz im Gegensatz zu den Machenschaften der „Mönche und Jesuiten“.67 Eingehend verteidigt er Luther gegen die Vorwürfe, den Aufruhr der Bauern und anderer sektiererischer Gruppen (mit)verursacht zu haben.68 Ein durch innerprotestantische Differenzen bedingter Mißklang ist hier nicht zu hören. pastore in oues grassetur, sed et haec causa nulla est alium regno spoliandi, maxime si id Pontifex faciat. Iurisconsulti vt et fere omnium Regnorum statuta et pacta id docent et volunt, vt si quis regno et subditis abutatur, regno careat. Paulus Neronem, quauis bellua immaniorem, minime Imperio priuabat. Si dicent suam commissionem tantum ad eos pertinere, qu[i] in eodem corpore Ecclesiae sint, probent hanc limitationem, quod tum fiet, quando Regulam demonstrabunt. Petrus dicitur Romae Episcopus fuisse, quando vero hic vel eius successores ob crudelitatem Impp. Vel Praesidum Prouinciarum ad arma conclamarunt, aut subditos a iuramento fidelitatis perfide liberarunt, quod his Pontificibus aut perduellibus tralaticium est. Quid quod ij qui sacra docent, regulis et exemplis demonstrant, Ecclesiae hoc quasi proprium esse, vt tyrannis domesticis et externis subiecta sit, et tum eius statum aut splendorem quam optimum esse. Qui igitur tyrannos e medio tollere volunt, ordinationi Dei resistunt, nec volunt hi vicarij, vt Dominus eorum in medio inimicorum suorum dominetur, in quo grauissime eius autoritati derogant“ (aaO., 531f.). Für den möglichen Fall der Absetzung eines Tyrannen durch die „Primatus regni“ verweist Goldast auf Innocent Gentillets Antimachiavell, eine Schrift aus dem Kreis der calvinistischen Monarchomachen. „Quis tyrannos plerunque exitus maneat a Deo cuius regnis abutuntur, si quis scire velit, legat AntiMachiauellum [Marg.: lib. 3. Theorem. 8.]. Sed cum religio Christiana sub his tyrannis nullum detrimentum passa sit, quemadmodum nec sub ignauo Hilberico, qui non a Papa, sed potissimum a regni primatibus abdicare se iussus est, ille saltem perfidiae crustam et colorem obduxit: hoc scilicet Petrus vel Christus fecisset“ (aaO., 532). Vgl. auch INNOCENT GENTILLET, Discours sur les moyens de bien gouverner et maintenir en bonne paix un royaume ou autre principauté. Divisez en trois parties: assavoir, du conseil, de la religion et police que doit tenir un prince. Contre Nicolas Machiavel Florentin (1576), neu hg. u. komm. v. C. EDWARD RATHÉ, Anti-Machiavel, Genf 1968. 67 Vgl. Cap. X. „Nec omnes, qui falsum dicunt, mentiri: Nec Protestantes seditiosos et turbulentos esse: sed contra Monachos et Iesuitas omnium turbarum et seditionum authores fuisse et adhuc esse“ (GOLDAST VON HAIMINSFELD, De translatione, 533–538). 68 „Vere ne an falso, nihil interest, dummodo bona fiat intentione et pro religione faciat, quod apud illos in laude ponitur. Videtur tamen Bellarminus tempus notasse, quo Germania seditionibus ac tumultibus operam dedit, nimirum, cum et sectis variis agitari coepit, id est, ex eo tempore seditiosi Germani facti sunt, cum Lutherus aliique contra Pontificum religionem docere coeperunt, et a sede Romana defecerunt, quorum doctrina an sit haeretica vel sectaria, aliis relinquimus. Certe cum tot Reges et Principes, et viros omnium nationum doctissimos et honestissimos asserto-

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Was läßt sich also über den Beitrag reformierter Juristen bei der Präsentation mittelalterlicher Quellen, die eine wesentliche Voraussetzung des ius publicum Germanicum bildete, zusammenfassend sagen? Juristen, die im weiteren Sinne an der Verteidigung des calvinistischen Sonderwegs der Kurpfalz beteiligt sind, spielen eine signifikant wichtige Rolle. Grund dafür ist zum einen das realpolitische Interesse einer Stärkung der landesherrlichen Souveränität bzw. reichsrechtlichen Sicherung der kurpfälzischen Politik. Darüber hinaus sind die Texte von weltanschaulich-konfessionellen Grundentscheidungen bestimmt. Beherrschend ist die antipäpstliche Grundhaltung, die in den päpstlichen oder anderen geistlichen Übergriffen in den Kompetenzbereich der weltlichen Obrigkeit und der daraus resultierenden Schwächung der Autorität weltlicher Obrigkeit ein gefährliches Übel sieht. Dagegen sei in aller Klarheit das gottgegebene Eigenrecht der weltlichen Obrigkeit hervorzuheben. In unterschiedlich starker Weise verbindet sich dieses Anliegen mit dem Interesse, die gewachsenen Rechte der Stände bzw. das Zusammenspiel der Reichsinstitutionen zu berücksichtigen. Diese Überzeugungen sind für den lutherischen Protestantismus nicht weniger charakteristisch als für den calvinistisch-reformierten. Die Autoren bzw. Herausgeber zeichnen sich nicht durch spezifisch calvinistisch-reformierte Überzeugungen aus. Vielmehr sind die Übergänge res habeat, hactenus quoque nec vi nec dolo inter grauissima supplicia extingui potuerit, praeterea eandem omnino fortunam, quam tempora Apostolorum et proxime succedentia habuerunt, experta sit, praesumtio in contrarium est. Non enim adeo salutis et honoris sui immemores censendi sunt. Atqui ex eo tempore quo doctrina reformata est, tres praecipui in Germania motus fuerunt, Rusticorum, Anabaptistarum, et Bellum Smalcaldicum contra protestantes gestum. Motus Rusticorum non a Luthero eiusque sectatoribus, multo minus a Principibus Protestantibus excitatos esse, ita notorium est, vt nec allegari quidem debeat: imo contra nihil verius est, quam hoc incendium a Principibus non tantum Catholicis, sed etiam Protestantibus compressum et extinctum fuisse, et praesertim Landgrauium Philippum seniorem Hassiae Principem strenui et fortis Ducis officium fecisse: Lutherum quoque publica scriptione hanc rebellionem et seditionem, improbasse, damnasse: omnesque Euangelicos adhuc hodie de iis sentire, qui plebem et subditos contra Magistratum, cui Post Deum primas tribuunt, audent colligere. Sed quid opus est multis? eodem fere tempore in Hispania motus fuerunt, adeo vt Caroli V praesentia opus fuerit, vt eos comprimeret. Ipsa Italia Romani Pontificis sedes et domicilium, non tantum ante tempora Lutheri, sed et postquam docere coepit annos plus quam triginta, grauissimis motibus et bellis ciuilibus, ipsis Pontificibus spectantibus atque etiam partes nunc has nunc illas adiuuantibus, prout ipsis commodum erat, perturbata, afflicta, et fere in cineres redacta est“ (aaO., 536).

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zu einem melanchthonianisch-humanistisch orientierten Luthertum fließend. Auch da, wo wie im Falle Goldasts der (calvinistisch-)reformierte Ausgangspunkt nachweisbar ist, zeigt sich eine erstaunliche Flexibilität im Blick auf die innerprotestantischen Gegensätze. Die Dominanz der antipäpstlichen Frontstellung führt nicht nur zu einer Nivellierung des lutherisch-calvinistischen Gegensatzes, sondern mitunter auch zu einer Stärkung der kaiserlichen auf Kosten der ständischen Autorität, wie sie sonst eher für lutherische Juristen charakteristisch ist. Bei Goldast ging das bekanntlich so weit, daß er aufgrund seiner historiographischen Fundierung der Rechte des Kaisers auf Böhmen am Ende seines Lebens noch zum kaiserlichen Rat ernannt wurde.69

3. Die Debatte „de iurisdictione“ 3. Die Debatte „de iurisdictione“ Der verstärkte Rückgriff auf das mittelalterliche Reichsrecht auf Kosten des römischen Rechts, das bis dahin die akademische Ausbildung prägte, bildete eine wesentliche Voraussetzung des entstehenden Schrifttums zum ius publicum. Er schlägt sich unmittelbar in den Disputationen und Dissertationen nieder, die der Auslegung des Codexund Digesten-Titels „De iurisdictione“ (Cod. 3,13, Dig. 2,1) gewidmet waren. In diesen meist knappen Schriften „de iurisdictione“ wurden traditionellerweise die Fragen politischer Autorität erörtert.70 Die deutlichen Veränderungen in Zahl und Umfang dieser Texte im Laufe der zweiten Hälfte des 16. und am Beginn des 17. Jahrhunderts markieren die entscheidenden Schritte hin zur Etablierung der Disziplin des öffentlichen Rechts. Auch dieses Schrifttum soll ansatzweise auf die konfessionelle Orientierung der Autoren befragt werden. Goldasts kommentierende Darstellung des Staatsrechts und anderer rechtlicher Regelungen Böhmens erschienen zuerst 1627 in Frankfurt a. M. (vgl. DERS., Commentarii de regni Bohemiae, incorporatarumque provinciarum Juribus ac privilegiis, nec non de hereditaria successione regiae Bohemorum familiae, in libros VI. divisi, et inde a prima origine diligentissime et accuratissime deducti, cum Animadversionibus Stranskii, Balbini, aliorumque [...]. Cura atque studio Johan. Hermanni Schminckii, 2 Bde., Frankfurt a. M. 1719). 70 Auch wenn der Begriff „iurisdictio“ seit der Mitte des 15. Jahrhunderts seine Bedeutung als Inbegriff aller Herrrschaftsrechte verliert, bleibt er weiterhin einer der zentralen Begriffe im Sprachfeld der politischen Macht (vgl. dazu COSTA, Iurisdictio). Zu Monographien über den Themenkreis „administratio“, „imperium“, „iurisdictio“ vgl. TROJE, Literatur, 706–709. 69

3. Die Debatte „de iurisdictione“

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Die in Dig. 2,1,3 aufgenommene Rede Ulpians vom „Imperium aut merum aut mixtum“ interpretierte man im Sinne der beiden die Landeshoheit kennzeichnenden Kompetenzen, der Strafgewalt (merum) und der Rechtsprechungsgewalt in bürgerlichen Streitigkeiten (mixtum).71 Im Zuge der frühmodernen Territorialstaatsbildung wurde das merum et mixtum imperium zur entscheidenden Streitfrage im Konflikt zwischen den Territorien und der Zentralgewalt im Reich.72 Im Unterschied zum modernen, durch das Gewaltenteilungsprinzip bestimmten Verständnis war der Begriff „iurisdictio“ nicht auf die Dimension der Rechtsprechung begrenzt. Vielmehr wies er eine außerordentlich große Bedeutungsbreite auf. Von der klassischen Rechtsprechung über die obrigkeitliche Gewalt insgesamt bis hin zum synonymen Gebrauch mit „maiestas“ reichte das Verständnis des Begriffs.73

3.1 Entwicklungen im protestantisch-katholischen Vergleich Während bis in die siebziger Jahre des 16. Jahrhunderts nur einige wenige Traktate oder Disputationen „de iurisdictione“ erschienen waren,74 71 „Imperium aut merum aut mixtum est. Merum est imperium habere gladii potestatem ad animadvertendum facinorosos homines, quod etiam potestas appellatur. Mixtum est imperium, cui etiam iurisdictio inest, quod in danda bonorum possessione consistit. Iurisdictio est etiam iudicis dandi licentia“ (Dig. 2,1,3). Vgl. HOKE, Art. Imperium merum et mixtum; STOLLEIS, Geschichte I, 156–166. 72 Vgl. WILLOWEIT , Rechtsgrundlagen der Territorialgewalt, 17–47. 186–198; STOLLEIS, Geschichte I, 156f. 73 M. Heckel hat im Blick auf die staatskirchenrechtliche Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts sechs verschiedene Begriffe von iurisdictio herausgearbeitet. Neben der Verwendung als Oberbegriff für jede – kirchliche und weltliche – Herrschaftsordnung bezeichnet iurisdictio weltliche Herrschaft oder allein die weltliche Gerichtsbarkeit. Weiterhin kann der Begriff für die Gesamtheit der geistlichen Rechte, einen Teil der bischöflichen Rechte oder auch, wie in den lutherischen Bekenntnisschriften, die rein geistliche Schlüsselgewalt stehen (vgl. HECKEL, Staat und Kirche, 96f. Anm. 509). Jakob Lampadius unterschied in seiner Heidelberger Dissertation De jurisdictione, juribus principum et statuum imperii von 1619 elf Bedeutungsvarianten (vgl. DERS., Tractatus de constitutione imperii Romano-Germanici, hg. v. HERMANN CONRING , Leiden 1642, I/1, S. 14–16). Zu weiteren Ausgaben der im 17. Jahrhundert vielfach gedruckten Schrift siehe unten Anm. 102. 74 Der Altbestandskatalog der Bayerischen Staatsbibliothek bietet für die Jahre 1500 bis 1529 lediglich einen Titel „de iurisdictione“: GASPAR VALASCY, Copiosa ac perutilis repetitio solennissime l. […] imperium ff. de iurisdictione omnium iudicum, Turin 1513. In den dreißiger Jahren erscheinen die einschlägigen Werke des lutherischen Theologen und Juristen Christoph Hegendorff (DERS., In sex titulos Pandec-

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III. Teil: Der Anteil reformierter Juristen an der Entfaltung des ius publicum

kam es seit den achtziger Jahren zu einem signifikanten Anstieg entsprechender Literatur, und zwar sowohl im Blick auf die Anzahl als auch den Umfang der einzelnen Texte. In den Schriften werden nicht nur die Grundfragen des ius publicum behandelt, die umfangreicheren bieten darüber hinaus im Ansatz bereits Gesamtdarstellungen zum öffentlichen Recht. In den vierziger und fünfziger Jahren war die Diskussion „de iurisdictione“ bestimmt durch einen Streit unter führenden Vertretern der humanistischen Jurisprudenz im französischen Bourges.75 Auf der einen Seite befand sich Eugenarius Baron,76 auf der anderen Seite Antoine de Govea (Goveanus) und Franciscus Duarenus (François Le Duaren, 1509–1559),77 der Lehrer des Donellus. Die Auseinandersetzung bezog sich auf die Interpretation der betreffenden Codex- und Digesten-Titel und war eng verbunden mit der neuen humanistischen, auf die historische Kontextualisierung der Gesetze zielenden Auslegungsmethode. Beide Seiten führten die Erträge ihrer Forschungen zu der römischen Institution des für die Rechtsprechung zuständigen Prätorenamtes sowie ihre Interpretation von Aussagen Ciceros und anderer antiker Schriftsteller an.78 Und eben an diesen von der humanistischen Jurisprudenz ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückten Fragestellungen und Methoden der Auslegung entzündete sich der Streit. Insofern war er wesentlich ein Kampf darum, wer den Ruhm, die tarum Iuris civilis: nempe 1. de iurisdictione omnium iudicium, Basel 1537) und des profiliertesten Vertreters der humanistischen Jurisprudenz in Deutschland, Ulrich Zasius (Udalrici Zasii In sequentes ff. veteris titulos lecturae nempe de iustitia et iure, de legibus, de iurisdictione omnium iud. [...], Lyon 1537). Vgl. ferner TROJE, Literatur, 706–709. 75 Vgl. EYSSELL , Doneau, 50–58; J OBBE -D UVAL , François le Douaren, 580–587; VOGT, Franciscus Duarenus, 16f. 76 Vgl. EUGENARIUS B ARON , Variae quaestiones publice tractatae, I: De iurisdictione, Lyon 1548; vgl. auch EDWARD HENRYSON, Pro Eg. Barone adversus A. Goveanum de iurisdictione, libri II, Paris 1555. 77 Vgl. A NTONIUS G OVEANUS , De iurisdictione libri duo adversus Eguinarium Baronem, Toulouse 1551; DERS., De iurisdictione libri duo, in: DERS., Opera, qvae civilis disciplinae claustra continent et referant, Lyon 1599, 1–144; FRANCISCUS DUARENUS, De ivrisdictione et imperio apologia [...] adversus Egvinarium Baronem [1549], in: Omnia qvae qvidem hactenvs edita opera, 2 Tle. in 1 Bd., Orléans 1608, Tl. II, 283–287; vgl. auch DERS., Dispvtationvm anniversarivm libri II, in: Opera II, Sp. 228a–229b. 78 Vgl. die Auflistung von zwanzig Streitpunkten, in: D UARENUS , De ivrisdictione, in: Opera II, 283–287.

3. Die Debatte „de iurisdictione“

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neue humanistische Auslegungsmethode ausgearbeitet zu haben, für sich beanspruchen konnte.79 Der aktuelle politische Gehalt des Streites wenige Jahre vor dem Ausbruch der Bürgerkriege darf dagegen nicht überbetont werden,80 auch wenn einer der Streitpunkte die Frage gewesen ist, ob der Richter, wie Duarenus gegen Baron betont, nur über die Tatsachen oder auch über das Recht selbst zu entscheiden hat.81 Unmittelbare Wirkungen dieser Auseinandersetzung auf die entstehende öffentlich-rechtliche Debatte im Reich lassen sich in Gestalt eines Nachdrucks der einschlägigen Schrift Goveanus’, der im Jahre 1596 in Jena veranstaltet wurde,82 Das Vorwort, das Duarenus seiner Schrift gegen Baron vorangestellt hat, stellt die Abgrenzung gegen die großen mittelalterlichen Kommentatoren Bartolus und Baldus heraus (vgl. DERS., Opera II, 282; vgl. auch aaO., Sp. 286a–b). 80 Anders T ROJE , Literatur, 707. Trojes Verweis auf die im Blick auf die Einbeziehung des politischen Kontextes „vorbildliche“ Interpretation von Hermann Vultejus’ Kommentar zu Cod. 3,13 („De iurisdictione“) durch Aldo Mazzacane (DERS., Umanesimo e sistematiche giuridiche, 257–319) trägt in dieser Hinsicht kaum etwas aus, da der Kommentar des Protestanten Vultejus erst am Ende des 16. Jahrhunderts, d.h. nach der Politisierung der protestantischen Rechtslehre im Zuge der Konfessionskriege, entstanden ist. 81 „Negas de facto tantum cognouisse iudices datos: et ais de iure quoque apud eosdem certatum fuisse. Sed tu verba nostra aucuparis, et captas: quae vt verissima sunt, ita contentiosis hominibus forte calumniandi ansam praebere possunt. Nam quod aio, De facto tantum cognouisse, non de iure, sic accipiendum est, quasi non licuerit eis diuersum ius ab eo, quod formula continebatur, cognoscendo, iudicandove sequi. Non enim inficiamur de iure, et aequitate ex formula ipsa, praesertim si ex bona fide additum esset, potisse oriri controuersiam in priuatis iudiciis, et a iudicibus datis eam definiri. Atque ita Ciceronem sensisse non dubito, tam in Topicis, quam lib. 1. de Oratore“ (DUARENUS, De ivrisdictione, in: Opera II, 283–287). Auch Goveanus kritisiert, daß für Baron „ius dicere“ und „ius edicere“ dasselbe seien (vgl. DERS., De iurisdictione, in: Opera, 13f.). Ludovicus Charondas verteidigt in dem 1554 in Paris erschienenen Libellus de iurisdictione et imperio das Recht des Königs zur Delegation des Richteramtes. Vgl. ferner JEAN DE CORAS, In titulum Pandectarum ‚de iustitia et iure‘, ac sequentes legum iuris, magistratuumque titulos commentarii. Accesserunt commentarii ad titulum Pandectarum ‚De iurisdictione‘ et in aliquot Iustinianei Codicis responsa narrationes, Lyon 1558; weitere Quellen in: LIPENIUS, Bibliotheca realis iuridica I, 698; Supplementa I, 260f. u. II, 223–225. 82 A NTONIUS G OVEANUS , Tractatus quatuor: de iurisdictione lib. II; de iure accrescendi lib. I; ad L. Gallus lib. I. animadversionum liber, in quibus multa iuris civilis claustra referantur, summariis, remissionibus ad alios doctores & notis auctiores ex recognitione Christophori Henscheri, Jena 1596. Der wichtigste Ethiker unter den Theologen des frühen Calvinismus, Lambertus Danaeus, hat auf dem Hintergrund dieser Debatte anläßlich der Hinrichtung seines Lehrers, des protestantisch 79

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III. Teil: Der Anteil reformierter Juristen an der Entfaltung des ius publicum

sowie durch vielfache Bezugnahmen bei den deutschen Autoren von „De iurisdictione“-Kommentierungen83 nachweisen. Es ist nur sehr eingeschränkt möglich, die Disputationen und Schriften „de iurisdictione“ anhand der Universitäten, Autoren und Druckorte nach konfessionsspezifischen Gesichtspunkten einzuteilen und dadurch bedingte Besonderheiten im Blick auf Quantität, Erscheinungszeitpunkt und inhaltliche Eigenarten festzustellen. Jedoch sind die Unterschiede zwischen den im katholischen Bereich entstandenen Texten und den Schriften protestantischer Provenienz signifikant. Sie erstrecken sich sowohl auf die Anzahl der erschienenen Texte als auch auf deren inhaltliche Ausgestaltung. Im katholischen Bereich wurden in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Köln und Ingolstadt kontinuierlich Schriften „de iurisdictione“ publiziert, die meist als Disputationen im Universitätsbetrieb entstanden sind. Seit den achtziger Jahren ist ein (deutlicher) Anstieg festzustellen, auch traten neben Köln und Ingolstadt als Entstehungs- bzw. Veröffentlichungsorte Würzburg, Freiburg i. Br. und Mainz. Es handelte sich überwiegend um Texte sehr beschränkten Umfangs, die lediglich textnah die einschlägigen Codex- bzw. Digesten-Titel diskutierten.84 Wenn gesinnten Juristen Anne Du Bourg im Jahre 1559, ebenfalls einen – jedoch ungedruckt gebliebenen – Traktat „de iurisdictione“ verfaßt: De jurisdictione omnium judicum, autore Lamberto Danaeo J. C., dialogus, s.a. [1560], hsl., 74 fol., in–4 [=Bern, Burgerbibliothek, Codex Bernensis 284]; vgl. dazu STROHM, Ethik im frühen Calvinismus, 211–216. 83 Exemplarisch seien die zahlreichen Bezüge auf Goveanus’ und Duarenus’ Ausführungen in Scipio Gentilis Schrift De jurisdictione libri III (Frankfurt a. M. 1601) genannt. Tobias Paurmeister von Kochstedt verweist bereits in der Epistola dedicatoria seiner Schrift De ivrisdictione imperii Romani libri II auf Baron, Goveanus und Duarenus (Frankfurt a. M. 21616, f. *3v). 84 Vgl. F RIEDRICH M ARTINI [Praes.]/H EINRICH A. VON EINSIDEL [Resp.], Theses de iurisdictione secularium iudicum, Ingolstadt 1584; FRIEDRICH MARTINI [Praes.]/LEONHARD ZINDECKER [Resp.], De iurisdictione civili conclusiones, Ingolstadt 1586; MARSILIUS KOCH [Praes.]/BERNHARD PÜTZ [Praes.]/EBERHARD KLEINSORG [Resp.], Theses de iurisdictione omnium iudicum, s.l. [Köln] s.a. [1589]; JOHANN MICHAEL CRONENBURGER [Praes.]/JOHANN HOLLANDT [Praes.]/ LAMBERTUS L ITHOCOMUS [Resp.], Theses de ivrisdictione [...], Köln s.a. [1596]; HIERONYMUS A. RATH [Praes.]/JOHANNES KITZMÄGL [Resp.], Disputatio de iurisdictione, Ingolstadt 1597; HEINRICH CANISIUS [Praes.]/JOHANN GEORG BRUGGLACHER [Resp.], Assertiones de iurisdictione et foro competenti, Ingolstadt 1605; PETRUS DEMERADT [Praes.]/MAURITIUS CANNELIUS [Resp.], Disputationum iuridicarum tertia. De iurisdictione, Würzburg 1607; THOMAS METZGER, De iurisdictione

3. Die Debatte „de iurisdictione“

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ausgreifender argumentiert wurde, dann geschah es, um die kirchliche Jurisdiktion bzw. deren Verhältnis zur weltlichen Obrigkeit zu erläutern. Grundlage der Argumentation war hier neben dem römischen auch das kanonische Recht.85 Abgesehen davon ist charakteristisch, daß die katholischen Traktate „de iurisdictione“ fast ausschließlich römischrechtlich argumentieren. Die für die protestantischen Traktate kenn-

assertionum iuridic. centuria, Freiburg i. Br. 1608; DERS., [Praes.]/FRANCISCUS MEINDERS [Resp.], De iurisdictione. Theses theoretico practicae, Freiburg i. Br. 1613; JOHANN STUBER [Praes.]/JOACHIM RENNER [Resp.], Assertiones iuridicae de iurisdictione [...], Ingolstadt 1615; THOMAS METZGER [Praes.]/BALTHASAR PETTENBECKH [Resp.], De potestate principis assertiones [...], Freiburg i. Br. 1617; CLEMENS CLASMANN [Praes.]/JOHANNES B REG [Resp.], Disputatio iuridica theoricopractica de iurisdictione et foro competenti, ad praesentem Germanorum reipubl. statum, formam et usum accommodata, Freiburg i. Br. 1619; vgl. ferner FRANCESCO GIOVANETTI, De Romano imperio ac eius iurisdictione liber in Rubricam C. de milit. testam. [...], Ingolstadt 1563; LUDOVICUS MARCOLINUS [Praes.]/ANTON ZANDT [Resp.], Theses ex L. Imperium, Dig. de iurisdictione om. iud. desumptae, Bologna 1588. Bei dem 1591 in Köln gedruckten Tractatvs de imperio et ivrisdictione, dvorvm clarissimorvm ivrisconsvltorvm handelt es sich um die postume Veröffentlichung einer diesbezüglichen Schrift des in Aix wirkenden humanistischen Juristen François de Clapiers (1524–1585) sowie den folgenden, umfangreicheren, im Jahr 1528 zum ersten Mal gedruckten Digesten-Kommentar: JEAN DE LONGUEVAL, Nova et facilis declaratio ad I. Imperium ff. de jurisd. om. judi. et ad multas alias leges [...], Paris 1528 [weitere Ausg.: Paris 1539; Ingolstadt 1586; 1596]. 85 Ebenso repräsentativ wie einschlägig: vgl. FRANCESCO B OZZIO , De temporali ecclesiae monarchia et iurisdictione libri quinque, adversus impios politicos, et huius temporis haereticos, Köln 1602 [weitere Ausg.: Rom 1601; Köln 1625]; vgl. ferner STEPHANUS AUFRERIUS, Repetitio Clem. I. ut clericorum de officio ordinarii: In qua agitur de pontificis et imperatoris potestate et clericorum correctione; cum tractatu utilissimo de iurisdictione seculari super personis ecclesiast. & rebus earum [...]. Auctore Stephano Aufrerio olim antecessore Tolosano [...] Opere & studio Matthaei Boys Docto [...], Köln 1597; JOHANN HEINRICH TUCHER [Praes.]/CHRISTOPH WILDE [Resp.], Positiones controversae de iurisdictione ecclesiastica et civili, Freiburg i. Br. 1602 [8 S.]; ORAZIO MARTA, Tractatus de iurisdictione per, et inter iudicem ecclesiasticum, et secularem exercenda, in omni foro, et principum consistoriis versantibus, maxime necessarius, 2 Bde., Mainz 1609/20; ERASMUS CHOKIER, Tractatus de iurisdictione ordinarii in exemptos, deque illorum exemptione ab ordinaria iurisdictione: multis pontificorum decretis, et ss. congregationum s.r.e. cardinalium declarationibus illustratus, Köln 1620; vgl. ferner FRANCISCO DE VARGAS MEJÍA, De episcoporum iurisdictione et Pontificis Max. auctoritate responsum, Rom 1563; ANTONIO PAGANI, Tractatus de ordine, iurisdictione et residentia episcoporum. Praeposita est eiusdem autoris oratio pro ecclesiae reformatione, Venedig 1570.

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zeichnende Einbeziehung des mittelalterlichen Rechts86 erfolgte erst mit großer Zeitverzögerung.87 Selbst als die protestantischen Traktate „de iurisdictione“ im Zusammenhang der krisenhaften Entwicklungen des Jahres 1613 die Konkurrenz der Jurisdiktion von Reichskammergericht und Reichshofrat thematisierten und das unmittelbar politische Ziel einer Verdrängung des Reichshofrats aus dem Kompetenzbereich des Reichskammergerichts verfolgten, blieben die Argumentationen – abgesehen von dem Verweis auf die Anerkennung des Reichshofrats durch die Protestanten im Passauer Vertrag von 1552 – weitgehend römischrechtlich.88 Im Unterschied dazu wachsen im protestantischen Bereich die Disputationen „de iurisdictione“ im letzten Jahrzehnt des 16. und den beiden ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts zu umfangreichen DarSiehe dazu oben Abschn. III.Tl.2. Erst mit dem Übertritt Christoph Besolds zur römisch-katholischen Kirche in den dreißiger Jahren findet sich hier ein Autor, der – noch als Protestant! – den in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts zu umfangreichen Darstellungen des öffentlichen Rechts angewachsenen „de iurisdictione“-Schriften auf protestantischer Seite Ebenbürtiges gegenübergestellt hat (vgl. CHRISTOPH BESOLD, De iurisdictione imperii Romani discursus, ad praesentem reipublicae Germanicae faciem accomodatus, Frankfurt a. M. 1616). Besold konnte allerdings die ihm in Ingolstadt übertragene Professur für ius publicum nur noch kurze Zeit wahrnehmen. Er war sei 1610 Prof. der Pandekten in Tübingen und konvertierte 1635 zur römisch-katholischen Kirche, nachdem er bereits 1634 in habsburgische Dienste getreten war. Sein Eintreten für die in Württemberg gelegenen Stifte und Klöster führte zur Entlassung, woraufhin er 1636 die Professur des Codex und ius publicum in Ingolstadt übernahm sowie zum bayerischen und kaiserlichen Rat ernannt wurde. Die neuen Tätigkeiten fanden mit dem Tod am 15. September 1638 ein rasches Ende. Vgl. auch DERS., Christlich und erhebliche Motiven, warumb Christoff Besold [...] darfür gehalten [...], daß der recht und einig seeligmachende Glaub allein in der Römisch Catholischen Kirchen anzutreffen [...], Ingolstadt 1637. Bezeichnenderweise erfuhren Besolds Disputationen zum öffentlichen Recht trotz seiner Konversion auch im evangelischen Bereich Neudrucke (vgl. z.B. DERS., Diss. pol. iur. de maiestate in genere, eiusque iuribus specialibus, in tres sectiones distributa. Accedit tractatio singularis de reipublicae statu mixto, Straßburg 1642). Vgl. auch PAHLMANN, Christoph Besold. 88 So z.B. die Erörterungen des Mainzer Professors Adam Freispach. Vgl. D ERS ., De Iurisdictione, Mainz 1613; DERS. [Praes.]/ETHERUS MOHR [Resp.], Disputatio de iurisdictione, in: [KONRAD BIERMANN], Iuris publici utriusque tam ecclesiastici quam politici, In orbe Romano cum antiquo tum hodierno usurpati tomus secundus: Complectens in se XV tractatus diversorum iurisconsultorum [...], Frankfurt a. M./Hanau 1615; zu Freispach vgl. PICK, Mainzer Reichsstaatsrecht, 42; vgl. zum Ganzen genauer STOLLEIS, Geschichte I, 164f. 86 87

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stellungen an, die allmählich in Gesamtdarstellungen des ius publicum übergehen.89 Bereits im Jahre 1566 war in Basel Simon Schards Sammlung älterer „de iurisdictione“-Schriften aus dem Hoch- und Spätmittelalter erschienen.90 In Straßburg hielt – wohl als erster überhaupt – Georg Obrecht seit 1586 Vorlesungen „de iurisdictione et imperio“.91 1592 und 1599 brachten die Marburger Hieronymus Treutler und Hermann Vultejus „De iurisdictione“-Kommentierungen zum Druck.92 1601 folgte eine Abhandlung des in Altdorf lehrenden Scipio Gentili,93 unmittelbar darauf weitere entsprechende Schriften des aus Soest stammenden Assessors am Reichskammergericht, Thomas Michaelis,94 des nach dem Studium in Marburg, Helmstedt, Heidelberg und Straßburg in Tübingen lehrenden Heinrich Bocer95 sowie der in Greifswald lehrenden Brüder Matthias96 und Joachim97 Stephani. 89 Vgl. zum Folgenden aaO., 157f. 160–165. Von den ungefähr zwanzig einschlägigen Schriften hat Stolleis einige knapp vorgestellt. 90 Siehe oben Abschn. III.Tl.2., Anm. 23. 91 G EORG O BRECHT , Tractatus de iurisdictione et imperio [...] ex iure interpretum & textibus iuris civilis, ac hodierna seculi huius praxi luculentissimi pertractatus, hg. v. OTHO MELANDER, Mühlhausen 1602 [autorisierte Fassung erst 1617 in Straßburg vom Sohn Johann Thomas Obrecht herausgegeben]. Vgl. auch GEORG OBRECHT [Praes.]/JOHANN REMBOLD [Resp.], De iurisdictionis et imperii principiis, Straßburg 1589. Die umfangreiche „de iurisdictione“-Schrift des zuletzt in Helmstedt lehrenden Valentin Forster ist eine unvollendet gebliebene römische Rechtsgeschichte (vgl. DERS., De iurisdictione Romana libri duo, qui continent annotationes elegantes ad leges a Romulo et Numa Pompilio latas; varias Magistratuum formas, et in iure subinde factas mutationes, itemque quid hodie sit in vsu, Helmstedt 1610). Vgl. auch DERS., De ivrisdictione, in: DERS./MATTHÄUS ENZLIN (Hg.), Dispvtationes ivridicae duodecim. Pro conseqvendo gradv et honore doctoratvs in pontificio civiliqve ivre, eivsdemque gradus priuilegijs, in inclyta et pervetusta Academia Heidelbergensi, Heidelberg 1584, Nr. XII. 92 Vgl. H IERONYMUS T REUTLER [Praes.]/J OANNES N IELLIUS V ESALIUS [Resp.], De jurisdictione [1592], in: TREUTLER, Disp. 1617, I/3, 31–43; zu Vultejus siehe oben Abschn. II.Tl.5.2.2, Anm. 925 u. unten Abschn. III.Tl.7., bes. Anm. 414. 93 S CIPIO G ENTILI , De jurisdictione libri III, Frankfurt a. M. 1601 [weitere Ausg.: Frankfurt a. M. 1613]. 94 T HOMAS M ICHAELIS , Conclusiones juridicae de SS. caesareae maiestatis camerae, statuum imperii et aliorum magistratuum iurisdictione, ad praesentem Germanorum reipublicae formam et usum accomodatae, Basel 1601 [weitere Ausg.: 1601=1605; s.l. 1601=1608; 1607; Speyer 1610; Basel 1617f.; 1701?]. Michaelis Schrift wurde ferner in Konrad Biermanns 1614 in Hanau gedruckte Dissertationensammlung aufgenommen (siehe unten Anm. 410). 95 H EINRICH B OCER , De iurisdictione tractatus, singulari studio et rebus et methodo adornatus, in scholis et fori utilissimus, Tübingen 1509 [richtig: 1609]; zu

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Von herausragender Bedeutung auf dem Weg der „De iurisdictione“Kommentierungen zur systematischen Gesamtdarstellung des öffentlichen Rechts waren drei Werke: Im Jahre 1608 erschien zum ersten Mal der mehrfach wiederaufgelegte Tractatus de iurisdictione imperii libri duo98 des braunschweigisch-lüneburgischen Geheimrats und Kanzlers Tobias Paurmeister von Kochstedt (1553–1616),99 1613 die Helmstedter Promotionsschrift des späteren braunschweigisch-wolfenbüttelschen Kanzlers Arnold Engelbrecht (1583–1638)100 sowie 1620 die entsprechende Heidelberger Dissertation des später in Helmstedt als Juraprofessor und als Hofrat Herzog Friedrich Ulrichs in Wolfenbüttel tätigen Jakob Lampadius (1593–1649).101 Dieses Werk wurde im 17. Jahrhundert viel-

Bocer vgl. STINTZING, Geschichte I, 696–698; zu dem ebenfalls in Tübingen lehrenden Besold siehe oben Abschn. III.Tl.3., Anm. 87. 96 M ATTHIAS S TEPHANI , Tractatus de jurisdictione, qualemque habeant omnes judices, tam seculares, quam ecclesiastici in imperio Romano, liber primus qui est de jurisdictione, et foro competenti, Greifswald/Lübeck 1606 [weitere Ausg.: Lübeck 1608]; DERS., Tractatus de jurisdictione, qualemque habeant omnes judices, tam seculares, quam ecclesiastici in imperio Romano [...]. Editio altera, etc., Frankfurt a. M. 2 1610/11 [weitere Ausg.: 3 1623]; vgl. D ERS ., Codicis Iustinianaei libri primi, priorum tredecim titulorum, qui sunt de sacro sive ecclesiastico iure & iurisdictione, Interpretatio, publicis praelectionibus tradita, Greifswald 1609; DERS., Discursus academici, ex jure publico, de imperatore, rege Romanorum, camera imperiali, electoribus principibus, aliisque statibus imperii, eorum iuribus et potestate, in specie; de summa territorij jure, vulgo Lands-Obrigkeit, Rostock 1624; DERS., [Praes.]/JODOCUS BERNHARDUS A GLAN [Resp.], Dissertatio juridica de jurisdictione, Greifswald 1634. 97 J OACHIM S TEPHANI , De iurisdictione Iudaeorum, Graecorum, Romanorum, et ecclesiasticorum libri quatuor [...]. Secunda editio, priori longe auctior & emendatior, Frankfurt a. M. 21604 [zuerst: Greifswald 1582; weitere Ausg.: Frankfurt a. M. 1661]. 98 T OBIAS P AURMEISTER VON K OCHSTEDT , Tractatus de iurisdictione imperii libri duo, Frankfurt a. M. 21616 [zuerst: Hanau 1608; weitere Ausg.: m. Vorrede v. J. EICHEL, Helmstedt 31670]. 99 Zu Leben und Werk Paurmeisters vgl. F RIEDLAENDER , Art. Baurmeister; STOLLEIS, Geschichte I, 162; OTTO, Art. Paurmeister v. Kochstedt, Tobias. 100 A RNOLD ENGELBRECHT , De iurisdictione veteris reipub. Romanae, tum translato ad Germanos imperio, imperatoris, ordinis ecclesiastici, camerae imperialis, statuum imperii, civitatum inferiorum, Helmstedt 1613. 101 J AKOB L AMPADIUS , De jurisdictione, juribus principum et statuum imperii, Heidelberg 1620. Zu Lampadius vgl. KÖCHER, Art. Lampadius; PAHLMANN, Jakob Lampadius; DIETRICH, Jakob Lampadius. Seine Bedeutung für die deutsche Verfassungsgeschichte und Staatstheorie; FRIEDRICH, Geschichte, 53f.; weitere Literatur in: DIETRICH, Art. Lampadius, Jakob, 455.

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fach nachgedruckt und vor allem durch die teilweise mit Annotationen versehenen Ausgaben Hermann Conrings zu „einem auflagehohen Standardwerk des akademischen Unterrichts über die staatsrechtlichen Verhältnisse des Reichs in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts“.102

3.2 Innerprotestantische Differenzen? So offensichtlich die Unterschiede in Zahl und Umfang des „de iurisdictione“-Schrifttums zwischen katholischen und protestantischen Universitäten sind, so schwierig ist es, innerprotestantische Differenzen herauszustellen. Das beginnt bereits mit dem Problem einer eindeutigen konfessionellen Zuordnung der einzelnen Autoren.103 Paurmeister hatte zwar in Heidelberg studiert, wechselte dann aber ins katholische Freiburg, wo er auch zu lehren begann. Lampadius hatte 1619 seine Dissertation an der Universität Heidelberg, dem damaligen geistigen Zentrum des reformierten Protestantismus in Europa, eingereicht, sein Jurastudium aber mehrheitlich in Helmstedt absolviert, wo er 1620 auch Professor wurde.104 Hier und in seiner Tätigkeit als braunschweigischlüneburgischer Staatsmann setzte er sich für die Versöhnung von reformierten und lutherischen Protestanten und vor allem für die Einbeziehung der Reformierten in den Schutz des Augsburger Religionsfriedens ein. Dies dürfte nicht zuletzt eine Folge des engen Austausches mit Georg Calixt und Hermann Conring bzw. des humanistisch geprägten geistigen Helmstedter Klimas gewesen sein. Lampadius’ irenisches Bemühen erstreckte sich allerdings charakteristischerweise nicht auf die römisch-katholische Partei. Unter den frühen, noch recht knappen und kaum über das römische Recht hinausgehenden „De iurisdictione“-Kommentierungen ist die des DIETRICH, Art. Lampadius, 455. Hermann Conring gab die Schrift 1630 unter dem Titel De republica Romano-Germanica sowie 1634 unter dem veränderten Titel De constitutione reipublicae Romano-Germanicae heraus. Weitere Ausgaben: 1621, 1629, 1636, 1642, 1653; 1661; 1671, 1686, 1688; 1730. Zitiert wird nach der Ausg. Leiden 1642 (siehe auch oben Anm. 73). Zu der Schrift vgl. KÖCHER, Jakob Lampadius. Ein Beitrag zur Geschichte der politischen Theorien des 17. Jahrhunderts. 103 Köchers betonte Charakterisierung Lampadius’ als „treuer Sohn der lutherischen Kirche“ ist kritisch zu hinterfragen (vgl. aaO., 407). 104 Lampadius studierte seit 1611 in Helmstedt, ging dann als Präzeptor mit dem jungen Herzog Rudolf von Braunschweig-Lüneburg nach Tübingen und setzte nach dessen frühem Tod sein Studium in Marburg, Gießen und Heidelberg, wo er bei Bachovius promoviert wurde, fort. 102

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Vultejus klar dem reformierten Bereich zuzuordnen. Sie wird in einem späteren Zusammenhang eingehender behandelt.105 Unter den umfangreichen, denen Paurmeisters und Lampadius’ vergleichbaren „De iurisdictione“-Kommentierungen am Beginn des 17. Jahrhunderts war die einzige, die der Feder eines Autors mit eindeutig reformiertem Hintergrund entstammte, die Scipio Gentilis.106 3.2.1 Tobias Paurmeister und Jakob Lampadius Gemeinsam war den Werken Paurmeisters und Lampadius’ das Bestreben, über die traditionelle Kommentierung des Digesten-Titels hinausgehend die gegenwärtige Verfassungswirklichkeit und auch die Tätigkeit des Reichskammergerichts einzubeziehen. Das bedeutete wesentlich eine Abkehr von der rein römisch-rechtlichen Abhandlung, die programmatisch von Paurmeister formuliert worden war.107 Stattdessen sollten die Rechtsgrundlagen des mittelalterlichen Reichs seit der Goldenen Bulle berücksichtigt werden, die anders als das römische Recht den Reichsständen eine deutlich stärkere Position gewährten. So erläutert Paurmeister zwar im ersten Buch seines Werkes grundsätzlich das Bedeutungsspektrum des Begriffs „iurisdictio“ unter Rückgriff auf das römische Recht, das zweite Buch widmet sich jedoch dem Recht und den Institutionen des gegenwärtigen Reiches. Sämtliche Reichsstände werden namentlich aufgeführt,108 Kompetenzen und Verfahrensfragen des Reichstags oder auch die Kaiserwahl werden eingehend und mit ausführlichen Zitaten der entsprechenden Texte vor allem aus dem 16. Jahrhundert dargelegt.109 Lampadius beginnt in einem ersten Teil mit grundsätzlichen Erörterungen zur iurisdictio, bietet im zweiten Teil seinen Überblick über die historischen Grundlagen des Reichsverfassungsrechts bis zur Behandlung der Goldenen Bulle110 und widmet sich dann in einem dritten, ausSiehe unten Abschn. III.Tl.7. SCIPIO GENTILI, De iurisdictione libri tres, Frankfurt a. M. 1601 [weitere Ausg.: 1613]. 107 „[...] Sed etiam ad statum Imperii nostri praesentem, a veteri Romano toto coelo distantem, tam in vniuersae Reipublicae gubernatione, quam partium singularum administratione recte accommodaretur, quantum per alia negotia licuit, operam et cogitationem omnem fixi et locaui: [...]“ (PAURMEISTER, De iurisdictione, f. *3v [Epistola dedicatoria]). 108 Vgl. P AURMEISTER , De iurisdictione II/1, Nr. 17, S. 415–421. 109 Vgl. aaO. II/2, S. 427–527. 110 Vgl. L AMPADIUS , Tractatus, 1642, II/14, S. 76–78. 105 106

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führlichen Teil dem gegenwärtig geltenden Recht. Dieses setzt bewußt mit einem umfassenden Rückgriff auf die Goldene Bulle ein.111 Denn hier werden neben dem Kaiser als Subjekt der Herrschaftsgewalt112 ausdrücklich und ausführlich auch die Kurfürsten und die anderen Reichsstände als Subjekte der Herrschaftsgewalt113 erläutert. Im ersten Teil hingegen hatte er alle Amtsgewalt als Ausfluß der obersten Herrschaftsgewalt in einem politischen Gemeinwesen, dessen Wesen in der Ordnung von Befehlen und Gehorchen besteht,114 beschrieben.115 Der dabei durchgehend verwendete Schlüsselbegriff ist die maiestas, der Begriff, mit dem Bodin seine Souveränitätslehre in der lateinischen Fassung seiner Six livres de la république erläutert hatte. Die maiestas gewinnt im Inneren des Staates Gestalt als iurisdictio, in den Außenbeziehungen als ius belli.116 Wie bei Bodin findet die maiestas ihre Grenze lediglich am Naturrecht, nicht aber an den vom Inhaber selbst geschaffenen bürgerlichen Gesetzen.117 Entsprechend betont Lampadius in seinem geschichtlichen Überblick auch, daß die volle Gewalt der römischen Kaiser auf das fränkisch-deutsche Königtum übergegangen sei.118 Erst im dritten Teil seines Werkes nimmt Lampadius die staatsrechtliche Wirklichkeit des Reiches in den Blick und entfaltet die Jurisdiktionsgewalt als Vgl. aaO. III/1–21, S. 79–335, bes. III/2,1–9. 14–27, S. 83–88. 96–104. Vgl. aaO. III/2, S. 83–107. 113 Vgl. aaO., III/3–8, S. 107–178. 114 „Equidem haud scio, ecquid in republica pluris esse possit, quam si prin cipibus aeque ac subditus, his parendi, istis imperandi, iura paterent. Docuit suos Salvator et conscientiae rationem subditos ad imperata obstringere; at hic et hic impingitur, si vel quidvis principes imperaverint, vel subditos coëgerint imperata facere, ut imperando naturam transilirent, vel praecepta divinitus. Et contra subditi, incumbentis sibi necessitatis ignari, et in Deum et principem, et adeo se ipsos sunt iniurii, si legitime imperata detrectent. Quisquamne igitur vel Principum, vel subditorum iuris publici peritiam, perennem reipublicae utilitatem insitiaretur allaturam, quae et imperandi potentiam definit, et gloriam parendi?“ (aaO., S. 10). Vgl. aaO. III/2,10, S. 92f., mit Verweis auf H. Arnisaeus. 115 Vgl. aaO. I/49–51, S. 44–46, bes. 45f.; vgl. auch aaO. I/14, S. 22. 116 Vgl. aaO. I/30f., S. 36f. 117 Vgl. aaO. I/40–43, S. 38–41. 118 „Nihil igitur dubitandum est, quin Caesarum imperium inde a Iulio ad Francorum Caesarum tempora usque regiam omnino et absolutam maiestatem continuerit. Et legum potestas, et iurisdictio, et magistratuum creatio, sacrorum denique bellique potestas in ipsorum arbitrio fuerunt“ (aaO. II/10, S. 72f., mit Verweis auf H. Arnisaeus). Lediglich die behauptete Rolle der Päpste dabei wird scharf zurückgewiesen. 111 112

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Kaiser, Kurfürsten und Reichsständen zugleich zukommend.119 Erst hier kommt das Anliegen, die ständische Libertät zu würdigen, zum Zuge. Auch wenn Lampadius bei der Abfassung des ersten Teils auf Bodins Souveränitätslehre zurückgegriffen hat,120 nimmt er nicht ausdrücklich auf ihn Bezug.121 Ebenso findet keine kritische Auseinandersetzung mit Bodin oder der römisch-rechtlichen Auffassung des „princeps legibus solutus“ (Dig. 1,3,31) statt. Paurmeister hingegen hatte deren kritischer Erörterung einen eigenen Abschnitt gewidmet.122 Neben der Ersetzung des römischen Rechts durch das mittelalterliche Reichsrecht, das auch die ständischen Rechte einbezieht, ist ein weiteres Charakteristikum der „de iurisdictione“-Traktate Paurmeisters und Lampadius’ die Stärkung der weltlichen Obrigkeit gegenüber päpstlichen Herrschaftsansprüchen. Paurmeister erläutert die päpstliche iurisdictio in rebus spiritualibus unter Rückgriff auf einschlägige Bibelstellen, weist dann aber um so schärfer die Ansprüche des Papstes auf eine Herrschaftsgewalt in rebus temporalibus zurück.123 Ausführlich

119 „9. Quid igitur? omnis iurisdictio vel est in sacris, vel profanis, in iisque vel constituit ius, vel reddit. Est denique apud Caesarem solum, vel apud Caesaem et status simul. – 10. Reddendi iuris protestas hic et hic est tota Caesaris, adeo ut ne comitia quidem de hac quicquam participent. – 11. Constitutio iuris in sacris per religiosam pacificationem fere statuum facta est. – 12. Constitutio vero in profanis, partim est solius Caesaris, partim communis Caesaris et statuum, ut infra ex divisis rerum generibus clarebit“ (aaO. III/3,9–12, S. 113f.). 120 Vgl. auch K ÖCHER , Lampadius, 413. 121 Einige wenige Verweise auf Bodin finden sich lediglich in anderen Zusammenhängen (vgl. aaO. III/4,10, S. 130; III/14,26, S. 237). Stattdessen beruft er sich bei der Definition der politischen Gewalt, der die maiestas zukommt, als „absolute Gewalt“ auf Aristoteles (vgl. aaO. I/57, S. 48f.). An entsprechenden Stellen beruft sich Lampadius verstärkt auf Arnisaeus (s. oben Anm. 114 u. 118). Zur charakteristischen Bodin-Rezeption Arnisaeus’ siehe unten Abschn. III.Tl.5., bes. Anm. 304. 122 Vgl. P AURMEISTER , De iurisdictione, I/6, S. 94–114: „An Princeps legibus solutus sit?“ 123 Vgl. P AURMEISTER , De iurisdictione II/3, S. 524–539: „De prophana, vel temporali Pontificis Romani iurisdictione et potestate“; vgl. auch aaO., II/3,1, S. 526f.: „SED illis quae hactenus de collegio Principum et Ordinum imperii, in quibus sit κúρα πáντων vel ρχ πσα πολτκ, diximus, valde obstare videtur, quod a plerisque Iuris Canonici interpretibus per manus traditur: Pontificem Romanum, cui more vulgo recepto soli Papae appellatio, olim Episcopis omnibus, qui sanctitae vitae et doctrina commendarentur communis, attribuitur, non tantum in vrbe et prouinciis ad patrimonium diui Petri pertinentibus, sed in toto imperio ac Regnis ac Re-

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kommen die Canonisten und vor allem Bellarmin zu Wort, um den Herrschaftsanspruch des Papstes über alle Kreatur in geistlichen wie zeitlichen Angelegenheiten zu formulieren.124 Die Erörterung endet jedoch mit einer klaren Zurückweisung solcher „tyrannischen“ Herrschaftsansprüche über die weltliche Obrigkeit bzw. den Kaiser,125 wobei Paurmeister auf die Unterschiede zwischen den im Decretum Gratiani gesammelten altkirchlichen Beschlüssen und den Decretalen späterer Päpste hinweist.126 Noch schärfer hat sich Lampadius in seiner Schrift „de iurisdictione“ gegen päpstliche Weltherrschaftsansprüche gewandt.127 Darin und in der päpstlichen Usurpation des christlichen Lebens liege der Nieder-

buspublicis omnibus Christianis, non solum in spiritualibus, sed etiam in temporalibus summam obtinere potestatem. [...].“ 124 Paurmeister setzt sich auch mit der Auslegung einschlägiger Bibelstellen im kanonischen Recht und bei späteren Auslegern auseinander. So wird zum Beispiel die Begründung des päpstlichen Herrschaftsanspruchs in dem Wort Jesu „Pasce oves meas“ (Joh 21,15–17) zurückgewiesen (vgl. PAURMEISTER, De iurisdictione II/3,14, S. 528f.). 125 „Potestas autem pontifica non ex spontanea ac libera Christianorum subiectione, sed contra naturam ex callida ac dolosa persuasione de commenticio mandato et ordinatione diuina ad solius pontificis commodum et libidinem comparata, Herilis et Tyrannica est dominatio, quae cum in omnes Christiani orbis partes longe lateque sit diffusa: [...]“ (aaO. II/3,51, S. 538). 126 „[...] manifestum est, ius canonicum quo partim Conciliorum decreta, vt est opus a Gratiano monacho collectum et ab Eugenio Pontifice publicatum, partim autem singulorum Pontificum constitutiones, vt sunt Decretales [...]“ (aaO. II/3,20, S. 530). 127 „Quo sceleratior est Pontificum Romanorum tyrannis: qui ab imperatoribus primum constitui soliti, Thuan. 2. Hist. et omnino subiecti imperio, non solum nefandis artibus iugum imperii excusserunt, sed horribili divinae scripturae abusu, diabolicis prorsus praestigiis, cum omnia Christianorum regna, cum praecipue imperium Romano-Germanicum, incredibili rabie et audacia attriverunt, neque dum consistere patiuntur. [...] Nulla prorsus est Caesaris et statuum maiestas, si imperium a Pontifice dependet, quia manifestam implicat contradictionem, Maiestatem aliunde dependere, Independens esse dependens. Si peregrinus est Pontifex in nostra republica, non solum non liberam, sed nullam rempublicam habemus, peregrini scilicet Principis imperio obnoxiam. Si civis, neque dum est ulla Caesaris ac statuum maiestas, sed Pontifex est reipublicae Dominus: caeteri, Caesar scilicet et Principes, sunt subservientes magistratus. si vero vacuus potestate est subditus imperii, cur Caesar et Principes imperii maiestatem tam probrosa tyrannide conculcati patiuntur? Cur Caesares ac Electores solio pontificia autoritate depulsi sunt? aut [...]“ (aaO. II/21,15, S. 325–327).

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gang des Reiches begründet.128 Er habe in dem Moment begonnen, in dem die Fürsten den päpstlichen Machenschaften nachgaben und sich die Sorge für die Religion wegnehmen ließen. Die Päpste sind verantwortlich für unter religiösem Vorwand angezettelte Aufstände, und wo die Kaiser päpstlichen Herrschaftsansprüchen nicht nachgaben, wurden sie gebannt oder sogar ihrer Amtsgewalt beraubt. Die Ausbreitung der päpstlichen Herrschaft sei unmittelbar verbunden mit der Ausbreitung des Aberglaubens, die wiederum Folge des Verlusts der wahren himmlischen Lehre und des Wissens um das göttliche und menschliche Recht sei. So gründe die Herrschaft der Päpste auf der superstitio. „Das ganze Buch ist getragen von der Ueberzeugung, daß nichts dem Reiche größe-

128 „Imperium vero Romano-Germanicum quid tantopere attrivit, quam abiecta et in pontificum manus resignata religio? nam simul atque ditis pontificum machinationibus circumventi Principes religionis curam non politicae potestatis sed ecclesiastici muneris propriam credere coeperunt, ruere imperium ac imminui, contra pontificum autoritas in tantum crescere coepit, ut tandem sibi incredibili ausu imperii iura asserere non dubitarint. Quoties, me Christe, subditos religionis praetextu Pontifices in legitimum conciverunt? Simul atque Caesares imperii iura non ad nutum pontificum convelli paterentur, subito ditis devoti, omni, si diis placet, imperandi potestate cadebant; subditi iuramenti religione solvebantur; ipsi execrandi, si pergerent Principum imperata facere. Ii igitur pontificiae excommunicationis fulmine attoniti, deserere initio magistratum, postea odio habere, saepius etiam solio depellere, ac horrenda impietate perruptis penitus divini humanique iuris repagulis eo demum procedere, ut contra magistratum consistere pium ac gloriosum putarent. Atque haec patrabant religiosae seu ecclesiasticae potestatis opinione dementati. Unde intelligitur, nihil aeque ad salutem reipublicae facere, quam, maiestatem religionis curam habere: exitio contra prope esse rempublicam, si maiestas religionis curam dereliquerit. Post S. patrum tempora non solum artes et disciplinae barbariae situ et squalore obsolverunt, sed coelestis etiam doctrinae puritas fictitio cultu sensim inquinari coepit, gliscere superstitio, quae tantas temporis progressu assumisit vires, ut omnia in auiles nugas et fabellas conversa cerneres. Extincto vero coelestis doctrinae lumine, momento fere politicae potestatis autoritas divinis ante sustentata literis eviluit, fuitque tandem prorsus incognitum, quam minime omnium magistratuum autoritas sacerdotibus subiaceret. Omitto, surreptam penitus Caesaribus omnem religionis curam pontificibus cessisse. Ergo barbaries, quam barbarae gentes, e septentrionalibus progressae regionibus, in nostrum orbem invexerunt, doctrinarum omnium puritatem infecit. Unde orta divini ac humani iuris ignoratio superstitionem peperit, superstitio vero pontificum condidit dominatum, qui postea sibi religionis curam soli asseruit, unde imminuta imperii maiestas ad praesentem faciem defecit. Pertinet igitur ad maiestatem, dare operam, ne vel ex religione quid respublica detrimenti capiat“ (LAMPADIUS, Tractatus, 1642, I/21, S. 27–29).

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ren Abbruch gethan habe als der auf Superstition gegündete Dominat der römischen Päpste.“129 Im Hintergrund dieser Ausführungen steht die Auffassung, daß die Religion zentral für das Wohl des Gemeinwesens sei130 und die weltliche Obrigkeit entsprechend für ihre Pflege Verantwortung habe.131 Dies gehöre nicht nur zur maiestas des Herrschers, sondern sei auch vom Wort Gottes gefordert.132 Lampadius betont jedoch, daß sich die Verantwortung der weltlichen Obrigkeit für die Religion nur auf den cultus externus erstrecken kann.133 Darüber hinausgehende Eingriffe sind So richtig KÖCHER, Art. Lampadius, 575. Später hat Lampadius in einer unter dem Pseudonym Scipio Aretinus erschienenen Schrift dem im Augsburger Religionsfrieden formulierten „Geistlichen Vorbehalt“ die Rechtskraft abgesprochen (DERS., Gründliche Deduction, Wie es mit dem Keyserlichen Religions Edict, und der Geistlichen vermeynten Vorbehalt eygentlich bewant/ und was dieselbe beyderseits vor Krafft und Würckung haben [...], Frankfurt a. M. 1634). In einer Denkschrift vom 16. Januar 1634 verlangt er die Austreibung der Jesuiten als Hauptpropagandisten des päpstlichen Einflusses aus Deutschland, die Verbannung dogmatischer Streitigkeiten von der Kanzel und die regelmäßige Alternation eines katholischen und evangelischen Kaisers (vgl. KÖCHER, Art. Lampadius, 576). 130 Vgl. aaO. I/19, S. 24. 131 „ATque haec de instituendis sacris, sequitur doctrinae et cultus legitima conservatio. Hic autem latius aliquanto politici magistratus potestas expanditur. Etiamsi enim, quae de fidei regula ac interiori cultu, divinitus statuta sunt, non liceat maiestati refigere, divinitus tamen praecepta, instar legum naturalium, servati curabit. Etenim constituit principes Deus, ut tegerent in vera religione populum. Deut. 17. ac portas Domino aperirent. Ps. 24. ac muros domus Domini aedificarent. – 2. Aedificant autem domos Domini Principes; si super fundamentum Prophetarum et Apostolorum credentes superstrui curant; lapide angulari Christo. Eph. 2. quod aedificium dicitur domus spiritualis. 1. Petr. 2. nulla autem membra et partes in hanc domum coagmentantur, nisi vera Apostolica doctrina et fide. Eph. 2. – 3. Conservatio igitur veri cultus consistit in salubri ovium Ecclesiae pascuo: et repellendis lupis. Actor. 20. vers. 28.“ (aaO., III/12,1–3, 215–217). 132 „Nec tantum ex natura rerum publicarum maiestati externi cultus puritas servanda, sed etiam divinitus demandata est. Unde et nutritii Ecclesiae Principes, et constituti dicuntur, quo muros domus Domini aedificarent, Esai. 49. 23. et 60. 24. ac regerent in vera religione populum, Deut. 17. 2. Paral. 19.“ (aaO., I/22, S. 30). Vgl. auch aaO. I/21, S. 29, zit. oben Anm. 128. 133 „At enim religionem politicam esse affectionem negavimus; qui igitur politica potestate servabitur? Sane quicquam maiestatem posse amplius, quam externum cultum tueri, non dixerim: atqui hanc custodiam reipublicae imprimis utilem ac politicam affectionem asserere non dubito. Et hinc Deut. 17. magistratui serio iniungitur, ne patiatur fictitium cultum inolescere, sed subditos ad cultum divinitus institutum conformet“ (aaO. I/19, S. 25). In einer späteren Denkschrift hat sich Lampadius zu 129

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Mißbrauch der Herrschergewalt.134 Der gegen die päpstlichen Weltherrschaftsansprüche gerichteten Skizzierung der Aufgaben der weltlichen Obrigkeit entspricht eine ebenso scharf die römisch-katholische Mißbräuche verurteilende Beschreibung der Aufgaben des geistlichen Amtes. Sie sind gemäß dem biblischen Zeugnis und der apostolischen Praxis rein geistlicher Natur.135 Bei aller Betonung der Herrschergewalt der Stände, die ihre Begründung in der Theorie einer geteilten maiestas findet, erfährt die kaiserliche Gewalt angesichts der päpstlichen Übergriffe eine positive Würdigung. Lampadius’ wie auch Paurmeisters Traktat „de iurisdictione“ zeigen wie die im vorangegangenen Teilabschnitt behandelten Editionen, daß die mittelalterlichen Texte der „kaiserlichen Partei“ nach der Formierung des tridentinischen Katholizismus in die Obhut protestantischer Autoren geraten. 3.2.2 Scipio Gentili136 Gentilis, dem pfälzischen Kurfürsten Friedrich IV. gewidmete Schrift ist deutlich zurückhaltender bei der Ersetzung des römischen durch das mittelalterliche Recht des Reiches als die entsprechenden Werke Paurmeisters und Lampadius’. Vielmehr bewegt sich Gentili ganz im Rahmen der von der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs entwickelten Zielsetzungen einer eingehenden Begriffsklärung und historischen Kontextualisierung des römischen Rechts.137 Die römisch-rechtliche Unterscheidung von mixtum imperium und merum imperium behält glie-

diesen Fragen eingehender geäußert (vgl. DIETRICH, Landeskirchenrecht und Gewissensfreiheit). 134 „Ergo abutuntur potestate Principes, qui subditis quicquam amplius quam externum cultum vigore potestatis praestituunt“ (aaO. I/23, S. 31). 135 Siehe dazu genauer unten Abschn. III.Tl.3.2.3, bes. Anm. 156–161. 136 Zur Biographie Gentilis siehe oben Einleitung, S. 19 mit Anm. 66. 137 Vgl. auch S CIPIO G ENTILI , Parergorum ad pandectas libri II; originum liber singularis, Frankfurt a. M. 1588; DERS., De coniurationibus libri II ad Henricum IV. Francorum Regem, Hanau 1602; DERS., Commentarium in Apuleii, Philosophi et Advocati Romani, Apologiam, qua se ipse defendit publico de Magia iudicio, Hanau 1607; DERS., Dispvtationvm illvstrivm, siue de ivre pvblico popvli Rom. liber, Nürnberg 1608. Unter den Vertretern der historisch-kontextualisierenden Richtung der humanistischen Jurisprudenz sind die am meisten zitierten Cujas und Hotman, dem Gentili in Basel auch persönlich begegnet war.

