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German Pages 1795 [1800] Year 2014
Johann Wolfgang Goethe Briefe Historisch-kritische Ausgabe
Johann Wolfgang Goethe Briefe Historisch-kritische Ausgabe Im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar Goethe- und Schiller-Archiv herausgegeben von Georg Kurscheidt, Norbert Oellers und Elke Richter
Johann Wolfgang Goethe Briefe Band 3 I 8. November 1775 – Ende 1779 Text
Herausgegeben von Georg Kurscheidt und Elke Richter
De Gruyter
Redaktion: Eva Beck unter Mitarbeit von Bettina Zschiedrich
Zitiertitel: GB 3 I
ISBN 978-3-05-006504-5 eISBN 978-3-11-034219-2 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet pber http://dnb.dnb.de abrufbar. # 2014 Akademie Verlag GmbH, Berlin Ein Unternehmen der De Gruyter GmbH, Berlin/Boston Gestaltung der Einbtnde und Schutzumschltge: deblik, Berlin Gesamtherstellung: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza ♾ Gedruckt auf sturefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Verzeichnis der Briefe 1. An Philipp Erasmus Reich, 8. November 1775 . . . . . . . . . 2. An Augusta Louise Grtfin zu Stolberg-Stolberg mit Christian Graf zu Stolberg-Stolberg, 20. ÆSeptemberæ–22. November Æ1775æ . . . . . . . . . . . . . . . . 3. An Matthias Fuchs und den Kirchenvorstand der deutschen reformierten Gemeinde in Frankfurt a. M., 22. November 1775 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. An Johanna Fahlmer, 22. November 1775 . . . . . . . . . . . . . . 5. An Carl Ludwig von Knebel, Æ30. November, 1. oder 3. Dezember 1775?æ . . . . . . . . . . . 6. An Johann Gottfried Herder, etwa 12. Dezember 1775 . . . 7. An Johann Caspar Lavater mit Christoph Martin Wieland, 21. Æoder 22.æ Dezember Æ1775æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 23. und 24. Dezember 1775 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 24.–26. Dezember 1775 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. An Johann Gottfried Herder, 31. Dezember 1775 . . . . . . . 11. An Johann Caspar Lavater, 31. Dezember 1775 . . . . . . . . . 12. An Johann Gottfried Herder, 2. ÆJanuaræ 1776 . . . . . . . . . . 13. An Philipp Erasmus Reich, 4. Januar Æ1776æ . . . . . . . . . . . . 14. An Johann Georg Zimmermann, Ækurz vor dem oder am 22. Dezember 1775æ und 5. Januar 1776 . . . . . . . . . . . . 15. An Johanna Fahlmer, Æ5. Januar 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . 16. An Johann Heinrich Merck mit Christoph Martin Wieland, 5. Januar 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17. An Johann Gottfried Herder, Ækurz vor dem oder am 7. Januar 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . 18. An Charlotte von Stein, Æ7. Januar 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . 19. An Heinrich Julius von Lindau, 8. Januar 1776 . . . . . . . . . . 20. An Johann Gottfried Herder, Ækurz vor dem oder am 15. Januar 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . 21. An Philipp Erasmus Reich, 15. Januar 1776 . . . . . . . . . . . . 22. An Charlotte von Stein, ÆAnfang bis Mitte Januar? 1776æ . .
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VI
23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52.
Verzeichnis der Briefe
An Charlotte von Stein, Æ16. Januar 1776æ . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ18. Januar? 1776æ . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ20.? Januar 1776æ . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 22. Januar 1776 . . . . . . . . . . . . An Johann Heinrich Merck, 22. Januar Æ1776æ . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ22. Januar? 1776æ . . . . . . . . . . . . An Johann Gottfried Herder, Ækurz vor dem oder am 24. Januar 1776æ . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 27. Januar 1776 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 28. Januar 1776 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 29. Januar 1776 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ29. Januar 1776æ . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, ÆNacht vom 29. zum 30. Januar 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ30.? Januar 1776æ . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, ÆEnde Januar? 1776æ . . . . . . . . . . . An Gottfried August Bprger, 2. Februar 1776 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ2.? Februar 1776æ . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ3. Februar? 1776æ . . . . . . . . . . . . An Augusta Louise Grtfin zu Stolberg-Stolberg, 11. Februar 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 12. Februar 1776 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 12. Februar 1776 . . . . . . . . . . . . . An Johanna Fahlmer, 14. Februar 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, ÆEnde Januar/erste Htlfte Februar? 1776æ . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, ÆEnde Januar/erste Htlfte Februar? 1776æ . . . . . . . . . . . . . . An Johanna Fahlmer, 19. Februar 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Gottfried Herder, Ækurz vor dem oder am 20. Februar 1776æ . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, Æ20. Februar 1776æ . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 22. Februar 1776? . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 23. Februar 1776 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 24. Februar Æ1776æ . . . . . . . . . . . . Philipp Seidel an Gottfried August Bprger, 26. Februar 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21 21 22 22 23 24 24 24 25 25 26 26 27 27 27 29 29 30 30 30 31 32 32 32 33 35 36 36 36 37
53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86.
Verzeichnis der Briefe
VII
An Charlotte von Stein, ÆEnde Februar 1776?æ . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 4. Mtrz 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johanna Fahlmer, 6. Mtrz Æ1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 6. Mtrz 1776 . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Georg Zimmermann, 6. Mtrz 1776 . . . . . . . . . An Johann Heinrich Merck, Æ8.? Mtrz 1776æ . . . . . . . . . . . An Philipp Erasmus Reich, 10. Mtrz 1776 . . . . . . . . . . . . . An Gottfried August Bprger, ÆMitte Mtrz 1776æ . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 17. Mtrz 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . An Johanna Fahlmer, 18. Mtrz 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 19. Mtrz 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 20. Mtrz 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 20. Mtrz 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 24. Mtrz 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ24. Mtrz 1776æ . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ25. Mtrz 1776æ . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ25. Mtrz 1776æ . . . . . . . . . . . . . . An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 25. Mtrz 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 25. ÆMtrz 1776æ . . . . . . . . . . . . . . An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 26. Mtrz 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 26. Mtrz 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 31. Mtrz 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 5. April 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ5.? April 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . An Adam Friedrich Oeser, 6. April 1776 . . . . . . . . . . . . . . An Augusta Louise Grtfin zu Stolberg-Stolberg, 10. April 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johanna Fahlmer, Æ10. April 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æetwa 13. April 1776æ . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 13. April 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 14. April 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . An Christian Wilhelm Steinauer, 15. April Æ1776æ . . . . . . . An Christoph Martin Wieland, Æetwa Mitte April 1776æ . . An Charlotte von Stein, ÆMitte April? 1776æ . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 16. April 1776 . . . . . . . . . . . . . . . .
39 39 40 40 41 41 42 42 42 43 43 44 44 45 45 45 47 47 48 48 49 49 50 50 50 51 51 52 52 52 54 55 55 55
VIII
Verzeichnis der Briefe
87. An Christian Wilhelm Steinauer, Æ18.? April 1776æ . . . . . . 88. An Charlotte von Stein, Æzwischen 16. und 21. April? 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89. An Charlotte von Stein, 22. April 1776 . . . . . . . . . . . . . . . 90. An Philipp Erasmus Reich, 25. April 1776 . . . . . . . . . . . . 91. An Charlotte von Stein, 25. April Æ1776æ . . . . . . . . . . . . . . 92. An Charlotte von Stein, ÆApril? 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . 93. An Charlotte von Stein, 1. Mai Æ1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . 94. An Charlotte von Stein, 1. Mai Æ1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . 95. An Charlotte von Stein, 2. Mai Æ1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . 96. An Christian Wilhelm Steinauer, Æ2. Mai? 1776æ . . . . . . . . 97. An Charlotte von Stein, 4. Mai 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . 98. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, Æ4. Mai 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99. An Charlotte von Stein, 6. Mai 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . 100. An Charlotte von Stein, Æ11. Mai? 1776æ . . . . . . . . . . . . . . 101. An Christian Wilhelm Steinauer, Æ13.? Mai 1776æ . . . . . . . 102. An Charlotte von Stein, 14. Mai 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . 103. An Christian Wilhelm Steinauer, 16. Mai 1776 . . . . . . . . . 104. An Augusta Louise Grtfin zu Stolberg-Stolberg, 16. Mai 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105. An Philipp Erasmus Reich, Æ16. Mai? 1776æ . . . . . . . . . . . 106. An Charlotte von Stein, 17. Mai 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . 107. An Charlotte von Stein, 18. Mai 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . 108. An Johann Gottfried Herder, 18. ÆMai 1776æ . . . . . . . . . . . 109. An Charlotte von Stein, 19. Mai Æ1776æ . . . . . . . . . . . . . . . 110. An Charlotte von Stein, Æ20.? Mai 1776æ . . . . . . . . . . . . . . 111. An Charlotte von Stein, 21. Mai 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . 112. An Friedrich Gottlieb Klopstock, 21. ÆMaiæ 1776 . . . . . . . 113. An Charlotte von Stein, Æzwischen 20. und 23. Mai 1776?æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114. An Augusta Louise Grtfin zu Stolberg-Stolberg, Æ17.–24. Mai 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115. An Charlotte von Stein, 24. Mai 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . 116. An Charlotte von Stein, 25. Mai 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . 117. An Charlotte von Stein, 26. Mai 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . 118. An Charlotte von Stein, 27. Mai 1776 . . . . . . . . . . . . . . . .
56 56 57 57 57 57 58 58 58 59 59 59 61 61 61 62 62 62 63 63 63 64 64 64 65 65 66 66 70 70 71 71
119. 120. 121. 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132. 133. 134. 135. 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148.
Verzeichnis der Briefe
IX
An Charlotte von Stein, Æ27. oder 28. Mai 1776?æ . . . . . . . An Carl Ludwig von Knebel, ÆApril/Mai 1776?æ . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 1. Juni 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ3.æ Juni 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 4. Juni 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Friedrich Hildebrand von Einsiedel, Æ6. Juni? 1776æ . . An Charlotte von Stein, 7. Juni 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 7. Juni Æ1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ9. Juni 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 13. Juni 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æerste Htlfte Juni? 1776æ . . . . . . . . An Friedrich Hildebrand von Einsiedel, ÆMitte Juni? 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Friedrich Hildebrand von Einsiedel, ÆMitte Juni? 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 18. Juni 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 22. Juni 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ23. Juni 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ24. Juni 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . An Jacob Michael Reinhold Lenz, Ævermutlich Anfang Juli 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, ÆAnfang Juli 1776?æ . . . . . . . . . . . . An Johann Gottfried Herder, 5. Juli 1776 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein mit Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, Æetwa 6. Juli 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein mit Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 25. Juni–9. Juli Æ1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Christian Wilhelm Steinauer, Æ1. oder 9. Juli 1776æ . . . An Johann Christian und Charlotte Kestner, 9. Juli 1776 . . An Johann Gottfried Herder, 10. Juli 1776 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 16. und 17. Juli 1776 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 22. und 24. Juli 1776 . . . . . . . . . . An Johann Heinrich Merck, 24. Juli 1776 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 2. August 1776 . . . . . . . . . . . . . . . An Jacob Friedrich von Fritsch, 3. August 1776 . . . . . . . . .
71 72 72 72 74 74 74 75 75 75 75 76 76 76 77 77 78 78 79 79 81 81 84 84 85 86 87 90 90 91
X
149. 150. 151. 152. 153. 154. 155. 156. 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163. 164. 165. 166. 167. 168. 169. 170. 171. 172. 173. 174. 175. 176. 177. 178. 179. 180.
Verzeichnis der Briefe
An Jacob Friedrich von Fritsch, 5. August 1776 . . . . . . . An Charlotte von Stein, 8. August 1776 . . . . . . . . . . . . . . An Johann Gottfried Herder, 9. August Æ1776æ . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 10. August 1776 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 12. August 1776 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 13. August 1776 . . . . . . . . . . . . . An Philipp Christoph Kayser, 15. August 1776 . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æetwa 15. August 1776æ . . . . . . . An Charlotte von Stein, 23. August 1776 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 26. August 1776 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 29. August 1776 . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 25.–30. ÆAugust 1776æ . . . . . An Augusta Louise Grtfin zu Stolberg-Stolberg, 28.–30. August Æ1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 30. August 1776 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, ÆEnde August? 1776æ . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 1. September Æ1776æ . . . . . . . . . An Friedrich Hildebrand von Einsiedel, Ævermutlich in der Nacht vom 1. zum 2. September 1776æ An Charlotte von Stein, 8. September 1776 . . . . . . . . . . . An Caroline Louise Hempel, 11. September Æ1776æ . . . . An Anna Louisa Karsch, 11. September 1776 . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 10. und 12. September 1776 . . . An Johann Caspar Lavater, 16. September 1776 . . . . . . . . An Johann Heinrich Merck, 16. September 1776 . . . . . . An Charlotte von Stein, 16. September 1776 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 16. September 1776 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 18. September 1776 . . . . . . . . . . An Philipp Erasmus Reich, 19. September 1776 . . . . . . . An Charlotte von Stein, 20. September 1776 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æzwischen 24. und 27. September 1776æ . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 7. Oktober 1776 . . . . . . . . . . . . An Philipp Erasmus Reich, 14. Oktober 1776 . . . . . . . . . An Charlotte von Stein mit Jacob Michael Reinhold Lenz, Æ30.? Oktober und 1.? November 1776æ . . . . . . . . . . . . . .
91 92 93 94 94 97 97 97 98 98 98 98 100 101 101 101 102 102 103 103 104 105 108 109 109 110 110 111 111 111 112 112
Verzeichnis der Briefe
181. An Charlotte von Stein, 2. November 1776 . . . . . . . . . . . 182. An Charlotte von Stein, 3. November 1776 . . . . . . . . . . . 183. An Catharina Elisabeth Goethe, Johanna Fahlmer und Johann Caspar Bqlling, 6. November Æ1776æ . . . . . . . 184. An Charlotte von Stein, 8. November 1776 . . . . . . . . . . . 185. An Charlotte von Stein, 10. November 1776 . . . . . . . . . . 186. An Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim, 14. November 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187. An Charlotte von Stein, 19. Æoder 20.æ November Æ1776æ 188. An Johann Heinrich Merck, 22. November 1776 . . . . . . . 189. An Johann Gottfried Herder, Æzwischen 17. und 26. November 1776æ . . . . . . . . . . . . . . 190. An Philipp Erasmus Reich, Æ29. November 1776æ . . . . . . 191. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel, Æ30.? November 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel, Æzweite Htlfte November 1776?æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193. An Charlotte von Stein, ÆEnde November 1776æ . . . . . . . 194. An Charlotte von Stein, 1. Dezember 1776 . . . . . . . . . . . 195. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel, Æ1. Dezember? 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196. An Charlotte von Stein, Æ1. Dezember? 1776æ . . . . . . . . . 197. An Charlotte von Stein mit Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 2. Dezember 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198. An Charlotte von Stein, 2. Dezember Æ1776æ . . . . . . . . . . 199. An Charlotte von Stein, 5. ÆDezemberæ 1776 . . . . . . . . . . 200. An Friedrich Justin Bertuch, 11. Dezember 1776 . . . . . . . 201. An Charlotte von Stein, 22. Dezember 1776 . . . . . . . . . . 202. An Charlotte von Stein, 23. Dezember 1776 . . . . . . . . . . 203. Philipp Seidel an Philipp Erasmus Reich, 2. Januar 1777 . . 204. An Charlotte von Stein, 3. Januar Æ1777æ . . . . . . . . . . . . . . 205. An Charlotte von Stein, Æ3. Januar 1777æ . . . . . . . . . . . . . . 206. An Charlotte von Stein, 4. Januar 1777 . . . . . . . . . . . . . . . 207. An Johann Heinrich Merck, 5. Januar 1777 . . . . . . . . . . . 208. An Adam Friedrich Oeser, 7. Januar 1777 . . . . . . . . . . . . . 209. An Charlotte von Stein, 8. Januar 1777 . . . . . . . . . . . . . . .
XI
114 115 115 116 116 117 118 119 119 119 120 120 120 120 121 121 121 122 122 122 123 123 123 124 124 124 125 125
XII
210. 211. 212. 213. 214. 215. 216. 217. 218. 219. 220. 221. 222. 223. 224. 225. 226. 227. 228. 229. 230. 231. 232. 233. 234. 235. 236. 237. 238. 239. 240. 241. 242. 243. 244.
Verzeichnis der Briefe
An Johann Caspar Lavater, 8. Januar 1777 . . . . . . . . . . . . An Philipp Erasmus Reich, 13. Januar 1777 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ2. Februar? 1777æ . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ3.? Februar 1777æ . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 4. Februar 1777 . . . . . . . . . . . . . An Friedrich Justin Bertuch, Æ5. oder 6. Februar 1777æ . . An Jacob Friedrich von Fritsch, 9. Februar Æ1777æ . . . . . An Charlotte von Stein, 11. Februar Æ1777æ . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ15. und 16. Februar 1777æ . . . . An Charlotte von Stein, 19. Februar 1777 . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 19. Februar 1777 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 20. Februar 1777 . . . . . . . . . . . . An Johanna Fahlmer, 21. Februar 1777 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 1. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 4. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 6. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 6. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 10. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 10. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 11. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . An Philipp Erasmus Reich, 11. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 12. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 13. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 14. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 15. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . An Philipp Erasmus Reich, 16. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 17. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . An Johanna Fahlmer, 19. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 21. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 22. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 23. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 28. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 30. Mtrz 1777 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æzweite Htlfte Mtrz? 1777æ . . . . An Charlotte von Stein, Æetwa zwischen 18. Mtrz und 3. April 1777æ . . . . . . . . . . 245. An Charlotte von Stein, ÆAnfang April? 1777æ . . . . . . . . .
125 126 127 127 127 128 128 128 129 129 130 130 131 131 131 132 132 133 133 134 134 134 135 135 135 136 136 136 137 137 138 138 138 139 139 139
Verzeichnis der Briefe
246. An Charlotte von Stein, ÆAnfang April? 1777æ . . . . . . . . . 247. An Philipp Erasmus Reich, 6. April 1777 . . . . . . . . . . . . . 248. An Charlotte von Stein, Æzwischen 3. und 12. April 1777æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249. An Charlotte von Stein, Æ20.æ und 21. April 1777 . . . . . . 250. An Charlotte von Stein, 27. April 1777 . . . . . . . . . . . . . . . 251. An Philipp Erasmus Reich, 28. April 1777 . . . . . . . . . . . . 252. An Charlotte von Stein, 28. April 1777 . . . . . . . . . . . . . . . 253. An Charlotte von Stein, 29. April 1777 . . . . . . . . . . . . . . . 254. An Charlotte von Stein, 1. Mai 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . . 255. Philipp Seidel an Philipp Erasmus Reich, 1. Mai 1777 . . 256. An Charlotte von Stein, 2. Mai 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . . 257. An Charlotte von Stein, 3. Mai 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . . 258. An Charlotte von Stein, Æ4. Mai 1777æ . . . . . . . . . . . . . . . 259. An Charlotte von Stein, 5. Mai 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . . 260. An Charlotte von Stein, 5. Mai 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . . 261. An Charlotte von Stein, 6. Mai 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . . 262. An Charlotte von Stein, Æ19.æ Mai 1777 . . . . . . . . . . . . . . 263. An Charlotte von Stein, Æ20.æ Mai 1777 . . . . . . . . . . . . . . 264. An Charlotte von Stein, 21. Mai 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . 265. An Charlotte von Stein, 23. Mai 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . 266. An Charlotte von Stein, 25. Mai 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . 267. An Charlotte von Stein, 26. Mai 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . 268. An Charlotte von Stein, 27. Mai 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . 269. An Charlotte von Stein, ÆAnfang Juni? 1777æ . . . . . . . . . . 270. An Charlotte von Stein, Æ3. Juni 1777æ . . . . . . . . . . . . . . . 271. An Charlotte von Stein, 8. Juni 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . . 272. An Charlotte von Stein, 12. Juni 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . 273. An Charlotte von Stein, Æ16. Juni 1777æ . . . . . . . . . . . . . . 274. An Charlotte von Stein, Æ16. Juni 1777æ . . . . . . . . . . . . . . 275. An Jacob Friedrich von Fritsch, 21. Juni 1777 . . . . . . . . . 276. An Catharina Elisabeth Goethe, 28. Juni 1777 . . . . . . . . . 277. An Charlotte von Stein, 5.–7. Juli Æ1777æ . . . . . . . . . . . . . 278. An Charlotte von Stein, 12./13. und 17. Juli Æ1777æ . . . . 279. An Augusta Louise Grtfin zu Stolberg-Stolberg, 17. Juli 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280. An Charlotte von Stein, 11. August 1777 . . . . . . . . . . . . .
XIII
139 140 140 140 141 141 142 142 143 143 144 144 145 145 145 145 146 146 146 147 147 147 148 148 148 148 149 149 151 151 151 152 153 154 155
XIV
Verzeichnis der Briefe
281. An Johann Caspar Lavater mit Peter im Baumgarten, Æ14. August 1777æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282. An Charlotte von Stein, 27. August Æ1777æ . . . . . . . . . . . 283. An Charlotte von Stein, 27. August 1777 . . . . . . . . . . . . . 284. An Charlotte von Stein, 29. und 31. August 1777 . . . . . . 285. An Jacob Friedrich von Fritsch, 4. September 1777 . . . . 286. An Charlotte von Stein, 6. ÆSeptember 1777æ . . . . . . . . . 287. An Jacob Friedrich von Fritsch, Æ12. September 1777?æ . . 288. An Charlotte von Stein, 12. September Æ1777æ . . . . . . . . 289. An Charlotte von Stein, 13.–16. September 1777 . . . . . . 290. An Johann Christian Kestner, 28. September 1777 . . . . . 291. An Charlotte von Stein, 10. Oktober Æ1777æ . . . . . . . . . . 292. An Johann Heinrich Merck, 27. Oktober Æ1777æ . . . . . . 293. An Charlotte von Stein, 29. Oktober 1777 . . . . . . . . . . . 294. An Charlotte von Stein, Æ30. Oktober 1777æ . . . . . . . . . . 295. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach?, Æ30. Oktober 1777?æ . . . . . . . . . . . . . . . . . 296. An Charlotte von Stein, 31. Oktober 1777 . . . . . . . . . . . 297. An Charlotte von Stein, 1. November 1777 . . . . . . . . . . . 298. An Johann Heinrich Merck, 30. ÆOktoberæ und 3. ÆNovember 1777æ . . . . . . . . . . . . . . 299. An Charlotte von Stein, 7. und Æ8.æ November 1777 . . . 300. An Charlotte von Stein, 8. November 1777 . . . . . . . . . . . 301. An Charlotte von Stein, 8. November 1777 . . . . . . . . . . . 302. An Charlotte von Stein, 10. November 1777 . . . . . . . . . . 303. An Charlotte von Stein, 11. November 1777 . . . . . . . . . . 304. An Charlotte von Stein, 12. November 1777 . . . . . . . . . . 305. An Johanna Fahlmer, Æ16.æ November 1777 . . . . . . . . . . . 306. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ16.æ November 1777 . . 307. An Philipp Erasmus Reich, 25. November 1777 . . . . . . . 308. An Charlotte von Stein, 29. November 1777 . . . . . . . . . . 309. An Charlotte von Stein, 2. Dezember Æ1777æ, 4. und 5. Dezember 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310. An Charlotte von Stein, 6. und 7. Dezember 1777 . . . . . 311. An Charlotte von Stein, 7.–11. Dezember Æ1777æ . . . . . . 312. An Charlotte von Stein, Æ30. Novemberæ–15. Dezember Æ1777æ . . . . . . . . . . . . . .
155 159 160 160 161 161 165 165 166 169 170 170 171 171 172 172 172 173 173 174 174 175 175 175 176 176 177 178 178 180 181 185
313. 314. 315. 316. 317. 318. 319. 320. 321. 322. 323. 324. 325. 326. 327. 328. 329. 330. 331. 332. 333. 334. 335. 336. 337. 338. 339. 340. 341. 342. 343.
Verzeichnis der Briefe
XV
An Philipp Erasmus Reich, 18. Dezember 1777 . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ27. Dezember 1777æ . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 30. Dezember 1777 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 1. Januar 1778 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, ÆAnfang Januar? 1778æ . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 9. Januar 1778 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ10. Januar 1778æ . . . . . . . . . . . . . An Johann Heinrich Merck, 11. Januar 1778 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 11. Januar 1778 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 12. Januar 1778 . . . . . . . . . . . . . . An Carl Ludwig von Knebel, Ævermutlich erste Htlfte Januar 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 19. Januar 1778 . . . . . . . . . . . . . . An Johann Christian Kestner, 23. Januar 1778 . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æzwischen Oktober/November 1777 und Ende Januar 1778?æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 1. Februar 1778 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 11. Februar 1778 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ11. Februar? 1778æ . . . . . . . . . . An Heinrich XXVI. Graf Reuss zu Ebersdorf, 13. Februar 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 18. Februar 1778 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 20. Februar 1778 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 25. Februar 1778 . . . . . . . . . . . . . An Joachim Christoph von Haffner oder Christian Bernhard von Isenflamm?, 28. Februar 1778 . . An Charlotte von Stein, 7. Mtrz 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Heinrich Merck, 18. Mtrz 1778 . . . . . . . . . . . An Philipp Erasmus Reich, Æ18. oder 19.? Mtrz 1778æ . . An Gottfried August Bprger, Æ19.? Mtrz 1778æ . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ20.? Mtrz 1778æ . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 22. Mtrz 1778 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 26. Mtrz 1778 . . . . . . . . . . . . . . . An Augusta Louise Grtfin zu Stolberg-Stolberg, 27. Mtrz 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 31. Mtrz 1778 . . . . . . . . . . . . . . .
187 187 188 188 188 189 189 189 190 190 191 191 194 194 195 196 196 196 197 197 197 198 199 199 200 200 201 201 201 201 202
XVI
Verzeichnis der Briefe
344. An Charlotte von Stein, Æ10. oder 11. April 1778æ . . . . . 345. An Charlotte von Stein, 13. April 1778 . . . . . . . . . . . . . . 346. An Charlotte von Stein, Æzwischen 23. Oktober und 28. November 1777? oder zwischen 17. Dezember 1777 und 16. April 1778?æ . . . . 347. An Charlotte von Stein, 19. April 1778 . . . . . . . . . . . . . . 348. An Gottfried August Bprger, 20. April 1778 . . . . . . . . . . 349. An Charlotte von Stein, 21. April 1778 . . . . . . . . . . . . . . 350. An Charlotte von Stein, 23. April Æ1778æ . . . . . . . . . . . . . 351. An Charlotte von Stein, 25. April 1778 . . . . . . . . . . . . . . 352. An Charlotte von Stein, 1. Mai 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . 353. An Charlotte von Stein, 2. Mai 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . 354. An Charlotte von Stein, ÆEnde April oder Anfang Mai? 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . 355. An Charlotte von Stein, ÆEnde April oder Anfang Mai? 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . 356. An Charlotte von Stein, ÆAnfang Mai? 1778æ . . . . . . . . . . 357. An Johann August Ludecus, 8. Mai Æ1778æ . . . . . . . . . . . . 358. An Charlotte von Stein, Æetwa 9. Mai 1778æ . . . . . . . . . . 359. An Charlotte von Stein, 12. Mai 1778 . . . . . . . . . . . . . . . 360. An Charlotte von Stein, Æ14. Mai 1778æ . . . . . . . . . . . . . . 361. An Anna Louisa Karsch, 18. ÆMai 1778æ . . . . . . . . . . . . . . 362. An Philipp Seidel, 23. Mai 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363. An Charlotte von Stein, 17.–24. ÆMai 1778æ . . . . . . . . . . 364. An Charlotte von Stein, Æ28. Mai 1778æ . . . . . . . . . . . . . . 365. An Charlotte von Stein, 2. Juni 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . 366. An Charlotte von Stein, 4. Juni 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . 367. An Charlotte von Stein, Æ4. Juni 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . 368. An Charlotte von Stein, 4. Juni 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . 369. Philipp Seidel an Philipp Erasmus Reich, 4. Juni 1778 . . 370. An Charlotte von Stein mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff u. a., Æ13.? Juni 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371. An Charlotte von Stein, 14. Juni 1778 . . . . . . . . . . . . . . . 372. An Adam Friedrich Oeser, 15. Juni 1778 . . . . . . . . . . . . . 373. An Friederike Oeser, 15. Juni 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374. An Charlotte von Stein, 17. Juni 1778 . . . . . . . . . . . . . . .
202 203 203 203 203 204 204 204 205 205 205 206 206 206 206 207 207 208 208 209 210 211 211 212 212 212 213 213 214 215 215
375. 376. 377. 378. 379. 380. 381. 382. 383. 384. 385. 386. 387. 388. 389. 390. 391. 392. 393. 394. 395. 396. 397. 398. 399. 400. 401. 402. 403. 404. 405. 406.
Verzeichnis der Briefe
XVII
An Charlotte von Stein, 17. Juni 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 23. Juni 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 28. Juni 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 28. Juni 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 29. Juni 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 2. Juli 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, ÆAnfang Juli 1778?æ . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, ÆAnfang Juli 1778?æ . . . . . . . . . . . An Friedrich Mpller, Æerste Htlfte? Juli 1778æ . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 16. Juli 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 30. ÆJuli 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 2. August 1778 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 3. August 1778 . . . . . . . . . . . . . . An Johann Heinrich Merck, 5. August 1778 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 6. August 1778 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 6. August 1778 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 7. August 1778 . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 10. ÆAugust 1778æ . . . . . . . . . . . . An Friedrich Hildebrand von Einsiedel, ÆMitte August 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 18. August 1778 . . . . . . . . . . . . . An Friedrich Hildebrand von Einsiedel, Æ21. August 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Ækurz vor dem oder am 22. August 1778?æ . . . . . . . . . . . . An Friedrich Hildebrand von Einsiedel, Æ22. August 1778?æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 6. September 1778 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 6. September 1778 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 8. September 1778 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 10. und 13. September 1778 . . . An Charlotte von Stein, 19. September 1778 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 24. September 1778 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 28. September 1778 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 1. Oktober 1778 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 14. Oktober 1778 . . . . . . . . . . . .
215 216 216 216 216 217 217 217 218 218 218 219 219 219 225 225 225 226 226 227 227 227 228 228 228 229 229 230 230 231 231 232
XVIII
Verzeichnis der Briefe
407. An Charlotte von Stein, Ækurz vor dem oder am 21. Oktober? 1778æ . . . . . . . . . . . 408. An Charlotte von Stein, Æetwa 26. Oktober 1778æ . . . . . 409. An Jacob Friedrich von Fritsch, 30. Oktober 1778 . . . . . 410. An Johann Friedrich Krafft, 2. November 1778 . . . . . . . . 411. An Charlotte von Stein, 31. Oktober und 3. November Æ1778æ . . . . . . . . . . . . . . . 412. An Charlotte von Stein, 9. November 1778 . . . . . . . . . . . 413. An Johann Friedrich Krafft, 11. November 1778 . . . . . . . 414. An Charlotte von Stein, 15. November 1778 . . . . . . . . . . 415. An Charlotte von Stein, 21. November 1778 . . . . . . . . . . 416. An Johann Friedrich Krafft, 23. November 1778 . . . . . . . 417. An Carl Ludwig von Knebel, Æ30. November 1778æ . . . . 418. An Charlotte von Stein, 10. Dezember 1778 . . . . . . . . . . 419. An Johann Friedrich Krafft, 11. Dezember Æ1778æ . . . . . 420. An Charlotte von Stein, 11. Dezember 1778 . . . . . . . . . . 421. An Charlotte von Stein, Æzwischen 11. und 23. Dezember? 1778æ . . . . . . . . . . . . . 422. An Charlotte von Stein, Æzwischen 11. und 23. Dezember? 1778æ . . . . . . . . . . . . . 423. An Charlotte von Stein, 23. Dezember 1778 . . . . . . . . . . 424. An Charlotte von Stein, 26. Dezember 1778 . . . . . . . . . . 425. An Charlotte von Stein, 30. und 31. Dezember Æ1778æ . . 426. An Charlotte von Stein, ÆDezember? 1778æ . . . . . . . . . . . 427. An Charlotte von Stein, Æ1. Januaræ 1779 . . . . . . . . . . . . . 428. An Charlotte von Stein mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, 1. Januar 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429. An Augusta Eleonore von Kalb mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430. An Gottlobe Sophie Charlotte von Stein mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431. An Louise Adelaide Waldner von Freundstein mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
232 232 233 233 234 235 236 237 237 237 238 239 239 241 241 242 242 242 243 243 244 244 244 245 245
Verzeichnis der Briefe
432. An Emilie von Werthern-Beichlingen mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433. An Caroline von Ilten mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434. An Louise Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435. An Corona Schrqter mit Carl Friedrich von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436. An Johanna Luitgarde von Nostiz mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437. An Sophia Friederike von Kalb mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438. An Elisabeth Caroline oder Friederike von Volgstedt mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439. An Amalie von Hendrich mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440. An Sophie Bernhardine Friederike von Reinbaben? mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441. An Anna Friederika Carolina Mpller mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442. An Louise von Gqchhausen mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443. An Eleonore Wilhelmine Luise von Oppel? mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444. An Martha Eleonore von Witzleben mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XIX
246 246 247 247 248 248 249 249 249 250 250 251 251
XX
Verzeichnis der Briefe
445. An Wilhelmine Eleonore Elisabeth Grtfin von Giannini mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446. An Johanna Carolina von Oertel mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ 447. An Charlotte Juliane von Felgenhauer mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448. An Johanna Marianne Henriette von Woellwarth mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449. An Sophie Marie Caroline von Lichtenberg mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450. An Johann Gottfried Herder mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Æ1. Januar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451. An Charlotte von Stein, 2. Januar 1779 . . . . . . . . . . . . . . 452. An Johann Friedrich Krafft, 3. Januar 1779 . . . . . . . . . . . 453. An Charlotte von Stein, Æ3. Januar 1779?æ . . . . . . . . . . . . 454. An Charlotte von Stein, 9. Januar 1779 . . . . . . . . . . . . . . 455. An Charlotte von Stein, 14. Januar 1779 . . . . . . . . . . . . . 456. An Charlotte von Stein, ÆMitte Januar 1779?æ . . . . . . . . . 457. An Friedrich Justin Bertuch, ÆJanuar 1779æ. . . . . . . . . . . . . . 458. An Jean Antoine de Castrop, 1. Februar 1779 . . . . . . . . . 459. An Charlotte von Stein, 2. Februar 1779 . . . . . . . . . . . . . 460. An Friedrich Justin Bertuch, ÆEnde Januar/Anfang Februar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . 461. An Charlotte von Stein, 8. Februar 1779 . . . . . . . . . . . . . 462. An Charlotte von Stein, 14. Februar Æ1779æ . . . . . . . . . . . 463. An Jacob Friedrich von Fritsch, 20. Februar 1779 . . . . . . 464. An Charlotte von Stein, 22. Februar Æ1779æ . . . . . . . . . . . 465. An Charlotte von Stein, ÆEnde Februar 1779æ . . . . . . . . . 466. An Charlotte von Stein, 1. Mtrz 1779 . . . . . . . . . . . . . . . 467. An Charlotte von Stein, 2. Mtrz Æ1779æ . . . . . . . . . . . . . . 468. An Philipp Seidel, 2. Mtrz Æ1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469. An Charlotte von Stein, 4. Mtrz 1779 und 5. ÆMtrz 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
251 252 252 253 253 254 254 255 255 255 255 256 256 256 257 257 257 258 258 258 259 259 259 260 261
470. 471. 472. 473. 474. 475. 476. 477. 478. 479. 480. 481. 482. 483. 484. 485. 486. 487. 488. 489. 490. 491. 492. 493. 494. 495. 496. 497. 498. 499. 500. 501. 502. 503. 504.
Verzeichnis der Briefe
XXI
An Carl Ludwig von Knebel, 5. ÆMtrz 1779æ . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 6. Mtrz Æ1779æ . . . . . . . . . . . . . . An Philipp Seidel, 7. ÆMtrz 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 7. Mtrz Æ1779æ . . . . . . . . . . . . . . An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 8. Mtrz 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 8. Mtrz 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . An Carl Ludwig von Knebel, Æ14. Mtrz 1779æ . . . . . . . . . An Carl Ludwig von Knebel, Æ15. oder 16. Mtrz 1779æ . . An Charlotte von Stein, 16. Mtrz 1779 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 17. Mtrz 1779 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 24. Mtrz 1779 . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Friedrich Krafft, 26. Mtrz 1779 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ29.? Mtrz 1779æ . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 10. April 1779 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 19. April 1779 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 20. April 1779 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 21. April 1779 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ22. April 1779æ . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 24. April 1779 . . . . . . . . . . . . . . . An Carl Ludwig August von Scholley, 26. April 1779 . . . An Wilhelmine von Beaulieu-Marconnay, 26. April 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Carl Ulysses von Salis-Marschlins, Æ26.æ April 1779 . . An Jean Antoine de Castrop, Ævermutlich April 1779æ . . . An Charlotte von Stein, 7. Mai 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 12. Mai 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 13. Mai 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æum den 13. Mai 1779æ . . . . . . . An Charlotte von Stein, 14. Mai 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, ÆMitte Mai 1779æ . . . . . . . . . . . . An Johann Friedrich Krafft, 22. Mai Æ1779æ . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 23. Mai 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 26. Mai 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 30. Mai 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . An Josias von Stein?, Æ31. Mai 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . An Wolfgang Heribert von Dalberg, 1. Juni 1779 . . . . . .
262 263 263 264 264 265 266 266 266 267 267 267 268 269 269 269 270 270 271 271 274 275 275 276 276 276 277 277 278 278 279 279 279 280 280
XXII
505. 506. 507. 508. 509. 510. 511. 512. 513. 514. 515. 516. 517. 518. 519. 520. 521. 522. 523. 524. 525. 526. 527. 528. 529. 530. 531. 532. 533. 534. 535. 536. 537. 538. 539.
Verzeichnis der Briefe
An Charlotte von Stein, Æ1. Juni 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 8. Juni 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 9. Juni 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Friedrich Krafft, 12. Juni 1779 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 13. Juni 1779 . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Friedrich Krafft, 23. Juni 1779 . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 24. Juni 1779 . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 4. Juli 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 4. Juli Æ1779æ . . . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 11. Juli 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Friedrich Krafft, 13. und 17. Juli 1779 . . . . . . An Carl Theodor von Dalberg, 21. Juli 1779 . . . . . . . . . . An Johann Friedrich Krafft, 7. August 1779 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 8. August 1779 . . . . . . . . . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, 9. August 1779 . . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, ÆMitte August 1779æ . . . An Charlotte von Stein, 18. August 1779 . . . . . . . . . . . . . An Carl Christian von Herda, 20. August 1779 . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ25. August 1779æ . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 21. und 28. August 1779 . . . . . . An Charlotte von Stein, 1. September 1779 . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ4. September 1779æ . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 7. September 1779 . . . . . . . . . . . An Johann Friedrich Krafft, 9. September 1779 . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 10. September 1779 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 15. September 1779 . . . . . . . . . . An Josias von Stein mit Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 15. September 1779 . . . . An Josias von Stein, 20. September 1779 . . . . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 20. September 1779 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 24., 25. und 28. September 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, 8. Oktober 1779 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, 9. und 14. Oktober 1779 . . . . . An Christian Friedrich Schnauß, 16. Oktober 1779 . . . . An Charlotte von Stein, Æ15.æ und 16. Oktober Æ1779æ . . An Johann Caspar Lavater, Æ19.æ Oktober 1779 . . . . . . . .
281 281 282 282 282 283 283 283 284 284 285 286 287 288 288 289 291 291 292 292 293 294 294 295 296 296 297 298 298 299 304 305 309 310 319
Verzeichnis der Briefe
540. An Johann Heinrich Merck, Æ19.æ Oktober Æ1779æ . . . . . 541. An Charlotte von Stein, 20., 21. und 23.–27. Oktober 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542. An Johann Caspar Lavater, 28. und 29. ÆOktober 1779æ . . 543. An Charlotte von Stein, 28. und 29. Oktober 1779 . . . . . 544. An Charlotte von Stein, 2. November 1779 . . . . . . . . . . . 545. An Johann Caspar Lavater, 2. November 1779 . . . . . . . . . 546. An Charlotte von Stein, 13. November 1779 . . . . . . . . . . 547. An Johann Caspar Lavater, 14. November 1779 . . . . . . . . 548. An Johanna Schlosser geb. Fahlmer, 16. November 1779 549. An Friedrich Justin Bertuch, 20. November 1779 . . . . . . 550. An Charlotte von Stein, Æ17.? November und zwischen 22. und 24. November? 1779æ . . . . . . . . . . . . . . 551. An Friedrich Justin Bertuch, 29. November 1779 . . . . . . 552. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel, 29. November 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553. An Jacob Friedrich von Fritsch, 30. November 1779 . . . . 554. An Carl Ludwig von Knebel, 30. November 1779 . . . . . . 555. An Charlotte von Stein, 30. November 1779 . . . . . . . . . . 556. An Josias von Stein, 30. November 1779 . . . . . . . . . . . . . . 557. An Johann Caspar Lavater, Æzwischen dem 3. und 5. Dezember 1779æ . . . . . . . . . . . . 558. An Charlotte von Stein, 7. Dezember 1779 . . . . . . . . . . . 559. An Charlotte von Stein, 20. und 22. Dezember 1779 . . . 560. An Philipp Christoph Kayser, 29. Dezember 1779 . . . . . . 561. An Friedrich Justin Bertuch, Æzwischen 1776 und 1779æ . .
XXIII
320 322 327 329 338 340 341 342 343 343 344 354 355 356 357 358 359 360 365 365 367 368
Konzepte 489K. An Carl Ludwig August von Scholley, 26. April 1779 . . 490K. An Wilhelmine von Beaulieu-Marconnay, 26. April 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
371 373
XXIV
Verzeichnis der Briefe
Erschlossene Briefe EB EB EB EB EB
1. 2. 3. 4. 5.
EB
6.
EB 7. EB 8. EB 9. EB 10. EB 11. EB 12. EB 13. EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB
14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.
An Johann Caspar Goethe, Æ9. November 1775æ . . . . An Johann Caspar Bqlling, Æ10. November 1775æ . . . An Herrn Georg, Æ10. November 1775æ . . . . . . . . . . . An Herrn Hpllsberg, Æ10. November 1775æ . . . . . . . . An Friedrich Maximilian Klinger, Æ10. November 1775æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Heinrich Christoph? oder Johann Gottlob? Schenck, Æ14. November 1775æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Helene Dorothea Delph, Æ17. November 1775æ . . An Jean George d’Orville, Æ17. November 1775æ . . . . An Johann Caspar Goethe, Æ22. November 1775æ . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ27. November 1775æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Goethe, Æ29. November 1775æ . . . An Herrn Brinkmann, Æ5. Dezember 1775æ . . . . . . . . An Carolina Philippina von Rathsamhausen?, Æ5. Dezember 1775æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Goethe, Æ6. Dezember 1775æ . . . . . An Johanna Fahlmer, Æ17. Dezember 1775æ . . . . . . . . An Johann Caspar Goethe, Æ22. Dezember 1775æ . . . . An Johann Caspar Goethe, Æ22. Dezember 1775æ . . . . An Johann Caspar Goethe, Æ29. Dezember 1775æ . . . . An Johann Caspar Goethe, Æ5. Januar 1776æ . . . . . . . . An Philipp Erasmus Reich, Æ5. Januar 1776æ . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ7. Januar 1776æ . . . . . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ7. Januar 1776æ . . . . An Johann Caspar Goethe, Æ11. Januar 1776æ . . . . . . . An Friedrich Wilhelm Gotter, Æ11. Januar 1776æ . . . . An Johann Caspar Goethe, Æ15. Januar 1776æ . . . . . . . An Unbekannt, Æ18. Januar 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . An Cornelia Schlosser, Æ21.? Januar 1776æ . . . . . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ22. Januar 1776æ . . . An Johann Caspar Goethe, Æ24. Januar 1776æ . . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ31. Januar 1776æ . . . An Jacob Michael Reinhold Lenz, ÆJanuar 1776æ . . . .
378 378 378 378 378 378 379 379 379 379 379 380 380 380 380 381 381 381 381 381 382 382 382 382 382 382 383 383 383 383 383
Verzeichnis der Briefe
EB 32. An Catharina Elisabeth Goethe und Unbekannt, Æ6. Februar 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 33. An Herrn Feulner, Æ7. Februar 1776æ . . . . . . . . . . . . . . EB 34. An Johann Jacob Riese?, Æ7. Februar 1776æ . . . . . . . . . EB 35. An Unbekannt, Æ14. Februar 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . EB 36. An Anna Louisa Karsch, Æzwischen Anfang 1776 und 17. Februar 1776æ . . . . . . EB 37. An Herrn Walter, Æ20. Februar 1776æ . . . . . . . . . . . . . . EB 38. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ22. Februar 1776æ . . EB 39. An Friedrich Wilhelm Gotter, Æ22. Februar 1776æ . . . EB 40. An Johann Caspar Goethe, Æ26. Februar 1776æ . . . . . . EB 41. An Johann Heinrich Merck, Æ26. Februar 1776æ . . . . . EB 42. An Philipp Erasmus Reich, Æ26. Februar 1776æ . . . . . . EB 43. An Unbekannt, Æ26. Februar 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . EB 44. An Helene Dorothea Delph, Æ28. Februar 1776æ . . . . . EB 45. An Johann Caspar Goethe, Æ2. Mtrz 1776æ . . . . . . . . . EB 46. An Friedrich Wilhelm Gotter, Æ2. Mtrz 1776æ . . . . . . EB 47. An Heinrich Julius von Lindau, Æ8. Mtrz 1776æ . . . . . EB 48. An Jean George d’Orville, Æ8. Mtrz 1776æ . . . . . . . . . . EB 49. An Friedrich Ludwig Schrqder, Æ8. Mtrz 1776æ . . . . . EB 50. An Unbekannt, Æ18. Mtrz 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 51. An Philipp Erasmus Reich, Æ18. Mtrz 1776æ . . . . . . . . EB 52. An Martin Ehlers, Æ10. April 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . EB 53. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ10. April 1776æ . . . . EB 54. An Frau Herberg, Æ10. April 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . EB 55. An Johann Caspar Lavater, Æ10. April 1776æ . . . . . . . . . EB 56. An Heinrich Julius von Lindau, Æ10. April 1776æ . . . . EB 57. An Johanna Fahlmer, Æ12. April 1776æ . . . . . . . . . . . . . EB 58. An Johann Caspar Bqlling, Æ16. April 1776æ . . . . . . . . EB 59. An Johann Caspar Goethe, Æ16. April 1776æ . . . . . . . . EB 60. An Johann Gottfried Herder, Æ16. April 1776æ . . . . . . EB 61. An Philipp Christoph Kayser, Æ16. April 1776æ . . . . . . EB 62. An Johann Gottfried Herder, Æ22. April 1776æ . . . . . . EB 63. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ24. April 1776æ . . . . EB 64. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ29. April 1776æ . . . . EB 65. An Philipp Erasmus Reich, Æ29. April 1776æ . . . . . . . . EB 66. An Wilhelm Gottlieb Becker, Æ2. Mai 1776æ . . . . . . . .
XXV
384 384 384 384 385 385 385 385 385 385 386 386 386 386 386 387 387 387 387 387 388 388 388 388 388 388 389 389 389 389 389 390 390 390 390
XXVI
EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB EB
67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97.
Verzeichnis der Briefe
An Catharina Elisabeth Goethe, Æ6. Mai 1776æ . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ13. Mai 1776æ . . . . . An Friedrich Maximilian Klinger, Æ13. Mai 1776æ . . . An Cornelia Schlosser, Æ20. Mai 1776æ . . . . . . . . . . . . An Christian Wilhelm Steinauer, Æ23. Mai 1776æ . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ24. Mai 1776æ . . . . . An Jacob Ludwig Passavant, Æ24. Mai 1776æ . . . . . . . . An Cornelia Schlosser, Æ24. Mai 1776æ . . . . . . . . . . . . An Barbara Schulthess, Æ24. Mai 1776æ . . . . . . . . . . . . An Christian Wilhelm Steinauer, Æ28. Mai 1776æ . . . . An Johann Caspar Goethe, Æ3. Juni 1776æ . . . . . . . . . . An Friedrich Maximilian Klinger, Æ3. Juni 1776æ . . . . An Johann Heinrich Merck, Æ3. Juni 1776æ . . . . . . . . . An Christian Wilhelm Steinauer, Æ6. Juni 1776æ . . . . . An Christian Wilhelm Steinauer, Æ13. Juni 1776æ . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ14. Juni 1776æ . . . . . An Johann Caspar Bqlling, Æ17. Juni 1776æ . . . . . . . . . An Johann Caspar Goethe, Æ17. Juni 1776æ . . . . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ20. Juni 1776æ . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ24. Juni 1776æ . . . . . An den „Cramer“, Æ29. Juni 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . An Christian Wilhelm Steinauer, Æ1. Juli 1776æ . . . . . An Unbekannt, Æ8. Juli 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Christian Wilhelm Steinauer, Æ9. Juli 1776æ . . . . . An Unbekannt, Æ16. Juli 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Goethe, Æ17. August 1776æ . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ26. August 1776æ . . An Jacob Ludwig Passavant, Æ30. August 1776æ . . . . . An Unbekannt, Æ30. August 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ30. August 1776æ . . An Friedrich August Prinz von BraunschweigWolfenbpttel, Æ2. September 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . EB 98. An Christian Wilhelm Steinauer, Æ2. September 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 99. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ6. September 1776æ EB 100. An Johann Heinrich Christoph? oder Johann Gottlob? Schenck, Æ6. September 1776æ . . . . .
390 390 391 391 391 391 391 391 392 392 392 392 392 392 393 393 393 393 393 393 394 394 394 394 394 395 395 395 395 395 395 396 396 396
Verzeichnis der Briefe
EB 101. EB 102. EB 103. EB 104. EB 105. EB 106. EB 107. EB 108. EB 109. EB 110. EB 111. EB 112. EB 113. EB 114. EB 115. EB 116. EB 117. EB 118. EB 119. EB 120. EB 121. EB 122. EB 123. EB 124. EB 125. EB 126.
An Christian Wilhelm Steinauer, Æ9. September 1776æ An Corona Schrqter, Æ16. September 1776æ . . . . . . . . . An Herrn Abramson, Æ16. September 1776æ . . . . . . . . An Heinrich Christian Boie, Æ16. September 1776æ . . An Johann Gottfried Herder, Æ16. September 1776æ . . An Friedrich Maximilian Klinger, Æ16. September 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Philipp Erasmus Reich, Æ16. September 1776æ . . . An Hieronymus Peter Schlosser, Æ16. September 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Christian Wilhelm Steinauer, Æ16. September 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ17. September 1776æ An Justinianus von Thqldenitz, Æ17. September 1776æ An Philipp Erasmus Reich, Æ23. September 1776æ . . . An Christian Wilhelm Steinauer, Æ23. September 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe und Unbekannt, Æ27. September 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ2. Oktober 1776æ . . An Friedrich Leopold Graf zu Stolberg-Stolberg, ÆAnfang Oktober? 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, Ækurz nach dem 9. Oktober 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . An Philipp Erasmus Reich, Æ12. Oktober 1776æ . . . . . An Christian Wilhelm Steinauer, Æ12. Oktober 1776æ An Cornelia Schlosser, Æ18. November 1776æ . . . . . . . An Johann Caspar Bqlling, Æ22. November 1776æ . . . . An Christoph Kaufmann, Æ28. November 1776æ . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ29. November 1776æ An Isabella Grtfin von Wartensleben, Æzwischen 16. September und kurz vor dem 30. November 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Friedrich Justin Bertuch, Æzwischen 3. und 10. Dezember 1776æ . . . . . . . . . . . . . An Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff?, Æ19. Dezember 1776æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXVII
396 396 397 397 397 397 397 398 398 398 398 398 398 399 399 399 399 399 400 400 400 400 400 400 401 401
XXVIII
Verzeichnis der Briefe
EB 127. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ26. Dezember 1776æ EB 128. An Jacob Ludwig Passavant, Æ26. Dezember 1776æ . . . EB 129. An Johann Caspar Lavater, ÆFebruar/Anfang Mtrz? 1777æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 130. An Johann Caspar Lavater, Æ4. April 1777æ . . . . . . . . . EB 131. An den Dessauer Gtrtner, Æ19. April 1777æ . . . . . . . . . EB 132. An Johann Caspar Lavater, Æ19. April 1777æ . . . . . . . . EB 133. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ27. April 1777æ . . . . EB 134. An Johann Caspar Bqlling, Æ5. Mai 1777æ . . . . . . . . . . EB 135. An Ernst Carl Kopp?, Æ6. Mai 1777æ . . . . . . . . . . . . . . EB 136. An Johann Friedrich Gottlob Otto, Æ6. Mai 1777æ . . . EB 137. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ10. Mai 1777æ . . . . . EB 138. An Johann Caspar Bqlling, Æ21. Mai 1777æ . . . . . . . . . EB 139. An Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff?, Æ27. Mai 1777æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 140. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ27. Mai 1777æ . . . . . EB 141. An Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim, Æ30. Mai 1777æ . . . . . . . . . . . . . . . EB 142. An Johann Friedrich Bause, Æ3. Juni 1777æ . . . . . . . . . EB 143. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ3. Juni 1777æ . . . . . . EB 144. An Unbekannt, Æ8. Juni 1777æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 145. An Johann Heinrich Merck, Æ13. Juni 1777æ . . . . . . . . EB 146. An Adrian Zingg, Æ13. Juni 1777æ . . . . . . . . . . . . . . . . EB 147. An Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim, Æ20. Juni 1777æ . . . . . . . . . . . . . . . EB 148. An Julie Auguste Christiane von Mauchenheim gen. Bechtolsheim, Æ26. Juni 1777æ . . . . . . . . . . . . . . . EB 149. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ1. Juli 1777æ . . . . . . EB 150. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ1. Juli 1777æ . . . . . . EB 151. An Johann Caspar Lavater, Æ1. Juli 1777æ . . . . . . . . . . . EB 152. An Johann Caspar Bqlling, Æ6. September 1777æ . . . . EB 153. An Johann Caspar Goethe, Æ30. September 1777æ . . . EB 154. An Unbekannt, Æ30. September 1777æ . . . . . . . . . . . . . EB 155. An Johann Friedrich Witzel?, Æ30. September 1777æ . . EB 156. An Johann Heinrich Merck, Æ3. Oktober 1777æ . . . . . EB 157. An Johann Heinrich Merck, Æ7. Oktober 1777æ . . . . . EB 158. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ17. Oktober 1777æ . .
401 401 402 402 402 402 402 402 403 403 403 403 403 404 404 404 404 404 405 405 405 405 405 406 406 406 406 406 407 407 407 407
Verzeichnis der Briefe
EB 159. An Friedemann Christian Daniel Ranis?, Æ17. Oktober 1777æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 160. An Johann Conrad Wagner?, Æ21. Oktober 1777æ . . . . EB 161. An Johann Heinrich Merck, Æ23. Oktober 1777æ . . . . EB 162. An Christoph Gottlieb Pflug, Æ28. Oktober 1777æ . . . EB 163. An Johann Heinrich Merck, Æ29. Oktober 1777æ . . . . EB 164. An Johann Caspar Goethe, Æ5. November 1777æ . . . . . EB 165. An Johann Georg Kpmmelmann, Æ5. November 1777æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 166. An Friedemann Christian Daniel Ranis?, Æ5. November 1777æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 167. An Johann Georg Bohl?, Æ7. November 1777æ . . . . . . EB 168. An Julie Auguste Christiane von Mauchenheim gen. Bechtolsheim, Æ8. November 1777æ . . . . . . . . . . . EB 169. An Johann Caspar Bqlling, Æ12. November 1777æ . . . . EB 170. An Johann Anton Focke, Æ26. November 1777æ . . . . . EB 171. An Johann Heinrich Merck, Æzwischen 27. Oktober und 27. November 1777æ . . . . EB 172. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ1. Dezember 1777æ . EB 173. An Friedrich Victor Leberecht Plessing, Æ4. Dezember 1777æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EB 174. An Philipp Erasmus Reich, Æ7. Dezember 1777æ . . . . . EB 175. An Catharina Elisabeth Goethe, Æ13. Dezember 1777æ EB 176. An Charlotte von Stein, Æ13. Dezember 1777æ . . . . . . EB 177. An Philipp Erasmus Reich, Æ14. Dezember 1777æ . . . . EB 178. An Gottlob Theodor? Weber, Æ14. Dezember 1777æ . . EB 179. An Johann Heinrich Merck, Æ15. Dezember 1777æ . . . EB 180. An Anton Schwinzinski, Æ15. Dezember 1777æ . . . . . . EB 181. An Catharina Elisabeth Goethe, ÆAnfang 1778æ . . . . . . EB 182. An Johann Joachim Christoph Bode, Æ8. Januar 1778æ EB 183. An Johann Christian Kestner, Æ8. Januar 1778æ . . . . . . EB 184. An Christoph Gottlieb Pflug, Æ14. Januar 1778æ . . . . . EB 185. An Philipp Erasmus Reich, Æ14. Januar 1778æ . . . . . . . EB 186. An Philipp Erasmus Reich, Æ20. Januar 1778æ . . . . . . . EB 187. An Johann Heinrich Merck, Æ24. Januar 1778æ . . . . . . EB 188. An Friedrich Victor Leberecht Plessing, Æ24. Januar 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXIX
407 408 408 408 408 408 408 409 409 409 409 409 410 410 410 410 411 411 411 411 412 412 412 412 412 413 413 413 413 413
XXX
EB 189. EB 190. EB 191. EB 192. EB 193. EB 194. EB 195. EB 196. EB 197. EB 198. EB 199. EB 200. EB 201. EB 202. EB 203. EB 204. EB 205. EB 206. EB 207. EB 208. EB 209. EB 210. EB 211. EB 212. EB 213. EB 214. EB 215. EB 216. EB 217. EB 218. EB 219. EB 220.
Verzeichnis der Briefe
An Philipp Erasmus Reich, Æ26. Januar 1778æ . . . . . . . An Johann Georg Zimmermann, Æ26. Januar 1778æ . . An Johann Caspar Bqlling, Æ3. Februar 1778æ . . . . . . . An Hans Conrad Dietrich Ekhof, Æ3. Februar 1778æ . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ3. Februar 1778æ . . . An Wilhelmine Henriette von Lindau, Æ3. Februar 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Caspar Bqlling, Æ5. Februar 1778æ . . . . . . . An Johann Caspar Lavater, Æ7. Februar 1778æ . . . . . . . An Philipp Erasmus Reich, Æ14. Februar 1778æ . . . . . An Philipp Erasmus Reich, Æ5. Mtrz 1778æ . . . . . . . . An Philipp Erasmus Reich, Æ5. Mtrz 1778æ . . . . . . . . An Philipp Erasmus Reich, Æ10. Mtrz 1778æ . . . . . . . An Johann Georg Bohl?, Æ16. Mtrz 1778æ . . . . . . . . . . An Johann Heinrich Beilschmidt, Æ24. Mtrz 1778æ . . An Philipp Erasmus Reich, Æ2. April 1778æ . . . . . . . . An Philipp Erasmus Reich, Æ16. April 1778æ . . . . . . . An Peter im Baumgarten, Æ17. April 1778æ . . . . . . . . . An Anton von Catharin, Æ18. April 1778æ . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ10. oder 11. Mai 1778æ . . . . An Anton von Catharin, Æ30. Mai 1778æ . . . . . . . . . . . An Unbekannt, Æ5. Juni 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Unbekannt, Æ5. Juni 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Unbekannt, Æ5. Juni 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Friedrich Victor Leberecht Plessing?, Æ5. Juni 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Flick und Cramer, Æ15. Juni 1778æ . . . . . . . . . . . . . An Adam Friedrich Oeser, Æ9. Juli 1778æ . . . . . . . . . . An Peter im Baumgarten, Æ28. Juli 1778æ . . . . . . . . . . An Samuel von Poulet?, Æzwischen 21. und 28. Juli 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . . An Leopold III. Friedrich Franz Fprst von Anhalt-Dessau, Æzwischen 21. und 28. Juli 1778æ . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æzwischen 21. und 28. Juli 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . . An Philipp Seidel, Æ10. August 1778æ . . . . . . . . . . . . . An Unbekannt, Ævermutlich 21. August 1778æ . . . . . .
413 414 414 414 414 414 414 415 415 415 415 415 415 416 416 416 416 416 417 417 417 417 417 418 418 418 418 418 419 419 419 419
Verzeichnis der Briefe
EB 221. EB 222. EB 223. EB 224. EB 225. EB 226. EB 227. EB 228. EB 229. EB 230. EB 231. EB 232. EB 233. EB 234. EB 235. EB 236. EB 237. EB 238. EB 239. EB 240. EB 241. EB 242. EB 243. EB 244. EB 245. EB 246. EB 247. EB 248. EB 249. EB 250.
An Ernst Wolfgang Behrisch, Æ1. September 1778æ . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ13. September 1778æ An Johann Adolph Herzog?, Æ30. September 1778æ . . An Julie Auguste Christiane von Mauchenheim gen. Bechtolsheim, Æ14. Oktober 1778æ . . . . . . . . . . . . An Ernst Wolfgang Behrisch, Æ26. Oktober 1778æ . . . An „Beutler“, Æ26. Oktober 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . An Carl Christoph Oettelt, Æ26. Oktober 1778æ . . . . . An Carl Ludwig August von Scholley, Ævor November 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An August Wilhelm Ferdinand von Staff?, Æ2. November 1778æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Lorenz Streiber?, Æ2. November 1778æ . . . . An Johann Heinrich Christoph? oder Johann Gottlob? Schenck, Æ12. November 1778æ . . . . An Georg Heinrich? Gille, Æ23. November 1778æ . . . . An Johann Caspar Lavater, Æ23. November 1778æ . . . . An Herrn Schenk, Æ23. November 1778æ . . . . . . . . . . . An Friederike Oeser, Æ7. Dezember 1778æ . . . . . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ6. Januar 1779æ . . . . An Peter im Baumgarten, Æ13. Januar 1779æ . . . . . . . . An Carl Christian Heinrich? Rost, Æ20.? Februar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Carl Theodor von Dalberg, Æ3. Mtrz 1779æ . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ3. Mtrz 1779æ . . . . . An Unbekannt, Æ3. Mtrz 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Dietrich Klippstein?, Æ13. Mtrz 1779æ . . . . An Carl Christoph Oettelt, Æ23. Mtrz 1779æ . . . . . . . . An Herrn Diete, Æ24. Mtrz 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Georg Bohl?, Æ29. Mtrz 1779æ . . . . . . . . . . An Carl Ludwig August von Scholley, Æ29. Mtrz 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Lorenz Streiber, Æ16. April 1779æ . . . . . . . . An Unbekannt, Æ16. April 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Friedrich Christian Tripplin?, Æ15. Mai 1779æ . . . . An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra, Ækurz nach dem 21. Mai 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XXXII
EB 251. EB 252. EB 253. EB 254. EB 255. EB 256. EB 257. EB 258. EB 259. EB 260. EB 261. EB 262. EB 263. EB 264. EB 265. EB 266. EB 267. EB 268. EB 269. EB 270. EB 271. EB 272. EB 273. EB 274.
Verzeichnis der Briefe
An Carl Ludwig August von Scholley, Æ9. Juni 1779æ . . An Martin Gottlieb Klauer, Æ5. Juli 1779æ . . . . . . . . . . An Carl Jacob Christian Klipfel?, Æ7. Juli 1779æ . . . . . An Johann Adam? Wolf, Æ7. Juli 1779æ . . . . . . . . . . . . An Carl Theodor von Dalberg, Æzwischen dem 31. Mai und dem 13. Juli 1779æ . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ14. Juli 1779æ . . . . . An Martin Gottlieb Klauer, Æ17. Juli 1779æ . . . . . . . . . An Johann Heinrich Merck, Æ20. Juli 1779æ . . . . . . . . An Johann Georg von Bentheim?, Æ23. Juli 1779æ . . . An Unbekannt, Æ26. Juli 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ28. Juli 1779æ . . . . . An Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin, Æ28. Juli 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Herrn F. Seidel, Æ28. Juli 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . An Unbekannt, Æ7. August 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . An Carl Christian von Herda, Æ15. August 1779æ . . . . An Carl Ludwig August von Scholley, Æ30. August 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Daniel oder Christoph Theodor Kalckofen?, Æ20. September? 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . An Carl Ludwig August von Scholley?, Æ21. September 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Georg Schlosser, Æ1. Oktober 1779æ . . . . . An Johann Rudolf Burkhardt, Æ20. Oktober 1779æ . . An Tobie de Gottrau de Billens, Æum den 21. Oktober 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, Æum den 21. Oktober 1779æ . . . . . . . . . . . . . An Catharina Elisabeth Goethe, Æ28.? Oktober 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Johann Gottfried Herder, Æ30. November 1779æ . .
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Verzeichnis der Briefe
XXXIII
Amtliches A 1. A 2. A 3.
An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, Æ9. Februar 1779æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 25. April 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 8. Juni 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
433 436 439
Zweifelhaftes Z 1. Z 2. Z 3. Z 4. Z 5. Z 6. Z 7.
An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, Æ17. Januar 1776?æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Henriette Louise von Oberkirch, 12. Mai 1776 . . . An Charlotte von Stein?, 21. Juli 1776 . . . . . . . . . . . . . . An Jacob Michael Reinhold Lenz?, 2. September 1776 An Charlotte von Stein, 16. Oktober 1776 . . . . . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ22. November 1776?æ . . . . . . An Charlotte von Stein, Æ1778?æ . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
443 444 444 447 447 447 448
Schriftarten, Siglen und Zeichen recte
petit
Kapitclchen Sperrung Sperrung
Sperrung grotesk Sperrung
kursiv G? 666 abcd ---------
Æabcdæ Æ æ ‘ dabcde babcdc |abcd| dabcdd eabcde #abcd# Ð \
abcd abcd abcd efgh abcd efgh ijkl abcd efgh
gestr. ab
Brieftext Text von fremder Hand Briefkopf des Editors Hervorhebung im Brieftext doppelte Hervorhebung im Brieftext dreifache Hervorhebung im Brieftext lateinische Schrift im Brieftext Hervorhebung in lateinischer Schrift im Brieftext Editortext zweifelhafte Eigenhpndigkeit (bei Korrekturen) unlesbare Buchstaben im edierten Text und in den Varianten unsichere Lesung im edierten Text und in den Varianten Zusptze des Editors im edierten Text Textverlust der Vorlage im edierten Text Abbrechungszeichen im edierten Text lber der Zeile ergpnzt unter der Zeile ergpnzt in der Zeile ergpnzt am rechten Rand oder in der rechten Spalte ergpnzt am linken Rand oder in der linken Spalte ergpnzt am unteren Rand ergpnzt nachtrpgliche Trennung nachtrpgliche Zusammenschreibung gestrichen Streichung in der Streichung Streichung vor der Niederschrift des folgenden Wortes oder Zeichens (Sofortkorrektur) sppter ersatzlos gestrichen (Tilgung) Stltzwort zur eindeutigen Zuordnung einer varianten Textstelle gestrichen a lberschrieben durch b oder korrigiert zu b
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Schriftarten, Siglen und Zeichen
Seitenwechsel in der Handschrift; Absatzzeichen in den Varianten historische Klammerzeichen im Brieftext
BRIEFE 8. NOVEM BER 177 5 – EN DE 1 7 79
TEXTE
1. An Philipp Erasmus Reich Weimar, 8. November 1775. Mittwoch Weimar d‘. 8 Nov. 1775. Ich habe Sie neulich um einige Schrifften Hamans gebeten, wenn sie noch nicht weg sind so schicken Sie sie mit dem Postwagen hierher, und haben die Gpte noch die A p o l o g i e d e s B u c h s t a b e n s H . hinzuzuthun. Der Ihrige Goethe.
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2. An Augusta Louise Grcfin zu Stolberg-Stolberg mit Christian Graf zu Stolberg-Stolberg ÆFrankfurt a. M.æ, 20. ÆSeptemberæ–Weimar, 22. November Æ1775æ Wieder angefangen Mittwoch d‘. 20. ob’s zum Zerreissen oder wie! Genug ich fange an. Auf dem Ball bis sechs heut frph, nur zwey Menuets getanzt, Gesellschafft gehalten einem spsen Mtdgen, die einen Husten hatte – Wenn ich dir mein gegenwtrtig Verhtltniss zu mehr recht lieben und edlen weiblichen Seelen sagen kqnnte! Wenn ich dir lebhafft! – Nein wenn ich s konnte ich dprfts nicht, du hieltests nicht aus. Ich auch nicht, wenn alles auf einmal stprmte, und wenn Natur nicht in ihrer ttglichen Einrichtung uns einige Kqrner Vergessenheit schlucken lies. Jezt ists bald achte Nachts. Hab geschlafen bis 1. gegessen, etwas besorgt, mich angezogen den Prinzen von Meinungen mich dargestellt, ums Thor gangen, in die Comqdie. Lili sieben Worte gesagt. Und nun hier. Addio. Donnerst. d‘. 21. Ich habe mir in Kopf gesezt mich heut wohl anzuziehen. Ich erwarte einen neuen Rock vom Schneider den ich mir hab in Lion sticken lassen, grau mit blauer Bordpre, mit mehr Ungedult als die Bekandtschafft eines Manns von Geist der sich auf eben die Stunde bey mir melden lies. Schon ist was missglpckt. Mein Per-
15 Ein6richtung 22 blauere
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ruckenm. hat eine Stunde an mir frisirt und wie er fort war riss ich’s ein, und schickte nach einem andern, auf den ich auch passe. – – – Samstag d‘. 23 Es hat tolles Zeug gesezt. Ich hab nicht zum schreiben kommen kqnnen. Gestern lauter Altessen. Heut hab ich einen Husten. Ade. Sonntag den 8. Sept. Bisher eine grose Pause ich in wunderbaaren Ktlten und Wtrmen. Bald noch eine grqssere Pause. Ich erwarte den Herzog v. Weimar der von Carlsruhe mit seiner herrlichen neuen Gemahlinn Louisen von Darmstadt kommt. Ich geh mit ihm nach Weimar. Deine Brpder kommen auch hin, und von da schreib ich gewiss liebste Schwester. Mein Herz ist pbel dran. Es ist auch Herbstwetter drinn, nicht warm nicht kalt. Wann kommst du nach Hamburg? Weimar d‘. 22 Nov. Ich erwarte deine Brpder, o Gustgen! was ist die Zeit alles mit mir vorgangen. Schon fast vierzehn Tage hier, im Treiben und Weben des Hofs. Adieu. bald mehr. Vereint mit unsern Brpdern! Dies Bltttel sollst indess haben. G. / Da ist ein briefgen von Gqthgen, und zwey Zeilen von mir, mein Gustchen, wie lieb ich dich, Beste, Gerne sagt ich dirs, aber das geht nicht das weißt du wohl. Hier wirds uns recht wohl. Wir leben mit lauter guten Leuten, mit unsern Wolf und den hiesigen Fprstlichkeiten die sehr gut sind. gehen auf die Jagt reiten und fahren aus, und gehen auf die Maskerade. Mit HWieland sind wir bras dissus, bras dessous. Lebe wohl, Kind, ich kpße dich und unsre Oberg – CSt.
3. An Matthias Fuchs und den Kirchenvorstand der deutschen reformierten Gemeinde in Frankfurt a. M. Weimar, 22. November 1775. Mittwoch Weimar d‘. 22 Nov 75. Der Herr v. Trpmbach meldet mir verschiednes, hochgeehrteste Herren, pber unsre gemeinschafftlichen Geschtffte, ich habe seinen Brief 1 meiir 11 Herbst wetter (Trennungsstrich am Ende der Zeile fehlt) 12 Hamburg!?
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und Promemoria meinem Vater zugeschickt, mit welchem geftllige Absprache zu nehmen bitte. Vorzpglich wpnscht nunmehro H‘. v. Tr. die Htlfte des Ladenzinses von Ao. 73, 74, 75, zu erhalten. Nicht weniger das der Fr‘. v. Klettb. see‘. aufzuheben gegebne Frohnische Legat von 300 f im 22 f Fus, welches wir, wie auch der Kinder Spaarbpchse bey der Inventur in natura vorgefunden haben. Wollten Sie von der Gpte seyn meinem Vater solche Gelder gegen Quittung einzuhtndigen, oder sofern etwas einzuwenden vorktme mir solches mit ntchster Post melden. Der ich die Ehre habe zu verharren Dero ergebenster Dr Goethe.
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4. An Johanna Fahlmer ÆWeimaræ, 22. November 1775. Mittwoch Lieb Ttntgen! Wie eine Schlittenfahrt geht mein Leben, rasch weg und klingelnd und promenirend auf und ab. Gott weis wozu ich noch bestimmt bin, dass ich solche Schulen durchgefphrt werde. Diese giebt meinem Leben neuen Schwung, und es wird alles gut werden. Ich kann nichts von meiner Wirthschafft sagen, sie ist zu verwickelt, aber alles geht erwpnscht, wunderlich Aufsehn machts hier wie natprlich. Schreiben Sie mir ein Wort. Wieland ist gar lieb, wir stecken immer zusammen, und gar zu gern bin ich unter seinen Kindern. Sein Weib ist herze brav, und gleicht der la Roche. Adieu. Bitten Sie die Mama alle Briefe mit franzqschem Couvert aufzubrechen. Hier kommt einer zurpck. Geben Sie ihn dem Papa, mit der Bitte das benqtigte in meinem Nahmen zu besorgen, mit den H‘. Diakres pber die Sache handeln zu lassen und das Trumbachische Geld zu sich zu nehmen, hier ist ein Brief an sie, den er ihnen schicken maÆg.æ Adieu. Grpsen Sie die lieben Gerocks, und die Max. Schreiben Sie mir was
3 denie 3 Htlfete 18 ma|c|hts 22-26|(|Hier kommt Æ:::æ schicken maÆg.æ|)| (nachtrpglich mit Klammern versehen und mit drei dlnnen diagonalen Strichen markiert) 24 Nachmen 24-25 sich pber die Sache zu handeln
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von den Schicksaalen dieser unglpcklichen. Adieu. Es wird uns doch noch wohl zusammen auf dieser Erde – – Lassen Sie nur obige bestellung an Papa ich will ihm selbst schreiben. Friz war kranck hqr ich die holde Seele. Wieland hat ihm viel geschrieben. Ich schreib ihm auch wohl noch heut. d‘. 22 Nov 75. Geben Sie den Brief der Mama zu lesen. G.
5. An Carl Ludwig von Knebel ÆWeimar, 30. November, 1. oder 3. Dezember 1775? Donnerstag, Freitag oder Sonntag?æ
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Ich hqre von den Grafen, dass sie heut Abend nicht von der Parthie sind. Ist das ein Versehn, oder hats Ursachen? Mich dauern die Jungens dass sie ihren Abend allein verhunzen sollen. Allenfalls bleib ich mit Ihnen. Ein Wort Antwort. G.
6. An Johann Gottfried Herder Weimar, etwa 12. Dezember 1775. Dienstag
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Lieber Bruder der Herzog bedarf eines General Superintendenten, htttest du die Zeit deinen Plan auf Gqttingen getndert, wtre hier wohl was zu thun. Schreib mir ein Wort. Allenfalls ist auf die Vertnderlichkeit der Zukunft ein Blick hierher. Leb wohl. Grps das Wibele. Mir ists wohl hier, in aller Art. Wieland ist eine brave Seele und die Fprstenkinder edel lieb und hold. Weimar etwa d‘. 12 Dezember 1775. G.
1 unds 3 nunr 7 6I
NOVEMBER/DEZEMBER 1775
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7. An Johann Caspar Lavater mit Christoph Martin Wieland Weimar, 21. Æoder 22.æ Dezember Æ1775. Donnerstag oder Freitagæ Freytag d‘. 21. Dez. Nach einem herrlichen Wintertag, den ich meist in freyer Luft Morgens mit dem Herzog, Nach Mittag mit Wielanden zugebracht habe, ziemlich mpd und ausgelpfftet von der Eisfahrt siz ich bey W. und will sehn was ich an dich zusammenstopple. Deine Phis. liegt mir am Herzen. Die mir beschiednen Cap. will machen. Kurz genug und wills Gott bpndig und treffend, das ist alles. Denn Ausspinnens ist iezt nicht Zeit, der ich in verbreiteter Wirthschafft, und Zerstreuung von Morgens zu Nacht umgetrieben werde. Ich seh auch fleisig die pbrigen Kupfer an, rede mit allerley Leuten drpber, Wieland hat mir seine Gefphle gegeben und so wird alles gut werden. Ich geh auch wohl nach Leipzig, hast du nun da was so schreibs bey Zeiten und lass mich s ausrichten. Weiter braucht der Herzog einen General Superintendenten. Er fragte mich drum ich nannt ihm Herdern. Der wie du vielleicht weisst noch nicht g a n z g e w i s s nach Gqttingen geht. Der Herzog trug mir auf dich zu fragen wen du vorschlpgst? sag mir also schnell ein Wort hierpber, und wen du sonst in Ermanglung Herders vorschlagen kqnntest. Ich bin hier wie unter den meinigen, und der Herzog wird mir ttglich werther, und wir einander ttglich verbundner. / Grps mir alles! Von Pssvt. hab ich liebe Briefe. Auch von Zimmerm. der mir deinen guten Muth und frischen Weeg pber die Schurcken von Landsleuten meldet. Morgen geh ich pber Jena nach Waldeck, wilde Gegenden und einfache Menschen aufzusuchen. Addio. Mir geht alles nach Herzenswunsch so auch dir. Weimar. – G. Btbe kann sich auch wieder einmal erheben mir zu schreiben. Grps dein Weib. Sey mir nicht gar zu Lakonisch. 7 aAusspinnens 15 HerZzog 16 vorschlpgst,? 17 wenn 20 ttglicher
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BRIEF 8
In dem mir zugeschickten Plan der Phis. sind die hintersten Zahlen falsch, dass es nur in den Tafeln keine Unordnung giebt, du hast Nummern doppelt gesezt. 5
Liebster Lavater, ich bin in schrecklichen wngsten, mein lezter Brief mit dem gezeichneten Kopfe Sebast. Brands und einer deh und wehmpthigen Bitte mqchte auf der Post irre gangen, oder gar verlohren seyn. Reissen Sie mich sobald als mqglich aus der Ungewisheit.
8. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Waldeck, 23. und 24. Dezember 1775. Samstag und Sonntag Im Nebelgeriesel, im tiefen Schnee Im Wilden Wald in der Winternacht! Ich hqr der Wqlfe Hungergeheul Ich hqr der Eulen schreyn. Wille wau wau wau Wille wo wo wo Withe hu!
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Mein Mann der schoss eine Kaz am Zaun War Anne der Nachbrinn schwarze liebe Kaz Da kamen des Nachts sieben Wthrwqlf zu mir Waren sieben sieben Weiber vom Dorf Wille wau wau wau Wille wo wo wo Withe hu!
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Ich kannt sie all ich kannt sie wohl ’S war Anne und Ursel und Kttt Und Reupel, Btrbel und Lies und Gret Sie heulten im Kreis mich an Wille wau wau wau Wille wo wo wo Withe hu!
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Da nannt ich sie all beym Nahmen laut Was willst du Anne? was willst du Kett? Sie rpttelten sich sie schpttelten sich Und liefen und heulten davon. Wille wau wau wau Wille wo wo wo Withe hu! / Dass mir in diesem Winckel der Welt, Nachts, in dieser Jahrszeit, mein alt Zigeunerlied wieder einftllt, ist eben so natprlich lieber gntdiger Herr, als dass ich mich gleich hinsezze es Ihnen aufzuschreiben, und hinter drein einen Brief zu sudeln, denn ich vermisse Sie warrlich schon, ob wir gleich nicht zwqlf Stunden aus einander sind. Drunten sizzen sie noch, nach aufgehobnem Tische, und schmauchen, und schwazzen dass ich’s durch den Boden hqre, Einsiedels klingende Stimme voraus. Ich bin heraufgangen, es ist halb neune. Wind und Wetter hat uns hergetrieben, auch Regen und was dran htngt. Die Klufft nach Jena hinein hat mich in glpcklichem Abendsonnenblick mit all ihrer dprren Herrlichkeit angeltchelt. Die Lage von Jena selbst mich gefreut, der Ort mich gedrpckt, und zwischen da und hier war nicht viel Gaffens, es kam ein Regen aus Italien, wie uns ein Alter versicherte, der mit dem Schubekarrn an uns vorbeyfuhr: In Italien sey warm, da komme der warme Wind her, in den Dreysig sey er da gewesen, erzthlte er so ganz flpchtig weg. Hier liegen wir recht in den Fichten drein. Bey natprlich guten Menschen. Ich hab Sie etliche mal auf dem Ritt gewpnscht, auch hier, es wprde Ihnen wohl seyn. Unterwegs haben wir in den Schencken den gedruckten Karl August gegrpst, und haben gefphlt, wie Lieb wir Sie haben, dass uns Ihr Nahme auch neben dem (L. S.) Freude machte. Einsiedel ist zu Bette. Sein Magen liegt schief, Kaffee und Brandwein wolltens nicht bessern. Ich will auch gehn. Gute herzliche Nacht. / Noch ein Wort eh ich schlafen gehe. Wie ich so in der Nacht gegen das Fichtengebprg ritt; kam das Gefphl der Vergangenheit, meines Schicksaals, und meiner Liebe pber mich, und sang so bey mir selber: 12 zwqflf 18 inmit 19 dgefreut 21 aAlter 22 wWind 25 sSie 30 CristnNacht
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BRIEF 9
Holde Lili warst so lang All meine Lust und all mein Sang Bist ach nun all mein Schmerz und doch All mein Sang bist du noch. 5
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Nun aber und abermal gute Nacht. Gehab dich wohl bey den hundert Lichtern Die dich umgltnzen Und all den Gesichtern Die dich umschwtnzen Und umkredenzen. Findst doch nur wahre Freud und Ruh Bey Seelen grad und treu wie du Sontags frph bey Tags Anbruch. Fatales Tauwetter und so der ganze Ton des Tags verstimmt, wollen sehn wie wir ihn wieder aufbringen. Der herrliche Morgenstern den ich mir von nun an zum Wapen nehme, steht hoch am Himmel. Eins. ist in Geilheit starck befangen, ich habe die ganze Nacht von Heerzpgen getrtumt die alle wohl abgelauffen sind, besonders von einer Reise aus der Schweiz nach Pohlen, die ich that den Marschall Saxe zu sehen und unter ihm zu dienen, der eben in meiner Traum Welt noch lebte. Die Kirche geht an, in die wir nicht gehen werden, aber den Pfarrer lass ich fragen ob er die Odyssee nicht hat, und hat er sie nicht schick ich nach Jena. Denn unmqglich ist die zu entbehren hier in der homerisch einfachen Welt. Besonders fielen mir / einige Verse ein, und recht auf, da ich heut frph lang ausgeschlafen hatte und es nicht Tag werden wollte, was ohngefthr heisst: Und in ihre Felle gehpllt lagen sie am glimmenden Heerde, pber ihnen wehte der nasse Sturm durch die unendliche Nacht und lagen und schliefen den erquicklichen Schlaf biss zum sptt dtmmernden Morgen. Ich muss nach Bprgel zum Recktor schicken um den Homer, hab indess in der Bibel gelesen. Hier ein Stpck Jesaies: Sieher, der Herr 19 inst 27 wem ----und 28 woll --te wollte
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macht’s Land leer und wpste; und wirft um was drinnen ist, und zerstreuet seine Einwohner – der Most verschwindet, die Rebe verschmachtet, und alle die Herzlich froh waren, tchzen. Der Paucken Jubel feyert, das festliche Jauchen verstummt und der Harfen Gesang ist dahin. Niemand singt mehr zum Weintrincken, das beste Getrtnck ist bitter dem Munde. Die leere Stadt ist zerbrochen, die Hapser sind verschlossen, niemand geht aus und ein. Eitel Wpstung ist in der Stadt, und die Tohre stehen qde. Denn im Land und im Volck gehts eben, als wenn ein Ohlbaum abgepflpckt ist, als wenn man nachlieset so die Wein Erndte aus ist. Nun muss ich einen Boten fortschicken der das nach Weimar trtgt. Lassen Sie lieber gntdger Herr den Brief nicht sehen als Wedeln. Alles was mich umgiebt, Einsiedel, Kalb, Bertuch das ganze Haus legt sich zu Fpssen. Der Pflicht vergessen Wir Fische nie. Waldeck d‘. 24 Dez 1775.
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Goethe.
9. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Waldeck, 24.–26. Dezember 1775. Sonntag–Dienstag S o n n t a g s f r p h e i l f e . Unser Bote ist noch nicht da, der Schrittschue mitbringt, ihm sind tausend Flpche entgegen geschickt worden, wir sind in der Gegend herumgekrochen und geschliÆchen.æ Gleich hinter dem Hausgarten fphrt ein wilder Pfad nach einem Felsen worauf ein altes Schloss der Grafen v. Gleichen stund mitten im Fichtenthal, Bertuch hat mit seinem Mtgdlein Rasen und Moos Btncke und Hpttgen und Pltzzgen angelegt, die sehr romantisch sind, die Felsen hinab sind wilde Blicke, und ein offner, freundlicher pber die Fichtentiefen nach Bprgel hin. Die Morgensonne war lieb. Ich stieg mit Bertuch seitwtrts eine Felsenstieg ab zu einem Brunnen und Fischkasten,
2 der ie 6 sichnd 20 tausende 22 nebenach 23 G6leichen
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die Eiszapfen die Felsen herab! – Der Bote ist da und nun aufs Eis. Seegen zum Morgen und Mahlzeit l. gndger Herr –– –– Die Schrittschue sind vergessen, ich habe gestrampft und geflucht und eine Viertelstunde am Fenster gestanden und gemault, nun laben sie mich mit der Hoffnung es ktm noch ein Bote nach. Muss also ohne geschritten zu Tische – A b e n d s v i e r e . Sind gekommen, habe gefahren und mir ists wohl. D e n e r s t e n F e y e r t a g f r p h a c h t e . Hab ziemlich lang geschlafen, die Sonne steht schon am Himmel. Der Abend gestern ward mit Wprfeln und Karten vervagabundet. – – – D i e n s t . A b e n d s 6 . So auch der ganze heutige Tag! Nach Bprgel geritten! Das Amthaus ist schqn. Wtre wohl einmal ein Sommerritt fpr Ihr Durch‘. Und das Revier Waldeck ist recht schqn. Die Waldungen in gutem Stand dass es wohl Freude ist. Der Hofr. Hochhausen hat ein Portrait von Herz. Ernst August. Es hat was starres, scheues, bezeichnet einen Mann der eigentlich nicht nachdenckt, mehr durch die ersten gegenwtrtigen Eindrpcke sich bestimmen ltsst, trocken schroff aber gut, und ohne den einwtgenden Zug von Gpte, bey pbrigen treffligen Anlagen Tyrann – Auch hing da der lezte Herzog von Weisenfels, Einsiedel musste mir seinen Charackter machen und trafs. Gradheit, Gpte, verschwebende Schwtche, Untttigkeit und alles was dran htngt. – Drauf nach Hause. Die Odyssee war endlich aufgetrieben. Nach Tisch rammel/ten sich Crugantino und Basko nachdem wir vorher unsre Imagination spazierengeritten hatten wie’s seyn mqchte wenn wir Spizbuben und Vagabunden wtren, und um das natprlich vorzustellen, die Kleider gewechselt hatten. Krause war auch gekommen und sah in Bertuch’s weissem Tressen Rocke und einer alten Perrucke des Wildmsters wie ein verdorbner Landschreiber, Einsiedel in meinem Frack mit blauem Krtgelgen, wie ein verspielt Bprschgen, und ich in Kalbs blauem Rock mit gelben Knqpfen rothem Kragen, und vertrotteltem Kreuz und Schnurrbart wie ein Capital Spizbube aus –
3 gef6lucht 5 dmiche 10 dD i e n s t . A b e n d s 6 .e 12 wWtre 16 ddurche 16 denieÐ 17 Eindrpcken 17 tr66ocken 17 gut., 18 An6lagen 21 dran htngt 23 nach6dem 26 Krausse (Schluss-s zu langem s) 28 verdorbmner 28 brlauem 29 Bpr|s|chgen 29 brlauem 30 wieund
DEZEMBER 1775/JANUAR 1776
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10. An Johann Gottfried Herder Erfurt, 31. Dezember 1775. Sonntag Glaub und harre noch wenige Tage der Prpfung. d‘. lezten des Jahrs 75. Erfurt. G.
11. An Johann Caspar Lavater Erfurt, 31. Dezember 1775. Sonntag Wie du missest soll dir wieder gemessen werden, sey wegen der Phis. ausser Sorgen. Ich bin noch in Tpringen, immer hqchstens anderthalb Tagreisen von Leipzig. Will schon machen und leiten. Wieland erkennt dich. Ich bin dein. Thomasele mir nicht. Ich lerne Ttglich mehr steuern auf der Woge der Menschheit. Bin tief in der See. Erfurt d‘. lezten des Jahrs 75. G.
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12. An Johann Gottfried Herder Stedten bei Erfurt, 2. ÆJanuaræ 1776. ÆDienstagæ Steten bey Erfurt d‘. 2 ten 76. Heut kann ich dir schon Hoffnung geben, was ich vorgestern nicht konnte. Und das thu ich gleich nicht um dein, sondern der Frau willen. Ich bin mit Wielanden hier bey liebenden Menschen. Du musst ihm auch helfen seinen Merckur sttrcken davon sein Auskommen, und seiner Kinder Glpck abhtngt. Er wpnscht dich her, hatte eh die Idee als ich. Weis aber nicht was iezt vorgeht. Ich hoffe du sollst s allein durch mich, und aus freyer Wahl des Herzogs haben; – der Stadhalter von Erfurt hat das beste von dir gesagt, und bestttigt dem iungen Fprsten deinen Geist und Kraft, ich habe fpr deine politische Klugheit in geistlichen Dingen gut gesagt, denn der Herzog will absolut keine Pfaffen Trakasserien pber Orthodoxie und den Teufel, und 13 Icsondern
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BRIEFE 13–15
da haben die Bahrdte euer Geschlecht stinckend gemacht – Ich wunsche Dich meinem Herzog und ihn dir. Es wird euch beyden wohl thun, und – ia lieber Bruder ich muss das stifften eh ich scheide. Leb wohl. Wie die Sache rpckt sollst du Nachricht haben. Zerreiss meine Zettel wie ich gewissenhafft die deinigen. G.
13. An Philipp Erasmus Reich Weimar, 4. Januar Æ1776. Donnerstagæ
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Ich melde Ihnen nur dass Sie gewiss mit der Weimar d‘. 4 Jan. Montag von hier abgehenden Post, Gewiss ein Packet Phisiognomick erhalten werden. Ich weis noch nicht ob ich und in welchen Verhtltnissen ich etwa nach Leipzig komme, drum danck ich gegenwartig nur fpr die gptige Einladung. Goethe.
14. An Johann Georg Zimmermann Weimar, Ækurz vor dem oder am 22. Dezember 1775. Freitagæ und 5. Januar 1776. Freitag
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Wenn ich Euch nicht gleich antworte lieber Freund und Herr, kriegt Ihr wohl schweerlich vorm ipngsten Gericht Nachricht von mir. Also heut den ganzen Tag auf dem Eis, nach Tische ein Packet von Franckf. darinn auch euer Brief und nun an der Fr v. Stein Schreibtisch und einen guten Abend. Sie kommt eben herein, hat eine grose Soziettt Kinder, die heut Abend Comqdie probirt haben, und Streiche treiben. Ich bin anders wo hin geladen und versprochen werd aber wohl dableiben. Danck Euch fpr alles! fpr die Silhouetten! Lotten hab ich nicht erkannt und nachher herzlich pber ihr statliches Unterkinn gelacht. Dancke fpr den Chymischen Brief. Grpsen Sie den Schreiber herzlich.
1 eucher 1 Gestchlecht 4 du6 18 aAbend 22 stalttliches
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Die Antworten haben mich in vielem besttrckt, und ich sppre wohl dass Chymie mir eine herrliche Aussicht bleibt. / Mit Lavatern steh ich Lakonisch, also auch Danck dafpr. Hier bin ich herzlich wohl. 5
t‘
d‘ 5 Jenner. 1776. Weimar Weis Gott wann ich das vorige schrieb. heut ist aber d‘. 5. Jan. Und ich treibe was tpchtigs auf dem Erdboden hin und her. Schritt und Schlittenbahn 10
und Phisiognomick Schreiben Sie mir hierher. Wieland Grpsst ich schreib bey ihm. Addio. Grpssen Sie Lotten. O ich bitte noch um ein Schattenbild von ihr. Wies von der Wand kommt. Die taugen all nichts
15. An Johanna Fahlmer
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ÆWeimar, 5. Januar 1776. Freitagæ
Liebe Tante, ich sollt an meine Mutter schreiben, drum schreib ich an Sie dass ihr zusammen meinen Brief geniesst und verdaut. Ich bin immer fort in der wpnschenswerthsten Lage der Welt. Schwebe pber all den ersten, grqßten Verhtltnissen, habe glpcklichen Einfluss, und geniesse und lerne und so weiter. Jezt nun aber brauch ich Geld – denn niemand lebt vom Winde – so wollt ich nur sagen Ttntgen pberleg sie s mit der Mutter, ob der Vater Sinn und Gefphl, ob all der abgltnzenden Herrlichkeit seines Sohns hat, mir 200 f zu geben oder einen Theil davon. Mag das nicht gehn so soll die Mutter M e r c k e n schreiben dass der mir’s schickt. Das schicklichste wtr, in Golde mit dem Postwagen, unter andern Sachen – Nimm Sie liebe Tante das auf die Schultern. Und macht mir’s r i c h t i g . Denn i c h m u s s s e y n
6|d‘ 5t Jenner| 1776. |Weimar| 7 65 16 etaugen all nichtse (mit Einflgungszeichen am linken Rand quer zur Schreibrichtung) 26 Goltde 27 sSachen
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BRIEF 16
i n d e m w a s m e i n e s Va t e r s i s t . Ich kann nichts einzeln schreiben. Die Zeit mags lehren. Schreiben Sie mir manch mal was, ich bitte! denn so wohl mir’s geht, ists doch manchmal noth. Addio Grus an Frizzen. Eben krieg ich die Schachtel mit dem Vorrath. Mama soll mir mit Gelegenheit die Schrifften Hamans schicken die von R e i c h gekomen sind.
16. An Johann Heinrich Merck mit Christoph Martin Wieland Weimar, 5. Januar 1776. Freitag
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Weimar den 5tn Jenner 1776. Herzlichen Danck fpr die ganz reine Freude, die mir Ihr brief vom 29. Dec. diesen Morgen nach einer fast ganz schlaflosen hypochondrischen Nacht gemacht hat. Ich bin izt – durch eine Scene die mein Herz zu gewaltig angegriffen hat – ganz ausser Fassung einem solchen Brief zu antworten. Aber ich muß schreiben weil ich keinen Posttag verliehren darf. Ich verstehe Sie vqllig, bin mit allem zufrieden und gebe Ihnen nicht nur Macht und Gewalt das Kritische Amt im Merkur, von mir und Mtnniglichen ungehudelt und ungehindert, nach eignem besten Wissen und Gewissen zu verwalten; sondern wpnschte noch daß Sie das ganze Kritische Fach /nicht als Gesell, sondern als Obermeister/ pbernehmen, und fpr gewiße Arbeiten, die Sie Selbst zu machen keine Zeit haben, eignes Gutdpnckens hpbsche Gesellen, die unter Ihrer Aufsicht arbeiteten, anstellen mqchten. Kqnnen Sie sich d a z u entschließen, so seh ich mich von dieser Seite fpr einen geborgnen Mann an. / Von den Autoren ftllt mir izt keiner ein, dem ich Lehnherrlichen Schuz und Schirm schuldig bin als G e b l e r in Wien, und We z e l dermalen in Berlin Die Orte, die ich pberhaupt glimpflich und prudenter behandeln muß, sind Wien u. Berlin. Alle Universittten geb ich Preiß. Mit einer tiefen Reverenz nehm ich Ihr herrliches Anerbieten von den benannten Beytrtgen in das K u n s t F a c h an. Ich freue mich drauf wie ein Kind. Sollen’s auch – was das in dieser Zeitlichkeit doch immer in seinem Werth bleibende utile betrift – gewiß mit keinem undankbaren zuthun haben. Fpr den Monat J e n n e r schicken Sie mir binnen 14 Tagen ltngstens soviel Sie kqnnen. Beyliegend eine unmaßgebliche nota pour le moment; doch (wie sich unter uns immer versteht) sub clausula, zu thun was Ihnen beliebt.
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3 bitte,! 3 Sso 20 dhpbschee 24 in Berlin dermalen 27 ddene 33 uterque sub
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Weil ich den Raum in den zu jedem Stpck bestimmten 6 Bogen so tngstlich zu rathe halten muß, so kan ich zu R e c e n s i o n e n mehr nicht als 5 bis 6 Blttter i. e. 10, 12 hqchstens 13 Columnen, mit kleiner Schrift gedruckt, in jedem Stpcke widmen. Manchmal / weniger, manchmal mehr, wie’s die Umsttnde geben. Vor das 1. Stpck dieses Jahres kommt Sebastian Brands bildnis. Httten Sie etwan pber den Geist dieses Mannes, besonders pber sein Poetisches Verdienst und uber sein Narrenschiff was zu der kurzen Biographie, die ich armer Unwissender von ihm liefern soll, beyzutragen, so wtre ein Gotts Lohn damit zu verdienen. Auf branden soll im Februar Ulrich von Hutten folgen, dessen Abschilderung ich Ihnen gerne ganz pberlassen mqchte, da ich vermuthe daß Sie, wthrend Ihrer Wanderungen auf diesem Erdenrunde, wohl selbst Ulrich von Hutten gewesen seyn kqnnten. Nun cede majori. Gqthe, o' pamt, will auch ein paar Worte mit Ev. Lbd‘ sprechen.
Ist mir auch Stu wohl geworden dich in dem frey weg Humor zu sehn. Ihr werdet wohl zusammen fahren, und so auch was singen dass der Konig und die Kqnigin pp. / Ich treibs hier freylich toll genug, und denck offt an dich, will dir auch nun deine Bpcher schicken und Bitte dich Vater und Mutter ein bissel zu laben. Habe dich auch herzlich lieb. Wirst hoffentlich bald vernehmen dass ich auch auf dem Theatro Mundi was zu tragiren weis. und mich in allen Tragi komischen Farcen leid‘. betrage. Addio. Ich hab meiner Mutter ein Geschtfft an dich aufgetragen. Ich hqre ihr seyd leid‘. zu Rande. Verlass dich dass ich dir nicht f e h l e
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ÆBeilageæ 1. Etwas pber prbsentem statum unsres Theaters. 2. uber M p l l e r s Pftlzer Idylle; um ihm einen Winck zu geben, was ihm eigent‘. zu e. Pfalzischen T h e o k r i t fehlt. 3. uber den Roman: b e y t r t g e z u r G e s c h i c h t e Te u t s c h e n R e i c h s u n d Te u t s c h e r S i t t e n . So frey Ihr wollt, nur nicht gar zu b e i s s e n d weil der Verfasser ein Preußischer Offizier ist, und eine Menge Freunde in blauem Rocke hat, die ich menagiren mqchte.
2 d5 bise 2 bis 8 Blttter 8 zu sagen dbeyzutragene 11 einmal dselbste 13 auf auch 24 rRande 25 dasir 27 wie viel was 28 zur
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BRIEFE 17–19
M e i n e r s in Gqttingen opera novissima. G q t h e n s in berlin gedruckte opera omnia. H e r d e r s neueste seit der tltesten Urkunde herausgekomne Schriften. Alles was von neuen Schriften im Polizey- u: Cameral-Fach Ev. Lbden wprdig scheint bemerkt zu werden, falls Ihr euch auch (wie ich freylich wpnschte) mit solchen Dingen behelligen wolltet.
17. An Johann Gottfried Herder ÆWeimar, kurz vor dem oder am 7. Januar 1776. Sonntagæ
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Lieber Bruder. nenne mir nur e i n e n einzigen Theologen, der r e c h t g l t u b i g e n Nahmen hat und g u t fpr dich ist. der wenn man ihn fragte. g u t s von dir sagte. denn in meiner politischen Chrie gilts hir § um a testimonio befolge was ich dir schreibe ppnckt‘. als C o m m a n d o und glaub dass alles durchgedacht – und durchempfunden ist. ich hab mir bey der Schlittenfahrt mit der Peitsche hollisch Ubers Aug gehauen drum schreib ich so quir.
18. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 7. Januar 1776. Sonntagæ 15
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Ich muss Ihnen noch einen Danck fpr das Wurst Andencken und eine Gute Nacht sagen. Mein Peitschen Hieb pbers Aug ist nur a l l e g o r i s c h wies der B r a n d an meinem Billet von heut frph auch ist. Wenn man kpnftig die Fidibus hier zu Lande so galant kneipen wird wie ein s p s s Z e t t e l g e n , wirds ein trefflich leben werden. Ich bin geplagt und so gute Nacht. Ich hab l i e b e Briefe kriegt, die mich aber peinigen, weil sie l i e b sind. Und alles l i e b e peinigt mich auch hier ausser S i e liebe Frau, so l i e b Sie auch sind. Drum das einaugige Gekrizzel zu Nacht. G.
3 demr 4 DAlles 4 dvon neuen Schriftene 5 6bemerkt 7 nenne ---- dnennee 7 ein|z|6i6gen 9 gieblts 21 ich sie
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19. An Heinrich Julius von Lindau Weimar, 8. Januar 1776. Montag
ÆAufschrift auf einen Brief Johann Georg Schlossers und Jacob Michael Reinhold Lenz’æ ÆVon Johann Georg Schlossers Handæ
Mein lieber Lindau; Æ æ zu Herrn v. Kniestttt. Er ist der einzige am Hof den ich kenne, und der wird Sie mit allen ehrlichen Leuten bekannt machen! – Ich kpße Sie herzlich; hier haben Sie einen Brief fpr ihn. – Leben Sie wohl. Schl. E. d‘ 23 Dec. 1775.
ÆVon Jacob Michael Reinhold Lenz’ Handæ Hier bester Lindau ein Paar Zeilen von Schlossern von denen ich wpnschte, daß sie dich noch vor Carlsruh ereilten. Ich hatte die Nacht mit jungen Franzosen geschwtrmt und nach der Mette mit ihnen frphstpcken mpssen. Nach dem Frphstpck legt’ ich mich schlaffen und erwachte erst um zehn, da ichs denn -------- fpr zu sptt hielt, zu dir zu gehen. Deine Bestellungen zeugen von der Gpte deines Herzens, leyder hab ich bey all unsern drey Buchhtndlern nach den angezeigten Bpchern vergebens gefragt. Einer aber hat mir versprochen, sie mir aufs hqchste in drey Wochen aus Leipzig kommen zu lassen. Solltest du deine Meynung tndern, so schreib mirs, daß ich Schlossern das Geld abgeben kann. Er kommt vielleicht auf die Neujahr hieher. Ich habe auch noch das Original des Briefes von deinem treflichen Freunde Greven hier, von dem du mir erlauben wirst eine Kopey zu nehmen. Ich schick es dir durch Goethen, versiegels wieder; ich habe ihn 2, 3 mal durchgelesen und kann mich nicht genuÆgæ weiden daran. Dein Peter ist mir auch immer vor den Augen und ich beneide dich um den ganzen Stolz solch eines Funds und solch eines Projeckts. Denk an mich, wenn du deine Schwester umarmst. Hernach vergiß mich, ich werde drum nie weniger seyn aus ganzer Seele dein Freund Lenz
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Den Einschluß gieb doch Zuckerppppgen unserm Goethe ab. Sollt er noch nicht da seyn, laß es nur seinen Eltern vive St. Thomas!
Lieber Lindau nur ein Wort auf diesem Brief. Seegne dich Gott ferner mit gutem Glauben und Freude an dir selbst. Wir sehn einander wohl 4 234 19 Fun Stolz 26 fFreude
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BRIEFE 20–24
wieder. Schreib mir nur ein Wort hierher wie dir’s geht, und wohin du ziehst grpse den Engel. Weimar d‘. 8. Jan 1776.
20. An Johann Gottfried Herder ÆWeimar, kurz vor dem oder am 15. Januar 1776. Montagæ
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Antworte mir schnell wie stehst du mit Jerusalem, ein guter Brief von ihm wprde viel thun. Lieber Bruder, wir habens von ieher mit den Scheiskerlen verdorben, und die Scheiskerle sizzen pberall auf dem Fasse. Der Herzog will und wpnscht dich, aber alles ist hier gegen dich. Indess ist hier die Rede von Einrichtung auf ein gut Leben und 2000 rh. Einkpnfte. Ich lass nit los, wenns nit gar dumm geht. Leb wohl und schreib und siegle die Briefe wohl und gieb auf die Siegel der meinigen acht.
21. An Philipp Erasmus Reich Weimar, 15. Januar 1776. Montag
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Ich hoffe Sie werden die d‘. 5 Jan. abgegangne Phis. Papiere richtig erhalten haben. Hier abermal ein Stpck, und in wenig Tagen den Rest des ersten Abschnittes. Seyn Sie so gptig mir iederzeit einen Aushtngebogen hierher zu schicken, und was sonst vorfiele zu melden. Weimar d‘. 15. Jan 76. Senden Sie mir doch auch Hamans h i e r o p h a n t i s c h e B r i e f e Goethe
4 wucrden 8 D - -Ich 11 d-‘ie
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22. An Charlotte von Stein ÆWeimar, Anfang bis Mitte Januar? 1776æ Eins nach dem andern! schqn! sehr schqn! und nun noch gar die Briefe. Ein halb duzzend Thorheiten stecken in dem Einfall Ihnen das Packet zu schicken. Lachen Sie nicht etwa heimlich pber mich, ich versichre ich kenne sie alle. Dass es nur niemand erfthrt, niemand davon zu sehen kriegt. Adieu. G.
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23. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 16. Januar 1776. Dienstagæ So gehts denn liebe Frau durch Frost und Schnee und Nacht. Es scheint sich unser Beruf zu Abentheuern mehr zu bekrtfftigen. Ein Bisgen ungern bin ich aufgestanden denn um 12 erst kam ich zu Bett. Es ist mir als wenn mich’s muntrer machte Ihnen zu schreiben, denn gewiss wenn’s nach Kochberg ginge wtr ich muntrer. –––– –––– Ich hab meine Weinsuppe gessen –––– Liebe Frau ich weis auch Zeiten wo ich frph aufgestanden bin, und aufwachen und aufspringen eins war –––– aber wenn man in der weiten Welt nichts aufzutreiben weis als Hasen. – Ich verstume mein Anziehen – Und wenn ich’s nicht als Vorbild kpnftiger Abenteuer ansthe, und der Mensch nun doch einmal nichts taugt der nicht geschoren wird – Es ist fpnfe dencken Sie an mich und Ade. G.
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24. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 18. Januar? 1776. Donnerstag?æ Hier durch Schnee und Frost eine Blume. Wie durch das Eis und Sturmwetter des Lebens meine Liebe. Vielleicht komm ich heute. Ich
8 bBeruf
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BRIEFE 25–27
bin wohl und ruhig. und meyne ich httte sie um viel lieber als sonst, das doch immer nur ieden Tag meist so vorkommt G
25. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 20.? Januar 1776. Samstag?æ
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Ich bin zur verw. Herz gebeten, sonst wtr ich grade zu Ihnen essen gekommen. Allein darf ich noch nicht seyn, und mqcht auch niemand sehn als Sie. Heut Nacht verschwand ich, mir war’s ltnger auszuhalten ohnmqglich. Sie sind nun da um geplagt zu werden. Liebe Frau werden Sie’s nur nicht pberdrpssig. Louise schien offen zu seyn. Der Teufel hatte die K. geritten ein Kleid wie Sie an zu haben, das mich etlichemal betrog. Mein Miseln hat mich gestern auch ganz kalt gelassen. Ausser Ihnen und Ernsten war gar nichts fpr mich da. Adieu. Ich seh Sie wohl nicht! – Adieu Adieu. G.
26. An Johann Caspar Lavater Weimar, 22. Januar 1776. Montag
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Der Herzog hat mir sechs Schtdel kommen lassen, habe herrliche Bemerckungen gemacht die Ew Hochwprden zu Diensten stehn, wenn ---die selben sie nicht ohne mich fanden. Grps Btben u. alles. Wenn i c h ihn ein andermal um was frage; so antwort er m i r ! – Warum wegen Herders an Louisen?!!! – Transeat cum ceteris propheticis erroribus – – –––––––––– Schick nur immer was du hast. ich kann auch nicht a u f den Stuz arbeiten. /
18 ihmdne
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Haben so viel K r i e g e r im K u p f e r das Schwerdt in der lincken Faust – Mag wohl unser Engel den S t e r n auf der rechten Brust haben Immer die Briefe an mich hierher. Weimar
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Wielands Stube d‘. 22. Jan 76
27. An Johann Heinrich Merck Weimar, 22. Januar Æ1776. Montagæ Ich hab das Geld l. Br. erst d‘. 19 Jan kriegt! was du mir ltnger als Mtrz lassen kannst das thu, was du aber wieder brauchst sollst du haben. Hier hast du einen Schein. Ich bin nun ganz in alle Hof und Politische Htndel verwickelt und werde fast nicht wieder weg kqnnen. Meine Lage ist vortheilhafft genug, und die Herzogthpmer Weimar und Eisenach immer ein Schauplaz um zu versuchen wie einem die Weltrolle zu Gesichte stpnde, ich pbereile mich drum nicht, und Freyheit und Gnpge werden die Hauptconditionen der neuen Einrichtung seyn. – ob ich gleich mehr als iemals am Plaz bin, das durchaus scheisige dieser zeitlichen Herrlichkeit zu erkennen. Eben drum – Adieu. – Ich hab einen Streich gemacht der hoffentlich durch geht und dir hoher Spas seyn wird. Weimar 22. Jan 1775. G. / Lieber Bruder freue dich der Beylage schicks aber gleich mit dem Brief, auf r e i t e n d e r Po s t an meine Schwester. G.
2 Masg 9 676 17 nicht – , (Ansatz zu einem Gedankenstrich zu Komma) 20 Ab--dieu 21 hohenr
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BRIEFE 28–32
28. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 22. Januar? 1776. Montag?æ
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Einen guten Morgen liebste Frau. Herzogin Louise ltsst Ihnen sagen: Sie mqchten bald wieder gesund werden, denn ohne Sie sey kein Auskommens. Hier der Brief an m. Schw. Gehen Sie in die Comqdie? Ich bitte nur um ein Wort, Bestnftigerinn! Ich komme wahrscheinlich heute noch, denn mir ist s nicht wie Ihrem Friz. Addio.
29. An Johann Gottfried Herder ÆWeimar, kurz vor dem oder am 24. Januar 1776. Mittwochæ
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Bruder sey ruhig ich brauch der Z e u g n i s s e nicht, habe mit trefflichen Hezpeitschen die Kerls zusammen getrieben, und es kann nicht lang mehr stocken so hast du den Ruf. Ich will dir ein Pltzgen kehren, dass du gleich hier sollst die Zpgel zur Hand nehmen. Vielleicht bleib ich auch eine Zeitlang da. – Wenn ich das in’s rein hab, dann ist mirs auf eine Weile Wohl, denn mit mir ists aufgestanden und schlafen gangen, das Projeckt, und durch die b e s t e n Weege. Eh du herkommst Bruder, muss noch erst bellus modus vieler Sachen verabredt werden. unser Herzog ist ein goldner Junge. Die Herzoginnen wpnschen dich auch. s c h r e i b m i r d o c h e i n m a l w e i t l t u f i g. – – Es geht nichts in der Welt mit – coups de baguette – und doch auch – / Vielleicht kriegst du den Ruf mit dieser Post schon.
30. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 27. Januar 1776. Samstag
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Liebe Frau ich war heut Nacht von einem Teufels Humor zu Anfange. Es drpckte mich und Louisen dass sie fehlten. Die Keller und die niedliche Bechtolsheim konnten mich nicht in Schwung bringen. Carl gab mir das Zettelgen, das machte die Sache trger, mich brannt 8-9 6kehren 9 Vilelleicht 11 schhlafen 20 Bechtoslsheim
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es unter den Sohlen zu Ihnen zu laufen. End‘. fing ich an zu miseln, und da gings besser. Die Liebeley ist doch das probatste Palliativ in solchen Umsttnden. Ich log und trog mich bey allen hpbschen Gesichtern herum, und hatte den Vorteil, immer im Augenblick zu glauben was ich sagte. Das Milchmtdgen gefiel mir wohl, mit etwas mehr Jugend und Gesundheit wtre sie mir gefthrlich. Die Niedlichkeit der Italitnischen Blumenkrtnze stand der Grtfin G. nicht besser zu Gesicht und Taille, als die Festigkeit u. Treue Coucis ihrem Manne. Die Herz M. war lieb und gut. Louise ein Engel, ich httte mich ihr etlichemal zu Fpssen werfen mpssen! Aber ich blieb in Fassung und krtmte ltppisches Zeug aus. Sie widersprach pber eine Kleinigkeit dem Herzog hefftig – doch macht ich sie nachher lachen. Wir dachten an dich liebe liebe Frau. Kommst doch heut Abend. G. 27 Jan. 76.
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31. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 28. Januar 1776. Sonntag Lieber Engel, ich komme nicht ins Conzert. denn ich bin so wohl, dass ich nicht sehen kann das Volck! lieber Engel Ich lies meine Briefe holen und es verdross mich dass kein Wort drinn war von dir, kein Wort mit Bleystifft, kein guter Abend. Liebe Frau, leide dass ich dich so lieb habe. Wenn ich iemand lieber haben kann, will ich dir’s sagen. Will dich ungeplagt lassen. Adieu Gold. Du begreiffst nicht w i e ich dich lieb hab. G. d‘. 28. Jan 76.
32. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 29. Januar 1776. Montag Liebe Frau. Um fpnfe seh ich Sie, kann Ihnen iezt nichts von mir sagen. Auf der Gallerie war mir’s wunderlich, habe nachher aller‘. Schicksaale ausgestanden. Lindau ist fort. – Vielleicht mach ich mir
1 iIhnen 1 Mmiseln, 3 uUmsttnden 7 Blumenkrtnzen 8 GTaille 9 He|r|z
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BRIEFE 33–37
auch weis, dass ich sehe wenns Tag ist, dass ich mich wtrme an der Hizze, und friere am Frost. Es kann all Grille seyn – Genug vor der Hand ist mir s, so, wenn mir’s anders wird, wird sich s zeigen. Meine Stella ist ankommen gedruckt, sollst auch ein Exemplar haben. Sollst mich auch ein Bissgen liebhaben. Es geht mir verflucht durch Kopf und Herz ob ich bleibe oder gehe. G. 29 Jan 76.
33. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 29. Januar 1776. Montagæ
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Mit Ihnen unter Einem Dache! Ich fange wieder an zu schreiben, es wird eine Billets Kranckheit unter uns geben, wenn’s so von morgen zu Nacht fortgeht. Der Herzog ltsst mich und Wedeln hier oben sizzen, und steht hinter Ihrem Stuhle schwqr ich –––– – Er kommt – Wir haben heute viel guts gehandelt pber der Vergangenheit und Zukunft – Geht mir auch wie Margreten v. Parma: ich sehe viel voraus das ich nicht tndern kann. Gute Nacht, goldne Frau
34. An Charlotte von Stein ÆWeimar, Nacht vom 29. zum 30. Januar 1776. Nacht von Montag zu Dienstagæ 15
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Ich war auf der Gallerie und habe Nobodys Galanterien gegen Sie und seine Impertinenzen gegen seine Untergebne gesehen, es war ein Haupt Spas. Die Junge Herz. war heut hoben ganz in Gestalt und Wesen eines Engels, sie waren lieb zusammen, sie war auch lieb mit mir. Gute Nacht liebste Frau. Ich habe nicht erkennen kqnnen ob Sie meinen Straus vorhaben, doch glaub ich’s, wie ich manchmal auch nur glauben muss – Gute Nacht liebe! liebe! Noch unter Einem Dach mit Ihnen Gute Nacht. G.
1 Wwtrme 17 D6ie iJunge 18 was- r
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35. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 30.? Januar 1776. Dienstag?æ Das schrieb ich gestern Nacht, und iezt einen guten Morgen, und Stella. Ich habe gut geschlafen, u. meine Seel ist rein, und voll frohen Gefphls der Zukunft. Kommen Sie heut nach Hof? Louise war gestern lieb. Groser Gott ich begreife nur nicht, was ihr Herz so zusammen zieht. Ich sah ihr in die Seele, und doch wenn ich nicht so warm fpr sie wtre, sie httte mich erktltet. Ihr Verdruss pber’s Herzogs Hund war auch so sichtlich. Sie haben eben immer beyde unrecht. Er httt ihn draus lassen sollen, und da er hinn war httt sie ihn eben auch leiden kqnnen. Nun liebe Frau bewahr dich Gott, und hab mich lieb. Ist doch nichts anders auf der Welt
36. An Charlotte von Stein
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ÆWeimar, Ende Januar? 1776æ
Liebe Frau ich werde wieder weggerissen und hab dir so viel zu sagen. Heut hab ich wieder W. viel meiner lezten Jahrs Geshchicht erzthlt und wenn ihr mich warm haltet; so schreib ich s wohl fpr euch ganz allein. Denn es ist mehr als B e i c h t e wenn man auch das bekennt worpber man nicht A b s o l u t i o n bedarf. Adieu Engel, ich werde eben nie klpger, und muss Gott dancken dafpr. Adieu. Und mich verdriessts doch auch dass ich dich so lieb habe und iust d i c h !
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37. An Gottfried August Berger Weimar, 2. Februar 1776. Freitag Dein Brief L. Bruder that mir weh da er mich in einer glpcklichen Stimmung traf. – Da ich iezt in einer Lage bin da ich mich immer von Tag zu Tage aufzubieten habe, tausend grosem und kleinem, Lie-
13 Geshic|h|icht 19 esr
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Abb. 1: Goethe an Charlotte von Stein, Æ3. Februar? 1776æ (Nr 39)
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be und Hass, Hundsfptterey und Kraft, meinen Kopf und Brust entgegen sezzen muss so ist mir’s wohl. O du lieber einsamer! – Httt ich ein Weib und Kind fpr das alles was dpnckt ich mir zu seyn – So sind wir, und so mpssen wir seyn. Hier was spser Junge das dir soll Liebes und Lebens Wtrme in den Schnee bringen. Lies lass dir wohl werden. Herz die deinen und denck mein. D‘. 2 Febr. im Augenblick des Empf deines Briefs. 76. Weimar.
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38. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 2.? Februar 1776. Freitag?æ Es ist mir lieb dass ich wegkomme, mich von Ihnen zu entwqhnen. hier haben Sie die Briefe wieder und ein Paar neue dazu. Ich wollt in meinem Herzen wtrs so hell da, dass ich gleich der gqttlichen Thusnelda, Sie zu lachen machen kqnnte. Aber all meine Thorheit und all mein Wiz sind, Gott weis wohin! – Ich nehme den Homer mit und will sehn was der an mir thut. Treiben Sie brav dass der Westindier gelernt wird, ich will auch lernen! – Ah von oben biss unten nichts als gute Vorstze, klingts doch fast als wtr ich ein iunger Herzog. Geduld liebe Frau, ach und ein bissgen Wtrme wenn Sie an Ihren Gustel dencken es verschltgt Sie ja nichts – doch ich habe mich nicht zu beklagen Sie sind so lieb als Sie seyn dprfen um mich nicht zu plagen. Sie kqnnten den einftltigen Vers: O Freundschafft Quell erhabner pp Hier anbringen. Passte aber doch nicht ganz und sagt im Grunde nichts. Adieu
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39. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 3. Februar? 1776. Samstag?æ Wie leben Sie liebste Frau! Ich sehe sie noch. Hier indessen was –– Jezt gehts nach Erfurt. Antworten Sie nicht ich bin schon weg wenn Sie das kriegen
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BRIEFE 40–43
40. An Augusta Louise Grcfin zu Stolberg-Stolberg Weimar, 11. Februar 1776. Sonntag ÆDruckæ
Kqnntest du mein Schweigen verstehen! Liebstes Gustgen! – Ich kann, ich kann nichts sagen! G.
Weimar d. 11. Febr. 76
41. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 12. Februar 1776. Montag 5
Hier ein Buch fpr Ernsten, und die Carolin. Ich fphle wohl dass ich selbst werde kommen mpssen, denn ich wollte gar vielerley schreiben, und fphle doch dass ich nichts zu sagen habe als was Sie schon wissen. G. d‘. 12 Febr 76.
42. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 12. Februar 1776. Montag Wandrers Nachtlied. 10
Der du von dem Himmel bist Alle Freud und Schmerzen stillest, Den der doppelt elend ist Doppelt mit Erquickung fpllest. Ach ich bin des Treibens mpde! Was soll all die Quaal und Lust. Spsser Friede, Komm ach komm in meine Brust! Am Hang des Ettersberg d‘. 12 Febr 76. G.
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17 FSpsser 20 Febbr
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43. An Johanna Fahlmer ÆWeimaræ, 14. Februar 1776. Mittwoch Liebe Tante, ich hqre nichts von Ihnen, Wie Sie nichts von uns, doch sie mpssen bey der Fr. Aya manches vernehmen, und ich dtchte, Sie schrieben mir manchmal aus Ihrem Herzen, dass ich nicht so ganz fremd wprde mit euch. Ich richte mich hier in’s Leben, und das Leben in mich. Ich wollt ich kqnnt Ihnen so vom innersten schreiben das geht aber nicht, es laufen so viel Ftden durch einander, so viel Zweige aus dem Stamme die sich kreuzen, dass ohne Diarium, das ich doch nicht geschrieben habe, nichts anschaulichs zu sagen ist. Herder hat den Ruf als Generalsuperintendent angenommen. Ich werd auch wohl dableiben und meine Rolle so gut spielen als ich kann und solang als mir’s und dem Schicksaal beliebt. Wtr’s auch nur auf ein paar Jahre, ist doch immer besser als das untttige Leben zu Hause wo ich mit dem grqssten Lust nichts thun kann. Hier hab ich doch ein paar Herzogthpmer vor mir. Jetzt bin ich dran das Land nur kennen zu lernen, das macht mir schon viel spaas. Und der Herzog / kriegt auch dadurch Liebe zur Arbeit, und weil ich ihn ganz kenne bin ich pber viel Sachen ganz und gar ruhig. Mit Wieland fphr ich ein liebes htusliches Leben, esse Mittags und Abends mit ihm wenn ich nicht bey Hofe bin. Die Mtgdlein sind hier gar hpbsch und artig, ich bin gut mit allen. Eine herrliche Seele ist die Fr. von Stein, an die ich so was man sagen mqgte geheftet und genistelt bin. Louise und ich Leben nur in Blicken und Sylben zusammen sie ist und bleibt ein Engel. Mit der Herz. Mutter hab ich sehr gute Zeiten, treiben auch wohl allerley Schwtnck und Schabernack. Sie sollten nicht glauben wie viel gute Jungens und gute Kqpfe beysammen sind, wir halten zusammen, sind herrlich unter und dramatisiren einander, und halten den Hof uns vom Leibe. Schicken Sie mir doch bald mqglichst von den grosen Dames Federn, Sie wissen ia solche Hahnen ktmme 2 Rosenrothe. 3 Weise so schqn sie sie haben kqnnen, und den Preis Sie sollen das Geld gleich haben. Friz u. alle meine Freunde klagen pber mich. d‘. 14 Feb 76.
13 Hau6se 17 fuchr 25 hatlten 26 undter
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BRIEFE 44–47
44. An Charlotte von Stein ÆWeimar, Ende Januar/erste Hclfte Februar? 1776æ
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Ich weis kein Wort von! Geben Sie sie auch nicht, wtrs auch nur darum weil das Exemplar nicht gebunden ist. Mir ists heiter und wovon ich heut Nacht trtumte mpssen Sie fphlen. Ich schickte Ihnen gern meine Matinees aber Einsiedel solls selbst thun Adieu liebe Frau.
45. An Charlotte von Stein ÆWeimar, Ende Januar/erste Hclfte Februar? 1776æ
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Hier noch zur guten Nacht, ein Ragout. –––––– –––– Allerley –––– –––– Gewprzt –––– ! Sie fphlen mit was! G.
46. An Johanna Fahlmer
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ÆWeimaræ, 19. Februar 1776. Montag
Liebe Tante ein politisch Lied! Wtren Sie hier, kqnnten Sie die Ehre alle Tage haben. Es ist nun wohl nicht anders ich bleibe hier, und nun muss ich euch auf einen Besuch vorbereiten. Beherzigen Sie diesen Brief mit der Mama. Der Oberstallmeister v. Stein geht ehstens durch Franckfurt und wird Vater und Mutter besuchen. Es ist ein braver Mann, den ihr wohl empfangen mqgt, nur muss man pber meinen hiesigen Zustand nicht allzu e n t z p c k t scheinen. Ferner ist er nicht ganz mit dem Herzog zufrieden, wie fast all der Hof weil er ihnen nicht nach der Pfeife tanzt, und mir wird heim‘. und qffentlich die Schuld gegeben, sollt er so was fallen lassen, muss man auch drpber hingehn. Uberhaupt mehr fragen als sagen, ihn mehr reden lassen als reden, das pbrige lass ich euren Klugheiten. Ich wollt die Geschichte meiner vier lezten Monate lies sich schreiben, das wtr ein Fras fpr ein
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gutes Volck. Lebt wohl und schreibt mir dass Euer Andencken erhalten werÆdeæ fpr und fpr. 19 Febr. 76. G.
47. An Johann Gottfried Herder ÆWeimar, kurz vor dem oder am 20. Februar 1776. Dienstagæ Hochwprdiger
’s ist eine alte Schrifft Dass die Ehen werden im Himmel gestifft Seyd also vielmehr zu eurem Orden Vom Himmel grad rab gestifftet worden. Es uns auch allen herzlich frommt Dass ihr bald mit der Peitsche kommt – Und wie dann unser Herr und Crist Auf einem Esel geritten ist So werdet ihr in diesen Zeiten Auf hundert und funfzig Esel reiten Die in Ew Herrlichkeit Dioces Erlauern sich die Rippen stqs: Wollten euch nun bewillkommen bÆassæ Bereiten euer Haushalt trocken und nass Welches fprwahr wird besser seyn Als thtten wir euch die Kleider streun. Derhalb zufqrderst woran die Welt Ihre Achse gebunden htlt Wornach Sonn Mond und Stern sich drehn All Sinnbtu rpber hinpber gehn, Wie nehmlich iedes Ding sich puzt Vors andern Augen pfauisch stuzt, Dran da sich zeigt eines ieden Gab Ein Pfau ein Pfau, ein Rab ein Rab. Ihr der ihr seid in unserm Gart Eben wie der Messies erwart 9 Ist ---Es 9 allemn 26 I-6Vors 26 stu6zt
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BRIEF 48
Wo eben keiner weis was d e r sollt Aber doch immer was e r wollt / Mqgt sich aber immer mit leisen Schritten Vom Messias ein Vizdum erbitten. Also o h n e r a c h t all der ehr auf Erd Dass der Herr nicht selbst gekreuzigt werd Wollen erscheinen schqn und zpchtig Sind hernach zu allem andern tpchtig. Denn wie im Buche geschrieben steht Dass der Wolf in SchaafsKleidern geht So wprd es euch gar pbel stehn Als Schaaf in Wolfskleidern zu gehn. Ihr habt darum ein schwarzes Kleid Einen langen Mantel von schwarzer Seid, Ein Krtglein wohl in Saum gelegt Das nun keiner ltngs breiter trtgt. ÆSchickæ euch ein Muster zur ntchsten Frist Weils immer doch die Haupt sach ist. Dprft auch den Mantel wie vorzeiten In Sack nein stecken vor allen Leuten. Wenn euch nun erst der R a t h d e r S t a d t Zum O b e r p f a r r berufen hat Werd ihr vom F p r s t e n dann ernennt Hofpredger General Super ndent. Mqgt auch immer Rpckantwort schreiben Wie ihr an den L y n c k e r thttet treiben Weil wir doch in der Fassnachtsspiel Haben Razzen und Frazzen gar viel, Und im Grund weder Luther noch Crist Im mindsten hier gemeynet ist Sondern was in dem Schqpsen Geist Eben Lutherisch und Cristlich heist.
6 bwerdc 11 wucrd 13 Sschwarzes 16 Davson 16 dnune 16 ein ltngers dbreitere 18 Haupst 21 We Wenn 26 thtt|et| schtreiben 28 6Razzen 31 Schqpssen (Schluss-s zu langem s) 32 cCristlich
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48. An Johann Caspar Lavater ÆWeimar, 20. Februar 1776. Dienstagæ Ich hab mich pber deine Plans Wirthschafft ein bissel getrgert, ich sah lang dass du meinen nicht befolgen wprdest, nun auch gut wenn du deinen hast, und ihn ohne mich ausfphren kannst. Nur kommt iust alles was ich gemacht habe nicht in den Theil. Haman mach ich nicht. Das versprech ich dir aber dass ich biss zu Ende will alles ordentlich halten und besorgen. Nur schick alles und wie du’s fqrderst an Wieland. Wir machen vielleicht eine Reise der Herz. u ich es soll aber doch nichts hindern. Hast du Aristoteles pber die Phisiognomick gelesen. eine Stelle daraus wird pber den Thierschtdeln paradiren vielleicht ein Auszug am Ende des zweyten Theils, leb wohl und liebe. / Herder wird General Superndendt pp – –––– Wenn i c h dich kpnftig frage so antworte m i r – es kann all gut seyn was d u d i r d e n c k s t und w b h n s t , aber wenn i c h frage musst du nie We i b e r n antworten. Wie man auch d e m nie s c h r e i b e n soll als d e m mit d e m man g e l e b t hat und nur im Maas als man mit ihm g e l e b t hat. –––––– Ich hoffe und fphle der Ton deines dritten Theils wird weniger z i t t e r n d und b e b e n d seyn. Ich wollte das / ausstreichen. Aber wenn du’s schreiben konntest, mags auch gedruckt werden
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Du nimmst in +Liebe zu mir ab. –––– –––– Schreibst mir nur wenn du mich brauchst! –––– –––– Merck dir das und gqnn mir auch eine gute Stunde. +
i. e. Ausdruck der Liebe – Nothwendige Wort und Sprach Coexi-
stenz. | d. heist ich bin dir nun abgethanes Ding. –––– Amen.
4 ein 10 wzweyten 14 muss|t| 15 g6elebt 18 irdu’s
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BRIEFE 49–52
49. An Johann Caspar Lavater ÆWeimaræ, 22. Februar 1776? Donnerstag? ÆDruckæ
22. Febr. 1776. All Deine Ideale sollen mich nicht irre fphren, wahr zu seyn, und gut und bqse wie die Natur.
50. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 23. Februar 1776. Freitag
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Wie ruhig und leicht ich geschlafen habe, wie glpcklich ich aufgestanden bin und die schqne Sonne gegrpst habe das das erstemal seit vierzehn Tagen mit freyem Herzen, und wie voll Dancks gegen dich Engel des Himmels dem ich das schuldig bin. Ich muss dir’s sagen du einzige unter den Weibern, die mir eine Liebe in’s Herz gab die mich glpcklich macht. Nicht eher als auf der Redoute seh ich dich wieder! Wenn ich meinem Herzen gefolgt httte – Nein will brav seyn – Ich liege zu deinen Fpssen ich kpsse deine Htnde. d‘ 23. Febr. 1776. G.
51. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 24. Februar Æ1776. Samstagæ
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Ich musste fort aber du sollst doch noch eine gute Nacht haben. Du Einzige die ich so lieben kann ohne dass mich’s plagt – Und doch leb ich immer halb in Furcht – Nun mag’s. All mein Vertrauen hast du, und sollst so Gott will auch nach und nach all meine Vertraulichkeit haben. O httte meine Schwester einen Bruder irgend wie ich an dir eine Schwester habe. Denck an mich und drpck deine Hand an die Lippen, denn du wirst Gusteln seine Ungezogenheiten nicht abgewqhnen, die werden nur mit seiner Unruhe und Liebe im Grab en-
8 duie 19 uUngezogenheiten
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den. Gute Nacht. Ich habe nun wieder auf der ganzen Redoute nur deine Augen gesehn – Und da ist mir die Mpcke um’s Licht eingefallen. Ade! Wunderbaar gehts in mir seit dem gestrigen lesen Morgen zu Pferd Febr d‘ 23 Nachts halb 1 Uhr.
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52. Philipp Seidel an Gottfried August Berger Weimar, 26. Februar 1776. Montag ÆAuftragsbrief; Druckæ
Wo h l g e b o h r n e r H e r r Hochzuehrender Herr Amtmann Herr Doktor Goethe hat mir aufgetragen Ew. Wohlgeb. von ihme freundlichst zu grpßen, und zu melden: Er kqnne keine Zeit finden Denenselben selbsten zu schreiben; das hier beigeschriebene Avertissement das im Monat Februar dem Merkur beigedrukt sollte werden, wprde ihnen statt einer eigenen Antwort dienen kqnnen, worpber er sich indeß ein baldiges Wqrtgen ausbtte. Ich habe die Ehre mich zu unterzeichnen Ew. Wohlgeb. gehorsamst. Diener We i m a r am 26. Febr. 1776. P h i l i p F r. S e i d e l .
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ÆBeilage; Druckæ Disseitige Antwort auf Bprgers Anfrage wegen Uebersetzung des Homers. (im 1sten Stpck des Deutschen Museums.) Bprgers Anfrage ans Publikum wegen seiner Uebersetzung des Homers konnte nicht ohne Antwort bleiben; freylich muß es Theilweise seine Gesinnung zu erkennen geben; hier also die unsrige:
2 diea
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Daß Bprger Dichter ist, sind wir alle pberzeugt; daß er den Homer ganz fphlen kann und innig lieben muß, als einer der selbst die grqßten epischen Anlagen hat, konnte man auch schon vermuthen; daß Homers Welt wieder ganz in ihm auflebt, alles vorgebildete lebendig, alles lebende strebend wird, sieht man mit einem Blick auf die Uebersetzung mit zehn Versen in dem Original verglichen. Drum wpnschen wir, daß er mqge in guten Humor gesetzt werden, fortzufahren; daß er, nicht Belohnung seiner Arbeit, denn die belohnt sich selbst, sondern thttige Aufmunterung, Erfreuung und Auffrischung seines bprgerlichen Zustands vom Publico erhalten mqge. Denn es wird sich so leicht nicht wieder finden, daß ein Dichter von dem Gefphl so viel Liebe zu eines andern Werk faßen mag, und der glpckliche Uebersetzer so viele Thtt- und Stttigkeit habe um der standhafte Uebersetzer zu werden. Er fahre fort mit Lieb und Freude der Jugend; pflege Rath pber sein Werk mit denen die er liebt, denen er traut; lasse sich durch keine Kleineley hindern und, wie sie sagen, zurecht weisen; strebe nach der goldnen, einfachen, lebendigen Bestimmtheit des Originals: kurz, thue das seinige! Aus unserer Gegend haben wir ihm hinwieder folgenden Antrag zu thun: Endes Unterzeichnete verbinden sich, ihm die ausgeworfene Summe so bald zu pbersenden, als er durch thnliche Versicherung des pbrigen Teutschlands in Stand gesetzt worden ist, qffentlich anzeigen zu laßen, er sey entschloßen fortzufahren, und verspreche, indeß die Ilias zu vollenden. Sie geben diese Summe als einen freywilligen freundlichen Beytrag, ohne dafpr ein Exemplar zu verlangen, und begnpgen sich, wenn die Uebersetzung auch im Ganzen ihrer Hofnung entspricht, zu etwas Ungemeinem mit Anlaß gegeben zu haben. der Herzog von Weimar die Herzogin-Mutter Ihro Durchlauchten die regierende Herzogin der Prinz Constantin Se. Excellenz, der Herr GeheimeRath und OberMarschall von Witzleben. – – der Herr G. R. Graf von Puttbus – – der Herr GeheimeRath und CammerPrtsident von Kalb
zfflfflfflfflfflffl}|fflfflfflfflfflffl{
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BRIEFE 53/54
20 Louisdor 10 – 10 – 10 – 2 1
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Herr Graf Marschall Herr Baron von Hohenthal Herr Cammerherr von Kalb Herr Cammerherr von Seckendorff Herr Hof- und Regierungsrath von Einsiedel Herr Hauptmann von Knebel Herr geheimer Secretair Bertuch Wieland Gqthe Weimar den 29sten Febr. 1776.
53. An Charlotte von Stein
1 2 1 1 1 2 1 1 1
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ÆWeimar, Ende Februar 1776?æ
Wenn heute Abend iemand zuhaus ist, so komm ich, les den Kindern ein Mthrgen, Esse mit euch und ruhe an deinen Augen von mancherley aus. Indess Adieu liebe. 15
54. An Charlotte von Stein
Erfurt, 4. Mcrz 1776. Montag
Ich bitte dich doch Engel komm ia mit auf Ettersburg. Du soll mir da mit einem Ring ins Fenster, oder Bleistifft an die Wand ein Zeichen machen dass du da warst –– Du einziges Weibliches, was ich noch in der Gegend liebe, und du einziges das mir glpckwpnschen wprde wenn ich was lieber haben kqnnte als dich. –––––– –––––– Wie glpcklich mpsst ich da seyn! –––––– oder wie unglpcklich! Adieu! –– komm! –– und lass nur niemand meine Briefe sehen –––––– Nur –– . –– das will ich dir mpndlich sagen weils zu sagen eigentlich unnqtig ist –– Ade Engel –––– Montag d‘. 4 Merz 76. Erfurth. G. 16 6ia
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BRIEFE 55–58
55. An Johanna Fahlmer ÆWeimaræ, 6. Mcrz Æ1776. Mittwochæ
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Liebe Tante. Schreibt mir und liebt mich. Sorgt nicht fpr mir. Ich fresse mich pberall durch wie die S c h m i r m e r sagt. Jezt bitt ich euch beruhigt euch e i n v o r a l l e m a l , der Vater mag kochen was er will ich kann nicht immer d a r a u f antworten nicht immer d i e Grillen zurecht legen. So viel ists. Ich bleibe hier, hab ein schqn Logis gemieth, aber der Vater ist mir A u s s t a t t u n g und M i t g i f t s c h u l d i g das mag die Mutter nach ihrer Art einleiten sie soll nur kein K i n d seyn, da ich B r u d e r und a l l e s eines Fprsten bin. Der H. hat mir wieder 100 Dukaten geschenckt. G e g e b e n / Wie ihr wollt – ich bin ihm was ich ihm seyn kann, er mir was er seyn kann –– das mag nun fort gehn wie und so lang das kann. Ich bin noch allerley Leuten schuldig das thut mir nichts – Aber die Mutter soll nur ihre Schuldigkeit thun, und sehn was auf den Vater m q g l i c h ist ohne sie zu plagen! – Wenn sie allenfalls Geld braucht und kanns vom Vater nicht haben; so will ichs ihr schicken G. d‘. 6. Merz. Das Geld fpr die Federn schick ich ntchstens.
56. An Johann Caspar Lavater Weimar, 6. Mcrz 1776. Mittwoch
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Lieber Br. sey nur ruhig um mich, und ermatte dich nicht Mpdling ohne Noth ich hab all deine Phisiognomick. Aber der 2. Theil wird zuviel sttrcker wie ich’s iezt pberlege, und will drum mit Reichen reden dass das auch gut werde. Verlass dich – Ich bin nun ganz eingeschifft auf der Woge der Welt – voll entschlossen: zu entdecken, gewinnen, streiten, scheitern, oder mich mit aller Ladung in die Lufft zu sprengen. Aber, lass mich von dir hqren! es ist nicht genug dass du
4 atntworten 17 dDas Geld fpr die Federn schick ich ntchstens.d (quer zur Schreibrichtung) 22 VWoge 23 stcheitern.,
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mich liebst. – Ob das gleich alles ist. auch durch Amanuenses, ist schon gut. d‘. 6. Merz 76. Weimar. G.
57. An Johann Georg Zimmermann Weimar, 6. Mcrz 1776. Mittwoch Mir ist wohl darauf verlass dich. Von meinen Wa h r e n Ve r h t l t n i s s e n, wird dir kein R e i s e n d e r was erzthlen kqnnen, kaum ein Mitwohnender. Ich bin fest entschlossen nichts zu hqren, was man von mir sagt, noch was man mir rathen kann – – Wie’s a u s g e h t daran ist auch nichts gelegen. Der Pqbel sieht auf den Ausgang sagt ein Grieche. Und die Glpcklichen scheinen weise den Menschen. d‘. 6 Merz 76 Weimar G.
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58. An Johann Heinrich Merck ÆWeimar, 8.? Mcrz 1776. Freitag?æ Lieber Br. hast du das Geld so gieb der Mutter einen Schein. Schick mir die Matinees wieder; so kriegst du mehr wir machen des Teufels zeug, doch ich weniger als der Bursche der nun ein herrlich Dram auf unsern Leib schreibt. Es geht mit uns allen gut. Den was schlimm geht lass ich mich nicht anfechten. Den Hof hab ich nun probirt nun will ich auch das Regiment probiren, und so immer fort. Ich bin gesund. biss aufn Einfluss des fatalen Wetters streiche was ehrlichs in Thpringen herum und kenne schon ein brav Fleck- davon. Das macht mir auch spaas ein Land so auswendig zu kennen. Ade grps alles. Wieland ist in deiner Gemeinschafft hqchst glpcklich.
4 VWa h r e n 5 kqnnen., 8 eu - - -nic6hts 18 schtreiche 20 koennen 21|in|
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BRIEFE 59–63
59. An Philipp Erasmus Reich Weimar, 10. Mcrz 1776. Sonntag
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Das noch zu Beendung des XXII Fragments abgehende Blat sende ntchstens. Bitte mir zu melden wie viel Bogen abgedruckt sind und wieweit Sie mit dem Msspt. kommen sind. Ich habe noch sehr viel in Htnden und fprchte der zweyte Theil mqge zu starck werden. WeiGoethe. mar d‘. 10 Merz 1776
60. An Gottfried August Berger ÆWeimar, Mitte Mcrz 1776æ ÆDruckæ
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Da hast du wieder ein Paar Briefe. Lass dirs in deinem Wesen leidlich seyn dass dirs auch einmal wohl werde. Freu dich der Natur, Homers und deiner Teutschheit. ubersezz wenn dirs recht behaglich ist Es ist alles pbrigens Stpckwerck in der Welt ausser der Liebe, wie St Paulus spricht 1 Cor 13. Cap. Go e t h e.
61. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 17. Mcrz 1776. Sonntag
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Wenn’s Ihnen so ums Herz wtre wie mir, und sonst nichts entgegenstpnde; so ktm ich heut mit Ihnen zu essen. Ich hab bey Hofe abgesagt denn auf ’s gute Leben das ich wieder gestern im Wasser getrieben habe mag ich daoben nicht im Sande herumdursten. Wie stehts sonst. Ein Wort Antwort, liebe theure Frau. Die paar Tage die wir noch beysammen sind wollen wir wenigstens geniessen. G. d‘ 17 Merz 76.
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62. An Johanna Fahlmer
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Weimar, 18. Mcrz 1776. Montag
Liebe Tante pbermorgen reisen wir ab nach Dessau, ich sehe also Leipzig wieder, wird wunderbaare Empfindung seyn. Sagen Sie niemand nichts. Die Mama mag wenn der Vater sich erkltrt hat was er mir zur Ausstattung geben will, vorzpglich mich mit grosem Gertthe und noch einigen guten Manschetten |:versteht sich recht guten:| versehen. Alle meine Meubles hat der Herzog heimlich befohlen mir machen zu lassen um mir ein Geschenck mit bey unsrer Rpckkunft zu machen. Das braucht aber der Vater auch nicht zu wissen Lebt wohl ich schreib euch von Dessau aus vielleicht G Weimar. / d‘. 18 Merz 76.
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Die Mama soll nur auch an ihre Casse dencken ich hab sie rasend ausgeben gemacht. Es ist auch noch ein Conto an Schneider Eberhard zu bezahlen. Ferner soll sie nur alle Kleider die von mir zurpck sind verkaufen.
63. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 19. Mcrz 1776. Dienstag Ich muss Ihnen noch ein Wort sagen liebe Frau. ich bin heute Nacht kranck worden und zwar toll, habe mich wieder zusammen genommen Muss aber noch hier bleiben. bin zu Wielanden geflpchtet weil ich ganz allein zu Hause wtr. Wollte heut zu Ihnen Hufland verbietet mir auszugehn. Ade. Nur eine Zeile von Ihrer Hand Gute Nacht Engel. Friz war bey uns den hab ich viel gekpsst. Ade. d‘. 19 Merz 1776. G.
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64. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 20. Mcrz 1776. Mittwoch
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Sie irrten sich Engel. Unter allem was mir auf Erden schtdlich und tqdlich seyn kqnnte ist Aergerniss das lezte. An Stoff dazu fehlts freylich niemals, nur verarbeit ich ihn nicht. Wie befinden Sie Sich beste Frau, Heute wtr ich schon weit von Ihnen ohne den Zufall, und der ist mir auch lieb in dem Augenblick weil ich Ihnen noch nah bin – Lassen Sie’s gut seyn, weil ich doch nun einmal die Schwachheit fpr die Weiber haben muss, will ich sie lieber fpr Sie haben als fpr eine andre. Adieu Engel. Mittw d‘. 20 Merz 76. G.
65. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 20. Mcrz 1776. Mittwoch 10
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Dass doch Wo r t e einen um das bringen mpssen was man am sehnlichsten wpnscht! Ich sagte heut zu mir wenn sie wohl wtre, sie ktme vielleicht! Nachher redt ich mir auch das aus, und sezt mich gelassen ans Klavier. – Nun denn liebe Frau was Sie thun ist mir recht. Denn mir ists genug dass ich Sie so lieb haben kann, und das pbrige mag seinen Weeg gehen. Dass ich von meiner Gesundheit nichts schrieb merckt ich da das Billet wegging. Natprlich wars, aber so natprlich dass Sie’s unnatprlich auslegen mussten Dancke fpr die Aepfel. Ich httte heute doch noch ein Billet von Ihnen erzwungen Ade. d‘. 20 Merz 76. G.
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66. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 24. Mcrz 1776. Sonntag Noch Einen Adieu – Ich seh wohl liebe Frau wenn man sie liebt ists als wenn gestt wprde, es keimt ohnbemerckt, schltgt auf und steht da –––– –––– und Gott gebe seinen Seegen dazu – Amen. Abends 7. G. d‘. 24. Merz 76.
67. An Charlotte von Stein Auerstedt, Æ24. Mcrz 1776. Sonntagæ 1. Nachts halb zwqlfe Auersttt. Unter allerley Gedancken pber Schicksaal und Grillen und trtumen bin ich hier angekommen. Auf halbem Weege fand ich noch eine Orange in meinem Sack, und ob mir sie gleich sehr wohl that in der Nacht und dem Frost: so verdross mich’s doch dass ich sie Ihnen nicht mit den andern geben hatte. – Auch hab ich eine Erscheinung gehabt von all den Prpgeln die Nobody schon verdient hat, das ein hollisches Heer war – Eh ich ging war ich auf der Gallerie konnt sie aber nicht sehen. Gute Nacht Engel, ich dencke mir dich iezzo schlafend.
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68. An Charlotte von Stein Naumburg, Æ25. Mcrz 1776. Montagæ 2 Naumburg frph 5. mit Tags Anbruch komm ich an. Ein wunderbaares liebes Dtmmerlicht schwebt pber allem. Ich habe viel gefroren und was das beste ist auch viel geschlafen. Jezt schltffst du auch! vielleicht wachst du einen Augenblick auf und denckst an mich. Ich bin ruhig dencke an Dich, und von dir aus an alles was ich lieb habe. – Wie anders! Lieber Gott wie anders! als da ich vor zehen Jahren als ein kleiner, eingewickelter, seltsamer Knabe in eben das Posthaus trat –
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Abb. 2: Goethe an Herzog Carl August, 25. Mprz 1776 (Nr 70)
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Wie viel hat nicht die Zeit durch den Kopf und das Herz mpssen, und wieviel wohler, freyer, besser ist mir’s nicht. –
69. An Charlotte von Stein Rippach, Æ25. Mcrz 1776. Montagæ 3 Vormittag halb 10 Rippach in der Chaise vorm Posthause. Biss die Pferde kommen, ein Wort. Hinter Naumburg ging mir die Sonne entgegen auf! Liebe Frau ein Blick voll Hoffnung Erfpllung und Verheisung – die Morgenlufft so erquickend, der Dufft zwischen den Felsen so schauerlich. Die Sonne so goldenblickend als ie. – Nicht diesen Augen nur, auch diesem Herzen – Nein! es ist der Born der nie versiegt. Das Feuer das nie verlischt keine Ewigkeit nicht! beste Frau auch in dir nicht, die du manchmal wthnst der heilige Geist des Lebens habe dich verlassen. Ich will nun ganz den Eintritt in L. geniessen
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70. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Leipzig, 25. Mcrz 1776. Montag Lieber Herre, da bin ich nun in Leipzig, ist mir sonderlich worden beym Nthern, davon mpndlich mehr, und kann nicht genug sagen wie sich mein Erdgeruch und Erdgefphl gegen die schwarz, grau, steifrqckigen, krumbeinigen Perrpckengeklebten, Degenschwtnzlichen Magisters, gegen die Feyertags berockte, Allmodische, schlanckliche; vieldpnckliche Studenten Buben, gegen die Zuckende, krinsende, schntbelnde, und schwumelende Mtgdlein, und gegen die Hurenhaffte, strozzliche, schwtnzliche und finzliche Junge Mtgde ausnimmt, welcher Greuel mir alle heut um die Thoren als an Marien-Tags Feste entgegnet sind. Dagegen preservirt mein tuseres und inneres, der Engel die Schrqdern von der mich Gott bewahre was zu sagen. Sie grpsst 14 ichn 14 wmir 19 Studen6ten
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BRIEFE 71–74
und Steinauer nach Maasgabe ihres Beyleyds pber Hochdero Ausenbleiben und so weiter. Ich bin seit vier und zwanzig Stunden |:denn es ist netto Abends Achte:| nicht bey Sinnen, das heisst bey zu vielen Sinnen, pber und unsinnlich. Habe die Nacht durch manches Kntulgen Gedancken Zwirn auf und abgewickelt, diesen Morgen stieg mir die gqttliche Sonne hinter Naumburg auf. Ade l. gn. Herr! – Und sqmit konnen Sie nie aufhqren zu fphlen, dass ich Sie liebhabe. . Bleibe das wahre Detail zur Rpckkunft schuldig, als da sind pp. Leipzig d‘. 25. Merz 76. G.
71. An Charlotte von Stein Leipzig, 25. ÆMcrz 1776. Montagæ 4.
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Leipzig d‘ 25 Nachts 10 Nun hier! – Nur mpndlich unaussprechliche Worte. Alles ist wies war, nur ich bin anders – Nur das ist geblieben was die reinsten Verhtltnisse zu mir hatte damals. – Mais – ce n’est plus Julie – Adieu Ich bin dumpf im Schlaf. – Die Schrqtern ist ein Engel – Wenn mir doch Gott so ein Weib bescheeren wollte dass ich euch konnt in Frieden lassen – Doch sie sieht dir nicht thnlich gnug. Ade. – –
72. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Leipzig, 26. Mcrz 1776. Dienstag
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Lieber Herr, ich mag nicht viel schreiben dass ich alles erzthlen kann! gelitten hab ich doch heute viel von Erinnerungen. Glpckliche Augenblicke aber auch gehabt. Die Schrqdern ist gar lieb und gut. Ihr Pick wider Oesern thut mir iezo doppelt leid da ich wieder ganz den
12 Nachts |(4)| 10 19 kann,! 22 gwider
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alten, lieben, guten Menschen, und wahrhafften Kpnstler wiedergefunden haben. Gute Nacht bester Herr. L. d‘. 26. Merz. 76. G.
73. An Charlotte von Stein
Leipzig, 26. Mcrz 1776. Dienstag
Beste Frau, mir ist immer Sie sind in Gotha wenn ich wieder komme. Ich habe heut viel viel gelitten, aber auch Einen Moment! – O ich will nichts davon schreiben dass ich seine Ganze Fplle erzthlen kann. – Ich bin bey der Schrqtern – ein edel Geschqpf in seiner Art, – ach wenn die nur ein halb Jahr um Sie wtre! beste Frau, was sollte aus der werden! Gute Nacht. Und bleiben Sie mir immer was Sie mir iezt sind. L. d‘. 26. Merz 76. G
74. An Charlotte von Stein
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Leipzig, 31. Mcrz 1776. Sonntag
Liebe Frau. Ihr Brief hat mich doch ein wenig gedrpckt. Wenn ich nur den tiefen Unglauben Ihrer Seele an sich selbst begreifen kqnnte, Ihrer Seele, an die tausende glauben sollten um seelig zu werden. – Man soll eben in der Welt nichts begreifen seh ich ie ltnger iemehr. – Ihr Traum Liebste! und Ihre Trthnen! – Es ist nun so! Das Wprckliche kann ich ich so ziemlich meist tragen; Trtume kqnnen mich weich machen wenns ihnen Beliebt. – Ich habe mein erstes Mtdgen wieder gesehen – Was das Schicksaal mit mir vorhaben mag! Wie viel Dinge lies es mich nicht auf dieser Reise in bestimmtester Klarheit sehn! Es ist als wenn diese Reise sollt mit meinem vergangenen Leben saldiren. Und gleich knppfts wieder neu an. Hab ich euch doch alle. Bald komm ich. Noch kann ich nicht von der Schrqtern weg. Ade! Ade! G d‘. lezten Merz 76. Leipzig.
1 wa- Menschen 4 fEinen 5 r- Ganze 13 Seelbe,c 21 saldire6n6
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BRIEFE 75–79
75. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 5. April 1776. Freitag
Da haben Sie ihn schon wieder. liebste Frau, darf ich heut frph mit Lenzen kommen. Wie fatal waren mir die Meerkazzen gestern, iust im Augenblick da ich so viel so viel ihnen zu sagen hatte. Adieu beste. Sie werden das kleine wunderliche Ding sehen. Und ihm gut werden, doch – sie sollen was sie wollen und wollen was Sie werden. Ade. d‘. 5 Apr.76.
76. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 5.? April 1776. Sonntag?æ
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Da das geschrieben und gesiegelt war sppr ich erst dass ich nicht wohl frph werde kommen konnen! Also den Nachmittag! Oder wanns heut seyn kann. G.
77. An Adam Friedrich Oeser
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Weimar, 6. April 1776. Samstag
Ich bin verschwunden wie ich erschienen bin. Liebster Mann tausend Danck fpr alles, und unvertnderliche Liebe in saecla saeclorum. Grpsen Sie ihre ganze Famielie, und Beckern. Vergessen Sie die Abgpsse nicht und schicken sie bald. Der Herzog hat auf meine Beschreibung Lust zu den Snayers gekriegt, man muss sehn wie sie ihm gegenwtrtig behagen. Drum bitt ich Sie, mir sie wohl g e s a p b e r t und wohl gepackt mit dem Postwagen zu pbersenden. – Ich habe Leipzig ungern verlassen, – M. Becker soll mir manchmal schreiben. Weimar d‘. 6. Apr. 1776. Goethe.
5 daroch 15 Ssie
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78. An Augusta Louise Grcfin zu Stolberg-Stolberg ÆWeimaræ, 10. April 1776. Mittwoch Kranck Gustgen! dem Todte nah! Gerettet liebster Engel, und das mir alles auf einmal – zu einer Zeit wo ich immer dachte warum schreibt Gustgen nicht? Ist sie nicht mehr wie sonst, hat ihr Stella nicht gezeugt dass ich ihr Alter bin, obschon ich nicht schreibe, denn wie ich iezt lebe – Ach Engel es ist Ltstrung wenn ich mit dir rede! ich will lieber gar nicht beten als mit fremden Gedancken gemischt –– Auch dies schreib ich in des Herzogs Zimmer den ich fast nicht verlasse. Mein Herz mein Kopf – ich weis nicht wo ich anfangen soll so tausendfach sind meine Verhtltnisse und neu, und wechselnd aber gut – Gustgen nur Eine Zeile von deiner Hand, nur Ein Wort dass du auch m i r wieder lebst. Adieu Liebe! Liebe Mittwoch nach Ostern 76. G.
79. An Johanna Fahlmer
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ÆWeimar, 10. April 1776. Mittwochæ
Liebe Tante. lohn euch alles Gott. Mir ist wieder hier ganz wohl. . Brauchte ein schqn Duzzend H o l l t n d i s c h e S c h n u p f t p c h e r recht gros, und und e i n P a a r r e c h t g u t e M a n s c h e t t e n Mittel sorte hab genug. Lebt wohl und froh. Von Lili nichts mehr, sie ist abgethan, ich hasse das Volck lang im Tiefsten Grunde. D e r Z u g war noch der Schlussstein. Hol sie der Teufel. Das arme Geschqpf bedaur ich dass sie unter so einer Race gebohren ist. Adieu Tante du bist immer die liebe, gleiche! – Grps Frizzen. Ntchstens einen Brief von mir an den Vater von erhabner Composition
4 aAlter 4 schreibe6 6 gGedancken 7 6Auch 14 Dudzzend
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BRIEFE 80–82
80. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, etwa 13. April 1776æ
Dass Sie uns doch noch entdecken mussten gestern. Der Herzog ist besser ich blieb heut Nacht hoben. Heut muss ich Sie sehn wtrs nur ein Augenblick. Addio Beste Frau. G
81. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 13. April 1776. Samstag 5
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Liebe Frau hier ein Zettelgen da ich selbst nicht komme. Wie haben Sie geschlafen auf das gestrige Schwtrmen? Mir ists wohl, und im Herzen, dass ich’s nicht sagen kann, voll Ahndung und Hoffnung im gegenwtrtigen. Doch wollt ich dass mich einmal wieder was zu lachen machte, und dass mir ein Affisches Wesen wieder ins Blut ktm. Addio. Zeichnen Sie brav ich will auch heut an Sie dencken Nur hierauf ein Wort, bitte bitte G. d‘. 13 Apr. 76.
82. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 14. April 1776. Sonntag
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Warum gabst du uns die Tiefen Blicke Unsre Zukunft ahndungsvoll zu schaun. Unsrer Liebe, unserm Erdenglpcke Wthnend seelig nimmer hinzutraun? Warum gabst uns Schicksaal die Gefphle Uns einander in das Herz zu sehn, Um durch all die seltenen Gewphle Unser wahr Verhtltniss auszuspthn.
7 OAhndung 13 tdie
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Ach so viele tausend Menschen kennen Dumpf sich treibend kaum ihr eigen Herz, Schweben zwecklos hin und her und rennen Hoffnungslos in unversehnem Schmerz, Jauchzen wieder wenn der schnellen Freuden Unerwarte Morgenrqthe tagt. Nur uns Armen liebevollen beyden Ist das wechselseitge Glpck versagt Uns zu lieben ohn uns zu verstehen, In dem Andern sehn was er nie war Immer frisch auf Traumglpck auszugehen Und zu schwancken auch in Traumgefahr. Glpcklich den ein leerer Traum beschtfftigt! Glpcklich dem die Ahndung eitel wtr! Jede Gegenwart und ieder Blick bekrtfftigt Traum und Ahndung leider uns noch mehr. / Sag was will das Schicksaal uns bereiten? Sag wie band es uns so rein genau? Ach du warst in abgelebten Zeiten Meine Schwester oder meine Frau. Kanntest ieden Zug in meinem Wesen, Spthtest wie die reinste Nerve klingt, Konntest mich mit Einem Blicke lesen Den so schweer ein sterblich Aug durchdringt. Tropftest Mtssigung dem heissen Blute, Richtetest den wilden irren Lauf, Und in deinen Engelsarmen ruhte Die zerstqrte Brust sich wieder auf, Hieltest zauberleicht ihn angebunden Und vergauckeltest ihm manchen Tag.
5 Freunden 10 aAndern 13 lee6rer 14 Ahnudung 23 k--Konntest 27 EngelsAarmen
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BRIEF 83–86
Welche Seeligkeit glich ienen Wonnestunden, Da er danckbaar dir zu Fpssen lag. Fphlt sein Herz an deinem Herzen schwellen, Fphlte sich in deinem Auge gut, Alle seine Sinnen sich erhellen Und beruhigen sein brausend Blut.
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Und von allem dem schwebt ein Erinnern Nur noch um das ungewisse Herz Fphlt die alte Wahrheit ewig gleich im Innern, Und der neue Zustand wird ihm Schmerz. Und wir scheinen uns nur halb beseelet Dtmmernd ist um uns der hellste Tag. Glpcklich dass das Schicksaal das uns qutlet Uns doch nicht vertndern mag. G. d‘. 14 Apr. 76.
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83. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimaræ, 15. April Æ1776. Montagæ Ich passe auf die Post, indess muss ich das schreiben. Ich bitte Sie mir ntchstens zu schicken. Guibert Tactique
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Lamberts Organon. Ein paar gute Papiere. Welches zusammen ein schqn Ragout macht. Grpssen Sie den Engelskopf und die dicke und den Alten, und bewahrt mein Andencken unter euch. d‘. 15 Apr. frph G.
21 sSie
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84. An Christoph Martin Wieland ÆWeimar, etwa Mitte April 1776æ ÆDruck; Fragmentæ Ich kann mir die Bedeutsamkeit – die Macht die diese Frau pber mich hat, anders nicht erkltren, als durch die Seelenwanderung. – Ja, wir waren einst Mann und Weib! – Nun wissen wir von uns, verhpllt, in Geisterduft – Ich habe keinen Namen fpr uns: – die Vergangenheit – die Zukunft – das All!
85. An Charlotte von Stein
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ÆWeimar, Mitte April? 1776æ
Warum soll ich dich plagen! Liebstes Geschqpf! Warum mich betrpgen und dich plagen und so fort. – Wir kqnnen einander nichts seyn. und sind einander zu viel Glaub mir wenn ich so klar wie Faden mit dir redte, du bist mit mir in allem einig. Aber eben weil ich die Sachen nur seh wie sie sind, das macht mich rasend. Gute Nacht Engel und guten Morgen. Ich will dich nicht wiedersehn Nur – du weisst alles Ich hab mein Herz Es ist alles dumm was ich sagen kqnnte. Ich seh dich eben kpnftig wie man S t e r n e sieht! – Denck das durch.
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86. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 16. April 1776. Dienstag Der Herzog war die ganze Nacht ruhig, er schltfft noch halb neun wie es ist. Hier ist Lav. Wiel. sagte mir gestern wodurch ich Sie beleidigt httte. Mir ists lieb das ich’s weis – Sie thun mir Unrecht, ich weis dass ich’s gesagt habe, erinnre mich aber nicht mehr auf was, wie mich dpnckt war s in Wind, um was zu reden da oben herunter. – A n S i e h a b i c h n i c h t g e d a c h t , da wtr’s schtnd‘. Adieu liebe Schwester weils denn so seyn soll. Haben Sie eine Ahndung mich heut zu sehen? Hier ist was fpr die Grasaffen! –
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BRIEFE 87–92
Wenn’s Ihnen einmal so ist schreiben Sie mir doch mein Gedicht ab, ich habs nicht mehr, mqchts von deiner Hand – sollst auch Ruh vor mir haben. G d‘. 16 Apr. 76. 5
D. H. ist munter aufgewacht.
87. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 18.? April 1776. Donnerstag?æ
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Hier lieber Steinauer Danck fpr alles. Die Silh. kann ich noch nicht sehn –––– Sie kriegen noch einen Brief – Mit dem Kleid bleibts bey der Abrede, auch konnen Sie ihr holltndisch schqn Tuch zu 12 Schnupftpchern kaufen und es ihr auf eine Art geben die bunt und drollich ist. Addio – schicken Sie mir die Messe meine Rechnung. haben Sie mich lieb – fpr der Schrqtern Schicksaal ist mirs nicht bange es ist mit dem meinen verbunden Nach Tische G.
88. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen 16. und 21. April? 1776æ
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Ich bin noch eben so ungewiss ob ich recht hatte zu gehen, als ich gestern unentschlossen war. Nur ein einzig Wort ich bitte Sie. Wenn Sie wollen nur Ihren Nahmen auf ein Zettelgen dass ich nur was von ihnen sehe. Sie fphlen dass ich heute kommen muss. G.
5 dD. H. Æ:::æ aufgewacht.d(quer zur Schreibrichtung) 8 6Tuch
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89. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 22. April 1776. Montag Biss iezzo hofft ich noch immer Sie zu sehen, und weis noch nicht wie Sie sich befinden. Hier ein Zeichen dass ich lebe, dass ich Sie liebe. Und immer ihr voriger, gegenwtrtiger, und zukpnftiger G. bin. d‘. 22 Apr 76.
90. An Philipp Erasmus Reich Weimar, 25. April 1776. Donnerstag Hier schick ich Titelblat, Dedikation, Beschluss und Innhalt, und wpnsche Glpck, zu dem nun auch vollendeten zweyten Theil. Viel Glpck zur Reise! – Sehen wir sie nicht vorher. W. d‘. 25. Apr 76 G.
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91. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 25. April Æ1776. Donnerstagæ Wahrscheinlicher Weise ess ich heut mit Ihnen, um Ein uhr bin ich da, so mich nicht ein Fluss oder ein Berg abhtlt. Liebe Frau gestern hatt ich einen guten Tag. Addio. Lenzens Eseley von gestern Nacht, hat ein Lachfieber gegeben. Ich kann mich gar nicht erhohlen. d‘. 25. Apr. G.
92. An Charlotte von Stein
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ÆWeimar, April? 1776æ
Hier liebste Frau mit gutem frohen Herzen wieder was. Auch der Handschu. Ich bitte um sechs Paar mit Fingern und drey Paar nur mit dem Daumen und Ltppgen. Noch hab ich Ihre Zeichnung nicht Wieland, das Ungeheuer hats verlegt. 1 unsd 3 gegenwtr6tiger 4 bimn (ein m-Bogen gestr.) 5 Titelblat., 10 Fra6u
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BRIEFE 93–98
93. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 1. Mai Æ1776. Mittwochæ Heut will ich Sie nicht sehn. Ihre Gegenwart gestern hat so einen wunderbaaren Eindruck auf mich gemacht, dass ich nicht weis ob mir’s wohl oder weh bey der Sache ist. Leben Sie wohl. Liebste Frau. G. d‘. 1 May.
94. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 1. Mai Æ1776. Mittwochæ 5
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d‘. 1 May abends. Du hast recht mich zum heiligen zu machen, das heisst mich von deinem Herzen zu entfernen. Dich so heilig du bist kann ich nicht zur heiligen machen, und hab nichts als mich immer zu qutlen dass ich mich nicht qutlen will. Siehst du die treff‘ . Wortspiele. Also auch Morgen. Gut, ich will dich nicht sehen! – Gute Nacht. Hier auch eine Urne, wenn allenfalls einmal vom Heiligen nur Reliquien pberbleiben sollten.
95. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 2. Mai Æ1776. Donnerstagæ
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Guten Morgen. Mir fiels schweer l. Frau gestern mein Gelpbde zu halten, und so wird mir’s auch heut mit Ihrem Verlangen gehn. Doch da meine Liebe fpr Sie eine anhaltende Resignation ist, mag’s denn so hingehn. Dencken Sie mein. d‘. 2 May. G.
11-12 bHier auch Æ:::æ sollten.c 11 nu6r
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96. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 2. Mai? 1776. Donnerstag?æ Danck lieber Steinauer – So sey’s dann. lasst die Schnupftpcher! und kaufft das Kleid allein. Habt mich lieb. Die Wagen rasseln schon die Pferde klappen es geht nach Diefurt. Schicken Sie aber auch der S. Briefe grad an mich – Sonst machts auch Aufenthalt
97. An Charlotte von Stein
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Ilmenau, 4. Mai 1776. Samstag
Sonnabend d‘. 4 May 76 Eilf uhr V. Mittag Um diese Zeit sollt ich bey Ihnen seyn sollte mit bey Kalbs essen und sizze aufm Thpringer Wald wo man Feuer lqscht und Spizbuben ftngt, und bin, bey beydem entbehrlich aber doch da. Die Gegend wie die Kochberger! – Der Weeg hierher ganz herrlich – Und mir ist lieb dass ich weg bin. Ich weis nicht gestern frph! was es machte mir ward weh bey Ihnen – Nun weis ich nicht wann ich wiederkomme! Vielleicht Montag. Adieu Beste grpssen Sie mir Ihre Grasaffen, und auch den Grasaffen im Schatten. Und dencken Sie an mich und schreiben Sie mir was das sie mir geben wenn ich zurpckkomme. Ade. G. Ilmenau
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98. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Ilmenau, Æ4. Mai 1776. Samstagæ Wie mir’s gangen ist mpssen Sie gleich wissen, Sonnabend frph 11 Uhr schreib ich dies Ilmenau im Amthause. Ich bin keine sechs undwo 14 mi 1 Schnupftpchenr 8 bEilf uhr Æ:::æ V. Mittagc 10 ----- - -wann 17 msie
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BRIEFE 99–101
Stunden geritten, also wie sich’s gehort, des Husars Pferd wollte nicht mehr fort gegen das Ende, und hinter Bpchenloh auch mein’s nicht mehr. Da kam ich in ein sehr spizzigs Nachtrieseln das grad vom Wald kam, und traf endlich glpcklich betreckt ein. Der Brand war lange nieder, wie Sie einen Boten mpssen gegen 7 Uhr gehabt haben. Ich muss die Anstalten die dabey vorgekehrt wurden rphmen, wie die Obern die Bereitwillkeigt und Ausdauer der Subalternen loben, eine Gasse mit dprren Schindeldtchern wurde mit groser Arbeit gerettet, woran die Erhaltung des Oberntheils der Stadt, des Amt und Rathhauses hing, es sind n u r g e r i g e H t u ser und a r m e L e u t e verunglpckt, die doch / wenig gerettet haben, Bergleute Leineweber, Taglqhner. Von dem Raub haben Sie nun den Bericht wohl gesehn. Man hat gestreift, nichts gefunden – die 6 Husaren sind heut eilfe hergekommen, durchs Arnsttdtische visitirend. Und wollen morgen auf Frauenwalde ich will mit. Man trtgt sich mit Historien vom Teufel, entkleideten Weibern, Drohungen, auf die Frauenwalder, es sollen vier hagere Kerls seyn, einer im rothen Rocke, und ein Schpler von Schleusingen soll da bey seyn, im Eisfeld haben sie einen erwischt sagt man – das mag denn nun seyn, wie die Gerpchte gewqhnlich. Hernach hab ich noch eine Lecktion fpr Sie! – da ich so auf dem Weeg pber Ihre allzugrose Hizze bey solchen Gelegenheiten dachte, dadurch Sie immer im Fall sind, wo nicht was unrechtes / doch was unnqtigs zu thun und Ihre eignen Krtffte und die Krtffte der Ihrigen vergebens anzuspannen, drum hab ich auch Staffen und Wedeln gebeten zurpck zu bleiben, da ich selbst mehr da bin um Ihnen vom Ganzen Nachricht zu geben; und mich zu unterrichten als etwas zu nuzzen. Bey der Gelegenheit, zieh ich von manchem Erkundigung ein, habe traurig die alten Ofen gesehen. Aber die Gegend ist herrlich! herrlich! –– . Es waren 19 Sprpzen und sehr treue Hplfe der Benachbaarten hie. Seyn Sie hpbsch ruhig so viel’s seyn kann, leben Sie als homme de lettre und Privat mann, schonen Sie die Hpffte bey dem
Ð 10 6sind 10 meist dnure 13 der m 19 6im 26 da bin 27 geben.;
32 sSie
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Wetter, hier ist schon den ganzen Morgen Schnee. Addio. Mein Andencken der Cher Mama. Seyn Sie mir lieb. G.
99. An Charlotte von Stein
ÆIlmenauæ, 6. Mai 1776. Montag
Nur eine gute Nacht! Treff ich dich noch wenn ich zurpck komme! – Mir gehts zu wunderbaar. Hab mich nur ein bissel lieb. Ich erzthl dir auch viel und hab dich lieber als du magst. d‘. 6 May 76. G.
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100. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 11. Mai? 1776. Samstag?æ Ein Ragia und ein Brame die von den Dews verfolgt werden, bitten um ein Mittagsmahl heute in dem Quell Ihres reinen Lichtes. Wenns ia ist antworten Sie nicht, denn schon fphrt uns die Begier auf die Jagd der zweyfpsigen Schlange und des vierfpsigen Wolfs G.
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101. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 13.? Mai 1776. Montag?æ Trqsten Sie den Engel –––– Wtr ich nur eine Stunde bey ihr. – Ich dancke fpr alles. Lieben Sie mich.
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BRIEFE 102–107
102. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 14. Mai 1776. Dienstag
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Wieland bey dem ich bin hat heute veranstaltet in seinen Garten zu gehn. Drum lassen wir Sie fragen ob Sie nicht statt dahin dorthin gehen wollen, hoffe es soll auch recht seyn. So hohlen wir Sie ab. Mein Garten Sieht so noch raupig aus –– Es war nur weil ich S i e heut in freyer Lufft sehen musste. Wir haben was von Lenz vorzulesen. Ade –– Engel glpck zum Bad! treiben Sie’s nur nicht zu arg Addio. G. d‘. 14 May 76.
103. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimaræ, 16. Mai 1776. Donnerstag
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Ich hab ihre Rechnungen verlegt. Hier sind 20 Louis dor, was restirt schreiben Sie fprs neue an, melden mir’s aber. Dancke dass Sie Crqngen so erwischt haben, Sie sind ein ganzer Mann. Leben Sie recht wohl d‘. 16 May. 76. G.
104. An Augusta Louise Grcfin zu Stolberg-Stolberg ÆWeimaræ, 16. Mai 1776. Donnerstag ÆDruckæ
Ach Gustgen! Welcher Anblick! so viel von deiner Hand! – der ersehnten erflehten – noch heut Abend! – du Liebe nur dies! eh ich anfange zu lesen. 15
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Und da ich gelesen habe eine solche gute Nacht wie sie der Himmel der Erde bietet! – Engel – Ja Gustgen Morgen fang ich dir ein Journal an! – das ist alles was ich thun kann – denn d e r D i r n i c h t s c h r i e b b i s h e r ist immer derselbe. Nachts eilf den 16. May 76. G. 1 verans666taltet 9 6aber
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105. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimar. 16. Mai? 1776. Donnerstag?æ Ich empfange ein Exemplar 2 ten Theils. Ist es fpr mich? – und lassen Sie das Dedikations Exemplar binden? – Ausser dem seyn Sie so gptig mir 2 komplete Exemplare dieses Wercks baldigst zu pbermachen. Donnerst. G.
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Mir fehlt auch zu dem geringen Exemplar B e s c h l u s s.
106. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 17. Mai 1776. Freitag
Dancke beste fpr den guten Morgen. Ich komme mit Ihnen zu essen und bring allerley mit. Ich hab unter dem Druck neuen Muth zu Leben und eine neue Art von Hoffnung gekriegt, Obgleich das arme Herz viel drunter leidet. Addio beste. G. d‘. 17 May. 76.
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107. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 18. Mai 1776. Samstag Eh ich in den Garten gehe einen guten Morgen, und Spargel von Kalbsrieth. Der schqne Tag macht mir auch wohl ums Herz, so wohl es mir seyn kann. Zu Tisch werd ich wieder Beym H. seyn: Aber heut nach mittag oder gegen Abend wenn Sie mich mqgen. d‘. 18 May 76. G.
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BRIEFE 108–112
108. An Johann Gottfried Herder ÆWeimaræ, 18. ÆMai 1776. Samstagæ
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Hier Br. ein Brief von Mosern. Schreib mir doch einmal. Die Schinderey wird auch bald zu End gehn – Es zerrt die Pfaffen verflucht dass das was so lang unter sie vertheilt war, einer allein haben soll. Wie geht dirs sonst. Schreib mir doch und Æ æ und schier und treib mich, denn weil deine Sach gewiss ist, und also das andre all eins ist, und ich nicht pressirt bin dich hier zu sehn so lass ich alles laufen. Ade. Mir ist wie dem zweyten im Konigreich so scheisig als dem ersten und die VerantwortunÆgæ dazu, ob ich gleich mich nicht verantworte. G. d‘ 18.
109. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 19. Mai Æ1776. Sonntagæ 10
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Zum erstenmal im Garten geschlafen, und nun Erdkplin fpr ewig. Da sind Spargel, erst iezt gestochen, lassen Sie sie nicht unter die andern kommen, essen Sie sie allein da Sie doch einmal das glpckliche Vorurtheil dafpr haben; wie mir’s eben am besten schmeckt, wenn ich sie mit Ihnen esse. Sagen Sie mir wie’s Ihnen heut Mitag ist. Ob ich kommen darf? Die Ruhe hierhaussen ist unendlich. Und wenn Sie erst einmal werden abgeschieden seyn – Ich mag dadran nicht dencken Ade. d‘. 19 May Sonntag. G.
110. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 20.? Mai 1776. Montag?æ
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Hier einen Brief von meiner Schwester. Sie fphlen wie er mir das Herz zerreisst. Ich hab schon ein Paar von ihr unterschlagen um Sie nicht zu qutlen. Ich bitte Sie flehentlich nehmen Sie sich ihrer an,
14 mMitag 15 hierhaduessen 17 Mtrz May
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schreiben Sie ihr einmal, peinigen Sie mich dass ich ihr was schicke. Leben Sie wohl. – G.
111. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 21. Mai 1776. Dienstag Da liebe Frau wieder Spargel ich esse heut mit Ihnen. Gestern als ich zu Bette gehn wollt und ihr Armband mir in die Htnde kam macht ich mir Vorwprfe. Guten Morgen beste. d‘. 21. May. 76. G.
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112. An Friedrich Gottlieb Klopstock Weimar, 21. ÆMaiæ 1776. ÆDienstagæ
ÆDruckæ
We i m a r , den 21. Mtrz 76. Verschonen Sie nur kpnftig mit solchen Briefen, liebster Klopstock. Sie helfen Nichts und machen uns immer ein Paar bqse Stunden. Sie fphlen selbst, daß ich darauf Nichts zu antworten habe. Entweder ich muß als Schulknabe ein Pater peccavi anstimmen, oder sophistisch entschuldigen, oder als ein ehrlicher Kerl vertheidigen und ktme vielleicht in der Wahrheit ein Gemisch von allen Dreien heraus und wozu? Also kein Wort mehr zwischen uns pber diese Sache. Glauben Sie mir, daß mir kein Augenblick meiner Exsistenz pber bliebe, wenn ich auf alle solche Briefe, auf all solche Anmahnungen antworten sollte. Dem Herzog that es einen Augenblick weh, daß es von Klopstock wtre. Er liebt und ehrt Sie, von mir wissen Sie eben das. Leben Sie wohl. S t o l l b e r g soll immer kommen. Wir sind nicht schlimmer und will es Gott besser, als er uns selbst gesehen hat. G.
5 vVorwprfe
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BRIEFE 113/114
113. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen 20. und 23. Mai 1776?æ
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Ebendesswegen!– – –– –– Und wie ich Ihnen meine Liebe nie sagen kann, kann ich Ihnen auch meine Freude nicht sagen. – Was ich auch meiner Schwester gqnne das ist mein, in mehr als Einem Sinne mein! – Aber – Ebendesswegen – werd ich nie mit siegeln – und ich wtre das nicht werth wenn ich das nicht gefphlt httte – G.
114. An Augusta Louise Grcfin zu Stolberg-Stolberg ÆWeimar, 17.–24. Mai 1776. Freitag–Freitagæ
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d‘. 17 May. Morgens 8. Guten Morgen Gustgen. Nichts als die’s zur Grundlage eines Tagbuchs fpr dich. Ach du nimmst an dem unsteten Menschen noch Theil, der seit er dir nichts von sich schrieb, seltsame Schicksaale gehabt hat. Ich fphle dass ich dir nicht alles sagen kann drum mag ich nichts sagen. Adieu! – In meinem Garten Gustgen gegen 10. Hab ein liebes Gtrtgen vom Thore an der Ilm schqnen Wiesen in einem Thale. ist ein altes Hausgen drinne, das ich mir repariren lasse. Alles blpht alle Vqgel singen. Gustgen und du bist kranck! – d‘. 18 May Gestern konnt ich dir nichts mehr sagen. Der Husarn Rittmeister kam in meinen Garten, ich ritt um eilf nach dem Lustschloss Belvedere wo ich hinten im Garten eine Einsiedeley anlege, allerley Pltzgen drinn fpr arme Krancke und bekpmmerte Herzen. Ich ass mit dem Herzog, nach Tisch ging ich zur Frau v. Stein einem Engel von einem Weibe, frag die Brpder, der ich so offt die Beruhigung meines Herzens und manche der reinsten Glpckseeligkeiten zu verdancken habe. Der ich noch nichts von dir erzthlt habe, dass mir viel Gewalt gekostet hat, heut aber will ich’s thun will ich tausend
5 Ssiegel|n| 15 inch 19 bBelvedere 23 gGlpckseeligkeiten 24 haben 25 g Gewalt --
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Sachen von Gustgen sagen. Wir gingen in meinen Garten spazieren. Ihr Mann ihre Kinder ihr Bruder ein paar Frau‘. Ilten. es kamen mehr zu uns wir gingen spazieren, begegneten der Herzoginn Mutter und dem Prinzen, die sich zu uns. Wir waren ganz vergnpgt. Ich verlies die Gesellschafft, ging noch einen Augenblick zum Herzog und ass mit Fr. v. Stein zu Nacht. Nun ists wieder schqner heitrer Tag. Soviel iezt. halb 9. 12 Uhr in meinem Garten. Da lass ich mir von den Vqgeln was vorsingen, und zeichne Rasenbtncke die ich will anlegen lassen, damit Ruhe pber meine Seele komme, und ich wieder von vorne mqg anfangen zu tragen und zu leiden. Gustgen kqnnt ich dir von meiner Lage sagen! die erwpnschteste fpr mich, die glpcklichste, und dann wieder – Ich sagte immer in meiner Jugend zu mir da so viel tausend Empfindungen das schwanckende Ding bestprmten: Was das Schicksal mit mir will, dass es mich durch all die Schulen gehn ltsst, es hat gewiss vor pp Ich hab das ausgestrichen weils dunckel und unbestimmt gesagt war. Nach Tische mehr. / Sonnabends Nachts 10 in meinem Garten. Ich habe meinen Philipp nach Hause geschickt und will allein hier zum erstenmal schlafen. Und so meinen Schlaf einweihen dass ich dir schreibe. Die Maurer haben gearbeit biss Nacht ich wollt sie aus dem Haus haben, wollte – ia ich kann dir nicht ins Detail gehn. Den ganzen Nachmittag war die --Herzoginn Mutter da und der Prinz und waren guten lieben Humors, und ich hab denn so herum gehausvatert, wie alles weg war, ein Stpck kalten Braten gessen und mit meinem Philipp, |:lass dir von den Brpdern was von ihm erzthlen:| von seiner und meiner Welt geschwtzzt, war ruhig und bin’s und hoffe gut zu schlaffen zu holdem Erwachen. Gute Nacht beste. – Es geht gegen eilf ich hab noch gesessen und einen englischen Garten gezeichnet. Es ist eine herrliche Empfindung dahausen im Feld allein zu sizzen. Morgen frphe wie schon. Alles ist so still. Ich hqre nur meine Uhr dackcken, und den Wind und das
1 sSachen 9 lassen., 16 vor,pp 16 ppmich dahin zu stellen wo mich die gewqhnlichen Qualalen der Menschheit gar nicht mehr ankommen efechtene mpssen. Und iezzt noch ich seh alles als Vobrbereitung an. Ich 17 de- gesagt 21 wol|l|te 22 Dedtail 25 a- kalten 27 hollddem 28 gegeng
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Wehr von ferne gute Nacht. Æ æ Sonntag frph d‘. 19. Guten Morgen! ein trpber, aber herrlicher Tag. Ich habe lang geschlafen wachte aber gegen vier auf, wie schqn Æwar daæs gÆrpnæ dem Auge das sich halbtruncken aufthat. Da schlief ich wieder ein. Nachts 10. Im Garten versteht sich iezt von selbst. ging um eilf heut frph in die Stadt steckte mich in erbaare Kleider, machte eine Visite, ging zum Herzog, einen Augenblick zur Herzoginn Mutter, wir haben Italitners hier die uns gute Gpsse der Antiken schaffen, dann bey Fr. v. St. zu Tisch, wir hatten Lust uns zu necken, um vier zu Wieland in Garten wo der Mahler Krause dazu kam. Beyde mit mir in meinen Garten. Sie verliesen mich ich las Guibert s Tacktick, da kam der Herzog und der Prinz mit noch zween Guten Geistern. Wir schwazzten und trieben allerley. Fr von Stein mit ihrer Mutter kam von Oberweimar herunter spazieren wir begleiteten sie, kehrten um, der Prinz verlies uns auch, ich erzthlte dem Herzog eine Geschichte eines meiner Freunde der sich wunderlich durch die Welt schlagen musste, begleitet ihn nach der Stadt, und kam allein zurpck. Hir treu mein Tag. lieb Gustgen. Ich hab so viel gedacht! Dass ich’s doch nur nicht so hin sagen kann. / Montag d‘. 20. Spsser Morgen. Arbeiter in meinem Garten. Allerley beschtfftigungen! – –– –– –– Bey der Herzoginn Mutter gessen Nach Tische ging alles nach Tiefurt wo der Prinz sich hat ein Pachtgut artig zurecht machen lassen Die Bauern empfingen ihm mit Musik, Bqllern, landlichen Ehrenpforten, Krtnzlein, Kuchen, Tanz, Feuerwerckspuffen Serenade und s. w. wir waren vergnpgt ich hatte das Glpck alles sehr schqn zu sehen. Und nun bin ich im Garten hab eine Viertelstunde nach dem Feuerzeug getappt und mich geargert und bin so froh dass ich iezt Licht habe dir das zu schreiben. Dadrpben auf dem Schlosse sah ich viel Licht indess ich nach Einem Funcken schnappte, und wusste doch dass der Herzog gern mit mir getauscht httte, wenn er’s in dem Augenblick httte wissen kqnnen. Es ist ein trefflicher Junge und wird wills Gott auch ausgthren. Friz wird gute Tage mit uns haben, so wenig ich ihm ein Paradies verspreche. Gute Nacht. Eine grose Bitte hab
1 fr6ch 7 zur m 24 Musizk|,| 24 dBqllerne|,| 28 udnd 31 Hezrzog
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ich! – Meine Schwester der ich so lang geschwiegen habe als dir, plagt mich wieder heute um Nachrichten oder so was von mir. Schick ihr diesen Brief, und schreib ihr! O dass ihr verbunden wtrt! Dass in ihrer Einsamkeit ein Lichstral von dir auf sie hin leuchtete, und wieder von ihr ein Trostwort zur Stunde der Noth herpber zu dir ktme. Lernt euch kennen. Seyd einander was ich euch nicht seyn kann. Was rechte Weiber sind sollten keine Mtnner lieben, wir sinds nicht werth. Gute Nacht halb eilfe. Dienstag d‘. 21. frph 6 aufgestanden herrlicher kphler Sonnenmorgen. Arbeiter im Garten. Ein Jtger bringt mir einen iungen Fuchs. / Mittwoch d‘. 22. um 10 Uhr. Gestern wieder nach Tiefurth die regierende Herzoginn war dort. Der Herzog und noch einige blieben die Nacht drausen, heut frph ritten wir herein dem Maneuvre der Husaren zuzusehn und nun bin ich wieder in meinem Garten. Freytag d‘. 24 Morgens eilf in der Stadt. Habe viel ausgestanden die Zeit. Mittw. Nachmittag brach ein Feuer aus im Hazfeldischen 5 Stunden von hier der Herzog ritt hinaus biss wir hin kamen lag das ganze Dorf nieder, es war nur noch um Trpmmern zu retten und die Schul und die Kirche. Es war ein groser Anblick ich stand auf einem Hause wo das Dach herunter war und wo unsre Schlauchsprizze nur das untre noch erhalten sollte, und sieh Gustgen und hinter und vor und neben mir feine Glut, nicht Flamme, tiefe hohlaugige G l u t des niedergesuncknen Orts, und der Wind drein und dann wieder da eine Auffahrende Flamme, und die herrlichen alten Btume um’s ort inwendig in ihren hohlen Sttmmen glphend und der rothe dampf in der Nacht und die Sterne roth und der neue Mond sich verbergend in Wolcken. Wir kamen erst Nachts zwey wieder nach Hause. Gestern Donnest d‘. 23 ist mir auch wieder wunderbaars Wesen um den Kopf gezogen –. Was wirds werden, ich hab eben noch viel auszustehen, das ists was ich in allen Drangsaalen meiner Jugend fphlte, aber gestthlt bin ich auch, und will ausdauern bis ans Ende. Adieu. Nun hqrst du wieder eine Weile nichts von mir. Schreib mir aber wann dichs freut. Friz soll kommen wann er gerne mag der Herzog hat ihn
5 Lertnt 6 6kann 7 t-keine 11 Gester mn 18 undm 20 Has- use 20 Dr- ach 21 solt-lte 22 efeine 24 6Auffahrende
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BRIEFE 115–119
lieb wpnscht ihn ie eher ie lieber, will ihn aber nicht engen. Adieu. Ich bin ewig derselbe. G.
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An meine Schwester die Addresse. Frau Hofrath Schlosser nach fr. Rheinhausen. Emmedingen im Brisgau
115. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 24. Mai 1776. Freitag
Also auch das Verhtltniss, das reinste, schqnste, wahrste, das ich ausser meiner Schwester ie zu einem Weibe gehabt, auch das gestqrt! – Ich war drauf vorbereitet, ich litt nur unendlich fpr das Vergangne und das Zukpnftige, und fpr das arme Kind das hinausging das ich zu solchen Leiden in dem Augeblick geweiht hatte. Ich will Sie nicht sehn, ihre Gegenwart wprde mich traurig machen. Wenn ich mit Ihnen nicht leben soll, so hilft mir Ihre Liebe so wenig als die Liebe meiner Abwesenden, an der ich so reich bin. Die G e g e n w a r t im Augenblicke des Bedprfnisses entscheidet alles, lindert alles, krtfftiget alles. Der Abwesende kommt mit seiner Sprpzze wenn das Feuer nieder ist –– –– und das alles um der Welt willen! Die Welt die mir nichts seyn kann will auch nicht dass du mir was seyn sollst – Sie wissen nicht was sie thun. Die Hand des Einsam verschlossnen, der die Stimme der Liebe nicht hqrt, drpckt hart wo sie aufliegt. Adieu beste. d‘. 24 May. 76
116. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 25. Mai 1776. Samstag Sie sind sich immer gleich, immer die unendliche Lieb und Gpte. Da sind die zwey Kqpfe fpr Kestner. Den von mir wird er morgen kriegen, sagen Sie noch nichts von. Vielleicht komm ich nach Tiefurt, es 11 dass (langes s zu Schluss-s) 17 Kkommt
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wird – das weis Gott – Verzeihn Sie, dass ich Sie leiden mache, ich wills kpnftig suchen allein tragen zu lernen. Ich wohne in tiefer trauer pber einem Gedicht dass ich fpr Gluck auf den Todt seiner Nichte machen will. Adieu beste. d‘. 25. May. 76. G.
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117. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 26. Mai 1776. Sonntag Hier liebe Frau ein bpschel eignen Gewtchses ists Ihnen nach der gestrigen Thorheit wohl geworden. Ich war heut in mich gekehrt. Bleiben Sie mir lieb. G d‘. 26 May 76.
118. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 27. Mai 1776. Montag Ich habe gestoppelt, da ist noch ein Bpschelgen. Man will mir glauben machen ich dprfe heut mit Ihnen essen. Ists wahr? G d‘. 27 May 76.
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119. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 27. oder 28. Mai 1776? Montag? oder Dienstag?æ Ich kan nichts thun als Sie im stillen lieben. Ihr Betragen zu denen andern sachen die mich plagen macht mir so einen seltsamen Druck auf die Seele dass ich muss suchen mich loszureisen. Adieu ich geh sehr ungern fort, hoffte heut auf einen guten Abend mit Ihnen. Leben Sie wohl. G.
3K - -Gluck 12 Betragen, undzu (Komma gestr.)
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BRIEFE 120–122
120. An Carl Ludwig von Knebel
ÆWeimar, April/Mai 1776?æ
Bitte um die Silhouetten! Das Biskuit Kqpfgen! Das Wachs Profil, den Degen, Hut, und was sonst noch mqcht bey Euch seyn Bruder Herz. Grpsst den Prinzen freundlichst. G.
121. An Charlotte von Stein
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Ich bin wieder da, wtr so gern gekommen als ich lebe – aber es soll nicht seyn – meine Abwesenheit wird die We l t einigermaßen konsolirt haben. Ich bring Grpsse von der Guten Werthern. Auch das Zettelgen u. s. w. d‘. 1 Jun. 76 G ÆBeilageæ
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ÆWeimaræ, 1. Juni 1776. Samstag
Ævgl. Faksimileæ G. d‘. 31 May 76. Frond.
122. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 3.æ Juni 1776. ÆMontagæ
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Mir war’s so wohl gestern in ihrem Zimmer ich eilte nur dass Sie mich nicht wieder finden sollten. Kestners theilnehmung fachte das Feuer an und so haben Sie Glut gefunden wie Sie nach Hause kamen. Ich aber hatte mich pber dem Zeichnen erhizt dass ich einen wunderbaaren Krampf am Herzen bekam wie ich ging. Adieu Engel ich lass ein Paar Rahmen bestellen dass das Feuer nicht verlqsche. d‘. Jun. 76. G. Beygehendes machen Sie nicht eher auf biss ich komme 5 gergn 9|d‘. 1 Jun. 76| 14 erhizt, (Komma gestr.)
Abb. 3: Blick auf den Gutshof in Frohndorf (Beilage zu Nr 121)
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BRIEFE 123–129
123. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 4. Juni 1776. Dienstag
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Hier l. Frau den Tribut. Ich will sehn ob ich aushalte nicht zu kommen. Ganz sind sie nicht sicher vor mir. Gestern hatt ich wieder einige Augenblicke in denen ich recht fphlte dass ich Sie lieb habe. d‘. 4. Jun. 76 G.
124. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, 6. Juni? 1776. Donnerstag?æ ÆAbschriftæ
Wtre dir s gelegen heut die Mitschuldigen zu probiren, so schreib mir s durch Uberbringern zurpck, und komm Nachmittag um dreye zu Mustus G.
125. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 7. Juni 1776. Freitag
Wie kann ich seyn ohne Ihnen zu schreiben. Wenigstens hqrt ich gestern durch Lenz was von Ihnen. Hier ein Erwin. Schicken Sie das Ihrige der Werthern. Wiel. hat mit Ihrer Frau Mutter von einer Franzqsin gesprochen die Kinder unterrichten will. Wird noch was draus? Was macht Friz? Gezeichnet hab ich nichts. Meiner Schwester mqgt ich eine Abschrifft der neuen Melodie schicken. Addio. Vielleicht komm ich heute noch und bring die Rahmen zu den Feuer Stpcken. Die Banck steht prtchtig in dem ihr geweihten Heiligthum. Adieu. Seyn Sie mir lieb wie immer, ich will auch seltner schreiben und kommen. d‘. 7. Jun. 76. G.
2 f- vor
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126. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 7. Juni Æ1776. Freitagæ
Sie sind lieb dass Sie mir alles gesagt haben! – man soll sich alles sagen wenn man sich liebt. – Liebster Engel und ich habe wieder drey Worte in der Hand sie pber alles zu beruhigen aber auch nur Worte von mir zu Ihnen! –– –– Ich komme heut noch! – Adieu. G. d‘. 7 Jun.
127. An Charlotte von Stein
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ÆWeimar, 9. Juni 1776. Sonntagæ
Das konnten Sie mir also thun, und gestern von Tiefurt bleiben. Freylich was Sie thun muss mir recht seyn!! Es machte mich nur traurig. – Hier sind die Rahmen, bewahren Sie sie biss ich komme die Bilder einzumachen. Heut mag ich nicht aus meinem Garten. Leben Sie wohl und sey sie so glpcklich als Sie lieb mir sind. Was macht Friz.
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128. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 13. Juni 1776. Donnerstag Ich wills pberwinden und Sie heut nicht sehn, wenn’s htlt biss Abend. Hier die Stpcke, das Portefeuille, die Muschel – – Was brauch ich mehr zu sagen. Sie wissen alles. d‘. 13 Jun. 76 G.
129. An Charlotte von Stein ÆWeimar, erste Hclfte Juni? 1776æ Ich dancke Ihnen dass Sie soviel besser gegen mich sind als ich’s verdiene, ich hoffte nichts von Ihnen zu sehen. Wenn ich mein Herz gegen Sie zuschliesen will, wird mir’s nie wohl dabey! Hier die Phis. 10 wWas 10 fFriz
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BRIEFE 130–134
Gestern Nacht hab ich noch gebadet aber nicht am Wehre, und herrliche Wahrzeichen gesehen. Addio Gold. G. d‘.
130. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, Mitte Juni? 1776æ ÆAbschriftæ
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Du musst in einer verfluchten Hypochondrie stecken. – Ich wollte schwqren dir wtrs gut wenn du dich nur ein bissel angriffst. Ich weis nun nicht was ich mache. Die andern spielen brav, und ich weis absolut keinen Sqller – Und weis dass du ihn gewiss gut spielen wprdest vielleicht besuch ich dich heut. G.
131. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, Mitte Juni? 1776æ
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Einsiedel ich bitte dich strecke deinen stumpfsinn an die Rolle. Die Andern machens brav, mit dir mqchte ich’s unter uns morgen probiren auf den Sonnabend zusammen Montags auf dem Theater, Dienstag oder Mittwoch spielen. G.
132. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 18. Juni 1776. Dienstag
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Also gestern wollte der Himmel nicht. Ich hatte einen pbeln Tag. konnte Gestern Nacht fpr Hoffnung und Furcht nicht schlafen, der anhaltende Regen machte mich toll, und ich war dumpf biss Nacht. Aber heute kommen Sie doch mit der Schwester! Ich hoffe das Wetter soll bleiben. Adieu Beste. Kommt Stein auch? d‘. 18. Jun 76. G.
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Wenn’s regent, wie ich fast fprchte; so wird heute wieder nichts draus. Vielleicht lauf ich auf die Nacht alsdenn zu Ihnen. Sagen Sie mir Ein Wort. Grpsen Sie die Schwester.
133. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 22. Juni 1776. Samstag Du hast gestern Steinen lahm nach Hause kriegt, sonst wtr ich noch einen Augenblick kommen, denn ich bedarf auch einiger Pflege. Da ging ich zu Wiel. und ward mir wieder freyer. Liebste Frau ich darf nicht dran dencken dass Sie Dienstag weggehn, dass Sie auf ein halb Jahr hinaus von mir ab sind. Denn was hilft alles! die Gegenwart ists allein die wprckt, trqstet und erbaut! – Wenn sie auch wohl manchmal plagt – und das Plagen ist der Sommerregen der Liebe. Ich hab Sie viel lieber seit neulich, viel theurer und viel werther ist mir deine Gutheit zu mir. Aber freylich auch klarer und tiefer ein Verhtltniss, pber das man so gerne wegschlppft, pber das man sich so gerne verblendet. Der Herz. M. entging nicht dass ich mich auf einmal vertnderte. Adieu! Hier eine Rose aus meinem Garten, hier ein Paar halbwelcke, die ich an einer Hecke, gestern zurpckreitend dir abbrach. Leb wohl bestes. der Schwester einen guten Morgen. Addio. d‘. 22 Jun. 76. G.
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134. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 23. Juni 1776. Sonntag æ Ich hab meine Glieder in Stern geschleppt, sie noch zu sehn, und Einen Trpfen Anodynum aus Ihren Augen zu trincken. Sie waren nicht da und ich zog mich zu Wiel. und nach haus, nun fphl ich dass ich mpd bin. Ach Ihre Gesandten! – Liebe Frau. Lenz hat die Kirsche verwahrlost! hat mir sie nicht gegeben, mir nicht den Kern nicht den Stiel gegeben. Mir der ich in all dem Tumult so offt an Sie gedacht
1 drauss (langes s zu Schluss-s) 10 pPlagen 10 6Sommerregen
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BRIEFE 135–138
habe. – Hat mir nichts davon gesagt biss heute – Gute Nacht. Bleiben Sie mir immer die liebe, unvertnderliche von Ewigk. zu Ewigk. Amen.
135. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 24. Juni 1776. Montagæ
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Ich werde Sie nicht mehr sehen. Adieu. Ich habe kein Adieu zu sagen denn Sie gehn nicht fort. Hier was von meiner Schwester. Fpr Ihre Matinees danck ich herzlich, ich habe mich herzlich drpber gefreut, ich bin weidlich geschunden, und doch freut mich s dass es nicht so ist. Adieu. Schicken Sie mir die Grose Silhouette. Schicken Sie mir sonst noch was Sie mir gqnnen. Adieu – Ich habe keine Idee von dem was das heisst: dass Sie gehn. Grpsen Sie die Schwester. –– . Warum Sie das Portefeuille nicht kriegen. und an dessen Statt einen schlechten Pappedeckel, auf dem ich reisend nach Leipzig die Zettelgen unterweegs an Sie schrieb, und mit unter das Gedicht auf Hans Sachsen anfing, und dabey allerley Zeichnungen vergangener Zeiten hiermit erhalten; das ist zu heilig fprs Papier, da Sie mir nicht einmal geben kqnnen, was Sie schreiben konnten.
136. An Jacob Michael Reinhold Lenz ÆWeimar, vermutlich Anfang Juli 1776æ
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Hier ist der Guibert die andern Bpcher sind nicht zu haben. Da ist eine Louisdor. Deine Zeichnungen sind brav fahre nur fort wie du kannst. Leb wohl und arbeite dich aus wie du kannst und magst. G.
2 liebe., 5 Auch das Portefeuille. d e 11 Stadtt 17 Guib6ert
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JUNI/JULI 1776
137. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Anfang Juli 1776?æ
Lass dir gefallen Aus diesem Glas zu trincken, Und mqg dir dpncken Wir stsen neben dir Denn obgleich fern sind wir Dir doch die nachsten fast von allen.
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138. An Johann Gottfried Herder ÆWeimaræ, 5. Juli 1776. Freitag Lieber Bruder heut war ich in der Superintendur, wo H‘. C o n s i s t o r i a l R a t h Seidler mit einem Schwanz von 10 Kindern nach und nach ausmistet. Ich hab gleich veranstaltet dass wenigstens das obre Stock reparirt werde, und so eingerichtet dass ihr einziehen, und deine Frau Wochen halten kqnne. auf die Woche wird angefangen. Ihr mpsst euch in dess gefallen lassen wie ich euch die Zimmer anlege.
deine Stube
Vorsaal
BesuchzimmÆeræ
Wochenstube SchlafzimmÆeræ fur dich
fur was ihr wollt
12 werde., 13 wWochen 16 wWochenstube
fpr die Warterin
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BRIEFE 139/140
Es mpssen noch vfen gesezt werden Fenster gemacht, angestrichen, geweisst und so weiter. B e r e c h n e nur was dich Reise und Transport kostet, es wird dir alles ersezt. sie wollten dir 200 rh. schicken weil du aber schriebst du brauchsts nicht so hab ich sie hier gelassen / Kommt also s o b a l d i h r k q n n t u n d w o l l t, Behelfen mpsst ihr euch freylich im Anfange, solts aber gar nicht fertig werden kqnnen so habt ihr immer meine Wohnung und Plaz genug drinn. und ich mqgt wohl ein Faunchen in meinem Schlafzimmer gebohren haben. Lieber Bruder der Augenblick des Zeugens ist herrlich, das Tragen und Gebthren beschweerlich, so aber gebohren ist, Freude. So wird s auch seyn wenn du als G. S. p gebohren bist. Leb wohl. Du findst viel liebes Volck hier das dein offen erwartet. Du brauchst nur zu seyn wie du bist, das ist iezt hier Politick. Ich hab das falsch gesagt . das Gemeine Vo l c k fprchtet sich vor dir es werde dich nicht verstehen drum sey einfach in deiner ersten Predigt. Sag ihnen das gemeinste mit deiner Art, so hast du auch Die. Die Geistlichen sind alle verschobene Kerls. Sind aber die iungen dir nicht ganz gram. / Das ist wohl alles fpr diesmal. Bester Bruder der Kopf ist mir manchmal toll genug, doch hab ihn Gott sei Danck noch immer oben behalten. Der Stadtrath hat schon seine Denomination eingereicht, die Confirmation wird erfolgen gleich, das wirst du hier finden. Gute Nacht. Dir wird hoffentlich wohl mit uns werden. Wiel. grpsst dich. G. d‘. 5. Jul. 76.
8 mein6e 12 se6yn 14-15 Politick. / Und sinn dir eine Predigt aus zum Antritt p l a n u n d g u t so als wie du sie ex tempore – Ich 21 oihn 24 6finden 26 3--5
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139. An Charlotte von Stein mit Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach ÆWeimar, etwa 6. Juli 1776æ Ich schlafe, ich schlafe von heute biß morgen ich trapme die Wahrheit ohne Sorgen, habe hepte gemacht den Cammer Etat, bin heute gqttlich in meinen selbst gebad. Die Geister der Wesen durchschweben mich hept Geben mir dumpfes, doch spßes Geleit. Wohl dir Gute, wenn du lebest auf Erden Ohne anderer Existens gewahr zu werden. Tauche dich ganz in Gefphle hinein, Um liebvollen Geistern gefthrtin zu seyn. Sauge den Erdsaft, saug leben dir ein, Um liebvoller Geister Gefthrtin zu seyn. C. A. /
Und ich geh meinen alten Gang Meine liebe Wiese lang. Tauche mich in die Sonne frph Bad ab im Monde des Tages Mph, Leb’ in Liebes Klarheit und Krafft, Thut mir wohl des Herren Nachbarschafft Der in Liebes Dumpfheit und Krafft hin lebt Und sich durch seltnes Wesen webt.
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140. An Charlotte von Stein mit Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach ÆWeimaræ, 25. Juni–9. Juli Æ1776. Dienstag–Dienstagæ d‘. 25. Nachts. sagt ich’s nicht! kaum sind Sie weg, schon so ein Tag, ein unendlich verwickelter Tag, dass ich kaum schreiben, und eigentlich gar nichts schreiben kann. Was sich nur sagen liesse Kaum sagen liesse! – Gute Nacht Beste.
2 schlafe die trapme 4 meiner n Wesen selbst 10 him liebevollen 17 mMph
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d‘. 2 Jul. Es ist und bleibt Gegenwart alles! – Was hilft mich’s dass Sie in der Welt sind, dass Sie an mich dencken. Sie fehlen mir an allen Ecken, ich schleiche meinen Tag herum und es ist mir eben weh bey der Sache. Mit Wielanden hab ich gqttlich reine Stunden. Das trqstet mich viel. Ihre Schwester ist gut, sie kommt wohl einmal vor meinem Garten vorbey und guckt ob ich drinn bin. hinein ist sie noch nicht kommen. Ich hab ihr Rosen geschickt und hab sie lieb. Dass sie fpr mich zeichnen macht mir hoffnung. Der kleine ruhige Land Blick hat mir gar wohl an Herzen gethan. – Sie werden noch herrlich zeichnen lernen. Nur immer das Datum an ein Eckgen ganz klein. Addio. Nachts hab eilf der Mondschein war so gqttlich ich lief noch ins Wasser. Auf der Wiese und Mond. Gute Nacht / d‘. 9 Juli. Gestern Nachts lieg ich im Bette schlafe schon halb, Philip bringt mir einen Brief, dumpfsinnig les ich – dass Lili eine Braut ist!! kehre mich um und schlafe fort. –– –– Wie ich das Schicksaal anbete dass es so mit mir verfthrt! –– So alles zur rechten Zeit –– –– Lieber Engel gute nacht. Ubrigens gehts so entsezlich durcheinander mit mir dass es eine Freud ist. Ade.
Die Imhof kriegt manchmal was von Intressen davon ich die Quittungen aufweisen kann. 25
Dein Tagbuch!!! /
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D. 27. Jun. Nachts. Ich schlafe beym Herz. und eh ich mich auf ’s Canapee streiche nur ein Wort Dancks fpr die Zeichnung! Sie ist ganz herrlich, ganz wahr, und deine ganze Seele in der Wahrheit, das Gefphl des Friedens der mit dir geht an den Bauer Schwellen. Liebe allen Danck und gute Nacht.
1 Junl. 8 Daser 8 6ruhige 13 hab--lb 15 SchickSsaal 22 madnechmal 28 wahr.,
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d‘. 28. Morgends! schon in Frtnzgen und schwarzem Rock, erwartend, des Conseils erhabene Sizzung. liebe Frau und dann bey Tisch. Die Zeichnung freut mich! – Weil ich ganz pberzeugt bin Sie werden in kurzem Ihrem Gefphl zu Danck und Liebe fprtragen kqnnen. Ich zeichne iezt leider nichts, doch wird hoff ich etwas fertig fpr Sie –
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Guten morgen liebe Frau, alle Geister der Berge, der Schlqsser, der Morgen u. Abenddtmmerung seyen ihre Begleiter. Dencken Sie an mich; Ich treibe mich jetz mit Gqthen ins Conseil. Wan Sie in Pirmont ist liebe Frau, so trincke Sie ja wenn der Morgen hpbsch ist das erste glas, auf Gqthens, u. meine Gesundheit. C. A.
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In deinem Zimmer schreib ich das. habe mit den Gras affen gessen. H u d e r und der kleine Laufer haben sich im Bassin gebadt und aller--ley Possen gemacht – hier siz ich auf deinem Canape. Adieu Engel –––– 5. Jul. /
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Wielands Garten auch am 5. Jul. ich komm von deinem Zimmer. Noch ein Wort. Ich hab deine Briefe bestellt. Grps Zimmermannen, sag ihm ich hab ihn nicht verkannt aber ich hab einen Pick auf all meine Freunde die mich mit Schreiben von dem was man pber mich sagte wider ihren Willen plagten. Du kennst meine Lage am besten, also sag ihm was dir’s herz sagt. Sag ihm er solls fpr sich behalten, soll mich lieb behalten. Addio beste. Gestern hatt ich mit Louisen einen lieben Augenblick Leb wohl denck mein wie sonst. Zeichne mir was. Mir ist ein Streich mit der Zeichnung fpr dich begegnet schadt aber nichts. du kriegst sie doch. Adieu. Abends 9. Im Welschen Garten getanzt. Deine Schwester war da. Sie lachte mich aus da ich umweege machte ihr zu sagen was ich von dir wpsste. Addio Engel. /
7 Inch 9 dass (langes s zu Schluss-s) 9 6auf 16 6Zimmer 19 mircber 20 wWillen 21 6sagt 25 deiner der 26 6doch 29 ichr
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BRIEFE 141–143
Als ich fpr dich zeichnete an der Ilm. d‘. 29 Jun. 76. Zwischen Mittag und 1.
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Hier bildend nach der reinen stillen Natur, ist ach mein Herz der alten Schmerzen voll Leb ich doch stets um derentwillen Um derentwillen ich nicht leben soll /
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Sonst hab ich noch allerley Ihnen geschrieben. Der Herzog nahm mir neulich was weg und wollt was drunter schreiben. Es war danck fpr ihre herzliche Zeichnung. Brauch ich zu sagen dass ich Sie vermisse. –– Es ist Prpfung dass Sie weg sind. Engel ade. d‘. 2 Juli 76.
141. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 1. oder 9. Juli 1776. Montag oder Dienstagæ
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Lieber Steinauer. Kauffen Sie mir doch. S c h w e d e n b o r g s Himlische Philosophie verglichen pp Das Buch ist in Octav Teutsch von Prtlat Ottingern ausgegeben und R e i c h a r t s Garten Schaz Wie gehts Ihnen Sagen Sie mir doch wieder ein Wort. Und was vom Grasaffen und denckt an mich.
142. An Johann Christian und Charlotte Kestner Weimar, 9. Juli 1776. Dienstag 20
Liebe Kinder. Ich hab so vielerley von Stund zu Stund das mich herumwirft, ehmahls warens meine eigne Gefphle, iezt sind neben denen, noch die Verworrenheiten andrer Menschen die ich tragen und zu14 dTeutsch 21 nsind 22 vVerworrenheiten
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recht legen muss. So viel nur: ich bleibe hier, und kann da wo ich, und wie ich bin meines Lebens geniessen, und einem der edelsten Menschen, in mancherley zusttnden fqrderlich und dienstlich seyn. Der Herzog mit dem ich nun schon an die 9 Monate in der wahrsten und innigsten Seelen Verbindung stehe, hat mich endlich auch an seine Geschtffte gebunden, aus unsrer Liebschafft ist eine Ehe entstanden die Gott seegne. / Er hat mir Siz und Stimme in seinem Geheimen Rath; und den Titel als Geheimer Legationsrath geben, und wir hoffen das beste. Viel gute liebe Menschen giebts noch hier mit deren Allgemeiner Zufriedenheit ich da bleibe, ob ich gleich manchem nicht so recht anstehe. Addio behaltet mich lieb. d‘. 9 Jul. 76. Weimar Schreibt mir was von euern Kindern. Matthai hat mir einen Brief bracht. G.
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143. An Johann Gottfried Herder ÆWeimaræ, 10. Juli 1776. Mittwoch Hier ein Brief. Schreib mir doch l. Br. wie du kommst, schreib mir wie dirs mit Meubels gehn wird du kommst in ein leer Haus. Es ist noch ganz gut gebaut hat einen grosen Garten in dem aber die Igel brpten. mit dem Detail der Reparatur schinden sie mich noch was ehrlichs. Da hat der Gottskasten kein Geld, da sollen die Alten Fenster bleiben, da ist der ein Schlingel und iener ein Maz. Und so gehts durch – der Prts hat den besten Willen – Gestern hat ich alles dort und wird schon gehn. – Und Bruder war auch zum erstenmal in der Kirche. Ich dacht schon dir wirds doch wohl werden Alter wen du da oben stehst, und rechts in dem Chor des unglpcklichen Joh Friedr. Grab, und seinen Nachkommen den besten iungen d‘. 10 Jul 76. / gegen dir pber, der wohl die Chur werth wtre, werth dass das schicksaal dem wieder gtb was es ienem nahm. und Herzog Bernhards Grab in der Ecke und all der braven Sachsen Grtber herum und auf des 8 sSiz 20 Atlten 25 den ---- in 25 dens 30 Aauf
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BRIEFE 144/145
Altarblats Flpgel den Johan Friedrich wieder in Andacht und die seinen von seinem Cranach und in der Sacristey Luther in drey Perioden von Cranach, immer ganz Luther und ein ganzer Kerl. ganz Mqnch, ganz Ritter und ganz Lehrer – – Das wusch mich wieder von allem Staub und so reinige uns der Heilige Geist von allem Skwal eh er fingers dick auf uns sizt wie auf den Grtbern der Helden. Addio.
144. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 16. und 17. Juli 1776. Dienstag und Mittwoch
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Nur Ein Wort beste Frau. ich hab den Kopf die Queere sizzen und kann nichts sagen. Wir gehn pbermorgen nach Ilmenau, und wollt sie wtren in Kochberg. Sie fehlen mir an allen Ecken und Enden und wenn Sie nicht bald wiederkommen, mach ich dumme Streiche. Gestern auf dem Vogelschiesen zu Apolde hab ich mich in die Cristel von Artern verliebt ppp. Ich habe gar nichts was mich in linde Stimmung sezt. Wiel. thut mir noch am wohlsten. Der Herz u. ich theilen unsre Dumpfheit wenigstens, alles andre hezzt mich und ich kann mich nicht zu Ihnen flpchten. Sonst ist nicht leicht ein glpcklicher Geschqpf als ich, wenn ich dich nur wieder httte. O Schick mir was! grps Zimmermann G/ d‘. 16. Jul 76. Abends d‘. 16. Noch ein Wort. Gestern als wir nachts von Apolde zurpck ritten, war ich vorn allein bey den Husaren die erzthlten einander Stpckgen, ich hqrts, hqrts auch nicht, ritt so in Gedancken fort. Da fiel mirs auf wie mir die Gegend so lieb ist, das Land! der Ettersberg! die unbedeutenden Hpgel! Und mir fuhrs durch die Seele – Wenn du nun auch das einmal verlassen musst! das Land wo du so viel gefunden hast, alle Glpckseeligkeit gefunden hast die ein Sterblicher trtumen darf, wo du zwischen behagen und Missbehagen, in ewig klingender Existenz schwebst – wenn du auch das zu verlassen gedrungen wprdest mit einem Stab in der Hand, wie du dein Vaterland verlassen hast. Es kamen mir die Trthnen in die Augen, und ich fphlte 2 svon 19 ich dwire 20 rittbenc 22 lso 29 6Trthnen 29 dbiec
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mich starck genug auch das zu tragen. –– S t a r c k – ! ! das heisst dumpf. Gegen neun! ich wollt du wtrst hier! Ich hab dir was zu sagen das fprs Papier zugut ist. Mit denen Grasaffen habe heute gessen. Du fehlst A l l e n . Hab den Friz gefpttert. Deine Schwester seh ich nicht Es ist ein liebes Geschqpf wie ich eins fpr mich haben mqgte, und dann nichts weiter geliebt. ich bin des Herztheilens pberdrpßig / d‘. 17. Adieu! Wir gehen heute Abend Dein Mann hat heut Reuter Kpnste getrieben und Deiner Schwester schick ich noch eine Rose eh ich geh. Leb wohl. Ich komm wieder ferner von dir und wenn du zurpck kommst bin ich nicht da. Adieu. – Wenn ich nur leben kqnnte ohne zu lieben.
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145. An Charlotte von Stein ÆIlmenauæ, 22. und 24. Juli 1776. Montag und Mittwoch in der Hqhle unter dem Hermannnstein ------------------frph fpnfe d‘. 22 Jul 76
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ÆLandschaftsskizzeæ / Ich hab auf der andern Seite angefangen was zu zeichnen es geht aber nicht drum will ich lieber schreiben in der Hqhle unter dem Hermannstein meinem geliebten Aufenthalt wo ich mqcht wohnen und bleiben. Liebste ich habe viel gezeichnet sehe nur aber zu wohl dass ich nie Kpnstler werde. Die Liebe giebt mir alles und wo die nicht ist, dresch ich Stroh. Das mahlerischte Fleck gertth mir nicht, und ein ganz gemeines wird freundlich und lieblich. Es regnet scharf im tiefen Wald. Wenn du nur einmal hier seyn kqnntest es ist pber alle Beschreibung und Zeichnung. Ich hab viel gekrizzelt seit ich hier bin,
14 lieben. / Trtnck ----------- 15 auf duntere 18 ze ---schreiben 25 gekrizzelt, leider seit -----------
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BRIEF 145
alles leider nur von Auge zur hand, ohne durch s Herz zu gehen, da ist nun wenig draus worden. Es bleibt ewig wahr: Sich zu beschrtncken Einen Gegenstand, wenige Gegensttnde, recht bedprfen, so auch recht lieben, an ihnen htngen, sie auf alle Seiten wenden, mit ihnen vereinigt werden das macht den Dichter den Kpnstler – den Menschen – Addio ich will mich an den Felsenwanden und Fichten umsehn. – Es regnet fort – Hoch auf einem weit rings sehenden Berge. Im Regen sizz ich hinter einem Schirm von Tannenreisen Warte auf den Herz der auch fpr mich eine Bpchse mit bringen wird. Die Thtler dampfen alle an den Fichtenwanden herauf. |: . das hab ich dir gezeichnet:| den 24 Ich muss das schicken. vorgestern schrieb ich das Addio. Dachtest du an mich wie ich an dich dencke! Nein ich wills nicht! – Will mich in der Melankolie meines alten Schicksaals weiden. nicht geliebt zu werden wenn ich liebe. ÆBeilageæ
Ævgl. Faksimileæ
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Ewiges Denckmal! – an jedem Gegenstand suche erst die Art ihn auszudrucken – Keine allgemeine Art gilt. / Ach so drpckt mein Schicksaal mich Daß ich nach dem unmqglichen strebe. Lieber Engel fpr den ich nicht lebe Zwischen den Gebprgen leb ich fpr dich.
5 Mdmeacht 17 Melan6kolie 17 Schicksaasls
Abb. 4: Dampfende Tpler bei Ilmenau (Beilage zu Nr 145)
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BRIEFE 146–149
146. An Johann Heinrich Merck Ilmenau, 24. Juli 1776. Mittwoch
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Ilmenau d‘. 24 Jul. 76 Wir sind hier und wollen sehn ob wir das alte Bergwerck wieder in Bewegung sezzen, du kannst dencken wie ich mich auf dem Thpringer Wald herum zeichne, der Herzog geht auf Hirsche ich auf Landschafften aus, und selbst zur Jagd fphr ich mein Portefeuille mit. Geht aber auch bald wie sich’s gehqrt. Lass den Wein nur liegen biss zur rechten Zeit und schick den Rest auch mit. Denck doch an ein Stpck hpbschen Tischwein, einen sechziger etwa, eine mittelsorte. Wenn wir auf dem Land sind fphren wir die Wirthschafft selbst, und befinden uns besser dabey. Hab mich immer lieb, glaub dass ich mir immer gleich bin, freylich hab ich was auszustehen gehabt, dadurch bin ich nun ganz in mich gekehrt. Der Herzog ist eben so, daran denn die We l t freylich keine Freude erlebt, wir halten zusammen und gehn unsern eignen Weeg, stosen so freylich allen schlimmen mittelmtsigen und guten fprn Kopf, werden aber doch hindurch dringen, denn die Gqtter sind sichtbaar mit uns. Addio. grps die Mutter. Lenz ward endlich gar lieb und gut in unserm Wesen, sizzt iezt in Wtldern und Bergen allein, so glpcklich als er seyn Kan. Klinger kann nicht mit mir wandeln, er drpckt mich, ich habs ihm gesagt, darpber er ausser sich war und’s nicht verstund und ich’s nicht erkltren konnte noch mochte.
147. An Charlotte von Stein ÆIlmenauæ, 2. August 1776. Freitag
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Ich habe mit Zittern deinen Zettel aufgemacht, in Freude dass du nur wieder nah bist. Ich dachte du wtrst in Weimar. Liebste Frau wir sind wohl noch in Ilmenau komm nur. Hunderttausend mal bist du um mich gewesen ich hab nur fpr dich gezeichnet. Zwar wenig, aber
5 dbald 7 fhpbschen 19 erkltrt gesagt 23 dacht6e
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mein Herz drinne. Adieu Engel. Ich geh nach Stpzerbach um fpr dich eine Zeichnung zu endigen. Liebe du giebst mir ein neues leben dass du wieder kommst. Ich kann dir nichts sagen den Herzog freuts Addio. d‘. 2 Aug. 1776. G.
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148. An Jacob Friedrich von Fritsch Stetzerbach, 3. August 1776. Samstag Aus dem geliebten Stpzzerbach schick ich Ihnen bester H‘. GeheimderR. die unterschriebnen und vollzognen Papiere zurpck, fahren Sie fort mir das nqtige zuzufertigen, und ich will meine Expedition ambulante bestmqglichst besorgen. Ich hab einen freundlich herzlichen Grus von Ihr. Durch‘. an Sie; wann wir zurpckkommen ist ungewiss, wir sind ziemlich eingewildert. Trebra wird bey Ihnen seyn, es ist ein ganz herrlicher Mann; der Stadthalter von Erfurt war einige Tage bey uns und ist auch nicht ohne Erdgeruch entlassen worden. Unser College Schnaus wird auch von Ihro Durch‘. gegrpsst und mich empfehlen Sie ihm vielmals. Seyn Ihr. Exell‘. so gptig bey kpnftigen Sendungen sich des ledernen Sacks mit dem Riemen des bequemeren Transports wegen zu bedienen. Behalten Sie mich lieb, seyn Sie meiner versichert. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemahlinn. Stpzzerbach. d‘. 3 Aug 76. Goethe.
149. An Jacob Friedrich von Fritsch Ilmenau, 5. August 1776. Montag Es war Ihro Durch‘. des Herzogs eigenster Gedancke, da er fphlte, sich noch sobald von den Wtldern nicht losmachen zu kqnnen, dass auch Sie lieber H‘. Geheimderath der guten Jahrszeit geniesen mqgten. Er ltsst Ihnen also mit dem gntdigsten ad petita, eine glpckliche
4 6Addio 13 wo6rden 22 Wtlder|n|
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BRIEFE 150/151
Reise und frohe Brunnenkur anwpnschen, und hofft Sie frisch und zufrieden wiederzusehen. Hizze und langsame Gewitter drpcken uns seit einigen Tagen, pbrigens geht unser Leben im Alten fort. Ich dancke Ihnen fpr alle Gptige Gesinnungen. Leben Sie recht wohl. Ilmenau d‘. 5. Aug 76. Goethe
150. An Charlotte von Stein Ilmenau und Gabelbach, 8. August 1776. Donnerstag
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Deine Gegenwart hat auf mein Herz eine wunderbaare Wprckung gehabt, ich kann nicht sagen wie mir ist! mir ist wohl und doch so trtumig. Zeichnen konnt ich gestern nicht. Ich sass auf Wizlebens Felsem, die herrlich sind und konnt nichts hervorbringen da schrieb ich dir: Ach wie bist du mir, Wie bin ich dir geblieben! Nein an der Wahrheit Verzweifl ich nicht mehr. Ach wenn du da bist Fphl ich, ich soll dich nicht lieben Ach wenn du fern bist Fphl ich, ich lieb dich so sehr. Heut will ich auf den Hermanstein, und womqglich die Hqhle zeichnen hab auch Meisel und Hammer die Inschrifft zu machen die sehr mystisch werden wird. Ihr Zettelgen hab ich kriegt, hab mich viel gefreut – Ich schwqre dir ich weis nicht- wie mir ist. Wenn ich so dencke dass Sie mit in meiner Hqhle war, dass ich ihre Hand hielt indess sie sich bpckte und ein Zeichen in den Staub schrieb!!! Es ist wie in der Geisterwelt, ist mir auch wie in der Geisterwelt. Ein Gefphl ohne Gefphl. Lieber Engel! Ich hab an meinem Falcken geschrieben, meine Giowanna wird viel von Lili haben, du erlaubst mir aber doch dass ich einige Tropfen deines Wesen’s drein giesse, nur so viel es braucht um zu
5 JulAug 7 hHerz 13 wWie 29 dass nur
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tingiren. dein Verhtltniss zu mir ist so heilig sonderbaar, dass ich erst recht bey dieser Gelegenheit fphlte: es kann nicht mit Worten ausgedrpckt werden, Menschen kqnne--s nicht sehen. Vielleicht macht mir’s einige Augenblicke wohl, meine verklungenen Leiden wieder als D r a m a z u v e r k e h r e n . Adieu liebe d‘. 8 Aug 76. Ilmenau. / Auf dem Gabelbach. Es ist bald 3 der Herzog ist noch nicht von der Jagd er wird hier essen. Von meinem Morgen auf dem Hermannstein sollst du was sehen, vielleicht auch was lesen. Addio. du bist immer bey mir. Stpzzerbach Nachts bey Tisch. Ich hab heute den ganzen Tag fpr dich gezeichnet, nicht immer glpcklich, aber immer warm. Heut aber sass ich wieder hier auf dem Schlossberg und hatte einen guten Augenblick. Wie erwpnscht lag eben der Sonnenblick den Moment da ich aufstieg im Thal wie ich ihn aufs Papier fesseln mqgt. – Ich muss nur fpr dich zeichnen, du thust das dazu was ich nicht machen kann. –––– Von heute frph, von heut dem ganzen Tag! kann ich nichts sagen! Engel – Geh nur in die Schweiz – Gute Nacht. gute Nacht. G
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151. An Johann Gottfried Herder Ilmenau, 9. August Æ1776. Freitagæ Lieber Bruder, wir sind in Ilmenau, seit 3 Wochen wohnen wir auf dem Thpringer Wald, und ich fphre mein Leben in Klpfften, Hqhlen, Wtldern, in teichen, unter Wasserftllen, bey den Unterirdischen, und weide mich aus in Gottes Welt. – Das Gefrage um dein Kommens gleich ich aus, sey ohne Sorgen Bruder, alles nach deiner Bequemlichkeit indess hat auch die Oelfarbe in deinem Hause verrochen. Und wir sind auch mit allerley Wirthschafft in Ordnung, und wir treffen uns neu und ganz. Den Engel die Stein hab ich wieder sie ging pber Meiningen und Ilmenau zurpck nach Weim. Einen ganzen Tag 4 Vverl-klungenen 9 6vielleicht 23 inbey Gden 24 wieide
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ist mein Aug nicht aus dem ihrigen kommen, und mein gnomisch verschlossen Herz ist aufgethaut. Ade. Grps dein Weib und seyd lieb. d‘. 9 Aug. G.
152. An Charlotte von Stein ÆIlmenauæ, 10. August 1776. Samstag
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Liebste Frau. Ich schick Ihnen die Stpzzerbacher Zeichnung unvollendet, denn ich fprcht ich verderb sie. Gestern versuchte mich ein boser Geist, dass ich in liebeleerem Augenblick drpber kam, und um ein Haar war sie verpudelt, und ich wtre rasend geworden. Auch haben Sie da noch ein ander Stpck das ich nur in Ihrer Gegenwart auszeichnen kan. Legen Sie beydes in eine leere Comod Schublade, dass es sich linde von selbst aufrollt, dass es nur keine Brpche kriegt. Adieu Engel ich mag dir nichts weiter sagen, du hast alles was ich gethan habe von dir loszukommen, wieder zu Grunde gerichtet. – Die Rolle schick mir wieder. Addio. G. d‘. 10. Aug. 76. ÆBeilagenæ
Ævgl. Faksimilesæ
153. An Charlotte von Stein ÆIlmenauæ, 12. August 1776. Montag 15
Vergebens hab ich auf ein paar Worte von dir gewartet! Hier hast du die Aussicht aus dem Pachthofe zu Unter Pqrliz wo wir zusammen standen als Krause zeichnete. Ich hab am Falcken geschrieben und hoffe was zusammen zu bringen. d‘. 12 Aug. 76. G.
6 Gedist 6 dass, (Komma gestr.) 9 beydens
Abb. 5: Stltzerbacher Grund (Beilage 1 zu Nr 152)
Abb. 6: Hmhle am Hermannstein (Beilage 2 zu Nr 152)
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154. An Charlotte von Stein ÆIlmenauæ, 13. August 1776. Dienstag Lieber Engel wir kommen. Der Herz. will seinen Fus in des Pr. Const. leeren Zimmern warten. Ich werde dich wiedersehn. und geh alles wie’s kann! d‘. 13 Aug 76. G.
155. An Philipp Christoph Kayser ÆWeimaræ, 15. August 1776. Donnerstag Wir gehn nicht nach Italien. Dies zu deiner Beruhigung. Ich trag dich immer am Herzen. Schick mir offt was. Bleib ruhig in Zprch! So ihr stille wtret wprde euch geholfen – – – Schick mir doch das: Ihr verblphet spse Rosen Nach der franzqschen Melodie die Du zugerichtet hast. Grpss Btben. Lenz ist hier. Leb wohl. es wird uns allen noch gut seyn. d‘. 15. Aug 76. G.
156. An Charlotte von Stein
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ÆWeimar, etwa 15. August 1776æ
Hier einige Knospen und Blpten die der Frphling 1769 trieb. Schicken Sie mir die Phisiognomick wieder, Ich will sie binden lassen. Gestern Nacht wurd ich von Ihnen ausgehend von Vagabunden attakirt. Adieu! Liebste Frau, mein Herz sagt mir nicht ob ich Sie heute sehn werde, es ist einmal wieder in Bewegung und weis nicht warum. Wie aber geschrieben steht, so ihr stille wtrt wprde euch geholfen, so will ich still seyn G.
5 IcWir 14 Phisiognomichk 14 Ssie
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BRIEFE 157–160
157. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 23. August 1776. Freitag Ich hoffte ihr Herz sollte ihnen sagen pber die Oberweimarer Wiesen zu gehn. Es hats nicht und ich bin umsonst bey schqnem Sonnen Untergang in meinen Garten Gangen. hier die Silhouette. Viel Grpse Ihrer Hohenlohe. Morgen bin ich bey Ihnen. d‘. 23 Aug 76. G. 5
Beym Monde dencken Sie mein.
158. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 26. August 1776. Montag Diese Briefe krieg ich heut, und ich dencke es macht Ihnen Freude guter Menschen Stimme zu hqren. Hier auch Engel einige Melodien. Adieu. Ich hab Ihnen nichts zu sagen denn mein ganzes Herz ist vor Ihnen. d‘. 26 Aug 76
159. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 29. August 1776. Donnerstag 10
Mir war’s schon genug beste in ihrer Stube zu seyn gestern. Ich fphlte ganz wie lieb ich sie hatte und ging wieder. Dancke fpr den guten Morgen. Heut kriegen Sie mich nun freylich auf einen Augenblick. Ich bin in liebevoller Dumpfheit der Ihre d‘. 29 Aug 76. G
160. An Johann Caspar Lavater ÆWeimaræ, 25.–30. ÆAugust 1776. Sonntag–Freitagæ 15
Sonntag Nachts. Ich will wenigstens wieder einmal einen Brief an dich anfangen, dass wir uns nur einmal wieder berphren. Eine herrliche 1 ichhr 6 in - -macht 7 Eingen --l 10 wtar’s
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Mondennacht! ich bin pber die Wiese nach meinem Garten eben heraus gegangen, habe mich in Nacht Dtmmer gelezt und dencke an dich. – Lieber Br. dass du iust so geplagt seyn must zur Zeit da ich so glpcklich bin. Da mir das Schicksaal einen ganz reinen Moment bereitet, dass ich nicht mpsig sey eine wprckende Entfaltung fpr die Zukunft. Gute Nacht Montag d‘. 26. Heut ist deine Bpste von Franckf. angekommen glpcklich, Hat mir viel Freude gemacht. Hier hast du einen Schatten vom Herzog. – Ich fphl erst iezo wie weit wir aus einander kommen sind, ich kann dir nichts schreiben. Resultate und Abstracktionen mag ich nicht, Geschichten und Einzelnheiten kann ich nicht. Freytag d‘. 30. Ich will dir nur das grade schicken. Denn mehr kann ich doch iezt nicht sagen. Grps Btben danck der herzlichen fpr Ihren Brief. Hier ein paar Zeilen reinen Gefphls auf dem Tpringer Walde geschrieben d‘. 3 Aug Morgends unter dem Zeichnen. Dem Schicksaal. Was weis ich was mir hier geftllt In dieser engen kleinen Welt Mit leisem Zauberband mich htlt! Mein Carl und ich vergessen hier Wie seltsam uns ein tiefes Schicksaal leitet Und, ach ich fphls, im Stillen werden wir Zu neuen Scenen vorbereitet. Du hast uns lieb du gabst uns das Gefphl: Dass ohne dich wir nur vergebens sinnen, Durch Ungeduld und glaubenleer Gewphl Voreilig dir niemals was abgewinnen. Du hast fpr uns das rechte Maas getroffen In reine Dumpfheit uns gehpllt, Dass wir, von Lebenskrafft erfpllt, In holder Gegenwart der lieben Zukunft hoffen. Ade grps Kaysern danck ihm fpr die Musick. Denckt denn dein Wibele noch an mich und hat sie mich noch lieb. Der Gr. Wartensle-
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BRIEFE 161–164
ben hab ich gerathen ihren Sohn nach Dessau zu thun. Hier ihre Silhouette. Schreib mir doch! G. /
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Was sagst du zu dieser, durchs verkleinern und ausschneiden noch unenlich verrpckten Weiblichkeit?
161. An Augusta Louise Grcfin zu Stolberg-Stolberg ÆWeimaræ, 28.–30. August Æ1776. Mittwoch–Freitagæ
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d‘. 28 Aug. Guten Morgen Gustgen! Wie ich aus dem Bette steige guten Morgen. Ein herrlich schqner Tag aber kphl. Die Sonne liegt schon auf meinen Wiesen! Der Thau schwebt noch pber dem Fluss. Lieber Engel warum mpssen wir so fern von einander seyn. Ich will hinpber ans Wasser gehn und sehn ob ich ein Paar Enten schiesen kann. Gegen 12. Ich verspttete mich auf der Jagt. Erwischte eine Ente. Kam drauf gleich in das Getreibe des Tags und bin nun ganz zerstreut. Adieu indess. Nachmittag 4. Ich erwarte Wields Frau und Kinder. Habe heut viel an dich gedacht. Abends 7. Sie gehn eben von mir weg! – Und nun nichts mehr. – Gott sey Danck ein Tag an dem ich gar nicht gedacht, an dem ich mich blos den sinnligen Eindrpcken pberlassen habe. Nun Adieu fpr heut bestes. d‘. 30. Es geht mir wie dir Gustgen, ich hab auch was auf dem Herzen, also heraus damit. Von Friz hab ich noch keinen Brief. Der Herzog glaubt noch er komme, und man fragt nach ihm und ich kann nichts sagen. Lieb Gustgen mir ist lieber fpr Frizzen dass er in ein wprckendes Leben kommt, als dass er sich hier in Cammerherrlichkeit abgetrieben httte. Aber Gustgen – er nimmt im Frphjahr den Antrag des Herzogs an, wird qffentlich erkltrt, in allen unsern Etats steht sein Nahme, er bit4 dnoche 18 nich6t 27 alls 28 k-- nimmt
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tet sich noch aus den Sommer bey seinen Geschwistern zu seyn, man ltsst ihm alles, und nun kommt er nicht. Ich weis auch dass Dinge ein Geheimniss bleiben mpssen – Aber – Gustgen ich habe noch was auf dem Herzen das ich nicht sagen kann – –– –– –– Und die, die man so behandelt, ist Carl August Herzog zu Sachsen, und dein Goethe Gustgen. Lass mich das iezt begraben, wir wollen dran wegstreichen. Adieu Engel ich muss den Brief schliessen. Ich mach eine kleine Reise sonst kriegst du ihn wieder lang nicht. G.
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162. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 30. August 1776. Freitag Wie haben Sie geschlafen beste. Mir wars gestern sehr wohl um Sie! Es war Ihnen auch lieb ums herz dpnckt mich. Sagen Sie mir ein Wort. Ich lies gestern bey Ihnen Papiere schicken Sie mir sie doch versiegelt. d‘. 30 Aug 76. G.
163. An Charlotte von Stein
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ÆWeimar, Ende August? 1776æ
Schicken Sie mir den 2. band Phisg! – haben Sie etwa noch einige Bogen des schlechten Exemp‘. mir fehlen sie. Wie ists Ihnen liebste. hier hausen ists sehr schqn. G.
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164. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 1. September Æ1776. Sonntagæ Wenn das so fortgeht beste Frau werden wir warrlich noch zu lebendigen Schatten. Es ist mir lieb dass wir wieder auf eine abenteuerliche Wirthschafft ziehen, denn ich halts nicht aus. So viel Liebe so viel 11 dauche
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Theilnehmung! So viel treffliche Menschen und so viel Herzensdruck. Leben Sie wohl. Lassen Sie Sich die Grasaffen, besonders die Imhof was vorschtckern. Fphlen Sie dass ich an Sie dencke, und dass ich wieder einen Theil des Weegs reiten werde den ich mit Ihnen gefahren bin. Steinen hab ich das Zettelgen gegeben. Louisen nur eine Verbeugung gemacht. Sagen sie Ihr dass ich sie noch lieb habe! versteht sich in gehqrigen termes. Addio. Addio. d‘. 1 Sept. Nachts im Garten. G. So offt Sie Selzer Wasser trincken gedencken Sie an mich!
165. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, vermutlich in der Nacht vom 1. zum 2. September 1776. Nacht von Sonntag zu Montagæ 10
Da sind die Schlpssel – brauch alles nach Lust vergiss nicht meinen Fuchs gleich heute frph. Gieb das der Stein. Du wirst noch einen Rest Selzer Wasser finden u. s. w. Addio. G.
166. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 8. September 1776. Sonntag
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Ich war gestern sehr traurig und wusste nicht warum. Es war mir als wenn ich Sie heut nicht sehen sollte, ich lies mir die Clarinettisten kommen, ging in meim Garten herum, sie bliesen bis acht. Es war alles so herrlich aber mein Herz thaute nicht auf. Eben da ich im reinen Morgen umgehe kommt ihr Zettelgen. Ich habe vor einer Stunde Wielanden sagen lassen er mqchte kommen, es war auch Ahndung dass ich iemand brauchen wprde. Adieu ich bin dem Schicksaal zu viel schuldig als dass ich klagen sollte, und doch fpr meine Gefphle
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kann ich nichts. Adieu, ich werde nicht nach Kochberg kommen denn ich verstund Wort und Blick Adieu. d‘. 8 Sept. 76. G.
167. An Caroline Louise Hempel ÆWeimaræ, 11. September Æ1776. Mittwochæ Ich hab Ihnen noch nicht geschrieben, und schreib Ihnen auch iezt nichts als dass ich d‘. 11 Sept. Abends zwischen 9 und zehn, ganz auf einmal sehr lebhafft an Sie und Ihre Mutter gedacht habe. Es ist mir das schon mehr vorgekommen, aber dies mal pberfiels mich iust da ich die Feder in der Hand hatte und ich eilte es Ihnen zu sagen. Goethe.
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168. An Anna Louisa Karsch Weimar, 11. September 1776. Mittwoch Ich gedenck an meine Spnde! Liebe Frau, in dem Gewprge des Lebens vergess ich alles. Zwar doch nur zu schreiben, denn eh ihr lezter Brief kam, dacht ich, ich httt Ihnen und ihrer Tochter geantwortet, so manchmal hatt ich im Stillen mit Ihnen gesprochen, auf irgendeiner Wandrung, und dachte: wenn ich nach Haus komme, schreibst du, und schrieb nicht. Meine Lage hier ist die glpcklichste, die eine menschliche Einbildung sich kaum zu wpnschen wagt, dafpr hab ich nun aber auch freylich alle Zulagen zu geniessen, die das Schicksaal an seine Gaben anzuhtckeln pflegt. Bleiben Sie mir lieb. Schicken Sie mir offt was. Machen Sie mir einmal einen Pack Impromtps zusammen die Sie nicht mehr achten. Und gehn Sie doch einmal zu Chodowiecki und rtumen Sie bey ihm auf, was so von alten Abdrpcken seiner Sachen herumfthrt, schicken sie mir’s und stehlen ihm etwa eine Zeichnung. Es wird mir wohl wenn ich ihn nennen hqre, oder
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BRIEFE 169–170
ein Schnizzel Papier finde, wo er das Zeichen seines lebhafften Daseyns drauf gestempelt hat. Weimar d‘. 11 Sept. 76. Goethe.
169. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 10. und 12. September 1776. Dienstag und Donnerstag
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Ich schick Ihnen Lenzen, endlich hab ich’s pber mich gewonnen. O Sie haben eine Art zu peinigen wie das Schicksaal, man kann sich nicht drpber beklagen so weh es thut. Er soll Sie sehn, und die verstqrte Seele soll in Ihrer Gegenwart die Balsamtropfen einschlprpfen um die ich alles beneide. Er soll mit Ihnen seyn – Er war ganz betroffen da ich Ihm sein Glpck ankpndigte, in Kochberg mit Ihnen seyn, mit Ihnen gehen, sie lehren, fpr Sie zeichnen, sie werden fpr ihn zeichnen, fpr ihn seyn. Und ich – zwar von mir ist die Rede nicht, und warum sollte von mir die Rede seyn – Er war ganz im Traum da ich’s ihm sagte, bittet nur Geduld mit ihm zu haben, bittet nur ihn in seinem Wesen zu lassen. Und ich sagt ihm dass er es, eh er gebeten, habe. Ich schicke einen Schtckespeer mit, schicke hoffentlich den Wtckefield nach. Geniessen Sie rein der lieben Herbst Zeit, es scheint als wollt Sie der Himmel mit lieben Tagen seegnen. Ade. von mir hqren Sie nun nichts weiter, ich verbitte mir auch alle Nachricht von Ihnen oder Lenz. Wenn was zu bestellen ist mag er’s an Philip schreiben. d‘. 10 Sept. 76. G. / Lenz will nun fort, und ich hatte Bedencken Ihnen die vorhergehende Seite zu schicken, doch sie mqgen sehn wie mirs im Herzen manchmal aussieht, wie ich auch ungerecht gegen Sie werden kann. Ich danck ihnen fpr erste Andencken von Ihrem Schreibtisch, den ich damals wohl nicht wieder zu sehen hoffte, aber nicht so. Gestern war ich in Belveder. Louise ist eben ein unendlicher Engel, ich habe meine Augen bewahren mpssen nicht pber Tisch nach ihr zu sehn – die Gqtter werden uns allen beystehn – die Waldnern ist recht lieb, 6-7 z- verstqrte 11 seh--yn 14 gebeten|,| 15 sechicke 15 Schtckesperer
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ich war frph bey ihr, wir haben uns herumgeschtckert. Abends alle Durch‘. in Tiefurt. Ihr Mann war guter Humor, machte possierliche Streiche mit der Oberhofmeistern. Ich hab die Hofleute bedauert, mich wundert dass nicht die meisten gar Krqten und Basilisken werden. Addio, mein Herz ist doch bey Ihnen, liebe einzige die mich glpcklich macht ohne mir weh zu thun. Doch – freylich auch nicht immer ohne Schmerz. Ade. beste. d‘. 12 Sept. 76 G. / Eben krieg ich noch der W. Brief. Dancke herz‘. es ist eine werthe Frau und thut recht wohl so dran. Sie hat ihre eigne feste Vorstellungs Art, und wer der nachhandelt, ist mir werth, wenn sie zugleich so liebevoll und so rein ist wie die ihrige. Grpsen Sie sie in meinem Nahmen und sagen ihr ich wprde kpnftig um ihrentwillen mehr auf die Philantropins aufmercken, dafpr btt ich aber auch um die Nachricht die sie von Dessau erwartete. Leben Sie wohl, dencken Sie mein. Ich sizze offt unter meinem Himmel in Gedancken an Sie, Sie helfen mir abwesend zeichnen, und einen Augenblick wo ich Sie recht lieb habe seh ich die Natur auch schqner, vermag sie besser auszusprechen. Adieu. Wieland sagt meiner Zeichnung die ich iezt mache sah man recht an w e n ich lieb httte
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170. An Johann Caspar Lavater ÆWeimaræ, 16. September 1776. Montag Weil ihr lieb wart und habt mir gleich geschrieben, so auch von mir hier eine Ejakulation die ihr freundlich mqgt aufnehmen. Liebr Bruder dass du nicht willst Sttndigkeit kriegen, nicht kannst kriegen, tngstigt mich manchmal wenn ich peccata mundi im Stillen trage. Ich bin nun seit einem Jahr in ganz dezidirten moralisch politischen augenblicksVerhtltnissen und mein Herz ist mir so treu und du –––– Nun es soll so seyn – pber Carl und Luisen sey ruhig, wo die Gqtter nicht ihr Possenspiel mit den Menschen treiben, sollen sie 7 d--zu 13 Idiehrige 14 Idiehr 17 undin 27 augenblicksvVerhtltnissen
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noch eins der Glpcklichsten Paare werden wie sie eins der besten sind, nichts menschliches steht dazwischen nur des unbegreifflichen Schicksaals verehrliche Gerichte. Wenn ich dir erscheinen und dir erzthlen kqnnte, was unschreibbaar ist, du wprdest auf dein Angesicht fallen und anbeten den der da ist da war und seyn wird. Aber glaub an mich, der ich an den Ewigen glaube. Grps Btben, und alles und Kaysern. Lenz ist unter uns wie ein kranckes Kind, und Klinger wie ein Splitter im Fleisch, er schwprt, und wird sich heraus schwpren leider. d‘. 16 Sept 76. G. / Schick mir zeitig was zum dritten Theil. Gern sollst du haben was ich geben kann in der unendlich beweglichen Welt in der ich lebe tausend beobachtungen! und in einem guten Augenblick schqpf ich dir die Butter ab! – pp – Vielleicht auch nicht! – Genug was ich kann! – – Allwills Briefe sind von Friz Jakobi – nicht von mir! – / Taglang Nachtlang stand mein Schiff befrachtet. Gpnstger Winde harrend sas mit treuen Freunden Mir Geduld und guten Muth erzechend Ich im Hafen. Und sie wurden mit mir ungeduldig: Gerne gqnnen wir die schnellste Reise Gern die hohe Fahrt dir. Gpter-Fplle Wartet drpben in den Welten deiner, Wird rpkkehrendem in unsern Armen Lieb und Preis dir. Und am frphen Morgen wards Getpmmel Und dem Schlaf entiauchzt uns der Matrose; Alles wimmelt alles lebet webet, Mit dem ersten Seegenshauch zu schiffen. Und die Segel blphen in dem Hauche. Und die Sonne lokt mit Feuerliebe. Ziehn die Segel, ziehn die hohen Wolken.
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Jauchzen an dem Ufer alle Freunde Hofnungslieder nach im Freudetaumel, Reisefreude wthnend wie des Einschiffmorgens Wie der ersten hohen Sternenntchte. / Aber Gottgesanndte Wechselwinde treiben Seitwtrts ihn der vorgestekten fahrt ab, Und er scheint sich ihnen hinzugeben, Strebet leise sie zu pberlisten Treu dem Zwek, auch auf dem schiefen Weege. Aber aus der dumpfen grauen Ferne Kpndet leisewandelnd sich der Sturm an, Drpkt die Vqgel nieder aufs Gewtßer Drpkt der Menschen schwellend Herze nieder. Und er kommt. Vor seinem starren Wpthen Streicht der Schiffer weis die Segel nieder. Mit dem angsterfpllten Balle spielen Wind und Wellen. Und an ienem Ufer drpben stehen Freund und Lieben, beben auf dem Festen: Ach warum ist er nicht hier geblieben! Ach der Sturm! Verschlagen weg vom Glpke! Soll der Gute so zu Grunde gehen! Ach er sollte! Ach er kqnnte! Gqtter! Doch er stehet mannlich an dem Steuer. Mit dem Schiffe spielen Wind und Wellen; Wind und Wellen nicht mit seinem Herzen. Herrschend blikt er in die grimme Tiefe Und vertrauet landend oder scheiternd Seinen Gqttern. den 11 Sept. 76. G.
2 Freudentaumel 3 Einschiffsmorgen|s| G 16 Ballen 30 dbenc
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BRIEFE 171–173
171. An Johann Heinrich Merck ÆWeimaræ, 16. September 1776. Montag
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Dass die Weine glpcklich angelangt sind wird dir Fr Aya geschrieben haben, ich will dir nun auch fpr’s Geld sorgen. Dein Erbprinz kommt nun bald zu euch den empfehl ich dir sehr, es ist eine grose, feste, treue Natur aber gewaltsam, verschlossen, mit einer ungeheuern Immagination, und einer graden tpchtigen Existenz. Wir sind die besten Freunde, zu dir hat er schon viel Zutrauen, sey nur ganz wie du bist gegen ihn, er bedarf sehr Menschen zu finden. Seine Einbildungskr. trommelt noch sehr auf den pudendis herum –– Ich wpnschte gar sehr um beyder Willen dass ihr gut zusammen stehn mqchtet, er hat, so er nicht Menschen findet und behtlt die er lieben und schtzzen kann, Tyrannische Anlagen genug. Trag dies Blat nicht auf s Scheishaus sondern bewahrs in einem feinen Herzen. Grpse Frau und Kinder, Verlass meine Alten nicht. Lenz ist unter uns wie ein kranckes Kind, wir wiegen und ttnzeln ihn, und geben und lassen ihm von Spielzeug was er will. Er hat Sublimiora gefertigt. Kleine Schnizzel die du auch haben sollst. Klinger ist uns ein Splitter im Fleisch, seine harte Heterogeneittt schwprt mit uns, und er wird sich herausschwpren. Ich hab pber die beyden Kerls nichts treffenders zu sagen. Ade. Schreib uns du machst uns wohl. Wiel. hat Dich seelig lieb und ist ein ganz unendlich guter Mensch. d‘. 16. S. 76. Goethe. / Wenn du von einer Canaille hqrst die sich Gerstenberg nennt, und sagt sie sey hier gewesen, kenne mich u. s. w. so sage qffentlich er sey ein Spizbube denn wir haben ihn nicht mit Augen gesehn, wissen auch nichts von ihm.
7 mMenschen 8 sSeine 9 sehr und um 18 beiyden 25 gesehn.,
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172. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 16. September 1776. Sonntag Dancke tausendmal beste Frau. Die Zeichnungen sind herrlich, tuschen Sie nur mehr, es ist ein erstaunend Gefphl in dem Getuschten. Lohns Gott was Sie fpr Lenzen thun. Ich bin in einem unendlich reinen Mittelzustand ohne Freud und Schmerz, zusammengepackt von Tausenderley Umsttnden ohne gedrtngt zu seyn. Der Herzog wird kommen und wird ihm wohl bey Ihnen werden und ich werde nicht kommen, er wird etwa Einsiedeln mitbringen denn iemand muss er bey sich haben. Drey holde Stunden hab ich fpr Sie gezeichnet, und noch nichts fertig gebracht. Die Imhof hab ich auf der Redoute gesprochen, auch war sie in meinem Garten einen Abend, mit d‘. Ilten. Das holde Geschqpf ist gedrpckt – Lieber Gott – ich mag pber die Menschen gar nichts mehr sagen. Lavater schreibt mir heute „Die Grafin v. W. wird in Dessau die Religion nicht finden, die sie sich fpr ihren Sohn wpnscht und die unser H t f e l i n in Marschlinz ihn lehren wprde“. Schreiben Sie ihr das, ich mag gern dass sie alles hqre. Adieu Htngen Sie dem Unglauben nicht so nach! Mein Herz ist nicht so unzuverltssig als Sie dencken. Ich habe noch so viel zu sagen Aber Adieu d‘. 16 Sept. 76. G.
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173. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 16. September 1776. Montag Soll der Herzog ohne ein Wort von mir zu Ihnen gehn! Gestern war ich bey der Imhoff einen stillen Abend, es war doch ihrer Schwester Hand die ich kpsste. Der Vicar of Wakefield ist heute von Leipzig an-
6 6kommen
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BRIEFE 174–178
kommen ich will ihn geschwind hefften lassen und dann sollen Sie ihn haben. Adieu liebe. Ich bin ganz still und stum. d‘. 16 S. 76. G
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Gestern gab uns Knebel Tanz, Illumination und nachtessen, ich hab sehr viel getanzt, und bin pberhaupt iezt Gott weis wie. Was ist denn Ihr Falcke fpr eine Art? Es ist Sturm schon seit der ganzen Nacht! ich lese Rechnungen und bin still, lassen Sie sich’s wohl seyn! dancke fpr alles liebe. Grpsen Sie Lenzen Kestnern und die Kinder. Ich mqchte iezt pbers Ewangelium des 1 Sont nach Trinitatis predigen das sollt ein trefflich Stpck werden Mittw. d‘. 18 Sept 76. G.
175. An Philipp Erasmus Reich Weimar, 19. September 1776. Donnerstag
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Zu dem Exemplar auf Druckpapier des 2 ten Theils der Phisiognomick, fehlt mir das Ende nthmlich d e r B e s c h l u s s und e i n T h e i l d e s I n n h a l t s. Ich weis nicht obs ein oder zwey Bogen sind. Titelbl. und Dedication hab ich schon. Ich bitte mir es Gelegentlich aufsuchen zu lassen und zu pbersenden, ich habe Sie einmal drum gebeten es ist aber nachher in Vergessenheit gerathen. Bringt uns die Messe viel neues? wie befinden Sie sich und Madame? Weimar d‘. 19 Sept. 76. Goethe.
11 sStpck 17 darum
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176. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 20. September 1776. Freitag Ich weis nicht ob der Herzog wieder zurpck ist oder ob er noch das Frphstpck bey Ihnen einnimmt. Wenn Sie glauben dass ich Sie nur im mindsten lieb habe, kqnnen Sie sich vorstellen wie mir’s war da der Herzog Abschied nahm, und Einsiedel in meiner Uniform sich reisefertig machte. Ich will aber nichts weiter sagen. Hier ist der L. Pr. lassen Sie Sich’s recht wohl mit seyn, und lernen recht viel englisch. Addio. Freytag d‘. 20. Sept. 76. G.
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177. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen 24. und 27. September 1776æ Hier schickt Ihnen Ihre Schwtgerin die ich ttglich lieber gewinne ein Stpckgen Desert zum Zeichen des Andenckens, auch der Stadthalter ltsst sie grpsen und sagen er stehe von seiner Bitte nicht ab. Ein braves Weib sezte er hinzu, habe nichts abzuschlagen was ein ehrlicher Kerl verlangen dprfe – Alles giebt mir Auftrtge an Sie und niemand weis wie schlecht ich im Fall bin sie auszurichten. Adieu. G.
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178. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 7. Oktober 1776. Montag Leben Sie wohl beste! Sie gehen und weis Gott was werden wird! ich httte dem Schicksaal danckbaar seyn sollen, das mich in den ersten Augenblicken da ich Sie wiedersah so ganz rein fphlen lies wie lieb ich Sie habe, ich httte mich damit begnpgen und Sie nicht weiter sehen sollen. Verzeihen Sie! Ich seh nun wie meine Gegenwart Sie plagt, wie lieb ist mir’s dass Sie gehn, in einer Stadt hielt ichs so nicht
2 dbey Ihnene 14 6wie 17 aAugenblicken 19 dSiee
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BRIEFE 179/180
aus. Gestern bracht ich Ihnen Blumen mit und Pfirschen, konnt s Ihnen aber nicht geben wie Sie waren, ich gab sie der Schwester. Leben Sie wohl. Bringen Sie das Lenzen. Sie kommen mir eine Zeither vor wie Madonna die gen Himmel fthrt, vergebens dass ein rpckbleibender seine Arme nach ihr ausstreckt, vergebens dass sein scheidender trthnenvoller Blick den ihrigen noch einmal niederwpnscht, sie ist nur in den Glanz versuncken der sie umgiebt, nur voll Sehnsucht nach der Krone die ihr pberm Haupt schwebt. Adieu doch Liebe! d‘. 7 Okbr 76. G.
179. An Philipp Erasmus Reich Weimar, 14. Oktober 1776. Montag 10
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Am geringen Exemplar der Phisiognomick fehlt mir noch das Ende des Inhalts und des Registers. Was hat die Messe merckwprdiges mit gebracht. Und wie sind Sie mit ihr zufrieden. W. d‘. 14 Oktbr 1776. Goethe.
180. An Charlotte von Stein mit Jacob Michael Reinhold Lenz ÆKochberg, 30.? Oktober und Weimar, 1.? November 1776. Mittwoch? und Freitag?æ
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So soll ich dich verlassen liebes Zimmer Wo in mein Herz der Himmel niedersank Den ich aus ihrem Blick, wie seelig, aus dem Schimmer Der Gottheit auf der Wange trank, Wenn sich ihr Herz nach ihm nach ihm empqrte Und ihr entzpcktes Ohr der Sphtren Wohllaut hqrte. Wenn sie mit Shakespear der ihren Geist umfieng Ha zitternd oft fpr Furcht und Freude Der Engel Lust im spssen Unschuldskleide In die Mysterien des hohen Schicksals gieng. Auch ich sah ihren Pfad, auch mir War es vergqnnt ein Rqschen drauf zu streuen
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Zur Priesterin d e s G o t t e s – sie zu weyhen Und hinzuknien vor ihm und ihr / Ach wtr ich nur so rein gewesen Als die Erscheinung dieses Glpcks Vorausgesetzt! Ihr hqhern Wesen Verzeyht dem Strauchelnden, euch waren sie erlesen Doch Ewigkeiten Lust sind Kranken die genesen Nur Freuden eines Augenblicks. Ja es erwarten dich du Himmelskind! der Freuden Unzthlige, durch selbstgemachte Leiden Dir unbegreiflich, ltngst erkauft Mit Trtnen ingeheim, getauft. Ja es erwartet dich was du nicht lqsen kqnntest Der Rttzel Allentwickelung Und hqherer Gefphle Schwung Wovor Dir schwindelte, die du dir selbst nicht gqnntest. / Indessen wird die weisse Hand Des Jpnglings Ungestpm beschrtnken Und wem die Seele schon auf blassen Lippen stand Die Lust zum Leben wiederschenken Ich aber werde dunkel seyn Und gehe meinen Weg allein / Den letzten Tag in Kochberg in dem Zimmer der Frau v. Stein gemacht; niemand als ihr selber vorzulesen.
Aus meiner Hptte. Es ist so ein schqner Tag Und habe Arbeit Und bin still Allen Seegen! G.
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181. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 2. November 1776. Samstag An den Geist des Johannes Sekundus.
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Lieber, heiliger, groser Kpsser, Der du mir’s in lechzend athmender Glpckseeligkeit fast vorgethan hast! Wem soll ich’s klagen? klagt ich Dir’s nicht! Dir, dessen Lieder wie ein warmes Kpssen Heilender Krtuter mir unters Herz sich legten, Dass es wieder aus dem krampfigen Starren Erdetreibens klopfend sich erhohlte. Ach wie klag ich dir’s, dass meine Lippe blutet, Mir gespalten ist, und erbtrmlich schmerzet, Meine Lippe, die so viel gewohnt ist Von der Liebe spsstem Glpck zu schwellen Und, wie eine goldne Himmelspforte, Lallende Seeligkeit aus und einzustammeln. Gesprungen ist sie! Nicht vom Biss der Holden, Die, in voller ringsumfangender Liebe, Mehr mqgt haben von mir, und mqgte mich Ganzen Ganz erkpssen, und fressen, und was sie kqnnte! Nicht gesprungen weil nach ihrem Hauche Meine Lippen unheilige Lpfte entweihten. Ach gesprungen weil mich, qden, kalten, Uber beizenden Reif, der Herbstwind anpackt. Und da ist Traubensaft, und der Saft der Bienen, An meines Heerdes treuem Feuer vereinigt, Der soll mir helfen! Warrlich er hilft nicht Denn von der Liebe alles heilendem Gift Balsam ist kein Trqpfgen drunter d‘. 2 Nov. 76 G.
25 gereinigt dvereinigte --------------
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182. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 3. November 1776. Sonntag Ich bitte Sie um das Mittel gegen die Wunde Lippe, nur etwa dass ich’s finde heut Abend wenn ich zurpckkomme. Muss ich Sie schon wieder um etwas bitten um etwas heilendes. Gestern Nacht haben mich Stadt und Gegend und alles so wunderlich angesehen. Es war mir als wenn ich nicht bleiben sollte. Da bin ich noch in’s Wasser gestiegen und habe den Alten Adam der Phantaseyen erstuft. Adieu beste Frau. d‘. 3 Nov. 76. Ich reite nach Erfurt. G.
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183. An Catharina Elisabeth Goethe, Johanna Fahlmer und Johann Caspar Bflling ÆWeimaræ, 6. November Æ1776. Mittwochæ An Frau Aya, Tante Fahlmer und Freund Bqlling gesamt, Mittwoch d‘. 6. Nov. Abends 6 Uhr. Ich sizze noch in meinem Garten, es ist das schqnste Wetter von der Welt, pflanze und mache allerley Zeugs das kpnftig Jahr soll schqn aussehn und uns in guten Augenblicken Freude machen. Heut hab ich einen neuen Gang machen lassen, hab auf die Arbeiten getrieben, denn ich hatte einmal Ruh, es waren wenig Menschen da, nun hab ich die Expedition der letzten Session signirt, und will euch nur mit wenig Worten sagen dass ich so vergnpgt und glpcklich bin, als es ein Mensch seyn kan. Von Geschtfften bin ich eben nicht gedrpckt, desto mehr geplagt von dem was den Grund aller Geschtffte macht: von den Tollen Grillen, Leidenschafften und Thorheiten und Schwtchen und Sttrcken der Menschen, davon hab ich den Vorteil dass ich nicht pber alles das Zeit habe an mich selbst zu dencken, und wie sich Frau Aja erinnert: dass ich unleidlich war da mich nichts plagte, so bin ich geborgen da ich geplagt werde. –– Ubrigens hab ich alles was ein Mensch sich wpnschen kan,
16 da., 17 Ssignirt
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BRIEFE 184–187
und bin freylich doch nicht ruhig, des Menschen Treiben ist unendlich bis er ausgetrieben hat. Lebt wohl und schreibt mir mehr, denn ich kann nicht schreiben. Hier habt ihr ein klein Blpmlein vergiss mein nicht. Leßts! lassts den Vater lesen, schickts der Schwester und die soll mir’s wiederschicken, niemand solls abschreiben. Und das soll heilig gehalten werden so kriegt ihr auch wieder was. G. Der Treu und Glauben der Tante Fahlmer sind D i e G e s c h w i s t e r empfohlen
184. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 8. November 1776. Freitag 10
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Ich war verlegen welcher der Jahrstag wtre dass ich in Weim bin. Gestern war er liebste Frau! Und wie gefreyert! – und wie beschenckt! – Was Ihre Bedencklichkeiten aufgespaart hatten, alles auf einmal, und eben in dem Augenblick wo ich alles so fphlen konnte, so zu fphlen bedurfte. Ich musste mein Tagbuch nachsehen um Ihre Zettelgen zu verstehen hier und da, und fand alles. Wieviel wieder lebendig wurde! Ach die acht Wochen haben doch viel verschpttet in mir, und ich bleib immer der ganz sinnliche Mensch. Meine Landschafft will ich durch Wasser ziehen und fpr geendigt abgeben. Ich soll nichts endigen. Was Sie von mir haben ist so, und wenn Sie nicht wtren wtrs auch nicht so weit. Freytag d‘. 8 Nov. 76. Was macht der Fus. G.
185. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 10. November 1776. Sonntag Lenz grpsst sie er ist bey mir. Hier der Mantel er hat mich wohl gehalten Akkurat 20 Minuten brauch ich von Ihrer Stube in meine. 21|Was macht der Fus.|
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Vielleicht komm ich ein paar Seiten Englisch zurpckzulegen, eh Sie nach Hof gehn. Ich maskire mir iezt das Verlangen Sie zu sehen mit der Idee dass ich Ihnen zu was nuz bin. Addio. d‘. 10 Nov 76. G.
186. An Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim Weimar, 14. November 1776. Donnerstag Wenn Sie mehr so was haben, schreiben Sie mirs nur gleich l. Bechtolsheim mit dem Bericht wenn der ergeht. Die Sache ist nicht so gar mild entschieden wie Sie sehn werden, ich hatte unter allen die schtrfste Gesinung – . Das andre wegen Buching will ich sehn was zu ---------------thun ist vor der Hand. Der Ausschuss Tag wird auch bald werden. S i e kriegen ntchstens eine saubre Commission den Aerariis den Wirrkopf zu ktmmen. Wpnsche viel Geduld. Grpsen Sies Weibgen, und denen Kleinen auch was, iedem auf seine Art. Addio. Wenn wir einander wiedersehn werden wir uns viel zu erzthlen haben. Weimar d‘. 14 Nov. 1776. Goethe
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187. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 19. Æoder 20.æ November Æ1776. Dienstag oder Mittwochæ Der Sturm hat die ganze Nacht gewthrt, und mich aus seltsamen Trtumen wohl fpnfmal aufgestqrt, und der Tag der so unhold einbrach, wollte eben Ihr Angesicht nicht sehen unter meinem Wachholderb. Ich hab meine kleine Wirthschafft um und umgekehrt. Dieses Zieraffen Papier gefunden, und zugleich schick ich. Aussicht vom Stpzzerbacher berg l i n c k s , wie das Sie schon haben r e c h t s ist, gezeichnet das erstemal in Ilmenau. Schwedenborg. Grau Papier fpr Kestnern, und einen Bindfaden. Es ist das Maas wo Sie sollen einen 11 Ge6duld 12 wWenn 20 hat-b
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BRIEFE 188–191
Pflock zum Nagel / in die Wand schlagen lassen. . gemessen von dem Nagel wo das Berg Nebelbild hinzuhtngen kommt. Gestern Nacht hab ich ein Model zu einem Schlitten fpr Sie, aus einem Stpmpfgen Wachslicht gefertiget, er ist auch schon bestellt. Wenn Sie mich sollten sizzen sehn, in dem neuen Eckgen das ich mir bereitet habe. Ich kalfatre ietzt Fenster und Thpren, und will sehn wie lang ich mich gegen die Unbilden der Wittrung halte, und ob sie mich pberwtltigen. Addio. – Ich muss nur noch nach einem Pferd schicken denn die Unruhe hat mich heute wieder an allen Haaren. Gute Nacht. d‘ 19. Nov. halb vier. Nach Mitt. G.
188. An Johann Heinrich Merck Weimar, 22. November 1776. Freitag
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Ich hab heute Boll. geschrieben er soll dir 400 f auszahlen mir wtrs lieb wenn du mit dem Rest bis neuJahr warten kqnntest, wo aber nicht so schreib, und ich will sehn wie ichs mache. Denck doch wieder auf ein halb Stpckgen oder ein Stpck extra fein wie der erste 53 war. Dass ich wieder was habe wenn der all ist. Dein Schicksaal drpckt mich, da ich so rein glpcklich bin, Ich wohne noch im Garten und balge mich mit der Jahrszeit herum und die Abwechslungen der Witterung und der Welthtndel um mich, frischen mich immer wieder neu an, ich bin weder Geschtfftsmann, noch Hofmann und komm in beyden fort. Der Hrz- und ich kriegen uns ttglich lieber, werden ttglich ganzer zusammen, ihm wirds immer wohler und ist eben eine Creatur wie’s keine wieder giebt. Ubrigens ist eine tolle Compagnie von Volck hier beysammen, auf so einem kleinen Fleck, wie in Einer Famielie findt sichs nicht wieder so. Adieu lieber Bruder. d‘. 22 Nov 76. W. G.
13 kqnn6test., 18 66balge 23 Craeatur
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189. An Johann Gottfried Herder ÆWeimar, zwischen 17. und 26. November 1776æ Hier l. Br. das Hamanns. Mich dpnckt httte nichts liebers u herrlichers von ihm gelesen. Der Brief au Salomon ist nun ganz ohne gleichen. Seine Briefe kriegst auch. hier noch eine Rattenjagd von Lenz, ein Puppenspiel von mir. und ich kpss euch Adieu. habe noch keinen guten Tag gehabt die Offenbahrung zu lesen. Heut wirds wieder nicht. d‘.
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190. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimar, 29. November 1776. Freitagæ Herr Lenz lies mir gegenwtrtiges bey seiner Abreise zurpck, und glaubte ich wprde die innen benandte Manusscripte beylegen kqnnen, ich finde sie aber nicht unter meinen Papieren. Seyn Sie also nur so gptig mit dem Drucke des Stpcks bis auf weitere Nachricht von ihm nicht vorzuschreiten. Goethe.
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191. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, 30.? November 1776. Samstag?æ Lenz wird reisen. Ich habe mich gewqhnt bey meinen Handlungen meinem Herzen zu folgen, und weder an Misbilligungen noch an Folgen zu dencken. Meine Existenz ist mir so lieb wie iedem andern, ich werde aber iust am wenigsten in Rpcksicht auf sie irgend etwas in meinem Betragen tndern. G.
2 vomn 3 Seieine (zur Verdeutlichung lberschrieben) 4 Rattengjagd
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BRIEFE 192–198
192. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, zweite Hclfte November 1776?æ
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Zwar gestttigt bin ich aber ich bin in Weines Noth und auch denen theatralischen Eselskinbacken mit denen man wohl Philister todtschltgt springt der edle Quell nicht. Schicke mir aber was a l t e s denn eure neuen Weine hass ich wie die neue Literatur. G.
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ÆWeimar, Ende November 1776æ
Hier liebe Frau den Rest von allerley Bildnerey, die mein Herz unter Ihrer Regierung vollbracht hat. Ich wollt dass das der lezte Transport wtre, und ich aufhqren kqnnte Sie zu plagen durch meine unhimmlische Gegenwart. Mit allem dem schick ich auch noch Papier mit fpr Himmel Hqlle und Fegfeuer. seyn Sie lieb. – Gestern hatt ich einen Pick auf euch alle drum kam ich nicht. Addio.
194. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 1. Dezember 1776. Sonntag
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Ich sollte gar nichts schreiben, denn ich weis nicht wie mir ist. Die Reise muss wohl gut seyn, da sie mich aus der tiefsten Verwirrung mein selbst herausreisst. Addio. Ich ruhe auf Ihrer Hand d‘. 1 Dez 76. G.
195. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, 1. Dezember? 1776. Sonntag?æ ÆAbschriftæ
Hier das Ding, sag niemand was, leb wohl, ich geh nach Leipzig. Geht nach Gotha und sagt dem Miseln das beste von mir. Sey dramatisch treu, weil dich doch Gott zu dieser Bahn berufen hat. Addio. G.
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196. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 1. Dezember? 1776. Sonntag?æ Lenz hat mir weggehend noch diesen Brief an H. Louise offen zugeschickt, pbergeben Sie ihn liebe Frau. Die ganze Sache reisst so an meinem innersten, dass ich erst dadran wieder sppre dass es tpchtig ist und was aushalten kann. G.
197. An Charlotte von Stein mit Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach ÆWeimaræ, 2. Dezember 1776. Montag D. 2ten Dec. 776. frph um 1/2 7. lebe wohl liebste beste Frau alleweile reisen wir, der Mond ist jetz noch unser begleiter, er scheint himlisch schqn. leben Sie ja recht vergnpgt, u. empfangen Sie von uns diesen collegialen abschied. leben Sie wohl. C. A.
Ich preiße die Gqtter die uns bey den Schqpfen fassen und uns gleich ienem Propheten mit unsern Reisbrey Tqpfen abseits tragen. Adieu beste. Meine Gedancken wachsen aus Ihren Zwiebeln. Geb es schqne Blumen! G.
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198. An Charlotte von Stein Rippach, 2. Dezember Æ1776. Montagæ Montag d‘. 2 Dez. Abends 8. Wir sind in Rippach, werden bis Mitternacht ruhen und dann im Mondschein nach Leipzig. Dieses Blat kriegen Sie erst donnerstags. Mir ist in all meinen Verwirrungen immer ein freudiger Aufblick wenn ich an Sie dencke. Dass nur Herzogin Louise die G e s c h w i s t e r nicht weiter giebt oder sonst – Eh sie nach Gotha geht lassen Sie sich’s wiedergeben, es muss uns bleiben.
2 6reisst 7 leb|e| 9 6leben 13 Zwiefbeln
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BRIEFE 199–204
Die Schrittschue die ich ihr versprochen habe sind aus Versehn eingepackt worden. Gute Nacht. Sie sind immer gleich und ich wie der Mond in seinen Vertnderungen sich auch gleich! Eben hier schrieb ich vor drey vierteliahr an Sie mit eben dem Herzen Gute Nacht. G.
199. An Charlotte von Stein Wfrlitz, 5. ÆDezemberæ 1776. ÆDonnerstagæ 5
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Liebste Frau wir sind auf dem Lusthause Wqrliz von dem ich Ihnen viel erzthlen will, vielleicht zeichn’ ich Ihnen was. Wir sind bald in die Leute gewohnt sie bald in uns. Wir hezzen uns mit den Sauen herum, und mir thuts besonders wohl dass so viel neues um mich herum lebt. Hernach bin ich einmal wieder schnell in meinem Garten und bey Ihnen. Gute Nacht liebe Frau, ich sag Ihnen weiter nichts G. denn Sie wissen alles. d‘. 5. Nov 1776.
200. An Friedrich Justin Bertuch ÆWfrlitzæ, 11. Dezember 1776. Mittwoch
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Mach doch das Geld zusammen und schicks an Bolling mit dem Postwagen. Ich hab iezo keine andre Art. 400 f die Carolin zu 11 f wie schon gesagt wir sind wohl. G. d‘. 11 Dez. 76.
201. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 22. Dezember 1776. Sonntag Wie ich Ihnen dancke fphlen Sie, sonst httten Sie d a s nicht geben. Hier einen Wanderstab wenn Sie wieder einmal fern von mir in Ihren Thtlern wallen. Vielleicht komm ich zu tische. Addio. G. d‘. 22. Dez. 76. 20
8 besondesrs
DEZEMBER 1776/JANUAR 1777
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202. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 23. Dezember 1776. Montag Liegt der Riss nicht noch bey Ihnen? Ich bin heut still in meinem Garten, habe doch schon Menschen bey mir gehabt. Wenn Sie die Geschichte gefunden haben schicken Sie mir s. d‘ 23 Dez. 76 G
203. Philipp Seidel an Philipp Erasmus Reich Weimar, 2. Januar 1777. Donnerstag
ÆAuftragsbriefæ
Von den von H‘ Lavater an den H‘. G. L. R. Goethe pbersandten phisognomischen Fragmenten fehlen noch die auf Beikommendes folgende Bogen, wie er diese erhalten wird, sollen sie sogleich an666 abgesandt werden, bis dahin bittet er mqgten sie den Druk dieses bestens besorgen. Weimar d‘ 2 Jan. 1777. geh. D. Seidel.
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204. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 3. Januar Æ1777. Freitagæ Gestern Abend ist mir’s noch sehr dumm worden. Ich habs Huflanden gemeldet, und was eingenommen. Werde zu Haus bleiben. auch schweerlich zur Redoute kommen Dancke fpr Ihr Wort gestern Nacht. Ich soll wohl mit den Menschen sppr ich sobald noch nicht auseinander kommen. Grpsen Sie die herzoginn. Ich weis doch allein wie lieb ich euch habe. G. d‘. 3 Jan. 76.
2 der - - ie 6 -P-6Fragmenten 8 s- bitten --t 13 Wedrde 14 schweelrlich
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BRIEFE 205–210
205. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 3. Januar 1777. Freitagæ
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Dancke fpr die Magensttrckung und Sttrckung im Glauben. Die Farbe ist wohl recht nur muss man sehn wie sie sich zu Nacht ausnimmt und dass sie recht gleich geftrbt wird. Heut hab ich in der Schwachheit meiner Sinne den ersten Ackt verfertigt. Addio. beste. Grpsen Sie den Freund Oger. d‘. 3 Dez. 76 G. Darf ich Sie bitten auf der Redoute dies Band mir zum Gedtchtniss zu tragen
206. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 4. Januar 1777. Samstag 10
Indess Sie lustig waren, war ich fleisig, hier haben Sie ein Stpck. Ich bin wieder ganz leidlich komme wohl heut zu Ihnen. Leben sie froh bis dahin. d‘. 4 Jan 77. Goethe.
207. An Johann Heinrich Merck ÆWeimaræ, 5. Januar 1777. Sonntag
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Schicke dir abermal zwanzig Carolin benachrichtige mich doch von der richtigen Ankunft des ersten Transports+ und schick mir eine Rechnung was ich dir pberhaupt noch schuldig bin, ich mqgte nach und nach Richtigkeit pflegen. Ich lebe immer in der tollen Welt und bin sehr in mich zurpckgezogen. Es ist ein wunderbaar Ding ums Regiment dieser Welt, so einen politisch moralischen Grindkopf nur halbwege zu stubern und in Ordnung zu halten. Leb wohl grps deine Frau. d‘. 5. Jan 77 G. + er ging hier d‘. 9 Dez. 76 ab. mit 44 St Louisdor. und etwas Silbergeld. 7 Red|o|ute 11 767 13 vomn
JANUAR 1777
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208. An Adam Friedrich Oeser ÆWeimaræ, 7. Januar 1777. Dienstag Wir wollen der Hez. Louise auf ihren Geburtstag auf unsern Brettern ein neu Stpck geben und bedprfen dazu eines hintersten Vorhanges zum Wa l d . Wir mqgten auf diesem Prospeckt gern eine herrliche Gegend vorstellen mit Haynen Teichen, wenigen Achiteckturstpcken pp denn es soll einen Parck bedeuten. Httten Sie so was vorrtthig so schicken Sies doch aber mit ntchster Post, allenfalls ein Kupfer von Poussin, oder sonst eine Idee, wir bitten recht sehr drum. Sie haben erinnr ich mich so was auf einem Vorhang in Leipzig. Die Bpste kriegen Sie ehstens. Ihr Andencken ist lebendig unter uns. Herzoginn Louise hat mir Vorwprfe gemacht dass ich Sie nicht zu ihr gebracht habe, also mpssen Sie bald wiederkomm das gut zu machen. Addio ist Ihnen nichts weiter von meiner Gottheit offenbaart worden? d‘. 7 Jan. 77. Goethe
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209. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 8. Januar 1777. Mittwoch Wie haben Sie geschlafen L. Frau. Ich recht wohl. befinde mich auch munter und gut, ich schreib’s Ihnen weil ich weis dass es Ihnen lieb ist. Gestern hat mich ein einzig Gefphl gefreut, dass ich auf kpnftigen Sommer viel fpr Sie zeichnen werde. Addio. Grpsen Sie Steinen. G. d‘. 8 Jan. 77.
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210. An Johann Caspar Lavater Weimar, 8. Januar 1777. Mittwoch Ich habe zwey Packete von dir erhalten, dazwischen eine Lpcke war, das erste enthielt Revision und ist fort. Das andre geht an pag 39 mit dem dritten Fragment. Du schreibst du htttest etwas grad nach LeipÐ 6 sSie 8 erinnr ich 8 i- mich 12 A|d|dio 16 un6d
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BRIEFE 211–214
zig geschickt also wids wohl richtig seyn, bey mir ists iezzo bis pag. 72. Diomed und Ulysses. soll nicht aufgehalten werden. Es sind herrliche Sachen drinne die mir wohl gemacht haben. Wenn mir nur nicht der Lavaterianismus: das Hezzen, Trpmfe drauf sezzen, Schimpfen, Angstlichkeit, mit Wolcken fechten, mir gleich wieder den guten Eindruck verschunden httten. Ausgestrichen hab ich die Anzeige was von mir sey, ich weis gar nicht was es bedeuten soll. Mit der Dedication mags fortgehen, die ist nun schon gedruckt, verspaarts biss auf den vierten etwa – In meinem iezzigen Leben weichen alle entfernte Freunde in Nebel, es mag so lang wthren als es will so hab ich doch ein Musterstpckgen des bunten Treibens der Welt recht herzlich mit genossen. Verdruss Hoffnung, Liebe, Arbeit, Noth, Abenteuer Langeweile, Hass, Albernheiten, Thorheit, Freude, Erwartetes und Unversehnes, Flaches und Tiefes, wie die Wprfel fallen, mit Festen / Ttnzen, Schellen, Seide und Flitter ausstaffirt es ist eine treffliche Wirthschafft. Und bey dem Allen l. Br. Gott sey Danck in mir, und in meinen wahren Entzwecken ganz glpcklich. Ich habe keine Wpnsche als die ich wprcklich mit schqnem Wanderschritt mir entgegen kommen sehe. Es ist dein Schicksaal dass in an dir diese Freude nicht erleben soll. Leb wohl grps alles. Vor Weimar im Garten. d‘. 8 Jan. 77 G. Dein Durst nach Crist. hat mich gejammert. Du bist pbler dran als wir Heiden uns erscheinen doch in der Noth unsre Gqtter.
211. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimaræ, 13. Januar 1777. Montag 25
Hier die Fortsezzung iezt ist nichts weiter in meinen Htnden. Die Dedication bleibt an den Landgrafen von Hessen Homburg. Wegen Lenzen bitt ich Sie zu verfahren als wenn ich gar nicht existirte, wie
3 dnure 10 Nebel., 11 mMusterstpckgen 12 wWelt 14 uUnversehnes 19 sSchicksaal 20|Vor|
JANUAR/FEBRUAR 1777
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ich auch an der ganzen Sache keinen Antheil habe, auch keinen dran nehme. d‘. 13 Jan 77 G.
212. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 2. Februar? 1777. Sonntag?æ Hab ich doch wieder eine Puppe womit ich spielen kann. Eine Wohnung fpr Sie! – Wir waren Heut all auf der Sattelkammer. Der Baukontrolleur hat den Auftrag es aufzunehmen und ich sinne schon auf Einrichtungen davon nur einige nicht recht gehen wollen Leben Sie wohl. Und Sie kommen!!
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213. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 3.? Februar 1777. Montag?æ Hier l. Frau das von Zimmermann, ich habe heute die Haut voll zu thun. Und also nur einen guten Morgen. Gestern Abend war’s um sich dem Teufel zu ergeben. Etcetera Amen G.
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214. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 4. Februar 1777. Dienstag Ich hab heute einen schqnen Tag gehabt und versucht wie’s thut Sie nicht zu sehn. Dafpr haben Sie denn Zwey Gesandschafften des Tags, Morgens Blumen und Abends Wprste. Philip wird mit der Kqchinn Conferenz halten. Ich sizze an meinem einsamen Feuer und habe Sie sehr lieb. d‘. 4 Febr. 77. G.
5 desn 6 Z.E. Leben 13 Tags.,
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BRIEFE 215–219
215. An Friedrich Justin Bertuch ÆWeimar, 5. oder 6. Februar 1777. Mittwoch oder Donnerstagæ
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Ich muss den ersten Musizis auch ein Douceur fpr ihre Bearbeitung machen. Ingleichen dem Stadt Musikus was geben. Dazu pbersende Seckendorfen 42 rh. er wirds austheilen. Auch gieb mir 2 Louisdor fpr Aulhornen. G.
216. An Jacob Friedrich von Fritsch ÆWeimaræ, 9. Februar Æ1777. Sonntagæ
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Wie stehts mit Ihr. Exzel‘ Gesundheit? Ich habe nur melden wollen: dass der Hezog auf die Vorstellung von seiner Idee abgegangen ist. Sie haben also die Gpte auch weiter nichts von der Sache zu erwthnen. d‘. 9 Febr 76 Goethe
217. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 11. Februar Æ1777. Dienstagæ
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Aus Schnee und dichtem Nebel schick ich Ihnen ein Paar freundliche Blumen. Ich gehe in’s Conseil sizzen, werde mit unter einen Augenblick bey Ihnen seyn, und vielleicht gar zu Ihnen kommen und um einen Bissen Nachtisch bitten. d‘. 11 Febr. 76. G.
12-13 Augeb--nblick
FEBRUAR 1777
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218. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 15. und 16. Februar 1777. Samstag und Sonntagæ Sonnabend frph. 9 Uhr. Ich lief um 12 von der Redoute, schlief ziemlich ruhig, stand aber nicht mit ganz freyem Herzen auf. Ein Zettel von Thusnelda machte mich lachen, es wollte noch nicht recht. Da fand ich ein alte Schottische Ballade die hat mich auf einmal munter gemacht als ich seit drey Tagen nit was. Ich musst Ihnen schreiben, gqnn Ihnen nun die Freud auf ’m Land pber die ich vor einer halben Stunde noch murrt. Adieu liebe liebe Frau! S o n t a g f r p h . da ist doch noch das Zettelgen wenn Sie wiederkommen versprech ich Ihnen was zu lesen denn ich fprchte nicht dass ihre Liebe auf dem Lande Launen kriegen wird, wie Louisens Spielgeist. / Sonntag. So haben Sie auch auf dem Lande keine Ruh vor unsrer Lieb und Thorheit, wie aber wenn einer statt des Zettelgens selbst gekommen wtre. Httts auch vielleicht gethan, wenn ich nicht einen Pick auf mich hatte dass ich Sie so lieb habe. Es werden hier im Stillen sehr politische Lieder gesungen. Gestern schrieb ich ein Zettelgen an Sie das hab ich verlegt – Es ergeben sich allerley Luft, und noch mehr Erderscheinungen, die mqgen verschwinden wie sie entstanden sind. Aber ich weis was das keine Erscheinung ist.
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219. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 19. Februar 1777. Mittwoch Guten Morgen liebste Frau. Hier ist alles wieder was ich von Ihnen seit einigen Tagen geborgt habe. Das trpbe Wetter drpckt mir heut allen Rauch in die Stube dass ich gar pbel dran bin. Leben Sie wohl. d‘. 19 Febr 77. G. Ð 6 Tagen unit 6 nur- n 23 in gross gar
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BRIEFE 220–224
220. An Johann Caspar Lavater Weimar, 19. Februar 1777. Mittwoch
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Da hast du von dem herrlichen Lindau einige Blttter. Zimmerm. schreibt mir er sey todt ich glaube kein Wort davon. Deine Phis. geht immer richtig durch meine Htnde, ich kann nichts dafpr thun als hie und da ausstreichen. Bey Raphael hab ich einen grosen Schnitt gemacht, und mir selbst von einem Tag zum andern versprochen den Riss wieder auszufpllen es ging aber nicht. Ich lebe ganz glpcklich in anhaltendem Reiben und Treiben des Lebens, und bin stiller in mir als ie, schreibe niemanden, hqre von niemanden, mich kpmmert ausser meinem Kreis nun gar nichts. Kaufm. ist wieder da, ich hab ihn nur einen Blick gesehn, er sizt bei Lynckern auf dem Gute. Lindaus Petern erwart ich mit dem Frphjahr, ich will sehn, ob’s glpckt was ich mit ihm vorhabe. Herder ist wohl und vergnpgt. Leb wohl grps dein Wibele, Btben u. Kaysern. W. d‘. 19 Febr. 77. G. Nachts in meinem Garten, in einem Warmen Stpbgen, da mir draussen pber Schnee und hellen Mondenschein, Waldhqrner pbers Thal herpber blasen.
221. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 20. Februar 1777. Donnerstag
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Ich habe dem Herzog gerathen heute bey Ihnen zu essen. Er ist nicht in den besten Umsttnden, wenn Sie uns mqgen kommen wir gegen 1. Machen Sie aber weiter keine Umsttnde. Hier schick alten Wein. Addio. d‘. 20 Febr. 77. G.
19 6cbers
FEBRUAR/MwRZ 1777
222. An Johanna Fahlmer
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ÆWeimaræ, 21. Februar 1777. Freitag
Ihr Brief l. Tante hat mir recht wohl in meiner verwirrten Einsamkeit gethan. Schreib sie mir irgend wenn’s Ihr wohl macht. Ich bin beschrtnckter als iemals, sizze im Schnee im Thal, und brpte pber mir selbst, die bunte, dumme, und tolle Wirthschafft um mich fphl ich gar kaum. Sag sie der Fr Aya sie mag mir mit dem Frph jahr wieder Flaschen Alten Weins schicken. Der erste Transport ist kaum die Htlfte getruncken, ich halt ihn werth Ihr sollt manchmal von mir hqren. Adieu grps sie die Mtdels. Grps sie Frizzen und lebt wohl. d‘. 21 Febr 77. G.
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223. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 1. Mcrz 1777. Samstag Dancke herzlich Liebes fpr das Essen ich habe nur auf den Abend aufgehoben, es sizzt was in mir weis Gott was, ich seh die Sachen gar zu wunderbaar. Einmal wollt ich kommen zum zweyten Ackt will ich aber reiten. Ade. G d‘ 1 Merz 77
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224. An Johann Caspar Lavater Weimar, 4. Mcrz 1777. Dienstag Mir ists leid dass ich dir pber das Scheisgesicht Verdruss mache. Dein Brief kam zu sptt. Indess denck ich ist nichts verlohren. Du ltssts unter den Kupfer Tafeln, man sagt hinten Beym Avis au Relieur, es solle nach Bachen gebunden werden und im folgenden Theil sagt man ein Wort drpber. Lass mich’s nur mit Reichen abmachen, die etwa zu entstehende Irrung wieder einzuleiten. Ich lebe in groser Verwirrung, indess giebt mir der Himmel dass ich pflanzen und bauen kann. d‘. 4 Merz 77. Weimar. G.
4 wWirthschafft 5 6kaum 10 lLiebes 11 es, (Komma gestr.) 15 ists
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BRIEFE 225–228
Was du kpnftig schnell von Briefen an Reich haben willst, schick gerade an ihn.
225. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 6. Mcrz 1777. Donnerstag
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Gestern hab ich mir ltcherliche Gewalt angethan sie nicht zu sehen, und muss nun probieren wie weit ich’s heute bringen werde. Morgen gehen Sie! – Der Stadthalter hat mich auch eingeladen, und nicht recht begreifen kqnnen warum ich so eine Partie verbat. Addio. Hier schick ich Frizzen was. d‘. 6 Mtrz 1777. G.
226. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 6. Mcrz 1777. Donnerstag
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Dass ich doch auch mich angebe, der ich so offt pber andrer Unglauben schelte, gesteh ich Ihnen, dass ich schon heut den ganzen Tag gedacht habe Sie wprden weggehn ohne mir was zu sagen, Sie wprden’s gut seyn lassen, und s. w. und habe grosse Picks auf Sie gehabt. Wenn Sie nicht nach Hof gingen ktm ich doch. Also solls so seyn. Adieu. Morgen siz ich im Conseil wenns Ihnen wohl ist. Adieu lieber Engel. d‘. 6 Mtrz 77. G. Verbitte kpnftig dass Sie mir nicht schreiben was Sie selbst nicht dencken, wie diesmal der Anfang Ihres Billets.
16 aAnfang
MwRZ 1777
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227. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 10. Mcrz 1777. Montag Hier bester Engel schick ich was, da ich nicht selbst kommen kann. Zu Tische gehts nach Tiefurt, heute Abend komm ich wenns auch sptt wtre. Das Glpck des Lebens liegt dunckel auf mir. Addio. d‘ 10 Marz 77 G. ---
228. An Johann Caspar Lavater Weimar, 10. Mcrz 1777. Montag Lieber Br. deine Papiere gehen ziemlich ordentlich nach Leipzig, ich thue nichts dran, davon es nicht schlimmer werden wird. Dein Fragment pber Wolfen habe weggelassen. Es ging gar nicht. Es wtre hier unendlich ltcherlich geworden. Das Kupfer ist zwar wie der Kerl nie ist, doch giebt mich’s Wunder dass du dadrinn das mancherley fatale nicht bemerckt hast. Mir dpnckt wenn ich aus nichts von ihm gewust httte httt ich gesagt dass das wohl ein Virtuos nie aber ein Componist seyn kqnne. Die garstige Selbstgeftlligkeit, ohne Drang und Fplle und Dumpfheit. Ich hatte gehofft mich wprdest du heraus lassen, da ich dich so hqflich drum gebeten hatte, und du nicht einen leidlichen Zug von mir hast, indess da es ein Gericht ist das pber mehr ehrliche Kerls ergeht mags denn seyn. Herder wird dir auch den Hals voll schelten pber sein polirtes Milchgesicht, und den Colofonien Bliz des Fragments dazu. Adieu. Behalt mich im Herzen. Mir gehts nach dem Rathschlusse der Gqtter, den ich in tiefer Ahndung ehre. Weimar d‘. 10 Merz 77 G.
11 V66irtuos
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BRIEFE 229–234
229. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 11. Mcrz 1777. Dienstag
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Wie der herrliche Morgen auf den gestrigen Nebel wohlthut, konnen Sie dencken. Und ich mqgte nun wissen ob Sie das bqse Kopfweh verlassen hat. Heut ist zwar Session ich hoffe aber doch um ein Uhr fertig zu seyn, denn es ist nicht viel. Und komme also. Denn Nachmittag giebts wieder was zu thun. Abends hingegen sind die Grasaffen zum Feuer werck eingeladen. d‘. 11 Merz 77 G. Hier schick ich einen Beutel, beym vignt un an mich zu dencken.
230. An Philipp Erasmus Reich Weimar, 11. Mcrz 1777. Dienstag
10
Hier pbersende ich was von Phis. in meinen Htnden ist. Seyn Sie doch so gptig mir zu melden ob der neunte Abschnitt der mir fehlt in Ihren Htnden ist, oder ob ich ihn noch aus der Schweiz zu erwarten habe. W. d‘. 11 Merz 1777 Goethe
231. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 12. Mcrz 1777. Mittwoch
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Weil ich Sie schweerlich heute sehn werde, schick ich Ihnen einen freundlichen Blick auf die Ankunft des Frphlings. Es wird eine Zeit seyn wo dieser Dinge viel um mich herum blphen werden, heut ists wieder so ein kalter Tag, dass es fast unmqglich scheint. Addio bestes. d‘. 12 Marz 77 G.
10 daser achte dneuntee 14 schweelrlich
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232. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 13. Mcrz 1777. Donnerstag Verzeihen Sie dass ich schon wieder allerley Zeug schicke. Sie sehen daraus dass ich von der tltern Kirche bin, da man sich den Gqttern ohne Gaben nicht zu nthern traute. Heut habe ich viel Arbeiter, und mein Garten htlt mich. Darf ich diese Nacht mit Ihnen essen? Zum Mittage bitt ich mir durch Uberbringern eine Wurst oder so etwas zu schicken. d‘. 13 Mtrtz 77 G.
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233. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 14. Mcrz 1777. Freitag Ich esse mit dem Herzog auf dem Zimmer, wenn Sie aber zu Hause bleiben komm ich gleich nach Tische, ich hab grose Lust und Hofnung Sie zu zeichnen. Die grose Welt ist mir bekommen gestern wie dem Hunde das Gras. d‘ 14 Merz 77. G.
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Mein Auge ist viel besser.
234. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 15. Mcrz 1777. Samstag Dancke herzlich dass Sie sich meiner Augen annehmen wollen, sie sind immer in Einem wie gestern. Ich httte viel drum gethan um gestern Abends mit Ihnen zu seyn, es war mir nicht sonderlich in meiner Einqde. Das Wetter ist wild. Zu Mittag werd ich wohl aus dem Conseil zu Ihnen flpchten d‘. 15 Mtrz 77. G.
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BRIEFE 235–239
235. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimaræ, 16. Mcrz 1777. Samstag
ÆAbschriftæ
Sie melden mir daß der a c h t e Abschnitt fehle. So viel ich weis, hab ich den 8 und 10 ten schon pberschickt, der neunte fehlt mir aber, ist der in Ihren Htnden so ist alles richtig. d. 16. Marz 77. Goethe.
236. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 17. Mcrz 1777. Montag 5
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Nach der Mittags Stunde fangen die Mturer an, schicken Sie mir etwas das ich in Ihrem Nahmen in Grund legen kann. Meine Augen sind leidlich, der Zug aber in den Schenckeln und Seiten fatal. Der Wind ist gar leidig, pbrigens hab ich aufstehend allerhand Affereyen im Kopf gehabt. Wie sieht das Bild heute aus? und was macht das Original? d‘. 17 Merz 77. G. Dancke bester Engel fpr s pberschickte es soll wohlverwahrt in Grund kommen. Wenn Sie zu Haus bleiben komm ich nach Tisch. Das will ich daraus abnehmen wenn Sie nicht wiederschicken. Gehn Sie aber aus oder es ktme iemand lassen Sie mir’s nur vor 1 Uhr sagen, so bleib ich gar zu Hause. G.
237. An Johanna Fahlmer
Weimar, 19. Mcrz 1777. Mittwoch
Sagen Sie doch der Mama ich btte sie, mir, wenn die schqne Zeit kommt, wieder einige Krpge alten Wein zu schicken. Auch wtr mir’s sehr lieb wenn sie den Vater disponirte dass er mir ein Geschenck von
9 aus,? 14 owenn
MwRZ 1777
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ein Paar Ohm |: nicht aus seinem Keller:| machte. Es mpsste so etwa ein 62 od‘. 66ger seyn, aber was extra feines, wenn man sich umthut muss man ihn wohl bey euch gut kriegen kqnnen. Georg Jakobi war bey uns, ich hab ihn nur den lezten Abend bey Wiel. gesehen, er ging ungerne weg. Schreib sie mir doch wieder einmal Ttntgen! Mir ist so wohl und so manichfaltig dass nun kein Mensch mehr von mir hqrt. W. d‘. 19 Mtrz 77. G.
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238. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 21. Mcrz 1777. Freitag Hier hab ich ein Morgenbrod fpr Sie zusammengesucht von mancherley Gesichtern und Fingern. Zu Tische komm ich und hab gute Zeichnungs Hoffnung. Addio beste. d‘. 21 Mtrz 77 G.
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239. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 22. Mcrz 1777. Samstag In dem Augenblick da ich das schreibe bin ich noch unschlpssig ob ich nicht zu Ihnen kommen soll. Doch ich will nach Ettersburg. Adieu. Lassen Sie Steinen sagen er mqgte morgen gegen 9 Uhr in meinem Garten seyn ich hab ihm nothwendigs zu sagen. Gezeichnet hab ich wieder heut frph am alten Plaz wenn mein Geist nicht um’s bild und um den Plaz schwebt; so giebts weder Ahndungen noch Rpckkehrende. Er ist um Sie mit leidlicher Drolligkeit heute d‘. 22 Merz 77 G.
1 Ohm,|: 2 feines., 16 SLassen
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BRIEFE 240–246
240. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 23. Mcrz 1777. Sonntag
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Wir reiter erst eilf Uhr weg, kommen also sptt wieder, gern wtr ich heut frph kommen, da hat mich ein bissgen Unglaube, und ein Bissgen Wohlstand abgehalten, Addio Gold. Vom Ohr hat mirs getrtumt d‘. 23 Mtrz 77. G.
241. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 28. Mcrz 1777. Freitag
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Ich hoffte heut frph in Ruh meine Ackten zu lesen, und dann bey Ihnen zu seyn und zu zeichnen. Nun komm ich aber drauf dass mir die Handwercksleute einen schweer zu verbessernden Fehler an meinem neuen Bau gemacht haben, das mir grosen Verdruss macht. Und ich muss zu Hause bleiben weil ich fprchte es wird immer dpmmer. Hier Das Portefeuille. Und den freundlichsten Guten Tag d‘. Charfreytag 77 G.
242. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 30. Mcrz 1777. Sonntag
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Danck dass Sie mir am frphen morgen was in die Einsamkeit schicken, gestern wtr ich bald wieder zu Ihnen gelaufen. Es war mir gar ntrrisch. Guten Tag und alles! Heut Abend seh ich sie, wo die Schellen klingen. d‘. Ostertag 77 G.
11 PDas
MwRZ/APRIL 1777
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243. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zweite Hclfte Mcrz? 1777æ Ich habe gleich einen Bissen abgepflpckt und das schmeckt gut. Dancke dancke. Denn da ich die Uhr verlohr kam Wende, ich hatte sie vergessen und ich dachte er brtchte mir was von Ihnen und da es die Uhr war trgert ich mich. Also – und Amen! Wenn ich nur Componist wtre ich glaube diese Melodie wprde mir am herrlichsten gerathen. G.
5
244. An Charlotte von Stein ÆWeimar, etwa zwischen 18. Mcrz und 3. April 1777æ Darf ich heute zu Tisch? ich muss bis nach 12 im Garten bleiben, gegen eins aber bin ich da. da kommt der Winter wieder, und mir ists als wollt ich ihn wohl noch einmal ausstehn. Ktstnern muss meine Nachtigall aufzuheben geben.
245. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Anfang April? 1777æ
Bitte um meine Bpcher, und ein Wort wie Sie geschlafen haben, mich hatte der unendliche Schlaff eingewindelt, dass ich in dumpfem Vergessen glpcklich dalag, keine Verhtltnisse des Tags mich im Traum plagten.
246. An Charlotte von Stein
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ÆWeimar, Anfang April? 1777æ
Uber ihr Billet vergess ich alles. Hier sind noch Blumen die Sie gestern haben sollten hier ist ein Portefeuille dagegen ich mir mein groses ausbitte. Leben Sie wohl beste unvertnderliche. G.
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BRIEFE 247–251
247. An Philipp Erasmus Reich Weimar. 6. April 1777. Sonntag
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Des achten Abschnitts viertes Fragment ist weggeblieben, dafpr das folgende angerpckt worden, nun mqgte aber dieses in Absicht auf die Tafeln einige Unordnung verursachen. Die Kupfer sind assortirt und die LXste Tafel befindet sich drunter, nun dtcht ich liesse man sie an ihrem Plaz, gtbe hinten in dem Avis an Buchbinder den Ort an wo sie hingebunden werden sollte, und versprtche das erlauternde Fragment fpr den folgenden Theil. Schreiben Sie mir geftllig Ihre Meynung darpber. d‘. 6 Apr 77. W. Goethe
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248. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen 3. und 12. April 1777æ
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Wie die Gqtter mit mir stehen weis ich nicht, so viel weis ich: dass sie Geistern Macht pber mich gegeben haben, die denn in ihrem Streit mich treten und treiben. Heissen Sie die S. wegen der Schuld ruhig seyn. Ich wollt heut zu Ihnen essen, und httte den Herzog mitgebracht. Musste aber bauen und pflanzen. Heut abend komm ich noch, wenn ich fpr Sie, leider nicht gebaut und gepflanzt nur gegrundrisst habe. G.
249. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 20.æ und 21. April 1777. ÆSonntagæ und Montag
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Es ftllt mir auf einmal ein zum Stadthalter zu reiten. Denn ich fphle nur zu sehr wie ich denen wenigen Menschen mit denen ich leben kann endlich zur einfqrmigen Last werden muss. Wenns mqglich ist
5 6Plaz 17 gepflang zt --
APRIL 1777
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verschon ich Sie einige Tage mit meiner Gegenwart. Hier Herders Hohes Lied und ein paar neuere. Ich weis nicht ob Sie in der / Da haben Sie mein gestriges und sehen wie die Menschen nicht kqnnen wie sie wollen. Sagen Sie mir wie’s Ihnen ist, und bleiben Sie mir. G. d‘. 21 Apr. 77. G
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250. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 27. April 1777. Sonntag Liebste Frau was hab ich gestern in der Gegenwart, in dem Hause der schtndlichen Creatur ausgestanden, man soll doch seine Empfindung nicht pberreden, und seinem Herzen keine Grpnde vorsagen. Ich bin aber auch unmenschlich grob gegen sie gewesen. Ich habe wieder Fenster, kan wieder Feuer einmachen, das mir bey der Witterung sehr zu statten kommt. Sagen Sie mir wie und wo Sie heute sind. Ob ich zu Hause bleiben kan weis ich noch nicht. Adieu Gold. d‘. 27 Apr 77. G
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251. An Philipp Erasmus Reich Weimar, 28. April 1777. Montag Dancke recht sehr fpr den Meß Catalog, und bitte mir eine Chur Stchsische Accis Ordnung zu pberschicken, auch wo mqglich eine Preusische. Dann hab ich schon seit geraumer Zeit ein Paar Duzzend Lieder mit Melodien, von Kaysern in Zprch daliegen, ich weis dass es nicht die angenehmste Waare ist, drum hab ich bisher nichts davon gesagt. Er erinnert mich aber wieder dran, und so wollt ich fragen ob Sie sie brauchen, oder mir sonst einen Verleger finden kqnnten. Sie sind wo ich sie gezeigt habe immer mit viel Vergnpgen gespielt und gesungen worden. Wenn Klinger in Leipzig ist, und Sie httten die 18 6Preusische 24 sSie
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BRIEFE 252–255
Gpte ihm ein Wort davon zu sagen, kqnnte der sich auch wohl nach iemanden umthun der sie pbernthme. Goethe W. d‘. 28 Apr. 77.
252. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 28. April 1777. Montag 5
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Hier sind Federn, und von meinem Geschreibe. Gestern hab ich einen wunderbaaren Tag gehabt, Habe nach Tisch von ohngefthr Werthern in die Hand gekriegt, wo mir alles wie neu und fremd war. Bin noch Nachts ausgeritten. Adieu. Wie sind Sie heute und wo? wenn der Englische Sprachmeister einmal ktme? d‘. 28 Apr. 77 G. ÆBeilage?æ
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Was mir in Kopf und Herzen stritt, Seit manchen lieben Jahren! Was ich da trtumend iauchzt und litt Muss wachend nun erfahren. G.
253. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 29. April 1777. Dienstag
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Vergebens hab ich auf die geheimnissvolle Ladung gewartet, es wird wohl nicht seyn. Gern schickt ich Ihnen ein Paar Aurickeln will sie aber vqllig aufblphen lassen. Schicken Sie mir nur ein wenig zu essen, ich will im Stillen bleiben diesen Tag. Adieu beste es ist so gar schqne kamen Sie nicht etwa mit den Misels. d. 29 Apr. 77 G. 2 iemandemn 2 Ssie
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APRIL/MAI 1777
254. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 1. Mai 1777. Donnerstag Sehr gut hab ich geschlafen und bin wohl aufgewacht, nur sizzt mir ein stiller trauriger Zug pber der Seele, ich kan lesen und schreiben, wie gestern Englisch erkltren, mag nicht fechten und s. w. Gestern fphlt ich recht dass Sie mich lieb haben, obs nun ist dass man’s dem Krancken und Ubelbestellten mehr zeigt, oder ob der Mensch in solchem Zustand mehr Ahndung und Gefphl fpr die Empfindungen des andern hat. Das Wetter ist recht zu mir gestimmt, und ich fange an zu glauben dass Witterung in der ich immer lebe auch so den immediatsten Einfluss auf mich hat, und die grose Welt meine kleine immer mit ihrer Stimmung durchschauert. Und dass sich gegen die Witterung abhtrten eigentlich seye seinen Korper allen manchfaltigen Vertndrungen mit fphlend machen. Ich bleibe wohl zu Hause. Adieu bestes d‘. 1 May 77 G
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255. Philipp Seidel an Philipp Erasmus Reich Weimar, 1. Mai 1777. Donnerstag ÆAuftragsbriefæ
Seien Sie doch so gptig und schiken dem Herrn Geh. Leg. Rath Goethe ehstens
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Essay sur les Haras ou Examen methodique des moyens propres pour etablir, diriger et faire prosperer les Haras. 20
Weimar am 1 Mai 1 7 7 7 .
5 obder 9 eEinfluss
Dw. Diener Seidel
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BRIEFE 256–261
256. An Charlotte von Stein
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So gern wtr ich diesen Abend noch zu Ihnen. Der Zweifel ob Sie zurpck sind, und das herrliche Gewitter das den ganzen Spd pberleuchtet htlt mich ab. Die Frqsche schrillen mir den Kopf wpste. Dancke fpr Ihr Zettelgen. Ich erhielts als Herzog und noch iemand und ein Paar Vertrautinnen, zu denen Seckend. gestosen war mir im Garten sassen, viel Ltrmten und Unordnung machten. Es muss Sie wunderlich dpncken das vergangne von mir zu lesen. Bleiben Sie mir im Gegenwtrtigen und Zukpnftigen eine liebe N a c h b a a r i n n . d‘. 2 May 77. G Leider muss ich heute Abend hungrig zu Bette gehn.
257. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 2. Mai 1777. Freitag
ÆWeimaræ, 3. Mai 1777. Samstag
Guten Morgen mit Spargels. Wie ists Ihnen gestern gegangen. Mir hat Philipp noch einen Eyerkuchen gebacken und drauf hab ich mich in blauen Mantel gehpllt auf die Altan, an den Boden in ein trocken Winckelgen gelegt und im Bliz Donner und Regen herrlich geschlummert, dass mir sogar mein Bett nachher fatal war. Wenn Stein noch zu Haus ist sagen Sie ihm ich mqchte gern das neue Pferdgen stallmeisterlich ausreiten er mqchte es doch satteln lassen und mir’s schicken und wenn s ihm nicht zuwider wtre mich abholen. d‘. 3 May 77. G Zu Tisch komm ich wohl liebstes. Ich erziehe schon die ganze Woche an einem Straus fpr Sie auf Morgen.
3 schreillen 6 uUnordnung 6 undmachten 8 Zukpnftigen, (Komma gestr.) 19|Zu Tisch Æ:::æ liebstes.|
MAI 1777
258. An Charlotte von Stein
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ÆWeimar, 4. Mai 1777. Sonntagæ
Die Grasaffen haben grose Lust das Gewitter bey mir abzuwarten, und hier haussen zu kampiren. Eyerkuchen haben wir schon gebacken und gegessen Also seyn Sie ohne Sorge, gut sind sie aufgehoben. Morgen sollen Sie sie wieder haben, und grosen Spas machts ihnen G Gute Nacht beste hab ich doch Ihre Kinder da Sie so weg musten ------
259. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 5. Mai 1777. Montag
Da schick ich Ihnen die Kleinen wieder sie mqgen unsre Wirthschafft erzthlen, und den besten Morgen! An der gestrigen Unterschrifft hab ich doch gesehen dass Sie mich nicht mit bqsen Geistern verwandt halten. Adieu Beste. d‘. 5 Mai 77. G
260. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 5. Mai 1777. Montag
Sie mpssen viel draussen in der Welt zu suchen haben dass Sie nicht einmal die Paar Tage da Sie so nach Kochberg gehn warten kqnnen. Ich sage aber nichts drpber. Und komme wohl. d‘. 5. May 77. G
261. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 6. Mai 1777. Dienstag Noch eine Erinnerung auf den Weeg, ich hoffe sie sollen bis Kalbsrieth nicht verriechen. Ein schqner Morgen ists mich freuts recht sehr.
3 sSie 4 g Gute 4-5|Gute Nacht Æ:::æ weg mussten -----| --
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BRIEFE 262–267
Wenn Sie doch gehn so muss Sie auch der Himmel so begleiten. Leben Sie wohl Adieu beste G d‘. 6 May 77.
262. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 19.æ Mai 1777. ÆMontagæ
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Ich wollte den ganzen Tag und Abend zu Ihnen und ward immer abgehalten, kqnnte aber nicht ruhig schlafen wenn ich Ihnen nicht noch gute Nacht sagte, ob Sie gleich den ganzen Tag in Weimar seyn konnten ohne mich ein Wort hqren zu lassen. Gute Nacht, immer bleibende liebste d‘. 18 May 77 G.
263. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 20.æ Mai 1777. ÆDienstagæ
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Dancke fpr das Frphstpck hier schick ich etwas dagegen. Heut Nacht hab ich auf meinem Altan unterm blauen Mantel geschlafen, bin dreymal aufgewacht um 12, 2 und 4 und iedesmal neue Herrlichkeit des Himmels um mich. Zu Tische komm ich wen mich nichts aufftngt. d‘. 19 May 77 G
264. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 21. Mai 1777. Mittwoch 15
Ich erwarte das Pferd um nach Belv. zu reiten. Die Waldner soll schqn geplagt werden. Ich mqgte Sie heute nicht sehn. Ich wohne in stiller Traurigkeit pber meinen Gefilden. Es ist alles so unendlich hold. Adieu beste. d‘. 21 May 77 G.
MAI 1777
265. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 23. Mai 1777. Freitag
Guten Morgen aus kphlem Regenwetter. Ich bin heute in grader Trockenheit aufgestanden wie’s zum Conseil Tag ziemt. Stein ist noch nicht kommen. Was macht Charles Zu Tische komm ich, und habe Sie sehr lieb. Das hab ich schon so offt gesagt, und mich dpnckt das ist eins von den wenigen Dingen die man ohne neue Wendung immer wieder neu zu sagen glaubt. d‘. 23 May 77. G
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266. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 25. Mai 1777. Sonntag In beykommendem versiegelten Packet, das ich nicht zu erqffnen bitte, eh ich komme, sind allerley Schreibereyen meiner ersten Jahre, die Sie zum Theil unterhalten werden. Seh ich Sie bey den Springern? Ich komm auf alle Ftlle gegen Abend. Was macht Carl? Adieu bestes. Ich mag gar nicht fragen wie Ihnen die Arzney bekommt. Trinitatis 77 G
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267. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 26. Mai 1777. Montag Nur dass ich zu Tisch komme und den Herzog mitbring. Wie lieb ich Sie gestern Abend hatte durft ich Ihnen nicht sagen, Wie wunderbaar ich mir vorkam konnt ich nicht. Sie werfen mir vor immer dass ich ab und zunehme in Liebe, es ist nicht so, es ist nur gut dass ich nicht alle Tage so ganz fphle wie lieb ich Sie habe. Ich reite nach Belv. um Steinen zu sprechen. Adieu beste d‘. 26 May 77 G.
8 dasss 11 Car-tl 12-13 |66Trinitatis 77|
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BRIEFE 268–273
268. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 27. Mai 1777. Dienstag
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Ihr Zettelgen erhielt ich gestern Nacht als ich um 10 wieder aufwachte ich hatte mich um achte auf einen Strohsack im Altan Stpbgen niedergelegt und war glpcklich eingeschlafen. Heut sollt ich einmal nicht kommen. Es ist gar frisch und herrlich im Regen hier. Adieu beste. d‘ 27 May. 77 G
269. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Anfang Juni? 1777æ
Gestern hatt ich’s bald satt und strich mich. Heut will ich in die Wpste fliehn, mich lagern unterm Wachholderbaum. Adidio liebe Frau. G.
270. An Charlotte von Stein
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ÆWeimar, 3. Juni 1777. Dienstagæ
Kommen kann ich nicht, da haben Sie Abdrpcke. Das Scheidewasser war nicht so lind als der Pinsel. Doch freut mich s zu sehn wie’s worden ist, denn es ist immer wie’s ist. Wir sind mit dem Fprsten v. D. und freuen uns eines neuen Wesens. Adieu beste. G
271. An Charlotte von Stein ÆDenstedtæ, 8. Juni 1777. Sonntag
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Wie pbel ich dran bin beste aus dem Wasser ins Feuer geworfen, und von einem Orte zum andern. Sie gehn noch nicht hqr ich. Heut seh ich Sie doch wohl in Belwedere! Adieu allerliebste. G d‘. 8 Jun 77.
11 6der
MAI/JUNI 1777
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272. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 12. Juni 1777. Donnerstag Im Garten unter freyem Himmel! Seit Sie weg sind fphl ich erst dass ich etwas besizze, und dass mir was obliegt. Meine pbrigen kleinen Leidenschafften Zeitvertreibe und Miseleyen, hingen sich nur so an dem Faden der Liebe zu Ihnen an, der mich durch mein iezzig Leben durchziehen hilft, da Sie weg sind ftllt alles in Brunnen. Heut frph war ich in Belveder, und haben gefischt und auf der Stelle gebacken, ich und der Waldnern Charlott ein trefflich Essen bereitet. Harnische werd ich puzzen und neue Einrichtungen und Ausrichtungen werd ich machen. Meine Btume versorgen! – und werde sehr von den Mpcken gestochen Mit beschmierten Baumwachsfingern fahr ich fort. Ich habe meine Btume versorgt, und die Rtuber abgedrpckt! – diese heilung heischten sie schon Monate her und ich ging immer vorbey. – Ein Poet und Liebhaber sind schlechte Wirthe! – Ists wohl weil der Poet ein Liebhaber, oder weil der Liebhaber ein Poet ist??! –– –––– Adieu beste! – Bleiben Sie mir! Wie ich Ihnen. Adieu Gold. d‘. 12 Juni 77 G.
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273. An Charlotte von Stein ÆKochberg, 16. Juni 1777. Montagæ Sie kqnnen fphlen wie sauer mir’s wird Kochberg zu verlassen. Da es seyn muss ist der schnellste Entschluss der beste. Sie fphlen aber auch dass ich eigentlich nicht weg gehe. Adieu. Mqge Freude bey Ihnen seyn wie mein Andencken bei Ihnen ist. Ade Ade G
2 besizze., 7 trefft-lich 9 aund 11 gestockhen 22 de6r 22 Entschlusss (Schluss-s zu langem ss)
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Abb. 7: Goethe an Charlotte von Stein, Æ16. Juni 1777æ (Nr 274), S. 1
JUNI 1777
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274. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 16. Juni 1777. Montagæ Um achte war ich in meinem Garten fand alles, gut und wohl und ging mit mir selbst, mit unter lesend auf ab. Um neune kriegt ich Briefe dass meine Schwester todt sey. –––– Ich kann nun weiter nichts sagen G.
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275. An Jacob Friedrich von Fritsch ÆWeimaræ, 21. Juni 1777. Samstag Der Herzog ist zufrieden dass zu Bestnftigung des Darmsttdter Delegaten Eifers funfzig Dukaten hingegeben werden. Gestern Abend hab ich sogleich Bechtolsheimen davon benachrichtiget, wollten Sie die Gpte haben das pbrige zu besorgen. Goethe d‘. 21 Jun. 77.
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276. An Catharina Elisabeth Goethe Weimar, 28. Juni 1777. Samstag Ich kan ihr nichts sagen als dass das Glpck sich gegen mich immer gleich bezeigt, dass mir der Todt der Schwester nur desto schmerzlicher ist da er mich in so glpcklichen Zeiten pberrascht. Ich kan nur menschlich fphlen, und lasse mich der Natur die uns heftigen Schmerz nur kurze Zeit, Trauer lang empfinden ltsst. Lebe Sie glpcklich, sorge Sie fpr des Vaters Gesundheit, wir sind nur Einmal so beysammen. Die Zeichnung von Krausen ist fertig und wird bald kommen. Adieu. liebe Mutter. Grpse Sie den armen Schlosser auch von mir. W. d‘. 28 Jun 77 G.
2 seblbst 11 ddasse 12 bezeuigt 17 eEinmal
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BRIEFE 277/278
277. An Charlotte von Stein Kochberg, 5. und 6., Weimar, 7. Juli Æ1777æ. Samstag–Montag
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Sonnabends d‘ 5 Jul Abends halb 10, Kochberg in Ihrem Schlafzimmer. Nur noch eine gute Nacht. Heute komm ich von Dornburg, und bin in dem Ihrigen mit den Ihrigen. Es ist eine wehe Empfindung dass Sie nicht da sind. Gute Nacht. Die Waldner und ich haben immer vergebens auf Briefe gehofft, seit der pblen Zeitung die uns Schardt brachte. Gute Nacht. Mpde bin ich und 1000 Gedancken iagen sich mir im Kopfe. Ich mag ich kann nicht anfangen. Sonntag frph. Guten Morgen beste! Wie ich erstaunt und vergnpgt war da ich aufwachte. Ich hatte von Weimar getrtumt und wache auf und finde mich hier. – Und Sie nicht! Vorm Jahre waren Sie da und mir wars versagt. Ich bin mit meinem Daseyn und meinen Hoffnungen wie zwischen Himmel und Erde aufgehangen. Ich hore die kleinen Singen und wirthschafften und will zu ihnen. Sonntag Nachts. Heut frph hab ich im grosen Garten gezeichnet am Plazze wo wir neulich stillstanden und Sie mir die schone Gegend zeigten. Ich war heut glpcklich im Zeichnen, nicht eben mit der tiefen Liebe, aber eben drum in frqhlicher unbefangnerer leichtigkeit. Es ist mir ganz wohl worden von Leib und Seele alle Bprden gelpftet, als wtren sie weg. Nach Tisch gingen wir Ktstner und die zwey nach Weissenburg wo ganz herrliche Gegend und einzelne vollkommen schqne Pltzze sind. Ktstn. und ich zeichneten liessen die andern vorausgehn mit dem Boten, und verirrten uns von Mezelbach auf Kuhfras und von Kuhfras auch wieder dass wir pber Neusis erst um 10 nach Kochb. kamen gute Nacht Engel es ist iezt mein einziges dass ich Sie noch liebe wie immer. / Montag Abends. Ich bin wieder in Weimar und gleich aus der reinen Stimmung des gestrigen Tags. Ihr Zettelgen hab ich gekriegt, ich vermuthete den Inhalt, und das erstemal wars dass ich eins von Ihnen ungerne aufbrach. Was kan ich Ihnen sagen! Leben Sie wohl.
3 u6nd 3 binn 7 nichts 10 hier 6. 21 W - - -Ktstn. 27 ders 29 un6gerne
JULI 1777
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278. An Charlotte von Stein Kochberg und Weissenburg, 12./13., Weimar, 17. Juli Æ1777æ. Samstag, Sonntag und Donnerstag Kochberg Sonnabend d‘ 12. Jul. frph 8 Uhr Mir ists diese Woche in der Stadt wieder sehr wunderlich gangen ich habe mich gestern herausgeflpchtet, bin um halb sechs zu fuß von Weimar abmarschirt und war halb 10 hier, da alles schon verschlossen war und sich zum Bett gehn bereitete. Da ich rief ward ich von der alten Dorthee zu erst erkannt und mit grosem Geschrey von ihr und der Kqchinn bewillkommt. Ktstner kam auch mit seinem Pfeifgen herab und Carl der den ganzen Tag behauptet hatte ich wprde kommen, Ernst der schon im Hemde stand zog sich wieder an, Friz lag schon im Schlafe. Ich tranck noch viel Selzer Wasser wir erzthlten einander unsre Wochen Fata, die Zeichnungen wurden produzirt, und iezzo solls weiter dran adieu beste. Abends 9. Weissenburg wir sind wieder herpber marschirt und werden beym Pachter schlafen! nun ich habe heut den Gqttern sey danck von 8 Uhr frph bis Abends 8 gezeichnet, in Kochberg und hier immer mit gleicher Freude, und gleicher Hoffnung dass es Ihnen auch Freude machen soll, sowenig Hoffnung dazu ist! denn wenn die Natur Sie nicht mehr freut wie soll Sie mein stammeln dran vergnpgen. Gnug auf dem Papier sind allerley treue gute Augenblicke befestigt, Augenblicke in denen immer der Gedancke an Sie pber der schqnen gegend schwebte. Die Nacht ist ganz herrlich durch das weite Thal. Die Jungens sehr lustig und vergnpgt ihrer Wandrung, sie wickeln sich auf und bereiten sich zu Bette. Gute Nacht Beste. Sonntag frph 10. In der Hohle von Weissenburg. Wir haben uns herausgesezt und gezeichnet, es ftngt ein Regen an und ich sezze mich unter einen Busch Ihnen guten Morgen zu sagen. Der Tag ist grau aber schqn! wie schon die Nacht war und der Mond auf der Saale im Thal ltsst sich nicht sagen /
1 dfrph 8 Uhre 4 ddae 9 ihFriz 11 daran 14 schlaf|en| 17 fFreude 18 s- Sie 18 6vergnpgen 20 6schqnen
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BRIEFE 279–281
Weimar Donnerstag d‘. 17 Jul. Der erste schqne Tag seit ich von Kochberg zurpck bin. Hier sind ein Paar Briefe von den Affen. Ich hqre dass es mit Steinen besser geht, das ist mir sehr lieb. Von mir ist nichts zu sagen, das Wetter htlt uns alle gefangen in Catharren, Zahnweh und Unbehaglichkeit. Dieses schreib ich unter den Bapmen in meinem Garten, es ist schqn, doch feuchtlich warm. Der Herzog ist wohl sonst seh ich niemanden. Hier kan ich auch nicht zeichnen. Neulich dacht ich so auf der Weissenburg da ich mir’s so angelegen seyn lies und so viel Freude dran hatte: Wen sie nun wiederkommt und sie nichts freut wozu solls alles! – Adieu. ÆNachschrift unter einem Brief Ernst von Steinsæ Æ æErnst vom Stein.
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Ernst war sehr pbel gestimmt und weinte fast als ich fort wollte und er mit seiner Beschreibung nicht weiter konnte. Ich nahm auf mich das pbrige zu melden. Es wprde mir aber auch gehn wie Ernsten drum beruf ich mich wie er auf Carlen G.
279. An Augusta Louise Grcfin zu Stolberg-Stolberg Weimar, 17. Juli 1777. Donnerstag Danck Gustgen dass du aus deiner Ruhe mir in die Unruhe des Lebens einen Laut herpber gegeben hast.
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Alles gaben Gqtter die unendlichen Ihren Lieblingen ganz Alle Freuden die unendlichen Alle Schmerzen die unendlichen ganz. So sang ich neulich als ich tief in einer herrlichen Mondnacht aus dem Flusse stieg der vor meinem Garten durch die Wiesen fliest, und das bewahrheitet sich ttglich an mir. Ich muss das Glpck fpr meine 5 uUnbehaglichkeit 13 bBeschreibung
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Liebste erkennen, dafpr schiert sie mich auch wieder wie ein geliebtes Weib. Den Todt meiner Schwester wirst du wissen. Mir geht in allem alles erwpnscht, und leide allein um andre. Leb wohl grpse Henrietten! Ist das noch eine eurer Schwestern? oder Gustels Frau? Zwar sie hat der Brpder Handschrifft! Wenn ich einmal wieder ans Schreiben komme, will ich ia wohl sehn ob ich pber dadrpber was sagen kan was sie will. Grpse die Brpder, und behaltet mich lieb. Goethe. Weimar d‘. 17 Juli 77
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280. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 11. August 1777. Montag Dass ich mich immer trtumend an den Erscheinungen der Natur und an der Liebe zu Ihnen weide, sehn Sie an beykommendem. Ich muss mich festhalten sonst risse mich Ihr Kummer mit weg, und da ist mir so weh dass ich das einzige was meinem Herzen pbrig bleibt, Ihr Andencken offt weghalten muss. Adieu Engel. Die Waldner schickt mir eben das Paquet. Sie geben mir Speise gegen Schatten. – Wenns Steinens Gesuch thulich ist will ich’s zu machen suchen. Adieu beste. d‘ 11 Aug 77 G.
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281. An Johann Caspar Lavater mit Peter im Baumgarten ÆWeimar, 14. August 1777. Donnerstagæ Hochgeehrter Herr, Sie werden es mier doch nicht verpbel nehmen, dass ich ihren titel nicht sagen kann, aber weill Sie mir gesagt haben, daß ich ihnen schreiben soll so thu ichs doch iezt. Ich habe sonst nicht viell zu melden als das ich glpklich angekomen bin in Weimar ich habe noch nicht viel da gesehen als einen die Spißruten Laufen und einen aus brpglen und das ich in meinen Leben nicht mehr sehn mechte sein rpken / ist so verhakt gewesen als wie man etwas sehn kan!
4 Ichst Ð 5 hHandschrifft 9 dmiche 12-13 Andencken, (Komma gestr.) 19 so tghu 19 inchs 22 au6s
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Abb. 8: Peter im Baumgarten an Johann Caspar Lavater, Æ14. August 1777æ (Nr 281), S. 1
Abb. 9: Peter im Baumgarten an Johann Caspar Lavater, Æ14. August 1777æ (Nr 281), S. 2
Abb. 10: Goethe an Johann Caspar Lavater, Æ14. August 1777æ (Nr 281), S. 3
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AUGUST 1777
Weiter weis ich ihnen nichts zusagen. Leben Sie wohl Lieber Her Lavater ich wpnsche ihnen gute gesundheit. Weinmar d‘ 14 august. 1777.
Peter im Baumgarten /
Da schick ich dir Briefe von Petern die du weiter spediren sollst. Mich machts lachen dass er zum antritt einen Spiesruthen lauffen und einen ausprpgeln sieht. Das er, wie er sagt, nicht wieder sehn mag. Der Junge ist nun mein, und wenn ich’s recht kann, so soll er, wenn ich die Augen zu thue, oder ihn verlasse, oder er mich, von niemanden abhtngen, weil er von allem abzuhtngen fphlen muss. Adio man sagt immer was dummes wenn man was allgemeines, oder was kpnftig zu thuendes sagt. Schreib mir ein Wort von Lindau’s Vermtchtniss Geld, fpr den Buben, ich dencke wir werden kein Kraut fett damit machen, schreib mir auch ein Wort von dir. Sag Kaysern dass ich ihm das verlangte schicken werde. Adio.
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282. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 27. August Æ1777. Mittwochæ Ich schick Ihnen Petern, denn es ist doch nun so dass Sie immer etwas von mir haben mpssen. Ein Messer hab ich verschrieben bleibt aber aus. Ich bin im Packen begriffen. Adieu. Meine Versttndnisse sind dunckel, nur ist mir ziemlich klar dass ich Sie liebe. Adieu. Grpsen Sie Ktstnern und die Kleinen. Von Eisenach hqren Sie bald was. G d‘. 27 Aug. Morgen d‘. 28 meinen Geburtstag dencken Sie an mich! Noch einmal Adieu. Es ist doch in der Welt immer Abschiednehmen. Ich hab noch heut frph die Farben in ihre Zimmer ausgesucht, mit grpn und grau gewechselt, und ein einzigs, das Besuch Zimmer Paille machen lassen. Es wird lichter dadurch. Ich bin oft bey Ihnen. Schreiben Sie mir doch nach Eisenach. G.
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BRIEFE 283–286
283. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 27. August 1777. Mittwoch
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Dancke allerbeste fpr das Andencken. Heut wollt ich Ihnen Petern schicken, es regnet nur zu sehr. Ich gehe unendlich gelassen weg, denn ich habe nichts hier was mich hielte. und Ihre Entfernung macht dass ich nicht fphle dass ich mich auch von Ihnen entferne Leben Sie wohl und schreiben mir was nach Eisenach. d‘. 27 Aug 77 G.
284. An Charlotte von Stein Manebach, 29., Ilmenau, 31. August 1777. Freitag und Sonntag
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d‘. 29 Abends August 77. Manebach beym Cantor. Zwischen Gebprg und Fichtenwald hab ich heut Abend gesessen und zeichnen wollen, aber es ging nicht. Meinen Weeg von Ihnen herpber hab ich gestern glpcklich gefunden. Wie wohl ist mir s dass ich erst bey Ihnen war. Wie lieb ich Sie habe fphlt ich erst wieder in den Augenblicke da Sie vergnpgt und munter waren, die Zeit her hab ich Sie nur leiden sehn und das drpckt mich so dass ich auch meine Liebe nicht fphle. Bester Engel Sie haben mir Reisezehrung mitgegeben! Gott weis wie ich in Eisenach werde geschunden seyn, ich gehe dunckel meinen Schicksaal entgegen und mags durch Einbildung nicht vorschmecken noch verschlimmern. Sonntag d‘. 31 Ilmenau. Ich schicke Ihnen was ich d‘. 30 frph in des Cantors Gtrtgen gezeichnet habe. Wunder dacht ich was ich alles fertigen wollte, und nun ist das alles. Durch diesen Boten konnen Sie mir was schreiben auch von Petern was, und recht viel bitt ich sie. Ich bin hier immer allein die andern laufen auf den Gebprgen herum. Mittwoch d‘. 3ten kommt Prinz Joseph hierher wir bleiben also einige Tage ltnger. Heut Abend gehn wir nach Stpzzerbach vielleicht schick
18 vorgschmecken 25 geh|n| ich dwire
AUGUST/SEPTEMBER 1777
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ich noch was gezeichnetes von da. Meinen Boten erwart ich balde zurpck, grpsen Sie alles, und die Waldnern gelegentlich auch. Auf Morgen hab ich eine grose Freude dass mir der Bote etwas von Ihnen nach Stpzzerbach bringen wird. G. Ich habe immer noch von Ihrem Biskuitkuchen und hoffe dass Sie keinen kaffee mehr trincken
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ÆBeilageæ
Ævgl. Faksimileæ
285. An Jacob Friedrich von Fritsch ÆWilhelmsthalæ, 4. September 1777. Donnerstag So eben sind wir, zwar durchaus nass, aber glpcklich pbrigens, in Wilhelms thal angelangt, haben alles in guter Ordnung, nur nicht gefunden wo wir unser Haupt hinlegen. Durch‘ wollen morgen hier bleiben und hoffen Ihr. Exzel‘. hier zu sehn, den Wilkomm der pbrigen Eisenacher Welt wpnschen sie drinne anzunehmen. Ubermorgen soll es alsdenn zeitig hinein. Die Ankunft des Prinzen Joseph auf den dritten hielt uns ab pber Schmalkalden zu gehn, wir kommen daher pber Georgenthal und Ruhl. Empfehlen Sie mich H‘. G. AR. Schnaus, und bleiben mir geneigt. d. 4 Sept 77. Goethe.
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286. An Charlotte von Stein Eisenach, 6. ÆSeptember 1777. Samstagæ Dancke bestes Gold fpr den Boten, wir waren den vierten von Ilmenau frph weg also krieg ich das Packet ganz unerwartet erst Eisenach
9 angelangt., 19 besters 19-20 Ilnenmenau
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Abb. 11: Manebacher Grund (Beilage zu Nr 284)
Abb. 12: Goethe an Charlotte von Stein, 6. ÆSeptember 1777æ (Nr 286), S. 1
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am 6ten. Alles ist wohl nur ich habe mir ein Monster von dickem Backen ganz wider allen Sinn meiner dprren Constitution geholt. In Stpzzer bach tanzt ich mit allen Bauermtdels im Nebel und trieb eine liederliche Wirthschafft bis Nacht eins. und da kriegt ich den Ansaz und wurde vermehrt durch fatales Gestqber auf der Reise, und muss nun inne sizzen und warme Krtutermilch im Mund haben, und kan nicht auf Misels ausgehn, es wird ein verfluchter Streich seyn, wenn ich mit verzognem Gesicht soll die Maidels belpgen. Ja lieb Gold, ich Glaub wohl dass Ihre Lieb zu mir, mit dem Abseyn wtchst. Denn wo ich weg bin kqnnen Sie auch die Idee lieben die Sie von mir haben, wenn ich da bin wird sie offt gestqrt, durch meine Thor und Tollheit. Adieu. Ich schick Ihnen nun Zeichnungen oder meine Haare. Denn die Gegend ist herrlich hier, wild und |:Gott versteht mich:| und wenn ich muss zu hause bleiben und kan nicht zeichnen und schiesen, so schneid ich von meinen Haaren ab und schick sie ihnen. / Grpsen Sie Petern und bitten Sie Ktstnern nur e i n i g e Pfeifen ihm des Tags auf gute Weise abzubrechen, denn ich halte den Toback denn doch bey so einem Jungen fpr ein Spezificum, sagen Sie Ktstnern er wpsst es schon. und also mag er immer rauchen. Das Haus hier hab ich auch nicht lieb, ich wohne hinten hinaus, vielleicht auf der Reihe, ich will mir einbilden in dem Zimmer wo Sie wohnten. Liebste! Ich habe Sie doch ganz allein lieb, das sppr ich an der Wirthschafft mit den pbrigen Frauen. Eiferspchtig auf mich sind Sie nicht, sonst wollt ich Ihnen ein Mittel sagen. Das Futteral zum Souwenir hab ich nicht, aber ihr Halstuch hab ich um, aus dem die blaue Farbe auch ausgewaschen ist. Ihr gestpmpert Bild hab ich, und ihre Liebe mehr als ich weis und soll. Adieu. Grpsen Sie die Kinder Es ist ein weiter Weeg zwischen uns, der Grade beschweerlicher als der Krumme. Ich seh Sie bald nicht wieder adieu – Engel. Ich hab Sie gegenwtrtig Lieber als abwesend, drum kqnnt ich mir anmasen dass meine Liebe wahrer sey. Adieu.
3 Bauermtde|l|s 5 verme|h|rt 5 Gestq6ber 7 aussgehn (langes s zu Schluss-s) 8 Maidesls 9 der m 26 f- sagen 27-28 gestucmpert
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287. An Jacob Friedrich von Fritsch ÆEisenach, 12. September 1777? Freitag?æ Der Herzog wird sich morgen frph zehn zur Session einfinden. Wpnsche dass das Eis wohlbekommen, und die collegialische Unvorsichtigkeit keine Folgen haben mqge. G.
288. An Charlotte von Stein Eisenach, 12. September Æ1777. Freitagæ Schon fphl ich liebste Frau dass Sie weit, fatal weit von mir weg sind denn ich weis nicht einmal wie die Briefe vielleicht lauffen und mir stockts gleich in allen Gliedern wie Sie wissen, drum hab ich so lang nicht geschrieben. Auch hab ich ein Knqtgen gewonnen an eiem Zahn, schon in Stpzzerbach, habs parforce dressirt und hab viel dran gelitten. besonders da schon fast alles gut war tanzt ich wie toll eine ganze Nacht und habe 24 Stunden Geschwullst und Grose Schmerzen gehabt. Ietzt ist s wieder still doch noch ein wenig dick und muss zu hause sizzen in Eisenach, in dem weitschichtigen Schlqssgen und alles ist in Wilhelmsth. und auf Jagden. Da wird nun in der Stube gehezzt wo den offt aus Mangel andres Wildprets mein armes Ich herhalten muss. Auf den Montag soll Vogelschiesen seyn und weis noch nicht einmal ob ich dazu kann. Die Gegend ist pberherrlich und ich kan nicht Zeichnen. Es ist viel Ubel in einem kleinen. Die Wizleben hat glpcklich einen Sohn. Vielleicht wissen Sies schon. Eine Tollheit hab ich erfunden, eine komische Oper die Empfindsamen, so toll und grob als mqglich. Wenn Seckend. sie komponiren will kan sie den Winter gespielt werden ich hab angefangen Philippen zu dicktiren.
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Nun gute Nacht bester Engel, was fpr wunderbaare Operationen muss mein Kopf machen! und doch sind nur wenig Dinge die drinn auf 11 dStundene 14 Eisenach Wilhelmsth. 16 aAuf
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und abgehn wie’s Firmament pber unsern Htupten. Den ganzen Nachmittag hab ich mit tollen Imaginationen gewirthschafftet, diesen Abend mit einem sehr braven Manne von unsrer Landschafft unzthliges geschwtzzt. Stpndlich seh ich mehr dass man sich aus diesem Strome des Lebens ans Ufer retten, drinne mit allen Krtfften arbeiten, oder ersaufen muss. Freytag d‘. 12 S. Eisenach G.
289. An Charlotte von Stein Wartburg Æbei Eisenachæ, 13.–16. September 1777. Samstag–Mittwoch
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Wartburg d‘. 13. S. 77. abends 9. Hier wohn ich nun liebste, und singe Psalmen dem Herrn der mich aus Schmerzen und Enge wieder in hqhe und Herrlichkeit gebracht hat. Der Herzog hat mich veranlasst heraufzuziehen, ich habe mit den Leuten unten, die ganz gute Leute seyn mqgen nichts gemein, und sie nichts mit mir, einige sogar bilden sich ein, sie liebten mich, es ist aber nicht gar so. Liebste diesen Abend denck ich mir sie in Ihrer tiefe um Ihren Graben im Mondschein beym Wachfeuer denn es ist kphl. In Wilhelmsthal ist mir s zu tief und zu eng, und ich darf doch noch in der Kphle und Ntsse nicht in die Wtlder die ersten Tage. Hieroben! Wenn ich Ihnen nur diesen Blick der mich nur kostet aufzustehn vom Stuhl hinpberseegnen kqnnte. In dem grausen linden Dtmmer des Monds die tiefen Grpnde, Wiesgen Bpsche, Wtlder und Waldblqsen, die Felsen Abgtnge davor, und hinten die Wtnde, und wie der Schatten des Schlossbergs und Schlosses unten alles finster htlt und drpben an den sachten Wtnden sich noch anfasst wie die nackten Felsspizzen im Monde rqthen und die lieblichen Auen und Thtler ferner hinunter, und das weite Thpringen hinterwtrts im Dtmmer sich dem Himmel mischt. Liebste ich hab eine rechte Frqhlichkeit dran, ob ich gleich sagen mag dass der belebende Genuss mir heute mangelt, wie der lang gebundne reck ich erst meine Glieder. / Aber mit dem tchten Gefphl von Danck,
5 Stro6me 8 14 d13e G?
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wie der Durstige ein Glas Wasser nimmt, und die heiligkeit des Brunnens, und die Liebheit der Welt, nur nebenweg schaut. Wenns mqglich ist zu zeichnen, wthl ich mir ein beschrtnckt Eckgen, denn die Natur ist zu weit herrlich hier auf ieden Blick hinaus! Aber auch was fpr Eckgens hier! – O man sollte weder zeichnen noch schreiben! – Indess wollt ich doch dass Sie wpssten dass ich lebe, und sie gleich wieder recht liebe da mirs anftngt wieder wohl zu seyn – Und zu Trost in der Oede bild ich mir ein, Sie freuen sich pber einen Brief oder sonst ein Gekrizel von mir. Sontags d‘. 14 Nach Tische Da hab ich einen Einfall: mir ists als wenn das Zeichnen mir ein Saugltppgen wtre, dem Kind in Mund gegeben, dass es schweige, und in eingebildeter Nahrung ruhe. Diese Wohnung ist das herrlichste was ich erlebt habe, so hoch und froh, dass man hier nur Gast seyn muss, man wprde sonst fpr Hqhe und Frqlichkeit zu nicht werden. Den ganzen Morgen hab ich fpr Sie gekrabelt auf dem Papiere. O der Armuth! – Wenn ich mir einen der Meister dencke, die vor so alten Trpmmern sassen, und zeichneten und mahlten, als wenn sie die Zeit selbst wtren, die das so abgestumpft, und in die Lieblichkeit der Natur wieder, aus dem rauhen groben Menschensinn, verbunden httten. / Lieber Gott! Die Pfade der Zeit, des Bedprfnisses wie unbemerckbaar den Menschen und den Kpnstlern. In uns ist Leben und –––– ich weis wohl was ich will aber wie s a g e n ?
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Eben krieg ich Ihr Briefgen vom. 11ten. Nachts halb 12. Eben komm ich wieder aus der Stadt herauf. Noch eine gute Nacht. – Im Mondschein den herrlichen Stieg auf die Burg! – Gestern sagt ichs dem Herzog als er hoben bey mir war: Es sey mir merckwprdig: dass, in unsrer Wirthschafft, alles abenteuerliche natprlich werde. So seltsam mirs vor 4 Wochen geklungen hatte
5 eEckgens 6 woll6t 10 154 G? 11-12 Saugltpgpgen 25 all--ber
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BRIEF 290
auf der Wartburg zu wohnen, so natprlich ist mir’s iezt, und ich bin schon wieder so zu hause wie im Nest. Mont. d‘. 15. Nachts! wieder herauf! Wenn Sie nur einmal zum Fenster hinaus mit mir sehen kqnnten! heut haben wir unser Vogelschiesen dum geendigt. ohngefthr auf den funfzigten Schuß lag ein Bursche, von den Zuschauern, auf der Erde, so todt als ie einer, und ein andrer verwundt am Arm. Und httte, nach den Umsttnden, ieder von uns kqnnen todt schiesen und todt geschossen werden. Morgen hab ich Misels heraufgebeten. Sie versichern mir alle dass sie mich lieb haben, und ich versichere sie sie seyen Charmant. Eigentlich aber mqgte iede, so einen von uns, wer er auch seye, haben, und dadrpber werden sie keinen kriegen. Dienst. d‘. 16. Heute frph war wieder alles neu. Philip weckte mich und lies mich ans Fenster gehn! es lagen unten alle Thtler im gleichen Nebel, und es war vqllig See, wo die vielen Gebprge, als Ufer, hervorsahen. Darnach hab ich gezeichnet. wenn ichs / fertig nicht verderbe werden Sie Freude dran haben. Mir ist gestern was auf gefallen. in meinem Diarium steht so offt: i c h h a b e g e z e i c h n e t , und es will sich immer nichts finden was ich gezeichnet habe, auser den Paar Dingen die Sie haben. Adieu. Ich weis dass Sie an mich dencken, denn sonst dtcht nicht nicht so viel an Sie. Ich weis dass Sie mich lieben, ich spprs daran dass Ich Sie so lieb habe. Adieu Gold. Ihr Seegen ist eingetroffen, Eisenach und die Sau Wirthschafft schindt mich nicht. Ich sehe ttglich mehr dass w e n i g e r aber l t n g e r zu leiden ist in diesem Mansch. Schreiben Sie mir was von den kleinen und Petern. Sagen Sie Ktstnern ich wollte noch einen Tag Zahnweh haben das viel gesagt ist, wenn ich ihm kqnnte den Spas machen, den folgenden hieroben mit mir zuzubringen, wenn er besonders so herrlich wtre wie heut ist. Addio. G.
10 6Charmant 11 were 14 lagbenc 15 sSee 16 hervorssahen (Schluss-s zu langem s) 18 dgefallen 23 I|c|h 25 wWirthschafft
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290. An Johann Christian Kestner Wartburg Æbei Eisenachæ, 28. September 1777. Sonntag Wartburg d‘. 28 Sept 77. Lieber Ktstner, nicht dass ich euch vergessen habe, sondern dass ich im Zustande des Schweigens bin gegen alle Welt, den die alten Weisen schon angerathen haben und in dem ich mich hqchst wohl befinde, indess sich viele Leute mit Mthrgen von mir unterhalten, wie sie sich ehmals von meinen Mthrgen unterhielten. Wenn ihr’s kqnntet auf euch gewinnen, und mir mehr schriebt, oder nur manchmal, ohne Antwort, glaubt dass mir’s ewig werth ist, denn ich seh euch leben und glpcklich seyn. – Einen Rath verlangt ihr! Aus der Ferne ist schweer rathen! Aber der sicherste, treuste, erprobteste, ist: b l e i b t w o i h r s e y d . Tragt diese oder iene Unbequemlichkeit, Verdruss, Hintansezzung u.s.w. weil ihr’s nicht besser finden werdet wenn ihr den Ort vertndert. Bleibt fest und treu auf eurem Plazze. Fest und treu auf Einem Zweck, ihr seyd ia der Mann dazu, und ihr werdet v o r d r i n g e n durchs b l e i b e n , weil alles andre h i n t e r e u c h w e i c h t . Wer seinen Zustand vertndert verliert immer die R e i s e und E i n r i c h t e / k o s t e n moralisch und oekonomisch und sezzt sich zurpck. Das sag ich dir als Weltmensch, der nach und nach mancherley lernt wie’s zugeht. Schreib mir aber mehr von dir, vielleicht sag ich dir was bestimmt bessers. Grpsse Lotten, und Gott erhalt euch und die Kleinen. Ich wohne auf Luthers Pathmos, und finde mich da so wohl als er. Ubrigens bin ich der glpcklichste von allen die ich kenne. Das wird dir auch genug seyn. Addio. Grpse Sophien. Goethe
2 Ktstener 6 kqnntest 7-8 manchmal|,| ohne Antwort|,| 9 glpchklich 17 dmoralisch und oekonomische
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BRIEFE 291–294
291. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 10. Oktober Æ1777. Freitagæ
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In meinem Garten, d‘. 10 Oktbr. Wieder hier! und nur zwey Worte da ich hqre dass eben ein Bote geht. Mit Weh hab ich meine Wartburg verlassen, und Weimar mit kindischer Freude wiedergesehn. Heut frph fpnfe ritt ich mit Lichtenb. aus um halb 12 waren wir hier, und haben eine Stunde beym Stadth. gefrphstpckt. Morgen kommt der Herzog nach. Adieu beste. Ich bin entfremdeter von viel Welt nur nicht von Ihnen. G. / Grpsen Sie die kleinen und Petern, den Sie wohl noch behalten bis ich eingerichtet bin. Und Ktstnern. G.
292. An Johann Heinrich Merck ÆWeimaræ, 27. Oktober Æ1777. Montagæ
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Auf deinen Brief dient zur Antwort dass wir von den Gemthlden behalten wollen. No. 26 Jakob Steen –––– f 75. –––– 69 Roos –––––––– 72 –––– 45 Mompre –– –– 24 –––– 87 St Vree –––– 60 88 f 231 57 Davon ab ein Quart mit wtren etwa f 174 Wegen der Kupfer hab ich dir neulich schon geschrieben. Seh was du machst. Uberhaupt kannst du kpnftig von uns vierteljthrig auf 5 Carolin rechnen das mag nun fpr Ein gut blat seyn oder fpr mehrere, such und erwische was guts. Deinen Brief ohne Datum krieg ich erst heute
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d‘. 27 Okts. Der Herzog hat eine bqse hand von einem Hunde Biss mit aus Eisen. gebracht. Er ist viel zu hause und drum wollt ich dass du bald was zu gucken schicktest. Adieu. Ubrigens wtr mirs sehr gelegen wenn du mir einiges Geld auf Weynachten heraus negotiirtest. Ade. Nur die Gemthlde sehr gut gepackt alle in Rahmen, keins gerollt pp. G.
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293. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 29. Oktober 1777. Mittwoch Ich habe mich heut den ganzen Tag geplagt ihnen was zu zeichnen. Durch plagen kommt man zu nichts seh ich wohl. Dancke fpr alles pberschickte, und wpnsche dass die Misels alle Spuren von mir mqgen ausgelqscht haben. Weise Karten kommen hier. Heut Abend lang zum erstenmal hab ich auch wieder griechische Worte geschrieben. Es ist still still bey mir, eigentlich um mich. Den ums Herz ists nicht gar so. Ade d‘. 29 Okbr 77.
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294. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 30. Oktober 1777. Donnerstagæ Dass Sie nicht dencken Sie werden bevortheilt schick ich eine Krizzeley die ich zerrissen unter des Herzogs Papieren gefunden und hier wieder aufgeleimt habe. Es stellt vor die Geheimnissvolle Ruhe um Wielands Ehbett. Adieu liebes Gold – ich hab heute eingenommen um die Teufel die am leichtsten zu packen sind auszutreiben. Adieu. Morgen fahr ich mit dem Herzog nach Butst. und sehe Sie vielleicht wenn mir wohl ist.
17 Herzosgs 18 Wieland|s|
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BRIEFE 295–299
295. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach? ÆWeimar, 30. Oktober 1777? Donnerstag?æ Ich bin wprcklich im Einnehmen begriffen. Sollten Sie nicht etwa heute hier haussen essen wollen. Etwa nach ein Uhr wegen der Operationen. Feuer und Heerd ist freylich alles was ich zum Gastmahle beytragen kan allenfalls ein Feldhun. G.
296. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 31. Oktober 1777. Freitag 5
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Warum das Hauptingrediens Ihrer Empfindungen neuerdings Zweifel und Unglaube ist begreiff ich nicht, das ist aber wohl wahr dass Sie einen der nicht fest hielte in Treue und Liebe von sich wegzweifeln und trtumen konnten, wie man einem glauben machen kan er sthe blas aus und sey kranck. Gestern Abend hab ich einen Salto mortale pber drey fatale Capitel meines Romans gemacht vor denen ich schon so lang scheue, nun da die hinter mir liegen hoff ich den ersten Theil bald ganz zu produziren. Addio. d‘. lezten Okbr. Meinem Nahmenstag, auch Reformationsfest. 1777 G.
297. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 1. November 1777. Samstag
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Ich schicke Trauben aus meiner Heimath wie sie dies Jahr worden sind. Habe wohl gethan heut zu Hause zu bleiben denn es war eine Menge Wirthschafft. Adieu liebe. Wie mags andern Menschen gehn da mirs so verworren geht. d‘. 1 Nov. 77 G.
2 has- ussen 3 zur m
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298. An Johann Heinrich Merck ÆWeimaræ, 30. ÆOktoberæ und 3. ÆNovember 1777. Donnerstag und Montagæ Die Trauben und die Rembr. sind glpcklich angekommen heut frph. Der Herz war eben auf die Jagd zu gehn fertig, und lies mir sagen ich sollt hinpber kommen ohne mich anzuziehen. Ich dacht es wtre wie gewqhnlich bey solchen Ambassaden was verdrpslichs fand aber die Geister die mich bewillkommten. Obiges war den 30 heute den dritten sag ich dir nur noch dass ich sehr in denen Bltttgen obgleich nur wenige Zeit gekramt, und sie noch nicht einmal alle gesehn haben. Denn das will verdaut seyn. Der Herzog hat seine grose Freude pber den tiefen herzlichen Sinn der Dinge hat sich schon Leibstpcke aus ersehn und es war eben ein gros Fest. Adieu fpr diesmal. Nun erwarten wir was weiters, schick doch die Rembr aus Rackeys Aucktion alle dass wir das auslesen haben Vielleicht sind bessere Abdrpcke dabey. Wiel. Bube hat ihn verdauen machen dass du sagst Schtcks habe bisher nur Einen Ubersezzer gehabt, und dass du Wiel. den altern nie Genie genannt hast. Ade. G
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299. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 7. und Æ8.æ November 1777. Freitag und ÆSamstagæ Lieber Engel ich schick Ihnen einen grosen Nahmen auf einem Buche. – Gestern waren Sie im Land der kleinen Spielgen, der Prinz kam zu mir von Ihnen her, unter mein Dach, wo ich mit Knebeln einige Stunden gelacht und gefabelt hatte. heut ist Conseil, ich weis nicht wann ich Sie sehn kann. Heute ists eben zwey Jahr dass ich herkam. Diese noch einmal zu leben!?? Nun am Ende doch. Adieu Gold d‘. 7 Nov. 77. G. Mit einem Blick auf den Morgen da ich vor 2 Jahren zuerst in Weimar aufwachte, und nun bis hierher ist mir wunderbaar frqhlich und rph4 Ambez ---assaden 12 PRackeys 12-13 6Vielleicht 16 iIhnen 18 wunter 24 hierhier
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BRIEFE 300–304
rend geworden. Was mir das Schicksaal alles gegeben hat, und wie nach und nach, wie man Kindern Freuden macht, dass ich iedes Gut erst ganz ausgekostet mir so ganz eigen gemacht habe, dass ich in die von mir ehdess entferntesten Gefphle und Zusttnde, lieblich bin hinein geleitet worden.
300. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 8. November 1777. Samstag
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Die Btume sind angekommen 30 an der Zahl, gute Kirschbtume auch wenige ObstBtume guter Sorten. wie und wann sollen sie nach Kochberg? sie mpssen wohl gepflanzt und sonderlich gegen die Haasen mit starcken Dornen verwahrt werden. Gestern von Ihnen gehend hab ich noch wunderliche Gedancken gehabt, unter andern ob ich Sie auch wircklich liebe oder ob mich Ihre Nthe nur wie die Gegenwart eines so reinen Glases freut, darin sich s so gut sich bespiegeln ltsst. Hernach fand ich dass das Schicksaal da es mich hierher pflanzte vollkommen gemacht hat wie mans den Linden thut man scheidet ihnen den Gipfel weg und alle schqne Aste dass sie neuen Trieb kriegen sonst sterben sie von oben herein. Freylich stehn sie die ersten Jahre wie Stangen da. Adieu. Ich kam von ohngefahr pber den Kalender von vorm Jahr da stund beym 7 Novemb. Was ist der Mensch dass du sein gedenckest pp. d‘. 8 Nov 77. G.
301. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 8. November 1777. Samstag Die Btume sind alle fpr Sie, ein Karrn wird wohl nqtig seyn. Machen Sie s doch mit Hauptmann. Wenns nur Montag ist. Darnach will ich ihn anweisen wo sie liegen. Die Fortsezzung des Vergleichs hat mich sehr gedemptigt. Was doch der Mensch mit sich vortheilhafft steht!!
16-17 pkriegen 19 wWas 21 eine 22 Die Darnach 24 d66och --
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Ich redete vom Vergangnen verlohrnen, und glaubte die Zweige sprossten schon wieder. Oh! und sie finden dass sie neuerdings abgehauen, dass neuerdings kein Schatten und kein Hort drunter ist O weh!. d‘. 8 N. 77
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302. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 10. November 1777. Montag Die Welt war gestern Nacht unendlich schqn, sie schien mir den ganzen Sommer nicht so. Es ist gewiss dass der Gegensaz nur einen das hohe schqne fphlen macht. Ade. hier Trauben. d‘. 10 Nov. 77. G. Mich haben gestern Herders Picks auf Z. gefreut.
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303. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 11. November 1777. Dienstag Gestern war ich in Ettersb. Herz Louise war da und die Waldn. Wie ists Ihnen bey der Martins Gans gangen? Sind Sie heute zu Haus? Schicken Sie mir: Jtgers Nachtlied, und Spser Todt, und die gedruckten, wo: Grabet in die iunge Linde, dabey ist. Ich bring auch wieder ein lieblich Lied von ihm mit. d‘ 11 Nov. 77. G.
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304. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 12. November 1777. Mittwoch Liebste Frau heut Kommt Schuhmann aus dem neuen Haus, morgen Mittag ist alles gescheuert, hoff ich. Der Windofen wird in der Kinder Stube in wenigen Stunden stehn und das Kpchelgen also zum Einrtu1 vVergangnen 8 dahs
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BRIEFE 305–307
men bereit seyn. Den Heerd lass ich stehn er hindert wenig. Machen Sie sich also zum Aufbruch bereit. Ich dtchte sie fingen gleich heute an eben den Vorrath und so weiter einzurtumen. Liessen heute Nacht Wenden drinne schlafen dass er die Schlpssel zu sich nthme, und was transportirt wird in Empfang nthme, fphren morgen mit Einrtumen in die Stuben wie sie sauber werden fort, und kqnnten also auf den Freytag selbst einziehen. Ist dies ihr Wille so schreiben Sie mir, oder was Sie wollen. So will ich noch heut frph zu Ihnen kommen und wir wollen alles abreden. Einen Windofen in Ihr grpn Zimmergen konnen Sie immer noch haben. d‘. 12 Nov. 77.
305. An Johanna Fahlmer ÆWeimar, 16.æ November 1777. ÆSonntagæ
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Gott seegne dich, und lasse dich lang leben auf Erden, wenn dir’s wohl geht. Mir’s ists wunderlich auf deinen Brief, mich freuts und ich kans noch nicht zurecht legen. Ich bin sehr vertndert, das fphl ich am meisten, wenn eine sonst bekannte Stimme zu mir spricht, ich eine sonst bekannte Hand sehe. Dass du meine Schwester seyn kannst, macht mir einen unverschmerzlichen Verlust wieder neu, also verzeihe meine Thrtnen bey deinem Glpck. Das Schicksaal habe seine Mutterhand pber dir, und halte dich so warm, wie’s mich htlt, und gebe dass ich mit dir die Freuden geniesse, die es meiner armen ersten versagt hat. Leb wohl grpse Schlossern. und sag was leidlichs Frizzen ich bin gar stumm. Nov 77. G.
306. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 16.æ November 1777. ÆSonntagæ
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Sagen kann ich pber die seltsame Nachricht Ihres Briefes gar nichts. Mein Herz und Sinn ist zeither so gewohnt dass das Schicksaal Ball 9A - -abreden
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mit ihm spielt dass es fpr’s n e u e es sey Glpck oder Unglpck fast gar kein Gefphl mehr hat. Mir ists als wenn in der Herbstzeit ein Baum gepflanzt wprde, Gott gebe seinen Seegen dazu, dass wir dereinst drunter sizzen Schatten und Frpchte haben mqgen. Mit meiner Schwester ist mir so eine starcke Wurzel die mich an der Erde hielt abgehauen worden, dass die Aeste, von oben, die davon Nahrung hatten, auch absterben mpssen. Will sich in der lieben Falmer wieder eine neue Wurzel, Theilnehmung und befestigung erzeugen, so will ich auch von meiner Seite mit euch den Gqttern dancken. Ich bin zu gewohnt von dem um mich iezzo zu sagen: das ist meine Mutter und meine Geschwister pppppp. Was euch betrifft so seegnet Gott, denn ihr werdet auf ’s neue erbaut in der Nthe und der Riss ausgebessert. Schlosser soll mir das Buch Stuarts Finanz System von Lenzen, auch seine Schrifft pber / die Gesezgebung schicken. Der Vater kann ihm Poetas Graecos minores schicken sie stehen noch zu Hause in folio denck ich. Den Sophokles soll er mir schencken, ich hab ihn verlohren, oder soll ihn zu Geld anschlagen ich will ihn mit dem was ich fpr Petern restire bezahlen. Meine Zahn und Backenwirthschafft will nichts bedeuten es hat sich ein Knqtgen in der Kinlade gesezzt gehabt das aber nicht schmerzte und iezt vergeht. Mein Haushalt ftngt an sich zu ordnen, es ist einem in dem Gartenhpttgen, bald wie in einem Schiff auf dem Meere. Adieu Nov. 77 G.
307. An Philipp Erasmus Reich Weimar, 25. November 1777. Dienstag Ich schicke die ersten Bogen der Phisiognomick, und werde das pbrige wie es ankommt nachsenden. Wollten Sie von der Gpte seyn mir einige Leyhaus, Leybanck Ordnungen, welche Sie habhafft werden
1 Sspielt 8 einer 10 mMutter 11 6denn 14 dschickene 28 Leyhaus|,| OLeybanck
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konnen zu schicken, und mir einmal ein Conto zu machen wie ich bey Ihnen angeschrieben stehe. W. d‘. 25 Nov 77.
308. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 29. November 1777. Samstag
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Adieu liebe Frau, ich streiche gleich ab. Die Feder hab ich vergessen das trgert mich. Sie hatten mir sie gestern wohl geben kqnnen. Indess sollen Sie doch einen Brief haben. Adieu sagen Sie auch Steinen. Ich bin in wunderbaar dunckler Verwirung meiner Gedancken. Hqren Sie den Sturm der wird schqn um mich pfeifen. d‘. 29 Nov 77. G.
309. An Charlotte von Stein ÆElbingerodeæ, 2. Dezember Æ1777æ, ÆGoslaræ, 4. und 5. Dezember 1777. ÆDienstagæ, Donnerstag und Freitag
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d‘. 2 Dez. Nur die Freude die ich habe wie ein Kind sollten Sie im Spiegel sehn kqnnen! Wie doch nichts abenteuerlich ist als das natprliche, und nichts gros als das natprliche und nichts pppppppppp. als das natprliche!!!!! Heut wie ich auf einer Klippe sas –. Sie sollen sie sehn – Wo mich Gqtter und Menschen nicht gesucht httten. Ich zeichne wieder den ganzen Tag und werde doch nichts mitbringen, wie gewqhnlich. Ich hab Sie wohl sehr lieb. In der ungeheuern Natur da ich krizzelte und mirs / sehr wohl war, fiel mir’s ein: wenn du’s nur auch heut Abend in der Grpnen Stube aufhtngen kqnntest! Da ists freylich besser im Stern zeichnen. Aber dafpr auch!!! Lieb Gold, Weege mit unter!! Im Dreckigen Jerusalem Schwedenborgs ists nicht grqber. Und wenn nun gleich die allzugeftllige Nacht einem sich an Rpcken htngt!! – Die Trauer an den langen seichten Wassern hin in der Dtmmrung! – / Mich trgert dass ich das Messer und ein Paar dicke Strpmpfe nicht von Ihnen habe, denn das sind Freunde in der Noth! – Zwar hab ich 1 Wwie 6 Ver6wirung 12 einenr
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Ihren Handschuh, aber ich bin so ein ehmtnnischer Liebhaber dass das nicht recht fruchten will. Ohne den mindsten Unfall bin ich bis hier. Einige Frazzen wo der Poete sich nicht verltugnet ausgenommen, so sehr ich mit Kaufmanns Diener Aufmercksamkeit auf das meinige, zu reisen bempht bin! – Gar hpbsch ists / Auf seinem Pferde mit dem Mantelsackgen, wie auf einem Schiffe herumzukreuzen. Gute Nacht. / Donnerst d‘ 4 Dez. 77.66666r Von hier wollt ich Ihnen zu erst schreiben, sie sehn aber aus dem Bleystifft Bltttgen dass ich frpher laut worden bin. Ein ganz entsezlich Wetter hab ich heut ausgestanden was die Stprme fpr Zeugs in diesen Gebprgen ausbrauen ist unstglich, Sturm Schnee, Schlossen, Regen, und zwey Meilen an einer Nordwand eines Waldgebprgs her, alles fast ist nass, und erhohlt haben sich meine Sinne kaum nach Essen, Trincken, drey stunden Ruhe u.s.w. –– –– Mein Abenteuer hab ich bestanden, schqn, ganz, wie ich mir’s vorauserzthlt, wie sie’s sehr vergnpgen wird zu hqren, denn Sie allein dprfens hqren, auch der Herzog und so muss es Geheimniss seyn. Es ist niedrig aber schqn, es ist nichts und viel, – die Gqtter wissen allein was sie wollen, und was sie mit uns wollen, ihr Wille geschehe. Hier bin ich nun wieder in Mauern und Dtchern des Alterthums versenckt. Bey einem Wirthe der gar viel vtterlichs hat, es ist eine schqne Philisterey im Hause, es wird einem ganz wohl. –– –– Wie sehr ich wieder, auf diesem duncklen Zug, Liebe zu der Classe von Menschen gekriegt habe! die man die niedere nennt! die aber gewiss fpr Gott die hqchste ist. Da sind doch alle Tugenden Beysammen, Beschrtncktheit, Genpgsamkeit, Grader Sinn, Treue, Freude pber das leidlichste Gute, Harmlosigkeit, Dulden – Dulden – Ausharren in und –––––––– ich will mich nicht in Ausrufen verlieren. / –––– Ich trockne nun ietzt an meinen Sachen! – sie htngen um den Ofen. Wie w e n i g der Mensch bedarf, und wie lieb es ihm wird wenn er fphlt wie s e h r er das w e n i g e bedarf. – Wenn Sie mir 2 bin.s (Punkt versehentlich stehen geblieben) 4 aAufmercksamkeit 9 ichsie 10-11 wWetter 12 rRegen 20 wWille 25 k-- nennt!
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kpnftig was schencken, lassen Sie’s etwas seyn was man auf so einer Reise braucht. – Nur das stpck Papier wo die Zwiebacke in gewickelt waren, zu wievielerley mir’s gedient hat! – Es kan nicht fehlen dass Sie hier nicht lachen und sagen: Schlieslich wirds also den Weeg alles Papiers gehn! – Genug es ist so! –– –– –– Ihre Uhr ist denn doch ein hpbsch Vermtchtniss. –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Ich weis nun noch nicht wie sich diese Irrfahrt endigen wird, so gewohnt bin ich mich vom Schicksaale leiten zu lassen; dass ich gar keine Hast mehr in mir sppre, nur manchmal dtmmern leise Trtume von Sorglichkeit wieder auf, die werden aber auch schwinden. |: . ich rede hier von einer kindischen Sorglichkeit, nie pbers ganze, sondern pber einzelne kleine Ftlle:| d‘ 5. Dez. Guten Morgen noch bey Lichte. Es regnet gar arg, und niemand reisst ausser wen Noth treibt, und dringend Geschtfft, und mich treiben seltsame Gedancken in der Welt herum. Adieu. Grpsen Sie steinen
310. An Charlotte von Stein ÆGoslaræ, 6. und 7. Dezember 1777. Samstag und Sonntag
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– r d‘ 6 Dez 77. Mir ists eine sonderbaare Empfindung, unbekannt in der Welt herumzuziehen, es ist mir als wenn ich mein Verhtltniss zu den Menschen und den Sachen weit wahrer fphlte. Ich heise Weber, bin ein Mahler, habe iura studirt, oder ein Reisender pberhaupt, betrage mich sehr hqflich gegen iedermann, und bin pberall wohl aufgenommen. Mit Frauens hab ich noch gar nichts zu schaffen gehabt. Eine reine Ruh und Sicherheit umgiebt mich, bisher ist mir noch alles zu Glpck geschlagen, die Lufft hellt sich aus, es wird diese Nacht sehr frieren. Es ist erstes viertel. ich hab einen Wunsch auf den Vollmond wenn ihn die Gqtter erhqhren, wtrs grosen dancks werth. Ich nehm auch nur mit der Htlfte vorlieb. Heut wollt ich zeichnen, ein lieblich Fleck, es ging gar nicht. Mir ists ein vor alle mal unbegreiflich, dass ich Stunden habe wo ich so ganz und gar nichts hervorbringe. –––– ––––
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Ich drehe mich auf einem sehr kleinen aber sehr merckwprdigen Fleckgen Welt herum. Die kurzen Tage machen alles weiter. Und es ist gar ein schon Gefphl wenn von Plaz zu Plaz aus Abend und Morgen Ein Tag wird. –––– Schlafen thu ich ganz ohne Maas d‘ 7. Heute frph hab ich wahrhafftig schon heimweh, es ist mir als wenn mir mein Thal wie ein Kloz an gebunden wtre. Ich bin immer um unsre Gegenden. und treffe Sie vermuthlich da an. Es ist kalt und heitrer Himmel, heut will ich hier weg, und rpcke Ihnen schon wieder einigermassen nther. / um 10 Uhr. Mir ist ganz wunderlich als wenn michÆsæ von hier wegpeitschte. Ich hab das Essen frpheÆræ bestellt und will gleich fort. Adieu Dieser Brief geht erst Morgen ab. Adieu. G.
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311. An Charlotte von Stein Clausthal, 7.–9., Altenau, 9. und 10., Torfhaus, 10., Clausthal, 11. Dezember Æ1777. Sonntag–Dienstag, Mittwoch und Donnerstagæ Clausthal. * * l. d‘. 7 Dez Abends. Schqne Mondnacht und alles weis im Schnee. Sie sehen wohl dass ich auf den Bergen bin weil ich in so wenig Stunden das Clima so sehr vertndern kann. Aber nicht allein Clima. Ich hab Ihnen viel zu erzthlen wenn ich wiederkomme. Wenn ich nur hernach erzthlen kan. Den sonderbaaren Dramatisch-ministerialischen Effeckt den die Welt auf mich macht durch die ich ziehe!! Das schqnste von dieser Wallfahrt ist dass ich meine Ideen bestttigt finde auf iedem Schritt, pber Wirthschafft, es sey ein Bauergut oder ein Fprstenthum, und dass sie so simpel sind, dass man gar nicht zu reisen brauchte wenn man b e y s i c h was lernte. Nur die Einsamkeit will mir doch nicht recht, ich habs sonst besser gekonnt, bey euch verwqhn ich mich, ich mqchte doch in manchen Stunden wieder zu Hause seyn. 14|Clausthal.| 16-17 sStunden 22 wWirthschafft 22-23 Fprstenthum., 24 lernten
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d‘ 8 Dez. Nachts. Diesmal bring ich Sie um eine Menge toller Ideen. Heute den ganzen Tag schwtzz ich mit Ihnen was ich des Abends schreiben wollte. Und nun unterhtlt mich die Menschen wirthschafft durcheinander so sehr dass ich nur gute Nacht sagen kann. Gutte Nacht Liebste. / d‘. 9. Es ist gar schqn. Der Nebel legt sich in leichte Schnewolcken zusammen, die Sonne sieht durch, und der Schnee pber alles macht wieder das Gefphl von Frqhligkeit. In meiner Verkappung seh ich ttglich wie leicht es ist ein Schelm zu seyn, und wieviel Vortheile einer der sich im Augenblick verltugnet, pber die harmlose Selbstigkeit der Menschen gewinnen kann. Niemand macht mir mehr Freude als die Hundsfptter, die ich nun so ganz vor mir gewthren, und ihr Rolle gemtchlich ausspielen lasse. Der Nuzzen aber den das auf meinen phantastischen Sinn hat, mit lauter Menschen umzugehn die ein bestimmtes, einfaches, daurendes, wichtiges Geschtfft haben, ist unstglich. Es ist wie ein kaltes Bad, das einen aus einer bprgerlich wollpstigen Abspannung, wieder zu einem neuen krtfftigen Leben zusammen zieht. d 9 Dez. Abends * * * au. Altenau Was die Unruhe ist die in mir stickt mag ich nicht untersuchen, auch nicht untersucht haben. Wenn ich so allein bin, erkenn ich mich recht wieder wie ich in meiner ersten Jugend war, da ich so ganz allein unter der Welt umhertrieb. Die Menschen kommen mir noch eben so vor, nur macht ich heut eine Betrachtung. Solang ich im Druck lebte, solang niemand fpr das was in mir auf und abstieg einig Gefphl hatte, vielmehr wie’s geschieht, die Menschen erst mich nicht achteten, dann wegen einiger widerrennender / Sonderbaarkeiten scheel ansahen, hatte ich mit aller Lauterkeit meines Herzens eine Menge falscher, schiefer Prttensionen –– Es ltsst sich nicht so sagen, ich mpsste ins Detail gehn –– da war ich elend, genagt, gedrpckt, verstpmmelt wie Sie wollen. Jezt ists kurios besonders die Tage her in der freywilligen Enttuserung was da fpr Lieblichkeit fpr Glpck drinne steckt.
14 sSinn 15 Ge6schtfft 19 dAltenaue 27 hatt’e 28-29 Prttensionen. – (Punkt zu Gedankenstrich)
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Die Menschen streichen sich recht auf mir auf, wie auf einem Probirstein, Ihre Geftlligkeit, Gleichgpltigkeit, Hartleibigkeit und Grobheit, eins mit dem andern macht mir Spas – Summa Summarum es ist die Prttension aller Prttensionen keine zu haben. Liebes Gold! Ich hab an keinem Orte Ruh, ich habe mich tiefer ins Gebprg gesenckt, und will morgen von da in seltsame Gegenden streifen, wenn ich einen Fphrer durch den Schnee finde. Um halb viere fangts schon hier an Nacht zu seyn, und das ist nach der Uhr des platten Lands gewiss erst drey. Ich dencke des Tags hundertmal an den Herzog und wpnsche ihm den Mitgenuss so eines Lebens, aber den rechten leckern Geschmack davon kan er noch nicht haben, er geftllt sich noch zu sehr das natprliche zu was abenteuerlichem zu machen, statt dass es einem erst wohl thut wenn das abenteuerliche natprlich wird. / Es ist eben um die Zeit, wenig Tage auf ab, dass ich vor neun Jahren kranck zum Todte war, meine Mutter schlug damals in der tusersten Noth ihres Herzens ihre Bibel auf und fand, wie sie mir nachher erzthlt hat: „Man wird wiederum Weinberge pflanzen an den Bergen Samarit, pflanzen wird man und dazu pfeifen.“ Sie fand fpr den Augenblick Trost, und in der Folge manche Freude an dem Spruche. Sie sehn was fpr Zeug mir durcheinander einftllt. Dass ich iezt um und in Bergwercken lebe, werden Sie vielleicht schon errathen haben. Gestern Liebste hat mir das Schicksaal wieder ein gros Compliment gemacht. Der Geschworne ward einen Schritt vor mir von einem Stpck Gebprg das sich ablqste zu Boden geschlagen, da er ein sehr robuster Mann war so stemmte er sich da es auf ihn fiel, dass es sich in mehr Stpcken auseinander brach, und an ihm hinabrutschte es pberwtltigte ihn aber doch, und ich glaubte es wprde ihm wenigstens die Fpsse sehr beschtdigt haben, es ging aber so hin, einen Augenblick sptter so stund ich an dem Fleck, denn es war eben vor einem Ort den er mir zeigen wollte, und meine schwancke Person httt es gleich niedergedrpckt, und mit der volligen Last gequetscht. Es war immer ein Stpck von fpnf; sechs Zentnern. Also dass Ihre Liebe bey mir bleibe, und die Liebe der Gqtter./ 6 i-von 8 6das 12 no|c|h 19 IchSie 25 d--einem 27 filel 29 edie 30 der eben 31 zeichgen 31 wollete
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d‘ 10 Vor Tag. eh ich wieder hier aufbreche noch einen guten Morgen. Nachts gegen 7. Was soll ich vom Herren sagen mit Federspulen, was fpr ein Lied soll ich von ihm singen? im Augenblick wo mir alle Prose zur Poesie und alle Poesie zur Prose wird. Es ist schon nicht mqglich mit der Lippe zu sagen was mir widerfahren ist wie soll ichs mit dem spizzen Ding hervorbringen. Liebe Frau. Mit mir verfthrt Gott wie mit seinen alten Heiligen, und ich weis nicht woher mir’s kommt. Wenn ich zum Befestigungs Zeichen bitte dass mqge das Fell Trocken seyn und die Tenne nass so ists so, und umgekehrt auch, und mehr als alles die pbermptterliche Leitung zu meinen Wpnschen. Das Ziel meines Verlangens ist erreicht, es htngt an vielen Ftden, und viele Ftden hingen davon, Sie wissen wie simbolisch mein Daseyn ist –––– –––– Und die Demuth die sich die Gqtter zu verherrlichen einen Spas machen, und die Hingebenheit von Augenblick zu Augenblick, die ich habe, und die vollste Erfpllung meiner Hoffnungen. Ich will Ihnen entdecken |:sagen Sie s niemand:| dass meine Reise auf den Harz war, dass ich wpnschte den Brocken zu besteigen, und nun liebste bin ich heut oben gewesen, ganz natprlich, ob mir’s schon seit 8 Tagen alle Menschen als unmqglich versichern. Aber das W i e , von allem, das warum, soll aufgehoben seyn wenn ich Sie wiedersehe. wie gerne schrieb ich iezt nicht. / Ich sagte: ich hab einen Wunsch auf den Vollmond! – Nun Liebste tret ich vor die Thpre hinaus da liegt der Brocken im hohen herrlichen Mondschein pber den Fichten vor mir und ich war oben heut und habe auf dem Teufels Altar meinem Gott den liebsten Danck geopfert. Ich will die Nahmen ausfpllen der Orte. Jetzt bin ich auf dem sogenannten Torfhause, eines Fqrsters Wohnung zwey Stunden vom Brocken. Clausthal d‘. 11. Abends, heut frph bin ich vom Torfhause pber die Altenau wieder zurpck und habe Ihnen viel erzthlt unter weegs, o ich bin ein gesprtchiger Mensch wenn ich allein bin. Nur ein Wort zur Erinnrung. wie ich gestern zum Torfhause kam sas der Forster bey seinem Morgenschluck in Hemdsermeln, und dis5 wiederfahren 6 mit-r 9 auch., 14 hHingebenheit 19 wWi e 20 alldem 23 6vor 27-28 sogennaannten
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kursive redete ich vom Brocken und er versicherte die Unmqglichkeit hinauf zu gehn, und wie offt er Sommers droben gewesen wtre und wie leichtfertig es wtre iezt es zu versuchen – Die Berge waren im Nebel man sah nichts, und so sagt er ists auch iezt oben, nicht drey Schritte vorwtrts kqnnen Sie sehn. Und wer nicht alle Tritte weis ppp. Da sas ich mit / schweerem Herzen, mit halben Gedancken wie ich zurpckkehren wollte. Und ich kam mir vor wie der Kqnig den der Prophet mit dem Bogen schlagen heisst und der zu wenig schltgt. Ich war still und bat die Gqtter das Herz dieses Menschen zu wenden und das Wetter, und war still. So sagt er zu mir: nun konnen sie den Brocken sehn, ich trat ans Fenster und er lag vor mir klar wie mein Gesicht im Spiegel, da ging mir das Herz auf und ich rief: Und ich sollte nicht hinaufkommen! haben sie keinen Knecht, niemanden –– Und er sagte ich will mit Ihnen gehn. –– –– Ich habe ein Zeichen ins Fenster geschnitten zum Zeugniss meiner Freuden Trthnen und wtrs nicht an Sie hielt ich’s fpr Spnde es zu schreiben. Ich habs nicht geglaubt biss auf der obersten Klippe. Alle Nebel lagen unten, und oben war herrliche Klarheit und heute Nacht bis frph war er im Mondschein sichtbaar und finster auch in der Morgendtmmrung da ich aufbrach. Adieu. Morgen geh ich von hier weg. Sie hqren nun aus andren Gegenden von mir. / Fphlen Sie etwa Beruf mir zu schreiben geben Sie’s nur Philippen, dem hab ich eine Adresse gemeldet. Adieu Liebste. Grpsen Sie Steinen und die Waldnern, aber niemanden wo ich bin. Adieu. G.
312. An Charlotte von Stein ÆIlfeld, 30. Novemberæ – Eisenach, 15. Dezember Æ1777. Sonntag–Montagæ ganzen Tag in unendlich gleicher Reinheit. + Schqne Aussicht, die goldene Aue, vom Kyffhapser bis Northausen herauf. 1 ----ver redete 2 sSommers 5 S--Tritte 9 Mens6chen 16 sSpnde 28 bis vom
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d‘ 1 Dez. Mont. frph 7 von Ilefeldt ab mit einem Boten gegen Mittag in Elbingerode. Felsen und Berg weeg. Gelindes Wetter. Leiser Regen Dem Geyer gleich pp 5
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1. Dez. frph nach Elbingerode. herrlicher Eintritt in Harz. Nachmittag in die Baum. Hqle. 2.) Den ganzen Tag in der Baumannshqle Abends nach Elb. 3.) auf Wernigerode. Mit P. spazieren auf die Berge pppp. 4. Uber Ilsenburg, auf Goslar bey Scheff‘ . eingekehrt grimmig Wetter. 5.) frph in Rammelsb. bis auf den Sumpf, durchaus. / d‘. 6. Nach den Hptten an der Ocker. Gesehn die Messing Arbeit und das Hpttenw. Zurpck. Gessen. Spazier vergeb‘. gezeichn. Zu Zeh. Geg Schreiber, geschwtzt. Zurpck. d‘ 7. Heimweh. nach Clausth. Seltsame Empfindung aus der Reichsstadt, die, in und mit ihren Privilegien, vermodert, hierherauf zukommen wo vom unterirdischen Seegen die Bergstadte frqhlig nachwachsen. Geburtstag meiner abgeschiednen Schwester. d‘. 8. frph eingefahren in der Carolin u Dorothee. Schlug ein Stpck Wacken vor mir den Geschwornen nieder, ohne Schaden als die Streifrizze. Nachmittag durchgelogen. Spazieren und Spas mit den Fremden. d‘ 9 frph auf die Hptten. Nach Tische bey Ilseman sein Kabinet zu sehen. Abends nach Altenau. unendlich geschlafen./ d‘. 10 frph nach dem Torf hause. 1 viertel nach Zehn auf den Brocken. ein viertel nach eins droben, heitrer herrlicher Tag, rings die ganze Welt in Wolcken und Nebel, oben alles heiter. Wa s ist der Mensch dass du sein g e d e n c k e s t . Um Vieren wieder zurpck. bey dem Fqrster auf dem Torfhause in Herberge. d‘. 11. frph 7 vom Torfh. ab. pber die Altenau. halb eilf wieder in Clausth. Erhohlt, getruncken, gessen, die Zeit vergtngelt abends Briefe und eingepackt. Vom Torfh. geht der Weeg zurpck die Lerchen kqpfe herunter, an der steilen Wand her. Uber die Engels Krone, Altenauer Glpck, Lilien Kuppe. d‘. 12 frph halb sieben im Nebel aufgebrochen. pbers Damm haus, den Bruch-
185,27-186,3 |+ Schqne Aussicht Æ:::æ Dem Geyer gleich pp| 14|nach Clausth.|
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berg, die Schlufft auf Andreasberg angekommen um 11 Uhr. meist zu Fus. / starcker Dufft auf den Hqhen und Fltchen durchdringende Ktlte. Im Rathhaus eingekehrt. Abends eingefahren in S a m s o n durch Neufang auf Gottesgnade heraus. Ward mir sauer. nachher geschrieben. Kalte schale gemacht. d‘. 13 frph 6 in Nacht und gltttendem Nebel herab durchs Thal nach Lauterberg war schon feuchter doch noch Schnee. Auf die Kqnigshptte, wthrend fptterns mich umgesehn. Fuhr mir was ins lincke Aug. Uber Silckerode nach Duderstadt, Nebel, Koth, und unwissenden Boten. Abends 4 in Duderstadt muste das Auge verbinden legte mich vor langerweile schlafen. d‘ 14 um 8 Uhr weg, in tiefem Nebel und Koth nach Mphlhausen. angek. um 2. blieb da die Nacht. d‘. 15 frph mit einem Postillon vor sechs weg. War wieder ktlter in Eisenach gegen 11. Fand den Herzog da. Englischer Reuter
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313. An Philipp Erasmus Reich Weimar, 18. Dezember 1777. Donnerstag Wollten Sie die Gpte haben, mir die Berliner Leihordnung zu verschreiben. Wie auch etwa bey dieser Gelegenheit sonstige neuere Konig‘. Preusische Verordnungen, die man als eine Continuation der Constitution. Marchikar. sammeln mqgte. Die A c c i s e betreffend, besizze ich. d‘. 18 Dez 77 Weim. Goethe.
314. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 27. Dezember 1777. Samstagæ Heut frph ahndet ich so was, also adieu fpr heute. Ich bleibe zu haus, um mit dem sechsten Ackt fertig zu werden und geh nicht auf die Redoute. Hir sind Pl. Papiere. 5 Neufagng 5 Abends nachher 8 de - - - noch 12 134 12 K6oth 13 md‘. 22 beleibe
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315. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 30. Dezember 1777. Dienstag
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Eine Blume schick ich Ihnen die ich im Ausritt vom Harze, unter dem Schnee aus einem Felsen fpr Sie gebrochen habe, es war beylage zum Brief der verlohren ist. Auch einige angefangne Zeichnungen, auch eine Ente, und bitte Sie um meine Gedichte dass ich was einschreiben kan. Ich bin still in meiner Hptte. heut Abend sehn sie mich in dem Leichtsin der Representation. Addio beste. d‘. 30 Dez 77. G.
316. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 1. Januar 1778. Donnerstag
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Ich habe gestern Abend viel an Sie gedacht indem ich Briefe und das ganze Vergangne Jahr zusammen packte. Ich mqgt Ihnen so gern was zum neuen Jahre schicken und finde nichts, ich bin in Versuchung kommen Ihnen von meinen Haaren zu schicken und hatte sie schon aufgebunden, als mirs war als wenn diese Bande keinen Zauber fpr sie httten. Heut werd Ich Sie doch einmal finden. d‘. 1 Jan 78. G.
317. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Anfang Januar? 1778æ
Ich habe heut von diesem Zeug gekriegt. habe mich davon bekleidet und bleibt noch so viel pbrig. Wickeln Sie sich drein. Adieu Gold. G.
3 V verlohren 14 6finden
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318. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 9. Januar 1778. Freitag Nehmen Sie hier den Schlpssel zu meinen Gegenden, den andern Schlpssel haben Sie lang. Ich hab Launen so scheints, den ich hab Unrecht und hab doch Picks, und weis dass ich unrecht habe. Aber es scheint ich soll wieder einmal fphlen dass ich Sie sehr lieb habe, und was ich Sie gekostet habe u.s.w. Dem sey wies wolle, ich mag und kan Sie nicht sehn. Adie beste. d‘. 9 Jan 78. G.
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319. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 10. Januar 1778. Samstagæ Die drey ersten Punckte ohne weitres zugestanden. Was den vierten betrifft ob gleich der Vordesaz falsch ist so sey doch auch Ihnen das unpberwindliche Gelpst mich zu schelten gewthrt. Nur dass Sie mir diesen Titel nie geben wenn ich ihn verdiene, und nie als wenn Sie mich recht lieb haben. Adieu. Wir haben gestern gethorheitet, und heut lang geschlafen, ich habe mich vom Punsch und Wein Abends enthalten und kan meine Rolle recht schqn. G.
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320. An Johann Heinrich Merck ÆWeimaræ, 11. Januar 1778. Sonntag Die Kupfer sind sehr zur rechten Zeit angekommen und haben uns grose Freude gemacht. Der Herzog hat sich recht dran ergqzt, es ist wunderbaar wie sich sein Gefphl an diesen Sachen geschwind aufschliest. Die Abdrucke der Ostads sind trefflich. Die Syderhofs hab ich noch gar nicht gekannt und ich bin pber die Treue reinheit Rundheit, und pber das Krafftige in der bedtchtigen Manier erstaunt. Solltest du einige von denen G o u d t s nach Elsheimer erwischen kqnnen, so kauf
5 sSie 6 sSie 6 seyhn 9 Bbetrifft 20 Sollstest
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sie. Ubrigens aber nichts als dezidirte Meisterstpcke. In der Folge einmal die CalloÆts.æ Der Mutter hab ich selbst geschrieben. hier ein Abdruck von der Platte ein wenig duÆrchægegangen. Die Gqtter haben mir im Zeichnen neuerdings grose Erqfnungen gethan. Adieu. Schreib manchmal. Die Gegend um meinen Garten wird aufs Frphiahr unendlig schqn, ich hab einige seltsam Romantische Fleckgen ge und erfunden. Mqchtest du kommen kqnnen. Der Hezog hatte etlichemal grose Lust dich als Cammerrath nach Eisenach zu haben, aber ich sagt ihm, alte Btume verpflanzten sich nicht gut. Leb wohl. d‘. 11 Jan 78 ::: G.
321. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 11. Januar 1778. Sonntag Dancke fpr die leibliche Nahrung. Der Alte Eckhof ist bey mir. wir scheinen unsre Empfindungen neuerdings auf Spizzen zu sezzen. Adieu Gold. Es ist und bleibt doch immer beym Alten. d‘. 11 Jan 78 G.
322. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 12. Januar 1778. Montag 15
Wollen Sie den Plaz vor der Hqle noch aufgertumt und Feuer dahin haben so melden Sie mirs. Ist heute Tanz Probe so komm ich um zehn. Ich hab heute frph schon meine traurigen stockenden Geister im Schnee gebadet ich dencke das soll ihnen frische Sinnen geben. d‘. 12 Jan 78 G.
3 einer der 8 ichhm 18 sSinnen
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323. An Carl Ludwig von Knebel ÆWeimar, vermutlich erste Hclfte Januar 1778æ Hier, mein lieber, das erste Buch meines Romans. Ohngefthr der achte Theil desselben. Ich wpnschte von dir zu hqren wie er sich ließt und ob diese Introduzzione wprdige Erwartungen erregt? G
324. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 19. Januar 1778. Montag Statt meiner kommt ein Blttgen. Da ich von Ihnen wegging, konnt ich nicht zeichnen. Es waren Arbeiter unten, und ich erfand ein seltsam Pltzgen wo das Andencken der armen Cristel verborgen stehn wird. Das war was mir heut noch an meiner Idee misfiel, dass es so am Weeg wtre, wo man weder hintreten und beten, noch lieben soll. Ich hab mit Jentschen ein gut Stpck Felsen ausgehqlt, man pbersieht von da, in hqchster Absgeschiedenheit, ihre lezte Pfade und den Ort ihres Tods. Wir haben bis in die Nacht gearbeitet, zulezt noch ich allein bis in ihre TodtesStunde, es war eben so ein Abend. Orion stand so schqn am Himmel als wie wir von Tiefurth frqhlich heraufritten. Ich habe an Erinnerungen und Gedancken iust genug, und kan nicht wieder aus meinem Hause. Gute Nacht Engel, schonen Sie sich und gehn nicht herunter. Diese einladende Trauer hat was gefthrlich anziehendes wie das Wasser selbst, und der Abglanz der Sterne des Himmels der aus beyden leuchtet lockt uns. Gute Nacht, ich kans meinen Jungen nicht verdencken die nun Nachts nur zu dreyen einen Gang hinpber wagen, eben die Saiten der Menschheit werden an ihnen gerphrt, nur geben sie einen rohern Klang. d‘. 19 Jan 78. G.
6 unter n 11 Abschgeschiedenheit 16 Haus6e 17 si - - einladende
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Abb. 13: Goethe an Charlotte von Stein, Æzwischen Oktober/November 1777 und Ende Januar 1778?æ (Nr 326), S. 2
Abb. 14: Goethe an Charlotte von Stein, Æzwischen Oktober/November 1777 und Ende Januar 1778?æ (Nr 326), S. 3
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325. An Johann Christian Kestner ÆWeimaræ, 23. Januar 1778. Freitag
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Dancke recht sehr fur das uberschicke und bitt euch besonders um die Abtndrungen und Verbesserungen, weil mir daran am meisten gelegen ist. Was es kostet will ich gern ersezzen es sey was es wolle. Viel Glpck zur Vermehrung und Entblatterung der Famielie. Es wird doch artig seyn, wenn ich euch einmal besuche und ihr mir mit einem habbduzzend solcher Figprgen aufwarten kqnnt. Grpse Lotten, und wenn ich auch im Styl mit unter GehR.isch werÆdeæ so bleibt doch leider das ubrige ziemlich im alten. Grpse Sophien. G. Adiech. d‘ 23 Jan 78 Apropos ist denn Lotte immer noch so schnippisch? Schickt mir doch einmal Eure Silhouetten, und Sophies und der Kinder.
326. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen Oktober/November 1777 und Ende Januar 1778?æ ÆVgl. Faksimileæ Fpllest wieder ’s liebe Thal, still mit Nebel Glanz Lqsest endlich auch einmal meine Seele ganz /
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An den Mond Fpllest wieder ’s liebe Thal Still mit Nebelglanz Lqsest endlich auch einmal Meine Seele ganz
1 undm 5 besuch6e 7 Spy Styl
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Breitest pber mein Gefild Lindernd deinen Blick Wie der Liebsten Auge, mild Uber mein Geschick. Das du so beweglich kennst Dieses Herz im Brand Haltet ihr wie ein Gespenst An den Fluss gebannt Wenn in qder Winternacht Er von Todte schwillt Und bey FrphlingslebensP racht -An den Knospen quillt. Seelig wer sich vor der Welt Ohne Hass verschliesst Einen Mann am Busen htlt Und mit dem geniest, Was den Menschen unbewust Oder wohl veracht Durch das Labyrinth der Brust Wandelt in der Nacht.
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327. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 1. Februar 1778. Sonntag Es ist doch hpbsch von Ihnen dass Sie den den Sie nicht mehr lieben doch mit eingemachten Frpchten nthren wollen. Dafpr danck ich. Obs gleich aussieht als wenn Sie mir Gerichte schickten damit ich nicht kommen solle sie bey Ihnen zu verzehren d‘. 1 Febr 78 G.
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328. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 11. Februar 1778. Mittwoch
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Ich fphle dass ich heute wieder im Verborgnen bleiben muss. Meine Kpche giebt mir nur Erbsen und Wurst, nach 12 schick ich Sie noch um einen Beytrag zu bitten. Es ist mir als wenn eine Vertndrung in mir vorging ich weis sie aber noch nicht zu deuten. d‘. 11. Febr 78. G Schicken Sie mir auch einen Wandleuchter mit Arm.
329. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 11. Februar? 1778. Mittwoch?æ Schicken Sie mir ein Paar Stummel Wachslicht. Es dprfen keine ganze seyn, sondern Reste.
330. An Heinrich XXVI. Graf Reuss zu Ebersdorf Weimar, 13. Februar 1778. Freitag ÆDruckæ
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Hochgebohrner Reichsgraf gntdiger Herr, Auf Ew. Exzell. Verlangen einige Urkunden aus unserm Archive abschrifftl. zu besizzen haben Durchl. der Herzog, so gleich dem Archivarius Neuberger den Auftrag gegeben ein Verzeichniß derer die Hochdieselben interessiren kqnnten einzureichen, es ist auch dieses geschehen, und er hat Befehl erhalten ohne weitern Zeitverlust Ew. Exzell. die Abschrifften zuzuschicken. Der Todt dieses wackern Manns der vor kurzem Erfolgt ist hat dieser Sache einen neuen Anstand gegeben, der sich doch gleich dadurch wieder hebt: daß der H. Canzler Schmidt nunmehro ohnermangeln wird das von dem Seeligen unvollendete, zu Ew. Exzell. hoffentlicher Zufriedenheit ohngestumt zu erfpllen. 4 JFebr -
FEBRUAR 1778
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Mit ausnehmendem Vergnpgen pber Ew. Exzell gntdiges Andencken unterzeichne mich mit vollkommener Ehrfurcht Ew. Exzell. unterthtniger Diener Weimar d. 13. Febr. 1778. Goethe.
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331. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 18. Februar 1778. Mittwoch Ich dancke recht sehr dass Sie mir in meine Einsamkeit und Mangel, Frizzen und ein Frphstpck schicken wollen. Wenn Sie mir was dazu von sich gesagt httten wtrs noch hpbscher gewesen. Adieu. Ich schick Ihnen eine aufkeimende Blume, ich habe weiter nichts d‘. 18 Febr. 78. G
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332. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 20. Februar 1778. Freitag Hier etwas zum Frphstpck fpr Sie und fpr Frizzen. Die Gotter seyen freundlich mit Ihnen wie sie’s mit mir sind. Adieu. Kalt und licht ists in meinen Feldern wie Sie wohl von oben herein werden sehen kqnnen. d. 20 Febr. 78. G.
333. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 25. Februar 1778. Mittwoch Ihr gestrig Zettelgen kriegt ich durch Versehn erst heut frph. Hier schick ich etwas von den frphzeitigen Frqhlichkeiten der Welt. Mqchten Sie die Blumen recht freundlich ansehen. Nach Tische komm ich
13 Go6tter 16 JFebr. 19 sSie
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BRIEFE 334–336
wohl, schicken Sie mir durch pberbringern meinen Schwartenmagen und eine Bratwurst. mein Meelkasten ist gestern angekommen und macht mir grose Freude auch sind der schqnsten Weinftchser von Franckfurt gekommen, die ich an der Vorderseite meines hauses anpflanzen will. Ade Gold. d‘ 25. Feb 78 G.
334. An Joachim Christoph von Haffner oder Christian Bernhard von Isenflamm? Weimar, 28. Februar 1778. Samstag Hochwohlgebohrner Hochgeehrtester Herr,
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Ich befinde mich in dem Fall Sie fpr einige unbekannte Personen um eine Geftlligkeit zu ersuchen. Aus beyliegender Zeitung werden Sie sehen kqnnen wie ein Freyherr v o n To s t in Grtz gestorben, einen seiner Verwandten Nahmens Tr t g e r zum Erben eingesezt und diesem 3 Geschwistern v o n L a m p e n substituirt. Diese leztern haben sich an mich gewendet um durch Vermittlung Ew Hochwohlgeb‘ nthere Nachricht von der Erbschafft, wie hoch sie sich belaufe, etwa eine Abschrifft des Testaments, sonstige Umsttnde, auch wohl eine sichere Adresse in Grtz zu erhalten. / Sie wissen zwar selbst nicht ob ihr Vorgesezter Tr t g e r noch am Leben, wpnschen aber doch sehr nthere Wissenschafft, die ihnen unmittelbaar zu erlangen schweer zu seyn scheint. Verzeihen Sie meine Freyheit und versichern Sich dass ich mit aller Hochachtung sey Ew Hochwohlgeb‘ Weimar d‘. 28 Febr 78.
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11 nNahmens
gehorsamster Dr Goethe
FEBRUAR/MwRZ 1778
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335. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 7. Mcrz 1778. Samstag Ihren Friz mit Blumen und Frpchten schick ich Ihnen wieder das ist das schqnste was mir iezt die Welt hat. Er mag ihnen unsre Possen und leben erzthlen. Adieu d‘. 7 Mtrz 78 G.
336. An Johann Heinrich Merck ÆWeimaræ, 18. Mcrz 1778. Mittwoch Die Kupfer hab ich wohl erhalten – die Dprers kriegst du zurpck der Herzog hat sie schon. Geld auch bald. Ich will auch Bertuccio schinden. Beyliegend kriegst du von der Mutter meine neuste Tollheit, daraus du sehn wirst dass der Teufel der parodie mich noch reitet. Denck dir nun dazu alle Ackteurs bis zur Carrikatur phisiognomisch. Von den Kleidern sieh ein Echantillon bey der Mutter auf einer Zeichnung von Krause. Adieu das Bltttgen von mir du meynst doch die Ruinen fpr Schr. sollst du haben. Dein O h e i m ist sehr gut. Besonders da mir in der Folge die Ostentation der Einfalt der Leute in der Manier des Geschichtschreibers und nicht in ihnen lag. Neuerdings Bruder hab ich pberhaupt pber allerley Kunst schqne Aufschlpsse die ich dir mqgt in allerley Wercklein sehn lassen. Auch mach ich manches in der Dumpfheit das wohl oft das beste ist. Hast du ein Lustspiel in I Ackt von mir gesehn? D i e G e s c h w i s t e r ? ––––––__ Jezt macht uns aber der Eindringende Krieg ein ander wesen. da unser Kahn auch zwischen den Orlogschiffen gequetscht werden wird. Gott sey danck ich hab schqnen Muth, und freyes Leben. d‘. 18 Mtrz 78. G.
14 dder Einfalte 17 St allerley 19|in|
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BRIEFE 337–342
337. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimar, 18. oder 19.? Mcrz 1778. Mittwoch oder Donnerstag?æ Hier was ich habe von der Phis. das Blat 305 hatte zurpckbehalten, und erinnre mich nicht ob 306, 7, 8, schon bey Ihnen sind wenigstens hab ich sie nicht. melden Sie mir s doch. G. 5
Zugleich schicke 17 Ld‘. davon bitte 59 rh. an H‘. Rost der die Benellische Hand‘. pbernommen gegen Quittung zu bezahlen. das pbrige auf Ihre Rechnung anzunehmen und mir gleichfalls ein quittirt Conto zu schicken. G.
338. An Gottfried August Berger ÆWeimar, 19.? Mcrz 1778. Donnerstag?æ 10
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Sie haben so lang nichts von Sich hqren lassen, dass ich kaum weis wo Sie sind, und ich werde auch allen Menschen so fremd. Sie erinnern Sich der Unterzeichnung auf Ihren Homer. In der Gesellschafft sind freylich Zeither Vertndrungen vorgegangen, indess hab ich ein und funfzig Louisdor fpr Sie liegen. Schreiben Sie mir wohin ich Sie schicken soll, denn ob Sie gleich, wie ich weis, Sich noch nicht mit dprren Worten zur Fortsezzung Ihrer Arbeit qffentlich erboten haben, so will doch die Ausfordrung an Stollb. eben das sagen. Antworten Sie mir bald. und schreiben was von sich
2 306., 12 sSich 15 sSich
MwRZ 1778
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339. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 20.? Mcrz 1778. Freitag?æ Willkommen liebe Frau. Der Mann ist von Ehringsdorf und heist Helfer. Edelsheim ist ankommen und Grpst sie. G.
340. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 22. Mcrz 1778. Sonntag Wollten Sie mir wohl ein halbduzzend Bltter Postpapier schicken, ich bin eben pberm Silhouete machen. Und den Band der Phis. Heut komm ich zum Essen. Adieu G. d‘ 22. Merz 78. G
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341. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 26. Mcrz 1778. Donnerstag Hier sind freundliche Blumen Sie fpr meine stumpfe Gesellschafft zu entschtdigen. Wenn Sie iemand mit einem Korbe schicken wollen sollen Sie noch mehr haben, auch Radiesgen und Salat. d‘ 26 Marz 78 G
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342. An Augusta Louise Grcfin zu Stolberg-Stolberg ÆWeimaræ, 27. Mcrz 1778. Freitag Beste! heute nur ein Wort, und ein paar Lieder von mir, komponirt von einem lieben Jungen, dem Fplle im Herzen ist. Hier auch ein Schattenriss von Klopstock. Die Lieder lassen Sie nicht abschreiben auch nicht die Melodien. Ntchstens kriegen Sie mehr. Hier indess eine Grabschrifft.
6 6Adieu
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BRIEFE 343–348
Ich war ein Knabe warm u. gut Als Jpngling hatt ich frisches Blut Versprach einst einen Mann Gelitten hab ich u. geliebt Und liege nieder ohnbetrpbt Da ich nicht weiter kann.
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d‘. 27 Merz 78.
G.
343. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 31. Mcrz 1778. Dienstag
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Wenngleich die Feyerlichkeit die Sie heute erwartet ein geringes Morgenbrodt des Einsiedlers auslqschen muss; so schick ich doch Ihnen und Frizzen ein Stpck Kuchen. Die Gotter sind lieblich im Frphlingsregen und warmen Wind. d‘. lezten Merz 78. G.
344. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 10. oder 11. April 1778. Freitag oder Samstagæ
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Ich weis sehr wohl wie Sie meine Picks tracktiren, dass es mir aber Ernst ist sehen Sie dadran dass ich nicht komme ob ich gleich gern ktme. Adieu lieber Engel hier schick ich Ihnen Blumen. Wenn ich’s pbers Herz bringen kan so geh ich auf den Montag fort. Wenn man nicht sagen kan wie lieb man eins hat so scheints man wolle sich mit bqsem helfen wenns im Guten nicht fort will G.
