C. M. Wielands Sämmtliche Werke: Band 9 [[Erstausg.]. Reprint 2020 ed.] 9783111682884, 9783111296081


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German Pages 238 [246] Year 1795

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INHALT DES IX. BANDES
MUSARION
ASPASIA
GEDICHTE AN OLYMPIA
DIE ERSTE LIEBE
SIXT UND KLÄRCHEN ODER DER MÖNCII UND DIE NONNE AUF DEM MÄDELSTEIN
DAS LEBEN EIN TRAUM
BRUCHSTÜCKE VON PSYCHE
NADINE
ERDENGLÜCK
CELIA AN DAMON
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C. M. Wielands Sämmtliche Werke: Band 9 [[Erstausg.]. Reprint 2020 ed.]
 9783111682884, 9783111296081

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C.

M.

WIELANDS

SÄMMTLICHE W E R K E

N E U N T E R

B A N D .

LEIPZIG er* G i o n o Joachim Göschen. 1795.

INHALT

DES

IX.

BANDES.

MDSARION. ASPASIA. G E D I C H T E AN DIE ERSTE

OLYMPIA.

LIEBE.

DER MÖNCH UND DIE NONNE. DAS L E B E N EIN TRAUM. BRÜCHSTÜCKE VON

PSYCHE.

M

U

S

A

R

ERSTES

I

O

BUCH.

W I E LAU HS sämintl. W e r k e IX. IJ.

N

.

In einem H a i n , der eineT Wildnifs glich Und nah 1 am Meer ein kleines Gut begrenzte. Ging F a n i a s mit seinem Gram und sich Allein u m h e r : der Abend w i n d durchstrich Sein fliegend Ilnar, das keine Ros 1 umkränzte; Verdrossenheit und Trübsinn mahlte sich In Blick und Gang und Stellung sichtbarlich; Und w a s ihm noch zum Timon * ) fehlt', ergänzte Ein M a n t e l , so entfasert, abgefärbt Und ausgenützt, dafs es Verdacht erweckte, Er hätte den, der einst den K r a t e s deckte. Vom Aldermann der C y n i k e r geerbt, s ) Gedankenvoll, mit halb gesclilofsnen Blicken, Den Kopf gesenkt, die Hände auf den Rücken, Ging er daher. Verwandelt w i e er w a r , Mit langem Bart und ungeschmücktem Haar. Mit finstrer Stirn, in Cynischem Gewand W e r hätt' in i h m den I'anias erkannt, Der kürzlich noch von Grazien und Scherzen Umflattert w a r , den Sioger aller Herzen, Der an Geschmack und Aufwand keinem w i c h , Und zu A t h e n , w o auch S o k r a t e n zechten, 5 ) Beym muntern Fest, in durcligescherzten Nachten, Dem Komus bald, und bald dem Amor glich ?

4

M U S A

ii

l o w .

Ermüdet w i r f t er sich auf einen Rasen nieder, Sieht ungerührt die reitzende Natur So schon in ihrer Einfalt! hört die Lieder Der Nachtigall, doch mit den Ohren nur. Ihr zärtlicher Gesang sagt seinem Herzen nichts; Denn ihn beraubt des Grams umschattendes Gefieder Des iiinern O h r s , des geistigen Gesichts. Empfindungslos, w i e einer der M e d u s e n Erblickt und starrt, erwägt er zweifelsvoll N i c h t , w i e vordem, w o f ü r er seufzen soll, Für welchen M u n d , für welchen schönen Busen? N e i n , Fanias spricht jetzt der Thorheit Hohn, Und r u f t , seitdem aus seinem hohlen Beutel D i e letzte Drachme flog, w i e König Salomon? W a s unterm Monde l i e g t , ist eitel 1 Ja w o h l , vergänglich ist und flüchtiger als W i n d Der Schönen Gunst, die Brudertreu der Zecher; So bald nicht mehr der goldne Regen rinnt, Ist keine D a n a e , so bald im trocknen Becher Der W e i n versiegt, ist kein P a t r o k l u s mehr. W a s Fliegen lockt, das lockt auch Freunde h e r ; Gold zieht magnetischer, als Schönheit, W i t z und Jugend: Ist eure Hand, ist eure Tafel leer, So flieht der Näscher S c h w ä r m , und L a i s spricht von Tugend. Der grofsen Wahrlieit v o l l , dafs alles eitel sey W o m i t der Mcnscli in seinen Frülilingsjahren/

E H S T E S

R U C H .