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dernde Bedeutung.138 Die einzelnen Begriffe und Gesetze des Corpus Iuris Civilis werden in ununterbrochenem Rückgriff auf Cicero, Tacitus und Seneca sowie andere römische Schriftsteller erörtert. Der wichtigste Gewährsmann dieser historisch-kontextualisierenden Erörterung des römischen Rechts ist einmal mehr Cujas. Erst im dritten Buch der Schrift De iurisdictione kommt Gentili auf die Veränderungen seit der Zeit der klassischen römischen Jurisprudenz zu sprechen. Neben den Auseinandersetzungen einzelner Kaiser und Päpste wird auch die Jurisdiktionsgewalt der Reichsstände bzw. Reichsstädte dargelegt. Auch hier ist die Diskussion relevanter Regelungen des Corpus Iuris Civilis vorherrschend, was sich bis in die Terminologie hinein prägend auswirkt.139 Eine auch nur annähernd vergleichbar umfassende Einbeziehung des mittelalterlichen Reichsrechts, wie sie für Paurmeister, Lampadius und andere charakteristisch ist, findet nicht statt. Insgesamt gesehen sind die Bezüge auf die Reichswirklichkeit durchaus spärlich.140 Am profiliertesten sind sie bei der Darstellung bzw. Bewertung der Konflikte zwischen Kaiser und Papst seit dem 11. Jahrhundert, allein schon weil auf die entsprechenden Quellen zurückgegriffen werden muß.141 Die Bezüge auf die Reichswirklichkeit bleiben zu begrenzt, um Gentilis Werk der Kaiser-orientierten Richtung in der „Iurisdictio igitur si ius nostrum et posteriorum temporum vsum spectes cum genus sit, in duas species recte diuiditur, in eam quae specialiter iurisdictio adpellatur, et in merum imperium, non addo tertiam, id est, mixtum imperium, nam hoc idem quod iurisdictio est, vel certe iurisdictioni sic cohaerens, vt ab ea diuelli non possit: recteque ab Accursio aliisque dictum est, quicquid est iurisdictionis idem et mixti imperii esse, et vice versa“ (I/2, S. 7). 139 Vgl. Kap. III/21: „De Municipalibus magistratibus“ (aaO., 412–415); Kap. III/22: „De ciuitatibus liberis“ (aaO., 415–417); Kap. III/23: „De Ducibus, Marchionibus, Episcopis, etc.“ (aaO., 417–422); vgl. auch die Erörterung der Jurisdiktionsgewalt der Universitäten in Kap. III/17: „De rectoribus Academiarum. ad Auth. Habita. C. ne fil. pro pat.“ (aaO., 395–402). 140 Vgl. z.B. aaO. I/10, S. 37: „Similia mihi hodie videntur mandata illa in Camera Imperii Spirensi, quae sine clausula adpellantur quibus tamen varie fraus fit, et est communis illa comparata exceptio, quam subreptionis et obreptionis appellant.“ Vgl. ferner aaO. III/16, S. 390: „Idem denique iudicandum est de causis omnibus ad Laicos spectantibus; si qua in eis materia peccati versetur, veluti, in vsuris, in iureurando, in concubinatu, in omni matrimoniali causa. Tametsi non ignorem haec mera ciuilia a doctissimis viris esse, defendi. Ideoque et de Iureiurando Camera Imperialis hodie cognoscit, veniamque etiam iurisiurandi facit. teste And. Geil. 1. obser. [...].“ 141 Vgl. aaO. III/7, S. 363; aaO. III/16, S. 388–395. 138

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Reichsstaatslehre zuzuordnen. Gleichwohl hat die durchgängige Orientierung am römischen Recht und die mangelnde Darlegung der Reichsinstitutionen die Folge, daß das merum imperium der obersten Reichsgewalt unterstrichen wird. Gentilis Orientierung an neustoizistischem Gedankengut, die er von seinem Leidener Lehrer Lipsius übernommen hat und die in zahlreichen Bezügen auf Tacitus und Seneca zum Ausdruck kommt, verstärkt diese Tendenzen.142 So fällt die Kritik an der Parömie „princeps legibus solutus“ und ihrer Auslegung durch Bodin zurückhaltender aus als bei anderen reformierten Autoren wie zum Beispiel Hoenonius, Treutler von Kroschwitz und Vultejus.143 Es ist darum nur konsequent, wenn Gentili in Abgrenzung gegen die calvinistischmonarchomachische Tradition die Frage, ob es irgendwelche Fälle gebe, in denen dem magistratus mit Gewalt Widerstand geleistet werden dürfe, rundherum zu behandeln ablehnt.144 Grundlegend zur Förderung des Frühabsolutismus durch das Gedankengut des Neustoizismus immer noch: OESTREICH, Antiker Geist und moderner Staat bei Justus Lipsius; zu Frankreich vgl. SIEDSCHLAG, Der Einfluß der niederländischneustoischen Ethik in der politischen Theorie; ABEL, Stoizismus, 272–310; zu den Niederlanden und Brandenburg vgl. OESTREICH, Calvinismus, Neustoizismus und Preußentum; DERS., Der römische Stoizismus und die oranische Heeresreform; DERS., Politischer Neustoizismus und Niederländische Bewegung in Europa und besonders in Brandenburg-Preußen; zu England vgl. MCCREA, Neostoicism in England. The Impact of Justus Lipsius’ Neostoic Synthesis on English Political Thinking, 1586–1652; zur Rezeption des neustoizistischen Gedankengutes in frühneuzeitlichen Politica-Darstellungen vgl. STOLLEIS, Lipsius-Rezeption; zur Nähe von frühem Calvinismus und Neustoizismus bzw. der Rezeption neustoizistischen Gedankengutes bei calvinistischen Theologen vgl. STROHM, Ethik im frühen Calvinismus, 166–194. 143 „vt si iudex proponatur, qui extra ordinem de criminibus cognoscat, is quasi legibus solutus pro arbitrio et religione sua poenas vnicuique delicto irroget. Sin legibus in iudicando adstrictus sit, is non alias poenas quam legum possit infligere. Quomodo Bodinus putauit libro 3. de Republ. cap. 5. posse sedari illam disputationem, quae olim [...] Sed neminem ego esse magistratum vel iudicem vnquam repertum existimo, tanta potestate, vt nullis legibus in iudiciis praesertim capitalibus poenisque constituendis alligatus esset. Et ridicule idem Papiniani responsum in l. 1. Digest. de off. eius accipit de iis solum magistratibus, qui ex legibus ordinario iure iudicant, quos propterea Papinianus scribit, exercitationem duntaxat quaestionis publicae habere quasi aliud scripturus fuisset de eo, qui legibus solutus iudicaret“ (GENTILI, De jurisdictione III/31, S. 455). Kritische Bemerkungen auch: aaO. II/10, S. 227; II/28, S. 308f.; III/13, S. 383; III/25, S. 430; zustimmend: aaO. II/29, S. 319; III/5, S. 357; III/23, S. 419; III/31, S. 456; III/36, S. 475. 144 „Dixi, iurisdictionem suam, nam iniuriarum quidem et contumeliarum, quae in personam vel dignitatem magistratus inferuntur, alia ratio est: in quo quaesitum scio, 142

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Wie Paurmeister und Lampadius thematisiert Gentili ausführlich das Verhältnis von weltlicher und geistlicher Jurisdiktion. Ebenso findet sich die kritische Bewertung der päpstlichen Übergriffe in die kaiserliche Herrschaftsgewalt seit dem 11. Jahrhundert.145 Jedoch bleibt Lampadius’ scharfe Polemik gegen das auf Aberglauben fußende Papsttum als Quelle des Niedergangs des Reichs ohne Parallele in Gentilis Werk. Vielmehr konzentriert er sich auf eine Darstellung der Zwei-GewaltenLehre, die zum Beispiel auch Kaiser Friedrich I. vertreten habe,146 um dann die päpstlichen Ansprüche (vor allem eines Bonifaz VIII.), über beide Gewalten zu verfügen, zurückzuweisen.147 Eingehend begründet an magistratus aliquando resistere per vim liceat? Quae disputatio ab institutio nostro alienor est: Dicam tantum quod apud Auerroem Aristotelis Paraphrasten lib. 1. Rhet. legi: eius rei aestimationem ex diuersitate formarum Reipub. peti debere“ (GENTILI, De jurisdictione, I/8, S. 27). Althusius hat sich in der Politica methodice digesta kritisch mit Alberico Gentili, dem Bruder Scipios, auseinandergesetzt (vgl. Pol. XXXVIII,77–85, S. 916–919). Dieser hatte in seinen Regales disputationes die Möglichkeit, daß Ephoren unter bestimmten Umständen einen Herrscher beseitigen dürften, ausgeschlossen (vgl. ALBERICO GENTILI, Regales disputationes, 1. de potestate regis absoluta, 2. de unione regnorum Brittanniae, 3. de vi civium in regem semper iniusta, London 1605 [weitere Ausg.: Hanau 1605; Helmstedt 1619]). 145 Vgl. bes. G ENTILI , De jurisdictione, III/16, S. 388–395. 146 „Videamus nunc de iure gladii, an id Ecclesiastici habeant? Et ipsi quidem Pontifices veteres, illi pii et sancti homines, gladium se habere, sed spiritualem professi sunt, nec materiali, sed spirituali gladio Ecclesiam velle vt criminosi feriantur, et ad viuificandum non ad occidendum. c. interfectores. 33. quaest. 2. Talis est autem excommunicatio, et Anathema in primis, de quo supra monui, sed eo res rediit, vt etiam ius gladii, quod Principes caeterique magistratus Ciuiles habent, sibi proprie tributum esse a Deo contenderint, vsi etiam verbis illis Domini, Ecce duo gladii. quod dictum Theologi et Scholastici de gladio altero Papae altero Caesaris interpretati sunt. quod ferri posset si vt dixi, in Pontificibus, et Ecclesiasticis reliquis spiritualem gladium modo intelligerent. Nam et Frider. I. Imp. qui acerrimas cum Pontificibus Romanis de iure impii contentiones exercuit, non abhorruit ab hac tamen interpretatione, apud Gunth. li. 6. Ligur. [...]“ (aaO. III/16, S. 391). 147 „[...]. Sed Pontif. Romani etiam vtrumque gladium sibi adsciuerunt, de quo est illud S. Bernhardi ad Eugenium Papam, Vtrumque si habere voles, vtrumque perdes. quod eleganter et vere de reb. nautar sua diuisis dictum est vt idem Guntherus, [...]. Bonifacius tamen IIX. ita constituit, atque ita vulgo receptum est, vt Pontifices dicantur habere ius gladii etiam temporalis, sed quo ad habitum vt loquuntur non quo ad vsum. Nam vsum eius et exercitationem politicis Magistratib. a Pontifice tanquam Christi vicario esse concessum c. 1. ext. de Mag. et obedient. vbi etiam illud additur spiritualem gladium et materialem esse sub potestate Ecclesiae. sed illum pro Ecclesia, hunc, id est, spiritualem ab Ecclesia exercendum esse. Caeterum quamuis Ecclesia non vtatur veris illis galdiis materialibus: tamen aliis vtitur

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Gentili, daß die päpstliche bzw. kirchliche Jurisdiktion sich allein auf geistliche Angelegenheiten beziehe. Dazu werden nicht nur mittelalterliche Autoren und vielfach Regelungen des kanonischen Rechts herangezogen,148 sondern auch die Praxis geistlicher Jurisdiktion zu Jesu Zeiten149 und in den folgenden Jahrhunderten unter den christlichen Kaisern150 erläutert. Bei der systematischen Klärung des rein geistlichen Charakters kirchlicher Jurisdiktion geht Gentili interessanterweise auf den Konflikt in der Frage kirchlicher oder staatlicher Instanzen als Subjekt der Kirchenzucht ein. Ausdrücklich schließt er sich den Calvin folgenden und die Lehren des Mediziners Thomas Erastus ablehnenden Theologen an, die die Kirchenzucht als kirchliche – und so Gentilis Folgerung – geistliche Angelegenheit betrachten.151 Offensichtlich ist es Gentilis Interesse, die Grenzen der kirchlichen Jurisdiktion, die nicht auf Kosten staatlicher Autorität gehen darf, hervorzuheben, wenn er – wie andere reformierte Juristen – betont, daß sich auch Jesus selbst ausdrücklich staatlichen Jurisdiktionsansprüchen unterworfen habe.152 Einwände gegen diese strikte geistliche Begrenzung kirchlicher Jurisdiktion, die sich auch auf biblische Texte berufen, läßt er nicht gelten, sondern bezeich-

corporalib. et quidem grauibus puta, carceris etiam peretui suppliciis c. quamuis ext. de feud. lib. 6. quam poenam merito Innocentius morti comparat. ca. qualiter et quando. ext. de accusat. Et ideo iure ciuili interdicta est l. aut damnum. §. solent. ff. de poenis. [...]“ (aaO. III/16, S. 391f.). 148 Siehe auch unten Anm. 170f. 149 Vgl. aaO. III/13, S. 379–383; siehe dazu unten Abschn. III.Tl.3.2.3. 150 Vgl. aaO. III/15, S. 385–388. 151 „V IDEAMVS de Christianis sacerdotis veteribus. Quorum Praesbyterium olim dictus fuit confessus, vt Iudaeorum Synedrium. In hoc igitur Presbyterio, nullam fuisse potestatem gladii vel meri imperii dicimus, ne minima quidem: tantum eorum potestas in rebus ad religionem pertinentibus versata est: in quibus ne ipsorum iudicium plane vanum esset, vsi sunt excommunicatione siue anathemate, quod totum non in corpus, sed in animam et spiritum directum est. Eiusque non vna species, siue non vnus gradus est, qua de re extat prolixa disputatio doctissimi et clarissimi Theologi aduersus Thomam Erastum Medicum. Atque huc pertinet, quae litigandi et soluendi potestas dicitur, in qua omnis fundatur Ecclesiastica iurisdictio, atque immediata est a Christo, vt notat Innocent. in c. 1. de renunc. lib. 6. et probat Nicolaus Cardinal. de Cusa lib. 2. de concordant. Catholica.“ (aaO. III/14, S. 383f.) 152 „In temporalibus autem etiam ipse Christus professus est, se magistratui et potestati ciuili subiacere, atque ita Augustinus [...]“ (aaO. III/14, S. 384).

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net sie als besondere Fälle, in denen ein außerordentliches Handeln Gottes zum Ausdruck gekommen sei.153 Anders als bei Paurmeister und Lampadius kommt die gegenwärtige Reichswirklichkeit nur in Ansätzen zur Sprache. So muß Gentili sich angesichts seines Plädoyers einer strikten Begrenzung der kirchlichen Jurisdiktion auf geistliche Angelegenheiten mit dem grundsätzlichen Problem auseinandersetzen, daß im Reich seit Otto dem Großen Geistliche als Reichsfürsten eingesetzt sind. Deren weltliche Schwertgewalt wird selbstverständlich zugestanden,154 auch wenn Gentili bedauert, daß Kaiser Heinrich V. im Wormser Konkordat von 1122 durch päpstliches Anathema gezwungen worden sei, die Einsetzung der Bischöfe dem Papst zu überlassen. Abgesehen davon, daß sich dieses faktisch nicht

„Nec minus verum est, in causis etiam pecuniariis, et ciuilibus, nullam olim Ecclesiae iurisdictionem fuisse; quare Christus aditus familiae herciscundae Iudex, repudiauit cognitionem, et remisit ad magistratum. Hoc loco animaduerti, duo nobis obiici posse, quorum altero merum imperium, et ius gladii in corpora exercuisse Apostolos ipsos, altero iurisdictionem in ciuilibus et forensibus controuersiis, probari videtur. Scimus enim Ananiam, et Saphiram Petri voce et execratione occisos fuisse, excaecatum a Paulo Elymam. Sed profecto haec extraordinaria fuerunt, et solius Dei instinctu ac spiritu administrata; ita vt non debeant in argumentum duci, et ad alios homines. [...] De iurisdictione autem et causis ciuilibus est ille Pauli insignis locus in epist. 1. ad Corinth. Vbi in Ecclesia ille constituit, non solum seniores, qui de causis Ecclesiasticis et religione indicarent, sed etiam qui περì τν βωτκν, id est, cum imperio et potestate iurisdicundi, quam nemo priuatus, ac ne ipsi quidem litigatores ex consensu dare vlli possunt. l. priuatorum. C. de iudic. sed arbitros quosdam et disceptatores domesticos, qui amice ea negotia inter Christianos componerent, si possent; etsi illi paterentur. Idque ideo Paulus praecepit, quod indecorum Christianis duceret, litibus conflictari: et ne ad Ethnicos magistratus de iis rebus adire cogerentur, quo pertinet elegans et doctissima Epistola D. Ambrosii lib. 5. Epist. 64. ad Marcellum.“ (aaO. III/14, S. 384f.). 154 „Caeterum iure feudali, vel potius moribus et consuetudine videmus hodie, in Germania praesertim, Episcopos eosdem esse et Principes, sicut et Abbates multos Imperii quos appellamus. De his igitur dubitatio nulla esse potest; quin ius gladii et merum imperium habeant, vt habent Principes, et Magistratus seculares. tales olim fuit Iacobus quidam qui eiusdem ciuitatis Episcopus et Princeps fuit, vt narrat Theodoretus li. 2. Hist. Eccles. c. 30. Neque id improbat Duaren. d. li. de Eccles. c. 4. praesertim si Princeps aliquis ipse se Ecclesiastico addicat ministerio. Tales sunt, vt dixi fere omnes Episcopi in Germania, qui ab Imperio Episcopatus et ditiones suas in feudum accipiunt, atque vna etiam hoc ius gladii, et meri imperii quod tamen initio solus videtur habuisse Episcopus Herbipolensis“ (aaO. III/16, S. 393). 153

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habe durchsetzen lassen, erhielten auch die geistlichen Reichsfürsten ihr Lehen nicht vom Papst, sondern vom Kaiser.155 3.2.3 Innerprotestantische Pluralität Die vergleichende Analyse der drei „de iurisdictione“-Traktate der lutherischen Juristen Paurmeister und Lampadius sowie des aus einem calvinistisch-reformierten Hintergrund kommenden Scipio Gentili hat keine in der Konfession begründet liegenden Unterschiede offenbart. Gentilis geringere Einbeziehung des mittelalterlichen Reichsrechts und sein stärker historisch-kontextualisierender Umgang mit dem römischen Recht, der die Verbundenheit nicht nur mit der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs, sondern auch mit dem Neustoizismus zeigt, läßt sich aus dem „westeuropäischen“ intellektuellen Lebenslauf erklären. Dazu gehören auch die Leidener Lehrer Donellus und Lipsius sowie der Mangel an praktischer politischer oder juristischer Tätigkeit im Reich. Selbst im Blick auf traditionell eher dem Calvinismus zugeschriebene Auffassungen lassen sich keine konfessionsbedingten Unterschiede konstatieren. So erläutert Lampadius ausführlich die weitgehende Verantwortung der weltlichen Obrigkeit für die rechte (äußere) Gottesverehrung. In der Schärfe seiner Papstkritik steht er den Äußerungen calvinistischer Theologen in nichts nach und übertrifft Gentili mit seinem Bestreben einer Begrenzung der kirchlichen Gewalt auf ausschließlich geistliche Sachverhalte. Lampadius bezieht in seine Erörterungen mehr Bibeltexte ein als Gentili. Im Unterschied zu diesem beruft sich Lampadius zur Begründung seines Verständnisses der Pflichten der weltlichen oder geistlichen Amtsträger und zur Ablehnung päpstlicher Mißbräuche unmittelbar auf die Autorität biblischer Texte. So verweist er bei der Erläuterung der Verantwortung der weltlichen Obrigkeit für die rechte äußere – nicht die innerliche! – Gottesverehrung auf Dtn 17156 und bezeichnet sie un155 „Hoc igitur ius est Caesaris feuda Ecclesiasticis etiam dandi, quod ius olim Henricus V. Imp. coactus anathemate summi Pontificis, scripto in comitiis Wormatiensibus resignauit Romano Pontifici, vt videlicet episcopi omnes non prius ordinarentur episcopi, quam regalia eius de manu accepissent, vt scribit idem Otto lib. 6. Chronici c. 26. Sed hanc Henrici Constitutionem frustra fuisse, et exoleuisse existimo. Nam feudum et ditiones ab Imperatore et imperio, non a Papa et hodie accipiunt et olim acceperunt, quod testantur etiam Historici veteres allegati a Cuiac. li. 1. c. 1. et li. 3. c. 1. De feud. Quare etiam ab Imperatore deponuntur, et spoliantur feudis suis et regalibus, [...]“ (aaO. III/16, S. 394). 156 Vgl. L AMPADIUS , Tractatus, 1642, III/12,1–3, 215–217, zit. oben Anm. 131.

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ter Berufung auf mehrere Bibelstellen als „göttlich gefordert“.157 Dafür, daß die Häretikerbekämpfung nicht nur Sache der kirchlichen Amtsträger, sondern der gesamten Kirche und vor allem der politisch Verantwortlichen ist, führt Lampadius eine ganze Reihe von Bibelstellen aus dem Neuen und insbesondere dem Alten Testament an.158 Um die Übergriffe im Verhältnis von geistlicher und weltlicher Obrigkeit zu vermeiden, sind auch die Aufgaben und Grenzen des kirchlichen Amtes zu definieren. Nach Mt 28,19, Mk 16,15 und Joh 20,23 liegen die Aufgaben in der Predigt, Sakramentsverwaltung und der Ausübung der Schlüsselgewalt.159 Die Apostel hätten über den Ausschluß aus der kirchlichen Gemeinschaft hinaus nie jemanden aus dem weltlichen Besitz vertrieben,160 und Jesus habe keinen Fürsten abgesetzt oder Untertanen vom Treueid losgesprochen. Vielmehr habe er dazu aufgefordert, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist, obwohl er es mit dem grausamen Kaiser Tiberius zu tun hatte. Weil Jesus in Joh 19,28–30 ausdrücklich gesagt hat, daß er alles, was er sollte, vollbracht habe, dürfe man dem kirchlichen Amt nichts darüber Hinausgehendes zusprechen.161 Bei Gentili sind die angeführten Bibelstellen im wesentlichen auf ein Kapitel mit dem Titel „De iurisdictione Iudaeorum temporibus Christi“ 157 AaO. I/22, S. 30, zit. oben Anm. 132. Wenn nach I Joh 4,1 jeder Privatmann die Geister prüfen solle, um wieviel mehr müssen dann die Inhaber der maiestas über den rechten äußeren Kultus wachen (vgl. aaO. I/29, S. 36). Vgl. auch aaO. I/20, S. 25: „Nec conservatio modo, sed et institutio cultus exterioris ad maiestatem praecipue pertinet: id quod Davidis sanctissimi regis exemplo comprobatur, qui fere omnia ad cultum spectantia ordinavit.“ 158 „Contra lupos, id est, Haereticos et perversores divini verbi, et ministri quoque sint in excubiis. Act. 20. Sed si hi ingruenti malo impares sint, tota Ecclesia conniti debet, Act. 15. laici aeque ac Ecclesiastici, 1. Ioann. 4. Act. 17. Inprimis autem Principes advigilare oportet, quibus cura Ecclesiae commissa est, et addita potestas, qua ad salutem Ecclesiae uterentur. Esa. 60. v. 14. 1. Paral. 29. Deut. 17. Et declarant exempla Davidis, Iosuae, Ezechiae, Constantini, Theodosii, Martiani, Tancaredi, Caroli Magni etc.“ (aaO. III/12,6, S. 217f.). 159 Vgl. aaO. I/26, S. 32f. 160 Vgl. aaO. I/27, S. 34. 161 „Quid igitur? scilicet, quaecunque non executus est Christus, propterea non fuit missus. Praestitit enim omnia, quae oportuit, Ioan. 19. v. 28. 29. 30. Quae vero missione Christi non comprehensa fuerunt, ea nec missis Apostolis demandata sunt. Iam vero externum cultum non ordinavit, non imperii habenas excussit regibus, non subditos iuramenti religione exsolvit, sed potius iussit saevo imperatori Tiberio debita dari. Ergo haec ad ipsius officium non pertinuerunt: ergo nec ad Apostolorum. Meminerimus tamen, missionem Christi et Apostolorum in fine et obiecto coincidere, non in mediis“ (aaO. I/28, S. 35).

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konzentriert. Hier zieht er verschiedene Bibeltexte neben Belegen aus Josephus und Hilarius von Poitiers (ca. 315–367) heran, in denen die Gerichtsbarkeit der Juden bzw. Römer zu Zeiten Jesu und der Apostel beispielhaft sichtbar wird.162 Im wesentlichen geht es darum, mit Hilfe der verfügbaren Quellen zu klären, welche politische, von den römischen Autoritäten eingesetzte Instanz die weltliche Schwertgewalt innegehabt hat.163 Im Anschluß daran setzt sich Gentili kritisch mit sieben Argumenten derer, die dem Synhedrium bzw. den „Pontifices et sacerdotes“ das ius gladii zuerkennen, auseinander.164 Charakteristisch ist dabei, daß die Bibelstellen nur als historische Beispiele behandelt werden, die helfen, römisch-rechtliche Sachverhalte zu kontextualisieren und die Verhältnisse in alter Zeit zu konkretisieren.165 Zwar diskutiert Gentili die Verhältnisse im jüdischen Gemeinwesen zu Jesu Zeit wesentlich mit dem Ziel, die ungerechtfertigten weltlichen Jurisdiktionsansprüche späterer Päpste zurückzuweisen, aber die Bibeltexte selbst werden nicht Vgl. aaO. III/13, S. 379–383. „An vero penes Ecclesiasticum Iudaeorum confessum, quod σνéδρον proprie vocatur, vlla fuerit talis potestas, scio inter doctissimos dubitari? Et puto, nullam fuisse, nisi leuiorem aliquam coercitionem et prehensionem, neque hanc quidem in omnibus criminibus, sed in religionis rebus, et inter Iudaeos. Romani enim Religionem ipsis suam integram reliquerunt. [...] Qua de re, et Caii Caesaris, et Augusti et aliorum Principum edicta et rescripta proferuntur. Imo nego militem Romanum quod in religionem Iudaicam contumeliosus fuisset, Iudaeis deditum et punitum fuisse; sed hoc factum est ad tumultum sedandum. Alioquin Romani eam religionem adeo contempserunt, vt Vespas. Imperator etiam SS. Testamentum vetus in triumpho tulerit. Crimina quidem ea, quae Iudaei pro capitalibus habuerunt ex lege Moysis, nec pro criminib. quidem Romani habuerunt. Hinc est, quod Seruatorem Christum, quod ipsi ob blasphemiam, vt imputabant, libenter lapidibus ex lege obruissent, non blasphemiae apud Pilatum demum accusauerunt, vt antea, quia id non curare Pilatum sciebant: sed reum laesae Maiest. Caesaris, et seditionis in populo motae fecerunt“ (aaO. III/13, S. 379f.). 164 Vgl. aaO. III/13, S. 380–383. 165 Vgl. z.B. Gentilis Kritik an dem für die Jurisdiktionsgewalt des Synhedriums angeführten Argument dergestalt, daß Paulus in II Kor 11,24f. selbst von körperlichen Strafen durch die Juden berichtet habe: „Ex eo, quod Paulus, se virgis cum sila caesum scribit, ictusque quadraginta vno minus accepisse Epist. 2. ad Cor. ca. 11. et alibi. Ad hoc dicam, verberum coercitionem esse leuissimam et minimam meri imperii partem, adeo vt etiam magistratibus, qui merum imperium non habent, concedatur, vt tradit eruditissimus Gouean. libr. 2. De iurisdict. Talem autem coercitionem minimam, iam antea diximus non denegatam Synedrio Iudaeorum fuisse, conuiuentibus Romanis: apud quos, vt Tacitus ait, ius imperii valet, inania transmittuntur“ (aaO. II/13, S. 382). 162 163

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explizit als normative Texte behandelt. Eine Formulierung wie Lampadius’ „von Gottes Wort gefordert“166 fehlt bei Gentili. Dessen historisch-kontextualisierender Auslegungsmethode entsprechen auch die vielfachen Verweise auf die Kirchenväter, die ohne Parallele bei Paurmeister und Lampadius sind.167 Der im Vergleich der „de iurisdictione“-Traktate Lampadius’ und Gentilis gewonnene Befund reicht nicht aus, um einen grundsätzlichen oder auch nur tendenziellen Unterschied in der Verwendung von Bibeltexten in öffentlich-rechtlichen Arbeiten zwischen lutherischen und reformierten Juristen zu konstatieren. Zwar konnten vielfache Beispiele eines historisierenden Umgangs mit Bibeltexten bei reformierten Juristen aufgezeigt werden,168 jedoch lassen sich bei profiliert reformierten Juristen – so in der Politica methodice digesta des Althusius – auch Belege für eine normierende Einbeziehung von Bibeltexten finden.169 Auch im Umgang mit dem kanonischen Recht ergeben sich keine eindeutigen Befunde im Blick auf mögliche innerprotestantische Differenzen. Zwar spricht Gentili vielfach im abwertenden Sinne vom „päpstlichen Recht“,170 aber diese Titulierung findet sich in gleicher Weise bei lutherischen Juristen. Zudem kann er wie lutherische Juristen die im Decretum Gratiani gesammelten altkirchlichen Regelungen durchaus in ihrem Wert anerkennen171 und sich sogar mitunter auf spätere päpstliche Voten berufen.172 Siehe oben Anm. 132. Vgl. z.B. aaO. I/16, S. 56 (Cyprian); I/57, S. 60f. (Hieronymus); II/6, S. 206 (Tertullian); II/7, S. 207 (Ambrosius); II/19, S. 263 (Tertullian); III/3, S. 346 (Cyprian); III/4, S. 353 (Tertullian); III/5, S. 354–356 (Augustin, Chrysostomus, Hieronymus, Ambrosius); III/6, S. 360f. (Tertullian, Augustin, Athanasius); III/14, S. 384 (Augustin), zit. oben Anm. 152; aaO. III/14, S. 385 (Ambrosius), zit. oben Anm. 153; aaO. III/15, S. 383 (Gregor d. Gr.). 168 Siehe bes. oben Abschn. II.Tl.2.5.2. 169 Siehe z.B. die unten Abschn. III.Tl.6.3 behandelte Disputation des Arumaeus. 170 Das kanonische Recht wird meist kritisch als „ius pontificium“ (vgl. z.B. aaO. I/25, S. 90. 93; II/19, S. 265; II/28, S. 308; II/29, S. 311; III/4, S. 357; III/29, S. 451 [„de iure Canonico siue Pontificio“]. 452f.), nur sehr selten als ius canonicum bezeichnet (vgl. aaO. III/7, S. 362; III/16, S. 389; III/29, S. 451–453). 171 „Denique quod ad Clericos attinet, generaliter constitutum est in omnibus criminibus vt Iudices dumtaxat habeant Ecclesiasticos. c. Clerici. 8. ext. de benefic. Quod etiam confirmatum est Imp. Friderici II. constitut. quae extat in extrau. de statut. et consuet. contra Eccles. libert. Eaque de re accurate et prolixe docet Tiberius Decianus tractatus criminal. lib. 4. c. 9. et seq. sed haec quidem de iure sacro 166 167

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Wenig spezifisch im innerprotestantischen Vergleich ist schließlich Hieronymus Treutler von Kroschwitz’ – noch deutlich knapper ausgefallene – „De iurisdictione“-Kommentierung aus dem Jahre 1592.173 Der entsprechende Kommentar des profiliert calvinistisch-reformierten Juristen Vultejus aus dem Jahre 1599 hat erst mit einigen Jahren Verzögerung eine innerprotestantische Kontroverse hervorgerufen, in der dann zumindest tendenziell unterschiedliche weltanschaulich-konfessionelle Grundentscheidungen bei lutherischen und reformierten Juristen greifbar werden.174

et iure ciuili ita se habent“ (aaO. III/16, S. 393). Vgl. auch aaO. III/16, S. 391, zit. oben Anm. 146. 172 Vgl. z.B. aaO. III/14, S. 383, zit. oben Anm. 151; aaO. III/16, S. 392, zit. oben Anm. 147. Gentili stellt bei der Behandlung der Frage, wem ein eventuelles Recht auf Begnadigung zukomme, sogar den am Konzil von Trient beteiligten und zeitweise als Beichtvater des Kaisers tätigen Dominikaner Dominicus a Soto in besonderer Weise heraus. „Theologi etiam, inter quos excellit Dominicus a Soto qui li. 5. de iust. et iur. quaest. 4. artic. 2. de hac re subitiliter, accurateque disputat. Nos ea nunc in medio relicta, illud potius dicamus, videri eum, qui ius gladii a populo vel principe Romano habet, absoluere posse quemuis nocentem et inuito adcusatore, si id criminis sit, quod legibus Romanis nullam poenam meritur, vt vt [sic!] capitale sit in ea gente, cui praeest. Cuius rei exemplum illustre profero ex Actis Apostol. virum Paulum Proconsul a Iudaeis adcusatum absoluit, quod pro crimine non admitteret, contra legem Moysis dicere vel agere. Idemque in eodem Paulo iudicauit Festus procurator Caesaris, qui eum plene absoluturus erat, nisi Paulus Caesarem prius adpellasset. Quo in facto duo sunt notanda. primum quod interposita a reo appellatione non licuit Praesidi reum absoluere: vt ita in absolutione quoque valeat illa regula iuris ciuilis: Pendente appellatione nihil innouandum. Alterum quod Pauli appellatio recepta est ante sententiam diffinitiuam, quod alienum est a iure ciuili. Pontificio congruit. l. pen. C. quorum adpell. non recip. nisi dicamus, et iure ciuili licuisse tum Paulo adpellare propter imminens a Iudaeis periculum, et structas insidias. Act. Apost. 23. et 25. Erat igitur hoc grauamen irreparabile: qua caussa etiam iure ciuili adpellare permittitur. o. 2. ff. de adpell. recip. Postremo de reo iam condemnato dicendum est: et constat eum absolui poena, vel restitui nullo modo posse, nisi a Principe, vel populo, qui quidem iura maiestatis habeat, vt recte cum alii, tum Bodinus scribit lib. 1. de Republ. cap. 10.“ (aaO. III/5, S. 356f.). 173 Siehe oben Anm. 92. 174 Siehe unten Abschn. III.Tl.6.

4. Augsburger Religionsfrieden und ius publicum

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4. Augsburger Religionsfrieden und ius publicum 4. Augsburger Religionsfrieden und ius publicum Im Zusammenhang des Bestrebens, die Rechtsnormen für die Handhabung und Gestaltung der Reichsinstitutionen nicht aus dem Corpus Iuris Civilis zu übernehmen, sondern die mittelalterliche Rechtsentwicklung miteinzubeziehen, werden auch die Reichsabschiede und andere juristische Normen der jüngeren Vergangenheit in den Blick genommen. Unter diesen spielt der Augsburger Religionsfrieden von 1555 eine prominente Rolle. Der kontrovers geführten Diskussion um seine Auslegung kommt geradezu eine katalytische Funktion bei der Entstehung und Etablierung des ius publicum zu. Schon während der Verhandlungen der in Augsburg versammelten Räte konnten die Auseinandersetzungen nur durch bewußt zweideutige, dissimulierende Formelkompromisse entschärft werden. In den Jahrzehnten nach 1555 fanden die Auseinandersetzungen ihren Niederschlag zuerst auf der Ebene der Eingaben und Urteile des Reichskammergerichts.175 Sie brachten aber auch eine Fülle von vielfach anonym oder pseudonym publiziertem Schrifttum hervor, in dem in zumeist polemischer Weise die Vertreter der jeweils anderen Konfession angegriffen wurden.176 Im folgenden ist dieses für die entstehende öffentlich-rechtliche Debatte wichtige Schrifttum unter der Fragestellung zu untersuchen, ob, und wenn ja, in welcher Weise konfessionelle Orientierungen die juristische Argumentation der Autoren beeinflußt haben. Die Frage drängt sich schon angesichts des charakteristisch verschiedenen Umgangs mit den Jubiläumsdaten in den ersten Jahrhunderten nach der Verabschiedung des Augsburger Religionsfriedens auf. Während er im katholischen Bereich praktisch keiner öffentlichen Erinnerung wert

175 Vgl. R UTHMANN , Die Religionsprozesse am Reichskammergericht; vgl. auch LÜCK, Der Augsburger Religionsfrieden und das Reichsrecht. 176 Axel Gotthard hat einige charakteristische Texte dieser Machart vorgestellt (vgl. DERS., Der Augsburger Religionsfrieden, bes. 587–613). Martin Heckel hat die wichtigsten der juristisch relevanten Texte eingehend untersucht: DERS., Staat und Kirche; DERS., Autonomia und Pacis Compositio; DERS., Parität; DERS., Säkularisierung; DERS., Reichsrecht und „Zweite Reformation“; DERS., Die katholische Konfessionalisierung im Spiegel des Reichskirchenrechts; DERS., Die Religionsprozesse des Reichskammergerichts; DERS., Ius reformandi, 75–126; vgl. auch SCHNEIDER, Ius Reformandi.

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ist, findet sich in evangelischen Kirchen und Territorien eine ausgeprägte Erinnerungskultur.177

4.1 Verlust der innerkatholischen Pluralität im Zuge der tridentinischen Konfessionalisierung Die Einheitlichkeit der öffentlichen Erinnerung jeweils im katholischen wie im evangelischen Bereich darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß sowohl bei den Verhandlungen für den Frieden im Jahre 1555 als auch in den nachfolgenden Auseinandersetzungen um die rechte Auslegung bzw. Anwendung das katholische und das evangelische Lager keineswegs geschlossen sind. Auf katholischer Seite zieht sich durch die Verhandlungen des Jahres 1555 der Gegensatz geistlicher und weltlicher Reichsstände und entsprechend findet sich ein weites Spektrum juristischer Argumentationen. Charakteristisch ist nun, daß sich die während der Verhandlungen sichtbare Pluralität katholischer Positionen im Blick auf den Augsburger Religionsfrieden im Zuge der jesuitisch-tridentinischen Re-Formierung des Katholizismus signifikant reduziert. Auf der einen Seite stehen kaiserliche Juristen wie insbesondere der 1521 geborene Johann Ulrich Zasius. Dessen geistige Herkunft ist wie die seines berühmten Vaters Ulrich Zasius durch humanistisch-erasmianisches Gedankengut geprägt.178 Seit etwa 1546 in den Diensten des römischen Königs Ferdinand, vertrat er diesen als Gesandter auf dem Augsburger Reichstag und sorgte hier maßgeblich für die Überwindung 177 Das Jahr 1555 tritt neben die Jahre 1517 und 1530 und bietet gleichen Grund zum Jubeln, denn nach Luthers Aufbruch und der Formulierung des evangelischen Grundbekenntnisses sei mit den reichsrechtlichen Absicherungen von 1555 der Papst endgültig verdrängt worden (vgl. dazu summarisch GOTTHARD, Religionsfrieden, 613ff.). Vgl. ferner WÜST, Zur Rezeption des Augsburger Religionsfriedens in der Frühmoderne; KOCH, „Zion im Feyerkleide“. Die Festlichkeiten des Jubiläums des Augsburger Religionsfriedens im Jahre 1755 in Thüringen; RÖMMELT, Bilder des Augsburger Religionsfriedens. Skizzen zur frühneuzeitlichen Jubel-Ikonographie der Pax religiosa Augustana auf Papier und in Metall; SCHOTT, Der Augsburger Religionsfrieden und die Evangelischen in Schlesien; REINGRABNER, Auswirkungen des Augsburger Religionsfriedens in den habsburgischen Ländern. Zur positiven Bewertung des Westfälischen Friedens durch protestantische Juristen in der Zeit der Aufklärung vgl. KREMER, Der Westfälische Friede, bes. 29–31; zur kritischen Auseinandersetzung Herman Conrings mit der den Frieden ablehnenden Bulle sowie deren späterer Verteidigung durch Johann Adam von Ickstatt vgl. aaO., 25–28. 178 Zu Zasius siehe oben Abschn. II.Tl.3.3, bes. Anm. 473f.

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der innerkatholischen Widerstände gegen einen Religionsfrieden mit den als häretisch angesehenen Protestanten.179 Zasius sah sich als Vermittler nicht nur zwischen kaiserlichen und fürstbischöflichen Positionen, sondern auch zwischen katholischen und evangelischen Standpunkten.180 Gleichwohl findet sich auch bei ihm die gemeinkatholische Auffassung, daß der gesamte Religionsfriede eigentlich gegen das göttliche bzw. kanonische Recht verstoße, da die meisten Bestimmungen gegen Gott, gegen den Papst und alle Billigkeit seien, und man dem lediglich um der Vermeidung des drohenden Krieges willen zustimmen müsse.181 Gerechtigkeit scheint auch einem ursprünglich in der humanistischen Jurisprudenz und im Zivilrecht geschulten Juristen wie Zasius ohne Geltung des kanonischen Rechts unmöglich. Und das Interesse an der Fortgeltung der „Germania sacra“ verhindert auch bei ihm jeden Kompromiß in der Debatte um den Geistlichen Vorbehalt.182 Auf der anderen Seite des Spektrums katholischer Juristen ist der auf dem Reichstag 1555 als Kanzler des Augsburger Bischofs Otto Truchseß von Waldburg agierende Konrad Braun zu platzieren.183 Braun hatte in den zwanziger Jahren in Tübingen nicht nur Jurisprudenz, sondern auch Theologie studiert und dann bis zu seinem Tod im Jahre 1563 neben seinen Tätigkeiten am Reichskammergericht und als Rat bzw. Angesichts der Frage der Suspension der geistlichen Gerichtsbarkeit mahnte er die Vertreter der geistlichen Fürsten, die Verhandlungen nicht gleich daran scheitern zu lassen (vgl. GOTTHARD, Religionsfrieden, 41; vgl. auch ebd., 36f. 43. 51f.). 180 Meußer beschreibt Zasius als Reichspolitiker, der sich bemühte, konfessionelle Konfliktfelder zu neutralisieren, ehe sie für das Reich bedrohlich wurden. Zasius war katholisch, aber skeptisch oder sogar ablehnend gegenüber der päpstlichen und spanischen Politik. Nach Meußers Darstellung hat sich Zasius konfessionell möglichst zurückgehalten, um für beide Religionsparteien ein akzeptierter Gesprächspartner zu bleiben (vgl. DIES., Für Kaiser und Reich, bes. 93ff.). 181 Vgl. das Schreiben Zasius’ an den römischen König Maximilian am 5.6.1555, zit. in: ADLER, Der Augsburger Religionsfriede und der Protestantismus in Österreich, 263; vgl. auch SCHNEIDER, Ius Reformandi, 170f. Anm. 108; weitere kritische Urteile Zasius’ über die Protestanten und ihre Neigung zu „conspirationes“ bei: GOTTHARD, Religionsfrieden, 274; zu Zasius’ Wirken gegen Kurfürst Friedrich III. in der Herrschaftszeit Maximilians II. vgl. KLUCKHOHN, Friedrich der Fromme, 219. 182 Vgl. die Zitate und Belege bei: GOTTHARD , Religionsfrieden, 144f. 183 Vgl. die grundlegende Studie: R ÖSSNER , Konrad Braun; mit offenkundiger Sympathie für Braunsche Positionen(!): BÄUMER, Konrad Braun und der Augsburger Religionsfriede; vgl. ferner PAULUS, Dr. Konrad Braun; SIEBERT, Zwischen Kaiser und Papst, 142–151; BÄUMER, Konrad Braun; ROLL, Das Zweite Reichsregiment: 1521–1530, 460f. 179

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Kanzler verschiedener katholischer Herrscher auch zahlreiche Schriften theologischen bzw. kirchenhistorischen Inhalts verfaßt.184 Sein hier entfaltetes kontroverstheologisches Programm bestimmte auch das Wirken als Jurist.185 Wie sein Landesherr konnte er dem Augsburger Religionsfrieden nicht zustimmen und hat die grundsätzlichen Bedenken durch zahlreiche Protestationen von Beginn der Verhandlungen an zum Ausdruck gebracht.186 Wenige Jahre zuvor hatte er in den Schriften De haereticis und De seditionibus die Reformation als politische Rebellion klassifiziert und ihr gegenüber eine strenge Durchsetzung des Ketzerrechts auch mit Gewaltmaßnahmen gefordert.187 Entsprechend war es ihm in Augsburg nicht möglich, mehr als einen zeitlich eng begrenzten Aufschub der Anwendung des Ketzerrechts zuzugestehen.188 Ohne jede Bereitschaft zum Kompromiß war er ferner bei der Suspension der geistlichen Gerichtsbarkeit in den evangelischen Gebieten, dem Zugeständnis eines landesherrlichen ius reformandi und der Anerkennung der protestantischen Verwendung der Kirchengüter nach dem Stichjahr 1552.189 Vgl. die Auflistung der gedruckten und ungedruckten Schriften Brauns in: RÖSSNER, Braun, 343–353. 185 Die von ihm propagierte Reform der katholischen Kirche bestand für ihn wesentlich in der konsequenten Bekämpfung der (lutherischen) Ketzer. Ferner betonte er die umfassende, lediglich durch dogmatisierte Glaubensentscheidungen begrenzte Jurisdiktionsgewalt des Papstes. Eine Erläuterung seines kontroverstheologischen Programms gibt Braun in der Widmungsrede zum Traktat De imaginibus (Mainz 1548). 186 Vgl. die Belege in: R ÖSSNER , Braun, 270–278. 287. 187 Vgl. K ONRAD B RAUN , Libri sex, de haereticis in genere, Mainz 1549; DERS ., De seditionibvs libri sex, rationibvs et exemplis ex omni doctrinarvm et authorum genere locupletati, Mainz 1550. 188 Braun hat im Jahre 1548 die Auffassung, daß mit Häretikern und Schismatikern keine Bündnisse geschlossen werden dürfen, in einer Schrift De legationibus eingehend begründet: KONRAD BRAUN, De legationibvs libri qvinqve: cvnctis in repvb. versantibvs, avt qvolibet magistratv fungentibus perutiles, et lectu iucundi, Mainz 1548, 13f. 37. 58. 108f. 131ff.; vgl. auch RÖSSNER, Braun, 270: Braun „lehnte [...] grundsätzlich einen Religionsvergleich durch ein Kolloquium oder Nationalkonzil, wie es die kaiserlich-königliche Proposition vorgeschlagen hatte, ab. Auch zeitlich begrenzte vertragliche Übereinkünfte mit den Protestanten hielt er für Unrecht.“ 189 Vgl. ebd., 268–284. Brauns Version des Geistlichen Vorbehalts sah vor, daß ein konvertierter Bischof dem Ketzerrecht unterliege! Seiner Auffassung nach würde eine Freistellung der Geistlichen binnen kurzem zur Profanierung aller geistlichen Herrschaften führen, „die gantz catholische religion zu boden gehen, [...] unnd in summa totius Germaniae destructio darauß volgen“ (Braun an Kardinal Otto von Augsburg, 14.6.1555, zit. ebd., 284). 184

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Die fundamentale Opposition gegen die Augsburger Ausgleichsregelungen folgt nicht nur aus einem an der überragenden Jurisdiktionsgewalt des Papstes ausgerichteten Kirchenverständnis,190 sondern insbesondere aus der als grundlegend für das Reich und das Reichsrecht angesehenen Einheit von Papst, Kaiser und Reich. Zur Begründung und Erläuterung wird vielfach die Lehre von der translatio imperii, die dem Papst die Schlüsselrolle bei der Übertragung des römischen auf das fränkische Reich zuspricht, herangezogen.191 In dieser Grundhaltung ist ein Weiterbestehen des Reiches bzw. des Reichsrechts ohne Geltung des kanonischen Rechts undenkbar. Brauns kompromißlose Ablehnung des Religionsfriedens blieb 1555 und in den darauffolgenden Jahren auch unter Katholiken eine ausgesprochene Minderheitenposition. Die ihr zugrundeliegenden weltanschaulich-konfessionellen Grundentscheidungen192 waren jedoch katholisches Gemeingut. Im Zuge der tridentinisch-jesuitischen Konfessionalisierung wurden die mehr oder weniger scharf ablehnenden Beurteilungen zur vorherrschenden Position. Die katholische Mehrheitsmeinung näherte sich in den Jahrzehnten bis zum Westfälischen Frieden weitgehend der Position Brauns an.

4.2 Konfessionsspezifische Kennzeichen der Traktatliteratur zum Augsburger Religionsfrieden zwischen 1555 und 1635 Ein großer Teil des Schrifttums zum Augsburger Religionsfrieden dient der polemischen Widerlegung der Positionen der gegnerischen Konfession, wobei auf beiden Seiten immer wieder die gleichen Argumente aufgeführt werden. In der Schärfe der Polemik unterscheiden sich katholische und evangelische Traktate nicht nennenswert. Auf der einen Seite sind insbesondere die Jesuiten Ziel der Polemik,193 auf der anderen

Vgl. ebd., 142. Vgl. z.B. BRAUN, De seditionibus, 30ff.; weitere Belege bei: RÖSSNER, Braun, 229f. 233. 238. 266 mit Anm. 230. Vgl. auch ebd., 233: „Wie das Kaisertum gilt Braun das Reich als ein Rechtsinstitut, in dessen Recht durch die Translation das Kirchenrecht fortwirkt.“ 192 Siehe unten Abschnitt III.Tl.4.3. 193 Vgl. z.B. L UKAS O SIANDER , Verantwortung wider die zwo Giftspinnen, Georg Scherer und Christoph Rosenbusch, welche aus der treuherzigen, friedfertigen, christlichen Warnung vor der Jesuiter blutdurstigen Anschlägen, und bösen Prakticken, als aus einer wohlrüchenden Rosen lauter Gift gesogen, Tübingen 1586. 190 191

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Seite vor allem die Calvinisten.194 Die Zahl der Traktate steigt deutlich an in den siebziger und achtziger Jahren des 16. Jahrhunderts, erfährt im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts noch einmal eine Steigerung und bleibt dann die zwanziger und dreißiger Jahre über kontinuierlich hoch. Unterschiede, die durch die Konfession bedingt sind, fallen vor allem an einer Stelle ins Auge. Auf evangelischer Seite sind Juristen als Autoren signifikant stärker vertreten als im katholischen Bereich. Gelehrt-juristische Abhandlungen katholischer Provenienz sind nur in sehr viel geringerem Maße gedruckt worden als evangelische. Im katholischen Bereich enthalten die Traktate, die sich nicht in reiner Polemik erschöpfen oder spezifisch theologisch argumentieren, vor allem drei juristisch relevante Argumentationen: zum einen die Zurückweisung des Vorwurfs, die Katholiken leugneten die Geltung des Religionsfriedens, zum anderen die Klärung der Frage, wie mit den Ketzern angesichts des weiterhin gültigen Ketzerrechts umzugehen ist,195 und drittens die Erörterung des Problems, ob mit Ketzern geschlossene Verträge einzuhalten sind.196 In dem gesamten Zeitraum zwischen dem Abschluß des Religionsfriedens und dem Prager Frieden 1635 sind – soweit ich sehe – im katholischen Bereich bestenfalls vier Abhandlungen erschienen, die von Juristen verfaßt bzw. überwiegend juristisch argumentierend sich mit dem Augsburger Religionsfrieden auseinandersetzen. Im Jahre 1573 veröffentlichte der Reichshofrat Georg Eder eine Schrift mit dem Titel Evangelische Inquisition wahrer und falscher Religion,197 194 Vgl. z.B. CHRISTIAN G OTTLIEB VON F RIEDBERG [K ASPAR S CHOPPE], Newer Caluinischer Modell deß heiligen Roemischen Reichs, das ist, augenscheinlicher Beweiß, daß die Calvinisten den Religion und Profan-Frieden, und die ganze Verfassung des Roem. Reichs umzustoßen vorhabens seyn, s.l. 1616; vgl. auch [ANONYM], Widerholtes Bedencken Uff die Frage. Ob die Calvinisten im Religionfrieden begriffen?. A iustitiae divinae voluntatis, veritatisque discipulo, s.l. [Frankfurt a. M.] 1624. 195 Vgl. z.B. J ODOCUS L ORICHIUS , Religions Fried. Wider die hochschaedliche Begaeren vnd Rathschlaeg von Freystellung der Religion. Fuer die Christliche Oberkeiten Teutscher Nation zur Erinnerung vnd warnung kuerzlich beschrieben, Köln 1583, bes. 45–48. 196 Vgl. J ANSSEN , Geschichte des deutschen Volkes seit dem Ausgang des Mittelalters, V, 431–443. 197 G EORG EDER , Evangelische Inqvisition wahrer und falscher Religion, wider das gemain vnchristliche Claggeschray, daß schier niemands mehr wissen künde, wie oder was er glauben solle [...], Dillingen 1573.

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die bald für Aufregung unter den Protestanten sorgte und von ihnen als Infragestellung der Geltung des Augsburger Religionsfriedens wahrgenommen wurde.198 Ziel des Juristen Eder ist jedoch nicht eine Erörterung der Geltung des Friedens oder einzelner Auslegungsfragen, sondern er will „in Form eines christlichen Ratschlags“ zeigen, „wie ein jeder Christenmensch seines Glaubens halber gänzlich vergewißt und gesichert sein möge, dermaßen, daß er leichtlich nicht könne betrogen noch verführt werden“. Angesichts des Wirkens der „Sektenmeister der neuen Religion“199 sei es sein Ziel, einen Beitrag zu der heute für den einfachen Mann dringenden Klärung wahrer und falscher Religion zu leisten.200 Die Schrift ist mit ihrem Aufweis der vielfältigen Spaltungen und Parteiungen der evangelischen „Ketzer“ eher theologischer oder konfessionskundlicher als juristischer Natur. Der Jurist Eder grenzt sich nicht nur kritisch gegen die Vermittlungsversuche der Juristen am Hofe Kaiser Maximilians II. ab,201 sondern sieht sogar einen Grund für den erbärmlichen Zustand der Kirche darin, daß „die Religion auß der Kirchen, an der weltlichen Herrn Höfe: von den Schulen, in die Cantzley:

Vgl. die Beschwerde der protestantischen Stände bei Kaiser Maximilian auf dem Regensburger Reichstag des Jahres 1576, es seien „jetzund Leut vorhanden, welche den heylsamen Religion Frieden allein für Temporal vff ein Zeitlang, vnd also auff die Gelegenheit gestellet, anziehen, solches auch mit offenem Truck vnverschembt fuergeben doerffen, darauß dann ihr vnfriedfertig Gemueth, vnd daß sie data occasione, den gantzen Religion Frieden loecherich zumachen nicht vnderlassen werden, greifflich abzunemmen [...]“ (CHRISTOPH LEHMANN, De pace religionis acta pvblica et originalia, Das ist: Reichshandlungen, Schrifften vnd Protocollen vber die Constitution deß Religion-Friedens in drey Buechern abgetheilet [...], Frankfurt a. M. 1631, Tl. 2, lib. 2, S. 289). 199 EDER , Evangelische Inquisition, f. *ivv . 200 „Dieweil dann die Secten nicht feyren, sondern noch von tag zu tag ein Catenel vber das andere hervür ziehen, dadurch sie ir gifft under den gemainen Mann außschütten: So hat der Kirchen so not nie gethan, darwider zuschreiben, als eben jetzto, damit vnsere nachkommen zusehen vnd zuerkennen, daß man darzu nit geschwigen, sonder denselben jederzeyt starcken widerstand gethan habe. Insonderheit aber haben wir Catholischen an solchen teutschen Büchern mangel, darauß die ainfaltigen nit allein den grund des gantzen Religionhandels, sonder auch die vnderschied wahrer vnnd falscher Religion, aigentlich vernemmen vnd erlernen möchten“ (ebd., f. ** iv). 201 Vgl. ebd., f. 165v –168 r. 198

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auß der Theologen vnd Professoren mund in der Juristen federn [...] gezogen worden“ sei.202 Ganz auf der Linie Eders, aber noch deutlicher in der Begrenzung der Geltung des Religionsfriedens im Sinne eines Moratoriums war ein im Jahre 1603 erschienenes Werk des Kanonikers und Doktors der Theologie, Johann Paul Windeck. Es handelt sich um eine mit dem Titel Prognosticon futuri status Ecclesiae erschienene Schrift, der ein weiterer, umfangreicherer Traktat über den Umgang mit den Häretikern angefügt ist.203 Während das Prognosticon die gegnerischen Prophezeiungen eines baldigen Falls des Papsttums zu widerlegen sucht, erörtert der zweite Text in immer neuen Wendungen die Notwendigkeit einer Ausmerzung der Häretiker.204 In der Deliberatio de haeresibvs extirpandis wird unter Rückgriff auf zahlreiche historische Belege, aber auch kanonisches und römisches Recht die nur begrenzte und mit dem Tridentinischen Konzil beendete Geltung des Augsburger Religionsfriedens behauptet.205

Ebd., f. 169r. Die Schrift löste bei Kaiser Maximilian II. größten Ärger aus (vgl. JANSSEN, Geschichte, 417). Drei Jahre nach dem Tod Maximilians erschien dann eine weitere Schrift Eders, in der er die angekündigte Darstellung der rechten christlichen Lehre unternimmt (GEORG EDER, Das guldene Flüss christlicher Gemain und Gesellschaft [...], Ingolstadt 1579). 203 Vgl. J OHANN P AUL WINDECK, Prognosticon fvtvri statvs ecclesiae [...]. Item, Christiana deliberatio, de optimo religionis statu continendo, seu quibus remediis, a Catholicorum provincijs sectae omnes arceri, aut vbi nidificarunt, funditus euelli queant, Köln 1603, bes. 326, zit. unten Anm. 262; zur Entstehungssituation der Schrift und ihren Frontstellungen vgl. STIEVE, Die Politik Baierns 1591–1607, Bd. 2, 699–705; JANSSEN, Geschichte, 428–431. 204 In der Kopfzeile wird der Titel der Schrift als „deliberatio de haeresibvs extirpandis“ angegeben. Vgl. auch WINDECK, Prognosticon/deliberatio, 395: „Officium esse Christianorum Principum, metu poenarum Haereticos ad regressum in Ecclesiam suscipiendum COGERE.“ 205 „Confessio Augustana tolerata tantum ad Concilii Trident.[ini] exitum“ (WINDECK, Prognosticon/deliberatio, 326 [Marg.]). Windeck sah die Geltung des Religionsfriedens auch darum als erloschen an, weil die Evangelischen durch die Einbeziehung der Calvinisten selbst unter das Verdikt des Sektenverbots nach § 17 ARF fallen würden (vgl. WINDECK, Prognosticon/deliberatio, 379f.); zu den alarmierten Reaktionen auf evangelischer Seite vgl. das anonyme Examen edicti de pace Religionis seruanda Anno 1555. in Comitijs Augustanis sanciti: In XII. Quaestiones comprehensum, in: LEHMANN, De pace religionis, lib. 3, c. 35, S. 341–364, bes. q. 4, S. 348f.: „An Pax ista Religionis per Tridentinum Concilium sit sublata. [...] Quapropter quod Trident. Concil. legitime celebratum non fuerit [...]; ita vt Oecumenicum seu Generale Concilium dici nequeat [...]; nulla inde fieri potuit Conciliatio controuersiarum 202

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Anders als die Werke Eders und Windecks bietet der 1586 zum ersten Mal erschienene, mehr als 1400 Quartseiten umfassende Traktat De Autonomia des kaiserlichen Reichshofratssekretärs Andreas Erstenberger eine eingehende juristische Erörterung grundlegender Auslegungsfragen des Religionsfriedens.206 Thema der Schrift sind die unter dem Oberbegriff Autonomia subsumierten, unterschiedlichen Arten der Freistellung, wie sie von evangelischer Seite gefordert wurden. Der erste Teil der Schrift erläutert fünf verschiedene Formen der Freistellung, von denen lediglich eine einzige, die der Freistellung der Kurfürsten, Fürsten und Stände Augsburgischer Confession, bis zur endlichen Vergleichung des Religionsstreits als mit dem Religionsfrieden übereinstimmend erklärt wird.207 Die vier anderen Formen der Freistellung, die der Geistlichen im Sinne einer Aufhebung des Geistlichen Vorbehalts, die der Grafen und Herren im Zugang zu den Stiftern, die der Städte und des Adels in geistlichen Territorien (im Sinne der Declaratio Ferdinandea) sowie die der gewöhnlichen Untertanen, werden kategorisch abgelehnt. Der zweite Teil erörtert grundsätzliche, mit dem Religionsfrieden verbundene Fragen, insbesondere die Gewalt der geistlichen und weltlichen Obrigkeit und die Gehorsamspflicht in geistlichen Dingen208, die Frage, ob ein äußerlicher politischer Friede möglich ist, wenn der innere Friede der Verständigung im Glauben fehlt209, was dann eingehend und in aller Religionis; ideo et manet Edictum in primo suo vigore.“ Vgl. auch STIEVE, Politik II, 703; JANSSEN, Geschichte, 430f.; SCHNEIDER, Ius Reformandi, 213. 206 F RANCISCUS B URGKARD [A NDREAS ERSTENBERGER ], Erster [Anderer, Dritter] Thail des Tractats De Autonomia, das ist, von Freystellung mehrerlay Religion und Glauben, München 1586 [weitere Ausg.: 1593; 1602]; vgl. dazu STIEVE, Politik I, 159–163; JANSSEN, Geschichte, 421–428; HECKEL, Autonomia und Pacis Compositio, bes. 2–7 (4f. Anm. 16: Inhaltsangabe). Die Schrift erschien unter dem Pseudonym des kurkölnischen Kanzlers Franciscus Burgkard, der sich durch seinen Kampf für den geistlichen Vorbehalt hervorgetan hatte und am 6. August 1584 verstorben war. Angesichts der Angriffe der Schrift nicht nur gegen die Evangelischen, sondern auch gegen die kompromißbereiten Räte am Kaiserhof fürchtete Erstenberger zu Recht (wie das Beispiel G. Eders gezeigt hatte) negative Folgen für seine berufliche Stellung als Reichshofratssekretär. 207 „Vnnd solches ist fast die Summa berürts Religionfridens, darum jetziger zeit auch nit sonders gestritten wirdet. Die weil solcher erst Punct nit so vil die Religion selbst, sondern mehr den zeitlichen friden vnnd der Reichs Stendt bayderley Religion Politische ainigkeit belanget, vnnd also proprie kein freystellung, sonder vil mehr ein Vertrag vnd Fridgebot ist“ (ERSTENBERGER, Autonomia I, c. 2, f. 2v). 208 Vgl. aaO. II, c. 12–18, f. 30v –80 v . 209 Vgl. aaO. II, c. 19–21, f. 81r–107 v .