11 lieb6lich
MwRZ/APRIL 1778
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345. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 13. April 1778. Montag Hier haben Sie die Lieder und ein Blpmlein Vergiss mein nicht. Der Himmel ist nicht wie gestern und ehegestern. Und ich weis nicht was fpr Ahndungen wie Spinnen mir pbers Herz krabeln. Ich wollt es wtren Blthungen die vom Reiten vergehn. Adieu l. Engel d‘ 13 Apr. 78 G.
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346. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen 23. Oktober und 28. November 1777? oder zwischen 17. Dezember 1777 und 16. April 1778?æ Heute komm ich zu Tisch wenn Sie mich mqgen. Gestern war’s ein bissgen wunderbaar. Addio beste Frau! Sie haben also das kleine Ungeheuer bey sich gehabt. G.
347. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 19. April 1778. Sonntag Weil sich des heutigen Tages Christen untereiander erfreuen sollen, schick ich Ihnen bey schqnem Morgenschein einige Blumen meines Gartens. Wenn Sie lieblich sind lieben Sie mich. d‘. 1 Ostertag 78 G.
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348. An Gottfried August Berger Weimar, 20. April 1778. Montag ÆDruckæ
Hier schick ich 51 Louisdor. Wenn Sie dieses Jahr uns besuchten wprden Sie uns grose Freude machen. Nur schreiben Sie mirs vorher. Wir sind offt abwesend. We i m a r , den 20. April 78. G o e t h e.
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BRIEFE 349–354
349. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 21. April 1778. Dienstag
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Eh ich abgehe schicke ich noch einen Straus und Bohn. da mein Wprdiger Freund noch einen Plaz pbrig hat, so fahr ich mit demselbigen hinpber. Adieu lieb Gold dancke fpr gestern Abend. Grpsen Sie Steinen. d‘. 21. Apr 78. G.
350. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 23. April Æ1778. Donnerstagæ Das wollt ich Ihnen gestern zur guten Nacht schicken also das heut zum guten Morgen. Dass Sie nicht zu haus waren, sagte mir es sey gut mit Ihnen. d‘. 23. Apr. G.
351. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 25. April 1778. Samstag 10
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Mit einer Hiazynthe. Aus dem Zauberthal dortnieden Das der Regen still umtrpbt, Aus dem Taumel der Gewtsser, Sendet Blume Grus und Frieden Der dich immer treu und besser Als du glauben magst geliebt. Diese Blume die ich pflpcke Neben mir vom Thau genthrt Ltsst die Mutter still zurpcke Die sich in sich selbst vermehrt. 2 den6mselbigen 18 Gleich mit dNebene 20 Vvermehrt
APRIL/MAI 1778
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Lang entbltttert und verborgen Mit den Kindern an der Brust, Wird an neuen Frphlingsmorgen Vielfach sie des Gtrtners Lust. G.
352. An Charlotte von Stein
d‘. 25 Apr 78.
ÆWeimaræ, 1. Mai 1778. Freitag
Ich dencke dass es Morgen sehr schqn Wetter seyn wird wollten Sie die Partie nach Buffarth mit der Herzoginn arrangiren. Wir nthmen etwa Herders den Prinzen, Knebeln und Wedeln mit. Es mpsste aber gleich ausgemacht werden wegen des Bestellens. d‘. 1 May 78. G. d‘. Herzog u Stein verstehn sich die Waldn. hat ia den von selbst Dienst.
353. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 2. Mai 1778. Samstag
Eh Sie sich in den Freuden der Welt verlieren noch einen guten Abend und eine Blume von mir. Die Kinder werden viel von unserm fehlgeschlagnen Versuch auf die Vestung zu erzthlen haben. G d‘. 2 May 78
354. An Charlotte von Stein ÆWeimar, Ende April oder Anfang Mai? 1778æ Ich muss Sie bitten, nach 9. zu Hause zu kommen. Die H. wird mit spser Musik erscheinen. Indessen siz ich auf ihrem Canape und schlaf eins, oder geh zu den Grasaffen oder in Garten oder alles 3. 11-12 bd‘. Herzog u Stein Æ:::æ selbstc 11-12 bdie Wald. Æ:::æ Dienst.c 18 si6z 19 o6der
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BRIEFE 355–360
355. An Charlotte von Stein ÆWeimar, Ende April oder Anfang Mai? 1778æ Diese Blumen sollen Ihnen gute Nacht sagen. Sehr ungern hab ich mich vertreiben lassen. Liebste beste Gute Nacht! und muthwillige Trtume! die doch wenigstens niemand necken. G.
356. An Charlotte von Stein
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ÆWeimar, Anfang Mai? 1778æ
Da ist die Zeichnung an der ich so lang pinsele und die ich heut verdorben habe. Ich hatte weinen mqgen. Doch es muss auch gut seyn und man nur durch Fehler die einen recht trgern rpckt man fort. Adieu Engel. G.
357. An Johann August Ludecus ÆWeimaræ, 8. Mai Æ1778. Freitagæ
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Fpr Durch‘ den Prinzen hab ich 10 Dukaten an Mahler Mpllern in Rom ausgelegt und auch schon die Quittung pberschickt bitte gelegent‘. um den Ersaz d‘. 8 May Goethe
358. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, etwa 9. Mai 1778æ
Dancke beste Frau fpr das Wort, es ist immer lindernder als Cremor tartari. Es ist so seltsam auch mit der Reise und mit der Wirthschafft vorher. Gute Nacht! Gute Nacht!
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G.
4-5 verdobrben 6 und man lernt nur 6 --b trgenrn 12 linderndesr
MAI 1778
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359. An Charlotte von Stein ÆLeipzigæ, 12. Mai 1778. Dienstag Liebste Frau vor unserm Abschied aus Leipzig noch ein Wort. Morgen gehn wir mit dem Fprsten nach Dessau. Wenn Sie sonst seltsames hqren wundern Sie sich allenfalls, aber fprchten Sie nichts fpr uns, wenn die Gqtter iezt keinen Meisterstreich machen wollen so lassen sie die schqnste Gelegenheit aus der Hand zu zeigen dass sie ihre alte Rechte nicht aufgegeben haben. Ich bin sehr still und grade zu. Es ist alles in Bewegung und Krieg und Friede immer zweifelhafft. Zeug zu ein Paar Westgen schick ich Ihnen, es wird aussehn wie ein Kpras. Grpsen Sie die Herzogin, Waldner und Steinen, Adieu. Ihren Sternschlpssel schlepp ich mit mir herum lassen Sie sich von Philipp meine Capitals geben. Schreiben Sie mir, dass ich wenigstens bey meiner Rpckkunft etwas antreffe. Wir wohnen im Hotel de Baviere, adressiren sies dahin. Adieu liebste d‘. 12. M. 78. G.
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360. An Charlotte von Stein Wfrlitz, Æ14. Mai 1778. Donnerstagæ Wqrliz Donnerst. Nach Tische gehn wir auf Berlin pber Pozdam. Hier ist s iezt unendlich schqn. Mich hats gestern Abend wie wir durch die Seen Cantle und Wtldgen schlichen sehr gerphrt wie die Gqtter dem Fprsten erlaubt haben einen Traum um sich herum zu schaffen. Es ist wenn man so durchzieht wie ein Mthrgen das einem vorgetragen wird und hat ganz den Charackter der Elisischen Felder in der sachtesten Manigfaltigkeit fliest eins ins andre, keine Hqhe zieht das Aug und das Verlangen auf einen einzigen Punckt, man streicht herum ohne zu fragen wo man ausgegangen ist und hinkommt. Das Buschwerck ist in seiner schqnsten Jugend, und das ganze hat die reinste Lieblichkeit. – Und nun bald in der Pracht der kqniglichen Sttdte im Ltrm der Welt und der Kriegsrpstungen. Mit den Menschen hab ich, 7 bBewegung 12 6Hotel 17 se--rhhr 21 flei 6und 23 vonwo - -ie fliest 22 d6 24 6das 26 desr Kriegs|rpst|umgengen ---
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BRIEFE 361–363
wie ich sppre weit weniger Verkehr als sonst. Und ich scheine dem Ziele dramatischen Wesens immer nther zu kommen, da mich s nun immer nther angeht, wie die Grosen mit den Menschen, und die Gqtter mit den Grosen spielen. Adieu. Schreiben Sie mir ia nach Leipzig. Grpsen Sie die Herzoginn, Stein, Waldn, Prinzen u. Knebeln, des leztern wir oft erwthnen obs ihm gleich nicht gesund wtre herzukommen. G
361. An Anna Louisa Karsch ÆDruckæ
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B e r l i n . M o n t a g d e n 1 8 . Æ:::æ Gewtren Sie mir, meine Theuerste, das Vergnpgen Ihrer Unterhaltung heut abend auf der Redoute im Elisium. Wenn Mad. Hempel von der Partie ist, solls mich frepen. Wenn es dunkelt, komm ich und hohle sie beide. Adieu. G.
362. An Philipp Seidel
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Berlin, 18. ÆMai 1778. Montagæ
Dessau, 23. Mai 1778. Samstag
Zu Ende der WochÆeæ denck ich wieder zuhause zu seyn, und hoffÆeæ alles wohl anzutreffen. Gieb inliegendes an die Adresse ab. Jentsch wird manchmal im Garten nachsehn was etwa zu versorgen ist. Was an mich einkommt ltsst du liegen. Lebe wohl indessen Dessau d‘. 23 May 78 G.
1 vVerkehr 14 Adressen
MAI 1778
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363. An Charlotte von Stein Berlin, Potsdam, Dessau, 17.–24. ÆMai 1778æ. Sonntag–Sonntag Berlin Sontag d‘. 17. Abends. In einer ganz andern Lage als ich Ihnen den Winter vom Brocken schrieb, und mit eben dem Herzen wenige Worte. Ich dacht heut an des Prinzen Heinrichs Tafel dran dass ich Ihnen schreiben mpsste, es ist ein wunderbarer Zustand eine seltsame Fpgung dass wir hier sind. Durch die Stadt und mancherley Menschen Gewerb und Wesen hab ich mich durchgetrieben. Von den Gegensttnden selbst mpndlig mehr. Gleichmut und Reinheit erhalten mir die Gqtter auf s schqnste, aber dagegen welckt die Blpte des Vertrauens der Offenheit, der hingebenden Liebe ttglich mehr. Sonst war meine Seele wie eine Stadt mit geringen Mauern., die hinter sich eine Citadelle auf dem Berge hat. Das Schloss bewacht ich, und die Stadt lies ich in Frieden und Krieg wehrlos, nun fang ich auch an die zu befestigen, wtrs nur indess gegen die leichten Truppen. Es ist ein schqn Gefphl an der Quelle des Kriegs zu sizzen in dem Augenblick da sie pberzusprudeln droht. Und die Pracht der Konigstadt, und Leben und Ordnung und Uberfluss, das nichts wtre ohne die tausend und tausend Menschen bereit fpr sie geopfert zu werden. Menschen Pfere Wagen, Geschuz, Zurpstungen, es wimmelt von allem. Der Herzog ist wohl, Wedel auch und sehr gut. Wenn ich nur gut erzthlen kan von dem grosen Uhrwerck das sich vor einem treibt, von der Bewegung der Puppen kan man auf die verborgenen Rtder / besonders auf die grose alte Walze FR gezeichnet mit tausend Stiften schliesen die diese Melodieen eine nach der andern hervorbringt. Berlin d‘. 19. Wenn ich nur kqnnte bey meiner Rpckkunft Ihnen alles erzthlen wenn ich nur dprfte. Aber ach die eisernen Reifen mit denen mein Herz eingefasst wird treiben sich ttglich fester an dass endlich gar nichts mehr durchrinnen wird. –––––– Wenn Sie das Gleichniss fortsezzen wollen, so liegt noch eine schqne Menge Allegorie drinn.
1 dBerline 5 dmancherley 8 waelckt 12 imn Kri Frieden 14 Sschqn 15 pberzuspru6deln 17 mMenschen 18 6von 22 dFR gezeichnete 28 mMenge
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BRIEFE 364–366
So viel kann ich sagen ie grqser die Welt desto garstiger wird die Farce und ich schwqre, keine Zote und Eseley der Hanswurstiaden ist so eckelhafft als das Wesen der Grosen Mittlern und Kleinen durch einander. Ich habe die Gqtter gebeten dass Sie mir meinen Muth und gradseyn erhalten wollen biss ans Ende, und lieber mqgen das Ende vorrpcken als mich den lezten Theil des Ziels lausig hinkriechen lassen. Aber den Werth, den wieder dieses Abenteuer fpr mich fpr uns alle hat, nenn ich nicht mit Nahmen. – Ich bete die Gqtter an und fphle mir doch Muth genug ihnen ewigen Hass zu schwqren, wenn sie sich gegen uns betragen wollen wie ihr bild die Menschen./ Potsdam d‘. 21. Durch einen schqnen Schlaf hab ich meine Seele gereinigt. Gestern Abend sind wir wieder hier angekommen. Wir wollen uns noch umsehen und dann wohl morgen weiter, Mein Verlangen steht sehr vorwtrts nach hause Dessau Sonntag d‘. 24. Endlich kann ich Ihnen die Zettelgen schicken und Ihnen sagen dass ich Sie immer lieb habe, mich wieder nach hause sehne obgleich auch in der weiten Welt alles nach Wunsch geht. Hier haben Sie auch wie mich die Karschin beverset hat. In Leipzig werd ich Ihre Briefe wohl nicht abhohlen, wir gehn pber Alsttdt nach hause. Sagen Sie s aber nicht weiter. Wenn der Herzog sich Pferde entgegen schicken ltsst schicken Sie mir doch auch ein Zettelgen mit. Adieu liebe. Grpsen Sie die Herzoginn die Waldn und Steinen. G.
364. An Charlotte von Stein Dessau, Æ28. Mai 1778. Donnerstagæ 25
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Himmelfahrtstag. Dessau. Ich dachte wir wprden schon heut auf der Rpckreise seyn so aber kriegen Sie noch erst einen Brief. Wir sind nun mitten im Soldaten Wesen und haben gestern wieder ein schqn Maneuvre bey Aacken gesehen. Es ist sehr hpbsch soviel neue Menschen und von einer eignen Art zu sehn. Unter den Generals und Offiziers ist manch tpchtig und staatlicher Mann. 3 wWesen 9 6Muth 11 Po6tsdam 16 Ssagen 27 immitten
MAI/JUNI 1778
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Die pbrige Zeit haben wir sehr friedlich in Worliz zugebracht wo ich Ihnen auch etwas gezeichnet habe. Durch meine Dummheit dass ich erst um Ihre Briefe nach Leipzig bat krieg ich nun so bald nichts von Ihnen zu sehn. Vergessen sie nicht nach Alsttdt zu schreiben Liebste. Meine Grpse an die wenigen. Knebels wird offt gedacht. Und ich weis nicht warum Sie mir iederzeit bey Tische vorzpglich einfallen. Adieu Die Post geht. Bleiben Sie lieb G.
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365. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 2. Juni 1778. Dienstag Sie sollten schon einen guten Morgen von mir haben. In meinem Thal ist mir s lieber und wohler als in der weiten Welt. Gestern Abend dacht ich dass mich die Gqtter wohl fpr ein schqn Gemthld halten mqgen weil sie so eine pberkostbaare Rahm drum machen wollten. Dass sie mir lieb haben glaub ich und fphls. Sie und der Herzog wohnen pber mir wie Nagel und Schleife daran Rahm und Gemthlde hangt d‘ 2 Juny. 78.
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366. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 4. Juni 1778. Donnerstag Friz hat mich heute frph mit dem Pantoffel geweckt, lassen Sie Sich von ihm sein Erwachen beschreiben. Ich dancke Ihnen fpr den Einfall mir ihn zu lassen. Es war ein Zeichen dass Sie mich lieb haben. d‘ 4 Jun 78. G. Schicken Sie ihn ia gleich zu Engelhart es wird sonst wie des Herzogs Hand.
12-13 Dass ichsie mir 20 S6chicken
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BRIEFE 367–371
367. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 4. Juni 1778. Donnerstagæ Die Waldn. ltsst bitten wenn Sie heute die Thiere noch einmal im freyen sthen sie mit zu nehmen. Das gestrige Gegauckel zog Sie also nicht an! G.
368. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 4. Juni 1778. Donnerstag 5
Die Thiere werden den ganzen Tag zu sehn seyn. Der Herzog hats den Leuten erlaubt weil sie einigen Vortheil draus zu ziehen dencken und mancher sie so zu sehen wpnscht. Wenigstens durchgehend seh ich Sie aber bleibend lieb ich Sie ade. G. d‘. 4 Jun 78.
369. Philipp Seidel an Philipp Erasmus Reich Weimar, 4. Juni 1778. Donnerstag ÆAuftragsbriefæ
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Hochedler Hochzuehrender Herr, Ich zweifle nicht Ew. Hoched‘. verzeihen daß ich Sie im Nahmen des H‘. Geh. Leg. Rath Goethe mit folgender kleinen Commission zu beltstigen mir die Freiheit nehme Der H‘. Geh. Leg. R. hat bei seiner Durchreiße durch Leipzig einem Uhrmacher in, oder neben dem Hotel de Baviere (deßen Nahmen der Bediente nicht weiß) eine goldne Uhre zu repariren gegeben. Haben sie die Gpte diese zurpkzufodern, die Gebphr auszulegen und solche anher zu senden. Ich melde Ihnen hierntchst die Ankunft der Phisiognomik und eines Paquets durch Buchh. Hofmann. 12 Raths 16 zu repa eine
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JUNI 1778
Ich verharre mit vollkommener Hochachtung Ew. Hoched‘. Weimar den 4 Juni. 1778.
ergebenster Dir. Ph. Fr. Seidel.
370. An Charlotte von Stein mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff u. a. ÆTiefurt?, 13.? Juni 1778. Freitag?æ Da wir wissen dass die gntdge Frau eine Freundin der Musick und der Dichtkunst sind werden sie erlauben dass wir ihnen eine Abschrifft von der neusten Hymne im Klopstockischen Geschmack noch es in Musenalmanach komt besorgen. G Wer so freudig als wir seyn will Der kom herein, bring aber Frpchte mit. G 66 ---6
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Der Herr Seegne sie & behpte sie, der Herr erhebe pp Seckendorff Ich esse Kirschen und denck an Ihnen
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Aus mangel von Zeit empfelen sich die ubrigen Verfasser aber ich besonders Ihren gutigen 6666 -----------666
371. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 14. Juni 1778. Sonntag Gestern wollt ich noch zu Ihnen und ritt um neun von Tiefurt, es ward aber doch sptte und ich fprchtete Sie schon zu Bett zu finden. 16 empfieltelen
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BRIEFE 372–375
Von Tiefurt bring ich Ihnen das Myrterreis und die Orange, denn mehr mogt ich nicht von fremdem Tische Ihnen geben. Knebel schickt Ihnen die duncklen Levkoyen, und der Straus ist wieder von mir. Sagen Sie mir wie Sie sich befinden. Heut will ich allein seyn im Herrn, und um Mittag bey Ihnen. Adieu. Sie werden ztrtlich geliebt In Eile vergass ich vorhin den Zettel. G. d‘. 14 Jun. 78.
372. An Adam Friedrich Oeser ÆWeimaræ, 15. Juni 1778. Montag 10
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Wir sind durch einen andern Weeg wieder in unser Land gegangen, und haben Sie nicht mit nehmen kqnnen. Es ist auch iezt Herzoginn Mutter in Ilmenau, ob Sies gleich wohl auch httte freuen kqnnen Ihr dahin zu folgen. Nun bitte ich instandig um die Basreliefs weil ich gern mqchte die Rahmen fertigen lassen in ihrer Abwesenheit. Gern unterhielt ich Sie von dem gebetnen Tische und von andern Sachen aber ich weis schon wies einem mit Ihnen geht. Schicken Sie mir doch ein paar Zeichnungen zu steinernen Garten Btncken ganz simpel aber schqne Formen. Wenn ich von Ilmenau komme hqren Sie mehr von mir. Von dem Tische schreib ich Ihnen meine Ge/dancken. Ich hab mir wieder so ein fest Bild gemacht wie er aussehn soll und das ist wieder ein bisgen gothisch. wir werden wieder Htndel haben. es ist so schlimm was fpr mich zu machen als fpr irgend einen Philister. Schreiben Sie und schicken Sie bald. d‘. 15 Jun 78 Goethe.
2 mit Ihnen 4 undim 16 an6dern 19 6Btncken 25 un6d
JUNI 1778
373. An Friederike Oeser
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ÆWeimaræ, 15. Juni 1778. Montag
Beyliegenden Brief an Ihren H‘. Vater schlies ich an Sie ein um die drinn enthaltne Bitten Ihrer Vorsorge zu empfelen. Da Ihnen die Feder so geltufig ist wie das Mtulgen, so sind sie wohl so gut und antworten mir bald. Die Herzoginn Mutter ist Sonnabends von Ilmenau weg um eine kleine Tour ins Bad zu machen. Leben Sie wohl. Grpsen die Mama und den kleinen Sausewind. d‘. 15 Jun. 78. G.
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374. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 17. Juni 1778. Mittwoch Ich schicke Ihnen Erdbeeren wo nicht in meinem Garten doch in unsrer Gegend gewachsen. Es scheint als sollen unsre Gtste das ttherische Haus nicht sehn. Und ich weis nicht ob ich Sie vor Ihrer Abreise noch sehn werde. Immer kriegen Sie Blumen und meinen Seegen bis an die Unstrut. adieu d‘. 17 Jun. 78. G.
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375. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 17. Juni 1778. Mittwoch Nehmen Sie die Knospen mit auf die Reise zu der der Himmel kein freundlicher Gesicht macht als ich. Es ziemt sich nicht zu fprchten, doch ist mirs fatal dass Sie in dem Wetter durch Wasser und Moor mpssen. Adieu. Ich bin leider an Ihre Liebe zu fest geknppft wenn ich manchmal versuche mich los zu machen thut mirs zu weh da lass ich’s lieber seyn. Adieu. d‘. 17 Jun 78 G.
15 z- die 16 gGesicht 16 dals iche 17 6dass
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BRIEFE 376–382
376. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 23. Juni 1778. Dienstag Die Blumen die ich schicke passen wohl besser zu denen Liebs und Braut und Ehe Gedancken die Sie iezt umgeben als meine Gesellschafft. ich reite nach Rohrbach. Adieu. G. d‘ 23 Jun 78.
377. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 28. Juni 1778. Sonntag 5
Den ganzen Morgen geh ich mit um sie Ihnen zu bringen oder zu schicken. Hier ist sie. Ich will Ihre Gesundheit trincken in meinem Stlgen essend von dem Schaafktse. Adieu liebste G d‘. 28 Jun 78.
378. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 28. Juni 1778. Sonntag
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Ich hab Ihnen nur immer eben dasselbe an Frpchten Blumen und Gesinnungen zu geben, lassen Sie mich glauben dass diese Eintqnigkeit neben hundert unterhalternden Sachen Ihnen nur das Vergnpgen eines Augenblicks macht. d‘. 28 Jun 78. G.
379. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 29. Juni 1778. Montag
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Ihren Grus erhielt ich als ich von leichten Trtumen die Augen qffnete, meinen Danck und Blumen finden Sie nach lebhaffteren Eindrpcken. Uberhaupt bitt ich Sie immer zu thun als wenn ich nichts sagte, denn
3 -T- reite 11 Sie neben 15 kr ---fienden
JUNI/JULI 1778
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ich sehe nicht ein woher mir’s kommen dprfte Ihnen irgend ein Vergnpgen zu beneiden. Auch sind Dinge im Anfang am empfindlichsten, wenns aber muss, giebt sich s denn nach und nach. Leben Sie wohl liebste. d‘. 29 Jun. 78 G.
380. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 2. Juli 1778. Samstag
Um halb 5 wacht ich auf und wartete auf ihren Boten aber er kam nicht. und ich schlief wieder lang. Erdbeeren schick ich Ihnen aus meinem Garten und Blumen. Wir essen in Belvedere. Adieu Liebste d‘. 2 Jul 78. Haben Sie den Bergmann glpcklich nach hause gebracht?
381. An Charlotte von Stein
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ÆWeimar, Anfang Juli 1778?æ
Wenn Sie Seckendorfen diesen Nachmittag mqgen, so lassen Sie’s ihm zur Tafel sagen. Aus den Hqlen G
382. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Anfang Juli 1778?æ
Hier Frpchte nicht aus meinem Garten. Aber Rosen draus Wie haben Sie geschlafen? Ich bin gestern noch in viel Fthrlichkeit kommen, musste pber Thor und Ztune wegsteichen, und kam so in Geschmack des Kletterns dass ich noch einige Willkphrliche Gefahren eingangen
15 dAber Rosen drause 17 Thpor 17 wegsteichen.,
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BRIEFE 383–388
wtr, httt ich nicht an Ihr Wort gedacht. Adieu bestes, wenn’s Ihnen leidlich wtr ktm ich heut mit Ihnen essen G.
383. An Friedrich Meller ÆAbschriftæ
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ÆWeimar, erste Hclfte? Juli 1778æ
Æ:::æ wir sind jezt hier zerstreut, schicken Euch morgen mit fahrender Post alles was ihr von uns jthrlich zu erwarten habt – villeicht / auch nur ein theil davon Æ:::æ
384. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 16. Juli 1778. Donnerstag
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In der Leerheit da Sie weg sind helf ich mir so gut ich kann. Tracktire Misels, reite und lauffe herum. Ich hoffe Sie bald wieder zu sehn. Adieu liebes Gold d‘. 16. Jul 78 G.
385. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 30. ÆJuli 1778. Donnerstagæ Hier ist die Melone die Sie gestern Ægeæniessen wollten. Ich mqchte hqren Æ æ wohl sind. schicken Sie mir die Æ æ meiner Verse. Adieu Liebste. d‘ 30 JuÆ æ G.
2 leid6lich 8 i6Ich
JULI/AUGUST 1778
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386. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 2. August 1778. Sonntag So gern ich Ihnen Knebels Gegenwart zu Ihrer Andacht gonnte, will er doch lieber unter dem hohen Gewqlbe des Himmels heute anbeten. Dancke fpr die Schokolade, von Ihren Htnden nehm ich auch wohl was schtdlich ist. Adieu ich liebe Sie immer gleich adieu lieber Engel. G. d‘ 2 Aug 78. aus der Einsiedeley
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387. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 3. August 1778. Montag Sie waren ungltubig als ich Ihnen sagte dass die Herzoginn Ihnen was mitbringen wprde, und doch hatte sie nichts angelegners als mir den Auftrag zu geben Ihnen beykommendes zuzustellen. Da es durch meine Hand geht werden Sie sich auch mit dabey meiner erinnern. Liebste ich habe gestern Abend bemerckt dass ich nichts lieber sehe in der Welt als Ihre Augen, und dass ich nicht lieber seyn mag als bey Ihnen. Es ist schon was altes und doch ftllt mirs immer einmal wieder auf. d‘. 3 Aug 78. G.
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388. An Johann Heinrich Merck ÆWeimaræ, 5. August 1778. Mittwoch Es htlt iezt sehr schweer dass ich aus mir heraus gehe, an dem ruhigen Abend sollst du doch ein Paar Worte haben. Wie ich hqrte dass du mit der Herzoginn wtrst reist ich immer mit euch, denn ich wust was unter euch werden wprde, und wie du ihnen wprdest leben helfen und geniessen. Und du hast denn auch wieder einmal Athem geschqpft, es geht nun wieder eine Weile im Leben weg. Wenn du mit der Mut-
4 sSie 5 JulAug 9 zuzustestllen ---
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BRIEF 388
ter auf kpnftig Frpjahr kommen kannst; so richts ein, sie sagen vom Winter, das ist nichts. In meinem Tahl wirds immer schqner, das heist es wird mir nther, und andern und mir geniesbaarer, da ich die vernachltsstigten Pltzgen alle mit Htnden der Liebe polstre und puzze, und iederzeit mit grqster Sorgfalt die Fugen der Kunst der lieben immer bindenden Natur zu befestigen und zu decken pbergebe. Das herzige Spielwerck ist ein Kahn auf dem ich offt pber flache Gegenden meines Zustandes wegschwimme. Im innersten aber geht mir alles nach Wunsch. Das Element in dem ich schwebe hat alle Ahnlichkeit mit dem Wasser. es zieht ieden an, und doch versagt dem der auch nur an die Brust hineinspringt im Anfange der Athem, muss er nun gar gleich Tauchen so verschwinden ihm Himmel und Erde. Htlt man’s denn eine Weile aus und kriegt nur das Gefphl dass einen das Element Trtgt und dass man doch nicht untersinckt wenn man gleich nur mit der Nase hervorkuckt, nun so findet sich im Men/schen auch Glied und Geschick zum Froschwesen, und man lernt mit wenig Bewegung viel thun. Btume pflanz ich iezt wie die Kinder Israel Steine legten zum Zeugniss. und apropos vom Baum Pflanzen zum H‘. Oheim. Du weisst dass er mir lieb seyn muss und ich bitte dich endig ihn rund und ohne etwaige fremde Ingredienzien wie es einem am Schlusse leider offt geht. Und dann erlaub mir dass ich ihn hier zusammen drucken lasse. In dem Sau Merckur ists doch als ob man was in eine Cloack wprfe, es ist recht der Vergessenheit gewidmet und so Schnizzelweis geniest kein Mensch was. Auch hab ich eine Bitte dass wenn du mehr so was schreibst dass du mir weder direckte noch indireckte ins Theatralische Gehege kommst, indem ich das ganze Theater wesen in einem Roman wovon das erste Buch dessen Anfang du gesehn hast fertig ist vorzutragen bereit bin. Von meinen Reisen muss ich dir auch was sagen. Lezten Winter hat mir eine Reise auf den Harz das reinste Vergnpgen geben. Du weisst dass so sehr ich hasse wenn man das natprliche abenteuerlich machen will, so wohl ist mirs wenn das abenteuerlichste natprlich zugeht. Ich machte mich allein auf etwa den lezten November zu Pferde mit einem Mantelsack und ritt durch Schlossen Frost / und Koth auf Nord-
8 zZustandes 11 aAnfange 20 iIngredienzien 25 dass 6du mir 34 Kohth
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hausen den Harz hinein in der Baumanshqle pber Wernigerode Goslar auf den hohen Harz, das detail erzthl ich dir einmal und pberwand alle Schwprigkeiten und stand den 8 ten Dez. glaub ich, Mittags um eins auf dem Brocken oben in der heitersten brennendsten Sonne pber dem anderthalb Ellen hohen Schnee und sah die Gegend von Teutschland unter mir alles von Wolcken bedeckt. Dass der Fqrster den ich mit Mphe persvadirt hatte mich zu fphren selbst vor Verwundrung ausser sich kam, sich da zu sehn, da er viel Jahre am Fus wohnend das immer unmqglich geglaubt hatte. Da war ich vierzehn Tage allein dass kein Mensch wusste wo ich war von tausend Gedancken in der Einsamkeit findest du auf beyliegendem Blat fliegende Streifen. Auch in Berlin war ich im Frpjahr ein ganz ander Schauspiel. Wir waren wenige Tage da, und ich guckte nur drein wie das Kind in Schone rarittten Kasten. Aber du weist wie ich im Anschaun lebe es sind mir tausend Lichter aufgangen. Und dem alten Friz bin ich recht nah worden da ich hab sein Wesen gesehn, sein Gold Silber Marmor Affen Papageyen und zerrissne Vorhtnge, und hab pber den grosen Menschen seine eigne Lumpenhunde / raisonniren hqren. Einen grosen Theil von Pr. Heinrichs Armee den wir passirt sind, Maneuvres – und die Gestalten der Generale die ich hab halb duzzend weis bey Tisch gegenpber gehabt, machen mich auch bey dem iezzigen Kriege gegenwtrtiger. Mit Menschen hab ich sonst gar nichts zu verkehren gehabt und hab in Preusischen Staaten kein laut Wort hervorgebracht das sie nicht kqnnten drucken lassen. Dafpr ich gelegentlich als stolz pp ausgeschrien bin. –––––– Die Raphaels die mir die H. mitgebracht hat machen mir viel Freude. Ich treib iezt allerley Bildnerey. Nah hier hab ich einen alten Steinbruch wieder aufgerphrt den wohl seit hundert iahren niemand gebraucht, am Alten Schloss waren Quadraturen davon an Portals, in den Stein ltsst sich mit der hqchsten Delikatesse arbeiten was du willt, er ist sehr hart ltsst sich aber leicht schaben und rasspeln, hat keine Klpfte, nimmt kein Wasser an und seine Farbe ist das schqne grau dem man so tngstlich nachltuft und es so selten findt. Franzqsche Dosen habens es ist nicht blau noch gilblich.# Adieu alter nun hast du wieder was von
5 o--hohen 7 pers6vadirt 11 findesst (Schluss-s zu langem s) 34 nich|t|
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BRIEF 388
mir. Sag mir auch was behalt mich lieb. Wenns nicht Krieg giebt besuch ich euch wohl. d‘ 5 Aug 78. # es ist ein Kalckstein die Mittelsorte zwischen dem gemeinen und dem Marmor. ÆBeilageæ 5
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Auf dem Harz im Dezember. 1778. Dem Geier gleich Der auf Morgenschlossen Wolken Mit sanftem Fittich ruhend Nach Beute schaut, Schwebe mein Lied! Denn ein Gott hat Jedem seine Bahn Vorgezeichnet Die der Glpkliche Rasch zum freudigen Ziel ltuft Aber wem Unglpk Das Herz zusammenzog Strtubt vergebens Gegen die Schranken Des ehrenen Fadens Den die bittre Scheere Nur einmal lqst. In dichigts Schauer Drtngt sich das rauhe Wild Und mit den Sperlingen Haben ltngst die Reichen In ihre Spmpfe sich gesenkt.
15 gGlpkliche 17 wennm
AUGUST 1778
Leicht ists, folgen dem Wagen Den Fortuna fphrt Wie der gemtchliche Tross Auf gebesserten Weegen Hinter des Fprsten Einzug Aber abseits wer ists Ins Gebpsch verliert sich sein Pfad Hinter ihm schlagen Die Strtpche zusammen Das Gras steht wieder auf Die Oede verschlingt ihn. / Ach, wer heilet die Schmerzen Dess’, dem Balsam zu Gift ward Der sich Menschenhass Aus der Fplle der Liebe trank; Erst verachtet, nun ein Vertchter Zehrt er heimlich auf Seinen eigenen Werth In ungnpgender Selbstsucht. Ist auf deinem Psalter Vater der Liebe ein Thon Seinem Ohre vernehmlich So erquike dies Herz. Oefne den umwqlkten Blik Ueber die tausend Quellen Neben dem Durstenden In der Wpste. Der du der Freuden viel schaffst Iedem ein pberfliessend Maas, Seegne die Brpder der Jagd Auf der Fthrte des Schweins Mit iugendlichem Uebermuth Frqhlicher Mordsucht! Sptte Rtcher des Unbills,
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BRIEFE 389–391
Dem schon Jahre vergeblich Wehr’t mit Knptteln der Bauer.
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Aber den einsamen hpll In deine Goldwolken. Umgieb mit Wintergrpn Bis die Rose wieder heranreift Die feuchten Haare O Liebe deines Dichters. Mit der dtmmernden Fakel Leuchtest du ihm Durch die Fuhrten bei Nacht Ueber die grundlosen Weege / Auf oden Gefilden. Mit dem tausendfarbigen Morgen Lachst du ins Herz ihm Mit dem beizenden Sturm Trtgst du ihn hoch empor Winterstrqhme stprzen vom Felsen In seinen Psalmen. Und Altar des lieblichsten Danks Wird ihm des gefprchteten Gipfels Schneebehangner Scheitel Den mit Geisterreihen Krtnzten ahndende Vqlker Du stehst unerforscht die Geweide Geheimnissvoll offenbaar Ueber der erstaunten Welt Und schaust aus Wolken Auf ihre Reiche und Herrlichkeit Die du aus den Adern deiner Brpder Neben dir wtsserst.
1 Sschon 10 ihim
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389. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 6. August 1778. Donnerstag Ein Bote aus fernen Landen hat mich veranlasst dem Herzog einen Husaren zu schicken den ich zurpck erwarte, und eh nicht weg darf. Sie sollen wie es scheint allein gehn. Adieu. Wenns mqglich ist komm ich nach d‘. 6 Aug. 78. G
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390. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 6. August 1778. Donnerstag Es ist so heis dass ich die Sandwpste zu Ihnen nicht durchwaten kann. Ich sizze in der Einsiedeley wohin ich mir das Essen bestellt habe. In der Ruhe werd ich an Sie dencken wenn in der Pracht Sie von andern Gegensttnden beschtfftigt seyn werden. Gegen Abend komm ich aber, und bin dann auch wieder neu. Adieu liebste. heut Nacht wars noch gar schqn d‘. 6 Aug 78 G
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Krause hat mich beredt noch an dem Felsen werck die lezte Hand anzulegen.
391. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 7. August 1778. Freitag Gestern Abend hatt ich so ein schqn Verlangen Sie noch auf dem Plazze zu finden, dass ichs gewiss hoffte und recht zuritt. Ihr Nachtlicht das ich schon brennen sah wies mich allein nach hause. Liebste hier sind die Gedichte wieder, und so sind ihre schmeichlenden Zweifel auch gehoben. Heut muss ich mit Ihnen essen. 7 Aug 78. G
5 66 9 Gestgensttnden 10 Gestern dheute 13 IFel6sen 17 ab--llein 19 87
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BRIEFE 392–396
392. An Charlotte von Stein ÆAllstedtæ, 10. ÆAugust 1778æ. Montag
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Montag d‘. 10 frph. Gestern frph neune waren wir hier, bis Rolschleben hatt ich die Erinnerung mit Ihnen gewesen zu seyn. Wir richteten uns ein und gingen Abends zu Stubenvolls wo die Misels von Kalbsrieth waren. Ich zeichnete Ihnen wie beykommt und Fr. v. St. sagte mir Sie httten auch in der Stube am andern Fenster gezeichnet. Abens assen wir da, der Herzog und Wedel spaasten so lang biss Carlingen schluchsend vom Tisch auf stand und in das Nebenzimmer ging. Jezt ists hqchst schqn von der Burg in’s Thal. Der Herzog ist nach Kalbsrieth geritten. Wen ich frisirt bin und fertig, tusch ich erst das gestrige aus dann ist unten am Teich ein besonder schqn Fleckgen, das ich zu erhaschen suchen will Ein Husar geht der Ihnen das bringen soll. Nach Tisch. G. Geben Sie innliegendes an Phillip. Die Zeichn bring ich mit.
393. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, Mitte August 1778æ
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Ich schicke dir das Opus machs zurechte doch zweifl ich dass wirs sobald werden zusammen bringen da der Herzog nach Eisenach geht. Aus beyliegender Subscr. siehst du was die Herzoginn Mpllern zugesagt hat, schaffe mir’s der Stadth. treibts. Sage der Herzoginn wenn sie einen dieser Abende wollte das niedrige Thal mit ihrer Gegenwart beglpcken, wÆpræden die Geister desselben sie aus allen Bpschen heraus kukend bewillkommen. Nur mpsst
Ð 1 hier;, (Bleistift) 3 E ein 7 die - -as StNebenzimmer 17 zweifl ich 17-18 dsobald 20 hat., 22-23 desses- lben
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ich’s des Morgens wißen wollten sie heut abend so Btt ich gleich um Antwort. / Wtre Wieland bey euch so brtchtet ihr ihn mit. Empfiel mich zu Gnaden Addio. G.
394. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 18. August 1778. Dienstag Liebste Frau gestern bin ich weit in der Welt herum gezogen, heut hofft ich Sie zu sehen, der Herzog aber bestellt mich zum Jagen dahin geh ich gleich, also guten Morgen einen Straus und mein Andencken. d‘. 18 Aug 78 G.
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395. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, 21. August 1778. Freitagæ Ich wpnsche dass du es einrichtest dass ihr morgen Abend nach sechsen zu mir in Garten kommt. Nachher wollt ich der H. die Sptse drpben pber dem Stern gradatim zeigen. Darpber mpsste auch Wielanden Silentium imponirt werden. Diesen Brief pbergieb G.
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396. An Charlotte von Stein ÆWeimar, kurz vor dem oder am 22. August 1778? Samstagæ Die Herzoginn Amalie will mit dem Herzog fahren ltsst er mir eben sagen. Also liebe Frau wird aus unsrer Abrede nichts. Aber wenn sie mich nur ein bisgen lieb haben kommen Sie doch. Guten Morgen beste. Auf -W ieder sehn. --G. 12 sStern 17 aAbrede
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BRIEFE 397–401
397. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, 22. August 1778? Samstagæ
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Ich dancke dir fpr die Nachricht. Heute frph als ich eben nach Tiefurt schicken wollte kam der Bediente der H. der mich dahin einlud. Ich entschuldigte mich und trug dem Bedienten auf meine Einladung auf heute Abend zu pbernehmen. Sey also so gut und thu es noch einmal in forma und entschuldige das Misversttndnis. Vale. G
398. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 6. September 1778. Sonntag
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Eben wollt ich Ihnen schreiben dass beym Aufstehn mich eine Lust wieder ankam in’s Wasser zu gehen, die ich denn auch sogleich stillte, und wie sie ein gutes Zeichen ist, also auch ist die gute Wprckung nicht aussenblieben. Ich lezze mich nunmehr an den Kohlen meines Kpchenfeuers, sage Ihnen Danck fpr die Sorge und sehe Sie heute. d‘. 6 Sept 78 G.
399. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 6. September 1778. Sonntag
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Hier schicke ich eine Leipziger Pfirsche mir von Misels gegeben, Ihnen zum guten Abend. Auch einen Schlpssel, dass Sie nicht wieder kpnftig umkehren mpssen, aber ich bitte verschliesen Sie ihn, zu Ihrem alleinigen Gebrauch. Gute Nacht. hier unten ist sehr feucht, ich bin wieder in der Kpche. d‘. 6 Sept. 78 Der Mama auch eine gute Nacht. G.
10 iIch 14 immir
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400. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 8. September 1778. Dienstag d‘. 8 S. 78. Ihr schlimmes Reise Wetter hab ich bedauert, und hoffte noch auf ein rpckgelassnes Zettelgen von Ihnen. Es war Ihnen aber nicht so. Heut frph besucht ich das Bauwesen. Blieb dann einmal, o Wunder! bey mir. Sezte mich an mein Kpchen feuer und las den Cardan wieder einmal, mit vieler Freude und Rphrung. Gute Nacht. d‘ 8 S.
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401. An Charlotte von Stein Eisenach, 10. und 13. September 1778. Donnerstag und Sonntag Eisenach d‘ 10. S. 78. Da sie weg waren spprt ich, ich mpsse die Dekoration vertndern. Ging erst nur zum Stadthalten, und bey leidlichem Wetter hierher, wo ich im grosen Fprstenhause ganz allein wie ein Spenst mit einem Diener wohne. Erst 6 Uhr kam ich an. Der H. ist in Wilhelmsthal. Morgen frph will ich hinaus. Viel Ruhe wirds nicht geben also heut wenigstens dies Wort und fpr heut Gute Nacht. Eisenach Sonnt. d‘. 13. S. Die Zeit bin ich auf der Wartburg mit dem Prinzen seshafft gewesen, und wir hatten so viele Drollerey zusammen dass ich in keine Ruhe kommen bin. Die Felsen hab ich truz dem bqsen Wetter gemessen. Mit dem Jagen wirds morgen schweinisch werden, Und vier bis fpnf Herzoge von Sachsen in einem Zimmer machen auch nicht die beste Conversation. Eben komm ich von Wthal wo die Herzoge von Meiningen seit frph 10 sind unterweegs hab ich viel mit Ihnen lieb Gold geredt, was ich viel schreiben wollte. Iezt ists schon wieder vorbey. / Allerley Krickeleyen |:Disapointments:| hab ich wieder gehabt, wie Sie wohl dencken kqnnen, da ich die schqne Hoffnung auf mein 30 Jahr habe, weil ich im 29 noch so ein Kind bin.
11 Wilhelmt-sthal 18 Vvier 23 Krickckeley Krickeleyen
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BRIEFE 402–405
Offt schpttl ich den Kopf und htrte mich wieder, und endlich kom ich mir vor, wie ienes Ferckel dem der Franzos die knupperig gebratne Haut abgefressen hatte, und es wieder in die Kpche schickte, um ihm die zweite anbraten zu lassen.
402. An Charlotte von Stein Weimar, 19. September 1778. Samstag 5
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Nach dem Grus an meine Hausgeister ist das erste dass ich Ihnen Guten Morgen sage, und wie ein Taucher der eine Zeitlang unter dem Wasser unsichtbaar gewesen wiederhervorkomme. Einige Zettelgen wthrend der Zeit geschrieben, lege bey. Wir sind alle wohl und auf seine Art ieder vergnpgt. Auch eine Flasche guten Malagas kommt mit, und ein alt wiederholt Pltzgen. Sobald mqglich komm ich sie zu sehen. Grpsen Sie die Kinder, und sagen mir auch was. d‘. 19 S 78 Weimar. G.
403. An Charlotte von Stein Weimar, 24. September 1778. Donnerstag
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Uberall such ich Sie, bey Hof in Ihrem Haus und unter den Bapmen, auch ohne es zu wissen geh ich herum und suche was, und endlich kqmts heraus dass Sie mir fehlen. Ich bin in Jena gewesen wo mich Steine und Pflanzen mit Menschen zusammengehtngt haben. Werd Ihnen auch einen alten Turn von da schicken. Bitte um die Zeichn von der Wartburg wieder zurpck vielleicht radir ich sie. Dass Sie an mich dencken und schreiben verlang ich nicht, ich wprde eiferspchtig werden und was draus folgt. Ich nehm alles als Geschenck an. Der Herzog will Sie bald besuchen. Ihre Zimmer werden hpbsch. W. d‘. 24 S. 78 G.
2 zw --- die 6 sage., 21 dnehme 21 gGeschenck
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404. An Charlotte von Stein Weimar, 28. September 1778. Montag Meinen Philip schick ich Ihnen zur Kirmes, dass Sie wenigstens etwas von mir haben. Ich bin sehr einsam. Auch einen Alten Thurn um die meine Eulen Seele gern wohnt. Und doch bau und puz ich, und kleide mich in die Masque eines alten Philosophen, halte Haus und bin eben in meiner Pflicht wie die berphmten fische in der Pfanne. Viel denck ich an Sie und allerley mqcht ich Ihnen sagen, doch geht mir neuerdings die Rede ab, wie die Waldner sich beklagt dass ich kein artiger Tisch Nachbaar bin. Unsre Hoffnungen wachsen mit den geheimen Treppen, und die Wickelschnuren sind goldne Binden in denen wir unsre Einbildung lieblich wiegen. Adieu liebste. Eigentlich bin ich nicht nothwendig hier, aber ich bilde mirs ein und das gehqrt zu meinem Leben. Adieu grpsen Sie Stein und die Kinder. d‘. 28. S. Abends Weim. 78 G.
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405. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 1. Oktober 1778. Donnerstag Wenn ich nach Hause komme, und etwas finde mqcht ich’s Ihnen gleich hinauf schicken, aber es ist wpst und leer in Ihren Wohnungen und neu gemahlt. Mqgen denn die Pfirschen pber die Berge gehn und Sie von mir grpsen. Es ist immer ebenderselbe, um nicht zu sagen immer mehr derselbe der Ihnen guten Abend sagt d‘. 1 Okter 1778 G. Grpsen Sie Stein und die Kinder.
8 sbind 10 Wwiegen
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BRIEFE 406–410
406. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 14. Oktober 1778. Mittwoch Dancke liebste fpr die Tasche. Ich hoffe sie wird solang bey mir bleiben wie die erste. Gegen achte komm ich noch ein wenig. So kan ich nicht sagen wenn Sie in Kochb. sind. Adieu d‘. 14 O. 78 G.
407. An Charlotte von Stein ÆWeimar, kurz vor dem oder am 21. Oktober? 1778. Mittwoch?æ 5
Von mehr als Einer Seite verwaist Klag ich um deinen Abschied hier Nicht allein meine Liebe verreist Meine Tugend verreist mit Dir G
408. An Charlotte von Stein ÆWeimar, etwa 26. Oktober 1778æ 10
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Ihre Abwesenheit bringt mich wieder in meine Wohnung, es ist recht hpbsch von Ihnen dass Sie mir Theil geben von dem was um Sie geschieht. Dafpr schick ich Ihnen auch Lieder der Liebe von einem weisen Kqnig gesungen und einem weisen Mann kommentirt. Ntchstens wird vielleicht eine Vertnderung die mich wieder an eine Menge garstigen Zeugs anknppft, mags drum seyn. Adieu. Lieber Engel adieu. G.
4 gG. 12 Lied--be 12 deeinem 15 E|n|gel
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409. An Jacob Friedrich von Fritsch ÆWeimaræ, 30. Oktober 1778. Freitag Ich bediene mich der ltngst erhaltnen Freyheit bey Ew Exzellenz anzufragen ob ich diesen Mittag gelegen komme. Ein Befehl vom Herzog, mit Ew Exzel‘. pber die bekandte Sache zu sprechen giebt mir noch besondre Veranlassung. Sollt es Ihnen heute beschweerlich seyn, bitt ich gehorsamst um die Bestimmung einer andern Zeit. d‘. 30 Okbr 1778. Goethe
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410. An Johann Friedrich Krafft Weimar, 2. November 1778. Montag Dem der sich mit den Wellen herumarbeitet, ist’s wohl der schlimmste Herzensstos wenn der willige am Ufer nicht Krtffte genug hat alle zu retten die der Sturm gegen seine Kpste treibt. Wenn der dem ein Menschengeschqpf die reichste Beute des Strandrechts wtre, mit wenigen sich begnpgen und die andern untergehn sehn muss. In der Vorstellung die ich mir von Ihnen aus den Briefen mache, glaub ich mich nicht zu betrpgen, und was mir am wehsten thut, ist / dass ich einem Mann der so genpgsam verlangt, weder Hplfe noch Hoffnung geben kan. Um diesen Teich den ein Engel nur selten bewegt harren hunderte, viele Jahre her, nur wenige kqnnen genesen, und ich bin der Mann nicht zwischen der Zeit zu sagen: steh auf und wandle. Nehmen Sie das wenige was ich Ihnen geben kan, als ein Bret das ich Ihnen in dem Augenblick zuwerfe um Zeit zu gewinnen. Bleiben Sie in der Jahrszeit wo Sie sind, ich will in / der Folge gern fpr eine kleine Beyhplfe sorgen. Melden Sie mir die Ankunft des Gelds und wie weit Sie damit zu reichen dencken. Ist Ihnen mit einem Kleid, Uberrock, Stiefeln, warmen Strpmpfen gedient, so schreiben Sie, ich habe zu entbehren.
4 a- beschweerlich
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BRIEFE 411/412
Nehmen Sie diese Tropfen Balsams aus der kompendiosen Reise apotheck des dienstfertigen Samariters, wie ich sie gebe. W. d‘. 2 Nov. 78. G.
411. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 31. Oktober und 3. November Æ1778. Samstag und Dienstagæ 5
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d‘. 31 Oktbr. Sagen Sie doch Kestnern dass er mir Moose von allen Sorten durch den Schtfer suchen ltsst und wo mqglich mit den Wurzeln und feucht erhtlt dass sie sich wieder fortpflanzen. Die Welt ist so lachend und die Gegend so frey dass ich wieder zeichnen wprde, wenn die Umsttnde nicht wieder Ball mit mir spielten. Ich bin wie der Komet im Spiel den man zu allen Karten macht. Der Philosoph ist gepuzt und steht nun an mit wem er den Reyen erqffnen soll, sein* Wiz wird ihn einen Ausweeg lehren da er seinem Herzen nicht folgen kann.
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*Sie haben hier wieder ein weites Feld mich zu necken, dass ich in den Fall komme H e r z in W i z zu korrigiren. /
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d‘. 3 Nov. Steinen hab ich versaumt das Zettelchen mitzugeben, und von Ihnen hqr ich auch nichts. Es lebe die Gegenwart, und ich wollt Sie wtren wieder hier. Des Abends wird nun meist zu hause geblieben. Gestern waren Herders da und der Herzog und Seckend. bis 8 Uhr Musick nachher assen wir und zum Nachtisch las ich was das zu lachen machte und verdauen half. Ich habe wieder eine Scheere zugerichtet um eine grose Heerde zu scheeren und gelegentlich zu schinden. Daran hindern mich eifrige Gedancken an einen Theater Bau dazu ich ohnablts-
2 ah--potheck 10 wucrde 13 Herz dWize 23 l-assen 23 6las
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sig Risse krizzle und verkrizzle, ntchstens ein Modell hinstellen werde dabey’s bleiben wird. / Auf den Freytag ist das Schauspiel in Ettersb zum Schluss diesithriger Landunlust, vergebens hab ich meinen Mardochai loszuwerden gesucht, ich muss dies Kunstwerck noch einmal vortragen. Sie wissen und mqgen von alle dem nichts wenn Sie da draussen stecken. Nun haben wir Ihnen Steinen bald geschickt, kommen Sie nun auch bald. Zu Anfang kpnftger Woche wirds von Belvedere hereinkommen, und ich werde also auch fpr diesmal die Sorge fpr Fusbqden, Ofen, Treppen und Nachtstphle losseyn. bis es wieder von forne angeht. / Wenn Sie Abwesend an meinen Seelenumsttnden Theil nehmen so dient zur Nachricht dass sie ruhig beschtfftigt, liebreich und possenhafft sind. Grpsen Sie Steinen und die Kinder. Die Waldnern wird alle Tag koketter, mit meinen Lieben gehts auch nicht vom Flecke ich schiebs auf die Jahrs zeit dass mich Mauern und Htngewercke mehr unterhalten als die Misels. Schreiben Sie mir nun auch wies Ihnen geht Sie sehn das liebe I c h fpllt meinen ganzen Brief. Denn von der ganzen Cristenheit hab ich Ihnen nichts zu erzehlen. Der Herzog ist wohl wir sind einmal viel zusammen G.
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412. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 9. November 1778. Montag Sie haben nun keine Hinderniss mehr herzukommen, bey Ihnen ist alles gestubert und mit besemenen gekehrt. Ich besuche Ihre Zimmer manchmal. Es ist aber unheimlich drinen, Ihre Geister sind alle hinausgeweist. Kommen Sie ia bald, denn die Abwesenden sind wie die Todten fern, und ohne Gewalt, desswegen man auch guts von ihnen reden soll. Ein paar frische Veilgen hab ich fpr Sie aufgehoben die sollen sie dprr kriegen. Ade. grpsen Sie Steinen und die Kinder. Ich vermuthe dass mir der Bote auch einen Brief bringt. Dies schreib ich am grpnen Tisch in der Canzley. G. d‘. 9 Nov 78. 1-2 werdeddaebey|’s| dem’s bleiben 7 geschickt., 8 In ---Zu 8 zi - -von 11 aAbwesend 18 vor n 24 aAbwesenden
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BRIEFE 413–416
413. An Johann Friedrich Krafft Weimar, 11. November 1778. Mittwoch
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Einen Uberrock Stiefel und Strpmpfe erhalten Sie in diesem Pack und etwas Geld. Mein Plan fpr Sie diesen Winter ist folgender. In Jena ist wohlfeil leben. Ich will mich umthun lassen nach einem Quartier Tisch u. s. w auf ’s genauste eingerichtet, fpr iemanden |:will ich sagen:| der mit einer geringen Pension die er zu Geniesen hat in der Stille leben will. Wenn das geschehn ist, schreib ich s Ihnen und Sie gehen hin, ziehen ein und ich schicke Tuch und Futter und Geld zu einem Rocke, den lassen Sie sich machen, und ich will dem Recktor sagen lassen Sie wtren mir empfohlen, wpnschten auf der Ackademie in der Stille zu leben einige zeit, und mqchten eingeschrieben seyn. Dann mpssen Sie einen leidlichen Roman erfinden, allenfalls den Titel Sekretair behalten u. s w. sich einschreiben lassen und dann fragt niemand mehr nach Ihnen, Kein Bprgemeister und Amtmann. Einen Rock von mir hab ich Ihnen drum nicht geschickt weil man den in Jena erkennen mqchte. schreiben Sie mir erst pber die Idee. und wofpr Sie sich allenfalls ausgeben wollen. W d‘. 11 Nov. 78 G. / Durch eine Nachltssigkeit ist das Pack liegen blieben, der Brief kann aber noch fort. Also antworten Sie mir auf das was vorsteht, eh will ich das Packt nicht fortschicken. Vieleicht ists gut wenn Sie grad nach Jena in einen Gasthof gehn. Scheuen Sie sich dort vor nichts. Und fassen Sie wieder Fus auf der Erde! Man lebt nur einmal. Ich weis im ganzen Umfang, was das heist; sich das Schicksaal eines Menschen mehr, zu den pbrigen Lasten auf den Hals binden, aber Sie sollen nicht zu Grunde gehen.
4 6Quartier 12 RRoman (Verdeutlichung eines verschriebenen R) 14 Ihnen., 22 Vileleicht
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Ich pberlass es Ihrem Urtheil. Wollen Sie in Gera bleiben bis alles in der Ordnung in Jena ist. D a s h a l t i c h f p r b e s s e r . Und so sizzen sie in Gera ruhig. |sollte aber etwas vorfallen so| Gehn sie grad nach Jena in einen Gasthof und melden mirs von da. G
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414. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 15. November 1778. Sonntag Der Herzog hat besser Wetter zu seinem Ritt, ich gonn’s Ihm, und auch dass er sie sieht. Ich werde wieder was von Ihnen hqren. Mein Wesen geht in der Stille fort, wenn Sie wieder kommen wird mein Thal wieder lebendiger werden. Adieu liebe. Grpsen Sie Stein und die Kinder und Kestnern. d‘. 15 Nov 78. G.
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415. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 21. November 1778. Samstag Es ist sehr gut dass Sie kommen, ich kan sie nicht mehr im schwarzen Kochberg dencken. Gestern haben wir der Herzogin die erste Nacht Ihrer Ankunft erhellt, da sollten Sie auch bey seyn hofft ich. Grpsen Sie alle und Frizen besonders den das versprochne erwartet. Adieu. Dancke fprs pber schickte. d‘. 21 Nov 78.
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416. An Johann Friedrich Krafft ÆWeimaræ, 23. November 1778. Montag Ihre Briefe vom 17 und 18 Nov hab ich heute d‘. 23ten zusammen erhalten, und bin ihrem Innhalt insoweit zuvorkommen, dass ich mich 16 dIhrer
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BRIEFE 417–419
fpr iemanden der mir empfohlen sey, der in Jena eng und still unter dem Schuz der Akademie leben wolle, um das Genauste erkundigt habe. Bis die Antwort kommt, bleiben Sie ia in Gera ruhig, pbermorgen will ich ein Ptckgen an Sie abschicken und Ihnen mehr sagen. Sie sind mir nicht zur Last, vielmehr lehrt mich’s wirthschafften, ich verttndle viel von meinem Einkommen, das ich fpr den Nothleidenden spaaren kqnnte. Und glauben Sie denn dass Ihre Thrtnen und Ihr Seegen nichts sind? Der der hat darf nicht seegnen, er muss geben, aber wenn die Grosen und Reichen dieser Welt Gpter und Rangzeichen austheilen, so hat das Schicksaal dem Elenden zum Gleichgewichte den Seegen gegeben, nach dem der Glpckliche zu geizen nicht versteht. Vielleicht findet sich bald wo Sie mir npzlich seyn kqnnen, denn nicht der Projeckt-/macher und Versprecher sondern der im Geringen Treue Dienste anbietet, ist dem willkomm der so gern was guts und dauerhaftes thun mqgte. Hassen Sie die armen Menschenfreunde mit Clauseln und Cautelen nicht, man muss recht fleisig beten, um bey soviel widrigen Erfahrungen, den iugendlichen guten Willen, Muth und Leichtsinn |:die Ingredienzien des Wohlthuns:| zu erhalten. Und es ist mehr eine Wohlthat von Gott, wenn er uns, da man so selten was thun kan, einmal einen wprcklich Elenden erleichtern heist. Bleiben Sie ruhig bis Sie mehr von mir hqren, lassen Sie sich mit Altenburg nicht ein, sollte sonst was vorkommen so schreiben Sie mir. Ihre Briefe sind sehr lang gelaufen. Schreiben Sie mir wenn dieser ankommt, ich schicke ihn Ab d‘ 23 Nov 78 G.
417. An Carl Ludwig von Knebel ÆWeimar, 30. November 1778. Montagæ Beyliegende Geschencke deiner Freundinnen und Freunde zum Geburtstag der uns pberrascht hat, sollte ich mit einem begleitenden Ge15 will6komm 18-19 Erf6ahrungen 19 6Muth 20-21 W6ohlthat 21 einem dunse 29 soltlte
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dichte zusammenbinden. Da ich aber kaum zu diesem prosaischen Wunsche Zeit habe; so lebe wohl und gedencke unsrer. G.
418. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 10. Dezember 1778. Donnerstag Vorm Jahr um diese Stunde war ich auf dem Brocken und verlangte von dem Geist des Himmel viel, das nun erfpllt ist. Dies schreib ich Ihnen dass Sie auch in der Stille an diesem Jahresfest theilnehmen. Behalten Sie mich lieb auch durch die Eiskruste, villeicht wirds mit mir wie mit gefrornem Wein. d‘. 10 Dezemb. 78. Nachm. 2 Uhr G.
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419. An Johann Friedrich Krafft ÆWeimaræ, 11. Dezember Æ1778æ. Freitag Ihren Brief vom 7 Dez erhalte heut Freytags d‘. 11 frph. Und zuerst zu Ihrer Beruhigung sie sollen in nichts gezwungen seyn sie sollen die hundert Thaler haben wo Sie sich aufhalten nun aber hqren Sie mich. Ich weis dass dem Menschen seine Vorstellungen Wprcklichkeiten sind, und obgleich das Bild das Sie sich von Jena machen falsch ist, so weis ich doch dass sich nichts weniger als solch eine hypochondrische Angstlichkeit wegraisonniren ltsst. Jena hielt ich aus viel Ursachen fpr den besten Aufenthalt fpr Sie. Die Akademie und Stadt hat lang ihre alte Herrlichkeit und Wildheit verlohren, die Studenten sind nicht schlimmer wie pberall und viele darunter recht hpbsche Leute. Man ist das Auf und Abgehen so mancher Menschen gewohnt dass ein einzelner nicht merckwprdig ist. Es leben viele Leute kpmmerlich daselbst dass Armuth kein Merckzeichen und Verachtung ist. Es ist doch immer / eine Stadt wo das nothwendige eh zu haben ist, wer auf dem
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BRIEFE 420/421
Lande im Winter kranck wprde ohne Wartung wie elend wtre das. Ferner die Leute zu denen ich sie wies, sind gute Hausleute die auch um meintwillen Ihnen gut wprden begegnet seyn. bey allem was Ihnen vorkommen konnte, war ich im Stand Ihnen durch diesen oder ienen zu helfen. Sodann sasen Sie gewiss fest. Ich konnte Ihnen bey Ihrer Einrichtung behplflich seyn, brauchte iezt nur fpr Wohnung und Tisch gut zu sagen, und erst nachher zu bezahlen. Ich httte Ihnen auf Neujahr ein weniges gegeben, das pbrige mit Credit gemacht. Sie wtren mir nther gewesen. Jeden Marcktag konnt ich Ihnen was schicken, manchmal an Wein, Vicktualien, Gertthe, das mich nicht mehr kostete, und Ihnen leidlicheres Leben machte, ich httte Sie an meine Haushaltung nther anknppfen kqnnen. Wie fatal ist die Communication mit Gera, nie kommt was zur rechten Zeit / an und kostet Geld das niemand geniest. Sie wtren vielleicht ein halb iahr in Jena gewesen ohne dass Sie iemand bemerckt httte. Dies ist die Lage die mir Jena vor allem vorziehen lies, sie wprden eben das thun wenn Sie das Verhtltniss mit ungetrpbten Augen sthen. Wie wtrs wenn Sie eine Probe machten? Doch ich weis dass den Menschen von zitternder Nerve eine Mpcke irren kan, und dass dagegen kein Reden hilft. Uberlegen Sie’s, sie wprden Sich s und mir erleichtern, ich verspreche dass Sie in Jena gut aufgehoben seyn sollen. Kqnnen Sie’s aber nicht pber sich gewinnen so bleiben Sie in Gera. Auf Neujahr sollen Sie 25 rh haben und so die vierteljahre iederzeit prtnumerirt, Ostern Johanni und Michtl. Anders kan ich meine Einrichtung nicht machen. Da es mir an meinem Plaz so leicht ist Geld zu haben, muss ich desto strenger in meiner Wirthschafft seyn. Auch das was ich Ihnen / bisher gegeben habe, da es am Ende des Jahrs und ganz unerwartet kam, hat mir eine Lpcke gemacht die ich wieder flicken muss. Schreiben Sie mir doch wie viels war? ich habe einen Posten nicht aufgeschrieben und finde einen Verstos in meiner Rechnung. Wenn Sie in Jena wtren, kqnnt ich auch eher einigen Auftrag und vielleicht einiges Geschtffte Ihnen geben, Sie persqnlich kennen lernen und so weiter.
7 b--zu 11 leidlicher|e|s 24 eEinrichtung 26 dwas 31 ich -- -n
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Handeln Sie aber ganz nach Ihrem Herzen, und wenn meine Grpnde nicht in Ihr Herz pbergehn, Ihnen mit der Uberzeugung nicht auch Ruhe und getrosten Muth in Jena versprechen, so bleiben Sie in Ihrer iezzigen Stille. Fangen Sie bald an Ihr Leben zu beschreiben und schicken mir’s stpckweise, und seyn Sie pberzeugt dass mir alles recht ist was Sie beruhigen und zufrieden stellen kan, und dass ich Jena blos wthlte, weil ich auf die bequemste und leichteste Art fpr mich, Ihnen das leidlichste Leben zu verschaffen hoffte. G.
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420. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 11. Dezember 1778. Freitag Heut Mittag bin ich zur Herzoginn geladen, und heut Abend nach der Comqdie will ich das zugedachte Stpck Braten bey Ihnen verzehren. Dancke liebste dass Sie nach meinen Verworrenheiten fragen. Gott hat den Menschen einfach gemacht, aber wie er gewickelt wird und sich verwickelt ist schweer zu sagen. G. d‘. 11 Dez. 78.
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421. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen 11. und 23. Dezember? 1778æ Was die Schachtel enthtlt ist allein fpr Sie. Drum wenn etwa schon Soziettt bey Ihnen seyn sollte, so bitt ich die Schachtel nicht in ihrer Gegenwart aufzumachen, eine h q f l i c h e A u s t h e i l u n g wprde mich sehr trgern. G.
2-3 Uberzeugung auch nicht auch 4 iIhrer 7 leichtest|e|
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BRIEFE 422–426
422. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen 11. und 23. Dezember? 1778æ
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Meine Worte haben keinen schlimmen Sinn, sie waren nur kauderwelsch, wenn ich Sie sehe will ich sie leicht erkltren. Lieben Sie mich und machen Sie sich keine Plage um meintwillen, denn das Leben ist vorpbergehend, und die gute Zeit nicht wiederbringlich. Adieu beste G.
423. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 23. Dezember 1778. Mittwoch
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Ich dachte Sie so weit von mir, und in der Herrlichkeit, dass mir so Ihr Grus in die Finsterniss desto lieber ist. Es ist sehr Nacht hier haussen, und wenn die Liebe nicht noch so ein Reflexgen herein wprfe wtrs vqllige Egyptische Finsterniss, so aber wird s ein Clairobscur. Gute Nacht Engel. Gott lohns. d‘. 23 Dez 78 G.
424. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 26. Dezember 1778. Samstag
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Ein Bouquet fpr Sie und die haare fpr Gustgen, und Tobacksraucher fpr Frizzen. Und eine Bitte um ein wenig Essen. Die Schpsseln schick ich und will sie um Ein Uhr wieder hohlen lassen. Wenn Sie eine Stickerinn haben ausgefunden mqgt ich doch uber das Muster und das haar band noch erst sprechen. d‘. 2 Cristfeyrtag 78. Aus wiedrig kaltem aussern und leidlich warmen innern Wetter. G.
8 Reflexigen 13 Bougquet 156Ein
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425. An Charlotte von Stein Apolda, 30. und 31. Dezember Æ1778. Mittwoch und Donnerstagæ Apolde d‘. 30 nachts halb zwqlfe. Warum ich Ihnen einen Boten schicke weis ich nicht, ich hatte ihn eh bestelt als ich wusste was ich Ihnen sagen wollte also wirds wohl beym alten bleiben. Sie waren sehr gut dass Sie mir was mitgaben, ich war gekommen Sie drum zu bitten und schtmte mich vor ihrer Mutter. Eigentlich httt ich ein halstuch gern gehabt, doch wollt ich nichts sagen und die Schleife war mir auch lieb, und iezt sehr lieb da ich von ihnen weg bin. Es ist alles zu Bette. Seckendorf raucht noch eine Pfeife, und ich will auch schlafen. Geben Sie dem Boten nichts mit er trifft uns nicht mehr. Den lezten frph halb sieben. Wir sind wieder fix und erwarten den Tag. Ihrer Schleife hab ich einen schqnen Guten Morgen aufgekpsst, und den lieben Knopfgen, indess die Geschwister mit Ihnen noch ruhen. Adieu liebste. Ich hoffe Sie recht wohl wieder zu finden. Grpsen Sie Stein. und Frizzen. Adieu beste. G.
426. An Charlotte von Stein
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ÆWeimar, Dezember? 1778æ
Wie einst Titania im Traum und Zauberland Claus Zetteln in dem Schoose fand Sollst Du erwachend bald fpr alle Deine Spnden Titanien in Deinen Armen finden.
2 wennis 8-9 Pfeife., 20 aArmen
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BRIEFE 427–431
427. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 1. Januaræ 1779. ÆFreitagæ
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Friz hat mich vor vieren geweckt und das neue Jahr herbey gegtckelt. Auch ein glpcklichs neues Jahr liebste, und Zuckerbrodt. Friz will wieder fort. Wollen Sie mich heut zu Tische? 79 G.
428. An Charlotte von Stein mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimaræ, 1. Januar 1779. Freitag Zum neuen Jahr. 1779.
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Du machst die Alten iung die Jungen alt Die Kalten warm die Warmen kalt Bist ernst im Scherz, der Ernst macht dich zu lachen. Dir gab aufs menschliche Geschlecht Ein s`sser Gott sein lbngst bewbhrtes Recht Aus Weh ihr Wohl aus Wohl ihr Weh zu machen.
429. An Augusta Eleonore von Kalb mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Gustgen
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Goldne Ltmmgen Ein grpnes Sttmmgen 16 Ltmmpgen
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Und schqne Aeste Und dran das beste Von Marzipan Zum heilgen Christ Geht das wohl an So lang du ein klein Gustgen bist Doch fprwahr Das neue Jahr Bleibt dir was schuldig Sei nur geduldig.
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430. An Gottlobe Sophie Charlotte von Stein mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Frtu‘ v. Stein Wils Gott dass du nur heute lachst So sind wir aus grosser Gefahr Wir bitten dass du heut nur nicht Gesichter machst Erschrqk uns nicht das neue Jahr.
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431. An Louise Adelaide Waldner von Freundstein mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Frtu‘ v. Waldner Alle Tage Lebendige Geister Und zu ieder Sprache Einen neuen Meister.
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BRIEFE 432–435
432. An Emilie von Werthern-Beichlingen mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Frau v. Werther Mqgst du an dem bqsen Orte Wohin deine Reise geht Immer schnarren, immer lispeln Dass dich nie ein Mensch versteht Und dein Weeg dann ungedultig Nach den Leuten wieder gehn Die dein Schnarren und dein lispeln Gerne hqren und verstehn.
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433. An Caroline von Ilten mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
An Caroline Ilten
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Du siehst wie es gefthrlich ist Gefthrlich zu seyn Freundlich geftllig wie du bist Ltdst du so gar das bose Fieber ein Es plagt dich wie du andre weisst zu plagen Du kannst es nicht von deinem Herzen iagen Wie ieder der dich ein mal kennt So leicht sich nicht von deiner Kette trennt
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4 lipspeln --
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434. An Louise Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Herz. Louise Man liebt dich heut wie in den alten Tagen Nur darf man dirs nicht immer sagen Doch dieser Tag bricht allen Zwang. O sei uns freundlich sei es lang Im neuen Jahr da du uns neues Leben In ihm willst geben.
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435. An Corona Schrfter mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Mams. Schrqter Wir mqgten gern, du kannst es glauben Nur auf ein Jahr Dir die Gestalt und die Verehrer rauben Du wtrest glpklich ganz und gar Du ehrtest mehr die seltne Gaben So schon zu seyn und so viel Dienst zu haben.
3 Doch dNure 9 mqg|t|en
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BRIEFE 436–440
436. An Johanna Luitgarde von Nostiz mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Frtu‘. Nostiz. Am Hof gabs doch noch was zu thun Und du wardst immer mehr zur Diken Und iezo willst du vollig ruhn Wir bitten dich nicht zu erstiken.
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437. An Sophia Friederike von Kalb mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Fiekgen. Auserlesen Artiges Wesen Mqgst du genesen Von deinen stillen Lieblichen Grillen
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3 zu|r| dDiken
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438. An Elisabeth Caroline oder Friederike von Volgstedt mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Frtu‘ Vogelsttdt. Verstand und Tugend bleibt der Menschheit schonster Tag Ihn trpbt wohl fprchterlich des Schiksals Donnerschlag Doch ruht d e r We i s e stets auf unerstiegnen Hqhen Ins Land der Eitelkeit mit stillem Blik zu sehen.
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439. An Amalia von Hendrich mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Malchen Hendrich. In deinem Herzen Ist nicht viel Plaz, drum alle acht Tage Einen neuen Schaz.
440. An Sophie Bernhardine Friederike von Reinbaben? mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Frtu‘ Reinbaum Immer recht viel Zu lesen 4 6We i s e
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BRIEFE 441–445
Und nach dem Schauspiel Ganze Portechaisen.
441. An Anna Friederika Carolina Meller mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Anngen Mpllern Ktzgen Ein Schmtzgen An mich Und deinem Schtzgen Gar lieblich Ein Duzend mehr Ach wer doch nur dein Schtzgen wtr.
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442. An Louise von Gfchhausen mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Frtu‘ Gqchhausen.
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Der Kauz der auf Minervens Schilde sizt Kann Gqttern wohl und Menschen npzen Die Musen haben dich beschpzt Nun magst du sie beschpzen.
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443. An Eleonore Wilhelmine Luise von Oppel? mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Frtu‘ v. Oppel. Wo Adel in der Ordnung prangt Und alles wohl zusammenhangt Ist wpnschen Ueberfluss Der Fall ist dein, wir sehn zufrieden des was dir Glpk und Stand beschieden Im daurenden Genuss.
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444. An Martha Eleonore von Witzleben mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Frau von Wizleben. Werth dem Gemahl den Freunden teuer Wird ieder frohe Tag fpr dich auch uns zur Feier.
445. An Wilhelmine Eleonore Elisabeth Grcfin von Giannini mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Grafin Giannini. Dir wpnschen wir nach altem Brauch Zum neuen Jahre Glpk und Seegen 6 Dich dess 6 dein Glpk
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BRIEFE 446–449
Doch unter andern auch Der nqtigen Zerstreuung wegen Ein ttgliches Conzert mit Pauken und mit Zittern Den ganzen Horizont beladen mit Gewittern Und pour accomplir le bonheur Im taroc ombre Spiel bestandig les honneurs.
446. An Johanna Carolina von Oertel mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Frau von Oertel. Mutter Tugend ist kein leerer Name In den Tochtern keimt des Guten Saame Wenn aus ihren zarten Fingerspizzen Die Eltern blizzen.
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447. An Charlotte Juliane von Felgenhauer mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Frau v Felgenhauer
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Das Weib das Gott der Herr erschuf Schuf er zu mancherlei Beruf Allein der spsseste von allen Ist der den Mannern zu gefallen Wir danken Gott zu dieser Frist Dass du ein Weib geworden bist.
4 bela6den 5 les bonheurs
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448. An Johanna Marianne Henriette von Woellwarth mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Frtu‘ v. Wqllwarth Hofnung macht wachsen Besonders in Sachsen Du wtrst in Schwaben Langst schon begraben Hier giebts noch Herzen Brennend wie Kerzen Wenn sie verloschen sind Flugs mit ein wenig Wind Bltst du zusammen Feuer und Flammen. Wohl dir wenns gut gerath Erhqrter Wunsch kommt nie zu sptt.
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449. An Sophie Marie Caroline von Lichtenberg mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
Frau von Lichtenberg. Dass schnell dir dieses Jahr verging Ist eben wohl kein Wunderding; Mit gutem Appetit geniesen Vom Morgen bis zum Abend kpssen Und fest sich an den Schnurrbart schliessen Kann lange Ntchte leicht verspssen
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BRIEFE 450–455
Fast weis man nicht bei deinem Wohl Was man dir weiter wpnschen soll Als etwa nach vollendeten Redouten Einen kleinen schreienden Rekroutten.
450. An Johann Gottfried Herder mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779. Freitagæ ÆKonzeptæ
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Herdern. Immer zu singen, die Stimme recht spsse Und zum springen, federleichte Fpsse An den Pot de chambre einen festen Henkel Und zum reiten derbe Schenkel Und auf das Eis Einen tpchtigen Steiss.
451. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 2. Januar 1779. Samstag
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Mit dem aufgehenden Mond hab ich mein ganz Revier umgangen, Es friert starck. Einige Anblicke waren ganz unendlich schqn, ich wpnschte sie Ihnen vors Fenster. Schicken Sie mir den leeren Rahm wo der geschnizte goldne Stab dran ist. er passt auch pber das Stpckgen von Oberweimar. Adieu liebe. d 2 Jan 79 G.
15 goledne 15 6Stpckgen
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452. An Johann Friedrich Krafft ÆWeimaræ, 3. Januar 1779. Sonntag Hierbey kommen fpnf Louisdor. Ich bitte Sie indess geduld zu haben kan ich mehr fpr Sie thun will ich’s gerne. Ich erwarte die Fortsezzung Ihres Lebens, dancke fpr Ihr Vertrauen. d‘. 3 Jan 79 G.
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453. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 3. Januar1779? Sonntag?æ Noch einen guten Morgen und Ade! Gestern Nacht wars herrlich um’s dampfende Wasser im Mondschein. Heute noch herrlicher nur unendlich kalt. Dencken Sie mein Addio bestes. G.
454. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 9. Januar 1779. Samstag Einen guten Morgen von Ihrem stummen Nachbaar. Das Schweigen ist so schqn dass ich wpnschte es Jahre lang halten zu dprfen. Etwas von meiner Jagd kommt mit, und ich heute Mittag wenn Sie mich wollen. d‘. 9 Jan 79 G
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455. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 14. Januar 1779. Donnerstag Dancke lieber Engel fpr das pberschickte. Geben Sie innliegendes an Ernsten. Und guten Tag. d‘. 14 Jan 79
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BRIEFE 456–461
456. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Mitte Januar 1779?æ
Ich schicke Ihnen noch ein Frphstpck. Dancke l. Engel fur Frizzen. Ich habe viel zu kramen G.
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ÆWeimar, Januar 1779æ
Die Nachbarinn die ihren Garten abgetreten hat, wird bey dir mit Ihrem Gesuch dass ihr das Capital entweder in Groschen oder mit Vergptung des Agio bezahlt werde angekommen seyn. Da es eine Kleinigkeit betrtgt, und dem H‘. nichts bedeutet, auch gut ist dieses Weib zufrieden zu stellen, so pberlass ich dir die Sache zu berichtigen, allenfalls bey dem H‘. darpber anzufragen G.
458. An Jean Antoine de Castrop Weimar, 1. Februar 1779. Montag ÆDruckæ
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P. P. Aus beygehender Copia gntdigsten Rescr. werden der Herr Hauptmann ersehen, was fpr eine Einrichtung beym Wegbau Serenissimus fpr die Zukunft zu treffen geruhet. Ich erwarte also die vorltufig mir ausgebetene Verzeichnisse mit Verlangen und wpnsche Sie Morgen Frph bey mir zu sehn, um pber das nothwendigste uns besprechen zu kqnnen. Weimar den 1. Februar. 1779. Goethe.
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459. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 2. Februar 1779. Dienstag Sehen Sie das Portrait des Menschen der wenn er bey uns wtre verlangen wprde. dass Sie ihn lieber haben sollten als mich. Die Wittrung von Frphlingslufft hat mich heut frph recht lebendig gemacht, ich bin im Garten herumgesprungen, mein Btume besehen, habe mich der Zeiten erinnert da ich sie pflanzte und wie nun die gewpnschten und gehofften Zeiten da sind, wo sie gedeyen, gefphlt. Gebe uns der himel den Genuss davon, und sttube allen Ackten und Hofstaub um uns weg. Adieu liebste. Ich mqchte gern heut nicht mit Ihnen essen, es wird aber doch wohl nicht anders werden. d‘. 2 Febr. 1779 G
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460. An Friedrich Justin Bertuch ÆWeimar, Ende Januar/Anfang Februar 1779æ Durch‘ der Herzog hat befohlen einigen Versuch mit tobacks bau auf ihre Kosten zu machen Du wirst also die vorkommenden von mir attestirten Zettel bezahlen, und von Ser horn wie du sie verschreiben sollst. Das beste wird seyn sie zusammen zu sezzen in ein Caput. G.
461. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 8. Februar 1779. Montag Gute Nacht allerliebste. Ich muss mich wieder an meine Wohnung gewqhnen. Eigentlich ktm ich lieber zu Ihnen. Schicken Sie mir ein bisgen zu Essen d‘. 8 Febr 79. G.
3 gemacht., 7 stapbube 8 liebst|e|
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BRIEFE 462–467
462. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 14. Februar Æ1779. Sonntagæ
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Mit einer guten Nacht, schick ich noch zwey aufkeimende Blumen. Von unserm Morgen werden Ihnen die Gras und Wasser Affen erzthlt haben. Den ganzen Tag brpt ich uber Iphigenien dass mir der Kopf ganz wpst ist, ob ich gleich zur schqnen Vorbereitung lezte Nacht 10 Stunden geschlafen habe. So ganz ohne Sammlung, nur den einen Fus im Steigriemen des Dichter Hippogryphs, wills sehr schweer seyn etwas zu bringen das nicht ganz mit Glanzleinwand Lumpen gekleidet sey. Gute Nacht Liebste. Musick hab ich mir kommen lassen die Seele zu lindern und die Geister zu entbinden. G. d‘ 14 Febr.
463. An Jacob Friedrich von Fritsch Weimar, 20. Februar 1779. Samstag
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Da ich den ohnzielsezlichen Vorschlag wegen der Auslesung Serenissimo vorlegte, haben dieselben mich hierzubleiben befehligt. Sie wollen hoffen dass V. in iezziger Crise sich der Gnade die Sie fpr ihn tragen nicht ganz unwprdig machen werde, haben mir auch aufgetragen ihn deswegen zu verwarnen. Es bleibt mir also nichts pbrig als nach dem Befehl heute die nqtigen Einrichtungen zu treffen. W d‘. 20 Feb 1779. G.
464. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 22. Februar Æ1779. Montagæ
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Meine Seele lqst sich nach und nach durch die lieblichen Tqne aus den Banden der Protokolle und Ackten. Ein Quatro neben in der grpnen Stube, sizz ich und rufe die fernen Gestalten leise herpber.
4 ich - --st 12 vorle6gte
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Eine Scene soll sich heut absondern denck ich, drum komm ich schwerlich. Gute Nacht. Einen gar guten Brief von meiner Mutter hab ich kriegt. d‘ 22. F. Abend G
465. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Ende Februar 1779æ
Das mir zugedachte Abendbrod hab ich in Ihrer Stube verzehrt, hab auch an meiner Iph. einiges geschrieben, und hoffe immer mehr damit zu Stande zu kommen. Gute Nacht. Liebste G.
466. An Charlotte von Stein
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Jena, 1. Mcrz 1779. Montag
Mit meiner Menschenglauberey bin ich hier fertig und haben mit den alten Soldaten gegessen, und von vorigen Zeiten reden horen. Mein Stpck rpckt. Lassen Sie mich horen dass Sie wohl sind und mich lieb haben. Der Herzog weis wo ich ieden Tag bin. Grpsen Sie ihn. Adieu. Jena d‘. 1 Marz 1779 G.
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467. An Charlotte von Stein Dornburg, 2. Mcrz Æ1779. Dienstagæ Dornburg d‘. 2. Mtrz. Wenn ich an ein Ort komme wo ich mit Ihnen gewesen bin, oder wo ich weis dass Sie waren, ist mir’s immer viel lieber. Heut hab ich im Paradiese an Sie gedacht, dass Sie drinn herumgingen eh Sie mich kannten. Es ist mir fast unangenehm dass eine Zeit war wo sie mich nicht kannten, und nicht liebten. Wenn ich wieder auf die Erde komme will ich die Gqtter bitten dass ich nur einmal liebe, und wenn Sie nicht so feind dieser Welt wtren, wollt ich
14 mir’6s
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um Sie bitten zu dieser lieben Gefthrtinn. Noch etwas httten Sie mir mit geben kqnnen, einen Talisman mehr, denn ich habe wohl allerley und doch nicht genug. Wenn Sie ein Misel wtren httt ich Sie gebeten das Westgen erst einmal eine Nacht anzuziehn und es so zu transsubstantiiren, wie Sie aber eine weise Frau sind muss ich mit dem Calvinischen Sakrament vorlieb nehmen. Knebeln kqnnen Sie sagen dass das Stpck sich formt, und Glieder kriegt. Morgen hab ich die Auslesung, dann will ich mich in das neue Schloss sperren und einige Tage an meinen Figuren posseln. Am 5ten treff ich in Apolda ein, da verlang ich aber einen Boten von Ihnen zu finden, und viel geschriebnes, und sonst allerley Sachen. Jetzt leb ich mit den Menschen dieser Welt, und esse und trincke spase auch wohl mit ihnen, sppre sie aber kaum, denn mein inneres Leben geht unverrpcklich seinen Gang. / Indem ich das Blat umwende bedenck ich dass ich Ihnen diesen Brief gleich schicken, und morgen um diese Zeit schon Antwort von Ihnen haben kan. Wenn sie einigermassen kqnnen schreiben Sie mir viel. Grpsen Sie den herzog. Adieu Liebste. Schreiben Sie mir dass Sie wohl sind. Adieu. Abends halb neune G. Nach Apolda erwart ich eben auch einen Brief von Ihnen.
468. An Philipp Seidel
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BRIEFE 468/469
Dornburg, 2. Mcrz Æ1779. Dienstagæ
Der Bote muss warten bis du von der Fr v. Stein Antwort kriegst, sollte etwas vorgefallen seyn so melde mirs, und schicke ein Packet das von Gera gekommen ist zugleich mit. Dornburg d‘. 2 Mtrz G.
4|es| 9 amn 9 posselln 9 5|ten| 10 dzu
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469. An Charlotte von Stein Dornburg, 4. Mcrz 1779, und Apolda, 5. ÆMcrz 1779æ. Donnerstag und ÆFreitagæ Dornb. d‘. 4ten Mtrz 79. Auf meinem Schlqssgen ist’s mir sehr wohl, ich habe recht dem alten Ernst August gedanckt dass durch seine Veranstaltung an dem schqnsten Plaz, auf dem bqsten Felsen eine warme gute Sttte zubereitet ist. Wenn nur die Fprsten seyn kqnnten wie Bprger wo doch einer des Vaters Garten Htuser wenn er einigermassen kan in Baulichem Wesen erhtlt. Doch ist’s wohl in allen Sttnden so dass unsre Wpnsche uns hinund her schleudern, wir was wir besizzen drpber verschleudern, und nicht eh achten lernen bis es fort ist. Die Tage sind sehr schqn, die Gegend immer allerliebst. Wenns grpn wird wollen wir mit Herders hin. Mit denen Leuten leb ich, red ich, und lass mir erzthlen. Wie anders sieht auf dem Plazze aus was geschieht als wenn es durch die Filtrir Trichter der Expeditionen eine Weile ltufft. Es gehn mir wieder viele Lichter auf, aber nur die mir das Leben lieb machen. Es ist so schqn dass alles so anders ist als sich’s ein Mensch dencken kan. Noch hab ich Hoffnung dass wenn ich d‘. 11ten oder 12ten nach Hause komme mein Stpck fertig seyn soll. Es wird immer nur Skizze, wir wollen dann sehn was wir ihm fpr Farben auflegen. Um die Einsamkeit ists eine schqne Sache wenn man mit sich selbst in Frieden lebt, und was bestimmtes zu thun hat. / Apolda d‘ 5 Abends Sie haben sehr wohlgethan mir ein Briefgen hier einzulegen, denn ich hatte mir unterweegs vorgenommen bqse zu werden wenn ich nichts von Ihnen antrtfe. Ihr Bote ist schon wieder fort. Mein Coffre ist noch nicht ausgepackt drum schreib ich auf einander Blttgen. Besser httt ich gethan noch heut in Dornburg zu bleiben da wars schqn, offen und ruhig. Hier ist ein bqs Nest und ltrmig, und ich bin 4 st --6Sttte 10 schqn., 16 ists 22 Ssehr
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BRIEFE 470–472
aus aller Stimmung. Kinder und Hunde alles ltrmt durch einander, und seit zwolf uhr Mittag lass ich mir schon vorerzthlen von allen Menschen, eins ins andre, das will auch wieder theils vergessen, theils in sein Fach gelegt seyn. |Mir ists auf dieser ganzen Wandrung wie einem der aus einer Stadt kommt wo er aus einem Spring brunnen auf dem Marckte lang getruncken, in den alle Quellen der Gegend geleitet werden, und er kommt endlich spazierend einmal an eine von diesen Quellen an ihrem Ursprung, er kann dem ewig rieselnden Wesen nicht genug zusehn und ergqzt sich an denen Krautern und Kieseln. Meine Gedancken spielen ein schqn Conzert, und Gott geb Ihnen einen guten Abend, sagen Sie dem Herzog dass ich mancherley mitbringe, dass sich der Schimmel gut htlt, biss aufs scheuen, und dass ich ihm so viel freye Luft und gutes leben wpnsch wie mir. Grose Lust httt ich morgen zu ihnen hinein zu reiten. Will mich aber halten. G.
470. An Carl Ludwig von Knebel Apolda, 5. ÆMcrz 1779. Freitagæ
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Ehrlicher alter H‘. Kqnig ich muss dir gestehen dass ich als ambulirender Poeta sehr geschunden bin, und httt ich die paar schqnen Tage in dem ruhigen und pberlieblichen Dornburger Schlqssgen nicht gehabt so wtre das Ey halb angebrptet verfault. Denn von hier an seh ich keine gute Hoffnung, vielleicht in Alsttdt! Doch sind die guten Geister offt zu hause wo man sie nicht vermuthet. Hier machen mich den ganzen Abend ein paar Hunde toll, die ich mit Befehlen und Trinckgeldern nicht stillen kan. Lass etwas von dir hqren. Montags den 8 ten bin ich in Buttsttdt, sag es der Stein vielleicht giebt sie was mit, dahin schick mir etwa einen Boten mit irgend einer Narrensposse, dass meine Seele ergqzt werde. Dafpr bring ich euch auch was mit dass der Konig und die Koniginn sagen sollen mein liebes Lowgen brplle noch einmal. G Apolde d‘. 5.tn Abends 1 do--urch 4 dauf dieser ganzen Wandrunge 18 Dor--b nburger (von b-- nur der Aufstrich ausgeflhrt) 21 Auch dDoche
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471. An Charlotte von Stein ÆApoldaæ, 6. Mcrz Æ1779. Samstagæ d‘. 6. Mtrz. Den ganzen Tag war ich in Versuchung nach Weimar zu kommen, es wtre recht schqn gewesen wenn Sie gekommen wtren. Aber so ein lebhafft Unternehmen ist nicht im Blute der Menschen die um den Hof wohnen. Grpsen Sie den Herzog und sagen ihm dass ich ihn vorltufig bitte mit den Rekrouten stuberlich zu verfahren wenn sie zur Schule kommen. Kein sonderlich Vergnpgen ist bey der Ausnehmung, da die Krppels gerne dienten und die schqnen Leute meist Ehehafften haben wollen. Doch ist ein Trost, mein Flpgelmann von allen |:11 Zoll 1 Strich:| kommt mit Vergnpgen und sein Vater giebt den Seegen dazu. Hier will das Drama gar nicht fort, es ist verflucht, der Kqnig von Tauris soll reden als wenn kein Strumpfwprcker in Apolde hungerte. Gute Nacht liebes Wesen. Es geht noch eben ein Husar. G.
472. An Philipp Seidel
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ÆApoldaæ, 7. ÆMcrz 1779. Sonntagæ
Ich schicke dir zwey Dukaten zu den Currenten ausgaben das andre mag warten. Hast du denn das Geld von Rath Bertuch gekriegt davon 25 rh zu Flachs bestimmt waren, und hat der Lynckrische soviel gekostet? Hast du mir etwas zu melden so gieb es dem Hptm. Castrop mit der heute d‘. 7ten oder Morgen frph nach Buttstett. Alsdenn mpssen die Sachen liegen weil ich nach Alstedt gehe. d‘. 11ten bin ich wieder in Weimar. G.
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BRIEFE 473–475
473. An Charlotte von Stein Apolda, 7. Mcrz Æ1779. Sonntagæ Apolda d‘. 7 ten Mtrz frph.
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Nun entfern ich mich wieder auf meiner Bahn von Ihnen und gehe auf Buttsttdt, d‘. 9ten auf Alsttdt und den 11ten wieder zurpck. Leben Sie wohl indess, dencken Sie an mich. Hier war gar kein Heil, und eine Scene plagt mich gar sehr, ich dencke wenn’s nur einmal angeht, dann rollts wieder hintereinander. Grpsen Sie den Herzog und Steinen. Der Schleusingen auch einen guten Morgen. Ich habe Knebeln geschrieben er soll mir etwas nach Buttsttdt schicken. Geben Sie auch was mit. Lavatern hab ich immer ausgelacht dass er auf seinen Reisen iede Viertelstunde an die seinigen schrieb, und mit ieder Post Briefe und Zettelgen erhielt, worauf eigentlich nichts stund, als dass sie sich wie vor vier Wochen noch immer herzlich liebten. Und nun kqnnte man auch lachen. Adieu lieber Engel. G.
474. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Buttstcdt, 8. Mcrz 1779. Montag
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Buttsttdt d‘. 8 Mtrz 79 auf dem Rathhause. Indess die Pursche gemessen und besichtigt werden will ich Ihnen ein Paar Worte schreiben. Es kommt mir ntrrisch vor da ich sonst in der Welt alles einzeln zu nehmen und zu besehen pflege, ich nun nach der Phisiognomick des Reinischen Strichmaases alle Junge Pursche des Lands klassifizire. Doch muss ich sagen dass nichts vortheilhaffter ist als in solchem Zeuge zu kramen, von oben herein sieht man alles falsch, und die Dinge gehn so menschlich dass man um was zu nuzzen sich nicht genug im menschlichen Gesichtskreis halten kan. 5 dencken 7-8 ergeschrieben 11 Sschrieb 19 wWorte
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Ubrigens lass ich mir von allerley erzthlen, und alsdenn steig ich in meine alte Burg der Poesie und koche an meinem Tqchtergen. Bey dieser / Gelegenheit seh ich doch auch dass ich diese gute Gabe der himmlischen, ein wenig zu kavalier behandle und ich habe wprcklich Zeit wieder hauslicher mit meinem Talent zu werden wenn ich ie noch was hervorbringen will. Nach Weim. wtr ich vorgestern gern gekommen, es war mir vor der Zerstreuung bange. Lassen Sie das kleine menschliche Wesen nur erst ein bissgen herankommen. Die Umsttnde erziehen alle Menschen, und man mache was man will die vertndert man nicht. Lassen Sie’s nie an der vtterlichen Sorgfalt mangeln dass wirs nur gesund erhalten, bis es eine Menschenstimme vernimmt, werden wir noch manches drpber zu dencken und zu reden veranlasst werden. Gott gebe uns den tussern und innern Frieden, so wird Ihnen und ihrem Land noch gut zu helfen / seyn. Ich habe mir allerley gemerckt lustigs und ernsthafftes das ich zu erzthlen habe. Uber diesem hat mich Knebel angetroffen der mir hat grosen Spas gemacht. Leben Sie wohl. Er wird mehr erzthlen. Morgen frph geh ich nach Alsttdt. G.
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475. An Charlotte von Stein ÆButtstcdtæ, 8. Mcrz 1779. Montag Knebel war gar brav dass er kam. Sie kriegen noch einen Brief von mir, der bey Philipp liegen blieb weil ich die Adrese vergessen hatte. Das Wetter ist sehr schqn. Adieu lieber Engel. Lassen Sie sich von Knebeln erzthlen er wird nicht viel sagen. Morgen geh ich nach Alstadt. d‘. 8 Marz 1779 G. 1 g steig 5 mich zurpckzuhalten dwieder hauslicher mit meinem Talent zu -werdene 7 dvoregestern 10 A - -Umsttnde 22 Allsttdt 25 hatten 27 E erzthlen
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476. An Carl Ludwig von Knebel ÆWeimar, 14. Mcrz 1779. Sonntagæ
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Die Lust die ich diese acht Tage her in Betrachtung und Bildung meines Stpcks gehabt habe, ist in ihrem Laufe, durch die Abneigung gehemmt worden, die du mir gestern gegen das Erscheinen auf dem Theater, mit unter hast sehn lassen. Wenn du dich bereden kannst mit mir auch noch dieses Abenteuer zu bestehen, einigen guten Menschen Freude zu machen und einige Htnde Salz ins Publikum zu werfen, so will ich muthig ans Werck gehn. Ist aber dein Widerwille unpberwindlich so mag es auch mit andern ernstlicheren Planen und Hoffnungen in die stille Tiefe des Meeres versincken.
477. An Carl Ludwig von Knebel ÆWeimar, 15. oder 16. Mcrz 1779. Montag oder Dienstagæ 10
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Hier sind die drey Ackte. lies sie Herdern und Seckendorfen. lezterm gieb sie mit unter der Bedingung der Stille. Nimm doch auch ia den Prinzen vor, und leg ihm seine Scenen ein bissgen aus und steh ihm mit gutem Rathe bey. Adieu. Ich komme nicht eher wieder bis das Stpck fertig ist. G.
478. An Charlotte von Stein Ilmenau, 16. Mcrz 1779. Dienstag
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Einen guten Abend geb ich Ihnen durch den alten Hofmechanikus. Mein Ritt war gut, unterweegs gute Wirthsleute. Durch eine Dummheit von Philipp kam ich erst nach 10 aus Weim. und konnte Sie doch nicht sehn. Grpsen Sie Frizzen, und halten Sich gesund und lassen nicht die Aerzte pberhand nehmen. Ilm. d‘. 16 Marz 79 G. 5 Abendtteuer 7 mut|h|ig 11 desr 12 S6cenen 17 Meine 6Ritt 21 176
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Eine ganze halbe Stunde hab ich mich noch mit Ihnen unterhalten, kanns aber nicht zu Papir bringen.
479. An Charlotte von Stein Ilmenau, 17. Mcrz 1779. Mittwoch Den ganzen Tag bin ich in allerley Htndeln herumgeschleppt worden, und der Abend ist mir ohne viel dramatisches Glpck hingegangen. Nur die wenigen Worte zur Erinnerung, dass Sie nicht ferne werden. d‘. 17 Marz 1779 Ilmenau. G
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480. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 24. Mcrz 1779. Mittwoch Da mir Worte immer fehlen ihnen zu sagen wie lieb ich sie habe, schick ich Ihnen die schqnen Worte und Hieroglyphen der Natur mit denen sie uns andeutet wie lieb sie uns hat. d‘. 24 Marz 1779 G.
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481. An Johann Friedrich Krafft Weimar, 26. Mcrz 1779. Freitag Diesen Monath bin ich wenig nach Hause gekommen und finde nunmehr ihren Aufsaz. Ihrer Noth habe ich nicht vergessen. In Ilmenau hab ich mich nach einem Aufenthalt fpr Sie umgethan, und das nothwendige wprden Sie daselbst fpr 100 rh haben, wofpr ich mich von viertel zu vierteljahren verbprgen wprde, einiges Taschengeld wprde sich denn auch finden. Nur muss ich Ihnen aufrichtig wiederholen zu keinem g u t e n Dienste kan ich Ihnen nicht Hoffnung machen, sollten Sie mir in herrschafft‘. Auftrtgen deren ich in iener Gegend habe an Hand gehen kqnnen; so wprde ich im Falle seyn Ihnen auch etwas dafpr zu reichen, es wtre eine Erleichterung und ein Anfang. Viel-
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leicht fpgt sich etwas weiter. Ihre Wonung wtre in einem Bprger Haus, allein ihr Tisch auswtrts bey andern recht denckenden braven Leuten, iederman wprde Ihnen gut begegnen und es wtre wenigstens ein Schritt nther. Denn in Lotterie Sachen ist wohl schweerlich bey uns zu hoffen. Dabey gesteh ich Ihnen dass ich wpnsche dass das wenige was Sie von mir haben in des Herzogs Landen verzehrt werde, da ich es von daher nehme. / Hier schick ich das Osterquartal, sehe aber wohl dass Sie die Zeit her wieder schuldig worden seyn werden, und dass es hqchstens zur Reise hinreichen mag. Entschliesen Sie sich bald. Der Vorschlag wird Sie wenigstens der Ruhe nther bringen, wenn er Ihnen auch weiter keine Aussichten giebt, an tusserlicher Achtung und Wartung in Kranckheit wirds ihnen nicht fehlen. Wir hoffen dass das Bergwerck wieder in Umtrieb kommen soll vielleicht giebts dabey etwas zu thun. Um alsdenn empfohlen werden zu kqnnen, ists nothwendig dass Sie schon einige Zeit im Lande sind. Antworten sie mir bald, erkundigen Sie sich nach dem Weege. Alsdenn sollen Sie das nthere von mir hqren. Ihre Schrifft pber Lottos ist recht sehr gut sie zeugt von Ihren guten Einsichten und Gesinnungen. Ich darf Ihnen die Geduld empfehlen, da Sie pberzeugt sind dass ich gern das mqgliche fpr sie thue. Weimar d‘. 26 Mtrz 1779 G.
482. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 29.? Mcrz 1779. Montag?æ 25
Gut denn so wird mir ein Weeg gespaart, dafpr mein Schimmel unterthtnig danckt. Ich esse in Tiefurt und wenn die iunge Frau zu Tisch kommt so erwarten wir die alte zum Goute. Addio und besten guten Morgen beyden. G. 8|ich| 11 wird sSie wenigstens 14 fehlen|.| in (Punkt nach Streichung von in eingeflgt) 16 notwhwendig 26 Tif-efurt
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483. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 10. April 1779. Samstag Ob Sie gleich gar nicht artig sind schick ich Ihnen doch zum freundlihen Guten Morgen, eine Blume wie sie der schqne Regen heraus gelockt hat. d‘. 10 Apr. 1779. G.
484. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 19. April 1779. Montag Deine Grpse hab’ ich wohl erhalten Liebe lebt iezt in tausend Gestalten, Giebt der Blume Farb und Duft Jeden Morgen durchzieht sie die Lufft Tag und Nacht spielt sie auf Wiesen in Hainen, Mir will sie offt zu herrlich erscheinen, Neues bringt sie ttglich hervor Leben summt uns die Biene ins Ohr Bleib ruf ich offt Frphling man kpsset dich kaum Engel so fliehst du wie ein schwanckender Traum Immer wollen wir dich ehren und schtzzen So uns an dir wie am Himmel ergqzzen d‘. 19 Apr 1779 G.
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485. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 20. April 1779. Dienstag Soll man s gut oder bqs deuten wenn man die die kindischten Empfindungen nicht los werden kan. Ich gqnne und wpnsche Ihnen immer Freude, und dass Sie eine kleine Lust ohne mich geniessen macht mir einen Tag pblen Humor. Dass so viel selbstisches in der Liebe ist und
5 habe|’| 12 umns 15 scht|t|zen schtzzen 20 Freude.,
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doch was wtr sie ohne das. Ich habe mich in die Bpsche an der Strase versteckt um Sie herein fahren zu sehen, um wenige Minuten httt ich ganz nah bey ihnen verborgen stehen konnen, ich kam zu sptt und musste in der Ferne bleiben. Wenn sie mit mir wtre dacht ich genqsse sie des schqnen Abends der pber alles schqn ist, nun fthrt sie im Staub hinein. Doch weis ich dass Sie Sich mein Andencken nicht aus der Seele rasseln noch musiciren lassen. Dass ich so viel schreibe ist wohl ein Zeichen dass mir nicht wohl ist. Adieu liebstes Herz. Ich schicke Ihnen das verlangte. Kommen Sie morgen ia in Garten. d‘. 20 Apr 1779. G.
486. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 21. April 1779. Mittwoch
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Noch einen guten Morgen. Der Tag kommt nach dem wenigen Regen unendlich schqn, das Grpn wird satter und die Gegend treibt sich in die Fplle. Ein recht willkommner Anblick dem der mit Gedancken aufwacht an das was er liebt. Adieu liebste. d‘. 21 Apr 1779 G.
487. An Charlotte von Stein ÆJena, 22. April 1779. Donnerstagæ
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Nur ein Wort auf dies Papier und das alte, dass ich Sie liebe, und Sonnabends frph wiederkomme. Wenn Sie unten umgehen, bin ich bey Ihnen. Wir sind pberall herumgezogen und Herdern ists nicht wohl in dieser Lufft geworden G.
9 verlangte,. kKommen
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488. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 24. April 1779. Samstag Erst wollt ich noch zu Ihnen, nun heist mich das Wetter hauslich seyn am Caminfeuer drpck ich mich und hqre dem Sausen zu und dem spizzen Regen. Wenn Sie da wtren liesse sich’s schqn schwtzzen. d‘. 24 Apr 1779. G
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489. An Carl Ludwig August von Scholley Weimar, 26. April 1779. Montag ÆAbschriftæ
Copia.
Brief des Geh. Leg. Rath Goethe an H‘. von Scholley in Malsfeld d. d.26 t‘ Aprill. 1779. P. P.
Wie sehr wpnscht ich dass Ew. Hochwohlg‘ schon auf mein erstes vorithriges Schreiben die Hindernisse angezeigt httten, die der Befriedigung des H‘. v. Salis und der Auszahlung des Legates an mich, nach Ihren Gedanken im Weege stehen, so wprde wohl diese Sache gegenwtrtig ein erwpnschtes Ende erreicht haben. Erlauben Sie dass ich zu Bestimmung und Berichtigung der Begriffe hierin einige bekannte Umsttnde nochmals wiederhole. Als mein see‘. Freund den Peter im Baumgarten seiner damals noch lebenden Mutter abnahm, war es sein Vorsaz und Versprechen, dem Knaben eine gute Erziehung zu geben, und ihn in den Stand zu sezen sein Brod zu verdienen, und mit wohlgebrauchten Fthigkeiten sein Glpk in der Welt zu machen. Er that ihn deswegen zuerst nach Marschlins und pbergab ihn der Fprsorge des H‘. v. Salis dem er eine ithrliche Pension dafpr zu zahlen versprach.
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BRIEF 489
Als er darauf Europa verlies, war es seine Sorge dass nach seinem Tode den er sich immer vermuthete, das bei dem Knaben angefangene nicht verlohren gehn, und er wieder in die weite Welt gestossen werden mqge. Er suchte also den Herrn v. Salis auch fpr die Zukunft in Sicherheit zu sezen, und bat seine hinterbleibende Schwestern, diesem Pflegevater des Knabens zwei tausend Thaler nach Abzug der ersten Pension auszuzahlen, die auf dessen Erziehung verwendet werden sollten. Die Schwestern meines see‘. Freundes waren grosmptig genug, den lezten Willen, der sie rechtlich nicht verband, ohne Schwierigkeit anzuerkennen und Petern im Baumgarten das Legat zuzugestehen. Wtre dieser Knabe bei dem H‘. v. Salis in Marschlins geblieben, so war nach der ausdrpklichen Intention des Verstorbenen diesem Manne, zu Erleichterung der Erziehungslast, als dem eigentlichen Vormund, und nicht etwa den noch lebenden Aeltern gedachtes Legat auszuzahlen, und dieser hatte, nicht aber die Aeltern oder sonst iemand anders aller pbrigen Ansprpche zu entsagen und eine gpltige Quittung auszustellen. Der Umstand ist in nichts getndert, als dass ich nach verschiedenen Schiksalen diesen Knaben aufgenommen habe. Der H‘. v. Salis begnpgt sich also mit dem was der Knabe ihm schuldig geworden, und weisst Ew. Hochwohlg‘. mit der Auszalung des pbrigen Legats wohlbedtchtlich an mich. Aus Liebe zu meinem see‘. Freunde der mir den Knaben vor seiner Abreise so oft und dringend empfolen, als wenn er httte voraus ahnden kqnnen, wie es dem Kinde nach seinem Tode, ohnerachtet seiner ztrtlichen Vorsorge gehen wprde, nahm ich ihn vor zwei Jahren zu mir, und sorgte, so viel mir die Umsttnde erlaubten, in meinem Hause selbst fpr ihn. Auf ausdrpkliche Versicherung der Frau v. Lindau und Ew. H. Wohlgeb‘. selbst, dass das Legat baldigst an mich ausgezahlt werden sollte, wendete ich zunehmend mehr an ihn. Ich habe diese Zeit her ihn in allem erhalten, die nqthige Lehrmeisters bezahlt, ihn etlichemal gekleidet, und da er iezo in Ilmenau die Jtgerei erlernt, bin ich viertelithrig in dem Fall immer wachsende Rechnungen fpr ihn zu bezalen. Dies alles habe ich vorschussweise aus meinem Beutel
23 dden Knabene 29|H.|Wohlgeb‘.
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gethan. Von den pbrigen Freunden des see‘ Lindau denen er den Knaben auch mit empfolen hatte, die sich zu einer Zubuse willig erkltrten, konnte ich nichts annehmen, weil ich es vor unschiklich hielt, dass der Liebling meines Freundes, vor den er selbst gesorgt hatte, von der Gnade anderer leben sollte. Wer ist also des Knaben Vormund, wenn / ichs nicht bin? Der H‘. v. Salis erkennt mich als seinen Nachfolger und weisst die Zahlung des Legats an mich. Ich habe auf alle Weise den Willen meines seeligen Freundes erfpllt, und es ist nicht abzusehen, wie dessen entfernte Mutter nur irgend in dieses Geschtft mit gezogen werden kqnnte. Indessen verarg’ ich Ew. Hochwohlgeb‘. nicht, dass Sie so sicher als mqglich dieses Geschtft zu beendigen wpnschen. Deswegen habe ich von meiner Seite, einen hiesigen treflichen Rechtsgelehrten um seine Meinung gefragt, welche sie aus beigehendem Promemoria einsehen werden. Ich bitte ein gleiches auch von Ihrer Seite zu thun, und ich zweifle ob iemand anders aussprechen wird, als dass an mich die qutst‘. Gelder auszuzalen seien, und eine von mir ausgestellte Quittung zur Sicherheit Ew. Hochwohlg‘. und der Schwestern des Erblassers vqllig hinreiche Der lezte in dem Pro Memoria gethane Vorschlag dass ich mich oder einen andern bei hiesiger fprst‘. Regierung als Vormund solle bestellen lassen ist mir zwar unangenehm, in dem es sich nicht ganz ziemen will, dass ich wegen der kleinen auszugebenden Summen ithrlich genqthiget seie diesem Collegio Rechnung abzulegen, doch bin ich auch bereit, wenn es erfordert wird, auch diesen Weeg einzuschlagen, so sehr der bisherige Treue und Glaube, womit ich auf die Bitte meines see‘. Freundes und auf Ew. HochWohlgeb‘. erste unbestimmte Versicherung mich diesem Geschtfte unterzogen, mir ein uneingeschrtnktes Zutrauen fpr die Zukunft erweken sollten. Ich habe seit den ersten Monaten, was ich fpr diesen Knaben baar ausgelegt aufgezeichnet, und werde damit fortfahren, ich mag nun solche Rechnung ithrlich einem Gerichte, oder dem Knaben selbst in reifern Jahren vorzulegen haben.
11 sSie 27 dHocheWohlgeb‘.
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Es falle Ew. Hochwohlgeb‘ Entschliessung aus wohin sie wolle, so bitte ich um baldigste Antwort, damit nicht der Knabe wider des see‘. Lindaus und seiner edlen Schwestern Willen und meinen ernstlichen Vorsaz in seinen besten Jahren behindert werde. Denn ob ich ihm gleich wie bisher am nothwendigen nichts werde fehlen lassen, so bin ich doch genqthiget mit manchem npzlichen zurpkzuhalten. Mit der vqlligen Ueberzeugung dass meine gegenwtrtige Erkltrung iedes Hinderniss aus dem Weeg rtumen wird, nenn’ ich mich mit vollkommenster Hochachtung Ew pp
490. An Wilhelmine von Beaulieu-Marconnay Weimar, 26. April 1779. Montag ÆAbschriftæ Copia.
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des Briefs des Geh. Leg. Rath Goethe an Madame Baulieu Marconnai nee Lindau f Zelle. d. d. 26 Ap‘. 1779. P. P.
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Aus den Beilagen werden Ew. Gnad‘. ersehen was H‘. von Schollei wegen Peters im Baumgarten, das zu dessen Erziehung von Dero see‘. Herrn Bruder meinem Freund ausgesezte Legat betreffend neuerdings an mich geschrieben, was ich demselbigen geantwortet und wie ich die Meinung eines Rechtsgelehrten pber diesen Fall hinzugefpgt. In gedachten Papieren ist die Sache so weitltufig aus einander gesezt, dass ich hochdieselben mit keiner weitern Ausfphrung zu beschweren habe, nur die Bitte fpge ich hinzu, dass es Ew. Gnaden geftllig sein mqge das ihrige zu endlicher Berichtigung dieses Geschtfts gptigst beizutragen, und so den angelegentlichsten Wunsch Dero verstorbenen H‘. Bruders meines werthen Freundes wirklich zu erfpllen, und die edeln Gesinnungen die sie in Annahme seines lezten Willens gezeigt auch nunmehr zum Werk zu bringen, der ich mit aller Hochachtung mich unterzeichne Ew pp
1 WHochwohlgeb‘ 19-20 gelsegzt
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491. An Carl Ulysses von Salis-Marschlins Weimar, Æ26.æ April 1779. ÆMontagæ
ÆKonzeptæ
Hochwohlgeb‘ Hochgeehrtester Herr, Aus den Beilagen werden Sie ersehen was a.) nach langem Zqgern H‘ von Schollei zu Malsfeld neuerdings an mich geschrieben, was b.) ich ihm sogleich drauf geantwortet und wie ich c.) die Gedanken eines Rechtsgelehrten dazu gefpgt. Auch d.) der Frau von Markonai eine Abschrift dieser Papiere zugeschikt Da Sie in der weiten Entfernung wegen dieser unangenehmen Sache doch einiger massen in Verlegenheit sein mpssen habe ich es vor meine Schuldigkeit erachtet Ihnen von der gegenwtrtigen Lage umsttndliche Nachricht mitzutheilen. Was fpr eine Antwort ich erhalte und was weiters vorkommen wird werde ich auch sogleich pbersenden. Ich empfehle mich zu gptigem Andenken und unterzeichne mich mit wahrer Hochachtung Ew. Hochwohlg‘ Weimar d‘ Ap‘. ganz gehorsamster Dr. 1779.
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492. An Jean Antoine de Castrop ÆWeimar, vermutlich April 1779æ Die Esplanade wird nicht allein in den Hauptgangen sehr verfahren sondern sie wenden sogar durch den Rasen und fahren die Pftle um. Sehen Sie es doch an lassen die Pftle wieder sezzen und sagen mir ihre Gedancken G.
3 sSie 6|wie ich| G 8 Markonetdaie 9 sSie
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BRIEFE 493–497
493. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 7. Mai 1779. Freitag
Es hat mich verdrossen dass ich von fremden Leuten hqren muss dass Sie doch noch nach Gotha gehn, ich habe mich ltcherlich gemacht mit der gewissen Behauptung Sie gingen nicht. Weil ich nun nichts auf Sie haben kan wenn ich Sie sehe will ich mich verstecken und Sie nicht sehn und Picks haben bis Sie wiederkommen. Reisen Sie indessen glpcklich, und seyn Sie vergnpgt und grpsen Sie Steinen. G. d‘. 7 May 79. Ich seh Sie wohl auf dem Paradeplaz iezzo mit der Herzogin stehn aber ich will doch nicht hinauf gehn.
494. An Charlotte von Stein Tiefurt, 12. Mai 1779. Mittwoch 10
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Von Ihnen kan ich doch nicht wegbleiben. Vergebens dass ich dencke das Wasser soll einen Fall irgend wohin nehmen, werd ich immer wie ein Kloz auf dem See auf einem Fleck herumgespplt. Blumen schick ich Ihnen und einige Frpchte. Knebel liest im Pindar, der Herzog wird wegreiten und ich bleiben. Essen Sie meine Spargel und dencken an mich. Adieu. Tiefurt d‘. 12 May 1779 G.
495. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 13. Mai 1779. Donnerstag
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Ihr Frphstpck hab ich noch in Tiefurt genossen. Knebel danckt fprs Andencken. Dass Sie’s durch mich gegeben haben war auch freundlich, denn ich httte doch sonst einige Eifersucht gehabt ob ich schon das grqsere Herz gekriegt habe. Zu Tische kom ich bald. Hier schick
3 bBehauptung 13 F6rpchte 19 einigen
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ich indess ein doppelt A. Ich mochte Ihnen iede Stunde was zu geben haben. G. d‘. 13 May 1779.
496. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, um den 13. Mai 1779æ
Man wills den Damen pbel deuten Dass sie wohl zu gewissen zeiten Ihr Herz mit mehrern theilen kqnnen! Doch dich kan man gar glpcklich nennen O du des Hofes Zierd und Ehre Du schonst gar weislich deins Und hast gelegentlich fpr ieden eins Und wenns auch nur von Mehl und Farben wtre.
Les plus ruses Sont attrapes.
497. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 14. Mai 1779. Freitag
Von denen zwey Exemplaren schicken Sie ein’s der Waldnern. Da Sie kleine Herzgen durch mich verschencken, ist’s billig dass ich Sie zur Austheilerinn meiner Geringen Geists Produckte mache. Adieu Liebste. Ich habe das Zeug heute frph durchgeblattert, es dpnckt einen sonderbaar wenn man die alt abgelegten Schlangenhtute auf dem weisen Papier aufgezogen findet. d‘. 14 May 1779 G.
3 1M17ay 16 Waldnern,. dDa
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18 aAustheilerinn
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BRIEFE 498–502
498. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Mitte Mai 1779æ
Der vierte Theil meiner Schrifften Berlin. 1779 bey Himburg.
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Langverdorrte halbverweste Blttter vorger Jahre, Ausgektmmte, auch geweiht und abgeschnittne Haare, Alte Wtmser ausgetrettne Schuh und schwarzes Linnen, Was sie nicht ums leidge Geld beginnen! Haben sie fpr baar und gut Neuerdings dem Publikum gegeben. Was man andern nach dem Todte thut, Thut man mir bey meinem Leben. Doch ich schreibe nicht um Porzellan noch Brod Fpr die Himburgs bin ich todt.
499. An Johann Friedrich Krafft ÆWeimaræ, 22. Mai Æ1779. Samstagæ
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Mit dem wenigen Geld was ich schicken kan bitt ich zu wirthschafften. Ende Juni will ich gleich Ihnen Wohnung und Tisch Geld schicken und noch etwas dazu. Ich wpnsche dass es Ihnen unter denen Bergen leidlich gehn mqge. Bpcher will ich schicken, nur bitt ich da ich sie selbst zusammenborgen muss sie bald und ordentlich transportweise zurpck. Dem Boten hab ich gesagt er soll bey Ihnen iederzeit anfragen ob Sie etwas an mich haben. Dem neuen Amtman der hinauf kommt will ich gleich von Ihnen sagen. Hauptmann Castrop weis nichts mehr von Ihnen als die andern, u. von Ihrem Verhtltniss zu mir gar nichts, ich sagt ihm nur: Ihre Gelder gingen durch meine Htnde und so kqnnt ich fpr Logis und Tisch gut sagen. Es ist ein geftlliger dienstfertiger Mann, er wird ehstens zu Ihnen kommen. Er ist Artillerie Hauptm. und beym Weege bau, und ich habe an ihm da mir die Direcktion des Militar und Strasen wesens pbergeben ist, einen fleisigen 3 halbverwesste (Schluss-s zu langem s) 14 g- Geld 16 Ssie 24 a- Artillerie
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und braven Mann. Schreiben Sie doch wenn sie ruhig sind mehrere Aneckdoten zu Ihrem Leben auf, was sie in verschiednen Landern bemerckt haben, gehn Sie sie einzeln durch, es ist auch eine Zerstreuung und mich vergnpgts. Der iunge Dr. Scharf ist ein geschickter Medikus, es wtre vielleicht nicht pbel wenn Sie ihn gelegentlich konsulirten, wenn Sie wollen will ich Sie ihm auch empfehlen lassen. G. d‘. 22 May.
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500. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 23. Mai 1779. Sonntag Wenn ich nur was anders httte Ihnen zu schicken als Blumen, und immer dieselbigen Blumen Es ist wie mit der Liebe die ist auch monoton d‘. 23 May 1779 G
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501. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 26. Mai 1779. Mittwoch Noch eine wohlriechende gute Nacht! Selbst kan ich mich nicht mehr aufmachen, ob ich das kpnftige Wetter vorsppre oder was es ist. Gute Nacht Liebe! Liebste! d‘. 26 May. 1779. G. Mein Egmont rpckt doch ob ich gleich d‘ 1 Jun nicht fertig werde.
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502. An Charlotte von Stein ÆErfurtæ, 30. Mai 1779. Sonntag Sie wissen was Sie mir fpr eine Freude gemacht haben, drum danck ich Ihnen nicht. So ein spses Gericht hofft ich nicht zum Desert. Wir schwazzen viel, und heut bey Tisch war eine Menge Menschen die Kreuz und Queer schwazzten und mir viel zu dencken gaben. 6 ich sSie ihm 7 25 b22c
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BRIEFE 503–506
Morgen Abend seh ich Sie wieder Adieu liebste. Sie auf unsern Weegen vergnpgt zu wissen ist mein ganzer Wunsch. und dass Sie mich lieben mqgen und mqgen mirs gerne zeigen. Denn der Glaube lebt von dem himmlischen Manna der Sakramente Adieu liebste. . Merck ist noch nicht da. d‘. 30 May 1779. Nachm. 3 Uhr. G.
503. An Josias von Stein?
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ÆWeimar, 31. Mai 1779. Montagæ
Heute muss ich nothwendig reiten. Ist mein Schimmel wieder in leidlichen Umsttnden? sonst soll mein Philipp zu Razemann gehn. Wollten Sie mich etwa abholen? und die tour mit machen? so mich sehr erfreuen wprde. G. Allenfalls nthmen wir Herdern mit und ritten auf die Hottelsttdter Ecke und nach Ettersburg. Befehlen Sie nur Philipen wegen des Pferds und was er thun soll.
504. An Wolfgang Heribert von Dalberg Weimar, 1. Juni 1779. Dienstag Hochwohlgebohrner Freyherr
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Der Innhalt derer mir zugeschickten Papiere war mir ganz neu, ich kan versichern dass von allem was mit Mpllern in Rom vorgegangen ist, und was sich etwa davon nach Deutschland verbreitet haben mag, nicht das mindste bis zu uns gekommen ist. Sie werden die Gpte haben ihn und seine Freunde darpber vqllig zu beruhigen. Wir hoffen noch immer eben dasselbe von seinem mahle-
4 denen -----m 9 Umsttnden,? 10 abholen,? 19 6verbreitet
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rischen Geiste, der gewiss, wenn er sich auf diese Kunst beschrtnckt, etwas sonderlichs hervorbringen wird. Erlauben Sie mir dass ich bey dieser Gelegenheit Ihnen den Hofbildhauer Glauer der vielleicht schon in Mannheim eingetroffen ist, auf das angelegentlichste empfehle. Mit Aller Hochachtung nenne ich mich Ew Hochwohlgebohrnen Weimar ganz gehorsamsten Diener d‘. 1 Jun 1779. Goethe
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505. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 1. Juni 1779. Dienstagæ Jupiter mochte von der Schlange keine Rose, Sie werden diese von einem Btren nehmen. gehqrt er nicht unter die feinen gehqrt er doch unter die treuen Thiere, wie im Reinecke Fuchs weiter nachzulesen ist. Das ist die erste Rose die in meinem Garten aufblpht nun werden sie zu Duzzenden folgen. G.
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506. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 8. Juni 1779. Dienstag Dass ich Sie gestern vorbey lies sind zwey Ursachen, die ntchste dass eben Bttty zu mir kommen war und mir von Kochberg erzthlte, die entfernte weil ich nicht wohl war, denn ich habe schon einige Tage den Magen verdorben, dagegen ich heut frph einnehmen will. Ihr Guter Morgen war mir sehr werth war er nur nicht ein Zeichen einer pbeln Nacht gewesen. Adieu liebste d‘. 8 Jun 1779 G.
17 uUrsachen
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BRIEFE 507–512
507. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 9. Juni 1779. Mittwoch
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Gestern Abend hatt ich Ihnen noch eine Rose gebrochen die unterm Busch aufgeblpht war. Ich wurd aber unterweegs aufgefangen, und musste sie wieder mit nach hause nehmen. Wenns Regen giebt blphen ganze Krtnze auf. Gehn sie heut zur Militair Operation? G. d‘. 9 Jun 79.
508. An Johann Friedrich Krafft ÆWeimaræ, 12. Juni 1779. Samstag
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Dancke Ihnen fpr das pberschickte in acht Tagen sollen Sie einiges Taschengeld haben und fpr die Befriedigung ihrer Wirthe will ich auch sorgen. Die Bpcher fpr Sie habe leider pber so viel Sachen die mir im Kopf schwtrmen vergessen ich will heut noch eine Parthie besorgen. Fahren Sie in Ihren Aufstzzen fort. und was Sie sonst eben bemercken schreiben Sie mir auch. d‘. 12 Jun 1779 G.
509. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 13. Juni 1779. Sonntag 15
Ich habe wieder die Medizin zu hplfe gerufen, so lang sie als Schlotfeger zu wprcken hat hab ich immer Vertrauen auf sie. Aus Ihrer Tasse trinck ich Bouillon und schicke Ihnen in dem erwpnschten Regen aufgeblphte Blumen d‘. 13 Jun. 1779. G
12 We Fahren 17 Inhnen 17-18 er-swpnschten
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510. An Johann Friedrich Krafft Weimar, 23. Juni 1779. Mittwoch Ihren Brief mit den Ilm. Nachric--hten habe wohl und unverlezt erhal---ten, und dancke recht sehr. Fahren Sie fort mir alles zu melden ist gleich nicht sobald und durchaus zu helfen so giebts einem doch mancherley Ideen. Morgen wird Hptm Castr. von hier abgehen ich gebe ihm Geld an Sie mit denn ich habe ihm schon ehmals gesagt dass Sie Ihr Geld durch mich empfingen. Er soll erst Rechnung mit Ihren Wirthen machen, eine Art von Contrackt schliesen, und ich will mich alsdenn verbinden alle Viertel iahr die Leute zu bezahlen. Hier etwas Papier und Sieglack. W. 23 Jun 79 G.
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511. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 24. Juni 1779. Donnerstag Sie thun sehr wohl dass Sie mich durch ihre Raben speisen lassen Morgends und Abends, den es ist doch eins der sichtlichsten und gewissesten Zeichen dass man im Himmel an die Propheten denckt. Gestern Abend hab ich noch eine Scene in Egmont geschrieben, die ich kaum wieder deschiffriren kann Ade d‘ 24 G Jun 79.
512. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 4. Juli 1779. Sonntag
Gestern bin ich erst neun Uhr erwacht, und habe Sie im Webicht gesucht, auf dem Pavillon, in dem Buchenplaz und auch dem Tiefurter Weeg. Wie ich Sie nicht fand ging ich nach hause schrieb, las ging nach zwqlfen noch durch den Stern, und die neuen Gtnge. Ich hoffe
1 nNac--hrichten ---- 11 sp6eisen 12 aAbends 13 sie d die 19 Wiche
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BRIEFE 513–515
solchen Tausch mit den Tagszeiten offter zu machen es ist sehr schqn. Hier haben Sie einen Einfall und guten Morgen. d‘. d‘. 4 Jul. 1779 G.
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Wenn Sie heute Mittag mit mir essen mqgten, und mqgten noch iemand mitbringen, etwa Ihre Mutter und Steinen oder wen Sie wollen.
513. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 4. Juli Æ1779. Sonntagæ
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Ich weis n i c h t ob der 5 Jul auch in ihrem Calender mit C h a r l o t t e bezeichnet ist, in meinem stehts so und ich hatte gehofft ihnen zum Morgengrus ein Zeichen einer anhaltenden Beschafftigung fpr sie zu schicken. Es wollte mir nicht gelingen, drum schick ich Ihnen das schqnste von meinem Hausrath. Ich kan diesen mir so ominosen NahmensTag nicht vorbeygehn lassen ohne Ihnen anders als alle Tage zu sagen dass ich sie liebe. d‘. 4 Jul Nachts. G.
514. An Charlotte von Stein
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ÆTiefurtæ, 11. Juli 1779. Sonntag
Knebel wird Ihnen den Zettel geben bey dem ich diese Nacht geblieben bin. Wir sollten diesmal scheiden ohne Adieu gesagt zu haben. Schicken Sie mir ia irgend ein Zettelgen nach Ettersb. wenn es auch nicht mehr enthtlt als dieses. Mir ists sehr ruhig, aber auch kommt mirs heute frph vor als wenn ich in meinem Leben nichts gethan httte. Adieu. Liebe d‘. 11 Jul 79. G. Sehen Sie ob Sie machen konnen dass Knebel morgen nach Ettersb. geht. 17 eEttersb. 17 ausch 23 na6ch
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515. An Johann Friedrich Krafft Weimar, 13. und 17. Juli 1779. Dienstag und Samstag Mir ist sehr lieb dass Castrop den Contrackt auf diese Weise berichtigt hat und sie nunmehr allein mit Hoes zu thun haben, diese verlangen hundertthaler ithrlich, und ich will diesen Leuten vierteljahrig die 25 rh garantiren, und auch sorgen dass Sie mit Ende Juli ein bestimmtes Taschengeld empfangen. Was ich in natura schicken kan, als Papier Federn Siegellack pp will ich auch thun, hier sind indess Bpcher die ich nach der Designation zurpck bitte. Fpr ihre Nachrichten danck ich, fahren Sie fort. Der Wunsch Gutes zu thun ist ein kphner, stolzer Wunsch, man muss schon sehr danckbaar seyn, wenn einem ein kleiner Theil davon gewthrt wird. Nun hab ich einen Vorschlag. Wenn Sie in Ihrem neuen Quartier sind, wpnscht ich dass Sie einem Knaben fpr dessen Erziehung ich zu sorgen habe, und der in Illmenau die Jtgerey lernt, einige Aufmercksamkeit widmeten. Er hat einen Anfang im Franzqschen wenn Sie ihm darinne weiter hplfen! er zeichnet hpbsch wenn Sie Ihn dazu anhielten! ich wollte Zeiten bestimen wenn er zu Ihnen kommen sollte, Sie wprden mir viel Sorge die ich offt um ihn habe benehmen, wenn Sie in freundlichen Unterredungen ausforschten, mir von seinen Gesinnungen Nachricht gtben und auf sein Wachstuhm ein Auge httten. / Alles kommt drauf an ob Sie eine solche Beschtfftigung mqgen. Wenn ich von mir rechne, der Umgang mit Kindern macht mich froh und iung. Wenn Sie mir darauf antworten will ich Ihnen schon nthere Weisung geben. Sie wprden mir einen wesentlichen Dienst erzeigen, und ich wprde Ihnen von dem was zu des Knaben Erziehung bestimmt ist, monatlich etwas zulegen konnen. Mqgte ich doch im Stande seyn Ihren trpben Zustand nach und nach auszuhellen, und Ihnen eine besttndige Heiterkeit zu erhalten. W. d‘. 13 Jul. 1779. Die Nachrichten pber Erfurt hab ich richtig erhalten, auch die pbrigen Packete vollig rein an Siegeln. 2 Sie verlangen 11 eIhrem 15 hplfen,! 15-16 anhielten,! 16 zZeiten 18 6ausforschten
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BRIEFE 516/517
Ich schicke hier einen Contrackt in duplo den Sie mit Riethen auswechseln kqnnen. Sie wtren also fpr dies ntchste Jahr vor dem tussersten Mangel geschpzt, und ich bitte Sie Sich mqglichst zu beruhigen, und Sich zu pberzeugen dass ich gern stufenweise fpr Sie thun will was ich kan. Den Contrackt unter den ich meine Garantie gesezt habe, unterschreiben Sie an dem Plaz wo das + mit Bleystifft steht, und geben ihn an Ried. Ihr Brief ist mir gestern richtig pberbracht worden. W. d‘. 17 Jul 1779.
516. An Carl Theodor von Dalberg Weimar, 21. Juli 1779. Mittwoch 10
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Ew Exzel‘ dancke nochmals aufs beste fpr den Mercken pberschickten Kopf, seine Freude wird sehr gros seyn. Was die Mittheilung meiner Iphigenie betrifft halt ich mir vor Ex. Exzel‘ mpndlich meine Bedencklichkeiten zu sagen. Ein Drama ist wie ein Brennglas wenn der Ackteur unsicher ist, und den focum nicht treffend findet, weis kein Mensch was er aus dem kalten und vagen Scheine machen soll. Auch ist es viel zu nachltssig geschrieben als dass es von dem gesellschafftlichen Theater sich sobald in die freyere Welt ---wagen dprfte. Ich wpnsche bald Gelegenheit zu haben es Ew Exzel‘ selbst vorzulesen. Den Brief leg ich hier wieder bey, und bitte mich dero H‘. Bruder bestens zu empfehlen und fpr sein Zutraun / zu dancken. Wtre ich in Mannheim und kennte Truppe und Publikum mit Vergnpgen wollt ich was man verlangte versuchen, aber ohne diese data, halt ich fpr mein geringes Talent unmqglich etwas treffendes hervorzubringen, wie ein Dekorations Mahler schweerlich einen Platfond wprde anzugeben wagen, wenn er nicht die Form des Gewqlbes und die Weite des Standpuncktes und andre Lokale Umsttnde bestimmt wpsste und beherzigt httte.
1 Ri|e|then 4 sSich 14 umnd 15 zu findent 20 6mich (vor m nur ein Aufstrich vorhanden) 21 imn 24 meine geringe|s| 25 Mahrler
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JULI/AUGUST 1779
Behalten mir Ew Exzel‘. dero Gewogenheit. 21 Jul 1779. Goethe
Weimar d‘.
517. An Johann Friedrich Krafft Weimar, 7. August 1779. Samstag Seyn Sie unbesorgt wenn Sie nicht immer von mir hqren. Der Bote hat Packet und den Br. vom 2 Aug. wohl pberbracht. Meine Gesinnungen und Handlungen werd ich nie gegen Sie tndern wie ich s auch von Ihnen hoffe. Behalten Sie ihre Freymptigkeit und schreiben mir alles was Ihnen vorkommt ohne Furcht mich zu beleidigen. Hier sind Ge‘. Zeitungen. und 6 rh. Mpnze. Tuch zu einem Kleide sollen Sie ntchstens haben, auch vor dem Winter sonst noch das nqtige, ich komme vielleicht selbst nach Illm. wo wir mehr sprechen kqnnen. Wegen Rieds werd ich sehn was mir die Umsttnde zu thun erlauben. Sonst rath ich in solchen Ftllen nicht leicht zu Ausnahmen. Wegen des Knabens will ich ntchstens weitltufiger schreiben. Hier bey kommt auch Leinwand zu ein halb duzzend Hemden. W. d‘. 7 Aug 1779 G. / Ein iunger Mensch Nahmens Seidel der mein Hauswesen versieht, wird bey Ihnen einsprechen und wegen des iungen Peter im Baumgarten das nqtige mit Ihnen abreden auch sonst besorgen weil zu schreiben es zu weitltuffig ist. G.
10 Allg. T. Bib‘. dunde 16 Kn-eabens 16 6schreiben 19 nNahmens
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BRIEFE 518–520
518. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 8. August 1779. Sonntag Einen guten erquickten Morgen! Bis gegen Mittag ists sehr schqn also lad ich Sie zum Essen mit Ihren Kindern und Kestnern. Denn Stein ist doch heute nicht zu haben G. d‘. 8 Aug 1779
519. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimaræ, 9. August 1779. Montag 5
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Mein Verlangen Sie einmal wiederzusehen, war bisher immer durch die Umsttnde in denen ich hier mehr oder weniger nothwendig war, gemtsigt. Nunmehr aber kann sich eine Gelegenheit finden, darpber ich aber vor allem das strengste Geheimniss fordern muss. Der Herzog hat Lust den schqnen Herbst am Rein zu geniesen, ich wprde mit ihm gehen und der Cammerh‘. Wedel. wir wprden bey Euch einkehren wenige Tage da bleiben um den Messfreunden auszuweichen dann auf dem Wasser weiter gehn. Dann zurpckkommen und bey euch unsre Sttdte aufschlagen um von da die Nachbaarschafft zu besuchen. Wenn sie dieses prosaisch oder poetisch nimmt so ist dieses eigentlich das Tppfgen aufs i, eures vergangnen Lebens, und ich ktme das erstemal ganz wohl und vergnpgt und so ehrenvoll als mqglich in mein Vaterland zurpck. Weil ich aber auch mqgte dass, da an den Bergen Samarit der Wein so schqn gediehen ist auch dazu gepfiffen wprde, so wollt ich nichts als dass Sie und der Vater offne und feine Herzen httten uns zu empfangen, und Gott zu dancken der Euch euren Sohn im dreisigsten Jahr auf solche Weise wiedersehen lasst. Da ich aller Versuchung widerstanden habe, von hier wegzuwitschen und Euch zu pberraschen, so wollt ich auch diese Reise / recht nach Herzenslust geniessen. Das unmqgliche erwart ich nicht. Gott hat nicht gewollt dass der Vater die so sehnlich gewpnschten Frpchte die nun reif sind geniessen solle, er hat ihm den Apetit verdorben und so seys. ich will gerne von der Seite nichts fordern als was ihm der Humor des Augenblicks fpr ein Betra2 6Ihren 9 6Lust 11 dieen 22 habe|,| mich 23 ausch 25 F--so 26 verdor rben
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gen eingiebt. Aber Sie mqgt ich recht frqhlich sehen, und ihr einen guten Tag bieten wie noch keinen. ich habe alles was ein Mensch verlangen kan, ein Leben in dem ich mich ttglich pbe und ttglich wachse, und komme diesmal gesund, ohne Leidenschafft, ohne Verworrenheit, ohne dumpfes Treiben, sondern wie ein von Gott geliebter, der die Htlfte seines Lebens hingebracht hat, und aus Vergangnem Leide manches Gute fpr die Zukunft hofft, und auch fpr kpnftiges Leiden die Brust bewthrt hat, wenn ich euch vergnpgt finde, werd ich mit Lust zurpckkehren an die Arbeit und die Mphe des Tags die mich erwartet. Antworte Sie mir im ganzen Umpfang sogleich. wir kommen allenfalls in der Htlfte Septembers das nthere bis auf den kleinsten Umstand soll Sie wissen wenn ich nur Antwort auf diese habe. Aber ein unverbrpchlich Geheim/niss vor der Hand auch gegen den Vater Merckn Bollig pp allen muss unsre Ankunft uberraschung sein. ich verlasse mich drauf. Hier vermuthet noch niemand nichts. d‘. 9 Aug. 1779. G Wie ich mir unsre Quartiere gedacht habe und was wir brauchen pp das alles soll in meinem ntchsten Brief folgen wenn Sie mir erst ihre Ideen geschrieben hat.
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520. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, Mitte August 1779æ So eine Antwort wpnscht ich von Ihr liebe Mutter, ich hoffe es soll recht schqn und herrlich werden. Also eine nthere Nachricht von unsrer Ankunft. Ohngefthr in der Htlfte September treffen wir ein und bleiben ganz still einige Tage bey Euch. Denn weil der Herzog seine Tanten und Vettern die auf der Messe seyn werden nicht eben sehen mqchte wollen wir gleich weiter und auf dem Mayn und Rhein hinab schwimmen. Haben wir unsre Tour vollendet; so kommen wir zurpck und schlagen in forma unser Quartier bey Ihr auf, ich werde alsdenn alle meine Freunde und Bekannte beherzigen, und der Herzog wird nach Darmstadt gehen und in der Nachbaarschafft einigen Adel besuchen. Unser Quartier wird bestellt wie folgt. Fpr den 5 einen 12 Sie hernach wissen 12 aAntwort 13 degegen 14 pdberraschung
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Herzog wird im kleinen Stpbgen ein Bette gemacht, und die Orgel wenn sie noch da stpnde hinausgeschafft. Das grose Zimmer bleibt fpr Zuspruch, und das Peckin zu seiner Wohnung. Er schlafft auf einem saubern Strohsacke, worpber ein schqn Leintuch gebreitet ist unter einer leichten Decke. / Das Papier schltgt durch drum fahr ich hier fort:| Das Camin stpbgen wird fpr seine Bedienung zurecht gemacht ein Matraze Bette hinein gestellt. Fpr H‘. v. Wedel wird das hintere Graue Zimmer bereitet auch ein Matrazze Bette pp. Fpr mich oben in meiner alten Wohnung auch ein Strohsack pp wie dem Herzog. Essen macht ihr Mittags vier Essen nicht mehr noch weniger, kein Gekqch, sondern eure bprgerlichen Kunststpck aufs beste, was ihr frphmorgens von Obst schaffen konnt wird gut seyn. Darauf reduzirt sichs also dass wir das erstemal wenn wir ankommen iederman pberraschen, und ein paar Tage vorbeygehn eh man uns gewahr wird, in der Messe ist das leicht. In des Herzogs Zimmern thu sie alle Lustres heraus, es wprde ihm ltcherlich vorkommen. Die Wandleuchter mag sie lassen. Sonst alles sauber wie gewohnlich und ieweniger anscheinende / Umsttnde ie besser. Es muss ihr seyn als wenn wir 10 iahr so bey ihr wohnten. Fpr Bedienten oben im Gebrochnen Dach bey unsren Leuten sorgt sie fpr ein oder ein Par Lager. Ihre Silbersachen stellt sie dem Herzog zum Gebrauch hin. Lavor, Leuchter pp. keinen Caffe und derg‘. trinckt er nicht. Wedel wird ihr sehr behagen, der ist noch besser als alles was sie von uns Mannsvolck gesehen hat. Also immer ein tiefes Stillschweigen, denn noch weis kein Mensch hier ein Wort. Was ihr noch einkommt schreibe sie mir. Ich will auf alles antworten, damit alles recht gut vorbereitet werde. Merck darf noch nichts wissen.
15 w gut
17 nicht ein 18 dens 23 TDach
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521. An Charlotte von Stein Weimar, 18. August 1779. Mittwoch Ich sehne mich gar sehr nach Ihnen, und so bald es mqglich ist werd ich kommen, seit Sie weg sind, bin ich pberall herumgezogen, war einen Tag in Ettersburg, in Tiefurth, auf der Jagd in Troisttdt, es ist wie mit einer Erbschafft die nach dem Abgang des einigen Besizzers an viele zerftllt. Mir wird s nicht recht wohl dabey, denn ich habe keinen Ort woher ich komme und wohin ich gehe. Die Weste sizt gar schqn, es ist die erste die so passt zu meiner grosen Freude. Sie sieht gar lieblich, und ich hoffte drinn mit Ihnen einen Englischen durchzufphren. In Ettersburg fing ich aus zuftlliger Laune an nach oeserischen Zeichnungen zu krizzeln, es ging gut und nun mach ich mehr, Sie sollen ehstens etwas haben; der herzog hat eine Zeichnung von mir fpr eine schqne Dame verlangt, der er wie er sagt sie versprochen hat. Hier schick ich etwas Obst. Adieu sagen Sie mir durch die Botin ein G. Wort und grpsen die Kinder. W. d‘. 18 Aug 1779.
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522. An Carl Christian von Herda Weimar, 20. August 1779. Freitag Hochwohlgebohrner Hochgeehrtester Herr, Das gute Zeugniss das Ew Hochwohlgeb‘. als ein Sachkundiger dem Landkommissar geben, hat mir viel Vergnpgen gemacht und mein Vertrauen auf diesen Mann vermehrt. Wenn die Zeit herankommt da Sie ihn zu dem Theilungsgeschtffte brauchen wollen, erwart ich Nachricht, da ich denn ungestumt von Durchl Urlaub fpr diesen Mann erbitten werde. Die vorteilhaffte Art, mit der er bey seiner Rpckkehr von Ew Hochwohlgeb‘. mir gesprochen, konnte zwar nichts zu der Hochach3 a6uf 4 aAbgang 12 es- hstens 12 hat-t (von t- nur Aufstrich vorhanden) 22 vonfcr 22 diesemn
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BRIEFE 523–525
tung hinzuthun, die ich Ihnen lange gewiedmet habe, aber angenehm war mir’s meine Gesinnungen auch aus seinem Munde zu hqren. Ew Hochwohlg‘.
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ganz gehorsamster Diener Goethe
523. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 25. August 1779. Mittwochæ
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Noch eine gute Nacht sollen Sie zum Morgen Grus haben. Ich bin glpcklich mit wenigem Regen gegen neun angekommen und fand den Herzog mit Grothhausen und Knebeln auf der Wiese, es ist Gr. eine edle, reine, brave Figur. Und es war in manchem betracht gut dass ich herkam. Hier sind Pfirschen die ich finde. Lassen Sie mein Andencken bey sich seyn. Nachts eilfe G
524. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 21. und 28. August 1779. Samstag und Samstag
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Ich muss wohl aushalten, merck ich, es ist nicht anders. Heut Abend hofft ich bey Ihnen zu seyn, der Mond scheint recht schqn und httte mich gut bis in Ihre Berge gebracht, den Montag wollt ich zurpck, das soll mir auch nicht werden. Denn der Herzog ist seit gestern weg, und kommt erst Morgen, und da sind Sachen wenn sie nicht Montags frph in Bewegung gehn, geschehn sie die ganze Woche nicht. Dem Fprsten wird eine Stunde nach der andern gestohlen, und dagegen ist er offt in der Noth uns ganze Tage zu rauben. Diese Woche hat die Last die ich trage wieder sttrcker gedrpckt. An Orten wo die Weiber Vicktualien und andres in Kqrben auf dem Kopfe tragen, haben sie Kringen wie sie s nennen von Tuch mit Pfer16 NMontag 18 sSachen
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dehaar ausgestopft dass der harte Korb nicht auf den Scheitel drpckt, manchmal wird mirs als wenn mir eins das Kpssen wegnthme und manchmal wieder unterschqbe. Steinen seh ich wenig, er ist nie zu hause wenn ich nach ihm frage. Ihre Tauben wissen gar nicht wie ihnen geschieht dass das Fenster sich nicht qffnen will. Das Eichhqrngen ist wohl. In mein Haus kommt nun gar kein Mensch, ausser dem schqnen Misel, wir sind gar artig zusammen, denn wir sind in gleichem Falle, mir ist mein liebstes verreist, und ihr fprstlicher Freund hat andre Weege gefunden. Sonst seh ich recht wie ich von allen Menschen, und alle Menschen von mir fallen. Knebeln besuch ich manchmal, von Herdern hqr ich gar nichts. Indess ist ein neu Drama unterweegs, und Sie werden ia auch wieder kommen. Gute Nacht wenigstens schrifftlich. d‘. 21 Aug Sonnab 1779. G. /
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d‘. 28. Nur mit Einem Worte kan ich fpr den Beutel und die Manschetten dancken. Es ist heute ein schqner Tag. Mqge er Ihnen auch sehr hold seyn. Von Bpchern was ich habe folgt hier! grpsen Sie alles. G
525. An Charlotte von Stein Weimar, 1. September 1779. Mittwoch Einen Korb mit Frpchten und einen Grus. Die Trauben sind freylich nicht vom Rhein, machen Sie s damit wie Sies mit mir selbst halten mpssen lesen sie die reifen Beeren aus, und wo Sie was sauers sppren werfen Sie’s weg. Wir machen uns viel Bewegung nach der alten und neuen Religion das ist mit reiten und laufen. Schreiben Sie mir etwas von sich. Noch gehts in der neuen Epoche ganz wacker mit mir. Adieu. W. d‘. 1 Sept. 1779. Grpsen Sie alles und theilen von sps und saurem mit. G.
2 den - - -as 18 se6hr 21 Rhein.,
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526. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 4. September 1779. Samstagæ Sonnabends mit Sonnenuntergang.
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Morgen eh ich erwache soll der Bote an Sie fort der einen Korb mit Aepfeln und die Preise der Zeichenschule fpr Carl und Kestner pberbringt. Es ist schade dass Sie nicht zugegen waren und die Ausstellung unsres kleinen Anfangs sahen. Jederman hatte doch auf seine Art eine Freude dran, und es ist gewiss die unschuldigste Art der Aufmunterung wenn doch ieder weis dass alle Jahre einmal qffentlich auf das was er im Stillen gearbeitet hat reflecktirt, und sein Nahme in Ehren genannt wird. Ubrigens haben wirs ohne Sang und Klang und Prunck auf die gewqhnliche Weise gemacht. Den Herzog hats vergnpgt dass er doch einmal was gesehn hat das unter seinem Schatten gedeiht, und dass ihm Leute dafpr dancken dass er ihnen zum Guten Gelegenheit giebt. / Grpsen Sie Steinen und alles was um Sie ist. Wie gern wtr ich wieder einige Tage bey Ihnen. Sie geniessen der schqnen Tage hoff ich recht im ganzen ich nehme nur danckbaar meine Portion davon. Adieu. G Der Besuch der schqnsten Gqtter die den weiten Himmel bewohnen dauert bey mir immer fort, ich thue mein mqglichstes sie gut zu bewirthen, und wenn sie ia wieder scheiden sollten, so bitt ich dass sie mqgen meine Hptte zum Tempel verwandlen in dem sie nie abwesend sind.
527. An Charlotte von Stein Weimar, 7. September 1779. Dienstag
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Ihre Veste trag ich bey ieder Feyerlichkeit, ich mqchte ein ganz Gewand haben das Sie gesponnen und gewprckt httten um mich drein zu wickeln. 8 gan im 25 httte|n|
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Ich schicke Ihnen was von Egmont fertig ist, und alle meine andre Sachen, heben Sie mir sie auf. Da ich zulezt von Ihnen ging schied ich ungerner als Sie mich liessen, denn ich wusste dass ich Sie sobald nicht wiedersehen wprde. Wir verreisen und zwar eine gewpnschte und gehoffte Reise, wie wir einen Schritt vorsezzen sollen Sie Nachricht haben. Und Sie schreiben mir auch hoff ich. Leben Sie wohl. und recht wohl. Gestern hab ich der Herzoginn L. eine Zeichnung von mir gegeben, da ich bey der lezten Aufstellung nichts vorlegen konnte. Sie verzeihen mir die Untreue. Dafpr sollen Sie von der Reise manches sehen, wills Gott. Gestern war in Ettersburg Euridice eine Parodie, nach dem Englischen von Einsiedel. es machte sich recht hpbsch und Wedel spielte den Orpheus recht brav. Weil doch ieder auf sich zurpckkehrt, so hoff ich er soll kpnftig den Crugantino spielen, so haben wir die ganze Claudine besezt. der Herzog hat Schnausen, Lynckern und mir den Geheimden raths Titel gegeben, es kommt mir wunderbaar vor dass ich so wie im Traum, mit dem 30ten Jahre die hqchste Ehrenstufe die ein Bprger in Teutschland erreichen kan, betrete. On ne va jamais plus loin que quand on ne scait ou l’on va. Sagte / ein groser Kletterer dieser Erde. Adieu, wenn Sie noch in Kochberg sind wenn wir zurpckkommen, seh ich Sie gleich. Grpsen Sie alles. Adieu. Wir gehen erst kpnftigen Sonntag also erwart ich noch ein Wort von Ihnen. W. d‘. 7 Sept. 1779 G.
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528. An Johann Friedrich Krafft Weimar, 9. September 1779. Donnerstag Was Sie an Petern thun danck ich Ihnen vielmals, denn der Junge liegt mir am Herzen, es ist ein Vermtchtniss des unglpcklichen Lindaus. Thun Sie nur gelassen gutes an ihm. Wie Sie ihm ankommen kqnnen! Ob er liest, ob er franzqsch treibt, zeichnet pp mir ist alles recht nur 13 O ---Wedel 13 dden Orpheuse 18 Ehrenstufe der ie ein
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dass er fpr die Zeit etwas thue und dass ich von ihm hqre wie Sie ihn finden, und was Sie pber ihn dencken. Gegenwtrtig lassen Sie ihn ia den Jtgerstand als sein erstes und leztes betrachten, und hqren Sie von Ihm wie er sich dabey benimmt was ihm behagt, was nicht und was weiter. – Denn glauben Sie mir der Mensch muss ein H a n d w e r c k haben das ihn nthre. Auch der Kpnstler wird nie bezahlt sondern der Handwercker. Chodowiecki der Kpnstler den wir bewundern tsse schmale bissen, aber Chodowiecki der Handwercker, der die elendsten Sudeleyen mit seinen Kupfern illuminirt wird bezahlt. Wthnen Sie ia nicht Peter habe die Gedult und das ausharren zum Kpnstler, iezt da er in den Wald soll will er zeichnen, er wprde eine Begier nach dem Holz haben wenn er an die Staffeley sollte. / Ich verreise von hier auf einige Wochen und schicke etwas klein Geld. Castr. hat den Auftrag die 25 rh an Rieds zu bezahlen. Wenn ich wiederkomme sollen Sie von mir hqren. W d‘. 9 Sept. 1779 G
529. An Charlotte von Stein Weimar, 10. September 1779. Freitag
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Noch einmal Adieu, und Danck fpr den Talisman. Nach Franckfurt gehen wir, ich weis Sie freuen sich mit in der Freude meiner Alten. Schreiben Sie mir grad dorthin unter meiner Adresse. Adieu Liebst. Die Schule der Liebhaber ist beym Buchbinder. W. d‘. 10 Sept. 1779. G.
530. An Charlotte von Stein Kassel, 15. September 1779. Mittwoch
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Wir gehen unter denen Cassler Herrlichkeiten herum und sehen eine Menge in uns hinein. Die Gemthlde Gallerie hat mich sehr gelabt, 1 dere 1 V - -von 8 elendste|n| 12 Hozlz 25 mMenge
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wir sind wohl und lustig, es war Zeit dass wir in’s Wasser kamen. Schqn Wetter haben wir bisher, und klare Augen. Schreiben Sie mir ia nach Franckfurt. Ich kan nichts sagen in der Zerstreuung in der wir iezt schweben. Die Gr. Wartensleben will ich besuchen. Adieu. Cassel d‘. 15. Sept. 1779. G.
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531. An Josias von Stein mit Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Kassel, 15. September 1779. Mittwoch Caßel den 15tn Sept. 1779. Guten Morgen lieber Stein. Ich schlage diese beyliegenden in ihren Paquet ein, theils weil es in einen Gasthof zu vornehm klingt wenn man an Hertzoginnen schreibt, wo man unerkant ist, theils auch um meiner Famielie das Postgeld zu ersparen. Was neues schreibe ich Ihnen alleweile nicht, dieses soll von Franckfurth aus geschehn. weiter nichts als daß es mir u. allen wohl geht, u. es mir hier, zumahl die gegend sehr geftllt. Nur noch eins, laßen Sie doch Wedeln seinen drey Pferden daß Futter geben was Sie derweil, auf 3 von meinen Pferden ersparen. Adieu lieber Stein. Grpßen Sie Ihre Frau, die Waldnern, u. ihre kleine Schwtgerin. C. A.
Auch grps ich Sie recht schqn und bitte innliegenden Brief nach Kochb. zu bestellen. Wir sind glpcklich und lustig in Cassel angelangt, haben uns schon meistens umgesehen und recht schqne Sachen gefunden. D‘. Junge Forster hat mit uns gegessen und ist viel ausgefragt worden wies in der Spdsee aussieht. Empfehlen Sie mich denen aller schqnsten Hofdamen. Bald werden Sie aus dem gelobten Franckfurt mehr von uns hqren. G
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532. An Josias von Stein ÆFrankfurt a. M.æ, 20. September 1779. Montag
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Wollten Sie die Gpte haben an Mstr Barckhofen 3 Carolins zu bezahlen, und ihm den Brief zu schicken. Bey meiner Rpckkunft ersez ich’s mit Danck. Wir sind recht glpcklich angelangt und wohl empfangen worden. haben alles Gesund angetroffen, und sind lustig und vergnpgt. Adieu. d‘. 20 Sept 1779 G
533. An Charlotte von Stein Frankfurt a. M., 20. September 1779. Montag
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Nur einen guten Morgen vorm Angesicht der Vtterlichen Sonne. Schreiben kan ich nicht. Wir sind am schqnsten Abend hier angelangt und mit viel freundlichen Gesichtern empfangen worden. Meine alten Freunde und bekannte haben sich sehr gefreut. Den Abend unsrer Ankunft wurden wir von einem Feuerzeichen empfangen das wir uns zum allerbessten deuteten. Meinen Vater hab ich vertndert angetroffen, er ist stiller und sein Gedtchtniss nimmt ab, meine Mutter ist noch in ihrer alten Krafft und Liebe. Adieu. beste! heut erwart ich ein Briefgen von Ihnen. bald rpcken wir weiter von Ihnen weg, doch nicht mit Herzen. Adieu, grpsen Sie alles. d‘. 20 ter Sept. Frfurt. 79 G.
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534. An Charlotte von Stein bei Speyer, 24. September, Rheinzabern und Seltz, 25. September, Emmendingen, 28. September 1779. Freitag–Dienstag Gegen Speyer pber am Rhein.
d‘. 24 Sept 79
Wir warten auf die Fthre indess will ich im Schatten Ihnen einige Worte schreiben. Wir streichen wie ein stiller Bach immer weiter gelassen in die Welt hin, haben heute den schonsten Tag, und bisher das gewpnschte Glpck. Auf diesem Weege rekapitulir ich mein ganz vorig Leben sehe alle alte bekannte wieder, Gott weis was sich am Ende zusammen summiren wird. Dem Herzog thuts sehr wohl, Wedel ist vergnpgt. Die Schweiz liegt vor uns und wir hoffen mit Beystand des Himm in den grosen Gestalten der Welt uns um zutreiben, und unsre Geister im Erhabnen der Natur zu baden. Lassen Sie immer etwas nach Franckfurt gehen, es wird mir nachgeschickt oder erwartet mich. Leben Sie wohl! auf der andern Seite ein leichtes Schattenbild der Gegend. G. /
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ÆVgl. Faksimileæ Rheinzabern d‘. 25 ten Sept. frph. Ich hatte mir vorgenommen ein klein Diarium zu schreiben, es ging -----aber nicht weil es mir keinen nahen Zweck hatte, kpnftig will ich Ihnen ttglich, einfach aufschreiben was uns gesc--hieht. Gestern Mittag kamen wir zu Speyer an, wie Sie aus der Bleystifft Beylage sehen, und suchten den Domher Beroldingen auf. Er ist ein lebhafter, grader, und rein theilnehmender Mann. Wir fasteten mit ihm sehr gut. sahen den Dom ein halb neues halb aus dem Brand pberbliebnes Gebtude dessen erste Anlage wie die alten Kirchen zusammen in dem wahren Gefphl der Andacht gemacht ist. Sie schliesen den Menschen in den einfachen grosen Formen zusammen, und in ihren hohen Gewolben 1 ucber 1 234 15 245
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Abb. 15: Speyer von jenseits des Rheins gesehen (Nr 534)
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kan sich doch der Geist wieder ausbreiten, und aufsteigen, ohne wies in der grosen Natur gesc--hieht ganz ins unendliche pberzuschweifen. Neuerdings haben sie diese Kirche blaulich ausgemahlt und mit Schniz und Krizpossen ausstaffirt dass man gern / wieder herausgeht. Wir sahen den Schaz wo alte Messgewande sind, wo ieder Kpnstler sein Ganz Talent dem Priester auf den Rpcken gehtngt hat. In allen diesen, wenigstens d‘. tltsten ist sehr viel Herzlichkeit, Manigfaltigkeit in Kqpfen und Figuren, ein wunderbaar Studium mit Perlen ein Clair obscpr hervorzubringen da die grqsten auf die hqchsten Lichter gesezt sind und bis hinten in die Schatten die kleineren und kleinsten. Wie alles neu und beysammen, alles blanck und bunt war, bin ich pberzeugt muss es schqn und in seiner art vollkomen gewesen seyn. Wir sahen in der Sessionsstube des Capitels die Scizze zur Hochzeit von Cana durch Paul Veronese ein treffliches Stpck, mit groser Liebe und Leichtigkeit gemahlen und gewalt und tpchtigkeit. Die meisten Kqpfe sieht man sind Portraits auffallend lebendig. Wir sahen die Gemthlde Sammlung des Dechanten der sehr viel und manches gute besizzt. / Die Landschafften zogen mich besonders an, denn ich hoffe immer noch etwas zu lernen: Bis iezt stehn mir einige starcke Redouten noch entgegen, auf dieser Reise hoff ich wenigstens eine mit sturm einzunehmen. Wir fanden bei Berold. selbst manches Gute an Gemthlden und Kupfern, aber alles durcheinander gekramt, eben eine Hagestolzen Wirthschafft. Er ist des Jahrs 5 Monate in Hildesheim die pbrige Zeit theils hier theils auf Touren, und so kommt er nicht zur Ruhe und Ordnung. Er kennt und liebt die Kunst sehr lebhafft, und weis was ein Mahler thut. Abends bey schqnem Mondschein fuhren wir hierher, da wir unsre Pferde Zeitiger vorausschickten. Hier ist nichts zu sagen wir kamen um eilf Uhr an schliefen lange, und reiten gleich weiter. S e l z Mittags. Ein ungemein schqner Tag eine glpckliche Gegend, noch alles grpn, kaum hie und da ein Buchen und Eichenblat gelb. Die Weiden noch in ihrer silbernen schqnheit. ein milder willkommner Athem durchs ganze Land. Trauben mit iedem Schritt und Tage 7 Vviel 13 zumr Ab Hochzeit 18 666zogen 19 Bastio Redouten 21 Berod--ld. 21 sehlbst 23 35 26 Modndschein 28 langen -- 31 eine 32 Ssilbernen 33 Land. Hie sind Trauben
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besser. Jedes Bauer / Haus mit Reben bis unters Dach, ieder Hof mit einer grosen vollhangenden Laube. Himmelsluft weich, warm, feuchtlich, man wird auch wie die Trauben reif und sps in der seele. Wollte Gott wir wohnten hier zusammen, mancher wprde nicht so schnell im Winter einfrieren und im Sommer austrocknen. Der Rhein und die klaren Gebprge in der Nthe, die abwechselnden Wtlder Wiesen und Gartenmtsigen Felder, machen dem Menschen wohl und geben mir eine Art Behagens das ich lange entbehre. Emmedingen d‘. 28 Sept. Ich kan nur zuerst die himmlischen Wolcken preisen und verherrlichen die bisher noch, wie ein Baldachin am Feyertage, pber uns schwebten, und sich als Freunde und Fphrer unsres Unternehmens bekannten. In Demuth hoff ich dass es so weiter gehn wird, Lufft und Wetterglas geben Hoffnung. Nachts die klarsten Himmel, frph mit Sonnen Aufgang leicht auf und absteigende Nebel, die erhabensten Lufterscheinungen. Regen wenn wir ins Quartier kommen pp. Ich fahre in meiner Erzthlung fort. d‘. 25 Abends ritt ich etwas seitwtrts nach Sessenheim, indem die andern ihre Reise grad fortsezten, und fand daselbst eine Famielie wie ich sie vor acht Jahren verlassen hatte beysammen, und wurde gar freundlich und Gut auf/genommen. Da ich iezt so rein und still bin wie die Luft so ist mir der Athem guter und stiller Menschen sehr willkommen. Die Zweite Tochter vom Hause hatte mich ehmals geliebt schqner als ichs verdiente, und mehr als andre an die ich viel Leidenschafft und Treue verwendet habe, ich musste sie in einem Augenblick verlassen, wo es ihr fast das Leben kostete, sie ging leise drpber weg mir zu sagen was ihr von einer Kranckheit iener Zeit noch pberbliebe, betrug sich allerliebst mit soviel herzlicher Freundschafft vom ersten Augenblick da ich ihr unerwartet auf der Schwelle ins Gesicht tratt, und wir mit den Nasen aneinander stiesen dass mir’s ganz wohl wurde. Nachsagen muss ich ihr dass sie auch nicht durch die leiseste Berphrung irgend ein altes Gefphl in meiner Seele zu wecken
2 6vollhangenden 3 wWollte 11 Vverherrlichen 20 245
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unternahm. Sie fphrte mich in ieder Laube, und da musst ich sizzen und so wars gut. Wir hatten den schqnsten Vollmond. ich erkundigte mich nach allem. Ein Nachbaar der uns sonst hatte kpnsteln helfen wurde herbeygerufen und bezeugt dass er noch vor acht Tagen nach mir gefragt hatte, der Barbir musste auch kommen, ich fand alte Lieder die ich gestifftet hatte, eine Kutsche die ich gemahlt hatte, wir erinnerten uns an manche Streiche iener guten Zeit, und ich fand mein Andencken so lebhaft unter ihnen als ob ich kaum ein halb Jahr weg wtre. Die Alten waren treuherzig man fand ich sey ipnger geworden. Ich blieb die Nacht und schied d‘. andern Morgen bey Sonnen/ aufgang, von freundlichen Gesichtern verabschiedet dass ich nun auch wieder mit Zufriedenheit an das Eckgen der Welt hindencken, und in Friede mit den Geistern dieser ausgesohnten in mir leben kan. d‘. 26 Sonntags traff ich wieder mit der Gesellschafft zusammen, und gegen Mittag waren wir in Strasburg. Ich ging zu Lili und fand den schqnen Grasaffen mit einer Puppe von sieben Wochen spielen, und ihre Mutter bey ihr. Auch da wurde ich mit Verwundrung und Freude empfangen. Erkundigte mich nach allem, und sah in alle Ecken. Da ich denn zu meinem ergozzen fand dass die gute Creatur recht glpcklich verheurathet ist. Ihr Mann aus allem was ich hore scheint brav, vernpnftig, und beschafftigt zu seyn, er ist wohlhabend, ein schqnes Haus, ansehnliche Famielie, einen stattlichen bprgerlichen Rang pp. alles was sie brauchte pp. Er war abwesend. Ich blieb zu Tische. Ging nach Tisch mit dem Herzog auf den Mpnster, Abends sahen wir ein Stpck L’Infante de Zamora mit ganz trefflicher Musick von Paesiello. Dann as ich wieder bey Lili und ging in schqnem Mondschein weg. Die schqne Empfindung die mich begleitet kan ich nicht sagen. So prosaisch als ich nun mit diesen Menschen bin, so ist doch in dem Gefphl von durchgehendem reinen Wohlwollen, und wie ich diesen Weeg her gleichsam einen Rosenkranz der treusten / bewthrtesten, unauslqschlichsten Freundschafft abgebetet habe eine recht ttherische Wollust. Ungetrpbt von einer beschrtnckten Leidenschafft treten nun in meine Seele die Verhtltnisse zu den Menschen die bleibend sind,
2 gut,. 3 hel6fen 5 bBarbir 7 man ich 15 sStrasburg 22 einen sehr stattlichen 24 Abend|s| 26 mMondschein 29 Wohlwohllen
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meine entfernten Freunde und ihr Schicksaal liegen nun vor mir wie ein Land in dessen Gegenden man von einem hohen Berge oder im Vogelflug sieht. Hier bin ich nun nah am Grabe meiner Schwester, ihr Haushalt ist mir, wie eine Tafel worauf eine geliebte Gestalt stand die nun weggelqscht ist. Die an ihre Stelle Getrettne Fahlmer, mein Schwager, einige Freundinnen sind mir so nah wie sonst. Ihre Kinder sind schqn, munter, und gesund. Von hier wird nun auf Basel gehn. Wenn Sie wieder von mir hqren weis ich nicht. Von Ihnen hab ich noch nichts. Obgleich andre Briefe von Franckfurt aus nachgeschickt sind. Adieu. Grpsen Sie alles. Emmedingen d‘. 28 Sept. 1779.
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d‘. 27 frph sind- - wir von Strasburg ab und Abends hier angekommen. Lavatern zu sehn und ihn dem Herzog nther zu wissen ist meine grqste Hoffnung. Ich unterhalte Sie nur von mir. Es ist meine alte Spnde. Adieu.
535. An Johann Caspar Lavater Thun, 8. Oktober 1779. Freitag
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Thun d‘. 8 Oktbr 79. So nah bin ich bey dir l. Br. wie dir der Ruf schon wird gemeldet haben. Wir sind im Begriff auf die Gletscher so weit es die Jahrszeit erlaubt zu gehen. Dann solls noch durch einen Umweeg, zu dir. Schreibe mir doch mit umlaufender Post nach Bern in den Falcken ein Wort ob etwa in Bern Lausanne Genf Luzern Zug pp einige Menschen sind die du kennst und die zu kennen mir auch Freude machte, ich will sie besuchen und von dir grpsen, und dir ihre Grpse bringe. Ja lieber Bruder dich wieder zu sehen, ist einer meiner bestandigsten Wpnsche diese vier Jahre her und wird nun auch bald erfpllt. / 1 liegtdene 5 geliebste 6 dFahlmere 15 unterhalten 18 gemeldedt 22 Um umlaufender 24 fFreude
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Ich habe dir viel zu sagen, und viel von dir zu hqren, wir wollen wechselsweis Rechnung von unserm Haushalten ablegen, einander seegnen, und fpr die Zukunft sttrcken, wieder ganz nah zusammenrpcken, und uns freuen dass wir noch in einer Lufft athemholen. Von dem was ich mitbringe unterhalt ich dich nicht im Voraus. Mein Gott dem ich immer treu geblieben bin hat mich reichlich geseegnet im Geheimen, denn mein Schicksaal ist den Menschen ganz verborgen, sie kqnnen nichts davon sehen noch horen. Was sich davon offenbaaren ltsst, freu ich mich in dein Herz zu legen. Adieu Bruder. Bisher sind wir glpcklich gereist, bete auch dass / uns die himmlischen Wolcken gpnstig bleiben, und wir an allen Gefahren vorpber gehn. G Sonntag d‘. 10ten denck ich sollst du diesen Brief haben und Dienstag d‘. 12 kqnnte nach der Postrechnung ein Brief von dir wieder in Bern seyn. Auf alle Ftlle schreibe sobald du kannst.
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536. An Charlotte von Stein Lauterbrunnen, 9. Oktober und Thun, 14. Oktober 1779. Samstag und Donnerstag Lauterbrunnen den 9 Oktbr. 1779. Ab 1/2 7. U. Wir sind /2 5 wirklich hier in der Gegend angelangt und alles was ich bisher gewpnscht, wir haben den Staubbach bei Gutem Wetter zum erstenmal gesehen die Wolken der Obern Luft waren gebrochen und der blaue Himmel schien durch. An den Felswtnden hielten Wolken, selbst das Haupt wo der Staubbach herunter kommt, war leicht bedekt. Es ist ein sehr erhabener Gegenstand. Und es ist vor ihm, wie bei allem grossen so lang es Bild ist so weis man doch nicht recht was man will. Es ltsst sich von ihm kein Bild machen, die Sie von ihm gesehen haben sehen sich mehr oder weniger thnlich; aber wenn man drunter ist, wo man weder mehr Bilden noch beschreiben kann, dann ist man erst auf dem rechten Flek. Jezo sind die Wolken herein ins 1
5 denm 14 mdu 17|Ab 1/2 7. U.|
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Thal gezogen und deken dolle die heitern Grpnde. Auf der rechten Seite steht die hohe Wand noch hervor pber die der Staubbach herab kommt. Es wird Nacht, wir sind beim Pfarrer in Lauterbrun eingekehrt es ist ein aus ein ander liegendes Dorf, genannt, wie die Leute sagen weil lauter Brunnen nichts als Brunnen in dieser Gegend von den Felsen herunter kommen. Ueber das Mpnsterthal wodurch wir gekommen sind hab ich ein eigen Papier geschrieben die Gegensttnde darinn sind sehr erhaben aber proportionirter zu dem Begriff der menschlichen Seele als wie die gegen die wir nther rpken, Gegen das pbergrosse ist und bleibt man zu klein. Ich werde mich entschliessen mpssen ihnen rpkwtrts ein Tagbuch so leicht und leidlich als mqglich von unserer Reise zu machen. Heute Sonnabend den 9ten gingen wir frph von Thun ab zu Schiff pber den See. Die Nebel fielen wenn wir in unserer Landssprache sagen es regnete, die Gipfel der Berge waren eingehpllt wir sassen in einem bedekten Schiff ich las den Ge/sang aus Bodmers Homer. Gegen zwqlfe kamen wir in Untersewen an assen eine grosse Forelle, examinirten einen Augenarzt wovon ich den Zettel hier beischliesse und fuhren auf einem engen Leiterwtgelgen zusammen gepakt ab gingen aber bald zu Fusse durch das Thal bis nach Lauterbrun. . man sagt auch hier zu Land auf dem Wagen reiten. Den 8 t‘ konnte ich in Bern frph mit dem Perpkenmacher nicht fertig werden, suchte Leute auf die ich nicht fand und durchstrich bei der Gelegenheit die Stadt, sie ist die schqnste die wir gesehen haben in Bprgerlicher Gleichheit eins wie das andere gebaut, all aus einem graulichen weichen Sandstein, die egalitaet und Reinlichkeit drinne thut einem sehr wohl, besonders da man fphlt, dass nichts leere Decoration oder Durchschnitt des Despotismus ist. Die Gebtude die der Stand Bern selbst auffphrt sind gros und kostbar doch haben sie keinen Anschein von Pracht der eins vor dem andern in die Augen wprfe, wir nahmen ein Frphstpk statt des Mittagsessens und ritten drauf nach Thun, wo wir beizeiten anlangten um noch die schqne Aussicht vom Kirchhof auf den See zu sehen und an der Aar bis gegen den See 2 hera6b 13 gehen dgingene G 16 lass (langes s zu Schluss-s) 17 6Forelle 19 und auf 23 dsuchte 24 Geglegenheit 25 Gleichheit und eins 26 Reich Reinlichkeit 28 ist,. 32 tThun 32 an6langten
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zu spazieren. Wir machten mit einem Bprger Bekanndtschaft, der uns geleitete, drauf unser Schiffer war und kpnftig unser Geleitsman seyn wird. Den 7 brachen wir von A n n e t auf, es rieselte stark, wir mussten durch den Moor und Moos was man bei uns durch Rieder nennen mqchte, wodurch uns der Wirth begleite, wo wir doch oft unsere Pferde fphren musste aus Furcht nicht ein zu/sinken. Wir kamen tpchtig im Regen nach Murten ritten aufs Beinhaus und ich nahm ein Stpkgen Hinterschtdel von den Burgundern mit, in Murten assen wir zu Mittag und lassen aus einem treflich geschriebenen Buche die Geschichte der Murten Schlacht. Es ist tusserst rphrend von einem Zeugen und Mitstreiter, die Thaten dieser Zeit erzthlen zu hqren. Das Wetter kltrte sich auf als wir von Murten wegritten und wir zogen durch die schqne Landschaft nach Bern, wo alles gar glpklich abgetheilt und genuzt ist und frqlich und nahrhaft und reich aussieht. Den 6 t‘ hatten wir einen etwas verworrnen Tag wurden aber doch von einem guten Geist irre gefphrt. frph ritten wir von Biel aus am See weg pber Erlach nach Annet von da wollt ich nach La Sauge allein der Weeg war wiedrig und wir verirrten uns im Ried, wir waren gezwungen auf die Hauptstrasse zurpk zu gehen und genqthigt von Ort zu Ort wo theils keine Wirthshtusser waren theils die Leute uns nicht aufnehmen konnten bis nach St. Blaise zu gehen das zu oberst des Neusttdter Sees liegt, es war eben ein schqner Mittagsblik der Sonne aus dem Gewqlk als wir ankamen, wir freuten uns des und genossens recht sehr assen zu Mittag, sezten uns wieder an den See und ritten endlich auf Annet wieder zurpk, wo wir in einem leidlichen Wirthshaus pber Nacht blieben. Den 5 fuhren wir frph auf dem Rathsschiffe von Biel aus nach der Insel des Bieler Sees / wohin Rousseau sich begab als er von Geneve weggetrieben wurde. Die Insel gehqrt den Hospital zu Bern und der Schaffner und seine Frau die die Wirthschaft selbst fphren sind noch eben dieselben die Rouss. bewirtheten. 4 tbrachen 6 Mensch Wirth 7-8 vtpchtig 9 Burgunder|n| G 9 Mut Murten 10 ausser der aus 17 gefphrt|.| G 17 Bphl dBiele G 18 Soche dSaugee G 22 Plais dBlaisee G 22 obersst G 28 Bphl bBielc G 29 Bphler bBielerc G 31 Wirthsschaft
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Gute Nacht fpr heute. es ist wenigstens etwas und mehr als ich von Ihnen die Zeit gehqrt habe. G.
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Thun d‘. 14 Oktb. Abends 7. wir sind glpcklich wieder hier angekommen. Diese vier Tage das schonste Wetter, heut und gestern keine Wolcke am Himmel, und die merckwprdigsten Gegenden ganz rein in dem himmlischen Lichte genossen. Es ftllt schweer nach allem diesem zu schreiben, ich will nachher aus meinem Bleystifft Gekrizzel Phillippen wieder dicktiren. Die merckwprdige Tour durch die Bernischen Glttscher ist geendigt wir haben leicht vorpbergehend die Blpte abgeschqpft an einigen Orten httt ich mit dem Bogen noch einmal schlagen konnen aber es ist auch so gut. Wtr ich allein gewesen ich wtre hoher und tiefer gegangen aber mit dem Herzog muss ich thun was mtsig ist. Doch kqnnt ich uns mehr erlauben wenn er die bose Art nicht httte den Speck zu spicken, und wenn man auf dem Gipfel des Bergs mit Mph und Gefahr ist, noch ein Stiegelgen ohne Zweck und Noth mit Mph und Gefahr such/te. Ich bin auch einigemal unmutig in mir drpber geworden, dass ich heut Nacht getrtumt habe ich httte mich drpber mit ihm pberworfen, wtre von ihm gegangen, und httte die Leute die er mir nachschickte mit allerley Listen hintergangen. Wenn ich aber wieder sehe wie iedem der Pfal in’s Fleisch geben ist den er zu schleppen hat, und wie er sonst von dieser Reise wahren Nuzzen hat, ist alles wieder weg. Er hat gar eine gute Art von Aufpassen, Theilnehmen, und Neugier, beschtmt mich offt wenn er da anhaltend oder dringend ist, etwas zu sehen oder zu erfahren, wenn ich offt am Flecke vergessen oder gleichgpltig bin. Es soll recht gut werden denck ich und bisher hat uns das Glpck gar unerhqrt begleitet. Kein Gedancke, Keine Beschreibung noch Erinnerung reicht an die Schqnheit und Grqsse der Gegensttnde, und ihre Lieblichkeit in solchen Lichtern Tageszeiten und Standpunckten.
8 auss (langes s zu Schluss-s) 8 6Gekrizzel 18 iIch 24 Aufpaffssdsseen 29 unhqerhqrt
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Wedel hat des tags hundert tolle Einftlle, und wenn ihn nicht manchmal der Schwindel anktme und ihn auf Augenblicke bqser Laune machte, wtre kein Gesellschaffter pber ihn. / Von dem Gesange der Geister hab ich noch wundersame Strophen gehqrt, kann mich aber kaum beyliegender erinnern. Schreiben Sie doch sie fpr Knebeln ab, mit einem Grus von mir. Ich habe offt an ihn gedacht. Nun geht die Erzthlung wieder ordentlich von Lauterbrunn an. Wie wir von Emmedingen nach der Bieler Insel gekommen sind. Wird wohl Lpcke bleiben.
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537. An Christian Friedrich Schnauss Bern, 16. Oktober 1779. Samstag Haben Sie viel Danck theuerster H‘. Collega fpr Ihren angenehmen Brief, ich erhielt ihn schon als wir das erstemal in Bern ankamen. Seit der Zeit haben wir den Weeg durch die Eisgebprge des Cantons und was dran htngt gemacht. wir haben den Staubbach, die Glttscher im Lauterbrunn und Grindelwald, den Fall des Reichenbachs, Meyringen, das Thal nach der Grimsel bis Guthdannen, den Brigenzer und Thuner See pp bey dem schqnsten Wetter mit allem Glpck und zufriedenheit gesehen, und die Schqnheit und Herrlichkeit dieser Gegensttnde geht pber alle Gedancken und Worte. Der Herzog ist sehr vergnpgt dass es so auserordentlich geglpckt hat. Leben Sie wohl behalten Sie mich lieb, grpsen Sie gute Freunde, und bleiben von meiner Treue pberzeugt. ich kan Sie versichern dass ich bey schqnen Gegensttnden offt an Sie gedacht habe. Eben erhalt ich auch Ihr zweites nubiloses Schreiben weder in materia noch forma ist ienes Betragen gut und hpbsch. Halten Sie Sich wacker, und lassen Sie bald wieder von Sich hqren. Bern d‘. 16 Oktbr. 1779. 8-9 vor- ordentlich 15 desn 22 gelglpckt 25 sSie
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BRIEF 538
Wir schwtzzen hier den ganzen Tag mit den Bernern von ihrer Regimentsform. Der Herzog fragt brav aus und ist auf alles aufmercksam. Wir sehen auch was zu sehen ist. G
538. An Charlotte von Stein Thun, Æ 15.æ und Bern, 16. Oktober Æ1779æ. Freitag und Samstag 5
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Sonntags den 10t‘ frph sahen wir eben den Staubbach wieder und wieder aus dem Pfarrhause an, er bleibt immer eben derselbe und macht einen unendlich angenehmen und tiefen Eindruk. Weil wir die Eißgebirge nicht selbst besteigen wollten, so schikten wir uns zu einem Stieg an auf einen Berg der gegen pber liegt und der Steinberg genannt wird. Er macht die andere Seite von einem engen Thal aus wo sie gegen pber liegen, biss er sich seblst endlich hinten an sie anschliesst. Was man aus einer kleinen gedrukten Beschreibung des Pfarer Wittenbachs sehen kann will ich hier nicht wiederholen. Eine Weile steigt der Weeg pber Matten, dann windet er sich rauh den Berg hinauf, die Sonne gieng uns pber den Gletschern auf und wir sahen sie der Reihe nach gegen pber liegen. Wir kamen auf die Steinbergs Alp, wo der Zingelgletscher an den Steinberg stqsst, die Sonne brannte mit unter sehr heiss. Wir stiegen biss zum Ausbruch des Zingelgletschers und noch hqher hinauf, wo vor dem Zingelhorn aus dem Eise sich ein kleiner See formirt. Horn heissen sie hier den hqchsten Gipfel eines Felsens, der meist mit Schnee und Eiss bedekt ist und in einer seltsamen Horngestalt oft in die Luft steht. Wir kamen gegen drei oben an, nachdem wirs uns vorher auf der Alpen wohl hatten schmeken lassen Es ftllt mir unmqglich das merkwprdige der Formen und Erscheinungen bei den Gletschern iezt anschaulich zu machen, es ist vieles gut was drpber geschrieben worden, das wir zusammen lesen wollen und dann ltsst sich viel erzthlen. Wir verweilten uns oben, kamen in Wolken und Regen und endlich in die Nacht,
11 hendlich 14 gstehtdsteigte 25 ge iezt 26 dasss G?
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zerstreut und mpde in dem Pfarrhauss an, ausser Wedel und Wagner, die Schon frph Morgens ihres Schwindels wegen beizeiten umgekehrt waren. / Bern Sonnabends. d‘. 16 Octb 9 Uhr Nachts. Vorstehendes dicktirt ich an Ph. noch in Thun, nun wird mirs unmqglich weiter fortzufahren. Die Weege stehen besser in der schlechtesten Reisebeschreibung, und was mir dabey durch den Kopf geht kan ich nicht wieder auflesen. Philipp soll also aus seinem Tagebuch abschreiben das will ich anfpgen. Wenigs in einzelnen Worten von Bern wenn ich zurpck komme will ichs ausfphren. Gegend, Stadt, wohlhabend, reinlich, alles benuzt, geziert, allgemeines Wohlbefinden, nirgen Elend, nirgend Pracht eines einzelnen hervorstechend nur die Wercke des Staats an Wenigen Gebauden kostbaar pp. Mythologie der Schweizer. National Religion, Tell, die Berner Btren pp. Schallen Werck. War bey Aberli. Im Zeughaus Natur. Cabinet bey Sprpnglein. Sinner, Tscharner Kirlchberger. Prof. Wilhelmi. Vielerley pber Hallern. Apserer Stand pp. Gestern erst erhielt ich Ihren Brief vom 25ten Sept. So weit sind wir schon auseinander. Die Wartensleben war nicht in Cassel ich fragte nach ihr. Es wird noch eine Weile wthren biss wir uns wiedersehn, indes Adieu beste. Ich komme nach allem doch wieder zu Ihnen zurpck. Lavater schreibt mir „Bey der entsezlichen Dprre an Lebenden Menschen kannst du dencken wies mir wohl thun wird mich an dir zu wtrmen“. Und ich mag auch wohl sagen „Kinderlein liebt euch!“ Wahrhafftig man weis nicht was man an einander hat wenn man sich immer hat. Adieu.
3-4 waren. Montags den 11 giengen wir von Lauterbrunnen ab, da uns das Wetter hinderte den obern Weeg pber die Berge zu nehmen giengen wir unten durch s Thal in den Grindelwald, ich berufe mich wieder auf die kleine Be-/ Bern G 4 dd‘. 16 Octbe 13 wWohlbefinden 16 wWerck 16 Cabine6t
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ÆAbschrift Philipp Seidels aus seinem Reisetagebuch mit Ergcnzungen und Korrekturen Goethesæ ÆThun, 16. Oktober 1779. Samstagæ
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den sogenannten untern Glttscher der bis ins Thal dringt und daran die herrliche Eishqle woraus das Eiswasser seinen Ablauf hat. ┼
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Ich verirrte mich half mir aber wieder zur Gesellschafft wir sahen den Obern Glttscher. von allem diesem nthere mpndliche Auslegungen. ┼
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Den 11 Okt. um 10 Uhr von Lauterbrunn ab. Der Regen hatte die Weege sehr schlimm gemacht. Herrliche Felsen und Felsenbrpche. Die Sonne kam hervor die Wolken hoben sich von den Bergen. Hier und da kam der schqne blaue Himmel hervor. Um 4 Uhr Nachmittags kamen wir nach G r p n d e l w a l d sahen noch vor Tische┼ und suchten Erdbeern in dem Hqlzgen das gleich darneben steht. Den 12 Okt. frph um 7 ab. Es war sehr kalt und hatte gefrohren┼ . Den Scheidek hinauf wurd es uns samtlich warm. Streit pber den Mettyberg und Jungfrauhorn. Hier wtchst zwischen den Steinen ein hartes Gewtchs, Bergrose genannt dessen Blttter einen starken balsamischen Geruch haben. Auf dem Gipfel ist ein kleiner See. Um 1 Uhr waren wir im Schwarzwald. Hier sieht man auf der rechten Seite das Wollhorn, Wetterhorn und Engelhorn. Das Wetter war heiter. Hier assen wir bei einem Bauer was wir mit ge-
8-12 ┼ den sogenannten Æ:::æ hat. G 10-11 woh--raus 14-18 ┼ Ich verirrte Æ:::æ Auslegungen. G (rechte Spalte:) 10 G r p n d e l w a l d den 12 Okt. sahen G? 11 Tische einen eine prachtige Schnee und Eißhole und G (einen zuvor bereits von Seidel gestr.) 21 66dessen
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┼ gegen den Winter ╪ Die Hirten waren erst selbigen Morgen mit dem Vieh abgetrieben. Der Weeg geht an hohen Felswtnden vorbey.
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nommen hatten. Der Weeg ins Haslithal ist der angenehmste den man gehen kann. Wir besahen einen Ktsespeicher die hier aller Enden stehn nun aber nach und nach┼ geleert und verlassen werden.╪ Der erste Blik vom Berg herab in das Hasliland ist frappirend, die Gegend ist erstaunend weit und angenehm. Vom Gipfel des Scheideks bis ins Haslithal geht man pber 4 Stunden immer Berg ab. Hier gingen wir links an dem Berg nach dem Reichenbach und dann nach H o f wo wir etwas assen. Von hier auf Gutannin Der Weeg ist bqs weil man so oft pber elende Stiege pber die Aar muss, an Felsenwtnden weg wo ein bloser Pfad ausgehauen ist und unten immer grosse Abgrpnde. Hierzu kam / die einbrechende Nacht. H‘. v. Wedel und Wagner waren wegen ihres Schwindels pbel dabei zu Muthe. Eine halbe Stunde vor Guotanin nahmen wir Zuflucht in einem Bauernhauss. ich ging Wagnern der noch zurpk war mit einer Laterne entgegen. Schqne Familie in dem Hauß. Wir kamen endlich mit Schindelfakeln nach 8 Uhr daselbst an.
6 ┼ gegen den Winter G 7-10 ╪ Die Hirten Æ:::æ vorbey. G 9 Wee66g (rechte Spalte:) 11 Halislithal
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im Grund genannt
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Schlechter Wein und schlechte Wirtschaft daselbst. Den 13 Okt. um 7 Uhr ab und wieder zurpk. Wir kehrten wieder bei der schqnen Familie ein und frphstpkten noch einmal, der Weeg den wir nun mit mehr Muse und Vergnpgen machten ist pber allen Ausdruk schqn. Er krpmmt zwischen den hohen Bergen bald herpber bald pber die Aar die bei Hof sich zwischen zwei hohen Felsenwanden durchdrangt und eine halbe Stunde drauf wieder herauskommt. Das Thal bei Hof ┼ ist rund mit Bergen umgeben das gar schqn aussieht. Aus dem Meiringer Wirthshauss wo wir zu Mittag assen sieht man zwei kleine Wasserftlle angenehm den Berg herabkommen. Von Petern haben wir niemand zu sprechen kqnnen kriegen. Wir giengen um 3 wieder ab der H‘ Geh. Rath voraus Der Weeg nach Brienz ist grad und schqn von fruchtbaren Bergen eingefasst. Auf der linken Seite kommt man an dem Wandel- und Olzibach vorbei. Abends 1/2 7 waren wir in Brienz. Ein Schwager des Peters war denen Herrns nachgelaufen und gab ihnen einen Brief mit
16 ┼ im Grund genannt G (rechte Spalte:) 10 sch zwischen 16 Hof mag etwa noch einmal so gross als der Ros6 Rossmarkt sein und ist G (Ros6 zuvor bereits von Seidel gestr.) 20 wWasserftlle 27 FBergen 29 Olzi und Wandel-
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Vorn pber 3 Mannshqhe hat hinten aber steigend niedriger wird und ┼
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ausser dieser Schwester hat er noch einen Bruder eine Stiefmutter und Stiefgeschwiester. / Vor dem Wirthshauss musten zwei Bursche nach Schweizermanier in dem Gras mit einander ringen. Die Aussicht von dem Brienzersee nach den Haslibergen und den Schneegebirgen bei untergehender Sonne ist gros. Es war schon Nacht als auf den Schneebergen oben noch die Sonne gltnzte. Den 14 frph 8 Uhr ab. Es war wieder der schqnste heiterste Tag. um 11 Uhr waren wir in Unterlachen einem Kloster wo man anlandet und biss Untersewen zu Fuse geht In dem Wirthshauss trafen wir wieder den berphmten Doktor Tavaros an mit seiner ganzen Famielie und pbrigen Rotte die zusammen 12 Personen ausmachen. 1/2 3 gingen wir ab. Der H‘ Geh. R. las aus dem Homer von den Sirenen. Eine Stunde nach Untersewen erscheint die Beatus Hqle wir stie- aus und kletterten den Berg hinan wo man expres einen Weeg in den Berg eingehauen hat. Aus der Hole die┼ aber sehr tief hinein geht komt ein schqnes Wasser, daneben ist noch eine do zwischen
31-33 ┼ Vorn pber 3 Mannshqhe Æ:::æ niedriger wird und G (rechte Spalte:) 1 ausdser 31 die etwa Mannshoch ist aber sehr G (aber versehentlich nicht gestr.)
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beiden ist ein heiliger Epheustamm hoch den Fels hinan gelaufen dessen Zweige feierlich drpber herabhtngen eine Kanaillehand hat ihn und wohl erst vor einigen Tagen unten durchgehauen. Der Stamm war drei Spannendik, er ist noch frisch und grpn. Herrliches Grpn des Seees von oben. Wasserfall. Der Mond kam hervor. Der See ward bewegt und bildete allerlei schqne Wellungen und Krtusel auf der Fltche. Um 7 in Thun. / Den 15 frph 9 3/4 ab. Der H‘ Geh. R. wollte auf der Aar bis Bern fahren, es gebrach an Gelegenheit und unterblieb. um 1 Uhr waren wir in Bern. So weit also mit diesem. Nun lass ich noch ein Blat abschreiben das ich im Mpnsterthal schrieb d‘. 3 Octbr. Es liegt zwischen Basel und Biel. Ich nahm soviel mqglich war alles zusammen was ich an Gegensttnden des Tags Gesehn und bey ihnen in mir vorgegangen war. nicht immer hat man soviel reinheit nicht immer die Gedult und Entschlossenheit aufs Papier mit seinen Erscheinungen zu gehn. Adieu. Heut Abend schwtzt meine Feder wie ein Specht. Avis au Relieur.
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Erst kommt das Tagebuch nach seinen Numern 1. bis 6. Sodann der Gesang, sodann die Beschreibung des Mpnster-Thals. Und wenn man will zulezt das Avertiss. des Docktors. Grpsen Sie Ihre Mutter und die kleine. Und wenn Sie in Kochb. noch sind die Schleus. Grpsen Sie Ktstner und die Kinder.
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ÆAbschrift von Reiseaufzeichnungen Goethes durch Philipp Seidelæ Mpnster den 3 Okt. Sonntag Abends. Ich eile nur von der lezten Station einige Worte aufzuzeichnen. Von wo wir zu Mittag gegessen hatten, kamen wir bald in den engen Pass der hierher fphrt. Durch den Rpken einer hohen und breiten Gebirgkette, hat die Birsch ein mtssiger Fluss sich einen Weeg von uralters gesucht. Das Bedprfniss mag nachher durch diese Schlphter tngstlich nachgeklettert seyn. Die Rqmer erweiterten schon den Weeg und nun ist er sehr bequem durchgefphrt. Das pber Felsstpke rauschende Wasser und der Weeg gehen neben einander weg und machen an den meisten Orten die ganze Breite des Passes der auf beiden Seiten von Felsen beschlossen ist, die ein gemtchlich aufgehobenes Auge fassen kann. Hinterwtrts heben Gebirge sanft ihre Rpken, deren Gipfel uns von Nebel bedekt waren. Bald steigen an einander htngende Wtnde senkrecht auf, bald streichen gewaltige Lagen schief nach dem Fluss und dem Weeg ein, breite Massen sind auf ein ander gesezt, und gleich darneben stehen scharfe Kippen abgesezt. Grosse Klpfte spalten sich aufwtrts und Platten von Mauersttrke haben sich von dem pbrigen Gesteine losgetrennt. Einzelne Felsstpke sind herunter gestprzt, andere htngen noch pber und lassen nach ihrer Lage fprchten dass sie dereinst gleichfalls heim kommen werden. Bald rund, bald spiz, bald bewachsen, bald nakt sind die Firsten der Felsen, wo oft noch oben drpber ein einzelner Kopf kahl und kphn herpbersieht, und an Wtnden und in der Tiefe schmiegen sich ausgewitterte Klpfte hinein. Mir machte der Zug durch diese Enge eine grosse ruhige EmpfindÆung.æ Das Erhabene giebt der Seele die schqne Ruhe, sie wird ganz dadurÆchæ ausgefpllt, fphlt sich so gros als sie seyn kann und giebt ein reines GÆeæfphl, wenn es bis gegen den Rand steigt ohne pberzulaufen. Mein Aug und meine Seele konnten die Gegensttnde fassen, und da ich rein war, diese Empfindung nirgends falsch wiedersties, so
7 zulezt dnachhere G
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wprkten sie was sie sollten. Wenn man solch ein Gefphl mit dem vergleicht, wenn wir uns mphseelig im Kleinen umtreiben alle Mphe uns geben ihm so viel als mqglich zu borgen und aufzufliken und unserm Geist durch seine eigne Kreatur eine Freude und Futter zu geben, so sieht man erst wie ein armseelig behelf es ist. Ein iunger Mann den wir von Basel mitnahmen sagte es sei ihm lange nicht wie das erste mal und gab der Neuheit die Ehre. Ich mqchte aber sagen wenn wir einen solchen Gegenstand zum erstenmal erbliken so weitet sich die ungewohnte Seele erst aus und es macht dies ein schmerzlich Vergnpgen eine Ueberfplle die die Seele bewegt und uns wollpstige Thrtnen ablokt, durch diese Operation wird die Seele in sich grqsser ohne es zu wissen und ist iener ersten Empfindung nicht / mehr fthig, der Mensch glaubt verlohren zu haben, er hat aber gewonnen, was er an Wollust verliert gewinnt er an innrem Wachsthum; Httte mich nur das Schiksaal in irgend eine grosse Gegend heissen wohnen ich wollte mit iedem Morgen Nahrung der Grosheit aus ihr saugen, wie aus meinem lieblichen Thal Geduld und Stille. Am Ende der Schlucht stiege ich ab und kehrte einen Theil alleine zurpk. Ich entwikelte noch ein tiefes Gefphl was das Vergnpgen auf einen hohen Grad fpr aufmerksame Augen vermehrt. Man ahndet im Dunkeln die Entstehung und das Leben dieser seltsamen Gestalten. Es mag geschehen seyn wie und wann es wolle, so haben sich diese Massen nach der Schweere und Aehnlichkeit ihrer Theile gros und einfach zusammengesezt. Was fpr Revolutionen sie nachhero bewegt, getrennt, gespalten haben, so sind auch diese auch nur einzelne Erschptterungen gewesen und selbst der Gedanke einer so ungeheuren Bewegung giebt ein hohes Gefphl von ewiger Festigkeit. Die Zeit hat, auch gebunden an die ewige Geseze, bald mehr bald weniger auf sie gewirkt. Sie scheinen innerlich von gelblicher Farbe zu seyn, allein das Wetter und die Luft vertndern die Oberfltche in graublau, dass nur hier und da in Streifen und in frischen Spalten die erste Farbe sichtbar ist.
19 desdre Schluchts G 19 diche 26-27 diese dauche nur nach einzelnen Erschptterungen G 31 gebllblicher
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Langsam verwittert der Stein selbst und rundet sich an den Eken ab, weichere Fleken werden weggezehrt, und so giebts gar zierlich ausgeschweifte Hqlen und Lqcher, die wenn sie mit scharffen Kannten und Spizzen zusammentreffen sich seltsam zeichnÆen.æ Die Vegetation behauptet ihr Recht auf iedem Vorsprung, Flache und SpalÆtæ fassen Fichten Wurzel, Moos und verwandte Krtuter stumen diÆeæ Felsen. Man fphlt tief, hier ist nichts willkphrliches, alles langsam bewÆeægendes ewiges Gesez und nur –––– –––– –––– –––– –––– –––– –––– Menschenhand ist der bequeme Weeg pber den man durch diese seltsame Gegenden durchschleicht.
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539. An Johann Caspar Lavater Bern, Æ19.æ Oktober 1779. ÆSonntagæ Lieber Bruder, deine Leute hier hab ich meist gesehen, Kirchbergern noch heut Abend sptt anderthalb Stunden auf seinem Landhaus gesprochen. Es ist ein Mann mit dem sich gut reden ltsst und ich habe die Zapfen meiner Geftse, wie er angeklopft hat, gar freundlich ausgezogen, und mir auch dagegen von dem seinigen reichen lassen. Auf alles was er gefragt hat, hab ich ihm in meiner Art geantwortet, und durch Gleichnisse und anschlagen wurden wir bald bekannt. Auch hab ich ihm hie und da mehr gesagt als er gefragt hat, denn es htngt alles gar hpbsch bey ihm zusammen, und er hat fpr sein Alter, und dass er viel fpr sich durchdacht hat, eine schqne Gelencksamkeit der Gedancken. Nun wirds weiter gehen. Verschiedne Packete sollen an dich geschickt werden hebe mir sie auf. Wir gehen auf Lausanne und Genv. Bey Neuburg sind wir schon gewesen, es thut mir leid die Gener. nicht zu sehen, ich schick ihr deinen Brief. Wenn du mir was noch zu sagen hast, so schicks an Toblern den ich gewiss aufsuche. Von Genv hqrst du weiter von mir. Was der treue Cameralische Okulist mit dem B r . H e r z o g will, versteh ich ausser dem Zusammenhang nicht. Wenn’s so ist wie ich
6|fassen| G 6 Wurzeln 14 hat|,|
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vermuthe, mag er’s immer noch ein Paar Jahrhunderte aufschieben, und es soll auch dann, wills Gott nicht passen. Es ist nur seit man die Kazzen weis gemacht hat, die Lowen gehqren in ihr Geschlecht, dass sich ieder ehrliche Hauskater zutraut er kqnne und dprfe Lowen und Pardeln die Tazze reichen und sich brpderlich mit ihnen herumsielen, die doch ein vor allemal von Gott zu einer andern Art Thiere gebildet sind. Adieu. Eh wir Zprch nahen hqrst du mehr von mir. Bern d‘.17 Okbr. 79.
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Grps dein Weib und die kleine, es soll mich wundern ob und wie wir uns vertndert finden.
540. An Johann Heinrich Merck Bern, Æ19.æ Oktober Æ1779. Sonntagæ
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Bern d‘. 17. Oktb. Wir haben immer das glpcklichste Wetter gehabt. in Speyer mit Berold. gegessen, einen ganzen Nachmittag mit ihm. in Emmend. alles recht gut und Brav. hinter Freyburg in die Hqlle, einen guten Tag mit Schlossers und den Mtdels. In Basel Mechel bey ihm interessante Wiener Portraits pp Gegend, Bibliotheck, Holbeins pp. Antiquittten. Fabricken pp. Durch Mpnsterthal eine herrliche Felsgegend, abwechselnd, durch Mpnster auf Biel. In die Weinlese kamen wir, da wo die Trauben berphmt sind. Halb stprmischen schqnen Tag auf der See. nach Rousseaus Insel, eben im Weinlesen begriffen, fpr drei Jahr Trauben gessen. auf Anet, sodann wieder bis St Blaise, am Neuburger See einen Mittag gefeyert, hohe Sonnenblicke pp. auf Murten, der einzige Regen Tag. Auf Bern. Nach einer kleinen gedruckten Anweisung Wyttenbachs auf die Glttscher. pber Thun Unterseeven in’s Lauterbrunn, Staubbach, auf den Steinberg, die Glttscher gegen pber, bis an Tschingelhorn, zurpck, dann in Grindelwald, die beyden Glttscher, und unbeschreibliche Tage, pber den Scheideck ins Oberhaslin, durch den Grund bis Guttannen. Zurpck auf Meyrin3 hat|,| 3 sdie 18 di-ea 19 Roussaeaus 21 Sonnenblicke (drittes n und Trennungsstrich am rechten Rand nicht erkennbar) 22 ei - -Regen 23 La pber 23 tThun 26 uber die 27 an durch ---
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gen. In der hqchsten Klarheit des Himmels, Wtrme und Kphle, ein Grpn pber alles, und Farben an den abstehenden noch ganz beblttterten Btumen!! In Tracht bey Brigenz schlafen. Mit Sonnenaufgang auf den Brigenzer See. uber Unterseeven auf den Thuner, nach Thun, auf Bern, auf Langenau, beym alten Micheli eine Nacht, auf Hindelbanck das Grab der Langhans. auf Bern zurpck, immer vollkommen Wetter! die Bibliotheck, das Zeuchhaus Sprpnglins Sammlung hochst interessant. bey Wittenbachen war ich diesen Morgen drey Stunden, er ist sehr instrucktiv er hat von allen Bergen und Enden der Schweiz die / Steinarten zusammengelesen. ist ein recht artiger Mann. Allerley Leute besucht Aberli, ein Mahler der Junge Wocher wird recht brav, in Biel einen kennen lernen Hartmann, von dem ich mit bringe. Uber alles was sich dencken ltsst zeichnet der iunge Schpz der iezt bey einem Handelsmann Bprckhart in Basel ist. Aberli macht seine Studien nach der Natur in Oel trefflich. Wir sind wohl, mit unter recht lustig, der Herzog grpst und Wedel. Von Lavatern hab ich mir allerley interessante Menschen nennen lassen pp. So viel im Vogelflug von unserer Tour, dass du folgen kannst und siehst dass bisher die Gqtter mit uns waren, morgen gehn wir auf Lausanne Eben da ich so schrieb sah ich durch die Schornsteine dass die Sonne unterging und lief schnell auf die Terasse hinter dem Mpnster. Sie war schon untergegangen, und an den Schneebergen stand noch das Roth, und der Mond oben drpber, du kennst den Anblick. Adieu. Schick diesen Brief wenn du ihn gelesen hast meinen Eltern. Adieu. Meine Mutter soll kpnftig alle Packete an H‘. Gedeon Burckhardt in Basel adressiren. Was sie bisher abgeschickt hat haben wir zu verschiednenmalen erhalten. Es ist uns nachgekommen. G
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541. An Charlotte von Stein Payerne, 20. Oktober, Moudon, 21. Oktober, Lausanne, 23. Oktober, Vallee de Joux, 24./25. Oktober, Nion, 26./27. Oktober 1779. Mittwoch–Mittwoch
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Payerne Peterlingen d‘. 20 Oktbr. 79 Abends Nur wenig Worte dass ich nicht ganz aus dem Faden komme, und Sie uns folgen kqnnen. Heut frph sind wir von Bern ab, nachdem wir uns was moglich war umgesehen und auch einige interessante Leute kennen lernen. In Murten zu Mittage. In Avanche einen Fusboden Mosaique von der Rqmer Zeit gesehen, schlecht erhalten, und geht taglich mehr zu Grunde, dass es Jammer ist. Mit schonem Mondschein hier angelangt. Auch kan ich diesen Brief wieder mit Preis der Witterung anfangen. Vom Docktor in Langnau werd ich manches erzthlen. Er geht fpr Alter sehr zu sammen und war auch nicht guter Humor des Tags, er hatte Honig gegessen den er nicht verdauen kan, und seine Frau war abwesend, doch ist sein Auge das gegenwtrtigste das ich glaube gesehn zu haben. Blau, offen, vorstehend, ohne Anstremgung beobachtend ppp. Vom Grabmal der Pfarren zu Hindelbanck zu hqren werden Sie Geduld haben mpssen, denn ich habe mancherley davon, darpber und dabey vorzubringen. Es ist ein Text worpber sich ein lang Capitel lesen ltsst. Ich wpnschte gleich iezt alles aufschreiben zu kqnnen. Ich hab soviel davon gehqrt und alles verbertucht pour ainsi dire Man spricht mit einem allzeit fertigen Enthusiasmus von solchen Dingen, und niemand denckt sieht drauf was hat der Kpnstler gemacht, was hat er machen wollen. /
Moudon d‘. 21. Wir machen kleine Tagreisen wie es neugierigen Reisenden ziemt. Den Morgen haben wir zugebracht wieder ein Mosaisches Pflaster bey Chaire gegen den Neusttdter See zu besuchen. Es ist ziemlich erhalten geht aber auch nach und nach zu Grunde die Schweizer tracktiren so etwas wie die Schweine. Der vorige Landvogt
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fand es erst vor zwey Jahren, der iezzige wird sich nicht drum kpmmern, besonders da es in einem benachbaarten Amt liegt und er nur die Schlpssel dazu hat. Ich schrieb ihm ein anonym billet, ihm zu berichten dass das Mtuergen umher einzufallen anfinge, und bat ihn es wieder herstellen zu lassen. Doch hilft auch das nichts wenn ers auch thut ppp. Es stellt den Orpheus vor in einem Rund, und in den Feldern umher die Thiere, es ist mittelmtsige Arbeit. Dagegen das gestrige trefflich muss gewesen seyn, aus einem einzigen Kopf zu schliesen den wir von allem noch finden konnten der aber auch bald wird zerstqrt seyn. Ganz herrlich aber war die Zeichnung von einem die wir gestern sahen, das aber schon lange aus Muthwill von Bauern bey nachtzeit ist rouinirt worden. / Meine ganz immer gleiche herzliche Freude und Liebe zu der bildenden Kunst macht mir so was noch viel auffallender und unertrtglicher. Ubrigens bin ich ruhig und recht wohl in meiner Seele. So bald eine ewige Abwechslung tausend manigfaltige Stpckgen auf meinem Psalter spielt bin ich vergnpgt. Dem Herzog bekommt’s auch recht sehr, ich hoffe ihr sollt des alle geniessen. Lausanne d‘. 23ten. Wenn es was zu schreiben giebt merck ich wohl wird nichts geschrieben und von alten Fusboden die Sie nichts angehn unterhalt ich Sie weitltufig. gestern d‘. 22ten kamen wir gegen Mittag hier an und sahen d‘. Genfer See Den Meister von allen Seen die wir bisher gesehen haben, wovon doch ieder sein eignes hat. Lausanne liegt allerliebst, ist aber ein leidig Nest, Lust Hauser sind umher von trefflichen Aussichten auch Spaziergtnge. Wir gingen Nachmittag Spazieren und sahen uns satt. Abends ging ich zu Mad. Branconi. Sie kommt mir so schqn und angenehm vor dass ich mich etlichemal in ihrer Gegenwart stille fragte, ob s auch wahr seyn mqchte dass sie so schqn sey. Einen Geist! ein Leben! einen Offenmuth! dass man eben nicht weis woran man ist. /
4 die das 10 war ge die Zeichnung 11 dgesterne 19 24d3eten (4 gestr.) 21 Vorgestern 21 232ten 22 sDen 23 der Lausanne 25 aAussichten 28 sey|n| bmqchtec 29 Leben,! 29 eine|n| 29 Offenmuth,!
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d‘. 23 frph den schqnsten Morgen. Jeder Tag ist so schon dass man glaubt er sey schqner als der Vorhergehende. Wir fuhren nach Veway, ich konnte mich der Trthnen nicht enthalten, wenn ich nach Melleraye hinpber sahe und den dent de Chamant und die ganze Pltzze vor mir hatte, die der ewig einsame Rousseau mit empfindenden Wesen bevqlckerte. Der Genfer See wird hier von den Walliser und Savoyer Gebprgen eingeschlossen die steil herab gehn, die Einsicht ins Wallis ist ahndungs voll und die Schweizerseite mit Weinbergen sorgftltig und frqhlig genuzt. Wir badeten im See, assen zu Mittag fuhren nach Hause, puzten uns, fuhren zur Herzogin von Curland, strichen uns balde, und mich fphrte der Geist wieder zur M. Branconi. Eigentlich darf ich sagen, sie lies mir durch Mathti der bey ihrem Sohn ist gar artig sagen wenn ich noch eine Stunde sie sehen konnte wprd es ihr recht seyn. Ich blieb zum Essen. Am Ende ist von ihr zu sagen was Ulyss von den Felsen der Scylla erzthlt. „Unverlezt die Flpgel streicht kein Vogel vorbey, auch die schnelle Taube nicht die dem Jovi Ambrosia bringt, er muss sich fpr iedesmal andrer bedienen.“ Pour la Colombe d u j o u r elle a echappe belle doch mag er sich fpr das nachstemal andrer bedienen. / d‘ 24 Octbr. a la Vallee de Joux. Der heutige Tag war wieder sehr glpcklich. wir ritten frph halb achte mit schqnem Wetter aus, doch war ich schon seit gestern Abend in stillen Sorgen, der Wind hatte gewendet und kam von Genv das hier Regen deutet, die Sonne stach, die Nebel zogen vom Jura nach den Savoyer und Wallis Bergen, wir kamen nach eilf auf Rolles. Der See war unendlich schqn, die Gegend die la Cote heisst ist fast vom See an bis hoch an die Berge hinauf mit Reben bepflanzt, mit unzthligen Hausern besezt und ist iezt voll von Menschen, es geht mit der Weinlese zu Ende. In Rolle nahm ich ein Miethpferd auf Mont zu Mercks Schwiegereltern zu reiten das ein halb stpndgen aufwtrts liegt. Dort blieb ich zu Tische, und fing ohngefthr an vom Lac de Joux zu reden. Merck hatte und diese Tour sehr empfolen von Lausanne aus zu machen, die bedeckten Berge hatten uns den 1 Mqorgen 6 schl wird 8 sieht ist 11 strichen unds balde 13 Mat|h|ti 13 ihresist 17 au6ch 17 aAmbrosia 22 stiller n 23 S--stach 24 bBergen 26 Fus See 27 die G ist 32 unds
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Gedancken verlqscht. Man pries die Gegend sehr und erzthlte dass eigentlich der beste Weeg von Rolle hinauf gehe, eine Chaussee bis zu oberst des Bergs, und dass wir zu Nacht besonders bey Mondschein oben seyn kqnnten. Ich schrieb dem Herzog ein Billet, und kam mit Merckens Schwager / der diese Reviere als Oberforstmeister unter sich hat, und alles wohl kennt, den Herzog und Wedeln abzuholen. Wir machten uns mit den Pferden, erstlich Mont hinan, und hatten steigend die herrlichste Aussicht auf den Genfer See die Savoyer und Wallis Gebprge hinter uns konnten Lausanne erkennen, und durch einen leichten Nebel auch die Gegend von Genv. Grad pber sahen wir den Mont blanc der pber alle Gebprge des Faucigny hervor sieht die Sonne ging klar unter es war ein so groser Anblick, dass ein menschlich Auge nicht hinreicht ihn zu sehen. Der fast volle Mond kam herauf, und wir hqher; durch Tannen Wtlder stiegen wir immer den Jura hinan, und sahen den See im Duft und den Wiederschein des Mondes drinne. es wurde immer heller. Der Weeg ist eine bequeme Chaussee nur angelegt um das Holz aus den Gebprgen bequemer ins Land zu bringen. Wir waren wohl drey Stunden gestiegen, als es hinterwarts sachte wieder hinab zu gehen anfing und in einer Stunde zeit waren wir im Thal de Joux das also hoch auf dem Berge liegt einen schqnen See hat und wo in zerstreuten Hausern bey 2000 Seelen wohnen. Davon haben wir alle / nichts gesehen denn der Nebel lag im Thal wie wir herunter kamen der Mond schien hoch drauf, wir sahen einen Mondbogen im Nebel ganz geformt. Breiter Als der Regenbogen aber niedrig weil der Mond hoch stand – nun sind wir in einem recht guten Wirths Haus wo die Menschen aussehn wie im flachen Land, wir haben sogar hpbsch gepuzte Misels zum Besuch angetroffen. Um halb 10 Abends. a la Vallee de Joux. d‘. 25 Abends. 9. Wir haben heute einen delizieusen Tag gehabt, die Tour vom Thal zu machen, auf die Dent de Vaulion zu steigen und uns von da in alle Welt umzusehen. Leider will mir’s nicht aus der Feder eine Beschrei-
1 denie 2 dbise 3 Natht Nacht 4 wieder oben 8 6herrlichste 12 undter 13 dfast vollee 18 Stun6den 19 an6fing 20 dalsoe 21 Zzerstreuten 25 Wirth|s| 30 6Tour
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bung zu machen so sehr es verdiente. Gute Nacht. Mpndlich ein mehres.
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Ich hab es doch noch pber mich vermocht geschwind eine leichte Skizze vom heutigen Tag auf ein ander Papier zu werfen, das ich aber Philippen wenn wir nach Genv. kommen abdicktiren muss. Gute Nacht. Nur einen Brief vom Ende Sept. hab ich von Ihnen In einem ganzen Monat nichts von Ihnen gehqrt. wenn ich in Genv nichts finde wer weis wann dann. / d‘ 26ten Oktbr. Nion Abends achte. Vom Camin wo ich den Glanz des Monds pber den ganzen See gar herrlich sehn kan. Auch diesen Tag hat uns das Glpck wie verdorbne Kinder behandelt, alle unsre Wpnsche erfpllt, und auch unsre Nachltssigkeiten zum besten gekehrt. Ich will geschwind das mqgliche zum gestrigen zusammenkrizzeln. Freylich wenn man den ganzen Tag genossen hat ftllt Abends die Wiederholung schweer. Adieu! Ich verlasse Sie, um Sie auf einem andren Blat wieder zu suchen. gegen neun. Auch soviel Geduld hab ich gefunden um die tussersten Linien wenigstens unsrer Schicksaale zu ziehen. Mit dem Gestrigen will ich so bald wir nach Genv morgen kommen auch dies dicktiren. Die Nacht ist klar, ruhig, der See still und der Breite Wiederschein des Monds drinn unendlich schqn. Nion d‘ 27 Morgends gegen achte. Nach sechsen war heut der See und Himmel gar lieblich in vielen wechselnden Farben der aufsteigenden Sonne sie selbst blieb hinter Wolcken der Bergen gegenpber, und nun liegt die ganze Gegend unter Nebel. Wir sind nun unter eben dem Vorhang wieder eingewickelt auf den wir gestern aus stolzer Klarheit hinunter sahen. Der Herzog pflegt der Ruhe noch, in wenig Stunden sind wir in Genf
4 Sckizze 8 deann 9 266ten 10 kamn (m zu n durch Streichung des letzten Abstrichs) 16-17 suchen. / / gegen neun. (Trennungszeichen gestr.) 20 St See 21 ders 23-24 S aufsteigenden 26 Sstolzer
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542. An Johann Caspar Lavater Genf, 28. und 29. ÆOktober 1779. Donnerstag und Freitagæ Genf d‘. 28ten Sept. L. Br. deinen Brief hat mir Tobler gegeben, der mich nur in Gegenwart Diodatis gesprochen hat wo’s ihm nicht so von der Brust will, und ich bin auch nicht so in Gesellschafft mich aufzuknqpfen. Wir ziehen langsam. bis iezt noch mit schqnem Glpck und Vorteil, sind vorgestern in der Vallee du lac de Joux und auf der Dole gewesen, beym schqnsten Wetter und Umsttnden. Heut warten wir das Trpbe in Genv ab. Noch weis ich nicht wenn wir kommen, du sollst noch mehr von mir hqren. Ich halte sonst viel vom pberraschen, diesmal ist das Herumziehen eh wir uns sehn auch gut. Nicht allein vergnpglich sondern geseegnet uns beyden soll unsre Zusammenkunft seyn. Fpr ein Paar Leute die Gott auf so unterschiedne Art dienen sind wir villeicht die einzigen, und dencke wir wollen mehr zusammen pberlegen und ausmachen als ein ganz Concilium mit seinen Pfaffen Huren und Mauleseln. Eins werden wir aber doch wohl thun dass wir einander unsre particular Religionen ungehudelt lassen. Du bist gut darinne, aber ich bin manchmal hart und unhold, da bitt ich dich im Voraus um Geduld. Denn Z. E. da hat mir tobler deine Offenb. Joh. gegeben, an der ist mir nun nichts nah als deine Handschrifft, darpber hab ich sie auch / zu lesen angefangen. Es hilft aber nicht ich kan das gqttliche nirgends und das poetische nur hie und da finden, das Ganze ist mir fatal, mir ists als rqch ich pberall einen Menschen durch der gar keinen Geruch von dem gehabt hat der da ist A und O. Siehst du l. Br. wenn nun deine Vorerinnerung grade das Gegentheil besagt und unterm 24 September 1779!! da werden wir wohlthun wenn wir irgend ein sittsam Wort zusammen sprechen, ich bin ein sehr irdischer Mensch, mir ist das Gleichniss vom ungerechten Haushalter, vom Verlohrnen Sohn, vom Saemann, von der Perle, vom Groschen ppp. gqttlicher |:wenn ia was gqttlich’s da seyn soll:| als die sieben Bischoffe Leuchter, Hqrner Siegel Sterne und Wehe. Ich dencke auch aus der Wahrheit zu seyn, 2 gGegenwart 3 d--von 5 wWir 5 vVorteil 11 esh 11 umns 13 vielleicht 20 inun 31 Siehgel
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aber aus der Wahrheit der fpnf Sinne und Gott habe Geduld mit mir wie bisher. Gegen deine Messiade hab ich nichts, sie liest sich gut, wenn man einmal das Buch mag, und was in der Apokalypse enthalten ist, drpckt sich durch deinen Mund rein und gut in die Seele, wie mich dpnckt. Das willst du da, / wozu denn aber die ewigen Trumpfe mit denen man nicht sticht, und kein Spiel gewinnt, weil sie kein Mensch ---gelten ltsst. Du siehst Bruder ich bin immer der alte, dir wieder von eben der Seite wie vormals zur Last. Auch bin ich in Versuchung gewesen das Blat wieder zu zerreisen. doch da wir uns doch sehn werden so mags gehn. Vom Herzog sag ich dir nichts voraus, noch haben ihn die gescheutsten Leute falsch beurtheilt. Du sollst ihm das Haupt salben wie mit kqstlichen Balsam, und ich will mich mit dir im stillen pber ihn freuen, denn weis Gott ausser der Sonne und dem Mond und den ewigen Sternen lass ich neuerdings niemand zu Zeugen des was mich freut oder tngstet. Du bist ein bescheidener Mensch dass du nur eine Ahndung von meinem Biss auf das neue Systema Naturae in deinen Gliedern gespprt hast. Sey nur ruhig alter Parradiesvogel man darf dich wohl mit anderm raren Vieh fpr gleiches Geld sehen lassen. / Dein Strumpfwprcker ist von Franckfurt aus besorgt, und wird sein Geld haben. Nun leb wohl. Es ist sptt verzeih mir mein Wesen, und sieh an dem Brief wie wohl mir’s ist dir nahe zu seyn, und nach der ganzen Schweiz noch den reinen Eindruck von dir mit fortzunehmen. Grus dein Weib, sey hpbsch fleisig, vor 14 Tagen kommen wir noch nicht. Du hqrst indess wieder von mir. Ich liebe dich wie ich lieben kan. d‘. 29 frph. . in Lausanne habe ich die gar liebliche Br. zwey mal gesehn, und pber sie den Brandes vernachltssigt, und den dubois vergessen. Sie war so artig mir wenigstens glauben zu machen dass ich sie interessire, und ihr mein Wesen gefalle, und das glaubt man diesen Sirenen gerne. Mir ist herzlich lieb dass ich nicht an Matthtis Plaz bin denn es ist ein 1 auber 9 daoch 11 noch noch 14 freuen., 15 lasst 15 nie6mand 15 daes 17 das|s| 21 Schuster dStrumpfwprckere 32 6dass
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verfluchter Posten das ganze Jahr par devoir wie Butter an der Sonne zu stehn. Grps mir herzlich die Sch. und Pfenninge und Kaysern. Was von Fpeslin bey dir ist zu sehen verlangt mich sehnlich. Adieu. Schreib mir doch ein Wqrtgen auf Luzern frph oder spat find ich’s da.
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543. An Charlotte von Stein Genf, 28. und 29. Oktober 1779. Donnerstag und Freitag Genf den 28 Oktbr. 1779. Wir haben diese Tage her einen sehr glpklichen Seitenweeg auf die hqchsten Gipfel des Jura gemacht, davon ich eine eilige Beschreibung zusammen diktiren will. Die grosse Bergkette, die von Basel biss Genf, Schweiz und Frankreich scheidet, wird, wie ihnen bekannt, der Jura genannt; die grqssten Hqhen davon ziehen sich pber Lausanne biss ohngefehr pber Rolle und Nion. Auf diesen hqchsten Rpken ist ein merkwprdiges Thal von der Natur eingegraben, ich mqgte sagen, eingeschwemmt, da auf allen diesen Kalchhqhen die Wprkungen der uralten Gewtsser sichtbar sind, das la vallee de Joux genannt wird, welcher Nahme, da Joux in der Landsprache einen Felsen oder Berg bedeutet, Teutsch das Bergthal hiesse. Eh ich zur Beschreibung unsrer Reise fortgehe, will ich mit wenigem die Lage davon geographisch angeben. Seine Ltnge streicht, wie das Gebprg selbst, ziemlich von Mitag gegen Mitternacht und wird an iener Seite von den sept moncels und an dieser von der dent de vaulion, welche nach der Dole der hqchste Gipfel des Jura ist, begrtnzt und hat, nach der Sage des Landes, neun kleine, nach unsrer ohngefehren Reiserechnung aber sechs starke Stunden. Der Berg, der es die Ltnge hin an der Morgenseite begrtnzt und auch von dem flachen Land herauf sichtbar ist, heisst le noir mont. Gegen Abend streicht der Risou hin und verliert sich almthlich gegen die franche comte. Frankreich und Bern theilen sich ziemlich gleich in dieses Thal, so dass ienes die obere schlechte Helfte und dieses die untere 16 dae 17 dTeutsche 18 heissen will dhiessee
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bessere besizt, welche leztere eigentlich la valle du lac de Joux genannt wird. Ganz zu oben in dem Thal, gegen den Fus der sept moncels liegt der Lac des rousses, der keinen sichtlichen einzelnen Ursprung hat, sondern sich aus quelligtem Boden und den pberall auslaufenden Brunnen sammlet, aus demselben fliesst die Orbe, durchstreicht das ganze franzqsische und einen grossen Theil des Berner Gebiets, biss sie wieder unten gegen den Dens de vaulion sich zum Lac de Joux bildet, der seitwtrts in einen kleinen See abftllt, woraus das Wasser endlich sich unter der Erde verliert. Die Breite des Thals ist verschieden, oben beim Lac des rousses etwa eine halbe Stunde, alsdann verengert sich’s und ltuft wieder unten aus einander, wo etwa die grqste Breite anderthalb Stunden wird. So viel zum bessern Versttndniss des folgenden, wobei ich sie einen Blik auf die Carte zu thun bitte. Den 24 Okt. ritten wir, in Begleitung eines Hauptmanns und Oberforstmeisters dieser Gegenden erstlich mont durch die Weinberge und Landhtuser hinan. Das Wetter war sehr hell, wir hatten, wenn wir uns umkehrten, die Aussicht auf den Genfersee, die Savoier und Wallisgebprge, konnten Lausanne erkennen und durch einen leichten Nebel auch die Gegend von Genf. Der mont blanc, der pber alle Gebprge des faucigne ragt, kam immermehr hervor. Die Sonne ging klar unter, es war so ein grosser Anblik, dass ein menschlich Auge nicht dazu hinreicht. Der fast volle Mond kam herauf und wir immer hqher. Durch Fichtenwtlder stiegen wir weiter den Jura hinan, und sahen den See im Duft und den Wiederschein des Monds drinn. Es wurd immer heller. Der Weeg ist eine wohlgemachte Chaussee, nur angelegt um das Holz aus dem Gebprg bequemer in das Land herunter zu bringen. Wir waren wohl drei Stunden gestiegen, als es hinterwtrts sachte wieder hinab zu gehen anfing. Wir glaubten unter uns einen grossen See zu erbliken, indem ein tiefer Nebel das ganze Thal, was wir pbersehen konnten, ausfpllte. Wir kamen ihm endlich nther, sahen einen weisen Bogen, den der Mond drinn bildete und wurden bald ganz vom Nebel eingewikelt. / Die Begleitung des Hauptmanns verschafte uns Quartier in einem Hause, wo man sonst nicht Fremde aufzunehmen pflegt. Es unterschied sich in der innern Bauart von gewqhnlichen Gebtuden 9 u--sich 9-10 verschiedentlich 10 eitwa 16 hatten w - -, 20 fauic|i|gne 20 hervorsieht dragte 28 anfienng 32 Hauptmann|s| 34 Htusern dGebtudene
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in nichts, als dass der grosse Raum mitten inne zugleich Kpche, Versammlungsplaz, Vorsaal ist und man von da in die Zimmer gleicher Erde und auch die Treppe hinauf geht. Auf der einen Seite war an dem Boden auf steinernen Platten das Feuer angezpndet, davon ein weiter Schornstein, mit Brettern dauerhaft und sauber ausgeschlagen, den Rauch aufnahm. In der Eke waren die Thpren zu den Bakqfen, der ganze Fussboden pbrigens gedielet, biss auf ein kleines Ekgen am Fenster um den Spphlstein, gepflastert, pbrigens rings herum, auch in der Hqhe pber den Balken, eine Menge Hausrath und Gertthschaften in schqner Ordnung angebracht, alles nicht unreinlich gehalten. Den 25. Morgens war helles kaltes Wetter, die Wiesen bereift. Hier und da zogen leichte Nebel, wir konnten den untern Theil des Thals ziemlich pbersehen, unser Haus lag am Fus des qstlichen noir monts. Gegen achte ritten wir ab, und um der Sonne gleich zu geniesen, an der Abendseite hin. Der Theil des Thals an dem wir hinritten, besteht in abgetheilten Wiesen, die gegen den See zu etwas sumpfiger werden. Die Orbe fliesst in der Mitte durch. Die Einwohner haben sich theils in einzelnen Htusern an der Seite angebaut, theils sind sie in Dqrfern nther zusammengerukt, die einfache Namen von ihrer Lage fphren. Das erste, wodurch wir kamen, war le sentier. Wir sahen von weitem die dent du vaulion, pber einem Nebel der auf dem See stand hervorsehen, das Thal wird breiter, wir kamen hinter einen Felsgrat, der uns den See verdekte, durch ein ander Dorf le lieu genannt, die Nebel stiegen und fielen wechselsweise vor der Sonne. Hier nahe bei ist ein kleiner See, der keinen Zu- und Abfluss zu haben scheint. Das Wetter kltrte sich vqllig auf und wir kamen gegen den Fus der dent de vaulion und trafen hier an’s nordliche Ende des grossen Sees, der, indem er sich westwtrts wendet, in den kleinen, durch einen Damm, unter einer Brpke weg seinen Ausfluss hat. Das Dorf drpben heisst le pont. Die Lage des kleinen Sees ist wie in einem eigenen kleinen Thal, was man niedlich sagen kann. An dem westlichen Ende ist eine merkwprdige Mphle in einer Felskluft angebracht, die ehemals der kleine See ausfpllte, nunmehr ist er abgedtmmt, und die Mphle in die Tiefe gebaut, das Wasser ltuft durch Schleussen auf die Rtder, es stprzt sich von da 1 im Hause dinnee 8 Spplstein, war gepflastert 13 pmonts 21 der m 25 scheint,. 26 dae 32 Felsgrkluft
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in Felsrizen, wo es eingeschlukt wird und erst eine Stunde von da in Valorbe hervorkommt, wo es wieder den Namen des Orbeflusses fphret. Diese Abzpge, |:entonnoirs:| mpssen rein gehalten werden, sonst wprde der See steigen, die Kluft wieder ausfpllen und pber die Mphle weggehen, wie es schon mehr geschehen ist, sie waren stark in der Arbeit begriffen, den morschen Kalchfelsen, theils wegzuschaffen, theils zu befestigen. Wir ritten zurpk pber die Brpke nach Pont, nahmen einen Weegweiser auf la dent. Im Aufsteigen sahen wir nunmehr den grossen See vqllig hinter uns. Ostwtrts ist der noir mont seine Grtnze, hinter dem der kahle Gipfel der Dole hervorkommt, westwtrts htlt ihn der Felsrpken, der gegen den See ganz nakt ist, zusammen. Die Sonne schien heiss, es war zwischen eilf und Mittag. Nach und nach pbersahen wir das ganze Thal, konnten in der Ferne den Lac des Rousses erkennen, und weiter her biss zu unsern Fpssen, die Gegend durch die wir gekommen waren und den Weeg der uns rpkwtrts noch pberblieb. Im Aufsteigen wur/de von der grossen Streke Landes und den Herrschaften die man oben unterscheiden kqnnte, gesprochen, und in solchen Gedancken betraten wir den Gipfel allein uns war ein ander Schauspiel zubereitet. Nur die hohen Gebprgketten waren unter einem klaren und heitern Himmel sichtbar, alle niederen Gegenden mit einem weisen wolkigten Nebelmeer pberdekt, das sich von Genf bis nordwtrts an den Horizont erstrekte und in der Sonne gltnzte. Daraus stieg ostwtrts die ganze reine Reihe aller Schnee- und Eissgebprge, ohne Unterschied von Namen der Vqlker und Fprsten, die sie zu besizen glauben, nur Einem grossen Herrn und dem Blik der Sonne unterworffen, der sie schqn rqthete. Der mont blanc gegen uns pber schien der hqchste, die Eisgebprge des Wallis und des Oberlandes folgten, zulezt schlossen niedere Berge des Canton Berns. Gegen Abend war an einem Plaze das Nebelmeer unbegrtnzt, zur linken in der weitsten Ferne zeigten sich sodann die Gebirge von Solothurn, nther die von Neufchatel, gleich vor uns einige niedere Gipfel des Jura, unter uns lagen einige Htuser von Vaulion dahin der Zahn gehqrt, und daher er den Namen hat. Gegen Abend schließt die franche comte mit 10 der m 10 Dohle 12 11 eilf 17 unterschebicden 17-18 dund in solchen Gedancken Æ:::æ Gipfele 22 und weis in 24 derer 25 eEinem 27 Wal|l|is 31 Jura., Uunter
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flachstreichenden waldigten Bergen den ganzen Horizont, wovon ein einziger ganz in der Ferne gegen nordwest sich unterschied. Grad ab war ein schqner Anblik. Hier ist die Spize die diesem Gipfel den Namen eines Zahns giebt, er geht steil und eher etwas einwtrts hinunter, in der tiefe schliesst ein kleines Fichtenthal an mit schqnen Graspltzen, gleich drpber liegt das Thal valorbe genannt, wo man die Orbe aus dem Felsen kommen sieht und rpkwtrts zum kleinen See ihren unterirrdischen Lauf in Gedanken verfolgen kann. Das Stadtgen Valorbe liegt auch in diesem Thal. Ungern schieden wir ab. Einige Stunden ltnger, indem der Nebel um diese Zeit sich zu zerstreuen pflegt, httten uns das tiefere Land mit dem See entdeken lassen, so aber musste, damit der Genuss vollkommen werde, noch etwas zu wpnschen pbrig bleiben. Abwtrts hatten wir unser ganzes Thal in aller Klarheit vor uns, stiegen bei Pont zu Pferde, ritten an der Ostseite den See hinauf, kamen durch l’Abbaye de Joux, welches iezo ein Dorf ist, ehemals aber ein Siz der Geistlichen war, denen das ganze Thal zugehqrte. Gegen viere langten wir in unserm Wirthshaus an, und fanden ein Essen, wovon uns die Wirthin versicherte, dass es um Mitag gut gewesen sei, aber auch pbergar treflich schmekte. Dass ich noch einiges, wie man mir es erzthlt, hinzufpge. Wie ich eben erwthnte, soll ehedem das Thal an Mqnche gehqrt haben, die es denn wieder vereinzelt, und zu Zeiten der Reformation mit den pbrigen ausgetrieben worden, iezo gehqrt es zum Canton Bern und sind die Gebprge umher die Holzkammer von dem pajs de vaud. Die meisten Hqlzer sind Privatbesizungen, werden unter Aufsicht geschlagen und so ins Land gefahren. Auch werden hier die Dauben zu fichtenen Ftssern geschnitten, Eimer, Bottge und allerlei hqlzerne Geftse verfertiget. Die Leute sind gut gebildet und gesittet, neben dem Holzverkauf treiben sie die Viehzucht, sie haben kleines Vieh und machen gute Ktse, sie sind geschtftig und ein Erdschollen ist ihnen viel werth, wir fanden einen, der die wenige aus einem Grtbgen aufgeworfene Erde mit Pferd und Karren in einige Vertiefungen eben der Wiese fphrte, die Steine legen sie sorgftltig zusammen und bringen sie auf kleine Haufen. Es sind viele Steinschleifer hier, die fpr Genfer und andere
6 Ggleich 8 Valob- rbe 11 wiruns 15 dae 23 6iezo 32 dmit Pferd und Karrene
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Kaufleute arbeiten, womit auch die Frauen und Kinder sich beschtftigen. Die Htuser sind dauerhaft und sauber gebaut, die Form und Einrichtung nach dem Bedprfniss der Gegend und der Bewohner, vor iedem Hause / ltuft ein Brunnen und durchaus spprt man Fleiss, Rphrigkeit und Wohlstand. uber alles aber muss man die schqne Weege preissen, fpr die, in diesen entfernten Gegenden, der Stand Bern, wie durch den ganzen pbrigen Canton sorgt. Es geht eine Chaussee um das ganze Thal herum, nicht pbermtssig breit, aber wohl unterhalten, so dass die Einwohner mit der grqssten Bequemlichkeit ihr Gewerbe treiben, mit kleinen Pferden und leichten Wagen fortkommen kqnnen. Die Luft ist sehr rein und gesund. den 26t‘ ward beim Frphstpk pberlegt, welchen Weeg man zurpk nehmen wolle? Da wir hqrten dass die Dole, der hqchste Gipfel des Jura nicht weit von dem obern Ende des Thals ltge, da das Wetter sich auf das herrlichste anlies und wir hoffen konnten, was uns gestern noch gefehlt, heute vom Glpk alles zu erlangen, so wurde dahin zu gehen beschlossen. Wir pakten einem Boten Kts, Butter Brod und Wein auf, und ritten gegen achte ab. Unser Weeg ging nun durch den obern Theil des Thals, in dem Schatten des noir monts hin. Es war sehr kalt, hatte gereift und gefrohren, wir hatten noch eine Stunde im Bernischen zu reiten, wo man eben die Chaussee zu Ende zu bringen beschtftiget ist. Durch einen kleinen Fichtenwald rpkten wir ins franzqsche Gebiet ein. Hier vertnderte sich der Schauplaz sehr. Was wir zuerst bemerkten waren die schlechte Weege, der Boden ist sehr steinigt, pberall liegen sehr grosse Hauffen zusammen gelesen, wieder ist er eines Theils sehr morastig und quelligt, die Waldungen umher sind sehr ruiniret, den Htusern und Einwohnern sieht man, ich will nicht sagen Mangel, aber doch bald ein sehr enges Bedprfniss an, sie gehqren fast als Leibeigne an die Canonicos von St Claude, sie sind an die Erde gebunden, viele Abgaben liegen auf ihnen, sujets f la main morte et au droit de la suite, wovon mpndlich ein mehreres, wie auch von dem neusten Edikt des Kqnigs, wodurch das droit de la suite aufgehoben wird, die Eigenthpmer und Besizer aber eingeladen werden, gegen ein gewisses Geld sich von der main morte zu entsagen. Doch ist auch
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dieser Theil des Thals sehr angebaut, sie nthren sich mphsam und lieben lieben doch ihr Vaterland sehr, stehlen gelegentlich den Bernern Holz und verkaufen’s wieder in’s Land. Der erste Sprengel heist le bois d’amont, durch den wir in das Kirchspiel les Rousses kamen, wo wir den kleinen Lac des Rousses und les sept moncels, sieben kleine, verschieden gestallte und verbundene Hpgel, die mitttgige Grtnze des Thals, vor uns sahen. Wir kamen bald auf die neue Strasse die aus dem pajs de vaud nach Paris fphrt, wir folgten ihr eine Weile abwtrts, und waren nunmehro von unserm Thale geschieden, der kahle Gipfel der Dole lag vor uns, wir stiegen ab und Wedel ging mit den Pferden auf der Strase voraus nach Sergues und wir stiegen die Dole hinan. Es war gegen Mitag, die Sonne schien heiss, aber es wechselte ein kphler Mitagswind. Wenn wir, auszuruhen, uns umsahen, hatten wir les sept moncels hinter uns, wir sahen noch einen Theil des Lac des Rousses und um ihn die zerstreuten Htuser des Kirchspiels, der noir mont dekte uns das pbrige ganze Thal, hqher sahen wir wieder ungefehr die gestrige Aussicht in die franche comte und nther bei uns, gegen Mitag, die lezten Berge und Thtler des Jura. Sorgftltig hpteten wir uns, nicht durch einen Bug der Hpgel uns nach der Gegend umzusehen, um derent willen wir eigentlich herauf stiegen. Ich war in einiger Sorge wegen des Nebels, doch zog ich aus der Gestalt des obern Himmels einige gute Vorbedeutungen. Wir betraten endlich den obern Gipfel und sahen mit grqsstem Vergnpgen uns heute gegqnnt, was uns gestern versagt war. Das ganze Pajs de vaud und de Gex lag wie eine Fluhrkarte unter uns, alle Besizungen mit grpnen Ztunen abgeschnitten, wie die Beete eines Parterrs. Wir waren so hoch, dass die Hqhen und Vertiefungen des vordern Landes gar nicht er/schienen. Dqrfer, Sttdtgen, Landhtuser, Weinberge und hqher herauf, wo Wald und Alpen angehen, Sennhptten, meist weis und hell angestrichen, leuchteten gegen die Sonne; vom See hatte sich der Nebel schon zurpke gezogen, wir sahen den ntchsten Theil an unsrer Kpste deutlich, den sogenannten kleinen See, wo sich der grosse verenget und gegen Genf zu geht, dem wir gegen pber waren, ganz, und gegen pber kltrte sich das Land auf, das ihn einschliesst. Ueber alles aber behauptete der An-
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blik pber die Eis- und Schneeberge seine Rechte. Wir sezten uns vor der kphlen Luft in Schuz hinter Felsen, liessen uns von der Sonne bescheinen, das Essen und Trinken schmekte treflich. Wir sahen dem Nebel zu, der sich nach und nach verzog, ieder entdekte etwas, oder glaubte was zu entdeken, wir sahen nach und nach Lausanne mit allen Gartenhtusern umher, Vevay und das Schloss von Chillon ganz deutlich, das Gebirg, das uns den Eingang vom Wallis verdekte, biss in den See, von da an der Savoier Kpste Evian, Ripaille, Tonon, Dqrfgen und Htusgen zwischen inne, Genf kam endlich rechts auch aus dem Nebel, aber weiter gegen Mitag, gegen den mont Credo und mont vauche, wo das fort l’ecluse inne liegt, zog er sich gar nicht weg. Wendeten wir uns wieder links so lag das ganze Land von Lausanne biss Solothurn in leichtem Duft, die nthere Berge und Hqhen, auch alles, was weise Htuser hatte, konnten wir erkennen, man zeigte uns das Schloss Chanvan blinken, das vom Neuburgersee links liegt, woraus wir seine Lage muthmassen, ihn aber in dem blauen Duft nicht erkennen konnten. Es sind keine Worte fpr die Grqsse und Schqne dieses Anbliks, man ist sich im Augenblik selbst kaum bewusst, dass man sieht, man ruft sich nur gern die Namen und alten Gestalten, der bekannten Sttdte und Orte zurpk und freut sich in einer taumelnden Erkenntniss, dass das eben die weisen Punkte sind, die man vor sich hat. Und immer wieder zog die Reihe der gltnzenden Eisgebprge das Aug’ und die Seele an sich. Die Sonne wendete sich mehr gegen Abend und erleuchtete ihre grqssere Fltchen gegen uns zu. Schon was vom See auf fpr schwarze Felsrpken, Zthne, Thprme und Mauern in vielfachen Reihen vor ihnen aufsteigen! wilde, ungeheure, undurchdringliche Vorhqfe bilden! wann sie dann erst selbst in der Reinheit und Klarheit in der freien Luft mannichfaltig da liegen; man giebt da gern iede Prttension an’s Unendliche auf, da man nicht einmal mit dem Endlichen im Anschauen und Gedanken fertig werden kann. Vor uns sahen wir ein fruchtbar bewohntes Land, der Boden, worauf wir stunden, ein hohes, kahles Gebprge, trtgt noch Gras, Futter fpr Thiere, von denen der Mensch Nuzen zieht, das kann sich der ein-
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7 Wa|l|lis 10 c6Credo
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bildische Herr der Welt noch zueignen; Aber iene sind wie eine heilige Reihe von Jungfrauen, die der Geist des Himmels in unzugtnglichen Gegenden, vor unsern Augen, fpr sich allein, in ewiger Reinheit aufbewahrt. Wir blieben und reizten einander wechselsweise Sttdte, Berge und Gegenden bald mit blossem Auge, bald mit dem Teleskop, zu entdeken und gingen nicht eher abwtrts, als biss die Sonne im Weichen, den Nebel seinen Abendhauch pber den See breiten lies. Wir kamen mit Sonnen Untergang auf die Ruinen des fort de St. Sergues. Auch nther am Thal, waren unsre Augen nur auf die Eisgebprge gegen pber gerichtet. Die lezten, links im Oberland, schienen in einem leichten Feuerdampf aufzuschmelzen, die ntchsten standen noch mit wohl bestimmten rothen Seiten gegen uns, nach und nach wurden iene weis-grpn-graulich. Es sah fast tngstlich aus. Wie ein gewaltiger Kqrper von aussen gegen das Herz zu abstirbt, so erblassten alle langsam gegen den mont blanc zu, dessen weiter Busen noch immer / roth herpber gltnzte und auch zulezt uns noch einen rqthlichen Schein zu behalten schien, wie man den Tod des Geliebten nicht gleich bekennen, und den Augenblik, wo der Puls zu schlagen aufhqrt, nicht abschneiden will. Auch nun gingen wir ungern weg, die Pferde fanden wir in St. Sergues, und dass nichts fehle, stieg der Mond auf und leuchtete uns nach Nion, wo unter Weegs unsere gespannten Sinnen sich wieder lieblich falten konnten, wieder freundlich wurden und mit frischer Lust aus den Fenstern des Wirtshausses den breitschwimmenden Wiederglanz des Monds im ganz reinen See geniesen konnten./ Vorgestern sind wir endlich hier angekommen, Genf d‘. 29 Oktbr. und werden abwarten wo es mit dem Regen hinwill der sich seit heute Nacht eingelegt hat. Adieu liebe. Ich hoffe Sie werden sich an Philipps Petitschrifft erbauen. Hier hab ich noch keinen Brief von Ihnen gefunden, vielleicht ist er sehr nahe, doch werd ich ihn sptte erhalten, denn in die Gegenden wo wir hingehen folgt kein Bote. Adieu auf eine Weile. G. 336,34-337,1 b--einbildische 3 fu--vor 8-9 Sergues,. aAuch 9 Eissgebprge (langes s zu Schluss-s) 17 ders 23 Wirtshaussses (Schluss-s zu zwei langen s) 23 breit6schwimmenden
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BRIEF 544
544. An Charlotte von Stein Genf, 2. November 1779. Dienstag
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d‘. 2 November. Genv. 79. Auch hier sind wir ltnger geblieben als wir dachten, und mpssen doch noch leider interessante Personen und Sachen, ungekannt und ungesehn zurpcklassen. Die Stadt selbst macht mir einen fatalen Eindruck. Die Gegend ist mit Landhausern bestet, und offen, freundlich, und lebendig. Der Herzog hat sich von einem Juel mahlen lassen, wir haben Bonnet, Diodati, Mr de Chateauvieux, Hubern gesehen und fahren noch heute zu Saussuren. Waren in Furney Mad. Van der Borch eine Bekanntschafft aus Pyrmont hat sich nach Ihnen erkundigt. Nun haben wir einen wichtigen Weeg vor uns wo wir das Geleit des Glpcks nqtiger haben als iemals. Morgen solls nach den Savoyer Eisgebprgen und von da durch ins Wallis. Wenn es dort schon so aussthe wie man es uns hier mahlt so wtrs ein Stieg in die Hqlle. Man kennt aber schon die Poesie der Leute auf den Sophas und in den Cabriolets. Etwas zu leiden sind wir bereit, und wenn es mqglich ist im Dezember auf den Brocken zu kommen, so mpssen auch Anfangs November uns diese Pforten der Schrqcknisse auch noch durchlassen. Ich hoffe Schritt vor Schritt Ihnen erzthlen zu konnen wohin wir gehn und was wir sehn. Beschrieben ists zwar schon besser, doch unser Schicksaal nicht. Adieu liebste. Vor 14 Tagen / kan ich nichts an Sie auf die Post geben, also hqren Sie vor 4 Wochen von heut an nichts von mir. Adieu Grpsen Sie Steinen und alles, ich dencke Sie sind in der Stadt. Mich hat Genv ganz in mich hineingestimmt um alles blieb ich nicht noch acht Tage in dem Loche. Dass man bey den Franzosen auch von meinem Werther b e z a u b e r t ist httt ich mir nicht vermuthet, man macht mir viel Complimente, und ich versichre dagegen dass es mir unerwartet ist, man fragt mich ob ich nicht mehr dergleichen schriebe, und ich sage: Gott mqge mich behpten, dass ich nicht ie wieder in den Fall komme, einen zu schreiben und schreiben zu kqnnen. Indess giebt mir dieses Echo aus der Ferne doch einiges Intresse mehr an meinen Sachen, vielleicht
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bin ich kpnftig fleisiger und verpasse nicht wie bisher die guten Stunden. Ade / Abends gegen 10. Auch hab ich mich heute bei schqnem Wetter in der Rhone gebadet wozu man ein gar artig Hausgen hat da das grpne Wasser unten durchfliesst. Und weil es denn pberall Frau Basen giebt, die vom Mpssiggange mit dem Rechte beliehen sind sich um andrer Leute Sachen zu bekpmmern, so wollte man hier den Herzog von der Reise in die Savoyischen Eisgebprge die er sich selbst imaginirt hat und von der er sich viel Vergnpgen verspricht mit den ernsthaftesten Protestationen abhalten. Man wollte eine Staats und Gewissenssache daraus machen, dass wir glaubten am besten zu thun, wenn wir uns erst des Raths eines erfahrenen Mannes versicherten. Wir kompromittirten daher auf den Professer de Saussure und nahmen uns vor nichts zu thun oder zu lassen als was dieser zu oder abrathen wprde. Es fuhr iemand von der Gegenparthei mit zu ihm hinaus und auf ein simples expose entschied er zu unserm grossen Vergnpgen, dass wir ohne dÆieæ geringste Fahr noch Sorge den Weeg in dieser so gut als in einer frphern Jahrszeit machen konnten. Er zeigte uns an was in den kurzen Tagen zu sehen wprde mqglich seyn, wie wir gehen und was fpr Vorsorge wir gebrauchen sollten. Er spricht nicht anders von diesen Gange als wie wir einem Fremden von Buffarthischen Schloss oder von Etterischen Steinbruche erzthlen werden. Und das sind dpnkt mich die Leute die man fragen muss, wenn man in der Welt fort kommen will Sehr ungern nehm ich Abschied adieu.
1 gbisher 5 und wozu 6 d die 9 G - -Eisgebprge 9 denr m er 13 kompr iomittirten 16 simpeles 18 demn 20 es --- und
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BRIEFE 545/546
545. An Johann Caspar Lavater Genf, 2. November 1779. Dienstag Genf den 2 9br. 1779.
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Eh ich von hier weggehe noch einige Worte lieber Bruder eh wir uns tiefer in die Gebprge verlieren in die wir unter Garantie des Herrn de Saussure einen Versuch wagen, von hier aus gehts in die Savoiischen Eisgebprge und ins Wallis. Deine Offenbarung hat mir viel Vergnpgen gemacht. Ich habe sie recht und vieles davon mehr als einmal gelesen. Schon da Tobler mir sagte du habest darpber von Amts wegen gepredigt, gabs mir ein ganz neues Interesse, denn ich konnte nun mehr begreiffen, wie du mit diesem Buche so lange beschtftigt, du es ganz in dich hinpber empfunden hast und es in einem so fremden Vehiculo ohne fremden, viel mehr eigentlich heterogenen Zusaz wieder aus dir heraus quellen lassen konntest, denn nach meiner Empfindung macht deine Ausmahlung keinen andern Eindruk als die Original Skize macht, wenigstens einer Seele aus diesem Jahrhundert, wo man die Ideen die du hineinlegst selbst von Kindheit an grqstentheils hinein zu legen pflegt. Die Arbeit selbst ist dir glpklich von statten gangen, einige trefliche Zpge der Auslegung und Erfindung sind drinne. Ausgemahlt sind viele Stellen ganz treflich, besonders alle die der innern Empfindung von Ztrtlichkeit und Kraft, w. z. die Verheissung des ewigen Lebens, das Weiden der Schaafe unter Palmen, das siegende Gefphl der Engel, eh und indem sie die Schlacht anfangen. In einigen Gestalten und Gleichnissen hast du / dich auch gut gehalten nur schwinden deine Ungeheuer fpr mich zu schnell in allegorischen Dampf auf, doch ist auch dies, wenn ichs recht bedenke das klpgste Theil das du ergreiffen konntest. Es ist mir leid dass ich die zwqlf folgende Gestnge nicht gleich habe. Bei dieser Gelegenheit lies ich mir den griechischen Text wieder geben und sah auch Piscators Uebersezung an. 3-4 due S66aussure 4 wagen., 5 6Wall|i|s 7 da es Tobler 8 gab|s| 10 beschtftigt, dass du 11 V6ehiculo 20 e6wigen 20-21 Weib an - - - Weiden 22-23 eiGleichnissen 23 Has hast 25 wenns wenn 25 gl klpgste
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Nun noch ein herzlich Wort der Sehnsucht an dich, und der Hoffnung, sie wird alle Tage sttrcker. Lass uns ia einander bleiben, einander mehr werden denn neue Freunde und Lieben mach ich mir nicht. Mit Toblern weis ich nicht wies war. Er hat wohl nthe und Vertrauen zu mir. Aber leider fphl ich meine 30 Jahr und Weltwesen!! schon einige Ferne von dem w e r d e n d e n , sich e n t f a l t e n d e n , ich erkenns noch mit Vergnpgen, mein Geist ist ihm nah aber mein Herz ist fremd. Grose Gedancken, die dem Jpngling ganz fremd sind, fpllen iezt meine Seele, beschtfftigen sie in einem neuen Reiche, und so kann ich nicht als nur geborgt nieder ins Thal des Thaus und der Morgenbegattung lieblicher Turteltauben. Er sagt dir vielleicht wie’s ihm mit mir war. Wohl ists uns zusammen nicht worden / Adieu guter. Meine Seele ist immer bey dir. G.
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546. An Charlotte von Stein Sankt Gotthard, 13. November 1779. Samstag d‘ 13 Nov. 79.
Auf dem Gotthart bey den Capuzinern. Glpcklich durch eine Kette Merckwprdiger Gegenden sind wir hier angekommen, was ich seit Genf aufgezeichnet will ich Philippen sobald ich ihn wieder treffe dicktiren. Hier ist der Hezog mit mir allein, und dem Jtger. Auf dem Gipfel unsrer Reise. Bis Genf gings von Ihnen weg, bisher sind wir in der Queer ziemlich gleich weit weggeblieben, und von Morgen an geht ieder Schritt wieder zurpck. Zum zweitenmal bin ich nun in dieser Stube, auf dieser Hqhe, ich sage nicht mit was fpr Gedancken. Auch iezt reizt mich Italien / nicht. Dass dem Herzog diese Reise nichts npzzen wprde iezzo, dass es nicht gut wtre ltnger von Hause zu bleiben, das ich Euch wiedersehen werde, alles wendet mein Auge zum zweitenmal vom gelobten Lande ab, ohne das zu sehen ich hoffentlich nicht sterben werde, und fphrt meinen Geist 1 wWort 2 ania 3 lLieben 7 fFerne 7 zvon 12 lieblichenr 20 ihmn 29 fuchrt
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BRIEFE 547–549
wieder nach meinem armen Dache, wo ich vergnpgter als iemals Euch an meinem Camin haben, und einen guten Braten auftischen werde. Dabey sollen die Erzthlungen die Abende kurz machen von braven Unternehmungen Entschlpssen, Freuden und Beschweerden. / Im Kurzen nur! Von Genf haben wir die Savoyer Eisgebprge durchstrichen, sind von da ins Wallis gefallen, haben dieses die ganze Ltnge hinauf durchzogen, und endlich pber die Furcke auf den Gotthart gekomen. Es ist diese Lienie auf dem Papier geschwind mit dem Finger gefahren, der Reichthum von Gegensttnden aber unbeschreiblich, und das Glpck in dieser Jahrszeit seinen Plan rein durchzufphren pber allen Preis. Hier oben ist alles Schnee. seit gestern frph 11 Uhr haben wir keinen Baum gesehen. Es ist grimmig kalt, Himmel und Wolcken / Rein wie Saphir und Crystale. Der neu Mond ist unter gangen mit seltsamem Lichte auf dem Schnee. wir stecken im Hause beym Ofen. Morgen steht uns nun der herrliche Weeg den Gotthart hinab noch vor. Doch sind wir schon durch so vieles grose durchgegangen dass wir wie Lewiathane sind die den Strom trincken und sein nicht achten. Mehr oder weniger versteht sich. Gute Nacht. Diesen Brief geb ich auf die ntchste Post die ich treffe. Wenn Sie ihn erhalten bin ich schon viel nther Adieu bestes. G.
547. An Johann Caspar Lavater Sankt Gotthard, 14. November 1779. Sonntag d‘. 14 Nov. 79. Auf dem Gotthart bey den Capuzinern.
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Eh wir absteigen dir einen guten Morgen l. Br. Seit Genf haben wir das Thal Chamouny durchstrichen, sind von da ins Wallis gefallen habens aufwtrts ganz durchzogen, und sind endlich pber die Furcka hier angekommen. Mit dem preiswprdigsten Glpcke
2 guter n 2 werden 3 kurgz 4 uUnternehmungen 14 Li|ch|te 14 Ofen,. 17 6und 25 Chamoudney
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durch die erhabensten Gegenden. Nun l. Br gehts nach dir zu. Den 19 od‘. 20 bin ich bey dir, und so steht mir das Liebste von der ganzen Reise noch vor. mache mir ein Bett zurechte dass ich allenfalls bey dir pbernachte. Grps deine Frau und theile meine Freude. G.
548. An Johanna Schlosser geb. Fahlmer Luzern, 16. November 1779. Dienstag Luzern d‘. 16 Nov. 79. Da ich in Genf l. Schwester von Philippen aus einander ging, trug ich ihm auf er solle dir abschreiben einige Blttter die ich von unsrem Seitenweeg auf die Dole pp dicktirt hatte. Hier find ich’s fertig und noch einen Brief von ihm in dem er dir eine andre Tour auf seine Weise erzthlt. Ich schicke dir’s zusammen Und sage dir nur noch dass wir von Genv durch die Savoyer Eisberge und Wallis auf den Gotthart dann herab pber den 4 Waldstttter See hir glpcklich angekommen sind. Grpse Schlosser und die Mtdgen. Eh ich aus der Schweiz gehe hqrst du noch von mir. Gezeichnet habe ich keine Linie. Adieu! Ich habe nun des grosen fast zu viel. Seit ich euch verlassen habe ist kein unbedeutender pberflpssige Schritt geschehen. Lass es uns wohl bekommen und Kinderlein |:sagt der hei‘. Johannes:| liebt euch! G.
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Der Herzog ltsst Schlossern und Euch schonstens grpsen.
549. An Friedrich Justin Bertuch Zerich, 20. November 1779. Samstag Zprch d‘. 20 Nov. 1779 Die Brossard hat mir von Mez einen erbtrmlichen Brief geschrieben, dass ihre Pension ausbleibt, und Bauer keine Ordre hat ihr das Geld zu zahlen. Sey so gut die Sache gleich zu berichtigen, das arme Mtd-
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BRIEF 550
gen ist in groser Verlegenheit. Wir sind hier glpcklich und gesund angekommen. Wenig fehlt so haben wir alles interessante der Schw. Gegenden gesehen. Leb wohl! dass wir wenigstens nicht nach Italien gehen, sondern wie recht enthaltsame Leute auf dem Gotthart umgekehrt sind, werdet ihr uns hoff ich Danck wissen, und uns freundlich und artig empfangen – Adieu. Goethe. Ihre Adresse Metz a l’abbaye Royale des Dame de la Magdeleine
550. An Charlotte von Stein ÆLuzern, 17.? November 1779. Mittwoch? und Zerich, zwischen 22. und 24. November? 1779. Montag–Mittwoch?æ
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Meine vielgeliebte, sehr vergnpgt und wohl sind wir schon vor einigen Tagen hier in Zprch angekommen. Vom Gotthart fuhren wir pber den Luzerner See, nach Schwiz und Luzern, von da ritten wir hierher. Was ich auf unsrer Savoyer Tour theils mit Dinte theils mit Bleystift gekrizzelt, hab ich Ph. in Luzern dicktirt, und es liegt hierbey. Nun steht noch die Reise durchs Wallis auf den Gotthart und von da hier her zurpck, wozu ich auch Zettelgen habe. Ihren Brief vom 12 Nov aus Kochberg hab ich, nun werden Sie wohl in der Stadt seyn, bereiten Sie uns dort einen freundlichen Empfang von allen guten Geistern, denn meine Seele sehnt sich starck zurpck. Die Bekanntschafft von Lavatern ist fpr den Herzog und mich was ich gehofft habe, Siegel und oberste Spizze der ganzen Reise, und eine Weide an Himmelsbrod wovon man lange gute Folgen sppren wird. Die Trefflichkeit dieses Menschen spricht kein Mund aus, wenn durch Abwesenheit sich die Idee von ihm verschwtcht hat, wird man
16 TDinte 27 aAbwesenheit
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auf ’s neue von seinem Wesen pberrascht. Er ist der beste grosste weiseste innigste aller sterblichen und unsterblichen Menschen die ich kenne. Adieu beste. Die Post eilt und ich war gestern faul G. Ich habe nicht einmal die Reise Nachricht durchsehen konnen es sind wohl schreibfehler drinne / Hier und da auf der ganzen Reise ward so viel von der Merkwprdigkeit der Savoier Eisgebirgen gesprochen und wie wir nach Genf kamen, hqrten wir, dass es immer mehr Mode wprde, dieselben zu sehen, dass der Herzog eine sonderliche Lust kriegte, seinen Weeg dahin zu nehmen, von Genf aus pber Cluse und Salenche in’s Thal Chamouni zu gehen, die Wunder zu betrachten, dann pber Valorsine und Trient nach Martinach in’s Wallis zu fallen. Dieser Weeg, den die meisten Reisenden nehmen, schien, wegen der Jahrszeit etwas bedenklich. Der Herr de Saussure wurde deswegen auf seinem Landgute besucht und um Rath gefragt. Er versicherte, dass man ohne Bedenken den Weeg machen kqnnte, es liege auf den mittlern Bergen noch kein Schnee und wenn wir in der Folge auf ’s Wetter und auf den guten Rath der Landleute achten wollten, der niemals fehl schltge, so kqnnten wir mit aller Sicherheit diese Reise unternehmen. Hier ist die Abschrifft eines sehr eiligen Tageregisters. Cluse in Savoiien den 3t‘ Nov. 1779. Heute frph ist der Herzog mit mir und einem Jtger von Genf ab, Wedel mit den Pferden durch’s paj de vaud in’s Wallis. Wir, in einem leichten Cabriolet, mit vier Rtdern, fuhren erst, Hubern auf seinem Landgute zu besuchen, den Mann, dem Geist, Imagination, Nachahmungsbegierde zu allen Gliedern heraus will, einen der wenigen ganzen Menschen, die wir angetroffen haben. Er sezte uns auf den Weeg und wir fuhren sodann, die hohen Schneegebprge, an die wir wollten, vor Augen, weiter. Vom Genfersee lauffen die vordern Bergketten gegen einander, biss da, wo Bonneville, zwischen der Mole, einem ansehnlichen Berge und der Arve, inne liegt. Da assen wir zu Mittag.
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Hinter der Stadt schliesst sich das Thal, obgleich noch sehr breit an, die Arve fliesst sachte durch, die Mitagseite ist sehr angebaut und durchaus der Boden benuzt. Wir hatten seit frph etwas Regen, wenigsten auf die Nacht befprchtet, aber die Wolken verliessen nach und nach die Berge und theilten sich in Schtfgen, die uns schon mehr gute Zeichen waren. Die Luft war so warm, wie anfangs September und die Gegend sehr schqn, noch viele Btume grpn, die meisten braungelb, wenige ganz kahl, die Saat hochgrpn, die Berge im Abendroth rosenfarb in’s violette und diese Farben auf grossen, schqnen, geftlligen Formen der Landschaft! Wir schwazten viel Gutes. Gegen fpnfe kamen wir nach Cluse, wo das Thal sich schliesset und nur einen / Ausgang ltsst, wo die Arve aus dem Gebprge kommt und wir morgen hinein gehen. Wir stiegen auf einen Berg und sahen unter uns die Stadt an einen Fels gegen pber mit der einen Seite angelehnt, die andere mehr in die Fltche des Thals hingebaut, das wir mit vergnpgten Bliken durchliefen und, auf abgestprzten Granitstpken sizend, die Ankunft der Nacht, mit ruhigen und mannichfaltigen Gesprtchen, erwarteten. Gegen sieben, als wir hinab stiegen, war es noch nicht kphler, als es auf dem Sommer um neun Uhr zu seyn pflegt. In einem schlechten Wirthshaus, bei muntern und willigen Leuten, an deren Patois man sich erlustigt, erschlafen wir nun den morgenden Tag, vor dessen Anbruch wir schon unsern Stab weiter sezen wollen. Abends gegen 10. Salenche den 4 Nov. Mitags. Bis ein schlechtes Mitagessen von sehr willigen Htnden wird bereitet seyn, will ich versuchen, das merkwprdigste von heute frph aufzuschreiben. Mit Tags Anbruch gingen wir zu Fuse von Cluse ab, den Weeg nach Balme. Angenehm frisch war’s im Thal, das lezte Mondsviertel ging vor der Sonne hell auf und erfreute uns, weil man es selten so zu sehen gewohnt ist, leichte, einzelne Nebel stiegen aus den Felsrizen aufwtrts, als wenn die Morgenluft iunge Geister aufwekte, die Lust fphlten, ihre Brust der Sonne entgegen zu tragen und sie an ihren Bliken zu vergplden. Der obere Himmel war ganz rein, nur, wenig quer, strichen durchleuchtete Wolkenstreiffen. Balme ist ein
1 oblgleich 6 Aanfangs 14 angelegthnt 23 610 27 Ccluse 30 dzu sehene
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elendes Dorf, unfern vom Weeg, wo sich eine Felsschlucht wendet. Wir verlangten von den Leuten, dass sie uns zur Hqle fphren sollten, von der der Ort seinen Ruhm hat. Da sahen sich die Leute unter einander an und sagten einer zum andern: Nehm’ du die Leiter, ich will den Strik nehmen, kommt ihr Herrn nur mit! Diese wunderbare Einladung schrqkte uns nicht ab, ihnen zu folgen. Der Stieg ging durch abgestprzte Kalchfelsenstpke erst hinauf, die durch die Zeit vor die steile Felswand aufgestufet worden und mit Hasel- und Buchenbpschen durchwachsen sind. Auf ihnen kommt man endlich an die Schicht der Felswand, wo man mphseelig und leidig auf der Leiter und Felsstufen, mit Hplfe pbergebogener Nussbtumen-Aeste, hinauf klettern muss, dann steht man frqhlich in einem Portal des Felsen, pbersieht das Thal und das Dorf unter sich. Wir bereiteten uns zum Eingang in die Hqle, zpndeten Lichter an und luden eine Pistole, die wir losschiessen wollten. Die Hqle ist ein langer Gang, meist ebnes Bodens, auf einer Schicht, bald zu ein, bald zu / zwei Menschen breit, bald pber Mannshqhe, dann wieder zpm bpken und auch zum durchkriechen. Gegen die Mitte steigt eine Kluft aufwtrts und bildet einen spizigen Dohm. In einer Eke schiebt eine Kluft abwtrts, wo wir immer gelassen siebzehn bis neunzehn gezthlt haben, eh’ ein Stein, mit verschiedentlich wiederschallenden Springen, endlich in die Tiefe kam. An den Wtnden sintert ein Tropfstein, doch ist sie an den wenigsten Orten feucht, und bilden sich lange nicht die reichen, wunderbaren Figuren, wie in der Baumannshqle. Wir drangen so weit vor, als es die Wasser zuliesen, schossen im Herausgehn die Pistole los, davon die Hqle von einem starken dumpfen Klang erschpttert wurde und um uns wie eine Gloke summte. Wir brauchten eine starke viertel Stunde wieder heraus zu gehen, machten uns die Felsen wieder hinunter, fanden unsern Wagen und fuhren weiter. Wir sahen einen schqnen Wasserfall auf Staubbachsart, es war weder sehr hoch noch sehr reich, doch weil die Felsen um ihn, wie eine runde Niche bilden, in der er herab stprzt und weil die Kalchschichten an ihm, in sich selbst umgeschlagen, neue und ungewohnte Formen bilden, sehr interessant. Bei hohem Sonnenschein kamen wir hier an, nicht hungrig Ð 15 lan6ger 24 ei - -66gFiguren 28 heraus zu 32 Ka|l|chschichten
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gnug, das Mitagessen, das aus einem aufgewtrmten Fisch, Kuhfleisch und hartem Brod bestehet, gut zu finden. Von hier geht weiter in’s Gebprg kein Fuhrweeg fpr eine so stattliche Reisekutsche, wie wir haben, diese geht nach Genf zurpk und ich nehme Abschied von Ihnen, um den Weeg weiter fort zu sezen. Ein Maulesel mit dem Geptk wird uns auf dem Fuse folgen. Chamouni den 4. Nov. Abends gegen 9. Nur dass ich mit diesem Blat ihnen um so nther rpken kann, nehme ich die Feder, sonst wtr’ es besser meine Geister ruhen zu lassen. Wir liesen Salenche in einem schqnen, ofnen Thale hinter uns, der Himmel hatte sich, wthrend unsrer Mitagrast, mit weisen Schtfgen pberzogen, von denen ich hier eine besondre Anmerkung machen muss: Wir haben sie so schqn und noch schqner, an einem heitern Tag, von den Berner Eisbergen aufsteigen sehen, auch hier schien es uns wieder so, als wenn die Sonne die leiseste Ausdpnstungen von den hqchsten Schneegebprgen, gegen sich / aufzqge und diese ganz feine Dpnste von einer leichten Luft, wie eine Schaumwolle, durch die Atmosphtre gektmmt wprden. Ich erinnre mich nie in den hqchsten Sommertagen, bei uns, wo dergleichen thnliche Lufterscheinungen vorfallen, etwas so durchsichtiges, leichtgewobenes gesehen zu haben. Schon sahen wir die Schneegebprge, von denen sie aufsteigen, vor uns, das Thal fing an zu stoken, die Arve schoss aus einer Felskluft hervor, wir mussten einen Berg hinan und wanden uns, die Schneegebprge rechts vor uns, immer hqher. Abwechselnde Berge, alte Fichtenwtlder zeigten sich uns rechts, theils in der Tiefe, theils uns gleich. Links pber uns waren die Gipfel des Bergs kahl und spizig. Wir fphlten dass wir einem sttrkern und mtchtigern Saz von Bergen immer nther rpkten. Wir kamen pber ein breites troknes Beet von Kieseln und Steinen, das die Wasserfluthen die Ltnge des Bergs hinab zerreissen und wieder fpllen. Von da in ein sehr angenehmes, eingenommnes, flaches Thal, worinn das Dqrfgen Serves liegt, von da geht der Weeg, um einige sehr bunte Felsen, wieder gegen die Arve. Wenn man pber sie weg ist, steigt man einen Berg hinan, die Massen 14 Tag|,| 16 Schne6egebprgen 18 wprde|n| 29 dass (Ansatz zu langem s zu Schluss-s) 29 Wasserfluthen der ie Ltnge
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werden hier immer grqsser, die Natur hat hier mit sachter Hand, das Ungeheure zu bereiten angefangen. Es wurde dunkler, wir kamen dem Thale Chamouni nther und endlich darein. Nur die grossen Massen waren uns sichtbar, die Sterne gingen nach einander auf und wir bemerkten pber den Gipfeln der Berge, rechts vor uns, ein Licht, das wir nicht erkltren konnten, hell, ohne Glanz wie die Milchstrasse, doch dichter, fast wie die Plexaden, nur grqsser, unterhielte es lang unsre Aufmerksamkeit, biss es endlich, da wir unsern Standpunkt tnderten, wie eine Piramiede, von einem innern, geheimnissvollen Lichte durchzogen, das dem Schein eines Johanniswurms am besten verglichen werden kann, pber den Gipfeln aller Berge hervorragte und uns gewiss machte, dass es der Gipfel des mont blanc’s war. Es war die Schqnheit dieses Anbliks ganz auserordentlich, denn, da er mit den Sternen, die um ihn herumstunden, zwar nicht in gleich raschem Licht, doch in einer breitern, zusammenhtngendern Masse leuchtete, so schien er / den Augen zu iener hqhern Sphtre zu gehqren und man hatte Mph’, in Gedanken seine Wurzeln wieder an die Erde zu befestigen. Vor ihm sahen wir eine Reihe von Schneegebprgen, dtmmernder auf den Rpken von schwarzen Fichtenbergen liegen und wir sahen ungeheure Gletscher zwischen den schwarzen Wtldern herunter in’s Thal steigen. Meine Beschreibung ftngt an unordentlich und tngstlich zu werden, auch braucht es eigentlich immer zwei Menschen, einen der’s sthe und einen der’s beschriebe. Wir sind hier in dem mittelsten Dorfe des Thals, le Prieure genannt, wohl logieret, in einem Hause, das eine Wittwe den vielen Fremden zu Ehren, vor einigen Jahren erbauen lies. Wir sizen am Camin und lassen uns den Muskatellerwein, aus der vallee d’aost besser schmeken, als die Fastenspeissen, die uns aufgetischt werden. den 5t‘ Nov. Abends. Es ist immer eine Resolution als wie wenn man in’s kalte Wasser soll, ehe ich die Feder nehmen mag, zu schreiben. Hier httt ich nun grade Lust, Sie auf die Beschreibung der Savoiischen Eisgebprgen, die Bourit, ein passionirter Kletterer, herausgegeben hat, zu verweissen.
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Erfrischt durch einige Gltser guten Wein und den Gedanken, dass diese Blttter eher als die Reisenden und Bourit’s Buch, bei ihnen ankommen werden, will ich mein mqglichstes thun. Das Thal Chamouni, in dem wir uns befinden, liegt sehr hoch in den Gebprgen, es ist etwa sechs bis sieben Stunden lang und gehet ziemlich von Mitag gegen Mitternacht, der Charakter, der mir es vor andern auszeichnet, ist, dass es in seiner Mitte fast gar keine Fltche hat, sondern das Erdreich, wie eine Mulde, sich gleich von der Arve aus gegen die hqchsten Gebprge anschmiegt. Der Mont blanc und die Gebprge, die von ihm herabsteigen die Eismassen, die diese ungeheure Klpfte ausfpllen, machen die qstliche Wand aus, an der die ganze Ltnge des Thals hin sieben Gletscher, einer grqsser als der andre herunterkommen. Un/sere Fphrer, die wir gedingt hatten, das Eismeer zu sehen, kamen bei Zeiten. Der eine ist ein rpstiger, iunge Bursche, der andre schon tlter und sich klug dpnkender, der mit allen gelehrten Fremden Verkehr gehabt hat, von der Beschaffenheit der Eisberge sehr wohl unterrichtet und ein sehr tpchtiger Mann ist. Er versicherte uns, dass seit acht und zwanzig Jahren, so lang fphr’ er Fremde auf die Gebprge, er zum erstenmal so sptt im Jahr, nach Allerheiligen, iemand hinaufbringe und doch versicherte er, dass wir alles eben so gut, wie im August sehen sollten. Wir stiegen, mit Speisse und Wein gerpstet den Mont Anvert hinan, wo uns der Anblik des Eismeers pberraschen sollte. Ich wprde es, um die Baken nicht so voll zu nehmen, eigentlich das Eisthal oder den Eisstrom nennen. Denn die ungeheuren Massen von Eis, dringen aus einem tiefen Thal, von oben anzusehn, in ziemlicher Ebne hervor. Grad hinten endigt ein spizer Berg, wo von beiden Seiten Eisflpsse sich in den Hauptstrohm ergiessen. Es lag noch nicht der mindeste Schnee auf der zakigten Fltche und die blauen Spalten gltnzten gar schqn hervor. Das Wetter fing nach und nach an sich zu pberziehen und ich sahe wogige, graue Wolken, die Schnee anzudeuten schienen, wie ich sie niemals gesehen. In der Gegend, wo wir stunden, ist die kleine von Steinen zusammengelegte Hptte fpr das Bedprfniss der Reisenden, zum Scherz das Schloss von Montanvert genannt. Monsieur Blaire, ein Engltnder, der sich zu Genf aufhtlt, hat eine gertumigere, an einem schiklichern
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Ort, etwas weiter hinauf, erbauen lassen, wo man, am Feuer sizend, zu einem Fenster hinaus, das ganze Eisthal pbersehen kann. Die Gipfel der Felsen gegen pber und auch in die Tiefe des Thals hin, sind sehr spizig ausgezakt, es kommt daher, weil sie aus einer Gesteinart zusammen gesezt sind, deren Schichten fast ganz perpendikular in die Erde einschiessen, wittert eine leichter aus, so bleibt der andere spiz in die Luft stehen, solche Zaken werden Nadeln genennet und die aiguille du dru ist eine solche ho/he merkwprdige Spize, grade dem mont anvert gegen pber. Wir wollen nunmehro auch das Eismeer betreten und diese ungeheure Massen auf sich selbst beschauen. Wir stiegen den Berg hinunter und machten einige hundert Schritte auf den wogigen Cristallklippen herum. Es ist ein ganz treflicher Anblik, wenn man, auf dem Eise selbst stehend, denen oberwtrts sich herabdrtngenden und durch seltsame Spalten geschiedenen Massen entgegen sieht, doch wollt’ es uns nicht ltnger auf diesem schlppfrigen Boden gefallen, wir waren weder mit Fuseisen, noch mit beschlagenen Schuhen gerpstet, vielmehr waren unsere Abstze durch den langen Marsch abgerundet und gegltttet, wir machten uns also wieder zu denen Hptten hinauf und nach einigem Ausruhen zur Abreise fertig. Wir stiegen den Berg hinab und kamen an den Ort, wo der Eisstrohm stufenweis biss hinunter in’s Thal dringt und traten in die Hqle in der er sein Wasser ausgiesst. Sie ist weit, tief, von dem schqnsten Blau, und es steht sich sichrer im Grund als vorn an der Mpndung, weil an ihr sich immer grosse Stpke Eis schmelzend ablqsen. Wir nahmen unsern Weeg nach dem Wirthshause zu, bei der Wohnung zweier Blondins vorbei: Kinder von zwqlf bis vierzehn Jahren, die sehr weise Haut, weise, doch schroffe Haare, rothe und bewegliche Augen wie die Kaninchen haben. Die tiefe Nacht, die im Thale liegt, ltdt mich zeitig zu Bette und ich habe kaum noch so viel Munterkeit ihnen zu sagen, dass wir einen iungen zahmen Steinbok gesehen haben, der sich unter den Ziegen ausnimmt, wie der natprliche Sohn von einem grossen Herrn, dessen Erziehung in der Stille einer bprgerlichen Famielie aufgetragen ist. Von unsern Diskursen geht’s nicht an, dass ich etwas aus der Reihe mittheile, an Graniten, Gestellsteinen, Lerchen und Zirbelbtumen finden sie auch keine grose Erbauung, doch sollen sie ehestens merkwprdige Frpchte von unserm botanisen zu sehen kriegen. Ich bilde mir ein, sehr schlaftrunken zu sein und kann nicht eine Zeile weiter schreiben.
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Chamouni den 6 Nov. frph.
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Zufrieden mit dem, was uns die Jahrszeit hier zu sehen erlaubte, sind wir reisefertig noch heute in’s Wallis durchzudringen. / Das ganze Thal ist pber und pber biss an die Helfte der Berge mit Nebel bedekt, wir mpssen erwarten, was Sonne und Wind zu unserm Vortheil thun werden. Unser Fphrer schltgt uns einen Weeg pber den col de balme vor. Ein hoher Berg, der an der nqrdlichen Seite des Thals gegen Wallis zu liegt und auf dem wir, wenn wir glpklich sind, das Thal Chamouni, mit seinen meisten Merkwprdigkeiten, noch auf einmal von seiner Hqhe pbersehen kqnnen. Indem ich dieses schreibe, geschieht an dem Himmel eine herrliche Erscheinung: Die Nebel, die sich bewegen und die sich an einigen Orten brechen, lassen, wie durch Tagelqcher den blauen Himmel sehen und die Gipfel der Berge, die oben, pber unsrer Dunstdeke, von der Morgensonne beschienen werden. Auch ohne die Hofnung eines schqnen Tags, ist dieser Anblik dem Aug’ eine rechte Weide. Erst iezo hat man einiges Maas fpr die Hqhe der Berge. Erst in einer ziemlichen Hqhe vom Thal auf, streichen die Nebel an dem Berg hin, hohe Wolken steigen von da auf und als denn sieht man noch pber ihnen die Gipfel der Berge in der Verkltrung schimmern. Es wird Zeit! Ich nehme zugleich von diesem geliebten Thal und von ihnen Abschied. Martinach im Wallis den 6 Nov. Abends. Glpklich sind wir herpber gekommen und so wtre auch dieses Abendtheuer bestanden. Die Freude pber unser gutes Schiksaal wird mir noch eine halbe Stunde die Feder lebendig erhalten. Unser Geptk auf ein Maulthier geladen, zogen wir gegen neune heute frph von Prieure aus. Die Wolken wechselten, dass die Gipfel der Berge bald erschienen bald verschwanden, bald die Sonne streifweis in’s Thal dringen konnte, bald die Gegend wieder verdekt wurde. Wir gingen das Thal hinauf, den Ausguss des Eisthals vorbei, ferner den glacier d’argentiere hin, der hqchste von allen, dessen oberster Gipfel uns aber von Wolken bedekt war. In der Gegend wurde Rath gehalten, ob wir den Stieg pber den col de balme unternehmen und den Weeg pber Valorsine verlassen wollten. Der Anschein war nicht
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der vortheilhafteste, doch da hier nichts / zu verlieren und viel zu gewinnen stund, traten wir unsern Weeg kek gegen die dunkle Nebelund Wolkenregion an. Als wir gegen den glacier du tour kamen, rissen sich die Wolken auseinander und wir sahen auch diesen schqnen Gletscher in vqlligem Lichte. Wir sezten uns nieder, tranken eine Flasche Wein aus und assen etwas weniges. Wir stiegen nunmehro immer den Quellen der Arve auf rauhern Matten und schlecht berasten Gegenden, entgegen und kamen dem Nebelkreis immer nther, biss er uns endlich vqllig aufnahm. Wir stiegen eine Weile gedultig fort, als es auf ein mal wieder uber unsern Htuptern helle zu werden anfing und wir aufschritten. Wenig dauerte es, so traten wir aus den Wolken heraus, sahen sie in ihrer ganzen Last, unter uns auf dem Thale liegen und konnten die Berge, die es rechts und links einschliessen ausser dem Gipfel des mont blanc’s, der mit Wolken bedekt war, sehen, deuten und mit Namen nennen. Wir sahen einige Gletscher von ihren Hqhen biss zu der Wolkentiefe herabsteigen, von andern sahen wir nur die Pltze, indem uns die Eismassen durch die Bergschrpnde, verdekt wurden. Ueber die ganze Wolkenfltche sahen wir, ausser dem mitttgigen Ende des Thales, ferne Berge im Sonnenschein. Was soll ich Ihnen die Namen von denen Gipfeln, Spizen, Nadeln, Eis- und Schneemassen vorerzthlen, die Ihnen doch kein Bild weder vom Ganzen noch vom Einzeln in die Seele bringen, merkwprdiger ist’s, wie die Geister der Luft sich unter uns zu streiten schienen. Kaum hatten wir eine Weile gestanden und uns an der grossen Aussicht ergqzt, so schien eine feindseelige Gthrung in den Nebeln zu entstehen, der auf einmal aufwtrts strich und uns auf ’s neue einzuwikeln drohte. Wir stiegen sttrker den Berg hinan, ihm nochmals zu entgehen, allein er pberflpgelte uns und rollte uns ein. Wir stiegen immer frisch aufwtrts und bald kam uns ein Gegenwind vom Berge selbst zu Hplfe, der durch den Sattel, der zwei Gipfel verbindet, hereinstrich und den Nebel wieder in’s Thal zurpktrieb. Dieser wundersame Streit wiederholte sich qfters und wir langten endlich glpklich auf dem col de balme an. Es war ein seltsamer, / eigner Anblik, der hqchste Himmel, pber den Gipfeln der Berge, war pberzogen, unter uns sahen wir durch den manchmal zerrissnen Nebel
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in’s ganze Thal Chamouni und zwischen diesen beiden Wolkenschichten waren die Gipfel der Berge alle sichtbar. Auf der Ostseite waren wir von schroffen Gebprgen eingeschlossen, auf der Abendseite sahen wir in ungeheure Thtler, wo doch auf einigen Matten sich menschliche Wohnungen zeigten. Vorwtrts lag uns das Wallisthal, wo man mit einem Blik bis Martinach hinein sehen konnte. Von allen Seiten von Gebprgen umschlossen, die sich weiter gegen den Horizont immer zu vermehren und aufzpthprmen schienen, so standen wir auf der Grtnze von Savoiien und Wallis. Einige Contrebandiers kamen mit Mauleseln den Berg herauf und erschraken vor uns, da sie an dem Plaz iezo niemand vermutheten. Sie thaten einen Schuss, als ob sie sagen wollten: „damit ihr seht dass sie geladen sind“ – und es ging einer voraus um uns zu recognosciren. Da er unsern Fphrer erkannte und unsre harmlose Figuren sah, rpkten die andre auch nther und wir zogen, mit wechselseitigen Glpkwpnschen von ein ander vorbei. Der Wind ging scharf und es fing ein wenig an zu schneien. Nunmehro ging es durch einen sehr rauhen und wilden Stieg abwtrts, durch einen alten Fichtenwald, der sich auf Platten von Gestellstein, eingewurzelt hatte. Vom Wind pbereinander gerissen, verfaulten hier die Sttmme mit ihren Wurzeln und die zugleich losgebrochne Felsen lagen schrof durcheinander. Endlich kamen wir in’s Thal, wo der Trientfluss aus einem Gletscher entspringt, liessen das Dqrfgen Trient ganz nahe rechts liegen und folgten dem Thale durch einen ziemlich unbequemen Weeg, biss wir endlich gegen sechse hier in Martinach auf flachem Wallisboden angekommen sind, wo wir uns zu weitern Unternehmungen ausruhen wollen.
551. An Friedrich Justin Bertuch Zerich, 29. November 1779. Montag Der Herzog trtgt mir auf 12 Rahmen zu bestellen. 6 von der Grqse wie beyliegender Faden anzeigt, und 6 etwa die Htlfte. Sie sollen fpr die Zeichen Ackademie, also nur von weichem braungebeiztem Holz ganz glatt, und Gltser darein. Wir bringen sehr schqne Zeichnungen 11 s-wollten 12 sind“. – (Punkt zu Gedankenstrich) 12 gieng 13 unds 22 folgtemn
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mit die Krausen freuen und dem Institut ein neues Leben geben werden. Am besten wird seyn du siehst erst zu was fpr Gltser da sind, dass wenn sie etwa um ein Theil grqser wtren dass man auch statt sie zu verschneiden die Rhamen grosser machte denn es ist immer besser, weil man doch mit / Zeichnungen wechselt. Mache dass Sie fertig werden eh der Herzog zurpckkommt, und pbergieb sie Krausen, dass man gleich etwas aufstellen kqnne. Der Herzog und wir beyde sind sehr wohl und wpnschen euch alles gute, hoffen euch gesund und vergnpgt anzutreffen. Zprch d‘. 29 Nov. 79
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552. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel Zerich, 29. November 1779. Montag l. Br. Du hast wohl gethan mir ein Wort zu schreiben, denn in die Weite Welt schallt eine bekannte Stimme gar gut, und ladt uns nach Hause. Wir sind auch auf der Rpckkehr und warten in Zprch auf ein freundlicher Wetter. Mit unstglichem Glpck haben wir die Reise bis hierher gemacht, und hoffen ein gleiches auf die Zukunft. Es wird eine Menge zu erzthlen geben, wir sind durch einen grosen Reichthum von Gegensttnden gegangen, und die Abwechslung hat uns immer wie auf Wellen getragen. Von Menschen sehr wenig. Die alte Mutter ist immer das beste, und das gemeine Volck. Hier sind wir bey Lav. der sich ieden Tag neuer in meiner Seele verherrlicht. Adieu l. Br. Empfiehl mich. Zprch. d‘. 29 Nov 79 G. / Wegen des Theaters ist besorgt, dass alles zubereitet, die Risse gemacht werden dass wenn wir zurpckkommen sogleich angefangen werden kan, das nun nicht mehr lange wird. Rede doch mit Seckendorfen, und grps ihn, und frag ob sein Trauerspiel fertig ist, wir werden doch mit Stpcken anfangen mpssen wo wenig Dekorationen nqtig sind, bis wir uns einrichten kqnnen. Ubersez du doch auch wieder ein Stpck. -1 neuses 6 der und 18 VMenschen 19 beste., 19 und dieas gemeine
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553. An Jacob Friedrich von Fritsch Zerich, 30. November 1779. Dienstag Hochwohlgebohrner Insonders hochgeehrtester Herr Geheimderath,
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Erlauben Ew Exzel‘ dass ich, im Begriff mich Weimar wieder zu nthern, bey Ihnen mein Andencken erneure. Wie glpcklich bisher unsre Reise gewesen wie wohl und vergnpgt sich unser gntdigster Herr befunden werden Sie aus dessen eigenhtndigen Briefen von Zeit zu Zeit ersehen haben. / Sogar iezo da Anstalten zur Abreise von hier gemacht werden heitert sich das bisher sehr trpbe und wilde Wetter auf, und ltsst uns Hoffnung zu einem frqhligen Rpckzug. Die anhaltenden guten Nachrichten von Weimar haben Serenissimi Zufriedenheit bey Ihrer Tour vollkommen gemacht, und uns andre an unsrem Theil nicht weniger erfreut. Auch was mich betrifft kann ich diese Zeit unter die glpcklichsten meines Lebens rechnen, und wenn ich bey meiner Rpckkunft die alten freundschafftlichen Gesinnungen und die / Gewogenheit von Ew Exzel‘ noch unvertndert antreffe; so bleibt mir nichts fpr den Augenblick zu wpnschen pbrig. Der Frau Geheimdertthinn empfehle ich mich auf das beste, und unterzeichne mich mit der vollkommensten Achtung Ew. Exzel‘ Zprch d‘. 30 Nov 1779.
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ganz gehorsamsten Diener Goethe
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554. An Carl Ludwig von Knebel Zerich, 30. November 1779. Dienstag l. Br. ich hatte gehofft du wprdest aus deiner Einsamkeit einmal ein Wqrtgen zu mir herpber reden, so aber seh ich wohl ich muss anklopfen, und aus meiner Zerstreuung dir zurufen. So schqn und glpcklich dass man sich nicht unterstehn darf zu preisen ist unsre Reise bisher gewesen. Helfe die willige Glpcksluft weiter und fphre uns gesund wieder zu Euch. So wohl mir’s geht, so manigfaltig das Leben ist sehn ich mich wieder nach Hause, und ausdrpcken kan ich dir nicht wie lieb ihr mir ttglich werdet, und wie ich Gott bitte dass er uns auch wenn wir wieder nther rpcken, immer fort mqge fphlen und geniessen lassen was wir an einander haben. Dass die ehrenen, hqlzernen und pappenen Schaalen die uns offt trennen, mqgen zertrpmmert und auf ewig ins hqllische Feuer geworfen werden. Wann werden wir lernen uns der eingebildeten Ubel entschlagen und die wahren alsdann einander zutraulich im Momente ans Herz legen. Hebe diesen Brief auf ich bitte dich und wenn ich unhold werde zeig mir ihn vor dass ich in mich kehre. Hier bin ich bey Lavatern, im reinsten Zusammengenuss des Lebens. In dem Kreise seiner Freunde ist eine Engelsstille und Ruh, bey allem Drange der Welt und ein anhaltendes mitgenieÆssenæ von Freud und Schmerz, doch hab ich deutlich gesehen dass es vorzpglich darinn liegt dass ieder / Sein Haus Frau, Kinder, und eine reine menschliche Existens in der ntchsten Nothdurft hat. das schliest aneinander, und speut was Feind‘. ist sogleich aus. Von der Reise selbst lass dir doch die Stein die Tour durch die Savoyer Gletscher zeigen. Den Zug durchs Wallis hoff ich auch ehstens zu schicken. Lavater ist und bleibt ein einziger Mensch, den man, nur 3 Schritte von ihm, gar nicht erkennen kan. Solche Wahrheit, Glauben, Liebe, Gedult, Sttrcke, Weisheit, Gpte, Betriebsamkeit, Ganzheit, Manigfaltigkeit, Ruhe pp ist weder in Israel noch unter den Haiden. Von Kunstsachen haben wir eine Menge mit uns gerollt. Treffliche Sachen
5 willeige 17-18 Lebens,. iIn 20 daoch
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mit unter. Ich habe p fas et nefas einige Fueslische Gemthlde und Skizzen erwischt, pber die ihr erschrqcken werdet, grps Herdern, und gieb ihm seinen Theil von diesem Briefe. Leb wohl und vergnpgt, und thut das eurige wenn wir zurpckkommen, dass es uns wohl bleibe, wie wir ganz in der Stimmung sind, euch freundlicher als iemals, entgegen zu gehen, Adieu Alter lass mir nach Franckfurt etwas hqren. Zprch d‘. 30 Nov. 79. G
555. An Charlotte von Stein Zerich, 30. November 1779. Dienstag
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Ihre erste Weimarer Worte erhalt ich hier und freue mich Sie wieder meine Nachbaarinn zu wissen, und dass Ihnen der Schreibtisch Vergnpgen macht. Glauben Sie mir ich halt ihn auch fpr k o s t b a a r und muss, denn seit Anfang dieses Jahrs hab ich mich beschtfftigt ihn zusammenzutreiben, alles selbst ausgesucht, aufgesucht, davon viel Aneckdoten zu erzthlen wtren, bin offt vergnpgt von Ihnen weg zum Tischer gegangen weil etwas im Werck war das Sie freuen sollte, das nicht auf der Messe erkauft, das von seinem ersten Entwurf meine Sorge, meine Puppe, meine Unterhaltung war. Wenn Freundschafft sich b e z a h l e n ltsst; so ist dpnckt mich das die einzige von Gott und Menschen geliebte Art. Also meine beste –– Verzeihen Sie mir diese Rodomondate! Ich werde verleitet Sie auf den eigentlichen Preis des Dings zu weisen, da Sie nur einen Augenblick an einen andern dencken konnten. Wir sind in und mit Lavatern glpcklich, es ist uns allen eine Cur, um einen Menschen zu seyn, der in der Htuslichkeit der Liebe lebt und strebt, der an dem was er wprckt Genuss im Wprcken hat, und seine Freunde mit unglaublicher Aufmercksamkeit, trtgt, nthrt, leitet und erfreut. Wie gern mqgt ich ein vierteljahr neben ihm zubringen, freylich nicht mpsig wie iezt. Etwas zu arbeiten / haben, und Abends
2 Schkizzen 15 ich Sie 20 Rodomontdate 25 wWprcken
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wieder zusammen lauffen. Die Wahrheit ist einem doch immer neu, und wenn man wieder einmal so einen ganz wahren Menschen sieht meynt man, man ktme erst auf die Welt. Aber auch ists im moralischen wie mit einer Brunnen Cur alle Ubel im Menschen tiefe und flache kommen in Bewegung, und das ganze Eingeweide arbeitet durch einander. Erst hier geht mir recht klar auf in was fpr einem sittlichen Todt wir gewqhnlich zusammen leben, und woher das Eintrocknen und Einfrieren eines Herzens kommt das in sich nie dprr, und nie kalt ist. Gebe Gott dass unter mehr grosen Vortheilen auch dieser uns nach Hause begleite, dass wir unsre Seelen offen behalten, und wir die guten Seelen auch zu qffnen vermqgen. Kqnnt ich euch mahlen wie leer die Welt ist, man wprde sich an einander klammern und nicht von einander lassen. Indess bin ich auch schon wieder bereit dass uns der Sirocko von Unzufriedenheit, Widerwille, Undanck, Ltssigkeit und Prttension entgegen dampfe. Adieu meine Beste. Noch hab ich mein unleserliches Tagbuch an Sie von Martinach bis hierher nicht abdicktiren kqnnen. wills Gott heut Abend oder morgen. Adieu. Grpsen Sie alles. Zprch d‘. 30 Nov. 79. G Ubermorgen gehn wir von hier ab, und haben noch den Costnizer See, und den Rheinfall vor uns.
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556. An Josias von Stein Zerich, 30. November 1779. Dienstag Sie sind recht brav l. Stein dass Sie fortfahren uns Nachrichten von dem possierlichen Zustand unsers geliebten Weimars zu geben. lassen Sie sich die Zeit nicht lang werden, biss wir wiederkommen, und schreiben Sie mir immer etwas nach Franckfurt wohin wir balde abgehen. Wir sind schon eine Weile in Zprch und haben ein gutes Leben mit Lavatern, sehen alle Cabinets, Zeichnungen und Kupfer,
9 unr- ter 23 possierlicher n 25 fa schreiben 26 wWeile
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Menschen und Thiere. Wohnen in einem allerschqnsten Wirthshause das an der Brpcke steht die die Stadt zusammen htngt, eine liebliche Aussicht auf den Fluss, See, und Gebprge pp. Trefflich zu essen, gute Betten, und also alles was sonst in bezauberten Schlqssern um Ritter zu erquicken herbeygewinckt wird. Nun haben wir noch den Costnizer See und den Rheinfall vor uns, wohin uns auch das gute Glpck begleiten wird. Haben Sie die Gpte innliegende Zettelgens zu bestellen, und auf Philipps beyliegende Bitte, ein Paar Schlpssel an Gozzen aus meiner hintersten, oder respecktive vordersten Stube zu geben. Adieu leben Sie recht wohl und vergnpgt, und grpssen alle schqne Damen. G Zprch d‘. 30 Nov 1779. / bitten Sie doch Ihre Frau dass Sie der Herzoginn meine Reisediarien gelegent‘. vorliest
557. An Johann Caspar Lavater ÆKonstanz oder Schaffhausen, zwischen dem 3. und 5. Dezember 1779.æ ÆKonzeptæ
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Ich kann nicht weiter gehn ohne dir pber eine Idee zu schreiben die mir sehr an Herzen liegt. Du weisst wie wichtig in vielem Betracht diese Reise dem Herzog gewesen ist und wie gewiss eine neue Epoche seines und unsres Lebens sich davon anftngt. Wenn wir nach Hause kommen lebt er wieder in seinen Gtrten und Gebpschen fort, dorthin an einen schqnen Plaz mqgt ich ihm ein Monument dieser glpklich vollbrachten Reise sezen, das ihm in guten Augenbliken eine frqliche Erinnerung wtre. Es sind auch Neben-Absichten dabei. Ueberall spielt man iezt mit Monumenten und Urnen, deren leere Hplsen und Btuche ihm immer fatal gewesen sind. In den kleinen
2 die bdie Stadt 9 ngeben 14 lezten Reisediarien 22 dass (langes s zu Schluss-s) 25 mir dihme G
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Anlagen die er gemacht hat, steht noch gar nichts dergleichen, dieses wtr’ das erste und wahrhaftig wahre, denn wir haben unterweegs mancherlei Anlas gehabt, dem guten Glpk einen Stein der Dankbarkeit zu widmen und das ex voto ist keine blose Phrase. Wir haben bei uns einen Bildhauer, einen Mann von leichtem Begriff und schneller Hand, der sich ttglich durch das Studium der Natur und der Antike bessert, dem es aber an Imagination fehlt und der, wenn man ihm so was pberltsst, wie andre seines gleichen in den neuen leeren Decorations Gusto verftllt. Zu diesem Monument habe ich in meinem Kopf allerlei Gedancken und Bilder herum getrieben und mir etwas, was ich durch die Kpnstler, die um mich sind, kqnnte zusammen posseln lassen herbey gesucht doch seh’ ich zum voraus, es wird eine Plakerei geben und am Ende doch was schwaches und halbes herauskommen. Immer, seit dem mich der Gedancke beschtfftigt, habe ich gewpnscht: du mqchtest Fpessli bereden kqnnen dass er aus seinem ungeheuren Reichthum etwas zu diesem guten Werke herpber gtbe! das ist der einzige Weeg; wenn alsdann unser Bildhauer nicht ganz von Gott verlassen ist, dass wir etwas auserordentliches und wills Gott vollkommnes kriegen kqnnen. Mein erster Gedanke war so: Ich wollte dem Monumet eine vierekigte Form geben, etwas hqher als breit, ganz einfach, wie man in den alten Ueberbleibsel dergleichen Steine oben mit einem eingekerbten Dach findet. Von drei Seiten sollte iede eine einzelne bedeutende Figur und die vierte eine Innschrifft haben. Zuforderst sollte das gute heilsame Glpk / stehen, durch das die Schlachten gewonnen und die Schiffe regiret werden, gpnstigem Wind im Naken, die launische Freundinn und Belohnerinn keker Unternehmungen mit Steuerruder und Kranz, im Felde zur Rechten hatte ich mir den Genius, den Antreiber, Wegmacher, Wegweiser Fakeltrtger muti-
1 der Herzog dere G 2 ich dwire habe|n| G 3 Gelegenheit dAnlase 9 Modnuement G 10 Ideen dGedancken und Bildere G 11 Kpnste|ler| G 12 zusammen gedacht dherbey gesuchte G 12 ndoch 12 mir deinee G 14 ich diese Idee im Kopf habe dmich der Gedancke beschtfftigte G 16 gtbe,d!e (Ausrufezeichen lber gestr. Komma) 21 Steinen 22 Auf eVone 24 soll|te| G 24 dheilsamee Glpk / das heilsame verehrt werden dstehene G 24 ohne d durch das 25 werden, mit gpnstigem
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gen Schrittes gedacht. In dem Felde zur lincken sollte Terminus der ruhige Grtnzbeschreiber, der bedtchtige mtsige Rathgeber stillstehend mit dem Schlangenstabe eine Granzstein bezeichnen. Jener lebend rphrig vordringend, dieser ruhend sanft, in sich gekehrt zwey Sohne einer mutter der altere iener der iungere dieser. Das hinterste Feld hatte die Inschrifft. Fortunae Duci reduci natisque Genio et Termino ex Voto.
Du siehst was ich vor Ideen dadurch zusammenbinden wollte. Es sind keine Geheimnisse noch tiefe Rtzel, aber sowohl auf dieser Reise als im ganzen Leben, sind wir diesen Gottheiten sehr zu Schuldnern geworden. Das erstemal dass wir nach einer langen nicht immer frohligen Zeit aus den Lochern in die freye Welt kommen, zusammen den -----
1 Schpz dSchrittese G 1-13 In dem Felde zur Linken sollte terminus der stille der bedtchtige dder ruhigee Grtnzbeschreiber, der mit seinem Schlangenstabe auf einen Grtnzstein strekt, stehen und in dem hintersten Felde etwa die Innschrifft (danach Ansatz von F nicht gestr.) Fortunae duci et reduci filiisque Genio et termino ex voto
In dem Felde Æ:::æ ex Voto. G (Der korrigierte Text mit Einweisungszeichen [(] auf S. 1 des zweiten (von Goethe beschriebenen) Doppelblatts; vgl. rberlieferung.) 2 ddere G 2 bet-dtchtige G 2 Mmtsige G 4 ksanft G 6 iInschrifft G 362,17-363,20 Ueber diese Ideen wollt ich noch mit manchen Kpnstlern gesprochen sie hinpber und herpber gedreht haben, vielleicht dass ihnen einer einen bessern Kqrper gegeben httte. Die Form habe ich deswegen gewthlt weil so ich etwas freistehendes haben mqgte u. s. w. / Das erstemal Æ:::æ Kqrper gabe. (Der korrigierte Text mit Einweisungszeichen [#] auf S. 1 und 2 des von Goethe beschr. Doppelblatts; vgl. rberlieferung.) 18 wWelt 18 gleich zusammen
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ersten bedeutenden Schritt wagen, gleich mit dem schqnsten Hauche des Glpcks fortgetrieben zu werden. in der sptten Jahrszeit alles mit gpnstiger Sonne und Gestirnen. Den ganzen Weeg den wir machen begleitet von einem guten / Geiste der pberall die Fackel vortrtgt hierhin lockt dorthin treibt dass wenn ich zurpcksehe wir, zu so manchem das unsre reise ganz macht nicht durch unsren Wiz und Wollen geleitet worden sind. Und dan am Ende das wir auch durch den schqnen Glpckssohn bedeutet wurden wo wir aufhqren, wo wir einen Grtnzbogen beschreiben und wieder zurpck kehren sollten, das wieder einen unglaublichen Einfluss auf unsre Zurpckgebliebnen hat und haben wird. Das alles zusamen giebt uns eine Empfindung die ich nicht schoner zu ehren weis als womit alle Zeiten durch die Menschen Gotter verehrt haben. --Im Beywesen und Verzierungen dacht ich manches anzubringen das eine Schweizer reise deren bester Theil zu Fus gemacht worden bezeichnete. Wanderstock mit Eisen beschlagen und mit Gemshorn zum Knopf. Gott weis was weiter. Meine Gedancken wollt ich ich einigen Kpnstlern mittheilen, sie hinpber herpber mit ihnen durchtreiben und sehen ob ihnen einer vielleicht einen bessern Kqrper gabe. Seitdem ich aber bei dir Fpesslis lezte Sachen gesehen habe, kann ich dich nicht los lassen du mußt versuchen ob du ihn bewegen kannst eine Zeichnung dazu zu machen. Den Gedanken und Entzwek weisst du, den sag ihm ganz rein und einfach und da es ihm fatal sein muss, wenn ihm iemand was vorerfinden oder angeben will, so geb ich gern meine Form des Ganzen meine einzelne Figuren und die Innschrifft dazu auf, wenn er sich des Dings annehmen will. er wird
1 in einer gleich 2 Ich in 3 Dieen 7 sondern durch geleitet 7 Zulezt rechne ich auch fpr G666Und 9 Bogen Grtnzbogen 10 eEinfluss 11 mir dunse 13 6Gotter --- 14-17 Im Beywesen Æ:::æ was weiter. (Der Text mit Einweisungszeichen [1] auf S. 3 des von Goethe beschr. Doppelblatts als Ergpnzung zu dem korrigierten Text 362,17–363,2 Das erstemal Æ:::æ Kqrper gab. Vgl. rberlieferung.) 14 Beywesen noch dund Verzierungene dacht 15 wdas die bestimmte ech ----- Idee einer 16 anzeigte bezeichnete. 20 dvielleichte 21 dabere G 22 einen Versuch machen dversuchene G 23 Sollt er es wollen Den 27 er (versehentlich gestr.) etwas aus sich brphen dsich des Dings annehmene G
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gewiss die Idee sttrker grqsser treffender und neuer ausdrpken. Du mpsstest ihn bitten, er mag nun bei meinem / vorschlag bleiben oder nicht dass er eine bestimmte Zeichnung von der Form des Ganzen mit den Masen gtbe, auch so von den einzelnen Figuren und sie auf eine weise Zeichnete dass sich leicht ein basrelief darnach arbeiten liese. Vielleicht sind ihm, der alles mit Geist und Feuer durcheinander arbeitet die einzelnstehende Figuren widrig, er bringe sie zusammen auf eins wenn er will, allenfalls nehme er statt des Vierecks eine runde Form, doch das wprde freilig wieder bei der Ausfphrung in Stein mehrere Hinderniss geben. Noch muss ich dir dabei sagen, dass wir einen auserordentlich schqnen lichtgrauen sanften Stein, der an den Marmor grtnzt und keiner Witterung weicht, zu dieser Arbeit haben. Du mpsstest Fpesslien bitten, dass er selbst die Grqsse vom ganzen Monument, nach seinen Gedanken angtbe, das man allenfalls um es etwas aus dem Auge zu rpken auf einen Rasen gegen ein Felsstpck pp sezen kqnnte. Genug er denke sich das wie er’s wolle so wird es gut seyn und wir haben so viel und mancherlei Stpke Steine vorrtthig dass wir zum zusammensezen des Ganzen nicht verlegen sein werden. Sieh’ ob du etwas pber ihn vermagst und ob du, der frqlichen Zeiten, die wir wieder gelebt haben, immer gegenwtrtiges Siegel dadurch, auf unsere Wohnung druken kannst. Wenigstens hat er gewiss in seinem Leben manchen Strich gemacht, der nicht so erkannt und ihm so gedankt worden ist, als wie das was, ich durch dich hoffe. Welchen Preiss er auch auf diese Arbeit sezen mqge ist vqllig einerlei. Nun ist aber noch ein Hauptpunkt nemlich die Geschwindigkeit. Ich wpnsche es diesen Winter fertig zu kriegen und auf das Frphiahr zum ersten Willkomm mit den Blpthen und Bltttern aufzustellen. Versuche also, ich bitte dich deine Wunderkrtfte um mir zu verschaffen was nicht ein eitler Wunsch ist. Schaff dass er es macht und schnell macht und krqne mir auch dies Jahr und sein Glpk mit diesem lezten Zeichen. 363,27-364,1 will|.| das der wirde gewiss die Idee sttrker grqsser treffender und neuer ausdrpken|.| wird. 7 eindeinzelnestehende 8 allenfalls auf dnehme er statt des Viereckse eine G 9 darf dwprdee G 10 nicht mehrere 14 das sich, nach 15 dgegen ein Felsstpck ppe G 16 hinsezen G 24 mqge kann ist vqllig 29 dasss 30 wie mit
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558. An Charlotte von Stein Schaffhausen, 7. Dezember 1779. Dienstag Schafhausen d‘. 7 Dez 79. Mit allem meine beste bleib ich zurpck, meine Reisebeschreibung stockt vom Wallis aus und doch kan ich die Schweiz nicht verlassen ohne Ihnen zu sagen dass wir auch hier schqn Glpck gehabt, und den Rheinfall gestern im hohen Sonnenschein gesehen haben. Lavater auch hat uns hier pberrascht, sich zu hause losgemacht und ist gestern hier hergekommen. Wir haben heut zusammen den Rheifall wieder doch bey trpben Wetter gesehen, und immer glaubt man er wtre sttrcker als gestern. Wir haben einen starcken Dialog pbers Erhabne gefphrt den ich auch aufzuschreiben schuldig bleiben werde. Es ist mit Lavater wie mit dem Rheinfall man glaubt auch man habe ihn nie so gesehen wenn man ihn wiedersieht, er ist die Blpte der Menschheit, das Beste vom besten. Adieu Morgen gehn wir von hier auf Stuttgard. Der Raum schwindet zwischen uns und es wird ein Augenblick seyn da wir uns wiedersehn. G.
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559. An Charlotte von Stein Karlsruhe, 20. Dezember, Mannheim, 22. Dezember 1779. Montag und Mittwoch Carlsruh, d‘. 20 Dez. 79. Weil uns die Briefe nicht mehr in die Schweiz folgen durften, ist ein gros Packet in Franckfurt liegen blieben, und hier erhalt ich also vier Ihrer Briefe auf einmal. Sie sind recht Lieb und gut dass Sie fortfahren mir zu schreiben. Ich habe vergebens etlichemal angesezt meine ReiseBeschreibung ins reine zu bringen, ieder Tag, war wieder so ganz besezt dass ich leider zurpckbleiben muss.
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Hier freut mich die kleine Staff am meisten, doch ist die arme Seele auch schon stiller und in sich gebracht, es geht ihr in so fern wohl und sie weis sich ziemlich zu schicken. In Stuttgard haben wir den Feyerlichkeiten des Jahrstags der Militar Akademie beygewohnt, der Herzog war tuserst galant gegen den unsrigen, und ohne das incognito / zu brechen hat er ihm die mqglichste Aufmercksamkeit bezeigt. Uns andre hat er auch sehr artig behandelt, und in allem Betracht war dieser achtttgige Aufenthalt sehr merckwprdig und i n s t r u c k t i v fpr uns. Nun gehts pber Mannheim auf Franckfurt. Von da sollen Sie weiter hqren. Hier findet man den Herzog wohl aussehend, doch hat sich bisher noch keine Herzlichkeit zwischen den hohen Herzen sppren lassen. Es muss sich heute geben oder nie denn morgen frph verreisen wir. Adieu beste grpsen Sie Steinen. Dancken Sie der Herzoginn fpr ihre Antwort. Der Waldnern fpr das Zettelgen u.s.w. Die Grasaffen werden wohl gewachsen seyn, und das durchlauchtige Grastffgen auch. Hier sind die Kinder / schqn und allerliebst. Der Marckgr. geftllig und unterhaltend. Die Marckgrtfin gefallig und gesprtchig, der Erbprinz in seine Augbrauen retranchirt aber gutwillig, die Erbprinzess sehr passiv am Gtngelbande der Frau Schwiegermama. Der zweite Prinz artig und mqchte gern, der ipngste ganz ins Fleisch gebacken. So viel von der unterthtnigsten Sensation des ersten Tags. Nochmals Adieu. G.
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Mannh. d‘. 22 Dez. Von Carlsruh sind wir gestern frph ab. Die Langeweile hat sich von Stund zu stund versttrckt. Von der armen Albertine hab ich sehr zartlichen Abschied genommen, so ein Wprmgen ist doch recht pbel dran. Adieu Gold. Gott im Himmel was ist Weimar fpr ein Paradies!.
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560. An Philipp Christoph Kayser Frankfurt a. M., 29. Dezember 1779. Mittwoch Frankfurt am Main den 29 Dez. 1779. Ich schike Ihnen hier, lieber Kaiser eine Operette die ich unterweeges fpr sie gemacht habe. Es sind die aller einfachsten Umrisse, die Sie nunmehr mit Licht, Schatten und Farben herausheben mpssen wenn sie frappiren und gefallen sollen. Ueber das Stpk selbst will ich Ihnen nichts sagen biss sie es gelesen haben, alsdann bitt’ ich dass Sie mir weitltufig schreiben ob Sie’s unternehmen wollen und wie Sie’s anzugreiffen gedenken. Sie werden ohne meine Erinnerung sehen, dass es mir drum zu thun war, eine Menge Gempthsbewegungen in einer lebhaft fortgehenden Handlung vorzubringen, und sie in einer solchen Reihe folgen zu lassen, dass der Komponist sowohl in Uebergtngen als Contrasten seine Meisterschaft zeigen kann. Hierpber ein mehrerers, wenn Sie mir selbst erst Ihre Gedanken geschrieben haben. Nur eins / muss ich noch vorltufig sagen: Ich bitte Sie darauf acht zu geben, dass eigentlich dreierlei Arten von Gestngen drinne vorkommen. Erstlich Lieder, von denen man supponiret, dass der Singende sie irgendwo auswendig gelernt und sie nun in ein und der andern Situation anbringt. Diese kqnnen und mpssen eigne, bestimmte und runde Melodien haben, die auffallen und iedermann leicht behtlt. Zweitens Arien, wo die Person die Empfindung des Augenbliks ausdrpkt und, ganz in ihr verlohren, aus dem Grunde des Herzens singt. Diese mpssen einfach, wahr, rein vorgetragen werden, von der sanftesten biss zur heftigsten Empfindung. Melodie und Akkompagnement mpssen sehr gewissenhaft behandelt werden. Drittens kommt der rytmische Dialog, dieser giebt der ganzen Sache die Bewegung, durch diesen kann der Componist die Sache bald beschleunigen, bald wieder anhalten, ihn bald als Deklamation in zerrissnen Takten traktiren, bald ihn in einer rol/lenden Melodie sich geschwind fortbewegen lassen. Dieser muss eigentlich der Stellung 7 ob Sie|’|s unternehmen 7-8 angzugreiffen 11 vorzubringen folgen 20 da- ie 28 auls 28 Deklatmation
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Handlung und Bewegung des Akteurs angemessen sein und der Komponist muss diesen immerfort vor Augen haben, damit er ihm die Pantomime und Aktion nicht erschweere. Dieser Dialog, werden Sie finden, hat in meinem Stpk fast einerlei Sylbenmaas und wenn Sie so glpklich sind ein Hauptthema zu finden, das sich gut dazu schikt, so werden Sie wohl thun solches immer wieder hervor kommen zu lassen und nur durch vertnderte Modulation, durch Major und Minor, durch angehaltenes oder schneller fortgetriebenes Tempo die einzelne Stellen zu npanciren. Da gegen das Ende meines Stpks der Gesang anhaltend fortgehen soll, so werden Sie mich wohl verstehen was ich sage, denn man muss sich alsdenn in acht nehmen dass es nicht gar zu bunt wird. Der Dialog muss wie ein glatter goldner Ring sein, auf dem Arien und Lie/der wie Edelgesteine aufsizen. Es versteht sich dass ich hier nicht von dem vordern prosaischen Dialog rede, denn dieser muss nach meiner Intention gesprochen werden, ob Ihnen gleich frei bleibet nach Gefallen hier und da Akkompagnement einzuweben. Uebrigens werden Sie wohl von selbst finden, dass viel Gelegenheit da ist, manchfaltigen musikalischen Reichthum anzubringen. Sollten Sie sich entschliessen es zu komponiren, so muss ich bitten, sich fein balde drpber zu machen, damit es bei uns zu einer Zeit noch aufgefphret werden kann, wo das Interesse der Schweizererzthlungen noch nicht verraucht ist. Ich erwarte schleunige Antwort und verspare biss dahin was ich weiter zu sagen habe. Leben Sie wohl. Ihrem Vater hab ich von Ihnen erzahlt, schicken Sie doch dem Manne etwas von Ihrer Composition, man muss den Menschen Freude machen solang sie leben. Goethe
561. An Friedrich Justin Bertuch ÆWeimar, zwischen 1776 und 1779æ ÆDruckæ
Schicke mir eine Rechnung was ich der Schatulle schuldig bin. G. 5 dass (langes s zu Schluss-s)
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489K. An Carl Ludwig August von Scholley Weimar, 26. April 1779. Montag ÆKonzeptæ P. P. Wie sehr wpnscht ich dass Ew. Hochwohlg‘. mir schon auf mein erstes vormithrige Schreiben die Hinderniße angezeigt httten die der Befriedigung des Herrn von Salis und der Auszahlung des Legates an mich nach Ihren Gedanken im Weege stehn, so wprde wohl diese Sache gegenwtrtig ein erwpnschtes Ende erreicht haben. Erlauben Sie dass ich zu Bestimmung und Berichtigung der Begriffe hierin einige bekannte Umsttnde nochmals wiederhole. Als mein see‘. Freund den Peter im Baumgarten seiner damals noch lebenden Mutter abnahm, war es sein Vorsaz und Versprechen dem Knaben eine gute Eerziehung zu geben und ihn in den Stand zu sezen sein Brod zu verdienen und mit wohlgebrauchten Fthigkeiten sein Glpk in der Welt zu machen. Er that ihn deswegen zuerst nach Marschlins und Fprsorge des Herrn von Salis dem er eine ithrliche pbergab ihn der 6 --------Pension dafpr zu zahlen versprach. Als er darauf Europa verlies war es seine Sorge dass nach seinem Tode denn er gleichsam voraus ahndete dsich immer vermuthetee ÆGæ das bei dem Knaben angefangene nicht verlohren gehn und er wieder in die weite Welt gestossen werden mqge. Er suchte also den Herrn von Salis auch fpr die Zukunft in Sicherheit zu sezen, und bat seine hinterbleibende Frtu‘. Schwestern diesem Pflegevater des Knabens / zwei tausend Thaler nach Abzug der ersten Pension auszuzalen die auf dessen Erziehung verwendet werden sollten. Die edeln Gesinnungen der hinterlassenen Schwestern meines see‘. F meines see‘. Freundes waren grosmptig genug, den lezten Willen, der sie rechtlich nicht verband ohne Schwierigkeit anzuerkennen und Petern im Baumgarten das Legat zuzugestehen. Wtre dieser Knabe bei dem H‘ v Salis in Marschlins geblieben so war es dgewisse keine Frage es nach der ausdrpklichen Intention des Verstorbenen diesem Manne zu Erleichterung der Erziehungslast als seinem edeme ÆGæ eigentlichen Vormunde und nicht etwa den noch lebenden Eltern, ausgezahlt, egedachtes Legat g auszuzahlene ÆGæ, und von solchem dund dieser hattee ÆGæ nicht aber von denie Eltern oder von sonst iemand anders eine Quittung gpltig ausgestelt werden konnte. ealler pbrigen Ansprpche zu entsagen, und 14 F unklar korr., Fpr zuerst gestr., dann durch Unterpungierung wiederhergestellt
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und eine gpltige Quittung auszustellen.e ÆGæ Der Umstand hat sich dist ine ÆGæ in nichts vertndert als dass ich nach verschiedenen Schiksalen diesen Knaben aufgenommen habe. Der H‘. v. Salis begnpgt sich also mit dem was der Knabe ihm schuldig geworden und weisst Ew. Hochwohlg‘. mit der Auszalung des pbrigen Legates wohlbedtchtlich an mich. Aus Liebe zu meinem see‘ Freunde der mir vor seiner Abreise diesen Knaben so oft und dringend empfolen als wenn er httte voraus ahnden konnen wie es dem Kinde nach seinem Tode ohnerachtet seiner ztrtlichen Vorsorge gehen wprde nahm ich ihn vor zwei Jah/ren zu mir und sorgte so viel mir die Umsttnde erlaubten in meinem Hause selbst vor dfpre ÆGæ ihn. Die dAuf e ÆGæ ausdrpkliche Versicherung der Fr. v. Lindau zu Waummen und Ew. Hochwohlg‘ selbst dass das Legat baldigst an mich ausgezahlt werden sollte, wendete ich zunehmend mehr an ihn. Ich habe diese Zeit her ihn in allem erhalten die nqthige Lehrmeisters bezahlt ihn etlichemal gekleidet und da er iezo in Ilmenau die Jtgerei erlernt bin ich viertelithrig in dem Fall ansehnliche dimmer wachsendee ÆGæ Rechnungen fpr ihn zu bezahlen. Dies alles hab ich vorschussweise aus meinem Beutel gethan. vVon den pbrigen Freunden des see‘. Lindau denen er den Knaben auch mit empfohlen httte die sich zu einer Zubusse willig erkltrten habe dkonntee ÆGæ ich nichts angenommen dnehmene ÆGæ, weil ich es vor unschiklich hielt, dass der Liebling meines Freundes vor den er selbst gesorgt hatte von der Gnade anderer leben sollte. Es Wer ist also des Knaben Vormund wenn ichs nicht bin? Der H‘. v. Salis erkennt mich als seinen Nachfolger und weisst die Auszalung des Legats an mich. Ich habe auf alle Weise den Willen meines see‘ Freundes erfpllt und es ist nicht abzusehen wie dessen enftfernte Mutter nur irgend in dieses Geschtfte mit gezogen werden konnte In dessen verarg’ ich Ew. Hochwohlg‘. nicht dass sie so sicher als mqglich dieses Geschtft zu beendigen wpnschen. Deswegen hab ich von meiner Seite einen hiesigen tref/lichen Rechtsgelehrten um seine Meinung gefragt welche sie aus beigehendem Promemoria einsehen werden. Ich bitte ein gleiches auch von Ihrer Seite zu thun und ich zweifle ob iemand anders aussprechen wird als dass an mich die Qutst. Gelder auszuzahlen seien und eine von mir ausgestellte Quittung darpber zur Sicherheit Ew. Hochwohlg‘. und der Schwestern des Erblassers vqllig hinreiche. Der lezte in dem Promemoria gethane Vorschlag, dass ich mich oder einen andern bei hiesiger fprst‘ Regierung eals Vormunde solle bestellen lassen ist mir zwar unangenehm indem es sich nicht ganz ziemen will dass ich wegen der kleinen ithrlich auszugebenden Summen ithrlich genqthigt seie ddiesem Collegioe ÆGæ Rechnung abzulegen denoch ddoche Æletzte Korr. Gæ bin ich auch bereit wenn es erfodert wird auch diesen
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Weeg einzuschlagen so sehr der bisherige Treu und Glaube womit ich auf die Bitte meines see‘ Freunds und auf Ew. Hochwohlg‘ erste unbestimmte Versicherung mich diesem Geschtft unterzogen mir ein uneingeschrtnktes Zuftrauen fpr die Zukunft erweken sollten. Ich habe seit den ersten Monaten was ich fpr diesen Knaben baar ausgelegt aufgezeichnet und werde damit fortfahren, ich mag nun solche dRechnunge ÆGæ ithrlich einem Gerichte, oder dem Knaben selbst in reifern Jahren vorzulegen haben. Es falle Ew. Hochwohlg‘ Entschliessung aus wohin sie wolle so bitte ich um baldigste Antwort damit nicht der Knabe wider des see‘ Lindaus und / seiner edlen Schwestern wWillen und meinen ernstlichen Vorsaz in seinen besten Jahren behindert werde. Denn ob ich ihm gleich wie bisher am nothwendigen nicht|s| ÆG?æ werde fehlen lassen so bin ich doch genqthigt mit manchen npzlichen zurpkzuhalten Mit der vqlligen Ueberzeugung dass meine gegenwartige Erklarung iedes Hindernis aus dem Wege rtumen wird nenne ich mich mit vollkommenster Hochachtung p Ew. Hochwohlg‘ Weimar d‘ |26| Ap‘ 1779. ganz gehorsamster Diener
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490K. An Wilhelmine von Beaulieu-Marconnay Weimar, 26. April 1779. Montag ÆKonzeptæ Hochwohlgeb‘. gntdige Frau Aus den Beilagen werden Ew. Gnad‘ ersehen was dH‘ v Scholleye wegen des Peter|s| im Baumgartens und dem ddase zu dessen Erziehung dvon dero se‘e‘ H‘. Bruder meineme eFreunde ausgesezten Legats dero seeligen H‘. Bruders meines Freundes der H‘ v. Scholleiy dbetreff‘.e Æalle Korr. vermutlich Gæ neuerdings an mich geschrieben, was ich demselbigen geantwortet und wie ich die Meinung eines rRechtsgelehrten pber diesen Fall hinzugefpgt. DIn gedachten Papieren ist die Sache so k weitltufig aus ein ander gesezt dass ich Hochdieselben mit keiner weitern Ausfphrung zu beschwee31 k versehentlich nicht gestr.
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ren habe nur die Bitte fpge ich hinzu dass es Ew. Gnad‘. geftllig sein mqge das ubrige Ihrige zu endlicher Berichtigung dieses Gehtfts gp/tigst beizutragen und so den angelegentlichsten Wunsch Dero verstorbenen H‘. Bruders meines werthen Freundes wirklich zu erfpllen und die edeln Gesinnungen die Sie in Annahme seines lezten Willens gezeigt auch numehro zum Werk zu bringen der ich mit aller Hochachtung mich unterzeichne Ew. Hochwohlg‘ Weimar d‘ |26| Ap‘ 1779. ganz gehorsamster Dr.
E R S C H L O S S E N E B R I EF E
Das folgende Verzeichnis ist im Wesentlichen Ergebnis einer Auswertung der Briefe Goethes sowie seiner „Rechnungsblcher“ (GR/RB) flr den Zeitraum vom November 1775 bis Ende 1779, in denen die ausgegangenen Brief- und Paketsendungen eingetragen sind. Außerdem wurden Umkreisbriefwechsel und weitere flr die Kommentierung herangezogene Quellen ausgewertet. Verzeichnet werden einzelne nicht lberlieferte Briefe Goethes, deren Existenz durch konkrete Anhaltspunkte belegt ist. Unberlcksichtigt blieben nicht lberlieferte Briefgruppen, auf deren Existenz es lediglich allgemeine Hinweise gibt, z. B. dass sie vernichtet worden sind. Informationen zur rberlieferungslage von Korrespondenzen finden sich an entsprechender Stelle im Kommentar. Manuskriptsendungen und andere Sendungen werden nur registriert, wenn es Hinweise auf einen Begleitbrief gibt. So ist anzunehmen, dass Sendungen an den Leipziger Verleger Philipp Erasmus Reich, die Manuskript zu Johann Caspar Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ enthielten, gewmhnlich ein Begleitbrief beilag. Aus den „Rechnungsblchern“ werden spmtliche darin verzeichneten Brief- und Paketsendungen aufgenommen, die an einen bestimmten Empfpnger oder Ort adressiert sind, da sich nicht ausschließen lpsst, dass auch den Paketsendungen Briefe beilagen. Die Sendungen sind in den „Rechnungsblchern“ grmßtenteils mit den Abklrzungen B. flr Brief(e) oder P. flr Paket(e) vermerkt. Zu berlcksichtigen ist, dass die angegebenen Absendedaten, die sich meist nach den Posttagen richten, nicht notwendigerweise mit den Entstehungsdaten der Briefe identisch sind. Die Eintrpge der „Rechnungsblcher“ werden so lbernommen, dass in der Datumszeile jeweils der angegebene oder erschlossene Bestimmungsort mitgeteilt wird und in den Bemerkungen zu Quelle und Datierung der Ort, bis zu welchem der Brief frankiert (f., fr.) oder nach welchem er adressiert wurde. Beide Orte mlssen nicht identisch sein, weil es mmglich war, dass der Empfpnger in einer anderen Stadt außerhalb eines bestimmten Postterritoriums wohnte und das Restporto selbst zu zahlen hatte. Was den Absendeort angeht, so ist zu beachten, dass Goethe in der Regel Philipp Seidel beauftragte, flr sein Hauswesen und die Post zu sorgen, wenn er sich selbst auf Reisen befand. Flr Zeitrpume, in denen Goethe von Weimar abwesend war, ist daher nicht immer sicher zu entscheiden, ob Briefe unterwegs von Goethe selbst geschrieben oder von Seidel in Weimar besorgt wurden. Sofern Briefe in den von Seidel geflhrten „Rechnungsblchern“ notiert wurden, ist anzunehmen, dass er sie in Weimar im Auftrag geschrieben und versandt hat. Nicht auszuschließen ist freilich, dass Goethe Briefe in den „Rechnungsblchern“ im Nachhinein ergpnzen ließ; darauf kmnnte die gelegentlich verschobene Chronologie der Eintrpge hindeuten. Die in spitzen Klammern ergpnzten Zitate in gerader Schrift stehen anstelle der im Original verwendeten Wiederholungszeichen.
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ERSCHLOSSENE BRIEFE 1–11
EB 1. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 9. November 1775 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. H‘. R Goethe f. Frfrt (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 2r). –– rber Goethes Vater vgl. die einleitende Erlputerung zu GB 1 II, Nr 5. EB 2. An Johann Caspar Bflling ÆWeimar, 10. November 1775 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: ÆB. H‘.æ Bqlling fr. Frfrt (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 2r). –– rber den Frankfurter Kaufmann Johann Caspar Bmlling vgl. die einleitende Erlputerung zu Nr 183. EB 3. An Herrn Georg
ÆWeimar, 10. November 1775 ! ?æ
Quelle und Datierung: ÆB.æ Mr. Georg (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 2r). –– rber den Adressaten konnte nichts Npheres ermittelt werden. Vgl. auch die zweite Erlputerung zu 5,22. EB 4. An Herrn Hellsberg ÆWeimar, 10. November 1775 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: ÆB. H‘.æ Hpllsberg fr. Frfrt (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 2r). –– rber den Adressaten konnte nichts Npheres ermittelt werden. EB 5. An Friedrich Maximilian Klinger ÆWeimar, 10. November 1775 ! Giessenæ Quelle und Datierung: B. H‘. Klinger fr. Gießen (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 2r). –– rber den Adressaten vgl. zu 90,18–19. EB 6. An Johann Heinrich Christoph? oder Johann Gottlob? Schenck ÆWeimar, 14. November 1775 ! Jena?æ Quelle und Datierung: Paquet an Mr. Schenk (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 2r). –– Vgl. zu EB 100 (vgl. aber zu EB 233).
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EB 7. An Helene Dorothea Delph ÆWeimar, 17. November 1775 ! Heidelbergæ Quelle und Datierung: B. Jfr. ÆJungferæ Delf fr Heidelb. (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 2v). –– Helene Dorothea Delph flhrte ein Handlungsgeschpft in Heidelberg; vgl. weiter die Erlputerung zu GB 2 I, EB 147. EB 8. An Jean George d’Orville ÆWeimar, 17. November 1775 ! Offenbachæ Quelle und Datierung: ÆB.æ H‘. Dorville fr. Offenbach (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 2v). –– rber den Offenbacher Kaufmann und Fabrikanten vgl. die einleitende Erlputerung zu GB 2 II, Nr 223. EB 9. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 22. November 1775 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. H‘. R. Goethe f Frfrt (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 2v). –– Mit dem vorliegenden Brief lbersandte Goethe Brief Nr 3 sowie einen Brief von Philipp Rudolf von Trlmbach (vgl. zu 5,22–26; zu 5,23). EB 10. An Catharina Elisabeth Goethe ÆErfurt oder Weimar, 27. November 1775 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: Brief an Fr. R. Goethe fr. Frfrt (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 2v). –– rber Goethes Mutter vgl. die einleitende Erlputerung zu Nr 276. Goethe war am 27. November 1775 mit Herzog Carl August auf der Jagd und lbernachtete in Erfurt. Mmglicherweise bezieht sich der Eintrag auf einen in Weimar geschriebenen und abgesandten Auftragsbrief Philipp Seidels (vgl. die einflhrenden Bemerkungen zu den „Erschlossenen Briefen“, S. 377). EB 11. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 29. November 1775 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. H‘. R. Goethe fr. Frfrt. (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 3r).
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ERSCHLOSSENE BRIEFE 12–20
EB 12. An Herrn Brinkmann
ÆWeimar, 5. Dezember 1775 ! Lippstadtæ
Quelle und Datierung: B. H‘. Brinkmann nach Lippst. (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 3r). –– Mmglicherweise handelt es sich um den gleichnamigen Adressaten in Paderborn, an den bereits 1775 zwei erschlossene Briefe belegt sind (vgl. GB 2 I, EB 107 und EB 130). Npheres konnte nicht ermittelt werden. EB 13. An Carolina Philippina von Rathsamhausen? ÆWeimar, 5. Dezember 1775 ! Karlsruhe?æ Quelle und Datierung: ÆB.æ Jfr. Razenhausen f. Rhh. ÆRheinhausenæ (GR/ RB 1775/76, 1, Bl. 3r). –– Mmglicherweise bezieht sich der Eintrag auf Carolina Philippina von Rathsamhausen (1790 verh. von Haacke), Hofdame am badischen Hof in Karlsruhe. Sie wird in Schillers Brief an Goethe vom 28. und 29. Juni 1801 als „eine alte Bekanntschaft“ Goethes (NA 31, 46) erwphnt. Wann dieser sie kennen gelernt hat, konnte nicht ermittelt werden, vielleicht bereits bei seinem Aufenthalt in Karlsruhe vom 17. bis 23. Mai 1775 auf der ersten Schweizer Reise. EB 14. An Johann Caspar Goethe ÆKochberg oder Weimar, 6. Dezember 1775 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. H‘. R. Goeth. nach Frfrt. (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 3r). –– Goethe hielt sich am 6. Dezember 1775 in Kochberg bei Charlotte von Stein auf. Mmglicherweise bezieht sich der Eintrag auf einen in Weimar geschriebenen und abgesandten Auftragsbrief Philipp Seidels (vgl. die einflhrenden Bemerkungen zu den „Erschlossenen Briefen“, S. 377). EB 15. An Johanna Fahlmer ÆWeimar, 17. Dezember 1775 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. M. Falmer (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 3r). –– rber die mit Goethe befreundete Adressatin vgl. die einleitenden Erlputerungen zu GB 2 II, Nr 19 und zu Nr 4 im vorliegenden Band.
DEZEMBER 1775/JANUAR 1776
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EB 16. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 22. Dezember 1775 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: Brief H‘. Rath Goethe (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 3v). EB 17. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 22. Dezember 1775 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: Briefe ÆH‘. Rath Goetheæ (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 3v). EB 18. An Johann Caspar Goethe ÆGotha/Erfurt oder Weimar, 29. Dezember 1775 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: Brief an H‘. Rath Goethe (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 3v). –– Am 29. Dezember 1776 reiste Goethe als Begleiter Herzog Carl Augusts vom Gothaer Hof nach Erfurt zum kurmainzischen Statthalter Carl Theodor von Dalberg. Mmglicherweise bezieht sich der Eintrag auf einen in Weimar geschriebenen und abgesandten Auftragsbrief Philipp Seidels (vgl. die einflhrenden Bemerkungen zu den „Erschlossenen Briefen“, S. 377). EB 19. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 5. Januar 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. H‘. R. Goethe Frfrt. (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4r). –– Mmglicherweise enthielt der Brief den Brief an Johanna Fahlmer vom selben Datum (Nr 15) als Beischluss. EB 20. An Philipp Erasmus Reich
ÆWeimar, 5. Januar 1776 ! Leipzigæ
Quelle und Datierung: Brief an Reich vom 15. Januar 1776: Ich hoffe Sie werden die d‘. 5 Jan. abgegangne Phis. Papiere richtig erhalten haben. (20,11–12.) –– rber den Adressaten vgl. die einleitenden Erlputerungen zu GB 1 II, Nr 67 sowie zu Nr 1 im vorliegenden Band. Es ist anzunehmen, dass die rbersendung von Manuskript zu Johann Caspar Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ von einem Brief begleitet wurde.
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ERSCHLOSSENE BRIEFE 21–31
EB 21. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 7. Januar 1776 ! Weimaræ
Quelle und Datierung: Brief an Charlotte von Stein vom 7. Januar 1776: Mein Peitschen Hieb pbers Aug ist nur a l l e g o r i s c h wies der B r a n d an meinem Billet von heut frph auch ist. (18,16–17.) –– Vgl. zu 18,17. EB 22. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 7. Januar 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B . Æ:::æ M. Goethe (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4r). EB 23. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 11. Januar 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B . H‘. R. Goethe fr. Fr. (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4r). EB 24. An Friedrich Wilhelm Gotter ÆWeimar, 11. Januar 1776 ! Gothaæ Quelle und Datierung: ÆB. H‘.æ A. ÆAmtmann? Archivar?æ Gotter fr. Gotha (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4r). –– rber den Gothaer Archivar, Geheimsekretpr und Schriftsteller, den Goethe 1772 in Wetzlar kennen gelernt hatte, vgl. die einleitende Erlputerung zu GB 2 II, Nr 44. EB 25. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 15. Januar 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B . H‘. Rath Gothe (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4v). EB 26. An Unbekannt
ÆWeimar, 18. Januar 1776 ! ?æ
Quelle und Datierung: Paquet mit 22 alt. Louisdors (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4v).
JANUAR 1776
383
EB 27. An Cornelia Schlosser ÆWeimar, 21.? Januar 1776 ! Emmendingenæ Quelle und Datierung: Brief an Johann Heinrich Merck vom 22. Januar 1776: Lieber Bruder freue dich der Beylage schicks aber gleich mit dem Brief, auf r e i t e n d e r Po s t an meine Schwester. (23,24–25.) –– rber Goethes Schwester vgl. die einleitenden Erlputerungen zu GB 1 II, Nr 4 und 5. EB 28. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 22. Januar 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B . P. Fr. Rath G o e t h e Æ:::æ fr. Frfrt. (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4v). EB 29. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 24. Januar 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. H‘. Rath Goethe fr. Frfrt. (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4v). EB 30. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 31. Januar 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B Fr. Rath Gqthe fr. (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 5r). EB 31. An Jacob Michael Reinhold Lenz ÆWeimar, Januar 1776 ! Strassburgæ Quelle und Datierung: Brief von Lenz an Johann Caspar Lavater von Januar 1776: „Goethe hat mir ein Zettelgen aus Weimar geschrieben und ist sehr zufrieden Mit Wielanden. Bindet mich auch ein, ich soll ihn ungeschoren lassen.“ (Lenz, Briefe 1, 167.) –– rber Lenz vgl. die einleitende Erlputerung zu Nr 136.
384
ERSCHLOSSENE BRIEFE 32–41
EB 32. An Catharina Elisabeth Goethe und Unbekannt ÆErfurt oder Weimar, 6. Februar 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. Fr. R. Goethe und pp (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 5r). –– Vermutlich ist der Brief an mehrere Adressaten gerichtet, darunter vielleicht Johanna Fahlmer und Johann Caspar Bmlling (vgl. Nr 183). Goethe hielt sich vom 3. bis 7. Februar 1776 in Erfurt auf. Mmglicherweise bezieht sich der Eintrag auf einen in Weimar geschriebenen und abgesandten Auftragsbrief Philipp Seidels (vgl. die einflhrenden Bemerkungen zu den „Erschlossenen Briefen“, S. 377). EB 33. An Herrn Feulner
ÆWeimar, 7. Februar 1776 ! Erfurtæ
Quelle und Datierung: Paquet H‘. Feulner f Erfurt (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 5r). –– rber den Adressaten konnte nichts Npheres ermittelt werden. Am 7. Februar 1776 kehrte Goethe als Begleiter Herzog Carl Augusts aus Erfurt zurlck. Entweder wurden die vorliegende Sendung und der folgende Brief (EB 34) nach der Rlckkehr aufgegeben oder zuvor von Philipp Seidel. EB 34. An Johann Jacob Riese? ÆWeimar, 7. Februar 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. H‘. Rieß fr Frfrt (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 5r). –– Bei dem Adressaten kmnnte es sich –– dem Bestimmungsort zufolge –– um Goethes Jugendfreund Johann Jacob Riese handeln; vgl. lber ihn die einleitende Erlputerung zu GB 1 II, Nr 7. –– Vgl. die Erlputerung zu EB 33. EB 35. An Unbekannt
ÆWeimar, 14. Februar 1776 ! Strassburgæ
Quelle und Datierung: B . H‘. frank Rhh. ÆRheinhausenæ nach Strasb. (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 5v). –– Beim Namen des Adressaten weist das „Rechnungsbuch“ eine Llcke auf.
FEBRUAR 1776
385
EB 36. An Anna Louisa Karsch ÆWeimar, zwischen Anfang 1776 und 17. Februar 1776 ! Berlinæ Quelle und Datierung: Brief Anna Louisa Karschs an Wieland vom 17. Februar 1776. –– Diesem Brief war ein nicht lberlieferter Brief an Goethe beigeschlossen, den sie Wieland gegenlber als „schuldopfer“ (WB 5, 475) bezeichnet, offenbar flr einen von Goethe erhaltenen Brief (vgl. WB 6 III, 1510). EB 37. An Herrn Walter
ÆWeimar, 20. Februar 1776 ! Celleæ
Quelle und Datierung: ÆB . æ H‘. Walter fr Zelle (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 5v). –– rber den Adressaten konnte nichts Npheres ermittelt werden. EB 38. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 22. Februar 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: ÆB . æ Fr. R. Goethe Frfrt. (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 6r). EB 39. An Friedrich Wilhelm Gotter ÆWeimar, 22. Februar 1776 ! Gothaæ Quelle und Datierung: B . H‘. Gotter fr. Gotha (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 6r). EB 40. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 26. Februar 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: ÆB . H‘.æ R. Gothe fr. Frfr (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 6v). EB 41. An Johann Heinrich Merck ÆWeimar, 26. Februar 1776 ! Darmstadtæ Quelle und Datierung: ÆB . H‘.æ R. Merk fr. Darmst. (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 6v).
386
ERSCHLOSSENE BRIEFE 42–51
EB 42. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimar, 26. Februar 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: P. H‘. Reich fr Leipzig (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 6r). –– Manuskriptsendung zum 2. Band von Johann Caspar Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“. Vgl. zu EB 20. EB 43. An Unbekannt
ÆWeimar, 26. Februar 1776 ! Leipzigæ
Quelle und Datierung: P. H‘.666fr Leipz. mit 16 Carlins (GR/RB 1775/ 76, 1, Bl. 6r). EB 44. An Helene Dorothea Delph ÆWeimar, 28. Februar 1776 ! Heidelbergæ Quelle und Datierung: B . Mll. Delpf. fr. Heidelberg (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 6v). EB 45. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 2. Mcrz 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: ÆB . æ H‘. R. Goethe (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 6v). –– Am 2. Mprz 1776 reiste Goethe mit Herzog Carl August nach Erfurt, wo er bis zum 5. Mprz mit Carl Theodor von Dalberg Gesprpche flhrte. Der vorliegende Brief wurde ebenso wie der folgende entweder vor dem Aufbruch oder von Philipp Seidel im Auftrag geschrieben. EB 46. An Friedrich Wilhelm Gotter ÆWeimar, 2. Mcrz 1776 ! Gothaæ Quelle und Datierung: B . H‘. Gotter nach Gotha (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 6v). –– Vgl. zu EB 45.
FEBRUAR/MwRZ 1776
387
EB 47. An Heinrich Julius von Lindau ÆWeimar, 8. Mcrz 1776 ! Kasselæ Quelle und Datierung: ÆB . æ H‘. v. Lindau fr. Caßel. (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 7r.) –– rber den Adressaten vgl. die einleitende Erlputerung zu Nr 19. EB 48. An Jean George d’Orville ÆWeimar, 8. Mcrz 1776 ! Offenbachæ Quelle und Datierung: ÆB . H‘.æ D’ Orville fr. Frfrt (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 7r). EB 49. An Friedrich Ludwig Schrfder ÆWeimar, 8. Mcrz 1776 ! Hamburgæ Quelle und Datierung: ÆB . H‘.æ Schrqder fr. Hamb. (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 7r). –– Der vorliegende Eintrag im Rechnungsbuch ist der erste Beleg flr eine Korrespondenz mit dem Hamburger Schauspieler und Theaterdirektor, den Goethe im August 1780 bei einem Besuch Schrmders in Weimar kennen lernte (vgl. GT I 1, 114). Der erste lberlieferte Brief Goethes an ihn stammt erst vom 6. April 1791 (vgl. WA IV 9, Nr 2863). EB 50. An Unbekannt
ÆWeimar, 18. Mcrz 1776 ! Frankfurt a. M.æ
Quelle und Datierung: P. nach Frankfurt (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 8r). EB 51. An Philipp Erasmus Reich
ÆWeimar, 18. Mcrz 1776 ! Leipzigæ
Quelle und Datierung: ÆP. æ nach Leipzig H‘ Reich. (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 8r.) –– Manuskriptsendung zum 2. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“. Vgl. zu EB 20.
388
ERSCHLOSSENE BRIEFE 52–62
EB 52. An Martin Ehlers
ÆWeimar, 10. April 1776 ! Altonaæ
Quelle und Datierung: ÆB . æ H‘ Ehlers fr Altona. (GR/RB 1776, 2, Bl. 3v.) –– Der Ppdagoge und Schriftsteller Martin Ehlers gehmrte zum Freundeskreis um Augusta zu Stolberg (vgl. GB 2 II, zu 179,1–2). Außer Briefen aus den Jahren 1775/76, die nicht lberliefert sind (vgl. GB 2 I, EB 99, 112, 157, 218 sowie den vorliegenden Brief), ist keine weitere Korrespondenz mit dem Adressaten bekannt. EB 53. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 10. April 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: ÆB . æ Fr. R. Goethe fr Frfrt (GR/RB 1776, 2, Bl. 3v). EB 54. An Frau Herberg
ÆWeimar, 10. April 1776 ! Frankfurt a. M.æ
Quelle und Datierung: ÆB . æ Msll. Herberg fr Frfrt (GR/RB 1776, 2, Bl. 3v). –– rber die Adressatin konnte nichts Npheres ermittelt werden. EB 55. An Johann Caspar Lavater
ÆWeimar, 10. April 1776 ! Zerichæ
Quelle und Datierung: ÆB . H‘æ Lavater fr. Schafh. ÆSchaffhausenæ (GR/RB 1776, 2, Bl. 3v). EB 56. An Heinrich Julius von Lindau ÆWeimar, 10. April 1776 ! Kasselæ Quelle und Datierung: B . H‘ v. Lindau fr Caßel (GR/RB 1776, 2, Bl. 3v). EB 57. An Johanna Fahlmer ÆWeimar, 12. April 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B . Msll. Fahlmer fr. Frfrt. (GR/RB 1776, 2, Bl. 4r).
APRIL 1776
389
EB 58. An Johann Caspar Bflling ÆWeimar, 16. April 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: ÆB . H‘.æ Bqlling fr. ÆFrfrt.æ (GR/RB 1776, 2, Bl. 4r). EB 59. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 16. April 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B . H‘. R. Goethe fr. Frfrt. (GR/RB 1776, 2, Bl. 4r). –– Wahrscheinlich bezieht sich der Eintrag auf den von Goethe im Brief an Johanna Fahlmer vom 10. April 1776 angeklndigten Brief Æ:::æ an den Vater von erhabner Composition (51,21–22). EB 60. An Johann Gottfried Herder ÆWeimar, 16. April 1776 ! Beckeburgæ Quelle und Datierung: ÆB . H‘.æ Herder fr. Bpkeburg. (GR/RB 1776, 2, Bl. 4r.) –– Im vorliegenden Brief wird es wie in allen anderen Briefen des vorliegenden Bandes bis Oktober 1776 um Herders Berufung zum Generalsuperintendenten nach Weimar gegangen sein. EB 61. An Philipp Christoph Kayser ÆWeimar, 16. April 1776 ! Zerichæ Quelle und Datierung: ÆB . H‘.æ Kaiser. fr. Schafh. ÆSchaffhausenæ (GR/RB 1776, 2, Bl. 4r). –– rber den Adressaten vgl. die einleitende Erlputerung zu Nr 155. EB 62. An Johann Gottfried Herder ÆWeimar, 22. April 1776 ! Beckeburgæ Quelle und Datierung: B . H‘. Herder fr. Bpkeburg (GR/RB 1776, 2, Bl. 5r).
390
ERSCHLOSSENE BRIEFE 63–74
EB 63. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 24. April 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B . Fr. R. Goethe fr Frfrt (GR/RB 1776, 2, Bl. 4v). EB 64. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 29. April 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B . Fr. Rath Goethe fr Frfrt (GR/RB 1776, 2, Bl. 5r). EB 65. An Philipp Erasmus Reich
ÆWeimar, 29. April 1776 ! Leipzigæ
Quelle und Datierung: Brief an H‘. Reich franko und dem Expreßen (GR/RB 1776, 2, Bl. 5r). EB 66. An Wilhelm Gottlieb Becker ÆWeimar, 2. Mai 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: ÆB . H‘.æ Beker fr. ÆLeipz.æ (GR/RB 1776, 2, Bl. 5v). –– rber den Adressaten, Studenten der Rechte in Leipzig, sppter Schriftsteller und Kunsthistoriker, vgl. die zweite Erlputerung zu 50,14. EB 67. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 6. Mai 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. an Fr. R. Goethe fr. Frfrt (GR/RB 1776, 2, Bl. 6r). –– Vom 3. bis 10. Mai 1776 befand sich Goethe auf einer Reise nach Ilmenau und Umgebung. Mmglicherweise bezieht sich der Eintrag auf einen in Weimar geschriebenen und abgesandten Auftragsbrief Philipp Seidels (vgl. die einflhrenden Bemerkungen zu den „Erschlossenen Briefen“, S. 377). EB 68. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 13. Mai 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: P. Fr. R. Goethe fr Frft (GR/RB 1776, 2, Bl. 6v).
APRIL/MAI 1776
391
EB 69. An Friedrich Maximilian Klinger ÆWeimar, 13. Mai 1776 ! Giessenæ Quelle und Datierung: P. H‘. Klinger fr. Gießen (GR/RB 1776, 2, Bl. 6v). EB 70. An Cornelia Schlosser ÆWeimar, 20. Mai 1776 ! Emmendingenæ Quelle und Datierung: B. Fr. HR. Schloßer fr Rhh. ÆRheinhausenæ (GR/RB 1776, 2, Bl. 7r). EB 71. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 23. Mai 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: P. H‘. Steinauer fr Leipz. (GR/RB 1776, 2, Bl. 8r). EB 72. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 24. Mai 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: ÆB . Fr. HR.æ Goethe fr Frfrt (GR/RB 1776, 2, Bl. 8r). EB 73. An Jacob Ludwig Passavant ÆWeimar, 24. Mai 1776 ! Hamburgæ Quelle und Datierung: B . H‘ Pasavant fr. Hamb‘. (GR/RB 1776, 2, Bl. 8r). –– rber den Adressaten, ehemaligen Amtsgehilfen Johann Caspar Lavaters in Zlrich, seit November 1775 Pfarrer in Hamburg, vgl. die einleitende Erlputerung zu GB 2 II, Nr 131. EB 74. An Cornelia Schlosser ÆWeimar, 24. Mai 1776 ! Emmendingenæ Quelle und Datierung: ÆB . Fr.æ HR. Schloßer fr. Rhh. ÆRheinhausenæ (GR/ RB 1776, 2, Bl. 8r).
392
ERSCHLOSSENE BRIEFE 75–86
EB 75. An Barbara Schulthess
ÆWeimar, 24. Mai 1776 ! Zerichæ
Quelle und Datierung: ÆB.æ Fr. Schultes fr Schafh. ÆSchaffhausenæ (GR/RB 1776, 2, Bl. 8r). –– Die Adressatin war eine gemeinsame Freundin Johann Caspar Lavaters und Goethes, der sie im Juni 1775 auf seiner ersten Schweizer Reise kennen gelernt hatte. EB 76. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 28. Mai 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: B . H‘. Steinauer fr. Leipz. (GR/RB 1776, 2, Bl. 8v). –– Vom 28. bis 31. Mai 1776 unternahm Goethe eine Reise u. a. zum Kyffhpuser. Der vorliegende Brief wurde entweder vor dem Aufbruch oder von Philipp Seidel im Auftrag geschrieben. EB 77. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 3. Juni 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: ÆB . H‘.æ R. Goethe nach Frfrt (GR/RB 1776, 2, Bl. 8v). EB 78. An Friedrich Maximilian Klinger ÆWeimar, 3. Juni 1776 ! Giessenæ Quelle und Datierung: ÆB . H‘.æ Klinger fr. Gießen (GR/RB 1776, 2, Bl. 8v). EB 79. An Johann Heinrich Merck ÆWeimar, 3. Juni 1776 ! Darmstadtæ Quelle und Datierung: B . H‘. K.R. ÆKriegsratæ Merk fr. Darmst. (GR/RB 1776, 2, Bl. 8v). EB 80. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 6. Juni 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: B . H‘. Steinauer fr. Leipz (GR/RB 1776, 2, Bl. 9r).
MAI/JUNI 1776
393
EB 81. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 13. Juni 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: B. an Herrn Steinauer (GR/RB 1776, 2, Bl. 9v). EB 82. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 14. Juni 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B . P. an Frau HR. Goethe fr. Frfrt (GR/RB 1776, 2, Bl. 10r). EB 83. An Johann Caspar Bflling ÆWeimar, 17. Juni 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B . Herrn Bqlling fr Frfrt (GR/RB 1776, 2, Bl. 10r). EB 84. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 17. Juni 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: ÆB . æ Herrn R. Goethe nach ÆFrfrtæ. (GR/RB 1776, 2, Bl. 10r). EB 85. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 20. Juni 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. Fr. H.R. Goethe (GR/RB 1776, 2, Bl. 10v). EB 86. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 24. Juni 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. Fr. HR. Goethe fr Frfrt (GR/RB 1776, 2, Bl. 11r).
394
ERSCHLOSSENE BRIEFE 87–97
EB 87. An den „Cramer“
ÆWeimar, 29. Juni 1776 ! ?æ
Quelle und Datierung: B . ins Reich dem Cramer (GR/RB 1776, 2, Bl. 11r). –– Der Artikel vor dem Adressaten spricht daflr, dass es sich um eine Berufsbezeichnung handelt und ein nicht npher zu identifizierender Hpndler (Krpmer) gemeint ist. –– ,Reich‘ hier flr die plteren slddeutschen Gebiete des Heiligen Rmmischen Reichs Deutscher Nation (vgl. GB 1 II, zu 166,24). EB 88. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 1. Juli 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: B. H‘. Steinauer fr. Leipz. (GR/RB 1776, 2, Bl. 12r). –– Einer der beiden unter dem 1. und 9. Juli 1776 verzeichneten Briefe an Steinauer ist identisch mit Nr 141 (vgl. die Datierung dieses Briefes). EB 89. An Unbekannt
ÆWeimar, 8. Juli 1776 ! Strassburgæ
Quelle und Datierung: ÆBriefeæ fr Strasb‘. (GR/RB 1776, 2, Bl. 12r). –– Beim Namen des Adressaten weist das „Rechnungsbuch“ eine Llcke auf. EB 90. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 9. Juli 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: B. H‘. Steinauer fr. Leipz. (GR/RB 1776, 2, Bl. 12r). –– Einer der beiden unter dem 1. und 9. Juli 1776 verzeichneten Briefe an Steinauer ist identisch mit Nr 141 (vgl. die Datierung dieses Briefes). EB 91. An Unbekannt
ÆWeimar, 16. Juli 1776 ! ?æ
Quelle und Datierung: B . ins Reich (GR/RB 1776, 2, Bl. 12v). –– rber den Begriff ,Reich‘ vgl. zu EB 87.
JUNI–SEPTEMBER 1776
395
EB 92. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 17. August 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. H‘n R. Goethe (GR/RB 1776, 2, Bl. 13v). EB 93. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 26. August 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B . Fr. R. Goethe fr. Frfrt (GR/RB 1776, 2, Bl. 14r). EB 94. An Jacob Ludwig Passavant ÆWeimar, 30. August 1776 ! Hamburgæ Quelle und Datierung: B . H‘. Pasavant nach Hamb‘. (GR/RB 1776, 2, Bl. 14r). EB 95. An Unbekannt
ÆWeimar, 30. August 1776 ! Parisæ
Quelle und Datierung: ÆB . H‘.æ nach Paris f. Rh. ÆRheinhausenæ (GR/ RB 1776, 2, Bl. 14r). –– Beim Namen des Adressaten weist das „Rechnungsbuch“ eine Llcke auf. EB 96. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 30. August 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: P F. Rath Goethe fr. Frfrt (GR/RB 1776, 2, Bl. 14r). EB 97. An Friedrich August Prinz von Braunschweig-Wolfenbettel ÆWeimar, 2. September 1776 ! ?æ Quelle und Datierung: ÆB.æ Pr. Fr. Aug. v. Braunschweig (GR/RB 1776, 2, Bl. 14v). –– Außer dem vorliegenden ist kein Brief Goethes an den Adressaten, Bruder der Herzoginmutter Anna Amalia, lberliefert, auch keiner des Prinzen an Goethe. Da Goethe am 2. September 1776 bereits Frph halb sechse (GT I 1, 24) mit Herzog Carl August zur Jagd nach Ilmenau und Ernstthal aufbrach, ist
396
ERSCHLOSSENE BRIEFE 98–107
anzunehmen, dass der Brief schon vorher geschrieben worden war und von Seidel abgesandt wurde. EB 98. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 2. September 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: B. H‘. Steinauer fr. Leipz. (GR/RB 1776, 2, Bl. 14v). –– Entweder wurde der Brief bereits vor dem 2. September 1776 geschrieben (vgl. zu EB 97) oder von Seidel als Auftragsbrief. EB 99. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 6. September 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: ÆB.æ Fr. R. Goethe fr. Frfrt (GR/RB 1776, 2, Bl. 15r). –– Der Brief wurde vermutlich geschrieben, nachdem Goethe vom Jagdausflug nach Ilmenau (vgl. zu EB 97) gegen Mittag (GT I 1, 24) zurlckgekehrt war. EB 100. An Johann Heinrich Christoph? oder Johann Gottlob? Schenck ÆWeimar, 6. September 1776 ! Jenaæ Quelle und Datierung: B. H‘. Schenk in Jena fr (GR/RB 1776, 2, Bl. 15r). –– Nach dem Bestimmungsort kmnnte der Brief an den Arzt Johann Heinrich Christoph oder den Zeichner Johann Gottlob Schenck (Schenk, Schenke), beide in Jena, gerichtet gewesen sein. EB 101. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 9. September 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: ÆB.æ H‘. Steinauer fr. Leipz. (GR/RB 1776, 2, Bl. 15r). EB 102. An Corona Schrfter
ÆWeimar, 16. September 1776 ! Leipzigæ
Quelle und Datierung: Tagebuch, 15. September 1776: An Cronen geschrieben (GT I 1, 25). –– rber die Leipziger Spngerin und Schauspielerin Corona
SEPTEMBER 1776
397
Schrmter, die Goethe im Mprz 1776 flr das Weimarer Liebhabertheater gewonnen hatte, vgl. zu 47,24. Sie traf im November in Weimar ein. EB 103. An Herrn Abramson
ÆWeimar, 16. September 1776 ! Leipzig?æ
Quelle und Datierung: B . H‘. Abramson fr. Leipz. (GR/RB 1776, 2, Bl. 16v). –– Der Adressat konnte nicht sicher ermittelt werden. Dass es sich um den Medailleur und Stempelschneider Abraham Abramson, der seit 1772 als Schller seines Vaters Jacob Abramson tptig war, handelt, ist unwahrscheinlich; er lebte in Berlin, und aus Goethes Brief an Schiller vom 7. Februar 1796 geht hervor, dass Goethe ihn nicht kannte (vgl. NA 28, 188). EB 104. An Heinrich Christian Boie ÆWeimar, 16. September 1776 ! hannoveræ Quelle und Datierung: B . H‘. Boie fr. Hanover (GR/RB 1776, 2, Bl. 16v). –– rber den Adressaten, Stabssekretpr in Hannover und Herausgeber des Gmttinger „Musenalmanachs“, vgl. die einleitende Erlputerung zu GB 2 II, Nr 46. EB 105. An Johann Gottfried Herder ÆWeimar, 16. September 1776 ! Beckeburgæ Quelle und Datierung: ÆB . H‘.æ Herder fr. Cassel (GR/RB 1776, 2, Bl. 16v). EB 106. An Friedrich Maximilian Klinger ÆWeimar, 16. September 1776 ! Gothaæ Quelle und Datierung: ÆB . H‘.æ Klinger fr. Gotha (GR/RB 1776, 2, Bl. 16v). EB 107. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimar, 16. September 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: ÆB . H‘.æ Reich fr. ÆLeipz.æ (GR/RB 1776, 2, Bl. 16v).
398
ERSCHLOSSENE BRIEFE 108–118
EB 108. An Hieronymus Peter Schlosser ÆWeimar, 16. September 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: ÆB . æ H‘. HR. Schloßer fr. Frfrt. (GR/RB 1776, 2, Bl. 16v). –– rber den Adressaten, den Frankfurter Rechtsanwalt und Bruder von Johann Georg Schlosser, vgl. die einleitende Erlputerung zu GB 2 II, Nr 85. EB 109. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 16. September 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: B. H‘. Steinauer fr Leipz. (GR/RB 1776, 2, Bl. 16v). EB 110. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 17. September 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. Fr. R. Goethe fr. Frfrt. (GR/RB 1776, 2, Bl. 17r). EB 111. An Justinianus von Thfldenitz ÆWeimar, 17. September 1776 ! Eisenachæ Quelle und Datierung: ÆB . æ H‘. v. Thqldeniz fr. Eisenach (GR/RB 1776, 2, Bl. 17r). –– Der Adressat war Oberkonsistorialprpsident in Eisenach. EB 112. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimar, 23. September 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: B . H‘. Reich fr. Leipzig (GR/RB 1776, 2, Bl. 17v). –– Vgl. die einleitende Erlputerung zu Nr 175. EB 113. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 23. September 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: P. H‘. Steinauer fr. ÆLeipzigæ (GR/RB 1776, 2, Bl. 17v).
SEPTEMBER/OKTOBER 1776
399
EB 114. An Catharina Elisabeth Goethe und Unbekannt ÆWeimar, 27. September 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B . Fr R. Goethe und pp (GR/RB 1776, 2, Bl. 17v). –– Offenbar ist der Brief an mehrere Adressaten gerichtet, darunter vielleicht Johanna Fahlmer und Johann Caspar Bmlling (vgl. Nr 183). EB 115. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 2. Oktober 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B . Fr R. Goethe fr Frfrt (GR/RB 1776, 3, Bl. 3r). EB 116. An Friedrich Leopold Graf zu Stolberg-Stolberg ÆWeimar, Anfang Oktober? 1776 ! ?æ Quelle und Datierung: Brief von Johann Heinrich Voß an Ernestine Boie vom 17. Oktober 1776. –– Aus dem Brief geht hervor, dass Goethe in einem Brief an Stolberg Klopstocks Briefe vom 8. und 29. Mai 1776 als „impertinent“ bezeichnet habe (vgl. Klopstock, Briefe HKA 7 II, 370). Zur Sache vgl. die einleitende Erlputerung zu Nr 112. EB 117. An Johann Caspar Lavater ÆWeimar, kurz nach dem 9. Oktober 1776 ! Zerichæ Quelle und Datierung: Brief Lavaters an Goethe vom 13. November 1776: „Goethe .. daß du Kaufmann so tief geflhlt und genoßen –– Æ:::æ das frelt mich.“ (Goethe-Lavater3, 72.) –– Damit antwortet Lavater auf einen nicht lberlieferten Brief Goethes, in dem dieser u. a. lber seine Begegnung mit Johann Christoph Kaufmann berichtete, der sich (erstmals) vom 21. September bis 9. Oktober 1776 in Weimar aufhielt. Aus Lavaters Brief scheint hervorzugehen, dass Kaufmann Weimar wieder verlassen hatte, der Brief Goethes also erst nach dem 9. Oktober geschrieben wurde, vermutlich kurz danach. EB 118. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimar, 12. Oktober 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: ÆB. H‘.æ Reich fr. Leipz (GR/RB 1776, 3, Bl. 3v).
400
ERSCHLOSSENE BRIEFE 119–128
EB 119. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 12. Oktober 1776 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: B. H‘. Steinauer fr. Leipz (GR/RB 1776, 3, Bl. 3v). EB 120. An Cornelia Schlosser ÆWeimar, 18. November 1776 ! Emmendingenæ Quelle und Datierung: B. F. H. R. Schloßer fr. Rhh. ÆRheinhausenæ (GR/RB 1776, 3, Bl. 5v). EB 121. An Johann Caspar Bflling ÆWeimar, 22. November 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: ÆB . H‘.æ Bqlling fr. Frfrt (GR/RB 1776, 3, Bl. 6r). –– Vgl. die erste Erlputerung zu 118,12. EB 122. An Christoph Kaufmann ÆWeimar, 28. November 1776 ! Dessauæ Quelle und Datierung: B . H‘. Kaufmann fr. Deßau (GR/RB 1776, 3, Bl. 6v). –– rber den als ,Wunderarzt‘ geltenden Adressaten vgl. zu 90,18–19 und zu 129,18–19. EB 123. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 29. November 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. Fr. R. Goethe Frfrt (GR/RB 1776, 3, Bl. 6v). EB 124. An Isabella Grcfin von Wartensleben ÆWeimar, zwischen 16. September und kurz vor dem 30. November 1776 ! Kasselæ Quelle und Datierung: Brief Isabella von Wartenslebens an Johann Caspar Lavater vom 30. November 1776: „Ich dancke Ihnen lieber Herr Pfarrer flr das was Sie mir durch Gmthe haben sagen laßen. Sie haben Recht, und ich habe kein Vertrauen zu Dessau.“ (Goethe-Lavater3, 401.) –– rber die Adressatin vgl. zu
OKTOBER–DEZEMBER 1776
401
297,4. In seinem (ersten) Brief an Charlotte von Stein vom 16. September 1776 (Nr 172) zitiert Goethe einen Brief von Lavater vom 7. oder 8. September 1776 (Goethe-Lavater3, 70), den er am selben Tag erhalten hatte; darin riet Lavater Frau von Wartensleben davon ab, ihren Sohn Gideon auf das Philanthropinum nach Dessau zu schicken (weiter vgl. zu 99,33–100,1). Diese Ansicht Lavaters hatte Goethe offensichtlich Frau von Wartensleben in einem nicht lberlieferten Brief mitgeteilt, der aus der Zeit nach dem 16. September und kurz vor dem 30. November 1776 stammen muss. EB 125. An Friedrich Justin Bertuch ÆDessau oder Wfrlitz, zwischen 3. und 10. Dezember 1776 ! Weimaræ Quelle und Datierung: Brief Goethes an Bertuch vom 11. Dezember 1776: wie schon gesagt wir sind wohl (122,13–14). –– Dies bezieht sich auf die Reise nach Dessau, Wmrlitz und Leipzig, die Goethe am 2. Dezember 1776 angetreten hatte. Aus der Formulierung scheint hervorzugehen, dass Goethe zuvor schon einmal an Bertuch geschrieben hatte. EB 126. An Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff? ÆWeimar, 19. Dezember 1776 ! Dessauæ Quelle und Datierung: B . H‘ v. Erdemanshaußen fr. Deß (GR/RB 1776, 3, Bl. 7v). –– Der Name im „Rechnungsbuch“ dlrfte auf einem Irrtum Seidels beruhen. Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff war Architekt in Dessau (vgl. zu 148,12 und zu 207,17–18). EB 127. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 26. Dezember 1776 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: ÆB . æ Fr. Rth Gothe fr. Frankfurt (GR/RB 1776, 3, Bl. 7v). EB 128. An Jacob Ludwig Passavant ÆWeimar, 26. Dezember 1776 ! Hamburgæ Quelle und Datierung: B . H‘. Paßavant fr. Hamb‘. (GR/RB 1776, 3, Bl. 7v).
402
ERSCHLOSSENE BRIEFE 129–139
EB 129. An Johann Caspar Lavater ÆWeimar, Februar/Anfang Mcrz? 1777 ! Zerichæ Quelle und Datierung: Brief Goethes an Lavater vom 10. Mprz 1777: da ich dich so hqflich drum gebeten hatte (133,14–15). –– Goethe wlnschte, Lavater mmge ihn nicht mit einem Beitrag in seinen „Physiognomischen Fragmenten“ bedenken. Diese Bitte kmnnte Goethe in den Wochen zuvor in einem nicht lberlieferten Brief an Lavater gerichtet haben (vgl. zu 133,14–15). EB 130. An Johann Caspar Lavater
ÆWeimar, 4. April 1777 ! Zerichæ
Quelle und Datierung: B. H‘. Lavater fr. Schaffh. ÆSchaffhausenæ (GR/RB 1777, 1, Bl. 4r). EB 131. An den Dessauer Gcrtner
ÆWeimar, 19. April 1777 ! Dessauæ
Quelle und Datierung: P. mit 11 rh 16 g‘ an den Deßauer Gtrtner (GR/RB 1777, 1, Bl. 5r). –– rber den Adressaten konnte nichts Npheres ermittelt werden. EB 132. An Johann Caspar Lavater
ÆWeimar, 19. April 1777 ! Zerichæ
Quelle und Datierung: B. H‘. Lavater (GR/RB 1777, 1, Bl. 5r). EB 133. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 27. April 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. Fr. HRath Goethe fr Frfrt (GR/RB 1777, 1, Bl. 5v). EB 134. An Johann Caspar Bflling ÆWeimar, 5. Mai 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: P. mit 9 Louisd’ors an H‘. Bqlling fr. Frfrt (GR/RB 1777, 1, Bl. 6v).
FEBRUAR–MAI 1777
EB 135. An Ernst Carl Kopp?
403
ÆWeimar, 6. Mai 1777 ! Erfurtæ
Quelle und Datierung: B. H‘. Koppe fr Erfurt (GR/RB 1777, 1, Bl. 7r). –– Viele Jahre sppter, unter dem 15. Juli 1829, heißt es in Goethes Tagebuch: Herrn Ernst Kopp nach Hochheim bey Erfurt. Handzeichnungen zurpck. (WA III 12, 97.) Adressat war vermutlich der Zimmermann Ernst Carl Kopp aus Molsdorf bei Erfurt, der 1816 das Erfurter Blrgerrecht erhielt. EB 136. An Johann Friedrich Gottlob Otto ÆWeimar, 6. Mai 1777 ! Jenaæ Quelle und Datierung: B. H‘. Otto fr. Jena (GR/RB 1777, 1, Bl. 7r). –– Der Adressat war Kaufmann und Stadrat in Jena. EB 137. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 10. Mai 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. F. R. Goethe (GR/RB 1777, 1, Bl. 8v). EB 138. An Johann Caspar Bflling ÆWeimar, 21. Mai 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: P. 17 Louisd’ors an H‘. Bqlling fr. Frfrt (GR/RB 1777, 1, Bl. 9v). EB 139. An Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff? ÆWeimar, 27. Mai 1777 ! Dessauæ Quelle und Datierung: P. an H‘. Ehrenmann fr Deß (GR/RB 1777, 1, Bl. 10r). –– rber den Adressaten konnte nichts Npheres ermittelt werden. Unter Berlcksichtigung des Bestimmungsorts ist nicht auszuschließen, dass die Schreibung des Namens auf einem Irrtum Seidels beruht und wie in EB 126 Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff gemeint ist.
404
ERSCHLOSSENE BRIEFE 140–149
EB 140. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 27. Mai 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: P. mit Bpcher u G q z p an F. Rath G. (GR/RB 1777, 1, Bl. 10r). –– Welche Ausgabe des „Gmtz von Berlichingen“ Goethe nach Frankfurt sandte, konnte nicht ermittelt werden, vielleicht den zuletzt erschienenen nicht autorisierten Nachdruck durch Christian Friedrich Himburg aus dem Jahr 1775 (vgl. zu 278,11). EB 141. An Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim ÆWeimar, 30. Mai 1777 ! Eisenachæ Quelle und Datierung: B. H‘. v. Bechtoldsheim f . E . (GR/RB 1777, 1, Bl. 10v). EB 142. An Johann Friedrich Bause
ÆWeimar, 3. Juni 1777 ! Leipzigæ
Quelle und Datierung: B . H‘. Bause fr. Leipzig (GR/RB 1777, 2, Bl. 3r). –– Der Adressat war Kupferstecher; Goethe kannte ihn seit seiner Studentenzeit in Leipzig 1765––1768. EB 143. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 3. Juni 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: P. an Fr R. Goethe Merkur. (GR/RB 1777, 2, Bl. 3r.) – Mit dem Brief lbersandte Goethe ein Heft von Wielands Zeitschrift „Teutscher Merkur“. EB 144. An Unbekannt
ÆDenstedt, 8. Juni 1777 ! Leipzigæ
Quelle und Datierung: B. Leipz (GR/RB 1777, 2, Bl. 3v).
MAI–JULI 1777
405
EB 145. An Johann Heinrich Merck ÆWeimar, 13. Juni 1777 ! Darmstadtæ Quelle und Datierung: B. H‘. Merk f. Darmstadt (GR/RB 1777, 2, Bl. 4r). –– Mmglicherweise identisch mit dem Brief, den Merck in seinem Brief an Wieland vom 14. Juli 1777 erwphnt: „Æ:::æ jezo schreibt mir herr Rath Goethe, daß sie ÆLavaters Physiognomik [3. Bd]æ nicht zu haben sey.“ (Merck, Briefwechsel 1, 743.) Mit „Rath Goethe“ kmnnte jedoch auch Johann Caspar Goethe gemeint sein. EB 146. An Adrian Zingg
ÆWeimar, 13. Juni 1777 ! Dresdenæ
Quelle und Datierung: P. mit 6 Dukaten an H‘. Zingg n. Dres‘ (GR/RB 1777, 2, Bl. 4r). –– Bei dem Dresdner Radierer und Kupferstecher bestellte Goethe 1780 eine Karte des Ilmenauer Bergreviers (vgl. Brief an Johann Friedrich Wilhelm Charpentier vom 4. Juli 1780; WA IV 4, Nr 978). Ob es sich im vorliegenden Fall um shnliches handelte, konnte nicht ermittelt werden. Seit Februar 1777 gehmrte Goethe der Bergwerkskommission an (vgl. zu 90,1–2). Weitere Briefe an Zingg sind nicht lberliefert, auch keine Gegenbriefe. EB 147. An Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim ÆWeimar, 20. Juni 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: Brief an Jacob Friedrich von Fritsch, 21. Juni 1777: Gestern Abend hab ich sogleich Bechtolsheimen davon benachrichtiget (151,7–8). –– Vgl. die Erlputerung zu dieser Stelle. EB 148. An Julie Auguste Christiane von Mauchenheim gen. Bechtolsheim ÆWeimar, 26. Juni 1777 ! Eisenachæ Quelle und Datierung: B. Fr. v. Bechtolsheim fr. Eis. (GR/RB 1777, 2, Bl. 5r). EB 149. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 1. Juli 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. Fr. R. Goethe. (GR/RB 1777, 2, Bl. 6r.)
406
ERSCHLOSSENE BRIEFE 150–159
EB 150. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 1. Juli 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: P. mit Gemthlde an ÆFr. R. Goethe.æ (GR/RB 1777, 2, Bl. 6r). EB 151. An Johann Caspar Lavater
ÆWeimar, 1. Juli 1777 ! Zerichæ
Quelle und Datierung: B. H‘. Lavater fr. Schafh ÆSchaffhausenæ (GR/RB 1777, 2, Bl. 6r). EB 152. An Johann Caspar Bflling ÆEisenach?, 6. September 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: 30 Carlins an H‘. Bqlling fr Frft (GR/RB 1777, 3, Bl. 3v). –– Goethe war seit dem 27. August 1777 auf Reisen. Am 6. September traf er in Eisenach ein; er kehrte erst am 10. Oktober 1777 nach Weimar zurlck. Die Geldsendung wurde vermutlich durch Philipp Seidel im Auftrag Goethes aufgegeben. Das gilt mmglicherweise auch flr EB 153––157. EB 153. An Johann Caspar Goethe ÆEisenach?, 30. September 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. H‘. HR. Goethe. (GR/RB 1777, 3, Bl. 5v.) –– Zum Absendeort vgl. auch zu EB 152. EB 154. An Unbekannt
ÆEisenach?, 30. September 1777 ! Hanauæ
Quelle und Datierung: An Mad. Æ:::æ fr Hanau (GR/RB 1777, 3, Bl. 5v). –– Beim Namen der Adressatin weist das „Rechnungsbuch“ eine Llcke auf. –– Zum Absendeort vgl. zu EB 152.
JULI–OKTOBER 1777
407
EB 155. An Johann Friedrich Witzel? ÆEisenach?, 30. September 1777 ! Weimar?æ Quelle und Datierung: B. an Wizel (GR/RB 1777, 3, Bl. 5v). –– Adressat kmnnte der Weimarer Hoflakai Johann Friedrich Witzel gewesen sein. –– Zum Absendeort vgl. auch zu EB 152. EB 156. An Johann Heinrich Merck ÆEisenach?, 3. Oktober 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: H‘ Merkens Paquet fr Frft (GR/RB 1777, 3, Bl. 5v). –– Zum Absendeort vgl. zu EB 152. EB 157. An Johann Heinrich Merck Æ Eisenach?, 7. Oktober 1777 ! Darmstadtæ Quelle und Datierung: B . H‘. Merk f Darmst (GR/RB 1777, 3, Bl. 6r). –– Zum Absendeort vgl. zu EB 152. EB 158. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 17. Oktober 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. F. R. Gqthe Æ:::æ (GR/RB 1777, 3, Bl. 8r). EB 159. An Friedemann Christian Daniel Ranis? ÆWeimar, 17. Oktober 1777 ! Eisenach?æ Quelle und Datierung: B. Æ:::æ H‘. Ranus in E. (GR/RB 1777, 3, Bl. 8r). –– Nach Vermutung der WA ist der Brief nach Eisenach adressiert (vgl. WA IV 3, 320). Danach kmnnte es sich bei dem Adressaten um Friedemann Christian Daniel Ranis, den sppteren Eisenacher Archivregistrator, handeln (vgl. EB 166).
408
ERSCHLOSSENE BRIEFE 160–170
EB 160. An Johann Conrad Wagner? ÆWeimar, 21. Oktober 1777 ! Weimaræ Quelle und Datierung: an Kd. Wagner p Briefe (GR/RB 1777, 3, Bl. 9r). –– Bei dem Adressaten handelt es sich vermutlich um Johann Conrad Wagner, den Kammerdiener von Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. EB 161. An Johann Heinrich Merck ÆWeimar, 23. Oktober 1777 ! Darmstadtæ Quelle und Datierung: Handschuh H‘. Merk f Darmst (GR/RB 1777, 3, Bl. 9v). –– Vermutlich lag der Sendung ein Brief bei, den Goethe in seinem Brief an Merck vom 27. Oktober 1777 erwphnt: Wegen der Kupfer hab ich dir neulich schon geschrieben. (170,21.) EB 162. An Christoph Gottlieb Pflug ÆWeimar, 28. Oktober 1777 ! Jenaæ Quelle und Datierung: B. an Pflug in Jena (GR/RB 1777, 3, Bl. 10v). –– Wahrscheinlich ist der Brief an Christoph Gottlieb Pflug, Hofkupferschmied in Jena, adressiert. EB 163. An Johann Heinrich Merck ÆWeimar, 29. Oktober 1777 ! Darmstadtæ Quelle und Datierung: B . H‘. Merk fr Darmst (GR/RB 1777, 3, Bl. 10v). EB 164. An Johann Caspar Goethe ÆWeimar, 5. November 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. H‘. Rath Goethe (GR/RB 1777, 3, Bl. 13r). EB 165. An Johann Georg Kemmelmann ÆWeimar, 5. November 1777 ! Hildburghausenæ Quelle und Datierung: ÆB. H‘. Rathæ Kpmmelmann in H‘ (GR/RB 1777, 3, Bl. 13r). –– Johann Georg Klmmelmann war sachsen-coburgischer Rat. Goethe
OKTOBER/NOVEMBER 1777
409
erwphnt ihn im Tagebuch unter dem 3. September 1777, als er sich in Eisenach aufhielt: Hofrath Kpmmelmann, mit dem ich am meisten redte. (GT I 1, 47.) EB 166. An Friedemann Christian Daniel Ranis? ÆWeimar, 5. November 1777 ! Eisenachæ Quelle und Datierung: ÆB. H‘.æ Ranis fr. Eisenach (GR/RB 1777, 3, Bl. 13r). –– Vgl. zu EB 159. EB 167. An Johann Georg Bohl? ÆWeimar, 7. November 1777 ! Eisenachæ Quelle und Datierung: B. H‘. Pohle fr. Eisenach (GR/RB 1777, 3, Bl. 13r). –– Als Adressat kommt mmglicherweise der dpnische Hofagent Johann Georg Bohl in Eisenach in Frage. Vgl. auch EB 244. EB 168. An Julie Auguste Christiane von Mauchenheim gen. Bechtolsheim ÆWeimar, 8. November 1777 ! Eisenachæ Quelle und Datierung: B. Fr. v. Bechtolsheim m 1 Car‘. Eisnh (GR/RB 1777, 4, Bl. 3r). EB 169. An Johann Caspar Bflling ÆWeimar, 12. November 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. H‘. Bqlling f Franf (GR/RB 1777, 4, Bl. 3v). EB 170. An Johann Anton Focke ÆWeimar, 26. November 1777 ! Wartburg bei Eisenachæ Quelle und Datierung: B. an F o k e a d Wartburg (GR/RB 1777, 4, Bl. 6v). –– Der Adressat war Burgvogt auf der Wartburg. Weitere Briefe Goethes an Focke sind nicht lberliefert, auch keine Briefe Fockes an Goethe.
410
ERSCHLOSSENE BRIEFE 171–178
EB 171. An Johann Heinrich Merck ÆWeimar, zwischen 27. Oktober und 27. November 1777 ! Darmstadt?æ Quelle und Datierung: Brief Mercks an Friedrich Justin Bertuch vom 27. November 1777: „Nach Goethes leztem Schreiben scheint er sehr wohl u. vergnlgt zu seyn“ (Merck, Briefwechsel 2, 22). –– Nach dem Inhalt bezieht sich dies nicht auf den letzten lberlieferten Brief Goethes an Merck vom 27. Oktober 1777 (Nr 292), in dem es lediglich um Geschpftliches ging, sondern auf einen Brief, der in der Zeit danach geschrieben wurde. EB 172. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar?, 1. Dezember 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: P. mit Faust a. Fr. R. G (GR/RB 1777, 4, Bl. 7r). –– Dass Goethe ein Manuskript des „Faust“ auf seiner Reise durch den Harz vom 29. November bis 16. Dezember 1777 mit sich flhrte und abschickte, ist unwahrscheinlich. Vermutlich hatte Philipp Seidel in Weimar den Auftrag, die Post zu besorgen. Um welches Manuskript der frlhen Fassung des „Faust“ es sich handelte, konnte nicht ermittelt werden EB 173. An Friedrich Victor Leberecht Plessing ÆWernigerode, 4. Dezember 1777 ! Wernigerodeæ Quelle und Datierung: In der ,Plessing-Episode‘ der „Campagne in Frankreich“ heißt es: Æichæ pbergab ein anonymes entschuldigendes Bleistiftbltttchen dem Kellner (WA I 33, 226). –– In diesem bei Tagesanbruch (ebd.) nach dem Besuch bei Plessing am 3. Dezember 1777 geschriebenen Billett entschuldigte sich Goethe daflr, einer Einladung flr den 4. Dezember nicht folgen zu kmnnen. rber Plessing vgl. die einleitende Erlputerung zu Nr 309 sowie zu 179,15–18. EB 174. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimar?, 7. Dezember 1777 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: ÆPhisiognomikæ an H‘. Reich (GR/RB 1777, 4, Bl. 8r). –– Die Sendung enthielt das am Tag zuvor aus Zlrich eingetroffene Manuskript zum 4. Band der Phisiognomik v H‘ Lav (ebd.). Sie wurde vermutlich von Philipp Seidel in Weimar besorgt (vgl. zu EB 172). Goethe befand sich am 7. Dezember 1777 in Clausthal.
OKTOBER–DEZEMBER 1777
411
EB 175. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar?, 13. Dezember 1777 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. Fr. Rath Goethe. (GR/RB 1777, 4, Bl. 9r.) –– Am 13. Dezember 1777 befand sich Goethe auf einem beschwerlichen Ritt von Sankt Andreasberg nach Duderstadt und ging vor langerweile (GT I 1, 54) frlh schlafen (vgl. weiter die Eintragungen im Tagebuch [GT I 1, 54] sowie fast gleichlautend 187,6–11). Der vorliegende Brief wurde vermutlich von Philipp Seidel in Weimar besorgt (vgl. zu EB 172). EB 176. An Charlotte von Stein ÆDuderstadt?, 13. Dezember 1777 ! Weimaræ Quelle und Datierung: Brief Goethes an Charlotte von Stein vom 30. Dezember 1777: Æ:::æ es war beylage zum Brief der verlohren ist (188,2–3). –– Der erwphnte Brief kmnnte vom 13. Dezember stammen, als Goethe den Harz verließ (vgl. 187,6–9). Der vorhergehende Brief vom 7. bis 11. Dezember (Nr 311) wurde wahrscheinlich am Morgen des 12. aus Clausthal, der Tagebuchbrief Nr 312 frlhestens am 15. Dezember aus Eisenach abgesandt. EB 177. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimar?, 14. Dezember 1777 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: P. an H‘ Reich fr. Leipz (GR/RB 1777, 4, Bl. 7v). –– Vermutlich eine von Philipp Seidel in Weimar besorgte Manuskriptsendung flr Johann Caspar Lavaters „Physiognomische Fragmente“. Goethe befand sich am 14. Dezember 1777 auf dem Weg von Duderstadt nach Mlhlhausen. Vgl. auch zu EB 174. EB 178. An Gottlob Theodor? Weber ÆWeimar?, 14. Dezember 1777 ! Jena?æ Quelle und Datierung: B. an H‘. Weber fr (GR/RB 1777, 4, Bl. 7v). –– rber den Adressaten, mmglicherweise den Jenaer Amtmann und Konsistorialrat Gottlob Theodor Weber, vgl. die einleitende Erlputerung zu GB 6 II, Nr 133. Goethe befand sich am 14. Dezember 1777 auf dem Weg von Duderstadt nach Mlhlhausen; der Brief kmnnte von Seidel in Weimar besorgt worden sein.
412
ERSCHLOSSENE BRIEFE 179–189
EB 179. An Johann Heinrich Merck ÆWeimar?, 15. Dezember 1777 ! Darmstadtæ Quelle und Datierung: B. H‘. Merk f Darmst (GR/RB 1777, 4, Bl. 9r). –– Goethe ritt am 15. Dezember 1777 vor sechs (GT I 1, 54) von Mlhlhausen nach Eisenach, wo er gegen 11 (ebd.) eintraf. Mmglicherweise besorgte Philipp Seidel den Brief in Weimar. EB 180. An Anton Schwinzinski ÆWeimar?, 15. Dezember 1777 ! Eisenachæ Quelle und Datierung: B. Schloßvogt Schwinzinski (GR/RB 1777, 4, Bl. 9r). –– Der Adressat (auch: Schwintzinsky) war Schlossvogt in Eisenach. Goethe hielt sich am 15. Dezember 1777 selbst in Eisenach auf. Mmglicherweise wurde der Brief von Philipp Seidel in Weimar besorgt. EB 181. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, Anfang Januar 1778 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: Brief Goethes an Merck vom 11. Januar 1778: Der Mutter hab ich selbst geschrieben. (190,2.) –– Nicht auszuschließen ist, dass sich die Bemerkung auf Goethes nicht lberlieferten Brief an seine Mutter vom 13. Dezember 1777 bezieht (EB 175). EB 182. An Johann Joachim Christoph Bode ÆWeimar, 8. Januar 1778 ! Hamburgæ Quelle und Datierung: B . H ‘. B o d e f r H a m b u r g (GR/RB 1778, 1, Bl. 3v). –– Der Adressat, Schriftsteller, rbersetzer und Freimaurer, siedelte im November 1778 als Geschpftsflhrer der Grpfin Charitas Emilie von Bernstorff nach Weimar lber. Goethe hatte ihn bei dessen Besuch in Weimar im Mai 1776 kennen gelernt (vgl. GT I 1, 18). EB 183. An Johann Christian Kestner ÆWeimar, 8. Januar 1778 ! Hannoveræ Quelle und Datierung: B . H ‘ K e s t n e r f r H a n n o v e r (GR/RB 1778, 1, Bl. 3v).
DEZEMBER 1777–JANUAR 1778
413
EB 184. An Christoph Gottlieb Pflug ÆWeimar, 14. Januar 1778 ! Jenaæ Quelle und Datierung: B . P f l u g n a c h J e n a fr (GR/RB 1778, 1, Bl. 4r). Vgl. EB 162. EB 185. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimar, 14. Januar 1778 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: B. H‘. Reich fr L. (Phis.) (GR/RB 1778, 1, Bl. 4r). EB 186. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimar, 20. Januar 1778 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: P. H‘ Reich fr. Leipzig (GR/RB 1778, 1, Bl. 4v). EB 187. An Johann Heinrich Merck ÆWeimar, 24. Januar 1778 ! Darmstadtæ Quelle und Datierung: ÆB. H‘æ Merk f. Darmstadt (GR/RB 1778, 1, Bl. 5r). EB 188. An Friedrich Victor Leberecht Plessing ÆWeimar, 24. Januar 1778 ! Wernigerodeæ Quelle und Datierung: B. H‘ Plessing f. Werningrode (GR/RB 1778, 1, Bl. 5r). –– Vgl. zu EB 173. EB 189. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimar, 26. Januar 1778 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: P. Phisiog. fr Leipzig (GR/RB 1778, 1, Bl. 5r).
414
ERSCHLOSSENE BRIEFE 190–201
EB 190. An Johann Georg Zimmermann ÆWeimar, 26. Januar 1778 ! Hannoveræ Quelle und Datierung: B. H‘. Zimerman f. Hanover (GR/RB 1778, 1, Bl. 5r). EB 191. An Johann Caspar Bflling ÆWeimar, 3. Februar 1778 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. H‘ Bolling n. Frft (GR/RB 1778, 1, Bl. 5v). EB 192. An Hans Conrad Dietrich Ekhof ÆWeimar, 3. Februar 1778 ! Gothaæ Quelle und Datierung: B. H‘. Ekhof. fr. Gotha (GR/RB 1778, 1, Bl. 5v). –– Der Schauspieler und Gothaer Theaterdirektor war am 7. Januar 1778 zu einem Gastspiel nach Weimar gekommen (vgl. GT I 1, 59; vgl. ferner die zweite Erlputerung zu 190,11). EB 193. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 3. Februar 1778 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. Fr. HR. Goethe n. Frft. (GR/RB 1778, 1, Bl. 5v). EB 194. An Wilhelmine Henriette von Lindau ÆWeimar, 3. Februar 1778 ! Kasselæ Quelle und Datierung: B. Fr. v. Lindau fr. Eis. ÆEisenachæ (GR/RB 1778, 1, Bl. 5v). –– Die Adressatin war die Tante und Pflegemutter der Schwestern Caroline Luise und Marie Ulrike von Lindau. Goethe hatte mit ihr im Zusammenhang mit dem Legat des verstorbenen Heinrich Julius von Lindau flr Peter im Baumgarten zu tun. Vgl. im Einzelnen die einleitende Erlputerung zu Nr 19 sowie zu 271,10–11. EB 195. An Johann Caspar Bflling ÆWeimar, 5. Februar 1778 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. H‘ Bqlling fr. Frft (GR/RB 1778, 1, Bl. 5v).
JANUAR–MwRZ 1778
415
EB 196. An Johann Caspar Lavater ÆWeimar, 7. Februar 1778 ! Zerichæ Quelle und Datierung: B. H‘ Lavater f. Schfh ÆSchaffhausenæ (GR/RB 1778, 1, Bl. 5v). EB 197. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimar, 14. Februar 1778 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: P. Phisiognomik (GR/RB 1778, 1, Bl. 6r). –– Der Manuskriptsendung der „Physiognomischen Fragmente“, die Reich in Leipzig verlegte, kmnnte ein Begleitbrief Goethes beigelegen haben (vgl. die einleitende Erlputerung zu Nr 1). EB 198. An Philipp Erasmus Reich
ÆWeimar, 5. Mcrz 1778 ! Leipzigæ
Quelle und Datierung: P. Phis (GR/RB 1778, 1, Bl. 7v). –– Vgl. zu EB 197. EB 199. An Philipp Erasmus Reich
ÆWeimar, 5. Mcrz 1778 ! Leipzigæ
Quelle und Datierung: P. H‘. Reich (GR/RB 1778, 1, Bl. 8r). –– Vgl. zu EB 197. EB 200. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimar, 10. Mcrz 1778 ! Leipzigæ Quelle und Datierung: P. Phis (GR/RB 1778, 1, Bl. 8r). –– Vgl. zu EB 197. EB 201. An Johann Georg Bohl?
ÆWeimar, 16. Mcrz 1778 ! Eisenachæ
Quelle und Datierung: P. H‘. Pohle mit 18 rh 18 g‘ (GR/RB 1778, 1, Bl. 9r). –– Vgl. zu EB 167.
416
ERSCHLOSSENE BRIEFE 202–211
EB 202. An Johann Heinrich Beilschmidt ÆWeimar, 24. Mcrz 1778 ! ?æ Quelle und Datierung: B. Beilschmid (GR/RB 1778, 1, Bl. 9v). –– Der Adressat war herzoglicher Bediensteter am Weimarer Hof. EB 203. An Philipp Erasmus Reich
ÆWeimar, 2. April 1778 ! Leipzigæ
Quelle und Datierung: 3 mal ÆPhisiognomikæ nach Leipzig (GR/RB 1778, 2, Bl. 3r). –– Vgl. zu EB 197. EB 204. An Philipp Erasmus Reich
ÆWeimar, 16. April 1778 ! Leipzigæ
Quelle und Datierung: B. Phisiognomik (GR/RB 1778, 2, Bl. 4r). –– Vgl. zu EB 197. EB 205. An Peter im Baumgarten ÆWeimar, 17. April 1778 ! Weimar? oder Ilmenau?æ Quelle und Datierung: B. Peter (GR/RB 1778, 2, Bl. 4r). –– rber den Adressaten vgl. die einleitende Erlputerung zu Nr 281. Am 17. April 1778 siedelte Peter im Baumgarten von Weimar nach Ilmenau lber. EB 206. An Anton von Catharin
ÆWeimar, 18. April 1778 ! Grazæ
Quelle und Datierung: Brief Catharins an Goethe vom 23. April 1778, in dem ein Schreiben Goethes „vom 18. dieses“ Monats erwphnt wird (RA 1, 70, Nr 84). –– rber den steiermprkischen Beamten Anton von Catharin und den Gegenstand des vorliegenden Briefes vgl. die einleitende Erlputerung zu Nr 334.
417
MwRZ–JUNI 1778
EB 207. An Charlotte von Stein ÆLeipzig, 10. oder 11. Mai 1778 ! Weimaræ Quelle und Datierung: Im Brief Goethes an Charlotte von Stein vom 12. Mai 1778 heißt es: vor unserm Abschied aus Leipzig noch ein Wort (207,1). –– Nach dieser Formulierung kmnnte dem lberlieferten Brief ein frlherer vorausgegangen sein, der die Ankunft in Leipzig meldete und/oder lber die Einzelheiten des zweitpgigen Aufenthalts Auskunft gab, die im Brief vom 12. Mai ausgespart sind. EB 208. An Anton von Catharin
ÆWeimar, 30. Mai 1778 ! Grazæ
Quelle und Datierung: Catharins Brief an Goethe vom 1. Juni 1778, in dem ein Schreiben Goethes vom „30ten May“ erwphnt wird (RA 1, 71, Nr 89). –– Vgl. zu EB 206. EB 209. An Unbekannt
ÆWeimar, 5. Juni 1778 ! Erfurtæ
Quelle und Datierung: B. nach Erfurth (GR/RB 1778, 2, Bl. 8r). EB 210. An Unbekannt
ÆWeimar, 5. Juni 1778 ! ?æ
Quelle und Datierung: B. u Schachtel mit d. Uhr (GR/RB 1778, 2, Bl. 8v). EB 211. An Unbekannt
ÆWeimar, 5. Juni 1778 ! Frankfurt a. M.æ
Quelle und Datierung: B. n. Frankfurth (GR/RB 1778, 2, Bl. 8v).
418
ERSCHLOSSENE BRIEFE 212–221
EB 212. An Friedrich Victor Leberecht Plessing? ÆWeimar, 5. Juni 1778 ! Wernigerodeæ Quelle und Datierung: B. nach Werningrothe (GR/RB 1778, 2, Bl. 8v). –– Dem Bestimmungsort nach wpre an Friedrich Victor Leberecht Plessing und seine Familie zu denken. Vgl. zu EB 173. EB 213. An Flick und Cramer
ÆWeimar, 15. Juni 1778 ! Eisenach?æ
Quelle und Datierung: B. Flachsgeld an Flik u Cramer (GR/RB 1778, 2, Bl. 8v). –– Vom 18. Mai 1778 ist eine Rechnung von der Flachsspinnerei „Flick und Cramer“ in Eisenach lberliefert (vgl. GR/Belege 1778, 1, Bl. 46). EB 214. An Adam Friedrich Oeser
ÆWeimar, 9. Juli 1778 ! Leipzigæ
Quelle und Datierung: B. Oesern (GR/RB 1778, 3, Bl. 3v). –– rber den Adressaten, Goethes frlheren Zeichen- und Kunstlehrer, vgl. die einleitende Erlputerung zu GB 1 II, Nr 44. EB 215. An Peter im Baumgarten
ÆWeimar, 28. Juli 1778 ! Ilmenauæ
Quelle und Datierung: P. Petern (GR/RB 1778, 3, Bl. 5r). EB 216. An Samuel von Poulet? ÆWeimar, zwischen 21. und 28. Juli 1778 ! Potsdamæ Quelle und Datierung: B. an einen Officier in Potsdam (GR/RB 1778, 3, Bl. 4v). –– Adressat kmnnte der preußische Offizier Samuel von Poulet (Boulet) sein. Goethe war mit ihm am 22. Mai 1778 in Potsdam zusammengetroffen (vgl. GT I 1, 64). Poulet war ein Freund Carl Ludwig von Knebels.
JUNI–SEPTEMBER 1778
419
EB 217. An Leopold III. Friedrich Franz Ferst von Anhalt-Dessau ÆWeimar, zwischen 21. und 28. Juli 1778 ! Dessauæ Quelle und Datierung: P. an Fprst v. Deßau (GR/RB 1778, 3, Bl. 4v). –– Leopold III. Friedrich Franz war seit 1758 regierender Flrst von Anhalt-Dessau (vgl. lber Goethes Bekanntschaft mit ihm zu 148,12). Zuletzt hatte Goethe ihn im Mai 1778 in Leipzig getroffen und war mit ihm nach Wmrlitz gegangen. EB 218. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, zwischen 21. und 28. Juli 1778 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. nach Frankfurth an F. R. G. (GR/RB 1778, 3, Bl. 4v). EB 219. An Philipp Seidel
ÆAllstedt, 10. August 1778 ! Weimaræ
Quelle und Datierung: Im Brief Goethes an Charlotte von Stein vom 10. August 1778 heißt es: Geben Sie innliegendes an Phillip. (226,16.) –– Dem Brief war also mmglicherweise ein nicht lberlieferter Brief mit Auftrpgen flr Philipp Seidel beigeschlossen (vgl. 226,16). EB 220. An Unbekannt
ÆWeimar, vermutlich 21. August 1778æ ! Æ?æ
Quelle und Datierung: In Goethes Brief an Friedrich Hildebrand von Einsiedel vom 21. August 1778 (Nr 395) heißt es: Diesen Brief pbergieb (227,14). Dieser als Beischluss befmrderte Brief stammt vermutlich vom selben Datum wie der Brief an Einsiedel. Der Adressat konnte nicht ermittelt werden. EB 221. An Ernst Wolfgang Behrisch ÆWeimar, 1. September 1778 ! Dessauæ Quelle und Datierung: B H‘. Behrisch f. Deßau (GR/RB 1778, 3, Bl. 8r). –– rber den Adressaten, Goethes Freund aus der Leipziger Studienzeit, vgl. die einleitende Erlputerung zu GB 1 II, Nr 18.
420
ERSCHLOSSENE BRIEFE 222–230
EB 222. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar?, 13. September 1778 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: P. Fr. Rath G. f. halb. v. mich. (GR/RB 1778, 3, Bl. 8v). –– Goethe hielt sich am 13. September 1778 in Eisenach auf (vgl. Nr 401). Mmglicherweise wurde der Brief von Philipp Seidel in Weimar besorgt. EB 223. An Johann Adolph Herzog? ÆWeimar, 30. September 1778 ! ?æ Quelle und Datierung: B. an Herzog (GR/RB 1778, 3, Bl. 9v). –– Der Adressat kmnnte der sachsen-weimarische Finanzbeamte Johann Adolph Herzog gewesen sein. EB 224. An Julie Auguste Christiane von Mauchenheim gen. Bechtolsheim ÆWeimar, 14. Oktober 1778 ! Eisenachæ Quelle und Datierung: B. Fr. Bechtolsh fr Eis (GR/RB 1778, 4, Bl. 3v). EB 225. An Ernst Wolfgang Behrisch ÆWeimar, 26. Oktober 1778 ! Dessauæ Quelle und Datierung: B. H‘ Behrisch (GR/RB 1778, 4, Bl. 4r). EB 226. An „Beutler“
ÆWeimar, 26. Oktober 1778 ! Eisenachæ
Quelle und Datierung: P. Beutler in Eis. (GR/RB 1778, 4, Bl. 4r). –– Mmglicherweise bezieht sich der Eintrag auf einen „Beutelmacher, ein Handwerker, welcher lederne Beutel verfertiget und verkauft“ (Adelung 1, 960). Um wen es sich handelte, konnte nicht ermittelt werden.
SEPTEMBER–NOVEMBER 1778
421
EB 227. An Carl Christoph Oettelt ÆWeimar, 26. Oktober 1778 ! Ilmenauæ Quelle und Datierung: P. Oettelt (GR/RB 1778, 4, Bl. 4r). –– Der Adressat, Wildmeister in Ilmenau, hatte die Aufsicht lber Peter im Baumgarten (vgl. die einleitende Erlputerung zu Nr 281). EB 228. An Carl Ludwig August von Scholley ÆWeimar, vor November 1778 ! Malsfeld oder Kaufungen?æ Quelle und Datierung: In Scholleys Brief an Goethe vom 18. November 1778 heißt es, er habe Goethes „erstere [:::] Zuschrifft“ (RA 1, 72, Nr 92) wegen Peter im Baumgarten zwar erhalten, aber keine Zeit gehabt zu antworten (abgedruckt in der einleitenden Erlputerung zu Nr 489). Scholley war der Vormund der Schwestern des verstorbenen Heinrich Julius von Lindau. Goethe korrespondierte mit ihm wegen eines Legats, das Lindau seinem Schltzling Peter im Baumgarten hinterlassen hatte (vgl. die einleitende Erlputerung zu Nr 489). EB 229. An August Wilhelm Ferdinand von Staff? ÆWeimar, 2. November 1778 ! Ilmenau?æ Quelle und Datierung: B. H‘ v Staf (GR/RB 1778, 4, Bl. 5r). –– Adressat ist mmglicherweise der Ilmenauer Oberforstmeister und Kammerherr August Wilhelm Ferdinand von Staff. In diesem Fall kmnnte es im Brief um Peter im Baumgarten gegangen sein, der seit April 1778 in Ilmenau zum Jpger ausgebildet wurde (vgl. die einleitende Erlputerung zu Nr 281). EB 230. An Johann Lorenz Streiber? ÆWeimar, 2. November 1778 ! Eisenachæ Quelle und Datierung: B. H‘. Streuber in Eis. (GR/RB 1778, 4, Bl. 5r). –– Adressat kmnnte dem Bestimmungsort zufolge der Eisenacher Bankier, Kaufmann und Blrgermeister Johann Lorenz Streiber sein. Mit ihm hatte Goethe im Zusammenhang mit dem Legat zu tun, das Heinrich Julius von Lindau seinem Schltzling Peter im Baumgarten hinterlassen hatte (vgl. zu 273,29–31).