5

Berauscht ron siifser Rasercy, Leichtsinnig, lüstern, rasch und unerfahren, In seinem Paradies von Rosen und Schasmin Ein kleiner Gott sich dünkt, setzt F A N I A S , der Weise, Wie H e r k u l e s , sich auf den S c h e i d w e g hin, ( N u r schon zu spät) und sinnt der schweren Heise Des Lebens nach. Was soll, was kann er thun? Es ist so siiPs, auf Flaum und llosenblättern Im Arm der Wollust sich vergöttern, Und nur vom Ubermafs der Freuden auszuruhn ! Es ist so unbequem, den Dornenpfad zu klettern! Was thätet i h r ? — Hier ist, wie vielen däucht, Das Wählen schwer, dem FAN IAS war's leicht. Er sieht die schöne Ungetreue. Die W o l l u s t — schön, er fühlt's I — doch nicht mehr scliün für i h n — Zu jüngern Günstlingen aus seinen Armen fliehn; Die S c h e r z e mit den A m o r i n e n flielin Der Göttin nach, verlassen lachend ihn. Und schicken ihm zum Zeitvertreib dio R e u e ; Hingegen winken ihm aus ihrem Heiligthum Die T u g e n d , und ilir Sohlt, der R u h m , Und zeigen ihm don edlen W o g d e r E h r e n . Der neue Herknies schickt seufzend einen Blick Den Bcjion Entfloh'nen nach, ob sie nicht wiederkehren. Sie kehren, leider! nicht zurück, Und nun entschliefst er sich der Helden Zahl zu mehren I

6

M U 5 A H I O EI . Der Helden Z a h l ? —

Hier steht er wieder a n ;

Der kühne Vorsatz bleibt in neuen Zweifeln schweben. Z w a r ist e» schon, auf lorbervoller Bahn Z u m Rang der Göttlichen die in der Nachwelt leben, Z u einem Platz im Sternenplan Und im P l u t a r c h , sich zu erheben; Schön sich der trägen Kuh entzieh», Gefahren suchen, keine fliehn. Auf edle Abenteuer ziehn> Und die gerochne Welt mit Riesenblute färben j Schön, s f l f s s o g a r — zum mindsten singet so E i n Dichter,

der zwar

selbst beim ersten Anlafs floh — 4 )

SQfs ist's, und ehrenvoll fürs Vaterland zu sterben, Doch auch die Wahrheit kann Unsterblichkeit er* werben ! Wie prächtig klingt's, den fesselfreyen Geist Im reinsten Quell des Lichts von seinen Flecken waschen, D i e Wahrheit, die sich sonst nie ohne Schleier weist, ( N i e / oder Götter n u r ) entkleidet überraschen, Der Schöpfung GrundiiTs übersehn, Der Sfären mistischen verworrnen Tanz verstehn, Vermuthungen auf stolze Schlüsse häufen, Und bis ins Reich der reinen Geister streifen: W i e glorreich! welche L u s t ! — Nennt immer Den beglückt Und frey und grofs, den Mann der nie gezittert, Den der Trompete Ruf zur wilden Schlacht entzückt, Der lächelnd sieht, was Meeschen tonst erschüttert,

E r s t e s

BÜCH.

7

Und selbst den T o d , der i h n mit L o r b e r n schmückt, W i o eine Braut an seinen Busen d r ü c k t : Viel g r ö f s e r ,

glücklicher

ist D e r

m i t Recht zu

nennen, D e n , v o n Minervens Schild bedeckt, Kein nächtliches F a n t o m , kein Aberglaube schreckt; D e n F l a m m e n , die auf L e i n w a n d brennen, Und Styx und Acheron nicht blässer machen k ö n n e n ; D e r ohne F u r c h t Kometen brennen sieht, D i e hohen Güttor nicht mit Taschenspiel bemüht, Und , weil kein W a h n die Augen i h m verbindet, Stots die N a t u r sich g l e i c h , stets rcgolmäfsig findet. W a r F i l i p p s Sohn ein H e l d , der sich der L u s t entzog, In welcher u n b e r ü h m t die N i n i a s zerrannen, 5 ) Und auf zertrümmerten Tyrannen Von Sieg zu Sieg bis an den I n d u s

flog?