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Schärfe zurückgewiesen wird.210 Der dritte Teil der Schrift geht über die Rechtsnormen des Augsburger Religionsfriedens hinaus und führt den Beweis, daß die Confessio Augustana der Heiligen Schrift widerspreche und von der Reichsverfassung niemals gebilligt worden sei.211 Den Abschluß bildet auf dieser (theologischen und rechtlichen) Grundlage die Widerlegung sämtlicher eingangs aufgeführter Formen von Freistellung. In ihrer Ausführlichkeit, dem Reichtum historischer Belege und der Schärfe der juristischen wie theologischen Kritik evangelischer Positionen wurde die noch einmal 1593 und 1602 gedruckte Autonomia zur wichtigsten katholischen Programmschrift den Religionsfrieden betreffend bis zum Ende der zwanziger Jahre des 17. Jahrhunderts. Maßgeblich dazu bei trug gerade die Zweideutigkeit der Schrift. Einerseits wird mehrfach die bleibende Geltung des Friedens betont, der ja angesichts der protestantischen Aggressivität die katholischen Interessen sichern half.212 Andererseits bot die Autonomia eine überaus scharfe Infragestellung der Grundprinzipien des Religionsfriedens. Auf evangelischer Seite verstärkte sie die Wahrnehmung der Bedrohung und war die wohl am häufigsten angeführte gegnerische Schrift. Im Blick auf Umfang und Bedeutung der juristischen Argumentation ist der Autonomia auf katholischer Seite lediglich die auf dem Höhepunkt katholischer Macht und in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Restitutionsedikt vom 6. März 1629 entstandene Pacis compositio213 Vgl. aaO. II, c. 22–38, f. 108r–201r. 211 Vgl. bes. aaO. III, c. 7, f. 59v –62 v . 212 Vgl. dazu S TIEVE , Politik I, 160f. Anm. 2; kritisch gegen RITTER , Union, Bd. 1, 28. 213 Zitiert wird nach folgender Ausgabe: [L ORENZ F ORER /P AUL L AYMANN ], Pacis compositio inter principes et ordines imperii Romani catholicos atque Avgvstanae Confessioni adhaerentes in comitiis Avgvstae anno M.D.LV. edita. Quam iureconsulti quidam catholici ex publicis comitiorvm actis et decretis, adversus complvrivm acatholicorvm scriptorvm commenta quaestionibvs Illvstrarvnt anno M.DC. XXIX. Editio altera, Dillingen 1629. Diese Ausgabe enthält Zusätze, die auf das Restitutionsedikt vom 6. März 1629 Bezug nehmen. Weitere Ausgaben: Erstausgabe, Dillingen 1629; Dillingen 1629; deutsche Übersetzung: [LORENZ FORER/PAUL LAYMANN], Pacis Compositio, Das ist / Außführlicher und vollkommener Tractat von dem Religions Frieden: Wie / und welcher Gestalt derselbe in Anno 1555. auff dem Reichstag zu Augspurg / zwischen den Chur und Fürsten / und Ständen deß H. Römischen Reichs / Römischer Catholischer Religion / und dann den Chur und Fürsten und Ständen / der Augspurgischen Confession zugethan und deren adhaerenten, auffgericht / eingewilliget / verstanden / und biß dato gehalten worden. An 210

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gleichzustellen.214 Bischof Heinrich von Augsburg hatte sie bei seinen Dillinger Jesuiten in Auftrag gegeben, um die Gunst der Stunde zu nutzen und die für die Protestanten günstigen Entwicklungen seit 1555 bzw. 1552 rückgängig zu machen. Die Jesuitenpatres Forer215 und Laymann216 erledigten die Aufgabe mit großem Geschick, indem sie – wie das zuvor noch nie im katholischen Bereich geschehen war – auf der Grundlage der unumstrittenen Geltung des Religionsfriedens juristisch argumentierend die reichsrechtlichen Konsequenzen ausführten. Martin Heckel hat diese Schrift eingehend analysiert217 und treffend einjetzo durch etliche Vornehme Catholischer Religion zugethane Rechtsgelehrten / auß den offenen Reichs Acten, Recessen und Decreten, wider vieler uncatholischer Scribenten Schrifften / durch underschiedliche Fragen erklärt [...], Frankfurt a. M. 1629; weitere Ausg.: Dillingen 1630; Auszug: [LORENZ FORER/PAUL LAYMANN], Zungenschlitzer. Das ist: Außführliche / gründliche Handlung einer wolbedencklichen Frag / Ob auch Krafft deß ReligionsFridens / den Praedicanten erlaubt seye / daß sie den Papst zu Rom außrüffen für den Antichrist / Oder aber sie / Vermög deß Kayserlichen Rechts / von so schädlichem / und dem gantzen Römischen Reich schmaehlichen Lästern / sollen abgehalten werden: Auß dem Lateinischen Buch De Compositione Pacis, c. 11. edit. 2. verteutscht, Dillingen 1629; weitere Ausg.: Dillingen 1629. 214 Die Schrift des Mainzer Jesuiten und Theologieprofessors Adam Contzen (1571–1635) De pace Germaniae libri duo (Mainz 1616) bietet nur in sehr begrenztem Maß juristische Erörterungen. Contzen vertrat die Auffassung, daß sich die Evangelischen durch die Einbeziehung der Calvinisten um ihre Qualität als Vertragspartei gebracht hätten, da sie nach § 17 ARF als Sekte zu behandeln seien. 215 Lorenz Forer (1580–1659; 1600 SJ) lehrte 1612–1615 Philosophie in Dillingen, 1615–1618 in Ingolstadt, 1619–1621 Moraltheologie in Dillingen und seit 1622 in Dillingen bzw. seit 1646 in Luzern Kontroverstheologie. Forer, der 1619–1646 Beichtvater des Augsburger Bischofs Heinrich von Knöringen war, hat zahlreiche kontroverstheologische Schriften verfaßt. Zu Forer vgl. DE SMEET, Art. Forer, Lorenz, SJ; vgl. auch DE BACKER et al., Bibliothèque de la Compagnie de Jésus, Bd. 3, 858–876; Bd. 9, 353f.; Bd. 11, 1698; STUDHALTER, Die Jesuiten in Luzern 1574– 1652, 289–299. 216 Paul Laymann (1574–1635; 1594 SJ; 1604 Priester) lehrte 1603–1609 Philosophie in Ingolstadt, 1609–1625 Moraltheologie in München und 1625–1632 Kirchenrecht in Dillingen. Laymann war Verfasser einer wirkungsreichen, fünfbändigen Theologia Moralis (zuerst München 1625) und Beichtvater Kaiser Ferdinands II. Laymann hatte vor seinem gegen den Widerstand der Familie erfolgten Eintritt in den Jesuitenorden zwei Jahre lang Jurisprudenz in Innsbruck studiert. Zu ihm vgl. FONK, Art. Laymann, Paul, SJ; KLEBER, Art. Laymann, Paul; vgl. auch THEINER, Die Entwicklung der Moral-Theologie). 217 Vgl. H ECKEL , Autonomia und Pacis Compositio, bes. 10 Anm. 69 [Inhaltsangabe].

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geordnet: „Während nun die Autonomia die Epoche der katholischen Restaurationsversuche im Reiche einleitete, bildete die Pacis Compositio ihren Höhepunkt und ihren Abschluß.“218 Auf evangelischer Seite ergibt sich ein deutlich anderes Bild. Hier entstand mit Schwerpunkt in den ersten beiden Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts eine Vielzahl von juristischen Abhandlungen, die sich mehr oder weniger ausdrücklich dem Augsburger Religionsfrieden widmeten.219 Sie sind Teil des in eben diesen Jahren stark anwachsenden Schrifttums zum ius publicum. In der Diskussion des Augsburger Religionsfriedens konzentrierte sich die Erörterung der reichsrechtlichen Grundprobleme nach dem Zerbrechen der einheitlichen weltlich-kirchlichen Rechtskultur des Mittelalters heraus. Insofern kommt ihr eine Art katalytischer Funktion bei der Entstehung des ius publicum zu. Dies zeigt sich exemplarisch an der hierfür grundlegenden Sammlung von Dissertationen und Disputationen, die der Jenaer Jurist Dominicus Arumaeus seit dem Jahre 1615 in fünf Bänden herausgegeben hat.220 Hier finden sich fünf Abhandlungen, die schon im Titel ausdrücklich den Religionsfrieden thematisieren.221 Darüber hinaus gehen zahlreiche weitere Dissertationen und Disputationen der Sammlung auf Fragen der Geltung und Auslegung des Religionsfriedens ein.222 AaO., 8. Noch immer beste Übersicht: HECKEL, Staat und Kirche. 220 Zitiert wird nach folgenden Ausgaben: DOMINICUS A RUMAEUS , Discursus academici de jure publico [...], Jena 1616 [=Jena 1615]; DERS., Discursuum academicorum de jure publico [...] volumen secundum/tertium/quartum/quintum, Jena 1620/1621/1623/1623. Siehe dazu unten Abschn. III.Tl.6.3. 221 J OHANNES S UEVIUS [Praes.]/P ETER L EOPOLDI [Resp.], Quaestionum ad constitutionem pacificatae religionis directarum, decuria [...], in: ARUMAEUS, Discursus I/24, 674–705; BERNHARD BERTRAM [Praes.]/CHRISTIAN ZIMMERMANN [Resp.], De pace religioni data [...], in: ARUMAEUS, Discursus I/25, 706–737; PETER SYRING [JUSTUS SPRINGER], De pace religionis in comitiis Augustanis anno Christi 1555 [...], in: ARUMAEUS, Discursus II/10, 275–435; JOHANNES MÜTER [Praes.]/HEINRICH CHRISTOPH VON GRIESSHEIM [Resp.], De pacificatione religionis consensu procerum sub regimine D. Caroli V. anno 1515 [richtig: 1555] in Comit. August. Solenniter promulgata, in: ARUMAEUS, Discursus II/11, 436–449; QUIRINUS CUBACH, Ad constitutionem religionis anno 1555 zu Augspurg auffgericht, in: ARUMAEUS, Discursus IV/35, f. 125r–128r. 222 Vgl. bes. Q UIRINUS CUBACH , De constitutione religiosa, in: ARUMAEUS , Discursus II/12, 450–489; DERS., An electores, episcopi, comites, nobiles etc. pontificii iure Augustanae confessioni addictos suam ad superstitionem cogant, aut, si eam 218 219

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Exemplarisch seien einige evangelische Autoren genannt, die sich im Rahmen des Schrifttums zum ius publicum eingehender mit dem Augsburger Religionsfrieden befaßt haben und die von der Pacis compositio als hauptsächliche Gegner identifiziert werden. Neben den in Arumaeus’ Dissertationen- und Disputationensammlung abgedruckten Abhandlungen Bernhard Bertrams, Quirinus Cubachs, Johannes Müters und des Hildesheimers Peter Syring223 handelt es sich vor allem um eine umfangreiche Schrift des Helmstedters Henricus-Andreas Cranius.224 Stark rezipiert wird neben Syring, der im wesentlichen kursächsische Positionen vertrat und sich eingehend mit Erstenbergers Autonomia auseinandergesetzt hat,225 insbesondere die Schrift des Mindeners Peter Friderus (Mindanus) über die Kammergerichtsbarkeit.226

amplecti nolint, expellant, aut contra: an proceres Aug. conf. rite expellere possint subditos suos, amplectentes pontificiam religionem?, in: ARUMAEUS, Discursus IV/23, f. 95v–98r. 223 Siehe oben Anm. 221f. 224 H ENRICUS -ANDREAS CRANIUS , De pace religionis in Romano imperio servanda, dissertatio iuridico-politica, in tres partes distincta, Helmstedt 1619 [weitere Ausg.: 1619; 1624]: vgl. DERS. [Praes.]/JOHANNES A LANGEN [Resp.], Problematum Cameralium sive controversarum quaestionum ad Dn. Andreae Gaillii observationes accommodatarum, disputatio secunda, de constitutione pacis publicae, & eius violatoribus: cuius pars prior de requisitis constitutionis non ita pridem publicae ventilata: alter de constitutionis poena, banno scil. Imperalis; habebitur [...] XXI. Octob., Helmstedt 1612. Die Pacis compositio setzt sich vielfach mit Cranius auseinander (vgl. z.B. aaO., c. 6, q. 37, n. 66, S. 199; aaO., c. 6, q. 42, n. 143, S. 246; aaO., c. 6, q. 45, n. 167, S. 264; aaO., c. 8, q. 57, n. 17, S. 342f.; aaO., c. 10, q. 75, n. 25, S. 490–492). 225 J USTUS S PRINGER [P ETER S YRING ], De pace religionis, in imperio Romano, unanimi procerum sub regimine D. Karuli V. Caesaris semper Augusti anno M.D. LV. in comitiis Augustanis sollemniter condita promulgataque commentatio politico-iuridica. Ex ipsis Imperii recessibus, gravißimis consistorii Imperialis cum decretis, tum votis, aliisque scriptoribus contexta, & ad ordinis dilucidioris scopum distinctis quibusdam capitibus breviter collimata. Qua Scurriles quidam sarcasmi et virulentissimae D. Francisci Burcharti (quem Antonius Possevinus nominat Andream Ernstenberger) calumniae, quas in sua Autonomia oder Freystellung mehrerley Religion und Glauben / [et]c. in Augustanae Confessionis principes & magni nominis theologos impudenter evomuit, caesim cursimque punguntur, s.l. 1607 [weitere Ausg.: Frankfurt a. M. 1608; 1613]. 226 P ETER F RIDERUS M INDANUS , Tractatus de processibus, mandatis et monitoriis in Imperiali Camera extrahendis et de supplicationibus, quae pro iis fiunt, recte formandis, itemque de continentia causae et de interdictis, Frankfurt a. M. 1595;

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Eine erste Erklärung findet die im evangelischen Bereich signifikant umfangreichere juristische Auslegung des Augsburger Religionsfriedens am Ende des 16. und vor allem am Beginn des 17. Jahrhunderts in der veränderten politischen Gesamtkonstellation. Spätestens seit der Jahrhundertwende argumentierten die Protestanten aus der Defensive und suchten durch die Intensivierung der juristischen Argumentation die gewonnenen Positionen gleichsam reichsverfassungsrechtlich abzusichern.227 Darüber hinaus bestand jedoch aufgrund der umstürzenden Folgen der Reformation für die einheitliche kirchlich-weltliche Rechtskultur des Mittelalters dringender Klärungsbedarf. Der Diskussion des Religionsfriedens kam hier eine wichtige Funktion zu.

4.3 Konfessionsspezifische Grundentscheidungen in der Bewertung des Augsburger Religionsfriedens Es sind hier nicht die vielfach beschriebenen Debatten über die Auslegung des Religionsfriedens in den zentralen Auseinandersetzungen der Jahrzehnte zwischen 1555 und 1648 – um die kurpfälzische Politik seit den sechziger Jahren, Straßburg, Köln, Aachen, Magdeburg und Donauwörth – zu wiederholen.228 Auch sind die wesentlichen Unterschiede in der Bewertung des Geistlichen Vorbehalts, der Declaratio Ferdinandea, der geistlichen Jurisdiktion der Bischöfe, des ius reformandi der weltlichen Obrigkeiten (insbesondere der Reichsstädte) sowie der Verwendung des Kirchengutes hinreichend bekannt.229 Die gegensätzlichen Positionen lassen sich letztlich auf den weltanschaulich-konfessionellen Gegensatz zurückführen, der mit der Neubestimmung des Verhältnisses von Geistlichem und Weltlichem durch die Reformation gegeben war.230 Hier sind vier Aspekte zu unterscheiden. 3 1601;

zu Friderus Mindanus vgl. MUTHER, Art. Friderus [Mindanus]; zur Rezeption der Schrift Friderus’ durch Hoenonius siehe unten Anm. 248. 227 Zur politisch bedrohlichen Lage des deutschen Protestantismus nach der Jahrhundertwende als Hintergrund der Diskussion de iure publico vgl. STOLLEIS, Glaubensspaltung und öffentliches Recht, 289f. 228 Vgl. dazu bereits ausführlich R ITTER , Deutsche Geschichte; HORST R ABE , Deutsche Geschichte 1500–1600, 530–538; GOTTHARD, Religionsfrieden, 316–494. 229 Zuletzt hat – nach dem Vorgang Martin Heckels – dessen Schüler Bernd Christian Schneider die jeweils unterschiedlichen Positionen einander gegenübergestellt (vgl. SCHNEIDER, Ius Reformandi, bes. 202–321). 230 Die Relevanz dieses Sachverhalts wird eindrücklich sichtbar im Werk des für das entstehende ius publicum wichtigsten Editors mittalterlicher Texte, Melchior

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4.3.1 Die Frage der Kompetenz der weltlichen Obrigkeit zur Regelung des Religionsfriedens Erstens war die Kompetenz der weltlichen Obrigkeit zur Regelung des Religionsfriedens umstritten. Für die protestantischen Juristen war sie eine legitime Aufgabe der weltlichen Obrigkeit im Rahmen des Amtes, Recht und Frieden zu wahren.231 In den Jahren 1555 bis 1648 entstehen zahlreiche Schriften, die das obrigkeitliche Kirchenregiment im episkopalistischen oder territorialistischen Sinne zu klären suchen.232 Auf der anderen Seite des Spektrums an Auffassungen steht Erstenbergers Au-

Goldast von Haiminsfeld (siehe oben Abschn. III.Tl.2.4). Dieser hat nicht nur in scharf antipäpstlicher Stoßrichtung die Aufnahme der Confessio Augustana und des Augsburger Religionsfriedens in das Reichsrecht propagiert (siehe oben Anm. 54), sondern auch ausdrücklich die Vermischung von geistlicher und weltlicher Gewalt als das eigentliche Übel der Zeit herausgestellt. In der Widmungsrede zu seiner dreibändigen Sammlung einschlägiger staatsrechtlicher Texte wird der Zusammenbruch der göttlichen Ordnung als durch die vom Papst verursachte Vermischung von geistlicher und weltlicher Gewalt ausgelöst beschrieben (vgl. GOLDAST VON HAIMINSFELD, Monarchia I, f. +2v–+3r, zit. oben Anm. 60). Schon der Untertitel der Monarchia sacri Romani imperii macht deutlich, daß das entscheidende Ziel der dreibändigen Textsammlung die konfessionspolitisch motivierte Propagierung der klaren Unterscheidung von geistlicher und weltlicher Gewalt war („A catholicis doctoribus conscripti atque editi; et nunc iterum ex tenebris producti, recensiti, ac oppositi tractatibus eorum, qui vtramque potestatem in spiritualibus et temporalibus aut adulatorie aut imperite confundunt“). 231 SYRING [SPRINGER], De pace religionis, in: ARUMAEUS , Discursus II/10, th. 16, S. 306–316; JOHANNES LIMNAEUS, Tomus primus ivris pvblici imperii RomanoGermanici [...], Straßburg 1629, lib. 1, cap. 13, n. 19–30, S. 257–260; BENEDICT CARPZOV, De capitulatione Caesarea sive de lege Regia Germanorum, in: ARUMAEUS, Discursus IV/43, c. 3, n. 22, f. 303r; [ANONYM], Examen edicti de pace Religionis seruanda Anno 1555. in Comitijs Augustanis sanciti: In XII. Quaestiones comprehensum, in: LEHMANN, De pace religionis, lib. 3, c. 35, S. 341–364, hier: S. 341–344. 232 Vgl. dazu eingehend HECKEL, Staat und Kirche, und die übrigen oben Anm. 176 genannten Arbeiten Heckels; vgl. auch SCHNEIDER, Ius Reformandi, 307–320. Zu beachten ist, daß gerade das ius reformandi als wesentliche Gestalt des obrigkeitlichen Kirchenregiments weder aus den traditionellen Patronatsrechten noch – auch im einfachen episkopalistischen Sinne – durch die Übertragung bischöflicher Rechte auf die weltliche Obrigkeit zu begründen war. Denn im traditionellen, kanonischrechtlichen Sinne hatte ja auch der Bischof nicht das Recht, von der katholischen Lehre abzuweichen.

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tonomia.233 Im Vorfeld des Westfälischen Friedens wird dieser Standpunkt noch einmal in dem Iudicium theologicum des Lindauer Jesuitensuperiors Heinrich Wangnereck formuliert.234 Wangnereck bewertet die Suspension der geistlichen Jurisdiktion in den evangelischen Territorien, den Verzicht auf das Kirchengut und das Zugeständnis einer gewissen Religionsfreiheit für die „Häretiker“ als Übergriff der weltlichen Obrigkeiten. Da die Maßnahmen im Widerspruch zu dem im kanonischen Recht repräsentierten göttlichen Recht erfolgen, sind sie faktisch nichtig.235 Diese Position hatte bereits die Haltung Konrad Brauns und des seit Mai 1555 als Papst Paul IV. wirkenden Giovanni Pietro Caraffa während der Augsburger Verhandlungen bestimmt.236 Eine gemäßigtere katholische Position, die zum Beispiel von dem Zisterzienser Juan Caramuel y Lobkowitz, aber auch unter Jesuiten vertreten wurde, akzeptierte die Maßnahmen im Sinne des kanonisch-rechtlichen Grundsatzes,237 daß in der Situation der Not das geringe Übel gewählt werden

Nach Erstenbergers Auffassung sind die Zugeständnisse an die Evangelischen in dieser Sache ungültig, da sie mit der Androhung der Verweigerung der Türkenhilfe erzwungen worden seien und so dieses Vorgehen gegen das Gebot, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist (Mt 22,21), und Röm 13 verstoße (vgl. ERSTENBERGER , Autonomia III, c. 18, f. 106v–107v). Die entsprechende Behandlung der Reichsritter gebe geistliche Autorität an weltliche Personen, was nichts anderes als Jerobeams Priestertum sei (mit Verweis auf I Kön 13,33) und zum gemeinsamen Untergang von Reich und Religion führen werde (aaO. III, c. 20, f. 120r). Vgl. auch SCHNEIDER, Ius Reformandi, 183. 234 Vgl. ERNESTUS DE EUSEBIIS [H EINRICH WANGNERECK ], Ivdicivm theologicvm svper quaestione, an pax, qualem desiderant Protestantes, sit secundum se illicita? Ex principijs Christianis, sententia veteris Ecclesiae, summorumque Pontificum deductum, s.l. [fingiert: Ecclesiopoli] 1646; vgl. dazu STEINBERGER, Die Jesuiten und die Friedensfrage, 30–32. 63–78. 169–171. 176–182; SCHNEIDER, Ius Reformandi, 186–193. 235 Vgl. [WANGNERECK ], Iudicium, sectio 4, ratio 4, S. 26–28. 236 Zur päpstlichen Politik vgl. KÖHLER , Der Augsburger Religionsfriede und die Gegenreformation; RITTER, Union, Bd. 2, 5–7; GRISAR, Die Stellung der Päpste zum Reichstag und Religionsfrieden von Augsburg 1555; REPGEN, Die römische Kurie und der Westfälische Friede, 76–80; GOETZ, Die Vertreter der Kurie am Augsburger Reichstag 1555; LUTZ, Die Konfessionsproblematik außerhalb des Reiches und in der Politik des Papsttums, 271–273; KOLLER, Der Passauer Vertrag und die Kurie, 137; GOTTHARD, Religionsfrieden, 68–71; weitere Literatur bei: GOETZ, Einleitung, in: DERS. (Hg.), Nuntiaturberichte, XV Anm. 66. 237 Vgl. Decr. Grat. I, d. 13, c. 1, FRIEDBERG I, Sp. 31. 233

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dürfe, um Schlimmeres zu verhüten.238 Darüber hinaus finden sich auch im katholischen Bereich die vermittelnden Juristen bzw. Räte wie zum Beispiel der erwähnte Zasius, die in dieser Sache im Sinne eines gewissen Pragmatismus der evangelischen Position zuzuneigen schienen. 4.3.2 Das Problem der einheitlichen Religion und der Gewissensfreiheit Zweitens ging es um die Frage, ob und in welchem Maße in einem Gemeinwesen Freiräume von der herrschenden Konfession zugelassen werden konnten. Sowohl die katholischen als auch die evangelischen Juristen gingen von der Annahme aus, daß ein Gemeinwesen nur funktions- bzw. überlebensfähig ist, wenn es nicht durch konfessionellen Zwiespalt belastet wird.239 Mit dem Religionsfrieden war jedoch auf Reichsebene, aber ebenso angesichts der komplexen Verhältnisse mitunter auch in den einzelnen Territorien bzw. Reichsstädten die konfessionelle Uneinheitlichkeit festgeschrieben. In der Folge wirkten sich die Regelungen des Religionsfriedens in den juristischen Abhandlungen katalytisch auf eine verstärkte Diskussion von Fragen der libertas conscientiae aus. Sowohl die evangelischen als auch die katholischen Autoren sind – mit kleinen Ausnahmen240 – weit davon entfernt, nicht nur den Reichsständen, sondern auch den Untertanen ein grundsätzliches und uneinVgl. [JUAN CARAMUEL Y LOBKOWITZ], Sacri Romani Imperii pax licita demonstrata, s.l. 1648, disp. 3, q. 2, S. 81f.; zu dem Werk Caramuel y Lobkowitz’ vgl. STEINBERGER, Jesuiten, 78–84; SCHNEIDER, Ius Reformandi, 193–195; kritisch gegen die Anwendung der Regel „inter duo mala minus eligendum“ im Sinne einer Duldung der Ketzerei: ERSTENBERGER, Autonomia III, c. 39, f. 250v–251r. 239 Vgl. z.B. ERSTENBERGER , Autonomia III, c. 38, f. 242v –243 v ; aaO. I, c. 3, f. v 4 –5r; vgl. aber das Votum des Arumaeus-Schülers Daniel Otto: „Sicut Paterfamil. in domo sua potest bona conscientia tolerare homines diversae religionis; ita quoque bonus princeps in sua Rep. in qua plane id est, quod bonus Paterfamil. in domo“ (DANIEL OTTO, Discursus secundus de jure publico Imperii Romani methodice conscriptus [1617], in: ARUMAEUS, Discursus V/2, f. 41r–217v, hier: 214v). Hoenonius verweist im Blick auf die unter Umständen notwendige zeitweise Duldung unterschiedlicher Konfessionen in einem Gemeinwesen wie Clemens Timpler auf den Kapitän, der angesichts eines Sturmes vom geraden Kurs abweichen muß, um das Schiff sicher zum Ziel zu bringen (vgl. ebd., 239; vgl. auch CLEMENS TIMPLER, Philosophiae practicae pars tertia et vltima complectens politicam integram libris V, Hanau 1611, lib. 4, c. 2, q. 2, n. 10, S. 273f.). 240 Neben kurpfälzischen Stimmen (siehe unten Anm. 274) ist der katholische – freilich ursprünglich lutherisch erzogene – Ratgeber Maximilians II., Lazarus Schwendi, zu nennen (vgl. GOTTHARD, Religionsfrieden, 560–562). 238

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geschränktes Recht auf Glaubensfreiheit zuzuerkennen. Gleichwohl lassen sich zumindest tendenziell Unterschiede in der Argumentation feststellen. Nicht nur die theologisch, sondern auch die juristisch argumentierenden katholischen Abhandlungen grenzen sich in großer Schärfe gegen ein Recht der Konfessionswahl ab. Für Erstenberger ist ein solches Recht vom Teufel und zerstört jegliche (geistliche wie weltliche) Obrigkeit.241 Im übrigen gilt: „Christen sollen nit glauben, was sie wöllen, sondern was inen beuohlen.“242 Windeck erläutert in seinem Werk Prognosticon/Deliberatio nicht weniger als 14 Argumente gegen die „libertas credendi“ auf insgesamt 50 Seiten.243 Auch die im allgemeinen moderater argumentierende Pacis compositio versucht, den Ansatz eines Rechts auf freie Glaubenswahl, der in dem zugestandenen ius emigrandi liegt, möglichst zu eliminieren. Das geschieht, indem der Text in § 24 ARF so begrenzt wie irgendmöglich und damit als durch das kanonische Recht zu ergänzen interpretiert wird.244 Den Fürsten ist es nicht freigestellt, ob sie gegen die Häresie mit Zwangs- und Gewaltmitteln vorgehen, sondern sie sind dazu verpflichtet.245 Zugleich deuten katholische Autoren gerade den Sachverhalt, daß nach evangelischer Auffassung der weltlichen Obrigkeit in Fragen der kirchlichen Lehre und 241 „Eben diese gestalt hat es auch mit dem andern Grundt, da nemblich in Gewissenssachen kein Geistlich oder weltlich Verbott stat habe, sonder meigklich in seinem Gewissen freygelassen werden soll, dann da solches bey den Christen ein vnbesonnene vnd Gottlose red sey, welche alle Geistliche vnd weltliche Obrigkeit vernichtiget, auch alle Pietet, alle gute Ordnung, die gewißheit des glaubens vnnd der Christlichen Kirchen sambt jrer Authoritet auffhebe. Vnnd dagegen zu aller Gottlosigkeit, Ketzerey vnd Irrthumben, ja auch gäntzlicher zerrüttung der Christenheit Thür vnd Thor auffthue, vnd letzlich dem Antichrist den weg beraitte [...]“ (ERSTENBERGER, Autonomia III, c. 8, f. 63v–64r). 242 AaO. III, c. 8, f. 63v (Marginalie). 243 Vgl. WINDECK, Prognosticon/deliberatio, 263–312. Die Argumente sind aufgelistet in: SCHNEIDER, Ius Reformandi, 183 Anm. 52. Vgl. auch WINDECK, aaO., 171 [Marg.]: „Priuatae opiniones in Ecclesia nihil valent.“ Glaubensfreiheit gilt Windeck als Hauptursache des Niedergangs von Gemeinwesen (vgl. aaO., 171–174). Vgl. ferner aaO., 395–399. 244 Vgl. Pacis compositio, c. 6, q. 31, n. 5f., 158–160. Das ius emigrandi ist für die Pacis compositio wie das ius reformandi nicht als Recht im eigentlichen Sinne, sondern als Ausnahmegenehmigung zu verstehen. Das bedeutet, daß im Sinne einer eng begrenzten Auslegung alles nicht ausdrücklich Erlaubte verboten ist. Vgl. auch SCHNEIDER, Ius Reformandi, 274f. 245 Vgl. ERSTENBERGER , Autonomia III, c. 32, f. 189v –208 v , bes. f. 194r; aus dem kanonischen Recht z.B. Decretal. Gregor. IX, lib. V, tit. VII. de haereticis, cap. XIII [bes. § 3], FRIEDBERG II, Sp. 788.

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Ordnung Kompetenzen übertragen werden, als Eingriff der weltlichen Gewalt in die Glaubensfreiheit. In den Texten der evangelischen Juristen wird dieser Aspekt in signifikant stärkerem Maße problematisiert.246 Mit Luthers pointierter Unterscheidung von geistlichem und weltlichem Regiment und der alleinigen Wirksamkeit des Wortes in geistlichen Dingen war zumindest in der Theorie die Abschaffung des Glaubenszwanges postuliert.247 Daß die Praxis sowohl im lutherischen wie im reformierten Bereich dem nicht entsprach, ist bekannt. Insgesamt gesehen finden sich im spezifischen calvinistisch-reformierten Ideenbestand wohl weniger Ansatzpunkte für Gewissensfreiheit als im lutherischen, aber auch hier werden die Regelungen des Augsburger Religionsfriedens und insbesondere das ius emigrandi im Sinne einer zugestandenen libertas conscientiae behandelt. Repräsentativ sind die Disputationen Hoenonius’, der die Regelungen des Augsburger Religionsfriedens ausdrücklich als nicht nur zwischen den einzelnen Ständen, sondern auch im Verhältnis von Obrigkeit und Untertan geltend und damit die libertas conscientiae verbürgend be-

246 Springer hat der Frage der freien Konfessionswahl einen eigenen Abschnitt gewidmet (vgl. SYRING [SPRINGER], De pace religionis, in: ARUMAEUS, Discursus II/10, 372–379). Mehrere Autoren kritisieren, daß aus dem Recht auf Auswanderung ein Ausweisungszwang gemacht werde. Vgl. SUEVIUS [Praes.]/LEOPOLDI [Resp.], Quaestionum ad constitutionem pacificatae religionis directarum, decuria [...], 681–687; BERTRAM [Praes.]/ZIMMERMANN [Resp.], Dissertatio iuridico-politica de pace religioni data, 718f.; ALTHUSIUS, Dicaeologicae libri tres, I/29, 497; vgl. ferner FRIDERUS MINDANUS, Tractatus de processibus, mandatis et monitoriis, lib. I, cap. 30, n. 1–8; SPRINGER [SYRING], De pace religionis, in imperio Romano, cap. 6, 61f.; cap. 7, 73f.; MÜTER [Praes.]/VON GRIESSHEIM [Resp.], De pacificatione religionis, 437f. 443–447; CAMERARIUS, Les meditations historiques, 231f.; CRANIUS, De pace religionis, pars I, probl. 1, S. 17–28; pars I, probl. 2, S. 28–34 (mit Gegenüberstellung der gegensätzlichen Positionen). Weitere Belege bei: SCHNEIDER, Ius Reformandi, 301–304; RUTHMANN, Reichskammergericht, 32 Anm. 42. Es erscheint fraglich, ob man angesichts der eher rudimentären Ansätze von „Grundrechtskonzeptionen in der protestantischen Rechts- und Staatslehre im Zeitalter der Glaubenskämpfe“ (so der Titel eines Artikels von HORST DREITZEL, 1987) sprechen sollte. Am eingehendsten hat – soweit ich sehe – der Helmstedter Henricus-Andreas Cranius das Problem der „conscientiae et fidei libertas“ behandelt (vgl. CRANIUS, De pace religionis, pars II, probl. 1, S. 171–202. 450–455 [Anhang „XII. Alivs discvrsvs, de eodem ivre sev beneficio emigrationis, et libertate conscientiae“]). 247 Vgl. z.B. O TTO , Discursus, f. 215v : „III. Vt cogitet fidem suaderi non cogi posse, atque adeo in conscientias sibi imperium non vindicet.“

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trachtet.248 Hoenonius gibt keineswegs den reformierten Grundsatz auf, daß die Obrigkeit entsprechend den alttestamentlichen Herrschern für die rechte Gottesverehrung zu sorgen hat, hebt aber zugleich denkbar stark hervor, daß sich Glaube und Gewissen nicht durch äußere Gewalt erzwingen lassen.249 Der vielfache Rückgriff auf das nach dem August „Secundum illud Salvatoris nostri consilium, Matth. 10. Fugite de civitate in civitatem. Steph. Jun. Bru. in vind. contr. Tyran. q. 3. in fin. Hodie in Germania ex d. constitutione de pace religionis edita, hominib. orthodoxae religionis subditis Magistratus Pontificii, si beneficio emigrandi, constitutione religionis ipsis concesso uti nolint, a Magistratu libertas conscientiae et securitas relinqui debet, nec vis vel injuria ulla intuitu religionis inferri. Ex verbis enim constitutionis aperte arguitur, pacem religionis obtinere non tantum inter subditos diversorum Statuum, ne scilicet alter Status, vel ejus subditi, alium Statum vel ejus subditos turbent, verum etiam Magistratum cum suis subditis ad concordiam et constantem securitatem, religionis intuitu sub libertate conscientiae obligare. petr. Frider. Mindan. dict. lib. 1. cap. 30. num. 1 et 2. ibidem numer. 4. ad conscientiae libertatem et hoc pertinere ex beneficio dictae constitutionis asserit, quod subditis istiusmodi liceat modeste sua civitate vel pago diebus Dominicis, vel quando possunt exire, ad utendum alibi sacra Domini coena, prout a Christo sub pane et vino instituta est, et ad audiendam Evangelii doctrinam, si domi corrupta est et sana haberi non potest“ (HOENONIUS, Pol. disp. II, 39f.). Dies richtet sich gegen die ausdrückliche These Erstenbergers, daß der Religionsfrieden „allein zwischen der Kay: vnd Kön: May: vnd auch Churfürsten, Fürsten vnd Stenden des Reichs, vnd nit den Vnderthonen auffgerichtet, dieselben auch principaliter nit angehe, noch jrenthalben ein gemain werck sey“ (ERSTENBERGER, Autonomia III, c. 27, f. 154r). 249 Unter anderem wird das durch insgesamt sieben, aus Clemens Timplers Politica übernommene Argumente begründet (vgl. HOENONIUS, Disp. pol. II/13, 33; mit Bezug auf: TIMPLER, Politica, lib. 4, c. 2, q. 3, S. 274–277). Erstens sei der Obrigkeit nicht die Herrschaft („dominium“) über die Seelen/Herzen der Untertanen überantwortet. Darum dürfe sie auch nicht Richter über ein anderes Gewissen oder Herr über einen anderen Glauben sein. Zweitens sei die wahre Religion die aus dem ureigenen Willen und aus freiem Antrieb kommende Gottesverehrung. Drittens könne der Eifer um die wahre Religion nur durch Lehren, Ermahnen und Überzeugungsarbeit geweckt werden. Viertens kann eine Obrigkeit durch keinerlei äußere Gewalt die Wiedergeburt eines Menschen bewirken und ihn zum wahren Christen machen. Fünftens zwinge Gott, der der oberste Monarch dieser Welt ist, selbst niemanden dazu, die wahre Religion anzunehmen, sondern stelle sie der freien Willlensentscheidung des Menschen anheim. Sechstens finde das, was der Mensch nur gezwungenermaßen tut, bei Gott keinen Gefallen. Und schließlich hätten siebtens die Apostel das Evangelium ohne die Hilfe der weltlichen Obrigkeit verkündet und gerade so die christliche Religion in der ganzen Welt verbreitet. Nur im Blick auf ausdrücklich verurteilte Häretiker gesteht Hoenonius Gewaltanwendung zu, warnt aber ausdrücklich davor, daß eine Obrigkeit, die durch den Anspruch, die Gewissen zu beherrschen, in den Herrschaftsbereich Gottes einbricht, nicht ungestraft davon248

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1572 entstandene monarchomachische Schrifttum im Kontext dieser Überlegungen kann als Hinweis darauf interpretiert werden, daß im reformierten Bereich die Wahrnehmung der Verfolgung, die gleichsam Teil des kollektiven Gedächtnisses geworden war, mentale Barrieren bei der Entwicklung von Überlegungen zur Religions- bzw. Gewissensfreiheit überwinden half. Axel Gotthard hat darauf hingewiesen, daß das ius emigrandi von Zasius in die Augsburger Verhandlungen eingebracht worden war und man es somit nicht eine evangelische Errungenschaft nennen könne.250 Gleichwohl ist festzuhalten, daß in den Abhandlungen katholischer und evangelischer Juristen nach 1555 signifikante Unterschiede bei der Bewertung und Gewichtung der Glaubens- bzw. Gewissensfreiheit festzustellen sind. 4.3.3 Die Frage des Verhältnisses von politischem und geistlichem Frieden Ein dritter Aspekt der Verhältnisbestimmung von Geistlichem und Weltlichem war die Frage, wie sich der lediglich politische Frieden zum geistlich-innerlichen Frieden bzw. religiösen Ausgleich verhält. An der theologischen und juristischen Bewertung dieses Sachverhalts hing wesentlich seine dauerhafte Geltungskraft. Nach den vielfältigen, letztlich doch gescheiterten Versuchen eines Religionsvergleichs seit den dreißiger Jahren bestand bei den Augsburger Verhandlungen auf beiden Seiten eine große Bereitschaft, einen politischen Frieden unter Aufschub des religiösen Ausgleichs zu schließen.251 Insofern bejahten beide Parteien – mit wenigen Ausnahmen – jedenfalls grundsätzlich den Religionsfrieden als politischen Frieden.252 kommen werde (HOENONIUS, Disp. pol. II/13, 33f.). Auch an einer weiteren Stelle der Disputationes politicae diskutiert er ausführlich sechs entsprechende Argumente und geht dabei wiederum auf den Augsburger Religionsfrieden ein (vgl. aaO. V/44, 243–247, bes. 245). 250 Das Auswanderungsrecht für Untertanen ist schon in einem Textentwurf enthalten, den die beiden „Kaiserlichen“ Zasius und Wigulaeus Hundt bereits vor dem Beginn der offiziellen fürstlichen Debatten über den Religionsfrieden als Beratungsgrundlage angefertigt hatten (vgl. GOTTHARD, Religionsfrieden, 118f. sowie 36f. Anm 60f. u. 47 mit Anm. 100). Bislang ist das ius emigrandi in der Literatur durchgehend als Errungenschaft der Protestanten beschrieben worden (vgl. zuletzt SCHNEIDER, Ius Reformandi, 301–307). 251 Vgl. G OTTHARD , Religionsfrieden, 88–93. 252 Zahlreiche Belege der evangelischen und katholischen Seite bei: HECKEL , Parität, 137 Anm. 130.

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Das wird neben vielfachen Beteuerungen auch an dem Sachverhalt sichtbar, daß man das Verhalten der jeweils anderen Seite unermüdlich als gegen die Bestimmungen des Religionsfriedens verstoßend brandmarkte. Von katholischer Seite wird dies den Protestanten im Blick auf die Einbeziehung der Calvinisten, den Umgang mit Kirchengut, die Nichtachtung des Geistlichen Vorbehalts usw. vorgehalten. Evangelische Autoren wiederum verdächtigen die Gegenseite, den Religionsfrieden grundsätzlich infrage zu stellen. Erstenbergers Autonomia, die Schrift Konrad Brauns über die Bekämpfung der Häretiker und ähnliche Werke anderer katholischer Autoren werden als Belege für den katholischen Standpunkt gewertet, daß der Frieden nur eine Art vorläufigen Waffenstillstandes darstelle,253 mit dem tridentinischen Konzil erledigt sei und Verträge mit Häretikern wie die mit Piraten u.ä. ohnehin ungültig seien.254 Bei reformierten Juristen wie Hoenonius wird dies dann noch durch den Hinweis auf das gewaltsame Vorgehen gegen die Protestanten in Frankreich, das den wahren Charakter Roms offenbare, unterstrichen.255 In der Folge wird der in § 25 ARF betonte ewige Bestand des Religionsfriedens („beständiger, beharrlicher, unbedingter, für und für ewig währender Fried“) von Hoenonius wie zahlreichen anderen evangelischen Juristen denkbar stark betont.256 Eine solche HervorBereits Ende der siebziger Jahre meinte Georg Eder, der Religionsfriede sei „mehr für ain Moratorium, Dilation oder Tolerantz, das ist, ainen Anstand vnd Auffschub biß zu endtlicher Vergleichung, als für ain gemaine Decision, oder Declaration zuachten vnd zuhalten“ (DERS., Das guldene Flüss christlicher Gemain und Gesellschaft [...], Ingolstadt 1579, 398). Der Konvertit Kaspar Schoppe versuchte in einer eigenen Schrift die Vorwürfe gegen Eder, Erstenberger, Windeck und andere katholischen Juristen und Theologen als calvinistische Verleumdungen darzustellen (vgl. FRIEDBERG [=SCHOPPE], Newer Caluinischer Modell, bes. 98). 254 Vgl. H OENONIUS , Disp. pol. V, 235. 240; vgl. auch [ANONYM ], Examen edicti de pace Religionis seruanda, 362–364. 255 Vgl. H OENONIUS , Disp. pol. V, 236. 256 „Nullum haec res dubium iis in locis habet, ubi super exercitio Religionis publico Edicta, Leges, Decreta, pacta publica omnium Statuum Reipublicae seu Regni consensu inita, sancita, confirmata et constituta extant, veluti in Imperio nostro Romano-Germanico pax Religionis voluntate et consensu summi Principis. Electorum, Principum, aliorumque Statuum anno 1555. in comitiis Augustanis facta est; quae etiamnum in vigore suo rata illibataque manet. Id quod evidentissimum est ex verbis his juratis dictae constitutionis pag 429. Receß. Imperii: [es folgt ausführliches Zitat]. Quae verba, Bestendig / beharrlich / vnbedingt / fuer und fuer / ewigwaehrend / vest / stet / aufrichtig vnd vnverbruechlich zu halten / singularem habent emphasin, vim et energiam, et denotant juratam, aeternam et nunquam interituram pacem“ (aaO., 239). „Quinimo ea, quae ad constitutam Imperii pacem et tranquillita253

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hebung des immerwährenden Charakters des Religionsfriedens findet sich vereinzelt auch bei katholischen Juristen.257 Mit der tridentinischjesuitischen Reform des Katholizismus verstummen solche Stimmen aber im katholischen Bereich weitestgehend. Unter den evangelischen Juristen hingegen gibt es hier einen klaren Konsens.258 Auch dem Denken evangelischer Juristen lag es noch fern, den politischen Frieden im modernen Sinne als bloße Abwesenheit von physischer Gewalt wertzuschätzen. Jedoch fehlt hier die eminente Abwertung des nur politischen Friedens, der auf Rechtgläubigkeit und Gerechtigkeit verzichte, wie sie vor allem Erstenbergers Autonomia kennzeichnet.259 Vielmehr wird sein Charakter als Reichsgrundgesetz herausgestellt.260

tem Caesaris atque Imperii autoritatem pertinent, tollere et abolere ausus, obligationemque inter Imperii Ordines et Principem ipsum initam pervertere conatus est, cum tamen sine omnium, Imperatoris et Statuum Imperii autoritate et consensu in aeternum tolli nequeat, d. constit. Spring. [Peter Syring] in tract. de pace Relig. cap. 13.“ (aaO., 240). Vgl. auch aaO., 241. 257 So z.B. bei Joachim Mynsinger von Frundeck (1514–1588). 258 Bei den Theologen sieht das etwas anders aus, wie insbesondere die skeptischen Urteile Calvins über die politischen Ausgleichsbemühungen der deutschen Protestanten mit dem Papsttum zeigen (vgl. Calvin an Petrus Martyr Vermigli, 18.1.1555, in: CO 15, 389 u.ö.). Vgl. auch KAUFMANN, Protestantische Reaktionen, 374–376. 259 Zutreffend G OTTHARD , Religionsfrieden, 514 Anm. 46: „Es ist meines Erachtens sogar das eigentliche Thema der in anderen Zusammenhängen vieltraktierten ‚Autonomia‘ Andreas Erstenbergers, in immer neuen Wendungen und Exempeln die Absurdität des Gedankens eines nur politischen Friedens vorzuführen [...].“ Vgl. ähnlich bereits EDER, Das guldene Flüss, 396. Vgl. dagegen [ANONYM], Examen edicti de pace Religionis seruanda Anno 1555. in Comitijs Augustanis sanciti: In XII. Quaestiones comprehensum, in: LEHMANN, De pace religionis, lib. 3, c. 35, S. 341– 364, hier: S. 344: „4. Pax ista, etsi dicatur Pax Religionis, prophana tamen est, et Politica tantum respicit, non autem spiritualia; cum maneat nihilominus per eam vtrique parti cultus suus integer atqeu inperturbatus; Ideo nulla alia indiget authoritate quam ea quam Status ipsi Imerij per se abunde habent.“ 260 „[...] vnd hat man im vorigen seculo vber 30 Jahr bellando vnd consultando zugebracht, ehe man den werthen lieben Religion-Frieden erhandelt, vnd auff sicheren, festen Fuß eines hoch betewrten allgemeinen Fundamental-Reichsgesetzes gestellet, wiewol seit deme Leuthe sich gefunden, die fort und fort darauff gedacht, wie man denselben auff einmahl bey eusserlich sich in etwas erzeigender Fortuna wieder cassiren vnd auffheben möchte, wiewol mit schlechtem jhrem eygenem vnd deß gemeinen Vatterlandes Nutzen“ (DIETRICH REINKINGK, Biblische Policey [...], Frankfurt a. M. 1653, lib. 1, axioma 14, S. 36f.). Vgl. ferner die von Heckel aufgeli-

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4.3.4 Der Augsburger Religionsfriede als Fundamentalordnung des Reiches Damit ist der vierte Aspekt der interkonfessionell unterschiedlichen Verhältnisbestimmung von Geistlichem und Weltlichem bereits angesprochen: die Frage der weiteren Geltung der einheitlichen, wesentlich sakral bestimmten Rechtsordnung des Mittelalters bzw. der Alternativen dazu. Durch die Reformation war die ottonische Verbindung der Reichsverfassung mit der römisch-katholischen Hierarchie fundamental in Frage gestellt. Zugleich wurde die einheitliche, kirchlich-weltliche Rechtskultur erschüttert, deren konkreter Ausdruck das selbstverständliche Zusammenwirken des wesentlich römischrechtlich bestimmten ius civile und des ius canonicum war.261 Eben darum waren die evangelischen Juristen gezwungen, nicht nur neue Konzeptionen innerkirchlichen Rechts und staatskirchenrechtlicher Bestimmungen im engeren Sinne zu entwickeln, sondern auch das Reichsrecht insgesamt neu zu definieren. Hier kam der Diskussion und Bewertung des Augsburger Religionsfriedens als Fundamentalordnung des Reiches eine zentrale Bedeutung zu. Katholische Juristen suchten trotz des in dem Frieden manifest gewordenen Bruchs die harmonische Einheit von kanonisch-kirchlichem Recht und Reichsrecht zu verteidigen, indem sie die Bedeutung des Religionsfriedens relativierten und seine Ergänzungsbedürftigkeit durch das kanonische Recht betonten.262 Insofern wurde die Diskussion um steten Attribute des Religionsfriedens, die sich bei zeitgenössischen evangelischen Juristen finden: „palladium Germaniae“, „werther lieber Religionsfrieden“, „aurea pax religiosa“, „sacra constitutio“ u.ä. (DERS., Staat und Kirche, 14f.). Vgl. auch die kritische Auseinandersetzung der Pacis compositio mit dem Argument, Ferdinand II. habe den Religionsfrieden selbst als lex fundamentalis bezeichnet: „Ad quintum respondetur; Manifestum esse, non ideo a gloriosissimo Imperatore, ac Domino nostro Ferdinando II. Pacem Religionis, legem fundamentalem appellari, quasi ea ad formam Imperij Romani pertineat: quandoquidem Romanum Imperium sine hac Pacis Constitutione pluribus seculis recte constitit; [...]“ (Pacis compositio, c. 5, q. 25, n. 26, S. 133). 261 Beispielsweise zählte die Kammergerichtsordnung von 1495 das kanonische Recht zu „des Reichs gemainen Rechten“ (vgl. HECKEL, Staat und Kirche, 35–43). Heckel hat zusammenfassend einige Leitsätze über das Zusammenspiel von leges und canones formuliert (vgl. aaO., 36f.). 262 „Es hisce recitatis Comitiorum Decretis non admodum stupido Lectori facile liquet, ea LIBERAM religionem nemini indulgere, sed Protestantibus tantum MORATORIVM , DILATIONEM et TOLERANTIAM concessisse, quoad de plena decisione causae ambabus partibus liqueret“ (WINDECK, Prognosticon/deliberatio, 326). Die-

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den Religionsfrieden als Grundordnung des Reiches fast ausschließlich von evangelischen Juristen geführt. Dabei lassen sich im wesentlichen zwei Grundmodelle, das kaiserorientierte und das reichsständische Modell, unterscheiden. Der profilierteste Vertreter des erstgenannten war Dietrich Reinkingk, der den sakralen Charakter des Reiches weitgehend zu wahren suchte und dem Kaiser einen quasi-sakralen Status zusprach.263 Das zweite Modell eines nachmittelalterlichen Reichsstaatsrechts, das sog. reichsständische, entwickelt vor allem im Kreis um den Jenaer Rechtslehrer Dominicus Arumaeus, relativierte die Stellung des Kaisers und betonte die Kompetenzen der Reichsstände. Hier stand man der bleibenden Geltung des römischen Rechts, die der These von der Kontinuität von römischem und fränkisch-germanischem Reich implizit war, skeptischer gegenüber.264 Denn das Recht der christlichen Kaiser im Codex Iustinianus und den Novellen sowie die Digesten mit der fast uneingeschränkten Macht des paterfamilias konnten der Begründung einer starken Stellung des Kaisers dienen. Stattdessen griffen die reichsständischen Juristen bei ihrer Konzeption des Reichsstaatsrechts verstärkt auf die mittelalterlichen Rechtstraditionen seit der Goldenen Bulle und eben auch den Augsburger Religionsfrieden zurück.265 Exemplarisch sei auf den bereits behandelten Hieronymus Treutler verwiesen, der in seinen wirkungsreichen zivilrechtlichen Disputationen von 1592/93266 eine Neudefinition des ius publicum in eben diesem Sinne unternommen hat. Treutler relativiert in historisierender Weise das überholte ius publicum vetus und stellt dem das „für uns heute gültige“ ius publicum, „consistens in pietate juxta verbum Dei et quatuor

ser Kontext der strikt auf den Wortlaut des Religionsfriedens begrenzten Auslegung katholischer Juristen und Politiker wird von Lanzinner ausgeblendet (vgl. DERS., Konfessionelles Zeitalter). 263 Vgl. L INK, Dietrich Reinkingk; F RIEDRICH , Geschichte, 50–52; siehe auch unten Abschn. III.Tl.7. 264 Vgl. bes. L IMNAEUS , Tomus primus iuris publici, lib. I, cap. 3, n. 1–6, S. 11f.; zu Limnaeus’ in 3 Bänden erschienenen Tomus primus/secundus/tertius ivris pvblici imperii Romano-Germanici (Straßburg 1629–1634 u.ö.) vgl. HOKE, Die Reichsstaatslehre des Johannes Limnaeus; siehe unten Abschn. III.Tl.6.2 (Anm. 345: Literatur zu Limnaeus und seinem Werk); siehe auch unten Abschn. III.Tl.5., bes. Anm. 303 u. 311). 265 Vgl. S TOLLEIS , Geschichte I, 146–154, bes. 146–148. 266 H IERONYMUS T REUTLER , Selectae disputationes ad pandectarum juris civilis Justinianei, 2 Bde., Marburg 1592/93; siehe dazu oben Abschn. II.Tl.5.3.