422
ERSCHLOSSENE BRIEFE 231–241
EB 231. An Johann Heinrich Christoph? oder Johann Gottlob? Schenck ÆWeimar, 12. November 1778 ! Jena?æ Quelle und Datierung: B. an Schenk (GR/RB 1778, 4, Bl. 5v). –– Vgl. zu EB 100 (vgl. aber zu EB 233). EB 232. An Georg Heinrich? Gille ÆWeimar, 23. November 1778 ! Eisenachæ Quelle und Datierung: B. H‘. Gille f. Eis. (GR/RB 1778, 4, Bl. 6v). –– Der Bestimmungsort kmnnte auf Georg Heinrich Gille verweisen; er flhrte eine Flaschenhandlung in Eisenach (vgl. GR/Belege 1779, Bl. 5). EB 233. An Johann Caspar Lavater ÆWeimar, 23. November 1778 ! Zerichæ Quelle und Datierung: ÆB. H‘.æ Lavater fr Zprich (GR/RB 1778, 4, Bl. 6v). EB 234. An Herrn Schenk
ÆWeimar, 23. November 1778 ! Ansbachæ
Quelle und Datierung: B Schenk f. Ansp. (GR/RB 1778, 4, Bl. 6v). –– rber den Adressaten konnte nichts ermittelt werden. Vgl. aber EB 100. EB 235. An Friederike Oeser
ÆWeimar, 7. Dezember 1778 ! Leipzigæ
Quelle und Datierung: B. M. F. Oeser (GR/RB 1778, 4, Bl. 8r). –– rber die Tochter von Adam Friedrich Oeser vgl. die einleitende Erlputerung zu GB 1 II, Nr 48. EB 236. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 6. Januar 1779 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. u P. Fr. Rathin (GR/RB 1779, 1, Bl. 3r).
NOVEMBER 1778–MwRZ 1779
EB 237. An Peter im Baumgarten
423
ÆWeimar, 13. Januar 1779 ! Ilmenauæ
Quelle und Datierung: B. Petern (GR/RB 1779, 1, Bl. 4r). EB 238. An Carl Christian Heinrich? Rost ÆWeimar, 20.? Februar 1779 ! Leipzig?æ Quelle und Datierung: B. H‘. Rost (GR/RB 1779, 1, Bl. 6v). –– Nach Vermutung der WA war der Brief nach Leipzig adressiert (vgl. WA IV 4, 380). In diesem Fall kmnnte der Verleger und Kunsthpndler Carl Christian Heinrich Rost der Adressat sein (vgl. zu 200,5–6). EB 239. An Carl Theodor von Dalberg ÆWeimar?, 3. Mcrz 1779 ! Erfurtæ Quelle und Datierung: B. Stadth. ÆStatthalteræ (GR/RB 1779, 1, Bl. 7v). –– Da Goethe sich vom 2. bis 5. Mprz 1779 in Dornburg aufhielt, der Brief aber von Philipp Seidel in Weimar verzeichnet worden ist, handelt es sich mmglicherweise um einen Auftragsbrief. Dies kmnnte auch auf EB 239 und EB 240 zutreffen. EB 240. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar?, 3. Mcrz 1779 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. Fr. Rathin Æ:::æ (GR/RB 1779, 1, Bl. 7v). –– Vgl. zu EB 238. EB 241. An Unbekannt
ÆWeimar?, 3. Mcrz 1779 ! Eisenbergæ
Quelle und Datierung: B. Æ:::æ n. Eisenb‘ (GR/RB 1779, 1, Bl. 7v). –– Vgl. zu EB 238.
424
ERSCHLOSSENE BRIEFE 242–252
EB 242. An Johann Dietrich Klippstein? ÆWeimar, 13. Mcrz 1779 ! Jenaæ Quelle und Datierung: B. a. Klipstein fr Jena (GR/RB 1779, 1, Bl. 7v). –– Vermutlich handelt es sich bei dem Adressaten um Johann Dietrich Klippstein, akademischen Gprtner in Jena. EB 243. An Carl Christoph Oettelt ÆWeimar, 23. Mcrz 1779 ! Ilmenauæ Quelle und Datierung: B an H‘ Oettelt fr Ilm (GR/RB 1779, 1, Bl. 9r). EB 244. An Herrn Diete
ÆWeimar, 24. Mcrz 1779 ! ?æ
Quelle und Datierung: B H‘. Diete mit 1 rh 15 g‘ 6 d‘ (GR/RB 1779, 1, Bl. 8r). –– rber den Adressaten konnte nichts Npheres ermittelt werden. EB 245. An Johann Georg Bohl? ÆWeimar, 29. Mcrz 1779 ! Eisenach?æ Quelle und Datierung: B. mit 18 18 g‘ f Bohle (GR/RB 1779, 1, Bl. 9v). –– Nach Vermutung der WA war der Bestimmungsort Eisenach (vgl. WA IV 4, 380); in diesem Fall vgl. zu EB 167. EB 246. An Carl Ludwig August von Scholley ÆWeimar, 29. Mcrz 1779 ! Malsfeldæ Quelle und Datierung: B. H‘ Scholley (GR/RB 1779, 1, Bl. 9v). –– Scholleys Antwort vom 6. April 1779 (RA 1, 72 f., Nr 94) erwphnt den Brief als Goethes „letztere Zuschrifft“ (abgedruckt in der einleitenden Erlputerung zu Nr 489). EB 247. An Johann Lorenz Streiber ÆWeimar, 16. April 1779 ! Eisenachæ Quelle und Datierung: P. Geld an H‘. Streiber pp (GR/RB 1779, 2, Bl. 4r). –– Vgl. zu EB 229.
MwRZ–JULI 1779
EB 248. An Unbekannt
425
ÆWeimar, 16. April 1779 ! leipzigæ
Quelle und Datierung: P. Leipzig (GR/RB 1779, 2, Bl. 4r). EB 249. An Friedrich Christian Tripplin? ÆWeimar, 15. Mai 1779 ! Weimar?æ Quelle und Datierung: Trieblen B. (GR/RB 1779, 2, Bl. 6v). –– Dass es sich bei dem Adressaten um den Weimarer Lehnssekretpr Friedrich Christian Tripplin handelt, kann nur vermutet werden. EB 250. An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra ÆWeimar, kurz nach dem 21. Mai 1779 ! ?æ Quelle und Datierung: Brief Goethes an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 8. Juni 1779: Den gntdigsten Befehl Ew. Durch‘. mich bei dem Vizeberghauptmann von Trebra um die Fthigkeiten und den bisher bezeigten Fleiss des iungen Voigts gegenwtrtig in Freiberg zu erkundigen habe sogleich unterthtnigst befolget (439,2–5). –– Den Auftrag hatte Goethe nach einer Beratung des Geheimen Consiliums am 21. Mai 1779 lbernommen (vgl. zu 439,3–4). Vermutlich schrieb er den entsprechenden Brief an Trebra kurz danach. EB 251. An Carl Ludwig August von Scholley ÆWeimar, 9. Juni 1779 ! Malsfeldæ Quelle und Datierung: Notiz Goethes: Unterm 9 Jun 1779 hab ich H‘. v Scholley abermals erinnert. (GSA 30/82,2, Bl. 22v.) –– Vgl. weiter die Erlputerungen zum Abdruck von Scholleys Brief an Goethe vom 24. Juli 1779 im Anschluss an die Erlputerungen zu Nr 489. EB 252. An Martin Gottlieb Klauer ÆWeimar, 5. Juli 1779 ! Mannheimæ Quelle und Datierung: B. an Klauer (GR/RB 1779, 3, Bl. 4r). –– Der Hofbildhauer Martin Gottlieb Klauer hielt sich seit Mai zu einem Studienaufenthalt in Mannheim auf.
426
ERSCHLOSSENE BRIEFE 253–263
EB 253. An Carl Jacob Christian Klipfel? ÆWeimar, 7. Juli 1779 ! Berlinæ Quelle und Datierung: B. an H‘ Klipfel n Ber‘ (GR/RB 1779, 3, Bl. 4r). –– Bei dem Adressaten des Briefes kmnnte es sich um den Berliner Porzellanmaler Carl Jacob Christian Klipfel handeln, der in der Kmniglichen Porzellanmanufaktur in der Leipziger Straße arbeitete. Goethe hatte die Manufaktur am 16. Mai 1779 besucht (vgl. zu 209,6). EB 254. An Johann Adam? Wolf ÆWeimar, 7. Juli 1779 ! Frankfurt a. M.?æ Quelle und Datierung: B. an Wolf (GR/RB 1779, 3, Bl. 4r). –– Nach Vermutung der WA war der Brief nach Frankfurt a. M. adressiert (vgl. WA IV 4, 380). In diesem Fall kmnnte es sich bei dem Adressaten um Johann Adam Wolf handeln, einen Freund Philipp Seidels. Nicht auszuschließen ist auch, dass auch der Brief von Seidel stammt. EB 255. An Carl Theodor von Dalberg ÆWeimar, zwischen dem 31. Mai und dem 13. Juli 1779 ! Erfurtæ Quelle und Datierung: Brief Goethes an Carl Theodor von Dalberg vom 21. Juli 1779: Ew Exzel‘ dancke nochmals aufs beste fpr den Mercken pberschickten Kopf (286,10–11). –– Die Briefstelle lpsst vermuten, dass Goethe bereits zuvor einen Dankbrief an Dalberg geschrieben hatte (zur Sache vgl. zu 286,10–11). EB 256. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 14. Juli 1779 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: P. Fr. R. Goethe. (GR/RB 1779, 3, Bl. 5r.) EB 257. An Martin Gottlieb Klauer ÆWeimar, 17. Juli 1779 ! Mannheimæ Quelle und Datierung: B. an Klauer n Manh (GR/RB 1779, 3, Bl. 5v). –– Vgl. EB 251.
JULI 1779
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EB 258. An Johann Heinrich Merck ÆWeimar, 20. Juli 1779 ! Darmstadtæ Quelle und Datierung: P. H‘. Merk. (GR/RB 1779, 3, Bl. 6r.) EB 259. An Johann Georg von Bentheim? ÆWeimar, 23. Juli 1779 ! Weimar?/Jena?æ Quelle und Datierung: P m. Geld an H‘ v Bentheim (GR/RB 1779, 3, Bl. 6v). –– Als Adressat kommt der sachsen-weimarische Hauptmann Johann Georg von Bentheim, 1783 Stadtkommandant von Jena, in Frage. Goethe war am 1. Mprz 1779 bei der Rekrutenmusterung in Jena mit ihm zusammengetroffen (vgl. GT I 1, 76). EB 260. An Unbekannt
ÆWeimar, 26. Juli 1779 ! Bremenæ
Quelle und Datierung: B nach Bremen (GR/RB 1779, 3, Bl. 7r). EB 261. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 28. Juli 1779 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: B. Fr. R. Goethe in F. (GR/RB 1779, 3, Bl. 7v). EB 262. An Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin ÆWeimar, 28. Juli 1779 ! Braunschweigæ Quelle und Datierung: B. an Joh. Paul Rehsens Wittib u Eggling in B. f. (GR/RB 1779, 3, Bl. 7v). –– Adressaten waren wahrscheinlich die Inhaber der braunschweigischen Flachsspinnerei Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin (vgl. GR/Belege 1779, Bl. 24). EB 263. An Herrn F. Seidel
ÆWeimar, 28. Juli 1779 ! Leipzig?æ
Quelle und Datierung: B H‘ H‘. F. Seidel in L. f. (GR/RB 1779, 3, Bl. 7v). –– Nach Vermutung der WA war der Brief nach Leipzig adressiert (vgl.
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ERSCHLOSSENE BRIEFE 264–272
WA IV 4, 381). ,H‘ H‘.‘ kmnnte daflr sprechen, dass der Brief an mehrere Adressaten gerichtet war (,F.‘ mmglicherweise nicht als Initial eines Vornamens). Npheres konnte nicht ermittelt werden. EB 264. An Unbekannt
ÆWeimar, 7. August 1779 ! Ilmenauæ
Quelle und Datierung: B. nach Ilmenau (GR/RB 1779, 3, Bl. 8v). EB 265. An Carl Christian von Herda ÆWeimar, 15. August 1779 ! Eisenachæ Quelle und Datierung: B. H‘ Herda in Eis (GR/RB 1779, 3, Bl. 9v). –– rber den Adressaten, Kammerprpsidenten in Eisenach, vgl. die einleitende Erlputerung zu Nr 522. EB 266. An Carl Ludwig August von Scholley ÆWeimar, 30. August 1779 ! Malsfeldæ Quelle und Datierung: B. H‘ Schollei n. Malsfeld (GR/RB 1779, 3, Bl. 10v). –– Antwort auf Scholleys Brief vom 24. Juli 1779 (RA 1, 73, Nr 95); vgl. den Abdruck dieses Briefes im Anschluss an die Erlputerungen zu Nr 489. EB 267. An Johann Daniel oder Christoph Theodor Kalckofen? ÆFrankfurt a. M., 20. September? 1779 ! ?æ Quelle und Datierung: Goethes Brief an Josias von Stein vom 20. September 1779 aus Frankfurt a. M.: Wollten Sie die Gpte haben an Mstr Barckhofen 3 Carolins zu bezahlen, und ihm den Brief zu schicken. (298,1–2) –– rber die Person des ,Meisters Barckhofen‘ vgl. zu 298,1. EB 268. An Carl Ludwig August von Scholley? Æ Frankfurt a. M., 21. September 1779 ! Malsfeldæ Quelle und Datierung: B. Malsfeld (GR/Belege 1779, Bl. 58r). –– Es handelt sich vermutlich um Goethes Antwort auf Scholleys Brief vom 4. September 1779
AUGUST–OKTOBER 1779
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(RA 1, 74, Nr 98); vgl. die Erlputerungen zu Scholleys Brief an Goethe vom 24. Juli 1779, abgedruckt im Anschluss an die Erlputerungen zu Nr 489. EB 269. An Johann Georg Schlosser ÆBasel, 1. Oktober 1779 ! Emmendingenæ Quelle und Datierung: B. an HRSchlosser (GR/Belege 1779, Bl. 59r). EB 270. An Johann Rudolf Burkhardt ÆPayerne, 20. Oktober 1779 ! Baselæ Quelle und Datierung: B. H‘. Burkhardt (GR/Belege 1779, Bl. 59r). –– Einen Adressaten Gedeon Burkhardt, Seidenbandfabrikant in Basel, erwphnt Goethe in seinem Brief an Johann Heinrich Merck vom 19. Oktober 1779: Catharina Elisabeth Goethe solle flr ihn, Goethe, bestimmte Pakete an Gedeon Burkhardt in Basel adressieren, der allerdings schon 1760 verstorben war. Sein Geschpft war an seinen Sohn Johann Rudolf Burkhardt lbergegangen (vgl. 321,27–28). EB 271. An Tobie de Gottrau de Billens ÆMoudon?, um den 21. Oktober 1779 ! Cheyres?æ Quelle und Datierung: Brief Goethes an Charlotte von Stein vom 20. bis 27. Oktober 1779, Briefteil vom 21. Oktober: Ich schrieb ihm ein anonym billet (323,3). –– Darin wies Goethe den Landvogt Tobie de Gottrau de Billens auf den schlechten Erhaltungszustand des rmmischen Orpheus-Mosaiks in Cheyres am Neuenburger See in der Schweiz hin (vgl. 323,3–4). EB 272. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach ÆMoudon?, um den 21. Oktober 1779 ! Weimaræ Quelle und Datierung: Brief Goethes an Charlotte von Stein vom 20. bis 27. Oktober 1779, Briefteil vom 24. Oktober: Ich schrieb dem Herzog ein Billet (325,4). –– Dieser Brief enthielt die Anklndigung, dass Mercks Schwager Jacques Arpeau den Herzog und Wedel, die in Rolle zurlckgeblieben waren, abholen werde, um mit ihnen und Goethe einen Abstecher ins Vallqe de Joux zu machen (vgl. 325,4–6).
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ERSCHLOSSENE BRIEFE 273/274
EB 273. An Catharina Elisabeth Goethe Ægenf?, 28.? Oktober 1779 ! Frankfurt a. M.æ Quelle und Datierung: Brief Catharina Elisabeth Goethes an Herzogin Anna Amalia vom 5. November 1779: „Hier lberschicke ich auf Order und Befehl eines gewißen Herrn geheimdten Raths, Goethe benamset, eine schmne und lber die maßen anmuthige Reiße beschreibung“ (Pfeiffer-Belli, 461). –– Es handelte sich um eine Abschrift des Reiseberichts von der Besteigung der Dent de Vaulion und der Dtle, den Goethe Philipp Seidel diktiert und am 28. Oktober 1779 (Nr 543, 1. Briefteil) an Charlotte von Stein geschickt hatte. Da Goethes Mutter den Brief bereits am 5. November erhalten hatte und weitersandte, ist er vermutlich zur selben Zeit geschrieben worden wie Nr 543, 1. Briefteil. EB 274. An Johann Gottfried Herder ÆZerich, 30. Novemer 1779 ! Weimaræ Quelle und Datierung: Brief Goethes an Carl Ludwig von Knebel vom 30. November 1779: grps Herdern, und gieb ihm seinen Theil von diesem Briefe (358,2–3). –– Der Beischluss an Herder dlrfte vom selben Tag stammen wie der Brief an Knebel.
A M TL IC H E S
A 1. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach ÆWeimar, 9. Februar 1779. Dienstagæ Gntdigster Herr, Nach der Antwort des Kqnigs in Preusen Maj. worinn derselbe solche Grpnde hinzulegen glaubt, die Ew Durch‘ bewegen sollen, ihm die verlangte Werbung in Ihren Landen zu gestatten, und es als gewiss anzunehmen scheint, dass man sich mit dem General Mollendorf besprechen und eine Auskunft zu treffen wissen werde, bleibt nach aller Uberzeugung nichts pbrig, als dass man eine baldige und feste Entschliesung fasse, welchen Theil man ergreiffen und wie man sich auf ein oder die andre Weise betragen wolle? Man hat vorltufig am besten zu seyn geglaubt wenn man beyde unangenehme Seiten gegenwtrtiger Lage, natprlich gegen einander stellte, das zwiefache Benehmen wovon man eins zu wthlen hat ohnpbertrieben hinlegte, und die Folgen eines ieden pberdtchte, so weit man sie mit einem zwar uneingenommnen, aber freilich immer beschrtnckten Geiste vorauszusehen im Stande ist. Gesezt also man fpgt sich dem Begehren des Konigs, so kan es entweder geschehen wenn man ihm die Werbung erlaubt, oder mit dem General Mqllendorf auf eine gewisse Anzahl abzugebender Mannschafft pbereinkommt, und auch diese entweder durch die Preusen ausnehmen ltsst oder sie selbst ausnimmt und sie ihnen pberliefert. / Erwthlt man das erste, so werden diese gefthrliche Leute sich festsetzen, und pberall Wurzel fassen, sie werden auf alle Weise die beste iunge Mannschafft an sich zu ziehen suchen, sie werden mit List und heimlicher Gewalt eine grose Anzahl wegnehmen, sie werdens an nichts fehlen lassen selbst die Soldaten Ew Durch‘ untreu zu machen. Will man mit dem General Mqllendorf auf eine gewisse Anzahl pbereinkommen, und ihnen etwa selbst pberlassen die iunge Mannschafft nach gewissen zu fertigenden Verzeichnissen aus den Aemtern auszuheben, so kan man nicht versichert seyn dass es dabey bleiben wird. Ein und der andre der es merckt wird austreten, sie werden statt dessen nach andern greifen, es werden Htndel entstehen, und sie werden davon Anlas nehmen, was man mit ihnen ausgemacht hat zu pberschreiten. Will man endlich sich entschliessen eine Auswahl selbst zu machen und ihnen die Leute auszuliefern; so ist darinn wohl fprs ganze das geringste pbel aber doch bleibt auch dieses, ein unangenehmes verhasstes 18 Preusen selbst ausnehmen 20-21 festse|t|zen 24 lassemn (m zu n durch Streichung des letzten Abstrichs)
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AMTLICHES 1
und schaamvolles Geschtfft. Und wahrscheinlich ist man mit allem diesem doch nicht am Ende des Verdrusses. Diese mit Gewalt in fremde Htnde gegebne Leute, werden in kurzem desertiren, und in ihr Vaterland zurpckkehren, die Preusen werden sie wieder fordern, im Fall sie fehlen, austreten oder sich ver/bergen, an ihrer Stelle andre wegnehmen. Diese Plage wird mit iedem Herbste wiederkommen. Wie sie sich gewiss auch nicht begnpgen werden, wenn man ihnen einmal Mannschafft stellt, mit iedem Frphiahr werden sie diese Anforderungen erneuen. Dagegen wird man von kayserlicher Seite diesen Schritt den man so sehr wider willen gethan gewiss pbel aufnehmen. Man wird sie niemals pberreden kqnnen dass man so nothgedrungen, und so ungern eine solche Entschliesung ergriffen hat. Der alte Verdacht den man gegen die sachsischen Htuser hegt, dass sie wenig Neigung fpr das Oestreichische haben, wird wieder rege werden, und es wird dem kayserlichen Hofe an Gelegenheit nicht fehlen, dem fprstlichen Haus manches unangenehme fphlen zu lassen. Das ntchste was zu befprchten steht, ist dass sie gleichfalls Werbung in den fprst‘ Landen einzulegen verlangen so dass man von beyden Seiten wird gedrtngt seyn und die oben hererzthlte Verdrpsslichkeiten doppelt, ia dreyfach auszustehen haben wird, weil dieser Theil alsdenn wohl nicht mit Schoonung verfahren mag, die man doch immer von den Preussen wenn man mit ihnen pbereinkommen wollte, zu hoffen httte. Will man nun um diesem Ubel auszuweichen die andre Seite ergreifen, und des Konigs Grpnden womit er seinen An/trag unterstpzzt kein Gehqr geben, so wprde man folgende Maasregeln zu ergreifen haben. Gegenwartig kan man stille seyn und abwarten, was der Gen. Mollendorf entweder schrifftlich oder durch einen Offizier hierher gelangen ltsst, da er auf das lezte an ihn erlassne Schreiben noch eine Antwort schuldig ist. Nach den neusten Nachrichten befindet er sich mit seinem Chor wieder in Bqhmen, der Leutnant Reinbaben ist abgegangen und der Leutnant Monteton trifft wohl vor Ende des Monats nicht wieder ein; dadurch scheint man eine kleine Frist zu gewinnen, die man ia wohl zu nuzzen hat. Zuerst wird man an Hanover, Maynz Gotha, die pbrigen Sachsischen Hqfe schreiben, und ihnen vorlegen, dass es Ew. Durch‘ bey gegenwtrtigen Umsttnden, Pflicht, Gesinnung und Wunsch sey, Ihre Lande und Unterthanen vor den Beschweerden des benachbaarten Kriegs auf das mqglichste zu schpzzen, und an denen qffentlichen Angelegenheiten keinen Theil als gesammt mit den pbrigen Sttnden des Reichs zu nehmen, Sie seyen es gewiss dass an iedem Hofe eben solche Gesinnungen 2 imn 13 Hqfbuse|r| 21 pbereinzukommen ha wollte, 24 Ffolgende 25 dund 34 iIhre 38 e6ben
FEBRUAR 1779
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herschten, und um desto mehr sey es zu bedauern, dass ohnerachtet dieser innerlichen Ubereinstimmung man sich bisher nach einem gemeinschafftlichen Plan zu handeln noch nicht habe verstehen konnen, Durch‘ seyen / iezzo durch einen Vorgang bewogen mehr als iemals ein ntheres Band mit den pbrigen Fprsten zu wpnschen und eine neue Uberlegung der so nothwendigen Vereinigung unter sich zu veranlassen, da man preusischer Seits die Werbung in Ihren Landen neuerdings verlangt habe. So wenig Sie im Falle seyen diese Fordrung wenn sie durchgesezzt werden wollte mit Nachdruck abzuweisen, so sehr wpnschten Sie durch eine Verbindung mit wohlgesinnten Mitsttnden, deren Ltnder diesen, oder thnlichen Unannehmlichkeiten ausgesezt seyen, solchen Zumutungen sich standhafft widersezzen zu konnen. Dieser Schritt kann auf ieden Fall sogleich gethan werden, man mag sich in der Haupt-Sache entschliesen zu was man will, und er wird immer eine gute, wenn auch nicht hinreichende Wprckung haben. Zu wpnschen wtr es dass andre glpckliche Umsttnde zusammen trtfen die Fprsten des Reichs aus ihrer Untttigkeit zu wecken, und sehr glpcklich wtr es wenn man durch die Noth gedrungen von hier aus zu einer geschwinderen Vereinigung beygetragen httte. Doch wird man mit der Entschliesung in der Hauptsache nicht auf die Antworten zu warten haben, weil man leider menschlicher Weise den Inhalt der eben nicht entscheidend seyn wird voraus sehen kann. Bleibt man also dabey sich dem Kqnige widersezzen zu wollen, so muss man sich vorbereiten, ehster Tage einen Werbeoffi/zier mit einem Commando, angemeldet oder unangemeldet erscheinen zu sehen, will man ihm alsdenn und dem Generale der ihn abschickt die Antwort geben: dass man ohnerachtet der koniglichen Erkltrung die Werbung nicht gestatten werde, und von dem Offizier verlangen dass er sich aus den fprst‘ Landen wegbegebe, so wird man zum Voraus wohl zu pberlegen und sich zu entschliesen haben, ob man im Weigerungs Fall ihn arretiren und aus dem Land bringen, und wie weit man mit der Gewalt wenn er sich widersezzen sollte gehen wolle. Solche Dinge die zwar schweer vorherzubestimmen sind, mpssen doch, weil sie vorausgesehen werden kqnnen, wohl pberlegt werden, weil die augenblicklichen Entschlpsse in solchen Gelegenheiten, selten die Folgen zu Rathe ziehen. Ist man also entschlossen, sich von dem ersten schwtcheren Abgeschickten auf diese Weise zu befreyen, so entsteht die neue Frage was 8-9 d66urchgesezzt 10 vVerbindung 11 ausgesezt seyen, ausgesezt seyen, solchen 21 wWeise 26-27 geben;: 29-30 pberlegen haben und 30 h--entschliesen 34 Aaugenblicklichen 36 Sschwtcheren
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AMTLICHES 2
man thun will, oder vielmehr thun muss wenn sie mit versttrckter Gewalt wiederkommen. Zwar ltsst sich mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuthen, dass die Preusen selbst es zu einem offentlichen unangenehmen Ausbruch nicht werden kommen lassen, und wenn sie Standhafftigkeit sehen, sich begnpgen in der Stille zu necken, und hier und da einigen Abbruch zu thun. Doch kan es auch seyn dass der Konig durch den gegen/wtrtigen Mangel an Leuten gedrtngt, pber die Achtung hinausgeht, die er gern zu seinem eignen Vorteil fpr die Fprsten bezeigte. Da er wohl weis dass theils alle diese Sachen wenn sie zur Sprache kommen sich beschqnigen lassen, theils auch dass solche Beschwerden unter dem Ltrm des Kriegs, und unter den pbrigen weit wichtigern, mehrere Theilnehmer angehenden Vorftllen, sich verlieren. Wtre dieses, so wprde er seinen hinaus geschafften Werber mit versttrckter Macht wieder hereinfphren, man wprde Truppen gleichsam auf Exekution hier und da einquartieren, die alsdenn auf Unkosten des Landes unterhalten werden mpssten. Bey der Unordnung die solch ein Trupp verursacht, und unter seinem Schuzze wprden alle Ubel der Werbung sich gehtuft ausbreiten, und die Rache die dazu ktme, wprde alle Mtsigung aufheben, und alle Ubereinkunft abweisen. Sie wprden alsdenn mit offenbaarer Gewalt, brauchbaare, verheurathete, angesessene Leute mit wegnehmen, man wprde den Unterthan vor Prellereyen und Bevortheilungen nicht schpzzen konnen. Was alsdenn pbrig bliebe, wtre, sich an den Reichstag zu wenden, woher man sich aber bey gegenwtrtigen Umsttnden nur eine leere Theilnehmung zu versehen httte, indess man durch die dringenden und bittren Beschweerden das gute Verhtltniss zum kqnig‘ Preusischen Hause leicht gestqrt haben kqnnte. A 2. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Weimar, 25. April 1779. Sonntag
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Durchlauchtigster Herzog, Gntdigst regierender F`rst und Herr! Ew: HochF`rst‘. Durch‘. haben mittelst gntdigsten Rescripts vom 19d Januar: des jeztlaufenden Jahres mir die Direction des hiesigen 19 aufgehtuft
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Land-Straßen-Baues, so wie solche in vorigen Zeiten HoechstDero Cammer-Praesident von Kalb pber sich gehabt und nachhero die Aufsicht pber das hiesige Stadt-Pfla/ster Bau-Wesen und der um die Stadt gehenden Promenaden zu pbertragen, huldreichst geruhet. Durch dieses in mich gesezte gntdigste Vertrauen von dem ohnbegrenztesten Eifer belebet, habe ich um den Befehlen Ew: HochF`rst‘. Durch‘. pberall die schuldigste Folge leisten zu kqnnen von dem dermaligen Bestand der Straßen-Bau-Casse erforderliche Erkundigung eingezogen, solchen aber, der aus dieser, wegen im vorigen Jahre geschehenen Bau- und Beßerungen, gegangenen Vorschpße halber, fpr dieses Jahr von sehr geringer Erheblichkeit befunden. Wegen zweckmtßiger Verwendung nur be/merckter Casse bleibenden Gelder habe ich nun, mit Zuziehung des Ingenieur- und ArtillerieHauptmanns de Castrop, diejenige Disposition, welche Ew: HochF`rst‘. Durch‘. ich hier im Anschluß unterthtnigst pberreiche, getroffen. Aus solchen wird HoechstDenenselben gehorsamst vorgetragen werden kqnnen, wie daß die Haupt- und allzusehr ins Geld gehende Reparaturen vorerst noch ausgesezt zu laßen und in diesem Jahre nur die geringere, nicht allzuviel betragende hqchstnqthige Beßerungen um deswillen vorzunehmen seyn werden, weil nach Abzug des gedachten Vorschusses und der jthrlichen ordinairen Posten das sehr / mtßige Quantum von
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1555. rthlr. 9 g‘. 11 J‘. zu Unterhaltung stmtlicher Heer- und Geleits-Straßen pbrig bleibt, mithin auf jede einzelne Straße nur ein sehr geringes verwendet werden kan. Ew: HochF`rst‘. Durch‘. hqchsten Entschliessung und huldreichster Genehmigung unterwerfe ich jedoch alles dieses in demjenigen Gehorsam, in deßen Gefolg ich nach Ablauf des Jahres schuldigst nicht verfehlen werde, eine Bilance von dem vorgenommenen Straßen-Bau- und Reparaturen, nebst einer Specification dererjenigen Stpcke, wohin die aufgegangenen Kosten verwendet / worden, nicht minder anderweites Verzeichniß von denen Land-Straßen und Brpcken, die in folgenden Jahre durch neue Beßerung in Stand zu sezen, und was nach Beschaffenheit der Umsttnde und des Cassen Etats neu zu bauen seyn mqchte, in tiefster Ehrfurcht vorzulegen. Geruhen doch pbrigens Ew: HochF`rst‘. Durch‘. die devoteste Versicherung von mir anzunehmen, daß auch bei dieser mir gntdigst pbertragenen Incumbenz HoechstDeroselben hqchstes Interesse ich pberall nach allen meinen Krtfften zu befqrdern, und dadurch diejenige ohnver-
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AMTLICHES 3
brpchlichste Treue zu bewthren, suchen / werde, mit welcher ich zu ersterben die Gnade habe. Ew: HochF`rst‘ Durch‘.
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Weimar d‘. 25. April‘. 1779.
unterthtnigst gehorsamster Joh. Wolfg. Goethe
ÆBeilageæ
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Disposition In welcher Maaße der diesjthrige Land-Straßen-Bau-Casse-Bestand, so nach Abzug des Vorschußes f 1441. rthlr. 22 g‘. 1 J‘. und der jthrlichen ordinairen Posten f 1610. rthlr. in 1555. r‘. 9 g‘. 11 J‘. bestehet, zu Unterhaltung der stmtlichen Heer-und Geleits-Straßen, welche sich in dem Fprstenthume Weimar, Fprstenthume Jena, Erfurthischen Territorio, Fprst‘. Amts-Bezircke Allstedt, und Ilmenau, befinden, exclusive der Burgauischen Geleits-Straßen, zu distribuiren und festzusezen seyn mqchte; Als
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1.) 500 r‘.
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2.) 200 r‘. –“ 3.) 350. r‘. –“
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Auf die Weimarischen inc‘. der Belvederischen Chause, Herrn Wegs nach Ettersburg, Alleen im Hqlzchen, und in- und um die Brahne des Webichts –“ Auf die Jenaischen, exclus: der Burgauischen –“ Auf die Erfurthischen Ober-Geleits-Straßen, inc‘. der Chausse vom tusersten Weimarischen Gerichte an, bis Erfurth. –“ Auf die in dem Fprst‘. Amts-Bezirck Allsttdt / –“ Auf die in dem Fprst‘. Amts Bezirck Ilmenau. –“ Beytrag zu Unterhaltung ein Schreibers. 11 J‘. Ingemein
–“ –“
4.) 200 r‘. –“ 5). 280. r‘. –“ 6.) 16. r‘. –“ 7.) 9. r‘. 9 g‘.
1555. r‘. 9 g‘. 11 J‘. Summa uts.
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Weimar, d‘. 25. April‘. 1779.
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JUNI 1779
A 3. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Weimar, 8. Juni 1779. Dienstag Unterthbnigstes Pro Memoria.
Den gntdigsten Befehl Ew. Durch‘. mich bei dem Vizeberghauptmann von Trebra um die Fthigkeiten und den bisher bezeigten Fleiss des iungen Voigts gegenwtrtig in Freiberg zu erkundigen habe sogleich unterthtnigst befolget, die Antwort des von Trebra liegt hier bei, und Ew. Durch‘. werden das weitere gntdigst zu verfpgen geruhen. Weimar den 8 Juni 1779.
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Ew Hochfurst‘ Durch‘ unterthtnigst treu gehorsamster JWGoethe
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ZWE I FE L H A FT E S
Z 1. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach ÆStedten bei Erfurt?, 17. Januar 1776? Mittwoch?æ Dem Durchlauchtigsten F`rsten und Herrn Herrn Carl August
Herzog zu Sachßen, Jplich, Cleve und Berg, auch Engern und Westphalen, Landgrafen in Thpringen, Marggrafen zu Meißen, Gefprsteter Graf zu Henneberg Graf zu der Marck und Ravensberg, Herrn zu Ravenstein p
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Meinem gntdigst regierenden Fprsten und Herrn. / Durchlauchtigster Es nahet sich Ein Btuerlein demptiglich Da ihr mit Eurem Ross und Heer Zum Schlosse thut stolziren sehr. Gebt auch mir einen gntdgen Blick Das ist schon Unterthanen Glpck Denn Haus und Hof und Freud und Leid Hab ich schon seit geraumer Zeit. Haben euch sofern auch lieb und gern Wie man eben lieb hat seinen Herrn Den man wie unsern Herr Gott nennt Und auch meistens nicht besser kennt. Geb Euch Gott allen guten Seegen, Nur lasst euch uns seyn angelegen Denn wir Bturisch treues Blut Sind doch immer euer Bestes Gut Und konnt euch mehr an uns erfreun Als am P a r c k und an Stutereyen. Dies reich ich Euch im fremden Land Bliebe euch pbrigens gern unbekanndt Zieht ein und nehmet Speiss und Krafft Im Zauberschloss in der Nachbaarschafft
12 Eur--mem 14 mitr 17 Eucseit 20 nennt (vor nennt Aufstrich von k erkennbar) 22 eEuch 30 H - -Zieht
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ZWEIFELHAFTES 2/3
Wo eine gute Fee regiert Die einen goldnen Scepter fphrt Und um sich eine kleine Welt Mit holdem Blick beysammen Htlt. Seb Simpel
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Z 2. An Henriette Louise von Oberkirch Weimar, 12. Mai 1776. Sonntag ÆDruckæ
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Je vous envoie ma C l a u d i n e , puisse-t-elle vous faire passer un moment agreable! Dans ma vie d’auteur (hors cela un triste metier), j’ai ete assez heureux pour rencontrer et apprecier beaucoup d’honndtes gens, beaucoup de belles gmes, parmi lesquelles j’aime f vous classer. Pour celles-lf particuliarement j’aime f decrire ce qui me va le plus f l’esprit et au cœur. D’apras cela, vous comprendrez que j’ecrive pour vous. Je crois aussi pouvoir vous adresser ce bout de lettre, que vous accueillerez avec indulgence. Vivez aussi heureuse qu’on puisse l’dtre avec un cœur comme le vitre, et veuillez toujours me compter parmi les plus devoues de vos serviteurs. GOETHE.
Weymar, 12. mai 1776.
Z 3. An Charlotte von Stein?
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Ilmenau, 21. Juli 1776. Sonntag
Zwischen Felsen wuchsen hier Diese Blumen die wir treu dir reichen Verwelckliche Zeichen Der ewigen Liebe zu dir. Ilmenau d‘. 21. Jul. 76.
1-2 #Wo Æ:::æ fphrt# (mit Einweisungszeichen unter dem Text, vor der Unterschrift) 3 DieUnd
Abb. 16: Brlcke in Kranichfeld (Z 4)
Abb. 17: Dornburger Schlmsser (Z 5)
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SEPTEMBER–NOVEMBER 1776
Z 4. An Jacob Michael Reinhold Lenz? Kranichfeld, 2. September 1776. Montag
ÆVgl. Faksimileæ/ Kranichfeld an deiner Brpcke. d‘ 2 Sept. 1776. Hierhergetrabt die Brust voll tiefem Wphlen Planvoller Aussicht, sehnt sich nun Mein Herz ein Weilchen auszuruhn Und wieder rein an der Natur zu fphlen Und wieder was fpr dich zu thun.
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Z 5. An Charlotte von Stein Dornburg, 16. Oktober 1776. Mittwoch
ÆVgl. Faksimileæ/ Ich bin eben nirgend geborgen Fern an die holde Saale hier Verfolgen mich manche Sorgen Und meine Liebe zu dir Dornburg 16 Okbr 76
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G. Z 6. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 22. November 1776? Freitag?æ
Der Heiligen Ctcilia an ihrem Tage.
4 ZAussicht 4 meinsich 6 was rein
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ZWEIFELHAFTES 7
Z 7. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 1778?æ
Est amor circulus a bono in bonum semper revolutus Plato in Convivio
1 a (nach a Aufstrich von b erkennbar)
A N H AN G
Verzeichnis der Adressaten Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Briefe. Die Angabe „K“ verweist auf „Konzepte“, „EB“ auf „Erschlossene Briefe“, „A“ auf „Amtliches“ und „Z“ auf „Zweifelhaftes“. Die Briefnummern sind mit * versehen, wenn der Adressat unsicher ist. Abramson, Herr EB 103 Anhalt-Dessau, Leopold III. Friedrich Franz von EB 217 Baumgarten s. Peter im Baumgarten Bause, Johann Friedrich EB 142 Beaulieu-Marconnay, Wilhelmine von 490; 490K Bechtolsheim, Johann Ludwig von s. Mauchenheim, Johann Ludwig Freiherr von Bechtolsheim, Julie Auguste Christiane von s. Mauchenheim, Julie Auguste Christiane von Becker, Wilhelm Gottlieb EB 66 Behrisch, Ernst Wolfgang EB 221, EB 225 Beilschmidt, Johann Heinrich EB 202 Bentheim, Johann Georg von EB 259* Bertuch, Friedrich Justin 200, 215, 457, 460, 549, 551, 561; EB 125 „Beutler“ EB 226 Bode, Johann Joachim Christoph EB 182 Bqlling, Johann Caspar (s. auch Goethe, Catharina Elisabeth und Johanna Fahlmer) EB 2, EB 58, EB 83, EB 121, EB 134, EB 138, EB 152, EB 169, EB 191, EB 195 Bohl, Johann Georg EB 167*, EB 201*, EB 245* Boie, Heinrich Christian EB 104 Braunschweig-Wolfenbpttel, Friedrich August Prinz von EB 97
Brinkmann, Herr EB 12 Bprger, Gottfried August 37, 52, 60, 338, 348 Burkhardt, Johann Rudolf EB 270 Castrop, Jean Antoine de 458, 492 Catharin, Anton von EB 206, EB 208 „Cramer“ EB 87 Cramer s. Flick und Cramer Dalberg, Carl Theodor von 516; EB 239, EB 255 Dalberg, Wolfgang Heribert von 504 Delph, Helene Dorothea EB 7, EB 44 Dessauer Gtrtner EB 131 Diete, Herr EB 244 Eggling s. Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin Ehlers, Martin EB 52 Einsiedel, Friedrich Hildebrand von 124, 130, 131, 165, 191, 192, 195, 393, 395, 397, 552 Ekhof, Hans Conrad Dietrich EB 192 Erdmannsdorff, Friedrich Wilhelm von EB 126*, EB 139* Fahlmer, Johanna (s. auch Schlosser, Johanna sowie Goethe, Catharina Elisabeth, Johanna Fahlmer und Johann Caspar Bqlling) 4, 15, 43, 46, 55, 62, 79, 222, 237, 305; EB 15, EB 57 Felgenhauer, Charlotte Juliane von 447
452
Verzeichnis der Adressaten
Feulner, Herr EB 33 Flick und Cramer EB 213 Focke, Johann Anton EB 170 Fritsch, Jacob Friedrich von 148, 149, 216, 275, 285, 287, 409, 463, 553 Fuchs, Matthias und den Kirchenvorstand der deutschen reformierten Gemeinde in Frankfurt a. M. 3 Georg, Herr EB 3 Giannini, Wilhelmine Eleonore Elisabeth Grtfin von 445 Gille, Georg Heinrich EB 232* Gqchhausen, Louise von 442 Goethe, Catharina Elisabeth (s. auch Goethe, Catharina Elisabeth, Johanna Fahlmer und Johann Caspar Bqlling sowie Goethe, Catharina und Unbekannt) 276, 306, 519, 520; EB 10, EB 22, EB 28, EB 30, EB 38, EB 53, EB 63, EB 64, EB 67, EB 68, EB 72, EB 82, EB 85, EB 86, EB 93, EB 96, EB 99, EB 110, EB 115, EB 123, EB 127, EB 133, EB 137, EB 140, EB 143, EB 149, EB 150, EB 158, EB 172, EB 175, EB 181, EB 193, EB 218, EB 222, EB 236, EB 240, EB 256, EB 261, EB 273 Goethe, Catharina Elisabeth, Johanna Fahlmer und Johann Caspar Bqlling 183 Goethe, Catharina Elisabeth und Unbekannt EB 32, EB 114 Goethe, Johann Caspar EB 1, EB 9, EB 11, EB 14, EB 16, EB 17, EB 18, EB 19, EB 23, EB 25, EB 29, EB 40, EB 45,
EB 59, EB 77, EB 84, EB 92, EB 153, EB 164 Gotter, Friedrich Wilhelm EB 24, EB 39, EB 46 Gottrau de Billens, Tobie de EB 271 Haffner, Joachim Christoph von 334* Hempel, Caroline Louise 167 Hendrich, Amalia von 439 Herberg, Frau EB 54 Herda, Carl Christian von 522; EB 265 Herder, Johann Gottfried 6, 10, 12, 17, 20, 29, 47, 108, 138, 143, 151, 189, 450; EB 60, EB 62, EB 105, EB 274 Herzog, Johann Adolph EB 223* Hpllsberg, Herr EB 4 Ilten, Caroline von 433 Isenflamm, Christian Bernhard von 334* Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin (Flachsspinnerei) EB 262 Kalb, Augusta Eleonore von 429 Kalb, Sophia Friederike von 437 Kalckofen, Johann Daniel EB 267* Kalckofen, Christoph Theodor EB 267* Karsch, Anna Louisa 168, 361; EB 36 Kaufmann, Christoph EB 122 Kayser, Philipp Christoph 155, 560; EB 61 Kestner, Charlotte s. Kestner, Johann Christian und Charlotte Kestner, Johann Christian (s. auch Kestner, Johann Christian und Charlotte) 290, 325; EB 183 Kestner, Johann Christian und Charlotte 142
Verzeichnis der Adressaten
Kirchenvorstand der deutschen reformierten Gemeinde in Frankfurt a. M. s. Fuchs, Matthias Klauer, Martin Gottlieb EB 252, EB 257 Klinger, Friedrich Maximilian EB 5, EB 69, EB 78, EB 106 Klipfel, Carl Jacob Christian EB 253* Klippstein, Johann Dietrich EB 242* Klopstock, Friedrich Gottlieb 112 Knebel, Carl Ludwig von 5, 120, 323, 417, 470, 476, 477, 554 Kopp, Ernst Carl EB 135* Krafft, Johann Friedrich 410, 413, 416, 419, 452, 481, 499, 508, 510, 515, 517, 528 Kpmmelmann, Johann Georg EB 165 Lavater, Johann Caspar 7, 11, 26, 48, 49, 56, 160, 170, 210, 220, 224, 228, 281, 535, 539, 542, 545, 547, 557; EB 55, EB 117, EB 129, EB 130, EB 132, EB 151, EB 196, EB 233 Lenz, Jacob Michael Reinhold 136; EB 31; Z 4* Lichtenberg, Sophie Marie Caroline von 449 Lindau, Heinrich Julius von 19; EB 47, EB 56 Lindau, Wilhelmine Henriette von EB 194 Ludecus, Johann August 357 Mauchenheim gen. Bechtolsheim, Johann Ludwig von 186; EB 141, EB 147 Mauchenheim gen. Bechtolsheim, Julie Auguste Christiane von EB 148, EB 168, EB 224
453
Merck, Johann Heinrich 16, 27, 58, 146, 171, 188, 207, 292, 298, 320, 336, 388, 540; EB 41, EB 79, EB 145, EB 156, EB 157, EB 161, EB 163, EB 171, EB 179, EB 187, EB 258 Mpller, Anna Friederika Carolina 441 Mpller, Friedrich 383 Nostiz, Johanna Luitgarde von 436 Oberkirch, Henriette Louise von Z2 Oertel, Johanna Carolina von 446 Oeser, Adam Friedrich 77, 208, 372; EB 214 Oeser, Friederike 373; EB 235 Oettelt, Carl Christoph EB 227, EB 243 Oppel, Eleonore Wilhelmine Luise von 443* Orville, Jean George d’ EB 8, EB 48 Otto, Johann Friedrich Gottlob EB 136 Passavant, Jacob Ludwig EB 73, EB 94, EB 128 Peter im Baumgarten EB 205, EB 215, EB 237 Pflug, Christoph Gottlieb EB 162, EB 184 Plessing, Friedrich Victor Leberecht EB 173, EB 188, EB 212* Poulet, Samuel von EB 216* Ranis, Friedemann Christian Daniel EB 159*, EB 166* Rathsamhausen, Carolina Philippina von EB 13* Rehsen s. Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin Reich, Philipp Erasmus 1, 13, 21, 59, 90, 105, 175, 179, 190, 203, 211, 230, 235, 247, 251, 255,
454
Verzeichnis der Adressaten
307, 313, 337, 369; EB 20, EB 42, EB 51, EB 65, EB 107, EB 112, EB 118, EB 174, EB 177, EB 185, EB 186, EB 189, EB 197, EB 198, EB 199, EB 200, EB 203, EB 204 Reinbaben, Sophie Bernhardine Friederike von 440* Reuss zu Ebersdorf, Heinrich XXVI. Graf 330 Riese, Johann Jacob EB 34* Rost, Carl Christian Heinrich EB 238* Sachsen-Weimar und Eisenach, Carl August Herzog von 8, 9, 70, 72, 98, 295*, 474; EB 272; A 1, A 2, A 3; Z 1 Sachsen-Weimar und Eisenach, Louise Herzogin von 434 Salis-Marschlins, Carl Ulysses von 491 Schenck, Johann Gottlob EB 6*, EB 100*, EB 231* Schenck, Johann Heinrich Christoph EB 6*, EB 100*, EB 231* Schenk, Herr EB 234 Schlosser, Cornelia EB 27, EB 70, EB 74, EB 120 Schlosser, Hieronymus Peter EB 108 Schlosser, Johann Georg EB 269 Schlosser, Johanna, geb. Fahlmer (s. auch Goethe, Catharina Elisabeth, Johanna Fahlmer und Johann Caspar Bqlling) 548 Schnauß, Christian Friedrich 537 Scholley, Carl Ludwig August von 489; 489K; EB 228, EB 246, EB 251, EB 266, EB 268* Schrqder, Friedrich Ludwig EB 49 Schrqter, Corona 435; EB 102
Schulthess, Barbara EB 75 Schwinzinski, Anton EB 180 Seidel, Herr F. EB 263 Seidel, Philipp 362, 468, 472; EB 219 Staff, August Wilhelm Ferdinand von EB 229* Stein, Charlotte von 18, 22, 23, 24, 25, 28, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 38, 39, 41, 42, 44, 45, 50, 51, 53, 54, 61, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 71, 73, 74, 75, 76, 80, 81, 82, 85, 86, 88, 89, 91, 92, 93, 94, 95, 97, 99, 100, 102, 106, 107, 109, 110, 111, 113, 115, 116, 117, 118, 119, 121, 122, 123, 125, 126, 127, 128, 129, 132, 133, 134, 135, 137, 139, 140, 144, 145, 147, 150, 152, 153, 154, 156, 157, 158, 159, 162, 163, 164, 166, 169, 172, 173, 174, 176, 177, 178, 180, 181, 182, 184, 185, 187, 193, 194, 196, 197, 198, 199, 201, 202, 204, 205, 206, 209, 212, 213, 214, 217, 218, 219, 221, 223, 225, 226, 227, 229, 231, 232, 233, 234, 236, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245, 246, 248, 249, 250, 252, 253, 254, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 268, 269, 270, 271, 272, 273, 274, 277, 278, 280, 282, 283, 284, 286, 288, 289, 291, 293, 294, 296, 297, 299, 300, 301, 302, 303, 304, 308, 309, 310, 311, 312, 314, 315, 316, 317, 318, 319, 321, 322, 324, 326, 327, 328, 329, 331, 332, 333, 335, 339, 340, 341, 343, 344, 345, 346, 347, 349, 350, 351, 352,
Verzeichnis der Adressaten
353, 354, 355, 356, 358, 359, 360, 363, 364, 365, 366, 367, 368, 370, 371, 374, 375, 376, 377, 378, 379, 380, 381, 382, 384, 385, 386, 387, 389, 390, 391, 392, 394, 396, 398, 399, 400, 401, 402, 403, 404, 405, 406, 407, 408, 411, 412, 414, 415, 418, 420, 421, 422, 423, 424, 425, 426, 427, 428, 451, 453, 454, 455, 456, 459, 461, 462, 464, 465, 466, 467, 469, 471, 473, 475, 478, 479, 480, 482, 483, 484, 485, 486, 487, 488, 493, 494, 495, 496, 497, 498, 500, 501, 502, 505, 506, 507, 509, 511, 512, 513, 514, 518, 521, 523, 524, 525, 526, 527, 529, 530, 533, 534, 536, 538, 541, 543, 544, 546, 550, 555, 558, 559; EB 21, EB 176, EB 207; Z 3*, Z 5, Z 6, Z 7 Stein, Josias von 503*, 531, 532, 556 Stein, Gottlobe Sophie Charlotte von 430 Steinauer, Christian Wilhelm 83, 87, 96, 101, 103, 141; EB 71, EB 76, EB 80, EB 81, EB 88, EB 90, EB 98, EB 101, EB 109, EB 113, EB 119 Stolberg-Stolberg, Augusta Louise Grtfin zu 2, 40, 78, 104, 114, 161, 279, 342 Stolberg-Stolberg, Friedrich Leopold Graf zu EB 116 Streiber, Johann Lorenz EB 230*, EB 247
455
Thqldenitz, Justinianus von EB 111 Trebra, Friedrich Wilhelm Heinrich von EB 250 Tripplin, Friedrich Christian EB 249* Unbekannt EB 26, EB 35, EB 43, EB 50, EB 89, EB 91, EB 95, EB 144, EB 154, EB 209, EB 210, EB 211, EB 220, EB 241, EB 248, EB 260, EB 264 Unbekannt und Catharina Elisabeth Goethe s. Goethe, Catharina Elisabeth und Unbekannt Volgstedt, Elisabeth Caroline von 438* Volgstedt, Friederike von 438* Wagner, Johann Conrad EB 160* Waldner von Freundstein, Louise Adelaide 431 Walter, Herr EB 37 Wartensleben, Isabella Grtfin von EB 124 Weber, Gottlob Theodor EB 178* Werthern-Beichlingen, Emilie von 432 Wieland, Christoph Martin 84 Witzel, Johann Friedrich EB 155* Witzleben, Martha Eleonore von 444 Woellwarth, Johanna Marianne Henriette von 448 Wolf, Johann Adam EB 254* Zimmermann, Johann Georg 14, 57; EB 190 Zingg, Adrian EB 146
Verzeichnis der Faksimiles Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6 Abb. 7 Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10 Abb. 11 Abb. 12 Abb. 13
Abb. 14
Goethe an Charlotte von Stein, Æ3. Februar? 1776æ (Nr 39), Vs.; Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe an Herzog Carl August, 25. Mtrz 1776 (Nr 70), Vs.; Thpringisches Hauptstaatsarchiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . Goethe: Blick auf den Gutshof in Frohndorf, Bleistiftzeichnung (Beilage zu Nr 121); Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe: Dampfende Ttler bei Ilmenau, Bleistiftzeichnung, Tuschlavierung (Beilage zu Nr 145); Goethe-Nationalmuseum Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe: Stptzerbacher Grund, Bleistiftzeichnung, Tuschlavierung (Beilage 1 zu Nr 152); Goethe-Nationalmuseum Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe: Hqhle am Hermannstein, Kreidezeichnung, Tuschlavierung (Beilage 2 zu Nr 152); Goethe-Nationalmuseum Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe an Charlotte von Stein, Æ16. Juni 1777æ (Nr 274), S. 1; Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . Peter im Baumgarten an Johann Caspar Lavater, Æ14. August 1777æ (Nr 281), S. 1; Universitttsbibliothek Leipzig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., S. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe an Johann Caspar Lavater, Æ14. August 1777æ (Nr 281), S. 3; Universitttsbibliothek Leipzig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe: Manebacher Grund, Bleistiftzeichnung, grau laviert (Beilage zu Nr 284); Goethe-Nationalmuseum Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe an Charlotte von Stein, 6. ÆSeptember 1777æ (Nr 286), S. 1; Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe an Charlotte von Stein, Æzwischen Oktober/November 1777 und Ende Januar 1778?æ (Nr 326), S. 2; Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., S. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28 46 73 89 95 96 150 156 157 158 162 163
192 193
458 Abb. 15 Abb. 16 Abb. 17
Verzeichnis der Faksimiles
Goethe: Speyer von jenseits des Rheins gesehen, Bleistiftzeichnung, Tuschlavierung (Nr 534); Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe: Brpcke in Kranichfeld, Bleistiftzeichnung (Z 4); Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe: Dornburger Schlqsser, Bleistiftzeichnung, Tuschlavierung (Z 5); Goethe-Nationalmuseum Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
300 445 446
Inhalt Verzeichnis der Briefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schriftarten, Siglen und Zeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V XXXV
Briefe 8. November 1775 – Ende 1779 Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erschlossene Briefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Amtliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweifelhaftes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 369 375 431 441
Anhang Verzeichnis der Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Faksimiles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
451 457
Johann Wolfgang Goethe Briefe Historisch-kritische Ausgabe
Johann Wolfgang Goethe Briefe Historisch-kritische Ausgabe Im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar Goethe- und Schiller-Archiv herausgegeben von Georg Kurscheidt, Norbert Oellers und Elke Richter
Johann Wolfgang Goethe Briefe Band 3 II A 8. November 1775 – Ende 1777 Kommentar
Herausgegeben von Georg Kurscheidt und Elke Richter unter Mitarbeit von Gerhard Msller und Bettina Zschiedrich
De Gruyter
Dieser Band wurde von der Richard und Effi Biedrzynski-Stiftung geftrdert. Redaktion: Wolfgang Ritschel
Zitiertitel: GB 3 II
ISBN 978-3-05-006504-5 eISBN 978-3-11-034219-2 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet sber http://dnb.dnb.de abrufbar. # 2014 Akademie Verlag GmbH, Berlin Ein Unternehmen der De Gruyter GmbH, Berlin/Boston Gestaltung der Einbwnde und Schutzumschlwge: deblik, Berlin Gesamtherstellung: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza ♾ Gedruckt auf swurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Zu diesem Band Der vorliegende Band umfasst Goethes Briefe aus den ersten vier Weimarer Jahren nach dem Weggang aus Frankfurt a. M. Er enth|lt 561 Briefe an 65 Adressaten; in zwei F|llen kommen zwei unterschiedliche Adressaten in Frage (vgl. Nr 334 und 438). Die Briefe stammen aus dem Zeitraum vom 8. November 1775 bis Ende 1779. Hinzu kommen die Konzepte zu den Briefen Nr 489 und 490. Da die Ausfertigung dieser Briefe nicht tberliefert ist, werden sie nach einer Abschrift wiedergegeben, die sich vermutlich auf die Ausfertigung stttzt. Die Konzepte werden im Textband unter den Nummern 489K und 490K im Anschluss an den letzten Brief des Bandes abgedruckt. Die im Konzept selbst vorgenommenen Korrekturen werden in Form einer integrierten Variantendarstellung kenntlich gemacht. Nachgewiesen werden außerdem 273 erschlossene Briefe an tber 100 Adressaten, von denen nur ein Viertel mit den Adressaten der tberlieferten Briefe identisch ist. Da nur Einzelbriefe aufgenommen wurden, die sich quellenm|ßig belegen lassen, nicht aber Briefe und Briefgruppen, auf deren Existenz es nur allgemeine Hinweise gibt, ist anzunehmen, dass die Zahl der nicht tberlieferten Briefe huher liegt, ebenso die Zahl der Adressaten (vgl. die Vorbemerkungen zu den erschlossenen Briefen, GB 1 I, 257 und GB 2 I, 227.) – Im Anhang „Amtliches“ finden sich drei Briefe an Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach (tber deren Aufnahme vgl. die „Editionsgrunds|tze“ im vorliegenden Band, S. XVII). Die beiden Schreiben an Jean Antoine de Castrop (Nr 458 und 492) sowie einer der Briefe an Friedrich Justin Bertuch (Nr 460) weisen zwar gleichfalls amtlichen Charakter auf, doch da sie inhaltlich stark mit den im selben Zeitraum entstandenen Briefen Goethes verschr|nkt sind und Goethe damals zu beiden Adressaten in einem privat-freundschaftlichen Verh|ltnis stand, wurden sie Goethes persunlicher Korrespondenz zugeordnet. S|mtliche Briefe an Jacob Friedrich von Fritsch, Goethes Amtskollegen im Geheimen Consilium, sind nicht im Hauptstaatsarchiv und damit in den herzoglichen Aktenbest|nden, sondern tberwiegend im GSA sowie in einem Fall (Nr 553) im ehemals privaten Archiv des Ritterguts Seerhausen tberliefert. Sie werden daher gleichfalls als Privatbriefe behandelt. – Den Abschluss bildet der Abschnitt „Zweifelhaftes“ mit sieben Texten, deren Briefcharakter unsicher ist. Den 561 tberlieferten Briefen Goethes stehen lediglich 56 tberlieferte Briefe an ihn gegentber (vgl. RA 1, 63–76, Nr 56–105 sowie RA Erg|nzungsbd
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Zu diesem Band
zu den B|nden 1–5, Nr 58a+, 73a+, 88a+, 93a+, 93b+ und 94a+). Dieses Missverh|ltnis kommt dadurch zustande, dass Goethe mehrfach ,Autodafs‘ seiner frthen Werke abhielt und dabei auch die meisten der bis 1779 eingegangenen Briefe vernichtete (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 4). 14 Bezugs- und Antwortbriefe werden in den Erl|uterungen (meist) vollst|ndig abgedruckt und kommentiert (vgl. das Verzeichnis von Briefen und Dokumenten Dritter), alle tbrigen Briefe an Goethe werden nachgewiesen und ftr die Kommentierung herangezogen. Erg|nzend zu Goethes Briefen aus der Zeit seiner mit dem Weimarer Herzog unternommenen zweiten Schweizer Reise (Nr 530–560) werden unter den „Dokumenten“ im Anhang die Reisebriefe Carl Augusts an Jacob Friedrich von Fritsch erstmals nach der Handschrift gedruckt und erl|utert. In den „Nachtr|gen“ zum Kommentar werden zwei Briefe Goethes, die in GB 2 I nach einer Abschrift bzw. dem Erstdruck wiedergegeben werden mussten, erstmals nach der Handschrift der Ausfertigung mitgeteilt. 25 Briefe Goethes aus dem Zeitraum des vorliegenden Bandes sind in der Weimarer Ausgabe (WA) nicht enthalten (Nr 203, 255, 362, 369, 429– 441, 443–450, Z 6). Darunter befinden sich 21 poetische Neujahrsgrtße zum 1. Januar 1779 in Gedichtform (Nr 429–441, 443–450), die als Briefe verstanden werden, weil sie adressiert, datiert und zugestellt wurden (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429). hnlich verh|lt es sich mit 15 Texten, die in der WA lediglich unter die Gedichte aufgenommen wurden (Nr 42, 82, 145, 181, 326, 351, 407, 426, 428, 442, 496, 498, Z 3, Z 4, Z 5). In zehn F|llen werden Briefe, die in der WA als separate Einzelbriefe gedruckt wurden, als geschlossene Briefe dargeboten (Nr 144, 218, 278, 309, 311, 312, 489, 538, 543, 550); in einem Fall verh|lt es sich umgekehrt: Nr 8 und 9 werden als separate Einzelbriefe gedruckt. Ftr sieben Briefe konnten die Namen der Adressaten korrigiert oder erg|nzt werden (Nr 3, 215, 295, 334, 503, 561, Z 4). Von den Briefen (unter Einschluss von „Amtlichem“ und „Zweifelhaftem“) ist knapp ein Drittel unvollst|ndig oder nicht datiert. Etwa die H|lfte der in der WA oder anderen Ausgaben vorgenommenen Datierungen dieser Briefe wurde korrigiert oder pr|zisiert, wobei die Neudatierungen zum Teil erheblich von den bisherigen Datierungen abweichen (vgl. z. B. Nr 25, 45, 53, 76, 92, 139, 163, 165, 189, 292, 298, 505). Viele Briefe, vor allem solche an Charlotte von Stein, wurden erstmals datiert. Im Vergleich zu den
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bisherigen Ausgaben bietet die vorliegende Edition damit eine weitgehend neue Anordnung der Briefe Goethes aus den ersten vier Weimarer Jahren. 13 Briefe mussten nach einem Druck, sieben nach einer Abschrift von fremder Hand und zwei nach einem Konzept wiedergegeben werden. In allen anderen F|llen ist die Handschrift der Ausfertigung Textgrundlage. Im Vergleich zur WA konnte damit die Zahl der Briefe, die nach Drucken oder Abschriften dargeboten werden, von tber 40 um etwa die H|lfte vermindert und nach der Handschrift selbst gedruckt werden. Nicht bertcksichtigt sind dabei die 21 nach einem Konzept wiedergegebenen Neujahrsgrtße zum 1. Januar 1779 (Nr 429–450), die in der WA nicht enthalten sind. Die Handschriften der Ausfertigungen von Goethes Briefen befinden sich an 17 verschiedenen Standorten. ber 400 Briefe (70 Prozent) verwahrt das Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar, 44 die Universit|tsbibliothek Leipzig, 18 die Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), jeweils zehn das Freie Deutsche Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum und das Goethe-Museum Dtsseldorf, neun das Thtringer Hauptstaatsarchiv Weimar, vier das Goethe-Nationalmuseum Weimar, jeweils zwei die Bayerische Staatsbibliothek Mtnchen und die Houghton Library of Harvard University, Cambridge (Mass./USA), jeweils einen das Merck-Archiv in Darmstadt, die Veste Coburg, die Universit|tsbibliothek der Humboldt-Universit|t zu Berlin, das Staatsarchiv Leipzig sowie einige Institutionen in den USA: die Princeton University Library (New Jersey), die Bancroft Library in der University of California, Berkeley, die William A. Speck Collection of Goetheana der Yale University Library/Beinecke Rare Book and Manuscript Library, New Haven (Connecticut) sowie die Collection of the Heineman-Foundation in der Pierpont Morgan Library, New York. 16 Briefe sind in Privatbesitz. Von den insgesamt 24 Konzepten, die als Textgrundlage dienten, befinden sich 23 im Goethe- und Schiller-Archiv und eins in der Universit|tsbibliothek Leipzig. Von den ftr die Textkonstitution benutzten sieben Abschriften liegen drei in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar, zwei im Staatsarchiv Graubtnden und jeweils eine im Goethe- und Schiller-Archiv und in der Bayerischen Staatsbibliothek Mtnchen. Maßgebend ftr die Textkonstitution ist das Verst|ndnis der Briefe als persunliche Dokumente, die ihre Adressaten in exakt der |ußeren Gestalt erreichten, in der sie von Goethe abgesandt worden sind. Daraus folgt, keinerlei Eingriffe in den Text (Lautstand, Orthographie, Interpunktion) vorzunehmen, ebenso wenig Vereinheitlichungen, Gl|ttungen und Emendationen, wie es noch zu
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den editorischen Gepflogenheiten der WA gehurte. In den Briefen des jungen Goethe (GB 1 und 2) betraf dies insbesondere die uneinheitliche Groß- und Kleinschreibung von Substantiven und Eigennamen, die in frtheren Ausgaben vereinheitlicht oder sogar als Fltchtigkeitsfehler ,verbessert‘ wurden. Ftr die ersten Weimarer Jahre Goethes ist demgegentber eine Tendenz zu st|rkerer Normierung der Schreibung festzustellen. Dies betrifft vor allem die Großschreibung am Beginn eines neuen Absatzes und am Satzanfang wie auch die Schreibung von Eigennamen und Substantiven. In F|llen, in denen Groß- und Kleinschreibung nicht sicher zu unterscheiden sind (z. B. bei d/D, t/T, h/H), wird daher nach dem orthographisch blichen sowie dem handschriftlichen Kontext entschieden. Bei echten Schreibversehen erfolgt eine Berichtigung ausschließlich im Kommentar. Streichungen und Korrekturen werden als Bestandteile des Textes betrachtet und daher nicht von diesem getrennt in einem gesonderten Apparat im Kommentarband, sondern als Autorvarianten im Textband mitgeteilt. Der Dokumentcharakter eines Briefes verlangt schließlich auch die Bertcksichtigung der Beilagen. Sind diese integraler Bestandteil des Brieftextes und stehen zu diesem in einem unmittelbaren inhaltlichen Bezug, erscheinen sie im Textband. Beilagen, die keinen unmittelbaren inhaltlichen Bezug zum Brieftext aufweisen, werden im Kommentarband vollst|ndig abgedruckt, wenn es Art und Umfang der Beilagen zulassen. In allen anderen F|llen werden sie ebenso wie die nicht tberlieferten Beilagen lediglich verzeichnet. Die Texte der Briefe, die von Goethe und noch einem weiteren Absender stammen (Nr 2, 7, 16, 139, 140, 180, 197, 281, 370, 531) werden vollst|ndig wiedergegeben; zur visuellen Unterscheidung erscheint der nicht von Goethe stammende Text in Petitdruck. Am Beginn seines ersten Weimarer Jahrzehnts befand sich Goethe in einer Krisen- und Umbruchsituation. Sein Aufenthalt in der sachsen-weimarischen Residenz war zun|chst nur als Besuch geplant. Auf Betreiben des jungen Herzogs Carl August und mit Unterstttzung der Herzoginmutter Anna Amalia wurde Goethe jedoch bereits im Sommer 1776 in das Geheime Consilium berufen, die huchste Behurde des Herzogtums. Damit begann Goethes amtliche T|tigkeit, die bis Ende 1779 mehr und mehr an Umfang gewann. Zu seinen Aufgabenbereichen gehurten u. a. der Berg- und Wegebau sowie die Kriegskommission. Infolgedessen erweiterte sich auch das thematische Spektrum von Goethes privater Korrespondenz, wenngleich darin Amtliches meist nur vermittelt zur Sprache kommt. Weimar wurde insbesondere nach dem
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Einzug in das Gartenhaus am Stern zu Goethes Lebensmittelpunkt, gleichwohl unternahm er als herzoglicher Beamter wie auch als Privatperson h|ufig ausgedehnte Reisen nicht nur durch das Herzogtum Sachsen-Weimar und Eisenach, sondern auch in benachbarte Herzogttmer, ebenso in das Kurftrstentum Sachsen, nach Preußen, in den Harz und von September 1779 bis zum Januar 1780 tber Kassel, Frankfurt a. M. und Stddeutschland in die Schweiz. Die oft tagebuchartigen ,Reisebriefe‘, die etwa ein Drittel des Bandes ausmachen, geben nicht nur Auskunft tber Reiseverlauf, Erlebnisse und Begegnungen, sondern spiegeln auch Goethes Empfindungen wider, weil seine Reisen h|ufig der Selbstvergewisserung dienten und einen Prozess der inneren Kl|rung in Gang setzten. Von allen Briefen, die Goethe von 1775 bis 1779 geschrieben hat, gelten nur wenige alten Freunden wie Lavater, Merck oder Johanna Fahlmer. Fast ganz zum Erliegen gekommen ist der Briefwechsel mit Johann Christian und Charlotte Kestner. Auch an Augusta zu Stolberg, die 1775 zu den bevorzugten Briefpartnerinnen Goethes gehurt hatte, schreibt er ab 1776 kaum noch, dagegen um so h|ufiger und intensiver an Charlotte von Stein. Von den insgesamt 561 tberlieferten Briefen Goethes aus der Zeit zwischen November 1775 und Ende 1779 sind 346 Briefe an sie gerichtet. Darin entfaltet sich Goethes wichtigste persunliche Beziehung des ersten Weimarer Jahrzehnts. Die berlieferungslage dieser Briefe wie auch ihre Editionsgeschichte bedtrfen tbergreifender Erl|uterungen, die tber die sonst tblichen Angaben vor dem jeweils ersten Brief an einen Adressaten hinausgehen. Goethes Korrespondenz mit Charlotte von Stein Zur Entstehung der gebundenen Brief-Konvolute Der grußte Teil der insgesamt mehr als 1770 Briefe Goethes an Charlotte von Stein aus den Jahren 1776 bis 1826 ist in sieben gebundenen Foliob|nden tberliefert (im Einzelnen vgl. die Vorbemerkung zur Gesamttberlieferung in Nr 18). Diese befanden sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts im Besitz ihrer Nachkommen. In den B|nden nicht enthalten sind die Briefe aus Italien (September 1786–Juni 1788), die sich Goethe als Material ftr die „Itali|nische Reise“ von der Empf|ngerin zurtckerbeten hatte (vgl. GB 7 II, VII). Sie waren bereits 1885 aus dem Nachlass des Dichters ins Goethe-Archiv (seit 1889 Goethe- und Schiller-Archiv) gelangt. Die bei ihr verbliebenen Briefe
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vermachte Charlotte von Stein ihrem jtngsten Sohn Friedrich von Stein, der sie 1842 an seinen Neffen Karl von Stein und dessen Frau Louise weitergab. Auf diese geht die Anlage der gebundenen Konvolute zurtck, wie der Dankbrief Karl von Steins vom 30. Oktober 1842 an seinen Onkel belegt: „Deine Briefe vom 15. d. M. und der mit den Goetheschen Briefen sind richtig in meine H|nde gekommen Æ:::æ. Zur bessern Conservation habe ich vor, einige gut gebundene Btcher mit weißen Bl|ttern anfertigen zu lassen, und werde dann auf jedes Blatt nur eines der kleinen Briefchen dergestalt befestigen, daß solches beim ktnftigen Lesen nicht berthrt zu werden braucht.“ (Briefe an Fritz von Stein, 291.) Schon am 5. Februar 1843 konnte Karls Frau Louise von Stein, eine enthusiastische Verehrerin Goethes und eine der ersten nicht unmittelbar zur Familie gehurenden Leserinnen der Briefe, Friedrich von Stein berichten: „Mein Mann und ich sind besch|ftigt, die Briefe, die, so wie sie jetzt geheftet sind, durch ufteres Lesen und Erfassen sehr leiden wtrden, auf weiße Bogen zu kleben, wo sie dann in Btcher gelegt und bestens verwahrt werden sollen Æ:::æ.“ (Ebd., 292.) Demnach befanden sich die Briefe schon vor der Aufnahme in die Foliob|nde in chronologisch geordneten, gehefteten Faszikeln (vgl. auch Petersen, Goethe-Stein 1, 552). Auf frthere Ordnungsversuche deuten die Nummern auf den Handschriften, zumeist tber dem Brieftext oben rechts mit Tinte geschrieben und z. T. korrigiert. Sie stimmen nicht immer mit der Bleistiftnummerierung auf den Tr|gerbl|ttern tberein (vgl. die Vorbemerkung zur Gesamttberlieferung in Nr 18). Wahrscheinlich wurde also – entgegen der Anktndigung Louise von Steins – auch die von Friedrich von Stein tbernommene Anordnung der Briefe bei der Anlage der B|nde leicht revidiert. Insgesamt kann aber vermutet werden, dass zwar die Reihenfolge innerhalb eines Jahrgangs im Laufe der Zeit absichtlichen und unabsichtlichen Ver|nderungen unterworfen war, der Bestand der einzelnen Jahrg|nge aber ein verh|ltnism|ßig alter ist, der wahrscheinlich auf die Empf|ngerin selbst zurtckgeht. Der letzte private Besitzer der Briefe, Felix von Stein, der auf Schloss Großkochberg lebende Sohn Karl und Louise von Steins und Urenkel Charlotte von Steins, deponierte die B|nde gegen Ende seines Lebens als kostbarsten Familienbesitz im Großherzoglichen Archiv zu Weimar. Nach seinem Tod im Jahr 1891 grtndete sich eine Interessengemeinschaft zum Erwerb der Autographen, zu der fthrende Mitglieder der Goethe-Gesellschaft gehurten, darunter Eduard Simson und Erich Schmidt, der erste Direktor des Goethe- und Schiller-Archivs, ebenso der Schriftsteller Ernst von Wildenbruch, der Verleger Julius Ro-
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denberg und vermugende Privatleute. Sie konnten die B|nde schließlich ftr 75 000 Reichsmark erwerben. Ihre bergabe an die Großherzogin Sophie von Sachsen-Weimar-Eisenach und damit an das Goethe- und Schiller-Archiv erfolgte zur Einweihung des Archivgeb|udes im Juni 1896. Zur Editionsgeschichte Vor allem Louise von Stein zog schon kurz nach der bernahme der Briefe Goethes an Charlotte von Stein in ihre und ihres Mannes Obhut zumindest eine private Publikation in Erw|gung. Am 5. Februar 1843 fragte sie bei Friedrich von Stein an, ob er gestatten wtrde, zumindest „einzelne Briefchen, in denen seines ÆGoethesæ Verh|ltnisses zu Deiner Mutter gar nicht Erw|hnung geschieht, abzuschreiben, um sie einigen Freunden vorzulesen.“ (Briefe an Fritz von Stein, 292.) Offenbar gab der Adressat selbst dazu nicht seine Zustimmung, so dass jede auch noch so begrenzte Veruffentlichung zu seinen Lebzeiten unterblieb und nur der engste Steinsche Familienkreis tberhaupt Kenntnis von den Briefen hatte. Erst nach dem Tod Friedrich von Steins 1844 erhielt Adolf Schull, damals Direktor der Großherzoglichen Kunstsammlungen und der Zeichenschule in Weimar, die Erlaubnis zur Publikation. Die von ihm herausgegebene erste Ausgabe von „Guthe’s Briefen an Frau von Stein aus den Jahren 1776 bis 1826“, erschienen von 1848 bis 1851 (Weimar), enth|lt in drei B|nden die in den sieben gebundenen Konvoluten verwahrten Briefe aus dem Nachlass Charlotte von Steins. Allerdings werden die Briefe aus der Zeit nach 1796, als nach etwa siebenj|hriger Pause der Briefwechsel zwischen Goethe und Charlotte von Stein wieder aufgenommen wurde, nur in Auswahl mitgeteilt (vgl. Schull, Goethe-Stein 1, VI). Nicht zug|nglich waren damals die Briefe Goethes aus der Zeit der italienischen Reise (September 1786–Juni 1788), die folglich im Erstdruck ebenfalls nicht enthalten sind. Dennoch blieb die Ausgabe Schulls grundlegend ftr alle nachfolgenden Editionen. Ein Hauptaugenmerk legte er auf die Ermittlung der Datierungen der unvollst|ndig datierten oder undatierten Briefe und somit die Rekonstruktion der „ursprtnglichen Folge“, die er als „die erste Aufgabe des Herausgebers“ begriff (ebd., VII). Unter dem Titel „Goethes Briefe an Frau von Stein“ erschien 1883 bis 1885 in zwei B|nden eine „Zweite vervollst|ndigte Auflage“ (Frankfurt a. M.). Adolf Schull (gestorben 1882) wird zwar noch als Herausgeber genannt, besorgt wurde die Ausgabe aber von Wilhelm Fielitz, Gymnasialpro-
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fessor im oberschlesischen Pless (heute Pszczyna, Polen). Er nutzte das Handexemplar Schulls sowie eine von diesem angelegte „Materialsammlung“. Die Handschriften der Briefe wurden ftr die Neuausgabe mit Zustimmung Felix von Steins in der Großherzoglichen Bibliothek in Weimar vom Herausgeber und weiteren Redaktoren noch einmal kollationiert (vgl. Fielitz, GoetheStein 1, V f.). Fielitz’ Ausgabe enth|lt etwa 60 Briefe mehr als der Erstdruck, die Briefe aus Italien allerdings fehlen, da sie noch immer nicht zug|nglich waren. Ftr die Revision der Chronologie der Briefe wertete Fielitz zeitgenussische Quellen und die Sekund|rliteratur aus, darunter vor allem Heinrich Dtntzers Biographie Charlotte von Steins aus dem Jahr 1874 (vgl. Dtntzer, Charlotte von Stein). Fielitz beschrieb als erster Anlage und Inhalt der Foliob|nde (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, VI f.), deren Anordnung er bei den Datierungen st|rker respektierte als Schull. Dtntzers einb|ndige Auswahlausgabe (Leipzig 1886) beschr|nkt sich auf „Goethes Liebesbriefe an Frau von Stein 1776 bis 1789“, scheidet aber fast 200 Briefe selbst dieses Zeitraums als „unbedeutend“ (ebd., X) aus. Zudem druckt Dtntzer die Briefe nach der Ausgabe von Fielitz, verbessert aber „unbedenklich die vernachl|ssigte Schreibung der Worte“ und modernisiert „veraltete Formen, die den Leser nur sturen“ (ebd., XIII). Von sp|teren Herausgebern rezipiert wurden vor allem Dtntzers biographische Erl|uterungen wie auch seine im Vergleich zu den Ausgaben von Schull und Fielitz revidierte Chronologie. Ftr die WA wurden die Texte der Briefe von den jeweiligen Bandherausgebern nach den Handschriften neu verglichen und die Chronologie ftr die Zeit bis 1786 in Teilen revidiert, haupts|chlich zu nennen sind Friedrich Strehlke (WA IV 3 [1888]), Eduard von der Hellen (WA IV 4–7, 9, 11, 15 [1889–1892, 1894]), Erich Schmidt/Bernhard Suphan (WA IV 8 [1890]), Albert Leitzmann (WA IV 17–21 [1895–1896]) und Carl Schtddekopf (WA IV 22–24 [1900–1901]). Von 1899 bis 1900 erschien in zwei B|nden die dritte „umgearbeitete Auflage“ von „Goethes Briefen an Frau von Stein / Herausgegeben von Adolf Schull“ (Frankfurt a. M.). Besorgt wurde sie von Julius Wahle, einem Schtler Erich Schmidts, seit 1886 wissenschaftlicher Archivar am Goethe- und Schiller-Archiv und Mitarbeiter der „Weimarer Ausgabe“, der sich sowohl ftr die Chronologie der Briefe wie auch bei seinen knappen Erl|uterungen wesentlich auf Fielitz stttzte. Wahles auf den Handschriften des Goethe- und SchillerArchivs basierende Ausgabe enth|lt auch die Briefe aus der italienischen Zeit,
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die seit 1885 zug|nglich waren (Erstdruck: Tagebtcher und Briefe Goethes aus Italien an Frau von Stein und Herder. Mit Beilagen. Hrsg. von Erich Schmidt [SchGG 2]. Weimar). Jonas Fr|nkel hat ftr seine dreib|ndige „Kritische Originalausgabe“ von „Goethes Briefen an Charlotte von Stein“ ( Jena 1908) die Texte der WA tbernommen. Eine – freilich „allzu kurz bemessene“ – Autopsie der Handschriften veranlasste ihn zu gelegentlichen Emendationen (Fr|nkel, GoetheStein2 3, 9). Ftr die 2. Auflage (Berlin 1960 bis 1962) hat Renate FischerLamberg die Texte nach den Handschriften im Goethe- und Schiller-Archiv neu kollationiert. In beiden Ausgaben fehlt jedoch ein textkritischer Apparat, wie ihn die WA zumindest ansatzweise in ihren „Lesarten“ mitteilt. Auch Fr|nkel sah in der „Bestimmung und Anordnung der großen Masse undatierter Billetts“ seine „wichtigste Aufgabe“ als Herausgeber. Ftr seine auf den Vorarbeiten von Schull, Fielitz und den Herausgebern der WA basierende, dennoch aber „neue, selbst|ndige Einordnung der undatierten Briefe“ maß er der berlieferung weniger Bedeutung bei als z. B. Fielitz (Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 377). Stattdessen zog er ftr die Datierungen „neben Erw|gungen tber inhaltliche Verkntpfungen vorzugsweise sprachlich-stilistische Kriterien und solche psychologischer Natur“ heran (ebd., 378), ein Verfahren, das vielfach zu unbelegten und ftr den Leser nicht nachvollziehbaren Entscheidungen fthrte und bei dem Unsicherheiten nicht hinl|nglich kenntlich gemacht werden. Gleichwohl gilt Fr|nkels Chronologie von 1908, die in der 2. Auflage nahezu unver|ndert tbernommen wurde, bis heute als verbindlich. Sie ist Grundlage neuer Studienausgaben und der meisten seit 1962 erschienenen Literatur zu Goethe und Charlotte von Stein. 1923 gab Julius Petersen eine „Neue, vollst|ndige Ausgabe“ von „Goethes Briefen an Charlotte von Stein“ (3 Bde. Leipzig) heraus, ftr die Julius Wahle die Handschriften im Goethe- und Schiller-Archiv neu kollationierte. Petersen datiert viele Briefe neu und abweichend von seinen Vorg|ngern. Auch wenn er sich dabei stark von der „tberlieferten Reihenfolge“ der Konvolute lust, schenkt er ihr „mit Rtcksicht auf ihre ursprtnglich zuverl|ssige Grundlage eine gewisse Beachtung“ (Petersen, Goethe-Stein 1, 552). Neben den genannten Editionen sind seit dem Erstdruck der Briefe weitere Ausgaben erschienen, die die Texte und Datierungen von frtheren Ausgaben, zumeist der von Fielitz herausgegebenen, tbernahmen und h|ufig nur eine Auswahl bieten. Die grußte Verbreitung fanden Julius Petersens einb|ndige Insel-Ausgabe „Goethes Briefe an Frau von Stein“ mit den Briefen von 1776
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Danksagung
bis 1789 (Leipzig 1909; 2. revidierte Auflage 1911) und die als Teil der „Cotta’schen Bibliothek der Weltliteratur“ erschienene vierb|ndige Ausgabe „Goethes Briefe an Frau von Stein nebst dem Tagebuch aus Italien“ mit einer Einleitung von Karl Heinemann (Stuttgart [1911]).
Danksagung Die Herausgeber erfuhren Hilfe von vielen Seiten, durch Mitarbeiter von Archiven, Bibliotheken und anderen wissenschaftlichen Institutionen, durch den Kreis der Kollegen der Klassik Stiftung Weimar, insbesondere des Goetheund Schiller-Archivs und des Goethe-Nationalmuseums, sowie durch Wissenschaftler verschiedener Disziplinen. Ftr die großztgige Bereitstellung der Handschriften von Briefen Goethes sowie die freundliche Betreuung bei der Arbeit danken wir den Mitarbeitern des Thtringischen Hauptstaatsarchivs Weimar, besonders Dr. Katja Deinhardt, Stefan Schmidt, Iris Lemser und Karina Ktthe von der Abteilung ltere Best|nde, der Direktorin des Freien Deutschen Hochstifts/Frankfurter GoetheMuseums Prof. Dr. Anne Bohnenkamp, dem Leiter der Handschriftenabteilung des Hochstifts Dr. Konrad Heumann und seiner Mitarbeiterin Bettina Zimmermann, Dr. Steffen Hoffmann von der Handschriftenabteilung der Universit|tsbibliothek Leipzig, der ftr die Handschriften zust|ndigen Kuratorin des Goethe-Museums Dtsseldorf, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung Dr. Heike Spies sowie Regine Zeller als Leiterin der Bibliothek, ebenso den Kolleginnen des Goethe- und Schiller-Archivs, besonders Dr. Silke Henke, Karin Ellermann, Susanne Fenske und Barbara Hampe. Schließlich bedanken wir uns auch bei Privatbesitzern von Handschriften, die ungenannt bleiben muchten. Unser Dank ftr vielerlei Recherchen und die Bereitstellung von Archivmaterial gilt Marlies Staehli von der Zentralbibliothek Ztrich, Dr. Jutta Weber von der Staatsbibliothek zu Berlin/Preußischer Kulturbesitz sowie Marko Kuhn vom Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig. Ftr Ausktnfte zur Geographie der Alpen und zur Geschichte des Alpinismus danken wir Daniel Anker (Schweizer Alpenclub, Bern) und Sylvain Jouty (Buis-les-Baronnies, Frankreich). Von großem Nutzen war die kollegiale Zusammenarbeit mit Dr. Ulrike Leuschner in Darmstadt, der Herausgeberin der Merck-Briefwechsel- und Werkausgabe. Zahlreiche Hinweise zur Kommentierung einzelner Briefe sind Wei-
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marer Kolleginnen und Kollegen zu verdanken: Dr. Wolfgang Albrecht, Dr. Andreas Duhler, Dr. Ariane Ludwig, Sebastian Mangold und Dr. Edith Zehm von der Edition der Tagebtcher Goethes, Dr. Gtnter Arnold, Herausgeber von Herders Briefen, Dr. Ulrike Bischof, Dr. Manfred Koltes und Sabine Sch|fer von der Ausgabe der Briefe an Goethe in Regestform, Dr. Ulrike Mtller-Harang und Jtrgen Gruß von der Arbeitsgruppe Inventare des GoetheBestandes. Ftr die Hilfe bei der Identifikation von Goethe-Zeichnungen danken wir besonders Margarete Oppel, Kustodin im Goethe-Nationalmuseum. Freundliche Hinweise zu den historischen Garten- und Parkanlagen in Weimar gab uns Dorothee Ahrendt von der Direktion Schlusser, G|rten und Bauten der Klassik Stiftung Weimar. Annette Munnich (Wien) stellte uns freundlicherweise ihre noch unveruffentlichten Kommentare zur Lyrik Carl Ludwig von Knebels zur Verftgung. Prof. Dr. Albrecht Schune, der am Entstehen der Ausgabe freundlichen Anteil nimmt, verdanken wir grundlegende Erkenntnisse zum Briefschreiber Goethe sowie zahlreiche Hinweise ftr die Einzelstellenkommentierung. Unserer Kollegin Maria Stroh danken wir ftr ihre Hilfe und Unterstttzung insbesondere bei der Herstellung der Register und der Ermittlung der erschlossenen Briefe, ebenso Dr. Stefan Ormanns (Bonn) ftr deren Redaktion. Ftr die bersetzung fremdsprachiger Texte sind die Herausgeber folgenden Fachwissenschaftlern zu Dank verpflichtet: Prof. Dr. Wolf-Dieter Lange (Bonn) ftr bersetzungen aus dem Franzusischen sowie ftr sprachliche und literaturgeschichtliche Ausktnfte, Eva Beck (Weimar) ftr bersetzungen aus dem Franzusischen und biographische Recherchen in den Weimarer Kirchenbtchern, Prof. Dr. Heinz Gerd Ingenkamp (Bonn) ftr Ausktnfte zur Antike. Dr. Diedrich Deseniss (Hamburg) danken wir ftr die Verzeichnisse zum zeitgenussischen Mtnz- und W|hrungswesen und zu Maßen und Gewichten sowie ftr Hinweise zu einzelnen Erl|uterungen. Ftr die große Unterstttzung insbesondere bei der Drucklegung des Bandes danken wir unserem Lektor Peter Heyl (Berlin). Unser besonderer Dank gebthrt Dr. G. (Frankfurt a. M.), der die Edition in großztgiger Weise unterstttzt. Nicht zuletzt haben wir Dr. Bernhard Fischer zu danken, dem Direktor des Goethe- und Schiller-Archivs, der uns ein wichtiger Gespr|chspartner ist und das Zustandekommen der Ausgabe nach Kr|ften befurdert.
Editionsgrundswtze 1. Inhalt Die Ausgabe enth|lt s|mtliche tberlieferten Briefe Goethes. Sie besteht aus Text- und Kommentarb|nden. Briefe im Sinne der Ausgabe sind alle von Goethe verfassten, d. h. eigenh|ndig geschriebenen, diktierten oder inhaltlich vorgegebenen, an einen oder mehrere Adressaten gerichteten schriftlich tberlieferten Texte. Sie mtssen persunliche Mitteilungen enthalten und durch die nachweisbare Tatsache oder die Absicht der Zustellung die Funktion von Briefen erftllen. Adressaten kunnen Privatpersonen, Firmen oder Institutionen sein. Aufgenommen werden auch Briefe, die Goethe gemeinsam mit anderen Personen oder im Auftrag anderer Personen verfasste, sowie von Goethe verfasste Teile (z. B. Nachschriften) zu Briefen anderer Personen. Die Briefe werden vollst|ndig abgedruckt einschließlich ihrer Beilagen, wenn dies Art und Umfang der Beilagen gestatten. Von der Ausgabe ausgeschlossen bleiben literarische Werke in Briefform und amtliche Schriftsttcke wie Voten, Aktenvermerke, Gutachten u. |., die Goethe in Austbung der ihm tbertragenen Kommissionen und sonstigen mter verfasst hat, auch wenn sie von ihm allein unterzeichnet sind. Enthalten amtliche Schriftsttcke zus|tzliche tber Anrede und Grußformel hinausgehende persunliche Mitteilungen, gelten sie als Briefe und werden in die Ausgabe aufgenommen. In einem separaten Anhang erscheinen die in der Briefabteilung der WA edierten amtlichen Schriftsttcke, die seit einem Jahrhundert zum gedruckten Bestand der Goethe-Briefe z|hlen.
2. Text 2.1 Textgrundlage und Textkonstitution Textgrundlage ist die Handschrift der beh|ndigten Ausfertigung des Briefes. Ist die Handschrift nicht tberliefert und auch nicht in Form einer Fotokopie oder eines Faksimiles zug|nglich, tritt an ihre Stelle der Textzeuge (z. B. Abschrift, Druck) mit dem huchsten Grad der Autorisation. Ist ein Brief nur als Konzept tberliefert, bildet dieses die Grundlage des edierten Textes.
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Editionsgrundswtze
Der Text gibt die zugrunde liegende Vorlage buchstaben- und satzzeichengetreu wieder. Erfolgt die Textwiedergabe nach einem Druck, werden eindeutige Druckfehler der Vorlage im edierten Text emendiert. Groß-, Klein-, Getrennt- und Zusammenschreibungen werden originalgetreu wiedergegeben. L|sst der graphische Befund die Unterscheidung von Groß- und Kleinbuchstabe nicht zu (so vor allem bei D–d, F–f, H–h, T–t), sind der semantische Kontext wie auch zeit- und autorspezifische Schreibgewohnheiten ftr die Entscheidung mit heranzuziehen. Dies trifft auch ftr die Schreibung des Anredepronomens zu, die sich im Verlauf des Entstehungszeitraums der Briefe wandelt. Grammatische und orthographische Fehler werden nicht korrigiert, Abktrzungen, fehlende Buchstaben, Satzzeichen, Akzente und Umlautstriche nicht erg|nzt, das Abbruchzeichen (wie in Wohlgeb‘, Exzel‘, derg‘) wird in Angleichung an den handschriftlichen Befund wiedergegeben. Verschleifungen am Wortende werden ausgeschrieben. Bei mehrdeutigem Befund erscheinen die erg|nzten Endungen in Winkelklammern, so B. bei Dativ- oder Akkusativformen oder bei Singular- oder Pluralsuffixen. Der Geminationsstrich (n¯, m ¯ ) wird zur Doppelschreibung aufgelust. Doppelte Binde- und Trennungsstriche erscheinen einheitlich als einfache Bindeoder Trennungsstriche, Umlautschreibungen durch hochgestelltes e einheitlich e in der heute tblichen Form (ubel – tbel). Dittographien bei Seitenwechsel werden ausgeschieden.
2.2 Textkritischer Apparat Die Varianten des dem Text zugrunde liegenden Zeugen erscheinen, mit Zeilenzahl auf den edierten Text bezogen, am Fuß der Textseite. S|mtliche Varianten sind in Form eines negativen Einzelstellenapparats verzeichnet, wobei der Korrekturvorgang selbst in visualisierter Form dargestellt wird (vgl. Verzeichnis der Schriftarten, Siglen und Zeichen im edierten Text).
2.3 Anordnung und Darbietung der Briefe Die Anordnung der Briefe erfolgt chronologisch, ihre Z|hlung bandweise. Erstreckt sich die Niederschrift tber einen Zeitraum von mehr als einem Tag, ist das sp|teste Datum ausschlaggebend. Sind mehrere Briefe vom gleichen Tag tberliefert, dienen inhaltliche und/oder tberlieferungsgeschichtliche
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Kriterien zu deren Anordnung. Gelingt mithilfe der genannten Kriterien eine Anordnung nicht zweifelsfrei, erfolgt sie alphabetisch nach den Namen der Adressaten, wobei Briefe an Unbekannt ans Ende gestellt werden. L|sst sich ftr einen Brief nur der Entstehungsmonat und das Jahr erschließen, wird er an das Ende des entsprechenden Monats gestellt. Betrifft dies mehrere Briefe, werden sie nach den Namen der Adressaten in alphabetischer Folge angeordnet. Das Gleiche gilt sinngem|ß, wenn das Jahr, aber nicht der Monat, der Zeitraum, aber nicht das Jahr ermittelt wurden. In den Textb|nden erscheinen s|mtliche tberlieferten abgesandten und nicht abgesandten Briefe Goethes sowie die Auftragsbriefe. Nicht abgesandte Briefe und Auftragsbriefe werden im Briefkopf besonders gekennzeichnet. Die Briefe werden vollst|ndig und einschließlich ihrer Beilagen gedruckt, wenn diese integraler Bestandteil der Briefe sind und es deren Art und Umfang erlauben. Erschlossene Briefe werden am Ende des Textbandes ftr den jeweiligen Zeitraum des Bandes mitgeteilt einschließlich ihrer Erschließungsquellen. Sie erhalten eine eigenst|ndige Z|hlung mit einer der Briefnummer vorangestellten Kennzeichnung (EB). Der Abdruck beginnt einheitlich mit einem Briefkopf des Editors, bestehend aus Briefnummer, Adressat, Absendeort und Datum. Erschlossene Angaben erscheinen in spitzen Klammern. Hat Goethe den Brief gemeinsam mit anderen Personen verfasst, z. B. mit August von Goethe, heißt es im Briefkopf in der Adressatenzeile „An ::: mit August von Goethe“. Briefe, die nicht nach der Handschrift der beh|ndigten Ausfertigung abgedruckt werden kunnen, erhalten unter der Datumszeile in spitzen Klammern den Hinweis auf die Art der Textgrundlage (z. B. ÆKonzeptæ, ÆDruckæ, ÆAbschriftæ). Der Adressat erscheint mit Familiennamen und, wenn dieser bekannt ist, mit Rufnamen oder mit dem oder den eingefthrten Vornamen. Frauen werden bis zu ihrer Eheschließung unter ihrem M|dchennamen gefthrt. Mehrmals verheiratete Frauen erscheinen unter ihrem jeweils gtltigen Familiennamen. Die r|umliche Textanordnung der Textgrundlage wird nicht in urkundlicher, sondern in struktureller Entsprechung wiedergegeben. Nachschriften auf dem Rand der Vorlage erscheinen im Druck am Ende des Briefes nach Datum und Unterschrift. Briefteile, die von anderen Personen stammen, sowie Auftragsbriefe, die andere Personen in Goethes Auftrag verfasst haben oder die Goethe im Auftrag anderer Personen verfasst hat, erscheinen in kleinerer Geradschrift.
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Editionsgrundswtze
3. Kommentar 3.1 Briefkopf, Datierung, Zum Adressaten Der Briefkopf des Kommentarteils entspricht dem des Textteils, bestehend aus Briefnummer, Adressatennamen, Absendeort und Datum. Zus|tzlich ist nach Absendeort und Datum der Bestimmungs- oder Empfangsort angegeben. Ermittelte Angaben erscheinen in spitzen Klammern. – Angaben zur Datierung erfolgen bei undatierten und unvollst|ndig datierten Briefen oder bei korrigierten Datierungen. – Ist die Person des Adressaten unsicher oder weicht ein ermittelter Empf|nger gegentber dem in der Weimarer Ausgabe (WA) angegebenen Empf|nger ab, werden in der Rubrik „Zum Adressaten“ die Argumente, die ftr oder gegen die Ansetzung eines Adressaten sprechen, mitgeteilt.
3.2 yberlieferung Im Abschnitt „berlieferung“ werden alle handschriftlich tberlieferten textkritisch relevanten Zeugen eines Briefes (Schemata, Konzepte, Handschrift der beh|ndigten Ausfertigung, bei verschollenen Handschriften zeitgenussische und sp|tere Abschriften) nachgewiesen. Nach der Handschrift der Ausfertigung erscheinen alle anderen Zeugen in der Reihenfolge ihrer nachweisbaren oder ermittelten Entstehung. Zu jeder Handschrift erfolgen Angaben zum Besitzer und/oder zum Aufbewahrungsort, bei verschollenen Handschriften zum letzten nachweisbaren Besitzer sowie zum Zeitpunkt des letzten Nachweises. Zus|tzlich folgt die Angabe „Verbleib unbekannt“. Die Handschriftenbeschreibung soll – durch Angabe von Umfang und Anzahl der beschriebenen Seiten sowie des Schreibers und Schreibmaterials – die eindeutige Identifizierung einer Handschrift ermuglichen. Zus|tzlich kunnen Angaben zur Schrift erfolgen (z. B. „fltchtig geschrieben“). Das Papierformat wird in Zentimetern (Breite6Huhe) angegeben, dazu Besonderheiten wie Zier- oder Trauerr|nder u. |., Besch|digungen des Papiers sowie das Vorhandensein eines Kuverts. Wasserzeichen werden nur beschrieben, wenn bei undatierten Briefen im Abschnitt „Datierung“ darauf Bezug genommen wird. Angaben zur Faltung werden nur gemacht, wenn dies ftr den Nachweis relevant ist, ob ein Brief abgesandt wurde oder nicht.
Kommentar
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Handschriftliche Beilagen, die als integraler Bestandteil des Briefes im Textband erscheinen, werden analog zu den Briefhandschriften nachgewiesen und beschrieben. Erg|nzende Angaben von Faksimiledrucken der Handschrift erheben keinen Anspruch auf Vollst|ndigkeit. War der Brief einem anderen Brief beigelegt oder enthielt der Brief einen anderen Brief als Beischluss, wird das in der berlieferung mitgeteilt. Die gedruckte berlieferung wird nur soweit mitgeteilt, wie sie textkritisch und/oder tberlieferungsgeschichtlich relevant ist. Verzeichnet wird der Erstdruck (E); wenn dieser ein Teildruck war, wird die Drucktberlieferung bis zum ersten vollst|ndigen Druck nachgewiesen (E1, E2, E3 :::). Ist die Handschrift der beh|ndigten Ausfertigung (H) verschollen, werden weitere Drucke (D) aufgefthrt, wenn diesen nachweislich oder mutmaßlich H zugrunde lag und sie E vorzuziehen sind. Den Abschluss der berlieferung bilden der Nachweis des Druckortes in der Weimarer Ausgabe (WA) als Referenzausgabe sowie gegebenenfalls der Druck in einer weiteren historisch-kritischen oder in einer vergleichbaren wissenschaftlichen Edition. Erl|uterungen zur Textgrundlage erfolgen nur, wenn bei verschollener Handschrift die Wahl der Textgrundlage einer besonderen Begrtndung bedarf.
3.3 Textkritischer Apparat im Kommentar Varianten der Konzepte und Schemata, die nicht dem edierten Text zugrunde liegen, erscheinen im Kommentarband nach den Mitteilungen zur berlieferung. Schemata und Konzepte, die sich aufgrund ihrer Textvarianz nicht mehr auf den edierten Text beziehen lassen, werden vollst|ndig abgedruckt und, falls nutig, kommentiert. berlieferungsvarianten, d. h. Abweichungen zwischen nicht autorisierten Textzeugen, werden nur mitgeteilt, wenn bei verschollener Handschrift der beh|ndigten Ausfertigung mehrere voneinander abweichende Drucke und/oder Abschriften vorliegen, denen nachweislich oder mutmaßlich die Handschrift zugrunde lag.
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Editionsgrundswtze
3.4 Beilagen Beilagen, die kein integraler Bestandteil des Briefes sind und die daher nicht im Textband erscheinen, werden an dieser Stelle des Kommentars buchstabenund satzzeichengetreu mitgeteilt, wenn es Art und Umfang der Beilage zulassen, und im unmittelbaren Anschluss analog zur berlieferung der Briefhandschriften beschrieben. Umfangreiche gedruckte Beilagen (z. B. Zeitschriften, Btcher, Aush|ngebogen) werden mit ihren bibliographischen Angaben verzeichnet, sonstige Beilagen (z. B. Stoffproben) beschrieben. Sind Beilagen nicht tberliefert, geht aus dem Brieftext oder aus anderen Quellen ihre Existenz jedoch eindeutig hervor, werden sie an dieser Stelle des Kommentars aufgefthrt.
3.5 Erlwuterungen Den Erl|uterungen eines jeden Briefes gehen Angaben tber Bezugs- und Antwortbriefe voraus. Als Referenzausgabe der Briefe an Goethe wird der Druckort in der Regestausgabe (RA) nachgewiesen. Mitgeteilt werden außerdem die Erw|hnungen im Tagebuch und/oder in den Postabsendelisten. Die Erl|uterungen liefern die zum Verst|ndnis des Textes notwendigen sprachlichen, historischen, literarischen und biographischen Aufschltsse. Am Beginn der Erl|uterungen des jeweils ersten Briefes an einen Adressaten stehen zusammenfassende berblickskommentare zur Person des Adressaten und zu den Besonderheiten der Korrespondenz, die sich nicht an ein Lemma binden lassen. Direkte oder indirekte Zitate werden nachgewiesen, die von Goethe benutzten Quellen angegeben. In den Erl|uterungen wird aus den Bezugs- und Antwortbriefen zitiert, gegebenenfalls werden die Briefe ganz oder teilweise mitgeteilt, soweit es zum Verst|ndnis des Textes notwendig ist. Sind andere im Text erw|hnte Briefe tberliefert, aber ungedruckt oder an entlegener Stelle gedruckt, und sind zum Verst|ndnis des Textes zusammenfassende Angaben zu ihrem Inhalt nicht ausreichend, werden sie in den Erl|uterungen ganz oder teilweise mitgeteilt. Zur Erg|nzung und Entlastung der Erl|uterungen dienen Register der erw|hnten Personen und deren Werke, der Anonyma und Periodika sowie der Werke Goethes.
Hinweise zur Benutzung Die Angaben zur Handschrift (H) sind so gegliedert, dass dem Besitznachweis und der Handschriftenbeschreibung im engeren Sinne (Umfang, Schreiber, Schreibmaterial usw.) Angaben allgemeiner Art folgen, z. B. die Provenienz betreffend. Die Formatangaben beziehen sich auch bei Doppelb|ttern jeweils auf die Gruße des Einzelblatts (Breite6Huhe in cm). Bei Siglen mit Exponenten (h1, h2, E1, E2 :::) gelten diese jeweils nur ftr die berlieferung des betreffenden Briefes. Die Formulierung „Verbleib unbekannt“ bedeutet: Die Existenz des Briefes ist sicher, die Handschrift aber nicht nachweisbar. Die Formulierung „nicht tberliefert“ ist synonym mit ,verschollen‘ zu verstehen, das heißt, zum Zeitpunkt des Erscheinens eines Bandes ist der Aufbewahrungsort des Briefes den Herausgebern nicht bekannt. Die Formulierung „vernichtet“ wird nur verwendet, wenn es konkrete Hinweise auf die Vernichtung einer Handschrift gibt. Im Fall der Formulierung „nicht bekannt“ ist es zweifelhaft, ob ein Brief tberhaupt existiert hat. Hinweise auf Faksimiles sind als zus|tzliche Information gedacht, ohne dass Vollst|ndigkeit angestrebt wurde. Goethes Briefe an Charlotte von Stein, die im Goethe- und Schiller-Archiv verwahrt werden, stehen als Digitalisate zur Verftgung und sind tber das „Repertorium s|mtlicher Goethe-Briefe“ im Internet zug|nglich (vgl. die Angaben zu GB Rep im „Verzeichnis der Siglen und Abktrzungen“). Der vorliegende Band enth|lt erstmals Briefe, zu denen außer dem Textzeugen, der dem edierten Text zugrunde liegt, Konzepte tberliefert sind. Diese werden in einem gesonderten Teil des Textbandes mitgeteilt. Sie tragen die Nummer des dazugehurigen Briefes mit nachgestelltem „K“ (z. B. 498K). Im Unterschied zum edierten Text, dessen Varianten im Hinblick auf die bessere Zitierbarkeit in den Fußnoten mitgeteilt werden, erfolgt die Variantendarstellung der Konzepte in einem integrierten Apparat, doch unter Verwendung derselben Schriftarten, Siglen und Zeichen. Der Kommentar bietet berlieferungsvarianten, also Varianten, die nicht auf den Autor selbst zurtckgehen, in all den F|llen, in denen ein Brief nicht nach einem autorisierten Textzeugen, sondern nach einer von mehreren nicht autorisierten Abschriften oder nach einem von mehreren nicht autorisierten Drucken wiedergegeben werden muss. Damit soll der Benutzer in die Lage versetzt werden, die
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Hinweise zur Benutzung
Entscheidung der Herausgeber nachzuvollziehen und den Text auch derjenigen Textzeugen zu rekonstruieren, die mutmaßlich weniger zuverl|ssig sind. Die Erl|uterungen folgen dem Grundsatz, dass jeder Brief unter Vermeidung allzu vieler l|stiger Verweise ftr sich allein verst|ndlich kommentiert sein soll. Verweise in den Einzelstellenerl|uterungen finden in der Regel nur innerhalb eines Bandes statt. Ktrzere Erl|uterungen werden wiederholt und gelegentliche Redundanzen in Kauf genommen. Verweise in der Form „vgl. 25,3–5“ beziehen sich auf den jeweils vorliegenden Textband (S. 25, Zeile 3–5), Verweise in der Form „vgl. zu 25,3–5“ auf den jeweils vorliegenden Kommentarband, n|mlich auf die der Lemmazahl (25,3–5) folgende Erl|uterung. Bei Verweisen in andere B|nde tritt jeweils Sigle und Bandzahl davor (z. B. vgl. GB 2 II, zu 179,1–2). Goethes Werke werden nach der Weimarer Ausgabe (WA) zitiert, es sei denn, es gibt eine verbesserte Ausgabe, wie z. B. im Fall der frthen Werke die Ausgabe „Der junge Goethe“ von Hanna Fischer-Lamberg (DjG3), im Fall der Tagebtcher die von Jochen Golz unter Mitarbeit von Wolfgang Albrecht, Andreas Duhler und Edith Zehm herausgegebene Ausgabe (GT) oder im Fall von Goethes Autobiographie die von Siegfried Scheibe besorgte AkademieAusgabe „Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit“ (AA DuW). Zitate aus Werken Dritter werden nach den von Goethe benutzten Ausgaben, in der Regel nach deren Erstdruck, nachgewiesen. Sind diese nicht bekannt oder nicht mehr zug|nglich, werden andere zeitgenussische oder, wenn vorhanden, historisch-kritische Ausgaben herangezogen. Bibelstellen sind nach der Ausgabe der Luther-Bibel zitiert, die Goethe selbst besessen hat (Luther-Bibel 1772), da gelegentlich nicht nur der Nachweis eines Zitats, sondern auch dessen Wortlaut von Bedeutung sein kann. Fremdsprachige Zitate aus Briefen und Werken werden tbersetzt, gelegentlich auch fremdsprachige Titel, wenn diese besonders lang sind und/oder sie Hinweise auf den Inhalt der oft entlegenen Werke geben. Quellen, Werke, Ausgaben und wissenschaftliche Veruffentlichungen, die mehrfach zitiert werden, erhalten eine Sigle (vgl. Siglen und Abktrzungen ftr Ausgaben und wissenschaftliche Literatur, S. XXXI–LI). Der Entlastung des Kommentars dienen kommentierte Personen- und Werkregister sowie eine Reihe vorangestellter Verzeichnisse, die von Goethe verwendete Abktrzungen auflusen. Informationen zu Geld und W|hrung sind dem Verzeichnis „Mtnze und Geldrechnung in Goethes Briefen 1775–1779“ (S. LIII f.) zu entnehmen.
Schriftarten, Abksrzungen, Siglen und Zeichen in Texten Goethes, die im Kommentar gedruckt werden recte petit
Sperrung Sperrung
Sperrung grotesk Sperrung Sperrung
G? 666 abcd -------Æabcdæ Æ æ ‘ dabcde babcdc |abcd| dabcdd eabcde #abcd# Ð \
abcd abcd abcd efgh abcd efgh ijkl abcd efgh
gestr. ab / |:abcd:|
Text Goethes Text von fremder Hand (in Goethes Briefen) Hervorhebung doppelte Hervorhebung dreifache Hervorhebung lateinische Schrift Hervorhebung in lateinischer Schrift doppelte Hervorhebung in lateinischer Schrift zweifelhafte Eigenh|ndigkeit (bei Korrekturen) unlesbare Buchstaben unsichere Lesung Zus|tze des Editors Textverlust der Vorlage Abbrechungszeichen tber der Zeile erg|nzt unter der Zeile erg|nzt in der Zeile erg|nzt am rechten Rand oder in der rechten Spalte erg|nzt am linken Rand oder in der linken Spalte erg|nzt am unteren Rand erg|nzt nachtr|gliche Trennung nachtr|gliche Zusammenschreibung gestrichen Streichung in der Streichung Streichung vor der Niederschrift des folgenden Wortes oder Zeichens (Sofortkorrektur) sp|ter ersatzlos gestrichen (Tilgung) Stttzwort zur eindeutigen Zuordnung einer varianten Textstelle gestrichen a tberschrieben durch b oder korrigiert zu b Seitenwechsel in der Handschrift; Absatzzeichen in den Varianten historische Klammerzeichen
Schriftarten, Abksrzungen und Siglen im Kommentar kursiv Sperrung Anm. Bd, Bde bes. Bl. D E egh. H h H. Hd Jg K k N. F. Nr o. J. o. Nr o. O. o. S. r Rs. Sign. Slg Sp. Tgb. T., Tle v Var. Vs. / ‘
Editortext Hervorhebung im Editortext Anmerkung Band, B|nde besonders Blatt textgeschichtlich bedeutsamer Druck Erstdruck Goethe eigenh|ndig Handschrift; in der berlieferung der Briefe Goethes: beh|ndigte Ausfertigung, eigenh|ndig oder diktiert Abschrift von H (nicht autorisiert) Heft Hand Jahrgang Konzepthandschrift Abschrift von K (nicht autorisiert) Neue Folge Nummer ohne Jahresangabe ohne Nummerierung ohne Ortsangabe ohne Seitenz|hlung recto (Blattvorderseite) Rtckseite Signatur Sammlung Spalte Tagebuch Teil, Teile verso (Blattrtckseite) Variante im edierten Text Vorderseite Absatzzeichen in den Lesarten und in Zitaten Abbrechungszeichen in Zitaten
Schriftarten, Abksrzungen und Siglen im Kommentar
FDH/FGM GMD GNM GSA HAAB KSW SBB/PK SUB ThHStA UB
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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum Goethe-Museum Dtsseldorf, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung Klassik Stiftung Weimar/Goethe-Nationalmuseum Klassik Stiftung Weimar/Goethe- und Schiller-Archiv Klassik Stiftung Weimar/Herzogin Anna Amalia Bibliothek Klassik Stiftung Weimar Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Staats- und Universit|tsbibliothek Thtringisches Hauptstaatsarchiv Universit|tsbibliothek
Siglen und Abksrzungen fsr Archivalien Carl August, Tagebuch FB 1775
FB 1776
FB 1777
FB 1778
FB 1779
FB 1780
GR/Abschlussrechnungen 1779 GR/Abschlussrechnungen 1780
Carl August, Tagebuch der Schweizer Reise vom Jahre 1779, Fragment. ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX 134 c, Bl. 1–14. Fourier-Buch / Auf das Jahr 1775. dermahlen gefthret von Christian Martini Ftrst‘. HofFourier (Hofhaltung des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach), 160 Bl., pag. S. 1–320, ThHStA Weimar, Hofmarschallamt Nr 4524. Fourier-Buch / Auf das Jahr 1776. dermahlen gefthret von Christian Martini, CammerFourier und Johann Christoph Weitz / HofFourier (Hofhaltung des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach), 164 Bl., 324 S., ThHStA Weimar, Hofmarschallamt Nr 4525. Fourier-Buch / Auf das Jahr 1777 / dermalen gefthret von Christian Martini; Camer Fourier und Johann Christoph Weitz, Reise Fourier (Hofhaltung des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach), 134 Bl., pag. S. 1–244, ThHStA Weimar, Hofmarschallamt Nr 4526. Fourier-Buch auf daß Jahr 1778. Dermalen gefthret von Johann Christoph Weitz, Reise Fourier (Hofhaltung des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach), 120 Bl., pag. S. 1–233, ThHStA Weimar, Hofmarschallamt Nr 4527. Fourier Buch auf daß Jahr 1779 / Dermalen gefthret von Johann Christoph Waitz, Reise Fourier (Hofhaltung des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach), 127 Bl., pag. S. 1–229, ThHStA Weimar, Hofmarschallamt Nr 4528. Fourier Buch auf das Jahr 1780. Dermalen gefthret von Johann Christoph Waitz Reise Fourier (Hofhaltung des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach), 142 Bl., pag. S. 1–282, ThHStA Weimar, Hofmarschallamt Nr 4529. Goethe. Rechnungen. Abschlussrechnungen Ausgabebuch. Januar–Dezember 1779. GSA, Sign.: 34/II,4. Goethe. Rechnungen. Abschlussrechnungen Ausgabebuch Januar–Dezember 1780. GSA, Sign.: 34/II,7.
Siglen und Abksrzungen fsr Archivalien
GR/Belege 1776–1778
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Goethe. Rechnungen. Belege zur Einnahme- und Ausgabe-Rechnung 7. Juni 1776–10. M|rz 1778. GSA, Sign.: 34/I,4. GR/Belege 1778, 1 Goethe. Rechnungen. Belege zur Einnahme- und Ausgabe-Rechnung Januar–Juni 1778. GSA, Sign.: 34/II,2,1. GR/Belege 1779 Goethe. Rechnungen. Belege zur Einnahme- und Ausgabe-Rechnung Januar–Dezember 1779. GSA, Sign.: 34/II,5. GR/Belege 1787, 1 Goethe. Rechnungen. Belege zur Einnahme- und Ausgabe-Rechnung 1787. Nr 1–50. GSA, Sign.: 34/ VII,3,1. GR/Belege 1790, 2 Goethe. Rechnungen. Belege zur Einnahme- und Ausgabe-Rechnung Februar 1790. GSA, Sign.: 34/VIII, 7,2. GR/Belege Goethe. Rechnungen. Belege zur Baurechnung (Garten(Gartenhaus) haus) M|rz–Juni 1777. GSA, Sign.: 34/I,8,1. 1777, 1 GR/RB 1775 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe 1. April–22. Oktober 1775. GSA, Sign.: 34/I,1. GR/RB Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und 1775/76, 1 Ausgabe November 1775–M|rz 1776. GSA, Sign.: 34/I,2,1. GR/RB 1776, 2 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe M|rz–September 1776. GSA, Sign.: 34/I,2,2. GR/RB 1776, 3 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe Oktober–Dezember 1776. GSA, Sign.: 34/I,2,3. GR/RB 1777, 1 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe April/Mai 1777. GSA, Sign.: 34/I,5,1. GR/RB 1777, 2 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe Juni–12. Juli 1777. GSA, Sign.: 34/I,5,2. GR/RB 1777, 3 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe September–November 1777. GSA, Sign.: 34/I,5,3. GR/RB 1777, 4 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe November/Dezember 1777. GSA, Sign.: 34/I,5,4. GR/RB 1778, 1 Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe Januar–M|rz 1778. GSA, Sign.: 34/I,9,1.
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GR/RB 1778, 2 GR/RB 1778, 3 GR/RB 1778, 4 GR/RB 1779, 1 GR/RB 1779, 2 GR/RB 1779, 3 GR/RB 1780, 3 GR/RB 1781/82 GR/RB (Baubtchlein) 1777, 1 GR/RB (Baubtchlein) 1777, 2 SR/CA 1775–1776
Siglen und Abksrzungen fsr Archivalien
Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe April–Juni 1778. GSA, Sign.: 34/I,9,2. Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe Juli–September 1778. GSA, Sign.: 34/I,9,3. Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe Oktober–Dezember 1778. GSA, Sign.: 34/I,9,4. Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe Januar–M|rz 1779. GSA, Sign.: 34/II,3,1. Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe April–Juni 1779. GSA, Sign.: 34/II,3,2. Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe Juli–Dezember 1779. GSA, Sign.: 34/II,3,3. Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe Mai 1780. GSA, Sign.: 34/II,6,3. Goethe. Rechnungen. Rechnungsbtcher. Einnahme und Ausgabe 1. Januar 1781–31. Juli 1782. GSA, Sign.: 34/III,3. Goethe. Rechnungen. Sonderrechnungen. Baubtchlein (Gartenhaus) M|rz–Mai 1777. GSA, Sign.: 34/I,6,1. Goethe. Rechnungen. Sonderrechnungen. Fortsetzung des Baubtchleins (Gartenhaus) Mai–Juni 1777. GSA, Sign.: 34/I,6,2. Tage-Buch tber Einnahmen und Ausgaben bey Hochftrstlicher Scatol vom 10n Sept. 1775 bis 1 Oct. 1776. gefthrt von F. J. Bertuch; ThHStA Weimar, Ftrstenhaus A 1059.
Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wissenschaftliche Literatur AA DuW
Goethe: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Historisch-kritische Ausgabe bearbeitet von Siegfried Scheibe. (Akademie-Ausgabe). Bd 1: Text. Berlin 1970. Bd 2: berlieferung, Variantenverzeichnis und Paralipomena. Berlin 1974. Adelung Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wurterbuch der Hochdeutschen Mundart, mit best|ndiger Vergleichung der tbrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen. Zweyte vermehrte und verbesserte Ausgabe. 4 Tle. Leipzig 1793–1801. AfL Archiv ftr Litteraturgeschichte. Hrsg. von Franz Schnorr von Carolsfeld. 15 Bde. Leipzig 1870–1887. Andreas, Willy Andreas: Carl August von Weimar. Ein Leben mit Carl August Goethe 1757–1783. Stuttgart 1953. AS Goethes Amtliche Schriften. Hrsg. von Willy Flach und Helma Dahl. 4 Bde. Weimar 1950–1987. Aus Herders Aus Herders Nachlaß. Ungedruckte Briefe von Herder und Nachlaß dessen Gattin, Goethe, Schiller, Klopstock, Lenz, Jean Paul, Claudius, Lavater, Jacobi und andern bedeutenden Zeitgenossen. Hrsg. von Heinrich Dtntzer und Ferdinand Gottfried von Herder. 3 Bde. Frankfurt a. M. 1856–1857. Beaulieu-Marconnay Anna Amalia, Carl August und der Minister von Fritsch. Beitrag zur deutschen Cultur- und Literaturgeschichte des achtzehnten Jahrhunderts / von Carl Freiherrn von Beaulieu-Marconnay. Weimar 1874. Behrens Johann Wolfgang Goethe. Briefe an Auguste Gr|fin zu Stolberg. Hrsg. von Jtrgen Behrens. Bad Homburg v. d. H., Berlin, Ztrich 1968. Berger, Joachim Berger: Anna Amalia von Sachsen-Weimar-EiseAnna Amalia nach (1739–1807). Denk- und Handlungsr|ume einer ,aufgekl|rten‘ Herzogin. Heidelberg 2003. Bergmann Alfred Bergmann (Hrsg.): Briefe des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar an seine Mutter die Herzogin Anna Amalia. Jena 1938. Beyrer Klaus Beyrer: Etappen der Postbefurderung im deutschen Postreiseverkehr. In: Archiv ftr deutsche Postgeschichte. Heft 1/1987. Frankfurt a. M. 1987, S. 30–60.
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BG
Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
Goethe: Begegnungen und Gespr|che. Bd 1–2. Hrsg. von Ernst Grumach und Renate Grumach. Berlin 1965– 1966. Biedrzynski Effi Biedrzynski: Goethes Weimar. Das Lexikon der Personen und Schaupl|tze. 4. Auflage. Ztrich 1999. Bode Goethe in vertraulichen Briefen seiner Zeitgenossen. Zusammengestellt von Wilhelm Bode. Neu hrsg. von Regine Otto und Paul-Gerhard Wenzlaff. 3 Bde. 2. Aufl. Berlin 1982. Bode, Ch. v. Stein Wilhelm Bode: Charlotte von Stein. 6. Aufl. [postum hrsg. von Anna Bode] Berlin 1927. (1. Auflage. Berlin 1910). Buttiger, Literarische Karl August Buttiger: Literarische Zust|nde und ZeitgeZust|nde nossen. Begegnungen und Gespr|che im klassischen Weimar. Hrsg. von Klaus Gerlach und Ren Sternke. Berlin 1998. Bradish Joseph A. von Bradish: Goethes Beamtenlaufbahn. New York 1937. Braun Peter Braun: Corona Schruter. Goethes heimliche Liebe. Biographie. Dtsseldorf und Ztrich 2004. Briefe an Briefe an Fritz von Stein. Hrsg. und eingeleitet von LudFritz von Stein wig Rohmann. Leipzig 1907. Briefe und Aufs|tze Briefe und Aufs|tze von Goethe aus den Jahren 1766 bis von Goethe 1786. Zum erstenmal hrsg. von AÆdolfæ Schull. Weimar 1846. Brockmann, Cornelia Brockmann: ,Abends Cour und Concert‘ / Zur Weimarer Hofmusik Weimarer Hofmusik im sp|ten 18. Jahrhundert. In: Anna Amalia, Carl August und das Ereignis Weimar. Hrsg. von Hellmut Th. Seemann. Klassik Stiftung Weimar. Jahrbuch 2007. Guttingen Æ2007æ, S. 79–99. Btrger Karl Btrger: Goethe und die Baumannshuhle. In: Goethe und der Brocken. Sonderdruck aus der Zeitschrift des Harzvereins ftr Geschichte und Altertumskunde. Jg. 1928. 1. Heft. Zur Erinnerung an die Goethefeier auf dem Brocken am 10. Oktober 1927 / mit 30 Tafeln Harzer Landschaftsbilder, darunter bisher unveruffentlichte Zeichnungen von Goethe und Kraus. Wernigerode 1928, S. 45–55. Btrgin Hans Btrgin: Der Minister Goethe vor der rumischen Reise. Seine T|tigkeit in der Wegebau- und Kriegskommission. Weimar 1933.
Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
Burkhardt, Goethe/Kayser Burkhardt, Goethes Stadtwohnungen in Weimar Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904 Burkhardt, Weimarischer Park Busch-Salmen, Ph. Ch. Kayser Busch-Salmen/ Salmen, Goethes Liederbuch Carl AugustGoethe1 Carl AugustGoethe2 Caroline Herder, Erinnerungen Chronik
Corpus
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CÆarlæ AÆugustæ HÆugoæBurkhardt: Goethe und der Komponist Ph. Chr. Kayser. Leipzig 1879. CÆarlæ AÆugustæ HÆugoæ Burkhardt: ber Goethes ,unbekannte‘ Stadtwohnungen in Weimar. In: GJb IX (1888), 243–247. Unbekannte „Neujahrs-Possen“ Goethes und v. Seckendorffs von 1778/79. Mitgetheilt von CÆarlæ AÆugustæ HÆugoæ Burkhardt. In: GJb XXV (1904), 53–61. CÆarlæ AÆugustæ HÆugoæ Burkhardt: Die Entstehung des Parks in Weimar. Mit einem historischen Plan, einem Grundriß und historischen Bildern. Weimar 1907. Gabriele Busch-Salmen (Hrsg.): Philipp Christoph Kayser (1755–1823). Komponist, Schriftsteller, P|dagoge, Jugendfreund Goethes. Hildesheim, Ztrich, New York 2007. Gabriele Busch-Salmen, Walter Salmen: Goethes handschriftliches Liederbuch von 1778. In: Busch-Salmen, Ph. Ch. Kayser, S. 195–205. Briefwechsel des Großherzogs Carl August von SachsenWeimar-Eisenach mit Goethe in den Jahren von 1775 bis 1828. Hrsg. von Carl Vogel. 2 Bde. Weimar 1863. Briefwechsel des Herzogs-Großherzogs Carl August mit Goethe. Hrsg. von Hans Wahl. 3 Bde. Berlin 1915– 1918. Erinnerungen aus dem Leben Joh. Gottfrieds von Herder. Gesammelt und beschrieben von Maria Carolina von Herder, geb. Flachsland. Hrsg. durch Johann Georg Mtller. 3 Tle. Stuttgart und Ttbingen 1830. Goethes Leben von Tag zu Tag. Eine dokumentarische Chronik von Robert Steiger (Bd 6–8: von Robert Steiger und Angelika Reimann). 8 Bde. Ztrich und Mtnchen 1982–1996. – Bd 2: 1776–1788 (1983). Goethes Sammlungen zur Kunst, Literatur und Naturwissenschaft. Corpus der Goethezeichnungen. Bearbeiter der Ausgabe: Gerhard Femmel. 7 Bde in 10 Tlen. Leipzig 1958–1973. – Bd I. Nr 1–318: Von den Anf|ngen bis zur italienischen Reise 1786 (1958); Bd VIa. Nr 1–302: Zeichnungen aus den Best|nden des Goethe- und SchillerArchivs (1970); Bd VIb. Nr 1–285: Zeichnungen außerhalb der Goethe-Institute der Nationalen Forschungs- und Gedenkst|tten der klassischen deutschen Literatur in Weimar. Nachtr|ge. Berichtigungen zu CÆorpusæ I–VIa. Ab-
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Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
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Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
Ellinger
Ernst FA/Goethe
Femmel/Heres
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lin, New York 2006; Band 2: C|cilia – Dichtung und Wahrheit. Berlin, New York 2006; Band 3: Diderot – Entoptische Farben. Redaktion Peter Ludwig. Mitarbeiter: Safia Azzouni, Heinz Hamm, Uwe Hentschel, Shu Ching Ho, Paul Kahl, Berthold Kastner, Peter Ludwig, Christoph Michel, Frank Mubus, Angelika Reimann, Manfred Wenzel, Margit Wyder. Berlin, New York 2006; Band 4: Entstehen – Farbenlehre. Redaktion Peter Ludwig und Uwe Hentschel. Mitarbeiter: Safia Azzouni, Heinz Hamm, Uwe Hentschel, Shu Ching Ho, Paul Kahl, Peter Ludwig, Christoph Michel, Angelika Reimann, Manfred Wenzel, Margit Wyder. Berlin, New York 2008. Georg Ellinger: Geschichte der neulateinischen Literatur Deutschlands im sechzehnten Jahrhundert. Bd 3. 1. Abt.: Geschichte der neulateinischen Lyrik in den Niederlanden vom Ausgang des ftnfzehnten bis zum Beginn des siebzehnten Jahrhunderts. Berlin 1933. Fritz Ernst: Aus Goethes Freundeskreis. Studien um Peter im Baumgarten. Erlenbach-Ztrich 1941. Johann Wolfgang Goethe: S|mtliche Werke. Briefe, Tagebtcher und Gespr|che. 40 Bde in 2 Abt. ÆFrankfurter Ausgabeæ. Frankfurt a. M. 1985–1999. – I. Abt. Bd 1: Gedichte. Hrsg. von Karl Eibl (1987); Bd 4: Dramen 1765–1775. Hrsg. von Dieter Borchmeyer unter Mitarbeit von Peter Huber (1985); Bd 5: Dramen 1776–1790. Hrsg. von Dieter Borchmeyer unter Mitarbeit von Peter Huber (1988); Bd 7/1 und 7/2: Faust. Texte und Kommentare. Hrsg. von Albrecht Schune (1994); Bd 13: Sprtche in Prosa. S|mtliche Maximen und Reflexionen. Hrsg. von Harald Fricke (1993); Bd 26–27: Amtliche Schriften. Hrsg. von Reinhard Kluge (Texte) sowie Irmtraut und Gerhard Schmid (Erl|uterungen) (1998–1999); II. Abt. Bd 2: Briefe, Tagebtcher und Gespr|che vom 7. November 1775 bis 2. September 1786. Hrsg. von Hartmut Reinhardt (1997). Die Gemmen aus Goethes Sammlung. Goethes Sammlungen zur Kunst, Literatur und Naturwissenschaft. Hrsg. von den Nationalen Forschungs- und Gedenkst|tten der klassischen deutschen Literatur in Weimar. Bearbeiter der Ausgabe Gerhard Femmel. Katalog Gerald Heres. Leipzig 1977.
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Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
Fielitz, Goethe-Stein Fr|nkel, Goethe-Stein1 Fr|nkel, Goethe-Stein2 Fr|nkel, Marginalien FrauenGestalten Frau Rath Garber/Schmitt
GB
GB Rep
Goethes Briefe an Frau von Stein. Hrsg. von Adolf Schull. Zweite vervollst|ndigte Auflage bearbeitet von Wilhelm Fielitz. 2 Bde. Frankfurt a. M. 1883 und 1885. Goethes Briefe an Charlotte von Stein. Hrsg. von Jonas Fr|nkel. Kritische Originalausgabe. 3 Bde. Jena 1908. Goethes Briefe an Charlotte von Stein. Hrsg. von Jonas Fr|nkel. Umgearbeitete Neuausgabe. 3 Bde. Berlin 1960 und 1962. Marginalien zu Goethes Briefen an Charlotte von Stein. Hrsg. von Jonas Fr|nkel. Jena 1909. FrauenGestalten Weimar-Jena um 1800. Ein bio-bibliographisches Lexikon. Hrsg. von Stefanie Freyer, Katrin Horn und Nicole Grochowina. Heidelberg 2009. Frau Rath. Briefwechsel von Katharina Elisabeth Goethe. Nach den Originalen mitgetheilt von Robert Keil. Leipzig 1871. Jurn Garber/Hanno Schmitt: Affektkontrolle und Sozialdisziplinierung: Protestantische Wirtschaftsethik und Philanthropismus bei Carl Friedrich Bahrdt. In: Gerhard Sauder/Christoph Weiß: Carl Friedrich Bahrdt (1740– 1792). St. Ingbert 1992, S. 127–156. Johann Wolfgang Goethe: Briefe. Historisch-kritische Ausgabe. Im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar/Goetheund Schiller-Archiv hrsg. von Georg Kurscheidt, Norbert Oellers und Elke Richter. Bd 1 ff. Berlin 2008 ff. – Bd 1 I–II: 23. Mai 1764–30. Dezember 1772. Text und Kommentar. Hrsg. von Elke Richter und Georg Kurscheidt (2008); Bd 2 I–II: Anfang 1773–Ende Oktober 1775. Text und Kommentar. Hrsg. von Georg Kurscheidt und Elke Richter (2009); Bd 6 I–II: Anfang 1785–3. September 1786. Text und Kommentar. Hrsg. von Volker Giel unter Mitarbeit von Susanne Fenske und Yvonne Pietsch (Text); unter Mitarbeit von Yvonne Pietsch und Gerhard Mtller (Kommentar) (2010); Bd 7 I–II: 18. September 1786–10. Juni 1788. Text und Kommentar. Hrsg. von Volker Giel unter Mitarbeit von Susanne Fenske und Yvonne Pietsch (Text); unter Mitarbeit von Yvonne Pietsch, Markus Bernauer und Gerhard Mtller (Kommentar) (2012). Johann Wolfgang Goethe: Repertorium s|mtlicher Briefe. 1764–1832. Hrsg. von der Klassik Stiftung Weimar/
Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
Gespr|che1 Gespr|che2
Gespr|che3
GJb
XXXVII
Goethe- und Schiller-Archiv. Bearbeitet von Elke Richter unter Mitarbeit von Andrea Ehlert, Susanne Fenske, Eike Ktstner und Katharina Mittendorf. Begrtndet von Paul Raabe an der Herzog August Bibliothek Wolfenbtttel. Gefurdert von der Alfried Krupp von Bohlen und HalbachStiftung mit Unterstttzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Internetveruffentlichung (http://ora-web.weimarklassik.de/swk-db/goerep/index.html). Goethes Gespr|che. Anhang an Goethes Werke. Abtheilung ftr Gespr|che. Hrsg. von Woldemar Freiherr von Biedermann. 10 Bde. Leipzig 1889–1896. Goethes Gespr|che. Gesamtausgabe. Neu hrsg. von Flodoard Freiherrn von Biedermann unter Mitwirkung von Max Morris, Hans Gerhard Gr|f und Leonhard L. Mackall. 5 Bde. Leipzig 1909–1911. Goethes Gespr|che. Eine Sammlung zeitgenussischer Berichte aus seinem Umgang. Aufgrund der Ausgabe und des Nachlasses von Flodoard Freiherrn von Biedermann erg|nzt und hrsg. von Wolfgang Herwig. 5 Bde (in 6 Tlen). Ztrich und Stuttgart 1965–1987. Goethe-Jahrbuch. Bd I–XXXIV. Hrsg. von Ludwig Geiger. Frankfurt a. M. 1880–1913. – Jahrbuch der GoetheGesellschaft. Im Auftrage des Vorstandes hrsg. von Hans Gerhard Gr|f (Bd 10–21 hrsg. von Max Hecker). Bd 1–21. Leipzig (Bd 8–21: Weimar) 1914–1935. – Goethe. Bd 1–2: Vierteljahresschrift der Goethe-Gesellschaft. Neue Folge des Jahrbuchs. Unter Mitwirkung von Ernst Bertram, Rudolf Buttmann, Anton Kippenberg u. a. hrsg. von Hans Wahl. Weimar 1936–1937. – Bd 3–9: Viermonatsschrift der Goethe-Gesellschaft. Neue Folge des Jahrbuchs. Unter Mitwirkung von Ernst Bertram, Rudolf Buttmann, Anton Kippenberg u. a. hrsg. von Hans Wahl. Weimar 1938–1944. – Bd 10: Neue Folge des Jahrbuchs der Goethe-Gesellschaft. Im Auftrage des Vorstands hrsg. von Hans Wahl. Weimar 1947. – Bd 11: Neue Folge des Jahrbuchs der Goethe-Gesellschaft. Im Auftrage des Vorstands hrsg. von Hans Wahl y und Andreas BÆrunoæ Wachsmuth. Weimar 1950. – Bd 12–33: Neue Folge des Jahrbuchs der Goethe-Gesellschaft. Im Auftrage des Vorstands hrsg. von Andreas BÆrunoæ Wachsmuth. Weimar 1951–1971. – Goethe Jahrbuch. Bd 89–90: Im Auftrage
XXXVIII Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
Goethe/ Carl von Stein Goethe-Fahlmer Goethe-Handbuch2
Goethe-Handbuch3
Goethe-Jacobi Goethe-Knebel Goethe-Lavater1
des Vorstandes der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Helmut Holtzhauer. Weimar 1972–1973. – Bd 91: Im Auftrage des Vorstandes der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Helmut Holtzhauer y und Karl-Heinz Hahn. Weimar 1974. – Bd 92–106: Im Auftrage des Vorstandes der GoetheGesellschaft hrsg. von Karl-Heinz Hahn. Weimar 1975– 1989. – Bd 107: Im Auftrage des Vorstandes der GoetheGesellschaft hrsg. von Karl-Heinz Hahn y und Jurn Gures. Weimar 1990. – Bd 108–116: Im Auftrage des Vorstandes (Bd 109 ff.: Im Auftrag des Vorstands) der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Werner Keller. Weimar 1991–1999. – Bd 117–118: Im Auftrage des Vorstands der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Jochen Golz, Bernd Leistner und Edith Zehm. Weimar 2000–2001. – Bd 119: Im Auftrag des Vorstands der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Jochen Golz und Edith Zehm. – Bd 120 ff.: Im Auftrag des Vorstands der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Werner Frick, Jochen Golz und Edith Zehm. Weimar 2002 ff. Goethe. Aufzeichnungen des Freiherrn Carl von SteinKochberg. Hrsg. von Hans Wahl. Leipzig 1924. Briefe von Goethe an Johanna Fahlmer. Hrsg. von LÆudwigæ Urlichs. Leipzig 1875. Goethe Handbuch. Goethe, seine Welt und Zeit in Werk und Wirkung. Zweite, vollkommen neugestaltete Auflage unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter hrsg. von Alfred Zastrau Æ2 Bde erschienenæ. Stuttgart 1956 und 1961. – Bd 4: Karten der Reisen, Fahrten, Ritte und Wanderungen Goethes (1956). Goethe-Handbuch. 5 Bde. Hrsg. von Bernd Witte, Theo Buck, Hans-Dietrich Dahnke, Regine Otto und Peter Schmidt. Stuttgart, Weimar 1996–1999. – GoetheHandbuch. Supplemente. Bd 1: Musik und Tanz in den Bthnenwerken. Hrsg. von Gabriele Busch-Salmen. Stuttgart, Weimar 2008. – Bd 2: Naturwissenschaften. Hrsg. von Manfred Wenzel. Stuttgart, Weimar 2012. Briefwechsel zwischen Goethe und F. H. Jacobi. Hrsg. von Max Jacobi. Leipzig 1846. Briefwechsel zwischen Goethe und Knebel. (1774–1832.) ÆHrsg. von G[ottschalk] E[duard] Guhrauer.æ 2 Thle. Leipzig 1851. Briefe von Goethe an Lavater. Aus den Jahren 1774 bis
Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
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1783. Hrsg. von Heinrich Hirzel. Nebst einem Anhange und zwei Facsimile. Leipzig 1833. Goethe-Lavater3 Goethe und Lavater. Briefe und Tagebtcher. Hrsg. von Heinrich Funck (SchGG 16). Weimar 1901. Goethe/SteinBriefe von Goethe und Frau von Stein an JohÆannæ Georg Zimmermann Zimmermann, veruffentlicht von BÆernhardæ Suphan. In: Wartburgstimmen. 2. Jg. Nr 3. Mai 1904. 1. Heft, S. 171–176. Goethe-Stolberg1 August von Binzer (Hrsg.): Goethe’s Briefe an die Gr|fin Auguste zu Stolberg, verwitwete Gr|fin von Bernstorf. In: Urania. Taschenbuch auf das Jahr 1839. N. F. 1. Jg. Leipzig 1839, S. 67–146 (zugleich als Separatdruck erschienen: Leipzig 1839). Goethe-Stolberg2 Wilhelm Arndt (Hrsg.): Goethe’s Briefe an die Gr|fin Auguste zu Stolberg, verwitwete Gr|fin von Bernstorff. 2. Aufl., mit Einleitung und Anmerkungen. Leipzig 1881. Goethes Rolf Bothe, Ulrich Haussmann: Goethes „Bildergalerie“. „Bildergalerie“ Die Anf|nge der Kunstsammlungen zu Weimar (Im Blickfeld der Goethezeit [Sonderband]). Berlin 2002. Goethes Karl Hebel: Goethes Branderlebnisse im ersten Weimarer Branderlebnisse Jahrzehnt und ihre Spiegelung in Flammengleichnissen. In: GJb N. F. 22 (1960), 86–103. Goethes Briefe an Goethes Briefe an Leipziger Freunde. Hrsg. von Otto Jahn. Leipziger Freunde Leipzig 1849. Goethe’s Briefe an Goethe’s Briefe an Leipziger Freunde. Hrsg. von Otto Leipziger Freunde2 Jahn. Zweite vermehrte Aufl. Leipzig 1867. Goethes G|rten Dorothee Ahrendt, Gertraud Aepfler: Goethes G|rten in Weimar. 4. Auflage. Leipzig 2009. Goethes Gartenhaus Goethes Gartenhaus. Hrsg. von Ernst-Gerhard Gtse und Margarete Oppel. Klassik Stiftung Weimar 2008. Goethe-Wortschatz Goethe-Wortschatz. Ein sprachgeschichtliches Wurterbuch zu Goethes s|mtlichen Werken von Paul Fischer. Leipzig 1929. Goethe-Zelter Briefwechsel zwischen Goethe und Zelter in den Jahren 1799 bis 1832. Hrsg. von Hans-Gtnter Ottenberg und Edith Zehm in Zusammenarbeit mit Anita Golz, Jtrgen Gruß, Wolfgang Ritschel und Sabine Sch|fer ( Johann Wolfgang Goethe: S|mtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. Mtnchner Ausgabe. Hrsg. von Karl Richter u. a. Bd 20 I–III). Mtnchen 1991–1998.
XL
Gutting Gothe Gottschalck Grave Grimm GT
GWb
Hagen
Haym
Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
Franz Gutting: Die Bibliothek von Goethes Vater. In: Nassauische Annalen. Bd 64. Nassau 1953, S. 23–69. Rosalinde Gothe: Dornburg von Otto I. bis Goethe. Fotografien von Jtrgen M. Pietsch. Spruda 2002. Taschenbuch ftr Reisende in den Harz von Friedrich Gottschalck. Mit einer Charte. Magdeburg 1806. Johannes Grave: Der „ideale Kunstkurper“. Johann Wolfgang Goethe als Sammler von Druckgraphiken und Zeichnungen. Mit 71 Abbildungen. Guttingen 2006. Deutsches Wurterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. Leipzig 1854–1961. Johann Wolfgang Goethe: Tagebtcher. Historisch-kritische Ausgabe. Im Auftrag der Stiftung Weimarer Klassik Æab Bd V (2007): Klassik Stiftung Weimaræ hrsg. von Jochen Golz unter Mitarbeit von Wolfgang Albrecht, Andreas Duhler und Edith Zehm. Bd I ff. Stuttgart, Weimar 1998 ff. – Bd I 1–2: 1775–1787. Text und Kommentar. Hrsg. von Wolfgang Albrecht und Andreas Duhler (1998); Bd II 1: 1790–1800. Text. Hrsg. von Edith Zehm (2000); Bd II 2: 1790–1800. Kommentar. Hrsg. von Wolfgang Albrecht und Edith Zehm (2000); Bd III 1–2: 1801–1808. Text und Kommentar. Hrsg. von Andreas Duhler (2004); Bd IV 1–2: 1809–1812. Text und Kommentar. Hrsg. von Edith Zehm, Sebastian Mangold und Ariane Ludwig (2008); Bd V 1–2: 1813– 1816. Text und Kommentar. Hrsg. von Wolfgang Albrecht (2007). Goethe Wurterbuch. Bd 1–2. Hrsg. von der Akademie der Wissenschaften der DDR, der Akademie der Wissenschaften in Guttingen und der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Stuttgart, Berlin, Kuln, Mainz 1978–1989. – Bd 3 ff. Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, der Akademie der Wissenschaften in Guttingen und der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Stuttgart, Berlin, Kuln 1998 ff. Die Drucke von Goethes Werken. Hrsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften der DDR. Bearbeiter des Bandes Waltraud Hagen. 2., durchgesehene Aufl. Berlin 1983. Rudolf Haym: Herder nach seinem Leben und seinen Werken. 2 Bde. Berlin 1880–1885.
Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
HB
XLI
Johann Gottfried Herder: Briefe. Gesamtausgabe 1763– 1803. Unter Leitung von Karl-Heinz Hahn hrsg. von den Nationalen Forschungs- und Gedenkst|tten der klassischen deutschen Literatur in Weimar Æab Bd 10: Hrsg. von der Stiftung Weimarer Klassikæ (Goethe- und Schiller-Archiv). Bearbeitet von Wilhelm Dobbek y und Gtnter Arnold. Bd 1–16. Weimar 1977–2012. – Bd 2: Mai 1771– April 1773 (1977); Bd 3: Mai 1773–September 1776 (1978); Bd 4: Oktober 1776–August 1783 (1979); Bd 5: September 1783–August 1788 (1979); Bd 9: Nachtr|ge und Erg|nzungen 1763–1803 (1988). Hecker Goethe: Maximen und Reflexionen. Nach den Hs. des Goethe- und Schiller-Archivs hrsg. von Max Hecker (SchGG 21). Weimar 1907. Hederich Benjamin Hederichs grtndliches mythologisches Lexicon Æ...æ. Zu besserm Verst|ndnisse der schunen Ktnste und Wissenschaften Æ...æ, sorgf|ltigst durchgesehen, ansehnlich vermehret und verbessert von Johann Joachim Schwaben. Leipzig 1770. Hegner Ulrich Hegner: Beitr|ge zur n|hern Kenntniß und wahren Darstellung Johann Kaspar Lavater’s. Aus Briefen seiner Freunde an ihn, und nach persunlichem Umgang. Leipzig 1836. Herbst Wilhelm Herbst: Johann Heinrich Voss. 2 Bde. Leipzig 1872–1874. Hirzel, GoetheSalomon Hirzel: Neuestes Verzeichniß einer Goethe-BibBibliothek 1874 liothek. (1767–1874). Leipzig 1874. HN Der handschriftliche Nachlaß Johann Gottfried Herders. Katalog im Auftrag und mit Unterstttzung der Akademie der Wissenschaften in Guttingen bearbeitet von Hans Dietrich Irmscher und Emil Adler (Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz. Kataloge der Handschriftenabteilung. Hrsg. von Tilo Brandis. 2. Reihe Bd 1). Wiesbaden 1979. Hof, Walter Hof: Wo sich der Weg im Kreise schließt. Goethe Charlotte von Stein und Charlotte von Stein. Stuttgart 1957. Huschke, Wolfgang Huschke: Forschungen zur Geschichte der fthKlassisches Weimar renden Gesellschaftsschicht im klassischen Weimar. In: Forschungen zur thtringischen Landesgeschichte. Festschrift ftr Friedrich Schneider. Weimar 1958, S. 55–114. Inventare 2 I Inventare des Goethe- und Schiller-Archivs. Hrsg. von der Stiftung Weimarer Klassik / Goethe- und Schiller-Archiv.
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Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
JB
JbFDH
John, Oeser Karl August-Luise Karsch-Gleim
Band 2: Goethe-Bestand. Teil 1: Gedichte. Redaktor Gerhard Schmid. Weimar 2000. Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel. Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Begrtndet von Michael Brtggen und Siegfried Sudhof y. Hrsg. von Michael Brtggen, Heinz Gockel, Walter Jaeschke, Peter-Paul Schneider, Siegfried Sudhof. Reihe I ÆTextæ. Bd 1–7; Reihe II ÆKommentaræ. Bd 1–4. Stuttgart-Bad Cannstatt 1981– 2013. – Bd I 1: Briefwechsel 1762–1775. Hrsg. von Michael Brtggen und Siegfried Sudhoff in Zusammenarbeit mit Peter Bachmeier, Reinhard Lauth und Peter-Paul Schneider (1981); Bd II 1: Briefwechsel 1762–1775. Kommentar von Michael Brtggen und Reinhard Lauth unter Mitwirkung von Peter Bachmeier, Albert Mues und Isabel Schmidt (1989); Bd I 2: Briefwechsel 1775–1781. Hrsg. von Peter Bachmeier, Michael Brtggen, Reinhard Lauth und Siegfried Sudhoff y in Zusammenarbeit mit Peter-Paul Schneider (1983); Bd II 2: Briefwechsel 1775–1781. Kommentar von Michael Brtggen unter Mitwirkung von Reinhard Lauth sowie Albert Mues und Gudrun Schury (1997); Bd I 3: Briefwechsel 1782–1784. Hrsg. von Peter Bachmeier, Michael Brtggen, Heinz Gockel, Reinhard Lauth und Peter-Paul Schneider (1987); Bd II 3: Briefwechsel 1782–1784. Kommentar von Michael Brtggen unter Mitwirkung von Albert Mues und Gudrun Schury (2001). Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts. ÆHrsg. von Otto Heueræ. Frankfurt 1902–1925. – Im Auftrag der Verwaltung hrsg. von Ernst Beutler. Frankfurt 1926–1931; Halle 1931–1940. – Hrsg. von Detlef Ltders. Ttbingen 1962–1982. – Hrsg. von Arthur Henkel. Ttbingen 1983. – Hrsg. von Christoph Perels. Ttbingen 1984– 2002. – Hrsg. von Anne Bohnenkamp und Christoph Perels. Ttbingen 2003. – Hrsg. von Anne Bohnenkamp. Ttbingen 2004 ff. Timo John: Adam Friedrich Oeser (1717–1799). Studie tber einen Ktnstler der Empfindsamkeit. Beucha 2001. Briefe des Herzogs Karl August an die Herzogin Luise von der Schweizerreise. Mitgeteilt von Hans Wahl. In: GJb 11 (1925), 112–138. „Mein Bruder in Apoll“. Briefwechsel zwischen Anna Louisa Karsch und Johann Wilhelm Ludwig Gleim. Hrsg.
Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
Keßler Keudell
Klopstock, Briefe HKA
Kluge/Seebold Knebel, Nachlaß und Briefwechsel Kurner, Mondlied Krtnitz
LA
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von Regina Nurtemann und Ute Pott. 2 Bde. Guttingen 1996. Martin Keßler: Johann Gottfried Herder – der Theologe unter den Klassikern. Das Amt des Generalsuperintendenten von Sachsen-Weimar. 2 Tle. Berlin 2007. Goethe als Benutzer der Weimarer Bibliothek: ein Verzeichnis der von ihm entliehenen Werke. Bearbeitet von Elise von Keudell. Hrsg. mit einem Vorwort von Werner Deetjen. Weimar 1931. Friedrich Gottlieb Klopstock: Werke und Briefe. Historischkritische Ausgabe. Begrtndet von Adolf Beck, Karl Ludwig Schneider und Hermann Tiemann. Hrsg. von Horst Gronemeyer, Elisabeth Hupker-Herberg, Klaus Hurlebusch und Rose-Maria Hurlebusch y. (Hamburger Klopstock-Ausgabe). Abteilung Briefe. 12 Bde (Bd 1–12). Berlin und New York 1979–2013. – Bd 6 I: Briefe 1773–1775. Text. Hrsg. von Annette Ltchow (1998); Bd 6 II: Apparat/Kommentar/Anhang. Hrsg. von Annette Ltchow unter Mitarbeit von Sabine Tauchert (2001); Bd 7 I: Briefe 1776–1782. Text. Hrsg. von Helmut Riege (1982); Bd 7 II–III: Apparat/Kommentar/Anhang. Hrsg. von Helmut Riege (1982). Friedrich Kluge: Etymologisches Wurterbuch der deutschen Sprache. 23., erweiterte Auflage. Bearbeitet von Elmar Seebold. Berlin, New York 1999. KÆarlæ LÆudwigæ Knebel’s literarischer Nachlaß und Briefwechsel. Hrsg. von Karl August Varnhagen von Ense und Theodor Mundt. 3 Bde. Leipzig 1835–1836. Josef Kurner: Goethes Mondlied. Ein Deutungsversuch (Preußische Jahrbtcher. Schriftenreihe. Hrsg. von Walter Heyen. Bd 25). Berlin 1936. Oekonomische Encyklop|die ÆBd 33 ff.: Oekonomischtechnologische Encyklop|die), oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- u. Landwirthschaft, in alphabetischer Ordnung; von D. Johann Georg Krtnitz Æu. a.æ. 242 Bde. Berlin 1773–1858. Goethe: Die Schriften zur Naturwissenschaft. Vollst|ndige mit Erl|uterungen versehene Ausgabe. Im Auftrage der Deutschen Akademie der Naturforscher (Leopoldina) zu Halle begrtndet von Karl Lothar Wolf und Wilhelm Troll. Hrsg. von Dorothea Kuhn, Wolf von Engelhardt und (seit 2005) Irmgard Mtller. 1. Abteilung: Texte. 2. Abteilung:
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Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
Lenz, Briefe Lenz, Werke und Briefe Liber domesticus1
Liber domesticus2
Luther-Bibel 1772 AT/Apokryphen/ NT
Erg|nzungen und Erl|uterungen. Weimar 1947 ff. – 1. Abteilung. Bd 6: Zur Farbenlehre. Historischer Teil. Bearbeitet von Dorothea Kuhn (1957); Bd 4: Zur Farbenlehre. Widmung, Vorwort und didaktischer Teil. Bearbeitet von Rupprecht Matthaei (1955); Bd 9: Morphologische Hefte. Bearbeitet von Dorothea Kuhn (1954); Bd 11: Aufs|tze, Fragmente, Studien zur Naturwissenschaft im Allgemeinen. Bearbeitet von Dorothea Kuhn und Wolf von Engelhardt (1970). – 2. Abteilung. Bd 7: Zur Geologie und Mineralogie. Von den Anf|ngen bis 1805. Erg|nzungen und Erl|uterungen. Bearbeitet von Wolf von Engelhardt unter Mitwirkung von Dorothea Kuhn (1989). Briefe von und an JÆakobæ MÆichaelæ RÆeinholdæ Lenz. Hrsg. von Karl Freye und Wolfgang Stammler. 2 Bde. Leipzig 1918. Jakob Michael Reinhold Lenz: Werke und Briefe in drei B|nden. Hrsg. von Sigrid Damm. Mtnchen, Wien 1987. Handschrift (GSA 37/N 7): Rationum Sumtuariarum sive / Rerum Oeconomicarum fere omnium / Liber / in quo data pariter atque accepta / annotata leguntur / eo tamen modo / ut / inter priora culinae sumtus / non veniant / et posteriorum respectu nil nisi / sortus forte solutae intelligantur / inchoatus. / Calendis ipsis Januarii / Anno Gratia 1753. / a / Joanne Casparo Goethe. / Sac. Caes. ac Cathol. Majestatis / imper. Germ. Consiliario / actual. ac J. U. Doctore ÆVerzeichnis der Ausgabenrechnungen und fast aller Wirtschaftsangelegenheiten, in welchem notierte Ausgaben ebenso wie Einnahmen gesammelt werden, in der Weise jedoch, daß unter obigem die Ktchenausgaben nicht erscheinen und andererseits nur das fltssige Vermugen Bertcksichtigung findet, begonnen am 1. Januar 1753 im Jahre des Heils, von J. C. Goethe, seiner kaiserlichen und katholischen Majest|t wirklicher Kaiserlicher Rat und Doktor beider Rechte; bersetzung nach dem Druck, Bd 2, S. 283æ. Druck: Johann Caspar Goethe: Liber domesticus 1753– 1779. Bd 1: Faksimile des Originals; Bd 2: bertragen und kommentiert von Helmut Holtzhauer unter Mitarbeit von Irmgard Muller. Leipzig 1973. Biblia, / Das ist: / Die ganze / Heilige Schrift / Alten und Neuen / Testamentes, / Nach der deutschen Uebersetzung / D. Martin Luthers, / mit vorgesetztem kurzen /
Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
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Inhalt eines jeden Capitels, / wie auch mit richtigen / Summarien und vielen Schrift-Stellen / auf das allersorgf|ltigste versehen, nach den bew|hrtesten und neuesten Editionen / mit grossem Fleisse ausgefertiget. / Samt / einer Vorrede /von / Hieronymo Burckhardt, / der Heil. Schrift Doctor. / Basel 1772. (Vgl. Ruppert, 384, Nr 2604.) Lyncker Carl Wilhelm Heinrich Freiherr von Lyncker: Ich diente am Weimarer Hof. Aufzeichnungen aus der Goethezeit. Zum ersten Mal vollst|ndig hrsg. / mit Anmerkungen und einem biographischen Nachwort von Jtrgen Lauchner. Kuln / Weimar / Wien 1997. Matouschek Erich Matouschek: Erkrankungen Goethes (1749 bis 1812). Stuttgart, New York 1999. Merck, Briefe1 Briefe an Johann Heinrich Merck von Guthe, Herder, Wieland und andern bedeutenden Zeitgenossen. Mit Merck’s biographischer Skizze hrsg. von Karl Wagner. Darmstadt 1835. Merck, Briefe2 Briefe an und von Johann Heinrich Merck. Eine selbst|ndige Folge der im Jahr 1835 erschienenen Briefe an J. H. Merck. Aus den Handschriften hrsg. von Karl Wagner. Darmstadt 1838. Merck, Briefwechsel Johann Heinrich Merck: Briefwechsel. Hrsg. von Ulrike Leuschner in Verbindung mit Julia Bohnengel, Yvonne Hoffmann und Amlie Krebs. 5 Bde. Guttingen 2007. Merck, Schriften Johann Heinrich Merck: Gesammelte Schriften. Bd 3: 1776–1777. Hrsg. von Ulrike Leuschner unter Mitarbeit von Amlie Krebs. Guttingen 2012. Mick Ernst Wolfgang Mick: Goethes umr|nderte Bl|ttchen. Dortmund 1982. Mtller, Briefwechsel Friedrich Mtller genannt Maler Mtller: Briefwechsel. Kritische Ausgabe. Hrsg. von Rolf Paulus und Gerhard Sauder. Unter Mitarbeit von Eckhard Faul, Ingrid Sattel Bernardini, Wolfgang Schlegel (y), Christoph Weiß, Ulrike Leuschner, August Stahl, Christof Wingertszahn. 4 Tle. Heidelberg 1998. Mtller, Kanzler Friedrich von Mtller. Unterhaltungen mit Goethe. Unterhaltungen Mit Anmerkungen versehen und hrsg. von Renate Grumit Goethe mach. 2. durchgesehene Aufl. Weimar, Mtnchen 1982. NA Schillers Werke. Nationalausgabe. Bd 1: Im Auftrag des Goethe- und Schiller-Archivs, des Schiller-Nationalmuseums und der Deutschen Akademie hrsg. von Julius Peter-
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Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
Petersen, Goethe-Stein Peucer
sen y und Gerhard Fricke. Weimar 1943. – Bd 3, 5, 8, 9, 13, 16, 22, 23, 27: Im Auftrag des Goethe- und Schiller-Archivs und des Schiller-Nationalmuseums hrsg. von Julius Petersen y und Hermann Schneider. Weimar 1948–1958. – Bd 6, 7 I, 11, 17, 18, 20, 25, 28, 29, 30, 35, 36 I, 36 II, 38 I, 42: Begrtndet von Julius Petersen. Hrsg. im Auftrag der Nationalen Forschungs- und Gedenkst|tten der klassischen deutschen Literatur in Weimar (Goethe- und Schiller-Archiv) und des Schiller-Nationalmuseums in Marbach von Lieselotte Blumenthal und Benno von Wiese. Weimar 1961–1979. – Bd 2 I, 2 II A, 4, 7 II, 10, 12, 24, 31, 32, 33 I, 34 I, 37 I, 37 II, 39 I, 40 I: Begrtndet von Julius Petersen. Fortgefthrt von Lieselotte Blumenthal und Benno von Wiese. Hrsg. im Auftrag der Nationalen Forschungs- und Gedenkst|tten der klassischen deutschen Literatur in Weimar (Goethe- und Schiller-Archiv) und des Schiller-Nationalmuseums in Marbach von Norbert Oellers und Siegfried Seidel. Weimar 1980–1991. – Bd 15 I, 26: 1940 begrtndet von Julius Petersen. Fortgefthrt von Lieselotte Blumenthal und Benno von Wiese. Hrsg. im Auftrag der Stiftung Weimarer Klassik und des Schiller-Nationalmuseums Marbach von Norbert Oellers und Siegfried Seidel y. Weimar 1992–1993. – Bd 2 II B, 5 N, 15 II, 19 I, 33 II, 34 II, 40 II, 41 I, 41 II A: 1940 begrtndet von Julius Petersen. Fortgefthrt von Lieselotte Blumenthal, Benno von Wiese, Siegfried Seidel. Hrsg. im Auftrag der Stiftung Weimarer Klassik Æab Bd 41 II A (2006): Klassik Stiftung Weimaræ und des Schiller-Nationalmuseums in Marbach von Norbert Oellers. Weimar 1993 ff. – Bd 25: Briefwechsel. Schillers Briefe 1.1.1788–28.2.1790. Hrsg. von Eberhard Haufe (1979); Bd 28: Briefwechsel. Schillers Briefe 1.7.1795– 31.10.1796. Hrsg. von Norbert Oellers (1969); Bd 31: Briefwechsel. Schillers Briefe 1.1.1801–31.12.1802. Hrsg. von Stefan Ormanns (1985). Goethes Briefe an Charlotte von Stein. Neue, vollst|ndige Ausgabe auf Grund der Handschriften im Goethe- und Schiller-Archiv. Hrsg. von Julius Petersen. 2 Bde (in drei Teilen: Bd 1; Bd 2, T. 1; T. 2). Leipzig 1923. Friedrich Peucer: Herder’s Berufung nach Weimar. In: Weimarisches Herder-Album. Jena 1845, S. 48–64.
Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
Pfeiffer-Belli
Physiognomische Fragmente Pierer
Plan der Stadt Weimar 1784 Post-Bericht 1776 Post-Bericht 1777 QuZ
RA
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Johann Caspar Goethe / Cornelia Goethe / Catharina Elisabeth Goethe: Briefe aus dem Elternhaus (Erster Erg|nzungsband der Goethe-Gedenkausgabe). Hrsg. von Wolfgang Pfeiffer-Belli. Ztrich und Stuttgart 1960. Johann Caspar Lavater: Physiognomische Fragmente, zur Befurderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Erster bis Vierter Versuch. Leipzig und Winterthur 1775– 1778. Pierer’s Universal-Lexikon der Vergangenheit und Gegenwart oder Neuestes encyclop|disches Wurterbuch der Wissenschaften, Ktnste und Gewerbe. Vierte, umgearbeitete und stark vermehrte Auflage. 19 Bde. Altenburg 1857–1865. Plan von der Ftrstlich. S|chsischen Residenz-Stadt Weimar, aufgenommen von FÆranzæ LÆudwigæ Gtssefeld. Ntrnberg 1784. (Faksimile als Beilage zum vorliegenden Band.) PostBericht, wie die Posten allhier abgehen und ankommen. In: Neueingerichteter Schreib-Calender, auf das Schalt-Jahr 1776. Weimar o. J., o. S. PostBericht, wie die Posten allhier abgehen und ankommen. In: Neueingerichteter Schreib-Calender, auf das Jahr 1777. Weimar o. J., o. S. Quellen und Zeugnisse zur Druckgeschichte von Goethes Werken. Hrsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. (T. 2–4: Hrsg. vom Zentralinstitut ftr Literaturgeschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR). 4 Tle. Berlin 1966–1984. – T. 1: Gesamtausgaben bis 1822. Bearbeiter des Bandes: Waltraud Hagen unter Mitarbeit von Edith Nahler (1966); T. 2: Die Ausgabe letzter Hand. Bearbeiter des Bandes: Waltraud Hagen (1982); T. 3: Die nachgelassenen Werke und die Quartausgabe. Bearbeiter des Bandes: Edith Nahler und Horst Nahler (1986); T. 4: Die Einzeldrucke. Bearbeiter des Bandes: Inge Jensen (1984). Briefe an Goethe. Gesamtausgabe in Regestform ÆRegestausgabeæ. Bd 1–5: Nationale Forschungs- und Gedenkst|tten der klassischen deutschen Literatur in Weimar. Goethe- und Schiller-Archiv. Herausgeber: Karl-Heinz Hahn. Redaktor: Irmtraut Schmid. Weimar 1980–1992; Erg|nzungsband zu den B|nden 1–5. Hrsg. von der Stiftung Weimarer Klassik/Goethe- und Schiller-Archiv. Bearbeitet von Manfred Koltes unter Mitarbeit von Ulrike Bi-
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Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
schof und Sabine Sch|fer. Weimar 1995; Bd 6–8: Hrsg. von der Stiftung Weimarer Klassik/Goethe- und SchillerArchiv Æab Bd 8 (2011): Klassik Stiftung Weimaræ. Bearbeitet von Manfred Koltes, Ulrike Bischof und Sabine Sch|fer. Weimar 2000–2004 und 2011. Rieger, Klinger Friedrich Maximilian Klinger. Sein Leben und Werke dargestellt von MÆaxæ Rieger. 2 Tle. Darmstadt 1880–1896. – T. 1: Klinger in der Sturm- und Drang-Periode. Mit vielen Briefen. T. 2: Klinger in seiner Reife. Mit einem Briefbuch. Rousseau, Jean-Jacques Rousseau: Julie oder Die neue Hlose. Briefe Die neue Hlose zweier Liebenden aus einer kleinen Stadt am Fuße der Alpen. Vollst|ndige Ausg. In der ersten deutschen bertragung von Johann Gottfried Gellius. Vollst|ndig tberarbeitet und erg|nzt nach der Edition Rey, Amsterdam 1761, sowie mit einer Zeittafel von Dietrich Leube. Mit Anmerkungen und einem Nachwort von Reinhold Wolff. Mtnchen 1988. Rousseau, Jean-Jacques Rousseau: Julie, ou La Nouvelle Helose. LetLa Nouvelle Helose tres de deux amans, habitans d’une petite ville au pied des Alpes. (6 Tle in 2 B|nden). Amsterdam 1762 Æerschienen 1761æ. Ruppert Goethes Sammlungen zu Kunst, Literatur und Naturwissenschaft. Hrsg. von den Nationalen Forschungs- und Gedenkst|tten der klassischen deutschen Literatur in Weimar. Goethes Bibliothek. Katalog. Bearbeiter der Ausgabe Hans Ruppert. Weimar 1958. Ruppert, Hans Ruppert: Das |lteste Verzeichnis von Goethes Biblioltestes Verzeichnis thek. In: GJb N. F. 24 (1962), 253–287. Schaeffer/Gures Goethe. Seine |ußere Erscheinung. Literarische und ktnstlerische Dokumente seiner Zeitgenossen. Hrsg. von Emil Schaeffer und Jurn Gures. Frankfurt a. M. 1999. SchGG Schriften der Goethe-Gesellschaft. Schiller-Goethe5 Friedrich Schiller, Johann Wolfgang Goethe: Der Briefwechsel. Historisch-kritische Ausgabe. Hrsg. und kommentiert von Norbert Oellers unter Mitarbeit von Georg Kurscheidt. 2 Bde. Stuttgart 2009. Schull, Goethe-Stein Guthe’s Briefe an Frau von Stein aus den Jahren 1776 bis 1826. Zum erstenmal herausgegeben durch A. Schull. 3 Bde. Weimar 1848 und 1851. Schune, Harzreise Albrecht Schune: „Harzreise im Winter“. In: Ders.: Gutterzeichen, Liebeszauber, Satanskult: Neue Einblicke
Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
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in alte Goethetexte. 3., erg|nzte Aufl. Mtnchen 1993, S. 13–52. Schrickel, Leonhard Schrickel: Geschichte des Weimarer Theaters von Weimarer Theater seinen Anf|ngen bis heute. Mit 63 Tafeln auf Kunstdruck und einer Zeichnung im Text nach alten und neuen Originalen. Weimar 1928. Schubart, Christian Friedrich Daniel Schubart: Briefwechsel. KomBriefwechsel mentierte Gesamtausgabe in drei B|nden. Hrsg. von Bernd Breitenbruch. Konstanz u. a. 2006. Schuchardt ChrÆistianæ Schuchardt: Goethe’s Kunstsammlungen. 3 Tle. Jena 1848–1849. – Erster Theil: Kupferstiche, Holzschnitte, Radirungen, Schwarzkunstbl|tter, Lithographien und Stahlstiche, Handzeichnungen und Gem|lde. Jena 1848. Schulte-Strathaus Die Bildnisse Goethes. Hrsg. von Ernst Schulte-Strathaus. Mtnchen 1910 (Supplementband zur Propyl|en-Ausgabe). Schumann, Auguste Detlev W. Schumann: Briefe aus Auguste Stolbergs Jugend. Stolberg In: GJb N. F. 19 (1957), 240–297. Seckendorff, Briefe ÆDiezmannæ: Weimarische Briefe von Sigmund von Seckendorff. Gedruckt zum 14. Januar 1865 Sessionskalender Sessionskalender mit Anwesenheitslisten der Mitglieder des Geheimen Consiliums in Sachsen-Weimar und Eisenach vom 25. Juni 1776–24. Juli 1786; in: AS 1 (1950), LXX–LXXIX. Sichardt Gisela Sichardt: Das Weimarer Liebhabertheater unter Goethes Leitung. Beitr|ge zu Bthne, Dekoration und Kosttm unter Bertcksichtigung der Entwicklung Goethes zum sp|teren Theaterdirektor (Beitr|ge zur deutschen Klassik / hrsg. von den Nationalen Forschungs- und Gedenkst|tten der klassischen deutschen Literatur in Weimar / Abhandlungen Bd 5). Weimar 1957. SprichwurterDeutsches Sprichwurter-Lexikon. Ein Hausschatz ftr das Lexikon deutsche Volk. Hrsg. von Karl Friedrich Wilhelm Wander. 5 Bde. Leipzig 1867–1880. Stapff Ilse-Sibylle Stapff: Jagd im weimarischen Land. Vom Mittelalter bis ins neunzehnte Jahrhundert. Weimar 1992. Stolberg, Briefe Friedrich Leopold Graf zu Stolberg: Briefe. Hrsg. von Jtrgen Behrens. (Kieler Studien zur deutschen Literaturgeschichte. Hrsg. von Erich Trunz. Bd 5). Neumtnster 1966. Strodtmann Briefe von und an Gottfried August Btrger. Ein Beitrag zur Literaturgeschichte seiner Zeit. Aus dem Nachlasse
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Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
Suphan Tiefurter Matine 1776
Urlichs, Charlotte Schiller Voigt von der Hellen Vulpius, „Sp|ne“ WA
Wahl, Carl Augusts Tagebuch Wahl, Goethe und Karl August Wahle, Goethe-Stein WAN
Btrger’s und anderen, meist handschriftlichen Quellen hrsg. von Adolf Strodtmann. 4 Bde. Berlin 1874. Herders S|mmtliche Werke. Hrsg. von Bernhard Suphan. 33 Bde. Berlin 1877–1913. Eine Tiefurter Matine vom Hofe der Herzogin Anna Amalia aus dem Jahre 1776. Ftr den Leipziger Bibliophilen-Tag am 3. Dezember 1911 in Druck gegeben von Carl Schtddekopf. Als Handschrift gedruckt bei Poeschel & Trepte, Leipzig, in 250 Exemplaren. ÆExemplar Nr 170: GSA 160/129æ. Charlotte Schiller und ihre Freunde. ÆHrsg. von Ludwig Urlichsæ. 3 Bde. Stuttgart 1860–1865. Goethe und Ilmenau. Unter Benutzung zahlreichen unveruffentlichten Materials dargestellt von Julius Voigt. Leipzig 1912. Eduard von der Hellen: Goethes Anteil an Lavaters Physiognomischen Fragmenten. Frankfurt a. M. 1888. Wolfgang Vulpius: „Sp|ne“ aus der Werkstatt einer neuen Gesamtausgabe von Goethes Tagebtchern und Briefen. In: GJb N. F. 27 (1965), 141–151. Goethes Werke. Hrsg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen ÆWeimarer Ausgabeæ. 143 Bde. – I. Abtheilung: Goethes Werke. 55 Bde. Weimar 1887–1918; II. Abtheilung: Goethes Naturwissenschaftliche Schriften. 13 Bde. Weimar 1890–1904; III. Abtheilung: Goethes Tagebtcher. 15 Bde. Weimar 1887–1919; IV. Abtheilung: Goethes Briefe. 50 Bde. Weimar 1887–1912. Hans Wahl: Carl Augusts Tagebuch, eine „Quelle“ zu Goethes „Briefen aus der Schweiz“. In: Funde und Forschungen. Eine Festgabe ftr Julius Wahle zum 15. Februar 1921. Dargebracht von Werner Deetjen u. a. Leipzig 1921, S. 180–192. Hans Wahl: Aus der Frthzeit der Freundschaft Goethes und Karl Augusts. In: GJb 11 (1925), 30–37. Goethes Briefe an Frau von Stein. Hrsg. von Adolf Schull. Dritte umgearbeitete Auflage besorgt von Julius Wahle. 2 Bde. Frankfurt a. M. 1899 und 1900. Goethes Werke. Weimarer Ausgabe. Nachtr|ge und Register zur IV. Abteilung: Briefe. Hrsg. von Paul Raabe. 3 Bde. Mtnchen 1990 (WA IV 51–53).
Siglen und Abksrzungen fsr Ausgaben und wiss. Literatur
WB
Witkowski, Cornelia WWA Zedler
Ztckert, Ober-Harz Ztckert, Unter-Harz
LI
Wielands Briefwechsel. 18 Bde. Berlin 1963–2005. Bd 1–2: Hrsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin/Institut ftr deutsche Sprache und Literatur (Bd 2: durch Hans Werner Seiffert); Bd 3–5: Hrsg. von der Akademie der Wissenschaften der DDR/Zentralinstitut ftr Literaturgeschichte durch Hans Werner Seiffert; Bd 6–18: Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften durch Siegfried Scheibe. – Bd 5: Briefe der Weimarer Zeit (21. September 1772 – 31. Dezember 1777). Bearbeitet von Hans Werner Seiffert (1983); Bd 6 I: Nachtr|ge zu Band 1 bis 5. berlieferung, Varianten und Erl|uterungen zu Band 3. Bearbeitet von Siegfried Scheibe (1995); Bd 6 III: berlieferung, Varianten und Erl|uterungen zu Band 5, Register zu Band 3 bis 5. Bearbeitet von Siegfried Scheibe (1995). – Bd 7 I: Januar 1887–Juni 1782. Bearbeitet von Waltraud Hagen (1992). Georg Witkowski: Cornelia, die Schwester Goethes. Mit ihren zum Theil ungedruckten Briefen und Tagebuchbl|ttern, einem Bildnis und einem Facsimile. Frankfurt a. M. 1903. Weimarische Wuchentliche Anzeigen. Grosses vollst|ndiges Universal-Lexicon Aller Wissenschaften und Ktnste, Welche bishero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden. Æ...æ. Leipzig und Halle, Verlegts Johann Heinrich Zedler. 64 Bde. 1732–1750. 4 Supplementbde. Leipzig 1751– 1754. Johann Friedrich Ztckert: Die Naturgeschichte und Bergwercksverfassung des Ober-Hartzes. Berlin 1762. Johann Friedrich Ztckert: Die Naturgeschichte einiger Provinzen des Unterharzes nebst einem Anhange von den Mannsfeldischen Kupferschiefern. Berlin 1763.
Abksrzungen in Goethes Briefen und Rechnungsbschern B. Br. d. d.
d, d., d‘. Dr. Ev., Ew. Exemp‘. f, f., fr. F., Fr. Fr‘. Frfurt H., H:, H‘, H‘., Hrn, Hrn., Hr‘. HR, HR., HRath Jfr. l. M., Mad., Mad. M., Mll., Msll. M., Mr.
Brief Bruder (in vertrauter Anrede); gelegentlich auch: Brief lat. de dato: vom Datum den (bei Angabe des Datums); gelegentlich auch: der Doktor; in der Schlussformel von Briefen gelegentlich auch: Diener Euer (in Verbindung mit ,Euer Wohlgeboren‘ o. .) Exemplar(e) franco, frank, frei Frau Fr|ulein Frankfurt a. M. Herr(n)
Hofrat Jungfer liebe(r) Madame Mademoiselle Monsieur , . lat. nota bene: Wohlgemerkt! Beachte! P, P. Paquet, Paket p, p. lat. perge: fahre fort; im Sinn von ,usw.‘ pp, p. p., pp., ppp., pppp. lat. perge perge (fahre fort, fahre fort) oder pergite (fahret fort); im Sinn von ,usw.‘ P. P., P. P. lat. praemissis praemittendis: unter Vorausschickung des Vorauszuschickenden; gemeint ist: ohne korrekte und vollst|ndige Angabe von Titel und Anrede pag, pag. lat. pagina, franz. page: Seite Pr. Prinz R., Rth Rat u, u. und v, v. von z. E., Z. E. zum Exempel
Msnze und Geldrechnung in Goethes Briefen 1775–1779 von Diedrich Deseniss Abktrzungen d‘, J‘. f g‘ Ld‘ rh, Rthlr
Pfennig („denarius“) Gulden („florin“) Groschen Louisdor Reichsthaler
Goldmtnzen Dukat Louisdor Carolin
We r t um 3 Reichsthaler Weimarisch Courant,4 Gulden 16 Kreuzer Conventionsmtnze* 5 Reichsthaler 2 Groschen Conventionsmtnze** 6 Reichsthaler 12 Groschen Weimarisch Courant
Silbermtnzen Die silbernen Hauptmtnzen kommen in Goethes Briefen von 1775 bis 1779 nicht vor: – Conventionsthaler zu 1 Reichsthaler 9 Groschen Weimarisch Courant – Laubthaler zu 1 Reichsthaler 15 Groschen Weimarisch Courant W|hrungen in Weimar: (a) Reichsthaler Weimarisch Courant, von denen 13 3/4 auf 1 Kulnische Mark*** Silber fein, 1 Reichsthaler 9 Groschen Weimarisch Courant entspricht 1 Conventionsthaler (b) Reichsthaler Conventionsmtnze, von denen 13 1/3 auf 1 Kulnische Mark*** Silber fein, 1 Reichsthaler 8 Groschen Conventionsmtnze entspricht 1 Conventionsthaler in Frankfurt am Main: (a) Gulden (rheinisch), von denen 24 auf 1 Kulnische Mark*** Silber fein, 2 Gulden 24 Kreuzer (rheinisch) entspricht 1 Conventionsthaler (b) Gulden im 22-Gulden-Fuß, von denen 22 auf 1 Kulnische Mark*** Silber fein, 2 Gulden 12 Kreuzer im 22-Gulden-Fuß entspricht 1 Conventionsthaler
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Msnze und Geldrechnung in Goethes Briefen
(c) Gulden Conventionsmtnze, von denen 20 auf 1 Kulnische Mark*** Silber fein, 2 Gulden Conventionsmtnze entspricht 1 Conventionsthaler Rechenstufen 1 (Reichs-)Thaler = 24 Groschen = 288 Pfennig 1 Gulden = 60 Kreuzer = 240 Pfennig ________________ * Kaiserliches Patent vom 23. M|rz 1771 ftr kaiserliche, kurbayerische und salzburgische Dukaten ** Amtlicher Kurs in Weimar ftr uffentliche Kassen seit 1771 *** 1 Kulnische Mark = 233,8 Gramm
BRIEFE 8. NOVEMBER 1775 – ENDE 1777
KO M M EN TA R
1. An Philipp Erasmus Reich
Weimar, 8. November 1775 ! ÆLeipzigæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/389,I. – 1 Bl. 18,4622,4 cm, 8 Zeilen beschr., egh., Tinte; Rs. Empfangsvermerk, Tinte: „1775. 9br. 12. Weimar / Goethe.“; Rs. unten von fremder Hd, Tinte: „An den Buchh|ndler Reich (Weidmanns Erben und Reich) / in Leipzig.“ E: Ungedrucktes. Zum Druck befurdert von Albert Cohn. Berlin 1878, S. 75. WA IV 3 (1888), 1, Nr 366. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Philipp Erasmus Reich (1717–1787) war Buchh|ndler und Verleger in Leipzig. Dort hatte ihn Goethe w|hrend seiner Studienzeit kennen gelernt; 1774 hatte er ihm den Verlag von Johann Caspar Lavaters aufw|ndigem mehrb|ndigen Werk „Physiognomische Fragmente“ verschafft. In den meisten der aus den Jahren 1775 bis 1777 tberlieferten Briefen Goethes an Reich geht es um den Druck dieses Werks. ber die im vorliegenden Band wiedergegebenen 17 Briefe hinaus sind etliche weitere bekannt, aber nicht tberliefert (vgl. EB 20, 42, 51, 65, 107, 112, 118, 174, 177, 185 f., 189, 197–200, 203 f.). – ber Goethes Beziehung zu Reich vgl. auch die einleitende Erl|uterung zum Brief vom 20. Februar 1770 (GB 1 II, Nr 67). 3,2 neulich um einige Schrifften Hamans gebeten] Ende Oktober hatte Goethe noch von Frankfurt aus um Zusendung mehrerer Schriften des Kunigsberger Sprach- und Religionsphilosophen Johann Georg Hamann gebeten (vgl. GB 2 I, Nr 272 sowie die Erl|uterungen dazu). Einige der Titel finden sich in Goethes Bibliothek, auch der im vorliegenden Brief genannte (vgl. Ruppert, 132, Nr 932). Wann Goethe das Buch erhalten hat, ist nicht bekannt. Bezahlt wurde es offenbar aber erst zwei Jahre sp|ter, wie eine Rechnung der Reichschen Buchhandlung tber 3 Reichstaler vom 29. November 1777 belegt (vgl. GR/Belege 1778, 1, Bl. 31). 3,3 Postwagen] Die Postkutsche, die zwar im Unterschied zum reitenden Postboten langsamer unterwegs war, aber nicht nur Briefe, sondern auch grußere Gegenst|nde transportieren konnte. 3,4 A p o l o g i e d e s B u c h s t a b e n s H . ] Neue Apologie des Buchstaben h. Oder: Ausserordentliche Betrachtungen tber die Orthographie der Deutschen von H. S. Schullehrer ÆJohann Georg Hamannæ. Zweite verbesserte Æd. i. erste und einzigeæ Ausgabe. Pisa Æd. i. Frankfurt a. M.æ 1773.
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BRIEF 2
2. An Augusta Louise Gr|fin zu Stolberg-Stolberg mit Christian Graf zu Stolberg-Stolberg ÆFrankfurt a. M.æ, 20. ÆSeptemberæ –Weimar, 22. November Æ1775æ ! ÆUetersenæ DAT I E RU N G
Die fehlende Jahresangabe und der Monat lassen sich aus dem Inhalt des Briefes erschließen: Er wurde in Frankfurt begonnen (vgl. zu 3,9; zu 3,10) und in Weimar (4,13) beendet, wo Goethe am 7. November 1775 eingetroffen war (vgl. 4,15–16). Auch die inhaltlichen Beztge zu Goethes Brief an Augusta zu Stolberg vom 14. bis 19. September 1775 (GB 2 I, Nr 263) belegen das Jahr (vgl. die erste Erl|uterung zu 3,8). BERLIEFERUNG
H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: 25749, ehemals Slg Brockhaus. – 1 Bl. 19,2622,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Nachschrift von Christian Graf zu Stolbergs Hd, Tinte (Petitdruck). E: Goethe-Stolberg1 (1839), 111 f., Nr 9 (Brief Goethes) und 114, Nr 10 (Nachschrift Christian Graf zu Stolbergs). WA IV 2 (1887), 304–306, Nr 365 (ohne Nachschrift; wahrscheinlich nach Goethe-Stolberg2 [1881], 39–42, Nr 9; Textkorrektur nach H in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50 [1912], 213). ERLUTERUNGEN
Ein nicht tberlieferter Brief Augusta zu Stolbergs wahrscheinlich von Ende Oktober 1775 scheint Goethe nicht erreicht zu haben (vgl. Antwortbrief, Erl|uterung zu Zeile 12). – Augusta zu Stolbergs Antwort vom 9. Dezember 1775, deren zweiter Teil an Christian zu Stolberg gerichtet war, hat Goethe ebenfalls nicht erreicht (abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erl|uterungen, vgl. auch RA 1, 63 f., Nr 56). Mit Augusta Louise Gr|fin zu Stolberg-Stolberg (1753–1835) stand Goethe seit Ende Januar 1775 in brieflichem Kontakt. Die Adressatin war das ftnfte von zwulf Kindern des Grafen Christian Gtnther zu Stolberg-Stolberg und dessen Ehefrau Charlotte Friederike Christiane, einer geborenen Gr|fin zu Castell-Remlingen. Zur Zeit, als Goethe an Augusta zu Stolberg schrieb, lebte diese als Konventualin des Adeligen Damenstifts in Uetersen im d|nisch regierten Herzogtum Holstein. Zu Augusta zu Stolberg vgl. ausfthrlicher die einleitende Erl|uterung zum Brief etwa vom 18. bis 30. Januar 1775 (GB 2 II, Nr 188). Der vorliegende Brief ist der neunte von insgesamt 19 tberlieferten Briefen an diese Adressatin, der Goethe niemals persunlich begegnete. Der engste briefliche Kontakt zu ihr bestand in den ersten acht Monaten nach Beginn der Korrespon-
SEPTEMBER–NOVEMBER 1775
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denz, als Goethe, der noch immer im Frankfurter Elternhaus wohnte, sich mit der ungeliebten T|tigkeit als Anwalt plagte und gerade die Bekanntschaft Anna Elisabeth (Lili) Schunemanns gemacht hatte, eine Krisensituation durchlebte. Die Briefpartnerin im fernen Uetersen wurde ftr ihn zur Vertrauten seines spannungsreichen Verh|ltnisses zu ,Lili‘, das mit der Trennung des Paares und Goethes Weggang aus Frankfurt im Herbst desselben Jahres endete (vgl. Antwortbrief, Erl|uterung zu Zeile 12). Im Vergleich zur Anfangszeit nahm die Intensit|t des Briefwechsels nach Goethes bersiedlung nach Weimar merklich ab, auch wurden die Briefe mit Ausnahme desjenigen vom 17. bis 24. Mai 1776 (Nr 114) immer ktrzer. 1775 schrieb Goethe aus Weimar nur einmal an Augusta zu Stolberg (Nr 2), 1776 immerhin noch ftnfmal (Nr 40, 78, 104, 114, 161), 1777 und 1778 jeweils noch einmal (Nr 279 und 342). Aus dem Jahr 1779 ist kein Brief an Augusta tberliefert. Schon im letzten der im vorliegenden Band mitgeteilten Briefe, dem Brief vom 27. M|rz 1778 (Nr 342), wechselt Goethe in der Anrede vom vertrauten ,du‘ zum unpersunlichen ,Sie‘ (vgl. 201,14–15). Die folgenden beiden Briefe an Augusta zu Stolberg stammen vom 3. Juni 1780 und vom 4. M|rz 1782 (vgl. WA IV 4, 226, Nr 960; 5, 275, Nr 1425) und haben inhaltlich und sprachlich kaum noch etwas gemein mit den gefthlsbetonten, bekenntnishaften Briefen aus dem Anfangsjahr der Bekanntschaft. Danach brach die Korrespondenz mit der Uetersener Konventualin ab. Nach mehr als vierzig Jahren, in einem Brief vom 15. bis 23. Oktober 1822, wandte sich Augusta Louise, nunmehr verwitwete Gr|fin von Bernstorff, noch einmal an Goethe, um dessen Seelenheil sie als gl|ubige Christin besorgt war (H: GSA 28/192; gedruckt bei Behrens, 51–55, Nr 20). Goethe antwortete am 17. April 1823 (vgl. WA IV 37, 18–20, Nr 17). – Augusta zu Stolbergs Briefe an Goethe sind mit zwei Ausnahmen (vgl. RA 1, 63, Nr 56 und Behrens, 51–55, Nr 20) nicht tberliefert; sie wurden wahrscheinlich in einem der von Goethe von Zeit zu Zeit veranstalteten Autodafs vernichtet (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 4). Der erste hier mitgeteilte Brief Goethes, am 20. September in Frankfurt begonnen und am 22. November 1775 in Weimar beendet (vgl. Datierung), kntpft inhaltlich und sprachlich an die vorangehenden Briefe dieses Jahres an. Doch l|sst der in Weimar geschriebene knappe und abrupt endende Schlussteil bereits erkennen, dass sich Goethe gedanklich von seiner Briefpartnerin entfernt hat, ihre Bedeutung ftr ihn zu schwinden beginnt. Im Mai 1776 schreibt Goethe zwar noch einmal einen langen Brief (Nr 114), in dem er den Tagebuchstil der Frankfurter Briefe wieder aufnimmt, doch bleibt dies eine Ausnahme, die keine Fortsetzung findet. Der am 28. August 1776, dem Tag von Goethes 27. Geburtstag, begonnene tagebuchartige Brief an Augusta zu Stolberg ist wesentlich ktrzer und endet mit dem Ausdruck kaum verhohlener Entt|uschung tber das Verhalten ihres Bruders Friedrich Leopold, der auf die Ernennung zum weimarischen Kammerherrn durch Carl August zun|chst zustimmend reagiert hatte, dann aber mit einer
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endgtltigen Antwort zu lange zugerte (vgl. zu 100,24). Auch auf das Zerwtrfnis zwischen Goethe und Klopstock wird im Schlussteil angespielt (vgl. zu 101,3–4; zur Sache vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 266). 3,8 Wieder angefangen] Damit kntpft Goethe unmittelbar an den tagebuchartigen Brief vom 14. bis 19. September 1775 an (GB 2 I, Nr 263), dessen Schlussteil am 19. September Nachts Achte (GB 2 I, 217) geschrieben wurde. 3,8 Mittwoch d‘. 20.] Zu erg|nzen ist ,September‘; 1775 fiel der 20. September auf einen Mittwoch (vgl. Datierung). 3,9 Ball bis sechs] Als Goethe den vorliegenden Brief begann, fand gerade die Frankfurter Messe statt, die zahlreiche Besucher in die Stadt fthrte. W|hrend dieser Zeit wurden noch h|ufiger als sonst Gesellschaften veranstaltet, was Goethes Verh|ltnis zu Anna Elisabeth Schunemann zus|tzlich belastet zu haben scheint (vgl. AA DuW 1, 633 f. [19. Buch]). – Goethe war am 19. September 1775 nach 20 Uhr zum Ball gegangen, wie er der Adressatin in seinem vorhergehenden Brief geschrieben hatte (vgl. GB 2 I, 217). 3,10 einem sssen Mwdgen] Wahrscheinlich mit Bezug auf das ,Offenbacher M|dchen‘, wie es in der |lteren biographischen Goethe-Forschung genannt wird, muglicherweise Justine Elisabeth Nagel (vgl. GB 2 II, zu 215,28–29). Im Brief vom 17. September hatte Goethe angektndigt: Ich geh doch auf den Ball einem sssen Geschtpfe zu lieb Æ:::æ Lili geht nicht. (GB 2 I, 217.) 3,12 recht lieben und edlen weiblichen Seelen] Gemeint sein kunnten u. a. Johanna Fahlmer und weitere Frankfurter Freundinnen wie Antoinette und Catharina Gerock oder die Schwestern Anna Sibylla und Susanne Magdalene Mtnch sowie Catharina und Franciska Crespel, Letztere seit 1774 verheiratete Jacquet, die Tuchter eines Frankfurter Juwelenh|ndlers (vgl. GB 2 II, zu 7,6–7; zu 7,11). Goethe machte zu dieser Zeit auch die Bekanntschaft verschiedener Besucherinnen der Messestadt, darunter wahrscheinlich die der Herzogin Charlotte Amalie von Sachsen-Meiningen und die der Markgr|fin Sophie Caroline Maria von Brandenburg-Bayreuth (vgl. GB 2 II, zu 214,7). 3,17 Prinzen von Meinungen] ,Meinungen‘ ftr ,Meiningen‘ (nach lat. Meinunga Porta Franconia: Meinungen, die Pforte Fankens). – August Friedrich Carl Wilhelm und Georg Friedrich Carl von Sachsen-Meiningen, die sich mit ihrer Mutter, Herzogin Charlotte Amalie von Sachsen-Meiningen, in Frankfurt aufhielten. Goethe war den Prinzen, die von einer Reise durch die Schweiz und Frankreich zurtckkehrten, schon am 2. Februar 1775 in Frankfurt und danach am 25. Mai 1775 in Straßburg begegnet (vgl. BG 1, 314 und 337). 3,18 Comtdie] Da es in Frankfurt damals kein stehendes Theater gab, kunnen nur Auffthrungen von zur Messezeit in der Stadt gastierenden Wanderbthnen und Orchestern gemeint sein (vgl. GB 2 II, zu 24,5–6). ,Comudien‘-Besuche erw|hnt Goethe auch in seinem vorangehenden Brief (vgl. GB 2 I, 216,29; 217,10–11; 217,26).
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3,18 Lili] Anna Elisabeth (Lili) Schunemann, mit der Goethe etwa seit Ostern inoffiziell verlobt war und der er sich bis Mitte September noch immer ,versprochen‘ fthlte (vgl. GB 2 II, zu 214,29–30). Mit seinem Weggang aus Frankfurt luste Goethe die Verbindung endgtltig (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Z 1). 3,18–19 sieben Worte] Mit Bezug auf die sieben letzten S|tze Jesu Christi am Kreuz in den vier Evangelien. – Goethe konnte sicher sein, dass die Adressatin auch die wurtliche Bedeutung seiner Anspielung assoziiert hat: „Vatter, vergieb ihnen! denn sie wissen nicht, was sie thun.“ (Lukas 23,34; Luther-Bibel 1772 NT, 91.) – „Wahrlich, ich sage dir, heute wirst du mit mir im paradies seyn.“ (Lukas 23,43; ebd.) – „Weib, siehe, das ist dein sohn“ und „Siehe, das ist deine mutter.“ ( Johannes 19,26–27; ebd., 118.) – „Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Markus 15,34; ebd., 56.) – „Mich dtrstet.“ ( Johannes 19,28; ebd., 118.) – „Es ist vollbracht!“ ( Johannes 19,30; ebd.) – „Vatter, ich befehle meinen geist in deine h|nde.“ (Lukas 23,46; ebd., 91.) 3,20 wohl] Hier in der Bedeutung ,angemessen‘, ,auf gehurige Art‘ (vgl. Adelung 4, 1592). 3,21 neuen Rock vom Schneider] ,Rock‘ hier wohl „ein langes Oberkleid“, eine Jacke, im Unterschied zu „dem noch l|ngern und weitern Mantel“; nach Adelung wurde bei „dem m|nnlichen Geschlechte Æ:::æ zuweilen die ganze obere Kleidung, mit Inbegriff der Weste, der Rock genannt“ (Adelung 3, 1138). Als seine gewuhnliche Bekleidung erw|hnt Goethe im Brief an Augusta zu Stolberg vom 13. Februar 1775 seinen grauen Biber-Frack (GB 2 I, 164,10–11). – Goethe ließ zur damaligen Zeit bei dem Frankfurter Schneider Georg Philipp Eberhardt arbeiten. Unter dem 4. Oktober 1775 findet sich im Rechnungsbuch folgender Eintrag: Schneider Eberhardts Rechnung zugelegt. (GR/RB 1775, Bl. 17.) Wahrscheinlich hat Goethe die hier erw|hnte Bestellung aber erst sp|ter bezahlt, wie der Brief vom 18. M|rz 1776 an Johanna Fahlmer nahelegt (vgl. zu 43,12). 3,22 in Lion sticken lassen] ,Lion‘ |ltere Schreibweise ftr ,Lyon‘. – Die Lyoner Seiden- und Bortenweberei sowie die Gold- und Seidenstickerei waren bis zum Ausbruch der Franzusischen Revolution in ganz Europa berthmt; Lyoner Stickereien galten als besonders fein und als Statussymbol (vgl. Marita Bombek: Kleider der Vernunft. Die Vorgeschichte btrgerlicher Pr|sentation und Repr|sentation in der Kleidung. Mtnster 2005, S. 241 f.). 3,23 eines Manns von Geist] Wer damit gemeint ist, konnte nicht gekl|rt werden. – Nach dem Erscheinen des „Gutz von Berlichingen“ 1773 und vor allem der „Leiden des jungen Werthers“ im Herbst 1774 war Goethe schlagartig berthmt geworden. Fremde, die nach Frankfurt kamen, suchten seine Bekanntschaft und ließen sich bei ihm melden, wie z. B. der Buchh|ndlerlehrling Gottlieb Christian Gutz aus dem pf|lzischen Winterburg, der Goethe am 15. oder 16. September 1775 besuchte und am 30. seinen Eltern dartber schrieb: „Herrn Guthe und
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Hofrat Deinet Æ:::æ habe ich auch gesprochen Æ:::æ. Bei ersterem siehet es vornehm aus und man glaubt in das Haus eines Ministers zu kommen. Sein Besuch- oder vielmehr Audienzzimmer ist nie leer, immer wechselt einer den andern ab. Guthe ist aber wirklich sehr inkommodiert, denn jeder Reisender will ihn kennen lernen. Er hat sich aber jetzo auf den Fuß gesetzt, nur viermal wuchentlich Audienz zu geben, und zwar des Vormittags“ (GJb N. F. 2 [1937], 217). 3,24–4,1 Perruckenm.] Pertckenmacher (Perruquier); Goethe verwendet die Form ,Perrucke‘ – in Anlehnung an franz. perruque – gelegentlich in der frthen Zeit (vgl. 12,27). – Pertckenmacher, in Frankfurt zumeist aus Frankreich eingewanderte Hugenotten, fertigten nicht nur Pertcken, sondern frisierten und schnitten auch die nattrlichen Haare. Pertcken galten im 18. Jahrhundert auch im Btrgertum als Bestandteil der ,anst|ndigen‘ Kleidung. Nach „Dichtung und Wahrheit“ hat Goethe in seiner Straßburger Studentenzeit auch im Alltag eine Pertcke getragen: Ich hatte zwar sehr schtne Haare, aber mein Straßburger Friseur versicherte mir sogleich, daß sie viel zu tief nach hinten hin verschnitten seyen und daß es ihm unmtglich werde, daraus eine Frisur zu bilden Æ:::æ. Hierbey bleibe nun nichts sbrig, als mir eine Haartour gefallen zu lassen, bis der natsrliche Wachsthum sich wieder nach den Erfordernissen der Zeit hergestellt habe. Æ:::æ Da ich aber vom frshen Morgen an so aufgestutzt und gepudert bleiben und mich zugleich in Acht nehmen mußte, nicht durch Erhitzung und heftige Bewegung den falschen Schmuck zu verrathen; so trug dieser Zwang wirklich viel bey, daß ich mich eine Zeit lang ruhiger und gesitteter benahm, mir angewthnte, mit dem Hut unterm Arm und folglich auch in Schuh und Strsmpfen zu gehen Æ:::æ. (AA DuW 1, 307 [9. Buch].) 4,3 tolles Zeug] Anspielung auf die B|lle und Gesellschaften, mit denen sich Goethe zerstreute. An Lavater schrieb er am 27. September 1775 tber das gottlose Geschwwrmme der Tage (GB 2 I, 218). 4,4 Altessen] Franz. altesse: Hoheit. – Neben den Prinzen und der Herzogin von Sachsen-Meiningen hielt sich seit dem 20. September auch Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, der sich auf der Reise nach Karlsruhe zu seiner Hochzeit mit Louise von Hessen-Darmstadt befand, in Frankfurt auf. Er blieb bis zum 29. September und erneuerte seine Einladung an Goethe, nach Weimar zu kommen (vgl. GB 2 II, zu 219,17). 4,6 Sept.] Verschrieben ftr ,Oktober‘ (vgl. Datierung). 4,6–7 in wunderbaaren Kwlten und Wwrmen] Wohl im Sinne von ,im Wechselbad der Gefthle‘; ,wunderbar‘ hier ftr ,seltsam‘ (vgl. Grimm 4, 1622). – Anspielung auf die bergangssituation, in der sich Goethe damals befand, weil er im Begriff stand, seine Heimatstadt zu verlassen. 4,7–8 Ich erwarte den Herzog] Die Hochzeit zwischen Herzog Carl August und Louise von Hessen-Darmstadt hatte am 3. Oktober 1775 in Karlsruhe statt-
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gefunden. Auf der Rtckreise nach Weimar kam das Paar durch Frankfurt, wo es vom 12. bis 14. Oktober Station machte (vgl. GB 2 II, zu 219,6–7). 4,8–9 Gemahlinn Louisen von Darmstadt] Auf der Reise in die Schweiz hatte Goethe w|hrend eines Zwischenaufenthaltes in Karlsruhe vom 17. bis 23. Mai 1775 seine im Dezember 1774 geschlossene Bekanntschaft mit Herzog Carl August erneuert und auch dessen Braut Louise von Hessen-Darmstadt kennen gelernt (vgl. GB 2 II, zu 192,3). 4,9–10 Ich geh mit ihm nach Weimar.] Goethe ging davon aus, dass er bei Carl Augusts Rtckreise aus Karlsruhe mit diesem zusammen nach Weimar reisen wtrde. 4,10 Deine Brsder kommen auch hin] Christian und Friedrich Leopold zu Stolberg hatten im Mai 1775 in Karlsruhe ebenfalls die Weimarer Prinzen kennen gelernt und planten daher, auf ihrer Rtckreise von der Schweiz nach Kopenhagen in Weimar Station zu machen. Friedrich Leopold hatte am 24. Mai 1775 an Klopstock geschrieben: „Der Herzog von Weimar u: sein Bruder kamen noch 2 Tag vor unsrer Abreise an. Beide haben mir gefallen.“ (Stolberg, Briefe, 44.) Die Stolbergs trafen am 26. November 1775 in Weimar ein und blieben bis zum 3. Dezember. 4,11 Mein Herz ist sbel dran.] Der bevorstehende Abschied aus Frankfurt bedeutete auch die endgtltige Trennung von Anna Elisabeth Schunemann, was Goethe schwer belastete (vgl. den Brief Augusta zu Stolbergs an ihren Bruder Christian vom 9. Dezember 1775; abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erl|uterungen). 4,12 Wann kommst du nach Hamburg?] Wie schon in vorangehenden Briefen an Augusta zu Stolberg deutet Goethe damit an, muglicherweise gemeinsam mit Christian und Friedrich Leopold zu Stolberg nach Hamburg zu reisen (vgl. GB 2 II, zu 201,16). Allerdings kam das in Aussicht gestellte Treffen mit der Adressatin nie zustande, so dass an der Ernsthaftigkeit des Vorsatzes gezweifelt werden darf. – Augusta hielt sich damals noch auf Schloss Bernstorff bei Kopenhagen auf. Mitte Oktober reiste sie nach Uetersen zurtck, wo sie am 9. November 1775 eintraf, zwei Tage nach Goethes Ankunft in Weimar. Die Brtder trafen sich auf ihrer Heimreise nach Kopenhagen am 24. Dezember 1775 mit ihr in Hamburg. Johann Heinrich Voß schrieb am 28. Dezember 1775 aus Hamburg an seine Braut Ernestine Boie, Friedrich Leopold zu Stolberg habe ihm „vieles von Lavater, Goethe, Wieland, Voltaire u. s. w. erz|hlt Æ:::æ. Der Herzog von Weimar ist ein vortreflicher Mann. Er hat Goethe Æ:::æ nicht so bald weglassen wollen; sonst w|re er mit nach Hamburg gekommen.“ (Briefe von Johann Heinrich Voß nebst erl|uternden Beilagen. Hrsg. von Abraham Voß. Bd 1. Leipzig 1840, S. 292.) Nach einem Treffen mit ihren Brtdern in Hamburg Ende Dezember 1775 erkrankte Augusta ftr mehrere Monate, wovon Goethe allerdings erst sehr viel sp|ter erfuhr (vgl. zu 51,1).
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4,13 Weimar] Goethe war am 7. November 1775 in Weimar eingetroffen (vgl. zu 116,10). 4,15–16 im Treiben und Weben des Hofs] An Johanna Fahlmer schrieb Goethe am gleichen Tag: Wie eine Schlittenfahrt geht mein Leben, rasch weg und klingelnd und promenirend auf und ab (5,13–14; vgl. auch den Brief vom 21. Dezember 1775 an Lavater [7,7–8]). ber Goethes Leben in Weimar schrieb Wieland am 25. Dezember 1775 an Lavater: „Der Herzog (dem er ÆGoetheæ fast unentbehrl. worden ist) das Schrittschuh-Fahren, die Jagd und Reitparthien, die Assembleen, kurz der Hof nimmt ihm fast alle seine Zeit.“ (WB 5, 458.) 4,21 Hier wirds uns recht wohl Æ:::æ guten Leuten] ber den Weimarer Aufenthalt und die Bekanntschaften der Brtder berichtet Friedrich Leopold zu Stolberg seiner Schwester Henriette Bernstorff am 6. Dezember 1775 aus Dessau: „Auf dieser Reise hat mir, außer der Schweiz, und freilich auch Hamburg ausgenommen, kein Ort so gefallen, wie Weimar. Ich will Dir die Hauptpersonen beschreiben. Der Herzog ist ein herrlicher achtzehnj|hriger Junge, voll Herzens-Feuer, voll deutschen Geistes, gut, treuherzig, dabei viel Verstand. Engel Luischen ist Engel Luischen. Die verwittwete Herzogin, eine noch schune Frau von sechsunddreißig Jahren, hat viel Verstand, viel Wtrde, eine in die Augen fallende Gtte, so ganz ungleich den ftrstlichen Personen, die im Steifsein Wtrde suchen; sie ist charmant im Umgang, spricht sehr gut, scherzt fein und weiß auf die schunste Art einem etwas Angenehmes zu sagen. Prinz Constantin ist ein herziges feines Btbchen. Eine Frau von Stein, Oberstallmeisterin, ist ein allerliebstes, schunes Weibchen. Wir waren gleich auf dem angenehmsten Fuß dort; es ward uns sehr wohl und ihnen ward auch wohl bei uns. Den Vormittag waren wir entweder bei Guthe oder Wieland, oder ritten mit dem Herzog auf die Jagd oder spazieren. Von zwei bis ftnf Uhr waren wir bei Hof. Nach Tisch wurden kleine Spiele gespielt, blinde Kuh und Plumpsack. Von sieben bis neun war Concert oder ward vingt-un ÆEinundzwanzig, franzusisches Kartenspielæ gespielt. Einmal war Maskerade. Einen Nachmittag las Guthe seinen halbfertigen Faust vor. Ein herrliches Sttck. Die Herzoginnen waren gewaltig gerthrt bei einigen Scenen. Den vorletzten Abend (d. 2.) waren wir bei Prinz Constantin; der Herzog, der Statthalter von Erfurt, ein trefflicher Mann von Verstand, Guthe und viele Cavaliere vom Hofe assen mit uns. Da wir bald abgegessen hatten und recht guter Dinge waren, uffnete sich plutzlich die Thtre und siehe, die Herzogin Mutter mit der schunen Frau von Stein traten feierlich in die Stube, jede ein drei Ellen langes Schwert aus dem Zeughause in der Hand, um uns zu Rittern zu schlagen. Wir setzten uns nieder und die beiden Damen gingen vertraut um den Tisch herum, von einem zum andern. Nach Tisch wurde lange blinde Kuh gespielt. Einigen steifen Hofleuten waren wir, glaub’ ich, ein Dorn im Auge, aber alle guten waren uns herzlich gut.“ (Stolberg, Briefe, 65 f.; vgl. erg|nzend Friedrich Leopold zu Stolberg-
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Stolberg an Jacob Michael Reinhold Lenz, 3. Februar 1776; Lenz, Briefe 1, 173.) 4,22 Wolf ] Diesen Namen ftr Goethe gebrauchten die Stolbergs gelegentlich als Ausdruck besonderer Vertraulichkeit (vgl. Augustas Antwortbrief, abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erl|uterungen). 4,23 HWieland] ber Goethes Verh|ltnis zu Wieland vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 84. – Die Brtder Stolberg kamen als literarische ,Widersacher‘ Wielands nach Weimar, w|hrend sie in Goethe einen Verbtndeten gefunden zu haben glaubten: „Der Ritter mit der eisernen Hand und sein Dichter, sind beydes brave M|nner“, „die ihre Knie nicht vor Wieland oder andern Guzen gebeugt haben“, hatte Christian zu Stolberg am 2. August 1773 im Namen des Guttinger Hainbundes, dem die Brtder angehurten, an den verehrten Klopstock geschrieben (Klopstock, Briefe HKA 6 I, 82), der das Sttck „eben so gut so o r i g i n a l“ fand wie Stolberg selbst (Brief an Johann Heinrich Voß und Carl Friedrich Cramer, 19. September 1773; GJb XXXIII [1912], 11). Das Drama veranlasste sie, Goethe der eigenen ,patriotischen‘ Partei zuzurechnen, die wie Klopstock und der gesamte Hainbund gegen die franzusischen Einfltsse in der deutschen Literatur, insbesondere in Wielands Werken, zu Felde zog. Vor ihrer Begegnung mit Wieland finden sich mehrfach negative Bemerkungen tber den Dichter in den Briefen der Stolbergs. So schrieb Friedrich Leopold am 19. November 1774 an Johann Martin Miller: „Und wer sind die gef|hrlichen Feinde? Wieland ist der einzige den es der Mthe werth w|re in Staub zu treten.“ (Stolberg, Briefe, 36.) Nach der Begegnung wandelte sich sein Urteil tber Wieland; am 27. November 1775 schrieb er an Lavater: „Wieland gef|llt mir, er hat doch gewiß viel Gutes“ (ebd., 62). An seine Schwester Henriette Bernstorff schrieb er am selben Tag: „Wir sind einige Stunden bei Wieland gewesen. Ich meine, er war Anfangs embarassirt, wir setzten ihn aber und er uns vullig notre aise. Guthe, welcher sein uffentlicher Widersacher war, ist nun sein Freund. Zu unserer Verwunderung dachten wir tber so viele Sachen gleich; er sprach so herzlich von meinem Homer und meinem Lavater und meinem Guthe, daß mein Herz jeden alten Groll vergaß und ich die Vernunft, welche freilich viel sagen kunnte, einschl|ferte. Æ:::æ Glaube nicht, daß ich Wieland’s vertrauter Freund sein muchte, dazu werde ich immer zuviel griefs gegen ihn haben, aber ftr einen eben so interessanten als angenehmen Mann, und ftr einen Mann, dessen Herz viel gute Seiten hat, muß ich ihn halten.“ (Ebd., 64 f.; vgl. auch Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg an Jacob Michael Reinhold Lenz, 3. Februar 1776; Lenz, Briefe 1, 173; zum Verh|ltnis zwischen den Stolbergs und Wieland insgesamt vgl. Jtrgen Behrens: Wieland und die Brtder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg-Stolberg. In: Jahrbuch des Wiener Goethe Vereins. Bd 65. Wien 1961, S. 45–67.) 4,23–24 bras dissus, bras dessous] Franz. tre bras dessus, bras dessous: ein Herz und eine Seele sein.
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4,24 Oberg] Augustas Vertraute, die Uetersener Stiftsdame Anna Metta Baronesse von Oberg (vgl. GB 2 II, zu 179,5). Augusta Gr|fin zu Stolberg-Stolberg an Goethe und Christian Graf zu StolbergStolberg in Weimar tersen, 9. XII. 1775
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Abends 10 Uhr. Dank meine Lieber Goethe ftr Ihr Bl|tgen, daß mir sehr lieb war, aber auch herzlich mußte ich lachen, da Sie sagen ein neues Kleid mache Ihnen so viel Freude, und eine mislungene Frisur verdruß – bin ich doch ein M|dchen Goethe, und kaum geht’s so weit bey mir – ein niedliches Kleid von stßer Farbe macht mir zwar izt Freude, und die Besezung daran besch|ftigt mich des Abends, wenn ich nicht mehr an Christels weste arbeiten kan; aber – mit einem wort Goethe Sie sind vieleicht in den Sttk mehr M|dchen als ich – Huren Sie Goethe Sie kunten wohl mit nach Hamburg kommen, und es ahndet mir halb, daß Sie mich tberraschen werden, daß ist so Ahndung daß es ein dißapointment seyn wird, wenn Sie nicht kommen. aber Sie sagen mir ja nicht ein wort, ob Sie meine Epistel erhalten haben – eine rechte Epistel war’s, denn ich hatte wenigstens 3 Wochen dran geschrieben – mir gehts gut, ich lebe mit einer stßen Freundin und Lebe und webe in den Gedanken daß ich meinen Christel, und meinen Friz bald wiedersehn und umarmen werde – Sind’s doch gar zu Liebe Jungens! ich bin aber recht krank geweßen. adieu mein guter Wo l f – bleiben Sie mein Freund, und glauben Sie daß ich den lebhaftesten Antheil an allem nehme waß Ihnen Freude oder Schmerz macht – wollte Gott daß Sie einmal recht gltklich w|ren! Gustchen Bester Christel hier sind ein paar worte ftr unsern Wolf, den ihr mitbringen solt – daß es dir so wohl geht, und ihr so in Freuden lebt, freut mich, aber ich wollte ich h|tte euch schon. die Zeit wird mir gar zu lang, und doch wenn ich an das leere denke daß ich empfinden werde, wenn ich mich wieder von euch getrennt habe, so mugte ich meine izige unruhe, die von der angenehmsten Aussicht herkomt, verl|ngern kunnen – ich bin krank gewesen mein Christel, habe viel gelitten, freute mich aber oft, daß ihr mich nicht leiden saht – izt bin ich beßer, kan nur noch nichts eßen, – daß mugte denn meinetwegen immer so bleiben, wenn nur nicht nach allen waß ich esse oder trinke schmerz k|me – aber doch bin ich viel beßer, und arbeite viel wieder an deiner Weste – die Arbeit macht mich gar zu gltklich. und warum? wie will ich mich freun wenn wir erst zusammen sind! o Christel wenn wir immer zusammen Leben kunten! wahrlich unsre Seelen sind ganz ftr einander geschaffen, davon bin ich immer mehr tberzeugt – H|tt ich euch doch erst ihr Jungens – laßt das M|del nicht zu lange zappeln – ist Goethe weg, so schik ihn mein Bl|ttgen
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nach – mucht doch den Goethe vor mein Leben gerne sehn – adieu bester ich drtke dich fest fest an mein Herz – Schwester Ob[erg] ktßt ihren Frater Christian. d[en] 10. Heute bin ich viel beßer! (Zitiert nach: Schumann, Auguste Stolberg, 287–289; H: Rigsarkivet Kopenhagen.) – Wahrscheinlich wurde der vorliegende Antwortbrief, den Christian zu Stolberg Goethe aush|ndigen sollte, den Brtdern Stolberg, die schon am 4. Dezember 1775 Weimar in Richtung Dessau und Berlin verlassen hatten, nachgesandt. Daher blieb der Brief, der Goethe nicht erreichte, erhalten und wurde nicht in einem der sp|teren Autodafs, die Goethe von Zeit zu Zeit veranstaltete, vernichtet (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 4). 3 Ihr Bl|tgen] Goethes Bezugsbrief vom 20. September bis 22. November 1775 (Nr 2). 10 mit nach Hamburg kommen] Vgl. zu 4,12. 11 dißapointment] Von franz. dsappointement: ,Strich durch die Rechnung‘, Entt|uschung. 12 meine Epistel] Nicht tberlieferter Brief, mit dem Augusta zu Stolberg wahrscheinlich auf Goethes Brief vom 14. bis 19. September 1775 (GB 2 1, Nr 263) geantwortet hatte und den sie im Brief vom 20. November an ihren Bruder Christian erw|hnt: „Lili verheirathet! o mein armer Goethe! ich habe seit 6 Wochen keine Zeile von ihn, ich muß aber sagen ich habe seinen lezten Brief erst nach 5 Wochen beantwortet. Daß war aber auch ein Brief der seine! Æ:::æ und oft war er außer sich, wenn er von Lili sprach, denn wieder so z|rtlich ftr mich – unteranderm sagt er, er kunne es sich nicht denken daß jemals die Zeit kommen kunte, da er die Hofnung Lilli zu besizen, aufgeben mtßte – und izt ist die Zeit da – o der arme Goethe!“ (Schumann, Auguste Stolberg, 285 f.) Anna Elisabeth Schunemann ging erst im Sommer 1776 eine neue Verlobung ein und heiratete 1778 den Straßburger Bankier Bernhard Friedrich von Ttrckheim (vgl. zu 82,14–15). – Da Goethe auch im Weimarer Briefteil vom 22. November die „Epistel“ Augustas nicht erw|hnt, scheint er sie nicht erhalten zu haben. 14 stßen Freundin] Anna Metta Baronesse von Oberg. 3. An Matthias Fuchs und den Kirchenvorstand der deutschen reformierten Gemeinde in Frankfurt a. M. Weimar, 22. November 1775 ! Frankfurt a. M. ZUM ADRESSAT E N
Wie aus der Anrede hochgeehrteste Herren (4,27–28) am Anfang des Briefes hervorgeht, ist der Brief nicht nur an Matthias Fuchs persunlich, sondern an die gesamte Diakonie der deutschen reformierten Gemeinde in Frankfurt gerichtet.
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BERLIEFERUNG
H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: 6. – 1 Bl. 19,1623 cm, beim ffnen besch|digt, 2/3 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Siegelreste und Adresse: An Herrn / Handelsmann Fuchs / auf dem Rtmerberge / Franckfurt. – Beischluss zu Nr 4. E: Berichte Æ:::æ des Freien Deutschen Hochstiftes ftr Wissenschaften, Ktnste und allgemeine Bildung in Goethe’s Vaterhause. 30. Oktober 1864. Flugblatt 30 und 31, S. 133. WA IV 3 (1888), 2 f., Nr 368. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Matthias Fuchs d. J. (1738–1812) war Weinh|ndler in Frankfurt (vgl. Dietz, Handelsgeschichte 4 I, 314), außerdem erster Diakon der dortigen deutschen reformierten Gemeinde. In der evangelischen und der reformierten Kirche obliegt den Diakonen die Aufgabe, sich um die Kirchenverwaltung und um soziale Belange zu ktmmern (Armen- und Krankenpflege). – Der vorliegende Brief ist der einzige tberlieferte Brief Goethes an den Adressaten. Briefe von Fuchs an Goethe sind nicht bekannt. Goethes mttterliche Freundin Susanna von Klettenberg war am 13. Dezember 1774 gestorben (vgl. weiter tber sie die einleitende Erl|uterung zum Brief Goethes an sie vom 26. August 1770 [GB 1 II, Nr 74]). In ihrem Testament hatte sie Ernestina und Carl Ludwig Friedrich von Trtmbach, die „zwei Kinder meiner im Leben sehr wert gewesenen Schwester“ (Hermann Dechent: Goethes Schune Seele Susanna Katharina v. Klettenberg. Gotha 1986, S. 168) Maria Magdalena und ihres Schwagers, des hessischen Regierungsrates Philipp Rudolf Freiherrn von Trtmbach in Gelnhausen, zu Erben eingesetzt, ebenso ihre Tante Maria Franziska von Klettenberg. Als Testamentsvollstrecker fungierten die Vorsteher der Diakonie der Frankfurter deutschen reformierten Gemeinde. Goethe war von Trtmbach und Maria Franziska von Klettenberg mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt worden. Zwei gerichtliche Eingaben Goethes vom 7. April 1775 ftr Trtmbach und vom 21. April 1775 ftr Frau von Klettenberg sind tberliefert (vgl. Georg Ludwig Kriegk: Deutsche Kulturbilder aus dem 18. Jahrhundert. Nebst einem Anhang: Goethe als Rechtsanwalt. Leipzig 1874, S. 514 f., 515–517). In beiden F|llen bemthte sich Goethe, die Vollstreckung des Testaments, insbesondere im Hinblick auf das fortgeschrittene Alter der Tante, die 1776 starb, zu beschleunigen. Mit Bescheid vom 6. September 1775 wurden schließlich die Erben in den Nachlass eingesetzt. Die Mobilien von Susanna von Klettenberg wurden uffentlich versteigert. Der Erlus ging im Januar 1776 an die Erben (vgl. ebd., S. 517). 4,27 Herr v. Trsmbach] Philipp Rudolf von Trtmbach.
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4,27–28 hochgeehrteste Herren] Gemeint sind die Mitglieder des Kirchenvorstands (Diakonie) der deutschen reformierten Gemeinde in Frankfurt. 4,28–5,1 seinen Brief und Promemoria] Nicht tberliefert. – Promemoria: Denkschrift, Eingabe. 5,1 meinem Vater zugeschickt] Trtmbachs Brief ging offenbar als Beischluss zu EB 9 nach Frankfurt (vgl. 5,22–23). 5,3 Ladenzinses] Ladenzins: Ladenmiete (vgl. Adelung 2, 1866). Um wessen Gesch|ftsr|ume es geht, konnte nicht ermittelt werden. 5,3 Ao.] Lat. anno: im/vom Jahr. 5,4–5 Frohnische Legat] Dartber konnte nichts ermittelt werden. 5,5 300 f im 22 f Fus] Der 22-Gulden-Fuß war in Frankfurt neben dem 20und dem 24-Gulden-Fuß in Gebrauch; er entstand aus der Wtrdigung des Konventionstalers zu 33 der alten Batzen statt zu 30 in Konventionsmtnze (nach freundlicher Auskunft von Diedrich Deseniss, Hamburg). 5,11 Dr] Diener. 4. An Johanna Fahlmer
ÆWeimaræ, 22. November 1775 ! ÆFrankfurt a. M.æ
BERLIEFERUNG
H: Princeton University Library, Sign.: Bx 1, F 10. – 1 Bl. 19623 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. rechter Rand rotes Siegel und Adresse: Msll. Fahlmer; Vs. unter dem Text am linken Rand quer zur Schreibrichtung von Johanna Fahlmers Hd, Tinte: „Nro 1“ (Z|hlung vermutlich bezogen auf die Briefe Goethes nach dessen Eintreffen in Weimar am 7. November 1775); Rs. linker Rand Besch|digung des Papiers durch ffnen des Siegels, geringer Textverlust (vgl. 5,26). – Beischltsse: Brief mit franztschem Couvert (5,22; vgl. die erste Erl|uterung zu 5,23). – Faksimile: Auktions-Katalog von C. G. Boerner, Auktion 87 am 19./20. Februar 1907, S. 34. E: Goethe-Fahlmer (1875), 99–101, Nr 38. WA IV 3 (1888), 1 f., Nr 367. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Johanna Fahlmer (1744–1821), die Stieftante der Brtder Johann Georg und Friedrich Heinrich Jacobi, im Familienkreis und von Goethe ,Tante‘ oder ,T|ntchen‘ genannt, lebte seit Juni 1772 in Frankfurt und verkehrte dort mit Goethes Eltern und im Freundeskreis um Goethes Schwester Cornelia. Bis zu ihrer Heirat mit Johann Georg Schlosser im Jahr 1777 nach dem Tod Cornelias unterhielt Goethe ein freundschaftlich-vertrauliches Verh|ltnis zu ihr; danach kthlte die Be-
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BRIEF 4
ziehung auf beiden Seiten ab. Der Brief vom 16. November 1777 (Nr 305) zeugt von Goethes Irritation tber die Nachricht von Johanna Fahlmers Verlobung mit Schlosser. – Vgl. des Weiteren die einleitende Erl|uterung zum Brief aus der zweiten H|lfte M|rz (?) 1773 (GB 2 II, Nr 19). In GB 2 I sind 38 Briefe Goethes an die Adressatin aus dem Zeitraum von M|rz 1773 bis Oktober 1775 von insgesamt 50 tberlieferten gedruckt; der vorliegende Band enth|lt die tbrigen 12 Briefe, deren letzter vom 16. November 1777 stammt. Briefe von Johanna Fahlmer an Goethe haben sich nicht erhalten; Goethe hat sie vermutlich verbrannt (vgl. sein Tagebuch, 2. und 9. Juli 1797 [GT II 1, 119 und 120] sowie die „Tag- und Jahres-Hefte“ ftr 1797 [WA I 35, 73]). 5,13 Wie eine Schlittenfahrt geht mein Leben] Erste Beschreibung von Goethes Weimarer Leben. Erst gut zwei Wochen zuvor, am 7. November 1775, war er auf Einladung des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach in der Stadt eingetroffen. Anfang des Monats hatte er sich noch auf der Reise nach Italien befunden, da der weimarische Kammerherr Johann August Alexander von Kalb, der Goethe nach Weimar begleiten sollte, erst versp|tet in Frankfurt eintraf (vgl. GB 2 II, zu 219,17). – Das Bild der Schlittenfahrt hatte Goethe schon im Brief an Anna Catharina Fabricius? vom 14. Oktober 1770 benutzt: Genung mein ietziges Leben ist vollkommen wie eine Schlittenfahrt, prwchtig und klinglend, aber eben so wenig fsrs Herz, als es fsr Augen und Ohren viel ist. (GB 1 I, 204.) 5,15 solche Schulen] Hier mit Bezug auf die Weimarer Erfahrungen umfassender ftr ,Schulen des Lebens‘; analog zu „Schule der Geduld, des Gehorsams“ (Adelung 3, 1678; vgl. auch 67,14–15). 5,16 neuen Schwung] In seinen Briefen an Johanna Fahlmer aus den Monaten vor der Abreise nach Weimar Anfang November 1775 hatte Goethe sein Leben immer wieder als Folge unauflusbar scheinender Verworrenheiten (GB 2 I, 210) beschrieben, mit Blick auf seine berufliche Zukunft in der ungeliebten Advokatent|tigkeit, vor allem aber bezogen auf seine schwierige Beziehung zu seiner inoffiziellen Verlobten Anna Elisabeth Schunemann: Mein Herz immer wie ein Strumpf, das wussre zu innerst, das innre zu wuserst gekehrt. (GB 2 I, 212 f.) Im Brief an Gottfried August Btrger vom 18. Oktober 1775 spricht Goethe zusammenfassend von den zerstreutesten, verworrensten, ganzesten, vollsten, leersten, krwfftigsten und lwppischten drey Vierteliahren die ich in meinem Leben gehabt habe. Was die menschliche Natur nur von Wiedersprschen sammeln kann, hat mir die Fee Hold oder Unhold Æ:::æ zum Neujahrsgeschenck von 75 gereicht Æ:::æ. (GB 2 I, 222.) 5,17 Wirthschafft] Hier im Sinn von ,Lebensfthrung‘, ,Lebensverh|ltnisse‘; in Anlehnung an die im 18. Jahrhundert noch verbreitete Bedeutung des Wortes: „Inbegriff Æ:::æ aller h|uslichen Gesch|fte“ (Adelung 4, 1577). 5,18 wunderlich Aufsehn machts hier] Goethe, dessen Aufenthalt in Weimar
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anfangs nur als Besuch geplant war, fand zun|chst eine gute Aufnahme, nicht nur bei Wieland, der enthusiastisch urteilte, Goethe sei „der beste liebenswertheste Mensch, den ich kenne“ (Brief an Johann Georg Meusel, 16. November 1776; WB 5, 442), sondern allgemein: „Je ne suis du tout point surpris que Mr. Guthe ait pl generalement Weimar.“ (H: Archiv der BBAW. – Es tberrascht mich gar nicht, daß Herr Goethe in Weimar allgemein Anklang gefunden hat.) So antwortete Johann Georg Zimmermann am 29. Dezember 1775 auf einen entsprechenden Bericht in einem nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins. Dies |nderte sich, als klar wurde, dass Goethe ein ungewuhnlich vertrautes Verh|ltnis mit Herzog Carl August verband und dass er in Weimar bleiben werde. Nicht nur sein ,kraftgenialisches‘ Treiben mit dem Herzog stieß auf Befremden und Ablehnung (vgl. u. a. Charlotte von Steins Brief an Johann Georg Zimmermann vom 6. M|rz 1776, abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 57), die ihn bevorzugende Behandlung durch den Herzog fthrte auch dazu, dass der Neuankummling in den etablierten Kreisen des Hofes und der Beamtenschaft als missliebiger Konkurrent wahrgenommen wurde, wie z. B. vom Wirklichen Geheimen Rat Jacob Friedrich von Fritsch, dem Vorsitzenden des Geheimen Consiliums, der aus Protest gegen die Aufnahme Goethes in dieses Gremium im April 1776 zun|chst seinen Rtcktritt erkl|rte. 5,19 Schreiben Sie mir ein Wort.] Briefe von Johanna Fahlmer an Goethe sind nicht tberliefert. 5,19 Wieland ist gar lieb] Dies war nicht selbstverst|ndlich, nachdem Goethe Wieland wiederholt angegriffen hatte, etwa in seiner Farce „Gutter Helden und Wieland“ (1773). Goethes Verh|ltnis zu Wieland war ambivalent gewesen. Einerseits erkannte er ihn (neben Shakespeare und Adam Friedrich Oeser) als einen seiner wchten Lehrer an (Brief an Philipp Erasmus Reich, 20. Februar 1770; GB 1 I, 188). Andererseits mochte Goethe den als herablassend empfundenen „Vater-Ton“ Wielands ihm gegentber nicht (vgl. Johanna Fahlmers Brief an Friedrich Heinrich Jacobi, etwa 6. oder 7. Mai 1774; JB I 1, 230). Aber es gab auch poetische Differenzen. So richtete sich die genannte Farce gegen Wielands Art der Rezeption der Antike: Ich turlupinire ihn auf eine garstige Weise sber seine moderne Mattherzigkeit in darstellung iener Riesengestalten der marckigen Fabelwelt. (Brief an Gottlob Friedrich Ernst Schunborn vom 1. Juni bis 4. Juli 1774; GB 2 I, 96.) Als Goethe sich Mitte Dezember 1774 in einem nicht tberlieferten Brief aus Mainz, wo er sich mit Herzog Carl August und dessen Bruder Constantin aufhielt, erstmals persunlich an Wieland wandte, teilte er diesem lediglich mit, „daß Gn. die Bratwtrste mit den Prinzchen vortreflich schmeckten, u. daß er wtnsche, liebden Wieland w|ren auch dabei“ (aufgezeichnet im Tagebuch von Carl Bertuch unter dem 14. Oktober 1809; H: GSA 6/3069; vgl. weiter GB 2 II, zu 149,14). Wieland nahm dies auf, wie es gemeint war, n|mlich als Zeugnis daftr, „que le Seigneur Goethe n’a eu d’autre
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ide que de se mocquer de moy.“ (Brief an Carl Ludwig von Knebel, 24. Dezember 1774; WB 5, 322. – dass der große Herr Goethe nichts anderes im Sinne gehabt hat, als sich tber mich lustig zu machen.) Vgl. auch die einleitende Erl|uterung zu Nr 84. 5,20 seinen Kindern] 1775 lebten vier Kinder in Wielands Familie: Sophie Catharina Susanne (damals 7 Jahre alt), Maria Carolina Friederika (5 Jahre), Regina Dorothea (4 Jahre), Amalia Augusta (zweieinhalb Jahre). 5,21 Sein Weib] Anna Dorothea geb. Hillenbrand. 5,21 la Roche] Sophie von La Roche; mit ihr war Wieland von 1750 bis 1752 verlobt. 5,22 Mama] Catharina Elisabeth. – Auch Sophie von La Roche pflegte Goethe in seinen Briefen ,Mama‘ zu nennen. 5,22 Briefe mit franztschem Couvert] Vermutlich handelte es sich um ,franzusische Briefe‘, also um Briefe aus Frankreich. ,Couverts‘ wurden jeweils individuell ftr jeden Brief gefaltet. Konfektionierte Briefumschl|ge wurden erst ab 1820 verwendet; spezifisch franzusische oder andere Umschl|ge gab es nicht (nach freundlicher Mitteilung von Frank Gnegel, Museum ftr Kommunikation Frankfurt a. M.). In Goethes Postsendelisten sind Briefe unter dem 11. Oktober 1775 an einen Monsieur Michel Ain Bertrandt et Compagnie (vgl. GB 2 I, EB 237) sowie unter dem 10. bzw. 14. November 1775 an einen Monsieur Georg und einen Monsieur Schenck (vgl. EB 3 und EB 6) verzeichnet. 5,22–26 Hier kommt Æ:::æ schicken maÆg.æ] Der Text wurde von Goethe mit zwei Klammern und drei dtnnen diagonalen Strichen als obsolet gekennzeichnet, nachdem er sich, wie aus dem Schluss des Briefes hervorgeht, entschlossen hatte, die beiden erw|hnten Briefe nicht als Beilagen zum vorliegenden Brief zu versenden, sondern seinem nicht tberlieferten Brief an seinen Vater vom selben Datum (EB 9) beizulegen. 5,23 einer] Es scheint sich um einen Brief von Philipp Rudolf von Trtmbach zu handeln (vgl. zu 4,28–5,1), der mit dem Testament Susanna von Klettenbergs zu tun hat; er ist nicht tberliefert. 5,23 Papa] Johann Caspar Goethe. 5,24 Diakres] Die Diakone der deutschen reformierten Gemeinde in Frankfurt (vgl. zu 4,27–28 sowie die einleitende Erl|uterung zu Nr 3). – Franz. diacre: Diakon. 5,25 die Sache] Susanna von Klettenbergs Testament (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 3). 5,25 das Trumbachische Geld] Vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 3. 5,26 Brief an sie] Nr 3. 5,27 Gerocks] Die Familie Johann Georg Gerocks. Die Tuchter, vor allem Antoinette Gerock, gehurten zu den Jugendfreundinnen Goethes und seiner Schwester Cornelia.
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5,27 die Max] Maximiliane Brentano geb. La Roche. Goethe hatte die Tochter Sophie von La Roches 1772 kennen gelernt und sich in sie verliebt. Seit Januar 1774 war sie mit dem Frankfurter Kaufmann Peter Anton Brentano ungltcklich verheiratet (vgl. GB 2 II, zu 92,3–4; zu 95,3). 6,3 obige bestellung an Papa] Vgl. 5,23–26. 6,3–4 ich will ihm selbst schreiben] Vgl. EB 9. 6,4 Friz war kranck] Friedrich Heinrich Jacobi war Anfang November 1775 lebensgef|hrlich erkrankt. Vgl. seinen Brief an Wieland vom 23. November 1775 ( JB I 2, 32) sowie Elisabeth Jacobis Brief an Heinrich Arnold Kopstadt vom 29. November 1775 ( JB II 2, 28). 6,5 Ich schreib ihm auch wohl noch heut.] Ein solcher Brief an Friedrich Heinrich Jacobi ist nicht tberliefert. Goethes n|chster tberlieferter Brief an ihn stammt erst vom 2. Oktober 1782. 5. An Carl Ludwig von Knebel ÆWeimar, 30. November, 1. oder 3. Dezember 1775?æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Der Brief wurde w|hrend des Aufenthalts der Grafen Friedrich Leopold und Christian zu Stolberg in Weimar geschrieben, der vom 26. November bis zum 4. Dezember 1775 w|hrte. Es geht offensichtlich um eine Verabredung Knebels (und Goethes) mit den Brtdern am Abend (6,7). Dem Inhalt nach kann der Brief nicht am Ankunftstag der Stolbergs geschrieben worden sein, ebenso nicht am 27. und 28. November, da Goethe zum Gefolge des Herzogs gehurte, das am 27. November in Erfurt tbernachtete und laut Fourierbuch erst in der folgenden Nacht „um 2. Uhr“ wieder in Weimar eintraf (FB 1775, S. 285). Am 29. November waren die Stolbergs abends zur ftrstlichen Tafel geladen (vgl. FB 1775, S. 286); den Abend des 2. Dezember verbrachten sie bei Prinz Constantin und den Abend des 3. Dezember, den Vorabend ihrer Abreise, allein mit Goethe und Wieland (vgl. Friedrich Leopold zu Stolberg an Henriette von Bernstorff, 6. Dezember 1775; Janssen 1, 63). Ftr die abendliche Verabredung k|men demnach der 30. November sowie der 1. und der 3. Dezember 1775 in Frage. Am letzten Tag ihres Aufenthalts in Weimar waren die Stolbergs bei Hof zur Mittagstafel gebeten, zusammen mit Knebel und ohne Goethe (vgl. FB 1775, S. 290). Bei dieser Gelegenheit h|tten sie von Knebel erfahren kunnen, dass dieser am Abend verhindert sei, und Goethe h|tte ein gemeinsames Abendessen mit den Stolbergs und Wieland arrangieren kunnen. Muglicherweise also stammt der vorliegende Brief vom 3. Dezember 1775; nicht auszuschließen ist jedoch, dass er bereits am 30. November oder am 1. Dezember 1775 geschrieben wurde.
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BRIEF 6
BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin, Sign.: Ms. Germ. 4 ) . 521, Bl. 8. – 1 Bl. 16,7610,8 cm, Bordtre mit gereihtem Dreiblatt auf drei Balken (vgl. Mick, Nr 4), 1/2 S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben links von fremder Hd, Bleistift: „8.“, in der Mitte von fremder Hd, Tinte: „No 1“, rechts von fremder Hd, Bleistift: „8“, am linken Seitenrand quer zur Schreibrichtung von fremder Hd, Tinte: „51“, rechts neben der Paraphe von fremder Hd, Tinte: „erste Zeit in / W.“ – In einem 6,5(–8,5) cm starken Konvolut mit schwarzem Ledereinband (23,5629 cm). Auf dem vorderen Deckel des Konvoluts das Wappen der kuniglich preußischen Bibliothek. Auf dem Rtcken des Konvoluts oben in Goldpr|gung „GOETHE / Briefe / an / Knebel.“; unten ein rotes Lederschildchen mit der Signatur: „Ms. Germ. / Quart. 521.“ Auf der Innenseite des vorderen Deckels mit Tinte: „Acc. 3083.“, auf dem Vorsatzblatt oben ebenfalls mit Tinte: „Ms. Germ. 4 ) . 521.“ Kein Titelblatt. 22 eingebundene (nicht paginierte) starke Zwischenbl|tter mit Jahreszahlen. 485 Bl|tter; Paginierung oben rechts mit Bleistift, oben links Nummerierung meist mit Bleistift nach Guhrauers Druck 1851 (vgl. E). Bl|tter einzeln auf Falz geklebt; Papier mtrbe, teilweise mit aufgeklebten, durchsichtigen Papierstreifen restauriert. Wassersch|den, besonders in den Jahrg|ngen 1828–1830. Siegel auf den Adress-Seiten oft dreieckig ausgeschnitten, Ausschnitt meist unter der Adresse aufgeklebt. Nach Bl. 467 unpaginiertes Zwischenblatt mit der Aufschrift in Tinte: „Undatirte Briefe, No. 1–4, als Nachtrag gedruckt, auf pag. 411. 412. des Briefwechsels zwischen Guthe und Knebel Ævgl. Eæ, Bd 2. Leipz. 1851. 8 ) ; und No. 5–14, ungedruckte“. Auf der Innenseite des hinteren Deckels mit Bleistift: „482 gez Bll. / 485 gez Bll; dazu Bll. 441a u. 449a“. E: Goethe-Knebel 1 (1851), 9, Nr 8. WA IV 3 (1888), 4, Nr 371. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Carl Ludwig von Knebel (1744–1834), seit Oktober 1774 Erzieher des weimarischen Prinzen Constantin, war in den ersten zehn Weimarer Jahren Goethes vertrautester Freund, sein Urfreund (WA I 4, 83), was u. a. an einer Eigenschaft Knebels lag, die Goethe im Brief an Charlotte von Stein vom 29. Oktober 1780 Mittlerschafft (WA IV 4, 326) nannte. Vgl. weiter die einleitende Erl|uterung zum Brief vom 28. Dezember 1774 (GB 2 II, Nr 175). – Der vorliegende Band enth|lt acht Briefe an Knebel. Bisher wurde diesem Zeitraum ein weiterer Brief zugewiesen, der im Erstdruck auf „1775?“ datiert wurde (vgl. Goethe-Knebel 1, 10, Nr 9), in der WA „zwischen 27. November und 3. Dezember 1775“ (WA IV 3, 3, Nr 370):
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Frau v Stein hat jetzt schon Antwort von mir. Heute thun wir alle wohl in unsern Hthlen zu bleiben. – Es geht eins nach dem andern hin, singt die christliche Kirche. Unser Dichter von der Ostsee ist zu diesen trsben u kurzen Tagen recht erwsnscht gekommen. Lebe recht wohl. G (H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw [Krakau], Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin.) – Dieser Brief wurde immer wieder herangezogen, um zu belegen, dass Goethe bereits vor dem 7. Januar 1776 (vgl. Nr 18) Briefe an Charlotte von Stein geschrieben habe. Die Datierung auf Ende November/Anfang Dezember 1775 ist jedoch falsch. Der Brief stammt von Dezember 1807; bei dem Dichter von der Ostsee handelt es sich nicht, wie bisher angenommen, um Friedrich Leopold zu Stolberg, sondern um Zacharias Werner. Vgl. im Einzelnen die Datierung des Briefes in GB Rep (WA-Nr 00370). 6,7 Grafen] Friedrich Leopold und Christian zu Stolberg-Stolberg, die auf der Rtckreise aus der Schweiz in Weimar Station machten. Die Hinreise im Mai 1775 hatten sie in Begleitung Goethes angetreten. 6,7 Parthie] Was geplant war, konnte nicht ermittelt werden. 6,9 verhunzen] Versttmmeln, verderben; „nur in den niedrigen Sprecharten tblich“ (Adelung 4, 1065). 6. An Johann Gottfried Herder Weimar, etwa 12. Dezember 1775 ! Btckeburg DAT I ERU N G
Dem Schluss des Briefes nach zu urteilen (vgl. 6,17–18), war Goethe bei der Niederschrift das aktuelle Datum nicht gegenw|rtig. In Caroline Herders „Erinnerungen“ heißt es: „Unterm 12ten December 1775 erhielt er durch Guthe eine vorl|ufige Anfrage: ,ob er die Stelle als Generalsuperintendent zu Weimar annehmen wolle‘.“ (1, 251.) Vermutlich hat sie das von Goethe angegebene Datum der Niederschrift des Briefes aus der zeitlichen Distanz ohne das relativierende etwa (6,17) genannt. Nicht auszuschließen ist allerdings, dass Caroline Herder vom Empfangsdatum sprach; in diesem Fall w|re der Brief vermutlich kurz vor oder nach Goethes Aufenthalt in Kochberg vom 6. bis 9. Dezember 1775 geschrieben worden. Die Befurderungsdauer von Post von Weimar nach Btckeburg scheint in der Regel etwa vier Tage betragen zu haben. So weist Herders Brief aus Weimar an Philipp II. Ernst zu Schaumburg-Lippe vom 19. Februar 1781 ein Pr|sentatum vom 23. Februar auf (vgl. HB 4, 337).
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BRIEF 6
BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin. – 1 Bl. 19623,7(–23,9) cm, 1/3 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Herrn / Consistorialrath Herder / nach / Bsckeburg; Bl. am linken und rechten Rand in der Mitte beschnitten, vermutlich zum Herauslusen des Siegels; Vs. am oberen Rand links von fremder Hd, Bleistift: „6.“, rechts daneben Stempel: „Herder.“, in der Mitte von fremder Hd (Heinrich Dtntzer oder Ferdinand Gottfried von Herder?, Herausgeber von E), Bleistift: „(13)“. E: Aus Herders Nachlaß 1 (1856), 54, Nr 13. WA IV 3 (1888), 4, Nr 372. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief (vgl. die erste Erl|uterung zu 6,14) ist nicht tberliefert. ber die Beziehung zwischen Goethe und Johann Gottfried Herder vgl. die einleitende Erl|uterung zum Brief aus der Zeit zwischen Ende April und Mitte Mai 1771 (GB 1 II, Nr 80). – Der vorliegende Brief ist der erste einer Reihe von Briefen Goethes an Herder, in denen es um dessen Berufung als sachsen-weimarischer Generalsuperintendent geht. Diese Stelle war seit dem Tod Siegmund Baschs vakant, der sie bis 1771 innegehabt hatte. Der erste Anstoß zu dem Vorhaben, Herder nach Weimar zu holen, ging nach Goethes eigenem Bekunden von Wieland aus, der hoffte, in Herder einen Mitarbeiter des „Teutschen Merkur“ gewinnen zu kunnen (vgl. 13,16–17). Wieland seinerseits hatte von Friedrich Heinrich Jacobi in einem Brief vom 23. November 1775 den Rat erhalten: „Sorgen Sie nur, daß wir gute Mitarbeiter im kritischen Fache bekommen. Guthe selbst und Herder w|ren eigentlich die Leute, welche der Herr zu uns senden mtßte.“ (WB 5, 445.) Herder war seit 1771 Oberprediger und Konsistorialrat in Btckeburg, seit April 1775 auch Superintendent. Die Gelegenheit, ihn zur Annahme des Angebots zu bewegen, war gtnstig. Denn von Anfang an hatte er sich in schaumburg-lippischen Diensten ungltcklich gefthlt. So litt er unter sozialer und wissenschaftlicher Isolation: „Hier ist Nichts!“, schrieb er am 17. August 1771 an Caroline Flachsland. „Nicht Herr, nicht Freund, nicht Mensch, nicht Leben!“ (HB 2, 59.) Und etwa am 23. November 1771 an dieselbe: „Arbeiten kann ich hier nichts! Alle Glieder sind mir erfroren! Es muß erst, ich weiß nicht, woher, Frthlingswind wehen u. mich heben!“ (HB 2, 109.) An diesem Missbehagen |nderten auch die guten Beziehungen nichts, die Herder zur Gr|fin Marie zu Schaumburg-Lippe unterhielt und zu den neu gewonnenen Freunden, dem Altphilologen und Professor der Beredsamkeit in Guttingen Christian Gottlob Heyne und dessen Frau Therese. Seinem Dienstherrn, dem Grafen Wilhelm zu Schaumburg-Lippe, und dessen vorwiegend milit|rischen Interessen und F|higkeiten stand
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er umso distanzierter gegentber. Herder machte den Grafen ftr die Verh|ltnisse im Lande verantwortlich, die er in seinem Brief an Caroline Flachsland vom 22. Juni 1771 beschrieb: „U[e]brigens herrscht hier in dem kleinen L|ndchen ein solcher Despotismus, eine solche kriechende u. garstige Kleinheit, als ich selbst in den Despotischten Æsicæ Orten nicht gefunden“ (HB 2, 36). Schon frth erwog Herder deshalb Muglichkeiten der Ver|nderung. Bereits ein Jahr nach seinem Amtsantritt schrieb er, nach Gespr|chen mit Heyne, in einem Brief an Caroline Flachsland vom 23. Mai 1772: „Man hat mich in Gutt[ingen] auf alle Weise dahin bereden wollen.“ (HB 2, 173.) Einen furmlichen Ruf „zum 4ten Prof[essor] Ordinar[ius] der Theol[ogie] und Universit|tspred[iger]“ (Brief an Johann Georg Hamann, 25. August 1775; HB 3, 202) in Guttingen erhielt Herder erst im August 1775. Allerdings gab es Widerstand gegen Herders Berufung, der dazu fthrte, dass er auf Anordnung des Kunigs von Großbritannien (zugleich Kurftrst von Hannover) zun|chst bei einem Kolloquium der theologischen Fakult|t seine Rechtgl|ubigkeit unter Beweis stellen sollte, was er vehement ablehnte. Dies war die Situation, in der Herder den vorliegenden Brief erhielt: „Den Tag, da die zweite Antwort aus London Æmit der Aufforderung zum Kolloquiumæ kam (mich ging die Sache von Anfang nicht an u. ich wtnschte, daß sie zurtckginge) kam mir Guthens Brief aus Weimar zur dortigen Gener[al]Superint[endentur].“ (Brief an Jacob Michael Reinhold Lenz, 9. M|rz 1776; HB 3, 256.) Das Weimarer Angebot erleichterte es Herder, auf die Guttinger Stelle Verzicht zu tun, auch wenn er die Verhandlungen dartber nicht sogleich furmlich abbrach. Noch im Januar 1776 erkl|rte sich Herder unter bestimmten Bedingungen bereit, in Guttingen ein Promotionsverfahren zu absolvieren und in Hannover eine Probepredigt zu halten. Erst als er am 1. Februar das Schreiben des Pr|sidenten des Weimarer Oberkonsistoriums Carl Friedrich Ernst von Lyncker vom 24. Januar 1776 (HN, XXXVII 74) in H|nden hatte, in dem Herzog Carl August ihm offiziell den Antrag machen ließ, das Amt eines sachsen-weimarischen Oberhofpredigers, Oberkonsistorial- und Kirchenrats sowie Generalsuperintendenten zu tbernehmen, beendete Herder die Guttinger Bewerbung. Mit seinem Antwortbrief an Lyncker vom 3. Februar 1776 (vgl. HB 3, 253) nahm er den Antrag an und trat – nach berwindung einiger Widerst|nde von Seiten des konservativ-orthodoxen Weimarer Oberkonsistoriums – sein Amt am 1. Oktober 1776 an. – Vgl. ftr den gesamten Zusammenhang Peucer; Haym 1, 709–748; Keßler 1, 11–52. 6,12 der Herzog bedarf eines General Superintendenten] In der evangelisch-lutherischen Kirche war der Superintendent ein „Geistlicher, welcher die Aufsicht tber die Geistlichen und Pfarrherren eines gewissen Kreises oder Bezirkes hat, ftr diese die erste Instanz ist, selbst aber unter dem General-Superintendenten der Provinz, oder auch unter einem Ober-Consistorio stehet. Er ist in der evangelischen Kirche ungef|hr das, was ein Bischof in der Rumischen ist“ (Adelung 4, 506).
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BRIEF 7
6,13 die Zeit] Verktrzt ftr ,die Zeit her‘, im Sinne von ,seither‘. 6,13 Plan auf Gtttingen] Vgl. die einleitende Erl|uterung. Was den Ruf nach Guttingen anging und die daftr zur Bedingung gemachte Prtfung, so teilte Herder am 28. Dezember 1775 Christian Gottlob Heyne mit, dass er ftr ein mtndliches Kolloquium nicht zur Verftgung stehe, lediglich zu einer uffentlichen, schriftlichen Stellungnahme bereit sei (vgl. HB 3, 234 f.). Nach Erhalt des vorliegenden Briefes konnte er hinzuftgen: „Vielleicht ktssen wir Sie bald in Guttingen Æ:::æ. Vielleicht wirds Durchreise; noch aber wissen wir nichts. Dies sub rosa.“ (HB 3, 236.) 6,14 Schreib mir ein Wort.] Ein entsprechender Brief Herders an Goethe ist nicht tberliefert. Caroline Herder berichtet jedoch in den „Erinnerungen“, ihr Mann habe „mit frohem Herzen Ja!“ gesagt (1, 251). 6,14 Allenfalls] Im Kontext wohl im Sinne von ,auf alle F|lle lohnt sich Æ:::æ ein Blick hierher‘. 6,15 Wibele] Weiblein, schweizerische Diminutivform wie 99,33; vgl. auch Wibli (GB 2 I, 101). 6,16–17 die Fsrstenkinder] Gemeint sind der junge Herzog Carl August, seine Frau Louise und sein Bruder Prinz Constantin. 7. An Johann Caspar Lavater mit Christoph Martin Wieland Weimar, 21. Æoder 22.æ Dezember Æ1775æ ! ÆZtrichæ DAT I E RU N G
Die fehlende Jahreszahl ergibt sich aus dem Inhalt des Briefes. Bei der Angabe Freytag d‘. 21. Dez. hat sich Goethe entweder im Wochentag oder im Datum geirrt, denn der 21. Dezember 1775 war ein Donnerstag. Der Brief dtrfte wohl am 22. Dezember 1775 geschrieben worden sein, denn Goethe trat seine ftr Morgen (7,24) angektndigte Reise nach Waldeck am Samstag, dem 23. Dezember, an. Das geht aus dem ersten, von Samstag, dem 23. Dezember 1775, stammenden Teil von Brief Nr 8 hervor. berdies heißt es in Wielands Brief an Lavater vom 25. Dezember 1775: „Guthe ist vorgestern aufs Land gegangen und wird erst Donnerstag abends wieder zurtk seyn.“ (WB 5, 458.) BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 60. – 1 Bl. 19623 cm, 1 2/3 S. beschr., egh., Tinte; Nachschrift von Wielands Hd, Tinte (Petitdruck); Bl. am linken Rand in der Mitte ausgerissen. E: Goethe-Lavater1 (1833), 15–17, Nr 5 (ohne die Nachschrift Wielands). WA IV 3 (1888), 5 f., Nr 373.
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Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Mit Johann Caspar Lavater (1741–1801), dem Ztrcher Prediger und Schriftsteller, korrespondierte Goethe seit 1773; im Juni 1774 hatte er ihn in Frankfurt persunlich kennen gelernt und war, wie viele Zeitgenossen, von seiner Persunlichkeit beeindruckt. Obwohl er sich Lavaters religiuser Schw|rmerei gegentber distanziert verhielt, entwickelte sich ein freundschaftliches Verh|ltnis zwischen beiden, das auch in den ersten Weimarer Jahren fortbestand. Dass Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach mit Lavater in Ztrich einige Zeit Umgang hatte, war eines von Goethes Anliegen, die er mit der zweiten Schweizer Reise 1779/80 verband. – Vgl. tber die Beziehung Goethes zu Lavater insgesamt die einleitende Erl|uterung zum Brief von Mitte November 1773 (GB 2 II, Nr 67). In den 19 Briefen an Lavater, die im vorliegenden Band wiedergegeben werden, geht es im Wesentlichen, wie schon in den Jahren 1774/75, um den Druck von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“, dartber hinaus um Goethes Schttzling Peter im Baumgarten und um Goethes zweite Schweizer Reise. 7,2 Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 7,4 W.] Wieland. 7,5 Deine Phis.] Gemeint ist der 2. Band der „Physiognomischen Fragmente“, deren Druck bei Philipp Erasmus Reich in Leipzig im Januar 1776 begann und in der ersten H|lfte des Mai beendet war (vgl. zu 14,8). Goethe redigierte die Manuskripte, die Lavater ihm nach und nach schickte, und ließ sie weiter nach Leipzig befurdern. 7,5 Die mir beschiednen Cap.] Goethes Mitarbeit am 2. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ beschr|nkte sich auf die Interpretation einiger Silhouetten, darunter die der rumischen Staatsleute und Feldherren Scipio (Africanus), Titus, Tiberius, Brutus und Caesar sowie des englischen Physikers Isaac Newton, und einer Anmerkung zu einer Abbildung von Tiersch|deln (vgl. WA I 37, 342–359; vgl. im Einzelnen von der Hellen, 123–226). 7,7–8 Wirthschafft] Hier Bezeichnung ftr die „Handhabung eines jeden Gesch|ftes“ (Adelung 4, 1577). 7,8 von Morgens zu Nacht umgetrieben] Goethe war am 9. November 1775 in Weimar eingetroffen und damit besch|ftigt, sich Menschen und Verh|ltnisse vertraut zu machen. In Wielands Brief an Lavater vom 25. Dezember 1775 heißt es dazu kommentierend: „Der Herzog (dem er ÆGoetheæ fast unentbehrl. worden ist) das Schrittschuh-Fahren, die Jagd und Reitparthien, die Assembleen, kurz der Hof nimmt ihm fast alle seine Zeit.“ (WB 5, 458.) Schon im Brief an Johanna Fahlmer vom 22. November 1775 (Nr 4) hatte Goethe sein Weimarer Leben als Schlittenfahrt beschrieben, rasch weg und klingelnd und promenirend auf und ab (5,13–14).
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BRIEF 7
7,9 die sbrigen Kupfer] Gemeint sind Kupferstiche, die ftr die „Physiognomischen Fragmente“ bestimmt waren. 7,11 Ich geh auch wohl nach Leipzig] Goethe reiste erst vom 24. M|rz bis zum 4. April 1776 nach Leipzig. Er traf u. a. auch mit Reich zusammen (vgl. zu 14,10). 7,14 ich nannt ihm Herdern] Vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 6. 7,15 nach Gtttingen geht] Herder bemthte sich um eine Guttinger Professur. 7,16–17 sag mir also schnell ein Wort hiersber] Da Goethe verreiste, richtete Lavater die gewtnschte Antwort auf die Frage des Herzogs nach einem geeigneten Kandidaten ftr das Amt eines Generalsuperintendenten – zu Goethes Ver|rgerung (vgl. 22,18–19) – an Herzogin Louise, welcher er den 2. Band seiner „Physiognomischen Fragmente“ zu widmen wtnschte (vgl. die zweite Erl|uterung zu 57,5):
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[Ztrich] den 3. Jenn. 1776. ::: H e r d e r ist noch nicht auf Guttingen sicher. Es wird aber stark ftr ihn gearbeitet. Ich kenn’ ihn nicht persunlich. Aber alles, was ich von ihm gelesen, gedrucktes und geschriebenes, zeigt mir eine unbeschreibliche Gruße, deren ich nichts an die Seite zu sezen weiß. Einer der mißkanntesten, festesten, wtrksamsten Menschen, der keine matte Nerve, keine unbestimmte Kraft hat. brigens sprech ich tber keinen Menschen ab, bis ich ihn gesehen. Nach Zimmermanns Beschreibung wtrde er eher gewinnen, als verlieren, beym Sehen. Außer Herdern kenn’ ich, lutherscher Confeßion, niemand, den ich mit einigem Zutrauen vorschlagen dtrfte, als einen gewißen Pfarrer Stuber in Strasburg. Ein Nathanael voll Verstand, ohne Genie, voll Kraft, ohne Gewaltsamkeit; bescheiden, thatschnell, sanft. Fromm und heiter; gerad und einfach. Alles, was ich izt sagen konnte. – Ein Wink, und mehr ::: (Goethe-Lavater3, 61.) 6 Nerve] Das Femininum ,die Nerve‘ bedeutet hier ,Band‘, ,Sehne‘, ,Muskel‘ (vgl. Grimm 7, 610). 6–7 sprech ich Æ:::æ ab] Absprechen: hier im Sinn von ,urteilen‘; in dieser Verwendung findet sich das Wort auch bei Goethe (vgl. z. B. AA DuW 1, 229,27 [7. Buch]). 7 Zimmermanns] Der aus der Schweiz stammende, mit Lavater befreundete Arzt Johann Georg Zimmermann, kuniglicher Leibarzt in Hannover. Weiter vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 236. 10 Pfarrer Stuber] Johann Georg Stuber, Pietist, Diakon an der Thomaskirche in Straßburg; mit Lavater befreundeter Verfasser von Schul- und Erbauungsbtchern: „Sein Streben Æ:::æ war: in den herrlichsten und bis in’s Mark dringenden Aussprtchen der heiligen Schrift, dahin zu wirken, daß wenn von Gott und von Religion die Rede w|re, sowohl Junge als
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Alte nicht mehr allein an die vergriffenen Bl|tter eines mthsam auswendig gelernten Formelbuches oder an einen Pfarrer auf der Canzel vielleicht nicht ohne merklichen Beigeschmack des Ekels oder der Langenweile d|chten, sondern an das Huchste, M|chtigste, Herrlichste und Lebendigste, das die Phantasie ergreifen, den Geist erregen und demtthigen, das Herz erftllen und erfreuen und zur Anbetung stimmen kann.“ ( Johann Wilhelm Baum: Johann Georg Stuber, der Vorg|nger Oberlin’s im Steinthale und Vork|mpfer einer neuen Zeit in Straßburg. Straßburg 1846, S. 40 f.) 11 Nathanael] Jtnger Jesu aus Kana in Galil|a; Jesus sagte tber ihn: „Siehe, ein rechter Israeliter, in welchem kein falsch ist!“ ( Johannes 1,47; Luther-Bibel 1772 NT, 95.) In der Widmung seines Epos’ „Nathanal“ (Basel 1786) bezeichnete Lavater auch Goethe (ohne ihn namentlich zu nennen) als einen Nathanael; damit meinte er, wie es im Untertitel seines Werkes heißt, Menschen „mit geradem, gesundem, ruhigem, Truglosem Wahrheitssinne“ (weiter vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 67). 7,21 Pssvt.] Jacob Ludwig Passavant, Jugendfreund Goethes, bis Oktober 1775 Lavaters Amtsgehilfe in Ztrich, seit November in Hamburg angestellt. Weiter vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 131. 7,21 liebe Briefe] Keiner der Briefe Passavants an Goethe ist tberliefert. 7,21–22 Zimmerm.] Johann Georg Zimmermann; von ihm sind keine Briefe an Goethe tberliefert. Den hier erw|hnten Brief beantwortete Goethe mit seinem Brief aus dem Zeitraum kurz vor dem oder vom 22. Dezember 1775 und 5. Januar 1776 (Nr 14). 7,23 Schurcken von Landsleuten] Muglicherweise sind damit u. a. die Ztrcher Theologen und Philologen Johann Jakob Hottinger und Johann Jakob Steinbrtchel gemeint, mit denen Lavater im Lauf des Jahres 1775 in eine literarische Auseinandersetzung geraten war. In deren Verlauf waren Lavaters religiuse Schw|rmerei und Wundergl|ubigkeit satirisch angegriffen und seine „Physiognomischen Fragmente“ als Unsinn kritisiert worden. Im Einzelnen vgl. GB 2 II, zu 188,13. 7,24 nach Waldeck] Goethe reiste am 23. Dezember nach Waldeck bei Btrgel in der N|he von Jena. Im dortigen Forsthaus verbrachte er beim Wildmeister Traugott Friedemann Slevoigt die Weihnachtstage. In seiner Gesellschaft befanden sich Friedrich Hildebrand von Einsiedel, Johann August Alexander von Kalb, Friedrich Johann Justin Bertuch und Georg Melchior Kraus. Am 27. Dezember kehrte Goethe nach Weimar zurtck. ber den Aufenthalt in Waldeck berichtet er in Briefen an Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 23. bis 26. Dezember 1775 (Nr 8 und 9). 7,28 Bwbe] Barbara (B|be) Schultheß, eine Freundin Goethes und Lavaters in Ztrich. 7,28 mir zu schreiben] Ob Schultheß der Bitte nachkam, muss offenbleiben.
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Der erste tberlieferte Brief von ihr an Goethe stammt vom 1. M|rz 1781 (vgl. RA 1, 85, Nr 135). 7,29 dein Weib] Anna geb. Schinz. 7,29 Sey mir nicht gar zu Lakonisch.] Dem ,stilus laconicus‘ ist die ,brevitas‘ (lat.: Ktrze) zu eigen. Diese Ausdrucksweise wurde dem milit|risch gepr|gten Rede-Habitus der Spartaner im griechischen Lakonien zugeschrieben. – Der Austausch von Nachrichten zwischen Goethe und Lavater war zur damaligen Zeit nicht sehr ausfthrlich. Der letzte tberlieferte Brief Goethes an Lavater stammt vom 27. September 1775 (GB 2 I, Nr 265), der letzte erschlossene vom 18. Oktober 1775 (GB 2 I, EB 241). Lavater hatte zuletzt am 1. September 1775 einen (tberlieferten) Brief an Goethe geschrieben (vgl. Goethe-Lavater3, 51–54). 8,1 Plan der Phis.] Der Plan zum 2. Band der „Physiognomischen Fragmente“ ist nicht tberliefert. – Im Brief vom 20. Februar 1776 (Nr 48) beschwerte sich Goethe tber Unordnung in Lavaters Plans Wirthschafft (35,1). 8,4 mein lezter Brief] Wielands Brief an Lavater vom 1. Dezember 1775 (WB 5, 448–450). 8,5 Kopfe Sebast. Brands] Der Weimarer Maler Georg Melchior Kraus hatte einen Kopf des Dichters Sebastian Brant aus dem 15. Jahrhundert gezeichnet, der als Vorlage ftr einen Kupferstich im Januar-Heft 1776 von Wielands „Teutschem Merkur“ dienen sollte. Da der daftr vorgesehene Kupferstecher abgesagt hatte, befand sich Wieland in zeitlicher Bedr|ngnis und hatte im Brief an Lavater vom 1. Dezember auf Rat Goethes angefragt, ob der Ztrcher Kupferstecher Johann Heinrich Lips den Auftrag tbernehmen kunne. Lavaters Brief an Wieland vom 12. Dezember mit einem positiven Bescheid (vgl. WB 5, 454 f.) traf erst Weihnachten in Weimar ein (vgl. Wielands Dankbrief an Lavater, 25. Dezember 1775; WB 5, 457 f.), ebenso ein zweiter, nicht tberlieferter Brief vom 16. Dezember (vgl. WB 6 III, 1485). Am 11. Januar 1776 berichtete Wieland im Brief an Lavater vom gltcklichen Eintreffen der Kupferplatte (vgl. WB 5, 464). Der Stich erschien als Titelkupfer des Januar-Heftes im „Teutschen Merkur“. 8. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Waldeck, 23. und 24. Dezember 1775 ! ÆGothaæ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/411,I, Bl. 1–2. – Doppelblatt 18,2623 cm, stark vergilbtes Papier, 4 S. beschr., egh., Tinte; einmal quer und einmal l|ngs gefaltet, an den Brtchen restauriert. E: Morgenblatt ftr gebildete Leser, 23. Mai 1846 (Nr 123), S. 490 f. (Hermann Hauff).
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WA IV 3 (1888), 7–10, Nr 374 (ohne das Gedicht Im Nebelgeriesel Æ:::æ Withe hu! [8,8–9,7; vgl. WA I 1, 156 f.]; als erster Teil eines Briefes, als dessen zweiter Teil Nr 9 betrachtet wurde). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Herzog Carl August antwortete am 25. Dezember 1775 (vgl. RA 1, 64, Nr 57). Dieser und der folgende Brief Nr 9 wurden in der WA als ein Brief gedruckt. Hans Wahl jedoch betrachtete den vorliegenden Brief mit Recht als ein separates Schreiben; dies geht aus dem Antwortbrief des Herzogs hervor (vgl. Carl AugustGoethe2 1, 6, Nr 3), der sich nur auf Nr 8 bezieht (vgl. Carl August-Goethe2 1, 356 f.). Der Antwortbrief wurde in Gotha geschrieben, wo sich Carl August vom 23. bis zum 29. Dezember 1775 zu Besuch aufhielt (vgl. FB 1775, S. 311 und 313). Wahl datiert ihn auf den 25. Dezember 1775. Offenbar nahm der Bote, der mehrfach erw|hnt wird (vgl. 11,11; 11,19; 12,1), den vorliegenden Brief noch am 24. Dezember mit nach Weimar, wie Goethe anktndigte (vgl. 11,11), so dass der Herzog ihn schon am folgenden Tag in Gotha in H|nden haben konnte. Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach (1757–1828) wurde als Sohn des Herzogs Ernst August Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach und dessen Gemahlin Anna Amalia geb. Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbtttel geboren. Nachdem der Vater, sowohl kurperlich als auch seelisch von schwacher Konstitution, nach nur zweieinhalbj|hriger Regentschaft 1758 gestorben war, tbernahm die Mutter ftr den minderj|hrigen Sohn 17 Jahre lang die Vormundschaftsregierung. Die Erziehung des Prinzen Carl August lag zun|chst in den H|nden des Theologen Johann Wilhelm Seidler. Von 1762 an war Johann Eustach Graf von Schlitz gen. von Goertz ftr den Lehrplan verantwortlich, zu dem neben den gewuhnlichen Schulf|chern Mathematik, Geschichte, Erdkunde, Franzusisch und Latein auch Musizieren und Tanzen, Fechten und Reiten gehurten. Im August 1772 schließlich tbernahm Christoph Martin Wieland die Verantwortung ftr die Ausbildung des Erbprinzen. Zum Abschluss seiner Erziehung unternahm Carl August von Dezember 1774 bis Juni 1775 in Begleitung seines Bruders Constantin und dessen Erziehers Carl Ludwig von Knebel sowie des Grafen Goertz und des Stallmeisters Josias von Stein eine Bildungsreise nach Paris. Auf der Hinreise lernte der Erbprinz am 11. Dezember 1774 in Frankfurt Goethe kennen. Am 19. Dezember verlobte er sich mit Prinzessin Louise von Hessen-Darmstadt, die er am 3. Oktober 1775 in Karlsruhe heiratete. Vor den Hochzeitsfeierlichkeiten traf Carl August am 22. September in Frankfurt erneut mit Goethe zusammen und lud ihn zu einem Besuch nach Weimar ein. Diese Einladung wiederholte er auf der Rtckreise am 12. Oktober. Goethe nahm die Einladung an, traf aber erst nach einigen Verzugerungen am 7. November 1775
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in Weimar ein (vgl. den Brief Johann August von Kalbs an Catharina Elisabeth und Johann Caspar Goethe vom 16. M|rz 1776, abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 61). Vor seiner Hochzeit hatte Carl August am 3. September 1775, an seinem 18. Geburtstag, die Regentschaft von seiner Mutter tbernommen. Die Situation, die er vorfand, erwies sich als |ußerst schwierig, befanden sich doch die Staatsfinanzen angesichts hoffnungsloser berschuldung der herzoglichen Kammer in einem bedenklichen Zustand. Der junge Herzog verftgte nicht einmal tber eine seiner ftrstlichen Wtrde angemessene Residenz, da ein Brand das Weimarer Schloss im Mai 1774 vollst|ndig zersturt hatte. Um seine Ideale von aufgekl|rter Herrschaft trotz mangelnder Ressourcen zu verwirklichen, suchte er neue Wege jenseits der traditionellen Formen ftrstlicher Repr|sentation einzuschlagen. Wie er sp|ter in einem Brief an Christian Gottlob Voigt vom 18. Dezember 1792 schrieb, bestand sein Ehrgeiz darin, einer „ehrenvollen Existenz Æzuæ genießen mit M|nnern, deren werth mir und dem auslande bekannt sind u. die ihresgleichen weit suchen kunnen, aber nicht finden werden.“ (ThHStA Weimar, Familiennachlass Voigt, Nr 9, Bl. 67.) Indem er einen Kreis von renommierten, zumeist btrgerlichen Gelehrten und Schriftstellern um sich sammelte, gewann er zugleich vertraute Berater, die ihm halfen, sich als Regent gegen das politische Gewicht der von seiner Mutter tbernommenen altgedienten R|te durchzusetzen. So war auch die Ernennung des jungen Frankfurter Advokaten Goethe, der keinerlei Verwaltungserfahrungen besaß und nicht einmal dem Adelsstand angehurte, zum Mitglied des Geheimen Consiliums 1776 ein Bruch geltender Konventionen. Indem Goethe zum engsten Freund und Begleiter des Herzogs avancierte, erhielt er sehr genaue Einblicke in die Welt des Adels und der Hufe. Zugleich erlangten er und die anderen Weimarer Schriftsteller mit ihrer Bindung an den Hof eine Basis, ihren literarischen und nationalerzieherischen Projekten eine uffentliche Wahrnehmung zu verschaffen, die sie in einer btrgerlichen Existenz unter den Gegebenheiten des Alten Reichs niemals erreicht h|tten. Aus dieser Beziehung von ftrstlichem Repr|sentationsbedtrfnis und literarischer Kultur entwickelte sich eine einzigartige Konstellation, die dem kleinen Hof Carl Augusts im Verlaufe weniger Jahre den Nimbus verschaffte, ein Mittelpunkt des Geisteslebens in Deutschland zu sein. Ftr Goethe begrtndete die Beziehung zu Carl August ein lebenslanges Freundschafts- und Treueverh|ltnis, wie auch umgekehrt der Herzog sein Vertrauen zu Goethe niemals verlor, auch wenn sich ihre Wege zeitweilig trennten und Goethe Carl Augusts politische Profilierungsversuche – wie z. B. die von ihm als abenteuerlich empfundene Ftrstenbund-Diplomatie der 1780er Jahre – mitunter sehr kritisch betrachtete. Nach Goethes Rtckkehr aus Italien 1788 und dem Scheitern der Ftrstenbundpl|ne Carl Augusts gewann ihre Beziehung eine neue Grundlage, indem der Herzog Goethes Wunsch, ktnftig nicht mehr mit
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Aufgaben in der Landesadministration betraut zu werden und sich nur noch der Pflege von Wissenschaft und Kunst zu widmen, großztgig erftllte und ihn unter Beibehaltung von Status und Gehalt als Mitglied des Geheimen Consiliums von der Verpflichtung zur st|ndigen Teilnahme an den Obliegenheiten dieses Gremiums dispensierte. Unsre ganze Bedeutung bestand in einer gegen unsere Krwfte disproportionirten Beftrderung der Ksnste und Wissenschaften (WA IV 19, 428), schrieb Goethe am 7. Oktober 1807 an Johann Friedrich Cotta. Der kulturelle Ruf Weimars wurde zum moralischen Kapital, von dem Carl August in der Folgezeit auch in politischer Hinsicht ungemein profitierte. Mit der Heirat seines Sohnes Carl Friedrich mit der russischen Zarentochter Maria Pawlowna 1803 gewann er eine famili|re Bindung an die m|chtigste Dynastie Europas, und nach der katastrophalen Niederlage Preußens in der Schlacht bei Jena und Auerstedt 1806 trug Weimars kultureller Nimbus wesentlich dazu bei, dass der Herzog, obwohl er am Feldzug der preußischen Armee gegen Napoleon aktiv teilgenommen hatte, seinen Thron behalten konnte und sogar in den Rheinbund aufgenommen wurde. Damit erlangte Weimar den Status eines vulkerrechtlich souver|nen Staates. Die nun einsetzende Reformpolitik, die nach dem Ende der napoleonischen ra und der Grtndung des Deutschen Bundes zu einer umfassenden Neugestaltung aller staatlichen Verh|ltnisse des auf dem Wiener Kongress zum Großherzogtum erhobenen, auch territorial betr|chtlich vergrußerten und in Sachsen-WeimarEisenach umbenannten Landes fthrte, machte Carl August zum Wegbereiter des frthen Konstitutionalismus in Deutschland. Erstmals in Deutschland w|hlte das Volk Sachsen-Weimar-Eisenachs im Herbst 1816 einen Landtag, der das Budgetrecht besaß und an der Landesgesetzgebung beteiligt werden musste. Weimars Rolle als Experimentierfeld liberal-nationaler Politik mit der Ambition, tber den eigenen Staat hinaus auszustrahlen und damit die politische Modernisierung des Deutschen Bundes insgesamt voranzutreiben, endete nach Huhepunkten wie dem Erlass des Grundgesetzes vom 5. Mai 1816 und dem Wartburgfest der Studenten vom Oktober 1817 jedoch mit einer politischen Niederlage Carl Augusts in Gestalt der auch als „Lex Jena“ bezeichneten reaktion|ren Karlsbader Beschltsse von 1819. Sein letztes Lebensjahrzehnt stand trotz hohen uffentlichen Ansehens im Zeichen politischer Resignation. Sein Verh|ltnis zu Goethe blieb unver|ndert eng, obgleich dieser die liberal-nationale Politik Carl Augusts in den Jahren nach 1813 sehr kritisch betrachtete und zeitweise sogar in offener Opposition dazu stand. Von Carl August mit der Leitung der „Oberaufsicht tber die Anstalten ftr Wissenschaft und Kunst in Weimar und Jena“ betraut, behielt Goethe bis zu seinem Lebensende eine als ein Faktor sui generis respektierte Position im politischen System des weimarischen Großherzogtums, die der Kontrolle von Staatsministerium und Landtag nicht unterworfen war. – Literaturhinweise: Willy Andreas: Carl August von Weimar. Ein Leben mit Goethe. Stuttgart 1953; Hans Ttmmler:
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Carl August von Weimar, Goethes Freund. Eine vorwiegend politische Biographie. Stuttgart 1978; Friedrich Sengle: Das Genie und sein Ftrst. Die Geschichte der Lebensgemeinschaft Goethes mit dem Herzog Carl August von SachsenWeimar-Eisenach. Stuttgart 1993; Gerhard Mtller: Goethe und Carl August. Freundschaft und Politik. In: Anna Amalia, Carl August und das Ereignis Weimar. Guttingen 2007, S. 132–164. Die Korrespondenz zwischen Goethe und Herzog Carl August setzte – soweit sie tberliefert ist – im Dezember 1775 ein und erstreckt sich bis kurz vor den Tod des Großherzogs am 14. Juni 1828. Von Goethe sind tber 550 Briefe an Carl August tberliefert, viele davon allerdings nur als Konzept. Von den Briefen des Herzogs an Goethe haben sich tber 700 erhalten. Weitere Briefe aus der frthen Zeit hat Goethe vermutlich 1797 verbrannt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 4). So ist aus der Zeit von 1775 bis 1792 weniger als ein Dutzend Briefe Carl Augusts an Goethe tberliefert; der erste stammt vom 25. Dezember 1775 und ist die Antwort auf den vorliegenden Brief. Nach 1792 pflegte Goethe einlaufende Briefe in Quartalheften zusammenzubinden, so dass die dort gesammelten Briefe des Herzogs der Vernichtung im Jahr 1797 entgangen sind. Nach den Editionsgrunds|tzen unserer Ausgabe werden lediglich Briefe privaten Charakters abgedruckt, nicht aber amtliche Schreiben. Ausnahmen bilden diejenigen amtlichen Briefe, die in der WA abgedruckt sind. Im vorliegenden Band betrifft das drei Briefe (A 1, A 2, A 3), darunter der politisch aufschlussreiche Brief Goethes vom 9. Februar 1779 mit seinem Votum zur preußischen Bitte um Soldatenwerbung auf weimarischem Territorium. Die privaten Briefe, vor allem die aus den ersten Monaten Goethes in Weimar (Nr 8, 9, 70, 82), dokumentieren in ihrem ungezwungenen, launigen Ton das freundschaftliche Verh|ltnis zwischen Briefschreiber und Adressat, ebenso der Gedichtbrief Z 1, der unter „Zweifelhaftes“ aufgenommen wurde, weil sein Briefcharakter unsicher ist. 8,8 Im Nebelgeriesel, im tiefen Schnee] Das Gedicht war 1771 im Zusammenhang mit Goethes Drama „Geschichte Gottfriedens von Berlichingen mit der eisernen Hand dramatisirt“ entstanden. Im Sttck wird es, mit leichten Varianten im Refrain, zu Beginn des 5. Aufzugs von Zigeunerinnen beim Feuer im n|chtlichen Wald gesungen (vgl. DjG3 2, 192 f.). In die sp|tere, 1773 erschienene Fassung des Schauspiels „Gutz von Berlichingen mit der eisernen Hand“ wurde das Gedicht nicht tbernommen. 8,17 Wwhrwtlf] Werwolf, zeitgenussisch auch ,W|rwolf‘ und ,Wehrwolf‘: in Mythologie, Volksaberglauben und Sage ein Mensch, der sich vortbergehend in einen Wolf verwandeln kann (vgl. Adelung 4, 1350). 9,1 nannt ich sie all beym Nahmen laut] Sie bei ihrem ,richtigen‘ (Tauf-)Namen zu nennen, gehurt zu den Abwehrzaubern gegen Geister und ihre Macht. 9,8 in diesem Winckel der Welt] Goethe und seine Gef|hrten logierten im Forsthaus zu Waldeck, einem kleinen, etwa 20 km ustlich von Jena gelegenen
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Ort im Amt Btrgel im ustlichen Teil des Herzogtums Sachsen-Weimar und Eisenach. W|hrend sich Carl August mit der Hofgesellschaft vom 23. bis zum 29. Dezember 1775 zu seiner Antrittsvisite bei der herzoglichen Familie in Gotha aufhielt, war Goethe gemeinsam mit Friedrich Hildebrand von Einsiedel, Johann August von Kalb und Friedrich Justin Bertuch zu Pferd nach Waldeck aufgebrochen, wo sie den mit Bertuch befreundeten herzoglichen Wildmeister Traugott Friedemann Slevoigt besuchten. Nach „Dichtung und Wahrheit“ war Goethe bereits 1774 in Frankfurt durch die Zeichnungen des Malers Georg Melchior Kraus auf die Reize der Landschaft um Btrgel aufmerksam gemacht worden: Unter seinen Zeichnungen fanden sich mehrere, bezsglich auf die Wald und Berggegend um Bsrgel. Ein wackerer Forstmann hatte daselbst, vielleicht mehr seinen anmuthigen Ttchtern als sich selbst zu Liebe, rauhgestaltete Felspartien, Gebssch und Waldstrecken, durch Brscken, Gelwnder und sanfte Pfade gesellig wandelbar gemacht; man sah die Frauenzimmer in weissen Kleidern auf anmuthigen Wegen, nicht ohne Begleitung. An dem einen jungen Manne sollte man Bertuch erkennen, dessen ernste Absichten auf die wlteste nicht gelwugnet wurden und Kraus nahm nicht sbel wenn man einen zweyten jungen Mann auf ihn und seine aufkeimende Neigung fsr die Schwester zu beziehen wagte. (AA DuW 1, 639 [20. Buch].) 9,8 Nachts] In der Nacht vom 23. auf den 24. Dezember 1775. 9,9 mein alt Zigeunerlied] Vgl. zu 8,8. 9,14–15 Einsiedels klingende Stimme] ber Friedrich Hildebrand Freiherrn von Einsiedel-Scharfenstein vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 124. Er gehurte zu den derberen der Begleiter Goethes (vgl. ebd.). 9,17 Klufft nach Jena hinein] Die Straße von Weimar nach Jena – heute Teil der Bundesstraße 7 – fthrt durch das landschaftlich reizvolle, vom Leutrabach durchflossene Mthltal, dessen felsige Bergh|nge im 18. Jahrhundert noch nicht bewaldet waren. Auf einer L|nge von etwa 7 km f|llt es 200 m tief in das Saaletal ab. 9,18–19 Lage von Jena] Die Schilderung der malerischen Lage Jenas im mittleren Saaletal zwischen etwa 200 m hohen, steil abfallenden Muschelkalkh|ngen ist ein Standardtopos in vielen zeitgenussischen Stadtbeschreibungen und Reisefthrern. Goethe spricht noch 1818 in seinem Brief an Christian Gottlob Voigt vom 29. M|rz von der in Großherzoglichen Landen vielleicht einzigen Anund Aussicht (WA IV 29, 117). 9,21 ein Alter] Nicht ermittelt. 9,22–23 in den Dreysig] In den dreißiger Jahren (des 18. Jahrhunderts). 9,24 in den Fichten] Der Landschaftscharakter des Thtringer Holzlandes, in dem Waldeck gelegen ist, wird durch ausgedehnte Buchen- und Fichtenw|lder bestimmt.
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9,26–27 den gedruckten Karl August gegrsst] Der gedruckte Namenszug „Carl August, Herzog zu Sachsen“ befand sich auf Bekanntmachungen und Verordnungen, die in den Wirtsh|usern ausgeh|ngt werden mussten. 9,28 (L. S.)] Abktrzung ftr lat. loco sigilli (Ort des Siegels); sie bezeichnet auf Abschriften oder Drucken von Urkunden die Stelle, an der sich auf dem Original das Siegel des Ausstellers befindet. Auf den gedruckten Verordnungen und Bekanntmachungen befand sie sich links neben dem Namenszug des Herzogs. 10,1–4 Holde Lili Æ:::æ du noch.] Anna Elisabeth Schunemann, genannt Lili, war 1775 die inoffizielle Verlobte Goethes gewesen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Z 1). Goethe hatte die Einladung des Herzogs Carl August u. a. auch deshalb angenommen, um sich endgtltig aus der Beziehung zu Lili zu lusen. ber die Entstehung des Gedichts (vgl. WA I 4, 204; 5 II, 126) gibt ein weiteres, themenverwandtes Gedicht Aufschluss, das als eigenh|ndige Widmung Goethes in einem Exemplar seiner im Januar 1776 erschienenen „Stella“ tberliefert ist: Im holden Thal auf schneebedeckten Hthen War stets dein Bild mir nah Ich sah’s um mich in lichten Wolcken wehen Im Herzen war mir’s da. Empfinde hier wie mit allmwchtgem Triebe Ein Herz das andre zieht, Und dass vergebens Liebe Vor Liebe flieht. (H: GSA 25/W 401.) 10,7 Gehab dich wohl bey den hundert Lichtern] Anspielung auf die Weihnachtsfestlichkeiten am Gothaer Hof. Das Motiv der hundert Lichter verbindet die Verse mit frtheren, Lili gewidmeten Gedichten; in den Versen „ÆAn Belindenæ“ heißt es: Bin ich’s noch den du bey so viel Lichtern / An dem Spieltisch hwltst (DjG3 5, 28). 10,15 Sontags frsh bey Tags Anbruch.] Am frthen Morgen des 24. Dezember 1775. 10,17 Der herrliche Morgenstern] Unter ,Morgenstern‘ wurde „die Venus“ verstanden, „wenn sie Æ:::æ vor Sonnen Aufgang gesehen wird“ (Adelung 3, 289; vgl. ebenso Grimm 12, 2581). 10,18 zum Wapen nehme] Ein so genanntes ,sprechendes‘ Wappen nimmt auf den Tr|ger oder dessen Namen allegorisch oder symbolisch Bezug. In welchem Sinn Goethe den Morgenstern zu seinem Wappen w|hlte, ist eine offene Frage. Daftr, dass die vorliegende Briefstelle Anlass zur Gestaltung des sechsstrahligen silbernen Sterns in Goethes Wappen ftr seine Nobilitierung im Jahr 1782 gewesen sei, gibt es keinen Beleg.
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10,18 Eins.] Friedrich Hildebrand von Einsiedel, der ftr seine Liebesabenteuer bekannt war. 10,19 Geilheit] Der Begriff wurde im 18. Jahrhundert sowohl in einem engeren Sinn ftr ,Ltsternheit‘ als auch in einem weiteren Sinn ftr „Uebermuth, Muthwillen“ (Adelung 2, 510) gebraucht. 10,21 Marschall Saxe] Hermann Moritz Graf von Sachsen, genannt „Marchal de Saxe“. Er war ein illegitimer Sohn August des Starken und der Maria Aurora Gr|fin von Kunigsmarck, von 1726 bis 1729 Herzog von Kurland, dann in franzusischen Diensten. Wegen seiner gl|nzenden Siege bei Fontenoy, Roucoux, Lauffeld und Bergen op Zoom im usterreichischen Erbfolgekrieg von 1745 bis 1747, die ihm den Ruf eines genialen Feldherrn und Kriegstheoretikers einbrachten, wurde er zum Marschall von Frankreich und Oberbefehlshaber in den Niederlanden ernannt. 1738 und 1743 stellte er ein s|chsisches Freikorps („Volontaires de Saxe“) auf, das ihm als Privatarmee diente. – Traumphantasien wie die von den hier geschilderten Milit|rdiensten werfen ein Licht auf Goethes seelische Verfassung in der Zeit seines Weggangs von Frankfurt; die Perspektive auf ein Leben als Anwalt in seiner Heimatstadt erschien ihm als Einengung seines Wirkungskreises, der Schritt nach Weimar hingegen als Eruffnung einer Weltrolle (23,16). 10,24 Pfarrer] Johann Nikolaus Abendrot, von 1752 bis 1783 Pfarrer von Schungleina. Das Dorf Waldeck besaß keinen eigenen Pfarrer und gehurte im Unterschied zu den anderen Orten des weimarischen Amts Btrgel auch nicht zur Superintendentur Btrgel, sondern war im Pfarrbezirk Schungleina in Sachsen-Gotha und Altenburg eingepfarrt. Die Personenstandsregister ftr Waldeck wurden daher in den Kirchenbtchern von Schungleina gefthrt. 10,26 einige Verse] Vermutlich erinnert sich Goethe im Folgenden an den 14. Gesang von Homers Epos, in dem Odysseus’ Aufenthalt beim Schweinehirten Eumaios geschildert wird. Es ist eine sttrmische Nacht; durch eine erdichtete Episode verschafft sich der in seine Heimat zurtckkehrende Held, der als bettelnder Greis von Eumaios und den Seinen nicht erkannt wird, listig einen Mantel zur Decke; er erz|hlt, wie Odysseus ihn, den Erz|hler, vor Troja einst mit einem warmen Mantel vor dem Erfrieren gerettet habe. Darauf antwortet Eumaios: Greis, untadelich ist das Gleichniß, so du erz|hlest; Und kein unntz Wort ist deinen Lippen entfallen. Drum solls weder an Kleidung, noch etwas anderm, dir mangeln, Was ungltcklichen Fremden, die Htlfe suchen, gebthret, Æ:::æ Also sprach er, erhub sich, und sezte neben dem Feuer Ihm ein Bette, bedeckt mit Fellen von Ziegen und Schafen. Und Odtßeus legte sich hin. Da bedeckte der Sauhirt
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BRIEF 9
Ihn mit dem großen wollichten Mantel, womit er sich pflegte Umzukleiden, wenn draußen ein schrecklicher Winterorkan blies. Also schlummerte dort Odtßeus; neben Odtßeus Legten die Jtnglinge sich zum Schlummer. Æ:::æ (Verse 508–511 und 518–524; Homers Odtßee tbersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg 1781, S. 282.) 10,32 nach Bsrgel zum Recktor] Rektor der Stadtschule in Btrgel (vgl. die erste Erl|uterung zu 12,11) war damals Christlieb Valerius Grote. Er war dem Btrgeler Pfarrer und Superintendenten Samuel Gottfried Zickler subordiniert und versah zugleich das Amt des Organisten der Stadtkirche. 10,32 Homer] Vermutlich ist eine Ausgabe in griechischer oder lateinischer Sprache gemeint. In den 1770er Jahren benutzte Goethe vor allem Johann August Ernestis griechisch-lateinische Gesamtausgabe des Homer: OLGQOT APAMSA. Æ:::æ Homeri Opera Omnia Ex Recensione Et Cum Notis Samuelis Clarkii Æ:::æ. 5 Bde. Leipzig 1759–1764 (vgl. GB 1 II, zu 197,1; GB 2 II, zu 136,20–21). 10,33–11,10 Jesaies: Sieher Æ:::æ aus ist.] Fast wurtlich nach Jesaja 24,1, 7–10, 12 f. 10,33 Sieher] Versehentlich ftr ,Siehe‘. 11,4 Jauchen] Verschrieben ftr ,Jauchzen‘. 11,12 Wedeln] Otto Joachim Moritz von Wedel, Kammerherr und Oberforstmeister, enger Freund und h|ufiger Reisebegleiter des Herzogs Carl August, Mitglied des Geselligkeitskreises um die Herzoginmutter Anna Amalia und Mitwirkender am Liebhabertheater in Ettersburg und Tiefurt. 11,13 Kalb] Johann August Alexander von Kalb, Vertrauter des Herzogs Carl August. Er hatte Goethe Anfang November 1775 auf seiner Reise nach Weimar begleitet. 11,13 Bertuch] Friedrich Justin Bertuch (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 200). 11,15–16 Der Pflicht vergessen / Wir Fische nie.] Verse aus dem Chor der Fische im damals noch ungedruckten „Winterm|hrchen“ von Christoph Martin Wieland im „Teutschen Merkur“ (Erster Theil. Januar-Heft 1776, S. 61), das auf die Geschichte vom Fischer und dem Geist aus den M|rchen aus Tausendundeiner Nacht zurtckgeht. Muglicherweise war die zitierte Wendung nach einer Vorlesung allgemein bekannt (vgl. zu 231,5).
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9. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Waldeck, 24.–26. Dezember 1775 ! ÆGothaæ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/411,I, Bl. 3. – Doppelblatt 18,2623 cm, stark vergilbtes Papier, 1 1/2 S. beschr., egh., Tinte, von D i e n s t . A b e n d s 6 . (12,10) an zunehmend fltchtig geschrieben; Bl. 1 am rechten oberen Rand und in der Mitte besch|digt, leichter Textverlust (vgl. 11,21), Bl. 2 oben rechts Reste von Klebestreifen. E: DjG1 3 (1875), 127 f. (als zweiter Teil eines Briefes, als dessen erster Teil Nr 8 betrachtet wurde). WA IV 3 (1888), 10–12, Nr 374 (nach einer Abschrift; Textkorrektur nach H in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50, 213; als zweiter Teil eines Briefes, als dessen erster Teil Nr 8 betrachtet wurde). ERLUTERUNGEN
Ein Antwortbrief des Herzogs ist nicht bekannt. Vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 8. 11,19 S o n n t a g s ] 24. Dezember 1775. 11,19–20 Schrittschue] ltere Nebenform zu ,Schlittschuhe‘ (vgl. zu 122,1). 11,21–22 Gleich hinter dem Hausgarten] Unmittelbar hinter der Waldecker Fursterei befindet sich die Wolfsschlucht, eine steil abfallende, tief in das Buntsandsteinplateau eingeschnittene Felsenklamm innerhalb des heutigen Totalreservats Waldecker Schlossgrund. 11,23 altes Schloss der Grafen v. Gleichen] Am Nordwestrand des Ortes Waldeck oberhalb der Wolfsschlucht und des Schlossgrundes auf einem steilen Felssporn gelegener hochmittelalterlicher Herrensitz, von dem nur noch die Grabenanlage erhalten ist. – Die Grafen von Gleichen waren ein vor allem in Mittelthtringen ans|ssiges Adelsgeschlecht mit mehreren Linien und umfangreichem Grund- und Lehnsbesitz, die den Huhepunkt ihrer Macht im 13. Jahrhundert erreichten. Seit dem 14. Jahrhundert waren sie Vasallen der Wettiner, wurden aber bis 1521 in der Reichsmatrikel verzeichnet. Die gr|fliche Linie starb 1631 aus. Bekanntheit erlangte das Geschlecht durch die Sage vom Grafen von Gleichen. Graf Ernst von Gleichen, 1227 auf einem Kreuzzug Kaiser Friedrichs II. in Gefangenschaft geraten, soll durch die Eheschließung mit der Sultanstochter Malechsala (auch Mechsala) die Freiheit erlangt haben. Nach der Legitimation dieser bigamistischen Ehe durch den Papst habe der Graf mit zwei rechtm|ßigen Ehefrauen gltcklich zusammengelebt. Die Sage nimmt Bezug auf den Grabstein des Grafen im Dom zu Erfurt, auf dem er gemeinsam mit zwei Frauengestalten abgebildet ist. Ob die Waldecker Burg tats|chlich Gleichenscher Besitz war, ist ungekl|rt (vgl. zu 29,4–5).
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BRIEF 9
11,24–25 Bertuch hat mit seinem Mwgdlein Æ:::æ angelegt] Bertuch war mit Friederike Elisabeth Caroline Slevoigt, der |ltesten Tochter des Waldecker Wildmeisters Traugott Friedemann Slevoigt, verlobt. Im April 1776 heirateten beide. – Die damals im Waldecker Schlossgrund angelegten Felsenstiege sind ebenso wie ein großer Steintisch auf dem Schlossberg noch heute vorhanden. 12,1–2 nun aufs Eis] In der N|he der Waldecker Fursterei befinden sich noch heute mehrere Teiche. Goethes Eispartie schildert ein Brief Bertuchs an Herzog Carl August vom gleichen Tag, dem 24. Dezember 1775: „Guthe und Einsiedel sind schon seit Tisch auf dem Eiße und schreiten mit aller muglichen Grazie, außgenommen daß gestern Einsiedel einer unendlichen Hochansehnlichen Versammlung von Herren und Frauen, Jungfrauen, Bauerm|dchen und Bauernjungen auf dem Teichdamme – er aber mitten auf dem Eiße – a priori und a posteriori demonstrirte daß alles auf dem Erdenrund vim centripetam ÆKraft zum Mittelpunkt des Kreisesæ habe.“ (Zitiert nach: Carl August-Goethe2 1, 356.) 12,2 l. gndger] Verktrzt ftr ,lieber gn|diger‘. 12,3 gestrampft] Strampfen: hier „heftig mit dem Fuße auf die Erde stoßen“ (Adelung 4, 420). 12,5–6 ohne geschritten] Ohne Schlittschuh gelaufen zu sein. 12,8 D e n e r s t e n F e y e r t a g ] 25. Dezember 1775. 12,11 Nach Bsrgel] Kleinstadt ungef|hr 15 km ustlich von Jena, auf einem Sandsteinplateau oberhalb des Gleistals gelegen, Marktort und Mittelpunkt des gleichnamigen weimarischen Amtes, bekannt durch die dort gefertigten Tupferwaren mit blauer, weißgepunkteter Glasur. Die Entfernung zwischen Waldeck und Btrgel betr|gt ungef|hr 3 km. 12,11 Amthaus] Der Sitz des herzoglichen Amtes Btrgel befand sich in dem 1133 gestifteten und um 1530 w|hrend der Reformation in ein herzogliches Kammergut umgewandelten Benediktinerkloster Thalbtrgel unterhalb der Stadt Btrgel. Aus dem Jurisdiktionsbezirk des Klosters wurde mit der S|kularisation das herzogliche Amt Btrgel. Die Klosteranlage ist vor allem wegen der noch erhaltenen romanischen Pfeilerbasilika der Klosterkirche St. Maria und Georg kunsthistorisch bedeutend. Goethe veranlasste sp|ter in seiner amtlichen Funktion als Direktor der Oberaufsicht tber die unmittelbaren Anstalten ftr Wissenschaft und Kunst die bauliche Sicherung und Rekonstruktion von Teilen des Klosters. Das als Amtshaus genutzte Torhaus der Klosteranlage ist im Zuge der nach 1945 in Thtringen vorgenommenen Zersturung von Gutsh|usern und Herrensitzen abgerissen worden. 12,13 Revier Waldeck] Herzogliches Jagd- und Forstrevier, das die stdlich von Btrgel gelegenen W|lder im weimarischen Teil des Thtringer Holzlandes umfasste. 12,14 Hofr. Hochhausen] Christian Hochhausen, Hof- und Landkammerrat, Amtmann zu Btrgel.
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12,14–15 Herz. Ernst August] Ernst August I. Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, Großvater von Herzog Carl August, seit 1707 Mitregent, 1728 Alleinregent des Herzogtums Sachsen-Weimar, erbte 1741 das Herzogtum Sachsen-Eisenach und fthrte daraufhin die Primogenitur ein. Er ließ Belvedere, Dornburg und andere Schlusser im Rokokostil erbauen. Zudem war er wegen seines Hangs zu absolutistischer Willktr und seiner ruinusen Verschwendungssucht bertchtigt. – Die folgende Charakterisierung anhand eines Portr|ts erinnert an die physiognomischen Betrachtungen Lavaters. 12,19 der lezte Herzog von Weisenfels] Johann Adolf II., von 1736 bis 1746 Herzog von Sachsen-Weißenfels-Querfurt, einem Sekundogeniturherzogtum der albertinischen Linie des Hauses Sachsen. Johann Adolf machte zun|chst eine Milit|rkarriere im Dienst des Landgrafen von Hessen-Kassel und zeichnete sich im Spanischen Erbfolgekrieg aus, danach stand er als Generalmajor im Dienst des Kurftrsten August des Starken von Sachsen, wo er in der Schlacht von Stralsund im Großen Nordischen Krieg erfolgreich war. 1716 k|mpfte er im Sechsten Ttrkenkrieg und 1733 im Polnischen Thronfolgekrieg, wo er den polnischen Gegenkandidaten Augusts des Starken besiegen konnte. Nach dem Tod seiner beiden |lteren Brtder tbernahm er die Regierung des Herzogtums Sachsen-WeißenfelsQuerfurt, fthrte aber auch weiterhin mehrfach die kurs|chsische Armee als Oberbefehlshaber im Ersten und Zweiten Schlesischen Krieg. Da keiner seiner Suhne das Erwachsenenalter erreichte, starb die Linie Sachsen-Weißenfels mit ihm aus, und das Herzogtum fiel wieder an Kursachsen zurtck. 12,20 musste mir seinen Charackter machen] Gemeint ist eine physiognomische Charakteranalyse im Sinne der Physiognomik Johann Caspar Lavaters. Sp|ter kritisierte Goethe dessen physiognomische Hetzerey, – denn so darf man die ungestsme Anregung wohl nennen, womit er ÆLavateræ alle Menschen Æ:::æ zur Contemplation der Physiognomien Æ:::æ zu ntthigen bemsht war (AA DuW 1, 638 [20. Buch]). Ob Einsiedels Interpretation zutreffend ist, sei dahingestellt. 12,22 Odyssee] Vgl. die zweite Erl|uterung zu 10,32. 12,22–23 rammelten] Rammeln: hier im Sinn von ,im Scherz raufen‘, ,balgen‘ (vgl. Grimm 14, 78). 12,23 Crugantino und Basko] Vagabundenfiguren aus Goethes erst im Mai 1776 veruffentlichtem Schauspiel „Claudine von Villa Bella“ (1. Fassung). Offensichtlich vertrieb man sich die Zeit mit einem Stegreifspiel von Szenen aus diesem Sttck (vgl. zu 295,15). 12,23–24 unsre Imagination spazierengeritten] Hier im Sinn von ,sich vorstellen‘, ,ausmalen‘ (vgl. GWb 4, 1494) mit Bezug auf die improvisierte Kosttmierung beim Theaterspiel. 12,26 Krause] Georg Melchior Kraus, Maler und Zeichner aus Frankfurt, bei dem Goethe Anfang 1775 Zeichenunterricht genommen hatte. Er hatte 1774
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Weimar besucht und dort zahlreiche Portr|ts und Landschaften angefertigt, die nach Goethes sp|terer Aussage in seiner Lebensbeschreibung ein Grund ftr den Ktnstler gewesen waren, nach Weimar zu gehen (vgl. AA DuW 1, 639 [20. Buch]). Kraus warb um Augusta, die jtngere Tochter Traugott Friedemann Slevoigts (vgl. zu 9,8). 12,27 Perrucke] Von franz. perruque (vgl. zu 3,24–4,1). 12,27 des Wildmsters] Traugott Friedemann Slevoigt, Wildmeister in Waldeck, Freund Bertuchs. 12,29 Kalbs] Vgl. die erste Erl|uterung zu 11,13. 12,30 vertrotteltem Kreuz] Mit Troddeln versehenes Rtckenteil des Rocks. 10. An Johann Gottfried Herder
Erfurt, 31. Dezember 1775 ! Btckeburg
BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin. – Doppelblatt 18,8632,1 cm, drei Zeilen (S. 1) beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Herrn / Consistorialrath Herder / nach / Bsckeburg, unter dem Siegel Postvermerk (um 180 Grad zur Schreibrichtung gedreht): „4 g‘ 6 d‘“; S. 1 am oberen Rand links von fremder Hd, Bleistift: „7.“, rechts daneben Stempel: „Herder.“, in der Mitte von fremder Hd (Heinrich Dtntzer oder Ferdinand Gottfried von Herder?, Herausgeber von E), Bleistift: „(14)“; Bl. 2 links in der Mitte ausgeschnitten und am rechten Rand ausgerissen zur Entfernung des Siegels. E: Aus Herders Nachlaß 1 (1856), 55, Nr 14. WA IV 3 (1888), 12, Nr 376. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der Brief bezieht sich auf das Angebot, Herder als Generalsuperintendenten nach Weimar zu holen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 6). Goethes Aufenthalt als Begleiter des Herzogs Carl August in Erfurt vom 29. bis 31. Dezember 1775 diente Unterredungen mit Carl Theodor von Dalberg, dem erzbischuflichkurmainzischen Statthalter von Erfurt (tber ihn vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 516). Dabei wurde u. a. auch Herders Angelegenheit befurdert. Vgl. Goethes n|chsten Brief an Herder vom 2. Januar 1776 (Nr 12). 13,1 Glaub und harre] In biblischer Diktion; vgl. z. B. Psalm 27,14: „Harre des Herrn; sey getrost und unverzagt; und harre des Herrn.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 475.)
DEZEMBER 1775
11. An Johann Caspar Lavater
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Erfurt, 31. Dezember 1775 ! ÆZtrichæ
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 61. – 1 Bl. 18,8623 cm, 1/3 S. beschr., egh., Tinte. E: Goethe-Lavater1 (1833), 18, Nr 6. WA IV 3 (1888), 12, Nr 375. ERLUTERUNGEN
Der Brief antwortet vermutlich auf Lavaters Briefe an Wieland vom 12. und vom 16. Dezember 1775 (WB 5, 454 f.), die Weihnachten bei Wieland eingetroffen waren (vgl. dessen Brief an Lavater vom 25. Dezember 1775; WB 5, 457 f.) und von denen Goethe wohl zwischen seinen Aufenthalten in Waldeck (23.–27. Dezember) sowie Erfurt und Stedten (29. Dezember 1775–4. Januar 1776) durch Wieland Kenntnis erhalten hatte. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Goethe besorgte wie im Fall des 1. Bandes auch den Druck des 2. Bandes von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ bei Philipp Erasmus Reich in Leipzig. Er hatte Lavater im November 1775 durch Wieland mitteilen lassen, dass die Manuskripte zum 2. Band der „Physiognomischen Fragmente“ nach Frankfurt geschickt werden sollten (vgl. Wieland an Lavater, 10. und 13. November 1775; WB 5, 439), weil er zu diesem Zeitpunkt noch davon ausging, in seine Vaterstadt zurtckzukehren. Durch einen Brief Wielands vom 1. Dezember erfuhr Lavater jedoch, dass Goethe noch in Weimar sei (vgl. WB 5, 448–450), und zeigte sich besorgt tber den Verbleib des Manuskripts: „An Goethe hab’ ich m[anu]sc[ri]pt zum 2. Theil gesendet. Es wird mir bange, wenn er nicht in Frankfurt ist.“ (Brief an Wieland, 12. Dezember 1775; WB 5, 455.) In seinem nicht tberlieferten Brief an Wieland vom 16. Dezember klagte Lavater – wie aus Wielands Antwortbrief vom 25. Dezember hervorgeht – außerdem dartber, dass durch Goethes Aufenthalt in Weimar die gemeinschaftliche Arbeit an den „Physiognomischen Fragmenten“ leiden kunnte (vgl. WB 5, 458). 13,4 Wie du missest Æ:::æ wieder gemessen werden] In Anlehnung an Markus 4,24: „Mit welcherley maaß ihr messet, wird man euch wieder messen“ (Luther-Bibel 1772 NT, 40). 13,4–5 sey Æ:::æ ausser Sorgen] Vgl. die einleitende Erl|uterung. 13,5 Ich bin noch in Tsringen] Goethe hatte vor seiner Ankunft in Weimar am 7. November 1775 geplant, sich nur als Besucher im Herzogtum SachsenWeimar und Eisenach aufzuhalten und wieder nach Frankfurt zurtckzukehren. 13,6 Leipzig] Dort wurden bei Philipp Erasmus Reich Lavaters „Physiognomische Fragmente“ gedruckt. 13,6–7 erkennt dich] ,Erkennen‘ hier und auch sonst gelegentlich bei Goethe
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BRIEF 12
im Sinn von „in seinem Wert (zu) sch|tzen (wissen)“ oder allgemein „mugen“ (GWb 3, 334), also |hnlich wie ,anerkennen‘, aber nicht nur auf der Ebene des Intellekts, sondern mit Empfindung und Gefthl; so schon im Brief an Augusta Louise zu Stolberg vom 14. bis 19. September 1775 (GB 2 I, 230), auch im Brief an Lavater vom 9. August 1785 (WA IV 6, 36,8). 13,7 Thomasele mir nicht.] Im Sinn von: Sei kein kleingl|ubiger Thomas. – Der Apostel Thomas wollte nicht an die Auferstehung Jesu glauben; erst als ihm der Herr erschien, seine Wunden zeigte und berthren ließ, zweifelte er nicht mehr (vgl. Johannes 20,24–29). 13,7–8 Ich lerne Æ:::æ tief in der See.] Das Bild der Seefahrt benutzte Goethe wiederholt als Gleichnis ftr den wechselhaften Gang seines Lebens. Im Brief an Lavater vom 6. M|rz 1776 (Nr 56) heißt es: Ich bin nun ganz eingeschifft auf der Woge der Welt – voll entschlossen: zu entdecken, gewinnen, streiten, scheitern, oder mich mit aller Ladung in die Lufft zu sprengen. (40,21–24.) Ganz |hnlich hatte Goethe schon im Brief etwa vom 10. Juli 1772 an Herder geschrieben: Noch immer auf der Wooge mit meinem kleinen Kahn, und wenn die Sterne sich verstecken schweb ich so in der Hand des Schicksaals hin und Muth und Hoffnung und Furcht und Ruh wechseln in meiner B r u s t . (GB 1 I, 230.) In seinem an Lavater geschickten, sp|ter „Seefahrt“ tberschriebenen Gedicht vom 11. September 1776 k|mpft ein Steuermann mannlich (107,24) mit Wind und Wellen (107,25): Herrschend blikt er in die grimme Tiefe / Und vertrauet landend oder scheiternd / Seinen Gtttern (107,27–29; vgl. auch WA I, 2, 73); zur gleichen Zeit machen sich am heimatlichen Strand Freunde Sorgen um sein Leben. Das Gedicht wurde schon von den Zeitgenossen biographisch auf Goethe und sein Gefthl der Ungewissheit tber seinen Lebensweg nach dem Eintritt in Weimar bezogen (vgl. FA/Goethe I 1, 931 f.). 12. An Johann Gottfried Herder Stedten bei Erfurt, 2. ÆJanuaræ 1776 ! Btckeburg DAT I E RU N G
Die fehlende Angabe des Monats l|sst sich nach dem Absendeort (vgl. zu 13,11) und dem Inhalt des Briefes erg|nzen. BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin. – Doppelblatt 19,2623,7 cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Herrn / Consistorialrath Herder / nach / Bsckeburg, darunter Postvermerk von fremder Hd: „F r. C a s s e l .“, unter der
JANUAR 1776
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Adresse rotes Siegel: „ALLES UM LIEBE“; Bl. 2 am Rand ausgerissen durch ffnen des Siegels; S. 1 am oberen Rand links von fremder Hd, Bleistift: „10“, rechts daneben Stempel: „Herder.“, in der Mitte von fremder Hd (Heinrich Dtntzer oder Ferdinand Gottfried von Herder?, Herausgeber von E), Bleistift: „(15)“. E: Aus Herders Nachlaß 1 (1856), 55 f., Nr 15 (ausgelassen: Bahrdte euer Geschlecht stinckend [14,1]). WA IV 3 (1888), 13, Nr 377. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 13,11 Steten] Stedten (heute Bischleben-Stedten) im Geratal stdwestlich von Erfurt. Dort traf Goethe, von Erfurt kommend, mit Wieland auf dem Gut des 1766 verstorbenen gothaischen Geheimrats Christoph Dietrich von Keller zusammen. Er hielt sich vom 1. bis 4. Januar 1776 dort auf. 13,12 Heut kann ich dir schon Hoffnung geben] Es ging um Herders Berufung als sachsen-weimarischer Generalsuperintendent (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 6). Die Hoffnung grtndete sich auf Gespr|che mit dem kurmainzischen Statthalter Carl Theodor von Dalberg in Erfurt, den Goethe und Herzog Carl August vom 29. bis 31. Dezember 1775 besucht hatten. Dalberg hatte sich gtnstig tber Herder ge|ußert (vgl. 13,18–20). 13,12–13 was ich vorgestern nicht konnte] Im Brief vom 31. Dezember 1775 (Nr 10). 13,13 Frau] Herders Frau Caroline. 13,14 liebenden Menschen] Wieland hatte 1771 die Familie der Witwe Auguste von Keller kennen gelernt und unterhielt freundschaftliche Beziehungen zur Mutter und zur |ltesten Tochter Juliane ( Julie), die seit 1774 mit dem sp|teren Eisenacher Kanzler und Landschaftsdirektor Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim verheiratet war. Auf Julies Einladung hatte er sich mit einem Brief vom 21. Dezember 1775 bei deren Mutter in Stedten ftr Anfang Januar 1776 zu einem Besuch angesagt und angefragt: „Darf ich Ihnen einen der herrlichsten, grußten, besten Menschen, m e i n e n G u t h e , mitbringen? Den ich so stolz, und doch unendl. mehr gltckselig als stolz bin, M e i n zu nennen! Ja, Sie mtßen das edle Geschupf kennen lernen, und Er, Sie.“ (WB 5, 455.) Am 11. Januar 1776 schilderte Wieland den Besuch in einem Brief an Sophie La Roche: „Drey wonnigliche Tage, die ersten in diesem Jahre, haben wir zu Steden bei der Frau von ÆKelleræ und meiner Julie gelebt. Beide empfehlen sich Ihnen aufs Beste. G u t h e war so g u t , so l i e b, so uns|glich lieb, daß wir alle wie die N|rrchen in ihn verliebt wurden. So gehts nun unserm guten jungen ÆCarl Augustæ (?) auch. Guthe ist sein Alles; und folglich werdet Ihr sein Angesicht sobald nicht wieder zu sehen bekommen.“ (WB 5, 463.) Im Rtckblick erz|hlte Wieland
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BRIEF 13
(nach Carl August Buttigers Bericht am 19. Januar 1797) in |hnlicher Weise tber Goethe: „Wir fuhren im Jahre [17]76 im Winter nach Stetten zu der Mutter der Frau v. Bechtolsheim Æ:::æ. Da freute ich mich recht innig, wenn er so auf alle Leute einen recht großen Eindruck machte, und besang ihn in einem Liede an die Frau v. Bechtolsheim Æ:::æ, das in dem T[eutschen] Merkur in jener Periode steht.“ (Buttiger, Literarische Zust|nde, 213.) Gemeint ist Wielands Gedicht „An Psyche“ (so nannte er Julie von Mauchenheim gen. Bechtolsheim), das im Januar-Heft des „Teutschen Merkur“ 1776 (S. 12–18) erschien. 13,15 seinen Merckur stwrcken] Wieland war unzufrieden mit dem Fach der Literaturkritik in seinem Journal, das von Christian Heinrich Schmid vertreten wurde. Um Abhilfe zu schaffen, hatte er sich deswegen Ende 1775 auch an Johann Heinrich Merck gewandt, um ihn als Mitarbeiter zu gewinnen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 16). 13,17 Weis aber nicht was iezt vorgeht.] Goethe rechnete mit Schwierigkeiten, Herders Berufung bei der Weimarer Geistlichkeit durchzusetzen. 13,18–19 der Stadhalter Æ:::æ das beste von dir gesagt] Vgl. zu 13,12. 13,22 Trakasserien] Franz. tracasserie: Schikane, Komplikation, „St|nkerey“ (Krtnitz 186, 540). 14,1 die Bahrdte] Gemeint sind Theologen wie Carl Friedrich Bahrdt, das „enfant terrible der deutschen Aufkl|rungstheologie“ (Neue Deutsche Biographie. Bd 1. Berlin 1953, S. 542). Er war bis 1775 Professor der Theologie in Gießen gewesen, bevor er zum wiederholten Mal wegen unorthodoxer theologischer Auffassungen, streitstchtigen Verhaltens und unbtrgerlichen Lebenswandels sein Amt verlor. Er hatte schon in Frankfurt Goethes Unwillen hervorgerufen. In seinem satirischen „Prolog zu den neuesten Offenbahrungen Gottes“ (Anfang 1774 im Selbstverlag erschienen) verspottete Goethe die ersten beiden B|nde von Bahrdts Schrift „Die neusten Offenbarungen Gottes in Briefen und Erz|hlungen“ (4 Bde. Riga 1773–1774). Herder kritisierte Bahrdts naturalistische, ,modernisierende‘ bersetzung des Neuen Testaments in seinen „Gefundenen Bl|ttern aus den neuesten Deutschen Litteraturannalen von 1773“: „B a h r d schrieb n e u e O f f e n b a h r u n g e n G o t t e s im achtzehnden Jahrhundert, d. i. w i e d i e a l t e n a b g e l e b t e n O f f e n b a h r u n g e n durch Christum, Evangelisten und Apostel, w e n n s i e d u r c h B a h r d t s p r e c h e n s o l l t e n , s p r e c h e n w t r d e n .“ (Suphan 5, 268.) 14,1 stinckend gemacht] Im Sinn von ,verhasst gemacht‘, nach 1 Mose 34,30: „Und Jacob sprach zu Simeon und Levi: Ihr habt mir ungltck zugerichtet, daß ich stincke vor den einwohnern dieses landes“ (Luther-Bibel 1772 AT, 32). 14,3 eh ich scheide] Goethe plante zum damaligen Zeitpunkt noch, nach Frankfurt zurtckzukehren. 14,4–5 Zerreiss meine Zettel] Gemeint sind wohl diejenigen Briefe, die Herders Berufung nach Weimar zum Gegenstand haben. Die Angelegenheit sollte
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vertraulich bleiben; vgl. auch Goethes Mahnung in Nr 20 (20,9–10). Herder ist Goethes Aufforderung nicht gefolgt. 13. An Philipp Erasmus Reich
Weimar, 4. Januar Æ1776æ ! Leipzig
DAT I ERU N G
Die fehlende Jahreszahl ergibt sich aus Goethes Brief vom 15. Januar 1776, der auf den vorliegenden Bezug nimmt (vgl. 20,11–12). BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Roemer. – Doppelblatt 17,16 20,8(–21) cm, 1 S. (S. 3) beschr., egh., Tinte; S. 1 Adresse von Schreiberhd: Herrn / Buchhwndler Reich / nach / Leipzig. / franko., rotes Gemmensiegel: dreimastiges Segelschiff unter vollen Segeln (vgl. Femmel/Heres, 10 f.), in den tberlieferten Briefen Goethes sonst nicht nachweisbar; Bl. 1 am rechten Rand ausgerissen durch ffnen des Siegels; S. 2 am rechten Rand Empfangsvermerk, Tinte: „1776. 8. Jan. Weimar / Goethe“. E: WA IV 30 (1905), 7, Nr 378a („nach einer Abschrift des Herrn Dr. Gtnther“ [ebd., 212]; Carl Schtddekopf). ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief (vgl. 14,11) ist nicht tberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 14,8 Montag] 8. Januar 1776. – Goethe gab das angektndigte Paket bereits am 5. Januar auf die Post; vgl. seinen n|chsten Brief an Reich vom 15. Januar (20,11–12). 14,8 ein Packet Phisiognomick] Erste Manuskriptsendung zum 2. Band von Johann Caspar Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“, die von Reich verlegt wurden. Sie enthielt das erste Drittel des Gesamtmanuskripts, etwa Seite 1–93 des 2. Bandes (vgl. von der Hellen, 124). Eine zweite Sendung folgte mit dem Brief vom 15. Januar 1776 (Nr 21), in dem Goethe in wenig Tagen eine dritte Sendung mit dem Rest des ersten Abschnittes (20,12–13) anktndigte, der mit Seite 134 endigt. Am 26. Februar ging eine weitere Paketsendung an Reich (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 6r). Am 10. M|rz schickte Goethe den grußten Teil des 22. Fragments (S. 200–204) nach Leipzig (vgl. Nr 59), am 25. April schließlich Titelblatt, Dedikation, Beschluss und Inhaltsverzeichnis (vgl. Nr 90). – In der ersten H|lfte des Mai 1776 war der Druck abgeschlossen. In seinem Brief an Reich vom 16.? Mai 1776 (Nr 105) dankt Goethe ftr die Zusendung eines Exemplars des fertigen Bandes.
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BRIEF 14
14,10 nach Leipzig komme] Goethe reiste vom 24. M|rz bis zum 4. April 1776 nach Leipzig. Dort traf er u. a. auch mit Reich zusammen; in Johann Georg Zimmermanns Brief an Johann Caspar Lavater vom 7. April 1776 heißt es: „Gestern einen Brief von Reich vom 29. M|rtz, und darinn: Dr. Guthe ist endlich zu uns hertber gekommen; er speiset diesen Mittag mit Zollikofer, Weisen und Oesern Æ:::æ bey mir.“ (Goethe-Lavater3, 398.) 14. An Johann Georg Zimmermann Weimar, Ækurz vor dem oder am 22. Dezember 1775æ und 5. Januar 1776 ! ÆHannoveræ DAT I E RU N G
Goethe beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Zimmermanns, den er in seinem Brief an Johann Caspar Lavater vom 22. Dezember 1775 (Nr 7) erw|hnt (vgl. 7,21–22). Auch diesen Tag verbrachte Goethe, |hnlich wie im vorliegenden Brief berichtet, meist in freyer Luft (7,1–2) und auf dem Eis (vgl. 7,3). Er schreibt an Lavater, er habe den Nach Mittag mit Wielanden zugebracht (7,2–3), an Zimmermann, es sei Abend (14,17) und er schreibe an Charlotte von Steins Schreibtisch (vgl. 14,16). Wenn es sich dabei nicht um den Abend desselben Tages, des 22. Dezember, handelt, dtrfte der erste Teil des vorliegenden Briefes doch an einem der Tage kurz zuvor geschrieben worden sein. Ftr die zeitliche N|he der Briefe an Zimmermann und an Lavater spricht auch, dass Goethe in beiden den Begriff Lakonisch (7,29 und 15,3) benutzt, um seine Korrespondenz mit Lavater zu charakterisieren. Nach dem 22. Dezember war Goethe verreist (Aufenthalt in Waldeck, 23.–27. Dezember, sowie in Erfurt und Stedten, 29. Dezember 1775–4. Januar 1776). BERLIEFERUNG
H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: 9697. – 1 Bl. ca. 13,2618,6 cm, 2 S. beschr., egh., Tinte, Unterschrift fehlt, Briefteil vom 5. Januar 1776 in großer Eile geschrieben, in der Datumszeile Angaben d‘ 5t‘ Jenner. und Weimar (15,6) dem Schriftduktus nach sp|ter hinzugeftgt (vgl. Varianten). – Beischluss zu Wielands Brief an Zimmermann vom 8. Januar 1776 (WB 5, 461 f., Nr 498; vgl. dazu Johann Georg Zimmermanns Brief an Herder vom 11. Januar 1776: „Gestern den 10. Januar hatte ich Briefe von Lavater, Goethe und Wieland, unter des letztern Couvert. Goethe schrieb auf der Frau von Stein Schreibtisch.“ [Aus Herders Nachlaß 2, 353.]). E: Goethe/Stein-Zimmermann (1904), 171 f., Nr 2. WA IV 30 (1905), 7 f., Nr 380a.
DEZEMBER 1775/JANUAR 1776 ERLUTERUNGEN
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Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Zimmermanns. Dieser kunnte von Mitte Dezember 1775 oder kurz danach stammen, denn Goethe beantwortet ihn gleich (14,13) nach Empfang, und der vorliegende Brief ist am 22. Dezember oder kurz davor begonnen worden (vgl. Datierung). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Johann Georg Zimmermann (1728–1795), Mediziner und Schriftsteller aus der Schweiz, war seit 1768 kuniglich britischer Leibarzt in Hannover. ber seine Beziehung zu Goethe vgl. die einleitende Erl|uterung zum Brief vom 3. Mai 1775 (GB 2 II, Nr 236). Zimmermann gehurte zu denjenigen, die sich am Klatsch tber die angeblich ungebthrlichen ,Weimarer Verh|ltnisse‘ beteiligten. So versuchte er Herder vor einer bersiedlung nach Weimar zu warnen, indem er ihm aus Briefen von Charlotte von Stein ein abschreckendes Bild vom Treiben am Weimarer Hof malte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 57). Goethe luste daraufhin die ohnehin nur lose Verbindung zu Zimmermann (vgl. seinen Brief an Charlotte von Stein vom 25. Juni bis 9. Juli 1776 [Nr 140], Briefteil vom 5. Juli). Im vorliegenden Band sind zwei der insgesamt drei tberlieferten Briefe Goethes an Zimmermann gedruckt, außer dem vorliegenden noch Brief Nr 57. (Aus der zweiten H|lfte 1775 sind zudem ftnf Briefe verloren; vgl. GB 2 I, EB 221, 225, 231, 234, 235.) Briefe von Zimmermann an Goethe sind nicht tberliefert, obwohl jener nach Beginn der persunlichen Bekanntschaft im Juli 1775 mehrfach geschrieben hatte. Muglicherweise hat Goethe sie wie viele andere seit 1772 an ihn gerichteten Briefe im Jahr 1797 verbrannt (vgl. dazu sein Tagebuch unter dem 9. Juli 1797 [GT II 1, 120] und die „Tag- und Jahres-Hefte“ ftr 1797 [WA I 35, 73]). 14,15 auf dem Eis] Goethe war passionierter Schlittschuhl|ufer (vgl. die Erw|hnungen in seinen Briefen an Odon Nicolas Lœillot Demars, Juni? 1773; an Johanna Fahlmer, 2.? Januar 1774; an Sophie La Roche, 21. Januar 1774; an Johann Lorenz Buckmann, 14. und 15. November 1774; an Johanna Fahlmer, 15. November 1774; an Johann Christian Kestner, 20.? und 21. November 1774; GB 2 I, 34, 66, 70, 135 f. und 139). 14,15 ein Packet von Franckf.] Das Paket aus Frankfurt dtrfte von Goethes Eltern abgeschickt worden sein. Es enthielt außer Zimmermanns Bezugsbrief auch einen Brief von Jacob Ludwig Passavant, dem Freund und Amtsgehilfen Lavaters in Ztrich, seit November in Hamburg (vgl. im Einzelnen die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 131), den Brief eines Unbekannten (vgl. zu 14,23) sowie von Zimmermann tbersandte Silhouetten (vgl. 14,21). 14,17 Sozietwt] Hier allgemein: Gesellschaft. 14,18 Kinder] Darunter wohl auch Charlotte von Steins eigene Kinder: Carl (10 Jahre) und Ernst (7 Jahre); der jtngste Sohn Fritz war erst 3 Jahre alt.
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BRIEF 15
14,18 Comtdie] Im 18. Jahrhundert auch in weitester Bedeutung ,Schauspiel‘, ,Theater‘. 14,21 Silhouetten] Der Begriff, von Goethe synonym gebraucht mit ,Schattenriss‘, ,Schattenbild‘ oder ,Schatten‘, geht zurtck auf Þtienne de Silhouettes, einen besonders sparsamen Finanzminister unter Ludwig XV. Die Anfertigung von Portr|tsilhouetten war billiger als die von Gem|lden, ihr Austausch im Freundes- und Bekanntenkreis im 18. Jahrhundert sehr beliebt (vgl. die erste Erl|uterung zu 201,5). 14,21 Lotten] Charlotte Kestner, Tochter des Amtmanns Henrich Adam Buff in Wetzlar, in die sich Goethe w|hrend seiner Praktikantenzeit am dortigen Reichskammergericht verliebt hatte. Sie war seit 1773 die Frau Johann Christian Kestners. – Um welche Portr|tsilhouette es sich hier handelt, konnte nicht ermittelt werden. Goethe besaß bereits einen Schattenriss der Portr|tierten (vgl. GB 1 II, zu 235,22). 14,23 den Chymischen Brief] Weder ist dieser Brief tberliefert noch sein Absender bekannt. – Die vorliegende Stelle ist ein Indiz ftr das neu erwachende Interesse Goethes an chemischen Fragen. Erste Begegnungen mit diesem Gebiet hatten schon 1768/69 in Frankfurt w|hrend der Freundschaft mit Susanna von Klettenberg (vgl. GB 2 II, zu 202,12) sowie 1770/71 in Straßburg stattgefunden, als Goethe die Vorlesungen des Mediziners und Chemikers Jacob Reinbold Spielmann besuchte. 15,2 dass Chymie mir eine herrliche Aussicht bleibt] Wenngleich Goethe dazu auch keine einschl|gigen Schriften verfasste, so besch|ftigte er sich doch lebenslang mit diesem besonderen Teil der Naturlehre. 15,3 Mit Lavatern steh ich Lakonisch] In seinem Brief vom 22. Dezember 1775 an Lavater mahnt Goethe: Sey mir nicht gar zu Lakonisch. (7,29.) Vgl. weiter die zweite Erl|uterung zu 7,29. 15,3 Danck dafsr] Wie aus Goethes Brief an Lavater vom 22. Dezember 1775 (Nr 7) hervorgeht, hatte Zimmermann in seinem Bezugsbrief vermutlich tber Auseinandersetzungen zwischen Lavater und den Ztrcher Theologen und Philologen Johann Jakob Hottinger und Johann Jakob Steinbrtchel berichtet (vgl. zu 7,23). 15,4 Hier bin ich herzlich wohl.] Mit einer fast gleich lautenden Versicherung beginnt Goethe seinen Brief an Zimmermann vom 6. M|rz 1776 (vgl. 41,4). Zu diesem Zeitpunkt war Zimmermann bereits am Klatsch tber die ,Weimarer Verh|ltnisse‘ und das angeblich wilde Leben des Herzogs und Goethes beteiligt (vgl. des N|heren die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 236). Ob Goethe mit seiner Bemerkung auf den Bezugsbrief eingeht, in dem Zweifel an Goethes ,Wohlbefinden‘ ge|ußert worden sein kunnten, ist ungewiss. Zimmermann hatte durch Charlotte von Stein Nachrichten von Goethes Eintritt in Weimar. In seinem Brief an sie vom 29. Dezember 1775 schreibt er: „Je ne suis du tout point surpris
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que M r. Guthe ait pl generalement Weimar.“ Wenig sp|ter heißt es: „Ne critiquons point ces grands hommes. S’il manquoit un trait ce quils ont fait, il leur manqueroit außitot tout ce que nous admirons de plus en eux.“ (H: Archiv der BBAW. – Es tberrascht mich gar nicht, daß Herr Goethe in Weimar allgemein Anklang gefunden hat. Æ:::æ Kritisieren wir diese großen M|nner doch nicht. Wenn bei dem, was sie tun, ein bestimmter Charakterzug fehlt, fehlte ihnen bald alles, was wir sonst an ihnen bewundern. – Transkription und bersetzung von Wolf-Dieter Lange, Bonn.) 15,7 heut ist aber d‘. 5. Jan.] Am Vortag war Goethe von einer knapp zweiwuchigen Reise zurtckgekehrt (vgl. Datierung). 15,9 Schritt und Schlittenbahn] Eine ,Schrittbahn‘ war eine zum Gleiten auf ,Schrittschuhen‘ (Schlittschuhen) pr|parierte Eisfl|che (vgl. GWb 2, 17; GB 2 II, zu 135,22). 15,11 Phisiognomick] Goethe war an der Herausgabe von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ beteiligt (vgl. zu 7,5 sowie die einleitende Erl|uterung zu Nr 11). 15,13 Schreiben Sie mir hierher.] Nach Weimar und nicht nach Frankfurt, wohin Goethe zun|chst wieder zurtckzukehren beabsichtigt hatte. 15,13 Wieland Grssst ich schreib bey ihm.] Auch der Brief an Johann Heinrich Merck vom 5. Januar 1776 (Nr 16) und wohl ebenso der Brief an Johanna Fahlmer vom selben Tag (Nr 15) wurden bei Wieland geschrieben. 15,16 Wies von der Wand kommt.] Gemeint ist eine so genannte OriginalSilhouette, ein Profilportr|t nach dem wirklichen Schattenbild in Lebensgruße. Das Verfahren zur Anfertigung einer Original-Silhouette bestand darin, die Zeichenunterlage direkt an einer Wand zu befestigen, auf die der Schatten der zu portr|tierenden Person projiziert wurde. Dazu dienten auch verschiedene Hilfsvorrichtungen, ein ,Silhouettierbrett‘, ein ,Stehrahmen‘ oder ein ,Silhouettierstuhl‘ (vgl. weiter GB 2 II, zu 160,24). Goethe sch|tzte diese großen Silhouetten mehr als die (u. a. mittels eines Pantographen oder ,Storchschnabels‘) verkleinerten Exemplare, weil sie ihm authentischer erschienen. 15,16 Die taugen all nichts] Der Satz ist aus Platzmangel teilweise an den Blattrand geschrieben (vgl. Var. 15,16) und offenbar verktrzt ftr: ,Die verkleinerten Schattenbilder, die ich habe, taugen alle nichts.‘ 15. An Johanna Fahlmer DAT I ERU N G
ÆWeimar, 5. Januar 1776æ ! ÆFrankfurt a. M.æ
Im Brief an Johann Heinrich Merck vom 5. Januar 1776 (Nr 16) nimmt Goethe Bezug auf den vorliegenden Brief (vgl. 17,23–24). Dieser muss demnach vorher
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BRIEF 15
geschrieben worden sein. Die erw|hnte Schachtel (16,5) seiner Mutter, vermutlich mit Neujahrsgeb|ck, kann Goethe frthestens am 4. Januar 1776 erhalten haben; zuvor hatte er sich mit Wieland vom 1. bis zum 3. Januar in Stedten „drey wonnigliche Tage, die ersten in diesem Jahre“ (Wielands Brief an Sophie von La Roche, 11. Januar 1776; WB 5, 463) bei Auguste von Keller aufgehalten und war am 4. Januar nach Weimar zurtckgekehrt. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde der vorliegende Brief wie Nr 16 am 5. Januar 1776 geschrieben. Unter diesem Datum ist vermutlich auch seine Absendung vermerkt (vgl. die Angaben zu den Postsendungen). Auch von Schachtel und Briefporto (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4r) ist dort die Rede. Dies kunnte sich auf die von Catharina Elisabeth Goethe tbersandte Schachtel beziehen, ftr die der Empf|nger einen Teil des Portos zu zahlen hatte. BERLIEFERUNG
H: Privatbesitz, Deutschland. – 1 Bl. 18,9622,9 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Anfang einer Adresse: An, Reste eines roten Siegels; Blatt am rechten Rand und auf der linken Seitenh|lfte in der Mitte ausgerissen durch ffnen des Siegels; Vs. links unten quer zur Schreibrichtung von Johanna Fahlmers Hd, Tinte: „N r 2“ (Z|hlung vermutlich bezogen auf die Briefe Goethes nach dessen Eintreffen in Weimar am 7. November 1775); Vs. oben auf der rechten Seitenh|lfte von fremder Hd, Bleistift: „39)“ (vgl. E). – Muglicherweise Beischluss zu EB 19. E: Goethe-Fahlmer (1875), 102 f., Nr 39. WA IV 3 (1888), 14 f., Nr 379 (nach E; Textkorrektur in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50, 214). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 5. Januar 1776 (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4r). – Der vorliegende Brief, der ausdrtcklich auch an Goethes Mutter gerichtet ist, war muglicherweise ein Beischluss zu EB 19. 15,18 geniesst] ,Genießen‘ hier im Sinn von ,etwas in sich aufnehmen‘ (vgl. GWb 3, 1462). 15,18–19 Ich bin Æ:::æ in der wsnschenswerthsten Lage der Welt.] hnlich enthusiastisch hatte sich Goethe bereits im ersten Brief an Johanna Fahlmer aus Weimar vom 22. November 1775 ge|ußert (vgl. Nr 4). 15,21 brauch ich Geld] In Weimar hatte Goethe zun|chst keine Einktnfte aus eigener Arbeit. Die Honorare ftr die T|tigkeit als Anwalt, die er in Frankfurt erhalten hatte, fehlten ihm. Die Unterstttzung durch den Vater reichte ftr das aufw|ndige Leben in Weimar mit Reisen, Ausfltgen und Feiern nicht aus. Erst mit seiner Ernennung zum Geheimen Legationsrat im Juni 1776 gelangte Goethe
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zu eigenem Einkommen (vgl. Jochen Klauß: Genie und Geld. Goethes Finanzen. Dtsseldorf 2009, S. 28–32; vgl. auch zu 15,25–26; die zweite Erl|uterung zu 40,9; zu 40,11–12). 15,22 niemand lebt vom Winde] In vielen romanisch-germanischen Sprachen vorkommendes mittelalterliches Sprichwort (vgl. Thesaurus proverbiorum medii aevi. Sprichwurter des romanisch-germanischen Mittelalters. Bd 13. Berlin, New York 2002, S. 112). 15,24 Herrlichkeit seines Sohns] Mit biblischer Konnotation; am Anfang des Johannes-Evangeliums (1,14) heißt es: „Und das wort ward fleisch, und wohnete unter uns, und wir sahen seine herrlichkeit, eine herrlichkeit als des eingebohrnen Sohns vom Vatter, voller gnade und wahrheit.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 94.) 15,25–26 Mag das nicht gehn Æ:::æ der mir’s schickt.] Goethe hatte deswegen Grund zu der Annahme, sein Vater, der ihm Zuschtsse nur „widerwillig“ (Liber domesticus2 2, XXI) nach Weimar schickte, kunnte ihm die finanzielle Unterstttzung versagen, weil dieser den Aufenthalt seines Sohnes an einem Ftrstenhof immer noch mit Argwohn betrachtete. Er ftrchtete, poetisches Talent und persunliche Reputation Goethes kunnten an einem solchen Ort Schaden nehmen. Als im Oktober 1775 die angektndigte Kutsche ausblieb, die Goethe nach Weimar bringen sollte (vgl. GB 2 II, zu 221,1–2; zu 223,6), hatte er dies, wie Goethe in seinen Lebenserinnerungen schreibt, als einen lustigen Hofstreich interpretiert, den man inszeniert habe, um ihn zu krwnken und zu beschwmen, wenn er nunmehr statt jener gehofften Ehre schimpflich sitzen geblieben (AA DuW 1, 645 [20. Buch]). Der Vater h|tte es lieber gesehen, Goethe w|re Ende Oktober 1775 auf seine Kosten nach Italien gegangen. Offenbar wandte sich Goethes Mutter tats|chlich an Johann Heinrich Merck, denn am 19. Januar erhielt Goethe von diesem Geld (vgl. 23,10). In der Folgezeit wurde er durch Geldgeschenke des Herzogs unterstttzt (vgl. Goethe an Johanna Fahlmer, 6. M|rz 1776; Nr 55), der ihm im April 1776 dartber hinaus das Gartenhaus an der Ilm samt Mobiliar zum Geschenk machte. Auch die Mutter tbernahm Ausgaben ftr den Sohn, wie aus Goethes Brief an Johanna Fahlmer vom 18. M|rz 1776 (Nr 62) hervorgeht (vgl. 43,11–12). Johann Caspar Goethe verlor seine Skepsis erst im Lauf der Zeit. Vom Weimarer Kammerrat Johann August Alexander von Kalb erfuhr er in einem Brief vom 16. M|rz 1776 (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 61), dass Herzog Carl August seinen Sohn unter sehr vorteilhaften Bedingungen mit einem Jahresgehalt von 1200 Reichstalern zum Legationsrat ernennen werde. In einem Brief vom 24. Juli 1776 an Gottlob Friedrich Ernst Schunborn teilte Johann Caspar Goethe voll Genugtuung mit, der Herzog in Weimar habe seinen Sohn so unentbehrlich gefunden, „daß Er ihn endlich zu seinem geheim. Legations Rath mit Sitz und Stimme im geheim. Conseil und 1200 Thlr. Besoldung ernante. Da sizt nun der Poet und ftgt sich in sein netes Fach bestmuglichst.“ (Pfeiffer-Belli, 314 f.)
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BRIEF 16
15,26 in Golde] In Louisdor oder Carolin (vgl. Mtnze und Geldrechnung in Goethes Briefen 1775–1779, S. LIII). 15,28–16,1 i c h m u s s s e y n Æ:::æ m e i n e s Va t e r s i s t ] Wie zuvor 15,24 in Anlehnung an die Bibel. Im Lukas-Evangelium (2,48 f.) wird vom zwulfj|hrigen Jesus berichtet, er sei in Jerusalem zurtckgeblieben, w|hrend seine Eltern nach Nazareth zurtckkehrten. Als sie ihn vermissten, suchten sie nach ihm. Sie fanden ihn nach drei Tagen im Tempel zu Jerusalem mitten unter den Schriftgelehrten. Seine Mutter sagte zu ihm: „Mein sohn, warum hast du uns das gethan? Siehe, dein vatter und ich haben dich mit schmertzen gesuchet.“ (LutherBibel 1772 NT, 61.) Jesus antwortete ihr: „Was ists, daß ihr mich gesucht habt? Wisset ihr nicht, daß ich seyn muß in dem, das meines Vatters ist?“ (Ebd.) 16,2 Schreiben Sie mir manch mal was] Briefe von Johanna Fahlmer an Goethe sind nicht tberliefert. Vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 4. 16,4 Frizzen] Gemeint ist Friedrich Heinrich Jacobi. Soweit bekannt, hatte Goethe zuletzt am 3. Oktober 1775 an ihn geschrieben (vgl. GB 2 I, EB 227). Auch dieser hatte ihn finanziell unterstttzt, wie Goethes Brief an ihn vom 2. Oktober 1782 belegt, in dem von einer alten Schuld die Rede ist: Du halfst mir damals aus einer grosen Verlegenheit und ich will es nicht entschuldigen daß ich der Sache so lang nicht erwwhnte. ( JB I 3, 53; vgl. auch WA IV 6, 62.) Johanna Fahlmer war die Stieftante der Brtder Johann Georg und Friedrich Heinrich Jacobi. 16,5 Schachtel mit dem Vorrath] Aus Catharina Elisabeth Goethes Brief an Philipp Seidel vom 2. Januar 1778 geht hervor, dass auch im Jahr 1777, und zwar am 26. Dezember, eine „Schachtel an den Docter ÆGoetheæ“ abging (Die Briefe der Frau Rath Goethe. Gesammelt und hrsg. von Albert Kuster. Leipzig 1923, S. 24). Sie kunnte wie die hier erw|hnte Schachtel Stßigkeiten und Geb|ck zu Neujahr enthalten haben. 16,6 Schrifften Hamans] Ende Oktober 1775 hatte Goethe bei dem Leipziger Verleger Philipp Erasmus Reich eine Reihe von Schriften Johann Georg Hamanns bestellt (vgl. im Einzelnen GB 2 I, Nr 272 sowie die Erl|uterungen dazu [GB 2 II, 563 f.], ferner die einleitende Erl|uterung zu Nr 1). 16. An Johann Heinrich Merck mit Christoph Martin Wieland Weimar, 5. Januar 1776 ! ÆDarmstadtæ BERLIEFERUNG
1) Brief: H: Goethe-Museum Dtsseldorf, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, Sign.: NW 420/1960. – 2 Bl. (ursprtnglich Doppelblatt) 11,5618,9 cm, 2 3/4 S. (S. 1–3) beschr., Wielands Hd, Tinte (Petitdruck), 1/4 S. (S. 4) beschr.,
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egh., Tinte; S. 1 oben links von fremder Hd, Bleistift: „6“, daneben von fremder Hd, Rutel: „1“. – Teilfaksimile: Stargardt-Katalog 548, Auktion vom 15. Mai 1960, S. 17, Nr 68 (17,13–17 Nun cede majori. Æ:::æ Ktnigin pp.). 2) Beilage: H: Merck-Archiv Darmstadt, Sign.: A/122 (als Beilage zu Wielands Brief an Merck vom 13. Juni 1777 [WB 5, 626–628; WB 6 I, 152–155]). – 1 Bl. 11,5618,9 cm, 1 S. beschr., Wielands Hd, Tinte (Petitdruck); oben links von fremder Hd, Tinte: „wahrscheinlich zu 6 b“ (vgl. die Handschriftenbeschreibung des Briefes zu S. 1); linker Rand drei Spiegelstriche (Erledigungsvermerke?) vor den Ziffern 1., 2. und 3. von fremder Hd, Bleistift. E1: Merck, Briefe1 (1835), 81–84, Nr 30 (nur Brief). E2: Merck, Briefe1 (1835), 104 f. (nur Beilage; als Beilage zu Wielands Brief an Merck vom 13. Juni 1777 [WB 5, 626–628]), von Wagner auf Februar 1777 datiert). WA IV 3 (1888), 15 f., Nr 380 (nur Goethes Nachschrift; nach E1). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Johann Heinrich Mercks an Wieland vom 29. Dezember 1775 (vgl. 16,9). – Merck antwortete mit einem nicht tberlieferten Brief vom 19. Januar 1776 an Wieland (vgl. den Beginn von Wielands Brief an Merck vom 26. Januar 1776; WB 5, 464). Ein Antwortbrief an Goethe ist nicht bekannt; vgl. aber zu 17,23–24. Johann Heinrich Merck (1741–1791), hessisch-darmst|dtischen Kriegsrat, Verleger, Herausgeber der „Frankfurter gelehrten Anzeigen“ und Literaturkritiker, hatte Goethe Ende 1771 kennen gelernt und sich dem acht Jahre lteren zun|chst wie einem Mentor angeschlossen. Die freundschaftliche Beziehung zwischen beiden kthlte jedoch nach der bersiedlung Goethes nach Weimar nach und nach ab. Merck stand einer Hofkarriere Goethes, wie dessen Vater auch, zun|chst ablehnend gegentber. Nach der persunlichen Begegnung mit Herzog Carl August im September 1777 auf der Wartburg gewann Merck jedoch Sympathie ftr den jungen Ftrsten, der seinerseits den Darmst|dter Kriegsrat sch|tzen lernte. Goethe aber riet dem Herzog davon ab, Merck in seine Dienste zu nehmen (vgl. Goethe an Merck, 11. Januar 1778 [Nr 320] sowie zu 190,7–9). – Vgl. zur Beziehung zwischen Goethe und Merck insgesamt die einleitende Erl|uterung zum Brief aus der ersten H|lfte Februar 1774 (GB 2 II, Nr 94). Im vorliegenden Brief geht es um Wielands Zeitschrift „Der Teutsche Merkur“. Schon zur Grtndungszeit des „Merkur“, der seit Anfang 1773 erschien (1. Bd. 1.–3. Sttck. Januar–M|rz 1773 unter dem Titel „Der Deutsche Merkur“), war Merck, der sich Ende 1772 von den „Frankfurter gelehrten Anzeigen“ zurtckgezogen hatte, als Mitarbeiter im Gespr|ch gewesen. Friedrich Heinrich
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Jacobi, der Mitbegrtnder des Journals, hatte die Vermittlung tbernommen und dabei die Unterstttzung durch Sophie La Roche gesucht, die mit Merck befreundet war. In einem Brief vom 29. November 1772 bat er sie, einen von ihm verfassten Brief an Merck mit der Bitte um Teilnahme am „Teutschen Merkur“ mit einem Empfehlungsschreiben zu versehen und weiterzuleiten (vgl. JB I 1, 177 f.). Sophie La Roche kam der Bitte nach. Weder Jacobis Brief an Merck noch La Roches Beilage sind tberliefert. Merck ktndigte in einem Brief an Jacobi vom 25. Dezember 1772 Manuskripte an und stellte eine Liste mit Rezensionsvorschl|gen zusammen (vgl. Merck, Briefwechsel 1, 348 f.). Wieland selbst rechnete Mitte Januar 1773 mit der Mitarbeit Mercks (vgl. seinen Brief an Jacobi vom 14. Januar 1773; WB 5, 53), der das Angebot in seinem Brief an Wieland vom 1. M|rz 1773 annahm: „Æ:::æ weil Sie mich auf den Fuß eines treuen ehrlichen Kerls ÆJacobiæ in Ihre Freundschaft u. Dienste nehmen wollen, so muß ich mirs wol gefallen lassen.“ (Merck, Briefwechsel 1, 362.) Jacobi allerdings, der inzwischen einige Rezensionen von Merck erhalten hatte, f|llte in einem Brief an Wieland vom 18. Februar 1773 kein gtnstiges Urteil dartber. Er fand, „daß die Ideen mit dem Tone nicht harmoniren“ ( JB I 1, 185), und schickte lediglich drei Besprechungen an Wieland weiter, von denen 1773 nur eine einzige erschien: die Rezension von John Coakley Lettsoms „The natural history of the tea-tree“ (London 1772) im 2. Band des „Teutschen Merkur“ (S. 92–95), einem Werk aus Mercks Liste im Brief an Jacobi vom 25. Dezember 1772. Dass es zu keiner weiteren Teilnahme Mercks am „Merkur“ kam, lag vermutlich zum einen daran, dass Jacobi von Mercks Manuskripten nur zurtckhaltend Gebrauch machte, zum anderen, dass Merck von Mai bis Dezember 1773 die Landgr|fin Karoline von Hessen-Darmstadt als Rechnungsfthrer nach St. Petersburg begleitete. Das kritische Fach im „Teutschen Merkur“ wurde mit dem Gießener Professor Christian Heinrich Schmid besetzt. Merck arbeitete indessen von 1773 bis 1775 als Rezensent ftr Friedrich Nicolais „Allgemeine Deutsche Bibliothek“. Mit Schmids Besprechungst|tigkeit war Wieland alsbald jedoch unzufrieden. Schmids Rezension von Goethes „Gutz von Berlichingen“ z. B. wurde vom Herausgeber selbst in einer Gegenrezension uffentlich zurtckgewiesen (vgl. weiter GB 2 II, zu 47,6). Aus diesem Grund erging Ende 1775 eine erneute Einladung an Merck, diesmal von Wieland selbst und mit Unterstttzung Goethes. Am 25. Dezember 1775 schrieb Wieland an Johann Caspar Lavater: „Ich kan dem Unwesen nicht l|nger zusehen, der Merkur soll seine auream virgam wieder ergreiffen, und die levem turbam Respect lehren. M e r c k hat dies Amt, durch Guthens Vermittlung tbernommen. Sie kennen ihn! – Von Schmidten in Gießen hab ich mich, durch einen herzhaften Riß loßgemacht.“ (WB 5, 458.) – Ftr die bernahme der Literaturkritik im „Teutschen Merkur“ stellte Merck, wie aus dem vorliegenden Brief hervorgeht, Forderungen und Bedingungen, die weitgehend akzeptiert wurden. Er blieb Wielands Zeitschrift bis zu seinem Tod verbunden. – Vgl. Her-
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mann Br|uning-Oktavio: Johann Heinrich Merck als Mitarbeiter an Wielands „Teutschem Merkur“ in den Jahren 1773–1791. In: Archiv ftr das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. 67. Jg. Bd 131. N. F. 31 (1913), S. 24–39; Merck, Schriften 3, bes. 181–183. 16,10 hypochondrischen] Hier: schwermttigen, trtbsinnigen. – Hypochondrie (von griech. t'povoŁmdqiom: das unter dem Brustkorb Befindliche, die Organe des Unterleibs), ein Modewort des 18. Jahrhunderts, war im zeitgenussischen Verst|ndnis „eine der beschwerlichsten Krankheiten, welche ihren Sitz vornehmlich in dem Unterleibe hat, von einer reitzenden auf die Nerven wirkenden Sch|rfe herrthret, Personen, welche viel sitzen, am meisten und heftigsten anf|llt, und oft in Schwermuth und Melancholie ausartet“ (Adelung 2, 1345). 16,12 eine Scene] Muglicherweise bezieht sich Wieland auf seine Reise mit Goethe, die er vom 1. bis zum 3. Januar 1776 nach Stedten auf das Gut der Familie Auguste von Kellers unternommen hatte. Dort war er auch mit deren Tochter und Schwiegersohn Julie und Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim zusammengetroffen. Aus diesem Anlass entstand Wielands Julie von Bechtolsheim gewidmetes Gedicht „An Psyche“ (erschienen 1776 im Januar-Heft des „Teutschen Merkur“, S. 12–18). 16,16 Mwnniglichen] M|nniglich: jeder, jeglicher (vgl. Grimm 12, 1591). 16,16–17 ungehudelt] ,Hudeln‘ hier im Sinne von ,zanken‘, ,plagen‘ (vgl. Grimm 10, 1863). 16,19 Obermeister] Merck lieferte nicht nur eigene Rezensionen, sondern beauftragte seinerseits Mitarbeiter, Beitr|ge zu schreiben, die er Wieland zur Verftgung stellte. Er machte diesem sogar – im nicht tberlieferten Antwortbrief – den Vorschlag, den Druck des „Teutschen Merkur“ in Darmstadt ausfthren zu lassen, vermutlich, um auch als Verleger ins Gesch|ft zu kommen (vgl. Hermann Br|uning-Oktavio: Johann Heinrich Merck als Drucker, Verleger, Kupferstecher und M|zen. In: Philobiblon 13 [1969]. H. 2, S. 107). Diesem Vorschlag folgte Wieland, wie aus seinem Brief an Merck vom 26. Januar 1776 hervorgeht, „aus einer Menge Ursachen“ (WB 5, 466) nicht. 16,24 G e b l e r ] Tobias Philipp von Gebler, Vizekanzler der Hofkanzlei in Wien, Verfasser zahlreicher Theatersttcke. Wieland stand mit ihm seit Jahren in Briefwechsel, in welchem er u. a. aus einer „Pflicht der Freundschaft“ (WB 5, 410) heraus behutsame Kritik an Geblers Dramen tbte (vgl. Wielands Brief an Gebler vom 5. September 1775; WB 5, 409–411). 16,24 We z e l ] Johann Karl Wezel, Verfasser von Lustspielen und satirischen Romanen. 1776/77 war er Hofmeister eines Sohnes des preußischen Staats- und Justizministers Ernst Friedemann von Mtnchhausen in Berlin, hielt sich jedoch als dessen Reisebegleiter inzwischen in Leipzig auf (vgl. Wieland an Wezel, 15. Februar 1776; WB 5, 472). Mitarbeiter am „Teutschen Merkur“ wollte Wieland schonend behandelt sehen.
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16,25 prudenter] Lat.: umsichtig, klug. 16,26 Wien u. Berlin] In Bezug auf Wien war Zurtckhaltung in religiusen Fragen angebracht. Kritik an Werken aus Berlin, jedenfalls solchen aus dem Verlag von Friedrich Nicolai, erforderten Behutsamkeit, weil sich Wieland, der Herausgeber des „Teutschen Merkur“, in gespanntem Verh|ltnis zu Nicolai als dem Herausgeber der „Allgemeinen Deutschen Bibliothek“ befand (vgl. etwa Nicolais Brief an Wieland vom 5. Mai 1775, dessen Antwortbrief vom 8. Mai sowie Nicolais Erwiderung vom 16. Mai; WB 5, 366 f., 368 f., 370 f.). 16,27–28 von den benannten Beytrwgen in das K u n s t F a c h ] Merck hatte im Bezugsbrief offenbar tber Beitr|ge zur Literaturkritik hinaus solche zur bildenden Kunst angektndigt. So erschienen 1776 im „Teutschen Merkur“ Mercks Aufs|tze „Ueber die Schunheit. Ein Gespr|ch zwischen Burke und Hogarth“ (FebruarHeft, S. 131–141) sowie „Raisonnirendes Verzeichniß einiger der besten Schmidtischen radierten Bl|tter“ (September-Heft, S. 248–250). 16,30 utile] Lat.: das Nttzliche. – Hier ist das Honorar gemeint. 16,31–32 Fsr den Monat J e n n e r Æ:::æ soviel Sie ktnnen.] Am 26. Januar 1776 bedankte sich Wieland bei Merck ftr dessen „Brief vom 19. hÆuiusæ und die Beylage von 6. Recensionen nebst dem Beytrag zu dem was ich erst im Februar von Brands Narrenschiff im M. ÆMerkuræ sagen will.“ (WB 5, 464.) Vermutlich handelte es sich um die vier im Januar-Heft des „Teutschen Merkur“ 1776 veruffentlichten Rezensionen tber folgende Werke: ÆJohann Gottfried Herder:æ Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. Beytrag zu vielen Beytr|gen des Jahrhunderts. Ohne Druckort ÆRiga 1774æ (S. 83–85); Musenalmanach ftr das Jahr 1776. von den Verfassern des bisherigen Guttingischen Musenalmanachs, herausgegeben von JÆohannæ HÆeinrichæ Voß. Lauenburg (S. 85–89); Poetische Blumenlese auf das Jahr 1776. Guttingen (S. 90); Leipziger Musenalmanach aufs Jahr 1776 ÆAlmanach der deutschen Musen, auf das Jahr 1776æ. ÆLeipzigæ (S. 90 f.). Ferner gehurten zu Mercks Sendung die in Wielands Brief erw|hnten Rezensionen folgender Titel: ÆChristoph Martinæ Meiners Vermischte Schriften. Leipzig bey Weygands. 1775 (Februar-Heft 1776, S. 186–188); ÆJohann Friedrich Karl Grimm:æ Bemerkungen eines Reisenden durch Teutschland, Frankreich, England und Holland in Briefen an seine Freunde, 1. 2. 3ter Theil. Altenburg in der Richterischen Buchhandlung 1775 (M|rz-Heft 1776, S. 264–266); ÆChristian Friedrich von Blankenburg:æ Beytr|ge zur Geschichte teutschen Reichs und teutscher Sitten. Ein Roman. Erster Theil Æmehr nicht erschienenæ. Leipzig und Liegnitz, bei David Siegents Wittwe. 1775 (M|rzHeft 1776, S. 270–272). Im 1. Band des „Teutschen Merkur“ von 1776, der die Hefte ftr Januar bis M|rz umfasst, erschienen außerdem folgende Besprechungen (vgl. Thomas C. Starnes: Der Teutsche Merkur. Ein Repertorium. Sigmaringen 1994, S. 388 f.): Ueber die Schw|rmerey. Eine Vorlesung von ÆLeonhardæ Meister. Prof. in Ztrich. Bern bey der Typogr. Gesellschaft (Februar-Heft,
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S. 190); ÆJohann Karl Wezel:æ Lebensgeschichte Tobias Knaut, des Stammlers, 4ter Theil. Leipzig bey Crusius. 1775 (M|rz-Heft, S. 272 f.); Zwanzig Komponisten, eine Skizze von Carl Ludewig Junker. Bern, bey der Typographischen Gesellschaft. 1776 (M|rz-Heft, S. 276–281). Der von Wieland zuletzt genannte Beitrag stammt von ihm selbst: „Ueber Sebastian Brands Narrenschiff und D. Johann Gaylers v. Kaysersberg Weltspiegel“; er erschien im Februar-Heft des „Teutschen Merkur“ 1776 (S. 168–174). Welchen Anteil Merck daran nahm, ist nicht gekl|rt; vermutet wird, dass „auf Mercks Einwirken Æ:::æ die Forderung nach einer gerechten Bewertung der Brantschen Verskunst aus dem historischen Kontext und die kritische Beurteilung der Gaylerschen Zus|tze zurtckgehen“ kunnten (Merck, Briefwechsel 1, 619, Anm. 4). – Eine bersicht tber Mercks Rezensionen im „Teutschen Merkur“ insgesamt bietet Merck, Briefwechsel 5, 150–163. 16,32 nota pour le moment] Lat./franz.: einstweilige Anmerkung. – Vgl. Beilage. 16,33 sub clausula] Lat.: unter dem Schlusssatz (der einen Vorbehalt enth|lt). 17,1 6 Bogen] Ein Bogen des im Oktav-Format erschienenen „Teutschen Merkur“ umfasst 16 Seiten. Die Hefte von Januar, Februar und M|rz 1776 enthalten 98, 105 bzw. 87 Seiten; ein Heft ist im Durchschnitt demnach 96 2/3 Seiten, also ziemlich genau 6 Bogen stark. 17,2 5 bis 6 Blwtter] Die ersten drei Hefte des „Teutschen Merkur“ 1776 bieten, wie von Wieland angektndigt, im Durchschnitt 12 Seiten „Kritische Anzeigen“. 17,3 i. e.] Lat. id est: das heißt. 17,3 Columnen, mit kleiner Schrift] Die Rezensionen wurden nicht in Spalten, aber in kleinerer Schrift gedruckt. 17,5 Sebastian Brands bildnis] Die Vorlage zum Titelkupfer des Januar-Hefts, einem Profilportr|t des humanistischen Dichters Sebastian Brant, wurde von Georg Melchior Kraus gezeichnet und von Johann Heinrich Lips gestochen (vgl. auch zu 8,5). 17,7 Narrenschiff] Das Narrenschyff Ad Narragoniam. Basel 1494. – Sebastian Brants in meist vierhebigen, meist m|nnlich schließenden und paarweise reimenden Versen abgefasste und mit Holzschnitten illustrierte Moralsatire verstand sich selbst, wie es in der Vorrede heißt, als ,Narrenspiegel‘, in dem die zeitgenussische Gesellschaft sich selbst erkennen sollte mit all ihren sittlichen, religiusen und politischen Deformationen. 17,7 Biographie] Die von Wieland stammende „Nachricht von Sebastian Brand“ erschien im Januar-Heft des „Teutschen Merkur“ 1776 (S. 71–76). Merck hatte keinen Anteil daran, vermutlich aber an der Fortsetzung im FebruarHeft: „Ueber Sebastian Brands Narrenschiff und D. Johann Gaylers v. Kaysersberg Weltspiegel“ (vgl. zu 16,31–32).
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17,8 Gotts Lohn] Ein nicht materieller Lohn (vgl. Grimm 12, 1134; GWb 4, 400). 17,9 Ulrich von Hutten] Das Februar-Heft tr|gt als Titelkupfer ein Bildnis des humanistischen Schriftstellers und Publizisten Ulrich von Hutten, ebenfalls von Georg Melchior Kraus gezeichnet und von Johann Heinrich Lips gestochen. 17,9–10 dessen Abschilderung Æ:::æ sberlassen mtchte] Die „Nachricht von Ulrich von Hutten“ (Februar-Heft, S. 174–185) stammt nicht von Merck, sondern von Wieland selbst. 17,13 cede majori] Ein mittellateinisches Sprichwort lautet: „Maiori cede, sed non contemne minorem!“ (Proverbia sententiaeque Latinitatis medii. Lateinische Sprichwurter und Sentenzen des Mittelalters in alphabetischer Anordnung. Gesammelt und hrsg. von Hans Walther. T. 2. Guttingen 1964, S. 87, Nr 14287. – Weiche dem St|rkeren, doch verachte den Schw|cheren nicht!) 17,13 o' pamt] Griech.: der Ausgezeichnete (Große, Berthmte). 17,13 Ev. Lbd‘] Euer Liebden: Anrede unter ftrstlichen Personen gleichen Standes (vgl. Adelung 2, 2057). 17,15 Humor] Im 18. Jahrhundert noch im Sinne von franz. humeur: Laune, Stimmung. 17,16 wohl zusammen fahren] Im Sinn von ,zusammen zum Erfolg gelangen‘ (vgl. GWb 3, 529). 17,16–17 was singen dass der Konig und die Ktnigin pp.] In Goethes Brief an Carl Ludwig von Knebel vom 5. M|rz 1779 (Nr 470) heißt es: Dafsr bring ich euch auch was mit dass der Konig und die Koniginn sagen sollen mein liebes Lowgen brslle noch einmal. (262,26–28.) In beiden F|llen zitiert Goethe den Weber Zettel in Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ (I 2); der Weber bewirbt sich mit diesen Worten um die Rolle des Luwen in dem Theatersttck um den Tod von Pyramus und Thisbe, das aus Anlass des Hochzeitstags der ftrstlichen Herrschaften von den Handwerkern geplant wird. Die g|ngige Anspielung findet sich auch in Wielands Brief an Johann Heinrich Merck vom 8. November 1777 (WB 5, 678 f.). 17,19 deine Bscher] Nicht ermittelt. 17,19–20 Vater und Mutter ein bissel zu laben] Vor allem Goethes Vater machte sich um die Zukunft seines Sohnes im Dienst eines Ftrsten Sorgen (vgl. zu 15,25–26). 17,21–22 Theatro Mundi] Lat. Theatrum mundi: Welttheater, Welt als Bthne; im Barock Metapher ftr die Eitelkeit und Nichtigkeit der Welt, im 17. und 18. Jahrhundert aber auch Titel von Weltgeschichten. 17,22 was zu tragiren weis] Tragieren: eine Tragudie, ein Drama spielen (vgl. Grimm 11 I 1, 1141). – Anspielung auf die von Herzog Carl August geplante Aufnahme Goethes in seine Regierung. 17,23–24 ein Geschwfft an dich] Goethes Mutter sollte Merck bitten, ihrem
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Sohn Geld zu borgen (vgl. 15,25–26). Am 19. Januar 1777 erhielt Goethe das Geld (vgl. 23,10). 17,25 dir nicht f e h l e ] Im Sinn von ,dir untreu werde‘ (vgl. GWb 3, 624), hier: ,meine Schulden zurtckzahle‘. – ber die Rtckzahlung von Schulden an Merck vgl. zu 124,15. 17,26 prTsentem statum] Lat.: gegenw|rtigen Zustand. – Merck lieferte weder den gewtnschten Aufsatz noch einzelne Theaterrezensionen. 17,27 M s l l e r s Pfwlzer Idylle] Die Schaaf-Schur, eine Pf|lzische Idylle / Vom Mahler Mtller. Mannheim 1775. – Außer dieser waren im selben Jahr weitere Idyllen Friedrich Mtllers erschienen: Der Satyr Mopsus eine Idylle in drey Ges|ngen. Frankfurt und Leipzig Ærecte: Mannheimæ 1775; Bacchidon und Milon, eine Idylle; nebst einem Gesang auf die Geburt des Bacchus. Frankfurt und Leipzig Ærecte: Mannheimæ 1775. – Im „Teutschen Merkur“ erschien keine Rezension. 17,28 T h e o k r i t ] Theokritos, aus Syrakus in Sizilien stammender bukolischer Dichter des Hellenismus, gilt als Begrtnder der Idyllen-Gattung, kleiner epischer Einheiten mit Liedeinlagen und Dialogen, die einen Raum friedlicher L|ndlichkeit entwerfen, zugleich aber bereits das Bewusstsein des Verlusts der Einheit von Mensch und Natur reflektieren. Von Theokrits 30 Idyllen gelten nur 22 als echt. ber die Nachfolger des griechischen Idyllendichters im 18. Jahrhundert |ußerte sich Goethe ebenso kritisch wie Wieland: Die idyllische Tendenz verbreitete sich unendlich.Æ:::æ Das Anakreontische Gegwngel ließ gleichfalls unzwhlige mittelmwßige Ktpfe im Breiten herumschwanken. Æ:::æ an Theokriten war kein Mangel (AA DuW 1, 228 [7. Buch]). 17,29–30 b e y t r w g e Æ:::æ Te u t s c h e r S i t t e n ] Verfasser des Werks (Leipzig und Liegnitz 1775) ist Christian Friedrich von Blankenburg. ber Mercks Rezension vgl. zu 16,31–32. 17,31 So frey Ihr wollt Æ:::æ zu b e i s s e n d ] Merck hielt sich an Wielands Wunsch, indem er die Kritik an Blankenburgs Roman in die allgemeine Anerkennung der sonstigen Verdienste des Autors einkleidete; am Anfang der Rezension heißt es: „Wir Recensenten sind vielleicht alsdenn am meisten zu bedauren, wenn wir einem Mann, dessen wahre Talente wir von ganzem Herzen sch|tzen, aus Wahrheits-Liebe und Achtung ftrs Publikum dem wir vorlesen, sagen mtssen, daß er bey einem Werk seine Absicht nach unserm Urtheile verfehlt habe. Æ:::æ Hr. v. B. ist aus seinem Versuch tber den Roman als ein philosophischer Kopf, als ein Mann von Einsicht und Belesenheit bekannt. Hier erscheint er nun nicht bloß als Kenner, sondern als Ktnstler selbst, und stellt sein Werk zur Beschauung aus.“ (Teutscher Merkur 1776. M|rz-Heft, S. 270.) Der Roman sei, so Mercks These, eine misslungene Nachahmung von Lawrence Sternes „Tristram Shandy“. 17,33 menagiren] Franz. mnager: schonen. 18,1 M e i n e r s Æ:::æ opera novissima.] Christoph Martin Meiners’ „Vermischte Schriften“ (Leipzig 1775). ber Mercks Rezension vgl. zu 16,31–32.
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18,2 G t t h e n s Æ:::æ opera omnia.] Die unrechtm|ßige Ausgabe des Berliner Buchh|ndlers Christian Friedrich Himburg: „Goethens Schriften“ (3 Tle. Berlin 1775–1776; mit Kupferstichen von Johann Wilhelm Meil und Johann Daniel Berger nach Daniel Nikolaus Chodowiecki u. a.), die es bis 1779 auf insgesamt drei Auflagen brachte (vgl. Hagen, 3–6, Nr 2–4; vgl. zu 278,11). – Neben dieser am st|rksten verbreiteten ,Himburgischen Ausgabe‘ existierten weitere Nachdrucke, darunter zwei in der Schweiz: „Des Herrn Guthe s|mtliche Wercke“ (3 Tle. Biel 1775–1776), erschienen in der von Johann Christoph Heilmann gegrtndeten Buchdruckerei (vgl. Hagen, 3, Nr 1), und die „Bibliothek ftr den guten Geschmack“ (3 Bde. Bern 1775–1776), die Einzelausgaben von sechs Goetheschen Werken enth|lt, erschienen bei Beat Ludwig Walthard (vgl. Hagen, 6, Nr 5). Die erste autorisierte Gesamtausgabe von Goethes Werken – „Goethe’s Schriften“ in 8 B|nden – erschien erst 1787 bis 1790 bei Georg Joachim Guschen in Leipzig. Keine der genannten Ausgaben wurde im „Teutschen Merkur“ besprochen. 18,3 H e r d e r s Æ:::æ Schriften.] Von Herders „Aeltester Urkunde des Menschengeschlechts“ war lediglich der 1. Band erschienen (Riga 1774); der 2. Band folgte im Mai 1776. – Merck rezensierte (anonym) folgende Schriften Herders: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. Beytrag zu vielen Beytr|gen des Jahrhunderts. ÆRiga 1774æ (vgl. zu 16,31–32), sowie: Ursachen des gesunkenen Geschmacks bey den verschiedenen Vulkern, da er gebltht. Eine Abhandlung, welche den von der kunigl. Akademie der Wissenschaften ftr das Jahr 1773 gesezten Preis erhalten hat. Von Herrn Herder. Berlin, bey Voß, 1775 (Teutscher Merkur 1776. Mai-Heft, S. 205–208). 18,4 Polizey- u: Cameral-Fach] Der Begriff ,Polizei‘ (von mittellat. policia) bezeichnete im 18. Jahrhundert allgemein die ,Staatsverwaltung‘, nach Adelung „die Handhabung guter Ordnung und Verfassung so wohl in Ansehung der Personen als Sachen eines Staates“ (3, 804). Ins ,Kameralfach‘ (von lat. camera: Raum mit gewulbter Decke; mhd. kamer: Schatzkammer, uffentliche Kasse) fielen alle Angelegenheiten, „welche die Kammer, d. i. die Verwaltung der Einnahme und Ausgabe eines Ftrsten, betreffen“ (Adelung 1, 1295), also Angelegenheiten der ,Staatswirtschaft‘ und des ,Finanzwesens‘. – Im Mai-Heft des „Teutschen Merkur“ 1776 (S. 209 f.) erschien anonym eine Rezension tber den „Plan der hohen Kameralschule, welche mit Kurf. gn|d. Erlaubniß den 30 Octobr. 1774 in Lautern ist erufnet worden. Von der Kurpf|lz. ukonomischen Gesellschaft in Lautern herausgegeben. 2te Auflage. Lautern, auf Kosten der Gesellsch. 1776“; sie stammt muglicherweise von Merck (vgl. Merck, Briefwechsel 1, 646).
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17. An Johann Gottfried Herder ÆWeimar, kurz vor dem oder am 7. Januar 1776æ ! ÆBtckeburgæ DAT I ERU N G
Die Datierung des vorliegenden Briefes kann in Zusammenhang mit den Briefen Nr 20 und 29 vorgenommen werden. Alle drei Briefe stammen von Januar 1776, und zwar aus der Zeit, bevor Herder den offiziellen Ruf nach Weimar mit Carl Friedrich Ernst von Lynckers Brief vom 24. Januar 1776 (HN, XXXVII 74) erhielt. In Goethes Rechnungsbtchern sind unter dem 7., 15. und 24. Januar 1776 Briefe an Herder verzeichnet. Die genannten drei Briefe lassen sich nach inhaltlichen Gesichtspunkten in eine Reihenfolge bringen und den drei Absendedaten zuordnen: Im vorliegenden Brief erw|hnt Goethe erstmals die Notwendigkeit empfehlender Zeugnisse, in Nr 20 schl|gt er Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem als Gew|hrsmann vor, in Nr 29 schließlich kann er mitteilen, es brauche der Zeugnisse nicht. Der vorliegende Brief wurde demnach am 7. Januar 1776 oder kurz davor geschrieben. BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin. – 1 Bl. 19623,7 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, mit unsicherer Hd geschrieben; Vs. am oberen Rand links von fremder Hd, Bleistift: „9.“, rechts daneben Stempel: „Herder.“, in der Mitte von fremder Hd (Heinrich Dtntzer oder Ferdinand Gottfried von Herder?, Herausgeber von E), Bleistift: „(17)“, oben rechts von Caroline Herders Hd, Tinte: „1776.“ E1: Aus Herders Nachlaß 1 (1856), 56 f., Nr 17 (ohne den Schluss 18,11–14 – und durchempfunden Æ:::æ so quir.; dieser zuerst von Bernhard Suphan mitgeteilt in: Preußische Jahrbtcher 43 [1879], S. 416, Anm.; mit einer Paraphe). E2: WA IV 3 (1888), 16, Nr 381 (Friedrich Strehlke). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 7. Januar 1776 (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4r). Gegen Herders Berufung als Generalsuperintendent in Weimar (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 6) gab es Widerstand von Seiten des Stadtrats, der ftr das Amt des Oberpfarrers zust|ndig war, und des Oberkonsistoriums, weil – wie im Zusammenhang mit der Bewerbung um die Stelle eines Professors der Theologie in Guttingen (vgl. ebd.) – Herders Rechtgl|ubigkeit in Zweifel gezogen wurde: „Es erhoben sich Æ:::æ Gertchte in der Stadt: ,der neue General-Superintendent sei kein Geistlicher, kunne nicht predigen, glaube nicht an Christum‘ u. dgl.“, berichtet Caroline Herder in ihren „Erinnerungen“ (1, 251). Aus diesem Grund verlangte das Oberkonsistorium in einem (nicht tberlieferten) Schrei-
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ben vom 22. Februar 1776, Herder mtsse eine Gast- oder Probepredigt absolvieren. Der Pr|sident des Oberkonsistoriums, Carl Friedrich Ernst von Lyncker, bat Herder daraufhin in einem Brief vom 6. M|rz 1776 (HN, XXXVII 80), eine solche Predigt auf Ostern zu halten. Nachdem Herder diesen Termin wegen amtlicher Verpflichtungen in Btckeburg absagen musste (vgl. seinen Brief an Lyncker vom 16. M|rz 1776; HB 3, 257 f.), schlug das Oberkonsistorium am 28. M|rz 1776 neue Termine vor (vgl. Peucer, 60). Mit einem Reskript vom 2. Mai jedoch machte der Herzog weiteren Verzugerungen ein Ende, indem er bestimmte, „die Vocation sofort begreifen zu lassen und solche zur huchsten Vollziehung einzuschicken.“ (Ebd.) Unter dem 15. Mai 1776 wurde die Vokationsurkunde ausgefertigt (HN, XXXVII 82); Herder erhielt sie am 12. Juni 1776 (vgl. seinen Brief an Lyncker vom 15. Juni 1776; HB 3, 270). – Der Widerstand gegen Herders Berufung hatte bei einigen seiner Kritiker auch persunliche Grtnde, so bei dem Mieter der Amtswohnung des Generalsuperintendenten, Johann Wilhelm Seidler (vgl. zu 79,9–11), und bei den drei interimistischen Verwaltern der Stelle, Johann Sebastian Gottschalg, Wilhelm Heinrich Schulze und Christian Wilhelm Schneider, die materielle Nachteile beftrchteten (vgl. zu 64,2–3). 18,7–8 nenne mir Æ:::æ g u t fsr dich ist.] Eines Leumundszeugnisses ftr Herder bedurfte es schließlich nicht (vgl. 24,6). 18,9–10 denn in meiner politischen Chrie Æ:::æ testimonio] Vermutlich ist etwa Folgendes gemeint: ,denn nach dem, was ich in meinem politischen Lehrbuch finde, kommt es hier auf den Paragraphen an, der sich auf ein Beglaubigungszeugnis bezieht‘. – Chrie (von griech. vqei“ a: Gebrauch, Anwendung): Begriff aus der Rhetorik: Sinnspruch, der eine praktische oder ethische Lebensweisheit zum Ausdruck bringt, samt dessen Erl|uterung, hier im Sinn von ,Gebrauchsanweisung‘, „Denkschema“ (GWb 2, 1004). – gilts: ,Gelten‘ hier im Sinn von „maßgebend“ oder „allgemein tblich“ sein (GWb 3, 1399). – § um a testimonio: lat. paragraphum a testimonio: Paragraph betreffend ein Beglaubigungszeugnis. 18,10 psncktl‘.] Im zeitgenussischen Sprachgebrauch bedeutete ,ptnktlich‘ nicht nur in zeitlicher, sondern in jeder Hinsicht ,sorgf|ltig‘, ,genau‘ (vgl. Grimm 13, 2240). 18,13–14 mit der Peitsche hollisch Ubers Aug gehauen] Dartber berichtet Goethe auch Charlotte von Stein (vgl. Nr 18). 18,14 quir] Das Wort ist weder bei Goethe noch sonst ein weiteres Mal belegt, wohl aber der Wechsel des Stammvokals ,e‘ zu ,i‘ in Wurtern, die auf ,quer‘ zurtckgehen (z. B. ,queren‘/,quieren‘; vgl. Adelung 3, 898; |hnlich Grimm 13, 2370). Demnach dtrfte hier ,quer‘ gemeint sein, und zwar im Sinn von „schief, verkehrt, verdreht“ (Grimm 13, 2356).
Abb. 1: Charlotte von Stein
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18. An Charlotte von Stein
BRIEF 18
ÆWeimar, 7. Januar 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Vorbemerkung zur Datierung der Briefe aus der Zeit von 1776 bis 1786 Etwa 1600 der insgesamt mehr als 1770 tberlieferten Briefe Goethes an Charlotte von Stein stammen aus der Zeit von 1776 bis zum Antritt der italienischen Reise im September 1786. Fast ein Drittel dieser ,voritalienischen‘ Briefe ist nicht oder unvollst|ndig datiert. Mit wenigen Ausnahmen werden die Handschriften der Briefe in gebundenen, nach Jahrg|ngen geordneten Konvoluten (vgl. die Vorbemerkung zur Gesamttberlieferung) aufbewahrt, wobei die undatierten und unvollst|ndig datierten Briefe entweder zwischen die datierten eingeordnet oder ganz an das Ende der B|nde gestellt wurden. Die Einordnung in die Konvolute geht nicht unmittelbar auf die Empf|ngerin zurtck, sondern wurde erst zu Beginn der 1840er Jahre durch deren Enkel Karl von Stein veranlasst. Ftr die Datierung der Briefe kommt der in den Konvoluten hergestellten Chronologie mithin zwar keine „autoritative Bedeutung“ zu (Fr|nkel, Marginalien, 3), doch ist anzunehmen, dass sich trotz aller Verschiebungen, die auch tber die Jahrgangsgrenzen hinweg reichen kunnen, ein Teil der ursprtnglichen, noch von der Adressatin selbst stammenden Ordnung erhalten hat (hierzu und zum Folgenden vgl. Zu diesem Band, S. IX–XIV). Seit der ersten Veruffentlichung der Briefe durch Adolf Schull in den Jahren 1848 bis 1851 (Schull, Goethe-Stein) wurde mehrfach versucht, die in den Konvoluten tberlieferte Chronologie nach inhaltlichen und/oder formalen Kriterien zu revidieren. Maßgebend ftr sp|tere Herausgeber blieben insbesondere die 1883 bis 1885 von Wilhelm Fielitz (Fielitz, Goethe-Stein) vorgenommenen Datierungen, der auf die Einordnung in die Jahrg|nge der Konvolute „grußeres Gewicht“ legte (ebd. 1, VIII). Spekulativ dagegen erscheinen viele der Begrtndungen, die 1886 Heinrich Dtntzer (Dtntzer, Goethe-Stein) ftr seine Datierungen gab. Auch schied er fast 180 angeblich „unbedeutende Briefe“ (ebd., X) ganz aus, die sich seiner Meinung nach jeder Datierung entziehen. Die Datierungen von Fielitz wurden grußtenteils von Julius Wahle (Wahle, Goethe-Stein [1899–1900]) und Friedrich Strehlke, dem Herausgeber der Briefe Goethes aus der Zeit von 1776 bis 1778 in der WA (WA IV 3 [1888]), tbernommen. Eduard von der Hellen, Herausgeber der sp|teren Briefb|nde der WA (WA IV 4–7 [1889–1891]), ging teils auf Fielitz zurtck, gelangte aber auch zu eigenst|ndigen Datierungen und luste 128 undatierte Briefe aus der Chronologie heraus, um sie am Ende des 7. Bandes unter der Rubrik „Aus der Zeit vor der italienischen Reise / Weimar 1775–1786“ mitzuteilen (WA IV 7 [1891], 262–292, Nr 2362–2489). 1908 unternahm Jonas Fr|nkel (Fr|nkel, Goethe-Stein1) den „Versuch einer neuen, selbst|ndigen
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Einordnung der undatierten Briefe“, wobei er frthere Datierungen zum Teil tbernahm, zum Teil revidierte und auch solche Briefe zu datieren suchte, die bis dahin „allen Datierungsversuchen zu trotzen schienen“ (ebd. 1, 377). Die Chronologie von 1908 liegt leicht revidiert auch der zweiten, 1960 und 1962 erschienenen Auflage von Fr|nkels Ausgabe zugrunde (Fr|nkel, Goethe-Stein2). Zwischen den beiden Auflagen der Ausgabe Fr|nkels erschien 1923 wiederum mit revidierter Chronologie die Ausgabe von Julius Petersen (Petersen, Goethe-Stein), welcher im Unterschied zu von der Hellen und Fr|nkel der Einordnung in den Konvoluten wieder grußere Bedeutung zumaß (vgl. ebd., 552). Ftr die vorliegende Edition wurden s|mtliche bisherigen Datierungen geprtft. Frthere Datierungsvorschl|ge wurden dann tbernommen, wenn sie sich inhaltlich belegen lassen oder aus anderen Grtnden plausibel erscheinen. In F|llen, in denen es weder inhaltliche noch sonstige Anhaltspunkte ftr eine Datierung gibt, werden die undatierten oder unvollst|ndig datierten Briefe in der in den Konvoluten tberlieferten Chronologie belassen. Die Unsicherheit dieser Einordnung wird im Briefkopf durch ein Fragezeichen nach der Jahresangabe kenntlich gemacht. Zur Datierung des vorliegenden Briefes Die Datierung ergibt sich aus dem Inhalt: Die Erw|hnung vom Peitschen Hieb sbers Aug (18,16) korrespondiert mit Goethes Bemerkung im Brief an Herder, geschrieben kurz vor dem oder am 7. Januar 1776: ich hab mir bey der Schlittenfahrt mit der Peitsche hollisch Ubers Aug gehauen (18,13–14). Es ist anzunehmen, dass der vorliegende Brief ebenfalls am 7. Januar geschrieben wurde. Dazu passt auch die Mitteilung Ich hab l i e b e Briefe kriegt (18,20), die am Abend desselben Tages, einem Sonntag, angekommen sein kunnten (vgl. zu 18,20). Ungeachtet seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) zwischen dem 7. und 13. Juni 1776 ist der vorliegende Brief daher als frthester tberlieferter Brief Goethes an die Weimarer Freundin anzusehen (vgl. aber zu 18,17). Abweichend dazu wurde in frtheren Ausgaben Brief Nr 113 als frthester Brief gedruckt (vgl. Datierung zu Nr 113 sowie die einleitende Erl|uterung zu Nr 5). BERLIEFERUNG
Vo r b e m e r k u n g z u r G e s a m t t b e r l i e f e r u n g Zur berlieferung von Goethes Briefen Insgesamt sind mehr als 1770 Briefe Goethes an Charlotte von Stein aus den Jahren 1776 bis 1826 erhalten. Sie werden nahezu vollst|ndig im GSA in Wei-
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mar aufbewahrt. Der Hauptteil ist in sieben gebundenen Konvoluten tberliefert, jeweils versehen mit einem Pappeinband im Format 23638 cm. Der Rtcken und die Stuße der Einb|nde sind mit rotbraunem, die Decken mit schwarzem Leder bezogen. Der vordere Deckel jedes Bandes tr|gt eine Aufschrift in Goldpr|gung, wobei die erste Zeile auf allen B|nden lautet: „BRIEFE VON GOETHE“, darunter folgt die Angabe des Jahrgangs oder der Jahrg|nge der im Band enthaltenen Briefe. Jeweils vor Beginn eines Jahrgangs ist ein braunes Zwischenblatt (ohne Foliierung) mit der gedruckten Jahresangabe eingeftgt. In den B|nden sind die Briefe auf Bl|tter aus starkem elfenbeinfarbenem Papier im Format 21,5636,5 cm geklebt, meist auf Falz; auf einer Seite befinden sich ein bis vier Briefe. Die Tr|gerbl|tter sind foliiert, die Briefe jahrgangsweise geordnet und innerhalb der Jahrg|nge durchgez|hlt, wobei sich eine (meist) mit Tinte geschriebene Nummer von fremder Hand jeweils auf der Handschrift selbst befindet, zumeist auf der Vorder- oder ersten Seite oben rechts. Eine zweite, erst nach dem Einordnen in die B|nde vergebene Nummer von fremder Hand mit Bleistift steht jeweils rechts neben den Briefen auf dem Tr|gerpapier. Nicht gesondert nachgewiesen werden hochgestellte Kleinbuchstaben von der Hand Friedrich von Steins, die der Anbindung von Personen- und Sacherl|uterungen dienten (vgl. z. B. die dritte Erl|uterung zu 30,5). Die Briefe verteilen sich wie folgt auf die B|nde I bis VII: Band: Signatur
Jahrgang
Nummern
I: GSA 29/486
1776
100
1777
81
1778
111
1779
67
1780
174
III: GSA 29/488
1781
258
IV: GSA 29/489
1782
265
V: GSA 29/490
1783
156
1784
142
1785
163
1786
92
1788
4
1789
3
II: GSA 29/487
VI: GSA 29/491
VII: GSA 29/492
1796–1826
132
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Die Summe der in den B|nden jahrgangsweise gez|hlten Nummern von insgesamt 1748 entspricht nicht der Anzahl der Briefe, da h|ufig mehrere Nummern zu einem Brief gehuren (vgl. z. B. Datierung zu Nr 140). Nicht in den B|nden enthalten sind die Briefe aus der Zeit der italienischen Reise von September 1786 bis Juni 1788. Sie werden separat aufbewahrt (GSA 29/493). S|mtliche im GSA aufbewahrten Handschriften der Briefe Goethes an Charlotte von Stein sind digitalisiert und tber das Internet zug|nglich (vgl. GB Rep). – Zur Entstehung der gebundenen Konvolute vgl. Zu diesem Band, S. IX–XI. Zur berlieferung der Briefe Charlotte von Steins an Goethe Von Charlotte von Stein haben sich aus den Jahren 1794 bis 1826 insgesamt 94 Briefe an Goethe erhalten, der frtheste tberlieferte Brief stammt vom 25. August 1794 (vgl. RA 1, 326, Nr 1033). Briefe aus dem ersten Weimarer Jahrzehnt sind nicht tberliefert. Dass sie aber sp|testens seit M|rz 1776 regelm|ßig an Goethe geschrieben hat, belegen dessen Briefe an sie (vgl. die Angaben zu den Bezugs- und Antwortbriefen z. B. zu Nr 63, 64, 65, 67 und 73). Ftr die immer wieder aufgestellte Behauptung, Charlotte von Stein habe ihre Briefe von Goethe zurtckgefordert und selbst vernichtet, gibt es keinen Beleg. Als Indiz zumindest ftr eine Rtckforderung l|sst sich folgende Bemerkung Goethes in seinem Brief an Charlotte von Stein vom 13. Dezember 1786 aus Rom verstehen: Dein Zettelchen hat mich geschmerzt aber am meisten dadrum daß ich dir Schmerzen verursacht habe. Du willst mir schweigen? Du willst die Zeugniße deiner Liebe zurscknehmen? (GB 7 I, 57.) Dass damit die Steinschen Briefe gemeint sind, die die Schreiberin nach Goethes heimlicher Abreise und seinem langen Schweigen zurtckverlangt, erscheint naheliegend. Damals befanden sich die Briefe mit weiteren persunlichen Papieren Goethes, darunter seinen Tagebtchern (seit 1776) und Abschriften seiner Werke, in zwei K|sten im herzoglichen Geheimen Archiv in Weimar. Vor seinem Aufbruch nach Italien hatte Goethe seinem Diener und Vertrauten Philipp Seidel am 23. Juli 1786 neben anderen Gesch|ften aufgetragen: 2. Kasten und 1 Packet gegen Schein auf das Archiv. (GB 6 I, 221.) Im GSA hat sich ein eigenh|ndiger Entwurf des Inhaltsverzeichnisses der K|sten erhalten, der belegt, dass sich in dem zun|chst offenbar mit No 2, dann mit No I. bezeichneten Kasten auch die Briefe von * ÆCharlotte von Steinæ befanden (GSA 25/XXVII,L,1; vgl. GB 6 II, zu 221,13 [Abdruck ohne Varianten, daher missverst|ndlich]). Wie aus Goethes Brief vom 8. und 9. Dezember 1786 an Charlotte von Stein hervorgeht, waren die K|sten ftr diese bestimmt, allerdings nur ftr den Fall, dass der Besitzer nicht mehr zurtckkehren wtrde: Die Kasten auf dem Archive gehtren dein, liebst du mich noch ein wenig; so ertffne sie nicht eher als biß du Nachricht von mei-
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nem Todte hast, so lang ich lebe laß mir die Hoffnung sie in deiner Gegenwart zu ertffnen. (GB 7 I, 47.) Nachdem Goethe in Rom der lang ersehnte erste Brief Charlotte von Steins erreicht hatte, der zwar schmerzliches (ebd., 63) enthielt, aber doch die Hoffnung auf Versuhnung und Wiederann|herung aufkommen ließ, bat er die Freundin am 23. Dezember 1786: Ertffne die Kasten nicht, ich bitte und sey ohne Sorgen. (Ebd.) Charlotte von Stein hielt sich offenbar an diese Aufforderung, denn einige Wochen nach Goethes Rtckkehr aus Italien, am 22. Juli 1788, bat er die Freundin, die im Begriff stand, nach Kochberg abzureisen: Laß mir die Archiv Scheine zursck und Lebe wohl. (WA IV 9, 5.) Demnach gingen die beiden K|sten und damit auch Charlotte von Steins Briefe, wie von Anfang an vorgesehen, wieder an ihren ursprtnglichen Besitzer zurtck. Soweit sich dies aus den wenigen bis zum vorl|ufigen Abbruch der Beziehung im Juni 1789 noch folgenden Briefen Goethes an Charlotte von Stein schließen l|sst, hat sie die Rtckforderung ihrer Briefe nicht wiederholt. H|tte sie ihre Briefe in sp|terer Zeit zurtckgefordert, w|re zu vermuten, dass auch Goethe seinerseits eine solche Forderung erhoben h|tte. Seine Briefe an sie sind jedoch in ihrem Besitz verblieben und an ihre Nachkommen weitergegeben worden. Die ltckenhafte berlieferung eingegangener Briefe stellt ftr die frthe Zeit der Goetheschen Korrespondenz durchaus keinen Sonderfall dar, veranstaltete der Dichter doch mehrfach Autodafs, bei denen neben Werkmanuskripten auch Briefe vernichtet wurden (vgl. GB 1 II, V). Die Briefe, die Goethe in Italien von Charlotte von Stein erhalten hatte, waren offenbar schon dort von ihm selbst verbrannt worden, und zwar auf ausdrtcklichen Wunsch der Absenderin. Am 17. Februar 1787 hatte Goethe aus Rom an Charlotte von Stein geschrieben: Deine Briefe werden gleich verbrannt, wie wohl ungern. Doch Dein Wille geschehe. (GB 7 I, 125.) Vor seiner geplanten dritten Italienreise vermerkte Goethe am 9. Juli 1797 im Tagebuch: Briefe verbrannt. Schtne grsne Farbe der Flamme wenn das Papier nahe am Drahtgitter brennt. (GT II 1, 120.) Erg|nzend dazu heißt es in den „Tag- und Jahres-Heften“ ftr das Jahr 1797: Vor meiner Abreise verbrenn’ ich alle an mich gesendeten Briefe seit 1772, aus entschiedener Abneigung gegen Publication des stillen Gangs freundschaftlicher Mittheilung. (WA I 35, 73.) Sollten sich Charlotte von Steins Briefe aus den Jahren von 1776 bis 1789 noch im Besitz Goethes befunden haben, kunnten sie unter jenen freundschaftlichen Mittheilungen gewesen sein, deren Veruffentlichung durch das Autodaf verhindert werden sollte. Einen Beleg allerdings gibt es auch daftr nicht. berlieferung des vorliegenden Briefes H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 21. – 1 Bl. 17,2(–17,5)612,4 (–12,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu
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18,18); Rs. Reste eines roten Siegels, oben links Siegelausriss; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „57.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 57), vgl. die Vorbemerkung zur Gesamttberlieferung. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 3. WA IV 3 (1888), 16 f., Nr 382. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der vorliegende wahrscheinlich frtheste tberlieferte Brief Goethes an Charlotte von Stein eruffnet eine Korrespondenz, die innerhalb des Goetheschen Briefwerks von ihrem Umfang her und in ihrer Intensit|t eine Sonderstellung einnimmt. An keine andere Person hat der Dichter jemals h|ufiger und – zumindest ftr die Zeit bis zum Ende der italienischen Reise im Juni 1788 – in dichterer Folge geschrieben. Die briefliche Verbindung zu Charlotte von Stein bestand, wenngleich mit mehrj|hriger Unterbrechung und nachlassender Intensit|t, nahezu bis zu ihrem Lebensende im Januar 1827. Nach dem 8. Juni 1789 (vgl. WA IV 9, Nr 2756) stellte Goethe den Briefwechsel zun|chst ganz ein. Erst seit 1796 schrieb er wieder an Charlotte von Stein, allerdings nur sehr sporadisch (vgl. weiter die Vorbemerkung zur Gesamttberlieferung). Zur Person der Adressatin Sowohl in der Forschungsliteratur wie auch in popul|ren Darstellungen fand Charlotte von Stein bis weit ins 20. Jahrhundert hinein fast nur wegen ihrer ,Bedeutung‘ ftr Goethes Leben und Werk Beachtung. Das Fehlen ihrer Briefe an Goethe aus dem ersten Weimarer Jahrzehnt gab zudem Anlass zu vielerlei Spekulationen tber ihre Person. Vorherrschend waren vereinfachende, teils idealisierende, teils „entstellende Klischees“ (Hof, Charlotte von Stein, 16), die bis heute nachwirken. Ihr wurden Eigenschaften wie ,empfindsam‘, ,zart‘ und ,anmutig‘, aber auch ,weltabgewandt‘, ,sinnenfeindlich‘, ,blutleer‘ oder gar ,prtde‘ zugeschrieben. Die tberlieferten Quellen, insbesondere ihre im GSA aufbewahrten umfangreichen Korrespondenzen mit Carl Ludwig von Knebel und Charlotte von Lengefeld verh. Schiller, belegen diese Urteile nicht. Erst in den 1990er Jahren setzte ein verst|rktes Bemthen ein, Charlotte von Stein als eigenst|ndige, von ihrer Beziehung zu Goethe unabh|ngige Persunlichkeit wahrzunehmen, einhergehend mit der Wiederentdeckung ihrer literarischen Werke und dem Versuch, ihr zu einem Rang als Schriftstellerin zu verhelfen (vgl. bes. Susanne Kord: Einleitung. In: Frthe Frauenliteratur in Deutschland. Hrsg. von Anita Runge. Bd 15: Charlotte von Stein. Dramen [Gesamtausgabe]. Hrsg. von Susanne Kord. Hildesheim, Ztrich, New York 1998, S. I–XXXIV; Markus Wallenborn: Frauen. Dichten. Goethe. Die produktive Goethe-Rezeption bei Charlotte von Stein, Marianne von Willemer
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und Bettina von Arnim. Ttbingen 2006, S. 14–172). – Die nach wie vor umfassendsten Biographien, auf denen alle nachfolgenden Darstellungen beruhen, stammen von Heinrich Dtntzer und Wilhelm Bode, die auch viele heute nicht mehr zug|ngliche Quellen zum ersten Mal gedruckt haben, allerdings zumeist ohne sie genau nachzuweisen und kritisch zu bewerten (vgl. Dtntzer, Charlotte von Stein; Bode, Ch. v. Stein). – Zu Goethe und Charlotte von Stein vgl. u. a. Hof, Charlotte von Stein; Helmut Koopmann: Goethe und Frau von Stein. Geschichte einer Liebe. Mtnchen 2002. Als Goethe Charlotte Ernestine Bernardine von Stein (1742–1827) kennen lernte, war diese nicht ganz 33 Jahre alt und seit mehr als 11 Jahren mit dem sieben Jahre |lteren herzoglichen Stallmeister (seit 1775 Oberstallmeister) Josias von Stein verheiratet. Durch ihre Herkunft und die Stellung ihres Mannes gehurte sie zum engeren Kreis des Weimarer Hofadels. Sie wurde am 25. Dezember 1742 in Eisenach geboren, wo ihr Vater Johann Wilhelm Christian von Schardt in den Diensten Herzog Ernst Augusts I. von Sachsen-Weimar und Eisenach stand. Ihre Mutter Concordia Elisabeth geb. Irving of Drum kam aus einer seit dem 15. Jahrhundert in Deutschland ans|ssigen Familie mit schottischen Wurzeln. Bereits 1743, nach der Ernennung Christian von Schardts zum Hofmarschall, siedelte die Familie nach Weimar tber, wo sie das ehemalige Schwarzenfelsische Haus in der Scherfgasse (heute Haus-Nr 3) nahe dem Erfurter Tor bezog. Das Anwesen befand sich damals im herzoglichen Besitz, Mitte der 1750er Jahre erwarb es Concordia von Schardt aus Mitteln ihres Erbes. Von den elf Kindern der Familie starben sechs im S|uglings- oder frthen Kindesalter. Nach dem frthen Tod der erstgeborenen Tochter wuchs Charlotte als |ltestes Kind der Familie auf. Der Vater wurde durch den Hofdienst, zu dem auch die Erziehung des Erbprinzen Ernst August Constantin gehurte, stark in Anspruch genommen und war w|hrend Charlottes Kindheit und frther Jugend nur selten zu Hause. Auch wenn sich die j|hrlichen Beztge Schardts im Laufe der Zeit von anfangs 600 auf 1800 Reichstaler bei freier Equipage und Hoftafel erhuhten, reichten sie doch nie, um die Aufwendungen ftr die aristokratische Lebensfthrung der Familie, die Erhaltung des großen Hauses und die Repr|sentationspflichten eines Hofbeamten zu decken. Zur Begleichung von Schulden musste daher immer wieder das mttterliche Erbe angegriffen werden, das eigentlich ftr die Ausbildung der Suhne und die Mitgift der Tuchter bestimmt war. Charlotte von Schardt wurde von Hauslehrern unterrichtet; namentlich bekannt als Lehrer der Familie ist allerdings nur der Theologe Wilhelm Heinrich Schulze. Neben den Grundf|chern Lesen, Schreiben, Rechnen und Religion gehurten Franzusisch, Tanz und Musik zum Lehrprogramm adliger Tuchter. Wie aus ihrer sp|teren Korrespondenz hervorgeht, spielte Charlotte gerne und gut Klavier, vor allem aber tberschritten ihre literarischen Interessen das sonst in ihren Kreisen
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tbliche Maß. Großen Einfluss auf ihre Entwicklung scheint vor allem die Mutter genommen zu haben, eine ungewuhnlich ernste, literarisch gebildete und tief religiuse Frau, die im Unterschied zu ihrem Mann weit weniger Wert auf Repr|sentation und hufische Gesellschaft legte. 1758, nach dem frthen Tod Herzog Ernst August Constantins, tbernahm nach kurzer Interimszeit dessen Witwe Anna Amalia die Obervormundschaft tber die Prinzen Carl August und Constantin sowie die Landesadministration. Unter der neuen Regentin behielt Schardt zwar den Titel eines Hofmarschalls und seine Beztge, wurde de facto aber mit knapp 47 Jahren in den Ruhestand versetzt. Zur selben Zeit trat seine 16-j|hrige Tochter Charlotte in den Hofdienst. Im „Hof-Etat“ erscheint ihr Name unter den vier, in manchen Jahren auch nur drei „HofDames“ der regierenden Herzogin (vgl. u. a. Hochftrstl. SachsenWeimar- und Eisenachischer Hof- und Adress-Calender auf das Jahr Christi 1762. Weimar, S. 69). Die Jahre ihres Hofdienstes fielen in die Zeit des Siebenj|hrigen Krieges (1756–1763), unter dessen wirtschaftlichen Folgen auch das Herzogtum Sachsen-Weimar und Eisenach und wohl auch der Hof zu leiden hatten. Als Hofdame stand Charlotte von Schardt freies Logis im herzoglichen Schloss, der Wilhelmsburg, zu. W|hrend der Sommermonate siedelte sie mit dem Hof nach Belvedere tber (vgl. zu 66,18–19). Zu ihren Obliegenheiten gehurte nicht nur die Teilnahme an den regelm|ßig stattfindenden Gesellschaften sowie an Konzerten und Theaterauffthrungen, sondern gelegentlich auch die Beaufsichtigung der Prinzen (vgl. Berger, Anna Amalia, 181 f.). Das durch die Etikette zwar reglementierte, insgesamt aber abwechslungsreich-gesellige und im Vergleich zum Leben im Elternhaus unbeschwerte Dasein als Hofdame endete ftr die 21-J|hrige mit ihrer Heirat am 8. Mai 1764. Gem|ß den Konventionen der Zeit war ftr adlige Tuchter die Wahl des Ehemanns Sache der Eltern, Standes- und Vermugensverh|ltnisse spielten dabei die ausschlaggebende Rolle, w|hrend die Liebe zwischen den Ehepartnern keine notwendige Bedingung war. Dennoch sollte nicht angenommen werden, die Ehe Charlotte von Schardts mit Josias von Stein sei ohne gegenseitige Zuneigung geschlossen worden. Der Br|utigam zumindest, der nach dem frthen Tod seines Vaters 1739 das Familiengut und Schloss Kochberg geerbt und als herzoglicher Stallmeister Anna Amalias gute Aussichten auf eine Laufbahn am Hof hatte, war unabh|ngig genug, seine Braut selbst auszuw|hlen. Von den Zeitgenossen wird er als stattlicher, ja schuner Mann beschrieben, er soll zudem ein ausgezeichneter Reiter (vgl. zu 87,10–11), angenehmer Gesellschafter und guter T|nzer gewesen sein (zu seiner Person vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 503). Eine Verbindung mit ihm war ftr die Braut nicht nur standesgem|ß, sie versprach auch wirtschaftliche Sicherheit und ein Leben in der N|he der Eltern und Geschwister. Dass Charlotte von Stein die guten Eigenschaften ihres Mannes durchaus zu sch|tzen wusste und ihre Ehe keineswegs als ungltcklich betrachtete, belegt eine ußerung in einem Brief an ihre jtngere Freundin Charlotte von Len-
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gefeld (seit 1790 verh. Schiller) vom 28. Dezember 1787: „Heute ist mein Mann wieder von Gotha zurtck und hat mir viel schune Sachen zum hl. Christ bescheert, und ist so artig gegen mich, daß ich allen guten Frauen ein gleiches Betragen von ihren M|nnern wtnschte. Die arme Imhoff ÆCharlottes Schwester Louiseæ ist desto ungltcklicher. Mein Herz blutet oft ihretwegen, und meine arme Mutter dauert mich, eins von ihren liebsten Kindern so ungltcklich zu sehen.“ (Urlichs, Charlotte Schiller 2, 261; vgl. die zweite Erl|uterung zu 76,16.) Nach der Hochzeit bezog das Paar eine Stadtwohnung in der Kleinen Teichgasse am Kasseturm, deren Garten an den des Schardtschen Hauses grenzte; der Umzug in das Haus an der Ackerwand erfolgte erst im November 1777 (vgl. zu 176,1–2). Der zweite Wohnsitz der Familie, zumeist nur im Sommer und Herbst genutzt, war Schloss Kochberg; die zum Gut gehurenden L|ndereien waren verpachtet und standen unter Aufsicht eines Verwalters. Von 1765 bis 1774 brachte Charlotte von Stein sieben Kinder zur Welt, vier M|dchen und drei Jungen. Das Erwachsenenalter erreichten nur die Suhne, die vier Tuchter starben noch als S|uglinge. Eine besonders enge Beziehung bestand zu dem jtngsten Sohn Friedrich (vgl. zu 24,5). Wie Charlotte von Stein selbst die Zeit ihrer rasch aufeinander folgenden Schwangerschaften und Geburten erlebte, beschreibt sie in einem Brief an Charlotte Schiller aus dem Jahr 1796: „Niemand kann besser Ihre Leiden fthlen als ich, denn mir war dieses Gesch|fte ÆSchwangerschaft und Geburtæ auch auf eine schwere Art auferlegt. Von Thr|nen ermtdet schlief ich nur ein und schleppte mich wieder beim Erwachen einen Tag, und schwer lag der Gedanke auf mir, warum die Natur ihr halbes Geschlecht zu dieser Pein bestimmt habe. Man sollte den Weibern deßwegen viele andere Vorztge des Lebens lassen, aber auch darin hat man sie verktrzt, und man glaubt nicht, wie zu so viel tausend kleinen Gesch|ften des Lebens, die wir besorgen mtssen, mehr Geisteskraft muß aufgewendet werden, die uns ftr nichts angerechnet wird, als die eines Genies, der Ehre und Ruhm einerntet.“ (Urlichs, Charlotte Schiller 2, 310.) Das Zitat belegt auch einen Wesenszug Charlotte von Steins, der vor allem in den Briefen aus der Zeit ihrer Witwenschaft hervortritt: ihren ausgepr|gten Sinn ftr die zwar durch die Natur bedingte, von der Gesellschaft aber sanktionierte und daher als ungerecht empfundene Ungleichheit der Geschlechter. Seit 1773 reiste Charlotte von Stein in den Sommermonaten regelm|ßig nach Pyrmont, einen damals viel besuchten Badeort und Treffpunkt des europ|ischen Adels (vgl. zu 62,6). Dort machte sie u. a. die Bekanntschaft des Schweizer Arztes und Schriftstellers Johann Georg Zimmermann, der seit 1768 kuniglicher Leibarzt in Hannover war. Als persunlicher Freund von Johann Caspar Lavater sammelte er ftr die „Physiognomischen Fragmente“ Silhouetten und schrieb Charakteristiken (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 236). Mit Zimmermann fthrte Charlotte von Stein in den folgenden Jahren einen regen Briefwechsel. Ob es auf seinen |rztlichen Rat zurtckzufthren ist, dass die so schwer
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unter den Schwangerschaften und Geburten Leidende nach April 1774 keine weiteren Kinder mehr bekam, kann nur vermutet werden. 1775 lernte Charlotte von Stein Goethe kennen, zu dem sich ab Anfang 1776 eine enge persunliche Beziehung entwickelte, in die auch Charlottes Familie einbezogen war. Eine Z|sur bildete die Reise nach Italien, zu der Goethe im September 1786 aufgebrochen war, ohne die Freundin in seine Pl|ne einzuweihen. Nachdem sich Charlottes Ver|rgerung tber Goethes heimlichen Aufbruch und das lange Ausbleiben seiner Briefe gelegt hatte, wurde der freundschaftliche briefliche Austausch jedoch bis zum Ende von Goethes fast zweij|hrigem Aufenthalt in Italien fortgesetzt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 7 II, Nr 1). Nach seiner Rtckkehr im Juni 1788 allerdings stellte sich das frthere enge Verh|ltnis nicht wieder her, im Frthsommer 1789 kam es zum Bruch zwischen Charlotte von Stein und Goethe, der um diese Zeit schon mit Christiane Vulpius zusammenlebte. – Bereits am 14. Juni 1787 war nach fast zweij|hriger Krankheit Charlotte von Steins mittlerer Sohn Ernst gestorben. Ende 1793 starb Josias von Stein, gleichfalls nach l|ngerer Krankheit. Der |lteste Sohn Carl tbernahm Schloss und Gut Kochberg. Der jtngste Sohn Friedrich, vortbergehend sachsenweimarischer Kammerherr, trat 1798 in preußische Dienste und lebte fortan in Schlesien, wo ihn die Mutter 1803 auf seinem Gut Strachwitz bei Breslau besuchte. – Nach dem Tod ihres Mannes und dem Weggang der Suhne wandte sich Charlotte von Stein wieder st|rker ihren literarischen Interessen zu. Ihre Briefe aus diesen Jahren zeugen von einem regen Interesse an Neuerscheinungen vor allem der deutschen Literatur. 1794/95 entstand ihr Trauerspiel „Dido“, 1798/99 das Lustspiel „Neues Freiheits-System oder Die Verschwurung der Liebe“. Sie pflegte ihre alten Freundschaften, insbesondere mit Wieland, dem Ehepaar Herder, Herzogin Louise, Carl Ludwig von Knebel und ihrem Patenkind Charlotte von Schiller geb. Lengefeld. Durch diese lernte sie auch Schiller kennen, der 1803 die Veruffentlichung ihres Dramas „Die zwey Emilien“ bei Cotta in Stuttgart vermittelte. Lange Zeit galt das anonym erschienene Sttck als ein Werk Schillers. Etwa seit dem Frthjahr 1796 kam es durch das Ehepaar Schiller auch zu einer vorsichtigen Wiederann|herung zwischen Charlotte von Stein und Goethe. Herzlicher wurde das Verh|ltnis aber erst nach Goethes schwerer Erkrankung im Jahr 1801, auf die Charlotte von Stein mit große Anteilnahme reagiert hatte. Seit 1804 nahm sie regelm|ßig an den Gesellschaften in Goethes Haus teil, nach 1810 entwickelte sich eine Altersfreundschaft, die bis zum Tod Charlotte von Steins bestehen blieb. Goethes Briefe an Charlotte von Stein (1776–1779) Die erste Begegnung zwischen Goethe und Charlotte von Stein, deren genaue Umst|nde unbekannt sind, war auf beiden Seiten durch mtndliche Berichte sowie
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durch Briefe und Bilder vorbereitet worden. Josias von Stein hatte Carl August auf dessen Kavalierstour und auch zur Hochzeit nach Darmstadt begleitet. Dass er Goethe bei einer dieser Gelegenheiten getroffen hat, kann als sicher gelten, auch dass er seiner Frau davon erz|hlte. Wie begierig diese darauf war, den berthmten Autor des „Clavigo“ und der „Leiden des jungen Werthers“ kennen zu lernen, geht aus ihrer Korrespondenz mit Zimmermann hervor. Der „Werther“ muss sie so beeindruckt haben, dass sie nach der Lekttre „acht Tage zur Freude unf|hig“ gewesen und deswegen „a u s g e l a c h t und a u s g e s c h m e l t “ worden sei (Zitat in Zimmermanns Brief an Charlotte von Stein, 19. Januar 1775; H: Archiv der BBAW). Zimmermann verstand es, das Interesse seiner Briefpartnerin an dem Frankfurter Dichter noch zu steigern:„Vous vouls que je vous parle de G u t h e ; vous d e s i r s de le voir? Æ:::æ Mais p a u v r e amie, vous n’y penss pas, vous d e s i r s de l e v o i r, et vous ne savs / pas quel point cet homme a i m a b l e et c h a r m a n t pourroit vous devenir d a n g e r e u x ! – Je coupe une planche de la Physiognomique de Lavater, pour vous faire present de cette Physionomie d’Aigle. Æ:::æ Une Femme du monde qui l’a v souvent, m’a dit que Guthe etoit l’homme le plus beau, le plus vif, le plus original, le plus ardent, le plus impetueux, le plus doux, le plus sduisant, et le plus dangereux pour le coeur d’une Femme qu’elle avoit v en sa vie.“ (Ebd. – Sie muchten, dass ich Ihnen von Goethe erz|hle; wtnschen Sie, ihn zu sehen? Æ:::æ Aber, arme Freundin, Sie denken nicht daran, Sie sehnen sich, ihn zu sehen, und Sie wissen nicht, in welchem Ausmaß dieser liebenswtrdige und charmante Mensch Ihnen gef|hrlich werden kunnte! – Ich schneide einen Stich aus der Physiognomik Lavaters aus, um Ihnen dieses Adlergesicht zu vergegenw|rtigen. Æ:::æ Eine Dame von Welt, die ihn oft gesehen hat, sagte mir, Goethe sei der schunste, lebhafteste, originellste, feurigste, sttrmischste, sanfteste, verfthrerischste und gef|hrlichste Mann ftr das Herz einer Frau, den sie je in ihrem Leben gesehen h|tte. – Transkription und bersetzung von Wolf-Dieter Lange, Bonn.) Auch bei Goethe darf eine gewisse Neugier auf die Bekanntschaft mit der Frau des Oberstallmeisters vorausgesetzt werden, die gleichfalls durch Zimmermann geweckt worden war. Als dieser im Juli 1775 Goethe in Straßburg traf, zeigte er ihm u. a. eine Silhouette Charlotte von Steins. Sie soll den Dichter zu einem spontanen, tberaus schmeichelhaften Urteil tber die Dargestellte veranlasst haben, welches Zimmermann am 22. Oktober 1775 Charlotte von Stein mitteilte (vgl. GB 2 II, zu 196,9). berdies hatte die Silhouette Goethe zu einer Charakteristik der Weimarer Baronin im Stil der „Physiognomischen Fragmente“ inspiriert, die er am 24. Juli 1775 an Lavater nach Ztrich schickte (vgl. GB 2 I, Nr 247). Am 7. November 1775, dem Tag der Ankunft Goethes in Weimar (vgl. zu 116,10), fiel die abendliche Hoftafel aus. Stattdessen wurden im „Hauptmannischen Hause“ an der Esplanade (vgl. die zweite Erl|uterung zu 24,3) „Pickenick“ und Ball veranstaltet (FB 1775, S. 262). Ob Goethe dazu eingeladen war, ist nicht belegt. Falls sich Charlotte von Stein zu dieser Zeit in Weimar aufhielt,
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befand sie sich wahrscheinlich unter den G|sten der Gesellschaft, es ist also nicht ausgeschlossen, dass Goethe sie schon am 7. November 1775 zum ersten Mal gesehen hat. Nach den Erinnerungen des |ltesten Sohnes Carl von Stein sollen sich seine Mutter und der Frankfurter Dichter zuerst in der Stadtwohnung der Familie in der Kleinen Teichgasse begegnet sein: „Ich war ohngef|hr 10 Jahr alt, als eines Nachmittags, es war schon d|mmericht, und wo ich mich recht erinnere, im Herbst Anno 1773 oder 74 Ærecte: 1775æ, in meiner Eltern Wohnung, der junge Herzog (Carl August) von Weimar Æ:::æ und der junge Doctor Guthe hereintraten. Letzterer war eben angekommen und erregte Neugier durch seine bekannt gewordenen Werthers Leiden und Gutz von Berlichingen. Es waren außer meinen Eltern noch mehrere im Zimmer Æ:::æ.“ (Goethe/Carl von Stein, 2.) Da also das erste Treffen in Weimar wahrscheinlich in grußerer Gesellschaft stattgefunden hat, erinnert sich Goethe zehn Jahre sp|ter nicht daran, sondern glaubt, er sei der Freundin zuerst bei seinem Besuch auf Schloss Kochberg Anfang Dezember 1775 begegnet (vgl. Goethe an Charlotte von Stein, 22. September 1785; GB 6 I, 97; zur Sache vgl. zu 21,11). Seinen ersten persunlichen Eindruck von Charlotte von Stein hat Goethe nirgendwo festgehalten, ebenso wenig erf|hrt man auch aus seinen sp|teren Briefen an sie oder an Dritte wenig dartber, was sie ftr ihn so ungemein anziehend erscheinen ließ. Welchen Eindruck sie damals auf andere gemacht hat, vermittelt eine Beschreibung vom 12. Dezember 1774, die wiederum von Zimmermann stammt und von Lavater, ftr den sie bestimmt war, sp|ter teilweise in die „Physiognomischen Fragmente“ aufgenommen wurde (vgl. Physiognomische Fragmente 3, 314 f.): „Die Kammerherrin und Baronesse von Stein Æ:::æ hat tberaus große schwarze Augen von der huchsten Schunheit. Ihre Stimme ist sanft und bedrtckt. Ernst, Sanftmuth, Gef|lligkeit, leidende Tugend und feine tiefgegrtndete Empfindsamkeit sieht jeder Mensch beym ersten Anblick auf ihrem Gesichte. Die Hofmanieren, die Sie vollkommen an sich hat, sind bey ihr zu einer sehr seltenen hohen Simplicit|t veredelt. Sie ist sehr fromm, und zwar mit einem rthrend schw|rmerischen Schwung der Seele. Aus ihrem leichten Zephirgang und aus ihrer theatralischen Fertigkeit in ktnstlerischen T|nzen wtrdest Du sicher nicht schließen, was doch sehr wahr ist, daß stilles Mondenlicht und Mitternacht ihr Hertz mit Gottesruhe ftllt. Sie ist einige und dreißig Jahre alt, hat sehr viele Kinder und schwache nerven. Ihre Wangen sind sehr rot, ihre Haare schwarz, ihre Haut italienisch wie ihre Augen. Der Kurper mager, ihr ganzes Wesen elegant mit Simplicit|t.“ (Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 3, Nr 1.) Bisher wurde angenommen, dass der Briefwechsel zwischen Goethe und Charlotte von Stein schon wenige Tage nach ihrer ersten persunlichen Begegnung einsetzte, also Ende November/Anfang Dezember 1775. Als einziger Beleg daftr galt ein Brief Goethes an Carl Ludwig von Knebel, dessen Anfangssatz lautet: Frau
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v Stein hat jetzt schon Antwort von mir. (Vgl. den vollst|ndigen Abdruck des Briefes in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 5.) Dieser bisher auf die Tage zwischen dem 27. November und dem 3. Dezember 1775 datierte Brief stammt jedoch aus sehr viel sp|terer Zeit, n|mlich von Anfang Dezember 1807 (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 5). Mithin gibt es keinen konkreten Hinweis auf den Beginn der Korrespondenz schon im Jahr 1775. Den tberlieferten Briefen zufolge begann Goethe im Januar 1776 an Charlotte von Stein zu schreiben, und zwar mit rasch sich steigernder Intensit|t. Dem wahrscheinlich frthesten Brief vom 7. Januar (Nr 18) folgen in diesem Monat noch 12 weitere Briefe. Ab dem 27. Januar wird Goethe von einer wahren Billets Kranckheit (26,9) befallen und schreibt t|glich, am 29. und 30. Januar sogar zweimal an einem Tag. Nicht nur die H|ufigkeit, mit der er an eine Frau schreibt, die er erst einige Wochen zuvor kennen gelernt hatte, f|llt auf, fast noch bemerkenswerter ist der von Anfang an vertraute Ton. Schon Ende Januar spricht Goethe ganz offen von seiner ,Liebe‘ (25,17–18), bittet die Adressatin: Sollst mich auch ein Bissgen liebhaben (26,4–5), nennt sie Engel (25,14) und Gold (25,19). Die Anrede ,Du‘ gebraucht er das erste Mal am 27. Januar 1776 (vgl. 25,13). Danach wechselt er zwischen ,Sie‘ und ,Du‘, geht aber mehr und mehr zum ,Du‘ tber (vgl. die erste Erl|uterung zu 25,13). In den datierten Briefen vom 23. Februar (Nr 50) bis zum 4. M|rz 1776 (Nr 54) verwendet er durchg|ngig die Anrede ,Du‘, die er erst nach einer Aussprache mit der Adressatin am 6. M|rz 1776 vortbergehend wieder aufgibt (vgl. zu 42,12). Jedoch hatte Goethe 1776 Ton und Gestus seiner Briefe noch nicht gefunden, wie nicht nur die Unsicherheit in der Anrede zeigt. In den Briefen wechselt sttrmisches Sich-Mitteilen mit dem Ausdruck der Verstimmtheit, das Bekenntnis, von der Adressatin angezogen zu sein, mit dem des Sich-Zurtckgesetzt-Fthlens. Im Kontrast zu Goethes wechselnden Stimmungen stehen Ausgeglichenheit und gleichbleibende Freundlichkeit Charlotte von Steins, wie sich aus den Briefen an sie schließen l|sst: Sie sind sich immer gleich, immer die unendliche Lieb und Gste (70,22), schreibt Goethe am 25. Mai 1776. Nur einen Tag zuvor hatte er sich bitter beklagt, dass nun auch sein Verh|ltnis zu ihr, das reinste, schtnste, wahrste, das ich ausser meiner Schwester ie zu einem Weibe gehabt (70,8–9), gesturt sei. Dieser ersten ernsthaften Verstimmung, deren Grtnde im Dunkeln liegen (vgl. zu 70,8–9), gingen schon Anfang M|rz kleinere Sturungen voraus. Im Laufe der Jahre 1776 bis 1779 treten diese ftr das Verh|ltnis so typischen zeitweiligen Irritationen immer wieder auf, die auf Goethes Seite mit Rtckzug und dem vortbergehenden Einstellen der Korrespondenz verbunden waren. Anfang Juni 1776, noch im Nachklang des ersten ernsthafteren Zerwtrfnisses, schreibt Goethe: Ich dancke Ihnen dass Sie soviel besser gegen mich sind als ich’s verdiene, ich hoffte nichts von Ihnen zu sehen. Wenn ich mein Herz gegen Sie zuschliesen will, wird mir’s nie wohl dabey! (75,15–17.)