Sein walzender Triumpf zermalmte tausend Städte, Zertrat die halbe W e l t — w a r u m ?

lafst's ihn ge-

stehn! „ D a m i t der Pöbel von Athen Beym nassen Schmaus v o n i h m zu reden hätte" 6 ) . U m w i e v i e l m e h r , als solch ein Weltbezwinger, Ist D e r ein H e l d , ein H a l b g o t t , kaum geringer Als J u p i t e r , der t u g e n d h a f t z u s e y n Sich kühn entschliefst; dem Lust, kein Gut, und Fein Kein Übel i s t ; zu grofs, sich zu beklagen, Z u weise, sich zu f r e u ' n ; der jede Leidenschaft Als Sieger an der T u g e n d W a g e n

8

M u s a a i o n .

Gefesselt hat und im Triumfe f ü h r t ; Den alles Gold der Inder nicht v e r f ü h r t ; Den nur sein eigener, kein fremder Beyfall r ü h r t ; K u r z , der in F a l a r i s durchgliilitcm Stier verdärbe Eh' e r i n F r y n e n s Arm — ein D i a d e m erwärbe. In solche schimmernde Betrachtungen vertieft Lag F a n i a s , schon mehr als halb entschlossen; Als Amor unverhofft die neue Denkart prüft, Die Gram, Filosofie und Noth i h m eingegossen. Er s a h , und hätte gern den Augen nicht getraut. Die ein Gesicht, wovor ihm billig graut, Z u sehn sich nicht erwehren können. Die Götter werden i h m den Ruhm doch nicht mifsgönnen. Ein X e n o k r a t au s e y n ?

W a s hilft Entschlossenheit ? Im Augenblick der uns Minerven woiht Kommt Cytherea selbst zur ungelegnen Zeit. Z w a r d i e s e w a r es nicht: doch hätte D i e Schone, w e l c h e k a m , vielleicht sich vor der Wette, D i a P a l l a s einst v e r l o r ,

gleich w e n i g sich gescheut. Schön, w e n n der Schleier blofs i h r schwarzes Aug' entdeckt?, Noch schöner, wenn er nichts versteckte; Gefallend, wenn sie s c h w i e g , bezaubernd, wenn sie sprach:

E r s t e »

B u c h .

9

D a n n L i t t ' i h r W i t z auch W a n g e n o h n e Rosen Beliebt g e m a c h t ; ein W i t z , deni's nie an Reitz gebrach. Z u stechen oder liebzukosen Gleich a u f g e l e g t , doch lächelnd w e n n er stach U n d o h n e Gift.

N i e sähe m a n die Musen

U n d Grazien in einem schünern B u n d ; N i e scherzte die V e r n u n f t aus einem schünern M u n d ; U n d A m o r nie u m einen schönern Busen. So w a r , die i h m erschien, 60 w a r

Mü9Arjon.

S a g t , F r e u n d e , w e n n m i t einer solchen M i e n e I m w i l d s t e n H a i n ein Mädchen euch erschiene, D i e H a n d auTs H e r z ! s a g t , liefet i h r d a v o n ? „ S o lief denn Fanias ? " — D a s k o n n t e t i h r en-athen! E r that w a s W e n i g e i n seinem Falle t h a t e n . A l l e i n , w a s jeder s o l l ,

der sicher gehen w i l l .

E r sprang v o m Boden auf, u n d — hielt ein w e n i g still, U m recht g e w i f s zu sehn w a s i h m sein Auge s a g t e ; Und da er s a h , es sey Musarion, So lief er euch — d e r w e i s e M a n n ! — davon Als ob ein A r i m a s p i h n jagte. 7 ) D u fliehest, F a b i a s ? r u f t sie ihm lachend nach : Erkennest mich

u n d fliehst?