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symbola“, entgegen.267 Ferner gehören dazu die Goldene Bulle und ein großer Teil der Reichsabschiede und insbesondere der Augsburger Religionsfrieden.268 Hier wird im reformatorischen Sinn die auf die Heilige Schrift und die altkirchlichen Bekenntnisse begrenzte Lehre als wesentlicher Inhalt des ius publicum beschrieben.269 Diese Begrenzung ist schon an sich eine kritische Zurückweisung der mittelalterlichen Entwicklungen, die ihren rechtlichen Niederschlag im kanonischen Recht gefunden haben. Noch signifikanter wird diese Kritik durch die Qualifizierung der Einbeziehung der Goldenen Bulle von 1356, der späteren Reichsabschiede und des besonders herausgestellten Augsburger Religionsfriedens als ius publicum des Reiches. In späteren Ausgaben tritt der reformiert-protestantische Standpunkt dadurch noch stärker hervor, daß der Augsburger Religionsfrieden von 1555 als wiederholt und bestärkt durch den Reichstag von 1566 bezeichnet wird; den Augsburger Reichstag, auf dem Kurfürst Friedrich III. verhindern konnte, daß seine calvinistisch inspirierte Reformation den reichsrechtlichen Schutz verlor.270

4.4 Resümee Aufs knappste zusammengefaßt, bestand der Zugang katholischer Juristen in der Orientierung am Wortsinn des Religionsfriedens. Die strik„Non tamen verum est, quod scribit Raevard. d. c. 12. l. regia ius publicum omnino esse sublatum: licet antiquatum tempore Iustiniani maxima ex parte fateatur Wes. par. hic nu. 7. ius publicum vetus. Est autem nobis jus publicum aliud, consistens in pietate juxta verbum DEI et quatuor symbola [1617: arg. t. t. C. de SS. Trinit. et seqq.]; [...]“ (TREUTLER [Praes.]/RHEM [Resp.], De Justitia et jure, in: TREUTLER, Disp. 1592/93, I/1, f. A 1r–4v, hier: These III, f. A 2r). 268 „[...] item in statu Imperii Romanogermanici, de quo Aurea Bulla Caroli IV. et magna pars Recessuum in Comitiis Imperii der Reichs abschiede / et inprimis pax religioni data Augustae 1555 post transactionem Passaviensem 1552. vide Sleidan. lib. 24. suae historiae“ (ebd.). 269 In späteren Ausgaben der Disputationen wird hier zur Begründung auf die Codextitel, die die Trinitätslehre verbindlich machen (Cod. 1,1ff.), verwiesen. 270 Vor „vide Sleidan. [...]“ ist die folgende längere Einfügung vorgenommen worden: „repetita et confirmata 1566. § vnd nach dem. vide prolixe rationem practicandi hujus constitutionis in Camera Imperiali apud P. Frider. Mindan. lib. 1. de process. extrah. cap. 28. Swaneman. lib. 1. de process. Camer. c. 8. adde per discursum Franc. Burcard. libris 3. de autonomia, passim. ubi in initio lib. 1. et pluribus locis paulo odiosius originem hujus sanctionis perstringit“ (TREUTLER [Praes.]/RHEM [Resp.], De Justitia et jure, in: TREUTLER, Disp. 1617, I/1, Th. III.c), S. 5). 267

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te Begrenzung der Regelungen geschah im Interesse der bleibenden Geltung des kanonisch-rechtlich bestimmten gemeinen Rechts, das zur ergänzenden Deutung notwendig war. Evangelische Juristen hingegen versuchten den Religionsfrieden als Fundamentalordnung des Reiches angesichts des Zerbrechens der mittelalterlichen, einheitlichen kirchlich-weltlichen Rechtskultur zu etablieren. Dabei legten sie einzelne Regelungen durchaus großzügig oder sogar gegen den Wortsinn aus. Diese grundsätzlich verschiedenen Zugänge bildeten sich erst im Laufe von mehreren Jahrzehnten heraus. Auf katholischer Seite verdrängte die jesuitisch-tridentinische Konfessionalisierung die relativ große Pluralität der Entstehungszeit des Religionsfriedens, für die die Namen Zasius und Braun stehen. Während im protestantischen Bereich weltanschaulich-konfessionelle Grundorientierungen der öffentlich-rechtlichen Diskussion förderlich waren, trifft dies für die von den Jesuiten beherrschte nachtridentinische Situation des Katholizismus nicht zu. Schon der Sachverhalt, daß im Gefolge des tridentinischen Konzils das Corpus Iuris Canonici revidiert wurde und Papst Gregor XIII. die 1582 erschienene Ausgabe zum verbindlichen Gesetzestext erklärt hatte,271 reduzierte die Notwendigkeit und die Möglichkeit juristischer Diskussion über die relativ präzisen Normen des mittelalterlichen Ketzerrechts hinaus in erheblichem Maße. Während sich zwischen protestantischen und katholischen Juristen Unterschiede in der Bewertung des Augsburger Religionsfriedens identifizieren lassen, trifft das für lutherische und reformierte Juristen nicht in der gleichen Weise zu. Zwar kann man auch hier eine Pluralität der Bewertungen feststellen. Auf der einen Seite stehen die Vertreter Kursachsens, das in dem Reichsabschied vom 25. September 1555 seine territorialen Interessen im wesentlichen gewahrt sah. Als in der Mitte des 16. Jahrhunderts konfessionell weitgehend einheitlich evangelisches Territorium wahrten der – im Blick auf die Reichsstände – formulierte Grundsatz des landesherrlichen ius reformandi, die in § 20 ARF erklärte Suspension der geistlichen Jurisdiktion sowie die in § 19 ARF anerkannte protestantische Verwendung des Kirchengutes nach dem Stand des Normaljahrs 1552 präzise die eigenen Interessen. Die für die Evan1. Juli 1580: „Cum pro munere“; 2. Juni 1582: „Emendationem“. Im Jahre 1566 hatte Papst Pius V. im Gefolge des tridentinischen Konzils eine Kommission einberufen, die eine neue Edition des Corpus Iuris Canonici vorbereiten sollte. Der von Gregor XIII. als nicht zu revidieren dekretierte, endgültige Text erschien zuerst 1582 in Rom. 271

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gelischen anderswo im Reich schwerwiegend nachteiligen Regelungen wie der Geistliche Vorbehalt hatten keine unmittelbar negativen Konsequenzen. Problematischer im Blick auf die kursächsischen Interessen war die Begrenzung der Geltung des Religionsfriedens auf die Zeit bis zur angestrebten Vergleichung der Religion. Denn seit den siebziger Jahren wurden die katholischen Stimmen lauter, die eben dies im Trienter Konzil als gegeben ansahen.272 So trat bedrohlich ins Bewußtsein, daß der Text des Religionsfriedens das Ketzerrecht nur begrenzt ausgesetzt hatte und die geistliche Jurisdiktion in evangelischen Territorien lediglich bis zur angestrebten Vergleichung der Religion suspendiert war. Angesichts dessen entsprachen der kursächsischen Position die rechtsgelehrten Arbeiten, die bei durchaus konservativ-begrenzter Auslegung alles Gewicht auf den Charakter des Augsburger Religionsfriedens als unumstößliches Fundamentalgesetz des Reiches legten. Auf der anderen Seite des Spektrums evangelischer Positionen sind kurpfälzische Juristen zu nennen. Mit dem Herrschaftsantritt Friedrichs III. wurde die Kurpfalz zur Bastion der calvinistisch-reformierten Richtung im Protestantismus. Das Anliegen der kurpfälzischen Juristen war eine ausgesprochen offene Auslegung der im Religionsfrieden festgelegten Geltung nur für Katholiken und Anhänger der Augsburger Konfession.273 Ferner wurde eine Freistellung der Konfessionsentscheidung nicht nur der Reichsstände, sondern auch anderer Stände oder sogar von Privatpersonen als mit dem Geist des Religionsfriedens übereinstimmend gefordert.274 Der Blick auf den Gesamtsinn schien kurpfälzischen Juristen auch die ausgesprochen „großzügige“ Auslegung der für die Evangelischen ungünstigen Regelungen wie insbesondere des weitgehenden Verbotes weiterer Säkularisationen von reichsunmittelbarem Kirchengut und des Geistlichen Vorbehalts zu rechtfertigen.275 Bei der Siehe z.B. die oben Abschn. III.Tl.4.2, Anm. 198, zitierte Beschwerde der protestantischen Stände auf dem Regensburger Reichstag des Jahres 1576. 273 Die Rede von den „Friedensgegner[n], angeführt von der Kurpfalz [...]“ – bei gleichzeitiger Bewertung der kursächsischen Politik als durch „eine hohe Rationalität“ gekennzeichnet – beruht auf einer Habsburger Perspektive (vgl. LANZINNER, Konfessionelles Zeitalter 1555–1618, 48f.). 274 Zur kurpfälzischen Politik vgl. WOLF , Der Augsburger Religionsfriede, 227ff.; MORITZ, Die Wahl Rudolfs II., 198ff. 361. 373–375; GOTTHARD, Religionsfrieden, 560. 275 Vgl. z.B. den Protokollauszug zu den Separatverhandlungen der evangelischen Stände zu Augsburg, Mai bis August 1559 [größtenteils von Christoph Ehems Hand], in: AUGUST KLUCKHOHN, Briefe Friedrich des Frommen, Kurfürsten von 272

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prozessualen Durchsetzung der eigenen Interessen scheute man sich dann auch kaum, die Blockade der grundlegenden Reichsinstitutionen in Kauf zu nehmen.276 Die weltanschaulich-konfessionellen Hintergründe, die diese Handhabung des Religionsfriedens neben schlichten territorialen Interessen der Kurpfalz erklären, sind greifbar im Werk des kurpfälzischen Juristen Christoph Ehems.277 Im Jahre 1569 beklagt sich Ehem in einem Schreiben an seinen Landesherrn Friedrich III. über die Unentschlossenheit der Evangelischen angesichts des bedrohlichen tridentinischen Reformwerkes und propagiert die Allianz mit England zur Hilfe der verfolgten Glaubensbrüder in den Niederlanden und in Frankreich. Der Religionsfrieden habe den Gegnern nur dazu gedient, den Evangelischen im Blick auf die wahren Absichten die Augen zu verblenden.278 Bestimmend für Ehem wie andere kurpfälzische Juristen ist die Wahrnehmung einer Fundamentalauseinandersetzung, in der die Evangelischen mit der päpstlich-habsburgischen Front stünden und in der sich der Vernichtungswille der letzteren im Westen bereits offen zeige.279 Die Westorientierung ist auch der Hintergrund der Auffassung, daß der Religionsfrieden ebenso für die Anhänger des calvinistisch-reformierten Protestantismus gelten müsse. Denn andernfalls würden die verfolgten Protestanten Westeuropas ja zu Häretikern erklärt. Unter den calvinistisch-reformierten Juristen setzten sich die starken Vorbehalte, die reformierte Theologen wie vor allem Calvin angesichts der Verfolgungen in Westeuropa gegen den Religionsfrieden geäußert hatten,280 nicht durch. Vielmehr wurden die positiven Bewertungen, die Philipp Heinrich Hoenonius 1608 formuliert hatte,281 Gemeingut. Bei ihm wirkt sich gerade die Kenntnis der Verfolgungen der Protestanten

der Pfalz, mit verwandten Schriftstücken, Bd 1: 1559–1566, Braunschweig 1868, Nr. 72, S. 92–95. 276 So z.B. Ludwig Camerarius und Michael Loefenius im Revisionsverfahren in der Vierklöstersache beim Reichskammergericht im Jahre 1600/01 (vgl. dazu SCHUBERT, Camerarius, Kallmünz 1955, 41–43). 277 Zu Ehem siehe oben Abschn. II.Tl.2.2. 278 Vgl. Ehem an Friedrich III., 17.7.1569, aus Dresden, mit Memorial von Ehems Hand, warum Verständnis mit England nützlich und notwendig ist, in: KLUCKHOHN, Briefe II/1, Nr. 595, S. 347–349, hier: 348f. 279 Siehe dazu genauer oben Abschn. II.Tl.2.2.3. 280 Vgl. z.B. J. Calvin an Petrus Martyr Vermigli, 18.1.1555, CO 15, Sp. 389; Valérand Poullain an J. Calvin, 8.2.1555, CO 15, Sp. 423. 281 Zu Hoenonius siehe oben Abschn. II.Tl.4.4 u. Abschn. III.Tl.4.3.2–3.

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in Frankreich, den Niederlanden und England in einer ausgesprochen positiven Würdigung des deutschen Religionsfriedens aus.282

5. Konfessionelle Unterschiede bei der Rezeption der Souveränitätslehre Bodins? 5. Konfessionelle Unterschiede bei der Rezeption der Souveränitätslehre Bodins? Wie bereits mehrfach angesprochen, hatte die Rezeption der im Jahre 1576 im Kontext der Religions- und Bürgerkriege publizierten Six livres de la république Jean Bodins eine katalytische Bedeutung für die öffentlich-rechtliche Diskussion. Dabei ist, wie insbesondere die Bodin-Rezeption des Herborner Juristen Hoenonius gezeigt hat, zu unterscheiden zwischen der Souveränitätslehre im engeren Sinne283 und Bodins Bewertung des Reiches als Aristokratie.284 Als Mitglied der Gruppe der Politiques, die zwischen den verfeindeten Konfessionen zu vermitteln suchten, wollte er staatliche Autorität völlig unabhängig von religiösen Orientierungen bestimmen. Ausgehend von der römisch-rechtlichen Formulierung „princeps legibus solutus“ (Dig. 1,3,31) gelangte er zu eiVgl. HOENONIUS, Disp. pol., II, 36. Zu Bodins Souveränitätslehre und ihrer Rezeption vgl. REYNOLDS, Proponents of limited monarchy in sixteenth century France: Francis Hotman and Jean Bodin; SCUPIN, Der Begriff der Souveränität bei Johannes Althusius und bei Jean Bodin; HENKEL, Untersuchungen zur Rezeption des Souveränitätsbegriffs; QUARITSCH, Staat und Souveränität; GROSS, Empire and Souveranity, 1–8. 165–179. 198–204; FRANKLIN, Jean Bodin and the Rise of Absolutist Theory; REULOS, Les sources juridiques de Bodin: textes, auteurs, pratique; GIESEY, Medieval Jurisprudence in Bodin’s Concept of Sovereignty; HOKE, Bodins Einfluß auf die Anfänge der Dogmatik des deutschen Reichsstaatsrechts; WYDUCKEL, Ius publicum, 119– 124; PARKER, Law, Society and the State in the Thought of Jean Bodin, 257–263; QUARITSCH, Souveränität; GOYARD-FABRE, Jean Bodin et le droit de la république; FRANKLIN, Sovereignty and the mixed constitution. Bodin and his critics; QUAGLIONI , I limiti della sovranitá. Il pensiero di Jean Bodin nella cultura politica e giuridica dell’etá moderna; SALMON, The Legacy of Jean Bodin. Absolutism, Populism or Constitutionalism?; SPITZ, Bodin et la souveraineté; COUZINET, Jean Bodin; TERREL, Les théories du pacte social; ROSIN, Souveränität zwischen Macht und Recht; PÉROUSE/DOCKÈS-LALLEMENT/SERVET (Hg.), L’oeuvre de Jean Bodin; BEAULAC, The power of language in the making of international law; MAROCCO STUARDI, La République di Jean Bodin. Sovranità, governo, giustizia. 284 Zu den Ausgaben der Schrift Bodins siehe oben Abschn. II.Tl.4.4.3, Anm. 773; vgl. zum Folgenden auch STOLLEIS, Geschichte I, 174–184 (dort grundlegende Informationen zur Bodin-Rezeption im Reich). 282 283

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nem Souveränitätsbegriff, für den Eigenständigkeit, zeitliche Unbegrenztheit und Unteilbarkeit charakteristisch waren und zu dessen Kern insbesondere die Gesetzgebungsmacht gehörte.285 Souveränität konnte auch nicht durch ein Widerstandsrecht der Untertanen in dem Falle, daß der Souverän zum Tyrannen wird, eingeschränkt sein. Die Begrenzung durch das göttliche und das natürliche Gesetz, die Bodin gleichwohl zugesteht,286 hat ausdrücklich keinerlei Widerstandsrecht im Sinne der monarchomachischen Theorien zur Folge. Die Rezeption der Souveränitätslehre Bodins im Reich war durch die außerordentlich komplizierte verfassungsrechtliche Situation mit mannigfachen Kompetenzkonflikten zwischen Kaiser, Kurfürsten und Territorialherrn zugleich erschwert wie gefördert. Gerade angesichts des Sachverhalts, daß der Augsburger Religionsfriede von 1555 die durch konfessionelle Gegensätze aufgeladenen Konflikte nur unvollkommen eingrenzen konnte, stellte sich das Problem, wer über die Souveränitätsrechte verfügte, mit besonderer Schärfe. Zugleich aber schien Bodins Souveränitätsbegriff der durch die mächtige Stellung der Kurfürsten bzw. Reichsstände beschränkten Macht der Zentralgewalt im Reich nicht gerecht zu werden. Hier aber bot Bodin mit seiner Definition des Reiches als Aristokratie, in der die Souveränität bei den (Kur-)Fürsten und nicht wie in der Monarchie beim Kaiser liege, einen pointierten Deutungsvorschlag. Bodin sah ausdrücklich ein Souveränitätsdefizit des Kaisers.287 Das Reich war für ihn eine reine Aristokratie,288 „in der höchstens 300 oder 400 Personen etwas zu sagen haben“.289 So konnten sich sowohl diejenigen, die mit der Souveränitätslehre die Zentralgewalt stärken wollten, als auch diejenigen, welche die ständischen Interessen gegenüber der Macht des Habsburgischen Kaisers betonten, auf Bodin berufen. Dies erklärt, warum es in den beiden letzten Jahrzehnten des 16. und am Beginn des 17. Jahrhunderts zu einer umfassenden Bodin-Rezeption kam, die die öffentlich-rechtliche Debatte im Reich stark befördert hat. Untersucht man die inzwischen breit erforschte290 Aufnahme der Gedanken Bodins unter konfessionellen Gesichtspunkten, so lassen sich einige Feststellungen treffen. Vgl. BODIN, Über den Staat, I/8, S. 205–239. Vgl. aaO. I/8, S. 214. 287 Vgl. aaO. I/9, S. 255f. 288 Vgl. aaO. II/6, S. 382–386. 289 AaO. II/1, S. 328. 290 Siehe oben Anm. 283. 285 286

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Bemerkenswert ist erstens der Sachverhalt, daß die Bodin-Rezeption in Deutschland nach der ersten lateinischen Ausgabe, die 1586 in Paris und Leiden erschien, den entscheidenden Schub mit zwei 1591 und 1594 in Frankfurt bei dem aus Frankreich um seines Glaubens willen geflohenen (Johann) Wechel [und (Peter) Fischer] gedruckten Ausgaben erhielt.291 Weitere Ausgaben folgten 1601 in Oberursel und dann 1609, 1622 und 1641 bei den Wechel-Fischer’schen Nachfolgern.292 Zweitens ist festzustellen, daß die Intensität der Bodin-Rezeption in keiner meßbaren Korrelation zur konfessionellen Orientierung innerhalb des Protestantismus steht.293 Calvinistische Juristen wie Johann Kahl (1600)294 in Heidelberg, Andreas Schepsius (1596)295 und Georg Martin (1607)296 in Marburg, Richard Dieterus (1607)297 und Daniel Ot-

JEAN BODIN, De republica libri VI, Frankfurt a. M. 1591; 1594; zum Drucker vgl. EVANS, The Wechel Presses; zu den um ihres Glaubens willen aus Frankreich geflohenen Druckern siehe auch unten Abschn. III.Tl.6.4. 292 Daneben kam 1592 in Mömpelgard eine von Johann Oswaldt übersetzte deutsche Ausgabe heraus, die 1611 noch einmal in Frankfurt a. M. gedruckt wurde (Von Gemeinem Regiment der Welt. Ein Politische/ gründtliche und rechte Underwiesung/ auch Herrlicher Bericht/ in welchem außführlich vermeldet wirdt/ wie nicht allein das Regiment wol zu bestellen/ sondern auch in allerley Zustandt/ so wol Krieg und Widerwertigkeit/ als Frieden und Wollstandt/ zu erhalten sey. Allen Fürsten [...] mit sonderm fleiß zusammen getragen/ und in sechs Bücher verfasset; Durch [...] Johan Bodin [...] Jetzt aber Teutscher Nation zu gut/ auß Lateinischer und Frantzösischer Sprach/ in [...] Teutsch trewlich und fleissig gebracht: Durch [...] Johann Oswald [...], Franckfurt am Main: Peter Kopf, 1611). Vgl. zum Ganzen auch STOLLEIS, Geschichte I, 175. 293 Siehe auch oben Abschn. II.Tl.3.4. 294 J OHANN K AHL [CALVINUS ], De principe, de maiestate, ac privilegiis eivs: proinde et de Lege Regia: commentatio iuridico-politica, et historico-iuridica et eiusdem privilegiis: capitibus duobus distincta [...], Frankfurt 1600; zu Kahl siehe oben Abschn. II.Tl.2.7; zu der Schrift vgl. ZWIERLEIN, Heidelberg, 64–68. 295 A NDREAS S CHEPSIUS [Resp.]/P HILIPP M ATTHAEUS [Praes.], Quaestio, an princeps legibus solutus, explicata, Marburg 1596. 296 G EORG M ARTIN [P RÄS .]/D ANIEL P ATTERSON [Resp.], Disputatio prima in institutiones iuris civilis: de potestate imperatoris legibus soluta et hodierno imperii statu, adversus Gothofredum Antonium, IC Gießenem, Marburg 1607 [teilw. in GOLDAST VON HAIMINSFELD, Politica Imperialia, Frankfurt a. M. 1614, 630–636]; siehe dazu auch unten Abschn. III.Tl.7. 297 R ICHARD D IETERUS , De summa summi imperii potestate, quam maiestatem appellamus, conclusionum ex iure tam publico quam privato desumptarum decades XXII, Basel 1607; vgl. dazu MOMMSEN, Staatssouveränität, 48. 291

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to (1617)298 in Basel und Althusius (1603)299 sowie Hoenonius (1608/15)300 in Herborn rezipieren Bodin nicht weniger als Gottfried Antonius (1608)301 in Gießen und Dominicus Arumaeus (1615)302 und Johannes Limnaeus (1629–1634)303 sowie Henning Arnisaeus (1610)304 in Helmstedt und Christoph Besold (1621)305 in Tübingen. Weitere frühe und eingehende Bezugnahmen auf Bodins Souveränitätslehren bieten Werke des Kryptocalvinisten Eberhard von Weyhe (1609)306 und des zeitweise in kaiserlichen Diensten stehenden, als Ramisten auffälligen Jakob Bornitz (1610)307. Bodins Überlegungen konnten von der kai-

DANIEL OTTO, Disputatio publica de maiestate, Basel 1617; vgl. DERS., Discursus politicus de maiestate imperii et imperantis, Straßburg 1623; DERS., Discursus secundus de jure publico Imperii Romani methodice conscriptus [1617], in: ARUMAEUS, Discursus V/2, f. 41r–217v. 299 A LTHUSIUS , Politica methodice digesta, Herborn 1603; Althusius bezeichnet Bodin im Vorwort zur ersten Ausgabe seines Werkes als Hauptgegner und präsentiert die Politica als Gegenentwurf zu Bodins Six livres de la république. 300 H OENONIUS , Disp. pol., Herborn (1608) 3 1615; zu Hoenonius’ BodinRezeption siehe oben Abschn. II.Tl.4.4.3. 301 G OTTFRIED A NTONIUS [Praes.]/CHRISTOPH K ALT [Resp.], Disputatio apologetica de potestate Imperatoris legibus soluta, et hodierno Imperii statu [...] adversus Hermannum Vultejum, Gießen 1608; siehe dazu unten Abschn. III.Tl.7. 302 D OMINICUS A RUMAEUS [Praes.]/J OACHIM B UMANNUS [Resp.], De magistratibus superioribus disputatio, Jena 1615. 303 J OHANNES L IMNAEUS , Tomus primus/secundus/tertius ivris pvblici imperii Romano-Germanici [...], Straßburg 1629–1634 [weitere Ausg.: 1640; 1645–1650; 1657–1680; 1699]; vgl. bereits DERS. [Praes.]/JOHANN GEORG SPILLER VON MITTERBERG [Resp.], Dissertatio nomico-politica de lege regia, Altdorf 1619; siehe auch unten Anm. 311. 304 H ENNING A RNISAEUS , De iure majestatis libri tres, Frankfurt a. M. 1610 [weitere Ausg.: 1635; 1636; 1673; 1679; 1689]; vgl. dazu eingehend DREITZEL, Protestantischer Aristotelismus, 195–243. 305 CHRISTOPH B ESOLD [Praes.]/M ARTIN N EÜFFER [Resp.], De regalibus iuribusque maiestatis, Tübingen 1621. 306 WAHREMUND VON EHRENBERG [=EBERHARD VON WEYHE ], Meditamenta pro foederibus, ex prudentum monumentis discursim congesta, Bd. I, Hanau 1601; Bd. II, Frankfurt a. M. 1609; zu von Weyhes Kryptocalvinismus vgl. LANGE, Art. Weyhe, 274; BRAUNGART, Art. Weyhe, 282; weitere Literatur siehe oben Einleitung, Anm. 61. 307 J AKOB B ORNITZ , Tractatus duo. I. De majestate politica et summo imperio ejusque functionibus, quibus status cujusque reipublicae fundatur et conservatur collatione reservatorum, regalium et privilegiorum principalium, Leipzig 1610; vgl. dazu STOLLEIS, Pecunia, 138f. 298

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sertreuen wie der reichsständischen Richtung der Reichspublizistik in gleicher Weise aufgenommen und weiterentwickelt werden. Drittens läßt sich ein Unterschied zwischen der Bodin-Rezeption durch lutherische und reformierte Juristen dergestalt feststellen, daß letztere Bodin früher rezipieren als erstere. Um die Souveränitätslehre für die besonderen Verhältnisse im Reich fruchtbar zu machen, mußte sie weiterentwickelt bzw. neu interpretiert werden. Da die Hervorhebung der Proprietät, Unteilbarkeit und zeitlichen Unbegrenztheit der Souveränität mit der komplexen Kompetenzverteilung von Kaiser, Reichstag und Territorialgewalten nur schwer in Einklang zu bringen war, wurde eine Trennung von realer und personaler maiestas vorgenommen. Und diese wurde zuerst durch Professoren der reformierten Universität Marburg entfaltet. Neben dem Tractatus de regalibus des bereits behandelten, vor den Verfolgungen des Herzogs Alba aus den Niederlanden nach Deutschland geflohenen Regner Sixtinus308 ist hier Hermann Kirchners Schrift Respublica309 von 1608 zu nennen. Dann findet sie sich bei Althusius, Johann Heinrich Alsted310 und Hoenonius, und erst danach wird sie in Gießen (durch Antonius), in Tübingen (durch Besold) und in Jena weiterentwickelt. Hier baut sie Johannes Limnaeus zur herrschenden Lehre der reichsständisch orientierten Reichspublizistik aus, indem er die Bodinsche Souveränitätstheorie mit Althusius’ Lehre von der Souveränität des staatlich organisierten Volkes, bei dem die reale Majestät liegt, verbindet.311 Vgl. SIXTINUS, Tractatus de regalibus, 1609, tractatus 1, cap. 1, § 23; dazu SCHUBERT, Reichstage, 478f.; siehe auch oben Abschn. II.Tl.5.1, S. 268f., bes. Anm. 872f. 309 Vgl. H ERMANN K IRCHNER , Respublica. Methodicae disputationis acie tum veterum tum recentiorum politicorum opinionibus candide et probe excussis proposita, Marburg 1608 [weitere Ausg.: 1610; 1614; 1634], disputatio 2, § 1; zu Kirchner vgl. KLEIN, Conservatio reipublicae. 310 Alsted benutzte den Begriff der maiestas personalis, die allein dem Kaiser zustehe, im Zuge seiner Aufnahme von Althusius’ monarchomachischem Gedankengut (vgl. JOHANN HEINRICH ALSTED, De statu rerumpublicarum, Herborn 1612). 311 Vgl. H OKE , Reichsstaatslehre, 77–116; STOLLEIS , Geschichte I, 180; vgl. ferner die treffende Erläuterung der Konsequenzen dieser Lehre in: ROECK, Art. Limnaeus, 1990, 294: „Seine wichtigste Leistung war die Ausformulierung der Lehre von der realen und der personalen Majestät u. ihre Anwendung auf die Verfassung des Reiches, wodurch eine Erfassung des Verhältnisses zwischen Kaiser und Ständen gelang. Im Kern beruht L.’ Theorie auf einer Kombination der Bodinschen Souveränitätslehre mit der bes. von Althusius vertretenen Anschauung, daß die Souveränität 308

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Ein Grund für die tendenziell frühere Aufnahme Bodins durch reformierte Juristen dürfte in dem unmittelbareren Zugriff auf die Traditionen Westeuropas zu sehen sein, wie er in vielen der dargestellten Biographien angelegt ist. Juristen aus dem Bereich der Kurpfalz, den Wetterauer Grafschaften oder Hessens hatten schon aufgrund der vielfältigen politischen Kontakte auf den verschiedenen Ebenen einen privilegierten Zugang zum westeuropäischen Geistesleben. Auch bei der Wahl der Studienorte wirkte sich die reformierte Orientierung in der Präferenz für französische, Schweizer oder niederländische Universitäten aus. Ein weiterer Grund, den Stolleis mit Berufung auf die Forschungen Horst Dreitzels zu Arnisaeus genannt hat, wird in der stärkeren Verwurzelung des Aristotelismus im Luthertum zu suchen sein. Arnisaeus hatte die Anwendung der Souveränitätslehre auf die komplexe Situation – ganz im Gegensatz zu den Intentionen Bodins – unter Rückgriff auf die auf Aristoteles zurückgehende Lehre von der „Mischverfassung“ aus Monarchie und Aristokratie versucht und zwischen maiestas und imperium unterschieden bzw. eine Funktionsteilung der maiestas vorgenommen.312 Schließlich läßt sich viertens auch ein wenigstens tendenzieller inhaltlicher Unterschied zwischen lutherischer und reformierter Bodin-Rezeption beobachten. In der Diskussion der Bodinschen Souveränitätslehre interpretieren lutherische wie calvinistisch-reformierte Juristen die legibus solutus-Formel restriktiv, d. h. die Bindung des Herrschers an das göttliche und natürliche Recht sowie die Fundamentalgesetze des Reiches wird gleichermaßen betont. Die vorgestellten und eben aufgeführten Autoren aus reformierten Milieus gehen jedoch weiter mit ihrer Forderung nach der Bindung des Herrschers an das Recht. Dies gilt mit

beim staatlich organisierten Volk liege. Der Kaiser ist für L. – in Anlehnung an Loyseau – nur eine Art erster Amtsträger des Staates, während ihm die Repräsentanten des Reiches als Inhaber der realen Majestät die Regeln seiner Amtsführung liefern. Der Kaiser ist somit der erste Lehnsmann des Reiches und dieses steht als Gesamtheit über ihm. L. folgert aus dieser Konstruktion ein Widerstandsrecht der Reichsstände gegenüber dem Kaiser, der wohl Haupt des Imperiums sei, das indessen von der realen Majestät gelenkt werde. Dieses Widerstandsrecht wird aktuell, wenn der Kaiser nicht mehr gemäß den Grundgesetzen des Reiches handelt.“ 312 Vgl. A RNISAEUS , De iure majestatis libri tres; D ERS ., De auctoritate principum in populum semper inviolabili [...], Frankfurt, Oder 1612; vgl. dazu detailliert DREITZEL, Protestantischer Aristotelismus und absoluter Staat, bes. 212–247. 297– 335.

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Abstrichen auch für die sich neustoizistischen Einflüssen öffnenden Altdorfer Scipio Gentili und Arnold Clapmarius.313 Calvinistisch-reformierte Juristen verstehen – wie die reichsständische Richtung insgesamt – die legibus solutus-Formel restriktiver, das heißt, die Bindung an göttliches oder natürliches Recht und die Fundamentalgesetze des Reiches werden stärker betont. Zu nennen sind hier neben Althusius314 die Marburger Regner Sixtinus315 und Hermann Vultejus316, der Herborner Philipp Heinrich Hoenonius317 sowie der Heidelberger Johann Kahl318. Clapmarius hat an der starken, nicht in jeder Hinsicht durch die Gesetze gebundenen Stellung des Kaisers festgehalten, zugleich aber als die im Interesse des Reichsganzen in Deutschland zu übende Staatsräson die kunstvolle Balance zwischen Kaiser und Reichsständen entfaltet. So vertritt er zwar nicht die reichsständische Auffassung, aber auch dem Kaiser sind die Herrschaftsrechte nicht einseitig zuzuweisen. Vgl. ARNOLD CLAPMARIUS, De arcanis rerumpublicarum libri sex, hg. v. JOHANNES CLAPMARIUS, Bremen 1605, lib. 6, cap. 19, 284f.; dazu HERMANN HEGELS, Arnold Clapmarius und die Publizistik über die arcana imperii im 17. Jahrhundert, Bonn 1918. Faktisch im Gegensatz zu Bodins Intentionen stellt Clapmarius „den Dualismus der Reichsverfassung und das schwebende Verhältnis von Reichseinheit und Territorialmacht, [...] als natürliche Selbstverständlichkeit hin“ (SCHUBERT, Reichstage, 348); vgl. auch die treffenden Bemerkungen zu Herzog Heinrich von Rohans Abhandlung De l’interest des princes et estats de la chrestienté (Paris 1638), aaO., 349f. 314 Althusius hatte, wie erwähnt (siehe oben Abschn. II.Tl.4.3.2, Anm. 615), im Vorwort der ersten Ausgabe der Politica methodice digesta Bodin als Hauptgegner bezeichnet. Zu Althusius’ Auseinandersetzung mit Bodins Souveränitätslehre vgl. HELMUT QUARITSCH, Staat und Souveränität, Frankfurt a. M. 1970, S. 243ff.; HANS-ULRICH SCUPIN, Der Begriff der Souveränität bei Johannes Althusius und bei Jean Bodin, in: Der Staat 4 (1965), 1–26; DERS., Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Theorien von Gesellschaft und Staat des Johannes Althusius und des Jean Bodin, in: DAHM/KRAWIETZ/WYDUCKEL (Hg.), Politische Theorie des Johannes Althusius, 301–311; DAVID STEVENSON, The „Letter on sovereign power“ and the influence of Jean Bodin on Political Thought in Scotland, in: Scottish Historical Review 61 (1982), 25–43. 315 Vgl. R EGNER S IXTINUS , Tractatus de regalibus, ex sacri Romani imperii constitutionibus, et hodierno reipublicae Romanae statu, iurisq[ue] consultorum responsis doctissime pertractatus, in: DERS./GEORG OBRECHT, Tractatvs dvo, prior de regalibus D. Regneri Sixtini [...], posterior de ivrisdictione et imperio D. Georgii Obrechti [...] opera et studio Othonis Melandri, Mühlhausen 1602 [weitere Ausg. v. Sixtinus’ Traktat: Frankfurt a. M. 1606; Kassel 1609; 1614; Frankfurt a. M./Kassel 1614; Frankfurt a. M. 1617; 1620; Hanau 1657; Nürnberg 1683; ebd. 1693; ebd. 1716]; siehe auch oben Abschn. II.Tl.5.1, bes. Anm. 876. 316 Siehe dazu unten Abschn. III.Tl.7. 313

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Exemplarisch sei die Argumentation der Abhandlung über die legibus solutus-Formel, die Kahl im Jahre 1600 zum Druck gebracht hat, skizziert.319 Er lehnt sich zwar in der Definition der Majestätsrechte an Bodin an, betont aber im übrigen gegen diesen die Bindung des Herrschers an die Gesetze.320 In monarchomachischer Tradition wird abgelehnt, daß das Volk – wie die lex regia nahezulegen scheint – seine gesamte Macht dem Herrscher übertragen habe.321 Der Inhaber der maiestas kann zwar als Gesetzgeber grundsätzlich gegen bestehende zivile Gesetze verstoßen und neue schaffen. Faktisch bezieht sich die Bindung des Herrschers an die Gesetze aber auch auf die zivilen Gesetze, da diese Konkretionen der ratio322 bzw. der natürlichen und göttliSiehe oben Abschn. II.Tl.4.4.3. Zu Kahl siehe oben Abschn. II.Tl.2.7. 319 J OHANN K AHL [CALVINUS ], De principe, de maiestate, ac privilegiis eivs: proinde et de Lege Regia: commentatio iuridico-politica, et historico-iuridica et eiusdem privilegiis: capitibus duobus distincta [...], Frankfurt 1600. 320 In der der Schrift eingefügten Rede „Oratio de svprema in repvb. potestate, qvam maiestatem vocant, eiusque notis ac proprietatibus: habita in solenni Heidelbergensis Academiae panegyri“ (aaO., 100–113) grenzt Kahl sich auch explizit von Bodin ab: „Neque tamen propterea legibus (vt acutissimus Bodinus, et eum secuti, sentiunt) proprie ac vere soluta. Non enim vel Dei creatoris, vel naturae, vel gentium, vel communis politiae legibus soluta esse aut potest aut debet“ (aaO. 108). 321 Vgl. aaO., 10–32; vgl. bes. aaO., 32: „Populus sane prudens, ac respublica prudenter constituta (vbicunque terrarum sit) nunquam indefinite ac indistincte, nunquam sine omni conditione ac lege, supremam principi maiestatem permittit. Hoc enim est tyrannidi apertissimam patefacere fenestram. Quod et diserte praestantissimus Connanus 1. comment. iur. ciu. cap. 16. nu. 2. populus Roman. (ait) omnimoda potestatis suae in principes translatione ita se nudauit ac debilitauit, Vt Principes suos deinceps non modo Reges, quos oderat, sed crudelissimos tyrannos sit expertus: quod nunquam euerisset, si principem ijsdem legum vinculis, quibus vniuersam antea ciuitatem (hoc est, vniuersos ac singulos populi ordines, tam patres et senatores, quam alios) constrinxisset.“ 322 „Princeps contra ciuiles rationes peccare potest: Ergo et contra leges in Republ. ciuiles. [...] Proinde ipsamet ciuilis ratio, ac ciuitatis constitutio, salus populi. et Reipublicae incolumitas ac tranquillitas, principem simpliciter et indistincte legibus solutum haud ferunt. Caeterum et ex lege conscientiae ciuilibus subiectus est legibus: quippe lex conscientiae non tantum continet ac vindicat legem naturae ac gentium, non tantum legem vniuersalem: sed particularium quoque et ciuilium, etiam mere ciuilium, legum normam continet: etiam particulares ac specialissimas leges dirigit, corrigit, stabilit, mutari vel tolli praecipit: veteres seu priores aboleri, si abolendae sunt, praescribit, easdem retineri, mutari, corrigi, nouas ferri, praecipit, quoties opus est; idque semper iustitia et rectae rationis prudentia duce. Lex conscientiae non eos tantum arguit, et condemnat, qui contra naturae aut gentium leges delinquunt, sed eos etiam, qui contra mere ciuiles, iustas tamen ac Reipublicae salutares. Conscien317 318

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chen323 Gesetze sind.324 In diesem Sinne muß der Herrscher nicht weniger als das Volk den Gesetzen gehorchen.325 Die Alternative hieße,

tiae forum non tantum naturales leges, et actiones ijs praescriptas, quin et personas iis obligatas, sed pariter ciuiles quoque, concernit ac regit: nec προσωπολψíαν vllam admittit, sed principem iisdem omnino legibus obstringit, quas ille ciuibus suis praescribit. Lex enim conscientiae perpetua est, eaque tum in genere, tum in specie et indiuiduis constantissima“ (aaO., 51f.). 323 „Postremo principi nemo imperat, nisi Deus; etiam in ciuilibus negociis ac iudiciis. Inter homines Christianos, qui Deum tanquam ipsam et supremam iustitiam recognoscunt, ius omne, legesque omnes, non tantum naturae ac gentium, sed ciuiles quoque a Deo ac lege Dei pendent: Deus enim ex iuris et iustitiae, et imperii et reip. quin et hominis ipsius, autor et conseruator est, Deut. 16. versic. 17. 18. [Dtn 16,17f.] iusto ac sincero iudicio iudicare populum: ne respectum personae habeatis in vllo iudicio: aeque paruum ac magnum auditote, nec metuite a quoquam: nam iudicium Dei ipsius est, 2. Chronic. 19, vers. 16. [II Chr 19,16] Iosaphat exhortatur iudices: videte, quid agatis: iudicia enim exercetis non hominibus, sed Deo: et is vobiscum est in iudicio: Ergo timentes Dei estote: qui personas non respectat, nec munera acceptat: apud quem nulla est iniquitas“ (aaO., 63). 324 „[...] non decet, eas non seruare leges principem, quibus etiam solutus videtur, l. 23. de legat. 3. confer. Dn. Vult. ad §. 7. num. 5. comment. Instit. de iur. natural. gent. etc. Principi ergo vero ac bono maximam necessitatem, obligationem, coactionem seu debitum obtemperandi legibus imponit 1. Deus et conscientia. 2. ratio recta. 3. virtus et iusticia. 4. honestas publica. 5. ratio officii ac personae quam sustinet. 6. modestia, decorum, et verecundia. 7. salus populi et vtilitas publica. 8. propriae ipsorum Imperatorum leges, quibus sibi hanc legem ponunt. Decet maiestatem seruare leges, l. 4. C. de legib. Eum qui leges facit, pari maiestate legibus obtemperare conuenit, ait Paul 9. exemplum publicum. 10. conciliatio ardentioris subditorum erga principem amoris ac fidelitatis“ (aaO., 68). „Quo ad istas enim leges, omnium omnino hominum par ratio est, nullus inter eos ordo, nullus princeps, nullus subditus, vt eleganter Vult. in comment. Inst. ad §. 7 n. 8. de iur. natural gent. et ciu. Quapropter (vt modo dicta repetam et concludam) legibus omnium hominum communibus, vt puta diuinis (praesertim decalogi) naturalibus, et gentium legibus, nullus princeps, nullus Imperator, vllo modo solutus est: quia his non vt Princeps vel Imperator, sed vt homo tenetur, adeoque in iis per omnia eodem cum omnibus aliis etiam priuatis, hominibus iure vtitur“ (aaO., 44). Zur Bindung des Herrschers an Verträge vgl. aaO., 45. 325 „Pungit ergo ac punit eum conscientia sauciata et irrequieta: punit eum D EVS hoc aut illo morbo, bello, captiuitate, aliove infortunio. Populus etiam rebellis ac seditiosus cum quandoque punit vel occidit, si legibus nimium solutus esse velit. Summa est: Princeps legibus ciuilibus obedientiam debet (ratione conscientiae, rationis rectae, iustitiae, ratione officii sui, ratione exempli) non minusquam populus: debet, inquam: licet populus ei et obedientiam et poenam remittat, vel punire non queat“ (aaO., 64).

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nicht der ratio, sondern den Leidenschaften zu folgen.326 Ein zweites grundsätzliches Gegenargument gegen Bodins Interpretation der legibus solutus-Formel resultiert unmittelbar aus Kahls mit den humanistischen Juristen Frankreichs geteilter Auslegungsmethode.327 Im Zuge seines historisch-kontextualisierenden Zugangs zum Corpus Iuris Civilis stellt er fest, daß Ulpian die Formel in einer ganz besonderen historischen Situation gebraucht, Tribonian sie dann aber mißverstanden und so in die Digesten aufgenommen habe.328 Der Sachverhalt, daß reformierte Juristen in ihrer Bodin-Rezeption die Bindung des Herrschers an die Gesetze tendenziell stärker betonen als lutherische, läßt sich zum einen mit der charakteristischen Interessenlage der durch den Augsburger Religionsfrieden nur mangelhaft geschützten reformierten Territorien im Reich erklären. Ein starker Kaiser stand ihren Interessen diametral entgegen oder konnte sogar als existenzgefährdend wahrgenommen werden, so daß sich die weit überwiegende Mehrheit der reformierten Juristen zur reichsständischen Richtung der Reichspublizistik hielt. Zum anderen gehörte die unbedingte Bindung des Herrschers an Recht und Gemeinwohl angesichts der frühen Verfolgungserfahrungen der französischen Protestanten, die von den sog. calvinistischen Monarchomachen seit den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts propagiert worden war, zum elementaren Grundbestand des konfessionellen Erbes bzw. der konfessionellen Identität. Gleichwohl wurde neustoizistisches Gedankengut, das frühabsolutistische Tendenzen förderte, von calvinistisch-reformierten Theologen und 326 „Atqui principes hac ratione et ipsi fuerint subditi? quod absurdum. Respond. Non hominum subditi, sed legum, quae omnino diuinum quiddam sunt, sed ordinis et ταξíα̋, sed rationis rectae, virtutis, iusticiae, legis naturae, legis conscientiae, in qua Deus ipse tribunal suum habet, vt supra. Principem sane rationi rectae, virtuti, legibus diuinum quiddam habentibus, non minus quam alios homines obtemperare, nil quidquam absurdi est. Imo absurdissimum ac belluinum istis non obtemperare, sed affectibus et libidinibus suis morem gerere. Eiusdem momenti et illud est. Atqui voluntas imperatoris summi hac ratione sibi ipsi serua erit: quod absurdum. Respond. Non sibi, sed Deo, sed rationi rectae, sed virtuti, sed iusticiae, sed legi conscientiae, legi naturali ac politicae. Legum namque serui libenter sumus (velut rectissime Tullius) vt ita vere liberi esse queamus. Ideoque et optimi quique principes legibus ciuilibus sese libenter submiserunt: Et quo magis pii ac vere boni, eo libentius“ (aaO., 66). 327 Neben den Vertretern der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs – unter ihnen vor allem Hotman und Cujas – beruft sich der aus der Region Marburg stammende Kahl vielfach und an entscheidender Stelle auf Vultejus. 328 Vgl. aaO., 69; vgl. auch aaO., f. A 3r–v .

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Juristen früh und in hohem Maße rezipiert.329 Charakteristisch ist hier aber, daß sich das in einer starken Betonung der Autorität der Gesetze und Stände, nicht jedoch einfach in einer Heraushebung des Herrschers als legibus solutus auswirkt.330

6. Westeuropäische Einflüsse auf die Reichspublizistik 6. Westeuropäische Einflüsse auf die Reichspublizistik Bei der Analyse der Edition und Kommentierung mittelalterlicher Rechtsquellen des deutschen Reichs durch melanchthonianisch-lutherische bzw. reformierte Juristen, der Debatte „de iurisdictione“ und ebenso der Bodin-Rezeption im Reich ist die Präsenz der westeuropäischen Jurisprudenz in der entstehenden öffentlich-rechtlichen Diskussion im Reich augenfällig geworden. Wege und Gehalte dieses Wissenstransfers aus Westeuropa sowie die Rolle, die konfessionelle Faktoren dabei gespielt haben, sind im folgenden genauer zu klären.331 Fast alle der behandelten reformierten Autoren haben entweder Studienaufenthalte in Frankreich absolviert oder einschlägige Kenntnisse der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs bewiesen. Die Folgen für Vgl. STROHM, Ethik im frühen Calvinismus, 127–159. 166–194. Vgl. DERS., Das Verhältnis von theologischen, politisch-philosophischen und juristischen Argumentationen, bes. 161–171. In seiner Untersuchung lutherischer und reformierter Politica-Werke hat Merio Scattola herausgearbeitet, daß sich die lutherischen Autoren (Henning Arnisaeus, Jakob Bornitz) der summa potestas-Formel in engem Anschluß an Bodin bedienten, da Obrigkeit als von Gott gesetzter Stand gedacht wird. Die reformierten Autoren (Otto Casmann, Bartholomäus Keckermann, Clemens Timpler) bedienten sich bei der Behandlung der summa potestas einer maiestas-Begrifflichkeit, wobei Gerechtigkeit als Teil der maiestas verstanden ist (vgl. SCATTOLA, Dalla virtù alla scienza, 242–300; vgl. auch ZWIERLEIN, Heidelberg, 66). 331 Exemplarisch zur Präsenz „des Westens“ in der Heidelberger Gelehrtenwelt Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts: ZWIERLEIN, Heidelberg. Zwierlein hat 43 unterschiedliche, sich auf die französischen Religionskriege beziehende Flugschriften-Texte gezählt, die in den Jahren 1560 bis 1563 im deutschen Sprachraum gedruckt wurden und in 90 unterschiedlichen Editionen erschienen sind (vgl. DERS., Discorso und lex, 648–653). Wie der auffällige Einbruch in der Anzahl von Flugschriften und Ephemerdrucken mit Bezug auf die französischen Religionskriege in den Jahren 1577 bis 1584, also fast exakt der kurzen Phase der Relutheranisierung der Kurpfalz, zeigt, spielten konfessionelle Motive hierbei eine entscheidende Rolle. Zu den im Reich erschienenen Druckschriften, die auf die Bartholomäusnacht 1572 reagieren und meist in reformierten Milieus entstanden sind, vgl. aaO., 724–750. 329 330

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die entstehende öffentlich-rechtliche Debatte und die Rolle, die konfessionelle Faktoren dabei gespielt haben, sind genauer zu klären. Auch die Bedeutung von Druckern, die als Glaubensflüchtlinge ins Reich kamen, für den Wissenstransfer aus Westeuropa ist hier in den Blick zu nehmen.

6.1 Relativierung des römischen Rechts und mittelalterliches Staatsrecht in Frankreich Die für die Entstehung der Reichspublizistik zentrale Entwicklung einer Ersetzung des römischen Rechts durch mittelalterliches Recht hatte in Frankreich bereits einige Jahrzehnte früher als im Reich eingesetzt. Die historisch-kritische Erarbeitung des unter Justinian im 6. Jahrhundert aus den alten Quellen der klassischen Zeit zusammengestellten Corpus Iuris Civilis durch die humanistische Jurisprudenz führte zu einer fundamentalen Infragestellung des römischen Rechts insgesamt. Stattdessen nahm man nun einheimisches Recht in den Blick und zog es vielfach dem römischen vor. Zur Programmschrift dieser Entwicklung wurde die zuerst 1567 in französischer Sprache in Paris erschienene Schrift L’Anti-Tribonian ou discours sur l’estude des loix François Hotmans.332 Im ersten Teil dieser Schrift hatte Hotman die Nutzlosigkeit des Studiums des Corpus Iuris Civilis angesichts der gravierenden Unterschiede zwischen dem politischen Gemeinwesen Roms und dem französischen Königreich der Gegenwart aufgezeigt. Darüber hinaus belegt er die Verfälschungen, die das klassische römische Recht durch die Kompilationsarbeit der Kommission unter Leitung Tribonians, des führenden Juristen Justinians, im 6. Jahrhundert erfahren hat und die darum auch nicht die Gesetzgebung der alten römischen Republik richtig wiedergebe.333 Das Studium des Rechts, das nicht wirklich in der Praxis FRANÇOIS HOTMAN, Antitribonian, ou discours d’un grand et renommé jurisconsulte de nostre temps sur l’estude de loix, fait en l’an 1567, publié par P. NEVELET, Paris 1603; lat.: Antitribonianus, sive dissertatio de studio legum (Hamburg 1647); weitere Ausgaben siehe unten Anm. 341); Inhaltsreferat in: VOGEL, Franz Hotman und die Privatrechtswissenschaft seiner Zeit; zum Antitribonianus im gesamten Werk Hotmans vgl. BARON, Franz Hotmann’s Antitribonian; MESNARD, François Hotman (1524–1590) et le complexe de Tribonien; DE SAINT-CHAMARAN, L’Antitribonien dans l’oeuvre de François Hotman; KELLEY, Hotman, 192–194. 333 Zugleich stellt das römische Recht für Hotman jedoch die vollkommenste Verkörperung der allgemeinen Prinzipien des Naturrechts dar. Es bildet die Grundlage der Rechtswissenschaft und stimmt mit der ratio überein. Vgl. auch den Über332

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existiert habe, könne – so Hotmans Schlußfolgerung – auch für die Praxis der Gegenwart keinen Wert haben. Das zweite Buch der Schrift setzt sich ausgesprochen kritisch mit der Person und Arbeit Tribonians und seiner Kommission auseinander. Außer Hotman, dessen wirkungsreiches Werk von Hermann Conring ein „libellus aureus“ genannt wurde,334 haben Charles Du Moulin und weitere humanistische Juristen Frankreichs die Ersetzung des römischen Rechts durch einheimisches Recht vorangetrieben. Neben der historisch-kritischen Bearbeitung des Corpus Iuris Civilis und der damit verbundenen Infragestellung seiner Autorität beschleunigte ein zweiter Faktor die Ersetzung des römischen Rechts durch mittelalterliches Recht in Frankreich: die Zuspitzung der Auseinandersetzung zwischen Zentralgewalt und adelig-ständischen Kräften im Zusammenhang der Religionskriege zwischen 1560 und 1590. Angesichts der auf Seiten der Protestanten als tyrannisch wahrgenommenen Religionspolitik der Könige diagnostizierte man eine nicht zuletzt durch die Person der Königinmutter Katharina von Medici335 verkörperte italienisch-machiavellistische Überfremdung des französischen Gemeinwesens und besann sich auf die ältere Geschichte, in der ständische Freiheiten und Kompetenz des Königs noch im rechten Lot gewesen seien. In diesem Sinne hat Hotman im Jahre 1573, unmittelbar nach den Massakern an den Protestanten im Zusammenhang der sog. Bartholomäusnacht, seine umfassende Darlegung der historischen Grundlagen des französischen Staatsrechts unter dem charakteristischen Titel Francogallia verfaßt.336 Dieses noch vor der Zuspitzung der Protestan-

blick über Quellen und Literatur zu der Auseinandersetzung um das römische Recht in Frankreich in: TROJE, Literatur, 697–699; zur Bewegung des Antitribonianismus vgl. MAFFEI, Gli inizi dell’umanesimo giuridico, 60–65; PIANO MORTARI, Diritto romano e diritto nazionale in Francia nel secolo XVI, bes. 125–134 (über die Ausweitung des Antitribonianismus zu einer antiromanistischen, nationalen Bewegung in Frankreich); DERS., L’humanisme juridique à Genève, des origines jusqu’à Jacques Godefroy, 34; zu den Quellen vgl. auch LIPENIUS, Bibliotheca realis iuridica I, 794f. 334 Vgl. H AAG /H AAG , Art. Hotman, 533. 335 Vgl. D INGEL , Katharina von Medici im Spannungsfeld von Religion und Politik, Recht und Macht. 336 F RANÇOIS H OTMAN , Francogallia, hg. v. R ALPH E. G IESEY (lat. Text) und J. H. M. SALMON (engl. Übers.), Cambridge 1972. Einleitung wie Text dokumentieren die umfassenden Unterschiede zwischen den wichtigsten Ausgaben von 1573, 1576 und 1586. Zur Francogallia vgl. ferner GIESEY, When and Why Hotman Wrote the

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tenverfolgungen im August 1572 begonnene Werk versucht, die Begrenzung königlicher Macht historisch zu begründen.337 Gleich im Vorwort nennt Hotman als Ursache der Bürgerkriege in Frankreich die Zentralisierung und Übersteigerung der königlichen Macht auf Kosten der Stände.338 Eine uneingeschränkte königliche Herrschaft habe es nie gegeben, denn auch das mittelalterliche Vasallenverhältnis gewährte den Untertanen Recht und Freiheit. Gegenüber einer Verabsolutierung königlicher Macht ist die Stellung der Versammlung der drei Stände seit der Zeit der Merowinger und Karolinger hervorzuheben.339 Bei ihr und nicht in der Person des Königs liege die höchste Macht. Hotman beklagt jedoch ihren Verfall spätestens seit dem 14. Jahrhundert, bis schließlich die Freiheit des französischen Volkes unter der Tyrannis Ludwigs XI. völlig verloren gegangen sei.340 An der Rezeption der Schriften Hotmans werden wichtige Wege des Einflusses der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs auf die Reichspublizistik sichtbar, die teilweise mit der konfessionellen Orientierung verbunden sind: der Druck von Schriften durch französische Glaubensflüchtlinge, die persönliche oder sachliche Bekanntschaft durch Studienaufenthalte in Frankreich oder der Schweiz sowie die westeuropäische Herkunft prominenter Juristen im Reich.

6.2 Wege der Rezeption: Studienaufenthalte in Frankreich und der Schweiz Ein Einfluß der Schriften Hotmans auf die Diskussion in Deutschland am Ende des 16. und am Beginn des 17. Jahrhunderts ist belegt. Sowohl

Francogallia, bes. 583f. Anm. 2 (dort weitere Literatur); DERS., The Monarchomach Triumvirs; KELLEY, Hotman, 238–260. 337 Zu Recht hat Giesey auf den Charakter einer rechtsgelehrten Arbeit, die auf umfangreicher Materialsammlung beruht und nicht erst in den Monaten nach dem August 1572 entstanden sein kann, hingewiesen (vgl. DERS., When and Why Hotman Wrote the Francogallia, 609–611). Zum juristischen Hintergrund der Schrift vgl. GIESEY/SALMON, Editor’s Introduction, in: HOTMAN, Francogallia, 8–16; zur Idealisierung der germanisch-gallischen Wurzeln gegenüber der wahrgenommenen italienisch-machiavellistischen Überfremdung des Königshauses vgl. KELLEY, Hotman, 199. 235–238. 257. 260. 268. 338 Vgl. H OTMAN , Francogallia, 136–145. 339 Vgl. aaO., 390–397. 414–425. 340 Vgl. aaO., 440–451.

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der Antitribonian341 als auch die Francogallia waren in mehreren Editionen verbreitet. 1586 erschien bei Andreas Wechel in Frankfurt a. M. die erste in Deutschland gedruckte Ausgabe der Francogallia.342 Eine prominente Rolle bei der Rezeption der Schriften Hotmans wie auch anderer französischer Autoren spielten die Juristen, die Studienaufenthalte in Frankreich oder der Schweiz absolviert hatten. Und unter diesen wiederum findet sich eine signifikante Zahl von Anhängern der reformierten Konfession. Das prominenteste Beispiel ist wohl Vultejus, den die Glaubensverwandtschaft in persönliche Beziehungen zu Hotman in Genf geführt hatte.343 Neben denjenigen, die in Bourges bzw. in Frankreich studiert hatten, dürften auch die zahlreichen Juristen, die in Basel studiert hatten oder promoviert worden waren, in besonderer Weise mit Hotmans Gedanken, der dort – mit Unterbrechungen – seine letzten Lebensjahre seit 1579 (bis 1590) verbrachte, bekannt geworden sein.344 Besonders deutlich zeigt sich die Rezeption einschlägiger HotmanTexte im Zusammenhang von Studienaufenthalten im Westen in der Biographie und am Werk des Arumaeus-Schülers Johannes Limnaeus (1592–1663). Dieser hat die im Jenaer Kreis ausgebildete reichsständische Linie der Publizistik in den zwanziger Jahren ausgearbeitet und ihr mit den 1629 bis 1634 erschienenen Iuris publici Imperii Romano-Germanici libri IX eine systematische Darstellung gewidmet.345 In seinem Werk Ausgaben im deutschsprachigen Bereich nach der Erstausgabe Paris 1603; Reprint Saint-Etienne; latein.: Hamburg 1647; Leipzig 1704; 1718. 342 Im Jahre 1574 erschien eine in Genf bei Jacob Stoer gedruckte, aber mit der falschen Druckortangabe „Köln“ versehene Ausgabe der Francogallia. Vgl. ferner FRANÇOIS HOTMAN, Franco-Gallia iuxta editionem Francofurt: adauctam. Accessit Antonii Matharelli Reginae Galliae a rebus procurandis primarii responsio quae directa ad editionem Genevensem, quae anno 1573. prodiit, [...], Frankfurt a. M.: Georg Fickwirth, 1665. 343 Siehe oben Abschn. II.Tl.5.2.1. 344 So ist belegt, daß Scipio Gentili Ende der achtziger Jahre für kurze Zeit mit dem dort lebenden Hotman in engen Kontakt trat (vgl. STINTZING, Art. Gentilis, 576). 345 J OHANNES L IMNAEUS , Tomus primus/secundus/tertius ivris pvblici imperii Romano-Germanici [...], Straßburg 1629–1634 [weitere Ausg.: 1640; 1645–1650; 1657–1680; 1699]; vgl. STINTZING, Geschichte II, 180ff. 211–220; HOKE, Reichsstaatslehre; DERS., Johannes Limnaeus; ROECK, Art. Limnaeus, 1985; DERS., Art. Limnaeus, 1990; RIKLIN, Gemischte oder monströse Verfassung?; PAHLMANN, Johannes Limnäus; STOLLEIS, Geschichte I, 141. 151f. 180. 221–224; FRIEDRICH, Geschichte, 54–57; zur wirkungsgeschichtlichen Bedeutung der spezifischen BodinRezeption Limnaeus’ siehe oben Abschn. III.Tl.5., Anm. 311. 341

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wird die Ersetzung des römischen Rechts durch das mittelalterliche und jüngere Reichsrecht konsequent durchgeführt.346 Limnaeus hatte sein Studium in Jena bei Arumaeus begonnen347 und war dann 1614 nach Altdorf gewechselt, wo er vor allem bei Scipio Gentili studierte. Er schlug jedoch nicht die akademische Laufbahn ein, sondern wurde Erzieher, Studieninspektor und später Geheimer Rat der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. In diesen Funktionen unternahm er mehrfache ausgedehnte Reisen nach Oberitalien, England, den Niederlanden und vor allem Frankreich. Hier hielt er sich seit April 1618 zwei Jahre auf, ein weiteres Mal in den zwanziger Jahren und schließlich noch einmal von 1632 bis 1636 während des Dreißigjährigen Krieges.348 Frucht der Frankreich-Aufenthalte sind nicht zuletzt die 1655 in zwei Bänden erschienenen Notitia Regni Franciae, eine Übersicht über die staatsrechtliche Struktur Frankreichs.349 In diesem in Deutschland wirkungsreichen Werk werden die verschiedensten Autoren der französischen Jurisprudenz und Historiographie zitiert und teilweise auch in lateinischer Übersetzung geboten. Hotmans Francogallia spielt als Zeugnis für die Bedeutung ständischer Freiheiten in der französischen Staatsrechtsgeschichte eine wichtige Rolle.350 Das Beispiel des Limnaeus, der zwar im kryptocalvinistischen Milieu Altdorfs studiert hatte, aber an keiner Stelle als Reformierter hervorgetreten ist, zeigt zugleich, daß innerprotestantisch-konfessionelle Differenzierungen beim Zugriff auf das westeuropäische Geistesleben nicht überschätzt werden dürfen. Die Rezeption der Francogallia Hotmans erfolgt in vergleichbarer Weise auch bei lutherischen Juristen wie Paurmeister, der zwar in Heidelberg, nicht aber in Frankreich oder der Schweiz studiert hatte.351

Die ebenso konsequent durchgeführte reichsständische Ausrichtung führt zeitweise sogar zum drohenden Verbot seines Kommentars zu den kaiserlichen Wahlkapitulationen (vgl. JOHANNES LIMNAEUS, In Auream Bullam Caroli Quarti imperatoris Romani observationes, Straßburg 1662). 347 In der Widmungsrede zu seinem Werk Tomus primus/secundus/tertius ivris pvblici imperii Romano-Germanici rühmt er Arumaeus als seinen Lehrer im öffentlichen Recht. 348 Vgl. WOLFF, Die Notitia Regni Franciae, 2–5. 349 JOHANNES LIMNAEUS, Notitia Regni Franciae, 2 Bde., Straßburg 1655; zu dem Werk vgl. WOLFF, Die Notitia Regni Franciae. 350 Vgl. LIMNAEUS, Die Notitia Regni Franciae, lib. I, cap. 9 u.ö. 351 Vgl. z.B. PAURMEISTER , De jurisdictione, 72–79 (hier auch starker Rückgriff auf Hotmans historisierende lex regia-Auslegung). 346

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In diesem Zusammenhang ist ferner auf die besondere Bedeutung Straßburgs für die Aufnahme westeuropäischer Traditionen im Reich hinzuweisen. Auch wenn primär die Grenzlage hierfür verantwortlich war, wirkten sich konfessionelle Faktoren zumindest nicht hemmend aus.352 Denn am Ende des 16. Jahrhunderts hatte sich hier zwar das Luthertum etabliert, aber die vor allem von Martin Bucer und Johann Sturm vertretenen reformierten Traditionen blieben lebendig. Seit dem Jahre 1575 wirkte in Straßburg für mehr als drei Jahrzehnte Georg Obrecht (1547–1612) als Juraprofessor.353 Er war während seines Studiums in Frankreich unmittelbar von den Protestantenverfolgungen im Zusammenhang der Bartholomäusnacht betroffen, was – wie eingangs angesprochen – für ihn einen tiefen biographischen Einschnitt bedeutete.354 Obrechts seit 1586 gehaltene Vorlesungen „de jurisdictione et imperio“ gelten als die frühesten zum ius publicum imperii überhaupt und bilden durch die Einbeziehung reichsrechtlicher Fragen über die reine „de iurisdictione“-Kommentierung hinaus den Anfang der Straßburger Reichspublizistik.355 Zu den Auseinandersetzungen um die lutherische Konkordienformel in Straßburg vgl. DINGEL, Concordia controversa, 88–100. 353 Zu Obrechts Wirken in Straßburg und der juristischen Lehre an der dortigen Hochschule vgl. EISENHART, Art. Obrecht; LEFORT, L’enseignement du droit à l’ancienne université de Strasbourg; IWAND, Die juristische Fakultät der Universität Strassburg von 1538–1870; JIRGAL, Johann Heinrich Bökler; WEBER, Die Bedeutung der alten deutschen Kameralisten; SCHINDLING, Humanistische Hochschule, 289–322; DERS., Straßburg und Altdorf; LIVET, Art. Obrecht; FUCHS, Art. Obrecht. 354 Zu Obrechts Ergehen während der Massaker an den Protestanten in Frankreich im August 1572 und den möglichen Folgen für sein juristisches Werk siehe oben Einleitung, S. 1f. 355 Vgl. G EORG O BRECHT , Tractatus de iurisdictione et imperio [...] ex iure interpretum & textibus iuris civilis, ac hodierna seculi huius praxi luculentissimi pertractatus, hg. v. OTHO MELANDER, Mühlhausen 1602 [autorisierte Fassung erst 1617 in Straßburg vom Sohn Johann Thomas Obrecht hg.; Straßburg 1618]; vgl. auch DERS. [Praes.]/CARL JÖRGER [Resp.], Disputatio de regalibus, ex commentariis [...], Straßburg 1604; GEORG OBRECHT, Politisch Bedencken und Discurs: Von verbesserung Land und Leut, anrichtung gutter Policey [...], Straßburg 1606 [u.ö.]; DERS., Tractatus methodici tres: I. De concipiendis et formandis libellis: II. De litiscontestatione, et III. De iuramento calumniae, in quibus non solum tres tituli codicis Iustiniani, I. de formul. & impetr. act. subl. II. de litiscontest. & III. de iureiur. prop. cal. dan. ex iure civili, veteri & novo, brevi methodo explicantur, sed etiam, quid iure pontificio, quid In imperio de novo constitutum, quidve in imperiali camera, nostrisq[ue] moribus approbatum ac receptum sit, in praecipuis quaestionibus ostenditur, Straßburg 1604; DERS., Fünff Vnderschiedliche Secreta Politica von An352

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6.3 Die Bedeutung von Juristen westeuropäischer Herkunft: das Beispiel des Dominicus Arumaeus Unter den vorgestellten reformierten Juristen ist die relativ große Zahl an westeuropäischen Glaubensflüchtlingen bemerkenswert. Unmittelbar einschlägig für die Entstehung der öffentlich-rechtlichen Diskussion im Reich sind die Arbeiten des Marburgers Regner Sixtinus, der vor den Verfolgungen Herzog Albas in den Niederlanden geflohen war, gewesen.356 Ein weiterer für die Etablierung des ius publicum im Reich entscheidender, aus Westeuropa stammender Jurist ist der als „Stammvater der deutschen Publizisten“357 bezeichnete Dominicus Arumaeus. Der Begründer der reichsständischen Richtung der Reichspublizistik führte das Werk der Editoren des mittelalterlichen Reichsrechts insofern fort, als mit ihm und seinen Schülern die eingehende Kommentierung der in den Jahrzehnten zuvor edierten Texte des mittelalterlichen Reichsrechts beginnt. Die von Arumaeus seit 1615 herausgegebenen fünf umfangreichen Bände mit Abhandlungen und Schüler-Disputationen, welche die Rechtsverhältnisse im Reich anhand des Rückgriffs auf die „Reichsgrundgesetze“ wie die Goldene Bulle und die Wahlkapitulationen erörterten, bildeten einen wesentlichen Ausgangspunkt der entstehenden Lehre des ius publicum in Deutschland.358 Arumaeus war 1579 in Leeuwarden/Niederlande als Sohn einer calvinistischen Familie geboren worden. Gemäß einem aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammenden Zeugnis wollte Arumaeus ursprünglich Pfarrer werden und hatte in seiner Jugend Hebräisch und Griechisch gelernt.359 Stattdessen begann er 1593 ein Jurastudium an der noch jun-

stellung, Erhaltung vnd Vermehrung guter Policey, mit einer Einleitung hg. v. BERTRAM SCHEFOLD, Hildesheim/Zürich/New York 2003. In dieser Schrift findet sich als viertes „Secretum“ der Entwurf einer Policeyordnung, in der es neben der Förderung der Staatseinnahmen auch um die Vervollständigung des Zivilstandsregisters und die Installation einer Sittenaufsicht geht. Hans Maier sieht darin „das erste umfassende Konzept einer modernen Verwaltungsordnung in der deutschen politischen Literatur“ (MAIER, Staats- und Verwaltungslehre, 125). 356 Siehe oben Abschn. II.Tl.5.1. 357 Vgl. P AHLMANN , Dominicus Arumaeus (1579–1637), 28. 358 Siehe oben Anm. 220. 359 Vgl. Biograph. Index van de Benelux, Stichwort „Dominicus van Arum“, 24,303–316, hier: 308 (Jean N. Paquot, 1768).