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H|ufig thematisiert wird in den ersten Jahren des Briefwechsels auch der ,Unglaube‘ der Adressatin in Bezug auf die Ernsthaftigkeit und Best|ndigkeit von Goethes Gefthlen ihr gegentber (vgl. 109,17; zu 132,8–9; zu 172,5–6). Ihre Zweifel gesteht Charlotte von Stein im Brief an Zimmermann vom 17. Juni 1776 (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 133). Aufschlussreich erscheint in dieser Hinsicht auch das Dramolett „Rino“ aus dem Frthsommer 1776, die frtheste tberlieferte literarische Arbeit Charlotte von Steins, die durch Figurenkonstellation und Personenverzeichnis deutliche autobiographische Beztge aufweist (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 135). Nicht ohne Selbstironie verspottet die Autorin darin den blinden weiblichen Enthusiasmus ftr den Titelhelden, im Sttck der Verfasser des „Werther“, und die naive Gleichsetzung von Dichter und literarischer Figur, ebenso aber auch die Launenhaftigkeit und ,Koketterie‘ Rinos, der „auf aller Frauen Spuhr“ geht (S. 307). Dennoch scheint sie in der zweiten H|lfte des Jahres 1776 zumindest zeitweise ihre Zurtckhaltung aufgegeben zu haben. Auf der Rtckreise von Pyrmont machte sie am 5. August Station in Ilmenau, wo sich Goethe im Gefolge des Herzogs aufhielt. Am 6. August besuchten sie gemeinsam den Hermannstein im Thtringer Wald (vgl. zu 92,7; zu 92,21). Wie sehr Goethe das unverhoffte Beisammensein fernab der Weimarer Gesellschaft begltckte und wie stark ihn die Gegenwart der Freundin auch ktnstlerisch inspirierte, belegen seine Briefe vom Juli und August. Unmittelbar nach dem Besuch des Hermannsteins bekennt er: Die Liebe giebt mir alles und wo die nicht ist, dresch ich Stroh. (87,21–22.) Im Brief vom 8. August heißt es: Deine Gegenwart hat auf mein Herz eine wunderbaare Wsrckung gehabt, ich kann nicht sagen wie mir ist! (92,7–8.) Dass sich danach auch ftr die Adressatin das Verh|ltnis intensivierte und sie zunehmend in seelische Konflikte geriet, legen ihre Verse auf der Rtckseite eines Briefes von Goethe vom 7. Oktober 1776 nahe (Nr 178): Obs unrecht ist was ich empfinde – – und ob ich btßen muß die mir so liebe Stnde will mein Gewißen mir nicht sagen; vernicht’ es Himmel du! wenn michs je kunt anklagen (Vgl. berlieferung zu Nr 178). – Das Jahr endet mit einer kleinen ,Flucht‘, einer dreiwuchigen Reise mit dem Herzog nach Leipzig, Wurlitz und Dessau, die Goethe aus der tiefsten Verwirrung (120,13) herausgerissen habe (vgl. zu 121,7). Unmittelbar vorausgegangen war die bis heute ungekl|rte Eseley (GT I 1, 30) von Goethes Dichterfreund Jacob Michael Reinhold Lenz, die Ende November zu dessen Ausweisung aus Weimar gefthrt hatte (vgl. die erste Erl|uterung zu 121,1). Doch schon die Monate zuvor hatte Goethe sich zurtckgezogen und den September wie den Oktober in achtwuchiger selbstauferlegter Trennung von
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Charlotte von Stein verbracht (vgl. zu 109,6–7). Mit Goethes Rtckzug korrespondiert die merklich geringere Zahl der tberlieferten Briefe an die Freundin vor allem im Oktober und November 1776. Das Jahr 1777 beginnt versuhnlich. Die Briefe Goethes, deren Anzahl von Februar bis Juni wieder deutlich zunimmt, sind im Vergleich zur Anfangszeit in einem schlichteren, ruhigeren Ton gehalten. Der Briefschreiber scheint sich der Verbundenheit der Adressatin sicherer zu sein. Das Bewusstsein des ,Gltcks‘ stellt sich ein und zugleich das Wissen, dass es einen Preis hat. So schreibt Goethe am 10. M|rz 1777 an Charlotte: Das Glsck des Lebens liegt dunckel auf mir. (133,3.) Sehr viel h|ufiger als frther werden nun auch die Kinder der Steins erw|hnt (vgl. zu 152,1; zu 145,1–2). Im Juli 1777, w|hrend sich die Mutter in Pyrmont aufh|lt, besucht Goethe die Suhne zweimal in Kochberg und unternimmt mit ihnen und dem Hauslehrer Johann Friedrich K|stner Zeichenausfltge in die Umgebung (vgl. zu 152,1; die erste Erl|uterung zu 153,13). berhaupt spielt die Familie in der Korrespondenz zunehmend eine Rolle. Seit dem Frthsommer 1777 ktmmerte sich Goethe um die Renovierung und Einrichtung der neuen Wohnung der Familie Stein im so genannten Stiedenvorwerk an der Ackerwand, im November bereitete er auch den Umzug vor (vgl. zu 176,1–2). Doch schon seit Mitte September, als sich Charlotte in Kochberg aufh|lt, werden Goethes Briefe wieder seltener. Falls die berlieferung keine Ltcken aufweist, hat er entgegen seiner Gewohnheit nach dem Brief vom 13. bis 16. September 1777 (Nr 289) etwa drei Wochen nicht an die Freundin geschrieben (vgl. zu 160,16–17). Auch nach dem Brief vom 10. Oktober (Nr 291) vergehen wiederum etwa drei Wochen bis zum n|chsten Brief, worauf Charlotte offenbar empfindlich reagierte. Das Hauptingrediens Ihrer Empfindungen sei neuerdings Zweifel und Unglaube (172,5–6), klagt Goethe am 31. Oktober. Das Jahr 1777 endet wieder mit einer Reise. Am 29. November 1777 brach Goethe allein und inkognito in den Harz auf (vgl. 220,32–33). ber das Reiseziel ließ er Charlotte von Stein zun|chst im Ungewissen. Erst nach seiner gelungenen Brockenbesteigung am 10. Dezember teilte er ihr mit, wohin er gereist war (vgl. 184,16–18). Wie zuletzt im Frthjahr und Sommer 1775 vor seinem endgtltigen Abschied aus Frankfurt befand sich Goethe gegen Ende seines zweiten Weimarer Jahres in einer existenziellen Krise. In der Einsamkeit der winterlichen Berge suchte er Abstand zu gewinnen und sich Klarheit tber seinen ktnftigen Lebensweg zu verschaffen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 309). S|mtliche von der Harzreise tberlieferten Briefe sind an Charlotte von Stein gerichtet. In der Art eines Tagebuches reflektiert er darin sein ,Abenteuer‘, vor allem aber seine Empfindungen auf der Wallfahrt (181,21) zum Brocken. Die Harzreise hatte ganz offenbar die erhoffte Wirkung und best|tigte Goethe auf seiner eingeschlagenen Lebensbahn. Nach seiner Rtckkehr festigte sich die Beziehung zu Charlotte von Stein und wird in den Briefen des ersten Halbjahres
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1778 weniger in Frage gestellt. Die grundlegende Ambivalenz aber bleibt bestehen. Je fester sich die Bande kntpfen, desto grußer ist zwar das Gefthl des Gltcks, aber auch das Bewusstsein des schmerzhaften Gebundenseins: Ich bin leider an Ihre Liebe zu fest geknspft wenn ich manchmal versuche mich los zu machen thut mirs zu weh da lass ich’s lieber seyn. (Brief vom 17. Juni 1778; 215,18–20.) hnlich wie schon 1776 und 1777 tritt in der zweiten Jahresh|lfte 1778 nach fast zehnwuchiger Trennung im September und Oktober, w|hrenddessen Charlotte von Stein sich in Kochberg aufh|lt, eine gewisse Entfremdung ein, was sich in der deutlich geringeren Anzahl von Briefen Goethes niederschl|gt. Erst am Ende des Jahres findet er zu dem zuversichtlich-unbeschwerten Ton der ersten Monate zurtck (vgl. Nr 423, 424, 425). Der Ton der Briefe aus den ersten Monaten des Jahres 1779 erinnert an den der Anfangszeit der Bekanntschaft. Wieder nimmt die Intensit|t des Briefwechsels zu, obwohl Goethe in dieser Zeit stark von seinen Amtsgesch|ften in Anspruch genommen wurde, zu denen u. a. auch die ungeliebte Pflicht der ,Auslesung‘ von Rekruten gehurte (vgl. zu 259,7). Bis in den Juli hinein bleibt das Verh|ltnis weitestgehend ungetrtbt. Nach dem 11. Juli aber stockt der briefliche Austausch ftr mehrere Wochen. Goethe zog sich h|ufiger zurtck und reflektierte tber sein Weimarer Leben (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 518). Am 11. August ging Charlotte von Stein nach Kochberg, wo Goethe sie erst zwei Wochen sp|ter besuchte; auch den Briefwechsel mit ihr intensivierte er nicht (vgl. zu 291,2). Besonders eng dagegen war in dieser Zeit sein Verh|ltnis zu Corona Schruter (vgl. zu 291,2 und die einleitende Erl|uterung zu Nr 435). Die Ideen einer Reise (GT I 1, 85), tber die Goethe schon am 2. August mit Carl August gesprochen hatte, verschwieg er der Freundin in Kochberg. Erst mehr als einen Monat sp|ter setzte er sie ganz allgemein tber eine gewsnschte und gehoffte Reise (295,4–5) in Kenntnis, allerdings ohne deren Ziel und Zweck n|her zu erkl|ren. Am 12. September 1779 brachen Goethe und der Herzog tber Kassel nach Frankfurt auf, von wo es ursprtnglich weiter an den Rhein bis nach Dtsseldorf gehen sollte. Der Entschluss, statt dessen in die Schweiz zu reisen, fiel offenbar in Frankfurt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530). Charlotte von Stein wurde erst Tage sp|ter unterrichtet, als das Ziel schon vor den Reisenden lag (vgl. 299,9). Den Brief mit der Nachricht dtrfte sie erst Anfang Oktober erhalten haben. Die Reise war die l|ngste, die Goethe seit seiner Ankunft in Weimar unternahm. Sie dauerte insgesamt vier Monate bis zum 14. Januar 1780. Mehr als ein Dutzend, oft viele Seiten lange Briefe hat er in dieser Zeit an die Weimarer Freundin geschrieben. Zum ersten Mal sind auch diktierte Briefe von der Hand des Dieners Philipp Seidel darunter. Hinweise auf Gegenbriefe Charlotte von Steins finden sich nur wenige (vgl. u. a. zu 358,9). Insgesamt sind aus den ersten vier Jahren der Korrespondenz 346 Briefe Goethes an Charlotte von Stein tberliefert, die sich ungleichm|ßig tber diesen Zeitraum
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verteilen. Wie der berblick zeigt, kommt es nach Monaten intensiven Briefeschreibens immer wieder zu wochenlangen Phasen, in denen der Briefwechsel offenbar ganz ruhte. Auch in ihrer Form sind die Briefe sehr unterschiedlich sowie inhaltlich heterogen. Neben kurzen, oft nur nachl|ssig auf ungleichm|ßig von einem grußeren Blatt abgetrennte Zettel oder auf umr|nderte Bl|ttchen geschriebenen und nur wenige Zeilen umfassenden Mitteilungen von Haus zu Haus, in denen Goethe der Freundin einen guten Morgen, eine gute Nacht wtnscht, nach ihrem Befinden fragt und immer wieder seine Zuneigung versichert, stehen kalligraphisch gestaltete Gedichtbriefe und lange tagebuchartige Reisebriefe, die sich durch ihren Umfang deutlich von den in Weimar geschriebenen Briefen abheben und deren Thematik erweitern. Doch sind auch die Reisen ftr Goethe vorwiegend Anlass, der Freundin in Weimar oder Kochberg mitzuteilen, was ihn innerlich bewegt (vgl. bes. die Briefe von der Harzreise, Nr 309–312). Eine Ausnahme bilden die Briefe aus der Schweiz, die – offenbar nicht ftr Charlotte von Stein allein bestimmt – im unpersunlichen Stil eines Reisefthrers gehalten sind und somit eine Sonderstellung einnehmen. Gemeinsamer Grundzug fast aller tbrigen hier mitgeteilten Briefe ist die emotionale Verbundenheit des Verfassers mit der Adressatin, sein Werben um ihr Vertrauen und ihre Zuneigung, das auch dann noch sptrbar ist, wenn er sich verletzt und zurtckgewiesen fthlt. Auf den ,intimen‘ Charakter der Briefe, die – mit Ausnahme der Schweizer Briefe – nicht, wie im 18. Jahrhundert durchaus tblich, zur Weitergabe an Dritte bestimmt waren, deutet neben dem Inhalt bereits der Umstand hin, dass viele davon, ohne Kuvert und zumeist unversiegelt durch Boten tberbracht, Spuren einer besonderen Art der Faltung in Form von so genannten Fidibussen aufweisen (vgl. zu 18,18). Dies war vor allem ein Hinweis ftr die berbringer der Briefe, Diskretion zu wahren. Die auffallende Intensit|t, mit der Goethe den Briefwechsel mit Charlotte von Stein beginnt, zeigt, in welchem Maße die Briefe die Beziehung konstituieren. Goethe schreibt auch, wenn er die Freundin gerade erst gesehen hat, ja zuweilen selbst dann, wenn er sich mit ihr unter Einem Dache befindet (26,8). Offenbar gelingt es ihm nur aus der Distanz des Schreibens, das in unmittelbarer Gegenwart der Adressatin Unsagbare zu artikulieren. Seine Unf|higkeit zum mtndlichen ,Liebesdiskurs‘ thematisiert er selbst wiederholt in den Briefen: Und wie ich Ihnen meine Liebe nie sagen kann, kann ich Ihnen auch meine Freude nicht sagen (66,2–3), bekennt er z. B. im Mai 1776. Er schreibt an gegen den tiefen Unglauben (49,12) Charlottes an sich selbst und an der Aufrichtigkeit und Ernsthaftigkeit seiner Gefthle ftr sie. In ihrer scheinbaren Monotonie und sprachlichen Redundanz wollen die Briefe gleichsam als eine nicht endende ,Liebesbeschwurung‘ auf eine Frau einwirken, die ftr Goethe schon wenige Monate nach der ersten Begegnung unentbehrlich, ja geradezu lebensnotwendig geworden war. Der so h|ufig begegnende Begriff der ,Liebe‘ ist dabei in einem umfassenden Sinn zu verstehen. Er zielt auf die Exklusivit|t einer begltckenden persunlichen
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Verbundenheit. – Doch nicht allein mit Worten sucht Goethe die Adressatin an sich zu binden, auffallend oft werden mit den Briefen auch Geschenke tbersandt (vgl. zu 135,2–3). Insgesamt enthielten 135 der hier mitgeteilten Briefe Beilagen. H|ufig schickt Goethe Lebensmittel, Frtchte und Gemtse aus seinem Garten, zeitweise liegen fast jedem Brief Blumen bei wie z. B. im Frthjahr 1777, außerdem Zeichnungen und Manuskripte, so am 25. Mai 1777 die Schreibereyen seiner ersten Jahre (147,9), zuweilen auch Exemplare gerade erschienener Werke, wie z. B. „Stella“ (vgl. Beilage zu Nr 35), „Erwin und Elmire“ (vgl. Beilage zu Nr 125) oder der Supplementband der Himburgischen Ausgabe von „J. W. Goethens Schriften“ (vgl. Beilage zu Nr 497). Mehrmals erw|gt er sogar, der Freundin seine Haare zu schicken (vgl. 164,13; 188,11–12). So vielf|ltig die Beilagen sein mugen, immer stehen sie mit Goethes Person in enger Verbindung, sind gleichsam ein Teil von ihm selbst. Zudem verlangen sie per se nach |hnlich persunlichen Gegengaben, die Charlotte offenbar bereitwillig und großztgig tberschickte. Nicht nur Lebensmittel, wie das Wurst Andencken (18,15), ftr das sich Goethe im wahrscheinlich frthesten Brief bedankt, auch Kleidung, Zeichnungen und Manuskripte erh|lt er von der Freundin (vgl. u. a. die erste Erl|uterung zu 144,13; die erste Erl|uterung zu 179,1). Auch wenn Goethe nicht mtde wird, immer aufs Neue seine ,Liebe‘ zu gestehen, sind die Briefe von erstaunlicher thematischer Vielfalt, berthren nahezu alle Lebensbereiche und vermitteln einen Eindruck von der Komplexit|t seiner Beziehung zur Adressatin. Themen sind h|usliche und famili|re Angelegenheiten ebenso wie gemeinsame Lekttre, botanische und mineralogische Interessen, die Mitwirkung am Liebhabertheater oder an der Umgestaltung der Parkanlagen am Ilmufer. Selbst die amtliche T|tigkeit bleibt nicht ausgespart und findet vor allem in den Briefen Erw|hnung, die auf den Reisen durch die verschiedenen Teile des Herzogtums geschrieben wurden. Eines der h|ufig wiederkehrenden Themen dieser ersten vier Jahre ist das Zeichnen, ftr Goethe ein Grundbedtrfnis und Mittel der ,Weltaneignung‘. Sich darin zu tben, fordert er auch Charlotte immer wieder auf. Zeichnen Sie brav (52,10), schreibt er schon am 13. April 1776 und tberschickt ihr wenig sp|ter allerley Zeichnungen vergangener Zeiten (78,14–15). Ganz gleich, ob sich Goethe in der durflichen Umgebung von Weimar (vgl. zu 72,13), auf der Wartburg (vgl. zu 167,17), im Thtringer Wald (vgl. zu 88,12–13; zu 94,4–5) oder auf der Reise in die Schweiz (vgl. zu 299,19) befindet, immer zeichnet er ftr die Freundin, die mit seinen Augen sehen soll, was er sieht, mehr noch, wie er es sieht. Vice versa schickt sie ihm gezeichnete Ansichten von der Reise nach Pyrmont (vgl. zu 82,7–8) oder von ihrem Landsitz in Kochberg (vgl. die zweite Erl|uterung zu 109,1). Eine wichtige Gespr|chspartnerin war Charlotte von Stein auch auf literarischem Gebiet. Obgleich Goethe in der Zeit von 1775/76 bis 1786 kaum etwas veruffentlichte, hat er doch eine Reihe von Dichtungen konzipiert oder begonnen.
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Sein literarisches Publikum bestand damals vorwiegend aus einigen Freunden, darunter an erster Stelle wohl Charlotte von Stein. Er weihte sie in seine Projekte ein, so 1776 in die geplante, aber nicht tberlieferte „Falken“-Dichtung (vgl. zu 92,27), 1777 berichtet er tber den Fortgang von „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung“ (vgl. zu 172,10), 1779 erw|hnt er die Arbeit an der „Iphigenie“ zum ersten Mal in einem Brief an Charlotte von Stein (vgl. zu 258,3). Unter den Briefen an sie sind mehr als ein Dutzend Gedichte tberliefert, die zu Goethes Lebzeiten nicht oder nur in abgewandelter Fassung veruffentlicht wurden, wie z. B. „Wandrers Nachtlied“ (Nr 42), „An den Geist des Johannes Sekundus“ (Nr 181) und „An den Mond“ (Nr 326). Einige der Gedichte sind eng mit der Person der Adressatin verbunden, insbesondere „Warum gabst du uns die Tiefen Blicke Æ:::æ“ vom 14. April 1776 (Nr 82). Die sprachlich-inhaltlichen Parallelen zu den kurz davor oder danach geschriebenen Briefen belegen, wie fließend die berg|nge zwischen Dichtung und Brief sind (vgl. 52,7; 55,2–3). Auch wenn sich der Text ganz ohne biographischen Bezug als literarisches Kunstwerk verstehen l|sst, so erftllte er doch – wie s|mtliche in den Briefkonvoluten tberlieferten Gedichte – zugleich die Funktion eines Briefes, dem durch die gebundene lyrische Sprache besondere Intensit|t und Eindringlichkeit verliehen wurde. Außer in den Gedichten bedient sich Goethe in seinen Briefen an Charlotte von Stein keiner kunstvollen Liebessprache und vermeidet jede Art von sprachlicher Exaltiertheit. Die ,Sprache der Liebe‘ ist nicht mehr die des bekenntnishaften Gefthlstberschwangs, des Sich-Ausstrumens und Spiegelns in der Person der Adressatin, die noch in den Briefen an die ihm persunlich unbekannte Augusta Louise Gr|fin zu Stolberg begegnet. Bezeichnenderweise erlischt das Bedtrfnis, an diese zu schreiben, zu der Zeit, als sich Goethe auch als Briefschreiber der Weimarer Freundin zuwendet (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 2). In der Einfachheit und Unmittelbarkeit, mit der Goethe Charlotte von Stein seine Gefthle bekennt und von sich und seinem Leben Mitteilung macht, sind die Briefe so eindringlich und pr|gnant wie die keiner anderen Korrespondenz. Trotz des betont unartifiziellen sprachlichen Gestus und der sich st|ndig wiederholenden Liebesbekenntnisse sind sie von großer stilistischer Varianz, ungewuhnlich reich an okkasionellen Wortbildungen und Metaphern (vgl. u. a. 179,4; 235,4; 258,6; 47,7–8) sowie voller literarischer, zuweilen auch ikonographischer Beztge und Anspielungen (vgl. zu 48,15; zu 61,11–12; zu 178,19; zu 112,4–8). Besonders h|ufig finden sich Ankl|nge an die Sprache der Bibel, aus der Goethe auch wurtlich oder sinngem|ß zitiert (vgl. u. a. 45,3; 47,9–10; 166,8–9; 184,2–3; 231,15). Zu den biblischen Beztgen kommen Anspielungen auf die antike Mythologie, wobei beide Bereiche gelegentlich verschmelzen (vgl. u. a. 179,19–20; 184,6–10). Wie die hier mitgeteilten Briefe an Charlotte von Stein belegen, wurde diese ab 1776 zur wichtigsten Bezugsperson Goethes und gleichsam zu seiner ,Mentorin‘,
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wenn auch in einem weit umfassenderen Sinn und ftr einen ungleich l|ngeren Zeitraum als alle ihre Vorg|nger, an die sich Goethe seit seiner Leipziger Studentenzeit vor allem in Krisen- und Umbruchsituationen angeschlossen hatte. Als er Ende Oktober 1775 Frankfurt verließ, war er ohne feste Profession und ohne Einkommen, hatte sich gerade von Anna Elisabeth Schunemann getrennt, innerlich aber noch nicht von ihr gelust (vgl. zu 10,1–4). Er befand sich in einer existenziellen Krise, die er durch die Annahme der Einladung Herzog Carl Augusts zu tberwinden suchte (vgl. zu 31,12–13; GB 2 II, zu 219,17). Nach Weimar kam er zun|chst nur als Besucher, die Entscheidung, dauerhaft zu bleiben, fiel erst etwa Mitte M|rz 1776 (vgl. zu 42,14–15). Auch danach war der Widerstand der etablierten Hofbeamten gegen seine Berufung ins Geheime Consilium noch groß (vgl. zu 63,8). Goethes Existenz war also vor allem in der Anfangszeit seiner Bekanntschaft mit Charlotte von Stein alles andere als sicher. Am Hof eines absolutistischen Ftrsten kam er mit einer ihm bis dahin fremden sozialen Sph|re und Kultur nicht nur oberfl|chlich in Kontakt, sondern musste sich darin bew|hren. Als Btrgerlicher wurde er von den Aristokraten argwuhnisch beobachtet und ob seiner Freundschaft zum jungen Herzog beneidet, ja im Verborgenen angefeindet. In dieser Situation schloss er sich einer Frau an, die ihm durch ihre Zugehurigkeit zum Hofadel, ihren Status als verheiratete Frau und Mutter, nicht zuletzt auch durch ihr Alter tberlegen war. Nach allem, was tber die Vorgeschichte der Beziehung bekannt ist, sowie angesichts der Intensit|t und Vertraulichkeit, mit der Goethe im Januar 1776 seine Korrespondenz beginnt, muss er von Anfang an das Interesse Charlotte von Steins an seiner Person und ihre ernste und aufrichtige Anteilnahme an seinem Leben gesptrt haben. Der vertraute Umgang mit ihr, die durch ihre Herkunft, Erziehung und gesellschaftliche Stellung im Milieu des Hofes ganz zu Hause war, vermittelte Goethe die Sicherheit, die ihm fehlte und die ihm auch die Freundschaft des jungen Herzogs nicht geben konnte, bei dem er selbst gewissermaßen die Rolle eines Mentors einnahm. Sowohl Charlotte von Steins Briefe an Zimmermann wie auch Goethes anhaltendes Bemthen, die Freundin von der Ernsthaftigkeit seiner Gefthle zu tberzeugen, sprechen aber daftr, dass diese zumindest in der ersten Zeit ihrer Bekanntschaft mit dem Dichter auf dessen eindringliche und wiederholte Liebeswerbungen mit Zurtckhaltung und Skepsis reagierte. Wie sehr sich aber schon im Laufe des ersten Jahres das Verh|ltnis zu Goethe intensivierte, belegen dessen Briefe aus dem Juli und August 1776 und die seltenen Selbstzeugnisse Charlotte von Steins. – Schon bald nach Aufnahme der Korrespondenz hatten sich im Umgang der beiden miteinander, zumindest wenn sie sich in Weimar aufhielten, bestimmte Formen herausgebildet, die sich im Laufe der Jahre immer mehr verfestigten: Am Morgen erkundigt sich Goethe brieflich nach dem Befinden der Freundin; den Tag verbringen sie meist getrennt, Goethe widmet sich seinen verschiedenen Besch|ftigungen, seit Juni 1776 zunehmend den Amtsgesch|ften; zuweilen isst er
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bei Charlotte zu Mittag. Wenn nicht Verpflichtungen bei Hofe dies verhindern, verbringen sie die Abende gemeinsam, entweder bei Charlotte von Stein oder in Goethes Gartenhaus. H|ufig schreibt Goethe am Abend noch einmal an die Freundin, um ihr Gute Nacht (26,22) zu sagen. Ein solch enger persunlicher Umgang mit einer verheirateten Frau verstieß gleichwohl nicht zwangsl|ufig gegen die Konventionen der Zeit, in der die Ehe vor allem in adligen Kreisen meist keine enge Gemeinschaft darstellte und das Leben der Partner in getrennten R|umen und unterschiedlichen gesellschaftlichen Sph|ren durchaus tblich war. Wie sehr dies prinzipiell auch auf das Zusammenleben von Charlotte und Josias von Stein zutraf, belegen die Erinnerungen ihres jtngsten Sohnes Friedrich: „Mein Vater Æ:::æ war theils durch seine Dienst-Abhaltungen und Reisen, theils durch seine Neigung ftr die Gesellschaft, nicht viel zu Hause und also nicht von großem Einfluß auf seine Kinder. Æ:::æ wir brachten gewuhnlich mit unserer Mutter den Sommer in Kochberg und den Winter in Weimar zu. Mein Vater kam auch, jedoch nur wochenweise, auf das Land, und in der Stadt pflegte er Mittags am Hofe des Herzogs und Abends gar nicht zu speisen, sodaß er wenig zu sehen war. Meine Mutter dagegen war fast immer zu Hause und versammelte heitere Gesellschaft um sich, wobei es ftr uns drei Kinder auch nicht an Unterhaltung fehlte. Æ:::æ Mit vollem Herzen hing ich Æ:::æ an meiner Mutter, und fast noch mehr an Goethe, der zu jener Zeit fast t|glich meiner Eltern Haus besuchte, und mir mit Liebe, Ernst und Scherz, sowie es nutig war, begegnete Æ:::æ.“ (Briefe an Fritz von Stein, 3–5.) Die freundschaftlich offene Art, in der Goethe im Steinschen Haus verkehrte, wie auch die h|ufigen Erw|hnungen von Ehemann und Suhnen in seinen Briefen an Charlotte deuten darauf hin, dass er von Anfang an auch deren Familie in sein Verh|ltnis mit einschloss. H|ufig waren die Suhne mit der Mutter gemeinsam oder auch allein zu Gast im Gartenhaus, und zwar lange bevor Goethe den jtngsten Sohn Friedrich im Mai 1783 ftr einige Zeit bei sich aufnahm. Selbst wenn Charlotte auf Reisen war, besuchte Goethe deren Kinder und den Hauslehrer in Kochberg. Die Besch|ftigung mit den Suhnen war ftr den Dichter also durchaus keine l|stige Pflichterftllung, sondern wichtiger Teil seiner Beziehung zu Charlotte von Stein. Ihre Familie wurde gleichsam zu seiner Familie, ftr die er sich auch verantwortlich fthlte. Allerdings bestand in dieser besonderen Konstellation stets die Muglichkeit des Rtckzugs, von der Goethe h|ufig auch Gebrauch machte. Trotz stets wiederkehrender Irritationen und kleinerer Zerwtrfnisse bleibt Goethes Verh|ltnis zu Charlotte von Stein bis Ende 1779, soweit sich aus den Tagebuchaufzeichnungen und Briefen schließen l|sst, merkwtrdig konstant und scheint nur wenig durch |ußere Ereignisse beeinflusst worden zu sein. Auch an der grundlegenden Ambivalenz, durch die es von Anfang an gepr|gt ist, |ndert sich im Laufe der Jahre kaum etwas: Immer wieder wechseln Phasen der N|he und des intensiven persunlichen Umgangs mit solchen der Distanz und des zeitweiligen
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Rtckzugs. Obgleich sich von Seiten Charlotte von Steins die Beziehung schon seit etwa Mitte 1776 intensiviert, bleibt Goethe doch tber den gesamten Zeitraum der ersten vier Jahre der Korrespondenz in der Rolle eines ,Werbenden‘, der seine ,Liebe‘, Treue und Anh|nglichkeit immer aufs Neue zu beweisen sucht. Charlotte von Steins Einfluss auf ihn war weitaus indirekter, ambivalenter und viel weniger vordergrtndig ,erzieherisch‘ als vielfach dargestellt. Ihre vor allem mit Hilfe der Briefe imaginierte Allgegenwart wirkte als Inspiration und Antrieb ftr Goethes ktnstlerisches Schaffen. Umgekehrt wurde auch Charlotte von Stein durch ihre Freundschaft mit Goethe in vielf|ltiger Weise beeinflusst und zur Besch|ftigung mit Kunst und Literatur sowie den verschiedensten Wissensgebieten angeregt. 18,15 das Wurst Andencken] Das gegenseitige Beschenken insbesondere mit Lebensmitteln gehurt seit der frthesten Zeit von Goethes Bekanntschaft mit Charlotte von Stein zu den festen Gepflogenheiten ihrer Beziehung (vgl. 188,4). 18,16 Peitschen Hieb sbers Aug] Vgl. Datierung. 18,16–17 a l l e g o r i s c h ] Hier im Sinne von ,zeichenhaft‘, ,mit geheimem Sinn‘. 18,17 der B r a n d an meinem Billet] Der Brief vom Morgen desselben Tages ist nicht tberliefert (vgl. EB 21); wahrscheinlich bezieht sich die Bemerkung auf eine versehentliche Besch|digung des Papiers durch Brandspuren (vgl. berlieferung zu Nr 385). 18,18 Fidibus] Begriff aus der Studentensprache, Herkunft unsicher, muglicherweise scherzhafte Umdeutung der Horaz-Stelle „ture et fidibus“ (mit Weihrauch und Saiten[spiel]; Carmina I, 36,1; vgl. Kluge/Seebold, 264). Im zeitgenussischen Verst|ndnis „ein zusammen gerolltes oder zusammen gelegtes l|ngliches Sttck Papier, eine Pfeife Tabak damit anÆzuæztnden“ (Adelung 2, 145). – Viele der kleinformatigen Briefbl|ttchen, die Goethe von Haus zu Haus an Charlotte von Stein schickte, waren in der Art eines Fidibus gerollt und anschließend mit den Fingern mehrfach eingedrtckt. Das beim Auseinanderfalten entstehende netzartige Muster des Papiers ist noch gut erkennbar (vgl. u. a. berlieferung zu Nr 53, 80, 89, 91). 18,19 s s s s Z e t t e l g e n ] Nach franz. billet doux: stßes Briefchen, Liebesbrief. 18,20 l i e b e Briefe kriegt] Nicht tberliefert. – Gemeint ist sehr wahrscheinlich nur ein Brief. Nach Adelung wurde in der Alltagssprache „nach dem Muster des Lateinischen Litterae“ h|ufig noch der Plural ,Briefe‘ anstelle des Singulars gebraucht: „Ich habe Briefe bekommen, ich muß Briefe schreiben, wenn man gleich nur einen Brief bekommen oder zu schreiben hat.“ (Adelung 1, 1193.) – Es kunnte sich um einen Brief Cornelia Schlossers handeln (vgl. die erste Erl|uterung zu 24,3); so schickt Goethe etwa am 20. Mai 1776 einen Brief der Schwester an Charlotte von Stein, der ihm das Herz zerreisst (64,19–20). Auch Anna Elisabeth (Lili) Schunemann ist als Absenderin nicht auszuschließen, von der sich Goe-
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the innerlich noch immer nicht ganz gelust hatte, wie die Verse im Brief an Carl August vom 23. und 24. Dezember 1775 belegen (vgl. 10,1–4). Die reitende Post, d. h. die Briefpost, u. a. aus Frankfurt, Heidelberg, Mannheim und Straßburg, also der Postroute, tber die auch die Briefe aus dem badischen Emmendingen, dem Wohnort der Schwester, befurdert wurden, traf jeweils „Sonntags Abends 8 Uhr“ ein (Post-Bericht 1776, o. S.). Der vorliegende Brief wurde wahrscheinlich am 7. Januar, einem Sonntag, am sp|teren Abend (vgl. 18,23) geschrieben. 19. An Heinrich Julius von Lindau Weimar, 8. Januar 1776 ! ÆCelle?/Kassel?/Wommen?æ BERLIEFERUNG
H: Goethe-Museum Dtsseldorf, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, Sign.: NW 992/1967. – 1 Bl. 19624,5 cm; auf der Vs. egh. Brieftexte von Johann Georg Schlosser und Jacob Michael Reinhold Lenz, Tinte (Petitdruck); dessen Text auch immer vor den Augen Æ:::æ Freund Lenz (19,18–21) am linken Seitenrand quer zur Schreibrichtung, die Nachschrift Den Einschluß Æ:::æ vive St. Thomas! (19,22–24) zwischen den Brieftexten Schlossers und Lenz’; auf der Rs. des zum Kuvert gefalteten Blatts im Adressenfeld unter der von Schlosser geschriebenen Adresse: „An / H‘B. von Lindau.“ Goethes Text, egh., Tinte; Siegelreste; Bl. unten und oben in der Mitte ausgerissen durch ffnen des Siegels, Textverlust (vgl. 19,1 und 19,18). E: Josefine Rumpf: Unbekannte Goethe-Briefe aus dem Besitz des Freien Deutschen Hochstifts. In: JbFDH 1967, S. 3 (Goethes Brief) und 56 (Briefe Schlossers und Lenz’). WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 49, Nr 381a. BEI L AG EN
1) Zu Schlossers Brief: Brief Johann Georg Schlossers an Carl von Kniestedt (vgl. 19,3). 2) Zu Lenz’ Brief: Einschluß (19,22) von Jacob Michael Reinhold Lenz ftr Goethe. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Entstehung und Weg des vorliegenden Briefes, der offenbar wiederholt als Einschluss eines anderen Briefes oder ,mit Gelegenheit‘, also persunlich durch einen Dritten, befurdert wurde, scheinen folgendermaßen gewesen zu sein: Lindau hatte sich am „Freitag vor Christtag“ 1775, also am 22. Dezember, in Emmendingen aufgehalten. Dies geht aus einem dort geschriebenen Brief Lindaus an Lavater
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unter diesem Datum hervor, in dem er diesen bittet, ihm Post unter Lenz’ Adresse nach Straßburg zu schicken (vgl. Ernst, 88). Einen Tag sp|ter schrieb Johann Georg Schlosser seinen kurzen Brief an den abgereisten Lindau und ließ ihn an den befreundeten Jacob Michael Reinhold Lenz in Straßburg gelangen, der den Brief dort tbergeben sollte. Lenz, der keine Gelegenheit zur persunlichen bergabe hatte (vgl. 19,8–9), benutzte das Blatt seinerseits zu einer brieflichen Mitteilung an Lindau und schickte den gesiegelten Brief vermutlich kurz nach Weihnachten 1775 nach Frankfurt. Darauf l|sst die Erw|hnung von Goethes Eltern schließen (vgl. 19,23). Dort, in Frankfurt, vermutete Lenz den Adressaten und Goethe, den er aus Weimar zurtckgekehrt glaubte. Dass Lindau sich Ende Dezember 1775 tats|chlich dort aufhielt, geht aus seinem in Frankfurt geschriebenen Brief an Lavater vom „letzten Tag im Jahre 1775“ hervor (vgl. Ernst, 89). Auch diesmal wurde Schlossers und Lenz’ Brief offenbar nicht persunlich tbergeben; Goethes Eltern dtrften ihn nach Weimar weitergeschickt haben, wo sich Lindau Ende Januar zu einem Besuch aufhielt (vgl. 25,24). Zuvor nutzte Goethe die Außenseite des zum Kuvert gefalteten Briefes, um Lindau ebenfalls ein paar Zeilen zu schreiben. Wohin er dann das Blatt mit den Briefen von drei Absendern weitersandte, ist nicht klar. Nach der Rtckkehr aus der Schweiz, wo er sich etwa von Mai bis Ende Oktober 1775 aufgehalten hatte, reiste Lindau kreuz und quer durch Deutschland und machte bei Verwandten und Freunden Station. Lenz’ Brief ist zu entnehmen, dass er eine Schwester (19,20), muglicherweise Wilhelmine in Celle, besuchen wollte. Ein Brief von Lenz an Lindau von Januar 1776 ist nach Kassel adressiert (vgl. Lenz, Briefe 1, 170). In einem Brief Lindaus an Lavater vom 31. Januar 1776 heißt es: „Ich komme heute von Weimar zurtck.“ (Ernst, 89.) Da dieser Brief in Wommen bei Herleshausen geschrieben wurde, kann angenommen werden, dass sich Lindau auch schon zuvor dort auf dem Gut seiner Tante Wilhelmine Henriette von Lindau aufgehalten hat, wo (seit 1775) auch die beiden jtngeren Schwestern lebten (vgl. Lindaus Brief an Jacob Michael Reinhold Lenz vom 16. Februar 1776; Lenz, Briefe 1, 180). Heinrich Julius von Lindau (1754–1776 oder 1777), in Celle geboren, war der Sohn des hessen-kasselischen Kammerherrn und Kriegsrats Philipp Heinrich Julius von Lindau und seiner Frau Henriette Baldine geb. Henry de Cheusses. Nach dem frthen Tod der Eltern (1762 bzw. 1769) wuchs Lindau gemeinsam mit drei jtngeren Schwestern (Wilhelmine, 1774 verh. von Beaulieu-Marconnay; Marie Ulrike Friederike, 1779 verh. von Dtring; Caroline Luise, sp|ter verh. von Marschalck) unter der Obhut eines Vormundes auf. Als 17-J|hriger verliebte er sich ungltcklich in die 14-j|hrige Magdalena (Menon) Poel (vgl. Ernst, 79). Deren Vater, ein reicher Kaufmann, schlug ihm die Bitte um die Hand der Tochter ab. Lindau empfand diese Zurtckweisung so tief, dass er in eine frthe Lebenskrise geriet. Seine Schwester Marie Ulrike von Dtring, deren Erinnerungen nicht in jeder Hinsicht zuverl|ssig sind (vgl. die einleitende Erl|uterung zum vorliegenden
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Brief weiter unten [S. 90]), berichtet etwas anderes; sie nennt eine „ungltckliche Liebe ftr Charlotte Barckhaus in Frankfurt und haupts|chlich schlechte Gesellschaft“ als Ursache daftr, dass „der liebenswtrdige junge Mann Æ:::æ von dem ungltcklichen, sentimentalen Fieber ergriffen“ worden sei, welches damals, ausgelust durch „Schriftsteller, wie Klopstock, Goethe, Lavater, die Stolbergs und andere“, „solch traurige Verwtstungen in den tberspannten und schw|rmerisch veranlagten Kupfen der deutschen Jugend anrichtete.“ (Lebensbilder und Lebenserinnerungen. Bielefeld 1916, S. 53.) Um seiner Melancholie zu entgehen, zog sich Lindau, dem Vorbild des St. Preux in Rousseaus Roman „Julie, ou la nouvelle Hlose“ (1761) folgend, den er damals las, ins Hochgebirge zurtck, um dort seine Leidenschaft zu bek|mpfen. Er ging in die Schweizer Alpen. Einer seiner Bekannten dort, der Ztrcher Philologe Johann Jakob Hottinger, entwarf im dritten seiner „Briefe von Selkhof an Welmar“ (Ztrich 1777) folgendes Bild von Lindau: „Dieser Baron war ein ganz besondrer Mann. Franzusische Lebensart im |ussern, Schweitzerischer Freyheitssinn, Deutsche Festigkeit, Englische Caprice, voreilige Gtte, tberspanntes Gefthl im Herzen; und im Kopf, ein best|ndig abwechselndes Wetterleuchten und Dunkel von Trug und Wahrheit, Windmtllen, Luftschlusser, eine idealische Welt neben der wirklichen, und diese hinter einem Zauberglas, wo das unterste zu oberst erschien.“ (3. Brief, S. 33.) In Ztrich lernte Lindau Lavater kennen und im Juni 1775 auch Goethe, der sich auf seiner ersten Schweizer Reise befand, ebenfalls bewegt von einer Liebe, der schwierigen Beziehung zu Anna Elisabeth (Lili) Schunemann. Lindaus Wunsch, ihn auf der weiteren Reise zu begleiten, lehnte Goethe ab, besuchte ihn aber nach der Rtckkehr vom Sankt Gotthard Ende Juni 1775 noch einmal im Sihltal westlich des Ztrcher Sees; nach Goethes Lebenserinnerungen geschah dies, um seinen Verdruß zu beschwichtigen wegen einer von mir frsher gleich zuerst in Zsrch nicht aufs freundlichste und schicklichste abgelehnten Begegnung. Æ:::æ Die eifersschtige Freundschaft des trefflichen Passavant war eigentlich Ursach an dem Ablehnen einer zwar lieben aber doch unbequemen Gegenwart. (AA DuW 1, 620 [19. Buch].) Vermutlich Lindaus weiteres Schicksal veranlasste Goethe, sein damaliges Verhalten gar als Verssndigung gegen den jungen Lindau (AA DuW 2, 618 [Paralipomenon 138]) zu bezeichnen. Gleichfalls 1775 begegnete Lindau dem Hirtenjungen Peter im Baumgarten, den er zu sich nahm, um ftr seine Erziehung und Schulausbildung zu sorgen (vgl. weiter die einleitende Erl|uterung zu Nr 281). Aufschlussreich ftr Lindaus eigene Persunlichkeit ist ein von ihm eigenh|ndig in Franzusisch geschriebener „Plan pour effectuer la resurection de Henri Jules prsent ses amis par leur trxs humble & trxs obeissant Serviteur Lindau“ (Faksimile: Ernst, zwischen 80 und 81. – „Auferstehungsplan ftr Heinrich Julius, seinen Freunden unterbreitet durch ihren sehr ergebenen und sehr gehorsamen Diener Lindau“ [Ernst, 20]). In diesem „Plan“ heißt es: „Pieux Enfans de la Nature! Vos coeurs ne s’attendrirent t’ils
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point sur le sort d’un de vos frxres? Henri Jules n’est plus. Æ:::æ Pleurez la mort du tendre Henri, o vous qui le chrissiez! Æ:::æ qu’un autre accomplisse lex doux rves de son enfance! Jules aima un enfant qui peut remplir encore la belle carrixre o~ lui mme entra trop tard. Ouvrez la carrixre cet enfant, o fils de la Nature!“(Faksimile: Ernst, zwischen 80 und 81. –„Fromme Kinder der Natur! Wird Euer Herz sich nicht erweichen tber dem Los eines Eurer Brtder? Heinrich Julius ist nicht mehr. Æ:::æ Beweint den Tod des zarten Heinrich, o Ihr, die Ihr ihn liebtet. Æ:::æ ein andrer verwirkliche die stßen Tr|ume seiner Kindheit. Julius liebte ein Kind, das den schunen Lebensweg zu Ende schreiten kann, den er selbst zu sp|t betrat. ffnet diesem Kind den Lebensweg, o Suhne der Natur!“ [Ernst, 20 f.]) Daraus scheint zweierlei hervorzugehen: Peter im Baumgarten war das Alter ego Lindaus: „Eure Imagination tr|gt das in den Jungen hinein was in eurer Seele liegt, ihr seyd der Peter“, schreibt Lenz in seinem Brief an Lindau von April 1776 (Lenz, Briefe 1, 225). Ferner l|sst der „Plan“ im vorweggenommenen Tod den Ausweg sichtbar werden, den Lindau suchte, um seinem Ungltck zu entkommen. Sein Freund Lenz sagte ihm im zitierten Brief auf den Kopf zu: „Wollt ihr euch todtschießen lassen oder juckt euch die Haut so das Leben zu verlieren so geht nach Amerika u. verliert es auf eine edle Art.“ (Ebd., 224.) Nach seinem Aufenthalt in der Schweiz reiste Lindau unstet durch Deutschland „auf dem Lande herum“ (Brief an Lenz, 9. Februar 1776; Lenz, Briefe 1, 176), ohne seinem Leben eine Perspektive geben zu kunnen. Unter anderem besuchte er Ende Januar 1776 Goethe in Weimar (vgl. 25,24). In dieser Zeit, Anfang des Jahres 1776, entschloss er sich, tats|chlich nach Amerika zu gehen und am amerikanischen Unabh|ngigkeitskrieg teilzunehmen, auf Seiten der Briten. Darauf schrieb ihm Lavater am 14. Februar 1776 in einem Brief: „Du in Amerika? Du wider die ehrlichen Kolonisten? Du so ferne, ach! ein ungltcklicher Gang“ (zitiert nach: Ernst, 90). Mit Patent vom 3. M|rz 1776 wurde Lindau Secondelieutenant im hessischen Regiment Wutgenau und brach mit diesem Ende Mai 1776 nach Amerika auf. Kurz vor dem 15. M|rz 1776 traf Lindau mit Johann Georg Zimmermann in Hannover zusammen, der seinen Eindruck von ihm in einem Brief an Lavater vom genannten Datum wiedergab: „Dieser Mensch hat ein bermaß von Kraft und Schwachheit, beides in gleichem Grade. Das Resultat davon ist eine Phantasterei, die oft nahe an den Wahnwitz zu grenzen scheint. Æ:::æ Nun ist er durch seine Schwachheit ein unbrauchbarer und huchst ungltcklicher Mensch, und dieser Zustand (dessen Ursache ich gleich erriet) kummt von der Manustupration, die er vom neunten bis ins siebzehnte Jahr getrieben hat. Wer eine philosophische Geschichte der Schw|rmer in manchem Fache schreiben wollte, wtrde in dem finstern tappen, wenn er nichts von den Wirkungen der Manustupration auf die Seele des Menschen versttnde.“ (Ernst, 96.) Als Lindau Hannover besuchte, war er bereits Offizier; was ihn nach Amerika trieb, geht aus einem Gespr|ch hervor, tber das Zimmermann im eben zitierten
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Brief berichtet: „Er fragte mich unter anderm auch, was ich von Totschießen halte, und bewies mir sodann, daß er dieses am Anfang dieses Monats habe tun wollen? Ich sagte ihm, Totschießen sei in einigen F|llen gut; in seinem Tollheit. Er war sehr bes|nftiget, als ich ihm dieses bewiesen hatte.“ (Ernst, 96.) Dennoch ist anzunehmen, dass Lindau den Tod im Feld suchte. Zuvor war sein Ziehsohn Peter im Baumgarten zu versorgen, den er seit Herbst 1775 auf seine Kosten im Philanthropin zu Marschlins untergebracht hatte. Sein Vorhaben, ihn als „Reisegef|hrten“ (Brief an Jacob Michael Reinhold Lenz, 9. Februar 1776; Lenz, Briefe 1, 177) mit nach Amerika zu nehmen oder ihn nachkommen zu lassen, fthrte er nicht aus (vgl. ebd. sowie Lenz’ undatierten Brief [M|rz 1776?] an Lindau [ebd., 200]). In einem Testament vom 17. Mai 1776, „peu d’heures avant de partir pour l’Amrique“ (Ernst, 100. – wenige Stunden vor dem Aufbruch nach Amerika), bestimmte er ihm „la somme de 2000 cus en Louis d’or“ (Ernst, 99. – die Summe von 2000 Talern in Louisdor). ber die Schwierigkeiten, die sich bei der richtigen Auszahlung dieser Mittel ergaben, sowie tber das Scheitern des Erziehungs- und Bildungsprojekts vgl. die Briefe Nr 489–491 und die Erl|uterungen dazu. Der letzte tberlieferte Brief Lindaus stammt vom 21. August, 1. und 11. September 1776; er ist auf der berfahrt nach Amerika an Bord der „Concordia“ geschrieben und an Lavater gerichtet; darin heißt es: „Vergraben, halb leblos und erstarret unter den Eisschollen, die mich umgeben, denke ich an Dich, Lavater, an Euch allen Æsicæ, Ihr Brtder, Ihr Feuerseelen, und will mit Euch mich unterreden. Æ:::æ O mein Peter! mein Peter! mein Peter! Auf dir ergieße der schreckliche Herr der Natur die Kraft, die mir fehlet, ohne welche ich verschmachte.“ (Ernst, 101.) Nur zwei Monate sp|ter, am 16. November 1776, wurde Lindau bei der Ersttrmung von Fort Washington auf der Insel Manhattan verwundet und starb, vermutlich Ende 1776 oder Anfang 1777, an den Folgen. – In der Regimentsliste vom M|rz 1777 heißt es, Lindau sei „unter unbewußtem Dato verstorben“ (Ernst, 29). Der hessische Kammerherr Wilhelm Freiherr von Canitz und Dallwitz berichtete Johann Georg Zimmermann schon am 30. Januar, „Lindau sei tot“ (Ernst, 103). Dazu passt, was Lindaus Freund Greven in einem undatierten Brief an Lavater schrieb: „Der gute, l: Lindau – ist Tot! Æ:::æ Er bekam seine Todeswunde indem er das Fort Washington sttrmte, hat 6. Wochen nachher, recht elend gelebt – – Gott! sonst weiß ich wenig von den besondern Umst|nden seines Todes. Von ihm selbst keine Silbe – er muß also erschreklich gelitten haben.“ (h: Zentralbibliothek Ztrich, FA Lav Ms 593.52. – Das von Marie Ulrike von Dtring mitgeteilte Todesdatum 31. Juli 1777 beruht demnach auf einem Irrtum [vgl. Lebensbilder und Lebenserinnerungen. Bielefeld 1916, S. 81]; ebenso unzutreffend ist etwa ihre Angabe, Lindau sei aus der Schweiz erst „nach einigen Jahren“ [ebd., S. 53] zurtckgekehrt.) Einem handschriftlichen Familienstammbaum, der in der Universit|ts- und Landesbibliothek Kassel aufbewahrt wird, ist zu ent-
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nehmen, Lindau sei „am 31. Januar 1777“ gestorben. In der Personendatei von Philipp Losch, ebenfalls in der Universit|ts- und Landesbibliothek Kassel, lautet eine handschriftliche Eintragung: „Starb anfangs 1777 an seinen Wunden und wurde in der lutherischen Kirche zu Newyork begraben.“ Eine zweite: „Wurde 28. 1. 1777 begraben.“ – Der vorliegende Brief ist der einzige tberlieferte Brief Goethes an Lindau; einige wenige Briefe sind erschlossen worden (vgl. EB 56; GB 2 I, EB 220). Von Lindau ist kein Brief an Goethe tberliefert. 19,1 Æ æ] Nach den wenigen vom verlorenen Text tbriggebliebenen Schriftresten kunnte es geheißen haben: ,gehen Sie‘. 19,1 Herrn v. Kniestwtt] Carl Ludwig Christoph Freiherr von Kniestedt-Schaubeck, Wirklicher Hofrat am badischen Hof zu Karlsruhe. Wann sich Lindau in Karlsruhe aufhielt, konnte nicht ermittelt werden. 19,3 Brief fsr ihn] Der Brief, vermutlich ein Empfehlungsschreiben ftr Lindau, ist nicht tberliefert. 19,4 E.] Emmendingen, wo Schlosser Oberamtmann war. 19,7 Mette] Weihnachtliche Christmette in der Heiligen Nacht vom 24. auf den 25. Dezember. ,Mette‘ von kirchenlat. matutina vigilia: frthmorgendlicher Gottesdienst. 19,9 Bestellungen] Offenbar Btcher; muglicherweise waren darunter Werke des griechischen Geschichtsschreibers Diodorus Siculus und Plutarchs „Parallelbiographien“. Dies geht aus einem Brief Schlossers an Lenz vom 13. Januar 1776 hervor (vgl. Lenz, Briefe 1, 162). Im selben Brief schrieb Schlosser, offensichtlich nachdem Lindau ihn in Emmendingen besucht hatte: „Lindau ist ein Stokfisch. Ich habe ihm keinen Langhorn gegeben. Er soll sich besser erkl|ren.“ (Ebd.) – ,Stockfisch‘: „ein dummer, auch steifer, ungelenker mensch“ (Grimm 19, 95; vgl. auch Adelung 4, 394), aber auch „sinnbild der erdgebundenen melancholie“ (Grimm 19, 94). 19,10 drey Buchhwndlern] Zu den |ltesten Buchhandlungen in Straßburg gehurte die von Johann Heinrich Heitz (III), der gleichzeitig die Universit|tsdruckerei betrieb. 19,15–16 des Briefes von deinem treflichen Freunde Greven] Der vermutlich an Lindau gerichtete Brief ist nicht tberliefert. – Friedrich Joseph Greven war als Inspektor des Philanthropins von Ulysses von Salis in Marschlins (Graubtnden) t|tig und als solcher ftr die Organisation eines reibungslosen Tagesablaufs in dem Institut verantwortlich. 19,16–17 Ich schick es dir durch Goethen] Weder ist ein entsprechender Brief von Lenz an Goethe noch ein solcher von Goethe an Lindau tberliefert. 19,18 Dein Peter] Peter im Baumgarten, der Schweizer Hirtenjunge, den Lindau als Pflegesohn angenommen hatte; vgl. tber ihn ausfthrlich die einleitende Erl|uterung zu Nr 281. 19,19–20 solch eines Projeckts] Lindau wollte dem Ziegenhirten zu einem
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BRIEF 20
,besseren‘ Leben verhelfen und ließ ihn auf eigene Kosten im Philanthropinum zu Marschlins erziehen und ausbilden. 19,20 deine Schwester] Gemeint ist vermutlich Lindaus Lieblingsschwester Wilhelmine, die als Frau des hannoverschen J|germeisters Friedrich Georg Christian von Beaulieu-Marconnay in Celle lebte. 19,22 Einschluß] Nicht ermittelt; muglicherweise l|sst sich vom Ausdruck Zukkerpsppgen (19,22) auf Stßigkeiten schließen. 19,22–23 Sollt er noch nicht da seyn] Goethes Aufenthalt in Weimar seit dem 7. November 1775 war zun|chst nur als Besuch geplant. Lenz rechnete damit, dass er wieder zurtck in Frankfurt sein kunne. 19,24 vive St. Thomas!] Bezieht sich muglicherweise auf den franzusischen Schriftsteller Antoine-Lonard Thomas (vgl. Josefine Rumpfs Anmerkungen zum Erstdruck; JbFDH 1967, S. 6; tber Lindaus Vorliebe ftr Thomas vgl. Ernst, 17). In Johann Jacob Hottingers Roman „Briefe von Selkhof an Welmar“ (Ztrich 1777) heißt es: „Sein Ædes Barons von Lindauæ Lieblingsbuch waren les loges de M. Thomas.“ (S. 33.) 19,26–20,1 Wir sehn einander wohl wieder.] Lindau kam Ende Januar 1776 nach Weimar (vgl. die einleitende Erl|uterung). Ende Februar war er noch einmal dort; dies geht aus seinem in Weimar geschriebenen Brief an Ulysses von Salis vom 26. Februar 1776 hervor (vgl. Ernst, 95). Von Goethe gibt es dartber kein Zeugnis. 20,1 Schreib mir nur ein Wort] Ein Brief Lindaus an Goethe ist nicht tberliefert. 20,2 Engel] Ob damit Lindaus Schwester Wilhelmine gemeint ist (vgl. Josefine Rumpfs Anmerkungen zum Erstdruck; JbFDH 1967, S. 6) oder Peter im Baumgarten (vgl. WA IV 52, 90, zu Nr 381a), ist unsicher. 20. An Johann Gottfried Herder ÆWeimar, kurz vor dem oder am 15. Januar 1776æ ! Btckeburg DAT I E RU N G
Vgl. Datierung zu Nr 17. BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin. – Doppelblatt 17,2(–17,4)620,8 (–21) cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte; S. 3 Adresse: Herrn / Consistorialrath Herder / nach / Bsckeburg, links neben dem Bestimmungsort von fremder Hd, Tinte: „F r. C a s s e l . “, tber der Adresse Postvermerke; Bl. 2 Reste eines roten Siegels: „Æ:::æ A Æ:::æ“ (vermutlich ALLES UM LIEBE, vgl. berliefe-
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rung zu Nr 12), in der Mitte und am Rand Siegelausrisse; S. 1 oben links von fremder Hd, Bleistift: „8.“, rechts daneben Stempel: „Herder.“, in der Mitte von fremder Hd (Heinrich Dtntzer oder Ferdinand Gottfried von Herder?, Herausgeber von E), Bleistift: „(16)“. E: Aus Herders Nachlaß 1 (1856), 56, Nr 16. WA IV 3 (1888), 17, Nr 383. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief (vgl. Hinweis zum Bezugsbrief von Nr 29) ist nicht tberliefert. Postsendungen: 15. Januar 1776 (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4v). ber Herders Berufung nach Weimar als Generalsuperintendent vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 6. 20,3 Jerusalem] Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem, Konsistorialvizepr|sident und Hofprediger am Hof zu Braunschweig-Wolfenbtttel zur Zeit Anna Amalias; er war der Vater von Carl Wilhelm Jerusalem, dessen Freitod 1772 Goethe u. a. zum „Werther“ angeregt hatte. Im vorangegangenen Brief (Nr 17) hatte Goethe erkl|rt, es bedtrfe des Empfehlungsschreibens eines Gew|hrsmannes ftr Herder, um den Widerstand der konservativen Geistlichkeit in Weimar zu brechen, die Bedenken wegen Herders Rechtgl|ubigkeit hatte. Im folgenden Brief (Nr 29) konnte Goethe mitteilen, dies sei nicht mehr nutig. 20,5 Scheiskerlen] Schon in Goethes Brief an Herder vom 1. April 1775 heißt es |hnlich grob: Sieh da die Welt so voll Scheiskerle ist, sollten wir doch miteinander, tissiren und scheisen. (GB 2 I, 182,2–3.) – Im KnittelversBrief an Herder etwa vom 20. Februar 1776 vergleicht Goethe Herders Eintritt in Weimar mit Jesu Einzug in Jerusalem auf einem Esel: So werdet ihr in diesen Zeiten / Auf hundert und funfzig Esel reiten (33,13–14). Damit sind die orthodoxen thtringischen Theologen und Kirchenleute gemeint, die sich gegen Herders Berufung zur Wehr setzten. 20,6–7 alles ist hier gegen dich] Vgl. die einleitenden Erl|uterungen zu Nr 6 und Nr 17 sowie die Erl|uterung zu 64,2–3. 20,8 2000 rh.] Herder erhielt aufgrund seiner verschiedenen mter Beztge aus mehreren Quellen: als Generalsuperintendent, Oberhofprediger und Beichtvater aus der Ftrstlichen Kammer, als Oberpfarrer aus Mitteln der Stadt. Von Zulagen abgesehen, betrug sein Grundgehalt rund 825 Reichstaler im Jahr. Hinzu kamen Naturalien wie vier Malter Gerste, ein Malter Hafer, 17 Klafter Holz (vgl. Keßler 1, 106). Alles in allem wurde die von Goethe hier in Aussicht gestellte Summe bei weitem nicht erreicht. In den „Erinnerungen“ seiner Frau heißt es, dass Herders Jahreseinkommen „i m D u r c h s c h n i t t damals doch nur 1200 ÆReichstaleræ“ (Caroline Herder, Erinnerungen 2, 22) betragen habe. In Btckeburg verdiente Herder weniger als 1000 Reichstaler (vgl. seine Briefe an Christian Gottlob Heyne
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von Ende April 1775 und an Heinrich Spring vom 4. Mai 1776; HB 3, 178 und 266). 20,8 nit] Altdt.: nicht (Kaspar Stieler: Teutscher Sprachschatz. Bd 2. Ntrnberg 1691, S. 1357). – Goethe benutzt das Wort auch in seinem Brief an Herder vom 1. April 1775 (vgl. GB 2 I, 182,7); ebenso findet es sich im „Gutz von Berlichingen“ im Mund von Bauern und Knechten (1. Fassung; vgl. z. B. DjG3 2, 89,20; 90,10; 91,3; 157,16). 20,9–10 siegle die Briefe Æ:::æ acht] Im Brief vom 2. Januar 1776 (Nr 12) hatte Goethe geraten, die Briefe – der Vertraulichkeit wegen – zu zerreißen (vgl. 14,4–5). 21. An Philipp Erasmus Reich
Weimar, 15. Januar 1776 ! ÆLeipzigæ
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 63. – 1 Bl. 18,8623,7 cm, 1/3 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Empfangs- und Antwortvermerk, Tinte: „1776. 20. Jan. Weimar / Goethe. / B‘“ (,B‘‘ ftr ,Beantwortet‘; nach freundlicher Mitteilung von Mark Lehmstedt, Leipzig). E: Goethes Briefe an Leipziger Freunde (1849), 227, Nr 13. WA IV 3 (1888), 17 f., Nr 384. BEI L AG E
Manuskript zum 2. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ (vgl. 20,11). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief (vgl. berlieferung) ist nicht tberliefert. Postsendungen: 15. Januar 1776 (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4v). Der Brief begleitete eine Manuskriptsendung zum 2. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“. Er bezieht sich auf Goethes Brief an Reich vom 4. Januar 1776 (Nr 13); darin hatte Goethe bereits Manuskript angektndigt, das am Montag, dem 8. Januar, abgehen sollte. Nach dem vorliegenden Brief war es schon am Freitag, dem 5. Januar, abgeschickt worden. 20,12 in wenig Tagen den Rest] Unter dem 18. Januar ist in Goethes Rechnungsbtchern ein nicht adressiertes Paquet mit 22 alt. Louisdors vermerkt (GR/ RB 1775/76, 1, Bl. 4v). Ob es sich um die angektndigte Manuskriptsendung handelte, ist ungewiss. Das n|chste verzeichnete Paket an Reich findet sich unter
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dem 26. Februar (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 6r); ein Begleitbrief ist nicht bekannt. 20,13 des ersten Abschnittes] Der 1. Abschnitt des 2. Bandes umfasst, nach der „Einleitung“ (S. 1–7), die Seiten 8–138. 20,13–14 Aushwngebogen] Die ersten reingedruckten Bogen eines Werks vor Beginn des Drucks der gesamten Auflage. (Die ,Aush|ngebogen‘ wurden in der Frthzeit des Buchdrucks uffentlich ausgeh|ngt.) 20,16 Hamans h i e r o p h a n t i s c h e B r i e f e] Vetii Epagathi Regiomonticolae hierophantische Briefe. ÆRigaæ 1775. – Das Werk ist in Goethes Bibliothek tberliefert (vgl. Ruppert, 132, Nr 934). Wann Goethe es erhalten hat, ist nicht bekannt. Bezahlt wurde es offenbar erst zwei Jahre sp|ter; es ist aufgefthrt in einer Rechnung der Reichschen Buchhandlung vom 29. November 1777 (GR/Belege 1778, 1, Bl. 31); es kostete 3 Reichstaler. 22. An Charlotte von Stein ÆWeimar, Anfang bis Mitte Januar? 1776æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) in den M|rz 1776 verweist der Inhalt des Briefes auf eine etwas frthere Datierung. Bei den erw|hnten Briefen (vgl. zu 21,1–2) kunnte es sich um dieselben handeln, die Goethe am 28. Januar 1776 von der Adressatin holen (25,16) l|sst und die er ihr, um ein Paar neue (29,9) erg|nzt, am 2.? Februar 1776 erneut tberschickt. Auch der Tonfall passt eher in die allererste Zeit der Korrespondenz. Schon Ende des Monats beginnt Goethe die Freundin zu duzen (vgl. die erste Erl|uterung zu 25,13), auch finden sich um diese Zeit durchgehend Anreden wie liebste Frau (24,1), Lieber Engel (25,14), goldne Frau (26,14) und mit zunehmender Intensit|t st|ndige Beteuerungen seiner Zuneigung (vgl. 25,12–13; 25,17–18; 26,4–5; 26,21). Der vorliegende Brief gehurt demnach wahrscheinlich in den Zeitraum von Anfang bis Mitte Januar 1776. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 9. – 1 Bl. 16,9610,9(–11,1) cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1/2 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „24.“, oben rechts von der Mitte von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „76“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 24), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 7. WA IV 3 (1888), 26, Nr 397.
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BRIEF 23
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 21,1–2 die Briefe] Nicht tberliefert. – Wahrscheinlich sind Briefe an Goethe gemeint, die er als Mitteilungen tber sein bisheriges Leben der Freundin zur Lekttre tbergeben hatte. Vermutlich handelt es sich um dieselben Briefe, die Goethe, nachdem er sie am 28. Januar 1776 (Nr 31) zurtckbekommen hatte, um einige Sttcke vermehrt der Adressatin am 2.? Februar 1776 (Nr 38) erneut tberschickte (vgl. Datierung). – Ein in Straßburg entstandenes Konvolut mit Vorarbeiten zu einem Roman oder einer Abhandlung in Briefen gelangte zwar aus dem Nachlass Charlotte von Steins in die Bibliothxque Nationale et Universitaire de Strasbourg, nachweislich stammen aber alle Texte des Heftes aus der Straßburger Zeit (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 70). Das so genannte „Straßburger Heft“ gehurte vermutlich zu den Schreibereyen seiner ersten Jahre (147,9), die Goethe der Freundin am 1. Juni 1777 in einem versiegelten Packet (147,8) zukommen ließ (vgl. Beilage zu Nr 266). 23. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 16. Januar 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief Ende M|rz 1776 eingeordnet (vor Nr 74). Die Jahreszahl wird durch das Siegel best|tigt, das sich sonst nur noch auf zwei Briefen Goethes an Herder aus dem Januar 1776 findet (vgl. berlieferung zu Nr 12 und 20). Der Inhalt verweist auf ein etwas frtheres Datum als den M|rz: Der vorliegende Brief wurde bei Frost und Schnee (21,7), d. h. in der kalten Jahreszeit, am frthen Morgen um fsnfe (21,17) offenbar kurz vor dem Aufbruch zur Hasenjagd (vgl. zu 21,14) geschrieben. Laut Fourierbuch vom 16. Januar 1776 brach Goethe an diesem Tag „frth um 5. Uhr“ gemeinsam mit Herzog Carl August sowie einer zahlreichen Gesellschaft zur Jagd nach Schwansee auf (FB 1776, S. 19). All dies spricht daftr, dass der vorliegende Brief an diesem Tag geschrieben wurde. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 10. – 1 Bl. 18,2(–18,4)616,5 (–16,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, rotes Siegel: „ALLES UM LIEBE“, unterer Rand Mitte Siegelausriss; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „26.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 26), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 75 f. WA IV 3 (1888), 19, Nr 386.
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Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 21,8 Beruf] Hier noch in der |lteren Bedeutung: „Neigung, innerlicher Trieb“ (Adelung 1, 886). 21,9 um 12 erst kam ich zu Bett] Laut Fourierbuch vom 15. Januar 1776 war am Vorabend der Jagd anstelle der Hoftafel ein abendliches „Picknick in der Stadt“ (FB 1776, S. 18) veranstaltet worden, an dem Goethe sehr wahrscheinlich teilgenommen hatte. 21,11 Kochberg] Goethe war Anfang Dezember 1775 zum ersten Mal auf Schloss Kochberg, eigentlich Großkochberg, dem Landgut der Familie von Stein, zu Gast gewesen. Wahrscheinlich stand sein Besuch im Zusammenhang mit dem Aufenthalt Herzog Carl Augusts am Rudolst|dter Hof vom 4. bis 7. Dezember 1775, wohin ihn Moritz von Wedel und Josias von Stein begleitet hatten. Goethe hat ihn offenbar in Kochberg erwartet. Daftr spricht zumindest das Datum einer Gravur auf dem Schreibtisch Charlotte von Steins, der sich noch heute im Schloss Kochberg befindet: Goethe d. 6. Dcbr. 75. (Klassik Stiftung Weimar, Museen, Inv.-Nr 231877/KMo.) – Das von einem Wassergraben umgebene RenaissanceSchloss, erbaut um 1600, war samt umfangreichen bis Rudolstadt sich erstreckenden L|ndereien seit 1733 im Besitz der Familie von Stein. Schloss und Dorf Großkochberg lagen an der Straße von Weimar nach Rudolstadt, etwa 8 km nurdlich der Residenz des Ftrstentums Schwarzburg-Rudolstadt, gehurten aber (bis 1826) als Exklave zum Herzogtum Sachsen-Gotha und Altenburg. 21,12 gessen] Oberdt. Form des Partizips Perfekt (vgl. Adelung 1, 1973); bei Goethe nur bis etwa 1780 vor allem in den Briefen und Tagebtchern belegt; vgl. auch „Faust I“, Kerker-Szene, Vers 4415. 21,14 wenn man Æ:::æ nichts aufzutreiben weis als Hasen] Anspielung auf die bevorstehende Jagd, in der winterlichen Jahreszeit die Enten- und Hasenjagd. Laut Fourierbuch fand sie in Schwansee, einem Ort etwa 25 km nordustlich von Weimar, statt und dauerte bis zum 18. Januar (vgl. FB 1776, S. 19). In Schwansee-Kleinruderstadt befand sich in der N|he eines Teiches ein Wasser- und Jagdschloss. – Goethe konnte sich der Teilnahme an diesen ftrstlichen Vergntgungen nur schwer entziehen (vgl. zu 27,12). Das Fourierbuch vermerkt außer dem Herzog und Goethe 18 weitere Personen, die zur Jagdgesellschaft gehurten, darunter Carl Ludwig von Knebel, Friedrich Justin Bertuch und der Erfurter Statthalter Carl Theodor von Dalberg. 21,15 Vorbild] Hier in zeitlicher Bedeutung in dem Sinne, „dasz ein vorausgehendes auf ein nachfolgendes hinweist, hindeutet“ (Grimm 12 II, 911). 21,16–17 der Mensch Æ:::æ der nicht geschoren wird] ,Scheren‘ hier im tbertragenen Sinn: „plagen, bel|stigen, qu|len, placken, Æ:::æ verdrusz machen“ (Grimm 8, 2575). – In Anlehnung an eine auf Menander zurtckgehende Sentenz: Der nicht geschundene Mensch wird nicht erzogen. Den Vers notierte Goethe
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am 30. April 1809 in griechischer Sprache ohne Angabe des Autors im Tagebuch (vgl. GT IV 1, 32) und verwandte ihn sp|ter als Motto zum ersten Teil von „Dichtung und Wahrheit“ (vgl. AA DuW 1, 7). Er stammt aus einer fragmentarisch erhaltenen Komudie Menanders (vgl. August Meineke: Fragmenta comicorum Graecorum. Bd 4: Fragmenta Poetarum Comoediae Novae. Berlin 1841, Menandri Monosticha, Nr 422, S. 352). 24. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 18. Januar? 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief nach dem datierten Brief vom 4. M|rz 1776 (Nr 54) eingeordnet. Der Inhalt verweist auf ein etwas frtheres Datum: Die Wendung durch Schnee und Frost (21,20) nimmt wurtlich die Formulierung durch Frost und Schnee (21,7) im Brief vom 16. Januar 1776 auf, die sich sonst nicht wieder in Goethes Briefen findet. Auch inhaltlich scheint der Brief damit eher in den Januar als in den M|rz zu gehuren. Ein weiteres Argument ftr die Datierung in den Januar ist die Anrede ,Sie‘ (vgl. 22,1). Etwa seit Ende Januar 1776 geht Goethe in seinen Briefen an die Weimarer Freundin mehr und mehr zum ,Du‘ tber (vgl. die erste Erl|uterung zu 25,13); in den datierten Briefen vom 23. Februar (Nr 50) bis zum 4. M|rz 1776 (Nr 54) verwendet er durchg|ngig die Anrede ,Du‘, die er erst nach einer Aussprache mit Charlotte von Stein am 6. M|rz 1776 vortbergehend wieder aufgibt (vgl. zu 42,12). Der vorliegende Brief ist demnach wahrscheinlich nicht lange nach Brief Nr 23 geschrieben worden, und zwar am 18. Januar nach der Rtckkehr vom Jagdausflug mit dem Herzog (vgl. FB 1776, S. 19). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 8. – 1 Bl. 19,6610(–10,2) cm, 1 S. beschr., egh., Bleistift, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „20“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 20), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 14. WA IV 3 (1888), 36, Nr 410. BEI L AG E
Blume (vgl. zu 21,20). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
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21,20 durch Schnee und Frost] Vgl. 21,7. 21,20 eine Blume] Wahrscheinlich eine im Topf gezogene Pflanze; muglicherweise auch eine getrocknete oder eine gezeichnete Blume. 22,1 sie] Vgl. Datierung. 25. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 20.? Januar 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Seit dem Erstdruck wird er auf Ende Januar 1776 datiert; nur Fielitz setzt ihn nach dem Inhalt vermutungsweise auf den 24. Januar 1778 (vgl. zu 22,5). Inhaltlich passt der Brief weit eher in den Januar 1776 (vgl. zu 22,8; zu 22,9). Ein weiterer Beleg ftr diese Datierung ist das Briefpapier (vgl. berlieferung), das Goethe etwa seit 1774 bis Mitte 1776 verwendete, besonders h|ufig im Januar, M|rz und April 1776 (vgl. berlieferung zu Nr 31, 32, 61, 66–68, 71, 75, 81, 91). Der sp|teste Brief, der auf dem offenbar aus Frankfurt mit nach Weimar gebrachten Papier geschrieben wurde, stammt wahrscheinlich vom 16. August 1776 (Nr 156). Die WA folgt in ihrer Datierung zun|chst der Ausgabe von Fielitz, korrigiert sie dann nach dem verwendeten Briefpapier auf Ende Januar 1776, ebenso die Briefe Nr 45 und 92 (vgl. WA IV 3, 302, zu Nr 670), allerdings nur in den „Lesarten“, in denen Eduard von der Hellen „nach Abschluss des Textes“ Umdatierungen vornahm (vgl. ebd., 272). – Ftr den vorliegenden Brief erscheint die zuerst von Fr|nkel vorgeschlagene Datierung, Samstag, 20. Januar 1776, am plausibelsten (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 14, Nr 5; zu 22,6). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 117. – 1 Bl. 17611 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), untere rechte Ecke ausgerissen, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Reste einer roten Verschlussoblate; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „94“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 97), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 7. WA IV 3 (1888), 209, Nr 668. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
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BRIEF 26
22,4 verw. Herz] Die verwitwete Herzoginmutter Anna Amalia. 22,5 Allein darf ich noch nicht seyn] Diese Andeutung ist ftr Fielitz ein Indiz daftr, dass der Brief kurz nach dem Freitod Christiane von Laßbergs am 16. Januar 1778 entstanden sei (vgl. zu 191,7). 22,6 Heut Nacht verschwand ich] Der Brief wurde wahrscheinlich am Morgen nach einem Maskenball, einer Redoute, geschrieben (vgl. die erste Erl|uterung zu 24,18). Laut Fourierbuch war am „Freytag, Abends den 19 Jan Æ:::æ Redute“ (FB 1776, S. 22). 22,8 Louise] Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach, die Goethe vorwiegend in den frthen Briefen an Charlotte von Stein nur mit ihrem Vornamen erw|hnt (vgl. 24,19). – Zum Verh|ltnis zwischen ihr und Charlotte von Stein vgl. zu 24,1. 22,8 schien offen zu seyn] Die wechselnden Stimmungen der jungen Herzogin werden in den Briefen zu Beginn des Jahres 1776 h|ufiger thematisiert (vgl. u. a. zu 27,4–5). 22,9 K.] Wahrscheinlich Auguste von Keller, Schlossherrin in Stedten bei Erfurt, die sich Ende Januar 1776 in Weimar aufhielt und sp|ter in Goethes Briefen nicht mehr erw|hnt wird (vgl. die zweite Erl|uterung zu 24,19). 22,10 Miseln] Liebeln, t|ndeln, mit jungen M|dchen flirten; abgeleitet von ,Misel‘ ftr ,M|dchen‘, einem „lieblingswort Guthes in jungen jahren, das er wol aus seiner studentenzeit von Straszburg her mit brachte, denn mvsel ist das els|ssische diminutiv zu ms maus, und dieses, sowie m|uschen und m|uslein werden, nicht ohne allen ltsternen beisinn, auf htbsche junge m|dchen gewendet“ (Grimm 6, 2257). 22,11 Ernsten] Ernst von Stein. 26. An Johann Caspar Lavater BERLIEFERUNG
Weimar, 22. Januar 1776 ! ÆZtrichæ
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 64. – 1 Bl. 11,4618,9 cm, 1 3/4 S. beschr., egh., Tinte, zunehmend fltchtig geschrieben. E1: Goethe-Lavater1 (1833), 81 (Teildruck: 23,1–3 Haben so viel Æ:::æ Brust haben; als Nachschrift zu Goethes Brief an Lavater vom 1. Mai 1780). E2: Hegner (1836), 71 (Teildruck: 22,18–20 Wenn i c h Æ:::æ erroribus). E3: Zur Hausandacht ftr die stille Gemeinde am 28. August 1871, S. 12, Nr 2 c. WA IV 3 (1888), 20, Nr 388.
JANUAR 1776 ERLUTERUNGEN
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Der Brief beantwortet Lavaters Brief an Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach vom 3. Januar 1776 (vgl. zu 22,18–19). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 22. Januar 1776 (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4v). 22,14 Der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 22,14–15 habe herrliche Bemerckungen ---- gemacht] Goethes Anmerkungen tber „Thiersch|del“ wurden als 13. Fragment in den 2. Abschnitt des 2. Bandes von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ aufgenommen (S. 139–142; vgl. auch WA I 37, 346–352). Die Bemerkungen zum „Eingang“ (S. 137 f.) des 2. Abschnittes tber den Geschlechtsunterschied des Menschen von den Thieren Æ:::æ im Knochenbau (S. 137) sind ein frther Hinweis auf Goethes anatomische Studien, die er in den folgenden Jahren intensivierte und die ihn 1784 zur Entdeckung des Zwischenkieferknochens beim Menschen fthrten. 22,17 Bwben] Barbara (B|be) Schultheß, eine Freundin Lavaters und Goethes in Ztrich. 22,18–19 Wenn i c h Æ:::æ an Louisen?!!!] Im Brief vom 21. oder 22. Dezember 1775 (Nr 7) hatte Goethe auf Bitte des Herzogs Carl August angefragt, ob Lavater ihm einen Kandidaten ftr das Amt eines Generalsuperintendenten nennen kunne. Seinen Antwortbrief vom 3. Januar hatte Lavater an Herzogin Louise gerichtet (teilweise abgedruckt in der Erl|uterung zu 7,16–17). Zur Begrtndung schreibt er in seinem Brief: „Da Goethe mir im Namen des vortrefflichen Herzogen Æ:::æ eine Frage vorlegt, und vielleicht nicht mehr in Weymar ist, wenn meine Antwort ankommen kunnte, so leg ich die Antwort auf die Frage hier bey.“ (Goethe-Lavater3, 399.) Ein anderer Grund, sich an Louise zu wenden, mag darin bestanden haben, dass Lavater die Gelegenheit nutzen wollte, um die Herzogin um Erlaubnis zu bitten, ihr den 2. Band seiner „Physiognomischen Fragmente“ widmen zu dtrfen: „Vortrefflichste, Beste! In Ansehung der Z u e i g n u n g ? – Nur auch Eine Zeile J a; nein; Lavater, wie du willst – durch Wieland, Goethe ::: oder L o u i s e.“ (Ebd.) Die Widmung ist abgedruckt in der zweiten Erl|uterung zu 57,5. In seinem Brief vom 20. Februar 1776 bringt Goethe ein weiteres Mal seine Ver|rgerung tber Lavaters Brief an Herzogin Louise zum Ausdruck (vgl. 35,12–14). 22,19–20 Transeat Æ:::æ erroribus] Lat.: Dartber sei hinweggegangen wie tber die anderen prophetischen Irrttmer. 22,21 Schick Æ:::æ was du hast.] Gemeint ist Manuskript zum 2. Band der „Physiognomischen Fragmente“. Am 4. Februar traf die n|chste Sendung ein (vgl. Wielands Brief an Lavater, 5. Februar 1776; WB 5, 470). 22,21 a u f den Stuz] Im Sinn von „in ktrzester zeit“ (Grimm 10 IV, 737), nach dem Adjektiv/Adverb ,stutz‘: „plutzlich, heftig, stoszweise“ (Grimm 10 IV, 735).
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BRIEF 27
23,1–2 Haben so viel Æ:::æ in der lincken Faust] In den „Physiognomischen Fragmenten“ tragen in einigen Abbildungen Krieger Schwert und Lanze in der linken statt in der rechten Hand, weil der Abdruck der Kupferplatten ein negatives Bild ergab (vgl. Physiognomische Fragmente 1, Tafel zwischen S. 100 und 101; Fragmente 3, Tafel zwischen S. 76 und 77; Fragmente 4, Vignette auf S. 420). Demnach kannte Goethe die in den sp|teren B|nden erschienenen Abbildungen bereits. 23,2–3 Mag wohl Æ:::æ auf der rechten Brust haben] In der Abbildung „Louise von Hessen“ tr|gt die Dargestellte, Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach, einen Orden f|lschlich auf der linken Seite (vgl. Physiognomische Fragmente 3, Tafel vor S. 327). Lavater bittet daher in der Beschreibung der Abbildung um „Verzeihung – ftr mehr als die unrechte Seite des Sterns! – Verzeihung ftr’s Ganze!“ (S. 327.) 23,5 Immer die Briefe an mich hierher.] Nicht nach Frankfurt, wohin Goethe ursprtnglich von Weimar aus wieder hatte zurtckkehren wollen. Dort h|tte Lavater ihn auch lieber gesehen, weil er ftrchtete, Goethes Aufenthalt in Weimar kunne seiner Mitarbeit an den „Physiognomischen Fragmenten“ hinderlich sein (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 11). 23,8 Wielands Stube] Auch den Brief vom 21. oder 22. Dezember 1775 (Nr 7) hatte Goethe in Wielands Wohnung geschrieben. Wieland wohnte von 1773 bis 1777 in der Luthergasse 1. 27. An Johann Heinrich Merck
Weimar, 22. Januar Æ1776æ ! ÆDarmstadtæ
DAT I E RU N G
Das von Goethe angegebene Jahr 1775 (23,22) beruht auf einem Irrtum. Das korrekte Jahr – 1776 – geht aus dem Inhalt des Briefes hervor. BERLIEFERUNG
H: The Houghton Library of Harvard University, Cambridge/Mass. (USA), Sign.: bMS Ger 162 (138). – 1 Bl. 13,8620 cm, 1 S. und 4 Zeilen (Nachschrift) beschr., egh., Tinte; oben links tber dem Brieftext von fremder Hd, Tinte: „N o 3.“ – Beischluss: Goethes Brief an Cornelia Schlosser etwa vom 21. Januar 1776 (vgl. die erste Erl|uterung zu 23,25). E: Merck, Briefe1 (1835), 122, Nr 50 (unter dem Datum des 22. Januar 1778). WA IV 3 (1888), 21, Nr 389 (nach E, mit korrigiertem Datum).
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BEI L AG EN
1) Quittung (vgl. zu 23,12). 2) Muglicherweise ein Exemplar von Goethes „Stella. Ein Schauspiel ftr Liebende in ftnf Akten“ (Berlin 1776) (vgl. zu 23,24). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief, etwa ein Begleitbrief zu Mercks Geldsendung (vgl. die erste Erl|uterung zu 23,10), und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 23,10 das Geld] Goethe hatte Merck durch seine Mutter um ein Darlehen gebeten (vgl. zu 15,25–26; zu 17,23–24). 23,10 l. Br.] Lieber Bruder. 23,11–12 sollst du haben] ber die Modalit|ten der Rtckzahlung des Darlehens konnte nichts weiter ermittelt werden. In seinem Brief vom 5. Januar 1777 bittet Goethe um eine Rechnung was ich dir sberhaupt noch schuldig bin (124,15). Ob sich dies tber die Bezahlung von Weinlieferungen (vgl. Nr 171 und 188) hinaus noch auf alte Schulden bezieht, ist offen. 23,12 Schein] Quittung, Schuldschein. 23,13 Hof und Politische Hwndel] Goethes Ankunft in Weimar, sein vertrautes Verh|ltnis zu Herzog Carl August, der ihn sogleich an den Hof und in seine Regierung zog, das ,Geniewesen‘, in dessen Mittelpunkt der Dichter und der Herzog standen und das innerhalb und außerhalb Weimars ftr Aufsehen sorgte (vgl. die einleitenden Erl|uterungen zu Nr 57 und 112) – dies alles hatte die etablierten Hofkreise in Unruhe versetzt und gegen Goethe eingenommen. Auch mit dem Streich (23,20), den Goethe im vorliegenden Brief erw|hnt, Herders Berufung nach Weimar, stieß er auf Widerstand. Wieland nannte die damaligen ,Weimarer Verh|ltnisse‘ eine „Staats-Comedie“ und ftgte hinzu: „Guthe spielt seine Rolle edel und groß und meisterhaft. Ausser der Erfahrenheit, die er nicht haben k a n n , fehlt ihm nichts.“ (Brief an Johann Gerhard Reinhard Andre|, 7. Februar 1776; WB 5, 471.) Er verglich Goethes „Rolle“ mit seiner eigenen, als er im Jahr 1772 als Prinzenerzieher nach Weimar gekommen war: „Guthe bleibt vermuthlich Æ:::æ noch lange hier – er ist m|chtig umsponnen, und versucht nun das Abentheuer, von welchem ich abgestanden bin, so wie ich sah, daß es ftr einen andern aufgehoben sey. Æ:::æ Aber o! wie viel mehr kunnte, wtrde der herrliche Geist thun, wenn er nicht in dies unser Chaos gesuncken w|re aus welchem er doch Æ:::æ keine leidliche Welt schaffen wird. Aber – war ich nicht schon 38 Jahr alt, da ich mich noch durch eine magische Einbildung und die noch st|rkere Magie des verfthrerischen Gedanckens V i e l G u t e s, im G r o s s e n , auf J a h r h u n d e r t e zu thun, an diesen Hof ziehen, in dieses gefahrvolle, mit Precipicen umgebne – und beym Tagslicht besehn d o c h i m m e r u n m u g l i c h e Abentheuer verwickeln ließ? Guthe ist erst 26 Jahr alt. Wie sollt er, mit dem Gefthl s o l c h e r Kr|fte, einer n o c h g r u ß e r n Reitzung widerstehen kunnen? Denn sein ascendant
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BRIEF 27
tber unsre Ftrstenkinder, alt und jung, ist unglaublich. Und doch – doch, doch, wollen wir sehen! Wenn’s auch nur nicht ganz so schlimm wird, als es sonst geworden w|re, wenn auch nur etwas Gutes geschieht, das sonst nicht geschehen w|re, – so w|r’s ja der Mthe werth.“ (Brief an Johann Caspar Lavater, 5. Februar 1776; WB 5, 469 f.) 23,14 werde fast nicht wieder weg ktnnen] Zum ersten Mal spricht Goethe davon, dass sein Aufenthalt in Weimar mehr als nur ein Besuch sein kunnte. Davon war Wieland schon l|nger tberzeugt. Am 11. Januar 1776 hatte er an Anna Louisa Karsch in Berlin geschrieben: „G u t h e Æ:::æ ist seit zehn Wochen bey uns, und wird noch vielleicht lange bey uns bleiben.“ (WB 5, 462 f.) In seinem Brief an Sophie von La Roche vom selben Tag heißt es |hnlich: „Guthe ist sein Ædes Herzogsæ Alles; und folglich werdet Ihr sein Angesicht sobald nicht wieder zu sehen bekommen.“ (WB 5, 463.) Zwei Wochen sp|ter, am 26. Januar, teilte er Merck mit: „Guthe kumt nicht wieder von hier loß. C[arl] A[ugust] kann nicht mehr ohne ihn schwimmen noch watten. S’ist aber doch noch nichts entschiednes.“ (WB 5, 466.) Dies war auch der Eindruck von Goethes Sekret|r Philipp Seidel, als er am 29. Februar an seinen Freund Johann Adam Wolf in Frankfurt schrieb: „Wie lang wir bleiben und ob ftr immer, kann weder ich noch der Doctor sagen“ (C. A. H. Burkhardt: Æ:::æ Aus Seidels Briefen und Goethe’s Tagebtchern 1775–76. In: Die Grenzboten 33 [1874]. 1. Semester. 1. Bd, S. 377; irrttmlich unter dem 19. Februar 1776 gedruckt, vgl. zu 29,13). Goethe selbst |ußerte sich allerdings schon am 19. Februar in seinem Brief an Johanna Fahlmer zum ersten Mal deutlich tber seine Zukunft: Es ist nun wohl nicht anders ich bleibe hier (32,13). Die endgtltige Entscheidung dartber fiel sp|testens Mitte M|rz 1776, wie aus dem Testament des Herzogs Carl August vom 16. M|rz 1776 hervorgeht (vgl. zu 42,14–15). 23,15 die Herzogthsmer Weimar und Eisenach] Erst 1809 entstand durch die Vereinigung der drei getrennt verwalteten Landschaften Weimar, Jena und Eisenach ein Gesamtherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach mit gemeinsamer landesst|ndischer Verfassung. 23,16 wie einem die Weltrolle zu Gesicht stsnde] Diese ußerung ist keineswegs ironisch zu verstehen. Zun|chst dtrfte mit ,Weltrolle‘ hier eine ,politische Rolle‘ gemeint und diese wiederum in Gegensatz zu einer ,btrgerlichen, literarischen und bloß geistigen Rolle‘ zu sehen sein. Sodann war Weimar mit seinem Hof und seinen etwa 6000 Einwohnern (vgl. Jens Riederer: Weimars Gruße – statistisch. Eine quellenkritische Untersuchung zur Zahl seiner Einwohner zwischen 1640 und 1840. In: Weimar-Jena. Die große Stadt 3 [2010]. H. 2, S. 98) und das Herzogtum mit seinen etwa 100 000 Einwohnern (vgl. Ueber die Bevulkerung der Herzoglich Weimarischen Lande. In: Journal von und ftr Deutschland 1788. 2. Sttck, S. 151) durchaus ein Ftrstentum, das nicht nur in Bezug auf die Gruße den Vergleich mit der reichsbtrgerlichen Stadt Frankfurt zu
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gewinnen vermochte. Weimar war ftr Goethe „ein enormer Karrieresprung“ (Gerhard Mtller: Weimar – Goethes politisches Projekt. In: GJb 126 [2009], 65): Es bot sich – durch die persunliche Freundschaft mit dem Regenten verst|rkt – die Chance der Mitwirkung an Regierungsgesch|ften, die Aussicht auf politische Ver|nderungen, vor allem in der Verbindung von Macht und Geist, von Politik und Vernunft. Vermutlich entsprach das Austben der ,Weltrolle‘ von vornherein Goethes Wtnschen. Dass er sich gleich beim ersten Zusammentreffen mit dem Prinzen Carl August am 11. Dezember 1774 – ausgehend von Justus Musers „Patriotischen Phantasien“ – ausfthrlich tber Fragen der Politik und Regierungsformen unterhielt (vgl. AA DuW 1, 529–531 [15. Buch]), mag darauf hindeuten. Jedenfalls empfand Goethe seinen Zustand in Weimar als einen der fsr mich etwas unendliches hat (Brief an Catharina Elisabeth Goethe, 11. August 1781; WA IV 5, 179 f.), und er dankte Gott, daß er mich bey meiner Natur in eine so eng-weite Situation gesezt hat, wo die manigfaltigen Fasern meiner Existenz alle durchgebeizt werden ktnnen und msssen. (Brief an Carl Ludwig von Knebel, 3. Februar 1782; WA IV 5, 257.) 23,17 Gnsge] ,Gentge‘ hier im Sinn von „gutes Auskommen“ (GWb 3, 1477). – Goethes Wunsch, sowohl die gewtnschte Freiheit zu bewahren als auch ein gutes Auskommen zu erhalten, wurde erftllt. Der Weimarer Kammerrat Johann August Alexander von Kalb unterrichtete in einem Brief vom 16. M|rz 1776 (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 61) Goethes Eltern von den vorteilhaften Bedingungen, die Herzog Carl August Goethe anbot. 23,19 am Plaz bin] ,Am Platz sein, etwas zu tun‘ im Sinn von ,bereit sein, etwas zu tun‘ (vgl. Adelung 3, 788). 23,19–20 das durchaus scheisige Æ:::æ zu erkennen] Anspielung auf die Einschr|nkung von Goethes persunlicher Ungebundenheit durch die enge Verbindung zum Herzog (vgl. zu 27,12). Dartber hinaus wollte Goethe wohl auch Merck entgegenkommen: Er kannte dessen Abneigung gegen hufisches Leben im Allgemeinen und dessen Vorbehalte gegen seine Assoziation an den Weimarer Hof im Besonderen (vgl. aber die einleitende Erl|uterung zu Nr 292). – ,Zeitliche Herrlichkeit‘ (ftr Hof und weltliche Herrschaft) in Anklang an die biblischen Vorstellungen von der ,ewigen Herrlichkeit‘ Gottes und der ,Herrlichkeit des ewigen Lebens‘ nach der Auferstehung der Toten. 23,20 Streich] Gemeint ist die Berufung Herders nach Weimar in das Amt des Generalsuperintendenten, die Goethe bereits seit Dezember 1775 betrieb (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 6). 23,21 der hoffentlich durch geht] Um Herders Berufung durchzusetzen, musste der Widerstand konservativ-orthodoxer Kirchenkreise tberwunden werden (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 17). 23,24 Beylage] Muglicherweise ein Exemplar von Goethes „Stella. Ein Schauspiel ftr Liebende“ (Berlin 1776), das im Januar 1776 erschien. Den ersten Be-
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BRIEF 28
leg ftr das Eintreffen der Druckexemplare in Weimar enth|lt allerdings erst Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 29. Januar 1776 (vgl. 26,3–4). Goethe konnte bei Merck besondere ,Freude‘ an dem Sttck voraussetzen, weil dieser mit dem Berliner Buchh|ndler August Mylius tber den Verlag des Dramas verhandelt und somit Anteil an der Veruffentlichung hatte (vgl. GB 2 II, zu 208,5–6; ferner QuZ 4, 644, Nr 2363–2365). Nicht vullig auszuschließen, wenn auch weniger wahrscheinlich ist die Annahme, bei der Beilage kunne es sich um eine der Matinees (41,13) handeln, um deren Rtcksendung Goethe Merck im Brief vom 8. M|rz 1776 bittet, also eine der kleinen scherzhaft-satirischen Dichtungen, die damals in der Weimarer Hofgesellschaft kursierten (vgl. dartber im Einzelnen die erste Erl|uterung zu 32,4). Zwar hatte Goethe offensichtlich Texte dieser Art an Merck geschickt, ob dies aber mit dem vorliegenden Brief geschah, erscheint fraglich; dass die Beilage sogleich an Goethes Schwester weitergesandt werden sollte und offenbar ftr sie bestimmt war, spricht eher ftr die bersendung des Schauspiels. 23,25 Brief] Goethes Brief an seine Schwester Cornelia in Emmendingen etwa vom 21. Januar 1776 (vgl. EB 27 sowie die erste Erl|uterung zu 24,3) ist nicht tberliefert. 23,25 auf r e i t e n d e r Po s t ] Im Unterschied zur ,fahrenden Post‘, der Postkutsche, die langsamer unterwegs war als der Postreiter. 28. An Charlotte von Stein DAT I E RU N G
ÆWeimar, 22. Januar? 1776æ ! ÆWeimaræ
Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) Anfang M|rz 1776 verweist der Inhalt des Briefes auf eine etwas frthere Datierung: Bei der Beilage (vgl. 24,3) kunnte es sich um den nicht tberlieferten Brief an die Schwester Cornelia Schlosser handeln (vgl. EB 27), den Goethe mit seinem Brief vom 22. Januar 1776 an Merck schickte mit der Bitte, ihn weiterzuleiten (vgl. 23,24–25). Außerdem erkundigt sich Goethe, ob die Adressatin in die Comtdie (24,3) geht. Laut Fourierbuch fand am Abend des 22. Januar „FranzuÆsæische Commedia“ statt (FB 1776, S. 27). Aus den vorangehenden Eintragungen geht zudem hervor, dass Charlotte von Stein seit dem 18. Januar nicht mehr an der Hoftafel teilgenommen hatte (vgl. FB 1776, S. 21–27), was auf eine Erkrankung oder Unp|sslichkeit verweist und mit dem zu Beginn ausgesprochenen Wunsch, die Adressatin muge bald wieder gesund werden (24,2), korrespondiert. Der vorliegende Brief kunnte demnach am Morgen des 22. Januar 1776 geschrieben worden sein.
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BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 9. – 1 Bl. 16,8610,9(–11,1) cm, Bordtre mit gereihtem Dreiblatt auf drei Balken (vgl. Mick, Nr 4), 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „23.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 23), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 4. WA IV 3 (1888), 19 f., Nr 387. BEI L AG E
Brief Goethes an Cornelia Schlosser etwa vom 21. Januar 1776 (EB 27; vgl. die erste Erl|uterung zu 24,3). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 24,1 Herzogin Louise] Zwischen der knapp 19-j|hrigen Herzogin Louise, einer geborenen Prinzessin von Hessen-Darmstadt, seit dem 3. Oktober 1775 mit Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach verheiratet, und der 15 Jahre |lteren Charlotte von Stein muss sich schon kurz nach der Ankunft des herzoglichen Paares in Weimar am 17. Oktober 1775 ein freundschaftliches Verh|ltnis entwickelt haben. hnlich wie bei der Bekanntschaft mit Goethe hatte auch in diesem Fall Johann Georg Zimmermann, der sich vom 5. bis 7. Juli 1775 am Hof in Darmstadt aufgehalten hatte, als Mittler gewirkt, wie aus seinem Brief an Charlotte von Stein vom 22. Oktober 1775 aus Hannover hervorgeht: Le caractre le plus Sublime que j’aye v pendant mon Voyage, l’ame la plus belle et la plus honnete, est celle de la Princesse Louise de Darmstadt, aprsent Duchesse regnante de Weimar. J’ay beaucoup parl de vous, Madame cette Princesse. Je l’ay suppli de vous rechercher dxs son arrive Weimar, je lui ai promis qu’elle trouvera en Vous l’amie d o n t e l l e a v o i t b e s o i n ; je lui ai fait dire tout cela aussi par une Dame de Hanover avec la quelle elle est intimement lie, et qui est une des Femmes du monde que j’aime et que je respecte le plus, Madame la Grande Chambellane de Luw. (H: Archiv der BBAW. – Das edelste Wesen, das ich auf meiner Reise gesehen habe, die anmutigste und achtbarste Seele gehurt der Prinzessin Louise von Darmstadt, die jetzt Regierende Herzogin von Weimar ist. / Ich habe, gn|dige Frau, viel mit der Prinzessin tber Sie gesprochen. Ich habe sie eindringlich gebeten, Sie gleich nach ihrer Ankunft in Weimar aufzusuchen; ich habe ihr versichert, dass sie in Ihnen die Freundin finden werde, d i e s i e b e n u t i g t ; das alles habe ich ihr auch von einer Dame aus Hannover sagen lassen, mit der sie eng verbunden ist, die eine jener Damen von Welt ist, die ich am meisten liebe und sch|tze, Frau
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Oberkammerherrin von Luw. – Transkription und bersetzung von Wolf-Dieter Lange, Bonn.) Weiter vgl. den Brief Charlotte von Steins an Zimmermann vom 6. M|rz 1776, abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 57, sowie den Brief der Herzogin Louise an Charlotte von Stein vom 19. August 1777, abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 280. 24,2 bald wieder gesund] Vgl. Datierung; laut Fourierbuch nahm „Fr. Oberstmstr v. Stein“ erst am Abend des 23. Januar wieder an der ftrstlichen Tafel teil (FB 1776, S. 28). 24,3 Brief an m. Schw.] Nicht tberliefert (EB 27). – Bereits in seinem ersten tberlieferten Brief an Charlotte von Stein vom 7. Januar 1776 hatte Goethe den Erhalt von ,lieben Briefen‘ erw|hnt, die ihn qu|lten und bei denen es sich um einen Brief von der Schwester Cornelia Schlosser gehandelt haben kunnte (vgl. zu 18,20). Wie aus der sp|teren Korrespondenz mit Charlotte von Stein hervorgeht, bat Goethe diese, seiner Schwester zu schreiben, weihte die Weimarer Freundin also offenbar schon zu Beginn ihrer Bekanntschaft in sein enges, gleichwohl aber schwieriges Verh|ltnis zu Cornelia ein, die sich im fernen Emmendingen zunehmend ungltcklich fthlte und schon seit der Geburt ihrer Tochter Louise am 28. Oktober 1774 krank und meist ans Bett gefesselt war (vgl. zu 64,19–20). – Mit seinem Brief vom 22. Januar 1776 an Merck in Darmstadt (Nr 27) sandte Goethe einen Brief und eine Beilage, die der Freund an die Schwester weiterschicken sollte (vgl. 23,24–25). Es kunnte sich hierbei um denselben Brief an Cornelia Schlosser handeln, der mit dem vorliegenden Billett an Charlotte von Stein geschickt wurde, und zwar mit der unausgesprochenen Bitte, ihn vor dem Absenden zu lesen. Die Briefpost nach Frankfurt und in den stdwestdeutschen Raum ging jeweils „Dienstags Morgens 5 Uhr“ ab (Post-Bericht 1776, o. S.), der Brief an Merck mitsamt den Beilagen wurde also wahrscheinlich am Dienstag, dem 23. Januar, abgeschickt. 24,3 Comtdie] Vgl. Datierung. – Hier ftr Schauspiel tberhaupt (vgl. GWb 5, 542); auch in der Bedeutung „Theatergeb|ude, Schauspielhaus“ gebraucht (ebd.; vgl. auch GB 1 II, zu 28,10). Gemeint ist hier offenbar eine Auffthrung des ftrstlichen Liebhabertheaters unter Leitung des Grafen von Putbus, Oberhofmeisters der Herzoginmutter Anna Amalia, das in der frthen Zeit seines Bestehens ausschließlich franzusische Schau- und Singspiele auffthrte. Das Liebhabertheater war nach dem Weimarer Schlossbrand im Mai 1774 als Ersatz ftr das frthere Hoftheater gegrtndet worden. Nach dem Brand des im ustlichen Fltgel des Schlosses untergebrachten Theaters war auch das Ensemble, die Seylersche Gesellschaft, entlassen worden. – Als Ersatzspielst|tte diente seit Ende 1775 das von dem herzoglichen Hofj|ger und Bauunternehmer Anton Georg Hauptmann an der Esplanade (heute Schillerstraße) erbaute so genannte Redoutenhaus (zu den Schauspielern des Liebhabertheaters vgl. zu 29,13). – Wahrscheinlich wurde am 22. Januar ein Sttck mit dem Titel „Adelaide“ aufgefthrt. Die Vorstellung sollte
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laut Schatullrechnung zwar schon am 21. Januar stattfinden (vgl. Sichardt, 131); wie die Eintragung im Fourierbuch nahelegt, fand sie muglicherweise aber erst einen Tag sp|ter statt. – N|here Angaben zu diesem Sttck wurden bislang nicht ermittelt. Zu denken w|re an Voltaires Tragudie „Adlade Du Gueclin“ (Paris 1765). Bereits im Oktober 1775 war zum Empfang des herzoglichen Paares Voltaires „Nanine“ aufgefthrt worden (vgl. Sichardt, 130 f.). 24,5 Friz] Friedrich von Stein, der sich h|ufig bei Goethe aufhielt, wollte dem Kontext zufolge vielleicht an diesem Tag nicht nach Hause gehen. – Er war der jtngste, damals erst dreij|hrige Sohn Charlottes von Steins, zu dem sie ein besonders enges und liebevolles Verh|ltnis gehabt haben soll. Friedrich von Stein fthrt dies in seiner Lebensbeschreibung vor allem auf eine Ursache zurtck: „Obgleich das sechste Kind meiner Eltern, war ich doch das einzige, welches meine Mutter selbst stillte. Eine vorztgliche Liebe meiner Mutter war die Folge davon und sie ist mir immer, nachdem vier Schwestern, alle unter dem Alter eines Jahres gestorben, vor meinen Brtdern geblieben.“ (Briefe an Fritz von Stein, 3.) Ftr Mttter aus der aristokratischen Oberschicht galt es damals geradezu als unschicklich, selbst zu stillen. Wohl unter dem Einfluss Rousseaus, der u. a. in seinem Roman „Þmile, ou de l’ducation“ (Paris 1762) ftr das mttterliche Stillen eintrat, begannen Anfang der 1770er Jahre auch in Weimar einige wenige adlige Frauen damit, darunter offenbar auch Charlotte von Stein (vgl. Berger, Anna Amalia, 110). 29. An Johann Gottfried Herder ÆWeimar, kurz vor dem oder am 24. Januar 1776æ ! ÆBtckeburgæ DAT I ERU N G
Der Ruf (24,8) an Herder erging mit dem Brief Carl Friedrich Ernst von Lynckers vom 24. Januar 1776 (vgl. zu 24,17). In Goethes Rechnungsbtchern ist unter demselben Datum ein Brief an Herder vermerkt (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4v), bei dem es sich offensichtlich um den vorliegenden handelt. Er ist demnach am 24. Januar 1776 oder kurz zuvor geschrieben worden. BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin. – 1 Bl. 13,6(–13,9)620 cm, von einem Doppelblatt abgerissen, 1 S. beschr., letzter Satz (Vielleicht Æ:::æ schon. [24,17]) auf der Rs. quer zur Schreibrichtung, egh., Tinte, fltchtig geschrieben; Vs. oben links von fremder Hd, Bleistift: „11.“, rechts daneben Stempel: „Herder“, in der Mitte von fremder Hd (Heinrich Dtntzer oder Ferdinand Gottfried von Herder?, Herausgeber von E), Bleistift: „(18)“, oben rechts von Caroline Herders Hd (vgl. WA IV 4, 347), Tinte: „Janij 1776.“
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BRIEF 30
E: Aus Herders Nachlaß 1 (1856), 57, Nr 18. WA IV 3 (1888), 22, Nr 391. ERLUTERUNGEN
Der Anfang des Briefes – Bruder sey ruhig (24,6) – scheint eine Antwort auf einen Bezugsbrief zu sein; ein solcher ist jedoch nicht tberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 24. Januar 1776 (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4v). 24,6 ich brauch der Z e u g n i s s e nicht] In seinem letzten Brief vom 15. Januar oder kurz zuvor (Nr 20) hatte Goethe nachgefragt, ob Herder Empfehlungsschreiben beibringen kunne, die seine Berufung als Generalsuperintendent nach Weimar befurdern kunnten (vgl. zu 20,3). 24,7 Hezpeitschen] Peitschen, mit denen bei Hetzjagden (Parforcejagden) die Hundemeuten gelenkt werden. „Æ:::æ Hasen u. Ftchse werden dabei bisweilen nur mit der Hetzpeitsche getudtet.“ (Pierer 12, 678.) 24,7 die Kerls] Mitglieder des Oberkonsistoriums und des Stadtrats (vgl. des N|heren die einleitenden Erl|uterungen zu Nr 6 und Nr 17 sowie die Erl|uterung zu 64,2–3). 24,8 so hast du den Ruf] Am 1. Februar 1776 erhielt Herder das entsprechende Schreiben (vgl. zu 24,17). 24,8–9 ein Plwzgen kehren] Im Sinn von ,die Bahn frei machen‘ (vgl. GB 2 II, zu 155,3). 24,9–10 Vielleicht bleib ich auch eine Zeitlang da.] Goethe hatte seinen Aufenthalt in Weimar zun|chst lediglich als Besuch geplant. An Merck hatte er jedoch schon am 22. Januar 1776 geschrieben, er werde fast nicht wieder weg ktnnen (23,14). Mitte M|rz 1776 fiel die endgtltige Entscheidung (vgl. zu 32,13). 24,13 bellus modus] Lat.: angemessene, schickliche Art und Weise. 24,14–15 Die Herzoginnen wsnschen dich auch.] Dass Herzoginmutter Anna Amalia und Herzogin Louise die Berufung Herders unterstttzten, kunnte damit zusammenh|ngen, dass sich Johann Caspar Lavater auf Nachfrage Goethes mit einem Brief vom 3. Januar 1776 ftr Herder eingesetzt hatte (teilweise abgedruckt in der Erl|uterung zu 7,16–17). Diesen Brief hatte er – zur Ver|rgerung Goethes – an Herzogin Louise adressiert. 24,16 coups de baguette] Franz.: Stockschl|ge. 24,17 Vielleicht Æ:::æ mit dieser Post schon.] Mit einem Brief vom 24. Januar 1776 (HN, XXXVII 74) tbersandte der Pr|sident des Weimarer Oberkonsistoriums Carl Friedrich Ernst von Lyncker Abschriften eines (noch nicht mit Herders Namen versehenen) Berufungsdekrets und eines Ernennungsdekrets sowie eine Liste der ktnftigen Amtspflichten (HN, XXXVII 75–77). Damit kam Lyncker dem in einem Reskript vom 23. Januar 1776 ausgesprochenen Auftrag des
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Herzogs Carl August nach, dem Adressaten mitzuteilen, er sei dem Herzog „wegen seiner Gelehrsamkeit und St|rke in der geistlichen Beredsamkeit, auch sonstigen guten Eigenschaften, ganz besonders angerthmet und empfohlen worden“ (Peucer, 54), und anzufragen, ob er einem Ruf auf die „Ober-Hofpredigers- OberConsistorial- und KirchenRaths-, auch GeneralSuperintendenten-Stelle“ (HN, XXXVII 74, 1) in Weimar folgen wtrde. Lynckers Schreiben, das formal noch keine offizielle Vokation darstellte, sondern nur eine Anfrage, hatte Herder am 1. Februar 1776 in H|nden (vgl. Peucer, 53). Herder antwortete am 3. Februar 1776 auf diesen Ruf, den er als „Stimme Gottes“ (HB 3, 253) empfand: „Æ:::æ so nehme ich den mir gn|digst angetragenen Ruf in tiefer Demuth und mit dem redlichsten eifrigsten Wunsche an, meinen Pflichten aufs beste nachkommen und in meinem Kreise von Gesch|ften, wie zum Bau des Reichs Gottes, so zum Gltck des Landes Ihro Hochftrstlichen Durchlaucht und zur Zufriedenheit HuchstDero herzoglichen Hauses den Antheil beitragen zu kunnen, der mein ktnftiger theurer Ruf ist.“ (Ebd.) 30. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 27. Januar 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 1. – 1 Bl. 14,1(–14,3)620,2 (–20,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „2.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 2), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 4 f. WA IV 3 (1888), 23 f., Nr 393. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom 27. Januar 1776 (vgl. 24,21). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 24,18 heut Nacht] Laut Fourierbuch war am Freitag, dem 26. Januar, „Redoute“, d. h. Maskenball (FB 1776, S. 31). – Zu Redouten, an denen die Hofgesellschaft und auch das btrgerliche Publikum teilnahmen, traf man sich im Herbst und Winter. Seit November 1775 wurden sie im Redoutenhaus an der Esplanade (heute Schillerstraße) abgehalten (vgl. die zweite Erl|uterung zu 24,3). Sie begannen abends gegen 19 Uhr und dauerten bis in die Morgenstunden, wobei die Hofgesellschaft erst sp|ter hinzukam (vgl. Schrickel, Weimarer Theater, 59). 24,18 Teufels Humor] Hapaxlegomenon Goethes; das Grundwort ,Humor‘ hier figtrlich und noch in der |lteren Wortbedeutung und in Anlehung an franz. humeur: tble Stimmung, Verstimmtheit.
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24,19 Louisen] Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach, die mit der Adressatin befreundet war (vgl. zu 24,1). 24,19 Die Keller] Auguste von Keller, Schlossherrin in Stedten bei Erfurt, wo Goethe in den ersten Januartagen 1776 gemeinsam mit Wieland zu Besuch gewesen war (vgl. zu 13,14). – Dass hier die 1766 verwitwete Frau des gothaischen Geheimrats und Ministers Christoph Dietrich von Keller gemeint ist und nicht etwa eine ihrer beiden jtngeren noch unverheirateten Tuchter, die 16-j|hrige Wilhelmine Caroline oder die damals etwa 14-j|hrige Luise, legt die Art der Erw|hnung nahe. 24,19–20 die niedliche Bechtolsheim] Juliane ( Julie) von Mauchenheim, die |lteste Tochter Auguste von Kellers, seit April 1774 mit Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim verheiratet, einem Bruder ihrer Mutter und sachsen-gothaischen Oberamtmann in Georgenthal im Thtringer Wald. Die damals knapp 24-J|hrige, der Wieland mit besonderer Freundschaft zugetan war, hatte Goethe bei seinem Besuch in Stedten ebenfalls kennen gelernt. Julie von Bechtolsheim lebte Anfang 1776 noch in Georgenthal und nicht in Eisenach, wie seit dem Erstdruck des Briefes immer wieder angegeben wurde (vgl. Schull, Goethe-Stein 1, 5, Anm. 1). Erst im Juli 1776 siedelte sie nach Eisenach tber, wohin ihr Mann, nunmehr in sachsen-weimarischen Diensten, zum Vizekanzler der Regierung berufen worden war. – Auch die zweit|lteste Tochter Auguste hatte 1774 einen Bruder ihrer Mutter, Ludwig Friedrich von Mauchenheim gen. Bechtolsheim, geheiratet. Sie lebte seither in D|nemark, wo ihr Mann als Offizier in kuniglichen Diensten stand. 24,21 Carl] Carl von Stein, der |lteste, damals knapp 11-j|hrige Sohn der Adressatin. 24,21 das Zettelgen] Der Bezugsbrief; nicht tberliefert. 25,1 miseln] Miseln: liebeln, t|ndeln, mit jungen M|dchen flirten (vgl. zu 22,10). 25,5 Milchmwdgen] Eine Teilnehmerin des Balles in der Kosttmierung der Titelheldin des Singspiels „Das Milchm|dchen und die beiden J|ger“. Das Sttck war am 25. Januar 1776 vom Liebhabertheater in Weimar aufgefthrt worden, hatte aber schon zuvor zum Repertoire des Hoftheaters gehurt. Die franzusische Vorlage des Librettos „Les deux chasseurs, et la laitiere“ (Paris 1763) stammt von Louis Anseaume, die Musik von dem italienischen Komponisten Egidio Romoaldo Duni. In deutscher bersetzung von Christian Friedrich Schwan war das Sttck 1772 in Schwans Mannheimer Verlag erschienen. In der Auffthrung vom 25. Januar hatte die S|ngerin Maria Salome Philippine Neuhaus die Titelpartie gesungen (vgl. Figuren aus der Operette Das Milchm|dchen. / aufgefthrt auf dem Liebhaber Theater zu Weimar den 24sten J|nner 1776. Im Geschmack bunter Zeichnungen ausgefthrt und hrsg. von GÆeorgæ MÆelchioræ Kraus. Weimar 1776; vgl. Sichardt, 132). Ob Philippine Neuhaus hier, wie bislang angenommen, gemeint ist, erscheint zweifelhaft, war sie damals doch erst 20 Jahre alt, was zu der
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Anspielung auf die mangelnde Jugendlichkeit des ,Milchm|dchens‘ nicht zu passen scheint. 25,7 Italiwnischen Blumenkrwnze] Ktnstliche Blumen („Putzblumen“), vorwiegend aus Seide, Leinen und Federn, die bis ins 18. Jahrhundert fast ausschließlich in Italien und Frankreich hergestellt wurden (vgl. Waaren-Lexikon 1, 125). 25,7 Grwfin G.] Friedrike Caroline Gr|fin von Goertz. 25,8 Taille] Im zeitgenussischen Verst|ndnis „Leibes Gestalt, Schunheit des menschlichen Leibes, Gestalt und Ansehen des Leibes“ (Zedler 41, 1516). 25,8 die Festigkeit u. Treue Coucis] Anspielung auf die sagenhafte Treue Renauds, des Kastellans von Coucy, eines altfranzusischen Minnedichters, Titelheld eines Romans vom Ende des 13./Anfang des 14. Jahrhunderts. Nach anderen berlieferungen soll Raoul de Coucy, ein Kreuzritter und Dichter aus dem 12. Jahrhundert, das historische Vorbild des Romanhelden sein, der, schwer verwundet, befohlen hatte, sein Herz in einer silbernen Kapsel seiner Geliebten zu tberbringen. Das Herz fiel jedoch in die H|nde ihres Gemahls, der es seiner Frau als Speise vorsetzen ließ. Nachdem sie erfuhr, was sie gegessen hatte, starb sie einen freiwilligen Hungertod. Der Romanschluss ist als Sage in unterschiedlichen Fassungen tberliefert. – Muglicherweise war der nachfolgend erw|hnte Graf von Goertz als Kreuzritter oder Kastellan von Coucy kosttmiert. 25,8 ihrem Manne] Johann Eustach Graf von Schlitz gen. von Goertz, von 1762 bis 1775 Erzieher des Erbprinzen Carl August und des Prinzen Constantin. Goertz gehurte 1774 zu deren Gefolge auf der Kavaliersreise nach Paris und war in Frankfurt am 12. Dezember 1774 Zeuge des ersten Zusammentreffens Goethes mit Carl August (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 169). Nach dem Regierungsantritt Herzog Carl Augusts im September 1775 hatten sich die Hoffnungen des ehemaligen Prinzenerziehers auf ein huheres Regierungsamt nicht erftllt; am 30. Oktober 1775 wurde er stattdessen zum Oberhofmeister der Herzogin Louise berufen. 25,9 Herz M.] Herzoginmutter Anna Amalia. 25,11–12 Sie widersprach Æ:::æ dem Herzog] ber Missstimmungen zwischen den jungen Eheleuten berichtet Goethe wiederholt in seinen Briefen an Charlotte von Stein (vgl. 27,4–10). 25,13 dich] Hier wechselt Goethe zum ersten Mal innerhalb eines Briefes in der Anrede vom ,Sie‘ zum vertraulichen ,Du‘. Am folgenden Tag gebrauchte er bereits durchg|ngig das ,Du‘ (vgl. Nr 31), verwendete jedoch am darauffolgenden Tag wieder das ,Sie‘ (vgl. Nr 32). Wie ein Brief Charlotte von Steins an Zimmermann vom 6. bis 8. M|rz 1776 nahelegt, gebrauchte Goethe die vertrauliche Anrede wahrscheinlich vor allem in den Briefen, w|hrend er im persunlichen Gespr|ch noch vorsichtiger damit umging. Am 6. M|rz 1776 scheint ihm Charlotte von Stein das ,Du‘ verwiesen zu haben, was offenbar zu einer vortbergehenden Verstimmung Goethes gefthrt hat, der daraufhin in den Briefen wieder zum ,Sie‘
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tberging (vgl. zu 42,12). In den ersten Jahren der Bekanntschaft kommt es noch h|ufiger zu diesem auffallenden Anrede-Wechsel. Durchg|ngig gebraucht Goethe das ,Du‘ erst ab September 1781. 25,13 Kommst doch heut Abend.] Offenbar eine Abendeinladung im privaten Kreis (vgl. die zweite Erl|uterung zu 25,14). Laut Fourierbuch „soupirten“ die „Durch‘. Herrschafften“ am Abend des 27. Januar 1776 bei der Herzoginmutter Anna Amalia (FB 1776, S. 32). Es fand also keine Hoftafel statt, an der die Adressatin h|tte teilnehmen mtssen. 31. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 28. Januar 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 2. – 1 Bl. 17610,8(–11) cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; Rs. Reste einer roten Verschlussoblate, besch|digt durch Tintenfraß, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „3.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 3), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 6. WA IV 3 (1888), 24, Nr 394. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 25,14 Engel] So hatte Goethe in seinen frthen Briefen auch andere von ihm bewunderte und geliebte Frauen bezeichnet, in der Leipziger Zeit seine Schwester Cornelia und Anna Catharina Schunkopf, 1772 bis 1774 Charlotte Buff, dann Maximiliane Brentano, 1775 Augusta zu Stolberg und Anna Elisabeth (Lili) Schunemann (vgl. GB 2 II, zu 286,1), 1776 nannte er außer Charlotte von Stein gelegentlich auch Corona Schruter so (vgl. die zweite Erl|uterung zu 48,16). – Vgl. Werthers Bericht tber seine Bekanntschaft mit Lotte: Einen Engel! – Pfuy! das sagt jeder von der seinigen! Nicht wahr? Und doch bin ich nicht im Stande, dir zu sagen, wie sie vollkommen ist, warum sie vollkommen ist, genug, sie hat all meinen Sinn gefangen genommen. (Die Leiden des jungen Werthers; DjG3 4, 114 [Brief vom 16. Juni Æ1771æ].) 25,14 Conzert] Sonntags fanden am Abend nach den Hofempf|ngen im großen Saal des Ftrstenhauses regelm|ßig Konzerte statt. – Die Hofkapelle unter dem Kapellmeister Ernst Wilhelm Wolf war im Unterschied zum Ensemble des Hoftheaters nach dem Schlossbrand im Mai 1774 nicht aufgelust worden. 25,14 ich bin so wohl] Wahrscheinlich mit Bezug auf das Zusammensein mit Charlotte von Stein am Vorabend (vgl. die zweite Erl|uterung zu 25,13).
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25,15 das Volck] Hier in weiterer Bedeutung eine „an Einem Orte beysammen befindliche Menge Menschen“ (Adelung 4, 1225). 25,15 meine Briefe] Nicht tberliefert. – Muglicherweise sind Briefe an Goethe gemeint, die er Charlotte von Stein Anfang bis Mitte Januar zur Lekttre tberlassen hatte (vgl. zu 21,1–2). 25,19 Gold] In Frankfurt als liebevolle Anrede ftr Kinder gebr|uchlich (vgl. GB 2 II, zu 200,18); seit 1776 von Goethe fast ausschließlich als Anrede ftr Charlotte von Stein verwendet, seit Mitte 1778 seltener werdend (vgl. GWb 4, 364 f.). 32. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 29. Januar 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 2. – 1 Bl. ca. 17610,9(–11,1) cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „4.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 4), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 6. WA IV 3 (1888), 25, Nr 395. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 25,22 Um fsnfe seh ich Sie] Vor der ftrstlichen Abendtafel, an der Charlotte von Stein laut Fourierbuch am 29. Januar 1776 teilnahm (vgl. FB 1776, S. 34; vgl. Datierung zu Nr 33). 25,23 Gallerie] Auf der Galerie des Gesellschaftssaales im Ftrstenhaus, in dem das sonnt|gliche Konzert stattgefunden hatte (vgl. 26,11). 25,23–24 aller‘. Schicksaale] ,Schicksal‘ hier: unwillktrliche Ver|nderungen; Begebenheiten, deren Ursachen im Verborgenen liegen (vgl. Adelung 3, 1339). – Wahrscheinlich mit Bezug auf das Abschiedstreffen mit dem nachfolgend erw|hnten Heinrich Julius von Lindau. 25,24 Lindau] Im Mai 1776 ging dieser als Offizier in hessischen Diensten nach Nordamerika. Nach Weimar war er u. a. auch gekommen, um Vorsorge ftr seinen Pflegesohn zu treffen, den Schweizer Hirtenjungen Peter im Baumgarten, ftr den Goethe nach dem Tod Lindaus Ende 1776 oder Anfang 1777 sorgte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 19). 26,2 Grille] Hier: „von der Norm abweichende Vorstellung, befremdl Ansicht, Eigenwilligkeit, berspanntheit, Schrulle“ (GWb 4, 475).
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BRIEF 33
26,4 Stella ist ankommen gedruckt] Stella. Ein Schauspiel ftr Liebende in ftnf Akten von J. W. Guthe. Berlin 1776 (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 226). – Das noch in Frankfurt im Wesentlichen im Februar/M|rz 1775 entstandene Sttck hatte Goethe im Herbst, als sein Entschluss, nach Weimar zu gehen, schon gefasst war, tber Merck dem Berliner Buchh|ndler und Verleger August Mylius zum Druck angeboten, allerdings ohne dass dieser das Manuskript zuvor gesehen hatte. Mylius erkl|rte sich dennoch zum Verlag bereit und schrieb am 24. Oktober 1775 an Merck: „Inzwischen damit ich nicht den Vorwurf auf mich lade als ob nichts mit mir anzufangen w|re, so werde ich die Probe machen und ktnftigen Posttag an meinen Vetter nach Weimar 20. # ÆDukatenæ senden um von H D. Guthe das Mst der Stella in Empfang zu nehmen, haupts|chlich aber um mit diesem allerdings seltnen Genie und fruchtbaren Schriftsteller in Bekandschaft zu kommen. Æ:::æ Mich wundert tbrigens daß der Herr D. Guthe die Buchh|ndler so qu|len will da er wie ich immer gehurt habe, solches aus uconomischen Grtnden nicht nuthig hat. Soll es also vielleicht Ruhm seyn daß ihm seine Mste so theuer sind bezahlt worden?“ (Merck, Briefwechsel 1, 599.) – Dem Erstdruck bei Mylius in Berlin folgten noch 1776 sechs Nachdrucke, die ftr das große Interesse der Zeitgenossen sprechen (vgl. Hagen, 120 f., Nr 121–127). hnlich wie beim „Werther“ waren die Reaktionen gespalten, neben euphorischer Zustimmung stand kategorische, vor allem religius und moralisch begrtndete Ablehnung, die mit dem unkonventionellen Ausgang des Sttckes zusammenhing (vgl. zu 11,23; zu 29,4–5; zur Rezeption vgl. die zusammenfassende Darstellung von Georg-Michael Schulz in: Goethe-Handbuch3 2, 136–138). Moralisch-religiuse Vorbehalte fthrten dazu, dass das Sttck nach seiner Urauffthrung am 8. Februar 1776 am Hamburger Nationaltheater nach zehn Auffthrungen verboten und in der frthen Fassung zu Goethes Lebzeiten nicht mehr gespielt wurde (vgl. ebd., 137). 26,4 ein Exemplar] Vgl. Beilage zu Nr 35. – In Goethes Rechnungsbuch findet sich unter dem 29. Januar 1776 der Eintrag: 8 Stella Æ:::æ Buchbind. Unter dem 16. Februar 1776 folgt noch einmal: 3 Stella einzubinden (GR/RB 1775/76, 1, Bl. 5). 26,6 ob ich bleibe oder gehe] Ausw|rtigen Freunden gegentber |ußert sich Goethe etwa zur selben Zeit weit weniger unschltssig. So schreibt er im Brief an Merck vom 22. Januar 1776, dass er nun aus Weimar fast nicht wieder weg kunne (23,14). berhaupt deutet dieser Brief auf den Vorsatz eines geplanten l|ngeren Aufenthaltes, hielt Goethe doch die Herzogthsmer Weimar und Eisenach ftr einen Schauplaz um zu versuchen wie einem die Weltrolle zu Gesicht stsnde (23,15–16). hnlich |ußert er sich im Brief an Herder etwa vom 24. Januar (vgl. 24,9–10). Am 26. Januar stellt Wieland gegentber Merck fest: „Guthe kumt nicht wieder von hier loß. C[arl] A[ugust] kan nicht mehr ohne ihn schwimmen noch watten.“ Allerdings ftgt auch er hinzu: „S’ist aber doch noch nichts entschiednes.“ (WB 5, 466.) An die Frankfurter Freundin Johanna
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Fahlmer schreibt Goethe wenig sp|ter, dass er bleiben wtrde, und Wwr’s auch nur auf ein paar Jahre (31,11–12). – Die Entscheidung ftr Weimar fiel in den folgenden Monaten, sp|testens Mitte M|rz 1776 mit Carl Augusts testamentarischer Festsetzung von Goethes ktnftiger Besoldung und Pension (vgl. zu 42,14–15). 33. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 29. Januar 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) in die zweite H|lfte Februar 1776 verweist der Inhalt des Briefes auf eine frthere Datierung: Laut Fourierbuch war Goethe am 29. Januar 1776 abends mit dem Oberforstmeister Moritz von Wedel allein bei Herzog Carl August, w|hrend Charlotte von Stein am selben Abend an der Hoftafel teilnahm (vgl. FB 1776, S. 34). Im Brief erw|hnt Goethe sowohl das Zusammensein mit dem Herzog und Wedel (vgl. 26,10–11) wie auch die Tatsache, dass sich die Adressatin zur gleichen Zeit im selben Haus mit ihm befand (vgl. zu 26,8). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 5. – 1 Bl. 19,1(–19,3)68(–8,2) cm, starkes grtnes Papier, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „12“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 12), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 9 f. WA IV 3 (1888), 21 f., Nr 390. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der Brief wurde in zwei Etappen geschrieben. Begonnen wurde er in der Abwesenheit des Herzogs Carl August, als dieser kurzzeitig die Hoftafel im Erdgeschoss des Ftrstenhauses aufgesucht hatte (vgl. 26,8–11). Der Schluss (26,12–14) wurde offenbar bereits zu vorgertckter Stunde nach dem Gespr|ch mit Carl August und Wedel verfasst (vgl. 26,12–13). 26,8 unter Einem Dache] Gemeint ist das Landschafts- oder Ftrstenhaus, wo sich Goethe in den Privatr|umen des Herzogs aufhielt und wo zur gleichen Zeit die abendliche Hoftafel stattfand, an der die Adressatin teilnahm (vgl. Datierung). – Der ursprtnglich ftr die Landst|nde, die so genannte Landschaft, errichtete schmucklose Zweckbau, diente kurz nach seiner Fertigstellung seit 1774 nach dem Brand des Residenzschlosses 28 Jahre lang als Residenz und Wohnung der
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ftrstlichen Familie. Im Erdgeschoss befanden sich Unterktnfte ftr Hofbeamte und G|ste sowie Gesellschaftsr|ume, im ersten Stock Amtsr|ume der Regierung sowie die Wohnr|ume der Herzogin Louise und im zweiten Stock die Wohnr|ume des Herzogs Carl August. Die Pl|ne ftr das Landschaftshaus stammten von dem ftrstlichen Landbaumeister Johann Gottfried Schlegel, den Bau ausgefthrt hatte der herzogliche Hofj|ger und Bauunternehmer Anton Georg Hauptmann, der wenig sp|ter auch das Redoutenhaus errichtete. Im 19. Jahrhundert wurde das Geb|ude baulich stark ver|ndert, es beherbergt heute die Hochschule ftr Musik „Franz Liszt“ (am Platz der Demokratie). 26,9 Billets Kranckheit] Das vorliegende Billett ist sehr wahrscheinlich das zweite, das Goethe an diesem Tag Charlotte von Stein schickte (vgl. Datierung und Nr 32). Etwa seit dem 7. Januar 1776 (vgl. Nr 18) hatte er der Freundin in immer ktrzer werdenden zeitlichen Abst|nden geschrieben, seit dem 27. Januar t|glich. 26,10 Wedeln] Der damals etwa 23-j|hrige Moritz von Wedel, ehemaliger Hof- und Jagdjunker, war ein enger Jugendfreund des Herzogs Carl August, der ihn am 9. Januar 1776 zum „OberForstmeister“ befurdert hatte (WWA, 20. Januar 1776, Nr 6, S. 21) und am 9. Februar zu seinem Kammerherrn ernannte (ebd., 17. Februar 1776, Nr 14, S. 53). Wedel, der ein angenehmer Gesellschafter gewesen sein muss und sich auch als Schauspieler des Liebhabertheaters bet|tigte (vgl. zu 295,13), gehurte zu den frthesten Weimarer Freunden Goethes und wird von diesem 1776 wiederholt in seinen Tagebtchern erw|hnt (vgl. GT I 1, 22 f.; vgl. auch zu 32,4). 1779/80 begleitete Wedel Goethe und den Herzog auf der Schweizer Reise. Zeitgenussischen Erinnerungen zufolge sei der Oberforstmeister „bekanntlich der liebenswtrdigste Mann seiner Zeit“ gewesen, „schun von Gestalt, sehr unterrichtet, doch anspruchslos, heitern Geistes und emsig in seinem Dienste. Æ:::æ Serenissimus liebten ihn außerordentlich.“ (Lyncker, 62, Anm. 1.) 26,10 hier oben] In den Wohnr|umen des Herzogs Carl August im zweiten Stock des Ftrstenhauses. Da Goethe als Btrgerlicher nicht ,hoff|hig‘ war (bis zu seiner Nobilitierung 1782), durfte er zun|chst an der ftrstlichen Tafel nicht teilnehmen und wurde separat in den Privatr|umen des Herzogs empfangen. – Nachzuweisen ist außerdem seine Teilnahme an der so genannten Marschallstafel ftr die jtngeren Hofleute und Adligen niederen Ranges (vgl. zu 27,3): „Wenn Goethe an die Hoftafel eingeladen war, ordnete der Hofmarschall immer zwei Tafeln an, so daß der Herzog an der ftrstlichen Tafel saß u. Goethe an der Marschallstafel u. zwar stets immer am untersten Platze.“ (Zeissche Collectanea, Bl. 39v.) 26,11 hinter Ihrem Stuhle] An der Hoftafel im Erdgeschoss des Ftrstenhauses. – ber Carl Augusts Auftreten bei |hnlichen Anl|ssen berichtet Carl von Lyncker, seit 1779 Hofpage in Weimar: „Bei solchen großen Abendtafeln setzte sich unser durchlauchtigster Herr niemals, sondern pflegte um sie herum zu wan-
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deln, und mit Diesem oder Jenem einen Diskurs zu beginnen. Zuweilen ging er auch in Begleitung des Herrn von Wedel auf sein Zimmer, rauchte eine halbe Pfeife Taback oder tberschaute die Tafelgesellschaft von der obern Gallerie des Saales aus.“ (Lyncker, 62.) 26,12–13 viel guts gehandelt sber der Vergangenheit und Zukunft] Es ist anzunehmen, dass auch tber die Verl|ngerung von Goethes Weimarer Aufenthalt, an dem Carl August sehr gelegen war, gesprochen wurde (vgl. zu 26,6). 26,13–14 Margreten v. Parma: Æ:::æ das ich nicht wndern kann] Leicht abgewandeltes Selbstzitat aus „Egmont“ (I 2): Ich sehe auch viel voraus, ohne es wndern zu ktnnen. (WA I 8, 186.) – Nach Goethes sp|terer Erinnerung in „Dichtung und Wahrheit“ hatte er Hauptscenen des „Egmont“ bereits 1775 in Frankfurt geschrieben (AA DuW 1, 636 [19. Buch]; vgl. insgesamt EGW 3, 183–188). 26,14 goldne Frau] Vgl. zu 25,19. 34. An Charlotte von Stein ÆWeimar, Nacht vom 29. zum 30. Januar 1776æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief der vorletzte des Jahrgangs 1777. Seit der Erstausgabe wurde er in den Januar oder Februar 1776 eingeordnet, allerdings zumeist ohne ausreichende Begrtndung (vgl. zu 26,15). Ftr die Datierung auf die Nacht vom 29. zum 30. Januar sprechen die inhaltlichen Beztge zu Brief Nr 33, der wahrscheinlich vom Abend des 29. Januar 1776 stammt. Mit deutlicher Parallele zur Bemerkung am Beginn dieses Briefes Mit Ihnen unter Einem Dache (26,8) heißt es im vorliegenden Brief, Goethe bef|nde sich Noch unter Einem Dache (26,21) mit der Freundin. Dazu passt auch der weitere Inhalt, aus dem hervorgeht, dass sich Goethe in den Privatr|umen des Herzogs Carl August im zweiten Stock des Ftrstenhauses aufhielt (vgl. die zweite Erl|uterung zu 26,17), w|hrend Charlotte von Stein offenbar an der im selben Geb|ude stattfindenden Hoftafel teilnahm, was genau der Konstellation vom Abend des 29. Januar 1776 entspricht (vgl. zu 26,8 und Datierung zu Nr 33). Daher ist anzunehmen, dass die Niederschrift des vorliegenden Briefes nur wenig sp|ter als die des Briefes Nr 33 erfolgte. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 74. – 1 Bl. 19(–19,2)611,2 (–11,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „76“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 80), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Muglicherweise Beischluss zu Nr 35 (vgl. zu 27,1).
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BRIEF 35
E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 11. WA IV 3 (1888), 23, Nr 392. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 26,15 Gallerie] Auf der Galerie des Gesellschaftssaales im Ftrstenhaus, wo auch die Hoftafel stattfand (vgl. zu 26,11). 26,15 Nobodys Galanterien] ,Nobody‘ muglicherweise in Anspielung auf die Titelfigur des englischen Volkssttcks „Nobody and Somebody“ aus dem 16. Jahrhundert, das in deutscher bersetzung „Niemand und Jemand“ (Graz 1608) zum Repertoire der Wanderbthnen gehurte und sich grußerer Beliebtheit als das englische Original erfreute (vgl. Cora Dietl: Das frthe deutsche Drama. Helsinki 1998, S. 158–161). – Wer hier gemeint ist, muss offenbleiben. Bisher wurde eine Anspielung auf Leonhard Freiherrn von Klinckowstrum vermutet, seit 1775 Reisemarschall am Hof des Herzogs Carl August. Laut Fourierbuch war Klinckowstrum jedoch am Abend des 29. Januar 1776, als der vorliegende Brief sehr wahrscheinlich geschrieben wurde, nicht unter den G|sten der Hoftafel. Nachweislich nahmen die folgenden m|nnlichen Personen teil, von denen einer hier gemeint sein kunnte: „H‘. Obrist von Hohenthal“ (FB 1776, S. 34), wahrscheinlich identisch mit dem sonst unter „Baron v. Hohenthal“ (ebd., 33) erw|hnten Friedrich Wilhelm von Hohenthal, die Kammerherren Christian Ferdinand Georg von WerthernBeichlingen und Carl Siegmund Emil von chtritz, der Oberstallmeister Josias von Stein, der Hofjunker Ludwig von Schardt und der Leutnant Friedrich August Ludwig von Laßberg (vgl. ebd., S. 34). – Auch wenn nicht auszuschließen ist, dass der Reisemarschall sp|ter zur Gesellschaft hinzukam, gibt es ftr die Vermutung, dass er hier gemeint ist, keinen Beleg. Die Behauptung, ,Nobody‘ sei der Spitzname Klinckowstrums gewesen, die in neueren Lexika und Quelleneditionen tbernommen wurde (so bei Biedrzynski, 242; Lyncker, 314; Chronik 2, 21), geht offenbar auf Schulls Kommentar zur vorliegenden Briefstelle zurtck: „D. i. Hofmarschall von Klinkowstrum, der angenehme Manieren hatte.“ (Schull, Goethe-Stein 1 [1848], 11, Anm. 2.) Schulls Bemerkung wiederum basiert lediglich auf einem Hinweis Friedrich von Steins, den Fielitz mitteilt: „Der Reisemarschall v. Klinckowstrum Æ:::æ Ein Mann, nach Fritz v. Steins Zeugniß, von angenehmen Formen, aber unbedeutendem Gehalt.“ (Fielitz, Goethe-Stein 1 [1883], 405, Anm. 8 [zu S. 21].) Außerdem wird auf Dtntzer verwiesen, der vermutete, Klinckowstrum habe den Namen ,Nobody‘ „wohl nach dem satirischen englischen Liede The little Nobody auf die Reformation unter Eduard VI. Ægefthrtæ, wo es heißt: The little John Nobody that dursted not speake.“ (Dtntzer, Goethe-Stein [1886], 23, Anm. 10; Wahle, Goethe-Stein 1 [1899], 482, Anm. 4 [zu S. 22]. – Der kleine John Niemand, der nicht zu sprechen wagte.) berdies l|sst sich ftr jede der bei Schull, Dtntzer, Fielitz und Wahle angegebenen Datierungen
JANUAR 1776
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dieses Briefes anhand des Fourierbuches nachweisen, dass sich an diesen Tagen (n|mlich zwischen dem 12. und 23. Februar, am 23. Januar oder am 11. Februar 1776) Goethe, der Herzog und Charlotte von Stein nie gemeinsam unter Einem Dach im Ftrstenhaus befanden, auch war Klinckowstrum nur einmal, n|mlich am 11. Februar anwesend, an diesem Abend aber fehlte Charlotte von Stein an der Hoftafel (vgl. FB 1776, S. 49). 26,16 seine Untergebne] Nicht ermittelt. 26,17 Junge Herz.] Die junge Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 26,17 heut hoben] In den Wohnr|umen des Herzogs Carl August im zweiten Stock des Ftrstenhauses, wo Goethe am Abend des 29. Januar gemeinsam mit dem Oberforstmeister von Wedel zu Gast war (vgl. zu 26,8). – ,Hoben‘ von veraltet ,heroben‘, in dieser Form nur in den frthen Briefen belegt (vgl. GWb 4, 1292). 26,18 sie waren lieb zusammen] Vgl. aber zu 25,11–12. 26,21–22 Noch unter Einem Dach mit Ihnen] Vgl. Datierung. 35. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 30.? Januar 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Der vorliegende im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) in den November 1778 eingeordnete Brief wird seit der Erstausgabe auf Ende Januar 1776 datiert. Ftr diese Umdatierung sprechen die inhaltlichen Beztge zu dem wahrscheinlich unmittelbar zuvor geschriebenen Billett (Nr 34) (vgl. zu 27,1; zu 27,3–4), der Wechsel in der Anrede (vgl. zu 27,10), vor allem jedoch die Beilage: In seinem ersten Brief vom 29. Januar hatte Goethe der Freundin ein Exemplar des soeben im Druck erschienenen Schauspiels „Stella“ (vgl. 26,3–4) versprochen (vgl. die erste Erl|uterung zu 26,4). Es ist anzunehmen, dass er es ihr auch umgehend, wahrscheinlich bereits am n|chsten Tag, zukommen ließ. Der vorliegende Brief, der die bersendung der „Stella“ begleitete, kunnte demnach also am Morgen des 30. Januar 1776 geschrieben worden sein. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 117. – 1 Bl. 17611 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „95“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 98), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Beischluss: muglicherweise Nr 34 (vgl. zu 27,1). E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 8. WA IV 3 (1888), 25 f., Nr 396.
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BRIEF 36
BEI L AG E
1 Exemplar von „Stella. Ein Schauspiel ftr Liebende in ftnf Akten“ (Berlin 1776) (vgl. zu 27,2). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 27,1 Das schrieb ich gestern Nacht] Muglicherweise lag das in der Nacht vom 29. zum 30. Januar 1776 geschriebene Billett (Nr 34) bei. 27,2 Stella] Mit dem Brief tberschickte Goethe das angektndigte Exemplar seiner „Stella“ (vgl. die erste Erl|uterung zu 26,4). 27,3 Kommen Sie heut nach Hof?] Wenn der Brief, wie angenommen, am 30. Januar 1776 geschrieben worden ist, bezieht sich die Frage auf die bevorstehende Feier des 19. Geburtstages der Herzogin Louise. Laut Fourierbuch war an der abendlichen großen Hoftafel mit insgesamt 35 Personen auch Charlotte von Stein anwesend, w|hrend Goethe nur am Mittag unter den G|sten der Marschallstafel (vgl. die zweite Erl|uterung zu 26,10) genannt wird, und zwar als 16. und letzter Gast (vgl. FB 1776, S. 35 f.). Am Abend des 30. Januar 1776 fand zudem aus Anlass des Geburtstages ein Konzert statt (vgl. Brockmann, Weimarer Hofmusik, 94 f.). 27,3–4 Louise war gestern lieb.] Fast wurtlich hatte dies Goethe schon in seinem Billett vom 29./30. Januar 1776 geschrieben (vgl. 26,18). 27,4–5 was ihr Herz so zusammen zieht] Die junge Herzogin beschreibt Wieland in einem Brief an Lavater vom 4. M|rz 1776: „Von unsrer Her[zogin] Louise? Was kan ich Ihnen sagen? Sie ist ein Geschupf aus meiner lieben NiobesFamilie; gleicht einem Weib aus der Unschuldswelt, oder aus den guten Homerischen u. Patriarchalischen Zeiten wenigstens. Æ:::æ Und doch ist sie nicht gltkl. und macht nicht gltklich! Ein trauriges R|thsel! – Æ:::æ Ich sehe sie sehr selten; und wohl mir, daß ich sie selten sehe. Sie ist, nach Seel und Leib, eine Idealische Form ftr mich, und wtrde mir mehr Liebe einflußen, als unser Verh|ltnis tragen muchte. Warum kan C[arl] A[ugust] den Engel nicht aus m e i n e n Augen sehen? Warum kan Louise den edlen, guten, biderherzigen, wiewohl auf halbem Weg verungltckten Heros C. A. nicht mit m e i n e n Augen sehen?“ (WB 5, 481 f.) ber die zwischen dem jungen Herzogspaar herrschende K|lte berichtet auch Charlotte von Stein in ihrem Brief an Zimmermann vom 6. M|rz 1776 (vgl. zu 24,1; zu 105,28). 27,7 Verdruss sber’s Herzogs Hund] Wegen der Freiheiten, die Carl August seinen Hunden gew|hrte, muss es offenbar h|ufiger zu Missstimmungen zwischen ihm und Herzogin Louise gekommen sein. Dies belegen u. a. die Erinnerungen des Hofpagen Carl von Lyncker: „Die großen Hunde, die den Herzog stets begleiteten, verursachten nicht selten bei der Tafel, selbst bei der Herzogin, einigen Unwillen; ja es kam vor, daß sie die Tafel schneller aufhob, weil man gewisse Unge-
JANUAR 1776
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zogenheiten nicht l|nger ertragen konnte, wobei sich jedoch der Herzog vor Lachen ausschttten mochte.“ (Lyncker, 74.) 27,10 dich] Der Anredewechsel von ,Sie‘ zum vertraulichen ,Du‘ ist charakteristisch ftr Goethes Briefe etwa ab Ende Januar 1776 (vgl. die erste Erl|uterung zu 25,13). 36. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Ende Januar? 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Datierung nach der Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I). Das Jahr 1776 wird durch den Vermerk der Empf|ngerin auf der Handschrift best|tigt (vgl. berlieferung). Auch die vertrauliche Anrede ,Du‘ (vgl. 27,12), zu der Goethe zum ersten Mal im Brief vom 27. Januar 1776 tberging (vgl. die erste Erl|uterung zu 25,13), um sie dann in den folgenden Tagen durchgehend zu verwenden (vgl. Nr 31 und 32), verweist darauf, dass der vorliegende Brief vermutlich in die Zeit von Ende Januar 1776 gehurt. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 2. – 1 Bl. 17,4(–17,6)610,9 (–11,2) cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; Rs. Reste einer roten Verschlussoblate, untere rechte Ecke abgeschnitten; Vs. unten Mitte von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „76“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „5.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 5), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 8 f. WA IV 3 (1888), 26 f., Nr 398. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 27,12 ich werde wieder weggerissen] Muglicherweise durch Herzog Carl August oder in dessen Auftrag. Wie Briefe Wielands belegen, muss Goethe damals einen Großteil seiner Zeit in Gesellschaft des Herzogs verbracht haben: „Der Herzog (dem er ÆGoetheæ fast unentbehrl. worden ist) das Schrittschuh-Fahren, die Jagd und Reitparthien, die Assembleen, kurz der Hof nimmt ihm fast alle seine Zeit. Er kan sich nun aus Erfahrung vorstellen wie mirs in den lezten 3 Jahren gieng.“ (Wieland an Lavater, 25. Dezember 1775; WB 5, 458.) „Guthe hat Ihnen vor kurzem selbst geschrieben. Er grtßt Sie. Der Hof oder vielmehr seine Liaison mit dem H[erzog] verderbt ihm viel Zeit, um dies herzlich Schad
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BRIEF 37
ist. Und doch bey diesem herrlichen Gottes Menschen geht nichts verlohren.“ (Wieland an Merck, 26. Januar 1776; WB 5, 467.) 27,13 Heut hab ich wieder W. Æ:::æ Jahrs Geshchicht erzwhlt] ,W.‘ ftr ,Wieland‘; ,Geshchicht‘ versehentlich ftr ,Geschicht‘. – Bereits kurz nach Goethes Ankunft in Weimar am 7. November 1775 muss sich zu Wieland ein freundschaftliches Verh|ltnis hergestellt haben, so dass alle vorausgegangenen Verstimmungen, z. B. tber Goethes 1774 erschienene Farce „Gutter Helden und Wieland“, vergessen waren (vgl. GB 2 II, zu 76,12; zu 76,14–15; zu 89,21). Schon am 10. November 1775 hatte Wieland begeistert an Lavater geschrieben, er habe „den herrlichen Menschen ÆGoetheæ binnen dieser 3 Tage so herzlich liebgewonnen“ und sei „so ganz voll von ihm“ (WB 5, 438). Wieland wurde in den Folgemonaten zu einem der engsten Vertrauten Goethes, das Verh|ltnis zwischen Goethe und Wieland scheint sich erst Ende 1776/Anfang 1777, nachdem Lenz Weimar verlassen musste (vgl. die erste Erl|uterung zu 121,1), abgekthlt zu haben (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 84). 27,14–15 so schreib ich s wohl Æ:::æ ganz allein] Ob Goethe tats|chlich die ,Geschichte‘ seines letzten Frankfurter Jahres etwa von Sommer 1774 bis Oktober 1775, auf die er hier anspielt, ftr Charlotte von Stein und andere Freunde niederschrieb, erscheint zweifelhaft. Nachweislich bearbeitete er diese Epoche seines Lebens erst sehr viel sp|ter, n|mlich im 16. bis 20. Buch von „Dichtung und Wahrheit“, die erst 1813 und dann mit Unterbrechungen bis in Goethes letzte Lebensjahre hinein entstanden sind (vgl. EGW 2, 355–358). 27,16 Engel] Vgl. zu 25,14. 27,17–18 mich verdriessts Æ:::æ dass ich dich so lieb habe] Wahrscheinlich als Entgegnung auf Charlotte von Steins Abwehr, mit der sie auf Goethes allzu heftiges und offenes Werben reagiert haben muss. – Der zweite Teil des Satzes scheint direkt an den Schluss des Briefes vom 28. Januar anzukntpfen (vgl. 25,19–20). 37. An Gottfried August Btrger Weimar, 2. Februar 1776 ! ÆAltengleichen/Wullmarshausenæ BERLIEFERUNG
H: Goethe-Museum Dtsseldorf, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, Sign.: NW 1195/1970. – 1 Bl. 17611 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben links von fremder Hd: „36“. E: Strodtmann 1 (1874), 273, Nr 209. WA IV 3 (1888), 27, Nr 399.
FEBRUAR 1776
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BEI L AG E
1 Exemplar von Goethes „Stella. Ein Schauspiel ftr Liebende“ (Berlin 1776) (vgl. zu 29,4–5). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet Btrgers Brief von Januar 1776 (Strodtmann 1, 266, Nr 202; vgl. RA 1, 64, Nr 58). – Btrger antwortete am 9. M|rz 1776 (Strodtmann 1, 282 f., Nr 218; vgl. RA 1, 65, Nr 60), zugleich auf den von Philipp Seidel im Auftrag Goethes geschriebenen Brief vom 26. Februar 1776 (Nr 52). Gottfried August Btrger (1747–1794) war seit 1772 Amtmann in der Gerichtshalterstelle zu Altengleichen (heute Gemeinde Gleichen) in der N|he von Guttingen mit Amtssitz in Gelliehausen. Er wohnte seit September 1775 im nahe gelegenen Wullmarshausen. ber seine Beziehung zu Goethe und den Briefwechsel zwischen beiden vgl. die einleitende Erl|uterung zum Brief vom 12. Februar 1774 (GB 2 II, Nr 93). – Btrger litt unter beruflichen und privaten Sorgen. Immer wieder klagte er dartber in Briefen an Freunde. Seine juristische T|tigkeit wurde ihm durch desolates Aktenwesen, Intrigen und ausbleibende Einktnfte verleidet: „Verdruß tber Verdruß! Chikane tber Chikane! Hudeley tber Hudeley! Und doch seit zwei Jahren kein Gehalt!“ (Brief an Johann Wilhelm Ludwig Gleim, 6. Juli 1775; Strodtmann 1, 233.) Im Brief an Heinrich Christian Boie vom 11. November 1775 heißt es drastisch: „Indessen sitz ich doch immer auf meinem kleinen d|mmernden Sttbchen und schmiere so lange fort, bis ich nicht mehr kann, und den Kopf zum Fenster hinaushalten und einmal kotzen muß.“ (Strodtmann 1, 255.) Persunliche Probleme traten hinzu. Seit November 1774 war er mit Dorothea Leonhardt verheiratet, liebte jedoch deren Schwester Auguste und lebte in einer Doppelbeziehung. Zu den aktuellen privaten Ktmmernissen gehurten auch der Tod der Mutter im Dezember 1775 und die damit notwendig gewordene „Anordnung meiner FamilienAngelegenheiten“ (Brief an Johann Wilhelm Ludwig Gleim, 2. Januar 1776; Strodtmann 1, 264). 27,19 Dein Brief L. Bruder that mir weh] Im Bezugsbrief hatte Btrger geschrieben: „Ich bin todt, mein lieber Junge, und in kalten Wasserfluthen versoffen, und versaufe t|glich immer mehr und sterbe t|glich immer mehr. Meine Lebenss|fte sind ausgetrocknet oder erstarrt bis auf die Galle. Diese ist nun einzige und Selbstherrscherinn meiner ganzen Maschine. Wie gef|llt Dir Timon, zu dettsch Gifftmichel, in seiner Huhle? Und wie die Ogres, die so gern frisches Kinderfleisch wittern und fressen mugen? Wenn ich Dich nicht auch ftr einen Gifftmichel hielte, wenn ich wtste, daß Du ein galanter Menschenfretnd w|rest, so wtrd’ ich keinen Schritt mehr nach Dir thun.“ (Strodtmann 1, 266.) – Timon: Anspielung auf den Misanthropen in Shakespeares Tragudie „Timon von Athen“; Oger, franz. ogre: Menschenfresser, Unhold in M|rchen und Sagen (z. B. „Der kleine D|umling“).
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BRIEF 38
29,3 Weib und Kind] Im Bezugsbrief heißt es: „Ich habe ein gutes Weib und ein schunes Kind vom zweyten Geschlecht, aber was helfen die einem Herzen, tber welchem Basilisken brtten.“ (Strodtmann 1, 266.) Gemeint sind Dorothea Btrger und die am 24. Mai 1775 geborene Tochter Antoinette, die bereits am 12. Dezember 1777 starb. 29,4–5 Hier was Æ:::æ in den Schnee bringen.] Goethes im Januar 1776 erschienenes Schauspiel „Stella“. – Die Art der Anktndigung seines Sttckes wie auch der weitere Kontext beziehen sich auf Btrgers Brief vom Januar, in dem dieser abschließend gebeten hatte: „Apropos! mein lieber Guthe, schreib doch mal bey Gelegenheit, ob Du Dich kennst? Und wie Dus anf|ngst Dich kennen zu lernen? Denn ich lern’ es nimmer mehr, und kenne Keinen weniger als mich selbst. / Wenn Du was gemacht hast, das den busen Geist auf ein Weilchen aus mir heraus bannen kann, so must Du mirs selbst nachweisen, denn ich liege verrammelt und scheere mich um nichts, was draußen vorgehet.“ (Strodtmann 1, 266.) Trotz aller Andeutungen konnte Goethe kaum Kenntnis von Btrgers Liebe zu seiner Schw|gerin Auguste haben und wissen, in welchem Maß die Personenkonstellation in der „Stella“ – ein Mann zwischen zwei Frauen – dessen Situation widerspiegelte. Die durch die Sage vom Grafen von Gleichen literarisch vorgepr|gte, jedoch alle religiusen Normen und moralischen Konventionen der Zeit sprengende Lusung in einer Ehe zu dritt muss bei Btrger im Unterschied zur Mehrheit der Zeitgenossen auf Zustimmung gestoßen sein (vgl. die erste Erl|uterung zu 26,4). Unter anderem die Lekttre dieses Sttcks habe ihn, schrieb Btrger in seinem Antwortbrief vom 9. M|rz 1776, „wieder elastisch gemacht, Æ:::æ die dicke Luft um mich ventilirt und |therisirt, Æ:::æ den todten stehenden Sumpf umgerthrt und die frische helle Quelle wieder aufgeratmt. Ich wandle wieder in der Krafft Gottes und schnaube den lebendigen Oden, den mir Gott in die Nase geblasen. Mich durchstrumet der Muth und das Gefthl gesunder Jugend“ (ebd., 283). 38. An Charlotte von Stein DAT I E RU N G
ÆWeimar, 2.? Februar 1776æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief unmittelbar vor dem datierten Brief vom 23. Februar 1776 (Nr 50) eingeordnet. Im Erstdruck wird er ohne Begrtndung zwischen den 17. und 19. M|rz 1776 gesetzt. Der Inhalt verweist auf eine frthere Datierung: Die Erw|hnung einer bevorstehenden Trennung kunnte sich auf Goethes Aufenthalt in Erfurt vom 3. bis 6. Februar 1776 beziehen (vgl. zu 29,8). Dass damit eine sp|tere Reise gemeint ist, etwa die vom 25. M|rz bis zum 4. April 1776 nach Leipzig, wie Wahle und Petersen vermuteten (vgl. Wahle, Goethe-Stein 1, 484, Anm. 1 [zu S. 27];
FEBRUAR 1776
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Petersen, Goethe-Stein 1, 558 f., Anm. zu Nr 29), ist weniger wahrscheinlich, da der Brief offenbar noch vor der ersten Auffthrung des „Westindiers“ durch das Liebhabertheater geschrieben wurde (vgl. zu 29,13). Als Datierung kommt daher der 2. Februar 1776 in Frage. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 6. – 1 Bl. 17611 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „14.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 14), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 15 f. (Paraphe irrttmlich erg|nzt). WA IV 3 (1888), 18 f., Nr 385. BEI L AG E
Briefe (vgl. die erste Erl|uterung zu 29,9). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 29,8 dass ich wegkomme] Wenn der Brief, wie angenommen, am 2. Februar 1776 geschrieben wurde, ist hier Goethes Reise mit Herzog Carl August nach Erfurt gemeint. Die genaue Dauer des Aufenthalts geht aus Wielands Brief an Lavater vom 5. Februar 1776 hervor: „Guthe ist seit Sonnabends [3. 2.] frth mit dem Herzog in Erfurt, und kummt erst morgen wieder.“ (WB 5, 469.) 29,9 die Briefe wieder] Nicht tberliefert. – Die Formulierung l|sst vermuten, dass es sich um die Anfang bis Mitte Januar 1776 Charlotte von Stein tberlassenen und am 28. Januar von ihr zurtckerhaltenen Briefe an Goethe handelt (vgl. zu 21,1–2; die zweite Erl|uterung zu 25,15). 29,9 ein Paar neue] Nicht tberliefert. – Wahrscheinlich weitere eingegangene Briefe, die Goethe vielleicht in seiner ersten Weimarer Zeit erhalten hatte. 29,10–11 wwrs so hell da Æ:::æ Thusnelda] ,Thusnelda‘, einer der Spitznamen Louise von Guchhausens, seit 1775 Gesellschafterin, seit 1783 erste Hofdame der Herzoginmutter Anna Amalia (vgl. WB 5, Nr 568; WB 6 III, 1562–1564; ebenso in Charlotte von Steins „Rino“, abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 135). Die Verse in Goethes Brief kunnten eine Anspielung auf Stegreifreime der Guchhausen sein, die sie in Gesellschaft Goethes und Charlotte von Steins vorgetragen hatte (vgl. auch 129,3–4). ber Louise von Guchhausen, die an einer Missbildung der Wirbels|ule litt und ungewuhnlich klein war, doch selbstbewusst und literarisch begabt gewesen sein muss, verfasste Graf Moritz von Putbus, Oberhofmeister Anna Amalias, 1776 die folgenden scherzhaften Verse:
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Was sag ich aber vom Genie (Hier mit Respect zu melden) Der Guttin hoch, wie unser Knie, Der herrlichen Thusnelden? Sie wirbelt, webt und schwebt und schwirrt Und gondelt durch die Sph|ren Und dichtet, urtheilt, trifft und irrt Und wankt wie Blat und Aehren; Ist immer wizig, immer gut Auch bey uns busen Leuten; Beh|lt in Nuthen festen Muth Und weiß sich durchzustreiten; Æ:::æ. (Tiefurter Matine 1776, S. 11; vgl. die erste Erl|uterung zu 32,4.) 29,12 den Homer] Muglicherweise eine der von Samuel Clarke begonnenen und von seinem Sohn fortgefthrten Ausgaben von Homers „Ilias“ und „Odyssee“, die neben dem griechischen Urtext eine lateinische bersetzung enthielten (vgl. GB 1 II, zu 196,33). In einer Ausgabe von 1756 befindet sie sich in Goethes Bibliothek (vgl. Ruppert, 178, Nr 1282). Alle anderen Homer-Ausgaben, die nachweislich in Goethes Besitz waren, stammen aus der Zeit nach 1776. – Mit dem Studium des griechischen Originals der homerischen Dichtungen hatte Goethe bereits 1771 in seiner Straßburger Studienzeit begonnen, angeregt und unterstttzt durch Herder. Im Brief an Johann Daniel Salzmann vom 12. Juni 1771 schrieb er: Æ:::æ denn dass Sie es wissen ich habe in der Zeit dass ich hier binn meine griechische Weisheit so vermehrt dass ich fast den Homer ohne ybersetzung lese. (GB 1 I, 212.) Ende Dezember 1775 hatte Goethe offenbar seine Homer-Lekttre wieder aufgenommen, wie aus dem frthesten erhaltenen Brief an Herzog Carl August vom 23. und 24. Dezember 1775 hervorgeht (vgl. 10,32). 29,13 der Westindier] Lustspiel von Richard Cumberland (The West Indien. A Comedy. London 1771), das im Februar 1776 vom Weimarer Liebhabertheater einstudiert wurde, und zwar in der bersetzung von Johann Joachim Christoph Bode (Der Westindier. 2. Auflage. Hamburg, Frankfurt a. M. 1775). Einem heute nur in fragmentarischer Abschrift tberlieferten Brief von Philipp Seidel an Johann Adam Wolf vom 29. Februar 1776 zufolge fand die erste Auffthrung an diesem Tag statt: „Sie spielen diesen Abend den Westindier und mein bester ÆHerræ hat Belcours Rolle, deßen Charackter so viele Aehnlichkeit mit dem meinen hat und ich will zum voraus garantiren, er wird auch da ÆMeisteræ seyn.“ (Abschrift: GSA 96/2698; im Erstdruck des Briefes irrttmlich mit dem Datum 19. Februar 1776, vgl. C. A. H. Burckhardt: Kritische Bemerkungen zu Goethe’s Biographien. Aus
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Seidel’s Briefen und Goethe’s Tagebtchern 1775–76. In: Die Grenzboten. 33. Jg. 1. Semester. Bd 1. Leipzig 1874, S. 377.) Neben Goethe, der, wie auch aus Seidels Brief hervorgeht, die Titelrolle des ,Westindiers‘ Belcour verkurperte, und Charlotte von Stein in der Rolle der Miss Charlotte Russport sollen Herzog Carl August, Prinz Constantin, Louise von Guchhausen, die Kammerherren Friedrich Hildebrand von Einsiedel und Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Emilie von Werthern-Beichlingen, Josias von Stein und Knebel mitgespielt haben (vgl. Sichardt, 135 f.). – Dass Angehurige des Hofes und der herzoglichen Familie, ja der regierende Herzog selbst zu den Schauspielern des Liebhabertheaters gehurten, dtrfte ftr die damalige Zeit ungewuhnlich gewesen sein, wie u. a. ein Brief Carl von Steins vom 7. Dezember 1782 an seinen Vater belegt: „Man h|lt sich hier Æin Braunschweigæ dartber auf, daß in Weimar keine Truppe ist und daß der Hof das Publikum belustigt, indem er selbst mitagiert. Ich habe mein liebes Weimar verteidigt, soviel in meinen Kr|ften steht. Es beh|lt doch immer den Vorzug, daß niemand durch E t i q u e t t e bektmmert wird wie hier.“ (Horst Fleischer: Vertrauliche Mitteilungen aus Mecklenburg-Schwerin und Sachsen-Weimar. Rudolstadt 1999, S. 28.) 29,15 ein iunger Herzog] Muglicherweise Anspielung auf den 18-j|hrigen Herzog Carl August, der von verschiedenen Seiten zu ,guten Vors|tzen‘ gedr|ngt wurde (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 112). 29,16 Gustel] Außer an dieser Stelle nennt sich Goethe nur noch im Brief an Charlotte von Stein vom 24. Februar 1776 so (vgl. 36,19). – Schull vermutete, der Name spiele auf die Figur des treuherzigen Liebhabers ,Gustel‘ im Singspiel „Das Rosenfest“ von Gottlob Ephraim Heermann an, einer Bearbeitung der franzusischen Vorlage „Rosixre de Salenci“ von Charles Simon Favart (vgl. Adolph Schull: Jenaer Literaturzeitung. 3. Jg. Jena 1876, Nr 39, S. 612). In der Vertonung des Weimarer Hofkapellmeisters Ernst Wilhelm Wolf war das Sttck schon 1769 in Weimar uraufgefthrt worden, gehurte aber noch 1774 zum Repertoire des Liebhabertheaters (vgl. Schrickel, 56) und war 1775 in Frankfurt im Druck erschienen. 29,17 es verschlwgt Sie ja nichts] Verschlagen: ausmachen; hier im Sinne von ,es macht keinen Unterschied ftr Sie‘ (vgl. Adelung 4, 1120 f.). 29,18 Sie sind so lieb Æ:::æ zu plagen.] Schon im frthesten tberlieferten Brief an Charlotte von Stein hatte Goethe behauptet, alles l i e b e peinigt mich auch hier ausser S i e liebe Frau (18,21–22). 29,19–20 den einfwltigen Vers: O Freundschafft Quell erhabner p. p.] Beginn der dritten Strophe von Johann Friedrich von Cronegks Ode „Die verkleidete Liebe“: O Freundschaft, Quell erhabner Triebe! Dir folgen ist der Menschheit Pflicht:
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BRIEFE 39/40
Du hast die Reizungen der Liebe, Und ihre Schmerzen hast du nicht. (Des Freyherrn Johann Friedrich von Cronegks Schriften. Bd 2. Anspach 1773, S. 262.) 39. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 3. Februar? 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Dass der Brief in diesem Zeitraum geschrieben sein muss, belegt auch das Briefpapier (vgl. berlieferung), das Goethe von 1774 bis 1779 verwendete, besonders h|ufig jedoch im Jahr 1776. In dieses Jahr gehurt wahrscheinlich auch der vorliegende Brief, in dem Goethe anktndigt: Jezt gehts nach Erfurt. (29,23.) Ftr die beiden außerdem im ersten Band des Konvoluts enthaltenen Jahrg|nge 1777 und 1778 sind keine Reisen Goethes nach Erfurt belegt, wohl aber ftr 1776, und zwar ftr den 3. bis 6. Februar (vgl. zu 29,23) sowie den 2. bis 5. M|rz 1776 (vgl. zu 39,16). Schull setzt den Brief im Erstdruck vor die am 2. M|rz 1776 beginnende Reise, ihm folgen die Ausgaben bis zur WA. Seit Fr|nkels erster Ausgabe von 1908 wird der Brief auf den 3. Februar 1776 datiert (vgl. Fr|nkel, GoetheStein1 1, 6 f., Nr 15). Ftr diese frthere Datierung spricht vor allem die Anrede ,Sie‘ im vorliegenden Brief, da in den datierten Briefen von Ende Februar/Anfang M|rz 1776 durchgehend das ,Du‘ verwendet wird (vgl. Nr 51 und 54). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 116. – 1 Bl. 16,8610,8 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 2/3 S. beschr., egh., Tinte: Wie leben Æ:::æ (29,22–24), Bleistift: Antworten Æ:::æ kriegen (29,25); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „90.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 93), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Faksimile: Abb. 1 im Textband (S. 28). E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 13. WA IV 3 (1888), 35, Nr 408. BEI L AG E
Lebensmittel oder Manuskript (vgl. zu 29,22).
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ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 29,22 was] Es kunnten Lebensmittel, aber auch ein Manuskript beigelegen haben. 29,23 Erfurt] Goethe begleitete den Herzog auf einer seiner Reisen in das benachbarte Erfurt (vgl. zu 29,8). Die zwischen den ernestinischen Herzogttmern Sachsen-Weimar und Sachsen-Gotha etwa 25 km westlich von Weimar gelegene Stadt gehurte mit dem umliegenden Gebiet seit dem Mittelalter zum Erzbistum Mainz, von 1664 bis 1802 zum Kurftrstentum Mainz. Das Gebiet wurde von einem Kurmainzer Statthalter regiert. Seit 1771 tbte der hochgebildete, den Ktnsten und Wissenschaften gegentber aufgeschlossene Carl Theodor von Dalberg dieses Amt aus, der in freundschaftlichem Verkehr mit dem Weimarer Hof stand. Goethe hatte schon vor diesem Besuch Gelegenheit, ihn kennen zu lernen, so z. B. bei seiner Reise nach Erfurt mit Herzog Carl August zum Jahreswechsel 1775/76 (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 10). 40. An Augusta Louise Gr|fin zu Stolberg-Stolberg Weimar, 11. Februar 1776 ! ÆUetersenæ BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt; vor 1881 im Besitz Emilie von Binzers, Mtnchen. – Auf „einem kleinen Bl|ttchen mit zierlich gedruckter Einfassung“ (Goethe-Stolberg1, 115), egh. (vgl. Goethe-Stolberg1, 70). E: Goethe-Stolberg1 (1839), 115 f., Nr 11. D: Goethe-Stolberg2 (1881), 45, Nr 11. WA IV 3 (1888), 27, Nr 400 (nach D). Textgrundlage: D. – S|mtliche Handschriften der im vorliegenden Band gedruckten Briefe Goethes an Augusta zu Stolberg wurden ftr Goethe-Stolberg2 (1881) neu verglichen. Die Handschriften der Briefe, deren Verbleib heute unbekannt ist (Nr 40 und 104), befanden sich 1881 noch im Besitz Emilie von Binzers in Mtnchen und wurden dort im Auftrag des Herausgebers von Moritz Carriere autopsiert (vgl. Goethe-Stolberg2, V f.). Wie ein Vergleich von E und D bei Briefen Goethes an Augusta zu Stolberg, deren Handschriften tberliefert sind, zeigt, bietet D einen genaueren Text als E, wo orthographische und grammatische Unregelm|ßigkeiten, haupts|chlich die Kommasetzung, ss- und ß-Schreibung, vereinheitlicht wurden. BEI L AG E
Vermutlich ein Exemplar von „Stella. Ein Schauspiel ftr Liebende in ftnf Akten“ (Berlin 1776) (vgl. die einleitende Erl|uterung).
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BRIEFE 41/42
ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet muglicherweise einen nicht tberlieferten Brief Augusta zu Stolbergs von Ende 1775/Anfang 1776 (vgl. zu 30,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Da Goethe sich am 10. April 1776 bei Augusta erkundigte, hat ihr Stella nicht gezeugt dass ich ihr Alter bin (51,3–4), ist anzunehmen, dass mit dem vorliegenden ausnehmend kurzen Brief das gerade im Druck erschienene Schauspiel tbersandt wurde. 30,1 mein Schweigen] Wahrscheinlich mit Bezug auf einen nicht tberlieferten Brief Augusta zu Stolbergs, in dem sie sich tber ausbleibende Post aus Weimar beklagte, nachdem sie im Dezember 1775 vergeblich auf ein Treffen mit Goethe in Hamburg gehofft hatte (vgl. zu 4,12). – Das Motiv des Schweigens taucht in den Briefen an Augusta mehrfach auf (vgl. GB 2 I, 160,13 [etwa 18.–30. Januar 1775]; 170,8–10 [7. M|rz 1775]; 202,8 [25. und 31. Juli 1775]; 213,19 f., 214,3 f., 214,28 f., 216,6 [14.–19. September 1775]). Am 7. M|rz 1775 schrieb Goethe aus Offenbach: Was soll ich Ihnen sagen, da ich Ihnen meinen gegenwwrtigen Zustand nicht ganz sagen kann, da sie mich nicht kennen. (GB 2 I, 170,8–10.) Vgl. auch zu 51,4–5; zu 66,10. Drei Tage, nachdem der vorliegende Brief geschrieben wurde, berichtete Goethe Johanna Fahlmer ausfthrlich von seinem Weimarer Leben (vgl. Nr 43). – Fast wie eine Rechtfertigung seiner ,Schweigsamkeit‘ gerade Augusta zu Stolberg gegentber erscheint Goethes Sentenz tber das Briefeschreiben im Brief an Lavater vom 20. Februar 1776: Wie man auch d e m nie s c h r e i b e n soll als d e m mit d e m man g e l e b t hat und nur im Maas als man mit ihm g e l e b t hat. (35,14–16.) 41. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 12. Februar 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 3. – 1 Bl. 10,3(–10,5)68,5 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Reste einer roten Verschlussoblate; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „6“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 6), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 11. WA IV 3 (1888), 28, Nr 401. BEI L AG EN
1) Buch ftr Ernst von Stein (vgl. die erste Erl|uterung zu 30,5). 2) Carolin (vgl. die dritte Erl|uterung zu 30,5).
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ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 30,5 ein Buch] Nicht ermittelt. 30,5 Ernsten] Ernst von Stein, der zweit|lteste, damals knapp neunj|hrige Sohn der Adressatin. 30,5 die Carolin] Goldmtnzen; der Mtnzname wurde gewuhnlich im Maskulinum gebraucht, gelegentlich aber auch als Femininum (vgl. Grimm 11, 221 f.). Nach dem Kommentar Friedrich von Steins waren sie ftr Josias von Stein bestimmt: „Goldsttcke, die mein Vater j|hrlich zu einer Zahlung bedurfte und welche schon damals anfingen selten zu werden, so daß es Mthe hatte sie einzuwechseln. v. St.“ (Zitiert nach: Fielitz, Goethe-Stein 1, 406 f., Anm. 2 [zu S. 24]). – Friedrich von Steins handschriftliche „Erl|uterungen zu einer Sammlung von Briefen von 1776 bis 1821“ standen Schull und Fielitz ftr die Kommentierung der Briefe noch zur Verftgung, konnten von Wahle aber schon nicht mehr genutzt werden. Ihr Verbleib ist unbekannt. Der Wert der „Erl|uterungen“, die mit dem Jahr 1789 abbrechen, ist – wie schon Wahle festgestellt hat – begrenzt: „Er ÆFriedrich von Steinæ bietet neben vielem Brauchbaren so viele und auffallende Irrthtmer, daß kaum anzunehmen ist, der Verfasser habe dazu Erkundigungen bei seiner Mutter eingezogen; seine Aufzeichnungen beruhen wohl meist auf Kindheitserinnerungen, Familientraditionen und gelegentlichen frtheren Aeußerungen seiner Mutter.“ (Wahle, Goethe-Stein 1, VII.) 42. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 12. Februar 1776 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 3. – 1 Bl. 17610,9(–11) cm, Bordtre mit gereihtem Dreiblatt auf drei Balken (vgl. Mick, Nr 4), 1 S. beschr., egh., Tinte, Schrift durch Tintenfraß besch|digt; Rs. von Concordia Elisabeth von Schardts Hd, Tinte: „Den Frieden laße ich euch, meinen Frieden gebe ich Euch; nicht gebe ich euch, wie die Welt giebt. Euer Hertz erschrecke nicht, und ftrchte sich nicht.“ ÆJohannes 14,27æ; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „7“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 7), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Faksimile: Zur Erinnerung an die Feier des 28. August 1849. S. [3]. E1: Christliches Magazin. Hrsg. von Johann Conrad Pfenninger. Bd 3. 1. Sttck. Nr 21. Ztrich 1780, S. 243 (als Gedicht unter dem Titel „Um Friede“). E2: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 10. WA I 1 (1887), 392 (Gedicht; sp|tere Fassung [WA I 1, 98]: GSA 25/W 1 S 48).
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BRIEF 43
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Das vorliegende Gedicht ist das erste von zahlreichen unter den Briefen Goethes an Charlotte von Stein tberlieferten Gedichten, die, wie die berlieferung nahelegt, anstelle eines Briefes verschickt worden sind. Das Bibelzitat auf der Rtckseite des Briefbl|ttchens stammt von der Mutter der Adressatin, einer streng religiusen, dem Pietismus nahestehenden Frau (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 18). – Unter dem Titel „Wandrers Nachtlied“ erschien das Gedicht 1789 in Band 8 der Guschen-Ausgabe von „Goethe’s Schriften“ (S. 151). 30,9 Wandrers] Als ,Wanderer‘ bezeichnete sich Goethe selbst etwa seit 1772, als er nach der Bekanntschaft mit Merck und dem Darmst|dter Kreis der ,Empfindsamen‘ h|ufig zwischen den Frankfurt benachbarten Orten umherwanderte. Dieses Umherschweifen in der Gegend habe ihm den Beinamen Wanderer eingebracht, wie er sich im 12. Buch von „Dichtung und Wahrheit“ erinnert: Dieser Beruhigung fsr mein Gemsth, die mir nur unter freyem Himmel, in Thwlern, auf Hthen, in Gefilden und Wwldern zu Theil ward, kam die Lage von Frankfurt zu statten, das zwischen Darmstadt und Homburg mitten inne lag, zwey angenehmen Orten, die durch Verwandtschaft beyder Htfe in gutem Verhwltniß standen. Ich gewthnte mich, auf der Straße zu leben, und wie ein Bote zwischen dem Gebirg und dem flachen Lande hin und her zu wandern. (AA DuW 1, 431.) 30,9 Nachtlied] ,Nacht‘ hier muglicherweise im Sinne von ,Abend‘, analog zu ,Nachtessen‘ (vgl. Adelung 3, 293). 30,11 du] Mit Bezug auf den erst in Vers 7 apostrophierten ,stßen Frieden‘ und nicht etwa, wie durch den Hinweis auf die himmlische Herkunft zu erwarten ist, auf ,Gott‘ oder ,das Guttliche‘. Vgl. dagegen das Bibelzitat Concordia von Schardts auf der Rtckseite des Blattes (vgl. berlieferung). 30,12 Alle Freud] In der sp|teren Fassung, die dem Abdruck in WA I 1, 98 zugrunde liegt, heißt es Alles Leid. 30,15 des Treibens] Muglicherweise auch mit einem realen Bezug zum ,Treiben‘ des Herzogs Carl August und seiner Begleitung (vgl. zu 30,19). 30,16 die Quaal] In der sp|teren Fassung: der Schmerz. 30,19 Am Hang des Ettersberg] Der Ettersberg, ein bewaldeter Huhenzug nurdlich von Weimar (huchste Erhebung etwa 478 m), bevorzugtes Jagdgebiet der Weimarer Herzuge, mit sternfurmig angelegten Schneisen (Ettersburger Zehnstern) ftr ftrstliche Haupt- und Staatsjagden und einem Jagdschloss (vgl. Stapff, 22–24). –– Goethe kunnte am 12. Februar 1776 in Begleitung des Herzogs Carl August im Ettersburger Forst gewesen sein; im Fourierbuch ist ftr diesen Tag zwar keine Jagdgesellschaft vermerkt, allerdings nahm der Herzog auch nicht an der Mittagstafel teil und speiste abends in seinen Privatr|umen, wahrscheinlich mit G|sten.
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Charlotte von Stein wird unter den G|sten der ftrstlichen Abendtafel genannt (vgl. FB 1776, S. 51). 43. An Johanna Fahlmer
ÆWeimaræ, 14. Februar 1776 ! ÆFrankfurt a. M.æ
BERLIEFERUNG
H: Privatbesitz, Deutschland. – Doppelblatt 11,5618,6 cm, Briefpapier mit Goldschnitt, 2 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben links von Johanna Fahlmers Hd, Tinte: „Nr 3“ (Z|hlung vermutlich bezogen auf die Briefe Goethes nach dessen Eintreffen in Weimar am 7. November 1775), in der Mitte von fremder Hd, Bleistift: „40“ (vgl. E). E: Goethe-Fahlmer (1875), 104–106, Nr 40. WA IV 3 (1888), 28 f., Nr 402 (nach E; Textkorrektur nach H in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50 [1912], 214). ERLUTERUNGEN
Einen Bezugsbrief gibt es offenbar nicht (vgl. 31,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Goethe schrieb wenig sp|ter, am 19. Februar 1776, einen weiteren Brief an Johanna Fahlmer (Nr 46). Postsendungen: 14. Februar 1776 (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 5v). 31,1 ich htre nichts von Ihnen] Goethes letzter tberlieferter Brief an Johanna Fahlmer stammt vom 5. Januar 1776 (Nr 15). Vermutlich hatte die Adressatin darauf nicht geantwortet. 31,2 Fr. Aya] Frau Aya (auch: Aja): scherzhafter Name ftr Goethes Mutter Catharina Elisabeth. Er bezieht sich auf die Mutter der vier Haymonskinder im gleichnamigen mittelalterlichen Volksbuch, welches auf das fragmentarisch tberlieferte mittelniederl|ndische Epos „De vier Heemskinderen“ zurtckgeht, das zwischen 1100 und 1300 in Flandern oder Brabant entstanden ist. Der Name soll aufgekommen sein, als die Brtder Friedrich Leopold und Christian zu Stolberg in Gesellschaft von Christian von Haugwitz im Mai 1775 Goethe in dessen Elternhaus in Frankfurt aufgesucht hatten, um mit ihm in die Schweiz zu reisen. Die vier jungen M|nner verstanden sich als die Haimonskinder und nannten Catharina Elisabeth Frau Aja. Goethe berichtet in seinen Lebenserinnerungen: Zu meiner Mutter machte sich ein eigenes Verhwltniß Æ:::æ. Nicht anders als Frau Aja ward sie genannt und sie gefiel sich in dem Scherze (DuW AA 1, 597 f. [18. Buch]). Diesen Namen, variiert mit Aia, verwendete allerdings auch schon Johann Caspar Goethe in seinem Ausgabenbuch von 1774 (vgl. den Eintrag unter dem 20. Juli; Liber domesticus2, 225). Im Italienischen, Johann Caspar Goethes Lieblingssprache, heißt das Wort soviel wie ,Kinderfrau‘ oder ,Hof-
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BRIEF 43
meisterin‘. Catharina Elisabeth Goethe identifizierte sich mit dieser Bezeichnung und nannte sich selbst mit diesem Namen, erstmals im Brief an Johann Caspar Lavater vom 28. Juni 1775 (vgl. Pfeiffer-Belli, 399). 31,7 Diarium] Goethes Tagebtcher setzen erst – vom fragmentarischen Tagebuch der Schweizer Reise 1775 und den Aufzeichnungen vom 30. Oktober 1775 (vgl. GT I 1, 1–9; 13 f.) abgesehen – am 11. M|rz 1776 ein (vgl. GT I 1, 17). 31,8–9 Herder hat den Ruf Æ:::æ angenommen.] Vgl. zu 24,17. 31,10 Ich werd auch wohl dableiben] Vgl. zu 13,5. 31,10 meine Rolle] Im Brief an Johann Heinrich Merck vom 22. Januar 1776 hatte Goethe die Herzogthsmer Weimar und Eisenach als Schauplaz (23,15–16) bezeichnet, um zu versuchen wie einem die Weltrolle zu Gesicht stsnde (23,16). 31,12 auf ein paar Jahre] Goethe blieb – mit Unterbrechungen – bis zu seinem Lebensende in Weimar, also tber 56 Jahre. 31,12–13 das untwtige Leben zu Hause] Nach dem Abschluss seines JuraStudiums im Sommer 1771 hatte Goethe, im Hause seiner Eltern lebend, als Rechtsanwalt in Frankfurt gearbeitet, allerdings ohne innere Anteilnahme an diesem verdrsslichen Geschwfft (GB 2 I, 178,17 f.). Die Unzufriedenheit mit seiner beruflichen T|tigkeit und seine Unentschiedenheit in der Beziehung zu Anna Elisabeth Schunemann seit Anfang 1775 hatten ihn in eine „Hauptkrisis“ seines Lebens gefthrt (Gespr|ch mit Friedrich von Mtller, 8. Juni 1830; vgl. Gespr|che3 3.3, 639, Nr 6582). 31,13 dem] Vermutlich hatte Goethe zun|chst ein anderes Nomen (,Vergntgen‘ oder ein |hnliches) im Sinn. 31,14 ein paar Herzogthsmer] Die Herzogttmer Sachsen-Weimar und Sachsen-Eisenach waren nach dem Erluschen des Hauses Sachsen-Eisenach seit 1741 durch Personalunion vereinigt, aber verwaltungstechnisch getrennt. Eisenach blieb Sitz der Zentralbehurden des Eisenacher Landesteils mit eigenen Landst|nden. – Auch im Brief an Johann Heinrich Merck vom 22. Januar 1776 spricht Goethe im Plural von zwei Herzogttmern (vgl. 23,15). 31,14–15 das Land nur kennen zu lernen] In den ersten Wochen nach seiner Ankunft in Weimar war Goethe auf Schloss Kochberg bei Charlotte von Stein gewesen (6.–9. Dezember 1775), hatte Weihnachten im Forsthaus Waldeck (bei Btrgel) verbracht (23.–26. Dezember 1775), hatte im Gefolge des Herzogs den Hof in Gotha kennen gelernt (27.–29. Dezember 1775) und in Erfurt den erzbischuflich-kurmainzischen Statthalter Carl Theodor von Dalberg aufgesucht (29.–31. Dezember 1775), wobei u. a. tber die Berufung Herders beraten wurde. Danach folgte ein Aufenthalt auf dem Gut der Familie von Keller in Stedten (1.–3. Januar 1776). Zuletzt hatte er den Herzog vom 3. bis zum 7. Februar 1776 noch einmal nach Erfurt begleitet, wo Carl August mit dem kurmainzischen Statthalter Carl Theodor von Dalberg konferierte, u. a. wohl tber die personelle
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Umgestaltung des Geheimen Consiliums, dessen Mitglied Goethe im Juni 1776 wurde. – Dass er schon ein brav Fleck (41,19) von Thtringen kennen gelernt habe und es ihm spaas mache, ein Land so auswendig zu kennen (41,20), schrieb Goethe auch am 8. M|rz an Johann Heinrich Merck. 31,17 bin ich sber viel Sachen ganz und gar ruhig] Gemeint ist muglicherweise das in Hofkreisen als unhufisch empfundene Leben des jugendlichen Herzogs, das seine Eignung zum verantwortungsvollen Ftrsten in den Augen mancher in Frage stellte. Vgl. 32,18–20 sowie die einleitende Erl|uterung zu Nr 112. 31,17–18 Mit Wieland fshr ich ein liebes hwusliches Leben] Sein gutes Verh|ltnis zu Wieland, das nicht ohne Weiteres vorauszusehen war, hatte Goethe schon im Brief an Johanna Fahlmer vom 22. November 1775 (Nr 4) betont (vgl. die zweite Erl|uterung zu 5,19). 31,19 artig] Modewort des 18. Jahrhunderts; hier etwa: liebenswtrdig, auch von der |ußeren Gestalt her (vgl. GWb 1, 839 f.). 31,20 Fr. von Stein] ber Goethes Beziehung zu Charlotte von Stein vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 18. 31,21 genistelt] Sich an einen nisteln: „sich dicht an ihn machen“, „sich wo eindringend festsetzen“ (Grimm 13, 857). – Im Schauspiel „Gutz von Berlichingen“ (1773) berichtet im 1. Akt in der Szene „Jaxthaussen. Gutzens Burg“ einer von Gutz’ Reitern: Ich und mein Kamerad, wie’s der Herr befohlen hatte, nistelten uns an ihn ÆWeislingenæ als wwren wir zusammen gewachsen (DjG3 3, 190). 31,21 Louise] Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 31,22–23 sie ist und bleibt ein Engel] Als Engel hatte Goethe Louise schon im Brief an Johanna Fahlmer vom 24. und 26. Mai 1775 bezeichnet (vgl. GB 2 I, 192,3). Auch Anna Elisabeth Schunemann, Augusta zu Stolberg und Charlotte von Stein pflegte Goethe so zu nennen (vgl. auch zu 25,14). 31,23 Herz. Mutter] Herzoginmutter Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach. 31,24 allerley Schwwnck und Schabernack] Anna Amalia hatte eine Vorliebe ftr Musik, Theater und Kartenspiel. Mit Goethe verband sie ein freundschaftliches Verh|ltnis. Wieland soll berichtet haben: „Als der Doctor und Exadvocat Guthe als Favorit des Herzogs hier Æin Weimaræ eintrat, fand ihn auch die verwitwete Herzogin |userst liebenswtrdig und witzig. Seine Geniestreiche u. Feuerwerke spielte er nirgends ungescheuter, als bei ihr.“ (Buttiger, Literarische Zust|nde, 217.) 31,25 viel gute Jungens] Zum engeren Kreis um Goethe und Herzog Carl August gehurten u. a. Carl Ludwig von Knebel, Friedrich Hildebrand von Einsiedel, Johann August Alexander von Kalb, Otto Joachim Moritz von Wedel und Friedrich Justin Bertuch. 31,26 sind herrlich unter und dramatisiren einander] Muglicherweise ist gemeint: ,sind herrlich unter-(einander) und dramatisieren einander‘. – ,Herrlich‘
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BRIEF 44
hier – selten bei Goethe – im Sinn von „fruhlich, gltcklich“ (GWb 4, 995), ebenso wie Olympia in „Erwin und Elmire“: Wir liefen in unsern Hauskleidern zusammen, und spielten um Nssse und Stecknadeln, und waren herrlich dabey (DjG3 5, 38). – Gemeint sind wohl die Matinees (32,4) genannten Scherz- und Spottgedichte in Knittelversen in der Manier des Hans Sachs, in denen sich die Mitglieder der Weimarer Hofgesellschaft gegenseitig zu karikieren suchten. Vgl. weiter die erste Erl|uterung zu 32,4. 31,28 Dames Federn] Schmuckfedern ftr den Kopfputz (vgl. GWb 2, 1050). Johanna Fahlmer besorgte sie offenbar umgehend; im Brief vom 6. M|rz ktndigte Goethe die Bezahlung an (vgl. 40,17). 31,30 Friz] Friedrich Heinrich Jacobi; soweit bekannt ist, hatte Goethe zuletzt am 3. Oktober 1775 an ihn geschrieben (vgl. GB 2 I, EB 227). 44. An Charlotte von Stein ÆWeimar, Ende Januar/erste H|lfte Februar? 1776æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Seit dem Erstdruck wurde er in den M|rz 1776 eingeordnet. Fr|nkel setzte ihn in die Zeit nach Goethes Rtckkehr von seiner Reise nach Erfurt vom 3. bis 6. Februar 1776 (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 7, Nr 17; ebenso in der 2. Auflage). Dtntzer datierte vermutungsweise auf Ende April 1776 (vgl. Dtntzer, Goethe-Stein, 34, Nr 37; vgl. zu 32,2). Ftr die Datierung ins Jahr 1776 spricht vor allem die Anktndigung der Matinees (32,4), die außer im vorliegenden Brief nur noch im Brief an Merck vom 8. M|rz 1776 erw|hnt werden, in dem sich ebenfalls der Bezug zu Einsiedel (32,4) findet (vgl. zu 41,14–15). Goethe bittet darin um die Rtcksendung der Matinees (41,13), die er wahrscheinlich einige Wochen zuvor, also Ende Januar oder in der ersten H|lfte Februar 1776, an Merck geschickt hatte. Der vorliegende Brief kunnte daher in dieser Zeit geschrieben worden sein. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 118. – 1 Bl. 16,5(–16,7)611,2 (–11,6) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „97.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 100), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 14. WA IV 3 (1888), 36, Nr 411.
JANUAR/FEBRUAR 1776 ERLUTERUNGEN
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Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 32,1 Geben Sie sie auch nicht] Wahrscheinlich verktrzt ftr ,geben Sie sie auch nicht weiter‘, n|mlich an Weimarer Freunde. – Wenn der Brief, wie angenommen, Ende Januar oder in der ersten Februarh|lfte 1776 geschrieben wurde, dann kunnte Goethes „Stella“ gemeint sein, die Ende Januar im Druck erschienen war (vgl. die erste Erl|uterung zu 26,4). 32,2 weil das Exemplar nicht gebunden ist] Ein Exemplar der gerade erschienenen „Stella“ hatte Goethe am 30.? Januar 1776 an Charlotte von Stein geschickt (vgl. Beilage zu Nr 35). – Noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war es tblich, dass broschierte B|nde, d. h. Buchblucke mit flexiblen Umschl|gen ohne Einbanddeckel, ausgeliefert wurden, die vom K|ufer selbst mit Einb|nden versehen werden konnten. Auch der Autor bekam seine Belegexemplare, wenn nicht anders ausgehandelt, in dieser Form. – Dtntzer dagegen nimmt an, es seien hier einzelne Aush|ngebogen des 2. Bandes von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ gemeint (vgl. Dtntzer, Goethe-Stein 34, Anm. 6), die Goethe mit Nr 86 vom 16. April 1776 tbersandte (vgl. 55,16). Goethe h|tte in diesem Fall allerdings kaum von einem Exemplar gesprochen, zudem stttzt sich Dtntzers Datierung ausschließlich auf diese Vermutung, w|hrend die inhaltlichen Beztge zum Brief an Merck vom 8. M|rz unbertcksichtigt bleiben (vgl. Datierung). 32,4 meine Matinees] Von franz. matine: Morgenzeit, Morgen; hier Bezeichnung ftr ,scherzhafte Gedichte‘, ,scherzhafte Versdialoge‘, und zwar in Knittelversen, in dieser besonderen Bedeutung offenbar nur in der Weimarer Hofgesellschaft gebr|uchlich, wie auch der Brief von Lenz an Merck vom 8. M|rz 1776 belegt: „Von Goethen hab’ ich allerley htbsche u. gute Sachen. Æ:::æ Sie schreiben jezt dort Farcen (sub Rosa) die sie Matinees nennen, haben Sie nichts davon?“ (Merck, Briefwechsel 1, 628.) Petersen vermutet, dass „solche Gelegenheitsdichtungen bei den Vormittagsgesellschaften des Herzogs vorgelesen wurden“ oder „daß das ursprtngliche Thema die satirische Darstellung der intimen Morgenstunden des Verspotteten war, etwa in der Art wie sp|ter Schiller ,Kurners Vormittag‘ schilderte“ (Petersen, Goethe-Stein 1, 557, Anm. zu Nr 15). – Von Goethe selbst ist keine Dichtung mit dieser Genrebezeichnung erhalten, doch bediente er sich schon seit seiner frthesten Zeit der Knittelversform (vgl. GB 2 II, zu 11,26–12,20), so in scherzhaften Gedichtbriefen (vgl. GB 2 I, Nr 44 und 94) oder in der Posse „Das Jahrmarkts-Fest zu Plundersweilern“, dessen erste Fassung Anfang 1773 entstand. Im Goethe-Bestand des GSA ist ein Konvolut mit dem Titel „Tiefurter Sp|sse“ tberliefert, in dem als Sammelsttcke einige der von Einsiedel verfassten Matinen enthalten sind (vgl. die folgende Erl|uterung). Auch Charlotte von Steins „Rino“, ebenfalls aus dem Jahr 1776, f|llt in dieses Genre (vgl. zu 78,5–6). Ein ftr Carl August in Ilmenau bestimmtes Kollektivgedicht von Anna Amalia, Knebel, Louise von Guchhausen, dem Prinzen Constantin und dem
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Grafen von Putbus, dessen satirische Knittelverse auf die Weimarer Hofgesellschaft den Hauptteil ausmachen (vgl. zu 29,10–11), wurde 1911 unter dem Titel „Eine Tiefurter Matine vom Hofe der Herzogin Anna Amalia aus dem Jahre 1776“ von Carl Schtddekopf veruffentlicht. Nach Friedrich von Mtller war die heute im Goethe-Museum Dtsseldorf aufbewahrte Sammelhandschrift erst 1824 wieder aufgefunden und am 2. Februar dem Erbgroßherzog Carl Friedrich zu dessen Geburtstag tberreicht worden, wobei Goethe selbst dazu eine „zierliche Dedikation im Lapidarstil, eine erkl|rende Einleitung, ein Verzeichniß der verschiedenen Verfasser, gleichsam einen Theaterzettel“ verfasste (Tiefurter Matine 1776, 14; H: GMD, Sign.: KK 82; erneut gedruckt in: Der Weimarer Musenhof, 170 f.). 32,4 Einsiedel] Der damals 26-j|hrige Friedrich Hildebrand von Einsiedel, seit 1776 Kammerherr der Herzoginmutter, gehurte zum engeren Freundeskreis um Herzog Carl August. Musikalisch und literarisch begabt, verfasste er Singspiele, kleine Theatersttcke, Gedichte und Erz|hlungen und war eine der Stttzen des hufischen Liebhabertheaters (vgl. zu 29,13). Von Einsiedel haben sich einige so genannte Matineen erhalten, darunter in Goethes Nachlass unter den „Tiefurter Sp|ßen“ die Abschrift der „Matinee eines Israeliten“ (GSA 25/XXXIV,14,3) sowie die folgende Knittelverssatire auf die Weimarer Hofgesellschaft von Anfang 1776, zu der Goethe sp|ter eigenh|ndige Fußnoten hinzuftgte: Schreiben eines Politikers an die Gesellschafft am 6 Jan. 76. + Ihr lieben Herren allerseit Wie ihr so eb’n versammlet heut, Ich bitt’ euch hurt gelaßen an Ein Wort von einem weisen Mann; Der in der Welt sich was versucht Die großen Huf’ hat all besucht, Weiß Lebensart polit und fein Spricht sein Franzusisch obendrein, Kunnt’ all Tag Reisemarschall seyn. Der Pflicht er sich entledigt gern, Lobt sich dabey das Dunkelfern: Denn so der Mittagssonne Licht Ist allemal sein casus nicht. – – Doch ohne l|nger zu verweilen /
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Woll’n wir zur Sache selber eilen. Ihr wißt, und es ist sonnenklahr, Bewiesen durch viel tausend Jahr, Gesagt von Grichen Rumern Britten: Daß buse Gesellschaft, verderbe die Sitten. Dieß alte Sprichwort kurz und rund, Soll abgeb’n meines Schreibens Grund; Wie ich’s gedenk zu appliciren Sollt ihr gleich in der Folge spthren. – – Die Fama mit den tausend Ohren, Der ihr umsonst thut Esel bohren, Verktndigt viel zu eurer Schmach Von euerm Jucks am Sammestag: Drum ich aus Mitleid euch will fthren Lehre Guts und Buses separiren, Und wenn’s beliebt, zum neuen Jahr, Den Staar euch stechen ganz und gar. –––– ’s Versteht sich, und ist wohl vergunnt, Wenn euch die Langeweile brennt, / Zuweilen Spaß ftr euch zu treiben; Nur muß er stets im Schranken bleiben, Und nicht wie’s leider von euch kund Das Ding all werden gar zu bunt: Kann solch ein Wesen nicht bestehn Mtßt alle so zum Teufel gehn. –––– Der Wahrheit euch zu tberfthren, Sollt ihr die Must’rung all passiren Werd Mann ftr Mann genau skitzziren Daß nicht mehr gilt ein X ftr U, Tritt keiner in des andern Schuh. Hoff’, da ihr trinkt viel Punsch und Wein ’s wird unter euch kein’ Rangsucht seyn. –––– –––– Zuerst also: von ohngefehr L|uft mir e’n langer +Bursch die Queer Von ungeschlachter roher Arth Thut altklug schon: hat kaum e’n Barth, Sein ußerlichs nattrlich und schlecht Ist alle gut, ist alle recht ’s wird aber nichts durch effectuirt / + Oberforstmeister und Cammerher von Wedel
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Die große Welt will’s modulirt. Weil er so l|uft auf der tollen Bahn Sieht ihn drum keine Hofdam’ an, Bleibt ein Geselle plump und grob, Hat ftr den bon ton keinen Kop’: Mag indeß eine Weil so springen, Ein Weib ihn zur raison wird bringen. –––– Wend mich nun dorthin, weiter unten Zu einem andern Vagabunden. +Der Knabe mit der platten Stirn, H|lt Wunderding von seinem Gehirn. Der Narr weil’r mit Gelehrten lebt Meynt drum er sey auch e’n Adept: Glaubt er hiel’ den Teufel beym Schwanz Wenn er sich deckt mit andrer Glanz. Kunnt er ftr Tr|gheit selbst was schaffen, Th|t er nicht allen Quark begaffen In allen Dreck seine Nase stecken, Und dann posaunen an allen Ecken. – Er treibt mit Zucht und Ordnung Spott, Lebt wie ein Schwein, ohn all Geboth, / + Hofrath von Einsiedel der Autor selbst.
Schleicht j|mmerlich bey Hofe rum: Ist halb verrtckt, halb toll, halb dumm. –––– Doch schlimmer als die allesammt, Ist jener dort:+ zur Hull’ verdammt; Der seine Schand selbst etalirt Das rgst’ von sich im Munde fthrt. Der gelebt in Sodom lange Jahr, Ist drum an ihm kein gutes Haar; Von einem gallicht-ranz’gem Spleen Auch ihn die M|dgens alle fliehn. W|r gern zuweil’n ’n Busewicht: Da fehlt’s dem Kerl am Schnellgewicht, Dann wider e’n empfindsam Schaaf: Da hindert ihn der Dumpfheit Schlaf, Drum er in ew’ger Tollheit rennt Weiß nicht was’n auf den Wirbel brennt. –––– Auch misbeh|glich mich ansticht,
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Der Philosophen Angesicht; ,Der eine schw|rmt und Unsinn schw|tzt, Euch auf sein Steckenpferdlein setzt Und eure Fantasie rum hetzt; / + Hauptman v. Knebel
, Wieland
Beliebts euch, das nicht zu goutiren Thut er euch launisch exorciren. #Der Andre analitisch kalt, Braucht an der Sinnlichkeit Gewalt; Nie seinen spitzen Reden traut, Auch sichs dabey gar schlecht verdaut. –––– +Den Ausbund aller, dort von Weiten Mucht’ ich auch ein Stpplein zubereiten, Ftrcht nur sein ungeschliffnes Reiten; Denn sein verfluchter Galgenwitz F|hrt aus ihm wie Geschoß und Blitz. ’s ist ein Genie, von Geist und Kraft: (Wie eb’n unser Herr Gott Kurzweil schafft) Meynt, er kunn uns all tbersehn Th|ten ftr ihn rum auf Vieren gehn, Wenn der Fratz so mit einem spricht Schaut er einem stier ins Angesicht, Glaubt er kunns fein richen an, Was w|re hinter jedermann. Mit seinen Schriften unsinnsvoll Macht er die halbe Welt itzt toll, /
# Hofrath Albrecht
+ Ich.
Schreibt ’n Buch von ein’m albern Tropf, Der heiler Haut sich schießt vorn Kopf: Meynt wunder was er ausgedacht, Wenn ihr einem M|del Herzweh macht. Parodirt sich drauf als Docter Faust, Daß’m Teufel selber vor ihm graußt. Mir kunnt’ er all gut seyn im Ganzen, (Th|t mich hinter meinen Damm verschanzen)
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Aber w|r ich der Herr im Land Wtrd’ er, und all sein Zeugs verbannt. –––– –––– #Nun denk man sich e’n Ftrstensohn Der so vergißt Geburth und Thron, Und lebt mit solchen lockern Gesellen Die dem lieben Gott die Zeit abprellen; Die thun als w|rn sie seines Gleichen, Ihm nicht einmal den Fuchsschwanz streichen, +Die des Bruders Respeckt, so ganz verkennen, Tout court ihn Bruder Herz thun nennen, Glaub’n es wohne da Menschenverstand Wo man all *tiquette verbannt. /
# Herzog + Prinz Constantin. Sprech’n immer aus vollem Herz Treib’n mit der heilgen Staatskunst Scherz, Sind ohne Plan, und Politick Verhunz’n unser bestes Meistersttck; Daß es ist ein Jammer anzusehn Wie all Projecte |rschlings gehn. –––– Hoff aber ich hab sie schun curirt, Sie weidlich all prostituirt; Daß jederman wird danken fein, Der saubern Herrn Colleg zu seyn. M e p h i s t o p h e l e s. (H: GSA Weimar, Sign.: 25/XXXIV,14,3. – 2 ineinandergelegte Doppelbl|tter 13,7620 cm, einmal quer gefaltet, 7 1/2 S. beschr., zeitgenussischer Schreiber, Tinte; ab S. 3 jeweils unter dem Text egh. Fußnoten mit Einftgungszeichen, Bleistift; S. 1 unter dem Titel Rest eines roten Siegels, oben links sp|tere Erg|nzung von Kr|uters Hd, Tinte: „Tiefurter Sp|ße.“ – Format und Faltung sowie der Siegelrest deuten darauf hin, dass die Handschrift entweder selbst als Brief versandt wurde oder Beilage zu einem Brief war. Muglicherweise hat Goethe das Gedicht einem seiner Briefe z. B. an Merck beigelegt und von diesem dann zurtckerbeten [vgl. 41,12–13]).
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45. An Charlotte von Stein ÆWeimar, Ende Januar/erste H|lfte Februar? 1776æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Seit dem Erstdruck wird er auf Anfang Februar 1776 datiert; nur Fielitz setzt ihn unmittelbar nach Brief Nr 25 in den Januar 1778. Inhaltliche Belege daftr gibt es nicht. Den einzigen verwertbaren Hinweis ftr die Datierung bietet das Briefpapier, das Goethe aus Frankfurt mit nach Weimar brachte und noch bis etwa Mitte 1776 verwendete; datierte Briefe auf diesem Papier stammen aus der Zeit von Januar bis April 1776 (vgl. Datierung zu Nr 25). Der Brief kunnte, wie seit Schull angenommen, kurz vor oder kurz nach Goethes Erfurter Reise vom 3. bis 6. Februar 1776 geschrieben worden sein (vgl. Datierung zu Nr 39). BEI L AG E
Ragout (vgl. zu 32,8). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 116. – 1 Bl. 16,8610,8 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1/3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „91“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 94), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 7. WA IV 3 (1888), 209, Nr 669. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 32,8 Ragout] Hier wohl im tbertragenen Sinne als Vermischung unterschiedlicher ,geistiger Speisen‘ (vgl. zu 32,4). – Die Metapher verwendet Goethe gelegentlich in seinen frthen Briefen (vgl. GB 1 I, 213,24; GB 2 I, 6,20–21) sowie in der Schtler-Szene der frthen Fassung des „Faust“: Sizzt ihr einweil und leimt zusammen, / Braut ein Ragout von andrer Schmaus Æ:::æ. (DjG3 5, 278.)
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46. An Johanna Fahlmer
BRIEFE 46/47
ÆWeimaræ, 19. Februar 1776 ! ÆFrankfurt a. M.æ
BERLIEFERUNG
H: Privatbesitz, Deutschland. – Doppelblatt 10,4617 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben links von Johanna Fahlmers Hd, Tinte: „N r 4“ (Z|hlung vermutlich bezogen auf die Briefe Goethes nach dessen Eintreffen in Weimar am 7. November 1775), in der Mitte von fremder Hd, Bleistift: „41 666“ (vgl. E). E: Goethe-Fahlmer (1875), 107 f., Nr 41. WA IV 3 (1888), 30, Nr 403 (nach E; Textkorrektur nach H in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50, 214). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 20. Februar 1776 (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 5v). 32,12 ein politisch Lied] In der frthen Fassung des „Faust“, die Johanna Fahlmer offenbar kannte, sagt Brander in Auerbachs Keller: Pfuy ein garstig Lied! Ein politisch Lied, ein leidig Lied. (DjG3 5, 288.) – Hier wohl mit Bezug auf die Missbilligung, die Herzog Carl Augusts Vorhaben ausluste, Goethe als Regierungsmitglied im Geheimen Consilium zu etablieren. Zu denen, die diese Pl|ne ablehnten, gehurten v. a. der ehemalige Prinzenerzieher und nunmehrige Oberhofmeister Johann Eustach Graf von Schlitz gen. von Goertz und der Pr|sident des Consiliums Jacob Friedrich von Fritsch. Wie aus dem vorliegenden Brief hervorgeht, scheint auch der Oberstallmeister Gottlob Ernst Josias Friedrich von Stein, Charlotte von Steins Ehemann, gewisse Bedenken gehegt zu haben. 32,13 ich bleibe hier] Erste ußerung Goethes tber seinen Entschluss, in Weimar zu bleiben (vgl. auch zu 23,14). Ftnf Tage zuvor, im Brief an Johanna Fahlmer vom 14. Februar 1776, hatte Goethe noch mit Vorbehalt geschrieben: Ich werd auch wohl dableiben (31,10). Die endgtltige Entscheidung dartber fiel sp|testens Mitte M|rz 1776; dies geht aus dem Testament des Herzogs Carl August vom 16. M|rz 1776 hervor (vgl. zu 42,14–15). 32,15 Oberstallmeister v. Stein] Josias Friedrich von Stein; tber seine Reise, die ehstens, also „in sehr kurzer Zeit“ (Grimm 1, 1647), vonstatten gehen und ihn muglicherweise mit einem Auftrag nach Darmstadt fthren sollte, konnte nichts weiter ermittelt werden. Unklar ist, wann sie stattgefunden hat; Stein wird zwar vom 21. bis 25. Februar im Fourierbuch nicht als Teilnehmer der ftrstlichen Tafel erw|hnt, doch erscheint dieser Zeitraum ftr eine Reise nach Frankfurt und Darmstadt und zurtck zu kurz. Von Goethes Eltern ist keine Nachricht von einem Besuch Steins bekannt. 32,16 Vater und Mutter] Johann Caspar und Catharina Elisabeth Goethe.
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32,18–19 nicht ganz mit dem Herzog zufrieden] Das burschikose Auftreten und die unhufische Lebensweise des 18-j|hrigen Regenten (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 112) missfielen in den etablierten Hofkreisen ebenso wie seine freundschaftliche Beziehung zu Goethe und dessen Furderung. Auch Charlotte von Stein war besorgt tber Gertchte vom angeblich schlechten Einfluss Goethes auf den Herzog. Dieser habe „sich wunderbahr ge|ndert“, schrieb sie im Brief vom 6. bis 8. M|rz 1776 an Johann Georg Zimmermann, „gestern war er bey mir behaubtete daß alle Leute mit Anstand mit Manieren nicht den Namen eines ehrlichen Mannes tragen kunten Æ:::æ; daher er auch niemanden mehr leiden mag der nicht etwas ungeschliffnes an sich hat. Das ist nun alles von Goethen“ (vollst|ndig mitgeteilt in den Erl|uterungen zu Nr 57). 32,23–24 Geschichte meiner vier lezten Monate] Goethe lebte seit dem 7. November 1775 in Weimar. – Auch im vorhergehenden Brief an Johanna Fahlmer (Nr 43) bedauerte Goethe, ohne Diarium (31,7) nichts anschaulichs (31,8) tber seinen Eintritt in Weimar berichten zu kunnen. 47. An Johann Gottfried Herder ÆWeimar, kurz vor dem oder am 20. Februar 1776æ ! ÆBtckeburgæ DAT I ERU N G
Dass der Brief aus dem Jahr 1776 stammt, geht aus seinem Inhalt hervor: Herders Berufung nach Weimar. Eine genauere Datierung kann sich auf folgende Indizien stttzen: Wieland greift in einem Brief an Merck vom 19. Februar 1776 das Bild vom Einzug Jesu in Jerusalem (vgl. 33,11–14) auf: „Guthe umarmt Sie. Der Messias H e r d e r wird an Palmarum auf 150 Eseln (seiner subordinirten Geistlichkeit) hier einreiten.“ (WB 5, 477.) Vermutlich kannte also Wieland zu diesem Zeitpunkt Goethes Verse, oder es war von den „150 Eseln“ unter ihnen gespr|chsweise die Rede gewesen. Einen weiteren Anhaltspunkt bietet der Vers vom Fassnachtsspiel (34,27); danach wurde der Brief offenbar zur Fastnachtszeit geschrieben. Die Fastnacht (vor Aschermittwoch) fiel 1776 auf den 20. Februar. Dazu passt das von Wieland und Goethe gebrauchte biblische Bild, das die Erwartung zum Ausdruck bringt, Herder werde sich zur Osterzeit in Weimar einfinden. In Goethes Rechnungsbtchern ist unter dem 20. Februar 1776 ein Brief an Herder verzeichnet (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 5v). Alles spricht daftr, dass es sich um den vorliegenden Brief handelt, der also am 20. Februar 1776 oder kurz davor geschrieben wurde. BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin. – 1 Bl. 18,8(–19)622,8(–23) cm,
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muglicherweise H|lfte eines ursprtnglichen Doppelblatts, 2 S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben links von fremder Hd, Bleistift: „16.“, dartber Stempel: „Herder.“, in der Mitte von fremder Hd (Heinrich Dtntzer oder Ferdinand Gottfried von Herder?, Herausgeber von E), Bleistift: „(19)“; Rs. kleiner Rest eines roten Siegels; Bl. am rechten und linken Rand in der Mitte beschnitten, Textverlust (vgl. 33,17 und 34,17), mit Papierstreifen restauriert. E: Aus Herders Nachlaß 1 (1856), 57–60, Nr 19. WA IV 3 (1888), 31–33, Nr 404. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 20. Februar 1776 (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 5v). Der Gedichtbrief besteht aus Knittelversen, aus (meist) vier- oder ftnfhebigen Versen im Paarreim mit unregelm|ßiger Senkungszahl. Die Hebungen im Knittelvers liegen nicht immer auf sinntragenden Silben und fthren so zu einer rhythmischen Holprigkeit, mit der Goethe parodistisch auf die altdeutsche Verssprache eines Hans Sachs oder Hans Rosenpltt zurtckgriff. Gedichtbriefe dieser Art hatte er schon in Frankfurt einige geschrieben, vor allem an Johann Heinrich Merck (vgl. GB 2 I, Nr 94, 165, 177). Auch in der Satire „Jahrmarktsfest zu Plundersweilern“ (1774) und im „Fastnachtsspiel Æ:::æ vom Pater Brey“ (1774) findet sich der Knittelvers. – Goethe bereitet Herder in scherzhafter Manier auf seinen Eintritt in Weimar vor, den er mit dem Einzug Jesu in Jerusalem vergleicht. 33,6 die Ehen werden im Himmel gestifft] Die sprichwurtliche Redensart bezieht sich auf die christliche Auffassung der Ehe als von Gott geheiligter Lebensgemeinschaft: „Was nun Gott zusammen geftget hat, das soll der mensch nicht scheiden.“ (Matth|us 19,6; Luther-Bibel 1772 NT, 23; vgl. auch Markus 10,9.) – Hier ist von Herders Berufung als Generalsuperintendent nach Weimar die Rede, die Goethe durchgesetzt hatte. 33,7 Orden] Hier im Sinne von ,Stand‘ (vgl. Adelung 3, 609). 33,10 Dass ihr bald mit der Peitsche kommt] Anspielung auf Jonathan Swift, den Dechanten von St. Patrick in Dublin, dessen kritischen Geist Herder sich zu eigen machte, weshalb er im Umkreis Goethes auch der Dechant (AA DuW 1, 427 [12. Buch]) genannt wurde (vgl. auch GB 1 II, zu 248,2). In einem Brief an Johann Heinrich Merck vom 17. Oktober 1772 hatte Herder geschrieben: „Æ:::æ wenn ich denn einmal komme, so ists der Irrl|ndische Dechant mit der Peitsche.“ (HB 2, 245.) Herder meinte damit den polemischen Ton seiner Rezensionen in den von Merck und Goethe herausgegebenen „Frankfurter gelehrten Anzeigen“. 33,11–12 unser Herr und Crist / Auf einem Esel geritten ist] Nach dem Evangelium des Markus (11,1–11) ritt Jesus auf einem Esel in Jerusalem ein, bevor er dort gefangen genommen und gekreuzigt wurde. W|hrend seines Einzugs
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breiteten viele Menschen auf dem Weg vor ihm Kleider aus und streuten Zweige. An dieses Ereignis erinnern sich die Christen am Palmsonntag (Palmarum), der 1776 auf den 24. M|rz fiel. Wieland ging davon aus, dass Herder zu diesem Zeitpunkt bereits in Weimar sein werde (vgl. Datierung). Dessen Amtsantritt verzugerte sich jedoch wegen Herders amtlichen Pflichten (vgl. seinen Brief an Carl Friedrich Ernst von Lyncker, 16. M|rz 1776; HB 2, 275 f.) und der bevorstehenden Niederkunft seiner Frau Caroline (vgl. seinen Brief an Johann Georg Hamann, 20. Juli 1776; HB 3, 281) bis zum 1. Oktober 1776 (vgl. auch zu 79,12–13). 33,14 hundert und funfzig Esel] Anspielung auf die Mitglieder der Weimarer „subordinirten Geistlichkeit“ (Wielands Brief an Merck, 19. Februar 1776; vgl. Datierung), die sich gegen Herders Berufung zur Wehr setzten. 33,15 Dioces] Diuzese: Verwaltungsbezirk eines kirchlichen Amtstr|gers (griech. dioiŁ jgri|: Haushaltung, Verwaltung), die Verwaltungseinheit mehrerer Einzelgemeinden. 33,16 Erlauern sich] Sich (Rippenstuße) erlauern: scherzhaft mit Blick auf Herders ktnftige Amtsherrschaft als Generalsuperintendent im Sinn von ,etwas mit gemischten Gefthlen erwarten‘ (vgl. GWb 3, 346). 33,17 bÆassæ] Laut Adelung (1, 743) veralteter Positiv zum Komparativ ,besser‘, aber auch (nach dem Mittelhochdeutschen) als Komparativ zum Adverb ,gut‘, ,wohl‘ gebraucht, von Goethe vor allem in Versdichtung verwendet (vgl. GWb 2, 86). 33,18 Bereiten euer Haushalt] Goethe ktmmerte sich persunlich um die Herrichtung von Herders ktnftiger Amtswohnung; vgl. seinen Brief an Herder vom 5. Juli 1776 (Nr 138). 33,20 die Kleider streun] Anspielung auf den biblischen Bericht vom Einzug Jesu in Jerusalem (vgl. zu 33,11–12). 33,21 Derhalb] Alterttmlich ftr ,deshalb‘ (vgl. GWb 2, 1148). – Die folgenden Verse beziehen sich wohl auf die Herrichtung eines Haushalts (33,18), der zu den |ußeren (materiellen) Lebensumst|nden gehurt, um die sich im menschlichen Leben alles ,dreht‘. 33,24 Sinnbwu] Hapaxlegomenon. – An anderer Stelle findet sich bei Goethe ftr ,Geb|ude‘ das Wort Gebwu (Faust. Zweiter Teil, Vers 6414; WA I 15 I,80; Brief an Wilhelm von Humboldt, 17. M|rz 1832; WA IV 49, 283,17; vgl. GWb 3, 1135). Muglich ist, dass diese Kurzform in Hans Sachs’scher Manier ein weiteres Mal verktrzt wurde. Demnach w|ren (ideelle) ,Sinngeb|ude‘ gemeint. 33,26 stuzt] Stutzen: prangen, „im |ußern Gepr|nge andere zu tbertreffen suchen“ (Adelung 4, 490). 33,29 Gart] Alterttmelnd und im Reim ftr ,Garten‘ (vgl. GWb 3, 1099). 34,1 d e r ] Bezieht sich wohl auf Messies (33,30). 34,2 e r ] Bezieht sich wohl auf keiner (34,1).
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34,4 Vizdum] Statthalter oder Stellvertreter eines regierenden Herrn (vgl. Adelung 4, 1217), auch Schutzherr eines Bistums oder einer Abtei und Stellvertreter des Bischofs (vgl. Zedler 49, 403 f.); abgeleitet von mittellat. vicedominus. 34,6–7 Dass der Herr Æ:::æ zschtig] Goethe ist daran gelegen, dass bereits Herders erstes Auftreten in Weimar die gewtnschte Wirkung tue und keinen Anstoß errege. Diesem Zweck dienen auch seine Ratschl|ge, Herders Antrittspredigt betreffend, im Brief vom 5. Juli 1776: Er muge sich einfach ausdrtcken; die Gl|ubigen ftrchteten, ihn nicht zu verstehen (vgl. 80,15–17). 34,9–10 wie im Buche Æ:::æ in SchaafsKleidern geht] „SEhet euch vor, vor den falschen propheten, die in schaafskleidern zu euch kommen; inwendig aber sind sie reissende wulffe.“ (Matth|us 7,15; Luther-Bibel 1772 NT, 9.) 34,19–20 Dsrft auch Æ:::æ vor allen Leuten.] Im 10. Buch von „Dichtung und Wahrheit“ berichtet Goethe von der ersten Begegnung mit Herder im Straßburger Gasthof „Zum Geist“ im Oktober 1770: Sein gepudertes Haar war in eine runde Locke aufgesteckt, das schwarze Kleid bezeichnete ihn gleichfalls Æals Geistlichenæ, mehr noch aber ein langer schwarzer seidner Mantel, dessen Ende er zusammengenommen und in die Tasche gesteckt hatte. (AA DuW 1, 335.) In seinem Brief an Caroline Flachsland vom 1. Mai 1771 berichtet Herder von seiner Einfthrung in Btckeburg; es heißt dort: „Stellen Sie sich vor, was ich vor eine Figur spielte, als mich mein Ehrwtrdiger College mitten durch die Kirche fthrte, mich u. meinen Mantel in der Tasche, als Konsistorialrath u. Hochwtrdigen Oberprediger“ (HB 2, 14). 34,21–22 Wenn euch Æ:::æ berufen hat] Die „Ober-Pfarr-Stelle bey der Haupt- und Pfarr-Kirche zu S. S. Petri et Pauli“ (HN, XXXVII 86, 1) zu Weimar wurde Herder erst durch eine Urkunde des Stadtrats vom 1. August 1776 zugesprochen (vgl. Keßler 1, 48). 34,23–24 Werd ihr Æ:::æ S u p e r n d e n t ] Die offizielle Ernennung zum Generalsuperintendenten erfolgte mit einer Urkunde vom 15. Mai 1776 (vgl. weiter zu 24,17). 34,26 Wie ihr an den L y n c k e r thwtet treiben] Wenn der vorliegende Brief korrekt datiert wurde, ist damit Herders Brief an Carl Friedrich Ernst von Lyncker vom 3. Februar 1776 gemeint (vgl. HB 3, 253). – Zu ,treiben‘ vgl. die Variante zu dieser Stelle. 48. An Johann Caspar Lavater DAT I E RU N G
ÆWeimar, 20. Februar 1776æ ! ÆZtrichæ
Nach seinem Empfangsvermerk (vgl. berlieferung) und nach der Mitteilung in seinem Antwortbrief von Anfang M|rz 1776 (vgl. Goethe-Lavater3, 63) erhielt
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Lavater den Brief am 1. M|rz 1776. In Goethes Rechnungsbuch ist unter dem 20. Februar 1776 ein Brief an Lavater verzeichnet. Dabei kann es sich nur um den vorliegenden Brief handeln. Briefe zwischen Weimar und Ztrich liefen etwa 6–8 Tage (auf Goethes Brief vom 6. M|rz 1776 [Nr 56] antwortete Lavater am 12. M|rz im Brief an Wieland [vgl. WB 6 III, 1519]; Wielands Brief vom 5. Februar 1776 [WB 5, 469 f.] erhielt Lavater am 13. Februar [vgl. WB 5, 471,25; WB 6 III, 1506]). BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 68. – Doppelblatt 10(–10,3)616,5 (–16,7) cm, 3 S. beschr., egh., Tinte, von S. 2 an zunehmend fltchtig geschrieben; S. 1 oben rechts Empfangsvermerk, Tinte: „d‘ 1 Mz 1778.Æ!æ“ (Die Angabe des Jahres beruht auf einem Irrtum; vgl. Datierung.) E: Zur Hausandacht ftr die stille Gemeinde am 28. August 1871, S. 13, Nr 2 d (mit Datierung: Weimar, M|rz 1776). WA IV 3 (1888), 42 f., Nr 421 (Korrektur des Datums in den „Lesarten“, vgl. WA IV 3, 280, und „Berichtigungen“, vgl. WA IV 30,25). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet ein nicht tberliefertes „Billiet“ Lavaters (WB 5, 471), welches dieser seinem Brief an Wieland vom 13. Februar 1776 beigelegt hatte. – Lavater antwortete Anfang M|rz 1776 (Goethe-Lavater3, 63–65, Nr 44; vgl. RA 1, 64, Nr 59). Postsendungen: 20. Februar 1776 (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 5v). 35,1 deine Plans Wirthschafft] Gemeint ist der Plan zum 2. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“, der seit Januar bei Philipp Erasmus Reich in Leipzig gedruckt wurde. W|hrend seiner ersten Schweizer Reise hatte sich Goethe im Juni und Juli 1775 in Ztrich aufgehalten. Dabei hatten er und Lavater den weiteren Fortgang der „Fragmente“ besprochen: Unsre nwchste, und fast ununterbrochene Unterhaltung war seine Physiognomik. Æ:::æ Wir verhandelten alles den Umstwnden nach grsndlich genug, und ich versprach ihm dabey nach meiner Rsckkehr die bisherige Theilnahme. (AA DuW 1, 605 und 622 [18. und 19. Buch].) Eduard von der Hellen schließt aus der Kritik im vorliegenden Brief, dass die in Ztrich entwickelte Konzeption des 2. Bandes weitgehend auf Goethe zurtckging und dass dieser deshalb nun von der Aufktndigung ,seines‘ Plans sprach (vgl. von der Hellen, 123). Allerdings war es bereits im September 1775 zu Unstimmigkeiten zwischen Goethe und Lavater in Bezug auf die Zusammenarbeit an den „Physiognomischen Fragmenten“ gekommen (vgl. GB 2 II, zu 211,1–2). 35,3–4 Nur kommt iust alles Æ:::æ nicht in den Theil.] ber Goethes Anteil am 2. Band der „Physiognomischen Fragmente“ vgl. die zweite Erl|uterung
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BRIEF 49
zu 7,5. In Lavaters Antwortbrief von Anfang M|rz heißt es: „Wenn du nun alles hast, wie du’s haben solltest, was zum II. Thl gehurt, wirst du sehen, daß du noch manches, ja das meiste von deinem Vorrathe brauchen kannst.“ (Goethe-Lavater3, 64.) 35,4 Haman mach ich nicht.] Lavater hatte mit seinem Brief an Wieland vom 13. Februar 1776 einen Kupferstich von Johann Georg Hamann tbersandt, den Goethe physiognomisch interpretieren sollte (vgl. WB 5, 471). Goethes Kommentar wollte er mit Anmerkungen Herders tber „Ham[anns] Karakter“ kompilieren, welche ihm dieser bereits mit seinem Brief vom 30. Dezember 1775 geschickt hatte (vgl. HB 3, 240). Nach Goethes Absage nahm Lavater eine Bearbeitung der Herderschen Bemerkungen vor und veruffentlichte den Beitrag im 2. Band der „Physiognomischen Fragmente“ im 36. Fragment „Religiuse, Schw|rmer, Theosophen, Seher“ (S. 285 f.). 35,6–7 an Wieland] Ftr den Zeitraum von Goethes Abwesenheit (vgl. die folgende Erl|uterung) sollte Lavater seine Manuskripte an Wieland schicken. 35,7 eine Reise] Goethe reiste vom 24. M|rz bis zum 4. April nach Leipzig, wo er u. a. mit dem Verleger der „Physiognomischen Fragmente“, Philipp Erasmus Reich, zusammentraf (vgl. zu 14,10). 35,7 der Herz. u ich] Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach reiste wegen einer Erkrankung, die sich im M|rz einstellte und bis Mitte April anhielt, nicht mit nach Leipzig (vgl. Wielands Brief an Johann Heinrich Merck, 12. April 1776 [WB 5, 493] sowie zu 52,1–2). 35,8–9 Hast du Aristoteles sber die Phisiognomick gelesen.] Bereits Herder hatte Lavater in einem Brief nach dem 20. Februar 1775 auf die pseudoaristotelische Schrift „Physiognomonica“ aufmerksam gemacht (vgl. HB 3, 160). Goethe tbersetzte eine Stelle daraus (805a 11–18 [Z|hlung nach Carl von Prantl]) und nutzte sie unter dem Titel „Aristoteles von der Physiognomik“ als einfthrende Bemerkung zu seinem Artikel „Thiersch|del“ im 13. Fragment (S. 139–142; WA I 37, 348). Weiter vgl. von der Hellen, 163. 35,10 ein Auszug am Ende des zweyten Theils] Eine solche weitere bersetzung aus den „Physiognomika“ kam nicht zustande (vgl. von der Hellen, 163). 35,11 Herder wird General Superndendt] Auf Vermittlung Goethes wurde Herder zum sachsen-weimarischen Generalsuperintendenten berufen und trat sein Amt am 1. Oktober 1776 an. Wieland hatte Lavater schon in seinem Brief vom 16. Februar von Herders Berufung berichtet (vgl. WB 5, 474). An diesen schrieb Lavater daraufhin am 27. Februar: „Du nach Weimar? Wo Stolberg Kammerherr, Wieland Merkur, Goethe Mignon, der Herzog ein trefflicher Mann, Louise der Engel ist.“ (Aus Herders Nachlaß 2, 160.) 35,12–14 Wenn i c h Æ:::æ We i b e r n antworten.] Im Brief vom 21. oder 22. Dezember 1775 (Nr 7) hatte Goethe auf Bitte Herzog Carl Augusts angefragt, ob Lavater ihm einen Kandidaten ftr das Amt eines Generalsuperintenden-
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ten nennen kunne. Seinen Antwortbrief vom 3. Januar hatte Lavater an Herzogin Louise gerichtet (teilweise abgedruckt in der Erl|uterung zu 7,16–17). Dartber hatte sich Goethe schon in seinem Brief an Lavater vom 22. Januar 1776 (Nr 26) ver|rgert gezeigt (vgl. zu 22,18–19). 35,16–17 Ich hoffe Æ:::æ b e b e n d seyn.] Lavaters emotional aufgeladener Stil, den Goethe hier ebenso kritisiert wie in Nr 210 (vgl. 126,3–6), gefiel anderen Freunden des Verfassers gut. So bekannte Friedrich Leopold zu Stolberg in seinem Brief an Lavater vom 10. September 1776: „O du lieber wie hat die Einleitung zum 2ten Theil mich gerthrt! Wie lebendig dargestellt die Nacht vom 7 zum 8ten November Æ1775; Stolbergs Abschied von Lavater in Ztrichæ! Sey mir fest ans Herz gedrtckt du allerliebster allerbester! du einziger!“ (Goethe-Lavater3, 400.) Auch Lavater selbst hatte am 8. November 1775 an Herder geschrieben: „Gestern, Bruder, hab’ ich die Einleitung zum zweiten Theil der ,Physiognomik‘ gemacht, die erste H|lfte, war mir wohl bei diesem Capitelchen – Zittern und Wonne sein Inhalt.“ (Aus Herders Nachlaß 2, 150.) 35,26 i. e.] Lat. id est: Das heißt. 35,26–27 Wort und Sprach Coexistenz] Ein ,Zusammenleben in Wort und Sprache‘ in Form von Briefen. – Goethe beklagt sich tber Lavaters nachlassende Korrespondenzt|tigkeit. 35,27 |] Muglicherweise in der Funktion einer uffnenden Klammer; eine schließende Klammer fehlt allerdings. 35,27 Amen.] Aus dem Hebr|ischen: So soll es sein. – Schlussformel des christlichen Gebets; wiederholt in den frthen Briefen Goethes zur Bekr|ftigung am Briefschluss gebraucht. Vgl. auch GB 2 I, Nr 19, 92, 96, 146, 207, 216, 256, 259, 260, 263. 49. An Johann Caspar Lavater
ÆWeimaræ, 22. Februar 1776? ! ÆZtrichæ
DAT I ERU N G
Nach Ulrich Hegner, dem Herausgeber des Erstdrucks, stammt der Brief, dem er das vorliegende Fragment entnahm, vom 22. Februar 1776. Dieses Datum, jedenfalls die Angabe des Jahres, erscheint zwar fraglich, wird aber beibehalten, weil andere zuverl|ssige Anhaltspunkte fehlen. Vgl. weiter zu 36,2–3. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. E: Hegner (1836), 74. WA IV 3 (1888), 33, Nr 405 (nach E). Textgrundlage: E.
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BRIEFE 50/51
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Das vorliegende Bruchsttck wurde von Ulrich Hegner, einem Bekannten Lavaters und Herausgeber des Erstdrucks, aus Goethes nicht tberliefertem Brief abgeschrieben. Im „Vorbericht“ seiner Veruffentlichung schreibt er: „Der Zutritt zu seinen ÆLavatersæ Handschriften gab mir den Anlaß, mit seiner unbedingten Einwilligung, von Briefen bedeutender Freunde Æ:::æ Ausztge dessen, was sie ihm tber ihn selbst zugeschrieben hatten, zu machen.“ (Hegner, V.) 36,2–3 All Deine Ideale Æ:::æ wie die Natur.] Die Erkl|rung erweckt den Anschein, als entstamme sie einer Auseinandersetzung zwischen Lavaters emphatisch vertretener Religiosit|t und Goethes ,Glauben‘ an die Natur. Besonders der Beginn ihrer Korrespondenz, etwa von November 1773 bis Mitte 1774, war von kontrovers diskutierten religiusen Fragen gepr|gt. Lavater versuchte, Goethe zum ,rechten‘ christlichen Glauben zu bekehren, Goethe opponierte: I c h b i n k e i n C h r i s t, heißt es lapidar in seinem Brief aus der Zeit zwischen dem 23. und 26. November 1773 (GB 2 I, 55), der ebenfalls nur fragmentarisch tberliefert ist. In Goethes und Lavaters Briefen aus dem Jahr 1776, soweit sie tberliefert sind, findet sich eine solche Thematik ebenso wenig wie in den Briefen der folgenden Jahre. Gerade in den ersten Monaten des Jahres 1776 stand fast ausschließlich die Drucklegung von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ im Vordergrund des Briefwechsels. Goethes Bekenntnis, wahr zu seyn, und gut und btse wie die Natur, erinnert an seine Rede „Zum Sch|kespears Tag“ vom Herbst 1771; dort schreibt er tber die sich in Shakespeares Werken offenbarende ,Natur‘: das was wir bts nennen, ist nur die andre Seite vom Guten, die so nothwendig zu seiner Existenz, und in das Ganze gehtrt, als Zona torrida brennen, und Lapland einfrieren muss, dass es einen gemwsigten Himmelsstrich gebe. (DjG3 2, 85.) Aus diesen Grtnden ist das in E mitgeteilte Datum des vorliegenden Briefes in Zweifel zu ziehen. Einiges scheint ftr eine frthere Entstehungszeit zu sprechen. Allerdings gibt es ftr eine zuverl|ssige Umdatierung, etwa in die erste H|lfte des Jahres 1774, keine konkreten Anhaltspunkte. 50. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 23. Februar 1776 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 6. – 1 Bl. 19,268,5(–9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „15“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 15), vgl. berlieferung zu Nr 18.
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E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 11 f. WA IV 3 (1888), 33 f., Nr 406. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 36,5 das das] Versehentliche Dittographie nach Zeilenumbruch. 36,5–6 das erstemal seit vierzehn Tagen mit freyem Herzen] Nachdem bereits Ende Januar die von Goethe betriebene Berufung Herders zum sachsen-weimarischen Oberhofprediger, Oberkonsistorial- und Kirchenrat und Generalsuperintendenten erfolgt war (vgl. 31,8–9), hatte sich Mitte Februar offenbar auch die bis dahin noch immer unentschiedene Lage Goethes gekl|rt (vgl. 31,10–12; 32,13). 36,6 voll Dancks gegen dich] Der Brief wurde wahrscheinlich nach einem gemeinsam verbrachten Abend geschrieben (vgl. zu 37,3). Sowohl Charlotte von Stein wie auch Goethe selbst hatten am 22. Februar 1776 keine Verpflichtungen am Hof, da die ftrstliche Abendtafel ausgefallen war, weil das Herzogspaar bei der Herzoginmutter speiste (vgl. FB 1776, S. 61). 36,6–7 Engel des Himmels] Seit Ende Januar gebrauchte Goethe in seinen Briefen an Charlotte von Stein h|ufig die Anrede ,Engel‘, die hier durch die sprachliche N|he zur Diktion der Bibel noch eine Steigerung erf|hrt (vgl. zu 25,14). 36,7–8 du einzige unter den Weibern] Wohl in Abwandlung der Anrede der Jungfrau Maria durch den Engel des Herrn: „du gebenedeyte unter den weibern!“ (Lukas 1,28; Luther-Bibel 1772 NT, 58) sowie der Anrede der Geliebten im Hohenlied: „du schunste unter den weibern“ (Das Hohelied Salomons 1,8; Luther-Bibel 1772 AT, 557). Goethe war in der Straßburger Zeit 1770/71 durch Herder zu seiner zu Lebzeiten ungedruckten bertragung des Hohenliedes angeregt worden (vgl. zu 141,1–2; zu 147,9). 36,9 auf der Redoute] Maskenball (vgl. zu 24,18); er fand am selben Abend statt: „Auf kommenden Freytag wird die lezte Redoute gehalten, worzu die Liebhaber eingeladen werden.“ (WWA, 21. Februar 1776, Nr 15, S. 59.) 51. An Charlotte von Stein DAT I ERU N G
ÆWeimaræ, 24. Februar Æ1776æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief unmittelbar nach dem vollst|ndig datierten Brief vom 23. Februar 1776 (Nr 50) eingeordnet, was auch die inhaltlichen Beztge best|tigen (vgl. zu 36,9; zu 37,1). Demnach wurde der Brief, laut Datierung vom Febr d‘ 23 Nachts halb 1 Uhr (37,5), in der ersten Morgenstunde des 24. Februar 1774 niedergeschrieben.
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BRIEF 52
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 7. – 1 Bl. ca. 19,269,1(–9,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Reste eines roten Siegels; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „16.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 16), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 12. WA IV 3 (1888), 34, Nr 407. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 36,13 Ich musste fort] Wie aus dem Kontext hervorgeht, verließ Goethe die Redoute (37,1), die er gemeinsam mit Charlotte von Stein besucht hatte. 36,13–14 Du Einzige Æ:::æ mich’s plagt] In Ankntpfung an den unmittelbar vorangehenden Brief (vgl. zu 36,7–8); dass ihn nur Charlottes Liebe nicht plage, hatte Goethe auch schon in seinem Brief vom 2. Februar 1776 behauptet (vgl. 29,18). 36,17 meine Schwester] Cornelia Schlosser, die in Emmendingen zunehmend unter Einsamkeit und Heimweh litt, was Goethe schwer belastete (vgl. zu 18,20). 36,17–18 wie ich an dir eine Schwester habe] In seinen Briefen spricht Goethe Charlotte von Stein allerdings nur |ußerst selten als ,Schwester‘ an (vgl. die erste Erl|uterung zu 55,20). 36,19 Gusteln] Vgl. zu 29,16. 36,19 Ungezogenheiten] Wie der Kontext vermuten l|sst, wahrscheinlich ein Kuss auf die Hand, den Goethe Charlotte von Stein auf dem Ball gegeben hatte. 37,1 auf der ganzen Redoute] Dem letzten Maskenball der Saison, der am Abend des 23. Februar 1776 begonnen hatte und offenbar w|hrend der Niederschrift des Briefes noch andauerte (vgl. zu 36,9). 37,3 seit dem gestrigen lesen] Muglicherweise hatte Goethe etwas aus seinen Werken vorgelesen, zu denken w|re vor allem an die ktrzlich erschienene „Stella“ (vgl. die erste Erl|uterung zu 26,4); in Frage k|men auch die Briefe (29,9), die Goethe der Adressatin am 2.? Februar 1776 wieder zugeschickt hatte (vgl. zu 29,9). 37,3–4 Morgen zu Pferd] Offenbar war ftr den folgenden Tag ein Ausritt – vielleicht gemeinsam mit Charlotte von Stein – geplant; N|heres dazu nicht ermittelt.
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52. Philipp Seidel an Gottfried August Btrger Weimar, 26. Februar 1776 ! ÆAltengleichen/Wullmarshausenæ BERLIEFERUNG
1) Brief: H: Verbleib unbekannt. E: Strodtmann 1 (1874), 281 f., Nr 217. 2) Beilage: H: Verbleib unbekannt. E: Teutscher Merkur. Februar-Heft 1776, S. 193 f. WA I 37, 360 f. (nur Beilage, Brief nicht gedruckt). Textgrundlage: Ftr Brief und Beilage jeweils E. – Die Hervorhebungen entsprechen zeitgenussischer Druckkonvention und nicht Goethes oder Seidels Schreibgewohnheit. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Btrger antwortete am 9. M|rz 1776 (Strodtmann 1, 282 f., Nr 218; vgl. RA 1, 65, Nr 60). Postsendungen: 26. Februar 1776 (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 6v). Btrger plante eine bersetzung von Homers „Ilias“, an der er schon seit 1771 arbeitete. Im Januar-Heft des „Deutschen Museums“ 1776 war eine Probe erschienen: Homers Iliade. Ftnfte Rhapsodie, verdeutscht von Gottfried August Btrger (S. 1–14). In den Vorbemerkungen dazu wandte sich der Autor an sein Publikum mit der Frage: „Ob du einen solchen Homer verlangest?“ (S. 2.) Goethe veruffentlichte daraufhin im Februar-Heft des „Teutschen Merkur“ 1776 eine Erwiderung, mit der er das Vorhaben unterstttzte; sie ist als Beilage zum vorliegenden Brief abgedruckt. Zwei Jahre sp|ter, mit einem Brief vom 19.? M|rz 1778 (Nr 338), erinnerte Goethe Btrger an dieses Angebot einer Art von Pr|numerationszahlung und schickte ihm mit seinem Brief vom 20. April 1778 (Nr 348) einen Betrag von 51 Louisdor, welcher der Summe der von der herzoglichen Familie und Wieland oder Goethe selbst in Aussicht gestellten Unterstttzung entsprach. Trotz der Hilfe kam die Homer-bersetzung nicht zustande. Goethe war ver|rgert und das persunliche Verh|ltnis zu Btrger gesturt. Vgl. des Weiteren die einleitende Erl|uterung zum Brief vom 12. Februar 1774 (GB 2 II, Nr 93). 37,13 ein baldiges Wtrtgen] In Btrgers Antwortbrief heißt es zurtckhaltend: „Da die Stimmen ftr meinen dettschen Homer nicht gez|hlt, sondern gewogen werden mtßen, so sollte mich schon allein Eter Zuruf, ihr Edlen und Weisen, ohne eter Gold bewegen die tettsche Ilias sofort uffentlich zu versprechen. Aber es ist ein elend j|mmerlich Ding! wenn einem auch Zets Kronion den Geist erhebt, Æ:::æ gtldne Waffen gegen eherne zu vertauschen, so hemmen hundert irdische
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BRIEF 53
Bedtrfnisse den Flug des Geistes. Sieh, mein liebster Guthe ich hab ein Amt und muß dessen warten. Ich muß mich mit allerley juristischer Faustarbeit placken, um Weib und Kind und mich zu ern|hren.“ (Strodtmann 1, 283.) 37,17 S e i d e l ] Philipp Friedrich Seidel, von 1775 an zehn Jahre lang Goethes Sekret|r und Schreiber (zu seiner Person und dem Verh|ltnis zu Goethe vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 362). 38,7 Humor] Im 18. Jahrhundert noch im Sinne von franz. humeur: Laune, Stimmung. 38,9–10 Auffrischung seines bsrgerlichen Zustands] Btrger litt unter beruflichen und privaten Sorgen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 37). 38,28 Herzog von Weimar] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 38,29 Herzogin-Mutter] Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach. 38,30 regierende Herzogin] Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 38,31 Prinz Constantin] Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach, Bruder des Herzogs Carl August. 38,33 Witzleben] Friedrich Hartmann von Witzleben, Oberhofmarschall am Weimarer Hof. 38,34 G. R.] Geheime(r) Rat. 38,34 Puttbus] Moritz Ulrich Graf von Putbus, seit 1775 Oberhofmeister Anna Amalias und Geheimer Rat. 38,36 Kalb] Carl Alexander von Kalb, Geheimer Rat in Weimar, bis Juni 1776 Pr|sident der Weimarer Kammer. 39,1 Marschall] August Dietrich Graf von Marschall auf Burgholzhausen, Hofgerichtsassessor und Kammerherr in Braunschweig; er gehurte zum Bekanntenkreis Ernst Theodor Langers in Leipzig, wo er Rechtswissenschaften studiert hatte. ber Langer war auch Goethe mit Marschall bekannt geworden (vgl. GB 2 II, zu 48,23). Als Marschall von 1783 bis 1794 Besitzer des Ritterguts Oßmannstedt war, hatte Goethe auch persunlichen Umgang mit ihm. 39,2 Hohenthal] Die Familie Hohenthal, seit 1732 und 1736 in den Reichsfreiherrenstand erhoben, war in Sachsen begttert; viele ihrer Mitglieder wurden Inhaber hoher mter im s|chsischen Staatsdienst. Da Goethe hier nur von ,Baron‘ ohne Angabe einer Amtsbezeichnung spricht, kunnte Friedrich Wilhelm von Hohenthal auf St|dteln bei Leipzig gemeint sein, sp|ter ebenfalls s|chsischer Geheimer Rat; er gehurte zu den Subskribenten auf Goethes Werkausgabe bei Guschen (1787–1790); im Subskribenten-Verzeichnis heißt es (auch wieder ohne Amtsbezeichnung): „Baron von Hohenthal zu St|deln“ (Goethe’s Schriften. Bd 1. Leipzig 1787, S. IX). Dass er sich die Unterstttzung von Schriftstellern angelegen sein ließ, bewies er als Furderer Johann Gottfried Seumes, dem er Schulbesuch und Studium in Leipzig finanzierte. 39,3 Kalb] Johann August von Kalb, Sohn des Kammerpr|sidenten Carl Alexander von Kalb, dem er im Juni 1776 im Amt nachfolgte.
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39,4 Seckendorff] Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Kammerherr von Herzog Carl August. 39,5 Einsiedel] Friedrich Hildebrand von Einsiedel, Kammerherr der Herzoginmutter Anna Amalia. 39,6 Knebel] Carl Ludwig von Knebel, weimarischer Hauptmann und Erzieher des Prinzen Constantin. 39,7 Bertuch] Friedrich Justin Bertuch, Geheimer Sekret|r und Schatullverwalter von Herzog Carl August.
53. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Ende Februar 1776?æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief unter die undatierten Briefe am Ende des Jahrgangs 1777 eingeordnet. Vor allem die Anrede ,Du‘ verweist darauf, dass er anders einzuordnen ist, da in s|mtlichen datierten Briefen des Jahres 1777 durchgehend das ,Sie‘ verwendet wird. Schull datiert ihn zwischen den 21. und 27. April 1777, ver|ndert aber die Anrede im Text zu „Ihren Augen“ (Schull, Goethe-Stein 1, 94). Schulls Datierung folgten die sp|teren Herausgeber einschließlich Strehlke in der WA. Von der Anrede, vom Inhalt und Tonfall her passt der Brief eher in die Zeit Ende Februar 1776 (vgl. die zweite Erl|uterung zu 39,13). Diese Datierung wurde erstmals 1908 von Fr|nkel vorgeschlagen (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 9, Nr 23; danach bei Petersen, Goethe-Stein 1, 11, Nr 22). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 69. – 1 Bl. 13,6(–14,8)66,5 (–7,1) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „65“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 69), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 94. WA IV 3 (1888), 150, Nr 591. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 39,12 den Kindern] Charlotte von Steins Suhne Carl, Ernst und Friedrich. 39,13 ein Mwhrgen] Vermutlich ist hier noch an kein bestimmtes M|rchen gedacht.
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BRIEFE 54/55
39,13 ruhe an deinen Augen] Vgl. Datierung; ganz |hnlich heißt es im Brief vom 24. Februar 1776: Ich habe nun wieder auf der ganzen Redoute nur deine Augen gesehn (37,1–2). 54. An Charlotte von Stein
Erfurt, 4. M|rz 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 8. – 1 Bl. 18,4(–18,6)616,7 (–17,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „21.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 21), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 13. WA IV 3 (1888), 35, Nr 409. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 39,16 komm ia mit auf Ettersburg] Gemeint ist Schloss Ettersburg, nahe dem gleichnamigen Dorf etwa 8 km nordustlich von Weimar, eines der herzoglichen Jagdschlusser, am Nordhang des Ettersberges in landschaftlich schuner Umgebung gelegen (vgl. zu 30,19). Das bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts als dreifltgeliger Barockbau errichtete Schloss war bis 1740 durch einen freistehenden Stdfltgel mit den Wohnr|umen der herzoglichen Familie (Neues Schloss) erweitert worden. Von 1776 an bis 1780 wurde es zur Sommerresidenz der Herzoginmutter Anna Amalia. – Wie das Fourierbuch vom 5. M|rz 1776 belegt, wurde Herzog Carl August, in dessen Begleitung sich Goethe befand, an diesem Tag von der Weimarer Hofgesellschaft in Ettersburg erwartet: „Nachdem Durch‘. Herzog am verwichenen Sonnabend Æ2. M|rzæ nach Erfurth Reiseten, und heute tber Ettersburg wiederum zurtck Kahmen, gingen beyde Durch‘: Herzoginen um 10 Uhr nebst den Durch‘: Pr. Constantin und Gefolg bis Ettersburg entgegen und da zu frthsttcken; von daher Sie dann abends mit bey Durch‘ Herzogin, Frau Mutter Abstiegen und Abends da mit Speißeten.“ (FB 1776, S. 74.) Zum Gefolge der Herzoginnen kunnte auch Charlotte von Stein gehurt haben. 39,25 Erfurth] Vgl. zu 29,23.
M{RZ 1776
55. An Johanna Fahlmer
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ÆWeimaræ, 6. M|rz Æ1776æ ! ÆFrankfurt a. M.æ
DAT I ERU N G
Das fehlende Jahr ergibt sich aus dem Inhalt des Briefes sowie aus dem Vermerk der Postsendung in Goethes Rechnungsbtchern. BERLIEFERUNG
H: Privatbesitz, Deutschland. – 1 Bl. 11617,5 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 2 S. beschr., egh., Tinte, Text auf Rs. fltchtig geschrieben; Vs. unten rechts und Rs. oben links am Rand jeweils egh., Tinte: #; Vs. oben links von Johanna Fahlmers Hd, Tinte: „N r 5“ (Z|hlung vermutlich bezogen auf die Briefe Goethes nach dessen Eintreffen in Weimar am 7. November 1775), in der Mitte von fremder Hd, Bleistift: „42“ (vgl. E). E: Goethe-Fahlmer (1875), 109 f., Nr 42. WA IV 3 (1888), 37 f., Nr 413 (nach E; Textkorrekturen nach H in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50, 214). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. Aus der Nachschrift des vorliegenden Briefes geht hervor, dass Johanna Fahlmer die im Brief vom 14. Februar 1776 (Nr 43) erbetenen Schmuckfedern tbersandt hatte. Ein Begleitbrief ist nicht tberliefert. Goethes Aufforderung, die Eltern muchten sich tber sein dauerhaftes Engagement in Weimar beruhigen, kunnte sich auf entsprechende Nachrichten aus Frankfurt beziehen. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 8. M|rz 1776 (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 7r). 40,2 die S c h m i r m e r ] Bisher wurde irrig „der Schw|rmer“ (vgl. E und WA) oder „der Schmirmer“ (vgl. FA/Goethe II 2, 26) gelesen. Es handelt sich jedoch um Sarah Katharina Schirmer geb. Dtnckel, von Goethe auch Schmirmer genannt: Hernach bey Frau Schmirmer und Jaquet. (Tagebuch unter dem 14. August 1797; GT II 1, 128 und 140.) Sie war die Frau des Schul-, Schreib- und Rechenmeisters Johann Georg (Michael) Schirmer in Frankfurt, Verfassers verschiedener Schulbtcher wie „Geufnete Schreib-Schule“ (Frankfurt a. M. um 1760) und „Selbstlehrende Algebra“ (5 Bde. Frankfurt a. M. 1779– 1782). Der Name ,Schmirmer‘ findet sich nur im vorliegenden Brief und an der zitierten Tagebuch-Stelle. ber Goethes Bekanntschaft mit dem Ehepaar Schirmer ließ sich nichts N|heres ermitteln. 40,3 kochen] Hier im tbertragenen Sinn von ,jemandem etwas zubereiten‘, ,verftgen‘, ,machen‘, ,verfahren‘ (vgl. Grimm 11, 1557). 40,5 Ich bleibe hier] Diesen Entschluss hatte Goethe bereits im Brief an Johanna Fahlmer vom 19. Februar 1776 mitgeteilt (vgl. 32,13). Dass er sich hier
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wiederholt, kunnte mit Einw|nden der Eltern zusammenh|ngen. Einige Tage nach der Niederschrift des vorliegenden Briefes, am 16. M|rz 1776, wandte sich Johann August von Kalb mit einem Brief an Goethes Eltern (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 61), in dem er von der Ernennung ihres Sohnes zum Geheimen Legationsrat berichtet und hinzuftgt: „Machen Sie ich beschwure Sie darum, daß Gltck Ihrer Suhne dadurch vollkommen, daß Sie Ihren Handlungen Ihrem Beifall geben.“ 40,5–6 ein schtn Logis gemieth] Goethe hatte vier Monate lang im Haus des Kammerpr|sidenten Carl Alexander von Kalb gewohnt. ber seine weiteren Wohungen vgl. die erste Erl|uterung zu 43,18. 40,6–7 der Vater ist mir Æ:::æ s c h u l d i g ] Johann Caspar Goethe unterstttzte seinen Sohn nur in bescheidenem Umfang, nicht zuletzt, weil er zum damaligen Zeitpunkt dem Eintritt Goethes in den weimarischen Ftrstendienst kritisch gegentberstand (vgl. zu 15,25–26). 40,9 H.] Herzog. 40,9 wieder 100 Dukaten geschenckt] Die finanzielle Unterstttzung durch den Herzog in den ersten Monaten nach Goethes Ankunft in Weimar entsprang dem Wunsch Carl Augusts, ihn langfristig an das Herzogtum zu binden. Diesem Zweck diente auch, dass der Herzog Goethe im April 1776 das ftr 600 Taler erworbene Haus an den Ilmh|ngen schenkte und dieses ftr etwa die gleiche Summe renovieren und mublieren ließ (vgl. 43,6–8). 40,11–12 allerley Leuten] Darunter Johann Heinrich Merck (vgl. zu 15,25–26), Charlotte von Stein (vgl. die zweite Erl|uterung zu 82,22) und Friedrich Heinrich Jacobi; Letzterer gew|hrte ihm offenbar ein Darlehen, wie aus Goethes Brief an Jacobi vom 2. Oktober 1782 hervorgeht. Dort spricht Goethe von einer Schuld Æ:::æ, in der ich noch bey dir stehe. Weiter heißt es: Du halfst mir damals aus einer großen Verlegenheit und ich will es nicht entschuldigen daß ich der Sache so lang nicht erwwhnte. Bald hatte ich die Summe nicht beysammen, bald vergaß, bald vernachlwssigte ich es (WA IV 6, 62). N|heres konnte nicht ermittelt werden. 40,17 die Federn] Goethe hatte um Schmuckfedern ftr weiblichen Kopfputz gebeten (vgl. 31,27–28). Wann er das Geld tbersandte, ist nicht bekannt. 56. An Johann Caspar Lavater BERLIEFERUNG
Weimar, 6. M|rz 1776 ! ÆZtrichæ
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 65. – 1 Bl. 11618 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: An Lavater. – Beischluss zu Christoph Martin Wielands
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Brief an Lavater vom 8. M|rz 1776 (vgl. WB 6 III, 1517). – Faksimile: Goethe-Lavater1, 175 f. E: Goethe-Lavater1 (1833), 19, Nr 7. WA IV 3 (1888), 36 f., Nr 412. ERLUTERUNGEN
Der Brief kreuzte sich mit Lavaters Brief von Anfang M|rz 1776 (Goethe-Lavater3, 63–65; vgl. RA 1, 64, Nr 59). Was die Datierung dieses Briefes angeht, so kann unter ,Anfang M|rz‘ weder der 1. noch der 2. M|rz verstanden werden; dies legt Lavaters Formulierung nahe, Goethes „Strafbriefchen“ vom 20. Februar (Nr 48) habe er „erhalten den 1. M|rz. 1776“ (Goethe-Lavater3, 63). Da die Befurderung der Post zwischen Weimar und Ztrich mehr als drei Tage in Anspruch nahm (vgl. Datierung zu Nr 48), konnte Lavaters Brief am 6. M|rz noch nicht, wie bisher angenommen, in Goethes H|nden sein (vgl. RA 1, 64, Nr 59; FA/Goethe II 2, 723). Der vorliegende Brief bezieht sich vielmehr – wie Wielands Briefe an Lavater vom 4. und vom 8. M|rz 1776 (WB 5, 480–482) – auf Lavaters Brief an Wieland vom 13. Februar 1776 (WB 5, 471 f.) sowie auf Wielands Brief an Lavater vom 4. M|rz 1776 (vgl. zu 40,18; zu 40,19). – Lavater antwortete am 12. M|rz 1776 (Goethe-Lavater3, 66; vgl. RA 1, 65, Nr 61). 40,18 ermatte dich nicht Msdling] Goethe kannte offenbar die zuletzt zwischen Wieland und Lavater gewechselten Briefe. Lavater hatte in seinem Brief an Wieland vom 13. Februar 1776 tber die große Belastung durch die Arbeit am 2. Band der „Physiognomischen Fragmente“ geklagt und am Schluss des Briefes geschrieben: „Denken Sie, lieber Wieland, oft / an den armen Mtdling / dieß Wort ligt mir immer auf / der Zunge, / den armen Mtdling“ (WB 5, 471). In der Nachschrift hatte er die Sorge ge|ußert, Goethe kunne bei der Vielzahl seiner Gesch|fte nicht gentgend Zeit ftr die Redaktion der Manuskripte und die Aufsicht tber deren Druck bei Philipp Erasmus Reich in Leipzig aufbringen (vgl. WB 5, 471 f.). Wieland hatte in seinem Brief vom 4. M|rz sein Mitgefthl ge|ußert: „Aber Lavater ein M t d l i n g ! – Ich kan Ihnen nicht beschreiben, wie es mich im Innersten verwundet und schmerzt, daß ich Sie unter dem Drang Æ:::æ s o l c h e r Geist und Leib erschupfender Arbeiten und Sorgen seufzen sehe“ (WB 5, 480). Weiter schrieb er aufmunternd: „Verlaßen Sie Sich inzwischen darauf, daß Guthe, in allem dem Wirbel worinn er sich dreht, Sie und die Physiognomik nicht vergißt“ (WB 5, 481). Darauf nimmt Goethe mit dem Anfang des vorliegenden Briefes Bezug. 40,19 ich hab all deine Phisiognomick] Gemeint sind die Manuskripte zum 2. Band der „Physiognomischen Fragmente“. Lavater hatte in seinem Brief an Wieland vom 13. Februar besorgt angefragt: „G o e t h e wird meine Fragmente vollends erhalten haben?“ (WB 5, 471.) Goethe redigierte die Manuskripte und
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schickte sie weiter nach Leipzig, wo sie von Philipp Erasmus Reich gedruckt wurden. Weiter vgl. die zweite Erl|uterung zu 14,8. 40,19–20 der 2. Theil wird zuviel stwrcker] Darauf, dass der 2. Band „ohne alle Proportion dicker als der 1ste“ werde (WB 5, 481), hatte bereits Wieland im Brief an Lavater vom 4. M|rz 1776 hingewiesen: „Doch dartber hat Ihnen Guthe wohl schon geschrieben, oder thuts n|chstens.“ (Ebd.) – Der Umfang des 2. Bandes der „Fragmente“ betrug schließlich 291 (paginierte) Seiten sowie 12 Seiten Register und Verzeichnisse (gegentber dem 1. Band mit 272 [paginierten] Seiten und 9 Seiten Register und Verzeichnisse). 40,20–21 will drum mit Reichen reden] Dies tat Goethe in seinem Brief an Philipp Erasmus Reich vom 10. M|rz 1776 (Nr 59). 40,21–24 Ich bin nun ganz eingeschifft Æ:::æ zu sprengen.] Zum Bild der Seefahrt, das Goethe wiederholt mit Bezug auf sein Leben verwendete, vgl. zu 13,7–8. 41,1 Amanuenses] Lat.: Schreiber, Sekret|re. (Gemeint ist wohl: Auch wenn Lavater durch Schreiberhand von sich huren ließe, w|re das schon gut.) 57. An Johann Georg Zimmermann
Weimar, 6. M|rz 1776 ! ÆHannoveræ
BERLIEFERUNG
H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: 9698. – 1 Bl. 18610,9 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „6. M|rz“, auf der Rs. Angabe des Adressaten: „An Zimmer/mann“. – Beischluss zu Charlotte von Steins Brief an Zimmermann vom 6. und 8. M|rz 1776 (vgl. Goethe/Stein-Zimmermann, 173). E: Goethe/Stein-Zimmermann (1904), 174, Nr 4. WA IV 30 (1905), 9, Nr 413a. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Zimmermanns (vgl. die einleitende Erl|uterung zum vorliegenden Brief sowie Charlotte von Steins dort mitgeteilten Brief an Zimmermann vom 6. M|rz 1776). – Muglicherweise antwortete Zimmermann mit einem nicht tberlieferten Brief, den Goethe, vermutlich Anfang Mai 1776, an Charlotte von Stein weitergab (vgl. deren Brief an Zimmermann, 10. Mai 1776; abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 102). Im Bezugsbrief hatte Zimmermann offenbar berichtet, dass schlecht von Goethes Weimarer Ve r h w l t n i s s e n (41,4–5) geredet werde, und davor gewarnt,
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es kunne ftr ihn tbel ausgehen. Darauf antwortet Goethe im vorliegenden Brief ebenso heftig wie in Nr 112 auf Klopstocks mahnenden Brief vom 8. Mai 1776. Charlotte von Stein bat er am 5. Juli 1776, Zimmermann auszurichten, er, Goethe, habe einen Pick auf all meine Freunde die mich mit Schreiben von dem was man sber mich sagte wider ihren Willen plagten. (83,18–20.) Zimmermann zeigte sich ebenso empurt wie Klopstock. Er brach zwar nicht wie dieser die Beziehung zu Goethe furmlich ab (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 112), aber er opponierte gegen ihn mit einem „Anti-Weymarismus“ (Lavater an Zimmermann, 16. Mai 1777; zitiert nach: Ludwig Hirzel: Goetheana. In: Im neuen Reich 8 [1878]. Bd 2, S. 608), von dem ihn selbst sein Freund Johann Caspar Lavater nicht zurtckhalten konnte. An Herder, der im Begriff stand, als Superintendent nach Weimar zu gehen, richtete Zimmermann in einem Brief vom 19. Juni 1776 warnende Worte tber die „W i r t h s c h a f t i n We i m a r “ (Aus Herders Nachlaß 2, 374) und zitierte zur Bekr|ftigung aus Charlotte von Steins Brief an Louise von During vom 10. Mai 1776: „Goethe cause ii un grand bouleversement; s’il sait y remettre ordre, tant mieux pour son gnie. Il est sr qu’il y va de bonne intension; cependant trop de jeunesse et peu d’exprience – mais attendons la fin. Tout notre bonheur a disparu ii: notre cour n’est plus ce quelle tait. Un seigneur mcontent de soi et de tout le monde, hazardant tous les jours sa vie avec peu de sant pour la soutenir, son frxre encore plus fluet, une mxre chagrine, une pouse mcontente, tout ensemble de bonnes gens, et rien qui s’accorde dans cette malheureuse famille.“ (Zitiert nach: Fr|nkel, Goethe-Stein2 3, 114. – „Goethe verursacht hier einen großen Umsturz; wenn er auch wieder Ordnung machen kann, um so besser ftr sein Genie! Sicherlich ist seine Absicht gut, aber zu große Jugend und zu geringe Erfahrung – doch warten wir das Ende ab! All unser Gltck ist von uns gewichen; unser Hof ist nicht mehr, was er war. Ein Herr, der mit sich selber und mit aller Welt unzufrieden ist, der t|glich sein Leben und sein bißchen Gesundheit aufs Spiel setzt, um diese letztere zu st|rken; sein Bruder noch haltloser; eine bektmmerte Mutter, eine unzufriedene Gattin; alle zusammen gute Leute, aber nichts, was in dieser ungltcklichen Familie zusammenstimmt.“ [Bode 1, 180 f.]) Aus den Jahren nach 1776 ist nur noch ein Brief Goethes an Zimmermann bekannt; er stammt vom 26. Januar 1778 und ist nicht tberliefert (vgl. EB 190). – Wie sehr sich Goethe tber Zimmermann ge|rgert hatte, zeigt Charlotte von Steins Brief an diesen, dem der vorliegende Brief Goethes beigeschlossen war: a Weimar ce 6“ Mars 1776 D’un jour a lautre Cher Ami j’ai voulu Vous ecrire et Vous remercier de Votre lettre du 29 Decemb: de lanne passe et me voila presque un quart d’an dans la presente sans Vous avoir pay le reste de ce que je Vous devois de l’ancienne, je serai a jamais malgr moi Votre debitrice en tout jusqu’a la fin de ma vie.
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Le retour du printems j’espere Vous rendra plus content de Votre sant que Vous ne l’tiez il ya quelques mois et Vous tirera de cet abattement de l’ame qui est le pir de tout, et dont je sais aussi chanter quelque chose avec cette difference que je n’ai rien a perdre comme Vous autres genies. Dernierement au soir, et hier a midi, Wieland a soupp et din chez moi et devient de bon coeur mon ami, je dois son amiti a Guthe et le tout a Vous. Ich kunte Ihn wohl mancherley politische Lieder hier singen, aber zu was? Nos souhaits pour Herder sont accomplits. Guthe est ici un objet aim, et has, Vous sentirez qu’il ya bien de grosses tetes qu’ils ne le comprennent pas. Louise augmente pour moi de jour en amiti, mais beaucoup de froideur entre les Epoux pourtant je ne desespere pas, deux xtres si raisonnables, si bons, doivent enfin s’accorder. Au moment Guthe m’envoit Votre billet je Vous ai deja confess mes pches. adieu, avant le depart de la poste je Vous dirai cher Ami encore une fois bon soir et bonjour. Ich komme jetz Ihnen eine gute Nacht zu sagen. Ich war den Abend im concert Guthe nicht, vor einigen Stunden war er bey mir gab mir vor Sie das beygeschloßne billet und war toll tber Ihren Brief den er mir auch vorlas, ich vertheitigte Sie, gestund ihm ich wtnschte selbst er mugte etwas von seinen wilden Wesen darum ihn die Leute hier so schieff beurtheilen, ablegen, daß im Grund zwar nichts ist als daß er jagd, scharff reit, mit der grosen Peitsche klatscht, alles in Geselschaft des Herzogs. Gewiß sind dies seine Neigungen nicht, aber ein Weile muß ers so treiben um den Herzog zu gewinnen und dann gutes zu stifften, so denck ich davon; er gab mir den Grund nicht an, vertheitigte sich mit wunderbahren Grtnden, mir bliebs als h|tt er unrecht. Er war sehr gut gegen mich nennte mich im Vertrauen seines Hertzens Du, das verwies ich ihn mit den sanfftesten Ton von der Welt sichs nicht anzugewuhnen weil es nun eben niemand wie ich zu verstehn weis und er ohne dies offt gewiße Verh|ltniße aus den Augen setz, da springt er wild auf vom Kanape, sagt ich muß fort, l|ufft ein paar mahl auf und ab um seinen Stock zu suchen, find ihn nicht, rent so zur Thtre hinaus ohne Abschied ohne gute Nacht; Sehen Sie lieber Zimmermann so wars heute mit unßern Freund. Schon einigemahl habe ich bittern Verdruß um ihn gehabt das weis er nicht und sols nie wißen. nochmahls gute Nacht. d. 8ten Da haben Sie nun auch den guten Morgen, ich kunte Ihnen vor Abgang der Post auch noch eine gute Nacht sagen aber ich bin nicht zu Hauß den Abend, und noch den Vormittag muß ich mich von Ihnen trennen. Ich solte gestern mit der Herzogin Mutter zum Wieland gehn, weil ich aber furchte Guthen da zu finden that ichs nicht. Ich habe erstaunlich viel auf meinen Hertzen daß ich den Unmenschen sagen muß. Es ist nicht muglich mit seinen Betragen kumt er nicht durch die Welt; Wenn unßer sanffter Sittenlehrer gekreutzget wurde, so wird dieser bittere zerhackt. Warum sein best|ndiges pasquilliren, es sind ja alles Geschupffe des grosen Wesens das duldet sie ja, und nun sein unanst|ndiges betragen
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mit Fluchen mit pubelhafften niedern Ausdrtcken. Auf sein moralisches so bald es aufs Handeln ankomt, wirds vielleicht keinen Einfluß haben, aber er verdirbt andre; der Herzog hat sich wunderbahr ge|ndert, gestern war er bey mir behaubtete daß alle Leute mit Anstand mit Manieren nicht den Namen eines ehrlichen Mannes tragen kunten, wohl gab ich ihn zu daß mann in den rauhen Wesen offt den ehrlichen Mann f|nde aber doch wohl eben so offt in den gesitteten; daher er auch niemanden mehr leiden mag der nicht etwas ungeschliffnes an sich hat. Das ist nun alles von Guthen von den Menschen der vor tausende Kopff, und Hertz hat, der alle Sachen so klar ohne Vorurtheile sieht so bald er nur will der tber alles kan Herr werden was er will. Ich fthls Guthe und ich werden niemahls Freunde; auch seine Art mit unßern Geschlecht umzugehn gef|lt mir nicht er ist eigendlich was man coquet nent es ist nicht Achtung genug in seinen Umgang. Zerreißen Sie meinen Brief, es ist mir als wenn ich eine Undanckbarkeit gegen Guthen damit begangen h|tte, aber um keine Falschheit zu begehn wil ichs ihm alles sagen sobald ich nur Gelegenheit finde. Leben Sie wohl lieber Zimmerman v. S t e i n. und empfelen mich unßern FreundinnÆenæ (H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: [1953/32a] – 7182.) bersetzung der franzusisch abgefassten Teile (von Elisabeth und Wolf-Dieter Lange, Bonn): Weimar, 6. M|rz 1776 Tag um Tag, lieber Freund, wollte ich Ihnen schon schreiben und Ihnen ftr Ihren Brief vom 29. Dezember des vergangenen Jahres danken: und nun befinde ich mich schon zu einem Viertel im neuen, ohne dass ich beglichen h|tte, was ich Ihnen vom alten noch schulde; so werde ich, ohne es zu wollen, auf ewig in allem in Ihrer Schuld stehen bis an das Ende meines Lebens. Die Wiederkehr des Frthlings wird Ihnen hoffentlich eine gltcklichere Gesundheit bescheren, als es vor ein paar Monaten der Fall war, und Sie von jener Niedergeschlagenheit der Seele befreien, die von allem am schlimmsten ist und von der auch ich ein Liedchen zu singen wtsste, mit dem Unterschied, dass ich nichts wie Ihr anderen Genies zu verlieren habe. Ktrzlich speiste Wieland bei mir zu Abend und gestern auch zu Mittag; er wird mir von ganzem Herzen zum Freund. Seine Freundschaft verdanke ich Goethe und das Ganze Ihnen. Æ:::æ Unsere Wtnsche ftr Herder haben sich erftllt. Goethe ist hier Gegenstand von Liebe und Hass. Sie werden begreifen, dass es einige Dummkupfe gibt und dass sie ihn nicht verstehen. Louise wird mir in Freundschaft immer n|her, aber es gibt so viel K|lte zwischen den Eheleuten.
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Gleichwohl gebe ich die Hoffnung nicht auf; zwei so verntnftige, so gute Seelen mtssen sich am Ende doch wieder versuhnen. Gerade schickt Goethe mir Ihr Billett; meine Stnden habe ich Ihnen schon gebeichtet. Adieu, vor der Abfahrt der Post-Kutsche wtnsche ich Ihnen, lieber Freund, noch einmal einen guten Tag und einen guten Abend dazu. 2–3 Votre lettre du 29 Decemb:] Nicht tberliefert. 6 Votre sant] Zimmermann litt zeitlebens unter Depressionen und Hypochondrie. 12 politische Lieder] ,Politisch‘ hier wohl im weiteren Sinn von ,auf das gesellschaftliche Leben beztglich‘, sonst im 18. Jahrhundert auch ,listig‘, ,huflich‘ (vgl. Grimm 13, 1979 f.). 12–13 Nos souhaits pour Herder sont accomplits.] Herder war zum Generalsuperintendenten des Herzogtums Sachsen-Weimar berufen worden. 15 Louise] Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 16 beaucoup de froideur entre les Epoux] ber das wenig herzliche Verh|ltnis zwischen Herzog Carl August und seiner Frau Louise machte sich auch Lavater Sorgen (vgl. zu 105,28). 18 billet] Der vorliegende Brief Goethes an Zimmermann. 22 Ihren Brief] Der nicht tberlieferte Bezugsbrief. 28–29 wunderbahren Grtnden] ,Wunderbar‘ hier noch im Sinn von ,seltsam‘ (vgl. Grimm 4, 1622). 29 mir bliebs] Verktrzt wohl ftr: ,Mir blieb der Eindruck‘ o. . 41 Herzogin Mutter] Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach, die Mutter Herzog Carl Augusts. 44 sanffter Sittenlehrer] Jesus Christus. 45 pasquilliren] Schm|hen, verspotten (vgl. Grimm 13, 1483), von ,Pasquill‘: „L|sterschrift, Schandschrift“ (Adelung 3, 663). 58 coquet] Franz. Form von ,kokett‘: ,wie ein Hahn‘ (von franz. coq); Grimm (11, 1600) bringt das Wort in Zusammenhang mit niederl. haanig („geil“) und altfranz. cocart („eitel“). Als Attribut weiblicher Personen hatte es stark pejorative Bedeutung: „Coquette, heist eine Weibs-Person, so buhlerisch ist, und sich von allen Manns-Personen careßiren l|sset.“ (Zedler 6, 1207.) 62 unßern FreundinnÆenæ] Vermutlich ist nur Zimmermanns Tochter Catharina gemeint; Charlotte von Stein traf mit Vater und Tochter im Juni/Juli 1776 in Pyrmont zusammen. 41,4 Mir ist wohl] Eine solche Versicherung hatte Goethe gegentber Zimmermann bereits frther abgegeben (vgl. 15,4). 41,5 R e i s e n d e r ] ber die ,Weimarer Verh|ltnisse‘ scheint Zimmermann in diesem Fall nicht durch Briefe Charlotte von Steins, sondern durch einen ,Reisenden‘ schriftlich oder mtndlich unterrichtet worden zu sein. Bei diesem kunnte es sich um Heinrich Julius von Lindau gehandelt haben (tber ihn vgl. die einleitenden Erl|uterungen zu Nr 19 und Nr 281). Er hatte sich im Januar 1776 in Weimar aufgehalten; am 29. Januar schreibt Goethe an Charlotte von Stein: Lindau ist fort. (25,24.) Danach war er tber einige Zwischenstationen nach Hannover gereist; wann genau er eintraf, ist nicht bekannt, wohl aber, dass er dort mit Heinrich Christian Boie zusammentraf („Gestern hat mich Lindau sehr unerwartet tberrascht“; Brief an Jacob Michael Reinhold Lenz, 8. M|rz 1776;
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Lenz, Briefe 1, 192]) und Gespr|che mit Zimmermann fthrte („Zimmermann den ich in Hannover gesprochen habe“; Lindau an Lenz, 16. M|rz 1776; Lenz, Briefe 1, 207). Zimmermann berichtet dartber in seinem Brief an Lavater vom 15. M|rz 1776: „Vor wenigen Tagen war ein Herr von Lindau bei uns, der Æ:::æ neulich bei Goethe in Weimar war.“ (Ernst, 96.) 41,8–9 Der Ptbel sieht auf den Ausgang sagt ein Grieche.] Ob Goethe hier einen bestimmten antiken Autor zitiert, ist ungewiss. Die Formulierung l|sst an Niccol Machiavellis Auffassung denken, die er in seinem Werk „Il principe“ (1532) vertritt; dort heißt es im 18. Kapitel „Wie ein Ftrst Wort halten mtsse“: „Der Pubel h|lt sich nur an den |usserlichen Schein, und beurtheilet eine Sache nur nach ihrem Ausgange.“ (Nic. Machiavels Regierungskunst eines Ftrsten. Mit Herrn Amelots de la Houssaye historischen und politischen Anmerkungen, und dem Leben des Machiavels. Frankfurt und Leipzig 1745 [Reprographischer Nachdruck mit einem Nachwort von Heiner Hufener. 2. Aufl. Dortmund 1982], S. 142.) Diese Vorstellung war freilich der gesamten griechischen und rumischen Antike eigen (nach freundlichem Hinweis von Heinz Gerd Ingenkamp, Bonn). Ftr Seneca war es gerade ein Merkmal von Weisheit, sich gegenteilig zu verhalten: „Æ:::æ in allen Dingen sieht der Weise auf die Absicht, nicht auf den Erfolg“ (Briefe an Lucilius 14,15; in: Lucius Annaeus Seneca: Philosophische Schriften. Bd 3. bersetzt, mit Einleitungen und Anmerkungen versehen von Otto Apelt. Hamburg 1993, S. 49). 41,9 die Glscklichen scheinen weise den Menschen] Zitat aus Goethes zu Lebzeiten nicht erschienener bersetzung der Pindar zugeschriebenen „Ftnften Olympischen Ode“ (Verse 38 f.; DjG3 3, 69; vgl. zu 276,13–14). 58. An Johann Heinrich Merck DAT I ERU N G
ÆWeimar, 8.? M|rz 1776æ ! Darmstadt
Der Brief wurde bisher stets mit dem Datum des 8. M|rz 1776 gedruckt. Dabei bezogen sich die Herausgeber auf das mit Bleistift geschriebene Datum am Ende des Briefes (vgl. berlieferung), das vermutlich nicht von Goethe stammt. Dass der Brief im M|rz 1776 geschrieben wurde, ist dem Inhalt nach dennoch muglich: 1) Bei der erw|hnten Geldangelegenheit kunnte es sich um die Rtckzahlung eines Kredits von Merck handeln, die ftr M|rz 1776 vorgesehen war (vgl. zu 41,12). – 2) Im M|rz 1776 wurde die Entscheidung getroffen, Goethe zum Mitglied des Geheimen Consiliums zu machen (vgl. zu 41,17). – 3) Goethes Hinweis, er habe inzwischen viel von Thtringen kennen gelernt, passt zu Anfang M|rz 1776; gerade kehrte er am 5. M|rz von einem dreit|gigen Aufenthalt in Erfurt zurtck (vgl. weiter zu 41,18–19). – 4) Dass Wieland mit Merck htchst glscklich (41,21) war, h|ngt damit zusammen, dass im Januar- und Februar-Heft des „Teutschen
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Merkur“ 1776 die ersten Rezensionen Mercks erschienen waren (vgl. zu 16,31–32). Mit einem Brief vom 11. M|rz schickte Wieland das Februar-Heft an Merck (vgl. WB 5, 483), und am 23. M|rz schrieb er ihm enthusiastisch, er fthle, „daß Sie unter den Recensenten just eben das sind, was K l o p s t o c k unter den Dichtern, H e r d e r unter den Gelehrten, L a v a t e r unter den Christen und G u t h e unter allen menschlichen Menschen, d. i. ich bin ganz anschaulich tberzeugt, daß es nur von Ihnen abhienge, die herrlichsten C o m p o s i t i o n e n zu machen und tber die meisten Schriftsteller unsrer Zeit in Prosa und Versen empor zu gl|nzen“ (WB 5, 486 f.). – All dies stttzt die bisherige Datierung des vorliegenden Briefes auf M|rz 1776. Ein Anhaltspunkt daftr, dass er genau am 8. M|rz geschrieben wurde, konnte nicht gefunden werden. BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 66. – 1 Bl. 18,7(–18,9)623 cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Herrn Kriegsrath / Merck / nach / Darmstadt, rotes Initialsiegel: „G“; oberer Rand Mitte und linker Rand Mitte Siegelausschnitte. – Am Schluss des Briefes finden sich jeweils in stark verblasster oder radierter Bleistiftschrift nach glscklich. das Datum „d‘. 8. Marz 76“ sowie rechts unter dem Brieftext die Paraphe „G“. Beide Erg|nzungen stammen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht von Goethe, sondern von fremder Hd. Ob es sich um Mercks Hd handelt, ist nicht sicher zu entscheiden. E: Merck, Briefe1 (1835), 93, Nr 36. WA IV 3 (1888), 38, Nr 414. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 41,12 hast du das Geld Æ:::æ einen Schein] Goethe hatte seine Mutter gebeten, ihm – falls sein Vater keine weitere Unterstttzung gew|hren wtrde – bei Merck einen Kredit zu verschaffen. Das Geld war am 19. Januar 1776 in Weimar eingetroffen (vgl. zu 15,25–26; zu 17,23–24; zu 23,10). Die Rtckzahlung der Schuld oder eines Teils davon war ftr M|rz 1776 vorgesehen (vgl. 23,10–12). Vermutlich hatte Goethes Mutter den Kredit zurtckgezahlt und sollte daftr eine Quittung erhalten. 41,12 Schein] Hier im Sinn von ,Quittung‘ (vgl. Adelung 3, 1400). 41,13 Matinees] Scherzhaft-satirische Gelegenheitsdichtungen von Mitgliedern der Weimarer Hofgesellschaft (vgl. des N|heren die erste Erl|uterung zu 32,4). 41,14–15 der Bursche der Æ:::æ schreibt] Friedrich Hildebrand von Einsiedel; sein Dram ist nicht tberliefert. Einen Eindruck von seinen Matineen mag seine Knittelverssatire „Schreiben eines Politikers an die Gesellschafft am 6 Jan. 76.“ vermitteln, die in der zweiten Erl|uterung zu 32,4 abgedruckt ist. 41,16 Den] Versehentlich ftr ,denn‘.
M{RZ 1776
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41,17 das Regiment probiren] Goethe sollte Geheimer Legationsrat und Mitglied des Geheimen Consiliums werden. Die Entscheidung dartber fiel im M|rz 1776; Johann August von Kalb teilte sie in einem Brief vom 16. Mai 1776 Goethes Eltern mit (vgl. zu 51,21–22). Die Ernennung erfolgte am 11. Juni 1776. 41,18 fatalen] ,Fatal‘ hier: unangenehm, unerfreulich; von Goethe vorwiegend in der voritalienischen Zeit verwendet (vgl. GWb 3, 610). 41,18–19 streiche Æ:::æ in Thsringen herum] Seit seiner Ankunft in Weimar am 7. November 1775 hatte Goethe mehrere Reisen unternommen: nach Erfurt zu Carl Theodor von Dalberg (27./28. November 1775, 29.–31. Dezember 1775, 3.–7. Februar 1776, 2.–5 M|rz 1776, meist mit Herzog Carl August), nach Kochberg zu Charlotte von Stein (6.–9. Dezember 1775), nach Waldeck bei Btrgel (23.–26. Dezember 1775), nach Gotha zu Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha (27.–29. Dezember 1775) und nach Stedten zwischen Erfurt und Gotha zur Familie von Keller (1.–3. Januar 1776). – ,Was Ehrlichs‘ von Goethe im Sinn von ,ziemlich viel‘ gebraucht (vgl. GWb 2, 1395), so auch im Brief an Herder vom 10. Juli 1776 (vgl. 85,19–20). 41,19 brav] Hier ftr ,betr|chtlich‘, ,groß‘ (vgl. GWb 2, 871). 41,19 Fleck-] Nach Trennstrich am Zeilenende nicht fortgefthrt; vermutlich sollte es ,Fleckchen‘ heißen. 41,21 Wieland ist Æ:::æ glscklich.] Seit Ende 1775 war es durch Goethes Vermittlung zu einer engen Verbindung zwischen Wieland und Merck gekommen, der als Mitarbeiter des „Teutschen Merkur“ gewonnen werden konnte (vgl. weiter die einleitende Erl|uterung zu Nr 16 sowie die Datierung des vorliegenden Briefes). 59. An Philipp Erasmus Reich
Weimar, 10. M|rz 1776 ! ÆLeipzigæ
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 67. – Doppelblatt, 19623,2 cm, 1/4 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 unter dem Brieftext von fremder Hd, Tinte: „20 Bogen sind abgedruckt, und ist nun noch zu drey gedruckten / Seiten Mspt. tbrig geblieben, so daß das itzo erhaltene Mspt. auf der / vierten Seite des 22sten Bogens anf|ngt.“; S. 4 Empfangs- und Antwortvermerk, Tinte: „1776. 13. Marz Weimar / Goethe / B‘“ (vgl. berlieferung zu Nr 21). E: Goethe-Lavater1 (1833), 174. WA IV 3 (1888), 39, Nr 415. BEI L AG E
Manuskript zum 2. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ (vgl. berlieferung).
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BRIEF 60
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief (vgl. berlieferung) ist nicht tberliefert. Postsendungen: 10. M|rz 1776 (vgl. GR/RB 1775/76, 1, Bl. 4r). Der Brief bezieht sich wie Nr 13 und 21 auf den Druck des 2. Bandes von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ (weiter vgl. die zweite Erl|uterung zu 14,8). 42,1 XXII Fragments] Das 22. Fragment tr|gt den Titel „Eine Reihe Ftrsten und Helden“ (S. 200–204; mit zehn Tafeln). 42,2 wie viel Bogen abgedruckt sind] Nach der Notiz auf der Handschrift des Briefes waren 20 Bogen gedruckt (vgl. berlieferung), im Quartformat der „Fragmente“ also S. 1–160 (wobei Tafeln und Seiten mit Abbildungen nicht mitgez|hlt sind). Der 20. Bogen endet mitten im 14. Fragment, „Menschensch|del“. 42,4 fsrchte Æ:::æ zu starck werden] Diese Beftrchtung hatte Goethe auch im Brief an Johann Caspar Lavater vom 6. M|rz ge|ußert (vgl. zu 40,19–20) und angektndigt, mit Reich tber das Problem reden zu wollen. Der 1. Band der „Physiognomischen Fragmente“ umfasst 272 Seiten, der 2. Band 291 Seiten (jeweils exklusive Register, Subskribentenverzeichnis und Hinweise ftr den Buchbinder). 60. An Gottfried August Btrger ÆWeimar, Mitte M|rz 1776æ ! ÆAltengleichen/Wullmarshausenæ DAT I E RU N G
Der in E auf „Frthjahr 1776“ datierte Brief ist die Antwort auf Btrgers Brief vom 9. M|rz 1776. Goethe dtrfte ihn vor Antritt seiner Leipziger Reise am 24. M|rz 1776 beantwortet haben, also etwa Mitte M|rz 1776. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. – „Auf die Rtckseite eines Briefcouverts geschrieben“ (Strodtmann 1, 293), egh. E: Strodtmann 1 (1874), 293, Nr 229 (nach H). WA IV 7 (1891), 354 f., Nr 430a (nach E). Textgrundlage: E. – Die Sperrung der Unterschrift entspricht zeitgenussischer Druckkonvention, nicht aber Goethes Schreibgewohnheit. BEI L AG E
Briefe (42,7).
M{RZ 1776 ERLUTERUNGEN
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Der Brief beantwortet Btrgers Brief vom 9. M|rz 1776 (Strodtmann 1, 282 f.; vgl. RA 1, 65, Nr 60). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 42,7 ein Paar Briefe] Nicht ermittelt. Muglicherweise enthielten die Briefe (positive) Stellungnahmen zu Btrgers Projekt einer Homer-bersetzung (vgl. die folgende Erl|uterung). 42,8 Homers] Btrger plante eine bersetzung von Homers „Ilias“. Nachdem im Januar-Heft des „Deutschen Museums“ (S. 1–14) eine erste Probe erschienen war, n|mlich der 5. Gesang, hatte Goethe das Unternehmen uffentlich unterstttzt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 52). Mit einem Brief vom 15. April 1776 sandte Btrger den 6. Gesang an Wieland, mit der Bitte, „beykommendes Fragment mit Guthen und Ihren tbrigen dortigen Fretnden durchzulesen und, wo es nuthig, mit Kritischen Strichen zu bezeichnen.“ (WB 5, 493.) Die bersetzung erschien im Mai-Heft des „Teutschen Merkur“ 1776: Homers Ilias. Sechste Rhapsodie. (S. 147–168.) Trotz Goethes Unterstttzung fthrte Btrger sein Unternehmen nicht aus. 42,9 deiner Teutschheit] Muglicherweise mit Bezug auf Btrgers Homer-bersetzung: Es ging – ftnf Jahre vor der Hexameter-bersetzung der „Odyssee“ von Johann Heinrich Voß (Hamburg 1781) – um die Frage des geeigneten Versmaßes ftr eine solche bertragung aus dem Griechischen. Aus Wielands Brief an Btrger vom 22. April 1776 geht hervor, dass Goethe ftr die Nachahmung des griechischen Hexameters pl|dierte, Wieland aber Btrgers Entscheidung verteidigte, eine jambische bersetzung vorzunehmen (vgl. WB 5, 498). Btrger glaubte, dass der „Jambus das einzige wahre |chte nattrliche heroische Metrum unsrer Sprache sey“; so schrieb er im Beitrag „Btrger an einen Freund tber seine teutsche Ilias“ im Oktober-Heft des „Teutschen Merkur“ von 1776 (S. 52 f.), und weiter heißt es: „Teutschheit, gedrungene, markige, nervenstraffe Teutschheit, find’ ich auf dem Wege, den ich wandle, und sonst auf keinem andern. Sie allein vermags, den Geist Homers m|chtig zu packen, und ihn, wie Sturmwind, aus Jonien nach Teutschland zu reißen.“ (Ebd., S. 63 f.) – Entgegen dieser berzeugung legte Btrger einige Jahre sp|ter auch Proben einer hexametrischen bersetzung vor; im „Journal von und ftr Deutschland“ von 1784 erschienen die ersten vier Ges|nge der „Ilias“ im Versmaß Homers ( Januar-Heft, S. 51–63; Februar-Heft, S. 159–175; April-Heft, S. 361–370; Juni-Heft, S. 592–602). 42,9 ybersezz wenn dirs recht behaglich ist.] Im Bezugsbrief hatte Btrger tber die Beanspruchung durch seine Amtsgesch|fte geklagt (vgl. das Zitat in der Erl|uterung zu 37,13). 42,10–11 wie St Paulus spricht] Der Wortlaut der zitierten Stelle aus dem 1. Brief des Apostels Paulus an die Korinther (13,8 f.) lautet in Luthers bersetzung: „Die liebe huret nimmer auf, so doch die weissagungen aufhuren werden, und die sprachen aufhuren werden, und das erk|nntniß aufhuren wird. Denn unser wis-
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BRIEF 61
sen ist sttck-werck, und unser weissagen ist stuck-werck.“ (Luther-Bibel 1772, NT, 179.) 61. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 17. M|rz 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 17. – 1 Bl. 16,7610,8 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „43.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 43), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 15. WA IV 3 (1888), 39, Nr 416. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der vorliegende Brief ist offenbar der erste, den Goethe nach einer Pause von fast 14 Tagen an Charlotte von Stein schreibt, was auf eine zeitweise Verstimmung schließen l|sst. Ein Grund hierftr kunnte eine Aussprache gewesen sein, die einem Brief Charlottes an Zimmermann zufolge am 6. M|rz 1776 stattgefunden hatte. Goethe habe die Freundin dabei „im Vertrauen seines Hertzens Du“ genannt, was sie ihm „mit den sanfftesten Ton von der Welt“ verwiesen habe: „Sehen Sie lieber Zimmermann so wars heute mit unßern Freund. Schon einigemahl habe ich bittern Verdruß um ihn gehabt das weis er nicht und sols nie wißen.“ (Weiter vgl. den Abdruck des Briefes in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 57.) Nicht nur der briefliche Kontakt scheint danach ftr einige Zeit abgebrochen zu sein, auch die gegenseitigen Besuche wurden offenbar vortbergehend eingestellt (vgl. zu 42,13). 42,12 Ihnen] Im Brief vom 4. M|rz (Nr 54) hatte Goethe die Freundin noch geduzt. In den ersten Briefen, die nach dem 6. M|rz 1776 geschrieben wurden, h|lt sich Goethe noch an die Ermahnung der Freundin und w|hlt wieder das furmlichere ,Sie‘ als Anrede, um es bereits im Brief vom 24. M|rz (Nr 67) wieder zugunsten des ,Du‘ aufzugeben (zum Problem der wechselnden Anrede in den ersten Jahren der Bekanntschaft mit Charlotte von Stein vgl. die erste Erl|uterung zu 25,13). 42,13 kwm ich heut] Muglicherweise der erste Besuch Goethes nach einer Pause von etwa acht Tagen, wie Charlotte von Steins Brief an Zimmermann vom 10. Mai 1776 vermuten l|sst: „Mir gehts mit Goethen wunderbar, nach acht Tagen, wie er mich so hefftig verlaßen hat, komt er mit einen Ubermaas von Liebe wieder.“ (Vollst|ndig mitgeteilt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 102.) 42,13–14 bey Hofe abgesagt] An diesem Abend speisten ungewuhnlich viele Personen an der Marschallstafel (vgl. zu 26,10), im Fourierbuch sind 34 Namen
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verzeichnet, Goethes Name wird nicht unter den G|sten aufgefthrt (vgl. FB 1776, S. 87). 42,14–15 auf ’s gute Leben Æ:::æ herumdursten] Worauf genau sich die Anspielung bezieht, konnte nicht ermittelt werden. – Damals muss jedoch die Entscheidung Goethes, dauerhaft in Weimar zu bleiben, gefallen sein (vgl. auch zu 43,18). Im Thtringischen Hauptstaatsarchiv Weimar ist ein eigenh|ndiges Testament des Herzogs Carl August tberliefert, das nach den Angaben Friedrich Justin Bertuchs, damals herzoglicher Geheimsekret|r, vom 16. M|rz 1776 stammt. Die erste Festlegung darin betrifft Goethe: „In fall daß ich sterben sollte so schreibe ich meinen nachfolger weiter nichts vor, ausgenommen diesen einigen Artickel. / 1) beh|lt der D. J. W. Guthe die Besoldung von 1200 Rth. sollte er aber nicht l|nger dienen wollen so soll er lebensl|nglich 800 Rth als Pension erhalten, u. wo ihm beliebig verzehren.“ (ThHStA Weimar, Ftrstenhaus A XIX, Nr 187; gedruckt bei Wahl, Goethe und Karl August, 34 f.; zur Datierung des Testaments vgl. ebd., 35–37.) Weitere Bestimmungen betreffen u. a. Bertuch, Einsiedel, Corona Schruter (vgl. zu 47,24), Wieland und Knebel. Wenn auch die offizielle Ernennung Goethes zum Geheimen Legationsrat mit Sitz und Stimme im Geheimen Consilium, der huchsten Behurde des Herzogtums, erst am 11. Juni 1776 erfolgte (vgl. Bradish, 193 f., Nr 1), so stand doch mit dem Testament vom 16. M|rz ftr den Herzog wie auch ftr Goethe selbst dessen Eintritt in den Weimarer Staatsdienst fest. Ein weiterer Beleg daftr, dass die Entscheidung tats|chlich sp|testens am 16. M|rz 1776 gefallen war, ist der Brief Johann August von Kalbs an Goethes Eltern, abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zum vorliegenden Brief. Mit dem Entschluss, dauerhaft in Weimar zu bleiben, hing auch zusammen, dass sich Goethe eine eigene Wohnung mietete. Am 18. M|rz zog er aus seiner bisherigen Unterkunft beim Kammerpr|sidenten Carl Alexander von Kalb aus (vgl. zu 43,6). 42,16 Die paar Tage] Ftr den 20. M|rz 1776 war eine Reise nach Dessau und Leipzig geplant, offenbar zun|chst noch gemeinsam mit dem Herzog (vgl. 43,1–2). Goethe brach schließlich aber allein nach Leipzig auf, und zwar erst am 24. M|rz 1776 (vgl. zu 43,15–16). Johann August von Kalb an Catharina Elisabeth und Johann Caspar Goethe in Frankfurt: Weimar am 16ten Merz 1776. Bis diesen Augenblick habe ich angestanden Ihnen meine Liebsten Eltern tber einen Gegenstand zu schreiben in dem sich alle meine Wtnsche vereinigen. Die wechselseitige Neigung des Herzogs gegen Ihren vortreflichen Sohn, das ohnumschr|nckte Vertrauen so er in ihm setzt, macht es beyden ohnmuglich sich von einander zu trennen.
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BRIEF 62
Nie wtrde Er darauf verfallen seyn meinen Guthe eine andere Stelle einem andern Charackter alß denn von Seinem Freunde anzutragen, der Herzog weiß zu gut daß alle andern unter seinem Werthe sind, wenn nicht die hergebrachte Formen solches nuthig machten. Mit Beybehaltung Seiner g|nzlichen Freyheit der Freyheit Urlaub zu nehmen, die Dienste ganz zu verlaßen wann Er will, wird unser junger edler Ftrst in der Voraussetzung / daß Sie unf|hig sind Ihre Einwilligung dazu zu versagen, Ihren Sohn unter dem Titul eines Geheimden LegationsRaths und mit einem Gehalt von 1200 rthlr: in Sein Ministerium ziehen. Stellen Sie die Sie mein Herz kennen in welchen meine Freundschafft zu Ihren treflichen Sohne zur Leidenschafft geworden, die Gltckseligkeit vor in Zukunfft mein Schicksal mit dem Seinigen vereinigt zu sehen! Wann etwas solche hat erhohen kunnen so ist’s dadurch geschehen daß mich daß Schiksal zur Mittels Person bey diesen allen von Anfang an bis zur Entwickelung ausersehen gehabt. Wie gern werden Sie nicht Ihren Sohn, Ihren |ltesten Sohn, bey seinem Bruder wißen einen Theil des Vergntgens Ihm mehr um Sich / zu haben aufopfern, wenn Sie daran dencken, von wie viel Tausenden, die Gltckseligkeit durch diese Aufopferung erhalten wird. Ihr jtngster Sohn verkennt Seine Eltern nicht so sehr, um nur einen Augenblick zu zweifeln, daß diese Betrachtung alle Selbst Gefthle bey Ihnen tberwieget, und mehr alß alle andern Rtcksichten Ihre Einwilligung zu einem Schritte vergewißert, der in den Edelsten Zwecken, und auf die edelste Art geschiehet. Nehmen Sie hingegen von Ihren Suhnen die Versicherung an, machen Sie es ihnen zur stßen Pflicht, Sie zu besuchen, die gltcklichsten Stunden ihres Lebens bey Ihnen zuzubringen. Gern untern|hm ich Ihnen die Verh|ltniße meines Bruders zu bezeichnen, wenn ich mich dazu vermugend fthlte. Dencken Sie Sich Ihm / alß dem vertrautesten Freund unsers lieben Herzogs ohne welchen er keinen Tag existiren kann, von allen prafen Jungen bis zur Schwermerey geliebt, alles was wieder uns war vernichtet, und Sie werden Sich noch immer zu wenig dencken. Machen Sie ich beschwure Sie darum, daß Gltck Ihrer Suhne dadurch vollkommen, daß Sie Ihren Handlungen Ihrem Beyfall geben. Wieland und mein Vater nehmen an allen den w|rmsten Antheil, und haben mir aufgetragen Sie davon, und von ihrer treuen Freundschafft zu versichern. Noch einige Wochen bleibt diese Sache Geheimniß. Schreiben Sie mir bald bester Vater tber eine Sache die mich so ganz anftllt, und seyn Sie versichert daß ich bis an das Ende meines Lebens seyn werde meiner lieben Eltern Ihr treuer Sohn. K a l b.
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N. S. Der Kasten mit der W|sche und denen Manschetten ist richtig ankommen Kalb (H: GSA Weimar, Sign.: 37/I,9,5.) 3 meine Liebsten Eltern] Der auffallend vertrauliche Tonfall des Briefes kntpft an die Bekanntschaft von Kalbs mit Goethes Eltern in Frankfurt im September und Oktober 1775 an. Er hatte Herzog Carl August zu dessen Hochzeit am 3. September in Karlsruhe begleitet und sollte Goethe auf dem Rtckweg in Frankfurt abholen. Da der angektndigte Wagen Ende Oktober noch nicht eingetroffen war und den Wartenden auch keine Nachricht des Herzogs erreichte, brach Goethe kurz entschlossen am 30. Oktober in Richtung Heidelberg auf, um von dort tber die Schweiz nach Italien zu reisen. Schließlich holte ihn aber der Weimarer Kammerherr noch ein, in dessen Begleitung Goethe mit dem versp|tet eingetroffenen Wagen nach Weimar fuhr. (Vgl. Goethes ausfthrliche Schilderung im 20. Buch von „Dichtung und Wahrheit“; AA DuW 1, 643– 649.) 15–16 Gehalt von 1200 rthlr:] Zus|tzlich erhielt Goethe am 30. September 1776 aus der Privatschatulle des Herzogs „als Erg|nzung seiner Besoldungen vom 1 Jan. bis 1 Julius“ 1776 „auf Seren‘. Befehl“ 600 Reichstaler ausgezahlt (ThHStA Weimar, Ftrstenhaus A 1059, Bl. 66). 40 mein Vater] Carl Alexander von Kalb (vgl. zu 38,36). 62. An Johanna Fahlmer
Weimar, 18. M|rz 1776 ! ÆFrankfurt a. M.æ
BERLIEFERUNG
H: Privatbesitz, Deutschland. – 2 Bl. 10,6(–10,8)617,7 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 1/2 S. (jeweils Vs.) beschr. (Bl. 1: Brief, Bl. 2: Nachschrift), egh., Tinte; Bl. 1 Vs. oben links von Johanna Fahlmers Hd, Tinte: „Nr 6“ (Z|hlung vermutlich bezogen auf die Briefe Goethes nach dessen Eintreffen in Weimar am 7. November 1775), in der Mitte von fremder Hd, Bleistift: „43“ (vgl. E); Bl. 2 Vs. oben in der Mitte von fremder Hd, Bleistift: „Zu Nr -- - - 436“ (vgl. E). E: Goethe-Fahlmer (1875), 111 f., Nr 43. WA IV 3 (1888), 39 f., Nr 417 (nach E; Textkorrektur nach H in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50, 214). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief, auf den sich muglicherweise Goethes Brief vom 10. April 1776 bezieht (vgl. 51,13), ist nicht tberliefert.
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BRIEF 63
43,1 reisen wir ab nach Dessau] Die Reise nach Leipzig und Dessau konnte wegen einer Erkrankung des Herzogs Carl August nicht stattfinden (vgl. zu 35,7). Auch Goethe erkrankte noch in der folgenden Nacht (vgl. die zweite Erl|uterung 43,15–16). Erst am 24. M|rz brach er, ohne den Herzog, nach Leipzig auf und blieb dort bis zum 4. April. 43,1–2 sehe also Leipzig wieder] Goethe war erstmals seit seiner Studentenzeit von Oktober 1765 bis August 1768 wieder in der Universit|tsstadt; unter dem 25. M|rz 1776 heißt es in seinem Tagebuch: Nachmittags 3 Uhr in Leipzig. (GT I 1, 17.) Er hatte u. a. den Auftrag, die S|ngerin Corona Schruter ftr Weimar zu gewinnen. 43,2 wunderbaare Empfindung] Dartber geben Goethes in Leipzig geschriebenen Briefe an Herzog Carl August und Charlotte von Stein (Nr 70–73) Auskunft. – ,Wunderbar‘ hier im Sinn von ,seltsam‘ (vgl. Grimm 4, 1622). 43,3 Mama] Catharina Elisabeth Goethe. 43,3 Vater] Johann Caspar Goethe. 43,3–4 was er mir zur Ausstattung geben will] Goethe hatte gerade am 18. M|rz 1776 eine neue Wohnung bezogen (vgl. zu 43,6) und seinen Vater um Unterstttzung bei deren Einrichtung gebeten (vgl. Nr 55), die ihm dieser jedoch nicht gew|hrte (vgl. zu 15,25–26). 43,4 grosem Gerwthe] Einrichtungsgegenst|nde, Hausrat (vgl. GWb 3, 1506). 43,5 Manschetten] Ein „aus dem Franz. Manchette entlehntes Wort, diejenigen in viele Falten gelegten Streifen feinen Zeuges zu bezeichnen, welche man zum Zierathe an das Ende der Hemd|rmel zu befestigen pfleget“ (Adelung 3, 67). 43,6 Alle meine Meubles] Unter dem Datum des vorliegenden Briefes zog Goethe aus seiner Wohnung im Stadthaus des Kammerpr|sidenten Carl Alexander von Kalb aus in eine „Zwischenwohnung“ (vgl. weiter die erste Erl|uterung zu 43,18), bevor er Ende Juni 1776 in das Haus des Hofkassierers Kunig am heutigen Burgplatz gegentber dem Gelben Schloss (heute Herzogin Anna Amalia Bibliothek) wechselte (vgl. Burkhardt, Goethes Stadtwohnungen in Weimar, 244 f.). 43,12 Schneider Eberhard] Vermutlich der Schneidermeister Georg Philipp Eberhardt in der Barftßergasse, „einer der vornehmsten“ in Frankfurt (nach freundlicher Mitteilung von Roman Fischer, Institut ftr Stadtgeschichte, Frankfurt a. M.). – Vermutlich war noch der Rock (3,21) zu bezahlen, von dem in Nr 2 die Rede ist (vgl. 3,21–22).
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63. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 19. M|rz 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 11. – 1 Bl. 18611 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; Rs. Adresse: Fr v. Stein, rotes Gemmensiegel: bartloser M|nnerkopf im Profil (wie Nr 65); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „29.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 29), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 16. WA IV 3 (1888), 40, Nr 418. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief wahrscheinlich vom 19. oder 20. M|rz 1776 ist nicht tberliefert (vgl. die erste Erl|uterung zu 44,1). 43,15–16 bin heute Nacht kranck worden] Goethe litt in den ersten Weimarer Jahren gelegentlich unter Erk|ltungs- und Bronchialkrankheiten, Anginen, so genannten rheumatischen Gelenk- und Muskelschmerzen sowie Wetterfthligkeit, seit 1777 wiederholt auch an Zahnschmerzen. Im Vergleich zu seinem Leipziger ,Blutsturz‘ vom Sommer 1768 und den schweren Rtckf|llen Anfang Dezember 1768 und im Januar 1769 in Frankfurt waren dies aber weit weniger bedenkliche Erkrankungen (vgl. Matouschek, 62–65; GB 1 II, zu 138,25; zu 152,18–19). – Ftr den folgenden Tag war eine Reise mit Herzog Carl August nach Dessau und Leipzig geplant (vgl. 43,1–2), die sich durch die Krankheit verzugerte. Goethe brach schließlich erst am 24. M|rz auf, und zwar reiste er auf direktem Weg nach Leipzig (vgl. Nr 67–71) und ohne Begleitung des Herzogs, der selbst erkrankt war und bis Mitte April 1776 sein Zimmer nicht verlassen durfte (vgl. Goethes Tagebuch vom 17. April 1776; GT I 1, 17; zu 48,1–2). 43,17 zu Wielanden] Vgl. zu 27,13. 43,18 ganz allein zu Hause] Am Tag zuvor hatte Goethe seine bisherige Unterkunft im Stadthaus des Kammerpr|sidenten Carl Alexander von Kalb, den damaligen Schwarzburger Hof am Tupfen-Markt (heute S|chsischer Hof am Herderplatz), verlassen. Nach Burkhardt ist Goethe zun|chst in einer „Zwischenwohnung“ untergekommen, bevor er dann gegen Ende Juni 1776 in das Haus des Hofkassierers Heinrich Carl Kunig am heutigen Burgplatz gegentber dem Gelben Schloss (heute Herzogin Anna Amalia Bibliothek) zog (Burkhardt, Goethes Stadtwohnungen in Weimar, 244 f.). Diese erste Weimarer Stadtwohnung am Burgplatz hatte er aber im M|rz bereits gemietet, wie auch aus einem Brief von Wieland an Merck vom 23. M|rz 1776 hervorgeht: „G u t h e bleibt nun wohl hier, so lange C[arl] A[ugust] lebt Æ:::æ! Er hat sich ein Haus gemiethet, das
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BRIEFE 64/65
wie eine kleine Burg aussieht, und es macht ihm großen Spaß, daß er mit seinem Philipp ÆSeidelæ ganz allein sich im Nothfall etliche Tage gegen ein ganzes Corps darinn wehren kunnte, insofern sie ihm das Nest nicht tberm Kopf ganz anztndeten. Er ist auch im Begriff einen Garten zu kauffen, welches ich auch gethan habe, also und dergestalt, daß wir beyde, NB. ohne vorg|ngige Abrede, uns beynahe in ein und ebendemselben Augenblick in den Weimarischen Philister-Orden begeben haben – welches dann mit alle dem lustig genug ist.“ (WB 5, 488.) 43,18 Hufland] Johann Friedrich Hufeland, herzoglicher Leibarzt und Geheimer Hofrat in Weimar. – Dessen berthmterer Sohn Christoph Wilhelm, seit 1785 sein Amtsnachfolger, wurde Goethes Hausarzt und z|hlte in den 1780er und 1790er Jahren zum engeren Freundeskreis des Dichters. 43,20 Friz war bey uns] Friedrich von Stein, der jtngste, damals erst dreij|hrige Sohn Charlottes, der offenbar ebenfalls bei der Familie Wieland zu Besuch war. 64. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 20. M|rz 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 16. – 1 Bl. 18610,9 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „40.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 40), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 17. WA IV 3 (1888), 41, Nr 419. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich vom 19. oder 20. M|rz 1776 (vgl. die erste Erl|uterung zu 44,1). – Der Antwortbrief vom 20. M|rz 1776 (vgl. zu 44,10–11) ist nicht tberliefert. 44,1 Sie irrten sich] Dies und das Folgende offenbar mit Bezug auf einen nicht tberlieferten Brief der Adressatin, mit dem sie auf Goethes Nachricht von seiner Erkrankung am 19. M|rz 1776 antwortete (vgl. 43,15–16). 44,1 Engel] Vgl. zu 25,14. 44,4 schon weit Æ:::æ ohne den Zufall] Zufall: bis ins sp|te 19. Jahrhundert ftr anfallartig auftretende Erkrankungen verschiedenster Art gebr|uchlich. – Goethes plutzliche Erkrankung verzugerte die geplante Reise nach Dessau und Leipzig (vgl. zu 43,15–16). 44,6–7 Schwachheit fsr die Weiber] Muglicherweise in Umkehrung von
M{RZ 1776
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Shakespeares „Frailty, thy name is woman!“ (Hamlet I 2; vgl. GB 1 II, zu 116,6.) 65. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 20. M|rz 1776 ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) wurde der vorliegende Brief irrttmlich in den Mai 1776 eingeordnet, im Erstdruck steht er ohne weitere Begrtndung vor Brief Nr 64 vom 20. M|rz 1776 (vgl. Schull, Goethe-Stein 1, 16 f.; ebenso bei Wahle, Goethe-Stein 1, 26; Dtntzer, Goethe-Stein, 28). Wie aus dem Inhalt hervorgeht, ist er geschrieben worden, nachdem Goethe vergeblich auf einen Besuch Charlottes gewartet und von dieser eine Absage erhalten hatte, die offenbar zugleich die Antwort auf Nr 64 war (vgl. zu 44,10–11). Der Brief ist folglich erst nach Nr 64 geschrieben worden, wie er seit Fielitz auch eingeordnet wird (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 26 f.). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 11. – 1 Bl. 18610,9 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein., rotes Gemmensiegel: bartloser M|nnerkopf im Profil (wie Nr 63); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „28.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 28), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 16 f. WA IV 3 (1888), 41 f., Nr 420. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich vom 20. M|rz 1776 (vgl. zu 44,10–11). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 44,10–11 Dass doch Wo r t e Æ:::æ wsnscht!] Wie aus dem Folgenden hervorgeht, ist damit Charlotte von Steins Brief vom selben Tag gemeint, der auf Nr 64 antwortete und zugleich Goethes Hoffnungen auf ihren Besuch zunichte machte. 44,15 von meiner Gesundheit] Vgl. zu 43,15–16. 44,16 das Billet] Brief Nr 64. 44,17 die Aepfel] Wahrscheinlich ein Genesungsgeschenk, das Charlotte mit ihrem Brief an Goethe geschickt hatte.
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66. An Charlotte von Stein
BRIEFE 66/67
ÆWeimaræ, 24. M|rz 1776 ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) wurde der vorliegende Brief irrttmlich in den Mai 1776 eingeordnet. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 18. – 1 Bl. 16,8610,8 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 3/4 S. beschr., egh., Bleistift, fltchtig geschrieben; Rs. Adresse, Bleistift: Fr v. Stein, Reste eines roten Initialsiegels: „G“; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „47.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 47), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 17. WA IV 3 (1888), 43, Nr 422 (ohne Paraphe). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 45,1 Noch Einen Adieu] Das gewuhnlich im Neutrum verwendete Wort begegnet bei Goethe mehrfach auch, wie hier, im Maskulinum (vgl. GWb 1, 267). – Der Brief wurde am Abend des 24. M|rz geschrieben, kurz vor Goethes Abreise nach Leipzig. Er kam erst eine halbe Stunde vor Mitternacht in Auerstedt an (vgl. 45,6). – Goethe reiste im Auftrag Herzog Carl Augusts und der Herzoginmutter nach Leipzig, vor allem wohl um die damals knapp 25-j|hrige Corona Schruter als Kammers|ngerin ftr Anna Amalia und als Mitwirkende des hufischen Liebhabertheaters zu engagieren (vgl. die erste Erl|uterung zu 45,13). 45,2 schlwgt auf] Aufschlagen: hier im Sinne von ,emporsprießen‘ (vgl. GWb 1, 1007). 45,3 und Gott gebe seinen Seegen dazu] Mit Ankl|ngen an die Sprache der Bibel; vgl. z. B. 2 Korinther 9,6: „Æ:::æ wer da k|rglich s|et, der wird auch k|rglich erndten; und wer da s|et im segen, der wird auch erndten im segen.“ (LutherBibel 1772 NT, 189.) 45,3 Amen] Schlussformel des christlichen Gebets (aus dem Hebr.: so soll es sein), wiederholt in den frthen Briefen Goethes zur Bekr|ftigung am Briefschluss gebraucht (vgl. GB 2 I, zu 212,23).
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67. An Charlotte von Stein
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Auerstedt, Æ24. M|rz 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Die Briefe Nr 67–69 und 71 sind auf gleichartige Briefbl|ttchen mit Bleistift geschrieben und durchgehend, vermutlich eigenh|ndig, mit Bleistift nummeriert. Aus den Ortsangaben geht hervor, dass sie auf der Reise nach und in Leipzig geschrieben worden sind. Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) wurden sie in gleicher Reihenfolge in den Oktober 1776 eingeordnet. Laut Tagebuch reiste Goethe jedoch im Oktober 1776 nicht nach Leipzig (vgl. GT I 1, 28), wohl aber war er am 25. M|rz dort angekommen, wie der datierte und mit dem Absendeort versehene Brief Nr 70 an Herzog Carl August belegt (vgl. 48,8–9). Seit dem Erstdruck bei Schull werden die Briefe daher auf den 24. und 25. M|rz 1776 datiert. Unter diesen Tagen werden sie auch im vorliegenden Band als vier separate Briefe eingeordnet, obwohl nicht auszuschließen ist, dass sie erst am 25. M|rz 1776 von Leipzig aus gemeinsam versandt worden sind. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 34. – 1 Bl. 16,8610,8 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Bleistift; oben rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „76“, rechts daneben von fremder Hd, Tinte: „86.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 86), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 18. WA IV 3 (1888), 43 f., Nr 423. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief von Ende M|rz 1776 ist nicht tberliefert (vgl. zu 49,11). 45,6 Auerstwt] Der etwa 30 km nordustlich von Weimar auf dem Weg nach Naumburg gelegene Ort war die erste Station auf dem Weg nach Leipzig, die Goethe sicher an einen Vorfall auf seiner Reise im Herbst 1765 denken ließ (vgl. zu 45,21), an den er im 6. Buch von „Dichtung und Wahrheit“ erinnert: Ein anhaltender Regen hatte die Wege wußerst verdorben, welche sberhaupt noch nicht in den guten Stand gesetzt waren, in welchem wir sie nachmals finden; und unsere Reise war daher weder angenehm noch glscklich. Æ:::æ Durch Thsringen wurden die Wege noch schlimmer, und leider blieb unser Wagen in der Gegend von Auerstwdt bey einbrechender Nacht stecken. Wir waren von allen Menschen entfernt, und thaten das Mtgliche uns los zu arbeiten. Ich ermangelte nicht, mich mit Eifer anzustrengen, und mochte mir dadurch die Bwnder der Brust sbermwßig ausge-
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BRIEF 68
dehnt haben; denn ich empfand bald nachher einen Schmerz, der verschwand und wiederkehrte und erst nach vielen Jahren mich vtllig verließ. (AA DuW 1, 203 f.) 45,6–7 Schicksaal und Grillen] ,Grille‘ hier: „von der Norm abweichende Vorstellung, befremdl Ansicht, Eigenwilligkeit, berspanntheit, Schrulle“ (GWb 4, 475). – Muglicherweise in Anspielung auf Goethes Zukunft am Weimarer Hof (vgl. zu 42,14–15). 45,8 Sack] Hier: Reisesack; „im gemeinen Leben ein R|nzel, Æ:::æ sonst auch das Felleisen“ (Adelung 3, 1064 f.). 45,11 Erscheinung] Hier im Sinne einer ,Vorstellung‘, einer ,Phantasie‘ (vgl. GWb 3, 403). 45,11–12 den Prsgeln die Nobody schon verdient hat] Worauf sich die Anspielung bezieht, konnte nicht ermittelt werden. – Zu ,Nobody‘ vgl. die zweite Erl|uterung zu 26,15. 45,12 ein hollisches Heer] Muglicherweise ftr ,hullisches Heer‘. – Nicht ganz auszuschließen ist auch der Bezug auf den Volksaberglauben und die alte heidnische Guttin Holda, „in Thtringen gewuhnlich Frau H o l d a oder F r a u H o l l e genannt“. Eigentlich eine hilfreiche freundliche Guttin, konnte sie auch zornig durch die Ltfte fahren und „das Ansehen einer h|ßlichen, langnasigen, großzahnigen Alten mit struppigem Haare“ annehmen, die „zu dem wtthenden Heere“ gehurt. „In dieser Eigenschaft dachte man sich Hexen in Hollas Gesellschaft und noch ist in der Volkssprache H u l l e f a h r e n , mit der Holle fahren, gleichbedeutend mit Hexenfahrt.“ (Karl Helmrich: Geschichte des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach ftr Schule und Haus. Weimar 1852, S. 5 f.) 45,13 auf der Gallerie] Auf der Galerie des Gesellschaftssaales im Ftrstenhaus (vgl. zu 26,11). – Wie aus dem Fourierbuch vom 24. M|rz 1776 hervorgeht, hatte Goethe gemeinsam mit dem Oberforstmeister und Kammerherrn Moritz von Wedel, dem herzoglichen Sekret|r Friedrich Justin Bertuch, Wieland und der Herzoginmutter Anna Amalia in den Privatr|umen des Herzogs Carl August an der Mittagstafel teilgenommen (vgl. FB 1776, S. 93). Vor allem die Anwesenheit Anna Amalias verweist darauf, dass offenbar tber Goethes Auftr|ge ftr seine noch am selben Abend angetretene Reise nach Leipzig gesprochen wurde (vgl. zu 47,24). Wahrscheinlich hielt sich Goethe noch l|nger im Ftrstenhaus auf, so dass er Charlotte von Stein, die unter den G|sten der abendlichen Hoftafel genannt wird (vgl. ebd.), zu sehen hoffte. 45,13 Engel] Vgl. die erste Erl|uterung zu 25,14. 45,14 dich] Vgl. zu 42,12.
M{RZ 1776
68. An Charlotte von Stein
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Naumburg, Æ25. M|rz 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Vgl. Datierung zu Nr 67. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 35. – 1 Bl. 16,8610,8 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Bleistift; oben rechts von fremder Hd, Tinte: 87.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 87), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 18 f. WA IV 3 (1888), 44, Nr 424. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief von Ende M|rz 1776 ist nicht tberliefert (vgl. zu 49,11). 45,16 Naumburg] Etwa 20 km nordustlich von Auerstedt an der alten Handels- oder Heerstraße (Via regia) nach Leipzig gelegen. 45,16–17 Ein wunderbaares liebes Dwmmerlicht] Seine seelische Empf|nglichkeit ftr die ,D|mmerung‘ bringt Goethe in seinen frthen Briefen wiederholt zum Ausdruck (vgl. GB 1 I, 165,30–31; 190, 21; 196,4–5; 251,8–11). – Zur Bedeutung und zum Gebrauch des Begriffs der ,D|mmerung‘ beim jungen Goethe Grundlegendes bei Ernst Osterkamp: D|mmerung. Poesie und bildende Kunst beim jungen Goethe. In: Der junge Goethe. Genese und Konstruktion einer Autorschaft. Hrsg. von Waltraud Wiethulter. Ttbingen und Basel 2001, S. 145– 161. 45,21 vor zehen Jahren] Goethe war vor mehr als 10 Jahren zum ersten Mal nach Leipzig gekommen, um dort nach dem Willen seines Vaters Jura zu studieren. Er war am 30. September oder am 1. Oktober 1765 von Frankfurt abgereist (vgl. Eintrag ins Stammbuch Catharina Elisabeth Goethes vom 30. September 1765; DjG3 1, 78) und sp|testens am 5. Oktober in Leipzig angekommen. 45,21–22 kleiner, eingewickelter, seltsamer Knabe] ,Einwickeln‘ hier: in Kleidung einhtllen, warm anziehen (vgl. GWb 3,1). – Anspielung auf seine erste l|ngere Reise als 16-j|hriger Student, die er in der Obhut des Buchh|ndlers Johann Georg Fleischer und dessen Ehefrau unternahm, die zur Michaelismesse nach Leipzig fuhren (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 5). 45,22 in eben das Posthaus] Die Postroute von Frankfurt nach Leipzig fthrte im thtringisch-s|chsischen Gebiet tber dieselben Stationen, von denen aus Goethe an Charlotte von Stein schreibt.
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69. An Charlotte von Stein
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Rippach, Æ25. M|rz 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Vgl. Datierung zu Nr 67. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 35. – 1 Bl. 16,8610,8 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Bleistift; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „88“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 88), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 19. WA IV 3 (1888), 45, Nr 425. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief von Ende M|rz 1776 ist nicht tberliefert (vgl. zu 49,11). 47,4 Rippach] Etwa 70 km nordustlich von Weimar gelegene Ortschaft (heute Teil von Lttzen); der noch heute existierende Rippacher Gasthof „Zum weißen Schwan“ war Poststation auf dem Weg in das etwa 30 km entfernte Leipzig. – In der frthen Fassung des „Faust“, Szene „Auerbachs Keller in Leipzig“, fragt Frosch Faust und Mephistopheles: Ist der Weeg von Rippach hersber so schlimm, dass ihr so tief in die Nacht habt reisen msssen. Æ:::æ Ich meinte etwa ihr hwttet bey den bershmten Hans drsben zu Mittag gespeißt. (DjG3 5, 290 f.; vgl. Faust I, Verse 2189 f.) Die Namen Hans Arsch von Rippach und Hans Arschgen von Rippach, empfindsam (DjG3 5, 187) begegnen auch in den Listen der derben Spott- und Schimpfnamen zur Farce „Hanswursts Hochzeit“, wahrscheinlich aus dem Frthling/Sommer 1775, die zu Lebzeiten Goethes nicht gedruckt worden ist. 47,4 Chaise] Leichter Reisewagen, hier wahrscheinlich ein Wagen mit Verdeck. 47,4–5 Biss die Pferde kommen] Die Stationsaufenthalte dienten vor allem zum Pferdewechseln und konnten bis zu einer Stunde dauern (vgl. Beyrer, 44). Obgleich nicht auszuschließen ist, dass Goethe mit einer herzoglichen Equipage unterwegs war, sprechen die Erw|hnungen der verschiedenen Poststationen (vgl. 45,6; 45,16; 47,4) doch auch daftr, dass er mit einem Postwagen reiste. 47,7–8 der Dufft Æ:::æ so schauerlich] In metaphorischer Entgegensetzung zu ,erquickender Morgenluft‘ als etwas „Trtbendes, Sturendes“ (GWb 2, 1284); ,Duft‘ hier als atmosph|risches Ph|nomen: „schleierartiges Gebilde, Æ:::æ Nebel, Dunst“ (ebd.); ,schauerlich‘ hier: einen kurperlichen Schauer (durch K|lte) erregend (vgl. Adelung 3, 1383). 47,9–10 der Born der nie versiegt] In alterttmelnder Anlehnung an die
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Sprache der Bibel, im Sinne von „nie versiegender Quell des (geistigen) Lebens“ (GWb 2, 837). 47,10 Das Feuer Æ:::æ keine Ewigkeit nicht!] Wahrscheinlich in doppelter Anspielung auf das Feuer des Prometheus und 2 Mose 3,2: „Und der engel des Herrn erschien ihm in einer feurigen flammen aus dem busch. Und er sahe, daß der busch mit feuer brannte, und ward doch nicht verzehret Æ:::æ.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 50.) 47,12 L.] Leipzig. 70. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Leipzig, 25. M|rz 1776 ! ÆWeimaræ BERLIEFERUNG
H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX Nr 42, Bl. 1. – 1 Bl. 19,8623 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte. – Faksimile: Abb. 2 im Textband (S. 46). E: Carl August-Goethe1 1 (1863), 1 f., Nr 2. WA IV 3 (1888), 46 f., Nr 427. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 47,14 Herre] Alterttmelnd (vgl. GWb 4, 977). 47,14 bin ich nun in Leipzig] Vgl. zu 43,1–2. 47,14 sonderlich worden] Nach fast acht Jahren wieder mit der Lebenswelt seiner Leipziger Studentenzeit konfrontiert, die er am 28. August 1768 ohne Studienabschluss hinter sich gelassen hatte, lusten die Erinnerungen bei Goethe Beklommenheit aus. Muglicherweise fthrte diese zu der im Folgenden ausgesprochenen scharfen Distanzierung von der einst auch von ihm gelebten tbertriebenen Galanterie des ftr Leipzig charakteristischen Stutzers. – Zu den Umst|nden von Goethes Weggang aus Leipzig vgl. GB 1 II, zu 132,12. 47,18 Allmodische] ,Allmodisch‘ hier im Sinn von ,tbertrieben modisch‘ (vgl. GWb 1, 390). 47,19 vieldsnckliche] ,Vieldtnklich‘ hier im Sinn von ,tberaus eingebildet‘ (vgl. Grimm 2, 1551; 26, 207). 47,19 Zuckende] ,Zuckend‘ hier wohl im Sinn von ,krampfhaft unruhig‘ (vgl. Grimm 32, 293). 47,20 schwumelnde] Vermutlich nach ,schwummeln‘, was mundartlich soviel wie ,flimmern‘ bedeutet (vgl. Frankfurter Wurterbuch Æ:::æ. Bd 5. Frankfurt a. M. 1971, S. 2888).
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BRIEF 70
47,21 strozzliche] Vermutlich wie ,strotzig‘ hier im Sinn von ,aufgeblasen‘ (vgl. Grimm 20, 89). 47,21 schwwnzliche] ,Schw|nzlich‘ entspricht wohl ,schw|nzelnd‘ (vgl. Grimm 15, 2274), von ,schw|nzeln‘: ,geziert einhergehen‘ (vgl. Grimm 15, 2266). 47,21 finzliche] Finzlich: muglicherweise „verschmitzt grinsend“ (GWb 3, 727) oder ,tberfein‘, ,geziert‘ (vgl. FA/Goethe II 2, 728). 47,22 um die Thoren] In der N|he der Stadttore. 47,22 Marien-Tags Feste] Verktndigung des Herrn (Annuntiatio Domini), auch Mari| Verktndigung, Hochfest der katholischen Kirche, aber auch in der evangelisch-lutherischen Kirche begangenes Fest am 25. M|rz. Nach dem LukasEvangelium verktndete der Erzengel Gabriel der Jungfrau Maria an diesem Tag, dass sie den Sohn Gottes geb|ren werde. Das Ereignis gilt als der Zeitpunkt, an dem das Mysterium der unbefleckten Empf|ngnis stattfand. 47,23 preservirt] Pr|servieren (von franz. prserver): schttzen, vor einem bel bewahren. 47,24 die Schrtdern] Goethe war laut Tagebuch am selben Tag, dem 25. M|rz 1776, nachmittags um drei Uhr in Leipzig eingetroffen (vgl. zu 43,1–2). Mit Bezug auf einen Vortrag Corona Schruters notierte Goethe unter demselben Datum: Stellas Monolog. (GT I 1, 17; vgl. weiter GT I 2, 386, zu 17,5.) – Die damals knapp 25 Jahre alte Schauspielerin und S|ngerin Corona Schruter war die Tochter des kuniglich polnischen und kurftrstlich s|chsischen Hofmusikers, Oboisten und Komponisten Johann Friedrich Schruter. 1751 in Guben (stdlich von Eisenhtttenstadt an der polnischen Grenze) geboren, verbrachte sie seit 1756 ihre Kindheit in Warschau, bevor sie mit dem Vater auf Vermittlung des Leipziger Komponisten, Kapellmeisters und Gesangsschulleiters Johann Adam Hiller im Winter 1763/64 nach Leipzig kam. Dort trat sie noch 13-j|hrig als S|ngerin im traditionsreichen ,Großen Konzert‘ auf, das, 1743 gegrtndet, w|hrend des Siebenj|hrigen Kriegs 1756–1763 eingestellt, von Hiller gerade wieder neu belebt worden war. Zusammen mit der zwei Jahre |lteren S|ngerin Elisabeth Schmeling feierte sie große Erfolge auf der Konzertbthne. Goethe hat sie w|hrend seiner Leipziger Studentenzeit 1765–1768 selbst erlebt; in einem Paralipomenon zu „Dichtung und Wahrheit“ schreibt er rtckblickend tber die beiden gefeierten S|ngerinnen: Dagegen hatte Corona Schrtder, ob sie gleich mit jener ÆElisabeth Schmelingæ es nicht an Stimme und Talent aufnehmen konnte, wegen ihrer schtnen Gestalt, ihres vollkommen sittlichen Betragens und ihres ernsten anmuthigen Vortrags, eine allgemeine Empfindung erregt, welche sich, je nachdem die Personen waren, mehr oder weniger als Neigung Liebe Achtung oder Verehrung zu wußern pflegte. Verschiedene ihrer Anbether machten mich zum Vertrauten und erbaten sich meine Dienste, wenn sie irgend ein Gedicht zu Ehren ihrer Angebeteten heimlich wollten drucken und ausstreuen lassen. Beyde, die Schrtder und Smwling, habe ich oft in
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Hasseschen Oratorien neben einander singen htren; u[nd] die Wagschalen des Beyfalls standen fsr beyde immer gleich, indem bey der einen die Kunstliebe, bey der andern das Gemsth in Betrachtung kam. (AA DuW 2, 522 f. [Paralipomenon 52].) – Persunlich kennen gelernt hat Goethe Corona Schruter durch die Familie des Leipziger Buch- und Musikaliendruckers und Verlegers Johann Gottlob Immanuel Breitkopf, in dessen Hause der Student verkehrte (vgl. weiter die einleitende Erl|uterung zu GB 1 I, Nr 61), musizierte und Theater spielte, u. a. mit Corona Schruter (vgl. Braun, 25 und 34). Auch beim Maler und Direktor der Kunstakademie Adam Friedrich Oeser, bei dem beide Zeichenunterricht erhielten, dtrften sie sich begegnet sein; Corona Schruter war mit Oesers Tuchtern Friederike und Wilhelmine befreundet (vgl. Braun, 25). Dartber hinaus war Goethe mit dem Leipziger Kaufmann Christian Wilhelm Steinauer bekannt, der mit der S|ngerin befreundet war (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 83). Goethe scheint nicht zu den in „Dichtung und Wahrheit“ erw|hnten Anbetern gehurt zu haben, denn es f|llt auf, dass Corona Schruter in seinen Leipziger Briefen – im Unterschied zu anderen Schauspielerinnen und S|ngerinnen – nicht erw|hnt wird. Zu dem Zeitpunkt, da Goethe der S|ngerin das Angebot, nach Weimar zu kommen, unterbreiten sollte, hatte sie bereits unter dem Nachlassen ihrer Stimmkraft zu leiden; Friederike Oeser berichtet bereits im Jahr 1775: „Allein ungeachtet sie nur selbst einige zwanzig ist, hat sie doch fast g|nzlich ihre Stimme verloren.“ (Brief an eine Tante; zitiert nach: Heinrich Sttmcke: Corona Schruter. Bielefeld und Leipzig 1904, S. 30.) Vermutlich – so wird angenommen – hatten die allzu intensive Ausbildung durch den Vater und die tberm|ßige Beanspruchung durch Konzertreisen – 1772–1774 trat sie jedes Jahr in London auf – dazu beigetragen, ihre Stimme in Mitleidenschaft zu ziehen. Die in Weimar gebotene Muglichkeit eines Engagements außerhalb eines aufreibenden Konzert- und Theaterlebens musste ihr willkommen sein. Die Einladung sah vor, der S|ngerin als Hofvokalistin und Kammers|ngerin „eine j|hrliche Pension von 300 Rth. lebensl|nglich“ zu gew|hren, „welche sie verzehren kann wo sie will“ (Wahl, Goethe und Karl August, 34); so hatte es Carl August in seinem Testament vom 16. M|rz 1776 festgelegt. Dass Corona Schruter erst Ende des Jahres nach Weimar kam, hatte vermutlich mehrere Ursachen. Zun|chst berichtet Johann Daniel Falk von einer fast verh|ngnisvollen Aff|re; Corona stand „in Gefahr, das Opfer eines Lovelace zu werden, eines gewissen Grafen :::, der ein Rou von der ersten Art war, und sie unter nichtigen Heirathsversprechungen nach D r e s d e n zu locken suchte: aber noch gerade zur rechten Zeit kam sie hinter den Betrug, und sie entging diesen, so wie andern ihr gelegten Schlingen der Verfthrung.“ (Erinnerung an Corona Schruter aus Weimar. [Ein Todtenopfer.] In: Stephan Schttze [Hrsg.]: Taschenbuch ftr das Jahr 1807. Der Liebe und Freundschaft gewidmet, S. 243.) Es ist gar von einer geplanten Entfthrung (mit ihrem oder gegen ihr Einverst|ndnis) die Rede, welche von Freunden verhindert worden sei. Muglicherweise bezieht
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BRIEF 71
sich Goethes Brief an Christian Wilhelm Steinauer vom 13.? Mai 1776, in welchem er den Adressaten bittet: Trtsten Sie den Engel (61,14), auf diese Vorg|nge. Erst danach wird sich die S|ngerin endgtltig entschieden haben, nach Weimar zu gehen. Zuvor hatte sie ihren Vertrag beim ,Großen Konzert‘ zu erftllen, der vermutlich zu Michaelis (am 29. September) 1776 auslief (vgl. Braun, 52). An ihrer neuen Wirkungsst|tte traf sie sp|testens am 16. November 1776 ein; unter diesem Datum notierte Goethe in sein Tagebuch: Nachts Coronen! (GT I 1, 29); unter dem 24. November heißt es: Sang Cor. das erste mal (ebd.). Sie war die einzige professionelle Ktnstlerin des hufischen Liebhabertheaters, in dessen Auffthrungen sie als S|ngerin und Schauspielerin die weiblichen Hauptrollen tbernahm; so wurde sie u. a. die erste Iphigenie an Goethes Seite als Orest in der Urauffthrung (der ersten Prosafassung) am 6. April 1779. Auch als Komponistin bet|tigte sie sich; so komponierte sie, neben vielen Texten von Schiller, Herder, Klopstock und Matthisson, 1782 die Lieder ftr Goethes Singspiel „Die Fischerin“. Corona Schruter blieb in Weimar; von Goethe verehrt, von Herzog Carl August so heftig umworben, dass Goethe ihm ins Gewissen reden musste (vgl. Tagebucheintrag vom 10. Januar 1779; GT I 1, 73), galt ihre eigene Zuneigung in sp|teren Jahren Friedrich Hildebrand von Einsiedel, ohne dass es zu einer gltcklichen Beziehung gekommen w|re (vgl. die Ende der 1780er und Anfang der 1790er Jahre gewechselten Briefe, in: Braun, S. 152–166). ber ihr weiteres Schicksal vgl. zu 56,11–12 und die einleitende Erl|uterung zu Nr 435. 48,1 Steinauer] Christian Wilhelm Steinauer; der Leipziger Kaufmann gehurte zum engeren Freundeskreis Corona Schruters (vgl. tber ihn die einleitende Erl|uterung zu Nr 83). 48,1–2 Hochdero Ausenbleiben] Herzog Carl August, der ursprtnglich nach Leipzig mitreisen wollte, war durch eine Erkrankung daran gehindert worden. 48,2 seit vier und zwanzig Stunden] Goethe war am Abend des 24. M|rz 1776 von Weimar aufgebrochen (vgl. zu 45,1) und w|hrend der Nacht tber Auerst|dt, Naumburg und Rippach (vgl. Nr 67, 68, 69) nach Leipzig gefahren. 48,3 netto] Wie ,nett‘ (vgl. Grimm 13, 635) hier vermutlich im Sinn von „genau, gerade, just“ (Grimm 13, 634). 48,6 die gtttliche Sonne hinter Naumburg] Von diesem Sonnenaufgang hatte Goethe auch Charlotte von Stein berichtet (vgl. 47,5–6; zu 47,7–8; zu 47,10). 48,6 l. gn.] Lieber gn|diger. 48,7 stmit konnen] Vermutlich wurden die u-Striche versehentlich auf ,somit‘ statt auf ,kunnen‘ gesetzt.
M{RZ 1776
71. An Charlotte von Stein
191
Leipzig, 25. ÆM|rz 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Vgl. Datierung zu Nr 67. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 35. – 1 Bl. 16,8610,8 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Bleistift; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „89“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 89), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 19 f. WA IV 3 (1888), 45 f., Nr 426. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief von Ende M|rz 1776 ist nicht tberliefert (vgl. zu 49,11). 48,12 Leipzig d‘ 25 Nachts 10] Goethe, der wahrscheinlich am Morgen gegen 10 Uhr von dem etwa 30 km entfernten Rippach abgereist war, muss sp|testens am Nachmittag in Leipzig angekommen sein, hatte also schon einige Stunden in der Stadt verbracht und an den Herzog geschrieben (vgl. Nr 70), bevor er den vorliegenden Brief an Charlotte von Stein verfasste, der den Abschluss seiner Reisebriefe Nr 67, 68 und 69 bildet (vgl. Datierung zu Nr 67). 48,13–14 wies war] Wohl mit Bezug auf das ußere der Stadt Leipzig, deren großztgige Anlage, pr|chtige G|rten und Promenaden Goethe als Student beeindruckt hatten (vgl. GB 1 I, Nr 10, bes. S. 31). – Im Kontrast dazu steht die Beschreibung der Stadt und ihrer Einwohner im Brief an Herzog Carl August vom selben Tag (Nr 70). 48,14–15 die reinsten Verhwltnisse] Muglicherweise eine Anspielung auf die Freundschaft zu Friederike Oeser, der |ltesten Tochter Adam Friedrich Oesers, des Direktors der Leipziger Zeichenakademie. Goethe hatte sie etwa im Herbst 1766 kennen gelernt, als er Oesers Privatschtler wurde. Mit ihr stand er noch in der ersten Zeit nach seiner Rtckkehr ins Elternhaus im Briefwechsel (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 48). 48,15 Mais – ce n’est plus Julie] Franz.: Aber – das ist nicht mehr Julie. In Abwandlung des ersten Satzes des 19. Briefes im dritten Teil von Jean-Jacques Rousseaus Roman „Julie, ou La Nouvelle Helose. Lettres de deux amans, habitans d’une petite ville au pied des Alpes“ (1761): „Et vous ne seriez plus ma Julie?“ (Rousseau, La Nouvelle Helose II, 89. – „Und Sie w|ren meine alte Julie nicht mehr?“ [Rousseau, Die neue Hlose, 381].) Damit beginnt SaintPreux, der ehemalige Hauslehrer und Geliebte Julies, seine Antwort auf den lan-
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BRIEFE 72–74
gen Entsagungsbrief der inzwischen mit einem anderen verheirateten Julie. – Die Anspielung kunnte sich auf Goethes Leipziger Freundin Anna Catharina Schunkopf, seit 1770 verh. Kanne, beziehen (vgl. zu 49,17). 48,16 dumpf] Hier auf den inneren Zustand bezogen, im Sinne von ,benommen‘, ,verworren‘, ,gefthl- und gedankenlos‘ (vgl. zu 53,2). 48,16 Die Schrttern ist ein Engel] Die Schauspielerin und S|ngerin Corona Elisabeth Schruter, die Goethe ftr Weimar gewinnen sollte (vgl. zu 47,24). 72. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Leipzig, 26. M|rz 1776 ! ÆWeimaræ BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 69. – Doppelblatt 18,2622,7 cm, 1/3 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 zerbrochenes rotes Siegel und Adresse: Des Herzogs / zu Sachsen Weimar / Durch‘. E: Zur Hausandacht ftr die stille Gemeinde am 28. August 1871. ÆHrsg. von Salomon Hirzelæ, S. 9, Nr 2. WA IV 3 (1888), 47, Nr 428. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Goethe hielt sich seit dem Vortag, dem 25. M|rz 1776, in Leipzig auf (vgl. weiter zu 43,1–2). 48,20 gelitten Æ:::æ von Erinnerungen] ber seine Erinnerungen, die ihn in seine Studentenzeit in Leipzig zurtckfthrten, berichtet Goethe auch in den Briefen an Charlotte von Stein (vgl. 45,6–7; 45,21–22; 48,13–14) sowie im vorhergehenden Brief an Herzog Carl August (Nr 70). 48,21 Die Schrtdern] Vgl. zu 47,24. 48,22 Pick] Hier im tbertragenen Sinn von ,Groll‘ (vgl. zu 83,18–19). 48,22 Oesern] Adam Friedrich Oeser; was Corona Schruter gegen ihn hatte, konnte nicht ermittelt werden. ber seine Beziehung zu Goethe vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 44. 73. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
Leipzig, 26. M|rz 1776 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/468,I, Bl. 19. – 1 Bl. 18,4610,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse, Textverlust durch Beschnitt: Frau Æ:::æ; oben
M{RZ 1776
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rechts von fremder Hd, Tinte: „49.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 49), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 20. WA IV 3 (1888), 47, Nr 429. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief von Ende M|rz 1776 ist nicht tberliefert (vgl. zu 49,11). 49,3 Sie] Vgl. dagegen die Anrede im Brief vom Vortag (48,18). 49,3 in Gotha wenn ich wieder komme] Goethe traf am 4. April 1776 wieder in Weimar ein (vgl. GT I 1, 17), wo er am n|chsten Morgen Charlotte von Stein besuchte (vgl. 50,1–2). Dass diese ihren Mann gelegentlich zu den Versammlungen der „Landschaft“ nach Gotha begleitete, wird seit Fielitz immer wieder vermutet (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 408, Anm. 3 [zu S. 29]). Da Teile der Kochberger L|ndereien sowie das Schloss selbst auf dem Gebiet des Herzogtums Sachsen-Gotha und Altenburg lagen, war Josias von Stein „Ausserordentlicher Deputirter“ der „LandschaftÆlichenæ Deputation“ des Herzogtums (Herzoglich-Sachsen-Gotha- und Altenburgischer Hof- und Adreß-Calender auf das Jahr 1778 Æ:::æ. Gotha Æ1777æ, S. 13 f.). – Am 4. April 1776 allerdings war Josias von Stein in Weimar und nahm an der ftrstlichen Mittagstafel teil, ebenso an den beiden folgenden Tagen (vgl. FB 1776, S. 104 f.). 49,4 Ich habe heut viel viel gelitten Æ:::æ Einen Moment!] Vgl. 48,20–21. 49,6 der Schrttern] Vgl. zu 47,24. 74. An Charlotte von Stein
Leipzig, 31. M|rz 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 11. – 1 Bl. 16,7610,7 cm, Bordtre mit gereihtem Dreiblatt auf drei Balken (vgl. Mick, Nr 4), 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „27“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 27), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 20 f. WA IV 3 (1888), 48, Nr 430. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins von Ende M|rz 1776 (vgl. zu 49,11). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 49,11 Ihr Brief] Der nicht tberlieferte Bezugsbrief beantwortet die wahrscheinlich gemeinsam abgesandten Briefe vom 24. und 25. M|rz (Nr 67, 68, 69, 71)
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BRIEF 75
sowie den Brief vom 26. M|rz 1776 (Nr 73). Unter Bertcksichtigung des Postweges von Leipzig nach Weimar wurde er also frthestens am 28., eher wohl etwas sp|ter geschrieben. 49,12 Unglauben] Hier im weiteren Sinn als „mangel an zutrauen, misztrauen, zweifel“ (Grimm 11 III, 958). – Der ,Unglaube‘ Charlotte von Steins, vor allem auch in Bezug auf die Ernsthaftigkeit von Goethes Gefthlen ihr gegentber, wird mehrfach im ersten Jahr der Bekanntschaft thematisiert (vgl. 109,17; zu 172,5–6). Charlotte von Stein gesteht diesen grundlegenden Zweifel an der Dauerhaftigkeit von Goethes Gefthlen im Brief an Zimmermann vom 17. Juni 1776 (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 133). 49,16 ich ich] Versehentliche Dittographie nach Zeilenumbruch. 49,17 mein erstes Mwdgen] Anna (Annette) Catharina (K|thchen) Schunkopf, seit 1770 verh. Kanne, Tochter eines Leipziger Gastwirts und Weinh|ndlers, die Goethe in der Osterzeit 1766 kennen gelernt hatte. ber das wechselhafte, durch Goethes st|ndige Eifersucht belastete Verh|ltnis zu ihr geben seine Briefe an Ernst Wolfgang Behrisch Auskunft (vgl. die einleitenden Erl|uterungen zu GB 1 II, Nr 18 und 45). Etwa seit dem Frthjahr 1768 scheint sich Anna Catharina Schunkopf zurtckgezogen zu haben, allerdings ohne dass es ganz zu einem Bruch gekommen w|re. In der ersten Zeit nach seiner Rtckkehr ins Elternhaus stand Goethe im Briefwechsel mit ihr, der jedoch noch vor ihrer Verheiratung im Mai 1770 zum Erliegen kam (vgl. GB 1 I, Nr 65). Die Wiederbegegnung im M|rz 1776 in Leipzig blieb der letzte belegte persunliche Kontakt Goethes mit Anna Catharina Kanne. 49,20–21 mit meinem vergangenen Leben saldiren] ,Saldiren‘, Begriff aus der Kaufmannssprache: den Saldo ÆUnterschiedsbetrag zwischen Soll und Habenæ ermitteln. Hier tbertragen auch im Sinn von ,ausgleichen‘, ,abschließen‘, insbesondere mit Bezug auf die Leipziger Zeit, die ftr Goethe abrupt und ohne regul|ren Studienabschluss endete. Er hatte sich weder von den Schunkopfs noch von anderen Leipziger Bekannten verabschiedet. Wahrscheinlich stand vor allem der Zeitpunkt der Abreise am 28. August 1768 in direktem Zusammenhang mit den zu erwartenden Folgen der Leipziger Studententumulte vom Sommer 1768 (vgl. GB 1 II, zu 132,12). 49,22 Bald komm ich.] Goethe traf am 4. April 1776 wieder in Weimar ein (vgl. GT I 1, 17). 49,22 der Schrttern] Wahrscheinlich hatte sich Corona Schruter noch nicht entschlossen, das Weimarer Engagement anzunehmen (vgl. zu 47,24).
APRIL 1776
75. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 5. April 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 12. – 1 Bl. 16,8610,2 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „30.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 27), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 21. WA IV 3 (1888), 48 f., Nr 431. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 50,1 Da haben Sie ihn schon wieder.] Am Vortag war Goethe aus Leipzig zurtckgekehrt (vgl. GT I 1, 17), wohin er am Abend des 24. M|rz 1776 aufgebrochen war (vgl. zu 45,1). 50,2 Lenzen] Goethe hatte Jacob Michael Reinhold Lenz 1771 in Straßburg im Kreis um Johann Daniel Salzmann kennen gelernt und sich mit dem aus Livland stammenden Dichter vor allem in schw|rmerischer Shakespeare-Begeisterung verbunden gefthlt. Nachdem Lenz 1774 seine Hofmeisterstelle in Straßburg aufgegeben und versucht hatte, von den Einktnften als freier Schriftsteller zu leben, entschloss er sich im M|rz 1776 in einer ftr ihn persunlich und beruflich schwierigen Situation in der Hoffnung auf Goethes Unterstttzung zur Reise nach Weimar (vgl. Lenz an Merck, 14. M|rz 1776; Merck, Briefwechsel 1, 638 f., Nr 199). Von Darmstadt kommend, wo er etwa acht Tage bei Merck verbracht hatte (vgl. ebd., 645), traf er am 1. April in Weimar ein (vgl. Lenz, Briefe 1, 221). Die erste Erw|hnung von Lenz in Goethes Tagebuch findet sich allerdings erst am 23. Mai 1776 (vgl. GT I 1, 18; zum Verh|ltnis Goethes zu Lenz vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 136). Am 5. April 1776 wurde Lenz nicht nur Charlotte von Stein vorgestellt, sondern auch zum ersten Mal vom Herzog Carl August empfangen, wie aus einem Brief von Lenz an die Eltern in Dorpat (heute Tartu, Estland) hervorgeht: „A b e n d s. Ich bin 2 Stunden beym Herzoge gewesen und werde Morgen Mittag bey ihm essen. Sehr gn|dig empfangen worden. – Was ftr große trefliche Leute kennen gelernt!“ (Lenz, Briefe 1, 223.) Am 14. April heißt es in einem Brief von Lenz an Lavater: „Ich bin hier Æin Weimaræ verschlungen vom angenehmen Strudel des Hofes, der mich fast nicht zu Gedanken kommen l|ßt, weil ich den ganzen Tag oben beym Herzog bin. Aber mein Herz bleibt immer dasselbe und kann seine Richtungen nicht |ndern.“ (Ebd., 228.) Dass Carl August weitestgehend ftr den Unterhalt von Lenz aufkam, belegen die Schatullen, so bezahlte der Herzog ftr die Zeit vom 1. April bis 8. Mai 1776 „ftr
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BRIEFE 76/77
Zehrung H‘. Lenzens im Gasthofe“ 23 Reichstaler, 10 Groschen und weitere 10 Reichstaler ftr die Zeit bis zum 31. Mai (ThHStA Weimar, Ftrstenhaus A 1059, Bl. 48; vgl. Belege 1775–1776, Nr 647, 648; ebd., A 1062). – Am 10. Mai 1776 bemerkte Charlotte von Stein in einem Brief an Zimmermann: „Lenz, Goethens Freund ist hier, aber es ist kein Goethe.“ (Vollst|ndig mitgeteilt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 102.) 50,2 Meerkazzen] In der eigentlichen Bedeutung „ein Nahme, welchen man allen mit einem Katzenschwanze versehenen Affen beyzulegen pflegt, deren es sehr viele Arten gibt Æ:::æ, weil sie aus w|rmern L|ndern tber das Meer zu uns gebracht werden.“ (Adelung 3, 138.) Außerdem seien die „Meer-Katzen“ laut Zedler „scharff zu aller Btberey“, h|tten „Umgang mit denen wilden Leuten“, spielten „um Geld“ mit diesen und nutigten ihre „Mit-Spieler auch zum Truncke“ (Zedler 20, 183.) – Hier sind wahrscheinlich Charlotte von Steins Kinder oder jugendliche Besucher gemeint; sonst in dieser Bedeutung bei Goethe nicht belegt. – Vgl. dagegen „Faust“ (Erster Teil), „Hexenktche“ (FA/Goethe I 7/1, 101; 7/2, 284). 50,3 so viel so viel] Versehentliche Dittographie am Zeilenende. 50,4 das kleine wunderliche Ding] Lenz, dessen |ußere Erscheinung Goethe in „Dichtung und Wahrheit“ beschreibt: Klein, aber nett von Gestalt, ein allerliebstes Ktpfchen, dessen zierlicher Form niedliche etwas abgestumpfte Zsge vollkommen entsprachen; blaue Augen, blonde Haare, kurz ein Perstnchen, wie mir unter nordischen Jsnglingen von Zeit zu Zeit eins begegnet ist; einen sanften, gleichsam vorsichtigen Schritt, eine angenehme nicht ganz fließende Sprache, und ein Betragen, das zwischen Zursckhaltung und Schschternheit sich bewegend, einem jungen Manne gar wohl anstand. (AA DuW 1, 409 [11. Buch].) 76. An Charlotte von Stein DAT I E RU N G
ÆWeimar, 5.? April 1776æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Im Erstdruck wird er ohne Begrtndung nach dem Brief vom 14. Juni 1778 (Nr 371) eingeordnet, vermutlich in der Annahme, mit dem in Nr 371 erw|hnten Zettel (214,7) sei vorliegendes Billett gemeint. Dagegen spricht aber, dass dieses unmittelbar auf einen Brief folgte, der gesiegelt (50,8) war, was auf Nr 371 nicht zutrifft. Außerdem hatte Goethe in Brief Nr 371 seinen Besuch ftr den Mittag (214,5) angektndigt, w|hrend er im vorliegenden Billett mitteilt, dass er nicht wohl frsh (50,8–9) kommen kunne. Alle sp|teren Herausgeber setzen den Brief nach dem
APRIL 1776
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verwendeten Papier ins Jahr 1776 oder in den Anfang des Jahres 1777. Friedrich Strehlke folgt in der WA zun|chst der Ausgabe von Fielitz, Eduard von der Hellen korrigiert die Datierung in den „Lesarten“ nach dem verwendeten Briefpapier auf „1776 oder Anfang 1777“ (vgl. WA IV 3, 305, zu Nr 713). Nach dem Briefpapier (vgl. berlieferung), das Goethe etwa von 1774 bis Mitte 1776 verwendete, besonders h|ufig im Januar, M|rz und April 1776 (vgl. Datierung zu Nr 25), und den inhaltlichen bereinstimmungen mit Brief Nr 75 vom 5. April 1776 (vgl. die erste und zweite Erl|uterung zu 50,8; zu 50,8–9) wird der vorliegende Brief auf denselben Tag gesetzt. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 116. – 1 Bl. 16,8610,8 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1/2 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben, unten links Siegelausriss; Rs. Adresse: Fr v. Stein, rotes Initialsiegel: „G“; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „92“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 95), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Fielitz, Goethe-Stein 1 (1883), 133, Nr 251. WA IV 3 (1888), 230, Nr 713. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 50,8 das] Muglicherweise Brief Nr 75 vom selben Tag (vgl. Datierung). 50,8 gesiegelt] Vgl. berlieferung zu Nr 75. 50,8–9 nicht wohl frsh Æ:::æ konnen] Vgl. 50,1–2. 77. An Adam Friedrich Oeser
Weimar, 6. April 1776 ! ÆLeipzigæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/364,I, Bl. 6. – 1 Bl. 10,6(–10,8)616,8 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Siegelrest; Empfangsvermerk, Tinte: „Guthe Aprl: 76.“ E: Goethes Briefe an Leipziger Freunde (1849), 126, Nr 4. WA IV 3 (1888), 49, Nr 432. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. ber Adam Friedrich Oeser (1717–1799) und dessen Verh|ltnis zu Goethe sowie deren Briefwechsel vgl. die einleitende Erl|uterung zum Brief vom 13. September 1768 (GB 1 II, Nr 44).
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BRIEF 78
Goethes ehemaliger Leipziger Zeichenlehrer und Direktor der Leipziger Zeichenakademie war bereits durch seine T|tigkeit ftr Heinrich von Btnau in Oßmannstedt und als Berater des Weimarer Ministers und Pr|sidenten des Geheimen Consiliums Jacob Friedrich von Fritsch beim Bau seines Stadthauses (sp|ter Wittumspalais) in Weimar bekannt. Durch Fritsch 1775 am Hof eingefthrt, stand Oeser vor Goethes Ankunft in Weimar u. a. mit Carl Ludwig von Knebel in Kontakt, den er sp|ter maßgeblich bei der Gestaltung des Tiefurter Landschaftsparks beriet (vgl. zu 68,22–23). In Weimar war Oeser wiederholt zu Gast, so u. a. am 25. und 26. Dezember 1776 (vgl. GT I 1, 31), und auch Goethe besuchte ihn mehrmals in Leipzig (vgl. 48,21–49,2). Oeser schuf Theaterdekorationen ftr das Weimarer Liebhabertheater, Monumente im Park an der Ilm und in Tiefurt sowie Deckengem|lde im Wittumspalais und im Gartenpavillon des Palais (dem so genannten Roten Turm, der sp|ter neben die Orangerie in Belvedere versetzt wurde). Außerdem war er am Entwurf des am 5. April 1777 in Goethes Garten eingeweihten „Stein des guten Gltcks“ (vgl. zu 125,12) beteiligt. – Die drei im vorliegenden Band mitgeteilten Briefe Goethes an Oeser (Nr 77, 208, 372) stammen aus den Jahren 1777, 1778 und 1779. Sie handeln haupts|chlich von Kunstgegenst|nden, die Oeser anfertigen oder besorgen sollte. Von Oeser sind aus diesem Zeitraum Antwortbriefe auf Goethes Brief vom 7. Januar 1777 (Nr 208; vgl. RA 1, 69, Nr 78 und RA 6 II, 273, Nr 78a) und ein Brief vom 9. Mai 1779 tberliefert, in dem es um die Deckengem|lde im Wittumspalais geht (vgl. RA Erg.-Bd 1–5, 542, Nr 1/94a+). 50,12 Ich bin verschwunden wie ich erschienen bin.] Goethe hatte sich vom 24. M|rz bis zum 4. April 1776 in Leipzig aufgehalten (vgl. zu 43,1), wo er auch Oeser und dessen Familie besuchte. Am 26. M|rz 1776 berichtete Goethe dem Herzog, dass er in Oeser wieder ganz den alten, lieben, guten Menschen, und wahrhafften Ksnstler wiedergefunden habe (48,22–49,2; vgl. auch 48,14–15 und zu 48,14–15). 50,13 in saecla saeclorum] Lat. in saecula saeculorum: bis in alle Ewigkeit; von Ewigkeit zu Ewigkeit. – Bestandteil der lateinischen Liturgie. 50,14 Famielie] Oeser war seit 1745 mit Rosine Elisabeth geb. Hohburg verheiratet. Das Ehepaar hatte acht Kinder, von denen vier das Erwachsenenalter erreichten (vgl. GB 1 II, zu 133,8). Die unverheiratete Tochter Friederike blieb im Haus der Eltern (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 48). Der |ltere Sohn Johann Friedrich Ludwig war seit 1774 in Dresden. Die jtngere Tochter Wilhelmine (geb. 1755) kunnte noch im Haus gewesen sein. Sie heiratete erst 1787 den Leipziger Kupferstecher Christian Gottlieb Geyser. Der jtngste Sohn Carl (geb. 1756) wurde Fecht- und Zeichenmeister in Russland. 50,14 Beckern] Wahrscheinlich der sp|tere Schriftsteller und Kunsthistoriker Wilhelm Gottlieb Becker. Becker machte w|hrend seines Jurastudiums von 1773 bis 1776 in Leipzig die Bekanntschaft Oesers, der ihn in die Literatur und die
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schunen Ktnste einfthrte. Goethe wird Becker, der 1777 eine Stellung im Philanthropin in Dessau annahm, w|hrend seines Aufenthalts in Leipzig in Oesers Haus noch begegnet sein (vgl. zu 50,12). 1782 wurde Becker Professor ftr Moralphilosophie und Geschichte an der Ritterakademie in Dresden, 1795 Inspektor des Mtnzkabinetts und der Antikengalerie und 1804 des Grtnen Gewulbes. Am 26. Mai 1776 schrieb Becker an Lenz: „Guthe ist mir sehr lieb, und dazu mein Freund; Æ:::æ denn er hat mich doch ein wenig kennen lernen.“ (Lenz, Briefe 1, 260 f.) 50,14 die Abgssse] N|heres konnte nicht ermittelt werden. 50,16 den Snayers] Am 10. Januar 1777 schrieb Oeser an Goethe: „Eine frohe Nachricht habe ich der Familie, welchen die Schneyers gehurten durch die gewißheit daß der Durch‘ Herzog selbige beh|llt, gemacht, kunnte ich denselben noch sagen wenn die bezahlung erfolgte so wtrde die Freude desto grußer seyn“ (Brief vollst|ndig abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 208). Am 2. Juni 1777 stellte Oeser ftr die herzogliche Schatulle eine Quittung tber erhaltene 400 Reichstaler „Ftr Vier Gem|hlde von Sneyers“ aus (ThHStA Weimar, Ftrstenhaus A 1065, Bl. 282). In der Jahresrechnung der herzoglichen Schatulle vom 1. Oktober 1776 bis 1. Oktober 1777 werden diese Gem|lde als „große Thier Sttcke von Sneyers“ bezeichnet (ThHStA Weimar, Ftrstenhaus A 1064, Bl. 18). – Muglicherweise handelt es sich um Gem|lde des fl|mischen Malers Pieter Snayers, der neben seinen Schlachtendarstellungen auch Jagdsttcke malte, oder um Tierbilder des fl|mischen Stillleben- und Tiermalers Frans Snyders, eines Zeitgenossen und Mitarbeiters von Peter Paul Rubens. 50,19 M. Becker soll mir manchmal schreiben.] ,M.‘ ftr ,Monsieur‘. – Briefe Beckers an Goethe aus dieser Zeit sind nicht tberliefert. Der erste tberlieferte Brief Beckers stammt vom 4. Dezember 1795 (vgl. RA 1, 444, Nr 1501). Goethe schrieb wahrscheinlich am 2. Mai 1776 an ihn (vgl. EB 66). 78. An Augusta Louise Gr|fin zu Stolberg-Stolberg ÆWeimaræ, 10. April 1776 ! Uetersen DAT I ERU N G
Der Mittwoch nach Ostern 76 (51,11–12) fiel 1776 auf den 10. April. BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 70. – 1 Bl. 16,6(–16,8)620,1 cm, egh., Tinte; am linken Rand aufgeklebt auf Tr|gerblatt (Pappe). E: Goethe-Stolberg1 (1839), 115 f., Nr 12. WA IV 3 (1888), 49 f., Nr 433.
200 ERLUTERUNGEN
BRIEF 79
Der Brief beantwortet muglicherweise einen nicht tberlieferten Brief Augusta zu Stolbergs von Anfang April 1776 (vgl. zu 51,1). – Der Antwortbrief wahrscheinlich von Anfang Mai 1776 ist nicht tberliefert (vgl. zu 62,12). 51,1 Kranck] Wohl mit Bezug auf einen Brief Augusta zu Stolbergs (oder ihrer Brtder), aus dem Goethe von der Erkrankung und Genesung der Adressatin erfuhr. – Erst Anfang Dezember 1775 hatte sich Augusta zu Stolberg von einer Krankheit erholt, wie sie ihrem Bruder Christian am 9. Dezember 1775 schrieb: „Æ:::æ ich bin krank gewesen mein Christel, habe viel gelitten, freute mich aber oft, daß ihr mich nicht leiden saht – izt bin ich beßer, kan nur noch nichts eßen“ (Brief vollst|ndig abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 2). Anfang 1776 muss sie einen schweren Rtckfall erlitten haben. Auch wenn sie Anfang April nicht mehr in Lebensgefahr schwebte, zog sich die Krankheit noch einige Zeit hin (vgl. Schumann, Auguste Stolberg, 289 f.). 51,3–4 hat ihr Stella nicht gezeugt] Stella. Ein Schauspiel ftr Liebende. – Ende Januar 1776 hatte Goethe die ersten Exemplare des soeben bei Mylius in Berlin erschienenen Sttckes erhalten (vgl. die erste Erl|uterung zu 26,4). Wie die Nachfrage im vorliegenden Brief belegt, muss der Dichter auch an Augusta zu Stolberg ein Exemplar geschickt haben (vgl. Beilage zu Nr 40). Die Adressatin scheint sich tber ihre Lekttre aber nicht ge|ußert zu haben. Wahrscheinlich nahm sie Anstoß am Schluss des Sttckes, der ebenso wie der im „Werther“ thematisierte Freitod zeitgenussische Konventionen sprengte (vgl. zu 29,4–5). 51,4 ihr Alter] Hier mit Bezug auf Goethe selbst im Sinne von „nicht ver|ndert Æ:::æ gleichbleibend, gewohnt, altbekannt“ (GWb 1, 416). Ganz |hnlich verabschiedet sich Goethe auch im Brief vom 16. Mai 1776 von Augusta (vgl. 62,19). 51,4–5 nicht schreibe Æ:::æ ich iezt lebe] Schon in seinem letzten kurzen Schreiben an Augusta vom 11. Februar 1776 (Nr 40) hatte Goethe betont, dass er ihr sein Leben in Weimar nicht schildern kunne (vgl. zu 30,1). 51,7–8 in des Herzogs Zimmer Æ:::æ nicht verlasse] Herzog Carl August war Ende M|rz ernsthaft erkrankt, litt an Rheumatismus, Fieber- und Schwindelanf|llen und musste eine Reise nach Leipzig und Dessau absagen (vgl. 48,1–2). Etwa bis Mitte April konnte er sein Zimmer nicht verlassen. Goethe tbernachtete wiederholt in den R|umen des Herzogs (vgl. 52,2; 55,15). Am 17. April konnte Carl August mit Goethe zum erstenmal wieder ausfahren (GT I 1, 17). 51,9 so tausendfach sind meine Verhwltnisse] Vgl. Goethes zusammenfassende Darstellung seines frthen Weimarer Lebens im Brief an Johanna Fahlmer vom 14. Februar 1776 (31,10–27). 51,11–12 Mittwoch nach Ostern] Vgl. Datierung.
APRIL 1776
79. An Johanna Fahlmer
201
ÆWeimar, 10. April 1776æ ! ÆFrankfurt a. M.æ
DAT I ERU N G
Die Erw|hnung Anna Elisabeth (Lili) Schunemanns (vgl. 51,17) verweist auf das Jahr 1776, die Bitte um die M a n s c h e t t e n (51,15) auf Goethes Brief an Johanna Fahlmer vom 18. M|rz 1776 (Nr 62), der Anfang des Briefes – wieder hier (51,13) – auf die Rtckkehr von der Reise nach Leipzig (24. M|rz bis 4. April 1776). In Goethes Rechnungsbtchern ist am 10. April 1776 ein Brief an Johanna Fahlmer verzeichnet; offenbar handelt es sich um den vorliegenden. BERLIEFERUNG
H: Privatbesitz, Deutschland. – 1 Bl. 10,8616,5(–16,8) cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; Vs. oben links von Johanna Fahlmers Hd, Tinte: „Nr 7“ (Z|hlung vermutlich bezogen auf die Briefe Goethes nach dessen Eintreffen in Weimar am 7. November 1775), in der Mitte von fremder Hd, Bleistift: „44“ (vgl. E). E: Goethe-Fahlmer (1875), 113 f., Nr 44. WA IV 3 (1888), 50, Nr 434 (nach E). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Johanna Fahlmers (vgl. 51,13 und 51,17). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Schon am 12. April 1776 schrieb Goethe erneut an die Adressatin; der Brief ist nicht tberliefert (vgl. EB 57). Postsendungen: 10. April 1776 (vgl. GR/RB 1776, 2, Bl. 3v). 51,13 lohn euch alles Gott] In den vorhergehenden Briefen hatte Goethe Johanna Fahlmer um die Erledigung verschiedener Auftr|ge an seine Eltern gebeten. Es ging u. a. um finanzielle Hilfe durch den Vater und Unterstttzung bei der Ausstattung seiner neuen Wohnung (vgl. Nr 55 und die Erl|uterungen dazu). Woftr er sich hier im Einzelnen bedankt, ließ sich nicht ermitteln. 51,13 wieder hier] Goethe hatte vom 24. M|rz bis zum 4. April 1776 eine Reise nach Leipzig unternommen (vgl. zu 45,1). Er berichtet dartber in Briefen an Charlotte von Stein (Nr 67–69, 71, 73 f.) und Herzog Carl August (Nr 70 und 72). 51,14 H o l l w n d i s c h e S c h n u p f t s c h e r ] Sie waren von besonders guter Qualit|t. Tuchmacherei wurde „vornehmlich in Holland und Engelland getrieben, von dannen die meisten Ttcher in alle Theile der Welt verfthret“ wurden (Zedler 45, 1411). Vor allem die Produkte der Tuch-Manufakturen in Leiden „tbertreffen Æ:::æ nunmehro fast die Frantzosen und Itali|ner“ (Zedler 52, 68). 51,15 und und] Versehentliche Dittographie. 51,15 M a n s c h e t t e n ] Johanna Fahlmer ließ Goethes Auftr|ge erledigen. –
202
BRIEF 80
Nicht nur Goethe, sondern auch Johann August von Kalb ließ sich W|sche, u. a. Manschetten, aus Frankfurt kommen; in seinem Brief an Goethes Eltern vom 16. M|rz 1776 (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 61) meldete er, der „Kasten mit der W|sche und denen Manschetten“ sei „richtig ankommen“. Dass sich dieser Hinweis nicht, wie gelegentlich angenommen (vgl. HÆeinrichæ Dtntzer: Freundesbilder aus Goethe’s Leben. Studien zum Leben des Dichters. Leipzig 1853, S. 460; Goethe-Fahlmer, 114), auf eine Bestellung Goethes wie die vorliegende bezieht, ergibt sich aus einem Brief Catharina Elisabeth Goethes an Philipp Seidel vom 17. Januar 1777, in dem sie mitteilt, am 3. Januar sei „der Kasten mit dem Tuch vor Herrn von Æ:::æ Kalb Æ:::æ nach Weimar abgegangen.“ (Pfeiffer-Belli, 405.) 51,17 Von Lili nichts mehr] Der Bezugsbrief hatte offenbar Nachrichten tber Anna Elisabeth (Lili) Schunemann enthalten, mit der Goethe im Jahr zuvor eine Zeitlang inoffiziell verlobt gewesen war. ber die schwierige, von beiden Familien abgelehnte Beziehung zu der Frankfurter Bankierstochter vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Z 1. Noch Ende 1775 hatte Goethe im Brief an Herzog Carl August vom 23. Dezember Verse auf seine Freundin gemacht (vgl. 10,1–4), von der er nun nichts mehr wissen will. Ludwig Urlichs vermutete: „Vielleicht hatten ihre Verwandten jetzt, als G’s Loos sich gl|nzend gestaltete, durch Johanna das abgebrochene Verh|ltniß ankntpfen wollen.“ (Goethe-Fahlmer, 114, Anm. 3.) 51,17 das Volck] Hier abwertend ftr die Bankiersfamilie Schunemann, von der Goethe als nicht angemessene Partie ftr ihre Tochter betrachtet worden war. 51,18 D e r Z u g ] Hier im Sinne von ,guter Schachzug‘ in Ableitung „vom ziehen beim brettspiel“ (Grimm 16, 380): die von der Familie betriebene Verlobung Anna Elisabeth Schunemanns mit einem „jungen Herrn Bernard aus Straßburg, der wohl ein Verwandter des Æ:::æ in Offenbach begtterten ,Onkel ÆNicolausæ Bernard‘ war.“ (Franz Servaes: Goethes Lili. 3. Aufl. Bielefeld und Leipzig 1926, S. 101.) Er war Besitzer von Htttenwerken in der N|he von Straßburg und galt als vermugend. Die Verlobung kam im Frthsommer 1776 zustande. Als Bernard jedoch eine Inspektion seiner Htttenanlagen durchfthrte, fand er sie in desolatem Zustand vor. Bernard floh vor dem drohenden Bankrott und blieb lange Zeit verschollen (vgl. ebd., S. 101–103). Nach Ernst Beutler soll sich der Br|utigam aus Scham dartber, dass „das els|ssische Htttenwerk, von dessen Ertr|gen das Ehepaar zu leben hatte, keinen Gewinn mehr abwarf“ zurtckgezogen und sp|ter auf Jamaika den Tod gefunden haben (Ernst Beutler: Lili / Wiederholte Spiegelungen. In: Ders.: Essays um Goethe. Erweiterte Frankfurter Ausgabe. Hrsg. von Christian Beutler. Frankfurt a. M. 1995, S. 198). 51,19 Race] Schreibweise nach dem Franzusischen; hier: Geschlecht, Familie. 51,21 Frizzen] Friedrich Heinrich Jacobi, dessen Stieftante Johanna Fahlmer war.
APRIL 1776
203
51,21–22 Brief von mir Æ:::æ Composition] Gemeint ist wohl ein Brief Goethes mit Nachrichten an die Eltern tber seine Anstellung als Geheimer Legationsrat in weimarischen Diensten. Ein solcher Brief ist nicht tberliefert. Goethes Eltern hatten davon bereits durch Johann August von Kalbs ausfthrlichen Brief vom 16. M|rz 1776 erfahren (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 61). 80. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, etwa 13. April 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Der vorliegende Brief, im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778 zugeordnet, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen, wird seit der Ausgabe von Fielitz vor den datierten Brief vom 13. April 1776 (Nr 81) gesetzt (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 30, Nr 34). Ftr diese Datierung spricht der Inhalt des Briefes, in dem eine Erkrankung des Herzogs erw|hnt wird (vgl. 52,1–2) sowie die damit im Zusammenhang stehende bernachtung Goethes beim Herzog (vgl. 52,2). Carl August war um den 20. M|rz 1776 erkrankt und konnte erst am 17. April wieder seine Wohnung verlassen (vgl. zu 43,15–16); hingegen gibt es ftr Ende 1778 keine Hinweise auf eine Erkrankung. Wie aus dem Brief an Augusta zu Stolberg vom 10. April 1776 hervorgeht, war Goethe in dieser Zeit fast st|ndig beim Herzog, in dessen R|umen er auch seine Korrespondenz erledigte (vgl. 51,7–8). Wahrscheinlich ist auch der vorliegende Brief in diesen Tagen geschrieben worden, muglicherweise am Morgen des 13. April unmittelbar vor Nr 81 (vgl. die erste Erl|uterung zu 52,2). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 118. – 1 Bl. 11,569(–9,2) cm, 1 /3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „96“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 99), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 14 (Datierung: Anfang M|rz 1776). WA IV 3 (1888), 51, Nr 435. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 52,1–2 Der Herzog ist besser] Vgl. Datierung. – Von einer leichten Besserung des Gesundheitszustandes Carl Augusts berichtete am 12. April 1776 auch der Weimarer Kammerherr Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff in einem
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BRIEFE 81/82
Brief an seinen Bruder: „Le duc se trouve trois semains envoiron trxs incommod de rhumatismes, fluxions et vertiges accompgns des petit ressentiments fixvreux qui commencent pourtant le quitter. Cependant il se trouve encore si affaibli que nous doutons avev raison qu’il puisse sortir sitt.“ (Seckendorff, Briefe, 8. – Seit ungef|hr drei Wochen leidet der Herzog unter rheumatischen Schtben, Leibfluss und Schwindelanf|llen, begleitet von kurzen Fieberschtben, die aber im Abklingen sind. Dennoch ist er noch so geschw|cht, dass wir Grund haben zu bezweifeln, er kunne bald abreisen. – bersetzung von Eva Beck, Weimar.) 52,2 ich blieb heut Nacht hoben] In den Wohnr|umen des Herzogs Carl August im zweiten Stock des Ftrstenhauses (vgl. 51,7–8; 55,15–16). – ,Hoben‘ von veraltet ,heroben‘, in dieser Form nur in den frthen Briefen belegt (vgl. GWb 4, 1292). 52,2 Heut muss ich Sie sehn] Muglicherweise am Morgen des 13. April 1776 unmittelbar vor Nr 81 geschrieben (vgl. 52,5). 81. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 13. April 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 12. – 1 Bl. 16,8610,2 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 3/4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „31.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 31), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 23. WA IV 3 (1888), 51, Nr 436. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 52,5 da ich selbst nicht komme] Wahrscheinlich war Goethe noch immer bei dem erkrankten Herzog Carl August, den er in diesen Tagen kaum verließ (vgl. zu 52,2). 52,6 das gestrige Schwwrmen] Eine private Geselligkeit; laut Fourierbuch nahmen am Abend des 12. April 1776 neben der Herzogin und deren beiden Hofdamen nur sieben Personen an der ftrstlichen Tafel teil, Charlotte von Stein und deren Mann waren nicht darunter, aber deren Mutter „Frau Gehr. v. Schard“ (FB 1776, S. 111). – Offenbar auf einem Irrtum beruht die auf Dtntzer zurtckgehende Vermutung, dass Charlotte von Stein am 12. April „bei der Feier des Geburtstages ihres |ltern, noch ledigen Bruders, des Regierungsrathes von Schardt“ gewesen sei (Dtntzer, Goethe-Stein, 31, Anm. 6; so auch bei Petersen,
APRIL 1776
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Goethe-Stein 1, 560, zu Nr 39). Der Geburtstag Carl von Schardts, des |lteren der beiden Brtder Charlotte von Steins, fiel nicht auf den 12., sondern auf den 2. April. Er war 1744 geboren, also zwei Jahre jtnger als Charlotte. 52,7 Ahndung und Hoffnung] ,Ahndung‘ hier als ,Vorahnung des persunlichen Schicksals‘ mit positiver Konnotation (vgl. GWb 1, 298), mit Bezug auf die Zukunftsaussichten Goethes am Weimarer Hof (vgl. zu 42,14–15). 52,10 Zeichnen Sie brav] Goethe, der als Leipziger Student Privatschtler Adam Friedrich Oesers, des Direktors der Leipziger Zeichenakademie, gewesen war, berichtet in seinen frthen Briefen wiederholt von seiner Leidenschaft ftr das Zeichnen und Malen (vgl. u. a. GB 1 I, 251,17–22; GB 1 II, zu 246,24–247,1). Dass er auch Charlotte von Stein ftr das Zeichnen zu begeistern suchte, belegen seine Briefe an sie, in denen etwa seit Juni 1776 verst|rkt die Rede davon ist (vgl. 72,13–14; 74,14; 78,14–15). 82. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 14. April 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 14. – 1 Bl. 19623,3 cm (ursprtnglich Doppelblatt, von Bl. 2 etwa 2 cm als Falz auf Tr|gerpapier geklebt), 2 S. beschr., egh., Tinte, gleichm|ßige Schrift; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „35.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 35), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 24–26. WA I 4 (1891), 97 f. (Gedicht). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Das vorliegende Gedicht ist das zweite der zahlreichen unter Goethes Briefen an Charlotte von Stein tberlieferten Gedichte. Es besitzt einen deutlich st|rkeren Bezug zur Adressatin als z. B. der Gedichtbrief vom 12. Februar 1776 (Nr 42). Auffallend sind vor allem die sprachlich-inhaltlichen Parallelen zu den kurz davor oder danach geschriebenen Briefen (vgl. 52,7; 55,2–3). Auch wenn sich der Text ganz ohne biographischen Bezug als literarisches Kunstwerk verstehen l|sst, so erftllte er doch zugleich die Funktion eines Briefes, dessen Aussage durch die gebundene lyrische Sprache besondere Intensit|t und Eindringlichkeit verliehen wurde. Auf den persunlichen Charakter des Gedichtbriefes verweist schon die Tatsache, dass Goethe den Text im Unterschied zu anderen an Charlotte von Stein tbersandten Gedichten zu seinen Lebzeiten nicht – auch nicht in einer abgewandelten Fassung – veruffentlichte. Auch in die von Goethe selbst verantworteten oder be-
206
BRIEF 83
gonnenen Werkausgaben wurde das Gedicht nicht aufgenommen. Es erschien zuerst 1848 in der Ausgabe der Briefe Goethes an Charlotte von Stein (vgl. E). 52,13 du] Mit Bezug auf das in Vers 5 apostrophierte Schicksaal. 52,14 ahndungsvoll] Vgl. zu 52,7. 52,16 Wwhnend] ,W|hnen‘ hier im Sinn von ,meinen‘, ,glauben‘, ,daftr halten‘. – Nach Adelung (4, 1342) im Hochdeutschen in dieser Bedeutung Ende des 18. Jahrhunderts veraltet, bereits durch die Konnotation auf „irrige, unbegrtndete Art daftr halten“, „sich einbilden“ tberlagert. 52,17 Schicksaal] Hier personifiziert als ,huheres Wesen‘, das auf das menschliche Sein Einfluss besitzt. 53,2 Dumpf] Mit Bezug auf Seelen- oder Bewusstseinszust|nde „ftr eine unklare, aber umfassende u intensive Empfindung“ (GWb 2, 1290). Das Wort begegnet in leicht abweichenden Bedeutungen und sowohl in positiver wie negativer Akzentuierung in Zusammensetzungen und als Substantivierung in Goethes Briefen an Charlotte von Stein aus dem Jahr 1776 auffallend h|ufig, w|hrend es in den darauffolgenden Jahren kaum noch verwendet wird (vgl. 48,16; 81,20; 82,14; 86,14; 87,2; 98,13; 139,13); hier im Sinne von „gedankenlos, verworren“ (GWb 2, 1291). 53,3 Schweben] Hier ftr eine st|rkere Bewegung mit ungewisser Richtung; wie „ein Schiff auf dem ungesttmen Meere schwebet“ (Adelung 3, 1725). 53,3 zwecklos] Ohne Ziel, ohne eine bestimmte Absicht. 53,4 unversehnem] Unversehen: unvermutet, unerwartet. 53,6 Unerwarte] Veraltete Partizipialkonstruktion ftr ,unerwartete‘; hier im Sinne von ,unvermutet‘, ,unverhofft‘ (vgl. Grimm 11 III, 512). 53,10 In dem Andern sehn Æ:::æ nie war] hnlich heißt es in Goethes wahrscheinlich ebenfalls im April 1776 geschriebenen Brief: Wir ktnnen einander nichts seyn. und sind einander zu viel (55,7–8). 53,14 eitel] Hier im Sinne von ,leer‘, ,ungegrtndet‘. 53,17 Sag was will das Schicksaal uns bereiten?] Immer wieder befragt Goethe in den Briefen und Tagebtchern dieser Zeit sein ,Schicksal‘ (vgl. 45,6–7; 82,15–16; 88,17). Im Brief vom 31. M|rz 1776 heißt es fast wurtlich, allerdings nur in Bezug auf sich selbst: Was das Schicksaal mit mir vorhaben mag! (49,18.) 53,18 rein genau] Ganz genau. 53,19 in abgelebten Zeiten] ,Abgelebt‘ hier im Sinne von ,vergangen‘, ,ehemals durchlebt‘ (vgl. GWb 1, 98). 53,20 Meine Schwester oder meine Frau] Hier und im Folgenden klingt die zeitgenussische, auf antike Ideen, insbesondere Platons, zurtckgehende Vorstellung von der „Seelenwanderung“ an, mit deren Hilfe die eigentlich unerkl|rbare N|he und Vertrautheit zur weiblichen Adressatin des Gedichts erkl|rt werden soll. Als erl|uternde Paraphrase dazu erscheint Goethes Hinweis im Brief an Wieland von
APRIL 1776
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Mitte April 1776, der noch direkter auf die platonische Lehre von der Wiedererinnerung (Anamnesis) Bezug nimmt (vgl. 55,1–3; zu 55,2). – Auffallend ist die prinzipielle Gleichstellung der weiblichen Rollen ,Schwester‘ und ,Frau‘, die als austauschbar erscheinen. Mit deutlich abweichender Akzentuierung hat Goethe im Oktober 1776 das „Schwester-Motiv“ im Einakter „Die Geschwister“ behandelt (vgl. die erste und zweite Erl|uterung zu 121,20). 53,22 Nerve] Sehne, auch Saite eines Musikinstruments; hier schwingt wohl auch die zeitgenussische Bedeutung mit: „gewisse zarte ruhrartige von außen unsichtbare Fasern, welche sich aus dem Gehirne und Rtckenmarke tber alle Theile des Leibes erstrecken, und der Sitz so wohl der Empfindung als der Bewegung sind, Nerven genannt Æ:::æ. In welcher Bedeutung das Wort auch h|ufig im weiblichen Geschlechte gebraucht wird, die Nerve.“ (Adelung 3, 468.) 54,12 Dwmmernd] Vgl. zu 45,16–17. 83. An Christian Wilhelm Steinauer
ÆWeimaræ, 15. April Æ1776æ ! ÆLeipzigæ
DAT I ERU N G
Das fehlende Jahr ergibt sich aus dem Inhalt des Briefes. So geht aus Goethes Brief an Augusta zu Stolberg vom 17. bis 24. Mai 1776 (Nr 114) hervor, dass er Guiberts „Essai“, den er bei Steinauer bestellte (vgl. 54,18), am 19. Mai 1776 las. In Goethes Rechnungsbtchern ist der vorliegende Brief unter dem 16. April 1776 verzeichnet (vgl. Postsendungen). BERLIEFERUNG
H: Goethe-Museum Dtsseldorf, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, Sign.: 32. – 1 Bl. 18611 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 2/3 S. beschr., egh., Tinte. – Faksimile: Jahrbuch der Sammlung Kippenberg 10 (1935), nach S. 156. E: WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 49, Nr 436a. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Goethes Brief vom 18.? April 1776 (Nr 87) erwidert offensichtlich nicht den Antwortbrief zum vorliegenden Brief, sondern einen anderen Brief Steinauers, der nicht tberliefert ist; in Goethes Rechnungsbtchern sind unter dem 18. April 1776 Briefe und Paquete von Leipzig (GR/RB 1776, 2, Bl. 4v) verzeichnet. Postsendungen: 16. April 1776 (vgl. GR/RB 1776, 2, Bl. 4r). Christian Wilhelm Steinauer (1741–1826), Sohn des Leipziger Kaufmanns Johann Christian Steinauer, war dem Leipziger Adressbuch von 1774 zufolge
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selbst „Kaufmann und Cramer, in Auerbachs Hofe“ (zitiert nach: Alfred Bergmann: Christian Wilhelm Steinauer. Eine Skizze seiner Persunlichkeit. In: Jahrbuch der Sammlung Kippenberg 10 [1935], S. 159). Neben seiner Handelst|tigkeit besch|ftigte er sich u. a. mit Chemie, Mathematik und Architektur, aber auch mit Literatur, Theater und Zeichnen. So fertigte er z. B. die Zeichnung ftr das Titelkupfer von Wielands „Alceste“ (Leipzig 1774) an und engagierte sich ftr die Wiedererrichtung eines Theaters in Weimar nach dem Schlossbrand vom 6. Mai 1774, Letzteres u. a. in Briefen an Friedrich Justin Bertuch, mit dem er befreundet war und mit dem er in den Jahren 1774–1776 einen regen Briefwechsel fthrte. Insgesamt sind mehr als 50 Briefe von ihm an Bertuch im GSA (6/1872) tberliefert, der letzte aus dem Jahr 1817. Ende 1779 ging Steinauer als Oberkontrolleur an die Porzellanmanufaktur nach Meißen. 1795 wurde er zu deren Drittem Kommissar ernannt. Diese Funktionen tbte er bis ins fortgeschrittene Alter aus. Wann er sich ins Privatleben zurtckzog, ist nicht genau bekannt. Seinen Lebensabend verbrachte er in Naumburg. – Goethe kannte Steinauer, der mit der von ihm verehrten Schauspielerin und S|ngerin Corona Schruter befreundet war, vermutlich seit seiner Studienzeit in Leipzig (1765–1768). Ob Steinauer bei seinem Besuch in Weimar im Februar 1776, von dem in seinem Brief an Bertuch vom 17. Februar 1776 die Rede ist, auch Goethe traf, ist nicht belegt, wohl aber, dass Goethe den Kaufmann und Kunstliebhaber w|hrend seiner Leipzig-Reise im M|rz/April 1776 gesehen hat, die dazu diente, Corona Schruter ftr das Weimarer Liebhabertheater zu gewinnen: Im Brief an Herzog Carl August aus Leipzig vom 25. M|rz 1776 richtet Goethe Grtße von Steinauer aus (vgl. 47,24–48,1). Goethes Tagebuch verzeichnet zwei weitere Begegnungen, am 20. Dezember 1776 in Leipzig (vgl. GT I 1, 31) und am 18. Mai 1777 bei Herzog Carl August in Weimar (vgl. GT I 1, 41). Von besonderer Intensit|t scheint die beiderseitige Beziehung nicht gewesen zu sein, zumindest erw|hnt Steinauer in seinen Briefen an Bertuch Goethe mit keinem Wort. Goethe seinerseits tbertrug Steinauer verschiedene Besorgungen, zumeist Buchbestellungen u. . Dies geht aus den sieben tberlieferten Briefen hervor, von denen sechs aus dem Jahr 1776 stammen. Die elf Briefe, die dartber hinaus in Goethes Rechnungsbtchern verzeichnet sind, allesamt ebenfalls von 1776, dtrften |hnlichen Inhalts gewesen sein (vgl. auch EB 71, 76, 80 f., 88, 90, 98, 101, 109, 113, 119). Briefe von Steinauer an Goethe haben sich nicht erhalten; vermutlich hat dieser sie wie alle seit 1772 empfangenen Briefe 1797 vernichtet (vgl. Tag- und Jahres-Hefte 1797; WA I 35, 73). 54,18 Guibert Tactique] Jacques Antoine Hippolyte de Guiberts „Essai gnral de tactique“ (2 Bde. Paris [u. a.] 1772; vgl. Ruppert, 234, Nr 1650). Goethe las das Werk am 19. Mai 1776 (vgl. zu 68,11). Es gehurte zu den von Jacob Michael Reinhold Lenz erbetenen Btchern; Goethe schickte es ihm mit seinem Brief von Anfang Juli 1776 (Nr 136).