G u t , fliehe n u r ,

du

Spröder! D e i n Kaltsinn m a c h t M u s a r i o n n i c h t b l ö d e r ; D u schmeichelst dir doch w o h l , sie sey so s c h w a c h D i r nachzufliehn ? — D u r c h u n g e b a h n t e Pfade W a n d er w i e eine Schlange s i c h :

JO

M V S A «R I O N .

So schlüpft die keusche Oreade D e m Satyr aus der H a n d , der sie im B a d erschlich. D i e Schone folgt m i t leichten Zefyrfüfsen, D o c h ohne H a s t ; denn ( d a c h t e s i e ) am Strand W o h i n er flieht, w i r d er w o h l halten müssen. E s w a r ihr Gliick, dafs sich koiu Nachen f a n d ; D e n n , der Versuchung zu entgehen, VVas thät' ein Weiser n i c h t ? D o c h da er keinen fand. Wohin entiliehn? —

E s ist um ihn geschehen

W e n n i h n sein K o p f verläfstl —

Seyd u n b e s o r g t !

er blieb Am Ufer ganz gelassen stehen, Sah vor sich h i n , s c h w a n g seinen S t a b , beschrieb F i g u r e n in den S a n d , als ob er überdächte W i e viele Körner w o h l der E r d b a l l fassen m ö c h t e ; Kurz, that als s a h ' e r nichts, und wandte sich nicht u m . V o r t r e f f l i c h ! rief sio a u s , das nenn 1 i c h Ilelden. thum U n d etwas m e h r ! die alte O r d n u n g w o l l t e , D a f s D a f n e jüngferlicii mit kurzen Schritten iliehn, A p o l l o keuchend folgen sollte ; D u kehrst es u m . — Fliehst d u , mich n a c h z u z i e h n ? D e n kleinen Stolz w i l l ich dir gerne g ö n n e n ! D u irrest dicli, antwortet unser Held M i t Mienen, welche nicht, w i e sehr sie i h m mifsfällt, Verbergen wollen oder k ö n n e n ; E i n rascher meilenbreiter Spalt, D e r plötzlich zwischen uns den Buden gähnen machte.

E H S T

E S

B U C H .

11

Istalles, glaube mir, wornachich sehnlich schmachtc, Seitdem ich dich erblickt, — Der Gruft ist etwas kalt. Erwiedert sie: du denkest, w i e ich. sehe, Die Reihe sey nunmehr an dir, Und weichst zurück so w i e ich vorwärts gehe. Doch spiele nicht den Grausamen mit mir 1 W a s w i l l s t du m e h r , als dafs ich dir gestehe Du zürnst mit R e c h t ? J a , ich mifskannte dich; D o c h , war ich damahls m e i n ? Jetzt bin i c h , wa» du mich, Zu soyn , BO oft zu meinen Filfsen batest. W i e , (unterbrach er sie) du, die mit kaltem Blut Mein zärtlich Herz mit Füfsen tratest, Mich lächelnd leiden sahst — du hast den Übermuth Und suchst mich auf, mich noch durch Spott zu quälen ? Z w e y Jahre liebt' ich dich, Undankbare, so schön, W i e keine Sterbliche sich je geliebt gesehn. Dein B l i c k , dein Athem schien allein mich zu beseelen, T h o r , der ich w a r ! von einem Blick entzückt Der sich au mir für Nebenbuhler übte; Durch falsche Hoffnungen berückt, Womit mein krankes Herz getäuscht zu werden liebte! D u botst verführerisch das süfse Gift mir dar, Und machtest dann mit einem andern wahr W a s dein Sirenenmuud m i r zugelächelt hatte. Und, o l mit W e m ? — Diefs brachte mich zur Wuth! W

12

M ü s a r i o n .