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gen, calvinistisch ausgerichteten Hochschule in Franeker360 und gelangte nach weiteren Studien in Oxford und Rostock 1599 als Hofmeister eines Sohnes des Bürgermeisters von Stade, Daniel Busmann, nach Jena. Nach der Promotion wurde er dort 1602 außerordentlicher Professor und lehrte seit 1605 als ordentlicher Professor für römisches Privatrecht, später für Reichsstaatsrecht. Anders als bei Matthäus und Peter Wesenbeck, die um ihres Glaubens willen aus den spanischen Niederlanden geflohen waren,361 finden wir in dem Werk des Dominicus Arumaeus keine Belege für kryptocalvinistische oder offen calvinistische Tendenzen. So wird im Falle des Arumaeus keine Abgrenzung gegen die lutherische Konfession seiner Jenaer Wirkungsstätte greifbar. Zugleich sind jedoch auch die Auswirkungen seiner westeuropäisch-calvinistischen Wurzeln unübersehbar. Die frühen, 1602 erschienenen Disputationen362 sind voller Bezüge auf die großen Vertreter der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs,363 und auch in Arumaeus’ später entstandenen Disputationen bleiben diese präsent. Ferner greift Arumaeus ausgiebig auf die ihm offensichtlich gut vertrauten Geschichtsschreiber Frankreichs zurück, in erster Linie Philippe de Commynes (ca. 1447–1511) und Jacques-Auguste de Thou (1553–1617),364 daneben auch Claude de Seyssel (ca. 1450–1520) und Johannes Sleidanus. Anders als die Präsenz französischer Autoren läßt sich spezifisch calvinistisches Gedankengut bei Arumaeus nicht eindeutig nachweisen. Gleichwohl kann man einige präzisierende Bemerkungen hierzu formulieren. In den von Arumaeus herausgegebenen Discursus academici de iure publico wird insgesamt auf deutlich mehr reformiert-calvinistische als auf Die Universität war 1585 durch den Statthalter von Friesland, Graf Wilhelm Ludwig von Nassau, als zweite Universität in den nördlichen Niederlanden (nach Leiden 1575) mit theologischer, juristischer, artistischer und (seit 1589) medizinischer Fakultät gegründet worden. Erster Rektor war der Exeget Martin Lydius (1585–1601), neben ihm tat sich während Arumaeus’ Studienzeit der Schüler Theodor Bezas, Sibrandus Lubbertus (1585–1625), als Polemiker gegen römisch–katholische Theologen, Sozinianer und Arminianer hervor. 361 Siehe oben Einleitung, S. 16f. 362 Vgl. D OMINICUS A RUMAEUS , Ad praecipuas Pandectarum et Codicis leges disputationes, Jena 1602. 363 Verwiesen wird auf Connanus, Baron, Duarenus, Cujas, Coras, van Giffen, Donellus, Charondas, Du Moulin sowie Budé und Alciato. 364 Vgl. J ACQUES -AUGUSTE DE T HOU , Historia sui temporis, 11 Bde., Lyon 1609–1614. 360

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lutherische Autoren verwiesen.365 Unter den theologisch profilierten Autoren auf reformierter Seite sind insbesondere der Calvin-Schüler Lambertus Danaeus und der Herborner Theologieprofessor Wilhelm Zepper zu nennen, auf lutherischer Seite der herausragende Theologe Jenas, Johann Gerhard. Lediglich in einzelnen der Disputationen kann man spezifisch calvinistisch-reformierte Themen besonders betont finden, so zum Beispiel die pointierte Ausrichtung auf die gloria Dei.366 Diese Belege reichen jedoch für die Hypothese eines calvinistisch-reformierten Profils im Schülerkreis des Arumaeus nicht aus. Hingegen ist ein anderer Sachverhalt bemerkenswert: der breite Rückgriff auf calvinistisch-monarchomachische Autoren. Diese sind in den im Umkreis des Arumaeus entstandenen Disputationen signifikant stärker präsent als bei anderen lutherischen Juristen. Die Vindiciae contra tyrannos367 werden zur Unterstützung der eigenen Argumentation ebenso häufig herangezogen wie Althusius’ Politica methodice digesta368. Bemerkenswert sind vor allem die zahlreichen positiven Bezüge bzw. Rückgriffe auf

Vgl. z.B. PHILIPP HORSTIUS, De bello, in: ARUMAEUS, Discursus IV/39, f. 193r–205r; JOHANNES REUTTER [Praes.]/CUNO VON BODENHAUSEN [Resp.], De crimine laesae majestatis, in: ARUMAEUS, Discursus IV/40, f. 205v–234v. 366 Vgl. G EORG F RANTZKE [Praes.]/CHRISTIAN B ESSEL [Resp.], Disputatio prior de potestate principis, Jena 1622, f. C3r–v: „XLVIII. Finem potestatis nostrae constituere possumus duplicem alium communiorem seu remotiorem, alium proprium seu proximiorem. – XLIX. Ille est, quod debeat dirigi ad gloriam Dei et rectum ejus cultum. – L. Sed quia hic finis communis saltem est, et ab alia facultate, Theologia saltem est, et ab alia facultate, Theologia scilicet, regitur, proprie etiam potestati Principis adaptari nequit. In genere enim ait Apostolus, Sive edatis, sive bibatis, sive quodcunque feceritis, omnia facite ad gloriam Dei 1. Cor. 3. v. 10. – LI. Et si cultus Dei et religionis dijudicatio finis esset hujus potestatis, necesse quoque esset in disciplina politica; ad quam ea pertinet, inveniri et explicari media ad eum efficiendum, haec enim est natura finis adaequati ut media legitima ipsi in disciplina quadam substernantur. Quod quidem sine manifesta disciplinarum distinctarum confusione fieri minime posset. Arnisae. lib. 2. relect. Polit. c. 1. num. 2. & seqq.“ 367 Vgl. z.B. D OMINICUS A RUMAEUS [Praes.]/J OACHIM B UMANNUS [Resp.], De magistratibus superioribus disputatio, Jena 1615, f. A4r; ARUMAEUS, Discursus I/1, 6; FRANTZKE [Praes.]/BESSEL [Resp.], De potestate principis, f. B3r–v; HORSTIUS, De bello, f. 9r; REUTTER [Praes.]/VON BODENHAUSEN [Resp.], De crimine laesae majestatis, f. 224r. 368 Vgl. z.B. Vgl. z.B. F OMMANNUS , O RTOLPHUS [Praes.]/B ERNHARD B ERTRAM [Resp.], De Comitiis Imperii Romano-Germanici, in: ARUMAEUS, Discursus I/9, 146. 150; f. 176v. 177r–178v; FRANTZKE [Praes.]/ BESSEL [Resp.], De potestate principis, f. D4r; 365

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Hotmans Francogallia,369 die ja, wie erwähnt, mit ihrem Rückgriff auf die mittelalterlichen Quellen der französischen Staatsrechtsgeschichte und ihrer Betonung der Freiheiten (des Volkes und) der Stände die deutsche Entwicklung der sich formierenden Reichspublizistik in Deutschland geradezu vorwegnimmt. Angesichts der im übrigen alles andere als ungebrochenen Rezeption dieses Werkes in der lutherischen Jurisprudenz Deutschlands muß man die Bedeutung der Francogallia des Calvinisten Hotman für die Reichspublizistik wohl deutlich stärker gewichten, als das bislang geschehen ist.370 Die Disputationen des Arumaeus und seiner Schüler nehmen das monarchomachische Schrifttum durchweg zustimmend auf. Zugleich erfolgt eine gewisse Entschärfung der monarchomachischen Thesen. Die Bindung des Fürsten an das Naturrecht, das göttliche Recht und die Fundamentalgesetze wird durchweg stark betont,371 aber man ist äußerst zurückhaltend mit der Formulierung eines Widerstandsrechts der UnVgl. z.B. DOMINICUS ARUMAEUS, Num status imperii hodierni sit monarchicus, vel aristocraticus, aut mixtus?, in: DERS., Discursus I/1, 5. 15; vgl. ferner DERS., An alius quam Germanus in Regem Romanorum eligi possit?, in: DERS., Discursus I/6, 71; DERS., Num imperator noster etiamnum legibus solutus dici possit?, in: DERS., Discursus I/7, 81f.; DERS. [Praes.]/MICHAEL SCHIFERER [Resp.], De Comitiis Imperii Romano-Germanici, in: ARUMAEUS, Discursus I/18, 510. 516; Beispiele für Verweise allgemeinerer Art auf Hotman: REUTTER [Praes.]/VON BODENHAUSEN [Resp.], De crimine laesae majestatis, f. 218r. 223r–224r; ARUMAEUS , Ad praecipuas Pandectarum et Codicis leges disputationes, f. Kk 1v–2r. L4r; Ll2v, S2v–S3r. 370 Zur Wirkung der Aufnahme der Vindiciae contra tyrannos in den Discursus academici de jure publico des Arumaeus hinsichtlich der Entwicklung der zentralen Unterscheidung von maiestas personalis und realis vgl. SCHUBERT, Reichstage, 480f. Schubert hat auch auf den starken Einfluß des im Umkreis der calvinistischen Monarchomachen und des insbesondere von Althusius entwickelten Gedankens einer staatlich verfaßten Volkssouveränität auf Paurmeister von Kochstädts Schrift De jurisdictione imperii Romani libri duo hingewiesen (vgl. aaO., 496). 371 „68. Et sic nobis sit constitutus Princeps, quem in seipsum retrogradum cupimus, ut semet cognoscat, tum dignitatem quam gerit. Nam ipse non est dignitas, sed agit personam dignitatis. Neque in Principibus, tam personam singularem reveremur, quam Majestatem DEI et imaginem potestatemque consideramus ex parte illius, cujus delegati sunt, cujusque in terra partes gerunt. Proinde ejus voluntatem pro lege habemus, si justa sit, non quia ipse vult, sed quia justum Rex velle creditur, eumque solemnitatibus Juris civilis liberum esse, quibus tamen non censetur juri naturae, divino, fundamentalibusque regni ll. Quibus tenetur, derogare, teste Amplißimo et Clarißimo Dn. D. Arumaeo in Aur. Bull. Explicatione q. 5. c. 1.“ (ARUMAEUS [Praes.]/BUMANNUS [Resp.], De magistratibus superioribus, f. C4v–D1r). 369

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tertanen gegen eine tyrannisch gewordene Obrigkeit. Schließlich habe Christus geboten, der Obrigkeit zu geben, was man ihr schuldig sei, und nicht einen Becher Gift.372 Hier könnte man eine im lutherischen Kontext erfolgte Modifikation calvinistisch-monarchomachischer Widerstandslehren vermuten – zumindest im Vergleich mit den Vindiciae, nicht jedoch im Vergleich mit der Francogallia, die mit der Formulierung eines Widerstandsrechts ebenfalls sehr zurückhaltend ist –, jedoch dürfte schlicht die dominante antipäpstliche Grundhaltung, die das Recht der weltlichen Obrigkeit zu wahren sucht, verantwortlich dafür sein.373 Hier, in der antipäpstlichen Tendenz, und nicht in der Abgrenzung gegenüber einer anderen Richtung innerhalb des Protestantismus, ist auch die charakteristischste Eigenart von Arumaeus’ konfessionellem Profil zu suchen. Arumaeus verteidigt mit den anderen protestantischen Autoren der frühen Reichspublizistik in pointierter Weise das Eigenrecht der von Gott eingesetzten weltlichen Obrigkeit gegenüber den zerstörerischen Herrschaftsansprüchen des Papstes.374 Daß der Papst sich zum König aller Könige mache, ist wider die Heilige Schrift.375 Bib„71. Difficillima est quaestio, utrum subditi magistratum, si in tyrannum degenerat repellere, ac eum e medio tollere possint? Inter Theologos quidam existimant non licere. Dantur quippe saepe nobis principes secundum cor, et ut merita nostra deposcunt. Dicit namque dominus, fecerunt sibi Regem et non per me Principem. Et hoc videtur dicere de Saule illo, quem etsi Dominus elegerit et Regem fieri voluerit, non tamen secundum voluntatem, sed populi petentis meritum fuit electus, quem David interficere noluit, sed egone, inquit, Regem DEO sacrum violari patiar? 2. Sam. 23. Simile et in Nabucodonosare, Jerem. 29. v. 7. habentque solum Deum judicem non subditos. C. princeps. 13. q. 5. Psal. 50. v. 6. et Eccles. 19. in cogitatione tua regi ne maledicas. et Exod. 22. Judici non detrahes et principi populi tui non maledicas. Deut. 32. mea est ultio, et ego retribuam ei. Christusque tributum Caesari, non venenum dari jubet“ (ARUMAEUS [Praes.]/BUMANNUS [Resp.], De magistratibus superioribus, f. D1r–v). 373 Dafür spricht die im gleichen Kontext erfolgende Kritik an der Unterminierung der weltlichen Obrigkeit durch jesuitische Widerstandslehren. 374 Vgl. z.B. D OMINICUS A RUMAEUS [Praes.]/G EORG B RUDTLACHT [Resp.], De Romani Teuton. imperii vicariatu, Jena 1619, bes. f. A4r–v, Nr. 12f. 375 „74. Necquicquam juris sibi arrogent circa Electionem Imperat. Pontifices, quos Mars.[ilius] In defens. Pacis diaboli pugiles appellat. Papa quidem in templo DEI, tanquam DEUS sedet prae se ferens, se esse DEUM in verbis se dicens servum servorum in facto autem se adorari permittens. 2. Thess. 2. qui et Felino DEUS est, qui possit secundum Decium et Gomesium facere omnia quae DEUS facit, et ut in aliis gloßis et scriptoribus juris Canonici habetur, quod Papa sit omnia et super omnia, quod sit dominus dominantium [sic!] et jus regis regum habeat in eorum subditos, quod possit mutare quadrata rotundis et quod sit causa causarum, et ideo 372

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lisch hingegen wäre es, an der Unterscheidung von Mose als des höchsten „Lenkers“ des Gemeinwesens und dem Priester Aaron Maß zu nehmen. Der Kaiser hat sein Amt unmittelbar von Gott und keineswegs vom Papst – wie ja auch die offizielle Formel „Wir von Gottes Gnaden“ und nicht „des allerheiligsten Vaters, des Papsts“ heißt.376 Wenn Jesuiten wie Juan de Mariana die Tötung der Obrigkeit wegen vermeintlicher Häresie lehren, tun sie ein Übriges zur Zerstörung der weltlichen Ordnung.377 Über die Kritik an der Verhältnisbestimmung von non sit de ejus potestate inquirendum cum primae causae nulla causa sit. Atque hinc, ut ipsimet Reges (non iniquum postulatum videtur) nedum alii humilioris sortis homines ad pedes suos osculandos abjiciant, cum tamen Petrus hominem ad pedes suos procumbentem evexerit, dicens: Nam et ego sum homo. Quam pedum osculationem probare annituntur ex Psal. 72. v. 9. et Esa. 44. Belle, quia sc. Non aliter decet terrestre numen religiosus cultus. Sed, ut laeticia loquax sic et nova dignitas ostentatrix sui“ (ARUMAEUS [Praes.]/BUMANNUS [Resp.], De magistratibus superioribus, f. D2r). 376 „77. Qui ejus defensionem suscipiunt, eum non ut Papam, sed ut Italiae Principem his praerogativis insignitum esse ostendunt, cum satis superque constet, pastorali officio principalem potestatem hodie esse annexam. Tempore autem illo, quo Italia donata, ferunt auditam vocem de coelo, hodie est infusum Ecclesiae venenum, qua Ecclesiam rerum donationem contentarum capacem non fuisse judicatum. Imperator vero, nec eum superiorem agnoscit, sed imperium immediate tenet a DEO, nam Dei gratia Reges regnant, Proverb. 8. Hinc illud vulgatum in diplomatibus Impp. Wir von Gottes Gnaden non des allerheiligsten Vaters des Papsts. Moyses summus gubernator Reipubl. fuit, Aaron sacerdos, Aaron thuribulo contentus fuit, et jure Caducei abstinuit. Hodiernis vero temporibus thuribulum Aaronis et gladius Nimrodi una manu regitur, et una parte Clerici, altera Principes et Duces salutari cupiunt, altera manu codicem, altera ensem gestant“ (ARUMAEUS [Praes.]/BUMANNUS [Resp.], De magistratibus superioribus, f. D2v). 377 „72. Econtra Jesuitae acriter contendunt et qui vitae haereticorum parcit rationem reddere cogi DEO ajunt, sicut Saul parcendo Regi Achab 2. Sam. 18. 3. Reg. 20. Et Mariana Jesuita Toletanus subditos in hoc casu ab omni homagio esse solutos et ipsis permissum Principem interficere vel ferro aut veneno. Cum veneno autem minus esse periculosum et majorem spem impunitatis habere, fiat igitur me auctore, inquit, lib. 1. de regal. C. 7. Caeterum, si subditos Princeps vult cogere ut sint suae tyrannidis administri, illi potius fugere, et in altum locum, atque adeo non resistendo, sed fugiendo vim tyranni declinare debent“ (ARUMAEUS [Praes.]/BUMANNUS [Resp.], De magistratibus superioribus, f. D1v). Gleichermaßen vernichtend für ein Gemeinwesen ist die Aufhebung der Pflicht zur Vertragstreue im Verhältnis zu vermeintlichen Häretikern: „61. De latrone et hoste dissentit Baldus, quod jurigent. Quo fides et pacta nituntur, est contrarium. Inprimis a. erit servandum, si juramento fuerit confirmatum quale fuit, quod Josua cum Gaboanitis contra ll. Iniit. Cujus violationem DEUS gravißime punivit Jos. 9. 2. Sam. 21. 2. Chron. 26. Dis-

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Papst und Kaiser hinaus werden der Anspruch des Papstes, über den Konzilien zu stehen, seine Selbstbezeichnung als Haupt der Kirche und sein Bestreben, sich anbeten zu lassen, unter Rückgriff auf biblische Belege unmißverständlich zurückgewiesen.378 Auch das für Entstehung und Praxis der Religion Wesentliche wird dabei bestimmt, nämlich der Verzicht auf Mittel der Gewaltanwendung. Der Glaube kommt aus dem Hören, und die wahre Religion wird nur durch Mahnung, Geduld und Glauben bewahrt.379 Gegen die „Papisten“, die die lutherische Religion sentiunt aulaepontificiae assentatores, qui foedera auctoritate Pontificia everti, subditosque a religione jurisjurandi, quo Principi devincti sunt liberari posse asserunt, in quo tamen Ethnici sunt religiosiores, qui illud servandum putant, quod Deo teste promissum est, non ob iram Deorum, quae nulla est, sed ob justitiam et fide. Sincera quoque candida, rotunda, dilucida et concludens foederum sit interpretatio, quo pertinet illud Mauritii Electoris Saxon. dum ad Carolum V. Imperatorem: at ego inquiebat te tanquam Imperatorem, non tanquam Jctum et legistam volo pactionies et foedera interpretari“ (ARUMAEUS [Praes.]/BUMANNUS [Resp.], De magistratibus superioribus, f. C3r–v). 378 „45. Iidem scripturam sacram quae scriptis Propheticis et Apostolicis continetur esse cereum nasum, qui in multas formas poßit transmutari, et esse cothurnum et materiam litis perpetuam clamitant. Omnes v. qui Papam superiorem non recognoscunt consiliis, scriptis, sermonibus, sunt oppugnandi et auxilio brachii secularis, hoc est, igne et gladio prorsus e medio tollendi. Confirmant hoc ex Johannis Evang. 15. ibi si quis in me non manserit, mittetur foras sicut palmes et arescet, et colligent eum, et in ignem mittent. Haec Bemb. Part. 1. c. 9.“ (ARUMAEUS [Praes.]/BUMANNUS [Resp.], De magistratibus superioribus, f. B4v). „76. Christus cum ab Apostolis discederet, Joann. 14. v. 17. non aliquod visibile caput, quod suo nomine universam Ecclesiam, ut Monarchiam gubernaret, sed S.S. qui vobiscum maneret, in aeternum relicturum dicebat, qui et affirmat regnum ejus non esse de hoc mundo. E. et nec pro Regis esse potest, nec Petrus Act. 20. et 5. v. 6. aurum et argentum dare potuit. Habet igitur illud Papa alio jure non Apostolico“ (ARUMAEUS [Praes.]/BUMANNUS [Resp.], De magistratibus superioribus, f. D2v). 379 „43. Cumque sola divinitas interiora cordis agnoscat perscrutetur et judicet. Solus n. rex illum quem nuptiali vste minime indutum internoscebat foras ejici jußit, non ministri, quib. Satis erat ad epulum regium convivas vocasse, inque eo belle officio suo perfunctos fuisse, quibus nihil aliud mandatum, quam invitate, vocare nemini non manifestum est. Quemadmodum Christus ipse inquit, sicut misit me pater, ita et ego mitto vos ad praedicandum veritatem, non v. ad occidendum, Act. 15. v. 10. Matth. 28. Qui Petro dixit, Pasce oves meas. Cui alienissimam juxta ac crudelißimam Baron in vot. Ad Paulum V. adjecit interpretationem, pascendi verbo vitae et necis potestatem venire, dictitans [sic!] mitis ingenii sacerdos juxta illud, quod alibi Petro dictum, surge et macta, Act. 10. Ex quo Clarißime liquit non debere ministros illud crudele in conscientias imperium sivi sumere et arroganter nimium usurpare. Fides ex auditu est, non a violenta coactione et defendenda est religio non

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als neu bezeichnen, ist einzuwenden, daß es hier nur um das gehe, was schon Paulus gelehrt habe: den Tod Christi wegen unserer Sünden und die Auferstehung um unserer Rechtfertigung willen.380 Die besprochenen Passagen stammen aus einer Jenaer Disputation de magistratibus superioribus, die im Jahre 1615 unter dem Vorsitz Arumaeus’ mit Joachim Bumannus als Respondenten stattfand.381 Für diese Thesenreihe ist charakteristisch, daß neben juristischen, philosophischen, literarischen und historiographischen Quellen eine Fülle von Bibelstellen herangezogen und ausgewertet wird. Die biblische Erzählung von Schöpfung und Fall wird skizziert, um die Entstehung von Tyrannis zu erläutern. Gottes Plan mit der Einsetzung weltlicher Obrigkeit wird erläutert – u.a. auch mit Rückgriff auf die Vier-Monarchien-Lehre aus dem Buch Daniel382 –, bevor dann die weltliche Obrigkeit mit ihrer rein

occidendo, sed monendo, non saevitia, sed patientia, non scelere, sed fide“ (ARUMAEUS [Praes.]/BUMANNUS [Resp.], De magistratibus superioribus, f. B4r–v). 380 „44. Ut autem unus est verus Deus, ita una tantum vera religio in Ebraea Ecclesia et deinceps post Christi adventum et adhuc apud eos, qui ab auctore suo non tam dicuntur, quam unice pendent. Haec tribus maxime notis est insignis, nempe vero DEO, divina lege, et salutis meditore, quibus accedit et haec, quodsit antiquissima. Antiquitas v. nusquam alibi deprehenditur quam in scriptis Propheticis, ad quam ipse Dominus quem pater e coelis audiendum pronunciat, provocat, cum dicit ab initio non fuit, sic Lucae 9. scrutamini scripturas, illa est, quae de me testatur Moysen et Prophetas audiatis Lucae 16. et 24. Bemb. Part. 1. cap. 13. Papistae religionem Lutheranam novam appellant et nuper natam, dubiam esse et incertam cavillantur. Nihil vero novi in ea deprehendent, si modo veterem illam Pauli concionem agnoscere voluerunt Jesum Christum mortuum esse propter peccata nostra, resurrexisse propter justificationem nostram, Rom. 4.“ (ARUMAEUS [Praes.]/BUMANNUS [Resp.], De magistratibus superioribus, f. B4v). 381 Mehrfache Verweise auf Schriften des Arumaeus („teste Amplißimo et Clarißimo Dn. D. Arumaeo/Praeside in Aur. Bull. Explicatione […]“ o.ä., vgl. aaO., f. B3v. C4v. D1r. D2v. D3r. D3v. D4v) deuten auf Bumannus als Verfasser. In der Matrikel der Universität Jena ist Bumannus (Buman), der aus Wismar stammte, nicht verzeichnet. Neben der Disputation von 1615 ist noch eine weitere Disputation (pro gradu) von Bumannus de pignoribus et hypothecis von 1617 erhalten (vgl. RANIERI /HÄRTER , Biographisches Repertorium, Stichwort „Bumannus/Buman“). 382 „12. Caeterum quatuor Monarchias futuras easque divinitus praedictas ex c. 2. Dan. v. 7. et Apocalyps. 13. v. 1. Cum Dressero et Franckenberg. Scriptis de hoc argumento integris libris contra Bodinum qui obstinate hoch negat in hist. Meth. C. 6. esse statuimus et per aureum caput Assyrirorum regnum, per argentea brachia et pectus Medorum atque Persarum, pro ventre et femorib. Graecorum, pro tibiis v. ferreis partim victilibus Romanum et ultimum, quod Christus sanctum vult, quodque

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weltlichen Aufgabenbestimmung in Abgrenzung von Religion und Glauben als ihr entzogenem Lebensbereich erörtert wird. Andererseits aber hebt die Disputation im Anschluß dann den Zusammenhang von Religion und politischem Gemeinwesen als für letzteres bestandsnotwendig hervor. Gott allein schaut in die Herzen – damit hat die weltliche Obrigkeit nichts zu schaffen. Zugleich ist für Bestand und Gedeihen des Gemeinwesens nicht nur Gerechtigkeit, sondern eben auch pietas notwendig.383 Diese doppelte Tendenz – Profilierung des Eigenrechtes weltlicher Obrigkeit gegenüber einer pseudogeistlichen Unterminierung – und zugleich Hervorhebung der Bedeutung einer ganz auf das Geistliche konzentrierten Religion für ein funktionierendes Gemeinwesen – könnte auch der Schlüssel zur Erklärung eines auffälligen Sachverhalts sein: Die beschriebene stark biblisch-theologisch argumentierende Disputation de magistratibus superioribus ist keinesweges repräsentativ für Arumaeus’ Werk. Es finden sich zahlreiche andere Disputationen, die zu fast gleichlautenden Themen verfaßt wurden, in denen biblische Verweise völlig fehlen.384 Stattdessen wird hier wie bei den humanistischen Juristen Frankreichs Cicero zur überragenden Autorität in den Begründungsfragen des Recht und anderen weltanschaulich ausgerichteten Diskursen.385 Dies ist charakterisch für das humanistisch-melanchthonianisch orientierte Luthertum ebenso wie für den Calvinismus, auch wenn man bei letzterem mit seiner Konzentration auf die wahre geistli-

tam diu quo usque seculum cum Augustino et Jeronymo duraturum intelligimus“ (ARUMAEUS [Praes.]/BUMANNUS [Resp.], De magistratibus superioribus, f. A3r–v). 383 „58. Fides porro justitiae fundamentum et humanae societatis nervus, quo inciso, illam interire necessum est, [...]“ (aaO., f. C2v). „60. Fides oritur ex verbis et promissis, quibus et princeps jure divino obligatur, Genes. 15. v. 8. Hebr. 8. v. 8. Sic habetur exemplum Davidis cum subditis suis, 2. Sam. 2. v. 21. nihilque tam naturali aequitati consentaneum quam quae placuerunt servare. Quae obtinent in foederibus, nec simpliciter probandum est dictum, illos esse loco et conditione deteriore, qui foedus servarent. De haeretico dissentiunt Canonistae et notum est exemplum Johannis Hussi, qui contra fidem publicam ab Imperatore Sigismundo datum combustus est in concilio Constantiensi. Si inquit Bodin. 5. de Rep. 6. Heretico et infideli fidem frangere fas est, dare nefas sit: Si vero fidem dare jus est dat tam servare oportet“ (aaO., f. C3r). 384 Vgl. als Beispiel aus der frühen Zeit ARUMAEUS , Ad praecipuas Pandectarum et Codicis leges disputationes, 1602. 385 Zu entsprechenden Charakteristika von Donellus’ Werk vgl. S TROHM , Religion und Religion, 202–211.

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che Gottesverehrung ein stärkeres Potential zu einem säkularisierenden Umgang mit der Welt annehmen kann.386

6.4 Französische Glaubensflüchtlinge als Drucker Nicht zu unterschätzen ist schließlich ein Aspekt des für die Reichspublizistik elementaren Wissenstransfers aus Westeuropa, an dem als Drucker tätige Glaubensflüchtlinge mitgewirkt haben. Schon der erwähnte Sachverhalt, daß die erste in Deutschland erschienene Ausgabe der Francogallia in der Offizin des hugenottischen Glaubensflüchtlings Wechel gedruckt wurde,387 kann als Indiz dafür gewertet werden. In erster Linie sind hier die Druckorte Frankfurt a. M. und insbesondere Hanau zu nennen. Beide Orte spielen eine herausragende Rolle beim Druck und der Verbreitung der publizistischen Literatur. In Frankfurt a. M. konnte sich Andreas Wechel nach seiner Flucht infolge der Protestantenmassaker des Jahres 1572 schnell als führender Drucker etablieren.388 Nach seinem Tod 1581 übernahmen zwei ebenfalls um ihres Glaubens willen aus Frankreich geflohene Schwiegersöhne, Claude de Marne und Jean Aubry, die Druckerei. Die zunehmende Feindschaft gegen den Calvinismus veranlaßte die beiden dazu, den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten in das nahegelegene calvinistische Hanau zu verlegen. Der Krieg brachte die Drucktätigkeit dort Ende der zwanziger Jahre praktisch zum Erliegen. Auch der Hanauer Erstdrucker Wilhelm Antonius (1593–1611/15) hatte einen profiliert calvinistischen Hintergrund.389 Sein Vater war entweder aus Frankreich geflohen oder aus den Niederlanden eingewandert. Er selbst studierte an der calvinistischen Hochschule in Neustadt an der Haardt.390 Ende des Jahres 1592 war er vom calvinistischen Grafen zu Hanau Philipp Ludwig II. oder dessen Als ein gewisses Indiz zumindest für eine Offenheit gegenüber dem reformierten Protestantismus könnte schließlich auch die Anwendung der ramistischen Methode im Umkreis des Arumaeus zu bewerten sein. Vgl. bes. GEORG BRAUTLACHT, Epitome jurisprudentiae publicae universae, Jena 1622; SCHUBERT, Reichstage, 426f.; kritisch zur Frage der Präsenz der ramistischen Methode bei Daniel Otto STOLLEIS, Geschichte I, 217. 387 Siehe oben Abschn. III.Tl.6.3. 388 Vgl. E VANS , The Wechel Presses. 389 Vgl. B ENZING , Buchdrucker, 186. 189; DERS ., Die Hanauer Erstdrucker Willhelm und Peter Antonius (1593–1625); RESKE, Buchdrucker, 346f. 390 Der Sohn Peter, der seit 1610 das Herborner Pädagogium besucht hatte, übernahm die Druckerei 1615 und betrieb sie bis 1624 weiter. 386

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Vormund Johann d. Ä. von Nassau aufgefordert worden, sich als Buchdrucker in Hanau niederzulassen, und tat dies wohl mit Teilen der Wechelschen Druckerei. Während die Situation in Frankfurt a. M. etwas komplexer und unübersichtlicher ist,391 lassen sich über die in Hanau bis Ende der zwanziger Jahre des 17. Jahrhunderts gedruckten Werke relativ klare Urteile fällen.392 Neben calvinistisch-theologischen Werken, zumeist ramistisch konzipierten Lehrbüchern der verschiedenen Disziplinen und humanistisch inspirierten Editionen klassischer Autoren wurden hier vor allem juristische Werke gedruckt. In den ersten zehn Jahren Hanauer Druckgeschichte wurden folgende juristische bzw. für die entstehende Reichspublizistik relevante Werke gedruckt: 1593 ein Kommentar des Jacques Cujas, 1594 Alberico Gentilis für die Entstehung des modernen Völkerrechts bahnbrechende Schrift De Legationibus, 1595 ein Werk des Heidelberger Juristen Johann Kahl sowie ein Werk des damals ebenfalls in Heidelberg tätigen Juristen Hippolyt a Collibus, ein Werk Hotmans sowie zusammen mit einem Werk Machiavellis die Vindiciae contra tyrannos und Theodor Bezas monarchomachische Schrift De iure magistratuum in subditos. 1596 folgten ein Kommentar des Ramisten Bilstein über die Institutionen und eine weitere Ausgabe der genannten Schrift Alberico Gentilis zusammen mit einem gleichnamigen Werk François de La Mothe Le Vayers sowie Werke von Nikolaus Vigelius und Eberhard von Weyhe, 1597 ein Werk Guilielmus Forners und ein feudalrechtliches Werk Nikolaus Vigelius’; 1598 eine Ausgabe der beiden Schriften Princeps und Palatinus, sive Aulicus des Hippolyt a Collibus, jeweils ein juristisches Werk Antonius Guibertus Costanus’, Charles Du Moulins, Alberico Gentilis und Nicolas Lesueurs sowie eine Edition Marquard Frehers mit einer angefügten juristischen Abhandlung; 1599 eine weitere Ausgabe des Hippolyt a Collibus, eine Feudalrechts-Edition und eine weitere Kommentar-Edition Marquard Frehers sowie zwei Werke Alberico Gentilis; 1600 ein Werk des Hippolyt a Collibus; 1601 Althusius’ Civilis conversationis libri duo sowie Werke Alberico Gentilis, Hotmans, Eberhard von Weyhes und Christoph Ehems; 1602 Nicolai Intrigliolis Traktat de substitutionibus. Zusätzlich zu diesen beim Hanauer Erstdrucker Wilhelm Antonius gedruckten Werken begannen Claude de Marne und die Erben des Jean Aubry, nachVgl. BENZING, Buchdrucker, 119–139; RESKE, Buchdrucker, 223–266. Auflistung der Drucker mit kurzen biographischen Informationen in: aaO., 186–192. 391 392

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dem sie aufgrund der religiösen Unduldsamkeit des Frankfurter Rates nach Hanau ausgewichen waren, seit 1602 in Hanau zu drucken, im ersten Jahr Scipio Gentilis De coniurationibus, eine vierbändige Ausgabe der Werke Jacques Cujas’ sowie Frehers Edition zur böhmischen Geschichte.393 Die Liste läßt sich ohne große Veränderungen bis in die zwanziger Jahre fortsetzen.394 Im Blick auf die Ausbreitung der Reichspublizistik sind vier Beobachtungen festzuhalten: Erstens: Unter den Autoren der in Hanau gedruckten Werke hat die Mehrzahl einen calvinistisch-reformierten Hintergrund. Gleichwohl werden ebenfalls einschlägige Werke lutherischer Autoren gedruckt wie zum Beispiel im Jahre 1608 Tobias Paurmeisters De iurisdictione imperii Romani libri duo.395 In den Jahren 1612 und 1618 erschien in Hanau sogar William Barclays gegen die Monarchomachen gerichtete Streitschrift.396 Dieser Text wurde von protestanIm Jahre 1610 schied de Marne infolge von Differenzen aus und ging wieder nach Frankfurt a. M., wo er aber noch im gleichen Jahr starb (aaO., 187). 394 Werke folgender Juristen bzw. Politica-Autoren wurden neben den im weiteren genannten zwischen 1603 und 1619 in Hanau gedruckt: Johannes Althusius (1611), William Barclay (1612, 1617, 1618, 1619), Celso Bargagli (1604), Erich Beringer (1614), Jakob Bornitz (1608), Everhard van Bronkhorst (1603, 1604, 1610, 1611, 1615), Hippolyt a Collibus (1615), Franciscus Connanus (1610), Jean de Coras (1607); Andreas Crebs (1613), Jakob Curtius (1605), Hugo Donellus (1604, 1610, 1612), Charles Du Moulin (1604, 1606?), Philippe Duplessis-Mornay (1604, 1605, 1607), Étienne Forcadel (1603), Marquard Freher (1603), Alberico Gentili (1603, 1604, 1605, 1606, 1607, 1612, 1613, 1614), Scipio Gentili (1604, 1606, 1607), Melchior Goldast von Haiminsfeld (1609, 1611, 1612, 1613), François Hotman (1610, 1611, 1613), Johann Kahl (1619), Bartholomäus Keckermann (1609, 1610, 1611, 1612, 1613), Andreas Knichen (1603, 1607, 1608, 1613), Antoine Leconte (1607, 1614), Giacomo Menochio (1616), Ludwig Molina (1612), Julius Pacius a Beriga (1605, 1610), Étienne Pasquier (1611), Tobias Paurmeister (1608), Konrad Pincier (1619), Thadaeus Piso Soacius (1614), Vitus Polantus (1612), Konrad Rittershausen (1603), Jakob a Saa (1612), Felino Maria Sandeo (1611), Daniel Schneider (1613), Johann Baptista Schwartzenthaler (1603), Clemens Timpler (1611), Johannes Vaudus (1607), Nikolaus Vigelius (1614) und Matthäus Wesenbeck (1604, 1615); siehe ferner unten Anm. 410. 395 Siehe oben Abschn. III.Tl.3., Anm. 98. Auf dem Titelblatt ist vermerkt, daß der Druck auf Kosten des Frankfurter Druckers Peter Kopf in Hanau erfolgt ist („Impensis Petri Kopffii“). 396 WILLIAM B ARCLAY , De potestate Papae. An et quatenus in reges et principes seculares ius et imperium habeat, liber posthumus eiusdem de regno et regali potestate: adversus Buchananum, Brutum, Boucherium et reliquos monarchomachos, libri VI. Editio nunc secundum in Germania adornata emendatior, Hanau [ohne Drucker!] 1618. 393

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tischen Reichspublizisten hochgeschätzt; denn in ihr wurde der päpstliche Anspruch auf die indirekte Herrschaftsgewalt auch in zeitlichen Dingen zurückgewiesen. Da der Jesuit Robert Bellarmin seine diesbezüglichen Thesen insbesondere in kritischer Auseinandersetzung mit Barclay entfaltet hatte, hat Goldast von Haiminsfeld dessen Schrift mit anderen ähnlich ausgerichteten Texten im dritten Band seiner Monarchia sacri Romani imperii ediert.397 Zweitens: Hanauer Drucker haben mit ihren Drucken einen wichtigen Anteil an dem für die Reichspublizistik elementaren Wissenstransfer aus Westeuropa. Über die Werke der führenden Vertreter der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs hinaus398 werden in Hanau auch zeitgenössische Texte gedruckt, die die Auseinandersetzungen mit dem vor allem von Jesuiten propagierten Anspruch des Papstes, der weltlichen Obrigkeit übergeordnet zu sein, im Reich präsent machen.399 Drittens: In Hanau ist ein signifikanter Anteil der Editionen mittelalterlichen oder gegenwärtigen Reichsrechts gedruckt worden, die Voraussetzung und Beginn der Reichspublizistik und der Entstehung einer Disziplin des öffentlichen Rechts waren. Hier ist neben mehreren einschlägigen Editionen Frehers400 vor allem die von 1611 bis 1614 erschienene Sammlung Monarchia sacri Romani imperii Goldast von Haiminsfelds zu nennen.401 Vgl. GOLDAST VON HAIMINSFELD, Monarchia III, 621–687. U.a. Werke Franciscus Connanus’, Jean de Coras’, Jacques Cujas’, Hugo Donellus’, Charles Du Moulins, François Hotmans und Antoine Lecontes; vgl. auch [JEAN FROISSART/PHILIPPE DE COMMYNES], Duo Gallicarum rerum scriptores nobilissimi, Frossardus In brevem historiarum memorabilium epitomen contractus, Philippus Cominaeus De reb. gestis a Ludovico XI, & Carolo VIII, Francorum regibus. Ambo a Ioan. Sleidano e Gallico in Latinum sermonem conversi, breviq[ue] explicatione illustrati, Hanau 1619. 399 Vgl. z.B. S CIPIO G ENTILI , De coniurationibus libri duo, ad Christianiss. Henricum IV. Francorum regem, Hanau 1602; ROBERT ABBOT, De suprema potestate regia. Exercitationes habitae in academia Oxoniensi, contra Rob. Bellarminum, et Francisc. Suarez, Hanau 1619; siehe auch oben Anm. 55 u. 396f. sowie unten Anm. 401 u. 404. 400 Vgl. F REHER , Germanicarum rerum scriptores, Bd. 3, Hanau 1611; D ERS ., Corpus Francicae historiae veteris et sincerae [...], Hanau 1613; siehe auch oben Abschn. II.Tl.2.5.1, bes. Anm. 326f., und oben Abschn. III.Tl.2. 401 Siehe oben Abschn. III.Tl.2., Anm. 41. Dieses Werk Goldast von Haiminsfelds wie auch dessen 1609 in Hanau gedruckte DD. NN. imperatorum caesarum augustorum, regum, et principum electorum sacri Romani imperii recessus werden bei CASPARY, Späthumanismus und Reichspatriotismus, 218 u.ö., mit dem durch fehlerhafte Über397 398

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III. Teil: Der Anteil reformierter Juristen an der Entfaltung des ius publicum

Viertens: Goldasts Edition wurde, finanziert durch dessen Freund Konrad Biermann, bei dem Hanauer Drucker Thomas de Villiers gedruckt. Biermann, der, in Hamm gebürtig, an der calvinistisch-reformierten Hohen Schule der Grafschaft Bentheim in Steinfurt studiert hatte, war bis 1614 Konsistorialsekretär in Hanau402 und hat vor allem mit de Villiers zusammen für das öffentliche Recht einschlägige Schriften zum Druck gebracht. De Villiers’ Vater war aus Glaubensgründen aus La Rochelle nach Basel geflüchtet. Er selbst arbeitete dann vermutlich bei Aubry und de Marne, führte von 1610 bis 1612 seine eigene Druckerei, dann bis zu seinem Weggang nach Bremen 1614 zusammen mit seinem Schwiegersohn Jean Le Clercq (dieser bis 1616?). De Villiers hat unter anderem die gegen die Jesuiten gerichteten Schriften der französischen Juristen Charles Du Moulin403 und Étienne Pasquier404 zum setzung aus dem Lateinischen („Hanoviae“) entstandenen Druckort „Hannover“ aufgeführt. 402 Es sind nur wenig biographische Fakten bekannt. Vgl. S TRIEDER 1, 424f.: „Ist aus Hamm in Westphalen gebürtig, und Anfangs Kammer=Registrator, nachmals Sekretarius, und folgends Konsistorialsekretarius in Hanau bis ins Jahr 1614 gewesen, da er sich bereits wiederum in seinem Vaterlande befunden, wie solches aus der Dedikation vor dem I. publ. Westphal. ICtor. an den Hanauischen Rath D. Wilh. Scurio, unter dessen Professorat zu Steinfurt Biermann studirt, abzunehmen ist. [...] In obiger mir von Hanau mitgetheilten Nachricht wird erwehnt, daß Biermann 1614 zu Hanau des Lobwassers in Verse gebrachte Psalmen, und Jahrs darauf die ganze Bibel drucken lassen.“ 403 CHARLES D U M OULIN , Consilium super commodis vel incommodis novae sectae seu factitiae religionis Jesuitarum. Accessit fragmentum epistolae pii cuiusdam episcopi: quo pseudo Jesuitae Caroli, & eius congerronum maledicta depellit, Hanau 1604; vgl. auch DERS., Consilia duo: I. Super facto Concilii Tridentini. II. Super commodis vel incommodis novae sectae, seu factitiae religionis Jesuitarum, s.l. [Hanau?] 1606. 404 ÉTIENNE P ASQUIER , Von der Jesuiter Sect/ Das ist/ Kurtzer und Summarischer/ aber wahrhafftiger Bericht/ von der Jesuiter ersten ankunfft/ Stifftung/ Orden/ vermehrung desselben. Auch durch was für List und betrug/ sie in den Stand [...] Sonderlich in der Cron Franckreich gestigen seyen. Darinnen [...] dem Parlament zu Paris deutlich vor augen gestellet worden/ was für jammer [...] durch diese Sect/ der Cron Franckreich werde auffgestifftet und zugefüget. Durch [...] Steffan Pasquier [...] Vor dem Königlichen Parlament öffentlich eyngebracht/ nachmaln beschriben [...] und in die Teutsche Sprach versetzt, Hanau 1611; vgl. auch [ANONYM], Von der Jesuiten/ wider König- und Fürstliche-Personen Abschewliche/ Hochgefährliche Practiken/ Anschlägen/ und Thaten. Etliche schöne herrliche Politische und Historische Tractätlein [...] in Frantzösisch und Teutsch beschrieben/ und jetzund alles in Hochteutsch ubersetzt. Darinn auß der Jesuiten eigen Bü-

6. Westeuropäische Einflüsse auf die Reichspublizistik

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Druck gebracht.405 Der Zusammenarbeit Biermanns mit ihm entsprang die Publikation einer gleichfalls gegen die Jesuiten gerichteten Schrift Goldasts,406 aber auch den Druck rein theologischer, klar reformiert ausgerichteter Schriften bei De Villiers finanzierte Biermann.407 Bei De Villiers Schwiegersohn und Nachfolger Jean Le Clercq und anderen Hanauer Druckern hat er weitere Drucke von Schriften Goldasts zu Themen des öffentlichen Rechts betrieben.408 Für die Entstehung der chern [...] ihre [...] Mordlehr [...] an tag gegeben wirdt [...], Hanau 1611; darin enthalten: [ANONYM], Urtheil Deß Königlichen Parlaments zu Paris/ Wider den Bößwicht und Königsmörder Frantzen Ravaillac: Unnd weil derselbe Königsmörder bekant/ daß er zu diser Mordthat auch durch gelesene Jesuitische bücher angewisen worden: So werden etliche der Jesuiten bücher und beweisungen/ von ihrer [...] Mordlehr [...] nachgesetzt [...], s.l. 1610. 405 Vgl. ferner [A NOMYM ], Edictum Serenissimi magnae Britanniae Regis Jacobi I. Fidei Defensoris, Contra Pontificios Angliae Recusantes, & Jesuitas, Sacrificulosq[ue]; ad diem 2. Iunii MDCX. publice promulgatum. Ex Anglico Exemplari Londoni apud Robertum Barcker [...] impresso, in Latinam linguam translatum, Hanau 1610. In Bremen hat De Villiers dann u.a. die so umfangreiche wie scharfe Kritik der Jesuiten durch Pierre Du Moulin in deutscher Übersetzung veröffentlicht: DERS., Glaubens Schildt/ Oder Rettung der Reformirten kirchen glaubens bekanntnüß/ Wieder Die einwuerffe Johannis Arnoldi, Jesuiten/ und [...] zu Franckreich [...] hofpredigers [...]. Darinnen alle [...] streitpuncten/ zwischen der reformirten kirchen/ und der Römischen [...] erörtert werden; Auß dem Frantzösischen verteutschet. Durch Petrum Molinaeum, dienern am wort Gottes/ in der Refomirten gemeine zu Pariß, Bremen 1624. 406 Siehe oben Anm. 55. 407 [A NONYM ], Anti-Morrelles: Seu Responsio Ministrorum colloquutorum, Ad Relationem Colloquii Francofurtensis, autumnalibus nundinis anni M.DC.IX. inter P. Cosmam Morrellem SS. Theologiae Doctorem, & in universitate Coloniensi Professorem, studiiq[ue] conventus fratrum praedicatorum regentem: & nonnullos orthodoxae religionis ministros, habiti in duas partes distributa, Hanau 1610; Quaestio ubi vera et catholica Jesu Christi ecclesia invenienda sit. Abs Andrea Dudithio oratore Caesareo olim Joanni Wolphio, & Theodoro Bezae per epistolam proposita: & horum ad eandem solidissimae responsiones. Quarum illa de novo prodit; hae eme[n]datiores: studio Jo. Rodolphi Lavateri Tigurini, Hanau 1610; vgl. ferner die satirische Schrift: [MELCHIOR GOLDAST VON HAIMINSFELD], Processus iuris iocoserius, tam lectu festivus et Iucundus, quam ad usum fori & praxeos moralis cognitionem utilis ac necessarius [...], Hanau 1611. 408 [M ELCHIOR G OLDAST VON H AIMINSFELD ], De translatione imperii Romani, a Graecis ad Francos, an et quatenus a pontifice Romano facta sit. Clarissimi cuiusdam Germaniae iurisconsulti politica disputatio, opposita disceptationi Roberti Bellarmini cardinalis et jesuitae, de eadem re, Hanau: Hans Jakob Henne, 1613; siehe dazu oben Abschn. III.Tl.2.4, bes. Anm. 64–68 sowie unten Abschn. III.Tl.7.;

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III. Teil: Der Anteil reformierter Juristen an der Entfaltung des ius publicum

Reichspublizistik hat der reformierte Jurist Biermann eine besondere, bislang nicht recht gewürdigte Bedeutung erlangt.409 Denn noch vor dem hier traditionell als erstem genannten Arumaeus hat er mit der Veröffentlichung von Sammlungen von Dissertationen de iure publico begonnen. Der erste Band mit 5 Werken erschien im Jahre 1614 bei De Villiers’ Schwiegersohn und Nachfolger Le Clercq, weitere Bände in den Jahren 1615, 1618 und 1620 in Frankfurt.410 Bemerkenswert an diesen Sammlungen ist, daß Biermann, der sich an anderer Stelle als geradezu kämpferischer Reformierter zeigt, in diese Sammlungen Autoren unterschiedlicher Konfession und sogar katholische Verfasser wie z.B. Adam Freispach aufnehmen kann.411 Ähnlich wie bei Biermanns Freund Goldast von Haiminsfeld dürfte die Aufnahme katholischer Autoren

vermutlich ebenfalls von Goldast verfaßt ist die folgende, bei Thomas de Villiers und Jean Le Clercq gedruckte Schrift: Tractatus de iurisdictione et imperio praestantissimi cuiusdam iurisconsulti et insignis practici. In quo non solum singularum iurisdictionis specierum verae ac genuinae definitiones traduntur, nec non interpretum varii hac in parte commissi errores solide refutantur [...], Hanau 1613. In den Jahren 1611 und 1612 erschienen zwei antipäpstliche Texte in Frankfurt a. M., die Biermann als Drucker nennen: Decretum Parlamenti Parisiensis, contra librum Cardinalis Bellarmini, de potestate summi pontificis in temporalibus. Arrest du Parlement de Paris, contre le libure du Cardinal Bellarmin touchant la puissance souveraine du pape, sur tous les roys, princes, etc., Frankfurt a. M.: Konrad Biermann, 1611; Simonia curiae Romanae invictiss. Carolo V. Caesare Augusto a reverendiß. & sereniß. S. Rom. imp. electoribus, illustrißimisq[ue] principibus comitiis Norinbergensibus anno MDXXII. Oratori Pontificio proposita. Ab iisdem in oppositis Concilio Tridentino gravaminibus summatim repetiva visa dignissima [...], Frankfurt a. M.: Prostans in Bibliopolio Biermanniano [Konrad Biermann/Nikolaus Biermann], 1612. 409 Vgl. die Hinweise bei STOLLEIS , Geschichte I, 213. 410 [K ONRAD B IERMANN ], S. imperii Romani ius publicum: hoc est, de Romani imperatoris electione, vicaria imperii administratione, principum electorum sessione, successione, tutela, privilegiis etc. de s. caesareae maiestatis, camerae, potentissimorum imperii principum et ordinum aliorumque magistratum jurisdictione; de constitutionibus imp. praecipuis, de contributionibus imp. modernis; omnibus materiis in theoria, in praxi, in statu quouis, seculo nostro frequentissimis, ab aliquot Westphaliae ICtis clarissimis studio singulariter pertractatae, [Bd. 1], Hanau 1614; pars altera [...], Frankfurt a. M. 1615; [Bd. 3], Frankfurt a. M. 1620; vgl. auch [KONRAD BIERMANN], Iuris publici utriusque tam ecclesiastici quam politici, In orbe Romano cum antiquo tum hodierno usurpati tomus secundus: Complectens in se XV tractatus diversorum iurisconsultorum [...], Frankfurt a. M./Hanau 1615; tomus tertius, Frankfurt a. M./Hanau 1618. 411 Siehe oben Anm. 88.