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54,19 Lamberts Organon.] Johann Heinrich Lamberts „Neues Organon oder Gedanken tber die Erforschung und Bezeichnung des Wahren und dessen Unterscheidung vom Irrthum und Schein“ (2 Bde. Leipzig 1764). Das Werk des Philosophen, Mathematikers und Physikers befasst sich u. a. mit der erkenntnistheoretischen Frage nach den Bedingungen, unter welchen die Gesetze des menschlichen Denkens zu Erkenntnis fthren. Mit dieser Fragestellung ist Lambert ein Vorl|ufer Kants. – Als Physiker wurde Lambert zum Begrtnder der Fotometrie (Photometria sive de mensura et gradibus luminis, colorum et umbrae ÆFotometrie oder tber die Messung und Abstufung des Lichts, der Farben und des Schattensæ. Augsburg 1760); als solcher erhielt er sp|ter auch ftr Goethes Farbenlehre Bedeutung (vgl. Goethes Brief an Schiller, 21. und 25. Februar 1798; WA IV 13, Nr 3742). 54,21–22 Engelskopf] Corona Schruter. Am 25. M|rz 1776 hatte Goethe an Charlotte von Stein geschrieben: Die Schrttern ist ein Engel (48,16). 54,22 die dicke und den Alten] Personen vermutlich aus dem Umkreis Corona Schruters; N|heres konnte nicht ermittelt werden. 84. An Christoph Martin Wieland ÆWeimar, etwa Mitte April 1776æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Der Brief weist einen deutlichen Bezug zum Gedichtbrief an Charlotte von Stein vom 14. April 1776 (Nr 82) auf (vgl. zu 55,2). Mangels weiterer Anhaltspunkte wird er daher auf etwa Mitte April 1776 datiert. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. E: Charlotte. Ftr die Freunde der Verewigten. Manuscript Ævon Charlotte von Kalbæ. ÆHrsg. von Emil Palleske.æ Berlin 1851, S. 138 (Teildruck nach H). D: Charlotte von Kalb und ihre Beziehungen zu Schiller und Guthe. Von Ernst Kupke. Berlin 1852, S. 83 (nach E). WA IV 3 (1888), 51 f., Nr 437 (nach D). Textgrundlage: E. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Christoph Martin Wieland (1733–1813) wurde als Sohn Thomas Adam Wielands und dessen Frau Regina Catharina geb. Kick in Oberholzheim (etwa 30 km nurdlich von Biberach) geboren, wo der Vater Pfarrer war. 1736 zog die Familie nach Biberach. W|hrend seiner Schulausbildung auf der dortigen Lateinschule und im Internat Kloster Berge bei Magdeburg, die ihn zum Theologiestu-
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dium fthren sollte, besch|ftigte er sich intensiv mit der Literatur der Antike und der Philosophie der Aufkl|rung und begann mit eigenen poetischen Versuchen. Im Oktober 1750 nahm er das Studium in Ttbingen auf, nicht das der Theologie, sondern das der Rechte. Im Sommer zuvor hatte er sich mit Sophie Gutermann von Gutershofen, der sp|teren Sophie La Roche, verlobt. 1752 brach er das ungeliebte Studium ab, indem er eine Einladung durch Johann Jacob Bodmer nach Ztrich annahm, wo er als Hauslehrer und Schriftsteller arbeitete. Im Jahr darauf wurde das Verlubnis gelust. Die einstigen Verlobten blieben trotzdem bis zu Sophies Tod (1807) freundschaftlich verbunden. 1760 kehrte Wieland aus der Schweiz nach Biberach zurtck, wo er zum Senator und kurz danach zum Kanzleiverwalter gew|hlt wurde. Im Oktober 1765 schloss Wieland mit Anna Dorothea von Hillenbrand eine Konvenienzehe, welche er aber sp|ter immer wieder als gltcklich bezeichnete. Aus der Ehe gingen vierzehn Kinder hervor, von denen neun das Kindesalter tberlebten. Wenig zufrieden mit dem Beamtenleben, nahm Wieland 1769 die Ernennung zum kurmainzischen Regierungsrat und Professor in Erfurt an. Seine Bemthungen, die als konservativ geltende und an Studentenmangel leidende Universit|t durch Reformen neu zu beleben, scheiterten jedoch. Deshalb beendete er die Erfurter Jahre, indem er sachsen-weimarischer Hofrat und Erzieher des Erbprinzen Carl August wurde. Im September 1772 siedelte er nach Weimar tber. Dort blieb er auch, nachdem der Prinz im September 1775 vollj|hrig geworden war, und verbrachte vier Jahrzehnte bis an sein Lebensende in der Residenzstadt, einige Jahre davon im nahe gelegenen Oßmannstedt, als Schriftsteller, bersetzer und Publizist, ausgestattet mit einer lebenslangen Pension der Herzoginmutter Anna Amalia. Durch sein Wirken als Mentor, seine Toleranz und sein um Ausgleich bemthtes Auftreten sowie durch sein publizistisches Wirken und sein poetisches Werk trug er erheblich dazu bei, dass Weimar in den n|chsten Jahrzehnten zu einem Zentrum der ,klassischen‘ deutschen Literatur wurde. Wohl nicht zu Unrecht ist die Rede von „Wielands Erfindung Weimars“ (Titel eines Buches von Klaus Manger, Jena 2006). Goethe lernte Wieland zun|chst durch dessen Werke kennen; in Leipzig gab ihm 1768 sein Zeichenlehrer Adam Friedrich Oeser die gerade erschienene Versdichtung „Musarion“ zu lesen; Goethe erinnerte sich im 7. Buch von „Dichtung und Wahrheit“ daran: Ganz ohne Frage besaß W i e l a n d unter allen Æzeitgenussischen Schriftstellernæ das schtnste Naturell. Æ:::æ M u s a r i o n wirkte am meisten auf mich Æ:::æ. Hier war es, wo ich das Antike lebendig und neu wieder zu sehen glaubte. Alles was in Wielands Genie plastisch ist, zeigte sich hier aufs vollkommenste (AA DuW 1, 227). Goethes Bewunderung ging so weit, dass er am 20. Februar 1770 an Philipp Erasmus Reich schrieb: Nach ihm ÆAdam Friedrich Oeseræ und Schwckespearen, ist Wieland noch der einzige, den ich fsr meinen wchten Lehrer erkennen kann (GB 1 I, 188). Diese Hochachtung versptrte wenige Jahre sp|ter der Autor des „Gutz
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von Berlichingen“ nicht mehr. In der im Oktober 1773 entstandenen Farce „Gutter Helden und Wieland“, die Anfang 1774 veruffentlicht wurde, tbte Goethe am Beispiel von Wielands Euripides-Nachdichtung „Alceste“ (Leipzig 1773) scharfe Kritik an der empfindsamen, moralisierenden Art und Weise, wie Wieland die antiken Quellen aktualisierte. Er beklagte die moderne Mattherzigkeit in darstellung iener Riesengestalten (Brief an Gottlob Friedrich Ernst Schunborn, 1. Juni–4. Juli 1774; GB 2 I, 96); anschaulich heißt es in „Gutter Helden und Wieland“: Kannst nicht verdauen dass ein halbgott sich betrinckt und ein Flegel ist seiner Gottheit ohnbeschadet. (DjG3 3, 360.) Wieland verhielt sich unerwartet, als er das kleine Werk im „Teutschen Merkur“ uffentlich „als ein Meisterwerk von Persiflage“ (6. Bd. 3. Sttck. Juni 1774, S. 351; vgl. auch GB 2 II, zu 76,14–15) empfahl und im selben Heft den „Gutz von Berlichingen“ gegen einen Kritiker verteidigte (S. 321–333; vgl. GB 2 II, zu 47,6). Goethe zeigte sich besch|mt; im Gespr|ch mit Johanna Fahlmer, welches diese in einem Brief an Friedrich Heinrich Jacobi vom 6. oder 7. Mai 1774 schildert, sagte er: „Nu, Wieland, du bist ein braver Kerl! ein ganzer Kerl! Æ:::æ Nun, Wieland; unsre Fehde ist aus Æ:::æ.“ ( JB I 1, 230 f.; vgl. auch GB 2 II, zu 86,1–2.) Privat scheint sich Wieland freilich durchaus gekr|nkt ge|ußert zu haben (vgl. Goethes Brief an Sophie La Roche, Ende Mai/Anfang Juni? 1774; GB 2 I, Nr 114 sowie GB 2 II, zu 89,21). Im Dezember 1774 jedenfalls schickte Goethe Wieland zur Versuhnung „une petite lettre“ (Wieland an Carl Ludwig von Knebel, 24. Dezember 1774; WB 5, 322). Zwar |rgerte sich Goethe noch einmal sehr tber eine Kritik Wielands an Jacob Michael Reinhold Lenz’ „Anmerkungen tbers Theater“ im Januar-Heft des „Teutschen Merkur“ von 1775 (vgl. weiter GB 2 II, zu 163,9–10), zwar hielt Goethes Vater die Einladung seines Sohnes nach Weimar Ende 1775 ftr eine Falle, um wegen jenes gegen den begsnstigten Wieland versbten Muthwillens Rache Æ:::æ zu nehmen (AA DuW 1, 533 [15. Buch]), doch als Goethes Ankunft in Weimar bevorstand, erwartete der |ltere Dichter den jtngeren sehnlich (vgl. S. 310 zu Zeile 21) und bereitete ihm einen geradezu enthusiastischen Empfang. Gleich am Tag seiner Ankunft, am 7. November 1775, begegneten sich beide persunlich; am 10. November schrieb Wieland an Friedrich Heinrich Jacobi: „Wie ganz der Mensch beym ersten Anblik nach meinem Herzen war! Wie verliebt ich in ihn wurde, da ich Æ:::æ an der Seite des herrlichen Jtnglings zu Tische saß“ (WB 5, 437). In Briefen der darauffolgenden Monate finden sich viele |hnlich begeisterte ußerungen tber Goethe, den Wieland auch gegen die Kritik an seinem und Carl Augusts vorgeblich unmoralischen Lebenswandel verteidigte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 112). H|ufige Besuche Goethes in Wielands Haus festigten ein freundschaftliches Verh|ltnis. Wieland zog sich nach Beendigung seiner T|tigkeit als Prinzenerzieher und nach Goethes Eintritt in Weimar gern vom Hofleben zurtck und tberließ dem Neuankummling die Rolle des Favoriten Carl Augusts. Aller-
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dings kritisierte er die H|ufung von Gesch|ften und mtern, die Goethe im Lauf der Jahre tbernahm, als Einschr|nkung poetischer Produktivit|t. Was Wieland von Goethe erwartete, l|sst sich seinen „Briefen an einen jungen Dichter“ entnehmen, die 1782 (August-Heft, S. 129–157; Oktober-Heft, S. 57–85) und 1784 (M|rz-Heft, S. 228–253) im „Teutschen Merkur“ erschienen. Der Streit zwischen den Anh|ngern Shakespeares und den Verfechtern des franzusischen Dramas sei turicht; Abhilfe kunne der Dichter schaffen, der sowohl den „Gutz von Berlichingen“ als auch die (noch nicht gedruckte) „Iphigenie“ in Jamben geschrieben habe: „Welcher andre, als ein Dichter, der, je nachdem ihn sein Genius trieb, mit gleich gltcklichem Erfolge, mit Shakespearn oder Sophokles um den Preis ringen konnte, wtrde geschickter gewesen seyn Æ:::æ, den Ausschweifungen der Nachahmer Einhalt zu thun, und durch Verbindung der Natur, welche die Seele von Shakespears Werken ist, mit der schunen Einfalt der Griechen, und mit der Kunst und dem Geschmacke, worauf die Franzosen sich so viel zu gute thun, unsrer dramatischen Muse einen eigenthtmlichen Character Æ:::æ zu verschaffen“ (3. Brief, S. 241). – Nach Wielands Tod hielt Goethe am 18. Februar 1813 in der Weimarer Freimaurerloge eine Gedenkrede „Zu brtderlichem Andenken Wielands“; darin stellt er zu Beginn den Begriff der Heiterkeit (WA I 36, 313) in den Vordergrund, um Leben und Wesen des Verstorbenen zu charakterisieren und nennt sittliche Sinnlichkeit und gemwßigte geistreiche Lebensfreude (WA I 36, 314) als deren Ingredienzien. Grundlage dieser widersprtchlich scheinenden Eigenschaften sei ein Skeptizismus gegentber allem gewesen, was sich in der Wirklichkeit nicht immer nachweisen lwßt, besonders gegentber aller dogmatisirenden Philosophie, Æ:::æ dem religitsen Fanatismus und allem, was dem Verstande excentrisch erscheint (WA I 36, 321). Realismus, Toleranz, angeborne Liberalitwt, Æ:::æ Mwßigung (WA I 36, 334) machten Wieland zum erfolgreichen Vermittler von Literatur und literarischen Entwicklungen, hinderten ihn aber zugleich, sich als Parteihaupt (ebd.) selbst an die Spitze einer solchen zu setzen. Anerkennung von Verdiensten und Grenzen des Verstorbenen spiegeln sich in Goethes abschließendem Restmee: ein talentreicher Mann, verstwndig, vorsichtig, umsichtig, erfahren, wohldenkend und mwßig (WA I 36, 345). Was den Zeitraum des vorliegenden Bandes angeht, geben insbesondere Wielands Briefe an Friedrich Heinrich Jacobi und vor allem an Johann Heinrich Merck Auskunft tber sein Verh|ltnis zu Goethe. Nach dessen Ankunft in Weimar entwickelte sich zun|chst eine sehr enge Beziehung. Ftr Goethe war Wieland, der ihn so begeistert aufgenommen hatte, am Anfang eine Art Mentor, mit dem er in dessen Familienkreis vertrauten Umgang pflegte; am 14. Februar 1776 schrieb er an Johanna Fahlmer: Mit Wieland fshr ich ein liebes hwusliches Leben (31,17–18; vgl. auch 5,19). Sp|ter klagte Wieland wiederholt tber eine zeitweilige Distanz; erstmals heißt es in seinem Brief an Jacobi vom 27. Januar
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1777: „Ueberhaupt hab ich ihn ÆGoetheæ seit seiner Zurtckkunft von Dessau Æam 20. Dezember 1776æ merklich k|lter gefunden, als zuvor. Wir sehen uns selten. Ich habe nichts tber ihn zu klagen – (d. ist nun freilich cum grano salis zu verstehen; aber basta!!) nur die ehemalige Vertraulichkeit hat aufgehurt. Da ich mich in gar nichts mische, und alles gehen laße wie es geht, so wtrde es schwehr halten, H|ndel mit mir anzufangen. Der Ausgang unsrer itzigen Wirthschaft ist Gott bekannt.“ (WB 5, 588.) Die Grtnde ftr Goethes Zurtckhaltung vermutete Wieland gar nicht im privaten Bereich; an Merck schrieb er am 13. Juni 1777: „Mit jenem ÆGoetheæ – was ftr herrliche Stunden, u. halbe Tage lebt’ ich mit ihm im ersten Jahre! Nun ists als ob in den fatalen Verh|ltnißen worinn er steckt, ihn sein Genius ganz verlassen h|tte – seine Einbildungskraft scheint erloschen – statt der allbelebenden W|rme die sonst von ihm ausging, ist politischer Ernst um ihn her. Er ist immer gut und harmlos – aber – er theilt sich nicht mehr mit – und es ist nichts mit ihm anzufangen. Auch sehen wir uns nur selten – wiewohl ich fest glaube daß er nichts wider mich hat, und von mir tberzeugt ist, daß ich ihn herzl. liebe.“ (WB 5, 626 f.) Aber schon wenige Wochen sp|ter berichtete er nach Darmstadt: „G u t h e und ich sind seit meinem letzteren ÆBrief vom 13. Juniæ wieder mehr und n|her zusammengertckt – und ich habe ihn wieder gefunden, wo ich ihn nun bald vor Jahr und Tag gelassen hatte“ (WB 5, 639). Obwohl Wieland sich „selbst geschworen“ hatte, daß ihn „nimmer und nimmermehr Nichts an ihm ÆGoetheæ irre machen“ solle (ebd.), traten Irritationen dieser Art ein Jahr sp|ter erneut auf; am 3. Juni 1778 teilte er Merck mit: „Guthe war zwar simpel und gut, aber |usserst trocken, und verschlossen“ (WB 7 I, 74). Wielands Erkl|rungsversuch lautet |hnlich wie zuvor: „Ich glaub indessen gerne und am liebsten daß der wahre Grund davon doch bloß in der Entfernung liegt, worinn wir durch die Umst|nde von einander gehalten werden. Vor 2 Jahren l e b t e n wir noch m i t e i n a n d e r ; dies ist izt nicht mehr und k a n n n i c h t m e h r s e y n , da er Gesch|fte, liaisons, Freuden und Leiden hat, an denen e r mich nicht theil lassen kann, und an denen i c h meines orts ex parte auch nicht theil nehmen kunnte noch muchte.“ (WB 7 I, 74 f.) Zu einer ernsthaften Belastung des Verh|ltnisses zwischen Goethe und Wieland kam es indessen nicht. Am Ende des Jahres bekennt Wieland im Brief an Merck vom 9. Dezember 1778: „Daß mir Æ:::æ G u t h e in gar mancherley Sttcken die grußte Wohlthat geworden, erkenne ich t|glich mehr und mehr, und ehre und liebe ihn auch daftr von Grund des Herzens.“ (WB 7 I, 144.) Der Briefwechsel zwischen Goethe und Wieland ist nicht umfangreich; sie waren langj|hrige Nachbarn. Bekannt sind gegenw|rtig lediglich 13 Briefe Goethes aus der Zeit von 1776 bis 1810 sowie 31 Briefe Wielands aus der Zeit von 1790 bis 1812. Beherrschende Themen gibt es nicht; es geht um Allt|gliches wie Einladungen, Besuche, Theater, bersendungen von Literarischem und Kulinarischem sowie Weimarer Personalia.
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Der vorliegende Brief steht offensichtlich in Bezug zu Goethes Gedichtbrief an Charlotte von Stein vom 14. April 1776 (Nr 82): Warum gabst du uns die Tiefen Blicke Æ:::æ. Dieses Gedicht wird als ,Anamnesis-Gedicht‘ bezeichnet und mit der antiken Vorstellung der Seelenwanderung (55,2) in Verbindung gebracht, von der Goethe hier selbst spricht. 55,1 diese Frau] Charlotte von Stein. 55,2 Seelenwanderung] Der griechische Begriff der leselwtŁvxri| bezeichnet eine philosophische Spekulation, die auf die Schule des Pythagoras und auf Empedokles zurtckgeht, vor allem aber bei Platon Bedeutung gewonnen hat: Wenn die Seele guttlichen Ursprungs ist, so ist sie ewig und ,verkurpert‘ sich immer wieder. Platon verbindet diese Vorstellung mit seiner erkenntnistheoretischen Lehre von der a¤maŁlmgri|, der Wiedererinnerung; danach existierten die Seelen, bevor sie sich mit dem menschlichen Kurper verbanden, im Reich der Ideen. Angesichts der empirischen Welt der Gegenst|nde, die nichts anderes sind als je individuelle Ausformungen zugrunde liegender allgemeiner Ideen, erinnert sich die Seele an diese und macht so Erkenntnis und Wissen muglich (vgl. Platons Dialoge „Phaidon“ [72e–77a] und „Menon“ [81c–82b]). Hinzu tritt der in Platons „Symposion“ (189c–193d) dem Aristophanes in den Mund gelegte Mythos, nach welchem der Mensch ursprtnglich ein Wesen von m|nnlich-weiblicher Ganzheit war; zur Strafe ftr menschliche Hybris hob Zeus diese Einheit auf, die seither mit Hilfe des Eros im Vollzug der Liebe zu erneuern versucht wird. – Die Vorstellung, dass Geister ineinander tbergehen und sich mit den Augen des anderen zu betrachten und zu erkennen vermugen, zitiert Goethe auch in seinem Brief an Charlotte von Stein vom 1. Oktober 1781 (vgl. WA IV 5, 198). Weiteres dartber vgl. zu 84,13. 55,2–3 wir waren einst Mann und Weib] Vgl. 53,19–20. 85. An Charlotte von Stein DAT I E RU N G
ÆWeimar, Mitte April? 1776æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief Ende Juli 1776 eingeordnet. Im Erstdruck wurde er unmittelbar vor den Gedichtbrief Warum gabst du uns die Tiefen Blicke Æ:::æ (Nr 82) vom 14. April 1776 gesetzt. Seit Fielitz wird er in den September 1776 datiert, da trotz der inhaltlichen N|he zu Nr 82 das sachsen-weimarische Siegel daftr spreche, dass Goethe bereits in sein Amt eingefthrt worden war, als er den Brief geschrieben und gesiegelt hat (vgl. berlieferung und Fielitz, Goethe-Stein 1, 415, Anm. 2 [zu S. 51]). Mit |hnlicher Begrtndung datiert auch Fr|nkel den Brief, allerdings auf die Zeit unmittelbar nach Goethes Ernennung zum Geheimen Legationsrat Ende Juni 1776 (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 384, Anm. zu Nr 74; ebenso Fr|n-
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kel, Goethe-Stein2 1, 35, Anm. zu Nr 74). Lediglich Petersen geht nach den inhaltlichen Beztgen wieder auf die von Schull vorgeschlagene Datierung um den 14. April 1776 zurtck. Durch den Hinweis auf die „Geniezeit“ sucht er den angeblichen „Mißbrauch des Amtssiegels“ zu erkl|ren (Petersen, Goethe-Stein 1, 560, Anm. zu Nr 42). Die inhaltlichen Beztge zum Gedichtbrief vom 14. April 1776 (Nr 82), zu den Briefen Nr 86 und 88 wie auch die Anrede ,Du‘ und der Tonfall des vorliegenden Briefes sprechen daftr, dass er aus dem April 1776 stammt, als Goethe sein Verh|ltnis zu Charlotte von Stein zu intensivieren suchte, es dadurch aber h|ufiger zu Verstimmungen und zum Rtckzug des Dichters kam (vgl. zu 55,16–17). Der seit Fielitz immer wieder angefthrte Einwand, der Brief kunne aufgrund des Siegels nur nach Goethes Ernennung zum Geheimen Legationsrat Ende Juni geschrieben worden sein, setzt voraus, dass Goethe selbst das Siegel zum Verschließen des Briefes verwendet hat. Dagegen spricht der Befund des Texttr|gers. Der vorliegende Brief steht auf einem an zwei Seiten beschnittenen Blatt aus feinem Papier mit Goldschnitt, so genanntem Postpapier (vgl. zu 201,4). Dies deutet darauf hin, dass es sich um das nicht beschriebene Blatt eines ursprtnglichen Doppelblattes handelt, das bereits als Briefpapier verwendet worden war, muglicherweise vom Herzog. Aus der Faltung des Blattes l|sst sich außerdem schließen, dass das Siegel am unteren beschnittenen Rand nicht dem Verschluss des vorliegenden Briefes gedient haben kann, sondern von dem wiederverwendeten Briefpapier stammen muss. Damit liefert es keinen Anhaltspunkt ftr eine Datierung. Der Brief wird daher nach Tonfall, Anrede und inhaltlichen Parallelen auf Mitte April 1776 datiert. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 26. – 1 Bl. 15(–15,2)618,2 (–18,4) cm, feines Briefpapier mit Goldschnitt, rechter und unterer Seitenrand beschnitten, einmal l|ngs und einmal quer gefaltet, 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; Rs. Adresse: Frau v. Stein.; am unteren Rand rotes Siegel: sachsenweimarisches Wappen (einmal gespaltenes und dreigeteiltes Schild u. a. mit Glevenrad, s|chsischer Raute, Dreipass und Eisenberger Balken), Siegelausriss (vgl. Datierung); Vs. oben rechts von der Mitte von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „76“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „66.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 66), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 23. WA IV 3 (1888), 103, Nr 506. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 55,7–8 Wir ktnnen einander nichts seyn Æ:::æ zu viel] Das scheint eine Paraphrase zum Gedichtbrief vom 14. April (Nr 82) zu sein.
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BRIEFE 86/87
55,8 so klar wie Faden] Redensartlich: „ohne Umschweife, gerade(heraus), ganz offen“ (GWb 3, 522). 55,11 Ich will dich nicht wiedersehn] Vgl. zu 55,16–17; zu 56,14–15.
86. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 16. April 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 12. – 1 Bl. 17,9610,6 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „32.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 32), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 26 f. WA IV 3 (1888), 52 f., Nr 439. BEI L AG EN
1) Manuskripte (oder Aush|ngebogen) zum 2. Band von Johann Caspar Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ (vgl. die erste Erl|uterung zu 55,16). 2) Geschenk ftr die Suhne Charlotte von Steins (vgl. 55,22). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 55,15 Der Herzog war die ganze Nacht ruhig] Goethe tbernachtete in dieser Zeit h|ufig im Ftrstenhaus in der Wohnung Herzog Carl Augusts, der seit Ende M|rz krank war (vgl. zu 43,15–16). Am 17. April ist er gemeinsam mit Goethe zum erstenmal wieder ausgefahren (GT I 1, 17). – Wie Goethes Tagebuch vom 16. April 1776 belegt, begab er sich im Laufe des Tages offenbar im Auftrag des erkrankten Herzogs zu einem Brand in Ulrichshalben an der Ilm (heute Ortsteil von Oßmannstedt), etwa 10 km nordustlich von Weimar gelegen (vgl. die zweite Erl|uterung zu 59,10). 55,16 Hier ist Lav.] Vgl. Beilage 1. – Am 25. April 1776 schickte Goethe Titelblat, Dedikation, Beschluss und Innhalt (57,5) ftr den 2. Band der „Physiognomischen Fragmente“ an Reich nach Leipzig, wo diese seit 1775 erschienen. Goethe furderte von Anfang an den Fortgang der Ausgabe und vermittelte die Manuskripte an den Verleger, nachdem er sie redigiert und korrigiert hatte, er war auch bei der Besorgung und Herstellung von Abbildungen (Zeichnungen und Silhouetten) behilflich. Außerdem lieferte er eigene Beitr|ge (vgl. die einleitenden Erl|uterungen zu GB 2 II, Nr 67 und 178).
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55,16 Wiel.] Wieland. 55,16–17 wodurch ich Sie beleidigt hwtte] Offenbar durch eine unbedachte ußerung, die Goethe vermutlich am Abend des 14. April in Hurweite Charlotte von Steins gemacht hatte (vgl. die folgende Erl|uterung); N|heres dazu nicht ermittelt. – In dieser Zeit scheint es h|ufiger zu Verstimmungen zwischen Goethe und der Adressatin gekommen zu sein (vgl. 70,8–9). 55,19 da oben herunter] Wahrscheinlich von der Galerie im Ftrstenhaus (vgl. die erste Erl|uterung zu 26,15). Laut Fourierbuch vom 14. April 1776 befand sich Charlotte von Stein an diesem Tag unter den G|sten der ftrstlichen Abendtafel. Goethe wird namentlich zwar nicht erw|hnt, gehurte vermutlich aber zu den „7. P.Æersonenæ“, die mit Herzog Carl August „allein“ in dessen Privatr|umen speisten (FB 1776, S. 113). Bei solchen Gelegenheiten sollen der Herzog und – wie zu vermuten – auch dessen G|ste von der Galerie aus dem Treiben im Gesellschaftssaal zugesehen haben (vgl. zu 26,11). 55,20 liebe Schwester] Die Anrede hier – im Unterschied etwa zur Apostrophe im Gedichtbrief vom 14. April 1776 Ach du warst in abgelebten Zeiten / Meine Schwester oder meine Frau (53,19–20) – wahrscheinlich als Zugest|ndnis an die Adressatin, die glaubte, Goethe dadurch von ihrem Herzen zu entfernen (58,6). 55,22 Grasaffen] Kosename ftr ,Kinder‘; mitunter auch leicht sputtisch ftr ,junge M|dchen‘ (vgl. GWb 4, 440); hier: die Suhne Charlotte von Steins (vgl. zu 145,1). Die Herkunft des vermutlich mundartlichen Wortes ist ungekl|rt; nach Grimm durch Goethe in die deutsche Literatursprache eingefthrt (vgl. Grimm 4 I 5, 1942), u. a. in der frthen Fassung des „Faust“: Der Grasaff ist er weg! (Vers 1213; FA/Goethe I 7/1, 524). 56,1 mein Gedicht] „Warum gabst du uns die Tiefen Blicke Æ:::æ“, Gedichtbrief vom 14. April 1776 (Nr 82). 56,2 von deiner Hand] Eine Abschrift des Gedichts von der Hand der Adressatin ist nicht bekannt; die unter den Briefen an Charlotte von Stein tberlieferte eigenh|ndige Reinschrift ist die einzige erhaltene Handschrift tberhaupt (vgl. Inventare 2 I, 805). 56,5 D. H.] Der Herzog Carl August. 87. An Christian Wilhelm Steinauer DAT I ERU N G
ÆWeimar, 18.? April 1776æ ! ÆLeipzigæ
Aus dem Brief geht hervor, dass sich Corona Schruter, die am 16. November 1776 nach Weimar tbersiedelte, noch in Leipzig aufhielt. Die Bitte um Zusendung der Rechnung zur Messe (vgl. 56,10) weist darauf hin, dass die Leipziger
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BRIEF 88
Frthjahrsmesse bevorstand, die am dritten Sonntag nach Ostern ( Jubilate) begann, 1776 also am 28. April. Schließlich bezieht sich Goethes Brief an Steinauer, der sich auf den 1. oder 2. Mai 1776 datieren l|sst (Nr 96), auf den vorliegenden (vgl. zu 56,8–9). In Goethes Rechnungsbtchern sind unter dem 18. April 1776 Briefe und Paquete von Leipzig (GR/RB 1776, 2, Bl. 4v) verzeichnet sowie ein Brief an Steinauer, bei dem es sich vermutlich um den vorliegenden handelt (vgl. Postsendungen). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/497,I. – Doppelblatt 14618,6(–19,1) cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte. E: WA IV 30 (1905), 9, Nr 430a (Carl Schtddekopf). ERLUTERUNGEN
Der Brief antwortet vermutlich auf den nicht tberlieferten Begleitbrief zu einer Sendung Steinauers, die unter dem 18. April in Goethes Rechnungsbtchern verzeichnet ist (vgl. Datierung). – Der Antwortbrief Steinauers, auf den Nr 96 antwortet, ist ebenfalls nicht tberliefert. Postsendungen: 18. April 1776 (vgl. GR/RB 1776, 2, Bl. 4v). 56,6 alles] Was Steinauers Sendung enthielt, konnte nicht ermittelt werden. Es wird sich jedoch kaum um das Papier und die Btcher gehandelt haben, die Goethe mit seinem Brief vom 15. April 1776 (Nr 83), abgeschickt am 16. April, bestellt hatte, selbst wenn Briefe von Weimar nach Leipzig gelegentlich nur zwei Tage benutigten (vgl. Datierung zu Nr 190). 56,6 Silh.] Silhouetten. – N|heres konnte nicht ermittelt werden. 56,7 Sie kriegen noch einen Brief] Der n|chste Brief Goethes an Steinauer (Nr 96) ist laut Rechnungsbtchern am 2. Mai 1776 abgegangen. 56,7–8 Mit dem Kleid bleibts bey der Abrede] Was hinsichtlich des offenbar ftr Corona Schruter bestimmten Kleides abgesprochen worden war, ist nicht bekannt. 56,8 ihr] Corona Schruter. 56,8 hollwndisch schtn Tuch] Vgl. zu 51,14. 56,8–9 Schnupftschern] Aus unterschiedlichem Material gefertigt; „mit feineren schnupfttchern wurde groszer luxus getrieben“ (Grimm 15, 1392). In Brief Nr 96 nimmt Goethe den Auftrag zurtck. 56,10 Messe] Die Leipziger Frthjahrs- oder Jubilatemesse (vgl. Datierung). 56,10 Rechnung] Ein entsprechender Brief Steinauers ist nicht tberliefert. 56,11 der Schrttern Schicksaal] Goethe war vom 24. M|rz bis zum 3. April 1776 in Leipzig gewesen, um die Schauspielerin und S|ngerin Corona Schruter als Kammers|ngerin Anna Amalias und ftr das Liebhabertheater in Weimar zu gewinnen. Er bot ihr ein Honorar von 400 Reichstalern im Jahr. Im nicht tberlie-
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ferten Bezugsbrief hatte sich Steinauer vermutlich besorgt tber den bevorstehenden Weggang der mit ihm befreundeten Ktnstlerin nach Weimar ge|ußert. 56,11–12 mit dem meinen verbunden] Zwischen Corona Schruter und Goethe entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit und tiefe Freundschaft. Sie spielten zusammen im Liebhabertheater, u. a. die Iphigenie bzw. den Orest in der Urauffthrung der „Iphigenie“ am 6. April 1779; Corona Schruter komponierte die Musik ftr Goethes Singspiel „Die Fischerin“. Auch außerhalb des Theaters trafen beide in geselligem Kreis gern zusammen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 435). 88. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen 16. und 21. April? 1776æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief in den Februar 1776 eingeordnet. In den bisherigen Ausgaben wurde er auf den Zeitraum zwischen dem 14. und 16. April 1776 datiert (so bei Schull, GoetheStein 1, 26; Fielitz, Goethe-Stein 1, 32, Nr 37; Wahle, Goethe-Stein 1, 31, Nr 40; Petersen, Goethe-Stein 1, 19, Nr 41). Strehlke in der WA setzt ihn unmittelbar nach Brief Nr 86 vom 16. und vor Brief Nr 89 vom 22. April 1776. Dahin scheint er dem Inhalt und Tonfall nach am ehesten zu gehuren (vgl. zu 56,14–15). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 5. – 1 Bl. 16,7(–16,9)610,7 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „10.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 10), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 26. WA IV 3 (1888), 53, Nr 440. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 56,14–15 so ungewiss Æ:::æ als ich gestern unentschlossen war] Muglicherweise noch mit Bezug auf das im Brief vom 16. April 1776 angedeutete Missverst|ndnis (vgl. 55,16–17). Aber auch in den darauffolgenden Tagen muss Goethes ,Ungewissheit‘ noch angedauert haben (vgl. 57,1–2).
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89. An Charlotte von Stein
BRIEFE 89/90
ÆWeimaræ, 22. April 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 15. – 1 Bl. ca. 16,966,8 cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „36.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 36), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 28. WA IV 3 (1888), 53, Nr 441. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 57,3–4 Und immer ihr Æ:::æ zuksnftiger bin.] Muglicherweise in Abwandlung einer in den frthen Briefen wiederholt gebrauchten Wendung aus JeanJacques Rousseaus Roman „Julie, ou La Nouvelle Helose“ (Amsterdam 1761): „le lendemain, le surlendemain, & toute sa vie“ (Rousseau, La Nouvelle Helose II 5, 125 [5. Teil, 7. Brief]. – „morgen, tbermorgen und sein Leben lang“ [Rousseau, Die neue Hlose, 640]; vgl. GB 1 I, 113,34; 235,2–3; GB 2 I, 23,4–5). 90. An Philipp Erasmus Reich
Weimar, 25. April 1776 ! ÆLeipzigæ
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 71. – 1 Bl. 18611 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1/3 S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben links von fremder Hd, Bleistift: „14a“. E: Goethes Briefe an Leipziger Freunde (1849), 227, Nr 15. WA IV 3 (1888), 54, Nr 443. BEI L AG E
Manuskript zum 2. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ (vgl. die erste Erl|uterung zu 57,5). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 25. April 1776 (vgl. GR/RB 1776, 2, Bl. 5r). Der Brief bezieht sich wie Nr 13, 21 und 59 auf den Druck des 2. Bandes von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“, der Anfang Januar 1776 begon-
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nen hatte (weiter vgl. zu 14,8). Mitte Mai erhielt Goethe ein Exemplar des fertigen Bandes (vgl. Nr 105). 57,5 Titelblat] Physiognomische Fragmente, zur Befurderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe, von Johann Caspar Lavater. Zweyter Versuch. Leipzig und Winterthur 1776. Bey Weidmanns Erben und Reich, und Heinrich Steiner und Compagnie. 57,5 Dedikation] Die Widmung „An Louisen Prinzessinn von Hessen-Darmstadt regierende Herzoginn von Weimar“ lautet: Vo r t r e f f l i c h e F t r s t i n n , Den zweyten Theil dieser, unter mancherley Drang bearbeiteten Fragmente, lege ich mit dem Wunsche und mit der beruhigenden Hoffnung Ew. Durchl. zu Ftßen: daß Sie Wahrheit, Nutzen und Vergntgen daraus schupfen, Sich aufs neue Ihrer Menschheit, und des Vaters der Menschheit, und des Urbildes der Menschheit freuen werden. – Mehr sag’ ich nicht, denn ich weis, daß Ihr Herz, zu der wahresten Empfindung rein gestimmt, das beste Gefthl schon entweiht achtet, wenn es in Worte tbergeht. Ztrich, den 24. J|nner 1776. J o h a n n C a s p a r L a v a t e r, Pfarrer am Waisenhause. 2 unter mancherley Drang] Lavater hatte wiederholt seine berlastung mit Arbeit beklagt (vgl. zu 40,18). 5 Menschheit] Im 18. Jahrhundert noch oft im Sinn von „menschliche Natur“ und „Menschlichkeit“ (Adelung 3, 180). 5–6 Urbildes der Menschheit] Nach dem biblischen Bericht von der Erschaffung des Menschen schuf Gott den Menschen als sein Abbild (vgl. 1 Mose 1,26). Lavater glaubte, dass in jedem Individuum ein Kern des Guttlichen enthalten sei, so dass Menschenkenntnis zur Erkenntnis Gottes fthren kunne. Dies war das leitende Interesse, mit dem er seine Physiognomik betrieb (vgl. auch die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 67). 57,5 Beschluss] Nach dem 36. und letzten Fragment „Religiuse, Schw|rmer, Theosophen, Seher“ (S. 281–288) folgt als „Beschluß“ Lavaters Gedicht „Erreicht, erreicht also den zweyten Ruhpunkt! Æ:::æ“ (S. 289–291) mit der Unterschrift „H. den 8. Febr. 1776.“ 57,5 Innhalt] Innhalt des zweyten Versuchs (4 nicht paginierte Seiten vor S. 1). 57,7 Reise] Wohin Reich reiste, konnte nicht ermittelt werden. 57,7 Sehen wir sie nicht vorher.] Von einem Besuch Reichs in Weimar im Frthjahr 1776 ist nichts bekannt.
5
10
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91. An Charlotte von Stein
BRIEFE 91/92
ÆWeimaræ, 25. April Æ1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Das Jahr ergibt sich aus der Erw|hnung von Jacob Michael Reinhold Lenz (vgl. 57,12), der sich nur im April des Jahres 1776 in Weimar aufhielt (vgl. auch Charlotte von Steins Jahresangabe auf der Handschrift). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 13. – 1 Bl. 16,7610,7 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); unten links von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „76“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „33.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 33), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 28 f. WA IV 3 (1888), 53 f., Nr 442. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 57,9 Wahrscheinlicher Weise ess ich heut mit Ihnen] Am 25. April 1776 war Charlotte von Stein gemeinsam mit ihren Suhnen, ihrem Bruder Carl von Schardt und Wieland bei Goethe in dessen Garten am „Stern“ (vgl. GT I 1, 17), den er am 21. April in besiz genommen (ebd.) hatte. – Zum Erwerb des Gartens durch Goethe vgl. zu 62,4. 57,10–11 gestern hatt ich einen guten Tag] Einen Teil des 24. April hatte Goethe laut Tagebuch gleichfalls in seinem Garten verbracht; außerdem hatte er den Waffentbungen der Weimarer Husaren auf dem Exerzierplatz an der Ackerwand zugesehen und war im Schloss Belvedere stdlich von Weimar gewesen, seit 1776 Sommerresidenz der Herzogin Louise (vgl. GT I 1, 17; I 2, 387). 57,12 Lenzens Eseley] Anspielung auf einen wahrscheinlich eher komischen ,Fehltritt‘, eine turichte, aber verzeihliche Handlung oder ußerung von Lenz; das Wort ,Eselei‘ ist nur ftnfmal bei Goethe belegt, davon zweimal 1776 mit Bezug auf Lenz. Dieser hielt sich seit dem 1. April 1776 in Weimar auf, wo er nach Goethes Rtckkehr aus Leipzig auch Herzog Carl August vorgestellt wurde (vgl. die erste Erl|uterung zu 50,2). – In den ersten Wochen nach Lenz’ Ankunft in Weimar gab es wiederholt Vorf|lle der Art, die Goethe im oben genannten Sinne als ,Eselei‘ bezeichnet haben kunnte, wie ein Brief Wielands an Merck vom 13. Mai 1776 belegt: „L e n z a m H o f e – Was dtnkt euch dazu? Seit er hier ist, ist kaum ein Tag vergangen, wo er nicht einen oder andern Streich h|tte ausgefthrt, der jeden andern als ihn in die Luft gesprengt h|tte. Daftr wird er nun freylich auch was Rechtes geschoren; aber das ficht ihn nichts an; er geht seinen Weg fort, und wischt
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sein Vidle ans Thor, wie die Schweizer sagen. Ein herrlicher Junge, das weiß Gott, und Poet triple carillon.“ (WB 5, 505. – Vidle: Ftdli, schweizerisch ftr ,Hinterteil‘; triple carillon: franz.: von dreifachem Glockenspiel; figtrlich als Ausdruck der Steigerung, etwa ,ttchtig‘, ,ganz gehurig‘.) ber einen dieser „Streiche“ berichtet ein zeitgenussischer Besucher des Weimarer Hofes: „Man / nahm ihn ÆLenzæ als einen Mann von Talenten sehr gut auf; aber bald zeigte sich viel Sonderbares an ihm. So erschien er zum Beyspiel einmal bey Hofe auf dem Balle maskirt und im Domino, mit dem Hute auf dem Kopfe; und als nun aller Augen auf ihn hinstarrten und das A h ! der Verwunderung von allen Seiten erschallte, trat er ganz ruhig und unbefangen zu einer der vornehmsten Damen, und nahm sie zum Tanz auf. Der junge Herzog, der ein Liebhaber von Faren war, freute sich tber diese lustige Erscheinung, die ihm etwas zu lachen gab; aber die betitelten Herren und Damen, die den weimarischen Hof ausmachten, meynten, daß dem naseweisen Lenz wenigstens der Kopf vor die Ftße gelegt werden mtsse.“ (ÆNikolai Michailowitschæ Karamsin: Briefe eines Reisenden Russen. Aus dem Russischen von Johann Richter. Bd 2. Leipzig 1802, S. 91 f.; |hnlich auch in: Johannes Falk: Goethe aus n|herm persunlichen Umgange dargestellt. Leipzig 1856, S. 108 f.) – Unter dem 26. November 1776 findet sich in Goethes Tagebuch die zweite gleichlautende Erw|hnung Lenzens Eseley (GT I 1, 30), die in diesem Fall allerdings weitaus ernstere Folgen ftr den Verursacher haben sollte, da sie gemeinhin als Anlass daftr betrachtet wird, dass Lenz Weimar verlassen musste (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 136). 57,12 gestern Nacht] Am 24. April 1776 fand zu Ehren des Erbprinzen Ludwig von Hessen-Darmstadt, der am Abend zuvor mit Gefolge in Weimar eingetroffen war, eine große ftrstliche Abendtafel mit 26 Personen und 32 G|sten an der Marschallstafel statt. Charlotte von Stein nahm laut Fourierbuch an der Abendtafel teil. Goethes und Lenz’ Namen sind nicht vermerkt, muglicherweise waren sie aber in den Privatr|umen des Herzogs zu Gast, der offenbar separat und nicht an der Hoftafel speiste (vgl. FB 1776, S. 123–125). 92. An Charlotte von Stein DAT I ERU N G
ÆWeimar, April? 1776æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Im Erstdruck wird er auf Ende Februar 1776 datiert; Wahle und Fr|nkel setzen ihn vor Brief Nr 41 vom 12. Februar 1776 (vgl. Wahle, Goethe-Stein 1, 23, Nr 15; Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 7, Nr 18; Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 18, Nr 18), Petersen datiert ihn auf Anfang Februar 1776 (vgl. Petersen, Goethe-Stein 1, 8, Nr 15); nur
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BRIEFE 93/94
Fielitz ordnet ihn nach Brief Nr 25 Ende Januar 1778 ein (vgl. Fielitz, GoetheStein 1, 118, Nr 212). Die WA folgt ihm zun|chst, korrigiert die Datierung aber in den „Lesarten“ auf Ende Januar 1776 (vgl. WA IV 3, 302, zu Nr 670; Korrektur von Eduard von der Hellen „nach Abschluss des Textes“; vgl. ebd., 272). Ausschlaggebend ftr die Umdatierung der WA ins Jahr 1776 ist das Briefpapier, das Goethe aus Frankfurt mit nach Weimar gebracht haben muss und noch bis etwa Mitte 1776 verwendete; datierte Briefe auf diesem Papier stammen aus dem Zeitraum von Januar bis April 1776 (vgl. Datierung zu Nr 25). Auch die Art der Erw|hnung Wielands spricht daftr, dass der Brief 1776 und nicht 1778 geschrieben wurde, als Goethes Verh|ltnis zu ihm deutlich distanzierter geworden war (vgl. zu 57,17). ,Zeichnungen‘ Charlotte von Steins, von denen eine im vorliegenden Brief erw|hnt wird, spielen in Goethes Briefen erst ab April 1776 eine Rolle (vgl. zu 57,16), weshalb der Brief in diesem Monat geschrieben worden sein kunnte. BEI L AG EN
1) Gedichte? (vgl. zu 57,14). 2) Handschuhe (vgl. zu 57,14–15). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 115. – 1 Bl. 16,8610,8 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „89“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 92), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 13 (irrttmlich mit Paraphe). WA IV 3 (1888), 209 f., Nr 670. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 57,14 wieder was] Muglicherweise Gedichte (vgl. die erste Erl|uterung zu 32,4). 57,14–15 der Handschu] Ftr ,ein Paar Handschuhe‘ (vgl. GWb 4, 692); hier offenbar als Muster ftr die folgende Bestellung. 57,15–16 mit dem Daumen und Lwppgen] Im Unterschied zu Fingerhandschuhen so genannte Fausthandschuhe, „die Hand und Finger gemeinschaftlich bedecken“ (Adelung 2, 62). 57,16 Ihre Zeichnung] N|heres nicht ermittelt. – Vgl. zu 52,10. 57,17 Wieland, das Ungeheuer] Der freundschaftlich ironische Beiname Wielands verweist auf den vertrauten Umgang Goethes mit ihm zum Zeitpunkt, als der vorliegende Brief geschrieben wurde (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 84 und zu 27,13).
MAI 1776
93. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 1. Mai Æ1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Das Jahr wurde nach der Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) und dem inhaltlichen Bezug zu Nr 94 vom selben Tag erg|nzt (vgl. 58,1; 58,9). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 15. – 1 Bl. 17,767(–7,7) cm, blaues st|rkeres Papier (Zeichenkarton), 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „37.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 37), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 29. WA IV 3 (1888), 54, Nr 444. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief wahrscheinlich vom selben Tag (vgl. zu 58,5) ist nicht tberliefert. 58,1 Ihre Gegenwart gestern] Am Tag zuvor hatte die erste Auffthrung von Pierre Alexandre Monsignys Singspiel „Le mavtre en droit“ (Der Rechtsgelehrte) durch das Weimarer Liebhabertheater stattgefunden. Laut Tagebuch vom 30. April 1776 war Goethe zuerst bei Charlotte von Stein und anschließend offenbar gemeinsam mit ihr in der Vorstellung des Liebhabertheaters gewesen: Bey St. Le Maitre en droit. (GT I 1, 17.) 58,2 wunderbaaren] ,Wunderbar‘ hier als „glimpflicher Ausdruck ftr das h|rtere seltsam“ (Adelung 4, 1622). 94. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 1. Mai Æ1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Das Jahr wurde erg|nzt nach der Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) und dem inhaltlichen Bezug zum Brief Charlotte von Steins an Johann Georg Zimmermann vom 10. Mai 1776 (vollst|ndig mitgeteilt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 102). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 13. – 1 Bl. 19,169,8(–10) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, Nachschrift (58,11–12) in kleinerer Schrift, hellere Tinte;
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BRIEFE 95/96
Rs. Reste eines schwarzen Siegels; Vs. rechts oben von fremder Hd, Tinte: „34.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 34), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 29. WA IV 3 (1888), 54 f., Nr 445. BEI L AG E
Zeichnung Goethes? (vgl. die erste Erl|uterung zu 58,11). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 58,5). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 58,5 Du hast recht] Dies und das Folgende wahrscheinlich mit Bezug auf einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag, mit dem sie auf Nr 93 antwortete, da offenbar eine persunliche Begegnung nicht stattgefunden hatte (vgl. 58,1). 58,5–6 mich zum heiligen zu machen Æ:::æ zu entfernen] ,Heiliger‘ hier im Sinn von ,Idol‘, ,unerreichbarer Angebeteter‘, ,jemand, der vom gemeinen Leben abgesondert ist‘. Dass Goethe diesen Beinamen als Versuch Charlotte von Steins empfand, sich vor allzu großer N|he zu schttzen, belegen ihre ußerungen in einem Brief an Johann Georg Zimmermann vom 10. Mai 1776 (vollst|ndig mitgeteilt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 102). 58,9 ich will dich nicht sehen] Wiederholung des Vorsatzes, den Goethe schon im vorangehenden Brief vom selben Tag ge|ußert hatte (vgl. 58,1). 58,11 Urne] Muglicherweise lag eine nicht tberlieferte Zeichnung mit der Darstellung einer Urne bei. 58,11 Heiligen] Mit Bezug auf sich selbst und den Beinamen, den Charlotte von Stein Goethe in dieser Zeit gab. 95. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 2. Mai Æ1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Das Jahr wurde nach der Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) und den inhaltlichen Beztgen zu Nr 93 und 94 (vgl. zu 58,13) erg|nzt. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 5. – 1 Bl. 17,8610,2 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick,
MAI 1776
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Nr 7), 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „11.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 11), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 30. WA IV 3 (1888), 55, Nr 446. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 58,13 mein Gelsbde] Der Vorsatz, Charlotte von Stein nicht zu sehen (vgl. 58,1; 58,9). 96. An Christian Wilhelm Steinauer
ÆWeimar, 2. Mai? 1776æ ! ÆLeipzigæ
DAT I ERU N G
Der Brief folgt offenbar dem Brief vom 18.? April 1776 (Nr 87), in dem die hier erw|hnten Schnupftscher (59,1) bestellt worden waren. Laut Rechnungsbtchern ging der n|chste Brief an Steinauer nach Nr 87 am 2. Mai 1776 ab (vgl. Postsendungen). Es ist anzunehmen, dass es sich um den vorliegenden handelt. BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 71 a. – Doppelblatt 11,5(–11,7)619 cm, /2 S. beschr., egh., Tinte. E: WA IV 3 (1888), 59, Nr 452 (Friedrich Strehlke). – Incipit zuvor schon in: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 233 (59,1 Danck lieber Steinauer – So sey’s dann).
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ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief, der eine Sendung Steinauers begleitet haben kunnte, die am 2. Mai 1776 in Weimar eintraf: P. empfangen v. Leipzig (GR/RB 1776, 2, Bl. 5v). Muglich ist auch, dass Steinauer einen separaten Brief geschrieben hatte, den Goethe am 29. April 1776 erhielt: Brief v. Leipzig (GR/RB 1776, 2, Bl. 5r). – Der Antwortbrief Steinauers, auf den Nr 101 antwortet, ist nicht tberliefert. Postsendungen: 2. Mai 1776 (vgl. GR/RB 1776, 2, Bl. 5v). Die Schnupfttcher und das Kleid waren ftr Corona Schruter bestimmt. Goethe hatte sie am 18.? Mai 1776 mit Nr 87 bestellt. 59,3 klappen] Klappern (vgl. Adelung 2, 1602 f.). 59,3 Diefurt] Im nahe gelegenen Tiefurt wurde ftr den Prinzen Constantin und seinen Erzieher Carl Ludwig von Knebel eine Wohnung im P|chterhaus hergerich-
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BRIEF 97
tet. Der Einzug (GT I 1, 18), den Goethe in seinem Tagebuch notierte, fand am 20. Mai 1776 statt (vgl. zu 68,22–23). Muglicherweise stand Goethes Ritt nach Tiefurt mit den vorbereitenden Arbeiten an dem Haus in Zusammenhang. 59,4 der S. Briefe] Briefe von Corona Schruter an Goethe aus Leipzig vor ihrer bersiedlung nach Weimar sind nicht tberliefert, hingegen einige an Friedrich Justin Bertuch von 1774 bis 1776 und einer aus dem Jahr 1794 (GSA 6/1721). In ihrem Brief vom 13. Dezember 1774 heißt es, „unser wtrdige Æsicæ Steinauer“ werde ihr „noch theurer werden“, „weil er der Urheber dieser mir sch|tzbaren Freundschafft Æmit Bertuchæ ist“, und in einem vermutlich aus dem Jahr 1776 stammenden Brief: „Wie freue ich mich auf die Zeit die mich zu Euch wtrdigen guten Menschen bringen wird.“ 59,5 Aufenthalt] Verzugerung (vgl. Adelung 1, 484). 97. An Charlotte von Stein
Ilmenau, 4. Mai 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 15. – 1 Bl. 15,8(–16,1)616,3 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „38.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 38), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 30. WA IV 3 (1888), 55 f., Nr 447. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 59,7 Ilmenau] Goethe war schon am Tag zuvor in Ilmenau eingetroffen (vgl. GT I 1, 17). Der vorliegende Brief und der Brief Nr 98 an Herzog Carl August belegen den ersten der zahlreichen Aufenthalte Goethes in der etwa 50 km stdwestlich von Weimar gelegenen Stadt am Nordrand des Thtringer Waldes. Ilmenau gehurte seit 1660 zum Herzogtum Sachsen-Weimar und bildete mit dem umliegenden Gebiet als Amt Ilmenau die grußte Exklave des Herzogtums (vgl. zu 59,20). Vor allem die von Herzog Carl August am 13. Februar 1776 in einer Sitzung des Geheimen Consiliums beschlossene Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus fthrte Goethe in den folgenden Jahren wiederholt in die Stadt (vgl. Bradish, 48–52). Noch am Tag, an dem der vorliegende Brief geschrieben wurde, besichtigte er das seit 1739 stillgelegte Ilmenauer Kupfer- und Silberbergwerk (vgl. GT I 1, 17). 59,9 bey Kalbs essen] Bei der Familie des Kammerpr|sidenten Carl Alexander von Kalb, in dessen Stadthaus, dem damaligen Schwarzburger Hof am TupfenMarkt, Goethe bis zum M|rz 1776 gewohnt hatte (vgl. zu 42,14–15).
MAI 1776
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59,10 sizze aufm Thsringer Wald] Am 4. Mai 1776 besuchte Goethe laut Tagebuch das etwa 7 km von Ilmenau entfernt liegende Dorf Elgersburg (GT I 1, 17) im Thtringer Wald. Herr von Schloss Elgersburg war der Weimarer Oberhofmarschall Friedrich Hartmann von Witzleben (vgl. zu 92,9–10). 59,10 wo man Feuer ltscht] Der junge Herzog Carl August, dem die Direktion der Feuersoziet|t unterstand, versuchte bei jeder Brandmeldung unverztglich selbst zum Brandort zu reiten (vgl. Goethes Branderlebnisse, bes. 86 f.). Da er noch immer nicht ganz wiederhergestellt war, hatte er Goethe mit der Bek|mpfung einer in Ilmenau ausgebrochenen Feuersbrunst betraut. In den Schatull-Rechnungen vom Mai 1776 ist vermerkt, dass Carl August „dem H‘. D. Guthe zur Reise und Unterstttzung der Abgebrannten in Ilmenau“ 50 Reichstaler ausgezahlt hat (ThHStA Weimar, Ftrstenhaus A 1059, Bl. 45). Dazu ist eine eigenh|ndige Quittung Goethes tberliefert: Fsnfzig Thaler zur Reise und Gabe an die Abgebranten in Ilmenau. d‘ 10 May 76. Weimar Goethe (H: ThHStA Weimar, Ftrstenhaus A 1062, Nr 589.) – Vgl. Tagebuch vom 3. Mai 1776 (GT I 1, 17) und den Brief an Herzog Carl August vom selbem Tag (60,5–12). 59,10 Spizbuben fwngt] Vgl. 60,13–20. 59,11–12 die Kochberger] Die gleichfalls bergige und waldreiche Gegend um das Schloss und Rittergut Kochberg bei Rudolstadt, dem Landsitz Josias und Charlotte von Steins (vgl. zu 21,11). 59,12 Der Weeg hierher] Vgl. 59,20–60,4. 59,14 wann ich wiederkomme] Laut Tagebuch kehrte Goethe erst am Freitag, dem 10. Mai 1776, nach Weimar zurtck, und zwar Uber Arnstadt Neu Dietendorf Erfurt (GT I 1, 18). Von diesem Tag stammt ein Brief Charlotte von Steins an Johann Georg Zimmermann, in dem sie u. a. tber ihr Verh|ltnis zu Goethe in dieser Zeit Aufschluss gibt (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 102). 59,15 Ihre Grasaffen] Die Suhne Charlotte von Steins (vgl. zu 55,22). 59,16 den Grasaffen im Schatten] Die auf Dtntzer zurtckgehende Vermutung, dass damit auf Caroline von Ilten und deren ungltckliche Liebe zu Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach angespielt wird (vgl. Dtntzer, Goethe-Stein, 36, Anm. 4), l|sst sich nicht belegen (vgl. zu 109,11). Die frth verwaiste Caroline von Ilten und deren |ltere Schwester Sophie waren etwa seit 1776 h|ufig G|ste Charlotte von Steins. Diese nahm Caroline ftr etwa zwei Jahre in ihr Haus auf, allerdings erst ab 1780.
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BRIEF 98
98. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Ilmenau, Æ4. Mai 1776æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Der Brief wurde, wie aus dem Inhalt hervorgeht, am selben Sonnabend (59,19) geschrieben wie Nr 97, am 4. Mai 1776. BERLIEFERUNG
H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX Nr 42, Bl. 2–3. – Doppelblatt 16,1619,5 cm, 3 S. beschr., egh., Tinte. E: Carl August-Goethe1 1 (1863), 2–4, Nr 3. WA IV 3 (1888), 56–58, Nr 448. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 59,20 Ilmenau im Amthause] Das Amtshaus in Ilmenau, im Stadtzentrum direkt neben dem Rathaus gelegen, wurde als Witwensitz der Gr|fin Sophie von Henneberg 1616 erbaut. Nach einem Stadtbrand im Jahr 1752 von dem Baumeister Heinrich Krohne neu errichtet, blieb es bis 1918 herzogliches und großherzogliches Wohn- und Amtshaus. Goethe nutzte es bei seinen Aufenthalten in Ilmenau als Dienstwohnung. Das ursprtnglich zum Territorium der geftrsteten Grafschaft Henneberg gehurende, isoliert gelegene Amt Ilmenau war nach dem Aussterben der Grafen von Henneberg 1584 als Teil der hennebergischen Erbschaft an das Gesamthaus Sachsen, 1660 an die Herzuge von Sachsen-Weimar gekommen, behielt aber seine eigenst|ndige Steuerverfassung. – Nach umfangreicher Bausanierung beherbergt das Geb|ude heute das Ilmenauer Stadtmuseum. 59,20–60,1 keine sechs Stunden geritten] Goethe war am 3. Mai 1776 in Ilmenau eingetroffen. Da der Stadtbrand in Ilmenau (vgl. die zweite Erl|uterung zu 59,10) den Anlass des Eilritts bildete, ist anzunehmen, dass er unmittelbar nach Eingang der Nachricht in der Weimarer Residenz von dort aufbrach. Die Entfernung betr|gt gut 50 km. 60,1 Husars Pferd] Die Husaren waren eine berittene Mannschaft zur persunlichen Verftgung des Herzogs, die ftr den persunlichen Schutz der ftrstlichen Personen, Eskorten bei Amtshandlungen, Kurierdienste usw. eingesetzt wurde, aber auch von den urtlichen Behurden zu Polizeiaufgaben angefordert werden konnte. 60,2 Bschenloh] Btcheloh, an der Landstraße von Weimar nach Ilmenau gelegene Dorfgemeinde 5 km nordustlich von Ilmenau, zum Ftrstentum Schwarzburg-Rudolstadt gehurig. 60,3 spizzigs Nachtrieseln] ,Riesel‘ nach Grimm (14, 935) Regen oder Hagel; wegen des Attributs spizzigs und des Hinweises auf Schnee am Ende des vorliegenden Briefes (vgl. 61,1) dtrfte hier Schneegriesel gemeint sein.
MAI 1776
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60,4 betreckt] Bedreckt, verdreckt. 60,5 Der Brand war lange nieder] Vgl. die zweite Erl|uterung zu 59,10. 60,5–6 wie Sie Æ:::æ gehabt haben] Verktrzt, als Ausdruck einer Vermutung; hier temporal im Sinn von ,als :::‘. 60,6 die Anstalten] Veranstaltungen, Maßnahmen, hier: die zur Brandbek|mpfung angeordneten Maßnahmen. 60,7 die Obern] Der Stadtrat und andere st|dtische Amtspersonen wie z. B. Viertelsmeister. 60,7 Bereitwillkeigt] Vermutlich verschrieben ftr ,Bereitwilligkeit‘. 60,8 Subalternen] Milit|risch, dienstlich oder sonst im Rang ,Untergeordnete‘. – Hier sind die Anfthrer der Luschtrupps gemeint, die aus der Btrgerschaft ausgew|hlt wurden. Die Organisation des Feuerluschwesens oblag der Stadtgemeinde. In der Stadtgemeinde waren alle Btrger gem|ß den von der Stadtobrigkeit ftr die einzelnen Stadtviertel aufgestellten Einsatzpl|nen zur Dienstleistung bei Nacht- und Feuerwachen sowie zum Einsatz bei Feuerluschaktionen, z. B. zum Bedienen der Feuerspritzen, verpflichtet. 60,9 des Oberntheils der Stadt] Der oberhalb der Ilm gelegene Altstadtkern Ilmenaus, der nach dem großen Stadtbrand von 1752 wieder aufgebaut worden war. 60,10 des Amt und Rathhauses] Das herzogliche Amtshaus und das Rathaus liegen in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander in der Altstadt von Ilmenau. 60,10 g e r i g e H w u s e r ] ,Gerige‘ verschrieben ftr ,geringe‘: |rmliche (vgl. GWb 3, 1521). – H|user von Handwerkern, Bergleuten und anderen |rmeren Btrgern Ilmenaus. 60,13 Raub] Ein Postwagentberfall bei Ilmenau am 28. April 1776; N|heres dazu konnte nicht ermittelt werden. 60,13 Bericht] N|heres dazu nicht ermittelt. 60,14 gestreift] ,Streifen‘ im Sinn von ,durchsuchen‘ (vgl. Adelung 4, 439). – Hier ist die Aussendung von berittenen Husarenkommandos zur berwachung der Wege in der Umgebung des Tatorts gemeint. 60,14 6 Husaren] Vgl. zu 60,1. 60,15 Arnstwdtische] Der an das Amt Ilmenau angrenzende Amtsbezirk Arnstadt der Oberherrschaft des Ftrstentums Schwarzburg-Sondershausen. 60,15 visitirend] ,Visitieren‘ nach franz. visiter, hier: durchsuchen. 60,15–16 Frauenwalde] Frauenwald, Dorf stdlich des Rennsteigs im Thtringer Wald, etwa 15 km stdstdwestlich von Ilmenau, zum kurs|chsischen Teil der ehemaligen geftrsteten Grafschaft Henneberg gehurend. 60,16 Historien] Die im Folgenden angedeuteten Gertchte dtrften im Nachklang auf eine Geschichte entstanden sein, die sich zehn Jahre zuvor abgespielt hatte: „Bereits im Jahre 1766 hatte sich ein unangenehmer Vorfall zugetragen, bei dem ein Gymnasiast mit Namen Gleichmann, der mit drei Ilmenauer J|gerbur-
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BRIEF 99
schen gemeinsame Sache gemacht hatte, von einem Feldwebel in seinem Dienst verwundet worden war.“ (Voigt, 369). – Bei den Verd|chtigen handelte es sich um die „J|ger-Purschen Sommer, St|dter und Freytag“ (Brief des Ilmenauer Amtmanns Christian Gottlieb Etzdorff an den Oberforstmeister Wilhelm von Staff, 12. November 1766; GSA 62/41, Bl. 2). 60,18–19 ein Schsler von Schleusingen] Ein Schtler des Gymnasiums zu Schleusingen, das 1545 von Graf Georg Ernst von Henneberg gegrtndet worden war; es war im ehemaligen, seit der Reformation leerstehenden Barftßerkloster untergebracht und hatte zeitweise tber 400 Schtler (heute Hennebergisches Gymnasium „Georg Ernst“). 60,19 Eisfeld] Stadt stdlich des Thtringer Waldes an der Werra, zum Herzogtum Sachsen-Hildburghausen gehurend. 60,22 Ihre allzugrose Hizze Æ:::æ Gelegenheiten] Herzog Carl August war daftr bekannt, auf ihn empurende Vorkommnisse unbeherrscht zu reagieren. Goethe stellt in seinem Carl August gewidmeten Gedicht „Ilmenau“ (1783) des Herzogs schmerzlich sberspannte Regung (Vers 144) einem gereiften Regenten gegentber, Der kalt sich selbst und seinem Willen lebt (Vers 181; WA I 2, 146 und 147). 60,25 Staffen] Christian Friedrich August von Staff, Hof- und Jagdjunker in Weimar. 60,25 Wedeln] Otto Joachim Moritz von Wedel, Weimarer Kammerherr. 60,29 die alten Ofen] Nicht mehr genutzte Brennufen des 1739 stillgelegten Kupfer- und Silberbergwerks zu Ilmenau. 60,30 Sprszen] Sprttze: |ltere regional gef|rbte Form ftr ,Spritze‘, hier ,Feuerspritze‘ (vgl. Grimm 17, 129). 60,32 homme de lettre] Franz. homme de lettres: Literat, Schriftsteller. 60,32 schonen Sie die Hsffte] Carl August war um den 20. M|rz 1776 erkrankt; nach Aussage des Weimarer Kammerherrn Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff litt er an Rheumatismus und Schwindelanf|llen (vgl. zu 52,1–2). Mitte April ging es ihm wieder besser. 61,2 Cher Mama] Franz.: Liebe Mama; gemeint ist die Herzoginmutter Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach.
99. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆIlmenauæ, 6. Mai 1776 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 16. – 1 Bl. 15,9(–16,1)68,3 (–8,5) cm, aus grußerem Blatt ausgeschnitten, 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig
MAI 1776
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geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „39.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 39), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 31. WA IV 3 (1888), 58, Nr 449. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 61,4 dich] Im Brief vom 4. Mai 1776 (Nr 97), ebenfalls aus Ilmenau, hatte Goethe das ,Sie‘ verwendet, wie auch im folgenden Brief vom 11. Mai (Nr 100). Zum Problem der wechselnden Anrede in den ersten Jahren der Bekanntschaft mit Charlotte von Stein vgl. die erste Erl|uterung zu 25,13. 61,4 wenn ich zursck komme] Am 10. Mai 1776 (vgl. GT I 1, 18). 61,5 Mir gehts zu wunderbaar.] Vgl. Brief Nr 98. – Laut Tagebuch hatte Goethe am 5. Mai mit dem herzoglichen Husaren-Kommando an der tags zuvor angektndigten Verfolgung einer Diebesbande nach Frauenwald am Rennsteig teilgenommen, sich am 6. Mai am Scheibenschießen beteiligt und die Lufflersche Eisenhttte bei Ilmenau besucht (vgl. GT I 1, 17; GT I 2, 388, zu 17,20; zu 17,21). ,Wunderbar‘ hier noch im |lteren, wurtlichen Sinne von ,sonderbar‘, ,merkwtrdig‘, „auf erlebnisse und innere vorg|nge bezogen“ (Grimm 14 II, 1846). 61,6–7 Ich erzwhl Æ:::æ lieber als du magst.] Am selben Tag entstand in Ilmenau das Gedicht „Dem Schnee, dem Regen Æ:::æ“, zuerst 1789 in „Goethe’s Schriften“ (Bd 8, S. 147 f.) unter dem Titel „Rastlose Liebe“ gedruckt. Dem Erstdruck liegt eine Abschrift Herders zugrunde, die auf einer nicht tberlieferten Vorlage beruht. Es ist nicht auszuschließen, dass Goethe das mit Ort und Datum versehene Gedicht an Charlotte von Stein schickte, auch wenn es im Konvolut seiner Briefe an sie nicht tberliefert ist. Dem Schnee, dem RegÆenæ ÆDemæ Wind entgegÆenæ Im Dampf d KlÆtæfte Wolknebeldsfte immer zu, Æimmer zuæ ohne Rast uÆndæ Ruh. LiebÆeræ dÆurchæ leidÆenæ mtcht ich mich schlagÆenæ als alle die FreudÆenæ Des LebÆenæs zu tragÆenæ Alle dÆasæ NeigÆenæ vÆonæ HÆerzenæ zu HÆerzenæ Ach wie so eigÆenæ schaffet dÆasæ SchmerzÆenæ.
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BRIEF 100
WÆoæhÆinæ soll ich fliehÆenæ? Wwlderwwrts ziehÆenæ Alles vergebens! Leitstern des LebÆenæs GlÆtcæk ohne Ruh Liebe bist du! IlmÆenauæ dÆenæ 6. Mai 76. (Abschrift Johann Gottfried Herders. – H: SBB/PK, HN XXXII,5.) 100. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 11. Mai? 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) in den M|rz 1776 verweist der Inhalt des Briefes auf eine etwas sp|tere Datierung. Die mutmaßliche Erw|hnung des Herzogs (vgl. die erste Erl|uterung zu 61,9) und die Bitte, zum Mittagsmahl (61,10) zu Charlotte von Stein kommen zu dtrfen, korrespondieren mit dem Tagebucheintrag vom 11. Mai 1776 (vgl. zu 61,9–10). Nicht auszuschließen ist jedoch auch eine sp|tere Datierung, z. B. in den Juni 1776 (vgl. Tagebucheintrag vom 15. Juni 1776; GT I 1, 19). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 10. – 1 Bl. 17,6611,1(–11,3) cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „25.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 25), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 31. WA IV 3 (1888), 58, Nr 450. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Einem Teil der indisch-persischen Anspielungen im vorliegenden Brief liegt offenbar Goethes Lekttre der „Zend-Avesta“-bersetzung von Johann Friedrich Kleuker zugrunde, auch wenn diese weder im vorliegenden Brief noch sp|ter direkt genannt wird (Quelle zuerst nachgewiesen von K. Rhode: Zur Bildersprache Goethes. Die zweiftßige Schlange und der vierftßige Wolf. In: Jenaische Zeitung. 2. August 1921). Der erste Teil von Kleukers bersetzung war zur Ostermesse 1776 bei Johann Friedrich Hartknoch in Riga erschienen (Zend-Avesta, Zoro-
MAI 1776
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asters Lebendiges Wort, worin die Lehren und Meinungen dieses Gesetzgebers von Gott, Welt, Natur, Menschen; ingleichen die Ceremonien des heiligen Dienstes der Parsen u. s. f. aufbehalten sind). Auf Anregung Herders (vgl. zu 64,1) hatte Kleuker, ein Schtler Christian Gottlob Heynes in Guttingen, die 1771 in Paris erschienene franzusische „Zend-Avesta“-bersetzung von Abraham Hyacinthe Anquetil-Duperron ins Deutsche tbertragen (Zend-Avesta, Ouvrage de Zoroastre, Contenant les Ides Thologiques, Physiques & Morales de ce Lgislateur, les Crmonies du Culte Religieux qu‘il a tabli, & plusieurs traits importans relatifs l’ancienne Histoire des Perses. Æ:::æ. 2 Bde). Durch das Werk Anquetil-Duperrons, der zu Beginn der 1760er Jahre Indien bereist und die „Zend“-Btcher nach Paris gebracht hatte, war die erste Kunde des Parsismus nach Europa gelangt und hatte das latente Interesse am Orient neu aufleben lassen. Kleukers bersetzung, der 1777 ein 2. und 3. Band folgten, enth|lt jeweils Vorberichte zu jedem Kapitel der „Zend“-Btcher sowie im 1. Band erl|uternde „Vorl|ufige Nachrichten“ zum Parsismus. Sie blieb ftr etwa 80 Jahre die einzige deutschsprachige Ausgabe tberhaupt (eine 2. Auflage der Kleukerschen bersetzung erschien 1786; im Einzelnen vgl. Mohammad-Hossein Azodanlou: Die Rezeption des Parsismus in der deutschen Literatur zwischen 1772 und 1886. Kleuker, Herder, Goethe, Spiegel, Nietzsche. Wtrzburg 2001, bes. S. 6 f.). – Weitere Anspielungen oder Hinweise, die auf eine Lekttre Kleukers deuten, finden sich nicht. Eine intensivere Auseinandersetzung Goethes mit der persischen Dichtung, Kultur und Religion ist erst wieder ftr die Entstehungszeit des „Westustlichen Divans“ etwa ab 1814 nachzuweisen. 61,9 Ragia] In Abwandlung zu ,Radscha‘ (Sanskrit: ra¯ja¯): Ftrst. Hier offenbar mit Bezug auf Herzog Carl August. 61,9 Brame] In Abwandlung zu ,Brahmane‘ (Sanskrit: bra¯hman¸a): Angehuriger der obersten hinduistischen Priesterkaste, zu der auch Gelehrte und Dichter gehurten. 61,9 Dews] Dew (avestisch: Dava, mittelpersisch: De¯v, neupersisch: Div, Sanskrit: deva); ursprtnglich altiranische, auch indische Gottheiten; in der avestischenzoroastrischen Tradition ,d|monische Wesen‘, Anh|nger Ahrimans, des Herrn der Finsternis, des Busen und Unreinen, Gegenspieler des Lichtgottes Ahura Mazda (mittelpers. Ormuzd). – Hier vielleicht symbolisch ftr die Widerst|nde, mit denen Goethe und der Herzog damals zu k|mpfen hatten (vgl. zu 63,8). 61,9–10 bitten um ein Mittagsmahl] Am 10. Mai war Goethe von seiner Reise nach Ilmenau zurtckgekehrt (vgl. GT I 1, 18); am 11. Mai 1776 vermerkte er im Tagebuch: Im Gart. M. ÆMittagæ bey St. ÆSteinæ |:Mit dem Herrn ÆHerzog Carl Augustæ :| (ebd.). 61,10 in dem Quell Ihres reinen Lichtes] In Anspielung auf die dualistische Vorstellungswelt der „Avesta“, in der das ,reinste Licht‘, das Reich Ahura Maz-
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BRIEFE 101/102
das, des Schupfergottes, der Ursprung alles Lebendigen ist, Inbegriff alles Guten und Edlen. 61,11–12 die Jagd der zweyfssigen Schlange Æ:::æ Wolfs] ,Zweiftßige Schlangen‘ und ,vierftßige Wulfe‘ sind nach dem „Zend-Avesta“ verschiedene Arten von Dews. – Im Teil „Izeschne“ (Gebete und Lobpreisungen) findet sich ein Gebet Zoroasters (Zarathustras) zum Gott Hom: „Gieb der Welt auf ihr Verlangen best|ndig einen Kunig, der das Buse zersturt, den Darndj ÆProdukt der Dewsæ zerst|ube, du der du immer zerschmeissest alle Uebelth|ter, und plagest die Menschen, welche Dews sind, Zauberer und Paris, welche ohnm|chtig, blind und taub machen, die zweiftßigen Schlangen und A s c h m o g h s mit zwei Ftßen und Wulfe mit vier Ftßen, die unabsehbare unreine Schaaren der Dews, denen Uebel und Uebel und Unterdrtckung auf dem Fusse folgt.“ (Kleuker: Zend-Avesta. 1. Bd [1776], S. 94.) – Auf wen sich diese Anspielung bezieht, konnte nicht ermittelt werden. 101. An Christian Wilhelm Steinauer
ÆWeimar, 13.? Mai 1776æ ! ÆLeipzigæ
DAT I E RU N G
Der vorliegende Brief wurde vermutlich nach den Briefen Nr 83, 87 und 96 geschrieben, die vom 15. April 1776 stammen bzw. sich den in Goethes Rechnungsbtchern verzeichneten Daten vom 18. April und 2. Mai zuordnen lassen (vgl. Datierung der Briefe); seinem Inhalt zufolge geht er außerdem Brief Nr 103 vom 16. Mai 1776 voraus (vgl. zu 61,14). In den Rechnungsbtchern ist unter dem 13. Mai 1776 ein Brief an Steinauer vermerkt (vgl. Postsendungen); dabei dtrfte es sich um den vorliegenden handeln. BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 70a. – 1 Bl. 1068,5 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden von einer Rocaille umwunden (vgl. Mick, Nr 7), 1/2 S. beschr., egh., Tinte. E: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 233. WA IV 3 (1888), 52, Nr 438. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Steinauers (vgl. zu 61,14). – Ein Antwortbrief Steinauers ist nicht bekannt. Postsendungen: 13. Mai 1776 (vgl. GR/RB 1776, 2, Bl. 6v). 61,14 Trtsten Sie den Engel] Goethe hatte laut Rechnungsbtchern am 13. Mai 1776 Briefe von Leipzig (GR/RB 1776, 2, Bl. 6v) bekommen, darunter offenbar den Bezugsbrief. Darin kunnte Steinauer von einer Liebesaff|re be-
MAI 1776
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richtet haben, in die sich Corona Schruter verstrickt, aus der sie sich aber – vermutlich mit Hilfe von Freunden, darunter Steinauer – wieder hatte befreien kunnen (vgl. Heinrich Sttmcke: Corona Schruter. Bielefeld und Leipzig 1904, S. 29). Im Brief Nr 103 vom 16. Mai 1776 dankt Goethe Steinauer daftr, dass er sich um Corona Schruter gektmmert habe: Sie sind ein ganzer Mann (62,10). Vgl. weiter zu 47,24. 102. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 14. Mai 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 16. – 1 Bl. 18611 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „41.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 41), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 31. WA IV 3 (1888), 60, Nr 453. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 62,1 veranstaltet] Hier in der |lteren Bedeutung „des umst|ndlicheren vorbereitens, ins werk setzens einer sache“ (Grimm 12 I, 78). 62,1 in seinen Garten] Wieland hatte einige Wochen vor Goethe, am 16. M|rz 1776, einen Garten erworben und damit auch das Weimarer Btrgerrecht. Wielands Garten befand sich am „Wilden Graben“ vor dem Erfurter Tor, stdwestlich der Weimarer „Vorstadt vor dem Frauenthore“ (Plan der Stadt Weimar 1784). 62,4 Mein Garten] Goethes Garten oberhalb des „Sterns“, des |ltesten Teils des Schlossparks, den er laut Tagebuch am 21. April 1776 in besiz genommen (GT I 1, 17) hatte, war Teil eines ursprtnglich viel grußeren Grundsttcks an den Ilmh|ngen, wo schon in frtheren Jahrhunderten Wein und Obst angebaut worden waren (vgl. Plan der Stadt Weimar 1784). Der Huhenzug oberhalb der Ilm trug den Namen „das Horn“. Nach seinen wechselnden Vorbesitzern wurde das von Goethe erworbene Grundsttck mit Gartenhaus auch als „Rugischer“, „Burnerscher“ oder „Kuhlerscher Garten“ bezeichnet. Die letzte Vorbesitzerin Caroline Christiane Burner verwitwete Kuhler, Frau des ftrstlichen Kammerdieners und Leibschneiders Christian Nicolaus Burner, war 1775 verstorben. Es ist anzunehmen, dass das Grundsttck verwildert und das Gartenhaus verfallen war, als die Burnerschen Erben das Anwesen Anfang Oktober 1775, im Februar und zuletzt im M|rz 1776 durch den Rat der Stadt Weimar in den „Weimarischen Wu-
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BRIEF 102
chentlichen Anzeigen“ zur uffentlichen Versteigerung anboten. Entgegen der in der |lteren biographischen Goetheliteratur verbreiteten Erz|hlung, wonach Herzog Carl August den Garten von Friedrich Justin Bertuch ftr Goethe gekauft habe, befand sich das Grundsttck niemals in Bertuchs Besitz (vgl. C. A. H. Burkhardt: Kritische Bemerkungen zu Goethe’s Biographieen. 1. Die Erwerbung des Gartens. In: Die Grenzboten 32 [1873], Nr 2, S. 142–147). Dagegen bemthte sich Bertuch im M|rz 1776 zugleich mit Goethe um den Erwerb des „Burnerschen Gartens“, wodurch der Kaufpreis in die Huhe getrieben wurde. Der Herzog bewog Bertuch, vom Kauf abzusehen, und bot ihm zum Ausgleich den damals in herzoglichem Besitz befindlichen so genannten Baumgarten an (heute Schwanseepark hinter der Weimarhalle und dem Bertuchhaus). Goethe erwarb den „Burnerschen Garten“ schließlich ftr 600 Taler. Der Kaufvertrag stammt vom 26. April 1776 (GSA 30/31). Wie die Schatullrechnungen belegen, sind „S|mmt‘. Kosten des auf Seren‘. Befehl ftr H‘. Geh. Leg‘. Rath Goethen erkauften Gartens, darinn gemachten Anlagen, und angeschafften Ameublements“ in einer Gesamthuhe von 1312 Reichstalern und 37 Groschen vom Herzog bezahlt worden, und zwar einschließlich der Kaufsumme von 600 Reichstalern (ThHStA Weimar, Ftrstenhaus A 1059, Bl. 67). Allerdings erhielten die Verk|ufer ihr Geld erst am 26. Oktober 1776, weshalb daftr noch einmal 15 Reichstaler an Zinsen anfielen, die gleichfalls der Herzog tbernahm (vgl. ThHStA Weimar, Ftrstenhaus A 1063, Bl. 168 und 275). Am 26. April 1776 wurde der Erwerb von Haus und Garten durch den Btrgermeister Traugott Lebrecht Schwabe im Weimarer Grundsttcksregister eingetragen. Damit war Goethe zugleich auch Weimarer Btrger, wie ein im Goethe- und Schiller-Archiv tberliefertes „Diplom der Stadt Weimar“ belegt: Demnach Herr Johann Wolffgang Goethe, beyder Rechten Doctor, bey Erkauffung des Burnerischen Gartens, Sich zugleich zu Gewinnung des Burger-Rechts anverstanden; Alß hat wohlgedachtem Herrn D. Guthe der allhiesige Rath das BurgerRecht nicht nur conferiret, sondern auch gegenw|rtige Urkunde unter des Raths Innsiegel dartber ausgestellet. Weimar, den 26ten April. 1776. Der Rath daselbst: Traugott Lebrecht Schwabe (H: GSA Weimar, Sign.: 30/4.) – Die ftr den Kauf und den Erwerb des Btrgerrechts anfallenden Gebthren (26 Reichstaler, 22 Groschen, 6 Pfennige) trug wiederum der Herzog (vgl. ThHStA Weimar, Ftrstenhaus A 1063, Bl. 916). – Schon am 25. April hatte Goethe Charlotte von Stein in seinen Garten eingeladen (vgl. zu 57,9), wortber diese in einem Brief an Johann Georg Zimmermann berichtete (vgl. S. 240, Zeile 26–27).
MAI 1776
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62,4 Sieht so noch raupig aus] ,Raupig‘ in Anspielung auf den verwilderten Zustand des Gartens, Wortschupfung Goethes; bei Adelung und Grimm nicht belegt. – Nach dem Erwerb des Gartens wurden mit Unterstttzung des von Carl August beauftragten herzoglichen Hofg|rtners Johann Reichert Terrassen und Stttzmauern angelegt, steinerne Stufen verlegt und Wege verbessert (vgl. Burkhardt, Weimarischer Park, 3). 62,5–6 was von Lenz vorzulesen] In Frage kommen verschiedene kleinere Arbeiten ftr Heinrich Christian Boies „Musenalmanach“ oder Wielands „Teutschen Merkur“. Außerdem war im Verlag der Meyerschen Buchhandlung in Lemgo gerade die Komudie „Die Freunde machen den Philosophen“ erschienen, die Lenz Anfang Mai durch den in Hannover lebenden Boie erhalten hatte (vgl. Boie an Lenz, 30. April 1776; Lenz, Briefe 1, 246 f., Nr 164). ber sein Drama „Der Engl|nder“, das ein Jahr sp|ter bei Reich in Leipzig erschien, schreibt Lenz Ende Mai 1776 an Boie, es sei „hier Æin Weimaræ sehr goutirt worden“ (ebd., 264). Weniger zum Vorlesen geeignet war sicherlich die Abhandlung „ber die Soldatenehen“, an der Lenz zu dieser Zeit gleichfalls arbeitete, wie sein Brief an Johann Georg Zimmermann in Hannover von Ende Mai belegt, in dem er „Freund Boje“ einen Beitrag ftr dessen „Deutsches Museum“ in Aussicht stellt, der „hier am Hof Æin Weimaræ viel Sensation gemacht hat“. Fraglich ist, ob damit die „Epistel eines Einsiedlers an Wieland“ gemeint ist, der einzige Beitrag von Lenz, der 1776 noch im „Deutschen Museum“ erschien (12. Sttck. Dezember 1776, S. 1099–1102). Ein Gedicht von Lenz auf Goethes Garten erw|hnt Catharina Elisabeth Goethe in einem Brief an Friedrich Maximilian Klinger vom 23.? Mai 1776: „Der Doctor ist Vergntgt u Wohl in seinem Weimar, hat gleich vor der Stadt einen herrlichen Garten welcher dem Hertzog gehurt bezogen, Lenz hat den selbigen poetisch beschrieben, und mir zum Durchlesen zugeschikt. Der Poet sizt auch dort als wenn er angenagelt w|re, Weimar muß Vors Wiedergehn ein gef|hrlicher Ort seyn, alles bleibt dort, nun wenns dem Vulklein wohl ist, so gesegnes ihnen Gott.“ (Pfeiffer-Belli, 402.) – ber das Weimarer Leben von Lenz zu dieser Zeit vgl. auch die einleitende Erl|uterung zu Nr 136. 62,6 glsck zum Bad] Anspielung auf die bevorstehende Badereise Charlotte von Steins nach Pyrmont, die sie zwar erst am 25. Juni antrat (vgl. zu 81,22), deren Termin aber schon feststand, wie der nachfolgend mitgeteilte Brief belegt. – Pyrmont, im Weserbergland gelegen und zum Ftrstentum Waldeck-Pyrmont gehurend, war wegen seiner Mineralquellen, insbesondere der kohlens|urereichen Solquellen, berthmt, die gleichermaßen zu Trink- und Badekuren gegen vielerlei Erkrankungen verordnet wurden, darunter gegen Gicht, Rheumatismus, Nervenerkrankungen und Frauenleiden. Im 18. Jahrhundert z|hlte es zu den beliebtesten Kur- und Erholungsorten des europ|ischen Adels.
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BRIEF 103
Charlotte von Stein an Johann Georg Zimmermann in Hannover: Weimar den 10ten May 76
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Lieber Zimmermann ich bin buß auf Sie; ich freue mich wie mir Goethe Ihren Brief giebt, und nun nicht ein Wort von Ihnen drinn. Auf Johanni kom ich nach Hannovre Sie zu sehn und geh alsden nach Pyrmont. Ich bitte diesen inligenden Brief an die junge Frau zu bestellen, weil ich nicht weis wo ich ihn hinschicke. Mir gehts mit Goethen wunderbar, nach acht Tagen wie er mich so hefftig verlaßen hat, komt er mit einen Ubermaas von Liebe wieder. Ich hab zu mancherley Betrachtungen durch Goethen Anlaß bekommen; jemehr ein Mensch faßen kan, deucht mir, je dunckler anstußger wird ihn das Ganze je eher fehlt mann den ruhigen Weg, gewiß hatten die gefallnen Engel mehr Verstand wie die tbrigen. Schreiben Sie mir nur ein Wort ob Sie um Johanni in Hannovre sind, oder laßen mirs durch Goethen sagen, Ich bin durch unßern lieben Goethe ins deutsch schreiben gekommen wie Sie sehen, und ich dancks ihm, was wird er wohl noch mehr aus mir machen? den wen er hier, lebt er immer um mich herum; jetz nenn ich ihn meinen Heiligen und dartber ist er mir unsichtbar worden, seit einigen Tagen verschwunden, und lebt in der Erde ftnff meilen von hier in Bergwercke / Wieland ist wohl nebst seinen ganzen Hauß, vor einigen Wochen hat er aber viel wegen seiner Kinder Kranckheit gelitten es ist ein z|rtlicher Vater. Ich weis nicht ob ich Ihnen schon geschrieben daß Goethe und ich haben bey ihn zu gevatter gestanden, unßer Pathgen ist ein liebes htbsches M|dgen, es sieht vullig aus wie eine Tochter die ich verlohren habe und die ich sehr liebte, ich bilde mir ein sie ist bey Wielanden wieder auf die Welt gekommen, und dartber ist mirs nicht anders als wens mein Kind w|r. Lenz, Goethens Freund ist hier, aber es ist kein Goethe. Goethe, und Wieland, haben sich alle beyde hier G|rdens gekaufft, sind aber nicht Nachbarn sondern liegen an verschiedne Thore, in Goethens Garden hab ich schon einmahl Caff getruncken und von seinen Spargel gegeßen den er selbst gestochen und in seinen Zieh brunnen gewaschen hatte, in Goethens Garden ist die schunste Aussicht die hier zu haben ist, er liegt an einen Berg und unten ist Wiese die von einen kleinen Fluß durchschlungen wird. Gute Nacht lieber Zimmerman, ich bit um Vergebung wegen vielen unttzen Zeug daß ich geschw|tz habe. Von Stein geb‘ von Schardt. / A Monsieur Monsieur Zimmerman Premier Medecin de Sa
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Majest Britannique fr Hannovre (H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: 7183. – E: Goethe/Stein-Zimmermann [1904], 174 f.) 2–3 Ihren Brief] Nicht tberliefert. 3 ein Wort von Ihnen] Wahrscheinlich verktrzt ftr ,ein Wort von Ihnen an mich‘. 3–4 Auf Johanni kom ich nach Hannovre] Am 24. Juni; Charlotte von Stein reiste schließlich nicht nach Hannover, sondern gleich nach Pyrmont (vgl. ihren Brief an Zimmermann vom 17. Juni 1776; abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 133). 5 die junge Frau] Vielleicht eine der vielen adligen Patientinnen Zimmermanns; N|heres nicht ermittelt. 7 wunderbar] Hier ,sonderbar‘, ,merkwtrdig‘, „auf erlebnisse und innere vorg|nge bezogen“ (Grimm 14 II, 1846). 16 meinen Heiligen] Vgl. zu 58,5–6. 17 lebt in der Erde ftnff meilen von hier in Bergwercke] In der N|he von Ilmenau, etwa 50 km von Weimar entfernt; mit ,Meilen‘ sind historische (s|chsische) Postmeilen von etwas mehr als 9 km gemeint (vgl. zu 59,7). 21 unser Pathgen] Die 1776 geborene Charlotte Wilhelmine Wieland, sp|tere Frau des Ztrcher Buchh|ndlers und Verlegers Heinrich Geßner. 24 Lenz, Goethens Freund ist hier] Lenz hielt sich seit dem 1. April 1776 in Weimar auf (vgl. die erste Erl|uterung zu 50,2). 103. An Christian Wilhelm Steinauer
ÆWeimaræ, 16. Mai 1776 ! ÆLeipzigæ
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 72. – Doppelblatt 18(–18,2)625,8 cm, /4 S. beschr., egh., Tinte; am Mittelfalz aufgeklebt auf Tr|gerblatt (Pappe). E1: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 184 (Teildruck unter dem falschen Datum des 16. M|rz 1776: 62,8 Ich hab ihre Rechnungen verlegt; 62,9–10 Dancke Æ:::æ ganzer Mann). E2: WA IV 3 (1888), 60, Nr 454 (Friedrich Strehlke).
1
BEI L AG E
20 Louisdor (vgl. zu 62,8). ERLUTERUNGEN
In Goethes Rechnungsbtchern sind unter dem 16. Mai 1776, allerdings erst nach der Eintragung des vorliegenden Briefes, ein B u P. ÆBrief und Paketæ von Leipzig (GR/RB 1776, 2, Bl. 6v) verzeichnet und unter dem 20. Mai 1776 erneut
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BRIEFE 104/105
ein B. u P. von Leipzig (GR/RB 1776, 2, Bl. 7r). Bei den Briefen handelt es sich muglicherweise um Bezugs- und Antwortbrief zum vorliegenden. Postsendungen: 16. Mai 1776 (vgl. die zweite Erl|uterung zu 62,8). 62,8 Rechnungen] N|heres konnte nicht ermittelt werden. 62,8 20 Louis dor] In Goethes Rechnungsbtchern heißt es unter dem 16. Mai 1776: 20 Louis’dors an H‘ Steinauer fr. Leipzig (GR/RB 1776,2, Bl. 6v). 62,8 restirt] Franz. rester: tbrig bleiben. 62,9 melden mir’s aber] Briefe Steinauers an Goethe sind nicht tberliefert. 62,9–10 Crtngen] Corona Schruter, die ihre eigenen Briefe im Familien- und Freundeskreis auf |hnliche Weise zu unterschreiben pflegte, so etwa den Brief an Friedrich Justin Bertuch vom 23. August 1774 mit „Ihre Schwester Cronhe“ (H: GSA 6/1721) oder den Brief an denselben vom 13. Dezember 1774 mit „Ihr ergebenstes Schwesterchen Krunchen“ (ebd.). 62,10 erwischt] ,Erwischen‘ muglicherweise im Sinn von ,zu fassen bekommen‘: Dies kunnte sich dem Kontext nach (Sie sind ein ganzer Mann [62,10]) darauf beziehen, dass Steinauer einer von Corona Schruters Freunden war, die deren Entfthrung durch einen in sie verliebten Grafen verhindert hatten (vgl. weiter zu 47,24). Nicht auszuschließen ist, dass ,erwischen‘ in |hnlichem Sinn wie in Goethes Brief an Johann Daniel Salzmann vom 29. Mai? 1771 zu verstehen ist: Getanzt hab ich Æ:::æ an einem fort, Æ:::æ wir hatten brave Schnurranten erwischt (GB 1 I, 211), also etwa: ,verpflichtet‘, ,engagiert‘ (nach freundlicher Mitteilung von Michael Niedermeier, Goethe Wurterbuch). 104. An Augusta Louise Gr|fin zu Stolberg-Stolberg ÆWeimaræ, 16. Mai 1776 ! ÆUetersenæ BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt; vor 1881 im Besitz Emilie von Binzers, Mtnchen. – Egh. (vgl. Goethe-Stolberg1, S. 70). E: Goethe-Stolberg1 (1839), 117, Nr 13. D: Goethe-Stolberg2 (1881), 48, Nr 13. WA IV 3 (1888), 61, Nr 456 (wahrscheinlich nach D). Textgrundlage: D. – Die Handschrift wurde ftr Goethe-Stolberg2 neu verglichen (vgl. berlieferung zu Nr 40). BERLIEFE RUNGSVARI ANTE
62,20 May] May. E
MAI 1776
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ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Augusta zu Stolbergs von Anfang Mai 1776 (vgl. zu 62,12). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 62,12 so viel von Deiner Hand] Mit Bezug auf einen nicht tberlieferten Brief, mit dem Augusta zu Stolberg wahrscheinlich auf Goethes Brief vom 10. April 1776 (Nr 78) geantwortet hatte. 62,17 Engel] Seit Ende Januar 1776 gebrauchte Goethe diese Anrede vor allem ftr Charlotte von Stein (vgl. die erste Erl|uterung zu 25,14). 62,17–18 ein Journal] Goethe begann den Tag darauf, nachdem er den vorliegenden Brief geschrieben hatte, einen Brief an Augusta zu Stollberg, der in der Art eines Tagebuches tber den Zeitraum vom 17. bis 24. Mai 1776 berichtet (Nr 114) und damit ein letztes Mal an die Korrespondenz des Jahres 1775 ankntpft (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 2). 62,18–19 d e r D i r n i c h t s c h r i e b b i s h e r ] Seit seiner Ankunft in Weimar am 7. November 1775 bis zum Mai 1776 hatte Goethe nur dreimal an Augusta zu Stolberg geschrieben (Nr 2, 40, 78), wobei der erste Brief vom 20. September bis 22. November 1775 zu großen Teilen noch in Frankfurt entstanden war und der zweite Brief vom 11. Februar 1776, wohl ein Begleitschreiben zur bersendung eines Exemplars der „Stella“, nur aus zwei Zeilen besteht. Offenbar hatte sich Augusta in ihrem nicht tberlieferten Bezugsbrief tber Goethes Schweigsamkeit beschwert (vgl. zu 30,1). 62,19 immer derselbe] Auch im Brief vom 10. April hatte Goethe Augusta zu Stolberg gegentber betont, er sei ihr Alter geblieben (51,4). 105. An Philipp Erasmus Reich
ÆWeimar, 16. Mai? 1776æ ! ÆLeipzigæ
DAT I ERU N G
Am 25. April 1776 hatte Goethe die letzte Manuskriptsendung ftr den 2. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ an Reich geschickt (vgl. Nr 90). Aus seinem „Rechnungsbuch“ geht hervor, dass er danach am 29. April und am 16. Mai weitere Briefe an Reich schrieb (vgl. GR/RB 1776, 2, Bl. 5r und 6v). Da im vorliegenden Brief der Empfang eines Exemplars des fertigen Bandes best|tigt wird, ist anzunehmen, dass es sich um den sp|teren der beiden Briefe, den Brief vom 16. Mai, handelt. Der Brief vom 29. April ist nicht tberliefert. BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 73. – 1 Bl. 1068,7 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Tinte.
244
BRIEF 106
E: WA IV 3 (1888), 60 f., Nr 455 (Friedrich Strehlke). – Incipit zuvor schon in: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 185 (63,1 Ich empfange Æ:::æ fsr mich?). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 16. Mai 1776 (vgl. GR/RB 1776, 2, Bl. 6v). 63,1 Exemplar 2 ten Theils] Physiognomische Fragmente, zur Befurderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe, von Johann Caspar Lavater. Zweyter Versuch. Leipzig und Winterthur 1776. Bey Weidmanns Erben und Reich, und Heinrich Steiner und Compagnie. 63,2 Dedikations Exemplar] Der 2. Band der „Fragmente“ ist Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach gewidmet. Die Widmung ist abgedruckt in der zweiten Erl|uterung zu 57,5. In der HAAB (Bb 2: 111 [b]) wird ein Exemplar des Bandes aufbewahrt, auf dessen Ledereinband die Initialen der Herzogin eingepr|gt sind. Ob es sich um das Widmungsexemplar handelt, ist nicht gekl|rt. 63,3–4 baldigst zu sbermachen] Wann Goethe die Btcher erhielt, konnte nicht ermittelt werden. 63,6 Mir fehlt auch zu dem geringen Exemplar B e s c h l u s s . ] Den „Beschluss“ des 2. Bandes bildet Lavaters Gedicht „Erreicht, erreicht also den zweyten Ruhpunkt! Æ:::æ“ (S. 289–291). – Goethe wiederholte die Bitte um den Beschluss des Bandes in seinen Briefen vom 19. September (Nr 175) und vom 14. Oktober 1776 (Nr 179). – Die „Physiognomischen Fragmente“ erschienen u. a. in Exemplaren auf einfachem Druckpapier (110,13), welches im Unterschied zu Post- oder Velinpapier nicht geleimt und daher weniger glatt und weniger hart war (vgl. Zedler 26, 640), weshalb diese Exemplare auch billiger waren. 106. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 17. Mai 1776 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 17. – 1 Bl. 17,1(–17,3)67,1 (–7,6) cm, st|rkeres blaues Papier, 1/2 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „42“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 42), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 32. WA IV 3 (1888), 61, Nr 457.
MAI 1776 ERLUTERUNGEN
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Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. die erste Erl|uterung zu 63,7). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 63,7 Dancke beste fsr den guten Morgen.] Wohl mit Bezug auf einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag. 63,7 ich komme mit Ihnen zu essen] Vgl. Nr 114 (bes. 66,21–67,6). 63,8 unter dem Druck] Der Kontext der Bemerkung legt nahe, dass Goethe damit auf seine persunliche Situation anspielt und nicht etwa auf die am 16. Mai 1776 in Weimar eingetroffene Nachricht vom Tod der Schwester der Herzogin Louise, der russischen Großftrstin Natalia Alexejewna (vgl. GT I 1, 18), wie u. a. von Petersen vermutet wurde (vgl. Petersen, Goethe-Stein 1, 561, zu Nr 52). Offenbar belasteten Goethe die Schwierigkeiten, mit denen Carl August bei der Berufung seines erst 26-j|hrigen, in Regierungsgesch|ften g|nzlich unerfahrenen Frankfurter Freundes ins Geheime Consilium des Herzogtums zu k|mpfen hatte (vgl. zu 42,14–15). Insbesondere der Widerstand Jacob Friedrich von Fritschs, des Staatsministers und Vorsitzenden des Geheimen Consiliums, wog schwer. Am 23. April 1776 hatte Carl August in einem Brief an Fritsch u. a. noch einmal seinen Vorsatz, Goethe ins „Conseil, mit dem titul eines Geheimden Legations Rath“ zu berufen, bekr|ftigt (Beaulieu-Marconnay, 149). Als Antwort hatte Fritsch am 24. April 1776 dem Herzog schriftlich seine Demission erkl|rt, da er „in einem Collegio dessen Mitglied gedachter D. Goethe anjetzt werden soll, l|nger nicht sizen kann“ (ebd., 157). Am 10. Mai 1776 antwortete Carl August darauf mit einer ausfthrlichen eigenh|ndig geschriebenen Erkl|rung und brachte seinen Unmut dartber zum Ausdruck, dass Fritsch ihn zu einem Zeitpunkt verlassen wolle, zu dem er ihn besonders bedtrfe: „Æ:::æ wie sehr muß es mich befremden, daß Sie Æ:::æ meinen Dienst Æ:::æ verlaßen, und auf eine, sowohl ftr den D. Guthe, als ich kan es nicht letgnen, ftr mich beleidigende Art; denn es ist als w|re es Ihnen Schimpflich mit demselben in einem Collegio zu sitzen, welchen ich doch, wie es Ihnen bekant, ftr meinen Fretnd ansehe, und welcher nie Gelegenheit gegeben hat daß man denselben verachte, sondern vielmehr aller rechtschaffenen Lette Liebe verdient.“ (Ebd., 161.) Schon am 11. Mai antwortete Fritsch, der zwar seine zuvor ge|ußerte Meinung verteidigte, jedoch so weit einlenkte, dass er bis zu einer endgtltigen Erkl|rung seinerseits um Bedenkzeit und „einen gn|digsten Urlaub auf einige Wochen“ bat (ebd., 169). Am 13. Mai schließlich wandte sich auch die Herzoginmutter Anna Amalia persunlich an Fritsch und machte sich zur Ftrsprecherin Goethes (vgl. ebd., 170–173; 254 f.). Erst die Unterstttzung Anna Amalias bewog Fritsch am 15. Mai einzulenken (vgl. ebd., 178–182; vgl. des N|heren die einleitende Erl|uterung zu Nr 148). Das herzogliche Anstellungsdekret, mit dem Goethe zum Geheimen Legationsrat „mit Sitz und Stimme in Unserm Geheimden Consilio“ befurdert wurde, stammt
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BRIEFE 107/108
allerdings erst vom 11. Juni 1776 (Bradish, 39; zur Sache insgesamt vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 148). – Dass Goethe vom Schriftwechsel des Herzogs und seiner Mutter mit Fritsch unmittelbare Kenntnis besaß, belegt nicht nur sein Tagebuch (vgl. GT I 1, 18; GT I 2, 388 f., zu 18,6; zu 18,10), sondern u. a. auch der Umstand, dass sich im Briefentwurf zu Carl Augusts Schreiben vom 23. April Korrekturen und Erg|nzungen von Goethes Hand finden (vgl. Beaulieu-Marconnay, 150). 107. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 18. Mai 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 17. – 1 Bl. 1965,5 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „44“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 44), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 32. WA IV 3 (1888), 62, Nr 458. BEI L AG E
Spargel von Kalbsrieth (63,12–13). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 63,12 Garten] Goethes Garten am „Stern“ (vgl. zu 62,4). 63,13 Kalbsrieth] Das Rittergut Kalbsrieth, wie der gleichnamige Ort an der Unstrut etwa 50 km nurdlich von Weimar gelegen, war der Stammsitz der Familie von Kalb. 1776 wurde es zum Alterssitz des aus dem Dienst scheidenden Kammerpr|sidenten Carl Alexander von Kalb (vgl. zu 43,18). 63,13–14 so wohl es mir seyn kann] Vgl. zu 63,8. 63,14–15 Zu Tisch Æ:::æ Sie mich mtgen.] Vgl. Nr 114 (bes. 66,21–67,6). 108. An Johann Gottfried Herder DAT I E RU N G
ÆWeimaræ, 18. ÆMai 1776æ ! ÆBtckeburgæ
Das fehlende Jahr ergibt sich aus dem Inhalt des Briefes: Es geht um Herders Berufung nach Weimar im Jahr 1776. Der Monat l|sst sich ebenfalls nach dem Inhalt erschließen. Klar zu sein scheint, dass der Brief zwischen die Briefe Nr 47 vom
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20. Februar oder kurz davor und Nr 138 vom 5. Juli 1776 einzuordnen ist: Im ersteren steht Herders Ernennung noch bevor (vgl. 34,23); im letzteren liegt sie bereits zurtck, so dass sich Goethe um die Herrichtung von Herders ktnftiger Amtswohnung ktmmern kann. Was die Berufungsverhandlungen angeht, so fiel die endgtltige Entscheidung erst am 2. Mai 1776; unter diesem Datum ordnete Herzog Carl August entgegen dem Wunsch des Oberkonsistoriums nach einer vorherigen Probepredigt in einem Reskript an, „die Vocation sofort begreifen zu lassen und solche zur huchsten Vollziehung einzuschicken“ (Peucer, 60). Die Ernennungsurkunde wurde am 15. Mai 1776 ausgestellt und traf am 12. Juni bei Herder ein (vgl. dessen Brief an Carl Friedrich Ernst von Lyncker vom 15. Juni 1776; HB 3, 270). Zur Zeit des vorliegenden Briefes scheint die Ernennung oder doch die Entscheidung des Herzogs erfolgt gewesen zu sein, weshalb Goethe alles laufen (64,6) lassen kann. Sie war aber noch nicht in Herders H|nden. Zwei in Goethes Rechnungsbtchern verzeichnete, nicht tberlieferte Briefe an Herder vom 16. und vom 22. April kommen deswegen hier nicht in Betracht. Noch in einem auf Ende April 1776 datierten Brief an Jacob Michael Reinhold Lenz war Herder so unsicher tber den Erfolg seiner Berufungsverhandlungen, dass er schrieb: „Mit dem Zugern in Weimar gehts doch entsetzlich. Æ:::æ Trage Du doch bei, daß das Ding so oder so ausgeht, nur daß was gethan wird.“ (HB 3, 264.) Demnach stammt der vorliegende Brief offenbar vom 18. Mai 1776. Im Erstdruck und in der WA wurde dem Brief das Datum vom 18. Juni zugewiesen, allerdings ohne eine Begrtndung. Wenn Goethe schreibt, dass die Schinderey (64,1–2) bald ein Ende haben werde und deine Sach gewiss (64,5) sei, dann spricht dies gegen den 18. Juni, denn er musste wissen, dass die Urkunde zu diesem Zeitpunkt l|ngst in Btckeburg angekommen und Herder also tber die endgtltige Entscheidung in dieser Sache unterrichtet war. BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin. – 1 Bl. 17,8610,1 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; Vs. am rechten Rand in der Mitte Radierung, teilweise mit Rutel (?) angeftllt, Textverlust (vgl. 64,4; 64,8), oben links von fremder Hd, Bleistift: „15.“, rechts daneben Stempel: „Herder.“, in der Mitte von fremder Hd (Heinrich Dtntzer oder Ferdinand Gottfried von Herder?, Herausgeber von E), Bleistift: „20“. E: Aus Herders Nachlaß 1 (1856), 60 f., Nr 20. WA IV 3 (1888), 75, Nr 476. BEI L AG E
Brief von Friedrich Carl von Moser (vgl. die zweite Erl|uterung zu 64,1).
248 ERLUTERUNGEN
BRIEF 109
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht tberliefert. 64,1 Br.] Bruder. 64,1 Brief von Mosern] Vermutlich handelte es sich um den undatierten Brief des hessisch-darmst|dtischen Ministers Friedrich Carl von Moser an Herder, der wohl vom Mai 1776 stammt (vgl. HB 9, 728) und in der Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau) aufbewahrt wird; darin wtnscht Moser Herder Gltck zu dessen Ankunft in Weimar und dankt ihm ftr den 1. Teil von „Zend-Avesta, Zoroaster’s lebendiges Wort, worin die Lehren und Meinungen dieses Gesetzgebers von Gott, Welt, Natur und Menschen enthalten“ (Riga 1776), die von Herder veranlasste bersetzung von Abraham Hyacinthe Anquetil-Duperrons „Zend-Avesta“ (3 Bde. Paris 1771) durch Johann Friedrich Kleuker (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 100); ferner berichtet Moser, er habe eine Stelle ftr Matthias Claudius gefunden, der seit dem 16. April 1776 Mitglied der Oberlandkommission in Darmstadt war. (Nach freundlicher Mitteilung von Gtnter Arnold, Weimar.) 64,2–3 Es zerrt die Pfaffen Æ:::æ haben soll.] W|hrend der Vakanz der Generalsuperintendentur wurde das Amt durch drei Vertreter des Oberkonsistoriums interimistisch verwaltet: durch die Oberkonsistorialassessoren Johann Sebastian Gottschalg, Christian Wilhelm Schneider und Wilhelm Heinrich Schulze, die sich die Einktnfte teilten. Diese hatten bereits am 20. Februar 1776 in einem Brief an das Oberkonsistorium Beschwerde gefthrt (Abschrift: HN, XXXVII 78). Sie waren entt|uscht dartber, die Hoffnung auf eigene Befurderung aufgeben und auf die vormaligen Zulagen verzichten zu mtssen. Sie beklagten sich, einem jtngeren ausw|rtigen Theologen untergeordnet zu werden, der ihnen an Dienstjahren „gar weit zurtckstehet, und also noch keine vorztgliche Erfahrung in Consistorial- und geistlichen Amts-Sachen, welche eigentlich eine nothwendige Eigenschafft eines guten General Superintendentens und gleichsam die Seele seiner Amtsfthrung ausmacht, noch weniger aber einige Kenntniß des Status ecclesiastici der hiesigen Ftrst‘. Lande und der Serenissimo clementissime Regenti zustehenden speciellen Huchsten Episcopal-Rechte erlangt haben kann.“ (Ebd., S. 2 f.) Ohne sich grunds|tzlich gegen die herzogliche Entscheidung ftr Herder auszusprechen, verlangten sie, unter Aufstockung ihres Gehalts zu Oberkonsistorialr|ten befurdert zu werden und ihnen „die Anciennet und Vorsitz vor dem zuktnftigen Generalsuperintendenten Herrn Herder zu ertheilen“ (ebd., S. 6). Die erste Forderung wurde ihnen gew|hrt; noch vor Herders Amtsantritt erhielten sie ihre Befurderung. 64,4 schier] Von ,schieren‘: aufhetzen, aufmuntern; nach Adelung (3, 1449) „nur in den gemeinen Sprecharten tblich“. 64,5 weil deine Sach gewiss ist] Am 15. Mai 1776 wurde die offizielle Vokationsurkunde ausgestellt (HN, XXXVII 82), von Carl Friedrich Ernst von Lyncker mit einem Schreiben vom 24. Mai 1776 (HN, XXXVII 83) an Herder geschickt, der sie am 12. Juni entgegennahm und sich am 15. Juni mit Briefen an
MAI 1776
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Lyncker und Herzog Carl August bedankte (vgl. HB 3, 270 f.). – Vgl. auch Datierung. 64,6 ich nicht pressirt bin dich hier zu sehn] Im Unterschied etwa zum Anfang des Jahres, als Goethe begann, Herders Berufung zu betreiben. Damals war sein Aufenthalt in Weimar nur als Besuch geplant. Im Brief vom 2. Januar 1776 hatte er an Herder geschrieben: ich muss das stifften eh ich scheide (14,3). Sp|testens Mitte M|rz 1776 jedoch war die Entscheidung gefallen, in Weimar zu bleiben (vgl. zu 23,14). 64,7–8 Mir ist Æ:::æ als dem ersten] Im Brief an Charlotte von Stein vom 11. Mai? 1776 (Nr 100) vergleicht Goethe Herzog Carl August und sich selbst mit ,Radscha‘ (Ftrst) und ,Brahmane‘ (Priester, Gelehrter, Dichter); mit gleichem Bezug kunnte hier von ,Erster‘ und ,Zweiter‘ die Rede sein. Was Goethes persunliche Situation in der ersten Weimarer Zeit angeht, so stand er damals unter dem Druck (63,8) der Schwierigkeiten, die dem Herzog und ihm bereitet wurden beim Versuch, ihn als Mitglied des Geheimen Consiliums zu etablieren und mit Regierungsgesch|ften zu betrauen (vgl. zu 63,8). 109. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 19. Mai Æ1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Entgegen seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) in den Mai 1777 gehurt der vorliegende Brief ins Jahr 1776. Er wurde am 19. Mai geschrieben, und zwar an einem Sonntag (64,17). 1777 aber fiel der 19. Mai 1777 auf einen Montag. Neben der Tagesangabe sprechen auch die inhaltlichen Beztge zu Nr 114 (vgl. 67,18) daftr, den Brief auf den 19. Mai 1776 zu datieren. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 51. – 1 Bl. ca. 20,867,3(–8,1) cm, 3 /4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); unten links von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „77“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „31“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 32), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 32 f. WA IV 3 (1888), 62, Nr 459. BEI L AG E
Spargel (64,11).
250
BRIEF 110
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 64,10 im Garten geschlafen] Im Garten am „Stern“ (vgl. zu 62,4); zu Goethes Lebensumst|nden in diesen Tagen vgl. insgesamt Brief Nr 114 vom 17. bis 24. Mai 1776 an Augusta zu Stolberg. 64,10 Erdkslin] Vom Erstdruck Schulls bis zur WA wurde an dieser Stelle stets ,Erdtulin‘ gelesen (korrigiert zu ,Erdkulin‘ bei Wahle, Goethe-Stein 1 [1899], 34; ,Erdktlin‘ bei Fr|nkel, Goethe-Stein1 1 [1908], 21). – Mundartlich ftr ,Erdkthlein‘: ein Fabelwesen, das im Wald in einer Erdhuhle lebt (und Gutes tut), begegnet in vielen Abwandlungen vor allem in els|ssischen M|rchen. Eine der frthesten schriftlichen berlieferungen findet sich in dem Schwankbuch des aus Straßburg stammenden Dichters Martin Montanus „Das ander theyl der garten gesellschafft“ (Straßburg o. J. Ænach 1559æ); das M|rchen „Ein schune History von einer frawen mitt zweyen kindlin“, in dem die Stiefmutter ihre Tochter in den Wald schickt, wo sie vom Erdkthlein aufgenommen und reich beschenkt wird, erinnert u. a. an das Grimmsche M|rchen „Frau Holle“ (vgl. Ernst Martin: Das M|rchen vom Erdkthlein in Goethes Briefen. In: GJb XIX [1898], 297–303). 64,11 Spargel, erst iezt gestochen] Demnach gab es schon ein Spargelbeet, als Goethe seinen Garten tbernahm. 64,15–16 wenn Sie erst Æ:::æ abgeschieden seyn] Mit Bezug auf Charlotte von Steins bevorstehende Badereise nach Pyrmont, die sie Ende Juni antrat (vgl. zu 81,22). 110. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 20.? Mai 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief vor den vom 29. Oktober 1777 (Nr 293) eingeordnet. Die Beilage und die Bitte, an die Schwester zu schreiben (vgl. 65,1), sprechen gegen diese Einordnung. Goethes Schwester Cornelia Schlosser war bereits am 8. Juni 1777 gestorben. Außerdem findet sich eine auffallende inhaltliche Parallele zum Brief an Augusta zu Stolberg vom 17. bis 24. Mai 1776 (Nr 114), genauer zum Briefteil vom 20. Mai 1776 (vgl. 68,34–69,6). Der vorliegende Brief kunnte ebenfalls an diesem Tag geschrieben worden sein. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 60. – 1 Bl. 16,8(–17)69,8(–10) cm, /2 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „46.“ – In einem
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MAI 1776
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gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 49), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 33. WA IV 3 (1888), 63, Nr 460. BEI L AG E
Brief Cornelia Schlossers an Goethe (vgl. zu 64,19). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 64,19 Brief von meiner Schwester] Nicht tberliefert. – Es kunnte der Brief Cornelia Schlossers gemeint sein, den Goethe am 20. Mai 1776 erhielt (vgl. 69,1–2). 64,19–20 das Herz zerreisst] Goethes Schwester Cornelia war seit November 1773 mit dem aus Frankfurt stammenden Juristen Johann Georg Schlosser, einem frtheren Freund Goethes und Mitarbeiter an den „Frankfurter Gelehrten Anzeigen“, verheiratet. Nach ihrer Hochzeit lebte sie fernab von der Familie zun|chst in Karlsruhe, ab Juni 1774 in Emmendingen, wo Schlosser als Oberamtmann in markgr|flich-badischen Diensten stand (vgl. GB 2 II, zu 41,9–10; zum Verh|ltnis des jungen Goethe zu seiner Schwester vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 5). Die Ehe war anfangs gltcklich. So schrieb Goethe am 29. November 1773 an die Frankfurter Freundin Johanna Fahlmer: Meine Schwester fshrt sich wohl auf. Ihre Wanderschafft, Einrichtung alles macht sie gut. Æ:::æ Jetzt watet sie nach Art und Lust, und lwsst euch alle grusen. (GB 2 I, 55.) Kaum einen Monat sp|ter, am 25. Dezember, heißt es in einem Brief an Charlotte und Johann Christian Kestner: Meine Schwester ist brav. Sie lernt leben! und nur bey verwickelten misslichen Fwllen erkennt der Mensch was in ihm stickt. Es geht ihr wohl und Schl. ist der beste Ehmann wie er der zwrtlichste und unverrsckteste Liebhaber war. (GB 2 I, 63.) Goethes Einsch|tzung wird auch durch einen Brief Cornelias an Caroline Herder vom 13. Dezember 1773 best|tigt: „Dass Sie gltcklich sind beste Freundinn fthle ich an mir selbst – alle meine Hoffnungen, alle meine Wtnsche sind nicht nur erftllt – sondern weit – weit tbertroffen. – wen Gott lieb hat dem geb er so einen Mann – “ (Witkowski, Cornelia, 234). Zunehmend litt Cornelia aber unter der Entfernung von Familie und Freunden. Goethe besuchte die Schwester noch einmal auf dem Weg in die Schweiz vom 28. Mai bis zum 5. Juni 1775 in Emmendingen (vgl. GB 2 II, zu 191,1). Wie ußerungen Schlossers und auch die wenigen tberlieferten Briefe Cornelias aus dieser Zeit belegen, war diese etwa seit der Geburt ihrer ersten Tochter Louise am 28. Oktober 1774 leidend (vgl. Witkowski, Cornelia, 93–100). – Ein Brief Cornelia Schlossers an Johann Christian Kestner in Hannover vom 6. Januar 1776 gibt ein erschttterndes Bild
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BRIEF 111
ihrer damaligen gesundheitlichen und seelischen Verfassung, die sich wohl bis zum Mai noch verschlechtert haben dtrfte:
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Ich habe eine grose Stnde auf dem Herzen bester Kestner – Ihren lieben Brief so lang unbeantwortet zu lassen, das ist abscheulich – Ich w|re mit nichts zu entschuldigen wenn ich nicht seit zwey Jahr keinem Menschen in der Welt geschrieben h|tte – so lang w|hrt meine Kranckheit und eine Art von Melancolie die eine nattrliche Folge davon ist – Ihre liebe aktive Lotte wird sich hiertber nicht wundern, weil sie sich leicht vorstellen kann was das heisst als Frau und Mutter zwey Jahre lang im Bette zu liegen ohne im Stand zu seyn / sich selbst nur einen Strumpf anzuziehen – Zimmermann kam als mein guter Genius mich an Leib und Seele zu erretten, er gab mir Hofnung und munterte mich so auf, dass ich seitdem wenig ganze trtbe Stunden mehr habe – es ist auch wircklich durch seine vortreffliche Vorschrifften so weit mit meiner Corperlichen Besserung gekommen dass ich grose Lindrung sptre – Es fehlt mir hier haupts|chlich an einer Freundinn die mich aufzumuntern wtsste, und die meine Gedancken von dem elenden kr|ncklichen Curper weg, auf andre Gegenst|nde zuge – Es ist sehr schlimm dass ich mich selbst mit / nichts besch|fftigen kann, weder mit Handarbeit, noch mit lesen, noch mit Clavierspielen – auch das Schreiben f|llt mir sehr beschwehrlich wie Sie sehen – Mein M|dgen wtrde mir sehr viel Freude machen wenn ich mich mit ihm abgeben kunnte, aber so muss ichs ganz fremden Leuten tberlassen, welches nicht wenig zum Druck meines Gemtths beytr|gt – Es ist sehr lustig und will den ganzen Tag tanzen, desswegen es auch bey jedem lieber als bey mir ist – laufen kanns noch nicht allein, es happelt aber entsezlich wenn manns fthrt – Schreiben Sie mir doch ja viel und recht umst|ndlich von Ihren Kleinen, denn wie ich hure so / sind Sie so gltcklich zwey zu haben – ich mugt gern wissen wie sie aussehn, ob sie der Lotte gleichen ob sie blaue oder schwarze Augen haben, ob sie lustig oder still sind u. s. w. Verzeihen Sie mir ja die viele Fragen, ich wtrde sie nicht gethan haben wenn ich nicht versichert w|re dass Sie sie gern beantworteten – Leben Sie wohl, Ihre liebe Lotte ktss ich hundertmal d. 6. Jen. 76.
C. Schlosser
(H: GSA Weimar, Sign.: 29/264, I, 6, Bl. 9–10.) 1 Ihren lieben Brief] Nicht tberliefert. 5 Lotte] Charlotte Kestner geb. Buff. 9 Zimmermann] Der mit Charlotte von Stein befreundete, aus der Schweiz stammende Johann Georg Zimmermann, seit 1768 kuniglich britischer Leibarzt in Hannover (zur Person vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 236). 18 Mein M|dgen] Die Tochter Louise. 23 Kleinen] Georg (geb. 1774) und Wilhelm (geb. 1775) Kestner.
MAI 1776
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64,20 ein Paar von ihr] Diese Briefe sind wie s|mtliche Briefe Cornelia Schlossers an Goethe nicht tberliefert (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 4). 65,1 schreiben Sie ihr] Eine |hnliche Bitte richtete Goethe am 20. Mai 1776 auch an Augusta zu Stolberg (vgl. 69,2–3). Dass Charlotte von Stein Goethes Wunsch nachgekommen ist, belegt der Antwortbrief Cornelia Schlossers wahrscheinlich aus dem Juni 1776 (abgedruckt als Beilage 1 zu Nr 135). Er ist mit noch einem weiteren vom 20. Oktober 1776 (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 150) unter den Briefen Goethes an Charlotte von Stein tberliefert. 111. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 21. Mai 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSAWeimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 17. – 1 Bl. 18(–18,2)66,4(–7,4) cm, 1 /2 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „45.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 45), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 33. WA IV 3 (1888), 63, Nr 461. BEI L AG E
Spargel (65,3). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 65,3 wieder Spargel] Vgl. 63,12–13; 64,11. 65,3 ich esse heut mit Ihnen] Vermutlich blieb es bei der Anktndigung. Laut Tagebucheintrag vom 21. Mai 1776 war Goethe an diesem Tag in Tiefurt und hat draus geschlafen (GT I 1, 18; vgl. auch 69,11–13). 65,4 ihr Armband] Wahrscheinlich hatte es Goethe bei Gelegenheit eines l|ndlichen Festes in Tiefurt an sich genommen (vgl. 68,22–26). Offenbar mit Bezug auf das hier erw|hnte Schmucksttck vermerkte Goethe unter dem 20. Juni 1776 in seinem Tagebuch: Wiedergeforderts Armband. (GT I 1, 19.)
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BRIEF 112
112. An Friedrich Gottlieb Klopstock
Weimar, 21. ÆMaiæ 1776 ! ÆHamburgæ
DAT I E RU N G
Dass der Brief am 21. Mai und nicht am 21. M|rz 1776 (h6, E, D2) geschrieben wurde, geht aus Goethes Rechnungsbuch hervor (GR/RB 1776, 2, Bl. 8r); dort ist die Absendung des Briefes unter dem 24. Mai 1776 verzeichnet: Klopstok fr. Hamb‘. Außerdem schickte Klopstock eine Abschrift des Briefes an Christian zu Stolberg, und zwar erst im Juni 1776, wie aus Friedrich Leopold zu Stolbergs Brief an Klopstock vom 8. Juni 1776 hervorgeht (vgl. Klopstock, Briefe HKA 7 I, 35 und die Erl|uterungen dazu in Klopstock, Briefe HKA 7 II, 414), nicht mit einem der vorhergehenden Briefe an die Brtder, was gewiss der Fall gewesen w|re, wenn Klopstock den Brief frther erhalten h|tte. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. h1: Nieders|chsisches Staatsarchiv Oldenburg, Sign.: Best. 40, Nr 6: Des Grafen Friedrich Leopold von Stolberg ministerielle Korrespondenz mit dem Oldenburgischen Minister Grafen von Holmer vom Okt. 1776 bis Jan. 1782 und vom Sept. 1785 bis Jan. 1786, nebst einem Anhange verschiedener Briefe an den Grafen von Holmer aus den Jahren 1791 bis 1805 von Friedr. Leop. und Christian von Stolberg und Friedr. Heinr. Jakobi. (Abgeschrieben aus dem Holmerschen Nachlaß auf der Großhrz‘. Kabinetsregistratur.) Juni 1850 (Abschrift von fremder Hd). – Doppelblatt, 3 S. beschr., S. 1 f. Klopstock an Goethe, 8. Mai 1776; S. 2 f. Goethe an Klopstock, 21. Mai 1776; S. 3 Klopstock an Goethe, 29. Mai 1776; S. 1 tber dem Brieftext von der Hd des Abschreibers: „C o r r e s p o n d e n z z w i s c h e n K l o p s t o c k u n d G u t h e . “, am oberen Rand von anderer Hd: „(Aus den Papieren des Herz. Peter Friedr. Ludwig.)“; S. 2 tber dem Text des vorliegenden Briefes von der Hd des Abschreibers: „A n t w o r t . “; S. 3 tber dem Brieftext von der Hd des Abschreibers: „Z w e y t e s S c h r e i b e n .“ h2: Nieders|chsische Staats- und Universit|tsbibliothek Guttingen, Sign.: Cod. v. Einem 3h (Abschrift von fremder Hand aus dem Nachlass von Charlotte Emminghaus geb. von Einem). – Doppelblatt, 3 S. beschr., S. 1 f. Klopstock an Goethe, 8. Mai 1776; S. 2 f. Goethe an Klopstock, 21. Mai 1776; S. 3 Klopstock an Goethe, 29. Mai 1776; S. 1 tber dem Brieftext von der Hd des Abschreibers: „B r i e f v o n K l o p s t o c k a n G u t h e .“; S. 2 tber dem Text des vorliegenden Briefes: „G u t h e ’s A n t w o r t . “; S. 3 tber dem Brieftext: „K l o p s t o c k s Antwort.“ h3: Nieders|chsisches Staatsarchiv Wolfenbtttel, Sign.: VIII Hs 71,4a (Abschrift von fremder Hd aus dem Nachlass von Georg Septimus Andreas von Praun). – Doppelblatt, 4 S. beschr., S. 1 f. Klopstock an Goethe, 8. Mai 1776, S. 3 Goethe
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an Klopstock, 21. Mai 1776, S. 4 Klopstock an Goethe, 29. Mai 1776; S. 1 am oberen Rand von der Hd des Abschreibers: „Copia /: K: an G.“, „Klopstok Goethen, Hamb.“; S. 3 tber dem Brieftext von der Hd des Abschreibers: „G. –––– an K. ––––“; S. 4 tber dem Brieftext vor dem Datum von der Hd des Abschreibers: „K. –––– an G. ––––“. h4: Das Gleimhaus Halberstadt, Sign.: Hs A 8838 Klopstock 102 (Abschrift von fremder Hd). – Doppelblatt, 4 S. beschr., S. 1 f. Klopstock an Goethe, 8. Mai 1776; S. 3 Goethe an Klopstock, 21. Mai 1776; S. 4 Klopstock an Goethe, 29. Mai 1776; S. 1 tber dem Brieftext vor dem Datum von der Hd des Abschreibers: „Klopstock an Guthen“; S. 3 tber dem Brieftext vor dem Datum von der Hd des Abschreibers: „Guthe an Klopstock“; S. 4 tber dem Brieftext vor dem Datum von der Hd des Abschreibers: „Klopstock an Guthe“. h5: GSA Weimar, Sign.: 56/95 (Abschrift von fremder Hd aus dem Nachlass von Sophie von La Roche). – Doppelblatt, 4 S. beschr., S. 1–3 Klopstock an Goethe, 8. Mai 1776; S. 3 f. Goethe an Klopstock, 21. Mai 1776; S. 4 Klopstock an Goethe, 29. Mai 1776; S. 1 tber dem Brieftext vor dem Datum von der Hd des Abschreibers: „Klopstok an Guthe.“; S. 3 vor dem Brieftext vor dem Datum von der Hd des Abschreibers: „Guthe an Klopstock:“; S. 4 tber dem Brieftext vor dem Datum von der Hd des Abschreibers: „Klopstok an Guthe.“ h6: GSA Weimar, Sign.: 68/762 (Abschrift von fremder Hd aus dem Nachlass von Friedrich von Mtller). – Doppelblatt, 3 S. beschr., S. 1 f. Klopstock an Goethe, 8. Mai 1776; S. 2 f. Goethe an Klopstock, 21. Mai 1776; S. 3 Klopstock an Goethe, 29. Mai 1776; S. 1 am oberen Rand links von der Hd des Abschreibers: „Kloppstock an Guthe“; S. 2 tber dem Brieftext in der Mitte von der Hd des Abschreibers: „Guthens Antwort.“; S. 3 tber dem Brieftext links von der Hd des Abschreibers: „Kloppstocks letztes Schreiben“. h7: Zentralbibliothek Ztrich, Sign.: Ms M 61.51 Nr 8 (Abschrift von Johann Heinrich Schinz). – Doppelblatt, 3 S. beschr., S. 1 f. Klopstock an Goethe, 8. Mai 1776; S. 2 f. Goethe an Klopstock, 21. Mai 1776; S. 3 Klopstock an Goethe, 29. Mai 1776; S. 1 tber dem Brieftext vor dem Datum von Schinz’ Hd: „Klopstoks 1. Brief an Guthe.“; S. 2 tber dem Brieftext von Schinz’ Hd: „2. Goethens Antwort an Klopstok.“; S. 3 tber dem Brieftext von Schinz’ Hd: „3. Klopstoks Antwort an Goethen.“ h8: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin, nicht nachweisbar; Faksimile in: Briefwechsel zwischen Klopstock und Goethe im Jahre 1776. ÆHrsg. von Elias Erasmus [d. i. Paul Otto]. Berlin 1922, S. Æ7–10æ; der vorliegende Brief: S. Æ9æ (Abschrift von fremder Hd aus dem Nachlass von Joseph Maria von Radowitz). – Vermutlich Doppelblatt, 4 S. beschr., S. 1–3 Klopstock an Goethe, 8. Mai 1776; S. 3 Goethe an Klopstock, 21. Mai 1776; S. 3 f. Klopstock an Goethe, 29. Mai 1776; S. 1 tber dem Brieftext von der Hd des Abschreibers: „Klopstocks 1 Brief an Guethe.“; S. 3
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BRIEF 112
tber dem Brieftext von der Hd des Abschreibers: „G o e t h e n s A n t w o r t a n K l o p s t o c k “, tber dem Brieftext von der Hand des Abschreibers: „Klopstoks Antw. an GotÆheæ“. Die Mitteilung in der Vorbemerkung des Herausgebers, bei dem Faksimile handle es sich um die „Abschrift Æ:::æ, die Klopstock mit eigener Hand ftr seinen Freund Johann Lorenz Buckmann geschrieben hat“ (S. Æ3æ), ist nicht zutreffend (vgl. D2 und Textgrundlage). E: Allgemeiner litterarischer Anzeiger, oder Annalen der gesammten Litteratur ftr die geschwinde Bekanntmachung verschiedener Nachrichten aus dem Gebiete der Gelehrsamkeit und Kunst ÆLeipzigæ. Bd 4. 1799. Nr 48 vom 28. M|rz, Sp. 478 (Karl Johann Gottlieb von Wolffram und Wolfframitz; vgl. Das gelehrte Teutschland Æ:::æ. Bd 16. Lemgo 1812, S. 273). – Nach nicht tberlieferten Abschriften des vorliegenden sowie des Bezugs- und des Antwortbriefes, „die mir Ædem nicht genannten Herausgeberæ bei meinem Aufenthalte in J e n a zu Anfange des vorigen JahrZehnds in die H|nde fielen“ (Sp. 477). Gedruckt unter dem falschen Datum des 21. M|rz 1776. D1: Kurzer Briefwechsel zwischen Klopstock und Goethe im Jahre 1776. Leipzig 1833, S. 8–10. – Das B|ndchen enth|lt ebenfalls den Bezugs- und den Antwortbrief Klopstocks (S. 1–7; S. 11 f.). D2: Briefe aus dem Freundeskreise von Goethe, Herder, Hupfner und Merck. Eine selbstst|ndige Folge der beiden in den Jahren 1835 und 1838 erschienenen Merckischen Briefsammlungen. Aus den Handschriften hrsg. von Karl Wagner. Leipzig 1847, S. 138. – Fußnote des Herausgebers zu Klopstocks Brief an Goethe vom 8. Mai 1776 mit Bezug auf den vorliegenden Brief und Klopstocks Antwort darauf: „Dieser und die beiden folgenden Briefe wurden von Klopstock in eigenh|ndiger Abschrift seinem Freunde, dem Prof. Hofrath Buckmann in Karlsruhe, mitgetheilt.“ (S. 136.) Gedruckt unter dem falschen Datum des 21. M|rz 1776. Die Abschriften schickte Klopstock mit seinem Brief vom 21. August 1776 an Johann Lorenz Buckmann, der sie dem Markgrafen Karl Friedrich von Baden aush|ndigen sollte (vgl. Klopstock, Briefe HKA 7 I, 54). WA IV 3 (1888), 63–64, Nr 462 (nach E). Textgrundlage: D2. – Aus der berlieferungslage l|sst sich schließen, dass keiner der Textzeugen unmittelbar auf H zurtckgeht. Die Tatsache, dass alle Textzeugen den Brieftext im Kontext des Bezugs- und des Antwortbriefs Klopstocks – beide ebenfalls nicht tberliefert – in einer fortlaufenden Abschrift bieten, spricht daftr, dass sie ihrerseits bereits auf Abschriften beruhen, von denen noch Ende 1776 etliche kursierten (vgl. die einleitende Erl|uterung). Die Frage nach der textkritischen Bedeutung der einzelnen Textzeugen ist ebenso wenig sicher zu beantworten wie die Frage nach ihrer gegenseitigen Abh|ngigkeit, weil unbekannt ist, wie viele weitere Abschriften zwischen den tberlieferten Abschriften existierten und in welchem Verh|ltnis sie zum Original standen. Lediglich im Fall von h7 und h8 kann festgestellt werden, dass sie aufgrund weitgehender bereinstimmung in den ber-
MAI 1776
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lieferungsvarianten miteinander in Beziehung stehen; entweder folgen sie einer gemeinsamen Vorlage, oder h7 ist eine Abschrift des geringftgig vollst|ndigeren Textzeugen h8. Beide aber bieten einen ltckenhaften und verderbten Text, insbesondere bei der Wiedergabe von Klopstocks Bezugsbrief, so dass sie keinen textkritischen Wert besitzen. Was die tbrigen Textzeugen angeht, so weist D2 die – soweit sich ermitteln l|sst – grußte N|he zu H auf, weil der Druck auf einer von Klopstock selbst angefertigten Abschrift beruht. Zwar gibt der Herausgeber von E an, ihm seien Anfang der 1780er Jahre in Jena die „drei Briefe Æ:::æ in die H|nde“ gefallen; doch dass damit die Originale gemeint sein sollen, ist nicht anzunehmen. Da nicht auszuschließen ist, dass die tbrigen Textzeugen (außer h7 und h8) im Einzelfall H zuverl|ssiger wiedergeben als D2, werden die Abweichungen als berlieferungsvarianten verzeichnet. BERL IEFERUNGSVARIANTE N
65,6 We i m a r , den 21. Mwrz 76.] W den 21ten May 1776. h3 Weimar den 21tn May 1776. h4 Weimar d‘: 21: May 1776 h5 Weimar 21 Mwrz / 1776. h6 Weimar den 3- -1. May. 1776. h7 Weimar den 21. May 1776 h8 W., den 21. Mwrz 1776. E (vgl. berlieferungsvarianten zu 65,20) 65,7 Sie] s. h8 65,7 nur] uns h1–8 E D1 65,7 ksnftig] ins ksnftige h3 h5 ins Ksnftige h4 E in Zukunft h6 65,7 Briefen,] Briefen h3 65,7 liebster Klopstock.] liebster Klopstock, h1 lieber Klopstock! h2 h8 D1 lieber K –! h3 lieber Klopstock. h4 Lieber Klopstok! h5 Lieber Kloppstock! h6 lieber Klopstok! h7 lieber K..! E 65,8 Sie] sie h1 h5 65,8 helfen] helffen h5 65,8 Nichts] nichts, h1 h3 h4 h7 h8 E nichts. h2 nichts h5 h6 uns nichts, D1 65,8 und] u h8 65,8 immer] nur immer h7 h8 65,8 Paar] paar h2 h3 h4 h6–8 D1 E par h5 65,8 btse] btße h5 65,8 Stunden.] Stunden h8 Absatz E 65,9 selbst] Selbst h3 65,9 darauf Nichts] darauf nichts h1–2 h7 h8 D1 nichts darauf h3–6 E 65,9 antworten] Antworten h4 zuantworten h8 65,9 habe. Entweder] habe; entweder h1 habe: entweder h4 65,9–10 ich muß] ich msßte h1 h6 ich msßt’ h2 D1 ich msste h3 ich msßt h4 msßte ich h5 E 65,10 als Schulknabe] als ein Schulknabe h2 D1 als Schul-Knabe h6 als SchulKnabe E 65,10 Pater peccavi] pater peccavi h1 h3 h7 h8 E Paterpeccavi h4 pater pecavi h5 pater peccavi h6 65,10 sophistisch] mich Sophistisch h3 Sophistisch h4 mich sophistisch h5 h6 E 65,11 ein ehrlicher] ein Ehrlicher h3 ehrlicher h1 h7 h8 65,11 vertheidigen und kwme] vertheidigen, und kwme h1 vertheidigen; und kwme h2 vertheidigen, und kwm h3–5 vertheidigen und kwm’ h6 vertheidigen; und da kwme h7 h8 vertheidigen, und dann kwm E vertheidigen, und kwme D1 65,11–12 vielleicht] vieleicht h4 65,12 in der Wahrheit] in der Warheit h2 in der wahrheit h3 in der Wahrheit, h4 in Wahrheit h7 h8
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BRIEF 112
65,12 Gemisch] gemisch h3 65,12 allen Dreien] allem drey h1 allen dreyen h2–5 h7 allen dreien h6 E allen 3en h8 allen Dreyen D1 65,12– 13 heraus und wozu?] heraus, und wozu? h1 h2 h4 h6 D1 heraus; und wozu? h3 heraus und wozu denn? h5 heraus – und wozu? h7 heraus – u wozu? h8 heraus, und wozu? Absatz E 65,13 Also] also h5 65,13 Wort] wort h3 65,13 zwischen uns] zwischen Uns h4 unter uns h6 65,13 sber diese Sache.] sber die Sache. h1 h2 h4 D1 sber diese Sache! h3 h5 h8 E von dieser Sache! h6 sber diese Sachen! h7 65,13–14 Glauben Sie mir, daß mir] Glauben Sie, daß mir h3 h6 E D1 Glauben Sie mir, h4 Glauben Sie, daß mir h5 Glauben sie mir, daß mir h8 65,14 Augenblick] Augenblik h5 h7 AugenBlick E 65,14 Exsistenz] Existens h1 Existenz h2 h4–7 E D1 Existenz h3 65,14 sber bliebe] sberbliebe h1–3 h7 h8 E D1 bliebe sber h4 sbrig bliebe h6 65,15 auf alle solche Briefe, auf all solche Anmahnungen] auf alle solche Briefe auf alle solche Ermahnungen h1 auf all solche Anmahnungen h2 auf solche Briefe, auf alle solche Anmahnungen h3 auf alle solche Briefe, auf alle solche Anmahnungen h4 auf all solche Briefe, und auf all solche Anmahnungen h5 auf alle solche Briefe, alle solche Anmahnungen h6 auf all solche Briefe, auf all solche Anmahnungen h7 h8 auf all’ solche Briefe, auf all’ solche Anmahnungen E auf alle solche Anmahnungen D1 65,15 antworten] kommen h5 65,16 sollte.] sollte. – Absatz h2 D1 solte. – h3 sollt – h4 sollte. – h5 E 65,16 Herzog] Herzoge h4 H::: E 65,16 that es] that’s h1 D1 thats h2 h3 h4 E 65,16 Augenblick] Augenblik h5 h7 AugenBlick E 65,16 weh] wehe h7 65,16–17 von Klopstock] ein Klopstock h2 D1 von K. – h3 von Klopstok h5 h7 Kloppstock h6 von K::: E 65,17 wwre] war h1 65,17 ehrt] ehret h1 h6–8 65,17 Sie, von] Sie, und von h1 Sie. von h3 Sie. Von h5 h6 E sie; von h8 65,17 wissen Sie] wißen und fshlen Sie h1 h2 h3 h4 D1 wissen und fshlen Sie h5 E wissen Sie und fshlen h6 wissen und fshlen sie h7 wißen u fshlen sie h8 65,17 das.] das. – E 65,17–18 Leben Sie wohl.] fehlt h3–8 65,18 S t o l l b e r g ] Stollberg h1 D1 Stolberg h2 Graf Stollberg h3 h5 h6 Graf Stolberg h4 h7 h8 Graf St::: E 65,18 immer] nun h1 fehlt h7 65,18 kommen. Wir] kommen. wir h3 kommen, Wir h4 kommen, wir h7 h8 65,18–9 schlimmer und] schlimmer, und h1 h2 h6 h7 schlimmer, und, h4 E D1 Schlimmer, und h3 schlimmer, u h8 65,19 will es] will’s h1 D1 wills h2 h3 h4 h6–8 E wils h5 65,19 Gott] Gott, h3 E Gott! h7 65,19 besser,] besser h1 h5 beßer h2 h8 D1 beßer, h3 h4 65,19 er uns] Er Uns h3 65,19 selbst] fehlt h2 h6 D1 65,19 gesehen] gesehn D1 65,20 G.] Weymar d‘ 21 May Unterschrift/Paraphe fehlt h1 G t t h e . / Weimar d‘ 21. May 1776. h2 Gtthe. h4 h6 Goethe. h5 Goethe. h7 h8 Weimar den 21. May 1776. / G o e t h e . D1
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ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet Klopstocks Brief vom 8. Mai 1776 (vgl. RA 1, 66, Nr 64; abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zum vorliegenden Brief). – Klopstock antwortete am 29. Mai 1776 (vgl. RA 1, 66, Nr 65; abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erl|uterungen). Postsendungen: 24. Mai 1776 (vgl. GR/RB 1776, 2, Bl. 8r). Mit Friedrich Gottlieb Klopstock (1724–1803) stand Goethe seit Mai 1774 in Briefwechsel; im September desselben Jahres hatte er ihn in Frankfurt kennen gelernt. ber beider Beziehung zueinander vgl. des N|heren die einleitende Erl|uterung zum Brief vom 28. Mai 1774 (GB 2 II, Nr 113). Klopstock gehurte zu denjenigen, die Berichte und Gertchte tber das ,wilde‘ Treiben am Weimarer Hof um Herzog Carl August und Goethe sehr ernst nahmen. Er sah sich veranlasst, Goethe in diesem Zusammenhang am 8. Mai 1776 einen (unten abgedruckten) ,Mahnbrief‘ zu schreiben. Der vorliegende Brief antwortet darauf; es ist der letzte Brief an Klopstock, der mit seiner Antwort vom 29. Mai 1776 die Verbindung zu Goethe abbrach. Diese drei Briefe bilden einen unmittelbaren Zusammenhang; deshalb werden Bezugs- und Antwortbrief im Folgenden ebenfalls mitgeteilt. Als Einheit ist die kleine Korrespondenz auch tberliefert (vgl. berlieferung). Klopstock selbst schickte den Text der Briefe im Mai/Juni 1776 unverztglich an die Brtder Stolberg (vgl. Klopstock, Briefe HKA 7 II, 373) und im August tber Johann Lorenz Buckmann an den Markgrafen von Baden (vgl. D2). Vermutlich erhielten andere Freunde weitere Abschriften. So schrieb Johann Heinrich Voß am 21. Juli 1776 an Ernestine Boie: „Klopstock will mir erlauben, dir eine Abschrift von seinem Briefwechsel mit G. zu schicken, wenn du versprichst, sie nachdem d u sie gelesen, gleich zu verbrennen. Æ:::æ Das versprich mir also, denn ich hab mein Ehrenwort gegeben. Rudolf mag sie lesen, der kann schweigen, und Mama auch, wenn sie Lust hat; sonst kein Sterblicher, und kein Wort gegen Niemanden davon verloren.“ (H: Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek Kiel.) Dass die Briefe dennoch weitere Verbreitung fanden, geht aus Heinrich Christian Boies Brief an Johann Arnold Ebert vom 16. Dezember 1776 hervor: „Leyder! geht Klopstocks und Guthens Korrespondenz hier in Handschrift herum, und wird weiter abgeschrieben.“ (Unveruffentlichte Briefe an Johann Arnold Ebert in Brauschweig. Mitgeteilt von Heinrich Schneider. In: Euphorion 27 [1926], S. 342.) Klopstocks Bezugsbrief: Hamburg, den 8. May 1776. Hier einen Beweis meiner Freundschaft, liebster Guthe. Er wird mir zwar ein wenig schwer, aber er muß gegeben werden. Lassen Sie mich nicht damit anfangen, daß ich es glaubwtrdig weiß, denn ohne Glaubwtrdigkeit wtrd’ ich schweigen.
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Denken Sie auch nicht, daß ich Ihnen, wenn es auf Ihr Thun und Lassen ankommt, drein reden wolle; auch das denken Sie nicht, daß ich Sie deswegen, weil Sie vielleicht in diesem oder jenem andre Grunds|tze haben, als ich, streng verurtheile. Aber Grunds|tze – Ihre und meine bey Seite, was wird denn der unfehlbare Erfolg seyn, wenn er fortf|hrt? Der Herzog wird, wenn er sich ferner bis zum Krankwerden betrinkt, anstatt, wie er sagt, seinen Kurper dadurch zu st|rken, erliegen und nicht lange leben. Es haben sich wohl starkgeborne Jtnglinge, und das ist denn doch der Herzog gewiß nicht, auf diese Art frth hingeopfert ..... Die Teutschen haben sich bisher mit Recht tber ihre Ftrsten beschweret, daß diese mit ihren Gelehrten Nichts zu schaffen haben wollen. Sie nehmen itzund den Herzog von Weimar mit Vergntgen aus. Aber was werden andre Ftrsten, wenn sie in dem alten Tone fortfahren, nicht zu ihrer Rechtfertigung anzufthren haben, wenn es nun wird geschehen seyn, was ich ftrchte, daß geschehen werde? – Die Herzogin wird vielleicht itzt ihren Schmerz noch niederhalten kunnen, denn sie denkt sehr m|nnlich. Aber dieser Schmerz wird Gram werden. Und l|ßt sich der etwa auch niederhalten? Louisens Gram! Guthe! – Nein, rthmen Sie sich nur nicht, daß Sie sie lieben, wie ich ..... Ich muß noch ein Wort von meinem Stollberg sagen. Er kommt aus Freundschaft zum Herzoge. Er soll doch also mit ihm leben? Wie aber das? Auf seine Weise? Nein! Er geht, wenn es sich nicht |ndert, wieder weg. Und was ist denn sein Schicksal? Nicht in Coppenhagen, nicht in Weimar. Ich muß Stollbergen schreiben. Was soll ich ihm schreiben? Es kommt auf Sie an, ob Sie dem Herzoge diesen Brief zeigen wollen oder nicht. Ich ftr mich habe Nichts darwider. Im Gegentheil. Denn da ist er gewiß noch nicht, wo man die Wahrheit, die ein treuer Freund sagt, nicht mehr huren mag. Ihr Klopstock. (Klopstock, Briefe HKA 7 I, 22 f.) 4 daß ich es glaubwtrdig weiß] Klopstocks Quelle ist nicht bekannt. 9 Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit September 1775 Regent. Klopstock hatte ihn w|hrend seines Aufenthalts in Karlsruhe im Dezember 1774 kennen gelernt. 10 anstatt Æ:::æ zu st|rken] Dass das ,wilde‘ Leben der kurperlichen Abh|rtung des Herzogs dienen sollte, schreibt auch Charlotte von Stein im Brief an Louise von During vom 10. Mai 1776 (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 57). Johann Heinrich Voß berichtet: „Ein Minister, der’s gewagt hat, ihm ÆCarl Augustæ seiner Gesundheit halben die Ausschweifungen abzurathen, hat zur Antwort gekriegt, er mtsste es thun, sich zu st|rken.“ (Brief an Ernestine Boie, 14. Juli 1776; Herbst 1, 301.) 11 nicht lange leben] Am 12. April berichtete Sigmund von Seckendorff seinem Bruder Albrecht in einem Brief tber eine Erkrankung Carl Augusts an Rheumatismus, Gliederreißen und Schwindel in Verbindung mit Fieberanf|llen (vgl. zu 52,1–2). Die Erkrankung schien nicht unbedenklich; immerhin veranlasste sie
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Carl August zur Abfassung seines ersten Testaments, in dem bereits Goethe an der Spitze der Begtnstigten stand (vgl. zu 42,14–15; ferner Andreas, Carl August, 270). 11–12 das ist denn doch der Herzog gewiß nicht] Diese Sorge um Carl Augusts Gesundheitszustand teilte Johann Heinrich Voß: „Er ist sehr schwach von Kurper und sein Vater ist vom Trinken gestorben.“ (Brief an Ernestine Boie, 14. Juli 1776; Herbst 1, 301.) Carl Augusts Vater, Herzog Ernst August II. Constantin, war, von Kind an kr|nklich und von schwacher Konstitution, am 28. Mai 1758 kurz vor Vollendung seines 21. Lebensjahres gestorben, an ,Auszehrung‘ („eine mit Fieber verbundene allm|hliche Abzehrung des Kurpers, bis die Lebenskr|fte endlich vullig erluschen“ [Adelung 3, 1753], oft eine durch Tuberkulose herbeigefthrte allgemeine Abnahme [Phthisis]); tber die Ursache des Leidens gab es Vermutungen: „Man schrieb es einem ungltcklichen Sturze mit dem Pferde zu daß sich ein Brusttbel bildete, welches immer mehr und mehr in hektische Anlage tberging“ (Ludwig Preller: Ernst August Constantin und Anna Amalia. 1756–1758. In: Zeitschrift des Vereins ftr thtringische Geschichte und Alterthumskunde. Bd 2. Jena 1857, S. 300). Der frthe Tod des Herzogs, der nur zwei Jahre lang regiert hatte, wird zu der in Weimar gehegten Besorgnis um Carl August beigetragen haben, insbesondere, da es noch keinen Stammhalter gab. 18 Herzogin] Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach; Klopstock hatte sie kennen gelernt, als er sich von Oktober 1774 bis M|rz 1775 am badischen Hof in Karlsruhe aufhielt, wo Louise bei ihrer Schwester, der Erbprinzessin Amalie von Baden, lebte. 21 daß Sie sie lieben] ber Goethes Verehrung der Herzogin, die er wiederholt als Engel (25,14; 27,16; 36,6–7) bezeichnete, vgl. seine Briefe an Charlotte von Stein vom 27. und vom 30.? Januar 1776 (Nr 30 und 34), von Ende Januar 1776 (Nr 22) und vom 10. und 12. September 1776 (Nr 169; Briefteil vom 12. September). 22 Er kommt aus Freundschaft zum Herzoge.] Um die Stelle eines weimarischen Kammerherrn anzutreten. 25 Was soll ich ihm schreiben?] In einem Brief vom 14. Juni 1776 setzte Klopstock Friedrich Leopold zu Stolberg die Grtnde daftr auseinander, „warum Sie nicht hingehn mtssen“. (Klopstock, Briefe HKA 7 I, 36.) 26 ob Sie dem Herzoge diesen Brief zeigen wollen] Aus Goethes Antwort geht hervor, dass der Herzog Kenntnis von Klopstocks Brief erhielt (vgl. 65,16–17). Anlass des ,Mahnbriefes‘ von Klopstock war die Berufung des mit ihm befreundeten Grafen Friedrich Leopold zu Stolberg auf die Stelle eines weimarischen Kammerherrn, die diesem angeboten worden war, als er sich im November/Dezember 1775 in Weimar aufgehalten hatte. Im Frthjahr 1776 hatte Stolberg das Angebot angenommen und beabsichtigte, im Sp|tsommer nach Weimar zu gehen. Diese Absicht gab er – trotz Klopstocks Bedenken – erst im August auf und tbernahm das Amt des ftrstbischuflichen ltbeckischen Gesandten am kuniglich d|nischen Hof in Kopenhagen.
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BRIEF 112
Wie sich Johann Georg Zimmermann veranlasst sah, Herder vor dessen Amtsantritt als Superintendent in einem Brief vom 19. Juni 1776 tber die „W i r t h s c h a f t i n We i m a r “ (Aus Herders Nachlaß 2, 374) zu informieren (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 57), so sah sich Klopstock verpflichtet, Friedrich Leopold zu Stolberg davor zu warnen, in Weimar Kammerherr zu werden. Vorher machte er mit seinem Brief an Goethe den Versuch, einen Beitrag zur Verbesserung der dortigen Missst|nde zu leisten. Damit war das vermeintlich ,kraftgenialisch‘-wilde Treiben in Weimar gemeint, in dessen Mittelpunkt Herzog Carl August und Goethe standen. Zu der hufischen Opposition, die angelegentlich Aufsehen erregende Berichte kolportierte, weil sie Goethe wegen seiner engen Beziehung zum Herzog und des damit verbundenen Einflusses nicht wohlgesonnen war, z|hlten Johann Eustach Graf von Schlitz gen. von Goertz, der frthere Erzieher des Herzogs, und der Kammerherr Sigmund von Seckendorff. Dieser schrieb schon am 15. Februar 1776, wenige Wochen nach Goethes Ankunft in Weimar, an seinen Bruder Albrecht: „On court, chasse, crie, fouette, galoppe Æ:::æ et ce qui est singulier, on s’y pique avec cela d’esprit et cela pour les beaux esprits qui en font nombre. Il b’y apas d’extravagance qu’on ne s’y permette.“ (Seckendorff, Briefe, 6. – Man rennt herum, jagt, schreit, schl|gt mit der Peitsche, reitet Galopp Æ:::æ und was sonderbar ist, man stachelt sich dabei außerdem geistreich an, und zwar wegen der Schungeister, die dazugehuren. Es gibt keine Extravaganzen, die man sich nicht erlaubt.) In einem Brief vom 29. M|rz an den Bruder erg|nzte er: „Il y aurait de quoi remplir des volumes de gait Æ:::æ. Renchrissant chaque jour sur les anciennes extravagances, je crois que ce n’est que l qu’il n’existe point de plus ultra.“ (Seckendorff, Briefe, 7. – Es g|be etwas, um ganze B|nde mit Heiterkeit zu ftllen Æ:::æ. Dadurch, dass jeder Tag die vorangegangenen tollen Streiche tberbietet, glaube ich, dass es erst aufhurt, wenn es gar nichts bertriebenes mehr gibt. bersetzung von Eva Beck, Weimar.) Außerhalb Weimars wurden Berichte dieser Art interessiert aufgenommen und weitergetragen. „Man erz|hlt hier lustiges Zeug von Weimar“, schrieb Matthias Claudius am 25. Mai 1776 an Herder (Aus Herders Nachlaß 1, 413). Gottfried August Btrger hatte „die schreckliche Nachricht Æ:::æ vernommen, daß G u t h e – alas! – auf der Jagd gesttrzt sey und den Hals gebrochen habe“ (Strodtmann 1, 316). Von Brief zu Brief wurden solche Neuigkeiten weiter verbreitet und ,ausgeschmtckt‘. Klopstock jedenfalls hurte (woher, ist unbekannt), dass Goethe und der Herzog „jezt eine Maitresse gemeinschaftl. haben“ sollen (Klopstock, Briefe HKA 7 I, 36). Dies teilte er am 14. Juni Friedrich Leopold zu Stolberg mit. Vier Tage sp|ter weiß es auch dessen Bruder Christian: „Der Herzog und er ÆGoetheæ eine gemeinschaftliche Maitresse das w|re abominable, das habe ich Mthe zu glauben, aber beide sind unb|ndig, und beiden ist der Umgang mit einander huchst gef|hrlich.“ (Brief an Klopstock, 18. Juni 1776; Briefwechsel zwischen Klopstock und den Grafen Christian und Friedrich Leopold zu Stolberg. Hrsg. von Jtrgen Behrens. Neumtnster 1964,
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S. 193.) Einen Monat sp|ter berichtete Johann Heinrich Voß seiner Braut Ernestine Boie, bereits ohne den Potentialis zu benutzen: „Der Herzog l|uft mit Guthen wie ein wilder Pursche auf den Durfern herum, er bes|uft sich, und geniesset brtderlich einerlei M|dchen mit ihm.“ (Herbst 1, 301.) Im selben Brief erw|hnt Voß auch den Briefwechsel Klopstocks mit Goethe und gibt zu erkennen, was vielfach vermutet wurde, n|mlich dass Goethe ftr diese Weimarer Zust|nde die Verantwortung trage: „Klopstock hat desfalls an Guthe geschrieben, und ihm seinen Wandel vorgertckt, dass er sich an dem Herzoge seinem Freunde, seiner Gemahlin, seiner Mutter, dem ganzen Lande und der ganzen Gelehrtenrepublik verstndigte, weil kein Ftrst ktnftig einen Dichter zu seiner Gesellschaft w|hlen wtrde. Guthe verbat sich in seinem und des Herzogs Namen solche Anmahnungen, die ihnen das stsse Leben verbitterten, und Klopstock schrieb ihm darauf, dass er seiner Freundschaft unwtrdig sei.“ (Ebd.) Diesen abf|lligen Urteilen und Gertchten widersprachen ußerungen unmittelbarer Beobachter. So schrieb Friedrich Maximilian Klinger nach seiner Ankunft in Weimar an seinen Freund Ernst Schleiermacher: „Und hier sag ich Dir zugleich daß alles anders ist als wirs uns immaginirten und daß von allem nichts wahr ist was gesprochen wird“ (Brief vom 12. [recte: 26.] Juni 1776; Rieger, Klinger 1, 385). Und Wieland beschwor Johann Wilhelm Ludwig Gleim: „berhaupt, mein Lieber, glauben Sie von allem Busen was die Dame Fama von Weimar, und dem Herzog, und Guthen u: der ganzen Wirthschaft aus ihrer sch|ndlichen Hinter-Trompete in die Welt hineinbl|ßt, k e i n Wo r t .“ (Brief vom 3. September 1776; WB 5, 546.) Dass das allgemeine Gerede nicht vullig grundlos war, belegen allerdings Aussagen zuverl|ssiger Zeugen wie Charlotte von Stein. Sie selbst fand Goethes Verhalten befremdlich, wie aus ihrem Brief an Johann Georg Zimmermann vom 6. M|rz 1776 hervorgeht (abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 57): „ich Æ:::æ gestund ihm ich wtnschte selbst er mugte etwas von seinen wilden Wesen darum ihn die Leute hier so schieff beurtheilen, ablegen, daß im Grund zwar nichts ist als daß er jagd, scharff reit, mit der grosen Peitsche klatscht, alles in Geselschaft des Herzogs.“ Erkl|rend ftgt sie sogleich hinzu: „Gewiß sind dies seine Neigungen nicht, aber ein Weile muß ers so treiben um den Herzog zu gewinnen und dann gutes zu stifften, so denck ich davon Æ:::æ.“ Auch in ihrem Brief an Louise von During vom 10. Mai |ußert sie kritisch: „Goethe cause ii un grand bouleversement; s’il sait y remettre ordre, tant mieux pour son gnie.“ (Zitiert nach: Fr|nkel, Goethe-Stein2 3, 114. – „Goethe verursacht hier einen großen Umsturz; wenn er auch wieder Ordnung machen kann, um so besser ftr sein Genie!“ [Bode 1, 180].) Und tber Herzog Carl August heißt es: „Ein Herr, der mit sich selber und aller Welt unzufrieden ist, der t|glich sein Leben und sein bißchen Gesundheit aufs Spiel setzt, um diese letztere zu st|rken“ (ebd., 181). Im Brief an Johann Georg Zimmermann vom selben Tag (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 102) bemtht sie sich wie-
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der um eine Deutung Goethes: „Æ:::æ jemehr ein Mensch faßen kan, deucht mir, je dunckler, anstußger wird ihn das Ganze je eher fehlt mann den ruhigen Weg, gewiß hatten die gefallnen Engel mehr Verstand wie die tbrigen.“ Goethe selbst soll sich Jahrzehnte sp|ter in einem Gespr|ch mit Johann Peter Eckermann am 23. Oktober 1828 folgendermaßen an den Beginn seiner Beziehung zum Herzog erinnert haben: „Er war damals sehr jung Æ:::æ; doch ging es mit uns freilich etwas toll her. Er war wie ein edler Wein, aber noch in gewaltiger G|hrung. Er wußte mit seinen Kr|ften nicht wo hinaus und wir waren oft sehr nahe am Halsbrechen. Auf Parfore-Pferden tber Hecken, Gr|ben und durch Fltsse, und bergauf bergein sich tagelang abarbeiten, und dann Nachts unter freiem Himmel campiren, etwa bei einem Feuer im Walde: das war nach seinem Sinne. Æ:::æ Ich l|ugne nicht, er hat mir anf|nglich manche Noth und Sorge gemacht.“ (Eckermann, Gespr|che 3, 266 und 268.) 65,7 nur] Offensichtlich irrttmlich ftr ,uns‘ (vgl. berlieferungsvarianten). 65,10 Pater peccavi] Lat.: Vater, ich habe gestndigt; aus dem Gleichnis vom verlorenen Sohn im Lukas-Evangelium (15,18 und 15,21). 65,10 sophistisch] Sophisten waren ursprtnglich Lehrer der Rede- und berredungskunst im antiken Griechenland. In Platons Dialogen wurde ihre Kunst, die Sophistik, jedoch von Sokrates, ebenso wie hier von Goethe, als Synonym ftr eine geschw|tzige und spitzfindige Scheinweisheit verstanden. 65,11 Kerl] Das aus dem Mittelniederdeutschen stammende Wort tr|gt hier noch den Nebensinn ,freier Mann nicht ritterlichen Standes‘ (vgl. Kluge/Seebold, 438). 65,15 alle solche Briefe] Außer einem |hnlichen (nicht tberlieferten) Brief von Johann Georg Zimmermann, auf den Goethe am 6. M|rz 1776 (Nr 57) antwortete, sind keine Briefe tberliefert, die hier gemeint sein kunnten. Sie sind muglicherweise, wie andere frthe Briefe auch, im Juli 1797 vernichtet worden, als Goethe nach eigenem Bekenntnis in den „Tag- und Jahres-Heften“ (vgl. WA I 35, 73) alle seit 1772 empfangenen Briefe verbrannte. 65,18 S t o l l b e r g soll immer kommen.] Vgl. einleitende Erl|uterung. Klopstocks Antwortbrief:
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Hamburg, 29. May 76. Sie haben den Beweis meiner Freundschaft so sehr verkannt, als er groß war; groß besonders deswegen, weil ich unaufgefordert mich huchst ungern in das mische, was Andre thun. Und da Sie sogar u n t e r a l l s o l c h e B r i e f e u n d a l l s o l c h e A n m a h n u n g e n (denn so stark drtcken Sie sich aus) den Brief werfen, welcher diesen Beweis enthielt, so erkl|r’ ich Ihnen hierdurch, daß Sie nicht werth sind, daß ich ihn gegeben habe.
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Stollberg soll nicht kommen, wenn er mich hurt, oder vielmehr, wenn er sich selbst hurt. Klopstock.
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(Klopstock, Briefe HKA 7 I, 31.) 2 Beweis meiner Freundschaft] Bezieht sich auf den Anfang von Klopstocks (oben abgedruckten) Brief an Goethe vom 8. Mai 1776. 5–6 u n t e r a l l s o l c h e Æ:::æ A n m a h n u n g e n ] Bezieht sich auf Goethes Brief (vgl. 65,15). 9–10 wenn er sich selbst hurt] Gegen Klopstocks Rat gab Friedrich Leopold zu Stolberg das Vorhaben, nach Weimar zu gehen, nicht auf; am 8. Juni schrieb er an Klopstock: „Und doch mein Allerliebster kann ich mich nicht entschliessen mein engagement mit dem Herzoge grade zu zu rompiren, ich werde hin mtsse sobald er mich haben will, das hab ich versprochen. Ich hoffe mich frth so zu zeigen daß er mich genug kennen lernt um mir nichts anzumuthen daß meiner, daß Ihres Freundes mein Allerliebster, unwtrdig w|re, thut ers so verlaß ich ihn gleich.“ (Klopstock, Briefe HKA 7 I, 34.) Friedrich Leopold zu Stolberg kommentierte diesen Briefwechsel zwischen Klopstock und Goethe in seinem Brief an jenen vom 8. Juni 1776: Ich habe mit Verwundrung u: Aerger Ihre Correspondenz mit Guthe gelesen. Bester Klopstock ich kenne zwar ganz Guthens unbiegsames Wesen, aber daß er einen solchen Brief, von Ihnen, so beantworten kunnte, davon hatt ich keine Idee. Es thut mir in der Seele weh ftr ihn, er verdients Ihre Freundschaft zu verlieren, u: doch weiß ich wie er im Herzen Sie ehrt u: liebt; das sag ich nicht ihn zu entschuldigen, ich kann u: mag hierin ihn nicht entschuldigen, u: bin indignirt tber seinen Brief. Starrkopf ist er im allerhuchsten Grade, u: seine Unbiegsamkeit welche er wenn es muglich w|re gern gegen Gott behauptete machte mich schon oft ftr ihn zittern. Gott welch ein Gemisch, ein TitanenKopf gegen seinen Gott, u: nun schwindelnd von der Gunst eines Herzogs! Sagen Sie mein liebster, denn Sie erkannten frth seinen eisernen Nacken, dachten Sie nicht an ihn wie Sie die Warnung machten? Und doch kann er so weich sein, ist so liebend, l|st sich in guten Stunden leiten am seidnen Faden, ist seinen Freunden so herzlich zugethan – Gott erbarme sich tber ihn u: mach ihn gut damit er treflich werde, aber wenn Gott nicht Wunder an ihm thut so wird er der Unseeligsten einer. Wie oft sah ich ihn schmelzend u: wttend in einer Viertelstunde. Die Sach tber welche Sie ihm schrieben geht mir denn auch sehr nahe. Der junge Herzog hat viel Anlagen zum Guten u busen. Sein gutes kennen Sie, aber er hat nattrliche Wildheit, u: was unendlich schlimmer ist, H|rte. (Klopstock, Briefe HKA 7 I, 33 f.)
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2 ich kenne Æ:::æ Wesen] Friedrich Leopold zu Stolberg und sein Bruder Christian hatten Goethe im Mai 1775 in Frankfurt zusammen mit Christian von Haugwitz kennen gelernt und sich mit ihm angefreundet. Goethe begleitete sie auf einer Reise in die Schweiz, wo sich in Ztrich um den 6. Juli 1775 ihre Wege trennten, als Goethe die Heimreise antrat. Vgl. im Einzelnen die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 266. Im November/Dezember 1775 besuchte Stolberg Goethe in Weimar. 12 die Warnung] Gemeint ist Klopstocks Ode „Warnung“, entstanden 1772, gedruckt im „Musenalmanach fur das Jahr 1776“ (Lauenburg) von Johann Heinrich Voß (S. 174 f.). Auch in einem wohl gleichzeitigen Brief an einen unbekannten Adressaten bezieht Stolberg Klopstocks Ode auf Goethe: „Guthe ist nicht bloß ein Genie, sondern er hat auch ein wahrhaft gutes Herz, aber es ergriff mich ein Grausen, als er mir an einem der letzten Tage meiner Anwesenheit in Weimar von Riesengeistern sprach, die sich auch den ewigen geoffenbarten Wahrheiten nicht beugen. Dieser unbeugsame Trotz wird, wenn er in ihm weiter wuchert, auch sein Herz kalt machen. Armer Erdenwurm! Sich den ewigen geoffenbarten Wahrheiten nicht beugen, gleichsam rechten wollen mit Gott! Da fielen mir die Worte von Klopstock ein: ,Ihr rechtet mit Dem, / Deß großen Namen / Der sterbliche Weise / Kaum waget auszusprechen, / Mit Dem, deß großen schrecklichen Namen / Der hohe Engel / Staunend nennet, / Mit Gott, mit Gott!‘“ ( Janssen 1, 70 f.) Nachdem Stolberg das Amt eines oldenburgischen Gesandten in Kopenhagen angenommen und Goethe dartber in einem nicht tberlieferten Brief unterrichtet hatte, antwortete dieser – vermutlich Anfang Oktober 1776 – mit einem ebenfalls nicht tberlieferten Brief (EB 116). Darin habe er, so Johann Heinrich Voß in seinem Brief an Ernestine Boie vom 17. Oktober 1776, Klopstocks Briefe an ihn vom 8. und 29. Mai als „impertinent“ (Herbst 1, 301) bezeichnet. In einem Brief von Carl Friedrich Cramer an Goethe vom 11. Oktober 1776 (vgl. RA 1, 67 f., Nr 73), dessen Konzept tberliefert ist, wird berichtet: „Ich war so eben mit Christian Stollberg u Gustchen auf Klopst. Stube als Ihr Brief an Leopold ankam. Er ward geufnet. Als Stolberg den Innhalt sah, erruthete er und wollt ihn verbergen. Aber es war zu sp|t. Er ward gelesen. Æ:::æ Das ÆKlopstocks Briefeæ nennen Sie u n e r h u r t e I m p e r t i n e n z !! Klopstock wandte sich um als Ihrer gelesen war – und sagte so gelassen u kalt wie muglich: Izt verachte ich Guthen!“ (H: SUB Hamburg KN 48,218; vgl. auch Klopstock, Briefe HKA 7 II, 370 f.)
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113. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen 20. und 23. Mai 1776?æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief Ende Februar 1776 eingeordnet. Im Erstdruck steht er ohne explizite Begrtndung unmittelbar nach dem Brief vom 8. November 1776 (Nr 184), wahrscheinlich nach einem vermeintlichen inhaltlichen Bezug: Die Stelle und wie beschenckt! (116,11) im Brief vom 8. November wird offenbar mit dem im vorliegenden Brief indirekt erw|hnten Geschenk Charlotte von Steins (vgl. zu 66,5) in Zusammenhang gebracht. Seit Fielitz wird der Brief auf Anfang Januar 1776 datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 70). Wahle und Petersen halten ihn ftr den ersten tberlieferten Brief Goethes an Charlotte von Stein tberhaupt (vgl. Wahle, GoetheStein 1, 19, Nr 1; Petersen, Goethe-Stein 1, 3, Nr 1), ebenso Strehlke in der WA. Der einzige Anhaltspunkt ftr diese frthe Datierung ist eine Vermutung Friedrich von Steins, der zufolge es sich bei dem im Brief erw|hnten Siegel (vgl. 66,5) um dasjenige mit der Inschrift „Alles um Liebe“ handeln kunnte, das Goethe auch im Brief an Herder vom 2. Januar 1776 (Nr 12) verwendete. Seit Fielitz wird auf diese Vermutung Bezug genommen, zugleich aber deren Richtigkeit bezweifelt (vgl. zu 66,5). Fr|nkel schließlich datiert den Brief wiederum aufgrund eines vermeintlichen inhaltlichen Bezugs zu Nr 82 in die Zeit zwischen dem 16. und 22. April 1776 (vgl. zu 66,3–4). Inhalt und Tonfall sprechen daftr, dass der Brief geraume Zeit nach Beginn der Korrespondenz mit Charlotte von Stein geschrieben wurde. Auch wenn in Goethes Briefen fast von Anfang an (vgl. Nr 18, 23, 30, 31) ein ungewuhnlich vertrauter Ton herrscht, unterscheidet dieser sich doch merklich von dem des vorliegenden Briefes. Goethe h|tte im ersten Brief oder in einem der ersten Briefe an die Weimarer Freundin kaum derart selbstverst|ndlich von seiner Liebe gesprochen und diese wie eine schon bekannte Tatsache behandelt (vgl. 66,2). Wenngleich auch die Datierung Ende Februar 1776 nach der Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein nicht ganz auszuschließen ist, finden sich inhaltlich keine Beztge zu den Briefen dieses Zeitraums. Auch die Anrede ,Sie‘ im vorliegenden Brief spricht nicht ftr diese Datierung, wird in den datierten tberlieferten Briefen aus dem Zeitraum zwischen dem 23. Februar und dem 4. M|rz 1776 doch durchg|ngig das ,Du‘ verwendet (vgl. Nr 50, 51, 54). Die Art der Erw|hnung der Schwester Cornelia Schlosser (vgl. 66,3–4) rtckt den Brief zeitlich in die N|he zu Nr 110 vom 20.? Mai 1776 sowie zum Brief an Augusta zu Stolberg vom 17. bis 24. Mai (Nr 114, Briefteil vom 20. Mai; vgl. 69,1–6). Beilage zu Brief Nr 110 war ein Schreiben der Schwester, das Goethe das Herz zerriss, weshalb er Charlotte von Stein bat, schreiben Sie ihr einmal, peinigen Sie mich dass ich ihr was schicke (65,1). Eine |hnliche Bitte richtete er am selben Tag auch
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BRIEF 114
an Augusta zu Stolberg (vgl. 69,2–3). Kurz danach kunnte der vorliegende Brief geschrieben worden sein, aus dem hervorgeht, dass Goethe ein Geschenk Charlotte von Steins an seine Schwester weiterverschenken wollte (vgl. zu 66,3–4; zu 66,5). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 7 – 1 Bl. 17,9611 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 3/4 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „18“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 18), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 70. WA IV 3 (1888), 14, Nr 378. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 66,1 Ebendesswegen!] Der Beginn des Briefes wie auch das Folgende kntpfen offenbar an ein unmittelbar vorausgegangenes Gespr|ch an. 66,2 Und wie ich Ihnen meine Liebe nie sagen kann] ber Goethes Verschlossenheit, seine paradox erscheinende ,Schweigsamkeit‘ im Gespr|ch, beklagt sich Charlotte von Stein sp|ter h|ufig in ihren Briefen an Dritte, so schreibt sie an ihre Schw|gerin Sophie von Schardt: „Du kennst seine Art; er denkt viel, ohne etwas zu sagen, man kunnte unter sein Bild setzen: El penseroso Æital.: der Gedankenvolle, der Nachdenkliche; Titel eines Gedichts von John Miltonæ.“ (Zitiert nach: Bode, Ch. v. Stein, 288.) In einem Brief vom 30. Januar 1786 an Charlotte von Lengefeld gibt sie Goethe den Beinamen „der immer Schweigende“ (Urlichs, Charlotte Schiller 2, 256). 66,3 auch meine Freude nicht sagen] Wahrscheinlich als Entgegnung auf eine Empfindlichkeit Charlotte von Steins, mit der sie auf Goethes Umgang mit ihrem Geschenk reagiert hatte (vgl. die folgenden Erl|uterungen). 66,3–4 Was ich auch meiner Schwester gtnne das Æ:::æ mein!] Die Formulierung l|sst vermuten, dass Goethe ein Geschenk Charlotte von Steins an seine Schwester Cornelia Schlosser weitergeben wollte (vgl. Datierung). – Abwegig erscheint die Referenz auf 53,19–20, die Fr|nkel an dieser Stelle angibt (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 383, Anm. zu Nr 42). 66,5 nie mit siegeln] Mit dem Geschenk Charlotte von Steins, wahrscheinlich einem geschnittenen Stein oder einem Petschaft. – Der handschriftliche Kommentar Friedrich von Steins hierzu lautet: „Sie ÆCharlotte von Steinæ scheint ihm ein bedeutungsvolles Siegel geschenkt zu haben, vielleicht das mit dem Motto: Alles um Liebe, welches Beide auf Petschaften als Wechselgeschenk besaßen. v. St.“ (Zitiert nach: Fielitz, Goethe-Stein 1, 404, Anm. 4 [zu S. 19].) Da Goethe das
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Siegel mit dem „Stella“-Motto (V 4) bereits im Brief an Herder vom 2. Januar 1776 (Nr 12) verwendete, mtsste der vorliegende Brief noch davor, also wahrscheinlich bereits Ende 1775, geschrieben worden sein. Dass Charlotte von Stein nach so kurzer Bekanntschaft Goethe ein derartiges Geschenk gemacht hat, ist wenig glaubhaft, weswegen schon Fielitz „die Schenkung durch Stein“ ftr „sehr zweifelhaft“ h|lt (vgl. ebd.). – Dass es sich, wie Petersen vermutet, um das Steinchen mit einem Minervenkopfe (WA IV 30, 195) handeln kunnte (vgl. Petersen, Goethe-Stein 1, 554, Anm. zu Nr 1), ist auszuschließen, da Goethe dieses wahrscheinlich erst im Juli 1788 tberschickte (vgl. GB Rep, WA-Nr 58209). 114. An Augusta Louise Gr|fin zu Stolberg-Stolberg ÆWeimaræ, 17.–24. Mai Æ1776æ ! ÆUetersenæ DAT I ERU N G
Das Jahr l|sst sich nach inhaltlichen Parallelen zum Tagebuch Goethes aus dem Mai 1776 (vgl. u. a. die erste Erl|uterung zu 66,13; zu 66,21) und den Beztgen zum Brief vom 16. Mai 1776 (Nr 104) erschließen (vgl. zu 66,9). BERLIEFERUNG
H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: 25751, ehemals Slg Brockhaus. – Doppelblatt 18625,8 cm, Papier stark gebr|unt, 4 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; |ltere Restaurierungsspuren, Textverlust (68,1; 68,3). E: Goethe-Stolberg1 (1839), 118–123, Nr 14. WA IV 3 (1888), 64–70, Nr 463. ERLUTERUNGEN
Der vorliegende Brief beantwortet wie schon der Brief vom 16. Mai 1776 (Nr 104) einen nicht tberlieferten Brief Augusta zu Stolbergs von Anfang Mai 1776 (vgl. zu 62,12; zu 66,9). – Der Antwortbrief ist nicht tberliefert (vgl. zu 100,22). 66,9 Grundlage eines Tagbuchs] Am Tag zuvor hatte Goethe brieflich angektndigt: Ja Gustgen Morgen fang ich dir ein Journal an! (62,16–17; vgl. zu 62,17–18). 66,9–10 an dem unsteten Menschen] Im Gegensatz dazu hatte Goethe in seinen beiden vorangegangenen Briefen an Augusta zu Stolberg stets betont, dass er noch ihr Alter (51,4) und immer derselbe (62,19) sei. – Wohl auch in Anklang an den Fluch Gottes, mit dem er Kain straft: „Æ:::æ unst|t und fltchtig sollt du seyn auf erden.“ (1 Mose 4,12; Luther-Bibel 1772 AT, 4.) Mit Kain hatte Goethe sich wiederholt in frtheren Briefen verglichen (vgl. GB 2 II, zu 32,20; zu 198,15).
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66,10 nichts von sich schrieb] Goethe hatte seit seiner Ankunft in Weimar am 7. November 1775 bis zum Mai 1776 nur viermal an Augusta zu Stolberg geschrieben, zumeist |ußerst knapp und ohne viel von seinem Leben preiszugeben (vgl. zu 62,18–19). 66,10–11 seltsame Schicksaale] ,Schicksal‘ hier: unwillktrliche Ver|nderungen; Begebenheiten, deren Ursachen im Verborgenen liegen (vgl. Adelung 3, 1339). – Wahrscheinlich vor allem mit Bezug auf Goethes Entschluss, nicht nur besuchsweise, sondern dauerhaft in Weimar zu bleiben, den er zuerst am 19. Februar 1776 gegentber Johanna Fahlmer ge|ußert hatte (vgl. 32,13). Ausschlaggebend daftr war neben der Freundschaft zu Herzog Carl August das zunehmend enger werdende Verh|ltnis zu Charlotte von Stein. Sp|testens seit M|rz 1776 stand fest, dass Goethe zum Legationsrat und Mitglied des Geheimen Consiliums berufen werden wtrde, im April hatte er mit der Inbesitznahme des Gartens am „Stern“ auch das Weimarer Btrgerrecht erhalten. 66,11 dir nicht alles sagen kann] Vor allem mit Bezug auf das Verh|ltnis zu Charlotte von Stein, von dem im Folgenden dann doch die Rede ist. 66,13 meinem Garten] Goethes Garten oberhalb des „Sterns“, des |ltesten Teils des Schlossparks, den er laut Tagebuch am 21. April 1776 in besiz genommen hatte (GT I 1, 17; N|heres vgl. zu 62,4). 66,13 vom] Versehentlich ftr ,vorm‘. 66,14–15 ein altes Hausgen Æ:::æ repariren lasse] Das Gartenhaus war vernachl|ssigt und halb verfallen, das Dach undicht und Treppen und Fußbuden morsch, so dass das Haus erst bewohnbar gemacht werden musste. 66,16 du bist kranck] Vgl. zu 51,1. 66,17–18 Husarn Rittmeister] Carl Friedrich von Lichtenberg, Weimarer Husaren-Rittmeister und herzoglicher Adjutant. 66,18–19 Lustschloss Belvedere] Schloss Belvedere, auf einer Anhuhe etwa 3 km stdlich von Weimar gelegen und durch die Belvederer Allee mit der Stadt verbunden, wurde unter Herzog Ernst August von Sachsen-Weimar und Eisenach im Wesentlichen zwischen 1724 und 1732 nach Pl|nen von Johann Adolf Richter und Gottfried Heinrich Krohne errichtet und diente der herzoglichen Familie als Sommerresidenz. Neben dem barocken Schloss gab es Kavaliersh|user, Uhrenpavillons, Stallungen und Wirtschaftsgeb|ude sowie eine Orangerie. Die strenge Symmetrie der barock angelegten Parkanlage wurde seit Anna Amalias Regierungsantritt allm|hlich im Sinne der englischen Gartenkultur gelockert. Es entstanden kleine Schmuckpl|tze und dekorative Architektur wie ktnstliche Ruinen sowie zwei so genannte Einsiedeleien, die der zwanglosen Geselligkeit dienten. Im Gartenteil des Parks und in der Orangerie wurden exotische Pflanzen gezogen. 66,21 ass mit dem Herzog] Ftr den 17. Mai 1776 verzeichnet das Fourierbuch: „Ftst‘. Tafel Mittags 1. Durch‘. Herzog mit 3 Personen“ (FB 1776, S. 149).
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66,21 zur Frau v. Stein] Im Tagebuch vermerkte Goethe unter dem 17. Mai 1776: mit St im Garten (GT I 1, 18). Am selben Tag schrieb er an Charlotte von Stein: Dancke beste fsr den guten Morgen. Ich komme mit Ihnen zu essen und bring allerley mit. (63,7–8.) 66,22 frag die Brsder] Christian und Friedrich Leopold zu Stolberg hatten sich vom 26. November bis 3. Dezember 1775 in Weimar aufgehalten (vgl. zu 4,10) und Charlotte von Stein kennen gelernt. Am 6. Dezember 1775 schrieb Friedrich Leopold zu Stolberg an seine Schwester Henriette Bernstorff: „Eine Frau von Stein, Oberstallmeisterin, ist ein allerliebstes, schunes Weibchen.“ (Stolberg, Briefe, 65; vgl. den Teildruck des Briefes in der Erl|uterung zu 4,21). 66,25 heut aber will ich’s thun] Wie damals fast t|glich, so plante Goethe auch ftr den 18. Mai einen Besuch bei Charlotte von Stein, den er brieflich anktndigte (vgl. 63,14–15). 67,2 Ihr Mann] Josias von Stein, herzoglicher Oberstallmeister. 67,2 ihre Kinder] Die drei Suhne Carl, Ernst und Friedrich von Stein. 67,2 ihr Bruder] Gemeint sein kunnten sowohl der 1744 geborene Carl von Schardt, Geheimer Regierungsrat in Weimar, als auch der jtngere, 1748 geborene Ludwig von Schardt, herzoglicher Kammer- und Jagdjunker am Weimarer Hof. 67,2 Frau‘. Ilten] Die frth verwaisten Schwestern Sophie und Caroline von Ilten (vgl. die einleitenden Erl|uterungen zu Nr 433 und 449). 67,3 Herzoginn Mutter] Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach. 67,4 Prinzen] Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach. 67,5–6 ass mit Fr. v. Stein zu Nacht] Im Tagebuch vermerkte Goethe am 17. Mai: bey St zu nacht. (GT I 1, 18.) 67,9 zeichne Rasenbwncke] Ftr die Neu- und Umgestaltung des Gartens am „Stern“ (vgl. zu 62,4). 67,15 die Schulen] Vgl. zu 5,15. 67,16 ausgestrichen] Vgl. Var. zu 67,16. 67,18 in meinem Garten] Im Tagebuch vom 18. Mai 1776 vermerkte Goethe: Abend im Garten (GT I 1, 18). 67,18 Philipp] Goethes Diener und Sekret|r Philipp Friedrich Seidel. 67,19 nach Hause] In die Stadtwohnung. Goethe war am 18. M|rz 1776 aus seiner ersten Weimarer Unterkunft im Stadthaus des Kammerpr|sidenten Carl Alexander von Kalb, dem damaligen Schwarzburger Hof am Tupfen-Markt (heute S|chsischer Hof am Herderplatz), ausgezogen. Seine erste eigene Wohnung befand sich im Haus des Hofkassierers Kunig am heutigen Burgplatz gegentber dem Gelben Schloss (heute Herzogin Anna Amalia Bibliothek). Muglicherweise zog Goethe dort aber erst Ende Juni ein, wohnte im Mai vortbergehend also noch in einem anderen Quartier (vgl. die erste Erl|uterung zu 43,18). 67,19 zum erstenmal schlafen] Obwohl sich Goethe eine Wohnung in der Stadt gemietet hatte, hielt er sich h|ufig im Gartenhaus auf; nach dessen Umbau im
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Frthjahr 1777 lebte er sogar fast st|ndig dort. Am 19. Mai 1776 schrieb Goethe an Charlotte von Stein, er habe Zum erstenmal im Garten geschlafen (64,10). 67,20 Maurer] Sie waren mit der Instandsetzung des verfallenen Gartenhauses befasst. 67,22–23 die Herzoginn Mutter da und der Prinz] Anna Amalia und Prinz Constantin. – Im Tagebuch erw|hnt Goethe unter dem 18. Mai 1776 nur den Besuch der Herzogin (vgl. GT I 1, 18). 67,23 guten lieben Humors] ,Humor‘ hier noch in der |lteren Wortbedeutung von ,Stimmung‘, ,Laune‘ (vgl. Grimm 4 II, 1905 f.); zumeist als Femininum gebraucht nach franz. la humeur. 67,24 gehausvatert] Hausvatern: okkasionelle Wortbildung Goethes ftr ,sich wie ein Hausvater benehmen‘ (vgl. GWb 4, 797). 67,28–29 einen englischen Garten gezeichnet] Wohl ftr die Umgestaltung von Goethes Garten am „Stern“ im englischen Stil. 67,31 dackcken] Verschrieben ftr ,tacken‘ als Abwandlung zu ,ticktacken‘: lautmalerisch abgeleitet „vom ton der wanduhr“ (Grimm 11 I 1, 480). 67,31–68,1 das Wehr] Das Wehr in der N|he der Kegelbrtcke, unmittelbar unterhalb der Ruine des Stadtschlosses und nicht weit von Goethes Garten gelegen (vgl. zu 76,1). 68,6 erbaare Kleider] Ehrbar: ehrenhaft; hier Kleidung, die Goethe in hufischer Gesellschaft tragen konnte. 68,6–7 eine Visite] N|heres dazu konnte nicht ermittelt werden. 68,8 Italiwners hier Æ:::æ Gssse der Antiken schaffen] Damals hielten sich die Brtder Giugeio und Giacomo Ferrari aus Mailand in Weimar auf, die haupts|chlich ftr die 1776 gegrtndete Freie Zeichenschule Abgtsse antiker Plastiken herstellten. Laut Schatull-Rechnungen 1775–1776 bezahlte Herzog Carl August am 8. Juni 1776 „122 ÆRthlr.æ 14 Æg‘.æ den Gebrtdern Ferrari ftr antike Gips Statten, ftr die Zeichenschule.“ (SR/CA 1775–1776, S. 48). Nachweisbar sind auch Ank|ufe ftr Anna Amalia und Goethe (vgl. ThHStA Weimar, Ftrstenhaus A 1062, Bl. 107 f. und A 923, Bl. 39; vgl. auch die erste und die dritte Erl|uterung zu 70,23). Die Brtder Ferrari, die um die Mitte des 18. Jahrhunderts zu den fthrenden Gipsgießern und Antikenh|ndlern gehurten, waren schon 1774 ftr Weimar t|tig gewesen und belieferten in Deutschland vor allem die Hufe von Kassel, Braunschweig und Gotha sowie die Universit|ten in Leipzig, Guttingen und Dresden (vgl. Petra Rau: „Unter diesen Guttern zu wandeln“. Kunsthandel, Kunstjournale und Kunstmanufakturen im 18. Jahrhundert. In: Antlitz des Schoenen. Klassizistische Bildhauerkunst im Umkreis Goethes. Rudolstadt 2003, S. 61 und 83; Katharina Krtgel: „Ich freue mich auf die Pariser Abgtsse“. Ein Beitrag zur Sammlung antiker Abgtsse in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. In: Hellmut Th. Seemann [Hrsg.]: Europa in Weimar. Visionen eines Kontinents. Guttingen 2008, S. 176 und 178 f.).
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68,9 bey Fr. v. St. zu Tisch] Laut Tagebuch vom 19. Mai 1776 hatte Goethe Bey St ÆCharlotte von Steinæ gessen (GT I 1, 18; vgl. auch 64,14–15). 68,10 zu Wieland] Im Tagebuch vom 19. Mai 1776 vermerkte Goethe: bey Wieland (GT I 1, 18). 68,10 Mahler Krause] Georg Melchior Kraus. 68,11 Guibert s Tacktick] Jacques Antoine Hippolyte de Guibert: Essai gnral de tactique. 2 Bde. Paris Æu. a.æ 1772. – Sofort nach dem Erstdruck folgten mehrere Nachauflagen, 1774 war die deutsche bersetzung unter dem Titel „Versuch tber die Tactik“ (Dresden) erschienen. Goethe hatte am 15. April 1776 Christian Wilhelm Steinauer in Leipzig um Guiberts Werk gebeten (vgl. zu 54,18). In Goethes Bibliothek ist allerdings nur Voltaires „Vers sur l’essai gnral de tactique de Mr. de Guibert“ (o. O. 1774) tberliefert (vgl. Ruppert, 234, Nr 1650). Muglicherweise verblieb das Buch bei Jacob Michael Reinhold Lenz, der es sich am 27. Juni 1776 von Goethe erbeten hatte (vgl. Lenz, Briefe 2, 4). Goethe schickte es ihm mit seinem Brief von Anfang Juli 1776 (vgl. 78,17). 68,12 da kam der Herzog und der Prinz] Herzog Carl August und Prinz Constantin. Im Tagebuch notierte Goethe nur: mit d. H. Abends (GT I 1, 18). 68,12 zween Guten Geistern] Wahrscheinlich Carl Augusts Kammerherren Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff und Moritz von Wedel, der zu Goethes frthesten Freunden in Weimar gehurte (vgl. die erste Erl|uterung zu 26,10). Aber auch Carl Ludwig von Knebel kunnte gemeint sein. 68,13 ihrer Mutter] Concordia Elisabeth von Schardt. 68,14 Oberweimar] Dorf stdustlich von Weimar auf der rechten Ilmseite (heute Ortsteil). 68,15–16 Geschichte eines meiner Freunde] Dem Kontext nach wahrscheinlich die Lebensgeschichte Johann Heinrich Jungs, Goethes Freund aus der Straßburger Studienzeit. Aus armen Verh|ltnissen stammend und streng pietistisch erzogen, hatte Jung in Straßburg Medizin studiert und war anschließend als StarOperateur zu Ansehen gelangt. Goethe ermunterte Jung dazu, seine Autobiographie zu schreiben. Als er w|hrend seiner Rheinreise im Juli 1774 Jung in Elberfeld besuchte, tberließ dieser ihm das Manuskript. Goethe besorgte Redaktion und Publikation. Der 1. Band erschien 1777 in Berlin unter dem Titel „Henrich Stillings Jugend. Eine wahrhafte Geschichte“. Nach der Titelfigur wird der Verfasser auch Jung-Stilling genannt, in Anspielung auf die „Stillen im Lande“ (vgl. Psalm 35,20), ein ursprtnglich von den Gegnern in Umlauf gebrachter Spottname ftr die Pietisten (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 96). 68,20 Arbeiter in meinem Garten] Analog dazu vermerkt Goethe im Tagebuch vom 20. Mai 1776 offenbar mit Bezug auf die Umgestaltung seines Gartens: Angefangen die untere Anlage (GT I 1,18). 68,22–23 nach Tiefurt] Etwa 3 km ustlich von Weimar in einem Ilmbogen gelegenes Dorf (heute Ortsteil von Weimar). Das ehemalige P|chterhaus des ftrst-
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lichen Kammerguts war 1775/76 ftr die Hofhaltung des Prinzen Constantin hergerichtet worden, der es am 20. Mai 1776 mit seinem Erzieher Carl Ludwig von Knebel bezog. Goethe vermerkt am selben Tag im Tagebuch: Tifurt Einzug. (GT I 1, 18.) – Die Umgebung des Gutes wurde in den folgenden Jahren von Knebel und dem Prinzen mit Unterstttzung Adam Friedrich Oesers zu einer Parkanlage im englischen Stil gestaltet. 1781 tbernahm Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach das Schlusschen als Sommerresidenz. 68,29 Dadrsben auf dem Schlosse] Mit Bezug auf das so genannte Landschafts- oder Ftrstenhaus, gelegen in Sichtweite des Gartenhauses (vgl. zu 26,8). 68,32 ein trefflicher Junge] Ganz |hnlich hatte Friedrich Leopold zu Stolberg am 6. Dezember 1775 Herzog Carl August seiner Schwester Henriette Bernstorff beschrieben (vgl. zu 4,21). 68,33 ausgwhren] Ausg|ren; hier tbertragen: einen Reifeprozess durchlaufen (vgl. Grimm 1, 865); bei Goethe nur hier belegt (vgl. GWb 1, 1157). 68,33 Friz wird gute Tage mit uns haben] Augusta zu Stolbergs Bruder Friedrich Leopold hatte gemeinsam mit seinem Bruder Christian auf der Rtckreise von der Schweiz nach Kopenhagen vom 26. November bis zum 3. Dezember 1775 in Weimar Station gemacht (vgl. zu 4,10). W|hrend seines Besuchs war ihm eine Stelle in weimarischen Diensten angeboten worden. Am 17. Februar 1776 schrieb er dartber an Johann Martin Miller: „Der Herzog ÆCarl Augustæ ließ mir eine Kammerherrn Stelle mit 600 rtl: u: freie Tafel antragen, im Fall die Landst|nde in die Creation von 6 Kammerherrn einwilligen wtrden, er ließ mir zu verschiednen malen durch Guthe u: den treflichen Dahlberg Mainzischen Stadthalter von Erfurt den Antrag thun, ich sprach selbst mit ihm, u: in Hamburg erhielt ich Briefe welche die Sache richtig machten. Ich hab um Erlaubniß gebeten den Sommer noch hier zu bleiben, u: erwarte t|glich Antwort.“ (Stolberg, Briefe, 68.) Wie aus der vorliegenden Erw|hnung hervorgeht, rechneten Goethe und der Herzog Ende Mai 1776 noch fest damit, dass Friedrich Leopold zu Stolberg seine Stelle in Weimar antreten wtrde. Anfang August 1776 erhielt dieser jedoch die Bestallung zum ftrstbischuflich ltbeckischen Gesandten am d|nischen Hof in Kopenhagen, die er annahm, wohl auch, um n|her bei seinen Geschwistern zu leben. So zumindest begrtndete er seine Entscheidung noch am 29. August 1778 in einem Brief an Friedrich Justin Bertuch: „Æ:::æ sagen Sie mir aufrichtig ob man meiner noch gedenket. Ich dencke nie ohne viel zu empfinden an die fltchtigen Tage, welche ich bey Ihnen allen zubrachte. Es war mir sehr wohl bey der Hoffnung in Weymar mein Leben zuzubringen, u: wenn nicht meine Geschwister mich zurtckgehalten h|tten, wtrde nichts in der Welt es haben thun kunnen.“ (Ebd., 106.) – Am 20. August 1776, dem Tag seiner offiziellen Amtseinfthrung, schrieb er an seinen Bruder Christian: „Æ:::æ ich hab an den Herzog von W. ÆWeimaræ u: Guthen geschrieben.“ (Ebd., 80.) Briefe mit dieser Nachricht waren zu dieser Zeit allerdings noch nicht in Weimar angekommen, wo der Eindruck entste-
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hen musste, dass Friedrich Leopold nicht zu seiner Zusage stand, sich aber vor einer klaren Entscheidung scheute. Es kam daher in Weimar zu Irritationen und Verdruss (vgl. zu 100,24; zu 101,3–4). Nicht ohne Einfluss auf Stolbergs Entscheidung dtrften auch das Zerwtrfnis zwischen Goethe und Friedrich Gottlieb Klopstock gewesen sein (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 112). 69,1 Meine Schwester] Cornelia Schlosser, die sich im fernen Emmendingen zunehmend ungltcklich fthlte und schon seit der Geburt ihrer Tochter Louise am 28. Oktober 1774 krank und meist ans Bett gefesselt war (vgl. zu 64,19–20). 69,2–3 Schick ihr diesen Brief, und schreib ihr!] Wahrscheinlich ebenfalls am 20. Mai 1776 bat Goethe auch Charlotte von Stein, seiner Schwester zu schreiben (vgl. 64,21–65,1; zu 65,1). Ob Augusta zu Stolberg tats|chlich eine Abschrift des vorliegenden Briefes an Cornelia Schlosser geschickt hat, ist nicht bekannt. Sie selbst muss jedoch mehrere Briefe an Goethes Schwester geschrieben haben, wie aus deren einzigem tberlieferten Brief an Augusta zu Stolberg vom 10. Dezember 1776 hervorgeht (abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erl|uterungen). 69,5–6 Lernt euch kennen.] Augusta zu Stolberg ist durch Briefe an Cornelia dieser Aufforderung nachgekommen, wie Cornelias Antwort vom 10. Dezember belegt. – Die Briefe Augusta zu Stolbergs an Cornelia Schlosser sind nicht tberliefert. 69,10 einen iungen Fuchs] Offenbar nahm Goethe das Tier bei sich in Pflege. Unter dem 21. Mai 1776 findet sich in Goethes Rechnungsbuch der Eintrag: Fleisch vorn Fuchs (GR/RB 1776, 2, Bl. 7), der von da an regelm|ßig wiederkehrt. Noch Anfang September 1776 bittet er Einsiedel: vergiss nicht meinen Fuchs gleich heute frsh (102,10–11). 69,12 regierende Herzoginn] Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 69,12 noch einige] Im Tagebuch vermerkte Goethe am 21. Mai 1776: In Tiefurt mit den beyden Herzoginnen ÆHerzoginmutter Anna Amalia und Herzogin Louiseæ Edelsheim ÆWilhelm von Edelsheimæ p draus geschlafen. (GT I 1, 18.) 69,13–14 Maneuvre der Husaren] Husaren, die herzoglichen berittenen Truppen unter der Fthrung des Rittmeisters Carl Friedrich von Lichtenberg, sp|ter auch als Kavallerie bezeichnet. – Laut Tagebuch fand am 22. Mai 1776 ein Exerzitium der Husaren (GT I 1, 18) statt. 69,16 brach ein Feuer aus im Hazfeldischen] Laut Tagebuch war am 22. Mai 1776 ein Feuer in Neckerode (GT I 1, 18) ausgebrochen. Das etwa 20 km stdlich von Weimar gelegene Dorf Neckeroda gehurte zur Herrschaft Blankenhain im Besitz der Grafen von Hatzfeld-Gleichen-Trachenberg. 69,17–18 biss wir hin kamen Æ:::æ Dorf nieder] Vgl. zu 70,16–17. – Herzog Carl August, dem die Direktion der Feuersoziet|t unterstand, versuchte
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BRIEF 115
bei jeder Brandmeldung unverztglich selbst zum Brandort zu reiten. H|ufig begleitete oder vertrat ihn Goethe (vgl. Goethes Branderlebnisse, bes. 86 f.). 69,27 Nachts zwey] Diese Angabe findet sich auch im Tagebuch (vgl. GT I 1, 18). 69,28 wunderbaars] ,Wunderbar‘ hier in der Bedeutung ,sonderbar‘, ,merkwtrdig‘, „auf erlebnisse und innere vorg|nge bezogen“ (Grimm 14 II, 1846). 69,33 Friz soll kommen] Friedrich Leopold zu Stolberg, der eine Stelle als Kammerherr in Weimar antreten sollte. 70,7 Emmedingen im Brisgau] Emmendingen im Breisgau, wo Cornelias Mann Johann Georg Schlosser seit 1774 Oberamtmann der Markgrafschaft Hochberg war. Cornelia Schlosser an Augusta Gr|fin zu Stolberg-Stolberg
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Emedingen den 10. Dec. 1776 Ganz unverzeihlich ist’s, bestes Gustgen, daß ich Ihnen noch nie geantwortet habe, ich will mich auch gar nicht entschuldigen, denn was sollte was kunnte ich sagen. Ihre h|usliche Gltckseeligkeit ahnde ich und wtnschte als Schwester unter Ihnen aufgenommen zu seyn, das ist der eine von den Wtnschen, der nie erftllt werden wird, denn unsere gegenseitige Entfernung ist so gros, dass ich nicht einmal hoffen darf, Sie jemals in diesem Leben zu sehen. Wir sind hier ganz allein, auf 30–40 Meilen weit ist kein Mensch zu finden; – meines Manns Gesch|ffte erlauben ihm nur sehr wenige Zeit bey mir zuzubringen, und da schleiche ich denn ziemlich langsam durch die Welt, mit einem Kurper der nirgend hin als ins Grab taugt. Der Winter ist mir immer unangenehm und beschwehrlich, hier macht die schune Natur unsre einzige Freude aus, und wenn die schl|ft schl|ft alles. Leben Sie wohl, bestes Gustchen, ich umarme Sie im Geist, kann Ihnen aber nichts mehr sagen weil ich zu entfernt von Ihnen binn. Cornelia. (Witkowski, Cornelia, 243.) 9 meines Manns Gesch|ffte] Johann Georg Schlosser stand als Oberamtmann in markgr|flich-badischen Diensten (vgl. GB 2 II, zu 41,9–10).
MAI 1776
115. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 24. Mai 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 18. – 1 Bl. 17,2(–17,4)610,2 cm, blaues Papier, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „46.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 46), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 33 f. WA IV 3 (1888), 70 f., Nr 464. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Obwohl auch in den Monaten zuvor Goethes Verh|ltnis zu Charlotte von Stein nicht frei von Schwankungen war (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 61; die erste Erl|uterung zu 25,13; zu 59,14), ist der vorliegende Brief Beleg ftr eine erste ernsthaftere Verstimmung. ber den konkreten Anlass ist nichts bekannt (vgl. zu 70,18); auch in Goethes Tagebuch gibt es dazu keine Aufschltsse. Bemerkenswert erscheint jedoch, dass es vom 25. bis 27. Mai 1776, also an den drei Tagen, die unmittelbar auf die im vorliegenden Brief ausgesprochene ,Sturung‘ folgen, keine Tagebucheintr|ge gibt (vgl. GT I 1, 19), wohl aber Briefe an Charlotte von Stein, die Goethes Erleichterung tber deren unendliche Lieb und Gste (70,22) ausdrtcken. 70,8–9 Also auch das Verhwltniss Æ:::æ gesttrt!] Allem Anschein nach bezieht sich Goethe hier auf einen Vorfall oder eine Auseinandersetzung vom Tag zuvor, als er laut Tagebuch bei Charlotte von Stein gegessen hatte, und zwar nachdem er erst um 2 Uhr. Morgens (GT I 1, 18) aus Neckeroda zurtckgekehrt war, wo am 22. Mai ein verheerendes Feuer ausgebrochen war. 70,9 Schwester] Cornelia Schlosser (vgl. zu 64,19–20). 70,11 das arme Kind] Entweder einer der Suhne Charlotte von Steins oder ein jugendlicher Gast ihres Hauses, der bei der Auseinandersetzung zwischen ihr und Goethe anwesend war. 70,12 Augeblick] Verktrzt oder fltchtig ftr ,Augenblick‘; in dieser Form noch einmal bei Goethe belegt, im fragmentarisch tberlieferten Versepos vom „Ewigen Juden“ (1774): Er denckt an ienen Augeblick (DjG3 4, 98 [Vers 122]). 70,12–13 Ich will Sie nicht sehn Æ:::æ mich traurig machen.] Muglicherweise mit Bezug auf die am selben Abend im Redoutenhaus an der Esplanade (heute Schillerstraße) stattfindende Weimarer Erstauffthrung von Goethes „Erwin und Elmire“ (mit der Musik der Herzoginmutter Anna Amalia) durch das Liebhabertheater (vgl. GT I 1, 18; Sichardt, 137). 70,14–15 die Liebe meiner Abwesenden] Zu denken ist wohl besonders an
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BRIEF 116
Goethes Schwester Cornelia Schlosser in Emmendingen und an die Eltern, vor allem die Mutter, in Frankfurt. 70,15–16 Die G e g e n w a r t Æ:::æ krwfftiget alles.] hnlich |ußert sich Goethe kurz vor und nach Charlotte von Steins Abreise nach Pyrmont (vgl. 77,8–9; 82,1). 70,16–17 Der Abwesende kommt Æ:::æ das Feuer nieder ist] Offenbar noch unter dem Eindruck des zwei Tage zuvor erlebten Großfeuers in Neckeroda, wo die Helfer, darunter Goethe und Herzog Carl August, erst ankamen, als das Dorf bereits niedergebrannt war (vgl. zu 69,16). 70,18 um der Welt willen] Wahrscheinlich hatte Charlotte von Stein Anstoß an Goethes uffentlicher Vertraulichkeit ihr gegentber genommen (vgl. 72,6–7; vgl. auch ihren Brief vom 6. M|rz 1776 an Johann Georg Zimmermann, abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 57). 70,19–20 Sie wissen nicht was sie thun.] Lukas 23,34: „Jesus aber sprach: Vatter, vergieb ihnen! denn sie wissen nicht, was sie thun.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 91.) 116. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 25. Mai 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 18. – 1 Bl. 14,5(–14,7)69,1 cm, 2 /3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „48“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 48), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 34. WA IV 3 (1888), 71, Nr 465. BEI L AG E
Zwei Gipsabgtsse (vgl. die erste Erl|uterung zu 70,23). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 70,23 zwey Ktpfe] Offenbar zwei der Abgtsse antiker Plastiken, die Herzog Carl August ftr die Zeichenschule bei den Brtdern Giugeio und Giacomo Ferrari bestellt hatte (vgl. zu 68,8). 70,23 Kestner] Johann Friedrich K|stner, damals Hauslehrer von Charlotte von Steins |lteren Suhnen Carl und Ernst und selbst „Schtler“ der Weimarer Zeichenschule. 70,23 Den von mir] Die Brtder Ferrari, die sich im Mai 1776 in Weimar
MAI 1776
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aufhielten, hatten vom Herzog auch den Auftrag erhalten, „Serenissimi und H‘. D. Guthens Kupfe in Gips abzugießen“, woftr sie mit 22 Reichstalern entlohnt wurden (SR/CA 1775–1776, Bl. 48; dazugehurige Quittung vom 8. Juni 1776; ThHStA Weimar, Ftrstenhaus A 1062, Beleg Nr 646). 70,24 nach Tiefurt] Auf das kleine Landgut, ein umgebautes P|chterhaus, in das Prinz Constantin und sein Erzieher Carl Ludwig von Knebel am 20. Mai 1776 feierlich eingezogen waren (vgl. 68,22–26). 71,1 dass ich Sie leiden mache] Vgl. zu 70,18. 71,3 Gedicht Æ:::æ auf den Todt seiner Nichte] Am 22. April 1776 war in Wien Marianne Gluck, die Nichte und Pflegetocher des Opernkomponisten Christoph Willibald von Gluck, an den Pocken (zeitgenussisch Blattern) gestorben. Gluck selbst lebte damals in Paris. Er wandte sich mit der Bitte um eine Dichtung zu einer N|nie (Trauergesang) an Klopstock (vgl. Klopstock, Briefe HKA 7 I, 23 f.) und an Wieland. Dieser antwortete am 13. Juli 1776: „In der Verfassung, worin mich Ihr Brief antraf, konnt’ ich mit Ihnen weinen, Ihren Verlust innig fthlen und beklagen, aber etwas hervorzubringen, daß des entflohenen Engels und Ihres Schmerzes und Ihres Genius wtrdig w|re, das konnt’ ich nicht, und werd’ es niemals kunnen. Außer Klopstock konnte das nur Guthe. Und zu dem nahm ich meine Zuflucht, zeigte ihm Ihren Brief; und schon den folgenden Tag fand ich ihn von einer großen Idee erftllt, die in seiner Seele arbeitete. Ich sah sie entstehen, und freute mich unendlich auf die vullige Ausfthrung, so schwer ich diese auch fand; denn was ist Guthe unmuglich? Ich sah, daß er m i t L i e b e tber ihr brttete, nur etliche ruhige, einsame Tage, so wtrde, was er mich in seiner Seele sehen ließ, auf dem Papier gestanden seyn: aber das Schicksal gunnte ihm und Ihnen diesen Trost nicht. Seine hiesige Lage wurde um selbige Zeit immer unruhvoller, seine Wirksamkeit auf ganz andere Dinge gezogen, und nun, da er seit einigen Wochen, mit dem unbeschr|nkten Vertrauen und der besonderen Affektion unsers Herzogs zugleich eine Stelle im geheimen Conseil einzunehmen sich nicht entziehen konnte; nun ist beynahe alle Hoffnung dahin, daß er das a n g e f a n g e n e We r k so bald werde vollenden kunnen.“ (WB 5, 524.) – Das Trauergedicht wurde nicht ausgefthrt und auch sp|ter nicht mehr erw|hnt. Dass der Plan dazu in der „Proserpina“ wieder aufgegriffen wurde, wie u. a. Fr|nkel vermutet (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein2 3, 27, Anm. zu Nr 59), ist nicht wahrscheinlich. Das Monodram in Prosa entstand erst Ende 1777/Anfang 1778 und wurde als Teil der „Empfindsamen“ (sp|ter „Der Triumph der Empfindsamkeit“) anl|sslich des Geburtstages der Herzogin Louise am 30. Januar 1778 uraufgefthrt (vgl. zu 187,23).
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BRIEFE 117–119
117. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 26. Mai 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 19. – 1 Bl. 17,264,1(–4,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „50.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 50), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 35. WA IV 3 (1888), 71, Nr 466. BEI L AG E
Blumen oder Gemtse (vgl. zu 71,6). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 71,6 ein bsschel eignen Gewwchses] Aus Goethes Garten am „Stern“. 71,6–7 der gestrigen Thorheit] Nach der empfindlichen ,Sturung‘ seines Verh|ltnisses zu Charlotte von Stein um den 23./24. Mai (vgl. 70,8–9) versucht Goethe mit dem vorliegenden Brief samt Beilage, den vertrauten Umgang mit der Freundin wiederherzustellen.
118. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 27. Mai 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 19. – 1 Bl. 16(–18,5)64,2 (–5,2) cm, 3 Zeilen beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd: „51.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 51), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 35. WA IV 3 (1888), 72, Nr 467. BEI L AG E
Vermutlich Blumen (vgl. die zweite Erl|uterung zu 71,9). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
MAI 1776
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71,9 gestoppelt] Stoppeln: „Die in den Stoppeln liegen gebliebenen hren zusammen lesen. hren stoppeln. Æ:::æ Auch in weiterm Verstande von der einzelnen Aufsammelung anderer zurtck gebliebener Frtchte.“ (Adelung 4, 405.) 71,9 noch ein Bsschelgen] Vgl. zu 71,6. 119. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 27. oder 28. Mai 1776?æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief in den Dezember 1778 eingeordnet. Schull datiert ihn im Erstdruck ohne Begrtndung vor den 20. April 1777. Seit Fielitz wird er nach dem Brief Nr 118 vom 27. Mai 1776 und unmittelbar vor der Reise nach Kalbsrieth und Frohndorf am 28. Mai (vgl. zu 71,14–15) eingeordnet (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 37, Nr 57). Tonfall und sprachliche Parallelen zu den datierten Briefen an Charlotte von Stein vom 24. bis 27. Mai 1776 (vgl. Nr 115, 116, 117, 118) sprechen entgegen der Einordnung im Konvolut und Charlotte von Steins Jahresangabe (vgl. berlieferung) ftr diese Datierung. Der Brief kunnte entweder noch am Abend des 27. Mai unmittelbar nach Nr 118 oder am 28. Mai vor dem Aufbruch nach Kalbsrieth geschrieben worden sein. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 109. – 1 Bl. 16,1(–16,5)69,9 (–10,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; unten links von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „78“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „75.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 77), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 93. WA IV 3 (1888), 72, Nr 468. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 71,12 im stillen lieben] Muglicherweise noch mit Bezug auf Vorhaltungen Charlotte von Steins, Goethes Betragen in der ffentlichkeit betreffend (vgl. zu 70,18). 71,12 Ihr Betragen] Vgl. 70,22. 71,13 andern sachen die mich plagen] Vgl. zu 63,8. 71,14–15 ich geh sehr ungern fort] Wenn der Brief, wie angenommen, am 27. oder 28. Mai 1776 geschrieben wurde, ist damit Goethes Reise mit Carl August vom 28. bis 31. Mai gemeint, die zun|chst nach Kalbsrieth (vgl. zu 63,13), Allstedt und dann zum Kyffh|user, auf die Ruine der Sachsenburg und
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BRIEFE 120/121
nach Frohndorf fthrte (vgl. zu 72,7). – Zum genauen Verlauf der Reise vgl. Chronik 2, 49–51. 71,15 hoffte heut auf einen guten Abend mit Ihnen] Vgl. 71,10 und Datierung. 120. An Carl Ludwig von Knebel
ÆWeimar, April/Mai 1776?æ ! ÆTiefurt?æ
DAT I E RU N G
Der Brief wurde von Carl August Hugo Burkhardt im Erstdruck ohne Angabe von Grtnden „ins Jahr 1776“ gesetzt. Folgende berlegungen kunnten ftr diese Datierung sprechen: Mit dem Prinzen (72,3) ist wahrscheinlich Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach gemeint, dessen Erzieher Knebel seit Juli 1774 war. Erst im Mai 1780 kam es zu einem (zwischenzeitlichen) Zerwtrfnis, als Knebel sich zurtckgesetzt fthlte, weil Constantins Pl|ne seiner (am 11. Juni 1781 angetretenen) Kavaliersreise nach Ztrich, Paris und London vor ihm geheim gehalten worden waren. Seit Mai 1776 lebten beide in Tiefurt. Wahrscheinlich deswegen heißt es bey Euch (72,2). Der Text des vorliegenden Briefes ist auf ein ger|ndertes Briefblatt geschrieben (vgl. berlieferung), das Goethe bereits in Frankfurt verwendete. Einen Restbestand dieses Briefpapiers benutzte er auch zu Beginn seiner Weimarer Zeit, besonders h|ufig im Januar, M|rz und April 1776 (vgl. Datierung zu Nr 25 und 76). Da andere Anhaltspunkte fehlen, wird angenommen, dass der Brief aus der Zeit von April/Mai 1776 stammt. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/272,I. – 1 Bl. 16,8610,9 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1/2 S. beschr., egh., Tinte; am rechten Rand quer zur Schreibrichtung von fremder Hd, Tinte: „82“. E: Die Grenzboten 32 (1873). Nr 42, S. 92 (Carl August Hugo Burkhardt). WA IV 7 (1891), 259, Nr 2354 (nach E; Hinweis auf H und Textkorrekturen in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50 [1912], 216). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Was es mit den von Goethe zurtckerbetenen Gegenst|nden auf sich hat, konnte nicht ermittelt werden. Muglicherweise handelt es sich u. a. um Theaterrequisiten (vgl. die erste Erl|uterung zu 72,2). Knebel und Prinz Constantin waren Mitglieder des Weimarer Liebhabertheaters. Im April/Mai 1776 wurden aufgefthrt: „Minna von Barnhelm“, „Ballet de noblesse“, „Le maitre en droit“, „Str|ussermarkt-Ballett“, „Erwin und Elmire“, „Der Edelknabe“ (vgl. weiter Sichardt,
APRIL–JUNI 1776
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136 f.). Denkbar ist auch ein Zusammenhang mit Goethes Umzug in sein Gartenhaus, das er am 15. Mai 1776 bezog. 72,1 Silhouetten] Schattenrisse, Schattenbilder (vgl. die erste Erl|uterung zu 14,21). 72,1 Biskuit Ktpfgen] Kopf aus Biskuitporzellan, einer unglasierten, marmor|hnlichen Porzellanart (vgl. GWb 2, 733). 72,1 Wachs Profil] Vermutlich ein aus Wachs geformtes Profil als Halbrelief oder plastisch. 72,2 Degen, Hut] Degen und Htte gehurten zum Fundus des Liebhabertheaters (vgl. Sichardt, 186). 72,2 bey Euch] Vermutlich ist ,bei Euch in Tiefurt‘ gemeint. 72,3 Prinzen] Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach (vgl. Datierung). 121. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 1. Juni 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
1) Brief: H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 19. – 1 Bl. 1068,7 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Bleistift; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „52“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 52), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 35. WA IV 3 (1888), 72, Nr 469. 2) Beilage: H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 53. –1 Bl. 18611 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), egh. Bleistiftzeichnung (Blick auf den Gutshof in Frohndorf), unten rechts Paraphe, Datum und Ort, egh., Bleistift; unten links neben der Paraphe von fremder Hd, Bleistift: „Amalie Louise“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „37.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 37), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Faksimile: Abb. 3 im Textband (S. 73); Corpus VIa, 57, Nr 197. E1: WA IV 3 (1888), 284, in den „Lesarten“ zu Nr 468 (ohne Faksimile). E2: Wahle, Goethe-Stein 1 (1899), 489, Anm. 3 (zu S. 36); Faksimile: zwischen S. 36/37. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
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BRIEFE 122/123
72,5 Ich bin wieder da] Laut Tagebuch war Goethe von seiner viert|gigen Reise mit dem Herzog (vgl. zu 71,14–15) am 31. Mai zurtckgekehrt (vgl. GT I 1, 18). 72,6–7 meine Abwesenheit Æ:::æ konsolirt haben] Konsolieren: lat. consolari: trusten, beruhigen. – Zur Sache vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 115. 72,7 der Guten Werthern] Emilie von Werthern-Beichlingen geb. von Mtnchhausen-Steinburg, die damals erst 19-j|hrige Frau des fast zwanzig Jahre |lteren Weimarer Kammerherrn und Stallmeisters Christian Ferdinand Georg Freiherr von Werthern-Beichlingen, die Goethe in Frohndorf besucht hatte. 72,8 Zettelgen] Wahrscheinlich die Beilage. 72,10 Frond.] Frohndorf bei Kulleda, etwa 30 km nordwestlich von Weimar, wo sich das Rittergut des Freiherrn von Werthern-Beichlingen befand. – Die Zeichnung, die Goethe allem Anschein nach mit dem vorliegenden Brief tberschickt hat, war w|hrend seines kurzen Aufenthaltes in Frohndorf am 31. Mai 1776 entstanden (vgl. GT I 1, 18) und stellt einen Teil des Hofes und der Wirtschaftsgeb|ude des Gutes dar. 122. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 3.æ Juni 1776 ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Tagesangabe nach dem Tagebuch erg|nzt (vgl. zu 72,13). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 20. – 1 Bl. 17,9610,9 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „54“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 54), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 36 f. WA IV 3 (1888), 73, Nr 470. BEI L AG E
P|ckchen (vgl. zu 72,18). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 72,12 Kestners] Johann Friedrich K|stner, Hauslehrer der |lteren Suhne Charlotte von Steins. 72,13 Glut gefunden wie Sie nach Hause kamen] Der Kontext des Wort-
JUNI 1776
285
spiels legt nahe, dass es sich um Zeichnungen handelt. Aufschluss gibt das Tagebuch vom 2. Juni 1776: Der Stein die Feuerzeichnungen. (GT I 1, 18.) Einen Tag zuvor hatte Goethe festgehalten: Nachts Brand in Utenbach (ebd.). Dem Bericht in der Kirchenbuchchronik zufolge war am 1. Juni 1776 in Utenbach (heute Stadtteil von Apolda) knapp 20 km nordustlich von Weimar „abends gegen 10 Uhr Æ:::æ ein schreckliches und wttendes Feuer“ ausgebrochen, „wodurch innerhalb wenig Stunden 35 H|ußer ohne Scheuren und anderen Neben Geb|uden in der Asche da lagen“ (Zitiert nach: Goethes Branderlebnisse, 89). Goethe hat demnach also in der Wohnung Charlotte von Steins aus dem Ged|chtnis seine Eindrtcke vom Utenbacher Brand gezeichnet. Im GNM sind verschiedene Branddarstellungen aus dem Jahr 1776 tberliefert: Die Zeichnung „Brandst|tte“ (Bleistift, Tuschfeder, Tuschlavierung; Corpus I, 59 f., Nr 142) kunnte sowohl mit Bezug zum Hazfeldischen (69,16), zu Ilmenau (vgl. die zweite Erl|uterung zu 59,10) oder eben zu Utenbach entstanden sein; unsicher sind die Lokalisierungen von „Dorfbrand im Thtringischen“ (Federzeichnung mit Bister; Corpus I, 57 f., Nr 135) und „Brandst|tte mit luschender Mannschaft“ (schwarze Kreide, Weißhuhung mit Kreide; Corpus VIb, 63, Nr 175). 72,18 Beygehendes] Nicht ermittelt; muglicherweise ein Exemplar von „Erwin und Elmire“ (vgl. die zweite Erl|uterung zu 74,11). 123. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 4. Juni 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 20. – 1 Bl. 17,9610,9 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1/2 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „55“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 55), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 37. WA IV 3 (1888), 73, Nr 471. BEI L AG E
Lebensmittel? (vgl. zu 74,1). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 74,1 Tribut] Muglicherweise schickte Goethe Spargel mit, wie schon h|ufiger in diesem Jahr (vgl. Beilagen zu Nr 107, 109). 74,1–2 nicht zu kommen] Laut Tagebuch fand an diesem Tag eine weitere
286
BRIEF 124
Auffthrung von Goethes „Erwin und Elmire“ (vgl. zu 70,12–13) statt; Nachts (GT I 1, 18) besuchte Goethe Charlotte von Stein, wobei ftr ihren Namen erstmals das astronomische Zeichen ftr Sonne * verwendet wird. 124. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, 6. Juni? 1776æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Der vorliegende Brief wurde zun|chst auf den 15. November 1776 datiert. Unter diesem Datum vermerkte Goethe in seinem Tagebuch: Zu Muswu - -s Probe der Mitschuld. (GT I 1, 29.) Entsprechend wurden auch die Briefe Nr 130 und 131 auf Mitte November bzw. auf den 28. November 1776 datiert. Gegen diese Datierungen spricht aber, dass bereits am Donnerstag, dem 28. November 1776, die erste Auffthrung der „Mitschuldigen“ stattfand; Philipp Seidel schrieb dartber in einem Brief an Jacob Michael Reinhold Lenz vom 30. November 1776: „Am vergangenen Donnerstag Æ28. November 1776æ sind die Mitschuldigen gespielt worden.“ (Lenz, Briefe 2, 58.) berlegungen, die Erstauffthrung kunne am 9. Januar 1777 stattgefunden haben (vgl. Sichardt, 141 f.), treffen somit nicht zu. Unter dieser Voraussetzung kann Goethe Einsiedel nicht am selben Tag (in Nr 131) aufgefordert haben, in den n|chsten Tagen seine Rolle als Suller zu proben. Es ist auch nicht anzunehmen, dass der vorliegende Brief und Brief Nr 130 Mitte November 1776 geschrieben worden sind, denn Einsiedel weigerte sich, die ihm zugedachte Rolle, die schließlich von Friedrich Justin Bertuch gespielt wurde, zu tbernehmen, so dass die Zeit ftr eine Neubesetzung zu knapp gewesen w|re. Aus diesen Grtnden werden die drei Briefe einer frtheren Phase der langwierigen Proben zugeordnet. Bereits unter dem 6. Juni 1776 heißt es in Goethes Tagebuch: Probe der Mitschuldigen. (GT I 1, 19.) Auf dieses Datum kunnte sich der vorliegende Brief beziehen. Unter dem 9. Juni 1776 findet sich in Goethes Tagebuch die Bemerkung: Abend mit Einsiedel sber Oberweimar, Ehrigs’. Taub. Mell. Ktttendorf. Nachts dramatisches Examen. (GT I 1, 19.) Muglicherweise betraf das ,dramatische Examen‘ Einsiedels Rolle in den „Mitschuldigen“. Die Briefe Nr 130 und 131 kunnten aus der Zeit danach, etwa von Mitte Juni 1776, stammen, nachdem Einsiedel erkl|rt hatte, er wolle nicht mitwirken. Die Reihenfolge der beiden Briefe entspricht der berlegung, dass der im derbsten Ton gehaltene muglicherweise der letzte Versuch war, Einsiedel umzustimmen (vgl. Vulpius, „Sp|ne“, 143 f.). BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. – „Ein umr|ndertes Billet, quer 8 ) . – Eigenh|ndig mit Blei.“ (Angaben in h.)
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h: HAAB Weimar, Sign.: N 5084/3. – Kollation von H durch Carl Schtddekopf in Eduard von der Hellens Handexemplar der WA IV 3, 120 und 291 vom 10. M|rz 1900. E: Die Grenzboten 32 (1873). Nr 27, S. 5 (Carl August Hugo Burkhardt; nach H). WA IV 3 (1888), 120, Nr 527 (nach H; mit Hinweis auf eine unsichere Lesung und eine berlieferungsvariante dazu in E sowie Textkorrekturen in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 3, 291 und WA IV 30, 254). Textgrundlage: h. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Friedrich Hildebrand von Einsiedel(-Scharfenstein) (1750–1828), Sohn des Freiherrn August Hildebrand von Einsiedel, Herrn des Landguts Lumpzig bei Altenburg, war mit elf Jahren ins Weimarer Pagencorps eingetreten. Zu seinen Lehrern und Erziehern gehurten Johann Carl August Mus|us und der Pagenhofmeister Georg Heinrich Schneider. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Jena wurde er 1770 als Assessor Mitglied der weimarischen Landesregierung sowie Beisitzer des Hofgerichts in Jena. Nachdem im September 1775 Herzog Carl August seine Regierung angetreten hatte, ließ er Einsiedel zum Hofrat ernennen. Dieser wechselte jedoch bereits 1776 als Kammerherr in den Dienst der Herzoginmutter Anna Amalia. Als deren Begleiter verbrachte er 1788–1790 zwei Jahre in Italien. 1802 wurde Einsiedel zum Geheimen Rat und Oberhofmeister befurdert und trat 1807, nach dem Tod der Herzoginmutter, als Oberhofmeister in den Dienst der regierenden Herzogin Louise. 1817 schließlich erhielt er die Ernennung zum Appellationsgerichtspr|sidenten in Jena. Einsiedel, der seines freundlichen Wesens und seiner Hilfsbereitschaft wegen den Spitznamen ,l’ami‘ trug, spielte im gesellschaftlichen Leben Weimars und am Hof eine bedeutende Rolle. Neben musikalischem Talent (er spielte u. a. Cello [vgl. Buttiger, Literarische Zust|nde, 42]) besaß er auch schauspielerische Begabung und gehurte dem Weimarer Liebhabertheater an. Als ,Dilettant‘, der im zeitgenussischen Sinn des Wortes eine Kunst nicht aus Profession, sondern als ,Liebhaber‘ austbte, bet|tigte sich Einsiedel auch auf literarischem Gebiet. Er verfasste sowohl Gelegenheitstexte zu privaten Zwecken, wie die scherzhaften Gedichte und Versdialoge der „Matinen“ (vgl. die Erl|uterungen zu 32,4) und seine Beitr|ge zum „Journal von Tiefurth“ (1781–1784), als auch Gedichte und Erz|hlungen, die in Almanachen und Journalen veruffentlicht wurden. Seine besondere Vorliebe galt dem Theater, ftr das er eigene Dramen schrieb (u. a. Ceres. Ein Vorspiel. Weimar 1774). Vor allem tbersetzte er antike Lustspiele wie die des Terenz (2 Bde. Leipzig 1806) und des Plautus (nicht veruffentlicht), aber auch Komudien von Calderon, Molixre und Goldoni.
288
BRIEF 125
Goethe lernte Einsiedel kurz nach seiner Ankunft in Weimar im November 1775 kennen und blieb ihm zeitlebens freundschaftlich verbunden. In den „Tagund Jahres-Heften“ ftr 1801 z|hlt er ihn zu seinen nwchsten Freunden (WA I 35, 89); er gehurte zu den wenigen, die Goethe zeitlebens duzte. Als Einsiedel gestorben war, regte er eine Grabrede an und schrieb in einem Brief an Friedrich Theodor Adam Heinrich von Mtller vom 16. August 1828: Die Schwierigkeit liegt darin, den Lebensgang eines milden geselligen Mannes aufzufassen, dessen Gegenwart schon ein Rwthsel war. (WA IV 44, 276.) Zu Beginn ihrer Bekanntschaft fthrte sich Einsiedel allerdings weniger mild als vielmehr burschikos und tbermttig auf. Er gehurte zu dem Kreis junger M|nner um Herzog Carl August und Goethe, deren ungezwungenes Leben so viel Aufsehen erregte, dass von den ,wilden Weimarer Verh|ltnissen‘ gesprochen wurde (vgl. die einleitenden Erl|uterungen zu Nr 57 und 112). Carl August Buttiger, der allerdings erst 1791 nach Weimar kam, will etwa erfahren haben: „Guthe boxte sich gewuhnlich bei Landparthien mit dem Kammerherr v. Einsiedel manchmal so ernstlich, das Æsicæ Blut darnach floß. Æ:::æ Oft setzte sich Guthe mit Einsiedeln grade unter den Tisch, wo gedeckt war, auf den Boden und spielte paschen mit ihm in Wtrfeln. Einsiedel hatte best|ndig ein paar Wtrfel in der Westentasche, u. wo sie ankamen, wurden diese so gleich hervorgehohlt“ (Literarische Zust|nde, 39). Dass Einsiedel derb sein konnte, wird durch andere Erz|hlungen best|tigt; so berichtet Johannes Daniel Falk, allerdings Jahrzehnte sp|ter, von einem Gastmahl im Haus des Stttzerbacher Kaufmanns Johann Elias Glaser, das am 26. Juli 1776 w|hrend der Thtringer Wald-Reise Goethes mit Carl August und anderen stattfand: „Ein andermal entzweihte sich der Kammerherr von Einsiedel mit einem andern vom Hofe tber Tisch – Er stand auf (Einsiedel) riss das Tischtuch mit allen Speisen und Weinen vom Tisch, und die Bouteillen wurden ihm von Guthe und den andern nachgeworfen“ (BG 1, 478). An diesen Vorfall erinnerte sich Goethe noch tber 40 Jahre sp|ter; am 19. April 1819 war „Einsiedels gottloses Wegziehen des Tischtuches mit allen Abendspeisen und Flucht darnach“ (BG 1, 479) Gegenstand eines Gespr|chs mit Kanzler von Mtller. Nur kurze Zeit nach dem Besuch bei Glaser notierte Goethe in Ilmenau unter dem 12. August 1776: Nachts mit Einsiedel eine gute Stunde (GT I 1, 24). 1790 bot sich Goethe Gelegenheit, seinem Freund zu helfen. Einsiedel, der spielte und nachl|ssig in Geldsachen war, geriet in finanzielle Bedr|ngnis; Goethe setzte sich bei Hof um ein Darlehen von 1800 Reichstalern ftr Einsiedel ein, daß er nur die kleinen drsckenden Schulden abbezahlen ktnnte (Brief an Herzogin Anna Amalia, 26. Juli 1790; WA IV 9, 216). Die Probleme blieben. 1798 musste Einsiedel das v|terliche Gut Lumpzig verkaufen. Da Goethe und Einsiedel ihr Leben gemeinsam in Weimar verbrachten, gibt es keine umfangreiche Korrespondenz. Jedenfalls sind bis 1821 nur etwa 20 Briefe Goethes tberliefert, zwulf davon aus dem Zeitraum des vorliegenden Bandes. Von
JUNI 1776
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Einsiedel haben sich auch lediglich 37 Briefe an Goethe aus den Jahren von 1788 bis 1824 erhalten. Im Briefwechsel geht es in der Regel um Allt|gliches: Weimarer Ereignisse, Einladungen, Bitten um Gef|lligkeiten, Kommentare zu berschicktem, am meisten um Theaterangelegenheiten. 74,6 die Mitschuldigen] Gemeint ist die zweite Fassung von Goethes Farce „Die Mitschuldigen“, entstanden Anfang 1769, nachdem im November 1768 die erste Fassung vollendet war. Das Sttck steht – vor allem in der ersten Fassung – deutlich in der Tradition der italienischen Typenkomudie der Commedia dell’arte; auch die N|he zum franzusischen Alexandrinerlustspiel des 17. Jahrhunderts ist erkennbar. Die Umarbeitung zu einem ,Lustspiel‘ erfolgte offenbar nach dem Vorbild von Lessings „Minna von Barnhelm“. Auch in der tberarbeiteten Fassung konnte Goethe das Sttck bei keinem Verleger unterbringen. Es erschien erst 1787 im Druck, und zwar in der dritten Fassung von 1783 in Goethes von Georg Joachim Guschen herausgegebenen „Schriften“ (Bd 2. Leipzig 1787, S. 241–368). – Die zweite Fassung der „Mitschuldigen“ wurde 1776 und 1777 lediglich dreimal auf dem Weimarer Liebhabertheater aufgefthrt, und zwar mit Goethe in der Rolle des Alcest: außer am 28. November 1776 noch am 9. Januar 1777 und am 30. Dezember 1777 (vgl. GT I 1, 35 und 55). 74,6 probiren] Goethes Lustspiel wurde vom Weimarer Liebhabertheater einstudiert. Einsiedel sollte die Rolle des Suller spielen, weigerte sich aber. Die erste Auffthrung fand am 28. November 1776 statt (vgl. Datierung), mit folgender Rollenverteilung: Wirt: Johann Carl August Mus|us; Sophie, dessen Tochter: Marie Salome Philippine Neuhaus; Suller, deren Mann: Friedrich Justin Bertuch; Alcest: Goethe; Kellner: August Kotzebue (vgl. Philipp Seidels Brief an Jacob Michael Reinhold Lenz vom 30. November 1776; Lenz, Briefe 2, 58). 74,7 Uberbringern] Nicht ermittelt. 74,8 Muswus] Johann Carl August Mus|us, seit 1769 Gymnasialprofessor ftr alte Sprachen am Weimarer Gymnasium. 125. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 7. Juni 1776 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 20. – 1 Bl. 17,9610,9 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „53“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 53), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 36. WA IV 3 (1888), 76, Nr 477.
290
BRIEF 126
BEI L AG E
Exemplar von „Erwin und Elmire“ (vgl. die zweite Erl|uterung zu 74,11). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Ein muglicherweise vom selben Tag stammender Antwortbrief ist nicht tberliefert (vgl. zu 75,1). 74,11 durch Lenz] Lenz hielt sich noch bis zum 27. Juni 1776 in Weimar auf, um sich dann ftr einige Wochen zum Schreiben in das nahe gelegene Berka zurtckzuziehen. Am 27. Juni schrieb er an Goethe: „Ich geh aufs Land, weil ich bey Euch nichts thun kann.“ (Lenz, Briefe 2, 3, Nr 189; vgl. auch Lenz an Goethe und Philipp Seidel, 27. Juni 1776; ebd. 2, 3–5, Nr 190; zu Lenz in Weimar vgl. die erste Erl|uterung zu 57,12 sowie die einleitende Erl|uterung zu Nr 136.) 74,11 Erwin] Wahrscheinlich ein Exemplar der „Arien und Ges|nge aus der Operette Erwin und Elmire“, die anl|sslich der Liebhaberauffthrungen von Goethes Singspiel am 24. Mai sowie am 4. und 10. Juni 1776 (vgl. zu 70,12–13) als Separatdruck in 600 Exemplaren erschienen waren (Weimar 1776; 10 Bl., o. S.). 1776 erschien zudem ein Separatdruck in Offenbach mit der Musik von Goethes Freund Johann Andr, der nur die vertonten Lieder enth|lt (vgl. Hagen 119, Nr 114). Die vollst|ndige Partitur der Herzoginmutter Anna Amalia ist in der HAAB Weimar (Mus II a: 98) erhalten, sie erschien erst 1921 (Erwin und Elmire: ein Schauspiel mit Gesang / von Goethe. Komponiert von Anna Amalia, Herzogin zu Sachsen-Weimar-Eisenach 1776. Nach der in der Weimarer Landesbibliothek befindlichen handschriftlichen Partitur bearbeitet und zum erstenmal hrsg. von Max Friedl|nder. Leipzig). – Außerdem erschien 1776 bei Himburg in Berlin eine nicht autorisierte 2. Auflage von „Erwin und Elmire. Ein Schauspiel mit Gesang / von D. Guthe“ (vgl. Hagen 119, Nr 112 [D2a]); auch wenn sich Goethe gegen die himburgischen Raubdrucke seiner Schriften zur Wehr setzte, so verschenkte er doch Widmungsexemplare davon (vgl. zu 278,1–2). 74,11–12 das Ihrige] Demnach muss Charlotte von Stein schon zuvor ein Exemplar von „Erwin und Elmire“ erhalten haben, das allerdings nicht explizit in Goethes Briefen erw|hnt wird (vgl. zu 72,18). 74,12 Werthern] Emilie von Werthern-Beichlingen (vgl. zu 72,7), die auch bei Auffthrungen des Liebhabertheaters mitwirkte (vgl. zu 29,13). 74,12 Wiel.] Christoph Martin Wieland. 74,12 Mutter] Concordia Elisabeth von Schardt. 74,12 Franztsin] Nicht ermittelt. 74,14 Friz] Friedrich von Stein. 74,14 Meiner Schwester] Cornelia Schlosser geb. Goethe, die im Frankfurter Familien- und Freundeskreis viel Anerkennung ftr ihr Klavierspiel bekommen hatte.
JUNI 1776
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74,15 Abschrifft der neuen Melodie] Am 20. Oktober 1776 bedankte sich Cornelia Schlosser bei Charlotte von Stein: „Ftr Ihre Musick meine Liebste kann ich Ihnen nicht genug dancken ob ich schon nur den kleinsten Schatten davon auszufthren im Stande binn. Das Recitativ vom Orpheus muss eine erstaunende Wtrkung thun – ich glaub ich k|m von Sinnen wenn ich einmal wieder so was hurte – hier sind wir abgeschnitten von allem was gut und schun in der Welt ist“ (vgl. den Abdruck des Briefes im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 150). 74,16 Rahmen zu den Feuer Stscken] Vgl. zu 72,13. 74,16–17 Die Banck Æ:::æ ihr geweihten Heiligthum.] Muglicherweise schon mit Bezug auf die sp|ter als Goethes „Lieblingsplatz“ bezeichnete Stelle am oberen Wiesenhang hinter dem Gartenhaus am „Stern“, an dem der Dichter selbst ein Halbrund von Laub- und Nadelb|umen anpflanzen und wo er 1782 eine steinerne Tafel mit dem Epigramm „Hier gedachte still ein Liebender seiner Geliebten Æ:::æ“ anbringen ließ (zuerst 1789 in „Goethe’s Schriften“ [Bd 8, S. 223] unter dem Titel „Erw|hlter Fels“ gedruckt). 74,19 7. Jun.] Im Erstdruck wurde irrttmlich „2. Juni“ gelesen, ebenso bei Fielitz (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 39, Nr 66) und in der WA, die außerdem zu „[20.?] Jun.“ erg|nzt; zuerst 1899 von Wahle zu „7. Jun.“ korrigiert (vgl. Wahle, Goethe-Stein 1, 37, Nr 64). 126. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 7. Juni Æ1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Seit dem Erstdruck wird der vorliegende Brief auf den 7. Juni 1776 datiert. Das Jahr kann nach der Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) erg|nzt werden; Tonfall und Inhalt passen zu den Briefen von Anfang Juni 1776 (vgl. Nr 121–125). Wahrscheinlich wurde der inhaltsreichere Brief Nr 125 vom selben Tag zuerst geschrieben. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 21. – 1 Bl. 17,9610,9 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18), unten links Siegelausriss; Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „56.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 56), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 38. WA IV 3 (1888), 73 f., Nr 472.
292
BRIEFE 127/128
ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet muglicherweise einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 75,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 75,1 dass Sie mir alles gesagt haben] Entweder mit Bezug auf ein Gespr|ch oder einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag. 75,3–4 nur Worte von mir zu Ihnen] Vgl. zu 70,18. 75,4 Ich komme heut noch!] Vgl. 74,15–16. – Im Tagebuch sind an diesem Tag allerdings nur Treffen mit Wieland und Herzog Carl August vermerkt (vgl. GT I 1, 19). 127. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 9. Juni 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief am Ende des Jahrgangs 1777 eingeordnet. Der Brief schließt inhaltlich und im Ton an die Briefe des Frthsommers 1776 an und wird seit dem Erstdruck in den Juni 1776 gesetzt. Auf den 9. Juni 1776 wurde er zuerst von Wahle datiert (vgl. Wahle, Goethe-Stein 1, 37, Nr 66). Ftr diese Datierung sprechen Inhalt und Tagebuch (vgl. zu 75,6; zu 75,9; zu 75,8). Eine vergleichbare Konstellation findet sich zwar auch am 21. Juni 1776 (so datiert in: Fielitz, Goethe-Stein 1, 39 f., Nr 67 und WA). An diesem Tag hielt sich Goethe ebenfalls in seinem Garten auf und war am Vortag in Tiefurt gewesen (vgl. GT I 1, 19). Die Bemerkung Wiedergefordertes Armband (ebd.) verweist allerdings darauf, dass am 20. Juni Charlotte von Stein zur Tiefurter Gesellschaft gehurt hatte (vgl. zu 65,4); im vorliegenden Brief wird das ftr den Vortag ausgeschlossen (vgl. 75,6). Weiterhin spricht die bersendung der Rahmen (vgl. Beilage), die Goethe schon am 7. Juni angektndigt hatte (vgl. 74,15–16), daftr, dass der vorliegende Brief am 9. Juni und nicht erst mehr als eine Woche sp|ter geschrieben wurde. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 68. – 1 Bl. 17,8610,9 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels, untere rechte Ecke ausgerissen durch Siegeluffnung; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „62“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 66), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 37. WA IV 3 (1888), 76, Nr 478.
JUNI 1776
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BEI L AG E
Bilderrahmen (vgl. zu 75,8). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 75,6 gestern von Tiefurt bleiben] Der letzte der kurzen Tagebucheintr|ge vom 8. Juni 1776 lautet: nach Tiefurth. (GT I 1, 19.) 75,8 die Rahmen] Die versprochenen Bilderrahmen ftr Goethes Zeichnungen (vgl. zu 74,16). 75,8 die Bilder] Goethes Zeichnungen vom Brand in Utenbach (vgl. zu 72,13). 75,9 Heut Æ:::æ nicht aus meinem Garten.] Laut Tagebuch vom 9. Juni 1776 hielt sich Goethe an diesem Tag in seinem Garten auf, wo er verschiedene Besucher empfing, darunter Lenz und Friedrich Hildebrand von Einsiedel, die nach einem Spaziergang tber Oberweimar, Taubach und Ehringsdorf auch bei ihm im Garten tbernachteten (vgl. GT I 1, 19). 75,10 Friz] Friedrich von Stein. 128. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 13. Juni 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 21. – 1 Bl. 18,968(–8,6) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „58“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 58), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 39. WA IV 3 (1888), 74, Nr 474. BEI L AG EN
1) Stscke (vgl. die erste Erl|uterung zu 75,12). 2) Portefeuille (vgl. die zweite Erl|uterung zu 75,12). 3) Muschel (vgl. die dritte Erl|uterung zu 75,12). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 75,11 Sie heut nicht sehn] Im Tagebuch vom 13. Juni 1776 ist lediglich vermerkt, dass Goethe an diesem Tag mit Friedrich Justin Bertuch, dem Geheimsekret|r und Schatullverwalter Herzog Carl Augusts, gegessen hat (vgl. GT I 1, 19). 75,12 die Stscke] N|heres dazu nicht ermittelt. 75,12 Portefeuille] Franz.: Brieftasche, Mappe. – Wahrscheinlich handelt es
294
BRIEFE 129/130
sich um das auch in Nr 135 erw|hnte Portefeuille (78,11), das Goethe Charlotte von Stein ursprtnglich ftr die bevorstehende Badereise nach Pyrmont schenken wollte. 75,12 die Muschel] Es kunnte sich um eine Muschelschale (Konchylie) oder auch um einen Gegenstand in Form einer Muschel gehandelt haben. Das Sammeln von Konchylien war im 18. Jahrhundert sehr beliebt. Goethes Interesse belegt unter anderem eine etwa 700 Exemplare umfassende Konchylienkollektion, die in seinen naturwissenschaftlichen Sammlungen tberliefert ist, zum Teil zwar aus dem Besitz August von Goethes stammt, in ihren Anf|ngen aber vermutlich schon auf die Zeit vor der italienischen Reise zurtckgeht. 75,13 Sie wissen alles.] Bezieht sich wohl vor allem auf die immer gleiche Zuneigung zur Adressatin. – Damals hatten sich mit der Berufung ins Geheime Consilium auch Goethes |ußere Verh|ltnisse stabilisiert (vgl. zu 63,8). Das von Herzog Carl August gezeichnete Ernennungsdekret stammt vom 11. Juni 1776 und wurde am 22. Juni in den „Weimarischen Wuchentlichen Anzeigen“ veruffentlicht (vgl. Bradish, 39). 129. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, erste H|lfte Juni? 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief Anfang M|rz 1776 eingeordnet. Der Inhalt spricht gegen diese Einordnung (vgl. 76,1 und Beilage). Im Erstdruck datiert Schull den Brief ohne Begrtndung in die erste Oktoberh|lfte 1776. Seit Fielitz wird der Brief in die Zeit zwischen dem 7. und 13. Juni 1776 gesetzt (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 38, Nr 63). Ftr eine Datierung in die erste H|lfte Juni 1776 spricht neben dem Tonfall, der zu dem der datierten Briefe dieses Zeitraums passt, vor allem die Beilage (vgl. 75,17), bei der es sich um den Mitte Mai 1776 erschienenen 2. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ handeln kunnte. Nachdem Goethe ein erstes Exemplar erhalten hatte, bat er am 16. Mai 1776 den Verleger Philipp Erasmus Reich in Leipzig um 2 komplete Exemplare (63,3). Es ist anzunehmen, dass diese sp|testens in der ersten H|lfte Juni nach Weimar gelangten; eines davon kunnte Goethe mit dem vorliegenden Brief an Charlotte von Stein geschickt haben. Auch die Erw|hnung des Bades im Freien (vgl. 76,1) legt nahe, dass der Brief aus der w|rmeren Jahreszeit stammt. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 8. – 1 Bl. 19,265,6(–6,3) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „19.“ – In einem ge-
JUNI 1776
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bundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 19), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 65 f. WA IV 3 (1888), 74, Nr 473. BEI L AG E
Wahrscheinlich der 2. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ (vgl. zu 75,17). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 75,15–16 dass Sie so viel besser Æ:::æ verdiene] Wenn der Brief, wie angenommen, aus der ersten H|lfte Juni 1776 stammt, dann ist die ußerung wohl auf Goethes Erleichterung tber das wiederhergestellte innige Verh|ltnis zur Adressatin zu beziehen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 115). 75,17 die Phis.] Wahrscheinlich der im Mai erschienene 2. Band von Johann Caspar Lavaters „Physiognomischen Fragmenten, zur Befurderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe“ (vgl. Datierung). Goethe hatte die Manuskripte redigiert und sie weiter zum Druck nach Leipzig befurdert (zu seinem Anteil am 2. Band vgl. die erste Erl|uterung zu 7,5). 76,1 am Wehre] Das Wehr in der N|he der Kegelbrtcke unmittelbar unterhalb der Ruine des Schlosses und nicht weit von Goethes Garten am „Stern“ (vgl. Plan der Stadt Weimar 1784). Die Stelle am Wehr, wo der Floßgraben in die Ilm geleitet wurde, scheint die gewuhnliche Badestelle Goethes gewesen zu sein. 76,2 Wahrzeichen] Hier: Vorzeichen, Omen, Anzeichen ktnftiger Geschehnisse, Signum (vgl. Grimm 13, 1030). 76,2 Gold] Vgl. zu 25,19. 130. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, Mitte Juni? 1776æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Vgl. Datierung zu Nr 124. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. – „Ein umr|ndertes Billet, quer 8 ) . – Eigenh|ndig mit Dinte“ (Angaben in h). h: HAAB Weimar, Sign.: N 5084/3. – Kollation von H durch Carl Schtddekopf in Eduard von der Hellens Handexemplar der WA IV 3, 120 und 291 vom 10. M|rz 1900.
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BRIEFE 131/132
E: Die Grenzboten 32 (1873). Nr 27, S. 4 (Carl August Hugo Burkhardt; nach H). WA IV 3 (1888), 120, Nr 528 (nach H). Textgrundlage: h. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Das Weimarer Liebhabertheater studierte Goethes Lustspiel „Die Mitschuldigen“ ein. Einsiedel – so scheint es – weigerte sich, die Rolle des Suller zu tbernehmen. Bei der ersten Auffthrung am 28. November 1776 spielte Friedrich Justin Bertuch die Rolle. 76,3 Hypochondrie] Goethe gebraucht dieses Modewort des 18. Jahrhunderts (vgl. zu 16,10) mit Bezug auf geistig oder ktnstlerisch t|tige Menschen zur Bezeichnung einer „melancholischen Gemttsverstimmung“ (GWb 4, 1461). 76,4 angriffst] ,Sich angreifen‘ hier im Sinn von ,sich anstrengen‘ (vgl. GWb 1, 568). 76,5 Die andern] An der Auffthrung der „Mitschuldigen“ waren beteiligt: Johann Carl August Mus|us als Wirt, Marie Salome Philippine Neuhaus als Sophie, Tochter des Wirts, Friedrich Justin Bertuch als Suller, Sophies Ehemann, Goethe als Alcest und August Kotzebue als Kellner (vgl. Philipp Seidels Brief an Jacob Michael Reinhold Lenz vom 30. November 1776; Lenz, Briefe 2, 58). 131. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, Mitte Juni? 1776æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Vgl. Datierung zu Nr 124. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/159,I. – 1 Bl. 20,3616,5 cm, 1/3 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; Rs. Adresse: H‘ v. Einsiedel, rotes Bildsiegel: Halbportr|t mit erhobenem Arm, unten links Siegelausriss; untere rechte Ecke des Blattes ausgerissen. E: Die Grenzboten 32 (1873). Nr 27, S. 5 (Carl August Hugo Burkhardt). – Faksimile in: Manuskripte 4. Hrsg. von der Freundesgesellschaft des Goethe- und Schiller-Archivs Weimar. Weimar 2011, S. 79. WA IV 3 (1888), 122, Nr 531 (mit Textkorrekturen in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 30, 254).
JUNI 1776
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ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 130. 132. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 18. Juni 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 22. – 1 Bl. 19,4613,2(–13,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse, teilweise abgeschnitten: Æ æ v. Stein; Fragmente einer Adresse von fremder Hd: „Der Herzog Æ æ / Amalie Æ æ“, rotes Gemmensiegel: Sokrates? (vgl. Femmel/Heres, 10); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „59.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 59), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 39. WA IV 3 (1888), 74 f., Nr 475. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 76,13 einen sbeln Tag] Hierzu und zum Folgenden vgl. den Tagebucheintrag vom 17. Juni: Vergebne Hoffnung. Regenwetter. Dumpfheit. (GT I 1, 19.) Wie auch der Kontext der Bemerkung vermuten l|sst, stand Goethes trtbe Stimmung noch im Zusammenhang mit den Schwierigkeiten bei seiner Berufung ins Geheime Consilium (vgl. zu 63,8). Das vom Herzog gezeichnete Ernennungsdekret stammt zwar vom 11. Juni, allerdings findet sich dessen Erw|hnung im Tagebuch erst am 19. Juni (vgl. GT I 1, 19); die feierliche Amtseinfthrung erfolgte am 25. Juni 1776 (vgl. Bradish, 39; zu 81,23). – Dass in diesen Tagen auch bei Charlotte von Stein noch nicht alle Zweifel tber Goethes Weimarer Zukunft ausger|umt waren, belegt deren Brief an Johann Georg Zimmermann vom 17. Juni 1776 (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 133). 76,15 dumpf] Auf den innern Zustand bezogen, hier mit leicht negativer Konnotation im Sinne von ,benommen‘, ,verworren‘, ,gefthl- und gedankenlos‘; ebenso im Tagebuch vom 18. Juni: war dumpfsinnig (GT I 1, 19). – Vgl. zu 53,2. 76,16 Aber heute kommen Sie] Laut Tagebuch besuchte Charlotte von Stein Goethe erst am folgenden Tag im Garten zum Frshstsck (GT I 1, 19). Wie die Einladung im vorliegenden Brief nahelegt (vgl. aber 102,5), handelt es sich bei der im Tagebuch als Begleitung erw|hnten Louise um Charlottes Schwester Louise von Imhoff. 76,16 Schwester] Louise von Imhoff geb. von Schardt, eine jtngere Schwester Charlotte von Steins, die hier das erste Mal erw|hnt wird. Sie war seit Februar 1775
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BRIEF 133
mit Carl von Imhoff verheiratet und lebte auf dessen Familiengut in Murlach bei Ntrnberg. Carl von Imhoff, ein ehemaliger Offizier in wtrttembergischen Diensten, war Ende der 1760er Jahre nach Indien gegangen. 1772 kehrte er als vermugender Mann zurtck, nachdem er in die Scheidung von seiner ersten Frau Marianne geb. Chapusset eingewilligt und daftr eine Abfindung erhalten hatte. Diese war die Frau Warren Hastings geworden, des englischen Generalgouverneurs von Ostindien. – Louise von Imhoff war Mitte Juni 1776 nach Weimar gekommen, wo sie die Geburt ihres ersten Kindes erwartete. Ihre Tochter Anna Amalie kam am 16. August 1776 zur Welt. – Seit 1787 lebte das Ehepaar Imhoff getrennt, bevor die Scheidung vollzogen werden konnte, starb Carl von Imhoff im August 1788. 76,17 Stein] Charlottes Mann Josias von Stein. 76,17 18. Jun 76.] Am 18. Juni fand in Goethes Garten ein so genanntes Vogelschiesen (GT I 1, 19) statt, bei dem auf einen aufgesteckten hulzernen Vogel geschossen wurde; tber die Teilnehmer finden sich keine Angaben. 77,1 regent] ltere, nach Adelung (3, 1028) Ende des 18. Jahrhunderts auf die Umgangssprache begrenzte Form der 3. Person Singular zu ,regnen‘; abgeleitet von ,regen‘. 77,2–3 Sagen Sie mir Ein Wort.] Mit dieser h|ufig in Goethes Briefen an Charlotte von Stein gebrauchten Redewendung hatte diese am Vortag ihren Brief an Zimmermann begonnen (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 133). 133. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 22. Juni 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 22. – 1 Bl. 18,8611,6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „60“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 60), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 40. WA IV 3 (1888), 77, Nr 479. BEI L AG E
Rosen (vgl. 77,15). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 77,4 gestern Steinen lahm nach Hause kriegt] Laut Tagebuch war Goethe am 21. Juni 1776 Nachmittags bei einem Brand in Zimmern ÆNiederzim-
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JUNI 1776
mernæ (GT I 1, 19), einem Ort knapp 15 km nordwestlich von Weimar. Wie die Erw|hnung nahelegt, war auch Charlottes Mann, der Oberstallmeister Josias von Stein, am Brandort gewesen, wo er sich muglicherweise verletzt hatte. 77,5 ich bedarf auch einiger Pflege] Auf ein Unwohlsein Goethes verweist auch der Tagebucheintrag von diesem Tag: Rhabarber (GT I 1, 19). Rhabarberextrakt war ein verbreitetes Abfthr- und Heilmittel, das insbesondere bei Gallenund Magenerkrankungen Verwendung fand (vgl. Zedler 31, 1049–1052). 77,6 Wiel.] Wieland. 77,7 dass Sie Dienstag weggehn] Wie Goethes Tagebuch (vgl. GT I 1, 21) und der im Anschluss an die folgenden Erl|uterungen mitgeteilte Brief Charlotte von Steins an Zimmermann vom 17. Juni 1776 belegen, brach sie am Morgen des 25. Juni 1776 zur Kur nach Pyrmont auf. Entgegen ihrer ursprtnglichen Absicht, einen Umweg tber Hannover zu machen, reiste sie auf direktem Weg in das etwa 250 km entfernte Pyrmont (vgl. ihren Brief an Zimmermann). 77,7–8 auf ein halb Jahr] Muglicherweise plante Charlotte von Stein zu dieser Zeit noch eine l|ngere Abwesenheit von Weimar. Sie blieb aber nur etwa sechs Wochen in Pyrmont (vgl. zu 92,7). Anfang September ging sie ftr etwa zwei Monate nach Kochberg und kam nur im Oktober ftr einige Tage nach Weimar (vgl. zu 102,18). 77,8–9 die Gegenwart Æ:::æ erbaut!] hnlich |ußert sich Goethe kurz vor und nach Charlotte von Steins Abreise nach Pyrmont (vgl. 70,15–16; 82,1). 77,11 seit neulich] Muglicherweise mit Bezug auf die Wiederherstellung des innigen Verh|ltnisses zwischen Goethe und der Adressatin nach einer ernsthaften ,Sturung‘ in der zweiten Maih|lfte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 115). 77,11 Gutheit] Herzliche Zuneigung, freundliches Wohlwollen (vgl. GWb 4, 592); nur |ußerst selten bei Goethe belegt, im ausgehenden 18. Jahrhundert als Synonym zu ,Gtte‘ weitgehend auf die Umgangssprache begrenzt (vgl. Adelung 2, 861). 77,14 Herz. M.] Herzoginmutter Anna Amalia. – Wahrscheinlich war Goethe mit ihr in den vorangegangenen Tagen in Tiefurt zusammengetroffen, zuletzt am 20. Juni (vgl. GT I 1, 19); ein gemeinsames Essen mit der Herzoginmutter wird unter dem 8. Juni erw|hnt (vgl. ebd.). 77,17 Schwester] Louise von Imhoff (vgl. die zweite Erl|uterung zu 76,16). Charlotte von Stein an Johann Georg Zimmermann in Hannover: 17ten Juni 1776. Ich muß Ihnen durch ein Wort sagen daß ich nicht nach Hanovre komme indem ich durch die Ankunfft meiner Schwester meine Reise um einige Tage verschieben
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BRIEFE 134
muß. Ich hatte auch bloß die Absicht Sie nur da zu sehen, und da Sie nunmehr nach Pyrmont kommen wird also mein Wunsch ohne Umweg erftllt. Um Ihnen, lieber Zimmermann, etwas neues zu erzehlen so wißen Sie daß Goethe endlich hier fest ist; vor einigen Tagen ist er zum Geheimen Legations Rath ernent worden, und sitz im conseil, ich habe aber doch noch einen Unglauben an seinen unst|ten Sinn, wenn ich ihm gleich hertzlich wtnsche an irgend einen Eckgen der Welt Ruhe zu finden. Den 25ten Reiße ich von hier ab, bin also noch einige Tage vor Sie in Pyrmont bereite Ihnen den Weg und bin nicht wtrdig Ihnen die Schurimen aufzulesen. Leben Sie wohl – – – – Charlotte Von Stein / (H: FGH/FDH Frankfurt a. M., Sign. 7184. – E: Goethe/Stein-Zimmermann [1904], 175 f.) 2 Hanovre] Zimmermann war seit 1768 kuniglich britischer Leibarzt in Hannover. 3 die Ankunfft meiner Schwester] Vgl. die zweite Erl|uterung zu 76,16. 5 Pyrmont] Im Weserbergland, zum Ftrstentum Waldeck-Pyrmont gehurend; im 18. Jahrhundert ein beliebter Kur- und Erholungsort des europ|ischen Adels. 6–8 daß Goethe Æ:::æ im conseil] Vgl. zu 76,13. 8–9 Unglauben an seinen unst|ten Sinn] Missverst|ndlich, gemeint ist ,Unglaube an seine Best|ndigkeit‘. – Den ,Unglauben‘ Charlotte von Steins beklagt Goethe h|ufig in seinen Briefen an die Freundin (vgl. 109,17; zu 172,5–6). 12 nicht wtrdig Ihnen die Schurimen aufzulesen] Fast wurtlich Johannes 1,27. 134. An Charlotte von Stein DAT I E RU N G
ÆWeimar, 23. Juni 1776æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der Brief vor Nr 147 vom 2. August 1776 eingeordnet. Das Jahr wird durch die Erw|hnung von Jacob Michael Reinhold Lenz (vgl. 77,22) best|tigt, der sich nur 1776 in Weimar aufhielt, und zwar von April bis November. Im Erstdruck wird der Brief auf Anfang September 1776, seit Fielitz auf die Zeit kurz vor Charlotte von Steins Abreise nach Pyrmont am 25. Juni 1776 datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 40, Nr 69). Ftr die Datierung in den Juni spricht die Erw|hnung der Kirsche (77,22). Inhaltliche Parallelen zu Goethes Tagebuch vom 23. Juni 1776 verweisen darauf, dass der Brief an diesem Tag geschrieben wurde (vgl. die erste Erl|uterung zu 77,21; die zweite Erl|uterung zu 77,22).
JUNI 1776
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BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 26. – 1 Bl. 17,1(–17,3)610 (–10,2) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „67.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 67), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 57. WA IV 3 (1888), 77 f., Nr 480. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 77,19 Stern] Der |lteste, schon im 16. Jahrhundert entstandene Teil des Schlossparks, der sich von der Schloss- oder Sternbrtcke am ustlichen Ilmufer in stdlicher Richtung erstreckte und in dessen unmittelbarer N|he sich auch Goethes Garten befand. Der Name erinnert noch an die ursprtnglich ftr die Jagd sternfurmig angelegten Schneisen (vgl. zu 86,22–23; zu 62,4). 77,19 geschleppt] Vgl. zu 77,5. 77,19 sie noch zu sehn] Wenn der Brief am 23. Juni 1776 geschrieben wurde, dann ist damit gemeint, ,Sie noch einmal zu sehen‘, da Goethe an diesem Tag mit Charlotte von Stein gegessen hatte (vgl. GT I 1, 19). 77,20 Trpfen] Versehentlich ftr ,Tropfen‘. 77,20 Anodynum] Schmerzlinderndes, schmerzstillendes Mittel. 77,21 Wiel.] Wieland; vgl. dazu Goethes Tagebuch vom 23. Juni 1776: In wielands Garten R y n o herrlicher Abend mit W. und Lenz, von Vergangenheiten. Silhouetten (GT I 1, 19). 77,21 nach haus] Wahrscheinlich schon in die Stadtwohnung im Haus des Hofkassierers Kunig am Burgplatz, die Goethe in dieser Zeit bezogen haben muss (vgl. Burkhardt, Goethes Stadtwohnungen in Weimar, 245). 77,22 Ihre Gesandten] Darunter wahrscheinlich der im Folgenden genannte Lenz. 77,22 Lenz] Lenz hielt sich noch bis zum 27. Juni 1776 in Weimar auf, bevor er sich nach Berka zurtckzog (vgl. die erste Erl|uterung zu 74,11). Dass Goethe am 23. Juni gemeinsam mit ihm in Wielands Garten war, best|tigt das Tagebuch (vgl. die erste Erl|uterung zu 77,21). 77,24 in all dem Tumult] Wahrscheinlich im Zusammenhang mit Goethes Ernennung zum Geheimen Legationsrat und der bevorstehenden Amtseinfthrung am 25. Juni 1776 (vgl. zu 81,23). In diesen Tagen fand außerdem Goethes Umzug in die Wohnung am Burgplatz statt. 78,2–3 von Ewigk. zu Ewigk. Amen.] Vgl. zu 50,13.
302
135. An Charlotte von Stein
BRIEF 135
ÆWeimar, 24. Juni 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Dass der vorliegende Brief, im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) unter die undatierten Briefe am Ende des Jahrgangs 1777 eingeordnet, frther geschrieben sein muss, ergibt sich schon aus seiner Beilage: Dem Brief lag was (78,5) von Goethes Schwester bei, wahrscheinlich ein Brief an Charlotte von Stein aus dem Juni 1776 (vgl. Beilage 1). Cornelia Schlosser starb am 8. Juni 1777. Auch der Gruß an Charlotte von Steins Schwester (78,10) verweist auf die Zeit nach Mitte Juni 1776, als sich diese in Weimar aufhielt (vgl. zu 76,16). Der Inhalt legt außerdem nahe, dass der Brief aus den Tagen unmittelbar vor der ersten l|ngeren Trennung Goethes von Charlotte von Stein stammt (vgl. 78,4; 78,10), die am 25. Juni 1776 ftr etwa sechs Wochen nach Pyrmont reiste (vgl. zu 77,7). Seit dem Erstdruck wird er auch so datiert. Da die Adressatin am Morgen des 25. Juni abreiste (vgl. GT I 1, 21), wurde der Brief wahrscheinlich am Tag zuvor geschrieben (so zuerst bei Fr|nkel, Goethe-Stein1 1 [1908], 27 f., Nr 75). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 73. – 1 Bl. 19,7(–20,3)621,6 (–21,8) cm, Papier beschnitten, oben links ausgerissen, 4/5 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben, stellenweise Aussetzen des Tintenflusses an den Wortenden: Schwester (78,10), Portefeuille (78,11), einen (78,12); Rs. rotes Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „75“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 79), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 40 f. WA IV 3 (1888), 78 f., Nr 481. BEI L AG EN
1) Brief Cornelia Schlossers an Charlotte von Stein, Juni 1776:
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Wie soll ich Ihnen dancken beste edelste Frau dass Sie sich in der unendlichen Entfernung meiner annehmen, und mir suchen meine Einsamkeit zu erleichtern o wenn ich nun hoffen dtrffte Sie ein einziges mahl in diesem Leben zu sehn so wollt ich nie schreiben und alles biss auf den Augenblick versparen denn was kann ich sagen das einen einzigen Blick, einen einzigen H|ndedruck werth w|re. Umsonst such schon lang eine Seele wie die Ihrige, ich werd sie hierherum nie finden – es ist das das einzige / Gut das mir jezt noch fehlt, sonst besiz ich alles was auf der Welt gltcklich machen kann –
JUNI 1776
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Und wem meynen Sie meine edelste Freundinn dem ich diesen jezigen Wohlstand zu dancken habe – niemand anders als unserm Zimmermann, der mir in meiner Gesundheit alles Gltck des Lebens wiedergeschenckt hat –––– Noch vor kurzer Zeit war ich ganz traurig und melancolisch, das beynah dreyj|hrige best|ndige Leiden des Curpers hatte meine Seelenkr|ffte erschupft, ich sah alles unter einer trau/rigen Gestalt an, machte mir tausend n|rrische, |ngstliche Grillen, meine Einbildungs Kraft besch|fftigte sich immer mit den schrecklichsten Ideen so dass kein Tag ohne Herzens Angst u. drtckenden Kummer verging –––– Nun aber siehts Gott sey Danck ganz anders aus, ich finde tberall Freude wo ich sonst Schmerzen fand und weil ich ganz gltcklich binn beftrchte ich nichts von der Zukunfft o meine Beste wenn der Zustand dauert so ists der Himmel auf der Welt –––– / Alles Vergntgen das hier in den herrlichen Gegenden die schune Natur gibt, kann ich jezt mit vollem Herzen geniesen, meine Kr|ffte haben so wunderbar zugenommen, dass ich gehn, und sogar reiten kann, ich entdecke dadurch alle Tage neue Sch|ze die ich bisher entbehren musste, weil die schunsten Wege zu gef|hrlich zum Fahren sind – Meines Bruders Garten h|tt ich wohl mugen blthn sehn, nach der Beschreibung von Lenzen muss er ganz vortrefflich seyn, in der Laube unter euch Ihr Lieben zu sizen – welche Seligkeit – (H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 59. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut [Bd I, Jg 1776, Nr 45], vgl. berlieferung zu Nr 18.) 1–2 dass Sie sich Æ:::æ meiner annehmen] Mit dem vorliegenden Brief antwortete Cornelia Schlosser, die seit 1774 im badischen Emmendingen lebte, offenbar auf einen Brief Charlotte von Steins von Ende Mai 1776 (vgl. zu 65,1). 2 Einsamkeit zu erleichtern] Vgl. zu 64,19–20. 3 Sie ein einziges mahl in diesem Leben zu sehn] Wie aus dem Brief Cornelia Schlossers an Charlotte von Stein vom 20. Oktober 1776 hervorgeht, ktndigte diese offenbar ihren Besuch in Emmendingen an, der allerdings nicht zustande kam (vgl. zu 93,19). 9–10 diesen jezigen Wohlstand zu dancken habe Æ:::æ unserm Zimmermann] ,Wohlstand‘ hier im Sinne von ,Gltck‘ (vgl. Adelung 4, 1599). – Der aus der Schweiz stammende gemeinsame Freund Johann Georg Zimmermann, seit 1768 kuniglich britischer Leibarzt in Hannover, hatte auf einer Reise in seine Heimat im September 1775 auch die Schlossers in Emmendingen besucht; vgl. dazu auch den Brief Catharina Elisabeth Goethes an Johann Georg Zimmermann in Hannover: „Gott lob daß die Schlossern sich besser befindet: Wer war aber ihr Helfer? Wem hat sies zu dancken? nechst Gott gewiß niemandt als unserm theuren Z i m m e r m a n n .“ (Pfeiffer-Belli, 401.) – Dass die Erholung nur eine vortbergehende war und eine grund-
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BRIEF 135
legende Besserung nicht eintrat, belegen Goethes wiederholt ge|ußerte Sorgen um die Schwester. Von der Schwere ihrer Erkrankung zeugt Cornelia Schlossers Brief an Johann Christian Kestner vom 6. Januar 1776 (vgl. zu 64,19–20). 26 Meines Bruders Garten] Goethes Garten oberhalb des „Sterns“ (vgl. zu 62,4). 26–27 Beschreibung von Lenzen] Lenz war vom 27. Mai bis zum 5. Juni 1775 von Straßburg aus gemeinsam mit Goethe zu Gast in Emmendingen gewesen und stand seitdem in brieflicher Verbindung mit Cornelia und Johann Georg Schlosser; der Briefwechsel ist mit wenigen Ausnahmen nicht tberliefert. 2) Schreibmappe (vgl. die erste Erl|uterung zu 78,12). 3) Zeichnungen (vgl. zu 78,14). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 78,4 Sie nicht mehr sehen] Das Tagebuch vom 24. Juni 1776 erw|hnt Charlotte von Stein nicht (vgl. GT I 1, 19). Dass sie am Abend wie Goethe in Tiefurth (ebd.) war, ist wegen ihrer bevorstehenden Abreise am folgenden Morgen unwahrscheinlich. 78,5 denn Sie gehn nicht fort] Vgl. zu 77,7. 78,5 was von meiner Schwester] Vgl. Beilage 1. 78,5–6 Ihre Matinees] Von franz. matine: Morgenzeit, Morgen; hier Bezeichnung ftr ,scherzhafte Verse‘, ,scherzhafte Versdialoge‘, in dieser besonderen Bedeutung offenbar nur in der Weimarer Hofgesellschaft gebr|uchlich (vgl. die erste Erl|uterung zu 32,4). – Goethes Tagebucheintrag vom 23. Juni 1776 (vgl. die erste Erl|uterung zu 77,21) wie auch die nachfolgende Anspielung legen nahe, dass hier Charlotte von Steins Knittelversdialog „Rino“ gemeint ist, ihre frtheste tberlieferte literarische Arbeit, im Untertitel als „Schauspiel in drey Abtheilungen“ bezeichnet (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zum vorliegenden Brief). 78,7–8 ich bin weidlich geschunden Æ:::æ nicht so ist] Vgl. die Figur des Rino, laut Personenverzeichnis von Goethe zu spielen. 78,8 Grose Silhouette] Eine so genannte Original-Silhouette, ein Profilportr|t nach dem Schattenbild in Lebensgruße, d. h. infolge der angewandten Technik eigentlich in leicht vergrußerter Form (vgl. GB 2 II, zu 160,25). – Bevor Goethe Charlotte von Steins persunliche Bekanntschaft machte, sah er in Straßburg ihre Silhouette, die er im Brief an Johann Caspar Lavater vom 24. Juli 1775 physiognomisch deutete (vgl. GB 2 I, 196). 78,10 Schwester] Louise von Imhoff (vgl. Datierung). 78,11 Portefeuille] Franz.: Brieftasche, Mappe. – Offenbar ursprtnglich als Geschenk ftr die bevorstehende Reise Charlotte von Steins gedacht (vgl. die zweite Erl|uterung zu 75,12).
JUNI 1776
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78,12 schlechten Pappedeckel] ,Schlecht‘ hier: schlicht, einfach, ohne Verzierung (vgl. Adelung 3, 1511); offenbar eine einfache Schreib- oder Zeichenmappe aus Pappe (vgl. berlieferung zu GB 2 II, Nr 177). 78,12 nach Leipzig] Goethe war am 24. und 25. M|rz 1776 nach Leipzig gereist, von wo er am 4. April 1776 zurtckkehrte. 78,12–13 die Zettelgen] Die Briefe Nr 67, 68, 69 und 71 (vgl. Datierung zu Nr 67). 78,13–14 das Gedicht auf Hans Sachsen] „Erkl|rung eines alten Holzschnittes vorstellend Hans Sachsens poetische Sendung“ (WA I 16, 121–129), das laut Tagebuch am 27. April 1776 abgeschlossen war (vgl. GT I 1, 17). Es erschien zuerst in Wielands „Teutschem Merkur“ (April-Heft 1776, S. 75–82). 78,14 Zeichnungen] Welche Zeichnungen beigelegen haben, l|sst sich nicht mehr kl|ren. In Frage kommen verschiedene Zeichnungen Goethes aus der Zeit vor dem Herbst 1775, ursprtnglich in einer Mappe „Juvenilia“ tberliefert (vgl. Corpus I, Nr 39, 52–59, 68, 74–76, 79, 88, 93). 78,15–16 da Sie mir Æ:::æ was Sie schreiben konnten] Wahrscheinlich Tagebuchaufzeichnungen aus dem ersten Jahr ihrer Bekanntschaft mit Goethe; muglicherweise die ,Zettelchen‘, die Charlotte von Stein dem Freund zum ,Jahrestag‘ seiner Ankunft in Weimar dann doch tbergab (vgl. die zweite Erl|uterung zu 116,14). Rino Ein Schauspiel in drey Abtheilungen. 1776. von Frau von Stein /
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Personen R i n o Goethe a d e l h a i t e Herzogin Mutter T h u s n e l d e Fr|ulein Goechhaus ihre Hoffdame K u n i g u n d Frau von Werther geb. Mtnchhauß G e r t h r u d e Frau von Stein / I Rino trit im Saal, wo eben getanzt wird.
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BRIEF 135
R i n o bey Seite Sind da eine Menge Gesichter herrum, Scheinen alle recht adlich g|nße dumm. Verschiedene werden presentirt 20
Adelhaite Wir haben dich lang bey uns erwart Du einziges Geschupf in deiner Art. R i n o beugt sich.
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Thusnelde Ich bin sehr neugierich auf dich gewesen S’ist nun mahl so in meinem Wesen Rino Kunnen also jetzt ihre Neugier stillen Wie’s Ihnen beliebt, nach Ihren Willen.
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G e r t h r u t h von weiten. Gleichgtltig ist er mir eben nicht, Doch weiß ich nicht ob er oder Werther mich sticht1 mir spricht / Kunigunde Ja, ja s’ ist Werther ganz und gar. So liebenswerth als er mir immer war. G e r t h r u t h e und K u n i g u n d e werden presentirt.
Gerthruth Ich freue mich Ihre Bekandschafft zu machen. R i n o verbeugt sich. 40
Gerthruth Apropos des Bals; mugen Sie gern tanzen und lachen?
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JUNI 1776
R i n o. Manch mal, doch meistens schleicht mit mir Herrum ein trauriges Gefthl Ueber das ewge Erden gewthl.
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geht ab.
Gerthruth. Ist mir doch als w|r das Intreße der Gesellschaft vorbey. A d e l h e i t e. Mir ist6666662 hier alles recht ennuyant einerley /
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K u n i g u n d e traurig Heut mag ich gar nicht gern tanzen. Thusnelde Nun daß er auch fort ist, tber den dummen Hanßen.
streichen sich.
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II Die Unterredung ist auf der Redute. R i n o, tanzt, A d e l h e i t e , G e r t h r u t , K u n i g u n t e , T h u s n e l d e , sitzen in einer Ecke des Saals.
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G e r t h r u t auf Rino deutend. Ich bin ihn zwar gut, doch Adelheite glaub mirs nur Er geht auf aller Frauen Spuhr; Ist wtrcklich was man eine coquette nennt, Gewiß ich hab ihm nicht verkennd.
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Adelheite Du solst mit deiner L|strung schweigen Sonst werd’ ich dir noch heut meine Ungenade zeigen, Hat dir gewiß was nicht recht gemacht. / Thusnelde Und wer hat dich den zu den Gedancken gebracht? Sag doch, da du keine Heilige bist,
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BRIEF 135
Warum er dir so gleichgtldig ist? Wilst gewiß dahinder was verstecken. 75
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Gerthrut. Nun tber das M|dchen ihr Necken; Ftr mich ist die Liebe vorbey, Auch schein ich ihm sehr einerley. K u n i g u n d e. Ich ihm leider es bin, doch kann ich wohl fthlen; Wie kunnte denn ich sonst so gut Luisey spielen, T h u s n e l d e. Bey mir die Liebe mehr auf der Zunge ist; Drum mein Herz du nicht zu bedauren bist. Meinen Witz will ich recht an ihn reiben In Freyheits-Streit mit ihm die Zeit mir vertreiben. Sie stehn auf und tanzen.
y Luise im Westindier.
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III Im Zimmer der A d e l h e i t e . G e r t h r u t T h u s n e l d e K u n i g u n d e .
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A d e l h e i t e. Heut kommt der Freund zu mir, Und ich laß ihn weder dir, dir, noch dir. Will mich ganz allein an ihn laben Und ihr sollt nur das Zusehn haben. Thusnelde Wißen daß recht gut zu verstehn Wird auch wohl nach keiner von uns sehn.
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K u n i g u n d e , mit einem Seufzer Ja ich muß ihn wohl cediren Denn meine Augen kunnen ihn am wenigsten rthren.
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Gerthrut. Er hat mir wohl so mancherley gesagt, Daß, h|t ich es nicht reiflich tberdacht Ich w|re stoltz auf seinen Beyfall worden. Doch treibt ihn immer Liebe fort Ein neues M|dchen3 neuer Gegenstand an jedem neuen4 Ort. / Die schunern Augen sind str5 gleich sein Orden Vor die muß er manch [z|rtlich] treues6 Herz ermorden; So ist er gar nicht herr von sich, Der arme Mensch, er dauert mich. Thusnelde Wie sie nun wieder ihre Weißheit purgirt, Ach Kind, wirst von dir selbst bey der Nase gefthrt! H|tst nur billets wie unsereins! –
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Gerthrut. Und glaubst Du den ich h|tte keins? Thusnelde Nun so weis doch dein Portefeuil.
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Gerthrut weißts.
A d e l h e i t e. Wahrhaftig so ein dick Paquet wie ich! K u n i g u n d e. Und eben so viel als ihr7 schrieb er an mich. Thusnelde Und meine dazu, so wirds ein recueil. (Zitiert nach: Fielitz, Goethe-Stein 1, 398–400; H: 2 ineinandergelegte Doppelbl|tter, 8 S. beschr., Charlotte von Steins Hd, S. 1–2 braune Tinte, S. 2–8 schwarze Tinte, einige Korrekturen und Anm. zu „Luise“ mit brauner Tinte; 1883 auf Schloss Kochberg von Fielitz noch eingesehen, nach Wahle 1899 nicht mehr zug|nglich [vgl. Wahle, Goethe-Stein 1, 631 f.]; Handschriftenbeschreibung nach Fielitz, Goethe-Stein 1, 507: 1 mich sticht] Korrektur mit brauner Tinte. 2 666666] Streichung mit schwarzer Tinte. 3 neues M|dchen]
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Korrektur mit schwarzer Tinte. 4 neuen] bergeschrieben mit schwarzer Tinte. 5 str] Korrektur mit schwarzer Tinte. 6 [z|rtlich] treues] Korrektur mit brauner Tinte. 7 ihr] Mit brauner Tinte erg|nzt.) 1–5 R i n o Æ:::æ Frau von Stein] Rino: bernahme des Bardennamens Ryno aus Ossians ÆJames Macphersonsæ „Songs of Selma“, deren bersetzung aus dem Herbst 1771 Goethe in tberarbeiteter Form im 2. Teil des „Werther“ mitteilt (vgl. DjG3 4, 175–179; zu Goethes Ossian-bersetzungen vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 90). Auf diesen Ursprung des Namens der Titelfigur verweist auch die Schreibweise in Goethes Tagebucheintrag vom 23. Juni 1776 (vgl. die erste Erl|uterung zu 77,21). – Da die beiden ersten Seiten mit hellerer brauner Tinte geschrieben wurden wie auch die Korrekturen und die Anmerkung zu „Luise“, ist zu vermuten, dass Titelei und Personenverzeichnis erst sp|ter erg|nzt wurden, und zwar nach Dezember 1782, als Louise von Guchhausen, bis dahin Gesellschafterin der Herzoginmutter, zu deren erster Hofdame ernannt worden war (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 507) 10 Fr|ulein Goechhaus] Louise von Guchhausen (vgl. zu 29,10–11). 11 Frau von Werther geb. Mtnchhauß] Emilie von Werthern-Beichlingen (vgl. zu 72,7). 21 Wir haben dich Æ:::æ erwart] Infolge der versp|tet in Frankfurt ankommenden herzoglichen Kutsche traf Goethe nicht schon wie ursprtnglich geplant im Oktober, sondern erst am 7. November 1775 in Weimar ein (vgl. die erste Erl|uterung zum Brief Johann August von Kalbs an Catharina Elisabeth und Johann Caspar Goethe vom 16. M|rz 1776, abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 61). Wie der Brief von Wieland an Lavater vom 27. Oktober 1775 belegt, waren daher auch in Weimar Zweifel an Goethes Besuchsabsichten aufgekommen: „Auf Guthen warten wir hier sehnlich seit 8–10 Tagen von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde. Noch ist er nicht angelangt, und wir besorgen nun, er komme gar nicht.“ (WB 5, 430.) 32 ob er oder Werther mir spricht] Als Verfasser der „Leiden des jungen Werthers“ (1774) war Goethe einer breiten, vor allem auch weiblichen Leserschaft in ganz Deutschland und Europa bekannt geworden (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 18). Schon kurz nach der Veruffentlichung des Romans hatte er aber auch die negativen Folgen der Identifikation des Autors mit seinem literarischen Helden zu sptren bekommen. Recht bald war er deshalb das ausgraben, und seziren seines armen Werthers so satt, wie er im Brief vom 7. bis 10. M|rz 1775 an Augusta zu Stolberg klagte (GB 2 I, 175,4–5). Dass Goethe sich in Weimar in der so genannten ,Werther-Tracht‘, also im blauen Rock ( Jacke) mit gelber Weste und Hose, gezeigt habe, wie immer wieder kolportiert wird, ist unwahrscheinlich. Dagegen scheint das Portr|t von Georg Melchior Kraus, das den Dichter kurz nach seiner bersiedlung nach Weimar im grauen ,BiberFrack‘, weißer Weste, offenem weißen Hemd und schwarzer Hose zeigt, viel hnlichkeit mit dem Portr|tierten zu besitzen (Original von 1775/76:
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KSW, Museen, Inv.-Nr DGe/00045; vgl. auch Schulte-Strathaus, Nr 25; vgl. GB 2 II, zu 164,10–11; zu „Rino“ als Zeugnis einer persunlich-kontroversen „Werther“/Goethe-Rezeption vgl. Markus Wallenborn: Frauen. Dichten. Goethe. Die produktive Goethe-Rezeption bei Charlotte von Stein, Marianne von Willemer und Bettina von Arnim. Ttbingen 2006, S. 15–48). 50 ennuyant] Franz.: langweilig, l|stig. 55 streichen sich] Sich streichen: schnell gehen, laufen (vgl. Adelung 4, 434); hier: sich davonmachen; offenbar ein damals in der Weimarer Gesellschaft beliebter Ausdruck. 58 Redute] Maskenball; zu den Weimarer Redouten vgl. die erste Erl|uterung zu 24,18. 64 coquette] Franz.: gefallstchtig; hier ftr franz. cocotte: eigentlich: Huhn, Hthnchen; dann tbertragen ,Kokotte‘. Als ,coquet‘ charakterisierte Charlotte von Stein Goethe auch in ihrem Brief an Zimmermann vom 6. M|rz 1776 (mitgeteilt in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 57). 81 Luise] Luise Dudly, die Geliebte des Westindiers, die Emilie von Werthern-Beichlingen (,Kunigund‘) in der Liebhaberauffthrung des Sttckes gespielt hatte (vgl. zu 29,13). 101 cediren] zedieren (von lat. cedere): tberlassen, abtreten. 114 purgirt] purgieren (von lat. purgare: reinigen, abfthren): hier wohl ,vorfthren‘. 120 Portefeuil] Vgl. zu 78,11. 127 recueil] Franz.: Sammelband. 136. An Jacob Michael Reinhold Lenz ÆWeimar, vermutlich Anfang Juli 1776æ ! ÆBerkaæ DAT I ERU N G
Am 27. Juni 1776 zog sich Lenz aus Weimar nach Berka zurtck. Im Bezugsbrief bat er Philipp Seidel bei der Abreise, ihm einige Btcher zukommen zu lassen, darunter auch das von Goethe genannte Werk Guiberts (vgl. 78,17). Inzwischen hatte Lenz bereits einige Zeichnungen (78,19) gesandt, so dass angenommen werden kann, der vorliegende Brief sei Anfang Juli 1776 geschrieben worden. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/298,I. – 1 Bl. 16,4610,4 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte. E: Chronik des Wiener Goethe-Vereins 2 (1887). Nr 5, 15. Februar, S. 27 (Karl Weinhold). WA IV 7 (1891), 355, Nr 481a. BEI L AG EN
1) Jacques Antoine Hippolyte de Guiberts „Essai gnral de tactique“ (vgl. zu 78,17). 2) 1 Louisdor (78,18).
312 ERLUTERUNGEN
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Der Brief beantwortet Lenz’ Brief an Goethe und Philipp Seidel vom 27. Juni 1776 (Lenz, Briefe 2, 3–5; vgl. RA 1, 66, Nr 67). – Aus dem Juli 1776 sind zwei Briefe von Lenz an Goethe tberliefert, die nicht genau datiert werden kunnen (vgl. Lenz, Briefe 2, 10 f., 12; RA 1, 66 f., Nr 68 f.). Keiner von beiden ist als unmittelbare Antwort auf den vorliegenden Brief zu betrachten. Jacob Michael Reinhold Lenz (1751–1792) war der Sohn des livl|ndischen Pfarrers Christian David Lenz in Dorpat (heute Tartu, Estland), der seine Kinder als autorit|rer Patriarch streng pietistisch erzog. Ftr seinen Sohn Jacob hatte er eine theologische Karriere vorgesehen. 1768 bezog Lenz daher die Universit|t in Kunigsberg. Als er jedoch das Theologiestudium abbrach und sich Literatur und Philosophie zuwandte, kam es zum Bruch mit dem Vater, mit dem sich Lenz sein ganzes Leben lang nicht wieder versuhnen konnte. Zun|chst als Befreiung erlebt, fthrte der Verlust famili|rer Bindungen Lenz sehr bald in Abh|ngigkeiten und materielle Not. Im Frthjahr 1771 kam Lenz als Begleiter der livl|ndischen Barone Friedrich Georg und Ernst Nikolaus von Kleist nach Straßburg, wo die adligen Brtder in franzusische Milit|rdienste traten. In Straßburg verbrachte er die n|chsten ftnf Jahre. Goethe verließ die Stadt am 9. August 1771, um nach Beendigung seiner juristischen Studien nach Frankfurt zurtckzukehren. Beide begegneten sich in der studentischen Tischgesellschaft des Aktuars Johann Daniel Salzmann (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 81). Im 11. Buch von „Dichtung und Wahrheit“ berichtet Goethe rtckblickend: Ich lernte ihn ÆLenzæ erst gegen das Ende meines Straßburger Aufenthalts kennen. Wir sahen uns selten; seine Gesellschaft war nicht die meine, aber wir suchten doch Gelegenheit uns zu treffen, und theilten uns einander gern mit, weil wir, als gleichzeitige Jsnglinge, whnliche Gesinnungen hegten. (AA DuW 1, 409.) Der beiderseitige Austausch betraf Shakespeare, Ossian, Homer, sie alle Vorbilder einer Erneuerung der deutschen Literatur: Will Jemand unmittelbar erfahren, was damals Æ:::æ gedacht, gesprochen und verhandelt worden, der lese den Aufsatz H e r d e r s s b e r S h a k s p e a r e, Æ:::æ ferner L e n z e n s A n m e r k u n g e n s b e r ’s T h e a t e r (ebd., 408 f.). Von Anfang an suchte Lenz – intellektuell und persunlich – Goethes N|he. Dieser war ftr ihn eine Mentorfigur, wie es ftr Goethe seinerseits M|nner wie Johann Heinrich Merck, Johann Gottfried Herder, Johann Daniel Salzmann oder frther schon Ernst Wolfgang Behrisch waren. Goethe tbernahm diese Funktion zun|chst bereitwillig, nahm Anteil am Schaffen des Freundes und furderte ihn; so half er etwa bei der Veruffentlichung der „Lustspiele nach dem Plautus ftrs deutsche Theater“ (Frankfurt und Leipzig 1774), der Dramen „Der Hofmeister“ (Leipzig 1774) und „Der Neue Menoza“ (Leipzig 1774) sowie der „Anmerkungen tbers Theater“ (Leipzig 1774). Lenz
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andererseits feierte Goethes „Gutz von Berlichingen“ und „Die Leiden des jungen Werthers“; tber beide Werke schrieb er bedeutende Rezensionen (ber Goetz von Berlichingen [erstmals gedruckt 1901]; Briefe tber die Moralit|t der Leiden des jungen Werthers [erstmals gedruckt 1918]). Goethe erkannte die Gemeinsamkeit mit Lenz in |sthetischen Fragen durchaus an; so erw|hnt er in seiner kleinen Schrift „Dritte Wallfahrt nach Erwins Grabe im Juli 1775“ Lenz namentlich und beschreibt eine kongeniale Unterredung mit ihm tber die Schtpfungskraft im Ksnstler, welche ein aufschwellendes Gefshl der Verhwltnisse, Maase und des Gehtrigen sei, und nur durch sie kunne ein selbststwndig Werk, wie andere Geschtpfe durch ihre individuelle Keimkraft hervorgetrieben werden. (DjG3 5, 240.) Sosehr dies auch nach dem Bekenntnis einer Seelenverwandtschaft mit Lenz klingen mag, Monate sp|ter entstand mit Goethes Wechsel nach Weimar und seinem Eintritt in herzogliche Dienste doch zunehmend ein Bruch zwischen den Freunden. Abgesehen von dem nun noch deutlicher als zuvor zu Tage tretenden sozialen Gegensatz zwischen dem gut situierten herzoglichen Beamten und dem mittellosen Dichter, empfand Lenz Goethes Assimilation an die Weimarer Verh|ltnisse als Verrat frtherer gemeinsamer berzeugungen. Goethe war – so darf vermutet werden – in Lenz’ Augen dabei, als Mitglied der etablierten Gesellschaft Freiheit und Dichterberuf aufzugeben. Lenz traf am 3. April 1776 in Weimar ein. Er befand sich in großen materiellen Schwierigkeiten und erhoffte sich durch die „Gegenwart meines Freundes Goethe“ (Brief an Knebel vom 6. M|rz 1776; Lenz, Briefe 1, 189) Hilfe. Der Ankummling wurde in Weimar freundlich aufgenommen, Goethe vermittelte ihm finanzielle Unterstttzung durch den Herzog (vgl. die erste Erl|uterung zu 50,2) und die Freundschaft Wielands, gegen dessen Poesie und Sitten verderbenden Epikureismus Lenz in seinen Satiren „Menalk und Mopsus“ (Frankfurt a. M. 1775) und „Eloge de feu Monsieur xxnd“ (Hanau 1775) zuvor heftig zu Felde gezogen war. Lenz genoss den Aufenthalt; Ende Mai 1776 berichtete er an Johann Georg Zimmermann: „Wieland Goethe und ich leben in einer seeligen Gemeinschaft, erstere beyde Morgens in ihren G|rten, ich auf der Wiese wo die Soldaten exerziren, nachmittags treffen wir uns oben beym Herzog, der mit einer auserlesenen Gesellschaft guter Leute an seinem Hofe Æ:::æ seine meisten und angenehmsten Abende zubringt. Goethe ist unser Hauptmann.“ (Lenz, Briefe 1, 266.) Diese idyllische Beschreibung verschweigt, dass Lenz von Anfang seines Aufenthalts an immer wieder mit dem Hof und der Weimarer Gesellschaft in Konflikt geriet. Sein unangepasstes Verhalten verstieß gegen Etikette und Konvention und fthrte wiederholt zu mehr oder weniger großen Skandalen. Goethe beschreibt Lenz’ Auftreten folgendermaßen: Fsr seine Sinnesart wsßte ich nur das englische Wort whimsical Æwunderlich, schrulligæ, welches, wie das Wtrterbuch ausweist, gar manche Seltsamkeiten in einem Begriff zusammenfaßt. (AA DuW 1,
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409 [11. Buch].) Zeitgenossen berichten z. B. tber Hofb|lle, zu denen Lenz uneingeladen und in unpassender Kleidung erschien und sich unschicklich betrug (vgl. BG 1, 487 f.). Schon am 25. April 1776 heißt es in Goethes Brief an Charlotte von Stein: Lenzens Eseley von gestern Nacht, hat ein Lachfieber gegeben. Ich kann mich gar nicht erhohlen. (57,12–13.) Am 13. Mai schrieb Wieland an Johann Heinrich Merck: „Le n z a m H o f e – Was dtnkt euch dazu? Seit er hier ist, ist kaum ein Tag vergangen, wo er nicht einen oder andern Streich h|tte ausgefthrt, der jeden andern als ihn in die Luft gesprengt h|tte. Æ:::æ Ein herrlicher Junge, das weiß Gott“ (WB 5, 505). Solche und |hnliche Berichte enthalten Wielands Briefe das ganze Jahr tber; am 13. Januar 1777 heißt es schließlich im Brief an Merck: „Lenz ist ein heteroclites Geschupf; gut und fromm wie ein Kind, aber zugleich voller Affenstreiche, daher er oft ein schlimmerer Kerl scheint, als er ist“ (WB 5, 583). Diese „seltsame Composition von Genie und Kindheit“ (Wieland an Merck, 9. September 1776; WB 5, 548) dtrfte erkl|ren, dass sich Lenz nicht schon zu Beginn seines Aufenthalts in Weimar ,in die Luft gesprengt‘ hat: „Wir lieben ihn Alle, wie unser eigen Kind“ (ebd.). Goethe, der sich nicht nur um Lenz ktmmerte, sondern von Ende Juni an auch um Friedrich Maximilian Klinger (vgl. zu 90,18–19), geriet wegen seiner Freunde in manche Verlegenheit. Entspannung trat ein, als Lenz Ende Juni, wenige Tage nachdem Goethe (am 25. Juni) ins Geheime Consilium eingetreten war, aufs Land nach Berka zog, „in eine Einsiedeley“ (Brief an Johann Georg Zimmermann, Ende Mai 1776; Lenz, Briefe 1, 266); dies nicht nur, um seine „Arbeit zu Stande zu bringen“ (ebd.), sondern gewiss auch, um auf Distanz zu gehen. Er war sich bewusst, in Weimar die Funktion zu haben, „den Guttern zur Farce zu dienen“, wie es voller Selbstironie in seinem in Berka entstandenen Dramolett „Tantalus“ heißt (Lenz, Werke und Briefe 3, 204). Charlotte von Stein erkl|rte er in einem Brief von Anfang September 1776, er wolle in Weimar nicht mehr „faire le plaisant“ Æden Narren machenæ (Lenz, Briefe 2, 31). In Berka arbeitete Lenz an seiner Prosadichtung „Der Waldbruder ein Pendant zu Werthers Leiden“, die schon im Titel den Bezug zu Goethe herstellt. Auch in diesem Werk geht es um Distanzierung, in diesem Fall zu Goethe. In den gegns|tzlichen Figuren Herz und Rothe lassen sich unschwer Lenz und Goethe erkennen. Letzteren schildert Lenz als Typus des erfolgreichen Angepassten und realistischen Pragmatikers, der von sich sagt: „Man nutigt mich tberall hin und ich bin tberall willkommen, weil ich mich tberall hinzupassen und aus allem Vorteil zu ziehen weiß.“ (Lenz, Werke und Briefe 2, 386.) Herz dagegen l|sst der Verfasser durch Rothe wiederholt als „Narren“ bezeichnen mit „offenbaren Zeichen des Wahnsinns“ (ebd., 385), weil er sich gegen alle Versuche str|ube, sich zu einem „brauchbaren Menschen machen“ zu lassen (ebd., 387). An den Aufenthalt in Berka schlossen sich einige Wochen an, die Lenz in Kochberg verbrachte. Dort lebte er in der Zeit vom 12. September bis Ende Okto-
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ber 1776 als Englischlehrer Charlotte von Steins. Von Kochberg kehrte Lenz ftr wenige Tage nach Weimar zurtck und ging am 1. November noch einmal nach Berka (vgl. GT I 1, 28). In der zweiten H|lfte des November war er wieder in Weimar, und dann geschah am 26. November etwas, das Goethe als Lenzens Eseley (GT I 1, 30) bezeichnete, einer von jenen „Affenstreichen“, der ihn nun doch, wie Wieland sich ausdrtckte, ,in die Luft sprengte‘. Was genau vorfiel, ist nicht sicher bekannt. (ber die bisher angestellten Vermutungen informieren Werner H. Preuß: „Lenzens Eseley“: „Der Tod der Dido“. In: GJb 106 [1989], S. 53–90; Egon Menz: Lenzens Weimarer Eselei. Ebd., S. 91–105; HansGerd Winter: Jacob Michael Reinhold Lenz. Stuttgart, Weimar 2000, S. 84 f.; vgl. ferner zu 121,1.) Offenbar aber ging es nicht um einen erneuten ,Streich‘ am Hof oder in Gesellschaft, sondern um einen Vorfall, den Goethe ihm persunlich tbel nahm. Am 29. oder 30. November 1776 schrieb Lenz an Herder, er sei sich sicher, dass Goethe sich ftr ihn beim Herzog einsetzen werde, und ftgte hinzu: „Æ:::æ so sehr ich ihn beleidigt habe.“ (Lenz, Briefe 2, 57.) Wie sehr sich Goethe getroffen fthlte, erhellt aus einer ußerung im Brief an Charlotte von Stein vom 1. Dezember: Die ganze Sache reisst so an meinem innersten, dass ich erst dadran wieder spsre dass es tschtig ist und was aushalten kann. (121,2–4.) Auf jeden Fall fthrten die Umst|nde zum vulligen Bruch zwischen Goethe und Lenz. Dieser wurde durch Carl August aus Weimar ausgewiesen und verließ sehr wahrscheinlich am 1. Dezember 1776 die Stadt, „ausgestossen aus dem Himmel als ein Landl|uffer, Rebell, Pasquillant.“ (Brief an Herder, 29. oder 30. November 1776; Lenz, Briefe 2, 56.) Offensichtlich gab es gegen die Behandlung Lenzens von verschiedenen Seiten Widerstand. Dies geht u. a. aus Goethes Brief an Friedrich Hildebrand von Einsiedel vom 30.? November (Nr 191) hervor, der wohl ein gutes Wort ftr Lenz eingelegt hatte; Goethe gab sich kompromisslos und bestand auf der Ausweisung: Lenz wird reisen. (119,14.) Jener Vorfall dtrfte allerdings bloß Anlass ftr den Abbruch der Beziehung gewesen sein; denn auch frther schon hatte Lenz sich so betragen, dass Goethe von Eseley (57,12) sprach. Die Ursachen ftr den Bruch mit Lenz waren grunds|tzlicher Art und lagen auf literarischer und weltanschaulicher Ebene. Goethe trennte sich nicht nur von seinem frtheren Freund, sondern auch von seiner eigenen Vergangenheit, die er tberwunden und hinter sich gelassen hatte. Dies wird noch aus der psychologischen Diagnose des Falles Lenz in „Dichtung und Wahrheit“ deutlich. Dort fthrt Goethe aus, Lenzens Selbstquwlerey und sein Abarbeiten in der Selbstbeobachtung habe zu einem unaufhurlichen inneren Streit gefthrt: Diesen zu fshren und zu unterhalten sbertraf nun Lenz alle sbrigen Un- oder Halbbeschwftigten, welche ihr Innerstes untergruben, und so litt er im Allgemeinen von der Zeitgesinnung, welche durch die Schilderung Werther’s abgeschlossen seyn sollte (AA DuW 1, 493 f. [14. Buch]). Ein solcher ,Wertherismus‘ – Introspektion und Selbstzweifel, Rtckzug ins eigene Ich und Isola-
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tion von der Gesellschaft – war ftr den weimarischen Geheimen Legationsrat Goethe sowohl persunlich als auch schriftstellerisch obsolet geworden. Aus seiner Lebensbeschreibung geht weiter hervor, dass er Lenz – wohl zu Unrecht – der Intrigue (ebd., 494) verd|chtigte: Dieser habe sich von Friederike Brion seine, Goethes, Briefe zu verschaffen und ihm durch die Veruffentlichung der Posse „Gutter Helden und Wieland“ zu schaden gesucht (vgl. AA DuW 1, 535 [15. Buch] und 2, 485 [Paralipomenon 8.4]; vgl. ferner „Lenz“ in den „Biographischen Einzelnheiten“; WA I 36, 229–231). So kommt es – bei aller Anerkennung von Lenz’ Talent, das ihm aus wahrhafter Tiefe und unerschtpflicher Productivitwt hervorzugehen schien (AA DuW 1, 494 [14. Buch]) – zu Goethes Restmee: Lenz Æ:::æ, als ein vorsbergehendes Meteor, zog nur augenblicklich sber den Horizont der deutschen Literatur hin und verschwand plttzlich, ohne im Leben eine Spur zursckzulassen (AA DuW 1, 497 [14. Buch]) – ein Urteil, das bis heute nachwirkt. Nach der Ausweisung aus Weimar ging Lenz nach Emmendingen zu Johann Georg Schlosser. Ende 1777 traten Anf|lle psychischer Sturungen auf. Von Januar 1778 an ktmmerte sich Schlosser um den Kranken. Im Sommer 1779 holte ihn der Bruder Carl Heinrich Gottlob Lenz nach Hause. Der Plan, Lenz eine Rektorstelle an der Domschule in Riga zu verschaffen, zerschlug sich, nicht zuletzt durch Herders Votum: „Mit Lenzen ist nichts: er taugt nicht zur Stelle, so lieb ich ihn habe.“ (Brief an Friedrich Hartknoch, Dezember 1779; HB 4, 106.) Daraufhin wurde Lenz von seinem Vater, inzwischen Generalsuperintendent von Livland, an den Hof von Petersburg geschickt, wo er sich von Februar bis September 1780 aufhielt und erneut scheiterte. Im Herbst 1781 schließlich vermittelte ihm der russische Staatsrat Gerhard Friedrich Mtller Arbeit als Privatlehrer in Moskau. Dort verbrachte Lenz das letzte Jahrzehnt seines Lebens, wie frther als Hauslehrer, auch als Lehrer an uffentlichen Schulen, doch stets ohne feste Anstellung und ohne fixes Einkommen. Aus einem Brief Lavaters an den mit Lenz befreundeten russischen Schriftsteller Nikolai Michailowitsch Karamsin vom 30. M|rz 1787 geht hervor, dass sich Lenz gegen Ende seines Lebens noch einmal an Goethe gewandt hat: „G o e t h e ist jetzt in Neapel oder Rom Æ:::æ. Wenn er bald herkommt, will ich Deinen Auftrag mtndlich ausrichten.“ (Briefwechsel zwischen Karamsin und Lavater mitgeteilt von FrÆanzæ Waldmann zum Drucke vorbereitet von Jakob Grot. St. Petersburg 1893, S. 33.) N|heres ist nicht bekannt. Goethe vermied auf der Rtckreise von Italien einen Besuch Lavaters in Ztrich; ftr ihn blieb die Beziehung zu beiden, Lavater und Lenz, abgebrochen. Am 23. oder 24. Mai 1792 wurde Lenz tot auf einer Moskauer Straße aufgefunden. Der vorliegende Brief ist der einzige tberlieferte Brief Goethes an Jacob Michael Reinhold Lenz. Einige weitere Briefe konnten erschlossen werden (vgl. GB 2 I, EB 14, 40, 84, 95, 116, 159, 185). Goethes Briefe sollen von Lenz Charlotte von Stein anvertraut worden sein; jedenfalls teilte deren Sohn Fritz in seinen „Er-
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l|uterungen zu einer Sammlung von Briefen von Goethe von 1776 bis 1821“ mit: „Doch kam Lenz Ænach seiner Ausweisung aus Weimar Ende November 1776æ noch einmal durch Weimar und gab alle von Goethe empfangenen Briefe meiner Mutter, in die er ein großes Vertrauen setzte.“ (Fielitz, Goethe-Stein 1, X; vgl. auch Joh. Froitzheim: Lenz und Goethe. Æ:::æ Stuttgart, Leipzig, Berlin, Wien 1891, S. 57.) (Dass diese Darstellung zutrifft, wird jedoch in Zweifel gezogen; vgl. Lenz, Briefe 1, VIII, Anm. 1.) Andererseits haben sich insgesamt 12 Briefe von Lenz an Goethe erhalten; sie stammen alle aus den Jahren von 1774 bis 1776. 78,17 Hier ist der Guibert Æ:::æ nicht zu haben.] Im Bezugsbrief hatte Lenz um folgende Btcher – vermutlich als Leihgabe – gebeten:
|ffl{zffl}
Alle Btcher auf dem Stuhl Polyb vies des peintres Stuart Btschings Geographie der Theil v. Frankreich Comte de Saxe. die mir Dictionnaire Einige Karten Bertuch verschafft. Girards Grammaire Abbt St. Pierre Hamilton Crebillon Guibert (wozu ich wenns seyn kann, den 1 sten Theil u. die Kupfer) Instruktion der franzusischen Truppen Chevalier d’Eon. Vor allen Dingen Kriegsbaukunst Homer D a s P a c k m i t m e i n e n 2 B r i e f t a s c h e n (unaufgemacht) D a s P | c k g e n C a t h a r i n a v. S i e n a vor allen Dingen und unaufgemacht. Julius Caesar (Lenz, Briefe 2, 3 f.) 2 Polyb] Was genau Lenz wtnschte, ist unklar. Er besch|ftigte sich sowohl mit dem griechischen Geschichtsschreiber Polybios selbst als auch mit dem Werk des franzusischen Milit|rtheoretikers Jean Charles de Folard „Nouvelles dcouvertes sur la guerre dans une dissertation sur Polybe“ (Paris u. a. 1724 u. u.). 2 vies de peintres] „Les vies des meilleurs peintres, sculpteurs et architectes“, eine (nicht n|her ermittelte) franzusische Ausgabe von Giorgio Vasaris „Le vite de’ pi~ eccellenti architetti, pittori, et scultori Italiani“ (Florenz 1550). 3 Stuart] Vermutlich das zuerst 1767 erschienene Werk „Untersuchung der Grund-S|ze von der Staats-Wirthschaft“ (5 Bde. Ttbingen 1769–1772) des schottischen Nationalukonomen James Denham-Steuart. Im Brief vom 16. November 1777 bittet Goethe seine Mutter: Schlosser soll mir das Buch Stuarts Finanz System von Lenzen Æ:::æ schicken. (177,13–14.) Lenz hatte es nach seiner
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Abreise aus Weimar Ende 1776 mit nach Emmendingen genommen. 3 Btschings Geographie] Anton Friedrich Btschings „Neue Erdbeschreibung“ (Hamburg), Teil 1–11 von Btsching selbst 1754–1792 herausgegeben; die Einzelb|nde erlebten viele Auflagen. Der 2. Teil (1754) enth|lt die Geographie Frankreichs. 4 Comte de Saxe.] Moritz von Sachsens Werk „Les rveries, ou Mmoires sur l’art de la guerre“ (Den Haag 1756). 5 Dictionnaire] Mit Blick auf den im Folgenden erw|hnten franzusischen Grammatiker Gabriel Girard muglicherweise dessen „Synonymes franais, leur diffrentes significations et le choix qu’il en faut faire pour parler avec justesse“ (Paris 1718). 5 Einige Karten] Nicht ermittelt. 6 Girards Grammaire] Eine (nicht n|her ermittelte) Ausgabe von Abb Gabriel Girards Werk „Les vrais principes de la langue franoise“ (Paris 1747). 6 Abbt St. Pierre] Charles Irne Castel Abb de Saint-Pierre, Verfasser der Schrift „Projet pour rendre la paix perptuelle entre les potentats de l’Europe“ (3 Bde. Utrecht 1713) und der „Annales politiques“ (London [i. e. Paris] 1757; entstanden 1694). 5–6 die mir Bertuch verschafft] Dartber ist nichts weiter ermittelt worden. 7 Hamilton] Antoine Hamilton, Verfasser der Lebensgeschichte seines Schwagers „Mmoires de la vie du Comte de Gramont“ (Kuln 1713; zahlreiche weitere Ausgaben) und der „Contes“ (entstanden zwischen 1695 und 1715; erschienen in zahlreichen Ausgaben). 8 Crebillon] Claude Prosper Jolyot de Crbillon (d. J.), Verfasser erotischer Romane (u. a. „Le sopha, conte moral“ [Paris 1742]). 9 Guibert] Jacques Antoine Hippolyte de Guibert, franzusischer General und Schriftsteller; Lenz studierte dessen „Essai gnral de tactique“ (2 Bde. Paris [u. a.] 1772; mit Kupferstichen). Er hatte ihn offenbar seinem Freund Johann Gottfried Roederer zur Verftgung gestellt (vgl. dessen Brief an Lenz vom 23. Mai 1776; Lenz, Briefe 1, 255). Vermutlich deshalb lieh er sich Goethes Exemplar aus; dieser hatte das Werk mit seinem Brief an Christian Wilhelm Steinauer vom 15. April 1776 bestellt (vgl. 54,16–18). Im Brief an Augusta Louise zu Stolberg vom 17. bis 24. Mai 1776 berichtet er – im Briefteil vom 19. Mai – von der Lekttre des Buches (vgl. 68,11). 10 Instruktion der franzusischen Truppen] Nicht ermittelt. 11 Chevalier d’Eon.] Charles Genevixve Louis Auguste Andr Timothe d’Þon de Beaumont; 1775 waren in Amsterdam seine gesammelten Werke erschienen: Les loisirs sur divers sujets importants d’administration (13 Bde). 12 Kriegsbaukunst] Nicht ermittelt. 13 H o m e r ] Offenbar war eine Homer-Ausgabe von Lenz in Straßburg verblieben, ebenso wie Werke Shakespeares (vgl. Johann Gottfried Ruderer an Lenz, 23. Mai 1776; Lenz, Briefe 1, 256). 15 C a t h a r i n a v. S i e n a ] Manuskript von Lenz’ Drama, das Fragment blieb. 16 Julius Caesar] Muglicherweise das Shakespeare-Drama (vgl. die Erl|uterung zu Homer). 78,18 eine Louisdor] Gegen den sonst tblichen Gebrauch verwendet Goethe das Wort gelegentlich als Femininum (vgl. auch GB 1, 19,5; 189,14; 213,30–31).
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78,19 Deine Zeichnungen] Welche Zeichnungen Lenz geschickt hatte, ist nicht bekannt. Eine seiner Zeichnungen von Oktober 1776, eine Landschaft (Bruchau, Flursttck bei Kochberg), ist in Goethes Kunstsammlungen tberliefert (GNM, Inv.-Nr KHz, Ident-Nr: 215148). 137. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Anfang Juli 1776?æ ! ÆPyrmont?æ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) ist der vorliegende Gedichtbrief Anfang Oktober 1780 eingeordnet. Schull vermutet, er sei eine Beilage zum Brief vom 1. September 1776 (Nr 164) gewesen, in dem Goethe ftr Charlotte von Stein besorgtes Selzer Wasser (102,9) erw|hnt. Fielitz datiert ihn gleichfalls nur vermutungsweise auf den 22. September 1781, da er annimmt, mit Wir (79,4) w|ren Goethe und Friedrich von Stein gemeint (Fielitz, GoetheStein 1, 373, Nr 733 sowie 501, Anm. 6; ebenso bei Wahle, Goethe-Stein 1, 347, Nr 733). In der WA wurde er nur unter den Gedichten aus dem „Nachlaß. An Personen“ mit der berschrift „An Frau von Stein“ gedruckt. Fr|nkel ordnet ihn Anfang Juli ein, und zwar in der Annahme, das Gedicht sei auch im Namen Herzog Carl Augusts geschrieben. Da das Verh|ltnis zum Herzog nur in der Zeit kurz nach Goethes Berufung „den Charakter einer fast brtderlichen Intimit|t“ angenommen habe, gehure der vorliegende Gedichtbrief in diese Zeit (Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 384, Anm. zu Nr 79 und 80; Fr|nkel, Goethe-Stein2 3, 28, Anm. zu Nr 79 und 80). Dazu passt auch der Inhalt des Gedichts, der vermutlich als Begleitbrief zur bersendung eines Trinkglases geschrieben wurde (vgl. 79,2) und eine Abwesenheit der Adressatin voraussetzt (vgl. zu 79,5). Charlotte von Stein war am 25. Juni 1776 zur Kur nach Pyrmont aufgebrochen (vgl. zu 81,22). Kurz nach ihrer Abreise kunnte das vorliegende Gedicht entstanden und mit einem Geschenk nach Pyrmont geschickt worden sein. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 104. – 1 Bl. 969 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Heftspuren am oberen Rand; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „131.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 131), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 57, Anm. 1. WA I 4 (1891), 217. BEI L AG E
Trinkglas? (vgl. zu 79,2).
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BRIEF 138
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 1. Juli 1776: B. Fr. v. Stein fr. Pyr Caßel (GR/RB 1776, 2, Bl. 11v). 79,2 Aus diesem Glas zu trincken] Es kunnte sich um ein besonderes Trinkglas ftr die Kur in Pyrmont handeln, zu dem das vorliegende Gedicht muglicherweise ein Begleitbrief war. 79,4 Wir] Wahrscheinlich Goethe und Carl August (vgl. Datierung). 79,5 fern] Auch diese Formulierung scheint darauf zu verweisen, dass die Adressatin nicht in dem nur etwa 30 km von Weimar entfernten Kochberg war, sondern wahrscheinlich an einem weiter entfernten Ort wie Pyrmont im Weserbergland (vgl. zu 62,6). 138. An Johann Gottfried Herder
ÆWeimaræ, 5. Juli 1776 ! Btckeburg
BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin. – Doppelblatt 19623,3 cm, 2 1/3 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; S. 4 Adresse: An / Herrn Consistorialrath / Herder / in / Bsckeburg. / fr (fr von fremder Hd mit schwarzer Tinte tberschrieben und unterstrichen: „f r e y“; Bsckeburg ebenfalls von fremder Hd mit schwarzer Tinte unterstrichen), rotes Initialsiegel: „G“; Bl. 2 am Rand beschnitten zum ffnen des Siegels; S. 1 oben links von fremder Hd, Bleistift: „12“, rechts daneben Stempel: „Herder.“ sowie von fremder Hd (Heinrich Dtntzer oder Ferdinand Gottfried von Herder?, Herausgeber von E), Bleistift: „(21.)“. E: Aus Herders Nachlaß 1 (1856), 61–63, Nr 21. WA IV 3 (1888), 79–81, Nr 482. ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief (vgl. 80,4) ist nicht tberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 8. Juli 1776 (vgl. GR/RB 1776, 2, Bl. 12r). – Vermutlich wurde der vorliegende Brief erst am 8. Juli 1776 abgeschickt. Dass zwischen dem Brief vom 5. Juli und dem bereits am 10. Juli 1776 folgenden n|chsten Brief ein weiterer geschrieben wurde, ist unwahrscheinlich. 79,9–11 in der Superintendur Æ:::æ ausmistet] ,Superintendur‘: Schreibversehen. – Caroline Herder schreibt in ihren „Erinnerungen“: „Ein Geistlicher bei der dortigen ÆWeimareræ Stadtkirche hatte von zwei Regierungs-Mitgliedern das
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Versprechen der General-Superintendentur l|ngst erhalten.“ (1, 251.) Es handelte sich um den Oberkonsistorialrat Johann Wilhelm Seidler, der nicht nur wegen der get|uschten Hoffnung auf Befurderung zu Herders Gegnern gehurte. Er bewohnte zudem die Amtswohnung des Generalsuperintendenten am Tupfenmarkt (Topfberg) neben der Stadtkirche (heute Herderplatz 8), die w|hrend der Vakanz der Stelle an ihn vermietet war. Schon am 28. Februar 1776 hatte Herzog Carl August in einem Reskript angeordnet, es solle „die dem Generalsuperintendenten bestimmte Wohnung b a l d m u g l i c h s t ger|umt und in wohnbaren Stand gesetzt werden“ (Peucer, 58). Inzwischen war die dreimonatige Ktndigungsfrist (vgl. ebd.) abgelaufen. – Seidler soll ftnf Suhne und ftnf Tuchter gehabt haben; nachweisen lassen sich nur folgende: Heinrich Friedrich Wilhelm (fast 26 Jahre alt), Anna Carolina (24 Jahre), Carl Ludwig (21 Jahre), August Gottfried Ludwig (17 Jahre), Aemilius August Ferdinand (14 Jahre), Amalie Christiane Dorothea (10 Jahre) und Hieronymus Wilhelm Christian (11 Jahre) (vgl. Fritz Meyen: ber die Anf|nge der Bibliothek des Collegium Carolinum zu Braunschweig und ihren ersten Bibliothekar Johann Wilhelm Seidler. In: Braunschweigisches Jahrbuch 54 [1973], S. 208). 79,12–13 deine Frau Wochen halten ktnne] Am 18. August 1776 brachte Caroline Herder ihren Sohn August zur Welt. Ihre Schwangerschaft und Niederkunft verzugerten Herders Abreise nach Weimar, nachdem die formalen Voraussetzungen ftr seine Berufung mit der Ausstellung des herzoglichen Ernennungsdekrets zum Oberpfarrer und der entsprechenden Urkunde des Btrgermeisters und des Stadtrats am 1. August 1776 (HN, XXXVII 85 f.) endgtltig geschaffen worden waren. Bereits seit Januar 1776 hatten sich die Berufungsverhandlungen hingezogen, verzugert durch den Widerstand der Weimarer Geistlichkeit; vgl. die einleitenden Erl|uterungen zu Nr 6 und 17 sowie zu 24,17 und zu 64,2–3. – ,Wochen‘: Verktrzt ftr ,Wochenbett‘ oder ,Kindbett‘, das Frauen nach der Entbindung gewuhnlich sechs Wochen lang htten mussten. 80,3 was dich Reise und Transport kostet] Herder erhielt ftr den Umzug schließlich 250 Reichstaler „in Pistolen zu 5 Thlr. 2 Gr.“ (Peucer, 62. – Pistole: Louisdor.) 80,6 Kommt also s o b a l d i h r k t n n t ] Herder und seine Frau trafen mit dem zweij|hrigen Gottfried und dem S|ugling August am 1. Oktober 1776 in Weimar ein. 80,8 meine Wohnung] Goethe hatte seit Ende Juni 1776 im Haus des Hofkassierers Kunig am heutigen Burgplatz gegentber dem Gelben Schloss eine Wohnung gemietet (vgl. zu 43,18), hielt sich aber meist in seinem Gartenhaus auf. 80,9 Faunchen] Faune: Begleiter (oder Kinder) des altitalischen Land- und Feldgottes Faunus, Gottes der Natur und Beschttzers der Hirten und Bauern. 80,12 wenn du als G. S. p gebohren bist] Die Berufung Herders zum Generalsuperintendenten – eine nach Goethes Worten ,schwierige Geburt‘ – wurde
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BRIEF 139
mit der Ernennung zum Weimarer Oberpfarrer am 1. August 1776 abgeschlossen. – ,p‘: lat. perge: und so weiter. 80,13–14 Du brauchst nur Æ:::æ Politick.] Ein solches Verhalten – sich ,nattrlich‘ zu geben im Gegensatz zu strenger Beachtung hufischer Etikette – in seiner Umgebung gefurdert zu haben, gehurte zu den Vorwtrfen, die Goethe gemacht wurden (vgl. zu 5,18 sowie die einleitende Erl|uterung zu Nr 57). Vor allem Wieland wies sie wiederholt in seinen Briefen zurtck, so in seinem Brief vom selben Tag an Merck: „Er ÆGoetheæ hat bey all seiner anscheinenden u: wtrcklichen Naturwildheit, im kleinen Finger mehr C o n d u i t e und S c a v o i r f a i r e als alle Hofschranzen, Bonifaz Schleichers, und Politischen Kreuzspinnen zusammengenommen, in Leib und Seele.“ (WB 5, 520 f.) 80,16–17 deiner ersten Predigt] Seine Antrittspredigt in Weimar hielt Herder am 20. Oktober 1776 tber Matth|us 22,1–14, das Gleichnis vom kuniglichen Hochzeitsmahl, erstmals gedruckt im „Weimarischen Herder-Album“ ( Jena 1845, S. 65–84). ber die Aufnahme beim Publikum berichtete er in seinem Brief an Johann Georg Hamann vom 13. Januar 1777: „Meine erste Predigt, die ich in aller Ruhe eines Unwißenden aller vorigen Gertchte hielt, wandte mir hohes u. niedres Volk so unglaublich zu, daß ich nun freilich auf ein so leicht gewonnenes Gut nicht viel rechne, es doch aber zum Anfange als eine sehr gute Schickung u. Htlfe ansehen muß.“ (HB 4, 25.) 80,18 verschobene Kerls] ,Verschoben‘ in dem Sinn wie etwa im „Clavigo“: Es ist ltblich, daß man dem Menschen, der durch Verschwendung oder andere Thorheiten zeigt daß sein Verstand sich verschoben hat, von Amtswegen Vormsnder setzt. (WA I 11, 92.) 80,23 Denomination] Ernennung (von lat. denominatio: Benennung); hier die Ernennung Herders zum Oberpfarrer durch den Weimarer Stadtrat. Mit einem Brief vom 22. Juli 1776 (HN, XXXVII 84) unterrichtete Carl Friedrich Ernst von Lyncker Herder dartber. 80,23–24 Confirmation] Lat. confirmatio: Best|tigung, Bekr|ftigung. – Gewuhnlich Bezeichnung ftr die Einsegnung von Kindern zur Erneuerung ihres Taufbundes (vgl. Adelung 1, 1745), hier auf die endgtltige Ausstellung des Ernennungsdekrets vom 1. August 1776 bezogen. 80,25 Wiel.] Wieland, der, wie er unter dem Datum des vorliegenden Briefes an Merck schreibt, Goethe „wieder ein paar Tage herrl. genoßen; aber seit den lezten 3 Tagen nur 1. mal fltchtig gesehen“ hatte (WB 5, 520).
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139. An Charlotte von Stein mit Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach ÆWeimar, etwa 6. Juli 1776æ ! ÆPyrmont?æ DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) wurde der vorliegende Gedichtbrief nach dem Brief vom 30. Dezember 1777 (Nr 315) eingeordnet. Seit dem Erstdruck setzten ihn alle Herausgeber mit Ausnahme Fr|nkels in den Juli/ August 1777. Grundlage dieser Datierung war offenbar die Jahresangabe der Empf|ngerin (vgl. berlieferung) sowie die Annahme, dass mit dem ,belebenden‘ Erdsaft (81,11) die Heilquellen in einem Kurort gemeint sein kunnten. 1777 hielt sich Charlotte von Stein zwar vom 23. Juni an in Pyrmont auf und kehrte am 29. Juli zurtck, doch hatte sie in diesem Jahr den Badeort haupts|chlich ihres kranken Mannes wegen aufgesucht (vgl. zu 152,5). – Fr|nkel datiert den vorliegenden Gedichtbrief auf Anfang Juli 1776, woftr nicht nur der wahrscheinliche Empfangsort Pyrmont (vgl. zu 81,11), sondern auch sprachliche Besonderheiten (vgl. zu 81,5; zu 81,6; zu 81,20) sprechen. Auch die Tatsache, dass Goethe und Herzog Carl August gemeinsam an Charlotte von Stein geschrieben haben, also in einem sehr vertrauten Verh|ltnis zueinander gestanden haben dtrften, verweist auf die Zeit kurz nach Goethes Berufung ins Geheime Consilium am 25. Juni 1776, als das Verh|ltnis zum Herzog besonders eng war (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein2 3, 28, Anm. zu Nr 82 und 83). Charlotte von Stein war an diesem Tag zur Kur nach Pyrmont aufgebrochen (vgl. zu 81,22), einige Zeit danach kunnten die beiden Gedichtbriefe Nr 137 und 139 geschrieben worden sein. Einen Hinweis auf eine genauere Datierung gibt die Erw|hnung des Cammer Etats (81,3), mit dem muglicherweise der am 6. Juli 1776 verabschiedete gemeint ist. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 67. – Doppelblatt 17,4(–17,7)619,9 (–20,3) cm, 1 1/4 S. beschr., Carl Augusts Hd, Tinte (S. 1; Petitdruck) und egh., Tinte (S. 3); S. 1 oben rechts von der Mitte von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „77“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „59.“; S. 3 links unter dem Text von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „7“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „60.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 67), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 109. WA IV 3 (1888), 167, Nr 623. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
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BRIEF 140
81,3 Cammer Etat] Dass Carl August die Aufstellung des Kammer-Etats ftr so bemerkenswert h|lt, sie im Gedichtbrief ftr Charlotte von Stein zu erw|hnen, spricht daftr, dass dies ftr ihn noch etwas Ungewuhnliches war. Wahrscheinlich also handelt es sich um einen der ersten unter seiner Regentschaft verabschiedeten Etats. Am 6. Juli 1776 hatte das Geheime Consilium tber die Aufstellung eines Kammer-Etats beraten. An der Sitzung nahm neben dem Herzog, Jacob Friedrich von Fritsch, Christian Friedrich Schnauß und Goethe auch der neu berufene Kammerpr|sident Johann August von Kalb teil (Protokoll der Beratung in: AS 1, 5–15, Nr 3). 81,5 durchschweben] Schweben: sich in unbestimmter Richtung bewegen; erinnert an die Diktion von Goethes Anamnesis-Gedicht aus dem April 1776 (vgl. zu 53,3). 81,6 dumpfes, doch ssßes Geleit] ,Dumpf‘ wohl in Anlehnung an Goethes Sprachgebrauch in dieser Zeit; ,stß‘ hier in „weiterer Bedeutung, einen hohen Grad der angenehmen Empfindung durch andere Sinne verursachend“ (Adelung 4, 507). 81,10 liebvollen Geistern] Wahrscheinlich mit Bezug auf sich selbst und Goethe. 81,11 Sauge den Erdsaft, saug leben dir ein] In Anspielung auf die Heilquellen, ftr die Pyrmont berthmt war (vgl. zu 62,6). 81,15 Meine liebe Wiese] Die Ilmwiesen unterhalb von Goethes Garten, die in dieser Zeit ebenso wie das ,liebliche Tal‘ h|ufiger erw|hnt werden (vgl. 82,12; 66,14; zu 194,16). 81,19 des Herren Nachbarschafft] Goethe lebte in den Tagen nach seiner Ernennung zum Geheimen Legationsrat in enger Gemeinschaft mit dem Herzog und tbernachtete auch in dessen Wohnr|umen im zweiten Stock des Ftrstenhauses (vgl. zu 82,26). 81,20 Dumpfheit] Mit Bezug auf Seelen- oder Bewusstseinszust|nde „ftr eine unklare, aber umfassende u intensive Empfindung“ (GWb 2, 1290); ,Dumpfheit‘, ,dumpf‘ begegnen in Goethes Briefen an Charlotte von Stein aus dem Jahr 1776 auffallend h|ufig, w|hrend die Begriffe in den darauffolgenden Jahren kaum noch verwendet werden (vgl. zu 53,2). 140. An Charlotte von Stein mit Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach ÆWeimaræ, 25. Juni–9. Juli Æ1776æ ! Pyrmont DAT I E RU N G
Der Brief besteht aus drei Teilen (vgl. berlieferung), die im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) an zwei verschiedenen Stellen eingeordnet sind.
JUNI/JULI 1776
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Der erste Teil, geschrieben vom 25. Juni bis zum 9. Juli (81,22–82,25), findet sich unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Der Inhalt belegt jedoch eindeutig, dass er ins Jahr 1776 gehurt: Zu Beginn des Briefes, datiert auf d‘. 25. Nachts (81,22), erw|hnt Goethe eine Abreise Charlotte von Steins (vgl. 81,22). Diese war am 25. Juni 1776 zur Kur nach Pyrmont aufgebrochen (vgl. zu 77,7). Best|tigt wird das Jahr durch die wiederholte Erw|hnung der Schwester der Adressatin (vgl. 82,5; 82,22), die sich seit Mitte Juni 1776 in Weimar aufhielt (vgl. die zweite Erl|uterung zu 76,16), in den folgenden Sommern dagegen den Tagebuchaufzeichnungen und Briefen Goethes zufolge nicht in der Stadt war. Der zweite, adressierte Teil vom 27. Juni bis 5. Juli (82,26–83,31) wurde im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) in den Juni/Juli 1776 eingeordnet, woftr der Inhalt des Briefes spricht: Die Mitteilung zu Beginn D. 27. Jun. Nachts. Ich schlafe beym Herz. (82,26) stimmt mit dem Tagebucheintrag vom 27. Juni 1776 tberein (vgl. GT I 1, 21), ebenso die Erw|hnung der Sitzung des Geheimen Consiliums am folgenden Tag (vgl. 83,2), das 1776 am 28. Juni tagte (vgl. zu 83,1). Auf derselben Seite des Konvoluts befindet sich auch der vollst|ndig datierte dritte Teil des Briefes vom 29. Juni und 2. Juli 1776 (84,1–11). Seit dem Erstdruck werden alle Teile ins Jahr 1776 gesetzt. Schull ordnet den Text chronologisch an, so dass trotz der gemeinsamen berlieferung der Eindruck entsteht, es handele sich um insgesamt neun separate Briefe. Seit Fielitz werden die Teile meist als drei, bei Dtntzer, der sie ebenfalls chronologisch ordnet, als ftnf getrennte Nummern gedruckt (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 42–45, Nr 72–74; Dtntzer, Goethe-Stein, 42–44, Nr 64–68). Abweichend davon betrachtet nur die WA alle Teile als einen Brief, ordnet sie aber |hnlich wie Schull und Dtntzer ohne Rtcksicht auf die berlieferung rein chronologisch „als eine Art Tagebuch“ an (WA IV 3, 286, zu Nr 484). Sie hier als einen Brief in drei getrennt tberlieferten Teilen wiederzugeben, erscheint dadurch gerechtfertigt, dass die Briefteile zeitlich parallel entstanden sind, wobei der erste Teil in einem Zeitraum geschrieben wurde, der die Entstehungszeit der beiden anderen Teile einschließt. Der zweite Teil, am 27. Juli in den R|umen des Herzogs begonnen (vgl. 82,26) und dort am folgenden Tag fortgefthrt, blieb danach muglicherweise einige Tage in den H|nden Herzog Carl Augusts (vgl. 83,6–10) und wurde von Goethe am 5. Juli beendet. In der Zwischenzeit muss Charlotte von Steins Brief aus Pyrmont angekommen sein, woraufhin Goethe am 2. Juli seinen am 25. Juni begonnenen Brief fortsetzte (vgl. 82,1–2) und auch den dritten Teil, das Gedicht vom 29. Juni, mit einem Zusatz versah (vgl. 84,8–11). Es ist daher anzunehmen, dass alle drei Briefteile gemeinsam abgesandt wurden. Daftr spricht auch der Umstand, dass nur der zweite Teil adressiert und gesiegelt ist und Versandspuren aufweist. Ihm kunnten die beiden anderen Teile beigelegen haben, die jeweils auf einem Blatt in kleinerem
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BRIEF 140
Format als das ftr den zweiten Teil verwendete Doppelblatt tberliefert sind (vgl. berlieferung). BERLIEFERUNG
1) Briefteil vom 25. Juni bis 9. Juli (81,22–82,25 d‘. 25. Æ:::æ Tagbuch!!!): H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 119. – 1 Bl., 16,8620 cm, 1 2/3 S. (S. 1 vollst|ndig, S. 3 zu zwei Dritteln) beschr., egh., Tinte:; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „100“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 103), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 43, 44 f., 46 f. WA IV 3 (1888), 82, 83 f., 84 f., Nr 484 (Textkorrektur in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50 [1912], 214). 2) Briefteil vom 27. Juni bis 5. Juli (82,26–83,31 D. 27. Jun. Nachts Æ:::æ 5. Jul., Rs.: Wielands Garten Æ:::æ wsßte. Addio Engel. ): H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 23. – Doppelblatt 19623 cm, 2 S. beschr., egh., Tinte, Bleistift (83,11–14 In deinem Zimmer Æ:::æ Adieu Engel – – –), fltchtig geschrieben, Carl Augusts Hd, Tinte (Petitdruck); S. 3 Adresse: An / Frau von Stein / gebohrne v. Schardt / nach / Pyrmont / fr. Cassel, rotes Initialsiegel: „G“, Postvermerk; S. 1 unten rechts von Charlotte von Steins Hd, Tinte: „(umgew - -)“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „63.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 63), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 43 f., 45 f. WA IV 3 (1888), 82 f., 84 f., Nr 484. 3) Briefteil vom 29. Juni und 2. Juli 1776 (84,1–11 Als ich fsr dich zeichnete Æ:::æ d‘. 2 Juli 76.): H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 23. – 1 Bl. 10,7610,6(–10,9) cm, aus grußerem Blatt ausgeschnitten, jeweils 1/2 S. beschr., Rs. quer zur Schreibrichtung der Vs. beschrieben, egh., Tinte; Vs. unten rechts, Charlotte von Steins Hand: „(verte)“, oben rechts von fremder Hd., Tinte: „62.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 62), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 44. WA IV 3 (1888), 83, Nr 484. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief oder mehrere nicht tberlieferte Briefe Charlotte von Steins von Ende Juni 1776 aus Pyrmont (vgl. zu 82,1–2; zu 82,7–8). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.
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81,22 d‘. 25. Nachts. Æ:::æ sind Sie weg] Am 25. Juni 1776 brach Charlotte von Stein zur Kur nach Pyrmont auf. Goethe vermerkte unter diesem Datum im Tagebuch: Morgens * ÆCharlotte von Steinæ Weg. (GT I 1, 21.) Vgl. zu 77,7. 81,23 ein unendlich verwickelter Tag] Am 25. Juni 1776 fand Goethes Amtseinfthrung und Vereidigung als Geheimer Legationsrat mit Sitz und Stimme im Geheimen Consilium statt (vgl. GT I 1, 19); beide Vorg|nge sind protokollarisch belegt (vgl. Bradish, 197–200, Nr 4 und 5). Anschließend hat Goethe Bey Hofe gessen (GT I 1, 19). Laut Fourierbuch nahmen an diesem Tag 18 Personen an der ftrstlichen Mittagstafel teil, nach Jacob Friedrich von Fritsch und Christian Friedrich Schnauß wird „ÆH‘.æ Ge‘. Leg‘. Rath Gehde“ als 14. Gast namentlich genannt (FB 1776, S. 189). Am Abend waren Wieland, Lenz und Johann August von Kalb zu Gast in Goethes Garten. Kalb war zeitgleich mit Goethe befurdert worden und bekleidete nun das Amt des Kammerpr|sidenten, das zuvor sein Vater innegehabt hatte. Außerdem anwesend war der erst am Tag zuvor in Weimar eingetroffene Friedrich Maximilian Klinger (vgl. GT I 1, 21; zu 90,18–19). 82,1 Es ist Æ:::æ Gegenwart alles!] Ganz |hnlich hatte sich Goethe schon in den Briefen vom 24. Mai und 22. Juni 1776 ge|ußert (vgl. 70,15–16; 77,8–9). 82,1–2 dass Sie in der Welt Æ:::æ an mich dencken] Wahrscheinlich mit Bezug auf einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins von Ende Juni aus Pyrmont. 82,4 Mit Wielanden Æ:::æ reine Stunden.] Wieland nennt Goethe in einem Brief an Merck vom 5. Juli 1776 einen „Mann nach meinem Herzen“, mit dem er „wieder ein paar Tage herrl. genoßen“ habe. „Er hat mich in Voriger Woche en profil (auf seinem Garten) gezeichnet – In Gruße eines nicht gar kleinen Mignaturbildes. Alles was halbweg Menschenaugen hat, sagt, es sehe mir ungemein gleich. Mir kumts auch so vor. Noch kein Maler von Profess. hat mich nur leidlich getroffen. Der Hauptumstand ist, daß es G u t h e , und c o n a m o r e gemacht hat.“ (WB 5, 519 f.) 82,5 Ihre Schwester] Louise von Imhoff geb. von Schardt, eine jtngere Schwester Charlotte von Steins, die in Weimar die Geburt ihres ersten Kindes erwartete (vgl. die zweite Erl|uterung zu 76,16). 82,5–6 meinem Garten] Goethes Garten oberhalb des „Sterns“ (vgl. zu 62,4). 82,7–8 Dass sie fsr mich zeichnen] Offenbar hatte Charlotte von Stein auf ihrer Reise nach Pyrmont gezeichnet und die Zeichnung von unterwegs an Goethe geschickt, da er sich bereits am 27. Juni daftr bedankt (vgl. 82,27–29). Goethe hatte die Freundin schon in den ersten Monaten ihrer Bekanntschaft ftr seine Zeichenleidenschaft zu begeistern versucht (vgl. zu 52,10). 82,11 hab] Versehentlich ftr ,halb‘. 82,11–12 ins Wasser] Wahrscheinlich bei der Badestelle am Wehr in der N|he der Kegelbrtcke (vgl. zu 76,1).
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82,12 Auf der Wiese] Die Ilmwiesen unterhalb von Goethes Garten (vgl. 66,14). 82,13–14 Philip] Philipp Seidel, Goethes Diener und Hausgenosse. 82,14 dumpfsinnig] Hier: benommen, verworren (vgl. zu 53,2). 82,14–15 dass Lili eine Braut ist] Anna Elisabeth (Lili) Schunemann, mit der Goethe in Frankfurt 1775 nach eigener sp|ter Auskunft in „Dichtung und Wahrheit“ (17. Buch) inoffiziell verlobt gewesen war, ging im Sommer 1776 mit einem jungen Straßburger aus angesehener Familie eine neue Verlobung ein, die vermutlich den Wtnschen ihrer Familie mehr entsprochen hat als eine Verbindung mit Goethe (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Z 1). Allerdings kam es wiederum nicht zu einer Heirat (vgl. zu 51,18). Lili Schunemann heiratete schließlich am 25. August 1778 den Straßburger Bankier Bernhard Friedrich von Ttrckheim und folgte ihm in seine Heimatstadt (vgl. 303,15–23). 82,22 Die Imhof] Louise von Imhoff geb. von Schardt, Charlotte von Steins Schwester. 82,22 Intressen] ,Interessen‘ hier in der zeitgenussischen Bedeutung ,Zinsen‘. – Goethe hatte demnach wahrscheinlich auch von Charlotte von Stein ein Darlehen erhalten, ftr das er tber deren Schwester Zinsen zahlte. In der ersten Weimarer Zeit musste sich Goethe mehrfach Geld leihen (vgl. zu 15,25–26; die erste Erl|uterung zu 41,12). Dass Louise von Imhoff selbst die Darlehensgeberin war, ist aufgrund der Ktrze ihrer Bekanntschaft mit Goethe auszuschließen. Der Zeitpunkt der Zinszahlung h|ngt offenbar mit Goethes Berufung ins Geheime Consilium zusammen; laut Anstellungsdekret sollte ihm zu Johannis 1776, also am 24. Juni, sein erstes Gehalt gezahlt werden. Das Anfangsgehalt betrug j|hrlich 1200 Reichstaler. Die erste Zahlung wurde von der Ftrstlichen Kammer tats|chlich am 21. Juni angewiesen und erfolgte fortan viertelj|hrlich (vgl. Bradish, 39). 82,22–23 Quittungen] Nicht tberliefert. 82,26 Ich schlafe beym Herz.] In den Wohnr|umen des Herzogs im zweiten Stock des Ftrstenhauses (vgl. die zweite Erl|uterung zu 26,10), wo Goethe bereits im April in der Zeit der Erkrankung Carl Augusts h|ufig tbernachtet hatte (vgl. die erste Erl|uterung zu 52,2). – Vgl. auch Datierung. 82,27 streiche] ,Streichen‘ hier ftr ,strecken‘. 82,27 die Zeichnung] Der im ersten Briefteil erw|hnte kleine ruhige Land Blick (82,8; vgl. zu 82,7–8). 82,29 Bauer Schwellen] ,Schwelle‘ hier wohl ftr ,Haus‘, ,Wohnung‘ (vgl. Grimm 9, 2490); laut GWb steht ,Bauerschwelle‘ symbolisch ftr die b|uerliche Welt insgesamt (vgl. GWb 2, 105); allerdings ist das Kompositum bei Goethe nur im vorliegenden Brief belegt. 83,1 d‘. 28. Morgends!] Am 28. Juni 1776, einem Freitag, nahm Goethe zum ersten Mal an einer Sitzung des Geheimen Consiliums teil, dessen offizielles Mitglied er seit seiner Amtseinfthrung und Vereidigung am 25. Juni 1776 war
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(vgl. Tagebucheintrag vom 28. Juni 1776; GT I 1, 21). Gewuhnlich fanden die Sitzungen am Dienstag und/oder am Freitag statt, nicht selten wurde auch samstags getagt (vgl. Sessionskalender 1776–1786; AS 1, LXX–LXXIX). 83,1 in Frwnzgen und schwarzem Rock] Laut Fourierbuch mussten Minister, R|te und Hofkavaliere als Zeichen der Trauer um die am 30. April 1776 verstorbene russische Großftrstin Natalia Alexejewna, eine Schwester der Herzogin Louise, „schwarze Kleider mit seidenem Futter, Manschetten mit F r | n z c h e n ÆFransenæ, silberne Degen und Schnallen“ tragen (FB 1776, S. 191). 83,2 des Conseils erhabene Sizzung] Wahrscheinlich tagte das Geheime Consilium in einem Nebengeb|ude des so genannten Roten Schlosses, 1574–1576 als Witwensitz ftr die Herzogin Dorothea Susanna von Sachsen-Weimar errichtet (vgl. Plan der Stadt Weimar 1784). Das Nebengeb|ude wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts abgerissen. Im Nachtrag zu einer „Chronik der Stadt Weimar von 1763 bis 1811“, aus Anlass einer Reparatur des Daches der Schlossturmspitze mit in den Turmknopf eingelegt, findet sich der folgende Hinweis: „Zwischen dem HÆerzoglichenæ Hofmarschall-Amts Geb|ude und dem Ftrstenhauß lief von dem Gelben Schloß aus hinter dem Rothen Schloß, jetzt der HÆerzoglichenæ Regierung, weg, schr|g nach dem Ftrstenhauß zu, ehedem noch ein altes Geb|ude, worinne, vor der Wiederaufbauung des Residenz-Schloßes, die Sessionen des GehÆeimenæ Consilii gehalten und welches im Jahr 1808 abgetragen wurde. Ingleichen stand in eben dieser Gegend, dem Ftrstenhauß gerade tber, eine Ktche, die ein Jahr sp|ter weggerissen wurde.“ (Nach einer Abschrift von Johann Friedrich August Zahn von 1811; ThHStA Weimar, Landschaft und Landtag B 8479, Bl. 40a.) – Es wird auch vermutet, dass sich die Amtszimmer direkt im Roten Schloss befanden (heute Teil der Herzogin Anna Amalia Bibliothek), und zwar im zweiten Stock in drei benachbarten repr|sentativen R|umen mit Blick in Richtung Marktplatz. Das Consilium kunnte im grußten Raum, dem zweifenstrigen Mittelzimmer, getagt haben, das noch im 19. Jahrhundert als ,Rathszimmer‘ bezeichnet wurde und zentral tber dem leicht versetzten Torportal liegt (vgl. Volker Wahl: Goethe im Conseil – aber wo? In: Schaukasten 10. Internetveruffentlichung des ThHStA Weimar). 83,2 bey Tisch] Am 28. Juni 1776 waren Goethe sowie die zwei anderen Mitglieder des Geheimen Consiliums, Jacob Friedrich von Fritsch und Christian Friedrich Schnauß, G|ste der ftrstlichen Mittagstafel, an der laut Fourierbuch insgesamt 24 Personen teilnahmen (vgl. FB 1776, S. 192). 83,6–7 alle Geister der Berge Æ:::æ ihre Begleiter] In Anspielung auf Charlotte von Steins Reise nach Pyrmont und ihre unterwegs angefertigte und wahrscheinlich schon abgeschickte Zeichnung (vgl. 82,8). 83,8 mit Gtthen ins Conseil] Demnach stammt Carl Augusts Briefteil ebenfalls vom 28. Juni 1776, dem ersten Sitzungstag des Geheimen Consiliums, an dem Goethe teilgenommen hat.
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83,8 Wan] Ftr ,wenn‘ (vgl. Adelung 4, 1382). – Charlotte von Stein war auf direktem Weg nach Pyrmont gereist, also zum Zeitpunkt, als sie der vorliegende Brief erreichte, ganz gewiss schon dort (vgl. zu 77,7). 83,8 Pirmont] Pyrmont (vgl. zu 62,6). 83,8 trincke] Vgl. zu 62,6. 83,9 das erste glas] Vgl. zu 62,6. 83,11 In deinem Zimmer] Im Stadthaus der Familie von Stein in der Kleinen Teichgasse 8, nahe dem heutigen Kasseturm (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 18). 83,11 Gras affen] Grasaffe: Kosename ftr ,Kinder‘; mitunter auch leicht sputtisch ftr ,junge M|dchen‘ (vgl. GWb 4, 440); hier wohl die Suhne Charlotte von Steins und andere im Haus anwesende Kinder (zu Herkunft und Verwendung des Begriffs vgl. zu 55,22). 83,11 gessen] Oberdt. Form des Partizips Perfekt (vgl. zu 21,12). 83,12 H u d e r und der kleine Laufer - - - Æ:::æ im Bassin gebadt] Namen zweier Kinder, die Carl von Imhoff aus Indien mitgebracht hatte (vgl. die zweite Erl|uterung zu 76,16). Nach Auskunft Friedrich von Steins: „Zwei kleine Mohrenknaben und Geschwister, die Imhoff aus Indien mitgebracht hatte, und die uns sehr liebe Gespielen waren. Die G|rten meiner Eltern und Großeltern stießen an einander und hatten ein Bassin.“ (Zitiert nach: Fielitz, Goethe-Stein 1, 413, Anm. 1 [zu S. 44].) 83,16 Wielands Garten] Wielands Garten am „Wilden Graben“ vor dem Erfurter Tor stdwestlich der Weimarer „Vorstadt vor dem Frauenthore“ (vgl. die zweite Erl|uterung zu 62,1). 83,17 deine Briefe] Offenbar die dem nicht tberlieferten Brief an Goethe beigeschlossenen Briefe Charlotte von Steins an andere Adressaten; gleichfalls nicht tberliefert. 83,17 Zimmermannen] Johann Georg Zimmermann; ihn vor allem hoffte Charlotte von Stein in Pyrmont wiederzusehen (vgl. zu 59,14; zu 77,7). 83,18–19 einen Pick auf all meine Freunde] ,Pick‘ von franz. pique: Pike, Spieß, im tbertragenen Sinn ,Groll‘; nur in Goethes frthen Briefen belegt (vgl. u. a. 48,22; 120,11; 129,15, 175,11 sowie GB 2 I, 219,19). Laut Herder soll der Ausdruck in Weimar aber noch in den 1780er Jahren ein „Lieblingswort“ gewesen sein (Herder an Johann Georg Hamann, 10. M|rz 1783; HB 4, 258). – Zur Sache vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 112. 83,20 Du kennst meine Lage am besten] Vgl. dazu Charlotte von Steins Brief an Zimmermann vom 6. M|rz 1776, abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 57. 83,22–23 mit Louisen einen lieben Augenblick] Mit Bezug auf die junge Herzogin Louise (vgl. 26,18–19; zu 27,3–4).
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83,25 Zeichnung fsr dich] Um welche Zeichnung es sich handelt, konnte nicht ermittelt werden. 83,28 Im Welschen Garten] Der Welsche (auch Walscher oder W|lscher) Garten, stdlich der Ackerwand gelegen, ursprtnglich als Gemtse- und Obstgarten angelegt, seit Mitte des 17. Jahrhunderts zu einem Renaissancegarten umgestaltet und danach mehrfach ver|ndert, heute Teil des Parks an der Ilm (Goethepark). 83,28 Deine Schwester] Louise von Imhoff. 84,2 d‘. 29 Jun. 76. Zwischen Mittag und 1] Laut Tagebuch war Goethe in seinem Garten, hatte am Vormittag Besuch von Wieland und dessen Frau sowie dem Eisenacher Vizekanzler Johann Ludwig von Mauchenheim gen. von Bechtolsheim und war Mittag allein (GT I 1, 21). 84,8 allerley Ihnen geschrieben] Die beiden wahrscheinlich zugleich mit dem Gedicht abgesandten Briefteile (vgl. Datierung). 84,8–9 Der Herzog Æ:::æ drunter schreiben] Vgl. 83,6–10. 84,10 ihre herzliche Zeichnung] Vgl. 82,7–8. 141. An Christian Wilhelm Steinauer ÆWeimar, 1. oder 9. Juli 1776æ ! ÆLeipzigæ DAT I ERU N G
Die beiden von Goethe bestellten Btcher sind in einer Rechnung aufgefthrt, die der Weimarer Buchbinder Johann Christoph Große am 16. August 1776 ausgestellt hat (vgl. GSA 34/I,4). Davor sind in Goethes Rechnungsbtchern unter dem 1. und dem 9. Juli 1776 Briefe an Steinauer verzeichnet (vgl. Postsendungen). Einer davon ist der vorliegende gewesen. BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 77 b. – 1 Bl. 18611 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Tinte. E: WA IV 3 (1888), 115, Nr 520 (Friedrich Strehlke). – Incipit zuvor schon in: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 233. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 1. oder 9. Juli 1776 (vgl. GR/RB 1776, 2, Bl. 11v). 84,13 S c h w e d e n b o r g s Himlische Philosophie] Swedenborgs und anderer Irrdische und himmlische Philosophie, zur Prtfung des Besten ans Licht gestellt von Friedrich Christoph Oetinger. Frankfurt und Leipzig 1765 (bersetzung von Swedenborgs „Arcana Coelestia“ [8 Bde. London 1749–1756]). – Goethe
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hatte sich ftr das Werk des schwedischen Mystikers und Theosophen Emanuel Swedenborg, das in der Bibliothek seines Vaters stand (vgl. Gutting, 39), schon in Frankurt w|hrend der Genesungszeit nach seiner Erkrankung 1768 interessiert. Im Frthjahr 1769 besch|ftigte er sich unter dem Einfluss von Susanna von Klettenberg mit chemisch-alchemistischen Experimenten (vgl. GB 1 II, zu 202,12 und die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 74). Mit seinem Brief vom 19. oder 20. November 1776 schickte er das Werk an Charlotte von Stein (vgl. 117,23). Muglicherweise beeindruckte ihn die Vorstellung, von der er in seinem sp|teren Brief an Charlotte von Stein vom 1. Oktober 1781 spricht (vgl. WA IV 5, 198), schon in der ersten Weimarer Zeit: die Vorstellung n|mlich, dass Geister ineinander tbergehen und durch die Augen des anderen schauen kunnen. In seinem Brief an Wieland von etwa Mitte April 1776 erkl|rt sich Goethe die Macht die diese Frau sber mich hat mit dem Ph|nomen der Seelenwanderung (55,1–2). – Swedenborgs Werk ist in Goethes Bibliothek nachweisbar (vgl. Ruppert, 458, Nr 3135). 84,14 Octav] Oktav: kleines Papierformat, das durch die Faltung eines Bogens in acht Bl|tter entsteht, die bei Kleinoktav etwa 10–18,5 cm und bei Großoktav bis 25 cm hoch sein kunnen. 84,14 Ottingern] Der pietistische Theologe und Theosoph Friedrich Christoph Oetinger war Pr|lat im Kloster Murrhardt (stdustlich von Heilbronn). 84,16 R e i c h a r t s Garten Schaz] Christian Reichart’s [:::] Land- und Garten-Schatzes Erster Æ –Sechsteræ Theil. Erfurt 1753–1755. 84,19 Grasaffen] Hier ist Corona Schruter gemeint. Mit dem aus dem Frankfurterischen stammenden Ausdruck bezeichnet Goethe sonst auch scherzhaft die Suhne von Charlotte von Stein (vgl. zu 55,22). 142. An Johann Christian und Charlotte Kestner Weimar, 9. Juli 1776 ! ÆHannoveræ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/264,I,4, Bl. 1. – 1 Bl. 13,4(–13,8)618,8 (–19,4) cm, linker Rand abgerissen (H|lfte eines Folioblattes), 1 2/3 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben. E: Goethe und Werther1 (1854), 246 f., Nr 115. WA IV 3 (1888), 81 f., Nr 483. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Goethe hatte Johann Christian Kestner (1741–1800) und dessen Braut Charlotte Buff (1753–1828) w|hrend seiner Zeit als Praktikant am Reichskammerge-
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richt in Wetzlar kennen gelernt, wo er sich von Ende Mai bis zum 11. September 1772 aufhielt. Sowohl mit Kestner als auch mit Charlotte, in deren Elternhaus er h|ufig zu Gast war, pflegte Goethe freundschaftlichen Umgang. Ohne persunlichen Abschied reiste Goethe am 11. September von Wetzlar ab, sah das Paar aber w|hrend seines zweiten Besuchs vom 6. bis 10. November 1772 wieder. Ein intensiver Briefwechsel setzte nach Goethes Weggang aus Wetzlar ein. Nach Goethes bersiedlung nach Weimar entstand in der tberlieferten Korrespondenz, die seit Mitte 1773 ohnehin nicht mehr so eng war und sich nach dem Erscheinen von Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werthers“ (1774) noch st|rker abgeschw|cht hatte, eine Pause von fast zwei Jahren. Der vorliegende Brief ist der erste tberlieferte Brief Goethes aus Weimar an Johann Christian und Charlotte Kestner, die am 4. April 1773 geheiratet hatten und in Kestners Heimatstadt Hannover gezogen waren. Dort wurde Kestner Registrator am Calenberger Archiv, 1775 Archivsekret|r des vereinigten cellischen und calenbergischen Archivs und Lehnsfiskal. Aus dem Zeitraum von November 1775 bis Ende 1779 sind noch zwei weitere Briefe Goethes an Kestner tberliefert. Von Kestner und dessen Frau haben sich aus diesem Zeitraum keine Briefe erhalten. Goethes Briefe vom 28. September 1777 (vgl. 169,9) und vom 23. Januar 1778 (vgl. 194,1) setzen jedoch Briefe Kestners voraus. ber das Verh|ltnis Goethes zu Johann Christian und Charlotte Kestner und den Briefwechsel vgl. die einleitenden Erl|uterungen zu GB 1 II, Nr 99 und 101. 85,1 ich bleibe hier] Goethes Entscheidung, dauerhaft in Weimar zu bleiben, war schon im M|rz 1776 gefallen, nachdem feststand, dass er in den Weimarer Staatsdienst treten werde (vgl. zu 42,14–15). Am 18. M|rz 1776 hatte sich Goethe eine eigene Wohnung gemietet und nach dem Erwerb des Gartens im Park am 26. April 1776 das Weimarer Btrgerrecht erhalten (vgl. zu 62,4). An Johanna Fahlmer hatte Goethe schon am 19. Februar 1776 geschrieben: ich bleibe hier (32,13). 85,2–3 einem der edelsten Menschen] Herzog Carl August von SachsenWeimar und Eisenach. 85,4 an die 9 Monate] Goethe war, nachdem Carl August ihn im September 1775 in Frankfurt dazu eingeladen hatte, am 7. November 1775 in Weimar angekommen (vgl. die erste Erl|uterung zu 116,10). 85,5–6 an seine Geschwffte gebunden] Seit dem 11. Juni 1776 war Goethe Geheimer Legationsrat mit Sitz und Stimme im Geheimen Consilium; am 25. Juni war er in sein Amt eingefthrt worden (vgl. zu 81,23). 85,11–12 ob ich gleich manchem nicht so recht anstehe] Anstehen: (jemandem) zusagen; hier: den „gesellschaftlichen Konventionen gem|ß“ erscheinen (vgl. GWb 1, 704). – Anspielung auf den Widerstand von verschiedenen Seiten der Weimarer Beamtenschaft und des Hofs gegen Goethes Eintritt in den Weimarer Staatsdienst. Vor allem der Vorsitzende des Geheimen Consiliums Jacob Friedrich von Fritsch lehnte Goethes Berufung ab und drohte mit Demission (vgl. zu
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63,8). Das ,kraftgenialische‘ Treiben und Goethes N|he zum Herzog stießen auf Unverst|ndnis und Ablehnung in Weimarer Hofkreisen (vgl. zu 5,18). 85,13 euern Kindern] Das Ehepaar Kestner hatte damals zwei Suhne, Georg (geb. 1774), der Goethe zum Paten hatte, und Wilhelm (geb. 1775). Am 23. Oktober 1776 wurde der dritte Sohn Carl geboren. 85,13–14 Matthai hat mir einen Brief bracht.] Carl Johann Conrad Michael Matthaei, geboren in Ntrnberg, hatte zun|chst in Altdorf Theologie studiert, bevor er im Sommersemester 1765 nach Leipzig wechselte, wo er sich den schunen Ktnsten und Wissenschaften widmete und u. a. mit Christian Ftrchtegott Gellert und Adam Friedrich Oeser bekannt war. Ob Matthaei w|hrend dieser Zeit Goethe kennen gelernt hat, ist nicht bekannt. Seit Frthjahr 1768 bekleidete Matthaei verschiedene Hofmeisterstellen und im Frthjahr 1776 reiste er zusammen mit zwei reichen Ntrnbergern, „die die ,Kunst und Litteratur‘ des Landes kennen lernen“ wollten (Carl Scherer: Carl Matthaei. In: GJb XV [1894], 235). Danach war er als Privatsekret|r bei Maria Antonia von Branconi und als Erzieher ihres Sohnes Karl Anton Ferdinand von Forstenburg angestellt. W|hrend seiner Reise in die Schweiz 1779 sah Goethe Matthaei am 22. Oktober in Lausanne wieder (vgl. zu 323,26), in den folgenden Jahren kam es zu weiteren Begegnungen (vgl. ebd., 216–244). – Wann Matthaei sich in Weimar aufhielt und von wem der tberbrachte Brief war, konnte nicht ermittelt werden. 143. An Johann Gottfried Herder
ÆWeimaræ, 10. Juli 1776 ! ÆBtckeburgæ
BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin. – Doppelblatt 13,7(–13,9)619,7 (–20) cm, 2 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; S. 1 oben links von fremder Hd, Bleistift: „13“, rechts daneben Stempel: „Herder.“, in der Mitte von fremder Hd (Heinrich Dtntzer oder Ferdinand Gottfried von Herder?, Herausgeber von E), Bleistift: „22“, oben rechts von Caroline Herders Hd, Tinte: „1776.“ – Beischluss: muglicherweise Brief eines unbekannten Absenders (vgl. zu 85,16). E: Aus Herders Nachlaß 1 (1856), 63 f., Nr 22. WA IV 3 (1888), 85 f., Nr 485. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Unmittelbarer Anlass des Briefes war, wie schon ftr Nr 138 vom 5. Juli 1776, die Vorbereitung von Herders Umzug von Btckeburg nach Weimar. Er traf mit seiner Familie am 1. Oktober 1776 in seiner neuen Wirkungsst|tte ein.
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85,16 Hier ein Brief.] Muglicherweise legte Goethe den Brief eines unbekannten Absenders bei; wahrscheinlich ist jedoch, dass er seinen eigenen Brief meinte. 85,17 ein leer Haus] Das Haus mit der Amtswohnung des Generalsuperintendenten befand sich am Tupfenmarkt (Topfberg) neben der Stadtkirche (heute Herderplatz 8). Der Vormieter, Johann Wilhelm Seidler, hatte Anfang Juli damit begonnen, die Wohnung ,nach und nach auszumisten‘ (vgl. 79,9–11). In seinem letzten Brief vom 5. Juli 1776 (Nr 138) hatte Goethe Herder eine Zeichnung des Grundrisses der Wohnung geschickt und Vorschl|ge zur Aufteilung der Zimmer gemacht. 85,18–19 die Igel brsten] Hier vermutlich mit biblischem Bezug: Im Alten Testament sind es wiederholt Orte der Verwtstung und Verdammnis, in denen ein Tier haust, das hebr. qippod heißt, welches von Luther und anderen Bibeltbersetzern mit ,Igel‘ tbersetzt wurde (vgl. Jesaja 14,23 und 34,11 sowie Zephanja 2,14). 85,19–20 was ehrlichs] Im Sinn von ,ziemlich viel‘ gebraucht (vgl. GWb 2, 1395), so auch im Brief an Merck vom 8.? M|rz 1776 (vgl. 41,18). 85,20 Gottskasten] Bezeichnung ftr die Gesamtheit der finanziellen Mittel, die ftr den uffentlichen Gottesdienst, ftr Personalkosten und Geb|udeinstandhaltung vorgesehen waren (vgl. Adelung 2, 761): also so viel wie ,Kirchenkasse‘ (vgl. GWb 4, 400). 85,21 Maz] Matz: in der Umgangssprache ein „dummer Mensch“ (Adelung 3, 113), ein „thurichter, n|rrischer Kerl“ (Zedler 19, 2141); ursprtnglich Koseform des Namens Matthias/Matthes (vgl. Kluge/Seebold, 546). 85,22 Prws] Pr|sident des Weimarer Oberkonsistoriums war Carl Friedrich Ernst von Lyncker. 85,22 hat] Versehentlich ftr ,hatt‘. 85,24 wen] Versehentlich ftr ,wenn‘. 85,24–25 da oben] Auf der Kanzel der Weimarer Stadtkirche St. Peter und Paul. 85,25–26 rechts in dem Chor Æ:::æ Grab] Von der Kanzel aus gesehen rechts liegen am Ende des Mittelgangs unter dem Triumphbogen die mit Bronzeplatten bedeckten Gr|ber des 1554 verstorbenen s|chsischen Kurftrsten Johann Friedrich I. (des Großmttigen) und seiner Gemahlin Sibylle geb. Prinzessin von Jtlich-CleveBerg. Johann Friedrich I. hatte w|hrend des Schmalkaldischen Kriegs gegen den habsburgischen Kaiser Karl V. nach der Niederlage in der Schlacht bei Mthlberg 1547 die Kurwtrde verloren. – Die Beschreibung seines ktnftigen Arbeitsplatzes scheint auf Herder Eindruck gemacht zu haben. Indem er sich der Mitteilungen Goethes im vorliegenden Brief bediente, schrieb er am 20. Juli 1776 an Johann Georg Hamann: „Der ungltckl[iche] Joh[ann] Friedr[ich] liegt in meiner Kirche begraben u. liegt auf dem Altarblatt kniend: Luther von Kranach 3.mal gemahlt in der Sakristei: er hat bekanntermaassen oft in Weimar gepredigt“ (HB 3, 281).
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85,26–28 seinen Nachkommen Æ:::æ gegen dir sber] Herzog Carl August in der Ftrstenloge gegentber der Kanzel. 85,28 die Chur] Die Kurwtrde, die Carl Augusts Vorfahr verloren hatte (vgl. zu 85,25–26). 85,29–30 Herzog Bernhards Grab in der Ecke] Die in den Boden eingelassene ovale Grabplatte ftr den 1639 gestorbenen Herzog Bernhard von SachsenWeimar befindet sich im Chor links vom Altar. Bernhard, erfolgreicher Feldherr im Dreißigj|hrigen Krieg, gehurte zu den deutschen Ftrsten, die auf Seiten der Schweden k|mpften. 85,30 all der braven Sachsen Grwber] Der Chor der Stadtkirche diente nach dem Tod Herzog Johann Friedrichs I. tber ein Jahrhundert lang als Grabst|tte der ernestinischen Herzogsfamilie. Epitaphien und Grabdenkmale in der Verl|ngerung des Chorraumes geben dartber Auskunft. 85,30–86,2 auf des Altarblats Æ:::æ Cranach] Die beiden Seitenfltgel des Altars zeigen links Kurftrst Johann Friedrich I. und seine Gemahlin, rechts die drei Suhne, den im Mittelteil dargestellten Christus am Kreuz anbetend. Goethe spricht mit Bezug auf Johann Friedrich von seinem Cranach und meint damit Lukas Cranach d. . Dieser begann das Altargem|lde kurz vor seinem Tod im Jahr 1553; vollendet wurde es vermutlich von seinem Sohn Lukas Cranach d. J. im Jahr 1555. 86,2–4 Luther in drey Perioden Æ:::æ ganz Lehrer] Gemeint ist das Triptychon, auch ,Lutherschrein‘ genannt, damals in der Sakristei der Stadtkirche, heute hinter der Kanzel, aus dem Jahr 1572 mit Bildnissen Luthers: links Luther als Munch, in der Mitte als Magister, rechts als Junker Jurg. Das linke Bild ist von dem Weimarer Maler und Cranach-Schtler Veit Thiem signiert; bei den beiden anderen handelt es sich um Kopien oder Nachschupfungen Cranachscher Portr|ts. 86,5 Skwal] Neologismus Goethes, vermutlich unter Verktrzung von lat. squalor: Schmutz (vgl. Goethe-Wortschatz, 576). 144. An Charlotte von Stein DAT I E RU N G
ÆWeimaræ, 16. und 17. Juli 1776 ! ÆPyrmontæ
Der Brief besteht aus zwei im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) getrennt tberlieferten Teilen (vgl. berlieferung). Nach seiner Datierung 16. Jul 76. (86,18) eingeordnet wurde der erste Teil, wogegen sich der zweite, unvollst|ndig datierte Teil unter den Briefen aus dem Februar 1776 findet. Von seinem Inhalt her schließt er jedoch unmittelbar an den Briefteil vom 16. Juli 1776 an, worauf auch die einleitende Tagesangabe Abends d‘. 16. (86,19) verweist. Mit dem Beginn Noch ein Wort (86,19) wird der Anfang des ersten Teils aufgenommen
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(vgl. 86,7). Danach kommt Goethe auf seinen Besuch in Apolda am Vortag zurtck (vgl. 86,19–20), wozu die Mitteilung im ersten Teil passt, er sei Gestern, also am 15. Juli 1776, auf dem Vogelschiesen zu Apolde (86,10–11) gewesen. Zudem korrespondiert die Erw|hnung der Reuter Ksnste (87,10–11) Josias von Steins in dem nachfolgenden auf d‘. 17. (87,10) datierten Abschnitt des zweiten Teils mit einem Tagebucheintrag vom 17. Juli 1776 (vgl. zu 87,10–11). Obwohl auch die Datierung des zweites Teils auf den 16. und 17. Juli 1776 seit dem Erstdruck als unstrittig gilt, wurde er bisher stets als separater Brief gedruckt. Sein enger inhaltlicher Zusammenhang zum vollst|ndig datierten ersten Teil wie auch der Umstand, dass jeweils nur der Tag, nicht aber Monat und Jahr angegeben sind, lassen darauf schließen, dass es sich um einen gemeinsam abgesandten Brief handelt. BERLIEFERUNG
1) Briefteil vom 16. Juli 1776 (86,7–18 Nur Ein Wort Æ:::æ G): H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 24. – 1 Bl. 13,6(–13,8)619,7 (–20) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „64“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 64), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 47. WA IV 3 (1888), 87, Nr 486. 2) Briefteil vom 16. und 17. Juli 1776 (86,19–87,14 Abends d‘. 16. Æ:::æ ohne zu lieben.): H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 4. – 1 Bl. 19,5(–19,9)627,5 cm, Vs. ganz beschrieben, Rs. 1/4 S. quer zur Schreibrichtung der Vs. beschrieben, egh., Tinte, fltchtig geschrieben, mit Verschleifungen an den Wortenden; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „9.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 9), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 48 f. WA IV 3 (1888), 87 f., Nr 487. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 86,7 Nur Ein Wort] Geschrieben am Morgen des 16. Juli, bevor Goethe an der wuchentlichen Sitzung des Geheimen Consiliums teilnahm (vgl. GT I 1, 21). 86,8 Wir gehn sbermorgen nach Ilmenau] Am 18. Juli 1776 reiste Goethe im Gefolge des Herzogs Carl August nach Ilmenau, wo sie gegen 1 eintrafen (GT I 1, 21). Laut Fourierbuch gehurten auch der Erbprinz Ludwig von HessenDarmstadt, der Bruder der Herzogin Louise, der sich schon seit dem 23. April 1776 als Gast am Weimarer Hof aufhielt (vgl. FB 1776, S. 123), Jacob Fried-
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rich von Fritsch, Johann August von Kalb, Moritz von Wedel, Friedrich Justin Bertuch sowie August Wilhelm Ferdinand von Staff zur herzoglichen Begleitung (vgl. ebd., S. 211). Am 31. Juli traf außerdem auch der Kurmainzer Statthalter in Erfurt, Carl Theodor von Dalberg, in Ilmenau ein (vgl. GT I 1, 22). Anlass der Reise war die schon im Februar beschlossene Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus (vgl. zu 59,7; vgl. zu 90,1–2). 86,9 Kochberg] Schloss Kochberg, das Landgut der Familie von Stein (vgl. zu 21,11). 86,10–11 Gestern auf dem Vogelschiesen zu Apolde] Apolda, Stadt im Herzogtum Sachsen-Weimar und Eisenach, knapp 20 km nordustlich von Weimar gelegen (vgl. zu 263,12–13); vgl. auch den Tagebucheintrag vom 15. Juni 1776: Vogelsch. zu Apolda. Cristel. pp, Beym " ÆHerzog Carl Augustæ geschlafen. (GT I 1, 21.) 86,11–12 Cristel von Artern] Artern, Stadt an der Unstrut, etwa 75 km nurdlich von Weimar in einer Exklave des Kurftrstentums Sachsen gelegen. Zur Person Cristel ist N|heres nicht bekannt; der Name wird außer im vorliegenden Brief und im Tagebuch vom 15. Juni 1776 nicht wieder erw|hnt. 86,12 linde] Sanft, sanftmttig; oberdt. ftr ,gelinde‘ (vgl. Adelung 2, 537). 86,13 Wiel.] Wieland, zu dem Goethe in dieser Zeit in besonders herzlichem Verh|ltnis stand (vgl. 82,4). 86,13 Herz] Herzog Carl August. 86,14 Dumpfheit] Hier mit positiver Akzentuierung ftr „eine unklare, aber umfassende u intensive Empfindung, ftr ein Gefthl naturhafter Kraft u Ftlle“ (GWb 2, 1290); vgl. aber zu 53,2. 86,17 Zimmermann] Johann Georg Zimmermann, der sich gleichfalls in Pyrmont aufhielt (vgl. zu 59,14; zu 77,7). 86,19 Abends d‘. 16.] Vgl. Datierung. – Laut Tagebuch hat Goethe am 16. Juli Bey Kestner ÆJohann Friedrich K|stneræ und " ÆHerzog Carl Augustæ gessen. (GT I 1, 21.) 86,19 Noch ein Wort.] Vgl. Datierung. 86,19–20 Gestern Æ:::æ von Apolde zursck ritten] Vgl. 86,10–11. 86,20 Husaren] Die herzoglichen berittenen Truppen, sp|ter auch als Kavallerie bezeichnet. – Friedrich von Steins Anmerkung zur vorliegenden Stelle lautet: „Der Herzog hielt ein Corps Husaren, deren er meist einige als Ordonanzen auf seinen Reisen in Thtringen bei sich hatte. v. St.“ (Zitiert nach: Fielitz, GoetheStein 1, 414, Anm. 4 [zu S. 45].) Um 1780 bestand das Weimarer Husarenkorps aus einem Rittmeister, sieben Unteroffizieren und 31 Husaren (vgl. Bradish, 60). Nach der Entlassung der letzten 24 herzoglichen Gardereiter (Garde du Corps) 1779 tbernahmen die Husaren auch deren Ehrendienste, außerdem versahen sie Streifenpatrouillen gegen Wegelagerer sowie Eilbotendienste und halfen u. a. bei der Brandbek|mpfung (vgl. Btrgin, 112 f.).
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86,21 Stsckgen] Hier ftr ,Geschichten‘, ,Anekdoten‘. 86,22–23 Ettersberg] Der Ettersberg, ein Huhenzug (bis zu 474 m) nurdlich von Weimar, bevorzugtes Jagdgebiet der Weimarer Herzuge, mit sternfurmig angelegten Schneisen (Ettersburger Zehnstern) ftr ftrstliche Haupt- und Staatsjagden und einem Jagdschloss (vgl. Stapff, 22–24). 86,28–29 mit einem Stab Æ:::æ dein Vaterland verlassen hast] Stab: „in der anst|ndigen Schreib- und Sprechart ftr das gemeinere Stock Æ:::æ. Der Wanderstab, Reisestab, Hirtenstab, Spazierstab, Bettelstab u. s. f.“ (Adelung 4, 262.) – Erinnert an die Diktion der Bibel, z. B. 1 Mose 32,10; |hnlich auch der Beginn einer frthen Tagebuchaufzeichnung Goethes vom 30. Oktober 1775 tber den Abschied von Frankfurt (vgl. GT I 1, 13). 87,2 d u m p f ] Hier wohl als Synonym ftr einen Zustand der Empfindungsund Fthllosigkeit (vgl. zu 53,2). 87,5 Grasaffen] Die Suhne Charlotte von Steins und andere im Haus anwesende Kinder (vgl. zu 55,22). 87,5 gessen] Oberdt. Form des Partizips Perfekt (vgl. zu 21,12). 87,6 Friz] Friedrich von Stein, der jtngste, damals erst dreij|hrige Sohn Charlotte von Steins. 87,6 Deine Schwester] Louise von Imhoff (vgl. die zweite Erl|uterung zu 76,16). 87,10 Wir gehen heute Abend] Laut Tagebuch besuchte Goethe am Abend des 17. Juli 1776 Lenz in Berka an der Ilm (vgl. GT I 1, 21), das auf dem Weg nach Ilmenau lag, wohin Goethe am n|chsten Tag reiste (vgl. zu 86,8). 87,10–11 Dein Mann hat heut Reuter Ksnste getrieben] Zeitgenussischen Erinnerungen zufolge war der „Oberstallmeister ÆJosiasæ von Stein Æ:::æ einer der galantesten Reiter seiner Zeit; ja er gab sich sogar mit der Kunstreiterei ab. Es wurden auch noch in der folgenden Zeit Ænach 1775æ de jeunrs in der geschlossenen Reitbahn Æzwischen Schloss und Reithaus im Ilmparkæ gegeben, wo man seinen Kunstsprtngen und geschickten Wendungen auf den Pferden großen Beifall zollte.“ (Lyncker, 34 f.) – Im Tagebuch vermerkt Goethe unter dem 17. Juli 1776: Nachmittags Oberstallm.Ksnste. (GT I 1, 21.) 87,12–13 wenn du zursck kommst bin ich nicht da] Goethe kehrte erst am 14. August aus Ilmenau zurtck (vgl. GT I 1, 24), wo ihn Charlotte von Stein am 5. August auf ihrer Rtckreise von Pyrmont besuchte (vgl. zu 92,7).
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145. An Charlotte von Stein
BRIEF 145
ÆIlmenauæ, 22. und 24. Juli 1776 ! ÆPyrmontæ
BERLIEFERUNG
1) Brief: H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 25. – 1 Bl. 17,5(–18,5)632,6 (–33) cm, 1 S. (Rs.) beschr., egh., Bleistift: Ich hab auf Æ:::æ herauf. (87,17–88,12), Tinte: |: . das hab Æ:::æ wenn ich liebe. (88,12–18), fltchtig geschrieben, Vs. (im Querformat) egh. Bleistiftzeichnung (Landschaftsskizze, vgl. Digitalisat, GB Rep WA-Nr 00488), dartber Orts- und Datumsangabe, Bleistift, teilweise tberklebt (durch Einordung in das Konvolut): in der Hthle Æ:::æ 22 Jul 76 (87,15–16); Rs. unten von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „in der Huhle unter dem Herrmannstein / 22 Juli 76“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „65.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 65), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 49 f. WA IV 3 (1888), 89 f., Nr 488. 2) Beilage: H: GNM Weimar, Inv.-Nr GGz/0115. – 1 Bl. 32617 cm, blaugraues Papier, egh. Zeichnung, Bleistift, Tusche (Dampfende T|ler bei Ilmenau, vgl. zu 88,12–13); auf dem umgebrochenen linken Rand quer geschr., egh., Bleistift (88,19–20 Ewiges Denckmal Æ:::æ Art gilt.), Rs. Gedicht, egh. (88,21–24 Ach so drsckt Æ:::æ leb ich fsr dich.) – Faksimile: Abb. 4 im Textband (S. 89); Corpus I, 60 f., Nr 145. E: Carl Ruland: Verse und Niederschriften Goethes zu Zeichnungen. In: GJb XIV (1893), 145 (Zeichnung nur beschrieben, ohne Faksimile). – Als separater Brief zuerst gedruckt bei Wahle, Goethe-Stein 1 (1899), 45, Nr 81 (ohne Zeichnung). WA I 5.1 (1893), 65 (Gedicht). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief von Ende Juli 1776 ist nicht tberliefert (vgl. 90,22). 87,15 in der Hthle unter dem Hermannstein] Der Große Hermannstein (auch Hammerstein genannt) ist ein etwa 15 m hoher Porphyrfelsen nordwestlich des Kickelhahns im Thtringer Wald, dem Hausberg von Ilmenau, auf dem sich im Mittelalter eine Burg befunden haben soll. Die an der Talseite des Hermannsteins gelegene Felsenhuhle ist nattrlichen Ursprungs (vgl. zu 92,21). 87,17 ÆLandschaftsskizzeæ] Nicht genauer zu bestimmen, schwer zu reproduzieren, im Corpus nicht nachgewiesen.
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87,17 auf der andern Seite Æ:::æ zu zeichnen] Die nicht zu Ende gefthrte Landschaftsskizze auf der Vorderseite; nicht reproduzierbar, auch in das „Corpus der Goethezeichnungen“ wurde sie nicht aufgenommen (vgl. Corpus VIa, 9). 87,18 drum will ich lieber schreiben] Vgl. Goethes Tagebuch vom 22. Juli 1776: Æ:::æ gegen Mittag auf den Herrmannstein. Der * ÆCharlotte von Steinæ in der Hthle geschrieben. (GT I 1, 22.) 87,20 ich habe viel gezeichnet] Ebenfalls vom 22. Juli 1776 haben sich im GNM zwei Zeichnungen erhalten, die in Kammerberg, einem (nach dem Berg genannten) Dorf bei Stttzerbach im Thtringer Wald, entstanden sind, einmal der Kammerberger Stollen (Corpus I, 60, Nr 143), zum anderen eine Baumstudie Bey Kammerberg (ebd., Nr 144). Die Zeichnung vom Kammerbergstollen stammt aus dem Nachlass Charlotte von Steins, kunnte also auch eine Beilage zu einem Brief Goethes an sie gewesen sein. – Vgl. auch 90,2–3. 87,21 Ksnstler] Hier ,bildender Ktnstler‘; in den Jahren zuvor stellte sich Goethe dagegen noch h|ufig selbst als Ktnstler dar, so in seinen Briefen an Johann Christian Kestner (vgl. GB 2 I, 4,14; 32,17–18; GB 2 II, zu 137,22–23) oder an Augusta zu Stolberg (vgl. GB 2 I, 170,27; vgl. auch die Art der Darstellung seines Frankfurter Zimmers als Ktnstleratelier; ebd. Abb. 14). 87,21 Die Liebe giebt mir alles] Analog dazu heißt es im Tagebuch vom 22. Juli: Frsh nach Cammerberg gezeichnet mit und Ohne Liebe. Betrachtungen drsber (GT I 1, 22). 87,24 Wenn du nur einmal hier seyn ktnntest] Vgl. 92,24. 88,2–5 Sich zu beschrwncken Æ:::æ den Ksnstler] Der |sthetische Grundsatz der Beschr|nkung findet sich auch in Goethes 1775 entstandenem Text „Nach Falkonet und tber Falkonet“, erschienen 1776 unter dem Sammeltitel „Aus Goethes Brieftasche“ im Anhang zu Heinrich Leopold Wagners Mercier-bersetzung „Neuer Versuch tber die Schauspielkunst“: Wer allgemein seyn will, wird nichts, die Einschrwnkung ist dem Ksnstler so nothwendig, als iedem, der aus sich was bedeutendes bilden will. Das H a f t e n an ebendenselben Gegenstwnden, an dem Schrank voll alten Hausraths und wunderbaren Lumpen hat Rembrandt zu dem Einzigen gemacht, der er ist. (DjG3 5, 356.) 88,9 auf einem Æ:::æ Berge] Der 861 m hohe Kickelhahn am Nordrand des Thtringer Waldes (vgl. GT I 1, 22), wahrscheinlich nach den dort gejagten Auerh|hnen benannt. 88,11 Herz] Herzog Carl August, dessen Name an diesem Tag im Tagebuch allerdings nicht vermerkt ist. 88,12–13 Die Thwler dampfen Æ:::æ das hab ich dir gezeichnet:|] Vgl. Faksimile der Beilage. – Die Zeichnung „Dampfende T|ler bei Ilmenau“ von der Stdseite des großen Hermannsteins mit Blick nach dem Finsterberge und dem das Taubachtal umschließenden Huhenzug (Corpus I, 60 f., Nr 145). Die Provenienz
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des Blattes aus dem Nachlass Charlotte von Steins sowie die vorliegende Textstelle sprechen daftr, dass die Zeichnung dem Brief beigelegen hat. Laut Tagebuch ist sie am 22. und 23. Juli entstanden: 22. Æ:::æ auf dem Gickelhahn. gezeichnet (GT I 1, 22). – 23 Den Morgen das Gebsrg Stsck ausgezeichnet (ebd.). 88,15 Ich muss das schicken. vorgestern schrieb ich das Addio.] Wahrscheinlich mit Bezug auf die Beilage geschrieben. Dies legt die unmittelbar vorhergehende in Klammern gesetzte Nachbemerkung ( . das hab ich dir gezeichnet [88,12–13]) nahe, die wie das Datum (vgl. 88,14) und die letzten eingertckten Zeilen (Ich muss Æ:::æ ich liebe. [88,15–18]) offenbar ebenfalls erst am 24. Juli mit Tinte erg|nzt wurde (vgl. berlieferung). Die Beilage ist nicht im Konvolut der Briefe Goethes an Charlotte von Stein tberliefert, sondern gelangte um 1893 aus dem Besitz eines ihrer Nachkommen an das GNM (vgl. Carl Ruland: Verse und Niederschriften Goethes zu Zeichnungen. In: GJb XIV [1893], 145). 88,17 in der Melankolie meines alten Schicksaals] Korrespondiert mit den ersten beiden Versen des Gedichts (vgl. 88,21–22) auf der Rtckseite der Beilage. 146. An Johann Heinrich Merck
Ilmenau, 24. Juli 1776 ! Darmstadt
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/331,I. – Doppelblatt 17,2620,9 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 rotes Initialsiegel: „G“, darunter Adresse: Herrn Kriegsrath / Merck / nach / Darmstadt / fr. – Faksimile: Johann Heinrich Mercks Schriften und Briefwechsel. In Auswahl hrsg. von Kurt Wolff. Bd 2. Leipzig 1909, zwischen S. 80 und 81; Faksimile der Adresse: Stargardt-Katalog 548, Auktion vom 17. Mai 1960, S. 19, Nr 69. E: Merck, Briefe1 (1835), 94, Nr 37. WA IV 3 (1888), 90–91, Nr 489 (nach E). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 90,1–2 Wir sind hier Æ:::æ in Bewegung sezzen] In Ilmenau und Umgebung war bis 1739 Kupferschiefer mit Anteilen von Silber abgebaut worden. Nach einem Dammbruch, der den Wasserantrieb ftr die Grundwasserpumpen lahmlegte und zum Anstieg des Grundwassers fthrte, war die Furderung eingestellt worden. Um die finanzielle Lage des Herzogtums zu verbessern, wurde nicht nur tber eine Steuerreform nachgedacht (vgl. zu 141,16–18), sondern auch tber eine Belebung der Wirtschaft. In diesem Zusammenhang steht der Plan zur Wiederaufnahme des Bergbaus in Ilmenau. Bereits vom 3. bis 10. Mai 1776 hatte Goethe eine Erkundungsreise im Auftrag von Herzog Carl August nach Ilmenau gefthrt. In
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der ersten Sitzung des Geheimen Consiliums, an der Goethe teilnahm, wurde am 25. Juni 1776 die Instruktion ftr den s|chsischen Bergbauexperten Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra verhandelt. Dieser |ußerte sich zu den Erfolgsaussichten optimistisch. Goethes zweiter Aufenthalt im Thtringer Wald vom 18. Juli bis zum 14. August 1776 diente Gespr|chen und Beratungen mit dem Herzog, Trebra und anderen Fachleuten, dem Freiberger Bergbauingenieur Johann Friedrich Mende und dem s|chsischen Bergbaubeamten Johann Gottfried Schreiber. Daran beteiligt waren auch Johann August von Kalb, Pr|sident des Kammerkollegiums, Moritz von Wedel, Oberforstmeister, Friedrich Justin Bertuch, Schatullverwalter des Herzogs, und Wilhelm von Staff, Oberforstmeister in Ilmenau. Am 20. August 1776 wurde im Geheimen Consilium der formelle Beschluss gefasst, den Abbau wieder aufzunehmen. Die am 18. Februar 1777 gegrtndete Bergwerkskommission, der neben Goethe der Kammerpr|sident von Kalb und der Hof- und Regierungsrat Johann Ludwig Eckardt angehurten, hatte zun|chst juristische und finanzielle Probleme zu lusen, die den Beginn der vorbereitenden Arbeiten bis 1784 verzugerten (vgl. Bradish, 48–50). Wiederholte Wassereinbrtche fthrten dazu, dass erst 1792 die erste Tonne Kupferschiefer gefurdert werden konnte; dieser erwies sich jedoch zur Gewinnung von Erz als ungeeignet. Nach immer wieder auftretenden technischen Problemen wurde der Ilmenauer Bergbau im Jahr 1812 endgtltig eingestellt. 90,3 auf dem Thsringer Wald herum zeichne] Schon in seiner Frankfurter Zeit hatte Goethe mit Merck gelegentlich gemeinsam gezeichnet (vgl. GB 2 I, Nr 177, 190, 205). W|hrend des Ilmenauer Aufenthalts wird das Zeichnen von Goethe mehrfach im Tagebuch oder in Briefen an Charlotte von Stein erw|hnt: unter dem 21. Juli 1776: Aussicht nach der Frohn Feste (GT I 1, 22; laut Corpus VII, 39 nicht nachgewiesen); an Charlotte von Stein schrieb Goethe am 22. Juli: Ich hab Æ:::æ angefangen was zu zeichnen es geht aber nicht (87,17–18); unter dem 22. Juli: nach Cammerberg gezeichnet (GT I 1, 22; vgl. die Zeichnungen „Mundloch des Kammerbergstollens“ [Corpus I, 60, Nr 143 f.]); unter demselben Datum: auf den Gickelhahn. gezeichnet (GT I 1, 22; vgl. die Zeichnung „Dampfende T|ler bei Ilmenau“; vgl. Abb. 4 im Textband, S. 89 [Corpus I, 60, Nr 145]); unter dem 26. Juli: Gezeichnet frsh (GT I 1, 22; nach Corpus VII, 40 nicht nachgewiesen); unter dem 2. August: nach Stszzerbach. gezeichnet (GT I 1, 23; vgl. die beiden Zeichnungen mit dem Titel „Stttzerbacher Grund“; vgl. Abb. 5 im Textband, S. 95 [Corpus I, 61 f. Nr 146 f.]); unter dem 3. August: ich gez. (GT I 1, 23; vermutlich Weiterarbeit an den Zeichnungen vom Vortag); unter dem 6. August: nach Unterporliz zu Tische. Zeichn. (GT I 1, 23; nach Corpus VII, 41 nicht nachgewiesen); in Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 12. August 1776 heißt es: Hier hast du die Aussicht aus dem Pachthofe zu Unter Ptrliz wo wir zusammen standen als Krause zeichnete. (94,15–17); unter dem 8. August: aufm Hermanst. Die Hthle gezeichnet (GT I 1, 23; vgl. die Zeichnung „Huhle am
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Hermannstein“; vgl. Abb. 6 im Textband, S. 96 [Corpus I, 62, Nr 148]), unter demselben Datum: Gegen Abend auf Stszzerbach ich zeichnete noch ein wenig (GT I 1, 23; vermutlich Weiterarbeit an der Zeichnung vom 2. August); unter dem 9. August: Verduselter, verzeichneter, verwarteter, verschlafner Morgen (GT I 1, 23; vermutlich Weiterarbeit an der Zeichnung vom 2. August); am 10. August schrieb Goethe an Charlotte von Stein: Ich schick Ihnen die Stszzerbacher Zeichnung unvollendet, denn ich fsrcht ich verderb sie. (94,4–5.) 90,3–4 geht auf Hirsche] Vom Jagen wird in Goethes Tagebuch unter dem 24., 27. und 28. Juli sowie unter dem 3. August berichtet (vgl. GT I 1, 22 f.). 90,5 Portefeuille] Franz.: Brieftasche; hier: Zeichenmappe. 90,5–6 Lass den Wein Æ:::æ auch mit.] In seinem Brief vom 16. September 1776 best|tigte Goethe den Erhalt der Weinsendung (vgl. 108,1). – Merck versorgte nicht nur Goethe, sondern auch Wieland mit Wein. In dessen Briefen an Merck vom 26. Januar und 23. M|rz 1776 ist von einer gemeinsamen Bestellung von Niersteiner Wein die Rede (vgl. WB 5, 466 und 488). 90,9 Wirthschafft] Hier im Sinn von ,Lebensfthrung‘, ,Lebensverh|ltnisse‘; in Anlehnung an die im 18. Jahrhundert noch verbreitete Bedeutung des Wortes: „Inbegriff Æ:::æ aller h|uslichen Gesch|fte“ (Adelung 4, 1577). 90,10–11 freylich hab ich was auszustehen gehabt] In Anspielung auf den Widerstand gegen Goethes Berufung ins Geheime Consilium (vgl. zu 63,8 und die einleitende Erl|uterung zu Nr 148). 90,11–12 Der Herzog ist eben so Æ:::æ keine Freude erlebt] Dies kunnte sich auf die Kritik an den ,Weimarer Verh|ltnissen‘ und dem angeblich ,wilden Genietreiben‘ beziehen, in deren Mittelpunkt Herzog Carl August und Goethe standen (vgl. im Einzelnen die einleitenden Erl|uterungen zu Nr 57 und 112). Offenbar hatte sich auch Merck besorgt tber tble Gertchte ge|ußert; am 5. Juli 1776 hatte ihm Wieland geschrieben: „Wegen Guthen bitt ich Sie ewig ruhig zu seyn. Das Schiksal hat ihn in affection genommen: es ist Caesar und sein Gltck; und Ihr werdet sehen, daß er sogar in diesem Hefen der Zeit worin wir leben, große Dinge thun u: eine gl|nzende Rolle spielen wird. Laßt die sch|bichten Kerls schwazen. Graf Gurz rtstet sich nun auch, in eure Gegenden u: nach Maynz und Mannheim zu gehen, und dort alles gegen Guthen und mich aufzuwigeln. Der Elende!“ (WB 5, 520.) 90,16 die Mutter] Gemeint ist wohl nicht Mercks Mutter Elisabeth Catharina geb. Kayser, sondern Goethes Mutter Catharina Elisabeth geb. Textor, mit der Merck in regem Kontakt stand. 90,17–18 Lenz Æ:::æ sizzt iezt in Wwldern und Bergen allein] Jacob Michael Reinhold Lenz war Ende Juni ins Weimar nahe gelegene Berka gezogen (vgl. im Einzelnen die einleitende Erl|uterung zu Nr 136). Von Lenz’ Rtckzug aufs Land hatte Merck schon aus Wielands Brief vom 5. Juli 1776 erfahren: „L e n z
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ist seit 8 Tagen in Eremum gegangen, wo er vermuthl. Heuschrecken und Wildhonig frißt Ævgl. Matth|us 3,4æ, und entweder ein neues Drama, oder ein Project die Welt zu bessern macht, das seit geraumer Zeit seine marotte ist.“ (WB 5, 521.) 90,18–19 Klinger kann nicht mit mir wandeln] Friedrich Maximilian Klinger hatte im Juni 1776 sein Jurastudium in Gießen abgebrochen, zu dem ihm Goethe verholfen hatte (vgl. dessen Brief an Ludwig Julius Friedrich Hupfner, erste H|lfte April 1774; GB 2 I, Nr 106; tber Goethes Verh|ltnis zu Klinger vgl. GB 2 II, zu 83,5). Am 24. des Monats war Klinger in Weimar eingetroffen: „Am Montag kam ich hier an – lag an Goethes Hals u. er umfaßte mich innig mit aller Liebe ,N|rrischer Junge! und kriegte Ktße von ihm. ,Toller Junge! und immer mehr liebe Æsicæ. Denn er wußte kein Wort von meinem Kommen, so kannst du denken wie ich ihn tberraschte“, schrieb Klinger in einem gemeinsamen Brief mit Jacob Michael Reinhold Lenz an Philipp Christoph Kayser vom 26. Juni 1776 (Lenz, Briefe 1, 274). Ein Anlass, sich nach Weimar zu wenden, war Klingers Hoffnung, dort eine Anstellung zu erhalten. Die Herzoginmutter Anna Amalia bemthte sich um eine Versorgung in ausw|rtigen Milit|rdiensten (vgl. Klingers Brief an Goethe vom 26. Mai 1814; Rieger, Klinger 2, Briefbuch, 164). Diese Pl|ne scheiterten jedoch. Auch litt – wie im Fall von Lenz – das frthere herzliche Verh|ltnis zu Goethe durch den Aufenthalt des Freundes in Weimar; schon zwei Wochen nach dessen Ankunft schrieb Wieland am 5. Juli 1776 an Johann Heinrich Merck: „K l i n g e r ist auch gekommen. Leider! Er ist ein guter Kerl, ennuyirt uns aber herzl. und drtckt Guthen. Was ist mit solchen Leuten anzufangen?“ (WB 5, 521.) Diesen Bericht Wielands best|tigt Goethe im vorliegenden Brief und im Brief an Johann Caspar Lavater vom 16. September 1776 noch einmal mit |hnlichen Worten (vgl. 106,7–9). Am 25. September ktndigte Klinger in einem Brief an seine Mutter und Schwestern an: „Kommende Woche reiß ich von hier weg nach Dessau Æ:::æ. In Weimar kann ich auf keine Weise mehr bleiben. Gœthes Liebe ist groß, aber die Umst|nde sind gegen uns.“ (Rieger, Klinger 1, 400.) Dies teilte Klinger am selben Tag auch seinem Freund Ernst Christian Friedrich Adam Schleiermacher mit (vgl. ebd.). Unter den Grtnden ftr das problematisch werdende Verh|ltnis zwischen Goethe und Klinger und ftr dessen Weggang aus Weimar werden genannt (vgl. ebd., 163–177): Goethe sei ver|rgert gewesen, weil Klinger sein Studium abgebrochen habe und unangemeldet und eigenm|chtig in Weimar erschienen sei. Klinger habe sich als „roher, ungeschlachter Naturmensch“ (so sp|ter Buttiger, Literarische Zust|nde, 35 f.) aufgefthrt, dessen kraftgenialisches Tun und Reden Goethe verdrossen h|tten. Carl August Buttiger kolportiert auch ein Gespr|ch Klingers mit Franz Christian Lers aus dem Jahr 1798; bei einem Scheibenschießen, bei dem es „Sitte geweßen, statt der Zielscheibe ein Portrait hinzusetzen“ (ebd., 46), habe er auf ein Portr|t Goethes geschossen. „Dieß habe ihm Guthe nie verzeihn kunnen.“ (Ebd.) Nach Mitteilung Friedrich Justin Bertuchs habe Klinger „allerlei Kl|tschereien zwischen der
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alten Herzogin und der jungen gemacht“ (ebd.). Der einzige authentische Hinweis zu der Angelegenheit stammt von Klinger selbst; in seinem Brief an Schleiermacher vom 29. August 1789 heißt es: „Ein elender Mensch, dessen Herz so schlecht ist, als sein Verstand verwirrt, hat uns durch Tretschereyen in Weimar, auseinander gesprengt. Er ÆGoetheæ glaubte ihm erb|rmliches Zeug, ich war zu stolz mich tber Plackereyen zu rechtfertigen, Æ:::æ u so reißt ich ab“ (Rieger, Klinger 2, Briefbuch, 9). Die Rede ist von Johann Christoph Kaufmann, dem von Johann Caspar Lavater gesch|tzten ,Genieapostel‘, religiusen Schw|rmer und Wunderarzt, der sich vom 21. September bis 9. Oktober 1776 in Weimar aufhielt. Goethe ließ sich, wie auch Herzog Carl August, Wieland, Herder u. a., von ihm beeindrucken; im Tagebuch heißt es unter dem 24. September: Herrliche Nacht mit Kaufm. (GT I 1, 26), und zwei Tage sp|ter: Nachts mit Kaufmann. (Ebd.) Sp|ter nannte er ihn jedoch einen Lsgenpropheten (Brief an Lavater, 6. M|rz 1780; WA IV 4, 193). Der Gegenstand der „Tretschereyen“ ist nicht bekannt. ber Kaufmanns Motiv |ußerte sich Klinger in einem Brief an Goethe vom 26. Mai 1814: „Indessen versuchte dieser neue Simson Æ:::æ auch an mir vergeblich sein Apostelamt. Er r|chte sich daftr. H|tt’ ich mich, bey meiner Abreise, mehr als durch Blicke des Herzens, gegen Sie erkl|rt, ich w|re Ihnen gewiß werther, als je geworden, aber ich s o l l t e es nicht, vermuge dessen, was Sie in mir erkannt hatten.“ (Rieger, Klinger 2, Briefbuch, 164.) Inwieweit diese Erinnerungen Klingers – wie auch die Berichte Buttigers – aus einer großen zeitlichen Distanz zuverl|ssig sind, muss dahingestellt bleiben. Muglicherweise, vermutet der Klinger-Biograph Max Rieger, versuchte Kaufmann bloß, „durch Zutragen von Beschwerdestoff sich Æbei Goetheæ wichtig zu machen“ (Rieger, Klinger 1, 175). 147. An Charlotte von Stein
ÆIlmenauæ, 2. August 1776 ! ÆMeiningen?æ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 27. – 1 Bl. 18,6(–18,8)620,1 (–21) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „69“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 68), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 50 f. WA IV 3 (1888), 91, Nr 490. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich von Ende Juli 1776 (vgl. zu 90,22). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.
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90,22 deinen Zettel] Der nicht tberlieferte Bezugsbrief, in dem Charlotte von Stein ihren Besuch in Ilmenau anktndigte. 90,23 wieder nah] Charlotte von Stein war auf der Rtckreise von Pyrmont. Sie befand sich wahrscheinlich gerade in Meiningen, wo sie, Goethes Brief an Herder vom 9. August 1776 (Nr 151) zufolge, Station gemacht hatte (vgl. 93,28–29). 90,23 Ich dachte du wwrst in Weimar.] Demnach hatte Goethe l|ngere Zeit keinen Brief aus Pyrmont erhalten. 90,24 in Ilmenau] Dort hielt sich Goethe in Begleitung des Herzogs seit dem 18. Juli 1776 auf (vgl. zu 86,8). 90,25 ich hab nur fsr dich gezeichnet] Vgl. Beilage zu Nr 145 und zu 87,20. 91,1 Engel] Zur Verwendung dieser Apostrophe ftr Charlotte von Stein vgl. zu 25,14. 91,1 Stszerbach] Stttzerbach, ein Glasmacherort am Nordosthang des Thtringer Waldes, in der N|he der Ilmquelle auf sachsen-weimarischem Gebiet gelegen und nur knapp 10 km von Ilmenau entfernt, war ein beliebtes Ausflugsziel der herzoglichen Gesellschaft (vgl. 91,6; zu 91,6). Laut Tagebuch vom 2. August 1776 ging Goethe Abends mit Dalb ÆCarl Theodor von Dalbergæ und " ÆHerzog Carl Augustæ nach Stszzerbach. (GT I 1, 21.) An die „etwas weit getriebenen zudringlichen Sp|ße der frohreichen Gesellschaft“ (BG 1, 445) um Herzog Carl August und Goethe im Hause des Stttzerbacher Kaufmanns Johann Elias Glaser erinnert sich der Vizeberghauptmann Friedrich Wilhelm von Trebra. 91,2 eine Zeichnung] Vgl. zu 94,4–5. 148. An Jacob Friedrich von Fritsch
Stttzerbach, 3. August 1776 ! Weimar
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 1–2. – Doppelblatt 16,6(–16,8) 620,2 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An des Herrn / Geheimderath v. Fritsch / Exzell‘. / nach / Weimar / durch Husar / mit einer / ledernen Brief- / tasche., Siegel (Wappen); unter dem Brieftext Pr|sentatsund Antwortvermerk, Tinte: „ps. d. 4. Aug‘. 1776. resp. eodem“. E: WA IV 3 (1888), 92, Nr 491 (Friedrich Strehlke). ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief, mit dem Fritsch die bersendung amtlicher Papiere (91,7) begleitet haben wird, ist nicht tberliefert. – Der Antwortbrief (vgl. berlieferung) ist nicht bekannt.