( N u r der Gedank' empört noch itzt mein B l u t ) E i n K n a b e w a r ' s , — erröthe n i c h t , gestatte D a r s ich ihn mahlen d a r f , — g e l b l o c k i g , zefyrlicli. E i n bunter Schmetterling, so glatt w i e eine S c h l a n g e , M i t Gänseflaum u m s K i n n ,

mit rotligeschminkter Willige,

E i n D i n g , das einer Puppe glich, W i e kleine T o c h t e r c h e n mit sich zu Botto nohmen J D e m gabst d u , ohne dich zu ^schämen, D e n Busen p r e i s , u m den der H i r t v o n Ilion H e l e n e n untreu w o r d e n w ä r e ; D i e f s Affchen machte den A d o n D e r Nebenbuhlerin der Göttin von Cylhere. U n d F a n i a s , indefs so ein Insekt A u f deinen Ptosen k r i e c h t , liegt Nächte durch gestreckt, M i t Thränen, die den M a y v o n seinen W a n g e n ätzen, D i e S c h w e l l e deiner T h ü r , U n d a n k b a r e , zu n e t z e n ! N e i n ! D e r versühnt sich nie, der s o beleidigt w a r d ! H i n w e g ! die L u f t , in der du Athem ziehest, Ist Pest fiir m i c h — Verlafs m i c h ! du bemühest D i c h f r u c h t l o s ! — unsre D e n k u n g s a r t S t i m m t minder überein als ehmahls unsre Herzen. M i c h däucht ( e r w i e d e r t s i e ) du rächest dich zu hart F ü r selbstgemachte Liebesschmcrzen. Sey w a h r , und s p r i c h , ist's stets in unserer G e w a l t Z u lieben w i e und w e n

wir sollen?

O f t fragt d c r L i e b e s g o t t uns nur nicht ob w i r w o l l e n ?

E R S T E S

B U C H .

W i r finden ohne G r u n d uns zärtlich oder kalt, rtzt dem Apollo spröd, itzt schwach f ü r einen Faunen. W a s weif» ich's selbst? w e r zählet Amors L a u n e n ? I h r , die i h r über uns so bitter euch beschwert, Lafst euer eignes Herz f ü r unsers A n t w o r t geben! I h r bleibt oft an der Stange kleben, U n d was euch angelockt w a r kaum der Mühe Werth. E i n Halstuch öffnet s i c h , ein Ärmel fällt zurücke. Und w e g i s t euer Heiz I O f t braucht es nicht so v i e l ; E i n Liichcln fängt euch s c h o n , i h r fallt v o n einem Blicke. E i n flüchtiger Geschmack, ein Nichts, ein eitles Spiel D e r Fantasie, regiert uns oft i m W ä h l e n ; D a s Schöne selbst verliert auf kurze Zeit D e n Reitz f ü r u n s ; w i r wissen dafs w i r fehlei). Und finden Grazien bis in der Iläfslichkeit. Hat die E r f a h r u n g , w i e ich glaube. V o n dieser W a h r h e i t sich b e l e h r t ; So ist mein I r r t h u m auch vielleicht verzeihenswerth. W e r suchet unter einer Haube So viel V e r n u n f t als. Zenons Bart verlieifst? Und w i e ? m e i n F r e u n d , w e n n ich sogar zu sagen Mich untersteh', dafa w i r k l i c h mein Betrage« F ü r meine Klugheit mehr als w i d e r sie beweist? Ich schätzt' an d i r , w o f ü r dich jeder preist, liin edles Herz und einen schönen Geist: W a s ich f ü r dich empfand w a r auf Verdienst gegründet; D u warst mein F r e u n d , und f o r d e r t e s t n i c h t m e h r ; Vergnügt m i t einem Band das n u r die Seelen bindet,

M U S A K I O N .

>4

Sahst du mich Tage lang,

und

fandest gar nicht

schwer Mich, w e n n der Abendstern dir winkte, zu verlassen, U m an G l y c e r e n s T h ü r die halbe Nacht zu passen. So ging es g u t , bis dich ein Ungefähr A n einem Soniincnag in cino I.aubo führte, Worin

die F r e u n d i n s c h l i e f ,

dio wachend dich

bisher So r u h i g liefs.