7. Desakralisierung der Reichsauffassung: der Marburg-Gießener Streit

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wesentlich dadurch begünstigt worden sein, daß sie in dem dominierenden argumentativen Kampf gegen die Vermischung von geistlicher und weltlicher Gewalt und deren folgenschwerer Usurpation durch den Papst nützlich schienen.412

7. Desakralisierung der Reichsauffassung: der Marburg-Gießener Streit um die Stellung des Kaisers und die translatio-Lehre 7. Desakralisierung der Reichsauffassung: der Marburg-Gießener Streit Die Analyse Basler Disputationen und Dissertationen hatte ergeben, daß sich hier kein meßbarer Niederschlag spezifisch reformierter Auffassungen im Zusammenhang der Bewertung der Lehre von der translatio imperii aufweisen läßt.413 Gleichwohl kam es im Zusammenhang der 1605 erfolgten Überführung der Universität Marburg zum reformierten Protestantismus und der dadurch veranlaßten Gegengründung der lutherischen Universität Gießen zu einem Streit in dieser Sache, der durch innerprotestantische Gegensätze verschärft wurde. Ausgangspunkt war die bereits mehrere Jahre zuvor publizierte „De iurisdictione“-Kommentierung des führenden reformierten Juristen der Universität Marburg, Hermann Vultejus, in der die Macht des Kaisers begrenzt und die Kompetenz der Reichsstände gestärkt wurde.414 Im Jahre 1606, unmittelbar im Zusammenhang der Gründung der neuen lutherischen Gegenuniversität, ließ der Gießener Jurist Gottfried

Siehe oben Anm. 396f. Siehe oben Abschn. II.Tl.3.4. 414 Vgl. H ERMANN V ULTEJUS , Ad titvlos codicis, qui sunt, de ivrisdictione et foro competenti, commentarius, Frankfurt a. M. 1599 [weitere Ausg.: 1625; 1630]; vgl. auch den bereits vor Vultejus’ Kommentierung verfaßten Kommentar Hieronymus Treutlers: DERS., De iurisdictione [1592], in: DERS., Disp. 1617, I/3, 31–43; vgl. ferner HERMANN VULTEJUS [Praes.]/ALBERT RUST [Resp.], De jurisdictione propositiones juridicae, Marburg 1588. Bereits in der Disputation von 1588 heißt es in den Corollaria: „I. Competit jurisdictio non soli Imperatori, ad quem, mutata veteri Rom. Reipubl. forma, rerum summa delata est: Verum hodie ex notißima Germaniae consuetudine jure Magistratus proprio et perpetuo, aliis quoque Principibus inferioribus, ducibus, comitibus, Baronibus, Nobilibus, etc. II. Sed et liberis Imp. Rom. civitatibus, jura Principum, in territoriis subjectis competere, nec libertati aut juribus earundem rite acquisitis, tutelam protectionemve superioris, quem sibi defensorem constituerunt, derogare quidquam posse putamus.“ 412 413

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III. Teil: Der Anteil reformierter Juristen an der Entfaltung des ius publicum

Antonius einen seiner Schüler gegen Vultejus disputieren.415 Der Antwort aus Marburg, die von Vultejus’ Schüler Georg Martin bzw. dessen Schülern formuliert wurde,416 folgten weitere Thesen aus Gießen sowie Gegenthesen aus Marburg. Mehrere Faktoren wirkten beim Entstehen der Kontroverse, die schon mehrfach dargestellt worden ist,417 zusammen. Nicht zu unterschätzen sind schlichte persönliche Gründe. Antonius, der Hauptverantwortliche auf Gießener Seite, hatte die Universität Marburg nach deren Übergang zum Calvinismus verlassen. Offensichtlich blieb das Verhältnis zu dem an der Calvinisierung der Marburger Universität maßgeblich beteiligten Vultejus gespannt. Dafür, daß es nicht nur um das sachliche Problem des „princeps legibus solutus“ ging, spricht jedenfalls, daß Antonius einen seiner Schüler gegen weitere Werke des Vultejus, dessen Darstellung des römischen Rechts und den Disceptationum iuris scholasticarum liber unus, antreten ließ.418 Darüber hinGOTTFRIED ANTONIUS [Praes.]/KONRAD SCHÜTZ [Resp.], Disputatio de jurisdictione veteri et nova seu hodierna maxime quatenus in Principe Germano residet, Gießen 1606; GOTTFRIED ANTONIUS [Praes.]/CHRISTOPH KALT [Resp.], Disputatio iuridica, de augustissimae, sacratissimaeque camerae imperialis iurisdictione, Gießen 1607; DERS. [Praes.]/CHRISTOPH KALT [Resp.], Disputatio apologetica de potestate imperatoris legibus soluta, et hodierno Imperii statu [...] adversus Hermannum Vultejum, Gießen 1608 [wiederabgedr. in: GOLDAST VON HAIMINSFELD, Politica Imperialia, 623–629]; zu Antonius siehe oben Abschn. II.Tl.5.1, S. 268, bes. Anm. 869 (Literatur). 416 Vgl. G EORG M ARTIN [P RÄS .]/D ANIEL P ATTERSON [Resp.], Disputatio prima in institutiones iuris civilis: de potestate imperatoris legibus soluta et hodierno imperii statu, adversus Gothofredum Antonium, IC Gießenem, Marburg 1607 [teilw. wiederabgedr. in: GOLDAST VON HAIMINSFELD, Politica Imperialia, Frankfurt 1614, 630–636 (hier mit falscher Jahresangabe 1609)]; DERS., Contraria non contraria, id est, conciliationes omnium antinomiarum, quae in institutionibus Imperialibus occurrunt [...] quibus etiam annexa est Apologia, Calumniis D. Antonii [...] opposita, Marburg 1608; 21609; DERS., Brvtvm fvlmen id est furiae idoli Giesseni, Antonij Gottfrieds [...], Marburg 1609. 417 Vgl. S TINTZING , Geschichte II, 40–54; SCHUBERT , Reichstage, 541f.; STOLLEIS, Geschichte I, 159; STEIGER, Zur Kontroverse; HOKE, Die Emanzipation der deutschen Staatsrechtswissenschaft von der Zivilistik im 17. Jahrhundert, 211. 217; FRIEDRICH, Geschichte, 49–52; zum weiteren Verlauf des Streits vgl. LINK, Dietrich Reinkingk. 418 Vgl. G OTTFRIED A NTONIUS [Praes.]/WILHELM L UDWIG VON F REYBERG [Resp.], Disputatio anti-Vultejana secunda jurisprudentiae Romanae ab Hermanno Vultejo [...] editae specimen exhibens, Gießen 1609; GOTTFRIED ANTONIUS [Praes.]/JOHANN CHEMNITZ [Resp.], Disputatio Anti-Vulteiana tertia primam partem examinis praecipuarum disceptationum iuris scholasticarum Hermanni Vulteii, ICti Marpurgensis continens, Gießen 1609; GOTTFRIED ANTONIUS [Praes.]/JO415

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aus ist die besondere Situation der neugegründeten Universität Gießen in Rechnung zu stellen.419 In der Gießener Position wirkte sich nicht nur die kaiserfreundliche Politik der Landgrafen von Hessen-Darmstadt aus. Vielmehr wollte Antonius, der 1607 Kanzler und erster Rektor der neugegründeten Universität wurde, mit seiner kaiserfreundlichen Lehre wohl auch unmittelbar die dankbare Verbundenheit mit dem Kaiser angesichts der Privilegierung der Universität zum Ausdruck bringen. Gleichwohl läßt sich auch ein Unterschied in den konfessionellen Grundentscheidungen benennen, der sich differenzbildend in der öffentlich-rechtlichen Argumentation ausgewirkt hat.420 Vultejus hatte argumentiert, daß die römisch-rechtlichen Bestimmungen zur Jurisdiktion und insbesondere die Parömie „princeps legibus solutus“ (Dig. 1,3,31; 32,23; Inst. 2,17,8) nicht mehr auf die gegenwärtigen Verhältnisse anwendbar seien, denn das Reich habe keine monarchische Regierungsform mehr. Begründungen für diese These konnten einerseits aus den faktischen Verhältnissen im Reich gezogen werden. Denn die Notwendigkeit eines Zusammenwirkens des Kaisers mit den Reichsständen bei der Gesetzgebung und anderen hoheitlichen Akten ließ sich nicht leugnen. Andererseits begründete Vultejus seine Thesen mit einer Kritik der Auffassung von der Kontinuität des römischen und des römisch-deut-

ERNST VON HOLLWEDE [Resp.], Disputatio iuris Anti-Vulteiana quarta, Gießen 1610. 419 Zur Gründung der Universität Gießen vgl. M ORAW, Kleine Geschichte, 11– 22; RUDERSDORF, Der Weg zur Universitätsneugründung in Gießen. 420 Eine besondere methodische Schwierigkeit beim Aufweis solcher konfessionsbedingten Unterschiede zwischen den Marburger und Gießener Lehren liegt darin, daß die auf Gießener Seite beteiligten, lutherischen Juristen größtenteils noch durch den calvinistisch-reformiert orientierten Marburger Vultejus beeinflußt bzw. geprägt sind. Dies gilt selbst für den entschiedensten Vertreter der lutherisch-kaisertreuen Position, den seit 1619 in Gießen als Professor extraordinarius lehrenden Dietrich Reinkingk. So vermutet H. Jessen mit guten Gründen, daß Reinkingk seine enge Vertrautheit mit dem Werk des Althusius der Freundschaft mit Vultejus verdankt (vgl. DERS., „Biblische Policey“, 7; vgl. auch LINK, Dietrich Reinkingk, bes. 79). Ein anderer Gießener Jurist, Reinhard König, verweist bei seiner Erläuterung von Sachverhalten des französischen Staatsrechts ohne kritische Abgrenzung auf Hotmans Francogallia und die Vindiciae contra tyrannos (vgl. REINHARD KÖNIG [Praes.]/JOHANNES SCHAMROTH [Resp.], Disputatio politica gemina: prior, de statu imperii Romani: altera de origine electorum, Gießen 1608 [wiederabgedr. in: GOLDAST VON HAIMINSFELD , Politica imperialia, 645–652, hier: 646]). HANN

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III. Teil: Der Anteil reformierter Juristen an der Entfaltung des ius publicum

schen Reichs.421 Sein Schüler Georg Martin, der ihn gegen die Gießener verteidigte, hat diese Kritik dann zu einer Fundamentalkritik der biblischen Begründung der Kaiserideologie in der Lehre von den vier Reichen nach dem Propheten Daniel422 ausgeweitet.423 In seiner eingehenden exegetischen Erörterung verweist Martin unter anderem auf den Danielkommentar des reformierten Theologen Amandus Polanus von Polansdorf.424 Martins eingehender Widerlegung der biblischen Begründung der Kaiserideologie steht keine auch nur annähernd entsprechende biblisch-exegetische Argumentation der Gießener Juristen gegenüber.425 Um die Geltung des römischen Rechts und damit der ParöVgl. VULTEJUS, Ad titvlos codicis, qui sunt, de ivrisdictione, f. 4r: „Quemadmodum igitur iurisdictio illa antiqua omni hoc tempore fuit incognita, ita et, quae de ea erat doctrina, ut et omnis alia, quae est iuris Iustinianii, obliterata fuit, atque ab hominum memoria et usu in Occidente receßit.“ Fritz Dickmann hat Vultejus’ knappe Erörterungen als „einen scharfen Angriff gegen die mittelalterliche Lehre von der Translatio Imperii und gegen die Folgerungen, die man aus ihr zu ziehen pflegte“ verstanden (DERS., Der Westfälische Frieden, 129). Dagegen hat Steiger zu Recht darauf hingewiesen, daß Vultejus’ Ausführungen den engen Bezugsrahmen der Rechtsprechung und des Zivilprozesses haben und er die neuen Gedanken nur andeutungsweise formuliert habe (vgl. STEIGER, Zur Kontroverse, 341f.). Zu Vorstellungen der translatio imperii vgl. GOEZ, Translatio Imperii. 422 Dan 2,31–49; Dan 7. 423 Vgl. M ARTIN /P ATTERSON , Disputatio prima, These XLII–LXII; vgl. auch die abschließende These LXII: „Patet ex praecedentibus Prophetiam Danielis illis argumentum praebere non posse, qui Germanicum Imperium vltimam monarchiam constituunt. Tantum, et quidem si rem spectes breuissime, si institutum, satis prolixe de prima difficultate.“ 424 Vgl. aaO., These XLIV; vgl. auch AMANDUS P OLANUS VON P OLANSDORF , In Danielem prophetam visionum amplitudine difficillimum, vaticiniorum maiestate augustißimum commentarius. In quo logica analysi et theologica ekthesei tradita in publicis praelectionibus in vetusta Basiliensi Academia totius libri, ad hoc aevum calamitosum saluberrimi, genuinus sensus & multiplex usus ostenditur, Basel (1596) 2 1606. Zu den verschiedenen juristisch relevanten Auslegungen der Lehre von den vier Weltreichen vgl. LÜBBE-WOLFF, Die Bedeutung der Lehre von den vier Weltreichen für das Staatsrecht. 425 So finden sich in der Disputatio apologetica de potestate imperatoris legibus soluta, et hodierno Imperii statu [...] adversus Hermannum Vultejum des Antonius keine Bibelstellenverweise geschweige denn exegetische Begründungen. Beispielhaft ist auch Reinhard Königs zusammenfassende Feststellung, daß die Daniel-Prophezeiung die Kontinuität von römischem und römisch-deutschem Reich impliziere, ohne daß dies dann genauer ausgeführt bzw. exegetisch begründet wird: „DE statu Imperii nostri Romano-Germani conflictus est Iurisconsultorum et Politicorum perdifficilis, quem alii Monarchicum, alii Aristocraticum esse contendunt. Monarchicum qui dicunt, mo421

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mie „princeps legibus solutus“ auch in der Gegenwart zugrundelegen zu können, bevorzugte die kaiserfreundliche Position die Interpretation des Buches Daniel, nach der das von diesem prophezeite vierte Reich, das bis zum Ende der Welt währen sollte, das römische Reich sei. In der Konsequenz mußte die Kontinuität des deutschen mit dem römischen Reich angenommen werden, denn sonst wäre das römische Reich ja nicht das letzte vor dem Weltende. Dem Streit kommt eine grundsätzliche Bedeutung bei der Bewertung des Stellenwerts konfessionskultureller Milieus für die juristische Argumentation zu. Denn hier kam ein dem reformierten Protestantismus eigenes, von der römisch-katholischen Tradition und dem deutschen Luthertum der damaligen Zeit grundsätzlich verschiedenes Geschichtsverständnis zur Wirkung, dessen Wirkmächtigkeit Arno Seifert herausgearbeitet hat.426 Marburger Juristen beriefen sich ausdrücklich auf die calvinistisch-reformierte Bibelauslegung, die ein bestimmtes Geschichtsverständnis implizierte. Gießen hingegen wurde mit dem Wirken des Lutheraners Dietrich Reinkingk in den folgenden Jahrzehnten zum Zentrum der kaiserorientierten Reichsstaatslehre und der für sie grundlegenden sakralen Reichsauffassung. Calvin wiederum hatte mit seiner historisierenden Auslegung der Daniel-Prophetie einer Interpretation den Weg bereitet, die der Kontinuitätsthese den Boden entzog und auch jeder Art von sakraler Deutung des Reiches entgegenstand. Nach Calvins Darstellung bezieht sich Daniels Prophezeiung der vier uentur potissimum infallibili Danielis prophetia, totius orbis gubernaculum a diluuio ad finem vsque mundi in quatuor Monarchias seu Imperia principalia diuidente, c. 2. per statuam, et c. 7. per quatuor animalia de terra surgentia, et 8. per arietem et hircum. Et quidem ipso Propheta interprete, aureum statuae caput, et bestia prima, Regnum Babylonicum denotat. Pectus, brachiaque argentea, cum bestia altera, et ariete bicorni Regnum Persarum et Medorum: Ad haec venter, femora aenea, animal tertium, sicut et hircus vnicornis Imperium Graecorum. Denique tibiae ferreae, et animal quartum Romanorum: At pedes mixti et fictiles diuisionem eiusdem depingebant“ (KÖNIG/SCHAMROTH, Disputatio politica gemina, 645). Auf ihren Zusammenhang mit der juristischen Auseinandersetzung zu untersuchen wären die von Anton Wolff verteidigten theologischen Thesen des Hebräisch-Professors Christoph Helwig: De IV. summis imperiis seu monarchiis, earum ortu, incrementis, fine, synchronismis, e prophetia Danielis dissertatio, universalis simul historiae et praecipuorum in toto orbe regnorum a mundi origine ad haec usque tempora, compendiosam synopsin proponens, Gießen 1609 [wiederabgedr. in: GOLDAST VON HAIMINSFELD, Politica imperialia, 474–486]. 426 Vgl. zum Folgenden SEIFERT , Rückzug; vgl. auch ZWIERLEIN , Heidelberg, 56–61.

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Reiche, die vor der Ankunft des Herrn auf Erden existierten, auf die Zeit bis zur Geburt Christi und also einen historisch vergangenen Sachverhalt.427 Im Jahre 1579 hat der während der kurzen Phase der Relutheranisierung der Kurpfalz aus Heidelberg exilierte und an der calvinistischen Ersatzhochschule Neustadt an der Haardt tätige Theologe Franciscus Junius diese Auslegung aufgenommen und radikalisiert.428 Bei ihm wird das vierte Reich nicht einmal mehr mit dem römischen Reich, sondern vielmehr mit dem Seleukiden- und Ptolemäer-Nachfolgereich Alexanders identifiziert. Bei dem antichristlichen „kleinen Horn“, das dem Tier nach Daniel wachse, handele es sich um Antiochus. Junius eliminiert die weltgeschichtliche Gegenwartsbedeutung der Prophetie noch konsequenter als Calvin, indem er ihr eine Relevanz lediglich für die Geschichte seines Volkes in einer längst vergangenen Epoche zuerkennt. Nach seinem Wechsel an die Universität Leiden hat Junius im Jahre 1602 in einer Johann Oldenbarnevelt gewidmeten Schrift die Konsequenzen für die translatio-Lehre entfaltet.429 Eingehend verteidigt er Matthias Flacius Illyricus’ Zurückweisung der Mitwirkung des Papstes am Übergang vom römischen auf das deutsche Reich gegen die Angriffe des Jesuiten Bellarmin.430 Im Luthertum setzt sich eine andere Auslegung der Daniel-Prophetie bzw. der Vier-Monarchien-Lehre durch. Zwar lassen sich bereits bei Luther Gedankengänge finden, die die Identität des römisch-deutschen

427 Vgl. J OHANNES CALVIN , Praelectiones in Danielem Prophetam, 1561, CO 40,588–610, bes. 603–607; CO 41,39–81, bes. 57f. Calvin hat seine Interpretation nicht zuletzt in kritischer Auseinandersetzung mit zeitgenössischen jüdischen Auslegern entwickelt, die das römische Reich als aus dem der Griechen hervorgegangen sahen und dementsprechend das Reich der Türken als viertes Reich bezeichneten. 428 Bibliorum Pars quarta, id est Prophetici libri omnes [...] brevibusque scholijs [...] illustrati ab Imm. Tremellio et Franc. Iunio, Frankfurt a. M. 1579; zu Junius’ Theologie vgl. jetzt die Heidelberger Dissertation von TOBIAS SARX: Franciscus Junius d. Ä. (1545–1602); vgl. ferner CUNO, Franciscus Iunius der Ältere. 429 F RANCISCUS J UNIUS , Animaduersiones ad tres libros de translatione imperii Romani a Graecis ad Francos, qvos Robertvs Bellarminvs Politianus societatis Iesu (vt vocant) disputationum suarum libris interseruit aduersus Matthiam Flaccium Illyricum, Leiden 1602. 430 Bezeichnend ist in der Schrift Junius’ Distanz zu Flacius’ Patriotismus. Vgl. z.B. aaO., 245: „Haec Illyrico patriae suae et Germanorum suorum causa praedicanti facile indulgemus, quae in pari causa Bellarminus ex Appiano Italis suis arrogat.“

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mit dem alten römischen Reich ablehnen.431 Sein Hauptinteresse liegt aber in der Identifizierung des Papstes und mitunter auch der Türken als prophezeiten Antichristen bzw. „Endchristen“. Das Reich kann dann auch als viertes Reich nach Daniel eine Art sakraler Bollwerkfunktion gegen das Wüten des Antichristen bilden.432 Im lutherischen Bereich hat lediglich Andreas Osiander eine Calvins Ausrichtung vorwegnehmende Auslegung unternommen, nach der Cäsar mit dem Antichrist (dem Kleinen Horn aus Dan 7,8ff.) identifiziert wurde und das römische Reich (als das vierte) dann in der Völkerwanderung endgültig untergegangen war.433 Nicht diese, sondern die Bewertung des Reiches als eine Art sakrales Bollwerk gegen das Wüten des – in Rom herrschenden – Antichristen ist im Luthertum des ausgehenden 16. und beginnenenden 17. Jahrhunderts herrschend geworden. Auf diesem Hintergrund wird dann die translatio-Vorstellung erörtert. Nicht die Kontinuität von spätantik-römischem und fränkisch-germanischem Reich wird kritisiert, sondern die Widerlegung der von der römischen Seite propagierten Schlüsselrolle des Papstes bei der translatio steht im Zentrum. Die auch wirkungsgeschichtlich wichtigste derartige Darlegung stammt aus der Feder des Matthias Flacius Illyricus.434 Nach Flacius ist das römische Reich nicht durch den Papst, sondern durch Gottes Beistand mit Hilfe kriegerischer Mittel auf die Deutschen übergegangen. Dabei ist ausdrücklich Daniels Prophezeiung der Folge der Weltreiche

In der frühen Schrift An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung von 1520 läßt Luther das angebliche Faktum einer translatio imperii durch den Papst unwidersprochen. Lediglich die daraus resultierenden Rechtsansprüche werden abgelehnt (vgl. WA 6,463–465). In der kurz vor dem Tod 1545 geschriebenen, scharfen Abrechnung mit dem Papsttum Wider das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet wird die translatio imperii als päpstliche Fiktion abgetan (vgl. WA 54,295–298; vgl. auch GOEZ, Translatio imperii, 281–286). 432 In der Heerpredigt wider den Türken von 1529 legt Luther Dan 7 im Sinne einer Kontinuität von römischem und römisch-deutschem Reich aus (vgl. WA 30 II,165,3–166,19). Die Türken könnten kein neues Reich aufrichten, da nach dem Propheten das römische Kaisertum das letzte sei (und also noch heute existiere). In der Literatur wird Luther mitunter zu Unrecht als Vertreter der Diskontinuitätsthese neben Calvin genannt (vgl. LÜBBE-WOLFF, Bedeutung, 374; STEIGER, Zur Kontroverse, 341). 433 Vgl. S EEBASS , Das reformatorische Werk des Andreas Osiander, 74ff.; S EI FERT, Rückzug, 10f. 50–53; ZWIERLEIN , Heidelberg, 56. 434 Vgl. M ATTHIAS F LACIUS I LLYRICUS , De translatione imperii Romani ad Germanos, Basel 1566; vgl. dazu GOEZ, Translatio imperii, 293–304. 431

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im Blick.435 Dietrich Reinkingk hat in seinem Tractatus de regimine seculari et ecclesiastico436 die hier implizit vorhandene sakrale Bewertung des Reiches dann im Sinne einer sakralen Reichs- und Kaiserideologie juristisch ausgebaut. Das – nach Seiferts Titulierung – durch den „Rückzug der biblischen Prophetie von der Neueren Geschichte“ charakterisierte reformierte Geschichtsbild trägt „immanent-rationalere“ Züge als die im lutherischen Bereich vorherrschende Erwartung des Antichristen.437 Zwar ist auch bei den Reformierten, gerade in Verfolgungszeiten, die Identifizierung des Papstes mit dem Antichristen präsent. Eine Begründung findet sie jedoch in der Apokalypse-Auslegung, nicht in der Daniel-Interpretation bzw. der Vier-Reiche-Lehre. Junius’ im Zusammenhang der Heidelberger Arbeiten an der Übersetzung der Bibel ins Lateinische entstandener Danielkommentar wirkte prägend bis in das Zürcher und Baseler Reformiertentum hinein.438 Auch der von den Marburger Juristen aufgenommene Danielkommentar des Baseler Theologen Polanus von Polansdorf beruhte maßgeblich auf Junius’ Auslegung.439 In der Auslegung der Daniel-Prophetie zeigt sich ein im Vorangegangenen bereits vielfach beobachteter Sachverhalt, der für das konfessionskulturelle Milieu der reformierten Juristen charakteristisch ist, besonders deutlich. Bibeltexte werden in der Tradition der humanistischen Jurisprudenz in gleicher Weise historisch-kontextualisierend erörtert wie Texte des römischen Rechts. Man ist von der Rationalität der römisch-rechtlichen wie der biblischen Texte gleichermaßen überzeugt. Dem entspricht ein verinnerlichtes, spiritualisiertes Verständnis der christlichen Botschaft. Das Feindbild – verkörpert von der römisch-päpstlichen Kirche – ist die abergläubische Vermischung Vgl. aaO., 20f. Gießen 1619 [weitere Ausg.: Basel 1622; 1623; Marburg 1632; 1641; Frankfurt a. M. 1651; 1659; 1663]. 437 Zur Antichrist-Thematik im Luthertum vgl. L EPPIN , Antichrist und Jüngster Tag; POHLIG, Konfessionskulturelle Deutungsmuster; DERS., Zwischen Gelehrsamkeit und konfessioneller Identitätsstiftung, 462–493; vgl. THOMAS KAUFMANN, 1600 – Deutungen der Jahrhundertwende im deutschen Luthertum; DERS., Apokalyptik und politisches Denken im lutherischen Protestantismus in der Mitte des 16. Jahrhunderts. 438 Junius’ Auslegung der Daniel-Prophetie wird aufgenommen z.B. von Robert Rollock (1591), Hugh Broughton (1599), Johannes Piscator (1614), Grotius (1627) und Gerhard Vossius (1659), (zunächst) jedoch nicht von Johann Jakob Grynaeus (vgl. SEIFERT, Rückzug, 73–86). 439 Vgl. dazu genauer S EIFERT , Rückzug, 74–78. 435 436

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von Gott und Welt, die der Welt das zuerkennt, was allein Gott zukommt. Dem konfessionskulturellen Milieu der Reformierten liegt eine sakrale Reichsauffassung deutlich ferner als dem lutherischen. Dem steht nicht entgegen, daß der keineswegs dem reformierten Milieu zuzurechnende „Politique“ Jean Bodin, schon früh eine entsprechende Destruktion der translatio-Lehre unternommen hatte.440 Im Gegenteil erscheint es wahrscheinlich, daß der aus Bourges, dem Zentrum der humanistischen Jurisprudenz Frankreichs, stammende Junius Bodins 1566 entfaltete Deutung der Daniel-Prophetie bzw. der translatio-Lehre gekannt hat.441 Im lutherischen Bereich erfolgte die Übernahme der von reformierten Juristen vertretenen translatio-Lehren und ihrer das Reich entsakralisierenden Implikationen erst einige Jahrzehnte später durch Hermann Conring442 und Bogislaus Philipp von Chemnitz alias Hippolithus a Lapide (1606–1678)443. Ersterer wirkte an der Universität Helmstedt, an Vgl. JEAN BODIN, Methodus ad facilem historiarum cognitionem [1566]. Neudr. d. Ausg. Amsterdam 1607, Aalen 1967; zu der Schrift vgl. COUZINET, Histoire et méthode à la Renaissance; DESAN, Naissance de la méthode, 91–112; KELLEY, The Development and Context of Bodin’s Method; FRANKLIN, Jean Bodin and the sixteenth-century revolution in the methodology of law and history; MENKEGLÜCKERT, Geschichtsschreibung, 110–118. 441 Zwierlein hält es für „höchst wahrscheinlich“, daß Junius Bodins Kritik der Vier-Monarchien-Einteilung der Weltgeschichte gekannt hat (vgl. ZWIERLEIN, Heidelberg, 57). Denn neben den Basler Nachdrucken sei auch auf einen Nachdruck durch Jean Marechal in Heidelberg im Jahre 1583 zu verweisen (vgl. JEAN BODIN, Methodvs ad facilem historiarum cognitionem: accvrate denuo recusus [...], [Heidelberg:] Apud Ioann. Mareschallum Lugdunensem, 1583; vgl. auch ROLAND CRAHAY et al., Bibliographie, 31–33). 442 Vgl. H ERMANN CONRING , De Germanorum imperio Romano liber unus [...], Helmstedt 1644 [andere Ausg.: 1694]; weitere Schriften zum Thema aus dem gleichen Zeitraum in: WILLOWEIT, Hermann Conring, 131. 443 H IPPOLITHUS A L APIDE [=B OGISLAUS P HILIPP VON CHEMNITZ ], Dissertatio de ratione status in imperio nostro Romano-Germanico, in qua, tum, qualisnam revera in eo status sit, tum, quae ratio status observanda quidem, sed magno cum patriae libertatis detrimento, neglecta hucusq[ue] [richtig: huiusque] fuerit; tum deniq[ue] quibusnam mediis antiquus status restaurari ac firmari possit, dilucide explicatur 1640 [weitere Ausg.: Freistadii = Amsterdam 1647]; deutsche Übersetzung: Abriß der Staats-Verfassung, Staats-Verhältnis, und Bedürfnis des Römischen Reichs Deutscher Nation, nebst einer Anzeige der Mittel zur Wiederherstellung der Grund-Einrichtung und alten Freyheit nach dem bisherigen Verfall, Mainz/Koblenz 1761, 4ff. 134 u.ö.; vgl. dazu HOKE, Hippolithus a Lapide; STOLLEIS, Geschichte I, 203–207. Bezeichnenderweise galt der Autor der Dissertatio de ratione status in imperio 440

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der eine starke humanistische Tradition existierte, die dem historisierenden Umgang mit Bibeltexten vergleichbar offen gegenüberstand, wie das den Reformierten selbstverständlich war.444 Chemnitz ist zu Recht als ein Autor beschrieben worden, der ganz „als Realpolitiker der Macht“445 sprach. Inwieweit eine solche Grundhaltung, die sich im 17. Jahrhundert verstärkt ausbreitete, im reformierten oder im lutherischen konfessionskulturellen Milieu leichter Boden gewinnen konnte, wäre eine weitere zu klärende Frage.

nostro Romano-Germanico manchem Gegner als Calvinist (vgl. DAVID FRATUSCUS, Anthippolithus seu calamus apologetic[us], breve opusculum David Fratuscus inter ignotos academicos gymnasii michronologisticorum assecla aculeatus, Teil 1: Quinq[ue] invectivarum contra principaliorum maledicta, ubi Hippolithus a Lapide, pseudostatista phraeneticus, Calvinista rabidus, consiliarius inverecundus frontoso stylo obstrepit adversus principes Austriae sacrive R.I. electores, ac patres, quibus DDD., s.l. 1652). 444 Eine genauer zu klärende Frage ist, welche Einflüsse konfessioneller Art Conring über den holländischen Späthumanismus hinaus in seinen Leidener Studienjahren zwischen 1625 und 1631 aufgenommen hat. Vgl. auch MICHAEL STOLLEIS (Hg.), Hermann Conring. Beiträge zu Leben und Werk, Berlin 1983; darin bes. INGE MAGER, Hermann Conring als theologischer Schriftsteller – insbesondere in seinem Verhältnis zu Georg Calixt; Nachweise bei: LÜBBE-WOLFF, Bedeutung, 388 Anm. 99. Nicht zuletzt Vultejus ist Conring Zeuge dafür, daß das römische Recht nur insofern Gültigkeit beanspruchen kann, als es dem (mittelalterlichen) Gewohnheitsrecht nicht entgegensteht. Vgl. HERMANN CONRING, De origine iuris Germanici, in: DERS., Opera, hg. v. JOHANN WILHELM GOEBEL, Bd. 6, Braunschweig 1730, 171; vgl. dazu WILLOWEIT, Conring, 142f. Conring hat bezeichnenderweise die oben behandelte Heidelberger Dissertation Jakob Lampadius’ herausgegeben (s. oben Anm. 102). 445 Vgl. S TOLLEIS , Geschichte I, 205.

Ergebnisse Als erstes Ergebnis der vorliegenden Untersuchung ist herauszustellen, daß der Bekenntnisbestand, der im Werk reformierter Juristen Niederschlag findet, nur bedingt dem spezifisch reformierten Lehr- und Bekenntnisinhalt entspricht. Die von den Theologen definierten und in ihrer elementaren Bedeutung für die reformierte Identität betonten innerprotestantischen konfessionellen Unterscheidungslehren werden nur in Ansätzen rezipiert, und zwar sowohl im rechtswissenschaftlichen Werk oder berufsbezogenen Schriftstücken als auch in Textgattungen, die Raum für persönlichere Äußerungen bieten. Christologische Dogmen, die für die reformierte im Unterschied zur lutherischen Bekenntnisbildung charakteristisch sind, oder die doppelte Prädestinationslehre kommen praktisch nicht vor.1 Allein die Abgrenzung gegenüber der Abendmahlslehre Luthers mit ihrem Insistieren auf der körperlichen Realpräsenzvorstellung läßt sich gehäuft nachweisen. Diese Beobachtungen gelten nicht nur für Juristen, die als reformiert zu bezeichnen sind, insofern sie sich geweigert haben, die lutherische Konkordienformel zu unterschreiben, sondern auch für solche, die sich für die calvinistische Reformation exponiert und infolge dessen Verfolgungen erlitten haben. Bei den Juristen sind die Grenzen zwischen lutherischer und reformierter Konfession in der zweiten Hälfte des 16. und am Beginn des 17. Jahrhunderts noch weniger klar zu ziehen als bei den Theologen, bei denen die Übergänge zwischen den von Melanchthon geprägten PhilipVan der Molen hat mit Blick auf die ungedruckt gebliebene Schrift Alberico Gentilis De Papatu Romano Antichristo assertiones ex verbo Dei et S.S. patribus (siehe oben Einleitung, Anm. 69) für diesen eine spezifisch calvinistische Prädestinationslehre postuliert. Die aus der Schrift zitierte Passage belegt dies jedoch nicht, sondern gibt gemeinprotestantische Auffassungen wieder. Vgl. das Zitat in: VAN DER MOLEN, Alberico Gentili, 322 Anm. 298: „Quattuor prae caeteris Deo tribuuntur: Omnipotentia, Providentia, Iustitia, Misericordia; tribuuntur autem in summo gradu; at in articulo Praedestinationis aut Omnipotentiam in Deo non agnoscit Papatus, aut Providentiam. Si enim Permissionem suam sic accipit, ut nolit Deus culpabiles perdi; et invito Deo fieri illud credat, an non tollit Omnipotentiam? Si vero dixerit, Deum non curare, an Providentiam fatetur? Explicent nodum Mateologi Papae, qui sapere volunt supra Paulum, sophisticantes de altitudine consilii Dei.“ 1

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pisten und den zwinglianisch- oder calvinistisch-reformierten Autoren sowieso schon fließend genug sind.2 Dieser Befund zwingt zur Zurückhaltung gegenüber der Annahme der Realität klarer innerprotestantischer Konfessionsgrenzen schon in diesem Zeitraum, wie sie auch nach dem Ende einer konfessionalistisch geprägten Geschichtsschreibung im Zuge der Diskussion des Konfessionalisierungsparadigmas vielfach vorausgesetzt wird. Zudem ist hervorzuheben, daß gerade in den Ausbildungsstätten, die sich der innerprotestantischen Konfessionalisierung weitgehend zu entziehen vermochten, offensichtlich besonders gute Bedingungen für ein Aufblühen der Rechtswissenschaften herrschten.3 Die beschriebene Abgrenzung reformierter Juristen gegen die auf die körperliche Realpräsenz zugespitzte Abendmahlslehre Luthers hat ihren Grund in dem durchgängig nachweisbaren Bemühen, den „mittelalterlichen“ Aberglauben, der das biblische Christentum in den vergangenen Jahrhunderten verdunkelt zu haben schien, zu überwinden. Sie ist ebenso wie das starke Interesse an der ethischen Bedeutung und erzieherischen Funktion des Rechts, die dem reformierten Interesse, die reformatio doctrinae durch die reformatio vitae zu vollenden,4 entsprach, Folge der starken Präsenz humanistischer Traditionen im Bereich des reformierten Protestantismus. All das kann aber nur eingeschränkt als Ausdruck einer innerprotestantischen konfessionellen Differenz gedeutet werden, da diese Beobachtungen in gleicher Weise für das philippistische, an der Theologie Melanchthons orientierte Luthertum gelten. Bis in die spezifische Abendmahlslehre hinein hatte der spätere Melanchthon in gleicher Weise und vom reformierten Protestantismus Calvinischer Prägung kaum unterscheidbar argumentiert. Melanchthons Confessio Augustana variata von 1540 und das Gutachten zu den Heidelberger Abendmahlsstreitigkeiten von 15595 dürften nicht nur für Nikolaus Cisner, sondern auch bei den meisten anderen behandelten Juristen konsensfähig gewesen sein. Schließlich ist auch ein weiterer Sachverhalt Indiz für die Zurückhaltung gegenüber einer innerprotestantischen konfessionellen Differenzierung, die nicht zuletzt in der starken Präsenz humanistischer Traditionen begründet liegt. So leidenschaftlich man römischen AberglauSiehe dazu bes. oben Einleitung, S. 14–18. Zur Universität Basel siehe oben II.Tl.3.; zu Altdorf und Helmstedt siehe oben Einleitung, S. 14–16. 4 Siehe dazu bes. Abschn. II.Tl.4.4.1. 5 Vgl. dazu K LUCKHOHN , Friedrich der Fromme, 60–62. 2 3

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ben und päpstliches Machtstreben ablehnt, so entschieden werden die Versuche, die innerprotestantische Konfessionalisierung durch die Formulierung von Unterscheidungslehren voranzutreiben, als kontraproduktiver Theologenstreit zurückgewiesen. Diese Haltung ist so verbreitet, daß man darin nicht zuletzt einen Ausdruck der Emanzipation des Juristenstandes von „klerikaler Vorherrschaft“ vermuten kann. In besonderer Weise wird das an der Herborner Hohen Schule sichtbar, die als Neugründung angesichts konfessionell aufgeladener Konflikte klarer als andere reformierte Hochschulen calvinistisch-reformiert ausgerichtet war. Hier kam es sogar zu einer ausdrücklichen Auseinandersetzung der Juristen mit den Theologen, da jene ebenfalls eine Kompetenz in der Bibelauslegung in den ihr Fachgebiet betreffenden Fragen beanspruchten. An den Voten des hier beteiligten Althusius wird deutlich, daß calvinistisch-reformierte Grundsätze den Interessen des sich von der traditionellen Vorherrschaft der Kleriker emanzipierenden Juristenstandes entgegenkamen. Fragt man nach Lehren, die für das juristische Werk unmittelbar relevant geworden sind, so ist zuerst das sich bei allen behandelten Juristen findende Insistieren auf der Freiheit der weltlichen Obrigkeit von kirchlichen Machtansprüchen zu nennen. Die Zuständigkeit kirchlicher Obrigkeiten und insbesondere des Papstes wird auf Geistliches begrenzt, die Kompetenzen der weltlichen Obrigkeit werden hingegen auf praktisch alle Formen von Weltgestaltung ausgeweitet. Dabei handelt es sich nicht nur um die Rechtsbildung, sondern auch um die sittliche Lebensgestaltung und die Mitverantwortung für die rechte Gottesverehrung und kirchliche Lehre. Ausgangspunkt ist die von Luther entfaltete und dann zum reformatorischen Gemeingut gewordene Unterscheidung der beiden Regimente. Luther hat, wie in der jüngsten Diskussion seiner Reiche- und Regimenten-Lehre herausgestellt worden ist,6 in breitem Umfang die Entwürfe der mittelalterlichen Zwei-Gewalten-Theorie aufgenommen. Die eigentliche Reformkraft entfaltet Luthers Drängen auf die Unterscheidung der beiden Regimente im Zusammenwirken mit der in der Schrift von 1521 An den christlichen Adel deutscher Nation entfalteten Lehre vom allgemeinen Priestertum der Getauften.7 Denn erst zusammen mit diesem reformatorischen Grundsatz kommt es zu der entscheidenden Re6 7

Vgl. MANTEY, Zwei Schwerter – Zwei Reiche. Vgl. WA 7,(383)404–469, hier: 407,9–411,9.

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lativierung der Befugnisse der Inhaber des geistlichen Amts und der Aufwertung des von „Laien“ ausgeübten Amts der weltlichen Obrigkeit.8 Diese beiden gemeinreformatorischen Lehren haben das Obrigkeitsverständnis und das rechtsgelehrte Werk in iure publico, aber auch das Berufsverständnis insgesamt aller behandelten reformierten wie lutherischen Juristen elementar geprägt. Auf der Linie der Überlegungen Luthers, aber stärker als dieser hatte dann Zwingli die Verantwortung der weltlichen Obrigkeiten für die rechte Gottesverehrung in der Auseinandersetzung mit dem Konstanzer Bischof betont.9 Wirkungsgeschichtlich bedeutsamer sind dann wohl die entsprechenden Überlegungen des Straßburger Reformators Martin Bucers geworden. Dieser hatte im Zusammenhang seines Bemühens um die Einführung der Reformation in den südwestdeutschen Reichsstädten in mehreren Schriften10 und Gutachten11, die Verantwortung der städtischen Obrigkeiten für die rechte Gottesverehrung entfaltet, wenn der Kaiser seiner Verantwortung als übergeordnete Obrigkeit nicht gerecht wird. Durch Petrus Martyr Vermigli, Calvin und andere reformierte Theologen ist die Verantwortung der weltlichen Obrigkeit für die wahre Gottesverehrung zum elementaren konfessionellen Erbe der calvinistisch-reformierten Tradition geworden. Innerprotestantische Unterschiede lassen sich hier kaum nachweisen. Denn bereits Melanchthon hatte in ähnlicher Weise die Verantwortung der weltlichen Obrigkeit für die erste Tafel des Dekalogs herausgestellt.12 Allenfalls in der unterschiedlichen Gewichtung unterschiedli8 Vgl. M ANTEY , Zwei Schwerter – Zwei Reiche, 203; zu den traditionsgeschichtlichen Voraussetzungen der Reiche- und Regimenten-Lehre Luthers vgl. auch DUCHROW, Christenheit und Weltverantwortung. 9 Zur charakteristischen Wirkungsgeschichte in England vgl. bes. K RESSNER , Schweizer Ursprünge des anglikanischen Staatskirchentums. 10 Vgl. bes. M ARTIN B UCER , Von der waren Seelsorge, 1538, in: BDS 7, 90–241. 11 Vgl. bes. die jetzt in BDS 12 edierten, Ende der dreißiger und Anfang der vierziger Jahre entstandenen Gutachten zum Umgang mit den Kirchengütern. 12 Schon Luther selbst hat insbesondere nach dem Ende des Schreckensregiments der Täufer in Münster 1535 die Notwendigkeit des Vorgehens der weltlichen Obrigkeit gegen die täuferischen „Häretiker“ betont (vgl. bes. DERS., Daß weltliche Oberkeit den Wiedertäufern mit leiblicher Strafe zu wehren schuldig sei, Etlicher Bedenken zu Wittenberg, 1536, WA 50, [6]9–14). Damit gerät er in Widerspruch zu seiner eigenen 1523 in der Schrift Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei (WA 11, [229]245–281) entfalteten Forderung einer klaren Unterscheidung der beiden Regimente, nach der das weltliche Regiment für Recht und Frieden zu sorgen habe, während es im geistlichen Regiment sine vi, sed verbo um die Verkündigung

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cher Begründungsmuster könnte man sie auffinden – in der deutschen lutherischen Tradition spielt die Argumentation, daß die weltlichen Obrigkeiten angesichts des Versagens der geistlichen Obrigkeiten als Notbischöfe zu fungieren hätten, eine wichtigere Rolle, in der reformierten Tradition die Berufung auf die alttestamentlichen Vorbilder Josia, Hiskia und andere. Wie die zum ersten Mal im Jahre 1653 erschienene Biblische Policey des in Gießen wirkenden lutherischen Juristen Dietrich Reinkingk zeigt, lassen sich selbst solche innerprotestantischen Differenzierungen bei Juristen nur in sehr eingeschränkter Weise nachweisen.13 Die Aufwertung der Herrschaftsrechte und -aufgaben der weltlichen Obrigkeiten erfolgt unter Berufung auf den vielfach herangezogenen Bibeltext Röm 13,1–7. Durchgängig wird sie unter scharfer Zurückweisung der Herrschaftsansprüche des Papstes oder anderer Vertreter der kirchlichen Hierarchie formuliert. Dabei orientiert man sich an mittelalterlichen Autoren wie insbesondere William von Ockham und Marsilius von Padua, die sich bereits in ähnlicher Weise gegen päpstliche Herrschaftsansprüche zur Wehr gesetzt hatten. Besonders anschaulich wird das an den ebenso umfang- wie wirkungsreichen Editionen Goldast von Haiminsfeld, der diese Texte unter anderem in seiner Monardes Evangeliums gehe. „Wie die weltlich Oberkeit schuldig ist, offentliche Gottes lesterung, blasphemias und periuria, zu wehren und zu straffen, Also ist sie auch schuldig, offentliche falsche leer, unrechten Gottsdienst und ketzereien jnn eigen gebieten und an personen, darueber sie zu gebieten hat, zu wehren und zu straffen, Und dieses gebeut Gott im andern gebot, da er spricht: Wer Gottes namen unehret, der sol nicht ungestrafft bleiben. Jderman ist schuldig nach seinem stand und ampt, Gottes lesterung zu verhueten und zu wehren. Und krafft dieses gebots haben Fuersten und Oberkeiten macht und bevelh unrechte Gottes dienst abzuthun, Und dagegen rechte leer und rechte Gottes dienst auff zurichten, Also auch leret sie dieses gebot offentliche falsche leer zu wehren und die halstarrigen zu straffen. Da zu dienet auch der text Levit. 24[,16]: ,Wer Gott lestert, der sol getoedtet werden‘“ (WA 50, 11,30–12,7). 13 John Witte Jr. hat in seiner Darstellung der Auswirkungen der Reformation auf das Werk lutherischer Juristen die Aufnahme und Weiterentwicklung der Reicheund Regimentenlehre Luthers durch Melanchthon dargestellt. Hier wie dann auch bei den Juristen Johann Oldendorp und Johannes Eisermann wird die Kooperation der beiden Regimente so stark betont, daß die weltliche Obrigkeit auch die Verantwortung bzw. Verfügungsgewalt über Lehre, Liturgie und Ordnung der Kirche erhält (vgl. DERS., Law and Protestantism, 119–175). Wenngleich die variantenreichen juristischen Ausbildungen nicht übergangen werden, kommt Witte doch zu dem Schluß: „Melanchthon, Eisermann and Oldendorp all began their theories with a basic understanding of Luther’s two-kingdoms framework“ (aaO., 168).

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chia sacri Romani imperii herausgegeben hat. In der Vorrede zum ersten Band dieser Edition nimmt Goldast auf die ersten Formulierungen der Zwei-Gewalten-Lehre durch Papst Gelasius I. (492–496) Bezug und verweist auf die seit Kaiser Konstantin d. Gr. sehr weit gehenden Befugnisse des Kaisers in rebus externis ecclesiae, die aber eben auch „emendatio cultus diuini“ und „abrogatio superstitionum et idololatriarum“ umfaßt hätten.14 Den beiden Bänden mit mittelalterlichen Autoren wird in dieser Edition ein dritter hinzugefügt, der Zeugnisse von Auseinandersetzungen mit den gefährlichen Herrschaftsansprüchen des Papstes in der Gegenwart präsentiert. In der Widmungsrede betont Goldast noch einmal seine Ablehnung des Machtgebarens des Papstes im Reich wie in der Kirche.15 Abgedruckt werden dann auf über 1000 Folio-Seiten Texte, die in der Auseinandersetzung mit päpstlichen Herrschaftsansprüchen in Frankreich, England, Spanien bzw. Sizilien sowie gegenüber der Republik Venedig entstanden sind. Den breitesten Raum nimmt die Auseinandersetzung mit Bellarmins Tractatus de summi pontificis potestate in rebus temporalibus ein, die mit sieben Texten gleichsam den Zielpunkt des Werkes bildet.16 Siehe dazu oben Abschn. III.Tl.2.4, bes. Anm. 59. Siehe die Zitate oben Abschn. III.Tl.2.4, Anm. 58–61. 16 Vgl. G OLDAST VON H AIMINSFELD , Monarchia III, 621–1134 [richtig: 1034]. In seiner ebenfalls gegen die päpstliche Unterminierung der kaiserlichen Autorität durch die Päpste gerichteten Zusammenstellung kaiserlicher Statuten und Reskripte von Karl dem Großen bis Karl V. bringt er konsequenterweise sogar das Wormser Edikt gegen Luther und seine Anhänger in lateinischer und deutscher Sprache zum Abdruck (vgl. GOLDAST VON HAIMINSFELD, Imperatorum [...] statuta et rescripta imperialia II, 5–10. 10–16). In der an den jungen Friedrich, später Kurfürst Friedrich V., gerichteten Widmungsrede erläutert bzw. entschuldigt er das Edikt mit dem jugendlichen Ungestüm des Kaisers, der in reiferem Alter milder geworden und auch durch das Hinzukommen seines Bruders Ferdinand eine angemessenere Religionspolitik betrieben habe: „Equidem non dubito fore, qui hoc genus Collectionis leue, et non satis dignum tua aliorumque Principum tui similium lectione iudicent, quum inter caetera relatum legent Edictum Vormatiense et Declarationem Religionis, quam vulgo Interreligionem vocant. Sed hi erunt fere, qui rerum publicarum expertes, nihil rectum, nisi quod illorum priuatis studiis conueniat, putabunt. Hi si didicerint, non easdem omnibus in Romano Imperio constare opiniones, sed omnia Imperatoris ac Ordinum institutis iudicari, non indignabuntur, nos in Imperij Constitutionib. et Rescriptis componendis mores eius secutos. Si illi factiosi, si studiosiores partis alterius, si plausibus addicti, patiantur nos esse ingenio nec gliscente adulatione detrito, neque ob metum falso. Consilium mihi omnia Imperatorum Germanorum Statuta ac Rescripta colligere, sine odio, sine studio, quorum caussas pro14 15

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Bezeichnend und zugleich repräsentativ ist der Sachverhalt, daß hier auch der Tractatus de potestate Papae, an et quatenus in Reges et Principes seculares ius et imperium habeat des scharfen Gegners der Monarchomachen, William Barclay, zum Abdruck kommt.17 Dieser war an der 1572 von Kardinal Charles de Lorraine-Guise gegen das Vordringen des Protestantismus gegründeten Universität Pont-à-Mousson in Lothringen tätig und gleichwohl mit der Relativierung der weltlichen Gewalt durch eine Übersteigerung päpstlicher bzw. geistlicher Gewalt auch in temporalibus, wie sie Bellarmin und andere Jesuiten vertraten, in Konflikt geraten.18 Auf seiner Seite stand in diesem Konflikt der ebenfalls an der juristischen Fakultät der Universität Pont-à-Mousson wirkende BodinSchüler Pierre Grégoire, der selbst Jesuit war. Daß Goldast Barclay aufnimmt, ähnlich wie auch Althusius auf Pierre Grégoire positiv Bezug nehmen kann, zeigt, daß die Auseinandersetzung mit der päpstlichen Unterminierung weltlicher Autorität alle anderen Differenzen dominiert und auch relativiert hat. In den Augen der untersuchten reformierten Juristen verliert der innerprotestantische Gegensatz angesichts dessen weitgehend an Bedeutung und sogar der evangelisch-altgläubige Gegensatz tritt in den Hintergrund. Diese Beobachtungen bestätigen noch einmal den in den vorangegangenen Ausführungen vielfach illustrierten Sachverhalt, daß reformierte wie lutherische Juristen in erheblichem Maße zur Emanzipation der weltlichen Gewalt von kirchlicher Bevormundung beigetragen haben. Die beschriebene Frontstellung gegen die Propagandisten der tridentinischen Konfessionalisierung nötigt dazu, hier von weltanschaulich-konfessionellen Aspekten im Werk reformierter wie lutherischer Juristen zu sprechen.19 Diesen Befund konfessionalistisch zu vereinnahcul habeo. Edictum Vormatiense D. Lutherus saepenumero conquestus est ab Imperatore promulgatum iuuenili etiam tum seruore, et ea in aetate, quae sponte commodeque rei communi praeesse necdum voluerit, alienis consiliis mancipata. Cui aequus Lector opponet illas constitutiones, quas postea et aetate et iudicio maturior, accedente quoque Regis Ferdinandi moderatissima auctoritate, edidit. Et quem offendit Declaratio Religionis, is sibi cordi esse velit Augustanam Confessionem, quam tomo deincipi inseruimus, multo plurimorum Imperij Ordinum consensu sancitam, communique voce ratificatam, ipso Imperatore nihil demum renitente. Qua in re suum cuique Lectori iudicium ac liberum relinquimus“ (aaO., f. ***2v). 17 AaO., 621–687. 18 Bellarmins Schrift ist ausdrücklich gegen Barclay gerichtet („aduersus Gulielmum Barclaium“). 19 In neueren Untersuchungen zur Reichsgeschichte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts sind die Akzente deutlich anders gesetzt worden. Gegen die frühere

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men, ist schon darum nicht möglich, weil hier mittelalterlich-katholische Traditionen eine wichtige Rolle spielen. Im Übrigen hat Bodins Souveränitätslehre, die ohne protestantische Einflüsse und vielmehr gegen jede Art von Konfessionalisierung formuliert wurde, die staatsrechtliche Debatte in der Frühen Neuzeit wie kein anderes Theorem bestimmt. Gleichwohl darf zumindest im Bereich des deutschen Reiches der Beitrag von in protestantischen Milieus gewachsenen Überzeugungen zur Genese des modernen Staatsverständnisses im allgemeinen und zur Ausbildung des öffentlichen Rechts im besonderen nicht übersehen werden.

Sicht dieser Zeit als einer eher durch Verfall gekennzeichneten Periode hat Johannes Burkhardt im Anschluß an die Forschungen von Maximilian Lanzinner (vgl. z.B. DERS., Konfessionelles Zeitalter) u. a. die Errungenschaften des Augsburger Religionsfriedens und des durch ihn ermöglichten gedeihlichen Zusammenlebens der unterschiedlichen Konfessionen hervorgehoben. Burkhardt stellt im Blick auf die politisch-rechtliche Kultur und die Erfahrung im konfessionellen Konfliktmanagement ein „Entwicklungsgefälle zwischen dem vorangeschrittenen Reich und dem übrigen Europa“ fest (BURKHARDT, Das Reformationsjahrhundert, 199). Angesichts des erneuerten dynastischen Universalismus der Habsburger, der sich „systemwidrig noch einmal mit dem französischen Universalismus und seinem schwedisch-großgotischen Gegenstück mitten im Reich duellierte“, sowie der innenpolitischen Zerklüftungen in Böhmen und den Niederlande sei festzuhalten: „Alle diese Probleme waren im Reich bereits gelöst, dessen politisches System die universalistisch-ständestaatliche Scheinalternative überwunden hatte und damit auf föderale Staatsbildungen vorauswies, und das die Konfessionen bereits als Religionsparteien eingebaut hatte“ (ebd.). Der Dreißigjährige Krieg sei dann nicht zuletzt ausgebrochen, weil die „radikalprotestantisch-calvinistische Internationale und ihr in dieser Zeit beispiellos aktionistisches römisch-jesuitisches Gegenstück“ „ihren Antagonismus ins Reich trugen, verfassungspolitisch alle Sicherungen durchbrachen und die reichstreue Mittelpartei der Lutheraner und der gemäßigten Reichskirche in Bedrängnis brachten“ (ebd.). Hier wird der Beitrag der „radikalprotestantisch-calvinistischen“ Juristen zu einer Emanzipation der weltlichen Gewalt von kirchlichen Überordnungsansprüchen nicht in Rechnung gestellt. Unhistorisch wertend ist diese Darstellung insofern, als man sich die habsburgisch-sächsische Perspektive zu eigen macht und nicht die ganz anderen – auch territorialen – Interessen der durch Austausch mit dem Westen bestimmten und zugleich vielfach dem reformierten Protestantismus zuneigenden Territorien berücksichtigt. Es gab auch protestantische Territorien, die 1555 nicht wie die beiden Sachsen eine weitgehend abgeschlossene und geordnete Reformation vorwiesen, sondern wie z.B. Nassau-Dillenburg sich durch katholische Nachbarterritorien noch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts unmittelbar bedroht sahen und eben nicht in gleicher Weise durch die „Qualitätsarbeit der Verfassungskonstrukteure des 16. Jahrhunderts“ (ebd.) gesichert waren.

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In seiner umfassenden und zahlreiche Vorurteile korrigierenden Studie zu Toleranz und Gewalt in der Geschichte des Christentums hat Arnold Angenendt vor kurzem die „vielgerühmte reformatorische Eigengesetzlichkeit bzw. Eigenständigkeit des Politischen“ ausgesprochen kritisch bewertet.20 In der Reformationszeit sei „der komplette Ausfall der hergebrachten Glaubensüberwachung zu konstatieren“ und die Inquisition sei in Deutschland „überhaupt auf ihrem Tiefpunkt“ gewesen.21 Jedoch hätten statt des Anbruchs eines Zeitalters allgemeiner Toleranz „bald zwei Verfolgungskirchen, die altgläubige wie die neugläubige, dazu dann noch – was lange übersehen wurde – auch der Staat, dieser als Verfolger des Gottesfrevels“ agiert. „Angesichts einer heute allgemein unterstellten Staatssäkularität ist nur schwer begreiflich zu machen, was nunmehr entstand: eine weltlich-obrigkeitliche Inquisition in Religionsdingen.“22 Unter Berufung auf die Forschungen William Monters stellt Angenendt fest, daß „Häresie-Exekutionen eine Form von Staatwerdung im reformatorischen Europa geworden sei“.23 „Die Neuzeit begann eben nicht mit freier Religionswahl, sondern mit von Staatsgewalt durchgesetzter Konfessionseinheit, auch bei den Neugläubigen.“24 Das letztgenannte Urteil ist zweifellos richtig, aber die Darstellung Angenendts und die von ihm vorgenommene Interpretation bzw. Präsentation des dargebotenen Zahlenmaterials scheinen auf eine weitgehend gleich verlaufende Entwicklung in evangelischen und katholischen Territorien oder sogar eine Verschärfung der Glaubensverfolgung in 20 „Nur mit Erstaunen ist zur Kenntnis zu nehmen, wie sich hier das uralte Syndrom der obrigkeitlichen Bestrafung der Gotteslästerer und damit auch der Glaubensabweichler wieder durchsetzte und erneut als vornehmliche Herrschaftspflicht galt. Da auch die neugläubigen Obrigkeiten mitmachten, zeigt hier die vielgerühmte reformatorische Freisetzung der Eigengesetzlichkeit bzw. Eigenständigkeit des Politischen eine durchaus bedenkliche Seite. Die Neuzeit begann eben nicht mit freier Religionswahl, sondern mit von Staatsgewalt durchgesetzter Konfessionseinheit, auch bei den Neugläubigen“ (ANGENENDT, Toleranz und Gewalt, 327; mit Bezug auf: LOHSE, Martin Luther, 192f.). 21 A NGENENDT , Toleranz und Gewalt, 320, mit Bezug auf: M ONTER , Heresy executions in Reformation Europe, 29. 22 A NGENENDT , Toleranz und Gewalt, 320. 23 AaO., 326. 24 AaO., 327. Die Titulierung „Neugläubige“ oder „neugläubige Theologie“ (aaO., 328) steht in diametralem Gegensatz zum Selbstverständnis der Reformatoren und beinhaltet eine Abwertung. Im übrigen wurde das Wormser Edikt nicht 1519 (vgl. aaO., 321), sondern 1521 erlassen.

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Folge der Übernahme durch die weltlichen Obrigkeiten zu weisen.25 Dem ist zu widersprechen, auch wenn Luthers frühe Unterscheidung der beiden Regimente und die darin implizierte Ablehnung der Anwendung staatlicher Gewalt in Glaubensfragen auch in den evangelischen Territorien in der Realität nicht durchgehalten worden ist.26 Von Angenendt nicht beachtet wird der oben aufgezeigte Sachverhalt, daß sich protestantische Juristen anders als römisch-katholische, die sich dem Ketzerrecht der päpstlichen Dekretalien verpflichtet wußten, auf eine für die Ausbildung des modernen „liberalen“ Staates so wichtige Entwicklung wie die rechtliche Zähmung des Religionskonflikts durch den Augsburger Religionsfrieden von 1555 einlassen konnten. Luthers Unterscheidung der beiden Regimente blieb als kritisches Korrektiv in den Diskussionen der Juristen präsent. Vor allem protestantische weltanschaulich-konfessionelle Orientierungen haben dazu beigetragen, den Augsburger Religionsfrieden als lex fundamentalis des Reichs zu etablieren. Zumindest die durch die tridentinische Konfessionalisierung bestimmten Juristen waren dazu nicht in der Lage.27 Einen problematischen Ausdruck fand dieser Sachverhalt dann noch einmal in der päpstlichen Ablehnung des Westfälischen Friedens von 1648.28 Das ändert selbstverständlich nichts an dem Sachverhalt, daß sich an den kulturgeschichtlichen Folgen die Ambivalenz der scharfen Zurückweisung der Autorität des Papstes im Protestantismus zeigt. Denn hier drohte nun die gegenteilige Gefahr einer religiös begründeten Überhöhung der Autorität des weltlichen Herrschers.

Vgl. aaO., 322–326. Angenendt weist – wiederum unter Bezug auf Monter – darauf hin, daß „zuerst die beiden Habsburg-Brüder Karl V. und Ferdinand I. ‚das Verbrechen der Häresie vollauf säkularisierten‘ und ihre Rivalen, die Valois in Frankreich und die Tudor in England, ‚dieses Vorgehen imitierten‘“ (aaO., 327; mit Bezug auf: MONTER, Les exécutes pour hérésie, 192f.). Im Blick auf die dargebotenen Statistiken ist hervorzuheben, daß im Vergleich zu den evangelischen Territorien des Reichs in den katholischen habsburgischen Gebieten eine deutlich höhere Zahl von Täuferhinrichtungen stattgefunden hat. Ferner ist zu fragen, ob es bei allen auch von den Protestanten verursachten Verfolgungen aus Glaubensgründen hier vergleichbare Ereignisse wie die – zwar nicht päpstlich geleiteten, aber doch durch den römischen Pontifex Maximus geistlich begleiteten – Massaker der Bartholomäusnacht mit ca. 10.000 Ermordeten oder die Vertreibung der 16.000 Protestanten aus Salzburg noch im Jahre 1732 gegeben hat. 27 Siehe insgesamt oben Abschn. III.Tl.4. 28 Vgl. dazu H ECKEL , „Zelo domus Dei“?. 25 26

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Die Untersuchung des Werkes reformierter Juristen zeigt ferner, daß innerprotestantische Differenzierungen nur mit stärkster Zurückhaltung in Rechnung zu stellen sind. Dies entspricht insofern dem in der Debatte um die Konfessionalisierung erreichten Forschungsstand, als unterschiedliche Auswirkungen der lutherischen und der reformierten Konfessionalisierung – wie allerdings auch der katholischen – auf die frühmoderne Territorialstaatsbildung weitgehend negiert werden. Dem Luthertum wird nicht mehr grundsätzlich eine auf der „Zwei-ReicheLehre“ beruhende Obrigkeitsgesinnung zugeschrieben, während im calvinistisch-reformierten Protestantismus aufgrund der Traditionen der Widerstandsrechtsbegründung eine republikanische Neigung vorherrschend gewesen sei. Man findet zwar schon früh, nicht nur bei den katholischen Gegnern wie William Barclay, sondern auch bei lutherischen Autoren die Wahrnehmung der Calvinisten als Umstürzler.29 Prägend geworden sind jedoch erst die Ende des 17. Jahrhunderts einsetzenden, um der Identitätskonstruktion willen geführten Konfessionskulturdebatten, in denen die kulturgeschichtliche Bedeutung der innerprote-

29 So hat der lutherische, in Helmstedt wirkende Philosoph Henning Arnisaeus (ca. 1575–1636) seine Schrift De auctoritate principum in populum semper inviolabili (Frankfurt a. M. 1612) in gleicher Weise gegen die verderbliche calvinistische Staatslehre eines Althusius, Hoenonius, Hotman, Stephanus Junius Brutus [=Philippe Duplessis-Mornay?], George Buchanan, Innocent Gentillet und Otto Casmann, wie gegen die Lehren des Jesuiten Bellarmin und der katholischen Monarchomachen Wilhelm Rossaeus und Jean Boucher geschrieben (vgl. dazu DREITZEL, Protestantischer Aristotelismus, 113f. 156). Auch in Samuel Pufendorfs 1667 unter dem Pseudonym Severinus de Monzambano veröffentlichtem Werk De statu imperii Germanici wird der calvinistisch-reformierte Protestantismus bereits mit dem Gedanken demokratischer Freiheit in Verbindung gebracht: „Sonsten haben verstaendige Leuth vor laengsten wahr genommen und gemerkket / daß die Sinn und Eigenschafft dieser Calvinischen Religion fast zu einer Democratischen Freyheit geneigt sey“ (abgedr. in: HAMMERSTEIN, Staatslehre, 568–931, hier: 903). Die lutherische Konfession hingegen zeichne sich durch eine für den Herrscher außerordentlich günstige, zur Obrigkeitshörigkeit neigende Gesinnung aus: „[...] hab ich in warheit bey der Lutherischen Religion nichts anmerkken koennen / daß denen Gruenden der Civil Lehr zu wider liefe. Es wird denen weltlichen Fuersten die Macht in Kirchen Sachen auf gewisse Maß zu geleget; [...] dem gemeinen Leuthen ist nicht unbillig fest eingebildet und ins Herz gebracht worden / sie nimmermehr vergessen solten / die Obrigkeiten / als Gottes Statthalter auf Erden / zu lieben und zu ehren; [...] Wie dahero kein Religion uem die Teutschen Fuersten sich besser verdient machen kunte; also bedunkket mich / das einige kaum ins gemein dem Monarchischen Staat bequemer falle / als eben diese“ (aaO., 899. 901).

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stantischen Unterscheidungslehren herausgestellt wurde.30 Bei reformierten Juristen des untersuchten Zeitraums lassen sich keine im Vergleich zu lutherischen Juristen unterschiedlichen Zugänge zur reformatorischen Unterscheidung von geistlichem und weltlichem Regiment nachweisen. Ebenso verhält es sich mit der Zuordnung der Tradition des Widerstandsrechts zu calvinistisch-reformierten Juristen. Wie erwähnt, gab es hier bereits in den Augen der Zeitgenossen die Wahrnehmung eines Zusammenhangs.31 Dieser läßt sich aber lediglich bei den in besonderer Weise mit dem niederländischen Freiheitskampf verbundenen Herborner Juristen, vor allem Althusius, belegen. Auf dem Hintergrund der französischen Situation, in der in den neunziger Jahren der protestantisch gesinnte König Heinrich IV. gegen die Delegitimierung seiner Herrschaft durch den Papst und die Jesuiten kämpfte, argumentierten reformierte Juristen durchaus gegenteilig. So hatte zum Beispiel Denis Godefroy wider jede Art von Widerstandsrechtsbegründung die Herrschaftsrechte des Monarchen ausgeweitet.32 Man kann eine etwas stärkere Präsenz monarchomachischer Traditionen bei reformierten Juristen feststellen, aber auch dies gilt nur für einen Teil und kann nicht notwendig aus dem konfessionellen Lehrbestand abgeleitet werden. Denn es trifft zum Beispiel für die juristischen Dissertationen, die an der an der reformierten Universität Basel bis 1620 verfaßt wurden, nicht zu. Auch die beobachtete größere Nähe reformierter Juristen zur reichsständischen Richtung in der Reichsstaatslehre sowie die stärkere Tendenz, die Souveränitätslehre Bodins restriktiv zu interpretieren, sind auf diesem Hintergrund zuerst mit den jeweiligen territorialen Verhältnissen, in denen die Juristen arbeiteten, und nur in zweiter Linie aus weltanschaulich-konfessionellen Orientierungen zu erklären.33 Schließlich ist auch die Konstellation, in der Juristen einer reformierten und einer lutherischen Universität in eine unmittelbare Auseinandersetzung gerieten, nur eingeschränkt aussagekräftig im Blick auf die 30 Vgl. G RAF , Protestantismus, 61–63. 90–97. Aufgenommen und im wissenschaftlichen Diskurs etabliert haben die entsprechenden Charakterisierungen vor allem Matthias Schneckenburger, Karl Bernhard Hundeshagen, Ernst Troeltsch und Max Weber. 31 Siehe oben Anm. 29. 32 Siehe oben Abschn. II.Tl.2.7.3. 33 So läßt sich in den Werken Alberico Gentilis wohl nicht zuletzt aufgrund von dessen Nähe zum englischen Hof eine wachsende Annäherung an die Positionen Bodins feststellen (vgl. VAN DER MOLEN, Alberico Gentili, 226–233).