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BRIEF 148
Jacob Friedrich von Fritsch (1731–1814) wuchs als Sohn des kurs|chsischen Geheimen Rats und Ministers Thomas von Fritsch und dessen Frau Johanna Sophie geb. Winkler auf dem Familiengut Seerhausen bei Riesa auf. Nach abgebrochenem Jurastudium in Guttingen trat Fritsch zur Vorbereitung auf den Staatsdienst als Sekret|r in die Kanzlei des kurs|chsischen Statthalters in Eisenach und sp|teren weimarischen Premierministers Graf Heinrich von Btnau ein. Seine weitere Karriere fthrte ihn 1754 als Legationsrat und Wirklichen Assessor bei der Regierung nach Eisenach und zusammen mit Btnau 1756 nach Weimar als Wirklichen Hofrat und Referendar im Geheimen Consilium, in welchem er 1762 als Geheimer Legationsrat Sitz und Stimme erhielt. 1766 schließlich wurde er zum Geheimen Rat ernannt und 1772 zum Wirklichen Geheimen Rat mit dem Ehrentitel ,Exzellenz‘. Fritsch war ein Vertrauter der verwitweten Herzogin Anna Amalia und unterstttzte diese in ihrem Versuch, den Einfluss des Grafen Johann Eustach von Schlitz gen. von Goertz, des Erziehers des Prinzen Carl August, auf seinen Zugling zurtckzudr|ngen. Daher rthrt das gespannte Verh|ltnis zwischen dem sp|teren Herzog und seinem Spitzenbeamten. Fritsch opponierte heftig gegen Goethes Berufung ins Geheime Consilium im Frthjahr 1776; in einem Brief an Carl August vom 24. April 1776 drohte er mit Niederlegung seiner mter, da er – „ohne allen Widerwillen oder Abneigung gegen diesen Mann“ (Beaulieu-Marconnay, 156) – „in einem Collegio dessen Mitglied gedachter D. Goethe anjetzt werden soll, l|nger nicht sizen“ kunne (Beaulieu-Marconnay, 157), weil – so erkl|rt er in einem weiteren Brief vom 11. Mai 1776 – dieses „durch die Placirung des D. Goethe in selbigem in den Augen des Publici gar sehr herunter gesetzt werden muß.“ (Beaulieu-Marconnay, 168.) Mit Hilfe seiner Mutter gelang es Carl August, Fritsch umzustimmen (vgl. ihre Briefe an diesen vom 10. Mai 1776 bzw. 13. Mai 1776; Beaulieu-Marconnay, 159–163 und 170–173); auf deren Bitte, im Amt zu bleiben, und nach Rtcksprache mit seinen beiden Kollegen im Geheimen Consilium, Johann Christoph Schmidt und Christian Friedrich Schnauß (der dringend wtnschte, „daß Ew. Exc. bey uns bleiben muchten“ [Brief an Fritsch vom 14. Mai 1776; Beaulieu-Marconnay, 176]), antwortete Fritsch am 15. Mai 1776, er habe sich die „Ueberzeugung“ verschafft, „daß ich gewissenhafter Weise ihn ÆHerzog Carl Augustæ in dem gegenw|rtigen Augenblick nicht verlassen darf.“ (Beaulieu-Marconnay, 179.) In den Jahren danach entwickelte sich zwischen Fritsch und Goethe eine professionelle Zusammenarbeit, gepr|gt von gegenseitiger Anerkennung und Toleranz, zu welcher sie im brigen auch durch die gemeinsame Mitgliedschaft in der Weimarer Freimaurer-Loge verpflichtet waren. Unter dem 23. Mai 1776 notierte Goethe in seinem Tagebuch: Gut anlassen von Fr. (GT I 1, 18.) Sp|ter, unter dem 1. Februar 1779, heißt es dagegen: Conseil. Dumme Luft drinne. fataler Humor von Fr. (GT I 1, 74.) N|heres ist nicht bekannt, wohl aber, dass Fritsch tberhaupt ein schwieriger Mensch war, der von sich selbst sagte, dass er „zu viel Rauhes in meinen Sitten, zu viel ufters an das Mtrrische
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gr|nzende Ernsthaftigkeit, zu viel Unbiegsamkeit und zu wenig Nachsicht gegen das was herrschender Geschmack ist, an mir habe.“ (Brief an Carl August, 9. Dezember 1775; Woldemar von Biedermann: Goethe und die von Fritsch. In: Goethe-Forschungen. Frankfurt a. M. 1879, S. 221.) Dass das Verh|ltnis zu Goethe auch Jahre nach dessen Berufung kein entspanntes war, zeigt ein Vorfall aus dem Jahr 1783: In einem von Goethe tbersandten Votum hatte Fritsch an der Formulierung M e i n e Herrn Cameralen (Brief an Fritsch, 6. Mai 1783; WA IV 6, 160) Anstoß genommen; daraufhin fthlte Goethe sich veranlasst, Ew. Exc. zu entdecken wie empfindlich und schmerzlich, und auch wie unerklwrlich mir die Art und Weise gewesen, mit welcher mir Ew. Exc. in dem gestrigen Voto ein unschuldiges Wort unterstrichen haben (ebd.; WA IV 6, 159), und darauf hinzuweisen, dass er mit dem Possessivpronomen keineswegs Herrschaft oder Eigenthum (ebd.; WA IV 6, 160) zum Ausdruck habe bringen wollen. Als Fritsch im M|rz 1800 aus dem Dienst entlassen wurde, war nicht in erster Linie eine Augenerkrankung der Grund, von der er sich nach einer Operation wieder erholte, sondern wiederum sein schroffer Charakter: Er hatte Schulden gemacht, um seine Geschwister zu unterstttzen. Klagen seiner Gl|ubiger tber s|umige Zahlungen gelangten bis zu Herzog Carl August, der Fritsch wiederholt aufforderte, seine Verh|ltnisse in Ordnung zu bringen, im Jahr 1798 schließlich ultimativ, woraufhin Fritsch Weimar und sein Amt empurt verließ und sich auf sein Gut Seerhausen (stdlich von Riesa) zurtckzog. Das Vertrauensverh|ltnis zum Herzog stellte sich nicht wieder her. Im Rtckblick entwirft Goethe in einem Gespr|ch mit Friedrich Theodor Adam Heinrich von Mtller vom 31. M|rz 1824 ein differenziertes Bild seines Kollegen Fritsch: „Goethe rthmte, daß er ÆFritschæ stets redlich gegen ihn gewesen, obgleich sein, Goethes, Treiben und Wesen ihm nicht habe zusagen kunnen. Aber er habe doch Goethes reinen Willen, uneigennttziges Streben und ttchtige Leistungen anerkannt. Seine Gegenwart, seine ußerlichkeit sei nie erfreulich gewesen, vielmehr starr, ja hart, bouffu Æaufgeblasenæ; er habe nichts Behagliches oder Feines in seinen Formen gehabt, aber viel Energie des Willens, viel Verstand“ (Mtller, Unterhaltungen mit Goethe, 120). – Literaturhinweise: Beaulieu-Marconnay; KarlHeinz Hahn: Jakob Friedrich v. Fritsch. Minister im klassischen Weimar. Weimar 1953. Im vorliegenden Band sind neun der tber 50 tberlieferten Briefe Goethes an Jacob Friedrich von Fritsch abgedruckt; keiner von allen Briefen hat vornehmlich privaten Charakter, selbst der Brief nicht, der von April 1800 stammt: Goethe stattet Fritsch nach dessen Demission mit gershrtem Herzen denjenigen Dank ab, welchen ich fsr so manche Theilnahme und Gewogenheit schuldig bin (WA IV 15, 44). Nach Fritschs Ausscheiden aus dem Amt hat es offensichtlich keine Korrespondenz mehr gegeben. Die vier tberlieferten Briefe Fritschs an Goethe stammen aus den Jahren 1783 und 1793.
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BRIEF 149
91,6 Stszzerbach] Amtsdorf am Nordosthang des Thtringer Waldes (vgl. die zweite Erl|uterung zu 91,1). – Goethe war am Abend des 2. August 1776 mit Herzog Carl August und Carl Theodor von Dalberg von Ilmenau zur Jagd nach Stttzerbach gekommen (vgl. GT I 1, 23). 91,6–7 GeheimderR.] Jacob Friedrich Freiherr von Fritsch war (seit 1772) Wirklicher Geheimer Rat mit dem Titel ,Exzellenz‘ und Vorsitzender des Geheimen Consiliums. 91,7 vollzognen Papiere] Ausfertigungen amtlicher Schriftsttcke, die von Herzog Carl August unterzeichnet und gesiegelt waren und damit Rechtskraft erlangt hatten. 91,8–9 Expedition ambulante] Franz.: umherziehende Versandstelle. – Hier ist scherzhaft eine ,transportable Gesch|ftsstelle‘ gemeint, die Goethe w|hrend der Abwesenheit von Weimar versieht (vgl. GWb 3, 499). 91,10 wann wir zursckkommen ist ungewiss] Goethe befand sich als Begleiter des Herzogs Carl August und anderer auf seiner zweiten Reise durch den Thtringer Wald; sie dauerte vom 18. Juli bis zum 14. August 1776 (vgl. weiter die Erl|uterungen zu 86,8 und zu 90,1–2). 91,11 eingewildert] Anspielung auf die im Kreis der herzoglichen Reisegesellschaft herrschende liederliche Wirthschafft (164,4) und die naturnahen Verh|ltnisse mit h|ufigen Nachtlagern im Freien, bei denen der gewohnte Komfort fehlte und die Hofetikette g|nzlich dispensiert war. Da es vor dem Bau des Jagdhauses Gabelbach 1783 an einer standesgem|ßen Unterkunft ftr die herzogliche Jagdgesellschaft fehlte, logierte sie w|hrend der Aufenthalte in Stttzerbach in dem heute nicht mehr vorhandenen Gasthaus „Zum weißen Roß“ sowie in Privath|usern wohlhabender Btrger. 91,11 Trebra] Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra, Mineraloge und Bergbauexperte (vgl. auch zu 439,2–3); er fertigte ein Gutachten tber die Verh|ltnisse des Ilmenauer Kupferschieferbergwerks an, das zu der Entscheidung fthrte, den Bergbau in Ilmenau wieder aufzunehmen. 91,12 der Stadthalter von Erfurt] Carl Theodor Reichsfreiherr von Dalberg, Statthalter des Kurftrst-Erzbischofs von Mainz in Erfurt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 516). Dalberg war am 31. Juli 1776 in Ilmenau zur herzoglichen Gesellschaft gestoßen; unter dem 1. August notierte Goethe in sein Tagebuch: Viel guts mit Dalberg. Æ:::æ Nachts bis halb eilfe mit Dalberg von Zeichnung, Gefshl der Anfwrbung Dichtkunst. Composition. (GT I 1, 22.) 91,13 nicht ohne Erdgeruch] Dies bezieht sich nicht nur auf das rustikale Leben w|hrend der Jagd, sondern auch auf Dalbergs Besuch von Htttenwerken in Ilmenau: „Er ÆDalbergæ ist sowohl heute frth aufs Kohlen-, als heute Nachmittag aufs Eisenwerk mitjefahren Æsicæ“ (Bergmann, 22), schrieb Herzog Carl August am 1. August 1776 aus Ilmenau an seine Mutter, Herzogin Anna Amalia.
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91,13–14 College Schnaus] Christian Friedrich Schnauß, Geheimer Assistenzrat, Kollege Goethes im Geheimen Consilium. 91,15 Ihr. Exell‘.] Exzellenz: der Ausgezeichnete, Hervorragende (von lat. excellere: sich auszeichnen, hervorragen), Titel von Ministern, Diplomaten und hohen Beamten. Jacob Friedrich Freiherr von Fritsch fthrte den Titel seit 1772. 91,16 des ledernen Sacks mit dem Riemen] Spezieller Postsack zum sicheren Transport der zu versendenden amtlichen Schriftsttcke, auch als Felleisen (von mlat. valisia: Satteltasche) bezeichnet (vgl. auch berlieferung). 91,18 Frau Gemahlinn] Johanna Sophia von Fritsch geb. von Haeseler. 149. An Jacob Friedrich von Fritsch
Ilmenau, 5. August 1776 ! Weimar
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 3. – Doppelblatt 17,1620,4 cm, /2 S. beschr., egh., Tinte. E: WA IV 3 (1888), 92 f., Nr 492 (Friedrich Strehlke).
1
BEI L AG E
Muglicherweise ein Urlaubsantrag Fritschs (vgl. zu 91,24). ERLUTERUNGEN
Muglicherweise bezieht sich der Brief auf den nicht tberlieferten Antwortbrief Fritschs vom 4. August 1776 auf Goethes Brief vom Vortag (vgl. berlieferung zu Nr 148); die Post zwischen Ilmenau (bzw. Stttzerbach) und Weimar ging in der Regel einen Tag (vgl. ebd.). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 91,24 mit dem gnwdigsten ad petita] Lat. ad petita: zu dem Gewtnschten. – Offensichtlich bewilligte Carl August in einem Marginaldekret, muglicherweise auf Fritschs Urlaubsgesuch selbst, das Goethe beiliegend zurtckschickte, oder durch die von Goethe im vorliegenden Brief mitgeteilte mtndliche Entscheidung einen Urlaubsantrag seines Beamten. 91,24–92,1 eine glsckliche Reise und frohe Brunnenkur] Fritsch pflegte sich in den Sommermonaten auf seine Gtter in Kursachsen, zumeist nach Seerhausen (an der Jahna stdlich von Riesa), oder zu Kuraufenthalten zu beurlauben. 1776 war er vom 8. August bis Mitte September von Weimar abwesend. 92,1 anwsnschen] Jemandem etwas (Gutes) wtnschen (vgl. GWb 1, 753); vor 1815 nur sehr selten bei Goethe belegt. 92,3 unser Leben im Alten fort] Zum Jagdaufenthalt in den W|ldern um Ilmenau und Stttzerbach vgl. die erste Erl|uterung zu 91,11.
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BRIEF 150
150. An Charlotte von Stein Ilmenau und Gabelbach, 8. August 1776 ! ÆWeimaræ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 28. – 1 Bl. 13,9619,5 cm, 1 2/3 S. beschr., egh., Tinte und Bleistift: Auf dem Gabelbach Æ:::æ bey mir. (93,7–10); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „70“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 70), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 51–53. WA IV 3 (1888), 93 f., Nr 493. ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief wahrscheinlich vom 7. August 1776 (vgl. 92,22) ist nicht tberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 92,7 Deine Gegenwart] Auf ihrer Rtckreise von Pyrmont hatte Charlotte von Stein Goethe in Ilmenau besucht. Am 5. August 1776 vermerkte er in seinem Tagebuch ihre Ankunft: Abends die Stein, ftr den Abend des n|chsten Tages die Trenung (GT I 1, 23). Wahrscheinlich reiste Charlotte von Stein am Morgen des 7. August nach Weimar weiter. 92,9 trwumig] Vertr|umt, traumerftllt (vgl. Grimm 11 I 1, 1516); sonst bei Goethe nur noch im Singspiel „Claudine von Villa Bella“ (1775) belegt, wo tber die Figur des Don Pedro gesagt wird, er sei ein langweiliger trwumiger Mensch (DjG3 5, 131). 92,9–10 auf Wizlebens Felsem] ,Felsem‘ wohl verschrieben. – Laut Tagebuch vom 7. August 1776 war Goethe Gegen 19 Ærecte: gegen 9æ auf Elgers burg (GT I 1, 23), wo er auch den Tag verbrachte: gessen. Æ:::æ nach Tisch hohen Felsen weeg! Allein. (Ebd.) Die Elgersburg auf einem hoch tber dem gleichnamigen Ort gelegenen Felsen, etwa 7 km nordwestlich von Ilmenau, war im Besitz des Weimarer Oberhofmarschalls Friedrich Hartmann von Witzleben. Dieser hatte sich am 17. Juli vom Weimarer Hof „auf et‘. Wochen“ beurlaubt und war nach seinem „Guthe auf die Burck ÆElgersburgæ gegangen“ (FB 1776, S. 210). 92,20 Hermanstein] Der Hermannstein nordwestlich des Kickelhahns (vgl. zu 87,15). 92,20–21 die Hthle zeichnen] Vgl. dazu Goethes Tagebucheintrag vom 8. August 1776: aufm Hermanst. Die Hthle gezeichnet. (GT I 1, 23.) berliefert ist die Zeichnung „Huhle am Hermannstein“, die muglicherweise mit Brief Nr 152 an Charlotte von Stein geschickt wurde (vgl. die erste Erl|uterung zu 94,8). 92,21 die Inschrifft] Wie der Brief Goethes vom 6. September 1780 nahelegt, brachte er 1776 lediglich die Initiale „S“ an ftr den Nachnamen der Freundin und wohl zugleich auch ftr ,Sonne‘ (vgl. zu 74,1–2): Meine beste ich bin in
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die Hermannsteiner Hthle gestiegen, an den Plaz wo Sie mit mir waren und habe das S, das so frisch noch wie von gestern angezeichnet steht gekssst und wieder gekssst (WA IV 4, 281). Wiederum etwa vier Jahre sp|ter, am 23. Juni 1784, schrieb Goethe aus Eisenach an die Freundin in Weimar: Æ:::æ eh ich weg gehe will ich noch ein Paar Tage dran wenden und die Gebsrge durchstreichen. Wenn ich mir nur ein Andencken fsr dich irgendwo aussinnen ktnnte. Ich hatte vor in irgend einen Felsen einhauen zu lassen: Was ich leugnend gestehe und offenbarend verberge Ist mir das einzige Wohl, bleibt mir ein reichlicher Schatz Ich vertrau es dem Felsen damit der Einsame rathe Was in der Einsamkeit mich was in der Welt mich beglsckt. (WA IV 6, 310 f.) – Am folgenden Tag f|hrt er fort: Ich sinne noch immer wie und wo ich die Innschrift anbringen soll. Hier ist noch eine die ich der Herrmannsteiner Hthle zugedacht habe. Felsen sollten nicht Felsen und Wssten Wssten nicht bleiben Drum stieg Amor herab sieh und es lebte die Welt. Auch belebt er mir die Htle mit himmlischem Lichte Zwar der Hoffnung nur doch ward die Hoffnung erfsllt. (Ebd., 311.) – Die eisernen Schrifttafeln am Eingang der Huhle stammen aus sp|terer Zeit: die Tafel mit den Distichen Was ich leugnend Æ:::æ wurde 1876 von dem Ilmenauer Bergmeister Hermann Philipp Bernhard Mahr angebracht. Die zweite Tafel mit dem von Goethe selbst der Hermannsteiner Huhle zugedachten Gedicht Felsen sollten nicht Felsen Æ:::æ stiftete im September 1901 die Gemeinde Gabelbach (vgl. Paul Mitzschke: Der Große Hermannstein bei Ilmenau. ÆOhne Ortæ 1911, S. 12). 92,22 Ihr Zettelgen] Wahrscheinlich hatte Charlotte von Stein mit diesem nicht tberlieferten Billett schon ihre Ankunft in Weimar gemeldet. 92,24 dass Sie mit in meiner Hthle war] ber den gemeinsam mit Charlotte von Stein verbrachten Tag gibt Goethes Tagebuch vom 6. August Auskunft: Frsh nach Cammerb. ÆKammerbergæ in den Stollen zum C.A. Schacht. ÆCarlAugust-Schachtæ nach dem Herm. ÆHermannsteinæ In die Hthle. Zursck auf die Mshle in die Stadt nach Unterporliz zu Tische. Zeichn. Tanz. Gwnse Hazze. Nach Haus gegen Abend zu Staff. Ins Amth. ÆAmtshausæ Illum. ÆIlluminationæ Musick. Trenung (GT I 1, 23). Vgl. auch Goethes Brief an Herder vom 9. August 1776 (Nr 151). 92,25–26 wie in der Geisterwelt] Im Reich tbersinnlicher, tbernattrlicher
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BRIEF 150
Wesen, imaginierter Erscheinungen in der Natur (vgl. GWb 3, 1317; 1341 f.); wahrscheinlich Anklang an die Geistervorstellungen Swedenborgs (vgl. zu 84,13). 92,27 Falcken] Wie der Kontext belegt, bearbeitete Goethe den Stoff einer Novelle aus Giovanni Boccaccios „Decamerone“ (V, 9). Darin verliebt sich ein junger Adliger, ohne Gegenliebe zu finden, und verliert durch seine ritterliche Werbung sein Vermugen. Da er außer einem wertvollen Jagdfalken nichts mehr besitzt, setzt er diesen seiner Angebeteten zum Essen vor, als sie ihn besucht. Von seiner Großmut tberw|ltigt, |ndert diese ihre Gesinnung und nimmt ihn schließlich zum Mann. (Am Beispiel dieser Boccaccio-Novelle entwickelte etwa 1870 Paul Heyse seine als „Falken-Theorie“ in die Literaturgeschichte eingegangene Theorie der Novelle.) – Die Arbeit an einem ,Falken‘-Drama wird im vorliegenden Brief zum ersten Mal erw|hnt. In den folgenden Tagen finden sich mehrere das Werk betreffende Eintragungen in Goethes Tagebuch, so am 10. August: Einsied. ÆFriedrich Hildebrand von Einsiedelæ vom Falben Æwohl verschrieben ftr ,Falken‘æ erzwhlt; am 11. August: Den Vortrag des Falcken erfunden gleich zur Probe geschrieben (GT I 1, 23), und am 12. August: Den ganzen Tag zu Hause. am Falcke geschrieÆbenæ (ebd., 24). Fast gleichlautend ist die Formulierung im Brief an Charlotte von Stein ebenfalls vom 12. August (vgl. 94,17–18). Danach wird der ,Falke‘ weder in den tberlieferten Briefen noch in den Tagebtchern wieder erw|hnt. – In Goethes Nachlass hat sich unter den „Varia“ ein Blatt mit einem eigenh|ndigen Konzept erhalten (GSA 25/XXXIV,13,15), das mutmaßlich aus den letzten Frankfurter oder den ersten Weimarer Jahren stammt und zuerst unter den „Sp|nen“ in der WA veruffentlicht wurde (vgl. WA I 38 [1897], 493, Nr 24). Die dort ge|ußerte Vermutung, dass dieses „rasch hingeworfene Bruchsttck etwa jenem auf Boccaccios Decameron Æ:::æ gegrtndeten Æ:::æ Drama ,Der F a l k e ‘ angehuren“ (ebd.) kunnte, ist zweifelhaft und nicht zu belegen (vgl. FA/Goethe I 5, 1462–1465; EGW 4, 246 f.). 92,28 Giowanna] Name der weiblichen Hauptfigur in Boccaccios Novelle. 92,28 Lili] Anna Elisabeth (Lili) Schunemann, mit der Goethe in Frankfurt 1775 ftr kurze Zeit inoffiziell verlobt gewesen war und von deren zweiter Verlobung er gerade erfahren hatte (vgl. zu 82,14–15). 93,1 tingiren] Tingieren (von lat. tingere: eintauchen, f|rben); hier sinnbildlich, wahrscheinlich noch in Anklang an die hermetisch-alchemistische Bedeutung: „den geringern Metallen die Farbe und Gtte des Goldes oder Silbers mittheilen, oder sie in diese verwandeln“ (Zedler 44, 368). Goethe hatte in Frankfurt 1769/70 gemeinsam mit Susanna von Klettenberg und unter Anleitung des pietistischen Arztes Johann Friedrich Metz alchemistische Experimente durchgefthrt und sich mit dem Studium mystischer und hermetisch-alchemistischer Werke besch|ftigt (vgl. GB 1 II, zu 130,15–16). 93,1 dein Verhwltnis Æ:::æ so heilig] Vgl. aber 58,5–6. 93,3 ktnne--s] Verktrzt ftr ,kunnen’s‘ oder ,kunnen es‘.
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93,3–5 macht mir’s Æ:::æ als D r a m a z u v e r k e h r e n ] Anspielung auf frthere Liebesbeziehungen, vor allem wohl auf das spannungsreiche Verh|ltnis zu Anna Elisabeth Schunemann, von der sich Goethe erst unmittelbar vor seinem Weggang aus Frankfurt im Herbst 1775 getrennt hatte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Z 1). – hnlich, wenn auch weit weniger von Skepsis getragen, heißt es im Brief an Augusta zu Stolberg vom 7. bis 10. M|rz 1775: O wenn ich iezt nicht dramas schriebe ich ging zu Grund. (GB 2 I, 170.) 93,7 Gabelbach] Nebenfluss der Ilm; hier mit Bezug auf den oberen Abschnitt des Gabelbachtals unterhalb des Kickelhahns, wo 1783 das herzogliche Jagdhaus gebaut wurde (vgl. die erste Erl|uterung zu 91,11). Im Tagebuch ist dazu unter dem 8. August 1776 vermerkt: aufn Gabelbach wo gessen wurde erst gegen 3. (GT I 1, 23.) 93,7 der Herzog] Carl August. 93,9 sollst du was sehen, vielleicht auch was lesen] Vgl. zu 92,21; zu 94,8. 93,11 Stszzerbach] Stttzerbach (vgl. zu 91,1). 93,13 sass ich wieder hier auf dem Schlossberg] Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts gab es in Stttzerbach ein herzogliches Jagdschloss („Dianenburg“), von dem sich bis heute terrassenfurmige Wallanlagen erhalten haben. – Schon am Morgen des 3. August hatte Goethe aufm Schlossberg gez. (GT I 1, 23), wobei das sp|ter im Brief an Lavater vom 25. bis 30. August 1776 mitgeteilte Gedicht Dem Schicksaal (99,16–31) entstanden ist. 93,15 wie ich ihn aufs Papier fesseln mtgt] Vgl. zu 94,4–5. 93,19 Geh nur in die Schweiz] Charlotte von Stein plante demnach eine Reise in die Schweiz, muglicherweise auf Anregung Johann Georg Zimmermanns, eines gebtrtigen Schweizers, den sie in Pyrmont wiedergetroffen hatte. Wahrscheinlich wollte Charlotte von Stein auf ihrer Reise auch Cornelia Schlosser im badischen Emmendingen besuchen, wie deren Brief vom 20. Oktober 1776 belegt: Cornelia Schlosser an Charlotte von Stein
Emmeding, d. 20. Oct. Ich kann Ihnen nicht beschreiben beste Frau was die Nachricht dass Sie ktnfftigen Sommer hierherkommen werden ftr eine sonderbare Wirkung auf mich gethan hat – ich hielts biss jezt ftr ganz unmuglich Sie jemals in dieser Welt zu sehn, denn die entfernteste Hoffnung w|r unwahrscheinlich gewesen, und nun sagen Sie mir auf einmal – ich komme – – Schon zwanzigmahl hab ich heut Ihren lieben Brief gelesen um gewiss versichert zu seyn dass ich mich nicht betriege – und doch sobald er mir aus den Augen ist, fang ich wieder an zu zweiflen – – Ihre Silhouette wird jezt mit weit mehr Aufmercksamkeit studiert wie sonst – aber um Gottes Willen / wie kann Zimmermann eine Gleichheit zwischen uns beyden finden – –
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BRIEF 151
Es ist mir diesen Sommer eine Fatalit|t begegnet die ich gar nicht vergessen kann – ich war ganz gesund – und just bey Lavaters u. des jungen Zimmermanns Ankunft tberf|llt mich ein entsezlicher Paroxismus von Gliederschmerzen an dem ich aber selbst Schuld war weil ich mich erk|ltet, ermtdet, und der feuchten Lufft ausgesezt hatte – Gleich den Tag darauf durch ein einziges Bad kam ich vullig wieder zurecht, und seitdem sptr ich nicht das mindste davon – / Urtheilen Sie nun selbst ob mir das nicht huchst empfindlich seyn muste, dass mich der junge Mensch in dem critischen Augenblick sah – – und nur in dem Augenblick – – Ftr Ihre Musick meine Liebste kann ich Ihnen nicht genug dancken ob ich schon nur den kleinsten Schatten davon auszufthren im Stand binn. Das Recitativ vom Orpheus muss eine erstaunende Wtrkung thun ich glaub ich k|m von Sinnen wenn ich einmal wieder so was hurte hier sind wir abgeschnitten von allem was gut und schun in der Welt ist. – – (H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 59. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut [Bd I, Jg 1776, Nr 45], vgl. berlieferung zu Nr 18.) 7 Ihren lieben Brief] Nicht tberliefert. – Mit diesem Brief hatte Charlotte von Stein wahrscheinlich Cornelia Schlossers Brief von Juni 1776 beantwortet (vgl. Beilage 1 zu Nr 135). Der Brief kunnte noch in Pyrmont geschrieben worden sein, wo Johann Georg Zimmermann Charlotte von Stein vielleicht an ihr Versprechen, Cornelia zu schreiben, erinnert hat. 10 Ihre Silhouette] Demnach hatte Charlotte von Stein ihrem Brief an Cornelia eine Portr|tsilhouette von sich beigelegt. 11–12 wie kann Zimmermann Æ:::æ finden] Wahrscheinlich mit Bezug auf eine Mitteilung in Charlotte von Steins nicht tberliefertem Bezugsbrief. – Das vergleichende Charakterisieren von zwei oder mehr Portr|ts war eine beliebte Methode nach dem Vorbild Lavaters, der seine physiognomischen Deutungen vor allem anhand von Silhouetten vornahm, die er tber ktnstlerische Portr|ts stellte und in großer Zahl in den „Physiognomischen Fragmenten“ publizierte (vgl. GB 2 II, zu 170,23–24). Zimmermann, der Freund und Mitstreiter Lavaters, beteiligte sich nicht nur am Sammeln, sondern auch an der physiognomischen Ausdeutung der Silhouetten. 13 eine Fatalit|t] Hier: ungltcklicher Zufall. 14 Lavaters u. des jungen Zimmermanns] Johann Caspar Lavater und Johann Jacob Zimmermann, der Sohn Johann Georg Zimmermanns, die von Ztrich aus die Familie Schlosser im nahe gelegenen Emmendingen besuchten. 15 Paroxismus] Paroxysmus; im zeitgenussischen Verst|ndnis „die Zeit, in welcher eine Kranckheit ihre Macht durch allerhand Zuf|lle austbet; als in den Fiebern, wenn selbige den Patienten anfallen, nennet man es den febrilischen Paroxysmum“ (Zedler 26, 1014). 22 Ihre Musick] Offenbar von Charlotte von Stein in ihrem nicht tberlieferten Bezugsbrief
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tbersandt. Die Art, wie sich Cornelia Schlosser bedankt, l|sst vermuten, dass die Komposition von der Adressatin selbst stammte. N|heres dazu ist nicht bekannt. Dass Charlotte von Stein die damals in ihren Kreisen tbliche musikalische Ausbildung genossen hatte und selbst ein Instrument spielte, scheint unzweifelhaft. Wiederholt schickte ihr Goethe Melodien (98,7), darunter auch die zu seinem Gedicht „An den Mond“ (vgl. Nr 326). Als er im Herbst 1777 ein handschriftliches Liederbuch in Auftrag gab, bat er die Freundin um Liedkompositionen Philipp Christoph Kaysers ftr den Noten-Kopisten Johann Michael Wiener (vgl. die erste Erl|uterung zu 175,14). 151. An Johann Gottfried Herder
Ilmenau, 9. August Æ1776æ ! ÆBtckeburgæ
DAT I ERU N G
Das fehlende Jahr ergibt sich aus dem Inhalt des Briefes. BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin. – 1 Bl. 18611 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben links von fremder Hd, Bleistift: „14.“, dartber Stempel: „Herder.“, oben rechts von Caroline Herders Hd, Tinte: „1776“, am linken Rand oben von fremder Hd (Heinrich Dtntzer oder Ferdinand Gottfried von Herder?, Herausgeber von E), Bleistift: „23.“ E: Aus Herders Nachlaß 1 (1856), 64 f., Nr 23. WA IV 3 (1888), 95, Nr 494. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 93,21–22 seit 3 Wochen wohnen wir auf dem Thsringer Wald] Goethe hielt sich vom 18. Juli bis zum 14. August 1776 in Ilmenau und Umgebung auf; vgl. des N|heren zu 90,1–2. 93,23 bey den Unterirdischen] Laut Tagebuch war Goethe am 1. und am 6. August in die Kammerberger Steinkohlengruben eingefahren (vgl. GT I 1, 22 und 23). 93,24 weide mich aus] Sich ausweiden: Intensivum zu ,sich weiden‘, also ,sich erbauen‘. 93,24 dein Kommens] Wohl in Analogiebildung zum Nominativ/Akkusativ „ein aufhebens“ (Grimm 1, 667), den Goethe ebenso benutzte (machten sie Æ:::æ großes Aufhebens; Wilhelm Meisters theatralische Sendung [WA I 51,
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BRIEF 152
61]), und mit der Konnotation ,viel Aufhebens (machen)‘ unter Anspielung auf den großen Aufwand, den Herders Wechsel nach Weimar mit sich gebracht hatte (nach freundlichem Hinweis von Herbert Ktstner, Goethe Wurterbuch). – Herder war mit Ernennungsurkunden vom 15. Mai und vom 1. August 1776 zum Generalsuperintendenten bzw. zum Oberpfarrer in Weimar bestellt worden. Seine Ankunft dort verzugerte sich u. a. wegen der Schwangerschaft seiner Frau Caroline, die am 18. August 1776 ihren Sohn August zur Welt brachte. Herder traf mit seiner Familie erst am 1. Oktober 1776 in Weimar ein. 93,25 gleich ich aus] Hier etwa: ,auf die Nachfragen vermittelnde Antworten geben‘ (vgl. GWb 1, 1164). 93,26 in deinem Hause] Goethe ktmmerte sich um die Renovierung der ktnftigen Amtswohnung Herders (vgl. Nr 138 sowie die Erl|uterung zu 85,17). 93,27 Wirthschafft] Lebensfthrung, Lebensverh|ltnisse; in Anlehnung an die im 18. Jahrhundert noch verbreitete Bedeutung des Wortes: „Inbegriff Æ:::æ aller h|uslichen Gesch|fte“ (Adelung 4, 1577); hier mit Bezug auf die zwangloseren und einfacheren Formen der ,Wirtschaft‘ auf Reisen. 93,28–29 Den Engel die Stein Æ:::æ nach Weim.] Charlotte von Stein kam aus Bad Pyrmont. – Zur Apostrophe ,Engel‘ vgl. zu 25,14. 93,29–94,2 Einen ganzen Tag Æ:::æ ist aufgethaut.] Am 5./6. August hielt sich Charlotte von Stein in Ilmenau auf (vgl. zu 92,7). Aus Anlass des Wiedersehens entstanden die Verse Ach wie bist du mir, / Wie bin ich dir geblieben! Æ:::æ in Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 8. August 1776 (Nr 150). – ,Gnomisch verschlossen‘ hier ,wie die Gnome („Erdgeisterchen“ [Adelung 2, 742]) im Berg eingeschlossen‘ (vgl. GWb 4, 360). 152. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆIlmenauæ, 10. August 1776 ! ÆWeimaræ
1) Brief: H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 29. – 1 Bl. 17,9611 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „72“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 72), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 531. WA IV 3 (1888), 96, Nr 495.
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2) Beilage 1: H: GNM Weimar, Inv.-Nr GGz/1930. – 1 Bl. 59,5644,2 cm, blaugraues Papier, egh. Zeichnung, Bleistift, Tuschlavierung (Stttzerbacher Grund, vgl. Corpus I, 62, Nr 147). – Faksimile: Abb. 5 im Textband (S. 95). 3) Beilage 2: H: GNM Weimar, Inv.-Nr GGz/0947. – 1 Bl. 59642 cm, blaues Papier, egh. Zeichnung, schwarze Kreide, Tuschlavierung (Huhle am Hermannstein, vgl. Corpus I, 62, Nr 148). – Faksimile: Abb. 6 im Textband (S. 96). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 94,4–5 die Stszzerbacher Zeichnung unvollendet] Vgl. Beilage 1. – Die Zeichnung vom „Stttzerbacher Grund“ h|lt den Blick vom Stttzerbacher Schlossberg aus fest, wie aus der Bemerkung Goethes im Brief vom 8. August (vgl. 93,12–15) zu schließen ist. Obwohl die Provenienz nicht unmittelbar darauf verweist, dass sie sich im Besitz Charlotte von Steins befunden hat, ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, dass die Zeichnung Beilage zum vorliegenden Brief gewesen ist. Da sie noch unvollendet war, hat Goethe sie offenbar in Weimar zurtckerbeten, um sie fertigzustellen (vgl. die zweite Erl|uterung zu 116,17; zu 116,18). 94,5–6 Gestern Æ:::æ ein boser Geist] Vgl. dazu den Tagebucheintrag vom 9. August 1776: Des Herz. ÆHerzog Carl Augustæ Bein ward schlimm die Nacht. Verduselter, verzeichneter, verwarteter verschlafner Morgen (GT I 1, 23). 94,6 in liebeleerem Augenblick] Mit ganz |hnlichem Bezug heißt es schon im Brief vom 22. und 24. Juli 1776: Die Liebe giebt mir alles und wo die nicht ist, dresch ich Stroh. (87,21–22.) 94,7 verpudelt] Verpudeln; eigentlich: (Wasser) verschttten, hier mundartlich im tbertragenen Sinn: verderben (vgl. Grimm 12 I, 977). 94,8 ein ander Stsck] Vgl. Beilage 2. – Die Kreidezeichnung „Huhle am Hermannstein“ (vgl. 92,20–21) hatte Goethe zwei Tage zuvor begonnen. Das Format des Blattes ist mit dem der ersten Beilage nahezu identisch, beide Bl|tter wurden offenbar in der Rolle (94,12) verschickt. 94,8 nur in Ihrer Gegenwart] Auch diese Bemerkung spricht daftr, dass es sich bei der zweiten Beilage um die Zeichnung der Hermannstein-Huhle handelt, die Goethe am 6. August gemeinsam mit Charlotte von Stein besucht hatte (vgl. zu 92,24). 94,8–9 auszeichnen] Eine Bleistiftzeichnung mit Farbe oder Tusche lavieren (vgl. berlieferung zu Beilage 2). 94,10 linde] Sanft; oberdt. ftr ,gelinde‘ (vgl. Adelung 2, 537). 94,12 Rolle] Zum Verpacken der Zeichnungen (vgl. Beilagen 1 und 2).
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153. An Charlotte von Stein
BRIEFE 153–155
ÆIlmenauæ, 12. August 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 28. – 1 Bl. 14,2(–14,4)614,6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „71“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 71), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 54. WA IV 3 (1888), 96, Nr 496. BEI L AG E
Zeichnung (vgl. zu 94,16). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 94,16 die Aussicht Æ:::æ zu Unter Ptrliz] Wahrscheinlich eine Zeichnung von Georg Melchior Kraus; N|heres dazu konnte nicht ermittelt werden. – Unterpurlitz am Nordhang der Purlitzer Huhe, nordwestlich von Ilmenau, heute eingemeindet. 94,16–17 wo wir zusammen standen] Vgl. zu 92,24. 94,17 Krause] Der gleichfalls aus Frankfurt stammende Maler Georg Melchior Kraus, seit Oktober 1775 Zeichenmeister des Herzogs Carl August (vgl. zu 12,26); er wird auch in Goethes Tagebuch vom 7. August erw|hnt (vgl. GT I 1, 23). 94,17 Falcken] Vgl. zu 92,27; laut Tagebuch war Goethe am 12. August Den ganzen Tag zu Hause, schrieb am „Falken“ und verbrachte Nachts mit Einsiedel eine gute Stunde (GT I 1, 24). 154. An Charlotte von Stein
ÆIlmenauæ, 13. August 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 29. – 1 Bl. 17,9611 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 4 Zeilen beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „73.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 73), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 54. WA IV 3 (1888), 97, Nr 497. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
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97,1 wir kommen] Wie Goethes Tagebuch vom 13. August 1776 belegt, wurde die Heimreise von Ilmenau erst an diesem Tag beschlossen. Am Abend des folgenden Tages traf Goethe mit dem herzoglichen Gefolge wieder in Weimar ein (vgl. GT I 1, 24). 97,1 Herz.] Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 97,1 seinen Fus] Eine Beinverletzung Carl Augusts wird in Goethes Tagebuch zuerst am 9. August erw|hnt (vgl. zu 94,5–6); wie sich aus dem Eintrag vom 13. August – Frsh des H.ÆHerzogæ Wunde immer gleich (GT I 1, 24) – schließen l|sst, war die ausbleibende Besserung Anlass des offenbar spontan gefassten Entschlusses, nach Weimar zurtckzukehren. 97,1 Pr. Const.] Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach. 97,2 leeren Zimmern] Die R|ume im Palais der Herzogin Anna Amalia an der Esplanade (heute Wittumspalais am Theaterplatz und dem Beginn der Schillerstraße), die Prinz Constantin noch bis 1778 als Stadtwohnung nutzte. Seit dem 20. Mai 1776 hielt sich der Prinz tberwiegend in dem umgebauten P|chterhaus in Tiefurt auf (vgl. zu 68,22–23), befand sich zu dieser Zeit aber wahrscheinlich bereits auf einer Reise, von der er erst am 11. September zurtckkehrte (vgl. zu 105,1–2). Wie das Fourierbuch belegt, fand am Abend des 14. August keine Hoftafel statt, „weiln Durch‘. Herzog von Ilmenau wiederum ankahmen und Durch‘. Herzogin ÆLouiseæ hinnunter nach Weimar fuhren und bey Durch‘. Frau Mutter ÆAnna Amaliaæ speiseten.“ (FB 1776, S. 229.) 155. An Philipp Christoph Kayser
ÆWeimaræ, 15. August 1776 ! ÆZtrichæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/260,I, Bl. 1. – 1 Bl. 10,5617,8 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Empfangsvermerk, rote Tinte: „v Guthe d. 15 Augst 76“; Vs. Grsss Bwben (97,9) von fremder Hd (Riemer?) durch Tintenschlingen unleserlich gemacht (vgl. GB 6 II, zu 129,16), oben links tber dem Text von fremder Hd, Tinte: „N o 1“. E: Burkhardt, Goethe/Kayser (1879), 60, Nr 1. WA IV 3 (1888), 97, Nr 498 (nach einer Abschrift von Riemer sowie E; Hinweis auf H und Textkorrekturen in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50, 214). ERLUTERUNGEN
Aus dem Inhalt des Briefes scheint hervorzugehen, dass er auf einen Brief Kaysers antwortet (vgl. zu 97,5); dieser ist nicht tberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.
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BRIEF 155
Philipp Christoph Kayser (1755–1823) war der Sohn des an der St. Katharinenkirche in Frankfurt t|tigen Organisten Johann Matth|us Kayser und dessen Frau Christine Philippine geb. Kayser. Schon vor seinem Besuch des Frankfurter Gymnasiums von 1762 bis 1768 erwies sich der Junge als außergewuhnlich guter Klavierspieler. Deshalb gab ihn der Vater nach der Schulzeit zur weiteren Ausbildung in die Obhut des Reuß-Plauischen Hoforganisten Georg Andreas Sorge in Lobenstein (Thtringen). 1770 wieder nach Frankfurt zurtckgekehrt, arbeitete Kayser als Klavierlehrer; er schloss sich dem Freundeskreis um Goethe, Friedrich Maximilian Klinger, den er vom Gymnasium her kannte, und Heinrich Leopold Wagner an. Von ihnen angeregt, bet|tigte er sich nicht nur als Komponist, sondern versuchte sich auch in der Poesie. Ende 1775 erschien im von Johann Heinrich Voß herausgegebenen „Musenalmanach ftr das Jahr 1776“ (S. 104) ein Gedicht Kaysers, es folgten einige weitere in Schubarts „Deutscher Chronik“ (102. Sttck. 21. Dezember 1775, S. 814) und 1776 im September-Heft des „Teutschen Merkur“ (S. 200–203). Dasselbe Heft brachte Kaysers Aufsatz „Empfindungen eines Jtngers in der Kunst vor Ritter Glucks Bildniße“ (S. 233–247; vgl. die Sammlung von Volkmar Braunbehrens: Gedichte und Aufs|tze Kaysers, mit Nachweisen und Varianten. In: Busch-Salmen, Ph. Ch. Kayser, 293–340). Goethe sch|tzte ihn als Klavierspieler und Komponisten und vermittelte den Druck seiner Kompositionen, so der „Vermischten Lieder mit Melodien aufs Clavier“ (Winterthur 1775). Er ermunterte ihn, einige seiner Gedichte zu vertonen; die Kompositionen erschienen in einer Sammlung von 85 Ges|ngen mit Klavierbegleitung, die Goethe 1777/78 in ein privates Notenbuch abschreiben ließ (GSA 32/1477; 72 Bl., 143 beschriebene Seiten); die ersten 71 Kompositionen dieser Sammlung stammen vermutlich von Kayser (vgl. die erste Erl|uterung zu 175,14). Auch Kaysers „Ges|nge, mit Begleitung des Claviers“ (Leipzig und Winterthur 1777) enthalten Kompositionen zu Gedichten Goethes. Im Frthjahr 1775 ging Kayser, vermutlich um den Absichten seines Vaters, der ihn zum Kirchenmusiker machen wollte, zu entkommen und sich gleichzeitig aus einer vom Vater missbilligten Beziehung zu lusen, auf Empfehlung Goethes zu Lavater nach Ztrich, wo er bis zu seinem Tod blieb. Er arbeitete als Musiklehrer – er unterrichtete u. a. die Tuchter von Barbara Schultheß, einer Freundin Lavaters und Goethes –, spielte in verschiedenen Orchestern und trat als Mitglied der Ztrcher Loge „Modestia cum libertate“ dem Orden der Freimaurer bei, als deren Sekret|r und Archivar er sich verdient machte. Jedoch introvertiert und zur Melancholie neigend, erwarb er sich den Ruf eines „edeln Sonderlings“; so nannte ihn der mit ihm befreundete Ztrcher Schriftsteller und Politiker David Hess (Fltchtige Notitzen tber P. C. Kayser gesammelt von Dav. Heß. Januar 1824; H: Zentralbibliothek Ztrich, FA David Hess 39.1, S. 13). Schon 1776 scheint er sich mit Selbstmordgedanken getragen zu haben; in einem Brief Christian Friedrich Daniel Schubarts an Kayser von Mai 1776 heißt es: „Dein Brief, lieber Kaiser ist wie
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der Monolog eines Menschen, der sich eben morden will. Tausend Gottswillen! was haben dir die Menschen gethan, daß du sie sogar mit Timons Wuth verwtnschest?“ (Schubart, Briefwechsel 1, 280.) Als Goethe den Frankfurter Freund im November/Dezember 1779 auf seiner zweiten Reise in die Schweiz in Ztrich wiedersah, trug er ihm die Komposition des soeben entstandenen Singspiels „Jery und B|tely“ auf. Im Brief vom 29. Dezember 1779 (Nr 560) geht Goethe ausfthrlich darauf ein. Kayser brachte diese Arbeit ebenso wenig zustande wie sp|tere Kompositionen im Auftrag Goethes, der einen Aufenthalt des Musikers in Weimar von Januar bis Mai 1781 dazu nutzte, mit ihm weitere Singspiele zu planen. Goethes Wunsch, sein ÆKaysersæ Leben hier soll ihn geschmeidiger machen (Brief an Lavater, 19. Februar 1781; WA IV 5, 56), erftllte sich nicht. Kayser fand sich in Gesellschaft und am Hof nicht zurecht. So fasste Goethe den Gedanken, ihm mit Hilfe des Herzogs Carl August den Weg nach Wien zu ebnen, um ihm die Muglichkeit zu verschaffen, sich im Umkreis Glucks weiterzuentwickeln. Dieses Angebot nahm Kayser nicht an, sei es aus Unentschlossenheit, sei es, weil Gluck in einem Brief vom 21. August 1781 an den Herzog mitgeteilt hatte, er sei krank und kunne sich persunlich wenig um den jungen Komponisten ktmmern (vgl. Burkhardt, Goethe/Kayser, 18 f.). Im April 1785 sandte Goethe ihm sein Singspiel „Scherz, List und Rache“, mit dem er, ankntpfend an die italienische Opera buffa, der deutschen Oper neue Impulse verleihen, zugleich aber Kayser in Ztrich Gelegenheit verschaffen wollte, sich mit einer musterhaften Komposition des Singspiels einen Namen zu machen. Dieser lieferte jedoch bis zum n|chsten Jahr eine Musik, welche die hohen Erwartungen nicht zu erftllen vermochte, auch nicht nach einer Umarbeitung im Jahr 1787 und ebenso wenig nach vereinten Bemthungen w|hrend des gemeinsamen Aufenthalts in Rom von Oktober 1787 bis April 1788. Auch andere Kompositionspl|ne der italienischen Zeit, die Neubearbeitung von Goethes Singspielen „Erwin und Elmire“ und „Claudine von Villa Bella“ betreffend, fthrten nicht zu Ergebnissen. In Rom gewann Kayser Interesse an der alten italienischen Kirchenmusik (Giovanni Pierluigi da Palestrina), nahm deren Studium auf und sammelte Notenmaterial. Er kehrte mit Goethe im Juni 1788 nach Weimar zurtck. Dort fand sich allerdings erneut keine Muglichkeit, ihn dauerhaft zu versorgen. Statt dessen sollte er als Musiksachverst|ndiger die Herzoginmutter Anna Amalia auf deren Italienreise begleiten, zu der sie Mitte August 1788 aufbrach. Wieder aber fthlte er sich in dieser Gesellschaft unwohl, so dass er sich bereits nach wenigen Wochen von ihr trennte und im September 1788 von Bozen aus nach Ztrich zurtckkehrte und sein Leben als Musiklehrer wieder aufnahm. Noch einmal, Ende 1792, versuchte er vergeblich, mit Goethes Hilfe nach Frankfurt zurtckzukehren und das Amt eines Kapellmeisters zu tbernehmen; am 29. Dezember 1792 schrieb er an Goethe: „Ich bin sehr erweicht worden, und tberhaupt ruhet, seitdem ich Sie vor vier Jahren so unbesonnen in Weimar verliess, kein Segen mehr auf mir. Soll ich an mir selbst verzweifeln, oder gibt es noch eine Htlfe
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BRIEF 155
ftr mich?“ (GJb XIII [1892], 26 f.) Sein ferneres Leben verbrachte er in Ztrich mit Musikunterricht, dem Studium von Literaturgeschichte und Gelehrtenbiographien (vgl. David Heß: Fltchtige Notitzen, S. 18) sowie mit einer umfangreichen Sammelt|tigkeit (die sich ebenso auf Btcher wie auf Alltagsgegenst|nde wie Kataloge, Rezepte, ja sogar auf Schuhschw|rze erstreckte), gewissermaßen als „eine lebendige Encyclop|die“ (ebd.). Daneben engagierte er sich als Freimaurer und nahm gelegentlich am Ztrcher Musikleben teil. Von sich selbst sagte Kayser, er sei ein „großer Schw|rmer und ein unordentlicher Mensch Æ:::æ, der seinen Vortheil nicht verstand. Eine, mit Ztrich und mit andern menschlichen Verh|ltnissen amalgamirte bloße Ktnstlererziehung, mag vielleicht der Grund dazu gewesen seyn.“ (Brief an Wilhelm Gottlieb Becker, 4. September 1796; Regine Zeller: Kayser-Dokumente im Goethe-Museum Dtsseldorf Anton-und Katharina-Kippenberg-Stiftung. In: Busch-Salmen, Ph. Ch. Kayser, 364.) Sein Frankfurter Freund Friedrich Maximilian Klinger zog nach Kaysers Tod in einem Brief an David Hess vom 24. Februar 1824 folgendes Restmee: „Ja er war ein eigner, aber reiner u edler Mensch – gebildet aus, durch u ftr sich selbst aus seinem Innern – sein stiller Geist, sein reines Herz waren seine Lehrer u Leiter, u fthrten ihn zum stillen Leben, ftr das er allein geschaffen war“ (H: Zentralbibliothek Ztrich, FA David Hess 41.65). Goethe war an Kayser, wie er Carl Ludwig von Knebel schrieb, von Jugend auf interessirt (Brief vom 30. Dezember 1785; WA IV 7, 153); obwohl nur sechs Jahre |lter, trat er in der Beziehung zu dem Frankfurter Freund von Anfang an in der Rolle eines Mentors auf. Kayser seinerseits akzeptierte dieses Verh|ltnis und verehrte Goethe schw|rmerisch: „Æ:::æ er ist ein Gott! aber ist noch ein besserer Mensch“, heißt es in seinem Brief an seine Schwester Dorothea vom 1. Juli 1775 (zitiert nach: Otto Heuer: Ph. Chr. Kayser, Goethe und Klinger. In: Berichte des Freien Deutschen Hochstifts. N. F. Bd 7 [1891], S. 444). Auch von den Zeitgenossen wurde Kayser als „Guthes protg“ – so der Darmst|dter Hofprediger Georg Wilhelm Petersen in einem Brief an Friedrich Nicolai vom 12. Januar 1778 – wahrgenommen; Kayser werde „als das grußte musikalische Genie herausgepriesen. Dieser Mensch treibt die Sucht, Guthen nachzuahmen biß zur Manie, Æ:::æ schreibt mit eben solchen stumpfen Kielen, schreibt Guthes Hand so nattrlich, daß er einen falschen Wechsel auf ihn machen kunnte“ (Hermann Br|uning-Oktavio: Aus Briefen der Wertherzeit IV. In: Die Grenzboten 70 (1911). Nr 13, S. 612). Goethe selbst sch|tzte ihn differenzierter ein: Sein Kopf steht gut. Irr ich nicht sehr; so fehlts am Herzen, das zum grosen Menschen, zur That wie zum Kunstwerck unentbehrlich, und durch Vernunft nicht zu ersezzen ist. (Brief an Lavater, 9.? April 1781; WA IV 5, 109.) Seine jahrelangen Bemthungen, dem iungen Ksnstler ein Stsck Geld zu verschaffen und ihn in der Teutschen Welt bekannt zu machen (Brief an Knebel, 18. November 1785; WA IV 7, 126), wurden durch dessen stilles zursckhaltendes Wesen (Brief an Knebel, 30. Dezember 1785; WA IV 7, 153) immer
AUGUST 1776
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wieder erschwert. Aus Rom schrieb Goethe am 8. Dezember 1787 tber Kayser an Herzog Carl August: Einen mwnnlichern, solideren Ksnstler habe ich nie gekannt und dabey hat er in der Vorstellungs Art eine Geschmeidigkeit, in seinem Umgang eine Grazie, die man erst nach und nach entdeckt und gewahr wird. Sein Aufenthalt hier wird ihn ganz zur Reife bringen. (GB 7 I, 217.) Diese Prognose erwies sich als falsch, wie Kaysers missgltckter Aufenthalt in Weimar im Sommer 1788 erkennen ließ. Nach dessen tberraschendem Rtckzug aus der Reisegesellschaft Anna Amalias im September desselben Jahres, durch den sich Goethe persunlich kompromittiert fthlen musste, legte er seine Mentorschaft nieder. Kayser seinerseits wird Goethes Verpflichtung von Johann Friedrich Reichardt als Komponisten von „Claudine von Villa Bella“ und „Erwin und Elmire“ entt|uscht aufgenommen haben. Ob sich Goethe noch einmal ftr ihn einsetzte, als Kayser 1792/93 nach Frankfurt gehen wollte, ist nicht bekannt; seine Antwort vom 24. Januar 1793 (vgl. GT II 1, 29) auf Kaysers Anfrage ist nicht tberliefert. Nach 1795 brach die Beziehung ab. Als Goethe 1797 zum dritten Mal die Schweiz bereiste, suchte er Kayser nicht mehr auf. W|hrend der Arbeit an seiner „Itali|nischen Reise“ erinnerte sich Goethe an den Komponisten; am 4. Mai 1814 schickte er den Anfang von Kaysers Partitur zu „Scherz, List und Rache“ mit der Bitte um Begutachtung an Carl Friedrich Zelter und schrieb erl|uternd dazu: er war mit mir in Italien und lebt noch ein abstruses Leben in Zsrich (Goethe-Zelter 1, 347), Letzteres vermutlich mit Bezug auf Kaysers freimaurerische Bet|tigungen (vgl. Edgar Refardt: Der „Goethe-Kayser“. Æ:::æ Ztrich 1950, S. 41). Dieser aber verehrte Goethe nach dem Zeugnis seines Freundes Hess fortdauernd: „Von G o e t h e aber als Mensch und Schriftsteller, sprach K a y s e r, obgleich er mit ihm gespannt war und blieb, immer mit der grußten Hochachtung, und ließ sich nie merken, daß das frthere freundschaftliche Verh|ltniß gesturt worden sey. G u t h e dagegen schien K a y s e r n vergessen zu haben, oder sich nicht mehr um ihn zu bektmmern, wenigstens erwiederte er, als ihm dessen abnehmende Gesundheit im Jahr 1821 gelegentlich bekannt gemacht wurde, in einer weitl|ufigen Antwort keine Sylbe tber diese Nachricht.“ (David Heß: Fltchtige Notitzen, S. 22. – Auf welche Briefe sich Hess hier am Schluss bezieht, ist nicht gekl|rt.) In seinen Briefen an Kayser wechselt Goethe bereits nach dem vorliegenden ersten tberlieferten Brief vom vertrauten ,Du‘ zum distanzierten ,Sie‘ in Nr 560. Insgesamt sind 32 Briefe Goethes tberliefert; der letzte stammt vom 3. Dezember 1795. Drei Briefe wurden erschlossen, einer aus dem Zeitraum des vorliegenden Bandes (vgl. EB 61). Von Kaysers Briefen an Goethe haben sich lediglich sechs erhalten; der letzte, vom 25. Dezember 1795, ist die Antwort auf den letztgenannten Brief Goethes; es geht um Kaysers Kollektaneen zum italienischen Musikwesen. Die meisten der tberlieferten Briefe Goethes stammen aus den Jahren 1785–1787 und behandeln die Komposition von „Scherz, List und Rache“.
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BRIEF 156
97,5 Wir gehn nicht nach Italien.] Kayser hatte offenbar eine anderslautende Information, von der im Bezugsbrief die Rede war. Von Pl|nen zu einer Italienreise im Jahr 1776 ist sonst nichts bekannt. 97,6 Schick mir offt was.] Dies geschah. Im Brief an Johann Caspar Lavater vom 25. bis 30. August 1776 l|sst Goethe (im Briefteil vom 30. August) Kayser ftr tberschickte Musik danken (vgl. 99,32); im Brief an Charlotte von Stein vom 11. November 1777 ist davon die Rede, dass er wieder ein lieblich Lied von ihm ÆKayseræ (175,15–16) mitbringen werde. Vgl. auch zu 141,19. 97,6–7 So ihr stille wwret wsrde euch geholfen] Im Buch Jesaja (30,15) spricht der Herr zum Volk Israel: „Wenn ihr stille bleibet, so wtrde euch geholfen: durch stille-seyn und hoffen wtrdet ihr starck sein.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 580.) Muglicherweise auch eine Anspielung auf die ,Stillen im Lande‘, wie die Pietisten genannt wurden (vgl. GB 1 II, zu 130,25). 97,8 Ihr verblshet ssse Rosen] Das Lied stammt aus dem 1. Auftritt des 2. Aufzugs von „Erwin und Elmire“ (vgl. WA I 11, 308; DjG3 5, 48 f.). 97,9 franztschen Melodie] Kaysers Komposition nach der Melodie der Arie „Rose chrie, aimable fleur“ aus der Oper „Zmire et Azor, la belle et la bte“ (1771) von Andr Grtry erschien in Goethes Notenbuch (GSA 32/1477, Nr 63). 97,9 Bwben] Barbara Schultheß, die mit Goethe und Lavater befreundete Frau eines Ztrcher Seidenfabrikanten, deren Tuchter Kayser in Klavier, Gesang, Harfe und Musiktheorie unterrichtete. Goethe hatte sie auf seiner ersten Schweizer Reise 1775 kennen gelernt. In ihrem Haus im Schunenhof in der Ztrcher Vorstadt verkehrten bedeutende Persunlichkeiten und Besucher der Stadt. Goethe schickte ihr in sp|teren Jahren immer wieder Manuskripte, die sie abschrieb; in einigen F|llen sind Werke Goethes nur in Abschriften von Barbara Schultheß tberliefert, so z. B. „Wilhelm Meisters theatralische Sendung“ (vgl. WA I 51, 283). 97,10 Lenz ist hier.] Seit dem 3. April; vgl. weiter die einleitende Erl|uterung zu Nr 136. 156. An Charlotte von Stein DAT I E RU N G
ÆWeimar, etwa 15. August 1776æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) ist der vorliegende Brief in den August 1779 eingeordnet. Seit dem Erstdruck wird er ins Jahr 1776 gesetzt, bei Schull in die Zeit zwischen dem 22. und 25. April, bei Fielitz in den August (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 50, Nr 84), in der WA folgt er unmittelbar dem Brief an Philipp Christoph Kayser vom 15. August 1776 (Nr 155; vgl. WA IV 3, 287–289; datiert von Eduard von der Hellen, vgl. ebd., 272). Diese Datie-
AUGUST 1776
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rung, die von allen sp|teren Ausgaben tbernommen wurde, erscheint am plausibelsten: Ftr 1776 spricht das Briefpapier (vgl. berlieferung), das Goethe etwa von 1774 bis Mitte 1776 verwendete (vgl. Datierung zu Nr 25). Dass der Brief etwa am 15. August geschrieben sein kunnte, legt die sprachliche Parallele zum datierten Brief an Kayser vom selben Tag nahe (vgl. zu 97,6–7). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 19. – 1 Bl. 16,8610,8 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 3/4 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „39.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 40), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 28. WA IV 3 (1888), 288, Nr 498a. BEI L AG E
Wahrscheinlich die Gedichtsammlung „Neue Lieder“ (vgl. zu 97,13). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 97,13 Knospen und Blsten die der Frshling 1769 trieb] Wahrscheinlich die „Neuen Lieder in Melodien gesetzt von Bernhard Theodor Breitkopf“ (DjG3 1, 292–305), Goethes erste gedruckte Gedichtsammlung. Sie enthielt 20 Gedichte, die teilweise schon in Leipzig entstanden waren. Sie erschien zur Herbstmesse 1769, und zwar mit der Jahresangabe 1770 und ohne Nennung von Goethes Namen. 97,14 die Phisiognomick] Wahrscheinlich ein Exemplar des Mitte Mai 1776 erschienenen 2. Bandes von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“. Nachdem Goethe ein erstes Exemplar erhalten hatte, bat er am 16. Mai 1776 den Verleger Philipp Erasmus Reich in Leipzig um 2 komplete Exemplare (63,3), von denen er eines wahrscheinlich in der ersten H|lfte des Juni Charlotte von Stein gab (vgl. zu 75,17). 97,14 binden lassen] Vgl. zu 32,2. 97,15 Gestern Nacht] Am 14. August war Goethe von Ilmenau kommend Abends Æin Weimaræ angelangt (GT I 1, 24). Im Tagebuch ist zwar kein Besuch bei Charlotte von Stein vermerkt, doch ist anzunehmen, dass sich Goethe nach seiner Ankunft bei ihr gemeldet hat. Da der vorliegende Brief nicht zwingend am 15. August geschrieben worden sein muss, kunnte hier auch einer der n|chsten Abende gemeint sein (vgl. Datierung). Vom 15. bis 19. August fehlen Tagebuchaufzeichnungen, sie werden erst am 20. August fortgesetzt. 97,15–16 von Vagabunden attakirt] N|heres dazu nicht bekannt. 97,18–19 so ihr stille wwrt wsrde euch geholfen] In Anlehnung an Jesaja
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BRIEF 157
30,15. – Wurtliche Parallele zum Brief an Philipp Christoph Kayser vom 15. August 1776 (vgl. 97,6–7). 157. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 23. August 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 29. – 1 Bl. 1068,7 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), Goldschnitt, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „74“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 74), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 54. WA IV 3 (1888), 97 f., Nr 499. BEI L AG E
Silhouette (vgl. die zweite Erl|uterung zu 98,3). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 98,1 die Oberweimarer Wiesen] Oberweimar: Dorf stdustlich von Weimar auf der rechten Ilmseite (heute Ortsteil); die Ilmwiesen erstrecken sich unterhalb von Goethes Garten bis nach Oberweimar und sind heute Teil des Parks an der Ilm. 98,3 in meinen Garten Gangen] Laut Tagebuch vom 23. August 1776 war Goethe an diesem Tag in Belvedere und Abends im Garten Æam Sternæ (GT I 1, 24; vgl. zu 62,4). 98,3 die Silhouette] Muglicherweise die Silhouette Isabellas Gr|fin von Wartensleben. Diese schrieb am 20. August 1776 aus Kassel an die befreundete Charlotte von Stein: „Ce qu’il ÆGoetheæ a dit de mon profil est trop flatan je n’ai feine Nase j’ai le nez horrible, s’est pour vous plaire qi’il a dit de mois tout de bien.“ (H: FDH/FGM 11810. – Was er tber mein Profil gesagt hat, ist viel zu schmeichelhaft. Ich habe keine feine Nase, meine Nase ist schrecklich, um Ihnen zu gefallen, hat er von mir alles Gute gesagt.) hnliches berichtet auch die im Folgenden gegrtßte Ftrstin von Hohenlohe (vgl. zu 98,3–4). Goethe scheint die Silhouette der Gr|fin von Wartensleben, die wahrscheinlich durch Charlotte von Stein nach Weimar gelangt war, kopiert zu haben, da er sie mit dem Brief vom 25. bis 30. August an Lavater schickte (vgl. 100,1–2). 98,3–4 Ihrer Hohenlohe] Friederike Maria Johanna ( Jenny) Ftrstin von Hohenlohe-Kirchberg. Wie die vorliegende Erw|hnung und ihr (nur in einer Abschrift
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tberlieferter) Brief an die Gr|fin von Wartensleben vermuten l|sst, war sie erst am Tag zuvor in Weimar angekommen, wo sie am selben Abend noch Charlotte von Stein besuchte, bei der sie auch Goethe antraf: A` Weimar jeudi au soir 10 heures. / Æ:::æ / En arrivent Weimar, je rencontre notre Eule den Schaardt, je descend vvte de la voiture et il me mena chez sa soeur qui ft trxs dtonne de me voir; je trouvais ches elle fameux G u t h e , qui n’a pas l’air d’un Btrger, mais d’un savant gat par les loges, malgr cet air que je n’aime pas je l’ai pourtant trouv assez aimable u. bin ihm ganz gut geworden, il sache de toi comme s’il venait de te voir et t’aime comme s’il te voyait encore; il tudi ton caractxre sur ta silhouette, et il juge de ton esprit par le nez et le tout de ton visage. Ich wollte du kenntest die Eule Æ:::æ il a dit la Stein, ich schien ein g u t e s, l i e b e s Geschupf zu sein. / J’ai fait en suite la connaissance de Stein, qui m’a parut fort genießbar et de toute la famille; aprxs le souper les Steins et Guthe m’ont accompagn jusqu’ la maison de Joste Æ:::æ. (Nach einer verschollenen Abschrift aus dem Nachlass Adolf Schulls; zitiert nach: Fielitz: Goethe-Stein 2, 692–694. – In Weimar, Donnerstagabend um 10 Uhr / Æ:::æ Angekommen in Weimar, treffe ich unsere Eule den Schaardt ÆCarl von Schardtæ; geschwind entsteige ich dem Wagen, und er nahm mich zu seiner Schwester mit, die sehr erstaunt war, mich zu sehen; ich fand bei ihr den berthmten Guthe, der nicht wie ein Btrger aussieht, sondern vielmehr wie ein durch Lobreden verwuhnter Gelehrter. Trotz dieser Miene, die ich nicht mag, habe ich ihn dennoch als sehr angenehm empfunden u. bin ihm ganz gut geworden; er kennt Dich so gut, als ob er Dir gerade begegnet sei und liebt Dich, als wenn er Dich wieder s|he; er studiert Deinen Charakter nach Deiner Silhouette und urteilt tber Deinen Geist nach der Nase und Deinem Antlitz. Ich wollte du kenntest die Eule Æ:::æ; er hat zur Stein gesagt, ich schien ein gutes, liebes Geschupf zu sein. / Ich habe dann die Bekanntschaft von Steins ÆJosias von Steinæ gemacht, der mir sehr genießbar schien und Æwieæ die ganze Familie; nach dem Souper haben die Steins und Guthe mich bis zu meinem Gasthaus begleitet Æ:::æ.) 98,4 Morgen bin ich bey Ihnen.] Laut Tagebuch hat Goethe am 24. August 1776 Bey * ÆCharlotte von Steinæ gessen und die Silh. der Grafinnen gemacht. (GT I 1, 24.) 98,5 Beym Monde dencken Sie mein.] Vice versa heißt es im Gedicht „J|gers Nachtlied“: Mir ist es, denk’ ich nur an dich, / Als in den Mond zu sehn (WA I 1, 99 [Verse 13 f.]; vgl. die zweite Erl|uterung zu 175,14); vgl. auch das Briefgedicht ftr Charlotte von Stein „An den Mond“ (Nr 326).
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BRIEFE 158–160
158. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 26. August 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 30. – 1 Bl. 1065,8(–6) cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), Goldschnitt, 1 S. beschr., egh., Tinte; unterer Teil des Blattes abgeschnitten, Textverlust: vermutlich Paraphe, Jahreszahl (98,9) beschnitten; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „75.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 75), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 55. WA IV 3 (1888), 98, Nr 500. BEI L AG EN
1) Briefe (vgl. zu 98,6). 2) Kompositionen (vgl. zu 98,7). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 98,6 Briefe] Unter anderen vermutlich ein Brief von Augusta Gr|fin zu Stolberg (vgl. zu 100,22), der wie fast s|mtliche Briefe von ihr an Goethe nicht tberliefert ist. 98,7 Melodien] Wahrscheinlich Kompositionen von Philipp Christoph Kayser, darunter die Vertonung des Liedes „Ihr verblthet stße Rosen“ aus dem Singspiel „Erwin und Elmire“, um die Goethe in seinem Brief an Kayser vom 15. August 1776 gebeten hatte (vgl. 97,7–8). Am 30. August bedankte sich Goethe tber Lavater ftr den Erhalt der Musick (99,32; vgl. zu 141,19). 159. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 29. August 1776 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 30. – 1 Bl. 13,769,9 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); unten rechts Siegelausriss; Vs. und Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „76“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 76), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 55. WA IV 3 (1888), 98, Nr 501.
AUGUST 1776
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ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins (vgl. zu 98,11–12). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 98,10 in ihrer Stube zu seyn gestern] Am 28. August 1776, seinem 27. Geburtstag, war Goethe auf der Entenjagd, die von einem Dejeuner beim herzoglichen Adjutanten Carl Friedrich von Lichtenberg unterbrochen wurde. Mittags hatte er mit Herzog Carl August gegessen und den sp|ten Nachmittag und Abend in Wielands Garten verbracht (vgl. GT I 1, 24 und den Brief an Augusta zu Stolberg vom 28. bis 30. August 1776; bes. 100,12–15). Wie die Bemerkung Im * ÆCharlotte von Steinæ Zimmer (GT I 1, 24) nahelegt, hatte er die Freundin wahrscheinlich nur kurz besucht, bevor er den Abend in Wielands Garten und sp|ter dann mit Lenz verbrachte (vgl. ebd.). 98,11–12 Dancke fsr den guten Morgen.] Wahrscheinlich als Erwiderung auf einen nicht tberlieferten schriftlichen Morgengruß Charlotte von Steins. 98,12 Heut kriegen Æ:::æ auf einen Augenblick.] Laut Tagebuch vom 29. August 1776 hat Goethe bey * ÆCharlotte von Steinæ Gessen (GT I 1, 24). 98,13 in liebevoller Dumpfheit] Hier mit positiver Akzentuierung ftr „eine unklare, aber umfassende u intensive Empfindung, ftr ein Gefthl naturhafter Kraft u Ftlle“ (GWb 2, 1290; vgl. aber zu 53,2). 160. An Johann Caspar Lavater ÆWeimaræ, 25.–30. ÆAugust 1776æ ! ÆZtrichæ DAT I ERU N G
Monat und Jahr gehen aus dem Inhalt des Briefes hervor. BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 74. – 1 Bl. 19,6(–20)627,4 cm, 1 S. und drei Zeilen beschr., egh., Tinte. E: Goethe-Lavater1 (1833), 157–159, Nr 43. WA IV 3 (1888), 99 f., Nr 503. BEI L AG EN
1) Schattenriss des Herzogs Carl August (vgl. zu 99,8–9). 2) Schattenriss der Gr|fin Isabella von Wartensleben (vgl. zu 100,1–2). ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief ist nicht tberliefert (vgl. die zweite Erl|uterung zu 99,3). – Lavater antwortete am 7. oder 8. September 1776 (Goethe-Lavater3, 70, Nr 49; vgl. RA 1, 67, Nr 72).
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BRIEF 160
98,15 wieder einmal einen Brief an dich] Goethes letzter tberlieferter Brief an Lavater stammt vom 6. M|rz 1776 (Nr 56), der letzte erschlossene Brief vom 10. April 1776 (EB 55). Lavaters letzter tberlieferter Brief tr|gt das Datum vom 27. April 1776 (Goethe-Lavater3, 66–68, Nr 47; vgl. auch RA 1, 65, Nr 63). 98,16–99,1 Eine herrliche Mondennacht!] Zuvor hatte Goethe den Nachmittag und Abend des Tages mit Charlotte von Stein verbracht: Englich Æsicæ gelehrt. Grammatikalischer Spas. (GT I 1, 24.) 99,1 meinem Garten] Goethes Garten oberhalb des „Sterns“ im Park an der Ilm (vgl. zu 62,4). 99,2 gelezt] Letzen: schon zeitgenussisch veraltetes, nur noch poetisch gebrauchtes Wort ftr ,vergntgen‘, ,erfreuen‘ (vgl. Adelung 2, 2035). 99,3 Br.] Bruder. 99,3 dass du iust so geplagt seyn must] Goethe bezieht sich offenbar auf einen nicht tberlieferten Brief Lavaters. 99,7 deine Bsste von Franckf. angekommen] Eine von Johann Valentin Sonnenschein 1775/76 geschaffene Btste Lavaters, die dieser Goethe zum Geschenk machte. Goethe stellte sie in seinem Gartenhaus auf. Es handelt sich um die Btste, die Goethes Schttzling Peter im Baumgarten 1777 mit Tinte beschmierte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 281). – Sonnenschein, der zuvor in Diensten des wtrttembergischen Herzogs Carl Eugen stand, hatte 1774 auf Einladung Lavaters ftr einige Monate Ztrich besucht; ein Jahr sp|ter ging der Bildhauer und Stukkateur dauerhaft in die Schweiz. 99,8–9 einen Schatten vom Herzog] Ein Schattenriss (eine Silhouette) von Herzog Carl August, der muglicherweise von Goethe stammt (vgl. GNM, Inv.Nr GSi). In die „Physiognomischen Fragmente“ wurde keine Silhouette Carl Augusts aufgenommen. Erst im 2. Band der franzusischen Ausgabe „Essai sur la physiognomie, destin a faire Connovtre l’Homme & le faire Aimer“ (La Haye 1783) finden sich ein Profilbild des Herzogs (S. 227) und unter der berschrift „Portrait W:::r“ ein Kommentar (S. 230). 99,13 Bwben] Barbara (B|be) Schultheß, Freundin Lavaters und Goethes in Ztrich (vgl. die zweite Erl|uterung zu 97,9). 99,14 Ihren Brief] Nicht tberliefert. 99,14–15 auf dem Tsringer Walde geschrieben d‘. 3 Aug] Am Morgen des 3. August 1776 hielt sich Goethe auf dem Schlossberg von Stttzerbach im Thtringer Wald auf und zeichnete (vgl. GT I 1, 23). Er war am 17. Juli mit Herzog Carl August von Weimar nach Ilmenau aufgebrochen (vgl. GT I 1, 21); von dort fthrten Ausfltge u. a. auch nach Stttzerbach. Die Reise diente der Wiederbelebung des Bergbaus und der Jagd. Am 14. August kehrte Goethe nach Weimar zurtck (vgl. GT I 1, 24). 99,16–31 Dem Schicksaal Æ:::æ Zukunft hoffen.] In seinem Tagebuch nennt
AUGUST 1776
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Goethe das Gedicht Gesang des dumpfen Lebens (GT I 1, 23). Goethe nahm das Gedicht in die erste Gesamtausgabe seiner Werke auf, unter dem Titel „Einschr|nkung“ und nach Tilgung des Bezugs auf Herzog Carl August (vgl. Goethe’s Schriften. Bd 8. Leipzig 1789, S. 159). – ,Reine Dumpfheit‘: Wie das Epitheton ,rein‘ andeutet, hatte der Begriff ftr Goethe nichts Pejoratives, sondern drtckte eine unbewusste, aber intensive volle Empfindung aus, ein „Gefthl naturhafter Kraft“ und „Ftlle“ (GWb 2, 1290). Vgl. auch zu 53,2. 99,32 grss Kaysern danck ihm fsr die Musick] Goethe l|sst seinem Jugendfreund Philipp Christoph Kayser, der seit Frthjahr 1775 als Musiklehrer in Ztrich t|tig war, ftr die Zusendung von Kompositionen danken (vgl. zu 141,19). 99,33 Wibele] Schweizerische Diminutivform ftr ,Weib‘; gemeint ist Anna Lavater geb. Schinz. 99,33–100,1 Der Gr. Wartensleben Æ:::æ nach Dessau zu thun.] Gr|fin Isabella von Wartensleben im westf|lischen Exten (bei Rinteln), eine Freundin Charlotte von Steins, hatte sich mit einem Brief vom 2. Juli 1776 an Lavater gewandt und dessen Rat in der Frage erbeten, ob sie ihren Sohn Gideon ins Philanthropinum im schweizerischen Marschlins (Graubtnden), eine 1761 in Zizers (bei Chur) gegrtndete, seit 1771 in Schloss Marschlins untergebrachte Schul- und Erziehungsanstalt, schicken solle: „Dieses Kind ist im eilften Jahre. Gesund, lebhaft, voller F|higkeiten, aber von einer solchen orriginalen tournure des Verstandes so wohl als des Herzens, daß ich in der aller |ngstlichsten Ungewißheit stehe ob es einmal ein guter oder ein buser Mensch werden wird.“ (H: Zentralbibliothek Ztrich, FA Lav Ms 531.131.) In seiner Antwort vom 17. Juli 1776 hatte Lavater mitgeteilt, dass Marschlins „wahrscheinlich eine der besten existirenden Schulen“ sei, aber noch nicht das, „was sie seyn soll, und gerad izt hat sie ein kleines Catarrfieber“ (H [Konzept]: Zentralbibliothek Ztrich, FA Lav Ms 586.12). Das Institut war im Lauf des Jahres 1776 durch Auseinandersetzungen unter den Lehrern und das Ausbleiben von Zuglingen in p|dagogische und finanzielle Schwierigkeiten geraten. Obwohl Lavater sich durch einen uffentlichen Aufruf im Oktober 1776 ftr den Erhalt der Einrichtung einsetzte, wurde sie im Februar 1777 geschlossen. Nachdem die Gr|fin von Wartensleben Lavaters unbefriedigende Antwort erhalten hatte, war sie offenbar an Goethe herangetreten. Mit dessen Ratschlag, das Kind in Dessau unterzubringen, war Lavater nicht einverstanden; in seiner Antwort auf den vorliegenden Brief, von welcher nur das folgende Zitat in Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 16. September 1776 tberliefert ist, heißt es: Die Grafin v. W. wird in Dessau die Religion nicht finden, die sie sich fsr ihren Sohn wsnscht und die unser ÆJohann Casparæ H w f e l i n in Marschlinz ihn lehren wsrde. (109,13–15; vgl. auch Goethe-Lavater3, 70.) Zu dieser Auffassung gelangte auch Isabella von Wartensleben. Am 30. November 1776 schrieb sie an Lavater: „Ich dancke Ihnen lieber Herr Pfarrer, ftr das was Sie mir durch H‘n. Guthe haben sagen laßen. Sie haben Recht, und ich, habe kein
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BRIEF 161
Vertrauen zu Dessau.“ (H: Zentralbibliothek Ztrich, FA Lav Ms 531.132.) ber das Philanthropin zu Marschlins musste Lavater schließlich am 4. Januar 1777 der Gr|fin berichten: „Marschlinß kann Ætrotzæ aller angewandten Mthe nicht seyn, u: nicht werden, was wir hoffen.“ (H [Konzept]: Zentralbibliothek Ztrich, FA Lav Ms 586.13.) – ,Dessau‘: Gemeint ist das von Johann Bernhard Basedow und Christian Hinrich Wolke Ende 1774 gegrtndete Dessauer Philanthropinum. Die Schule wurde 1776 von Wolke und Joachim Heinrich Campe geleitet. Sie bestand bis 1793. 100,1–2 ihre Silhouette] Vermutlich hatte Goethe selbst den Schattenriss angefertigt; im Tagebuch heißt es unter dem 24. August 1776: Silh. der Grafinnen gemacht. (GT I 1, 24.) Damit sind wohl die Gr|finnen Isabella von Wartensleben und Maria von Hohenlohe-Kirchberg gemeint (vgl. GT I 2, 401, zu 24,10); vgl. auch zu 98,3. – Keine der beiden Gr|finnen ist in den „Physiognomischen Fragmenten“ mit einer Silhouette vertreten. 100,4–5 unenlich] Schreibversehen. 161. An Augusta Louise Gr|fin zu Stolberg-Stolberg ÆWeimaræ, 28.–30. August 1776æ ! Uetersen DAT I E RU N G
Das Jahr l|sst sich nach dem Inhalt des Briefes erg|nzen (vgl. zu 100,24). BERLIEFERUNG
H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: 7. – 1 Bl. 18,5(–19,7)627,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; Kuvert 14,169,9(–10,1) cm, Adresse: An Augusten / Grwfinn von Stollberg / nach / Utersen. / Ævon fremder Hdæ „ f r e y H a m b u r g. “ ; Rs. rotes Initialsiegel: „G“. E: Goethe-Stolberg1 (1839), 125 f., Nr 15. WA IV 3 (1888), 101 f., Nr 504. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Augusta zu Stolbergs (vgl. zu 100,22). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 100,6 28 Aug.] An diesem Tag wurde Goethe 27 Jahre alt. 100,8 Fluss] Die Ilm, an deren H|ngen Goethes Gartengrundsttck lag (vgl. 211,9–10). 100,10 ein Paar Enten schiesen] Im Tagebuch findet sich unter dem 28. August 1776 als erster Eintrag: Nach Enten. (GT I 1, 24.) 100,13 in das Getreibe des Tags] Zum weiteren Verlauf des Tages vgl. zu 98,10.
AUGUST 1776
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100,15 Wields Frau und Kinder] Laut Tagebuch besuchten Wielands Frau und Kinder Goethe in seinem Garten (GT I 1, 24). – Christoph Martin Wieland und seine Frau Anna Dorothea geb. von Hillenbrand hatten damals ftnf Tuchter: Sophie Catharina Susanne (geb. 1768), Maria Caroline Friederike (geb. 1770), Regina Dorothea (geb. 1771), Amalia Augusta (geb. 1773) und Charlotte Wilhelmine (geb. am 21. M|rz 1776). 100,17 Und nun nichts mehr.] Wie das Tagebuch belegt, kam am 28. August Nachts Lenz (GT I 1, 24) in Goethes Garten. 100,22 Es geht mir wie dir Gustgen] Mit Bezug auf den nicht tberlieferten Brief Augusta zu Stolbergs, mit dem sie wahrscheinlich Goethes Tagebuchbrief vom 17. bis 24. Mai 1776 beantwortet hatte. Die Art der Formulierung l|sst vermuten, dass sich die Adressatin tber das vermeintlich kraftgenialisch-wilde Treiben Goethes und Carl Augusts ge|ußert hat. Gertchte dartber hatten sich in ganz Deutschland verbreitet und waren u. a. Anlass ftr einen ,Mahnbrief‘ Friedrich Gottlieb Klopstocks an Goethe vom 8. Mai 1776 (abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 112). Goethe hatte mit Ver|rgerung darauf reagiert und gebeten, man muge ihn nur ksnftig mit solchen Briefen verschonen (65,7). 100,24 Von Friz hab ich noch keinen Brief.] Friedrich Leopold zu Stolberg hatte w|hrend seines Besuchs in Weimar Ende 1775 von Herzog Carl August eine Kammerherrenstelle angeboten bekommen, diese zun|chst auch angenommen, sich Anfang August 1776 aber anders entschieden und das Angebot des Ftrstbischofs von Ltbeck angenommen, als dessen Gesandter an den d|nischen Hof in Kopenhagen zu gehen. Wie die vorliegende Bemerkung belegt, waren bis Ende des Monats weder der Herzog noch Goethe tber die neuen Pl|ne in Kenntnis gesetzt worden. 100,24–25 Der Herzog glaubt noch er komme] Demnach hatte Goethe zu diesem Zeitpunkt wohl schon Zweifel, dass Friedrich Leopold zu Stolberg die Weimarer Stelle antreten werde. 100,27 Cammerherrlichkeit] Okkasionelle Wortbildung Goethes ftr: „Amt, Wtrde eines Kammerherrn; mit der (hofkritischen) Konnotation einer luxuriusen, mtßigen Existenzform“ (GWb 5, 238). 100,27 abgetrieben] ,Abtreiben‘ im Sinne von „erschupfen, ermtden“ (GWb 1, 204). 100,29 unsern Etats] Haushaltspl|ne des Herzogtums. – Der „Hochftrstl. S. Weimar- und Eisenachischer Hof- und Adress-Calender“ 1777 fthrt Friedrich Leopold zu Stolberg im „Herzoglich-Sachsen Weimar und Eisenachischen HofEtat“ bei den „CammerHerren“ nicht auf. 101,1 den Sommer bey seinen Geschwistern zu seyn] Ein Brief Stolbergs an den Herzog mit einer solchen Bitte ist nicht tberliefert (vgl. die zweite Erl|uterung zu 68,33). Am 19. M|rz 1776 noch hatte er an Johann Caspar Lavater in Ztrich geschrieben: „Von Weimar hab ich noch keinen n|hern Bescheid u:
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BRIEFE 162/163
weiß nicht wann ich hin soll, ich wtnsche sehnlich den Sommer noch bey meinen Geschwistern sein zu kunnen.“ (Stolberg, Briefe, 71; ebenso am selben Tag an Philipp Christoph Kayser [vgl. ebd., 70].) Am 10. Mai schrieb er wiederum an Lavater: „In diesen Tagen gehn wir aufs Land wo wir den ganzen Sommer zubringen. Deß freu ich mich herzlich. Es wird mir ein lieber Sommer sein; mit meinem Bruder u: Schwestern Æ:::æ. Von Weimar hab ich noch keinen n|hern Bescheid[;] diesen Sommer bleib ich noch gewiß hier“ (ebd., 71). Die Geschwister Stolberg verbrachten den Sommer auf Schloss Bernstorff nurdlich von Kopenhagen. 101,1–2 man lwsst ihm alles, und nun kommt er nicht] Auch Briefe oder Auftragsbriefe Herzog Carl Augusts an Friedrich Leopold zu Stolberg sind nicht tberliefert. Am 20. August 1776 war dieser in sein neues Amt als Gesandter des Ftrstbischofs von Ltbeck in Kopenhagen eingefthrt worden. 101,2–3 dass Dinge ein Geheimniss bleiben msssen] Wahrscheinlich mit Bezug auf eine Andeutung Augusta zu Stolbergs in ihrem nicht tberlieferten Bezugsbrief, die neue Stelle ihres Bruders betreffend. 101,3–4 ich habe noch was auf dem Herzen] Der Hintergrund der Bemerkung kunnte die Kontroverse mit Friedrich Gottlieb Klopstock sein und Goethes Vermutung, dass die Geschwister zu Stolberg in dieser Angelegenheit auf Klopstocks Seite standen. Wahrscheinlich vermutete Goethe auch, dass die unausgesprochene Ablehnung des Weimarer Angebots durch Friedrich Leopold zu Stolberg damit im Zusammenhang stand (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 112). 101,7 Ich mach eine kleine Reise] Am 2. September 1776 brach Goethe im herzoglichen Gefolge zu einem Jagdausflug nach Ernstthal im Thtringer Wald auf (vgl. zu 101,19–20). Auf dem Rtckweg tber Kranichfeld und Berka traf er sich mit Jacob Michael Reinhold Lenz (vgl. die erste Erl|uterung zu 447,1). 101,7–8 sonst kriegst du ihn wieder lang nicht] Der vorliegende Brief, der wie frthere Briefe an Augusta zu Stolberg als eine Art Tagebuch begonnen wurde, endet relativ abrupt schon mit dem zweiten Eintrag. Danach wird von Goethes Seite der Briefwechsel mit Augusta zu Stolberg ftr lange Zeit unterbrochen; der n|chste tberlieferte Brief stammt vom 17. Juli 1777 (Nr 279). 162. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 30. August 1776 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 30. – 1 Bl. 18,8(–19)611,2 (–11,9) cm, 1/4 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines schwarzen Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „77.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 77), vgl. berlieferung zu Nr 18.
AUGUST 1776
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E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 56. WA IV 3 (1888), 98 f., Nr 502. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 101,10 Mir wars gestern Æ:::æ um Sie!] Vgl. 98,12. 101,12 Papiere] Wahrscheinlich amtliche Schriftsttcke in Vorbereitung der am 31. August stattfindenden Sitzung des Geheimen Consiliums (vgl. GT I 1, 24; Sessionskalender 1776–1786; AS 1, LXX). 163. An Charlotte von Stein DAT I ERU N G
ÆWeimar, Ende August? 1776æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Im Erstdruck wird er ohne Begrtndung in die zweite H|lfte Mai 1777 eingeordnet. Fielitz setzt ihn zwischen den 11. und 18. Februar 1778, und zwar nach einem vermuteteten Bezug zu Briefen Catharina Elisabeth Goethes an Philipp Seidel vom 2. Januar und an Johann Caspar Lavater vom 20. M|rz 1778 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 119, Nr 217; 433, Anm. 3 [zu S. 119]): Seidel wird erinnert, „die Phisionockmik nicht“ zu vergessen, Lavater gebeten, zu helfen, „daß das arme Exemplar nicht defect bleibt“ (Pfeiffer-Belli, 418 f.). Der dort angenommene Bezug auf den im vorliegenden Brief erw|hnten 2. Band der „Physiognomischen Fragmente“ (vgl. 101,15) vom Mai 1776 ist unwahrscheinlich. Die WA folgt in ihrer Datierung zun|chst der Ausgabe von Fielitz, korrigiert sie aber in den „Lesarten“ nach den inhaltlichen Beztgen zu Goethes Briefen an Philipp Erasmus Reich (Nr 175 und 179) auf Ende August oder Anfang September 1776 (vgl. WA IV 3, 302; datiert von Eduard von der Hellen, vgl. ebd., 272). Diese neue Datierung, die von den nachfolgenden Ausgaben tbernommen wurde, erscheint plausibel, da der 2. Band der „Physiognomischen Fragmente“ in Goethes Briefen nach 1776 nicht mehr erw|hnt wird und Goethe Charlotte von Stein schon etwa Mitte August 1776 (Nr 156) um die Rtckgabe des Bandes gebeten hatte (vgl. zu 101,15). Zudem wandte er sich im September 1776 mit einer Bitte um Vervollst|ndigung seines schlechten Exemp‘. (101,16) der „Fragmente“ an Reich in Leipzig (vgl. die zweite Erl|uterung zu 101,16). Der vorliegende Brief kunnte einige Zeit nach Nr 156, also Ende August 1776, geschrieben sein, wohin er auch nach seinem Tonfall passt. Ein etwas sp|teres Datum ist nicht auszuschließen, doch hielt sich Goethe vom 2. bis 5. September in Ernstthal im Thtringer
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BRIEF 164
Wald auf und Charlotte von Stein war etwa ab dem 9. September 1776 in Kochberg (vgl. zu 104,5). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 111. – 1 Bl. 20,566,3(–7,2) cm, 4 Zeilen beschr., egh., Bleistift, sehr fltchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Adresse, Bleistift: Fr. von Stein.; Vs. und Rs. Rest eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „78“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 80), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 100. WA IV 3 (1888), 211, Nr 675. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 101,15 den 2. band Phisg] Der Anfang Mai 1776 erschienene 2. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ (vgl. 63,1). In der ersten H|lfte Juni gab Goethe ein Exemplar des Bandes an Charlotte von Stein weiter (vgl. zu 75,17), das er Mitte August von ihr zurtckverlangte (vgl. 97,13–14). Wahrscheinlich war sie dieser ersten Bitte nicht nachgekommen. 101,16 des schlechten Exemp‘.] ,Schlecht‘ hier: einfach, von geringerer Qualit|t. – Exemplare der „Physiognomischen Fragmente“ erschienen auch zu niedrigerem Preis auf einfachem Druckpapier, das im Unterschied zu Post- oder Velinpapier nicht geleimt und daher weniger glatt und hart war (vgl. Zedler 26, 640). 101,16 mir fehlen sie] Schon im Mai 1776 hatte Goethe Reich um Vervollst|ndigung seines geringen Exemplars (63,6) gebeten; am 19. September und am 14. Oktober wiederholte er diese Bitte (vgl. 110,13–17; 112,10–11). 101,17 hier hausen Æ:::æ schtn.] ,Haußen‘ ist eine |ltere Nebenform zu ,draußen‘, ,außerhalb‘; im ausgehenden 18. Jahrhundert nur noch „in den niedrigen Sprecharten“ gebraucht (Adelung 2, 1035). – Hier mit Bezug auf Garten und Gartenhaus am „Stern“ (vgl. zu 62,4); auch wenn Goethe zu dieser Zeit noch nicht st|ndig im Garten wohnte, war er doch in der zweiten Augusth|lfte nach seiner Rtckkehr aus Ilmenau fast t|glich dort (vgl. GT I 1, 24). 164. An Charlotte von Stein DAT I E RU N G
ÆWeimaræ, 1. September Æ1776æ ! ÆWeimaræ
Der vorliegende Brief, im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) in das Jahr 1778 eingeordnet, wird seit dem Erstdruck auf den 1. September 1776 datiert. Das Jahr 1776 erschließt sich aus dem Inhalt: Wie der zweite Satz des
SEPTEMBER 1776
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Briefes (vgl. 101,19–20) nahelegt, wurde er unmittelbar vor Antritt einer Reise geschrieben. Die im weiteren Verlauf des Briefes gemachte Anspielung auf den gemeinsam zurtckgelegten Weg, auf dem Goethe auf der Reise einen Theil Æ:::æ reiten werde (102,4), verweist auf den Jagdausflug in den Thtringer Wald, zu dem Goethe am 2. September 1776 aufgebrochen ist (vgl. zu 101,19–20). Anfang September 1777 und 1778 hingegen hielt sich Goethe in Weimar auf. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 93. – 1 Bl. 20,5613,3(–13,7) cm, Btttenrand, teilweise beschnitten, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „45.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 46), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Muglicherweise Beischluss zu Nr 165 (vgl. 102,11). E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 56 f. WA IV 3 (1888), 102 f., Nr 505. BEI L AG E
Mineralwasser? (vgl. zu 102,9). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 101,18–19 zu lebendigen Schatten] ,Schatten‘ vielleicht wie im zeitgenussischen Sprachgebrauch tblich als Kurzform von ,Schattenbildern‘, also Silhouetten. – Muglicherweise eine Anspielung auf den Vorabend, als Goethe nach dem Essen beim Herzog noch zu. * ÆCharlotte von Steinæ gegangen war und mit ihr und d. Imhof zu Nacht gessen hatte (GT I 1, 24). 101,19–20 abenteuerliche Wirthschafft] Anspielung auf den bevorstehenden Jagdausflug nach Ernstthal im Thtringer Wald. Am frthen Morgen des 2. September brach Goethe mit der herzoglichen Gesellschaft auf, kam mittags in Ilmenau und am Abend in Ernstthal an (vgl. GT I 1, 24). Am 3. September, dem Geburtstag Carl Augusts, fand dort eine große Haupt- und Staatsjagd des Prinzen Joseph Friedrich von Sachsen-Hildburghausen statt (vgl. Stapff, 63). – ,Wirtschaft‘ hier muglicherweise in Anlehnung an die bei Adelung angefthrte Bedeutungsvariante: „Lustbarkeit bei Hofe“ (Adelung 4, 1577); ,abenteuerlich‘ hier: vom Gewohnten, Allt|glichen abweichend (vgl. GWb 1, 42). 102,1 treffliche Menschen] In Goethes Tagebuch werden um diese Zeit neben dem Herzog und der Adressatin h|ufig auch Wieland und dessen Familie erw|hnt (vgl. z. B. den Eintrag vom 28. August 1776; GT I 1, 24), ebenso Einsiedel, Johann August von Kalb und dessen Vater Carl Alexander sowie Emilie von Werthern-Beichlingen und Charlotte von Steins Schwester Louise von Imhoff. 102,2 Grasaffen] Hier wohl die Suhne Charlotte von Steins und andere im
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BRIEFE 165/166
Haus anwesende Kinder (zu Herkunft und Verwendung des Begriffs vgl. zu 55,22). 102,2 Imhof] Louise von Imhoff, die sich schon seit Mitte Juni in Weimar aufhielt, war am 16. August von ihrer ersten Tochter entbunden worden (vgl. die zweite Erl|uterung zu 76,16). 102,3 vorschwckern] Vorsch|kern: „vor jemandem scherzen, t|ndeln“ (Grimm 12 II, 1449); wahrscheinlich Gelegenheitsbildung Goethes (bei Grimm vorliegende Stelle als einziger Beleg aufgefthrt). 102,4–5 Theil des Weegs Æ:::æ gefahren bin] Auf ihrer Rtckreise von Pyrmont hatte Charlotte von Stein Goethe am 5. und 6. August 1776 in Ilmenau besucht (vgl. zu 92,7; zu 92,24). 102,5 Steinen] Josias von Stein. 102,5 Zettelgen] Nicht tberliefert. 102,5 Louisen] Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenanch. 102,6 dass ich sie noch lieb habe] Vgl. 26,18–19; zu 27,4–5. 102,7 termes] Franz. terme: Ausdruck, Wort. 102,9 Selzer Wasser] Muglicherweise mit dem vorliegenden Brief als Geschenk an Charlotte von Stein geschickt. – Das Mineralwasser aus dem Selzer-Brunnen in Karben am Taunusrand in der N|he Frankfurts wurde schon seit Beginn des 18. Jahrhunders vor allem in und um Frankfurt vertrieben (vgl. GB 2 II, zu 199,27). 165. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, vermutlich in der Nacht vom 1. zum 2. September 1776æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Der in E undatierte Brief wurde in der WA ohne exaktes Datum zwischen Anfang September und dem 6. September 1778 eingeordnet. In den „Lesarten“ aber wird zu Recht darauf hingewiesen, der Brief kunnte am 1. oder 2. September 1776 geschrieben worden sein (vgl. WA IV 3, 308). Anlass dazu bietet der erw|hnte Rest Selzer Wasser (102,12). Solches schickte Goethe muglicherweise mit seinem Brief vom 1. September 1776 (Nr 164) als Geschenk an Charlotte von Stein (vgl. zu 102,9). Die Aufforderung Gieb das der Stein (102,11) kunnte sich auf diesen Brief beziehen. Goethe tbergab Einsiedel die Schlsssel (102,10) zum Gartenhaus, weil er am 2. September 1776 – Frsh halb sechse (GT I 1, 24) – zu einem viert|gigen Jagdausflug in den Thtringer Wald aufbrach. Aus diesem Grund bat er seinen Freund auch, sich um den Fuchs (vgl. zu 102,10–11) zu ktmmern. Sehr wahrscheinlich wurde der vorliegende Brief wie Nr 164 d‘. 1 Sept. Nachts im Garten (102,7–8) geschrieben, also in der
SEPTEMBER 1776
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Nacht vom 1. auf den 2. September 1776. Die Angabe heute frsh (102,11) bezieht sich jedenfalls auf den Morgen des 2. September 1776. BERLIEFERUNG
H: Privatbesitz, Palo Alto (Californien/USA). – 1 Bl. 10,3(–10,5)68,5 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 2/3 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Rest eines roten Siegels und Adresse: H‘. Hofrath / v. Einsiedel. – Beischluss: muglicherweise Nr 164 (vgl. 102,11). E: Die Grenzboten 32 (1873). Nr 34, S. 299 (Carl August Hugo Burkhardt). WA IV 3 (1888), 244, Nr 738 (mit Hinweis auf Datierung auf den 1. oder 2. September 1776, vgl. WA IV 3, 308). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Inhalt des Briefes vgl. die Bemerkungen zur Datierung. 102,10–11 meinen Fuchs] Am 21. Mai 1776 hatte Goethe von einem Furster einen jungen Fuchs bekommen, den er in Pflege nahm (vgl. zu 69,10), ebenso wie zwei junge K|uze (vgl. Walter Schleif: Goethes Diener. Berlin und Weimar 1965, S. 30). 166. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 8. September 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 31. – 1 Bl. 20,3(–20,7)613,4 (–13,6) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „78“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 78), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 58. WA IV 3 (1888), 103 f., Nr 507. ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief vom selben Tag ist nicht tberliefert (vgl. zu 102,18). – Der Antwortbrief etwa vom 9. September 1776 (vgl. zu 104,5) ist ebenfalls nicht tberliefert. 102,14 Ich war gestern sehr traurig] Am 7. September 1776 hatte das Geheime Consilium getagt und tber das unbotm|ßige Verhalten Christian Ludwig Redeckers, des Sekret|rs von Carl Theodor von Dalberg, beraten (vgl. GT I 1, 24). Goethes Stimmung hatte damit, wenn tberhaupt, nur sehr vermittelt zu tun;
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BRIEF 167
die ,Trauer‘ hier wohl als ,Vorahnung‘ des bevorstehenden Abschieds von Charlotte von Stein. 102,15 Clarinettisten] Vielleicht Mitglieder der Hofkapelle (vgl. die zweite Erl|uterung zu 25,14). 102,18 ihr Zettelgen] Nicht tberliefert. – Aus dem Kontext geht hervor, dass Charlotte von Stein sich auf ihr Landgut nach Kochberg verabschiedet hatte. 102,19 Wielanden Æ:::æ mtchte kommen] Vgl. dazu Goethes Tagebuch vom 8. September 1776: Im Garten mit Wiel. ÆWielandæ (GT I 1, 25). Wieland war in der frthen Weimarer Zeit einer der engsten Vertrauten Goethes (vgl. zu 27,13). 103,1 nicht nach Kochberg kommen] Goethe hielt sich an diesen Vorsatz und besuchte die Freundin nicht in Kochberg (vgl. zu 109,6–7). 103,2 ich verstund Wort und Blick] Wohl Anspielung auf eine Bitte Charlotte von Steins, Goethe muge mehr Zurtckhaltung in seinem Umgang mit ihr zeigen. 167. An Caroline Louise Hempel
ÆWeimaræ, 11. September Æ1776æ ! ÆBerlinæ
DAT I E RU N G
Wie aus dem Brief hervorgeht, wurde er am Abend des 11. September 1776 geschrieben. Er war Goethes Brief an Anna Louisa Karsch vom 11. September 1776 (Nr 168) beigeschlossen. BERLIEFERUNG
H: Privatbesitz, Portland/Oregon (USA). – 1 Bl. 15,3619,2 cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Ihrer Tochter; Vs. am unteren Rand von fremder Hd, Tinte: „1777. von Goethe an Caroline Luise v. Klencke geb. Karschin“. – Beischluss zu Nr 168 (vgl. berlieferung). E: Aurikeln. Eine Blumengabe von deutschen H|nden, hrsg. von Helmina von Chzy geb. Freyin von Klencke. Bd 1. Berlin 1818, S. 29. – ber dem Text: „G u t h e a n m e i n e M u t t e r. / Einlage des vorigen Briefes ÆNr 168æ.)“ WA IV 3 (1888), 105, Nr 509 (nach E). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: Vgl. Nr 168. Caroline Louise Hempel geb. Karsch (1750–1802) wurde als Tochter von Anna Louisa Karsch und deren zweitem Ehemann, dem Schneider Daniel Karsch, in Fraustadt (heute Woschowa, Polen) zwischen Glogau (Głogw) und Lissa
SEPTEMBER 1776
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(Leszno) geboren. Als ihr Geburtsjahr wird auch 1754 genannt. Dieser Angabe widerspricht eine Bemerkung Anna Louisa Karschs in einem Brief an Johann Wilhelm Ludwig Gleim vom 21. Juni 1780: „Hettte z|hlt meine Tochtter dreyßig Jahre voll“ (Karsch-Gleim 2, 144). Mit der Mutter zog sie 1755 nach Glogau und 1761 – mit Unterstttzung des Barons Rudolf Gotthard von Kottwitz, der sich der Mutter annahm – nach Berlin. Nachdem sie selbstst|ndig lesen gelernt hatte, besuchte sie kurze Zeit die Schule. Im Sp|tsommer 1761 wurde sie auf Kosten des Arztes Johann Georg Stahl als Pension|rin in der von Johann Julius Hecker gegrtndeten Realschule in Berlin untergebracht, wo sie ftnf Jahre lang Unterweisung in Religion und Handarbeiten erhielt. 1770 heiratete sie einen Halbbruder ihrer Mutter, den 38-j|hrigen Lotteriesekret|r Ernst Wilhelm Hempel. Aus der ungltcklichen Ehe gingen vier Kinder hervor, von denen nur der erstgeborene Heinrich Wilhelm Hempel tberlebte. Am 27. November 1781 ließ sich Caroline Louise Hempel von ihrem Mann scheiden. Wenige Monate sp|ter, im M|rz 1782, heiratete sie erneut, und zwar den 22-j|hrigen Schauspieler und Zeichner Carl Friedrich von Klencke. Von dessen Familie abgelehnt, wurde sie von ihrem Mann verlassen, noch bevor am 26. Januar 1783 die gemeinsame Tochter Wilhelmine Christiane geboren wurde, die sp|tere Schriftstellerin Helmina von Chzy. Sp|tere Versuhnungsangebote wies Caroline Louise zurtck. Wieder lebte sie mit Sohn und Tochter bei der Mutter, mit der sie zeitlebens in einer schwierigen Beziehung stand. In ihren von ihrer Tochter herausgegebenen autobiographischen „Fragmenten“ heißt es: „Von meiner Geburt an mogte meine Mutter meine Gestalt nicht leiden, da ich meinem Vater |hnlich sah, den sie ungern zum Manne genommen, und dessen Betragen gegen sie nicht liebreich war. Ich mußte nun die Gestalt btßen, die ich mir nicht gegeben hatte; der Haß, den meine Mutter gegen ihren Mann nicht |ußern durfte, fiel in seiner ganzen Gewalt auf mich nieder.“ (Leben und Romantische Dichtungen der Tochter der Karschin. Als Denkmal kindlicher Liebe hrsg. von Helmina Ævon Chzyæ. Frankfurt a. M. 1805, S. 4.) Anna Louisa Karsch best|tigt diesen Bericht ihrer Tochter: „Sie vergaß es nicht daß ich Sie Etliche mahl du Vatergesicht nanntte inn Ihrem Kinderjahren“ (Brief an Gleim, 28. Juli 1789; Karsch-Gleim 2, 317). Auch ihre literarische Arbeit belastete das Verh|ltnis zur Mutter, da sie sich als Konkurrentinnen empfanden. Caroline Louise schrieb wie die Mutter Gedichte. Ihr Drama „Der Ehrliche Schweitzer“ (Berlin und Leipzig 1776), in dem sie die Geschichte ihrer ungltcklichen ersten Ehe behandelt, war in Berlin mit viel Erfolg aufgefthrt worden. Noch wenige Monate vor ihrem Tod schrieb Anna Louisa Karsch an Gleim tber ihre Tochter: „Gott imm Himmel, Mein Freund, kan diß buse, diß unnattrliche Kind, noch untter Seine Lieben z|hlen diese Tochtter, die sich durch unbefriedigtten Stolz, zur Teuffellin Machen lies? Ja zur Teuffellin, So wahr Gott Gott ist, ich binn schuldloß, ich sag Ihr nichts beleidigendes, aber Sie will mich untterm boden bringen, glaubt tber meinem Grabhtgel auffzusteigen zum Tempel Æ:::æ des
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BRIEF 168
Ruhms“ (Karsch-Gleim 2, 352). Nach dem Tod der Mutter am 12. Oktober 1791 blieb Caroline Louise von Klencke mit ihrer Tochter in dtrftigen Verh|ltnissen zurtck. Ihren Sohn hatte sie schon 1787 des Hauses verwiesen; er lebte wieder bei seinem Vater. Zur Absicherung ihres Lebens gab sie 1792 die Lyrik ihrer Mutter heraus: „Gedichte von Anna Louisa Karschin geb. Dtrbach. Nach der Dichterin Tode nebst Ihrem Lebenslaufe herausgegeben von ihrer Tochter C. L. v. Kl. geb. Karschin. Berlin 1792“. Im selben Jahr erschienen „Charakteristische Beobachtungen einer Mutter tber ihre Kinder“ (Berlin 1792). Gedichte erschienen in verschiedenen Almanachen und Taschenbtchern. In den letzten Lebensjahren entstand der Roman „August und Julie“, der postum von ihrer Tochter Helmina von Chzy veruffentlicht wurde (in: Leben und Romantische Dichtungen der Tochter der Karschin Æ:::æ, S. 201–502). Caroline Louise von Klencke starb am 21. September 1802 in Berlin. Der vorliegende Brief ist der einzige tberlieferte Brief Goethes an die Adressatin. Vermutlich schrieb Goethe mehrmals an sie. In einem Brief von Wilhelmine Christiane von Hastfer (sp|terer Helmina von Chzy) an Goethe vom 31. Mai 1803 heißt es, sie habe im Nachlass ihrer Mutter „Briefe von Goethe“ gefunden (H: GSA 28/247; vgl. RA 4, 228, Nr 743). Briefe von Caroline Louise von Klencke gesch. Hempel an Goethe sind nicht tberliefert. Im folgenden Brief an Anna Louisa Karsch (Nr 168) schreibt Goethe, er habe geglaubt, ihrer Tochter geantwortet (103,13) zu haben; dies deutet auf einen Brief Caroline Louise Hempels hin. 103,6 Ihre Mutter] Anna Louisa Karsch. 168. An Anna Louisa Karsch BERLIEFERUNG
Weimar, 11. September 1776 ! Berlin
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin. – Doppelblatt 17,2620,3 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An / Frau Karschinn / nach / Berlin. / franck., rotes (Initial-?)Siegel; Bl. 2 am Rand in der Mitte eingerissen durch ffnen des Siegels; S. 1 oben links von Karl August Varnhagen von Enses Hd, Tinte: „G o e t h e an Frau Karschin.“, oben rechts von fremder Hd, Bleistift: „70.“; S. 4 unten links von fremder Hd, Bleistift: „Varnhagen m 30“. – Beischluss: Nr 167. E: Aurikeln. Eine Blumengabe von deutschen H|nden, hrsg. von Helmina von Chzy geb. Freyin von Klencke. Bd 1. Berlin 1818, S. 28 f. WA IV 3 (1888), 104 f., Nr 508 (nach E).
SEPTEMBER 1776 ERLUTERUNGEN
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Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Anna Louisa Karschs (vgl. 103,12–13). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 16. September 1776 (vgl. GR/RB 1776, 2, Bl. 16v). – Ein Grund ftr die verzugerte Absendung kunnte im Weimarer Postfahrplan liegen; danach ging die Post von Weimar nach Berlin montags ab (vgl. den Weimarischen Postbericht in: Werner Bthling: Die Post in Weimar. Æ:::æ Weimar 1995, S. 57). Der 16. September 1776 war ein Montag. Anna Louisa Karsch (1722–1791) hatte trotz ihrer Herkunft aus einfachen Verh|ltnissen, gefurdert vor allem durch Johann Wilhelm Ludwig Gleim, mit Gelegenheitsgedichten uffentliche Beachtung gefunden. Ihr bemerkenswerter Lebenslauf von der Magd und Rinderhirtin zur ,deutschen Sappho‘ hatte auch Goethes Aufmerksamkeit erregt. Im August 1775 hatte sich die als kurios und als Original geltende Dichterin an den von ihr verehrten Dichter gewandt. Die von ihr gewtnschte Ann|herung kam jedoch nicht in Gang. Goethe verhielt sich distanziert (vgl. tber Goethes Beziehung zu Anna Louisa Karsch des N|heren die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 257). In ihrem Brief an Johann Wilhelm Ludwig Gleim vom 3. Februar 1776 hatte die Dichterin angektndigt, sie „schreibe mitt n|chster Post an Ihm ÆWielandæ und ann Guthen“ (Karsch-Gleim 2, 109); dem Brief an Wieland, der vom 17. Februar 1776 stammt (vgl. WB 5 475 f.), legte sie einen nicht tberlieferten Brief an Goethe bei, den sie als „beygeschloßnes schuldopfer“ (WB 5, 475) bezeichnete, offenbar ftr einen von diesem erhaltenen, ebenfalls nicht tberlieferten Brief. Im Brief an Gleim vom 27. April 1776 schrieb sie dann: „Æ:::æ mann sagt Er ÆGoetheæ k|me nach Berlin, kan muglich sein, Er ist mir Antwort schuldig auff zween briefe, Er wird Sie vielleicht selber bringen wollen“ (Karsch-Gleim 2, 111). Einer der erw|hnten Briefe kunnte derjenige sein, den Anna Louisa Karsch tber Wieland an Goethe gelangen ließ; tber dessen Inhalt heißt es im gerade zitierten Brief an Gleim: „Was wird Guthe zu meinem leztten Versbrieffchen gesagt haben? Ich schriebs bey der Wittwe Winnttern Æ:::æ, Sie baht mich dem Originalgeist zu grtßen, ich Thats, und gab Ihm die Nachricht vonn der Gebuhrt meines Ennkels“ (ebd.). Gemeint ist Carl, der Sohn von Anna Louisa Karschs Tochter Caroline Louise Hempel, der am 28. M|rz 1776 geboren wurde. Der vorliegende Brief, nach langem Schweigen erst auf einen weiteren Brief der Karsch hin geschrieben sowie allgemein und unpersunlich gehalten, scheint Goethes wenig ausgepr|gtes Interesse an einer Korrespondenz zu belegen. Von gleicher Art ist der Brief an Caroline Louise Hempel vom selben Tag (Nr 167). Abgesehen vom Brief vom 18. Mai 1778 (Nr 369), in dem Goethe in Berlin die Einladung zu einem Treffen ausspricht, sind keine weiteren Briefe an die Adressatin tberliefert; nur ein Brief wurde erschlossen (EB 36 von Anfang 1776–17. Februar 1776).
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103,11 meine Ssnde] Goethe hatte bisher vers|umt, auf Briefe von Anna Louisa Karsch und ihrer Tochter Caroline Louise Hempel zu antworten; beide Briefe sind nicht tberliefert. 103,11–12 Gewsrge des Lebens] hnlich beschreibt Goethe sein Weimarer Leben in dieser Zeit mehrfach. Im Brief an Augusta zu Stolberg vom 28. und 30. August 1776 ist von Zerstreuung im Getreibe des Tags (100,13) die Rede, im Brief an Lavater vom 16. September 1776 von der unendlich beweglichen Welt in der ich lebe (106,12). 103,13 ihrer Tochter] Caroline Louise Hempel; ihr Brief an Goethe ist nicht tberliefert (vgl. Nr 167). 103,19 anzuhwckeln] Anh|keln: Diminutiv zu ,anhaken‘ (vgl. GWb 1, 577). 103,20 Impromtss] Hier im Sinn von ,Improvisationen‘, ,Stegreifdichtungen‘ (vgl. GWb 4, 1506). 103,21–22 Chodowiecki] Daniel Nikolaus Chodowiecki, Maler, Radierer und Kupferstecher in Berlin. Er war mit Anna Louisa Karsch befreundet. Chodowiecki, der sich als Illustrator sowohl von wissenschaftlichen als auch von literarischen Werken einen Namen gemacht hatte, arbeitete an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ mit und hatte das Portr|t Goethes nach einer Zeichnung von Georg Melchior Kraus gestochen (vgl. Schulte-Strathaus, Nr 26 sowie Wilhelm Engelmann: Daniel Chodowiecki’s s|mmtliche Kupferstiche. Leipzig 1857 [Nachdruck Berlin 1926], S. 105, Nr 166; Abbildung u. a. in: Jens-Heiner Bauer: Daniel Nikolaus Chodowiecki. Das druckgraphische Werk. Æ:::æ Ein Bildband mit 2340 Abbildungen in Erg|nzung zum Werkverzeichnis von Wilhelm Engelmann. Hannover 1982, S. 54, Nr 299), das in Friedrich Nicolais „Allgemeiner Deutscher Bibliothek“ (29. Bd. 1776) als Titelkupfer erschienen war. Ferner lieferte er Kupferstiche zu Goethes Werken, u. a. ftr die bei Christian Friedrich Himburg unrechtm|ßig erschienene Ausgabe von „Goethens Schriften“ (3 Tle. Berlin 1775/76) sowie ftr die franzusische bersetzung der „Leiden des jungen Werthers“ (Werther; traduit de l’allemand Æpar Jacques Georges Deyverdunæ. Maastricht 1776). Auch die Titelvignette zu Friedrich Nicolais Parodie „Freuden des jungen Werthers“ (Berlin 1775) stammt von Chodowiecki (vgl. GB 2 II, zu 166,13, linke Spalte). Goethe sch|tzte den Kupferstecher, wenn auch nicht vorbehaltlos: Chodowiecky ist ein sehr respektabler und wir sagen i d e a l e r Ksnstler. / Seine g u t e n Werke zeugen durchaus vom G e i s t und G e s c h m a c k . Mehr Ideales war in dem Kreise, in dem er arbeitete, nicht zu fordern. (Maximen und Reflexionen [Nr 1131]. Aus dem Nachlaß; WA I 48, 212.) Vgl. auch Goethes ußerungen tber Chodowiecki im Brief an Johann Friedrich Krafft vom 9. September 1779 (296,7–9). Seinen Besuch in Berlin im Mai 1778 nutzte Goethe, um den Ktnstler zweimal zu besuchen (vgl. zu 209,5). ber den ersten Besuch am Nachmittag des 16. Mai 1778 berichtet Anna Louisa Karschs Tochter Caroline Louise Hempel in einem Brief an
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Johann Wilhelm Ludwig Gleim vom 27. Mai: „Waß ihm Chodowieky unter allen seinen neuen Zeichnungen zuerst wies, war jener Barbier. Ich glaube, der Mann will sich furchtbar machen, denn er zeigt dies Bild allen und jedem von dem er glaubt das ers beurtheilen kann.“ (Zitiert nach: Detemple, 40.) Mit dem „Barbier“ ist eine Karikatur gemeint, die Karl Wilhelm Ramler zeigt, der den toten Ewald von Kleist barbiert, dazu den Text: „Oh, wenn er doch die Toten ungeschoren ließe!“ (Ebd.) Die Karikatur bezieht sich auf Ramlers (zweib|ndige) Kleist-Ausgabe: Des Herrn Christian Ewald von Kleist s|mtliche Werke. Berlin 1760. 169. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 10. und 12. September 1776 ! ÆKochbergæ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 31. – Doppelblatt 13,6(–14)619,8 (–20) cm, 3 S. (S. 1 und 2 jeweils zu drei Vierteln, S. 3 zu zwei Dritteln) beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „79.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 79), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 58–60. WA IV 3 (1888), 105–108, Nr 510. BEI L AG E
Shakespeare-Ausgabe (vgl. zu 104,15). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet wahrscheinlich zwei nicht tberlieferte Briefe Charlotte von Steins etwa vom 9. und vom 11. September 1776 (vgl. zu 104,5; zu 104,23–24). – Der Antwortbrief etwa vom 13. September 1776 (vgl. zu 109,1) ist nicht tberliefert. 104,4 Ich schick Ihnen Lenzen] Wie aus dem Kontext hervorgeht, kam Goethe damit einer Bitte der Adressatin nach, Jacob Michael Reinhold Lenz auf ihr Landgut nach Kochberg zu schicken. Lenz hatte ihr Anfang September aus Berka (vgl. die erste Erl|uterung zu 74,11) geschrieben (abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erl|uterungen). 104,5 Sie haben eine Art zu peinigen] Mit Bezug auf einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins etwa vom 9. September aus Kochberg. 104,6–7 die versttrte Seele] Seit dem Erstdruck wurde an dieser Stelle „die zersturte Seele“ gelesen (Schull, Goethe-Stein 1, 58), 1888 in der WA korrigiert zu „versturte“ (WA IV 3, 105), danach wieder „zersturte“ (vgl. Fr|nkel, Goe-
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the-Stein1 1, 41; Petersen, Goethe-Stein 1, 43; Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 49; FA/Goethe II 2, 62). Der handschriftliche Befund spricht jedoch eindeutig ftr eine berschreibung von wahrscheinlich ursprtnglich ,z‘ durch ,v‘. – Anspielung auf Lenz’ fragile psychische Verfassung, seine Sprunghaftigkeit und Unberechenbarkeit im persunlichen Umgang. Am 16. September 1776 schrieb Goethe an Lavater: Lenz ist unter uns wie ein kranckes Kind (106,7; zu Lenz vgl. insgesamt die einleitende Erl|uterung zu Nr 136). 104,7 einschlsrpfen] ,Schltrpfen‘ oberdt. ftr ,schltrfen‘. 104,8–9 Er war ganz betroffen Æ:::æ mit Ihnen seyn] Nachdem Lenz Charlotte von Stein in Weimar persunlich kennen gelernt hatte, schrieb er Ende Mai an Johann Georg Zimmermann: „Was ist doch die Frau v. Stein ftr ein Engel, deren Schatten Sie uns in Strasbg. wiesen.“ (Lenz, Briefe 1, 267.) 104,10 sie lehren] Lenz, der Shakespeare („Coriolan“; Lenz, Briefe 1, 124, Nr 64, Anm. 302) und Ossian tbersetzt hatte und tber Erfahrungen im Sprachunterricht verftgte, sollte Charlotte von Stein in Englisch unterrichten (vgl. Lenz an Goethe, Mitte September 1776; abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erl|uterungen). 104,15 Schwckespeer] Eine englische Shakespeare-Ausgabe, die der Brief begleitet haben oder mit Lenz mitgeschickt worden sein kunnte. Um welche Ausgabe es sich gehandelt hat, muss offenbleiben. Wie viele seiner Zeitgenossen verdankte Goethe der von William Dodd herausgegebenen Anthologie „The Beauties of Shakespear: Regularly selected from each Play“ (2 Bde. London 1752) die erste Kenntnis Shakespearescher Texte (vgl. GB 1 II, zu 43,3–8). Einen Hinweis auf die Anschaffung einer zehnb|ndigen Ausgabe von „Shakespears Works“ findet sich in Goethes Rechnungen, allerdings erst im April 1777 (GSA 34/II,2,1, Bl. 31). W|hrend in Goethes Bibliothek ausschließlich deutsche Shakespearebersetzungen erhalten sind (vgl. Ruppert, 217 f., Nr 1521–1531), hat Goethes Vater nachweislich auch eine englische Shakespeare-Ausgabe besessen (vgl. Gutting, 54). – Am 23. Oktober 1776 schrieb Lenz an Johann Daniel Salzmann: „Ich bin in Kochberg bei der liebenswtrdigsten und geistreichsten Dame, die ich kenne, mit der ich seit vier, ftnf Wochen den englischen Shakspeare lese.“ (Lenz, Briefe 2, 42.) 104,16 Wwckefield] Oliver Goldsmith’ Roman „The vicar of Wakefield“ (1766), den auch Goethes Frankfurter Freundin Johanna Fahlmer ftr ihr Englischstudium, bei dem sie von Goethe unterstttzt worden war, benutzt hatte (vgl. GB 2 II, zu 16,17). Das ftr Charlotte von Steins Unterricht aus Leipzig bestellte Exemplar des Romans traf am 16. September in Weimar ein (vgl. zu 109,25). 104,17–18 von mir htren Sie nun nichts weiter] Entgegen dieser Anktndigung setzte Goethe den vorliegenden Brief schon am 12. September fort (vgl. 104,21–105,21) und schrieb bis zum 27. September insgesamt noch ftnf wei-
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tere Briefe nach Kochberg (Nr 172, 173, 174, 176, 177). Erst nachdem Charlotte von Stein Anfang Oktober kurz nach Weimar zurtckgekehrt war und ihr Goethe zum Abschied am 7. Oktober (Nr 178) noch einmal geschrieben hatte, trat vortbergehend eine Unterbrechung der gewohnten Korrespondenz ein (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 178). 104,18–19 verbitte mir auch alle Nachricht von Æ:::æ Lenz] Weder Charlotte von Stein noch Lenz hielten sich an dieses wohl nicht ganz ernst gemeinte Verbot (vgl. die erste Erl|uterung zu 109,1; vgl. auch Lenz an Goethe, Mitte September 1776; abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erl|uterungen). 104,19 Philip] Philipp Seidel, Goethes Diener, Sekret|r und Hausgenosse, der es in Goethes Auftrag tbernommen hatte, auch ftr die persunlichen Bedtrfnisse von Lenz zu sorgen (vgl. zu 78,17). 104,21 Lenz will nun fort] Am 12. September vermerkte Goethe im Tagebuch: Nach Tisch ritt Lenz weg nach K.ÆKochbergæ (GT I 1, 25). Er blieb etwa ftnf Wochen in Kochberg und kehrte gemeinsam mit Charlotte von Stein erst am 31. Oktober nach Weimar zurtck. 104,23–24 Ich danck ihnen] Mit Bezug auf einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins etwa vom 11. September 1776. 104,24 von Ihrem Schreibtisch] Auf der Platte des Kochberger Schreibtischs Charlotte von Steins hatte Goethe bei seinem ersten Besuch am 6. Dezember 1775 seinen Namen und das Datum eingraviert (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 18). Sp|ter trug er sich noch zwei weitere Male ein, am 4. Oktober und am 5. November 1780. 104,25–26 Gestern war ich in Belveder.] Goethe war Gast der ftrstlichen Mittagstafel auf Schloss Belvedere, der herzoglichen Sommerresidenz (vgl. zu 66,18–19). Laut Fourierbuch nahmen außer ihm und dem Herzogspaar noch 14 weitere G|ste teil, darunter der Erbprinz Ludwig von Hessen-Darmstadt und Josias von Stein (vgl. FB 1776, S. 245). 104,26 Louise] Louise Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach (vgl. zu 27,4–5). 104,28 die Waldnern] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, die damals 30-j|hrige Hofdame der Herzogin Louise, eine Freundin Charlotte von Steins. Sie wirkte auch bei Liebhaberauffthrungen franzusischer Operetten mit (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 431). – Seinen Besuch bei Louise von Waldner am Vormittag des 11. September hielt Goethe auch im Tagebuch fest (vgl. GT I 1, 25). 105,1 herumgeschwckert] Sch|kern: im zeitgenussischen Sprachgebrauch „laut scherzen und lachen, kurzweilen“ (Adelung 3, 1335). 105,1–2 Abends alle Durchl. in Tiefurt.] Durchlaucht(en): Adelspr|dikat, das vom Kaiser verliehen wurde und nur den Kurftrsten und altadligen Personen zustand. – Hier auf die herzogliche Familie und wahrscheinlich auch auf Erb-
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prinz Ludwig von Hessen-Darmstadt, den Bruder der Herzogin Louise, bezogen. Wie Goethes Tagebuch belegt, war an diesem Abend Pr. ÆPrinzæ C. ÆConstantinæ angekommen (GT I 1, 25), der von einer l|ngeren Reise auf sein Landgut nach Tiefurt zurtckkehrte (vgl. zu 97,2). 105,2 Ihr Mann] Der Oberstallmeister Josias von Stein war demnach ebenfalls zur Begrtßung des Prinzen Constantin in Tiefurt anwesend. 105,2 war guter Humor] ,Humor‘ hier noch in der |lteren Wortbedeutung ftr ,Stimmung‘, ,Laune‘ (vgl. Grimm 4 II, 1905 f.); die Verwendung als Femininum nach franz. la humeur: die Laune, Grille. 105,2–3 possierliche Streiche mit der Oberhofmeistern] Wilhelmine Eleonore Elisabeth Gr|fin von Giannini, eine frthere Braunschweiger Hofdame, seit Herbst 1775 Oberhofmeisterin der Herzogin Louise. Zeitgenussischen Berichten zufolge besaß die damals 57-j|hrige Gr|fin das besondere Vertrauen der Herzogin und die allgemeine Achtung der Hofgesellschaft. Auch wenn sie offenbar streng auf die Einhaltung der Hofetikette bedacht war, soll sie sonst eine heitere humoristische Dame gewesen sein (WA I 36, 240). Ihr ußeres beschreibt Lyncker in seinen Erinnerungen: „Eine ungeheuer große Nase, hervorstehende rollende Augen mit rothen Ringen umgeben, mehrere bart|hnliche schwarze Haare tber dem Munde und ein immerw|hrendes Tabacksschnupfen gaben ihr trotz der dick aufgetragenen Schminke ein rauhes m|nnliches Ansehen. Man sagte, sie sei heimlich mit einem Braunschweiger General verheurathet, welches ihrer Bildung nach fast nicht zu glauben war.“ (Lyncker, 73; vgl. des N|heren die einleitende Erl|uterung zu Nr 445.) Gemeinsam mit dem Oberhofmeister Graf Goertz gehurte die Gr|fin Giannini zu den Hofleuten, die die Verbindung Carl Augusts zu Goethe und das ,Weimarer Genietreiben‘ beargwuhnten (vgl. die tbergreifenden Erl|uterungen zu Nr 112). 105,3 Ich hab die Hofleute bedauert] Dies und das Folgende muglicherweise mit Bezug auf das wenig vorteilhafte ußere der Oberhofmeisterin, deren herausgehobene Stellung die besondere Aufmerksamkeit der Hofleute verlangte. 105,4 Krtten und Basilisken] Kruten galten nicht nur als „h|ßlich ungestalt und abscheulich“, sondern auch als giftig. „Ihr Wehr und Waffen ist, wenn man sie jaget, daß sie ihren Harn von sich schiesset, welcher gifftig ist, und verursachet, daß dasjenige Glied, darauf er gefallen, aufl|ufft; ja er soll eben solche Zuf|lle, wie der Scorpion-Stich erwecken“ (Zedler 15, 1955). Noch unheilbringendere Eigenschaften wurden den Basilisken zugeschrieben, „nach den Sagen bei den Alten eine furchtbare Schlange von entsetzlicher Stimme u. tudtlichem Blick (daher Basiliskenblick), u. im Mittelalter ein, aus einem Hahnei Æ:::æ durch eine Krute auf dem Miste ausgebrttetes Thier, mit Hahnkurper u. am Ende 3spitzigen Schlangenschwanz, das, in Kellern sich aufhaltend, durch seinen Blick tudte u. daher nur durch Vorhaltung eines Spiegels getudtet werden kunne“ (Pierer 2, 377). 105,10 der W. Brief] Nicht tberlieferter Brief der mit Charlotte von Stein be-
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freundeten Isabella Gr|fin von Wartensleben. Die im westf|lischen Exten bei Rinteln lebende und seit 1770 verwitwete Gr|fin beabsichtigte, ihren damals etwa 11-j|hrigen Sohn Gideon in einer ausw|rtigen Erziehungsanstalt unterzubringen. Wie der Kontext nahelegt, hatte sie in ihrem Brief Goethe in dieser Angelegenheit um seinen Rat gebeten (vgl. auch zu 99,33–100,1). 105,10–11 eine werthe Frau] Goethe kannte die Silhouette der Gr|fin von Wartensleben, tber die er sich enthusiastisch ge|ußert zu haben scheint (vgl. die zweite Erl|uterung zu 98,3) und von der er eine Kopie an Lavater schickte (vgl. 100,1–2). 105,15 Philantropins] Philanthropinum: Erziehungs- und Unterrichtsanstalt nach philanthropischen Grunds|tzen, die zur Nattrlichkeit, Vernunft und Menschenfreundschaft erziehen sollten. Muster war vor allem das erste in Dessau gegrtndete Philantropinum (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 490). 105,16 Dessau] In Dessau, der Residenz des Ftrsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau, war 1774 von Johann Bernhard Basedow und Christian Heinrich Wolke das Philanthropinum gegrtndet worden. Ursprtnglich als Ausbildungsst|tte ftr P|dagogen geplant, entwickelte es sich bald nach der Grtndung zu einem Erziehungs- und Bildungsinstitut ftr Zuglinge aus dem Adel und wohlhabenden Btrgertum. Bereits 1776 allerdings trat Basedow als Direktor des Philanthropinums zurtck, ftr kurze Zeit wurde Joachim Heinrich Campe sein Nachfolger. – Goethe kannte Basedow auch persunlich, er hatte im Juli 1774 mit ihm und Lavater eine Lahn- und Rheinreise unternommen und sich anschließend ftr zwei Wochen mit Basedow in Ems aufgehalten (zu Goethe und Basedow vgl. GB 2 II, zu 112,8; zu 112,10). In seinem nicht tberlieferten Antwortbrief riet Goethe der Gr|fin Wartensleben, ihren Sohn nach Dessau zu schicken, was diese schließlich jedoch, einem Votum Johann Caspar Lavaters folgend, nicht tat. 105,20 Zeichnung] N|heres konnte nicht ermittelt werden; wahrscheinlich nicht tberliefert. Jacob Michael Reinhold Lenz an Charlotte von Stein in Weimar
ÆBerka, Anfang September 1776æ Vous parlez de m’arracher de ma solitude – et m’alleguez pour cela d’aussi eloquentes raisons. Pensiez Vous bien Madame! lorsque Vous ecrites ces lignes, quels effets elles alloient faire sur moi. Æ:::æ (Lenz, Briefe 2, 29, Nr 221. – Sie sprechen davon, mich meiner Einsamkeit zu entreißen, und geben daftr so bedeutsame Grtnde an. Haben Sie, Madame! als Sie diese Zeilen schrieben, gut bedacht, welche Wirkungen sie auf mich haben werden.)
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Jacob Michael Reinhold Lenz an Goethe in Weimar
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Ich bin zu gltcklich Lieber als daß ich deine Ordres dir von mir nichts wissen zu lassen nicht brechen sollte; wollte Gott ich h|tte deine Art zu sehen und zu fthlen und du zu Zeiten etwas von der meinigen, wir wtrden uns glaub ich beyde besser dabey befinden. Ich schreibe dir dies vor Schlaffengehen, weil ich in der That bey Tage keinen Augenblick so recht dazu finden kann. Dir alle die Feerey zu beschreiben in der ich itzt existire, mtßte ich mehr Poet seyn als ich bin. Doch was soll ich dir schreiben daß du falls Schwedenborg kein Betrtger ist alles nicht schon vollkommen mußt geahndet gesehen und gehurt haben. Wenigstens haben wirs an all den Gebr|uchen und Zauberformeln nicht fehlen lassen mit denen man abwesende Geister in seinen Zirkel zu bannen pflegt; wenn du nicht gehurt hast, ists deine Schuld. Mit dem Englischen gehts vortreflich. Die Frau von Stein findt meine Methode besser als die deinige. Ich lasse sie nichts aufschreiben als die kleinen Bindewurter die oft wieder kommen; die andern soll sie a force de lire unvermerkt gewohnen, wie man seine Muttersprache lernt. Auch bin ich unerbittlich ihr kein Wort wiederzusagen was den Tag schon vorgekommen und was mich freut ist, daß sie es entweder ganz gewiß wiederfindt oder wenigstens auf keine falsche Bedeutung r|th, sondern in dem Fall lieber sagt, daß sies nicht wisse, bis es ihr das drittemal doch wieder einf|llt. – Nur find ich daß ein Frauenzimmer ftrs Englische ganz verderben kann, wenn sie mit Ossianen anf|ngt. Es geht ihr sodenn mit der Sprache wie mir und Lindau mit dem menschlichen Leben. Lieber Bruder, du hast entweder selbst meine Brieftasche oder Philipp hat sie gefunden; schicke mir sie doch. Wenigstens dein Gedicht, das ich hineingelegt hatte – alles, denn ich weiß selbst nicht mehr was drin ist. Schick doch auch sonst was mit ftr Frau v. Stein, etwa d. Jungs Autobiographie von der ich ihr erzehlt habe. Ich komm in der That hieher wie ein Bettelmunch, bringe nichts mit als meine hohe Person mit einer großen Empf|nglichkeit; habe aber doch sobald ich allein bin große Unbeh|glichkeiten tber den Spruch daß Geben seeliger sey als Nehmen. Dein Bote gieng obschon er alle Kr|fte anwandte die ihm Weib und Kinder tbrig gelassen mit der Geschwindigkeit eines Mauleseltreibers; ich w|re eben so geschwind und ungef|hr in eben der Gemtthsverfassung mit bloßen Knieen auf Erden nach K– gerutscht; und doch war eben der Merkurius den andern Morgen als ich ihn wollte ruffen lassen, dir Frau v. Stein Brief und Zeichnungen zuzuschicken, (obschon ichs ihm Abends vorher hatte notifiziren lassen) tber alle Berge. Woftr du ihn sermoniren kannst damit ers ein andermal in |hnlichen F|llen nicht wieder so macht.
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I beg thee to see frequently the spouse of the lady. I have a pressentiment thou willst thank me of having given thee a counsel .................................... needful. At least ........................................................................ it is only given .......................................................................... thou kno ................................................................................ imagine all .............................................................................. s u f f e r s c o n s t a n t l y ................................................................ She must sea ............................................................................ much deli................................................................................. tranquillity of mind .................................................................... (letzte Seite abgerissen, Textverlust; Lenz, Briefe 2, 31 f., Nr 222. – Ich bitte dich darum, den Ehemann der Dame h|ufig aufzusuchen. Ich habe eine Vorahnung, dass du mir noch dankbar sein wirst, dass ich dir einen Rat gegeben habe Æ:::æ nutig. Zumindest Æ:::æ wird er nur gegeben Æ:::æ stell dir alle Æ:::æ vor Æ:::æ f o r t w | h r e n d l e i d e t Æ:::æ Sie muss suÆchenæ Æ:::æ viel FreuÆdeæ Æ:::æ Ruhe der Seele Æ:::æ.) 2 deine Ordres] Franz. ordre: Anordnung, Aufforderung; hier mit Bezug auf Goethes Verbot, ihm Nachrichten aus Kochberg zu schicken (vgl. 104,18–19). 9 Schwedenborg] Vgl. zu 84,13. 15 a force de lire] Franz.: durch viel lesen. 21 Ossianen] Neben Shakespeare war es vor allem die Begeisterung ftr Ossian, die Lenz und Goethe zu Beginn ihrer Bekanntschaft in Straßburg verbunden hatte. – Die von James Macpherson stammenden „Works of Ossian, the Son of Fingal Ossian“ wurden bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts noch ftr Dichtungen des sagenhaften schottischen Barden Ossian aus dem 3. Jahrhundert gehalten (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 90). 22 Lindau] Heinrich Julius von Lindau (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 19). 23–24 meine Brieftasche Æ:::æ dein Gedicht] Vgl. die einleitende Erl|uterung zu Z 4. 23 Philipp] Philipp Seidel, der sich im Auftrag Goethes auch um die Versorgung von Lenz in Berka gektmmert hatte (vgl. Lenz, Briefe 2, 12 f., Nr 202 und 203). 26 Jungs Autobiographie] Wohl das Manuskript der Autobiographie, die 1776 noch nicht gedruckt vorlag (zur Sache vgl. zu 68,15–16) 29–30 daß Geben seeliger sey als Nehmen] Vgl. Apostelgeschichte 20,35. 31 Dein Bote] N|heres zur Person nicht ermittelt. 34 K–] Kochberg. 34 Merkurius] Gutterbote, rumischer Gott der H|ndler und Diebe. 35 Brief und Zeichnungen] Wahrscheinlich der nicht tberlieferte Antwortbrief Charlotte von Steins auf Goethes Brief vom 10. und 12. September 1776 (Nr 169) und die Zeichnungen, ftr die sich Goethe am 16. September bedankte (vgl. 109,1). 36 notifiziren] Von lat. notare: kundtun, anzeigen; hier komisch tbertreibend gebraucht. 37 sermoniren] Von lat. sermo: Wechselrede, Gespr|ch; sp|tlat. Predigt; hier ,ins Gebet nehmen‘, ,eine Strafpredigt halten‘.
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170. An Johann Caspar Lavater
BRIEF 170
ÆWeimaræ, 16. September 1776 ! ÆZtrichæ
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 75. – Doppelblatt 16,6620,5 cm, 1 1/2 S. beschr., egh., Tinte; S. 3 und 4 Gedicht samt Paraphe von Seidels Hd, Tinte. E: Goethe-Lavater1 (1833), 20 f., Nr 8. WA IV 3 (1888), 109 f., Nr 513 (ohne das Gedicht; dieses in WA I 2, 72 f.). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet Lavaters Brief vom 7. oder 8. August 1776, von dem sich nur ein Zitat in Goethes (erstem) Brief an Charlotte von Stein vom 16. September 1776 erhalten hat (vgl. 109,13–15; vgl. auch Goethe-Lavater3, 70, Nr 49). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 16. September 1776 (vgl. GR/RB 1776, 2, Bl. 16v). 105,23 Ejakulation] Einzige Belegstelle ftr diesen (auch im 18. Jahrhundert schon weitgehend fachsprachlichen) Begriff bei Goethe, hier gebraucht ftr das „rasch hervorgebrachte“ Gedicht auf S. 3 und 4 des Briefes. – Lat. eiaculatio: Auswurf, Erguss. 105,24 Stwndigkeit] Best|ndigkeit, Bestimmtheit (vgl. Grimm 10 II 1, 774). – Diese Eigenschaft, die sich Goethe selbst in der Figur des Steuermanns im Gedicht am Ende des vorliegenden Briefes zuschreibt, hatte er stets bei Lavater vermisst. In seinem Brief an Gottlob Friedrich Ernst Schunborn vom 1. Juni bis 4. Juli 1774 heißt es (im Briefteil vom 8. Juni): Lavater, der mich recht liebt, kommt in einigen Wochen her, wenn ich ihm nur einige Tropfen Selbststwndigen Gefshls einfltsen kann, soll mich s hoch freuen. Die beste Seele wird von dem Menschenschicksaal so innig gepeinigt, weil ein krancker Ktrper und ein schweiffender Geist ihm die kollecktive Krafft entzogen, und so der besten Freude, des Wohnens in sich selbst beraubt hat. Es ist unglaublich wie schwach er ist, und wie man ihm, der doch den schtnsten schlichtesten Menschenverstand hat, den ich ie gefunden habe, wie man ihm gleich Rwtsel und Mysterion spricht, wenn man aus dem in sich, und durch sich lebend und wsrckenden Herzen redet. (GB 2 I, 97.) 105,25 peccata mundi] Lat.: die Stnden der Welt. – Im Evangelium des Johannes (1,29) heißt es: „Æ:::æ ecce agnus Dei, qui tollit peccatum mundi“ („Siehe, das ist Gottes lamm, welches der welt Stnde tr|get“; Luther-Bibel 1772 NT, 94). Das Wort hat Eingang in die Liturgie der rumisch-katholischen Kirche gefunden; im „Agnus dei“, dem Begleitgebet zur Brotbrechung, heißt es: „Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, miserere nobis.“ (Lamm Gottes, das du tr|gst die Stnden der Welt, erbarme dich unser.) Eine |hnliche Formel findet sich auch im „Gloria“.
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105,26 seit einem Jahr] Goethe war am 7. November 1775 auf Einladung von Herzog Carl August in Weimar eingetroffen. Zun|chst hatte er nur einen Besuch machen wollen, trat dann jedoch in die Dienste des Herzogs. Am 14. Februar 1776 hatte er an Johanna Fahlmer geschrieben: Ich werd auch wohl dableiben und meine Rolle so gut spielen als ich kann und solang als mir’s und dem Schicksaal beliebt. (31,10–11.) 105,26 moralisch] Der Begriff wurde im 18. Jahrhundert nicht nur im Sinn von ,ethisch‘ gebraucht, sondern u. a. auch wie hier in weiterer Bedeutung: „gesellschaftlich“ (Adelung 3, 280). 105,28 sber Carl und Luisen sey ruhig] Offenbar hatte sich Lavater erneut besorgt tber die Beziehung zwischen Herzog Carl August und seiner Frau Louise ge|ußert. Mit dieser verband ihn seit ihren Begegnungen am 7. August 1774 in Karlsruhe und im September 1774 in Ztrich eine freundschaftliche Beziehung. – Als Herzogin Louise Lavater ihre Zustimmung dazu gab, ihr den 2. Band der „Physiognomischen Fragmente“ zu widmen (vgl. zu 57,5), hatte sie in einem Brief vom 2. Februar 1776 geschrieben: „Ich h|tte Ihnen soviel zu sagen und kann nichts herausbringen, als daß ich Sie so gern wieder s|he Æ:::æ. O, wenn ich Sie jemals wieder s|he! Was das ftr ein Trost ftr mich w|re!“ (Eleonore von Bojanowski: Louise Grossherzogin von Sachsen-Weimar und ihre Beziehungen zu den Zeitgenossen. Nach grusstenteils unveruffentlichten Briefen und Niederschriften. Stuttgart und Berlin 1903, S. 83.) Schon damals war Lavater beunruhigt gewesen und hatte am 13. Februar 1776 im Brief an Wieland um Nachricht tber das Befinden der Herzogin gebeten (vgl. WB 5, 471). In dessen Antwortbrief vom 4. M|rz heißt es: „Und doch ist sie nicht gltkl. und macht nicht gltklich! Ein trauriges R|thsel! Æ:::æ Warum kan C[arl] A[ugust] den Engel nicht aus m e i n e n Augen sehen? Warum kan Louise den edlen, guten, biderherzigen, wiewohl auf halbem Weg verungltckten Heros C. A. nicht mit m e i n e n Augen sehen? – Warum? – Warum? – Was helfen alle die Wenn’s und Warum’s. ’S i s t nun so, und s o l l so seyn – wie alles tbrige.“ (WB 5, 481 f.) Dies und andere Mitteilungen dtrften Lavater zu seiner Ode „An Theona“ angeregt haben, die im Untertitel auf „Den Dreyzehnten M|rz. 1776“ datiert ist: Daß dein erhabnes Herz verborgne Leiden Umschleichen; Stille Thr|nen du vergießest, Vielleicht du keiner schwesterlichen Seele Den edeln Kummer nur im Blicke Darfst ahnden lassen, o Theona – Dieß tberschauert meine Seele Mit kaltem Todesschrecken Æ:::æ
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(Poesieen von Johann Caspar Lavater. Bd 2. Leipzig 1781, S. 97). Aus dem gleichen Jahr stammen zwei weitere Gedichte desselben Titels; sie tragen die Daten „Den ein und dreyßigsten Julius 1776“ und „Den achten November 1776“ (vgl. ebd., S. 98 und 99). 106,3 verehrliche Gerichte] Amtssprachliche Formulierung, hier ironisierend; vgl. Goethes Briefe an Carl Ludwig August Graf von Hohenthal vom 18. M|rz 1799 (WA IV 14, 48,23) sowie an die medizinische und die philosophische Fakult|t der Universit|t Jena vom 7. Dezember 1825 (WA IV 40, 158,15 und 160,6) u. u. 106,3–5 Wenn ich dir erscheinen Æ:::æ und seyn wird.] In Anlehnung an die Sprache der Bibel: „Und also wtrde das verborgene seines hertzens offenbar; und er wtrde also fallen auf sein angesicht, Gott anbeten“ (1 Korinther 14,25; Luther-Bibel 1772 NT, 180); ferner: „Ich bin das A und das O, der anfang und das ende, spricht der Herr, der da ist, und der da war, und der da kommt“ (Offenbarung 1,8; Luther-Bibel 1772 NT, 249). 106,6 Bwben] Barbara (B|be) Schultheß (vgl. die zweite Erl|uterung zu 97,9). 106,6 Kaysern] Philipp Christoph Kayser, Goethes Jugendfreund, der seit 1775 in Ztrich lebte (tber ihn vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 155). 106,7 Lenz ist unter uns wie ein kranckes Kind] ber Jacob Michael Reinhold Lenz und seinen konfliktreichen Aufenthalt in Weimar vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 136. Im September/Oktober 1776 lebte er auf Schloss Kochberg als Charlotte von Steins Englischlehrer (vgl. zu 104,4). Als kranckes Kind charaktersiert Goethe den Freund auch im Brief an Johann Heinrich Merck vom selben Tag (108,14). 106,7–8 Klinger wie ein Splitter im Fleisch Æ:::æ sich heraus schwsren] ber Friedrich Maximilian Klingers Aufenthalt in Weimar von Juni bis September 1776 vgl. zu 90,18–19. – Das Wort vom ,Splitter im Fleisch‘ in Anlehnung an die stehende Wendung vom ,Pfahl im Fleisch‘ im 2. Brief des Paulus an die Korinther (12,7): „Und auf daß ich mich nicht der hohen offenbarung tberhebe, ist mir gegeben ein pfahl ins fleisch, nemlich des satans engel, der mich mit f|usten schlage, auf daß ich mich nicht tberhebe.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 191.) Die Metapher benutzt Goethe auch im Brief an Johann Heinrich Merck vom selben Tag (vgl. 108,16–17), ferner im Brief an Charlotte von Stein vom 9. und 14. Oktober 1779 (vgl. 308,22). – ,Herausschwtren‘ hier im Sinn von ,herauseitern‘ (vgl. Grimm 9, 2282 und 2782). 106,11 Schick mir zeitig was] Gemeint ist Manuskript zum 3. Band der „Physiognomischen Fragmente“. Im Brief an Herder und Goethe vom 7. Dezember 1776 ktndigte Lavater „in 8. Tagen die erste Mißion der Physiognomik“ an (Goethe-Lavater3, 72). 106,16 Allwills Briefe Æ:::æ nicht von mir!] Seit 1775 hatte Friedrich Heinrich Jacobi unter dem Titel „Eduard Allwills Papiere“ anonym Fragmente seines
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Briefromans „Eduard Allwills Briefsammlung“ veruffentlicht, zuerst in der von seinem Bruder Johann Georg Jacobi herausgegebenen Zeitschrift „Iris“ (4. Bd. 3. Sttck. September 1775, S. 193–236), dann im „Teutschen Merkur“ 1776 (April-Heft, S. 14–75; Juli-Heft, S. 57–71; Dezember-Heft, S. 229–262). Die endgtltige Fassung des Romans erschien erst 1792 in Kunigsberg. Der Titelheld repr|sentiert den Typus des freien ,Genies‘ und weist Beztge zur Person Goethes auf. Dieser hatte die Veruffentlichung des Romans, wie aus seinem Brief an Johanna Fahlmer von Ende August? 1775 hervorgeht, nicht gewtnscht (vgl. GB 2 II, zu 210,8). Dennoch wurde er nicht nur von Lavater ftr den Urheber des Werks gehalten. So hatte schon Wieland am 2. November 1775 an Friedrich Heinrich Jacobi tber die Frage nach dem Verfasser geschrieben: „Meine vis divinatoria ÆAhnungsvermugenæ schwebte wie ein Wagztnglein zwischen Guthe und Georg Jacobi“ (WB 5, 433). 106,17 Taglang Nachtlang stand mein Schiff befrachtet.] Das folgende Gedicht erschien, jeweils ver|ndert, mit der berschrift „G. den 11. September 1776“ im September 1777 in der von Heinrich Christian Boie herausgegebenen Zeitschrift „Deutsches Museum“ (2. Bd. 1777, S. 267–269). Im 8. Band von „Goethe’s Schriften“ (Leipzig 1789, S. 201–203) erhielt es den Titel „Die Seefahrt“: ein Bild ftr die menschliche Existenz im Allgemeinen und ftr Goethes Leben vor und nach dem Eintritt in Weimar im Besonderen. Vgl. auch zu 13,7–8. 107,5–9 Aber Gottgesanndte Æ:::æ schiefen Weege.] Wohl weil sich die Verse auf Goethes Teilnahme am ,wilden Treiben‘ im Kreis um Herzog Carl August beziehen, wurden sie im Erstdruck im „Deutschen Museum“ (2. Bd. 1777, S. 268) unterdrtckt. 107,10–17 Aber Æ:::æ Wind und Wellen.] Mit Bezug auf den heftigen Widerstand gegen Goethes Berufung ins Geheime Consilium (vgl. u. a. zu 63,8). 171. An Johann Heinrich Merck BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 16. September 1776 ! Darmstadt
H: University of California, Berkeley/USA, The Bancroft Library, Sign.: BANC MSS 92/791 z. – Doppelblatt 17,1620,8 cm, 1 S. und 5 Zeilen (Nachschrift) beschr., egh., Tinte, Nachschrift auf S. 2 quer zur Schreibrichtung; S. 4 Adresse: Herrn Kriegsrath / Merck / nach / Darmstadt / frank, Rest eines roten Siegels. E1: Merck, Briefe1 (1835), 97 f., Nr 39 (ohne den Text aber gewaltsam, verschlossen [108,4]; Seine Einbildungskr. Æ:::æ pudendis herum – [108,8–9]; er hat Æ:::æ in einem feinen Herzen [108,10–12]).
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E2: Merck, Briefwechsel 1 (2007), 686, Nr 216 (Ulrike Leuschner; nach H, erster vollst|ndiger Druck). WA IV 3 (1888), 111 f., Nr 514 (nach E1). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 108,1 Dass die Weine glscklich angelangt sind] Aus Goethes Brief an Merck vom 24. Juli 1776 geht hervor, dass in Weimar eine Weinlieferung erwartet wurde (vgl. zu 90,5–6). 108,1 Fr Aya] Scherzname ftr Goethes Mutter (vgl. zu 31,2 sowie GB 2 II, zu 205,22–23). 108,1 geschrieben] Ein entsprechender Brief von Catharina Elisabeth Goethe an Merck ist nicht tberliefert. 108,2 fsr’s Geld sorgen] Im Brief vom 22. November 1776 schrieb Goethe dem Freund, er habe eine Auszahlung von 400 Gulden veranlasst (vgl. 118,12), die wohl entweder ganz oder teilweise zur Bezahlung der Weinsendung dienten. 108,3 Dein Erbprinz kommt nun bald zu euch] Ludwig von Hessen-Darmstadt, 1790 Landgraf in der Nachfolge seines Vaters Ludwig IX. Er war nach der Hochzeit seiner Schwester Wilhelmine mit Großftrst Paul von Russland, dem Sohn der Zarin Katharina II., im Jahr 1773 in russische Dienste getreten. Am 10. Dezember 1775 war er als Generalleutnant nach Hause zurtckgekehrt. Von Darmstadt aus hatte er sich am 20. April 1776 auf den Weg nach Potsdam gemacht, um vom preußischen Kunig Friedrich II. das Einverst|ndnis zu seiner geplanten Verm|hlung mit Prinzessin Sophie Dorothea von Wtrttemberg-Mumpelgard zu erwirken, mit der er sich im selben Monat verlobt hatte. Auf dieser Reise machte er in Weimar Station, um seine Schwester Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach zu besuchen. Im Fourierbuch des Weimarer Hofes ist unter dem 23. April 1776 vermerkt: „Heute Abends gegen 5. Uhr traffen Ihro HochFtrst‘: Durch‘: der Herr ErbPrinz von Heßen Darmstadt Æ:::æ aus Rußland hierein.“ (FB 1776, S. 123.) Am 1. Mai reiste Ludwig tber Leipzig nach Berlin weiter (vgl. FB 1776, S. 133), wo er am 4. Mai ankam. W|hrend seines dortigen Aufenthalts traf am 16. Mai die Nachricht vom Tod seiner Schwester, der Großftrstin Natalja Alexejewna, ein. Auf Wunsch des preußischen Kunigs sollte Großftrst Paul nun mit Prinzessin Sophie Dorothea verm|hlt werden, der Verlobten Ludwigs. Dieser verzichtete und verließ Berlin. Die Heimreise fthrte ihn am 5. Juni 1776 erneut tber Weimar, wo er sich tber dreieinhalb Monate aufhielt (vgl. FB 1776, S. 166). W|hrend dieser Zeit nahm er u. a. an Goethes und Herzog Carl Augusts Ilmenau-Reise im Juli/August 1776 teil (vgl. zu 90,1–2). Seine Abreise ist am 22. September 1776 im Fourierbuch festgehalten: „Heute Abend beuhrlaubten sich Durch‘. ErbPrintz von Heßendarmstadt, und gingen Morgen frth um 6. Uhr. tber
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Frfurth nacher Heßendarmstadt Zu rtcke.“ (FB 1776, S. 251.) Goethe notierte bereits unter dem 21. September 1776: Pr v. D. verreist. (GT I 1, 26.) 108,6 Wir sind die besten Freunde] Dass auch Erbprinz Ludwig Goethe sch|tzen gelernt hatte, belegt Wielands Brief an Merck vom 9. September 1776: „Von Eurem Erbprinzen kann und soll ich viel Gutes melden. Er ist vom Herzog und allen seinen kleinen parties de plaisir u n z e r t r e n n l i c h gewesen, hat G u t h e n liebgewonnen, und Guthe ist auch ihm gut.“ (WB 5, 548.) 108,7–8 sey nur Æ:::æ Menschen zu finden] Was Goethe anzudeuten versucht, geht aus Wielands zitiertem Brief deutlicher hervor: „G u t h e bittet Sie nur, etwas von Ihrer gewuhnlichen Reserve mit den Ftrsten bei ihm nachzulassen, und so offen und nattrlich mit ihm zu seyn, als er seines Orts Sie durch sein Betragen dazu einladen wird. Er hat starke Eindrtcke bekommen, was ein Mann, wie Ihr, werth ist.“ (WB 5, 548 f.) 108,8 Einbildungskr.] Einbildungskraft. 108,8 pudendis] Lat. pudenda: Schamteile (von lat. pudere: sich sch|men); hier wohl in Bezug auf das noch unreife Gebaren des immerhin 23-j|hrigen Erbprinzen. 108,10–11 er hat Æ:::æ Tyrannische Anlagen genug] In Wielands Brief an Merck vom 7. Oktober 1776 heißt es best|tigend tber Erbprinz Ludwig: „Gnade Gott jedem in seinem Lande, der unterm Hut und unterm Brustlaz nicht fest ist, wenn er einmal zur Regierung kummt. Il vous fera voir pas tous tant que vous etes.“ (WB 5, 561. – Er wird euch alle, wie ihr da seid, umhertreiben.) 108,12 bewahrs in einem feinen Herzen] In Anspielung auf die lutherische bersetzung des biblischen Gleichnisses vom S|mann im Lukas-Evangelium. Er brachte Samen aus, welcher teils auf unfruchtbare Erde, teils aber auf guten Boden fiel. Nach Jesus’ eigener Auslegung ist der Samen das Wort Gottes; bei einigen Menschen wird es keine Frucht tragen: „Das ÆWortæ aber auf dem guten lande, sind die das wort huren und behalten in einem feinen guten hertzen, und bringen frucht in gedult.“ (Lukas 8,15; Luther-Bibel 1772 NT, 69.) 108,13 Frau und Kinder] Louise Franoise Merck, der fast zehnj|hrige Heinrich Emanuel, die ftnfj|hrige Adelheid und die gut einj|hrige Franziska Charlotte. 108,13 meine Alten] Johann Caspar und Catharina Elisabeth Goethe. Vor allem mit Goethes Mutter verband Merck ein freundschaftliches Verh|ltnis. 108,13–14 Lenz ist unter uns wie ein kranckes Kind] Wurtlich so auch im vorhergehenden Brief an Johann Caspar Lavater vom selben Datum (vgl. 106,7). ber Jacob Michael Reinhold Lenz’ Aufenthalt in Weimar und die Spannungen zwischen ihm und Goethe vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 136. 108,15 Sublimiora] Erhabene Werke. – ,Sublim‘ im 18. Jahrhundert aus lat. sublimis (in der Huhe schwebend) entlehnt mit der Bedeutung ,erhaben‘, ,außerordentlich‘ zur Charakterisierung hohen sprachlichen Stils (,Genus sublime‘) und
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geistiger Gruße tberhaupt; nach Grimm erhielt der Begriff umgangssprachlich damals aber auch schon den Sinn von ,erheiternd‘, ,belustigend‘ (vgl. Grimm 20, 815). 108,16 Kleine Schnizzel die du auch haben sollst.] Lenz arbeitete in Berka und Weimar u. a. an dem Dramolett „Tantalus“ (erschienen in Schillers „MusenAlmanach ftr das Jahr 1798“, S. 224–236) sowie an einigen (Fragmente gebliebenen) Dramen: „Henriette von Waldeck“ (auch „Die Laube“ genannt, zu Lebzeiten nicht gedruckt), „Catharina von Siena“ (Manuskript von Lenz nach Berka erbeten; vgl. Lenz’ Brief an Goethe und Philipp Seidel vom 27. Juni 1776 [Lenz, Briefe 2, 3 f.], zu Lebzeiten nicht gedruckt), „Der tugendhafte Taugenichts“ (zu Lebzeiten nicht gedruckt). Ferner entstand die Prosaschrift „Der Waldbruder ein Pendant zu Werthers Leiden“ (erschienen 1797 im 4. und 5. Sttck von Schillers Zeitschrift „Die Horen“). Dass Goethe Manuskripte von Lenz an Merck geschickt habe, ist nicht bekannt. 108,16 Klinger] Friedrich Maximilian Klinger; tber seinen Aufenthalt in Weimar vgl. zu 90,18–19. 108,16–17 Splitter im Fleisch] Die Metapher benutzte Goethe auch im Brief an Johann Caspar Lavater vom selben Tag (vgl. zu 106,7–8). 108,19 Wiel.] Wieland, dessen „Teutschen Merkur“ Merck seit Ende 1775 als Literaturkritiker unterstttzte. 108,23 Gerstenberg] Ob es sich bei dem Genannten um Heinrich Wilhelm von Gerstenberg, seit 1775 d|nischer Gesandter in Ltbeck, handelt, erscheint unsicher. Ein am 16. Oktober 1773 begonnener Briefwechsel mit dem von Goethe gesch|tzten Verfasser des Trauerspiels „Ugolino“ (1768) war nach Gerstenbergs Antwort vom 5. Januar 1774 nicht fortgesetzt worden, die Briefpartner hatten sich auch nicht persunlich kennen gelernt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 58). Denkbar w|re allenfalls, dass Gerstenberg als Freund Klopstocks abf|llige ußerungen tber die ,Weimarer Verh|ltnisse‘ (vgl. im Einzelnen die einleitenden Erl|uterungen zu Nr 57 und 112) getan h|tte, die Goethe zu Ohren gekommen waren. Trotzdem w|re die Heftigkeit von Goethes Ausfall nicht recht zu erkl|ren. In Merck, Briefwechsel 1, 687 wird vermutet, es sei der s|chsische Offizier Friedrich Wilhelm von Gerstenberg gemeint; n|here Angaben tber ihn werden nicht gemacht. 172. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 16. September 1776 ! Kochberg
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 32. – Doppelblatt 16,5620,5 cm, 1. S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Frau / von Stein / nach / Koch-
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berg., rotes Initialsiegel: „G“; Bl. 2 am Seitenrand in der Mitte Siegelausschnitt; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „80“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 80), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 61 f. WA IV 3 (1888), 108 f., Nr 511. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins (vgl. die erste Erl|uterung zu 109,1). – Der Antwortbrief etwa vom 17. September (vgl. zu 110,6–7) ist nicht tberliefert. 109,1 Dancke tausendmal] Mit Bezug auf einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich vom 13. September 1776. Dieser h|tte mit den im Folgenden erw|hnten Zeichnungen schon mit Goethes Boten, der dessen Brief vom 10. und 12. September (Nr 166) tberbracht hatte, von Kochberg abgehen sollen, was aber durch ein Missverst|ndnis unterblieb. Deshalb wurden Brief und Zeichnung wahrscheinlich gemeinsam mit Jacob Michael Reinhold Lenz’ Brief an Goethe von Mitte September zugestellt (vgl. Lenz an Goethe, Mitte September 1776; abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 169). 109,1 Die Zeichnungen] Nicht tberliefert. – Zum Zeichnen war die Adressatin durch Goethe angeregt worden (vgl. zu 52,10; zu 82,7–8). 109,3 was Sie fsr Lenzen thun] Lenz, die versttrte Seele (104,6–7), hielt sich auf Bitten Charlotte von Steins etwa seit dem 12. September in Kochberg auf, um ihr Englischunterricht zu erteilen (vgl. zu 104,10). 109,5–6 Der Herzog wird kommen] Infolge einer Erkrankung Carl Augusts verzugerte sich dessen Reise nach Kochberg bis zum 19. September (vgl. zu 111,1). 109,6–7 ich werde nicht kommen] In seinem Abschiedsbrief an Charlotte von Stein vom 8. September hatte Goethe diesen Vorsatz gefasst, mit dem er angeblich einem Wunsch der Freundin nachkam (vgl. 103,1–2). Dass er sich daran hielt, best|tigt auch der Brief von Lenz an Johann Daniel Salzmann vom 23. Oktober 1776 aus Kochberg (vgl. zu 111,1). Noch Jahre sp|ter, am 24. Juni 1780, erinnert sich Goethe an das ,Besuchsverbot‘: Diese Sehnsucht nach Ihnen trifft auf eben die Nerve wo der alte Schmerz, dass ich Sie das erste Jahr in Kochberg nicht sehen durfte, sich verheilt hat, bringt eben die Empfindung hervor, und erinnert mich, wie eine alte Melodie, iener Zeit. (WA IV 4, 238.) 109,7 Einsiedeln] Friedrich Hildebrand von Einsiedel, Kammerherr der Herzoginmutter Anna Amalia, gehurte zum engeren Freundeskreis des Herzogs Carl August (vgl. die zweite Erl|uterung zu 32,4) und begleitete diesen h|ufig auf seinen Reisen. 109,8 hab ich fsr Sie gezeichnet] Das Zeichnen ftr Charlotte von Stein war
402
BRIEF 173
h|ufig Thema von Goethes Briefen, vor allem wenn beide sich an unterschiedlichen Orten aufhielten (vgl. zu 88,12–13). 109,9 Imhof] Charlottes Schwester Louise von Imhoff (vgl. zu 76,16). 109,9 Redoute] Maskenball (zu den Weimarer Redouten vgl. die erste Erl|uterung zu 24,18); laut Fourierbuch wurde am Abend des 13. September 1776 „in Weimar Redoute gehalten“ (FB 1776, S. 246; vgl. auch GT I 1, 25). 109,10 in meinem Garten Æ:::æ mit d‘. Ilten] Am Samstag, dem 14. September 1776, tagte von vormittags an bis 13 Uhr das Geheime Consilium, anschließend aß Goethe Bey Herz. Mutter ÆAnna Amaliaæ Æ:::æ. nach Tische alle im Æsic!æ meinem Garten die Sternscheibe abzuschiessen. Dazu Imhof u. Ilten. (GT I 1, 25.) – Die damals etwa 19-j|hrige verwaiste, aus verarmtem Adel stammende Caroline von Ilten lebte mit ihrer Schwester Sophie bei Verwandten in Weimar. Caroline war eine Freundin und ein Schttzling Charlotte von Steins, die sie ftr etwa zwei Jahre in ihr Haus aufnahm, allerdings erst ab 1780. 109,11 Das holde Geschtpf ist gedrsckt] Die Bemerkung kunnte schon im Zusammenhang mit der Liebesbeziehung Caroline von Iltens zu Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach stehen (vgl. 67,2–4). Eine Verbindung scheiterte am Widerstand der herzoglichen Familie (vgl. zu 226,6–7). „Der Prinz ÆConstantinæ zeigte eine ernstliche Neigung zu dem |ltesten Fr|ulein Caroline von Ilten, und soll auf sie Æ:::æ reelle Absichten gehabt haben; diese wurden jedoch auf geeignete Weise wieder beseitigt.“ (Lyncker, 54.) Allerdings gibt es keinen Beleg daftr, dass die Beziehung schon 1776 begonnen hatte (vgl. Volker L. Sigismund: Ein unbehauster Prinz – Constantin von Sachsen-Weimar [1758–1793), der Bruder des Herzogs Carl August. In: GJb 106 [1989], 250–277, bes. 276). 109,13 Die Grafin v. W.] Isabella Gr|fin von Wartensleben, die Goethe um Rat bei der Wahl einer geeigneten Erziehungsanstalt ftr ihren Sohn gebeten hatte (vgl. zu 105,10; zu 105,16). 109,15 H w f e l i n in Marschlinz] Johann Caspar H|feli, ein schweizerischer Theologe, seit 1773 Vikar in Elsau bei Ztrich, war ein Schtler und Anh|nger Lavaters und offenbar zeitweise auch Lehrer in Marschlins (Graubtnden), wo auf dem Schloss des Freiherrn Ulysses von Salis-Marschlins seit 1771 ein Erziehungsinstitut untergebracht war. Dessen p|dagogische Leitung hatte Salis-Marschlins 1775 selbst tbernommen, er wandelte es nach den Grunds|tzen von Johann Bernhard Basedow in ein Philanthropinum um. 1777 musste er das Institut aus finanziellen Grtnden schliessen (zur Sache vgl. zu 99,33–100,1). 109,17 Unglauben] Hier im weiteren Sinn als Mangel an Zutrauen, Zweifel, Treulosigkeit (vgl. zu 49,12).
SEPTEMBER 1776
173. An Charlotte von Stein
403
ÆWeimaræ, 16. September 1776 ! ÆKochbergæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 32. – 1 Bl. 18,969,2(–9,9) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „81.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 81), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 62. WA IV 3 (1888), 109, Nr 512. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief etwa vom 17. September (vgl. zu 110,6–7) ist nicht tberliefert. 109,23 Soll der Herzog Æ:::æ gehn!] Demnach sollte Herzog Carl August das vorliegende Billett Charlotte von Stein in Kochberg tbergeben, was darauf schließen l|sst, dass Goethes adressierter Brief vom gleichen Tag (Nr 172) bereits abgeschickt worden war. Infolge einer Erkrankung Carl Augusts, von der Goethe offenbar zu diesem Zeitpunkt noch nichts wusste, verzugerte sich die Reise um einige Tage; wohl noch am Abend des 16. September vermerkte Goethe in seinem Tagebuch: d. " ÆHerzog Carl Augustæ die Gelbsucht seit gestern. (GT I 1, 25); zur Reise des Herzogs vgl. zu 111,1. 109,23–24 Gestern Æ:::æ bey der Imhoff einen stillen Abend] Am 15. September war Goethe laut Tagebuch abends beim Herzog Carl August (vgl. GT I 1, 25.) Ein Hinweis auf einen Besuch bei Charlottes jtngerer Schwester Louise von Imhoff findet sich nicht, vgl. aber zu 109,10. 109,25 Der Vicar of Wakefield] Oliver Goldsmith’ Roman „The vicar of Wakefield“ (1766), den Goethe ftr Charlotte von Steins Englischstudium besorgt hatte (vgl. zu 104,16). Um welche Ausgabe es sich dabei handelte, muss offenbleiben; in Goethes Bibliothek ist der Titel nicht mehr nachzuweisen, dagegen war in der Bibliothek Johann Caspar Goethes eine englischsprachige Ausgabe von 1769 vorhanden (vgl. Gutting, 53). – Das Exemplar wurde schließlich am 20. September 1776 nach Kochberg geschickt (vgl. Beilage zu Nr 176). 110,1 hefften lassen] Im 18. Jahrhundert war es tblich, Btcher broschiert oder als lose Bogen auszuliefern, die dann vom Buchbinder noch geheftet werden mussten (vgl. zu 32,2).
404
174. An Charlotte von Stein
BRIEFE 174/175
ÆWeimaræ, 18. September 1776 ! ÆKochbergæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 33. – 1 Bl. 16,3(–16,9)610,1 (–10,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „82“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 82), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 62 f. WA IV 3 (1888), 112, Nr 515. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins etwa vom 17. September 1776 (vgl. zu 110,6–7). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 110,5 Gestern gab uns Knebel Æ:::æ nachtessen] In Tiefurt, wo Carl Ludwig von Knebel mit seinem Zugling, dem Prinzen Constanin, das umgebaute P|chterhaus bewohnte (vgl. zu 68,22–23). Laut Fourierbuch vom 17. September 1776 war „Abends Æ:::æ keine Tafel, sondern Durch‘. Herzogin ÆLouiseæ gingen nacher Tiefurth, wo alda Ball Æwaræ, und Æ:::æ gespeiset wurde“ (FB 1776, S. 248); vgl. auch die folgende Erl|uterung. – Knebel, der im Dezember 1774 in Frankfurt Goethes Bekanntschaft mit den beiden Weimarer Prinzen vermittelt hatte, gehurte seit Goethes Ankunft in Weimar zu dessen vertrautesten Freunden (tber das Verh|ltnis Goethes zu Knebel vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 175). 110,6 bin sberhaupt iezt Gott weis wie] Muglicherweise korrespondiert die Bemerkung mit Goethes Tagebucheintrag vom 17. September: Abends Tiefurter Erndtefest. --f (GT I 1, 25). Das ,f’ kunnte eine Abktrzung ftr ,fatal‘ sein (vgl. GT I 2, 405, zu 25,28). 110,6–7 Was ist denn Ihr Falcke fsr eine Art?] Mit Bezug auf das in den Briefen mehrfach erw|hnte ,Falken‘-Drama (vgl. zu 92,27) und einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins. Ob damit ein Vogel gemeint ist oder gleichfalls auf eine literarische Arbeit angespielt wird, muss offenbleiben. In sp|teren Briefen ist davon nicht wieder die Rede. 110,7–8 ich lese Rechnungen] Kunnte im Zusammenhang mit den Ausgaben ftr die Hofhaltung stehen, worauf Goethes Tagebucheintrag vom 18. September 1776 verweist: Diskurs d. H ÆHerzogs Carl Augustæ und der Herz --------ÆHerzogin Louiseæ sber die Einschranckungen Æwahrscheinlich der Hofhaltungskostenæ. (GT I 1, 25.) 110,9 Lenzen] Jacob Michael Reinhold Lenz, der etwa seit dem 12. September bei Charlotte von Stein in Kochberg war, haupts|chlich um ihr Englischunterricht zu erteilen (vgl. zu 104,21; Brief von Lenz an Goethe, Mitte September 1776; abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 169).
SEPTEMBER 1776
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110,9 Kestnern] Johann Friedrich K|stner, damals Hauslehrer von Charlotte von Steins |lteren Suhnen Carl und Ernst. 110,9 die Kinder] Die drei Suhne Carl, Ernst und Friedrich von Stein. 110,10 Ewangelium des 1 Sont nach Trinitatis] Evangelium des 1. Sonntags nach Trinitatis: Die Geschichte vom reichen Mann und dem armen Lazarus (Lukas,16,19–31). – Trinitatis, der Tag der Heiligen Dreifaltigkeit, wird am Sonntag nach Pfingsten gefeiert.
175. An Philipp Erasmus Reich
Weimar, 19. September 1776 ! Leipzig
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 76. – Doppelblatt 17,2620,5 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Herrn Buchhwndler / Reich / nach / Leipzig / fr., rotes Initialsiegel: „G“; Empfangs- und Antwortvermerk, Tinte: „1776. 21. 7b‘ Weimar / Goethe / B‘“ (vgl. berlieferung zu Nr 21). E: WA IV 3 (1888), 185, Nr 516 (Friedrich Strehlke). – Incipit zuvor schon in: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 185. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Einen Antwortbrief scheint Goethe trotz Reichs Antwortvermerk (vgl. berlieferung) nicht erhalten zu haben, denn am 14. Oktober schrieb Goethe einen Brief gleichen Inhalts an ihn (Nr 179). Postsendungen: Der unter dem 23. September 1776 verzeichnete Brief (vgl. EB 112) muss ein anderer sein, weil der vorliegende bereits am 21. in Leipzig war (vgl. berlieferung). Der Brief bezieht sich auf den 2. Band der „Physiognomischen Fragmente“ von Johann Caspar Lavater. Bereits Mitte Mai 1776 hatte Goethe Reich den Empfang eines geringen Exemplars best|tigt und um den fehlenden B e s c h l u s s (63,6) gebeten. In seinem Brief an Reich vom 14. Oktober (Nr 179) wiederholt er diese Bitte noch einmal. 110,13 Exemplar auf Druckpapier] Die „Physiognomischen Fragmente“ erschienen u. a. in einer Druckpapierausgabe (vgl. zu 63,6). 110,14 B e s c h l u s s ] Lavaters Gedicht „Erreicht, erreicht also den zweyten Ruhpunkt! Æ:::æ“ (S. 289–291); vgl. auch zu 63,6. 110,15 T h e i l d e s I n n h a l t s ] Der „Innhalt des zweyten Versuchs“ umfasst 4 Seiten (vgl. auch zu 112,10–11). 110,15 ein oder zwey Bogen] „Beschluß“ und „Innhalt“ machen zusammen 7 Seiten aus, also knapp einen Bogen (im Quartformat).
406
BRIEF 176
110,16 Titelbl. und Dedication] Vgl. die erste und zweite Erl|uterung zu 57,5. 110,19 Messe] Die dreiwuchige Leipziger Michaelismesse, die am Sonntag nach Michaelis (29. September) begann. Fiel dieser Tag wie 1776 auf einen Sonntag, begann die Messe eine Woche danach, 1776 also am 6. Oktober. 110,19 Madame] Friederike Luise Reich geb. Heyl. 176. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 20. September 1776 ! ÆKochbergæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 33. – 1 Bl. 17,168,3(–8,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „83“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 83), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 63. WA IV 3 (1888), 113, Nr 517. BEI L AG E
Oliver Goldsmith’ Roman „The vicar of Wakefield“ (vgl. zu 111,5). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 111,1 ob der Herzog wieder zursck ist] Carl Augusts Reise nach Kochberg hatte sich infolge einer Erkrankung verzugert (vgl. zu 109,23). In Goethes Tagebuch wird der Herzog bis zum 18. September und dann wieder ab dem 22. erw|hnt (vgl. GT I 1, 25 f.); vom 19. bis 21. gibt es keine Eintr|ge, in dieser Zeit kunnte Carl August in Kochberg gewesen sein. – Offenbar hatte er Charlotte von Stein zugesagt, bald wieder nach Kochberg zu kommen. Auch diese Reise verzugerte sich durch Krankheit (vgl. Carl August an Charlotte von Stein, 28. September 1776; tberliefert unter Goethes Briefen an Charlotte von Stein, abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zum vorliegenden Brief). Belegt ist die zweite Reise des Herzogs nach Kochberg in Begleitung Johann Gottfried Herders ftr den 20. bis 23. Oktober 1776 (vgl. GT I 1, 27 f.). ber diesen Aufenthalt schreibt Jacob Michael Reinhold Lenz am 23. Oktober 1776 an Johann Daniel Salzmann: „Der Herzog hat neulich hier einen sonderbaren Zufall ÆUnfallæ gehabt: er fiel von einem Floß im Schloßgraben ins Wasser, ich sprang nach und hatte das Gltck ihn, ohne Schaden, heraus zu ziehen. H e r d e r ist mit ihm hier gewesen und find’t allgemeinen Beifall. Wer sollte ihm auch den streitig machen kunnen? Æ:::æ G u t h e hab’ ich nun lang nicht gesehen; er ist so von Gesch|ften absorbirt in W. ÆWeimaræ,
SEPTEMBER 1776
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daß er den Herzog nicht einmal hat herbegleiten kunnen.“ (Lenz, Briefe 2, 42.) – Herder hatte sein Amt als Oberhofprediger und Generalsuperintendent in Weimar am 1. Oktober 1776 angetreten (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 6). 111,3–4 wie mir’s war Æ:::æ Abschied nahm] Vgl. zu 109,6–7. 111,4 Einsiedel in meiner Uniform] Friedrich Hildebrand von Einsiedel, eigentlich als Kammerherr in den Diensten der Herzoginmutter Anna Amalia (vgl. zu 32,4). – Nicht ganz auszuschließen ist, dass Einsiedel in der so genannten ,Werther-Tracht‘, im blauen Rock ( Jacke) mit gelber Weste und Hose, gereist war (vgl. aber S. 306, zu Zeile 32). Wahrscheinlicher ist, dass hier die neue Hofuniform gemeint ist, die auf Anregung des ehemaligen sardinischen Offiziers Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, seit 1775 Kammerherr Carl Augusts, eingefthrt worden war: „Æ:::æ sie bestand aus einem blauen Rock ÆUniformjackeæ, auf welchem sich von beiden Seiten kleine gelbe Knupfe und schmale goldne Kettelschnuren in der Maße befanden, daß der Rock mit diesen hintber und hertber zugeh|ngt werden konnte, dazu kam ein hochstehender gelber Kragen und spitze polnische Aufschl|ge ÆBesatz am unteren Ende des rmels; in eine Spitze auslaufend, mit einem einzelnen Knopfæ gleicher Farbe, die beide mit schmalen goldnen Kettelschnuren besetzt waren. Die Unterkleider waren ebenfalls gelb und gleichermaßen mit solchen Schnuren eingefaßt. Diese Uniform war offenbar in sardinischem Geschmack, und wurde, als sehr auffallend, im In- und Auslande besputtelt.“ (Lyncker, 48.) 111,5 L. Pr.] Landprediger; gemeint ist Oliver Goldsmith’ Roman „The vicar of Wakefield“ (1766), den Goethe ftr Charlotte von Steins Englischstudium besorgt hatte (vgl. zu 109,25). 111,6–7 lernen recht viel englisch] Vgl. zu 110,9. Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach an Charlotte von Stein in Kochberg
ÆWeimar, 28. September 1776æ Ihr Brief liebe Frau ist mir nicht erschienen, aber ihr zweites ist angekommen. W|re es mir immer muglich gewesen, so k|me ich selbst, meine Gelbsucht aber die noch nicht ganz vergangen, hat sich collegialiter mit einem fluß auf meine Z|hne geworfen, u. mich unleidlich gequ|lt, heute zum ersten mahl bin ich wieder geritten, aber nach Kochberg w|re es ftr jetz zu weit; ich schicke Ihnen hier die Flinte welche ich den Ernst auf seinen Geburtstag versprochen, geben Sie ihm dieselbe in meinen Nahmen; ich komme wo muglich bald selber. leben Sie wohl. (H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 120. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut [Bd I, Jg 1778, Nr 106]; vgl. berlieferung zu Nr 18. – E: Fielitz, Goethe-Stein 1 [1883], 55, Nr 97.)
5
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BRIEFE 177/178
2 Ihr Brief] Nicht tberliefert. 2 ihr zweites] Nicht ermittelt. 3 Gelbsucht] Im zeitgenussischen Verst|ndnis auch „Gallensucht“, die auf „Verstopfung der Galleng|nge“ zurtckgefthrt wurde. „Weil dabey der ganze Kurper, besonders aber die Augen, mit einer gelben Farbe tberzogen sind, so wird sie auch die gelbe Sucht, oder Gelbsucht genannt.“ (Adelung 2, 396; vgl. zu 109,23). 4 collegialiter] Lat.: kollegialerweise. 5–6 zum ersten mahl bin ich wieder geritten] Am 28. September 1776 vermerkte Goethe im Tagebuch: Mit " ÆHerzog Carl Augustæ nach Belweder sber Tobach ÆTaubachæ. Ehringsdorf (GT I 1, 26). 7 Ernst auf seinen Geburtstag] Der mittlere Sohn Charlotte von Steins wurde am 29. September 1776 neun Jahre alt. 8 ich komme Æ:::æ bald selber] Vgl. zu 111,1.
177. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen 24. und 27. September 1776æ ! ÆKochbergæ DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief nach dem vom 20. September 1776 (Nr 176) eingeordnet. Die Erw|hnung Dalbergs, der sich vom 24. bis 27. September 1776 in Weimar aufhielt (vgl. die zweite Erl|uterung zu 111,10), legt nahe, dass der Brief aus diesen Tagen stammt. So wurde er auch bisher datiert. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 33. – 1 Bl. 19,2(–19,5)610,3 (–10,6) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. unten links von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „76“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „84“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 84), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 64. WA IV 3 (1888), 113 f., Nr 518. BEI L AG E
Desert (vgl. 111,10). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 111,9 Ihre Schwwgerin] Gottlobe Sophie Christiane Johanna Friederike Charlotte von Stein, die damals 42-j|hrige Hofdame der Herzoginmutter Anna Amalia, eine unverheiratete Schwester Josias von Steins. – Ihr Rufname war ebenfalls
SEPTEMBER/OKTOBER 1776
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Charlotte, weshalb gelegentlich angenommen wurde, die Adressatin sei in den 1770er Jahren noch immer Hofdame Anna Amalias gewesen. 111,10 Stsckgen Desert] Vielleicht Konfekt oder Geb|ck von der herzoglichen Tafel. 111,10 der Stadthalter] Carl Theodor von Dalberg, seit 1771 Kurmainzer Statthalter in Erfurt (vgl. zu 29,23), der sich vom 24. bis 27. September in Weimar aufhielt (vgl. GT I 1, 26), unter anderem wegen Redecker (ebd.; vgl. zu 102,14). 111,11 von seiner Bitte] Wahrscheinlich eine Einladung zu einem gemeinsamen Besuch. 111,14 wie schlecht ich Æ:::æ sie auszurichten] Anspielung auf Goethes Vorsatz, Charlotte von Stein nicht in Kochberg zu besuchen (vgl. zu 109,6–7). 178. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 7. Oktober 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 34. – 1 Bl. 19,7(–20)613,7 (–13,9) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte; Rs. unteres Drittel Charlotte von Steins Hd, Bleistift: Obs unrecht ist was ich empfinde – – und ob ich btßen muß die mir so liebe Stnde will mein Gewißen mir nicht sagen; vernicht’ es Himmel du! wenn michs je kunt anklagen Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „85.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 85), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 64 f. (Charlotte von Steins Verse in den Fußnoten). WA IV 3 (1888), 114, Nr 519 (Charlotte von Steins Verse in den „Lesarten“, 291). BEI L AG E
Wahrscheinlich Jacob Michael Reinhold Lenz’ Brieftasche oder Gedichthandschrift Goethes (vgl. zu 112,3). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
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BRIEF 179
Nach diesem Brief tritt in der Korrespondenz zwischen Goethe und Charlotte von Stein eine Pause von mehr als drei Wochen ein, zumindest sind Briefe aus der Zeit zwischen dem 8. Oktober und der Rtckkehr der Adressatin nach Weimar am 31. Oktober 1776 (vgl. GT I 1, 28) nicht bekannt. berliefert ist lediglich ein Gedicht vom 16. Oktober 1776 mit einer Zeichnung der Dornburger Schlusser (Z 5), beides offenbar ftr Charlotte von Stein bestimmt und ihr muglicherweise nach Kochberg zugeschickt. Anzunehmen ist, dass auch Grtße ausgetauscht wurden, z. B. durch Herzog Carl August, der sich in Begleitung Johann Gottfried Herders vom 20. bis 23. Oktober 1776 in Kochberg aufhielt (vgl. zu 111,1; vgl. aber zu 111,19–20). 111,15 Leben Sie wohl beste!] Wie Goethes Tagebuch vom 5. Oktober 1776 belegt, war Charlotte von Stein aus Kochberg, wo sie sich etwa seit dem 9. September aufhielt (vgl. zu 102,18), ftr kurze Zeit nach Weimar gekommen: Abends * ÆCharlotte von Steinæ zursk (GT I 1, 26). Am Morgen des 8. Oktober reiste sie nach Kochberg zurtck: Die * weg. (Ebd., 27). – Anlass dieser kurzen Reise nach Weimar kunnte die Anwesenheit ihres Schwagers Carl von Imhoff gewesen sein, der laut Fourierbuch am 1. Oktober 1776 offenbar gemeinsam mit seiner Frau „Aufwartung bey Durch‘. Herzogin“ machte und „zur Audienz und Tafel“ geladen wurde (FB 1776, S. 254). Wahrscheinlich war Imhoff in Weimar, um seine Frau und die erst wenige Monate alte Tochter abzuholen (vgl. zu 76,16). 111,19–20 Verzeihen Sie! Æ:::æ wie meine Gegenwart Sie plagt] Am selben Tag, an dem der vorliegende Brief geschrieben wurde, hielt Goethe im Tagebuch fest: Nach Tis ÆTischæ * ÆCharlotte von Steinæ finsterniss. (GT I 1, 27.) ber den konkreten Anlass ftr Goethes Bemerkungen im vorliegenden Brief und im Tagebuch ist nichts bekannt. Er hatte aber schon vor der Abreise Charlotte von Steins nach Kochberg gesptrt, dass diese sich von ihm bedr|ngt fthlte und unter seiner Anwesenheit litt, weshalb er den Vorsatz fasste, sie nicht zu besuchen (vgl. 103,1–2). Ihre wahrscheinlich tberraschende Rtckkehr ließ Goethe offenbar seine selbst auferlegte Zurtckhaltung im Umgang mit der Freundin vergessen. Dass sich auch ftr sie im August/September 1776 das Verh|ltnis zu Goethe intensiviert hatte und sie zunehmend in seelische Konflikte geriet, bezeugen ihre Verse auf der Rtckseite des Blattes, auf dem der vorliegende Brief geschrieben wurde (vgl. berlieferung). Da Charlotte von Stein Goethes Briefe sorgf|ltig und in chronologischer Ordnung aufbewahrte, ist anzunehmen, dass sie das Bl|ttchen nicht zuf|llig als Schreibpapier benutzte, sondern die Verse entweder noch am 7. Oktober 1776 oder in den Tagen unmittelbar danach auf den eingegangenen Brief schrieb. Sie sind damit eines der seltenen authentischen Zeugnisse von der Hand Charlotte von Steins, die einen Eindruck von ihrer inneren Befindlichkeit in der Anfangsphase ihrer Beziehung zu Goethe vermitteln. 112,1 Gestern bracht ich Ihnen Æ:::æ Pfirschen] Pfirsche: Pfirsich; im 18. Jahrhundert als Femininum gebraucht, so auch tberwiegend bei Goethe. –
OKTOBER 1776
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„Im Oberdeutschen auch der Pfersig, Pfersing, im gemeinen Leben der Hochdeutschen aber Pfirsche. Æ:::æ Der Nahme soll so viel als eine Persische Frucht bedeuten, aus welchem Lande dieser Baum zuerst nach Europa gekommen seyn soll.“ (Adelung 3, 732.) – Am 6. Oktober 1776 war Goethe laut Tagebuch Frsh bey * ÆCharlotte von Steinæ (GT I 1, 27). 112,2 Schwester] Louise von Imhoff. 112,3 Bringen Sie das Lenzen.] Lenz hatte Mitte September 1776 aus Kochberg an Goethe geschrieben und gebeten, ihm seine Brieftasche oder „Wenigstens dein Gedicht“ (Z 4) zu schicken (vgl. den Abdruck des Briefes im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 169; vgl. zu 447,1). 112,3 Zeither] Im ausgehenden 18. Jahrhundert lokal synonym ftr ,seither‘ gebraucht (vgl. Adelung 4, 44 f.). 112,4–8 wie Madonna Æ:::æ sberm Haupt schwebt] Wohl in Anlehnung an bildktnstlerische Darstellungen von Mari| Himmelfahrt, wie sie seit der italienischen Renaissancemalerei in zahlreichen Reproduktionen Verbreitung fanden. Aus Goethes Besitz stammt z. B. ein – wahrscheinlich aber erst sp|ter erworbener – Kupferstich „Himmelfahrt der Maria“ von Melchior Ktsel, dessen Vorlage vermutlich das Gem|lde Guido Renis „Marienkrunung mit Heiligen“ war (heute Pinacoteca Nazionale, Bologna). Der Kupferstich enth|lt s|mtliche von Goethe beschriebenen Attribute (vgl. KSW, Museen, Inv.-Nr GGr/Sch.I.074,0705). 179. An Philipp Erasmus Reich
Weimar, 14. Oktober 1776 ! Leipzig
BERLIEFERUNG
H: Goethe-Museum Dtsseldorf, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, Sign.: NW 10/1955. – Doppelblatt 19,6(–19,8)627,4(–27,6) cm, 1/4 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Herrn Reich / Buchhandler / in / Leipzig / fr., darunter Empfangs- und Antwortvermerk, Tinte: „1776. 17. Æ7 korr. aus 6æ 8b‘. Weimar / Goethe. / B‘“ (vgl. berlieferung zu Nr 21); S. 4 Reste eines roten (Initial-?)Siegels; Bl. 2 am Rand in der Mitte ausgerissen durch ffnen des Siegels. E: Goethe’s Briefe an Leipziger Freunde2 (1867), 277, Nr 16. WA IV 3 (1888), 115, Nr 521 (nach E). ERLUTERUNGEN
Einen Bezugsbrief scheint es nicht zu geben (vgl. die Hinweise zum Antwortbrief auf Nr 175). – Der Antwortbrief (vgl. berlieferung) ist nicht tberliefert. Goethe wiederholt seine Bitte, Reich muge ihm sein Exemplar des 2. Bandes von Johann Caspar Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ vervollst|ndigen.
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BRIEF 180
Darum hatte er auch im Brief vom 19. September 1776 (Nr 175) gebeten. Goethe besaß den Band schon seit dem Frthjahr; vgl. seinen Brief vom 16.? Mai 1776 (Nr 105). 112,10 geringen Exemplar] Exemplar auf einfachem Druckpapier (vgl. zu 63,6). 112,10–11 Ende des Inhalts und des Registers] „Innhalt des zweyten Versuchs“ (4 unpaginierte Seiten vor S. 1); das Register (7 unpaginierte Seiten) folgt auf S. 291. 112,12 Messe] Vgl. zu 110,19. 180. An Charlotte von Stein mit Jacob Michael Reinhold Lenz ÆKochberg, 30.? Oktober und Weimar, 1.? November 1776æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Lenz hatte sich vom 12. September bis Ende Oktober 1776 auf dem Landgut der Familie von Stein in Kochberg aufgehalten und war mit seiner Gastgeberin am 31. Oktober nach Weimar zurtckgekehrt (vgl. zu 104,21). Nach der Angabe unter seinem Gedicht ftr Charlotte von Stein war dieses am letzten Tag in Kochberg (113,23) entstanden, also vermutlich am 30. Oktober, dem Tag vor der Abreise. Goethe traf Lenz bereits am 31. Oktober und auch am 1. November (vgl. GT I 1, 28). Schon an diesem Tag reiste Lenz nach Berka weiter (vgl. ebd. sowie Lenz’ Brief an Charlotte von Stein, 3. November 1776; vgl. die erste Erl|uterung zu 116,23). Es ist anzunehmen, dass er zuvor sein Gedicht ftr Charlotte von Stein, das laut Nachschrift niemand als ihr selber vorzulesen (113,25–26) war, Goethe tberlassen hat. Am selben Tag kunnte Goethe seinen Gedichtbrief auf der 4. Seite des Doppelblatts niedergeschrieben haben. Nicht ganz auszuschließen ist eine etwas sp|tere Datierung der Goetheschen Verse. BERLIEFERUNG
H: Goethe-Museum Dtsseldorf, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, Sign.: NW 1647/1979. – Doppelblatt 18,5622 cm, 1/8 S. (S. 4) beschr., egh., Bleistift; 3 1/4 S. (S. 1–4) beschr., Lenz’ Hd, Tinte (Petitdruck); S. 4 (unter dem Text von Lenz) von fremder Hd, Bleistift: „von Lenz“; am unteren Rand in umgekehrter Schreibrichtung von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „que le jour me dure / celui plus je ne suis / deux bergers po“ (vgl. die einleitende Erl|uterung). E1 (Teildruck: Gedicht von Lenz): Gesammelte Schriften von JÆacobæ MÆichaelæ RÆeinholdæ Lenz. Hrsg. von Ludwig Tieck. Bd 3. Berlin 1828, S. 252 (nach h: SBB/PK, Nachlass Lenz 2, Nr 206, Bl. 28). E2 (Teildruck): WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 49, Nr 517a (Gedichtbrief Goe-
OKTOBER/NOVEMBER 1776
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thes); WAN 2 (WA IV 52 [1990]), 91, zu Nr 517a (Nachschrift Lenz’ [113,23–26]). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Jacob Michael Reinhold Lenz hatte sich vom 12. September bis zum 31. Oktober 1776 bei Charlotte von Stein in Kochberg aufgehalten (vgl. Datierung; tber Lenz vgl. insgesamt die einleitenden Erl|uterungen zu Nr 136 und 169). Dort gab er Charlotte von Stein Unterricht in englischer Sprache und las mit ihr Shakespeare (vgl. zu 104,10; zu 104,15), worauf auch das Gedicht anspielt. „Ich bin in Kochberg bei der liebenswtrdigsten und geistreichsten Dame, die ich kenne, mit der ich seit vier, ftnf Wochen den englischen Shakespeare lese“ (Lenz, Briefe 2, 42), schrieb er am 23. Oktober 1776 an Johann Daniel Salzmann. Nach der Rtckkehr nach Weimar reiste er schon am 1. November nach Berka (vgl. GT I 1, 28), ohne sich von Charlotte von Stein zu verabschieden (vgl. Lenz an Charlotte von Stein, 3. November 1776; Lenz, Briefe 2, 47 f.). Dies erkl|rt, weshalb das Gedicht tber Goethe an Charlotte von Stein gelangte. Die Bleistiftnotizen Charlotte von Steins auf der letzten Seite des Doppelblattes stammen aus sp|terer Zeit. Es handelt sich um Anf|nge von drei Liedkompositionen Jean-Jacques Rousseaus, die 1781 ohne Angabe des Autors erschienen waren: Les Consolations des Misxres de ma Vie, ou Recueil d’Airs Romances et Duos par J. J. Rousseau (Paris. – Die Trustungen tber das Elend meines Lebens, oder Sammlung von Melodien, Lieder und Duette von JÆeanæ JÆacquesæ Rousseau). Zwei der Lieder, „Que le jour me dure Æ:::æ“ (Air de trois Notea, Nr 53, S. 97. – Wie der Tag mir schleichet Æ:::æ; Melodie aus drei Noten) und „Deux bergeres pour faire usage ÆDe l’amusement des beaux jours :::æ“ (Pastorelle, Nr 19, S. 40 f. – Zwei Sch|ferinnen, die sich der Freuden der schunen Tage bedienen Æ:::æ), kunnten Gedichte Rousseaus sein. „Celui plus je ne suis que j’ai jadis t Æ:::æ“ (Nr 13, S. 28–30. – Ich bin noch der, der ich frther gewesen bin Æ:::æ) stammt von dem franzusischen Lyriker Clment Marot. Rousseaus Lieder gehuren thematisch ins Umfeld des „Journals von Tiefurt“, das, von der Herzoginmutter Anna Amalia initiiert, zwischen 1781 und 1784 in wenigen handschriftlichen Exemplaren erschien. Schon im Sommer 1781 wurden die Lieder von Corona Schruter in Weimar vorgetragen (vgl. GT I 1, 123; vgl. auch die Briefe Goethes an Philipp Christoph Kayser vom 13. August 1781 und vom 10. September 1781; WA IV 5, Nr 1296 und 1308). Goethe schrieb an ihn tber Rousseaus Kompositionen: Man wird sie nicht satt und ich bewundere bei der Einfalt die große Mannigfaltigkeit und das reine Gefshl wo alles an seinem Platz ist. (WA IV 5,189.) 112,16 verlassen liebes Zimmer] Anspielung auf den Aufenthalt von Lenz auf Schloss Kochberg (vgl. zu 104,21 und die einleitende Erl|uterung zu Nr 136).
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BRIEF 181
112,22 mit Shakespear] Vgl. zu 110,9. 113,27 Aus meiner Hstte] Mit Bezug auf sein Gartenhaus, das Goethe im April 1776 von Herzog Carl August geschenkt bekommen und am 21. April 1776 bezogen hatte (vgl. zu 62,4; vgl. 188,5; 294,22). – Selbstzitat aus der „Prometheus“-Ode, deren |lteste erhaltene Handschrift Goethe vermutlich am 7. M|rz 1775 an Merck schickte: Und meine Hstte / Die du nicht gebaut Æ:::æ. (GB 2 II, 428 [Beilage zu Nr 209].) 181. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 2. November 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 36. – 1 Bl. 19,9627,8 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs. Reste eines roten Siegels, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „90.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 90), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 67 f. WA I 2 (1888), 316 f. (Gedicht). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Am 31. Oktober 1776 war Charlotte von Stein nach fast zweimonatigem Aufenthalt auf dem Landgut ihrer Familie in Kochberg nach Weimar zurtckgekehrt (vgl. GT I 1, 28). Seit Anfang September hatte Goethe sie, infolge eines selbst auferlegten Vorsatzes, nur einmal w|hrend ihres kurzen Besuchs in Weimar vom 5. bis 7. Oktober gesehen (vgl. zu 111,19–20). Wie das Tagebuch nahelegt, konnte er sich an ihrem ersten gemeinsamen Abend in Weimar daher nur schwer von der Freundin trennen, er hat mit ihr zu Nacht gessen und anschließend wahrscheinlich ebenfalls in ihrer Gesellschaft bis frsh 3 getanzt (GT I 1, 28). Im Nachklang dieser gemeinsam verbrachten Stunden schrieb er am 2. November den vorliegenden Gedichtbrief, wozu im Tagebuch vermerkt ist: Herz ÆHerzog Carl Augustæ auf die Jagd, ich in Garten. Ad Manes J. S. (ebd.). Schon einen Tag zuvor findet sich der Tagebucheintrag: Æ:::æ nach Tiefurt. Johannes Sekundus (ebd.). – Eine unvollst|ndige Abschrift des Gedichts (Verse 1–10 und 15–27) tbersandte Charlotte von Stein an Carl Ludwig von Knbel mit der Bemerkung: „Hier ist das verlangte, so zusammen trefend mit den original als der 70 Dolmetscher ihre Ubersetzung der Heiligenschrifft.“ (H: GSA 25/W 99.) 114,1 An den Geist des Johannes Sekundus.] Johannes ( Janus) Secundus, eigentlich Johann Nicola Everaerts, ein aus den Niederlanden stammender neu-
NOVEMBER 1776
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lateinischer Dichter des frthen 16. Jahrhunderts, der schon im Alter von 25 Jahren starb. Goethe spielt im Titel wie auch im Gedicht selbst (vgl. 114,2) auf ihn als Autor der „Basia“-Gedichte (lat.: Ktsse) an, postum 1539 erschienen. Der kunstvoll aufgebaute Zyklus zum Lob des Ktssens, bestehend aus 19 motivisch und inhaltlich miteinander verflochtenen Einzelgedichten in wechselndem Versmaß, war das am st|rksten nachwirkende Werk des Johannes Secundus und gehurte in den nachfolgenden Jahrhunderten zu den am meisten rezipierten Liebesgedichten der europ|ischen Literatur (vgl. Ellinger, 50–55). Mehrere Ausgaben sind in Goethes Bibliothek nachweisbar (vgl. Ruppert, 211, Nr 1479–1481). Muglicherweise hat neben dem persunlichen Erlebnis eine Lesung aus den „Basia“-Gedichten am 1. November 1776 Goethe zur Niederschrift des Gedichtbriefes angeregt (vgl. die einleitende Erl|uterung). – In der vorliegenden Fassung hat Goethe das Gedicht nicht veruffentlicht. Stark tberarbeitet und ohne den Bezug zu Johannes Secundus nahm er es sp|ter unter dem Titel „Liebebedtrfnis“ in die „Vermischten Gedichte“ (Zweyte Sammlung) auf, die 1789 in Band 8 der Guschen-Ausgabe seiner „Schriften“ (S. 162) erschienen. 114,2 Lieber, heiliger, groser Kssser] So wie hier der Autor der „Basia“-Gedichte angesprochen wird, sind auch jene jeweils an einen fiktiven Adressaten gerichtet: im ersten Gedicht werden die Ktsse angeredet, in Basium XIX die Bienen, alle anderen sind mit einer Ausnahme an die Geliebte gerichtet (vgl. Ellinger, 53). 114,6 Ksssen] Im 18. Jahrhundert im Hochdt. noch gebr|uchliche Form ftr ,Kissen‘ (vgl. Adelung 2, 1849); von Goethe vorwiegend in der frthen Zeit gebraucht, sp|ter meist ,Kissen‘ (vgl. GWb 5, 397). 114,10 dass meine Lippe blutet] Vgl. Basium VIII: Sag, Was hat dich Tolle getrieben, So mir die Zunge zu beißen? Ist’s nicht genug, Daß du das Herz mir So schon verwundet mit tausend Dolchen? Mtssen auch noch deine Z|hne die Zunge zerbeißen, Die, ach, so oft dein Lob sang In Morgenerwachen und Abendd|mmern, Bangen Tagen und bitteren N|chten? Sie hat dich doch mein Gltck genannt, Mein Leben und meine Stßigkeit, Æ:::æ. ( Johannes Secundus: Die Ktsse. In der bertragung von Franz Blei. Berlin 1987, o. S.) 114,29 2 Nov. 76] Vgl. zu 115,3–5.
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182. An Charlotte von Stein
BRIEFE 182/183
ÆWeimaræ, 3. November 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 37. – 1 Bl. 20(–20,5)68,2 (–8,8) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „91.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 91), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 69. WA IV 3 (1888), 117, Nr 523. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 115,1 Mittel gegen die Wunde Lippe] Vgl. den tags zuvor geschriebenen Gedichtbrief (Nr 181). – Muglicherweise auch metaphorisch ftr etwas aus der Hand Charlotte von Steins, z. B. einen Brief. 115,2 heut Abend wenn ich zursckkomme] Aus Erfurt (vgl. 115,8), wo Goethe tbernachtete. Er kam erst am n|chsten Morgen zurtck (vgl. GT I 1, 28). 115,3–5 Gestern Nacht Æ:::æ nicht bleiben sollte.] Nach der Niederschrift des Gedichtbriefes vom 2. November (Nr 181) hatte Goethe laut Tagebuch Herder und danach die Herzoginmutter Anna Amalia besucht, wo Punsch getruncken gelesen und gesungen wurde. Nachts gebadet. (GT I 1, 28.) – Eine |hnliche Beftrchtung hatte Goethe schon im Brief vom 16. und 17. Juli 1776 ge|ußert (vgl. 86,22–24). 115,5–6 in’s Wasser gestiegen] Wahrscheinlich am Ilm-Wehr in der N|he der Kegelbrtcke (vgl. zu 76,1). 115,6 den Alten Adam der Phantaseyen erswuft] In Abwandlung des lutherischen Taufsakraments (1529): „Es Ædas Wassertaufenæ bedeutet, daß der alte Adam in uns, durch t|gliche Reu und Busse soll ers|ufft werden, und sterben mit allen Stnden und busen Ltsten Æ:::æ.“ (Martin Luther: Enchiridion / Der kleine Katechismus / Ftr die gemeine Pfarrherren und Prediger, nach dem alten Exemplar D. Martin Luther. Ntrnberg 1731, o. S. [4. Hauptsttck].) – Der ,alte Adam‘: eigentlich die dem Menschen angeborene Natur (vgl. GWb 1,259); ,Phantasey‘ bewusst alterttmelnd gebraucht, sonst in dieser Form nur selten bei Goethe belegt (zum analogen Gebrauch von ,Philosophey‘ vgl. GB 2 II, zu 11,3–5). 115,8 nach Erfurt] Offenbar im Auftrag Herzog Carl Augusts, um mit dem Stadthalter ÆCarl Theodor von Dalbergæ sber Rtdeckern ÆChristian Ludwig Redeckeræ zu sprechen (vgl. zu 102,14).
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183. An Catharina Elisabeth Goethe, Johanna Fahlmer und Johann Caspar Bulling ÆWeimaræ, 6. November Æ1776æ ! ÆFrankfurt a. M.æ DAT I ERU N G
Das fehlende Jahr ergibt sich aus der Beilage: Das Drama „Die Geschwister“ (vgl. 116,8–9) entstand laut Tagebuch vom 26. bis 29. Oktober 1776 (vgl. GT I 1, 28). BERLIEFERUNG
H: Privatbesitz, Deutschland. – Doppelblatt 19,9627,7 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts quer zur Schreibrichtung von Johanna Fahlmers Hd, Tinte: „Nr 8“ (Z|hlung vermutlich bezogen auf die Briefe Goethes nach dessen Eintreffen in Weimar am 7. November 1775), oben in der Mitte von fremder Hd, Bleistift: „45“ (vgl. E). E: Goethe-Fahlmer (1875), 115 f., Nr 45. WA IV 3 (1888), 117 f., Nr 524 (nach E). BEI L AG E
Abschrift des Dramas „Die Geschwister“ (vgl. 116,8–9). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 9. November 1776 (vgl. GR/RB 1776, 3, Bl. 5r). ber Catharina Elisabeth Goethe vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 276. ber Johanna Fahlmer vgl. die einleitende Erl|uterung zum Brief aus der zweiten H|lfte M|rz? 1773 (GB 2 II, Nr 19). Johann Caspar Bulling (1739–1793), geboren in Elberfeld als Sohn des Gastwirts Johann Eberhard Bulling, hatte 1771 das Frankfurter Btrgerrecht erworben. Der mit Goethes Eltern befreundete Kaufmann war Besitzer einer Korn- und Spezerei-Großhandlung in der Buchgasse (sp|ter Mainzer Gasse). Ftr Wieland verwaltete er das Haupt-Comptoir des „Teutschen Merkur“ in Frankfurt. 1778 wurde er zum Mitpfleger ftr das Armen-, Waisen- und Arbeitshaus gew|hlt (nach freundlicher Mitteilung von Roman Fischer, Institut ftr Stadtgeschichte Frankfurt a. M.). Mit Goethe verband Bulling ein offenbar freundschaftliches Verh|ltnis. Nachdem Goethe im September 1779 auf seiner zweiten Schweizer Reise seine Familie in Frankfurt besucht hatte, schrieb Catharina Elisabeth in einem Brief an die Herzoginmutter Anna Amalia vom 8. Oktober 1779, Bulling habe „an der Erscheinung seines Freundes Goethe sich weidlich gelabet.“ (Pfeiffer-Belli, 459.) N|heres tber die Beziehung beider zueinander konnte allerdings nicht ermittelt werden. Außer dem vorliegenden ist kein weiterer Brief Goethes an Bulling tber-
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BRIEF 184
liefert; ermittelt wurden lediglich zehn nicht tberlieferte Briefe ftr den Zeitraum bis Februar 1778 (EB 2, 58, 83, 121, 134, 138, 152, 169, 191, 195). Briefe Bullings an Goethe sind nicht bekannt. 115,9 Frau Aya] Scherzhafter Name ftr Goethes Mutter (vgl. zu 31,2 sowie GB 2 II, zu 205,22–23). 115,11–12 in meinem Garten] Goethes Gartengrundsttck und Haus am „Stern“ (vgl. zu 62,4). 115,12–13 pflanze und mache allerley Zeugs] Im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Umgebung seines Gartenhauses, mit der Goethe noch bis weit ins folgende Jahr besch|ftigt war (vgl. zu 131,20 sowie allgemein zu 62,4). 115,15 hab auf die Arbeiten getrieben] Im Tagebuch ist unter dem Datum des vorliegenden Briefes vermerkt: Ganz im Garten auf die Arbeiter gesehen. (GT I 1, 29.) 115,16–17 die Expedition der letzten Session signirt] Mit Bezug auf die Sitzung des Geheimen Consiliums vom 5. November 1776, an der Goethe teilgenommen hatte. Akten, die diese Sitzung betrafen, waren an Goethe geschickt (expediert) worden, der sie durch seine Unterschrift als ,bearbeitet‘ gekennzeichnet (signiert) und weitergeleitet (expediert) hatte. 115,20–22 von den Tollen Grillen Æ:::æ der Menschen] Dass ihn die Erfahrung des bunten Treibens der Welt (126,11–12) gltcklich mache, schrieb Goethe am 8. Januar 1777 auch an Johann Caspar Lavater. 115,23–24 dass ich unleidlich war Æ:::æ plagte] Vermutlich spielt Goethe auf die Zeit an, in der er als Anwalt in Frankfurt praktiziert hatte, eine T|tigkeit, die ihn weder in Anspruch genommen noch erftllt hatte. 116,3–4 ein klein Blsmlein vergiss mein nicht] Goethe tbersandte eine Abschrift des kurz zuvor entstandenen Einakters „Die Geschwister“ (vgl. die erste Erl|uterung zu 121,20). 116,4 Vater] Johann Caspar Goethe. 116,4 Schwester] Cornelia Schlosser in Emmendingen. 116,8–9 Der Treu Æ:::æ empfohlen] Johanna Fahlmer sollte der Versuchung widerstehen, das Sttck den mit ihr verwandten und befreundeten Brtdern Jacobi mitzuteilen, die es in diesem Fall wohl ftr die von Johann Georg Jacobi herausgegebene Zeitschrift „Iris“ h|tten haben wollen. In dieser ,Damen‘-Zeitschrift war im Jahr zuvor u. a. Goethes Singspiel „Erwin und Elmire“ erschienen (vgl. die zweite Erl|uterung zu 121,20).
NOVEMBER 1776
184. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 8. November 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 37. – 1 Bl. 17,2(–17,4)610,8 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „93“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 93), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 69. WA IV 3 (1888), 118 f., Nr 525. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 116,10 der Jahrstag] Der 7. November 1775 als Ankunftstag Goethes in Weimar wird auch durch einen Brief Wielands an Friedrich Heinrich Jacobi vom 10. November 1775 belegt (vgl. WB 5, Nr 471). Von Goethe selbst stammende Dokumente, aus denen das genaue Ankunftsdatum hervorgeht, sind bis auf den vorliegenden Brief, dem daher in dieser Hinsicht besondere Bedeutung zukommt, nicht tberliefert. An Augusta zu Stolberg hatte Goethe am 22. November 1775 lediglich geschrieben, er sei Schon fast vierzehn Tage hier Æin Weimaræ, im Treiben und Weben des Hofs. (4,15–16.) 116,10 Weim] Weimar; Abbruch des Wortes am Zeilenende. 116,11 Und wie gefreyert!] ,Gefreyert‘ versehentlich ftr ,gefeiert‘. – Laut Tagebuch hat Goethe am 7. November 1776 mit * ÆCharlotte von Steinæ gessen (GT I 1, 29). Aufschluss dartber, auf welche Weise der ,Jahrestag‘ seiner Ankunft gefeiert wurde, gibt das Tagebuch nicht. Statt dessen zitiert Goethe Psalm 8,5: Was ist der Mensch dass du sein gedenckst und das Menschenkind dass Du Dich sein annimmst. (Ebd.) 116,11 beschenckt] Mit Bezug auf die im Folgenden erw|hnten Zettelgen. 116,12 Bedencklichkeiten] Anspielung auf Charlotte von Steins Scheu, Goethe Einblick in ihre Aufzeichnungen aus dem ersten Jahr ihrer Bekanntschaft zu gew|hren. 116,14 mein Tagbuch] Goethes tberliefertes Tagebuch aus der Zeit seiner Bekanntschaft mit Charlotte von Stein setzt erst am 11. M|rz 1776 ein (vgl. GT I 1, 17). 116,14 Ihre Zettelgen] Nicht tberliefert. – Wahrscheinlich die schon im Juni erw|hnten Tagebuchaufzeichnungen (vgl. zu 78,15–16). 116,16 die acht Wochen] Die Zeit der Trennung von Charlotte von Stein, die sich von Anfang September bis zum 31. Oktober in Kochberg aufgehalten hatte, wo Goethe sie nicht besuchte (vgl. zu 109,6–7).
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BRIEF 185
116,17 sinnliche Mensch] Hier: der auf die Sinne, auf Sinneswahrnehmungen angewiesene Mensch; die Wendung findet sich gelegentlich in den frthen Briefen Goethes (vgl. GB 1 I, 249,5; GB 2 I, 47,22–23). 116,17 Meine Landschafft] Muglicherweise die Zeichnung „Stttzerbacher Grund“ (vgl. Abb. 5 im Textband, S. 95), die Goethe als Beilage zum Brief vom 10. August 1776 (Nr 152) mitgeschickt und, da sie noch unvollendet (94,4–5) war, in Weimar zurtckerbeten haben kunnte, um sie fertigzustellen (vgl. zu 94,4–5). 116,18 durch Wasser ziehen] Lavieren: waschen, wischen, d. h. Farbe in sehr dtnner Konsistenz auftragen; der „Stttzerbacher Grund“ ist mit Bleistift gezeichnet und mit Tusche laviert (vgl. berlieferung zu Nr 152). 116,21 der Fus] Sowohl in weiterer Bedeutung ftr ,Bein‘ wie auch nur ftr ,Fuß‘ (vgl. die dritte Erl|uterung zu 97,1). – Eine Bein- oder Fußerkrankung Charlotte von Steins wird sp|ter nicht wieder erw|hnt. 185. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 10. November 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 38. – 1 Bl. 1068,6 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 3/4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „94“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 94), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 70. WA IV 3 (1888), 119, Nr 526. BEI L AG E
Mantel (vgl. die zweite Erl|uterung zu 116,23). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 116,23 Lenz grssst sie] Lenz war demnach aus Berka zurtckgekehrt, von wo aus er am 3. November 1776 an Charlotte von Stein geschrieben hatte, um sich ftr all die Liebenswtrdigkeiten, mit denen er w|hrend seines Kochberger Aufenthaltes bedacht worden sei, zu bedanken: „I feal’d all my faculties hightend by your presence and thought myself a superior being, as i was sure to prove so, near the influences of your genius in all that i did undertake of. Therefore do not wonder at the roughness and infirmity of the very expressions of my letter, having even forgot all my English, by being no more inspired from as gracious a Scolar, of whom the
NOVEMBER 1776
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very presence and her application to that tongue did improve me of all that i could teach her and to speak truly, have been much more profitable to me than all my instructions could have proved to her.“ (Lenz, Briefe 2, 47 f. – „Ich fthlte all meine F|higkeiten gesteigert durch Ihre Gegenwart und hielt mich selbst ftr ein huheres Wesen, so wie ich sicher war, daftr, nahe den Einfltssen Ihres Genius, in allem, was ich unternahm, den Nachweis zu erbringen. Wundern Sie sich daher nicht tber die Ungeschliffenheit und Kraftlosigkeit der Ausdrtcke meines Briefes, da ich mein ganzes Englisch vergessen habe, werde ich doch nicht mehr von einer so begeisterten Schtlerin angefeuert, deren bloße Gegenwart und deren Bemthung um diese Sprache mich in allem verbesserte, was ich sie lehren konnte und was, um die Wahrheit zu sagen, gewinnbringender ftr mich war, als alle meine Belehrungen ftr sie sein konnten.“ [Lenz, Werke und Briefe 3, 892].) 116,23 der Mantel] Hier wahrscheinlich ein langer in Falten gelegter Umhang aus Wolle, den Frauen tber ihrer Kleidung trugen (vgl. Zedler 19, 1102) oder „eine wollene Decke“ (Adelung 3, 1763); muglicherweise der in sp|teren Briefen mehrfach ausdrtcklich erw|hnte ,blaue Mantel‘ (vgl. die erste Erl|uterung zu 144,13). 116,24 20 Minuten Æ:::æ von Ihrer Stube in meine] Mit Bezug auf das Gartenhaus, das Goethe einige Tage zuvor winterfest gemacht hatte, wie u. a. der Tagebucheintrag vom 8. November 1776 belegt: Æ:::æ im Garten. aufgerwumt und Anstalt zu winter bleiben. (GT I 1, 29; vgl. auch 118,6–8; 118,17–18.) Vom Garten tber dem „Stern“ an der Ilm bis zu Charlotte von Steins Stadtwohnung in der Kleinen Teichgasse 8, nahe dem heutigen Kasseturm, brauchte man demnach bei der damaligen Straßenfthrung zu Fuß etwa 20 Minuten (vgl. Plan der Stadt Weimar 1784). – Goethes Stadtwohnung am heutigen Burgplatz (vgl. die erste Erl|uterung zu 43,18) lag dagegen n|her an der Teichgasse. 117,1 ein paar Seiten Englisch] Wahrscheinlich eine gemeinsame ShakespeareLekttre (vgl. zu 104,15). Demnach hatte Goethe es nun selbst tbernommen, Charlotte von Stein Englischstunden zu geben (vgl. zu 104,10). 117,1–2 eh Sie nach Hof gehn] Charlotte von Stein war am 10. November 1776 Gast der abendlichen Hoftafel, im Fourierbuch ist sie nach der Herzogin Louise und der Herzoginmutter Anna Amalia namentlich aufgefthrt; insgesamt waren an diesem Abend 15 Personen geladen, Herzog Carl August und sein engerer Kreis nahmen nicht teil (vgl. FB 1776, S. 281). Eine Marschallstafel, an der Goethe als Btrgerlicher zugelassen war, fand offenbar nicht statt (vgl. die zweite Erl|uterung zu 26,10). 117,3 zu was nuz bin] Mit Bezug zum Englischunterricht, den zuvor Lenz erteilt hatte.
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BRIEF 186
186. An Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim Weimar, 14. November 1776 ! Eisenach BERLIEFERUNG
H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: 27994. – Doppelblatt 19,8627,4 cm, /3 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Dem Herren / Vicekanzler von Bechtolsheim / nach / Eisenach / f r, Gemmensiegel: weibliche Figur. – Faksimile: JbFDH 2002, nach S. 346. E: WA IV 30 (1905), 10, Nr 526a (nach einer Abschrift von H; Carl Schtddekopf). 2
ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet offenbar ein Schreiben Mauchenheims (vgl. die erste Erl|uterung zu 117,5). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Johann Ludwig Freiherr von Mauchenheim gen. Bechtolsheim (1739–1806) stammte aus einer im rheinischen Franken ans|ssigen Familie aus deutschem Uradel. Der Name geht auf die Durfer Mauchenheim und Bechtolsheim in der N|he von Alzey (Rheinland-Pfalz) zurtck, beide an der Selz, einem Nebenfluss des Rheins, gelegen. Seit dem 16. Jahrhundert heißt die Familie Mauchenheim gen. Bechtolsheim. Friedrich Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim aus der |lteren Linie des Hauses, der Vater des Adressaten, war auf Familienbesitzungen im hessisch-hanauischen Gebiet aufgewachsen, trat aber als herzoglicher Reisemarschall in gothaische Dienste und wurde ftrstlicher Oberschenk auf Friedenstein und Amtshauptmann in Reinhardsbrunn im Thtringer Wald. Nach dem Tod seines |lteren Bruders Philipp Reinhard (1726) und dem des Vaters Philipp Ludwig (1739) verlagerte sich der Mittelpunkt der Familie nach Thtringen. Johann Ludwig von Mauchenheims um sieben Jahre |ltere Schwester Auguste Louise Eleonore heiratete 1749 den wtrttembergischen Geheimen Rat Christoph Dietrich von Keller, Herr des Gutes Stedten stdlich von Erfurt, und wurde Mutter von Juliane ( Julie) Auguste Christine von Keller (vgl. zu 16,12). Wie sein Vater machte Johann Ludwig von Mauchenheim zun|chst Karriere in sachsen-gothaischen Diensten. 1757 Regierungsassessor in Gotha, wurde er 1759 Regierungsrat, 1764 Hofrat und ging 1765 als Oberamtshauptmann nach Georgenthal im Thtringer Wald. 1776 erhielt er das Amt des Vizekanzlers der sachsen-eisenachischen Regierung, 1778 zugleich die Oberaufsicht tber das Polizeiwesen im Landesteil Eisenach. 1781 wurde er Kanzler und Oberkonsistorialpr|sident in Eisenach, 1784 Geheimer Rat, 1802 Direktor des Ober-Steuer- und Kasse-Direktoriums und 1804 schließlich Wirklicher Geheimer Rat. 1774 heiratete er seine Nichte Julie von Keller. Das Paar wohnte am Jakobsplan in Eisenach im (sp|ter) so genannten ,Kanzlerpalais‘, das dank der an Kunst und Poesie interessierten Hausherrin zu einem Treffpunkt der Eisenacher und Weimarer Gesellschaft wurde. Von
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pietistisch-herrnhutischer Lebensauffassung gepr|gt, temperamentvoll und unduldsam gegen Widerspruch, fthrte Johann Ludwig von Mauchenheim seine mter aus einer konservativen Grundhaltung. Er gehurte z. B. zu den Verfechtern einer strengen Kontrolle der mit der Franzusischen Revolution sympathisierenden Intellektuellen; es sei nutig, schrieb er etwa am 28. Januar 1793 an Herzog Carl August, „auf das Thun und Treiben der so genannten Aufkl|rung, deren Absichten und Folgen aus denen vorliegenden Beyspielen nicht zu verkennen sind, ein wachsames Auge zu deren Modification und Bez|hmung zu halten.“ (Goethes Weimar und die Franzusische Revolution. Dokumente der Krisenjahre. Hrsg. von Daniel Wilson. Kuln, Weimar, Wien 2004, S. 524.) – Goethe lernte Mauchenheim am Neujahrstag 1776 auf Gut Stedten kennen, wo Wieland ihn in die Familie von dessen Schwester (und Schwiegermutter) Auguste von Keller einfthrte (vgl. zu 13,11; zu 13,14). Von Mauchenheims Frau Julie fthlte sich Goethe sehr angezogen, seine Beziehung zum Adressaten selbst blieb dagegen auf den Bereich dienstlicher Angelegenheiten beschr|nkt. So hatten beide z. B. im Fall des Zillbacher Holzprozesses zwischen Sachsen-Meiningen und Sachsen-Weimar und Eisenach miteinander zu tun (vgl. Goethes Briefe an Mauchenheim vom 14. und vom 20. September 1780; WAN 1, 54–56, Nr 1016a und 1020a). Gelegentlich ergaben sich gegenseitige Besuche in Weimar und in Eisenach. Zu h|ufigeren Begegnungen kam es im September/Oktober 1777 w|hrend der Tagung der Eisenacher Landst|nde, als sich Goethe in Eisenach aufhielt. Goethes Tagebuch meldet auch bernachtungen in Mauchenheims Haus (am 19. September und 7. Oktober 1777; vgl. GT I 1, 48 f.). Von Goethe sind außer dem vorliegenden Brief an Mauchenheim nur die beiden genannten Briefe aus dem Jahr 1780 tberliefert; hinzu kommen bis 1779 zwei erschlossene Briefe (vgl. EB 141, 147) sowie drei erschlossene Briefe an seine Frau Julie von Mauchenheim (vgl. EB 148, 168, 224). Briefe Johann Ludwig von Mauchenheims an Goethe haben sich nicht erhalten. – Literaturhinweis: Hermann Frhr. v. Mauchenheim gen. Bechtolsheim: Zusammenstellung der tber die Familie der Freiherren von Mauchenheim gen. Bechtolsheim bekannten Nachrichten. Hrsg. von Hubert Frhr. v. Mauchenheim gen. Bechtolsheim. Zweite, vollst|ndig tberarbeitete und erweiterte Neuauflage. ÆRattenkirchenæ 1998. 117,5 so was] Vermutlich schriftliche Mitteilungen Mauchenheims; N|heres nicht ermittelt. 117,5 schreiben Sie mirs] Briefe Mauchenheims an Goethe sind nicht tberliefert. 117,6 Die Sache] Es handelte sich um den Beschluss des Geheimen Consiliums vom 8. November 1776, die Zahl der Ratsmitglieder in Eisenach nach und nach auf jeweils vier Btrgermeister und K|mmerer zu reduzieren (vgl. Reskript an die Regierung zu Eisenach, paraphiertes Konzept, 8. November 1776, Paraphen: Carl August, Jacob Friedrich Freiherr von Fritsch, Christian Friedrich
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Schnauß, Goethe; ThHStA Weimar, Eisenacher Archiv, mter und St|dte, Nr 1288, Bl. 181r–182v). Schon 1747 hatte Herzog Ernst August I. von Sachsen-Weimar und Eisenach angeordnet, die Zahl der Eisenacher Ratsmitglieder zu begrenzen, um nach dem Wegfall der Residenzfunktion Eisenachs, die zu einer starken Verminderung von Einwohnerzahl und Steuereinnahmen fthrte, Einsparungen zu erreichen. Danach sollte der Rat nur noch aus den zwei Jahre amtierenden Vierleuten, sechs Btrgermeistern und sechs K|mmerern, von denen j|hrlich zwei in der Amtsaustbung alternierten und die laufenden Gesch|fte in Justiz und Verwaltung wahrzunehmen hatten, sowie dem Stadtschreiber und dem Polizeirat bestehen. Außerdem waren einzelne Ratsmitglieder mit speziellen Aufgaben der Stadtverwaltung betraut, wie z. B. Vormundschaftswesen, Kriegs- und Einquartierungswesen, Brotsch|tzung, Steuereinnahme, Almosensachen, Bauinspektion, Preiskontrollen, Brunnenaufsicht und Feuerpolizei. Zuvor waren diese mter doppelt besetzt gewesen. Bemthungen unter der Obervormundschaftsregierung Herzogin Anna Amalias, die Zahl der Ratsmitglieder weiter zu reduzieren, waren jedoch ergebnislos geblieben. Im Jahr 1776 griff Herzog Carl August die Sache wieder auf und ordnete eine Berichterstattung der Eisenacher Regierung an. Da nach diesem sich auf eine Befragung des Stadtrats stttzenden Bericht von einer weiteren Verminderung des Stadtratspersonals keine wesentlichen Einsparungen beim Stadtk|mmerei-rarium zu erwarten seien (vgl. Bericht der Regierung zu Eisenach, 31. Juli 1776; ebd., Bl. 177r–177v), befahl das Geheime Consilium die Einsendung der Eisenacher Ratsrechnungen (vgl. Reskript an die Regierung zu Eisenach, 13. August 1776; ebd., Bl. 178r, Konzept, Paraphen: Carl August, Christian Friedrich Schnauß, Goethe; Bearbeitungsvermerk: „Abgegangen d. 26. Aug. 1776“). Nach deren Eingang (vgl. Bericht der Regierung zu Eisenach, 9. September 1776; ebd., Bl. 179r–179v, Beilage: Spezifikation der Besoldung der regierenden Btrgermeister, Bl. 180r) wurde der Gegenstand am 8. November 1776 vom Geheimen Consilium beraten und votiert. 117,8 Buching ] ber den Tr|ger dieses schwer lesbaren Namens konnte nichts --------------ermittelt werden. Im Erstdruck wird „Btrsing“ gelesen; Angaben dazu werden nicht gemacht (vgl. Register; WA IV 30, 21). 117,9 Ausschuss Tag] Vermutlich ist der Ausschusstag der Eisenacher Landst|nde gemeint; der n|chste fand vom 8. bis 30. September 1777 statt (vgl. die Erl|uterungen zu Nr 285). 117,10–11 eine saubre Commission Æ:::æ Wirrkopf zu kwmmen] ,Kommission‘: Vollmacht, Auftrag; ,sauber‘ hier im Sinn von „grtndlich, vullig, ganz und gar“ (Grimm 14, 1851); lat. ,Aerarius‘: Kammerbeamte (nach lat. aerarium: Staatsschatz, -kasse). – Das Geheime Consilium hatte in seiner Sitzung vom 8. November 1776 außer der Reduzierung der Ratsmitglieder beschlossen: „Nachdem aber dadurch der Sache noch nicht g|nzlich abgeholfen, mithin darauf zu denken seyn wird, wie durch eine beßere Einrichtung der Raths-Wirthschaft
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die in vielen Capiteln, besonders das Rathsfuhrwesen, Bau-Wesen, Brauh|user, Brunnen, Brtcken, Wege und Stege betr. vorkommende zum Theil tbertriebene Ausgaben vermindert werden mugen, indem durch die bisherige Monir- und Justificirung der Rechnungen um deswillen der vorgesetzte Endzweck nicht erreicht werden kunnen, weilen alles nach dem einmahl angenommenen Plan fortgefthret worden, und, wenn die Belege von denen Raths-Gliedern, es mugen solche die Sache verstanden haben oder nicht, einmahl attestiret, moderiret und autorisiret gewesen, solche in Ausgabe passiret werden mtssen, ohne daß hinl|nglich untersucht werden kunnen, ob die Ausgabe selbst nuthig und nttzlich und das Geld verdient, oder die Sache es werth gewesen. Alß haben wir die Entschließung gefaßt, daß, wie in dem hiesigen, also auch in dem Eisenachischen Ftrstenthum, die s|mmtlichen Raths- und andere uffentliche Aeraria revidiret und die bey denenselben gefthrte Wirthschaft nach und nach untersucht, eine bessere Oeconomie und Ordnung eingefthret, die mter nach eines jeden F|higkeit ausgetheilet und die Ausgabe so viel muglich eingeschr|nkt, auch damit bey dem Stadt Rath zu Eisenach der Anfang gemacht werden solle. Wie Wir nun zugleich resolviret, daß von Euch hierzu dem Vice-Canzler von Bechtolsheim und noch einem Rath, Eures Mittels, Auftrag ertheilet und von ihnen diese Untersuchung des furdersamsten vor die Hand genommen werden solle; Also begehren Wir hiermit gn|digst Ihr wollet nunmehr, dieser Unserer Intention gem|ß, das weitere nuthige expediren.“ (Reskript an die Regierung zu Eisenach, paraphiertes Konzept, 8. November 1776, Paraphen: Carl August, Jacob Friedrich Freiherr von Fritsch, Christian Friedrich Schnauß, Goethe; ThHStA Weimar, Eisenacher Archiv, mter und St|dte, Nr 1288, Bl. 181r–182v.) 117,11 Weibgen] Juliane ( Julie) geb. von Keller. 117,12 denen Kleinen] Wahrscheinlich mit Bezug auf den 1775 geborenen Sohn Carl Emil. 117,13 einander wiedersehn] Soweit bekannt, traf Goethe aus Anlass des Eisenacher Ausschusstages am 7. September 1777 mit Mauchenheim zusammen (vgl. GT I 1, 47). 187. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 19. Æoder 20.æ November Æ1776æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Das Jahr wurde nach den sprachlichen bereinstimmungen mit den Tagebucheintr|gen vom 19. und 20. November 1776 (vgl. zu 117,20; zu 118,9) sowie der Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) nach Nr 185 vom 10. November und vor Nr 194 vom 1. Dezember 1776 erg|nzt. Nach den Parallelen zum Tagebuch ist der Brief wahrscheinlich am frthen Morgen des
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20. November geschrieben worden. In den bisherigen Ausgaben wird er nach der Angabe im Brief auf den 19. November 1776 datiert. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 38. – 1 Bl. 8,5611,3 cm, Bl|ttchen aus elfenbeinfarbig gl|nzendem Papier mit violett-grtner Bordtre (mit einer Schablone gezeichnet; nicht bei Mick), 2 S. beschr., egh., Tinte, gleichm|ßige Schrift; oben rechts neben dem Brief von fremder Hd, Bleistift: „95“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 95), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 71. WA IV 3 (1888), 120 f., Nr 529. BEI L AG EN
1) Zeichnung (vgl. zu 117,21–22). 2) Werk von Swedenborg (vgl. zu 117,23). 3) Zeichenpapier (vgl. zu 117,23–24). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 117,17 Der Sturm hat die ganze Nacht gewwhrt] Goethe tbernachtete noch immer in seinem Gartenhaus, wo er den Naturgewalten besonders ausgesetzt war (vgl. GT I 1, 29). 117,19–20 Wachholderb.] Den Wacholderbaum in seinem Garten erw|hnt Goethe auch im Brief von Anfang Juni? 1777 (vgl. zu 148,7–8). – In der Nacht vom 30. zum 31. Januar 1809 wurde der Baum durch einen Sturm gef|llt. Einer Beschreibung von Adolph Friedrich Temlers Auqarell des umgesttrzten Baumes zufolge soll dieser etwa 12 m hoch gewesen und einen Stamm von etwa 3 m im Durchmesser besessen haben: „Von seinem |usserst hohen Alter wagt man nichts zu sagen. Der Stamm war inwendig vertrocknet, das Holz desselben mit horizontalen Rissen durchschnitten, wie man sie an den Kohlen zu sehen pflegt, gelblicher Farbe und durchaus von Wtrmern zerfressen.“ (KSW, Museen, GrafikSlg, Inv.-Nr KHz 1992/00103; vgl. Goethes G|rten, 45.) – Der Wacholder „gilt als zauber- und heilkr|ftig und genieszt deshalb verehrung“ (Grimm 13, 57). An den Wacholderbaum (niederdt. Machandelbaum) kntpfen sich viele Volkssagen und -m|rchen, am bekanntesten ist das „M|rchen vom Machandelbaum“, aus dem Goethe Verse in die „Kerker“-Szene in der „Frthen Fassung“ des „Faust“ aufnahm (vgl. FA/Goethe I 7/1, 535; ebenso Faust I, Verse 4412–4420; ebd., 192; vgl. auch FA/Goethe I 7/2, 378 und 911). Die Szene gehurt zu den |ltesten Teilen der „Faust“-Dichtung und lag 1776 schon vor (vgl. die zweite Erl|uterung zu 32,4).
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117,20 meine kleine Wirthschafft um und umgekehrt] Eine wurtliche Parallele findet sich im Tagebucheintrag vom 19. November 1776: Ganz im Garten. Die Wirthschafft umgekehrt – – – (GT I 1, 29). – Wahrscheinlich in Anspielung auf die Vorkehrungen im Grundsttck und Gartenhaus ftr den bevorstehenden Winter (vgl. zu 116,24). – ,Wirtschaft‘ hier in engerer Bedeutung ftr ,h|usliche Gesch|fte‘ (vgl. Adelung 4, 1577). 117,21 Zieraffen Papier] Vgl. berlieferung. – ,Zieraffe‘ nach Adelung „in der vertraulichen Sprechart, eine Person, welche sich ziert, d. i. affectirte Bewegungen und Complimente macht. So auch die Zierpuppe, ein solches M|dchen.“ (3, 1712.) Sonst bei Goethe nur noch einmal belegt (vgl. bersetzung von „Rameau’s Neffe“; WA I 45, 77). 117,21–22 Aussicht vom Stszzerbacher berg l i n c k s ] Blick vom Stttzerbacher Schlossberg (vgl. zu 93,13). – Wahrscheinlich eine nicht tberlieferte Zeichnung mit einem |hnlichen Motiv wie das der nachfolgend erw|hnten Ansicht „Stttzerbacher Grund“, wozu sich noch eine Skizze erhalten hat (vgl. Corpus I, 62, Nr 147). 117,22 das Sie schon haben] Vgl. Beilage 1 zu Nr 152, Abb. 5 im Textband, S. 95 (vgl. zu 94,4–5). 117,23 Schwedenborg.] Wahrscheinlich „Swedenborgs und anderer Irrdische und himmlische Philosophie, zur Prtfung des Besten ans Licht gestellt von Friedrich Christoph Oetinger“ (Frankfurt und Leipzig 1765), von Goethe im Juli in Leipzig bestellt (vgl. 84,12–13). Die Ausgabe ist in Goethes Bibliothek nachweisbar (vgl. Ruppert, 458, Nr 3135), ebenfalls in der Bibliothek Johann Caspar Goethes (vgl. Gutting, 39). 117,23–24 Grau Papier fsr Kestnern] Wohl Zeichenpapier ftr den Hauslehrer Johann Friedrich K|stner. 118,2 das Berg Nebelbild] Die Zeichnung „Dampfende T|ler bei Ilmenau“ (vgl. Beilage zu Nr 145 [Abb. 4 im Textband, S. 89]). 118,3 Schlitten] Wahrscheinlich mit Bezug auf das hier erw|hnte Geschenk ftr Charlotte von Stein vermerkt Goethe am 28. Dezember 1776 im Tagebuch: Schlitten probirt nach Tiefurt. (GT I 1, 31.) Unter dem 31. Dezember schließlich findet sich der folgende Eintrag: Abends nach Tiefurt gefahren allein. Den schlitten zerschlagen Æbesch|digtæ. (Ebd.) 118,6 kalfatre] ,Kalfatern‘ hier ,gegen Wind und Wetter abdichten‘; sonst nur noch einmal bei Goethe belegt (vgl. WA IV 8, 310). 118,9 denn die Unruhe Æ:::æ Haaren] Am 20. November 1776 vermerkt Goethe im Tagebuch: Unruhe. pp. (GT I 1, 29.) – Zur Redewendung vgl. zu 121,11–12.
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BRIEFE 188/189
188. An Johann Heinrich Merck
Weimar, 22. November 1776 ! ÆDarmstadtæ
BERLIEFERUNG
H: Privatbesitz, Mtnchen. – 1 Bl. 21,3617,7(–17,9) cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. (fast vollst|ndig) beschr., egh., Tinte. – Faksimile: Walter Gunzert: Darmstadt zur Goethezeit. Portraits, Kulturbilder, Dokumente zwischen 1770 und 1830. Darmstadt 1982, S. 95. E: Merck, Briefe2 (1838), 85 f., Nr 37. WA IV 3 (1888), 121 f., Nr 530. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Mercks (vgl. zu 118,17). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 22. November 1776 (vgl. GR/RB 1776, 3, Bl. 6r). 118,12 Ich hab heute Boll. geschrieben] Goethes Brief an Johann Caspar Bulling vom 22. November 1776, in den Rechnungsbtchern zusammen mit dem vorliegenden vermerkt (vgl. GR/RB 1776, 3, Bl. 6r), ist nicht tberliefert (vgl. EB 121). 118,12 400 f] Die 400 Gulden, die Goethe tber Friedrich Justin Bertuch – nach Nr 207 am 9. Dezember 1776 (vgl. 124,21–22), nach Nr 200 erst am 11. Dezember (vgl. 122,12) oder kurz danach – an Johann Caspar Bulling tberweisen ließ (vgl. Nr 200), waren offensichtlich zur Bezahlung der Weinlieferung bestimmt, die Merck nach Weimar hatte schicken lassen. ber deren Ankunft in Weimar ist in Goethes Brief vom 16. September 1776 die Rede (vgl. 108,1). Eine neue Bestellung erfolgt noch im selben Absatz des vorliegenden Briefes. 118,14 schreib] Ein entsprechender Brief Mercks ist nicht bekannt. Doch geht aus Goethes Brief an Merck vom 5. Januar 1777 (Nr 207) hervor, dass am 5. Januar 1777 eine weitere Geldsendung nach Darmstadt abging. ber deren Verwendungszweck ist im Einzelnen nichts bekannt. 118,15 ein Stsck] Traditionelles Fassmaß, das im Allgemeinen 1000–1200 Litern entsprach. Nach Adelung (4, 466) und Grimm (20, 206) enthielt ein ,Sttckfass‘ 7 1/2 Ohm, bei einem Volumen von etwa 143,5 Liter pro Ohm (vgl. zu 136,19–137,1) also etwa 1076 Liter. Die Gruße dieses Hohlmaßes schwankte allerdings regional erheblich. 118,15 53] Wein des Jahrgangs 1753. – „Große Hitze“ w|hrend des Sommers, aber „Gutes Herbstwetter“ fthrten zu folgender Klassifizierung des ,1753ers‘ in Friedrich von Bassermann-Jordans „Geschichte des Weinbaus“ (2. wesentlich erweiterte Aufl. Frankfurt a. M. 1923 [Nachdruck als 3. Aufl. Neustadt a. d. W.
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1975]. Bd 2, S. 1004): „Vortrefflicher Wein in nicht sehr großer Menge (der noch viele Jahre hindurch in allen Gasth|usern ausgeschenkt wird).“ 118,17 Dein Schicksaal] Im nicht tberlieferten Bezugsbrief hatte Merck offenbar vom Tod seiner Tochter Franziska Charlotte berichtet. Sie war am 26. Oktober 1776 im Alter von 14 Monaten an den Pocken gestorben. Auch Wieland sprach in seinem Brief vom selben Tag Merck sein Mitgefthl aus: „Die Art wie das Schicksal mit Ihnen umgeht, geht mir sehr zu Herzen. Ich weiß auch, was Hauskreuz ist.“ (WB 5, 571.) 118,17–18 Ich wohne noch im Garten] Im Gartenhaus im Park an der Ilm, das Goethe im April 1776 von Herzog Carl August zum Geschenk erhalten hatte. Goethe war mit dessen Renovierung und mit der Umgestaltung der Außenanlagen besch|ftigt (vgl. zu 115,12–13). 118,18 balge mich mit der Jahrszeit herum] hnlich heißt es in Goethes Tagebuch unter dem 7. November 1776: Feldzug gegen die Jahrs zeit (GT I 1, 29). Einen Tag sp|ter notierte Goethe: im Garten. aufgerwumt und Anstalt zu winterbleiben. (Ebd.) Im Brief an Charlotte von Stein vom 19. oder 20. November 1776 berichtet er, dass er Fenster und Ttren abdichte, um sich gegen die Unbilden der Wittrung (118,7) zu schttzen. Im Tagebuch finden sich den ganzen Winter 1776/77 tber bis ins Frthjahr hinein immer wieder Eintr|ge tber Aufenthalte im Gartenhaus und den Fortgang der Bauarbeiten. 118,21 Hrz-] Herzog. – Trennstrich am Ende der Zeile wohl versehentlich. 118,24 eine tolle Compagnie von Volck] Muglicherweise dachte Goethe hier vor allem an die Mitglieder der ,Schauspielkompanie‘ des Weimarer Liebhabertheaters, die – mit Goethe als Wilhelm – am Vorabend seinen Einakter „Die Geschwister“ zur ersten Auffthrung gebracht hatten: die 17-j|hrige Amalie Kotzebue als Marianne, den Geheimen Registrator Johannes Schmidt als Fabrice, vermutlich auch August Kotzebue als Brieftr|ger (vgl. Sichardt, 140). Es kunnte außerdem der Kreis um Goethe und Herzog Carl August – viel gute Jungens (31,25) – gemeint sein (Carl Ludwig von Knebel, Friedrich Hildebrand von Einsiedel, Johann August von Kalb, Moritz von Wedel, Friedrich Justin Bertuch u. a.), schließlich auch die unkonventionell auftretenden Freunde Jacob Michael Reinhold Lenz und Friedrich Maximilian Klinger. 189. An Johann Gottfried Herder ÆWeimar, zwischen 17. und 26. November 1776æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Im Erstdruck wurde der Brief auf „Februar oder M|rz 1780?“, in der WA mit Blick auf die Jahresangabe von Caroline Herder (vgl. berlieferung) auf „Anfang Mai?“ 1779 datiert. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Jahreszahl irrttmlich
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notiert wurde und der Brief, wie schon Haym (2, 3 f., Anm. 4) vermutet, in die erste Zeit nach Herders Ankunft in Weimar am 1. Oktober 1776 gehurt. Daftr spricht dessen Brief an Goethe vom 31. Oktober 1776 (abgedruckt zu Beginn der folgenden Erl|uterungen), der als Bezugsbrief anzusehen ist (vgl. RA 1, 68, Nr 74; HB 4, 310, zu Nr 5). In diesem Brief tberschickt Herder Johann Georg Hamanns Manuskripte der „Philologischen Einf|lle und Zweifel“ mit „Au Salomon de Prusse“. Unter dem 17. November 1776 notierte Goethe: Haman gelesen zu Herdern (GT I 1, 29). Dies dtrfte sich auf die genannten Manuskripte beziehen. Mit dem vorliegenden Brief sandte er diese zurtck, wobei er das Manuskript des Briefes „Au Salomon de Prusse“ expressis verbis (vgl. 191,1) erw|hnt. Dass dies nicht Jahre sp|ter geschehen sein kann, geht nicht nur aus dem unvermittelten Beginn des Briefes hervor, der voraussetzt, dass Herder wusste, von welchem Manuskript die Rede war. Auch die Erw|hnung von Jacob Michael Reinhold Lenz weist auf den Sp|therbst 1776 hin, als sich dieser noch in Weimar aufhielt. Der Bruch zwischen Goethe und Lenz erfolgte aus Anlass von Lenzens Eseley (GT I 1, 30) am 26. November 1776 (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 136). In den folgenden Jahren ist von Lenz weder in Goethes Tagebuch noch in seinen Briefen die Rede. Demnach wurde der vorliegende Brief offenbar in der Zeit zwischen Goethes Hamann-Lekttre und seiner Abwendung von Lenz geschrieben. BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin. – 1 Bl. 23,3618,6(–18,8) cm, 1 /3 S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben links von fremder Hd, Bleistift: „17.“, rechts daneben Stempel: „Herder.“, oben rechts von Caroline Herders Hd, Tinte: „1779.“ E: Aus Herders Nachlaß 1 (1856), 65 f., Nr 24. WA IV 4 (1889), 35, Nr 812. BEI L AG EN
1) Manuskripte und Briefe von Johann Georg Hamann (vgl. die zweite Erl|uterung zu 119,1; zu 119,2; zu 119,3). 2) Rattenjagd von Jacob Michael Reinhold Lenz (vgl. die erste Erl|uterung zu 119,4). 3) Puppenspiel von Goethe (vgl. die zweite Erl|uterung zu 119,4). ERLUTERUNGEN
Der Brief bezieht sich auf Herders Brief vom 31. Oktober 1776 (HB 4, 21, Nr 5; vgl. RA 1, 68, Nr 74). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.
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Herders Bezugsbrief: Salve carissime. Hier sind Hamanns Bl|tter; ich bitte keines zu verlieren; sie sind mir unverwelklich – – – Heut ist Reformationstag, den will ich feiern. Vale et veni visum sororem tuam, perbene se habentem. Vale. (HB 4, 21.) Zur Datierung des Briefes auf den 31. Oktober 1776 vgl. HB 4, 310. – 1 Salve carissime.] Lat.: Sei gegrtßt, Liebster. 1 Hamanns Bl|tter] Manuskript der „Philologischen Einf|lle und Zweifel tber eine academische Preisschrift“ und als Anhang dazu das Manuskript von Hamanns dem preußischen Kunig Friedrich II. gewidmeten (offenen) Brief „Au Salomon de Prusse“ (Abschrift von fremder Hand in Herders handschriftlichem Nachlass in der Preußischen Staatsbibliothek Berlin; HN, XXXVIII 22, 8–22 und 23–27). Beide Texte erschienen erst nach Hamanns Tod (in: Hamann’s Schriften. Hrsg. von Friedrich Roth. Bd 4. Berlin 1823, S. 37–72, und Bd 8. Berlin 1842, S. 191–199). Hamanns „Einf|lle und Zweifel“ beziehen sich auf Herders 1770 als Preisschrift bei der Preußischen Akademie der Wissenschaften eingereichte „Abhandlung tber den Ursprung der Sprache“ (Berlin 1772). 2 Reformationstag] Am 31. Oktober erinnert die protestantische Kirche daran, dass Martin Luther am Tag vor Allerheiligen 1517 seine 95 Thesen an die Ttr der Schlosskirche in Wittenberg anschlug und damit die Reformation der Kirche einleitete. 2–3 Vale Æ:::æ habentem. Vale.] Lat.: Lebe wohl und komm, um deine Schwester ÆCaroline Herderæ zu besuchen, der es sehr gut geht. Lebe wohl. 119,1 l. Br.] Lieber Bruder. 119,1 das Hamanns] Vermutlich fehlt hier ein Nomen (,Manuskript‘ o. .). Gemeint sind Hamanns „Philologische Einf|lle und Zweifel“ (vgl. die Erl|uterungen zum Bezugsbrief). 119,2 Brief au Salomon] Vgl. die Erl|uterungen zum Bezugsbrief. 119,3 Seine Briefe] Briefe Hamanns, die Herder Goethe tberlassen hatte. N|heres konnte nicht ermittelt werden. Zuletzt hatte Hamann am 14./15. Oktober 1776 an Herder geschrieben ( Johann Georg Hamann: Briefwechsel. Hrsg. von Walther Ziesemer und Arthur Henkel. Bd 3. Wiesbaden 1957, S. 253–263), zuvor einen Brief vom 9. bis 13. August 1776 (vgl. ebd., S. 235–244). Zum gesamten Zusammenhang vgl. Josef Nadler: Die Hamannausgabe. Verm|chtnis – Bemthungen – Vollzug. Halle 1930, S. 45, Anm. 2 und 3. 119,4 eine Rattenjagd von Lenz] Bisher wurde angenommen, es kunnte sich um das Manuskript von Lenz’ Literatursatire „Pandaemonium germanicum“ handeln, die 1775 in Straßburg entstanden und nicht zur Veruffentlichung vorgesehen war. Sie enth|lt eine Reihe von Karikaturen zeitgenussischer Literaten (Christian Ftrchtegott Gellert, Christian Felix Weiße, Wieland, Johann Georg
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BRIEF 190
Jacobi). Das dreiaktige Dramolett erschien postum: Pandaemonium germanicum. Eine Skizze von J. M. R. Lenz. Aus dem handschriftlichen Nachlaße des verstorbenen Dichters herausgegeben Ævon Georg Friedrich Dumpfæ. Ntrnberg 1819. – Aus Lenz’ Brief an Herder vom 29. September 1775 geht jedoch hervor, dass er diesem das Manuskript bereits hatte zukommen lassen (vgl. Lenz, Briefe 1, 131). Welches andere 1776 noch nicht publizierte Werk mit Rattenjagd bezeichnet werden konnte, ließ sich nicht kl|ren. 119,4 ein Puppenspiel von mir] Unter dem Titel „Neuerufnetes moralisch-politisches Puppenspiel“ waren 1774, von Friedrich Maximilian Klinger anonym herausgegeben, Goethes „Schunbartsspiel“ „Jahrmarktsfest zu Plundersweilern“ und das Knittelverssttck „Ein Fastnachtsspiel Æ:::æ vom Pater Brey“ erschienen. Das April-Heft 1776 des „Teutschen Merkur“ hatte Goethes Knittelversgedicht „Erkl|rung eines alten Holzschnittes, vorstellend Hans Sachsens Poetische Sendung“ (S. 75–82) gebracht. Ob Goethe einen dieser Texte schickte oder vielleicht ein Manuskript aus der frthen Fassung des „Faust“, aus dem Goethe 1776 wiederholt vorlas, konnte nicht ermittelt werden. 119,6 die Offenbahrung] Gemeint ist das Manuskript der ersten Fassung von Herders Schrift „Johannes Offenbarung. Ein heiliges Gesicht, ohn’ einzelne Zeichendeutung verst|ndlich“ (1774), das in seinem Nachlass in der Preußischen Staatsbibliothek Berlin (HN, VI 29) aufbewahrt wird. Dieses Manuskript ließ der Verfasser im Kreis von Freunden und Bekannten kursieren, zu denen Goethe, Lavater und Lenz gehurten (vgl. Haym 1, 645). Das Werk erschien (nach einer zweiten Niederschrift) unter dem Titel: MAQAM AHA. Das Buch von der Zukunft des Herrn, des neuen Testaments Siegel. Riga 1779. 190. An Philipp Erasmus Reich
ÆWeimar, 29. November 1776æ ! ÆLeipzigæ
DAT I E RU N G
Reich notierte als Empfangsdatum den 1. Dezember 1776 (vgl. berlieferung). Dazu passt der 29. November 1776 in Goethes Rechnungsbuch als Absendedatum (vgl. Postsendungen). Briefe von Weimar nach Leipzig benutigten gelegentlich nur zwei Tage, wie der Brief vom 19. September 1776, den Reich am 21. September erhielt (vgl. berlieferung zu Nr 175). BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 81. – 1 Bl. 21,3617,9 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1/2 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Empfangs- und Antwortvermerk, Tinte: „1776. 1. Xb‘ Weimar / Goethe / B‘“ (vgl. berlieferung zu Nr 21).
NOVEMBER 1776
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E: Goethes Briefe an Leipziger Freunde (1849), 228, Nr 16. WA IV 3 (1888), 124, Nr 537. BEI L AG E
Brief von Jacob Michael Reinhold Lenz an Philipp Erasmus Reich vom 23. November 1776 (abgedruckt in der ersten Erl|uterung zu 119,8). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief (vgl. berlieferung) ist nicht tberliefert. Postsendungen: 29. November 1776 (vgl. GR/RB 1776, 3, Bl. 6v). 119,8 gegenwwrtiges] Brief von Jacob Michael Reinhold Lenz an Philipp Erasmus Reich: Ich habe mich vergriffen wertester Herr als ich unter andern Gesch|ften und Zerstreuungen unter meinen Pappieren etwas ftr Sie suchte. Es war nicht der Engl|nder, eine unvollendete Skizze, sondern gegenw|rtiges Manuscript das ich ftr Sie bestimmt hatte. Sollte es Ihnen zu dem Preise nicht gefallen, so lege hier noch ein anderes bey: sollten aber beyde Ihnen kein Aequivalent scheinen, so bitte es mir zu melden und der Zurtcksendung Ihrer Remesse versichert zu seyn. Vor der Hand bitte also noch mit dem Druck inne zu halten. Ihr ergebenster Lenz. Berka, d. 23sten 9br 1776. (Lenz, Briefe 2, 52 f.). Lenz nimmt Bezug auf seinen Brief an Reich von Mitte November 1776, den Reich am 23. November erhielt (vgl. Lenz, Briefe 2, 51). – 2–3 der Engl|nder] Lenz hatte Reich versehentlich das Manuskript seines Dramas „Der Engl|nder“ gesandt. 3 gegenw|rtiges Manuscript] Darunter befand sich wahrscheinlich das Dramenfragment „Henriette von Waldeck“ (auch „Die Laube“ genannt), das im Sommer 1776 entstanden war, vielleicht „in den ersten Wochen des neuen Lebens“ (Dramatischer Nachlass von J. M. R. Lenz. Zum ersten Male hrsg. und eingeleitet von Karl Weinhold. Frankfurt a. M. 1884, S. 108) in Berka, wohin sich Lenz am 27. Juni zurtckgezogen hatte. Das Sttck blieb zu Lenz’ Lebenszeit ungedruckt; es erschien erst unter dem Titel „Henriette von Waldeck, eine Scene“ in Lenz’ Nachlass (vgl. ebd., S. 113–132). 4 zu dem Preise] Lenz hatte ftnf neue Louisdor verlangt. 4–5 noch ein anderes] Muglicherweise die Prosaschrift „Der Waldbruder“. Sie erschien erst nach Lenz’ Tod unter dem Titel „Der Waldbruder, ein Pendant zu Werthers Leiden, von dem verstorbenen Dichter Lenz“ in Schillers Zeitschrift „Die Ho-
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BRIEFE 191/192
ren“ (1797. 4. Sttck, S. 85–102; 5. Sttck, S. 1–30). 6 Remesse] Auch ,Rimesse‘: Geldsendung (von ital. rimessa: bersendung). 7 mit dem Drucke inne zu halten] Vgl. die erste Erl|uterung zu 119,11. 119,8 bey seiner Abreise] Nach einem nicht n|her bekannten Vorfall, den Goethe in seinem Tagebuch unter dem 26. November 1776 als Lenzens Eseley (GT I 1, 30) bezeichnete, wurde dieser von Herzog Carl August aus Weimar ausgewiesen. Vermutlich am 1. Dezember verließ Lenz die Stadt. Vgl. weiter die einleitende Erl|uterung zu Nr 136. 119,9 die innen benandte Manusscripte] Die Manuskripte der „Henriette von Waldeck“ und muglicherweise des „Waldbruders“ (vgl. die Erl|uterungen zu Lenz’ Brief an Reich vom 23. November 1776, abgedruckt in der ersten Erl|uterung zu 119,8). 119,10 ich finde sie aber nicht] Lenz hatte die Manuskripte, jedenfalls das der „Henriette von Waldeck“ (auch „Die Laube“ genannt), schon frther Goethe tbergeben. Sp|ter bat er von Berka aus Philipp Seidel, seinen Gesch|ftstr|ger in Weimar, der ihn mit W|sche, Lebensmitteln und Btchern versorgte, ihm ftr die weitere Arbeit an dem Sttck eine Abschrift zu schicken. Er erhielt aber das Original (vgl. Dramatischer Nachlass von J. M. R. Lenz, S. 108 f.). Lenz hatte dies offensichtlich vergessen, Goethe ebenso, denn er erkundigte sich bei Seidel nach dem Verbleib des Manuskripts. In Seidels Brief an Lenz vom 30. November 1776 heißt es: „Und dann hat letzhin der Hr. Geh. Leg. Rath nach der Laube gefragt ich weis nicht warum, wollts ihnen aber doch sagen.“ (Lenz, Briefe 2, 57.) Das Manuskript befand sich unter den Papieren, die Lenz mitnahm, als er Weimar verlassen musste. 119,11 mit dem Drucke des Stscks] Gemeint ist das Drama „Der Engl|nder“ (vgl. die Erl|uterungen zu Lenz’ Brief an Reich vom 23. November 1776, abgedruckt in der ersten Erl|uterung zu 119,8). Da kein anderes Manuskript nach Leipzig geschickt wurde, setzte Reich den Druck fort. Im Jahr darauf erschien: Der Engl|nder eine dramatische Phantasey. Leipzig, bey Weidmanns Erben und Reich. 1777. 119,11 weitere Nachricht von ihm] Ein entsprechender Brief von Lenz an Reich ist nicht bekannt. 191. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, 30.? November 1776æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Der Brief wurde unmittelbar vor Jacob Michael Reinhold Lenz’ Abreise aus Weimar geschrieben, die sehr wahrscheinlich am 1. Dezember 1776 erfolgte (vgl. die erste Erl|uterung zu 121,1). Muglicherweise antwortet er auf Eins. Billet (GT
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I 1, 30), das Goethe unter dem 30. November 1776 in seinem Tagebuch vermerkt. In diesem Fall stammt der Brief vom selben Tag, dem 30. November 1776. Das verwendete Siegel (vgl. berlieferung) vom englischen Steinschneider Robert Bateman Wray wurde von Goethe in seinen tberlieferten Briefen sonst nicht benutzt, der Brief muglicherweise also nicht in Goethes eigenen R|umen geschrieben. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/159,I, Bl. 1. – 1 Bl. 19,2623,2 cm, 1/3 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: H‘ v. Einsiedel, Gemmensiegel: M|dchenkopf mit Schleier (vgl. Femmel/Heres, 10 f.). E: Die Grenzboten 32 (1873). Nr 34, S. 298 (Carl August Hugo Burkhardt). WA IV 3 (1888), 123, Nr 533. ERLUTERUNGEN
Der Brief antwortet muglicherweise auf ein nicht tberliefertes Billet (GT I 1, 30) Einsiedels (vgl. Datierung). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Goethe hatte daftr gesorgt, dass Jacob Michael Reinhold Lenz, der Anfang April 1776 nach Weimar gekommen war, nach seiner Eseley (GT I 1, 30) vom 26. November 1776 die Stadt verlassen musste (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 136). Offenbar regte sich in Weimar dagegen Widerspruch. Unter anderen scheint sich auch Einsiedel ftr Lenz eingesetzt zu haben, und zwar entschieden. Darauf kunnte Goethes Tagebucheintragung vom 29. November 1776 schließen lassen: Einsid. hartes Betragen. (GT I 1, 30.) Kritik an Lenz’ Ausweisung kunnte auch Eins. Billet (ebd.) enthalten haben, dessen Empfang Goethe am 30. November 1776 notierte. Dem entspr|che jedenfalls der ebenfalls ,harte‘ Ton des vorliegenden Briefes und die darin zum Ausdruck kommende Kompromisslosigkeit Goethes. 192. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, zweite H|lfte November 1776?æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Der Brief wurde im Erstdruck auf 1776 und in der WA auf November? 1776 datiert, jeweils ohne Begrtndung. Die Erw|hnung der Weines Noth (120,1) erinnert an Goethes Brief an Johann Heinrich Merck vom 22. November 1776, in dem er ebenfalls um eine Weinlieferung bittet (vgl. 118,14–16). Mit den theatralischen Eselskinbacken (120,2) kunnte Goethe auf die Mitglieder des Weimarer Liebhabertheaters anspielen. Um jene Zeit wurden „Die Geschwister“ und „Die Mitschuldigen“ geprobt und am 21. bzw. 28. November 1776 auf-
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BRIEF 193
gefthrt. Muglicherweise wurde der Brief also in der zweiten H|lfte des November 1776 geschrieben. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/159,I, Bl. 2. – 1 Bl. 11,5618,3 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte. E: GJb XI (1890), 71 (Carl August Hugo Burkhardt). WA IV 7 (1891), 355, Nr 545a (nach E; mit Hinweis auf H in den Lesarten [WA IV 7, 369] sowie Textkorrekturen in den „Berichtigungen”, vgl. WA IV 50, 214). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 120,2–3 theatralischen Eselskinbacken Æ:::æ todtschlwgt] Anspielung auf Simsons Sieg tber die Philister bei Lehi, von dem im Alten Testament erz|hlt wird: Simson ergriff den noch blutigen Kinnbacken eines Esels und erschlug damit tausend M|nner (vgl. Buch der Richter 15,15–17). – Das Attribut ,theatralisch‘ zielt muglicherweise auf die Mitglieder des Weimarer Liebhabertheaters ab (vgl. Datierung), die offenbar ebenfalls unter Weinmangel litten.
193. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Ende November 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Die inhaltlichen Beztge zum Brief vom 19. oder 20. November 1776 (Nr 187) lassen vermuten, dass er Ende November 1776 geschrieben wurde (vgl. zu 120,6; zu 120,9–10). Bis auf den Erstdruck bei Schull, der ihn zwischen den 23. und 26. August 1776 einordnet, wurde er seit der Ausgabe von Fielitz auf Ende November 1776 datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 60, Nr 105). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 117. – 1 Bl. 10,168,7 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 4/5 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „93.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 96), vgl. berlieferung zu Nr 18.
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E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 55. WA IV 3 (1888), 122 f., Nr 532. BEI L AG EN
1) Zeichnungen (vgl. zu 120,6). 2) Papier (vgl. zu 120,9–10). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 120,6 den Rest von allerley Bildnerey] Am 19. oder 20. November 1776 hatte Goethe mit Verweis auf Zeichnungen aus Stttzerbach und der Gegend bei Ilmenau (vgl. 117,22; 118,2), die schon im Besitz Charlotte von Steins waren, noch eine Aussicht vom Stszzerbacher berg l i n c k s (117,21–22) tberschickt. Nun kunnten weitere Zeichnungen aus dem Sommer 1776 beigelegen haben, darunter muglicherweise die aus dem Nachlass Charlotte von Steins stammende Zeichnung „Mundloch des Kammerbergstollens“ (Corpus I, 60, Nr 143; vgl. zu 87,20). Erhalten hat sich auch eine Baumstudie mit Goethes Orts- und Datumsangabe Bey Kammerberg d 22 Jul 76 und Goethes Paraphe (ebd., Nr 147), wenngleich deren Provenienz nicht direkt auf die Herkunft aus dem Steinschen Besitz verweist. 120,9–10 Papier mit fsr Himmel Htlle und Fegfeuer] Hier wohl: ,Papier ftr alles Mugliche‘; die Trias ,Himmel, Hulle und Fegefeuer‘ von Goethe zumeist im tbertragenen Sinne als Topos gebraucht (vgl. GWb 4, 1139). Auch im Brief vom 19. oder 20. November 1776 hatte Goethe Grau Papier (117,23) mitgeschickt. – Abwegig erscheint dagegen der Verweis auf Emanuel Swedenborgs ins Deutsche tbersetzte Werk „Vom Himmel und von den wunderbaren Dingen desselben; wie auch von der Geisterwelt und von dem Zustand des Menschen nach dem Tod; und von der Hulle“ (Frankfurt 1776) bei Wahle (vgl. Wahle, GoetheStein 1, 501, Anm. 1 [zu S. 58]), ebenso die Vermutung von Fielitz, damit sei eine „Kinderspielerei mit ktnstlich gefaltetem Papier, das Himmel und Hulle vorstellt“ gemeint (Fielitz, Goethe-Stein 1, 419, Anm. 1 [zu S. 60]). 120,10–11 hatt ich einen Pick Æ:::æ kam ich nicht] Pick: hier im tbertragenen Sinn von ,Groll‘ (vgl. zu 83,18–19). – Im Tagebuch vom 23. bis 30. November 1776 wird ein Besuch bei Charlotte von Stein nur am 28. vermerkt, wobei der Eintrag wie folgt beginnt: Fortwwhrender Verdruss. (GT I 1, 30.) Dies und auch die Eintr|ge der folgenden Tage stehen in Bezug zu Lenzens Eseley (ebd.) vom 26. November (vgl. die Erl|uterung zu Nr 191). Muglicherweise war dies auch der Grund ftr die im vorliegenden Brief anklingende Ver|rgerung.
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194. An Charlotte von Stein
BRIEFE 194/195
ÆWeimaræ, 1. Dezember 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 38. – 1 Bl. 15,5(–15,7)69,4 cm, 1 /2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Papier an den unteren Ecken und am rechten Seitenrand ausgerissen und abgeschnitten beim ffnen der Verschlussoblate; Rs. Adresse: Fr. v. Stein.; Vs oben rechts von fremder Hd, Tinte: „95“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 96), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 72. WA IV 3 (1888), 124, Nr 536. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 120,12 ich weis nicht wie mir ist] Dies und das Folgende in Bezug zu Lenzens Eseley (GT I 1, 30) vom 26. November 1776, die Goethe tief verletzt zu haben scheint (vgl. 121,2–3) und dazu fthrte, dass Lenz Weimar verlassen musste (vgl. die Erl|uterung zu Nr 191). 120,12–13 Die Reise] Am 2. Dezember 1776 brach Goethe mit Herzog Carl August und dessen Begleitung zu einer Reise nach Wurlitz und Leipzig auf (vgl. zu 121,7). 120,14 mein selbst] Fltchtig ftr ,meiner selbst‘. 195. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, 1. Dezember? 1776æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Der Brief wurde vor einer Reise Goethes nach Leipzig geschrieben. Dem Inhalt des Briefes nach kunnte es die Reise vom 2. bis 21. Dezember 1776 gewesen sein. Mit ,Misel‘ ist im vorliegenden Brief muglicherweise Amalie Kotzebue gemeint (vgl. die zweite Erl|uterung zu 120,17). Mit ihr hatte Goethe laut Tagebuch im Oktober und November 1776 in Zusammenhang mit dem Weimarer Liebhabertheater zu tun (vgl. GT I 1, 27 und 29). Am Morgen des 2. Dezember 1776 brach er nach Leipzig auf. Der vorliegende Abschiedsbrief an Einsiedel dtrfte unmittelbar vorher geschrieben worden sein, am 1. Dezember 1776; eine frthere Datierung ist nicht vullig auszuschließen.
DEZEMBER 1776
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BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. – „Ein Folioblatt, eigenh|ndig mit Dinte“ (Angaben in h). h: HAAB Weimar, Sign.: N 5084/3. – Kollation von H durch Carl Schtddekopf in Eduard von der Hellens Handexemplar der WA IV 3, 123 und 291 vom 10. M|rz 1900. E: Die Grenzboten 32 (1873). Nr 34, S. 299 (Carl August Hugo Burkhardt; nach H). WA IV 3 (1888), 123, Nr 534 (mit Textkorrekturen nach h in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 30, 254). Textgrundlage: h. BERLI EFERUNGSVARIANTE
120,17 sagt] sags E BEI L AG E
das Ding (vgl. die erste Erl|uterung zu 120,16). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 120,16 das Ding] Ende November 1776 wurde Jacob Michael Reinhold Lenz aus Weimar ausgewiesen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 136). Die vage Bezeichnung und die Aufforderung zur Verschwiegenheit kunnten darauf verweisen, dass das berschickte etwas mit dieser Angelegenheit zu tun hatte. In einem auf den 29. November 1776 zu datierenden Brief von Lenz an Johann August von Kalb heißt es etwa: „Hier ein kleines Pasquill das ich Goethen zuzustellen bitte, mit der Bitte, es von Anfang – bis zu Ende zu lesen.“ (Lenz, Briefe 2, 56.) Von diesem „Pasquill“ ist auch in Lenz’ Brief an Herder die Rede, der auf den 29. oder 30. November 1776 datiert wird (vgl. ebd.). Mit diesem Brief tbersandte Lenz Herder auch ein Billett: „Von dem versiegelten Zettel an Goethen sag niemand.“ (Lenz, Briefe 2, 57.) 120,16 ich geh nach Leipzig] Goethe brach als Begleiter von Herzog Carl August am 2. Dezember 1776 zu einer Reise tber Wurlitz und Dessau nach Leipzig auf und kehrte am 21. Dezember 1776 wieder zurtck (vgl. zu 121,7). 120,17 Geht nach Gotha] Der Grund zu dieser Aufforderung konnte nicht ermittelt werden, ebenso wenig, ob die gleich darauf erw|hnte Amalie Kotzebue (vgl. die folgende Erl|uterung) sich damals in Gotha oder in Weimar aufhielt. Zwischen Weimar und Gotha gab es traditionell gute Beziehungen; das Fourierbuch 1776 bezeugt nahezu monatlich wechselseitige Besuche von Mitgliedern beider Hufe und der herzoglichen Familien. 120,17 dem Miseln] Junges M|dchen (vgl. zu 22,10); von Goethe in den
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BRIEFE 196/197
ersten Weimarer Jahren oft gebraucht. In Goethes Tagebuch von November 1776 ist damit Amalie Kotzebue, die Schwester August Kotzebues, gemeint (vgl. GT I 2, 410, zu 29,18), die am Weimarer Liebhabertheater mitwirkte (vgl. Datierung); in Goethes „Geschwistern“ spielte sie, erstmals am 21. November 1776, die Marianne. 120,18 zu dieser Bahn berufen] ber Einsiedels theoretische und praktische T|tigkeit ftr das Theater vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 124. 196. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 1. Dezember? 1776æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Der vorliegende Brief, im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778 zugeordnet, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen, wurde seit seiner ersten Veruffentlichung bei Schull entweder auf den 30. November oder den 1. Dezember 1776 datiert. Aus dem Beginn des Briefes geht hervor, dass Lenz bereits ,weggegangen‘ war (vgl. 121,1). Die folgende Anspielung (vgl. 121,2–3) bezieht sich offensichtlich auf dessen endgtltige Abreise aus Weimar infolge seiner Eseley (GT I 1, 30) vom 26. November. Wie Goethes Tagebuch vom 30. November 1776 vermuten l|sst, reiste Lenz am folgenden Tag ab (vgl. die erste Erl|uterung zu 121,1), an dem wahrscheinlich auch der vorliegende Brief geschrieben wurde. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 118. – 1 Bl. 18,5(–18,9)69,7 (–10,2) cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „98“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 101), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 72. WA IV 3 (1888), 124, Nr 535. BEI L AG E
Brief von Lenz an Louise Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach (vgl. die zweite Erl|uterung zu 121,1). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 121,1 Lenz hat mir weggehend] Infolge einer Eseley (GT I 1, 30), laut Goethes Tagebuch begangen am 26. November 1776, musste Lenz Weimar ver-
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lassen. ber den Charakter des Vorfalls konnten bis heute nur Vermutungen angestellt werden. Er muss Goethe aber tief verletzt haben, wie auch der vorliegende Brief belegt (vgl. insgesamt die einleitende Erl|uterung zu Nr 136). Am 29. oder 30. November hatte Lenz in seinem Abschiedsbrief an Herder geschrieben: „Wolltest Du ihn ÆHerzog Carl Augustæ mtndlich bitten, mir huldreichst zu verzeihen, daß ich seine Btcher solange gehabt und gebraucht und daß ich die Dreistigkeit habe ihn unterth|nigst nur um einen Aufschub von einem Tage zu bitten Æ:::æ.“ (Lenz, Briefe 2, 57.) Offenbar mit Bezug auf diese Bitte vermerkte Goethe am 30. November im Tagebuch: L. ÆLenz’æ Letzte Bitte um noch eine Tag stillscheigend Æsic!æ accordirt. (GT I 1, 30.) Demzufolge verließ Lenz Weimar sehr wahrscheinlich am 1. Dezember 1776. Am 31. Dezember schreibt Wieland an Catharina Elisabeth Goethe in Frankfurt: „Daß Lenzchen bey Euch gewesen, und viel Liebs und Guts von uns gesagt hat, wie er denn auch mit gutem Gewissen thun konnte, war mir lieb zu vernehmen. Der wunderliche tr|umerische Mensch ist von hier verschwunden, wie er erschienen war – ich wußte eben so wenig, wohin er gieng, als woher er kam.“ (WB 5, 578 f.) 121,1 Brief an H. Louise] Nicht tberliefert. – Das Fragment eines franzusischen Briefes wahrscheinlich vom 29. November 1776 wurde zuerst 1901 als Brief von Lenz an die Herzogin Louise gedruckt (vgl. Erich Schmidt: Lenziana. In: Sitzungsberichte der Kuniglich Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Bd 41, S. 1017). Seit der Veruffentlichung durch Karl Freye und Wolfgang Stammler gilt Herzog Carl August als Adressat (vgl. Lenz, Briefe 2, 56, Nr 249). 197. An Charlotte von Stein mit Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach ÆWeimaræ, 2. Dezember 1776 ! ÆWeimaræ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 39. – 1 Bl. 10,9617,3 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 1 S. beschr., Carl Augusts Hd, Tinte (Petitdruck) und egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein., Reste eines roten Siegels: herzogliches Wappen; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „96“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 97), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 73. WA IV 3 (1888), 125, Nr 538. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
442
BRIEF 198
121,6 frsh um 1/2 7.] Laut Goethes Tagebuch vom 2. Dezember 1776 ging er frsh nach sieben weg. (GT I 1, 30.) 121,7 reisen wir] Nach Leipzig, Wurlitz und Dessau: „Hette frth gegen 7. Uhren Verreißeten unßer Durch‘. Herzog auf einige Tage benebst denjenigen Personen, als 1. H‘. Cammerh‘. v. Wedel, 2. ÆH‘.æ Geh. Legat. Rath Gehde, desgl. der Jagd Laquai. Scheffler, der Laufer Beilschmidt“ (FB 1776, S. 303). Am Nachmittag des 21. Dezember trafen Goethe und der Herzog wieder in Weimar ein (vgl. GT I 1, 31). – Eine gemeinsame Reise nach Leipzig und Dessau war schon im M|rz 1776 geplant, musste aber infolge der Erkrankung Carl Augusts verschoben werden (vgl. zu 42,16). 121,11–12 die Gttter die uns Æ:::æ abseits tragen] Anspielung auf das Gleichnis vom Propheten Habakuk: „Es war aber ein prophet Habacuc in Jud|a, der hatte einen brey gekocht, und brod eingebrockt in eine tieffe schtssel, und gieng damit aufs feld, daß ers den schnittern br|chte. / Und der Engel des Herrn sprach zu Habacuc: du must das essen, das du tr|gest, dem Daniel bringen gen Babel in der luwen graben. / Und Habacuc antwortete: Herr, ich habe die stadt Babel nie gesehen, und weiß nicht, wo der graben ist. / Da fassete ihn der engel oben beym schopff, und fthrete ihn, wie ein starker wind, gen Babel an den graben.“ (Vom Drachen zu Babel, 32–35; Luther-Bibel 1772 Apokryphen, 906.) – Nach dem Verdruss tber Lenzens Eseley (GT I 1, 30) und dessen erzwungener Abreise (vgl. die erste Erl|uterung zu 121,1) war Goethe erleichtert, Weimar nun auch selbst ftr einige Zeit verlassen zu kunnen (vgl. 120,12–14). 198. An Charlotte von Stein
Rippach, 2. Dezember Æ1776æ ! Weimar
DAT I E RU N G
Der vorliegende Brief, im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) in den Dezember 1778 eingeordnet, wird seit seiner ersten Veruffentlichung bei Schull ins Jahr 1776 gesetzt. Der Ortsangabe Rippach (121,16) zufolge wurde er zu Beginn der Reise nach Leipzig, Wurlitz und Dessau geschrieben, zu der Goethe mit Herzog Carl August am 2. Dezember 1776 aufgebrochen war (vgl. zu 121,16). Anfang Dezember 1778 hingegen befand sich Goethe in Weimar (vgl. GT I 1, 67). Auch das Jahr 1777 ist auszuschließen, da Goethe bereits Ende November zu seiner Reise in den Harz aufbrach (vgl. ebd., 53). BERLIEFERUNG
H: GSAWeimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 103. – Doppelblatt 16,3(–16,5)617,3 (–17,5) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Frau / Oberstallmeister von Stein / nach / Weimar / fr, Reste eines rotbraunen Wappensiegels (Luwe
DEZEMBER 1776
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mit Schweif?), Postvermerk; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „61“, unten rechts von fremder Hd, Bleistift: „ist von 1776.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 63), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 73. WA IV 3 (1888), 125 f., Nr 539. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 121,16 d‘. 2 Dez. Abends 8] Am Morgen des 2. Dezember frsh nach sieben (GT I 1, 30) war Goethe im Gefolge des Herzogs Carl August von Weimar aus in Richtung Leipzig aufgebrochen (vgl. 121,5–7). 121,16–17 in Rippach Æ:::æ im Mondschein nach Leipzig] Rippach, etwa 30 km stdwestlich von Leipzig (vgl. die erste Erl|uterung zu 47,4); im Tagebuch vom 2. Dezember 1776 heißt es: Nachts in Rippach ein Paar stund geschlafen (GT I 1, 30). In Leipzig hielt sich die Gesellschaft am Morgen des 3. Dezember nur ftr etwa eine Stunde auf, um dann nach Wurlitz weiterzureisen. Den kurzen Aufenthalt nutzte Goethe zu einem Besuch bei Adam Friedrich Oeser, dem Direktor der Leipziger Zeichenakademie (vgl. ebd.), der wahrscheinlich bei dieser Gelegenheit verbindlich nach Weimar eingeladen wurde, wo er am 21. Dezember 1776 eintraf, dem Tag, an dem auch Goethe und der Herzog dorthin zurtckkehrten (vgl. FB 1776, S. 314). 121,18 meinen Verwirrungen] Vgl. die erste Erl|uterung zu 121,1. 121,20 die G e s c h w i s t e r ] Der Einakter war laut Tagebuch zwischen dem 26. und 31. Oktober 1776 entstanden und am 21. November mit Goethe in der Rolle des Wilhelm vom Liebhabertheater uraufgefthrt worden (vgl. GT I 1, 28 f.; Sichardt, 140); hier mit Bezug auf eine Handschrift der „Geschwister“, wahrscheinlich auf die von Seidels Hand, die sich 1890 im Besitz der Nachkommen Charlotte von Steins befand und heute im Goethe-Museum Dtsseldorf aufbewahrt wird (H: GMD NW 2346/2003; vgl. WA I 9, 501). 121,20 nicht weiter giebt] Ganz |hnlich hatte Goethe am 6. November 1776 nach Frankfurt an seine Mutter, Johanna Fahlmer und Johann Caspar Bulling mit Bezug auf ein Manuskript der „Geschwister“ geschrieben: Leßts! lassts den Vater lesen, schickts der Schwester und die soll mir’s wiederschicken, niemand solls abschreiben. Und das soll heilig gehalten werden (116,4–6). Offenbar sollte das Sttck, das erst 1787 im 3. Band der „Schriften“ (S. 249–292) gedruckt wurde, zun|chst nur einem ausgew|hlten Kreis zug|nglich gemacht werden. Muglicherweise beftrchtete Goethe Rtckschltsse des Publikums auf seine persunlichen Verh|ltnisse, |hnlich wie er es 1774 nach der Veruffentlichung des „Werthers“ erlebt hatte (vgl. GB 2 II, zu 175,4–5; zu 175,6). Anlass h|tte z. B. schon der Name ,Charlotte‘ geben kunnen, in den „Geschwistern“ die |ltere, frth verstorbene Freundin des Helden Wilhelm, der durch sie
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BRIEF 199
ein ganz anderer Mensch geworden war (WA I 9, 123). Von einem Brief Charlottes, aus dem Wilhelm im Sttck zitiert, wurde sp|ter vermutet, dass ihm ein authentischer Brief Charlotte von Steins zugrunde l|ge, woftr es allerdings keinen Beleg gibt (vgl. Petersen, Goethe-Stein 1, XIII f.): W i l h e l m . Es war in den ersten Tagen unserer Bekanntschaft. „Die Welt wird mir wieder lieb,“ schreibt sie, „ich hatte mich so los von ihr gemacht, wieder lieb durch Sie. Mein Herz macht mir Vorwsrfe; ich fshle, daß ich Ihnen und mir Qualen zubereite. Vor einem halben Jahre war ich so bereit zu sterben, und ich bin’s nicht mehr.“ (WA I 9, 123.) 121,21 Gotha] Residenz des mit dem Weimarer Ftrstenhaus befreundeten Herzogs Ernst II. Ludwig von Sachsen-Gotha und Altenburg. Laut Fourierbuch reiste Herzogin Louise in Begleitung ihrer Oberhofmeisterin Gr|fin von Giannini, ihrer Hofdamen sowie des Kammerherrn Sigmund von Seckendorff am 7. Dezember 1776 „frth halb 10 Uhr von hier ÆWeimaræ nach Gotha ab“ (FB 1776, S. 308), von wo sie erst am Abend des 17. Dezember zurtckkehrte (vgl. ebd., S. 310). 122,1 Schrittschue] ltere Nebenform zu ,Schlittschuhe‘: „die alte sprache kennt ausschlieszlich die bildung s c h r i t t s c h u h zum verb s c h r e i t e n , schuh zu weitem schritt.“ (Grimm 9, 759.) Der Gebrauch der Wortform ,Schrittschuhe‘ scheint auf Klopstocks Frankfurter Besuch Ende September 1774 zurtckzugehen (vgl. GB 2 II, zu 135,22). Als ,Schrittschuhe‘ oder ,Schlittschuhe‘ wurden damals nur die Metallkufen bezeichnet, n|mlich „glatte viereckte vorn krumm gebogene St|be von Eisen oder Stahl, welche man unter die Schuhsohlen befestiget, um vermittelst derselben schnell auf dem Eise fortzuschreiten“ (Adelung 3, 1659). – Goethe, der in Frankfurt ein begeisterter Eisl|ufer gewesen war, hatte das Schlittschuhlaufen in der Weimarer Hofgesellschaft verbreitet, wie u. a. die Erinnerungen Carl von Steins belegen: „Zu dieser Misbilligung Æden Einfluss Goethes auf den jungen Herzog betreffendæ gehurte auch unter anderen das Schlittschuhlaufen, ein vorher nur bey den untern St|nden der Stadt gebr|uchliches Vergntgen. Auf Guthens Veranlassung wurde hierzu ein Teich im sogenannten Baumgarten (eine damals herzogliche, sp|ter von Bertuch acquirierte Besitzung) erw|hlt. Es wurde ein transportabel Bretterh|usgen mit einem Windofen ans Ufer gebauet, mehrere Schlittenstthle angeschafft, Damen auf dem Eise spatzieren zu fahren.“ (Goethe/Carl von Stein, 2 f.) Nach den Erinnerungen Lynckers sei Herzog Carl August „eine Zeit lang fast t|glich“ auf dem Eis gelaufen, ebenso h|tten Herzogin Louise und Charlotte von Stein das Schlittschuhfahren gelernt (Lyncker, 57). 122,2–3 ich wie der Mond] Die Mondmetapher gebraucht Goethe in dieser Zeit h|ufiger ftr sich in Anspielung auf den wiederkehrenden Wechsel zwischen N|he und Rtckzug, der seine Beziehung zu Charlotte von Stein charakterisiert (vgl. zu 98,5).
DEZEMBER 1776
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122,3–4 schrieb ich vor drey vierteliahr an Sie] Vgl. den Brief vom 25. M|rz 1776 (Nr 69).
199. An Charlotte von Stein
Wurlitz, 5. ÆDezemberæ 1776 ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Der Monat wurde nach dem Inhalt des Briefes korrigiert: In Wtrliz (122,5) hielt sich Goethe und die herzogliche Reisegesellschaft seit dem 3. Dezember 1776 auf (vgl. zu 122,5; vgl. auch berlieferung). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 37. – 1 Bl. 16,4(–16,8)69,5 (–11,1) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte; Monatsangabe Nov (122,11) gestr., korrigiert zu „Dcbr“ von Charlotte von Steins Hd, Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „92.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 92), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 74. WA IV 3 (1888), 126, Nr 540. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 122,5 Lusthause Wtrliz] Dem Kontext und Goethes Tagebuch vom 5. Dezember zufolge das Schloss. Von Leipzig aus waren Goethe und die herzogliche Reisegesellschaft am 3. Dezember abends gegen 7 in Wtrliz eingetroffen, wo am 5. Dezember das Schloß besehn wurde (GT I 1, 30). Das Wurlitzer Schloss, der erste klassizistische Schlossbau in einem deutschen Ftrstentum, war nur wenige Jahre zuvor zwischen 1769 und 1773 anstelle eines barocken Jagdschlosses errichtet worden. Es lag inmitten eines nach englischem Vorbild angelegten Landschaftsparkes. Baumeister war Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff, ein Freund des regierenden Herzogs Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (vgl. zu 148,12). Außergewuhnlich war es nicht allein wegen seiner Architektur, der nach antiken Vorbildern gestalteten Decken- und Wandmalereien, der Antiken und Gem|ldesammlungen, sondern auch wegen einer Reihe technischer Neuerungen wie der Ausstattung mit Badezimmern, gusseisernen fen, Wandklappbetten oder einem Eisschrank. Seit seiner Fertigstellung war es auch ftr die ffentlichkeit zug|nglich. 122,6 zeichn’ ich Ihnen was] Von diesem ersten Aufenthalt in Wurlitz hat sich keine Zeichnung Goethes erhalten; eine Bleistiftzeichnung mit Tuschlavierung
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BRIEF 200
von „Schloß Wurlitz“, die im GNM tberliefert ist, stammt von einem sp|teren Aufenthalt im Mai 1778 (vgl. Corpus I, 76 f., Nr 197). 122,7 die Leute] Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau und dessen Hof. 122,7–8 hezzen uns mit den Sauen herum] Am 4. Dezember 1776 findet sich im Tagebuch zum erstenmal der Eintrag auf der Schweinhatze (GT I 1, 30), der sich bis zur Abreise aus Wurlitz am 18. Dezember noch ftnfmal wiederholt; außerdem fanden am 11., 13. und 15. Dezember Treibjagden statt (vgl. ebd.). 122,9–10 bin ich Æ:::æ bey Ihnen] Die Rtckreise wurde am 20. Dezember wiederum in Leipzig unterbrochen, von wo aus Goethe und der Herzog am 21. Kourier (GT I 1, 31), d. h. im Eiltempo, nach Weimar zurtckritten. Am selben Abend besuchte Goethe Charlotte von Stein (vgl. ebd.). 122,11 5. Nov. 1776] Monatsname verschrieben (vgl. Datierung). 200. An Friedrich Justin Bertuch
ÆWurlitzæ, 11. Dezember 1776 ! Weimar
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 6/628. – 2 Bl. (ursprtnglich Doppelblatt) 16,5620 cm, (Bl. 1) 1 S. mit 6 Zeilen (etwa 1/5 S.) beschr., egh., Tinte; (Bl. 2) Adresse: Herrn Rath / Bertuch / nach / Weimar. / franck, Siegel: herzogliches Wappen. E: GJb IV (1883), 197, Nr 1 (Ludwig Geiger). WA IV 3 (1888), 126, Nr 541 (nach E). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Friedrich Johann Justin Bertuch (1747–1822), in Weimar geboren und gestorben, fast ftnfzig Jahre in Goethes Umkreis t|tig, gehurte zu dessen langj|hrigen Bekannten und zu den wohlhabendsten Btrgern der Stadt. Er war der Sohn des weimarischen Garnisonsarztes Justinus Bertuch und dessen Frau Christina Rosina Maria verw. Slevoigt geb. Btrger. Nach dem frthen Tod der Eltern 1752 bzw. 1762 wuchs Bertuch als mittellose Waise bei seinem Oheim Gottfried Matthias Ludwig Schrun, Sektret|r an der Ftrstlich S|chsischen Landschaftskasse, auf; er besuchte das Gymnasium und bezog 1765 die Universit|t Jena. Dort studierte er zun|chst Theologie, dann Jura. Als Bertuch, den es zu Literatur und Naturkunde hinzog, von Ludwig Heinrich Bachoff von Echt eine Hauslehrerstelle angeboten wurde, brach er sein Studium ab und ging als Hofmeister der drei |ltesten Kinder des Freiherrn nach Gut Romschttz bei Altenburg. In dessen Haus lernte Bertuch nicht nur, sich korrekt und gewandt in Gesellschaft zu bewegen, sondern machte
DEZEMBER 1776
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sich auch, angeregt durch den Freiherrn und dessen umfangreiche Bibliothek, mit der spanischen Sprache und Literatur vertraut. Schon in dieser Zeit arbeitete er an bersetzungen aus dem Spanischen und dem Franzusischen. Zu seinen bedeutendsten Leistungen z|hlt die sechsb|ndige Cervantes-bersetzung „Leben und Thaten des weisen Junkers Don Quixote von La Mancha“ (Weimar und Leipzig 1775–1777), die auch beim Publikum Erfolg hatte. Im Frthjahr 1773 kehrte Bertuch als freier Schriftsteller in seine Vaterstadt zurtck, nicht zuletzt veranlasst durch die Ankunft Wielands einige Monate zuvor, dessen Bekanntschaft er schon lange gesucht hatte. Im gleichen Jahr wurde sein Trauerspiel „Elfriede“ in Weimar uraufgefthrt. Bertuch wurde Mitarbeiter an Wielands „Teutschem Merkur“ und fthrte bis 1776 mit Erfolg und im Wesentlichen allein die Gesch|fte der Zeitschrift, an der er auch sp|ter mitarbeitete. Daneben wandte sich Bertuch auch als Unternehmer und Organisator der Kunst und Literatur zu, deren ukonomische Seite ihn anzog. In seinen 1774 entstandenen, damals jedoch unveruffentlichten „Gedanken tber den Buchhandel“ entwarf er den Plan eines industriellen Buchhandels, der von Papiermthlen und Druckereien bis zu Buchbindereien und Kupferstechereien alle Zweige der Produktion umfassen und Weimar zu neuer Prosperit|t verhelfen sollte (gedruckt in: Archiv ftr Geschichte des Buchwesens 7 [1967], Sp. 1797–1810). Mit seiner (zu Lebzeiten ebenfalls nicht gedruckten) Denkschrift an Herzogin Anna Amalia tber den „Entwurf einer mit wenigen Mitteln hier zu errichtenden freien Zeichenschule“ verfolgte Bertuch |hnliche Zwecke. Die Einrichtung sollte Voraussetzungen daftr schaffen helfen, das heimatliche Kunstgewerbe zu furdern und einen eigenen Handel mit Luxusgttern aufzubauen, statt sie zu importieren – ein Vorhaben, das er sp|ter mit seinem „Industrie-Comptoir“ selbst in die Tat umzusetzen suchte. Bertuchs ukonomische und organisatorische F|higkeiten machte sich Herzog Carl August zunutze, indem er ihn unmittelbar nach seinem Regierungsantritt am 3. September 1775 zum Geheimen Sekret|r und zum Verwalter der herzoglichen Privatschatulle berief. ber zwei Jahrzehnte versah Bertuch diese mter. W|hrend dieser Zeit ging er indes weiterhin – mit ausgepr|gtem Sinn ftr die Bedtrfnisse des Markts und des Publikums – seinen vielf|ltigen kaufm|nnischen, literarischen und verlegerischen Interessen nach. Erfolg brachte ihm das erw|hnte „Industrie-Comptoir“; das seit 1791 existierende Unternehmen war zun|chst als Handelshaus von landeseigenen Waren und Produkten geplant, trat schließlich aber im Wesentlichen als Verlagsgesch|ft in Erscheinung mit Werkst|tten ftr Herstellung und Druck von Kupferstichen und Steindrucken, einer Kolorieranstalt u. a. m. 1796 zog sich Bertuch aus seinen mtern ins Privatleben zurtck und widmete sich ganz seinen Gesch|ften. Als Goethe im November 1775 nach Weimar kam, begegnete Bertuch dem vermeintlichen Kritiker seines Mentors Wieland zun|chst zurtckhaltend; im Jahr zuvor war Goethes Farce „Gutter Helden und Wieland“ erschienen. Nach einiger
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BRIEF 200
Zeit aber lernten sich beide im Umkreis von Herzog Carl August besser kennen. Bertuch gehurte mit Goethe, Friedrich Hildebrand von Einsiedel und Johann August von Kalb zu der Gruppe junger Leute, die Weihnachten 1775 im Forsthaus Waldeck bei Btrgel (ustlich von Jena) verbrachten. Dort schloss er mit Goethe Freundschaft und tauschte das ,Du‘ aus (vgl. Datierung zu Nr 561). Goethes vertrautes Verh|ltnis zu Wieland dtrfte zur freundschaftlichen Beziehung zu Bertuch mehr beigetragen haben als das jugendliche Treiben um Carl August (vgl. dartber die einleitenden Erl|uterungen zu Nr 57 und 112), dem Bertuch distanziert gegentberstand. Aus Goethes Tagebuch l|sst sich entnehmen, dass Goethes Verh|ltnis zu dem herzoglichen Kabinettssekret|r, dessen naturkundliche und literarische Interessen ebenso Ankntpfungspunkte boten wie seine Mitgliedschaft im Weimarer Liebhabertheater, zun|chst recht eng war; am 13. Juni 1776 heißt es: Mit Bertuch gessen (GT I 1, 19), am 22. Juni: Belvedere Bertuch (ebd.), am 1. Dezember: Nachts bey Bertuch. (GT I 1, 30.) Danach allerdings ist von ihm nicht mehr die Rede. Erst 1780 findet sich Bertuch wieder erw|hnt, am 19. Januar: Kam Bertuch. Entsezlich behaglicher Laps. (GT I 1, 103.) In diesem Ausdruck – der mit ihm Bezeichnete ist nach Auskunft des GWb ein „schlaff-weichlicher, turichter Mensch“ (GT I 2, 506, zu 103,23) – wird die Entfremdung deutlich, die Ende der 1770er Jahre zwischen den Freunden eingetreten war. Da sich tber die Grtnde weder bei Goethe noch bei Bertuch Aufschluss gewinnen l|sst, kann nur spekuliert werden. Denkbar ist, dass Bertuch als Schatullier des Herzogs das aufw|ndige Leben und die kostspieligen Reisen kritisch betrachtete, zuletzt die Reise in die Schweiz von September 1779 bis Januar 1780, die nach Carl August Buttiger zu den „kostbarsten Geniestreichen“ gehurte (Literarische Zust|nde, 75). Bertuch selbst sprach (in einem Brief an Johann Wilhelm Ludwig Gleim vom 22. Juni 1776) von wiederkehrendem „schrecklichen Aerger“ in seinen Amtsgesch|ften (Heinrich Pruhle: Bertuchs Briefe an Gleim. In: Die Grenzboten 40 [1881]. Nr 11, S. 481) und davon, dass er keine Lust habe, „die Genies zu ftttern und zu kleiden“ (Buttiger, Literarische Zust|nde, 35). Aus eben diesem Grund wurde Bertuch von Seiten des Herzogs und seines Kreises als Philister und Spießbtrger angesehen. Goethe seinerseits hielt Bertuch ftr eine – wie auch Schiller fand –„mercantilische Seele“ (Brief an Christian Gottfried Kurner, 23. Februar 1788; NA 25, 19), der auch Literatur und Kunst nur unter kaufm|nnischem Gesichtspunkt von Interesse schien. Bertuchs Verfahren, die Bedtrfnisse des Marktes und des Publikums zu erkennen und zu bedienen, empfand Goethe als Kommerzialisierung und Trivialisierung des Literaturbetriebs; dies etwa dtrfte mit der Wortschupfung von der ,Verbertuchung‘ der Literatur im Brief an Charlotte von Stein vom 20. bis 27. Oktober 1779 gemeint sein (Briefteil vom 20. Oktober; 322,19–20). Ende Januar 1780 soll sich zugetragen haben, was Daniel Falk sp|ter berichtete: „Als Guthe von der Schweizer Reise zurtckkehrte und Geheimer Rath geworden war ging Bertuch zu ihm im
DEZEMBER 1776
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Garten, da er sah, dass ihm das Du genirte Æ:::æ und sagte ihm: Lieber Guthe da ich sehe, dass unser bisheriges verh|ltniss dich auf der Stufe, die du betreten hast geniren kunnte: so gebe Ich dir das D u zurtcke. Er reichte nur die Hand und sagte: Ich danke Ihnen herzlich und nehme es an.“ (BG 2, 222.) Was den Briefwechsel angeht, so findet sich die Rtckkehr zum ,Sie‘ erstmals in Goethes Brief vom 8. M|rz 1781 (vgl. WA IV 5, 69). In den Jahren danach blieb die Distanz; als weimarische Beamte und Angehurige der Gesellschaft pflegten sie einen huflich-gesch|ftsm|ßigen Umgang. Um die Jahrhundertwende kam es dennoch zu einigen Auseinandersetzungen. So unterdrtckte Goethe eine kritische Rezension Buttigers tber die von ihm inszenierte Auffthrung von August Wilhelm Schlegels „Ion“ im Januar 1802; in einem Brief an Bertuch vom 12. Januar 1802 drohte er damit, dass er „sogleich an Durchl. den Herzog gehe und Alles auf die Spitze setze“ (WA IV 16, 3), wenn er, Bertuch, die Veruffentlichung in der „Allgemeinen Literatur-Zeitung“ nicht verhindere. Im Jahr darauf nahm Bertuch Gelegenheit, seinerseits eine Rezension Goethes zugunsten des Jenaer Botanikers Franz Joseph Schelver in der „Allgemeinen Literatur-Zeitung“ zurtckzuweisen (vgl. Bertuch an Goethe, 2. Juni 1803 [RA 4, 230 f., Nr 752]; Goethe an Bertuch, 7. Juni 1803 [WA IV 16, Nr 4664]). Als diese Zeitung Ende 1803 von Jena nach Halle verlegt wurde, geriet ihr Mitherausgeber Bertuch, wie Christian Gottlob Voigt an Goethe schrieb, „ganz unter die literarischen Widersacher“ (Brief vom 30. November 1803; Goethe-Voigt 2, 372). Mangelnde persunliche Sympathie hinderte Goethe nicht, Bertuchs vielf|ltige gesch|ftliche Beziehungen in Anspruch zu nehmen. So vermittelte dieser die erste Edition von Goethes gesammelten „Schriften“, die 1787–1790 in 8 B|nden bei Georg Joachim Guschen in Leipzig verlegt wurden; 1790 erschien im Januar-Heft von Bertuchs „Journal des Luxus und der Moden“ ein Nachdruck (des im Jahr zuvor als Einzeldruck publizierten) Goetheschen Aufsatzes „Das Rumische Carneval“; 1791/92 gab Bertuch Goethes „Beytr|ge zur Optik“ (1./2. Sttck) im „Industrie-Comptoir“ heraus. Auch sp|ter kam es hin und wieder zur Zusammenarbeit; so veruffentlichte Bertuch 1813 in den „Allgemeinen Geographischen Ephemeriden“ und als Einzeldruck Goethes von Alexander von Humboldt angeregte Karte „Huhen der Alten und Neuen Welt bildlich verglichen“, die auswwrts so viel Gunst erwarb, daß ein Nachstich davon in Paris erschien. (Tag- und Jahres-Hefte 1807; WA I 36, 9.) Als Goethe zwei Jahre sp|ter mit seinen Lebenserinnerungen besch|ftigt war, wandte er sich an Bertuch als Zeugen seiner ersten Jahre in Weimar und bat ihn, sich jener Ihrer eigenen Blsthenzeit wieder zu erinnern und mir einen Aufsatz darsber mitzutheilen, von dem ich alsdann Æ:::æ den heitersten Gebrauch machen wollte. (WA IV 27, 274.) Zu einer persunlichen Wiederann|herung kam es jedoch nicht, auch nicht, nachdem Goethe 1808 Bertuchs Wahl zum Meister vom Stuhl in der Weimarer Freimaurerloge „Anna Amalia zu den drei Rosen“ unterstttzt hatte. Sein Verh|ltnis zu dem Verleger
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BRIEFE 201/202
war und blieb ambivalent. Auf der einen Seite anerkannte Goethe dessen unternehmerischen Leistungen und gesch|ftlichen Erfolge; wiederholt sprach er vom Legationsrath Bertuch und dessen unermsdeter Thwtigkeit (Campagne in Frankreich [1822]; WA I 33, 219) und nannte ihn (in einem Paralipomenon zu „ber Kunst und Alterthum“ [ebenfalls 1822]) ein Beyspiel im Literarischen, Merkantilischen und Technischen (WA I 41.2, 400). Auf der anderen Seite |ußerte er (fast zur gleichen Zeit) in einem Gespr|ch mit Kanzler Friedrich von Mtller vom 18. Mai 1821: Der grtßte Virtuos im Aneignen fremder Federn war Bertuch, der doch selbst nie eine Idee gehabt habe (Mtller, Unterhaltungen mit Goethe, 57). – Literaturhinweise: Albrecht von Heinemann: Ein Kaufmann der Goethezeit. Friedrich Justin Bertuchs Leben und Werk. Weimar 1955; Siglinde Hohenstein: Friedrich Justin Bertuch (1747–1822) – bewundert, beneidet, umstritten. Berlin, New York 1989; Gerhard R. Kaiser und Siegfried Seifert (Hrsg.): Friedrich Justin Bertuch (1747–1822). Verleger, Schriftsteller und Unternehmer. Ttbingen 2000. Da beide in Weimar lebten, ist die Korrespondenz zwischen Goethe und Bertuch trotz ihrer langen Bekanntschaft sehr sporadisch. Von Goethe sind (zur Zeit) insgesamt tber 60 Briefe tberliefert, von denen in einigen F|llen Bertuch als Adressat unsicher ist. Von Bertuchs Briefen an Goethe haben sich nicht ganz 50 erhalten, davon keiner aus dem Zeitraum des vorliegenden Bandes. Die in diesem enthaltenen ftnf Briefe Goethes an Bertuch handeln allesamt von Geldangelegenheiten. Laut Tagebuch hielt sich Goethe als Begleiter des Herzogs Carl August vom 3. bis 6. und vom 9. bis 19. Dezember 1776 zur Jagd in Wurlitz auf (vgl. GT I 1, 30). Die 400 Gulden, die Bertuch an den Frankfurter Kaufmann Johann Caspar Bulling schicken sollte, waren vermutlich zur Bezahlung einer Weinrechnung Johann Heinrich Mercks bestimmt (vgl. die zweite Erl|uterung zu 118,12). 122,12–13 Postwagen] Die ,fahrende‘ Post war zwar langsamer als der ,reitende‘ Postbote, konnte aber Pakete und Wertsachen transportieren. 122,13 die Carolin] Der Mtnzname wurde gewuhnlich im Maskulinum gebraucht, gelegentlich aber auch als Femininum (vgl. Grimm 11, 221 f.). 122,13 zu 11 f] Nach der Tabelle „Mtnze und Geldrechnung in Goethes Briefen 1775–1779“ im vorliegenden Band hatte der Carolin den Wert von etwa 6 1/2 Reichstalern, was knapp 8 Gulden entspricht (vgl. S. LIII). Nach Adelung betrug sein Wert „im Reiche“ 12 Gulden (1, 1310). 122,13–14 wie schon gesagt] Ein entsprechender Brief Goethes an Bertuch von der am 2. Dezember 1776 angetretenen Reise nach Dessau, Wurlitz und Leipzig ist nicht tberliefert (vgl. EB 125).
DEZEMBER 1776
201. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 22. Dezember 1776 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 40. – 1 Bl. 13,9(–14,1)67,1 (–7,5) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „98“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 99), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 75. WA IV 3 (1888), 127, Nr 542. BEI L AG E
Wanderstab (122,17). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 122,16 d a s nicht geben] Muglicherweise Aufzeichnungen Charlotte von Steins (vgl. die zweite Erl|uterung zu 116,14). Dtntzer vermutet, dass „die Freundin Æ:::æ ihm ÆGoetheæ einen Ring“ geschenkt habe, kann dies aber nicht belegen (Dtntzer, Goethe-Stein, 60, Anm. 3). 122,17 Wanderstab] N|heres nicht ermittelt. 122,17–18 in Ihren Thwlern] In der Umgebung von Schloss Kochberg, dem Landsitz der Familie von Stein. 122,18 Vielleicht komm ich zu tische.] Laut Tagebuch hat Goethe am 22. Dezember Mit * ÆCharlotte von Steinæ gessen (GT I 1, 31). Am Vortag war er von seiner Reise aus Wurlitz, Dessau und Leipzig zurtckgekehrt (vgl. zu 121,7) und hatte die Adressatin noch am selben Abend besucht (vgl. GT I 1, 31). 202. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 23. Dezember 1776 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 40. – 1 Bl. 19,7610,4 cm, 3 Zeilen beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „99.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 100), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 75. WA IV 3 (1888), 127, Nr 543.
452
BRIEFE 203/204
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 123,1 Riss] Geb|udegrundriss oder -aufriss; nicht tberliefert. Muglicherweise ein Grund- oder Aufriss des Wurlitzer Schlosses, das Goethe kurz zuvor besucht hatte (vgl. zu 122,5). Im GNM hat sich die Zeichnung eines „Parkschlußchens mit S|ulenportikus“ sowie einem Aufriss und vier Grundrissen erhalten, wozu die Anregungen „vom Wurlitzer Schloß ausgegangen sein dtrften“, die wahrscheinlich aber von 1779 stammt (Corpus I, 77, Nr 199). Aus sp|terer Zeit sind vor allem im GSA zahlreiche architektonische Zeichnungen Goethes tberliefert (vgl. z. B. Corpus VIa, 42–56, Nr 136–195). 123,1–2 Ich bin heut still in meinem Garten] Analog dazu lautet der Tagebucheintrag vom 23. Dezember: Eingenommen Æwohl Medizinæ im Garten, den ganzen Tag (GT I 1, 31). Von einer Unp|sslichkeit, wahrscheinlich einer Magenverstimmung, Goethes ist auch in den folgenden Briefen aus den ersten Januartagen die Rede (vgl. 123,12–13; 124,1). 123,2 Menschen] Darunter muglicherweise Adam Friedrich Oeser, der sich seit dem 21. Dezember in Weimar aufhielt (vgl. zu 121,16–17). Im Tagebuch wird nur der abendliche Besuch Knebels vermerkt (vgl. GT I 1, 31). 123,3 Geschichte] N|heres nicht ermittelt. – Wahrscheinlich mit Bezug auf das Ende 1776/Anfang 1777 entstandene Singspiel „Lila“ (vgl. WA I 12, 39–86), das mit der Musik Sigmund von Seckendorffs am 20. Geburtstag der Herzogin Louise am 30. Januar 1777 vom Liebhabertheater uraufgefthrt wurde (vgl. Sichardt, 143 f.). Als stoffliche Grundlage wird Jean de Rotrous Tragikomudie „L’hipocondriaque ou le mort amoureux“ (Paris 1631) vermutet, und zwar in einer Nacherz|hlung von Louis Csar de Lavallixre im 2. Band der „Bibliothxque Du Th
tre Franais“ (Dresden 1768, S. 159 f.). Darauf kunnte sich Goethes Bitte beziehen (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 420, Anm. 2 [zu S. 62]). 203. Philipp Seidel an Philipp Erasmus Reich Weimar, 2. Januar 1777 ! ÆLeipzigæ BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 82. – 1 Bl. 7,8(–8,1)613,8 cm, 1 S. beschr., Seidels Hd, Tinte; am linken Rand Anlagestrich (neben 123,6–7 noch die Æ:::æ Bogen, wie ); S. 2 am |ußeren Rand quer zur Schreibrichtung Empfangs- und Antwortvermerk, Tinte: „1777. 6. Jan. Weimar / Goethe / B‘“ (vgl. berlieferung zu Nr 21); am linken Rand aufgeklebt auf Tr|gerblatt (Pappe). Ungedruckt.
JANUAR 1777
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BEI L AG E
Manuskript zum 3. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ (vgl. zu 123,5–6). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief (vgl. berlieferung) ist nicht tberliefert. Der Brief wurde im Auftrag Goethes geschrieben und bezieht sich auf eine Manuskriptsendung von Johann Caspar Lavater, die dieser in einem Brief an Goethe und Herder vom 7. Dezember 1776 (vgl. Goethe-Lavater3, 72; RA 1, 68, Nr 77) ftr Mitte Dezember 1776 angektndigt hatte; ein Begleitbrief Lavaters ist nicht tberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 123,5–6 von H‘ Lavater Æ:::æ Fragmenten] Diese erste Sendung von Manuskripten zum 3. Band der „Physiognomischen Fragmente“ enthielt die Revision (125,21) der ersten beiden B|nde. Sie wurde mit dem beiliegenden Brief an Philipp Erasmus Reich nach Leipzig weitergeleitet, der wie im Fall der ersten B|nde auch dieses Mal den Druck besorgte. 123,7 folgende Bogen] Goethe best|tigte am 8. Januar 1777 Lavater die Ankunft von zwei Paketen (vgl. 125,20) und sandte am 13. Januar 1777 die zweite Lieferung an Reich (vgl. 126,25). Diese enthielt das dritte Fragment des 3. Bandes der „Physiognomischen Fragmente“ (vgl. 125,21–22; vgl. zu 126,25). 123,7 666] Wahrscheinlich Ktrzel ftr eine Anrede des Adressaten. 123,10 geh. D.] Gehorsam(st)er Diener. 204. An Charlotte von Stein DAT I ERU N G
ÆWeimaræ, 3. Januar Æ1777æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief nach der eigenh|ndigen Datierung als erster des Jahrgangs 1776 eingeordnet. Die Jahresangabe 76. (123,18) ist offensichtlich verschrieben, wie es h|ufiger zu Beginn eines neuen Jahres vorkommt (vgl. u. a. Datierung zu Nr 205; Var. 124,11). Aus dem Text geht hervor, dass Goethe am Tag zuvor in Weimar war (vgl. 123,12–14), weshalb der Brief nicht am 3. Januar 1776 geschrieben worden sein kann, hatte sich Goethe doch am 2. Januar 1776 noch in Stedten aufgehalten (vgl. 13,11). Im Erstdruck bei Schull wurde der Brief wie im Konvolut der Briefe unter dem 3. Januar 1776 eingeordnet, seit dem Abdruck bei Fielitz ist die Datierung auf den 3. Januar 1777 korrigiert worden (vgl. Fielitz, GoetheStein 1, 70, Nr 113).
454
BRIEF 205
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 1. – 1 Bl. 19,5611,4 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „1.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 1), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 4. WA IV 3 (1888), 127, Nr 544. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Muglicherweise antwortete Charlotte von Stein am selben Tag (vgl. zu 124,1), die Antwort ist nicht tberliefert. 123,12 Gestern Abend Æ:::æ sehr dumm worden.] Schon seit der Weihnachtszeit 1776 fthlte sich Goethe unwohl (vgl. zu 123,1–2); etwa seit Anfang Januar 1777 war er ernsthafter erkrankt (vgl. GT I 1, 35), am 2. Januar hatte er bey * ÆCharlotte von Steinæ gessen und war nachts fieberhafft (ebd.). – Am 3. Januar 1777 fand die erste Sitzung des Geheimen Consiliums im neuen Jahr statt, an der Goethe offenbar infolge seiner Erkrankung nicht teilgenommen hat (vgl. Sessionskalender 1776–1786; AS 1, LXXI). 123,12 Huflanden] Johann Friedrich Hufeland, herzoglicher Leibarzt und Geheimer Hofrat in Weimar (vgl. die zweite Erl|uterung zu 43,18); vgl. dazu den Tagebucheintrag vom 3. Januar 1777: ÆMedizinæ eingenommen (GT I 1, 35). 123,14 Redoute] Maskenball (vgl. die erste Erl|uterung zu 24,18), der in den Herbst- und Wintermonaten jeweils am Freitagabend stattfand, so nach dem Fourierbuch auch am 3. Januar 1777 (vgl. FB 1777, S. 3). Wie angektndigt, besuchte Goethe den Ball an diesem Abend nicht, sondern arbeitete am 1. Akt des Singspiels „Lila“ und blieb den ganzen Tag in seinem Gartenhaus (GT I 1, 35). 123,15 Ihr Wort gestern Nacht] Beim Abendessen bei Charlotte von Stein (vgl. GT I 1, 35). 123,17 die herzoginn] Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 205. An Charlotte von Stein DAT I E RU N G
ÆWeimar, 3. Januar 1777æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief nach der eigenh|ndigen Datumsangabe d‘. 3 Dez. 76 (124,6) eingeordnet. Diese ist offensichtlich verschrieben. Am 3. Dezember 1776 befand sich Goethe in Leipzig und auf der Reise von dort nach Wurlitz (vgl. GT I 1, 30). Nach den Parallelen zum Tagebuch und den Beztgen zu Nr 204 wurde der vorliegende Brief am 3. Januar 1777 in Weimar geschrieben (vgl. zu 124,4; die erste Erl|u-
JANUAR 1777
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terung zu 124,1; die erste Erl|uterung zu 124,7). W|hrend Schull den Brief im Erstdruck unter dem 3. Dezember 1776 einordnet, erscheint er seit dem Abdruck bei Fielitz mit der korrigierten Datierung unter dem 3. Januar 1777 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 70, Nr 113). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 39. –1 Bl. 10,868,6 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „97“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 98), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 74. WA IV 3 (1888), 128, Nr 545. BEI L AG E
Band (vgl. die zweite Erl|uterung zu 124,7). ERLUTERUNGEN
Muglicherweise antwortet der vorliegende Brief auf einen Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. die erste Erl|uterung zu 124,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 124,1 Magenstwrckung] Vielleicht mit einem Billett Charlotte von Steins tberschickt, mit dem sie auf Goethes vorhergehenden Brief vom selben Tag (Nr 204) reagierte; zur Sache vgl. die erste Erl|uterung zu 123,12. 124,1 Stwrckung im Glauben] N|heres nicht ermittelt. 124,1–2 Farbe] Der Kontext legt nahe, dass damit die Farbe der Kosttme ftr die „Lila“-Auffthrung am 30. Januar 1777 gemeint ist; kurz darauf wandte sich Goethe wegen der Dekorationen an Adam Friedrich Oeser (vgl. 125,1–5). Die in Weimar uraufgefthrte 1. Fassung ist nicht tberliefert, lediglich einzelne „Ges|nge“ des von Sigmund von Seckendorff vertonten Sttckes haben sich erhalten (vgl. Ges|nge aus Lilla, einem Schauspiel von Guthe, aufgefthrt auf dem Privattheater zu Weimar 1777. In: Olla Potrida 1778. Zweyter Vierteljahrgang. April, May, Juni. Berlin, S. 205–211; vgl. WA I 12, 341–343; gedruckt in: FA/Goethe I 5, 29–34). 124,4 den ersten Ackt] Dass er Den 1. Ackt dicktirt habe, vermerkt Goethe auch im Tagebuch vom 3. Januar 1777 (GT I 1, 35); wie auch der Kontext der vorliegenden Erw|hnung belegt, kann sich dies nur auf die Arbeit am Singspiel „Lila“ beziehen (vgl. zu 123,3; die zweite Erl|uterung zu 124,9). 124,5 Oger] Menschenfresser (von franz. ogre); sagenhafter menschen|hnlicher Unhold; in einen Oger verwandelt sich Graf von Altenstein, eine Figur in Goethes Singspiel „Lila“ (vgl. WA I 12, 74); der Oger ist Teil des Feen- und M|r-
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BRIEFE 206/207
chenspiels im Sttck, mit dessen Hilfe die unter Wahnvorstellungen leidende Titelfigur geheilt werden soll. – Hier wahrscheinlich mit Bezug auf Charlottes Mann, den Oberstallmeister Josias von Stein. Ob er in der Rolle des Grafen Altenstein/ Oger an der Urauffthrung vom 30. Januar 1777 mitwirkte, ist allerdings nicht sicher zu belegen (vgl. Sichardt, 143 f.). – Goethe spielte bei der Auffthrung die Rolle des Baron Sternthal (vgl. GT I 1, 36). 124,6 d‘. 3 Dez. 76] Verschrieben ftr 3. Januar 1777 (vgl. Datierung). 124,7 Redoute] Vgl. zu 123,14. 124,7 dies Band mir zum Gedwchtniss] Als Zeichen der Erinnerung, der persunlichen Verbundenheit, des Gedenkens; ,Ged|chtnis‘ hier noch in dieser |lteren, bei Goethe selten belegten Bedeutung (vgl. GWb 3, 1176 und 1178); nicht tberliefert. 206. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 4. Januar 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 41. – 1 Bl. 17610 cm, 1/3 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „1“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 1), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 85. WA IV 3 (1888), 128, Nr 546. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 124,9 Indess Sie lustig waren] Auf dem Maskenball am Abend zuvor (vgl. zu 123,14). 124,9 ein Stsck] Das Singspiel „Lila“, muglicherweise auch nur Teile davon. Am Tag zuvor hatte Goethe den 1. Akt dicktirt (GT I 1, 35); in dieser frthen Fassung, von der nur Bruchsttcke erhalten sind, ist es nicht tberliefert (vgl. WA I 12, 341–345). Zuerst vollst|ndig gedruckt wurde das Sttck in einer tberarbeiteten Fassung im 6. Band von „Goethe’s Schriften“ (Leipzig 1790, S. 223–300). 124,10 ganz leidlich] Vgl. die erste Erl|uterung zu 123,12; auch im Tagebuch vermerkt Goethe am 4. Januar 1777 eine Besserung, allerdings am 6. Januar schon wieder: Nicht geschlafen. Herzklopfen und fliegende Hizze (GT I 1, 35). 124,10 komme wohl heut zu Ihnen] Im Tagebuch ist ein Besuch bei Charlotte von Stein erst wieder am 7. Januar 1777 belegt, w|hrend Goethe nachweislich am 4. Januar bei der Herzoginmutter Anna Amalia gegessen hat (vgl. GT I 1, 35).
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207. An Johann Heinrich Merck
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ÆWeimaræ, 5. Januar 1777 ! Darmstadt
BERLIEFERUNG
H: Merck-Archiv Darmstadt, Sign.: A/129. – 1 Bl. 17619,9 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Herrn / Kriegsrath Merck / nach / Darmstadt / mit einem / Packet 20 Carol. / C. B., rotes Initialsiegel: „G“. – Faksimile: Darmstadt zur Goethezeit. Ausstellung der Darmst|dter Goethe-Gesellschaft in der Kunsthalle vom 28. August bis 6. Okt. 1963 Ækuratiert von Fritz Ebner und Ulrich Hallerstedeæ, zwischen S. 16 und 17. E: Merck, Briefe1 (1835), 98 f., Nr 40. WA IV 3 (1888), 128 f., Nr 547. BEI L AG E
20 Carolin (vgl. zu 124,13). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 124,13 Schicke dir abermal zwanzig Carolin] In seinem Brief vom 22. November 1776 (Nr 188) hatte Goethe Merck die berweisung von 400 Gulden angektndigt, die er tber Johann Caspar Bulling erhalten sollte (zum Verh|ltnis der Mtnzen vgl. zu 124,21–22). Das Geld war die erste Rate der Bezahlung einer Weinlieferung gewesen (vgl. zu 118,12). Mit dem Rest, so hatte Goethe den Freund gebeten, muge dieser bis neuJahr (118,13) warten. Die im vorliegenden Brief angektndigte Summe erhielt Merck wiederum von Bulling; dieser schrieb ihm am 17. Januar 1777: „Hiebey folgt das von Guthe ftr Sie erhaltene Paquet mit 20 etc. Carolin“ (Merck, Briefwechsel 1, 710). 124,13–14 benachrichtige mich Æ:::æ ersten Transports] Ein entsprechender Brief Mercks an Goethe ist nicht tberliefert. 124,15 was ich dir sberhaupt noch schuldig bin] Merck hatte Goethe nicht nur Wein geliefert, sondern ihm auch einen Kredit gew|hrt (vgl. die erste Erl|uterung zu 41,12), der muglicherweise noch nicht vollst|ndig zurtckgezahlt worden war. N|heres dartber und tber weitere Gesch|fte zwischen Merck und Goethe ist nicht bekannt. 124,17 bin sehr in mich zursckgezogen] Dem widersprechen die Eintragungen in Goethes Tagebuch ftr den Jahreswechsel 1776/77, die Amtsgesch|fte, Besuche, Redouten und Schlittenfahrten verzeichnen (vgl. GT I 1, 31–35). Vermutlich ist gemeint, was Goethe wenig sp|ter an Johann Caspar Lavater schrieb: mich ksmmert ausser meinem Kreis nun gar nichts (130,9). D. h., der Rtckzug betraf vor allem die Korrespondenz mit ausw|rtigen Freunden und Be-
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BRIEF 208
kannten. Aber auch Wieland beschwerte sich, Goethe sei ganz von seiner politischen Arbeit absorbiert (vgl. zu 130,8–9). 124,18 einen politisch moralischen Grindkopf] Unter ,Grind‘ ist jede Art von Ausschlag, Schorf, Kruste zu verstehen (vgl. Adelung 2, 805; Grimm 9, 368 f.). ,Grindkopf‘ steht ftr einen „unausgegorenen, unreifen Menschen“ (GWb 4, 480). – Dies kunnte sowohl auf Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach als auch auf das Herzogtum insgesamt (als ein unterentwickeltes, verkrustetes Staatswesen) bezogen werden. In beiden F|llen w|re die Anspielung auf Goethes p|dagogische und politische Funktion geeignet, seinen Eintritt in ftrstliche Dienste, die Merck nicht guthieß (vgl. aber die einleitende Erl|uterung zu Nr 292), in den Augen des Freundes als gerechtfertigt erscheinen zu lassen. 124,19 deine Frau] Louise Franoise geb. Charbonnier. 124,21 ging hier d‘. 9 Dez. 76 ab] Das Datum beruht muglicherweise auf einem Irrtum. Goethes Brief an Friedrich Justin Bertuch mit der Bitte um bersendung des Betrags stammt erst vom 11. Dezember 1776 (Nr 200). 124,21–22 44 St Louisdor. und etwas Silbergeld] 400 Gulden hatte Goethe am 22. November 1776 angektndigt (vgl.118,12). 44 Louisdor (in Goldmtnze) entsprachen etwa 268 Gulden (vgl. Mtnze und Geldrechnung in Goethes Briefen 1775–1779, S. LIII]); der Rest lag demnach in Silbermtnze bei (Laubtaler oder Reichstaler).
208. An Adam Friedrich Oeser
ÆWeimaræ, 7. Januar 1777 ! ÆLeipzigæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/364,I, Bl. 7. – 1 Bl. 17620,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte. E: Goethes Briefe an Leipziger Freunde (1849),127, Nr 5. WA IV 3 (1888), 129 f., Nr 548. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Oeser antwortete am 10. Januar 1777 (vgl. RA 1, 69, Nr 78; nach dem Konzept abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erl|uterungen). 125,1–2 der Hez. Louise Æ:::æ ein neu Stsck geben] ,Hez.‘ verschrieben ftr ,HerzÆoginæ‘. – Zu Ehren des 20. Geburtstages von Herzogin Louise am 30. Januar 1777 sollte das Singspiel „Lila“ aufgefthrt werden, an dem Goethe nachweislich seit dem 3. Januar 1777 arbeitete (vgl. zu 124,1–2; zu 124,4; zu 124,5).
JANUAR 1777
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125,3 zum Wa l d ] Handlungsort des ,Zauberspiels‘ als Sttck im Sttck zur Heilung der schwermttigen Lila ist ein „Zauber Wald, im Grunde eine Huhle“ (3. Aufzug der 2. Fassung; FA/Goethe I 5, 52). 125,3 Prospeckt] Von lat. prospectus: Aussicht, Anblick. – Hier der perspektivisch gemalte Hintergrund auf der Bthne. 125,4 Achiteckturstscken] Verschrieben ftr ,Architektursttcken‘; dekorative Architektur, wie ktnstliche Ruinen, Brtcken, Grotten, Eremitenbehausungen, Btsten und Denkm|ler, war Teil nach englischen Vorbildern gestalteter Parkanlagen (vgl. zu 220,3–6). 125,6 Hwtten Sie so was vorrwthig] Vgl. Oesers Antwortbrief vom 10. Januar 1777, abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erl|uterungen. – Ftr die Auffthrung des Singspiels musste die technische Ausstattung verbessert werden, da an die Dekoration große Anforderungen gestellt wurden. Der Weimarer Tischler Johann Martin Mieding schuf daftr Kulissen, die viermal ver|ndert werden konnten. Vgl. dazu Sichardt, 41–43. 125,7 Poussin] Nicolas Poussin, der in Rom und Paris lebende Historienmaler und Kunsttheoretiker (vgl. GB 7 II, zu 234,20–21). Die Ausgestaltung englischer Parkanlagen orientierte sich an der Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts, vor allem an der von Nicolas Poussin und Claude Lorrain. 125,8–9 auf einem Vorhang in Leipzig] W|hrend Goethes Zeit in Leipzig war Oeser 1766 von Gottlieb Benedict Zehmisch mit der Gestaltung des Bthnenvorhangs ftr das neue Leipziger Komudienhaus am Ranst|dter Tor beauftragt worden, der bei den Zeitgenossen großes Aufsehen erregte. Allerdings war auf dem Vorhang keine idealisierte Landschaft dargestellt, sondern ein Vorhof zum Tempel des Ruhms, den die Statuen des Sophokles und Aristophanes schmtckten, um welche sich alle neuere Schauspieldichter versammelten. (AA DuW 1, 261 [8. Buch].) – Von Oeser sind Zeichnungen mit arkadischen Landschaften u. a. zu Idyllen Geßners tberliefert. 125,9 Die Bsste] N|heres nicht ermittelt; muglicherweise noch im Zusammenhang mit Auftr|gen an die Mail|nder Gipsgießer und Antikenh|ndler Giugeio und Giacomo Ferrari, die sich im Mai 1776 in Weimar aufgehalten hatten und in Deutschland verschiedene Ftrstenhufe sowie Universit|ten, darunter die Leipziger, belieferten (vgl. zu 68,8; vgl. auch die dritte Erl|uterung zu 70,23). 125,9 Ihr Andencken] Hier: Erinnerung (an Sie) (vgl. Adelung 1, 275). – Am 21. Dezember 1776 waren Goethe und Carl August von einer Reise nach Leipzig, Dessau und Wurlitz nach Weimar zurtckgekehrt. Schon auf der Hinreise hatte Goethe am 3. Dezember Oeser in Leipzig besucht (vgl. GT I 1, 30; vgl. zu 121,7). Laut Fourierbuch kam am 21. Dezember auch „der H‘. Professor Eser ÆOeseræ von Leipzig mit hier an, kahmen zu Logiren oben in Mansartt hier im Ftrsten Hauße Speisten Sonntags auch mit an Ftrst‘. Tafel.“ (FB 1776, S. 314.) Goethes Tagebuch verzeichnet am 25. und 26. Dezember Begegnungen
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mit Oeser (vgl. GT I 1, 31). Oeser beriet in diesen Jahren das Herzogshaus bei der Garten- und Landschaftsgestaltung, vor allem bei der Gestaltung des Tiefurter Parks, und nahm 1776/77 ftr Anna Amalia die Ausmalung des Gartenpavillons am Wittumspalais vor, des so genannten Roten Turms, der sp|ter nach Belvedere versetzt wurde. 125,10–11 dass ich Sie nicht zu ihr gebracht habe] Demnach war Oeser der Herzogin Louise nicht persunlich vorgestellt worden (vgl. Oesers Antwortbrief vom 10. Januar 1777, abgedruckt im Anschluss an die folgende Erl|uterung). 125,12 von meiner Gottheit] Anspielung auf die Guttin Fortuna (griech. Tyche), die Gltcks- und Schicksalsguttin. W|hrend des Aufenthalts von Oeser in Weimar notierte Goethe am 25. Dezember 1776 in sein Tagebuch: Zu Oesern. acaJg stvg Ægriech.: dem guten Geschickæ (GT I 1, 31). Goethe besprach mit Oeser den Entwurf zu einer Skulptur, die in Form einer Kugel auf einem Kubus als ,Stein des guten Gltcks‘ am 5. April 1777 in Goethes Garten aufgestellt wurde (vgl. GT I 1, 40; vgl. Oesers Antwortbrief vom 10. Januar 1777). Am 16. Januar 1777 ging Oeser in einem weiteren Brief noch einmal auf den Denkmalentwurf ein: „Sie wollen ein sinnliches Bild des immerwehrenden Gltcks mit Geschmack ausgedrtckt haben, da helfen die strengen mathematischen Wahrheiten nichts, erdenken Sie lieber etwas mit Ihrer strengen, Mathematic daß die Kugel gantz frey in der Luft schwebet, so erreichen Sie das, was bey jedem Bilde die erste Pflicht seyn muß: den denkenden Geist zu besch|ftigen, so erreichen Sie den huchsten Grat dieser Hyroklife, Suchen Sie ums Himmelswillen keine Schulftchsereyen im Werden des Geschmacks, was dem Auge plump und schwerf|llig erscheint, weg damit das ist dasjenige welches wie das Magere alles verderbet, bleiben Sie bey der kleinen Idee so ich entworfen, so wird Ihr Bild gut ausfallen, und die Kugel ist nach ihrem Platz wo sie aufgestellet wird, groß genug, wenn sie 16. bis 18. Zoll im Durchschnitt ist, die Fltgel bereichern das Bild genug, und vermuthlich sehen Sie warum ich die Wolke gemacht habe. Schreiben Sie mir bald wieder, so will ich zur Kugel anstallt machen. es ist gut wenn Sie alles auf einen erhuhten Posten setzen dero eine Puschung von 45. Grad hat“. (Zitiert nach: John, Oeser, 231.) Noch am 9. Februar 1780 |ußerte sich Oeser in einem Brief an Knebel unzufrieden tber die Ausfthrung des Denkmals: „Ich berufe mich auf Erfahrungen, die ich nur zu oft gemacht, daß gewiße Vorstellungen, bey ihrer Ausfthrung keine Wirkung thaten. H‘: Ghr: Goethens Kugel, und Wtrfel, ist ein neuer Beweiß davon; Jederman sieht es ftr eine Kugel von einem alten Thorweg an; w|re meine Idee, die nur Scherz war, ausgefthrt worden: so w|re doch der Beobachter in so fern zum Nachdenken gereizt worden, was es wohl bedeuten sollte.“ (GSA 54/235, Bl. 12 f.)
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Adam Friedrich Oeser an Goethe (Konzept): an Herrn Dr. G. abgeganÆgenæ den 10 ten Jan: 77. Ftr alle die Gnadenbezeugungen, so ich in Weymar empfangen will ich keine Complimente machen, sondern thun was in meinen Vermugen stehet. Ich habe die Englischen G|rten bestellt, welche die Durch‘ Herzogin Amalia verlangt, und diese sind besonders ftr Weymar so lehrreich, daß ich nichts beßerers empfehlen kan, sie sind schon so starck daß sie gegen 50 r‘ zu stehen kommen, und dieses Werck wird Continuirt. Unterdeßen als diese guten Ideen erwartet werden so baue ich ein Lustgeb|ude ftr die Durch‘ Herzogin Amalie nach Difurt, wortber mit dem H‘: von Knebel gesprochen, und bis die Zeit, da man etwas im Gartenbaue machen kan, sollen schon Gedancken folgen. Sie machen mir das schmeichelhafteste Compliment; wenn die Sache selbst auch nicht wahr w|re, wenn Sie mir sagen daß die Durch‘ Herzogin Louise Ihnen erlaubt h|tte mich zu praesentiren. Sie wollen auf ihren Geburtstag einen Prospect ftr das Theater haben. Ich war bey Ihnen, ich wtrde bey meinen Aufenthalt daselbst mir das gruste Vergntgen daraus gemacht haben dieser vortreflichen Princessin zu Ihren Geburtstag selbst einen Prospect zu machen, oder daftr zu sorgen daß ich einen in Leipzig machte und denselben gantz leicht nach Weymar schickte, es sind vielmahle gantze Verwandlung verschickt worden. Da aber die Sache so seyn soll, so tbersende Ihnen eine Idee welche sich auf einen Theater gut ausnehmen sollte wenn sie gut gemacht wird. Warum schreiben Sie mir nicht, ob das Sttck auf Ihren alten Theater (welches Sie mir nicht gezeiget) oder auf den vorgeschlagenen Saal aufgefthret werden soll? Ich habe auf Sie nicht vergeßen, und lege die weitere uber Denckung Ihrer Idee mit bey, der kleinste Cubus No 2. gef|llt mir am besten den Pappillion wtrde ich machen wie er sich aus seiner Htlße entwickelt, zur Zugabe wtnsche ich zu wißen was Sie bey No: 3 empfinden. / Einen Trup Philosophen mus man alle neuen erfindungen mittheilen, besonders bey denen, die sich mit der fisonomic abgeben, es hat ein Junger Ktnstler der sich mit Siloetten viel abgiebt gefunden: das wenn man die Personen welche gezeichnet werden sollen, leget, viel beßer geraden, als wenn sie sitzen.
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Neue Endeckungen muß man Freunden mittheilen, es hat sich ein junger Gelehrter der ein Freund der Visunomic, und der sich mit Zeichnungen der Siloetten viel abgegeben, endeckt, das, wenn man die Personen, so man zeichnen will, leget, viel beßer geworden, als wenn sie sitzen Den Chinesischen Mahler habe ich erhalten, ich wtnschte mehrere Nachricht von diesen Asiaten und den Umgang mit dem Europeer in Absicht der Kunst und des verschiedenen Geschmacks.
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BRIEF 209
Eine frohe Nachricht habe ich der Familie, welchen die Schneyers gehurten durch die gewißheit daß der Durch‘ Herzog selbige beh|llt, gemacht, kunnte ich denselben noch sagen wenn die bezahlung erfolgte so wtrde die Freude desto grußer seyn (K: GSA Weimar, Sign.: 28/671 St. 1). 2 so ich in Weymar empfangen] Oeser hielt sich Ende Dezember 1776 in Weimar auf. Am 21. Dezember war er laut Fourierbuch angekommen, logierte im Ftrstenhaus und war am 22. Dezember Gast der ftrstlichen Tafel (vgl. FB 1776, S. 314; die zweite Erl|uterung zu 125,9). 3–4 die Englischen G|rten] Muglicherweise handelt es sich um eine Sammlung von Kupfersichen. Am 16. Januar 1777 schrieb Oeser an Knebel: „Ich sehe schon wie Sie auf der Wiese eine regulare Partie ftr den Garten w|hlen, und um der Manigfaltigkeit willen auf beiden Seiten, die schunsten englischen Partien anzubringen wissen, und zu Ende der Wiese soweit Sie hinaus kunnen, einen Platz ftr Ihre Durchl. die Herzogin Amalia tbrig lassen, wo dieselben gesonnen sind ein Lustgeb|ude anzubringen. Vermutlich, wie in Cahier 4. p.6 welches ich mit B. bezeichnet, wo anbey den Seiten einige Geb|ude zur Gem|chlichkeit gemacht werden, welches sich ftrtrefflich aussehen wird Æ:::æ. Dieses Cahier kostete 20 Th., das Werk wird continuiert, melden Sie ob die folgenden auch verlangt werden.“ (Zitiert nach: John, Oeser, 137). Am 4. April 1777 schrieb Oeser nach Weimar: „Eben erhalte ich die Kupferstiche, welche hiermit folgen, zum 5ten Cahier macht man chinesische Geb|ude welche recht gut sind. Der Preis ftr jedes Cahier ist 5. re.“ (Ebd., S. 139.) Im August 1777 erhielt Anna Amalia von Knebel Kupferstiche „englische[r] und andere[r] G|rten“ (zitiert nach: Berger, Anna Amalia, 378). Am 18. Februar 1778 schrieb Oeser an Knebel: „Die zwey L’d’ors ftr die Eng‘: G|rten, habe ich richtig erhalten“ (GSA 54/235, Bl. 4r). Seit 1776 richtete sich Anna Amalia Schloss und Park in Ettersburg als Sommersitz ein. Die Umgestaltung des Parks erfolgte mit Hilfe Oesers im englischen Stil. 8 ein Lustgeb|ude] Im Brief an Knebel vom 16. Januar 1777 geht Oeser noch einmal auf ein von Anna Amalia gewtnschtes „Lustgeb|ude“ ein. Am 4. April 1777 schreibt er nur noch von einem „Ruhe Platz Æ:::æ wohin ein Platz von Marmor kommen sollte“ (Zitiert nach: John, Oeser, 139). Pl|ne zu dieser Anlage sind nicht mehr vorhanden. 1777 ließ Anna Amalia ein heute nicht mehr erhaltenes zweistuckiges Lusthaus als Aussichtspunkt am Westrand des Ettersberges errichten (vgl. Weimarer Klassikerst|tten. Geschichte und Denkmalpflege. Bearbeitet von Jtrgen Beyer und Jtrgen Seifert. Bad Homburg und Leipzig 1997, S. 344 f.). 8 Difurt] Tiefurt. 13–14 einen Prospect ftr das Theater haben] Vgl. die zweite Erl|uterung zu 125,3; ftr die Auffthrung des Singspiels „Lila“ am 30. Januar 1777. 18 Verwandlung] Wahrscheinlich ftr ,Kulissen‘, ,Prospekte‘. 21 alten Theater] Bthnenaufbau ftr das Liebhabertheater im so genannten Redoutenhaus
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(vgl. die zweite Erl|uterung zu 24,3). Im Dezember 1775 hatte der Theatertischler Johann Martin Mieding eine Bthne gebaut, die dreimal ver|ndert und nach Bedarf wieder abgebaut werden konnte (vgl. Sichardt, 18–20). 21–22 vorgeschlagenen Saal] Wahrscheinlich die vergrußerte und technisch erweiterte Bthne im Redoutenhaus ftr die Auffthrung des Singspiels „Lila“ am 30. Januar 1777 (vgl. zu 125,6). 24 der kleinste Cubus No 2.] Entwtrfe zum ,Stein des guten Gltcks‘, der in Goethes Garten aufgestellt werden sollte (vgl. zu 125,12). 24–25 den Pappillion Æ:::æ wie er sich aus seiner Htlße entwickelt] Franz. papillon: Schmetterling; der sich aus seiner leblosen Htlle befreiende Schmetterling war in der Antike und im Christentum ein Symbol ftr Wiedergeburt und Unsterblichkeit der Seele (griech. wtvgŁ Æpsychæ). Die Fltgel stehen auch ftr die Fltchtigkeit des Gltcks. 26 bey No: 3] N|heres dazu nicht ermittelt. 27 Einen Trup Philosophen] Wahrscheinlich Anspielung auf Goethe, Herder und andere Weimarer, die Anteil an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ nahmen oder sogar daran mitarbeiteten (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 67). 28 fisonomic] Physiognomik. 28 Junger Ktnstler] N|heres dazu nicht ermittelt. 29 Siloetten] Silhouetten. – Lavater nahm seine physiognomischen Deutungen vor allem anhand von Silhouetten vor, die er tber ktnstlerische Portr|ts stellte und in großer Zahl in den „Fragmenten“ publizierte. 32 Visunomic] Physiognomik. 35 Den Chinesischen Mahler] Dem Kontext nach wird es sich um ein Buch gehandelt haben. Dessen bersendung steht wohl im Zusammenhang mit Oesers Interesse an der Chinamode und mit seinen Arbeiten am Roten Turm, dem Gartenpavillon des Wittumspalais, ftr den er von chinoisen Ornamentb|ndern eingefasste Wandbilder mit chinesischen Figuren- und Landschaftsdarstellungen schuf. 38 Familie] Nicht ermittelt. 38 die Schneyers] Vgl. zu 50,16. 39 Durch‘ Herzog] Herzog Carl August, in dessen Auftrag Oeser den Ankauf von Kunstwerken vermittelte. 209. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 8. Januar 1777 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 41. – 1 Bl. 13,3(–13,5)69,2 cm, 3 /4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „2“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 2), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 85. WA IV 3 (1888), 131, Nr 550.
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BRIEF 210
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 125,15–16 befinde mich auch munter und gut] Vgl. zu 124,10. An der am Vortag stattgefundenen zweiten Januarsitzung des Geheimen Cosiliums hatte Goethe wieder teilgenommen (vgl. Sessionskalender 1776–1786; AS 1, LXXI), nachdem er am Abend des 2. Januar 1776 krank geworden war (vgl. die erste Erl|uterung zu 123,12). 125,17–18 dass ich Æ:::æ fsr Sie zeichnen werde] Im Sommer und Frthherbst 1777 entstanden |hnlich wie schon 1776 auf Goethes Reisen im Herzogtum sowie nach Kochberg zahlreiche Zeichnungen (vgl. Corpus I, 67–73, Nr 162–186); vgl. auch zu 152,16; zu 153,15. 125,18 Steinen] Josias von Stein. 210. An Johann Caspar Lavater
Weimar, 8. Januar 1777 ! ÆZtrichæ
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 83. – 1 Bl. 17(–17,2)620,2 cm, 1 1/2 S. beschr., egh., Tinte; Text das erste Æ:::æ den vierten etwa (125,21–126,9) mit runden Klammern eingeklammert von fremder Hd, Bleistift. E: Goethe-Lavater1 (1833), 27 f., Nr 10. WA IV 3 (1888), 130 f., Nr 549. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Lavaters (vgl. 125,22–126,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 125,20 Ich habe zwey Packete von dir erhalten] Die erste Sendung mit Manuskript zum 3. Band der „Physiognomischen Fragmente“ hatte Lavater in seinem Brief an Herder und Goethe vom 7. Dezember 1776 ftr die Mitte des Monats angektndigt (vgl. Goethe-Lavater3, 72). Wenn nach Goethes Worten dieses Paket die Revision (125,21), das andere Paket bereits das 3. Fragment enthielt, war wohl keine Lscke (125,20) in den Sendungen eingetreten, denn die Revision der ersten beiden B|nde ftllt sowohl das 1. als auch das 2. Fragment, im gedruckten Band die Seiten 5–29. Das 3. Fragment beginnt mit Seite 30, im Manuskript mit Seite 39 (vgl. die zweite Erl|uterung zu 125,21). 125,21 ist fort] Vgl. Philipp Seidels in Goethes Auftrag geschriebenen Brief an Philipp Erasmus Reich vom 2. Januar 1777 (Nr 203). 125,21 Das andre geht an pag 39] Das 3. Fragment im 3. Band der „Physiognomischen Fragmente“ umfasst im Druck die Seiten 30–39: „Physiognomik, Pfeiler der Freundschaft und Achtung“.
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125,22 Du schreibst] Der entsprechende Brief Lavaters an Goethe ist nicht tberliefert. 125,22–126,1 grad nach Leipzig] Vermutlich enthielt die direkt an Reich geschickte Sendung das Manuskript zu dem Fragment, in dem Lavater Goethe charakterisierte (vgl. im Einzelnen zu 133,14). 126,1 wids] Fltchtig ftr ,wird’s‘. 126,2 pag. 72. Diomed und Ulysses] Die Manuskriptseite 72 entspricht der Druckseite 57. Dort findet sich auf der letzten Seite im 5. Fragment des 3. Bandes der „Physiognomischen Fragmente“ (Ueber griechische Gesichter, S. 48–57) eine Vignette mit zwei m|nnlichen Profilen und deren Kommentierung unter dem Titel „Zwey griechische Profile. Diomedes und Ulysses“. Die Kupferstiche stammen von Johann Heinrich Lips. – Diomedes war ein Gef|hrte des Odysseus (lat. Ulysses), mit dem er w|hrend des Trojanischen Krieges einige Heldentaten vollbrachte. 126,4 Lavaterianismus] Lavaters emotional aufgeladener, hyperbolischer Schreibstil; schon ein Jahr zuvor hatte Goethe in seinem Brief an Lavater vom 20. Februar 1776 die Hoffnung ge|ußert, dass der Ton deines dritten Theils Æ:::æ weniger z i t t e r n d und b e b e n d seyn werde (35,16–17). 126,7 Anzeige was von mir sey] Johann Georg Zimmermann hatte in einem Brief an Lavater von Ende Januar 1776 angeregt, diese Anzeige (schon in den 2. Band der „Fragmente“) einzuftgen „und Goethen die Ehre wiederfahren zu lassen die ihm gebthrt“ (Goethe-Lavater3, 345). Obwohl Goethe die entsprechenden Angaben tilgte, finden sich im 3. Band der „Physiognomischen Fragmente“ Mitteilungen tber seine Beitr|ge in der Revision der ersten beiden B|nde (vgl. Physiognomische Fragmente 3, 14, 16, 21, 28). Vermutlich hat Goethe die im Manuskript verstreut vorkommenden Hinweise tbersehen oder nicht deutlich genug ausgestrichen (vgl. von der Hellen, 228). 126,8–9 Mit der Dedication Æ:::æ biss auf den vierten etwa] ber die Frage nach dem Adressaten der Widmung war es zum Dissens gekommen. So hatte Johann Georg Zimmermann am 27. Dezember 1776 an Lavater geschrieben: „Der Teufel hohle die deutschen Ftrsten, denen Du Deine Physiognomik dedicirst, wenn Dir nicht jeder diese Ehre mit hundert Dukaten erwiedert.“ (Hegner, 90.) Den 1. Band der „Physiognomischen Fragmente“ hatte Lavater dem Markgrafen Karl Friedrich von Baden gewidmet, den 2. Band der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. Von beiden hatte er keine Zuwendungen erhalten. Die Widmung des 3. Bandes ist „An Herrn Friedrich Ludwig Wilhelm Christian, regierenden Landgrafen zu Hessen-Homburg“ gerichtet; muglicherweise war auch tber andere Personen gesprochen worden, die Goethe nun ftr den 4. Band ,aufzusparen‘ empfiehlt. – Die Widmung lautet:
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BRIEF 211
B e s t e r F t r s t, Nichts will ich mit dieser Zueignung, als mir den angenehmen Gedanken verschaffen: – – „Der liebenswtrdige Landgraf von Hessen-Homburg liest diesen Band in Stunden, die ihm wichtigere Gesch|ffte tbrig lassen, an der Seite seiner aufmerksamen Gemahlinn, mit lebhafterer Vergegenw|rtigung meiner; l|ßt sich seyn – Er habe Tafel nach Tafel in der Hand, und Lavater sitze vor ihm und les’ ihm Fragment ftr Fragment vor“ – Mehr will ich nicht! Nur um so viel n|her mucht’ ich Ihnen einige Stunden s c h e i n e n – da ich’s nicht s e y n kann – wann einmal wieder s e y n? – In H o m b u r g vor der Huhe? In Z t r i c h? oder – in jener Welt, wohin wir mit schneller Eile eilen – weiß unser Vater im Himmel. Ich ktß’ Ihnen, bester Ftrst, im Geiste die Hand – ruh’ einige Augenblicke schweigend an der edeln Hand und lisple – „Ermtden Sie nicht, alle Ihre wichtigen Tage mit edeln Thaten zu bezeichnen – und lassen Sie mich dann und wann ein Wort Ihrer edeln unverdienten Liebe huren.“ – Ztrich, den 7. Oct. 1776. J o h a n n C a s p a r L a v a t e r, Pfarrer am Waysenhause. Lavater hatte den Landgrafen am 1. August 1774 auf seiner Emser Reise in Homburg kennen gelernt; in sein Tagebuch notierte er: „Ins Schloß zum Landgrafen. Er stottert immer, wenn er was sagen will; ist freylich nicht sehr tief, intereßierte sich aber doch weit mehr, als sein erster Anblik vermuthen l|ßt, ftr gute Sachen“ (Goethe-Lavater3, 319). Landgraf Friedrich V. von Hessen-Homburg hatte noch im September desselben Jahres seinerseits Lavater in Ztrich besucht. Dieser schrieb Mitte September 1774 an Goethe: „Diese Woche hatt’ ich mit den Prinzeßinnen von Homburg u. Darmstadt – und dem tberaus liebenswtrdigen Landgrafen Fretde. Ich sahe sie in Kleinjoggs stube u. communicirte ihnen sein Brod“ (Goethe-Lavater3, 38). – ber den Besuch des Landgrafen und seiner Frau Carolina in Begleitung der Prinzessin Louise von Hessen-Darmstadt vgl. auch Lavaters Brief an Herder vom 14. September 1774 (Aus Herders Nachlaß 2, 116); tber den Bauern Hans Jakob Gujer in Wermatswil bei Uster im Kanton Ztrich, genannt Chlijogg (Kleinjogg), vgl. GB 2 II, zu 180,10. 126,16 Wirthschafft] Hier Bezeichnung ftr die „Handhabung eines jeden Gesch|ftes“ (Adelung 4, 1577). 126,20 dass in an dir diese Freude nicht erleben soll] In Nr 170 hatte Goethe Stwndigkeit bei Lavater vermisst; vgl. des Weiteren zu 105,24. – ,In‘ versehentlich ftr ,ich‘. 126,21 im Garten] Im Gartengrundsttck am „Stern“, das Herzog Carl August Goethe im April 1776 geschenkt hatte (vgl. zu 62,4).
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126,23 Durst nach Crist.] Gemeint ist Lavaters Gedicht „Durst nach Christuserfahrung“, das als Einzeldruck (o. O. ÆZtrich 1776æ) mit dem Datum „1776. Im November“ unter Lavaters Freunden kursierte. Es erschien unter dem Titel „Durst nach Gotteserfahrung / 1776.“ in Lavaters „Poesieen“ (Bd 1. Leipzig 1781, S. 7–17). 211. An Philipp Erasmus Reich
ÆWeimaræ, 13. Januar 1777 ! ÆLeipzigæ
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 84. – 1 Bl. 17,1(–17,3)610 (–10,3) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Empfangsvermerk, Tinte: „1777. 15. Jan. Weimar / Goethe“. E: Goethes Briefe an Leipziger Freunde (1849), 228, Nr 17. WA IV 3 (1888), 132, Nr 551. BEI L AG E
Manuskript zum 3. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ (vgl. zu 126,25). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 126,25 Fortsezzung] Goethe sandte Manuskript zum 3. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ nach Leipzig. Es handelte sich um die zweite Lieferung an Reich. Bis zum 8. Januar 1777 hatte Goethe zwei Manuskriptsendungen von Lavater zur Korrektur erhalten (vgl. zu 125,20). Die erste Sendung hatte er bereits durch Seidel mit Nr 203 am 2. Januar 1777 an Reich schicken lassen. Die mit dem vorliegenden Brief abgegangene zweite Manuskriptlieferung umfasste die Seiten 39–72 (vgl. 125,21–22). – Der 3. Band der „Physiognomischen Fragmente“ erschien zur Leipziger Ostermesse, die 1777 am 20. April begann (vgl. Allgemeines Verzeichniß derer Btcher, welche in der Frankfurter und Leipziger Ostermesse des 1777 Jahres entweder ganz neu gedruckt, oder sonst verbessert, wieder aufgeleget worden sind Æ:::æ. Leipzig, bey M. G. Weidmanns Erben und Reich, S. 239). 126,25–26 Die Dedication Æ:::æ von Hessen Homburg.] Aus Nr 210 scheint hervorzugehen, dass es in der Frage nach dem Adressaten der Widmung zum Dissens gekommen war (vgl. zu 126,8–9). 126,26–27 Wegen Lenzen] Vermutlich ging es u. a. um die Drucklegung von Lenz’ Drama „Der Engl|nder“, um deren Unterbrechung Goethe in seinem Brief an Reich vom 29. November 1776 (Nr 190) gebeten hatte. Lenz hatte nicht die-
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ses Sttck, sondern andere Manuskripte zum Druck schicken wollen. Nach einem Konflikt mit Lenz und nach dessen Ausweisung aus Weimar durch Herzog Carl August am 1. Dezember 1776 hatte Goethe die Beziehung zu seinem frtheren Straßburger Freund abgebrochen.
212. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 2. Februar? 1777æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief nach dem datierten vom 14. M|rz 1777 (Nr 230) eingeordnet. Im Erstdruck wird er deshalb auf den 16. M|rz 1777 datiert, seit Fielitz auf den 2. Februar 1777 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 420, Anm. 2 [zu S. 71]; zuletzt bei Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 60, Nr 125). Diese Datierung grtndet auf der Vermutung, der Tagebucheintrag vom 2. Februar 1777 das Logie besehn und beschloss - -en (GT I 1, 36) beziehe sich auf die im vorliegenden Brief erw|hnte neue Wohnung (127,3–4) der Familie von Stein. Dies ist zwar nicht zu belegen, aber auch nicht auszuschließen. Allerdings erfolgte der Umzug Charlotte von Steins und ihrer Familie erst am 14. November 1777 (vgl. GT I 1, 52), die neue Wohnung spielt bis zum Mai 1777 weder in Goethes Tagebuch noch in seinen Briefen eine Rolle. Da es aber keine anderen Anhaltspunkte als den Hinweis auf eine Wohnung ftr Charlotte von Stein (vgl. 127,3–4) gibt, wird der Brief vermutungsweise auf dem Tag belassen, auf den ihn seit Fielitz s|mtliche Herausgeber einschließlich Strehlke in der WA gesetzt haben. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 50. – 1 Bl. 20,365,4(–5,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; unten rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „77“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „28 b“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 29), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 90. WA IV 3 (1888), 132, Nr 553. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 127,3–4 Eine Wohnung fsr Sie!] Im so genannten Stiedenvorwerk am Welschen Garten an der Ackerwand. Die Wohnung gehurte zum ftrstlichen Besitz, Oberstallmeister von Stein musste seinen Hauszins (Miete) an die Kammer entrichten. – Wohl auf Wunsch des Herzogs sollte der Oberstallmeister, der mit sei-
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ner Familie in der Kleinen Teichgasse in der N|he des Kasseturms wohnte, n|her an das Landschafts- oder Ftrstenhaus ziehen. 127,4 Wir waren Heut] Vgl. Datierung. 127,4 Sattelkammer] Im Stiedenvorwerk waren im Erdgeschoss die Husarenpferde untergebracht, die Sattelkammern im Obergeschoss sollten zu Wohnungen umgebaut werden. 127,4–5 Baukontrolleur] Johann Friedrich Rudolph Steiner. 127,5–6 ich sinne schon auf Einrichtungen] Goethe ktmmerte sich im Laufe des Jahres vor allem auch w|hrend der Abwesenheit der Familie von Stein um die Renovierung und Einrichtung des neuen Quartiers (vgl. zu 159,26). 213. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 3.? Februar 1777æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief unter die undatierten Briefe am Ende des Jahrgangs 1777 eingeordnet. Im Erstdruck von Schull wird er ohne Begrtndung auf Anfang Februar 1776 gesetzt, seit Fielitz auf Ende Januar/Anfang Februar 1777 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 71, Nr 117). – Wenn es sich bei der Beilage, wie angenommen, um Briefe Heinrich Julius von Lindaus handelt, die Zimmermann am 31. Januar 1777 an Goethe schickte (vgl. zu 130,1), dann kann der vorliegende Brief erst nach deren Ankunft geschrieben worden sein. Die regul|re Post aus Hannover traf jeweils „Sonntags Abend 8 Uhr“ in Weimar ein (Post-Bericht 1777, o. S.). Goethe kunnte Zimmermanns Brief also am Abend des 2. Februar erhalten und am n|chsten Morgen die Beilage mit einem Begleitbrief an Charlotte von Stein geschickt haben. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 71. – 1 Bl. 16,4611 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1/3 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Siegelrest; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „70“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 74), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 8. WA IV 3 (1888), 132, Nr 552. BEI L AG E
Wahrscheinlich zwei Briefe Heinrich Julius von Lindaus an Johann Caspar Lavater und Johann Georg Zimmermann (vgl. zu 127,8).
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BRIEFE 214/215
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 127,8 das von Zimmermann] Vgl. zu 130,1. 127,8–9 die Haut voll zu thun] Redensartlich, Analogbildung zu ,die Haut voll schlagen‘ (vgl. Grimm 4 II, 704). – Wenn der Brief, wie angenommen, am 3. Februar 1777 geschrieben wurde, spielt Goethe hier auf die bevorstehende Feyerlichkeit aus Anlass der Belehnung der beiden Schwarzburger Ftrsten an (GT I 1, 36). Nach dem Tagebuch zu schließen, brachte Goethe den ganzen Tag bei Hofe zu und tbernachtete in den R|umen des Herzogs Carl August (vgl. ebd.). 214. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 4. Februar 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 41. – 1 Bl. 14,169,2 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „3“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 3), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 86. WA IV 3 (1888), 133, Nr 555. BEI L AG EN
1) Blumen (vgl. die erste Erl|uterung zu 127,14). 2) Wsrste (127,14). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 127,12 einen schtnen Tag] Siehe den Tagebucheintrag vom 4. Februar 1777: Ruhige Nacht. Heitrer Morgen. sbers Bergwerck gelesen die Deducktion Eckards ÆRezess und aktenm|ßige Erl|uterung des Hennebergischen Bergwerksregalsæ in Garten, unterschrieben. Gelesen. Gefochten Geschossen. Reiner Tag. (GT I 1, 36 und 38.) 127,12–13 Sie nicht zu sehn] Nach dem Tagebuch besuchte Goethe die Freundin erst am 6. Februar wieder (vgl. ebd., 38). 127,13 Gesandschafften] Die ,Abgesandten‘, ,Wtrdentr|ger‘; hier scherzhaft tbertragen ftr Goethes Geschenke (vgl. Beilagen). 127,14 Blumen] Offenbar in Tupfen gezogene Pflanzen, wie z. B. Nelken oder Aurikeln, die sich im 18. Jahrhundert großer Beliebtheit erfreuten (vgl. 142,17). 127,14 Philip] Philipp Seidel, Goethes Diener, Sekret|r und Hausgenosse (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 362).
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127,14 Ktchinn] Anne Dorothee Wagenknecht, seit 1775 in Goethes Diensten. 127,15 an meinem einsamen Feuer] Im Gartenhaus, das Goethe winterfest gemacht hatte. 215. An Friedrich Justin Bertuch ÆWeimar, 5. oder 6. Februar 1777æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Sigmund von Seckendorff quittierte den Empfang von 50 Reichstalern am 7. Februar 1777 (Quittung abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erl|uterungen). Demnach wurde der Brief an Bertuch einen Tag oder zwei Tage zuvor geschrieben (vgl. Vulpius, „Sp|ne“, 144 f.). BERLIEFERUNG
H: ThHStA Weimar, Ftrstenhaus A 1068a, Bl. 47 („Special-Belege zur Rechnung tber das Privattheater“, angelegt von Friedrich Justin Bertuch). – 1 Bl. 18,3612,6 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18). E: Goethe und die lustige Zeit in Weimar. Von August Diezmann. Leipzig 1857, S. 165 f. WA IV 3 (1888), 133, Nr 554 (nach E). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der vorliegende Brief wendet sich an Friedrich Justin Bertuch als herzoglichen Schatullverwalter. Sigmund von Seckendorff hatte ftr Goethes Singspiel „Lila“ Musik komponiert und einstudiert; es war (in einer nicht tberlieferten 1. Fassung) am 30. Januar 1777 zum Geburtstag der Herzogin Louise mit Goethe in der Rolle des Sternthal aufgefthrt worden (vgl. GT I 1, 36). Aus Seckendorffs Empfangsbescheinigung (abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erl|uterungen) geht hervor, wie das Geld aufgeteilt wurde. 128,1 Douceur] Franz.: Stßigkeit; Geschenk, Zuwendung. 128,2 Stadt Musikus] Alexander Bartholom|us Eberwein. 128,4 Aulhornen] Johann Adam Aulhorn, Hoftanzmeister, Schauspieler und S|nger in Weimar. Sigmund von Seckendorffs Quittung Funfzig Reichsthaler sage = 50 = Rthtlr Æsicæ sind mir ex Scatulla Seni Reg. von S T. H‘: Geheimem Sekret|r Bertuch als eine zu vertheilende Douceur ----vor einige
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5
10
BRIEFE 216/217
Subjekte bey der Hfst‘. Kapelle (wie unten Specificirt wird) heute dato richtig beh|ndigt worden Weimar d‘. 7 n Febr‘ 1777. Siegmund F‘ von Seckendorff. Diese 50 Thr. wurden vertheilt wie folgt. H r Koncertmeister Gupfert 2 Kar‘ –––––––––––––––––––––––––– str “ Reg Neuhaus –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– ------ --“ Kranz ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– “ Hofmann –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– “ Wagner –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– “ Stadtmusicus Eberwein ––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Rth
13 –––– 13 –––– 10.12 4.12 4.12 4.12 50 =
(H: ThHStA Weimar, Ftrstenhaus A 1068a, Bl. 48.) 1 ex Scatulla] Lat.: aus der Schatulle. 1 Seni Reg.] Lat. Serenissimi Regentis; Genitiv von Serenissimus Regens: Durchlauchtigster regierender Herr; Titulierung regierender Ftrsten. 2 S T.] Lat. Salvo titulo: unter Vorbehalt des Titels (ohne Nennung aller gehuriger Titel). 3 Hfst‘.] Hochftrstliche. 7 Gupfert] Carl Gottlieb Gupfert, Konzertmeister. 7 Kar‘.] Carolin, die in der vorliegenden Rechnung 13 Reichstalern entsprechen. 8 -----Reg str ] Lesung --und Bedeutung unsicher; muglicherweise Abktrzung ftr ,Registrator‘ (vgl. die folgende Erl|uterung). 8 Neuhaus] Muglicherweise der Weimarer Kammerregistrator Johann Karl Neuhaus, der vermutlich der Bruder der Kammers|ngerin Maria Salome Philippine Neuhaus war. 9 Kranz] Johann Friedrich Kranz, Violinist. 10 Hofmann] Johann Christian Hof(f)mann, Kammermusiker. 11 Wagner] Johann August Wagner, Kammermusiker. 12 Eberwein] Alexander Bartholom|us Eberwein, Stadtmusikus. 216. An Jacob Friedrich von Fritsch
ÆWeimaræ, 9. Februar 1777 ! Weimar
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 4. – Doppelblatt 13,8619,5 cm, /3 S. (S. 3) beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: H‘. Geh. Rath / von Fritsch / Exzel‘., Siegel (Pferd mit Reiter); unter dem Brieftext Pr|sentatsvermerk, Tinte: „ps d. 9. Febr. 1777. F.“ E: WA IV 3 (1888), 133, Nr 556 (Friedrich Strehlke). 2
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
FEBRUAR 1777
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128,6 Ihr. Exzel‘ Gesundheit] ber die gesundheitliche Situation Fritschs liegen ftr diese Zeit keine Informationen vor. Seine Amtsgesch|fte im Geheimen Consilium nahm er damals ohne Unterbrechung wahr. – Fritsch trug seit 1772 den Amtstitel ,Exzellenz‘ (vgl. zu 91,15). 128,7 Hezog] Verschrieben ftr ,Herzog‘. 128,7 Vorstellung] Hier im Sinn einer „Rede, wodurch man bey jemanden eine th|tige Erkenntniß der Umst|nde und Folgen einer Handlung zu bewirken sucht.“ (Adelung 4, 1304.) 128,7 seiner Idee] Um was es sich handelte, konnte nicht ermittelt werden.
217. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 11. Februar Æ1777æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief nach der Datierung 11 Febr. 76. (128,14) eingeordnet. Dem Inhalt nach muss sich Goethe bei der Jahresangabe verschrieben haben: An den Sitzungen des Geheimen Conseils (128,12) nahm er im Februar 1776 noch nicht teil, da er erst nach dem Eintritt in den Staatsdienst und seiner am 25. Juni erfolgten Ernennung und Vereidigung zum Geheimen Legationsrat Sitz und Stimme im Geheimen Consilium erhielt (vgl. zu 81,23). Nur im Erstdruck erschien der Brief mit dem Datum 11. Februar 1776, seit der Ausgabe von Fielitz wurde er nach dem Inhalt auf den 11. Februar 1777 umdatiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 71, Nr 120). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 3. – 1 Bl. 18,6611,5 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „8.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 8), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 9. WA IV 3 (1888), 134, Nr 557. BEI L AG E
Blumen (128,12). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 128,12 Blumen] Vgl. zu 127,14. 128,12 Conseil] In der Sitzung des Geheimen Consiliums wurde am 11. Feb-
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BRIEF 218
ruar 1777 tber die Beitr|ge der Eisenacher Kammer gegentber der Hof- und Staatskasse beraten (vgl. GT I 1, 38). 128,13–14 zu Ihnen kommen Æ:::æ Nachtisch bitten] Im Tagebuch vermerkt Goethe am 11. Februar: mit * ÆCharlotte von Steinæ gessen. Glscklicher Abend. (Ebd.) 218. An Charlotte von Stein ÆWeimar, 15. und 16. Februar 1777æ ! ÆKochberg?æ DAT I E RU N G
Der Brief besteht aus zwei Teilen, die im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) unter die undatierten Briefe am Ende des Jahrgangs 1777 eingeordnet sind, jedoch nicht unmittelbar nacheinander (vgl. berlieferung). Beide Briefteile setzen die Abwesenheit Charlotte von Steins von Weimar voraus, die sich auf dem Lande (129,10) befand. Zudem muss Goethe am Tag vor der Niederschrift des an einem Sonnabend frsh (129,1) begonnenen ersten Teils auf der Redoute (129,2) gewesen sein. In dem zweiten, am Sonntag (129,12) auf einem separaten Bl|ttchen geschriebenen Brief erw|hnt er ein tags zuvor verfasstes Zettelgen (129,17), das er verlegt habe (vgl. 129,17–18). In der Fortsetzung des Briefteils vom Sonnabend meldet er S o n t a g F r s h (129,8) das Wiederauffinden des Zettelgens (129,8), bei dem es sich sehr wahrscheinlich um das im zweiten Briefteil vom Sonntag (129,12) erw|hnte Zettelgen an Sie (129,17) handelt (vgl. zu 129,17–18). Aufgrund dieser inhaltlichen Parallelen ist es naheliegend, anzunehmen, dass sich beide Briefe aufeinander beziehen und gemeinsam versandt wurden, weshalb sie hier als ein Brief in zwei Teilen mitgeteilt werden. – Schon im Erstdruck von Schull erschienen sie als ein Brief, allerdings wurde der Text strikt chronologisch angeordnet, so dass in den am Sonnabend (129,1) und S o n t a g f r s h (129,8) geschriebenen Briefteil der Text des Briefes vom Sonntag (129,12), der auf dem anderen Bl|ttchen steht, eingeschoben ist. Schull datiert den Brief auf den 6. und 7. April 1776, woftr sich weder im Tagebuch noch in den Umfeldbriefen Belege finden. Seit Fielitz setzen alle Herausgeber die Briefe auf den 15. und 16. Februar 1777, drucken sie jedoch als zwei separate Briefe ab (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 72, Nr 121 und 122). Ftr diese sp|tere Datierung sprechen inhaltliche Parallelen zu Tagebucheintr|gen: Am 14. Februar 1777, einem Freitag, vermerkt Goethe, dass er die Redoute besucht habe (vgl. GT I 1, 38); auf die Abwesenheit Charlotte von Steins am 15. und 16. Februar von Weimar verweist der Umstand, dass sie seit dem 12. im Tagebuch nicht erw|hnt wird, vor allem aber der Eintrag vom 17. Februar: Abends * ÆCharlotte von Steinæ Wiederkehr (ebd.).
FEBRUAR 1777
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BERLIEFERUNG
1) Briefteil vom 15. und 16. Februar 1777 (129,1–11 Sonnabend frsh. 9 Uhr. Æ:::æ Louisens Spielgeist.): H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 70. – 1 Bl. 17611 cm, Bordtre mit gereihtem Dreiblatt auf drei Balken (vgl. Mick, Nr 4), 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts neben Tages- und Zeitangabe (vgl. 129,1) von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „77“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „69“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 73), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 22. WA IV 3 (1888), 134, Nr 558. 2) Briefteil vom 16. Februar 1777 (129,12–20 Sonntag. Æ:::æ Erscheinung ist.): H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 72. – 1 Bl. 16,9611 cm, Bordtre aus gereihten Krunchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „73“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 77), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 22. WA IV 3 (1888), 135, Nr 559. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 129,2 Redoute] Maskenball, der in den Wintermonaten oft mehrmals in der Woche stattfand, regelm|ßig aber am Freitag (vgl. Datierung). 129,3 Ein Zettel von Thusnelda] Nicht tberliefert. – ,Thusnelda‘ war einer der Spitznamen Louise von Guchhausens (vgl. zu 29,10–11). 129,4–5 ein alte Schottische Ballade] ,Ein‘ fltchtig ftr ,eine‘. – Muglicherweise aus Thomas Percys „Reliques of Ancient English Poetry“ (3 Bde. London 1765), einer Sammlung alter englischer und schottischer Lieder und Balladen, die Goethe sp|testens seit seiner Straßburger Zeit kannte (vgl. GB 1 I, 221). Sein zeitweise starkes Interesse an Volksliedern, darunter auch an schottischen Balladen, war 1771 ebenso wie die Besch|ftigung mit Ossian durch Herder angeregt worden (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 90). 129,6–7 die Freud auf ’m Land] Wahrscheinlich auf dem Landgut der Steins in Kochberg (vgl. Datierung). 129,8 Zettelgen] Wie die inhaltlichen Beztge nahelegen, das vorliegende, am Samstag begonnene Billett, das Goethe verlegt hatte (vgl. 129,17–18). 129,9 versprech ich Ihnen was zu lesen] Aus dem ersten Buch von „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung“. Am 16. Februar 1777 findet sich im Tagebuch der erste Hinweis auf die Arbeit am Wilhelm Meister-Roman tberhaupt
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BRIEFE 219/220
(vgl. GT I 1, 38), am 2. Januar 1778 beendete Goethe das erste Buch (vgl. ebd, 59). Diese bis 1786 entstandene erste Fassung ging verloren, ein Fragment davon hat sich in einer Abschrift von Barbara Schultheß und ihrer Tochter erhalten, die erst 1910 in einer Ztrcher Privatsammlung wiederentdeckt und 1911 in Band 51 und 52 der WA I gedruckt wurde (vgl. WA I 51, 284–288). Der Titel ist durch einen Brief Knebels belegt, der am 10. Juli 1777 an Herder schrieb: „Er ÆGoetheæ hat uns seine neue Composition von Wilhelm Meisters theatralischer Sendung vorgelesen, welches ein sehr fein Werk ist.“ (BG 2, 25.) 129,11 Louisens Spielgeist] Muglicherweise Anspielung auf die in Goethes Briefen an Charlotte von Stein oft thematisierten wechselnden Stimmungen der Herzogin Louise (vgl. 25,9–12; zu 27,4–5). – Nicht ganz auszuschließen ist, dass es sich um eine (nicht ermittelte) literarische Reminiszenz handelt. Dass damit auf Louise von Guchhausen angespielt wird, wie deren Rufname nahelegen kunnte, ist unwahrscheinlich, da Goethe die Hofdame der Herzoginmutter im Tagebuch oder in seinen Briefen entweder mit ihrem Familiennamen, und zwar meist in der Form ,JuchhausÆenæ‘, oder mit dem Spitznamen ,Thusnelda‘ erw|hnt. 129,13 auf dem Lande] Vgl. zu 129,6–7. 129,14 des Zettelgens] Hier ist offensichtlich der vorliegende Briefteil gemeint, an dem Goethe gerade schreibt. 129,15 Pick] Hier im tbertragenen Sinn von ,Groll‘ (vgl. zu 83,18–19). 129,17 politische Lieder] Anklang an Brandners Ausruf: Pfuy ein garstig Lied! Ein politisch Lied, ein leidig Lied. als Entgegnung auf Froschs Lied vom lieben heilgen rtmschen Reich (Frthe Fassung des Faust; DjG3 5, 288; vgl. Faust I, 2090–2092; FA/Goethe I 7/1, 90). – ,Politisch‘ hier muglicherweise noch im weiteren Sinn: „der gesellschaftlichen Klugheit gem|ß, und in noch weiterem Verstande, oft ftr listig, verschlagen, schlau tberhaupt. Ein politischer Streich, ein feiner, listiger, kluger Streich.“ (Adelung 3, 803.) 129,17–18 ein Zettelgen Æ:::æ hab ich verlegt] Der auf einem separaten Bl|ttchen stehende erste Teil des Briefes von Sonnabend frsh (129,1). 129,18–19 Luft, und noch mehr Erderscheinungen] Mit ,Lufterscheinungen‘ kunnten Wetterph|nomene gemeint sein, wie eine wurtliche Parallele in einem sp|teren Brief an Charlotte von Stein nahelegt (vgl. 302,16; vgl. auch 130,18–19). – ,Erderscheinungen‘ spielt wohl, wie der Kontext vermuten l|sst, auf G|ste des Weimarer Hofes an, darunter den von Lavater gesch|tzten Schweizer ,Genieapostel‘, religiusen Schw|rmer und Wunderarzt Johann Christoph Kaufmann. Er hatte sich schon im Herbst 1776 in Weimar aufgehalten und besuchte Ende 1776/Anfang 1777 auf einer Reise durch Std- und Mitteldeutschland Weimar erneut (vgl. zu 130,10–11). Wieland schreibt tber ihn an Catharina Elisabeth Goethe: „Ohnezweifel habt Ihr Æ:::æ eine Erscheinung von Kaufmann gehabt. Muchte wohl huren, was d e r von uns die wir hier so beysammen sind sagt. Er ist ein edler, starker und guter Mensch; hat aber noch nuthig,
FEBRUAR 1777
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sich in der Welt herum zu w|lzen in 10 Jahren a dato wird erst recht erscheinen was er ist.“ (Brief vom 31. Dezember 1776; WB 5, 579.) 129,20 das keine Erscheinung ist] Anspielung auf die Best|ndigkeit von Goethes Liebe zur Adressatin. 219. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 19. Februar 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 42. – 1 Bl. 9,7(–10)66,5(–7) cm, 3 /4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „4“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 4), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 86. WA IV 3 (1888), 135, Nr 560. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 129,21–22 was ich von Ihnen Æ:::æ geborgt habe] Charlotte von Stein war erst zwei Tage zuvor wahrscheinlich von Kochberg nach Weimar zurtckgekehrt (vgl. Datierung zu Nr 218). Goethe hatte sich offenbar w|hrend ihrer Abwesenheit etwas von ihr ausgeliehen. N|heres nicht ermittelt. 129,23 Rauch in die Stube] Im Gartenhaus, wo Goethe auch in der kalten Jahreszeit wohnte (vgl. Tagebuch vom 17. Februar 1777; GT I 1, 38; vgl. auch 130,18). 220. An Johann Caspar Lavater
Weimar, 19. Februar 1777 ! ÆZtrichæ
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 85. – 1 Bl. 18,8(–19,3)623,9 (–24,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte. E: Goethe-Lavater1 (1833), 31 f., Nr 11. WA IV 3 (1888), 136, Nr 561. BEI L AG E
Vermutlich Brief Heinrich Julius von Lindaus an Johann Caspar Lavater vom 21. August bis 11. September 1776 und ein weiterer an Johann Georg Zimmermann (vgl. zu 130,1).
478 ERLUTERUNGEN
BRIEF 220
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 130,1 von dem herrlichen Lindau einige Blwtter] Goethe tbersandte offenbar zwei Briefe des Barons Heinrich Julius von Lindau (zur Person vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 19). Darunter war vermutlich ein an Lavater gerichteter offener Brief, begonnen am 21. August 1776 „halb leblos und erstarret unter den Eisschollen“ (Ernst, 101) an Bord der „Concordia“ auf der Fahrt nach Amerika, beendet am 11. September 1776. Diesen Brief hatte Lindau nicht direkt an Lavater, sondern mit einem nicht tberlieferten Begleitbrief an Johann Georg Zimmermann geschickt, der seinerseits am 30. Januar 1777 einen Brief Lindaus vom 16. Oktober 1776 erhalten hatte, der ebenfalls nicht tberliefert ist. In beiden Briefen berichtet Lindau nach Zimmermanns Darstellung von seinen Erlebnissen als hessischer Sekondeleutnant (Unterleutnant) im amerikanischen Unabh|ngigkeitskrieg. Die beiden Briefe hatte Zimmermann am 31. Januar 1777 Goethe zukommen lassen, weil er annahm, dass dieser sich mit einer Biographie Lindaus befasse. Dies hatte er von einem seiner Patienten, dem hessischen Kammerherrn Wilhelm Freiherrn von Canitz und Dallwitz, erfahren, wie er am 10. Februar 1777 an Lavater schrieb: „Herr von Canitz, der mit Goethe bekannt scheint, sagte, daß Goethe etwas tber Lindaus Leben schreibe – dieses veranlaßte mich am 31. Januar, den Brief von Lindau an Dich und an mich an Goethe zu schicken, von dem Du Deinen Brief also haben kannst, wenn Du ihn verlangst.“ (Ernst, 103.) Nachdem Goethe Lindaus Briefe Anfang Februar 1777 Charlotte von Stein gegeben hatte (vgl. Beilage zu Nr 213), schickte er sie nun mit dem vorliegenden Brief an Lavater. Mit Blick auf den zitierten Brief Zimmermanns, der nur von einem Brief spricht, ist allerdings nicht auszuschließen, dass Goethe lediglich Lindaus „sehr großen offenen Brief“ (Ernst, 102) an Lavater vom 21. August bis 11. September 1776 nach Ztrich sandte. 130,1–2 Zimmerm. schreibt] Johann Georg Zimmermanns Brief an Goethe vom 31. Januar 1777, den Zimmermann im Brief an Lavater vom 10. Februar 1777 erw|hnt (vgl. Ernst, 103), ist nicht tberliefert. 130,2 er sey todt] Lindau hatte als hessischer Offizier auf britischer Seite am amerikanischen Unabh|ngigkeitskrieg teilgenommen. Bei der Ersttrmung von Fort Washington am 16. November 1776 wurde er verwundet; es wird berichtet, „eine Canonkugel aus dem Fort Washington habe ihn ÆLindauæ gestreift und diese Wunde sei tutlich geworden.“ (Wilhelm von Canitz und Dallwitz nach Johann Georg Zimmermanns Brief an Lavater vom 10. Februar 1777; Ernst, 103.) Wann genau Lindau starb, ist nicht bekannt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 19). 130,3 Deine Phis. geht Æ:::æ durch meine Hwnde] Lavater schickte Manuskripte zum 3. Band seiner „Physiognomischen Fragmente“ an Goethe, der sie durchsah und an Reich nach Leipzig weiterleitete; dort hatte Anfang Januar 1777 der Druck des Bandes begonnen.
FEBRUAR 1777
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130,4–6 Bey Raphael Æ:::æ es ging aber nicht.] Wie aus seinem Brief an Lavater vom 8. Januar 1777 hervorgeht, hatte Goethe seinerzeit zwei Paketsendungen empfangen, die Manuskripte mit Text bis zur Seite 57 im Druck enthielten (vgl. zu 125,20; zu 126,2). Eine dritte Manuskriptsendung, deren Ankunftsdatum nicht bekannt ist, muss den Artikel „Ueber Raphael“ enthalten haben, der sich im gedruckten Band auf den Seiten 58–60 findet. Muglicherweise nahm Goethe, der schon zum 1. Band die Artikel „Ein Kopf nach Raphael“ und „Ein zweyter Kopf nach Raphael“ (Physiognomische Fragmente 1, 198–201) beigetragen hatte (vgl. GB 2 II, zu 181,2), an der dezidiert religiusen Deutung des italienischen Malers Anstoß: „Raphael“, schreibt Lavater, „ist und bleibt in meinem Sinne ,ein a p o s t o l i s c h e r‘ Mann“ (Physiognomische Fragmente 3, 58). Dass Goethe den gestrichenen Teil des Beitrags nicht ersetzte, kunnte eine Tagebucheintragung vom 13. Januar vermuten lassen, nach der es w|hrend eines Essens bei Charlotte von Stein mit Corona Schruter und Herzog Carl August Streit sber Raphael (GT I 1, 35) gegeben habe. 130,8–9 schreibe niemanden Æ:::æ nun gar nichts] Die beschriebene Situation der Zurtckgezogenheit war von l|ngerer Dauer. Noch am 14. Juni 1777 teilte Lavater in einem Brief an Johann Georg Zimmermann mit: „Goethe schreibt tberall keiner Seele; verschließt sich allem; sezt seine ganze St|rke darin, in einem kleinen von ihm selbst beschr|nkten Kreise ganz und allein zu existieren.“ (Goethe-Lavater3, 349 f.) Selbst seiner Schwester Cornelia, die am 8. Juni 1777 gestorben war, habe er „in acht Monaten keine Zeile“ geschrieben (ebd., 350). Auch das Verh|ltnis zu Wieland nahm in dieser Zeit Schaden; in seinem Brief an Johann Heinrich Merck vom 14. Juni 1777 schildert dieser die Beziehung zu Goethe: „Guthe und Herder sind ftr mich wenig besser als ob sie nicht da w|ren. Mit jenem – was ftr herrliche Stunden, u. halbe Tage lebt’ ich mit ihm im ersten Jahre! Nun ists als ob in den fatalen Verh|ltnißen worinn er steckt, ihn sein Genius ganz verlassen h|tte – seine Einbildungskraft scheint erloschen – statt der allbelebenden W|rme die sonst von ihm ausging, ist politischer Ernst um ihn her.“ (WB 5, 626 f.) 130,10–11 Kaufm. ist Æ:::æ bei Lynckern auf dem Gute.] Johann Christoph Kaufmann (tber ihn vgl. zu 90,18–19) hatte sich bereits vom 21. September bis 9. Oktober 1776 in Weimar aufgehalten und noch einmal Anfang November desselben Jahres. Wieland erw|hnt ihn in seinem Brief an Friedrich Heinrich Jacobi vom 1. November 1776 (vgl. WB 5, 565). Im Anschluss an einen Aufenthalt in Dessau unternahm Kaufmann von Ende 1776 bis Oktober 1777 eine Reise durch Std- und Mitteldeutschland; in deren Verlauf war er in Begleitung des Oberkonsistorialpr|sidenten Carl Friedrich Ernst von Lyncker ein weiteres Mal nach Weimar zurtckgekehrt (vgl. Werner Milch: Christoph Kaufmann. Frauenfeld und Leipzig 1932, S. 82 f.). Lyncker besaß in Flurstedt bei Apolda ein Gut. 130,12 Lindaus Petern] Peter im Baumgarten, Pflegesohn von Heinrich Julius von Lindau (weiter vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 281). Dass Goethe
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BRIEFE 221/222
ihn erwartete, kunnte darauf hindeuten, dass er sich um eine bersiedlung des Jungen aus der Schweiz nach Weimar gektmmert hatte, nachdem die Nachricht von Lindaus Tod eingetroffen war, auch wenn er sie ftr nicht zuverl|ssig hielt (vgl. Ernst, 45). Peter traf erst am 12. August 1777 in Weimar ein. 130,13 was ich mit ihm vorhabe] Goethe nahm Peter zun|chst in sein Haus auf, gab ihn aber wegen zunehmender Erziehungsschwierigkeiten schließlich nach Ilmenau zu den herzoglichen J|gern (weiter vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 281). 130,15 dein Wibele] Schweizerische Diminutivform von wı¯b (Weib; Ehefrau); gemeint ist Anna Lavater geb. Schinz. 130,15 Bwben] Barbara (B|be) Schultheß, eine Freundin Goethes und Lavaters in Ztrich (vgl. die zweite Erl|uterung zu 97,9). 130,15 Kaysern] Philipp Christoph Kayser, Jugendfreund Goethes, Komponist in Ztrich. 130,18 in meinem Garten] Das Grundsttck mit Gartenhaus im Park an der Ilm, das Goethe seit April 1776 besaß. 221. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 20. Februar 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 42. – 1 Bl. 13,966,2 cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „5“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 5), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 86 f. WA IV 3 (1888), 137, Nr 562. BEI L AG E
Wein (vgl. zu 130,23–24). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 130,21 Ich habe dem Herzog Æ:::æ bey Ihnen zu essen.] Vom 19. bis 22. Februar 1777 gibt es keine Tagebuchaufzeichnungen Goethes, laut Fourierbuch nahm aber der Herzog nicht an der Mittagstafel teil, so dass er wahrscheinlich Goethes Vorschlag angenommen hat (vgl. FB 1777, S. 53). 130,22 nicht in den besten Umstwnden] Auf ein Unwohlsein oder eine Verstimmung des Herzogs deutet sein Fernbleiben von der Hoftafel seit dem 17. Februar 1777 hin. Bis zum 22. Februar fielen auch die abendlichen Hoftafeln aus,
FEBRUAR 1777
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am 20. Februar wurde abends wie an den Tagen davor und danach „wieder auf denen Zimmern gespeißet“ (FB 1777, S. 53). 130,23–24 alten Wein] Den Goethe selbst bevorzugte (vgl. 120,3–4). Seinen Wein bezog er von seiner Mutter oder von Merck aus den heimatlichen Rhein- und Maingegenden; schon am folgenden Tag gab er tber die Frankfurter Freundin Johanna Fahlmer eine neue Bestellung auf (vgl. die erste Erl|uterung zu 131,6). 222. An Johanna Fahlmer
ÆWeimaræ, 21. Februar 1777 ! ÆFrankfurt a. M.æ
BERLIEFERUNG
H: Privatbesitz, Deutschland. – 1 Bl. 18,4(–18,7)628,5(–28,7) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Msll Fahlmer (demnach muglicherweise Einschluss in einen anderen Brief), Reste eines roten Initialsiegels: „G“; Vs. oben in der Mitte von fremder Hd, Bleistift: „46“ (vgl. E). E: Goethe-Fahlmer (1875), 117 f., Nr 46. WA IV 3 (1888), 137, Nr 563 (nach E). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief von Johanna Fahlmer (vgl. 131,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 131,1–2 Einsamkeit] Goethe wohnte in seinem Haus im Garten am „Stern“, stiller in mir als ie, schreibe niemanden, htre von niemanden (130,8–9), wie er am 19. Februar 1777 an Lavater geschrieben hatte (vgl. zu 124,17; zu 130,8–9). 131,4–5 die bunte Æ:::æ fshl ich gar kaum] hnlich hatte Goethe am 5. Januar 1777 an Johann Heinrich Merck geschrieben: Ich lebe immer in der tollen Welt und bin sehr in mich zursckgezogen. (124,16–17.) – ,Wirtschaft‘ hier im Sinn von ,Lebensverh|ltnisse‘, auch als Bezeichnung ftr die „Handhabung eines jeden Gesch|ftes“ (Adelung 4, 1577). – ber seine Gesch|fte, private (die Umgestaltung seines Gartens betreffend) und amtliche (die Arbeit im Geheimen Consilium betreffend), hatte Goethe im vorhergehenden Brief an Johanna Fahlmer vom 6. November 1776 geschrieben (vgl. 115,12–13; 115,18–22). 131,5 Fr Aya] Catharina Elisabeth Goethe (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 276 sowie GB 2 II, zu 205,22–23). 131,6 Flaschen Alten Weins] Im folgenden Brief an Johanna Fahlmer vom 19. M|rz 1777 wiederholte und pr|zisierte Goethe die Bitte um Zusendung von Wein: Er wtnschte Wein des Jahrgangs 1762 oder 1766 (vgl. 137,1–2). Am Vortag hatte Goethe alten Wein (130,23–24) an Charlotte von Stein geschickt, die Herzog Carl August zum Essen erwartete. – Im Lauf des Jahres 1776 war
482
BRIEFE 223/224
Goethe von Johann Heinrich Merck mit Wein versorgt worden (vgl. seine Briefe an den Freund vom 24. Juli und 16. September 1776; Nr 146 und 171). 131,6 Der erste Transport] Er war im September 1776 in Weimar eingetroffen (vgl. 108,1). 131,8 die Mwdels] Muglicherweise gehurten sie zu der Damen-Gesellschaft, von welcher Goethes Mutter in einem Brief an Johann Bernhard Crespel vom 5. Januar 1777 berichtet: „8 junge M|dels waren bey mir, zwei Demoisellen Clermondt, die Mingen Starck u. s. w. wir spielten, stirbt der Fuchs so gielt sein Balg und da gabs Euch Pf|nder daß es eine Lust war. Auch wurden M|hrgen erz|hlt, R|tzel aufgegeben, es war mit einem Wort ein groß Gaudium.“ (PfeifferBelli, 405.) Bei den Genannten handelte es sich um Nichten von Helene Elisabeth Jacobi, die eine geborene von Clermont war, vermutlich um Eleonore Marie Henriette und Caroline Helene Christiane von Clermont, die von 1776 bis 1778 in Hanau in Pension waren (nach freundlicher Mitteilung von Jan Wartenberg, Berlin), sowie um Margarethe Catharina Rosina Starck, eine Nichte von Goethes Mutter. In ihrem Brief werden auch Maximiliane Brentano und die Schwestern Gerock erw|hnt, ebenso Johanna Fahlmer, von der Goethe tber die Mwdels gehurt haben kunnte. 131,8 Frizzen] Friedrich Heinrich Jacobi. 223. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 1. M|rz 1777 ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Erstdruck bei Schull mit der Datierung 1. Mai 1777 gedruckt. Der handschriftliche Befund spricht eindeutig ftr den 1. M|rz 1777 (vgl. 131,13). Seit Fielitz wird der Brief auch so datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 73, Nr 125). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 48. – 1 Bl. 19(–19,6)66,8 (–7,2) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „22“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 22), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 96. WA IV 3 (1888), 137 f., Nr 564. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
M{RZ 1777
483
131,10 nur] Seit dem Erstdruck als ,mir‘ gelesen, 1888 in der WA nach dem graphischen Befund zu ,nur‘ korrigiert, danach wieder mit der irrttmlichen Lesung ,mir‘ gedruckt (zuletzt bei Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 62, Nr 133). 131,10 den Abend] Laut Tagebuch vom 1. M|rz 1777 hat Goethe bey Wiel ÆWielandæ gessen (GT I 1, 39). 131,12 wunderbaar] Hier wohl „ein glimpflicher Ausdruck ftr das h|rtere seltsam“ (Adelung 4, 1621). 131,12 zum zweyten Ackt] Von Goethes Schauspiel mit Gesang „Erwin und Elmire“, das vom Weimarer Liebhabertheater 1776 schon viermal aufgefthrt worden war (vgl. die zweite Erl|uterung zu 74,11). Am 1. M|rz soll Corona Schruter zum ersten Mal die Rolle der Elmire gesungen haben (vgl. Sichardt, 144). 224. An Johann Caspar Lavater
Weimar, 4. M|rz 1777 ! Ztrich
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 86. – 1 Bl. 19,5627,6 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Herrn Prediger / Lavater /in / Zsrch / fr. Schafh., rotes Initialsiegel: „G“. E1: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 186 f. (ohne Datum, Paraphe und Nachschrift). E2: WA IV 3 (1888), 138, Nr 565 (Friedrich Strehlke). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Lavaters (vgl. 131,14–15). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 131,14 das Scheisgesicht] Mit Bezug auf ein Portr|t des Weimarer Kapellmeisters Ernst Wilhelm Wolf. Im folgenden Brief an Lavater vom 10. M|rz 1777 geht Goethe noch einmal darauf ein (vgl. 133,6–13). Die entsprechende Druckplatte war offenbar bereits bei Reich in Leipzig, wo der 3. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ gedruckt wurde. 131,14–15 Dein Brief kam zu spwt.] Lavaters nicht tberlieferter Brief enthielt wohl den kommentierenden Text zu Wolfs Portr|t. 131,15–16 Du lwssts unter den Kupfer Tafeln] Goethes Vorschlag, die Tafel mit dem Bildnis Ernst Wolfs ohne das kommentierende Fragment abzudrucken, den er auch in Nr 247 machte, wurde nicht befolgt. Die Tafel wurde vielmehr ebenfalls weggelassen und die Nummerierung der Tafeln entsprechend ge|ndert. Tafel LX, die ftr Wolf vorgesehen war, stellt im Druck Philipp Christoph Kayser dar (Physiognomische Fragmente 3, zu S. 202). 131,16 Avis au Relieur] Franz.: Nachricht ftr den Buchbinder.
484
BRIEFE 225/226
131,17 nach Bachen] Gemeint ist der Artikel, der Philipp Emanuel Bach behandelt (Physiognomische Fragmente 3, 200). 131,18 mit Reichen abmachen] Vgl. Goethes Brief an Philipp Erasmus Reich vom 6. April 1777 (Nr 247). 131,20 pflanzen und bauen] Goethe plante die Umgestaltung seines Grundsttcks und den Anbau eines Altans an sein Gartenhaus, mit dem am 12. M|rz 1777 begonnen wurde: Im Garten mit den Arbeitern beschwfftigt. (GT I 1, 39.) Wieland schrieb am 4. April an Johann Heinrich Merck: „G u t h e grtßt Sie, und l|ßt Ihnen wissen, daß er fleißig in seinem Garten arbeite Æ:::æ. Z e i c h n e n ist ausser’m Pflanzen izt sein Lieblingsgesch|ft“ (WB 5, 606). Von seinem eigenen Haus abgesehen war Goethe auch an den Planungen zum Wiederaufbau des Weimarer Stadtschlosses beteiligt, das 1774 durch einen Brand zersturt worden war. Ebenfalls unter dem 12. M|rz 1777 heißt es in seinem Tagebuch: Visitation im alten Schloss. (GT I 1, 39.) 132,1–2 Was du ksnftig Æ:::æ schick gerade an ihn.] Gewuhnlich liefen Lavaters Briefe an Philipp Erasmus Reich, den Leipziger Verleger seiner „Physiognomischen Fragmente“, tber Goethe, der den Druck des Werkes vermittelte. 225. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 6. M|rz 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 42. – 1 Bl. 19,469,4(–9,9) cm, 2 /3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „7“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 7), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 87. WA IV 3 (1888), 138 f., Nr 566. BEI L AG E
Geschenk ftr Friedrich von Stein (vgl. die zweite Erl|uterung zu 132,7). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 132,4 wie weit ich’s heute bringen werde] Im Tagebuch vom 5. und 6. M|rz 1777 wird kein Besuch Goethes bei der Adressatin vermerkt (vgl. GT I 1, 39). 132,4–5 Morgen gehen Sie!] Charlotte von Stein reiste am 7. M|rz 1777 auf Einladung des kurmainzischen Statthalters Carl Theodor von Dalberg nach Erfurt: War. * ÆCharlotte von Steinæ mit Waldn in Erfurt. (GT I 1, 39.) In Goethes Tagebuch wird die Freundin erst wieder am 10. M|rz erw|hnt (vgl. ebd.).
M{RZ 1777
485
132,5 Stadthalter hat mich auch eingeladen] Die Einladung war bei Dalbergs Besuch in Weimar ausgesprochen worden; dieser war laut Fourierbuch am Abend des 1. M|rz 1777 in Weimar angekommen, wo er „in der Comedie Ævgl. zu 131,12æ zur Audienz und Abends mit zur Tafel invitiret“ wurde (FB 1777, S. 67). 132,7 Frizzen] Friedrich von Stein. 132,7 was] N|heres nicht ermittelt. 226. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 6. M|rz 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 42. – 1 Bl. 16,7(–17) cm67,5 (–7,9) cm, aus grußerem Blatt ausgeschnitten, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte. „6“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 6), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 87. WA IV 3 (1888), 139, Nr 567. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom 6. M|rz 1777 (vgl. zu 132,16). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 132,8 mich angebe] Jemanden angeben: (sich selbst) anzeigen, denunzieren (vgl. GWb 1, 541). 132,8–9 andrer Unglauben] Anspielung auf den ,Unglauben‘ Charlotte von Steins vor allem in Hinblick auf Goethes Liebe und Treue, tber den dieser sich h|ufig beklagt hatte (vgl. 49,11–12; 109,17–18). 132,10 Sie wsrden weggehn] Nach Erfurt (vgl. zu 132,4–5). 132,11 Picks] Pick: hier im tbertragenen Sinn von ,Groll‘ (vgl. zu 83,18–19). Im Tagebuch findet sich unter dem 9. M|rz 1777, als Charlotte von Stein wahrscheinlich noch in Erfurt war, der Eintrag: Ging zu Cronen ÆCorona Schruteræ kriegte Picks und ging nach Hause. (GT I 1, 39.) 132,12 Wenn Sie nicht nach Hof gingen] Im Fourierbuch vom 6. M|rz 1777 ist Charlotte von Stein unter den G|sten der ftrstlichen Mittags- und Abendtafel nicht erw|hnt, w|hrend ihr Mann sowohl mittags wie abends namentlich aufgefthrt wird (vgl. FB 1777, S. 72). 132,13 Morgen siz ich im Conseil] An der Sitzung des Geheimen Consiliums vom 7. M|rz nahmen der Herzog, Fritsch, Schnauß und Goethe teil (vgl. Sessionskalender 1776–1786; AS 1, LXXI).
486
BRIEFE 227/228
132,16 Ihres Billets] Mit dem Charlotte von Stein sich vor ihrer Reise nach Erfurt verabschiedet hatte; nicht tberliefert. 227. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 10. M|rz 1777 ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) ist der vorliegende Brief irrttmlich in den Jahrgang 1779 eingeordnet. Die beiden letzten Buchstaben des Monatsnamens stehen eng am Seitenrand, so dass auch die Lesung ,May‘ nicht ganz auszuschließen ist. Sowohl der graphische Befund als auch der Inhalt und die bereinstimmung mit dem Tagebuch sprechen aber ftr den 10. M|rz 1777 (vgl. die zweite Erl|uterung zu 133,2). Seit dem Erstdruck wird der Brief auch so datiert. – Dem Inhalt nach wurde der Brief vormittags, wahrscheinlich als Morgengruß, auf jeden Fall aber ,vor Tisch‘ (vgl. 133,2) geschrieben, weshalb er vor Brief Nr 228 vom selben Tag angeordnet wird. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 7 – 1 Bl. 12,4(–13,2)69,4 cm, 1 /2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Rest eines roten Siegels; Vs. linker Rand ausgerissen, untere rechte Ecke Siegelausriss; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „13“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 14), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 88. WA IV 3 (1888), 140, Nr 569. BEI L AG E
Geschenk ftr Charlotte von Stein (vgl. zu 133,1). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 133,1 schick ich was] Wahrscheinlich Lebensmittel (vgl. 135,1–3). 133,2 nach Tiefurt] Auf das kleine Landgut, das Prinz Constantin und sein Erzieher Carl Ludwig von Knebel als Wohnung nutzten (vgl. zu 68,22–23). 133,2 heute Abend komme ich] Im Tagebuch vom 10. Februar 1777 ist vermerkt: war * ÆCharlotte von Steinæ kranck Abends bey Ihr, zeichnend und schwwzzend (GT I 1, 39); vgl. 134,2. 133,3 Das Glsck des Lebens Æ:::æ auf mir.] Vgl. Goethes Formulierung im Brief an Lavater vom selben Tag (133,20–21).
M{RZ 1777
228. An Johann Caspar Lavater
487
Weimar, 10. M|rz 1777 ! ÆZtrichæ
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 88. – 1 Bl. 18,7 6 22,8 cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte. E1: Hegner (1836), 98 (Teildruck: 133,14–19 Ich hatte gehofft Æ:::æ des Fragments dazu.). E2: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 187 (Teildruck: 133,5–6 Lieber Br. Æ:::æ werden wird.; 133,14–21 Ich hatte gehofft Æ:::æ ehre.). E3: WA IV 3 (1888), 139 f., Nr 568 (Friedrich Strehlke). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 133,5 Br.] Bruder. 133,5 deine Papiere] Die Manuskripte zum 3. Band der „Physiognomischen Fragmente“, die Lavater an Goethe schickte, der sie, korrigiert und redigiert, nach Leipzig zum Druck an Philipp Erasmus Reich weiterleitete. 133,6–7 Dein Fragment sber Wolfen] Lavaters Kommentierung zu einem Portr|t des Weimarer Kapellmeisters Ernst Wilhelm Wolf wurde ebenso wenig veruffentlicht wie das Bild, das Goethe im vorhergehenden Brief an Lavater ein Scheisgesicht genannt hatte (vgl. zu 131,14; zu 131,15–16). Goethe, der von Wolfs F|higkeiten nicht tberzeugt war, versuchte sp|ter vergeblich, ihn durch seinen Freund Philipp Christoph Kayser zu ersetzen. 133,10 wenn ich aus] Wohl verschrieben ftr ,wenn ich auch‘. 133,13 Dumpfheit] Vgl. zu 53,2 und 99,14–15. 133,14 mich wsrdest du heraus lassen] Lavater scheint Goethe in einem nicht tberlieferten Brief mitgeteilt zu haben, einen Beitrag tber ihn veruffentlichen zu wollen. Das Manuskript dazu hatte er offensichtlich direkt an Reich geschickt, ohne es Goethe vorzulegen. Der Artikel erschien im 9. Abschnitt, der sieben Fragmente unter der berschrift „Dichter“ enth|lt. Behandelt werden u. a. Friedrich Wilhelm Gotter, Johann Timotheus Hermes, Johann Martin Miller, Matthias Claudius und Friedrich Heinrich Jacobi. Das 6. Fragment dieses Abschnitts ist „Guthe“ gewidmet (Physiognomische Fragmente 3, 218–224). Am Schluss des Fragments heißt es mit Bezug auf Goethe: „Und nun – verzeihe, edler Mann, gekannter und nicht gekannter – daß ich alles dieß von dir, ohne dein Wissen – hinstammle.“ (Ebd., 224.) – In dem Fragment erschienen ftnf Portr|ts Goethes: (1–2) zwei Reliefs (Physiognomische Fragmente 3, zwischen 218 und 219; das erste dieser Reliefs auch bei Schulte-Strathaus, 8 f. [Erl|uterungen], Tafel 10 [Abbildung]);
488
BRIEF 229
(3) ein Portr|t als Kupferstich von Johann Gottfried Saiter nach dem (Miniatur-)lgem|lde von Johann Daniel Bager (Physiognomische Fragmente 3, zwischen 220 und 221; vgl. Schulte-Strathaus, 7 f. [Erl|uterungen], Tafel 8 [Abbildung]; ferner Schaeffer/Gures, 54, Nr 3); Lavater bedankte sich daftr schon in einem Brief vom 6. November 1773 (vgl. Goethe-Lavater3, 5); (4) ein (kleines) Portr|t nach einer Radierung Georg Friedrich Schmolls (Physiognomische Fragmente 3, 222; vgl. auch Schulte-Strathaus, 13 f. [Erl|uterungen], Tafel 15 [Abbildung]; ferner Schaeffer/Gures, 59, Nr 6); Schmoll hatte Goethe im Juni/Juli 1774 gezeichnet (vgl. Lavaters Tagebuch unter dem 25. Juni und 16. Juli 1774; Goethe-Lavater3, 287 und 299); (5) ein (kleines) Portr|t unbekannter Herkunft (Physiognomische Fragmente 3, 224; vgl. Schulte-Strathaus, 9–11 [Erl|uterungen], Tafel 12 [Abbildung]), vielleicht von Johann Rudolf Schellenberg (vgl. Goethe-Lavater3, 427). Zuvor findet sich (6) ein Schattenriss Goethes auf der Tafel „Zwanzig Silhouetten von Liebenden und Geliebten“ (Physiognomische Fragmente 3, zwischen 36 und 37; vgl. Schulte-Strathaus, 15 f. [Erl|uterungen], Tafel 20) als letzte dieser Silhouetten, die 1775 in Ztrich entstanden war (vgl. GB 2 II, zu 196,7). – Alle Portr|ts sind auch abgebildet in Goethe-Lavater3, Tafel I, Nr 2–4 und Tafel II, Nr 5–7. 133,14–15 da ich dich so htflich drum gebeten hatte] Muglicherweise war dies mtndlich geschehen. Ein entsprechender Brief Goethes an Lavater ist nicht tberliefert. 133,16 Gericht Æ:::æ sber mehr ehrliche Kerls] Das Goethe betreffende Fragment erschien unter insgesamt sieben Fragmenten tber verschiedene Dichter (vgl. zu 133,14). 133,18 Herder Æ:::æ schelten] In einem Brief von Herbst 1777 schrieb Johann Georg Zimmermann an Lavater: „Mit Dir scheint Herder unzufrieden. Ich glaube, daß dieses durch den dritten Theil Deiner Physiognomik veranlaßt ist, von der er sagt, Du machest sie zur Sch|delst|tte Deiner Freunde.“ (Goethe-Lavater3, 403.) 133,18–19 sein polirtes Milchgesicht] Eine Abbildung Herders findet sich im 9. Fragment des 10. Abschnitts, welcher den Titel „Religiose“ tr|gt (Physiognomische Fragmente 3, 227–288): „Ein m|nnliches Profil. H“ (ebd., 262–264). In seinem Brief an Johann Georg Hamann von Mitte August 1777 urteilte Herder, der 3. Band der „Fragmente“ habe ihm „wenig schmecken wollen“, u. a. weil sein „Bild darinn erstolen, unwahr u. die Schilderung dabei weder aus dem Himmel, noch von der Erde“ sei (HB 4, 36). Außerdem fand er es, wie Johann Georg Zimmermann im Herbst 1777 Lavater mitteilte, „l|cherlich, daß Du seinen Kopf unter die religiosen Kupfe gesetzt hast, ihn einen Propheten nennst u. s. f.“ (Goethe-Lavater3, 403). Zu der Gesellschaft von ,Religiosen‘, in der sich Herder befindet, gehuren Personen wie Ignatius von Loyola einerseits und „Ein schw|bischer Bauer“
M{RZ 1777
489
andererseits. ber seine Kommentierung von Herders Abbild hatte Lavater schon am 8. M|rz 1777 an den Betroffenen geschrieben: „Verzeih die Brthe tber Dein allliebes Gesicht.“ (Aus Herders Nachlaß 2, 178.) 133,19 Colofonien Bliz des Fragments] Laut GWb eine „okkasionelle Bildung zu ,Kolophon‘“ (5, 513). Der Begriff Kolophon (nach griech. jokouxŁm: Gipfel; Abschluss) bezeichnet in mittelalterlichen Handschriften und frthen Druckwerken die titelblatt|hnliche Schlussformel tber Verfasser, Schreiber, Druckort und -jahr. – Lavater schreibt in seiner Charaktersierung Herders: „Mit Einem Blicke blickt er Licht in die Nacht hin – Aber das Licht ist Blitz.“ (Physiognomische Fragmente 3, 263.) 133,21 der Gttter] Den Plural verwendet Goethe in bewusstem Gegensatz zu Lavaters monotheistischem Glauben. So hatte er im Brief an Lavater vom 8. Januar 1777 geschrieben: Dein Durst nach Crist. hat mich gejammert. Du bist sbler dran als wir Heiden uns erscheinen doch in der Noth unsre Gttter. (126,23–24.) 229. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 11. M|rz 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 43. – 1 Bl. 19,5613,6(–13,9) cm, /2 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Rest einer Verschlussoblate?; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „8“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 8), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 88. WA IV 3 (1888), 141, Nr 570.