Ich w e i f s nicht w a s dich r ü h r t e ;

D e r Schlaf nach einem" B a d ,

w e n n man allein sich meint,

M u f s w a s verschönerndes in cuern Augen haben ; Genug du fandst an i h r sonst uncikanuto Gaben, Und s i e v e r l o r den angenehmen

Freund.

Nichts ahnend w a c h t ' i c h a u f ;

da lag zu meinen

Füfsen E i n Mittelding v o n Faun und L i e b e s g o t t ! I n dithyrambische Begoist'rung hingerissen Was

sagtest du m i r n i c h t !

w a s hätt'st du w a g e n müssen,

Hätt' i c h ,

der S c h w ä r m e r e y

die Lippen zu v e r -

schlicfsen, Das M i t t e l nicht gekannt 1 Ein S t r o m v o n kaltem Spott Nahm deinem Brand die L u f t .

M i t triefendem Ge-

fiedor F l o g A m o r zürnend f o r t : doch freut 1 ich mich zu f r ü h ; D e n n eh' ich mir's versah', so kam er seufzend w i e d e r . M i t Seufzen , ich gesteh's, erobert man m i c h nie J

Der feierliche Schwung erhitzter Ff.ntasie

E R S T E S

B U C H ,

Schlügt m i r die Lehensgoister nieder. I c h machte den Versuch durch F r ö h l i c h k e i t und Seherz D e n D ä m o n , der dich p l a g t e , zu v e r j a g e n : D o c h diese Geisterart kann keinen Scherz ertragen. I c h änderte die K u r .

Allein mein eignes Herz

K a m i n Gefahr d a b e y ; es wurde ixiir v e r d ä c h t i g ; D e n n S c h w ä r m c r e y steckt w i e der Schnuppen a n : M a n fühlt i c h weifs nicht was , und eh' man w e h ren kann Ial unirr Kopf 7

Vor kurzem noch kein glücklich L e b e n k a n n t e ; D i l , dessen leicht gerührtes Herz Von jedem scheinen Blick entbrannte, Und der, (errüthe nicht, der I r r t h u m w a r nicht grofs) W e n n i h m MnsaTion die spröde T h ü r verschlofs, Z u L i n d ' r u n g seiner Qual — nach Tänzerinnen sandte ; D u , sprichst von kaltem B l u t ?

du bietest Amorn

Trutz? Vurmmlilich hast du dich, noch glücklichor zu leben, In r i n n niiilriii (iollllcit Schutz I'nd in diu Iii (idcisclmli der Fröhlichen begeben, |)i(' Hii.h von Leidenschaft und Fantasie befrey'n, Ilm desto r u h i g e r der Freude sich zu w e i h ' n ? D u fliehst den Z w a n g v o n ernsten Liebeshändeln, Und findest sicherer, mit Amorn n u r zu tändeln; Vermählst die Müfaigung der L u s t , (iea< hmnck

roitUubestand,

den Kufs mit Nektarzügen,

Studiert die Kunst dich i m m e r zu vergnügen, Geniefsest w e n n du kannst, und leidest w e n n d u m u f s t ? Ich finde wenigstens in einem solchen L e b e n Uncndlichmahl m e h r W a h r h e i t und Vernunft, Ali von der freudescheuen Z u n f t Geschwollner Stoiker ein Mitglied abzugeben. U n d denkst du s o , dann lächle sorgenlos Z u m Tadel v o r A t h e n , das deiner Änderung spottet. N i c h t , w o die schöne W e l t , aus langer W e i l e blofs, Zu Freuden sich zusammen rottet An denen mir der Nähme fröhlich tönt, .Die, stets g e h o f f t , doch niemahls k o m m e n wollen. VVobey man künstlich lacht und ungezwungen gähnt, Wienands sämnul. Werke IX. B.

B

M u s

>8

A

N

I

o

N

.

Und mitten i m Genufs sich schon nach andern irliui D i e da und dort uns gilliiien machen sollen: N i c h t i m G e t ü m m e l , n e i n , im Schoofse der Natur, Am stillen B a c h , i n unbolauschtcn Schatten, Besuchet un9 die holde Freude mir, Und überrascht uns oft auf einer Spur» W o w i r sie nicht vermuthet hatten. D o c h , F A N i AS, ist's diese Denkungsart, D i e dich der Stadt entzog, w o z u die Aufsenseite V o n einem D i o g e n ?

w o z u ein w i l d e r B a r t ?