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kulturgestaltenden Wirkungen innerprotestantischer Unterscheidungslehren. Die Kritik der lutherischen Juristen Gießens an der „De iurisdictione“-Kommentierung des Marburgers Vultejus setzte sich sehr schnell fort in der Kritik anderer, konfessionell nicht klassifizierbarer juristischer Lehren des beim Übergang der Universität Marburg zum reformierten Bekenntnis maßgeblich mitwirkenden Marburger Juristen. So darf man auch hier weltanschaulich-konfessionelle Aspekte nicht überbewerten. Zugleich ist die von Vultejus und seinen Verteidigern vertretene Relativierung der für die Reichsgeschichte wie das Reichsrecht grundlegenden translatio-Lehre unmittelbar der mit Calvin beginnenden reformierten Auslegungstradition der einschlägigen Daniel-Prophezeiung zuzuweisen, und man hat sich auch ausdrücklich auf reformierte Bibelausleger berufen. Bei allen „biblizistischen“ Tendenzen im reformierten Protestantismus hat gerade die hier sich ausbildende historisierende Auslegung der Daniel-Prophezeiung den Weg geöffnet, die Geschichte und Wirklichkeit des Reiches auch ohne Rückgriff auf biblische Texte, geschweige denn eine Schlüsselrolle des römischen Papstes bei der translatio imperii, zu deuten. Wie in der vorliegenden Untersuchung vielfach herausgearbeitet wurde, ist für das Werk reformierter Juristen charakteristisch, daß sie in der zweiten Hälfte des 16. und am Beginn des 17. Jahrhunderts einen grundsätzlichen Gegensatz gegen das Papsttum und seine „Hilfstruppen“ wahrnehmen. Durch dessen Machtstreben und Förderung des Aberglaubens sehen sie nicht nur die Errungenschaften der Reformation, sondern in gleicher Weise die des Humanismus bedroht. Angesichts dieser Gefahr werden humanistische und reformatorische Anliegen nahezu deckungsgleich. Das recht verstandene biblische Christentum steht nicht im Widerspruch zu der vom Humanismus propagierten, methodisch geläuterten vernünftigen Welterklärung und einem entsprechenden Bemühen um sittliche Bildung, sondern entspricht dem gerade in besonderer Weise. Die außerordentliche Hochschätzung von Vernunft und Methode, die angesichts der wahrgenommenen Frontstellung eine weltanschaulich-konfessionelle Dimension erhält, hat unmittelbare Folgen für das rechtsgelehrte Werk. Sie zeigen sich vor allem in der Rechtssystematik und in der Rechtsbegründung. Wie eingangs erwähnt, hat Harold J. Berman die Bedeutung der lutherischen Reformation und insbesondere Melanchthons für die Syste-

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matisierung des Rechts im 16. Jahrhundert herausgearbeitet.34 Darüber hinaus35 läßt sich für das spätere 16. und beginnende 17. Jahrhundert ein signifikant hoher Anteil reformierter Juristen an den Versuchen einer Rechtssystematik feststellen. Neben Donellus, dem Verfasser des frühesten umfassenden Zivilrechtssystems,36 sind hier vor allem Vultejus und Althusius zu nennen.37 Auch Johann Kahls zwar wenig originelles, aber ausgesprochen wirkungsreiches Lexicon iuridicum gehört in diesen Kontext.38 Das Vorwort zu diesem Werk stammt aus der Feder Vultejus’ und Denis Godefroys. Die Häufigkeit reformierter Juristen unter den Autoren von rechtssystematischen Werken läßt sich zuerst mit der besonderen Nähe von humanistischer Jurisprudenz und calvinistisch-reformiertem Protestantismus erklären.39 Sie resultiert aber auch aus der hier verstärkt erfolgenden Aufnahme der rationalisierenden Einteilungslogik des Petrus Ramus.40 Der Bruch mit der Tradition war in der reformierten Konfession Siehe oben Einleitung, S. 11–13. Vgl. auch BERMAN, Law and revolution II, 129: „It is a striking fact that three of the most outstanding French jurists of the sixteenth century, Duarenus (Duaren), Donellus (Doneau), and Du Moulin, did indeed organize and analyze the enormous mass of rules of law found in the texts of Justinian by use of Melanchthon’s topical method, and that one of them, Duarenus, was sympathetic to Protestantism, and the other two, Donellus and Du Moulin, were converts to Protestantism who fled to Lutheran universities in Germany to write and teach.“ 36 Siehe oben Abschn. II.Tl.2.4, II.Tl.5.2 u. II.Tl.4.3. Zu Franciscus Connanus, dem Verfasser des ersten, allerdings Fragment gebliebenen Zivilrechtssystems siehe oben Abschn. I.Tl.2., bes. Anm. 31. Althusius hat in seinem ersten Versuch einer systematischen Darstellung des römischen Rechts auf Connanus’ Werk verwiesen (DERS., Iurisprudentia Romana, 1599, I,1, S. 61–67; I,3, S. 71; I,83; I,19, S. 136). 37 Zu Nikolaus Vigelius, der sich bewußt von innerprotestantischen Unterscheidungslehren distanziert hat und entsprechend schwer konfessionell einzuordnen ist, siehe oben Abschn. II.Tl.5.1, bes. S. 266f. mit Anm. 864–867. 38 Siehe dazu oben Abschn. II.Tl.2.6.1, Anm. 344. 39 Siehe dazu oben Abschn. I.Tl. 40 Unter denjenigen, die die ramistische Methode aufgenommen und jedenfalls rudimentär für die Rechtssystematik nutzbar gemacht haben, ist auch der konfessionell schwer zuzuordnende, an der Universität Freiburg i. Br. lehrende Johann Thomas Freigius zu nennen (vgl. u.a. DERS., Partitiones iuris vtriusqve, Basel 1571). 1568 in Basel zum Dr. iur. promoviert und dort mit Ramus in Kontakt gekommen, wurde er durch Vermittlung seines Bekannten Basilius Amerbach an das Gymnasium nach Altdorf gerufen, konnte aber dort bei der Erhebung zur Akademie nicht reussieren, auch weil man ihn als verkappten Calvinisten denunzierte (vgl. STINTZING, Art. Freigius, 342). 34 35

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radikaler als in der lutherischen, so daß die Bereitschaft zu einer grundlegenen Neustrukturierung des Stoffes in besonderer Weise gegeben war und das Interesse an methodischer Durchdringung und rationaler Schlüssigkeit unmittelbarer zum Zug kommen konnte. Das erleichterte die Aufnahme der ramistischen Logik. Der damit verbundene permanente Rekurs auf das recta ratio-Argument bedeutete zugleich einen Rationalisierungsschub.41 Relevant wurde das im Zuge der Aufwertung und Ausweitung des Geltungsbereichs des römischen Rechts, die auch Folge der konsequenteren Zurückweisung des kanonischen Rechts im reformierten Protestantismus war. Während die Wittenberger Debatten bald nach Einführung der Reformation von der Frage der Wiederaufnahme zumindest einzelner Teile des kanonischen Rechts bestimmt waren, steht im reformierten Protestantismus die Einschätzung des kanonischen Rechts als Machtinstrument des Papsttums im Vordergrund. Zwar wurden auch hier die im Decretum Gratiani gesammelten altkirchlichen Bestimmungen vielfach übernommen, aber es wurde verstärkt die Aufgabe in Angriff genommen, die Geltung der Grundentscheidungen und Regelungen des römischen Rechts in allen Rechtsgebieten systematisch zu entfalten.42 Die Wahrnehmung eines alles bestimmenden Konflikts mit dem Papsttum, das nicht nur die Errungenschaften der Reformation, sondern auch die des Humanismus zu bedrohen schien, wirkt sich im Werk reformierter Juristen außer in der Rechtssystematik auch in der Rechtsbegründung in besonderer Weise aus. So scharf die Abgrenzung gegen Papsttum und Jesuiten als die hauptsächlichen Träger der tridentinischen Konfessionalisierung vollzogen wurde, so offen zeigt man sich gegenüber den von Humanisten wieder ins Bewußtsein gebrachten antik-heidnischen Traditionen einer Hochschätzung der Rationalität. Besonders deutlich ist das an Godefroys fast ungebrochener Hochschät41 Vgl. WYDUCKEL , Johannes Althusius, 108f.; zum rein römisch-rechtlichen, durch die ramistische Methode bestimmten Ausgangspunkt von Althusius’, am Ende mit einer Überfülle an Bibelstellenverweisen versehenem Systems siehe oben Abschn. II.Tl.4.3.1 u. II.Tl.4.3.3; zu Parallelen bei Vultejus siehe oben Abschn. II.Tl.5. 2.2, bes. Anm. 910. 42 Eine Ausnahme bildet das Ehe- und Familienrecht, wo das kanonische Recht im wesentlichen bestimmend bleibt, und zwar sowohl aufgrund der umfassenden biblisch-altkirchlichen Traditionen als auch der mangelnden inhaltlichen Attraktivität der römisch-rechtlichen Vorgaben.

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zung Senecas und der Stoa geworden. Aber auch die Themis Hebraeo-Romana Johann Kahls, die sich an frühere Versuche calvinistisch-reformierter Theologen (Beza, Danaeus, Junius), römisches und biblisches Recht zusammenzufügen, anschließt, ist hier zu nennen. Die Vorrede zu diesem Werk zeigt, daß im Zuge des spezifisch reformierten Anspruchs, das Wort Gottes in allen Lebensbereichen zur Geltung zu bringen, biblisches und römisches Recht zwar nebeneinander gestellt werden, faktisch aber alles an der recta ratio ausgerichtet wird. In der Rechtsbegründung spielen spezifisch biblische Texte oder Traditionen praktisch keine Rolle. In Althusius’ Werk zeigt sich die Ambivalenz des reformierten Anspruchs, in antipäpstlicher Frontstellung gemeinsam römisches und biblisches Recht zur Geltung zu bringen, in besonders klarer Weise. Während sein frühes, der systematischen Darstellung des römischen Rechts gewidmetes Werk fast ohne Bezüge auf Bibelstellen auskommt, ist seine späte Dicaeologica übervoll davon. Die Gliederung und der Inhalt des Werkes sind jedoch rein ramistisch bzw. römisch-rechtlich bestimmt. Die Bibelstellen haben im wesentlichen den Sinn, das Unternehmen einer rationalen Rechtslehre angesichts des Vordringens der tridentinischen Konfessionalisierung biblisch-theologisch zu begründen. Denn man war zutiefst vom Gleichklang rationaler Weltgestaltung und biblischer Religion überzeugt. Dieser Sachverhalt ließe sich in Ansätzen auch bei dem Theologen und Juristen Hugo Grotius aufzeigen.43 Noch besser greifbar ist er bei dem für die Geschichte des Völkerrechts kaum weniger bedeutungsvollen reformierten Glaubensflüchtling Alberico Gentili. Dieser erhebt auf dem Hintergrund einer ausgeprägten Frömmigkeit44 die Entsakralisierung des Rechts gleichsam zum Programm. Sie geschieht primär in Abgrenzung gegen die tridentinische Konfessionalisierung, auch wenn sie sich faktisch ebenfalls gegen die Folgen der lutherischen und reformierten Konfessionalisierung wendet. Gentili hatte im Jahre 1598 drei Bücher De iure belli veröffentlicht,45 in denen er seine Intentionen in dem wirkungsreichen, im 20. JahrhunZum protestantischen Erbe in Grotius’ Naturrechtslehre vgl. SCHLÜTER, Theologie; VOLLENHOVEN, Grotius and Geneva; KNIEPER, Naturrechtslehre; NELLEN/R ABBIE (Hg.), Hugo Grotius Theologian (hier bes. 219–245: Hugo Grotius as a Theologian. A Bibliography). 44 Siehe oben Einleitung, S. 19f. mit Anm. 69. 45 A LBERICO G ENTILI , De iure belli libri tres, Bd. 1: Faksimile-Reprint der Ausg. Hanau 1612; Bd. 2: Engl. Übersetzung v. JOHN C. ROLFE, Oxford 1933; Reprint 43

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dert insbesondere von Carl Schmitt aufgenommenen46 Satz „Silete theologi in munere alieno“ pointiert zum Ausdruck gebracht hat.47 Für Gentilis völkerrechtliches Werk ist das insofern charakteristisch, als die Entsakralisierung der politischen und rechtlichen Ordnungen den Ausgangspunkt und die entscheidende Bedingung allen Völkerrechts darstellt. Offensichtlich sieht Gentili hier keinen Widerspruch zu seiner reBuffalo, N.Y. 1995 [weitere Ausg.: Hanau 1598; 1604]; zu völkerrechtlichen Fragen vgl. bereits DERS., De legationibus libri tres, London 1585 [weitere Ausg.: Hanau 1594; 1596; 1607; New York et al. 1924]; DERS., De iure belli commentationes duo, London 1589; zu Alberico Gentilis Bedeutung für die Entwicklung des Zivil- und Völkerrechts vgl. VAN DER MOLEN, Alberico Gentili; PANIZZA, Alberico Gentili. 46 Im Vorwort zur 1963 erschienenen Neuausgabe der Schrift Der Begriff des Politischen hatte Schmitt formuliert: „Das Wort Silete theologi!, das ein Jurist des Völkerrechts am Beginn der staatlichen Epoche den Theologen beider Konfession zugerufen hat, wirkt immer noch weiter. Die arbeitsteilige Aufsplitterung unseres geisteswissenschaftlichen Lehr- und Forschungswesens hat die gemeinsame Sprache verwirrt, und gerade bei Begriffen wie Freund und Feind wird eine itio in partes fast unvermeidlich. Das stolze Selbstbewußtsein, das aus jenem Silete! am Anfang der staatlichen Epoche sprach, ist den Juristen ihres Endes in weitem Maße abhanden gekommen“ (DERS., Der Begriff des Politischen, 15f.). Vgl. auch DERS., Ex captivitate salus [zuerst: 1950], 70; DERS., Der Nomos der Erde, 131: „Das ganze 9. Kapitel des ersten Buces de jure belli des Albericus Gentilis (An bellum justum sit pro religione?) ist eine einzige schwungvolle Polemik gegen die Religionskriege und die von Theologen getragene Lehre vom gerechten Krieg. Das 10. Kapitel begründet den Satz cujus regio ejus religio, verbunden mit einem Vorbehalt der Toleranz nach dem Vorbild des Bodinus. Vitoria wird oft zitiert, aber als Argument gegen die theologische Behandlung der völkerrechtlichen Frage des Krieges. Die Absetzung der Juristen von einem theologisch behandelten Völkerrecht hat hier ihre erste, deutliche Form gefunden. Silete Theologi in munere alieno! ruft Gentilis aus, um die Theologen aus der Erörterung des Kriegsbegriffs herauszuhalten und einen nicht-diskriminierenden Kriegsbegriff zu retten (I,12). Es ist der Staat als die neue, rationale Ordnung, der sich hier als der geschichtliche Träger der Ent-Theologisierung und Rationalisierung erweist. In zwei Juristen, bei Bodinus und Gentilis, erreicht er die erste Stufe seines rechtswissenschaftlichen Selbstbewußtseins.“ Im Übrigen hält van der Molen es für sehr wahrscheinlich, daß (der von Schmitt überaus geschätzte) Thomas Hobbes 1607 seinen Bachelor’s degree in Oxford machte und „strongly influenced by the tenets enunciated by Gentili“ war (vgl. DIES., Alberico Gentili, 240). 47 G ENTILI , De iure belli, I/12, S. 92. Der Satz „Silete theologi in munere alieno“ steht am Ende mehrerer Kapitel, in denen Gentili verschiedene Konstellationen unterschiedlicher Religion als Kriegsgründe oder „natürliche“ Gründe kritisch behandelt, bevor dann die notwendige oder nützliche Verteidigung erläutert wird. Der unmittelbare Kontext des Satzes ist die Ablehnung der Auffassung von der Notwendigkeit des Krieges gegen die Türken, auch wenn diese sich ruhig verhalten und den Frieden wahren.

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formierten Konfession, da er sich bei seiner Forderung, die eingehendere Auslegung der zweiten Tafel des Dekaloges den Juristen zu überlassen, ausdrücklich auf den Pfarrer der italienischen Flüchtlingsgemeinde in Genf, Niccolo Balbani, und Calvins Katechismus berufen hat.48 Vielmehr ist die spezifisch reformierte, auch bei anderen reformierten Juristen beobachtete, konsequente Ablehnung jeden Aberglaubens bzw. jeder Vermischung von Gott und Welt und der Kampf gegen die päpstliche Unterminierung der weltlichen Gewalt gerade die Voraussetzung der angestrebten Entsakralisierung der politischen und rechtlichen Ordnungen.49

48 Gentili unterscheidet zwischen der ersten Tafel des Dekaloges, die das ius divinum als Recht zwischen Gott und Menschen behandelt, und der zweiten Tafel, in der es um das ius humanum geht, welches die Beziehungen zwischen den Menschen regelt. Den Theologen obliegt zwar die katechetische Lehre des ganzen Dekaloges, aber eine spezifischere Auslegung der zweiten Tafel haben sie den Juristen zu überlassen, da allein diese zum Beispiel die unterschiedlichen Formen eines Diebstahls kennen. Das erste Mal findet sich diese Argumentation in einem Brief an den englischen Theologen John Raynolds vom 8. Februar 1594. Eingehender erläutert hat Gentili sie im ersten Buch seiner zuerst 1601 und dann noch einmal 1614 in Hanau gedruckten Schrift De nuptiis (vgl. VAN DER MOLEN, Alberico Gentili, 210– 214). 49 Für Alberico Gentili dürfte – wie für seinen Bruder und die meisten reformierten Juristen – zutreffen, was Michael Piccart in der Begräbnisrede über den Vater Matthäus Gentili formuliert hat: „Huic cum Romanenses isti Hierophantae partim ineptas, partim ridiculas suas superstitiones et theatricas nugas persuadere nulla ratione possent, isque gustum aliquem caelestis veritatis subinde tum ex lectione divinorum oraculorum, tum ex colloquiis virorum piorum, quibus ea ipsa, quae modo dixi, a gravitate Religionis Christianae recedere videbantur, perciperet, rebus diligentius expensis, et veritate plenius haustâ inque animo eius confirmata, de patria deserenda, in qua ne profiteri quidem, quae crederet, multo minus DEO servire, ut oportebat, tuto posset, serio cogitare cepit; cumque filios haberet complures, et numero quidem septem, e quibus primus Albericus ille fuit, quem non Britannia modo, sed et tota Europa Praecept orem in iure suum colit et agnoscit, noster Scipio sextus, de filiis secum abducendis, adeoque tota familia transferenda cum uxore lectissima femina secreto egit: Quae cum ita animatum, et ex ea causa, maritum carissimum videret, subductis hinc inde rationibus varieque animo distracta tandem in haec verba multis cum lacrimis maritum affata est: [...]“ (MICHAEL PICCART, Laudatio Funebris Scipionis Gentilis, IC. Consiliarii Norici et Acad. Altorfinae Antecessoris Primarii Celeberrimi, Qui pie in Christo obdormivit 7. Eid. Augusti, Anni M DC CXVI., in: HENNING WITTE, Memoriae jurisconsultorum nostri seculi clarissimorum renovatae decas prima [–quarta], Frankfurt a. M. 1676, 29).

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Ergebnis solcher entsakralisierender Bestrebungen ist nicht nur die Kritik des kanonischen Rechts,50 sondern auch die klare Unterscheidung von ius divinum und ius humanum. Während das subiectum der Theologie Gott und ihr Objekt und Ziel das ius divinum ist, ist das subiectum der Jurisprudenz der Mensch und seine Handlungen. Objekt und Ziel der Jurisprudenz ist das ius humanum, wie es in der zweiten Tafel des Dekaloges zusammengefaßt ist.51 Wie bei Althusius haben Gentilis häufige Verweise auf Bibelstellen52 wesentlich das Ziel, die Emanzipation der Rechtswissenschaften von der Dominanz der Theologen zu begründen. So bezeichnet Gentili die Frage, ob man Verträge mit Angehörigen unterschiedlicher Religion schließen dürfe, als eine teils theologische, von Theologen zu traktierende und eine teils juristische, von Juristen zu behandelnde Frage und erläutert das dann mit zahlreichen Verweisen auf alttestamentliche Bibelstellen.53 Wie die anderen behandelten reformierten Juristen ist Gentili von der Übereinstimmung der biblischen Texte mit der recta ratio überzeugt.54 Im Anfangskapitel seines Werkes De iure belli breitet er mit Hilfe zahlreicher Zitate die stoisch geprägte Naturrechtstradition der allen vernünftigen Wesen zugänglichen, ungeschriebenen Gesetze aus.55 50 Die zuerst 1601 in Hanau erschienene Schrift De nuptiis stellt nicht zuletzt den Versuch dar, das kanonische Recht auch auf dem Gebiet des Eherechts zu ersetzen. Die Auffassung, daß der Heilige Geist Autor des kanonischen Rechts sei, wird hier als Blasphemie bezeichnet (vgl. VAN DER MOLEN, Alberico Gentili, 216–218). 51 Vgl. GENTILI, De nuptiis, I/8, S. 30–33. Gentili beruft sich dabei unter anderem auf Melanchthon, der bereits gesagt habe: „Primae tabulae obiectum et finis Deus, secunda tabula continet virtutes, quae versantur circa societatem hominum“ (aaO., S. 33). Vgl. auch aaO., I/9, S. 39: „Hic concludo, secundam tabulam nostram esse, quae non ius divinum, non theologiam, non sanctitatem, non pietatem, non religionem docet, sed ius hominum.“ 52 Das zweite der Bücher De iure belli endet mit einem bezeichnenden, Jes 11,7 aufnehmenden Gebet: „Tu, summe Deus, barbariem, feritatem, inexaturabilem hostilitatem procul amoue bonus. Bos, et leo comedant paleas, nequaquam feritatem bos discat, sed leo mansuetudinem doceatur. Nequaquam discant a barbaris Christiani tui barbaras bellandi rationes, sed istas humaniores a tuis barbari doceantur“ (GENTILI, De iure belli, II/24, S. 469f.). 53 „SEd an licet foedus contrahere cum hominibus diuersae religionis? Atque est quaestio partim theologalis, tractataque theologis; partim et nostris tractata ciuilis“ (GENTILI, De iure belli, III/19, S. 649). 54 Eben darum bedeutet sein Bestreben, die Angelegenheiten des Rechts und des Staates von der Dominanz der Theologen zu befreien, nicht die Loslösung von biblischen Normen. 55 Vgl. GENTILI, De iure belli, I/1, S. 14–17.

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Abgeschlossen werden die Ausführungen mit dem knappen Hinweis darauf, daß die Gesetze, die in den Heiligen Schriften Gottes niedergeschrieben sind, besondere Beachtung verdienen. Denn sie seien nicht nur den Juden, sondern allen Menschen gegeben und – wie ein Zitat Tertullians veranschaulicht – ebenso natürlich wie göttlich.56 Der Sachverhalt, daß eine rationale Rechtsbegründung im Sinne des frühmodernen Naturrechtsgedankens ausdrücklich gegen das Papsttum (und seine Hilfstruppen) formuliert wird, findet sich auch bei dem in dieser Hinsicht neben Grotius wohl wichtigsten Autor, dem – freilich dem lutherischen Protestantismus zuzurechnenden – Juristen und Pfarrerssohn Samuel Pufendorf.57 Die betreffenden Texte sind voller scharfer Abgrenzungen gegen das Papsttum und den von ihm geförderten Aberglauben.58 Man muß hier protestantischen Milieus zugehörige weltanschaulich-konfessionelle Aspekte in Rechnung stellen, da ihnen eine spezifisch protestantische Grundhaltung mit einer bestimmten Auffassung vom Verhältnis von religio und ratio oder auch geistlicher und weltlicher Gewalt zugrundeliegt. Dies ist der Unterschied zu der gleichzeitig aufbrechenden Bewegung des Neustoizismus oder auch den Ansätzen Jean Bodins und anderer „politiques“. Denn hier ist bei allen Überschneidungen die Frontstellung gerade nicht die „Gegenreformation“ oder eine andere Gestalt der Konfessionalisierung, sondern die Formierung der drei Hauptkonfessionen insgesamt. Auch ist ernstzu„Quae scripta sunt in libris sacris Dei, summam merito auctoritatem obtinebunt: postquam apparuerit, non Hebrais tantum scripta esse, sed omnibus hominibus ,vbique gentium, et temporib.[us] omnibus, haec enim esse verae naturae, id est, innocentis, ac iustae, certissimum est. Haec testimonia ilico diuina sunt. non egent, vt reliqua, gradib.[us] illis. a Haec testimonia quanto vera tanto simplicia: quanto simplicia, tanto vulgaria: quanto vulgaria, tanto communia: quanto communia tanto naturalia: quanto naturalia, tanto diuina“ (GENTILI, De iure belli I/1, S. 16f.; mit Verweis auf: TERTULLIAN , De testimonio animae V, PL 1,615). 57 Zu Pufendorfs Naturrechtslehre vgl. WELZEL , Naturrechtslehre; R ABE , Naturrecht und Kirche; vgl. HAMMERSTEIN, Pufendorf, 176–188; FRIEDRICH, Geschichte, 64f. 58 Rabe sieht als die beiden Hauptzüge in Pufendorfs Denken einen auf lutherischem Boden gewachsenen Biblizismus und ein starkes Zutrauen zu der ordnenden Kraft der Vernunft, die sich an Gottes Weisungen im Gewissen gebunden weiß. Daneben arbeitet er die Bedeutung der lutherischen Unterscheidung der beiden Regimente heraus (DERS., Naturrecht und Kirche); zur scharfen Abgrenzung gegen das Papsttum vgl. DÖRING, Wirkungen der Konfession auf das juristische Werk Pufendorfs. 56

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nehmen, daß es sich bei den behandelten reformierten Juristen zumindest teilweise gerade um Exponenten der reformierten Konfessionalisierung und eben nicht um Ausgleich suchende „politiques“ handelte – besonders deutlich im Falle des Althusius. Im Werk der reformierten Juristen wirken konfessionalisierende und säkularisierende Tendenzen unauflöslich zusammen, wobei faktisch letztere die Oberhand gewinnen.59 In deutlicher Frontstellung gegen klerikale Übergriffe in das Amt der weltlichen Obrigkeit, und zwar auf Kosten der rechten Erfüllung des eigenen geistlichen Auftrags, hatten Luther und die anderen Reformatoren eine klare Unterscheidung der beiden Regimente und eine signifikante Aufwertung der weltlichen Gewalt entfaltet. Dies hat die Arbeit reformierter wie lutherischer Juristen geprägt und die Diskussion des ius publicum bzw. dessen Etablierung als Disziplin innerhalb der juristischen Fakultät in erheblichem Maße befördert. Ebenso relevant für das Werk reformierter wie lutherischer Juristen wurde der in der Rückbesinnung auf die biblische Religion begründete Kampf gegen alle Formen von superstitio. Abergläubige Vermischung von Gott und Welt verstoße nicht nur gegen das Wort Gottes, sondern führe auch in Unmündigkeit und sittlichen Mangel. Diese insbesondere im reformierten Protestantismus im Vordergrund stehende Überzeugung hat die Neigung zur rational-immanenten Rechtssystematik und Rechtsbegründung verstärkt. Hier liegt zumindest ein Grund für den Aufschwung der juristischen Fakultäten und die Etablierung der Jurisprudenz als neuer Leitwissenschaft an den Universitäten mit allen Folgen für den bekannten Modernisierungsvorsprung der protestantischen Territorien im Reich bis ins 19. Jahrhundert hinein.60 Damit ist nicht behauptet, daß nicht auch mittelalterliche, nicht dem Protestantismus zuzordnende Traditionen oder auch zeitgleiche Entwicklungen wie die Entfaltung der spanischen Spätscholastik in ähnlicher Weise wirksam geworden sind.61 Jedoch ist angesichts eines gegen59 Dieser Befund entspricht im wesentlichen dem Befund eines komplexen Verhältnisses von Konfessionalisierung und Säkularisierung bei der Staatwerdung im Reich, den insbesondere M. Stolleis und M. Heckel herausgearbeitet haben (siehe dazu oben Einleitung, S. 7f. mit Anm. 19f.). 60 Siehe dazu oben Abschn. II.Tl.1., S. 49–52 u. Abschn. III.Tl., S. 315–320. 61 Paolo Prodi hat auf eine Schrift aufmerksam gemacht, in der die „Vorherrschaft der abendländischen Zivilisation [...], auf allen Gebieten und zwar in Bezug auf Wohlstand, Kultur und militärische Stärke“, auf die Überlegenheit der katholischen Kirche über alle anderen Konfessionen zurückgeführt wird: das 1592 in Köln

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wärtig vorherrschenden Konsenses über die weitgehende funktionale Gleichheit von lutherischer, reformierter und tridentinisch-katholischer Konfessionalisierung als Ergebnis der vorliegenden Untersuchung festzuhalten: Zumindest auf den behandelten Gebieten der Rechtswissenschaften hat die tridentinische Konfessionalisierung, so lange sie denn wirkmächtig war, nicht in gleicher Weise zukunftsgestaltend oder – wie man bei allem Schillern des Begriffs wohl doch sagen kann – modernitätsfördernd gewirkt wie die beiden anderen Hauptkonfessionen.

in gegenreformatorischer Absicht gedruckte Werk De signis ecclesiae Dei libri XXIIII des Oratorianers Tommaso Bozzio. Danach hätten sich nur im Abendland und dank der katholischen Kirche eine Trennung des Privatrechts vom öffentlichen Recht mit der Verteidigung des Privateigentums und des Familienrechts gegen den Druck der politischen Macht durchsetzen und Regierungssysteme nach dem Prinzip der gewählten Repräsentanz oder auch das Vertrags- und Handelsrecht durchsetzen können (vgl. PRODI, Geschichte, 233).

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1. Quellen

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GOLDAST VON HAIMINSFELD, MELCHIOR, Replicatio pro sac. caesarea et regia Francorum maiestate illustrissimisque imperii ordinibus, adversus Jacobi Gretseri jesuitae e societate Loyolitarum, crimina laesae maiestatis, rebellionis & falsi: extemporaliter & populariter instituta a Melchiore Goldasto Haiminsfeldio [...]. Accesserunt insuper evererendiss. & Illustriss. quorumdam S. Rom. imperii principum apologiae pro d.n. Henrico IV. imp. aug. patre patriae, adversus Gregorii VII. papae cognomento Hildebrandi, & aliorum patriae hostium, impias ac malignas criminationes, Hanau 1611. GOLDAST VON HAIMINSFELD, MELCHIOR, S. Valeriani Cimelensis episcopi De bono disciplinae sermo. S. Isidori Hispalensis episcopi de praelatis fragmentum, s.l. 1601. [GOLDAST VON HAIMINSFELD, MELCHIOR], Sallustii Pharamvndi Helvetii Carolvs Allobrox, seu de svperventv Allobrogum in urbem Genevam historia, in qua, praeter res biennio gestas, ingenium ducis infidum: adhoc pontificis Romani, et Hispaniarum regis, quae in Christianos captaverant, Consilia deteguntur, s.l. [Zürich] 1603 [weitere Ausg.: s.l. (Genf) s.a. (1603)]. GOLDAST VON HAIMINSFELD, MELCHIOR, Suevicarum rerum scriptores aliquot veteres, partim primum editi, partim emendatius atque auctius, in quibus Suevorum origo, migratio, regna, principes, bella, foedera, religiones, monasteria, civitates, comitatus [...] memoriae mandantur [...], Frankfurt a. M. 1605. [GOLDAST VON HAIMINSFELD, MELCHIOR?], Tractatus de iurisdictione et imperio praestantissimi cuiusdam iurisconsulti et insignis practici. In quo non solum singularum iurisdictionis specierum verae ac genuinae definitiones traduntur, nec non interpretum varii hac in parte commissi errores solide refutantur [...], Hanau 1613. [GOLDAST VON HAIMINSFELD, MELCHIOR], De translatione imperii Romani, a Graecis ad Francos, an et quatenus a pontifice Romano facta sit. Clarissimi cuiusdam Germaniae iurisconsulti politica disputatio, opposita disceptationi Roberti Bellarmini cardinalis et jesuitae, de eadem re, Hanau 1613. [GOLDAST VON HAIMINSFELD, MELCHIOR], De translatione imperii Romani, a Graecis ad Francos, an et qvatenvs a pontifice Romano facta sit. Clarißimi cuiusdam Germaniae Iurisconsulti politica dispvtatio, opposita disceptationi Roberti Bellarmini cardinalis et iesuitae, de eadem re, in: DERS. (Hg.), Politica imperialia, sive discursus politici, acta publica et tractatus generales […], Frankfurt a. M. 1614, 488–538. [GOULART, SIMON] (Hg.), Mémoires de l’estat de France, sous Charles Neufiesme. Contenans les choses plus notables, faites et publiees tant par les Catholiques que par ceux de la Religion, depuis le troisiesme edit de pacification fait au mois d’Aoust 1570, iusques au regne de Henry troisiesme. Reduits en trois volumes, chascun desquels a vn indice des principales matieres y contenues, Meidelbourg [Genf] 1577. [GOULART, SIMON] (Hg.), Les mémoires de la Ligve, sovs Henri III. et Henri IIII. Ros de France. Comprenant en six volumes, ou recueils distincts, infinies particularités memorables des affaires de la Ligue, depuis l’an 1576 jusques à l’an 1598, 6 Bde., s.l. [Genf] 1593–1602.

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Namenregister∗ Aachen 380 Abbot, Robert 425 Adam, Melchior 13, 15–17, 58, 126, 266, 270 Adams, John 13 Affenstein, Wolf von 321 Afrika 73, 154 Agricola, Kaspar 56 Alba (Herzog; Fernando Álvarez de Toledo y Pimentel) 184, 268, 400, 413 Alciato, Andrea 12, 35, 170, 414 Alst (Aelst, Alostanus), Peter 57 Alsted, Johann Heinrich 183, 188f., 223, 260, 277, 400 Altdorf 15, 17, 19, 44, 48, 70, 75, 80, 83, 85, 112, 124, 127, 272, 318, 328, 347, 399, 402, 411, 440, 452 Althusius, Johannes 10, 13, 18, 21, 141, 167, 176–179, 186f., 189–236, 238, 241–243, 245–248, 252f., 255, 257, 259–261, 273, 277, 279–281, 284f., 311, 359, 365, 385, 399f., 402, 415f., 423f., 431, 441, 445, 449f., 452–454, 457, 459 Althusius, Philipp 202 Álvarez de Toledo y Pimentel, Fernando s. Alba (Herzog) Amberg 127, 206 Ambrosius von Mailand 91, 152, 157f., 361, 365 Amerbach, Basilius 21, 170–173, 276, 452 Amerbach, Bonifacius 21, 31, 169f., 174



Amsterdam 151, 437 Andlau, Peter von 127 Angelsächsisch 23 Angenendt, Arnold 447f. Anjou 88 Antonius, Gottfried 177, 268, 273, 399f., 429–432 Antonius, Peter 422 Antonius, Wilhelm 422f. Antrecht, Johannes 270, 276 Antwerpen 60, 240, 246, 254 Apel, Johann 11 Aretinus, Scipio (Pseudonym) 4, 355, vgl. Lampadius, Jakob Aristoteles 31, 46, 66, 68, 104, 108, 133, 142, 218, 300f., 310, 312, 318f., 352, 359, 401 Arnisaeus, Henning 351f., 399, 401, 406, 415, 449 Arnold II. von Bentheim-Steinfurt 44 Arumaeus, Dominicus 177, 254, 319, 365, 378f., 381, 383, 385, 391, 399, 410f., 413–422, 428 Athanasius 294, 365 Aubry, Jean 204, 422–424, 426 Aufrerius, Stephanus 345 Augsburg 18, 57, 60, 127, 239, 302, 323, 367–371, 377, 382, 387, 392, 394, s. sonst auch Sachregister Augustinus von Hippo 56, 130, 133, 155, 158, 195f., 297f., 360, 365, 421 Aventin, Johannes 323 Avignon 57

Namen von Autoren, Herausgebern und Druckorten bis einschließlich des 17. Jahrhunderts sind in jedem Fall aufgenommen. Namen ab dem 18. Jahrhundert werden nur berücksichtigt, soweit sie im Haupttext vorkommen.

544

Namenregister

Bachoven (Bachovius) von Echt, Reinhard 58, 299, 312, 349 Balbani, Niccolo 456 Balduinus, Franciscus s. Baudouin, François Baldus de Ubaldis 31, 35, 204, 343, 418 Bamberg 49f., 315 Barclay, William 212, 241, 330, 424f., 445, 449 Bargagli, Celso 424 Baron, Caesar 336 Baron, Eugenarius 268, 301, 342–344, 414 Bartolus de Saxoferrato 31, 35, 204, 343 Basel 2, 19, 22, 31f., 43, 45, 47, 64f., 70, 127, 140, 143, 145, 160, 163–183, 186, 192, 199f., 225, 228, 265, 267, 270, 272, 276, 278, 281, 295, 297, 304, 315, 323f., 326, 342, 347, 356, 398f., 410, 426, 429, 432, 435–437, 440, 450, 452 Baudouin, François 33, 57, 81, 266, 268, 278 Bautzen 291 Bayern 50, 52, 143, 167, 316, 323, 341, 346 Becker, Wilhelm 320 Beckmann, Lukas 167 Belgien 73f., 167, 259 Bellarmin (Bellarmini), Robert 219, 255, 257, 329, 336–338, 353, 425, 427f., 434, 444f., 449 Benedict, Philipp 9 Benrath, Gustav Adolf 194 Bentheim(-Steinfurt) 44, 426 Beringer, Erich 424 Berlagius, Heinrich 272 Berman, Harold J. 11f., 451 Bern 42, 344 Bernhard von Clairvaux 249, 359 Bernhardus a Glan, Jodocus 348 Bertram, Bernhard 378f., 385, 415 Bertramus, Bonaventura Cornelius 26 Besold, Christoph 176, 319, 346, 348, 399f. Bessel, Christian 415

Beuthen 44 Beza, Theodor 13, 19f., 26, 35f., 42, 134, 172, 192, 219, 232f., 241, 249f., 265, 276, 282f., 303, 305, 326, 330f., 414, 423, 427, 454 Biermann, Konrad 346f., 426–428 Biermann, Nikolaus 428 Bilstein, Johannes 423 Bitter, Ulrich 321 Blarer von Wartensee, Christoph 175 Bocer, Heinrich 301, 347f. Bodenhausen, Cuno von 415f. Bodin, Jean 176–178, 180f., 204, 238, 242–244, 257, 269, 279, 300, 312, 351f., 358, 366, 396–403, 405f., 410, 420f., 437, 445f., 450, 455, 458 Böhmen 23, 70, 72, 166, 340, 424, 446 Bologna 46–48, 166, 345 Bonifaz VIII. (Papst) 152f., 156, 359 Boquin, Pierre s. Boquinus, Petrus Boquinus, Petrus 59, 81, 134 Bornitz (Bornitius), Jakob 231f., 238, 399, 406, 424 Botzheim, Johann Wilhelm von 321 Boucher, Jean 212, 239, 424, 449 Bourges 27, 33, 37, 48, 56, 80–82, 89, 127, 174, 188, 268, 322, 342, 410, 437 Bozzio (Bozius), Francesco (Franciscus) 256, 345 Bozzio (Bozius), Tommaso (Thomas) 256, 460 Brand, Bernhard 169 Brandenburg 23, 43, 167, 334, 358 Brandenburg-Ansbach 411 Brandenburg-Preußen 358 Brandmüller, Jakob 176, 180 Braun, Konrad 18, 239, 241, 254, 369– 371, 382, 388, 393 Braunschweig 4, 395, 438 Braunschweig, Matthaeus 178, 180 Braunschweig-Lüneburg 2, 348f. Braunschweig-Wolfenbüttel 348, vgl. Wolfenbüttel Brautlacht, Georg 422 Breg, Johannes 345 Bremen 44, 167, 284, 299, 402, 426f.

Namenregister Brenz, Johannes 77, 283 Breslau 306, 315 Briçonnet, Guillaume 92 Bronkhorst, Everhard van 424 Broughton, Hugh 436 Brudtlacht, Georg 417 Brugglacher, Johann Georg 344 Bruningh, Johann 177 Brunner, Georg Adam 177 Brutus, Stephanus Junius (Pseudonym) 212, 231–234, 236, 386, 424, 449, vgl. Duplessis-Mornay, Philippe Bucer, Martin 55f., 133, 219, 222, 264, 268, 282f., 293, 304f., 412, 442 Buchanan, George 20, 176, 212, 241, 424, 449 Budaeus, Guglielmus s. Budé, Guillaume Budé, Guillaume 12, 20, 30, 35, 140, 414 Buder, Christian Gottlieb 13, 79, 81f., 88 Bugenhagen, Johannes 282f., 333f. Bullinger, Heinrich 61f., 134, 220, 282f. Buman (Bumannus), Joachim 399, 415– 421 Burgkard, Franciscus (kurkölnischer Kanzler) 375 Burgkard, Franciscus (Pseudonym) 254, 375, 379, vgl. Erstenberger, Andreas Burgsteinfurt 44 Burgund 71, 80 Busmann, Daniel 414 Buxtorff, Gerlach 180 Caen 47 Calixt, Georg 4, 15, 349, 438 Calvin, Jean s. Calvin, Johannes Calvin, Johannes 10, 13, 16, 20, 23, 26, 28, 32f., 35–38, 56, 79, 90, 101, 124, 133, 149, 161, 174, 179, 189–191, 195, 204, 216, 218f., 224–226, 238, 245, 259, 264f., 282f., 360, 389, 395, 415, 433–435, 440, 442, 449, 451, 456, s. sonst Sachregister

545

Calvinus, Johannes s. Calvin, Johannes oder Kahl, Johannes Calvus, Johannes s. Kahl, Johann Camerarius, Joachim (d. J., 1534– 1598) 69f., 74, 75f. Camerarius, Joachim (d. Ä., 1500– 1574) 69f. Camerarius, Ludwig 54, 69–78, 128, 395 Camerarius, Philipp 15, 44, 75, 84, 167, 385 Canisius, Heinrich 344 Cannelius, Mauritius 344 Cantiuncula, Claudius 31 Caraffa, Giovanni Pietro 382, s. auch Paul IV. (Papst) Caramuel y Lobkowitz, Juan 382f. Carerius, Alexander 256 Carpentras 57 Carpzov, Benedict 381 Casaubon, Isaac 240, 257 Caselius, Johannes 15 Casmann, Otto 274, 406, 449 Caspary, Gundula 329 Castellio, Sebastian 168, 181 Cemeliensis, Valerianus (Bischof) 330f. Chalon-sur-Saône 80 Charondas, Ludovicus 343, 414 Charpentier, Pierre 160 Chastel, Jean 240 Chemnitz, Bogislaus Philipp von 437f., vgl. Hippolithus a Lapide Chemnitz, Johann 430 Chemnitz, Martin 259, 282f. Chokier, Erasmus 345 Christian I. von Sachsen 17, 286 Christoph von Württemberg 285f. Chrysipp 68f. Chrysostomus 365 Cicero 30, 65, 68f., 79, 94, 102–105, 108–112, 119, 121, 123, 125f., 136f., 140, 142, 144, 149, 201, 211, 225, 245f., 269, 278f., 310f., 342f., 357, 421 Cisner (Kistner), Nicolaus (Nikolaus) 55f., 82, 321–324, 326, 440 Clapiers, François de 345

546

Namenregister

Clasmann, Clemens 345 Clemens von Alexandrien 159 Clemens (röm. Bischof) 155 Clemens VIII. (Papst) 48 Cleminius, Ludwig 176 Cludius, Andreas 167 Cluten, Joachim 180 Coburg 17 Coccejus, Sigismund 275 Colerus, Matthias 253 Colladon, Nicolas 26 Colli, Hippolytus a s. Collibus, Hippolytus Collibus, Hippolyt (Hippolytus) a 57, 167, 171, 423f. Commelinus, Hieronymus 151 Commynes, Philippe de 414, 425 Concenatius, Jakob 57 Connanus, Franciscus 32, 278, 403, 414, 424f., 452 Conring, Hermann 3, 341, 349, 368, 408, 437f. Contzen, Adam 319, 377 Copius, Bernhard 265, 270 Coras, Jean de 343, 414, 424f. Costanus, Antonius Guibertus 423 Covarruvias y Leyva, Diego (Didacus) 46, 190f., 207, 243 Cracow, Georg 62, 64, 67 Cranius, Henricus-Andreas 379, 385 Crebs, Andreas 424 Cresswell, Joseph 240 Cronenburger, Johann Michael 344 Cruciger, Caspar 133, 265f., 268, 294 Cubach, Quirinus 378f. Cujas, Jacques 33, 89, 127, 131, 140, 144, 176, 201, 210, 268, 278, 300, 322, 356f., 405, 414, 423–425 Curione, Celio Secondo 168, 171, 175 Curtius, Jakob 424 Cusanus, Nicolaus 360 Cyprian von Kathargo 365 D’Ailly, Pierre 152 Danaeus, Lambertus 20, 26, 35f., 85, 124, 134, 159f., 204, 219, 222, 232–

234, 238, 241, 243, 246, 259, 276, 343f., 415, 454 Daneau, Lambert s. Danaeus, Lambertus Darmstadt 263, s. auch HessenDarmstadt Dauber, Johann Heinrich 275f. Decian, Tiberius 209, 365 Deichmann, Christoph 187, 274f. Delft 185 Demeradt, Petrus 344 Denais (Denaisius), Peter 167, 321 Des Gallars, Nicolas 27 Detmold 274 Deutschland 2–4, 6, 9f., 12, 16, 23, 26f., 47f., 59–62, 74, 77, 83, 128, 166, 171, 176, 183, 187, 189, 192, 267, 285, 299, 315, 317f., 320, 323f., 326, 342, 344, 355, 380, 389, 396, 398, 400, 402, 406, 409–411, 413, 416, 422, 432–435, 441–444, 446f., vgl. fränkisch-deutsch/-germanisch Deventer 271 Die 43 Dieterus, Richard 398 Diez an der Lahn 187 Diller, Michael 59 Dillingen 40, 47, 50, 315, 372, 376f. Dinardus, Johannes 255 Diodati, Jean 330 Diokletian (Kaiser) 131 Dobbin, Nikolaus 57 Donauwörth 380 Doneau, Hugues s. Donellus, Hugo Donellus, Hugo 15, 18f., 26, 32f., 42, 54, 57, 75, 78–126, 132, 162, 216, 268, 278, 281, 322, 342, 362, 414, 421, 424f., 452 Dordrecht s. Sachregister: Synode Dortmund 271 Douai 46f., 50 Dreitzel, Horst 190f., 260, 401 Dresden 395 Dresser, Matthäus 337, 420 Duaren, François s. Duarenus, Franciscus

Namenregister Duarenus, Franciscus 33, 80f., 268, 278, 322f., 342–344, 361, 414, 452 Du Bourg, Anne 34, 91, 344 Du Ferrier, Arnauld 34 Duisburg 43 Du Moulin, Charles 32, 212, 336, 408, 414, 423–426, 452 Du Moulin, Pierre 427 Duplessis-Mornay, Philippe 28, 232, 424, 449 Eberhard, Heinrich Julius 273 Echter von Mespelbrunn, Julius 46 Eder, Georg 372–375, 388f. Edinburgh 43, 241 Ehem, Christoph 53, 57–69, 70, 128, 141, 194, 321, 394f., 423 Ehrenberg, Wahremund von (Pseudonym) 399, vgl. Weyhe, Eberhard von Einsidel, Heinrich A. von 344 Eisermann, Johann 266, 443, vgl. Montanus, Ferrarius Elisabeth I. von England 84, 240 Emden 192f., 225f. Engelbrecht, Arnold 348 England 19f., 60, 62, 74, 84, 171, 228, 240, 256, 258f., 358, 395f., 411, 442, 444, 448, 450, 456 Enzlin, Matthäus 55, 347 Erasmus von Rotterdam, Desiderius 80, 87, 169, 173, 181, 282f., 295, 368 Erastus, Thomas 220, 360 Erbach, Georg von 63 Erfurt 2, 63 Ernst II. von Schaumburg-Bückeburg 328 Erstenberger, Andreas 254, 375, 379, 381–384, 386, 388f. Eusebiis, Ernestus de (Pseudonym) 382, vgl. Wangnereck, Heinrich Faesch, Johann Jakob 171 Faesch, Remigius 171, 181 Fagius, Paul 268, 293 Farenheit, Andreas 273 Fecht, Johannes 60, 64

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Ferdinand I. (Kaiser) 3, 257f., 368, 444f., 448 Ferdinand II. (Kaiser) 44, 186, 377, 390 Ferinarius, Johannes 290 Ficinus, Wolfgang 187 Fickwirth, Georg 410 Fischart, Johann Baptist 283 Fischer, Peter 398 Flacius Illyricus, Matthias 64, 282f., 285, 337, 434f. Fommannus, Ortolphus 415 Forer, Lorenz 376f. Forster, Valentin 55, 215, 267, 313, 347 Francus, Germanus 241, 256 Franeker 45, 48, 184, 273, 414 Franken 179, 371 Frankfurt am Main 4, 12, 19, 52, 127, 132, 138, 145, 187f., 199, 204, 244, 246, 254, 257, 259, 263, 269, 274, 278, 280, 282, 299, 320–323, 328– 330, 332f., 340, 344, 346–348, 350, 355f., 372f., 377, 379, 389, 398f., 402f., 410, 422–424, 428–430, 434, 436, 449, 456 Frankfurt an der Oder 23, 39, 43, 401 Fränkisch-deutsch/-germanisch 180, 351, 391, 435, vgl. auch Deutschland Frankreich 2, 19, 23, 25, 27f., 32–34, 42, 47f., 52f., 55–57, 60f., 70–74, 78, 80, 85, 87f., 90–93, 143, 151, 153f., 156– 158, 160f., 163–166, 169, 171, 174, 176, 180, 201, 211, 219, 228, 231– 233, 241f., 248, 256, 258f., 265, 268– 270, 274, 276–279, 286, 300, 322, 326, 331, 336, 342, 356, 358, 362, 388, 395f., 398, 401, 405–412, 414, 416, 421f., 425f., 431, 437, 444, 446, 448, 450 Frantzke, Georg 415 Franz von Anjou 88 Fratuscus, David 438 Freher, Marquard 54, 57, 126–132, 206, 321, 327, 423–425 Freher, Paul 268 Freiburg im Breisgau 170, 315, 344f., 349, 452

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Namenregister

Freigius, Johann Thomas 12, 452 Freispach, Adam 346, 428 Freyberg, Wilhelm Ludwig von 430 Friderus Mindanus, Peter 302, 379f., 385f., 392 Friedberg, Christian Gottlieb von (Pseudonym) 372, 388, vgl. Schoppe, Kaspar Friedrich I. (Kaiser) 359 Friedrich II. (Kaiser) 323–325, 327 Friedrich II. von der Pfalz 129 Friedrich III. von der Pfalz 53–55, 59, 61f., 64, 67, 81, 128f., 302, 369, 392, 394f. Friedrich IV. von der Pfalz 57, 128, 356 Friedrich V. von der Pfalz 23, 25, 54, 70, 444 Friedrich, Carl Joachim 190 Friedrich Ulrich von BraunschweigWolfenbüttel 348 Friesland 184, 192f., 268, 414 Froissart, Jean 425 Fulda 40, 63 Furnesterus, Zacharie (Pseudonym) 88, 90, vgl. Donellus, Hugo Gaillard 143 Gaius 86, 281, 309 Galen von Pergamon 68 Garcaeus, Johannes 297 Gelasius I. (Papst) 155, 335, 444 Geldern 184 Genf 16, 18, 23, 26–28, 36, 42, 44f., 56f., 81, 85, 132, 134, 143–145, 151, 159f., 168, 171, 174f., 182, 184, 188, 192, 205, 218f., 228, 232, 234, 240, 265, 270, 276f., 303, 328, 330f., 410, 456 Gentili, Alberico 19f., 359, 423f., 439, 450, 454–458 Gentili, Anna 19 Gentili, Esther 19 Gentili, Matthäus 19 Gentili, Matthäus 456 Gentili, Robert 19 Gentili, Scipio 15, 19, 48, 78, 80, 86, 96,

109, 116, 123, 167, 274, 344, 347, 350, 356–366, 402, 410f., 424f., 456 Gentillet, Innocent 232–235, 249f., 338, 449 Georg von Sayn-Wittgenstein 192 Gerhard, Johann 259, 415 Gericke, Bartholomaeus 44 Gerlacher (Billicanus), Theobald 266 Gernler, Lukas 175 Gerson, Jean 257, 334 Gex 143 Gießen 176, 268, 270, 273, 276, 282, 314, 318, 349, 398–400, 429–433, 436, 443, 451 Giffen (Giphanus), Hubert van 15, 414 Giovanetti, Francesco 345 Goclenius, Rudolph 277, 287 Godefroy, Denis 27, 54, 57, 133, 142– 162, 192, 209, 398, 430, 450, 452f. Godelmann, Johann Georg von 167 Goebel, Johann Wilhelm 438 Goeddaeus, Johannes 187, 228, 271f., 274 Goldast von Haiminsfeld, Melchior 256f., 328–340, 380f., 398, 424–428, 430f., 433, 443–445 Gotha 2 Gothofredus, Dionysius s. Godefroy, Denis Gotthard, Axel 387 Goulart, Simon 26, 88, 151f., 240, 330 Govea, Antoine de s. Goveanus, Antonius Goveanus, Antonius 278, 342–344, 364 Graff, Dionysius 55 Graff, Johann Lukas 181 Gratian 353, vgl. Sachregister: Decretum Gratiani Graz 50, 315 Grégoire von Toulouse, Pierre 204f., 209, 211–214, 226, 238, 445 Gregor VII. (Papst) 156, 334, 365 Gregor IX. (Papst) 272, 325, 384 Gregor XIII. (Papst) 393 Gregor XIV. (Papst) 151f., 161 Gregoriana (Universität) 50

Namenregister Greifswald 47, 220, 347f. Gretser, Jacob 330, 334, 336 Griessheim, Heinrich Christoph von 378, 385 Groningen 45, 70f., 189, 272f. Grotius, Hugo 20, 47, 436, 454, 458 Grün, Johann Christoph von der 321 Gruter, Janus 145 Grynaeus, Johann Jakob 169, 175, 192, 436 Grynaeus, Samuel 171 Guazzo, Stefano 204 Guise 46, 89, 212, 258, 445 Gustav Adolf (König von Schweden) 4 Gwalther, Rudolph 174 Habsburg 52, 54, 60f., 73f., 166f., 185, 346, 394f., 397, 446, 448 Halle 291 Hamburg 407, 410 Hamer, Reinhard 266 Hammerstein, Notker 315 Hanau 20, 65, 68, 78, 127, 133, 171, 202, 232, 244, 257, 269, 274, 284, 329, 333f., 337, 346–348, 356, 359, 383, 399, 402, 422–428, 454–457 Hanau-Münzenberg 332 Hannover 426 Happel, Eulalie Adelheid 268 Happel, Wigand 268 Harlay de Sancy, Achille de 34 Hartmanni, Hartmann 321 Heckel, Martin 377 Hedio, Caspar 268, 293 Hegendorff, Christoph 341f. Heidelberg 2, 19, 22, 25, 43–45, 53–60, 63, 67, 70, 72, 76, 78f., 81–83, 88, 126–129, 131–134, 141–143, 145, 151, 161f., 168, 171, 183, 186, 192, 206, 219, 266, 268, 272, 276f., 299, 312, 318, 321–323, 327f., 341, 347– 349, 402f., 406, 411, 423, 434, 436– 438, 440 Heige, Peter 167 Heinrich II. von Frankreich 169

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Heinrich III. von Frankreich 151, 239, 241 Heinrich IV. (Kaiser) 156, 324, 334 Heinrich IV. von Frankreich 151, 219, 240f., 336, 356, 450 Heinrich V. (Kaiser) 361f. Heinrich von Augsburg (Bischof) s. Knöringen, Heinrich von Heinrich Julius von BraunschweigWolfenbüttel, Herzog von Braunschweig-Lüneburg 15 Heistermann, Antonius 266 Helmstedt 2, 4, 15, 48, 70, 244, 272, 347–349, 359, 379, 385, 399, 437, 440, 449 Helwig, Christoph 433 Hemmingsen, Niels 219 Henricpetri, Adam 171, 276 Henryson, Edward 342 Herborn 22, 44, 48, 133f., 140, 178, 183, 186–190, 192, 199f., 202f., 219, 221, 223, 225–228, 230f., 242, 245f., 259–263, 271–273, 291, 313, 396, 399f., 402, 415, 422, 441, 450 Herpfer, Johann Christoph 178 Heshusius, Tileman 63, 163 Hessen 41, 43, 61, 263–266, 269, 275, 285–288, 292, 328, 401 Hessen-Darmstadt 271, 273, 276, 431 Hessen-Kassel 264, 286 Hessen-Marburg 286 Heymann (Heumann), Peter 58 Hieronymus 365 Hilarius von Poitiers 364 Hilderich, Edo 83, 124 Hildesheim 4, 379 Hinkmar von Reims 257, 334 Hobbes, Thomas 455 Hoenonius, Philipp Heinrich 187, 227–261, 358, 380, 383, 385–388, 395f., 399f., 402, 449 Hoffmann, Philipp 58 Hohenlohe 84 Hohenzollern 23, 43 Holland s. Niederlande Hollandt, Johann 344

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Namenregister

Hollwede, Johann Ernst von 430f. Homberg s. Sachregister: Synode Hopper, Markus 169f. Hopperus, Joachim 12 Horstius, Philipp 415 Hortleder, Friedrich 177 Hotman, François 20, 26, 28, 31–33, 42, 81, 169, 173–176, 210, 232f., 241, 265, 276, 278, 330, 336f., 356, 405, 407–411, 416, 423–425, 431, 449 Hotomannus, Franciscus s. Hotman, François Huber, Samuel 17 Hubert, Johann 274 Hugel, Karl 58 Hunnius, Aegidius 269, 271, 286, 312 Hunnius, Helferich Ulrich 299, 312 Hus, Johannes 257, 334 Hyperius, Andreas 134, 265 Ickstatt, Johann Adam von 368 Ignatius von Loyola 49 Ingolstadt 40, 47–50, 52, 176, 319, 328, 334, 344–346, 374, 377, 388 Innozenz IV. (Papst) 325 Innsbruck 315, 377 Intriglioli, Niccolò 423 Iselin, Ludwig 167, 171–173 Iselin, Ulrich 170 Isidor von Sevilla 330f. Italien 19f., 47, 57, 61, 71, 73, 93, 165f., 170f., 204, 218, 257, 274, 276, 323f., 326, 339, 408f., 411, 418, 434, 456 Jena 3, 16, 51, 227f., 318, 343, 378, 391, 399f., 410f., 414f., 417, 420, 422 Jeuchdenhammer (Sphyractes), Johann 169 Johann II. von Pfalz-Zweibrücken 128 Johann VI. von Nassau-Dillenburg 184–186, 228, 423 Johann VII. von Nassau-Siegen 228 Johann Casimir von der Pfalz-Zweibrücken-Kleeburg 67, 194, 277, 286 Johann Sigismund von Brandenburg 334

Jonas, Justus 133 Jörger, Carl 412 Josephus, Flavius 364 Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog von Braunschweig-Lüneburg 15, 64 Junius, Franciscus 134, 219, 222, 337, 434, 436f., 454 Justinian (Iustinianus) 30, 32, 86, 94f., 98, 101, 106, 108, 114–116, 120, 123, 134, 140, 142, 157, 161, 188, 200f., 225, 245, 278f., 299, 301f., 343, 348, 391f., 407, 412, 432, 452 Kahl, Johann 54, 58, 132–142, 398, 402f., 405, 423f., 452, 454 Kalt, Christoph 399, 430 Karl I. d. Gr. (Kaiser) 179, 329, 363, 444 Karl IV. (Kaiser) 128, 180, 302, 319, 392, 411 Karl V. (Kaiser) 129, 258, 286, 292, 329, 339, 378, 419, 428, 444, 448 Karl VIII. von Frankreich 425 Karl IX. von Frankreich 88–90 Karlstadt, Andreas Bodenstein von 168, 203 Kassel 265, 269, 275, 282, 284, 287, 296, 402, vgl. Hessen-Kassel Keckermann, Bartholomäus 178, 238, 406, 424 Kirchner, Hermann 269, 400 Kistner, Nikolaus s. Cisner, Nicolaus Kitzmägl, Johannes 344 Kleinsorg, Eberhard 344 Kling, Melchior 12 Knichen, Andreas 58, 424 Knöringen, Heinrich von 377 Koblenz 437 Koch, Marsilius 344 Köcher, Adolf 3f. Köln 62, 143, 185, 192, 240, 272, 274, 315, 320, 344f., 372, 374f., 380, 410, 459 König, Reinhard 431–433 Konradin von Hohenstaufen 323