1
BEI L AG E
Beutel (vgl. die erste Erl|uterung zu 134,8). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 134,2 das btse Kopfweh] Vgl. die zweite Erl|uterung zu 133,2. 134,3 Session] Dienstags tagte das Geheime Consilium (vgl. GT I 1, 39). 134,4 Und komme also.] Zwischen den beiden Sitzungen des Consiliums kam Goethe am Mittag zu * ÆCharlotte von Steinæ (GT I 1, 39). 134,4–5 Denn Nachmittag Æ:::æ was zu thun.] Siehe Goethes Tagebucheintrag vom 11. M|rz 1777: Nachmittag Bau Session. (GT I 1, 39.) Beraten wurde tber den Wiederaufbau des im Mai 1774 abgebrannten Stadtschlosses. Am Nachmittag des n|chsten Tages fand eine Bau Visitation im alten Schloss statt (ebd.).
490
BRIEFE 230–232
134,5 Grasaffen] Wahrscheinlich die Suhne Charlotte von Steins (vgl. zu 55,22). 134,6 Feuer werck] Siehe Tagebuch vom 11. M|rz 1777: Abends Feuerwerck. (GT I 1, 39.) 134,8 Beutel] Ein Geldbeutel nur ftr Mtnzen, wohl vor allem ftr den Einsatz beim Kartenspiel (vgl. GWb 2, 580). 134,8 vignt un] Verschrieben ftr franz. ,Vingt (et) un‘ (Einundzwanzig), franzusisches Kartenspiel, das am Hof Ludwigs XV. sehr beliebt war. – Kartenspielen gehurte auch in Weimar zum bevorzugten Zeitvertreib der hufischen Gesellschaft. 230. An Philipp Erasmus Reich
Weimar, 11. M|rz 1777 ! Leipzig
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 89. – 1 Bl. 19,3(–19,5)627,7 cm, /4 S. beschr., egh., Tinte; Vs. untere H|lfte von Reichs Hd, Tinte, wohl ftr den Setzer bestimmt: „Hier das Mspt! Die pagina trifft ein; aber die Bezeichnung der abschnitte nicht! Vermuthlich ist diß ein Versehen, das Hr Darre Leicht werden |ndern kunnen.“; Rs. Empfangs- und Antwortvermerk, Tinte: „1777. 17. Merz Weimar / Goethe / B‘“ (vgl. berlieferung zu Nr 21). E: WA IV 3 (1888), 141, Nr 571 (Friedrich Strehlke). – Incipit zuvor schon in: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 187 (134,9 Hier sbersende ich Æ:::æ Hwnden ist.). 1
BEI L AG E
Manuskript zum 3. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ (vgl. die einfthrende Erl|uterung). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief (vgl. berlieferung und 136,1) ist nicht tberliefert. Der Brief begleitete ein von Goethe redigiertes Manuskript zum 3. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“, vermutlich den 8. oder 10. Abschnitt oder beide (vgl. Nr 235). Der Band wurde bei Reich seit Anfang des Jahres gedruckt und erschien zur Leipziger Ostermesse, die am 20. April 1777 begann (vgl. zu 126,25). 134,10 der neunte Abschnitt] Vgl. zu 133,14. 134,11 aus der Schweiz] Von Johann Caspar Lavater.
M{RZ 1777
231. An Charlotte von Stein
491
ÆWeimaræ, 12. M|rz 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 43. – 1 Bl. ca. 1467,5 cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „9“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 9), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 88. WA IV 3 (1888), 141 f., Nr 572. BEI L AG EN
Blume(n) (vgl. zu 134,14–15). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 134,14 Weil ich Sie schweerlich heute sehn werde] Laut Tagebuch vom 12. M|rz 1777 war Goethe mit Bauarbeitern besch|ftigt, die den Anbau an sein Gartenhaus vorbereiteten, bekam Besuch von Herzog Carl August, aß zu Hause und war nachmittags mit der Besichtigung des Schlosses befasst; auch am Abend war er offenbar so besch|ftigt (signirt und gelesen), dass er Charlotte von Stein nicht besuchte (GT I 1, 39). 134,14–15 einen freundlichen Blick Æ:::æ Frshlings] Wohl Frthlingsblumen aus Goethes Garten. 232. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 13. M|rz 1777 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 43. – 1 Bl. 11,569,1 cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „10“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 10), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 89. WA IV 3 (1888), 142, Nr 573. BEI L AG EN
Zeug (vgl. zu 135,1).
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BRIEFE 233/234
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 135,1 allerley Zeug] Darunter muglicherweise ein Selbstportr|t; im Tagebuch ist unter dem 13. M|rz 1777 vermerkt: frsh mich selbst gezeichnet (GT I 1, 39); vgl. die erste Erl|uterung zu 135,10. 135,2–3 von der wltern Kirche Æ:::æ zu nwhern traute] In Anspielung auf die Opfergaben ftr antike und andere heidnische Gottheiten, denen verschiedenste Gegenst|nde sowie Tier- und selbst Menschenopfer dargebracht wurden. – Seit Beginn seiner Korrespondenz mit Charlotte von Stein lagen Goethes Briefen h|ufig Geschenke wie Frtchte, Blumen oder Zeichnungen bei, auffallend h|ufig war dies bei den Briefen seit Februar 1777 der Fall, die fast nie ohne eine Beilage tberschickt wurden (vgl. u. a. Beilagen zu Nr 217, 221, 225, 227, 229, 231). 135,3 viel Arbeiter] Bauarbeiter; Goethe ließ im M|rz und April 1777 einen Altan an der Stdseite seines Gartenhauses anbauen und außerdem umfangreiche Reperaturarbeiten ausfthren (vgl. zu 136,5). 135,5 Uberbringern] Bote; N|heres nicht ermittelt. 233. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 14. M|rz 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 49. – 1 Bl. 10,368,5 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „28“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 28), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 89. WA IV 3 (1888), 142, Nr 574. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief vom 14. oder 15. M|rz 1777 (vgl. zu 135,14) ist nicht tberliefert. 135,8 mit dem Herzog auf dem Zimmer] In den Privatr|umen Carl Augusts im zweiten Stock des Ftrstenhauses (vgl. die zweite Erl|uterung zu 26,10). 135,10 Sie zu zeichnen] Wahrscheinlich angeregt durch sein Selbstportr|t vom 13. M|rz (vgl. zu 135,1), wagte sich Goethe an ein Portr|t der Freundin. Hinweise auf die Arbeit daran finden sich im Tagebuch bis zum 2. April. Begonnen wurde es offenbar am 15. und 16. M|rz 1777: * ÆCharlotte von Steinæ gezeichnet. 16 Fortgefahren und den ganzen Tag da. (GT I 1, 39). Bei dem im GNM tberlieferten „Frauenbildnis“ (schwarze Kreide; vgl. Corpus I, 102,
M{RZ 1777
493
Nr 291) handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Goethes im M|rz/ April 1777 entstandene Portr|t Charlotte von Steins. Als unsicher dagegen gilt, ob das gleichfalls im GNM tberlieferte Profilportr|t eines jungen Mannes in schwarzer Kreide das im Tagebuch vom 13. M|rz 1777 erw|hnte Selbstportr|t ist (vgl. Corpus I, 101, Nr 289). – Vgl. auch zu 137,17–18. 135,10 Die grose Welt Æ:::æ gestern] Muglicherweise mit Bezug auf eine Gesellschaft bei Wieland anl|sslich der Abreise Johann Georg Jacobis, der sich einige Tage in Weimar aufgehalten hatte. Im Brief an Johanna Fahlmer vom 19. M|rz 1777 schreibt Goethe: Georg Jakobi war bey uns, ich hab ihn nur den lezten Abend bey Wiel. gesehen, er ging ungerne weg. (137,4–5.) Es ist anzunehmen, dass sich der Eintrag Jakobi (GT I 1, 39) vom 13. M|rz, die einzige Erw|hnung Jacobis im Tagebuch in dieser Zeit, auf die Abendgesellschaft bei Wieland bezieht. Anwesend kunnten auch Herzog Carl August und sein engerer Kreis gewesen sein, die an diesem Abend laut Fourierbuch nicht an der Hoftafel teilnahmen (vgl. FB 1777, S. 79). 135,13 Mein Auge ist viel besser.] Am Tag zuvor hatte Goethe im Tagebuch vermerkt: Anfang des Flusses im Auge. (GT I 1, 39.) – Vgl. 135,14; 136,6–7. 234. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 15. M|rz 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 44. – 1 Bl. 16,968,9 cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „11“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 11), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 89. WA IV 3 (1888), 143, Nr 575. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom 14. oder 15. M|rz 1777 (vgl. zu 135,14). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 135,14 dass Sie sich meiner Augen annehmen wollen] Mit Bezug auf einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins und auf Goethes Augenerkrankung (vgl. zu 135,13). 135,16–17 in meiner Eintde] Im Gartenhaus; siehe den Tagebucheintrag vom 14. M|rz 1777: Frsh zu Hause. (GT I 1, 39.) 135,18 Conseil] Sitzung des Geheimen Consiliums vom 15. M|rz 1777, an
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BRIEFE 235/236
welcher der Herzog, Fritsch, Schnauß und Goethe teilnahmen (vgl. Sessionskalender 1776–1786; AS 1, LXXI). 135,18 zu Ihnen flschten] Vgl. die erste Erl|uterung zu 135,10. 235. An Philipp Erasmus Reich
ÆWeimaræ, 16. M|rz 1777 ! ÆLeipzigæ
BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt; bis August 1894 Privatbesitz, Dresden (vgl. zu h). – Egh., Empfangsvermerk, Tinte: „1777. 18. Marz Weimar Goethe.“ (nach h). h: GSA Weimar, Sign.: 29/389,IV. – Abschrift Eduard von der Hellens; tber dem Text von dessen Hd: „Publicationsbefugniss nicht erbeten, auch nicht ertheilt.“, unter dem Text von dessen Hd: „Klein 4 ) bogen g. pag. 4 von Reichs Hand: 1777. 18. Marz Weimar Goethe.“, darunter: „Hs sandte im August 1894 das Antiquariat v. Zahn u. Jaensch, Dresden, Schlossstrasse 22, zur Ansicht und mit der Preisforderung von M. 60,00. Publicationserlaubniss wurde nicht erbeten, auch nicht ertheilt. Daher diese Copie wol ftr uns zu behalten, bis das Billet anderswo publicirt oder die Erlaubniss vom Besitzer erwirkt ist. / 6. 8. 94. / vdH.“ E: WA IV 30 (1905), 10, Nr 575a (Carl Schtddekopf; nach h). – Incipit zuvor schon in: Antiquariat v. Zahn & Jaensch (Dresden), Katalog 42 (1894), S. 9, Nr 139 (136,1 Sie melden mir Æ:::æ fehle.). Textgrundlage: h. ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief (vgl. 136,1) ist nicht tberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 136,1 der a c h t e Abschnitt] Im vorhergehenden Brief an Reich vom 11. M|rz 1777 (Nr 230) hatte Goethe schon einmal nach dem Verbleib des 9. Abschnitts vom 3. Band der „Physiognomischen Fragmente“ Lavaters gefragt. Dass Reich meinte, es handle sich um den 8. Abschnitt, passt zu seiner Notiz auf der Handschrift von Goethes Brief, die „Bezeichnung der abschnitte“ habe sich verwirrt (vgl. berlieferung zu Nr 230). Lavater hatte den 9. Abschnitt direkt nach Leipzig und nicht an Goethe geschickt, weil dieser darin selbst Gegenstand physiognomischer Betrachtung ist (vgl. zu 133,14). 136,2 den 8 und 10 ten] Der 8. Abschnitt (S. 193–202) tr|gt die berschrift „Musiker“ und behandelt die Komponisten Niccol Jomelli, Carl Philipp Emanuel Bach und Philipp Christoph Kayser. Der 10. Abschnitt (S. 227–288) bezieht sich auf „Religiose“; darunter finden sich neben Ignatius von Loyola, Vincent de Paul und Carlo Borromeo auch Personen wie der Ztrcher Prediger Johann Jakob Heß, Johann Gottfried Herder und „Ein schw|bischer Bauer“.
M{RZ 1777
236. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 17. M|rz 1777 ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) irrttmlich in den Mai 1777 eingeordnet, Monatsangabe verlesen. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 50. – 1 Bl. 18(–18,3)614 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Adresse: Fr. v. Stein, Reste eines roten Siegels; rechte untere Ecke und rechter Rand abgeschnitten und ausgerissen durch Siegeluffnung; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „29“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 30), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 90. WA IV 3 (1888), 143, Nr 576. ERLUTERUNGEN
Der zweite Teil des Briefes (136,12–16) beantwortet muglicherweise einen nicht tberlieferten Bezugsbrief Charlotte von Steins vom 17. M|rz 1777 (vgl. zu 136,12). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 136,5 fangen die Mwurer an] Am 17. M|rz 1777 wurde der Grundstein gelegt zum Angebwude (GT I 1, 39), dem Altan an der Stdseite des Gartenhauses. – ber die umfangreichen Anbau- und Ausbesserungsarbeiten am Gartenhaus fthrte Philipp Seidel vom M|rz bis Juni 1777 sogar separate „Baubtchlein“ (vgl. GR/RB [Baubtchlein] 1777, 1; GR/RB [Baubtchlein] 1777, 2). 136,6–7 Meine Augen sind leidlich] Vgl. zu 135,13. 136,9 das Bild] Das von Goethe gezeichnete Portr|t Charlotte von Steins (vgl. die erste Erl|uterung zu 135,10). 136,12 sberschickte] Muglicherweise mit einem nicht tberlieferten Begleitbillett Charlotte von Steins; N|heres nicht ermittelt. 136,12–13 in Grund kommen] Hier: in den Grundstein (ein)legen (vgl. GWb 4, 513). 136,14 abnehmen] Hier im tbertragenen Sinn: entnehmen (vgl. GWb 1, 116). 136,15–16 so bleib ich gar zu Hause] Im Tagebuch ist unter dem 17. M|rz 1777 eingetragen: Abend zu Nachbaar Schmidten ÆJohann Christoph Schmidtæ (GT I 1, 39).
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237. An Johanna Fahlmer
BRIEFE 237/238
Weimar, 19. M|rz 1777 ! ÆFrankfurt a. M.æ
BERLIEFERUNG
H: Privatbesitz, Deutschland. – Doppelblatt 13,8(–14)619,5(–19,7) cm, 3 /4 S. beschr., egh., Tinte; S. 3 Adresse von Philipp Seidels Hd: an / Mamsell F a h l m e r . ; S. 2 rotes Siegel (Psyche?); Bl. 2 rechter Rand Mitte Siegelausschnitt; S. 1 oben Mitte von fremder Hd, Bleistift: „47“ (vgl. E). E: Goethe-Fahlmer (1875), 119 f., Nr 47. WA IV 3 (1888), 144, Nr 578 (nach E). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 136,18 alten Wein zu schicken] Darum hatte Goethe bereits im vorhergehenden Brief an Johanna Fahlmer vom 21. Februar 1777 gebeten (vgl. die erste Erl|uterung zu 131,6). Dass Goethe das Gewtnschte erhielt, geht aus Philipp Seidels Brief an Catharina Elisabeth Goethe vom 14. Januar 1778 hervor: „Der Hr. Geh. Leg. Rath ersucht die Frau R|thin ihme doch aufs Frthiahr wieder einige Bouteillen oder Krtge g a n z a l t e n Wein in seinen Keller zu schaffen. Er hat am Sonntag den alten Ekhof zu Gaste gehabt und mit dem alten Wein regalirt und da hat sich gefunden daß er biß auf einige Schoppen zu Ende ist.“ (Frau Rath, 102.) 136,19–137,1 Geschenck von ein Paar Ohm] Ein Ohm entspricht einer Menge von etwa 143,5 Litern, im Großherzogtum Hessen einer Menge von 160 Litern (vgl. Georg Kaspar Chelius: Maß- und Gewichtsbuch. Dritte, von dem Verfasser selbst ganz umgearbeitete und sehr vermehrte Auflage. Nach dessen Tode hrsg. und mit Nachtr|gen begleitet von Johann Friedrich Hauschild. Frankfurt a. M. 1830, S. 11 und 196). 137,2 ein 62 od‘. 66ger] Ob Goethe den Wein aus dem Jahr 1762 oder 1766 erhielt, geht aus Briefen und Tagebtchern nicht hervor. Beide Jahrg|nge lieferten ungewuhnlichen Wein; tber den Jahrgang 1762 heißt es: „Sehr warmer Sommer mit vielen Gewitterregen, viel und vortrefflicher Wein. Æ:::æ Ein Fass, das sonst 8 fl. kostete, steigt auf 30 fl. Æ:::æ Viele Weinbergsbesitzer Æ:::æ verschließen Æ:::æ bald die F|sser, als sie bemerken, wie außerordentlich gut der Wein wird.“ (Friedrich von Bassermann-Jordans: Geschichte des Weinbaus. 2. wesentlich erweiterte Aufl. Frankfurt a. M. 1923 [Nachdruck als 3. Aufl. Neustadt a. d. W. 1975]. Bd 2, S. 1005.) ber den Jahrgang 1766: „Winter sehr kalt, M|rz bis Juli warm, August bis Dezember große Trockenheit, bedeutender Wassermangel. Viel und sehr guter Wein, von Anfang hart, sp|ter sehr angenehm.“ (Ebd., S. 1006.) 137,4 Georg Jakobi war bey uns] Am 13. M|rz 1777 war Johann Georg Jacobi w|hrend einer Gesellschaft bei Wieland mit Goethe zusammengetroffen
M{RZ 1777
497
(vgl. die zweite Erl|uterung zu 135,10). Im Brief an Charlotte von Stein vom Tag darauf hatte dieser sich wenig gtnstig tber den Besuch ge|ußert (vgl. 135,10–11). Am 14. M|rz hatte Jacobi Weimar nach einigen Tagen Aufenthalts wieder verlassen. 137,5 Wiel.] Wieland. – Dieser schrieb am 24. M|rz 1777 einen Brief an Johann Georg Jacobi, in dem er auf dessen Weimarer Besuch eingeht. In dem Brief heißt es: „Deine Idee deine R e i s e n a c h We i m a r zu schreiben gef|llt mir sehr“ (WB 5, 601). Vermutlich hatte Jacobi die (nicht ausgefthrte) Absicht, einen Reisebericht zu verfassen, als Gegendarstellung zu den wilden Gertchten tber die ,Weimarer Verh|ltnisse‘ (vgl. dartber die einleitenden Erl|uterungen zu Nr 57 und 112). 137,7 dass nun kein Mensch mehr von mir htrt] hnliches findet sich im Brief an Johann Caspar Lavater vom 19. Februar 1777 (vgl. 130,8–9). 238. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 21. M|rz 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 44. – 1 Bl. 19,768(–8,3) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. und Vs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „12“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 12), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 91. WA IV 3 (1888), 146, Nr 581. BEI L AG E
Zeichnungen (vgl. zu 137,10–11). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 137,10–11 Morgenbrod Æ:::æ von mancherley Gesichtern und Fingern] Dem Kontext zufolge wahrscheinlich Portr|t- und Handstudien Goethes in der Art, wie sie sich aus der Frankfurter Zeit erhalten haben (vgl. Corpus I, 36 f., Nr 64–68). – ,Morgenbrot‘: Frthsttck (vgl. Adelung 3, 286). 137,12 Zeichnungs Hoffnung] Mit Bezug auf die Weiterarbeit am Portr|t Charlotte von Steins (vgl. die erste Erl|uterung zu 135,10).
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239. An Charlotte von Stein
BRIEFE 239–241
ÆWeimaræ, 22. M|rz 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 44. – 1 Bl. 10,3(–10,5)68,6 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. und Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „13“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 13), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 91. WA IV 3 (1888), 146, Nr 582. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 137,15 Ettersburg] Dorf und Schloss in der N|he Weimars (vgl. zu 39,16); Goethe ritt erst am n|chsten Tag dorthin (vgl. die erste Erl|uterung zu 138,1). 137,16–17 Lassen sie Steinen Æ:::æ zu sagen.] N|heres nicht ermittelt. Laut Tagebuch war Josias von Stein am 23. M|rz 1777 nicht in Goethes Garten, vielmehr ritten Goethe und wahrscheinlich auch der Herzog nach Ettersburg und kamen erst Abends zursck (GT I 1, 39). 137,17–18 Gezeichnet hab ich Æ:::æ am alten Plaz] Dem Kontext nach kunnte die Stelle unter dem Wacholderbaum in Goethes Garten gemeint sein (vgl. zu 117,19–20). – Am 4. April 1777 schreibt Wieland an Merck tber Goethes Hauptbesch|ftigungen in dieser Zeit: „G u t h e grtßt Sie, und l|ßt Ihnen wissen, daß er fleißig in seinem Garten arbeite, und hoffe, daß Sie einst zu ihm kommen und mit Augen sehen und Freude dran haben werden. Z e i c h n e n ist ausser’m Pflanzen izt sein Lieblingsgesch|ft; Sie werden auch hierin tber die Wunder seines Genies erstaunen. Er zeichnet vullig wie er dichtet und schreibt. Nur sollen Sie seinen Pflanzungen Zeit lassen recht einzuwachsen, ehe Sie kommen.“ (WB 5, 606.) 137,19 Ahndungen] Hier: tbersinnliche Wahrnehmungen, Visionen (vgl. GWb 1, 298). 137,20 Rsckkehrende] Gespenster; nach franz. revenant(s). 137,20 Drolligkeit] Hier: leidliches Behagen, Heiterkeit (vgl. GWb 2, 1274).
M{RZ 1777
240. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 23. M|rz 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 45. – 1 Bl. 18,7(–18,9)67,4 (–7,6) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. und Rs. Reste eines roten Siegels; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „14“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 14), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 92. WA IV 3 (1888), 146, Nr 583. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 138,1 Wir reiter erst eilf Uhr weg] Nach Ettersburg (vgl. zu 39,16); im Tagebuch vom 23. M|rz 1777 heißt es: Frsh SeckendÆorffæ bey " ÆHerzog Carl Augustæ. Wir nach Ettersb. Mittags draus Gessen Æ:::æ. (GT I 1, 39.) – ,Wir reiter‘ versehentlich ftr ,Wir reiten‘. 138,1 kommen also spwt wieder] Laut Tagebuch kam Goethe abends zurtck und besuchte nachts Charlotte von Stein (vgl. ebd.). 138,2 Unglaube] Vgl. zu 132,8–9. 138,3 Wohlstand] Hier in der |lteren Bedeutung ,Wohlverhalten‘: „Von wohl stehen, ist der Wohlstand das angenommene Urtheil anderer, von dem, was einer Person und ihren Verh|ltnissen anst|ndig ist, und die bereinstimmung der |ußern Handlungen mit diesen angenommenen Urtheilen anderer, da es denn nicht bloß von eigentlichen Sitten, sondern auch von allen |ußern Handlungen gebraucht wird.“ (Adelung 4, 1598.) 138,3 Gold] Vgl. zu 25,19. 138,3–4 Vom Ohr hat mirs getrwumt] ,Tr|umen‘ hier im |lteren unpersunlichen Gebrauch; muglicherweise im Zusammenhang mit dem Portr|tzeichnen (vgl. die erste Erl|uterung zu 135,10). 241. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 28. M|rz 1777 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 45. – 1 Bl. 19,5612,3 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „15“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 15), vgl. berlieferung zu Nr 18.
500
BRIEFE 242/243
E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 92. WA IV 3 (1888), 147, Nr 584. BEI L AG E
Portefeuille (vgl. zu 138,11). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 138,6 meine Ackten zu lesen] Ftr die Sitzung des Geheimen Consiliums am 29. M|rz (vgl. Sessionskalender 1776–1786; AS 1, LXXI). 138,6–7 bey Ihnen Æ:::æ zu zeichnen] Vgl. die erste Erl|uterung zu 135,10. 138,8–9 Fehler an meinem neuen Bau] Am Altan des Gartenhauses; siehe Tagebuch vom 28. M|rz 1777: Verdruss sbers Dach. Alleine den ganzen Tag unter den Arbeitern. (GT I 1, 39.) 138,11 Portefeuille] Franz.: Brieftasche. – Hier wahrscheinlich eine Mappe mit Zeichnungen. 138,12 d‘. Charfreytag 77] Der Karfreitag fiel 1777 auf den 28. M|rz.
242. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 30. M|rz 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 45. – 1 Bl. 20,866,7 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „16“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 16), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 92. WA IV 3 (1888), 147, Nr 585. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet muglicherweise einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. 138,13). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 138,13 was in die Einsamkeit schicken] Ins Gartenhaus; muglicherweise Lebensmittel, die von einem Billett begleitet gewesen sein kunnten. 138,14 gestern] Am 29. M|rz 1777 war Goethe im Conseil gewesen (GT I 1, 49; vgl. Sessionskalender 1776–1786; AS 1, LXXI). 138,15–16 Heut Abend Æ:::æ wo die Schellen klingen.] Am Abend des 30. M|rz fand am Hof „Cour Ægroße Hofgesellschaftæ u. Concert“ statt; Charlotte von Stein wird auch unter den G|sten der ftrstlichen Tafel aufgefthrt (FB
M{RZ 1777
501
1777, S. 96). Laut Tagebuch war Goethe an diesem Tag Abends bey Hofe, wo Die Kochinn ÆFranziska Romana Kochæ sang (GT I 1, 40). 138,16 d‘. Ostertag 77] Der Ostersonntag fiel 1777 auf den 30. M|rz. 243. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zweite H|lfte M|rz? 1777æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief unter die undatierten Briefe am Ende des Jahrgangs 1777 eingeordnet. Im Erstdruck datiert ihn Schull auf den 29. November 1777, kurz vor den Aufbruch Goethes zur Reise in den Harz (vgl. zu 178,3), und zwar in der Annahme, dass die im vorliegenden Brief erw|hnte Uhr (139,2) mit der im Brief aus Goslar vom 4. Dezember 1777 erw|hnten (vgl. 180,5) identisch ist. Diese war ein Geschenk Charlotte von Steins und ftr Goethe ein hsbsch Vermwchtniss (180,6). Es kann sich demnach kaum um dieselbe Uhr handeln, von der im vorliegenden Brief die Rede ist (vgl. 139,2). Gegen Schulls Vermutung, die von Charlotte von Stein tbersandten Lebensmittel (vgl. zu 139,1) kunnten die Zwiebacke (180,2) sein, die die Freundin Goethe mit auf seine winterliche Reise in den Harz gegeben hatte, spricht die Formulierung einen Bissen abgepflsckt (vgl. zu 139,1). Seit Fielitz wird der Brief ohne Begrtndung unmittelbar vor Brief Nr 238 vom 21. M|rz 1777 gesetzt. Lediglich die Zeichnung auf der Rtckseite des Briefbl|ttchens (vgl. berlieferung) gibt einen Hinweis ftr die Einordnung des Briefes in die zweite M|rzh|lfte 1777, als sich Goethe und offenbar auf seine Anregung hin auch Charlotte von Stein sehr intensiv mit dem Zeichnen, insbesondere dem Zeichnen von Personen, befasst haben (vgl. die erste Erl|uterung zu 135,10). Da es andere Anhaltspunkte ftr eine Datierung nicht gibt, wird der Brief in dem Zeitraum belassen, in den ihn seit Fielitz s|mtliche Herausgeber einschließlich Strehlke in der WA gesetzt haben (zuletzt Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 65, Nr 144). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 71. – 1 Bl. 1967,9(–8,3) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels, Bleistiftskizze, egh. oder von Charlotte von Stein (vgl. Corpus VIa, 37, Nr 117 [ohne Abbildung]), umgekehrt zur Schreibrichtung: sitzende Figur mit Buch, lesende Frau mit Hut in schraffierter Fl|che (vgl. Abb. 2 im Kommentarband, S. 502); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „72“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 76), vgl. berlieferung zu Nr 18.
Abb. 2: Goethe an Charlotte von Stein, Æzweite H|lfte M|rz? 1777æ (Nr 243), Rs.: sitzende Figur
M{RZ/APRIL 1777
503
E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 126 f. WA IV 3 (1888), 145, Nr 580. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 139,1 einen Bissen abgepflsckt] Muglicherweise Kuchen, eine Pastete oder hnliches; ,einen Bissen abpfltcken‘ hier wohl ftr ,mit dem Mund etwas (von einem grußeren Sttck) abreißen‘. 139,2 die Uhr] Wohl kein Geschenk Charlotte von Steins; der Kontext l|sst vermuten, dass Goethe, ohne es zu bemerken, seine eigene Uhr bei der Freundin vergessen hatte (vgl. aber 180,5–6). 139,2 Wende] Christian Benjamin Wende (auch Wencke), Diener im Haus der Familie von Stein (vgl. Wahle, Goethe-Stein 1, 505, Anm. 5 [zu S. 73]), sp|ter Bediensteter des herzoglichen Stallamtes. 244. An Charlotte von Stein ÆWeimar, etwa zwischen 18. M|rz und 3. April 1777æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief in die zweite Februarh|lfte 1776 eingeordnet. Die Erw|hnung des Gartens (vgl. 139,8), den Goethe erst am 21. April 1776 erwarb (vgl. zu 62,4), verweist darauf, dass der Brief sp|ter geschrieben worden sein muss. Im Erstdruck wird er ohne Begrtndung in den November 1776 gesetzt. Seit Fielitz folgt er auf Brief Nr 236 vom 17. M|rz 1777 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 75, Nr 135; zuletzt bei Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 65, Nr 143). Ftr eine Datierung nach dem 17. M|rz 1777 spricht der Inhalt: Der Brief wurde nach einem erneuten Wintereinbruch (vgl. 139,9), offenbar also im Frthling, geschrieben, als Goethe aus einem ungenannten Grund im Garten bleiben (139,8) musste. Am 17. M|rz 1777 wurde der Grundstein zum Anbau des Altans am Gartenhaus gelegt (vgl. zu 136,5). Um den Fortgang des Baus zu tberwachen, verließ Goethe in der folgenden Zeit etwa bis zum 3. April seinen Garten h|ufig erst abends (vgl. GT I 1, 39 f.; 138,7–10). In diesen Tagen kunnte auch der vorliegende Brief geschrieben worden sein. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 6. – 1 Bl. 18,766,3(–6,8) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. und Rs. Reste einer roten Verschlussoblate; Vs. unten links ausgerissen, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „13“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 13), vgl. berlieferung zu Nr 18.
504
BRIEFE 245/246
E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 70. WA IV 3 (1888), 144, Nr 577. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 139,8 bis nach 12 im Garten bleiben] Vgl. Datierung. 139,10 Kwstnern] Johann Friedrich K|stner, Hauslehrer der Familie von Stein. 245. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Anfang April? 1777æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief unter die undatierten Briefe am Ende des Jahrgangs 1777 eingeordnet, und zwar unmittelbar vor Brief Nr 246. Seit dem Erstdruck wird er auf Anfang April 1777 datiert; lediglich Fr|nkel ordnet ihn nach Brief Nr 249 vom 20. und 21. April 1777 ein (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 61, Nr 151; Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 67, Nr 151). Da es wie bei Brief Nr 246 keine Anhaltspunkte gibt, die ftr eine Umdatierung in ein anderes Jahr sprechen, wird der Brief nach seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) im Jahr 1777 belassen. Seiner berlieferung und dem Inhalt nach kunnte er unmittelbar vor Brief Nr 246 entstanden sein, weshalb er hier so angeordnet und ebenfalls auf Anfang April datiert wird. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 69. – 1 Bl. 18,468,6(–8,9) cm, /2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „66“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 70), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 93. WA IV 3 (1888), 148, Nr 587. 1
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Muglicherweise antwortete Charlotte von Stein mit einem nicht tberlieferten Brief (vgl. die zweite Erl|uterung zu 139,12). 139,12 meine Bscher] N|heres nicht ermittelt. 139,12 ein Wort wie Sie geschlafen haben] Wenn die beiden Briefe Nr 245 und 246, wie angenommen, tats|chlich kurz nacheinander geschrieben wurden, kunnte das in Nr 246 erw|hnte Billet (139,16) die Antwort auf den vorliegenden Brief sein. 139,13 eingewindelt] Einwindeln: einwickeln; ,Windeln‘ im zeitgenussischen
APRIL 1777
505
Sprachgebrauch „schmale Streifen von Zeug, neugeborne Kinder damit zu umwinden“ (Adelung 4, 1554). 139,13 dumpfem] ,Dumpf‘ hier ,benommen‘, ,bet|ubt‘, ,berauscht‘ (vgl. GWb 2, 2191). – Zum Wortgebrauch in Goethes Briefen 1776/77 vgl. zu 53,2. 246. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Anfang April? 1777æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief unter die undatierten Briefe am Ende des Jahrgangs 1777 eingeordnet. Im Erstdruck setzt ihn Schull ohne Angabe von Grtnden zwischen den 7. und 12. Mai 1779. Alle sp|teren Herausgeber belassen den Brief im Jahr 1777; Fielitz, Wahle, Strehlke (WA) und Petersen ordnen ihn Anfang April ein (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 77, Nr 144; Wahle, Goethe-Stein 1, 75, Nr 152; Petersen, Goethe-Stein 1, 64, Nr 150), Fr|nkel nach Brief Nr 249 vom 20. und 21. April 1777 (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 61 f., Nr 153; Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 67, Nr 153). Da es keine Anhaltspunkte gibt, die ftr eine Umdatierung des Briefes in ein anderes Jahr sprechen, wird er nach seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) im Jahr 1777 belassen und nach dem Inhalt (vgl. Beilage 2 und zu 139,17–18) auf Anfang April datiert. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 69. – 1 Bl. 20,4(–20,9)67,4 (–7,8) cm, 3/4 S. beschr., egh., Bleistift, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „67“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 71), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 224. WA IV 3 (1888), 147, Nr 586. BEI L AG EN
1) Blumen (139,16). 2) Portefeuille (139,17). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins (vgl. zu 139,16). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 139,16 ihr Billet] Bezugsbrief, nicht tberliefert; muglicherweise die Antwort auf Brief Nr 245 (vgl. 139,12). 139,17 Portefeuille] Franz.: Brieftasche, Mappe.
506
BRIEFE 247/248
139,17–18 mein groses] Muglicherweise mit Bezug auf das am 28. M|rz 1777 tberschickte Portefeuille (138,11), wahrscheinlich mit Zeichnungen. 247. An Philipp Erasmus Reich
Weimar, 6. April 1777 ! Leipzig
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 90. – Doppelblatt 19,7627,6 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte; S. 3 Adresse von Schreiberhd (Seidel?): an / Herrn Buchhwndler Reich / in / Leipzig, Rest eines roten Initialsiegels : „G“ ; Besch|digung des Papiers durch ffnen des Siegels; S. 4 Empfangs- und Antwortvermerk, Tinte: „1777. 9. Ap‘. Weimar / Goethe / B‘“ (vgl. berlieferung zu Nr 21); Bl. 2 am Rand in der Mitte Siegelausriss. E: WA IV 3 (1888), 148, Nr 588 (Friedrich Strehlke). – Incipit zuvor schon in: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 187 (140,1 Des achten Abschnitts viertes Fragment ist weggeblieben). ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief, in dem Reich muglicherweise nach dem Verbleib des Manuskripts zum 4. Fragment gefragt hatte (vgl. 140,1), ist nicht tberliefert. – Der Antwortbrief (vgl. berlieferung) ist nicht tberliefert. Muglicherweise begleitete er die bersendung eines Katalogs der Leipziger Buchmesse (vgl. 141,16). Der vorliegende Brief ist der letzte tberlieferte Brief, der sich mit dem 3. Band der „Physiognomischen Fragmente“ befasst. Zur Leipziger Ostermesse, die 1777 am 20. April begann, erschien: Physiognomische Fragmente, zur Befurderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe, von Johann Caspar Lavater. Dritter Versuch. Leipzig und Winterthur, 1777. Bey Weidmanns Erben und Reich, und Heinrich Steiner und Compagnie. 140,1 Des achten Abschnitts Æ:::æ ist weggeblieben] Das 4. Fragment des 8. Abschnitts war dem Portr|t des Weimarer Kapellmeisters Ernst Wilhelm Wolf gewidmet gewesen, das Goethe als Scheisgesicht (131,14) bezeichnet hatte. Er hatte Lavaters Artikel tber Wolf unterdrtckt (vgl. zu 133,6–7). Im gedruckten Band behandelt das 4. Fragment (S. 202) nun „Ein schattirtes m|nnliches Portr|t im Profil. K.“; gemeint ist der in Ztrich lebende Frankfurter Komponist Philipp Christoph Kayser (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 155). 140,4 die LXste Tafel] Die Tafel LX sollte das Bildnis Ernst Wilhelm Wolfs zeigen. Goethes Vorschlag, die Tafel ohne das kommentierende Fragment abzudrucken, den er auch schon in Nr 224 gemacht hatte, wurde nicht befolgt. Weiter vgl. zu 131,15–16. 140,5 Avis] Franz.: Anzeige, Nachricht.
APRIL 1777
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248. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen 3. und 12. April 1777æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief unter die undatierten Briefe am Ende des Jahrgangs 1777 eingeordnet. Nach dem Inhalt (vgl. zu 140,15–16) wird er seit dem Erstdruck in die Zeit nach dem 17. M|rz, in der WA nach dem 19. M|rz 1777 gesetzt. Fr|nkel datiert ihn zwischen den 6. und 13. April (zuletzt bei Fr|nkel, Goethe-Stein2, 1, 76, Nr 150). Inhalt und Parallelen zum Tagebuch sprechen ftr eine Datierung zwischen den 3. und 12. April 1777 (vgl. zu 140,11; zu 140,15–16). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 71. – 1 Bl. 20,1(–20,3)610,1 (–10,4) cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „71“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 75), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 91. WA IV 3 (1888), 145, Nr 579. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet muglicherweise einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 140,14). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 140,11 Wie die Gttter mit mir stehen] Im Tagebuch vom 4. bis etwa zum 6. April 1777 wird mehrfach in unterschiedlichem Kontext auf die ,Gutter‘ oder ,Guttliches‘ angespielt; so heißt es am 4. April tber Herzog Carl August: Er war hexsaso| Ægriech. JeioŁsaso|: Guttlichsteræ (GT I 1, 40). Am 5. April wird in Goethes Garten das Denkmal acaJg stvg Ægriech.: dem guten Geschickæ gegrsndet (ebd.); ,Tyche‘ ist zugleich auch der Name der griechischen Schicksalsoder Gltcksguttin, der rumischen Fortuna. Wahrscheinlich am 6. April findet sich im Zusammenhang mit dem Eintrag Tanrtder Brand der Kommentar = Schwere Hand der Gttter (ebd.). 140,14 Heissen Sie die S. Æ:::æ ruhig seyn.] Muglicherweise als Antwort auf einen nicht tberlieferten Bezugsbrief. – Seit Fielitz wird vermutet, dass mit ,S.‘ Corona Schruter gemeint sein kunnte, die seit November 1776 Kammers|ngerin in Weimar war (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 422, Anm. 4 [zu S. 75]). Belege daftr finden sich nicht. Im Tagebuch verwendet Goethe die Abktrzungen ,Schr.‘, ,C.‘, ,Cor.‘, ,Cr.‘, ,Crone‘ oder ,Krone‘ ftr Corona Schruter, nicht jedoch ,S.‘. 140,15–16 bauen und pflanzen] Wohl mit Bezug auf den am 17. M|rz 1777
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BRIEFE 249/250
begonnenen Anbau an das Gartenhaus (vgl. zu 136,5) und die damit einhergehenden Arbeiten im Garten. Am 3. April heißt es im Tagebuch: Die Hecken gepflanzt. Den ganzen Tag mit Bau und Garten Arbeit zu gebr.. Abends zu * ÆCharlotte von Steinæ. (GT I 1, 40.) Ein undatierter Eintrag aus den Tagen nach dem 6. und vor dem 13. April lautet: Gebaut und gepflanzt. (ebd.) – Vgl. auch zu 137,17–18. – Eine sprachliche Parallele findet sich auch im Brief von Catharina Elisabeth Goethe an Johann Bernhard Crespel vom 16. April 1777: „Der Bruder ÆGoetheæ in Weimar ist Gott sey Danck Gesundt, Baut pflantz, gr|bt in seinem Garten, daß es Art und schick hat.“ (Pfeiffer-Belli, 411.) 140,17 gegrundrisst] Grundrissen: einen Grundriss zeichnen; Gelegenheitsbildung, sonst nicht belegt (vgl. Grimm 4 I 6, 888). – Wahrscheinlich mit Bezug auf die neue Stadtwohnung Charlotte von Steins und ihrer Familie im so genannten ,Vorwerk auf der Stiede‘ am Welschen Garten (heute Ackerwand); vgl. zu 127,3–4. 249. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 20.æ und 21. April 1777 ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Wie aus dem Inhalt des datierten Briefteiles vom 21. April 1777 hervorgeht, wurde der Brief am Tag zuvor begonnen (vgl. zu 141,3). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 46. – 1 Bl. 14,569,3 cm, 2/3 der Vs. und 1/4 der Rs. beschr., egh., Tinte; Rs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „17“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 17), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 93 f. WA IV 3 (1888), 149, Nr 590. BEI L AG EN
1) Manuskript von Herders bersetzung des „Hohenliedes“ (vgl. zu 141,1–2). 2) Gedichte Herders im Manuskript (vgl. die erste Erl|uterung zu 141,2). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 140,19 Stadthalter] Carl Theodor von Dalberg, kurmainzischer Statthalter in Erfurt, hatte Goethe bei seinem Besuch Anfang M|rz in Weimar wahrscheinlich ebenso wie Charlotte von Stein eingeladen (vgl. zu 132,5). 140,20–21 denen wenigen Menschen Æ:::æ leben kann] Dazu z|hlen in
APRIL 1777
509
dieser Zeit vor allem die Adressatin selbst, Herzog Carl August und Wieland, vielleicht auch Einsiedel und Knebel. 141,1–2 Herders Hohes Lied] Offenbar das Manuskript von Herders bertragung des alttestamentarischen „Hohenliedes“ (auch: Hohelied Salomos), im Druck erst 1778 erschienen (vgl. Beilage zu Nr 408). Herders Besch|ftigung damit geht bis auf die Straßburger Zeit 1770/71 zurtck, in der ihn Goethe kennen lernte. Goethe selbst tbersetzte die Dichtung im Herbst 1775 (vgl. GB 2 I, 221,5–7); sie blieb zu seinen Lebzeiten ungedruckt (vgl. DjG3 5, 357–359, 360–365). Wie Herder betrachtete auch Goethe das Hohelied im Gegensatz zur tradierten religius-allegorischen Deutung vornehmlich als eine Sammlung weltlicher Liebesgedichte. 141,2 ein paar neuere] Wahrscheinlich die gleichfalls in die 1778 erschienene Sammlung aufgenommenen „Minnelieder“, die aber sp|ter als die bertragung des Hohenliedes entstanden sind. 141,2 Ich weis nicht ob Sie in der /] Abbruch des Satzes nach dem ersten Drittel der Zeile, der Rest der Seite blieb unbeschrieben (vgl. berlieferung). 141,3 mein gestriges] Der erste Teil des Briefes auf der Vorderseite (vgl. berlieferung), der demnach vom 20. April stammt. 141,3–4 wie die Menschen nicht ktnnen wie sie wollen] Mit Bezug auf seine Absicht vom Vortag, Carl Theodor von Dalberg in Erfurt zu besuchen, von der Goethe wieder abgekommen war. Wie das Tagebuch vom 20. April 1777 belegt, hat er an diesem Tag bey Hofe gessen, ging N. T. ÆNach Tischæ zu * ÆCharlotte von Steinæ und abends ins Conzert (GT I 1, 40). 250. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 27. April 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 46. – 1 Bl. 20,8611,8(–12) cm, /4 S. beschr., egh., Tinte, mehrfach l|ngs und diagonal gefaltet; Rs. Spuren einer Verschlussoblate; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „18“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 18), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 94 f. WA IV 3 (1888), 150, Nr 592.
3
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 141,7–8 gestern Æ:::æ in dem Hause der schwndlichen Creatur] Im Tagebuch vom 26. April 1777 findet sich der Eintrag: Abends Nacht Essen bey
510
BRIEF 251
d. Jochhaus. (GT I 1, 41.) Die vorliegende Bemerkung bezieht sich offenbar also auf einen abendlichen Besuch bei der im Tagebuch genannten Jochhaus. Dass damit, wie bisher angenommen, Louise von Guchhausen, die damals 25-j|hrige Gesellschafterin der Herzoginmutter Anna Amalia, gemeint ist, erscheint zweifelhaft (vgl. GT I 2, 427, zu 41,1). Dagegen spricht schon die Art der brieflichen Erw|hnung, die nicht zu der in der Weimarer Gesellschaft trotz ihrer Scharfztngigkeit beliebten Louise von Guchhausen passt. Goethe, der sie sonst Charlotte von Stein gegentber unter ihrem scherzhaften Spitznamen ,Thusnelda‘ erw|hnt, stand zu ihr in einem freundschaftlichen Verh|ltnis (vgl. zu 29,10–11). Auch der Umstand, dass das Abendessen im Hause der im Tagebuch unter dem Namen Jochhaus. erw|hnten Person stattfand, verweist nicht auf die Gesellschafterin Anna Amalias, die nicht im eigenen Haus, sondern in einer Dienstwohnung im „Wittumspalais“ wohnte (vgl. Huschke, Klassisches Weimar, 100). Sowohl im Tagebuch als auch im vorliegenden Brief kunnte Charlotta Christiana von Guchhausen geb. von Nostiz, die Mutter Louises, gemeint sein (vgl. Heinrich Dtntzer: Zur Kritik und Erkl|rung von Goethes Tagebuch. In: AfL 5 [1876], 411). Diese hatte 1757 nach der bersiedlung der Familie von Eisenach nach Weimar, wohin ihr Mann im Jahr zuvor zum herzoglichen Oberk|mmerer berufen worden war, das ehemalige Lttzelburgische Haus erworben, das bis 1791 in ihrem Besitz blieb (vgl. Huschke, Klassisches Weimar, 107). In dessen unmittelbarer Nachbarschaft ließ Jacob Friedrich von Fritsch 1767 sein Stadthaus errichten, das sp|ter von Anna Amalia bewohnte „Wittumspalais“. Durch die Nachbarschaft zur Herzoginmutter und aufgrund famili|rer Beziehungen stand die seit 1768 verwitwete Charlotta Christiana von Guchhausen auch nach dem Tod ihres Mannes noch in enger Beziehung zum Hof, sie starb erst 1793 in Weimar (vgl. ebd.). – Anhaltspunkte, die erkl|ren, weshalb Goethe die Genannte als ,sch|ndliche Kreatur‘ apostrophiert, konnten nicht ermittelt werden. 141,10–11 wieder Fenster] Bei den Um- und Anbauten im Gartenhaus wurden auch die Fenster erneuert. In Goethes Rechnungen findet sich unter dem 2. Mai 1777 eine Rechnung des Weimarer Glasers Johann Christoph Scheitz: „In der mitt letage 6 Sttck gantz neue Eichne Rahmen, Æ:::æ und 2 grosen Fltgeln gemacht Æ:::æ neue Beschl|ge auf jedes Fenster Æ:::æ Tafeln Æ:::æ in die Thtr so nach denn Altan zugehet Æ:::æ Unten im Hauße und Ktche 3 Sttck gantz neu Fenster gemacht Æ:::æ uber einen vergoldenen Rahmen 1 grose Tafel“ (GR/Belege [Gartenhaus] 1777,1, Bl. 44). 141,11 Feuer einmachen] Feuer im Ofen machen, einheizen (vgl. GWb 2, 1485). 141,13 zu Hause bleiben] Laut Tagebuch vom 27. April 1777 war Goethe abends in Tiefurt, von wo er erst nachts 12 zursck nach Hause kam (GT I 1, 41). 141,14 Gold] Vgl. zu 25,19.
APRIL 1777
251. An Philipp Erasmus Reich
511
Weimar, 28. April 1777 ! Leipzig
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 91. – Doppelblatt 19,5627,6 cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Herrn Buchhwndler / Reich / nach / Leipzig / fr, rotes Siegel: stehende weibliche Figur; Empfangs- und Antwortvermerk, Tinte: „1777 2n May. Weimar / Goethe. / B‘“ (vgl. berlieferung zu Nr 21); S. 1 unter dem Brieftext von fremder Hd (Reich?), Tinte: „beyde 2. 16“ (muglicherweise Preisangabe, bezogen auf Reichstaler und Groschen oder Gulden und Kreuzer, ftr die beiden gewtnschten Akziseordnungen; vgl. zu 141,16–18). E: Goethes Briefe an Leipziger Freunde (1849), 229, Nr 18. WA IV 3 (1888), 151, Nr 594. ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief, der die Katalogsendung muglicherweise begleitet hat (vgl. 177,13), ist nicht tberliefert. – Der Antwortbrief (vgl. berlieferung) ist nicht tberliefert. Postsendungen: Unter dem 27. April 1777 ist ein B. H‘ Reich fr. Leipz. vermerkt (GR/RB 1777, 1, Bl. 5v); wahrscheinlich handelt es sich um den vorliegenden Brief, der aus Versehen bereits sonntags eingetragen worden sein kunnte. 141,16 Meß Catalog] Allgemeines Verzeichniß derer Btcher, welche in der Frankfurter und Leipziger Ostermesse des 1777 Jahres entweder ganz neu gedruckt, oder sonst verbessert, wieder aufgeleget worden sind, auch insktnftige noch herauskommen sollen. Leipzig, bey M. G. Weidmanns Erben und Reich. 141,16–18 Chur Swchsische Accis Ordnung Æ:::æ eine Preusische] Akzise: Warensteuer. – Goethe war seit Juni 1776 als Geheimer Legationsrat Mitglied des Geheimen Consiliums, der huchsten Landesbehurde. In dieser Funktion gehurte er einer Kommission an, die sich seit Juli 1776 mit finanziellen Problemen der weimarischen Kammer zu befassen hatte. Das Gremium ermittelte, dass in der Kasse der Kammer etwa 10 000 Taler ftr die Hofhaltung und den Marstall fehlten. Kammerpr|sident Johann August von Kalb hatte in einer Denkschrift vom 5. November 1776 den Plan einer Steuerreform unterbreitet, die eine Entlastung von Kleinbauern, Strumpfwirkern und anderen sozialen Gruppen mit geringem Einkommen sowie eine steuerliche Belastung der Vermugenden vorsah. Diese sollte durch eine Erhuhung von Verbrauchssteuern erfolgen, u. a. durch die Besteuerung von Luxusgttern und aus dem Ausland importierten Produkten. Aus der Aktenlage l|sst sich der Fortgang der Steuerpl|ne von Kalbs nicht im Einzelnen nachvollziehen, ebenso wenig, wie Goethe diese Vorschl|ge bewertete. Dass Goethe sich damit besch|ftigte, geht aus dem vorliegenden Brief hervor. Wann Reich ihm die erbetenen Akzise-Ordnungen zuschickte, ist nicht bekannt. berliefert ist eine
512
BRIEF 252
von Herzog Carl August und Christian Friedrich Schnauß korrigierte Tabelle von der Hand Goethes mit einer Gegentberstellung der unterschiedlichen Akzisetarife in Preußen und Sachsen und den in Weimar vorgesehenen: „Vergleichung des Preusischen und S|chsischen Tariffs mit dem vorgeschlagnen“ (H: ThHStA Weimar, Landschaft und Landtag B 114, Bl. 363 f.; AS 1, 30–33). – Am 18. Dezember 1777 bestellte Goethe bei Reich weitere Verordnungen; die Akzise-Ordnung, schreibt er, besitze er bereits (vgl. 187,19–20). Am 16. November hatte er bereits in einem Brief an seine Mutter um Zusendung weiterer finanzpolitischer Fachbtcher gebeten (vgl. zu 177,13; die erste Erl|uterung zu 177,14). 141,19 Lieder mit Melodien, von Kaysern] Es handelt sich um Kompositionen von Goethes Jugendfreund Philipp Christoph Kayser, der seit Frthjahr 1775 als Musiklehrer in Ztrich t|tig war. Goethe hatte die Kompositionen vermutlich schon im Sommer 1776 erhalten. Er hatte im Brief an Kayser vom 15. August 1776 darum gebeten, ihm die Komposition des Liedes „Ihr verblthet stße Rosen“ aus seinem Singspiel „Erwin und Elmire“ zuzusenden (vgl. 97,7–8). Vermutlich schickte ihm Kayser daraufhin nicht nur das gewtnschte Lied. Die Befurderungsdauer der Post zwischen Ztrich und Frankfurt betrug etwa 6 bis 8 Tage. (Auf Goethes Brief vom 6. M|rz 1776 [Nr 56] antwortete Lavater am 12. M|rz im Brief an Wieland [vgl. WB 6 III, 1519]; Wielands Brief vom 5. Februar 1776 [WB 5, 469 f.] erhielt Lavater am 13. Februar [vgl. WB 5, 471,25; WB 6 III, 1506].) Demnach kunnte es sich bei den in Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 26. August 1776 erw|hnten Melodien (98,7) um die Kompositionen handeln, von denen im vorliegenden Brief die Rede ist, ebenso bei der Musick, ftr die Goethe Kayser am 30. August 1776 durch Lavater danken ließ (vgl. 99,32). – Goethe ließ die Liedkompositionen, die er aus Ztrich erhalten hatte, in der Zeit von Oktober 1777 bis M|rz 1778 von dem Weimarer Hofmusiker Johann Michael Wiener abschreiben und in einer Notensammlung in Form eines Liederbuches zusammenstellen (vgl. die erste Erl|uterung zu 175,14). Dieses Liederbuch enth|lt 71 Kompositionen von Kayser, außerdem vierzehn weitere von Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff (GSA 32/1477). Ebenso fanden die Kompositionen Eingang in Kaysers „Ges|nge, mit Begleitung des Claviers“ (Leipzig und Winterthur), die Ende 1777 erschienen. – Vgl. zur Sache insgesamt die Datierung zu Nr 326. 141,21 Er erinnert mich aber wieder dran] Ein entsprechender Brief Philipp Christoph Kaysers an Goethe ist nicht tberliefert. 141,22 einen Verleger] Kaysers „Ges|nge, mit Begleitung des Claviers“ erschienen 1777 bei Johann Heinrich Steiner und Compagnie in Winterthur und Leipzig. 141,24 Wenn Klinger in Leipzig ist] Friedrich Maximilian Klinger, Goethes Freund und Proteg aus der Frankfurter Zeit (vgl. GB 2 II, zu 83,5), war von Juni bis Ende September 1776 in Weimar gewesen (vgl. zu 90,18–19), in der
APRIL 1777
513
vergeblichen Hoffnung, dort eine Anstellung zu erhalten. Nachdem sich auch Pl|ne zerschlagen hatten, als Offizier in der preußischen Armee oder in den deutschen Suldnertruppen in Amerika zu dienen, hatte er im Oktober 1776 ein Engagement als Theaterdichter bei der Schauspieltruppe von Abel Seyler in Leipzig und Dresden angetreten. Aus Klingers Briefen an Ernst Christian Friedrich Adam Schleiermacher vom 3. und vom 15. April 1777 geht hervor, dass er um den 20. M|rz 1777 von Dresden nach Leipzig zurtckgekehrt war und Mitte April mit Seyler nach Wolfenbtttel zu Lessing gereist war (vgl. Rieger, Klinger 1, 407 f.). Von dort begab sich Klinger tber Guttingen nach Mannheim, wo Seyler wegen eines Engagements ftr seine Truppe am Nationaltheater verhandelte. 252. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 28. April 1777 ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Das als Beilage zum vorliegenden Brief abgedruckte Gedicht befindet sich im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1777. Seit dem Erstdruck wurde es nach dem Inhalt dem vorliegenden Brief zugeordnet (vgl. zu 142,7), allerdings als separater Brief gedruckt. Da dem Brief ein Manuskript beilag, das Goethe im Zusammenhang seiner Besch|ftigung mit dem „Werther“ erw|hnt (vgl. 142,5–7), kunnte es sich bei der Beilage um das vorliegende Gedicht gehandelt haben. BERLIEFERUNG
1) Brief: H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 47. – 1 Bl. 18,6(–18,9)610,3 cm, 1 /2 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „20“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 20), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 95. WA IV 3 (1888), 150 f., Nr 593. 2) Beilage? (vgl. Datierung): H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 72. – 1 Bl. 1068,5 cm, Bordtre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 1 /2 S. beschr., egh., Tinte; Vs. rechter Rand, Rs. linker Rand 3 rote Reste von Verschlussoblaten; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „74“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 78), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 95. WA I 4 (1887), 99.
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BRIEFE 253/254
BEI L AG E
Schreibfedern (vgl. die erste Erl|uterung zu 142,5). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 142,5 Federn] Schreib- und Zeichenfedern. 142,5 Geschreibe] Muglicherweise die Beilage (vgl. Datierung). 142,5–6 Gestern Æ:::æ wunderbaaren Tag gehabt] Den 27. April 1777 verbrachte Goethe Im Garten (GT I 1, 41). 142,7 Werthern] Goethes 1774 erschienener Erstlingsroman „Die Leiden des jungen Werthers“, der ihn schlagartig berthmt gemacht hatte und zu dessen enthusiastischen Leserinnen auch Charlotte von Stein gehurte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 18). – Seinem Inhalt nach kunnte sich der als Beilage abgedruckte Vierzeiler auf Goethes ,Wiederbegegnung‘ mit seinem Roman beziehen. 142,8 Nachts ausgeritten] Laut Tagebuch ritt Goethe am 27. April Abends nach T. ÆTiefurtæ und kam nachts 12 zursk (GT I 1, 41). 142,9 der Englische Sprachmeister] Goethe selbst, der den 1776 mit Hilfe von Lenz begonnenen Unterricht Charlotte von Steins in der englischen Sprache fortsetzte; siehe z. B. das Tagebuch vom 18. M|rz 1777: Zu * ÆCharlotte von Steinæ gezeichnet, Englisch sehr lebhaffter Abend. (GT I 1, 39.) In dieser Zeit wurde offenbar gemeinsam Shakespeare gelesen (vgl. 143,3). 253. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 29. April 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 46. – 1 Bl. 20(–20,3)610 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. und Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „19“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 19), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 95. WA IV 3 (1888), 151 f., Nr 595. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 142,16 die geheimnissvolle Ladung] N|heres nicht ermittelt. – Muglicherweise im Zusammenhang mit dem An- und Umbau des Gartenhauses oder mit den Arbeiten im Garten (vgl. zu 136,5). 142,19 im Stillen bleiben diesen Tag] Entgegen seinem Vorsatz besuchte
APRIL/MAI 1777
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Goethe am 29. April 1777 die Kirchweihe zu Mellingen (GT I 1, 41), einem Ort etwa 7 km stdustlich von Weimar. Abends war Corona Schruter bei ihm zu Gast (vgl. ebd.). 142,21 Misels] Junge M|dchen (vgl. zu 22,10); wahrscheinlich die Schwestern Sophie und Caroline von Ilten (vgl. zu 59,16), die im Frthjahr 1777 in Goethes Tagebuch h|ufig zusammen mit Charlotte von Stein erw|hnt werden, so am 21., 22. und 23. Mai (vgl. GT I 1, 42); unter dem 2. Juni findet sich im Tagebuch der Eintrag die Misels (ebd.), womit dem Kontext zufolge ebenfalls die Schwestern von Ilten gemeint sind. 254. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 1. Mai 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 47. – 1 Bl. 20,4(–20,6)617 (–17,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v. Stein; Vs. und Rs. Reste eines roten Siegels; Blatt mehrfach l|ngs und diagonal gefaltet; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „21.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 21), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 96. WA IV 3 (1888), 152, Nr 596. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Die Antwort war muglicherweise Charlotte von Steins nicht tberliefertes Zettelgen (vgl. zu 144,4) vom 2. Mai 1777. 143,1 bin wohl aufgewacht] Offenbar nach einer kurzzeitigen Verstimmung oder einem Unwohlsein, wie das Tagebuch vom 30. Mai 1777 nahelegt: Zu * ÆCharlotte von Steinæ essen vergnsgt. Seltsame schnelle traurige Verandrung, englisch Othello. (GT I 1, 41.) Fast gleichlautend zum vorliegenden Brief heißt es im Tagebuch vom 1. Mai: Morgens wieder wohl. (Ebd.) 143,3 gestern Englisch erklwren] Vgl. zu 143,1; zur Sache vgl. zu 142,9. 143,8–9 immediatsten] Immediat: unmittelbar, direkt; als Superlativ nur einmal bei Goethe belegt (vgl. GWb 4, 1496). 143,12 Ich bleibe wohl zu Hause.] Siehe dagegen das Tagebuch vom 1. Mai 1777: Nachm. nach T. ÆTiefurtæ Auf den Wiesen spazieren. Fssse gebadet. gegen 8 zursck. (GT I 1, 41.)
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BRIEFE 255–257
255. Philipp Seidel an Philipp Erasmus Reich
Weimar, 1. Mai 1777 ! Leipzig
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 92. – Doppelblatt 17,5620,6 (–20,9) cm, 1/2 S. beschr., Seidels Hd, Tinte; S. 3 Adresse: Herrn Buchhwndler R e i c h / in / L e i p z i g . / f r e i , Reste eines roten Motivsiegels, rechts tber der Adresse von fremder Hd, Tinte: „12.“; S. 2 Empfangsvermerk, Tinte: „1777. 13. May. Weimar / Goethe / B‘“ (vgl. berlieferung zu Nr 21); am Mittelfalz aufgeklebt auf Tr|gerblatt (Pappe). Ungedruckt. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief (vgl. berlieferung) ist nicht tberliefert. Postsendungen: 1. Mai 1777 (vgl. GR/RB 1777, 1, Bl. 6r). 143,17–19 Essay sur les Haras Æ:::æ les Haras.] Gioachino Bonaventura Argentero marchese di Brz: Essai sur les Haras, ou Examen mthodique des moyens propres pour tablir, diriger & faire prosprer les Haras. Turin 1769 (Versuch tber Gesttte, oder methodische Untersuchung der geeigneten Mittel, um Gesttte zu errichten, zu leiten und in Schwung zu bringen). – Auf einer Rechnung, von Weidmanns Erben und Reich am 29. November 1777 an Goethe ausgestellt, erscheint der Titel unter „1777. April“. Am 28. M|rz 1778 wurde die Zahlung der Rechnung best|tigt (vgl. GR/Belege 1778, 1, Bl. 31). Der Weimarer Buchbinder Johann Christoph Große stellte am 21. M|rz 1778 eine Rechnung ftr „Essai Sur Les Haras in Frantz Pape in Groß. 8.“ (GR/Belege 1778, 1, Bl. 25) aus. – In Goethes Bibliothek ist der Titel nicht nachweisbar. Ob Goethe das Werk tats|chlich ftr sich selbst oder als Geschenk – z. B. ftr den Herzog oder den Oberstallmeister Josias von Stein – bestellt hatte, muss offenbleiben. Der Hof bezog seine Pferde vom Gesttt in der etwa 60 km nurdlich von Weimar entfernten Exklave Allstedt, die auch Goethe h|ufig besuchte (vgl. zu 263,22). Muglicherweise gab es damals Pl|ne ftr die Einrichtung eines Gesttts in der n|heren Umgebung Weimars. 143,21 Dw.] Muglicherweise verstrichen ftr ,Ew.‘ (Euer). 256. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 2. Mai 1777 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 48. – 1 Bl. 16,7610(–10,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. und Rs. Reste eines
MAI 1777
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roten Siegels; Vs. untere linke Ecke Siegelausriss, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „23“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 23), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 97. WA IV 3 (1888), 153, Nr 597. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom 2. Mai 1777 (vgl. 144,4). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 144,2 das herrliche Gewitter] Wie der gleichlautende Tagebucheintrag vom 2. Mai 1777 belegt, wurde der Brief offenbar sp|t am Abend geschrieben: Nachts herrliches Gewitter auf dem Altan Ædes Gartenhausesæ abgewartet. (GT I 1, 41.) 144,2 den ganzen Ssd sberleuchtet] Der Blick von Goethes Garten, insbesondere vom Altan des Gartenhauses, ging in Richtung Stden in das mit B|umen und Btschen bewachsene Ilmtal bis zu den Durfern Oberweimar und Ehringsdorf (heute eingemeindet) und der herzoglichen Sommerresidenz Belvedere. 144,4 Ihr Zettelgen] Mit dem Charlotte von Stein wahrscheinlich ihre Rtckkehr von einem Ausflug gemeldet hatte. 144,4–5 als Herzog und Æ:::æ ein Paar Vertrautinnen] Dem Tagebuch zufolge waren am Abend neben Herzog Carl August und Corona Schruter auch deren Gesellschafterin Wilhelmine Probst sowie die S|ngerin Marie Salome Philippine Neuhaus in Goethes Garten zu Besuch. 144,5 Seckend.] Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff. 144,5–6 im Garten Æ:::æ Unordnung machten] hnlich lautet der Eintrag im Tagebuch vom 2. Mai: Æ:::æ im Garten. Ausgelassen lustig. (GT I 1, 41.) 144,6–7 wunderlich dsncken] Noch am Vortag hatte Goethe sich als Krancken und Ubelbestellten bezeichnet, dem ein stiller trauriger Zug sber der Seele sitzt (143,5; 143,2; vgl. zu 143,1). 144,8 liebe N a c h b a a r i n n ] In Anspielung auf die neue Wohnung Charlotte von Steins und ihrer Familie im so genannten Stiedenvorwerk am Welschen Garten an der Ackerwand (vgl. zu 127,3–4), das nur wenige hundert Meter von Goethes Gartenhaus entfernt lag. 257. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 3. Mai 1777 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 48. – 1 Bl. 19,569,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels,
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BRIEFE 258/259
obere Ecken Siegelausriss; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „24“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 24), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 97 f. WA IV 3 (1888), 153 f., Nr 598. BEI L AG E
Spargel (vgl. zu 144,11). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 144,11 Spargels] Plural nach Adelung (4, 167) schon im ausgehenden 18. Jahrhundert ungebr|uchlich. – Mit selbst gezogenem Spargel hatte Goethe schon im Jahr zuvor die Freundin beschenkt (vgl. Charlotte von Stein an Johann Georg Zimmermann, 10. Mai 1776; abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 102). 144,12 Philipp] Philipp Seidel. 144,13 blauen Mantel] Muglicherweise das im November 1776 von Charlotte von Stein geborgte Kleidungssttck, das Goethe ihr zwar zun|chst zurtckgegeben hat (vgl. die zweite Erl|uterung zu 116,23), dann vielleicht aber erneut ausborgte; der ,blaue Mantel‘ wird ausdrtcklich auch im Brief vom 20. Mai erw|hnt (vgl. 146,10). 144,13 die Altan] Der Altan an der Stdseite des Gartenhauses (vgl. zu 136,5). – Goethes Verwendung des Wortes als Femininum (nach ital. altana) entspricht dem oberdeutschen Gebrauch (vgl. Adelung 1, 235). 144,14 im Bliz Donner und Regen] Vgl. die erste Erl|uterung zu 144,2. 144,15 Stein] Josias von Stein. 144,16–17 ich mtchte Æ:::æ ausreiten] Die Bitte steht im Zusammenhang mit Josias von Steins Stellung als Oberstallmeister; laut Tagebuch ritt Goethe am 3. Mai 1777 Mit ÆJosias vonæ Stein nach Belveder. (GT I 1, 41.) 144,19 Zu Tisch komm ich] Laut Tagebuch hat Goethe am 3. Mai bei Charlotte von Stein gegessen (vgl. ebd.). 144,20 erziehe] ,Erziehen‘ hier: Pflanzen ziehen, zum Wachsen, Blthen bringen. 258. An Charlotte von Stein DAT I E RU N G
ÆWeimar, 4. Mai 1777æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief am Ende des Jahrgangs 1777 eingeordnet. Nach dem Inhalt und der bereinstim-
MAI 1777
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mung mit dem Tagebuch wird er seit dem Erstdruck auf den 4. Mai 1777 datiert (vgl. zu 145,1–2). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 68. – 1 Bl. 19,566(–6,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „61“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 65), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 98. WA IV 3 (1888), 154, Nr 599. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief vom 4. Mai 1777 (vgl. zu 145,7) ist nicht tberliefert. 145,1 Die Grasaffen] Wie der Kontext und das Tagebuch vom 4. Mai 1777 belegen (vgl. GT I 1, 41), die Suhne Charlotte von Steins; zum Gebrauch des Wortes vgl. zu 55,22. 145,1–2 das Gewitter Æ:::æ hier haussen zu kampiren] Analog dazu heißt es im Tagebuch vom 4. Mai 1777: Nachmittags die Kinder und Kestner ÆHauslehrer in der Familie von Steinæ im Garten abends * ÆCharlotte von Steinæ. Grosmama Schardt einen Augenblick. Gewitter Kwstner und die Kl. kampirt auf dem Boden. (GT I 1, 41.) 145,3 seyn Sie ohne Sorge] Vgl. zu 145,7. 145,5 da Sie so weg musten ----] Wahrscheinlich ist zu erg|nzen ,so rasch weggehen mussten‘. Muglicherweise besuchte Charlotte von Stein das sonnt|gliche „Conzert“ im Ftrstenhaus (FB 1777, S. 121); unter den G|sten der Hoftafel wird sie allerdings nicht genannt. 259. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 5. Mai 1777 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 49. – 1 Bl. 20,965,5(–5,7) cm, 1 /2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „25“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 25), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 98. WA IV 3 (1888), 154, Nr 600.
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BRIEFE 260–262
ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom 4. Mai 1777 (vgl. zu 145,7). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 145,6 die Kleinen wieder] Vgl. zu 145,1. 145,6 Wirthschafft] Hier im engeren Sinn: Haushalt, h|usliche Gesch|fte, Einrichtungen (vgl. Adelung 4, 1577). 145,7 An der gestrigen Unterschrifft] Mit Bezug auf einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins, in dem sie offenbar erlaubt hatte, dass ihre Suhne im Gartenhaus Goethes tbernachteten (vgl. 145,3). 260. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 5. Mai 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 49. – 1 Bl. 19,466,2 cm, 4 Zeilen beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. Siegelrest, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „26.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 26), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 98. WA IV 3 (1888), 155, Nr 601. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 145,11 draussen in der Welt] Anspielung auf Charlotte von Steins bevorstehende Reise nach Kalbsrieth (vgl. zu 63,13). 145,12 nach Kochberg gehn] Charlotte von Stein reiste erst kurz vor dem 12. Juni 1777 auf das Landgut der Familie (vgl. zu 149,1). Wie das Tagebuch belegt (vgl. GT I 1, 41 f.), sah Goethe sie nach ihrer Rtckkehr von Kalbsrieth bis Ende Mai nahezu t|glich. 145,13 komme wohl] Laut Tagebuch hatte Goethe am 5. Mai die Tsncher (GT I 1, 41) im Gartenhaus. 261. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 6. Mai 1777 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 49. – 1 Bl. 19,766,4(–6,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. und Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte:
MAI 1777
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„27.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 27), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 99. WA IV 3 (1888), 155, Nr 602. BEI L AG E
Blumen (vgl. die erste Erl|uterung zu 145,15). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 145,15 Erinnerung] Hier: Zeichen persunlichen Andenkens; wie der Kontext belegt, Blumen aus Goethes Garten. 145,15 Kalbsrieth] Etwa 50 km nurdlich von Weimar, Stammsitz der Familie von Kalb (vgl. zu 63,13). Charlotte von Stein kehrte am Abend des 9. Mai nach Weimar zurtck (vgl. GT I 1, 41). 262. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 19.æ Mai 1777 ! ÆWeimaræ
DA RTIERUN G
Bei dem vorliegenden und dem unmittelbar folgenden Brief (Nr 263) hat sich Goethe jeweils in der Angabe des Tages geirrt. Die Datierung wurde nach Inhalt und Tagebuch korrigiert (vgl. zu 146,3–4). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 50. – 1 Bl. 19,268,2(–9) cm, unterer Rand unregelm|ßig abgerissen, 2/3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Rest eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „30“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 31), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 99. WA IV 3 (1888), 155, Nr 603. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 146,3–4 den ganzen Tag Æ:::æ immer abgehalten] Laut Tagebuch vom 18. Mai 1777 hat Goethe am Abend gemeinsam mit Herzog Carl August bei Charlotte von Stein gegessen (vgl. GT I 1, 41). Dagegen hat er die Freundin am 19. Mai offenbar nicht gesehen: Mit " ÆHerzog Carl Augustæ essen. Crone ÆCorona Schruteræ im Stern. Im Garten bis Nacht. war herrlicher Mondschein und ich schlief aufm Altan. (Ebd., 42.)
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263. An Charlotte von Stein
BRIEFE 263–265
ÆWeimar, 20.æ Mai 1777 ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Die Datierung 19 May (146,13) wurde nach dem Inhalt des Briefes und den bereinstimmungen mit dem Tagebuch korrigiert (vgl. die erste Erl|uterung zu 146,9; zu 146,10). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 51. – 1 Bl. 18,968,8 cm, 2/3 S. beschr., egh., Bleistift, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „32“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 33), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 99 f. WA IV 3 (1888), 156, Nr 604. BEI L AG E
Spargel? (vgl. die zweite Erl|uterung zu 146,9). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 146,9 Frshstsck] Laut Tagebuch vom 20. Mai 1777 hat Goethe am Morgen mit Charlotte von Stein gegessen und danach einen Spaziergang unternommen (vgl. GT I 1, 42). 146,9 etwas] Muglicherweise Spargel aus Goethes Garten (vgl. zu 146,12). 146,10 auf meinem Altan unterm blauen Mantel geschlafen] Laut Tagebuch schlief Goethe in der Nacht vom 19. zum 20. Mai auf dem Altan des Gartenhauses (vgl. zu 146,3–4). – Die ausdrtckliche Erw|hnung des ,blauen Mantels‘ l|sst vermuten, dass es sich um ein von der Freundin geliehenes oder von ihr geschenktes Kleidungssttck handelt (vgl. die erste Erl|uterung zu 144,13). 146,11 neue Herrlichkeit] Vgl. zu 146,3–4. 146,12 Zu Tische komm ich] Siehe Tagebuch vom 20. Mai: Nacht zu * ÆCharlotte von Steinæ Spargel essen. (GT I 1, 42.) 264. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 21. Mai 1777 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 51. – 1 Bl. 16,664,2(–5,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines ro-
MAI 1777
523
ten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „33“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 34), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 100. WA IV 3 (1888), 156, Nr 605. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 146,15 Belv.] Schloss Belvedere, die herzogliche Sommerresidenz (vgl. zu 66,18–19), wohin der Hof am 14. Mai 1777 tbergesiedelt war (vgl. FB 1777, S. 128). 146,15 Waldner] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise, eine Freundin Charlotte von Steins. 146,16 Ich mtgte Sie heute nicht sehn.] Entgegen dieser Anktndigung ging Goethe laut Tagebuch vom 21. Mai 1777 Mit * ÆCharlotte von Steinæ den Iltens ÆSophie und Caroline von Iltenæ Abends nach Tiefurt. (GT I 1, 42.) 146,16–17 in stiller Traurigkeit sber meinen Gefilden] ,Gefilde‘ hier tbertragen ftr ,innere Zust|nde‘, ,inneres Leben‘ (vgl. GWb 3, 1226). – Am folgenden Tag trug Goethe in sein Tagebuch ein: Gezeichnet. immer in duncklem Sinn. (GT I 1, 42.) Die vor allem seit Anfang Mai 1777 h|ufiger werdenden dunklen, traurigen Stimmungen Goethes stehen in auffallendem Gegensatz zu seinen |ußeren Lebensumst|nden und seiner unmittelbaren Umgebung (vgl. zu 148,7–8). Die Niedergeschlagenheit kunnte auch mit Nachrichten zusammenh|ngen, die ihn tber seinen Schwager Johann Georg Schlosser oder seine Mutter von seiner Schwester Cornelia erreichten, die am 10. Mai 1777 ihre zweite Tochter Julie geboren hatte und sich nach der Geburt nicht wieder erholen sollte (vgl. zu 151,3). 265. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 23. Mai 1777 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 52. – 1 Bl. 19,3(–19,5)612 (–12,2) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18), unten links Siegelausriss; Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „34“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 35), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 100. WA IV 3 (1888), 156 f., Nr 606.
524
BRIEF 266
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 147,1–2 in grader Trockenheit] Wohl im Unterschied zur Stimmung am Vortag (vgl. zu 146,16–17). 147,2 Conseil Tag] Nach den Sessionen vom 2., 9. und 16. Mai die vierte Sitzung des Geheimen Consiliums in diesem Monat. An den Mai-Sitzungen nahmen der Herzog, Schnauß und Goethe teil, Fritsch war von Ende April bis Anfang Juni abwesend (vgl. Sessionskalender 1776–1786; AS 1, LXXI). 147,2 Stein] Josias von Stein, der im Sommer mit dem Hof in Belvedere wohnte (vgl. 147,19–20). 147,3 Charles] Carl von Stein, der |lteste Sohn Charlottes; Goethes wiederholte Erkundigung am 25. Mai (vgl. 147,11) l|sst vermuten, dass er krank war. 147,3 Zu Tische komm ich] Laut Tagebuch vom 23. Mai war Charlotte von Stein mit den Schwestern Ilten und Herzog Carl August abends in Goethes Garten, offenbar nach dem gemeinsamen Besuch der Vorfthrung einer Seilt|nzergesellschaft (vgl. GT I 1, 42; zu 147,10–11). 266. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 25. Mai 1777 ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Erstdruck wurde der Brief auf den 1. Juni 1777 datiert, offenbar nach der Angabe von fremder Hand (vgl. berlieferung). Schulls Datierung tbernahmen alle sp|teren Herausgeber einschließlich Strehlke in der WA (zuletzt Fr|nkel, Goethe-Stein2 1 [1960], 73, Nr 172). Nach Goethes eigener Datierung Trinitatis 77 (147,12–13) wurde der Brief jedoch am Sonntag nach Pfingsten geschrieben. 1777 fiel Pfingsten auf den 18. Mai, Trinitatis also auf den 25. Mai. Die Datierung wird zus|tzlich durch den Inhalt und Goethes Tagebuch belegt (vgl. zu 147,10–11). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 68. – 1 Bl. 20,5(–21)66,7(–7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18), oben links Siegelausriss; Rs. Siegelreste; Vs. unten Mitte von fremder Hd, rotbraune Tinte: „1. Juni“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „63“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 67), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 102. WA IV 3 (1888), 158, Nr 609.
MAI 1777
525
BEI L AG E
Manuskripte Goethes (vgl. 147,8; zu 147,9). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 147,9 Schreibereyen meiner ersten Jahre] Aus dem Nachlass Charlotte von Steins sind verschiedene Handschriften Goethes aus der vorweimarischen Zeit tberliefert, die muglicherweise insgesamt oder teilweise dem vorliegenden Brief beigelegen haben. Sie werden heute an unterschiedlichen Orten aufbewahrt: im GSA befinden sich zwei Fragmente zu den „Leiden des jungen Werthers“ (GSA 25/W 2004; 25/W 2005; vgl. DjG3 4, 104 und 349), das dramatische Fragment „Mahomet“ (Hymne und Prosaszene; GSA 25/XXXV,2:1, vgl. DjG3 3, 128) und zehn Quartseiten mit bertragungen aus dem Hohenlied Salomons (GSA 25/XXXIV,3,5; vgl. DjG3 5, 360–365); in die Bibliothxque Nationale et Universitaire de Strasbourg gelangten ein Konvolut mit fiktiven Briefen und Briefabschriften authentischer Briefe aus der Straßburger Zeit (1770/71) sowie einer Tagebuchaufzeichnung vom 30. Oktober 1775, in der Literatur als „Straßburger Konzeptheft“ bekannt (vgl. GB 1 II, berlieferung zu Nr 70 und die einleitende Erl|uterung zu Z 1), ein Quartheft mit 34 beschriebenen Seiten unter dem Titel „Ephemerides“ aus den Jahren 1770 und 1771 mit verschiedenen Aufzeichnungen und Notizen (vgl. DjG3 1, 426–440; 2, 26 f. und 74 f.) und ein Quartheft mit 9 Volksliedern, die Goethe w|hrend seiner Reise durch das Obere Elsass im Sommer 1771 gesammelt hatte (vgl. DjG3 2, 34–53); Teil der Sammlung Kippenberg des Goethe-Museums Dtsseldorf sind zwei Foliobl|tter mit bersetzungen von Fabeln des Phaedrus („Der Wolf und das Lamm“ und „Die Frusche“) und des sop („Zeus und die Schlange“, „Die Ftchse“, „Der Wolf und das Lamm“ und „Die Frusche“; vgl. DjG3 1; 63 f.), das Dramenfragment „Der Ltgner“ nach Pierre Corneilles Lustspiel „Le Menteur“ (vgl. DjG3 1, 203–206) sowie bersetzungen aus dem Koran (vgl. DjG3 3, 125–127 und 449). – Vgl. insgesamt Adolf Schull: Briefe und Aufs|tze von Goethe aus den Jahren 1766 bis 1786. Weimar 1846. 147,10–11 Springern] Analog dazu heißt es im Tagebuch vom 25. Mai 1777: Nach Tische herein Ævon Belvedereæ das Zeughaus zu sehen, dann die Springer. (GT I 1, 42.) – ,Springer‘ oder ,Luftspringer‘ wurden im zeitgenussischen Sprachgebrauch „Seilt|nzer und T|nzer“ genannt, „wenn sie eine vorztgliche Fertigkeit im Springen besitzen“ (Adelung 4, 240). Offenbar handelt es sich um dieselben Akrobaten, die im Tagebuch bereits am 23. Mai erw|hnt wurden: Abends Seiltwnzer. * ÆCharlotte von Steinæ. (Ebd.) 147,11 Carl] Carl von Stein (vgl. die erste Erl|uterung zu 147,3).
526
267. An Charlotte von Stein
BRIEFE 267–269
ÆWeimaræ, 26. Mai 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 52. – 1 Bl. 20,8(–21)611,3 (–11,5) cm, 3/4 S. beschr., egh., Bleistift, fltchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „35.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 36), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 101. WA IV 3 (1888), 157, Nr 607. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 147,15 zu Tisch komme] Durch das Tagebuch ist belegt, dass Goethe am 26. Mai 1777 mit Charlotte von Stein aß, anschließend mit ihr und wahrscheinlich der Hofdame Marianne von Woellwarth-Essingen das neue Quartier Æim Stiedenhausæ besichtigte und mit beiden am Abend in seinem Garten war (GT I 1, 42). 147,16 gestern Abend] Wahrscheinlich beim gemeinsamen Besuch der Seilt|nzer (vgl. zu 147,10–11). 147,16 wunderbaar] Hier wohl als „glimpflicher Ausdruck ftr das h|rtere seltsam“ (Adelung 4, 1622). 147,17 konnt ich nicht] Verktrzt oder fltchtig ftr ,konnt ich nicht sagen‘. 147,17–18 Sie werfen mir vor Æ:::æ ab und zunehme in Liebe] Die Formulierung assoziiert das Bild des ,ab- und zunehmenden‘ Mondes (vgl. 195,5–6). – Der Kontext legt nahe, dass es sich um einen wahrscheinlich gespr|chsweise am Vorabend ge|ußerten Vorwurf, Goethes unsteten Charakter betreffend, handelt, den Charlotte von Stein nicht zum ersten Mal ge|ußert haben dtrfte (vgl. ihre Goethe-Parodie in der Figur des Rino in der gleichnamigen Matinee, abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 135). 147,19–20 nach Belv. um Steinen zu sprechen] Laut Tagebuch ritt Goethe am Morgen zur herzoglichen Sommerresidenz nach Belvedere (vgl. GT I 1, 42). 268. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 27. Mai 1777 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 52. – 1 Bl. 20,266,2(–6,7) cm, 2 /3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines ro-
MAI/JUNI 1777
527
ten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „36“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 37), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 101. WA IV 3 (1888), 157, Nr 608. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom 26. Mai 1777 (vgl. 148,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 148,1 Ihr Zettelgen] Nicht tberliefert. – Dass Charlotte von Stein damit auf Goethes Brief vom 26. Mai antwortete, ist unwahrscheinlich, da sich beide sahen, nachdem sie den offenbar am Morgen geschriebenen Brief bereits erhalten haben musste (vgl. zu 147,15). 148,2 Altan Stsbgen] An der Stdseite des Gartenhauses (vgl. zu 136,5).
269. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Anfang Juni? 1777æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1777. Wie die zwei unterschiedlichen Nummern auf der Handschrift belegen, wurde er schon im Konvolut mehrfach umsortiert (vgl. berlieferung). Schull ordnet ihn ohne Begrtndung zwischen den 4. und 19. Februar 1777 ein. Seit Fielitz wird er in allen Ausgaben einschließlich der WA auf Anfang Juni 1777 datiert (vgl. Fielitz, GoetheStein 1, 83, Nr 165; zuletzt bei Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 72, Nr 171). Da der Inhalt keine Hinweise gibt, die ftr eine Umdatierung in einen anderen Jahrgang sprechen, wird der Brief nach seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) im Jahr 1777 belassen. Dem Inhalt nach wurde er in der w|rmeren Jahreszeit (vgl. 148,8) und nicht, wie Schull annimmt, im Februar geschrieben. Die Anktndigung Heut will ich in die Wsste fliehn, mich lagern unterm Wachholderbaum (148,7–8) passt zu Goethes ,trtben‘ Stimmungen, die ihn verst|rkt im Mai und Juni 1777 plagten (vgl. zu 148,7–8; zu 146,16–17). Deshalb wird der Brief so wie bisher auf Anfang Juni datiert. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 69. – 1 Bl. 16,5(–16,7)66,2 (–6,5) cm, aus grußerem Blatt ausgeschnitten, 3 Zeilen beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „64“, links
528
BRIEFE 270/271
daneben von fremder Hd, Bleistift: „50“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 68), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 86. WA IV 3 (1888), 158, Nr 610. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 148,7 strich mich] Sich streichen: schnell gehen, laufen (vgl. Adelung 4, 434); hier: sich davonmachen; offenbar ein damals in der Weimarer Gesellschaft beliebter Ausdruck (vgl. Charlotte von Steins „Rino“, abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 135). 148,7–8 in die Wsste fliehn, mich lagern unterm Wachholderbaum] Vgl. zu 117,19–20. – In Anlehnung an 1 Kunige 19,4: „Er aber gieng hin in die wtste eine tagreise, und kam hinein, und setzte sich unter eine wachholder, und bat, daß seine seele sttrbe, und sprach: Es ist gnug, so nimm nun, Herr, meine seele; ich bin nicht besser, denn meine v|tter.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 319.) Der erste Teil ist wohl auch ein Selbstzitat aus der „Prometheus“-Ode: Wwhntest etwa / Ich sollt das Leben hassen / In Wssten fliehn / Weil nicht alle Knabenmorgen / Blstentrwume reifften. (GB 2 II, 429 [Beilage zu Nr 205].) 148,8 Adidio] Verschrieben ftr ital. Addio; als Abschiedsgruß auch in den Briefen an Charlotte von Stein h|ufiger in der franz. Form ,Adieu‘ belegt. 270. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 3. Juni 1777æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Seit dem Erstdruck wird der Brief auf den 3. Juni 1777 datiert, was auch seiner Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) entspricht (vor Brief Nr 271). Die Datierung ergibt sich aus dem Inhalt und der bereinstimmung mit dem Tagebuch (vgl. zu 148,12); der Tag wird zudem durch Charlotte von Steins Angabe best|tigt (vgl. berlieferung). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 53. – 1 Bl. 17,6611,2 cm, Bordtre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1/3 S. beschr., egh., Tinte; rechts unter dem Text von Charlotte von Steins Hd, Tinte: „a d i e u a d i e u /den 3t Juni“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „38“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 39), vgl. berlieferung zu Nr 18.
JUNI 1777
529
E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 102 f. WA IV 3 (1888), 158, Nr 611. BEI L AG E
Radierungen (vgl. die erste Erl|uterung zu 148,10) ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 148,10 Abdrscke] Laut Tagebuch hatte Goethe am 1. Juni 1777 Gezeichnet und Radirt (GT I 1, 42) und am 2. Juni Die Blatte gewzt (ebd.). N|heres zu den Bildern nicht ermittelt. 148,10 Scheidewasser] Auch tzwasser, das S|urebad, in das die behandelten Druckplatten eingelegt werden, wobei die S|ure das Metall an den eingeritzten Stellen |tzt (tzradierung). – Mit ,Scheidewasser‘ (lat. aqua fortis) wurde im 18. Jahrhundert „ein aus der Vitriol- und Salpeter-S|ure zusammen gesetzter Spiritus“ bezeichnet, „weil er sehr h|ufig zur Scheidung des Silbers von andern Metallen gebraucht“ wurde (Adelung 3, 1399). 148,11 lind] Sanft, mild; oberdt. ftr ,gelinde‘ (vgl. Adelung 2, 537). 148,12 Fsrsten v. D.] Der regierende Ftrst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau, der am 3. Juni 1777 „unerwarthet hier Æin Weimaræ“ angekommen war (FB 1777, S. 138); in seiner Begleitung befand sich der mit ihm befreundete und ftr ihn t|tige Baumeister Friedrich Wilhelm Freiherr von Erdmannsdorff (ebd.). Laut Goethes Tagebuch vom 3. Juni Erschien d. F. v. Dessau frsh mir im Garten (GT I 1, 42). – Den Dessauer Ftrsten hatte Goethe im Dezember 1776 w|hrend seines Besuchs mit Carl August in Wurlitz und Dessau kennen gelernt (vgl. zu 122,5). Durch seinen Leipziger Freund und Mentor Ernst Wolfgang Behrisch, seit Herbst 1767 Erzieher des damals erst vierj|hrigen Grafen Franz von Waldersee, eines nattrlichen Sohnes des Ftrsten, war Goethe schon w|hrend seiner Leipziger Studienzeit auf ihn aufmerksam geworden. Seit 1773 war Behrisch Erzieher des Erbprinzen von Anhalt-Dessau (vgl. GB 1 I, 107 f.).
271. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆDenstedtæ, 8. Juni 1777 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 53. – 1 Bl. 19,6(–19,9)68 (–8,5) cm, 1/3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „39.“ – In einem
530
BRIEF 272
gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 40), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 103. WA IV 3 (1888), 159, Nr 612. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 148,14 aus dem Wasser ins Feuer geworfen] Laut Tagebuch fthrte die Ilm am 5. Juni 1777 Hochwasser: Abends Tiefurt Gros Wasser! Nach Bercka ÆBad Berka an der Ilmæ Nachts zursck. (GT I 1, 42.) Am 8. Juni war Goethe bei einem Brand in Sulzbach (ebd.), einem Dorf etwa 16 km nordustlich von Weimar (heute als Herressen-Sulzbach Ortsteil von Apolda). – Zur Brandbek|mpfung im Herzogtum vgl. die zweite Erl|uterung zu 59,10. 148,15 von einem Orte zum andern] Am Morgen des 8. Juni war Goethe auch in Denstett ÆDenstedtæ (GT I 1, 42), einem Dorf etwa 6 km nordustlich von Weimar. 148,15 Sie gehn noch nicht] Charlotte von Stein reiste erst kurz vor dem oder am 12. Juni 1777 nach Kochberg (vgl. zu 149,1). 148,16 in Belwedere] In der herzoglichen Sommerresidenz fand am 8. Juni offenbar zu Ehren Leopolds III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau eine große Mittagstafel mit insgesamt 20 Personen statt, zu der auch Goethe geladen war. Im Fourierbuch wird er als „Geh. Leg‘. Gehde“ (an 19. und vorletzter Stelle) aufgefthrt (FB 1777, S. 144), w|hrend sich der Name Charlotte von Steins nicht in der G|steliste findet. – Der Ftrst von Anhalt-Dessau, seit dem 3. Juni Gast am Weimarer Hof, reiste am Morgen des 9. Juni ab (vgl. ebd.). 272. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 12. Juni 1777 ! ÆKochbergæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 54. – Doppelblatt 18,8(–19,2) 628,5 cm, 2/3 S. (S. 1) beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; S. 4 Adresse: Fr v. Stein / nach / Kochberg, rotes Initialsiegel: „G“; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Bleistift: „36 a“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 41), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 103 f. WA IV 3 (1888), 159 f., Nr 613. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
JUNI 1777
531
149,1 Seit Sie weg sind] Nach Kochberg, wo Goethe die Freundin am 14. und 15. Juni 1777 besuchte (vgl. zu 149,21); sp|testens am 20. Juni 1777 war Charlotte von Stein wieder in Weimar (vgl. GT I 1, 44). 149,3 Zeitvertreibe] Vor allem wohl das Zeichnen und Radieren (vgl. zu 125,17–18; die erste Erl|uterung zu 148,10). 149,3 Miseleyen] Neckereien mit jungen M|dchen, Liebeleien (vgl. zu 22,10). 149,4 Faden der Liebe zu Ihnen] In Anklang an den ,Lebens- oder Schicksalsfaden‘, dessen L|nge die Parzen bestimmten, nach anderer berlieferung in den H|nden der Schicksalsguttin Fortuna (vgl. zu 184,10). 149,6 in Belveder, und haben gefischt] Auf dem Gel|nde des etwa 44 ha großen Parks von Belvedere, der jenseits des Possenbachtales in den angrenzenden Wald tbergeht, befanden sich um 1775 mehrere kleine Teiche sowie der grußere zum Teich aufgestaute Possenbach, der auch mit Gondeln befahren wurde. 149,6–7 auf der Stelle gebacken] Die Fische. – ,Backen‘ hier ftr ,braten‘ (vgl. GWb 1, 8). 149,7 der Waldnern] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise, eine Freundin Charlotte von Steins. 149,7 Charlott] Wahrscheinlich Carl von Stein (franz. Charlot: Carlchen), der in den vorangehenden Briefen mehrfach erw|hnt wurde (vgl. die erste Erl|uterung zu 147,3). 149,9 Harnische werd ich puzzen] Muglicherweise in Anlehnung an das redensartliche ,jemandem den Harnisch putzen‘: jemanden abstrafen, jemanden zusetzen (vgl. Grimm 4 II, 490). 149,9–10 neue Einrichtungen und Ausrichtungen] Kunnte sich auf die Arbeiten im Garten und am Gartenhaus (vgl. zu 136,5) beziehen, ebenso auf die Renovierung und Einrichtung der neuen Steinschen Wohnung im Stiedenvorwerk, womit Goethe in dieser Zeit ebenfalls befasst war (vgl. zu 127,3–4). 149,14 die Rwuber abgedrsckt] Baumsch|dlinge, wahrscheinlich Raupen oder L|use, von denen Goethe seine Obstb|ume beim Verschneiden oder Veredeln befreit hat. 149,15–16 Ein Poet und Liebhaber sind schlechte Wirthe!] Wahrscheinlich in Anlehnung an Redensarten wie: „Ein Liebhaber wird nicht reich und wenn’s Gold regnet.“ Und: „Eines Liebhabers Burse ist mit Spinnweben geschlossen.“ (Sprichwurter-Lexikon 3, 179.) – Wirt: hier „eine Person in Rtcksicht auf die Verwaltung ihres Vermugens. So nennt man jemanden einen guten oder schlechten Wirth, wenn er sein Vermugen gut oder schlecht verwaltet, oder anwendet.“ (Adelung 4, 1576.) 149,18 Gold] Vgl. zu 25,19.
532
273. An Charlotte von Stein
BRIEFE 273/274
ÆKochberg, 16. Juni 1777æ ! ÆKochbergæ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Im Erstdruck wurde er auf den 28. August 1777 datiert, seit Fielitz auf den 16. Juni 1777 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 84, Nr 169). Diese Datierung wird sowohl durch den Inhalt (vgl. zu 149,21) wie die Angabe der Empf|ngerin belegt (vgl. berlieferung). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 119. – 1 Bl. 16(–18,5)610,2 (–10,6) cm, 3/4 S. beschr., egh., Bleistift, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. von Charlotte von Steins Hd, Tinte: „den 16t Juni 77“; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „99.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 102), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 111. WA IV 3 (1888), 160, Nr 614. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 149,21 Kochberg zu verlassen] Charlotte von Stein war am 12. Juni 1777 oder kurz zuvor nach Kochberg gereist (vgl. 149,1), wo Goethe sie besuchte. Am 14. Juni vermerkte er im Tagebuch: Abends nach Kochberg frohen freyen Tag (GT I 1, 42); am 15 Juni: Sonnt. in Kochberg Aerger sber die Zeichung Æsic!æ, dunckler Tag (ebd.). Ob schon bei dieser Gelegenheit die Zeichnung des Schlosses (vgl. Corpus I, 68, Nr 167) entstanden ist, l|sst sich nicht belegen. – Der vorliegende Brief wurde dem Tagebuch zufolge am Morgen des 16. Juni geschrieben, bevor Goethe Kochberg wieder verließ (vgl. zu 151,3). 274. An Charlotte von Stein DAT I E RU N G
ÆWeimar, 16. Juni 1777æ ! Kochberg
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) wurde der vorliegende Brief nach dem Brief vom 14. Oktober 1778 (Nr 406) eingeordnet. Seit dem Erstdruck wird er nach dem Inhalt und der bereinstimmung mit dem Tagebuch auf den 16. Juni 1777 datiert (vgl. zu 151,3).
JUNI 1777
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BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 100. – Doppelblatt 17,8(–18)620,3 (–20,5) cm, 1/4 S. beschr., egh., Tinte, fltchtiger werdende Schrift; S. 4 Adresse: Fr v. Stein / nach / Kochberg., rotes Initialsiegel: „G“; S. 1 links unten von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „76 78“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „56.b“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 58), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Faksimile: Abb. 7 im Textband (S. 150). E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 104. WA IV 3 (1888), 160, Nr 615. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 151,1 Um achte war ich in meinem Garten] Goethe war am frthen Morgen des 16. Juni 1777 von Kochberg aufgebrochen (vgl. zu 149,21). 151,3 Briefe dass meine Schwester todt sey] Nicht tberliefert; offenbar ist nur ein Brief gemeint (vgl. zu 18,20), wahrscheinlich von der Mutter aus Frankfurt (vgl. Goethes Brief an sie vom 28. Juni 1777 [Nr 276]). Im Tagebuch ist vermerkt: 16 ÆJuni 1777æ frsh zursck Ævon Kochbergæ. Brief des Todts m. Schwester. Dunckler zerrissner Tag. (GT I 1, 44.) Goethes Schwester Cornelia Schlosser war am 8. Juni 1777 im badischen Emmendingen wenige Wochen nach der Geburt ihrer zweiten Tochter Catharina Elisabeth Julie gestorben. Die Nachricht von ihrem Tod muss Goethe auch deshalb so erschtttert haben, weil sie ftr ihn tberraschend kam. Auch wenn Cornelia schon seit der Geburt ihrer ersten Tochter Louise Ende Oktober 1774 kr|nklich und meist ans Bett gefesselt war, so hatte sich ihr Zustand doch seitdem zeitweise immer wieder gebessert (vgl. zu 93,19), worauf Goethe sicher auch nach der zweiten Geburt hoffte. Selbst die Eltern in Frankfurt waren in den Wochen unmittelbar vor dem Tod ihrer Tochter tber deren Befinden im Ungewissen geblieben. Am 13. Juni 1777 hatte sie die Todesnachricht noch nicht erreicht, wie ein Brief Catharina Elisabeth Goethes an Johann Caspar Lavater belegt: „Da meine Kinder nicht bey mir sind; so beruht alles auf das Schreiben so wir erhalten. Von Weimar haben wir gute neue M|hr, von Emmendingen aber – – ist die Schlossern kranck vielleicht gef|hrlich – – Gott weiß es –“ (Pfeiffer-Belli, 412). Die Nachricht vom Tod der Tochter traf die Mutter „gantz ohnvermuthtet“ (ebd., 413; ausfthrlicher vgl. zu 151,12). 151,3–4 Ich kann nun weiter nichts sagen] Auch im Tagebuch Goethes findet sich zwischen dem 17. und 19. Juni 1777 nur der Eintrag: Leiden und Trwumen. (GT I 1, 44.) Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, Charlotte von Stein nahezu t|glich zu schreiben, tritt nach dem vorliegenden Brief eine Unterbrechung der Korrespondenz von fast drei Wochen ein. – Schon kurz nach der Bekanntschaft mit Charlotte von Stein hatte Goethe die Freundin in sein enges, seit 1773 aber zunehmend schwieriges Verh|ltnis zur Schwester eingeweiht, deren
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BRIEFE 275/276
kurperlicher und seelischer Zustand ihn schwer belastete (vgl. zu 64,19–20). Er gab Briefe Cornelias an die Weimarer Freundin weiter (vgl. 24,3), bat sie, ihn zu peinigen Æ:::æ dass ich ihr Æder Schwesteræ was schicke (65,1), und auch selbst an Cornelia zu schreiben (vgl. 65,1). Wie die beiden Briefe Cornelia Schlossers an Charlotte von Stein belegen, kam diese der Bitte nach und plante sogar einen Besuch in Emmendingen (vgl. Beilage 1 zu Nr 135; zu 93,19). 275. An Jacob Friedrich von Fritsch
ÆWeimaræ, 21. Juni 1777 ! Weimar
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 5. – Doppelblatt 19,1628,5 cm, 1 /3 S. (S. 3) beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Herrn Geheimderath / von Fritsch / Exzcel‘., rotes Initialsiegel: „G“. E: WA IV 3 (1888), 161, Nr 616 (Friedrich Strehlke). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 151,6–7 des Darmstwdter Delegaten Eifers] Am 28. Juni 1777 wurde in Frankfurt ein Rezess zwischen Herzog Carl August und Landgraf Ludwig von Hessen-Darmstadt tber die Einrichtung eines gemeinsamen Postwagens abgeschlossen, der in Eisenach eingesetzt werden sollte (vgl. Abschrift in: ThHStA Weimar, Eisenacher Archiv, Postsachen, Nr 41, Bl. 1r–29v). Die Verhandlungen dartber waren im Februar 1777 aufgenommen und in Frankfurt gefthrt worden (laut Eintrag in der Rekonstruierten Registrande des Geheimen Consiliums vom 5. Februar 1777). Ftr Sachsen-Weimar und Eisenach fthrte der Vizekanzler der Regierung zu Eisenach, Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim, die Verhandlungen und ftr Hessen-Darmstadt der Regierungsrat Friedrich Theophil Schmidt als „Postdeputatus“. Ftr die erfolgreiche Durchfthrung des Auftrags wurden die Deputierten von den ftrstlichen Auftraggebern beider Seiten mit einem Gnadengeschenk honoriert. – Auf welchen Vorgang sich die vorliegende Briefstelle bezieht, konnte nicht ermittelt werden. Da von ,Bes|nftigung‘ die Rede ist, scheint kein Zusammenhang zu den anerkennenden Gnadengeschenken ftr die Verhandlungsdeputierten zu bestehen. – Delegat: Abgesandter, Abgeordneter (von lat. delegare: abordnen). – ,Eifer‘ hier offenbar im Sinn von ,Erregung‘, ,Zorn‘ (vgl. GWb 2, 1401). 151,8 Bechtolsheimen] Vgl. zu 151,6–7. 151,8 benachrichtiget] Ein entsprechender Brief Goethes an Johann Ludwig von Mauchenheim ist nicht tberliefert (vgl. EB 147). Wenige Tage sp|ter, am 26. Juni 1777, schrieb Goethe an dessen Frau Julie von Mauchenheim (vgl. EB 148).
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276. An Catharina Elisabeth Goethe Weimar, 28. Juni 1777 ! ÆFrankfurt a. M.æ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 37/I,9,3, Bl. 1. – Doppelblatt 11,5618,5 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte. E: Frau Rath (1871), 80. WA IV 3 (1888), 161, Nr 617. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht tberlieferten Brief Catharina Elisabeth Goethes von frthestens dem 14. Juni 1777 (vgl. zu 151,12). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Catharina Elisabeth Goethe (1731–1808) war die |lteste Tochter des Kaiserlichen Rats Johann Wolfgang Textor, der 1738 Btrgermeister von Frankfurt, seit 1747 Reichs-, Stadt- und Gerichtsschultheiß und huchster Beamter der Stadt war, und seiner Frau Anna Margaretha geb. Lindheimer. Sie hatte acht Geschwister, von denen außer ihr selbst nur ein Bruder und drei Schwestern das Erwachsenenalter erreichten. Ihre Schulbildung war nach eigener Aussage unzureichend; ihren achtj|hrigen Enkel August ermahnte sie in einem Brief vom 21. Juli 1798, seinen Eltern ftr die gute Erziehung dankbar zu sein, indem sie ihn darauf hinwies, „wie elend die Kinder zu der Zeit meiner Jugend erzogen wurden“ (Pfeiffer-Belli, 747). Ihre zeitlebens sehr unkonventionelle Orthographie kommentierte sie noch im Alter selbstironisch in einem Brief an Christiane von Goethe vom 16. Mai 1807: „Daß das Bustawiren und gerade Schreiben nicht zu meinen sonstigen Talenten gehurt – mtßt Ihr verzeihen – der Fehler lage am Schulmeister“ (ebd., 854). Außer im Lesen, Schreiben und Rechnen wurde Catharina Elisabeth Goethe in Handarbeiten und Religion unterwiesen. Was auch immer sie lernte, lernte sie ,non scholae, sed vitae‘. Lesen diente ihr zur Unterhaltung, Schreiben ersetzte das persunliche Gespr|ch („Alle Briefe von Goethes Mutter sind gesprochene Rede“ [Ernst Beutler, in: ebd., 291]), mit Handarbeiten besch|ftigte sie sich in freien Stunden („Spitzen klupplen“ machte sie noch im Alter „Seelenfroh“ [Brief an Christiane Vulpius vom 7. Mai 1798; ebd., 744]), und die Religion half ihr bei der Bew|ltigung von Lebenskrisen (wie dem Tod ihrer Tochter Cornelia: „Ohne den Felsenfesten Glauben an Gott Æ:::æ w|re so etwas ohnmuglich auszuhalten“ [Brief an Johann Caspar Lavater vom 23. Juni 1777; ebd., 413]). Im August 1748 heiratete Catharina Elisabeth Textor mit siebzehn Jahren den zwanzig Jahre |lteren Juristen und Kaiserlichen Rat Johann Caspar Goethe und lebte fortan in dessen Haus am Großen Hirschgraben. Dort wohnte sie bis zum Verkauf des Hauses; 1795 zog sie in eine Wohnung am Rossmarkt um. Goethes Mutter hat die Stadt Frankfurt so gut wie nie verlassen. Nach dem Sohn Johann Wolfgang
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BRIEF 276
1749 und der Tochter Cornelia 1750 brachte sie bis 1760 vier weitere Kinder zur Welt, die das Kindesalter nicht tberlebten. Goethe hat tber seine Mutter wenig mitgeteilt. Einige Frauengestalten in seinen Werken gelten als ihr Abbild: die Elisabeth im „Gutz von Berlichingen“ sowie die Mutterfiguren im 1. Buch von „Wilhelm Meisters Lehrjahren“ und in „Hermann und Dorothea“. In seiner Lebensbeschreibung „Dichtung und Wahrheit“ ist mehr tber seinen Vater als tber seine Mutter zu erfahren. Auch sein Plan ihrer Wtrdigung in einer „Aristeia der Mutter“, den er noch im Herbst 1831 hegte (vgl. Friedrich Wilhelm Riemer: Mittheilungen tber Goethe. Aus mtndlichen und schriftlichen, gedruckten und ungedruckten Quellen. Bd 2, S. 726), ist tber einen Entwurf nicht hinausgekommen (vgl. WA I 29, 231–238). In diesem Fall stttzt er sich im brigen auf Berichte Bettine von Arnims, die von 1806 an Erz|hlungen Catharina Elisabeth Goethes tber Kindheit und Jugend ihres Sohnes ausschmtckend und idealisierend aufzeichnete. Das gilt auch ftr einzelne Passagen in „Dichtung und Wahrheit“. Dass Goethes Diktum, er habe Von Mstterchen die Frohnatur / Und Lust zu fabuliren (Zahme Xenien IV; WA I 3, 368), zum Sprichwort wurde, daran hat Bettine von Arnims Stilisierung von Catharina Elisabeth Goethe zur ,Mutter‘ und ,Lebensktnstlerin‘ großen Anteil. Authentisches tber Mutter und Sohn bieten lediglich die Briefe beider. Aber auch diese sind nur ltckenhaft tberliefert. Von den Briefen Catharina Elisabeth Goethes, die sich erhalten haben (vgl. Pfeiffer-Belli, 395–888), sind rund 170 an den Sohn gerichtet. Darunter befinden sich bemerkenswerterweise weder Briefe aus Goethes Studienzeit in Leipzig und Straßburg 1765 bis 1768 bzw. 1770/71 noch tber den Tod der Tochter Cornelia 1777; auch tber die Ehe Johann Georg Schlossers mit Johanna Fahlmer seit 1778 oder tber den Tod des Ehemannes 1782 sind keine brieflichen Zeugnisse an Goethe erhalten. Der erste tberlieferte Brief der Mutter an den Sohn stammt vom 23. M|rz 1780 (vgl. Pfeiffer-Belli, 470 f.; RA 1, 79, Nr 114); er enth|lt eine Dankrede auf Weimar und die herzogliche Familie und zeigt eine frohe und gltckliche Briefschreiberin. hnlich verh|lt es sich mit dem zweiten tberlieferten Brief vom 17. bis 19. Juni 1781 (vgl. Pfeiffer-Belli, 491 f.; RA 1, 88 f., Nr 148). Abgesehen von einem Billett von Ende Februar 1786 (vgl. Pfeiffer-Belli, 552; RA 1, 106, Nr 208) findet sich dann erst wieder nach einer Pause von ftnf Jahren ein weiterer Brief; er stammt vom 17. November 1786 (vgl. Pfeiffer-Belli, 555 f.; RA 1, 109, Nr 220) und bringt tberschw|nglich die Freude der Absenderin tber den Italienaufenthalt des Sohnes zum Ausdruck. Alle anderen Briefe der Mutter vor 1792 hat Goethe vermutlich vernichtet (vgl. sein Tagebuch, 2. und 9. Juli 1797 [GT II 1, 119 und 120] sowie die „Tag- und Jahres-Hefte“ ftr 1797 [WA I 35, 73]). So zeigt sich am Anfang das ungetrtbte Bild der gltcklichen Mutter, die sich am Lebensgang ihres Sohnes erfreut. Catharina Elisabeth Goethe stand dem Sohn vom Alter her n|her als dem Ehegatten; sie solidarisierte sich mit ihm. Wiederholt
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setzte sie sich vermittelnd dem Vater gegentber ftr ihn ein, etwa, als dieser auf die Rtckkehr Goethes aus Leipzig ohne Studienabschluss mit Entt|uschung und auf den Wechsel in den Weimarer Ftrstendienst mit Groll reagierte. Die Typisierung der Mutter als ,Frohnatur‘, die durch das Bild des strengen, pedantischen Vaters, der nur Des Lebens ernstes Fshren (Zahme Xenien IV; WA I 3, 368) im Sinn hat, noch verst|rkt wird, ist mit Vorsicht zu betrachten. Dennoch erw|chst aus Catharina Elisabeth Goethes Briefen, auch außerhalb der an den Sohn gerichteten, der Eindruck einer lebensttchtigen Frau voller Humor, Lebensfreude, Selbstbewusstsein und Vorurteilslosigkeit. Sie habe, schreibt sie am 14. November 1785 an Charlotte von Stein, „die Gnade von Gott, daß noch keine Menschenseele mißvergntgt von mir weggegangen ist – weß Standes, alters, und Geschlecht sie auch geweßen ist – Ich habe die Menschen sehr lieb – Æ:::æ bemoralisire niemand – suche immer die gute seite auszusp|hen – Æ:::æ, und bey dieser Medote befinde ich mich wohl, gltcklich und vergntgt.“ (Pfeiffer-Belli, 549.) Catharina Elisabeth Goethe identifizierte sich von Anfang an – seit Erscheinen des „Gutz von Berlichingen“ und des „Werthers“ – mit dem literarischen Erfolg des Sohnes. Mit Freude und Genugtuung empfing sie dessen Freunde und Verehrer in ihrem Haus. In ihrem Brief an Johann Georg Zimmermann vom 16. Februar 1776 sprach sie von ihrem „Gltck noch viele Suhne und Tuchter zu haben“ außer den eigenen und nennt die Brtder Stolberg, Lavater, Wieland, Knebel, Kalb u. a. Auch mit der herzoglichen Familie in Weimar entwickelte sich eine freundschaftliche Beziehung, vor allem zu Herzoginmutter Anna Amalia. Dass Catharina Elisabeth ihren geliebten Sohn nicht ein einziges Mal in Weimar besuchte, erscheint daher schwer verst|ndlich. Dass sie keine Lust hatte – „das Reisen war nie meine Sache“ (Brief an Fritz von Stein, 2. Juli 1784; Pfeiffer-Belli, 534) –, weil sie mit Frankfurt ganz eigentlich zusammengewachsen war (WA I 35, 29), wie Goethe in den „Tag- und Jahres-Heften“ ftr 1794 schrieb, mag ebenso zutreffen wie die Feststellung, dass er einen Besuch offenbar nicht entschieden genug furderte. Auch Goethes Besuche in Frankfurt waren selten; sie fanden stets aus Anlass anderer Reisen statt. Nach seinem Eintreffen in Weimar dauerte es fast vier Jahre, bis er auf seiner zweiten Reise in die Schweiz im September 1779 und Januar 1780 seine Mutter in Frankfurt wiedersah; es folgten zu ihren Lebzeiten lediglich drei weitere Aufenthalte in seiner Vaterstadt (1792, 1793 und 1797); als Catharina Elisabeth 1808 starb, hatte Goethe sie neun Jahre lang nicht mehr gesehen. Dieser Zurtckhaltung entspricht seine sp|rliche Korrespondenz mit der Mutter. Nicht mehr als knapp anderthalb Dutzend Briefe Goethes an die Mutter aus dem Zeitraum von 1776 bis 1808 sind tberliefert, etwa drei Dutzend Briefe konnten bisher erschlossen werden. Der erste tberlieferte Brief ist der vorliegende, der erst vom 28. Juni 1777 stammt. Zuvor findet sich noch ein Brief vom 6. November 1776, der gleichzeitig an Johanna Fahlmer und Johann Caspar Bulling gerichtet
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ist (Nr 183). Dass Goethe jedoch bereits in den ersten Monaten nach der Ankunft in Weimar im November 1775 etliche Briefe an seine Mutter geschrieben hat, zeigen die erschlossenen Briefe (vgl. EB 10, 22, 28, 30, 32, 38). Aus frtherer Zeit, etwa aus Goethes Studentenjahren, hat sich kein Brief erhalten; ein einziger Brief (von Anfang April 1770) aus Straßburg hat sich erschließen lassen (vgl. GB 1 I, EB 15). Die im vorliegenden Band abgedruckten vier Briefe an Catharina Elisabeth Goethe beziehen sich auf den Tod der Schwester und die Eheschließung Johann Georg Schlossers mit Johanna Fahlmer sowie die Anktndigung des Besuchs der Reisegesellschaft um Goethe und Herzog Carl August in Frankfurt auf dem Weg in die Schweiz. 151,12 Todt der Schwester] Cornelia Schlosser war am 8. Juni 1777, vier Wochen nach der Geburt ihrer zweiten Tochter, im badischen Emmendingen gestorben. Der Anfang des Briefes bezieht sich offenbar auf einen nicht tberlieferten Brief Catharina Elisabeth Goethes, in dem sie die Todesnachricht tbermittelte, die sie selbst erst nach dem 13. Juni erhalten hatte (vgl. zu 151,3). Einen Eindruck davon, wie sie und Johann Caspar Goethe den Tod ihrer einzigen Tochter aufgenommen haben, vermittelt ihr Brief an Johann Caspar Lavater vom 23. Juni 1777: „Er gibt den mtden Kraft und St|rcke genung den ohnvermugenden – was Er zusagt h|lt Er gewiß. Ein neuer, lebendiger, dastehnender Zeuge sind wir, die wir unsre Cornelia unsere eintzige Tochter nun im Grabe wissen – – und zwar gantz ohnvermuthet, Blitz und Schlag war eins. O lieber Lavater! die arme Mutter hatte viel viel zu tragen, mein Mann war den gantzen Winter kranck, das harte zuschlagen einer Stubenthtre erschruckte ihn, und dem Mann muste ich der Todes Bote seyn von seiner Tochter die er tber alles liebte – mein Hertz war wie zermahlt, aber der Gedancke, ist auch ein Ungltck in der Stadt, das der Herr nicht thut hielte mich daß ich dem Schmertz nicht erlag. Ohne den Felsenfesten Glauben an Gott – an den Gott, der die Haare zehlet dem kein Sperling fehlet – der nicht schl|fft noch schlummert, der nicht verreißt ist – der den Gedancken meines Hertzens kent ehe er noch da ist Æ:::æ, der mit einem Wort die Liebe ist – ohne Glauben an den w|re so etwas ohnmuglich auszuhalten Æ:::æ.“ (Pfeiffer-Belli, 413.) 151,12–13 nur desto schmerzlicher Æ:::æ glscklichen Zeiten] hnlich |ußert sich Goethe im Brief an Augusta zu Stolberg am 17. Juli 1777 (vgl. 154,19–22; 154,25–155,3). 151,16 Vaters] Johann Caspar Goethe. 151,17 Zeichnung von Krausen] Der aus Frankfurt stammende Maler Georg Melchior Kraus war seit Oktober 1775 Zeichenmeister Herzog Carl Augusts und seit 1776 Direktor der Weimarer Zeichenschule. Am 1. Juli 1777 sind in Goethes Rechnungsbuch ein Brief und eine Paketsendung an Fr. R. Goethe (GR/ RB 1777, 2, Bl. 6r) verzeichnet (vgl. EB 149). Kraus schuf 1776 ein Bleistiftportr|t Goethes ohne Pertcke und mit zu einem Zopf gebundenen Haaren
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(KSW, Direktion Museen, Inv.-Nr KHz1993/00370), das im selben Jahr von Daniel Nikolaus Chodowiecki gestochen wurde (KSW, Direktion Museen, Inv.Nr KGr/01562). 151,18–19 den armen Schlosser] Cornelias Ehemann Johann Georg Schlosser. An Lavater hatte Goethes Mutter am 23. Juni 1777 geschrieben: „Æ:::æ noch eins, ich habe zwey herrliche Briefe von meinem lieben Sohn Schlosser bekommen Er duldet wie ein Christ u Mann und – – glaubt an Gott“ (Pfeiffer-Belli, 414). 277. An Charlotte von Stein Kochberg, 5. und 6., Weimar, 7. Juli Æ1777 ! Pyrmontæ DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) wurde der vorliegende Brief nach dem Brief vom 2. Juli 1778 (Nr 380) eingeordnet. Seit dem Erstdruck wird er nach den Tagesangaben (152,1; 152,8; 152,26) und den Parallelen zum Tagebuch auf den 5. bis 7. Juli 1777 datiert (vgl. zu 152,1; zu 152,26–27). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 89. – Doppelblatt 17,3(–17,5)620,5 (–21,5) cm, Btttenrand, 1 1/4 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 oben links Empfangsvermerk, Tinte: „4 zum 5ten / von 10ten zum 11ten“; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „36.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 37), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 105 f. WA IV 3 (1888), 161–163, Nr 618. ERLUTERUNGEN
Der Briefteil vom 7. Juli beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins aus Pyrmont (vgl. 152,27). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 152,1 Sonnabends d‘ 5 Jul Æ:::æ Kochberg] Im Tagebuch vom 5. Juli 1777 vermerkt Goethe: um 5 nach Kochberg geritten fand die Kleinen Ædie Suhne Charlotte von Steinsæ beym Essen. (GT I 1, 44.) 152,1–2 in Ihrem Schlafzimmer] Im Zimmer der abwesenden Charlotte von Stein, die am 23. Juni ihren Mann Josias zur Kur nach Pyrmont begleitet hatte. 152,2 Dornburg] Etwa 30 km ustlich von Weimar zwischen Jena und Naumburg gelegen. Goethe war am Morgen des 4. Juli zu einem Ausflug mit dem herzoglichen Paar und dessen Begleitung, darunter dem Erfurter Statthalter Carl Theodor von Dalberg, aufgebrochen. Dem Tagebuch vom 3. Juli zufolge kam der Ausflug wohl vor allem auf Goethes Vorschlag hin zustande: Kam Dalberg. Den Morgen verschwwzt mit ihm nach Belv. gefahren die Partie nach
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Dornburg ausgemacht (GT I 1, 44). Laut Fourierbuch vom 4. Juli gingen „frth 6. Uhr Æ:::æ Durch‘. Herrschafften benebst den H‘. Stadthalter von Erfurth nacher Dornburg u. Mittags Redour Speißeten solche insgesamd bey Durch‘ Prinz Const: in Tiefurth.“ (FB 1777, S. 155.) – Die strategisch gtnstige Lage Dornburgs auf einem steilen Kalksteinplateau tber dem linken Saaleufer wurde seit dem frthen Mittelalter ftr die Errichtung von Burganlagen genutzt, bis zum 10. Jahrhundert war Dornburg Kaiserpfalz. – Von den drei Dornburger Schlussern befanden sich 1777 nur das am nurdlichsten gelegene Alte Schloss und das Neue oder Mittlere Schloss (Rokokoschloss) in herzoglichem Besitz. Das Renaissanceschloss, unter den drei Schlussern dasjenige, in dem der Dichter sp|ter w|hrend seiner Dornburg-Besuche am h|ufigsten und l|ngsten gewohnt hat, wurde erst 1824 von Herzog Carl August erworben. Bis dahin gehurte es zu einem Rittergut, stand aber in Verbindung mit den ftrstlichen Schlussern (vgl. Gothe, 10). Das Neue Schloss, erbaut unter Carl Augusts Großvater Ernst August I. und w|hrend der Regentschaft Anna Amalias verfallen, war nicht mubliert, so dass Goethe am 4. Juli Nachts auf der Streue mit d. Herzog, Prinzen, Dalberg u 2 Einsiedels (GT I 1, 44) schlafen musste (N|heres im Brief Knebels an Herder vom 10. Juli 1777 [BG 2, 23]; zum Neuen Schloss vgl. zu 261,3–4; zu 261,5–7). Am 5. Juli war Goethe von Dornburg aus um 5 nach Kochberg geritten (GT I 1, 44.) – Demnach waren am 4. Juli nur die Herzogin und deren Begleitung zurtck nach Weimar gefahren. 152,3 mit den Ihrigen] Charlotte von Steins Suhne, die Goethe bei seiner Ankunft beym Essen gefunden hatte (GT I 1, 44). Wie der Kontext (vgl. 152,19) nahelegt, waren muglicherweise nur die beiden |lteren Suhne Carl und Ernst in Kochberg. 152,4 Die Waldner] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise, eine Freundin Charlotte von Steins. 152,5 seit der sblen Zeitung] Am 3. Juli war eine fatale Nachricht von Steinen (GT I 1, 44) aus Pyrmont eingetroffen, die offenbar dessen schlechten Gesundheitszustand betraf. 152,6 Schardt] Wahrscheinlich Carl von Schardt, der |ltere der beiden Brtder Charlotte von Steins, Geheimer Regierungsrat in Weimar. 152,10–11 Vorm Jahre Æ:::æ mir wars versagt.] Mit Bezug auf Charlotte von Steins Aufenthalt in Kochberg von Anfang September bis Ende Oktober 1776 und Goethes Entschluss, sie in dieser Zeit nicht zu besuchen (vgl. zu 109,6–7). 152,14–15 im grosen Garten Æ:::æ stillstanden] W|hrend des Besuchs Goethes in Kochberg vom 14. bis 16. Juni (vgl. zu 149,21). 152,16 war heut glscklich im Zeichnen] Wahrscheinlich im Sommer 1777 entstand eine Zeichnung des Kochberger Schlosses (vgl. Corpus I, 68, Nr 167), vielleicht auch nicht tberlieferte Entwtrfe dazu (vgl. auch zu 152,22–23).
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152,18 von Leib und Seele alle Bsrden gelsftet] Goethe stand noch immer unter dem Eindruck der Nachricht vom Tod seiner Schwester Cornelia, die ihn am 16. Juni erreicht hatte (vgl. zu 151,3). Schon in den Monaten zuvor war er von trtben Stimmungen geplagt worden, die im Gegensatz zu seinem |ußeren Leben standen (vgl. zu 146,16–17). 152,19 Kwstner] Johann Friedrich K|stner, Hauslehrer der Familie von Stein. 152,19 die zwey] Carl und Ernst von Stein. 152,20 Weissenburg] Schloss Weißenburg bei Weißen (heute Ortsteil von Uhlst|dt-Kirchhasel) knapp 13 km stdustlich von Kochberg, |hnlich wie die Dornburger Schlusser auf einem Felsplateau tber der Saale gelegen. Es war lange Zeit im Besitz der Familie von Thun (Thtna), die Mitte des 16. Jahrhunderts die ursprtngliche mittelalterliche Burganlage in ein wohnlicheres Schloss umbauen ließ. Seit 1707 war die Familie von Lengefeld alleiniger Besitzer von Schloss Weißenburg, musste es jedoch 1761 verkaufen. Zun|chst erwarben es der Eisenwerksbesitzer Johann Wolfgang Hammann aus Katzhttte und die von ihm finanzierte Arkanistengruppe, um hier eine Porzellanmanufaktur einrichten zu kunnen. Das Privileg wurde aber sp|ter dem Rittergut Wallendorf erteilt. Der Inhaber des Gutes, Baron von Hohenthal, tbernahm daftr die Weißenburg. 1792 brannte das historische Schloss nieder und wurde vier Jahre sp|ter wieder aufgebaut. 152,22–23 von Mezelbach auf Kuhfras Æ:::æ sber Neusis] Neusitz, Kuhfraß und Mutzelbach liegen auf dem Weg von Kochberg zur Weißenburg. Am 6. Juli vermerkte Goethe im Tagebuch: Glscklich gezeichnet frsh, nach Tische sber Kuhfras Mezelbach, Ezelbach ÆEtzelbachæ, Weisse ÆWeißenæ nach Weisenburg an der Saale. Viel geschwwzt mit Kwstnern, gezeichnet Æ:::æ. auf dem Rsckweege verirrt, sber Neusis spat nach Hause. (GT I 1, 44.) 152,26–27 Montag Æ:::æ aus der reinen Stimmung] Vgl. dazu den Tagebucheintrag vom 7. Juli 1777: In dunckler Unruhe frsh. um neune weg Æaus Kochbergæ gegen halb eins erst hier. Grauer Morgen. Audienz den Landstwnden. Mit ihnen gessen. (GT I 1, 44.) 152,27 Ihr Zettelgen] Nicht tberliefert. 152,28 den Inhalt] Die Nachricht vom schlechten Gesundheitszustand des Oberstallmeisters, der zu Goethes Verdruss Charlotte von Stein veranlasst hatte, noch l|nger in Pyrmont zu bleiben. Als sie am 29. Juli zurtckkehrte, kam dies ftr Goethe unerwartet (GT I 1, 45 f.). Daneben scheint auch die Freundin selbst in unguter Stimmung gewesen zu sein, worauf Goethe in den Briefen aus dieser Zeit mehrfach anspielt.
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278. An Charlotte von Stein Kochberg und Weißenburg, 12./13., Weimar, 17. Juli Æ1777æ ! ÆPyrmontæ DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) wurde der vorliegende Brief in den Juli 1778 eingeordnet. Seit dem Erstdruck wird er nach den Tag- und Monatsangaben und den inhaltlichen bereinstimmungen mit dem Tagebuch (vgl. zu 153,1; zu 153,3–4) auf den 12. bis 13. und 17. Juli 1777 datiert. – Der separat tberlieferte letzte Teil (Ernst Æ:::æ G. [154,12–16]) befindet sich im Konvolut (Bd I) unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Wie an dem ungleichm|ßigen oberen Rand des Briefpapiers zu erkennen ist, wurde es von einem grußeren Blatt abgerissen. Die Buchstabenfragmente und die Unterschrift (154,11) lassen vermuten, dass Goethe seine Mitteilung unter einen Brief Ernst von Steins geschrieben hat. Es kunnte sich um einen der Briefe handeln, die Goethe mit dem vorliegenden Brief an Charlotte von Stein geschickt hat (vgl. zu 154,2). Dazu passt auch der Inhalt der sp|ter von dem Brief Ernst von Steins abgetrennten Nachschrift Goethes, die wahrscheinlich in Weimar vor Absendung des Briefes, also sp|testens am 17. Juli 1777, geschrieben wurde. Bis auf den Erstdruck, in dem dieser Teil ohne Begrtndung zwischen den 2. und 12. Mai 1778 gesetzt wird, datieren ihn alle Herausgeber seit Fielitz auf die Zeit zwischen dem 14. und 17. Juli 1777, drucken ihn aber unter einer separaten Nummer (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 87, Nr 173). BERLIEFERUNG
1) Brief: H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 90. – 1 Bl. 17,1(–17,4)620,4 (–21) cm, Btttenrand, 1 1/2 S. beschr., egh., Tinte und Bleistift (Sonntag frsh 10. Æ:::æ nicht sagen [153,24–28]); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „38“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 39), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 106–108. WA IV 3 (1888), 163–165, Nr 619. 2) Nachschrift: H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 114. – 1 Bl. 18,5(–19)612,1 (–13,5) cm, von einem grußeren Blatt abgerissen, 1/2 S. beschr., egh., Tinte; am oberen Rand Buchstabenreste und Unterschrift von Ernst von Stein (Petitdruck); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „85.“ – In einem gebundenen Handschriften-
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konvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 88), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Beischltsse: Briefe Ernst und Carl von Steins an Charlotte von Stein (vgl. zu 154,2). E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 165. WA IV 3 (1888), 165, Nr 620. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 153,1 Kochberg Sonnabend d‘ 12. Jul. frsh 8 Uhr] Laut Tagebuch vom 12. Juli 1777 hat Goethe frsh im Garten Æin Kochbergæ gezeichnet (GT I 1, 45). 153,1–2 Mir ists Æ:::æ wunderlich gangen] Seit seiner Rtckkehr aus Kochberg am 7. Juli (vgl. zu 152,26–27) war Goethe von dienstlichen Gesch|ften in Anspruch genommen worden; so hatte er am 7. Juli in Vorbereitung des Weimarer Landtages (am 1. August) an der Audienz der Landst|nde teilgenommen (vgl. GT I 1, 44) und am 8. Juli die Sitzung des Geheimen Consiliums besucht (vgl. Sessionskalender 1776–1786; AS 1, LXXI). Die Abende verbrachte er meist in Gesellschaft des Herzogs, den Morgen des 9. Juli hatte er verschwwzt verlesen verzecht (GT I 1, 45). 153,3–4 um halb sechs zu fuß Æ:::æ halb 10 hier] Demnach h|tte Goethe die etwa 30 km von Weimar nach Kochberg in nur 4 Stunden zurtckgelegt; im Tagebuch heißt es dagegen: 11. ÆJuliæ Nachmitt. halb 5. zu Fus nach Kochberg kam halb 10 an. (GT I 1, 45.) 153,5 Dorthee] Dienerin im Hause der Familie von Stein; N|heres konnte nicht ermittelt werden. 153,6 Ktchinn] N|heres konnte nicht ermittelt werden. 153,7 Carl] Carl von Stein. 153,8 Ernst] Ernst von Stein. 153,9 Friz] Friedrich von Stein. 153,10 Selzer Wasser] Vgl. zu 102,9. 153,10–11 Wochen Fata] Lat. fatum: Schicksal; hier: die Erlebnisse seit Goethes Abreise aus Kochberg am 7. Juli. 153,11 die Zeichnungen wurden produzirt] Produzieren: vorfthren (von lat. producere). 153,13 Weissenburg] Wo Goethe, der Hauslehrer K|stner und die beiden |lteren Suhne Charlottes schon am 6. Juli gewesen waren (vgl. 152,19–20). 153,13 hersber marschirt] Vom knapp 13 km entfernten Kochberg. 153,14 Pachter] Vgl. zu 152,20. 153,15 gezeichnet, in Kochberg und hier] Vgl. zu 152,16; von der Gegend um die Weißenburg oder dem Geb|ude selbst haben sich bis auf eine Zeichnung, die muglicherweise die Weißenburger Huhle darstellt, keine weiteren Zeichnungen erhalten.
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153,17–18 wenn die Natur Sie nicht mehr freut] Wahrscheinlich noch mit Bezug auf Charlotte von Steins ersten Brief aus Pyrmont (vgl. zu 152,27). 153,21 das weite Thal] Das Saaletal unterhalb der Weißenburg. 153,24 Sonntag frsh 10. In der Hohle von Weissenburg.] Im GNM hat sich die Zeichnung einer Berghuhle erhalten, bei der es sich muglicherweise um die Weißenburger Huhle handelt (Corpus I, 73 f., Nr 188). 154,1 Weimar Donnerstag d‘. 17 Jul.] Goethe war schon seit Montag, dem 14. Juli, wieder in Weimar (vgl. zu 154,12). 154,2 Briefe von den Affen] Sonst meist ,Grasaffen‘, die Kinder der Steins (vgl. zu 55,22); hier mit Bezug auf Carl und Ernst von Stein, die beiden |lteren Suhne; Friedrich von Stein war damals erst vier Jahre alt. Der mitgeschickte Brief Carls ist nicht tberliefert, von dem Brief Ernsts hat sich nur die Unterschrift erhalten, darunter hat Goethe seine Nachschrift gesetzt (vgl. berlieferung). 154,3 dass es mit Steinen besser geht] Die Nachricht vom schlechten Gesundheitszustand Josias von Steins war am 3. Juli nach Weimar gelangt (vgl. zu 152,5). In einem Brief vom 25. Juli 1777 schreibt Concordia von Schardt an ihre Tochter Charlotte von Stein in Pyrmont: „So wie mir dein Bruder ÆCarl von Schardtæ gesagt hatt liebe Tochter geht es immer beßer mit der gesundheit des Steins, ich dancke Gott davor, aber recht froh werde ich nicht eher bis ich Euch wieder sehe.“ (H: GMD NW 757/1962.) 154,7 sonst seh ich niemanden Æ:::æ auch nicht zeichnen] Einen Tag sp|ter, am 18. Juli, hielt Goethe im Tagebuch fest: War Cr ÆCorona Schruteræ ppp Æwohl Wilhelmine Probst und deren Bruderæ im Garten. Ich zeichnete die Gruppe. (GT I 1, 45.) 154,12 als ich fort wollte] Goethe war am 14. Juli Um halb 9 Æaus Kochbergæ weg geritten. in 2 Stunden 8 Minuten nach Weimar. (GT I 1, 45.) 154,13 mit seiner Beschreibung] Im nicht tberlieferten Brief ftr Charlotte von Stein (vgl. berlieferung). 154,15 beruf ich mich wie er auf Carlen] Mit Bezug auf den nicht tberlieferten Brief Carl von Steins (vgl. berlieferung). 279. An Augusta Louise Gr|fin zu Stolberg-Stolberg Weimar, 17. Juli 1777 ! ÆSchloss Bernstorff bei Kopenhagen?æ BERLIEFERUNG
H: Yale University Library/Beinecke Rare Book and Manuscript Library, New Haven (Connecticut/USA), William A. Speck Collection of Goetheana: Manuscripts, Sign.: YCGL MSS 6, Box 9, folder 299. – 1 Bl. 17(–17,2)620,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: An Augusten / Grwfinn Stollberg /
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nach, Reste eines roten Siegels; am linken Rand restauriert; Vs. oben links von fremder Hd: „16.“ (vgl. berlieferung zu GB 2 II, Nr 253). – Faksimile: Carl Frederick Schreiber: Goethe’s Works with the Exception of Faust. A Catalogue compiled by Members of the Yale University Library Staff. New Haven 1940, nach S. 4, Nr 526. E: Goethe-Stolberg1 (1839), 127 f., Nr 16. WA IV 3 (1888), 165 f., Nr 621 (nach Goethe-Stolberg2 [1881], 63 f., Nr 17). ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief (vgl. zu 154,17–18) ist nicht tberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Mit dem vorliegenden Brief nimmt Goethe den Briefwechsel mit Augusta zu Stolberg wieder auf, an die er sich den tberlieferten Briefen zufolge zuletzt in seinem Brief vom 28. bis 30. August 1776 gewandt hatte (Nr 161). Anlass ftr sein langes Schweigen dtrfte zumindest anfangs die Ver|rgerung tber das Verhalten von Augustas Bruder Friedrich Leopold zu Stolberg gewesen sein. Dieser hatte eine von Herzog Carl August angebotene Stelle als Kammerherr zun|chst angenommen, sich dann aber anders entschieden und weder Goethe noch Carl August rechtzeitig davon unterrichtet (vgl. 101,4–6). Auch Goethes Vermutung, dass die Geschwister zu Stolberg in der Kontroverse mit Friedrich Gottlieb Klopstock auf dessen Seite standen, dtrfte zum vortbergehenden Erliegen der Korrespondenz beigetragen haben (vgl. zu 101,3–4). 154,17–18 dass du aus deiner Ruhe mir Æ:::æ gegeben hast] Augusta zu Stolberg verbrachte den Sommer mit ihren Geschwistern auf Schloss Bernstoff bei Kopenhagen, von wo aus sie offenbar an Goethe geschrieben hatte (tber das Leben auf Schloss Bernstorff vgl. GB 2 II, zu 213,11). 154,19–22 Alles gaben Gttter Æ:::æ die unendlichen ganz.] Das Gedicht wurde zu Lebzeiten Goethes von ihm selbst nicht veruffentlicht. – Friedrich Leopold zu Stolberg druckte es 1780 in der folgenden leicht ver|nderten Fassung, sicher ohne Wissen Goethes, aber immerhin mit dem Hinweis auf dessen Autorschaft: Alles geben die Gutter, die Unendlichen, ihren Lieblingen ganz! alle Freuden die Unendlichen, alle Schmerzen die Unendlichen ganz! (Friedrich Leopold zu Stolberg: Ueber die Ruhe nach dem Genuß und tber den Zustand des Dichters in dieser Ruhe. In: Deutsches Museum. Bd 2. Leipzig 1780. 7. Sttck, S. 7.) Diese Version sowie die des Erstdrucks des Briefes, die
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gleichfalls von der Handschrift abweicht (vgl. Goethe-Stolberg1 [1839)], 127), liegen sp|teren Drucken, auch dem in der WA, zugrunde (vgl. WA I 4, 99). Diplomatisch genau nach der Handschrift wurde der Brief und damit auch das Gedicht zuerst gedruckt bei Behrens, 47. – Das Gedicht ist nach dem Tod von Goethes Schwester Cornelia Schlosser entstanden. Die Gleichzeitigkeit von Gltck und Schmerz als Grundklang seiner Existenz, die ihm keinen Mittelzustand erlauben will (GB 2 I, 205), thematisiert Goethe aber auch schon in frtheren Briefen an Augusta zu Stolberg (vgl. GB 2 I, Nr 253). Ganz |hnlich beschreibt er dieses innere Spannungsverh|ltnis im Brief an seine Mutter, mit dem er auf die Todesnachricht reagierte (vgl. 151,11–13). 154,23 in einer herrlichen Mondnacht] Vgl. das Briefgedicht ftr Charlotte von Stein „An den Mond“ (Nr 326). 154,23–24 aus dem Flusse stieg] Goethes gewuhnliche Badestelle scheint am Wehr in der N|he der Kegelbrtcke gelegen zu haben, wo der Floßgraben in die Ilm geleitet wurde. 154,24 meinem Garten] Goethes Garten am „Stern“ (vgl. 62,4). 155,1 schiert] Scheren; hier in der tbertragenen Bedeutung von „einen plagen, bel|stigen, qu|len, placken, ihm verdrusz machen“ (Grimm 8, 2575). 155,2 Todt meiner Schwester] Cornelia Schlosser war am 8. Juni 1777 in Emmendingen gestorben. Goethe hatte erst am 16. Juni davon erfahren (vgl. zu 151,3). Im Brief vom 17. bis 24. Mai 1776 hatte Goethe Augusta zu Stolberg gebeten, seiner Schwester zu schreiben (vgl. 69,2–3). 155,4 Henrietten] Augustas |lteste Schwester Henriette, geb. 1747, seit 1762 die Frau des d|nischen Ministers Andreas Peter Graf von Bernstorff und Herrin auf Schloss Bernstoff bei Kopenhagen. 155,4 Ist das noch eine eurer Schwestern?] Dies und das Folgende wahrscheinlich mit Bezug auf einen Zusatz von fremder Hand auf dem nicht tberlieferten Brief Augusta zu Stolbergs. – Außer Henriette von Bernstorff lebten damals noch zwei Schwestern Augustas, die etwa 22-j|hrige Katharina und die jtngste, erst knapp 18-j|hrige Schwester Juliane. Die vierte Schwester Magdalena war bereits 1773 im Alter von 15 Jahren gestorben. 155,4 Gustels Frau] Mit ,Gustel‘ ist wahrscheinlich Christian zu Stolberg gemeint, im Familien- und Freundeskreis auch ,Christel‘ genannt (vgl. GB 2 II, zu 223,18). Er hatte am 15. Juni 1777 Friederike Louise von Gramm geb. Gr|fin von Reventlow geheiratet. – Auch Augusta zu Stolberg unterschrieb in Briefen gelegentlich mit ,Gustel‘ (vgl. Schumann, Auguste Stolberg, 289). 155,5 der Brsder] Friedrich Leopold und Christian zu Stolberg. 155,6 dadrsber] N|heres dazu konnte nicht ermittelt werden. – Briefe Goethes an Henriette von Bernstorff oder eine der anderen Schwestern Augustas sind nicht tberliefert.
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280. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 11. August 1777 ! ÆKochbergæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 55. – 1 Bl. 15,2(–16)69,9 (–10,1) cm, untere linke Ecke ausgeschnitten, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „40“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 42), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 109. WA IV 3 (1888), 166, Nr 622. BEI L AG E
Gedichthandschrift (vgl. zu 155,10). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Charlotte von Stein war am Abend des 29. Juli 1777 unerwartet von Pyrmont zurtckgekommen (GT I 1, 45), muss aber schon wenig sp|ter nach Kochberg gefahren sein (vgl. zu 155,14), wo sie bis etwa Mitte Oktober blieb. 155,10 beykommendem] Dem Kontext nach ein Gedicht Goethes; seit Petersen wird vermutet, dass eine Handschrift von „An den Mond“, muglicherweise in einer unbekannten frthen Fassung, beigelegen haben kunnte (vgl. Petersen, Goethe-Stein 1, 574, Anm. zu Nr 180). – Die im Konvolut der Briefe Goethes an Charlotte von Stein erhaltene frthe Fassung mit Goethes Abschrift von Kaysers Vertonung entstand wahrscheinlich erst sp|ter, vermutlich zwischen Oktober/November 1777 und Ende Januar 1778 (vgl. Datierung zu Nr 326). 155,11 Ihr Kummer] Ob es daftr einen konkreten Anlass gab, ist unklar. – Eine Ursache kunnte die Sorge um den erkrankten Josias von Stein gewesen sein (vgl. zu 154,3). Allerdings scheint es ihm Mitte August schon wieder sehr viel besser gegangen zu sein, wie das im Anschluss an die Erl|uterungen zum vorliegenden Brief abgedruckte Billett der Herzogin Louise an Charlotte von Stein vom 19. August 1777 vermuten l|sst. 155,14 Die Waldner] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise, eine Freundin Charlotte von Steins. – Wie das Fourierbuch belegt, waren „Durch‘. Herzogin ÆLouiseæ, benebst der Fr|u‘. v. Waldner“ am 9. August 1777 „frth 6. Uhr Æ:::æ auf des H‘. OberstallMstr: v. Stein Ihr Guth nacher Kochberg“ gefahren; am 11. August „um 10. Uhr vor Mittags“ kamen sie wieder nach Weimar zurtck (FB 1777, S. 173 f.). 155,14 das Paquet] Ein Geschenk Charlotte von Steins, vielleicht Lebensmittel (vgl. 161,6). 155,15 Steinens Gesuch] Muglicherweise eine Bitte um Beurlaubung Josias
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von Steins, der wahrscheinlich ebenfalls ftr einige Tage in Kochberg war, zumindest wird er in der Zeit vom 9. bis 12. August 1777 nicht unter den G|sten der Hoftafel genannt (vgl. FB 1777, S. 173–175). Louise Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach an Charlotte von Stein A` Madame La Baronne deStein Kochberg
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Belvedere la 19 out 1777.
J’ai une proposition vous faire ma chxre Stein, qui est quevous allis avec moi Ilmenau, mais si cela vous incommoda, ou quevous croys que cela peut faire le moindre chagrin votre mari, devous savoir loigne, alors je renonce ceplaisir, car jeserai au desespoir d’ etre cause delui faire la moindre peine, dans L’etat ouilest. Jel’ai ve hier et l’ai trouv ass bien, et bon visage; C’est avec bien delasatisfaction quejepense mon sejour a Kochberg, o~ deux jours m’ont pass bien aimablement. Embrasss vos Infans dema part; faites moi l’amiti deme repondre tous suite si j’aurai le plaisir devous voir de visage, ousi non; Le Duc desireroit le savoir cause des anagrammes. Adieu ma bien chxre Stein, je vous aime bien tendrement. Louise. (H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: 9864. – bersetzung: An Frau Baronin von Stein auf Kochberg
Belvedere, 19. August 1777
Ich muchte Ihnen, meine liebe Stein, einen Vorschlag machen, n|mlich gemeinsam mit Ihnen nach Ilmenau zu gehen. Aber wenn es Ihnen ungelegen kommt oder wenn Sie glauben, es kunnte Ihrem Gatten auch nur den geringsten Kummer bereiten, Sie entfernt zu wissen, dann verzichte ich auf dieses Vergntgen, denn ich w|re untrustlich, Anlass auch nur seiner geringsten Betrtbnis zu sein, in dem Zustand, in dem er sich befindet. Ich habe ihn gestern gesehen und fand, dass er recht gut und gesund aussah. Ich denke mit Entztcken an meinen Aufenthalt in Kochberg zurtck, wo mir zwei Tage so reizend vergingen. Umarmen Sie Ihre Kinder von mir. Seien Sie so freundlich und antworten Sie mir rasch, ob ich das Vergntgen haben werde, Sie von Angesicht zu Angesicht zu sehen oder nicht; der Herzog muchte es gern wegen der Anagramme wissen. Adieu, meine liebe Stein, ich liebe Sie innig. Louise. – Transkription und bersetzung von Wolf-Dieter Lange, Bonn.)
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5–6 Ilmenau] Vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 291. 8–9 L’etat ouil-est] Mit Bezug auf Josias von Steins angegriffene Gesundheit (vgl. zu 154,3). 10 mon sejour a Kochberg] Vgl. zu 155,14. 13 des anagrammes] Anagramm: ein Wort (z. B. ein Name), das durch Umstellung aus Buchstaben oder Silben eines anderen Wortes gebildet wird; hier wahrscheinlich mit Bezug auf ein ftr den Ilmenauer Aufenthalt geplantes Gesellschaftsspiel. 281. An Johann Caspar Lavater mit Peter im Baumgarten ÆWeimar, 14. August 1777æ ! Ztrich DAT I ERU N G
Vermutlich stammt Goethes Briefteil vom selben Tag wie der Briefteil von Peter im Baumgarten, also vom 14. August 1777. BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 96. – Doppelblatt 17,3621 cm, 3 S. beschr., S. 1–2: Brief von Peter im Baumgarten, Tinte (Petitdruck), S. 3: Goethes Brief, egh., Tinte; S. 4 Adresse von Peter im Baumgartens Hd: An / Herren Prediger Lavater / in / Z u r i c h . – Faksimile: Abb. 8–10 im Textband (S. 156–158). – Beischltsse: Briefe von Peter im Baumgarten an unbekannte Adressaten (vgl. 159,6); nicht tberliefert. E: WA IV 3 (1888), 167 f., Nr 624 (nur Goethes Brief; Friedrich Strehlke). – Incipit zuvor schon in: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 188 (159,6 Da schick ich Æ:::æ sollst). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der erste Teil des Briefes stammt von Peter im Baumgarten (1765 oder 1766–vor 1800?), Sohn des Schweizer Hirten Hans im Baumgarten aus Meiringen im Haslital im Kanton Bern. Dort wuchs der Junge, wie aus dem Brief Goethes an Charlotte von Stein vom 15. und 16. Oktober 1779 hervorzugehen scheint, mit Bruder und Schwester bei einer Stiefmutter und mit Stiefgeschwistern auf (vgl. 315,1–3); in einem Promemoria des Weimarer Juristen Johann Ludwig Eckardt von April 1779, in dem es um das Erbe des Furderers von Peter, des Barons Heinrich Julius von Lindau, geht, ist von einem „vaterlosen Knaben von neun bis zehen Jahren“ die Rede, und es wird „dessen noch lebende Mutter“ erw|hnt (Abschrift: GSA 30/82,2, Bl. 13r), vermutlich mit Bezug auf seine Stiefmutter. Goethe hatte auf seiner Schweizer Reise im Sommer 1775 den aus Celle stammenden Baron von Lindau kennen gelernt, der sich nach einer ungltcklichen Liebe in die Alpen zurtckgezogen hatte. Lindau hatte den Jungen als Pflegesohn
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angenommen und im Herbst 1775 in die Obhut von Carl Ulysses von Salis gegeben, der das Philanthropinum auf Schloss Marschlins (Graubtnden) leitete. Zur Finanzierung von Peters Ausbildung veranschlagte Lindau, wie aus einer Verpflichtungserkl|rung vom 22. Oktober 1775 hervorgeht, 20 Louisdor im Jahr, die er durch Spenden von Freunden zusammenzubringen hoffte: „Je m’oblige payer a Monsieur Ulisse de Salis vingt louisneufs par an pour la pension de jeune pierre Baumgarten. / a Marschlins / le 22 Octobre 1775. / Henri Jules de Lindau.” (Abschrift: GSA 30/82,2, Bl. 8v; vgl. Ernst, 88. – Ich verpflichte mich, an Herrn Ulysses von Salis 20 Louisdor im Jahr ftr den Unterhalt des jungen Peter Baumgarten zu zahlen. / Marschlins / 22. Oktober 1775. / Heinrich Julius von Lindau.) Dazu gehurte auch Goethe, wie aus einer Subskriptionsliste zu ersehen ist, die neben Lindaus Freund Peter Ochs und einer nicht namentlich genannten Schwester auch die Namen der Brtder Christian und Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg auffthrt, die mit Goethe in der Schweiz unterwegs waren (vgl. Ernst, 86; Faksimile: ebd., nach S. 96). Als erster hatte sich der Initiator selbst mit 7 Louisdor eingetragen. Am 3. M|rz 1776 trat Lindau als Sekondeleutnant (Unterleutnant) in das hessische Regiment Wutgenau ein und brach mit diesem Ende Mai 1776 nach Amerika auf, um dort auf britischer Seite am amerikanischen Unabh|ngigkeitskrieg teilzunehmen. Zun|chst hatte er daran gedacht, seinen Pflegesohn nach Amerika mitzunehmen; Jacob Michael Reinhold Lenz sollte ihn tber Weimar nach Kassel bringen, wo sich Lindau damals aufhielt (vgl. Lenz an Lindau, Januar 1776, sowie Lindau an Lenz, 9. Februar 1776; Lenz, Briefe 1, 169 f., 176–178). Doch stellte sich dieser Plan als undurchfthrbar heraus. Damit auch im Fall von Lindaus Tod ftr Peter gesorgt sei, bedachte der Baron ihn in seinem Testament. Bereits am 16. November 1776 wurde Lindau beim Sturm auf das Fort Washington so schwer verwundet, dass er Ende des Jahres oder Anfang 1777 an den Folgen dieser Verwundung starb. (ber Lindau vgl. des N|heren die einleitende Erl|uterung zu Nr 19.) Als die Nachricht die Heimat erreichte, schrieb Lavater am 20. Mai 1777 an Johann Georg Zimmermann: „Lindau ist tot. Salis und ich sind Executoren seines Testaments, worin er einem adoptierten Bauernknaben 2000 Thaler vermacht.“ (Ernst, 104; der Text des Testaments ebd., 99 f.) Peter besuchte das Erziehungsinstitut zu Marschlins, ohne großen Erfolg, wie es scheint, von Herbst 1775 biß zum 27. Aprill 1777 Æ:::æ und kam darauf, da das Institut einging, zu Herrn Lavater nach Zsrich (Goethes Anmerkungen „Einiges zur Erl|uterung nachstehender Rechnung“ in den Akten zu Peter im Baumgarten; GSA 30/82,1, Bl. 2r). Lindaus Freund Friedrich Joseph Greven, hannoverscher Offizier, der eine Zeitlang als ,Inspektor‘ in Marschlins arbeitete (vgl. zu 19,15–16), notierte unter dem 2. August 1776 in sein Tagebuch: „Baumgartens Bosheit ist fast unbegreiflich Æ:::æ der wahre Naturmensch mit seinen ungeb|ndigten Fehlern! Æ:::æ Baumgarten soll 24 Stunden bey Wasser
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und Brod ins Gef|ngnis, sobald es seine Gesundheit erlauben wird.“ (Garber/ Schmitt, 144.) Diese Mitteilungen, die zugleich ein Licht auf die philanthropische P|dagogik in der Erziehungsanstalt Marschlins werfen, werden erg|nzt durch einen Bericht in Grevens Brief an Johann Caspar Lavater vom 1. Oktober 1776; besorgt und voll Skepsis tber Peters Entwicklung heißt es: „Lindau entriß den armen Jungen seiner Heerde – und auch der Unschuld – und allem Gltck! Sie haben’s einst gut geheißen, und Sie hatten ganz Recht. Peter hat gewis alle Anlagen zum großen Mann – aber sind alle grossen M|nner gut? ich weiß daß Ihnen das Herz bluten wird, wenn ich Ihnen sagen muß, daß Peter t|glich schlimmer wird – Gott weiß wie? Vom Geist der Gesellschaft – oder wie verfthrt? Aber ich schaudre wenn ich dran denke, daß mein Seelen-Freund die Mittel-Ursach werden kunnte, einen großen Busewicht entwickelt zu haben. Peter wird nichts halb – sehr gut, oder sehr bus. Æ:::æ Peter muß fort – so bald als muglich, sonst ist er verlohren, und die Welt hat einen Busewicht mehr, – einen zu Marschlinz erzogenen, verwahrloseten Busewicht. Æ:::æ Gelernt hat er nichts, kann noch nicht lesen! Æ:::æ Lindau wollte den nur blos erziehen laßen – Und wenn er nun dadurch t|glich ungeschickter zu seinem ersten Stande wird geworden seyn, t|glich mehr Bedtrfnisse kennen lernt – soll er wieder zu einer Lebensart zurtckkehren, von der er nicht h|tte entwuhnt werden mtßen, um dabey gltcklich zu seyn?“ (H: Zentralbibliothek Ztrich, FA Lav Ms 510.93.) Lavater nahm ein Profilbild des Jungen in den 3. Band seiner „Physiognomischen Fragmente“ auf (Leipzig und Winterthur 1777, nach S. 148, bezeichnet mit „P.“; ein Abdruck auch in Goethes Kunstsammlung, KSW, Museen, Inv.-Nr KGr/02362) und charakterisierte ihn, aus eigener Erfahrung, wie er bekennt, nicht bloß aus Kenntnis seiner Physiognomie (und offenbar unter Bezugnahme auf den zitierten Brief Grevens), folgendermaßen: „Ein Sohn; aber ein schlauer, feiner, schwer zu z|umender Sohn – der Natur. F|higkeit alles leicht zu lernen – und schnelle Sattheit an allem Halberlernten; Æ:::æ einer von denen, die entweder a u ß e r o r d e n t l i c h g u t , oder a u ß e r o r d e n t l i c h s c h l i m m werden.“ (S. 148 f.) Nach dem Aufenthalt in Ztrich begleitete Peter den franzusischen Alpinisten und sp|teren Geologen und Botaniker Louis Franois Þlisabeth Ramond de Carbonnixres, einen Freund von Jacob Michael Reinhold Lenz, bis zum 22. Juli 1777 auf einer Reise durch die Schweizer Berge. Danach machte er sich offenbar auf den Weg nach Deutschland. Auf welche Weise der elf- oder zwulfj|hrige Junge diese Reise unternahm, die er kaum allein hat bewerkstelligen kunnen, ist nicht bekannt. Greven hatte bereits am 1. Oktober 1776 an Lavater geschrieben, „Sie, Guthe, Lenz, Schlosser, Salis und ich solten w|rend seiner ÆLindausæ Abwesenheit und in alle F|lle Vormtnder ftr seinen Peter seyn“ (H: Zentralbibliothek Ztrich, FA Lav Ms 510.93). Am 12. August 1777 hielt Goethe in seinem Tagebuch fest: kam Peter an (GT I 1, 46). Lindau hatte ihm den Knaben vor seiner Abreise Ænach
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Amerikaæ so oft und dringend empfohlen (272,23–24), dass er sich als dessen Vormund (273,5) empfand und sich um ihn ktmmerte. Muglicherweise hatte sich Goethe schon im Frthjahr 1777, nach den ersten Meldungen von Lindaus Tod, um eine bersiedlung des Jungen bemtht (vgl. 130,12–13). Ob er ihn zuvor schon persunlich kennen gelernt hatte, ist unsicher (vgl. zu 20,2). Er nahm Peter in sein Haus auf und sorgte auf eigene Kosten ftr seinen Lebensunterhalt. Auch Charlotte von Stein nahm an den Bemthungen um Peters Erziehung teil. Im August 1777 schickte Goethe ihr den Jungen nach Kochberg (vgl. Nr 282 und 283). Ihr Sohn Carl berichtet in seinen Lebenserinnerungen: „Æ:::æ den Buben Æ:::æ mit mir von gleichen Alter brachte Guthe nach Kochberg in unser Haus und tbergab ihn mit an meinen Hoffmeister ÆJohann Friedrich K|stneræ. Æ:::æ Ich und mein nach mir folgender Bruder Ernst, waren entztckt tber diesen Spielkameraden mit seinem schwarzen Spitz, der H|nsli hieß. Ich war so besorgt, daß man ihn uns wieder nehmen muchte, daß ich bey einiger Schwierigkeit, sein Bett zu stellen, behauptete, meines sei breit genug ftr Beide. Æ:::æ Da nun Peter Lindau mit uns badete, schwamm und in die Wette auf Stelzen lief, so vertrugen wir uns anfangs recht gut. Als er aber (da er mehr Taschengeld hatte wie wir) die Bauerjungen meines Bruders wegkaufte, denn jeder von uns hatte sein Corps, die es mit ihrem Chef hielten, suchte ich ihn durch Verweise tber diese Unart davon abzubringen, jedoch als er sich nicht beßern und meinen Bruder foppen wollte, stellte ich sein Benehmen dem Hoffmeister so klar und deutlich vor, und seinen Undank ftr unser freundlich Benehmen gegen ihn, daß wir von ihm das n|chste Jahr befreyet blieben.“ (Goethe. Aufzeichnungen des Freiherrn Carl von SteinKochberg. [Hrsg. von Hans Wahl. Leipzig 1924.] S. 10 und 11.) Peter erwies sich tberhaupt als schwer erziehbar. Unter dem 25. Oktober 1777 notierte Goethe im Tagebuch: Abends Scene mit Pet. (GT I 1, 51.) Eine Aufzeichnung von Johann Georg Mtller veranschaulicht die Schwierigkeiten an einem Beispiel: „Der Bub Æ:::æ machte ihm viel Verdruß, war sehr sturrisch und stolz. Einst stund Lavaters Btste von Gips im Zimmer, er ging hin, tberschmierte ihn ganz mit Dinte und ließ ihm nur weiße Augen und Schnauz.“ (Aus dem Herder’schen Hause. Aufzeichnungen von Johann Georg Mtller. [1780–82.] Hrsg. von Jakob Baechtold. Berlin 1881, S. 79.) Am 17. April 1778 siedelte Peter nach Ilmenau tber, wo er im Hause des Oberfursters Carl Oettelt Kost und Logis erhielt und zum J|ger und Furster ausgebildet werden sollte. Auch dieses Unternehmen fthrte nicht zum Ziel, auch nicht, nachdem Goethe den Jungen im Jahr darauf, 1779, unter die Aufsicht Johann Friedrich Kraffts gestellt hatte (vgl. Nr 515). Peter zeigte wenig Interesse an der Ausbildung; er fthrte ein ungebundenes Leben und machte Schulden. Johann Friedrich Krafft berichtete in einem (als Konzept tberlieferten) Brief an Goethe vom 28. Oktober 1779, Oberfurster Oettelt beklage sich sehr tber seinen Schttzling: „Der Wildmeister sagte, er kunte mir versichern daß niemals ein J | g e r aus ihm werden wtrde, daß er nichts Æsicæ
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das geringste davon versttnde, noch zu lernen Lust h|tte, noch behielte, wenn man es ihm sagte, daß er in allen Sachen wiedersp|nstig w|re, grob gegen die Pursche und Hausgesind, liederlich in seinen Sachen und Auffthrung, ohngeweckt ftr 10 Uhr nicht aufsttnd Æ:::æ daß er sich drauf verlies er h|tte 6000 r‘, niemand h|tte ihn was zu befehlen und er brauchte nichts zu lernen, daß er mit Gewalt H‘. v. Lindau wolte genant seyn, daß er in den Wirthsh|usern abends herumzug und mit iedermann Karten spielte Æ:::æ und ohne toback nicht leben kunnte ppp.“ (H: GSA 62/37, Bl. 78; vgl. auch RA 1, 75, Nr 103.) berliefert sind zwei Briefe Peters an Goethe vom 24. Oktober und vom 13. Dezember 1780, in denen er seinen Wohlt|ter tber sein Betragen zu beruhigen versucht (vgl. RA 1, 82 f., Nr 126 und 130). Krafft riet (im zitierten Brief an Goethe), Peter in andere, strengere H|nde zu geben. So wurde Peter 1781 nach Troistedt zum Oberfurster Johann Ludwig Gottlieb Sckell gegeben, 1782/83 zum Oberfurster Johann Ernst Clauder auf das Jagdschloss „Fruhliche Wiederkunft“ in Wolfersdorf. Dort wurde er, etwa 17-j|hrig, zum erstenmal Vater. Hilfe suchend wandte sich Clauder mit einem Brief an „Herrn Secretarius ÆJohann Philippæ Seidel bey Ew Excelenc Herrn Geheimte Rath von Goethe“: HochEdelgeborner Hochgeerdester Herr Secretaer Hir bey komt daß Mensch, der Herr Peter in Baumgarden hat, wie sie sagt daß Kint gemacht, nun kan ich nicht sagen daß sie eine Hure sey die etwan darnach gelaufen were waß ist aber zutun eß ist geschehn, daß mensch ist in Blut und Leben arm und muß wen sie nichts vor daß Kint Zuer zien bekomt solges weck werfen worum eß doch schate were, eß kende fileigt ein ardiger Junge sein deßwegen Erbarmen sie sich und bringen die Bitte bey ihro Excelenc dem Herrn Geheimten Rath vor, damit doch etwas zuer Ziung des Kindes gegeben wird wen der fall nicht kommen wehr so hette ich daß mensch nicht auß meinen Tinst --------- gelaßen, Gott wird Vergeldersein ich aber empfehle mich Ew: Hochedelgeboren zu geneigder gewogenheit der ich mit aller Hochachtung bin Ew. Hochedlen Fruhligewiderkunfft ergehbener Diner d‘ 26 Xbr 1782 JE Clauder P. S: die quittungen werden sie erhalden haben (H: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 85; Adresse: Bl. 88v; vgl. Abb. 3–4 im Kommentarband, S. 554 f.) – Ob Goethe der Bitte nachgekommen ist, geht aus den Akten nicht hervor. Ein |hnlicher Fall ereignete sich wenige Jahre sp|ter.
Abb. 3: Johann Ernst Clauder an Philipp Seidel, 26. Dezember 1782 (zu Nr 281), S. 1
Abb. 4: Johann Ernst Clauder an Philipp Seidel, 26. Dezember 1782 (zu Nr 281), S. 2
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BRIEF 281
Nach dem Aufenthalt in Wolfersdorf lebte Peter bis Ende 1785 in Berka beim Oberfurster Johann Heinrich Gerlach (vgl. zu 272,32). Dort unterhielt er Beziehungen gleich zu zwei Frauen, wie aus einem (undatierten) Strafbefehl hervorgeht: „Der J|gerpursch Peter im Baumgarten zu Berka hat in Eheversprechungssachen mit Mar. Elis. Stieberin sowohl als wegen Aufgebots mit der Tochter des Pastor Hofmanns das. an Oberconsistorial Gebthren zu zahlen Æ:::æ 4 rthlr 22 g‘ 6 J‘.“ (H: GSA 30/82,1, Bl. 42r.) Die Erstgenannte wurde, vermutlich auf Goethes Veranlassung, finanziell entsch|digt: Funfzig Thaler ftr Peter im Baumgarten zu einer Abfindung mit einer Magd, erhalten um solche derselben gegen Quittung und einen Entsagungsschein auszuzahlen Weimar den 17ten Febr. 1786 Seidel. (H: GSA Weimar, Sign.: 30/82,1, Bl. 40r.) – Drei Tage nach Ausstellung dieser Quittung, am 20. Februar 1786, heiratete Peter, der im „Berka’schen Kirchenbuch“ als „ein Junggeselle“ ohne Beruf bezeichnet wurde (Bd V. Vom Jahr 1764 bis 1811 incl., Proclamati et Copulati, S. 46), Johanna Friederike Louise Hoffmann, die Tochter des Berkaer Pfarrers Wilhelm Conrad Hoffmann. Am 4. Juni 1786 wurde das erste Kind geboren. Von der J|gerei wechselte Peter zum Kupferstecherhandwerk; Goethe ließ ihm in Weimar Unterricht erteilen. Das Berkaer Kirchenbuch bezeichnet Peter in der Beurkundung der Geburt seines Sohnes Carl Heinrich Wilhelm am 28. August 1790 als „Kupferstecher allhier“ (ebd., Bl. 155v des Geburtenregisters). Erfolgreich in diesem Beruf scheint er nicht gewesen zu sein; aus Briefen Peters an Friedrich Justin Bertuch aus dem Jahr 1792 geht hervor, dass dieser dessen Arbeit als „Sudeley“ bezeichnete (Brief vom 25. November 1792; H: GSA 6/92) und verlangtes Honorar nicht zahlen wollte (vgl. Brief vom 19. April 1792; H: ebd.). In den Graphischen Sammlungen der Klassik Stiftung Weimar wird ein von Peter im Baumgarten angefertigter Kupferstich aufbewahrt, der Goethes Bildnis nach einer Bleistiftzeichnung von Georg Friedrich Schmoll zeigt (Inv.-Nr KGr/04754; ein zweites Blatt unter der Inv.-Nr KGr1980/00485). Bis 1793 verzeichnet das Kirchenbuch insgesamt sechs Kinder Peters. Beim dritten, der am 2. Februar 1789 geborenen Tochter Johanna, erkl|rte sich der „Herr Geheimbde Rath Johann Wolfgang von Guthe, Hochwohlgeb‘: Excellenz“ zum Paten (Berka’sches Kirchenbuch. Bd V., Bl. 151v). Am 27. Februar 1792 zahlte Goethe seinem Schttzling 650 Reichstaler aus den Lindauischen Legatengeldern „zu Erkaufung des Hoffmannischen Hauses allhier“ aus (Quittung Peters; H: GSA 30/82,1, Bl. 80r), am 12. April 1792 noch einmal 430 Reichstaler (vgl. Quittung Peters; H: GSA 30/82,1, Bl. 82r). Noch vor der Geburt der Tochter Johanna Sophia
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Euphrosyna, des sechsten Kindes, am 1. Oktober 1793 hatte Peter offenbar Haus, Familie und Berka verlassen; der Eintrag im Kirchenbuch nennt den Vater „Kupferstecher, der Zeit in Leipzig“ (Berka’sches Kirchenbuch. Bd V., Bl. 164v). ber sein weiteres Leben ist nichts bekannt. Er soll sich zuletzt in Hamburg aufgehalten haben; sein Sohn Carl berichtet 1835, sein Vater sei „von Weimar fort und nach Leipzig und Hamburg gegangen, wo er dann gestorben ist.“ (Brief an den ftrstlich solmsischen Rentenkammerregistrator Drechsler vom 28. Februar 1835; teilweise gedruckt in: Ernst, 60–62.) Einen Nachweis daftr gibt es nicht. Das Auftauchen eines amerikanischen Werbeoffiziers in Weimar im Jahr 1793 veranlasste Spekulationen, Peter kunne von Hamburg aus nach Amerika gegangen sein, wie sein Pflegevater Heinrich Julius von Lindau. Das Berkaer Kirchenbuch legt jedenfalls nahe anzunehmen, dass er bereits im Lauf der 1790er Jahre gestorben ist; denn als sich seine Frau am 8. Mai 1800 erneut in Berka verheiratete, war sie laut Kirchenbuch Witwe (vgl. Berka’sches Kirchenbuch. Bd V. Vom Jahr 1764 bis 1811 incl., Proclamati et Copulati, S. 82). So ungekl|rt Peter im Baumgartens Ende ist, so r|tselhaft schien dem Sohn Carl die Herkunft seines Vaters. In dem genannten Brief vom 28. Februar 1835 schreibt er, er habe sich dreimal brieflich an Goethe gewandt, ihn zweimal um eine Unterredung ersucht, um Aufschluss zu bekommen (einer der Briefe stammt aus dem Jahr 1818; vgl. Ernst, 118 f., ferner RA 8 I, 180, Nr 421). Eine Antwort habe er nicht erhalten. Dies best|rkte den Sohn offenbar in seinem Verdacht, sein Vater Peter sei ein nattrlicher Sohn der Herzoginmutter Anna Amalia gewesen (vgl. Ernst, 60). Dies gehurt ebenso in den Bereich der Legende wie der Versuch desselben Sohnes Carl im Baumgarten, seinen Vater als Sohn Goethes auszugeben, indem er sich „selbstgef|llig und gern als einen Enkel Goethe’s“ anreden ließ (Robert Springer: Die klassischen St|tten von Jena und Ilmenau. Berlin 1869, S. 50). – Literaturhinweise: Hans Gerhard Gr|f: Goethe in Berka an der Ilm. Weimar 1911; Voigt, S. 71–83; Ernst; Ernst Beutler: Essays um Goethe. Berlin, Darmstadt, Wien 1957, S. 444–459; Hellmuth von Maltzahn: Goethes Schweizer Pflegesohn. In: Insel-Almanach auf das Jahr 1958, S. 139–154. 155,21 Spißruten Laufen] Die Milit|rstrafe, auch „Gassen-Lauffen“ genannt, besteht darin, dass der Delinquent durch eine von Soldaten gebildete Gasse laufen muss „und von ieglichem Manne mit einer Spießruthe auf den blossen Rtcken gepeitscht wird.“ (Zedler 38, 1868.) 155,22 aus brsglen] Ausprtgeln. – „Das Prtgeln ist Æ:::æ eine Strafe der Soldaten, da dem Delinquenten eine gewisse Anzahl Stockstreiche zuerkannt werden.“ (Zedler 29, 1029.) Das Prtgeln geschieht „manchmal so arg, daß die Bestraften entweder zu ungesunden Leuten werden, oder bald sterben.“ (Ebd.) 155,23 verhakt] Wohl im Sinn von ,zerhackt‘.
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BRIEF 282
159,6 Briefe von Petern] Von den beigeschlossenen Briefen, die an unbekannte Adressaten gerichtet waren, ist keiner tberliefert. 159,14 Lindau’s Vermwchtniss Geld] Es handelte sich um 2000 Reichstaler; vgl. die einleitende Erl|uterung. 159,15–16 schreib mir auch ein Wort von dir] Der n|chste tberlieferte Brief Lavaters an Goethe stammt erst vom 25. Juli 1778 (Goethe-Lavater3, 78). 159,16 Kaysern] Philipp Christoph Kayser, Komponist und Jugendfreund Goethes, der seit 1775 in Ztrich lebte. 159,16 das verlangte] ber die Vermutung, es kunnte sich um ein Manuskript von Goethes Gedicht „An den Mond“ gehandelt haben, vgl. Datierung zu Nr 326. 282. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 27. August Æ1777æ ! ÆKochbergæ
DAT I E RU N G
Das Jahr 1777 wurde nach den inhaltlichen Beztgen zum vollst|ndig datierten Brief vom selben Tag (Nr 283) erg|nzt (vgl. 159,18; die zweite Erl|uterung zu 160,1). Der Inhalt der beiden Briefe legt außerdem nahe, dass Goethe den vorliegenden Brief zuerst geschrieben und abgeschickt hat. Danach erhielt er eine Sendung Charlotte von Steins, vielleicht mit einem Begleitbillett (vgl. die erste Erl|uterung zu 160,1), worauf er mit einem weiteren Brief (Nr 283) antwortete. Muglicherweise schrieb er seine Antwort noch im Beisein des Steinschen Boten, um sie diesem mitzugeben. Zumindest gibt es keinen Hinweis auf eine gemeinsame Absendung der beiden Briefe. Die Anordnung in der vorliegenden Ausgabe entspricht der im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (vgl. jeweils die berlieferung) sowie der im Erstdruck. Fielitz ordnete Brief Nr 283 ohne Begrtndung vor Nr 282 an, ihm folgten alle sp|teren Herausgeber (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 88 f., Nr 176 und 177). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 55. – 1 Bl. 16,7(–17,2)620,7 (–21,2) cm, Btttenrand, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „41.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 43), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 110. WA IV 3 (1888), 169, Nr 626. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
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159,18 Ich schick Ihnen Petern] Nach Kochberg, wo sich Charlotte von Stein etwa seit Anfang August aufhielt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 280). – Peter im Baumgarten, ein Schweizer Hirtenjunge, befand sich seit dem 12. August 1777 in Goethes Obhut in Weimar (zu seiner Person und Goethes Verh|ltnis zu ihm vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 281). Dass sich der Junge tats|chlich im August und September 1777 in Kochberg aufgehalten hat, belegen Goethes Grtße an ihn in den Briefen an Charlotte von Stein (vgl. 160,22; 164,17; 168,26–27). 159,19 verschrieben] ,Verschreiben‘ hier in der Bedeutung „von anderen orten her durch briefe etwas verlangen“ (Grimm 12 I, 1159). 159,20 im Packen begriffen] Laut Fourierbuch waren am 25. August der „Herzog ÆCarl Augustæ mit Dero Hohen Suite tber Illmenau nacher Eisenach auf den Ausschuß-Tag derer Land-St|nde“ gegangen (FB 1777, S. 181); dem „Fourier Zeddel“ zufolge gehurten s|mtliche Mitglieder des Geheimen Consiliums, darunter auch der „H‘. Geh: Leg‘. Rath Gehde ÆGoetheæ“ (ebd.), zum Gefolge des Herzogs. Wie die Datierungen des vorliegenden und des folgenden Briefes sowie das Tagebuch belegen, ist Goethe aber noch bis zum 27. August in Weimar geblieben. 159,20–21 Verstwndnisse sind dunckel] ,Verst|ndnisse‘ hier in der |lteren allgemeineren Bedeutung von ,Verstand‘ (vgl. Grimm 12 I, 1595 f.); am Ende des 18. Jahrhunderts in dieser Bedeutung veraltet (vgl. Adelung 4, 1147); ,dunkel‘ im tbertragenen Sinn: „ohne klares Bewußtsein von etw, aber ahnungsvoll“ (GWb 2, 1293). – Eine |hnliche Formulierung begegnet im Tagebuch vom selben Tag (vgl. zu 159,24). 159,22 Kwstnern] Johann Friedrich K|stner, Hauslehrer der Familie von Stein. 159,22 die Kleinen] Carl, Ernst und Friedrich von Stein. 159,22 Von Eisenach htren Sie bald was.] Noch am selben Tag |nderte Goethe seine Pl|ne und ritt tber Kochberg nach Ilmenau, wo er zum Gefolge des Herzogs stieß. Eisenach erreichte die Gesellschaft erst am 6. September (vgl. zu 161,20–164,1). 159,24 Morgen d‘. 28 Æ:::æ dencken Sie an mich!] Am Morgen des 28. August, seines 28. Geburtstags, war Goethe noch in Kochberg: d. 27 Aug ritt ich Nach Tische dunckel von W. ÆWeimaræ weg Æ:::æ. Langsam ritt ich nach Kbg. ÆKochbergæ fand sie froh und ruhig und mir wards so frey und wohl noch den Abend und wachte an m. Geburtstag mit der schtnen sonne so heiter auf dass ich alles was vor mir liegt leichter ansah. Gegen achte weg Æ:::æ nach Ilmenau fand den Herzog der schon halb neune angekommen war. (GT I 1, 46.) 159,26 die Farben in ihre Zimmer ausgesucht] In der neuen Wohnung der Familie von Stein im ehemaligen Stiedenvorwerk am Welschen Garten an der Ackerwand, um deren Renovierung und Einrichtung sich Goethe seit einiger Zeit
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BRIEFE 283/284
ktmmerte. Der Umzug erfolgte erst im November 1777 (vgl. zu 176,1–2). Mit den Maler- und Dekorationsarbeiten war der Hof- und Theatermaler Johann Ehrenfried Schumann beauftragt worden (vgl. zu 175,18). 159,28 Paille] Franz.: Stroh, strohfarben. 283. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 27. August 1777 ! ÆKochbergæ
DAT I E RU N G
Zur Anordnung des Briefes nach Nr 282 vom selben Tag vgl. Datierung zu Nr 282. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 56. – 1 Bl. 18,6(–18,8)610,4 (–10,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „42.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 44), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 110 f. WA IV 3 (1888), 168, Nr 625. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet muglicherweise einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 160,1 und Datierung zu Nr 282). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 160,1 Dancke allerbeste fsr das Andencken.] ,Andenken‘ hier im Sinne von ,Erinnerungszeichen, -sttck‘ (vgl. GWb 1, 490); ein Geschenk aus Kochberg, dem ein Begleitschreiben Charlotte von Steins beigelegen haben kunnte. 160,1 Petern] Peter im Baumgarten, dessen Besuch in Kochberg Goethe im Brief Nr 282 vom selben Tag angektndigt hatte (vgl. zu 159,18). 160,2 Ich gehe Æ:::æ weg] Goethe stand im Begriff, nach Ilmenau und von dort aus im Gefolge des Herzogs nach Eisenach zu reisen, |nderte dann aber seine Pl|ne und machte in Kochberg Station (vgl. die dritte Erl|uterung zu 159,22). 160,3 Ihre Entfernung] Kurz nach ihrer Rtckkehr aus Pyrmont hatte sich Charlotte von Stein nach Kochberg begeben (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 280). 160,6 Eisenach] Goethe traf erst am 6. September in Eisenach ein (vgl. zu 161,20–164,1).
AUGUST 1777
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284. An Charlotte von Stein Manebach, 29., Ilmenau, 31. August 1777 ! ÆKochbergæ BERLIEFERUNG
1) Brief: H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 56. – 1 Bl. 17,1621,5(–21,8) cm, Btttenrand, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „43.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 45), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 111 f. WA IV 3 (1888), 169 f., Nr 627. 2) Beilage: H: GNM Weimar, Inv.-Nr GGz/0113. – 1 Bl. 38,2626,2 cm, egh. Zeichnung (Manebacher Grund), Bleistift, Pinsel, grau laviert; Rs. Ortsangabe und Datierung, egh., Bleistift: Martinroda d. 30 Aug / 77. – Faksimile: Abb. 11 im Textband (S. 162). E: Corpus I (1958), 69, Nr 172 (Faksimile und Beschreibung). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief von Anfang September (vgl. die zweite Erl|uterung zu 161,19; zu 161,20) ist nicht tberliefert. 160,9 Manebach beym Cantor.] Manebach, ein Dorf im Thtringer Wald in der N|he des Kickelhahns, etwa 3 km stdwestlich von Ilmenau gelegen. Am 29. August vermerkt Goethe im Tagebuch: Nach Tisch allein nach Manebach, unter weegs geschlafen an der Ilm, angekommen beym Cantor ÆMatthaeus Schellhornæ (GT I 1, 46). 160,11 Meinen Weeg Æ:::æ glscklich gefunden.] Von Kochberg war Goethe sber Teichreden ÆTeichrudaæ, Eschdorf, Stadtremda, Ehrenstein, Neu winden ÆNahwindenæ, Klein Liebringen, Geilsdorf, Singen, Grwfenau, Wilbach (GT I 1, 46) in das etwa 40 km entfernte Ilmenau geritten. 160,14 hab ich Sie nur leiden sehn] Vgl. zu 155,11. 160,16 Reisezehrung] Wohl der sp|ter erw|hnte Biskuitkuchen (161,6). 160,16–17 in Eisenach werde geschunden seyn] Anspielung auf die bevorstehenden Amtsgesch|fte in Eisenach, dem Sitz der Zentralbehurden ftr den seit 1742 zu Sachsen-Weimar gehurigen Landesteil (vgl. zu 161,20–164,1). Goethe nahm in Eisenach an vier Sitzungen des Geheimen Consiliums teil (vgl. Sessionskalender 1776–1786; AS 1, LXXI), die sich vor allem mit der Vorbereitung der Verabschiedung der Steuerreform durch die Eisenacher Landst|nde am 28. September 1777 befassten. Außerdem fanden in Eisenach und Umgebung, wo Goethe bis zum 10. Oktober blieb, zahlreiche Gesellschaften und Jagdausfltge
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BRIEF 285
statt, darunter die Feier des 20. Geburtstags von Herzog Carl August. Es wurden Besucher empfangen, so der Herzog von Gotha, der Erfurter Statthalter Carl Theodor von Dalberg, der Schriftsteller und Diplomat Friedrich Melchior von Grimm und vom 21. bis 28. September Goethes Darmst|dter Freund Johann Heinrich Merck (vgl. GT I 1, 48–50). 160,17 dunckel] Hier: unklar, doch ahnungsvoll; von Goethe in dieser Zeit mehrfach mit Bezug auf seinen Bewusstseinszustand gebraucht (vgl. zu 159,20–21). 160,19–20 Ich schicke Ihnen Æ:::æ gezeichnet habe.] Vgl. Beilage. Laut Tagebuch hatte Goethe am 29. August auf der Wiese des Kantors Schellhorn den Grund hinauf gezeichnet, am 30. frsh gezeichnet und am 31. frsh die Manebacher Zeichn. geendigt. (GT I 1, 46 f.) – Die Zeichnung „Manebacher Grund“ gelangte 1892 aus dem Nachlass Charlotte von Steins als Schenkung in das GNM (vgl. Corpus I, 69, Nr 172). Aufgrund der eigenh|ndigen Ortsangabe Martinroda (vgl. berlieferung) wurde bis zur Verifizierung durch Julius Vogel 1912 angenommen, die Zeichnung stelle den „Grund von Martinroda“ dar. Offenbar hat Goethe die Zeichnung nachtr|glich richtig datiert, aber den Ort falsch angegeben (vgl. Julius Vogel: Zu Goethes Handzeichnung genannt „der Grund von Martinroda“. In: GJb XXXIII [1912], 214–216). 160,21 diesen Boten] Er sollte Goethes Zeichnung und den vorliegenden Brief tberbringen, wie auch das Tagebuch vom 31. August belegt: ich schickte einen Boten nach Kochb. (GT I 1, 47.) N|heres nicht ermittelt. 160,22 Petern] Peter im Baumgarten (vgl. zu 159,18). 160,23 die andern] Der Herzog und sein Gefolge (vgl. zu 159,20). 160,24 Prinz Joseph] Joseph Friedrich Wilhelm Prinz von Sachsen-Hildburghausen, der am 3. September an der Feier des 20. Geburtstags von Herzog Carl August teilnahm (vgl. GT I 1, 47). 160,24–25 einige Tage lwnger] Die Gesellschaft blieb noch bis zum 3. September in Ilmenau und reiste am Morgen des 4. nach Wilhelmsthal und am 6. nach Eisenach (vgl. ebd.). 160,25 Stszzerbach] Stttzerbach im Thtringer Wald, etwa 10 km von Ilmenau entfernt (vgl. die zweite Erl|uterung zu 91,1); laut Tagebuch ritt Goethe am 31. August mit dem Adjutanten des Herzogs, Carl Friedrich von Lichtenberg, nach Tisch Æ:::æ auf Ststzerbach. war wusserst lustig den Abend. (GT I 1, 47.) Goethe blieb bis zum 2. September in Stttzerbach, war am 1. bis Nachm 3 auf der Jagd, tanzte mit den Bauermaidels und war ausgelassen toll bis gegen 1 Nachts (ebd.).
SEPTEMBER 1777
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285. An Jacob Friedrich von Fritsch ÆWilhelmsthalæ, 4. September 1777 ! Eisenach BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 6–7. – Doppelblatt 17,1(–17,5) 620,7 cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: H‘. Geheimderath / von Fritsch Exzel‘ / nach / Eisenach., rotes Initialsiegel: „G“; unter dem Brieftext Pr|sentatsvermerk, Tinte: „ps. d. 5. 7 br 1777 F“. E: WA IV 3 (1888), 171, Nr 628 (Friedrich Strehlke). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 161,8–9 Wilhelms thal] Wilhelmsthal, herzogliches Jagdschloss 10 km stdlich von Eisenach, erbaut von 1712 bis 1715 unter Herzog Johann Wilhelm von Sachsen-Eisenach. Es wurde von Herzog Carl August als Sommerresidenz genutzt; er hielt sich dort w|hrend des Ausschusstages der Eisenacher Landst|nde auf, der vom 8. bis 30. September 1777 stattfand. 161,10–11 morgen hier bleiben] Herzog Carl August war bereits am 25. August 1777 zum Ausschusstag der Landst|nde des Eisenacher Landesteils abgereist, hatte aber einen Zwischenaufenthalt in Ilmenau eingelegt, wo er am 28. August mit Goethe zusammentraf, der von Kochberg kam (vgl. zu 159,20; zu 159,24). 161,11 Ihr. Exzel‘. hier zu sehn] Fritsch und der Geheime Assistenzrat Christian Friedrich Schnauß waren ebenfalls aus Anlass des Ausschusstages der Eisenacher St|nde nach Eisenach befohlen worden und hielten sich zum Zeitpunkt der Ankunft Carl Augusts in Wilhelmsthal bereits in Eisenach auf (vgl. ThHStA Weimar, Hofmarschallamt Nr 4526, Bl. 181r–181v). Fritsch holte den Herzog und Goethe am 6. September 1777 in Wilhelmsthal ab: d 6. kam Fritsch frsh. wir ritten gegen zehn nach Eisenach. (GT I 1, 47.) – Fritsch trug seit 1772 den Titel ,Exzellenz‘ (vgl. zu 91,15). 161,11–12 der sbrigen Eisenacher Welt] Da der Eisenacher Landesteil ein eigenst|ndiges, mit Weimar nur in Personalunion verbundenes Ftrstentum mit eigener Verwaltung, Gesetzgebung und St|ndeverfassung bildete, war der Empfang des Landesherrn ein festliches Ereignis, an dem s|mtliche Mitglieder der Landesbehurden und des Eisenacher Stadtrates sowie die zum Ausschusstag einberufenen Vertreter der Landst|nde teilnahmen. 161,12 drinne] Der Begrtßungsempfang fand im Eisenacher Stadtschloss statt. Der Ausschusstag wurde am 8. September eruffnet. Das Gremium verhandelte u. a. eine von der Weimarer Regierung vorgeschlagene Steuerreform (vgl. GT I 2, 433, zu 44,31). 161,13 Die Ankunft des Prinzen Joseph] Joseph Friedrich von Sachsen-
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BRIEF 286
Hildburghausen, Prinzregent des Herzogtums Sachsen-Hildburghausen, kaiserlicher Generalfeldmarschall, usterreichischer Heerfthrer im Polnischen Erbfolgekrieg, im Ttrkenkrieg von 1736 bis 1739 und im sterreichischen Erbfolgekrieg von 1740 bis 1748. Im Jahr 1769 von Kaiser Joseph II. wegen des drohenden Staatsbankrotts des Herzogtums Sachsen-Hildburghausen zum Leiter einer kaiserlichen Debitkommission bestellt, bemthte er sich, die Finanzverh|ltnisse des tberschuldeten Herzogtums zu ordnen, und tbernahm 1780 nach der Entmtndigung des regierenden Herzogs Friedrich III. die Regentschaft. – Das Zusammentreffen mit Joseph Friedrich in Ilmenau am 3. September 1777 (vgl. GT I 1, 47) fthrte zu einer nderung der Reiseroute von Ilmenau nach Eisenach: Statt in westlicher Richtung tber Schmalkalden wurde der ktrzere Weg nordwestlich tber Burg, Arlsberg, Dsrberg, Franckenhahn, Waizenhaus, Grwfenhan Æ:::æ Neuendorf, Georgenthal Æ:::æ auf Fridrichrode, Æ:::æ Winterstein, Ruhl, Wilhelmsthal (GT I 1, 47) genommen; diese Strecke betr|gt etwa 63 km, die tber Schmalkalden etwa 80 km. 161,14 Schmalkalden] Stadt im Stdwesten Thtringens, seit 1584 mit der gleichnamigen Herrschaft als Exklave Teil der Landgrafschaft Hessen-Kassel. 161,15 Georgenthal] Ort im Herzogtum Sachsen-Gotha und Altenburg, etwa 15 km stdlich von Gotha am Nordhang des Thtringer Waldes gelegen, Sitz eines gothaischen Amtes. 161,15 Ruhl] Ruhla, Ort im westlichen Thtringer Wald mit etwa 3000 Einwohnern, 14 km stdustlich von Eisenach, seit Mitte des 18. Jahrhunderts Badeort. 161,15 G. AR. Schnaus] Geheimer Assistenzrat Christian Friedrich Schnauß, Kollege Goethes im Geheimen Consilium (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 537). 286. An Charlotte von Stein
Eisenach, 6. ÆSeptember 1777æ ! ÆKochbergæ
DAT I E RU N G
Jahr und Monat wurden nach dem Inhalt des Briefes und der bereinstimmung mit Goethes Tagebucheintr|gen vom 4. und 6. September 1777 (vgl. zu 161,19–20; zu 161,20–164,1) sowie aufgrund der Parallelen zum datierten Brief vom 29. und 31. August 1777 (Nr 284) erg|nzt (vgl. zu 164,2–4). Auch im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief unmittelbar nach Nr 284 eingeordnet (vgl. berlieferung). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 57. – Doppelblatt: 1. Bl. 17,3(–17,6)620,2(–20,4) cm; 2. Bl. 6,4(–13,8)69,8(–17,8) cm (obere
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rechte Ecke und unterer Teil ausgerissen, Seitenrand beschnitten), 2 S. (S. 1–2) beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; S. 4 Adresse: An Frau von Stein / nach / Kochberg., rotes Gemmensiegel: Hebe (vgl. Femmel/Heres, 11); S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „44a“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 46), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Faksimile (S. 1): Abb. 12 im Textband (S. 163). E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 112–114. WA IV 3 (1888), 171–173, Nr 629. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins von Anfang September 1777 (vgl. die zweite Erl|uterung zu 161,19; zu 161,20). – Der Antwortbrief vom 11. September 1777 (vgl. 167,27) ist nicht tberliefert. 161,19 Gold] Vgl. zu 25,19. 161,19 Boten] Aus Kochberg; wie der Kontext nahelegt (vgl. 164,9–10), tberbrachte er wahrscheinlich auch einen Brief Charlotte von Steins. 161,19–20 den vierten von Ilmenau frsh weg] Goethe hielt sich seit dem 28. August in Ilmenau auf, wo er mit Carl August und dessen Reisegesellschaft zusammengetroffen war (vgl. zu 159,24) und wo am 3. September der 20. Geburtstag des Herzogs gefeiert wurde. Laut Tagebuch brach die Gesellschaft d. 4 frsh 4 (GT I 1, 47) auf und ritt tber Gr|fenhain, Georgenthal und Ruhla zum etwa 63 km entfernten Jagdschloss Wilhelmsthal stdlich von Eisenach, wo sie am 4. September tbernachtete und den n|chsten Tag verbrachte (vgl. ebd.). 161,20 das Packet] Das mit dem Kochberger Boten geschickt worden war; N|heres nicht ermittelt. 161,20–164,1 Eisenach am 6ten] Die herzogliche Gesellschaft ging am 5. September in Wilhelmsthal auf die Jagd und ritt erst am folgenden Tag gegen zehn nach Eisenach (GT I 1, 47; vgl. zu 160,16–17). – Zu Eisenach vgl. zu 31,14. 164,1–2 Monster von dickem Backen] Am 5. September nahm Goethe nicht an der Jagd teil, sondern vermerkt im Tagebuch: am dicken Backen gepflegt (GT I 1, 47). 164,2 Constitution] Hier ftr ,Kurperbau‘, ,kurperlicher Gesamtzustand‘ (vgl. GWb 5, 596). 164,2–4 In Stszzer bach Æ:::æ bis Nacht eins.] Vgl. zu 160,25. 164,4 Ansaz] Ansatz: eine Schwellung durch Infektion (vgl. GWb 1, 564). 164,7 Misels] Junge M|dchen (vgl. zu 22,10). 164,9–10 Ja lieb Gold Æ:::æ mit dem Abseyn wwchst.] Wahrscheinlich mit Bezug auf den nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins. 164,10 die Idee lieben] Vgl. zu 58,5–6. 164,12 Zeichnungen] Vom Aufenthalt auf der Wartburg in Eisenach, wo
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Goethe seit dem 13. September sein Quartier hatte (vgl. die zweite Erl|uterung zu 166,8), haben sich mehrere Zeichnungen erhalten, von denen einige wahrscheinlich mit dem Brief vom 13. bis 17. September an Charlotte von Stein geschickt worden sind (vgl. zu 167,17). 164,13 meine Haare] Der Freundin etwas so Persunliches wie die eigenen Haare zu schicken, scheint Goethe h|ufiger erwogen zu haben (vgl. 188,11–12). Ob er diese kurz danach wiederholte Anktndigung wahr machte, konnte nicht ermittelt werden. – Zur Bedeutung der Briefbeilagen ftr Charlotte von Stein vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 18. 164,13–14 Gott versteht mich] Eine der wiederkehrenden Redewendungen Sancho Pansas in Cervantes’ „Don Quijote“. Dass Goethe Sanchos Sprschwtrter gel|ufig waren, belegt die Erw|hnung in einem Brief an Charlotte von Stein, der allerdings erst aus dem Jahr 1780 stammt (WA IV 4, 292, 2 f.). Goethe kunnte den Roman in der bersetzung von Friedrich Justin Bertuch gelesen haben (6 Bde. Weimar 1775–1777), nachweisbar in der Bibliothek Johann Caspar Goethes (vgl. Gutting, 56). Als Quelle ftr das Cervantes-Zitat kommt auch Wielands „Geschichte des Agathon“ (1766/67) in Frage (vgl. GB 2 II, zu 106,9–10). 164,14 zu hause bleiben] Vgl. 165,12–13. 164,15 schiesen] Auf der Jagd in Wilhelmsthal, wohin sich die herzogliche Gesellschaft in den n|chsten Tagen begab (vgl. 165,13–14). 164,17 Grssen Sie Petern] Goethes Schttzling Peter im Baumgarten (vgl. zu 160,1). 164,17 Kwstnern] Johann Friedrich K|stner, Hauslehrer der Familie von Stein, der auch Peter im Baumgarten beaufsichtigte. 164,18 abzubrechen] Abbrechen: hier im Sinn von ,jemanden etwas entziehen‘ (vgl. GWb 1, 14). 164,18–19 den Toback Æ:::æ fsr ein Spezificum] Wie auch sp|tere Briefe an Goethe belegen, |nderte sich nichts an den Gewohnheiten Peter im Baumgartens, der „ohne toback nicht leben kunnte ppp.“ ( Johann Friedrich Krafft an Goethe, 28. Oktober 1779; teilweise mitgeteilt in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 281.) – ,Spezifikum‘ hier im Sinn von ,Eigenheit‘, ,Eigenart‘. 164,21 Das Haus hier] Das Stadtschloss war von 1742 bis 1748 w|hrend der Regentschaft Ernst Augusts I. von Sachsen-Weimar und Eisenach als „Ftrstenhof“ anstelle ehemaliger Btrgerh|user am Eisenacher Marktplatz errichtet worden. 164,21 hinten hinaus] Die Stdfassade weist auf den Eisenacher Marktplatz; Goethes Unterkunft lag demnach wahrscheinlich im Nordfltgel, wo sich auch die herzoglichen Festr|ume befanden. 164,22–23 in dem Zimmer wo Sie wohnten] Charlotte von Stein war zwar 1742 in Eisenach geboren worden, wo ihr Vater als Reisemarschall in herzoglichen Diensten stand. Die Familie zog aber schon 1743 nach Weimar; das Stadtschloss
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in Eisenach befand sich damals noch im Bau. Goethe spielt hier also offenbar auf einen der sp|teren Besuche Charlottes in Eisenach an. 164,24 Wirthschafft] Hier in Anspielung auf den pejorativen Nebensinn des Wortes: verworrene, schlechte Handhabung, rger (vgl. Adelung 4, 1577). 164,26 Futteral zum Souwenir] Muglicherweise ein Beh|ltnis ftr ein Geschenk Charlotte von Steins oder ftr die erw|hnten Zeichnungen Goethes (vgl. 164,12). 164,27 blaue Farbe] Von gleicher Farbe wie der in den Briefen h|ufiger erw|hnte Mantel (vgl. zu 116,23). 164,27–28 Ihr gestsmpert Bild] Das Portr|t Charlotte von Steins, mit dessen Ausfthrung Goethe unzufrieden war (vgl. die erste Erl|uterung zu 135,10). 164,29 die Kinder] Die drei Steinschen Suhne und Peter im Baumgarten. 164,29 ein weiter Weeg zwischen uns] In Anspielung auf die gewachsene r|umliche Distanz zu Charlotte von Stein; w|hrend zwischen Kochberg und Ilmenau etwa 40 km liegen (vgl. zu 160,11), betr|gt die Entfernung zwischen Kochberg und Eisenach etwa 95 km. 287. An Jacob Friedrich von Fritsch ÆEisenach, 12. September 1777?æ ! ÆEisenachæ DAT I ERU N G
Dass Goethe Fritsch die Mitteilung macht, der Herzog werde morgen (165,1) an einer Sitzung des Consiliums teilnehmen, kunnte darauf hindeuten, dass es sich nicht um eine gewuhnliche, in Weimar stattfindende Sitzung handelte und die Teilnahme Carl Augusts nicht selbstverst|ndlich war. Dies tr|fe auf die Consiliumssitzungen vom September 1777 in Eisenach und Wilhelmsthal zu, deren erste am 13. September 1777 unter Beteiligung Fritschs in Eisenach abgehalten wurde (vgl. Willy Flach: Goetheforschung und Verwaltungsgeschichte. Goethe im Geheimen Consilium 1776–1786. Weimar 1952, S. 75). Am Tag zuvor befand sich der Herzog, wie aus Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 12. September 1777 (Nr 288) hervorgeht, noch auf der Jagd (vgl. 165,13–14). Demnach w|re der vorliegende Brief ebenfalls am 12. September 1777 geschrieben worden. Eine andere Datierung mit Bezug auf eine andere Session (165,1) ist jedoch nicht auszuschließen. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 8. – 1 Bl. 1768(–8,3) cm, 1 S. (5 Zeilen) beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18). E: WA IV 3 (1888), 173, Nr 630 (Friedrich Strehlke).
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ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 165,1 Session] Sitzung des Geheimen Consiliums (vgl. Datierung). 165,2 dass das Eis wohlbekommen] Dem Kontext nach kunnte von Speiseeis die Rede sein. Dessen Herstellung und Verkauf waren im 18. Jahrhundert durchaus schon bekannt. Besonders an Hufen und in wohlhabenden H|usern wurde Eis verzehrt. Zur Herstellung dienten u. a. so genannte Eisgruben oder Eiskeller (vgl. Krtnitz 10, 508–516). Schloss Belevedere in Weimar besaß einen solchen Eiskeller, dessen Anlage heute noch zu sehen ist. 165,2–3 die collegialische Unvorsichtigkeit] Muglicherweise hatten Fritsch und andere Amtskollegen Eis verzehrt, was gesundheitlich nicht unbedenklich erschien. Goethe erz|hlt im 3. Buch von „Dichtung und Wahrheit“ von seiner Mutter, dass sie ihn und andere Kinder htchlich betrsbte, indem sie das Gefrorene, das man uns von der Tafel sendete, weggoß, weil es ihr unmtglich vorkam, daß der Magen ein wahrhaftes Eis, wenn es auch noch so durchzuckert sey, vertragen ktnne. (AA DuW 1, 76.) 288. An Charlotte von Stein
Eisenach, 12. September Æ1777æ ! Kochberg
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) wurde der vorliegende Brief in den September 1778 eingeordnet, als sich Goethe gleichfalls in Eisenach aufhielt. Der Brief stammt jedoch vom 12. September 1777, wie die inhaltlichen Parallelen zum Tagebuch und zu Brief Nr 286 vom 6. September 1777 belegen (vgl. u. a. zu 165,10–11; zu 165,11). Auf diesen Tag wird er seit dem Erstdruck auch in den Ausgaben der Briefe Goethes an Charlotte von Stein datiert. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 96. – Doppelblatt 19,4627,7 cm, 1 S. (S. 1) beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Frau Oberstallmeister / von Stein / nach / Kochberg., rotes Initialsiegel: „G“; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „50“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 51), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 114 f. WA IV 3 (1888), 173–175, Nr 631 (Textkorrektur in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50, 214). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
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165,5 dass Sie weit Æ:::æ von mir weg sind] In Kochberg; mit der Klage tber die große Entfernung zwischen Goethe und Charlotte von Stein endete schon der vorhergehende Brief (vgl. zu 164,29). 165,7–8 so lang nicht geschrieben] Der letzte tberlieferte Brief stammt vom 6. September 1777 (Nr 286). 165,8 ein Knttgen gewonnen] Vgl. 164,4–6. 165,8 eiem] Versehentlich ftr ,einem‘. 165,9 schon in Stszzerbach] Vgl. 164,2–4; zu 160,25. 165,9 parforce] Von franz. par force: mit Gewalt. – Der Kontext verweist auf die J|gersprache: Parforce-Jagden, Renn- oder Hetzjagden, waren im 18. Jahrhundert die vom Adel bevorzugte Form der Jagd. 165,10–11 tanzt ich wie toll eine ganze Nacht] Am 8. September hatte Goethe nach der Audienz der Landst|nde im Eisenacher Schloss getanzt von 6 bis Morgends 3 (GT I 1, 47). 165,11 24 Stunden Geschwullst und Grose Schmerzen] Vgl. dazu die Tagebucheintr|ge vom 9.–11. September 1777: 9. Æ:::æ Zahn und Backenweh ward wieder schlimmer. Schlief fast nicht Die Ganze Nacht. 10. Grose Schmerzen. Æ:::æ Abends Schmerzen bis 10 Uhr. leidlich geschlummert dann gut geschlaffen biss d. 11. 9 Uhr. (GT I 1, 47 f.) 165,12–13 muss zu hause sizzen] Laut Tagebuch war Goethe am 12. September Frsh allein (GT I 1, 48). 165,13 in Eisenach] Vgl. zu 161,20–164,1. 165,13 in dem weitschichtigen Schltssgen] Vgl. die erste Erl|uterung zu 164,21. 165,13 alles] Der Herzog und seine Begleitung. 165,14 in Wilhelmsth. und auf Jagden] In Wilhelmsthal stdlich von Eisenach, wo sich ein herzogliches Jagdschloss befand. 165,16 Montag soll Vogelschiesen seyn] Am Montag, dem 15. September, fand laut Tagebuch in Eisenach Vogelschiesen (GT I 1, 48), ein volksttmliches Schttzenfest, statt, an dem offenbar auch der Herzog teilnahm. 165,19 Die Wizleben hat glscklich einen Sohn.] Christine von Witzleben, die Frau des herzoglichen Kammerherrn und Eisenacher Oberforstmeisters Carl Friedrich von Witzleben, hatte am 12. September 1777 in Eisenach einen Sohn, Carl Friedrich Ferdinand, geboren. 165,21–22 eine komische Oper die Empfindsamen] Das hier erstmals erw|hnte Sttck „Die Empfindsamen“ wurde mit der Musik Sigmund von Seckendorffs am 30. Januar 1778 anl|sslich des 21. Geburtstages der Herzogin Louise vom Liebhabertheater uraufgefthrt. Neben Corona Schruter als Mandandane und Proserpina trat Goethe in der Rolle des Andrason auf (vgl. Sichardt, 147 f.). Es erschien zuerst 1787 in ver|nderter Fassung unter dem Titel „Der Triumph der Empfindsamkeit“ in Band 4 von „Goethe’s Schriften“ (vgl. WA I 17, 1–73;
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vollst|ndiger in: FA/Goethe I 5, 69–123; 971–978). – Im Tagebuch vom 12. September notiert Goethe: Frsh allein. Dicktirt am Radekiki. (GT I 1, 48.) Von der frthen Fassung der „Empfindsamen“ haben sich einige Verse erhalten, die wahrscheinlich Teil eines Prologs waren (vgl. WA I 4, 164). Radekiki oder Radegiki war der ursprtngliche Name des Prinzen Oronaro der sp|teren Fassung. 165,22 Seckend.] Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff. 165,23 Philippen] Philipp Seidel. 165,26 wunderbaare] Wunderbar: hier wahrscheinlich ftr ,seltsam‘ (vgl. Grimm 4, 1622). 165,26 Operationen] Noch in der |lteren Bedeutung von lat. operatio: Verrichtung; hier mit Bezug auf den schnellen Wechsel der Gegenst|nde, mit denen sich Goethe gedanklich befasste. 166,3 Manne von unsrer Landschafft] Wilhelm Carl Appelius, Landschaftssyndikus in Eisenach, der laut Tagebuch am Abend des 12. September bei Goethe zu Besuch war (vgl. GT I 1, 48).
289. An Charlotte von Stein Wartburg Æbei Eisenachæ, 13.–16. September 1777 ! ÆKochbergæ DAT I E RU N G
Nach den Datumsangaben im Brief (vgl. 166,8; 167,10; 168,3; 168,13) wurde dieser vom 13. bis 16. September geschrieben, wobei die Korrektur zu Beginn (vgl. Var. zu 166,8) muglicherweise von Charlotte von Stein stammt. Seit dem Erstdruck wurde der Brief mit der Datierung 13. bis 16. September 1777 gedruckt. Lediglich die WA nimmt an, dass der Schlussteil, beginnend mit Mir ist gestern (168,18), am 17. September 1777 geschrieben wurde, was weder durch den Inhalt noch von der berlieferung her gestttzt wird. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 58. – Doppelblatt 18,6623 cm, 3 2/3 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „44 b.“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 47), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 115–119. WA IV 3 (1888), 175–179, Nr 632. BEI L AG EN
Muglicherweise Zeichnungen Goethes (vgl. zu 167,17).
SEPTEMBER 1777 ERLUTERUNGEN
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Der Schluss des Briefteils vom 14. September 1777 (vgl. 167,27) beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Charlotte von Steins vom 11. September 1777; der Teil vom 16. September antwortet auf eine nicht n|her bestimmbare Sendung Charlotte von Steins etwa vom 12. September 1777 (vgl. 168,24). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 166,8 Wartburg] Mittelalterliche Burganlage bei Eisenach, als deren Erbauer der Thtringer Graf Ludwig der Springer gilt, der sie um 1067 gegrtndet haben soll. 166,8 Hier wohn ich nun] Laut Tagebuch war Goethe erst an diesem Tag nach Tisch auf die Wartburg gezogen (GT I 1, 48). 166,8–9 singe Psalmen dem Herrn] Mit Bezug auf Herzog Carl August, dem Goethe seinen Umzug zu verdanken hatte, und in Anlehnung an Jakobus 5,13: „Leidet jemand unter euch, der bete: ist jemand gutes muths, der singe psalmen.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 247.) 166,9 aus Schmerzen] Wohl nicht nur metaphorisch gemeint, sondern auch wurtlich mit Bezug auf die Zahnschmerzen, unter denen Goethe seit dem 5. September litt. 166,9–10 in hthe und Herrlichkeit] Anspielung auf die Lage der Wartburg auf einem etwa 400 m hohen Felsplateau stdwestlich der Stadt. Der sprachliche Anklang an die Bibel ist muglicherweise eine Anspielung auf die Geschichte der Wartburg, die 1521/22 der Zufluchtsort Martin Luthers war, der dort das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche tbersetzte. 166,11 den Leuten unten] In der Stadt oder im Schloss; wer im Einzelnen gemeint sein kunnte, l|sst sich nicht kl|ren; erw|hnt werden im vorhergehenden Brief namentlich der Landschaftssyndikus Wilhelm Carl Appelius (vgl. zu 166,3) sowie im Tagebuch vom 14. September Johann Ludwig Freiherr von Mauchenheim gen. Bechtolsheim und die Familie Rath (vgl. zu 167,29). 166,14 in Ihrer tiefe um Ihren Graben] Im Unterschied zur Wartburg liegt Schloss Kochberg nicht erhuht und ist von einem Wassergraben umgeben. 166,15 Wilhelmsthal] Herzogliches Jagdschloss stdlich von Eisenach. 167,11–12 als wenn das Zeichnen mir ein Sauglwppgen wwre] Analog dazu vermerkt Goethe am 14. September im Tagebuch: Gezeichnet, in mir gelebt. (GT I 1, 48.) – ,Saugl|ppchen‘ zeitgenussisch ftr ,Beruhigungssauger‘ (Schnuller). 167,17 fsr Sie gekrabelt auf dem Papiere] Am 29. September 1777 schrieb Wieland an Merck: „Unser G u t h e ist noch immer in der Wartburg und zeichnet aus seinen Fenstern – d e n M u n c h u n d d i e N o n n e .“ (WB 5, 661.) Die beiden Kohlezeichnungen „Wartburg mit Munch und Nonne“ (Felsgruppe) und „Munch und Nonne“ waren 1861 im Besitz einer Nachfahrin Charlotte von Steins, kunnten also dem Brief beigelegen haben oder der Freundin sp|ter in Weimar geschenkt worden sein (vgl. Corpus I, 71 f., Nr 180 und 181). Auf der
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BRIEF 290
Wartburg entstanden im September 1777 außerdem noch weitere Zeichnungen Goethes, deren Provenienz allerdings nicht auf den Nachlass Charlotte von Steins verweist (vgl. Corpus I, 71, Nr 179; 72 f., Nr 182–184). 167,27 Ihr Briefgen vom. 11ten] Aus Kochberg; nicht tberliefert. 167,29 Nachts halb 12. Æ:::æ aus der Stadt herauf.] Laut Tagebuch vom 14. September war Goethe Abends hinunter zu Rathens, zu Becht. ÆBechtolsheimæ gegangen und Nachts halb 12 im hohen Mondschein oben angelangt. (GT I 1, 48.) – Mit der Familie des Eisenacher Vizekanzlers Johann Ludwig von Mauchenheim gen. von Bechtolsheim war Goethe schon seit Anfang 1776 bekannt (vgl. zu 24,19–20); bei Rathens kunnte es sich um die Familie des 1770 verstorbenen Eisenacher Oberkonsistorialpr|sidenten Emanuel Leberecht von Rath handeln (vgl. GT I 2, 438, zu 48,11). 167,30 den herrlichen Stieg] Der steile und von B|umen ges|umte letzte Teil des Aufstiegs zur Wartburg. 167,32 Wirthschafft] In engerer Bedeutung: Verwaltung der materiellen Gtter und Bedtrfnisse (vgl. Grimm 14 II, 679); hier mit Bezug auf die zwangloseren und einfacheren Formen der ,Wirtschaft‘ auf Reisen. 167,32–33 alles abenteuerliche natsrlich werde] ,Abenteuerlich‘ hier in der Bedeutung ,vom Gewohnten, Allt|glichen abweichend‘; beim jungen Goethe h|ufig in Korrelation zu ,nattrlich‘ gebraucht (vgl. GWb 1, 42), so auch in Brief Nr 309 (vgl. 178,10–12). 168,4–5 Vogelschiesen] An dem volksttmlichen Schttzenfest nahm offenbar auch der Herzog teil (vgl. GT I 1, 48). 168,5–6 ein Bursche Æ:::æ todt] Auch im Tagebuch wird das Ungltck vom 15. September 1777 erw|hnt: Vogelschiesen. Æ:::æ Ward ein Mensch erschossen. (GT I 1, 48.) 168,9 Morgen Æ:::æ Misels heraufgebeten.] Am 16. September vermerkte Goethe im Tagebuch: Die Gesellschafft der Mwdgens auf Wartburg. (GT I 1, 48.) – Zum Wortgebrauch von ,Misel‘ vgl. zu 22,10. 168,10 Charmant] Modewort des 18. Jahrhunderts; sonst in den Briefen an Charlotte von Stein nicht verwendet. – In der Satire „Triumph der Empfindsamkeit“, an deren frther Fassung Goethe damals arbeitete (vgl. zu 165,21–22), l|sst er Merkulo, den Kavalier des empfindsamen Prinzen Oronaro (ursprtnglich Radegiki), auf den Ausruf einer Hofdame antworten: Scharmant! Allerliebst! das ktnnten Sie allenfalls auch von einer Florschsrze, von einem Hwubchen sagen. (WA I 17, 22.) 168,10–11 Eigentlich aber mtgte iede Æ:::æ haben] Vgl. dazu den Dialog Merkulos mit seinem Herrn tber den Charakter der ,wahren Liebe‘: Eine wahre Liebe ist z. E. was Vortreffliches; aber eine wahre Liebe mit einem wohlgespickten Beutel, darsber geht gar nichts. So auch, was den Stand betrifft – (WA I 17, 28).
SEPTEMBER 1777
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168,13 Philip] Wie diese Erw|hnung belegt, begleitete Goethes Diener und Hausgenosse Philipp Seidel seinen Herrn nach Eisenach. Von ihm hat sich ein Brief an Johann Adam Wolf, einen Frankfurter Freund, erhalten, in dem er das Leben auf der Wartburg schildert: Lieber Bruder. Von Eisenach aus habe ich dir geschrieben, aber noch nicht von der Wartenburg. Vorgestern sind wir mit Sak und Pak herauf gezogen, und wohnen nun ganz ordentlich oben. Da ich so gut ein Feldteufel bin als mein Herr, also ists gar keine Frage, ob ich mich hier gut befinde. Ich warte auf einen Brief von dir, schreib doch. Es ist ein herrlich Leben daß ich iezt fthre und wenn ich einmal buse Tage habe, darf ich mirs nicht verdrießen laßen. Alle Sonntag ist tanz hier oben und ich mache immer tapfer mit, so knollig die Figurn sind die da erscheinen. Sie tanzen lauter englisch Æenglischer Tanz, vgl. zu 291,8–9æ, daß mir nicht ansteht, weils eine herkulische Arbeit ist so ein plumpes Ding durch die Reihe zu zerren, besonders da der Herr Vort|nzer die Touren sehr bunt schoisirt Æfranz. choisir: ausw|hlenæ. Wenn ich hier so tber das große Gebirg sehe nach Frankfurt zu, so denke ich eurer alle. Lebt wohl und behaltet mich lieb. Wartenburg den 15 7br. 1777. (H: GSA Weimar, Sign.: 96/2698.) 168,17 werden Sie Freude dran haben] Vgl. Beilagen. 168,18 Diarium] Lat.: Tagebuch; hier mit Bezug auf den vorliegenden Tagebuchbrief. 168,21–22 nicht nicht] Versehentliche Dittographie ftr ,ich nicht‘. 168,24 Gold] Vgl. zu 25,19. 168,24 Ihr Seegen ist eingetroffen] Mit Bezug auf eine nicht tberlieferte Brief- oder Geschenksendung Charlotte von Steins aus Kochberg. 168,26 Mansch] Thtringisch-s|chsische Umgangssprache: Matsch, Schlamm, Dreck; hier im tbertragenen Sinn. 168,27 den kleinen] Carl, Ernst und Friedrich von Stein. 168,27 Petern] Peter im Baumgarten (vgl. zu 159,18). 168,27 Kwstnern] Johann Friedrich K|stner, Hauslehrer der Familie von Stein. 168,27–28 einen Tag Zahnweh] Vgl. zu 164,1–2. 290. An Johann Christian Kestner Wartburg Æbei Eisenachæ, 28. September 1777 ! Hannover BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/264,I,4, Bl. 2–3. – Doppelblatt 19,3623,1 cm, 1 1/2 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse, quer geschr.: Herrn Archiv Sekreta-
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BRIEF 290
rius / Kestner / nach / Hannover / fr Cassel; Streichung von fremder Hd, darunter korrigiert zu: „Franco tout“, rotes Initialsiegel: „G“. E: Goethe und Werther1 (1854), 248 f., Nr 116. WA IV 3 (1888), 179 f., Nr 633. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Kestners (vgl. 169,9). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 30. September 1777 (vgl. GR/RB 1777, 3, Bl. 5v). 169,1 Wartburg] Goethe hielt sich im Gefolge des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach seit dem 6. September 1777 in Eisenach auf (vgl. zu 160,16–17). Seit dem 13. September wohnte er auf der Wartburg (vgl. die Erl|uterungen zu 166,8). 169,3 Zustande des Schweigens] Der tberlieferten Korrespondenz zufolge hatte Goethe zuletzt aus Eisenach einen Brief vom 13. bis 16. September 1777 an Charlotte von Stein (Nr 289) geschrieben. Nach dem vorliegenden Brief ist erst wieder ein Brief vom 10. Oktober aus Weimar an Charlotte von Stein (Nr 291) tberliefert. Grund ftr die langen Pausen zwischen den Briefen kunnten die vielf|ltigen Verpflichtungen in Eisenach gewesen sein (vgl. zu 160,16–17). Goethe befand sich zu dieser Zeit aber auch in einer Krisenstimmung und litt unter Einsamkeit und Entfremdung von seiner Umgebung (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 291; zu 170,3). 169,3 die alten Weisen] Der Kontext legt nahe, dass hier konkret auf „Die sieben weisen Meister“ angespielt wird, einen Erz|hlzyklus orientalischen Ursprungs, in dessen Rahmenhandlung einem zu Unrecht angeklagten Prinzen von seinen sieben weisen Lehrern ein Schweigegebot auferlegt wurde. Die Meister tbernehmen die Verteidigung, indem sie die Unschuld des Prinzen durch Beispielerz|hlungen darzulegen versuchen. Der Erz|hlzyklus war in der frthen Neuzeit sehr popul|r und noch im 18. Jahrhundert bekannt (nach einem freundlichen Hinweis von Yvonne Pietsch). – Nicht ganz auszuschließen ist auch eine Anspielung auf antike Philosophen, z. B. Pythagoras und einen Teil seiner Anh|nger, die ein zurtckgezogenes, weltabgewandtes Leben fthrten und ein Schweigegelubnis befolgten; davon abgeleitet ist das sprichwurtliche ,pythagoreische Schweigen‘. Vgl. auch die Sprtche Salomos 10,19: „Wo viel worte sind, da gehets ohne stnde nicht ab; wer aber seine lippen h|lt, der ist klug.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 534.) 169,5 indess sich viele Leute mit Mwhrgen von mir unterhalten] Anspielung auf die Gertchte, die seit Goethes Ankunft in Weimar kursierten (vgl. zu 5,18 sowie die Erl|uterungen zu den Briefen an Johann Georg Zimmermann vom 6. M|rz 1776 [Nr 57] und an Friedrich Gottlieb Klopstock vom 21. Mai 1776 [Nr 112]). Johann Heinrich Merck, der sich vom 21. bis 28. September in
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Eisenach aufgehalten hatte, schrieb am 3. November 1777 an Friedrich Nicolai: „Die M|hrchen kommen alle von Leuten die ohngef|hr so viel Augen haben zu sehen, wie die Bedienten die hinterm Stuhle stehen, von ihren Herren u. deren Gespr|chen urtheilen kunnen. Dazu mischt sich die scheußliche AnecdotenSucht, unbedeudeutender Æsicæ, negligirter, intriguanter Menschen, oder die Boßheit andrer die noch mehr Vortheil haben, falsch zu sehen. – Ich sage Ihnen aufrichtig der Herzog ist Einer der respektabelsten, u. gescheutesten Menschen die ich je gesehen habe – und tberlegen Sie dabey ein Ftrst, u. ein Mensch von 20 Jahren. Ich d|chte Guthes Gesellschafft, wenn man nicht muthwillig voraus sezen will, er sey ein Schurke, solte doch mit der Zeit auch ein wenig guten Einfluß haben. – Das Getr|tsche, daß er sich nach Goethe bilde, ist so unleidlich unwahr als etwas, denn es ist ihm niemand unausstehlicher als Goethe’s Affen.“ (Merck, Briefwechsel 2, 9 f.) 169,5–6 wie sie sich ehmals von meinen Mwhrgen unterhielten] ,M|rchen‘ hier wahrscheinlich als Synonym ftr Goethes poetische Werke, insbesondere seinen 1774 erschienenen Erstlingsroman „Die Leiden des jungen Werthers“, der ihn schlagartig berthmt gemacht, doch auch zu uffentlichen Kontroversen gefthrt und das Verh|ltnis zu den Kestners zeitweilig stark belastet hatte (vgl. GB 2 II, zu 133,20). 169,9 Einen Rath verlangt ihr!] Kestner, der sich in Hannover beruflich nicht weiterentwickeln konnte, dachte vermutlich zu dieser Zeit tber einen Amts- und Wohnsitzwechsel nach. Sein Amt als Lehnsfiskal brachte es mit sich, dass er viele Reisen, u. a. zweimal im Jahr nach Celle, unternehmen musste und oft von der Familie getrennt war. Muglicherweise spekulierte Kestner auf eine Stelle als juristischer Konsistorialrat in Celle oder als Assessor beim Wetzlarer Reichskammergericht. 169,18 Weltmensch] Hier etwa: „mensch von weltkenntnis, weltklugkeit und weltgewandheit, ,der sich gar wol in die welt schicken kan, und alle griffe weisz, wie man handeln soll‘ Æ:::æ dann auch vereinzelt ,mensch aus dem daseinskreise der groszen welt‘“ (Grimm 14 I 1, 1661). – Wohl in Anspielung auf Goethes Leben in Weimar und seinen Versuch, eine Weltrolle zu spielen (vgl. zu 23,16). 169,21 Lotten] Kestners Ehefrau Charlotte geb. Buff. 169,21 die Kleinen] Die Kestners hatten zu diesem Zeitpunkt drei Suhne, Georg, Wilhelm und Carl (vgl. zu 85,13). Am 28. November 1777 wurde als vierter Sohn August geboren. 169,22 Luthers Pathmos] Auf dem Heimweg vom Wormser Reichstag wurde Luther zu seiner Sicherheit von Soldaten des s|chsischen Kurftrsten Friedrich des Weisen am 4. Mai 1521 auf die Wartburg entfthrt, wo er sich bis zum 1. M|rz 1522 inkognito als Junker Jurg aufhielt und im Herbst 1521 in nur elf Wochen das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche tbersetzte sowie mit der bersetzung des Alten Testaments begann. Luther bezeichnete die Wartburg wiederholt als Patmos oder Insel Patmos (vgl. Luther an Georg Spalatin, 10. Juni
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BRIEF 291
1521; D. Martin Luthers Werke: Kritische Gesamtausgabe. Briefwechsel. 2. Bd. Weimar 1931, S. 355,37 f.). Er spielt dabei auf die legend|re Niederschrift der Apokalypse durch den Apostel Johannes in einer Grotte auf der griechischen Insel Patmos an, wo dieser in der Verbannung lebte (vgl. Offenbarung 1,9). 169,25 Sophien] Charlotte Kestners jtngere Schwester Sophie Caroline Buff, die w|hrend Goethes Aufenthalt in Wetzlar erst 12 Jahre alt gewesen war (vgl. GB 1 I, zu 237,13). 291. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 10. Oktober Æ1777æ ! ÆKochbergæ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) wurde der erste, mit 10 Oktbr. (170,1) datierte Teil des Briefes (170,1–8) ins Jahr 1778 eingeordnet. Aus dem Inhalt und den Parallelen zum Tagebuch (vgl. zu 170,2–3; die erste Erl|uterung zu 170,4) geht jedoch hervor, dass er am 10. Oktober 1777 geschrieben wurde. Seit dem Erstdruck wird der Brief auch mit dieser Datierung gedruckt. Der zweite, auf einem separaten Blatt geschriebene Teil (170,9–11), im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) unter die undatierten Briefe am Ende des Jahrgangs 1778 eingeordnet, wurde nach dem Inhalt ebenfalls auf den 10. Oktober 1777 datiert (vgl. die zweite Erl|uterung zu 170,9). Er wird seit dem Erstdruck auch so datiert, seit dem Druck bei Fielitz aber unter zwei separaten Nummern mitgeteilt (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 95, Nr 182 und 183). Da anzunehmen ist, dass Goethe beide Teile gemeinsam verschickte (vgl. zu 170,2), werden sie in der vorliegenden Ausgabe als ein Brief abgedruckt. Ftr die Zusammengehurigkeit und gemeinsame Versendung der Teile sprechen zudem analoge Faltspuren jeweils an der rechten unteren Ecke des Briefpapiers (vgl. berlieferung). BERLIEFERUNG
1) 1. Briefteil (170,1–8 In meinem Garten Æ:::æ nicht von Ihnen. / G.): H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 99. – 1 Bl. 1968,7(–9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; rechte untere Ecke geknickt (etwa 1,565 cm); oben rechts von fremder Hd, Tinte. „55.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 56), vgl. berlieferung zu Nr 18; E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 120. WA IV 3 (1888), 180, Nr 634. 2) 2. Briefteil (170,9–11 Grssen Sie Æ:::æ Kwstnern. / G.): H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 111. – 1 Bl. 1966,5(–6,7) cm, 3 Zeilen beschr., egh., Tinte; rechte untere Ecke geknickt (etwa 1,565 cm); oben
OKTOBER 1777
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rechts von fremder Hd, Tinte: „80“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 82), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 120. WA IV 3 (1888), 180, Nr 635. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der letzte tberlieferte und sicher zu datierende Brief Goethes an Charlotte von Stein, der dem vorliegenden vorangeht, stammt vom 13. bis 16. September 1777 (Nr 289). Falls die berlieferung der Briefe keine Ltcken aufweist, hat Goethe demnach entgegen seiner Gewohnheit etwa drei Wochen nicht an die Freundin in Kochberg geschrieben. Ein Grund ftr diese vergleichsweise lange Pause kunnten die Abhaltungen in Eisenach gewesen sein, insbesondere der Besuch Mercks vom 21. bis 28. September. Am 27. September notierte Goethe im Tagebuch: Unbehaglichkeit und Aerger. Vermehrt und gereizt durch M. ÆMercksæ Gegenwart. (GT I 1, 48; zum Aufenthalt in Eisenach insgesamt vgl. zu 160,16–17.) Offenbar befand sich Goethe zu dieser Zeit in einer Krisenstimmung, von der auch sein Verh|ltnis zu Charlotte von Stein nicht unberthrt blieb (vgl. zu 170,3). Diese hatte zudem ihren Aufenthalt in Kochberg unterbrochen und war nach Ilmenau gereist, wo sich Herzogin Louise mit ihrem Gefolge vom 20. September bis zum 4. Oktober 1777 aufhielt (vgl. Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach an Charlotte von Stein, 19. August 1777; abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 280). Vom 20. bis 23. September wird Charlotte von Stein unter den G|sten der herzoglichen Tafel aufgefthrt (vgl. FB 1777, S. 193). Auch nach dem vorliegenden Brief vergingen wieder etwa drei Wochen, in denen Goethe wahrscheinlich nicht an die Freundin geschrieben hat (vgl. Nr 293). 170,2 Bote] Mit dem der vorliegende Brief nach Kochberg geschickt wurde, wo sich Charlotte von Stein noch immer aufhielt. 170,2–3 meine Wartburg verlassen] Goethe hatte sich im Gefolge des Herzogs seit dem 6. September in Eisenach aufgehalten und wohnte ab dem 13. September auf der Wartburg (vgl. die Erl|uterungen zu 166,8). 170,3 Weimar mit kindischer Freude wiedergesehn] Nach fast sechswuchiger Abwesenheit war Goethe am 10. Oktober 1777 nach Weimar zurtckgekehrt (vgl. zu 160,16–17). Er hatte zunehmend unter Einsamkeitsgefthlen und Entfremdung von seiner Umgebung gelitten, von der nur die Beziehung zum Herzog ausgenommen war. Seit Anfang Oktober 1777 mehren sich im Tagebuch Bemerkungen wie Tiefes Gefshl des Alleinseyns. (4. Oktober; GT I 1, 49.) Vom 8. Oktober stammt der folgende Eintrag: Æ:::æ die Klufft zwischen mir und denen Menschen allen fiel mir so grass in die Augen, da kein Vehikulum da war. Ich musste fort, denn ich war ihnen auch sichtlich zur Last. Ins
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BRIEF 292
Herzogs Zimmer! konnts nicht dauern, sah den Mond sber dem Schlosse und herauf. Hier Æauf der Wartburgæ nun zum lezten mal, auf der reinen ruhigen Hthe, im Rauschen des Herbst winds. Unten hatt ich heute ein Heimweh nach Weimar nach meinem Garten, das sich hier schon wieder verliert. – Gern kehr ich doch zursck in mein enges Nest, nun bald in Sturm gewickelt, in Schnee verweht. (GT I 1, 50.) 170,4 Heut frsh fsnfe] Im Tagebuch notiert Goethe am 10. Oktober: frsh fsnfe weg. Æ:::æ um halb 12 in Weimar. In Garten. schtnes Wetter. (GT I 1, 50.) 170,4 Lichtenb.] Husaren-Rittmeister Carl Friedrich von Lichtenberg, Adjutant Herzog Carl Augusts. 170,5 Stadth.] Carl Theodor von Dalberg, Kurmainzer Statthalter in Erfurt, hatte Goethe schon kurz zuvor in Eisenach getroffen: 8. ÆOktober.æ Stund inwwrts gewendet wieder auf. Die Ankunft des Stadth. schloss mich auf einige Augenblicke auf (GT I 1, 49 f.). Die Unterbrechung der Rtckreise in Erfurt ftr eine starcke Stunde vermerkt Goethe analog zum vorliegenden Brief auch im Tagebuch (GT I 1, 50). 170,5–6 Morgen kommt der Herzog nach.] Am 11. Oktober traf der „Durch‘. Herzog mit Dero hoher Suite“ wieder in Weimar ein (FB 1777, S. 196). Wie Goethes Tagebucheintrag vom 11. zu entnehmen ist, war Carl August noch im Forst und Jagdschloss Zillbach stdlich von Eisenach geblieben, wo er einen Unfall hatte: Ward die Hand des Herz. den in der Zillbach ein Hund gebissen hatte und die er vernachlwssigt hatte schlimm und verdarb uns wieder vielen Spas, brachte mich aus meiner gehofften wenige-- Tage genossnen Hwuslichkeit. (GT I 1, 50.) 170,6–7 entfremdeter Æ:::æ nur nicht von Ihnen] Doch auch mit Charlotte von Stein war im September/Oktober 1777 Goethes Korrespondenz weniger intensiv als in den Monaten zuvor. 170,9 die kleinen] Carl, Ernst und Friedrich von Stein. 170,9 Petern] Peter im Baumgarten (vgl. zu 159,18). 170,9–10 noch behalten bis ich eingerichtet bin] Es ist anzunehmen, dass Goethes Zugling gemeinsam mit Charlotte von Stein nach Weimar zurtckkehrte; Peter im Baumgarten wird das erste Mal wieder am 23. Oktober im Tagebuch erw|hnt: Mit Petern frsh beschwfftigt. (GT I 1, 51.) Erst am folgenden Tag besuchte Goethe laut Tagebuch Charlotte von Stein (vgl. ebd.). 170,10 Kwstnern] Johann Friedrich K|stner.
OKTOBER 1777
292. An Johann Heinrich Merck
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ÆWeimaræ, 27. Oktober Æ1777æ ! Darmstadt
DAT I ERU N G
In E wird der Brief ohne weitere Begrtndung ins Jahr 1780 gesetzt; die WA folgt dieser Datierung. Das fehlende Jahr 1777 ergibt sich aber eindeutig aus der Erw|hnung der Verletzung Herzog Carl Augusts durch einen Hundebiss. Dazu kam es laut Goethes Tagebuch in der Zeit zwischen dem 11. und 22. Oktober 1777 (vgl. GT I 1, 50 und GT I 2, 441, zu 50,30–31). BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 129. – Doppelblatt 17,2(–17,5)620,6 (–20,9) cm, Btttenrand, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Herrn / Kriegsrath Merck / nach / Darmstadt / franck., rotes Initialsiegel: „G“, durch ffnen in zwei H|lften zerbrochen. E: Merck, Briefe1 (1835), 272 f., Nr 122. WA IV 4 (1889), 324 f., Nr 1031. ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief (vgl. 170,12) ist nicht tberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 29. Oktober 1777 (vgl. GR/RB 1777, 3, Bl. 10v). Johann Heinrich Merck hatte Goethe vom 21. bis 28. September 1777 in Eisenach besucht, wo sich dieser im Gefolge Herzog Carl Augusts aufhielt, um am Ausschusstag der Eisenacher Landst|nde teilzunehmen. Hatte Merck zuvor Goethes Engagement am Weimarer Hof mit Missfallen betrachtet, so |nderte er nach dem Besuch seine Meinung. Am 3. November 1777 schrieb er an Friedrich Nicolai: „Ich hab’ ihn ÆGoetheæ neuerlich auf Wartburg besucht, und wir haben 10 Tage zusammen wie die Kinder gelebt. Mich freuts daß ich von Angesicht gesehen habe, was an seiner Situation ist – das Beste von allem ist der Herzog, den die Esel zu einem schwachen Menschen gebrandmarkt haben, u. der ein eisenfester Charakter ist. Ich wtrde aus Liebe zu ihm eben das thun, was Goethe thut. Æ:::æ Ich sage Ihnen aufrichtig der Herzog ist Einer der respektabelsten, u. gescheutesten Menschen die ich je gesehen habe – und tberlegen Sie dabey ein Ftrst, u. ein Mensch von 20 Jahren.“ (Merck, Briefwechsel 2, 9.) Nach Goethes Tagebuchaufzeichnungen waren die gemeinsamen Tage nicht ohne Dissonanzen geblieben. Unter dem 27. September 1777 heißt es: Hezze sber Tisch. Unbehaglichkeit und Aerger. Vermehrt und gereizt durch M. Gegenwart. (GT I 1, 48.) Dennoch notierte Goethe am Abschiedsmorgen: Frsh 8 mit M. hinab. ich fshlte den Abschied als wir zum Burg thor hinaus traten. (GT I 1, 49.) W|hrend dieses Besuchs hatte Merck vom Herzog den Auftrag erhalten, ihm
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BRIEF 292
Kupferstiche, insbesondere Bl|tter von Rembrandt, zu besorgen. Die erste Lieferung gelangte mit einem Brief Mercks vom 25. Oktober 1777 an Friedrich Justin Bertuch, den Schatullverwalter des Herzogs, nach Weimar: „Ich habe hier die Ehre Ihnen die Rembrands ftr Ihro Durchlaucht den Herrn Herzog zu tbersenden.“ (Merck, Briefwechsel 1, 770.) Goethe vermerkt im Tagebuch unter dem 1. November 1777: kamen die Trauben und die Rembr. von Mercken. (GT I 1, 51.) Es folgten weitere Sendungen mit Briefen an Bertuch vom 3. Januar und vom 4. Februar 1778 (vgl. Merck, Briefwechsel 1, 28 f., 49). Im erstgenannten Brief erw|hnt Merck die Ktnstler Jonas Suyderhoff und Cornelis Visscher (vgl. zu 189,15) sowie das Bild „Joueurs de Vielle“ von Adriaen van Ostade (vgl. die erste Erl|uterung zu 189,18), von denen auch in seinem Beitrag „Aus einem Schreiben an den H. tber die Frage: wie eine Kupferstichsammlung anzulegen sey?“ im Mai-Heft des „Teutschen Merkur“ von 1778 (S. 170–175) die Rede ist. Vermutlich haben also die nach Weimar gesandten Bl|tter Merck zu seinem Aufsatz veranlasst. Am 18. M|rz 1778 bedankte sich Goethe ftr eine neuerliche Lieferung (vgl. zu 199,5). Neben Rembrandt war Dtrer einer der Schwerpunkte von Mercks Sammlert|tigkeit ftr Herzog Carl August. Auch ftr dessen Mutter, Herzogin Anna Amalia, kaufte Merck Graphik ein. (ber Mercks Dienste als Vermittler von Kunstwerken ftr Herzog Carl August vgl. Grave, 58–64; Markus Bertsch: Merck und die Anf|nge der Graphiksammlung von Herzog Carl August. In: R|ume der Kunst. Blicke auf Goethes Sammlungen. Hrsg. von Markus Bertsch und Johannes Grave. Guttingen 2005, S. 47–75; Ulrike Leuschner: Die Korrespondenzen des Johann Heinrich Merck. In: Merck, Briefwechsel 5, 76 f.) 170,12 Gemwhlden] Die im Folgenden erw|hnten Nummern entstammen offenbar Auktions- oder Lagerkatalogen. Ein Katalog aus dem Jahr 1777, der alle ftnf Gem|lde enth|lt, konnte nicht ermittelt werden. Muglicherweise handelte es sich um eine Auktion, zu der kein Katalog tberliefert ist, wie etwa die Versteigerung der Kunstsammlung von Peter Pasquay im Jahr 1777 in Frankfurt (vgl. zu 173,12). – Vgl. im brigen die Hinweise zu den im vorliegenden Brief angegebenen Einzelnummern in den folgenden Erl|uterungen. 170,14 Jakob Steen] Jan Steen, niederl|ndischer Maler des 17. Jahrhunderts, der die l|ngste Zeit seines Lebens in Leiden gelebt hat, wo er einige Jahre auch als Brauer und Schankwirt t|tig war. Als Schupfer zahlreicher, oft humoristisch-satirischer Szenen aus dem b|uerlichen und btrgerlichen Alltagsleben gilt er als „Maler und Erz|hler“ zugleich (so der Titel der Ausstellung der National Gallery of Art, Washington, und des Rijksmuseums Amsterdam 1996/97; vgl. den Katalog gleichen Titels, hrsg. von Guido M. C. Jansen, Stuttgart, Ztrich, Amsterdam, Washington 1996). – In den Weimarer Kunstsammlungen befindet sich ein Gem|lde von unbekannter Hand: „Bauernfamilie. Wahrscheinlich Copie nach Jan Steen“ (Inv.-Nr G 790). Wann das Bild erworben wurde, ist nicht bekannt (vgl. Goethes „Bildergalerie“, 126, Nr 35).
OKTOBER 1777
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170,15 Roos] Johann Heinrich Roos, deutscher Maler des 17. Jahrhunderts, in der Pfalz geboren, in Amsterdam aufgewachsen, lebte seit 1659 in Heidelberg, seit 1667 in Frankfurt. Er war ebenso wie seine Suhne Philipp Peter und Johann Melchior Tiermaler. Goethes Jugendfreund, der Kunsthistoriker Heinrich Sebastian Htsgen, nannte ihn den „Rafael aller Viehmaler“ (Verr|therische Briefe von Historie und Kunst. Frankfurt a. M. 1776, S. 45, Anm.). In seinem Brief an Merck vom 11. Oktober 1780 schrieb Goethe tber eine von ihm erworbene Zeichnung (vgl. Schuchardt 1, 282, Nr 514; Abb. in: Grave, 575, Nr 6): Drei Schafgruppen auf einem halben Foliobogen, Studium von Heinrich Roos ganz vortrefflich. Es sind keine natsrliche Schafe, sondern es ist, als wenn ein Gott, nachdem er sie gemacht hat, zu ihnen sagte: sie sind gut, und an der Ruhe, an der thierischen Zufriedenheit, die er in sie gelegt, sich selbst ergttzte. (WA IV 4, 309.) In Trient berichtete Goethe im Reise-Tagebuch ftr Charlotte von Stein unter dem 11. September 1786 von treflichen Ochsen und beladnen Eselgen und merkte dazu an: alles macht einen immer lebenden und sich bewegenden H e i n r i c h R o o s . (GT I 1, 191.) Noch 1824 zeigte sich Goethe im Gespr|ch mit Johann Peter Eckermann fasziniert von Johann Roos; am 26. Februar soll er gesagt haben: „Mir wird immer bange Æ:::æ, wenn ich diese Thiere ansehe. Das Beschr|nkte, Dumpfe, Tr|umende, G|hnende ihres Zustandes zieht mich in das Mitgefthl desselben hinein; man ftrchtet zum Thier zu werden, und muchte fast glauben, der Ktnstler sey selber eins gewesen.“ (Eckermann, Gespr|che 1, 125.) – Zur herzoglichen Kunstsammlung gehurte ein inzwischen verschollenes Gem|lde „Landschaft, mit einer gelb und weiß gefleckten Kuh und Ziegenbock staffirt“, das entweder von Johann Heinrich Roos selbst stammt oder eine Kopie nach einem seiner Gem|lde ist (vgl. Goethes „Bildergalerie“, 219, Nr 137). 170,16 Mompre] Joos ( Jodocus) de Momper, fl|mischer Landschaftsmaler und Radierer des 16./17. Jahrhunderts in Antwerpen. Im schon zitierten Brief vom 11. Oktober 1780, in dem von Johann Heinrich Roos die Rede ist, bedankt sich Goethe bei Merck ftr die Lieferung eines Kupferstiches: Der Momper ist trefflich; ich hab mir ihn angemaßt. Sieh, daß du mir so was in Cassel eroberst. (WA IV 4, 313.) Offenbar handelte es sich um das eigentlich ftr Herzog Carl August bestimmte Blatt, das laut Mercks Rechnung vom 18. September 1780 den Titel „un Dessein fini“ tr|gt (Merck, Briefwechsel 2, 486). – In den Weimarer Kunstsammlungen befindet sich Mompers Gem|lde „Htgellandschaft mit Volk und Richtst|tte“ (Inv.-Nr G 821). Wann es in die Sammlung kam, ist nicht gekl|rt. 170,17 St Vree] Muglicherweise ist Nicolaes de Vree, niederl|ndischer Maler von l|ndlichen Szenen und mythologischen Darstellungen, gemeint oder A. de Vree, dessen Identit|t nicht gekl|rt werden konnte. Gem|lde des Letzteren wurden bei einer Auktion angeboten, die der Kunsth|ndler Michael Kaller im Jahr 1764 in Frankfurt veranstaltete. K|ufer von zwei Bildern – einer Landschaft mit ba-
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BRIEFE 293/294
denden Nymphen und eines weiteren mit |hnlicher Motivik – war damals der Frankfurter Arzt und Sammler Peter Pasquay (vgl. Thomas Ketelsen/Tilmann von Stockhausen: Verzeichnis der verkauften Gem|lde im deutschsprachigen Raum vor 1800. Mtnchen 2002. Bd 3, S. 1780 f.). ber ihn vgl. weiter zu 170,12; zu 173,12. 170,19 Quart] Ein Viertel, 25 Prozent. 170,21 Wegen der Kupfer Æ:::æ geschrieben.] Der Brief ist nicht tberliefert (vgl. EB 161). In seinen Briefen vom 11. Januar und vom 18. M|rz 1778 (Nr 320 und 336) bedankt sich Goethe ftr die bersendung von Kupferstichen (vgl. 189,15; 199,5). 171,1–2 Der Herzog hat eine btse hand Æ:::æ gebracht.] Goethe vermerkte in einem Tagebucheintrag, der sich auf den Zeitraum vom 11. bis 22. Oktober 1777 bezieht: Ward die Hand des Herz. den in der Zillbach ein Hund gebissen hatte und die er vernachlwssigt hatte schlimm und verdarb uns wieder vielen Spas (GT I 1, 50). Der Vorfall hatte sich w|hrend des zurtckliegenden Aufenthalts im Thtringer Wald in Zillbach ereignet, einem Jagdschloss und Forstrevier stdlich von Eisenach, westlich von Oberhof. 171,4 einiges Geld] Merck verschaffte Goethe wiederholt Kredite (vgl. zu 15,25–26; zu 17,23–24; zu 23,10; zu 41,12). In den folgenden tberlieferten Briefen ist von Geldgesch|ften nicht mehr die Rede. Unter dem 31. Dezember 1777 verzeichnet Goethe in seinem Tagebuch: Geld von Merck. (GT I 1, 55.) 171,4–5 negotiirtest] ,Negotiieren‘ eigentlich ,unter Kaufleuten handeln‘, ,Gesch|fte machen‘ (von franz. ngocier: verhandeln); hier: verschaffen. 293. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 29. Oktober 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 60. – 1 Bl. 8,265,7 cm, Pappk|rtchen, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. colorierte franzusische Spielkarte (Karo Bube): Rtckenansicht einer m|nnlichen Figur in Rtstung mit Hellebarde in der rechten Hand, Kopf nach rechts gewendet, darunter: „HECTOR“ (vgl. Digitalisat; GB Rep); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „47.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 50), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 120 f. WA IV 3 (1888), 181, Nr 636. BEI L AG EN
Grußkarten (vgl. die erste Erl|uterung zu 171,11).
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ERLUTERUNGEN
Der Brief bezieht sich auf eine Sendung Charlotte von Steins, der ein Begleitbillett beigelegen haben kunnte (vgl. 171,9–10). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Der vorliegende Brief ist der erste tberlieferte und datierte Brief nach Charlotte von Steins Rtckkehr aus Kochberg, die wahrscheinlich am 23. Oktober 1777 erfolgte (vgl. zu 170,9–10). Schon im September war in der Korrespondenz eine ungewuhnlich lange Pause eingetreten, zumindest legen dies die tberlieferten und sicher zu datierenden Briefe nahe (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 291). 171,8 den ganzen Tag geplagt] Im Tagebuch findet sich unter dem 29. Oktober 1777 kein Eintrag; am 28. hatte Goethe an der Sitzung des Geheimen Consiliums teilgenommen; Besuche bei Charlotte von Stein sind am 24., 26. und 30. vermerkt (vgl. GT I 1, 51). 171,9–10 alles sberschickte] Nicht ermittelt; gemeint sein kunnten Lebensmittel, aber auch Manuskripte oder Btcher. 171,10 Misels] Junge M|dchen (vgl. zu 22,10); muglicherweise die Schwestern Sophie und Caroline von Ilten (vgl. zu 59,16), die im Frthjahr 1777 in Goethes Tagebuch h|ufig zusammen mit Charlotte von Stein erw|hnt werden, so am 21., 22. und 23. Mai (vgl. GT I 1, 42); unter dem 2. Juni findet sich im Tagebuch der Eintrag die Misels (ebd.), womit offenbar ebenfalls die Schwestern von Ilten gemeint sind. 171,11 Weise Karten] Hier wahrscheinlich unbedruckte oder einseitig bedruckte K|rtchen in der Art wie die Karte, auf die der vorliegende Brief geschrieben wurde (vgl. berlieferung). 171,11 Heut Abend lang] Im Sinne von ,den ganzen Abend lang‘. 171,12 griechische Worte] Was Goethe schrieb, ist nicht zu kl|ren (zu Goethes Griechisch-Studium vgl. zu 29,12). 294. An Charlotte von Stein DAT I ERU N G
ÆWeimar, 30. Oktober 1777æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief nach dem vom 2. August 1776 (Nr 147) eingeordnet. Aus den inhaltlichen Parallelen zum Tagebuch geht hervor, dass er am 30. Oktober 1777 geschrieben wurde (vgl. die zweite Erl|uterung zu 171,19; die erste Erl|uterung zu 171,21). So wird der Brief seit der Ausgabe von Fielitz auch datiert. Lediglich Schull hatte ihn im Erstdruck ohne Begrtndung in die zweite H|lfte des April 1776 gesetzt.
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BRIEF 295
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 27. – 1 Bl. 2169,8(–10) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels oder Reste einer roten Verschlussoblate; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „68“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 69), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 27. WA IV 3 (1888), 181, Nr 637. BEI L AG E
Zeichnung (vgl. zu 171,16). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 171,16 Krizzeley] Nicht ermittelt. 171,18–19 Geheimnissvolle Ruhe um Wielands Ehbett] Wahrscheinlich in Anspielung auf den Kinderreichtum Wielands, dem am 27. Oktober wieder ein Sohn geboren worden war, wozu Goethe im Tagebuch festhielt: Wiel. dessen neuen Buben gesehn. (GT I 1, 51.) 171,19 Gold] Vgl. zu 25,19. 171,19 ich hab heute eingenommen] Analog dazu vermerkte Goethe am 30. Oktober im Tagebuch ebenfalls ohne weiteren Kommentar: Eingenommen (GT I 1, 51). Muglicherweise noch im Zusammenhang mit der Geschwulst am Zahnfleisch (vgl. 164,1–2), wortber Goethe zuletzt am 8. Oktober geklagt hatte (vgl. GT I 1, 50). 171,19–20 die Teufel Æ:::æ auszutreiben] In Anspielung auf die neutestamentarische Teufelsaustreibung (vgl. u. a. Matth|us 7,22; 9,34; 10,8). – Hier wahrscheinlich mit Bezug auf die Schwierigkeiten, die Krisenstimmung zu tberwinden, in der sich Goethe seit seinem Aufenthalt in Eisenach befand (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 291). 171,21 Butst.] Buttst|dt, Stadt im Herzogtum Sachsen-Weimar, etwa 20 km nurdlich von Weimar gelegen; im Tagebuch vermerkte Goethe am 31. Oktober 1777: Auf den Buttstwdter Jahrmarckt gefahren. (GT I 1, 51.) – In Buttst|dt, bekannt als Stadt der Vieh-, insbesondere der Pferdem|rkte, fanden j|hrlich vier Jahrm|rkte statt, drei zu festen Terminen, zu Johannis (24. Juni), Michaelis (29. September) und Allerheiligen (1. November), sowie ein vierter freier Markt, wozu die Stadt Ende des 17. Jahrhunderts das Privileg als Ausgleich ftr einen verheerenden Brand erhalten hatte. 171,21 sehe Sie vielleicht] Laut Tagebuch vom 31. Oktober ging Goethe nach der Rtckkehr aus Buttst|dt Abends zu * ÆCharlotte von Steinæ. (GT I 1, 51.)
OKTOBER 1777
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295. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach? ÆWeimar, 30. Oktober 1777?æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Die Datierung beruht auf Vermutungen, die sich auf den Inhalt des Briefs und die Beztge zum Tagebuch vom 30. Oktober 1777 stttzen (vgl. zu 172,1). ZUM ADRESSAT E N
Im Erstdruck, in welchem der Brief auf den 3. Januar 1777 datiert ist, wurde vermutet, dass der Maler Georg Melchior Kraus und der Theatertischler Johann Martin Mieding als Adressaten in Frage k|men. Mit ihnen hatte Goethe am 2. Januar 1777 tber die Bthnendekorationen zur bevorstehenden Auffthrung von „Lila“ beraten (vgl. GT I 1, 35). Ftr den 3. Januar, an dem Goethe zwar auch Eingenommen hatte (ebd.) und den er offenbar allein im Garten verbrachte, findet sich kein Hinweis auf ein gemeinsames Essen oder einen erneuten Besuch von Mieding oder Kraus. Die WA druckt den Text im Nachtragsband 50 unter den undatierten Briefen von 1773 bis 1832 als Brief an Unbekannt. Im „Katalog der Handschriften“ (Ttbingen 1982) des Freien Deutschen Hochstifts, Frankfurter Goethe-Museum, das die Handschrift verwahrt, wurde der Brief nach dem Erstdruck auf den 3. Januar 1777 datiert und als an Charlotte von Stein gerichtet aufgenommen, allerdings ohne Angabe von Grtnden. Der zwar recht vertraute, gleichwohl aber ausgesprochen huflich-respektvolle Ton des Briefes wie auch der Hinweis auf ein nur vergleichsweise bescheidenes Mahl, das dem Gast angeboten werden kunne (vgl. 172,3–4; zu 172,3), sprechen nicht ftr Kraus oder Mieding als Adressaten. Letzterer wird zudem in der frthen Weimarer Zeit Goethes nur ein einziges Mal im Tagebuch erw|hnt, eben am 2. Januar 1777. Ton und Inhalt unterscheiden sich auch vom sehr viel vertrauteren brieflichen Umgang Goethes mit Charlotte von Stein, die meist auch direkt angesprochen wird (vgl. u. a. zu 25,19). Hingegen kunnte die Einladung an den herzoglichen Freund Carl August ergangen sein, der h|ufig Goethes Mittagsgast im Gartenhaus war. Wenn der Brief, wie vermutet, am 30. Oktober 1777 geschrieben wurde, spricht auch das Tagebuch ftr den Herzog als Adressaten des vorliegenden Briefes (vgl. zu 172,2). BERLIEFERUNG
H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: 5630. – 1 Bl. 20,666,4 cm, alle vier Ecken beschnitten, sp|ter auf blaues Tr|gerpapier aufgezogen, 1 S. beschr., egh., Tinte. E: Goethes Werke. Hrsg. von Simon Marian Prem. Bd 3. Leipzig o. J. Æ1900?æ, S. 497. WA IV 50 (1912), 85, Nr 4.
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BRIEFE 296/297
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 172,1 Einnehmen] Vgl. die zweite Erl|uterung zu 171,19. 172,2 hier haussen essen] Mit Bezug auf Goethes Garten oberhalb des „Sterns“, der damals noch vor den Toren der Stadt, also außerhalb, lag. – Im Tagebuch vom 30. Oktober 1777 vermerkt Goethe: Eingenommen " ÆHerzog Carl Augustæ as im Garten bey mir. (GT I 1, 51.) 172,2–3 Operationen] Hier wohl noch in der |lteren Bedeutung von lat. operatio: Verrichtung; mit Bezug auf die Vorbereitungen des Mittagessens. 172,3 Gastmahle] Nach Adelung „eine feyerliche Mahlzeit, zu welcher man G|ste einladet“ (1, 431). – Die gehobene Wortwahl, wenngleich vermutlich mit leicht ironisch tbertreibendem Akzent, verweist auf einen sozial huherrangigen Adressaten. 296. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 31. Oktober 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 60. – 1 Bl. 17(–17,2)68,7 (–8,9) cm, aus grußerem Blatt ausgeschnitten, 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte. „48“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 51), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 121. WA IV 3 (1888), 182, Nr 638. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 172,5–6 neuerdings Zweifel und Unglaube] In den beiden vorangegangenen Monaten scheint es zu einer Entfremdung Goethes auch gegentber Charlotte von Stein gekommen zu sein, zumindest lassen die vergleichsweise großen Pausen in der tberlieferten Korrespondenz dies vermuten (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 291). Am Abend des 31. Oktober besuchte Goethe die Freundin (vgl. die zweite Erl|uterung zu 171,21). 172,8 konnten] Indikativform ftr den Konjunktiv ,kunnten‘, im 18. Jahrhundert gelegentlich so verwendet. 172,9 Salto mortale] Ital.: Todessprung; von Goethe wiederholt metaphorisch gebraucht, hier etwa ,mit Kthnheit eine tbergroße Aufgabe bew|ltigen‘. 172,10 drey fatale Capitel meines Romans] Mit Bezug auf drei Kapitel des ersten Buches von „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung“; Petersen vermutet
OKTOBER/NOVEMBER 1777
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ohne Angabe von Grtnden, es seien die Kapitel 11 bis 13 gemeint (vgl. Petersen, Goethe-Stein 1, 575, Anm. zu Nr 191). Am 30. Oktober 1777 vermerkte Goethe im Tagebuch: Abend an Meister geschr. (GT I 1, 51.) Mit der Arbeit am Roman hatte Goethe schon im Februar begonnen (vgl. zu 129,9). – ,Fatal‘ hier im Sinne von ,unangenehm‘ (vgl. GWb 3, 610). 172,11 den ersten Theil] Laut Tagebuch hat Goethe am 2. Januar 1778 frsh 1 B. ÆBuchæ Meisters geendigt. (GT I 1, 59.) 172,12–13 Meinem Nahmenstag] Der 31. Oktober ist der Gedenktag des heiligen Wolfgang, im 10. Jahrhundert Bischof von Regensburg. 297. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 1. November 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 60. – 1 Bl. 20,5(–20,7)65,2 (–5,5) cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „49“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 52), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 121. WA IV 3 (1888), 182, Nr 639. BEI L AG E
Weintrauben (vgl. zu 172,14). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 172,14 Trauben aus meiner Heimath] Laut Tagebuch vom 1. November 1777 erhielt Goethe eine Sendung von Merck aus Darmstadt: kamen die Trauben Æ:::æ von Mercken. (GT I 1, 51; vgl. auch Wieland an Merck, 26. Oktober 1777; Merck, Briefwechsel 1, 771.) 172,15–16 eine Menge Wirthschafft] Vielleicht mit Bezug auf Peter im Baumgarten, der seit der Rtckkehr Charlotte von Steins aus Kochberg in Goethes Haus lebte (vgl. zu 159,18; zu 170,9–10). Im Tagebuch finden sich seit dem 23. Oktober immer wieder Hinweise auf die Besch|ftigung mit dem Jungen, der Goethe zuschaffen (GT I 1, 51) machte. Auch am 1. November beginnt der Tagebucheintrag mit einer Bemerkung tber den Zugling: Petern sber das Stelzen L. ÆLaufenæ durch die Stadt gefilzt Æzurechtgewiesenæ. (Ebd.)
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BRIEF 298
298. An Johann Heinrich Merck ÆWeimaræ, 30. ÆOktoberæ und 3. ÆNovember 1777æ ! ÆDarmstadtæ DAT I E RU N G
Der vorliegende Brief wurde bisher ins Jahr 1778 datiert: im Erstdruck auf „Nov. 1778.“, in der WA auf den „30. November und 3. Dezember 1778“ (WA IV 3, 260), jeweils ohne Begrtndung. In der Briefwechselausgabe von 2007 wird der Brief auf drei verschiedene Tage datiert, den 30. November, den 3. Dezember und nach dem 7. Dezember 1778 (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 188). Als Begrtndung heißt es: „Der letzte Teil des Briefes nach der Schlußformel ,Adieu ftr diesmal.‘ wurde Tage sp|ter nachgetragen. Daftr spricht auch das nun deutlich verhaltenere Urteil tber die gelieferten Bl|tter in der Hoffnung, ,bessere Abdrtcke‘ zu bekommen.“ (Ebd., 189.) Der Handschriftenbefund liefert daftr keinen Anhaltspunkt; weder der Schriftduktus noch die Tinte weisen eine Ver|nderung auf. Der Anlass, ftr den Schluss des Briefes ein sp|teres Datum anzunehmen, besteht vielmehr darin, dass Wiel. Bube (173,13) Erw|hnung findet, der mit Wielands Sohn Carl Friedrich identifiziert wird, geboren am 7. Dezember 1778. Der Hinweis auf die Geburt im Hause Wielands ist der einzig greifbare Anhaltspunkt ftr die sp|te Datierung. Allerdings wurde Wieland nicht nur 1778 Vater eines Sohnes, sondern auch 1777, und zwar am 26. Oktober, als Ludwig Friedrich August geboren wurde. Daher ist anzunehmen, dass mit 30 und dritten (173,6) der 30. Oktober und der 3. November 1777 gemeint sind. Daftr spricht auch die Mitteilung in Goethes Tagebuch vom 1. November 1777: kamen die Trauben und die Rembr. von Mercken. (GT I 1, 51.) Dass zur fraglichen Zeit tats|chlich Kupferstiche in Weimar eintrafen, geht aus Mercks Brief an Friedrich Justin Bertuch vom 25. Oktober 1777 hervor: „Ich habe hier die Ehre Ihnen die Rembrands ftr Ihro Durchlaucht den Herrn Herzog zu tbersenden.“ (Merck, Briefwechsel 1, 770.) Was die erw|hnten Trauben angeht, so sprechen auch diese ftr den Sp|therbst 1777 (statt 1778), denn offenbar hat Merck im Jahr darauf gar keine geschickt; am 7. November 1778 schreibt er n|mlich an Wieland: „Sag Goethen, meine Trauben w|ren zum theil verfault, zum theil versauert, und ich habe beynahe keinen Korb davon erhalten. Sonsten waren Euch schon ein paar Tr|ger bestimmt.“ (Merck, Briefwechsel 2, 179.) Sollte es sich schließlich bei Rackeys Aucktion (173,12), wie vermutet, tats|chlich um die Versteigerung des Kunstnachlasses von Peter Pasquay in Frankfurt Ende 1777 handeln (vgl. die zweite Erl|uterung zu 173,12), w|re auch dies ein Indiz ftr die vorgenommene Datierung. BERLIEFERUNG
H: Privatbesitz, Mtnchen. – Doppelblatt 11,4618,3 cm, Goldschnitt, 1 S. beschr., egh., Tinte.
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E: Merck, Briefe2 (1838), 163 f., Nr 69. WA IV 3 (1888), 260, Nr 760. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 173,1 Die Trauben und die Rembr.] Merck tbersandte Weintrauben aus eigenem Anbau und Kupferstiche nach Vorlagen Rembrandts (vgl. Datierung), neben Dtrer der zweite Schwerpunkt der Sammelt|tigkeit ftr den Weimarer Hof (vgl. Grave, 60). Die Weintrauben hatte Merck in einem nicht tberlieferten Brief an Wieland angektndigt, den dieser am 26. Oktober 1777 beantwortete: „Wohl sehr gerne mucht ich, l. Hr., von Euren schunen blauen und weissen Trauben essen“ (WB 5, 671). 173,2 Herz] Herzog Carl August. 173,3 ohne mich anzuziehen] Das heißt (nach zeitgenussischem Wortgebrauch) im ,Nglig‘: in bequemer Kleidung, wie sie im Privaten getragen wurde. 173,4 Ambassaden] Franz. ambassade: Botschaft. 173,5 die Geister die mich bewillkommten] Trauben und Kupferstiche. 173,11 Nun erwarten wir was weiters] In seinem Brief vom 11. Januar 1778 (Nr 320) bedankte Goethe sich ftr eine weitere Sendung von Graphiken (vgl. 189,15). 173,12 die Rembr] Um welche Kupferstiche es sich handelte, konnte nicht ermittelt werden. 173,12 Rackeys Aucktion] ber eine Person mit dem (am Anfang korrigierten, schwer lesbaren) Namen Rackey konnte nichts ermittelt werden. In E wird Rakens Auction, in der WA Rakens Aucktion, in Merck, Briefwechsel (2, 188) Rackens Aucktion gelesen. Auch dartber konnte nichts in Erfahrung gebracht werden. – Unter der Annahme, dass Goethe unsicher war, wie der Name lautete und wie er geschrieben wurde, kunnte von Peter Pasquay die Rede sein. Er war anhalt-dessauischer Hofrat, Arzt und Hydrologe in Frankfurt sowie Besitzer einer großen Naturalien- und einer Kunstsammlung. Pasquay war Anfang 1777 gestorben. Wenig sp|ter wurden seine Naturalien versteigert (vgl. dazu den Auktionskatalog „Verzeichnis einer sehr schunen, aus mehr als neun tausend Sttcken bestehenden Naturaliensammlung Æ:::æ Ævonæ S. T. Herrn Peter Pasquay Æ:::æ zu Frankfurt am Mayn Æ:::æ 1777“). Im Dezember 1777 wurden auch die von ihm gesammelten Kunstwerke auf einer Auktion angeboten, bei welcher Prinzessin Henriette Amalie von Anhalt-Dessau einige Gem|lde erwarb (vgl. Sammlerin und Stifterin – Henriette Amalie von Anhalt-Dessau und ihr Frankfurter Exil [Katalog zu einer Ausstellung im Haus Giersch – Museum Regionaler Kunst vom 22. Oktober 2002 bis 23. Februar 2003 in Frankfurt a. M.], S. 79 und Anm. 108). Ein Auktionskatalog dazu ist nicht tberliefert; muglicherweise aber
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BRIEFE 299/300
hatte Merck einen solchen nach Weimar geschickt. (Nach freundlichen Hinweisen von Alexander Rosenbaum, Weimar.) 173,13 Wiel. Bube] Am 26. Oktober 1777 war Wielands Sohn Ludwig Friedrich August geboren worden. 173,14 Schwcks habe bisher nur Einen Ubersezzer gehabt] Muglicherweise hatte Merck mit dieser Bemerkung zugunsten eines anderen bersetzers Wielands Prosa-bersetzung von Shakespeares „Theatralischen Werken“ (1762–1766) ignoriert. (Seit 1775 erschien Johann Joachim Eschenburgs bersetzung „William Shakespear’s Schauspiele“ [12 Bde. Ztrich 1775–1777].) 173,14–15 dass du Æ:::æ nie Genie genannt hast] Der Sachverhalt konnte nicht gekl|rt werden. – Den ,altern‘ fltchtig ftr den ,ltern‘. 299. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 7. und Æ8.æ November 1777 ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Die Datierung des 2. Briefteils l|sst sich aus dem Inhalt erschließen (vgl. 173,23–24). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 61. – 1 Bl. 17(–17,3)610,4 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Nachschrift (173,23–174,5 Mit einem Blick Æ:::æ geleitet worden.) in kleinerer Schrift, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „50“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 53), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 122. WA IV 3 (1888), 182 f., Nr 640. BEI L AG E
1 Exemplar von Carl Friedrich Cramers „Klopstock (in Fragmenten aus Briefen von Tellow an Elisa)“ (vgl. zu 173,16–17). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 173,16–17 einen grosen Nahmen auf einem Buche] Mit Bezug auf Klopstock im Titel des Buches von Carl Friedrich Cramer (vgl. Beilage). – Der Band war 1777 anonym in Hamburg bei Gottlieb Friedrich Schniebes erschienen und wurde noch im gleichen Jahr in Frankfurt und Leipzig nachgedruckt; 1778 erschien in Hamburg eine Fortsetzung. – Offenbar war Goethe um Unterstttzung beim Vertrieb des Bandes gebeten worden, wie ein Brief von Wieland an Merck
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vom 8. November 1777 nahelegt: „Æ:::æ eine große Bitte! von G u t h e n und mir gemeinschaftlich. Sie haben doch schon das große opus des jungen C r a m e r s – K l o p s t o c k , in Fragmenten aus Briefen von Tellow an Elisa, Hamburg 226 in gr. 8. Preis 1 Rthlr. Ohnezweifel werden Sie – so wie ich Armer! – eine Anzahl von Exemplarien in Commission bekommen haben. Genug, Sie haben es unfehlbar, und wir bitten Sie nun mit aufgehobenen H|nden um eine Recension desselben, aber um eine Recension, daß der Kunig und die Kunigin sagen sollen, liebes Luwchen, brtlle noch einmal! – Hier ist doch wieder einmal G e l e g e n h e i t ein Meistersttck zu machen – Æ:::æ. G u t h e sagt: Sie sollen nicht bloß die Seide draus ausbrennen, sondern das Metall selbst so lange durchs Feuer gehen lassen, und so lange schmelzen, scheiden und l|utern, bis vom ganzen Werk nichts als der Titel K l o p s t o c k tbrig bleibe. – S o streng bin ich nicht. Æ:::æ Was mich verdreußt, ist nur, daß man nicht warten kann, bis der Mann gestorben ist, und daß er selbst vor seinen Augen sich ein Monument auffthren l|ßt, das zwar weder aere perennius Ædauerhafter als Erzæ noch seiner wtrdig ist, aber doch einen garstigen Flecken auf seine rxuqortmgm Ægriech.: Besonnenheitæ wirft und ihm gewaltigen Tort bey der Welt thun wird.“ (WB 5, 678 f.) – Zu Goethes Bruch mit Klopstock im Mai 1776 vgl. die Erl|uterungen zu Nr 112. 173,17 im Land der kleinen Spielgen] Wahrscheinlich Anspielung auf eine Abendgeselligkeit mit Kartenspielen. 173,17 Prinz] Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach. 173,18 Knebeln] Carl Ludwig von Knebel, bis 1780 Erzieher des Prinzen Constantin. 173,19 Conseil] Die zweite Novembersitzung des Geheimen Consiliums, an der neben dem Herzog alle drei Mitglieder des Consiliums teilnahmen (vgl. Sessionskalender 1776–1786; AS 1, LXXI). 173,20 wann ich Sie sehn kann] Goethe besuchte Charlotte von Stein noch am selben Tag (vgl. 174,10). Im Tagebuch wurde der Besuch nicht vermerkt. 173,20–21 eben zwey Jahr dass ich herkam] Vgl. die erste Erl|uterung zu 116,10. 173,22 Gold] Vgl. zu 25,19. 174,2–3 iedes Gut erst ganz ausgekostet] hnlich |ußerte sich Goethe schon im Brief an Augusta zu Stolberg vom 17. Juli 1777 (154,19–22). 300. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 8. November 1777 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 61. – 1 Bl. 12,5618,5 cm, Goldschnitt, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „51“. – In
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BRIEF 301
einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 54), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 123. WA IV 3 (1888), 183 f., Nr 641. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief vom 8. November 1777 (vgl. zu 174,21) ist nicht tberliefert. 174,6 Die Bwume sind angekommen] Ftr Charlotte von Stein (vgl. 174,21). 174,8 wohl] Hier: der „Natur der Sache angemessen, auf gehurige Art“ (Adelung 4, 1592). 174,8 sonderlich] Besonders; im ausgehenden 18. Jahrhundert schon veraltet und auf die „vertrauliche Sprechart“ begrenzt (Adelung 4, 142). 174,15–18 wie mans den Linden thut Æ:::æ wie Stangen da] Wahrscheinlich in Anlehnung an die erste Fassung des Gedichts „Hoffnung“: Gib das tagwerck meiner Hande Gutes Glsck das ichs vollende sei ein bild der Garten hier Pflanzt ich ahndungsvolle Traume Jetzt noch Stangen diese Bwume Geben einst noch Schatten mir. (GT I 1, 9; in ver|nderter Fassung unter dem Titel „Hoffnung“ zuerst 1789 gedruckt in Band 8 der Guschen-Ausgabe von Goethes „Schriften“ [S. 160].) – Die frthe Fassung ist auf der letzten Seite des auf der Schweizer Reise 1775 angelegten Notiz- und Tagebuches tberliefert. Sie entstand wahrscheinlich erst im November 1776 in Weimar, als Goethe in seinem Garten Linden gepflanzt hat (GT I 1, 28; vgl. GT I 2, 381, zu 9,12–17). – Wie aus dem Kontext hervorgeht, las Goethe um den 7. November 1777 seine Tagebuchaufzeichnungen von 1776. 174,18–19 Kalender] Gemeint ist das Tagebuch aus dem Jahr 1776, woftr Goethe, wie auch sp|ter, einen mit Durchschussbl|ttern versehenen vorgedruckten „Sachsen-Weimarischen Calender“ verwendete (vgl. GT I 2, 384), tberliefert im Goethe- und Schiller-Archiv (GSA 27/2). 174,19 vorm Jahr Æ:::æ beym 7 Novemb.] Der erste Jahrestag der Ankunft Goethes in Weimar (vgl. zu 116,10). 174,19–20 Was ist der Mensch dass du sein gedenckest] Psalm 8,5 (vgl. auch Psalm 144,3). – Am 7. November 1776 hatte Goethe im Tagebuch vermerkt: Was ist der Mensch dass du sein gedenckst und das Menschenkind dass Du Dich sein annimmst. (GT I 1, 29.) Auf der Brockenwanderung
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notierte Goethe am 10. Dezember 1777 den Psalm noch einmal in seinem Tagebuch (vgl. 186,26–27; zu 186,25–27). 301. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 8. November 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 62. – 1 Bl. 20,4610,9(–11,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „52.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 55), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 123 f. WA IV 3 (1888), 184 f., Nr 642. ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief vom 8. November 1777 (vgl. zu 174,21; zu 174,23) ist nicht tberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Wie die tberlieferten Briefe Goethes seit Anfang November 1777 (Nr 297, 299 f.) belegen, war er bemtht, das alte Vertrauensverh|ltnis zu Charlotte von Stein, das seit dem Eisenacher Aufenthalt gesturt gewesen zu sein scheint, wiederherzustellen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 291). Die ußerungen vor allem im vorliegenden Brief lassen vermuten, dass ihm die Freundin dabei nur wenig entgegenkam, weshalb sich Goethe verletzt fthlte (vgl. 174,23–175,4). Wahrscheinlich als Reaktion auch auf den vorliegenden Brief fand am 9. November ein ernstl. Gesprwch sber die Verhwltniss (GT I 1, 51) statt, das offenbar zu einer Kl|rung fthrte. Nach dem 9. November werden im Tagebuch wieder t|glich Besuche bei Charlotte von Stein vermerkt (vgl. GT I 1, 51 f.). Dennoch muss sich Goethe auch in der zweiten H|lfte des November noch immer in Unruhe und in einer innerlich angespannten Situation befunden haben. Am Morgen des 29. November schließlich brach er in wunderbaar dunckler Verwirung seiner Gedancken (178,6) zu einer Reise in den Harz auf, tber deren Ziel er Charlotte von Stein zun|chst noch im Unklaren ließ (vgl. 179,8). 174,21 Die Bwume sind alle fsr Sie] Offenbar als Antwort auf eine Nachfrage Charlotte von Steins wegen der im vorangehenden Brief vom selben Tag angektndigten Obstb|ume (vgl. 174,6–8). 174,22 Hauptmann] Der herzogliche Hofj|ger und Bauunternehmer Anton Georg Hauptmann (vgl. zu 24,3), der auch als Postmeister und Fuhrunternehmer t|tig war. 174,23 Die Fortsezzung des Vergleichs] Mit der Linde im nicht tberlieferten Bezugsbrief (vgl. zu 174,15–18).
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302. An Charlotte von Stein
BRIEFE 302/303
ÆWeimaræ, 10. November 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 62. – 1 Bl. 19,7610,4(–10,7) cm, 1 /2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „53.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 56), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 124. WA IV 3 (1888), 185, Nr 643. BEI L AG E
Weintrauben (vgl. zu 175,9). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 175,7 gestern Nacht] Am 9. November 1777 hatte Goethes Aussprache mit Charlotte von Stein stattgefunden (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 301); am Abend besuchte er Cour u Concert bey Hofe und vermerkt abschließend im Tagebuch: Schtne Mondnacht. (GT I 1, 51.) 175,9 Trauben] Vgl. zu 172,14. 175,11 Herders Picks auf Z.] Pick: hier im tbertragenen Sinn von ,Groll‘ (vgl. zu 83,18–19). – ,Z.‘ ist sehr wahrscheinlich Johann Georg Zimmermann, mit dem Herder korrespondierte. Die Bemerkung kunnte im Zusammenhang mit Zimmermanns Brief an Herder vom 26. Oktober 1777 stehen: Hannover 26. Octob. 1777.
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Liebster Herder Æ:::æ Neulich hatten wir Herrn und Frau von Berlepsch hier. Beyde, und zumal die Dame, glthten vor Liebe, wenn sie von Ihnen sprachen; und das wurden sie eben so wenig mtde zu thun, als ich ihnen zuzuhuren. Nie habe ich auch deswegen Herrn und Frau von Berlepsch so lieb gehabt, wie anitzt. Von Weimar erz|hlte tbrigens Frau von B. eine Menge Dinge, bey denen sich alle meine Haare s e n k e l r e c h t in die Huhe huben. / Daß die zwey Felsen Ossians Mine machen auf einander sttrtzen zu wollen; oder vielmehr, daß der eine Fels schon allerhand Capriolen mache, und der andere stehe, wie ein Fels Gottes – erz|hlten sie auch. Æ:::æ
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Sie sagten mir doch in Pyrmont, daß Sie sehr wtnschten Abschrift der Briefe zwischen Klopstock und Guthe zu haben. Ist dies ihr Ernst? Grtssen Sie und ktssen Sie ftr mich Weib und Kinder tausendmal. Mit Leib und Seele Gantz der Ihre J. G. Zimmermann. (H: GSA Weimar, Sign.: 44/84, Bl. 74 f.) 4 Herrn und Frau von Berlepsch] Friedrich Ludwig von Berlepsch, Jurist in hannoverschen Diensten, und dessen Frau Emilie Dorothea Friederike geb. von Oppelder. 10 zwey Felsen Ossians] Wahrscheinlich eine Anspielung auf Herder und Goethe. 303. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 11. November 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 62. – 1 Bl. 20(–20,3)69,8 (–10) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „54“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 57), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 124. WA IV 3 (1888), 185, Nr 644. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 175,12 Ettersb.] Schloss Ettersburg (vgl. zu 39,16). 175,12 Herz Louise war da und die Waldn.] Laut Tagebuch vom 10. November traf Goethe in Ettersburg neben der Herzogin Louise und deren Hofdame Louise Adelaide Waldner auch den Kammerherrn Sigmund von Seckendorff (vgl. GT I 1, 51). 175,13 Martins Gans] Der 11. November, der Tag des heiligen Martin von Tours, wurde im 18. Jahrhundert auch in evangelischen Gegenden mit verschiedenen Br|uchen begangen, darunter dem Martinsgansessen. Der Legende nach versteckte sich Martin, als er gegen seinen Willen zum Bischof geweiht werden sollte, in einem G|nsestall, wo ihn die schnatternden Tiere verrieten. 175,13 heute zu Haus] Am 11. November tagte vormittags das Geheime Consilium, danach war Goethe bei Charlotte von Stein zu einem guten Mittag (GT I 1, 51). 175,14 Schicken Sie mir] Wie die im Folgenden aufgefthrten Titel belegen,
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BRIEF 304
steht die Bitte im Zusammenhang mit Goethes Vorhaben, ein handschriftliches Liederbuch mit Vertonungen eigener und fremder Gedichte anlegen zu lassen. Mit dem Kopieren von Lied-Handschriften und -Drucken hatte er Johann Michael Wiener, Oboist bei der Weimarer Hofkapelle, beauftragt. Eine Rechnung Wieners ftr das Schreiben „verschiedener Musicalischer Sttcke“ vom 15. Dezember 1777 beglich Goethe am 11. Januar (GR/Belege 1776–1778, Bl. 27), eine weitere am 9. M|rz 1778 (GR/Belege 1778, 1, Bl. 20). Es ist anzunehmen, dass sich beide Belege auf das handschriftliche Liederbuch beziehen. Wie Goethes Rechnungsfthrung zeigt, lagen in der Regel zwischen der Fertigstellung von Auftragsarbeiten und dem Ausstellen der Rechnung sowie dem Begleichen derselben einige Wochen, nicht selten sogar Monate. Die Arbeit am Liederbuch ist daher wohl nicht erst im M|rz 1778 beendet worden, wie h|ufig auch noch in neueren Publikationen angegeben wird (vgl. Busch-Salmen/Salmen, Goethes Liederbuch, 197; Goethe-Handbuch3 1, 180). Sie dtrfte schon einige Wochen zuvor, wahrscheinlich Anfang Februar 1778, abgeschlossen worden sein. Das Liederbuch ist in Goethes Notensammlung tberliefert (GSA 32/1477) und enth|lt auf 142 Seiten insgesamt 85 zum Teil zweistimmig gesetzte Lieder mit Klavierbegleitung. Die Foliierung und die Nummerierung der Lieder wurde sp|ter von fremder Hand mit Bleistift erg|nzt (zum Inhalt vgl. Busch-Salmen/Salmen, Goethes Liederbuch, 200–205). Der grußte Teil der Kompositionen stammt von Philipp Christoph Kayser, allerdings ohne dass dies im Buch vermerkt w|re. Vor den Kompositionen des letzten Teils (Nr 72–85), dessen Vorlagen wahrscheinlich erst Anfang 1778 kopiert wurden, finden sich von der Hand Wieners die Hinweise „von S. Fh‘. von Seckendorff“ sowie „aus den Volksliedern“, gemeint ist der erste Teil von Herders 1778 erschienener Sammlung. Auch die Verfasser der Gedichte wurden von Wiener nicht angegeben, sondern in einigen F|llen mit Bleistift von sp|terer Hand erg|nzt. 13 Gedichte stammen von Goethe, die tbrigen von zeitgenussischen Dichtern, darunter Johann Martin Miller, Friedrich Maximilian Klinger, Ludwig Christoph Heinrich Hulty, Johann Georg Jacobi, Jacob Michael Reinhold Lenz und Heinrich Christian Boie, sowie von Weimarer Bekannten wie Sigmund von Seckendorff, Friedrich Hildebrand von Einsiedel, Friedrich Justin Bertuch und Louise von Guchhausen. Verfasserin des an erster Stelle aufgenommenen Liedes „Auf das erste Veilchen“ („Sei mir gegrtßt! Der Frthlingskinder erstes Æ:::æ“) war Charlotte von Stein. 175,14 Jwgers Nachtlied] Unter diesem Titel (mit dem Anfangsvers „Im Felde schleich ich still und wild Æ:::æ“) war das Gedicht 1776 im „Teutschen Merkur“ ( Januar-Heft 1776, S. 8 f.) erschienen; 1789 wurde es in ver|nderter Fassung als „J|gers Abendlied“ in Band 8 der Guschen-Ausgabe von „Goethe’s Schriften“ (S. 151) aufgenommen (zuvor in der nicht autorisierten Himburg-Ausgabe der „Schriften“ [Bd 4. 1779, S. 239 f.]). – Die Vertonung Kaysers ist in einer Einzelhandschrift von unbekannter Hand in Goethes Notensammlung erhalten, bei
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der es sich aber wahrscheinlich nicht um die hier erbetene, sondern um eine sp|tere Abschrift handelt (GSA 32/237). In das Liederbuch wurde „J|gers Nachtlied“ mit der Komposition Kaysers als 34. Lied aufgenommen. 175,14 Ssser Todt] bersetzung Herders aus Shakespeares „Twelfth Night, or What you will“ (II 4); gedruckt zuerst 1778 im ersten Teil der anonym herausgebenen „Volkslieder“ (Leipzig; 3. Buch, Nr 22, S. 298–300). „Stßer Tod“ („Stßer Tod, stßer Tod komm Æ:::æ“) wurde zweimal in Goethes Liederbuch aufgenommen, und zwar als 32. Sttck in der Vertonung von Kayser sowie im letzten Teil unter den Kompositionen Seckendorffs (Nr 72). – Die im vorliegenden Brief von Charlotte von Stein erbetene Vorlage war offenbar eine Einzelhandschrift der Kayserschen Vertonung. 175,14–15 die gedruckten, wo: Grabet in die iunge Linde, dabey ist] Philipp Christoph Kaysers erste gedruckte Sammlung „Vermischte Lieder mit Melodien aufs Clavier“ (Winterthur 1775), deren Vertrieb durch Breitkopf in Leipzig erfolgte (vgl. Busch-Salmen/Salmen, Goethes Liederbuch, 199). – In der Sammlung enthalten war u. a. auch die Vertonung von Heinrich Christian Boies Gedicht „Der verschwiegene Sch|fer“ mit dem Anfangsvers „Grabet in die iunge Rinde Æsic!æ“, das an 48. Stelle in das handschriftliche Liederbuch aufgenommen wurde. Insgesamt gingen 21 Lieder aus der gedruckten Sammlung in das Liederbuch ein (Nr 35–55). – Außerdem finden sich 18 Kompositionen Kaysers, die er 1777 selbst drucken ließ (vgl. zu 194,13–14). 175,16 ein lieblich Lied von ihm] Eine weitere Komposition Kaysers; nicht auszuschließen ist, dass es sich dabei um die Vertonung von Goethes Gedicht „An den Mond“ handelt (vgl. Datierung zu Nr 326). 304. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 12. November 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 63. – 1 Bl. 17,8(–18,2)615,1 (–15,3) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Frau v. Stein, Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „55.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 57), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 125. WA IV 3 (1888), 185 f., Nr 645. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
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BRIEF 305
175,18 Schuhmann] Der Dekorateur, Hof- und Theatermaler Johann Ehrenfried Schumann, der mit der Ausgestaltung der Steinschen Wohnung beauftragt worden war. Dies belegen zwei Rechnungen tber Maler- und Dekorateurarbeiten Schumanns, deren Bezahlung er Goethe am 5. und 7. Februar 1778 quittierte. Daraus geht u. a. hervor, dass zwei Zimmer im oberen Geschoss grtn und zwei grau gestrichen worden waren, ebenso die Decken, der Saal, die Treppe und das untere Treppenhaus; ein Zimmer im Erdgeschoss war gelb gestrichen, zwei Spiegel waren vergoldet sowie 12 Wandleuchter angestrichen und lackiert und zwei Fenster am Haus blind gemalt worden (vgl. GR/Belege 1778, 1, Bl. 9 und 7). 175,18 neuen Haus] Das so genannte Stiedenvorwerk am Welschen Garten an der Ackerwand (vgl. zu 127,3–4). Am 12. November vermerkte Goethe in seinem Tagebuch: Æ:::æ ward * ÆCharlotte von Steinsæ Wohnung fertig. Lief ab und zu. (GT I 1, 51.) 175,19 Windofen] Auch „Zugofen“, ein „Ofen, in welchem das Feuer durch einen angebrachten Luftzug verst|rket wird“ (Adelung 4, 1558). 176,1–2 Machen Sie sich Æ:::æ bereit.] Goethe ktmmerte sich intensiv etwa seit dem Frthsommer 1777 um die Renovierung und Einrichtung der neuen Wohnung der Familie von Stein (vgl. 127,3–4) und bereitete nun auch den Umzug vor. Josias von Stein scheint in dieser Zeit nicht in Weimar gewesen zu sein, zumindest fehlt vom 15. Oktober bis zum 22. November 1777 sein Name unter den G|sten der Hoftafel (vgl. FB 1777, S. 199–221), was auf eine l|ngere Abwesenheit verweist. 176,4 Wenden] Der Diener der Familie von Stein Christian Benjamin Wende (auch Wencke). 176,6–7 auf den Freytag selbst einziehen] Am Freitag, dem 14. November 1777, zog Charlotte von Stein im neuen Quartier ein (GT I 1, 52). Goethe, der vormittags an der Sitzung des Geheimen Consiliums teilnehmen musste und mit dem Herzog zu Mittag aß, blieb bis Abends da (ebd.). Wie bedeutsam dieser Tag auch ftr ihn selbst gewesen sein muss, l|sst ein ,Gebet‘ erkennen, mit dem Goethe seinen Tagebucheintrag vom 14. November beschließt: Heiliges Schicksaal du hast mir mein Haus gebaut und ausstaffirt sber mein Bitten, ich war vergnsgt in meiner Armuth unter meinem halbfaulen Dache ich bat dich mirs zu lassen, aber du hast mir Dach und Beschrwncktheit vom Haupte gezogen wie eine Nachtmszze. Lass mich nun auch frisch und zusammengenommen der Reinheit geniessen. Amen. Ja und Amen winckt der erste Sonnenblick d. 14 Nov. / Acht in der Haushaltung keinen Ritz zu eng, eine Maus geht durch. (Ebd.) 176,8 noch heut frsh zu Ihnen kommen] Laut Tagebuch besuchte Goethe die Freundin erst am Abend: nach Sonnen Untergang gebadet – zu * ÆCharlotte von Steinæ. Sie ging an Hof. (GT I 1, 51.)
NOVEMBER 1777
305. An Johanna Fahlmer
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ÆWeimar, 16.æ November 1777 ! ÆFrankfurt a. M.æ
DAT I ERU N G
Der Brief wurde als Beischluss zu Goethes Brief an seine Mutter verschickt, der sich auf den 16. November 1777 datieren l|sst (vgl. Datierung zu Nr 306). Er wird am selben Tag wie dieser geschrieben worden sein. BERLIEFERUNG
H: Privatbesitz, Deutschland. – Doppelblatt 18,8623 cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Schwester Fahlmer; S. 1 oben Mitte von fremder Hd, Bleistift: „48666“ (vgl. D). – Beischluss zu Nr 306 (vgl. Adresse). E: Goethe-Jacobi (1846), 24, Nr 13. D: Goethe-Fahlmer (1875), 121 f., Nr 48. WA IV 3 (1888), 187 f., Nr 647. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Johanna Fahlmers (vgl. 176,13). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Johanna Fahlmers nicht tberlieferter Brief hatte die Nachricht von ihrer Verlobung mit Johann Georg Schlosser tberbracht, wenige Monate nach dem Tod von Goethes Schwester Cornelia am 8. Juni 1777, die nach der Geburt ihrer zweiten Tochter Catharina Elisabeth Julie gestorben war. Die Verm|hlung fand am 29. September 1778 statt. Der vorliegende Brief zeugt von der Irritation, welche das neue verwandtschaftliche Verh|ltnis in Goethes bisher vertrauter Beziehung zu Johanna Fahlmer ausluste. Vgl. weiter die einleitende Erl|uterung zum Brief aus der zweiten M|rzh|lfte 1773 (GB 2 II, Nr 19). Die Korrespondenz wurde nur noch sporadisch weitergefthrt; aus der Zeit nach dem vorliegenden Brief sind lediglich drei Briefe Goethes an Johanna Schlosser geb. Fahlmer tberliefert, außer einem Brief vom 16. November 1779 (Nr 548) ein Brief vom 10. Januar 1781 (WA IV 5, Nr 1088) sowie einer vom 24. November 1801 (WA IV 15, Nr 4441). 176,13 Mir’s] Schreibversehen. 176,22 was leidlichs] Etwas ,Ertr|gliches‘; „was sich leiden, d. i. ohne merkliche Unlust empfinden l|sset“ (Adelung 2, 2011). 176,22 Frizzen] Friedrich Heinrich Jacobi. 176,22 ich bin gar stumm] Soweit bekannt, stammt Goethes zuletzt geschriebener Brief an Jacobi vom 3. Oktober 1775; er ist nicht tberliefert (vgl. GB 2 I, EB 227).
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BRIEF 306
306. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, 16.æ November 1777 ! Frankfurt a. M. DAT I E RU N G
Der Tag wurde nach Goethes Rechnungsbuch erg|nzt, in dem am 16. November 1777 eine Briefsendung an Catharina Elisabeth Goethe verzeichnet ist (vgl. GR/RB 1777, 4, Bl. 4). BERLIEFERUNG
H: GSAWeimar, Sign.: 37/I,9,3, Bl. 2–3. – Doppelblatt: 1. Bl. 18,9623 cm; 2. Bl. 18,9618,9(–19,2) cm, am unteren Rand beschnitten, rechter Seitenrand Mitte Siegelausriss, 1 1/2 S. (S. 1–2) beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; S. 4 Adresse: An Frau Rath / Goethe / nach / Franckfurt / am Mayn / fr., rotes Initialsiegel: „G“. – Beischluss: Nr 305. E: Frau Rath (1871), 86. WA IV 3 (1888), 186 f., Nr 646. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht tberlieferten Brief Catharina Elisabeth Goethes (vgl. zu 176,24). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 16. November 1777 (vgl. Datierung). 176,24 die seltsame Nachricht Ihres Briefes] Dem zeitlichen Kontext zufolge muss es sich um die Nachricht von der Verlobung Johann Georg Schlossers mit Johanna Fahlmer handeln. Goethes Schwester Cornelia Schlosser war am 8. Juni 1777, vier Wochen nach der Geburt ihrer zweiten Tochter, gestorben (vgl. zu 151,12). Zur selben Zeit, in der Goethe durch seine Mutter von der Verlobung seines Schwagers erfuhr, hat ihm dies auch Johanna Fahlmer mitgeteilt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 305). 176,25–177,1 dass das Schicksaal Ball mit ihm spielt] Ganz |hnlich hatte sich Goethe nach dem Tod der Schwester ge|ußert (vgl. 151,11–15; 154,19–22; 154,25–155,3). 177,5 Schwester] Cornelia Schlosser (vgl. zu 64,19–20; zu 151,3). 177,7 Falmer] Johanna Fahlmer; tber Goethes Verh|ltnis zu ihr vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 19. 177,10–11 von dem um mich Æ:::æ meine Geschwister] In Anlehnung an Matth|us 12,46–50: „Da er ÆJesusæ noch also zu dem volck redete, siehe, da stunden seine mutter und seine brtder draussen, die wollten mit ihm reden. Da sprach einer zu ihm: Siehe, deine mutter und deine brtder stehen draussen, und wollen mit dir reden. Er antwortete aber, und sprach Æ:::æ: Wer ist meine mutter? Und wer sind meine brtder? Und reckete die hand aus tber seine jtnger, und sprach: Siehe da, das ist meine mutter, und meine brtder. Denn wer den willen
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thut meines Vatters im himmel, derselbige ist mein bruder, schwester und mutter.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 15.) 177,13 Stuarts Finanz System von Lenzen] Gemeint ist die „Untersuchung der Grund-S|ze von der Staats-Wirthschaft als ein Versuch tber die Wissenschaft von der Innerlichen Politik bey freyen Nationen“ des schottischen Nationalukonomen James Denham-Steuart (5 Bde. Ttbingen 1769–1772). Jacob Michael Reinhold Lenz hatte sich die deutsche bersetzung des 1767 in London erschienenen Hauptwerks von Denham-Steuart vor seiner Abreise von Weimar nach Berka am 27. Juni 1776 von Goethe erbeten (vgl. Lenz, Briefe 2, 3). Ende November 1776, nachdem Lenz Weimar verlassen musste, ging er zun|chst nach Emmendingen zu Johann Georg Schlosser, weshalb sich das Buch vermutlich im November 1777 noch dort befand (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 136). Es muss aber wieder nach Weimar gelangt sein, da es 1788 noch in Goethes Bibliothek nachzuweisen war (vgl. Ruppert, ltestes Verzeichnis, 270, Nr 140). – Goethes Interesse an Denham-Steuarts „Grund-S|zen von der Staats-Wirthschaft“ stand im Zusammenhang mit seiner amtlichen T|tigkeit. Als Mitglied des Geheimen Consiliums gehurte er einer Kommission an, die sich mit den Problemen der weimarischen Kammer (Finanzbehurde) befasste (vgl. zu 141,16–18). 177,14 seine Schrifft sber die Gesezgebung] Johann Georg Schlossers „Vorschlag und Versuch einer Verbesserung des deutschen btrgerlichen Rechts ohne Abschaffung des rumischen Gesetzbuchs“ (Leipzig 1777). – Der Titel ist in Goethes Bibliothek nicht nachzuweisen. 177,14 Vater] Johann Caspar Goethe. 177,15 Poetas Graecos minores] Lat.: unbedeutendere griechische Dichter. – Wahrscheinlich handelte es sich um die Sammlung „Poetae Minores Graeci“, herausgegeben von dem englischen Mediziner und bersetzer Ralph Winterton, die in lateinischer und griechischer Sprache von 1635 bis 1712 in mehreren Auflagen in Cambridge erschienen war . 177,15 in folio] Hier: historisches Buchformat, Großformat, etwa 32–35 cm Rtckenhuhe. 177,16 Den Sophokles] In Goethes Bibliothek ist eine Ausgabe mit Tragudien des Sophokles im Original mit lateinischen bersetzungen tberliefert (vgl. Ruppert, 187, Nr 1337): Ai sot Rouojkeot| sqacxdiai rxfolemai epsa. Sophoclis tragoediae quae extant septem; cum versione latina. Additae sunt lectiones variantes; et notae viri doctissimi T. Johnson in quatuor tragoedias. 2 Bde. Glasgow 1745 (griech./lat.: Die sieben erhaltenen Tragudien des Sophokles. Des Sophokles Tragudien, von denen sieben erhalten sind; mit lateinischer bersetzung. Hinzugeftgt sind unterschiedliche Lesungen und Anmerkungen des hochgelehrten T. Johnson zu vier Tragudien [vgl. GB 6 II, zu 229,20]). 177,17–18 was ich fsr Petern restire] Restieren (lat.: restare): tbrig sein; (von Zahlungen) noch ausstehen, schulden, (mit einer Zahlung) im Rtckstand sein (vgl.
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auch Grimm 8, 824). – Ftr Peter im Baumgarten, der seit dem 12. August 1777 bei Goethe in Weimar lebte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 281). Nach fast sechswuchiger Abwesenheit war Goethe am 10. Oktober 1777 von Eisenach nach Weimar zurtckgekehrt (vgl. zu 160,16–17). 177,19 Meine Zahn und Backenwirthschafft] Schon w|hrend seines Aufenthalts in Eisenach hatte Goethe am 6. und am 12. September in Briefen an Charlotte von Stein von Zahnproblemen berichtet (vgl. 164,1–2; 165,8–9). 177,22 Mein Haushalt fwngt an sich zu ordnen] Mit Bezug auf die Umgestaltung seines Gartenhauses, mit der Goethe seit etwa M|rz 1777 besch|ftigt war (vgl. zu 131,20). Kurz vor seiner Reise nach Eisenach (vgl. zu 160,16–17) hatte Goethe zudem Peter im Baumgarten bei sich aufgenommen, der w|hrend seiner Abwesenheit bei Charlotte von Stein in Kochberg Betreuung fand (vgl. 159,18). Nach seiner Rtckkehr aus Eisenach am 10. Oktober 1777 schrieb Goethe an die Freundin, dass sie Petern Æ:::æ wohl noch behalten Æmugeæ bis ich eingerichtet bin (170,9–10). Noch am 16. November 1777 notierte er in sein Tagebuch: In’s Herrschafftshaus gezogen weil ich mit dem wieder anstreichen die Plackerey im Garten hatte. (GT I 1, 52.) 177,23 wie in einem Schiff auf dem Meere] Das Bild der Seefahrt verwendete Goethe wiederholt ftr sein Leben (vgl. zu 13,7–8; 106,17–107,29; vgl. auch GB 1 I, 230,6). 307. An Philipp Erasmus Reich
Weimar, 25. November 1777 ! ÆLeipzigæ
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 97. – Doppelblatt 19,2(–19,4)627,3 cm, /3 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Empfangs- und Antwortvermerk, Tinte: „1777. 1 - -. Xb‘ Weimar / Goethe / B‘“ (vgl. berlieferung zu Nr 21). E: Goethes Briefe an Leipziger Freunde (1849), 230, Nr 19. WA IV 3 (1888), 188, Nr 648. 1
BEI L AG E
Manuskript zum 4. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ (vgl. zu 177,26). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief (vgl. berlieferung) ist nicht tberliefert. 177,26 ersten Bogen der Phisiognomick] Es handelt sich um die erste Manuskriptsendung zum 4. und letzten Band von Lavaters „Physiognomischen Frag-
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menten“, dessen Druck Reich besorgte. Wie bei den vorhergehenden B|nden wurden die Manuskripte von Ztrich tber Frankfurt bzw. Weimar nach Leipzig befurdert. Aus Goethes Rechnungsbtchern von 1777 und 1778 geht hervor, dass er am 7. und 14. Dezember 1777 (vgl. GR/RB 1777, 4, Bl. 7v und 8r), am 14., 20. und 26. Januar sowie am 14. Februar, 5. und 10. M|rz (vgl. GR/RB 1778, 1, Bl. 4r, 4v, 5r, 6r, 8r) und schließlich am 2. und 16. April 1778 (vgl. GR/RB 1778, 2, Bl. 2r–4r) Pakete an Reich schickte, vermutlich mit weiterem Manuskript. Dazugehurige Briefe sind nicht tberliefert (vgl. EB 174, 177, 185 f., 189, 197–200, 203 f.). Der letzte tberlieferte Brief Goethes, der sich mit der Drucklegung der „Fragmente“ besch|ftigt, stammt vom 18. oder 19. M|rz 1778 (Nr 337). – Zur Leipziger Ostermesse, die 1778 am 10. Mai begann, erschien: Physiognomische Fragmente, zur Befurderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe, von Johann Caspar Lavater. Vierter Versuch. Leipzig und Winterthur, 1778. Bey Weidmanns Erben und Reich, und Heinrich Steiner und Compagnie (vgl. Allgemeines Verzeichniß derer Btcher, welche in der Frankfurter und Leipziger Ostermesse des 1778 Jahres entweder ganz neu gedruckt, oder sonst verbessert, wieder aufgeleget worden sind, auch insktnftige noch herauskommen sollen. Leipzig, bey M. G. Weidmanns Erben und Reich, S. 441). 177,28 Leyhaus] Auch „Pfandhaus“ oder „Lombard“ genannt, gegrtndet zu dem Zweck, „daß daselbst Leute von geringem Vermugen Geld in kleinen Posten, in der Geschwindigkeit gegen Pfand, erhalten kunnen.“ (Krtnitz 75, 698.) 177,28 Leybanck] hnlich wie das Leihhaus ein „Institut, von welchem die Geldbedtrftigen auf Pfand nach dessen Werth, viel oder wenig Geld bekommen kunnen“ (Krtnitz 75, 520). – Ftr Einrichtungen dieser Art interessierte sich Goethe als Mitglied einer Kommission, die sich seit Juli 1776 mit der Finanzlage des Herzogtums Sachsen-Weimar besch|ftigte (vgl. weiter zu 141,16–18). Im Brief vom 28. April 1777 hatte Goethe in diesem Zusammenhang von Reich bereits eine s|chsische und eine preußische Akzise-Ordnung erbeten (vgl. 141,16–17). Im Brief vom 18. Dezember 1777 bestellte Goethe die Berliner Leihordnung (187,16). 178,1 ein Conto zu machen] Eine Rechnung ausstellen. 308. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 29. November 1777 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 63. – 1 Bl. 19,567,4(–8) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „56.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 59), vgl. berlieferung zu Nr 18.
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BRIEF 309
E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 125 f. WA IV 3 (1888), 188 f., Nr 649. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 178,3 ich streiche gleich ab] Streichen: schnell gehen, laufen (vgl. Adelung 4, 434); hier im Sinne von ,sich heimlich davonmachen‘ (vgl. zu 148,7). – Goethe trat am 29. November eine heimliche Reise (GT I 1, 52) in den Harz an (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 309). 178,3 Feder] Schreib- und Zeichenfeder, offenbar ein Geschenk Charlotte von Steins (vgl. Beilage zu Nr 252). 178,5 Steinen] Josias von Stein, der wohl nach l|ngerer Abwesenheit wieder nach Weimar zurtckgekehrt war (vgl. zu 176,1–2). 178,6 in wunderbaar dunckler Verwirung] Von der inneren Unruhe, in der sich Goethe trotz seiner |ußerlich gefestigten Stellung in Weimar befand, ist in den vorausgehenden Briefen des Jahres 1777 vielfach die Rede (vgl. 131,1–2; 154,17–18). Auf seiner Reise durch den winterlichen Harz beschreibt sich Goethe, zumindest bis zur Brockenbesteigung am 10. Dezember, als Getriebenen, der an keinem Orte Ruh (183,5) findet. – ,Dunkel‘ im tbertragenen Sinn: „ohne klares Bewußtsein von etw, aber ahnungsvoll“ (GWb 2, 1293); etwa seit August 1777 von Goethe in seinen Briefen h|ufiger mit Bezug auf seinen Bewusstseinszustand gebraucht (vgl. zu 159,20–21). 178,7 Sturm] Wie Goethes Tagebucheintrag vom 29. November belegt, muss der vorliegende Brief ganz frth am Tag geschrieben worden sein: Frsh gegen sieben ab sbern Ettersberg in scharfen Schlossen ÆHagelæ (GT I 1, 52). Von der ersten Station der Reise heißt es im Tagebuch: 20 Min. auf 1 in Weissensee Æetwa 40 km nordustlich von Weimaræ. stsrmisch gebrochen Wetter, reine Ruh in der Seele Æ:::æ (ebd.). 309. An Charlotte von Stein
DAT I E RU N G
ÆElbingerodeæ, 2. Dezember Æ1777æ, ÆGoslaræ, 4. und 5. Dezember 1777 ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) wurde der Briefteil vom 2. Dezember in das Jahr 1778 eingeordnet. Der Inhalt, die bereinstimmungen mit dem Tagebuch und der Bezug zum vollst|ndig datierten Briefteil vom 4. und 5. Dezember 1777 (vgl. zu 179,9–10) verweisen darauf, dass er auf der am 29. November 1777 angetretenen Harzreise geschrieben wurde (vgl. die erste Erl|uterung zu 178,12) und ins Jahr 1777 gehurt. So wird er seit dem Erstdruck
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auch in den Ausgaben der Briefe an Charlotte von Stein datiert. – Mit dem Brief vom 4. und 5. Dezember 1777 wurde ein Bleystifft Blwttgen (179,9–10) mitgeschickt, das nach Antritt der Reise, doch vor dem 4. Dezember verfasst worden sein muss. Damit ist aller Wahrscheinlichkeit nach der mit Bleistift geschriebene Brief vom 2. Dezember gemeint, der demnach gemeinsam mit dem Brief vom 4. und 5. Dezember 1777 versandt wurde. Beide Briefteile werden daher im Unterschied zu den bisherigen Ausgaben unter einer Nummer mitgeteilt. BERLIEFERUNG
1) Briefteil vom 2. Dezember (178,9–179,7 d‘. 2 Dez.Æ:::æ Gute Nacht.): H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 103. – Doppelblatt 9,8616,5 cm, 3 1/4 S. beschr., egh., Bleistift, fltchtig geschrieben; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „62.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 64), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 128 f. WA IV 3 (1888), 189 f., Nr 650. 2) Briefteil vom 4. und 5. Dezember 1777 (179,8–180,16 Donnerst d‘ 4 Dez. Æ:::æ Sie steinen): H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 64. – 1 Bl. 17,5621,3 cm, von einem Doppelblatt abgetrennt, am linken Rand Reststreifen (etwa 0,7 cm) des zweiten Blattes, 1 4/5 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „57.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 60), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 130–132. WA IV 3 (1888), 190–192, Nr 651. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Am 29. November 1777 brach Goethe allein und inkognito zu einer Reise in den Harz auf (vgl. 220,32–33). Den Plan dazu muss er schon einige Zeit frther, sp|testens jedoch zwei Wochen zuvor, gefasst haben. Am 16. November vermerkte er im Tagebuch: Projeckte zur heimlichen Reise. (GT I 1, 52.) ber das Ziel ließ er seine Umgebung, darunter Charlotte von Stein, zun|chst im Ungewissen (vgl. zu 178,9), wenn auch davon auszugehen ist, dass er die Reise mit Erlaubnis des Herzogs antrat. Dieser war mit seinem Gefolge bereits am 27. November zur „Schweinsjagd nach Marcksuhl“, einem Jagdrevier stdlich von Eisenach, aufgebrochen (FB 1777, S. 223). Goethe schloss sich der herzoglichen Jagdgesellschaft erst reichlich zwei Wochen sp|ter, am 15. Dezember, in Eisenach an. Am 16. Dezember war er wieder in Weimar. – Wie er mehr als vierzig Jahre sp|ter in der „Campagne in Frankreich 1792“ schrieb, habe er seine Reise in den
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Harz angetreten, um das Bergwesen in seinem ganzen Complex, und wwr’ es auch nur flschtig, mit Augen zu sehen und mit dem Geiste zu fassen (WA I 33, 214). Seit Grtndung der herzoglichen Kommission zur Wiederaufnahme des Ilmenauer Kupferschieferbergbaus am 18. Februar 1777 gehurte Goethe zu deren Mitgliedern, besaß aber damals nur die allgemeinsten Begriffe von Bergbau (ebd.). Zeitlich f|llt die erste Erw|hnung seines Reiseplans zusammen mit der Erweiterung des Zust|ndigkeitsbereichs dieser Kommission auf „s|mtliche Bergwerks-Angelegenheiten“ in Ilmenau, die am 14. November 1777 beschlossen wurde (Bradish, 202; vgl. insgesamt ebd., 201–203, Nr 7). Schon ftr Anfang November ist die Erwerbung von Btchern tber den Harz und das Harzer Bergwesen belegt, deren Lekttre Goethes Reiseplan befurdert haben dtrfte (vgl. zu 183,22). Die Muglichkeiten, das Harzer Berg- und Htttenwesen zu studieren, bestimmten daher den Reiseverlauf vor allem des ersten Teils der Reise bis nach Clausthal. Geplant war sicher von vornherein auch der Besuch bei Friedrich Victor Leberecht Plessing in Wernigerode, der sich 1777 mehrfach Rat suchend an den ihm persunlich unbekannten Dichter in Weimar gewandt hatte (vgl. zu 179,15–18). Nach Goethes sp|ter Erinnerung habe die Absicht, seinen wunderlichen Correspondenten perstnlich zu sehen und zu prsfen, seinem Entschluss zur Harzreise wohl die Hwlfte des Gewichtes hinzugeftgt (Campagne in Frankreich 1792; WA I 33, 214). Die Briefe und Tagebuchaufzeichnungen sp|testens seit dem Sommer 1777 belegen aber auch, dass es außer diesen |ußeren Anl|ssen noch andere, muglicherweise weitaus gewichtigere Grtnde gab, die Goethe zu seinem winterlichen Ausflug ins Gebirge trieben (vgl. zu 178,6; 183,5). Wie zuletzt im Frthjahr und Sommer 1775 vor seinem endgtltigen Abschied aus Frankfurt befand er sich gegen Ende seines zweiten Weimarer Jahres in einer existenziellen Krise. Die Ursachen daftr waren vielf|ltiger Natur. Neben der Zunahme seiner Amtsgesch|fte war es vor allem das Verh|ltnis zu Charlotte von Stein, das Goethe einerseits begltckte und fest an seinen neuen Wohnort band, ihm andererseits aber immer wieder trtbe Stunden bereitete und ihn in einen Zustand stiller Traurigkeit (146,16–17) versetzte. In der Einsamkeit der winterlichen Berge suchte er daher Abstand zu gewinnen und sich Klarheit tber seinen ktnftigen Lebensweg zu verschaffen. Die heimliche Reise (GT I 1, 52) war somit der vorl|ufig letzte Versuch, ftr eine kurze Zeit aus der vorgezeichneten Lebensbahn als herzoglicher Minister, Freund und Berater Carl Augusts und Mitglied der Weimarer Hofgesellschaft auszubrechen. Vieles spricht daftr, dass die Brockenbesteigung von Anfang an geplant, wenn nicht sogar das eigentliche Ziel der Reise war, selbst wenn Goethe nicht sicher sein konnte, ob sie in der winterlichen Jahreszeit gelingen wtrde (vgl. zu 178,9; 184,16–19). Die Briefe an Charlotte von Stein (Nr 309–311) wie auch die Tagebuchaufzeichnungen in Nr 312 belegen, dass der Aufstieg zum Brocken ftr Goethe zu einem ,Orakel‘ wurde, „welches ihm die huhere Zustimmung verbtrgte ftr das, was in Weimar vor ihm lag“ (Schune, Harzreise, 44). Dass er
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dieses ,Abenteuer‘ im Winter unternahm, einer Jahreszeit, die in den klimatisch ohnehin raueren Gebirgsgegenden des Harzes das Reisen besonders erschwerte und eine Bergbesteigung als |ußerst schwierig erscheinen ließ (vgl. zu 184,18–19), unterstreicht die außerordentliche persunliche Bedeutung, die Goethe der Wallfahrt (181,21) zum winterlichen Brocken beimaß. Dies zeigt sich in den Briefen auf sprachlich-stilistischer Ebene in der Vielzahl metaphorischer Vergleiche und Anspielungen sowohl auf die Bibel als auch die antike Mythologie, wobei beide Bereiche in auffallender Weise verschmelzen (vgl. u. a. 179,19–20; 184,6–10). Vielf|ltige Beztge bestehen zudem zwischen den Briefen und dem wahrscheinlich ganz oder zu Teilen auf der Reise entstandenen Gedicht „Auf dem Harz im Dezember. 1778 Ærecte 1777æ“ (zuerst 1789 veruffentlicht unter dem Titel „Harzreise im Winter“ in Goethe’s Schriften. Bd 8, S. 61–64), im vorliegenden Band in der frthesten erhaltenen Fassung als Beilage zum Brief an Merck vom 5. August 1778 mitgeteilt (222,5–224,31; zum Gedicht vgl. u. a. Schune, Harzreise, 20–52; Wolf von Engelhardt: Goethes Harzreise im Winter 1777. In: GJb 104 [1987], 192–211). – Der Reiseverlauf l|sst sich aus den Briefen an Charlotte von Stein sowie den Tagebuchaufzeichnungen rekonstruieren (im Einzelnen vgl. vor allem die Erl|uterungen zu Nr 312): Goethes Harzreise 29. November–15. Dezember 1777 29. November
Weimar, Ettersberg, Weißensee, Greußen
etwa 50 km
30. November
Greußen, Sondershausen, Sundhausen, Nordhausen, Niedersachswerfen, Ilfeld etwa 50 km
1. Dezember
Ilfeld, Elbingerode, Rtbeland (Baumannshuhle), Elbingerode
etwa 40–50 km
2. Dezember
Elbingerode, Rtbeland (Baumannshuhle), Elbingerode
etwa 8 km
3. Dezember
Elbingerode, Wernigerode
etwa 12 km
4. Dezember
Wernigerode, Ilsenburg, Goslar
etwa 42 km
5. Dezember
Goslar, Rammelsberger Bergrevier (Erzbergwerk), Goslar
etwa 5 km
6. Dezember
Goslar, Erzhttten an der Oker (Blei-KupferHttte; Messinghttte), Goslar etwa 16 km
7. Dezember
Goslar, Clausthal
etwa 21 km
8. Dezember
Clausthal, Erzgruben (Caroline, Dorothee, Benedikte)
etwa 3 km
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9. Dezember
Clausthal (Silberhttte), Altenau
etwa 12 km
10. Dezember
Altenau, Torfhaus, Brocken, Torfhaus
etwa 19 km
11. Dezember
Torfhaus, Altenau, Clausthal
etwa 23 km
12. Dezember
Clausthal, Dammhaus, Bruchberg, Sankt Andreasberg
etwa 21 km
13. Dezember
Sankt Andreasberg, Lauterberg (Kunigshttte), Silkerode, Duderstadt etwa 40 km
14. Dezember
Duderstadt, Mthlhausen
etwa 50 km
15. Dezember
Mthlhausen, Eisenach
etwa 35 km
178,9 d‘. 2 Dez.] Der vorliegende Brief wurde laut Tagebuch in Elbingerode geschrieben (vgl. Datierung und GT I 1, 53), der Absendeort jedoch von Goethe bewusst verschwiegen. Erst nach seiner gelungenen Brockenbesteigung am 10. Dezember gab er der Freundin Aufschluss tber das Ziel seiner Reise (vgl. 184,16–18) und trug im ersten Teil des Briefes vom 7. bis 11. Dezember die Ortsnamen Clausthal (181,14) und Altenau (182,19) nach (vgl. 184,27). 178,10–12 Wie doch nichts abenteuerlich Æ:::æ das natsrliche!!!!!] ,Abenteuerlich‘ hier ,vom Gewohnten, Allt|glichen abweichend‘; beim jungen Goethe h|ufig in Korrelation zu ,nattrlich‘ gebraucht (vgl. GWb 1, 42), so auch in den Briefen Nr 289 (vgl. 167,32–33), Nr 311 (vgl. 183,14) sowie noch am 5. August 1778 im Brief an Merck tber die Harzreise (vgl. 220,31–32). – Hier mit Bezug auf den Beginn der winterlichen Reise durch das Harzgebirge. Unmittelbar vor Augen standen Goethe die Eindrtcke seiner beiden Besuche in der Baumannshuhle am 1. und 2. Dezember, von denen Charlotte von Stein aber erst durch die ftr sie bestimmten Tagebuchaufzeichnungen erfuhr (vgl. zu 186,5–6; zu 186,6). Die Baumannshuhle „mit ihren geheimnisvollen Abgrtnden, ihren seltsamen unterirdischen Tropfsteinbildungen und den Æ:::æ mit allen muglichen Kr|ften ausgestatteten Versteinerungen“ gehurte im 18. Jahrhundert – neben dem Brocken – auch deshalb zu den bevorzugten Zielen im Harz, weil die Reisenden nicht so sehr „landschaftliche Schunheit“ suchten, „sondern vornehmlich das Abenteuerliche, Seltsame und Geheimnisvolle“ (Btrger, 45.) 178,12 Heut wie ich auf einer Klippe sas] Muglicherweise die Christinenklippe in der N|he von Rtbeland, eine Felswand an der Bode, in historischen Reisefthrern als besondere Sehenswtrdigkeit gerthmt: „Noch mehr aber ist er der Schreckenfels. Diesen zu besuchen rathe ich Jedem an, der einen schauderhaft schunen Eindruck genießen und die Aussicht einer wahren Schweizerparthie haben will.“ (Gottschalck, 379.) Nicht auszuschließen ist, dass eine Stelle in der Baumannshuhle gemeint ist, wo sich Goethe am 2. Dezember Den ganzen Tag
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(186,7) tber aufgehalten hat; infrage kommt das so genannte „Roß“, „ein Felsen zwischen der ersten und zweiten Huhlenkammer, der sich nach oben gratartig verengte und auf der einen Seite zu einem steilen Abgrunde harabsenkte, so daß die Besucher ihn nur im Reitsitz rutschend und nicht ohne Gefahr tberschreiten konnten“ (Btrger, 51 f.). 178,12 Sie sollen sie sehn] Von der Umgebung Rtbelands wie auch aus dem Inneren der Baumannshuhle sind keine Zeichnungen Goethes tberliefert. 178,13 Wo mich Gttter Æ:::æ nicht gesucht hwtten.] Kunnte sich sowohl auf die Christinenklippe bei Rtbeland beziehen wie auch auf das Innere der Baumannshuhle, von der Goethe so beeindruckt gewesen sein muss, dass er nach einer ersten ktrzeren Besichtigung am Nachmittag des 1. Dezember den gesamten folgenden Tag dort verbrachte (vgl. zu 186,6). 178,13–14 Ich zeichne Æ:::æ nichts mitbringen] Lediglich zwei Zeichnungen Goethes haben sich erhalten, die muglicherweise vom Eingang der Baumannshuhle stammen und auf der ersten Harzreise entstanden sein kunnten (vgl. Corpus I, 73 f., Nr 188 und 189). 178,17 in der Grsnen Stube] Im ersten Stock der neuen Wohnung der Familie von Stein an der Ackerwand (vgl. zu 175,18). 178,18 im Stern] Im Weimarer Schlosspark unterhalb von Goethes Garten (vgl. zu 62,4). 178,18 Gold] Vgl. zu 25,19. 178,19 Im Dreckigen Jerusalem Schwedenborgs] Mit Bezug auf die von Emanuel Swedenborg in den „Arcana Coelestia“ beschriebene „spurca Hierosolyma“, die Hulle der Geizigen. Goethe kannte das Werk in der bersetzung Friedrich Christoph Oetingers, die er wahrscheinlich auch an Charlotte von Stein weitergegeben hatte (vgl. Beilage 2 zu Nr 187). Darin findet sich im Kapitel „Von der Hulle“ im dritten Abschnitt unter dem Titel „Von den Hullen der Geitzigen, von dem unsaubern Jerusalem Æ:::æ“ die folgende Schilderung: „In dieser Hulle sind grußten theils Juden, welche garstige Geitzh|lse gewesen sind Æ:::æ. Weil sie sich bey Leibes Leben eingebildet, und sich in der Phantasie verh|rtet haben, daß sie nach Jerusalem und in das heilige Land, welches sie besitzen sollten, kommen wtrden, und nicht haben wissen wollen, daß durch das neue Jerusalem das Reich des HErrn in den Himmeln und auf den Erden verstanden werde, so erscheinet ihnen, wann sie in das andere Leben kommen zur lincken der heissen Feuerhulle, ein wenig vorw|rts, eine Stadt, in welcher sie Hauffenweiß ankommen, es ist aber eine kothige und stinckende Stadt, deßwegen sie auch das unsaubere Jerusalem heißt, daselbst lauffen sie auf den Gassen im Schlamm und Koth bis tber die Knuchel herum, klagen und heulen.“ (Swedenborgs und anderer Irrdische und himmlische Philosophie, zur Prtfung des Besten ans Licht gestellt von Friedrich Christoph Oetinger. Frankfurt und Leipzig 1765. S. 136 f.)
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BRIEF 309
178,21 Die Trauer Æ:::æ in der Dwmmrung!] Anklang an die Sprache des Alten Testaments, vgl. u. a. Psalm 137,1: „An dem wasser zu Babel sassen wir, und weineten, wenn wir an Zion gedachten.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 523.) – ,D|mmerung‘ im pietistischen Verst|ndnis als Zwischenzustand der Seele, Zustand zwischen Gott und der Welt, zwischen Licht und Finsternis; zum Gebrauch des Begriffs beim jungen Goethe vgl. zu 45,16–17. 178,22–23 dass ich das Messer Æ:::æ nicht von Ihnen habe] Vielleicht hatte sich Goethe vor der Reise Messer und Strtmpfe von der Freundin gewtnscht, aber nicht mehr rechtzeitig bekommen. 179,1 Ihren Handschuh] Ftr ,ein Paar Handschuhe‘; hier wohl auch in Anspielung auf den symbolischen Gehalt „als Unterpfand der Liebe“ (GWb 4, 692). 179,1 ehmwnnischer Liebhaber] ,Ehem|nnisch‘ bei Goethe nur einmal in dieser scherzhaft paradoxen Verbindung belegt (vgl. GWb 2, 1379). 179,3 Einige Frazzen wo der Poete sich nicht verlwugnet] ,Fratzen‘ hier ftr „tbermttiger Spaß“, „harmlose Exzentrizit|t“ (GWb 3, 869); muglicherweise eine Anspielung auf das Reisen unter falschem Namen (vgl. 180,21–22). 179,4 Kaufmanns Diener Aufmercksamkeit] Okkasionelle Wortbildung Goethes; in metaphorischer Entgegensetzung zu den ,Fratzen des Poeten‘ im Sinne ,besonderer Sorgfalt‘, ,Achtsamkeit‘; Hapaxlegomenon (vgl. GWb 5, 316). 179,5 Auf seinem Pferde] Den grußten Teil der Reise unternahm Goethe zu Pferde (vgl. zu 187,13–14). In Weimar war er am 29. November allein aufgebrochen; von seiner ersten Station Greußen ritt er am frthen Morgen des 30. in Begleitung eines Boten (186,1), d. h. eines bezahlten Wegfthrers, weiter. Auch auf der n|chsten Station Ilfeld nahm Goethe einen Boten, der ihn bis Elbingerode begleitete (vgl. zu 186,1–2). 179,6 Mantelsackgen] Mantelsack, ein Reisebeh|ltnis, ursprtnglich aus Tuch zur Verwahrung des Mantels; sp|ter gleichbedeutend mit dem so genannten Felleisen, einem Reisebeh|ltnis aus Leder in zylindrischer oder viereckiger Form (vgl. Pierer 10, 841). 179,8 66666r] Goslar, wo Goethe am 4. Dezember eingetroffen war (vgl. „Goethes Harzreise“ in der einleitenden Erl|uterung zum vorliegenden Brief). Noch immer hielt er seinen Aufenthaltsort und somit auch die Reiseroute vor Charlotte von Stein geheim (vgl. zu 178,9). 179,9–10 Bleystifft Blwttgen] Briefteil vom 2. Dezember 1777 (vgl. berlieferung), der, nach Goethes Formulierung zu schließen, erst mit dem vorliegenden, am 4. Dezember begonnenen Brief abgeschickt wurde. 179,10–11 entsezlich Wetter Æ:::æ ausgestanden] Im Tagebuch vom 4. Dezember h|lt Goethe fest: 4. Uber Ilsenburg, auf Goslar Æ:::æ grimmig Wetter. (186,9–10.) 179,12 Schlossen] Schloßen: Hagel. 179,13 an einer Nordwand eines Waldgebsrgs] Die Reiseroute von Werni-
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gerode tber Ilsenburg und Harzburg nach Goslar fthrt etwa 25 km an der Harznordwand entlang. 179,15–18 Mein Abenteuer Æ:::æ muss es Geheimniss seyn.] Anspielung auf den Besuch bei Friedrich Victor Leberecht Plessing, den Goethe, wie sein Reisetagebuch ftr Charlotte von Stein nahelegt, am 3. Dezember besucht hatte: auf Wernigerode. mit P. ÆPlessingæ spazieren auf die Berge pppp. (186,8; ebenso GT I 1, 53.) Der mit Goethe gleichaltrige Plessing war der Sohn eines Wernigeroder Theologen. Nach juristischen Studien in Guttigen, einer kurzen Zeit als F|hnrich in einem niederl|ndischen Regiment und einem Theologiestudium in Wittenberg, Halle und Leipzig war er – wahrscheinlich ohne regul|ren Abschluss – ins Elternhaus zurtckgekehrt. Wie viele seiner Generation war auch er ein begeisterter Leser der „Leiden des jungen Werthers“ (vgl. GT II 2, zu 175,4–5), dessen Verfasser er 1777 brieflich um Rat gebeten hatte. – Die Begegnung mit Plessing in Wernigerode beschrieb Goethe ausfthrlich in seiner 1821/22 entstandenen autobiographischen Schrift „Campagne in Frankreich 1792“ (vgl. WA I 33, 208–226): Er habe in Plessing einen grtblerisch introvertierten Mann kennen gelernt, der von der Außenwelt niemals Kenntniß genommen, dagegen sich durch Lectsre mannichfaltig ausgebildet, alle seine Kraft und Neigung aber nach innen gewendet und sich auf diese Weise, da er in der Tiefe seines Lebens kein productives Talent fand, so gut als zu Grunde gerichtet hat (ebd., 222). Goethes Bemthen, Plessing die Natur und ihre grwnzenlose Mannichfaltigkeit als das beste Heilmittel (ebd., 223) nahezubringen, sei ohne Erfolg geblieben. Mit der Versicherung, es ktnne und solle ihm ÆPlessingæ nichts in dieser Welt gensgen, wurde Goethe so entschieden abgewiesen, dass er sich schließlich durch den beschwerlichen Weg, im Bewußtsein des besten Willens Æ:::æ von jeder weiteren Pflicht entbunden glaubte. (Ebd., 225.) Er habe am n|chsten Morgen brieflich Abschied genommen und sei weiter nach Goslar geritten (vgl. ebd., 226). Auch wenn die Schilderung, die erst mehr als vierzig Jahre sp|ter entstand, keineswegs als authentischer Reisebericht zu lesen ist und in vielen Details nicht zuverl|ssig sein mag (vgl. z. B. zu 180,21), finden sich doch Parallelen zu den Aufzeichnungen, die unmittelbar w|hrend der Harzreise niedergeschrieben wurden. So bezeichnet Goethe noch in der „Campagne“ den tberstandenen Besuch bei Plessing analog zum vorliegenden Brief als ein Abenteuer (WA I 33, 226). Ebenso stimmt die Schilderung des morgendlichen Rittes am Nordosthang des Harzes mit den Tagebuchaufzeichnungen und Briefen an Charlotte von Stein tberein (vgl. ebd.). Die ,Plessing-Episode‘ der „Campagne“ leitet Goethe mit vier Strophen aus dem Gedicht „Harzreise im Winter“ ein (vgl. ebd., 217 f.; vgl. Beilage zu Nr 388). Dadurch sowie durch Goethes 1821 im 3. Band von „ber Kunst und Alterthum“ erschienener Entgegnung auf die „Harzreise“-Interpretation Carl Ludwig Kannegießers (vgl. WA I 41.1, 328–339) wurde eine stark an der Biographie
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des Dichters orientierte Interpretationstradition begrtndet, die den ,Ungltcklichen‘ und ,abseits Stehenden‘ des Gedichts mit der Person Plessings gleichsetzte. Erst etwa seit den 1970er Jahren wurde dieser Ansatz u. a. durch die Einbeziehung der Reisebriefe und Tagebuchaufzeichnungen erheblich ausgeweitet, sp|ter zum Teil auch g|nzlich abgelehnt (eine Zusammenfassung der neueren Interpretationen bietet Bernd Leistner: Harzreise im Winter. In: Goethe-Handbuch3 1, 159–163). – Der Kontakt zwischen Goethe und Plessing blieb nach der ersten persunlichen Begegnung noch einige Jahre bestehen. Wahrscheinlich vom 22. bis 24. Februar 1778 besuchte Plessing den Dichter in Weimar (vgl. GT I 1, 61), mit dem er auch weiterhin im Briefwechsel stand. Erhalten hat sich allerdings nur ein Brief Goethes an Plessing vom 26. Juli 1782 (WA IV 6, Nr 1531). Briefe Plessings an Goethe sind nicht tberliefert. Zu einer letzten persunlichen Begegnung Goethes mit Plessing kam es Ende 1792 in Duisburg, wo dieser seit 1788 an der Universit|t als Professor der Philosophie angestellt war (vgl. Campagne in Frankreich 1792; WA I 33, 208). 179,19–20 die Gttter wissen allein Æ:::æ ihr Wille geschehe] Der letzte Teil in Anklang an den Beginn des „Vaterunsers“: „Unser Vatter in dem himmel. Dein name werde geheiliget. Dein reich komme. Dein wille geschehe auf erden, wie im himmel.“ (Matth|us 6,9–10; Luther-Bibel 1772 NT, 8.) – Wohl auch mit Bezug auf den Besuch bei Plessing; mit deutlichen Parallelen hierzu schrieb Goethe noch im Brief an Plessing vom 26. Juli 1782: So viel kann ich Sie versichern daß ich mitten im Glsck in einem anhaltenden Entsagen lebe, und twglich bey aller Mshe und Arbeit sehe daß nicht mein Wille, sondern der Wille einer hthern Macht geschieht, deren Gedancken nicht meine Gedancken sind. (WA IV 6, 14.) – In Anklang daran die Verse 6–8 des Gedichts „Auf dem Harz im Dezember. 1778 Æ1777æ“: Denn ein Gott hat / Jedem seine Bahn / Vorgezeichnet (222,12–14). 179,21 in Mauern und Dwchern des Alterthums] Anspielung auf das mittelalterliche Gepr|ge der (bis 1803) freien Reichsstadt Goslar mit Stadtmauer, Wehrttrmen, Kirchen, Dom und Kaiserpfalz (aus dem 11. Jahrhundert). – ,Altertum‘ hier mit Bezug auf das deutsche Mittelalter (vgl. GWb 1, 429). Noch st|rker empfand Goethe den anachronistischen Charakter Goslars, als er nach Clausthal kam (vgl. 186,15–16). 179,22 Bey einem Wirthe] Johann Nicolaus Scheffler (vgl. 186,9); sein Gasthaus in der Worthstraße 2 in der N|he des Marktplatzes soll noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts bestanden haben (vgl. Dennert, 13, Anm. 3). 179,23 Philisterey] Hier auf den Hauswirt und guten Gastgeber bezogen (vgl. Grimm 7, 1827 f.); nicht im tblichen pejorativen Sinn gebraucht, in dem auch Goethe das Wort tberwiegend verwendet (vgl. GB 1 I, 223; 227; 239; vgl. die Paraphrasierung in „Zu brtderlichem Andenken Wielands / 1813“; WA I 36, 322).
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180,1–2 was schencken Æ:::æ auf so einer Reise braucht] Mit Bezug auf die wenig sp|ter erw|hnte Uhr. 180,2 in] Oberdt. ftr die „im Hochdeutschen außer der Zusammensetzung veraltete Partikel“ ,ein‘ (vgl. Adelung 1, 1686). 180,10 Sorglichkeit] Besorgtheit, Sorge; Ende des 18. Jahrhunderts im Hochdeutschen veraltet (vgl. Adelung 4, 152). 180,13 d‘ 5. Dez.] Am 5. Dezember besuchte Goethe von Goslar aus die Bergwerke am Rammelsberg, dem alten Bergbaurevier stdlich der Stadt (vgl. die erste Erl|uterung zu 186,11). 180,16 steinen] Josias von Stein. 310. An Charlotte von Stein
ÆGoslaræ, 6. und 7. Dezember 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 65. – 1 Bl. ca. 17621,6(–22,1) cm, 1 1/5 S. beschr., egh., Tinte; Rs. quer zum Brieftext Adresse: Frau v. Stein, Reste eines roten Siegels; am linken und rechten Rand auf Falz geklebt, geringftgiger Buchstabenverlust (vgl. 181,10; 181,11); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „58.a“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 61), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 132 f. WA IV 3 (1888), 192 f., Nr 652. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 180,17 – r] Goslar, wo Goethe am 4. Dezember eingetroffen war und bis zum 7. Dezember blieb (vgl. zu 179,21 und die einleitende Erl|uterung zu Nr 309). Seinen Aufenthaltsort und somit auch die Reiseroute hielt er noch immer vor Charlotte von Stein geheim (vgl. zu 178,9). 180,19 sonderbaare] Sonderbar: hier wohl in der Ende des 18. Jahrhunderts bereits zurtckgedr|ngten Bedeutung von „besondere von andern sich vorztglich auszeichnende Eigenschaften an sich habend, ohne ihre Beschaffenheit weiter zu bestimmen“ (Adelung 4, 141 f.). 180,19 unbekannt] Hier im Sinne von ,unerkannt‘, ,inkognito‘. 180,21 Ich heise Weber, bin ein Mahler] Als Johann Wilhelm Weber aus Darmstadt trug sich Goethe auch am 8. Dezember im G|stebuch der Grube „Dorothee“ bei Clausthal ein (vgl. zu 186,21). Der Nachname ist eine bersetzung von Textor (lat.: Weber), des Familiennamens seiner Frankfurter Großeltern mttterlicherseits. – In der ,Plessing-Episode‘ der „Campagne in Frankreich 1792“
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aus den Jahren 1821/22 dagegen schreibt der Dichter, er habe sich bei Friedrich Victor Leberecht Plessing in Wernigerode als Zeichenksnstler von Gotha eingefthrt, der wegen Familienangelegenheiten in dieser unfreundlichen Jahrszeit Schwester und Schwager in Braunschweig zu besuchen habe. (WA I 33, 219; vgl. zu 179,15–18.) Schon frther war Goethe verschiedentlich unter fremdem Namen gereist, so bei seinem ersten Besuch der Pfarrersfamilie Brion in Sesenheim (vgl. AA DuW 1, 357 [10. Buch]); seine Reise nach Italien trat er als Johann Philipp Muller an (vgl. GB 6 II, zu 242,24). Im Brief an Schiller vom 9. Juli 1796 erkl|rt Goethe diese Neigung zur Camouflage aus seiner innersten Natur, aus einem gewissen realistischen Tic, durch den er seine Existenz, seine Handlungen, seine Schriften den Menschen aus den Augen zu rscken behaglich f|nde: So werde ich immer gerne incognito reisen, das geringere Kleid vor dem bessern wwhlen, und, in der Unterredung mit Fremden oder Halbbekannten, den unbedeutendern Gegenstand oder doch den weniger bedeutenden Ausdruck vorziehen, mich leichtsinniger betragen als ich bin und mich so, ich mtchte sagen, zwischen mich selbst und zwischen meine eigne Erscheinung stellen. (WA IV 11, 121.) 180,24 Frauens] Dativ Plural zur oberdeutschen Form ,Fraue‘; in der Schriftsprache im ausgehenden 18. Jahrhundert veraltet (vgl. Adelung 2, 271). 180,27 erstes viertel] Am 6. Dezember 1777 war zunehmender Halbmond, Abschluss des astronomischen ,ersten Viertels‘ (bezogen auf den vollen Mondzyklus). 180,27–28 ich hab einen Wunsch Æ:::æ grosen dancks werth.] Das Gelingen der Brockenbesteigung, die, wie der Kontext nahelegt, wiederum als Zeichen der Zustimmung ftr etwas Umfassenderes, die Richtung der eigenen Existenz Betreffendes gelten sollte (vgl. zu 184,6–9); Vollmond war im Dezember 1777 erst am 14., Goethes Brockenwanderung fand schon am 10. statt (vgl. 184,18). 180,29 wollt ich zeichnen] Vgl. zu 178,13–14. 181,1 merckwsrdigen] ,Merkwtrdig‘ im 18. Jahrhundert meist im Wortsinn „wtrdig, oder werth, gemerket, d. i. im Ged|chtnisse behalten zu werden“ (Adelung 3, 183). 181,3–4 wenn Æ:::æ aus Abend und Morgen Ein Tag wird] In Anklang an 1 Mose 1,5: „Da ward aus abend und morgen der erste tag.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 1.) 181,5 heimweh] So beginnt auch die Tagebucheintragung: d. 7. Heimweh. (GT I 1, 53.) Schon im Herbst 1777 war Goethe w|hrend seines Aufenthaltes in Eisenach und Umgebung vom Heimweh nach Weimar geplagt worden (vgl. zu 170,3). – Zudem war der 7. Dezember auch der Geburtstag von Goethes im Juni verstorbener Schwester (vgl. 186,17–18). 181,6 mein Thal] Das Ilmtal; sowohl mit Bezug auf die Stadt Weimar wie auch auf Goethes Garten mit Blick auf das Tal (vgl. zu 62,4).
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181,8–9 heut will ich hier weg Æ:::æ einigermassen nwher] Am 7. Dezember ritt Goethe von Goslar in das etwa 21 km stdwestlich gelegene Clausthal (vgl. 186,14). 181,10 michÆsæ] Buchstabenverlust (vgl. berlieferung). 181,11 frsheÆræ] Buchstabenverlust (vgl. berlieferung).
311. An Charlotte von Stein Clausthal, 7.–9., Altenau, 9. und 10., Torfhaus, 10., Clausthal, 11. Dezember Æ1777æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Der Briefteil vom 7. bis 9. Dezember ist im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) in das Jahr 1778 eingeordnet. Absendeorte, Inhalt und Parallelen zum Tagebuch belegen, dass er auf der am 29. November 1777 angetretenen Harzreise geschrieben wurde (vgl. u. a. zu 181,14–15) und ins Jahr 1777 gehurt. Die im Konvolut vorgenommene Einordnung des zweiten Briefteils vom 10. und 11. Dezember ins Jahr 1777 wird durch Absendeorte (vgl. 184,28; 184,30), Inhalt und Parallelen zum Tagebuch best|tigt. Beide Briefteile wurden bislang auch so datiert, allerdings unter getrennten Nummern gedruckt. Dass beide Teile gemeinsam versandt wurden und daher als ein Brief wiederzugeben sind, folgt aus Goethes Angabe im Teil vom 10. und 11. Dezember, nun erst die Absendeorte im Briefteil vom 7. bis 9. erg|nzt zu haben, den er folglich noch nicht abgeschickt haben konnte (vgl. zu 184,27). BERLIEFERUNG
1) Briefteil vom 7. bis 9. Dezember (181,14–183,34 Clausthal. Æ:::æ Liebe der Gttter.): H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 104. – Doppelblatt 16,8(–17) 620,7(–21) cm, Btttenrand, 4 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „63.“, unten rechts von fremder Hd, Bleistift: „ist 1777“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 65), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 134–138. WA IV 3 (1888), 193–197, Nr 653. 2) Briefteil vom 10. und 11. Dezember (184,1–185,26 d‘ 10 Vor Tag Æ:::æ Adieu. G.): H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 66. – Doppelblatt ca. 17620,6 cm, 3 1/4 S. beschr., egh., Tinte, fltchtig geschrieben; S. 1 oben rechts von fremder Hd,
Abb. 5: Brocken im Mondlicht, 10. Dezember 1777 (zu Nr 311)
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Tinte: „58b“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 62), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 138–141. WA IV 3 (1888), 199–201, Nr 655. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 181,14–15 Clausthal. * * l. d‘. 7 Dez Abends.] Wie in den vorangehenden Briefen hatte Goethe zun|chst den Absendeort noch geheimhalten wollen und nur dessen letzten Buchstaben angegeben (vgl. zu 178,9); den vollen Ortsnamen erg|nzte er erst nach der gelungenen Brockenbesteigung (vgl. 184,27). – Clausthal (heute Clausthal-Zellerfeld) war eine der im 16. Jahrhundert gegrtndeten sieben Freien Bergst|dte des Oberharzes, Sitz des kurftrstlich braunschweigischen (,kurhannoverschen‘) Bergamtes; es gehurte zum so genannten ,Einseitigen Harz‘, im Unterschied zum ,Communion-Harz‘, dessen Bergwerke und Httten von den Herzugen von Braunschweig-Ltneburg gemeinsam verwaltet wurden. Sitz des herzoglich braunschweigischen Bergamtes war Zellerfeld. – In Clausthal soll Goethe ein Zimmer im Rathaus oder in der „Goldenen Krone“ bewohnt haben (vgl. Denecke, 43). 181,15 Schtne Mondnacht] Vgl. zu 180,27. 181,16–17 weil ich Æ:::æ das Clima so sehr verwndern kann] Versehentlich ftr ,weil sich Æ:::æ ver|ndern kann‘. – Klima: im 18. Jahrhundert noch ftr „Erdstrich, Himmelsstrich, Erdgtrtel, Æ:::æ Zone“ (Adelung 2, 1629); hier in der weiteren Bedeutung ftr ,Witterung‘, ,Wetter‘ (vgl. ebd.). 181,19 sonderbaaren] Sonderbar: hier wohl in verst|rkendem Sinne von ,besonders‘, ,außerordentlich‘ (vgl. die erste Erl|uterung zu 180,19). 181,19–20 Dramatisch-ministerialischen Effeckt] Anspielung sowohl auf die Wirkung der Naturschauspiele der Harzer Berge und Huhlen wie auch auf den Nutzen, den Goethe ftr seine Aufgaben als Mitglied der Bergwerkskommission aus den Besuchen der Bergwerke und Httten, insbesondere des Rammelsberger Reviers und der Erzhttten an der Oker, zog. – Effekt: sonst bei Goethe tberwiegend auf den ktnstlerischen Bereich beschr|nkt, hier im allgemeineren Sinne von ,Wirkung‘, ,Resultat‘ (vgl. GWb 2, 1374). – Ftr Charlotte von Stein dtrfte sich die Bedeutung dieser wie vieler anderer Stellen in Goethes Briefen wohl erst erschlossen haben, nachdem sie tber Ziel und Zweck der Reise aufgekl|rt worden war. 181,21 Wallfahrt] Hier ftr die gesamte Harzreise, deren Huhepunkt die Brockenbesteigung werden sollte. – Auch Ztckert bezeichnet die von ihm als ungewuhnlich erw|hnte winterliche Brockenbesteigung von Christlob Mylius als „Wallfahrt“ (Ztckert, Unterharz, 11). 182,1 d‘ 8 Dez. Nachts.] Am 8. Dezember war Goethe in die Clausthaler Gruben eingefahren (vgl. zu 186,19) und tbernachtete wieder in Clausthal.
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182,3 die Menschen wirthschafft] Vgl. den Tagebucheintrag vom 8. Dezember: Spazieren und Spas mit den Fremden. (GT I 1, 54.) 182,6 d‘. 9.] Am 9. Dezember besuchte Goethe die Silberhttte in Clausthal (vgl. die erste Erl|uterung zu 186,22). 182,7–8 der Schnee Æ:::æ Gefshl von Frthligkeit] Noch in der „Campagne in Frankreich 1792“ erinnert sich Goethe, wie Alles Winterwesen Æ:::æ in jener Zeit der ersten Harzreise ftr ihn große Reize gehabt h|tte (WA I 33, 214). 182,8 In meiner Verkappung] Hier mit Bezug auf Goethes Inkognito (vgl. zu 180,21). – Verkappen: „Figtrlich nennt man jemanden verkappt, wenn er sich aus buser Absicht unter einem falschen Nahmen verbirget.“ (Adelung 4, 1067.) 182,12 Hundsfstter] Hundsfott: besonders feiger, nichtswtrdiger Mensch; nach Adelung ein „sehr niedriges Schimpfwort Æ:::æ, welches ftr die huchste wurtliche Beschimpfung gehalten wird“ (2, 1322). 182,14–15 Menschen Æ:::æ Geschwfft haben] Wohl vor allem mit Bezug auf die Bergleute, mit denen Goethe u. a. in die Clausthaler Gruben eingefahren war und von denen er im Folgenden berichtet; mit gemeint sein kunnte auch der im Tagebuch erw|hnte Apotheker Ilsemann (vgl. die zweite und dritte Erl|uterung zu 186,22). 182,16–17 wollsstigen] ,Wolltstig‘ hier im allgemeineren Sinn ,dem Wohlleben ergeben‘, ,bequem‘, ,tr|ge‘ (vgl. Grimm 14 II, 1404). 182,19 d 9 Dez. Abends * * * au. Altenau] Der volle Ortsname wurde erst am 10. Dezember nach der Brockenbesteigung nachgetragen. – Altenau war die jtngste der sieben im 16. Jahrhundert gegrtndeten Freien Bergst|dte im Oberharz und gehurte zum ,Einseitigen Harz‘ (Kur-Hannover). Bereits 1762 war der Altenauer Bergbau wieder eingestellt worden. Ftr die nicht sehr ergiebige Silber- und Eisenerzhttte, die 1777 noch betrieben wurde, scheint sich Goethe nicht interessiert zu haben. Die auf etwa 460 m Huhe in Sichtweite zum etwa 12 km entfernten Brocken gelegene Bergstadt war ftr ihn der Ausgangspunkt ftr seine Brockenbesteigung. Sein Quartier bezog er im Rathaus (Markt) (vgl. Denecke, 47 f.). 182,19 die Unruhe] Vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 309. 182,20 stickt] Sticken: alte Nebenform zu ,stecken‘ (vgl. Grimm 10 II 1, 1319); Goethe war vor allem die flektierte Form ,stickt‘ gel|ufig, in seinen Briefen noch bis in die 1820er Jahre belegt. 182,26–29 die Menschen erst mich nicht achteten Æ:::æ schiefer Prwtensionen] Vgl. dazu die vierte Strophe des „Harzreise“-Gedichts, besonders deren Verse 5–8: Erst verachtet, nun ein Verwchter / Zehrt er heimlich auf / Seinen eigenen Werth / In ungnsgender Selbstsucht. (223,16–19.) – Pr|tension: eigentlich ein juristisch begrtndeter Anspruch (vgl. Zedler 29, 128); hier im Sinne von franz. prtention: Anspruch, Anmaßung, Hochmut.
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183,1 streichen sich recht auf mir auf] Aufstreichen: hier im tbertragenen Sinn, wie bei der Probe von Edelmetallen, „ab-, entlangstreichen auf dem Probierstein (zur Ermittlung des Feingehalts)“ (GWb 1, 1029). 183,3 Summa Summarum] Lat.: alles in allem. 183,5 Gold] Vgl. zu 25,19. 183,5 Ich hab an keinem Orte Ruh] Vgl. den berblick tber Goethes Reiseroute in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 309. 183,6–7 in seltsame Gegenden streifen] Anspielung auf die geplante Besteigung des Brockens, von der Goethe erst im folgenden Briefteil vom 10. Dezember berichtet (vgl. 184,23–26). 183,7 einen Fshrer durch den Schnee] Wie aus dem folgenden Briefteil hervorgeht, fand sich schließlich der Furster Johann Christoph Degen bereit, Goethe zu begleiten. – Zeitgenussische Beschreibungen des so genannten ,Oberharzes‘ heben die strengen und schneereichen Winter hervor, so auch Ztckert: „In den Monaten October, November, December, Januarius und Februarius schneiet es hier fast best|ndig, und nicht selten drey bis vier und mehr Tage ohne Aufhuren hinter einander, daß der Schnee in den St|dten bis an die Fenster des untersten Stockwercks reichet, und die Th|ler bis an die Huhe der Berge anftllet.“ (Ztckert, Ober-Harz, 178.) Generell waren im 18. Jahrhundert im Vergleich zu heute nicht nur im Harz die Winter k|lter, schneereicher und l|nger, eine der Auswirkungen der so genannten Kleinen Eiszeit, einer Phase vergleichsweise kthlen Klimas, die, wenngleich mit großen Schwankungen, etwa vom Anfang des 15. bis in das 19. Jahrhundert hinein dauerte. 183,10 dencke Æ:::æ an den Herzog] Herzog Carl August war seit dem 27. November auf der Schweinejagd (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 309); ein literarischer Bezug findet sich auch in der sechsten Strophe des „Harzreise“Gedichts: Seegne die Brsder der Jagd / Auf der Fwhrte des Schweins / Mit iugendlichem Uebermuth / Frthlicher Mordsucht! (223,30–33.) 183,12–14 das natsrliche zu was abenteuerlichem Æ:::æ natsrlich wird] So schon im Brief vom 2. Dezember (vgl. zu 178,10–12). Noch deutlicher macht Goethe seine Abneigung, das natsrliche abenteuerlich (220,31) zu machen, im Brief an Merck vom 5. August 1778, in dem er tber seine Reise auf den Harz (220,30) berichtet (vgl. 220,30–32). 183,15 auf ab] Hier im zeitlichen Sinn: ungef|hr, gegen (vgl. GWb 1, 908). 183,15–16 vor neun Jahren kranck zum Todte] Goethe hatte als Leipziger Student im Frthsommer 1768 einen so genannten ,Blutsturz‘ erlitten, von dem er sich nur langsam erholte. Nach seiner Rtckkehr ins Elternhaus brach Anfang Dezember die Krankheit erneut und in noch schwererer Form aus, so dass die Angehurigen um sein Leben ftrchteten (vgl. GB 1 II, zu 152,18–19). – Zu Goethes Rekonvaleszenz in den Jahren 1768/69 vgl. Matouschek, 35–43. 183,16–17 meine Mutter schlug Æ:::æ ihre Bibel auf] Das willktrliche
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,Aufschlagen‘ einer Bibelstelle als eine Art Orakelbefragung war bei den Pietisten, insbesondere bei den Herrnhutern, sehr beliebt und gehurte zu den festen Ritualen ihres Glaubens. Das ,Aufschlagen‘ von Bibelstellen und frommen Sprtchen wurde auch von Goethes Mutter und zeitweise von Goethe selbst praktiziert (vgl. GB 1 II, zu 189,20–21). 183,18–19 „Man wird wiederum Weinberge pflanzen Æ:::æ dazu pfeifen.“] Jeremia 31,5. – Im Briefwechsel mit der Mutter begegnet dieser Bibel-Vers mehrfach, so im Brief Goethes vom 7. Dezember 1783: Hwtte man Ihnen in dem btsen Winter von 69 in einem Spiegel vorausgezeigt, daß man wieder auf solche Weise an den Bergen Samariw Weinberge pflanzen und dazu pfeifen wsrde, mit welchem Jubel wsrden Sie es angenommen haben. (WA IV 6, 222; vgl. 288,17–21.) Catharina Elisabeth Goethe beginnt mit diesem Vers einen ihrer letzten Briefe an den Sohn: „Dein Brief vom 9ten May hat mich erquickt und hoch erfreut – Ja Ja man pflantzt noch Weinberge an den Bergen Samarie – man pflantzt und pfeift!“ (3. Juni 1808; Pfeiffer-Belli, 882.) 183,22 Dass ich iezt um und in Bergwercken lebe] In Vorbereitung seiner Reise hatte Goethe Btcher tber das Berg- und Htttenwesen sowie die „Naturgeschichte“ des Harzes erworben. Aus einer Rechnung des Weimarer Buchh|ndlers Carl Ludolf Hoffmann geht hervor, dass er am 1. November 1777 „Voigts Bergwerksstaat“ und „Ztckerts Bergwerksverfaßung“ gekauft und am 12. M|rz 1778 bezahlt hat (GR/Belege 1778, 1, Bl. 21). Es handelt sich im ersten Fall um Johann Gottlieb Voigts „Bergwerksstaat des Ober- und Unterhaarzes“ mit Anmerkungen von Julius Johann Madihn (Braunschweig 1771), tberliefert in Goethes Bibliothek (Ruppert, 747, Nr 5213). Auch Johann Friedrich Ztckerts Werk „Die Naturgeschichte und Bergwercksverfassung des Ober-Hartzes“ (Berlin 1762) ist noch in Goethes Bibliothek vorhanden (Ruppert, 753, Nr 5305). Mit eingebunden in das Exemplar ist zudem ein weiteres Buch desselben Autors, „Die Naturgeschichte einiger Provinzen des Unterharzes nebst einem Anhange von den Mannsfeldischen Kupferschiefern“ (Berlin 1763; Ruppert, 753, Nr 5306), das offenbar zugleich mit dem oben genannten erworben wurde (nach der Buchbinderrechnung vom 21. M|rz 1778; GR/Belege 1778, 1, Bl. 26). – Voigts Buch ist ein zeitgenussisches Kompendium des Harzer Bergwesens, das nach Meinung des Autors „ohnstreitig unter die vorztglichsten in Europa“ gehurt (Voigt/Mahdin, Bergwerksstaat, 9). Ztckerts Ansatz ist dagegen umfassender, er muchte „den Leser und forschenden Reisenden in den Stand“ setzen, „die Naturgeschichte des H a r t z e s mit leichterer Mthe zu erweitern; und den letztern hoffe ich noch dadurch einen Dienst zu leisten, daß sie jetzt ein Buch haben, worin sie alles, was bisher vom Hartz beobachtet worden, und was in andern Btchern steht, allhier vereint und erweitert finden“ (Ztckert, Ober-Harz, Vorbericht, o. S.). – Goethe w|hlte seine Reiseroute so, dass er die als die reichsten und ergiebigsten beschriebenen Gruben und Htttenwerke vor allem im Rammelsberger Revier bei Goslar und
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in der Umgebung von Clausthal besuchen konnte (vgl. die erste Erl|uterung zu 186,11; die erste Erl|uterung zu 186,12). Bis zum Aufenthalt in Clausthal standen der Bergbau und das Htttenwesen eindeutig im Mittelpunkt von Goethes Interesse, unterbrochen wurden die Besichtigungen nur durch den Besuch bei Plessing in Wernigerode. In Altenau dagegen war Goethe ausschließlich mit dem bevorstehenden Brockenaufstieg befasst. 183,23–24 Gestern Æ:::æ Compliment gemacht.] Am 8. Dezember hatte Goethe im Clausthaler Revier die Gruben „Dorothee“, „Caroline“ und „Benedicte“ besichtigt (vgl. GT I 1, 53); der im Folgenden beschriebene Steinschlag ereignete sich wahrscheinlich in der „Dorothee“ (vgl. zu 186,19). 183,24 Der Geschworne] Ein vom Bergherrn eingesetzter und vereidigter Aufseher tber eine bestimmte Zeche. 183,31 meine schwancke Person] Schwank: schwankend, dtnn, biegsam; hier tbertragen auf die menschliche Gestalt: schlank, schm|chtig (vgl. Grimm 9, 2246 f.). 183,33–34 Also dass Ihre Liebe Æ:::æ die Liebe der Gttter.] Auch der gltckliche Ausgang dieses Ereignisses wird ftr Goethe zu einem Zeichen, das er in seinem Sinne auslegt. 184,1 wieder hier aufbreche] Von Altenau nach dem etwa 8 km entfernten Torfhaus, von wo aus Goethe den Brocken bestieg (vgl. 186,24–25). 184,2–3 Was soll ich vom Herren sagen Æ:::æ von ihm singen?] Dies und das Folgende im Hochgefthl des gelungenen Brocken-Aufstiegs und in Anklang an die Sprache der Bibel; muglicherweise auch als Abwandlung der 1. Strophe des Weihnachts-Liedes von Martin Luther: Vom Himmel hoch da komm ich her, ich bring euch gute neue M|r; der guten M|r bring ich so viel, davon ich sing’n und sagen will. ,Federspule‘ ftr ,Federkiel‘: eigentlich der „untere hohle Theil an den grußern Federkielen, und hernach auch eine jede ungeschnittene Feder mit ihrem Kiele, eine Spule Æ:::æ. Federspulen, G|nsespulen, Schwanenspulen u. s. f.“ (Adelung 4, 250). 184,6 spizzen Ding] Schreibfeder. 184,6–9 Mit mir verfwhrt Gott Æ:::æ umgekehrt auch] In Anspielung auf die doppelte Anrufung des Herrn durch Gideon im Alten Testament: „Und Gideon sprach zu Gott: Willt du Israel durch meine hand erlusen, wie du geredet hast: / So will ich ein fell mit der wolle auf die tenne legen. Wird der thau auf dem fell allein seyn, und auf der gantzen erden trocken, so will ich mercken, daß du Israel erlusen wirst durch meine hand, wie du geredet hast. / Und es geschah also. Und
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da er des andern morgens frthe aufstund, drtckete er den thau aus von dem fell, und ftllete eine schaale voll des wassers. / Und Gideon sprach zu Gott: Dein zorn ergrimme nicht wider mich, daß ich noch einmal rede. Ich wills nur noch einmal versuchen mit dem fell: Es sey allein auf dem fell trocken, und thau auf der gantzen erden. / Und Gott th|t also dieselbe nacht, daß trocken war allein auf dem fell, und thau auf der gantzen erden.“ (Buch der Richter 6,36–40; Luther-Bibel 1772 AT, 219.) – Befestigungszeichen: Zustimmungszeichen, das auf das gute Gelingen eines Vorhabens vorausweist, im Sinne der „auguria impetrativa“, der erbetenen Zeichen, der Rumer (bei Deutung der Auspizien); hier mit Bezug auf die gelungene Besteigung des Brockens. 184,10 sbermstterliche Leitung] bermttterlich: Hapaxlegomenon Goethes; hier muglicherweise mit Bezug auf die Gltcks- oder Schicksalsguttin Fortuna, die griechische (Agathe) Tyche. Sie galt sowohl als ,Orakelguttin‘ (Antias) wie auch als eine der Parzen, „die aber ihre Schwestern weit an Macht tbertroffen habe“ (Hederich, 1123). Im zeitlich parallel entstandenen Gedicht „Auf dem Harz“ (sp|ter „Harzreise im Winter“) heißt es zu Beginn der dritten Strophe (der frthesten tberlieferten Fassung): Leicht ists, folgen dem Wagen / Den Fortuna fshrt (223,1–2). – Beztge zu Fortuna/Tyche finden sich bei Goethe 1776/77 im Zusammenhang mit dem im April 1777 in seinem Garten aufgestellten ,Stein des guten Gltcks‘, welcher der (Agathe) Tyche gewidmet war (vgl. zu 140,11). Kurz zuvor, am 25. Dezember 1776, dem 34. Geburtstag Charlotte von Steins, hatte Goethe acaJg stvg ÆAgathe Tycheæ das erste Mal in seinem Tagebuch erw|hnt (GT I 1, 31). Als die launische Freundinn und Belohnerinn keker Unternehmungen (361,26–27) beschreibt er sie im Brief an Lavater auf der Rtckreise von der Schweiz Anfang Dezember 1779. 184,11–12 es hwngt an vielen Fwden Æ:::æ hingen davon] In Anklang an den ,Lebensfaden‘, der von den Parzen gekntpft, fortgesponnen, gemessen und abgeschnitten wird. 184,12–13 wie simbolisch mein Daseyn ist] Symbolisch: frthester Beleg in Goethes Briefen ftr den Gebrauch des Begriffes; im Sinne, dass sich an der eigenen besonderen Existenz zugleich auch das Allgemeine, auf alle Menschen Zutreffende ablesen l|sst. – Zur Bedeutung der Harzreise und insbesondere der Erfahrung der gelungenen Brockenbesteigung ftr Goethes Symboltheorie vgl. die Hinweise bei Schune, Harzreise, 47 f. 184,18 bin ich heut oben gewesen] Der eigentliche Aufstieg bleibt sowohl in Goethes Briefen wie auch in den Tagebuchaufzeichnungen ausgespart, w|hrend die vorangehenden und nachfolgenden Erlebnisse detailliert geschildert werden. – Eine knappe Schilderung seines Gipfelerlebnisses gibt Goethe im Brief an Merck vom 5. August 1778 (vgl. 221,2–6). 184,18–19 ob mir’s schon seit 8 Tagen Æ:::æ versichern] Demnach h|tte Goethe den Plan einer Brockenbesteigung sp|testens am 2. Dezember, also unmit-
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telbar nach Reiseantritt, gefasst. Wahrscheinlicher ist aber, dass er bereits mit dieser Absicht aufgebrochen war. Muglicherweise spornte ihn gerade die Tatsache an, dass es vor ihm noch kaum jemandem gelungen war, den Brocken im Winter zu besteigen, wie auch Ztckert versichert: „Ich bin zweymahl in der Nachbarschaft des Brocken, ja dicht am Fuß desselben gewesen, aber die Rauhigkeit der Jahrszeit verstattete mir niemals ihn zu besteigen. Ich habe darinn mit dem Brtckmann, Rohr, und andern begierigen Naturforschern ein gleiches Schicksal gehabt. Nur ein Mylius konnte es wagen, im Aprilmonat eine Wallfahrt nach diesem Berge anzustellen. Allein er hat auch von dieser Reise damals, da der Schnee noch tber drey Fuß hoch lag, mehr Beschwerlichkeit als Vergntgen und Nutzen gehabt, und nicht viel erhebliches beobachten kunnen.“ (Ztckert, Unterharz, 11.) – Auch Goethe berichtet in seinem Brief an Merck von anderthalb Ellen (also knapp einem Meter) hohen Schnee (221,5) auf dem Gipfel des Brockens (vgl. zu 183,7). 184,22 ich hab einen Wunsch auf den Vollmond!] Im Briefteil vom 6. Dezember (vgl. zu 180,27–28). 184,23 der Brocken] Die mit 1141 m huchste Erhebung im Harz und zugleich der huchste Berg Norddeutschlands, gelegen in der Grafschaft Wernigerode (heute Landkreis Harz, Sachsen-Anhalt). Gleich das erste Kapitel von Ztckerts „Naturgeschichte einiger Provinzen des Unterharzes“ handelt ausfthrlich „Von dem Brocken oder Brockenberge“ (S. 11). Verwiesen wird ausdrtcklich auf die Brockenbeschreibung von Albert Ritter (Relatio historico-curiosa de iterato itinere in Hercyniae montem famosissimum Bructerum. Helmstedt 1740; in deutscher bersetzung: Historische Nachricht von einer doppelten Reise Nach dem auf dem Harze belegenen so berthmten Berge, gemeiniglich Blocksberg genandt. Magdeburg 1744). Sie sei „von den Gespenster- und Teufels-Geschichten und andern fabelhaften Erz|hlungen tbernattrlicher Begebenheiten frey Æ:::æ, womit die andern Btcher, besonders die eines Pr|torius und Philanders, den Aberglauben unterhalten.“ Nach Ztckert seien „Bocksberg, Blocksberg, Brockerberg, Blockersberg Æ:::æ lauter sonderbare und falsche Benennungen“: „Sein eigentlicher Name, den ihm die H|rzer beylegen, ist Brocken: Mons Bructerus, oder, wie ihn Thalius nennt, Broccenbergus.“ (Ztckert, Unterharz, 12 f., 14.) – Dass Goethe 1777 im Allgemeinen mit dem Sagen- und Mythenkreis, der sich mit dem Brocken und der Walpurgisnacht verbindet, bekannt war, ist zwar anzunehmen. Ein direkter Bezug zur „Faust“-Dichtung l|sst sich ftr seine erste Harzreise aber nicht herstellen. Die „Walpurgisnacht“-Szene des „Faust I“ entstand sehr viel sp|ter, ihre frtheste Konzeption f|llt wahrscheinlich ins Jahr 1797. Erst ab Dezember 1800 l|sst sich ein ausfthrliches Quellenstudium nachweisen (vgl. Georg Witkowski: Die Walpurgisnacht im ersten Teil von Goethes Faust. Leipzig 1894, bes. S. 12 f. und 18). Den Mißgestalten liebenden Johannes Praetorius und dessen „Anthropodemus Plutonicus, Das ist, Eine Neue Welt-beschreibung Von allerley Wunderbahren Menschen“ (Magdeburg 1666) erw|hnt Goethe erst in den „Tag-
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und Jahres-Heften“ von 1805 (WA I 35, 243). Ftr seine Lekttre von Praetorius’ „Blockes-Berges Verrichtung Oder Ausfuehrlicher Geographischer Bericht von den hohen trefflich alt- und beruehmten Blockes-Berge“ (Leipzig 1668) gibt es keinen expliziten Nachweis, es gilt aber als sicher, dass er das Buch, das in der Weimarer Bibliothek vorhanden war, ebenfalls kannte, allerdings auch erst seit etwa 1805 (vgl. Witkowski, Walpurgisnacht, 23–27). 184,23–24 im hohen herrlichen Mondschein] Wahrscheinlich entstand Goethes Zeichnung „Brocken im Mondlicht, vom Torfhaus gesehen“ (Corpus I, 74, Nr 190) am Abend des 10. Dezember (vgl. Abb. 5 im Kommentarband, S. 616); außerdem hat sich eine Zeichnung erhalten, die einen Blick mutmaßlich vom Brocken zur Heinrichshuhe festh|lt und gleichfalls vom Dezember 1777 stammen kunnte (vgl. Corpus I, 74 f., Nr 191). 184,24 ich war oben heut] Nach seinen Tagebuchaufzeichnungen brauchten Goethe und sein Begleiter von Torfhaus bis zum Brocken drei Stunden (vgl. zu 186,24–25). 184,25 Teufels Altar] In Abwandlung zu ,Teufelskanzel‘ und ,Hexenaltar‘; Namen zweier Gesteinsformationen auf dem Brocken. – Im 18. Jahrhundert wurden die Felsen noch ftr ktnstliche, von Menschen errichtete Opferst|tten gehalten. In Ztckerts Brocken-Kapitel findet sich die folgende Beschreibung: „Oben auf demselben am Rande des g r o s s e n B r o c k e n findet man zwey grosse und ungeheure Steingertste gegen Stden und Stdwesten, welche aus sehr breiten und flachen Felssteinen bestehen, die gerade auf einander gethtrmet sind. Das eine davon heißt der H e x e n - oder Te u f e l s - A l t a r, welcher nach R i t t e r s Angabe 16 Fuß lang und eben so breit, und 10 Fuß hoch ist. Das andre Steingertste heißt die Te u f e l s K a n z e l . Æ:::æ Diese Steine haben ohne Zweifel denen heydnischen Deutschen, und wie einige meynen, denen betagten Weibern, zu Alt|ren gedienet, um welchen sie zu gewissen Zeiten ihre heilige Versammlungen gehalten, und worauf sie ihren Guttern die im Kriege gefangene Menschen opferten. S p r e n g e l h|lt diese Steingertste, in dem S e n d s c h r e i b e n v o n d e m A l t e r t h u m d e r s e l b e n , vor ein Werk der mthsamesten Menschenkunst, weil die Lage der Steine zu regelm|ßig ist, als daß man sie vor die Wtrkungen einer wilden Wasserflut halten, oder glauben kunnte, daß sie von Natur in solcher Lage gewachsen.“ (Ztckert, Unterharz, 18 f.) – Dazu hat sich die folgende Lekttrebemerkung Goethes erhalten, die allerdings erst aus dem Jahr 1784 stammt: Brocken v. Zsckert. / Naturgesch. des Unterharzes von demselben / S. 19 Denso hwlt Teufels kanzel und Teufels Altar fsr mshsames Menschenwerck pp (GSA 26/LXIV,5,1, Bl. 4; vgl. LA II 7, 7, M 4). – Sprengels „Sendschreiben“ ist in den von Joan Daniel Denso herausgegebenen „Monatlichen Beitr|gen zur Naturkunde“ erschienen (6. Sttck, Berlin 1752). 184,25–26 den liebsten Danck geopfert] Ftr die gelungene Brockenbesteigung, die damals im Winter als tberaus gef|hrlich galt und von Goethe als Zei-
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chen der ,Zustimmung der Gutter‘ gedeutet wird; muglicherweise nicht nur im tbertragenen Sinne gemeint (vgl. Schune, Harzreise, 44). – Noch in dem 1785 nach der dritten Harzreise entstandenen Aufsatz tber den Granit klingen metaphorisch die Eindrtcke der ersten Brockenbesteigung an: Auf einem hohen nackten Gipfel sitzend und eine weite Gegend sberschauend kann ich mir sagen: Hier ruhst du unmittelbar auf einem Grunde, der bis zu den tiefsten Orten der Erde hinreicht Æ:::æ. So einsam sage ich zu mir selber indem ich diesen ganz nackten Gipfel hinab sehe Æ:::æ wird es dem Menschen zu Mute der nur den wltsten ersten tiefsten Gefshlen der Wahrheit seine Seele ertffnen will. Ja er kann zu sich sagen: hier auf dem wltesten ewigen Altare der unmittelbar auf die Tiefe der Schtpfung gebaut ist bring ich dem Wesen aller Wesen ein Opfer. (Granit II; LA I 11, 12.) 184,27 Ich will die Nahmen ausfsllen der Orte.] Die Angaben der Absendeorte Clausthal (181,14) und Altenau (182,19) im Briefteil vom 7. und 9. Dezember vervollst|ndigte Goethe demnach erst am Abend des 10. Dezember nach der gelungenen Brockenbesteigung und seinem brieflichen Bericht dartber. 184,28 Torfhause] Torfhaus: eigentlich eine Siedlung im Oberharz, auf einer Huhe von 800 m gelegen und zu Goethes Zeit der huchste auch im Winter bewohnte Ort des Harzes (heute Ortsteil von Altenau). In der zeitgenussischen Literatur wird der Ort meist als ,Communion-Torfhaus‘ erw|hnt, da er bis 1788 zu dem von den Braunschweiger Herzugen gemeinschaftlich verwalteten Teil des Harzes gehurte (vgl. zu 181,14–15). – Hier mit Bezug auf das Forst- und Gasthaus des Ortes, den „Borkenkrug“, der 1869 durch Feuer zersturt wurde (nach Dennert, 14, Anm. 3). 184,28 eines Ftrsters Wohnung] Johann Christoph Degen, damals 41 Jahre alt, Furster und Gastwirt des Forsthauses „Borkenkrug“ in Torfhaus (nach Dennert, 14, Anm. 3); als so genannter ,gehender Furster‘ war Degen ftr die Bewachung des Waldes zust|ndig, er z|hlte im Harz auch zur Bergbeamtenschaft. 184,30–31 vom Torfhause sber die Altenau] Torfhaus ist etwa 8 km ustlich von Altenau gelegen. 184,32 ein gesprwchiger Mensch wenn ich allein bin] Zu Charlotte von Steins Klagen tber Goethes ,Schweigsamkeit‘ vgl. zu 66,2. 184,34–185,1 diskursive] Hier: zwanglos, beil|ufig; in dieser Form nur zweimal bei Goethe belegt (vgl. GWb 2, 1219). 185,7–8 wie der Ktnig Æ:::æ der zu wenig schlwgt] Anspielung auf Kunig Joas von Israel, der, von den Syrern bedr|ngt, den Propheten Elisa anruft: „Und er ÆProphet Elisaæ sprach: Nimm die pfeile. Und da er sie nahm, sprach er zum kunige Israel: Schlage die erde; und er schlug dreymal; und stund stille. / Da ward der mann Gottes zornig auf ihn, und sprach: H|ttest du ftnff oder sechsmal geschlagen, so wtrdest du die Syrer geschlagen haben, bis sie aufgerieben w|ren; nun aber wirst du sie dreymal schlagen.“ (2 Kunige, 13,18 f.; Luther-Bibel 1772 AT, 338.)
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185,14 ich will mit Ihnen gehn] Vgl. dazu die Erinnerungen des Mineralogen und Zellerfelder Berghauptmanns Friedrich Wilhelm von Trebra, den Goethe im September 1783 besuchte: „Von Zellerfeld aus Æ:::æ ging ich diesmal auf das sogenannte C o m m u n i o n To r f h a u s zu, an der Hauptstraße von Nordhaußen nach Braunschweig gelegen. Das Forst- und zugleich Wirthshaus allhier, bewohnte der gehende Furster Degen, mir schon aus mehrern gehaltenen Forst|mtern, als eifrigster Diener, allemal auf haltbarer Wahrheit stehend, in ziemlich platten Ernst, und durch muntre Laune Æ:::æ bekannt. Vor seinem kleinen Hause, bey heitern Wetter ietzt im Freyen, richteten wir unser mitgebrachtes Mittagsmahl vor. Er war sehr gesch|ftig bey so seltnen Besuche Æ:::æ. Sein Augenmerk nur immer auf mich gerichtet, Æ:::æ fielen nur sp|t erst seine Augen auf den, mich begleitenden Fremden ÆGoetheæ. / Ihn erblickend, sah er ihm erst noch forschender ins Gesicht, sprach dann: Nun! da kommen Sie dann doch noch einmal, in einer beßern Jahrszeit den Brocken zu besuchen. Ja! sie wtrden dorten, als sie mitten im Winter von mir begehrten, daß ich sie auf den Brocken fthren sollte, mich mit allen ihren guten Worten – er gab ihm einen Louisd’or – doch gewiß nicht beredet haben, ihr Fthrer zu seyn, wenn nicht eben durch den gar starken Frost, eine harte Rinde tber den tiefen Schnee gezogen gewesen w|re, die uns tragen konnte. Aber noch nie hatte ein Fremder das von mir begehrt, auch wtrde ich mit keinem das Wagsttck unternommen haben, wiewohl es diesmal gut ablief; und wir in guter Zeit von der Spitze des unbewohnten großen Brockens, wieder hier waren, nachdem wir eine gar seltene heitere Aussicht in der Runde umher genoßen hatten.“ (Lebensverh|ltnisse mit Ober-Berghauptmann von Trebra. 1813. In: GJb IX [1888], 16 f.) 185,14 Zeichen] Muglicherweise Charlotte von Steins (vgl. zu 92,21) oder seine eigenen Initialen; als ein ,Befestigungszeichen‘, das ihm das Gelingen seiner Brockenbesteigung gleichsam auf Dauer best|tigen sollte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 309). 185,17–18 Alle Nebel Æ:::æ herrliche Klarheit] Wohl auch im tbertragenen Sinn mit Bezug auf seine innere Verfassung. 185,22 Beruf] Hier: „Neigung, innerlicher Trieb“ (Adelung 1, 886). 185,22 Philippen] Philipp Seidel. 185,24 Steinen] Josias von Stein. 185,24 die Waldnern] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise, eine Freundin Charlotte von Steins.
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312. An Charlotte von Stein ÆIlfeld, 30. Novemberæ –Eisenach, 15. Dezember Æ1777æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Die beiden Bl|tter mit Tagebuchaufzeichnungen sind im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) in das Jahr 1778 eingeordnet. Die Tages-, Monatsund Ortsangaben (vgl. u. a. 186,1; 186,5–6; 186,24) sowie die bereinstimmungen mit dem Tagebuch Goethes belegen, dass sie auf der am 29. November 1777 angetretenen Harzreise geschrieben wurden und ins Jahr 1777 gehuren. Ftr den Beginn der Aufzeichnungen l|sst sich nach dem Tagebuch der 30. November erschließen (vgl. zu 185,27; zu 185,28–29). So wurden sie seit dem Erstdruck auch eingeordnet, allerdings druckt Schull den Text nicht im Zusammenhang, sondern ftgt die einzelnen Eintr|ge in chronologischer Anordnung zwischen die Briefe Nr 309, 310 und 311 ein. Seit Fielitz wurden sie zwar zusammenh|ngend, doch unter zwei separaten Nummern mitgeteilt (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 99, Nr 195; 100, Nr 196; ebenso in der WA). Da anzunehmen ist, dass Goethe die Aufzeichnungen Charlotte von Stein insgesamt anstelle eines Briefes entweder am 15. Dezember von Eisenach aus schickte oder ihr erst nach seiner Rtckkehr am 16. Dezember in Weimar zukommen ließ, werden sie hier unter einer Nummer im Zusammenhang wiedergegeben (ebenso bei Wahle, Goethe-Stein 1, 95 f., Nr 203 und Petersen, Goethe-Stein 1, 102–104, Nr 206; bei Fr|nkel durch Passagen aus Goethes Tagebuch vom 29. November bis 16. Dezember 1777 erg|nzt; vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 95–97, Nr 206; Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 96–98, Nr 206). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 105. – 2 Bl. 9,8616,5 cm, 4 S. beschr., egh., Tinte und Bleistift (+ Schtne Aussicht Æ:::æ gleich pp [185,28–186,3]; d‘ 9 frsh auf die Hstten. [186,22]), fltchtig geschrieben; S. 2 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „65“, rechts von fremder Hd, Bleistift: „Gehurt ins Jahr 1777“; S. 3 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „66.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 67 und 68), vgl. berlieferung zu Nr 18). E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 127 f., 129 f., 132, 134, 135, 136, 138, 140, 142. WA IV 3 (1888), 197 f., Nr 654; 202 f., Nr 656. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
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Die Aufzeichnungen ftr Charlotte von Stein weichen nur geringftgig von Goethes Tagebucheintr|gen vom 30. November bis 15. Dezember im vorgedruckten „Sachsen-Weimarischen Calender“ ftr das Jahr 1777 ab (vgl. GT I 1, 53 f.). Allerdings ist der Eintrag vom 30. November im Vergleich zum Tagebuch nur bruchsttckhaft, wie tberhaupt der Beginn der Reise ausgespart bleibt (vgl. zu 178,7; zu 186,6). Es ist daher anzunehmen, dass es sich bei den Aufzeichnungen um eine leicht ver|nderte Abschrift des Tagebuchs handelt, die Goethe ftr Charlotte von Stein angefertigt hat (vgl. zu 186,5–6). Da die beiden Bl|tter unter den Briefen an die Weimarer Freundin tberliefert sind, wahrscheinlich also die Funktion eines Briefes erftllten, werden sie in der vorliegenden Ausgabe mitgeteilt. 185,27 ganzen Tag in unendlich gleicher Reinheit.] Fast gleichlautend endet der Tagebucheintrag vom 30. November 1777: War den ganzen Tag in gleicher Reinheit. (GT I 1, 53.) – An diesem Tag hatte Goethe laut Tagebuch etwa 50 km zurtckgelegt: Frth gegen sechs Uhr war er von Greußen aus in Begleitung eines einheimischen Fthrers aufgebrochen und am Abend in Ilfeld im Stdharz angekommen, wo er Schwierigkeiten hatte, eine Unterkunft zu finden, und schließlich in einem Kwmmergen neben der Wirthsstube tbernachten musste (ebd.). Sein Erlebnis im Ilfelder Gasthof verarbeitete Goethe literarisch mehr als vierzig Jahre sp|ter in der „Campagne in Frankreich 1792“ (vgl. WA I 33, 215 f.). Nach dieser Erz|hlung wurde Goethes Herberge in Ilfeld als der Stiftsgasthof, sp|ter das Gasthaus zur „Goldenen Krone“, identifiziert (vgl. Denecke, 32). 185,28–29 + Schtne Aussicht, die goldene Aue, vom Kyffhasser bis Northausen] Ebenso im Tagebuch vom 30. November 1777, wo Goethe zuvor u. a. erw|hnt, den Inselsberg und sogar die Spizze des Brockens gesehen zu haben (GT I 1, 53). – Goldene Aue: Landschaft zwischen Kyffh|usergebirge und Harz. 186,1–3 d‘ 1 Dez. Æ:::æ Dem Geyer gleich pp] Auch dieser Eintrag entspricht bis auf geringftgige orthographische Abweichungen dem Tagebucheintrag vom 1. Dezember 1777 (vgl. GT I 1, 53). 186,1–2 von Ilefeldt ab mit einem Boten Æ:::æ in Elbingerode] Der Weg, den Goethe von Ilfeld nach dem nurdlich je nach gew|hlter Strecke 35 bis 40 km entfernt liegenden Elbingerode einschlug, l|sst sich aufgrund seiner Aufzeichnungen nicht bestimmen. Er kunnte durch das Behre- und Brandesbachtal auf der vergleichsweise sicheren Poststraße und weiter tber das Birkenmoor ans Ziel gelangt sein. Da Goethe in Begleitung eines ,Boten‘, d. h. eines einheimischen Wegfthrers, war, ist nicht auszuschließen, dass er den vorwiegend von Bergleuten benutzten Weg tber Sophienhof, Trautenstein und die Trogfurther Bode-Brtcke w|hlte (vgl. Denecke, 32). – Ohne einen kundigen Wegfthrer war vor allem in Gebirgsgegenden die Gefahr groß, in unwegsames, unsicheres Gel|nde zu geraten
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und sich zu verirren. Daher nahm Goethe laut Tagebuch fast auf der gesamten Harzreise die Dienste eines ,Boten‘ in Anspruch. 186,2 Felsen und Berg weeg.] Der Weg von Elbingerode nach Rtbeland durch das Mthlental. 186,2 Gelindes Wetter.] ,Gelinde‘ eigentlich: „Sanft, glatt, dem Gefthle nach, im Gegensatze dessen, was rauh ist“ (Adelung 3, 536); hier: mild, lau. 186,3 = Dem Geyer gleich pp] Ebenso im Tagebuch (vgl. GT I 1, 53). – Die waagerechten Doppelstriche muglicherweise als zeitgenussische Entsprechung ftr Anfthrungszeichen gesetzt, die das Folgende als Zitat des ersten Verses von „Auf dem Harz im Dezember. 1778 Ærecte 1777æ“ (sp|ter „Harzreise im Winter“) kenntlich machen. Die Abktrzung ,pp‘ verweist darauf, dass am 1. Dezember bereits mehr als der erste Vers der Hymne vorlag (vgl. Schune, Harzreise, 32). Noch in der „Campagne in Frankreich 1792“ erinnert sich Goethe an die Entstehung der ersten Verse im Zusammenhang mit der Beschreibung seines Aufbruchs in den Harz, als im dsstern und von Norden her sich heranwwlzenden Schneegewtlk hoch tber ihm ein Geier schwebte (WA I 33, 215). – ,Geier‘ war im 18. Jahrhundert „im gemeinen Leben Æeineæ tbliche Benennung verschiedener großer Raubvugel“, so wurden u. a. „der M|usefalk, der Wannenweher, der Taubenfalk, der Baumfalk Æ:::æ selbst bey den J|gern und Vogelstellern sehr h|ufig mit dem Nahmen der G e y e r belegt.“ (Krtnitz 18, 371.) In Ztckerts „Naturgeschichte und Bergwercksverfassung des Ober-Hartzes“ (vgl. zu 183,22) wird unter „denen Thieren auf dem Ober-Hartz“ (S. 267) nach einer Reihe von Raubvugeln am Schluss des Kapitels auch „Vultur, der Geyer“ genannt (ebd., S. 278). 186,5–6 1. Dez. Æ:::æ Eintritt in Harz.] Hierzu findet sich keine Entsprechung im Tagebuch. Der Handschriftenbefund l|sst vermuten, dass Goethe nach dem Eingangssatz vom 30. November (185,27) einen Teil des Blattes (etwa 7 cm) ftr detailliertere Eintragungen frei ließ, die er dann – wahrscheinlich nach dem Text des Tagebuchs – mit Bleistift erg|nzt hat (vgl. berlieferung). Der vorliegende Eintrag w|re demnach vor der Bleistiftpassage geschrieben worden. 186,6 Nachmittag in die Baum. Htle.] Dies und das Folgende bis zum Ende der Aufzeichnungen ftr Charlotte von Stein entspricht bis auf wenige Abweichungen dem Tagebuchtext vom 1. bis 15. Dezember (vgl. GT I 1, 53 f.). – Die Baumannshuhle in Rtbeland war zu Fuß von Elbingerode aus in weniger als einer Stunde zu erreichen. Die Tropfsteinhuhle ist benannt nach dem Bergmann Friedrich Baumann, der sie auf der Suche nach Eisenerz um 1670 entdeckt haben soll. Der Sage nach verirrte sich der Bergmann im Labyrinth der Huhle; er brauchte mehrere Tage, um wieder ans Tageslicht zu finden, und konnte nur noch von seiner Entdeckung berichten, bevor er an Erschupfung starb. Die Baumannshuhle war auch im 18. Jahrhundert neben dem Brocken „fast regelm|ßg das gemeinsame Ziel der Harzreisenden“ (Btrger, 46). Zeitgenussischen Reisefthrern zufolge
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durfte die Huhle nur in Begleitung eines Fthrers besichtigt werden. Zur „vollkommenen Besichtigung“ sei „eine Stunde hinreichend“ gewesen. „Gefahr ist nicht damit verkntpft, wenn man sich nicht zu weit vom Fthrer entfernt, seinen Vorschriften tberall folgt, und wenn nicht mehr als sechs Personen zugleich einfahren.“ (Gottschalck, 108.) Feste ffnungszeiten gab es nicht, entweder meldete man sich beim Huhlenfthrer selbst oder bei dem Gastwirt in Rtbeland. Goethe hat bei seinem ersten Besuch also wahrscheinlich die tbliche einsttndige Besichtigung absolviert. Am 2. Dezember muss er den Fthrer ftr den ganzen Tag bezahlt haben, was leicht muglich und gewiss nicht kostspielig war, wird er zu dieser winterlichen Jahreszeit doch vermutlich der einzige Besucher gewesen sein. Das nach einer herzoglichen Verordnung angelegte Fremdenbuch, in das sich Goethe wie alle Besucher eingetragen haben wird, ist nicht tberliefert (vgl. Btrger, 48, Anm. 6). – Zu Goethes Eindrtcken von der Baumannshuhle vgl. weiter zu 178,10–12. – Auch wenn Goethe dies nicht wie am folgenden Tag ausdrtcklich vermerkt, wird er die Nacht vom 1. zum 2. Dezember in der Stadt Elbingerode verbracht haben, die „,ftr Reisende ganz gut eingerichtet und mit mehreren Bequemlichkeiten versehene Wirtsh|user‘ bot“ (Btrger, 47). Rtbeland dagegen war im ausgehenden 18. Jahrhundert ein Dorf von etwa 270 Einwohnern, wo es lediglich eine so genannte Schenke, aber keine Gasth|user gab (vgl. ebd.). In Elbingerode soll Goethe im Gasthof „Der blaue Engel“ tbernachtet haben (vgl. Denecke, 33). 186,7 Elb.] Elbingerode. 186,8 Wernigerode] Hier soll Goethe im Gasthof „Zur Goldenen Forelle“ auf dem Markt gewohnt haben (vgl. Dennert, 13, Anm. 1; Denecke, 36). 186,8 P.] Friedrich Victor Leberecht Plessing, den Goethe in Wernigerode besuchte (vgl. zu 179,15–18). 186,9 Goslar] Zu Goethes Eindrtcken von der Stadt vgl. 186,15–16. 186,9 bey Scheff‘. eingekehrt] Johann Nicolaus Scheffler (vgl. zu 179,22). 186,9–10 grimmig Wetter] Vgl. 179,10–11. – In leichter Abwandlung hierzu heißt es im Tagebuch: ingrimmig Wetter (GT I 1, 53). 186,11 Rammelsb.] Rammelsberg, stdlich von Goslar in einer Huhe von 635 m am Nordrand des Harzes gelegen, das |lteste Bergbaugebiet des Harzes, etwa eine Viertelstunde von Goslar entfernt. Das Rammelsberger Revier, wo schon seit dem Mittelalter Erz abgebaut wurde, war wegen seiner Ergiebigkeit und Vielfalt berthmt: „Gold, Silber, Kupfer, Bley, Schwefel, OÆcæker, grtnen und weißen Vitriol, Arsenik, alles das liefert der Rammelsberg.“ (Gottschalck, 196 f.) 186,11 bis auf den Sumpf] Im Tagebuch vom 5. Dezember tr|gt Goethe ein: frsh in Rammelsberg den ganzen Berg bis ins tiefste befahren (GT I 1, 53). – ,Sumpf‘: „Eine Sammlung Wassers. So wird im Bergbaue das Wasser, welches sich in der Grube sammelt, wenn es nicht abgefthret werden kann, ein Sumpf genannt.“ (Adelung 4, 501.) – Die Bergwerke des Rammelsberger Reviers waren nach zeitgenussischen Berichten „sehr bequem zu befahren, und selbst
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Frauenzimmer kunnen betr|chtliche Theile davon besuchen, ohne eine Fahrt oder Leiter steigen zu mtssen.“ (Gottschalck, 196.) 186,12 Hstten an der Ocker] Oker: Fluss und Marktflecken etwa 6 km ustlich von Goslar (heute Stadtteil); im 18. Jahrhundert ein weitl|ufiger Htttenort, der, getrennt durch die Oker, teils zum ,Communion-Harz‘, teils zum ,Einseitigen Harz‘ gehurte (vgl. zu 181,14–15). 186,12 Messing Arbeit] Wahrscheinlich mit Bezug auf das 1576 gegrtndete Messingwerk mit den Drahthttten sowie dem Hammer- und Walzwerk. 186,13 Hsttenw.] Htttenwerk: die „Frau Marien Seigerhttte“, auch Okerhttte, das grußte Silberhtttenwerk im Harz. 186,13 Zursck.] Nach Goslar. 186,13 Gessen.] Oberdt. Form des Partizips Perfekt (vgl. zu 21,12). 186,13–14 Zeh. Geg Schreiber] Zehntgegenschreiber: huherer Verwaltungsbeamter im Bergwesen, verantwortlich ftr das ,Zehntgegenbuch‘ zur Kontrolle der Abrechnung des Bergzehnts, des an den oder die Landesherren zu entrichtenden Furderzinses. – Bis zum Januar 1779 versah Philipp Christoph Volkmar im „Unterharzischen Communion-Bergamt“ in Goslar dieses Amt (nach Auskunft des Nieders|chsischen Landesarchivs/Staatsarchiv Wolfenbtttel). 186,14 Heimweh.] Vgl. zu 181,5. 186,14 Clausth.] Clausthal (vgl. zu 181,14–15). 186,15 Reichsstadt] Goslar, wo Goethe sich vom 4. bis 7. Dezember aufgehalten hatte, um von dort aus die Bergwerke des Rammelsberger Reviers und die Httten an der Oker zu besichtigen (vgl. zu 179,21). 186,16–17 wo vom unterirdischen Seegen Æ:::æ nachwachsen] Zu den Clausthaler Revieren gehurten „die wichtigsten und an Reichthum unerschupflichen Gruben“ des Harzes (Gottschalck, 150). „Nach einer Angabe des Jahres 1776 wurden damals j|hrlich aus den Clausthaler Gruben 8 bis 900000 Centner Erz gefurdert, welche sich durch das Scheiden, Pochen und Waschen bis auf 124000 Centner Schlich verminderten. Æ:::æ Sie lieferten 120 Centner Silber, 80 Centner Kupfer 48000 Centner Bley und Gl|tte Æ:::æ.“ (Ebd., 154 f.) 186,17–18 Geburtstag meiner abgeschiednen Schwester.] Am 7. Dezember 1777 w|re Cornelia Goethe, seit November 1773 verheiratete Schlosser, 27 Jahre alt geworden. Am 16. Juni hatte Goethe die Nachricht von ihrem Tod am 8. Juni 1777 erhalten (vgl. zu 151,3). 186,19 eingefahren in der Carolin u Dorothee] Wie aus dem Tagebucheintrag vom 8. Dezember hervorgeht, besichtigte Goethe neben der „Caroline“ und „Dorothee“ auch die „Benedikte“ (vgl. GT I 1, 53). Alle drei gehurten zum Burgst|dter Zug (Revier), auf dem die wichtigsten und reichsten Gruben lagen. Aus diesem Grund und weil sie „bequem zu befahren“ waren, wurden sie den Reisenden zur Besichtigung empfohlen: „In der Caroline ist ftr den Mineralogen das darin zu findende sogenannte Zundererz, bl|tteriges Silbererz, merkwtrdig.
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Die Gest|nge ihrer Wasserkunst sind 169 1/8 Lachter Æetwa 325 mæ im Felde und 191 Lachter Æetwa 367 mæ im Schachte lang. Die Dorothee hat wegen ihrer reichlichen Ausbeute ihres gleichen nicht auf dem Harze. Bey ihr ist der Mechanismus bemerkenswerth, durch welche jede Tonne mit Erz, die aus der Grube heraus kommt, von einem Stifte selbst angeschrieben wird, um Betrug zu vermeiden und die Arbeiter dadurch zu kontrolliren, welche Maschine der stumme Nachz|hler heißt. Die Wasserkunst dieser Grube schiebt 295 Lachter Æetwa 567,5 mæ im Felde und 186 Æetwa 358 mæ im Schachte, und hebt die Grundwasser 76 Lachter Æetwa 146 mæ hoch aus derselben.“ (Gottschalck, 151.) 186,19–20 Schlug ein Stsck Wacken Æ:::æ den Geschwornen] Zur Sache vgl. 183,24–33 und GT I 1, 53 f. – Geschworener: Zechenaufseher. – Waken: Bezeichnung ftr verschiedene Arten von Felsgestein, das „gemeiniglich aus Quarz, Sand und Glimmer bestehet, und so wohl ganze Ganggebirge ausmacht“; hier wahrscheinlich im engeren Sinne: „eine Art kalkartiger Steine, welche bey dem Eisenschmelzen als Zuschlag gebraucht wird Æ:::æ. Die Schreibart Wacke, welche bey vielen angetroffen wird, ist wider die gewuhnlichste Aussprache, indem das a gedehnt ist.“ (Adelung 4, 1352.) 186,20–21 Streifrizze] Streifritze, auch Streifrinne, Streif: hier aus der Bergmannssprache „bezeichnung von teilen des gesteins, die der festigkeit Æ:::æ des grubenbaues wegen in ihrem nattrlichen verband belassen wurden Æ:::æ, die zugleich aber auch als barriere gegen grubenwasser dienen kunnen“ (Grimm 10 III, 1247). 186,21 Nachmittag durchgelogen.] In das G|stebuch der Grube „Dorothee“ trug sich Goethe unter falschem Namen ein: Johann Wilhelm Weber aus Darmstadt / d‘. 8 Dez 1777 (H: Oberbergamt Clausthal-Zellerfeld: IV B 1b 25; vgl. zu 180,21). 186,21–22 Spazieren und Spas mit den Fremden.] Vgl. 182,1–4. 186,22 d‘ 9 frsh auf die Hstten.] Bleistifteintrag wahrscheinlich sp|ter nach dem Tagebuch erg|nzt (vgl. GT I 1, 54). – Die Frankenscharner Silberhttte („Httte zu den Frankenscharren“) im Pochtale in der N|he von Clausthal: „Diese, vortrefflich eingerichtete, 1554 erbaute, große Silberhttte an dem Pochthals-Wasser und der Innerste, welche, wie alle tbrige Httten, der Herrschaft gehurt, und gegen 200 Menschen ern|hrt, besteht aus 14 Geb|uden, und gleicht daher einem Dorfe. Rings um sie her ist von den Bley- und Arsenikal-D|mpfen alle Vegetation zersturt worden.“ (Gottschalck, 152 f.) – Bei Goethes Besuch kunnten noch um die 15 Hochufen im Betrieb gewesen sein, die sich je nach dem angewandten Verfahren in Brenn-, Schmelz- oder Treibhttten befanden. 186,22 Ilseman] Johann Christoph Ilsemann, Ratsapotheker in Clausthal (mit dem Titel eines Bergkommissars). – Seit dem frthen 18. Jahrhundert versorgten Bergapotheken die Bergleute unentgeltlich mit Arzneimitteln (vgl. Wilfried Liessmann: Historischer Bergbau im Harz. Berlin, Heidelberg 2010, S. 37).
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186,22 sein Kabinet] Die umfangreiche Mineraliensammlung galt als eine der Sehenswtrdigkeiten Clausthals, deren Besichtigung in zeitgenussischen Reisefthrern empfohlen wurde: „Die Mineraliensammlung des als Chemiker verdienten Herrn Bergkommiss|rs Ilsemann, welche sehr zahlreich und belehrend ist. Unter andern sehenswerthen und seltenen Sttcken enth|lt sie eine tberaus schune und große Sammlung von weißen krystallisirten Bleyerzen, aus der verlassenen Zellerfelder Grube Gltcksrad; so wie auch eine sehr reichhaltige Sammlung beynahe aller Fossilien, die auf dem Harze gebrochen haben.“ (Gottschalck, 148.) 186,23 Altenau] Vgl. die erste Erl|uterung zu 182,19. 186,24 frsh nach dem Torf hause] Torfhaus, etwa 8 km ustlich von Altenau gelegen; im dortigen Forsthaus „Borkenkrug“ wohnte Johann Christoph Degen, der Goethe auf den Brocken begleitete (vgl. die Erl|uterungen zu 184,28). 186,24–25 1 viertel nach Zehn Æ:::æ nach eins droben] Demnach haben Goethe und sein Begleiter ftr den etwa 6 km langen Aufstieg zum Brockengipfel, auf dem etwa 340 m Huhenunterschied zu tberwinden waren, drei Stunden gebraucht. Dies erkl|rt sich einmal durch die winterliche Witterung. Zudem gab es damals noch keine feste Wanderstrecke wie zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als ein „mthsamer, 2 St. langer, Fußsteig Æ:::æ von hier ÆTorfhausæ den Brocken hinan“ existierte (Gottschalck, 140). – Der heute nach dem Dichter benannte Weg stdlich des Torfhausmoores und Quitschenberges gilt als die wahrscheinlichste Route, die Goethe 1777 genommen hat. 186,25–27 rings die ganze Welt Æ:::æ dass du sein g e d e n c k e s t ] W|hrend Goethe im Tagebuch vom 7. November 1776 (vgl. GT I 1, 29) und im Brief an Charlotte von Stein vom 8. November 1777 jeweils nur Psalm 8,5 zitiert (vgl. zu 174,19–20), paraphrasiert er in der vorliegenden Erw|hnung auch den vorangehenden Vers: „Denn ich werde sehen die himmel, deiner finger werck, den mond und die sterne, die du bereitest. / Was ist der mensch, daß du sein gedenckest, und des menschen kind, daß du dich sein annimmest?“ (Luther-Bibel 1772 AT, 467.) – Den Abstieg vom Brocken beschrieb Goethe in der 1805/06 entstandenen ersten Abteilung der „Farbenlehre“, beim Ph|nomen der „Farbigen Schatten“: Auf einer Harzreise im Winter stieg ich gegen Abend vom Brocken herunter, die weiten Flwchen auf- und abwwrts waren beschneit, die Heide von Schnee bedeckt, alle zerstreut stehenden Bwume und vorragenden Klippen, auch alle Baum- und Felsenmassen vtllig bereift, die Sonne senkte sich eben gegen die Oderteiche hinunter. / Waren den Tag sber, bei dem gelblichen Ton des Schnees, schon leise violette Schatten bemerklich gewesen, so mußte man sie nun fsr hochblau ansprechen, als ein gesteigertes Gelb von den beleuchteten Teilen widerschien. / Als aber die Sonne sich endlich ihrem Niedergang nwherte, und ihr durch die stwrkeren Dsnste htchst gemwßigter Strahl die ganze mich umgebende Welt mit der schtnsten Purpurfarbe sberzog, da verwandelte sich die Schatten-
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farbe in ein Grsn, das nach seiner Klarheit einem Meergrsn, nach seiner Schtnheit einem Smaragdgrsn verglichen werden konnte. Die Erscheinung ward immer lebhafter, man glaubte sich in einer Feenwelt zu befinden, denn alles hatte sich in die zwei lebhaften und so schtn sbereinstimmenden Farben gekleidet, bis endlich mit dem Sonnenuntergang die Prachterscheinung sich in eine graue Dwmmerung, und nach und nach in eine mond- und sternhelle Nacht verlor. (LA I 4, 46 f.) 186,27–28 Ftrster auf dem Torfhause] Vgl. die zweite Erl|uterung zu 184,28. 186,28–29 d‘. 11. frsh 7 vom Torfh. Æ:::æ in Clausth.] Ftr die etwa 23 km lange Strecke von Torfhaus nach Clausthal benutigte Goethe 3 1/2 Stunden, demnach wird er zumindest einen Teil der Strecke zu Pferd zurtckgelegt haben. 186,30 vergwngelt] Verg|ngeln: vergehen machen, t|ndelnd die Zeit vertreiben; wahrscheinlich Wortbildung Goethes (vgl. Grimm 12 I, 374), zuerst im Brief an Augusta zu Stolberg vom 14. bis 19. September 1775 gebraucht (vgl. GB 2 I, 215,27). 186,30 Briefe] Erhalten hat sich der aus zwei Teilen bestehende Brief an Charlotte von Stein vom 7. bis 9. sowie vom 10. und 11. Dezember 1777 (Nr 311). 186,30–31 der Weeg zursck] Gemeint ist der im Folgenden beschriebene Weg von Torfhaus nach Clausthal, wahrscheinlich nach dem Tagebuch vom 11. Dezember nachgetragen (vgl. GT I 1, 54). 186,31 Lerchen ktpfe] Htgelgruppe etwa 5 km nurdlich von Torfhaus; Goethe nahm also nicht den direkten Weg in Richtung Altenau. 186,31 steilen Wand] Heute ein etwa 520 m hoher bewaldeter Bergrtcken am Stdwestrand des Harzes, eigentlich nicht auf der Reiseroute Goethes gelegen. 186,32 Engels Krone] Auch „Englische Krone“, Grube im ,CommunionHarz‘. 186,32 Altenauer Glsck] Grube bei Altenau im ,Einseitigen Harz‘. 186,32 Lilien Kuppe] Vielleicht die Grube „Lilienberg“ bei Sankt Andreasberg. 186,33 Damm haus] Das so genannte Sperberhaier Dammhaus etwa 5 km stdwestlich von Altenau, von 1732 bis 1734 mit dem Sperberhaier Damm errichtet, ursprtnglich als Umkleide- und Gebetshaus ftr die Bergarbeiter. 186,33–187,1 Bruchberg] Zwischen Torfhaus und Altenau, mit 927 m der dritthuchste Berg des Harzes. 187,1 Schlufft] Im Siebertal. 187,1 Andreasberg] Eine der sieben ehemals Freien Bergst|dte, etwa 650 m hoch gelegen; gehurte wie Clausthal und Altenau zum kur-hannoverschen ,Einseitigen Harz‘; berthmt ftr die zahlreichen Silbergruben, von denen es nach dem Siebenj|hrigen Krieg (1756–1763) noch immer mehr als 200 gab (vgl. zu 181,14–15).