M i c h däucht, ein weiser Mann trägt sich w i e andre Leute? „ M e i n Ansehn, schöne Spötterin, Ist w i e es sich zu meinem Glücke schicket. W i e ? ist dir unbekannt in welcher L a g ' ich b i n ? DaTs jenes D a c h , v o n faulem Moos gedrücket, Und so viel Land als j e n e r Z a u n umscliliefst, D e r ganze Rest von meinem E r b g u t i s t ? W a s jeder w e i f s , kann dir allein u n m ö g l i c h Verborgen seyn: dein Scherz ist unerträglich, M U S A B I

ON,

w i e deine Gegenwart.

M i t w e m sprichst du von einer Denkungsart,. D i e von den Günstlingen des lachenden Geschickes Das Vorrecht i s t ? " — F r e u n d du vergissest; d i c h : E i n Sklave trägt die Farbe seines Glückes, Kein edle» Herz.

Im Schauspiel stimmen sich

D i e Flöten nach dem T o n des Stückes: Allein ein weiter Mann denkt niemals weinerlich. Wie,

F A N

J A S ?

D i e Farbe deiner Seelen

E r s t e s

B ü c h .

»9

I s t nur der W i e d e r s c h e i n der D i n g e mit dich h e r ? Und dir die Fröhlichkeit, des L e b e n s R e i t z , zu stehlen, Bedarf es mir ein w i d r i g Ungefähr ? I c h w e i f s , mein F r e u n d , w o h i n uns mifsverstandne Güte, Ein

Herz,

das Freude l i e b t ,

die K l u g h e i t

leicht

vergifst, Und n i e m a n d , als dich selbst zu schaden fähig i s t , I c h weifs w o h i n sie bringen können. D o c h , alles recht geschützt, gewinnst du m e h r dabey Als du veilicrst.

W a s T h o r e n uns mifsgönnen

B e w e i s t n i c h t stets w i e sehr man glücklich 6ey, Das w a h r e G l ü c k , das E i g e n t h u m der W e i s e n , Steht f e s t , indefs Fortunens Kugel rollt. D e m Reichen mufs die P r a c h t ,

die i h m der Indus

zollt, E r s t , dafs er g l ü c k l i c h s e y , b e w e i s e n : D e r Weise fühlt er i s t ' s .

I h m schmecken schlechte speisen

A u s T h o n so gut als aus getriebnem Gold. W e n n , um ihn her die muntern L ä m m e r springen. Indem er Sorgenfrey i m eignen Schatten sitzt, Und Z e f y r n ,

untermischt

m i t bunten

Schmetter-

lingen, Gemähter W i e s e n D u f t i h m fiiscli entgegen bringen, D i e V ö g e l um ihn her aus tausend Z w e i g e n singen. Und alles, was er s i e h t , zugleich ergetzt und n ü t z t : W i e leicht vergifst er d a , e r , der so viel besitzt, Dafs sich sein Landhaus

n i c h t auf stützt,

Marmorsäulen

M u s a r i o

20

n.

Niclit Sklaven ohne Zahl in seinem Vorhof lärmen Und Fliegen nur , wenn er zu Tischa sitzt, Dio Parasiten sind, die seinen Kohl umschwärmen! Kein Schmeichler - Heer belagert seino Thür, Kein Hof umschinimcrt i h n ! — Er freuo »ich! dafür Besitzt er was das jedom IMiilns foMot, W a s der Monarch mit Gold zu knuiou fälschlich meint/ W a s , w e r es kennt, vor einer Krone wählet, Das höchste Gut des Lebens, einen Freund. „ D u s c h w ä r m s t , M d s a r i o s ! — E r , d e m da»

Glfick den Rücken Gewiesen , einen Freund ! " — Ein Beyspiel siehst du hier, Erwiedert s i e : m i c h , die v