Namenregister Konstantin d. Gr. (Kaiser) 157, 335, 363, 444, vgl. Sachregister: Konstantinische Schenkung Kopf, Peter 398, 424 Kreffting, Heinrich 58 Kuchenbecker, Johann P. 270, 275, 277 Kurpfalz 22f., 43, 53–55, 57–60, 67f., 70, 81, 85, 126, 128f., 167, 184, 219f., 268, 312, 321f., 326, 328, 339, 380, 383, 394f., 401, 406, 434, vgl. Pfalz Kursachsen 57, 74, 76, 187, 265, 293, 379, 393f., vgl. Sachsen Kutnaur, Paulus 242 Lactantius 159 La Faye, Antoine de 330 Lagus, Konrad 11, 280 Lambinus, Dionysius 144 La Mothe Le Vayers, François de 423 Lampadius, Jakob 2–4, 341, 348–357, 359, 361–363, 365, 438 Langen, Johannes a 379 Languet, Hubert 70–77, 232 Lapide, Hippolithus a (Pseudonym) 437f., vgl. Chemnitz, Philipp Bogislaus von La Roche Chandieu, Antoine de 26 La Rochelle 426 Laurentius von Rom 131 Lausanne 42 Lausitz 166, 291 Lavater, Rudolf 134, 427 Laymann, Paul 376f. Le Clercq, Jean 426–428 Lect, Jacques 26, 330 Le Duaren, François s. Duarenus, Franciscus Leeuwarden 268, 413 Lefèvre d’Etaple, Jacques 92 Lehmann, Christoph 373f., 381, 389 Leicester, Graf von 84 Leiden 3, 19, 42, 45, 74, 82, 84f., 134, 159, 219, 246, 341, 349, 358, 362, 398, 414, 434, 438 Leipzig 58, 70, 187, 246, 264, 324, 399, 410

551

Le Longe, Jacques 151 Lemgo 271 Lentulus, Cyriacus 246 Leopoldi, Peter 378, 385 Lersner, Christoph 266 Lersner, Hermann 266, 276 Lersner, Jakob 266 Lersner, Johann 266 L’Estoille, Pierre de 37 Lesueurs, Nicolas 423 Leyser, Polykarp 17 L’Hôpital, Michel de 34, 81 Lich 272 Limnaeus, Johannes 381, 391, 399f., 410f. Lindau 382 Lindenbrog, Friedrich 167 Lingelsheim, Georg Michael 88, 167 Linz 315 Lipsius, Justus 19, 84, 146, 159f., 228, 238, 245–248, 251–253, 358, 362 Lithocomus, Lambertus 344 Loeffenius, Michael 127, 206, 240f. London 19, 240, 359, 427, 455 Longueval, Jean de 345 Lorichius, Judocus 372 Lorraine-Guise, Charles de 46, 445 Lothringen 46, 212, 326, 445 Löwen 143, 268 Loyseau, Charles 401 Lubbertus, Sibrandus 414 Lübeck 348 Lucca 78 Ludolphi, Kaspar 272 Ludwig IV. d.Ä. von Hessen-Marburg 264, 269, 285–289 Ludwig VI. von der Pfalz 55, 81, 83, 268 Ludwig XI. von Frankreich 409, 425 Ludwig XIII. von Frankreich 43 Ludwig XIV. von Frankreich 37 Ludwig von Nassau-Dillenburg 184f. Ludwig d.Ä. von Sayn-Wittgenstein 192 Luther, Martin 12, 16, 20f., 34, 38, 62, 67f., 83, 129f., 133, 158f., 161f., 193,

552

Namenregister

195, 203, 219, 223f., 226, 264f., 268, 282f., 338f., 368, 385, 434f., 439–445, 448, 459, s. sonst Sachregister Luxemburg 319 Luzern 377 Lydius, Martin 414 Lyon 81, 143f., 204f., 212, 239, 280, 342f., 414 Macchiavelli, Niccolò 234, 240, 247, 259, 338, 423, vgl. Sachregister: Antimachiavellismus Madrid 240, 334 Magdeburg 380 Mailand 158 Mainz 239, 315, 319, 321–323, 344–346, 370, 377, 437 Makowski, Jakob 275 Maler, Josua 328 Mancini, Celsus 256 Manz, Kaspar 49, 319 Marbach, Johannes 60, 64 Marburg 18, 22, 41, 43, 51, 132, 134, 171, 178, 181, 187f., 192, 215, 228, 246, 262–265, 267–278, 281f., 284– 286, 290f., 299f., 313f., 318, 347, 349, 391, 398, 400, 402, 405, 413, 429– 431, 433, 436, 451 Marcolinus, Ludovicus 345 Marechal, Jean 437 Mariana, Juan de 239, 418 Mark (Grafschaft) 271, 411 Marne, Claude de 204, 422–424, 426 Marnix van Sint-Aldegonde, Philips van 20 Marsilius von Padua 190, 320f., 334, 337, 417, 443 Marta, Orazio 345 Martin, Georg 320, 398, 430, 432 Martini, Friedrich 344 Martinius, Johannes 275 Martinius, Mathias 221 Martyr, Peter s. Vermigli, Petrus Martyr Maschith, Petrus 255 Matthaeus, Anton 187, 263, 271–276 Matthaeus, Philipp 272, 398

Maximilian I. (Kaiser) 257 Maximilian II. (Kaiser) 257f., 369, 373f., 383 Mazzacane, Aldo 283 McNeill, John T. 10 Meaux 92 Medici, Katharina von 408 Meelius, Janus Gulielmus 174 Mehn, Gerhard 222 Meinders, Franciscus 345 Melanchthon, Philipp 11f., 16, 38, 51, 55, 59, 70, 76f., 133, 136f., 162, 203, 219, 223, 264, 266, 268, 282f., 290, 293–295, 298, 301, 309, 439f., 442f., 451f., 457, vgl. Sachregister: Melanchthonianismus Melander, Otho 269, 347, 402, 412 Menchius, Henricus 266 Menk, Gerhard 183 Merkle, Sebastian 40 Metz 50 Metzger, Thomas 344f. Meurer, Noë 321f. Meusch, Caspar 274 Michaelis, Thomas 180, 347 Mieszko I. (polnischer Fürst) 306 Milton, John 13 Moers 186 Mohr, Etherus 346 Mollinger, Nikolaus 177 Mommsen, Karl 163, 165 Mömpelgard 398 Monluc, Jean de 88f., 91 Montaigne, Michel de 168f. Montanus, Ferrarius 266, vgl. Eisermann, Johann Montauban 42f. Monter, William 447 Montpellier 43 Mopha, Matthaeus Gribaldus 29 Moritz von Hessen-Kassel 18, 43, 262f., 265, 269f., 272, 274, 277, 287, 294f. Moritz von Oranien 45, 60, 84, 185 Mühlhausen 269, 347, 402, 412 Mumm, Stephan 55 München 375, 377

Namenregister Münster 50, 442 Müter, Johannes 378f., 385 Mylaeus, Johann Philipp 128 Mynsinger von Frundeck, Joachim 253, 301, 327, 389 Nantes 48 Nassau 44, 183–185, 187, 227f., 260, 414, 423, 446 Naurath, Martin 187 Navarra 91, 336 Nebel, Daniel 58 Nero (Kaiser) 72, 89, 337f. Neüffer, Martin 399 Neu-Haldensleben 324 Neustadt an der Haardt 44, 57, 194, 422, 434 Niederlande 16, 20, 45f., 53, 55, 60f., 70, 72–74, 84f., 163, 167, 171, 184f., 192, 201, 225, 246, 258, 262, 265, 274, 286, 326, 358, 395f., 400f., 411, 413f., 422, 438, 446, 450 Niellius Vesalius, Joannes 347 Nikolaus I. (Papst) 155 Nîmes 42 Nürnberg 11, 15, 19, 44, 70, 75, 83f., 125, 180, 269, 318, 356, 402 Nymwegen 45 Oberursel 398 Obrecht, Georg 1f., 165, 167, 269, 274, 347, 402, 412 Obrecht, Johann Thomas 347, 412 Ockham, Wilhelm von (William) 257, 334, 443 Oecolampad, Johannes 75, 133 Oelhafen von und zu Schöllenbach, Johann Christoph 167 Offenbach 329 Oldenbarnevelt, Johann 434 Oldendorp, Johannes 12, 266–268, 443 Olevian, Caspar 59, 134, 186, 188, 190, 200, 232 Opitz, Martin 73 Oporin, Johannes 168 Orange 42

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Orléans 2, 27, 37, 48, 55, 143, 188, 268, 342 Orthez 42f. Osiander, Andreas 435 Osiander, Lukas 371 Österreich 23 Oswaldt, Johann 398 Ottheinrich von der Pfalz 59, 83, 128f. Otto I. (Kaiser) 361, 390 Otto III. (Kaiser) 323 Otto von Augsburg (Kardinal) 370 Otto, Daniel 178, 383, 385, 398f., 422 Oxford 414, 455 Pacius a Beriga, Julius (Iulius) 27, 57, 276, 280, 424 Padua 47f., 166, 170, 190, 320, 334, 337, 443 Pagani, Antonio 345 Paraeus, David 219 Paris 26, 32f., 36f., 74, 81, 143, 170, 174, 200, 204, 212, 239f., 242, 342f., 345, 398, 402, 407, 410, 426–428 Parsons, Robert 255 Pasquier, Étienne 424, 426 Pasquier, Steffan 426 Passau 302, 315, 346, 392 Patterson, Daniel 320f., 398, 430, 432 Paul IV. (Papst) 382 Paulsen, Friedrich 41 Paurmeister von Kochstädt, Tobias 244, 344, 348–350, 352f., 356f., 359, 361f., 365, 411, 416, 424 Pelletarius, Hugo 190 Pellican, Konrad 133, 268 Perkins, William 219 Perna, Peter 168 Perrot, Charles 26 Pettenbeckh, Balthasar 345 Peucer, Caspar 75f., 219 Peyer, Martin 170 Pfalz 23, 59f., 70, 74, 128, 178, 277, 286, 321, 323, 356, vgl. Kurpfalz Pfalz-Neuburg 128, 326 Pfalz-Zweibrücken 128, 326

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Namenregister

Philipp I. von Hessen (der Großmütige) 41, 61, 263–266, 286, 288, 292f., 339 Philipp II. von Spanien 45, 259 Philipp von Hohenlohe 84 Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg 128 Philipp Ludwig II. von Hanau-Münzenberg 332, 422 Philopater, Andreas (Pseudonym) 255, vgl. Parsons, Robert Piccart, Michael 19, 456 Pincier, Konrad 424 Piscator, Johannes 186, 219, 221, 436 Piso Soacius, Thadaeus 424 Pithou, Pierre 127, 134 Pitrellius, Peter 169 Pius IV. (Papst) 47 Pius V. (Papst) 256, 393 Platon 31, 68f., 72, 76, 90, 123, 277, 307–309 Platter, Felix 169 Plinius d.J. 160 Poitiers 27, 170, 364 Polantus, Vitus 424 Polanus von Polansdorf, Amandus 432, 436 Polen 52, 88, 306 Pont-à-Mousson 46, 50, 212, 445 Popon, Maclou 36 Prag 70, 372 Preußen 4, 9, 47 Prob, Christoph 321 Prott, Johann von 167 Pruntrut 182 Pufendorf, Samuel 449, 458 Pütz, Bernhard 344 Quad, Luther 321 Quintilian 108f., 278 Ramus, Petrus 83, 168, 200, 295, 311, 452, vgl. Sachregister: Ramismus Rath, Hieronymus A. 344 Raynolds, John 456 Redlich, Berthold 57 Regensburg 64, 241, 373, 394

Reibstein, Ernst 190 Reims 257, 334 Reineccius, Bernhard 177 Reinhard, Wolfgang 5 Reinkingk, Dietrich 176f., 179, 389, 391, 431, 433, 436, 443 Rembold, Johann 347 Renner, Joachim 345 Reuber, Justus 321 Reusner, Nikolaus von 167, 290 Reuter, Quirinus 56 Reutter, Johannes 415f. Rhem, Georg 15 Rhem, Joannes 300, 302, 392 Rhenanus, Beatus 169, 257, 334 Ribadeneyra, Pedro de 239f. Rittershausen, Konrad 15, 167, 424 Rittershusius, Conradus s. Rittershausen, Konrad Rohan, Heinrich von (Herzog) 402 Rollock, Robert 436 Rom 50, 54, 61f., 224, 334, 345, 377, 388, 393, 407, 429, 435, s. sonst auch Sachregister Rosenbusch, Christoph 371 Rossaeus, Wilhelm 255, 449 Rossel (Rosellus), Franz (Franciscus) 182, 272 Rostock 272, 348, 414 Rotterdam, Erasmus von s. Erasmus von Rotterdam, Desiderius Rövenstrunck, Johann W. von 189 Rüdinger, Esrom 75 Rudolf II. (Kaiser) 257, 291 Rudolf von Braunschweig-Lüneburg 349 Rugerus, Heinrich 272 Rust, Albert 282, 429 Saa, Jakob a 424 Sachsen 4, 16f., 58, 60, 74, 76, 131, 264, 286, 446, vgl. angelsächsisch; Kursachsen Sachsen-Weimar 328 Saint Germain-en-Laye 81, 89 Saint Omer 240

Namenregister Salzburg 448 Sancerre 81 Sandeo, Felino Maria 424 Saumur 43 Savigny, Friedrich Carl von 10 Savoyen 143, 328, 331 Scaliger, Julius Caesar 20 Schaffhausen 170 Schalun, Peter 58 Schamroth, Johannes 431, 433 Schard, Simon 323–327, 347 Schaumburg-Bückeburg 328 Scheib, Wolfgang 266 Schepsius, Andreas 398 Scherer, Georg 371 Schickard, Martin 187 Schiferer, Michael 416 Schilherr, Plato Mathias 180f. Schilling, Heinz 5 Schlesien 44, 166, 290, 306 Schmidt-Biggemann, Wilhelm 226 Schmitt, Carl 455 Schneider, Daniel 424 Schoenaich, Georg Freiherr von 44 Schönborner, Georg 167, 238, 253, 258 Schoppe, Kaspar 372, 388 Schorey, Bartholdus 222 Schorn-Schütte, Luise 9 Schottland 241, 326 Schubert, Friedrich Hermann 76 Schürer, Ambrosius 266 Schütz, Benjamin 168 Schütz, Konrad 430 Schwartzenthaler, Johann Baptista 424 Schwarzenberg, Johann Freiherr zu 12 Schwechenheim, Abel von 321 Schweden 4, 58, 70, 446 Schweidniz 290, 306 Schweiz 52, 62, 174, 265, 328, 401, 409–411 Schwendi, Lazarus 383 Schwerte 271 Scrimger, Henry 26 Sedan 43, 277 Seeland 185 Seifert, Arno 433, 436

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Seneca 145–147, 149f., 245, 357f., 454 Serres, Jean de 232 Seyssel, Claude de 414 Sidney (Sydnaeus), Philipp 74 Siebenbürgen 189 Siegen 187f., 192f., 272 Sigel, Georg 84 Simancas, Jakob 254 Simler, Josias 134, 179 Simon zur Lippe 274 Sixtinus, Regner 171, 181, 268–270, 272, 276, 313, 400, 402, 413 Sixtus V. (Papst) 256, 336f. Sizilien 444 Sleidanus, Johannes 129, 302, 392, 414, 425 Sohn, Georg 133f. Soto, Dominicus a 305, 366 Spanien 16, 20–22, 46, 61, 84, 151, 176, 183–186, 190, 201, 204, 207, 218, 220, 225, 235, 240, 243, 253, 259, 271, 292, 331, 339, 369, 414, 444, 459 Sparn, Walter 226 Speyer 55f., 127, 206, 269, 321, 323f., 326, 328, 347 Spiller von Mitterberg, Johann Georg 399 Springer, Justus (Pseudonym) 254, 378f., 381, 385, vgl. Syring, Peter Stade 414 Steinfurt 44, 192, 225, 274, 426 Stella, Petrus s. l’Estoille, Pierre de Steiermark 276 Stephani, Joachim 347f. Stephani, Matthias 220, 347f. St. Gallen 328f. Stintzing, Roderich von 267 Stoer, Jacob 410 Stolleis, Michael 7, 11, 315, 401 St. Paul, François de 27 Straßburg 1–3, 42, 55, 64, 127, 143, 161, 165, 180, 184, 194, 218f., 264, 268, 270, 280, 290, 293, 297, 318, 320, 324, 346f., 380f., 391, 399, 410–412, 442 Struve, Burcard Gotthelf 63f.

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Namenregister

Stuber, Johann 345 Stucki, Johann-Wilhelm 174, 330 Sturm, Johann 33, 134, 194, 268, 295, 412 Stuttgart 286 Suárez, Franciscus 46, 425 Suevius, Johannes 378, 385 Sulzer, Simon 63f., 174f., 266 Sylburg, Friedrich 278 Syring, Peter 254, 378f., 381, 385, 389 Tacitus, Cornelius 123, 246, 357f., 364, vgl. Sachregister: Tacitismus Taschenberger, Caspar 44 Tengnagel, Sebastian 334 Ternier 143 Tertullian 146, 159, 169, 365, 458 Theoderich 155 Theodosius I. (Kaiser) 91, 363 Tholosanus, Gregorius s. Grégoire von Toulouse, Pierre Thou (Thuanus), Jacques-Auguste de 34, 76, 129, 353, 414 Thülemeyer, Heinrich Günther 328, 330 Thüringen 327, 368 Tiberius (Kaiser) 123, 363 Timpler, Clemens 238, 244, 249–251, 274, 383, 386, 406, 424 Toledo 239 Toulouse 48, 204, 212, 342 Tours 151f. Trajan (Kaiser) 160 Tremellius, Immanuel 59, 81, 134, 276, 434 Treutler von Kroschwitz, Hieronymus 178, 188, 274, 284, 290–313, 347, 358, 366, 391f., 429 Treutler von Kroschwitz, Philipp Johann 177f. Tribonian (Tribonianus), Flavius 30, 405, 407f. Trient s. Sachregister: Konzil Trier 62, 185f., 315, 319 Troeltsch, Ernst 9, 23 Troje, Hans Erich 283

Truchseß von Waldburg, Otto 18, 239, 369 T’Serclaes von Tilly, Johann 263 Tübingen 19, 176, 346–349, 369, 371, 399f. Tucher, Johann Heinrich 345 Tudor, Maria 258 Türken 73, 267, 382, 434f., 455 Turler, Hieronymus 266 Ulner, Eustachius 55 Ulner (Eulner), Johann 187 Ulpian 65, 98, 103, 105, 301, 341, 405 Urban VI. (Papst) 130 Ursinus, Zacharias 59, 134, 222, 276, 326 Utrecht 45, 85, 184f. Valascy, Gaspar 341 Valence 88, 170 Valentia, Gregorius de 255 Valla, Lorenzo (Laurentius) 12, 30 Valois 448 Vargas Mejía, Francisco de 336, 345 Vaudus, Johannes 424 Vázquez de Menchaca, Fernando 46, 190f., 207, 243 Venedig 47, 72f., 345, 444 Venningen, Erasmus von 60 Vergerio, Pietro (Pier) Paolo 20 Vermigli, Petrus Martyr 20, 133, 218, 222, 259, 268, 282f., 293, 389, 395, 442 Vigelius, Nikolaus 266f., 276, 281, 291, 313, 423f., 452 Villiers, Thomas de 426–428 Vinea, Petrus de 324 Vinther, Johann Jakob 177 Vischer, August 319 Vossius, Gerhard 436 Vultejus, Hermann 18, 168, 171, 176f., 181, 187, 262–264, 267f., 272, 274– 290, 300, 311, 313, 320, 343, 347, 350, 358, 366, 399, 402, 404f., 410, 429–432, 438, 451–453

Namenregister Vultejus, Johannes 275, 282 Vultejus, Justus 18, 264f., 270, 275f. Waldburg 18, 239, 369 Wangnereck, Heinrich 382 Waser, Kaspar 330 Weber, Max 9, 23 Wechel, Andreas 204, 410, 422f. Wechel, Johann 398 Weier, Theodor 81 Weimar 64, 328 Wesenbeck, Matthäus 16f., 140, 201, 215f., 253, 278, 283, 301, 414, 424 Wesenbeck, Peter 16f., 414 Westeuropa 2, 15, 44, 53, 57, 60, 76, 87, 146, 162, 187, 228, 258, 262, 270, 362, 395, 401, 406f., 409, 411–414, 422, 425, 446 Westfalen 127, 426, 428, vgl. Sachregister: Friede Wetter 132, 275, 401 Weyhe, Eberhard von 17, 238, 265, 399, 423 Wien 170, 315 Wiesbaden 193 Wilde, Christoph 345 Wilhelm I. von Oranien 60, 74, 84, 184f. Wilhelm IV. von Hessen-Kassel 64, 264f., 270, 286, 291–298 Wilhelm Ludwig von Nassau-Dillenburg 184, 414 Willich, Caspar 272 Windeck, Johann Paul 239f., 254, 374f., 384, 388, 390 Winter, Otto 272 Winters, Peter Jochen 189 Winthrop, John 13

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Wismar 420 Witte, Henning 19, 456 Witte Jr., John 12f. Wittenberg 16f., 19, 39, 51, 55, 76, 145, 168, 201, 215, 264f., 268, 272, 274, 442, 453 Wolf, Erik 189 Wolfenbüttel 316, 348, vgl. Braunschweig-Wolfenbüttel Wolff, Anton 433 Wolfgang von Pfalz-Neuburg und Zweibrücken 64, 326 Wolleb, Johannes 175 Worms 361f., 444, 447, vgl. Sachregister: Edikt Württemberg 269, 286, 346 Würzburg 40, 46f., 315, 344 Zanchi, Hieronymus 81, 194, 276 Zandt, Anton 345 Zanger, Johann 168 Zasius, Johann Ulrich 18, 170, 368f., 383, 387, 393 Zasius, Ulrich 12, 170, 342, 368 Zeidler, Carolus Sebastianus 80, 88 Zell, Matthäus 293 Zenon von Kition 68f. Zepper, Wilhelm 134, 188, 193, 203, 221, 226, 228, 230f., 415 Zerbst 44 Zimmermann, Christian 378, 385 Zindecker, Leonhard 344 Zölner, Heinrich 176 Zürich 16, 42, 168, 171, 174, 179, 218, 265, 268, 270, 331 Zwinger, Theodor 169, 177, 200 Zwingli, Ulrich 16, 21, 38, 67, 220, 442, vgl. Sachregister: Zwinglianismus Zwolle 55

Sachregister Abendmahl 16, 21, 55f., 67f., 75, 77f., 121, 141, 162f., 169, 220, 264, 290, 294, 313, 333, 386, 439f. – Lehre der körperlichen Realpräsenz 21, 68, 141, 162, 264, 294, 313, 439f. – Lehre der Ubiquität 77, 294 Aberglaube 21, 37, 54, 58, 61, 63, 68, 77f., 90–93, 98, 101, 122, 131, 141, 145, 147–150, 152, 160, 162, 185, 193, 208, 216, 297, 335, 354, 359, 436, 440f., 451, 456, 458f. Absolutismus 176, 179, 358, 405 Aequitas 69, 110f., 137f., 178, 211, 283, 303, 311, 343, 369, 421 Altes Testament (ohne Bibelstellenverweise) 20, 154, 157, 168, 177, 190f., 206f., 218, 222, 231f., 248, 276, 363f., 386, 443, 457 Amt 14, 28, 126, 191, 229, 253, 263, 265, 269, 271, 276, 279, 335, 342f., 418, 442 – kirchliches 28, 95, 99f., 119f., 215, 229, 241, 250, 284, 335, 356, 362f., 442 – politisches 14, 59, 99, 126, 128, 157, 187, 191, 229, 235, 241, 279, 335, 351, 354, 362, 381, 401, 418, 442, 459 Antichrist 20, 133, 215, 325f., 377, 384, 434–436, 439 Antimachiavellismus 234, 240, 247, 259, 408f. Antipäpstliche/antikatholische Haltung 20, 54, 58f., 61–63, 68, 71–73, 88–93, 129–131, 133, 141–143, 150– 157, 161f., 171, 174, 180–182, 198f., 218, 253–259, 261f., 292f., 295, 324– 327, 334–340, 352–356, 359, 362,

381, 417–419, 425, 428f., 435–437, 444f., 451–454, 458 Antitribonianismus 174, 407f. Arianismus 47, 155, 157 Aristokratie 177, 243, 396f., 401, 432 Artistenfakultät/-studium 49f., 414 Augsburger Konfession s. Confessio Augustana Augsburger Religionsfriede s. Friede Ausländer/ausländisch 48, 52, 61, 166 Bann/Verbannung 63, 163, 354f. Bartholomäusnacht 2, 33, 165, 406, 408, 412, 448, vgl. Massaker Bekenntnis 6, 15f., 21, 39, 41, 46–48, 251, 265, 287, 294, 302, 368, 392, 439, vgl. Confessio Augustana; Confessio Augustana variata – Abendmahlsbekenntnis 55 – Glaubensbekenntnis 47f., 131, 291 – Bekenntnisbildung 48, 439 – Bekenntnisstand 40f., 439 – anglikanisches 48 – (calvinistisch-)reformiertes 16, 39, 42–45, 53, 56, 186f., 263, 271–273, 275, 277, 451 – (römisch-)katholisches 47, vgl. Tridentinum – lutherisches 6, 263, 273, 341, 368 Bibel s. Altes Testament; Evangelium; Lehre; Neues Testament; Römerbrief, Kapitel 13 Billigkeit s. aequitas Bodin-Rezeption 176–178, 180f., 204, 238, 242–245, 269, 279, 351f., 358, 396–406, 410, 437, 446, 450, vgl. Souveränität Böhmische Katastrophe (1620) s. Schlacht (am Weißen Berg)

Sachregister Buchdruck s. Druck/Drucker Bulle 47, 156, 256, 336, 368, vgl. Goldene Bulle Bund/Bündnis 9, 13, 42, 67, 190f., 207f., 216, 231–233, 260, 284f., 370, 446 – Bundestheologie 177, 188, 190f., 207f., 228, 231–242, 260 Calvinisierung s. Calvinismus (Übergang zum) Calvinismus 15, 22f., 25–38, 43, 67, 78– 80, 82, 84f., 87, 92, 124f., 143, 145f., 159, 167, 183, 188, 191f., 195, 219, 260, 265, 270, 324, 330f., 334, 343, 362, 421f., vgl. Kirche; Kryptocalvinismus; Lehre; Protestantismus; Theologie – Übergang zum 18, 22f., 43, 54f., 58f., 68, 70, 143, 167, 184, 187, 262– 266, 270, 272, 276f., 313, 322, 326, 430 Christologie 120f., 150, 290, 294, 439 Codex (Iustinianus) 32, 106, 114–117, 120, 123, 142, 157, 263, 282, 302, 340, 342, 344, 391f. – Lehrstuhl/Professur 1, 49, 55, 57, 81, 126, 143, 169–171, 182, 266– 268, 270f., 327, 346 Compagnie des Pasteurs (der Stadt Genf) 26f., 219, 330 Confessio Augustana 16, 83, 254, 264f., 286, 293f., 313, 334, 374–376, 378f., 381, 394, 445 Confessio Augustana variata 55f., 440 Confessio Helvetica 61, 76 Corpus Iuris Canonici 193 Corpus Iuris Civilis 29f., 32, 35f., 86, 102, 108, 110–112, 143f., 200f., 205, 209f., 223, 279, 282, 294f., 300, 322f., 334, 357, 367, 405, 407f. Daniel-Prophetie 179f., 420f., 432–437, 451, vgl. translatio imperii; VierMonarchien-Lehre Declaratio Ferdinandea 375, 380

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Decretum Gratiani 155, 158, 353, 365, 382, 453 Dekalog 120, 131, 133f., 136f., 142, 161, 198, 201f., 208, 210, 214–217, 221, 232, 248, 298, 308, 404, 442, 456 Dekretalen 51, 57f., 96, 130, 153, 353, 384, 448 Delikt 136, 201, 205, 207–209, 213, 216 Demokratie 10, 449 Desakralisierung s. Säkularisierung/ Säkularisation Dialektik 8f., 11, 108, 140, 224, 299 Digesten 30, 32, 102–105, 109, 113f., 176, 245, 263, 272, 281, 300f., 309, 340, 342, 344f., 350, 391, 405 – Lehrstuhl/Professur 49, 55, 57–59, 143, 169f., 182, 263, 266, 268, 271f., 274, 323, 346 Doktoreid s. Eid Dordrechter Synode (1618/19) s. Synode Dreißigjähriger Krieg s. Krieg Drei-Stände-Lehre 298 Druck/Drucker 14, 71, 74, 127, 145f., 151, 168, 188, 193f., 201f., 204, 278, 291, 299, 320, 329, 331, 343f., 346f., 398, 403, 406f., 409f., 422– 429, 437, 444f. Edikt 37, 252, 300, 388 – von Nantes 48 – Restitutionsedikt 4, 186, 376 – Wormser 444f., 447 Edition 55, 70f., 73f., 78, 127–129, 132, 144f., 151, 171, 188, 199, 201, 227, 234, 263, 282, 318, 320–340, 348, 356, 376, 393, 406, 410, 423–426, 443f. Editionsarbeiten s. Edition Ehe 13, 28, 59, 95f., 101, 111, 155, 201, 207, 213f., 282f., 285, 298, 303–305, 309, 453, 457 Ehre Gottes s. Gottesverehrung Eid 47, 83, 95–99, 101, 119, 122f., 126, 166, 208, 363 Ekklesiologie 190, vgl. Kirche

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Sachregister

Entsakralisierung s. Säkularisierung/ Säkularisation Ephoren-Lehre 231–242, 247, 359 Episkopaltheorie 381 Epitaph s. Grabrede Erbsünde s. Sünde Erwählung s. Prädestination Ethik 31, 37, 63–67, 109–111, 124, 132, 144, 147, 159, 162, 171–173, 191, 204, 219, 221, 224, 289f., 343, 440, vgl. Moral Evangelium 4, 203, 227, 249, 255, 288, 308, 386, 443 – Johannesevangelium (ohne Bibelstellenverweise) 77f., 142, 154f., 158, 419 Exil 70–72, 74, 77, 85, 249, 434 Flucht 2, 19, 87, 143, 154, 174, 217, 422, 426 – Flüchtlinge 57, 166, 407, 409, 413, 422–429, 454 – Flüchtlingsgemeinde 19, 163, 456 Föderalismus s. Bund/Bündnis Föderaltheologie s. Bund/Bündnis Freiheit 3, 11, 34, 39, 47, 61f., 77, 81, 86, 104, 168f., 176–178, 225, 236, 297, 352, 408f., 411, 416, vgl. Gewissensfreiheit; Religionsfreiheit Friede 64, 151, 248, 251, 254, 293f., 307, 317, 372, 375, 381, 387–389, 394, 398, 442, 455 – Augsburger Religionsfriede 18, 23f., 53, 170, 248, 251–254, 259, 302, 318, 349, 355, 367–397, 405, 446, 448 – Prager 372 – von Saint Germain-en-Laye 81, 89 – Westfälischer 8, 163, 368, 371, 382, 448 Frömmigkeit 56, 71f., 76, 80, 105, 123f., 130f., 133f., 142, 146, 159, 174, 194–196, 198, 221, 230, 247, 255, 258, 270, 285–288, 291, 294–298, 302, 308f., 336f., 354, 391f., 421, 454, 457

Fundamentalgesetze des Reiches 177, 244, 248, 389, 394, 401–403, 413, 416 Gegenreformation 5, 18, 40, 46, 50, 71, 185, 212, 318, 458, 460, vgl. Jesuiten; Konzil (von Trient); Tridentinum Geistlicher Vorbehalt 3f., 355, 369f., 375, 380, 388, 394 Gemeinde 26f., 85f., 193, 224, vgl. Flucht (Flüchtlingsgemeinde); Kirche Gemeinwesen 8, 66, 104, 106f., 140, 178, 190, 207, 216, 224, 244f., 248, 251–253, 298, 306, 355, 383f., 408, 418, 421 – französisches 408 – jüdisches 134f., 140, 215, 222, 224, 364 – politisches 13, 99, 102f., 111, 145, 194, 196, 207, 231–233, 242, 248, 255, 351, 407, 421 Gerechtigkeit 31, 34, 65, 89, 102, 106– 108, 110–113, 121, 136, 138, 142, 190, 195, 205, 221, 226, 232, 239, 247, 283, 288, 300, 322, 342f., 369, 372, 389, 403f., 406, 419, 421, 439 – De iustitia et iure 102f., 115, 272, 300, 302f., 309, 311, 392 Gesandtschaft 70, 74, 368 Geschichte (als Disziplin/Fach) 9f., 42, 127, 143, 271, 328 Gesetz 18, 29, 31, 36, 66, 69, 97, 100, 102f., 120f., 133, 138f., 152f., 155, 176–178, 198, 227, 244f., 252, 258, 284, 300, 307, 311, 322, 324, 332f., 342, 357, 402–406, vgl. Judizialgesetz; Moralgesetz; Naturrecht; Vernunftgesetz; Zeremonialgesetz – biblisches s. Recht – Gottes 36, 93, 96–99, 102–112, 131, 177, 198, 244, 289, 332f., 397, 403f., 458, vgl. Recht (göttliches) – leges fundamentales s. Fundamentalgesetze – lex civilis 95, 97, 101, 351, 403, vgl. Zivilrecht

Sachregister – menschliches 97, 135 – mosaisches s. Recht, vgl. Dekalog Gesetzgeber s. Gesetzgebung Gesetzgebung 13, 28, 86, 117, 138, 155, 198, 203, 222, 244, 273, 284, 307, 397, 403, 407, 431 Gewissensfreiheit 56, 87, 247, 249, 253, 383–387, vgl. Freiheit; Religionsfreiheit Glaubensbekenntnis s. Bekenntnis Glosse 29, 143, 149 – Glossierung 34 – Postglossatoren 35 Gnesiolutheraner 63f., 68, 77, 264, 285 Goldene Bulle 302, 318, 350f., 391f., 413, 416, 420 Goldene Regel 103f. Gottesdienst 27, 46, 83, 198, 298, 443 Gotteslehre s. Lehre Gottesverehrung 36f., 62, 86, 90–92, 98, 100, 103f., 112–125, 147–149, 160, 198, 216, 226, 233, 248–250, 255, 287, 290, 296, 332f., 335, 362, 386, 415, 422, 441f., 449 Grabrede 17, 35, 80, 83, 128, 133, 270, 285, 456 Häresie 48, 73, 81, 120, 151, 153, 155, 157f., 168, 208, 213, 239f., 250, 363, 369f., 372–374, 382–386, 388, 395, 418, 442f., 447f. Heil 76, 120–124, 150, 288–292, 306, 309, 331 Hofgericht 17 Hofgerichtsrat 321 Hofrat 206, 348, vgl. Reichshofrat Hugenotten 27, 81, 326, 422 Humanismus 29, 34, 37, 41, 46, 54, 56, 59, 61, 63–71, 76–78, 90, 92, 123f., 128–141, 161f., 173, 192–194, 198, 225, 230, 257, 260f., 275–285, 289, 295, 307, 311, 318, 322, 324f., 327, 340, 342f., 368, 421, 438, 451–453 – Humanist 15, 29, 69, 108, 173, 228– 231, 241, 451, 453 – humanistische Jurisprudenz 12, 23,

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25–38, 54, 65–68, 77–80, 92, 102, 110, 121, 127, 139f., 143, 161f., 165, 169, 176, 201f., 210f., 225, 268f., 272, 274, 277–279, 300, 324, 342, 345, 356, 362, 369, 405–409, 414, 421, 425, 436f., 451–453 – Späthumanismus 53, 145, 438 Idolatrie 37, 88–93, 158, 161, 208, 216, 289, 332, 335, vgl. Aberglaube Institutionen 12, 26, 32, 86, 113f., 200, 212, 245, 263, 270, 278, 301, 423 – Lehrstuhl/Professur 55–59, 132, 171, 182, 266, 268, 270–272, 276 Iurisdictio s. Jurisdiktion Ius civile s. Zivilrecht Ius divinum s. Recht (göttliches) Ius emigrandi 384–387 Ius gentium s. Völkerrecht Ius humanum s. Recht (menschliches) Ius publicum s. Recht (öffentliches) Ius reformandi 370, 380f., 384, 393 Iustitia s. Gerechtigkeit Jesuiten 4, 18, 20, 40f., 49–52, 61, 181, 204f., 211–217, 226, 239–241, 255, 259, 316, 319, 329f., 334, 338, 355, 368, 371, 377, 382, 389, 393, 417f., 425–427, 434, 445f., 449f., 453, vgl. Gegenreformation Johannesevangelium s. Evangelium Judizialgesetz 135f., 221f. Jurisdiktion 95, 100f., 153f., 157f., 176, 180, 215, 256, 282, 316, 340–366, 370f., 380, 382, 393f., 406, 412, 429– 431, 451 Justinianische Titelarchitektur 32, 140, 143, 161, 225, 279 Kanonistik 14 Kanzleienstreit 70 Katechismus – Calvins 456 – Luthers 16, 83, 265 – Heidelberger 67 Katholizismus 9, 18, 131, 170, 176, 185,

562

Sachregister

290, 356, 393, vgl. antipäpstliche/antikatholische Haltung; Kirche; Lehre; Papsttum – Barockkatholizismus 6 – re-formierender 18, 70f., 356, 368, 389 Ketzer s. Häresie Ketzerrecht s. Recht Kirche 27, 48, 99, 117, 119–121, 129f., 157, 169, 175, 196, 216, 225f., 233, 251, 254, 265, 284–286, 332, 335, 363, 368, 373, 384, 419, 446f. – anglikanische 19 – (calvinistisch-)reformierte 27f., 35, 37, 45, 48, 59, 151, 182 – gallikanische 34, 151, 154, 157, 219 – katholische/päpstliche 12, 27, 33f., 48, 59, 71, 87, 90–93, 126, 129, 145, 151, 198, 215, 224, 239, 257, 270, 312, 346, 370f., 436, 444, 459f. – lutherische 16f., 48, 349 – mittelalterliche 14 Kirchendisziplin/-zucht 16, 84f., 174, 186, 203, 220, 330, 360, vgl. Sozialdisziplinierung Kirchenleitung 10, 226, 330 Kirchenordnung 28, 35, 37, 59, 83, 188, 193f., 203, 223, 230f., 260, 264, 330, 335, 443 Kirchenrat 59, 82 Kirchenrecht 8, 49, 182, 188, 220, 371, 377, vgl. Kirchenordnung; Staatskirchenrecht Kirchenregiment 3, 370, 381–383, 393 Kirchenzucht s. Kirchendisziplin Kleriker/Klerus 22, 33, 50, 182, 213, 226, 241, 256, 283, 304, 441, 459, vgl. Stand Kodifikation 30, 32 Konfessionalisierung 5–11, 18, 39–53, 78, 125, 163, 175, 218, 220, 224f., 260, 264, 368–371, 393, 440f., 445f., 448f., 453f., 458–460 – wissenschaftl. Diskussion 5–11, 440, 449, 459f.

Konfessionalismus 11, 14, 183, 316, 440, 445f. Konfessionelle Unterscheidungslehren 15, 21, 39, 261, 293, 298, 439, 441, 449–452 Konfessionskultur s. Kultur Königsgesetz (biblisches) 177, 289, 362f. Konkordienformel/-buch 14–17, 21, 23, 48, 55, 57, 82, 294, 313, 412, 439 Konstantinische Schenkung 156, 257 Konzil 18, 154–157, 253f., 370, 419 – von Trient 18, 20, 62, 92, 212, 253f., 366, 374, 388, 393f., vgl. Tridentinum Konziliarismus 18, 152 Körperliche Realpräsenz s. Abendmahl Krieg 2, 61f., 70, 73f., 105, 229, 245, 293, 369, 398, 435, 455, vgl. Schlacht – Dreißigjähriger 3, 23, 25, 43, 53, 164, 167, 186f., 263, 316f., 411, 446 – französische Religionskriege 73f., 81, 93, 164–166, 326, 343, 396, 406, 408f. – Schmalkaldischer 62, 129, 292f., 297, 339 Kryptocalvinismus 15–17, 58, 60, 74– 76, 265, 268, 286, 293, 313, 399, 411, 414 Kultur 1, 6f., 10, 13, 130, 146, 368, 378, 380, 390, 393, 433, 436–438 Landesherrliches Kirchenregiment s. Kirchenregiment Lehre 3, 10, 18, 39, 46, 48, 63, 67, 77, 119, 141, 157, 177, 179f., 190f., 193, 203f., 206, 224, 231, 249, 256, 360, 371, 384, 386, 392, 431, 441, 455f., vgl. konfessionelle Unterscheidungslehren; Rechtslehre; Zivilrecht (Zivilrechtslehre) – (biblisch-)christliche 28, 54, 59, 120f., 146–148, 150, 162, 198f., 294, 337, 374 – calvinistisch-)reformierte 13, 35–38, 53, 59, 78, 133, 162, 168, 171, 212, 264, 270

Sachregister

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– evangelische 33, 38, 80, 203, 302, 441f. – von Gott 48, 147–149, 189, 308 – lutherische 129, 162, 333, 441f. – katholische/päpstliche 18, 61, 100, 160, 241, 255, 381, 449 – kirchliche 169, 193, 231, 384, 441, 443 – politische 204, 253–260, 285, 400f., vgl. Politik – wahre/rechte 61, 77, 198, 294, 354 Leichenpredigt s. Grabrede Lex ceremonialis s. Zeremonialgesetz Lex civilis s. Gesetz; Zivilrecht Lex iudicialis s. Judizialgesetz Lex moralis s. Moralgesetz Loci-Methode s. Methode Logik 12, 125, 140, 144, 200, 221, 225, 279, 281, 291, 432, 452f. Luthertum 6, 9, 14, 17, 36, 84f., 124, 167, 182, 226, 259, 261, 269, 298, 318, 323, 340, 401, 412, 421, 433– 436, 440, 449, vgl. Kirche; Lehre; Protestantismus; Relutheranisierung

317, 342f., 365, 405, 431, 451–453, vgl. Ramismus; Scholastik – Loci-Methode 11, 147–150, 218, 276, 322, 452 Monarch s. Monarchie Monarchie 62, 142, 177, 236, 243–245, 249, 257, 309, 336, 386, 397, 401, 419f., 431–434, 437, 449f., vgl. VierMonarchien-Lehre Monarchomachen 2, 10, 79, 158f., 176f., 212, 228, 231–247, 249f., 259f., 337f., 358, 387, 397, 400, 403, 405, 415–417, 423f., 445, 449f. Mönchtum 73, 77, 94, 101, 218, 338 Moral 20, 31, 36, 65, 67, 102–112, 172, 203 – humanistischer Moralismus 34, 192, 260 Moralgesetz 135–139, 211, 221f. Moralphilosophie 31, 34f., 65, 102, 140, 162, vgl. Ethik Moraltheologie 49f., 377 Mos gallicus 31, 169 Mos italicus 29, 37, 169

Machiavellismus s. Antimachiavellismus Maiestas s. Souveränität Marburg-Gießener Streit 282, 429–438 Massaker (an den französischen Protestanten 1572) 2, 71, 78, 87–89, 126, 200, 408f., 412, 422, 448, vgl. Bartholomäusnacht Medizin 43, 49f., 52, 65, 67, 70, 75f., 171, 220, 287, 360, 414 Meineid s. Eid Melanchthonianismus 14–16, 44, 48, 63, 67, 77, 84f., 261, 264f., 267, 294, 298, 309, 323, 340, 406, 421, 439f., 442f., 451f. Menschenrechtsgedanke 12 Metaphysik 46, 189, 281, 284f. Methode 11, 13–22, 29, 31, 51, 68, 108f., 136, 140, 200, 202, 220, 224, 235, 245, 269, 278–280, 299, 311,

Naturgesetz s. Naturrecht Naturrecht 68f., 93, 102–107, 110, 123, 125, 131f., 136f., 177f., 191, 198, 244, 266, 303f., 307–310, 317, 351, 397, 401–404, 407, 416, 454, 457f. Neues Testament (ohne Bibelstellenverweise) 206, 363 Neustoizismus 142, 145–150, 159f., 228, 231, 242, 245–253, 260, 358, 362, 402, 405, 458, vgl. Tacitismus Novellen 95, 142, 157, 391 Obrigkeit 16, 85, 95, 97, 99f., 115f., 120f., 143, 150–161, 180, 190, 193, 216f., 226, 231, 233f., 237, 239–242, 246, 248–250, 253–259, 261, 284f., 298, 317, 320, 334, 337–339, 341, 345, 352f., 355f., 362f., 375, 380–386, 406, 417–421, 425, 441–443, 447– 449, 459

564

Sachregister

– geistliche 157, 182, 317, 363, 375, 384, 441, 443 Ontologie 46, 147f. Orthodoxie 11, 15, 77f., 231, 258 – lutherische 17, 41, 259 – reformierte 168, 175, 192 Pandekten s. Digesten Papsttum 34, 54, 59, 61–63, 70f., 131, 152, 171, 174, 198f., 218, 257, 261, 324–327, 336, 359, 374, 389, 435, 451, 453, 458, vgl. antipäpstliche/antikatholische Haltung Passauer Vertrag 302, 346, 392 Philippismus 17, 55, 163, 306, 439f., vgl. Melanchthonianismus Philologen s. Philologie Philologie 12, 19, 30, 42, 44, 127, 290, 323, 328 Philosoph 49, 76, 188, 220f., 223f., 260, 449 Philosophie 15, 26, 31, 42, 44, 46, 49, 69, 105, 107–109, 140, 144, 146, 186–188, 271, 276, 284, 287, 296, 301, 307, 318f., 377, 420, vgl. Moral (Moralphilosophie) Pietas s. Frömmigkeit Politica-Literatur s. Politik Politik 3f., 8f., 23, 25, 28, 54, 77, 109, 130, 134–137, 146f., 159, 184, 198, 211, 220f., 224f., 227f., 235, 242, 246, 252–259, 261f., 294, 298, 308f., 312, 316f., 331, 333, 340, 343, 352, 362– 364, 369f., 380–382, 391, 394, 396, 401, 408, 415, 431, 437f., 444, 446f., 455f., 458–460, vgl. Gemeinwesen; Lehre – auswärtige 61, 264 – kurpfälzische 54, 57–60, 68, 70, 74, 126, 128, 286, 321f., 339, 380, 394 – als Literatur (Politica) 10, 31, 141, 171, 189–192, 220, 224, 227–259, 318, 340, 358, 398f., 406, 413, 424 – politische Theorie 10, 191, 211, 231, 252, 315, 318, 356, 397, 400

– politische Wissenschaft 10, 147, 190, 198f., 220, 223, 227 – Politisierung 60, 93, 343 – protestantische 3f., 28, 42, 286, 326, 343, 346, 370, 380, 389 Prädestination/Prädestinationslehre 16, 21, 67, 78, 128, 150, 162, 172, 189–193, 195, 260f., 277, 289f., 298, 313, 439 Princeps legibus (non) solutus 133, 176–179, 242–245, 352, 358, 396, 398, 401–406, 430f., 433 Privileg (kaiserliches/päpstliches) 41f., 44f., 431 Promotionsrecht 42, 44, 183 Prophetie s. Daniel-Prophetie Protestantenverfolgungen 2, 16, 20, 34, 42, 57f., 60f., 71–73, 76, 80–82, 85, 88, 162f., 165f., 174, 187, 248, 258f., 262, 387, 395f., 405, 408f., 412f., 436, 439, 447f. – der Kryptocalvinisten (in Sachsen) 17, 58, 74–76, 187, 313 Protestantismus 3f., 9, 11, 14, 25, 34, 39, 42, 74, 80, 320, 380, 398, 417, 445, 448, 459f. – (calvinistisch-)reformierter 9, 17f., 22f., 25–39, 43, 45, 54f., 58, 60, 70f., 131, 141, 162, 168, 183, 192, 203, 218f., 223, 260–263, 266, 268–270, 274–277, 286, 293, 304, 312f., 317, 349, 394f., 422, 429, 433, 440, 446, 449, 451–453, 459 – französischer 92f. – lutherischer 92, 131, 168, 223, 313, 317f., 339, 436, 458 – westeuropäischer 270 Providentia Dei 82, 104f., 110, 112, 123, 150, 162f., 290, 297f., 439 Ramismus 51, 140, 200f., 205, 218, 225f., 279f., 284, 291, 299, 399, 422f., 452–454 Ratio 11, 34, 36, 68f., 102, 104, 107, 116, 131, 135–138, 142, 147f., 150, 159, 161, 196–199, 205–211, 218,

Sachregister 246, 257, 260f., 308–311, 403–405, 407, 451, 457f., vgl. Rationalität – civilis 138 – communis 135, 211 – naturalis 102f., 110, 125f., 138, 152, 197, 309 – recta 21, 54, 66–69, 104, 133, 136– 138, 141, 211, 225, 269, 311, 404f., 453f., 457 Rationalismus/Rationalität 54, 63, 67– 69, 79, 103f., 109, 121, 124–126, 132, 136–138, 141–143, 145–150, 161f., 191, 195–199, 205, 211, 216, 218, 225f., 281, 284f., 306, 310f., 394, 436, 452–455, 458f. Realpräsenz s. Abendmahl Recht 23, 30f., 65f., 69, 86, 92, 102, 104, 110f., 125–127, 138, 140, 162, 178, 200f., 221, 236, 251, 254f., 283f., 300f., 309f., 343, 351, 366, 371, 391, 405–409, 421, 440, 442, vgl. Gesetz; ius emigrandi; ius reformandi; Kirchenrecht; Menschenrechtsgedanke; Reichsstaatsrecht; Staatskirchenrecht; Staatsrecht; Strafrecht; Völkerrecht; Zivilrecht – biblisches 202–212, 218, 222, 226, 273, 454, 457f. – bürgerliches s. Zivilrecht – Eigentumsrecht 105f., 117, 121, 125, 209f., 460 – göttliches 86, 93, 100, 102, 112–126, 177f., 208f., 212f., 261, 281f., 300f., 303–306, 311, 313, 354, 369, 382, 401f., 416, 456–458, vgl. Gesetz (lex Dei) – kanonisches 12, 14, 33, 37, 49–51, 95, 100–102, 133, 180–182, 205, 212–215, 218, 226, 261, 281, 283f., 302–305, 345, 360, 365, 369, 371, 382, 384, 390, 392f., 453, 457 – menschliches 93, 114, 138, 155, 209, 212, 354, 456f. – mosaisches Recht 133–135, 138f., 188, 201, 203, 219, 222f., 230, 273, vgl. Dekalog; Gesetz

565

– öffentliches Recht 2–4, 11, 14, 22, 24f., 41, 51f., 55, 114, 128–130, 161, 175f., 182f., 188, 301f., 315–438, 442, 459f., vgl. Reichspublizistik – Personenrecht 86, 93, 101, 105, 212–214 – positives Recht 104, 178, 224f. – Privatrecht 105, 301, 407, 414, 460 – römisches 12, 29–36, 40, 94f., 101– 114, 120f., 125, 133, 138–140, 143f., 161, 174, 179, 188, 198–203, 205– 211, 225f., 273f., 278f., 281–283, 301, 309, 311, 318, 320f., 340, 345f., 349f., 356–358, 390f., 407–409, 430f., 436, 452–454 – Sachenrecht 86, 94f., 105, 125, 212f., 226, 281 – subjektives 79, 82, 86, 281, 284 Rechtslehre 21, 26f., 29, 31f., 37, 40, 42–44, 47, 49f., 52, 69, 128, 175, 199–227, 259f., 263, 392, 400f., 412f., 431, 451, vgl. Reichsstaatslehre; Staatsrechtslehre; vgl. Zivilrecht Rechtsunterricht s. Rechtslehre Rechtswissenschaft 10–12, 23f., 27, 31, 36, 50, 65f., 140, 161, 170, 174, 188f., 199, 282, 284f., 313, 316, 328, 407, 439f., 455, 457, 459f., vgl. Zivilrecht – scholastische 29, 34f., 300 – Systematisierung der 11f., 79, 107, 140, 161, 174, 192, 198–203, 205f., 214, 225, 267, 277–281, 284, 311, 321f., 348, 451–454, 459f. Reformation 5, 11–13, 27f., 33–35, 39, 41, 52, 54, 59, 61, 63, 67f., 70f., 85, 106f., 129, 168f., 174, 185, 192–196, 211, 225, 261, 264, 295, 302, 370, 380, 390, 392, 439, 441–443, 446f., 450f., 453, vgl. Gegenreformation – der Lehre/des Lebens 34f., 66f., 129, 174, 193f., 196, 199, 203f., 217, 224, 228–231, 261, 440 Reformator 13, 28, 34, 38, 101, 161, 266, 442, 447, 459 Reiche- und Regimentenlehre 12f., 130, 154, 160f., 181, 226, 385, 441–443,

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Sachregister

448–450, 458f., vgl. Obrigkeit; ZweiGewalten-Lehre Reichsabschied 252, 302, 367, 392f. Reichsgrundgesetze s. Fundamentalgesetze des Reiches Reichshofrat 263, 346, 372, 375 Reichskammergericht 82, 127f., 206, 269, 321–324, 326, 346f., 350, 367, 369, 379, 390, 395 – Kammergerichtliche Literatur 128, 321f., 390 Reichspublizistik 11, 41, 55, 177, 256f., 269, 282, 314, 316, 318f., 328f., 400, 405–429 – kaiserorientierte Richtung 179, 357f., 391, 397, 431–433, 436 – reichsständische Richtung 177–179, 269, 391, 397, 400–402, 405, 410f., 413, 450, vgl. Recht (öffentliches); Reichsstaatsrecht; Staatsrecht Reichsstaatsrecht 3f., 178f., 318–320, 357f., 391, 414, 433, 450, vgl. Recht (öffentliches); Staatsrecht; Reichspublizistik Reichsstadt 44, 60, 83–85, 166, 318f., 357, 380, 383, 442 Reichsstände s. Stände Reichstag 18, 70, 302, 350, 368f., 373, 392, 394, 400 Rekatholisierung 23, 44, 58, 185 Rektor 44, 46, 55f., 82–84, 124, 169, 186–188, 194, 264, 268, 271, 276, 290, 414, 431 Religionsfreiheit 13, 48, 82, 86f., 247, 249, 253, 382, 384–387, vgl. Freiheit; Gewissensfreiheit Relutheranisierung 55f., 81–83, 271, 406 Remonstranten 85 Restitutionsedikt s. Edikt Rhetorik 50, 109, 140, 144, 146f. – Lehrstuhl/Professur 168, 188, 272, 290f. Römerbrief, 13. Kapitel 95–97, 99f., 117, 120, 155, 216f., 255f., 261, 382, 443

Sächsisches Konfutationsbuch 16 Sakrament 56, 67, 100, 119, 121, 213f., 284, 335, 363, vgl. Abendmahl; Taufe Säkularisierung/Säkularisation 7–9, 51, 113, 125, 185f., 190f., 214, 217, 220, 224, 226, 320, 394, 422, 429–438, 447f., 454–457, 459 Schlacht – am Weißen Berg 23, 25, 54, 70, 72 – in der Mooker Heide 185 Schmalkaldischer Krieg s. Krieg Scholastik 34, 37, 46, 59, 176, 269, 310, vgl. Rechtswissenschaft (scholastische) – scholastische Methode 29, 37 – spanische 46, 176, 190f., 220, 235, 243, 459 Schöpfung 6, 37, 69, 90–92, 105, 110, 117, 121, 124f., 149, 195, 197, 207f., 212, 248, 420 Soteriologie s. Heil Souveränität – Gottes 79, 122, 124, 149, 181, 189f., 208f., 213 – staatliche 3, 79, 153f., 177f., 181, 242–245, 258, 284, 339, 351f., 396– 406, 446, 450, vgl. Bodin-Rezeption – Volkssouveränität 178, 191, 285, 400f., 416 Sozialdisziplinierung 7, 174, 216, 441, vgl. Kirchendisziplin/-zucht Späthumanismus s. Humanismus Staatenbildung 5–8, 14, 25, 34, 39f., 45, 85, 283–285, 318–321, 341, 446–449, 459 Staatskirchenrecht 8f., 341, 390, vgl. Kirchenrecht Staatsrecht 2–4, 14, 127, 178–180, 187, 227–259, 333, 340, 349, 351, 357f., 381, 391, 407–409, 411, 416, 319, 431–433, 446, vgl. Recht (öffentliches); Reichsstaatsrecht Stadt s. Reichsstadt Stände 3, 9, 84, 88, 105, 216f., 247, 251f., 282f., 303, 306, 311, 339f., 352,

Sachregister 356, 385, 394, 397, 400, 406, 408f., 411, 416, 446 – geistliche/klerikale 33, 214, 304, 368 – Juristenstand 14, 34, 441 – protestantische 3, 14, 187, 318, 373, 375, 394 – Reichsstände 61f., 177–179, 187, 243, 254, 269, 318, 350–352, 357, 368, 383, 391, 393f., 397, 400–402, 405, 410f., 413, 429–431, 450 Statuten 46–48, 59, 169, 186, 263, 444 Stoa 79, 144, 146, 454 Stoiker s. Stoizismus Stoizismus 54, 68f., 79, 102–112, 121– 123, 125, 137, 146–150, 159–162, 310, 358, 457, vgl. Neustoizismus Strafrecht 12, 222, 244, 303 Sünde 36, 99, 105–107, 110, 146, 194– 197, 213, 261, 289–291, 420 Suum cuique tribuere 103f., 106f., 110f., 113, 125, 301 Synode 10, 75, 325, 335 – Dordrechter (1618/19) 16, 48, 78, 192, 260f., 287 – Generalsynode 265, 269f. – Homberger (1526) 263 Tacitismus 228, 245–253, vgl. Neustoizismus Taufe 16, 67, 121, 441 Täufer/Wiedertäufer 256, 442, 448 Theologe 4, 8, 15–17, 19–21, 23, 26, 35, 37, 39f., 50, 59, 63f., 83, 92, 133f., 141, 146, 162, 172, 181, 186, 188, 190, 192, 194, 203, 218–225, 230, 232, 253f., 259–261, 265, 269, 271, 273, 276, 282, 285–288, 293f., 304, 312f., 326, 330f., 333, 341, 343, 358, 360, 362, 374, 388f., 395, 405, 414f., 432, 434, 436, 439, 441f., 454–457 Theologie 26, 28, 42–44, 49, 77, 112, 123, 150, 171–173, 196f., 204, 210, 212, 220, 271, 276f., 290, 296, 328, 330, 369, 374, 377, 434, 440, 447, 457, vgl. Scholastik; Moral (Moraltheologie); Bund (Bundestheologie)

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– (calvinistisch-)reformierte 6, 10, 20, 26, 28, 35–38, 177, 190f., 220, 231f., 236 Theologieprofessor 17, 26, 63, 81, 83– 85, 124, 134, 159, 163, 186, 188f., 330, 377, 415 Territorialismus 381 Territorialstaatsbildung s. Staatenbildung Territorium 9, 14, 16, 23, 40, 44–47, 49, 52, 60, 81, 91, 166f., 182–186, 248, 266, 283–285, 293, 318f., 321, 341, 368, 375, 381–383, 393–395, 397, 400, 402, 405, 446–450, 459 Translatio imperii 179–181, 298, 371, 429–438, 451 Tridentinum 47f., 101, 253, 259, vgl. Gegenreformation; Konzil Tyrannis 89, 91, 157, 177, 233–240, 242, 255–257, 309, 335–338, 353, 397, 408f., 417f., 420 Union – protestantische 59–61, 286 – Utrechter 184 Universitäts-/Hochschulgründung 14, 16, 22, 37, 39–53, 59, 82, 168f., 183– 189, 194, 200, 262f., 274, 291, 314, 414, 429–431, 441, 445 Untertan 5, 10, 89, 153, 157f., 178, 185, 229, 231, 233f., 237, 244, 248f., 255, 298, 363, 375, 383–387, 397, 409 Verbesserungspunkte (kirchliche) 262, 270, 272, 274, 277 Verfolgungen s. Protestantenverfolgungen Vernunft s. ratio; Rationalität Vernunftgesetz 131, 198, 457, vgl. ratio Vertrag 177f., 190, 205–207, 215f., 234, 252, 284, 305, 309, 370, 372, 377, 388, 404, 418, 457, 460, vgl. Bund Verweltlichung (des Religiösen) s. Säkularisierung/Säkularisation Vier-Monarchien-Lehre 420f., 432–437, vgl. translatio imperii

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Sachregister

Völkerrecht 20, 102–105, 178, 309f., 423, 454f. Vorsehung Gottes s. providentia Dei Westfälischer Friede s. Friede Widerstand s. Monarchomachen Widerstandsrecht 13, 157f., 177, 181, 191, 233–242, 255, 285, 358, 397, 401, 416f., 449f., vgl. Monarchomachen Wissenschaft 9–11, 39–41, 52, 66, 68f., 147, 171, 195–199, 205, 220–224, 226, 274, 280, 284f., 296f., 316f., 450, 455, 459, vgl. Geschichte; Politik; Rechtswissenschaft Zeremonialgesetz 135 Zivilisation (westliche) 1, 9, 14, 25, 130, 459

Zivilrecht 28, 33, 37, 45, 49, 51f., 81, 95, 101f., 108f., 111, 114–116, 120, 182, 214, 227, 263, 269, 271f., 290f., 299f., 302–306, 369, 390f., 455, vgl. Gesetz – Zivilprozeßrecht 28 – Zivilrechtskommentar 32, 78f., 93– 126 – Zivilrechtslehre 33, 37, 49–52, 182, 263 – Zivilrechtssystem 79, 86, 93, 100, 108–110, 113, 115f., 124–126, 216, 452, vgl. Rechtswissenschaft (Systematisierung der) – Zivilrechtswissenschaft 34, 51, 79 Zwei-Gewalten-Lehre 359, 441, 444 Zweireichelehre s. Reiche- und Regimentenlehre Zwinglianismus 220, 265, 440