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187,1–2 meist zu Fus] Das heißt, einen Teil der etwa 21 km langen Strecke von Clausthal nach Sankt Andreasberg legte Goethe wie am Vortag mit dem Pferd zurtck. 187,4 Im Rathhaus] Das wie in anderen St|dten auch zugleich als Gasthof diente. 187,4–5 in S a m s o n durch Neufang auf Gottesgnade] Die wichtigsten Silbergruben des Andreasberger Reviers. 187,5 Ward mir sauer.] „Samson“, die berthmteste und ertragreichste Silbergrube bei Andreasberg, war mit mehr als 800 m eine der tiefsten Gruben tberhaupt (heute historisches Schaubergwerk). 187,5–6 geschrieben] Woran Goethe arbeitete, kann nur vermutet werden. Das Gedicht „Auf dem Harz im Dezember. 1778 Ærecte 1777æ“ (sp|ter „Harzreise im Winter“) ist wahrscheinlich ganz oder zu Teilen auf der Harzreise entstanden; Ende Dezember abgeschlossen wurden außerdem die „Empfindsamen“ (sp|ter „Triumph der Empfindsamkeit“; vgl. zu 187,23). 187,6 Kalte schale] Kalte Suppe aus Bier, geriebenem Brot und Zucker, oft mit Zitronen(schalen) und Rosinen. 187,7 durchs Thal] Goethes Weg fthrte durch das Sperrluttertal und das Odertal. 187,7 Lauterberg] Zu Kur-Hannover (Kurftrstentum Braunschweig-Ltneburg) gehurender Ort an der Oder im Stdharz; bei Lauterberg wurde Kupfer- und Eisenerz abgebaut. 187,8 Ktnigshstte] Eisenhttte bei Lauterberg, eine der grußten und wichtigsten des gesamten Harzes. 1738 errichtet, bildete sie „ein in Lauterberg eingepfarrtes bergamtliches Durfchen“ (Gottschalck, 265). 187,9 Silckerode] Dorf im Stdharz (heute Thtringen) etwa 14 km stdwestlich von Lauterberg. 187,9 Duderstadt] Ehemals wohlhabende Handelsstadt im stdlichen Harzvorland, seit dem 14. Jahrhundert zum Erzbistum Mainz gehurend (heute Niedersachsen), etwa 14 km stdwestlich von Silkerode. 187,10 Koth] Schmutz, Dreck, besonders der Schmutz auf den oft unbefestigten Straßen; auch verktrzt ftr „kothiges, nasses wetter“ (Grimm 5, 1893). 187,10 unwissenden Boten. Abends 4 in Duderstadt] Goethe und der Bote hatten demnach ftr die etwa 40 km lange Strecke von Sankt Andreasberg nach Duderstadt fast 10 Stunden gebraucht, etwa drei Stunden l|nger, als es zu Pferde gedauert h|tte selbst in Anbetracht des Aufenthalts in der Kunigshttte, der winterlichen Witterung und der gebirgigen Strecke. Offenbar waren sie einen Umweg geritten und sp|ter als geplant angekommen. 187,12 Mshlhausen] Freie Reichsstadt (bis 1803), knapp 50 km stdustlich von Duderstadt gelegen. 187,13–14 frsh mit einem Postillon Æ:::æ in Eisenach gegen 11.] Die
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Strecke von Mthlhausen nach Eisenach von etwa 40 km war die einzige, die Goethe w|hrend der gesamten Reise mit der Postkutsche zurtcklegte. 187,14–15 Fand den Herzog da. Englischer Reuter] Carl August war schon seit dem 27. November zur Jagd in Marksuhl bei Eisenach (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 309). Zur herzoglichen Gesellschaft gehurten u. a. der Oberforstmeister Moritz von Wedel, Prinz Constantin und dessen Hofmeister Carl Ludwig von Knebel. – ber Goethes Ankunft in Eisenach hielt Knebel in seinem Tagebuch vom 15. Dezember 1777 fest: „Goethe kam an. Gut. Ist im Harz gewesen. Mr. Simson, der auf 2. – 3. 4. Pferden stehend reitet. Auf dem Kopf steht, gallopirend. Mittags bey Bechtolsheim. Nach dem Essen zu Hause. Goethe erz|hlt. Wunderbare Auflusung des Herzens, bewirkt durch Abgeschiedenheit. Æ:::æ Um 10 Uhr zu Bette. Goethe schlief in der Kammer.“ (BG 2, 54.) Am 16. Dezember Nachts 2 fuhr Goethe gemeinsam mit dem Prinzen Constantin und dessen Erzieher Carl Ludwig von Knebel aus Eisenach ab und traf gegen mittag in Weimar ein (GT I 1, 54). 313. An Philipp Erasmus Reich
Weimar, 18. Dezember 1777 ! ÆLeipzigæ
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 98. – Doppelblatt 11,5618,4 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Empfangsvermerk, Tinte: „1777. 26. Xb‘. Weimar / Goethe.“ E: WA IV 3 (1888), 203, Nr 657 (Friedrich Strehlke). – Incipit zuvor schon in: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 188 (187,16–17 Wollten Sie Æ:::æ verschreiben.). ERLUTERUNGEN
Ob der nicht tberlieferte Antwortbrief auf Nr 307 der Bezugsbrief des vorliegenden Briefes ist, ist ungewiss. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 187,16 Berliner Leihordnung] Im Brief vom 25. November 1777 hatte Goethe bereits einige Leyhaus, Leybanck Ordnungen (177,28) bestellt. Ftr Einrichtungen dieser Art interessierte sich Goethe als Mitglied einer Kommission, die sich seit Juli 1776 mit der Finanzlage des Herzogtums Sachsen-Weimar besch|ftigte (vgl. weiter zu 141,16–18). 187,18 Continuation] Fortsetzung. 187,19 Constitution. Marchikar.] Gemeint ist die von Christian Otto Mylius herausgegebene Sammlung preußischer und brandenburgischer Rechtsquellen: Corpus Constitutionum Marchicarum, Oder Kunigl.-Preußis. und Churftrstl. Brandenburgische in der Chur- und Marck Brandenburg, auch incorporirten Landen
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publicirte und ergangene Ordnungen, Edicta, Mandata, Rescripta etc. Æ:::æ. 6 Tle Æmit Nachlese, Continuationen, Supplementen und Repertorienæ. Berlin und Halle Æ1737æ –1755. 187,19 Die A c c i s e betreffend] In seinem Brief vom 28. April 1777 (Nr 251) hatte Goethe eine s|chsische Akzise-Ordnung bestellt (vgl. weiter zu 141,16–18). 314. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 27. Dezember 1777æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) wurde der vorliegende Brief in den Oktober/November des Jahrgangs 1780 eingeordnet. Sein Inhalt verweist auf eine frthere Datierung in den Dezember 1777 nach der Rtckkehr von der Harzreise (vgl. zu 187,23; die zweite Erl|uterung zu 187,24). Nach der Erw|hnung der Redoute (187,24) l|sst sich als Tag der 27. Dezember erschließen (vgl. die erste Erl|uterung zu 187,24). Im Erstdruck wurde der Brief auf Ende Dezember 1777 datiert, seit Fielitz auf den 27. Dezember 1777 (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 108). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 86. – 1 Bl. 16,5610,4 cm, 1/3 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „76.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 83), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 143. WA IV 3 (1888), 203, Nr 658. BEI L AG E
Manuskripte von Plessing (vgl. die zweite Erl|uterung zu 187,24). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 187,22 Heut frsh ahndet ich so was] Muglicherweise mit Bezug auf die im Folgenden erw|hnte Arbeit zum Abschluss der „Empfindsamen“, zu der Goethe von dem Kammerherrn und Komponisten Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff aufgefordert worden sein kunnte (vgl. die folgende Erl|uterung). 187,22 also adieu fsr heute] Muglicherweise hatten sich Goethe und Charlotte von Stein kurz zuvor gesehen. Auch dieser Umstand spricht daftr, dass der Brief vom 27. Dezember 1777 stammt. Laut Fourierbuch fand an diesem Tag die
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BRIEF 315
ftrstliche Tafel „auf den Schwansee“ (FB 1777, S. 241) statt, dem zugefrorenen Teich im so genannten Baumgarten (heute Schwanseepark hinter dem Bertuchhaus), der im Winter ftr Schlittenfahrten und Schlittschuhlaufen genutzt wurde (vgl. zu 122,1). Offenbar war in dieser Umgebung auch die Hofetikette lockerer als tblich. Auf der G|steliste steht neben dem Ehepaar von Stein und dem „Cammerh‘. v. Seckendorff“ auch der „Geh. Leg‘. Gehde“ (FB 1777, S. 241). 187,23 sechsten Ackt] Der sechste und letzte Akt der „Empfindsamen“, die mit der Musik Sigmund von Seckendorffs am 30. Januar 1778 anl|sslich des 21. Geburtstages der Herzogin Louise vom Weimarer Liebhabertheater uraufgefthrt wurden (vgl. zu 165,21–22). Dass Goethe im Dezember 1777 daran arbeitete, belegt u. a. ein Brief Herders vom 22. Dezember an Gleim: „Guthe arbeitet an einem neuen Sttck zum Geburtstag der Herzogin, wo von aber kein Mensch noch nichts weiß.“ (HB 4, 50.) 187,24 Redoute] Maskenball (zu den Weimarer Redouten vgl. zu 24,18); laut Fourierbuch fand am 27. Dezember 1777 „die Erste Redoute“ des Winters statt (FB 1777, S. 241). 187,24 Pl. Papiere] Nicht tberlieferte Aufzeichnungen oder Briefe Friedrich Victor Leberecht Plessings, den Goethe am 3. Dezember 1777 in Wernigerode besucht hatte (vgl. zu 179,15–18). Plessings Name wird auch im Tagebuch vom 22. bis 25. Februar 1778 mit Pl. abgektrzt (GT I 1, 61). Wahrscheinlich hatte Goethe nach seiner Rtckkehr aus dem Harz Charlotte von Stein, wie im Brief vom 4. Dezember angektndigt, von seinem ,Abenteuer‘ mit Plessing erz|hlt (vgl. 179,16–17). 315. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 30. Dezember 1777 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 67. – 1 Bl. 21(–21,2)67,4 (–7,6) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „58“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 63), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schull, Goethe-Stein 1 (1848), 143. WA IV 3 (1888), 204, Nr 659. BEI L AG EN
1) Pflanze (vgl. die erste Erl|uterung zu 188,1). 2) Zeichnungen (vgl. die zweite Erl|uterung zu 188,3). 3) Ente (vgl. die erste Erl|uterung zu 188,4).
DEZEMBER 1777 ERLUTERUNGEN
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Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 188,1 Blume] Goethe kunnte eine im Winter blthende Pflanze, z. B. eine Schnee- oder Christrose, tberschickt haben, deren Blttezeit je nach Schnee- und Huhenlage schon im November beginnen kann. – Die genauen Angaben zum Fundort sprechen daftr, dass es sich bei der ,Blume‘ tats|chlich um eine Pflanze gehandelt hat. Daher ist es wenig wahrscheinlich, dass hier auf das im Folgenden erw|hnte Gedicht angespielt wird, wie Wahle vermutet (vgl. Wahle, Goethe-Stein 1, 516, Anm. 6 zu S. 103). 188,1 im Ausritt vom Harze] Am 13. Dezember ritt Goethe von Sankt Andreasberg nach Duderstadt (vgl. 187,6–9), von wo aus er mit der Kutsche weiterreiste. 188,2 war beylage] Weshalb sich die ,Beilage‘ zu einem verloren gegangenen Brief erhalten hat, kann nur vermutet werden; muglicherweise hatte Goethe nur die Absicht, die ,Blume‘ mit dem frtheren Brief zu versenden, es dann aber doch unterlassen, oder er hatte ein weiteres Exemplar der Pflanze mitgenommen, das er nun der Freundin tberschickte. 188,3 Brief der verlohren ist] Dieser nicht tberlieferte Brief kunnte vom 13. Dezember stammen, als Goethe den Harz verließ (vgl. EB 176). Der vorhergehende Brief Nr 311 vom 7. bis 11. Dezember wurde wahrscheinlich am Morgen des 12. aus Clausthal, der Tagebuchbrief Nr 312 frthestens am 15. Dezember aus Eisenach abgeschickt. 188,3 angefangne Zeichnungen] Muglicherweise Zeichnungen von der Harzreise (vgl. zu 184,23–24). Aus dem Winter 1777/78 stammen außerdem die Zeichnungen „Floßbrtcke im Weimarer Park“, auf deren Rtckseite sich eine Skizze vermutlich mit einem Goslarer Motiv erhalten hat, sowie „Winterliche Mondnacht am Schwansee“ (Corpus I, 75, Nr 192 und 193). Hinweise, dass sie sich im Nachlass Charlotte von Steins befanden, gibt es allerdings nicht. Nicht genau zu datieren ist eine Zeichnung der „Floßbrtcke (Naturbrtcke) im Weimarer Park“ mit dem Gartenhaus links im Hintergrund sowie zwei Figuren, bei denen es sich um Goethe und Friedrich von Stein handeln kunnte (Corpus I, 75 f., Nr 195). Sie stammt muglicherweise ebenfalls aus dem Winter 1777/78 und befand sich ganz sicher im Besitz Charlotte von Steins, da Goethe sie am 18. November 1782 von ihr zurtck erbat (vgl. WA IV 6, Nr 1627). 188,4 Ente] Hier offenbar ein zum Essen bestimmtes bereits geschlachtetes oder erlegtes Tier (vgl. GWb 3, 120). An diesem Tag aß Goethe bei Charlotte von Stein zu Mittag (vgl. GT I 1, 55). 188,4 meine Gedichte] Wahrscheinlich die von Goethe ftr Charlotte von Stein angelegte Sammlung mit eigenh|ndigen Gedichtreinschriften, die so genannte „Erste Weimarer Gedichtsammlung“ (GSA 25/W 18). Sie enth|lt auf 23 Bl|ttern, die offenbar sp|ter gebunden und mit einem Umschlag versehen wurden, ins-
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BRIEF 315
gesamt 27 Gedichte (in der WA unter der Sigle H2; vgl. WA I 2, 298; zum Inhalt im Einzelnen vgl. Inventare 2 I, 27 f.). Wie aus dem Folgenden hervorgeht, lag die Sammlung damals noch nicht in der heute tberlieferten Form vor, sondern wurde erg|nzt, war also frthestens Anfang 1778 abgeschlossen. Karl Eibl vermutet, dass es noch eine |ltere handschriftliche Sammlung mit Gedichten gegeben hat, auf der sowohl eine nicht mehr erhaltene Abschrift Charlotte von Steins wie auch die im GSA tberlieferte „Erste Weimarer Gedichtsammlung“ beruhen (vgl. Karl Eibl: Die Erste Weimarer Gedichtsammlung. In: Goethe-Handbuch3 1, 155–158). 188,4 was einschreiben] Wahrscheinlich das kurz zuvor entstandene Gedicht „Auf dem Harz im Dezember. 1778 Ærecte 1777æ“ (sp|ter „Harzreise im Winter“; vgl. Beilage zu Nr 388). Es fehlt zwar heute in der „Ersten Weimarer Gedichtsammlung“ ftr Charlotte von Stein. Daftr, dass es sich ursprtnglich darin befunden hat, spricht aber der Umstand, dass es in einer von Charlotte von Stein angelegten, jedoch nicht mehr tberlieferten Abschrift der Gedichtsammlung enthalten war. Diese Abschrift lag Heinrich Dtntzer 1877 noch vor (vgl. Heinrich Dtntzer: Die handschriftliche Sammlung Goethescher Gedichte von Charlotte von Stein. In: AfL 6 [1877], 96–110; bes. 98 f.). Muglicherweise stand das Gedicht auf dem herausgetrennten ersten Blatt der Sammlung oder lag ihr nur lose bei (vgl. Schune, Harzreise, 16 f.). 188,5 in meiner Hstte] Wohl im Gartenhaus, das Goethe winterfest gemacht hatte (vgl. zu 116,24). 188,5–6 heut Abend Æ:::æ in dem Leichtsin der Representation.] Anspielung auf Goethes Rolle als ,verhinderter Ehebrecher‘ Alcest in den „Mitschuldigen“, die am 30. Dezember 1777 vom Liebhabertheater aufgefthrt wurden (vgl. GT I 1, 55; zur Weimarer Urauffthrung am 28. November 1776 vgl. Datierung zu Nr 124; die Erl|uterungen zu 74,6). Zur Aufnahme des Sttckes durch das Weimarer Publikum bemerkt Lyncker: „Nur erw|hnen muß ich, daß das Lustspiel ,Die Mitschuldigen‘ Æ:::æ als ganz unmoralisch [und deshalb sittenverderblich] angesprochen wurde.“ (Lyncker, 53.) – Repr|sentation: „die Vor- oder Darstellung, Vorzeigung, die Vertretung einer andern Person“ (Zedler 31, 649).
Johann Wolfgang Goethe Briefe Historisch-kritische Ausgabe
Johann Wolfgang Goethe Briefe Historisch-kritische Ausgabe Im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar Goethe- und Schiller-Archiv herausgegeben von Georg Kurscheidt, Norbert Oellers und Elke Richter
Johann Wolfgang Goethe Briefe Band 3 II B 1. Januar 1778 – Ende 1779 Kommentar
Herausgegeben von Georg Kurscheidt und Elke Richter unter Mitarbeit von Gerhard Muller und Bettina Zschiedrich
De Gruyter
Dieser Band wurde von der Richard und Effi Biedrzynski-Stiftung gefvrdert. Redaktion: Wolfgang Ritschel
Zitiertitel: GB 3 II
ISBN 978-3-05-006504-5 eISBN 978-3-11-034219-2 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber http://dnb.dnb.de abrufbar. # 2014 Akademie Verlag GmbH, Berlin Ein Unternehmen der De Gruyter GmbH, Berlin/Boston Gestaltung der Einb~nde und Schutzumschl~ge: deblik, Berlin Gesamtherstellung: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza ♾ Gedruckt auf s~urefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
BRIEFE 1. JANUAR 1778 – ENDE 1779
KO M M EN TA R
316. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 1. Januar 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 75. – 1 Bl. 14,4610,1(–10,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „1“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 1), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 152. WA IV 3 (1888), 204, Nr 660. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 188,8–9 gestern Abend Æ:::æ zusammen packte] Im Tagebuch vermerkt Goethe am 31. Dezember 1777: Abends Zu Hause. Aufgeraumt das alte Jahr. (GT I 1, 55.) hnlich lautend beginnt der Eintrag vom 1. Januar 1778: An W. Meist. geschrieben. Rein ruhig hatte das alte Jahr zusammen gepackt. (GT I 1, 59.) 188,11–12 von meinen Haaren zu schicken] Der Kontext belegt, dass sich Goethe des sberaus Perstnlichen, ja Intimen dieser angeksndigten Gabe durchaus bewusst war, weshalb er, wie wahrscheinlich schon in einem frsheren Brief (vgl. zu 164,13), auf die bersendung verzichtete. – Dagegen ist im GNM eine Haarlocke Charlotte von Steins vermutlich aus der Zeit um 1780 sberliefert, die aus Goethes Nachlass stammt (KSW, Museen, Inv.-Nr GVa/00152/002). 188,12 aufgebunden] Wie z. B. das Bleistiftportr|t von Georg Melchior Kraus aus dem Jahr 1776 (KSW, Museen, Inv.-Nr KHz1993/00370) belegt, trug Goethe zumindest im Alltag keine Perscke, sondern sein eigenes Haar der Mode der Zeit entsprechend zu einem Zopf gebunden. 188,13 Bande] Band: hier im sbertragenen Sinn fsr ,Bindung‘, mit der Konnotation ,innig‘, ,ewig‘, ,heilig‘ (vgl. GWb 2, 38). 188,13 keinen Zauber fur sie h~tten] Wohl in Anspielung auf die vor allem Frauenhaaren nachgesagte fesselnde Macht; sp|ter in der „Walpurgisnacht“-Scene in der Gestalt der Lilith personifiziert: Lilith ist das. Æ:::æ Adams erste Frau. / Nimm dich in Acht vor ihren schvnen Haaren, / Vor diesem Schmuck, mit dem sie einzig prangt. / Wenn sie damit den jungen Mann erlangt, / So l~ßt sie ihn sobald nicht wieder fahren. (Faust I, Verse 4119–4123; WA I 14, 207.) 188,14 Heut werd Ich Sie doch einmal finden.] Laut Tagebuch besuchte Goethe Charlotte von Stein erst am folgenden Abend (vgl. GT I 1, 59).
642
317. An Charlotte von Stein
BRIEFE 317/318
ÆWeimar, Anfang Januar? 1778æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Seit dem Erstdruck wird der Brief auf Anfang Januar 1778 datiert, und zwar nach dem Inhalt (vgl. zu 188,16). Das Jahr wird durch die Angabe der Empf|ngerin best|tigt (vgl. berlieferung). Da es keine anderen Anhaltspunkte fsr eine Neudatierung des Briefes gibt, wird die bisherige Datierung beibehalten. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 115. – 1 Bl. 19(–19,2)66,4 cm, 1 /2 S. beschr., egh., Bleistift; unten links von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „78“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „87“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 90), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 152. WA IV 3 (1888), 205, Nr 661. BEI L AG E
Stoff (vgl. zu 188,16). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 188,16 von diesem Zeug gekriegt] Es ktnnte sich um eine Stoff-Sendung aus Frankfurt handeln. In ihrem Brief vom 2. Januar 1778 an Philipp Seidel erw|hnt Catharina Elisabeth Goethe eine Sendung an Goethe: „Am 26ten December ist eine Schachtel an den Docter ÆGoetheæ abgegangen, Er wird sie doch wohl erhalten haben? Hat der junge Herr Willmern die Manschetten sberlieffert?“ (Pfeiffer-Belli, 418.) 188,16–17 mich davon bekleidet Æ:::æ so viel ubrig] Wahrscheinlich mit Bezug auf ein Kostsm zu einer der Auffshrungen des Liebhabertheaters. Am 13. Januar 1778 wurde der „Westindier“ von Richard Cumberland, der in Weimar zuerst am 29. Februar 1776 aufgefshrt worden war, wiederholt (vgl. zu 29,13). Goethe spielte die Rolle des Belcour (vgl. Sichardt, 147). Proben dafsr fanden laut Tagebuch schon seit dem 2. Januar 1778 statt (vgl. GT I 1, 59). 188,18 Gold] Vgl. zu 25,19.
JANUAR 1778
318. An Charlotte von Stein
643
ÆWeimaræ, 9. Januar 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 75. – 1 Bl. 19,568,2(–8,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, zunehmend flschtiger werdende Schrift; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „2“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 2), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 152 f. WA IV 3 (1888), 205, Nr 662. BEI L AG E
Schlussel (vgl. zu 189,1). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 189,1 Schlussel zu meinen Gegenden] Schlsssel zu den Brscken, sber die man zu Goethes Garten gelangte. Sein Grundstsck lag oberhalb des „Sterns“, des |ltesten Teils des Schlossparks, der damals vollst|ndig von der Ilm und dem Floßgraben eingeschlossen war (vgl. Plan der Stadt Weimar 1784). Dass Goethe offenbar selbst fsr abschließbare Brscken gesorgt hatte, legt ein Brief Wielands an Merck vom 12. bis 13. April 1778 nahe: „Gtthen bekomme ich gar nicht mehr zu sehen; denn er komt weder an den Concerttagen nach Hof, noch zu mir; und zu ihm zu kommen, wiewohl unsre domainen eben nicht sehr weit von einander liegen, ist auch keine Mtglichkeit, seit dem er beynah alle Zug|nge barricadiert hat. Denn alle n|here Wege zu seinem Garten gehen sber die Ilm, und theils durch eine ehmals tffentliche Promenade, der Stern genannt, theils sber eine herrschaftliche Wiese. Nun hat er zwar, pour faciliter la communication Æzur Erleichterung der Kommunikationæ, in vorigem Jahre 3 bis 4 Brscken sber die Ilm machen lassen; izt aber, Gott weiß warum, sind sie mit Thsren versehen, die ich so oft ich noch zu ihm gehen wollte, verschloßen angetroffen habe. Da man nun nicht anders zu ihm dringen kan als mit einem Zug Artillerie, oder wenigstens mit ein paar ZimmerLeuten, die einem die Zug|nge mit ihren xten tfnen, so ist ein gemeiner Mann wie unser einer gezwungen, das Abentheuer gar aufzugeben und in seinem eignen zu bleiben.“ (WB 7 I, 50 f.) – Vgl. auch Goethes Zeichnung „Floßbrscke im Weimarer Park“ vermutlich von 1777/78 (Corpus I, 75 f., Nr 195). 189,2 Ich hab Launen] Wie schon h|ufig in den beiden Jahren zuvor scheint es zu einer vorsbergehenden Verstimmung Goethes gekommen zu sein, wahrscheinlich nachdem er am 7. Januar nach der Sitzung des Geheimen Consiliums bei Charlotte von Stein zu Mittag gegessen hatte. Anschließend fand im Garten
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BRIEFE 319/320
ein l|ngeres Gespr|ch statt, das Anlass fsr Goethes ,Launen‘ gewesen sein ktnnte: Viel geschw~zzt vom Herzen Aus. Ich nach Belv. (GT I 1, 59.) 189,3 Picks] Pick: hier im sbertragenen Sinn von ,Groll‘ (vgl. zu 83,18–19). 189,5–6 ich mag und kan Sie nicht sehn] Laut Tagebuch hatte Goethe Charlotte von Stein zuletzt am 7. Januar besucht (vgl. GT I 1, 59). Wie angeksndigt, sah er sie auch am 9. Januar nicht, sondern aß beim Herzog, besuchte nachts die Redoute (ebd.). Doch bereits fsr den n|chsten Abend ist wieder ein Besuch bei der Freundin vermerkt (vgl. ebd.). 189,6 Adie] Flschtig fsr ,Adieu‘. 319. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 10. Januar 1778æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief in die erste H|lfte Dezember 1778 eingeordnet. Im Erstdruck wird er in die zweite H|lfte Februar 1776 datiert; Fielitz setzt ihn nach dem Inhalt vermutungsweise auf Ende Januar 1778, wobei er auch eine etwas frshere Datierung fsr mtglich h|lt (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 433, Anm. 1 zu 119), ihm folgen Wahle und die WA. Seit Fr|nkel wird er auf den 10. Januar 1778 datiert (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein1 2, 100, Nr 212). – Der Tonfall und vor allem die Erw|hnung der vorabendlichen ,Torheiten‘ (vgl. 189,12–13) passen nicht zu Goethes Stimmung Ende Januar, als er In stiller Trauer und besch~fftigt um die Scene des Todts ÆChristiane von Laßbergsæ war (GT I 1, 60). Der Inhalt des Briefes und die bereinstimmungen mit dem Tagebuch (vgl. zu 189,12–13; zu 189,13; zu 189,14) sprechen fsr Fr|nkels Datierung. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 106. – Doppelblatt 11,5618,1 cm, 2 /3 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Fr. v. Stein, rotes Gemmensiegel: „eine in trauernder Haltung vor einem Tropaion sitzende Frau“ (Femmel/Heres, 11), Bl. 2 Siegelausriss am Seitenrand; S. 1 unten links von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „79“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „67“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 69), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 159. WA IV 3 (1888), 210, Nr 671.
JANUAR 1778
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ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 189,8). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 189,8 Die drey ersten Punckte] Dies und das Folgende wahrscheinlich mit Bezug auf einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins. 189,9 Vordesaz] Verschrieben fsr ,Vordersatz‘: Pr|misse. – „In der Logik werden der Ober- und Untersatz eines Schlusses mit einem gemeinschaftlichen Nahmen die Vorders|tze genannt Æ:::æ; zum Unterschiede von dem Hintersatze oder Schlußsatze.“ (Adelung 4, 1260.) 189,11 Titel] Einer der offenbar wechselnden Beinamen, die Charlotte von Stein Goethe gab (vgl. zu 58,5–6). 189,12–13 gestern gethorheitet] Laut Tagebuch war Goethe am 9. Januar 1778 Nachts auf der Redoute und kam erst Um 2 nach Hause. (GT I 1 59.) – Das Verb ,torheiten‘ ist eine Gelegenheitsbildung Goethes fsr „thorheiten treiben“ (Grimm 11, 401). 189,13 heut lang geschlafen] Am 10. Januar hat Goethe laut Tagebuch gesch. bis 9. (GT I 1, 59.) 189,14 meine Rolle] Am 13. Januar fand eine Auffshrung des „Westindiers“ statt, in der Goethe die Rolle des Belcour spielte (vgl. zu 188,16–17; die zweite Erl|uterung zu 190,11). 320. An Johann Heinrich Merck
ÆWeimaræ, 11. Januar 1778 ! Darmstadt
BERLIEFERUNG
H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: Hs-19086. – 1 Bl. 19,5627,5 cm, /4 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: An Herrn / Kriegsrath Merck / nach / Darmstadt / fr., Reste eines roten Initialsiegels: „G“; Blatt am rechten Rand in der Mitte ausgerissen durch ffnen des Siegels, geringer Textverlust (vgl. 190,2 und 190,3). – Faksimile: JbFDH 1974, S. 408. E1: Merck, Briefe2 (1838), 119 f., Nr 53 (ohne den Satz 189,18 Die Abdrucke der Ostads sind trefflich.). E2: Merck, Briefwechsel 2 (2007), 38, Nr 263 (erster vollst|ndiger Druck). WA IV 3 (1888), 206, Nr 664 (nach E1).
3
BEI L AG E
Radierung Goethes (vgl. zu 190,2–3). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
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BRIEF 320
189,15 Die Kupfer sind Æ:::æ angekommen] Die Lieferung war sber Friedrich Justin Bertuch, den Schatullverwalter Herzog Carl Augusts, gegangen; an diesen hatte Merck am 3. Januar 1778 geschrieben: „Hier habe ich die Ehre Ihnen abermalen einen betr|chtlichen Transport Kupferstiche fsr des Herrn Herzogs Hochf. Durchlaucht zu sbersenden. Es sind fsrtreffliche Stske darunter, was besonders den Sammt des Syderhofs, u. den kshnen Grabstichel Fischers anbelangt. Die Abdrske sind mir nie so gut unter H|nden gekommen.“ (Merck, Briefwechsel 2, 28 f. – Die genannten Kupferstecher sind Jonas Suyderhoff und vermutlich Cornelis Visscher.) Um welche Kupferstiche es sich im Einzelnen handelte und welche fsr Goethe, welche fsr den Herzog bestimmt waren, ist nicht mit Sicherheit festzustellen. Die im vorliegenden Brief genannten Ksnstler sind alle in Goethes graphischer Sammlung vertreten, besonders Stiche G o u d t s nach Elsheimer (189,21) und Radierungen van Ostades (vgl. Schuchardt 1, 121, Nr 177, 179, 182–184; 174 f., Nr 272–296; 181, Nr 361; 198 f., Nr 44–50; 205, Nr 113; 227, Nr 141). 189,16–18 es ist wunderbaar Æ:::æ aufschliest] Dass Goethe eine ,kunstp|dagogische‘ Absicht damit verband, Herzog Carl August bei der Sammlung und Begutachtung von Kunstwerken anzuleiten, klingt auch in seinem Brief an Merck vom 22. Oktober 1777 an (vgl. 171,2–3). 189,18 Ostads] Adriaen van Ostade, niederl|ndischer Maler und Radierer des 17. Jahrhunderts, Schtpfer humoristischer Genrebilder aus bsrgerlichem und b|uerlichem Alltagsleben. – In der eingetroffenen Lieferung befand sich offenbar ein Stich nach Ostades Bild „Joueurs de Vielle“ (franz.: Drehorgelspieler), das Merck in seinem Brief an Friedrich Justin Bertuch vom 3. Januar 1778 erw|hnt (vgl. Merck, Briefwechsel 2, 29), ebenso in seinem Beitrag „Aus einem Schreiben an den H. sber die Frage: wie eine Kupferstichsammlung anzulegen sey?“ im MaiHeft des „Teutschen Merkur“ von 1778 (S. 174). 189,18 Syderhofs] Jonas Suyderhoff, Reproduktionsstecher des 17. Jahrhunderts in Haarlem, vor allem als Hersteller von Portr|tstichen t|tig. In Goethes Kunstsammlungen ist ein Portr|tstich von Suyderhoff verzeichnet, der Karl den Kshnen zeigt (vgl. Schuchardt 1, 227, Nr 141; Grave, 35, Anm. 45). 189,21 G o u d t s nach Elsheimer] Hendrik Goudt, Maler und Kupferstecher des 16./17. Jahrhunderts in Utrecht. W|hrend eines Aufenthalts in Rom lernte er den Frankfurter Maler Adam Elsheimer kennen, der einige Jahre ausschließlich fsr ihn arbeitete, angeblich, um Schulden zu begleichen. Goudt stellte eine Reihe von Kupferstichen nach Gem|lden Elsheimers her. Zehn Bl|tter von Goudt sandte Merck schon mit einem Brief an Friedrich Justin Bertuch vom 4. Februar 1778 nach Weimar: „Ich habe hier die Ehre, Æ:::æ das Œuvre von Chev. Goudt fsr Ihro Durchlaucht den Herrn Herzog zu sbersenden. Es sind ausser den 7 Originalien 3 Copien dabey befindlich.“ (Merck, Briefwechsel 2, 49.) Weiter heißt es: „Ich weis nicht, ob es ntthig seyn wird, die Originalien von den Copien zu unterschei-
JANUAR 1778
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den. Bey dem kleinen Oval dsrfte es etwas schwer seyn zu unterscheiden, und deswegen bemerke ich noch, daß das auf grau Papier geleimte das Original ist.“ (Ebd.) Damit ist Goudts Kupferstich „Enthauptung Johannes des T|ufers“ nach einer Vorlage Elsheimers gemeint, die in Goethes Besitz verblieb (vgl. Schuchardt 1, 121, Nr 182; Abb. in Merck, Briefwechsel 2, 51). Goethe erwarb 1820 weitere Stiche Goudts nach Elsheimer auf einer Auktion in Leipzig (vgl. Grave, 182). 190,2 CalloÆts.æ] Jacques Callot, franztsischer Zeichner und Radierer des 16./17. Jahrhunderts in Florenz und Nancy, Schtpfer von Landschaftszeichnungen, vor allem aber graphischen Werken mit oft grotesk-realistischer Motivik, darunter die Serien „Les petites misxres“ und „Les grandes misxres“ mit Darstellungen der Gr|uel des Dreißigj|hrigen Krieges. Goethe gelang es im Jahr 1818, einige von Callots Radierungen zu erwerben (vgl. Schuchardt 1, 198 f.; Grave, 171, Anm. 630). 190,2 Der Mutter hab ich selbst geschrieben.] Mtglicherweise ist Goethes nicht sberlieferter Brief an Catharina Elisabeth Goethe vom 13. Dezember 1777 gemeint (EB 175). Ein weiterer Brief an die Mutter ist in dem in Frage kommenden Zeitraum um den Jahreswechsel 1777/78 in Goethes Rechnungen nicht verzeichnet. 190,2–3 Abdruck von der Platte] Zwei Radierungen Goethes sind sberliefert, von denen mehrere Abdrucke hergestellt wurden: „Brandst|tte“ und „Thsringisches Bauerngehtft“ (Corpus I, 66 f., Nr 161 und 163). Beide ktnnen auf Juni 1777 datiert werden (vgl. ebd.). Von der Arbeit an einer Zeichnung und von der Herstellung einer Druckplatte ist in Goethes Tagebuch unter dem 31. Mai und unter dem 1. und 2. Juni 1777 die Rede (vgl. GT I 1, 42). Mit seinem Brief vom 3. Juni 1777 schickte er Abdrucke (148,10) an Charlotte von Stein. Mtglicherweise handelte es sich im vorliegenden Fall um eine der beiden Radierungen. 190,3 duÆrchægegangen] Bezieht sich vermutlich auf den Zustand des Abdrucks: Die Druckerfarbe war ,durchgeschlagen‘ (vgl. GWb 2, 1319). 190,3–4 Die Gvtter haben Æ:::æ Ervfnungen gethan.] In den Briefen an Charlotte von Stein vom 29. Oktober sowie vom 2., 6. und 30. Dezember 1777 (Nr 293, 309, 310, 315) berichtete Goethe wiederholt, dass er zeichne, offenbar aber ohne befriedigende Resultate (vgl. 171,8–9, 178,13–15, 180,29–30, 188,3). Auch im Tagebuch heißt es unter dem 6. Dezember 1777: vergeblich gezeichnet. (GT I 1, 53.) Auf der Harzreise entstand immerhin die Zeichnung „Brocken im Mondlicht“ (vgl. Abb. 5 im Kommentarband, S. 616; Corpus I, 74, Nr 190), die zu den ,Hthepunkten‘ von Goethes zeichnerischer Arbeit gerechnet wird (vgl. ebd.). 190,5–6 Die Gegend um meinen Garten wird Æ:::æ schvn] Mit der Umgestaltung der Außenanlagen seines Gartenhauses an der Ilm war Goethe besch|ftigt, seit er es im April 1776 von Herzog Carl August zum Geschenk erhalten hatte (vgl. zu 115,12–13; zu 62,4). Hinter dem Haus entstand ein englischer Garten mit geschlungenen Wegen und Sitzgelegenheiten. Am 5. April 1777 hatte
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BRIEFE 321/322
Goethe eine nach einem Entwurf von Adam Friedrich Oeser gefertigte Skulptur (eine Kugel auf einem Kubus) der acaJg stvg ÆAgathe Tycheæ (griech.: dem guten Geschick) eingeweiht (vgl. Tagebuch vom 25. Dezember 1776 und 5. April 1777; GT I 1, 31 und 40; vgl. zu 125,12; zu 184,10). Wenige Tage nachdem er den vorliegenden Brief geschrieben hatte, begann Goethe auch mit der Gestaltung der Umgebung außerhalb seines Gartens. Zuerst entstand aus Anlass des Freitods der Christiane von Laßberg am 16. Januar die so genannte Felsentreppe (vgl. zu 191,6–7). – Merck selbst war auch an Fragen der Gartengestaltung interessiert; so lieferte er fsr Christian Cajus Laurenz Hirschfelds „Theorie der Gartenkunst“ (5 Bde. Leipzig 1779–1785) die „Beschreibung der vorzsglichsten G|rten um Darmstadt“ (Bd 2. 1780, S. 157–160). 190,7 Mvchtest du kommen kvnnen.] Merck kam erst am 31. Mai 1779 zu einem sechswtchigen Besuch nach Weimar; dabei hielt er sich meist in Ettersburg auf. 190,7–9 Der Hezog hatte Æ:::æ nicht gut.] Es ist mtglich, dass Herzog Carl August mit seinem Angebot, Merck zum weimarischen Kammerherrn zu machen, Erfolg gehabt h|tte. Nachdem Merck den Herzog im September 1777 auf der Wartburg kennen gelernt hatte, schrieb er am 3. November an Friedrich Nicolai: „Ich wsrde aus Liebe zu ihm eben das thun, was Goethe thut.“ (Merck, Briefwechsel 2, 9.) ber die Grsnde, die Goethe dazu veranlassten, von diesem Plan des Herzogs abzuraten, l|sst sich nur spekulieren. Vielleicht wollte er nach den schlechten Erfahrungen mit seinen frsheren Freunden Jacob Michael Reinhold Lenz und Friedrich Maximilian Klinger, die ihn in Weimar in Verlegenheit gesetzt hatten und gescheitert waren, keine Wiederholung riskieren (vgl. Hermann Br|uning-Oktavio: Goethe und Johann Heinrich Merck. Johann Heinrich Merck und die Franztsische Revolution. Darmstadt 1970, S. 78 f.). Das Argument, Merck sei zu alt fsr einen Wechsel, erscheint wenig plausibel; Merck war 37 Jahre alt. – ,Hezog‘: versehentlich fsr ,Herzog‘. 321. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 11. Januar 1778 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 75. – 1 Bl. ca. 18,367,1(–7,4) cm, 1 /2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. und Vs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „3“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 3), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 153. WA IV 3 (1888), 205, Nr 663.
JANUAR 1778
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ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 190,11 leibliche Nahrung] Wahrscheinlich fsr die Bewirtung von Goethes Gast Ekhof. 190,11 Der Alte Eckhof] Conrad Ekhof, der bis 1774 als Mitglied der Seylerschen Truppe zum festen Ensemble des Weimarer Hoftheaters gehtrt hatte und seither am Gothaer Hof engagiert war (vgl. die zweite Erl|uterung zu 24,3). Seit dem 7. Januar hielt er sich in Weimar auf, um an den Proben zum „Westindier“ teilzunehmen, wo er die Rolle des Stockwell spielte. Vom 7. bis 13. Januar wird er t|glich in Goethes Tagebuch erw|hnt. Am 11. Januar vermerkt Goethe: Eckhof as mit mir. Erz~hlte die Geschichte seines Lebens. Abends zu $ ÆCharlotte von Steinæ. (GT I 1, 59.) 190,13 Gold] Vgl. zu 25,19. 322. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 12. Januar 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 76. – 1 Bl. 19,566,5(–6,7) cm, 2 /3 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „4“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 4), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 153. WA IV 3 (1888), 207, Nr 665. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 190,15 den Plaz vor der Hvle] Vgl. zu 217,13. 190,16 Tanz Probe] Laut Tagebuch fand am 12. Januar eine Probe des Balletts statt (GT I 1, 59), offenbar fsr das Ballett am Schluss der „Empfindsamen“, die am 30. Januar 1778 aufgefshrt werden sollten (vgl. zu 165,21–22). 190,16–17 komm ich um zehn] Zwischen Ballettprobe und Probe des Westindiers hat Goethe am 12. Januar bei $ ÆCharlotte von Steinæ gessen (GT I 1, 59).
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BRIEFE 323/324
323. An Carl Ludwig von Knebel ÆWeimar, vermutlich erste H|lfte Januar 1778æ ! ÆTiefurtæ DAT I E RU N G
Das sberschickte erste Buch (191,1) des Romans „Wilhelm Meisters theatralische Sendung“ hatte Goethe am 2. Januar 1778 fertiggestellt; unter diesem Datum heißt es in seinem Tagebuch: fruh 1 B. Meisters geendigt. (GT I 1, 59.) Es ist anzunehmen, dass er das Manuskript nicht allzu lange danach Knebel zu lesen gab. Demnach stammt der vorliegende Brief vermutlich aus der ersten H|lfte Januar 1778. BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin, Sign.: Ms. Germ. 4 # . 521, Bl. 11. – 1 Bl. 15610 cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben links von fremder Hd, Tinte: „Wilhelm Meister“, darunter von Gottschalk Eduard Guhrauers Hd, Bleistift: „12“ (vgl. E), oben in der Mitte von fremder Hd, Tinte: „No. 3 –“; Vs. unter der Paraphe von fremder Hd, Bleistift: „19 Nov Æ?æ 1783?“. – In einem Konvolut mit schwarzem Ledereinband (vgl. weiter berlieferung zu Nr 5). E: Goethe-Knebel 1 (1851), 11, Nr 12. WA IV 3 (1888), 213, Nr 679. BEI L AG E
Manuskript des 1. Buches von „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung“ (vgl. zu 191,1). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 191,1 das erste Buch meines Romans] Goethe hatte knapp ein Jahr zuvor mit der Niederschrift seines Romans „Wilhelm Meisters theatralische Sendung“ begonnen, der im Tagebuch erstmals unter dem 16. Februar 1777 erw|hnt wird (vgl. GT I 1, 38). Der Fragment gebliebene Roman gedieh bis zum 6. Buch, das im November 1785 beendet wurde. Vom 7. Buch arbeitete Goethe Teile aus, die nicht sberliefert sind. Vgl. auch zu 129,9. 191,3 Introduzzione] Ital. introduzione: Einfshrung.
JANUAR 1778
324. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 19. Januar 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 76. – 1 Bl. ca. 19,5624,4 cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. rotes Gemmensiegel: Bellerophon (vgl. Femmel/Heres, 10 f.); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „5“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 5), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 154 f. WA IV 3 (1888), 207, Nr 666. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 191,5 Statt meiner kommt ein Bl~tgen.] Im Tagebuch fehlen vom 19. bis 29. Januar die t|glichen datierten Eintr|ge (vgl. zu 191,6–7; zu 191,7); ein Besuch Goethes bei Charlotte von Stein wird erst wieder fsr den 13. Februar erw|hnt (vgl. GT I 1, 60). 191,5 Da ich von Ihnen wegging] Am 18. Januar (vgl. GT I 1, 60). 191,6–7 ein seltsam Pl~zgen] Wie aus dem Folgenden hervorgeht, ist die sp|ter nach ihrer berdachung als „Nadelthr“ bekannte Felsen- und Grottenanlage oberhalb der frsheren Floßbrscke gemeint, unweit der Stelle gelegen, an der Christiane von Laßberg ertrunken aufgefunden worden war. Sie entstand im Zuge der Umgestaltung des Parks aus den Resten eines alten Steinbruchs. Die Arbeiten daran, an denen Goethe selbst beteiligt war, zogen sich bis in den April 1778 hin: Am 23. M|rz 1778 vermerkt Goethe im Tagebuch: Diese Zeit viel an dem Felsen werck arbeiten lassen (GT I 1, 62); kurz vor dem 12. April heißt es: Wuhlte ich still an Felsen und Ufer fort. (Ebd.) 191,7 das Andencken der armen Cristel] Die kaum 16-j|hrige Christiane (Christel) Henriette von Laßberg hatte sich am 16. Januar 1778 in der N|he von Goethes Garten in die Ilm gestsrzt, wo sie ertrunken war. Wie Goethes Tagebuch vom 17. und 18. Januar belegt, muss ihn das Unglsck tief bewegt haben: 17. Ward Cristel v. Lasberg in der Ilm vor der Flosbrucke unter dem Wehr von meinen Leuten ÆPhilipp Seidel, Paul Goetze, Christoph Sutoræ gefunden. sie war Abends vorher ertruncken. Ich war mit " ÆHerzog Carl Augustæ auf dem Eis. Nachmittags besch~fftigt mit der Todten die sie herauf zu $ ÆCharlotte von Steinæ gebracht hatten. Abends zu den Eltern ÆFriederike Wilhelmine und Johann Maximilian Albrecht von Laßbergæ. Æ:::æ 18. Mit " ausgeritten Æ:::æ Nachts mit ". Knebeln heruber. Knebel blieb bey mir Die Nacht. Viel uber der Cristel Todt. Dies ganze Wesen Dabey ihre lezten Pfade ppp. (GT I 1, 60.) Der folgende Eintrag ohne genaue Datierung
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BRIEF 325
stammt aus den Tagen vor dem 30. Januar: In stiller Trauer einige Tage besch~fftigt um die Scene des Todts, nachher wieder gezwungen zu theatralischem Leichtsinn. (Ebd.) – ber die besonderen Umst|nde des Freitods Christiane von Laßbergs und die Reaktionen der Zeitgenossen darauf geben die Aufzeichnungen Lynckers Auskunft: „Gedenken will ich hierbei eines traurigen Vorfalls, der sich zu jener Zeit ereignete, als fast t|glich Proben von Theaterspielen und Balleten die jungen Herren und Damen in Anspruch nahmen. Dergleichen Uebungen wurden gewthnlich unter Gtthe’s und Sigmund Seckendorfs Direktion in einem Saale der Wohnung der Frau von Stein gehalten. Fr|ulein Albertine Ærecte: Christianeæ von Laßberg, welche mit unter die T|nzerinnen gehtrte, wurde bei der Probe erwartet, sie erschien aber nicht; man sendete nach ihrem Haus, aus welchem sie sich bereits entfernt hatte. Nach mancherlei Forschen und Suchen wurde sie ertrunken in der Ilm gefunden und alle Wiederbelebungsversuche blieben fruchtlos.* Daß dieses Ereignis Stoff genug gab, die empfindsame Stimmung zu schm|hen, in welche die Gtthischen Bscher und Theaterstscke die Jugend versetzt haben sollten, l|ßt sich wohl denken (und es ward viel darsber gesprochen). / *Man sagte, ein Liebesverh|ltniß mit dem von Wrangel, einem Liefl|nder, habe Anlaß gegeben.“ (Lyncker, 53.) Zudem kamen in der Folgezeit Gerschte auf, Christiane von Laßberg habe Goethes „Werther“ bei sich gehabt, als sie in die Ilm ging (vgl. ebd., 186). – Zu den Umst|nden des Todes der Christiane von Laßberg vgl. auch Caroline Gr|fin Goertz an Johann Eustach Graf Goertz, 18. Januar 1778 (BG 2, 59). 191,10 Jentschen] Der seit 1777 aus Altersgrsnden pensionierte Hofg|rtner in Belvedere Johann Ernst Gentzsch, auch unter dem Namen Rentsch erw|hnt. Wohl vor allem wenn Goethe auf Reisen war, beauftragte er Gentzsch mit der Aufsicht sber seinen Garten (vgl. die dritte Erl|uterung zu 208,14). 191,11 Absgeschiedenheit] Bei Korrektur versehentlich ,s‘ nicht getilgt. 191,11–12 den Ort ihres Tods] Der Abschnitt der Ilm zwischen Floßbrscke (heute Naturbrscke) und Wehr vis vis von Goethes Garten (vgl. Plan der Stadt Weimar 1784). 191,14 als wie wir von Tiefurth frvhlich heraufritten] Am 16. Januar, als Goethe mit der herzoglichen Gesellschaft, zu der an diesem Tag auch Charlotte von Stein gehtrte, Mittags Æ:::æ nach Tiefurt geritten war (GT I 1, 60). Der Abend wurde in Weimar mit einem „Picknick auf dem Redouten.Saal“ beschlossen (FB 1778, S. 11). 191,17–19 was gef~hrlich anziehendes Æ:::æ lockt uns] Vgl. Goethes Ballade „Der Fischer“, die sp|testens Ende Januar 1778 entstanden sein muss. In der Vertonung Sigmund von Seckendorffs wurde sie als Nr 76 in Goethes Liederbuch aufgenommen, das wahrscheinlich Anfang Februar 1778 fertig vorlag (vgl. die erste Erl|uterung zu 175,14). 191,19–21 meinen Jungen Æ:::æ einen Gang hinuber wagen] Von Goethes
JANUAR 1778
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Grundstsck in die Stadt (vgl. zu 189,1). – Zu Goethes Haushalt im Gartenhaus am „Stern“ gehtrten 1778 neben Philipp Seidel noch der damals knapp 24-j|hrige Hausdiener Christoph Erhard Sutor und der Laufbursche Johann Georg Paul Goetze, damals 17 Jahre alt. Bis zum April 1778 lebte zwar auch Goethes Pflegesohn, der damals etwa 11-j|hrige Peter im Baumgarten, in Goethes Haushalt. Dass er hier mit gemeint sein ktnnte, wie seit Fielitz’ Kommentar immer wieder angenommen wurde, ist unwahrscheinlich (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 433, Anm. 1 zu 118; zuletzt FA/Goethe II 2, 811, Anm. zu 123,22). Sowohl sein Alter, vor allem aber seine Unzuverl|ssigkeit und charakterliche Unberechenbarkeit sprechen dagegen, dass ihn Goethe nachts zu Boteng|ngen eingesetzt hat (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 281). 325. An Johann Christian Kestner
ÆWeimaræ, 23. Januar 1778 ! Hannover
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/264,I,4, Bl. 4. – 1 Bl. 18,8627,4(–27,7) cm, /5 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben; Rs. Adresse, quer geschr.: Herrn Archivsekretarius / Kestner / nach / Hannover / fr., Reste eines roten Initialsiegels: „G“; Vs. rechter Rand Mitte Buchstaben durch ffnen des Siegels verdeckt (vgl. 194,8). E: Goethe und Werther1 (1854), 250, Nr 117. WA IV 3 (1888), 208, Nr 667.
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ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Johann Christian Kestners (vgl. zu 194,1; zu 194,4). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Postsendungen: 24. Januar 1778 (vgl. GR/RB 1778, 1, Bl. 5r). 194,1 uberschicke] Flschtig fsr ,berschickte‘. – Mit Bezug auf einen nicht sberlieferten Brief Kestners, der wahrscheinlich einer Paketsendung beilag. 194,2 Ab~ndrungen und Verbesserungen] Wie der Kontext nahelegt, hatte Goethe sber Kestner eine Bestellung aufgegeben. Mtglicherweise hatte Kestner eine Art Muster oder Probe geschickt mit Angeboten, an dem Bestellten noch verschiedene nderungen vorzunehmen. Zu denken w|re an Bekleidung oder an Einrichtungsgegenst|nde. N|heres dazu konnte nicht ermittelt werden. 194,4 Vermehrung und Entblatterung der Famielie] Am 28. November 1777 war der vierte Sohn der Familie, August Kestner, geboren worden (vgl. zu 85,13). – ,Entblatterung‘ hier fsr ,Impfung gegen die Blattern‘ (zeitgentssisch fsr ,Pocken‘). Die so genannte Varisation oder Inokulation, der Vorl|ufer der Pockenschutzimpfung, wurde etwa seit den 1720er Jahren in England und dann
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BRIEF 326
auch auf dem europ|ischen Kontinent angewandt. Dabei wurden Pockenviren unmittelbar vom kranken auf den gesunden Menschen sbertragen, womit ein hohes Risiko verbunden war. Erst Ende des 18. Jahrhunderts wurde aus den so genannten Kuhpocken ein wirksamerer und ungef|hrlicherer Impfstoff entwickelt. 194,5 wenn ich euch einmal besuche] Diese vermutlich nicht ganz ernst gemeinte Anksndigung wurde von Goethe niemals eingeltst; zum einzigen Wiedersehen mit Charlotte Kestner kam es im Oktober 1816, als diese sich zu einem Besuch in Weimar aufhielt. 194,7 Lotten] Charlotte Kestner. 194,7 GehR.isch] Geheimr|tisch. – Anspielung auf den Kanzleistil, dessen sich Goethe in Aussbung seiner amtlichen T|tigkeit bedienen musste und der ihm selbst seit seiner Studienzeit, wie auch dem Juristen Kestner, vertraut war. – Goethe war seit Juni 1776 Geheimer Legationsrat, Geheimer Rat wurde er erst im September 1779. 194,8 werÆdeæ] Buchstaben durch Siegelrest verdeckt. 194,8–9 Sophien] Sophie Buff, die Schwester Charlotte Kestners (vgl. zu 169,25). 194,11 ist denn Lotte immer noch so schnippisch] Vgl. auch Kestners Brief vom 28. November 1772 an August von Hennings: „Allein Lotte wußte ihn ÆGoetheæ so kurz zu halten und auf eine solche Art zu behandeln, daß keine Hoffnung bey ihm aufkeimen konnte, und er sie, in ihrer Art zu verfahren, noch selbst bewundern mußte.“ (Goethe-Kestner, 111.) 194,12 Eure Silhouetten] In Goethes Nachlass ist eine Silhouette sberliefert, die das Ehepaar Kestner mit ihren fsnf |ltesten Sthnen zeigt (KSW, Direktion Museen, Inv.-Nr KSi/AK Nr 2701). Sie gelangte wahrscheinlich erst Anfang 1783 nach Weimar (vgl. Goethe an Kestner, 15. M|rz 1783; WA IV 6, 136). 326. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen Oktober/November 1777 und Ende Januar 1778?æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Die vorliegende Reinschrift des Gedichts „An den Mond“ mit den Noten zum Text der ersten Strophe wurde im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) nach dem Brief vom 17. Juni 1778 (Nr 374) eingeordnet. Seit Schtll wird das Gedicht aufgrund einer Bemerkung Friedrich von Steins in Bezug zum Tod Christiane von Laßbergs gebracht, die am 16. Januar 1778 in der Ilm ertrunken war (vgl. zu 195,10). Im Erstdruck erscheinen Gedicht und Noten daher unmittelbar nach dem Brief vom 19. Januar 1778 (Nr 324). Als Komponist der Melodie wurde Sigmund von Seckendorff vermutet (vgl. Schtll,
OKTOBER 1777/JANUAR 1778
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Goethe-Stein 1, 156, Anm. 3). Die WA, die den Text ohne Noten nur in ihre erste Abteilung als Gedicht aufgenommen hat, folgt offenbar Schtlls Datierung, auch wenn als Datum des Briefes, zu dem das Gedicht eine Beilage gewesen sei, der 19. Februar 1778 angegeben wird (vgl. WA I 1, 393; vom 19. Februar 1778 ist kein Brief Goethes an die Adressatin sberliefert). Bis zu Petersen setzen alle nachfolgenden Herausgeber Gedicht und Noten ohne sberzeugende Begrsndung ins Frshjahr 1778, Fielitz und Wahle in den Mai, Fr|nkel in den M|rz (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 124 f., Nr 237; Wahle, Goethe-Stein 1, 118 f., Nr 239; Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 103–105, Nr 223). In der zweiten Auflage seiner Ausgabe beh|lt Fr|nkel zwar die Einordnung der Handschrift bei (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 103, Nr 223), r|umt aber ein, das Gedicht ktnne schon im Sommer 1777 entstanden sein (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein2 3, 42, zu Nr 223). In diesem Punkt folgt er Petersen (vgl. zu 155,10), der als erster zwischen der Entstehung des Gedichts und der vorliegenden Reinschrift mit Noten fsr Charlotte von Stein unterscheidet. Petersen stellt diese in den Kontext des Liederbuches, fsr das der Weimarer Hofmusiker Johann Michael Wiener in Goethes Auftrag etwa seit Ende Oktober 1777 handschriftliche und gedruckte Vorlagen kopierte (vgl. die erste Erl|uterung zu 175,14). Am 11. November 1777 erbat sich Goethe von der Freundin Handschriften und eine gedruckte Sammlung mit Kompositionen Philipp Christoph Kaysers, die allem Anschein nach zum Kopieren an Wiener weitergegeben werden sollten (vgl. die zweite und dritte Erl|uterung zu 175,14; zu 175,14–15). Das Gedicht „An den Mond“ und die Komposition dazu waren nicht darunter. Doch im selben Brief vom 11. November ksndigte Goethe an: Ich bring auch wieder ein lieblich Lied von ihm ÆKayseræ mit. (175,15–16.) Nach Petersen ktnnte damit die vorliegende Gedichtreinschrift mit der nachweislich von Kayser (s. unten) und nicht von Seckendorff stammenden Melodie gemeint sein, die daher unmittelbar nach Brief Nr 303 vom 11. November 1777 eingeordnet wird (vgl. Petersen, Goethe-Stein 1, 90 f., Nr 198; 576–578). In seiner Begrsndung geht Petersen von der Annahme aus, dass Goethe sein „Mond“-Gedicht im August 1777 an Kayser geschickt (vgl. die zweite Erl|uterung zu 159,16) und einige Zeit danach, sp|testens Anfang November, von diesem die Vertonung erhalten habe. Petersens Argumentation berscksichtigt allerdings nicht, dass Kayser die Melodie ursprsnglich fsr ein Gedicht von Heinrich Leopold Wagner geschrieben hat. Es tr|gt ebenfalls den Titel „An den Mond“ und besteht aus sechs jeweils vierzeiligen Strophen mit je zwei vier- und je zwei dreihebigen Versen im Kreuzreim (Chevy-Chase-Strophe, vgl. zu 194,13–14). Die bereinstimmung von Titel, Vers- und Strophenform sowie Anzahl der Strophen, auf die zuerst Josef Ktrner hingewiesen hat, ktnnen kein Zufall sein (vgl. Ktrner, Mondlied, 9–11). Vielmehr ist anzunehmen, dass Wagners „An den Mond“ und Kaysers Melodie Goethe zu seinem eigenen Gedicht anregten. Kaysers Vertonung des Wagnerschen
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BRIEF 326
Textes kannte Goethe wahrscheinlich schon seit Ende August 1776 (vgl. zu 98,7), sp|testens aber seit Anfang 1777 (vgl. zu 141,19). – Goethes „An den Mond“ mit der Melodie Kaysers wurde an 68. Stelle in das von Wiener geschriebene Buch aufgenommen, das insgesamt 85 Lieder enth|lt. Es gehtrt somit zu dem Teil, dessen Vorlagen der Kopist wahrscheinlich bis etwa Anfang Februar 1778 abschrieb. Sp|testens zu dieser Zeit muss Goethes Text vorgelegen haben. Sowohl das Gedicht wie auch die vorliegende Reinschrift mit den Noten fsr Charlotte von Stein ktnnen daher zwar schon seit Ende August 1776 entstanden sein. Da es Goethe aber erst in der letzten Tranche der Vorlagen zum Kopieren an Wiener gab, ist anzunehmen, dass die vorliegende Reinschrift aus dem Zeitraum von Oktober/November 1777 bis Ende Januar 1778 stammt. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 86. – Doppelblatt 18,5(–18,8)628 (–28,3) cm, Bsttenrand, 11/2 S. (S. 2 Noten zum Text der 1. Strophe [vgl. zu 194,13–14], S. 3 Gedicht) beschr., egh., Tinte, Noten einschließlich der 1. Strophe sowie 1./2. Strophe mit spitzerer Feder in einem Zug geschrieben, 3.–6. Strophe in leicht ver|ndertem Duktus und st|rkerer Tinte geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „28.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 29), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Faksimile der 2. und 3. Seite: Abb. 13–14 im Textband (S. 192 f.). E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 155–157. WA I 1 (1887), 393 (Gedicht). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Da die vorliegende eigenh|ndige Reinschrift unter den Briefen Goethes an Charlotte von Stein sberliefert ist, werden Text und Melodie in der Briefausgabe mitgeteilt. Die Reinschrift mit den Noten fsr Charlotte von Stein gibt das Gedicht in der frshesten bekannten Fassung wieder, die zu Lebzeiten Goethes nicht vertffentlicht worden ist. Unter demselben Titel, doch stark sberarbeitet und um drei Strophen erweitert, erschien es zuerst 1789 in Band 8 der Gtschen-Ausgabe von „Goethe’s Schriften“ (S. 153 f.; vgl. WA I 1, 100 f.). Von der vorliegenden frshen Fassung haben sich verschiedene Abschriften erhalten, darunter eine Abschrift im Goethe-Museum Dssseldorf von der Hand Charlotte von Steins. Wann diese entstanden ist, l|sst sich nicht kl|ren. Auf der Rsckseite des Blattes ist ein Gedicht Charlotte von Steins sberliefert, dessen resigniert verbitterter Ton auf eine Entstehung nach dem Bruch mit Goethe 1789 verweist. Formal lehnt es sich stark an Goethes „Mond“-Gedicht an und sbernimmt dessen Strophenform (Chevy-Chase). Der berschrift nach ktnnte es an die Herzogin Louise gerichtet sein:
OKTOBER 1777/JANUAR 1778
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An Louise Wenn mich Lebens Eckel greift, denck ich nur an dich und so gleich noch einmal reift eine Frucht vor mich. Wenn der Jugend Freude flieht und des Lebens Schertz und mir alles sinckt, verblsht, halt mir nur dein Hertz. (H: GMD, Sign.: K. K. 127.) – Unter dem Titel „An den Mond nach meiner Manier“ hat Charlotte von Stein außerdem eine eigene Version des Goetheschen Gedichts geschrieben, deren Datierung ebenfalls ungekl|rt ist. Nach Petersen soll die Freundin sie Anfang 1787 an Goethe nach Italien gesandt haben, der sie seiner sp|teren Fassung des „Mond“-Gedichts zugrunde gelegt h|tte (vgl. Petersen, Goethe-Stein 1, 578–580; GB 7 II, zu 94,6). Wie inzwischen sberzeugend dargestellt wurde, muss Charlotte von Stein die sp|tere Fassung von Goethes Gedicht, die wohl zwischen 1784 und August 1786 entstanden ist, schon gekannt haben, als sie ihre eigene Version schrieb (vgl. Goethe-Handbuch3 1, 181). An den Mond nach meiner Manier Fsllest wieder Busch und Thal Still mit Nebelglanz, Ltsest endlich auch einmal meine Seele ganz. Breitest sber mein Gefild Lindernd deinen Blick, Da des Freundes Auge mild Nie mehr kehrt zursck. Ltsch’ das Bild aus meinem Herz Vom geschiednen Freund, Dem unausgesprochner Schmerz Stille Thr|ne weint.
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BRIEF 326
Mischet euch in diesen Fluß! Nimmer werd’ ich froh. So verrauschte Scherz und Kuß, Und die Treue so. Jeden Nachklang in der Brust Froh- und trsber Zeit, Wandle ich nun unbewußt In der Einsamkeit. Selig, wer sich vor der Welt Ohne Haß verschließt, Seine Seele rein erh|lt, Ahndungsvoll genießt, Was, den Menschen unbekannt Oder wohl veracht, In dem himmlischen Gewand Gl|nzet bei der Nacht. (Handschrift unbekannt; zitiert nach: Dsntzer, Charlotte von Stein 1, 267 f.) 194,13–14 Fullest wieder Æ:::æ ganz] Die Melodie von Kayser wurde in der Sammlung „Ges|nge, mit Begleitung des Claviers“ gedruckt, und zwar zu einem Text von Heinrich Leopold Wagner: An den Mond Unbewtlktes Silberlicht, Heiligkeuscher Mond! Leuchte keinem Btsewicht, In dem Falschheit thront.
Æ:::æ (Zitiert nach: Ges|nge, mit Begleitung des Claviers. Leipzig und Winterthur 1777, S. 18.) – Die „Ges|nge“ erschienen ohne Nennung des Komponisten und mit der Jahresangabe 1777 bei Heinrich Steiner & Compagnie in Winterthur und Leipzig. Sie enthalten insgesamt 19 Lieder zu Gedichten von Goethe, Miller, Klinger, Wagner und Kayser selbst. Dass Goethe diesen Druck im Herbst 1777 schon kannte, als er bei Wiener die Abschriften fsr sein Liederbuch in Auftrag gab, erscheint zweifelhaft (vgl. die erste Erl|uterung zu 175,14). Bis auf die erste Komposition zu einer Arie
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aus Goethes „Erwin und Elmire“ („Ein Schauspiel fsr Gttter, zween Liebende Æ:::æ“) und den Text des Wagnerschen Mondliedes finden sich zwar alle sbrigen Lieder auch in der fsr Goethe geschriebenen Sammlung, doch in g|nzlich ver|nderter Reihenfolge mit z. T. abweichenden Titeln. Sie wurden folglich nicht nach dem Druck in den „Ges|ngen“ kopiert, sondern nach einzelnen wahrscheinlich handschriftlichen Vorlagen. Denn in auffallendem Unterschied dazu wurden die aus Kaysers gedruckter Sammlung „Vermischte Lieder mit Melodien“ von 1775 stammenden Lieder, die sich Goethe von Charlotte von Stein erbat, vom Kopisten Wiener als zusammenh|ngender Teil und in identischer Reihenfolge aufgenommen (vgl. zu 175,14–15). 194,15 An den Mond] Goethes erstes Gedicht mit diesem Titel („Schwester von dem ersten Licht Æ:::æ“) erschien 1769 (vordatiert auf 1770) in den „Neuen Liedern in Melodien“, die im Titel allerdings nur den Namen des Komponisten Bernhard Theodor Breitkopf tragen. – Die Anregung zum vorliegenden Gedicht dieses Titels ging aber offenbar von der Komposition Kaysers zu Wagners „Mond“-Gedicht aus. 194,16 ’s liebe Thal] Als ,mein Tal‘ oder ,mein liebliches Tal‘ bezeichnet Goethe in seinen Briefen das Ilmtal, an dessen H|ngen sein Gartengrundstsck lag (vgl. 211,9–10; 318,17). 195,1 Gefild] Gefilde: hier sbertragen fsr ,innere Zust|nde‘, ,inneres Leben‘ (vgl. GWb 3, 1226); begegnet in dieser Bedeutung auch im Brief an Charlotte von Stein vom 21. Mai 1777 (vgl. 146,16–17). 195,3 der Liebsten Auge] In der sp|teren Fassung ver|ndert zu des Freundes Auge (WA I 1, 100). 195,5–6 Das du so beweglich kennst / Dieses Herz im Brand] Wie der im Titel apostrophierte Mond, der ab- und zunehmend sich gleichfalls st|ndig ver|ndert. – Damit scheint der Vorwurf der Unbest|ndigkeit des Herzens zu korrespondieren, den Charlotte von Stein Goethe vor allem in der Anfangszeit ihrer Bekanntschaft machte (vgl. zu 147,17–18). 195,7 wie ein Gespenst] Hier mtglicherweise „in Aufnahme des Volksaberglaubens, daß Gespenster magisch an einen festen Ort gebunden sind“ (GWb 4, 107). 195,10 Er von Todte schwillt] Auf die vierte Strophe und insbesondere deren zweiten Vers wird seit dem Erstdruck die von Schtll mitgeteilte Anmerkung Friedrich von Steins bezogen, die lange Zeit als Grundlage der Datierung galt: „In der gedruckten Umarbeitung dieses Gedichts ist die lokale Beziehung auf die unglscklich liebende Christel verltscht. v. St.“ (Schtll, Goethe-Stein 1 [1848], 156, Anm. 2.) – Wie wenig diese Erl|uterung geeignet ist, zum Verst|ndnis des Textes beizutragen, der durch den damit hergestellten irrtsmlichen biographischen Bezug geradezu „Sinn und Folgerichtigkeit“ verliert, hat Josef Ktrner sberzeugend nachgewiesen (Ktrner, Mondlied, 7).
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BRIEFE 327–329
195,11 FruhlingslebensP - -racht] Hapaxlegomenon Goethes. – Der graphische Befund spricht fsr diese Lesung, wobei nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass anstelle des verschliffenen großen ,P‘ in ,Pracht‘ ein kleines ,f‘ geschrieben wurde; zu lesen w|re dann also ,Frshlingslebensfracht‘ (,Fracht‘ mtglicherweise im Sinne von ,Fslle‘ [vgl. Adelung 2, 260]). In der sp|teren Fassung |nderte Goethe die Stelle zu Fruhlingspracht, wobei hier in der eigenh|ndigen Reinschrift zweifelsfrei ein kleines ,p‘ steht (H: GSA 25/W 1, 52; WA I, 101). 327. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 1. Februar 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 77. – 1 Bl. 18,7(–19,2)68 (–8,3) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „6“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 6), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 158. WA IV 3 (1888), 210, Nr 672. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 195,23–24 damit ich nicht kommen solle] Seit dem 18. Januar 1778, einen Tag nachdem Christiane von Laßberg tot aus der Ilm geborgen wurde, sind im Tagebuch keine Besuche Goethes bei Charlotte von Stein vermerkt. Zu Goethes Stimmung in diesen Wochen vgl. zu 191,7. 328. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 11. Februar 1778 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 77. – 1 Bl. ca. 19611,3(–11,6) cm, 3 /4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „7“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 7), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 158. WA IV 3 (1888), 211, Nr 673.
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ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 196,1 dass ich heute wieder im Verborgnen bleiben muss] Goethe, der vom Freitod Christiane von Laßbergs am 16. Januar tief betroffen war (vgl. zu 191,7), die folgenden Tage in stiller Trauer (GT I 1, 60) verbracht und die Besuche bei Charlotte von Stein stark reduziert hatte, scheint sich ab Anfang Februar jedoch in besserer Stimmung befunden zu haben. Dies legt ein undatierter Tagebucheintrag von Anfang Februar nahe: Diese Woche viel auf dem Eis, in immer gleicher fast zu reiner Stimmung. (GT I 1, 60.) Sein neuerlicher Rsckzug ktnnte im Zusammenhang mit einer Auffshrung der „Empfindsamen“ stehen, die anl|sslich des 21. Geburtstages der Herzogin Louise am 30. Januar vom Liebhabertheater uraufgefshrt (vgl. zu 165,21–22) und am 10. Februar wiederholt worden waren: Die Empfindsamen wieder gegeben. Das Publikum wieder in seinem schvnen Licht gesehen. Dumme Auslegungen pp. (GT I 1, 60.) Mtglicherweise gingen die ,Auslegungen‘ in eine Richtung, wie sie in der Bemerkung einer Korrespondentin Herders zum Ausdruck kommt: „Sagen Sie mir doch etwas von dem seltsamen Stsck Æ,Die Empfindsamen‘æ, das Goethe wieder verfertigt hat! Vermutlich eine Satire auf die armen M|dchen und jungen Herrn, die er erst mit seinen Schriften schwindlig gemacht hat und nun obendrein noch auslacht. Ein wunderlicher Mensch!“ (Brief von Emilie von Berlepsch, 12. Februar 1778; zitiert nach: Bode 1, 224.) – Zur Reaktion des Weimarer Publikums auf Goethes Stscke in dieser Zeit vgl. zu 188,5–6. 196,3 Beytrag] Wahrscheinlich ein ,Beitrag‘ zum Mittagessen (vgl. zu 18,15). 196,3–4 eine Ver~ndrung in mir] Am 11. Februar findet sich nach der Tagesangabe eine Lscke im Tagebuch, am 12. aber der folgende Eintrag: fortdauernde reine Entfremdung von den Menschen. Stille und Bestimmtheit im Leben und handeln. In mir viel frvliche bunte Imagination (GT I 1, 60). 329. An Charlotte von Stein DAT I ERU N G
ÆWeimar, 11. Februar? 1778æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Seit dem Erstdruck bei Fielitz wird er nach dem mtglichen Bezug zum Brief vom 11. Februar 1778 (Nr 328) unmittelbar nach diesem eingeordnet, da der vorliegende Brief ein Nachtrag zu ihm gewesen sein ktnnte (vgl. die erste Erl|uterung zu 196,7).
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BRIEF 330
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 121. – 1 Bl. 12,5(–12,9)64,8 (–5,1) cm, 3 Zeilen beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „104“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 107), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Fielitz, Goethe-Stein 1 (1883), 119, Nr 216. WA IV 3 (1888), 211, Nr 674. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 196,7 ein Paar Stummel Wachslicht] Mtglicherweise fsr den am gleichen Tag erbetenen Wandleuchter (vgl. 196,6). 196,7 durfen] Hier fsr ,nttig sein‘, ,bedsrfen‘; in dieser Bedeutung Ende des 18. Jahrhunderts veraltet und auf das Oberdt. beschr|nkt (vgl. Adelung 1, 1617 f.).
330. An Heinrich XXVI. Graf Reuß zu Ebersdorf Weimar, 13. Februar 1778 ! Ebersdorf BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt; bis 1945 Fsrstlich Reußisches Hausarchiv Schleiz (Kriegsverlust). – Egh.; Adresse: Ihro Excellenz dem Herrn Grafen zu Reus Heinrich dem XXVI. nach Ebersdorf. (Angaben nach WA IV 30, 213.) E: WA IV 30 (1905), 11, Nr 673a (Carl Schsddekopf; nach einer Abschrift des Archivars Berthold Schmidt). Textgrundlage: E. ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief (vermutlich) vom 31. Januar 1778 (vgl. zu 196,16) ist nicht sberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Heinrich XXVI. Graf Reuß zu Ebersdorf (1725–1796) war ein Bruder des regierenden Grafen Heinrich XXIV. Reuß zu Ebersdorf. Die Grafschaft ReußEbersdorf, entstanden 1678 aus einer Erbteilung der Grafschaft Reuß-Lobenstein, wurde 1806 zum Fsrstentum erhoben und bestand bis 1848. – Nach dem Studium 1743–1746 in Jena trat Heinrich XXVI. 1747 als Regierungs- und Konsistorialrat in braunschweigische Dienste. Seit 1751 lebte er im Residenzschloss zu Ebersdorf und widmete sich der Erforschung der Reußischen Geschichte, sber die er eine Vielzahl von Schriften und Aufs|tzen vertffentlichte. – Der vorliegende ist der einzige sberlieferte Brief Goethes an den Adressaten, mit dem ihn keine
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weiter gehende Beziehung verband. Außer dem Bezugsbrief ist kein weiterer Brief von Reuß an Goethe bekannt. 196,9 Reichsgraf] Titel des Inhabers einer reichsunmittelbaren Grafschaft oder – wie im Fall der Herren Reuß – eines Grafen, dessen Standeserhthung durch den rtmisch-deutschen Kaiser ausgesprochen war. Die Herren Reuß wurden 1673 in den Reichsgrafenstand erhoben. 196,11–12 Auf Ew. Exzell. Verlangen Æ:::æ zu besizzen] Graf Heinrich XXVI. Reuß zu Ebersdorf hatte bereits am 14. Oktober 1775 den weimarischen Archivar Jacob Heinrich Neuberger ersucht, ihm fsr seine Forschungen zur Geschichte des Reußischen Hauses die in Weimar vorhandenen Materialien zur Verfsgung zu stellen (nach ThHStA Weimar, Kunst und Wissenschaft – Hofwesen A 11079, Bl. 2r–3v). Das Geheime Consilium wies Neuberger daraufhin an, diese zusammenzustellen und einzureichen. Seitdem hatte Neuberger mehrere Serien von Abschriften an Heinrich XXVI. sbersandt. Am 26. Oktober 1777 war Heinrich XXVI. selbst nach Weimar gekommen; das Fourierbuch meldet am selben Tag „Vormittag Audienz bey Durch‘. Herzog“ (FB 1777, S. 205). Er blieb bis zum 16. November 1777 (vgl. FB 1777, S. 217). In einem Promemoria an Herzog Carl August vom 11. November 1777 bat er um weitere Archivalien (nach ThHStA Weimar, Kunst und Wissenschaft – Hofwesen A 11079, Bl. 54r–55r). Dieses Promemoria wurde von Goethe an das Geheime Consilium weitergeleitet, wo es zu den Akten genommen wurde. Dem Grafen sicherte Carl August bei dessen Abreise perstnlich zu, dass man seiner Bitte nachkommen werde (vgl. zu 196,16). 196,12–13 Archivarius Neuberger] Jacob Heinrich Neuberger, Legationsrat, Geheimer Archivar in Weimar. 196,13 Verzeichniß] Am 21. Januar 1778 reichte Neuberger die fsr Heinrich XXVI. zusammengestellten Materialien ein (nach dem Promemoria Neubergers vom 21. Januar 1777 sowie Verzeichnissen, in: ThHStA Weimar, Kunst und Wissenschaft – Hofwesen A 11078, Bl. 18r–18v, und A 11079, Bl. 61r–66r). 196,16 die Abschrifften zuzuschicken] Den Auftrag zur bersendung der Archivmaterialien erteilte das Geheime Consilium Neuberger am 27. Januar (nach dem Extractus Protocolli, 27. Januar 1778, Konzept, paraphiert von Carl August, Jacob Friedrich von Fritsch, Friedrich Christian Schnauß, Johann Wolfgang Goethe, in: ThHStA Weimar, Kunst und Wissenschaft – Hofwesen A 11078, Bl. 19r–19v). Mit einem Brief vom 31. Januar 1778 erkundigte sich Heinrich XXVI. bei Neuberger nach dem Bearbeitungsstand seiner Angelegenheit und erw|hnte dabei, dass er einen Brief an Goethe beigelegt habe: Denen bewußten Archival-Sch|tzen, die, wie ich hoffe, mir annoch gegtnnt werden dtrften, sehe ich noch immer mit Verlangen entgegen. Weil es sich mit der von mir erbetenen Herzog‘. Resolution zu verziehen scheint u. die Sache sber denen
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dazwischen gekommenen Reisen u. Verhinderung vergeßen worden seyn kan und ich ------doch einmal diese Sache durch den Canal des Herrn GehL. R. Goethe angebracht habe; so glaube ich, es wird am besten seyn, das bey ihm und durch ihn in Erinnerung zu bringen. Dieses ist in der Inlage brevibus geschehen. Ich ersuche demnach dieselben, im Fall bey Eingang des Gegenw|rtigen die Fsrst‘. Resolution noch nicht erfolgt seyn sollte, dieses mein Schreiben an die Behtrde gstig abliefern zu laßen. (H: ThHStA Weimar, Kunst und Wissenschaft – Hofwesen, Sign.: A 11079, Bl. 80v.) 5 GehL. R.] Geheimer Legationsrat. 7 brevibus] Lat. brevibus (verbis): in kurzen Worten, in Ksrze. 196,17 Der Todt dieses wackern Manns] Neuberger war Ende Januar oder Anfang Februar 1778 gestorben. Am 18. Februar 1778 erkundigte sich Heinrich XXVI. bei Johann Christian Meyer, dem Akzessisten des Geheimen Archivs, nach den n|heren Umst|nden von Neubauers Tod sowie dem Verbleib seines Briefes an diesen vom 31. Januar 1778 mit dem beigelegten Einschluss an Goethe:
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Daß noch bey Lebzeiten Herrn Neubergers die Verzeichniße von denen Urkunden u. Nachrichten, um deren Mittheilung ich gebeten hatte, ans Geheimde Consilium eingeschickt worden, war mir angenehm zu htren. Ich hoffe, daß die dißfallsige resolution nicht zursckbleiben wird. Noch unter d. 31. Jan. hatte ich an den seel. Neuberger geschrieben u. auf seine Veranlaßung ein Schreiben an den Geheimdten Legations Rath Goethe, alß welcher mein geh. Pr. Mem. an den Herrn Herzog gelangen zu laßen, damalß sbernommen hatte, beygelegt, worinn ich Herrn Goethe ersuchet, die erwartende resolution baldigst zu beftrdern. Dieser Brief an Herrn Neuberger nebst dem Einschluß kann nun nicht eher, alß nach Neubergers Todt eingelaufen seyn. Weil der Brief nicht retour gekommen, so kann ich nicht wißen, an wem er etwan abgegeben worden und ob der Einschluß an den Herrn Goethe von jemanden abgeliefert worden. Dieselben werden mich obligiren, wenn sie von den Schicksal dieser Missiven, Erkundigung einziehen wollten. Vielleicht kann der Herr Canzler Schmidt eclaircissement geben. Ich bitte allenfallß, bey diesem wsrdigen Manne, deme ich mein ganz ergebenes Compliment zu vermelden ersuche, in meinen Nahmen Nachfrage zu thun. Ich werde sodenn sberhaupt mich schriftlich wegen fernerer Beftrderung meiner bißherigen sowol alß etwan noch zuksnftigen petitorum, an Ihn addressiren. Denn es sind mir noch allerley pia desideria zursckgeblieben, wobey ich noch fernere Unterststzung wsnschen muß. (H: ThHStA Weimar, Kunst und Wissenschaft – Hofwesen, Sign.: A 11079, Bl. 84v–85r.)
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16 geh. Pr. Mem.] Gehorsamstes Pro memoria. 22 obligiren] Verbinden, verpflichten (von franz. obliger). 23 Missiven] Das Missiv oder die Missive: Sendschreiben, Umlaufschreiben (von lat. mittere: schicken). 24 eclaircissement] Franz.: Aufkl|rung. 28 petitorum] Genitiv Plural von lat. petitum: Gesuch, Bitte. 29 pia desideria] Lat.: fromme Wsnsche. 196,18 Anstand] Aufschub, Unterbrechung (vgl. Adelung 1, 377). 196,19 Canzler Schmidt] Achatius Ludwig Carl Schmid, Geheimer Rat und Kanzler der Regierung zu Weimar. Ihm oblag die Oberaufsicht sber das Geheime Archiv. 196,19 ohnermangeln] Veraltet fsr ,nicht unterlassen‘, ,nicht vers|umen‘ (vgl. Adelung 3, 597). – Am 16. M|rz 1778 ließ Schmid ein Schreiben an Heinrich XXVI. (ThHStA Weimar, Kunst und Wissenschaft – Hofwesen A 11079, Bl. 90r) sbermitteln, in dem er diesem versicherte, dass die bersendung der gewsnschten Archivalien demn|chst erfolgen wsrde. Mit der Besorgung dieser Angelegenheit wurde der 1778 zum Geheimen Archivar beftrderte Johann Christian Meyer beauftragt, mit dem Heinrich XXVI. bereits im Herbst 1777 korrespondiert und fsr dessen Nachfolge auf Neubergers Stelle er sich eingesetzt hatte. Das Quellenerschließungsprojekt zog sich noch bis 1787 hin.
331. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 18. Februar 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 77. – 1 Bl. ca. 11,969,2(–9,4) cm, 1 /2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „8“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 8), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 159. WA IV 3 (1888), 212, Nr 676. BEI L AG E
Blume (197,10). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 197,7 in meine Einsamkeit und Mangel] Goethe hatte sich nach dem Freitod der Christiane von Laßberg am 16. Januar immer wieder aus der Gesellschaft zursckgezogen, auch von Charlotte von Stein, war aber etwa vom 13. Februar an wieder regelm|ßiger bei ihr zu Gast (vgl. zu 196,1). Es f|llt auf, dass die regel-
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BRIEFE 332–334
m|ßigen Tagebucheintragungen, die erst seit dem 10. Februar wieder einsetzen, vom 16. bis 21. Februar erneut unterbrochen wurden. 197,8 Frizzen] Friedrich von Stein. 332. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 20. Februar 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 78. – 1 Bl. 19,466,8(–7) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „9“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 9), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 159. WA IV 3 (1888), 212, Nr 677. BEI L AG E
Lebensmittel (vgl. 197,13). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 197,13 Frizzen] Friedrich von Stein. 197,14 wie sie’s mit mir sind] Zu Goethes Stimmung in dieser Zeit vgl. zu 197,7. 197,15 meinen Feldern] Die Ilmauen ssdlich von Goethes Gartengrundstsck, auf die auch Charlotte von Stein von ihrer Wohnung im Stiedenvorwerk an der Ackerwand sehen konnte. 333. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 25. Februar 1778 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 78. – 1 Bl. 1269,4 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „10.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 10), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 160. WA IV 3 (1888), 212 f., Nr 678. BEI L AG E
Blumen (197,19).
FEBRUAR 1778
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ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins vom 24. Februar 1778 (vgl. die erste Erl|uterung zu 197,17). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 197,17 gestrig Zettelgen] Nicht sberliefert. – Laut Tagebuch nahm Goethe am 24. Februar an der Sitzung des Geheimen Consiliums teil, aß bei Carl August, hatte am Nachmittag Besuch von Corona Schrtter und danach von Carl August, so dass er Charlotte von Stein an diesem Tag offenbar nicht gesehen hat (vgl. GT I 1, 61). 197,17 heut fruh] An diesem Morgen reiste Friedrich Victor Leberecht Plessing, der sich seit dem 22. Februar in Weimar aufgehalten hatte, wieder ab, was Goethe zwar im Tagebuch vermerkt, in den Briefen aber nicht erw|hnt (vgl. GT I 1, 61). – Vgl. dagegen zu 179,15–18. 197,19–198,1 Nach Tische komm ich wohl] Auch am 25. Februar besuchte Goethe die Freundin offenbar nicht: Nach Tisch Enten schiesen, heißt es im Tagebuch (GT I 1, 61). Abends war er mit Herzog Carl August, Prinz Constantin, Knebel und Wedel zu Tische (ebd.). 198,1 uberbringern] Mtglicherweise Maria Dorothea Goetze, die Mutter von Goethes Diener Johann Georg Paul Goetze, die seit Ende 1777 ebenfalls zu Goethes Haushalt gehtrte und fsr ihn Wege erledigte. 198,1 Schwartenmagen] Ein mit „geschnittenem Specke und Schwarte, d. i. Schweinshaut, geriebener Semmel, Schweinsblut u. s. f. gefsllter Schweinsmagen, welcher hernach ger|uchert wird; im gemeinen Leben der Sausack“ (Adelung 3, 1718). 198,2 Meelkasten] Mehlkasten; ,Kasten‘ hier fsr „ein jedes wohl verwahrtes Beh|ltniß, es habe eine Gestalt, welche es wolle“ (Adelung 2, 1509). 198,3 Weinf~chser] Fechser: Schnittling von Wurzelschtsslingen; hier die im „Weinbaue Æ:::æ zur Fortpflanzung in die Erde gelegten Reben oder Knothtlzer des Weinstockes, wenn sie zwey Jahre alt sind, Æ:::æ weil sie alsdann zu bekleiden und Wurzeln zu fassen anfangen“ (Adelung 2, 6). 198,5 Gold] Vgl. zu 25,19. 334. An Joachim Christoph von Haffner oder Christian Bernhard von Isenflamm? Weimar, 28. Februar 1778 ! Graz ZUM ADRESSAT E N
Bisher wurde als Adressat des vorliegenden Briefes der steierm|rkische Beamte Anton von Catharin vermutet (vgl. sber ihn die einleitende Erl|uterung). Da dieser aber Verfasser eben der Zeitungsannonce ist, die Goethe zur Kenntnisnahme sber-
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BRIEF 334
sendet (abgedruckt als Beilage), kommt er als Empf|nger des Briefes nicht in Frage. Zwar hat Goethe am 18. April und am 30. Mai 1778 Briefe an Catharin geschrieben, die nicht sberliefert sind (vgl. EB 206, 208), aber er hat sich offenbar zun|chst nicht direkt an ihn, sondern an einen Mittelsmann gewandt. Dabei ktnnte es sich um Christian Bernhard von Isenflamm, den sachsen-weimarischen Residenten am kaiserlichen Hof in Wien, handeln oder um Joachim Christoph von Haffner, den weimarischen Agenten in Wien. Fsr Isenflamm spricht erstens, dass es weitere Briefe Goethes an ihn gibt (vgl. die einleitende Erl|uterung), und zweitens, dass Goethe in ihnen die gleiche Anrede benutzt wie im vorliegenden Brief (vgl. WA IV 6, 113) oder nahezu die gleiche (vgl. WA IV 6, 313; WA IV 50, 129). BERLIEFERUNG
H: Veste Coburg, Kunstsammlungen, Sign.: A. IV, 708, 18. – Doppelblatt 17620,9 cm, 1 1/2 S. beschr., egh., Tinte. E: GJb XXII (1901), 85 f. (Ludwig Geiger). WA IV 30 (1905), 12, Nr 678a (nach einer Abschrift). BEI L AG E
Anzeige im „Anhang zur Erlangischen Real-Zeitung Num. 11“ vom 6. Februar 1778 (S. 89 f.):
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Wir N. das von ihrer rtm. kaiserl. in Germanien zu Hungarn, und Btheim ktn. apost. Majest. Erzherzogin zu Oesterreich allergn|digst angeordnet K. K. Landesfsrstliche Landesrecht in Steyer: geben hiemit jederm|nniglichen, sonderheitlich aber denen daran gelegen ist, zu vernehmen, daß bey Uns Franz Anton Kthrer als nach Ableben des Herrn Friderich Wilhelm Freyherrn von Tost verordneten Curator haereditatis jacentis angebracht habe, wie daß ersagter Freyherr in seinem Testament dd. 20 May 1776. praesentato 5 Octobris ejusdem eines Bruders Sohn, seinen Erblaßers Namen Tr|ger, der in Msnsterischen Diensten vielleicht damalen als Kapit|n stehen mtchte, zum Universalerben eingesetzet habe, mit der ferneren Vorsehung, daß, wenn dieser ohne Erben verschiede, die 3 Freyherrliche Geschwisterte von Lampen als seiner des Baron v. Tost Schwester Kinder succediren sollten, anbey w|re angemerket, daß einer von diesen Baron Lampischen Sthnen sich in fsrstl. Anhalt-Ktthischen Diensten befinden wurde, und eine von seinen Schwestern Hof- oder Stiftdame w|re, ferners habe Curator angedeutet, daß der Erblaßer einen andern Sohn seines Bruders, der Lieutenant unter den K. K. Lacyschen Infanterie-Regiment seye, verschiedene Effecten, und obgedachter Stiftdame einen Ring zugedacht habe; Zumahlen sich aber bisanhero Niemand weder zur Universalerbschaft, noch zu denen Legatis gemeldet, und zu diesen Erbsprschen rechtgefertiget h|tte, als hat derselbige um diese erledigte Verlassenschaft per patentes kund zu machen gehorsamst gebetten; Gleichwie nun dieses Gesuch fsr billig
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aufgenommen worden ist. Als wird obgedachten Erben und Legatariis aufgetragen, daß sie sich inner einem Jahr, 6 Wochen, 3 T|gen bey diesen K. K. Landesfsrstl. Landesrechten in Steyer so gewiß gebshrend melden lassen, und sich zu diesen Forderungen durch glaubwsrdige Documenten, daß sie diejenigen seyen, welche im Testament benennter einkommen, und denen ein oder das andere gebshre, legitimiren sollen, als wiedrigens mit dieser unbesuchten Verlassenschaft dasjenige, was von Rechts wegen zustehet, nach dieser Frist veranlasset werden wsrde, wornach sich also zu achten, und zu richten seyn wird. Gr|tz, den 10 December 1777. (L. S.) Ex Cæs. Reg. Cons. Trib. Statuum Ducatus Styriæ. Anton v. Catharin. 1 N.] Abksrzung fsr lat. nomen: Namen, an „Stelle eines eigenthsmlichen Nahmens“ (Adelung 3, 355). 2 Erzherzogin] Maria Theresia, Erzherzogin von sterreich, Ktnigin von Bthmen, rtmisch-deutsche Kaiserin. 4 Franz Anton Kthrer] ber ihn konnte nichts N|heres ermittelt werden. 5 Friderich Wilhelm Freyherrn von Tost] Friedrich Wilhelm von Thoß (Thos, Tost), preußischer Offizier, 1739 als Kapit|n (Hauptmann) im 20. magdeburg-halberst|dtischen Infanterieregiment des Generalmajors David Georg von Graevenitz, Empf|nger des Ordens Pour le mrite (vgl. Gustaf Lehmann: Die Ritter des Ordens pour le mrite. Bd 1. Berlin 1913, S. 17, Nr 103). 6 Curator haereditatis jacentis] Lat.: Verwalter des ruhenden Erbes (zwischen dem Tod des Erblassers und dem Erwerb durch die Erben). 7 Testament dd. 20 May 1776] Um eine Kopie dieses Testaments bat Goethe in einem nicht sberlieferten Brief vom 18. April 1778 den Grazer Beamten Anton von Catharin (EB 206), der sie mit seinem Brief vom 23. April 1778 sberschickte (vgl. RA 1, 70, Nr 84); die Abschrift befindet sich in den Kunstsammlungen der Veste Coburg (A. IV, 708, 18). 7 dd.] Lat. de dato: vom Datum. 7 praesentato] Lat.: (amtlich) vorgelegt. 7 ejusdem] Lat.: desselben ( Jahres). 7 eines Bruders Sohn] Nicht ermittelt. 9 Kapit|n] Hauptmann; Rittmeister. 10 Vorsehung] Kanzleisprachlich: Vorkehrung (vgl. Adelung 4, 1297). 10–11 Geschwisterte] Verschwisterte; Geschwister (vgl. Grimm 5, 4008). 11 von Lampen] Gemeint sind die Kinder von Friedrich Wilhelm von Thoß’ Schwester Johanna Rosina Eleonore von Lampen geb. von Thoß, die seit 1748 mit Karl Gottfried von Lampen, Leutnant der Schlossgarde in Ktthen, sp|ter Schlosshauptmann, verheiratet war: Friedrich Victor Leberecht (in anhalt-ktthischem Dienst), Eleonore Wilhelmine Sophie (Stiftsdame im adligen Fr|uleinstift in Ktthen) und Christiana Juliana Maria verh. Plessing. 11 succediren] Lat. succedere: nachfolgen. 15 andern Sohn] Nicht ermittelt. 15–16 Lacyschen InfanterieRegiment] sterreichisches Infanterieregiment des Grafen Franz Moritz von
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BRIEF 334
Lacy. 16 Effecten] Nach franz. effets: Habseligkeiten, Sachen. – Laut Testament handelte es sich um „eine mit Silber beschlagene Flinten, ein paar Pistolen, einen Degen mit einem silbernen Gefeß, einen Stock mit einem silbernen Knopf, zwey Halsbindelschnallen von Silber, ein paar silberne Schuhschnallen, ein paar in Gold gefaßte Rubinsteinerne HemetKntpf, und zwtlf Hemeter“ (H: Veste Coburg, Kunstsammlungen A. IV, 708, (1), 18 b 1). 17 Zumahlen] Kausale Konjunktion (vgl. Grimm 32, 533 f.). 18 Legatis] Dativ Plural von lat. legatum: Zuwendung aus einem Verm|chtnis. 19 als] Konjunktion zur bloßen Fortsetzung der Rede (vgl. Adelung 1, 230); im vorliegenden Fall mit Bezug auf ,zumalen‘: ,weil :::, so‘. 19 erledigte] ,Erledigt‘ hier im Sinn von ,offen‘, ,frei‘, ,ohne Besitzer‘ (vgl. Adelung 1, 1915 f.). 19–20 per patentes] Lat. per litteras patentes: durch offene Briefe, Bekanntmachungen. 21 Legatariis] Dativ Plural von lat. legatarius: Verm|chtnisnehmer. 25 benennter] Benannt; gemeint ist etwa: ,welche als im Testament Genannte vorstellig werden‘. 30 L. S.] Lat. locus sigilli: Ort des Siegels. 30–31 Ex Cæs. Reg. Cons. Trib. Statuum Ducatus Styriæ] Lat.: Ehemaliger Kaiserlich-ktniglicher landst|ndischer Consiliarius des Herzogtums Steiermark. ERLUTERUNGEN
Einen Bezugsbrief gibt es nicht. – Der Antwortbrief ist nicht sberliefert (vgl. die einleitende Erl|uterung). Joachim Christoph von Haffner (gest. 1795) war sachsen-weimarischer Rat und Reichshofagent am kaiserlichen Hof in Wien („welcher gewisse bestimmte Angelegenheiten seines Hofes, oder eines ansehnlichen Dicasterii besorget“ [Adelung, 2, 1235 f.]). ber seine Person ließ sich weiter nichts ermitteln. Sollte der vorliegende Brief an Haffner gerichtet sein, w|re er der einzige, den Goethe an diesen Adressaten geschrieben hat. Briefe Haffners an Goethe sind nicht bekannt. – Christian Bernhard von Isenflamm (gest. 1786) war sachsen-weimarischer Geheimer Legationsrat und seit 1770 Gesch|ftstr|ger, seit 1775 Resident (Interessenvertreter) des Herzogtums Sachsen-Weimar und Eisenach in Wien. Goethe lernte den Diplomaten im August 1782 kennen, als dieser sich zu einem Besuch in Weimar aufhielt (vgl. seinen Brief an Charlotte von Stein, 28. August–1. September 1782; WA IV 6, 51). Vom vorliegenden Brief abgesehen, gibt es drei sberlieferte Briefe Goethes an diesen Adressaten aus den Jahren 1784/85 (vgl. WA IV 6, Nr 1952; 7, Nr 2183; 50, Nr 2149b). Darin bittet Goethe um Opernpartituren fsr Weimar, um Informationen sber das Musikleben in Wien, um Unterststzung fsr seinen Schstzling Philipp Christoph Kayser und um die Zusendung von Mineralien. Briefe von Isenflamm an Goethe sind nicht sberliefert. Was Goethe veranlasste, den vorliegenden Brief zu schreiben, ist nur zu vermuten. Christiana Juliana Maria Plessing in Wernigerode, eines der drei in der Anzeige genannten Geschwister von Lampen, war die Mutter von Friedrich Victor
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Leberecht Plessing, der sich 1777 mit zwei nicht sberlieferten Briefen an Goethe gewandt hatte, ohne darauf eine Antwort zu erhalten. Auf seiner Harzreise hatte Goethe den Theologiestudenten, dessen finstere Laune (Campagne in Frankreich 1792; WA I 33, 218) einem Hang zur Melancholie entsprang, am 3. Dezember 1777 in seinem Elternhaus besucht, ohne seine Identit|t preiszugeben (vgl. zu 179,15–18), und hatte sich sber sich selbst ausfragen lassen: Dieser Mann, wie Sie mir ihn beschreiben, h~tte mir doch antworten sollen; ich habe ihm einen ausfuhrlichen herzlichen Brief geschickt, ihm meine Zust~nde, meine Leiden geschildert, ihn gebeten sich meiner anzunehmen, mir zu rathen, mir zu helfen, und nun sind schon Monate verstrichen, ich vernehme nichts von ihm; wenigstens h~tte ich ein ablehnendes Wort auf ein so unbegr~nztes Vertrauen wohl verdient. (Ebd.; WA I 33, 221.) Am Morgen des 4. Dezember 1777 reiste Goethe ab, ohne eine Einladung Æ:::æ zu Tische im Namen der Seinigen (ebd.; WA I 33, 225) anzunehmen. Ob er also Plessings Mutter perstnlich kennen gelernt hat, ist nicht sicher. Vermutlich aber war sie es, um derentwillen sich Goethe fsr die Geschwister von Lampen einsetzte. In der nicht sberlieferten Antwort auf den vorliegenden Brief dsrfte der Adressat geraten haben, sich an den steierm|rkischen Beamten Anton von Catharin zu wenden. Am 18. April und am 30. Mai 1778 schrieb Goethe an ihn; beide Briefe sind nicht sberliefert (vgl. EB 206 und 208). Die Daten gehen aus Catharins Antwortbriefen vom 23. April (H: Veste Coburg, Kunstsammlungen A. IV, 708, 18; vgl. RA 1, 70, Nr 84) und vom 1. Juni 1778 (H: ebd.; vgl. RA 1, 71, Nr 89) hervor. Mit dem ersten Brief erhielt Goethe auf seine Bitte eine Kopie des Testaments von Friedrich Wilhelm von Thoß, ferner die Mitteilung, dass der in msnsterischen Diensten stehende Neffe vermutlich nicht mehr lebe und den Geschwistern von Lampen die Erbschaft in Hthe von etwas mehr als 1443 Gulden offenstehe. Als Mandatarius schlug Catharin den Grazer Advokaten Joseph Edlen von Griendl vor. 198,8 einige unbekannte Personen] Gemeint sind die Geschwister von Lampen (vgl. die Erl|uterungen zur Beilage). Hiernach scheint Goethe diese nicht perstnlich gekannt zu haben. 198,9 beyliegender Zeitung] Vgl. die Beilage zum vorliegenden Brief. 198,10 Freyherr v o n To s t ] Friedrich Wilhelm Freiherr von Thoß (vgl. die Erl|uterungen zur Beilage). 198,10–11 einen seiner Verwandten Nahmens Tr ~ g e r ] Missverst|ndnis: In der „Erlangischen Real-Zeitung“ heißt es, von Thoß habe „eines Bruders Sohn, seinen Erblaßers Namen Tr|ger“, zum Erben eingesetzt (vgl. Beilage). Damit ist der Kapit|n (Hauptmann) in msnsterischen Diensten gemeint, sber den nichts weiter ermittelt werden konnte. 198,12–13 haben sich an mich gewendet] Auf welchem Wege dies geschah, ist nicht bekannt. Mtglicherweise ging die Initiative von Christiana Juliana Maria Plessing geb. von Lampen aus (vgl. die einleitende Erl|uterung).
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BRIEFE 335/336
198,14 wie hoch sie sich belaufe] Vgl. die einleitende Erl|uterung. 198,15–16 sichere Adresse in Gr~z] Vgl. die einleitende Erl|uterung. 198,18 Wissenschaft] Kenntnis (vgl. Adelung 4, 1582). 198,26 Dr] Diener. 335. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 7. M|rz 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 81. – 1 Bl. 20,5(–20,8)65,7 (–5,9) cm, 3 Zeilen beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „17“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 17), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 160. WA IV 3 (1888), 213, Nr 680. BEI L AG E
Blumen und Fruchte (199,1). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 199,1 Friz] Friedrich von Stein. 199,2 iezt die Welt hat] Vor dem 11. M|rz findet sich ohne genaue Tagesangabe der Eintrag: Stockende verschlossne Tage. (GT I 1, 61.) – Zu Goethes Stimmung in diesen Tagen vgl. zu 197,7. 336. An Johann Heinrich Merck BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 18. M|rz 1778 ! Darmstadt
H: Privatbesitz, Msnchen. – 1 Bl. 19,4(–19,6)627,3(–27,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Herrn Kriegsrath / Merck nach / Darmstadt., Reste eines roten Siegels; sber und unter der Adresse Federstriche wie zur Prsfung der Schreibst|rke, mtglicherweise von Goethe, der den zweiten Teil des Briefes – 199,12–23 von Krause Æ:::æ G. – mit einer anderen (schmaleren) Feder schrieb. E: Merck, Briefe2 (1838), 125, Nr 58. WA IV 3 (1888), 214 f., Nr 682.
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BEI L AG EN
1) Abschrift von Goethes Lustspiel „Die Empfindsamen“ (vgl. zu 199,8). 2) Zeichnung Goethes? (vgl. zu 199,12 und die zweite Erl|uterung zu 199,13). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 199,5 Die Kupfer hab ich wohl erhalten] Mtglicherweise – nach den Sendungen an Friedrich Justin Bertuch mit Begleitbriefen Mercks vom 3. Januar und vom 4. Februar 1778 (vgl. Merck, Briefwechsel, 28 f. und 49) – eine dritte Lieferung von Kupferstichen. In Mercks Brief an Bertuch vom 4. Februar ist von Dsrer nicht die Rede. 199,5 die Durers] Um welche Bl|tter es sich im Einzelnen handelte, konnte nicht ermittelt werden. Dsrer war in den folgenden Jahren neben Rembrandt ein Schwerpunkt der Weimarer Sammelt|tigkeit (vgl. Grave, 60). 199,6 Geld] Hier ist die Bezahlung von Kupferstichen gemeint, fsr Bl|tter, die in Goethes eigenem Besitz blieben. 199,6 Bertuccio] Italianisierte Form des Namens Bertuch. Gemeint ist Friedrich Justin Bertuch, Schatullverwalter des Herzogs Carl August, der dessen Rechnungen beglich. 199,8 von der Mutter meine neuste Tollheit] Goethes Lustspiel „Die Empfindsamen“, in dem der Empfindsamkeitskult, an dem sich Goethe selbst in seiner Frankfurter Zeit beteiligt hatte, parodistisch behandelt wird (vgl. zu 165,21–22). Das Stsck war zum Geburtstag der Herzogin Louise am 30. Januar 1778 vom Weimarer Liebhabertheater uraufgefshrt worden (vgl. Sichardt, 147 f.). – Der vorliegende Brief nahm offenbar den Weg sber Frankfurt und wurde von Catharina Elisabeth Goethe mitsamt der Abschrift des Stsckes an Merck weitergeschickt. In ihrem Brief an Johann Caspar Lavater vom 20. M|rz 1778 heißt es, Goethe habe „ein schtn stsck Arbeit von einem Drama“ verfertigt: „Er hat es uns zum durchlesen zugeschickt, denn es wird schwerlich gedruckt werden.“ (Pfeiffer-Belli, 420.) 199,11 Echantillon] Franz.: Muster, Probestsck. 199,11–12 Zeichnung von Krause] Vermutlich eine Figurine, ein Kostsmentwurf von Georg Melchior Kraus; nicht sberliefert. 199,12 das Bl~ttgen von mir] Welche Zeichnung von Ruinen (199,12) gemeint ist, konnte nicht ermittelt werden; unter Goethes Zeichnungen aus der Zeit bis Anfang 1778 gibt es etliche mit solcher Motivik (vgl. Corpus I, 35, 64, 68 f; Nr 63, 155, 166, 169, 170). 199,13 Schr.] Schrautenbach. – Gemeint ist Ludwig Karl von Weitolshausen gen. Schrautenbach, Freund Mercks, 1773 mit diesem Teilnehmer an der Reise nach Russland im Gefolge der hessischen Landgr|fin Henriette Karoline; Weitolshausen war auch Mitarbeiter an den „Frankfurter gelehrten Anzeigen“ gewesen (vgl. GB 1 II, zu 249,31).
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BRIEF 337
199,13 sollst du haben] Ob Goethes Zeichnung bereits dem vorliegenden Brief beigelegt oder dessen sp|tere Zusendung angeksndigt wurde, geht aus dem Wortlaut nicht eindeutig hervor. 199,13 Dein O h e i m ist sehr gut.] Mercks Erz|hlung „Geschichte des Herrn Oheims“; deren Anfang und erste Fortsetzung waren 1778 im Januar- und Februar-Heft des „Teutschen Merkur“ (S. 30–48, 151–172) erschienen. Der letzte Teil folgte im Dezember-Heft 1778 (S. 239–248 [recte: S. 241–250]). 199,14 Ostentation] Lat./franz.: Prahlerei, zur Schau Stellen. 199,14 Einfalt der Leute] Mercks Erz|hlung behandelt die „Geschichte eines Mannes der die sonderbare Entschließung gefaßt, und die blendende Scene von Ansehn und Gewalt gegen das Leben des Landmanns vertauscht, und zwar freywillig vertauscht hatte.“ (Teutscher Merkur 1778. Januar-Heft, S. 30 f.) 199,16–17 uber allerley Kunst schvne Aufschlusse] hnliches hatte Goethe im Brief vom 11. Januar 1778 geschrieben (vgl. zu 190,3–4). 199,18 Dumpfheit] Vgl. zu 53,2. 199,18–19 Hast du ein Lustpiel Æ:::æ D i e G e s c h w i s t e r ?] Goethes Einakter war in |ußerst kurzer Zeit entstanden, vom 26. bis 29. Oktober 1776, und am 21. November 1776 vom Weimarer Liebhabertheater uraufgefshrt worden (vgl. Sichardt, 140). Die Frage an Merck legt die Vermutung nahe, Catharina Elisabeth Goethe habe auch von diesem Stsck eine Abschrift besessen, die sie Merck h|tte ausleihen ktnnen. 199,20 der Eindringende Krieg] Mit Bezug auf den sich zuspitzenden Konflikt zwischen Preußen und sterreich, ausgeltst durch den Tod des bayerischen Kurfsrsten Maximilian III. Joseph am 30. Dezember 1777, der ohne m|nnliche Nachkommen geblieben war. Am 3. Januar 1778 hatte der an erster Stelle erbberechtigte Kurfsrst Carl Theodor von der Pfalz – gegen finanzielle und territoriale Entsch|digung – der Wiener Konvention zugestimmt, wonach die bayerischen Reichslehen an den Kaiser, den Habsburger Joseph II., zursckfallen sollten. Kurz darauf rsckten tsterreichische Truppen in der Oberpfalz, in Niederbayern sowie in Bthmen und M|hren ein. Herzog Carl von Pfalz-Zweibrscken, Zweiter in der Erbfolge, protestierte beim Reichstag gegen die Abtretung der Gebiete, außerdem erhob auch Kursachsen Ansprsche auf Teile Bayerns, vor allem aber sah der preußische Ktnig Friedrich II. seine Macht bedroht. Kurz bevor der vorliegende Brief geschrieben wurde, hatte er die preußische Armee in den Mobilmachungszustand versetzt (vgl. Friedrich II. von Preußen an seinen Bruder Prinz Heinrich, Befehlshaber der preußisch-s|chsischen Armee, wahrscheinlich 18. M|rz 1778; Detemple, 23). Die sich anschließenden monatelangen Verhandlungen fshrten nicht zur Beilegung des Konfliktes; am 3. Juli erkl|rte Preußen sterreich den Krieg, am 5. Juli marschierten preußische Truppen in Bthmen ein, und der Bayerische Erbfolgekrieg begann. 199,21 unser Kahn auch zwischen den Orlogschiffen gequetscht] Die
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deutschen Territorialfsrsten, darunter auch der Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, fsrchteten, in die Auseinandersetzung der Großm|chte hineingezogen zu werden. In einem Votum, die „Aufforderung Preußens zu gemeinsamen Schritten in der Regelung der bayrischen Erbfolgefrage“ betreffend, das vom selben Datum stammt wie der vorliegende Brief, schloss sich Goethe der von Jacob Friedrich von Fritsch und Christian Friedrich Schnauß zuvor dargelegten Auffassung an, es sei in der Auseinandersetzung zwischen den Großm|chten Zursckhaltung und Abwarten zu empfehlen (vgl. AS 1, 36–38). Aus Goethes Tagebuch geht hervor, dass er sich Sorgen machte, Herzog Carl August ktnne eine solche Haltung aufgeben; unter dem 27. M|rz 1778 notierte er: " ÆHerzog Carl Augustæ war viel in Milit. gedancken (GT I 1, 62); Anfang April heißt es: Weiter vegetirt in tausend Gedancken an unsre Verh~ltnisse und unser Schicksaal. Unruhe des ". erwachend Kriegsgefuhl. (Ebd.) – Orlogschiffe: Kriegsschiffe; nach ,Orlog‘, einem schon im 18. Jahrhundert nur noch im Niederdeutschen gebrauchten, aus dem Holl|ndischen und Nieders|chsischen stammenden Wort fsr ,Krieg‘. 337. An Philipp Erasmus Reich ÆWeimar, 18. oder 19.? M|rz 1778æ ! ÆLeipzigæ DAT I ERU N G
Aus dem Vergleich zwischen Absende- und Empfangsdatum der sbrigen an Reich gerichteten Briefe im vorliegenden Band ergibt sich, dass die Beftrderungsdauer meist zwei oder drei Tage betrug. Wenn Reich den vorliegenden Brief am 21. M|rz 1778 erhielt (vgl. berlieferung), ktnnte er am 18. oder 19. M|rz 1778 geschrieben worden sein. BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 99. – Doppelblatt 11,6618,6 cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Empfangs- und Antwortvermerk, Tinte: „1778. 21. Merz- - Weimar / Goethe. / B‘“ (vgl. berlieferung zu Nr 21). E: WA IV 3 (1888), 215, Nr 683 (Friedrich Strehlke). – Incipit zuvor schon in: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 188 (200,1 Hier was ich habe von der Phis.). BEI L AG EN
1) Manuskript zum 4. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ (vgl. die erste Erl|uterung zu 200,1). 2) 17 Ld‘. (200,5).
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BRIEF 338
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief (vgl. berlieferung) ist nicht sberliefert. Postsendungen: 16. M|rz 1778 (vgl. GR/RB 1778, 1, Bl. 8v). 200,1 was ich habe von der Phis.] Goethe schickte Manuskripte zum 4. und letzten Teil von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ nach Leipzig, wo der Band gedruckt wurde. Am 25. November 1777 hatte er die erste Manuskriptsendung abgeschickt (vgl. 177,26). Der Band erschien im Mai 1778 zur Leipziger Ostermesse. 200,1 Blat 305] Gemeint ist mtglicherweise Seite 305. Diese gehtrt zum 5. Abschnitt des 4. Bandes (National- und Familien-Physiognomien; S. 265–340), und zwar zur „Beylage A“ zum 5. Fragment: Vermischte Nationalgesichter (S. 304 f.). Sie enth|lt nur einen Satz: „c) Nachstehender Caphtan scheint in seinem Gesichte Weichlichkeit und Grausamkeit zu vereinigen.“ Es folgt die Abbildung des Brustbildes eines orientalisch gekleideten Mannes mit einer hohen (fez|hnlichen) Kopfbedeckung. 200,2 306, 7, 8] Auch hier wohl: Seite 306–308. 200,5 17 Ld‘. davon bitte 59 rh.] 17 Louisdor entsprachen einer Summe von etwas mehr als 86 Reichstalern (vgl. Msnze und Geldrechnung in Goethes Briefen 1775–1779, S. LIII). 200,5 Rost] Carl Christian Heinrich Rost, Verleger, Kunstschriftsteller und Kunsth|ndler in Leipzig, Fabrikant von Gipsabgsssen u. a. von antiken Plastiken und von Modellen antiker Geb|ude. 200,5–6 Benellische Hand‘] Die Handelsfirma Carl Benelle und Sohn; sie existierte seit den 50er Jahren des 18. Jahrhunderts und hatte ihren Sitz in Auerbachs Hof. Nach dem Tod ihres Grsnders Carl Benelle im Jahr 1754 wurde sie von dessen Sohn Philipp Carl Benelle, sp|ter von Johann Georg Oetterich Retz weitergefshrt, nach dem Tod des Letzteren 1765 von Christian Wilhelm Steinauer. 1778 ging sie in Konkurs. – Im ThHStA Weimar wird folgende gedruckte Anzeige aufbewahrt: Carl Christian Heinrich Rost in Auerbachs Hofe zu Leipzig hat die seit vielen Jahren etablierte Handlung des verstorbenen Herrn Johann George Oetterich Retz, welche bisher unter dem Namen Herrn Wilhelm Steinauer junior fortgefshrt worden ist, fsr seine eigene Rechnung k|uflich an sich gebracht. (ThHStA Weimar, Landschaft und Landtag B 114, S. 34, Nr 367.) 200,6 Quittung] Sie stammt vom 21. M|rz 1778 und ist in Goethes Rechnungen sberliefert (vgl. GR/Belege 1778, 1, Bl. 27). 200,7–8 ein quittirt Conto zu schicken] Ein entsprechender Brief Reichs an Goethe ist nicht bekannt.
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338. An Gottfried August Bsrger ÆWeimar, 19.? M|rz 1778æ ! Altengleichen/Wtllmarshausen DAT I ERU N G
Aus dem Empfangsvermerk vom 22. M|rz 1778 ist zu schließen, dass der Brief etwa am 19. M|rz 1778 geschrieben worden ist, da seine Beftrderung nicht mehr als drei Tage in Anspruch genommen haben dsrfte. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/121,I. – Doppelblatt 19,6627,7 cm, 1/2 S. (obere H|lfte von S. 1) beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Herrn B u r g e r / frey., von fremder Hd erg|nzt: „Justiz-Amtmann / in / W t l l m e r s h a u s s e n / b e i G t t t i n g e n.“, rotes Initialsiegel: „G“; Vs. am oberen Seitenrand Empfangsvermerk, Tinte: „Erhalten d‘. 22ten M|rz 1778 von Herrn Geheimen Legationsrath Goethe in / We i m a r“; untere H|lfte von S. 1 Konzept des Antwortbriefs von Bsrgers Hd vom 26. M|rz 1778 (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen); Bl. 2 am Rand in der Mitte eingerissen durch ffnen des Siegels. E: Strodtmann 2 (1874), 253, Nr 458. WA IV 3 (1888), 216, Nr 684 (nach E). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Bsrger antwortete am 26. M|rz 1778 (Brief nach dem Konzept abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erl|uterungen). Mit dem vorliegenden Brief kehrte Goethe vom freundschaftlichen ,Du‘ der vorhergehenden Briefe zum distanzierten ,Sie‘ zursck wie zu Anfang des Briefwechsels mit Bsrger (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 93). Er war entt|uscht darsber, dass Bsrger seine geplante Homer-bersetzung nicht voranbrachte, die er seit Jahren zu ftrdern versuchte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 52 sowie zu 42,8). Auch der vorliegende Brief sollte Bsrger zur Arbeit und Vollendung seines Vorhabens ermuntern. Die bersetzung kam trotz der Anksndigung im Antwortbrief nicht zustande. 200,10 Sie haben so lang nichts von Sich hvren lassen] Der letzte sberlieferte Brief Bsrgers an Goethe stammt vom 9. M|rz 1776 (Strodtmann 1, 282 f.). 200,10–11 wo Sie sind] Bsrger war seit 1772 Amtmann in Altengleichen (bei Gtttingen) und wohnte seit September 1775 im nahe gelegenen Wtllmarshausen. 200,12 Sie erinnern Sich der Unterzeichnung auf Ihren Homer.] Goethe hatte im Februar 1776 in Weimar Subskribenten fsr die bersetzung von Homers „Ilias“ geworben, darunter die herzogliche Familie, und im „Teutschen Mer-
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kur“ tffentlich vorgestellt (vgl. im Einzelnen die einleitende Erl|uterung zu Nr 52). Mit den Zahlungen der Unterzeichner sollte Bsrger die Mtglichkeit erhalten, sein bersetzungsvorhaben auszufshren. 200,14 ein und funfzig Louisdor] Die Summe der 1776 in Aussicht gestellten Zahlungen belief sich auf insgesamt 65 Louisdor. Davon entfielen allein 50 Louisdor auf die herzogliche Familie. Der hier genannte Betrag entspricht dem, zuzsglich eines Louisdors vermutlich von Goethe selbst. 200,17 die Ausfordrung an Stollb.] Bsrger empfand es als eine Herausforderung, dass Friedrich Leopold zu Stolberg im November-Heft des „Deutschen Museums“ von 1776 die Probe einer bersetzung der „Ilias“ in Hexametern vorlegte: Der Iliade Homers zwanzigster Gesang. Verdeutscht durch Friedrich Leopold Graf zu Stolberg. (S. 957–982.) Am 7. November 1776 schrieb Bsrger an Leopold Friedrich Gsnther Goeckingk: „Ob das Recht von Stollberg, der mein Freund war, gethan sey, gesezt er w|re mit meiner bersezung auch nicht zufrieden gewesen? Ich wenigstens h|tt es nicht gethan, wenn ich Stollberg und er Bsrger gewesen w|re.“ (August Sauer: Aus dem Briefwechsel zwischen Bsrger und Goeckingk. In: Vierteljahrschrift fsr Litteraturgeschichte 3 [1880], S. 92.) Bsrger selbst hatte zuvor im Oktober-Heft des „Teutschen Merkur“ von 1776 den Jambus als das dem Deutschen einzig angemessene Versmaß fsr eine Homerbersetzung bezeichnet (vgl. weiter die erste Erl|uterung zu 42,9) und antwortete auf Stolbergs Vertffentlichung mit einer „Bravade“ (Bsrger an Heinrich Christian Boie, 31. Oktober 1776; Strodtmann 1, 352) im Dezember-Heft des „Deutschen Museums“: An Friedrich Leopold, Grafen zu Stolberg. (S. 1062 f.) Darin heißt es in jambischem Versmaß und freundschaftlich-polemischem Ton: Friz! Friz! Bey den Unsterblichen, die hold Auch meinem Leben sind! – Sie zeugen mir! – Sieh! Angesichts der Ritter unsers Volks Und ihrer losen Knappen, schreitest du Zu Truz, mit Wehr und Waffen in mein Feld, Und wirfst den Fehdehandschuh vor mich hin. Æ:::æ Es gelte, Friz! Sieg gelt’ es, oder Tod! – Du! Huldigt dir Gesang und Sprach’ allein? Und waltet nicht des M|oniden Geist Auch sber meinem Haupt’? (S. 1062.) – Der Angesprochene erwiderte diese Erkl|rung in gleichem Ton im M|rz-Heft des „Deutschen Museums“ von 1777, natsrlich in Hexametern: An Gottfried August Bsrger (S. 222 f.). Stolberg macht folgenden Vorschlag zur Gste:
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Fried’ und Freude dem S|nger zuvor und traulichen Handschlag! Æ:::æ Laß uns beyde den Harfengesang des gtttlichen Greisen Unserm Volke singen; wir lieben den Gtttlichen beyde! Freund, gehabe Dich wohl! (S. 222 f.) – Im Gegensatz zu Bsrger brachte Stolberg seine bersetzung zustande: Homers Ilias verdeutscht. Flensburg und Leipzig 1778. Bsrgers Antwortbrief ist als Konzept sberliefert: Antwort. d. 26. Marz 78. Wenn ich l e b e und g e s u n d bleibe, wil ich freilich meine teutsche Ilias volenden. Ich habe nur deswegen noch keine tffentliche Anzeige gethan, weil ich vor der Zeit noch nichts gewisses bestimmen kann. Mein Leben ist von mancherlei andern anomalischen Gesch|ften begleitet. Weil ich indessen in vielen Briefen um die Fortsezung gefragt worden bin, die ich ohnmtglich alle beantworten kan, so wil ich denn doch n|chstens ein algemeines gedrucktes Jawort von mir geben. – Natsrlicher Weise, werden die Edlen, die mich aufmuntern wollen, die Pramie eben so wenig umsonst ausgeben wollen, als ich sie umsonst einnehmen mag. Wie weit nun mir und meiner Sache unter solchen Umst|nden zu trauen sey, das mus ich Denselben eignem Ermessen anheim geben. Ich lebe noch immerfort, wie vorher mein einsames grtnl|ndisches Leben. Kunftigen Sommer oder Herbst habe ich mir vorgenommen, nach W. zu kommen. GAB (K: GSA [auf der Handschrift des vorliegenden Briefes von Goethe; vgl. berlieferung]; vgl. auch RA 1, 71, Nr 83.) 4 noch keine tffentliche Anzeige] Goethe hatte Bsrger in einem Beitrag zum Februar-Heft des „Teutschen Merkur“ von 1776 finanzielle Unterststzung angeboten, falls er tffentlich seine Absicht bekunden werde, seine „Ilias“-bersetzung zu Ende zu fshren (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 52). Die bersetzung kam nicht zustande. 6 anomalischen Gesch|ften] Bsrger litt unter den Pflichten der ungeliebten Stelle als Justizamtmann und hatte private Sorgen. Seine Briefe enthalten immer wieder Klagen, wie der Brief an Heinrich Christian Boie vom 6. April 1778: „Ich bin alleweile ein sehr geplagtes Geschtpf. Von allen Seiten mit Plackereien umgeben. Dazu ist meine Schwiegermutter ÆMarie Luise Leonhart geb. Sch|deleræ krank, und ich fsrchte – – Ich habe Tag und Nacht zu arbeiten und werde drsber ganz elend.“ (Strodtmann 2, 269.) – Anomal: nicht der Regel entsprechend, außerordentlich (vgl.
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GWb 1, 637). 12 das mus ich Æ:::æ anheim geben] Goethe schickte mit seinem n|chsten Brief vom 20. April 1778 (Nr 348) wie angeksndigt 51 Louisdor. 13–14 Kunftigen Sommer Æ:::æ nach W. zu kommen] Ein solcher Besuch Bsrgers fand nicht statt. 339. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 20.? M|rz 1778æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief Ende Februar 1776 eingeordnet. Seit dem Erstdruck bei Fielitz wird er nach dem Inhalt und den bereinstimmungen mit Goethes Tagebuch und dem Fourierbuch auf den 20. M|rz 1778 datiert (vgl. die erste Erl|uterung zu 201,1; die zweite und dritte Erl|uterung zu 201,2). Da es keine weiteren Anhaltspunkte fsr die zeitliche Einordnung des Briefes gibt und die Argumente von Fielitz plausibel erscheinen, wird die bisherige Datierung beibehalten. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 7. – 1 Bl. 15,9(–16,1)611,5 cm, 3 Zeilen beschr., egh., Bleistift, flschtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte. „17.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 17), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Fielitz, Goethe-Stein 1 (1883), 121, Nr 223. WA IV 3 (1888), 216, Nr 685. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 201,1 Willkommen liebe Frau.] Die Begrsßung deutet auf eine vorangegangene Abwesenheit der Freundin von Weimar. Wenn der Brief, wie angenommen, vom 20. M|rz 1778 stammt, war die Familie von Stein an diesem Tag von einer kurzen Reise zursckgekehrt, zu der sie laut Goethes Tagebuch zwei Tage zuvor aufgebrochen war: d. 18 Mit Steins bis Roschleben ÆRoldislebenæ geritten. (GT I 1, 61.) – Roldisleben liegt etwa 30 km ntrdlich von Weimar in der N|he von Buttst|dt. Am 20. M|rz war Josias von Stein Gast an der fsrstlichen Abendtafel (vgl. FB 1778, S. 55). 201,1 Ehringsdorf] Dorf ssdlich von Weimar (heute Ortsteil). 201,2 Helfer] N|heres zur Person konnte nicht ermittelt werden; in Goethes Briefen und im Tagebuch wird der Name nicht wieder erw|hnt. 201,2 Edelsheim ist ankommen] Wilhelm von Edelsheim, badischer Wirklicher Geheimer Rat und Minister fsr ausw|rtige Angelegenheiten, war laut Fou-
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rierbuch am 20. M|rz 1778 „gegen Abend um 4. Uhr“ in Weimar angekommen (FB 1778, S. 56; vgl. auch GT I 1, 61). Wahrscheinlich war er in diplomatischer Mission in Weimar, um in der Zeit eines drohenden Krieges zwischen den Großm|chten Preußen und sterreich (Bayerischer Erbfolgekrieg) die Optionen der kleineren Fsrstentsmer aufeinander abzustimmen (vgl. zu 199,20). Herzog Carl August, der Edelsheim sp|testens seit 1774 perstnlich kannte, hatte 1775 versucht, ihn als Minister fsr Sachsen-Weimar zu gewinnen. Goethe war mtglicherweise ebenfalls schon seit 1775 mit ihm bekannt (vgl. GB 2 II, zu 191,1). Am 21. M|rz jedenfalls h|lt Goethe im Tagebuch fest: fruh kam " ÆHerzog Carl Augustæ mit ihm ÆEdelsheimæ in Garten (GT I 1, 61), am 23. M|rz: Abends zu " wo Edelsheim war, viel geschw~zzt. (Ebd., 61 f.) 201,2 Grust sie] Demnach hatte Edelsheim Charlotte von Stein ebenfalls schon kennen gelernt, wahrscheinlich bei seinem ersten Besuch in Weimar vom 16. bis 28. Mai 1776, der in Goethes Tagebuch erw|hnt wird (vgl. GT I 1, 18). Dass auch 1776 schon Wilhelm von Edelsheim und nicht dessen jsngerer Bruder Georg Ludwig gemeint ist (so in GT I 2, 843), belegt das Fourierbuch vom 16. Mai 1776, das die Ankunft des „H‘. Gehrat von Edelsheim von KarlsRuh“ (FB 1776, S. 148) vermerkt. Der jsngere Georg Ludwig von Edelsheim war erst seit 1784 in badischen Diensten in Karlsruhe (vgl. Allgemeine Deutsche Biographie. Bd 48. Leipzig 1904, S. 261 f.). 340. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 22. M|rz 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 84. – 1 Bl. 16,565(–5,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „23“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 24), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 161. WA IV 3 (1888), 216 f., Nr 686. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 201,4 Postpapier] Ein besonderes Schreibpapier, „welches sich wegen seiner Feinheit und Leichtigkeit besonders zu solchen Briefen schickt, welche mit der Post gehen sollen“ (Adelung 3, 816). 201,5 Silhouete machen] Der Kontext legt nahe, dass Goethe fsr den 4. und letzten Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ mit der Herstellung von Silhouetten besch|ftigt war (vgl. die erste Erl|uterung zu 200,1). Lavater
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nahm seine physiognomischen Deutungen vor allem anhand von Silhouetten vor, die er sber ksnstlerische Portr|ts stellte und in großer Zahl in den „Fragmenten“ publizierte. – Laut Tagebuch vom 22. M|rz 1778 hat Goethe am Morgen mit dem Weimarer Hofmechanikus Johann Christoph Neubert den Storchschn ÆStorchschnabelæ regulirt, ein mechanisches Werkzeug zum Verkleinern der so genannten Original-Silhouetten (GT I 1, 61). Der vierte Band der „Fragmente“ erschien im Mai 1778 zur Leipziger Ostermesse (vgl. zu 177,26). 201,5 Band der Phis.] Wahrscheinlich der 3. Band der „Physiognomischen Fragmente“, der 1777 erschienen war. 201,5–6 Heut komm ich zum Essen.] Nach dem Tagebuch vom 22. M|rz ging Goethe Mittag zu $ ÆCharlotte von Steinæ, wo er bis gegen Abend blieb (GT I 1, 61). 341. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 26. M|rz 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 80. – 1 Bl. 19(–19,2)68,2 cm, 1 /2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „12“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 12), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 160. WA IV 3 (1888), 217, Nr 687. BEI L AG E
Blumen (201,8). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 201,8 meine stumpfe Gesellschafft] Im Unterschied zu Goethes sonstiger Gewohnheit hat er vom 23. bis 27. M|rz 1778 im Tagebuch Besuche bei Charlotte von Stein nicht erw|hnt. – ,Stumpf‘ hier im Sinne von ,ohne gehtrige Lebhaftigkeit‘, auch fsr ,stumm‘ (vgl. Adelung 4, 476). Vgl. dagegen die zweite Erl|uterung zu 201,2.
MRZ 1778
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342. An Augusta Louise Gr|fin zu Stolberg-Stolberg ÆWeimaræ, 27. M|rz 1778 ! ÆUetersenæ BERLIEFERUNG
H: UB der Humboldt-Universit|t zu Berlin, Autographensammlung (ohne Signatur; Katalog-Nr 422). – 1 Bl. 17610,7 cm, Bordsre aus gereihten Krtnchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Tinte. E: Goethe-Stolberg1 (1839), 128 f., Nr 17. WA IV 3 (1888), 213 f., Nr 681 (nach Goethe-Stolberg2 [1881], 65, Nr 18). BEI L AG EN
1) Vertonungen von Gedichten Goethes (vgl. zu 201,12–13; zu 201,14–15). 2) Silhouette Friedrich Gottlieb Klopstocks (vgl. zu 201,14). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Mit dem vorliegenden Brief wendet sich Goethe nach l|ngerer Zeit wieder an Augusta zu Stolberg. Sein letzter sberlieferter Brief an sie stammt vom 17. Juli 1777 (Nr 279). 201,12–13 ein paar Lieder von mir, komponirt von einem lieben Jungen] Nicht sberliefert. – Bisher wurde vermutet, dass dem Brief Kompositionen zu Gedichten Goethes von Sigmund von Seckendorff beilagen (vgl. Goethe-Stolberg1, 129; Goethe-Stolberg2, 154; Behrens, 73). Art und Kontext der vorliegenden Erw|hnung belegen jedoch, dass mit dem ,lieben Jungen‘ der Frankfurter Freund Philipp Christoph Kayser gemeint ist. Obwohl nur sechs Jahre |lter, hatte Goethe Kayser gegensber von Anfang an die Rolle eines Mentors sbernommen (sber das Verh|ltnis zu Kayser vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 155). Ende April 1777 hatte Goethe Lieder mit Melodien, von Kaysern (141,19) an den Verleger Philipp Erasmus Reich in Leipzig geschickt, mit der Bitte, diese zum Druck zu vermitteln (vgl. zu 141,19). Goethe ließ die Liedkompositionen Kaysers, die er aus Zsrich erhalten hatte, in der Zeit von Oktober 1777 bis M|rz 1778 von dem Weimarer Hofmusiker Johann Michael Wiener abschreiben und in Form eines Liederbuches (GSA 32/1477) zusammenstellen (vgl. die erste Erl|uterung zu 175,14). Das Liederbuch enth|lt 71 Kompositionen von Kayser, darunter Vertonungen von 13 Gedichten Goethes. Auch Kaysers „Ges|nge, mit Begleitung des Claviers“ (Leipzig und Winterthur 1777) enthielten Kompositionen zu Gedichten Goethes. 201,14 Schattenriss von Klopstock] Nicht sberliefert. – Dass die mitgeschickte Silhouette von Goethe selbst stammt, kann nur vermutet werden. Am 22. M|rz 1778 hatte er an Charlotte von Stein geschrieben, er sei eben uberm Silhouete machen (201,5). Außerdem bat er sie um einen Band von Lavaters
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„Physiognomischen Fragmenten“ (vgl. die erste Erl|uterung zu 201,5). Klopstocks Silhouette, zu der die Vorlage von Goethe stammen soll, findet sich im 1. Band der „Fragmente“ (Leipzig und Winterthur 1775, S. 241, Nr 1). Ein getuschtes Exemplar, mtglicherweise die Vorlage (oder eine Kopie der Vorlage) fsr den Stich in den „Fragmenten“, ist in den Museen der Klassik Stiftung Weimar sberliefert (KSi/ AK 2830.53 [Silhouettenalbum Matthaei]). An gleicher Stelle sberliefert ist ein Kupferstich nach einer Silhouette Klopstocks, die gleichfalls von Goethe stammen soll (KSi/ AK 2830.52 [Silhouettenalbum Matthaei]; vgl. DjG2 5, Tafel 10). – Dass dem Brief ausgerechnet ein Portr|t Klopstocks beigelegen hat, verweist darauf, dass sich Goethes rger sber den ,Mahnbrief‘ Klopstocks vom 8. Mai 1776 inzwischen gelegt hatte und er dies Augusta zu Stolberg zu verstehen geben wollte, die wie ihre Brsder und die ganze Familie eng mit dem Hamburger Dichter verbunden war (vgl. zu 100,22). 201,14–15 Die Lieder Æ:::æ auch nicht die Melodien.] Demnach lagen dem Brief Manuskripte der Vertonungen Kaysers bei, die noch gedruckt werden sollten. 201,16 Grabschrifft] Das Gedicht wurde zu Lebzeiten Goethes nicht vertffentlicht, sondern zuerst 1839 unter den Briefen Goethes an Augusta zu Stolberg gedruckt (vgl. Goethe-Stolberg1, 129). berliefert ist außerdem eine eigenh|ndige Reinschrift mit dem Titel „Grabschr.“ aus dem Besitz Charlotte von Steins, heute aufbewahrt in der Bibliotheca Bodmeriana in Cologny (Schweiz). In der WA wurde das Gedicht nach dem Erstdruck und mit dem Titel „Grabschrift“ wiedergegeben (vgl. WA I 4, 165). In einem von Barbara Schultheß angelegten Verzeichnis von Gedichten Goethes bis zur italienischen Reise (GSA 25/W 21) findet sich ein Titel „grabschrift. 74“, im Druck des Verzeichnisses in der WA mit der Nr 63 versehen (vgl. WA I 1, 366). Ob damit das vorliegende Gedicht gemeint ist, erscheint zweifelhaft (vgl. FA/Goethe I 1, 905). 202,1 Ich war ein Knabe warm u. gut] Der Eingangsvers wie das gesamte Gedicht mtglicherweise mit ironischem Selbstbezug. So charakterisiert sich Goethe im Brief an Charlotte von Stein vom 25. M|rz 1776 ganz |hnlich als ein kleiner, eingewickelter, seltsamer Knabe, der vor zehen Jahren (45,21–22) als angehender Student in dieselbe Poststation in Naumburg trat, die er nun als erwachsener Mann wieder aufsuchte. 202,2 Als Jungling hatt ich frisches Blut] Mtglicherweise in Anklang an den ersten Vers von Goethes im Juni 1775 entstandenem Gedicht „Zurchseefahrt“ (sp|ter unter dem Titel „Auf dem See“) in der fsr Anna Elisabeth Schtnemann bestimmten Fassung: Und frische Krafft u. frisches Blut / Trinck ich aus neuer Welt Æ:::æ (GB 2 I, 285; vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Z 1). 202,5 ohnbetrubt] In Goethes Reinschrift (in der Bibliotheca Bodmeriana) findet sich hier die Variante ungetrubt (vgl. WA I 5.2, 114).
MRZ/APRIL 1778
343. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 31. M|rz 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 80. – 1 Bl. ca. 11,565(–5,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „13“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 13), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 161. WA IV 3 (1888), 217, Nr 688. BEI L AG E
Kuchen (202,11). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 202,9 Feyerlichkeit] Anl|sslich der Hochzeit des Kammerpr|sidenten Johann August Alexander von Kalb mit Friederike Augusta Charlotte von Ksnsberg (vgl. FB 1778, S. 62). Es ist anzunehmen, dass auch Goethe, zu dessen frshesten Weimarer Freunden von Kalb gehtrte, eingeladen war; das Tagebuch gibt darsber allerdings – wie zum 30. und 31. M|rz sberhaupt – keine Auskunft. 202,9–10 geringes Morgenbrodt] Frshstsck; ,gering‘ hier im sbertragenen Sinn fsr ,bescheiden‘, ,von geringerer Gste‘, im Vergleich zum bevorstehenden Hochzeitsessen. 202,10 Einsiedlers] Wie auch das Fehlen der Tagebucheintr|ge Ende M|rz belegt, hatte sich Goethe wahrscheinlich wieder zeitweise von der Gesellschaft zursckgezogen (vgl. auch zu 189,1). 202,11 Frizzen] Friedrich von Stein. 344. An Charlotte von Stein DAT I ERU N G
ÆWeimar, 10. oder 11. April 1778æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief unmittelbar vor dem vom 23. Dezember 1778 (Nr 423) eingeordnet. Gegen diese Einordnung spricht, dass mit dem Brief Blumen (202,17) sberschickt wurden, was eher auf das Frshjahr verweist. Wohl deshalb und wegen der Erw|hnung einer bevorstehenden Reise wird er im Erstdruck vor Brief Nr 345 vom 13. April 1778 gesetzt. Seit der WA wird er nach dem Inhalt auf den 10. oder 11. April datiert (vgl. zu 202,18).
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BRIEFE 345/346
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 107. – 1 Bl. 15,5(–15,9)610,4 (–10,8) cm, unterer Rand und linker Rand Bstten, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Siegelrest, obere linke Ecke abgeschnitten durch Siegeltffnung, unten rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „78“ (korrigiert aus „77“), oben rechts von fremder Hd, Tinte: „69.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 71), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 162. WA IV 3 (1888), 217 f., Nr 689. BEI L AG E
Blumen (202,17). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 202,14 meine Picks] Pick: hier im sbertragenen Sinn von ,Groll‘ (vgl. zu 83,18–19). 202,15 dass ich nicht komme] Im Tagebuch vom April 1778 wird bis zum 16. April kein Besuch bei Charlotte von Stein erw|hnt (vgl. GT I 1, 62). 202,17 Blumen] Im Frshjahr 1778 schickte Goethe h|ufig Blumen an Charlotte von Stein (vgl. Beilagen zu Nr 333, 335, 341, 345). 202,18 Montag fort] Wenn der Brief, wie angenommen, vom 10. oder 11. April 1778 stammt, dann ist Goethes Reise nach Ststzerbach und Ilmenau gemeint, wo Herzog Carl August seit dem 10. April auf der Auerhahnjagd war. Goethe brach am Montag, dem 13. April, auf und kam am 15. nach Weimar zursck (vgl. GT I 1, 62). 345. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 13. April 1778 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 80. – 1 Bl. ca. 19,868,4(–8,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „14“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 14), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 162. WA IV 3 (1888), 218, Nr 690.
OKTOBER/NOVEMBER 1777–APRIL 1778
687
BEI L AG EN
1) Liederbuch? (vgl. zu 203,1) 2) Blume (vgl. 203,1). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 203,1 die Lieder] Mtglicherweise das handschriftliche Liederbuch mit Vertonungen von Goethes eigenen und fremden Gedichten, wozu die Abschreibarbeiten etwa Anfang Februar 1778 abgeschlossen waren (vgl. die erste Erl|uterung zu 175,14). 203,2 ehegestern] Veraltet fsr ,vorgestern‘; von Goethe nur selten und ausschließlich in frshen Briefen und Werken verwendet. 203,3 Ahndungen] Hier: ,Vorahnung des perstnlichen Schicksals‘ mit negativer Konnotation (vgl. GWb 1, 298). 203,4 Reiten] Vgl. zu 202,18. – Laut Tagebuch war Goethe am 13. April fruh 6 mit Cr ÆCorona Schrtteræ weggeritten (GT I 1, 62). Die S|ngerin begleitete Goethe bis Hettstedt etwa 30 km ssdtstlich von Weimar und kehrte dann nach Weimar zursck (vgl. ebd.). 346. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen 23. Oktober und 28. November 1777? oder zwischen 17. Dezember 1777 und 16. April 1778?æ DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Im Erstdruck wird der Brief auf Ende August/Anfang September 1776 datiert, und zwar nach der Vermutung, mit Ungeheuer (203,8) sei Jacob Michael Reinhold Lenz gemeint (vgl. Schtll, Goethe-Stein 1, 56, Anm. 1). Seit der Ausgabe von Fielitz wird der Brief nach der Einordnung im Konvolut im Dezember 1778 belassen, da die Erw|hnung „nicht sicher genug auf Lenz“ zutreffe, „um deswegen das Billet aus dem Jahr 78 zu entfernen“ (Fielitz, Goethe-Stein 1, 145, Nr 291; 444, Anm. 4 [zu S. 145]). Die Bezeichnung Ungeheuer passt weit besser als zu Lenz zu Goethes Pflegesohn Peter im Baumgarten (vgl. zu 203,8). Falls diese Annahme zutrifft, ktnnte der Brief aus der Zeit von dessen Aufenthalt in Goethes Haus bei gleichzeitiger Anwesenheit Charlotte von Steins in Weimar stammen. Peter traf am 12. August 1777 in Weimar ein. Zu diesem Zeitpunkt war Charlotte von Stein allerdings schon in Kochberg, wohin ihr Goethe den Jungen am 27. August
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schickte (vgl. 159,18). Am 23. Oktober 1777 waren sie und den Erw|hnungen in Goethes Tagebuch zufolge auch Peter wieder in Weimar, wo dieser bis zu seiner bersiedlung nach Ilmenau am 17. April 1778 blieb. Goethe selbst unternahm vom 29. November bis zum 16. Dezember 1777 eine Reise in den Harz und nach Eisenach (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 309). Der vorliegende Brief ktnnte also entweder zwischen dem 23. Oktober und 28. November 1777 oder zwischen dem 17. Dezember 1777 und 16. April 1778 geschrieben worden sein. Die Anksndigung zu Beginn des Briefes Heute komm ich zu Tisch (203,6) trifft fsr diese beiden Zeitr|ume laut Tagebuch auf mehrere Tage zu, auch weisen die chronologischen Eintragungen Lscken auf, so dass eine genauere Datierung nicht mtglich ist. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 120. – 1 Bl. 10(–10,2)68,7 cm, Bordsre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „102“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 105), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 56. WA IV 3 (1888), 262, Nr 765. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins (vgl. 203,8–9). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 203,8 das kleine Ungeheuer] Sehr wahrscheinlich mit Bezug auf den Schweizer Hirtenjungen Peter im Baumgarten, der seit dem 12. August 1777 als Pflegesohn Goethes zeitweise in Weimar lebte und um den sich auch Charlotte von Stein ksmmerte. Die anhaltenden Schwierigkeiten bei seiner Erziehung veranlassten Goethe schließlich, den Jungen in die Obhut des Ilmenauer Oberftrsters Carl Oettelt zu geben, der ihn zum J|ger und Ftrster ausbilden sollte; am 17. April 1778 siedelte Peter nach Ilmenau sber (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 281). 347. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 19. April 1778 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 84. – 1 Bl. ca. 19,567,8 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „22a“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 23), vgl. berlieferung zu Nr 18.
APRIL 1778
689
E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 162. WA IV 3 (1888), 218, Nr 691. BEI L AG E
Blumen (203,11). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 203,10 heutigen Tages] W|hrend Goethe am Ostersonntag und -montag 1778 keine Eintragungen in sein Tagebuch vornahm, hat er am 16. April, dem Grsndonnerstag, festgehalten: Die Kinder suchten Eyer im Comvdien Saal zu $ ÆCharlotte von Steinæ Abends. (GT I 1, 62.) 203,10 untereiander] Versehentlich fsr ,untereinander‘. 348. An Gottfried August Bsrger Weimar, 20. April 1778 ! ÆAltengleichen/Wtllmarshausenæ BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. E: Strodtmann 2 (1874), 277, Nr 480 (nach H). – In einer Fußnote heißt es: „Nach einer Notiz Bsrger’s erhalten den 13. Mai 1778.“ WA IV 3 (1888), 218 f., Nr 692 (nach E). Textgrundlage: E. – Die Sperrung in der Datumszeile und die der Unterschrift entspricht zeitgentssischer Druckkonvention, nicht aber Goethes Schreibgewohnheit. BEI L AG E
51 Louisdor (203,14). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet Bsrgers Brief vom 26. M|rz 1778 (im Konzept abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 338; vgl. auch RA 1, 70, Nr 83). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 203,14 Hier schick ich 51 Louisdor.] Die Summe hatte Goethe in Weimar vor allem bei der herzoglichen Familie gesammelt. Sie sollte der Unterststzung Bsrgers bei Vollendung seiner bersetzung von Homers „Ilias“ dienen, die jedoch nicht fertiggestellt wurde (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 52 sowie zu 200,14). 203,14 dieses Jahr uns besuchten] Ein solcher Besuch Bsrgers kam nicht zustande.
690
349. An Charlotte von Stein
BRIEFE 349–351
ÆWeimaræ, 21. April 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 81. – 1 Bl. 20,2(–20,4)66,6 (–6,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „15“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 15), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 163. WA IV 3 (1888), 219, Nr 693. BEI L AG EN
1) Blumen (vgl. 204,1). 2) Bohnen (vgl. zu 204,1). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 204,1 Eh ich abgehe] Laut Tagebuch vom 21. April 1778 reiste Goethe Nach Erfurt. (GT I 1, 62.) 204,1 Bohn] Bohnen; wahrscheinlich zum Auss|en. 204,1–2 mein Wurdiger Freund] Carl Ludwig von Knebel, der mit dem Prinzen Constantin schon am 21. April wieder abreiste, w|hrend Goethe sber Nacht in Erfurt blieb (vgl. GT I 1, 62). Am 22. April kehrte er nach Tisch mit dem Stadth. ÆCarl Theodor von Dalbergæ und seinem Bruder ÆFriedrich Hugo von Dalbergæ nach Weim. zursck (ebd., 63). 204,3 Gold] Vgl. zu 25,19. 204,3–4 Steinen] Josias von Stein. 350. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 23. April Æ1778æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Das Jahr wurde nach dem Inhalt des Briefes und der bereinstimmung mit dem Tagebuch erg|nzt (vgl. die zweite Erl|uterung zu 204,6). Auch die Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) unmittelbar nach dem datierten Brief vom 21. April 1778 (Nr 349) best|tigt die Datierung. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 81. – 1 Bl. 15,367,3 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd,
APRIL 1778
691
Tinte: „16“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 16), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 163. WA IV 3 (1888), 219, Nr 694. BEI L AG E
Ein Dessert? (Vgl. die erste Erl|uterung zu 204,6.) ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 204,6 Das] Der Kontext l|sst vermuten, dass es sich um ein Dessert, vielleicht Kuchen oder Obst, handelt. 204,6 gestern zur guten Nacht] Am Abend des 22. April htrte Goethe das Oratorium „Il cantico de’ tre fanciulli“ des Dresdner Hofkapellmeisters Johann Adolph Hasse (vgl. GT I 1, 63); eine erste Auffshrung hatte bereits am 17. April bei der Herzoginmutter Anna Amalia stattgefunden (vgl. ebd., 62). 204,7–8 es sey gut mit Ihnen] Nachdem Goethe am Morgen des 23. April den Erfurter Statthalter Carl Theodor von Dalberg getroffen hatte, ging er zu Charlotte von Stein (vgl. GT I 1, 63).
351. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 25. April 1778 ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Entgegen seiner Datierung wurde das vorliegende Gedicht im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein nach den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778 eingeordnet, und zwar auf dem letzten Tr|gerblatt des ersten Bandes (vgl. berlieferung zu Nr 18). Wahrscheinlich wurde es dem Jahrgang 1778 nachtr|glich angefsgt. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 122. – 1 Bl. 13,4(–13,6)619,8 (–20) cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte, Blatt zweimal quer gefaltet; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „109.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 111), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 163 f. WA I 4 (1891), 211 (Gedicht; Titel, Datum und Paraphe in den „Lesarten“; WA I 5.2, 129).
692
BRIEFE 352/353
BEI L AG E
Hyazinthe (vgl. zu 204,10). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Da das vorliegende Gedicht unter den Briefen Goethes an Charlotte von Stein sberliefert ist, wird es in der Briefausgabe mitgeteilt. Fsr den Briefcharakter sprechen zudem Datierung, Paraphe und die Faltung der Handschrift. Im Unterschied zu anderen Charlotte von Stein sbersandten Gedichten wurde es zu Lebzeiten Goethes nicht vertffentlicht. Auch in die von Goethe selbst autorisierten Werkausgaben wurde es nicht aufgenommen. Es erschien erst 1848 in den Briefen an Charlotte von Stein (vgl. E). Als Gedicht wurde es zuerst in der WA gedruckt, im Textteil allerdings ohne Titel, Datierung und Paraphe, stattdessen mit der berschrift „An Frau von Stein“ (WA I 4, 211). 204,10 Mit einer Hiazynthe.] Lat. Hyacinthus. – Im Frshjahr 1778 legte Goethe seinen Briefen an Charlotte von Stein auffallend h|ufig Pflanzen aus seinem Garten bei, allerdings meist ohne deren botanische Namen zu erw|hnen. 204,11 Aus dem Zauberthal dortnieden] Durchaus auch mit Bezug auf das Ilmtal (vgl. 194,16). 204,13 Gew~sser] Goethes Garten lag oberhalb des „Sterns“, der damals vollst|ndig von Ilm und Floßgraben eingeschlossen war (vgl. Plan der Stadt Weimar 1784). 204,17–205,4 Diese Blume Æ:::æ G~rtners Lust.] Anspielung auf die Vermehrung von Hyazinthen durch so genannte Brutzwiebeln. – Insbesondere die zweite Strophe verweist auf Goethes erwachende botanische Interessen, die zur Entstehungszeit des Gedichts eng mit seinem Leben im Gartenhaus und der Arbeit im Garten verknspft waren.
352. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 1. Mai 1778 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 81. – 1 Bl. 2064,5(–4,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „18“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 18), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 164. WA IV 3 (1888), 220, Nr 696.
MAI 1778
693
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 205,7 Partie nach Buffarth] Buchfahrt, etwa 7 km ssdlich von Weimar im mittleren Ilmtal gelegen; als Sehenswsrdigkeit galten schon im 18. Jahrhundert die Felsenhthlen (auch Felsenburg) im Muschelkalk-Steilhang oberhalb des Ortes, die wahrscheinlich mittelalterlichen Ursprungs sind. Wie aus Goethes Brief vom 2. Mai hervorgeht, nahmen nur die Sthne Charlotte von Steins, nicht aber sie selbst am Ausflug teil (vgl. 205,15–16). – Zu dieser Stelle gab es eine Anmerkung Friedrich von Steins: „Ein Dorf an der Ilm oberhalb Weimar, durch eine wunderliche, fast unzug|ngliche, in den Felsen ausgehauene Wohnung, die man das Raubschloß nennt, ausgezeichnet. v. St.“ (Zitiert nach: Fielitz, GoetheStein 1, 434, Anm. 4 [zu S. 123]). 205,7 Herzoginn] Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach; laut Fourierbuch „Speißeten Durch‘. Herrschafft.“ am 2. Mai 1778 „in Buffarth“ (FB 1778, S. 80). 205,8 Prinzen] Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach. 205,8 Wedeln] Otto Joachim Moritz von Wedel, Kammerherr und Oberforstmeister. 205,11 Waldn.] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise, eine Freundin Charlotte von Steins.
353. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 2. Mai 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 82. – 1 Bl. 14,668,4 cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „19“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 19), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 164. WA IV 3 (1888), 220, Nr 697. BEI L AG E
Blume (205,14). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 205,13 Freuden der Welt] Eine Geselligkeit, die offenbar nicht bei Hofe stattfand, zumindest ist im Fourierbuch fsr den Abend des 2. Mai nichts vermerkt.
694
BRIEFE 354/355
205,15 Kinder] Die |lteren Sthne der Adressatin Carl und Ernst von Stein, mtglicherweise auch der damals knapp sechsj|hrige Friedrich. 205,15–16 fehlgeschlagnen Versuch auf die Vestung] Mit Bezug auf den Ausflug nach Buchfahrt und die Buchfahrter Hthlen vom selben Tag (vgl. die erste Erl|uterung zu 205,7). 354. An Charlotte von Stein ÆWeimar, Ende April oder Anfang Mai? 1778æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Seit dem Erstdruck wird er in die Zeit unmittelbar vor der Berliner Reise gesetzt, zu der Goethe am 10. Mai 1778 aufbrach (vgl. zu 206,13–14). Fr|nkel nimmt wahrscheinlich nach einer vermuteten Parallele zum Tagebuch an, der Brief sei vom 29. April 1778 (vgl. zu 205,17). – Nach der Einordnung im Konvolut wird der Brief im Jahr 1778 belassen. Da er wahrscheinlich in der w|rmeren Jahreszeit geschrieben wurde (vgl. die zweite Erl|uterung zu 205,19) und zu einer Zeit, als Charlotte von Stein noch nicht in Kochberg war, wird er auf Ende April oder Anfang Mai datiert. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 115. – 1 Bl. 15,2(–15,6)69,2 (–9,8) cm, 2/3 S. beschr., egh., Bleistift, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „88“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 91), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 165. WA IV 3 (1888), 221, Nr 700. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 205,17 Die H.] Die Herzogin; wahrscheinlich mit Bezug auf Herzogin Louise, mit der die Adressatin befreundet war. – Die Herzoginmutter Anna Amalia wird in Goethes Briefen entweder als ,verwitwete Herzogin‘ oder ,Herzogin Mutter‘ erw|hnt (vgl. 22,4; 25,9; 77,14); auch war das Verh|ltnis Anna Amalias zu ihrer ehemaligen Hofdame Charlotte von Stein 1778 nicht mehr so eng, dass sie diese zu Hause besucht h|tte. – Am 29. April 1778 vermerkt Goethe im Tagebuch Die Herzog. L. Abends im Garten (GT I 1, 63). Wohl danach datiert
APRIL/MAI 1778
695
Fr|nkel den Brief auf diesen Tag (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 108, Nr 234; ebenso in der zweiten Auflage). 205,18 auf ihrem Canape] Demnach schrieb Goethe den Brief in der Wohnung Charlotte von Steins, wo er auf sie wartete. 205,19 Grasaffen] Kosename fsr ,Kinder‘; hier die Sthne Charlotte von Steins (vgl. zu 55,22). 205,19 Garten] Aus dem Kontext zu schließen, hier wohl der Garten am Haus der Familie von Stein. 355. An Charlotte von Stein ÆWeimar, Ende April oder Anfang Mai? 1778æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) wurde der vorliegende Brief in den Dezember 1778 eingeordnet. Im Erstdruck wird er in die Zeit zwischen den 23. und 26. Mai 1777, seit der Ausgabe von Fielitz auf Anfang Mai 1778 datiert. Fsr das Jahr 1778 sprechen sowohl die Einordnung im Konvolut wie auch die Jahresangabe der Adressatin auf der Handschrift (vgl. berlieferung). Im Frshjahr 1778, besonders im April, grsßte Goethe Charlotte von Stein sehr h|ufig mit Blumen aus seinem Garten. Der Brief ktnnte von Ende April oder, wie bisher angenommen, von Anfang Mai 1778 stammen, bevor Goethe nach Berlin aufbrach (vgl. zu 206,13–14). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 109. – 1 Bl. 17,7(–18)67,6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. rote Siegelreste; unten rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „78“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „76.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 78), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 101. WA IV 3 (1888), 221, Nr 699. BEI L AG E
Blumen (206,1). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 206,1–2 hab ich mich vertreiben lassen] Der Brief wurde offenbar nach einem Abendbesuch bei Charlotte von Stein geschrieben. Da Goethe zwischen dem 23. April und 10. Mai, dem Zeitraum, in dem der vorliegende Brief wahrschein-
696
BRIEFE 356/357
lich geschrieben wurde (vgl. Datierung), sein Tagebuch nicht t|glich fshrte, l|sst sich dazu N|heres nicht ermitteln. 356. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Anfang Mai? 1778æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Im Erstdruck wurde er ohne explizite Begrsndung nach dem Brief vom 30. M|rz 1777 (Nr 242) eingeordnet, wahrscheinlich einem vermuteten inhaltlichen Bezug zum Brief vom 22. M|rz 1777 (vgl. 137,17–18) folgend. Seit der Ausgabe von Fielitz wird er ohne Begrsndung in die Zeit vor Goethes Abreise nach Berlin am 10. Mai 1778 gesetzt (vgl. zu 206,13–14; vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 123 f., Nr 235). Nach seiner Einordnung im Konvolut wird der Brief im Jahr 1778 belassen. Da es inhaltlich keine Anhaltspunkte fsr eine genauere Datierung gibt, wird die bisher sberwiegend vorgenommene Einordnung beibehalten. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 112. – 1 Bl. 16,867,4 cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „82“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 85), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 93. WA IV 3 (1888), 220 f., Nr 698. BEI L AG E
Zeichnung (vgl. zu 206,4). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 206,4 Zeichnung] Im Tagebuch und in den sberlieferten Briefen aus dem April und Mai 1778 werden zwar weder die T|tigkeit des Zeichnens noch Zeichnungen Goethes erw|hnt, was jedoch nicht bedeutet, dass er damals nicht gezeichnet hat. N|heres konnte nicht ermittelt werden 206,5 hatte] Indikativform fsr Konjunktiv ,h|tte‘, im 18. Jahrhundert gelegentlich so verwendet. 206,6 man] Bei der Korrektur des Satzes versehentlich nicht gestrichen.
MAI 1778
357. An Johann August Ludecus
697
ÆWeimaræ, 8. Mai Æ1778æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Der Brief stammt aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Jahr 1778. Die als Unterststzung von Friedrich Msller gedachte Subskription war durch einen Brief des Erfurter Statthalters Carl Theodor von Dalberg an Goethe vom 4. Mai 1778 (vgl. RA 1, 70, Nr 85) initiiert worden. In diesen Zusammenhang gehtren vermutlich die von Goethe ausgelegten zehn Dukaten (vgl. die zweite Erl|uterung zu 206,8). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/316,I. – 1 Bl. 18,169,7 cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: H‘. Rath / Ludeckus, rote Siegelreste. E: WA IV 50 (1912), 8, Nr 700a (Carl Schsddekopf). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Johann August Ludecus (1742–1801) war seit 1775 Geheimsekret|r der Herzoginmutter Anna Amalia in Weimar, seit 1777 auch deren Schatullier; als solcher hatte er die Zust|ndigkeit fsr die Finanzen des Prinzen Constantin. 1785 wurde er Steuer- und Akziserat, 1801 Hofrat. Ludecus war mit Johann Joachim Bode und Carl Ludwig von Knebel befreundet; die Beziehung zu Goethe war rein amtlicher Natur. – Von Goethe ist außer dem vorliegenden nur noch ein Brief vom 17. November 1787 aus Rom an Ludecus sberliefert (GB 7 I, Nr 122). Von Ludecus gibt es fsnf sberlieferte Briefe an Goethe aus den Jahren 1793– 1801; sie betreffen ausschließlich Gesch|ftliches. Der Maler Friedrich Msller (als Schriftsteller Maler Msller genannt) ging im August 1778 nach Rom, um dort Studien zu treiben und sich weiter auszubilden. Carl Theodor von Dalberg hatte angeregt, Msller durch ein j|hrliches Stipendium zu unterststzen, an welchem sich, vermittelt durch Goethe, auch Wieland, Knebel und der herzogliche Hof in Weimar als Geldgeber beteiligten. Vgl. dazu ausfshrlich die einleitende Erl|uterung zu Nr 383. 206,8 Prinzen] Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach, der sich am Stipendium fsr Friedrich Msller beteiligte. 206,8 10 Dukaten an Mahler Mullern] Das Geld dsrfte als Teilbetrag (etwa 30 Reichstaler) fsr die Msller gew|hrte j|hrliche Pension von gut 304 Reichstalern (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 383) gedacht gewesen sein. 206,9 die Quittung] Aus dem Jahr 1778 liegen keine Quittungen vor. Es ist lediglich eine Quittung aus dem Jahr 1780 sberliefert, die belegt, dass die Zahlungen j|hrlich erfolgten: „Zehn Ducaten Pension auf das Jahr 1779 fsr Mahler
698
BRIEFE 358/359
Msller in Rom aus Durchl. Prinzen Constantin Scatoulle erhalten. Weimar d. 20. Jan. 1780. P. C. Goethe“ (ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A 1425, Bl. 413r). 206,10 Ersaz] Ein Beleg fsr die Auszahlung der Summe durch Ludecus ist nicht sberliefert. 358. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, etwa 9. Mai 1778æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Im Erstdruck wurde der Brief vor dem vom 22. April 1776 (Nr 89) eingeordnet, wogegen aber der Inhalt spricht. Der Brief muss kurz vor einer wahrscheinlich l|ngeren Reise Goethes geschrieben worden sein (vgl. 206,13–14), was auf den April 1776 nicht zutrifft. Wenn der Brief, wie nach seiner Einordnung im Konvolut anzunehmen, aus dem Jahr 1778 stammt, kann er nur unmittelbar vor Antritt der Berliner Reise am 10. Mai geschrieben worden sein. In den Monaten zuvor verreiste Goethe – nach seiner Rsckkehr aus dem Harz – jeweils nur fsr wenige Tage nach Ilmenau oder Erfurt, bei Antritt seines Jagdausflugs nach Eisenach im September 1778 war Charlotte von Stein zuvor schon nach Kochberg abgereist (vgl. zu 229,2). Nach seinem Inhalt und der bereinstimmung mit dem Tagebuch ktnnte der Brief etwa am 9. Mai 1778 geschrieben worden sein. So wird er seit der Ausgabe von Fielitz auch datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 126, Nr 329). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 121. – 1 Bl. 15,4(–15,9)64,8 (–5,2) cm, 4 Zeilen beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18), unten rechts Siegelausriss; Vs. und Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „105“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 108), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 27. WA IV 3 (1888), 221, Nr 701. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich vom selben Tag (vgl. zu 206,12). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.
MAI 1778
699
206,12 Dancke beste Frau fur das Wort] Bezieht sich offenbar auf einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins, der wahrscheinlich vom selben Tag stammt. 206,12–13 Cremor tartari] Weinsteinrahm; Hausmittel zur Beruhigung und zur Linderung von Verdauungsbeschwerden; hier sbertragen auf die wohltuende Wirkung des Briefes Charlotte von Steins. 206,13–14 mit der Reise und mit der Wirthschafft vorher] Am 10. Mai 1778 brach Goethe mit Herzog Carl August zu einer l|ngeren Reise auf, die bis zum 1. Juni dauern sollte (zum Anlass der Reise vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 359). – ,Wirtschaft‘ hier in engerer Bedeutung fsr ,h|usliche Gesch|fte‘, insbesondere die Reisevorbereitungen (vgl. Adelung 4, 1577). 359. An Charlotte von Stein
ÆLeipzigæ, 12. Mai 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 83. – 1 Bl. 18,7618,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, zunehmend flschtiger werdende Schrift (207,8–14); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „21a.“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 21), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 165 f. WA IV 3 (1888), 222, Nr 702. BEI L AG EN
1) Stoff (vgl. zu 207,7–8). 2) Mtglicherweise Zeichnung einer Schweinehstte. H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 53. – 1 Bl. 16,469,8 cm, Vs. egh. Zeichnung, Bleistift, Rs. unten rechts, egh., Tinte: d‘ 10 May 78; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „23b“ (vgl. Abb. 6 im Kommentarband, S. 700; Corpus VIa, 57, Nr 199a, Zeichnung nicht reproduziert). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 24), vgl. berlieferung zu Nr 18. Die im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) sberlieferte Zeichnung ist laut Datierung auf der Reise nach Leipzig entstanden (vgl. die einleitende Erl|uterung) und ktnnte dem vorliegenden Brief beigelegen haben. Nicht auszuschließen ist, dass sie der Adressatin erst sp|ter zugeschickt oder sbergeben wurde. Das Motiv findet sich noch auf zwei weiteren fsr Charlotte von Stein bestimmten Zeichnungen, die am 22. April 1780 und am 22. September 1781 auf einer Reise nach Leipzig bzw. Dessau entstanden sind (vgl. GB 4 I).
Abb. 6: Schweinehstte, 10. Mai 1778 (zu Nr 359)
MAI 1778
701
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Am 10. Mai waren Goethe, Herzog Carl August und der Kammerherr Moritz von Wedel fruh 6. von Weimar (GT I 1, 63) zu einer Reise aufgebrochen, die sber Leipzig und Wtrlitz nach Berlin und Potsdam fshrte. Es war Goethes einzige Reise in die preußischen Residenzen. Der Aufenthalt dauerte vom 15. bis zum 23. Mai und diente vor allem der Erkundung der politischen Lage angesichts des preußisch-tsterreichischen Konfliktes sber die bayerische Erbfolge, der einen Krieg zwischen den Großm|chten auszultsen drohte (vgl. zu 199,20; zu 199,21). Am 23. Mai traf die Gesellschaft, zu der auch der regierende Fsrst Leopold III. von Anhalt-Dessau hinzugestoßen war, wieder in Wtrlitz ein. Der Herzog und in seinem Gefolge Goethe blieben noch bis Ende des Monats in Wtrlitz, Dessau und Umgebung. Sie kehrten erst am 1. Juni nach Weimar zursck. – Wie u. a. aus der Anzeige in den „Berlinischen Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen“ vom 21. Mai 1778 hervorgeht (abgedruckt in BG 2, 76), gab sich Herzog Carl August in Berlin als sachsen-weimarischer Kammerherr von Ahlefeld aus, was der Reise den Charakter einer Geheimmission verlieh. Dies schl|gt sich auch in Goethes Briefen nieder (vgl. 209,24–27). Insgesamt haben sich aus dem Zeitraum vom 10. bis 30. Mai 1778 vier Briefe an Charlotte von Stein erhalten, die im Unterschied zu den sonst sblichen Reisebriefen Goethes wesentlich ksrzer ausfallen und in denen kaum Einzelheiten sber das Erlebte mitgeteilt werden. Gleichwohl lassen sie erkennen, wie sehr sich Goethe trotz aller Bewunderung fsr die Pracht der Konigstadt (209,15–16) von den R|nkespielen und Hanswurstiaden (210,2) der ,großen Welt‘ abgestoßen fshlte und wie beklemmend die Atmosph|re in Berlin, das sich im Ausnahmezustand der allgemeinen Mobilmachung befand, auf ihn gewirkt haben muss. Mehrfach wird aber auch der unsch|tzbare Werth betont, den dieses Abenteuer (210,7) sowohl fsr Goethe selbst wie fsr den Herzog hatte. ber die zahlreichen Begegnungen und das Besichtigungsprogramm in den preußischen Residenzen erf|hrt man dagegen aus den Briefen fast nichts, lediglich die parallel dazu entstandenen, allerdings ebenfalls knappen Tagebuchaufzeichnungen geben darsber Aufschluss (zur Reise insgesamt vgl. GT I 1, 63 f.). Eine Zusammenfassung seiner Berliner Eindrscke gibt Goethe rsckblickend im Brief an Merck vom 5. August 1778 (vgl. 221,12–25). – Zu den Einzelheiten der Berlin-Reise vgl. Detemple. Reise nach Berlin und Potsdam 10. Mai–1. Juni 1778 10. Mai
Weimar, Leipzig
11.–12. Mai
Leipzig
etwa 110 km
702
BRIEF 359
13. Mai
Leipzig, Wtrlitz
etwa 80 km
14. Mai
Wtrlitz, Treuenbrietzen
etwa 60 km
15. Mai
Treuenbrietzen, Potsdam, Berlin
etwa 80 km
16.–20. Mai
Berlin
20. Mai
Berlin, Schtnhausen, Tegel, Charlottenburg, Zehlendorf, Potsdam etwa 50 km
21.–22. Mai
Potsdam
23. Mai
Potsdam, Wittenberg, Coswig, Wtrlitz
24.–25. Mai
Wtrlitz
26. Mai
Wtrlitz, Dessau
etwa 16 km
27. Mai
Dessau, Aken (an der Elbe)
etwa 15 km
27. Mai (nachts) oder 28. Mai (frsh)
Aken, Dessau
etwa 15 km
28.–30. Mai
Dessau
31.? Mai
Dessau, Allstedt
etwa 105 km
1. Juni
Allstedt, Weimar
etwa 60 km
etwa 110 km
207,1 vor unserm Abschied aus Leipzig noch ein Wort] Wie die Formulierung vermuten l|sst, ging diesem Brief mtglicherweise ein frsherer voraus, der die Ankunft in Leipzig meldete und sber die hier ausgesparten Einzelheiten des zweit|gigen Aufenthalts Auskunft gab (vgl. aber zu 209,1). Die Reisegesellschaft war am 10. Mai Abends halb neun in Leipzig angekommen (GT I 1, 63). Laut Tagebuch hatte Goethe u. a. am 11. Mai seinen frsheren Zeichenlehrer und Berater in Fragen der bildenden Kunst Adam Friedrich Oeser, am 12. Mai Christian August Clodius sowie Johann Gottlieb Lange besucht und war in Auerbachs Hof gewesen (ebd.), bis zum Herbst 1767 das Quartier seines Leipziger Freundes Ernst Wolfgang Behrisch. An beiden Abenden ging er ins Komtdienhaus, dessen Ertffnung am 10. Oktober 1766 er miterlebt hatte (vgl. ebd. sowie GB 1 II, zu 67,28). 207,2 mit dem Fursten nach Dessau] Fsrst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau war am 11. Mai in Leipzig eingetroffen; der Vorschlag mit ihm zu gehn, war ein Kurzgefasster Entschluss, der offenbar erst an diesem Tag getroffen wurde (GT I 1, 63). – Den Fsrsten hatte Goethe im Dezember 1776 w|hrend seines Besuchs mit Herzog Carl August in Wtrlitz und Dessau perstnlich kennen gelernt und im Juni 1777 in Weimar erneut getroffen. Goethes Leip-
MAI 1778
703
ziger Freund Ernst Wolfgang Behrisch stand seit dem Herbst 1767 in anhalt-dessauischen Diensten (vgl. zu 148,12). 207,6–7 alles in Bewegung] Anspielung auf die Kriegsvorbereitungen, die in Leipzig wie im gesamten Kurfsrstentum Sachsen st|rker zu spsren waren als z. B. im Herzogtum Sachsen-Weimar, da auch die kurs|chsischen Truppen von der Mobilmachung betroffen waren. 207,7 Krieg und Friede immer zweifelhafft] Obwohl Friedrich II. seine Truppen schon im M|rz mobil gemacht hatte, wurden noch bis Juni Verhandlungen mit sterreich gefshrt, was den Ausbruch des Krieges bis Anfang Juli 1778 verztgerte. 207,7–8 Zeug zu ein Paar Westgen] Wahrscheinlich fsr die Sthne Charlotte von Steins. 207,8 Kuras] Ksrass: Schutzwehr, Rsstung; hier mit Bezug auf den Teil, der Brust und Rscken schstzte. 207,9 Herzogin, Waldner und Steinen] Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach, deren Hofdame Louise Adelaide Waldner von Freundstein und Josias von Stein. 207,9 Ihren Sternschlussel] Schlsssel zu den Brscken, sber die man zu Goethes Garten oberhalb des „Sterns“ gelangte (vgl. zu 189,1). 207,10 Philipp] Philipp Seidel. 207,10 Capitals] Kapitel; wahrscheinlich die bis zum damaligen Zeitpunkt fertiggestellten Teile von „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung“. Die Arbeit am ersten Buch hatte Goethe schon am 2. Januar 1778 beendet (vgl. zu 129,9). 207,12 Hotel de Baviere] In der Petersstraße gelegen (heute etwa das Grundstsck Petersstraße 25), bis 1768 unter dem Namen „Geißlers Hof“ bekannt. 1778 war das Hotel im Besitz von Johann Sebastian Msller. Es befand sich in einem großen viersttckigen Geb|ude, das sber mehrere S|le und B|der verfsgte. Mit mehr als 100 R|umen war es eine der grtßten Herbergen der Stadt. Goethes Formulierung bey Mullern angek. in Leipzig (GT I 1, 63) legt nahe, dass er den Wirt bereits kannte und wahrscheinlich schon bei frsheren Reisen dort logiert hatte. – Das Hotel, von 1887 an unter dem Namen „Hotel Central“ gefshrt, wurde 1912 abgerissen (nach freundlicher Auskunft von Marko Kuhn, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig). 207,12 adressiren sies dahin] Entgegen dieser Anksndigung fshrte der Rsckweg von Berlin und Dessau nicht wieder sber Leipzig (vgl. 210,18–20).
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360. An Charlotte von Stein
BRIEF 360
Wtrlitz, Æ14. Mai 1778æ ! Weimar
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) ist der vorliegende Brief unmittelbar nach dem vom 18. August 1779 (Nr 521) eingeordnet. Absendeort und Inhalt des Briefes sowie die bereinstimmungen mit dem Tagebuch belegen, dass er am 14. Mai 1778 geschrieben wurde (vgl. die Erl|uterungen zu 207,15). So wird er auch seit dem Erstdruck datiert. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 20. – Doppelblatt 16,9(–17,1)620 (–20,4) cm, Papier mit Bsttenrand, 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben; S. 3 Adresse: An Frau / Oberstallmeister v. Stein / nach / Weimar, rotes Siegel: Wappen (Flsgel sber Schild, umgeben von Blumen), Postvermerke; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „40b“; sber dem Brief auf dem Tr|gerblatt von fremder Hd, Bleistift: „Dieser und der folgende Brief gehtren in einen anderen Jahrgang“ (vgl. Datierung zum vorliegenden Brief und zu Nr 363). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 42), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 166 f. WA IV 3 (1888), 222 f., Nr 703. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 207,15 Wvrliz Donnerst.] Goethe, Herzog Carl August, Moritz von Wedel und Fsrst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau waren von Leipzig am 13. Mai Fruh 6 abgereist und Nachm 3. in Wtrlitz angekommen (GT I 1, 63). Sie folgten damit einer Einladung des Dessauer Fsrsten (vgl. zu 207,2). 207,15 gehn wir auf Berlin uber Pozdam] Laut Tagebuch reiste die Gesellschaft am 14. Mai 2 Uhr Mittags aus Wtrlitz ab (GT I 1, 63), kam an diesem Tag aber nur bis Treuenbrietzen etwa 80 km ssdwestlich von Berlin, wohin sie Goethes Leipziger Freund Ernst Wolfgang Behrisch, seit Herbst 1767 in den Diensten des Fsrsten von Anhalt-Dessau, begleitete (vgl. zu 148,12). 207,17–18 dem Fursten erlaubt haben einen Traum Æ:::æ zu schaffen] hnlich beschreibt Goethe seine Eindrscke vom blshenden Wtrlitzer Schlosspark im Tagebuch vom 13. Mai: Nachm 3. Nach Tische im Regen die Tour vom Parck im Regen. Wie das Voruberschweben eines leisen Traumbilds. (GT I 1, 63.) – Fsrst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau hatte, inspiriert durch Reisen nach England, Italien und Frankreich, etwa ab 1765 die Umgebung des sp|ter abgerissenen und 1769 bis 1773 durch einen Neubau er-
MAI 1778
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setzten barocken Wtrlitzer Jagdschlosses in einen englischen Landschaftspark umgestalten lassen, der in den folgenden Jahrzehnten durch Bauwerke und Anlagen vervollkommnet wurde. Sein engster Berater und Mitarbeiter war dabei Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff, der Baumeister des neuen klassizistischen Schlosses (vgl. zu 122,5). Goethe hatte den Park schon bei seinem ersten Besuch in Wtrlitz und Dessau vom 3. bis 18. Dezember 1776 gesehen, allerdings waren die damaligen Eindrscke angesichts der winterlichen Jahreszeit weniger stark, zumal die meiste Zeit der Jagd gewidmet worden war (vgl. zu 122,7–8). 207,20 Elisischen Felder] Griech./lat. Elysium: nach antiken Vorstellungen das Land der Seligen. „Dieser Aufenthalt der Frommen soll eine lustige Gegend seyn, wo es die schtnsten grsnen Wiesen und angenehmsten W|lder giebt; wo die Luft und das Licht viel heiterer, als sonst auf der Welt, sind Æ:::æ.“ (Hederich, 987.) 207,25 Pracht der kvniglichen St~dte] Potsdam und Berlin (vgl. jeweils die erste Erl|uterung zu 209,5 und zu 210,13). 207,26 Kriegsrustungen] Vgl. zu 199,20. 208,1–4 dem Ziele dramatischen Wesens Æ:::æ mit den Grosen spielen] Wohl auch im Hinblick auf die Situation der kleineren Reichsst|nde wie SachsenWeimar, die in der Konfrontation zwischen Preußen/Sachsen und sterreich zum Spielball der M|chtigeren zu werden drohten. – Aus anderer Perspektive, doch |hnlich lautend heißt es im „Egmont“: O was sind wir Großen auf der Woge der Menschheit? Wir glauben sie zu beherrschen, und sie treibt uns auf und nieder, hin und her. (1. Akt, 1. Monolog der Margarete von Parma; WA I 8, 184.) – Einige Wochen vor seiner Berlin-Reise, am 12. April 1778, hatte Goethe im Tagebuch vermerkt: Egmont war mir wieder in Sinn gekommen. (GT I 1, 62.) Dies war die erste Erw|hnung des Stsckes seit langer Zeit, wahrscheinlich steht sie im Zusammenhang mit den undatierten Eintragungen etwa vom 10. April: Unruhe des " ÆHerzogs Carl Augustæ. erwachend Kriegsgefuhl. A Tempo Brief des Fursten von Dessau. (Ebd.; vgl. EGW 3, 183, 188 f.) 208,4–5 nach Leipzig] Vgl. die zweite Erl|uterung zu 207,12. 208,5 Herzoginn, Stein, Waldn, Prinzen u. Knebeln] Herzogin Louise, Josias von Stein, die Hofdame Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Prinz Constantin und Carl Ludwig von Knebel. 208,6 des leztern wir oft erw~hnen] Knebel hatte von 1765 bis 1773 in preußischen Diensten gestanden, und zwar im Regiment des preußischen Thronfolgers Prinz Wilhelm in Potsdam. Er diente zun|chst als Junker, dann als F|hnrich, wurde jedoch nicht weiter beftrdert und nahm daher seinen Abschied. 208,6–7 nicht gesund w~re herzukommen] ,Gesund‘ hier im sbertragenen Sinn: bektmmlich, wohltuend, ftrderlich (vgl. GWb 4, 147); wohl in Anspielung auf die durch die Mobilmachung ausgeltste allgemeine Unruhe und Unsicherheit. Knebels fast achtj|hrige Dienstzeit fiel in eine der seltenen Friedensperioden
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BRIEF 361
nach Ende des Siebenj|hrigen Krieges, weshalb er niemals gezwungen war, an Kampfhandlungen teilzunehmen. 361. An Anna Louisa Karsch
Berlin, 18. ÆMai 1778æ ! Berlin
DAT I E RU N G
Monat und Jahr ergeben sich aus dem Bezugs- und Antwortbrief sowie aus dem Inhalt des Briefes. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. E: Der Autographen-Sammler. Eine monatlich erscheinende Katalogfolge des Hauses J. A. Stargardt. 3. Jg. Nr 11. 1. April 1939. Nr 425 der Gesamtfolge, S. 231, Nr 1087a. WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 50, Nr 703a (nach E). Textgrundlage: E. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen Brief Anna Louisa Karschs vom selben Tag (vgl. RA 1, 71, Nr 86; abgedruckt am Ende der einleitenden Erl|uterung). – Der Antwortbrief stammt vom 19. Mai 1778 (vgl. RA 1, 71, Nr 88; abgedruckt als Beilage zu Nr 363). Goethe hielt sich vom 15. bis 20. Mai 1778 in Berlin auf. Er begleitete Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, der im Vorfeld des Bayerischen Erbfolgekriegs zwischen dem preußischen Ktnig Friedrich II. und dem tsterreichischen Kaiser Joseph II. politische Gespr|che u. a. mit Prinz Heinrich von Preußen fshrte (vgl. weiter die einleitende Erl|uterung zu Nr 359; zu 209,3). Am 18. Mai kam es zu einem Treffen mit Anna Louisa Karsch. Dazu heißt es in Goethes Tagebuch: Visiten, Karschin, Elisium (GT I 1, 64). Anna Louisa Karsch berichtet sber Goethes Besuch ausfshrlich in ihrem Brief an Johann Wilhelm Ludwig Gleim vom 27. Mai 1778:
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Æ:::æ vors erste wolt ich Ihnen gern erz|hlen daß Gtthe hier war, Sie wißens aber schon, ich htrtte Sein Hiersein als Er vierundzwannzig stunden zu Berlin war, denn der bruder vom fsrsten von Deßau wohnt nicht / weitt vonn mir in Einem bekanntten Hause, ich ging Tages drauff inn daß Logis der fremmden Prinnzen, ich woltte dem Gtth sberfallen, Er war ausgeganngen, und ich schrieb am anndern Morgen wieder meine Gewohnheit im halbdrolligen Thon ann Ihm, Er kamm, laßen Sie sichs meine Tochtter sagen wie Er gekomen ist, unns gefiel Er gut, Co-
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dowiekyn auch, aber die anndern Herren sind gar nicht zufrieden mitt Ihm, Er machtte keinem Dichtter die Cour, ging nur bey Moses Mendelssohn bey Codowiek, bein Mahler Frisch, bey Seinem LanndsMan den Thonksnnstler Andr|, und bey mich, hatte Sonnttags schon kommen wollen, Andr| aber sagtte daß ich doch nicht zu finden w|re, schon inn der Kirche sein mtchtte, also bliebs, Er ist Eines Tages bey Einem Baron auffm Concert gewesen, und da hatt Ihm die gannze Versammlung sehr Stolz gefunden, weill Er nicht bskerling und Hanndkuß vertheiltte, man spricht daß Ihm der Kayser Baronisiren wird, und daß Er alsdann Eine Gemahlin auß noblen Hause bekomt, ich frug Ihn ob Er nicht / auch daß Vergnsgen kosten woltte Vatter zu sein? Er schiens nicht weitt vonn sich zu werffen, Er ist Ein großer Kinderfreund, und eben dieser Zug l|ßt mich hoffen daß Er auch Ein gutter Eheman werden wird, und sicherlich noch Ein rechtt gutter Mennsch ders einmahl bereuet was in Seinem Werken etwan annsttßig gewesen ist, vielleicht kommt Er bald mitt Seinem Herzog allein auff l|nngerre Zeit her, beim Abschied lies Er sich so was verlautten, ich gab Ihm Ein paar frische Rosen, und geschwind hub Er Einem Strohhalm vonn der Erd auff, band damitt die Rosen zusammen, und stektte Sie sich auff den Huth, Er liebt die freymsttigen offenherzigen Leutte, und mags gern haben wenn Er geliebt wird, daß gef|llt Ihm beßer als hohes Lob, wieder Ein merkmahl Eines gutarttigen Gemsths, Er scheint sbrigens zum Hypochonnder gebauet zu sein, ist kein Wunder, daß sind alle gutten Ktpfe Æ:::æ (Karsch-Gleim 2, 119 f.) 3 bruder vom fsrsten von Deßau] Prinz Johann Georg von Anhalt-Dessau, Bruder des Fsrsten Leopold III. von Anhalt-Dessau. Letzteren hatte die Weimarer Reisegesellschaft auf der Hinreise nach Berlin am 12. Mai in Leipzig getroffen und war mit ihm nach Wtrlitz gegangen (vgl. 207,1–2). Den Prinzen hatte Goethe am Abend des Ankunftstags in Berlin, am 15. Mai, besucht (vgl. GT I 1, 63). 4 daß Logis der fremmden Prinnzen] Gemeint ist offenbar nicht das „Hotel de Russie“ Unter den Linden, das bisher als Goethes Quartier in Berlin galt, sondern das Fsrstenhaus in der Alten Friedrichstraße auf dem Friedrichswerder. Dafsr spricht, dass Goethe unter dem 17. Mai 1778 in seinem Tagebuch angibt: Zu Andre Durch die Stadt (GT I 1, 63). Sein Frankfurter Freund Johann Andr arbeitete im Theater in der Behrenstraße als Theaterkomponist und Kapellmeister. H|tte Goethe in einem Hotel Unter den Linden gewohnt, w|re zur Behrenstraße nur ein Weg um die Ecke nttig gewesen, nicht aber ,durch die Stadt‘ (vgl. Detemple, 25 und 27). 5–6 ich schrieb Æ:::æ ann Ihm] Gemeint ist der Bezugsbrief zum vorliegenden Brief Goethes. 7–8 Codowiekyn] Der Kupferstecher Daniel Chodowiecki (vgl. sber ihn zu 103,21–22). Goethe besuchte ihn am 16. und 20. Mai (vgl. GT I 1, 63 und 64). 9 Moses Mendelssohn] Es wird berichtet, dass Men-
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Abb. 7: Anna Louisa Karsch an Goethe, 18. Mai 1778 (zu Nr 361), S. 1
Abb. 8: Anna Louisa Karsch an Goethe, 18. Mai 1778 (zu Nr 361), S. 2
Abb. 9: Anna Louisa Karsch an Goethe, 18. Mai 1778 (zu Nr 361), S. 3
Abb. 10: Anna Louisa Karsch an Goethe, 18. Mai 1778 (zu Nr 361), S. 4
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BRIEF 361
delssohn Goethe nicht empfangen habe, weil er gekr|nkt gewesen sei, von Goethe nicht frsher aufgesucht worden zu sein. Dies soll Ludwig Tieck von der Mendelssohnschen Familie erfahren haben (vgl. Johann Valentin Teichmann: Goethe in Berlin. Æ:::æ Berlin 1849, S. 6; BG 2, 80). 10 Mahler Frisch] Dem Radierer und Historienmaler Johann Christoph Frisch stattete Goethe am 17. Mai einen Besuch ab (vgl. GT I 1, 63). 10 Andr|] Der aus Offenbach a. M. stammende Komponist Johann Andr war seit 1777 Musikdirektor in Berlin. In Frankfurt hatte Goethe Andr zu ftrdern versucht (vgl. GB 2 II, zu 51,8–10). Mit ihm traf Goethe ebenfalls am 17. Mai zusammen (vgl. GT I 1, 63). 13 bey Einem Baron auffm Concert] In sein Tagebuch trug Goethe unter dem 19. Mai ein: N. T. Ænach Tischæ zu Zedtliz, Conzert (GT I 1, 64); gemeint ist Carl Abraham Freiherr von Zedlitz, preußischer Unterrichts- und Kultusminister. 15 der Kayser Baronisiren] Goethe wurde erst 1782 auf Betreiben Herzog Carl Augusts durch Kaiser Joseph II. nobilitiert. Auch die Tochter der Dichterin, Caroline Louise Hempel, schilderte Gleim in einem Brief vom 27. Mai 1778 die Eindrscke ihrer Begegnung mit Goethe (vgl. BG 2, 79 f.). Der Bezugsbrief Anna Louisa Karschs vom 18. Mai 1778 lautet:
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Schtn gutten Morgn Herr Doctor Gtth Euch hab ich gestern grsßen wollen S ist wieders WeiberEticet ich h|ts vonn Euch erwartten sollen Daß Ihr wie sichs gebshrt und ziemt mich auffgesucht und mich gegrsßet – Ihr aber seid gar welltbershmt S war mtglich daß Ihrs bleiben ließet Ihr seid des Herzogs Spiesgesell Habt mehr zu Thun und mehr zu schaffen als mitt Eurm Auge groß und hell Nach Einem altten Weib zu gaffen Drum sprang ich sbers Cermoniel Hinnweg mitt leichtten Muthes Lachen / Zog mir mein Sonnttagsrtckchen ann und ging Euch Einen Knix zu machen so Gutt als ich Ihn machen kann – umsonst hatt ich mich angezogen ich fand Euch leider nicht Ihr wart frsh Morgens ausgeflogen
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Zu M|nnern Theurer art ich wills nicht wieder wagen mein Geist Ein Fixes Ding soll gutten Morgen sagen Dir MusenK|mmerling Dir Secr|tair des Fsrsten Der auff dem Parnaß Sizt und wenn die Dichtter dsrsten mitt Waßer Sie besprszt / aus Einem Born der M|chttig und wunnderth|tig ist Er machts daß du so pr|chttig so stark imm Außdruk bist Daß dirs vomm Munnde fließet Wie Honig den im Wald Der Wanndersmann genießet Wenn Seine Kr|fftte bald erschtpft sind wie die meinen Jsnngst solt ich im Revier Des Pluto schon erscheinen Sein Schiffer winnktte mir ich ward Ihm noch entrißen (Wies Codowiekens Kunnst hatt nachzuzeichnen wißen) Durch des Apollo Gunnst / ich soltte dich noch sehen Geschieht es nicht bey mir Kanns beim Andr| geschehen Er ist Ein freund von dir Ein freund wies wenig giebet Daß glaube sicherlich Doch bey dem allen liebet Er dich nicht mehr als ich frsh Morgens den 18 May 78
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Karschin
(H: GMD, Sign.: NW 172/1957; vgl. Abb. 7–10 im Kommentarband, S. 708–711. – Ungedruckt [Incipit in: RA 1, 71, Nr 86]. – Eine im Text
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BRIEF 362
zum Teil abweichende „Abschrifft Æ:::æ von dem Billiet“ [Karsch-Gleim 2, 120] schickte Anna Louisa Karsch mit ihrem Brief vom 27. Mai 1778 an Johann Wilhelm Ludwig Gleim [H: Gleim-Haus Halberstadt, Hs. A 7829; Faksimile: Detemple, 72 f.; gedruckt in: Fr|nkel, Goethe-Stein2 3 (1962), 43 f.; KarschGleim 2, 120 f.].) 21 M|nnern Theurer art] Am 17. Mai besuchte Goethe laut Tagebuch den Komponisten Johann Andr, den Theologen und Philosophen Johann Joachim Spalding, den Maler Johann Christoph Frisch und den Prinzen Heinrich von Preußen (vgl. GT I 1, 63). 27 Parnaß] Parnassos: Berg bei Delphi, einer der Musensitze. Nach mythologischer Vorstellung wurde derjenige, der auf diesem Berg sbernachtete, zum Dichter. 39–40 im Revier / Des Pluto schon erscheinen] Pluto: Gott der Unterwelt. – Anna Louisa Karsch war, wie aus ihren Briefen an Johann Wilhelm Ludwig Gleim hervorgeht, im Frshjahr 1778 „sehr kr|nklich“ und „unzufriedener Stimmung“ (Karsch-Gleim 2, 422). 45 Apollo] Hier in seiner Eigenschaft als Heilgott. 48 Andr|] Johann Andr. Zum Abschied schrieb Anna Louisa Karsch am 19. Mai 1778 Goethe einen Gedichtbrief. Dieser sbersandte ihn mit seinem Brief vom 17. bis 24. Mai 1778 (Nr 363) an Charlotte von Stein (abgedruckt als Beilage zu Nr 363). 208,11 Elisium] Nach den Erl|uterungen im Erstdruck handelte es sich um ein „Vergnsgungslokal am ntrdlichen Rande der Hasenheide“. In Goethes Tagebuch ist unter dem 18. Mai 1778 vermerkt: Visiten, Karschin, Elisium (GT I 1, 64). 208,11 Mad. Hempel] Caroline Louise Hempel; sie nahm an Goethes Begegnung mit ihrer Mutter teil. 362. An Philipp Seidel BERLIEFERUNG
Dessau, 23. Mai 1778 ! ÆWeimaræ
H: The Pierpont Morgan Library, New York, Collection of the Heineman-Foundation. – 1 Bl. 19623 cm, 1/4 S. beschr., egh., Tinte; Papier oben und unten in der Mitte ausgerissen (jeweils etwa 0,564 cm), restauriert, geringfsgiger Buchstabenverlust (208,13). – Beischluss: wahrscheinlich Nr 363 (vgl. die zweite Erl|uterung zu 208,14). E: Goethes Briefe an Philipp Seidel. Mit einer Einleitung von CÆarlæ AÆugustæ HÆugoæ Burkhardt. 2. Aufl. Wien 1909, S. 53, Nr 31 (irrtsmliche Datierung: 23. Mai 1788). WA: Nicht gedruckt.
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Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Philipp Friedrich Seidel (1755–1820) war der Sohn eines Frankfurter Spenglers. Da der Vater frsh verstarb, musste Seidel selbst fsr sein Auskommen sorgen. Er unterrichtete trotz einfacher Schulbildung in angesehenen Familien Frankfurts, war zeitweise einer der Hauslehrer Cornelia Goethes und versah Schreiberdienste fsr Goethes Vater. Zum Abschluss ihrer Ausbildung schenkte Cornelia Goethe Seidel ein Petschaft mit der Aufschrift „La libert fait mon bonheur“, das er sein Leben lang benutzte. Schon in Frankfurt hatte Seidel fsr Goethe als Schreiber gearbeitet. Einige frshe Werke Goethes sind von seiner Hand sberliefert, darunter die erste Fassung der „Iphigenie“, „Stella“ und „Triumph der Empfindsamkeit“. Seit April 1775 fshrte Seidel Goethes Rechnungsbscher (vgl. GR/GB). Im Herbst 1775 begleitete er Goethe bei seinem Weggang aus dem Frankfurter Elternhaus zun|chst nach Heidelberg und dann nach Weimar, wo er bis Ende 1788 als Diener, Sekret|r und Hausgenosse Goethes dessen uneingeschr|nktes Vertrauen genoss. Goethe verließ sich auf Seidels Treue und Verantwortungsgefshl und betraute ihn mit vielf|ltigen Aufgaben. So ksmmerte sich Goethes „getreuer Schildknappe und Geheimschreiber“, wie Wieland ihn nannte (WB 5, 578), neben seiner Arbeit als Sekret|r um die Haushaltsfshrung. W|hrend Goethes h|ufigen Abwesenheiten von Weimar besaß er weitgehende Vollmachten und war Mittler auch in vertraulichen Angelegenheiten. Mit Goethes Mutter stand Seidel im Briefwechsel. Er berichtete sber das Leben in Weimar und sbernahm Auftr|ge fsr sie. Goethe zog ihn bei seinen amtlichen Gesch|ften als Gehilfen und Mitarbeiter heran. Außerdem nahm Seidel regen Anteil an den literarischen und wissenschaftlichen Arbeiten Goethes und versuchte sich auch selbst als Schriftsteller. In Christoph Martin Wielands Zeitschrift „Der Teutsche Merkur“ erschien sein Gedicht „Nachtlied“ ( Juni-Heft 1778, S. 203 f.). Seit 1786 arbeitete Seidel an einer historisch-systematischen Abhandlung sber das Geld- und Msnzwesen, dessen Manuskript sich im GSA Weimar erhalten hat (H: GSA 30/365). Neben Herzog Carl August war Seidel der Einzige, den Goethe bei seinem Aufbruch nach Italien im September 1786 in seine Reisepl|ne einweihte (vgl. Goethe an Seidel, 2. September 1786; GB 6 I, Nr 361 und 371). Bis zu Goethes Rsckkehr aus Italien fshrte er dessen Haus, ksmmerte sich um die laufenden Gesch|fte und Finanzen und hielt den Kontakt zu den verschiedenen Dienststellen am Hof sowie zu Freunden und Bekannten. Darsber hinaus war er der Bevollm|chtigte fsr die Werkausgabe „Goethe’s Schriften“, die im Verlag von Georg Joachim Gtschen in Leipzig erschien. Carl von Lyncker schrieb in seinen Erinnerungen: „Spaßhaft genug hatte ihm das Schicksal einen Bedienten, nur unter dem Namen Philipp bekannt, zugefshrt, der obgleich etwas kleiner dennoch fast eine gleiche Gestalt mit ihm hatte und seine Bewegungen so treu nachahmte, daß man oft versucht war, ihn von Weitem fsr
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Gtthe selbst zu halten.“ (Lyncker, 41.) ber das gemeinsame Leben in Weimar berichtete Seidel am 15. Oktober 1777 seinem Freund Johann Adam Wolf: Also ich will Dir lieber sagen, daß wir eine Ktchin, und ich nunmehr eine ordentliche Haushaltung zu dirigiren haben. Ich habe nur so viele Freude sber unsere Lebensart, gieb nur einmal acht, wie das weiter geht und, oder alle mein prophetisches Gefshl msßte mich betrsgen, ob wir nicht die Anherrn und Erbauer eines Dtrfgens, oder Vorstadt oder Burg wenigstens werden und man nicht nach ein paar Hundert Jahren sagen wird, da geht Goethes und seines Philipps Geist um, einander umschlungen fshrend. O daß ich meine Seele aushauchen ktnnte in Liebe zu diesem Manne und wsrdig w|re dem Gott zu danken, der mir so viele Seeligkeit bei / ihm zu kosten giebt. Wir haben das ganze Verh|ltniß wie Mann und Frau gegen einander. So lieb ich ihn, so er mich, so dien ich ihm, so viel Oberherrschaft |ußert er sber mich. (h: GSA 96/2698.) Seit November 1785 war Seidel zus|tzlich als Kammerkalkulator bei der herzoglichen Kammerkommission angestellt. Noch aus Italien empfahl Goethe ihn dem Herzog fsr die Stelle des Sekret|rs am Rentamt der herzoglichen Kammer (vgl. GB 7 I, 215,34–216,13; 238,25–28), die Seidel im Mai 1789 antrat, nachdem er am 5. Januar desselben Jahres Dorothea Carolina geb. Franke geheiratet und einen eigenen Hausstand gegrsndet hatte. Mit seiner Tschtigkeit brachte er es in den folgenden Jahren zu Ansehen und einem gewissen Wohlstand. 1795 erlangte er durch den Kauf eines Ackers das Weimarer Bsrgerrecht und baute sp|ter ein eigenes Haus auf dem Schweinsmarkt, dessen Baupl|ne er mit Goethe ertrterte. Nach Goethes Rsckkehr aus Italien, insbesondere nach der Verbindung mit Christiane Vulpius, lockerte sich das enge Verh|ltnis zu seinem Sekret|r. Auch wenn Seidel nach dem Weggang aus Goethes Haus zun|chst noch mit seinem ehemaligen Dienstherrn in Verbindung blieb und weiterhin Auftr|ge fsr ihn erledigte, trat doch eine spsrbare Entfremdung ein, die seit der Jahrhundertwende zunahm. Fsr die Zeit nach 1800 sind keine Briefe Goethes an Seidel sberliefert, auch im Tagebuch wird der ehemalige Hausgenosse und Sekret|r, der nachmals viele Jahre an einer psychischen Krankheit litt, bis zu seinem Tod im Jenaer ,Irrenhaus‘ am 19. November 1820 kaum noch erw|hnt. – Zur Biographie Seidels vgl. Walter Schleif: Goethes Diener. Berlin und Weimar 1965, S. 25–89. Der vorliegende Brief ist der erste von insgesamt 44 sberlieferten Briefen Goethes an seinen Diener und Sekret|r. Acht Briefe stammen aus der Zeit vor Goethes Reise nach Italien, als das Verh|ltnis zum Adressaten besonders eng war. Sie sind meist w|hrend einer Abwesenheit Goethes von Weimar geschrieben worden und enthalten Auftr|ge an Seidel. Von August 1786 bis zum Ende der
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italienischen Reise sind vier Briefe aus Karlsbad, die mit der Vorbereitung der Reise in Zusammenhang stehen, sowie 27 Briefe aus Italien sberliefert. Aus der Zeit von 1788 bis zu Seidels Tod sind nur noch fsnf Briefe erhalten, der letzte aus dem Jahr 1797. Fsr zwei Briefe, die bisher als an Seidel adressiert galten, wurden die Adressaten korrigiert (vgl. Nr 561; GB Rep, WA-Nr 00262). – Von Philipp Seidel sind sieben Briefe an Goethe aus den Jahren 1789 bis 1799 sberliefert sowie ein Brief an Christian Gottlob Voigt aus dem Jahr 1793 (RA 1, 288 f., Nr 650), in dem Seidel sber einen fsr Goethe erledigten Auftrag berichtet. 208,13 Zu Ende der WochÆeæ Æ:::æ zu seyn] Goethe war am 10. Mai 1778 mit Herzog Carl August und dem Kammerherrn Moritz von Wedel zu einer Reise aufgebrochen, die sber Leipzig, Dessau und Wtrlitz nach Potsdam und Berlin fshrte (zum Anlass und Verlauf der Reise vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 359). Am 23. Mai war die Gesellschaft, zu der auch der regierende Fsrst Leopold III. von Anhalt-Dessau hinzugestoßen war, nach Wtrlitz zursckgekehrt. In Wtrlitz, Dessau und Umgebung blieb die Reisegellschaft noch bis Ende des Monats. Goethe traf also nicht wie angeksndigt am Ende der n|chsten Woche, sondern erst am darauffolgenden Montag, dem 1. Juni, wieder in Weimar ein (vgl. GT I 1, 64). 208,14 alles] Zu Goethes Haushalt im Gartenhaus am Stern, das er seit dem Mai 1776 bewohnte, gehtrten 1778 neben Seidel noch der Hausdiener Christoph Erhard Sutor, der Laufbursche Georg Paul Gttze, dessen Mutter Dorothea als Haush|lterin und die Ktchin Dorothee Wagenknecht. Seit August 1777 wohnte auch Goethes Ztgling Peter im Baumgarten zeitweise im Haus. Seidel fshrte die Aufsicht sber alle Hausangestellten und war fsr die Ein- und Ausgaben sowie die Bezahlung des Personals zust|ndig. 208,14 inliegendes] Wahrscheinlich lag Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 17. bis 24 Mai 1778 (Nr 363) bei. Offenbar hatte Goethe den in Berlin und Potsdam begonnenen Brief, in dem er sich freimstig sber Friedrich II. und das Leben in den preußischen Residenzen |ußerte, erst aus der Hand geben wollen, nachdem er das preußische Territorium wieder verlassen hatte. Der letzte Teil des Briefes ist datiert: Dessau Sonntag d‘. 24. (210,15) und beginnt mit folgender Bemerkung: Endlich kann ich Ihnen die Zettelgen schicken (210,15–16). Es ist naheliegend, anzunehmen, dass Goethe seinen Vertrauten Seidel mit der Zustellung dieser Sendung beauftragte, die vermutlich zusammen mit dem fsr Seidel bestimmten Brief per herzoglicher Stafette nach Weimar beftrdert wurde. 208,14 Jentsch] Gemeint ist der seit 1777 aus Altersgrsnden pensionierte Hofg|rtner in Belvedere Johann Ernst Gentzsch oder Jentsch, bei Goethe auch unter dem Namen Rentsch erw|hnt. Ihm war Goethe am 1. Mai, einige Tage vor Antritt seiner Reise, auf der Floßbrscke in der N|he seines Gartenhauses begegnet:
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Auf der Brucke Rentsch klagend. (GT I 1, 63.) Um Goethes vermeintliche Beteiligung an der Pensionierung des Hofg|rtners hatte es im Sommer 1777 Gerschte gegeben (vgl. GT I 1, 44; GT I 2, 432, zu 44,15–16). Die Begegnung auf der Brscke ktnnte fsr Goethe der Anlass gewesen sein, den alten G|rtner aus Gef|lligkeit fsr die Zeit seiner bevorstehenden Abwesenheit mit der Aufsicht sber seinen Garten zu beauftragen. 208,15 im Garten] Goethes Garten am „Stern“ (vgl. zu 62,4). 363. An Charlotte von Stein Berlin, Potsdam, Dessau, 17.–24. ÆMai 1778æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) ist der vorliegende Brief in den August 1779 eingeordnet. Absendeort und Inhalt des Briefes sowie die bereinstimmungen mit dem Tagebuch belegen, dass er vom 17. bis 24. Mai 1778 geschrieben wurde (vgl. zu 209,1; zu 209,3). So wird er auch seit dem Erstdruck datiert. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 21. – Doppelblatt 18,5622,4 cm, 2 1/2 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben (209,22–210,10); S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „41“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 43), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Wahrscheinlich Beischluss zu Nr 362 (vgl. die zweite Erl|uterung zu 208,14). E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 167–170. WA IV 3 (1888), 224–226, Nr 704. BEI L AG E
Gedichtbrief Anna Louisa Karschs fsr Goethe vom 19. Mai 1778 (vgl. zu 210,18): wann seh ich nun dein antliz wieder inn dieser ktniglichen Stadt Du deßen Geist so wenig Brsder Ihm gleichgeschaffen hatt? 5
noch kann ich nicht ganz ruhig werden vom unmuth der mich sbernahm Der altte Mann der mitt zwoo Pferden mich gestern hohlen kam
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ist sonst der beste Mann auff Erden giebt keiner Menschenseele Gram sieht Seinem Weibe durch die finger hatt friede mitt der gannzen wellt und kr|nnkt sich sber nichts als daß Er sich nicht Jsnger zu machen weiß wenn Ihm ein M|dchen wolgef|lt – nie wust ich sber Ihn Zu klagen Zum erstenmahl Verdroß michs gestern nur Daß Er gutherzig mitt den wagen Vor meine Thsre fuhr Denn da mußt ich Von deiner Seitte mitt diesen Manne nach der uhr und ha daß |rgert mich noch hestte Denn Er mitt Seinem Tulpenflor Er konntte mir die freude nicht Vergstten Die ich Durch Ihn Verlohr Die gannze Monarchie der blsthen Der Erste schmausertisch Berlins sind mitt dem Glsk nicht zu Vergleichen dich zu genießen wie die reichen und Geizigen Ihr gold – laß mich diß Glsk erreichen noch einmahl, ich Verdiens – Du solst, Du must mir nicht entweichen mitt deinem Herzog gutt und fein bis wir zusamm brodt gebrochen und Du bey wenig Mittelwein mitt Einem wortte mir Versprochen mein außerlesner freund zu sein daß bist Du schon bey Deinen Ehren ich aber mtchts so gern recht laut von Deinen lippen htren wie ohngef|hr am Altar Eine braut die keinen Zweiffel hegt ann des Geliebtten Treue gern die Versichrung htren mag daß Er sich Ihrem Herzen weye bis auff den leztten matten schlag Des pulses der annizt vor lieb und wonne bebet – diß Gleichniß ist Ein wenig kshn – so wahr als deine Seele lebet und deinen ruhm Dir keine Zeitt Enntziehn
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und mindern kann bis Erd und Himmel schwinnden so wahr wust ich mitt meinem Sinn Geschwind kein schiklichers zu finnden weill ich Verliebt inn deine Seele binn den 19 May 78
A. L. Karschin
(H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: 9918. – Vgl. RA 1, 71, Nr 88, ferner BG 2, 77–79.) 1 wann seh ich nun dein antliz wieder] Die Begegnung zwischen Goethe und der Dichterin in Berlin im Mai 1778 blieb die einzige. 7 Der altte Mann] Vermutlich der mit Anna Louisa Karsch befreundete frshere preußische Offizier Karl Friedrich von Bredow. – Dass Goethes Besuch durch dessen Erscheinen beendet wurde, erw|hnt Anna Louisa Karsch in ihrer Schilderung im Brief an Gleim vom 27. Mai 1778 (abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 361) nicht. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 209,1 Berlin Sontag d‘. 17. Abends.] Am 15. Mai waren Goethe und die herzogliche Reisegesellschaft von Treuenbrietzen sber Potsdam nach Berlin gereist, wo sie um 21 Uhr ankamen (vgl. GT I 1, 63). Goethe war also bereits zwei volle Tage in der Stadt, bevor er das erste Mal an Charlotte von Stein schrieb. – Die sp|tere Erg|nzung des Absendeorts – mtglicherweise erst kurz vor der Absendung des vorliegenden Briefes in Dessau – verweist auf die Vorsicht, die Goethe bei der Niederschrift seiner privaten Mitteilungen aus der preußischen Residenz walten ließ (vgl. zu 210,15–16). 209,1–2 In einer ganz andern Lage Æ:::æ vom Brocken schrieb] Im Unterschied zu dem Trubel der großen Stadt, in dem sich Goethe w|hrend seines Berliner Aufenthaltes befand, war er im Dezember 1777 ganz allein und inkognito in den Harz gereist, wo er die Einsamkeit der winterlichen Berge und die damit verbundenen physischen Herausforderungen suchte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 309). – Ganz |hnlich betont Goethe auch im Rsckblick auf den BerlinAufenthalt im Brief an Merck vom 5. August 1778 den Kontrast zur Harz-Reise (vgl. 221,12). 209,3 an des Prinzen Heinrichs Tafel] Die Einladung zur Mittagstafel in das Palais des Prinzen Heinrich von Preußen Unter den Linden (heute Hauptgeb|ude der Humboldt-Universit|t) ist auch durch einen Eintrag im Tagebuch Goethes vom 17. Mai belegt (vgl. GT I 1, 63). Prinz Heinrich, ein jsngerer Bruder Friedrichs II., der als General im Siebenj|hrigen Krieg entscheidende Siege fsr
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Preußen errungen hatte, war Befehlshaber der zweitst|rksten preußischen Armee. Im Unterschied zum Ktnig setzte er zur Beilegung des preußisch-tsterreichischen Konfliktes sber die bayerische Erbfolge auf Verhandlungen. Auch tffentlich muss er sich gegen die Kriegsvorbereitungen ausgesprochen haben, wie u. a. eine Bemerkung im Brief Anna Louisa Karschs an Johann Wilhelm Ludwig Gleim vom 27. Mai 1778 nahelegt: „Æ:::æ ich lies neulich auch wieder in Einer freudensbereilung Ein Lied druken weil alles vomm friedebleiben sprach, und so gar Prinz Heinrich in Einer Geselschafft sichs verlautten lies“ (Karsch-Gleim 2, 122). Schließlich gab Heinrich dem Druck seines Bruders nach und setzte am 2. Juli 1778 seine Truppen von Berlin aus in Bewegung. Mit einer Armee von 85 000 Mann marschierte er Ende Juli in Bthmen ein. – ber Goethes Auftreten an der Mittagstafel des Prinzen Heinrich hat sich ein Bericht des preußischen Kammerherrn Ernst Ahasverus Heinrich Graf von Lehndorff erhalten: „Im Verlauf des Monats Mai trifft der Herzog von Weimar inkognito unter dem Namen eines Barons v. Altenstein hier ein Æ:::æ. Ich diniere mit ihm zusammen bei dem Prinzen Heinrich und dem Prinzen Ferdinand. Æ:::æ Mit ihm ist der bershmte Verfasser des ,Werther‘ und des ,Gttz von Berlichingen‘, Herr Gtthe, den der Herzog zum Geheimen Rat gemacht hat. Dieser beherrscht ihn jetzt, nachdem er den frshern Hofmeister, den Grafen Goertz, der eben jetzt in unsere Dienste getreten ist, verdr|ngt hat. Dieser Herr Gtthe ist bei der Tafel mein Nachbar. Ich tue mein Mtglichstes, um ihn zum Sprechen zu bringen, aber er ist sehr lakonisch. Er dsnkt sich augenscheinlich zu sehr Grandseigneur, um noch als Dichter zu gelten. Das ist im allgemeinen der Fehler der Deutschen von Bildung, daß sie, sobald sie die Stellung eines Vertrauten erlangen, unertr|glich hochmstig werden. / Prinz Heinrich fragt Herrn Gtthe, ob sich in den Archiven von Weimar nicht Briefe von dem bershmten Bernhard von Weimar f|nden. Der junge Herzog behauptet, daß es solche gebe, dieser große Gelehrte weiß davon aber nichts. Das macht auf mich einen recht schlechten Eindruck. Æ:::æ / Auch der treffliche Fsrst von Dessau ist da.“ (BG 2, 77.) – Nach den „Berlinischen Nachrichten“ reiste Carl August als Kammerherr von Ahlefeld (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 359). 209,4 wunderbarer Zustand] ,Wunderbar‘ hier fsr ,seltsam‘ (vgl. Adelung 4, 1622). 209,5 die Stadt] Berlin hatte 1777/78 zwischen etwa 110 000 und 140 000 Einwohner, abh|ngig davon, ob die Garnison anwesend war oder nicht. Im Vergleich dazu lebten in der Residenzstadt Weimar um 1775 etwa 6000 Menschen, im gesamten Herzogtum Sachsen-Weimar und Eisenach rund 100 000 (vgl. Jens Riederer: Weimars Grtße – statistisch. Eine quellenkritische Untersuchung zur Zahl seiner Einwohner zwischen 1640 und 1840. In: Weimar-Jena. Die große Stadt 3 [2010]. H. 2, S. 98). Geographisch bestand Berlin noch immer aus mehreren St|dten (vgl. Carl Ludwig Oesfeld: Grundriss der Ktniglichen Residenzst|dte / Berlin / 1778. [Kupferstich]). Der durch die Spree getrennte historische
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Stadtkern aus Berlin und Ctlln war 1709 mit Friedrichswerder, der Dorotheenstadt und der Friedrichstadt zur „Ktniglichen Haupt- und Residenzstadt Berlin“ vereinigt worden. 1778 gehtrten außerdem die Spandauer-, die Stralauer-, die Ktpenicker- und die Ktnigsvorstadt zum Berliner Stadtgebiet. – Ihr Quartier nahm die herzogliche Reisegesellschaft wahrscheinlich im „Fsrsten-Haus“ auf dem Friedrichswerder (heute Berlin Mitte) in der Alten Friedrichsstraße (vgl. Anna Louisa Karsch an Johann Wilhelm Ludwig Gleim, 27. Mai 1778; abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 361). Dem Tagebuch zufolge waren der 16. und 17. Mai mit Besichtigungen und Besuchen angefsllt, die Goethe quer durch die Stadt fshrten (vgl. GT I 1, 63). 209,5 mancherley Menschen] Im vorliegenden Brief wird nur Prinz Heinrich von Preußen namentlich erw|hnt. Aufschluss sber die zahlreichen Begegnungen Goethes in Berlin gibt das Tagebuch (zum Folgenden vgl. GT I 1, 63 f.). Noch am Abend des Ankunftstages hatten sich Goethe und die herzogliche Gesellschaft zum Prinzen Johann (Hans) Georg von Anhalt-Dessau begeben, bei dem sie auch am folgenden Tag mittags zu Gast waren. Der Prinz, ein Bruder des regierenden Fsrsten, diente als Obrist im 8. Preußischen Infanterieregiment in Stettin und war infolge der Mobilmachung nach Berlin beordert worden, konnte also aus erster Hand und im kleinen Kreis Auskunft sber den Stand der Kriegsvorbereitungen geben. – Am Nachmittag des 16. Mai besuchte Goethe den Portr|tmaler Anton Graff, seit 1767 kurfsrstlich s|chsischer Hofmaler in Dresden, der durch die Vermittlung seines Schwiegervaters Johann Georg Sulzer Auftr|ge auch in Berlin ausfshrte. Wenn er in der preußischen Hauptstadt war, wohnte Graff bei seinem Schwiegervater in der Heiligen Geist Straße (heute Berlin Mitte), in der Wohnung der Professoren der Ritterakademie, die ganz in der N|he lag (Burgstraße). Goethe war sp|testens bei seinem ersten Zsrcher Aufenthalt im Juni und Juli 1775 auf den gebsrtigen Schweizer aufmerksam geworden. Ein Portr|t Goethes von Graff ist allerdings nicht sberliefert. Auch den mit Graff befreundeten Kupferstecher Daniel Chodowiecki suchte Goethe an diesem Nachmittag auf sowie ein zweites Mal am 20. Mai gemeinsam mit Herzog Carl August vor ihrer Abreise nach Potsdam. Chodowiecki, damals der namhafteste Illustrator literarischer Werke, war Goethe durch die Mitarbeit an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ bekannt (vgl. zu 103,21–22). ber die Illustration Chodowieckis zu Nicolais 1775 erschienener Parodie „Freuden des jungen Werthers“ schreibt Goethe im 13. Buch von „Dichtung und Wahrheit“: Die hvchst zarte Vignette von Chodowiecki machte mir viel Vergnugen; wie ich denn diesen Kunstler uber die Maßen verehrte. (AA DuW 1, 486.) Im September 1776 hatte Goethe die mit dem Ksnstler befreundete Anna Louisa Karsch sogar gebeten, ihm zu schicken, was so von alten Abdrucken heruml|ge und ihm etwa eine Zeichnung zu stehlen (103,22–24; zum Besuch Goethes bei Chodowiecki vgl. Caroline Hempel an Gleim, 27. Mai 1778; Detemple, 40). – Wahrscheinlich im Anschluss
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an den Besuch bei Anton Graff traf Goethe den Historiker und Theologen Jacob Daniel Wegelin, einen gebsrtigen Schweizer, durch Sulzers Vermittlung seit 1765 Professor fsr Geschichte an der Ritterakademie in Berlin und Mitglied der Ktniglichen Akademie der Wissenschaften und zugleich deren Archivar. – Am Morgen des 17. Mai besuchte Goethe seinen vermutlich einzigen perstnlichen Bekannten in Berlin, den Seidenfabrikanten, Musikverleger und Komponisten Johann Andr, der Goethes Stsck „Erwin und Elmire“ vertont hatte und 1775 zum Kreis der Offenbacher Freunde und Verwandten von Goethes inoffizieller Verlobten Anna Elisabeth (Lili) Schtnemann gehtrte (vgl. GB 2 II, zu 51,8–10; zu 170,3). Seit 1777 war Andr Theaterkomponist und -kapellmeister am Dtbbelinschen Theater. – Am selben Vormittag htrte Goethe in der Nicolai-Kirche (zwischen Spandauer Straße, Spree und Mshlendamm, heute Berlin Mitte) den damals fsr seine Predigten bershmten Propst Johann Joachim Spalding und traf mtglicherweise den Historienmaler Christian Bernhard Rode. Danach fshrte ihn sein Weg in die Heydereuthergasse in der Spandauer Vorstadt zum Hofmaler Johann Christoph Frisch, der eine umfangreiche Kunstsammlung besaß. Am 18. Mai besuchte Goethe Anna Louisa Karsch (vgl. Nr 361), am 19. Mai Carl Abraham von Zedlitz, den preußischen Justiz- und Kultusminister, Reformer des Schulwesens unter Friedrich II., sowie einen Prinzen von Wsrttemberg (vgl. zu 210,3). 209,6 Gewerb und Wesen] Laut Tagebuch besichtigte Goethe am 16. Mai die Ktnigliche Porzellan-Manufaktur in der Leipziger Straße, deren Produkte der Verleger Christian Friedrich Himburg als ,Ausgleich‘ fsr die Raubdrucke der Goetheschen „Schriften“ anbot (vgl. zu 278,11). Außerdem besuchte Goethe die Ktnigliche Hofoper (heute Staatsoper) Unter den Linden, mit 3400 Pl|tzen damals das grtßte Opernhaus Europas, und die hinter der Oper gelegene katholische Sankt-Hedwigs-Kirche, die zwischen 1747 und 1773 im Auftrag des preußischen Ktnigs fsr die Berliner Katholiken errichtet worden war und seit 1778 erweitert wurde. – Am Abend sah Goethe im Theater von Carl Theophil Dtbbelin in der Behrenstraße eine Auffshrung des Lustspiels „Die Nebenbuhler“, nach der englischen Vorlage „The Rivals“ von Richard Brinsley Sheridan, mit anschließendem Ballett (vgl. Detemple, 46). Den Abend des folgenden Tages verbrachte Goethe laut Tagebuch zu Hause, und zwar nachdem er Nacht. ÆNach Tischæ im Tiergarten gewesen war (GT I 1, 63), einem in der Verl|ngerung der Allee Unter den Linden gelegenen so genannten Lustpark, entstanden aus einem ehemaligen Jagdrevier und seit 1742 im Auftrag Friedrichs II. von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff im barocken Stil umgestaltet mit geometrisch angeordneten Blumenbeeten, Rabatten und Spalieren, Wasserbecken, Zierteichen, Skulpturen und kleinen mit Hecken eingefassten Pl|tzen. – Am 18. Mai besuchte Goethe wahrscheinlich einen Ball, zu dem er ursprsnglich auch Anna Louisa Karsch und deren Tochter Caroline Luise Hempel eingeladen hatte (vgl. die erste Erl|uterung zu 208,11; GT I 1, 64). Der Name Wegeli (ebd.) im Tagebuch scheint darauf
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zu verweisen, dass er außerdem die Wollmanufaktur Johann Georg Wegely und Sthne an der Fischerbrscke besichtigt hat (vgl. Detemple, 69 und 78). 209,10 wie eine Stadt mit geringen Mauern.,] In Anlehnung an die Sprsche Salomos 25,28: „Ein mann, der seinen geist nicht halten kan, ist wie eine offene stadt ohne mauren.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 545.) – Punkt vor Komma offensichtlich versehentlich gesetzt. 209,12–13 zu befestigen Æ:::æ gegen die leichten Truppen] Im Brief an Merck vom 5. August 1778 ressmiert Goethe, er habe in Preusischen Staaten kein laut Wort hervorgebracht das sie nicht kvnnten drucken lassen (221,23–24). Seine Zursckhaltung in der Berliner Gesellschaft wurde ihm in sp|teren Berichten der Zeitgenossen als Stolz und Dsnkelhaftigkeit ausgelegt (vgl. zu 209,3). 209,14 an der Quelle des Kriegs] Vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 359. 209,18–19 Menschen Pfere Wagen Æ:::æ von allem] Goethe sah Berlin im Zustand der allgemeinen Mobilmachung, was den Kontrast zu seiner gewthnlichen Umgebung noch versch|rft haben dsrfte. – ,Pfere‘ versehentlich fsr ,Pferde‘. 209,20–21 von dem grosen Uhrwerck Æ:::æ von der Bewegung der Puppen] hnlich beschreibt Goethe seine Eindrscke im Brief an Johann Heinrich Merck vom 5. August 1778: ich guckte nur drein wie das Kind in Schone rarit~ten Kasten (221,13–14); vgl. insgesamt das Ressmee seines Berlin-Besuches (221,12–25). 209,22 die grose alte Walze FR gezeichnet] FR: Ligatur aus den Initialen ,F‘ und ,R‘ fsr ,Fridericus Rex‘ (lat.: Ktnig Friedrich), Friedrich II. (den Großen) von Preußen. – Anspielung auf die Macht des Ktnigs, die auch im Fall Friedrichs II., der den Zeitgenossen als Muster und Ideal des aufgekl|rten absolutistischen Monarchen galt, unbegrenzt war. Die Initialen wurden wie schon der Absendeort Berlin (209,1) zu Beginn erst sp|ter erg|nzt, was auf Goethes Vorsicht bei der Abfassung seiner Briefe auf preußischem Gebiet schließen l|sst (vgl. zu 210,15–16). – Perstnlich begegnete Goethe Friedrich II. nicht. Dieser hielt sich seit April im Hauptquartier der Schlesischen Armee in Schtnewalde (heute Budzw, Polen) auf. 209,24–25 Ihnen alles erz~hlen wenn ich nur durfte] Vor allem wohl mit Bezug auf die Kriegsvorbereitungen, die Goethe als Begleiter des Herzogs Carl August aus n|chster N|he beobachten konnte (zur Geheimhaltung der Reise vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 359). Laut Tagebuch besuchte er am Vormittag des 18. Mai das Arsenal (GT I 1, 63), das in einem prunkvoll-monumentalen Barockgeb|ude Unter den Linden untergebrachte Zeughaus (heute Deutsches Historisches Museum). In zwei großen, jeweils durch das gesamte Geb|ude gehenden S|len beherbergte es das umfangreichste Waffenlager der preußischen Armee. Am folgenden Tag war Goethe bei einem Maneuvre (ebd., 64) zugegen, mtglicherweise auf dem Exerzierplatz im Nordosten des Tiergartens oder ssdlich der Stadt auf dem Tempelhofer Feld (vgl. Detemple, 79).
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209,25–26 die eisernen Reifen Æ:::æ mein Herz eingefasst wird] Erinnert an das ,eiserne Band‘ um das Herz des treuen Heinrich im Volksm|rchen vom „Froschktnig“; in der Fassung der Brsder Grimm, die auf |ltere, mtglicherweise auch Goethe bekannte berlieferungen zursckgeht, lauten die Verse: „Heinrich, der Wagen bricht!“ „Nein Herr, der Wagen nicht, es ist ein Band von meinem Herzen, das da lag in großen Schmerzen, als ihr in dem Brunnen saßt, als ihr eine Fretsche (Frosch) was’t (wart).“ (Kinder- und Haus-M|rchen. Gesammelt durch die Brsder Grimm. Berlin 1812, S. 5.) 209,28 Allegorie] Hier im Sinne von ,versteckter, geheimer Sinn‘ (vgl. GWb 1, 352). 210,3 das Wesen der Grosen Mittlern und Kleinen] Mit Bezug auf die verschiedenen Begegnungen der vergangenen Tage, z. B. an der Tafel des Prinzen Heinrich von Preußen (vgl. auch 221,18–21). – Dass damit auch auf den im Tagebuch vom 19. Mai erw|hnten Pr v. Wurtenberg (GT I 1, 64) angespielt wird, ist nicht ganz auszuschließen. Bisher wurde angenommen, Goethes Erw|hnung beziehe sich auf ein Zusammentreffen mit dem Prinzen Friedrich Eugen, dem sp|teren Herzog von Wsrttemberg, der jedoch als preußischer General bereits 1769 seinen Abschied genommen hatte und seither als Privatmann in Wsrttemberg lebte. Doch standen 1778 seine drei |ltesten Sthne als Offiziere in preußischen Diensten. Jeder von ihnen ktnnte demnach gemeint sein, da sich wegen der Mobilmachung Offiziere aus allen Regimentern in Berlin befanden. Der |lteste Sohn, Prinz Friedrich Wilhelm, damals 24-j|hrig, war 1778 bereits Kommandeur eines preußischen Ksrassierregiments, mit dem er am Bayerischen Erbfolgekrieg teilnahm. Er galt als machtbewusst und skrupellos und stieg in der preußischen Armee bis zum Generalmajor auf; als Friedrich I. wurde er 1816 erster Ktnig von Wsrttemberg. – Der damals 22-j|hrige Ludwig Friedrich Alexander war seit 1775 Oberstleutnant in preußischen Diensten und seit April 1778 Kommandeur im Infanterieregiment Moellendorf. – Der 20-j|hrige Eugen Friedrich Heinrich, gleichfalls frsh in preußische Dienste eingetreten, diente in einem Husaren-Regiment, das im schlesischen Oels stationiert war. – Zu Friedrich Eugen von Wsrttemberg und dessen Familie bestand außerdem auch eine weitl|ufige perstnliche Verbindung Goethes. Sein Schwager Johann Georg Schlosser war von 1766 bis 1769 in Treptow an der Rega, dem Regimentsstandort des Prinzen Friedrich Eugen, als dessen Sekret|r und Prinzenerzieher angestellt (vgl. GB 1 II, zu 49,26–27).
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BRIEF 364
210,8–10 Ich bete die Gvtter an Æ:::æ wie ihr bild die Menschen.] Inhaltlich wie auch im sprachlichen Gestus in Anklang an Goethes zwischen 1773 und Anfang 1775 entstandene Ode „Prometheus“, die 1778 noch ungedruckt war. Charlotte von Stein kannte sie aus einer fsr sie bestimmten handschriftlichen Gedichtsammlung, die Goethe nach |lteren Vorlagen vermutlich 1777/78 fsr sie angelegt hatte (vgl. die zweite Erl|uterung zu 188,4). 210,11 Potsdam d‘. 21.] Am 21. Mai traf auch der Fsrst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau in Potsdam wieder mit der Weimarer Gesellschaft zusammen (vgl. GT I 1, 64). 210,12 Gestern Abend Æ:::æ angekommen.] Goethe und Herzog Carl August waren laut Tagebuch am 20. Mai von Berlin sber Schtnhausen, Tegel, Charlottenburg und Zehlendorf nach Potsdam geritten oder gefahren, wo sie Nachts 11 ankamen (GT I 1, 64). 210,13 noch umsehen] Schon auf dem Hinweg hatte die Gesellschaft am 14. Mai in Potsdam Station gemacht und das Exerzierhaus, den so genannten „Langen Stall“, das Milit|r-Waisenhaus, den Marstall sowie Schloss und Park Sanssouci besichtigt (vgl. GT I 1, 63). Am Nachmittag des 21. Mai besuchten Goethe und seine Begleiter die Bildergalerie im Park von Sanssouci mit Nachbildungen antiker Plastiken, Gem|lden von Rubens und Rembrandt, Correggio, van Dyck u. a. Am 22. Mai machten sie einen Ausflug zum Jagdschloss Stern bei Potsdam, besuchten das so genannte Alte Schloss, das Potsdamer Stadtschloss sowie die Garnisonskirche. Außerdem waren sie in Potsdam bei einer Parade zugegen und besichtigten die Gewehrfabrik (ebd., 64). 210,13 morgen weiter] Entgegen dieser Anksndigung reiste die Gesellschaft erst am Morgen des 23. Mai sber Wittenberg und Coswig nach Wtrlitz weiter. 210,15 Dessau Sonntag d‘. 24.] Laut Tagebuch war die Gesellschaft am 23. Mai nachmittags 5. Uhr in Wtrlitz angekommen, am 24. hatte Goethe fruh gezeichnet (GT I 1, 64). 210,15–16 Endlich Æ:::æ die Zettelgen schicken] Ob damit außer dem vorliegenden, an mehreren Tagen verfassten, doch auf einem Doppelblatt geschriebenen Brief sowie der Beilage noch weitere Briefe gemeint sind, ist unsicher. Nicht ganz auszuschließen ist, dass Goethe nach seinem Brief aus Wtrlitz vom 14. Mai (Nr 360) auch von Treuenbrietzen und Potsdam aus geschrieben und diese ,Zettelchen‘ mit dem vorliegenden, in Berlin begonnenen Brief erst von anhalt-dessauischem Gebiet aus abgeschickt hat. Offenbar wollte er seine Briefe vorher nicht aus den H|nden geben. 210,18 Hier haben Sie Æ:::æ die Karschin beverset hat.] Die Dichterin Anna Louisa Karsch, mit der Goethe seit August 1775 in Kontakt stand und gelegentlich Briefe wechselte, hatte Goethe am 18. Mai besucht (vgl. Nr 361). Zum Abschied schrieb sie ihm am 19. Mai einen Gedichtbrief (abgedruckt als Beilage). 210,18–19 In Leipzig Æ:::æ nicht abhohlen] Vgl. 207,12.
MAI 1778
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210,19–20 uber Alst~dt] Allstedt (heute Sachsen-Anhalt), etwa 100 km ssdwestlich von Dessau und 60 km ntrdlich von Weimar gelegen, gehtrte als Exklave zum Herzogtum Sachsen-Weimar und Eisenach. Vom Allstedter Gestst bezog der Weimarer Hof Pferde (vgl. zu 263,22). 210,22–23 Herzoginn die Waldn und Steinen] Vgl. zu 208,5. 364. An Charlotte von Stein
Dessau, Æ28. Mai 1778æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Die Datierung erfolgt nach der Tages- und Ortsangabe Himmelfahrtstag. Dessau (210,25) und der inhaltlichen bereinstimmung des Briefes mit dem Tagebuch Goethes vom 27. und 28. Mai 1778 (vgl. GT I 1, 64). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl 83. – 1 Bl. 17,5(–17,8)615,8 (–16) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „21b“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 22), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 170 f. WA IV 3 (1888), 226 f., Nr 705. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 210,25–26 schon heut auf der Ruckreise] Der Aufenthalt in Dessau dauerte wahrscheinlich noch bis zum 31. Mai. Sp|testens an diesem Tag muss die herzogliche Gesellschaft bis in das etwa 105 km entfernte Allstedt gereist sein, von wo aus sie am 1. Juni fruh 6 nach Weimar aufbrach (GT I 1, 64). 210,28 Maneuvre bey Aacken] Aken an der Elbe, etwa 15 km westlich von Dessau, wo am 27. Mai ein Mantver der preußischen Truppen des Prinzen Heinrich stattfand (vgl. 221,18–22). 210,29–30 Generals und Offiziers] Am 27. Mai begegnete Goethe nach dem Mantver an der Tafel des Fsrsten Friedrich Albrecht von Anhalt-Bernburg hohen preußischen Milit|rs aus der Armee des Prinzen Heinrich (vgl. GT I 1, 64). Namentlich erw|hnt werden im Tagebuch die Generalmajore Alexander Friedrich Freiherr von Knobelsdorff, Johann Friedrich Adolph von der Marwitz und Eggert Christian von Petersdorff, die Generalleutnants Carl Friedrich von Wolfersdorff, Matthias Ludwig von Lossow, Henning Alexander von Kleist und Johann Adolph Prinz von Nassau-Usingen sowie der Herzog Friedrich Carl Ludwig von Holstein-Sonderburg-Beck, 1778 Major in preußischen Diensten. Bis
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BRIEFE 365/366
auf den damals bereits 71-j|hrigen von Petersdorff nahmen die Genannten als Kommandeure am Bayerischen Erbfolgekrieg teil. 211,1 friedlich in Worliz] Laut Tagebuch war Goethe vom 24. bis zum 26. Mai in Wtrlitz, wo er die Zeit vor allem mit Ausfahrten und Zeichnen verbrachte (vgl. GT I 1, 64). 211,2 gezeichnet] berliefert ist eine lavierte Bleistiftzeichnung Goethes von der Vorderansicht des Wtrlitzer Schlosses mit eigenh|ndiger Lokalisierung und Datierung: Wvrlitz 26 May 78 G (Corpus I, 76 f., Nr 197). 211,3 um Ihre Briefe nach Leipzig bat] Vgl. 207,12. 211,4 Alst~dt] Vgl. zu 210,19–20. 211,5 an die wenigen] Vgl. zu 208,5. 211,5 Knebels Æ:::æ gedacht.] Vgl. zu 208,6. 365. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 2. Juni 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 84. – 1 Bl. 13,4(–14)69(–9,3) cm, am rechten Rand abgerissen, 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „24“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 25), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 171. WA IV 3 (1888), 227, Nr 706. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 211,9 In meinem Thal] Das Ilmtal, an dessen H|ngen Goethes Gartengrundstsck lag (vgl. 194,16; 318,17). Im Tagebuch vom 1. Juni 1778 schreibt Goethe sber seine Ankunft in Weimar: hell das Thal und Sonnig um 1 in Weimar unerwartet schvn die Gegend. (GT I 1, 64.) 211,10 in der weiten Welt] Goethe war am 1. Juni von seiner Reise mit Herzog Carl August nach Berlin, Potsdam und Dessau zursckgekehrt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 359). 211,10 Gestern Abend] ber den Abend von Goethes Rsckkehr aus Berlin gibt ein Brief Wielands an Merck vom 3. Juni 1778 Auskunft: „Von Gtthen, l[ieber] Br[uder] kann ich Dir nicht viel mehr sagen, als was du in den Zeitungen von ihm wirst gelesen haben. Vorgestern kamen sie vormittags von ihrer Wanderung nach Leipzig, Dessau und Berlin zursk. Abends gieng ich mit meiner Frau und beyden |ltsten M|dchen sber den (nach Gtthens Plan und Ideen, sei-
JUNI 1778
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nem Garten gegensber) neuangelegten ExercierPlaz, um von da nach dem sogenannten Stern zu gehen, und meiner Frau die neuen Pomata zu zeigen, die der Herzog nach Gtthens Invention und Zeichnung dort am Wasser anlegen lassen, und die eine wunderbar Ksnstlich Kunstlose anmuthig wilde, einsiedlerische und doch nicht abgeschiedene Art von Felsen und Grottenwerk vorstellten Æ:::æ. Der Herzog verließ uns wieder Æ:::æ; weil wir aber einerley terminum ad quem ÆEndzielæ hatten, so kamen wir bey dem Grottenwesen (wie ichs izt aus Mangel eines geschiktern Nahmens nennen will) wieder zusammen, und da traffen wir Gtthen in Gesellschaft der schtnen Schrtterin an Æ:::æ. Wir hießen einander also auch willkommen, u: Gtthe war zwar simpel und gut, aber |usserst trocken, und verschlossen, wie er’s schon lange sonder[lich] seit meiner Zurskkunft von der Reise in eure Gegenden ist.“ (WB 7 I, 74.) – Zur Felsen- und Grottenanlage im Weimarer Park vgl. zu 191,6–7. 211,12 Rahm] Mundartlich „die Rahme oder R|hme“ fsr ,der Rahmen‘ (Adelung 3, 921). 366. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 4. Juni 1778 ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Die Briefe Nr 366 und 367 stammen vom selben Tag. Der Beginn des vorliegenden Briefes (vgl. 211,16) legt nahe, dass er morgens und noch vor Nr 367 geschrieben wurde. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 85. – 1 Bl. 13,6611,2(–11,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „25“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 26), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 171. WA IV 3 (1888), 228, Nr 707. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 211,16 Friz] Friedrich von Stein. 211,20 ihn] Dem Kontext nach wohl Friedrich von Stein, der vielleicht wie Herzog Carl August von einem Hund oder einem anderen Tier (vgl. zu 212,5) gebissen worden war. 211,20 Engelhart] Johann Christian Daniel Engelhardt, Leibchirurg am Weimarer Hof.
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BRIEFE 367–369
211,20–21 des Herzogs Hand] Herzog Carl August litt seit dem Herbst 1777 an den Folgen eines nicht behandelten Hundebisses (vgl. zu 170,5–6). 367. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 4. Juni 1778æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief vor dem vom 23. Dezember 1778 (Nr 423) eingeordnet. Die inhaltlichen Bezsge zu Nr 366 und 368 vom 4. Juni 1778 (vgl. die zweite Erl|uterung zu 212,1; zu 212,2) legen nahe, dass er ebenfalls an diesem Tag geschrieben wurde. Seit dem Erstdruck wird er auch so datiert. Vermutlich wurde er vor Brief Nr 368 geschrieben, der einen nicht sberlieferten Bezugsbrief auf das vorliegende Billet beantworten ktnnte (vgl. zu 212,5). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 106. – 1 Bl. 20,7(–21,2)65,4 (–5,8) cm, 3 Zeilen beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „68.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 70), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 172. WA IV 3 (1888), 228, Nr 708. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet mtglicherweise einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. 212,2–3). – Mtglicherweise beantwortete Charlotte von Stein den Brief am selben Tag (vgl. zu 212,5), der Antwortbrief ist nicht sberliefert. 212,1 Waldn.] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise, eine Freundin Charlotte von Steins. 212,1 Thiere] Vgl. zu 212,5. 212,2 Gegauckel] Wahrscheinlich mit Bezug auf die Vorstellung der Schaustellergesellschaft, der Gaukler (vgl. zu 212,6). 368. An Charlotte von Stein DAT I E RU N G
ÆWeimaræ, 4. Juni 1778 ! ÆWeimaræ
Zur Anordnung des vorliegenden Briefes vgl. Datierung zu Nr 367.
JUNI 1778
731
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 85. – 1 Bl. 9,869(–9,3) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „26“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 27), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 172. WA IV 3 (1888), 228, Nr 709. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet mtglicherweise einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 212,5). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 212,5 Thiere] Meist exotische, aber auch wilde einheimische Tiere, die auf Jahrm|rkten von Schaustellern dem Publikum gegen Bezahlung gezeigt wurden. Diese Wandermenagerien dienten im ausgehenden 18. Jahrhundert |hnlich wie die Wanderbshnen der Unterhaltung eines breiteren Publikums. – Der Anfang des Briefes scheint sich auf eine Frage Charlotte von Steins zu beziehen. 212,6 Leuten] Schausteller. 369. Philipp Seidel an Philipp Erasmus Reich
Weimar, 4. Juni 1778 ! Leipzig
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B. 102. – Doppelblatt 17,3(–17,6)6 20,9(–21,2) cm, 1 S. beschr., Seidels Hd, Tinte; S. 3 Adresse: an / Herrn R e i c h / Buchh~ndler / in / L e i p z i g . f r e i ; rechts sber der Adresse von fremder Hd, Tinte: „15.“; S. 4 Empfangs- und Antwortvermerk, Tinte: „1778. d. 6. Juny. Weimar. / Goethe / B‘“ (vgl. berlieferung zu Nr 21); Bl. 2 Siegelausschnitte; am Mittelfalz aufgeklebt auf Tr|gerblatt (Pappe). Ungedruckt. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief (vgl. berlieferung) ist nicht sberliefert. Postsendungen: 4. Juni 1778 (vgl. GR/RB 1778, 2, Bl. 7v). 212,12 Commission] Hier: Auftrag, Gef|lligkeit; mit Bezug auf die im Folgenden erw|hnte Bitte. 212,14 Durchreiße durch Leipzig] Vom 10. bis 12. Mai 1778 hatten Goethe und Herzog Carl August auf ihrer Reise in die preußischen Residenzen in Leipzig Station gemacht (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 359 und zu 207,1).
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BRIEFE 370/371
212,15 Hotel de BaviXre] In der Petersstraße gelegen (vgl. die erste Erl|uterung zu 207,12). 212,16 eine goldne Uhre] N|heres konnte dazu nicht ermittelt werden. 212,19 die Ankunft der Phisiognomik] Der 4. Teil von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“, die bei Reich in Leipzig gedruckt wurden, war im Mai 1778 zur Leipziger Ostermesse erschienen. 212,20 Buchh. Hofmann] Der Hofbuchh|ndler Carl Ludolph Hoffmann fshrte die von seinem Vater Siegmund Heinrich Hoffmann 1732 in Weimar gegrsndete erste Verlagsbuchhandlung seit 1765. Die Buchhandlung befand sich im heutigen Cranachhaus am Markt. Rechnungen belegen, dass Goethe regelm|ßig Kunde dieser Buchhandlung war. Nach Carl Ludolph Hoffmanns Tod 1780 wurde die Buchhandlung zun|chst von seiner Witwe Eva Dorothea fortgefshrt und durch einen Faktor geleitet. 1802 sbernahm Carl Ludolph Hoffmanns Sohn Wilhelm die Leitung. Die Hoffmannsche Buchhandlung existiert heute noch in der Schillerstraße. (Vgl. Siegfried Seifert: „Commißorischer Debit“ statt „ewigem Verlagsrecht“. Die Hoffmannsche Buchhandlung in Weimar. In: „Der entfesselte Markt“. Verleger und Verlagsbuchhandel im thsringisch-s|chsischen Kulturraum um 1800. Hrsg. von Werner Greiling und Siegfried Seifert. Leipzig 2004. S. 59–106, bes. S. 61–63.) 213,3 Dir.] Diener. 370. An Charlotte von Stein mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff u. a. ÆTiefurt?, 13.? Juni 1778æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Bisher wurde er in die Zeit nach der Rsckkehr Goethes aus Berlin auf Anfang Juni gesetzt. Die Erw|hnung von Fruchten (213,11) und Kirschen (213,15) verweist auf den Frshsommer. Die formale Nachl|ssigkeit des vollst|ndig mit Bleistift geschriebenen Bl|ttchens, die Nachschriften von Seckendorff u. a. wie auch der Inhalt lassen vermuten, dass es im geselligen Kreis, vielleicht in der zwangloseren Umgebung von Tiefurt, geschrieben wurde, wo sich Goethe im Juni und Juli 1778 h|ufig aufgehalten hat (vgl. GT I 1, 64 f.). Es ktnnte mit Brief Nr 371 vom 14. Juni 1778 sberschickt und am Tag zuvor geschrieben worden sein (vgl. berlieferung). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 111. – 1 Bl. 20,4(–20,6)617 (–17,3) cm, 1 S. beschr., Bleistift, flschtig geschrieben, egh. und fremde H|nde
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(Petitdruck): von fremder Hd (213,10–12); von Sigmund von Seckendorfs Hd (213,13–14); von fremder Hd (213,15); von fremder Hd (213,16–18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „79“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 81), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Mtglicherweise Beischluss zu Nr 371 (vgl. zu 214,7). E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 172. WA IV 3 (1888), 229, Nr 710. BEI L AG E
Hymne (vgl. zu 213,7). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der vorliegende Brief mit den Nachschriften vier verschiedener Verfasser, von denen sich nur Sigmund von Seckendorff eindeutig identifizieren l|sst, ist offenbar im geselligen Kreis, wahrscheinlich in Tiefurt, geschrieben worden. 213,7 Hymne] N|heres nicht ermittelt; mtglicherweise ist auch ein scherzhaftes Kollektivgedicht gemeint, wie sich einige aus der Tiefurter Geselligkeit erhalten haben (vgl. die erste Erl|uterung zu 32,4). 213,8 Musenalmanach] Ob das dem vorliegenden Brief in Abschrift beiliegende Gedicht tats|chlich fsr den 1770 in Gtttingen von den Klopstock-Verehrern Heinrich Christian Boie und Friedrich Wilhelm Gotter begrsndeten „Musen Almanach“ vorgesehen war, erscheint zweifelhaft. 213,13 Der Herr Æ:::æ erhebe pp] In Anlehnung an den priesterlichen Segen: „Der Herr segne dich, und behste dich. / Der Herr lasse sein angesicht leuchten sber dir, und sey dir gn|dig. / Der Herr hebe sein angesicht sber dich, und gebe dir friede.“ (4 Mose 6,24–26; Luther-Bibel 1772 AT, 122.) 213,14 Seckendorff] Der Kammerherr Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, als Gelegenheitsdichter, Komponist und Veranstalter von Redouten, Theaterauffshrungen und Konzerten eine der Ststzen der Weimarer Hofgesellschaft. 213,16 ubrigen Verfasser] Nicht ermittelt.
371. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 14. Juni 1778 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 87. – 1 Bl. 19,5613,9(–14,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „30.“ – In einem gebundenen Handschrif-
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BRIEF 372
tenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 31), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Beischluss: mtglicherweise Nr 370 (vgl. zu 214,7). E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 173 f. WA IV 3 (1888), 230, Nr 712. BEI L AG EN
1) Myrterreis (vgl. zu 214,1). 2) Orange (214,1). 3) Levkoyen (214,3). 4) Blumenstrauß (vgl. 214,3). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 213,19 Tiefurt] Wie die Eintr|ge im Tagebuch vom Juni 1778 belegen, muss Goethe in dieser Zeit h|ufig in Tiefurt gewesen sein (vgl. GT I 1, 64). 214,1 Myrterreis] Mit der Myrte verbindet sich seit der Antike eine vielf|ltige Symbolik; sie gilt als heilige Pflanze der Aphrodite und symbolisiert die unverg|ngliche Liebe. 214,7 Zettel] Mtglicherweise Nr 370 (vgl. Datierung und einleitende Erl|uterung zu Nr 370). 372. An Adam Friedrich Oeser
ÆWeimaræ, 15. Juni 1778 ! ÆLeipzigæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/364,I, Bl. 8. – 1 Bl. 17,3(–17,5) 6 20,9 cm, 1 1/3 S. beschr., egh., Tinte. – Beischluss zu Nr 373 (vgl. 215,1). E: Goethes Briefe an Leipziger Freunde (1849),127 f., Nr 6. WA IV 3 (1888), 231 f., Nr 715. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 214,10 einen andern Weeg wieder in unser Land gegangen] Wohl in Anspielung auf die drei Weisen aus dem Morgenland, die nach der Anbetung des Jesuskindes in Bethlehem auf einem anderen Weg wieder in ihr Land zogen, um Herodes nicht zu begegnen (vgl. Matth|us 2,12). – Im Mai 1778 hatte Goethe Herzog Carl August auf einer Reise nach Wtrlitz, Potsdam und Berlin begleitet, auf der sie vom 10. bis 13. Mai auch in Leipzig Station machten und Oeser besuchten (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 359). Die Rsckreise begann am 23. Mai und fshrte sber Wittenberg und Coswig nach Wtrlitz und Dessau
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und von dort nach Weimar, wo die Gesellschaft am 1. Juni 1776 wieder eintraf (vgl. zu 207,1; 210,18–20). 214,11–12 Herzoginn Mutter in Ilmenau] Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach war am 23. Mai 1778 nach Ilmenau und von dort aus am 13. Juni zu einer Reise an den Rhein aufgebrochen (vgl. zu 215,4–5; zu 219,7–8), von der sie erst am 2. August 1778 nach Weimar zursckkehrte (vgl. FB 1778, S. 139). In Ilmenau, wo sie als ehemalige Regentin ehrenvoll vom Stadtrat empfangen wurde, besichtigte sie u. a. eine Porzellanmanufaktur, Glasbl|serhstten und Bergwerke (vgl. Berger, Anna Amalia, 534). 214,14 die Basreliefs] Flachreliefs (von franz. bas: flach), ein nur wenig erhaben gestaltetes Relief, dessen Partien fast alle gleich hoch sind. 214,16 dem gebetnen Tische] Am 10. M|rz 1780 schrieb Goethe an Oeser: Meinen besten Dank werthester Herr Professor bezeige ich Ihnen fur das gutig uberschikte. Æ:::æ Die Zeichnung des Tischfuses liegt wieder bei ich w~hle die terms und bitte Sie versprochnermassen so wohl um die Reinlichkeit des Details als um die Stellung, Construktion und Verbindung des Ganzen. (WA IV 4, 193 f.). 214,18–19 ein paar Zeichnungen zu steinernen Garten B~ncken] Nicht sberliefert (vgl. 67,9). 214,20 Wenn ich von Ilmenau komme] Goethe plante mtglicherweise eine Reise nach Ilmenau, die allerdings nicht zustande kam. 214,20 hvren Sie mehr von mir] In Goethes Rechnungsbuch ist unter dem 9. Juli 1778 eine Briefsendung an Oesern verzeichnet (GR/RB 1776, 2, Bl. 5; vgl. EB 214). 214,22–23 wieder ein bisgen gothisch] ,Gotisch‘ hier noch im zeitgentssisch abwertenden Sinn als Synonym zu ,formlos‘, ,geschmacklos‘, ,barbarisch‘ gebraucht (zu ,gotisch‘ vgl. GWb 4, 384). In diesem Sinn hatte Goethe den Begriff zun|chst aus der aufkl|rerischen sthetik sbernommen und auch unter dem Einfluss Oesers eine Abneigung gegen die vielfach uberladenen, verworrenen Zieraten des so genannten gotischen Stils entwickelt (AA DuW 1, 320 [9. Buch]). Schon in der Straßburger Zeit ver|nderte sich seine Auffassung grundlegend. Im Brief an Johann Gottfried Roederer vom 21. September 1771 bezeichnet Goethe das Straßburger Msnster als das grvßte Meisterstuck der deutschen Baukunst (GB 1 I, 216,19). Ausdruck dieser Begeisterung und der gewandelten Auffassungen Goethes war sein 1772 entstandener und mit der Jahreszahl 1773 als Flugschrift im Selbstverlag Mercks gedruckter Aufsatz „Von Deutscher Baukunst / D. M. ERVINI A STEINBACH“ (des N|heren vgl. GB 1 II, zu 60,13). 214,24 Philister] Ursprsnglich Name eines nichtsemitischen Volkes an der Ksste Pal|stinas, im 18. Jahrhundert Bezeichnung fsr einen „Menschen von beengter Lebensauffassung“ (Goethe-Wortschatz, 478). 214,25 Schreiben Sie Æ:::æ bald.] Ob Oeser dieser Aufforderung nachgekom-
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BRIEFE 373/374
men ist, muss offenbleiben, ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Der zeitlich n|chste sberlieferte Brief Oesers an Goethe stammt vom 9. Mai 1779 (vgl. RA Erg.Bd zu den B|nden 1–5, 542, Nr 1/94a+). 373. An Friederike Oeser
ÆWeimaræ, 15. Juni 1778 ! ÆLeipzigæ
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 103. – Doppelblatt 17,2620,7 (–20,9) cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Mademoiselle / Fridrike Oeser / nach / Leipzig / fr., Siegelausschnitt. – Beischluss: Nr 372 (vgl. 215,1). E: Goethe’s Briefe an Leipziger Freunde2 (1867), 211, Nr 4. WA IV 3 (1788), 230 f., Nr 714. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Friederike Elisabeth Oeser (1748–1829) war die |lteste Tochter Adam Friedrich Oesers. Goethe hatte sie im Herbst 1766 in Leipzig kennen gelernt. Der vorliegende Brief ist der letzte von vier sberlieferten Briefen Goethes an Friederike. Von der Adressatin ist nur ein Briefkonzept an Goethe vom 16. November 1776 sberliefert, in dem sie ihm zur Ernennung zum Legationsrat gratuliert und hofft, bald nach Weimar reisen zu ktnnen (vgl. RA 1, 68, Nr 76). Perstnliche Begegnungen werden w|hrend Goethes wiederholten Reisen nach Leipzig stattgefunden haben, da Friederike Oeser im Haus der Eltern lebte. – ber Goethes Beziehung zu Friederike Oeser vgl. die einleitende Erl|uterung zum Brief vom 6. November 1768 (GB 1 II, Nr 48). 215,1 Beyliegenden Brief an Ihren H‘. Vater] Brief Nr 372 an Adam Friedrich Oeser. 215,2 drinn enthaltne Bitten] Vgl. 214,14 und 214,18–19. 215,2–3 Da Ihnen die Feder so gel~ufig ist wie das M~ulgen] Friederike Oeser fshrte u. a. die Korrespondenz ihres Vaters und bildete den Mittelpunkt der Geselligkeit vor allem auf dem Landgut der Familie (vgl. GB 1 II, zu 142,14). Ihren Witz thematisierte Goethe schon in frsheren Briefen (vgl. GB 1 I, 140, 25–29; 141,11–18; 170,7–11). 215,4–5 Herzoginn Mutter Æ:::æ ins Bad] Anna Amalia war am 13. Juni 1778 von Ilmenau aus zu einer Rhein-Reise aufgebrochen (vgl. 214,11–12). In Begleitung ihrer Gesellschafterin Louise von Gtchhausen, der Hofdame Gottlobe Sophie Charlotte von Stein (einer Schwester Josias von Steins), des Kammerherrn Friedrich Hildebrand von Einsiedel und des Malers Georg Melchior Kraus reiste
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sie nicht wie angenommen zur Kur, sondern zu einer ,Bildungsreise‘ in die RheinMain-Gegenden, und zwar sber Kassel und Frankfurt nach Dssseldorf (vgl. Berger, Anna Amalia, 542–544). In Frankfurt schloss sich Johann Heinrich Merck der Gesellschaft an (vgl. 219,17–20; zu 219,7–8). 215,6 die Mama] Rosine Elisabeth Oeser geb. Hohburg. 215,6 den kleinen Sausewind] Mtglicherweise mit Bezug auf Oesers jsngere Tochter Wilhelmine (geb. 1755), die Goethe als Kind kennen gelernt hatte und die um 1778 noch im Elternhaus lebte. 374. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 17. Juni 1778 ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Vom 17. Juni 1778 sind zwei Briefe Goethes an Charlotte von Stein sberliefert. Der Schluss des Briefs Nr 375 (vgl. 215,18–20) legt nahe, dass er als Abschiedsgruß unmittelbar vor Antritt der Reise Charlotte von Steins und somit nach dem vorliegenden geschrieben wurde (vgl. auch zu 215,11). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 85. – 1 Bl. 19,768,4(–8,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „27a“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 28), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 174. WA IV 3 (1888), 232, Nr 716. BEI L AG EN
1) Erdbeeren (215,8). 2) Blumen (215,12). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 215,10 unsre G~ste] Vom 12. bis zum 18. Juni hielt sich die Frau des hannoverschen Oberkammerherrn Ltw von und zu Steinfurth mit ihren beiden Ttchtern in Weimar auf. Laut Fourierbuch waren Sophie Maria Margarethe „Ltwin“ und „2. Fr|u‘. v. Ltwin“ am 17. Juni gemeinsam mit Charlotte von Stein G|ste der fsrstlichen Abendtafel (FB 1778, S. 110). – Bis zum 16. Juni besuchten auch der Eisenacher Vizekanzler Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim und dessen Frau Juliane die Stadt. Etwa Mitte Juni notierte Goethe im Tagebuch: Waren Lvws, Bechtolsh. pp. da. War ich sehr genagt und still pp (GT I 1, 64).
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BRIEFE 375/376
215,10 das ~therische Haus] Der Himmel; nach Horaz’ „aetheria domus“ (Carmina I 3,29). 215,10 nicht sehn] Wie aus dem Brief vom selben Tag hervorgeht, herrschte anhaltendes Regenwetter (vgl. zu 215,17). 215,11 vor Ihrer Abreise] Charlotte von Stein reiste wahrscheinlich am Morgen des 18. Juni nach Kalbsrieth, wo laut Fourierbuch am 22. Juni die Hochzeit der befreundeten Sophie von Ilten mit dem Weimarer Husaren-Rittmeister und herzoglichen Adjutanten Carl Friedrich von Lichtenberg stattfand (Eintrag vom 28. Juni 1778; FB 1778, S. 117). 215,12 die Unstrut] Kalbsrieth, etwa 50 km ntrdlich von Weimar, liegt an der Msndung der Helme in die Unstrut.
375. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 17. Juni 1778 ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Zur Anordnung der beiden Briefe Goethes an Charlotte von Stein vom 17. Juni 1778 vgl. Datierung zu Nr 374. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 87. – 1 Bl. ca. 19,7610,7 (–10,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „29“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 30), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 174. WA IV 3 (1888), 232, Nr 717. BEI L AG E
Blumen (vgl. 215,15). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 215,15 die Reise] Nach Kalbsrieth (vgl. zu 215,11). 215,17 in dem Wetter] An die gewaltsamen Ungewitter und eine Wasserfluth, die im Juni 1778 Wiesen und Stern sberschwemmten, erinnert sich Goethe in seiner Beschreibung des „Louisenfestes“ vom 9. Juli 1778 (WA I 36, 234). Auch Wieland berichtet darsber in seinem Brief an Merck vom 3. Juli 1778: „Hier geht alles gut; außer daß wir vorgestern wieder eine garstige Wasser-
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flut gehabt, wodurch die Th|ler um Weimar her, und unter andren das Gartenwesen zu Tiefurt sbel zugerichtet worden.“ (WB 7 I, 99.) 376. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 23. Juni 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 87. – 1 Bl. 1765,2(–5,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „31“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 32), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 175. WA IV 3 (1888), 233, Nr 718. BEI L AG E
Blumen (216,1). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Entgegen der nicht belegten Angabe bei Fr|nkel, dass der Brief „Nach K a l b s r i e t h “ gegangen sei, „wo Charlotte bis zum 27. verbleibt“ (Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 113, Anm. zu Nr 253), verweisen der Inhalt (vgl. 216,2–3) wie auch die Beilage darauf, dass er in Weimar geschrieben und von Haus zu Haus verschickt worden ist. 216,1–2 Liebs und Braut und Ehe Gedancken] Charlotte von Stein war unmittelbar zuvor aus Kalbsrieth zursckgekehrt, wo am 22. Juni die Hochzeit Sophie von Iltens und Carl Friedrich von Lichtenbergs stattgefunden hatte (vgl. zu 215,11). 216,3 Rohrbach] Etwa 13 km nordtstlich von Weimar auf dem Weg ins 20 km entfernte Buttst|dt gelegen. Laut Fourierbuch vom 23. Juni 1778 „gingen Durch‘. Herschafft auf den Buttst|dter Marckt“ und „Speißeten“ auf dem Rsckweg an der Tafel des sachsen-weimarischen Geheimen Regierungsrats Johann Friedrich Kobe von Koppenfels, dem Herrn von Gut Rohrbach (FB 1778, S. 114). Wahrscheinlich hatte auch Goethe, der Taufpate von Koppenfels’ Tochter Louise war (vgl. GT I 1, 28), eine Einladung erhalten.
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377. An Charlotte von Stein
BRIEFE 377–379
ÆWeimaræ, 28. Juni 1778 ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Vom 28. Juni 1778 sind zwei Briefe Goethes an Charlotte von Stein sberliefert. Der Hinweis auf die Tageszeit (vgl. 216,5) l|sst vermuten, dass der vorliegende Brief vor Nr 378 geschrieben wurde. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 88. – 1 Bl. 19,766,6(–7) cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „33.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 34), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 175. WA IV 3 (1888), 233, Nr 720. BEI L AG E
Geschenk (vgl. zu 216,5). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 216,5 sie] Vielleicht eine einzelne Blume. 216,7 S~lgen] Auch ,Erds|lchen‘ genannt, der grtßte Raum im Erdgeschoss des Gartenhauses, der durch den Einbau einer Trennwand zum Treppenhaus entstanden und durch eine Doppeltsre zug|nglich war. Der mit zwei Fenstern und einem Oberlicht versehene Raum, zu dessen Erstausstattung sechs Stshle und drei Tannenholztische gehtrten, diente haupts|chlich als Speisezimmer (vgl. Goethes Gartenhaus, 31–39).
378. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 28. Juni 1778 ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Zur Anordnung der beiden Briefe Goethes an Charlotte von Stein vom 28. Juni 1778 vgl. Datierung zu Nr 377. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 88. – 1 Bl. 20,467,6(–7,8) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder
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Hd, Tinte: „32“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 33), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 175. WA IV 3 (1888), 233, Nr 719. BEI L AG EN
1) Fruchte (vgl. die erste Erl|uterung zu 216,9). 2) Blumen (vgl. die zweite Erl|uterung zu 216,9). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der mtglicherweise vom selben Tag oder vom 29. Juni stammende Antwortbrief ist nicht sberliefert (vgl. zu 216,14). 216,9 dasselbe an Fruchten] Vielleicht Erdbeeren (vgl. 215,8). 216,9 Blumen] Seit Mitte Juni hatte Goethe mit jedem seiner Billetts an die Freundin auch Blumen geschickt (vgl. Beilagen zu Nr 371, 374, 375, 376). 216,9–10 Gesinnungen] Die gegensber der Freundin gehegten Empfindungen der Liebe und Treue, von Goethe in seinen Briefen wiederholt ausgesprochen, zuletzt am 17. Juni (vgl. 215,18–20). 379. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 29. Juni 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 88. – 1 Bl. ca. 20,5611 cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. Reste eines roten Siegels, linke untere Ecke abgeschnitten durch Siegeltffnung; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „34“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 35), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 175 f. WA IV 3 (1888), 234, Nr 721. BEI L AG E
Blumen (216,15). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins vom 28. oder 29. Juni (vgl. zu 216,14). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 216,14 Ihren Grus] Ein nicht sberlieferter Brief Charlotte von Steins, mtglicherweise mit einem Geschenk. 216,15 lebhaffteren Eindrucken] Wahrscheinlich mit Bezug auf die sonnt|g-
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BRIEFE 380/381
lichen Veranstaltungen „Cour und Concert“ vom 28. Juni (FB 1778, S. 117). An diesem Tag hatten sich auch die mit Charlotte von Stein befreundete neuverm|hlte Sophie von Lichtenberg und ihr Mann bei Hofe melden lassen, wo sie „zur audienz und Tafe‘ invitiret“ wurden und sicher auch an der abendlichen großen Hofgesellschaft teilnahmen (ebd.). 380. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 2. Juli 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 89. – 1 Bl. 13,8(–14)69,8(–10) cm, /4 S. beschr., egh., Bleistift, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „35“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 36), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 176. WA IV 3 (1888), 234, Nr 722. 3
BEI L AG EN
1) Erdbeeren (217,7). 2) Blumen (217,8). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 217,8 Wir essen in Belvedere.] Laut Fourierbuch fand am 2. Juli 1778 die fsrstliche Mittagstafel in Belvedere statt, an der neben dem Herzogspaar 18 G|ste, darunter der Oberstallmeister von Stein und Goethe, teilnahmen: „Æ:::æ nach der Tafel wurde ein Sternscheibenschiesen gehalten, nach dem Schiesen war Ball und Abends war wieder Tafel, nach aufgehobenen Tafel ging alles wieder nach der Stadt zursck und war also dieser Tag Vergnsgt beschloßen!“ (FB 1778, S. 129.) Auch an der abendlichen Tafel, zu der noch 11 weitere G|ste hinzugekommen waren, nahmen Stein und Goethe, nicht aber Charlotte von Stein teil. 217,10 Bergmann] Mtglicherweise scherzhaft fsr einen der Sthne Charlotte von Steins; er ktnnte Goethe bei den Arbeiten im Park geholfen haben (vgl. zu 217,13).
JULI 1778
381. An Charlotte von Stein
743
ÆWeimar, Anfang Juli 1778?æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief nach Nr 54 vom 4. M|rz 1776 eingeordnet. Seit dem Erstdruck wird er auf Anfang Juli 1778 in die Zeit der Vorbereitung des Namenstags der Herzogin Louise datiert, wofsr die Angabe des Ortes (vgl. zu 217,13) wie auch die Erw|hnung Seckendorffs sprechen ktnnten (vgl. zu 217,11). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 9. – 1 Bl. 18,2(–19)63,9(–5) cm, von einem grtßeren Blatt (Brief von Lavater an Goethe) abgerissen, 3 Zeilen beschr., egh., Bleistift; Rs. von Lavaters Hd, Tinte: „Citissime Ælat.: schnellstensæ an Reich.“ (zur Sache vgl. z. B. die erste Erl|uterung zu 200,1), darunter Bleistiftschraffuren (Reste einer Zeichnung?); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „22.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 22), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 176. WA IV 3 (1888), 234, Nr 723. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 217,11 Seckendorfen] Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, der fsr den Namenstag der Herzogin Louise ein Dramolett verfasste (vgl. WA I 36, 236–241). 217,12 Tafel] An der Hoftafel, an der Charlotte von Stein laut Fourierbuch allerdings Anfang Juli 1778 nicht teilgenommen hat. 217,13 Aus den Hvlen] Wahrscheinlich die Felsenhthlen am linken Ilmufer oberhalb des „Sterns“. – Nach den berschwemmungen der tiefer liegenden Teile des Parks (vgl. zu 215,17) wurde fsr die Feier des Namenstags der Herzogin Louise am 9. Juli ein hther gelegener Platz hergerichtet, auf dem sich ein altes Pulvertsrmchen an einer Mauer befand. Hier war Anfang Juli 1778 auch Goethe selbst mit Arbeiten an Kloster und Einsiedeley-- zur Herzoginn Nahmenstag besch|ftigt (GT I 1, 64), einer strohgedeckten Mooshstte, auch „Louisenkloster“ genannt (heute „Borkenh|uschen“; vgl. „Das Louisenfest gefeiert Weimar am 9. Juli 1778“; WA I 36, 233–242).
744
382. An Charlotte von Stein
BRIEFE 382/383
ÆWeimar, Anfang Juli 1778?æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Im Erstdruck wurde er ohne Begrsndung auf Ende Mai 1777 datiert, seit der Ausgabe von Fielitz auf Anfang Juli 1778 gesetzt (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 135, Nr 261), wahrscheinlich nach dem Inhalt, der auf die Zeit der Vorbereitungen des Namenstags der Herzogin Louise verweisen ktnnte (vgl. zu 217,16). Da es keine weiteren Anhaltspunkte fsr eine Datierung gibt, das Jahr auch dem der Einordnung im Konvolut entspricht und die mitgeschickten Fruchte (217,15) und Rosen (217,15) auf den Sommer verweisen, wird die bisherige Datierung beibehalten. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 113. – 1 Bl. 16,7(–17)610 (–10,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „84“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 87), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 102. WA IV 3 (1888), 235, Nr 724. BEI L AG EN
1) Fruchte (217,15). 2) Rosen (217,15). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 217,16 F~hrlichkeit] Gefahr; Ende des 18. Jahrhunderts veraltet, auf die Sprache der Bibel beschr|nkt (vgl. Adelung 2, 19). – Hier mtglicherweise mit Bezug auf die Arbeiten im Park und die sberschwemmten Teile in dessen unterem Bereich (vgl. zu 217,13). 217,17 Thor und Z~une] An die Parkanlagen grenzten verschiedene durch Z|une abgetrennte G|rten, so z. B. der Welsche Garten oberhalb des Platzes, wo die „Einsiedelei“ errichtet wurde (vgl. Plan der Stadt Weimar 1784). Auch die Brscken sber Ilm und Floßgraben, die zu Goethes Grundstsck fshrten, waren mit verschließbaren Toren versehen (vgl. zu 189,1).
JULI 1778
383. An Friedrich Msller
745
ÆWeimar, erste H|lfte? Juli 1778æ ! ÆMannheimæ
DAT I ERU N G
Der Brief wurde bisher auf Anfang September 1778 datiert (vgl. WA IV 3, 246), unter Bezugnahme auf Goethes Brief an Herzog Carl August, die Herzoginnen Anna Amalia und Louise, Prinz Constantin, Carl Ludwig von Knebel, Wieland und Carl Theodor von Dalberg vom 19. Januar 1780; dort heißt es: Muller, der im August Æ1778æ nach Italien gieng, erhielt durch mich den grvßten Theil der Pension furs erste Jahr im September (WA IV 4, 165). Der vorliegende Brief wird jedoch bereits in einem Brief Msllers an Wolfgang Heribert von Dalberg zitiert, der auf den Zeitraum zwischen dem 29. Juni und 27. Juli 1778 zu datieren ist (vgl. Msller, Briefwechsel 3, 1361); darin heißt es: „Mein Portefeuil von Weimar aus erhielt ich – 12 Zeichnungen behielt der Herzog oder viel mehr gtthe Æsicæ hat sie in meinem Nahmen dem lieben Herren sberreicht. / Zu gleich einen brieff von Gtthe, nebst der Suma von 350. fl“ (Msller, Briefwechsel 1, 81). Dieses „Portefeuil“ hatte Wieland im Januar 1778 von Mannheim nach Weimar mitgenommen, um sich fsr Msller einzusetzen; am 28. Januar 1778 hatte er ihm geschrieben: „Euer Portefeuille halt ich noch zursck. Ich will erst vernehmen, was Ihr fsr Aussichten in MÆannheimæ habt“ (WB 7 I, 29). Am 26. Juni 1778 riet Wieland dann, Msller solle das Portefeuille dem Herzog und Goethe sberlassen oder ihnen anbieten, auszuw|hlen und ihm die sbrigen Arbeiten zursckzuschicken (vgl. WB 7 I, 90). Im Antwortbrief vom 29. Juni 1778 erkl|rte Msller: „Was mein Portefeul voll Zeichnungen betrifft stehts ganz allein bey eurem gn|digsten Herrn ob ers behalten will“ (Msller, Briefwechsel 1, 78). Danach offenbar wurden die Zeichnungen ausgew|hlt und die restlichen zursckgeschickt. Beides dsrfte einige Zeit in Anspruch genommen haben, so dass Msller die Sendung mit seinem „Portefeuil“ und dem Geld, die der vorliegende Brief fsr morgen (218,4) anksndigte, vermutlich in der ersten H|lfte Juli 1778 erhalten hat. Auf diesen Zeitraum passt auch Goethes Bemerkung, er sei jezt hier zerstreut (vgl. zu 218,4). Dass Goethe im eingangs zitierten Brief davon spricht, Msller habe seine Pension im September 1778 erhalten, beruht wohl auf einem Irrtum. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. h: Bayerische Staatsbibliothek Msnchen, Sign.: Cgm. 4830, Nr 248. – Zitat in Friedrich Msllers Brief an Wolfgang Heribert von Dalberg, zwischen 29. Juni und 27. Juli 1778 (zur Datierung vgl. Msller, Briefwechsel 3, 1361). E: Briefe an W. H. Freiherrn von Dalberg. In: Weimarisches Jahrbuch fsr deutsche Sprache, Litteratur und Kunst. Hrsg. von Hoffmann von Fallersleben und
746
BRIEF 383
Oskar Schade. Bd 5. Hannover 1856, S. 23 (Hoffmann von Fallersleben; nach h). WA IV 3 (1888), 246, Nr 742 (nach E). Textgrundlage: h. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Friedrich Msller (1749–1825), gen. Maler Msller, war der Sohn des B|ckers und Gastwirts Johannes Friedrich Msller und dessen Frau Katharina Margaretha geb. Roos in Kreuznach. Dort besuchte er das Gymnasium, das er nach dem Tod des Vaters 1760 verlassen musste, um als Hstejunge zu arbeiten und seiner Mutter in der Gastwirtschaft zu helfen. Schon zu dieser Zeit besch|ftigte er sich autodidaktisch mit Zeichnen und Malen. 1765 oder 1766 kam er mit Hilfe einer Pension von Herzog Christian IV. von Pfalz-Zweibrscken als Schsler des Hofmalers Daniel Hien nach Zweibrscken. Von 1770 an hielt er sich zu mehreren Studienaufenthalten in Mannheim auf, wo er die private Zeichenakademie besuchte, die der kurpf|lzische Hofbildhauer Peter Anton Verschaffelt 1756 gegrsndet hatte. Zu Msllers frshen Arbeiten gehtren Tierszenen und Landschaften, angeregt durch die Erfahrungen seiner Kinderjahre. In Mannheim, wohin er 1775 endgsltig sbersiedelte, begann er zugleich, geftrdert durch Wolfgang Heribert von Dalberg und Otto Heinrich von Gemmingen, sich poetisch zu bet|tigen. Als erste Vertffentlichung erschien, von Klopstock empfohlen, Msllers Gedicht „Lied eines bluttrunknen Wodanadlers“ im Gtttinger „Musen Almanach“ auf das Jahr 1774 (S. 213), der auch Gedichte Goethes brachte: „Gesang“ (sp|ter u. d. T. „Mahomets Gesang“), „Sprache“, „Der Adler und die Taube“ und „Der Wandrer“. Msllers „Lied“, das im Inhaltsverzeichnis des Almanachs mit der Bemerkung „Der Verfasser ist ein Maler“ versehen ist, verschaffte ihm zuerst Bekanntheit als Schriftsteller; als solcher nannte er sich, um Verwechslungen zu vermeiden, ,Maler Msler‘. Zu seinen poetischen Werken der Mannheimer Zeit gehtren Oden im Stil Klopstocks, seine ,pf|lzischen‘ Idyllen (darunter „Die Schaaf-Schur“. Mannheim 1775), angeregt durch Salomon Geßner, sowie zwei dramatische Fragmente zum Faust-Stoff: „Situation aus Fausts Leben“ (Mannheim 1776) und „Fausts Leben dramatisirt“ (Mannheim 1778). 1776 wurde Msller Mitglied der Mannheimer Akademie der Wissenschaften, 1777 kurpf|lzischer Kabinettsmaler. Im August 1778 ging er nach Rom, wo er wahrscheinlich Ende Oktober eintraf. Geplant war ein Aufenthalt von einigen Jahren zur weiteren Ausbildung als Maler; Msller blieb lebenslang. Er wurde vom pf|lzisch-bayerischen Kurfsrsten Carl Theodor unterststzt. Außerdem regte Wieland, der Msller am 28. Januar 1778 geschrieben hatte, dass er „eher nicht ruhig seyn werde, bis Ihr in Italien seyd“ (WB 7 I, 29), den Plan an, den Maler durch ein Stipendium zu unterststzen. Dieses kam schließlich durch den Einsatz Goethes, der von Carl Theodor von
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Dalberg dazu ermuntert worden war (vgl. dessen Brief an Goethe vom 4. Mai 1778; RA 1, 70, Nr 85), zustande. Zu den Geldgebern gehtrten Wieland und Knebel sowie der herzogliche Hof (vgl. zu 226,19). Msller sollte dafsr Zeichnungen und Bilder nach Weimar schicken. Die Produkte, die in den folgenden Jahren nur ztgerlich und nach Aufforderung durch Goethe eintrafen, missfielen jedoch (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 504). Goethe fand sogar, Msller habe den Titel M a h l e r zu fruh vor seinen Nahmen gesezt (Brief an Johann Heinrich Merck, 16. Juli 1782; WA IV 6, 8). Auf einen kritischen Brief Goethes vom 21. Juni 1781 (WA IV 5, Nr 1253) reagierte Msller emptrt. Sein Brief ist nicht sberliefert, wohl aber Goethes Antwort darauf vom 9. August 1781 (WA IV 5, Nr 1292). Es kam zum Bruch; die finanzielle Unterststzung aus Weimar wurde eingestellt. Auch die kurfsrstlichen Pensionszahlungen aus Msnchen gingen unregelm|ßig ein. Msller blieb jedoch in Rom und bet|tigte sich neben der ksnstlerischen Arbeit zunehmend als Antiquar und Fremdenfshrer. Obwohl er 1806 Ktniglich Bayerischer Hofmaler wurde und fsr den bayerischen Hof als Kunstagent t|tig war, blieb Msller Erfolg sowohl als Maler wie auch als Dichter versagt. Intrigen, die ihn in Msnchen in Misskredit und um weitere Ftrderung brachten, und eine Bsrgschaft, die er einltsen musste, fshrten zus|tzlich zu finanziellen Schwierigkeiten, die bis zu seinem Tod anhielten. Goethe hatte Msller vermutlich am 15./16. Mai 1775 kennen gelernt, als er auf der Reise in die Schweiz in Mannheim Station machte. Unter Bezugnahme auf eine Mitteilung von Friedrich Gttz (vgl. Geliebte Schatten. Bildnisse und Autographen Æ:::æ. Mannheim 1858; Erl|uterung zu Autographenblatt Nr 13) wurde wiederholt darauf hingewiesen, Goethe sei Msller bereits Anfang 1775 bei Christian Friedrich Schwan in Mannheim begegnet, als er dort zusammen mit Friedrich Heinrich Jacobi, der sich etwa vom 8. Januar bis zum 5. Februar 1775 in Frankfurt aufhielt, einen Besuch gemacht habe (vgl. u. a. JB II 2, 5; Msller, Briefwechsel 3, 1353). Einen Beleg fsr diese Annahme gibt es allerdings nicht. Bei Bode 1, 136 wird ein angeblich von Friedrich Msller stammender Brief an Philipp Christoph Kayser vom 24. September 1775 aus Mannheim mitgeteilt, in dem es mit Bezug auf eine Begegnung mit Goethe und den Grafen zu Stolberg im Mai 1775 heißt: „Ich und Goethe haben uns kaum halb kennenlernen.“ Der Briefschreiber war jedoch Johann Martin Miller, wie aus dem Erstdruck des Briefes hervorgeht (vgl. Die Grenzboten 29 [1870]. 2. Semester. 2. Band, S. 429 und 431). Zu Beginn von Msllers Italienaufenthalt setzte sich Goethe zun|chst tatkr|ftig fsr ihn ein. Er streckte sogar das Stipendium vor, als dieses w|hrend seiner zweiten Schweizer Reise 1779/80 nicht rechtzeitig auf den Weg gebracht worden war und Msller in einem Brief vom 16. Oktober 1779 (vgl. RA 1, 74 f., Nr 101) um Hilfe gebeten hatte; in seinem Brief an Herzog Carl August, die Herzoginnen Anna Amalia und Louise, Prinz Constantin, Carl Ludwig von Knebel, Wieland und Carl Theodor von Dalberg vom 19. Januar 1780 schreibt
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BRIEF 384
Goethe, Msller sei in große Verlegenheit (WA IV 4, 165) geraten: Unter diesen Umst~nden habe ich sogleich bei meiner Ruckkunft die ganze Summe, die 304 Thlr. 12 Gr. nach hiesigem Gelde ausmacht, an ihn nach Rom ubermacht und erbitte mir von seinen hohen Gvnnern gn~digen und gef~lligen Ersatz. (Ebd., 167.) Nach dem Bruch der Beziehung 1781 hatte Goethe allerdings kaum mehr etwas mit dem in Rom Lebenden zu tun. W|hrend seines eigenen Aufenthalts in der Stadt von 1786 bis 1788 nahm er keine Notiz von ihm (vgl. Msllers Brief an Wilhelm Heinse vom 17. April 1787; Msller, Briefwechsel 1, 119.) Ende 1796 erhielt Goethe sber Friedrich Bury einen wunderlichen Aufsatz Msllers (Brief an Schiller, 1. Februar 1797; WA IV 12, 28), der unter dem Titel „Schreiben Herrn Msllers Mahlers in Rom sber die Anksndigung des Herrn Fernow von der Ausstellung des Herrn Profeßor Carstens in Rom“ in Schillers Zeitschrift „Die Horen“ (1797. 3. Stsck, S. 21–44; 4. Stsck, S. 4–16) vertffentlicht wurde: In den Grunds~tzen die er aufstellt hat er sehr recht, er sagt viel grundliches, wahres und gutes, so ist der Aufsatz auch stellenweise gut geschrieben, hat aber im Ganzen doch etwas unbehulfliches und in einzelnen Stellen ist der Punct nicht recht getroffen. (Brief an Schiller, 1. Februar 1797; WA IV 12, 28.) Im Herbst 1800 wandte sich Msller mit einem Brief vom 18. Oktober Hilfe suchend an Goethe und bat um Vermittlung eines Verlegers fsr seine bersetzung von Giorgio Vasaris Werk „Le vite de pi~ eccellenti architetti, pittori, et scultori Italiani, da Cimabue insino a tempi nostri“ (Florenz 1550. – Leben der ausgezeichnetsten Architekten, Maler und Bildhauer Italiens von Cimabue bis in unsere Zeit). Goethe antwortete am 19. November 1800 zursckhaltend und bat um eine Probe (vgl. WA IV 15, Nr 4319). Nachdem Msller in einem Brief vom 9. Januar 1801 geantwortet hatte, ohne die finanzielle Hilfe eines Verlegers fsr ein halbes Jahr ktnne er die gewsnschte Probe nicht liefern, brach die Korrespondenz fsr lange Zeit ab. Lediglich ein Brief Msllers von der Jahreswende 1818/19 ist noch sberliefert, in dem er bei Goethe um Hilfe gegen „Verleumdungen von Feinden“ (Msller, Briefwechsel 2, 862) nachsuchte. Von 1804 bis 1808 erwarb er im Auftrag des Direktors der Msnchner Kunstsammlungen Christian Mannlich nahezu 400 Medaillen, die in Wirklichkeit fsr Goethe bestimmt waren, ohne dass Msller den Zusammenhang kannte. ber Mannlich erhielt Goethe Briefe aus Rom mit Angaben zu den sberschickten Medaillen, von denen er Abschriften herstellte (vgl. Goethes Brief an Christian Mannlich, 26. April 1805; WA IV 50, Nr 5047a). Im Rsckblick fand Goethe jedoch zu einer positiven Beurteilung Msllers; in seinem Aufsatz „Joseph Bossi sber Leonard da Vinci’s Abendmahl zu Mailand“ (1817) erw|hnt er dankend, daß unser mehrj~hriger Freund, Mitarbeiter und Zeitgenosse, den wir noch immer so gern, fruherer Jahre eingedenk, mit dem Namen des M a h l e r M u l l e r bezeichnen, uns von Rom aus mit einem trefflichen Aufsatz uber Bossi’s Werk in den Heidel-
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berger Jahrbuchern ÆHeidelbergische Jahrbscher der Litteratur. Nr 72–76æ, December 1816, beschenkt (WA I 49.1, 247) habe, der ihm selbst ftrderlich gewesen sei. Msller seinerseits hat sich widersprschlich sber Goethe ge|ußert. So schreibt er einerseits: „Er ÆGoetheæ mag fsr einen wackern Meister gelten, aber ihn unter die großen Dichter zu z|hlen, fehlen ihm Hauptelementen, fsrnemlich die Phantasie, woraus dann der Mangel an Erfindung und Idealit|t herfließt.“ (Brief an Georg Anton Batt, 25. September 1810; Msller, Briefwechsel 1, 531 f.) Sp|ter heißt es dagegen: „Unter den lebenden ÆMeisternæ die mir bekannt sind, wsrde Gtthen ich zum Richter Æsber die Dramatisierung des Faust-Stoffsæ mir w|hlen, er ist die Wahrheit zu gestehen offt etwas philisterm|ßig launisch, allein dennoch als Mensch und Dichter zu groß um durch irgend eine niedrige oder neidische Rucksicht das Verdienst andrer bezwacken zu wollen“ (Brief an Karl Friedrich Emich von Ixksll, 20. Januar 1822; Msller, Briefwechsel 2, 1017). Von Goethe sind sechs Briefe an Msller sberliefert, außer dem vorliegenden vier aus den Jahren 1780/81 sowie der genannte aus dem Jahr 1800. Von Msller haben sich insgesamt fsnf Briefe an Goethe erhalten. 218,4 wir sind jezt hier zerstreut] In der ersten H|lfte des Juli 1778 hatte Goethe Sitzungen des Geheimen Consiliums zu besuchen (am 3. und 10. Juli) und an der fsrstlichen Tafel zu erscheinen (3. und 4. Juli). Vor allem aber war er von den Arbeiten zur Umgestaltung des Parks an der Ilm in Anspruch genommen, ebenso von den Vorbereitungen eines Parkfestes aus Anlass des Namenstages von Herzogin Louise (des ,Louisenfestes‘) am 9. Juli. Dieses Fest war nach einem Gewitter mit berschwemmungen zun|chst gef|hrdet (vgl. zu 215,17; zu 217,13). 218,4–5 mit fahrender Post] Anders als die ,reitende‘ konnte die ,fahrende Post‘ Pakete und Wertsachen transportieren. 218,5 was ihr von uns j~hrlich zu erwarten habt] Die Pension belief sich auf gut 304 Reichstaler (vgl. die einleitende Erl|uterung). 218,6 ein theil davon] Msller erhielt 350 Gulden (vgl. seinen Brief an Wolfgang Heribert von Dalberg, zwischen 29. Juni und 27. Juli 1778; Msller, Briefwechsel 1, 81). Dies entspricht ungef|hr 195 Reichstalern; es handelte sich also um den grvßten Theil der j|hrlichen Pension (vgl. Datierung). 384. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 16. Juli 1778 ! ÆKochbergæ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 90. – 1 Bl. 18,767,4 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben; Rs. Adresse: Frau v. Stein; Vs./Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „37.“, rechts
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BRIEFE 385/386
daneben: „39“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 38), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 177. WA IV 3 (1888), 235, Nr 725. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 218,7 In der Leerheit da Sie weg sind] Laut Fourierbuch waren am Morgen des 15. Juli „Durch‘. Herzog mit der Frau Oberstallmstr. von Stein auf Kochberg“ gegangen (FB 1778, S. 128). Der Herzog blieb bis zum 20. Juli in Kochberg (vgl. ebd., S. 132). – Aus den Tagen nach dem 15. Juli stammt der folgende Tagebucheintrag Goethes: Im stillen fortgekrabelt. kvrperlich gelitten. Fatale Lichter uber allerley Verh~ltnisse (GT I 1, 64). 218,8 Misels] Junge M|dchen (vgl. zu 22,10). 218,8 wieder zu sehn] Im Fourierbuch wird fsr den Morgen des 20. Juli nur die Rsckkehr des Herzogs vermerkt (vgl. FB 1778, S. 132). Charlotte von Stein blieb wahrscheinlich etwas l|nger, muss aber Goethes Tagebuch zufolge sp|testens am 29. Juli wieder in Weimar gewesen sein (vgl. GT I 1, 65). 218,9 Gold] Vgl. zu 25,19. 385. An Charlotte von Stein DAT I E RU N G
ÆWeimaræ, 30. ÆJuli 1778æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief in den Juni 1776 eingeordnet. Im Erstdruck wurde er offenbar nach den Brandspuren des Briefpapiers (vgl. berlieferung) in Zusammenhang mit Nr 18 vom Januar 1776 gebracht und in den Anmerkungen dazu abgedruckt, allerdings bereits mit dem Hinweis, dass die ,Melone‘ auf die Sommerzeit deute und der Rest der Monatsangabe wohl als Beginn der Monatsnamen Juni oder Juli zu lesen sei. Laut Datierung wurde der Brief an einem 30 JuÆ æ (218,13) geschrieben, als Monatsname w|re also Juni oder Juli zu erg|nzen, die mitgeschickte Melone (218,11) verweist eher auf den Juli. Auch legt der Inhalt nahe, dass Brief und Beilage von Haus zu Haus in Weimar verschickt wurden. 1776 hielt sich Charlotte von Stein vom 25. Juni bis Anfang August in Pyrmont auf, auch Goethe selbst war Ende Juli nicht in Weimar. Im Jahr darauf war die Adressatin wiederum im Juni nach Pyrmont gereist, nach kurzem Zwischenaufenthalt in Weimar blieb sie bis zum Oktober in Kochberg. Der vorliegende Brief stammt also wahrscheinlich vom 30. Juli 1778. So wird er seit der Ausgabe von Fielitz auch datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 136, Nr 263).
JULI/AUGUST 1778
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BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 22. – 1 Bl. 14,2(–18,6)66,1 (–6,5) cm, rechter Rand schr|g eingerissen, Brandspuren, Textverlust (vgl. 218,11; 218,12; 218,13), 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „61.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1776, Nr 61), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 3, Anm. 2. WA IV 3 (1888), 235, Nr 726. BEI L AG E
Melone (218,11). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 218,11 Æ æniessen] Von den ersten drei Zeilen wurden am rechten Rand etwa 4,5 bis 4 cm ausgerissen, so dass wahrscheinlich ein l|ngeres Wort oder mehrere Wtrter zu erg|nzen w|ren, hier etwa ,nicht mehr ge‘. 218,12 Æ æ wohl] Hier w|re zu erg|nzen ,ob Sie heute‘. 218,12 die Æ æ meiner Verse] Nach Fr|nkel w|re ,Abschrift‘ zu erg|nzen. – Mtglicherweise Abschriften von Gedichten der so genannten „Ersten Weimarer Gedichtsammlung“ Goethes, die nach und nach erg|nzt und von Charlotte von Stein abgeschrieben wurde (vgl. die zweite Erl|uterung zu 188,4).
386. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 2. August 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 91. – 1 Bl. 9,1(–10)610,2 (–10,4) cm, 1 S. beschr., egh., Bleistift; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „39“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 40), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 177. WA IV 3 (1888), 236, Nr 727. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 219,1 Knebels Gegenwart] Knebel war am Abend des 2. August – wie auch Charlotte von Stein und Goethe – unter den G|sten der Hoftafel, die zu Ehren
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BRIEFE 387/388
der Rsckkehr der Herzoginmutter nach „Cour und Concert“ stattfand (FB 1778, S. 139; vgl. zu 219,7–8). 219,2 unter dem hohen Gewvlbe des Himmels] Wahrscheinlich auf dem Altan des Gartenhauses, wo Goethe selbst oft sbernachtete (vgl. zu 146,10). 219,3 Schokolade] Im 18. Jahrhundert ist damit zumeist ein aus Kakao, Milch und Gewsrzen, mitunter auch Eiern oder Wein bereitetes Getr|nk gemeint, das „wie Thee oder Kaffe warm“ getrunken oder „wie eine Suppe, mit eingebrocktem Zucker-Brode“ gegessen wurde (Krsnitz 8, 73). 219,4 was sch~dlich ist] Wohl in bertragung der ,sch|dlichen‘ Nebenwirkungen des Kaffees. Nach Zedler sei aber die „Chocolate“ fsr die „Gesundheit viel zutr|glicher und besser Æ:::æ als der Caffe“ (Zedler 5, 2168). 219,6 Einsiedeley] Dem Kontext nach wahrscheinlich mit Bezug auf das Gartenhaus; vgl. aber zu 217,13. 387. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 3. August 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 91. – 1 Bl. 18,36ca. 11,5 cm, rechter Seitenrand mit Goldschnitt, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „40“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 41), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 178. WA IV 3 (1888), 236, Nr 728. BEI L AG E
Geschenk der Herzoginmutter (vgl. zu 219,9). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 219,7–8 dass die Herzoginn Ihnen was mitbringen wurde] Von einer Reise an den Rhein, von der die Herzoginmutter Anna Amalia am 2. August zursckgekehrt war. In Begleitung Mercks war sie sber Frankfurt und Koblenz u. a. nach Ktln und Dssseldorf gereist und hatte Freunde und Bekannte Goethes getroffen, darunter Sophie La Roche sowie Friedrich Heinrich und Johann Georg Jacobi (vgl. Mercks Reisebericht „Eine mahlerische Reise nach Ctln, Bensberg und Dssseldorf“ [in: Der Teutsche Merkur. August-Heft 1778, S. 113–128]). Auf der Hinund Rsckreise besuchte Anna Amalia auch Goethes Eltern in Frankfurt und lernte deren Freunde kennen (vgl. Catharina Elisabeth Goethe an Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach, 17. August 1778; Pfeiffer-Belli, 421 f., Nr 28).
AUGUST 1778
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219,9 beykommendes] Mtglicherweise Bscher, Zeichnungen oder auch Noten; N|heres konnte nicht ermittelt werden. 219,11 gestern Abend] Vgl. zu 219,1.
388. An Johann Heinrich Merck
ÆWeimaræ, 5. August 1778 ! ÆDarmstadtæ
BERLIEFERUNG
1) Brief: H: Houghton Library of Harvard University, Cambridge/Mass. (USA), Sign.: bMS Eng 870 (69a). – Doppelblatt 19,7627,7 cm, 4 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben links von fremder Hd: „N o 4“. E: Merck, Briefe1 (1835), 136–140, Nr 57. WA IV 3 (1888), 237–240, Nr 729 (ohne Beilage; nach E). 2) Beilage (Gedicht): H: GSA Weimar, Sign.: 25/W 96. – Doppelblatt 18,9628 cm, 2 1/2 S. beschr., Schreiberhd (Philipp Seidel), Tinte; S. 1 oben links von fremder Hd: „N o 5.“ – Faksimile der 1. Seite: Schtne, Harzreise, 19. E: Goethe’s Schriften. Bd 8. Leipzig 1789, S. 193–197 (unter dem Titel „Harzreise im Winter“). WA I 2 (1888), 61–64 (nach der egh. Druckvorlage der Gedichte in E [GSA 25/W 2, Bl. 11–13r]). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der vorliegende Brief ist, wenn die Neudatierung des Briefes Nr 298 korrekt ist (vgl. dessen Datierung), der letzte sberlieferte Brief Goethes an Merck vor einer Pause von sber einem Jahr. Der n|chste sberlieferte Brief an ihn stammt vom 17. Æ19.æ Oktober 1779 (Nr 540). Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass es Briefe aus diesem Zeitraum gegeben hat, die nicht sberliefert sind. Außerdem begegneten sich Goethe und Merck w|hrend dessen Besuchs in Weimar von Ende Mai bis Mitte Juli 1779 perstnlich. Goethe selbst hat die von Merck empfangenen Briefe zum grtßten Teil vernichtet (vgl. GB 2 II, 202). Dass es zu einer l|ngeren Unterbrechung der Korrespondenz vor Mercks Weimaraufenthalt kam, ist indes nicht unwahrscheinlich. Nachdem Goethe im vorliegenden Brief Merck zur Verschiebung von dessen geplanter Reise vom Winter 1778 aufs Frshjahr 1779 geraten hatte, fshlte sich dieser zursckgewiesen und war ver|rgert und gekr|nkt, wie aus Briefen an Wieland hervorgeht (vgl. des N|heren zu 219,21–220,2).
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BRIEF 388
Wahrscheinlich ist diese Missstimmung der Grund fsr das lange Aussetzen der Korrespondenz. 219,16–17 an dem ruhigen Abend] Goethe hielt sich in seinem Gartenhaus an den Ilmh|ngen auf; auch im Brief an Charlotte von Stein vom 6. August 1778 heißt es: In der Ruhe werd ich an Sie dencken (225,7–8). 219,17–19 Wie ich hvrte Æ:::æ was unter euch werden wurde] Merck hatte die Herzoginmutter Anna Amalia als Cicerone auf einer Bildungsreise in die Rheingegenden begleitet. Er war am 16. Juni 1778 in Frankfurt zu der Reisegesellschaft gestoßen, der u. a. auch Anna Amalias Gesellschafterin Louise von Gtchhausen, der Kammerherr Friedrich Hildebrand von Einsiedel und der Hofmaler Georg Melchior Kraus angehtrten. Der Weg fshrte sber viele Zwischenstationen rheinabw|rts bis Dssseldorf und wieder zursck nach Frankfurt, wo sich Merck am 20. Juli von der Gesellschaft verabschiedete. ber seine Eindrscke verfasste er den Bericht „Eine mahlerische Reise nach Ctln, Bensberg und Dssseldorf. (Auszsge aus Briefen an den Herausgeber.)“ und publizierte ihn im AugustHeft des „Teutschen Merkur“ 1778 (S. 113–128). Die perstnliche Begegnung stiftete ein freundschaftliches Verh|ltnis zwischen Merck und der Herzoginmutter. Schon Anfang Juli 1778 schrieb jener an Wieland: „Ihr seyd alle Esel, denn Ihr habt mir nicht ein Wort genugthuendes sber die Herzogin gesagt, wenn ich die Gegenwart mit Eurer Beschreibung vergleiche. Æ:::æ Du hast recht gesagt: Sie stiehlt die Herzen.“ (Merck, Briefwechsel 2, 114.) Und am 20. Juli, nach Beendigung der Reise, heißt es: „Ich kan dir jezt ohnmtglich sagen was ich fsr Freude auf der Reise gehabt habe. Die Herzogin hat so gut wie Ihr Sohn mein ganzes armes Herz weggenommen, u. wohl Euch Ihr leute, daß Ihr solchen FsrstenKindern zugehtrt.“ (Ebd. 2, 119.) Auch Anna Amalia war voller Sympathie fsr Merck; Wieland berichtete in einem Brief an diesen vom 3. August 1778: „Du hast einen m|chtigen Stein im Brett bey der Herzogin. Sie konnte gar kein Ende finden Gutes von Dir zu sagen Æ:::æ. Ich soll dir schreiben, Sie laße dir 1000 Complimente machen und Sie rechne vtllig darauf daß du ihr dein Versprechen halten und diesen Winter zu uns kommen werdest.“ (WB 7 I, 109.) Selber dankte sie Merck in ihrem Brief vom 14. August 1778 in Erinnerung an die schtne Reise mit folgenden Worten: „Æ:::æ gewiß werd ich nie vergeßen wie viel Ihre Gegenwarth zu dem allem beytrug; wie gut es das Schicksal mit mir meinte, mich einen Freund finden zu laßen wie Sie sind, der bey so wunderbaren, gewiß oft zu Boden drskenden Vorfallenheiten des Lebens, seinem Herzen und dem Glauben an Warheit und Gste so treu bleibt, dieß alles ins Innerste seines Herzens schließt und mit Muth und Leichtigkeit tr|gt, was des Herren wille ist. – Gewiß, Lieber Merk ist jetzt in meiner Einsamkeit, Andenken an dieß alles, eine meiner liebsten Besch|ftigungen.“ (Merck, Briefwechsel 2, 147 f.) Wie verbunden sich die Herzogin mit Merck fshlte, zeigte sich auch im folgenden Frshjahr, als sie den Besuch des Darmst|dter Kriegsrates erwartete; Louise von Gtchhausen schrieb
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am 21. Mai 1779 an Catharina Elisabeth Goethe: „Jetzt leben wir in best|ndiger Erwarthung unsers Mercks. Beym Erwachen und beym Schlafengehn dencken wir seiner; und wenn’s regent Æsicæ oder der Wind ein bißgen st|rcker bl|ßt, solten Sie das Lamento htren! Der Arme Merck! jetzt ist er vielleicht naß! Der Wind wird ihm auf seinem Fuchs das Reiten sauer machen! und scheint die Sonne, so freut sie jetzt doppelt seintwegen. So gehts den ganzen Tag.“ (Die Gtchhausen. Briefe einer Hofdame aus dem klassischen Weimar. Zum ersten Male gesammelt und hrsg. von Werner Deetjen. Berlin 1923, S. 22.) 219,21–220,2 Wenn du Æ:::æ das ist nichts.] Herzoginmutter Anna Amalia hatte Merck zu einem Besuch in Weimar im Winter 1778/79 eingeladen (vgl. Wielands Brief an Merck vom 3. August 1778, zitiert in der vorhergehenden Erl|uterung). In seinem Brief an Wieland vom 1. August 1778 hatte Merck angeksndigt: „Ich besuche dich gewiß ksnftigen Winter oder Frshjahr mit Mutter Aja ÆCatharina Elisabeth Goetheæ in Gesellschaft“ (Merck, Briefwechsel 2, 124). Ein solcher gemeinsamer Besuch kam nicht zustande. Goethe stand diesem Plan offenbar ablehnend gegensber. Dies geht auch aus einem Brief von Johann Caspar Btlling an Wieland von Ende November 1778 hervor: „Der Doktor Faust ÆGoetheæ soll sich nicht so verinngrimmen, sber meinen Vorschlag der bewusten Excursion. Es wsrd’ ihm dabey sicher wohl werden.“ (WB 7 I, 140.) Demnach ist anzunehmen, dass Wieland Btlling, auf den der Mercksche Reiseplan zursckzugehen scheint, sber Bedenken Goethes gegen diesen Besuch unterrichtet hatte. Merck kam schließlich allein von Ende Mai bis 13. Juli 1779 nach Ettersburg und Weimar. Auch wenn Goethe im vorliegenden Brief nur eine Verschiebung des Besuchs wsnschte, so fshlte sich Merck dennoch durch die ablehnende Haltung getroffen; am 11. September 1778 schrieb er an Wieland mit Bezug auf den vorliegenden Brief: „Gothe hat mir einen langen und guten Brief geschrieben. Allein zuweilen muß ich nicht sber das alles reflectiren. Es kan mich weder W|rme noch Gste noch Freundschafft leider mehr erw|rmen, u. mir den geringsten Grad SelbstVertrauens einfltssen.“ (Merck, Briefwechsel 2, 158.) Als sich der Termin seiner Reise n|herte, kommentierte Merck die Vorbehalte in Weimar in ironischer Weise: „Ich werde kommen, wenns schiklich ist, u. aus den Anstalten von Bertuch u. Krause sehe ich gar wohl, daß die Reise des Herrn Joh. Heinrich Merk auch ein politisch Ding ist, das ich nicht wußte, oder nicht dachte. Æ:::æ meine Reise geht eigentlich zu der verwittweten Frau Herzogin, die es nun einmal haben will, und die sber mich gebieten ktnnte, ein bißchen nach Amerika zu gehen.“ (Ebd. 2, 214.) Welche „Anstalten“ in Weimar gemacht wurden, konnte nicht ermittelt werden. Was aber Goethe angeht, so war ihm der Freund mtglicherweise nicht oder noch nicht willkommen, weil sich Gerschte in der Stadt verbreitet hatten, von denen Wieland in einem Brief vom 2. und 3. August auch Merck berichtete: „Die Leute hier in der Stadt sagten: die Herzogin wsrde einen neuen s c h t n e n G e i s t den sie unterwegs aufgegabelt h|tte, mitbringen, der sich
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M a r k s nennte, und (in Gem|sheit eines so kr|ftigen Nahmen) gar ein gewaltiger Kerl w|re pp. Du kannst dir einbilden, daß man sich schon zum voraus auf mancherley lustige Scenen gefaßt machte, die es absetzen wsrde, wenn alle die Marksen, alte und Neue, sich miteinander herum bißen; oder vielmehr Æ:::æ war man nur begierig zu sehen, ob der neue Marksbein sber den, der nun bald 3 Jahre in Possession ist, den Sieg davon tragen oder ob dieser sich in der possession mainteniren Æfranz.: aufrechterhaltenæ und jenen wieder wegbeißen wsrde. Denn im Grunde kanst du dir kaum vorstellen wie verhaßt hier der Nahme eines schtnen Geistes ist und was fsr ein verdammtes Galimathias Ælat./griech.: Geschw|tzæ von confusen Begriffen die Leute mit diesem Nahmen verbinden.“ (WB 7 I, 109.) An den vom Weimarer Publikum erwarteten ,lustigen Scenen‘ zwischen ,neuem‘ und ,altem Marksbein‘, also zwischen Merck und Goethe, konnte diesem wenig gelegen sein. Vermutlich hoffte er, dass durch die Verschiebung des Besuchs ins Frshjahr der Klatsch zur Ruhe kommen wsrde. 220,2 In meinem Tahl] Das Ilmtal, an dessen H|ngen Goethes Gartengrundstsck lag (vgl. zu 211,9). 220,3–6 da ich die vernachl~sstigten Pl~zgen Æ:::æ ubergebe] Im Rahmen der Umgestaltung des Parks und des angrenzenden Ilmtals waren im Jahr 1778 auf Goethes Initiative zwei Pl~zgen entstanden: die Felsentreppe am linken Steilufer der Ilm zur Erinnerung an den Freitod der 17-j|hrigen Christiane von Laßberg am 16. Januar 1778 und das so genannte Louisenkloster, ein Ensemble aus einem alten Pulverturm, einer ehemaligen Schießmauer, die zur Ruine umgebaut wurde, und einer neu erbauten strohbedeckten Holzhstte (vgl. Goethes Zeichnung; Corpus I, 78, Nr 204), wo am 9. Juli 1778 aus Anlass des Namenstages der Herzogin „Das Louisenfest“ stattgefunden hatte, dem Goethe in seinem sp|teren Aufsatz dieses Titels ein literarisches Denkmal setzte (vgl. WA I 36, 233–242). Wieland beschrieb die Felsentreppe und ihre Umgebung im Brief an Merck vom 6. Juni 1778 als eine „wunderbar Ksnstlich Kunstlose anmuthig wilde, einsiedlerische und doch nicht abgeschiedene Art von Felsen und Grottenwerk“ (WB 7 I, 74). Mit dieser in sich widersprschlichen Beschreibung charakterisiert er den als Landschaftsgarten angelegten Park und den Versuch, in ihm die Kluft zwischen Kunst und Natur aufzuheben. – ,Vernachl|sstigten‘: Schreibfehler. 220,7–8 ein Kahn auf dem ich Æ:::æ wegschwimme] Das Bild der Seefahrt als Metapher fsr das menschliche Leben gebrauchte Goethe schon in seiner Frankfurter Zeit (vgl. u. a. seinen Brief an Herder, etwa 10. Juli 1772; GB 1 I, 230,6); im vorliegenden Band findet es sich in Nr 11 und Nr 56 (vgl. 13,7–8 und 40,21–24) und in poetischer Form in dem (sp|ter „Seefahrt“ genannten) Gedicht in Goethes Brief an Johann Caspar Lavater vom 16. September 1776 (vgl. 106,17–107,29). In den folgenden Zeilen wird es erg|nzt um das Bild des Schwimmens und Tauchens. 220,17 wie die Kinder Israel Steine legten] Vgl. u. a. das 4. Buch Josua;
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dort wird berichtet, dass das Volk Israel nach der berquerung des Jordans zur Besetzung des Landes zwtlf Steine zum Gedenken aufgestellt habe. Dies taten die Israeliten auf Geheiß von Moses (vgl. 5 Mose 27,4). 220,18 apropos vom Baum Pflanzen zum H‘. Oheim] Mercks Erz|hlung „Geschichte des Herrn Oheims“ bietet eine Darstellung des natsrlichen Landlebens im Gegensatz zum gesellschaftlichen Leben in der Stadt. Sie erschien im „Teutschen Merkur“ 1778 in sechs Teilen (vgl. die dritte Erl|uterung zu 199,13). Sie wurde nicht, wie Goethe es wsnschte, selbstst|ndig als Buch vertffentlicht, wohl aber zusammenh|ngend in der „Auswahl der besten zerstreuten prosaischen Aufs|ze der Deutschen“ (Bd 2. Leipzig 1780, S. 3–98). Im Jahr darauf ließ Merck im „Teutschen Merkur“ eine Art Selbstpersiflage der Erz|hlung folgen: „Herr Oheim der Jsngere, eine wahre Geschichte“ (November- und Dezember-Heft 1781, S. 144–166 und S. 193–211; Februar-Heft 1782, S. 123–138). Darin scheitert der Sekret|r Strephon beim Versuch, ein Bauerngut zu bewirtschaften. 220,22 Sau Merckur] Wieland selbst, der Herausgeber des „Teutschen Merkur“, machte sich Sorgen um das Renommee seines Journals: „Die Meynung, daß der Merkur immer schlechter werde, nimmt sberhand“ (Brief an Merck, 14. Mai 1778; WB 7 I, 60). Ein Grund dafsr war seiner Meinung nach die Konzeption der Zeitschrift: „Ein Hauptmangel unsres Journals d|ucht mich, ist, daß ich nie im Stande gewesen bin, alle Artikel die ich versprochen hatte, zu geben und zu c o n t i n u i r e n .“ (Ebd.) 220,24–25 wenn du mehr so was schreibst] Bis zum August 1778 waren vier Teile von Mercks Erz|hlung erschienen, der letzte im Juni-Heft des „Teutschen Merkur“ (S. 212–227), der vorletzte im April-Heft (S. 51–65). Vom ,Theaterwesen‘ ist dort nur beil|ufig die Rede: Der junge Oheim, der sich dem einfachen Landleben verschrieben hat, berichtet kritisch sber das vornehme Stadtleben, u. a. von einem Theaterbesuch: „Es war eine Art weinerlicher Comtdie mit Gesang.“ (S. 58.) Vermutlich bezog Goethe sich mit seiner Bemerkung nicht auf Mercks aktuelle Erz|hlung, sondern auf die Gattung sberhaupt: ,Wenn du mehr Erz|hlungen oder Romane schreibst‘. 220,26–27 das ganze Theater wesen in einem Roman] Gemeint ist „Wilhelm Meisters theatralische Sendung“; der Fragment gebliebene Roman entstand im Wesentlichen zwischen 1777 und 1786. 220,27 das erste Buch dessen Anfang du gesehn hast] Das 1. Buch des Romans war nach Goethes Mitteilung im Tagebuch am 2. Januar 1778 fertiggestellt (vgl. GT I 1, 59). Ob Merck den Anfang des Romans w|hrend der gemeinsamen Tage auf der Wartburg (21. bis 28. September 1777) im Manuskript gelesen hat oder erst sp|ter in Darmstadt als Beilage zu einem nicht sberlieferten Brief, konnte nicht ermittelt werden. 220,30 Reise auf den Harz] Vom 29. November bis 16. Dezember 1777 hatte Goethe eine Reise in den Harz unternommen; vgl. seine Briefe an Charlotte
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von Stein aus dieser Zeit (Nr 308–312) sowie die einleitende Erl|uterung zu Nr 309. 220,31–32 dass Æ:::æ das abenteuerlichste naturlich zugeht] ber das Verh|ltnis des ,Abenteuerlichen‘ und des ,Natsrlichen‘ |ußerte sich Goethe auch in mehreren Briefen an Charlotte von Stein aus dem Jahr 1777: im Brief vom 13. bis 17. September (vgl. 167,32–33), im Brief vom 2. Dezember (vgl. 178,10–12) und – fast gleichlautend mit der vorliegenden Stelle – im Brief vom 9. Dezember 1777 (vgl. 183,12–14). 220,32–33 Ich machte mich allein auf Æ:::æ zu Pferde] Auf seiner Reise, die Goethe im Morgengrauen des 29. November 1777 antrat und am 16. Dezember in Weimar beendete, legte er, von zwei Fahrten mit der Postkutsche abgesehen, rund 450 km zu Pferd und zu Fuß zursck (vgl. die bersicht zur Reiseroute in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 309). 220,34 Mantelsack] Ein Reisesack zum Transport insbesondere des Mantels und anderer Kleidung (vgl. Adelung 3, 68; Grimm 12, 1614). 220,34 Schlossen] Hagelschauer; die Schloße: Hagelkorn (vgl. Adelung 3, 1539; Grimm 15, 775). Vgl. Vers 2 des Gedichts „Auf dem Harz“ in der Beilage zum vorliegenden Brief sowie ferner Goethes Tagebuchnotizen unter dem 29. November 1777 sber den Aufbruch zu seiner Reise: Fruh gegen sieben ab ubern Ettersberg in scharfen Schlossen (GT I 1, 52). Auch im Brief an Charlotte von Stein vom 4. Dezember 1777 berichtet Goethe von Sturm Schnee, Schlossen, Regen (179,12). 220,34 Koth] Hier allgemein im Sinn von ,Schmutz‘, besonders ,Straßenschmutz‘ (vgl. Grimm 11, 1892). 221,1 Baumanshvle] Tropfsteinhthle in der zu Elbingerode gehtrenden Ortschaft Rsbeland (vgl. zu 186,6). 221,3–4 den 8 ten Dez. Æ:::æ auf dem Brocken] Goethe hatte den Brocken am 10. Dezember 1777 bestiegen (vgl. 186,24–25). 221,6 der Fvrster] Christoph Degen, Ftrster und Gastwirt in der Siedlung Torfhaus etwa 8 km westlich des Brockens. 221,7 persvadirt] Lat. persuadere: sberreden. 221,10–11 tausend Gedancken Æ:::æ auf beyliegendem Blat] Vgl. die Beilage. 221,12 Auch in Berlin war ich im Frujahr] Vom 10. Mai bis zum 1. Juni 1778 hatte Goethe als Begleiter des Herzogs Carl August eine Reise sber Leipzig, Wtrlitz und Potsdam nach Berlin unternommen. Dort hielten sie sich vom 15. bis 20. Mai auf. Anlass der Reise war der Wunsch des Herzogs, die politische Lage im Vorfeld des drohenden Bayerischen Erbfolgekriegs zwischen Preußen und sterreich zu sondieren. Vgl. die Schilderung des Berlin-Besuchs im Brief an Charlotte von Stein vom 17. bis 24. Mai 1778 (209,5–19). 221,12 ein ganz ander Schauspiel] Die Pracht der Konigstadt (209,15–16)
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und die vielf|ltigen Zurustungen (209,18) zum Krieg (Brief an Charlotte von Stein, 17. bis 24. Mai 1778) machten auf Goethe einen befremdenden Eindruck (vgl. zu 209,1–2). 221,14 Schone rarit~ten Kasten] Ein Rarit|ten- oder Guckkasten war ein meist auf Jahrm|rkten vorgefshrter Schaukasten, oft mit mechanischen Vorrichtungen versehen, „in welchem diese oder jene alte oder neue Geschichte im kleinen und durch darzu verfertigtes Puppenwerck, so gezogen werden kan, vorgestellet wird. Es pflegen gemeine Leute, so mehrentheils Itali|ner von Geburth, mit solchen Kasten die Messen in Deutschland zu besuchen, auf den Gassen herum zu lauffen und durch ein erb|rmliches Geschrey: S c h t n e R a r i t | t ! S c h t n e S p i e l w e r c k ! Liebhaber an sich zu locken, die vors Geld hinein sehen. Weil nun solche Dinge mehr vor Kinder als erwachsene und angesehene Leute gehtren, so pfleget man daher Dinge, die man herunter und l|cherlich machen will, Schtne Rarit|ten, schtne Spielwercke zu nennen.“ (Zedler 30, 891.) 221,15–16 dem alten Friz bin ich recht nah worden] In Potsdam und Berlin. Friedrich II. (der Große), Ktnig von Preußen, befand sich zur Zeit von Goethes Aufenthalt in Berlin im Feldlager im schlesischen Schtnwalde (heute Budzw, Polen). Vgl. die im Hauptquartier zu Schtnwalde zahlreich geschriebenen Briefe Friedrichs in: Politische Correspondenz Friedrich’s des Großen. 41. Bd. Mai bis Oktober 1778. Bearbeitet von Gustav Berthold Volz. Leipzig 1929. 221,16 ich hab sein Wesen gesehn] Im Brief an Charlotte von Stein vom 17. bis 24. Mai 1778 fasst Goethe seine Eindrscke von der Berliner Hofgesellschaft mit den Worten zusammen: So viel kann ich sagen ie grvser die Welt desto garstiger wird die Farce (210,1–2; vgl. auch 209,20–23). 221,16–17 Gold Silber Æ:::æ und zerrissne Vorh~nge] Mit Bezug auf den Besuch in Potsdam am 15. Mai 1778 und die Besichtigung von Schloss Sanssouci am Nachmittag dieses Tages. Im Chinesischen Haus im Park des Schlosses sind Deckenmalereien mit Papageien, Affen und sitzenden Buddhafiguren zu sehen, an den mit Stuckmarmor sberzogenen W|nden gleichfalls in Stuck gearbeitete Affen mit Instrumenten sowie vergoldete Kerzenhalter und ein mit Blattgold sberzogener Kronleuchter. Von den Hunden des Ktnigs zerrissene Vorh|nge, besch|digte Sofas und Sessel gab es im Schloss selbst. 221,18 seine eigne Lumpenhunde] Offiziere des Prinzen Heinrich, die dem Ktnig und seinen Kriegspl|nen kritisch gegensberstanden. 221,19 Pr. Heinrichs Armee] Prinz Heinrich von Preußen, dem Goethe perstnlich begegnet war (vgl. 209,3), erfolgreicher Heerfshrer im Siebenj|hrigen Krieg und geschickter Diplomat, war der ungeliebte Bruder Friedrichs II. Dieser hatte ihm Schloss Rheinsberg in Brandenburg als Residenz sberlassen. Prinz Heinrich machte es zu einer St|tte von Kunst und freisinniger Geselligkeit, von der sich aufkl|rerische Ideen ausbreiteten, sowie zum Sammelpunkt der milit|rischen Opposition gegen den Ktnig. Als Feldherr fshrte er seine Truppen weit
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defensiver und mit weniger Verlusten als sein Bruder. Auch vor dem Bayerischen Erbfolgekrieg versuchte der Ktnig zun|chst vergeblich, seinen Bruder, der auf eine Verhandlungsltsung setzte, von der Notwendigkeit zu sberzeugen, in Bthmen die milit|rische Auseinandersetzung mit den sterreichern zu suchen und eine Entscheidung herbeizufshren. Schließlich nahm Heinrich als Generalleutnant am Krieg teil, verhielt sich jedoch weitgehend passiv. 221,19 passirt] ,Passieren‘ hier im Sinne von ,hindurchreisen‘ (vgl. Adelung 3, 667). 221,19 Maneuvres] Die Rsckreise fshrte Goethe durch die aufmarschierten Truppen des Prinzen Heinrich. Bei Aken an der Elbe (westlich von Dessau) beobachtete er am 27. Mai 1778 ein schvn Maneuvre (210,27–28; vgl. GT I 1, 64). Zuvor war Goethe schon am 19. Mai bei einem Maneuvre (GT I 1, 64) zugegen gewesen, vielleicht auf dem Exerzierplatz im nordtstlichen Tiergarten oder auf dem Tempelhofer Feld ssdlich der Stadt (vgl. Detemple, 79). 221,20–21 bey Tisch gegenuber gehabt] Offenbar bei Gelegenheit des Mantverbesuchs am 27. Mai 1778 (vgl. die vorhergehende Erl|uterung). 221,21 dem iezzigen Kriege] Der bevorstehende Bayerische Erbfolgekrieg. 221,22–23 Mit Menschen Æ:::æ nichts zu verkehren gehabt] ber die Begegnungen, die Goethe in Berlin hatte, vgl. zu 209,5. 221,23–24 kein laut Wort Æ:::æ nicht kvnnten drucken lassen] Goethes Zursckhaltung im gesellschaftlichen Umgang war eine Vorsichtsmaßnahme (vgl. zu 209,1; zu 209,22), brachte ihm aber den Vorwurf der Arroganz ein (vgl. die folgende Erl|uterung). Im Brief an Charlotte von Stein vom 17. bis 24. Mai 1778 benutzt er das Bild von eisernen Reifen mit denen mein Herz eingefasst wird (209,25–26); zuvor heißt es, es welke die Blute des Vertrauens der Offenheit, der hingebenden Liebe t~glich mehr dahin (209,8–9). 221,24–25 als stolz pp ausgeschrien] Diesen Eindruck hatte vor allem der preußische Kammerherr Reichsgraf Ernst Ahasverus Heinrich von Lehndorff, der am 17. Mai 1778 Goethes Tischnachbar beim Prinzen Heinrich war (vgl. zu 209,3). – Johann Wilhelm Ludwig Gleim schrieb rsckblickend in einem Brief an Caroline Herder vom 14. Februar 1787: „Den Berlinern kam er stolz vor, und wurde deswegen nicht eben sberall gut aufgenommen. Sie wissen, daß er einst mir auch so vorkam. Also mtgen die Berliner nicht ganz unrecht haben.“ (BG 2, 81.) Anna Louisa Karsch erkl|rte sich den Eindruck, den Goethe zursckließ, in einem Brief vom 27. Mai 1778 an ihren Ftrderer Gleim folgendermaßen: „Æ:::æ unns gefiel Er gut, Codowiekyn auch, aber die anndern Herren sind gar nicht zufrieden mitt Ihm, Æ:::æ Er ist Eines Tages bey Einem Baron auffm Concert gewesen, und da hatt Ihm die gannze Versammlung sehr Stolz gefunden, weill Er nicht bskerling und Hanndkuß vertheiltte“ (Karsch-Gleim 2, 119 f.). In |hnlichem Sinn |ußerte sich auch Georg Forster in einem Brief an Friedrich Heinrich Jacobi vom 28. April 1779 nach einem Besuch in Berlin: „Das sonderbarste ist,
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daß die Berliner durchaus diese Biegsamkeit des Charakters (wobei der Mensch so leicht zum Schurken und Spitzbuben wird) von einem Fremden erfordern. Was Wunder also daß Gtthe dort so sehr, so allgemein misfallen hat, und seiner Seits auch mit der verdorbenen Brut so unzufrieden gewesen ist!“ ( JB I 2, 94.) 221,26 Die Raphaels Æ:::æ mitgebracht hat] Merck war fsr Herzog Carl August, Herzoginmutter Anna Amalia und auch fsr Goethe als Kunstagent t|tig. Vor allem vermittelte er den Kauf von Druckgraphik (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 292). Hier ist die Rede von Kupferstichen nach Vorlagen Raffaels, die Merck beschafft und Anna Amalia von ihrer Rheinreise (vgl. zu 219,17–19) mitgebracht hatte. Vermutlich waren sie nicht fsr Goethe bestimmt, sondern fsr den Herzog; denn in den Schatullrechnungen des Weimarer Hofs findet sich mit Bezug auf den Frankfurter Aufenthalt der Reisegesellschaft Anna Amalias im Juli 1778 der Posten: „Fsr Kupferstiche an Merck bezahlt 30 Kopfstscke“ (zitiert nach: Johann Heinrich Mercks Briefe Æ:::æ. Hrsg. von Hans Gerhard Gr|f. Leipzig 1911, S. 268). 221,27–28 alten Steinbruch] Der Steinbruch bei der Ortschaft Oettern ssdlich von Weimar. Dort hat sich die Ilm tief in den Kalkstein eingegraben. In dem Steinbruch wurde der so genannte Oetternsche Stein gebrochen, der als ,Thsringer Marmor‘ galt, d. h. als Ersatz fsr den teuren (echten) Marmor. Æ:::æ wie schwer es h~lt einen Marmorblock bis nach Weimar zu bringen, haben wir schon erfahren, schreibt Goethe noch am 27. Mai 1816 an Herzog Carl August (WA IV 27, 30). Der Oetternsche Stein wird auch im Brief an Lavater vom 3. bis 5. Dezember 1779 (vgl. 364,10–12) erw|hnt. Er wurde im 17. Jahrhundert beim Bau des (1774 abgebrannten) Weimarer Schlosses als Ornamentstein verwendet. Aus diesem Stein schuf Martin Gottlieb Klauer auch die 1780 bzw. 1781 entstandenen Bssten von Goethe (in Tiefurt) und Herder (im Rokokosaal der Anna Amalia Bibliothek). 221,29 Quadraturen] Hier sind quadratische Ornamente gemeint. 221,30 Delikatesse] Franz.: Zartheit, Feingefshl. 221,33 Franzvsche Dosen] So genannte ,Lackarbeiten‘. Besonderen Rang hatten die Produkte aus der Pariser Werkstatt der Lackksnstler-Familie Martin; der Begriff ,Vernis-Martin‘ bezeichnete im 18. Jahrhundert stark gl|nzende Lackarbeiten vor allem auf Holz (T|felungen, Mtbel, Dosen u. .). 222,1 Wenns nicht Krieg giebt] Der Konflikt um die Bayerische Erbfolgeregelung wurde auf Vermittlung Russlands und Frankreichs durch Verhandlungen zwischen Preußen und sterreich beigelegt, die am 13. Mai 1779 zum Frieden von Teschen (tstlicher Teil der heutigen polnisch-tschechischen Grenzstadt Cieszyn/Cˇesky´ Teˇsˇvn im Ssden Polens) fshrten. Grtßere Kampfhandlungen hatten nicht stattgefunden. Fsr seinen Verzicht auf Bayern erhielt sterreich das Innviertel (zwischen Salzburg und Linz). 222,1–2 besuch ich euch] Auf der Reise in die Schweiz besuchten Goethe
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und Herzog Carl August vom 18. bis 22. September 1779 Frankfurt. Dort sahen sie Merck wieder, der ihnen auf der Weiterreise bis Eberstadt das Geleit gab. 222,5–6 Auf dem Harz im Dezember. 1778.] Die Jahreszahl 1778 bezieht sich wohl nicht auf die vorangehende Monatsangabe Dezember, also nicht auf die Entstehung des Gedichts (im Dezember 1777), sondern auf den Zeitpunkt der Abschrift durch Seidel (im Jahr 1778). Dies mag auch den Punkt zwischen Dezember und 1778 erkl|ren. – Das von Philipp Seidel als Beilage niedergeschriebene Gedicht ist die |lteste autorisierte Textsberlieferung der „Harzreise im Winter“ (vgl. Eva Beck: Zur handschriftlichen berlieferung der „Harzreise im Winter“. In: GJb 98 [1981], S. 259 f.). Es erschien erstmals im 8. Band von „Goethe’s Schriften“ (Leipzig 1789, S. 193–197). – Im Folgenden ktnnen nur einige Sacherl|uterungen gegeben werden. Zum Verst|ndnis des Gedichts hat Goethe selbst in einer Erwiderung auf die Schrift „ber Goethe’s Harzreise im Winter“ (Prenzlau 1820) von Karl Ludwig Kannegießer Hinweise gegeben, erschienen in „ber Kunst und Alterthum“ (Dritten Bandes zweytes Heft 1821, S. 43–59; vgl. WA I 41.1, 328–339). Zur Deutung vgl. darsber hinaus die Anmerkungen und Literaturhinweise von Bernd Leistner in: Goethe-Handbuch3 1, 159–163, insbesondere aber Schtne, Harzreise. 222,7 Dem Geier gleich] Diese Verszeile findet sich im selben Wortlaut in Goethes Tagebuch unter dem 1. Dezember 1777 (vgl. GT I 1, 53). ber die Bezeichnung ,Geier‘ vgl. zu 186,3. 222,19 Str~ubt] Transitiver Gebrauch von ,str|uben‘ im Sinn von ,sich wehren‘ auch zeitgentssisch selten (vgl. Adelung 4, 425). 222,21 ehrenen] Verschrieben fsr ,ehernen‘. 222,24 dichigts Schauer] In sp|teren Fassungen heißt es ,Dickichts-Schauer‘. 222,25 das rauhe Wild] Vermutlich nach der Waidmannssprache „von thieren, deren fell struppichte haare hat“, und sberhaupt „vom thiere, dessen fell ein pelz ist“ (Grimm 14, 264), wie in der Bezeichnung ,Rauchwaren‘. – Herzog Carl August befand sich im November/Dezember 1777 auf der Wildschweinjagd in der N|he von Eisenach. Aus dem Harz zursckkehrend, schloss sich Goethe am 15. Dezember der Jagdgesellschaft an (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 309). 223,1–2 Wagen / Den Fortuna fuhrt] Zu den Attributen der rtmischen Glscksgtttin Fortuna gehtrt auch die Deichsel eines Wagens (vgl. Hederich, 1125), |hnlich wie das Attribut des Steuerruders Symbol dafsr, dass sie die „Regierung aller Dinge“ (Hederich, 1127), insbesondere die des menschlichen Schicksals, in H|nden h|lt. 223,20 Psalter] Psalterium: mittelalterliches Saiteninstrument; Vorl|ufer von Zither und Harfe. 224,2 Wehr’t mit Knutteln der Bauer] Da die Hochwildjagd zu den Privilegien des Adels gehtrte, durfte der Bauer Wildschweine nur mit Knstteln von seinen ckern fernhalten.
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224,9 Mit der d~mmernden Fakel] Mit biographischem Bezug; im Tagebuch heißt es unter dem 30. November 1777: Auf Sachswerben, wo ich einen Boten mit einer Laterne nehmen musste, um durch die tiefe Finsterniss hierher I l e f e l d zu kommen. (GT I 1, 53.) 224,20 Altar des lieblichsten Danks] hnlich in Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 30. November bis 15. Dezember 1777 (vgl. 184,24–26). 224,25 Geweide] Eingeweide; von Goethe nur einige Mal im Jahr 1777 gebraucht. 224,27–28 Ueber der erstaunten Welt / Und schaust aus Wolken] hnlich in Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 30. November bis 15. Dezember 1777 (vgl. 186,25–26). 389. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 6. August 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 91. – 1 Bl. 10(–16,2)610,4 (–10,8) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „41“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 42), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 178. WA IV 3 (1888), 240 f., Nr 730. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 225,1 Ein Bote aus fernen Landen] Vielleicht August Hermann Niemeyer, Schriftsteller und Theologe aus Halle, der laut Tagebuch am 6. August Fruh bei Goethe war (GT I 1, 65). 225,1 hat mich veranlasst] N|heres dazu konnte nicht ermittelt werden. 225,1–2 dem Herzog einen Husaren zu schicken] Nach Tiefurt; laut Fourierbuch vom 6. August 1778 „Speißeten Durch‘; Herrschafften alle in Tiefurth“ (FB 1778, S. 141). 225,3 Sie sollen Æ:::æ allein gehn.] Nach Tiefurt. 225,3–4 komm ich nach] Vgl. zu 225,9.
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390. An Charlotte von Stein
BRIEFE 390–392
ÆWeimaræ, 6. August 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 92. – 1 Bl. ca. 21,5612,8 (–15,7) cm, 1 S. beschr., egh., Bleistift, flschtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „42“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 43), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 178 f. WA IV 3 (1888), 241, Nr 731. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 225,6 die Sandwuste zu Ihnen] In scherzhafter bertreibung fsr die kurze Wegstrecke durch die damals nur teilweise als Park gestalteten H|nge am linken Ilmufer oberhalb des „Sterns“ bis zum Wohnhaus der Familie Stein im so genannten Stiedenvorwerk am Welschen Garten an der Ackerwand. 225,7 in der Einsiedeley] Die fsr den Namenstag der Herzogin Louise angelegte Mooshstte am Steilufer der Ilm. 225,8 in der Pracht] In Tiefurt, wo an diesem Tag die fsrstliche Tafel stattfand (vgl. zu 225,1–2) und wohin dem Kontext zufolge auch Charlotte von Stein – ursprsnglich wahrscheinlich mit Goethe – fahren wollte (vgl. 225,3). 225,9 Gegen Abend komm ich] Laut Tagebuch war Goethe am 6. August Abends in Tiefurt (GT I 1, 65). 225,13 Krause] Der Maler Georg Melchior Kraus, seit Oktober 1775 Zeichenmeister des Herzogs Carl August, war nicht nur an den Ausstattungen der Auffshrungen des Weimarer Liebhabertheaters, sondern offenbar auch an der Gestaltung der Anlage um die ,Einsiedelei‘ beteiligt. 225,13 Felsen werck] Vgl. zu 217,13. 391. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 7. August 1778 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 92. – 1 Bl. 11,6(–11,8)610,5 cm, /4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „43.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 44), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 179. WA IV 3 (1888), 241, Nr 732.
3
AUGUST 1778
765
BEI L AG E
Gedichte (vgl. zu 225,18). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 225,15 Gestern Abend] Nach der Rsckkehr von Tiefurt (vgl. zu 225,9). 225,15–16 auf dem Plazze] Vielleicht auf dem Platz, wo die ,Einsiedelei‘ fsr die Namenstagsfeier der Herzogin Louise errichtet wurde (vgl. zu 217,13). 225,16–17 Ihr Nachtlicht] Im Haus an der Ackerwand. 225,18 die Gedichte] Mtglicherweise fsr die so genannte „Erste Weimarer Gedichtsammlung“ (vgl. die zweite Erl|uterung zu 188,4). 392. An Charlotte von Stein
ÆAllstedtæ, 10. ÆAugust 1778æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Schtll datierte ihn auf den 10. Juni 1776. Aus dem Inhalt und den bereinstimmungen mit dem Fourierbuch und dem Tagebuch Goethes geht jedoch hervor, dass er am 10. August 1778 in Allstedt geschrieben wurde (vgl. zu 226,1; zu 226,3; zu 226,9). So wird er seit Fielitz auch datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 137 f., Nr 269). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 113. – 1 Bl. 18(–18,2)621,2 (–21,7) cm, Bsttenrand, 3/4 S. beschr., egh., Tinte (226,1–13 Montag Æ:::æ will), Bleistift (226,14–16 Ein Husar Æ:::æ mit.), flschtig geschrieben; von fremder Hd neben F. v. St. (226,4) erg|nzt: „uben‘“; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „83.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 86), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Beischluss: nicht sberlieferter Brief an Philipp Seidel? (vgl. EB 219). E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 38 f. WA IV 3 (1888), 242, Nr 733. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 226,1 Gestern fruh neune waren wir hier] Laut Fourierbuch ging am 9. August „frsh um 3. Uhr“ Herzog Carl August mit dem Kammerherrn Mo-
766
BRIEF 393
ritz von Wedel und Goethe „auf einige Tage nach Alst|dt “ (FB 1778, S. 143; vgl. auch GT I 1, 65). Am 14. August war der Herzog wieder in Weimar (vgl. FB 1778, S. 146). – Allstedt (heute in Sachsen-Anhalt), etwa 60 km ntrdlich von Weimar gelegen, gehtrte als Exklave zum Herzogtum Sachsen-Weimar und Eisenach. Vom Allsteder Gestst bezog der Weimarer Hof Pferde (vgl. zu 263,22). 226,1–2 Rolschleben] Roldisleben (heute Ortsteil von Rastenberg), auf halber Strecke zwischen Weimar und Allstedt. Bis dahin hatte Goethe am 18. M|rz 1778 die Familie von Stein zu Pferd begleitet (vgl. die erste Erl|uterung zu 201,1). 226,3 Stubenvolls] Familie des Allstedter Oberforstmeisters Ludwig Christian von Stubenvoll. 226,3–4 Misels von Kalbsrieth] Misels: junge M|dchen (vgl. zu 22,10); wahrscheinlich mit Bezug auf die im Folgenden erw|hnte Carlingen (226,6–7) und auf Augusta Eleonore von Kalb, die damals 17-j|hrige Tochter Carl Alexander von Kalbs, des Herrn auf Kalbsrieth. 226,4 zeichnete Ihnen wie beykommt] Aus dem Nachlass Charlotte von Steins hat sich im GNM eine mit Tusche lavierte Bleistiftzeichnung Goethes von Allstedt erhalten, die den Blick aus dem Fenster im Obergeschoss des Amtsgerichtsgeb|udes auf das Stadttor zeigt; sie ist auf der Vorderseite eigenh|ndig mit Tinte datiert: 9 Aug 1778, auf der Rsckseite zus|tzlich mit Bleistift datiert und lokalisiert: Allst~dt d 9 Aug 78 (Corpus I, 79, Nr 205). 226,4 Fr. v. St.] Die Frau des Oberforstmeisters, Caroline von Stubenvoll. – Name von fremder Hand erg|nzt (vgl. berlieferung). 226,6 Abens] Versehentlich fsr ,Abends‘. 226,6–7 Carlingen] Mtglicherweise Caroline von Ilten, ein Schstzling Charlotte von Steins, deren Schwester Sophie am 22. Juni in Kalbsrieth geheiratet hatte (vgl. zu 215,11). Der Kontext ktnnte sich auf die Liebesbeziehung Carolines zu Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach beziehen (vgl. zu 109,11). 226,9 von der Burg in’s Thal] Burg und Schloss Allstedt, etwa 2 km nordtstlich der Stadt auf einer Anhthe gelegen; ursprsnglich eine mittelalterliche Burganlage, vom 9. bis zum 13. Jahrhundert Kaiserpfalz, zu Beginn des 16. Jahrhunderts im Renaissancestil ausgebaut. Im 17. und 18. Jahrhundert erfolgte der Umbau zu einem Barockschloss, das von den Weimarer Herztgen als Jagdschloss genutzt wurde. 226,10 Kalbsrieth] Ort und Rittergut, Stammsitz der Familie von Kalb, nur etwa 10 km ssdwestlich von Allstedt gelegen. – Wahrscheinlich befand sich der Herzog in Begleitung des Fsrsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau, der laut Goethes Tagebuch am Morgen des 10. August in Allstedt angekommen war (vgl. GT I 1, 65). 226,12–13 unten am Teich Æ:::æ zu erhaschen suchen will] Aus Allstedt hat sich im GNM noch eine zweite Bleistiftzeichnung Goethes erhalten, das All-
AUGUST 1778
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steder Schloss und den heute nicht mehr vorhandenen Teich darstellend (Corpus I, 78, Nr 201). 226,16 innliegendes an Phillip] Wahrscheinlich ein nicht sberlieferter Brief mit Auftr|gen fsr Philipp Seidel (EB 219). 226,16 Zeichn] Die Zeichnung aus Allstedt (vgl. zu 226,4). 393. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, Mitte August 1778æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Die im Brief erw|hnte bevorstehende Reise nach Eisenach trat Herzog Carl August am 1. September 1778 an (vgl. zu 226,18). Die Einladung an die Herzoginmutter Anna Amalia bezog sich auf das Parkfest mit Illumination in ,Rembrandtscher Manier‘, das Goethe am 22. August 1778 veranstaltete (vgl. zu 226,22–23). Der vorliegende Brief stammt aus den Tagen davor, etwa von Mitte August 1778 (vgl. Vulpius, „Sp|ne“, 145). BERLIEFERUNG
H: Goethe-Museum Dssseldorf, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, Sign.: NW 2368/2004. – Doppelblatt 18,2611,5 cm, 1 1/4 S. beschr., egh., Tinte; S. 3 und 4 Reste einer roten Verschlussoblate, leichter Textverlust am Rand (vgl. 226,22). E: Die Grenzboten 32 (1873). Nr 34, S. 299 (Carl August Hugo Burkhardt). WA IV 3 (1888), 243 f., Nr 736 (mit Textkorrekturen in den Lesarten [WA IV 3, 307] und in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 30, 254). BEI L AG EN
1) das Opus (vgl. zu 226,17). 2) Subskription zur Unterststzung Friedrich Msllers (vgl. zu 226,19). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 226,17 das Opus] Am 20. Oktober 1778 fand in Ettersburg die erste Auffshrung der 2. Fassung von Goethes „Jahrmarktsfest zu Plundersweilern“ durch das Weimarer Liebhabertheater statt, und zwar im Anschluss an Molixres Lustspiel „Le mdicin malgr lui“ (Der Arzt wider Willen) in der bersetzung von Einsiedel. Mtglicherweise sbersandte Goethe mit dem vorliegenden Brief dieses franztsische Stsck; jedenfalls handelte es sich bei dem berschickten sehr wahrscheinlich um ein Stsck fsr die Liebhaberbshne.
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BRIEF 394
226,18 da der Herzog nach Eisenach geht] Herzog Carl August gehtrte zu den Darstellern in Molixres Stsck; er spielte den Vallxre (vgl. Sichardt, 152). – Laut Fourierbuch brach Carl August am 1. September 1778 auf: „Heste gingen Durch‘. Herzog nacher Eisenach, alwo auch ein Solenes Ælat.: pr|chtiges, festlichesæ Jagen gehalten wurde!“ (FB 1778, S. 158.) Am 4. September 1778 schrieb Herzoginmutter Anna Amalia irrtsmlich an Johann Heinrich Merck: „Gestern sind meine Kinder vonhier auf ein Jagen nach Eisenach. Goethe ist auch mit“ (Merck, Briefwechsel 2, 157). Die Angabe betrifft weder Carl August noch Goethe. Carl August war bereits zwei Tage zuvor aufgebrochen. Goethe reiste, wie aus seinem Tagebuch hervorgeht, erst am 8. September 1778 nach Erfurt und am Tag darauf nach Eisenach (vgl. GT I 1, 65). Unter dem 18. September 1778 heißt es im Fourierbuch: „Heste Abend kahmen Durch‘. Herzog von Eisenach wiederum gesund und wohl hier an.“ (FB 1778, S. 169.) Und in Goethes Tagebuch ist fsr denselben Tag festgehalten: Zuruck nach W. (GT I 1, 66.) 226,19 beyliegender Subscr.] Der kurmainzische Statthalter in Erfurt, Carl Theodor von Dalberg, hatte Goethe in einem Brief vom 4. Mai 1778 mitgeteilt, der Maler Friedrich Msller gehe nach Italien und er, Dalberg, ertffne eine „Subskription“ (RA 1, 70, Nr 85), um ihn mit einer j|hrlichen Pension zu unterststzen, fsr die als Gegenleistung „Zeichnungen“ (ebd.) vereinbart seien. Zu denen, die sich an der Unterststzung beteiligten, gehtrten auch Herzog Carl August, der 20 Louisdor bereitstellte, die Herzoginmutter Anna Amalia, die Herzogin Louise und Prinz Constantin, die einen Beitrag von jeweils 10 Louisdor leisteten (vgl. Goethes Brief an Herzog Carl August, die Herzoginnen Anna Amalia und Louise, Prinz Constantin, Carl Ludwig von Knebel, Wieland und Carl Theodor von Dalberg, 19. Januar 1780 [WA IV 4, 164–167]; ebenso Wielands Brief an Friedrich Msller, 26. Juni 1778 [WB 7 I, 90]). Insgesamt belief sich die j|hrliche Pension fsr Msller auf 304 Reichstaler (vgl. WA IV 4, 167). ber Friedrich Msller vgl. auch die einleitende Erl|uterung zu Nr 383. 226,20 der Stadth.] Carl Theodor von Dalberg, der kurmainzische Statthalter in Erfurt. 226,21 Herzoginn] Herzoginmutter Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach. 226,22–23 wÆuræden die Geister Æ:::æ bewillkommen] Goethe beabsichtigte, der Herzoginmutter die von ihm vorgenommene Umgestaltung der Ilmauen (vgl. zu 220,3–6) zu pr|sentieren. Dies geschah am 22. August 1778, nachdem er Anna Amalia am Vortag durch Einsiedel dazu hatte einladen lassen (vgl. Nr 395). Die Herzogin berichtete darsber in einem Brief an Catharina Elisabeth Goethe vom 29. August 1778: „Die lezt verfloßene Woche hat der Herr Docter Wo l f f ÆGoetheæ mir ein Soupe im Stern gegeben wo die neuen Anlagen gemacht sind welche gar lieblich und herlich sind; nach den Abend Eßen wahr eine kleine Illumination ganz in dem Rembranschen geschmack veranstaltet wo nichts
AUGUST 1778
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als licht und Schatten wsrkte; Wieland, Einsiedel, die Stein und Thusel ÆLouise von Gtchhausenæ genoßen es mit es wahr ein vergnsgter guter Abend fsr uns“ (Frau Rath, 114). Auch Wieland schilderte den Abend in einem Brief an Johann Heinrich Merck vom 27. August 1778: „Verwichnen Sonnabend fuhren wir zu Gtthen, der die Herzogin auf den Abend in seinen Garten eingeladen hatte, um sie mit allen den Pomen, die er in ihrer Abwesenheit an den Ufern der Ilm zu Stande gebracht, zu regalieren. Wir speiseten in einer gar holden kleinen Einsideley Æ:::æ und wie wir nun aufgestanden waren und die Thsre tfneten, siehe, da stellte sich uns, durch geheime Anstalt des Archi-Magus, ein Anblik dar, der mehr einer realisierten dichterischen vision als einer Naturscene |hnlich sah. Das ganze Ufer der Ilm, ganz in Rembrands Geschmack, beleuchtet – ein wunderbares Zaubergemisch von Hell und Dunkel, das im Ganzen einen Effect machte der sber allen Ausdruk geht. Æ:::æ Als wir die kleine Treppe der Einsiedley herabstiegen und zwischen den Felsenstscken und Buschwerken l|ngs der Ilm gegen die Brscke, die diesen Plaz mit einer Ecke des Sterns verbindet, hingiengen, zerfiel die ganze vision nach und nach in eine Menge kleiner Rembrandtischen Nachtstscke die man ewig h|tte vor sich sehen mtgen“ (WB 7 I, 113 f.). – ,kukend‘: guckend. Bisher wurde ,tubend‘ gelesen, was als Neologismus zu erkl|ren w|re: die Tuba (eingedeutscht: Tube [vgl. Grimm 22, 1444]) blasend. Der Handschriftenbefund ist jedoch eindeutig. 394. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 18. August 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 93. – 1 Bl. 18,8(–19)65,5 (–5,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „44“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 45), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 180. WA IV 3 (1888), 243, Nr 734. BEI L AG E
Blumen (vgl. 227,7). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 227,5 gestern bin ich weit in der Welt herum gezogen] Im Tagebuch gibt es vom 11. bis 22. August keine Eintr|ge; von Allstedt war Goethe wahrscheinlich schon seit dem 14. August wieder zursck (vgl. zu 226,1).
770
BRIEFE 395–397
227,6 zum Jagen dahin] Wohl ganz in die N|he von Weimar, da am 18. August 1778 im Fourierbuch kein Jagdausflug des Herzogs vermerkt ist. Am 24. August war Goethe beim Jagen am kleinen Ettersberg (GT I 1, 65). 395. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, 21. August 1778æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Der Brief wurde bisher auf den 28. April 1778 datiert, mit Hinweis auf Goethes Tagebuch, in dem es unter dem 29. April 1778 heißt: Die Herzog. L. ÆLouiseæ Abends im Garten (GT I 1, 63). Doch ist die durch Einsiedel, den Oberhofmeister Anna Amalias, ausgesprochene Einladung an die H. (227,11) nicht an die regierende Herzogin Louise, sondern an die Herzoginmutter gerichtet und bezieht sich auf das Parkfest vom 22. August 1778. Der vorliegende Brief stammt demnach vom Vortag, dem 21. August 1778 (vgl. auch Vulpius, „Sp|ne“, 146). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/159,I, Bl. 3. – Doppelblatt 11,4618,3 cm, 1 /2 S. beschr., egh., Tinte. – Beischluss: Brief an einen unbekannten Adressaten (vgl. zu 227,14). E: Die Grenzboten 32 (1873). Nr 34, S. 298 (Carl August Hugo Burkhardt). WA IV 3 (1888), 219 f., Nr 695 (mit einer Textkorrektur in den Lesarten, vgl. WA IV 3, 304). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum von Goethe veranstalteten Soupe und Parkfest in ,Rembrandtscher Manier‘ am 22. August 1778 vgl. zu 226,22–23. 227,11 H.] Herzogin(mutter Anna Amalia). 227,12 Stern] Teil des Parks tstlich der Ilm neben Floß- und Sternbrscke, in welchem die Wege sternftrmig zusammenfshrten. 227,12 gradatim] Lat.: schritt-, stufenweise. 227,13 Silentium] Lat.: Stillschweigen. 227,13 imponirt] Lat. imponere: auferlegen. 227,14 Diesen Brief] Nicht sberlieferter Brief an einen unbekannten Adressaten (vgl. EB 220).
AUGUST 1778
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396. An Charlotte von Stein ÆWeimar, kurz vor dem oder am 22. August 1778?æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Seit dem Erstdruck wird er nach dem Inhalt in die Zeit vor das von Goethe fsr die Herzoginmutter ausgerichtete Parkfest gesetzt (vgl. zu 227,16). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 112. – 1 Bl. 9,8(–11,6)63,5 (–6,7) cm, Blatt am linken und unteren Rand abgerissen, Verlust einzelner Buchstaben (227,19), 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „81a“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 83), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Fielitz, Goethe-Stein 1 (1883), 138, Nr 271. WA IV 3 (1888), 243, Nr 735. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 227,16 Herzoginn Amalie will mit dem Herzog fahren] Mtglicherweise zum Fest, das Goethe zu Ehren der Herzoginmutter am Samstag, dem 22. August 1778, in seinem Garten und den neu gestalteten Teilen der Parkanlagen am linken Ilmufer veranstaltete (vgl. zu 226,22–23). 227,17 unsrer Abrede] Vielleicht war verabredet, dass Charlotte von Stein die Herzoginmutter abholen sollte. 397. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel ÆWeimar, 22. August 1778?æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Der Brief blieb im Erstdruck undatiert; in der WA wurde er ohne genaues Datum in das Jahr 1778 gesetzt und ohne Begrsndung zwischen Anfang September und dem 6. September 1778 eingeordnet. Dafsr, dass er ins Jahr 1778 gehtrt, spricht sein Inhalt; allerdings ktnnte er einige Tage frsher geschrieben worden sein. Am 22. August 1778 fand Goethes Parkfest fsr Anna Amalia statt. Dazu lud Goethe die Herzogin sber Einsiedel mit den Briefen Nr 393 und 395 ein. Die Datierung des vorliegenden Briefes geht davon aus, dass sich das erw|hnte Misverst~ndnis (228,5) auf den Termin dieser Einladung beziehen ktnnte: Die
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BRIEFE 398/399
Herzoginmutter bat Goethe n|mlich ihrerseits nach Tiefurt, obwohl Goethe sie am Vortag fsr den folgenden Tag in den Weimarer Park eingeladen hatte (vgl. Nr 395), worsber es mtglicherweise zu einem Missverst|ndnis gekommen war. Sollte dies zutreffen, w|re mit heute Abend (228,4) der 22. August 1778 gemeint und der vorliegende Brief an diesem Tag geschrieben worden. – Nicht ganz auszuschließen ist eine sp|tere Datierung: Von 1781 an bestimmte Anna Amalia Tiefurt anstelle von Ettersburg zu ihrem Sommersitz; besonders zur Sommerzeit der Jahre 1781 bis 1788 war Tiefurt Treffpunkt der Weimarer Hofgesellschaft. In diesem Zeitraum gab es allerdings offenbar keine Korrespondenz zwischen Goethe und Einsiedel; lediglich ein Brief Goethes vom 10. November 1787 aus Rom (GB 7 I, Nr 118) ist sberliefert. BERLIEFERUNG
H: Goethe-Museum Dssseldorf, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, Sign.: NW 2369/2004. – 1 Bl. 18,5610,8(–11,2) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: H‘. Cammerh‘. / v. Einsiedel, Reste eines roten Initialsiegels: „G“. E: Die Grenzboten 32 (1873). Nr 34, S. 299 (Carl August Hugo Burkhardt). WA IV 3 (1888), 245, Nr 739 (mit Angabe der Adresse und Textkorrektur in den Lesarten, vgl. WA IV 3, 308). ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief (vgl. 228,1) ist nicht sberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. ber das von Goethe veranstaltete Soupe und Parkfest in ,Rembrandtscher Manier‘ am 22. August 1778 vgl. zu 226,22–23. 228,2 H.] Herzogin(mutter). 228,5 in forma] Lat.: in gehtriger Form. 228,5 Misverst~ndnis] Vgl. Datierung. 228,5 Vale.] Lat.: Leb wohl. 398. An Charlotte von Stein DAT I E RU N G
ÆWeimaræ, 6. September 1778 ! ÆWeimaræ
Vom 6. September 1778 sind zwei Briefe Goethes an Charlotte von Stein sberliefert. Die wiederholten Wsnsche zum guten Abend (228,15) und zur Guten Nacht (228,17) in Brief Nr 399 legen nahe, dass der vorliegende Brief davor geschrieben wurde.
SEPTEMBER 1778
773
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 94. – 1 Bl. 17,8(–18)69,5 (–9,7) cm, teilweise mit Bsttenrand, 1 S. beschr., egh., Bleistift, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „47“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 48), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 181. WA IV 3 (1888), 245, Nr 740. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 228,8 in’s Wasser zu gehen] Wahrscheinlich am Ilm-Wehr in der N|he der Kegelbrscke (vgl. zu 76,1). 228,9 ein gutes Zeichen] Fsr Goethes ktrperliches Wohlbefinden; seit seinem Geburtstag hatte er an verdorbenem Magen gelitten und bis Anfang September Medizin eingenommen (GT I 1, 65). 228,10 lezze] Letzen: erfreuen, sich vergnsgen; im ausgehenden 18. Jahrhundert im Hochdeutschen veraltet (vgl. Adelung 3, 2035). 399. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 6. September 1778 ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Vom 6. September 1778 sind zwei Briefe Goethes an Charlotte von Stein sberliefert; zur Anordnung vgl. Datierung zu Nr 398. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 93. – 1 Bl. 19,3611(–11,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs. und Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „46.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 47), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 181. WA IV 3 (1888), 245 f., Nr 741. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 228,14 Pfirsche] Pfirsich; Goethe gebraucht sberwiegend das im 18. Jahrhundert sbliche Femininum die ,Pfirsche‘ (vgl. zu 112,1). 228,14 Misels] Junge M|dchen (vgl. zu 22,10). 228,15 Schlussel] Der Schlsssel zu den Brscken, sber die man zu Goethes Garten gelangte (vgl. zu 189,1).
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BRIEF 400/401
228,17 hier unten] In Goethes Gartengrundstsck in der N|he der Ilm. 228,18 Kuche] Im Erdgeschoss des Gartenhauses. 228,19 Mama] Concordia Elisabeth von Schardt. 400. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 8. September 1778 ! ÆKochbergæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 94. – 1 Bl. 18,869 cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „48“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 49), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 181 f. WA IV 3 (1888), 246, Nr 743. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 229,1 d‘. 8 S. 78.] Den 8. September 1778. 229,2 Reise Wetter] Laut Tagebuch verließ Charlotte von Stein an diesem Tag Weimar (vgl. GT I 1, 65), um nach Kochberg zu gehen. 229,4 Bauwesen] Nachdem Goethe im Tagebuch vom 8. September Charlotte von Steins Abreise vermerkt hatte, trug er ein: Trieb ich noch an den Arbeitern (GT I 1, 65). Es ist daher naheliegend, diesen Eintrag wie auch die vorliegende Bemerkung auf die Renovierungsarbeiten im Haus der Familie von Stein zu beziehen (vgl. zu 230,22). – Weniger wahrscheinlich ist, dass damit die Renovierungs- und Umbauarbeiten im Fsrstenhaus gemeint sind, auch wenn diese Goethe seit September 1778 ebenfalls besch|ftigten (vgl. zu 235,9–10). 229,5 Cardan] Wahrscheinlich die Autobiographie des italienischen RenaissanceGelehrten und Arztes Gerolamo Cardano „De propria Vita“ (Paris 1643), deren Lektsre Goethe schon im Tagebuch vom 27. und 28. Juli 1777 erw|hnt hatte (vgl. GT I 1, 45). Ende Juli 1778 besch|ftigte sich Goethe auch mit Cardanos Traumdeutungen (Synesiorum somniorum omnis generis insomnia explicantes libri IV. Basel 1562. – Vier Bscher sber s|mtliche in den Traumbschern des Synesios enthaltenen Tr|ume; vgl. Eintrag vom 30. Juli 1777; GT I 1, 46). 229,6 d‘ 8 S.] Den 8. September; Datierung versehentlich wiederholt.
SEPTEMBER 1778
775
401. An Charlotte von Stein Eisenach, 10. und 13. September 1778 ! ÆKochbergæ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 95. – 1 Bl. ca. 17,5(–18)620,8 (–21) cm, Bsttenrand, 1 1/2 S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben Mitte von fremder Hd, Tinte: „49.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 50), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Beischluss zu Nr 402? (Vgl. zu 230,7.) E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 182 f. WA IV 3 (1888), 247 f., Nr 744. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 229,8 weg waren] Charlotte von Stein war am 8. September nach Kochberg abgereist (vgl. zu 229,2). 229,8 die Dekoration] In der Wohnung der Familie von Stein (vgl. zu 230,22). 229,9 Stadthalten] Verschrieben fsr ,Stadthalter‘: Carl Theodor von Dalberg, kurmainzischer Statthalter in Erfurt, den Goethe laut Tagebuch am 9. September besuchte (vgl. GT I 1, 65). 229,9 hierher] Nach Eisenach, Sitz der Zentralbehtrden des seit 1741 zu Sachsen-Weimar gehtrenden Herzogtums. Goethe war am 10. September von Erfurt in das etwa 60 km westlich gelegene Eisenach gereist, wahrscheinlich zu Pferde (vgl. GT I 1, 65). 229,10 im grosen Furstenhause] Das Stadtschloss am Eisenacher Marktplatz, wo Goethe schon bei frsheren Aufenthalten gewohnt hatte (vgl. die Erl|uterungen zu 164,21). 229,10 Spenst] ltere Form von ,Gespenst‘ (vgl. Grimm 10 I, 2156 f.); bei Goethe nur im vorliegenden Brief und in der „Geschichte Gottfriedens von Berlichingen“ (1771) belegt (V 1; vgl. DjG3 2, 194,33). 229,11 Diener] Wohl nicht Philipp Seidel, den Goethe namentlich erw|hnt h|tte. 229,11 Der H. ist in Wilhelmsthal.] In Wilhelmsthal ssdlich von Eisenach befand sich ein herzogliches Jagdschloss. Laut Fourierbuch war Herzog Carl August schon am 1. September nach Eisenach gegangen, „alwo auch ein Schones Jagen gehalten wurde“ (FB 1778, S. 158). 229,12 hinaus] Nach Wilhelmsthal, wohin sich Goethe laut Tagebuch am 11. September begab (vgl. GT I 1, 65). 229,15 auf der Wartburg] In der mittelalterlichen Burg auf einem Felsplateau ssdwestlich der Stadt hatte Goethe ebenfalls schon bei frsheren Besuchen Quartier bezogen (vgl. zu 166,9–10).
776
BRIEFE 402/403
229,15 Prinzen] Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach, der auch zur Jagdgesellschaft gehtrte (vgl. Anna Amalia Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach an Johann Heinrich Merck, 4. September 1778; Merck, Briefwechsel 2, 157). 229,16 Drollerey] Hier: „munteres, scherzhaftes Treiben“ (Grimm 2, 1430); nur einmal bei Goethe belegt. 229,18 Jagen] Laut Tagebuch nahm Goethe am 14. September am Jagen teil (GT I 1, 65). 229,18 schweinisch] Hier „als kr|ftiger ausdruck fsr miszlich, unschtn“ (Grimm 9, 2449) und zugleich in Anspielung auf die Schweinejagd, die in den Revieren um Eisenach stattfand (vgl. auch die einleitende Erl|uterung zu Nr 309). 229,18–19 Vier bis funf Herzoge von Sachsen] Neben den im Folgenden erw|hnten Meininger Herztgen war wahrscheinlich der mit Herzog Carl August befreundete Ernst II. Ludwig Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg, mtglicherweise auch dessen Bruder Prinz August zur Jagd geladen. 229,20 Wthal] Wilhelmsthal. 229,20–21 Herzoge von Meiningen] Der regierende Herzog August Friedrich Carl Wilhelm (auch Carl August) von Sachsen-Meiningen sowie dessen jsngerer Bruder Prinz Georg. 229,21 Gold] Vgl. zu 25,19. 229,23 Krickeleyen] Krickelei: hier ,Verdrießlichkeit‘, ,Unannehmlichkeit‘, in dieser Bedeutung nur bei Goethe und nur an dieser Stelle belegt. 229,23 Disapointments] Engl. disappointment: Entt|uschung, Frustration; nur an dieser Stelle bei Goethe belegt. 230,2–4 wie ienes Ferckel Æ:::æ anbraten zu lassen] Ob es hierfsr eine literarische Quelle gibt, konnte nicht ermittelt werden. Mtglicherweise spielt Goethe auf eine msndlich sberlieferte Anekdote an. – Knupperig: mittel- und norddt. fsr ,knusperig‘, als Belegstelle wird bei Grimm (11, 1524) auf den vorliegenden Brief verwiesen. 402. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
Weimar, 19. September 1778 ! ÆKochbergæ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 97. – 1 Bl. 18,8614,4(–14,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „51“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 52), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Beischluss: Nr 401? (Vgl. zu 230,7.) E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 183. WA IV 3 (1888), 248, Nr 745.
SEPTEMBER 1778
777
BEI L AG EN
1) Einige Zettelgen (vgl. zu 230,7). 2) Wein (vgl. 230,9). 3) Zeichnung (vgl. zu 230,10). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 230,5 Grus an meine Hausgeister] Goethe war am Vortag aus Eisenach zursckgekehrt (vgl. GT I 1, 66; die zweite Erl|uterung zu 229,9). 230,7 Einige Zettelgen] Darunter mtglicherweise der Brief Nr 401 vom 10. und 13. September. 230,10 ein alt wiederholt Pl~zgen] Wahrscheinlich eine Zeichnung von der Wartburg (vgl. zu 230,18). 230,10–11 komm ich sie zu sehen] Goethe ritt erst am 11. Oktober nach Kochberg (vgl. GT I 1, 66). 230,11 Kinder] Die Sthne Carl, Ernst und Friedrich von Stein. 403. An Charlotte von Stein
Weimar, 24. September 1778 ! ÆKochbergæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 97. – 1 Bl. 13,6(–14)618,7 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „52“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 53), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 184. WA IV 3 (1888), 248 f., Nr 746. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 230,13 Uberall such ich Sie] Charlotte von Stein war seit dem 8. September in Kochberg (vgl. zu 229,2). 230,16 bin in Jena gewesen] Der Tagebucheintrag war in Jena (GT I 1, 66) aus der zweiten H|lfte des September 1778 ist nicht genau datiert. Da Goethe in seinem Brief vom 19. September (Nr 402) den Plan, nach Jena zu gehen, nicht erw|hnt, ist er wahrscheinlich erst einige Tage danach, etwa am 21. oder 22., aufgebrochen. 230,16–17 Steine und Pflanzen mit Menschen] Laut Tagebuch besuchte Goethe in Jena einen Steinschleifer, wahrscheinlich den aus dem Braunschweigischen stammenden Albert Beyer, sowie das von dem Jenaer Philosophieprofessor
778
BRIEF 404
und Naturforscher Johann Ernst Immanuel Walch begrsndete Naturalien-Kabinett (vgl. GT I 1, 66). Die Sammlung, zu der neben Steinen und Mineralien auch botanische und zoologische Exponate gehtrten, wurde nach Walchs Tod 1778 im M|rz 1779 auf Anraten Goethes von Herzog Carl August erworben. Sie ist heute Teil der medizinisch-naturwissenschaftlichen, insbesondere der mineralogischen und anatomischen Sammlungen der Universit|t Jena. Außerdem traf Goethe den Theologieprofessor und Schriftsteller Johann Jacob Griesbach (vgl. ebd.). 230,17 Turn] ltere Nebenform zu ,Turm‘. – Wahrscheinlich der Fuchsturm auf dem etwa 330 m hohen Hausberg tstlich des Jenaer Zentrums, ein alter Bergfried, der zur mittelalterlichen Burg Kirchberg gehtrte, erst in den 1920er Jahren grundlegend erneuert und saniert. – Goethes Zeichnung von 1778 ist vermutlich nicht sberliefert. – Seit der Ausgabe von Wahle wird an dieser Stelle auf eine Zeichnung vom Jenaer „Hausberg mit dem Fuchsturm“ und „Ziegenhain“ verwiesen, zuerst im „Katalog der Goethe-Ausstellung 1861“ (Berlin 1861, S. 43, Nr 44a) nachgewiesen, heute verwahrt im Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin/Preußischer Kulturbesitz (vgl. Wahle, Goethe-Stein 1, 526, Anm. 19 [zu S. 130]). Diese Zeichnung wurde wahrscheinlich von Knebel auf „1809“ datiert; Femmel vermutet, dass diesem „auch die Zeichnung zuzuweisen sein dsrfte“ (Corpus VIb, 158, Nr A 320). 230,18 Zeichn von der Wartburg] Schon w|hrend des Aufenthalts auf der Wartburg im September 1777 waren mehrere Zeichnungen der Burg und ihrer Umgebung entstanden, von denen einige nachweislich in den Besitz Charlotte von Steins gelangten. Mtglicherweise stammt eine der undatierten Zeichnungen aus dem September 1778 (vgl. zu 167,17). 230,19 vielleicht radir ich sie] Von den Wartburg-Zeichnungen Goethes sind keine Radierungen sberliefert. 230,21 Der Herzog will Sie bald besuchen.] Laut Fourierbuch ging der Herzog am 26. September fsr „einige Tage“ nach Ilmenau (FB 1778, S. 173). Dass er bis zum 15. Oktober in Ilmenau und Ststzerbach blieb, belegen die Schatull-Rechnungen (vgl. ThHStA Weimar, Fsrstenhaus A 1077a, Bl. 17). Mtglicherweise plante er, frsher zursckzukommen und seine Rsckreise sber das etwa 45 km tstlich von Ilmenau gelegene Kochberg zu nehmen, wo sich Charlotte von Stein bis zum 13. Oktober 1778 aufhielt. 230,22 Ihre Zimmer werden hubsch.] Goethe ksmmerte sich w|hrend der Abwesenheit Charlotte von Steins um die Renovierung ihrer Wohnung an der Ackerwand wie schon vor dem Einzug der Familie im November 1777 (vgl. zu 176,1–2).
SEPTEMBER 1778
404. An Charlotte von Stein
779
Weimar, 28. September 1778 ! ÆKochbergæ
BERLIEFERUNG
H: GSAWeimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 98. – 1 Bl. 17,5(–18)621(–21,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: An Frau von / Stein., Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „53.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 54), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 184 f. WA IV 3 (1888), 249 f., Nr 747. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 231,1 Philip] Goethes Diener, Hausgenosse und Vertrauter Philipp Seidel. 231,1 Kirmes] Auch ,Kirmse‘ oder ,Kirms‘; mitteldt. Kurzform von Kirchmess; hier mit Bezug auf die Kochberger Kirmes, die immer am letzten Septemberwochenende stattfindet. 231,2 einen Alten Thurn] Vgl. zu 230,17. 231,3 bau und puz ich] Goethe beaufsichtigte im September und Oktober sowohl die Renovierungsarbeiten in der Wohnung der Familie von Stein wie auch die Umbauten im Fsrstenhaus (auch Landschaftshaus genannt), w|hrend der Herzog in dieser Zeit h|ufig abwesend war (vgl. zu 229,4). Im Tagebuch vermerkt Goethe Ende September: Ward das Wehr hinten am Landsch. H. ÆLandschaftshausæ gemacht. (GT I 1, 66.) 231,5 in meiner Pflicht wie die beruhmten fische in der Pfanne] Anspielung auf Wielands Versepos „Ein Winterm|hrchen“, dessen 1. Teil 1776 im Januar-Heft des „Teutschen Merkur“ erschienen war. Auf die wiederholte Frage „Fische, thut ihr eure Pflicht?“ antworten diese (S. 60 f.): Der Pflicht vergessen Wir Fische nie; Hab’n viele Msh, Sind spat und frsh, Rechnen und messen, Essen und vergessen, Und bauen Schltsser Und mahlen sie; H|ttens gern besser! Z|hlen die Sterne, Und rathen gerne, Und treffens nie.
780
BRIEFE 405/406
231,7 die Waldner] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise, eine Freundin Charlotte von Steins. 231,8 Tisch Nachbaar] An der fsrstlichen Tafel, wo Goethe z. B. am 25. September mittags unter den geladenen G|sten aufgefshrt wird (vgl. FB 1778, S. 173). 231,8 Unsre Hoffnungen] Die mit der Schwangerschaft der Herzogin Louise verbundenen Hoffnungen auf die Geburt eines Erbprinzen. Wie sehr diese damals das Leben am Weimarer Hof bestimmten, belegt u. a. auch der Briefwechsel Wielands mit Merck. Mitte Oktober 1778 schrieb Wieland: „Louise, die Geliebte – d. i. die i c h liebhabe, weil ich die Zeit her oft zu ihr nach Belvedere komme – f|hrt glsk[lich] im arondissement Æfranz.: Rundungæ ihres jungfr|ulichen Leibes fort, und Gott gebe daß sie uns einen Messias bringe der sein Volk dereinst selig mache! – Es wird zwar damit seyn, wie’s je und allzeit gewesen ist; aber die illusionen der Hofnung sind immer angenehm und gehtren schlechterdings mit zu Menschlich Natur und Wesen“ (WB 7 I, 126). Merck antwortete am 7. November: „Ich wsnschte bey Euch zu seyn, wenn der Prinz zur Welt kommt, um das Angesicht des Herzogs zu sehen. Mir ists, als wenn ich htre, daß sich Einer meiner guten Freunde aus Schulden gerissen hat. Es wird alsdenn haben All Fehd Ein End. Und Goethen wird man auch sein Daseyn besser verzeihen.“ (Merck, Briefwechsel 2, 179.) Vgl. auch Herder an Gleim, 3. November 1778 (HB 4, 71). – Am 3. Februar 1779 kam die Prinzessin Louise Auguste Amalie zur Welt. 231,8–9 den geheimen Treppen] Wahrscheinlich eine Anspielung auf die Umbauten im Fsrstenhaus, die in Vorbereitung auf die bevorstehende Geburt vorgenommen wurden (vgl. zu 235,9–10). 231,9 Wickelschnuren] Auch Wickelband, „ein langer schmaler Streifen Zeuges, neu geborne Kinder darein zu wickeln, die Wickelschnur, am h|ufigsten die Windel“ (Adelung 4, 1518). 231,12 Stein] Josias von Stein, der sich wahrscheinlich erst seit dem Vortag in Kochberg aufhielt, da er am 26. September noch Gast an der fsrstlichen Mittagstafel in Weimar war (vgl. FB 1778, S. 173). 231,12–13 die Kinder] Die Sthne Carl, Ernst und Friedrich von Stein. 405. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 1. Oktober 1778 ! Kochberg
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 99. – Doppelblatt ca. 14618,8 cm, /4 S. (S. 2) beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Frau / Oberstallmeister / von Stein / nach Kochberg, rotes Gemmensiegel: Shakespeare (vgl. Femmel/ Heres, 11 f.), untere Ecke ausgerissen durch Siegeltffnung; S. 1 oben rechts von
3
OKTOBER 1778
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fremder Hd, Tinte: „54“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 55), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 185. WA IV 3 (1888), 250, Nr 748. BEI L AG E
Pfirsiche (vgl. 231,16–17). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 231,15 wust und leer] In Anlehnung an die Anfangsverse der Genesis: „Und die erde war wsst und leer Æ:::æ.“ (1 Mose 1,2; Luther-Bibel 1772 AT, 1.) 231,15 in Ihren Wohnungen] Plural in Anlehnung an die Sprache der Bibel (z. B. Psalm 84,2; 87,2; 2 Mose 10,23). – Charlotte von Stein war seit dem 8. September in Kochberg (vgl. zu 229,2) 231,16 neu gemahlt] Vgl. zu 230,22. 231,16 die Pfirschen] Goethe gebraucht sberwiegend das im 18. Jahrhundert sbliche Femininum die ,Pfirsche‘ (vgl. zu 112,1). 231,20 Stein und die Kinder] Josias von Stein (vgl. zu 231,12) und die Sthne Carl, Ernst und Friedrich von Stein. 406. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 14. Oktober 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 100. – 1 Bl. 15,4(–15,8)69 (–10,5) cm, links breiter freier Rand (ca. 3,5 cm), 1/2 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „56a“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 57), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 185. WA IV 3 (1888), 250, Nr 749. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Goethe war laut Tagebuch am 11. Oktober 1778 Fruh nach Kochberg geritten und am 12. Fruh wieder zuruk (GT I 1, 66 f.). Wie der vorliegende Brief belegt, muss Charlotte von Stein sp|testens am 14. Oktober fsr eine Zeitlang nach Weimar gekommen sein. Aus dem Fourierbuch geht hervor, dass sie mindestens bis zum 23. Oktober blieb und in dieser Zeit mehrfach Gast an der fsrstlichen Tafel
782
BRIEF 407
war, so am 15., 19., 21. und 23. Oktober (vgl. FB 1778, S. 185, 189, 191, 193). Am 19. mittags und am 21. abends war auch Goethe zur Tafel geladen, an der anl|sslich des Besuchs der Erbprinzessin Auguste Friederike von BraunschweigLsneburg-Wolfenbsttel jeweils mehr als 20 Personen teilnahmen. Am 21. Oktober fand die Cour Ægroße Hofgesellschaftæ in Belweder statt (GT I 1, 67). Hthepunkt der offenbar zu Ehren des Gastes veranstalteten Festlichkeiten waren am 20. Oktober Auffshrungen des Weimarer Liebhabertheaters in Ettersburg. Aufgefshrt wurde Goethes Stsck „Das Jahrmarktsfest zu Plundersweilern. Ein Schtnbartspiel“ in der Fassung von 1778 (WA I 16, 8–39), in der Vertonung Anna Amalias und mit den Dekorationen von Georg Melchior Kraus und Anna Amalia, sowie Molixres Komtdie „Le mdecin malgr lui“ in der bersetzung von Friedrich Hildebrand von Einsiedel (zu den Mitwirkenden vgl. Sichardt, 152–154). 232,1 Tasche] Ein Geschenk Charlotte von Steins, sonst nicht wieder erw|hnt; im Erstdruck wurde irrtsmlich ,Tasse‘ gelesen, wogegen der graphische Befund spricht. 232,3 wenn Sie in Kochb. sind] Frshestens am 24. Oktober ging Charlotte von Stein wieder nach Kochberg, zumindest wird sie nach dem 23. nicht mehr als Gast der fsrstlichen Tafel erw|hnt. 407. An Charlotte von Stein ÆWeimar, kurz vor dem oder am 21. Oktober? 1778æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Gedichtbrief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Im Erstdruck wird er nach Nr 288 vom 6. Mai 1777 in die Zeit vor Charlotte von Steins Reise nach Kalbsrieth eingeordnet. Fielitz datiert ihn vermutungsweise auf den 17. Juni 1778, ebenfalls vor einer Reise Charlotte von Steins nach Kalbsrieth am Morgen des 18. Juni 1778. Ihre kurze Mitteilung auf der Rsckseite des Bl|ttchens, die „ein verlorenes Billett Goethes“ beantworte, soll dagegen vom 15. Juni stammen, und zwar „nach dem Fourierbuch, weil Æ:::æ an diesem Tage Frau von Stein und Goethe bei der Abendtafel dort waren“ (Fielitz, GoetheStein 1, 438, Anm. 1 [zu S. 134]). Petersen sbernahm zwar die Datierung 17. Juni 1778 fsr das Gedicht, vermutet aber, dass sich auch Charlotte von Steins Bemerkung auf eben dieses Gedicht bezieht, also erst nach dem Gedicht, welches sich Goethe zursckerbeten habe, niedergeschrieben wurde (vgl. Petersen, GoetheStein 1, 122, Nr 252; 587). In der Briefabteilung der WA wird ganz auf den Abdruck verzichtet. Eduard von der Hellen, Herausgeber des 6. Bandes, verweist in den „Lesarten“ zu Nr 1580, einem l|ngeren Gedichtbrief, der mit dem vorlie-
OKTOBER 1778
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genden Vierzeiler beginnt, lediglich auf die vorliegende Handschrift. Er nimmt an, sie habe „ihre Veranlassung vielleicht in dem Tode der Cornelia Schlosser“ gefunden (WA IV 6, 431, Anm. zu Nr 1580), sei also nach dem 16. Juni 1777 entstanden (vgl. zu 151,3). Fr|nkel bringt das Gedicht Goethes und die Antwortmarginalie Charlotte von Steins mit deren Kochberger Aufenthalt und der kurzen Rsckkehr nach Weimar etwa vom 14. bis 24. Oktober 1778 in Verbindung. In der ersten Auflage setzt er das Gedicht auf den Tag der vermuteten Abreise Charlotte von Steins, den 24. Oktober, die Antwortmarginalie auf den 21. Oktober, als Goethe und Charlotte von Stein gemeinsam an der Hofgesellschaft in Belvedere teilnahmen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 406; Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 124, Nr 280). In der zweiten Auflage nimmt er korrigierend an, dass beides vom 21. Oktober 1778 stammt (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 121, Nr 280; 3, 47, Anm. zu Nr 280). Der Inhalt des Gedichtbriefs verweist darauf, dass ein Abschied Goethes von Charlotte von Stein bevorstand. Auch die berlegung, dass sich ihre Bemerkung auf der Rsckseite des Bl|ttchens, sie gebe „nichts gern wieder“, was sie von Goethe habe, auf das auf der Vorderseite stehende Gedicht bezieht, erscheint plausibel. Ausgehend von der Annahme, das Gedicht gehtrt nach der Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) in den Jahrgang 1778, ktnnte die Mitteilung der Adressatin, die eine msndliche oder nicht sberlieferte schriftliche Bitte Goethes beantwortet, vom 21. Oktober stammen, das Gedicht also an diesem Tag oder kurz zuvor geschrieben worden sein. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 114. – 1 Bl. 19,2(–19,8)616 (–16,5) cm, grobes graues Konzeptpapier, unregelm|ßig beschnitten, 4 Zeilen beschr., egh., Bleistift, mehrfach diagonal gefaltet; Rs. in der Mitte diagonal von unten links nach oben rechts von Charlotte von Steins Hd, Tinte: Antwort auf eine msndliche Bitte oder ein nicht sberliefertes Billett Goethes (abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zum vorliegend Brief); Vs oben rechts von fremder Hd, Tinte: „86“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 89), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 99. WA I 4, 214 (als Gedicht; WA IV 6 [1890], 431, Anm. zu Nr 1580: Hinweis auf H). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Auf der Rsckseite des Bl|ttchens mit dem vorliegenden Gedicht findet sich folgende Mitteilung Charlotte von Steins, mtglicherweise eine Antwortmarginalie auf eine msndliche oder schriftliche, aber nicht sberlieferte Bitte Goethes:
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BRIEF 408
Ich geb nichts gern wieder was ich von Ihnen habe. In Belvedere seh ich Sie heute. (Vgl. berlieferung.) Wahrscheinlich hatte sich Goethe das Gedicht, geschrieben fsr Charlotte von Stein anl|sslich eines bevorstehenden Abschieds, von dieser zursckerbeten. 408. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, etwa 26. Oktober 1778æ ! ÆKochbergæ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) wurde der vorliegende Brief nach Nr 518 vom 8. August 1779 eingeordnet. Schtll datiert ihn im Erstdruck auf Ende Dezember 1778, seit Fielitz wird er vor Nr 411 vom 31. Oktober und 3. November 1778 gesetzt (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 142, Nr 281). Wie die Beilage nahelegt, wurde der Brief Ende Oktober 1778 geschrieben. Der Inhalt des Briefes verweist auf ein Datum um den 26. Oktober, nachdem Charlotte von Stein nach Kochberg zursckgekehrt war und ein Brief von dort Goethe erreicht hatte (vgl. die erste Erl|uterung zu 232,10; zu 232,11). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 18. – 1 Bl. 17,2617,3(–17,5) cm, 1 /2 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „37.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 98), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 191. WA IV 3 (1888), 250, Nr 750. BEI L AG E
ÆJohann Gottfried Herderæ: Lieder der Liebe. Die |ltesten und schtnsten aus dem Morgenlande, nebst vier und vierzig alten Minneliedern. ÆLeipzigæ 1778 (vgl. zu 232,12). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins etwa vom 24. oder 25. Oktober 1776 (vgl. zu 232,11). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 232,10 Ihre Abwesenheit] Wenn der Brief, wie nach der Beilage anzunehmen, von Ende Oktober 1778 stammt, dann ist hier Charlotte von Steins neuerlicher Aufenthalt in Kochberg gemeint. Sie war etwa am 14. Oktober nach Weimar
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zursckgekehrt und vermutlich am 24. wieder abgereist (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 406; zu 232,3). 232,10 wieder in meine Wohnung] Demnach hatte sich Goethe zuvor meist in der Wohnung der Familie von Stein an der Ackerwand aufgehalten, deren Renovierung er seit Anfang September 1778 beaufsichtigt hatte (vgl. zu 229,4). 232,11 mir Theil geben] Hier: ,mich teilnehmen lassen‘; mit Bezug auf einen nicht sberlieferten Brief, in dem Charlotte von Stein wahrscheinlich von ihrer Ankunft in Kochberg und dem Kochberger Leben berichtete. 232,12 Lieder der Liebe] Herders bertragung des alttestamentarischen „Hohenliedes“ (auch: das Hohe Lied Salomos), nach dem hebr|ischen Grundtext das „Lied der Lieder“ (das schtnste Lied), mit einem Anhang von bertragungen mittelalterlicher Minnelieder soeben anonym bei dem Leipziger Verleger Weygand erschienen (vgl. Beilage). Die biblische Sammlung von 25 bis 30 Liedern besingt die Liebe zwischen Mann und Frau, die eheliche Gemeinschaft, das Entzscken aneinander, Sehnsucht, Treue und die Herrlichkeit der erfsllten Liebe (vgl. zu 141,1–2). – Wie aus Herders Korrespondenz hervorgeht, versandte er Ende Oktober und Anfang November 1778 Exemplare der „Lieder der Liebe“ (vgl. HB 4, 70 f., Nr 56 und 57). 232,12–13 weisen Kvnig] Salomo, der Sohn Ktnig Davids, gilt als der weiseste Ktnig des Alten Testaments; das „Hohelied Salomos“ steht in der Bibel nach den „Sprschen Salomos“ und dem „Prediger Salomo“. 232,13 weisen Mann] Herder, der seiner bertragung des „Hohenliedes“ Kommentare beigab sowie die Kapitel „Ueber den Inhalt, die Art und den Zweck dieses Buchs in der Bibel“ und „Von Uebersezungen desselben, insonderheit Einer in alten Minneliedern“. – Obwohl der Weimarer Gesellschaft einschließlich Charlotte von Steins der Name des Autors bekannt war, geht Goethe hier auf Herders Spiel mit der Anonymit|t ein. 232,14–15 eine Ver~nderung Æ:::æ garstigen Zeugs anknupft] Wahrscheinlich eine Anspielung auf die bevorstehende Ernennung Goethes zum leitenden Mitglied der Kriegskommission. Herzog Carl August sbertrug diese Funktion am 5. Januar 1779 von Jacob Friedrich von Fritsch auf Goethe. Als Geheimer Legationsrat mit Sitz und Stimme im Geheimen Consilium war Goethe das ranghtchste Mitglied der Kriegskommission und somit dem zweiten Kriegskommissar Carl Albrecht von Volgstedt de jure vorgesetzt. Damit war Goethe ksnftig auch fsr Musterungen zust|ndig (vgl. zu 264,18).
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BRIEFE 409/410
409. An Jacob Friedrich von Fritsch
ÆWeimaræ, 30. Oktober 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 10–11. – Doppelblatt 19,7627,6 cm, /2 S. beschr., egh., Datum von Schreiberhd, Tinte; S. 4 Reste einer Oblate und Adresse, egh.: Des H‘. Geh.R. / von Fritsch / Exzel‘.; unter dem Brieftext Pr|sentatsvermerk, Tinte: „ps. d. 30 8br 1778. F.“ E: WA IV 3 (1888), 251, Nr 751 (Friedrich Strehlke). 1
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 233,1 Exzellenz] Diesen Titel trug Fritsch seit 1772 (vgl. zu 91,15). 233,2 diesen Mittag] Goethe sagte sich wegen offensichtlich dringender dienstlicher Angelegenheiten, die nicht bis zur n|chsten Sitzung des Geheimen Consiliums am 3. November aufgeschoben werden konnten, bei Fritsch zum Mittagessen an. Die letzte Sitzung des Geheimen Consiliums hatte am 28. Oktober stattgefunden. 233,3 die bekandte Sache] Vielleicht ging es um die bertragung der Leitung der Kriegskommission von Fritsch auf Goethe (vgl. zu 232,14–15).
410. An Johann Friedrich Krafft
Weimar, 2. November 1778 ! ÆGeraæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 1–2. – Doppelblatt 11,5618,4 cm, 3 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben von fremder Hd, Tinte: „78. Nov. 2tn“, oben rechts von fremder Hd (Schtll?, vgl. E), Bleistift: „1“; S. 4. nachtr|glich mit unbeschriebenem Bl. sberklebt. E: Briefe und Aufs|tze von Goethe (1846), 166 f., Nr 1. WA IV 3 (1888), 251 f., Nr 752 (nach E). BEI L AG E
Geld (vgl. zu 233,20). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet wahrscheinlich zwei nicht sberlieferte Briefe (233,13) Kraffts, die von Mitte oder Ende Oktober 1778 stammen dsrften. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.
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ber die Person, die sich hinter dem Pseudonym Johann Friedrich Krafft (gest. 1785) verbarg, ist wenig bekannt, u. a. dies, was Goethe in seinen „Tag- und Jahres-Heften“ fsr 1794 mitteilt: Ein wundersamer, durch verwickelte Schicksale nicht ohne seine Schuld verarmter Mann, hielt sich durch meine Unterstutzung in Ilmenau unter fremdem Namen auf. Er war mir sehr nutzlich, da er mir in Bergwerks- und Steuersachen durch unmittelbare Anschauung, als gewandter, obgleich hypochondrischer Gesch~ftsmann, mehreres uberlieferte, was ich selbst nicht h~tte bis auf den Grad einsehen und mir zu eigen machen kvnnen. (WA I 35, 37.) Selbst diese Informationen scheinen unzuverl|ssig, denn Goethe datiert aus großer zeitlicher Distanz den Aufenthalt Kraffts in Ilmenau, der von 1779 bis 1785 w|hrte, um ein Jahrzehnt zu sp|t. Auch dass dieser in Bergwerksangelegenheiten berichtet habe, ist nicht bekannt. Es ist anzunehmen, dass Goethe alle Krafft betreffenden Akten, Schriftstscke und perstnlichen Briefe – wie so viele andere – im Sommer 1797 vor seiner Reise in die Schweiz verbrannt hat. Einiges vernichtete er auch schon vorher. Anfang Januar 1794 schreibt er an Christian Gottlob Voigt: Hier folgen Kraftiana genug Æ:::æ. Bey der Gelegenheit da ich diese Papiere suchte habe ich noch manches gefunden und theils verbrannt, theils aufgehoben um es durch Ihre H~nde zum Vulcan gelangen zu lassen. (WA IV 18, 14; datiert nach dem Bezugsbrief, ebenfalls von Anfang Januar 1794 [vgl. RA 1, 276, Nr 844].) Zu dem, was verloren ist, gehtren vermutlich Kraffts Briefe an Goethe aus dem Herbst 1778, in denen er um Hilfe gebeten hatte, ferner die autobiographischen Aufzeichnungen, zu denen Goethe ihn in seinem Brief vom 11. Dezember 1778 ermunterte (vgl. 241,4), sowie die Ausfertigungen der Berichte aus Ilmenau, die Krafft in Briefform an Goethe schickte, schließlich eine Schrifft uber Lottos (268,19), fsr deren bersendung Goethe am 26. M|rz 1779 dankt. Da Goethe erkl|rte, Kraffts Lebensumst|nde seien ihm als Einzigem bekannt gewesen (vgl. seinen Brief an Gottlieb Theodor Weber, 26. August 1785; WA IV 7, Nr 2149), ist die Forschung auf das angewiesen, was indirekt aus den sberlieferten Briefen Goethes an Krafft hervorgeht sowie aus dessen Berichten aus Ilmenau, deren Konzepte sich erhalten haben. Sie finden sich in einer Kladde mit grsn-gelb-rot marmoriertem Deckel und folgendem Inhalt (H: GSA 62/37; im Folgenden abgeksrzt „Berichte“): Bl. 1–17 Bl. 18–33 Bl. 34–35 Bl. 36 Bl. 37–39 Bl. 40 Bl. 41–52
Kurtzer Begriff der Beschaffenheit von Ilmenau 2ter Beytrag zur Ilmenauischen Geschichte Noch etwas zur Zugabe vacat Noch was von Ilmenau, gehtrt nicht fsr aller augen vacat Beytr|ge zu den Ilmenauischen Sachen
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BRIEF 410
Bl. 53–73 Vom neuen Amtmann Bl. 74 vacat Bl. 75–80 Ilmenau den 28t Octobr. 1779 ÆBrief an Goethe; vgl. RA 1, 75, Nr 103æ Bl. 81–82 Ilmenau den 1t Novbr. 1779 ÆBrief an Goethe; vgl. RA 1, 75 f., Nr 104æ alte Paginierung: S. 1–24 Ilmenau den 29t Novbr. 1779 ÆBrief an Goethe; vgl. RA 1, 76, Nr 105æ Einige Informationen sber Krafft sind auch den Vorarbeiten zu einer von Goethe geplanten Biographie des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar (H: GSA 25/XLIV,9 sowie ThHStA Weimar, Historische Drucke und Schriften F 47–50) zu entnehmen, die Krafft im Auftrag Goethes anfertigte. Was sich auf diese Weise zusammentragen l|sst, ist dies: Aus Ilmenau schrieb Krafft, er komme aus einer „f e i n e r e n , den G e i s t n | h r e n d e n “ Umgebung (Berichte, Bl. 31v), vermutlich aus einer Großstadt, denn nach eigener Angabe war er „kleiner St|dte Lebensarth sberhaubt nicht gewohnt“ (ebd.). Vielleicht kam er aus Berlin. Jedenfalls berichtete er in seinem Brief an Goethe vom 11. November 1780, dass er in den 1760er Jahren dort war und mit dem Verleger und Schriftsteller Friedrich Nicolai zu tun hatte (in den Auszsgen zu einer Biographie des Herzogs Bernhard; H: GSA 25/XLIV,9; vgl. auch RA 1, 83, Nr 128), mtglicherweise als einer der Mitarbeiter an dessen „Beschreibung der Ktniglichen Residenzst|dte Berlin und Potsdam“ (Berlin 1769). Er scheint ein Amt in preußischen Diensten bekleidet zu haben: Goethe riet ihm in seinem Brief vom 11. November 1778, sein Inkognito zu wahren, aber den Titel Sekretair (236,12) zu behalten. Dazu passt, dass Krafft selbst in seinen Berichten schreibt: „So oft i c h was unternommen, ein Gesch|ffte verrichtet habe, habe ich mich n i e m a h l s a n Regeln des C o l l e g i i gebunden. Ich habe nach d e r Sache mich gerichtet, mir erst den mtglichst deutlichen Begriff davon zu wege bringen gesucht, und dann, so wie es meine gesunde Vernunft mich lehrte, solche behandelt. Ich bin immer gut dabey gefahren, noch nie hat ein Minister geklagt daß ich was nicht ordentlich besorgt h|tte“ (Berichte, Bl. 15v). An anderer Stelle heißt es: „Meine K|ntniße von hier ÆIlmenauæ muß ich nur nach und nach erlangen. Bey andern L|ndern halff mir meine Verbindung mit angesehenen Personen, meine ziemlich ansehnliche Aemter und Stellen die ich bekleidete, und da, wo ich nicht in Diensten war, mein Rang, der mir sberall Zutrit und Bekandtschafft machte, und der starcke Aufwand den ich machen konte.“ (Berichte, Bl. 18r.) Demnach ist Krafft gereist; dafsr sprechen auch die volkswirtschaftlichen Ausfshrungen in seinen Berichten aus Ilmenau, denen genaue Kenntnis der Verh|ltnisse in verschiedenen deutschen St|dten zugrunde liegt (vgl. Berichte, Bl. 32r, 63r).
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Dass Krafft sich mit tkonomischen Fragen besch|ftigt hatte, zeigen nicht nur seine detaillierten Analysen der wirtschaftlichen Missst|nde in Ilmenau, sondern auch eine Schrifft uber Lottos (268,19), die er verfasste (vgl. zu 268,19), sowie sein Goethe unterbreitetes Angebot, er ktnne ihm als verdeckter ,Inspektor‘ dienlich sein: „Was ich wolte daß denn zum Besten des Herzog‘. Intereße und des landes gesch|he, w|re dies: Es msßte iemand das g a n t z e land durchreisen, doch ohne Caracter, nur als privat Person. So viel er als privat Person ktnnte, Acht haben, wo Fehler st|cken, und wo Unordnungen Æ:::æ in die Machine des Staats Rads gekommen Æ:::æ. Freylich msste dann ein solcher Mann nicht mit denen Collegiis sondern nur mit e i n e m zu thun haben, der Macht h|tte die gesamlete K|ntniße zu nutzen.“ (Berichte, Bl. 47r.) Seine Briefe und Berichte weisen Krafft schließlich als gebildeten und belesenen Mann aus, dem lateinische Zitate ebenso zur Verfsgung stehen (vgl. Berichte, Bl. 12r, 24r, 46v, 61v) wie die Bezugnahme auf Literatur (vgl. Berichte, Bl. 35r, 45r, 80v). Welches Schicksal ihn getroffen und worin seine Mitschuld an seiner Notlage bestanden hat, bleibt im Dunkeln. Seine „Berichte“ enthalten lediglich einige Andeutungen: „Viele solcher Collegien wsrden an mir einen strengen Richter finden, da ich nicht zu heucheln, oder langsahm eine Sache zu treiben gewohnt bin. Ich schicke mich deswegen heutiges ------tages gar nicht zu einem Dienst großer Herrn, Ich wsrde alle Augenblick Anstoß haben, und nicht lange bleiben. Die Menge mit der ich gewiß streiten msste um diese lernæische Schlange in denen Collegiis auszurotten, wsrde mich bald unterdrscken.“ (Berichte, Bl. 2v/3r.) Dem entspricht das Bekenntnis: „Æ:::æ ich leide zu viel bey Ungerechtigkeiten, wenn sie mich gleich selbst nicht betreffen, meine Seele hat nun einmahl diese Richtung“ (Berichte, Bl. 46v). In Goethes Brief an ihn vom 10. Februar 1780 heißt es: Sie haben den Fehler der zu großen ngstlichkeit und daß Ihre immer gesch~ftige Imagination alles aneinander h~ngt, und uberall Sturz und Fall und das Ende aller Dinge zu sehen gewohnt ist. (WA IV 4, 175.) Damit korrespondiert folgende Feststellung in Goethes Brief vom 31. Januar 1781: Æ:::æ diese unselige Unruhe, die Sie jetzt martert, hat das Ungluck Ihres ganzen Lebens gemacht, und Sie sind mit 1000 Thalern nie zufriedener gewesen als jetzt mit den 200, weil Ihnen immer noch was zu wunschen ubrig blieb, und Sie sich nie gewvhnt haben, Ihre Seele in den Gr~nzen der Nothwendigkeit zu halten. (WA IV 5, 43 f.) Dieser Unbekannte hielt sich im Herbst 1778 in Gera auf und hatte von dort Goethe brieflich um Hilfe gebeten. Aus welchem Grund er Goethe zum Adressaten seines Hilfegesuchs machte, ist nicht bekannt. Mtglicherweise grsndete sich sein Vertrauen auf Goethe als Autor der „Leiden des jungen Werthers“, wie es im Jahr zuvor bei Friedrich Victor Leberecht Plessing der Fall gewesen war, der auch Rat suchende Briefe an Goethe geschrieben hatte (vgl. zu 179,15–18). Bekannt ist ebenso wenig, was Goethe bewog, dem ihm vtllig Unbekannten, den er erst
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BRIEF 410
zwei Jahre sp|ter, am 5. September 1780 in Ilmenau, perstnlich kennen lernte, allein aufgrund der Vorstellung von ihm, die er sich aus den Briefen (233,13) machte, Unterststzung in erheblichem Umfang zu gew|hren. Goethe selbst nannte in seinem Brief an Krafft vom 23. November 1778 iugendlichen guten Willen, Muth und Leichtsinn (238,19) als Motive seiner Hilfeleistung, die nicht nur in Zuspruch und Rat bestand, sondern auch in der bersendung von Kleidung, Stiefeln und Strsmpfen (vgl. 236,1) sowie Bschern (vgl. 278,16; 282,10–11), Zeitungen (vgl. 287,10) und Schreibutensilien (vgl. 285,5–6). Vor allem aber gew|hrte Goethe ihm jahrelang finanzielle Zuwendungen, die zun|chst 100 Reichstaler im Jahr betrugen, von 1781 an 200 Reichstaler, eine betr|chtliche Summe, die dem Einkommen eines mittleren Weimarer Kanzleibeamten entsprach. Darsber hinaus dsrfte sich Goethe an der Grenze zur Illegalit|t bewegt haben, wenn er einem Mann, der sich offensichtlich den Behtrden entziehen wollte, zu einer neuen Identit|t und einem Versteck verhalf (vgl. Nr 413). Seinem Vorschlag, ihn unauff|llig in Jena unterzubringen (vgl. 236,3–6; 237,20–238,3; 239,17–240,21), mochte Krafft, durch hypochondrische Angstlichkeit (239,16–17) gehindert, nicht folgen. Es gelang Goethe aber, ihn im Mai 1779 (vgl. Berichte, Bl. 41r]) zur bersiedlung nach Ilmenau zu bewegen, wo er von August an im Haus des Kaufmanns Julius Michael Rieth wohnte (vgl. die zweite Erl|uterung zu 286,1; außerdem zu 268,1–3). Um Krafft zu besch|ftigen, bat Goethe ihn, sich einen berblick sber die desolaten sozialen und tkonomischen Verh|ltnisse in Ilmenau zu verschaffen und ihm die gewonnenen Informationen in Form von Berichten zur Verfsgung zu stellen. Drei Berichte dieser Art sind im Konzept sberliefert (GSA 62/37; s. o.), zu Briefen an Goethe vom 28. Oktober, 1. November und 29. November 1779 (vgl. RA 1, 75 f., Nr 103–105). Darsber hinaus ließ Goethe seinen Schstzling fsr eine geplante, jedoch nicht zustande gekommene Biographie Auszsge aus Akten, das Leben des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar betreffend, anfertigen (vgl. oben; ferner RA 1, 83 f., Nr 128 f. und 131 f.). Schließlich betraute Goethe Krafft im Juli 1779 mit der Aufsicht sber Peter im Baumgarten (vgl. Nr 515), den schwer erziehbaren Schweizer Hirtenjungen, der in Ilmenau zum J|ger ausgebildet werden sollte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 281). Auch sber ihn lieferte Krafft Berichte und machte Vorschl|ge, wie auf dessen weitere Entwicklung Einfluss genommen werden ktnne (vgl. seine Briefe an Goethe vom 28. Oktober und vom 29. November 1779 [H: GSA 62/37, Bl. 78 f. und 23; vgl. RA 1, 75 f., Nr 103 und 105]). Krafft scheint sich auch um einen anderen Jungen geksmmert zu haben, Carl Ackermann, den Sohn des Ilmenauer Amtmanns Heinrich Anton Ackermann. Dessen |ltester Sohn Ernst Wilhelm Ackermann berichtet sberaus kritisch: „Dieser weit herum gewesene Mann ÆKrafftæ nahm unsern Karl ganz ein, hatte ihn Tagelang bei sich, und unterrichtete ihn in mancherlei Zweigen des Wissens, mag aber, wie wir sp|ter eingesehn, dem empf|nglichen
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Gemsth heillose Grunds|tze, vielleicht auch lascive Verirrungen beigebracht haben. Der Knabe wurde sehr verschlossen, und was er an Kenntnißen gewann, ging an Tugend verloren.“ (Lebensabriß E. Chr. W. Ackermann’s Æ:::æ nach eigenh|ndigen Niederschreibungen und aus den Papieren des Verewigten Æ:::æ entworfen von dessen jsngstem Sohne. Jena 1836, S. 42. – N|heres zu den Vorwsrfen konnte nicht ermittelt werden.) Bei aller Hilfe ließ es Goethe in einem Punkt an Unterststzung fehlen: bei Kraffts Wunsch, irgendein Amt im Herzogtum zu bekommen. Ein Grund dafsr war dessen Veranlagung; in Goethes Tagebuch heißt es im Mai 1780: Fur Krafft ists schade er sieht die M~ngel gut, und weis selbst nicht eine Warze wegzunehmen. Wenn er ein Amt h~tte wurf er alles mit dem besten Vorsaz durcheinander, daher auch seine Schicksaale (GT I 1, 111); er sei zwar ein edler Mensch, aber: In der N~he ists unangenehm so einen Nagewurm zu haben der, unt~tig einem immer vorjammert was nicht ist wie es seyn sollte. (Ebd.) Einen weiteren Grund lieferte Krafft, als Ende 1779 eine Untersuchung des Konsistoriums gegen ihn in Gang kam, die zu einer Geldstrafe fshrte. Vermutlich ging es um die Beziehung zu einer verheirateten Frau; Goethe notierte unter dem 17. Januar 1780 in sein Tagebuch: Kraffts Epistel p sexti. (GT I 1, 103; puncto sexti: bezsglich des christlichen Sechsten Gebots [nach der lutherischen und der rtmisch-katholischen Tradition], das den Ehebruch verbietet.) Statt auf Goethes Rat die Strafe stillschweigend zu zahlen, beantragte Krafft Straferlass; die Sache kam vor das Geheime Consilium, das dem Antrag stattgab. Damit aber war fsr Krafft der Weg in ein tffentliches Amt versperrt. Als er einige Jahre sp|ter noch einmal den Versuch unternahm, eine Anstellung zu erhalten, beschied Goethe ihn in einem Brief vom 3. September 1783: Æ:::æ es ist fur Ihren Gemuthszustand besser, daß Sie in der Stille leben. (WA IV 6, 193.) Dies tat Krafft zwei weitere Jahre in Ilmenau; Ende M|rz 1785 ging er nach Jena, aus welchem Grund, ist nicht bekannt. Dort traf ihn bereits am 23. Juli ein Schlaganfall, an dem er am selben Tag starb. Goethe sbernahm die Kosten fsr die Beerdigung, die am folgenden Tag stattfand; im Jenaer Kirchenbuch fsr 1785 heißt es:
|{z}
Herr Johann Friedrich 23. Julius gestorben 24. “ beerdigt Kraft, weder sein eigenthsmlicher Geburtsort, noch sbrige Lebens-Umst|nde, auch EhrenStand, sind von ihm nicht bekannt gemacht worden; welcher seint Æsint, seitæ 1 /4 Jahr von Weimar hieher gekommen, und fsr sich gelebet, starb schnell an einen Schlagfluß und wurde im Bette unvermuthet tod gefunden. (Abschrift in Hermann Mahrs Notizen zum Aufsatz „Kraffts Aufenthalt in Ilmenau“; GSA 62/5. – Darsber, dass sich Krafft in Weimar aufgehalten hat, bevor er in Jena eintraf, ist nichts weiter bekannt.)
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Von der Korrespondenz Goethes mit Krafft aus den Jahren 1778 bis 1783 sind 21 Briefe Goethes sberliefert, zwtlf davon aus dem Zeitraum des vorliegenden Bandes; acht weitere – aus der Zeit von Mai 1780 bis Juli 1781 – ktnnen aus Goethes Rechnungsbschern erschlossen werden (vgl. GR/RB 1780, 3, Bl. 3r; GR/RB 1781/82, Bl. 18r, 25r, 32r, 46r). Von Krafft sind acht Briefe an Goethe aus den Jahren 1779 bis 1781 sberliefert; sie enthalten die Berichte aus Ilmenau und die Exzerpte zur Biographie des Herzogs Bernhard von SachsenWeimar; der einzige perstnliche Brief, der sberliefert ist, stammt vom 26. oder 27. Dezember 1781 (vgl. RA 1, 90, Nr 154). Nicht sberliefert sind dagegen rund 22 Briefe Kraffts an Goethe, die sich aus dessen Antwortbriefen erschließen lassen (vgl. die Angaben zu Bezugsbriefen im vorliegenden und in den folgenden B|nden, ferner: Rudolf Diezel: Goethes geheimnisvoller Schstzling Johann Friedrich Krafft. In: Jahrbuch des Wiener Goethe-Vereins 94 [1990], S. 25, Anm. 17). Goethes Briefe sind offenbar aus Kraffts Nachlass an Charlotte von Stein gekommen; sie wurden zuerst von Adolf Schtll aus dem Kochberger Familienarchiv herausgegeben (vgl. Briefe und Aufs|tze von Goethe, 166–189). Seit 1925/26 werden die Handschriften im GSA aufbewahrt. – Literaturhinweis: Voigt, 84–107. 233,17–19 Um diesen Teich Æ:::æ wandle.] Im Johannes-Evangelium 5,1–9 wird vom Teich Bethesda in Jerusalem erz|hlt. In fsnf S|ulenhallen warteten dort viele Kranke darauf, durch ein Bad in dem Wasser geheilt zu werden. Ein Engel des Herrn stieg zu bestimmten Zeiten in den Teich hinab und ließ das Wasser aufwallen. Wer dann als Erster ins Wasser stieg, wurde gesund. Einen der Kranken, der schon Jahrzehnte krank war, aber ohne Hilfe das Wasser nicht erreichen konnte, heilte Jesus, indem er sagte: „Stehe auf, nimm dein bette, und gehe hin.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 98.) 233,20 was ich Ihnen geben kan] Als Soforthilfe schickte Goethe Krafft offenbar einen kleineren Geldbetrag, bevor er ihm von Januar 1779 an 25 Reichstaler pro Quartal zur Verfsgung stellte (vgl. 240,22–24). 233,22 Bleiben Sie Æ:::æ wo Sie sind] In Gera. 233,23–24 Melden Sie mir die Ankunft des Gelds] Ein entsprechender Brief Kraffts ist nicht sberliefert. 233,25 Kleid, Uberrock, Stiefeln, warmen Strumpfen] Mit seinem Brief vom 11. November 1778 (Nr 413) sandte Goethe diese Sachen nach Gera; der Brief traf allerdings eher ein als das dazugehtrige Paket, das aus Versehen liegen geblieben war (vgl. 236,19–20). 234,1 Balsams] Dem wohlriechenden Harz des arabischen Balsambaumes, angebaut auch in Pal|stina, wurde „eine heilende Kraft“ (Adelung 1, 706) zugesprochen. 234,1 kompendiosen] Hier: sparsam, bescheiden (lat. compendium: [u. a.] Ersparnis). 234,2 des dienstfertigen Samariters] Im Evangelium des Lukas 10,29–37
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fragt ein Gesetzeslehrer Jesus, wer denn sein N|chster sei, den er lieben solle wie sich selbst. Darauf erz|hlt Jesus die Geschichte eines von R|ubern halbtot geschlagenen Mannes, dem weder von einem Priester noch von einem Leviten, die vorsberkamen, geholfen wurde. Erst ein Mann aus Samaria nahm sich seiner an. 411. An Charlotte von Stein ÆWeimaræ, 31. Oktober und 3. November Æ1778æ ! ÆKochbergæ DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) wurde der vorliegende Brief zwischen die Briefe vom 14. Oktober und vom 15. November 1778 (Nr 406 und 414) eingeordnet. Seit dem Erstdruck wird er im Jahr 1778 belassen, wofsr auch der Inhalt spricht (vgl. zu 235,3; zu 235,9–10). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 101. – Doppelblatt ca. 11,5618,3 cm, Briefpapier mit Goldschnitt, 4 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „57.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 59), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 186–188. WA IV 3 (1888), 253–255, Nr 753. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 234,6 Kestnern] Johann Friedrich K|stner, Hauslehrer der |lteren Sthne Charlotte von Steins, der offenbar nicht nur Goethes Interesse am Zeichnen teilte. 234,6 Moose von allen Sorten] Gemeint sind wahrscheinlich klassische Sorten wie Horn-, Leber- und Laubmoose. Zur Besch|ftigung mit den Moosen ktnnte Goethe die Diskussion um die von Carl von Linn als Kryptogamen (von griech. jqtpsoŁ|: verborgen, heimlich; calei“ m: verm|hlen, begatten) bezeichneten Pflanzen angeregt haben, die keine |ußerlich erkennbaren Blsten und Samen aufweisen. Zu ihnen gehtren auch die Moose, von denen bis in die 1770er Jahre nicht bekannt war, auf welche Weise sie sich geschlechtlich vermehren, fsr Linn das Charakteristikum aller Lebewesen und Grundlage seiner Systematik. 1774 entdeckte Johannes Hedwig unter dem Mikroskop die m|nnlichen und weiblichen Sexualorgane der Laubmoose und entwickelte eine Theorie der Zeugung und Befruchtung der Kryptogamen. Dass Goethe 1778 bereits damit vertraut war, l|sst sich nicht belegen. Mit Linns Systematik war er w|hrend seiner Leipziger Studienzeit bekannt geworden, als er am Mittagstisch des Botanikers und Mediziners Christian Gottlieb Ludwig teilnahm (vgl. GB 1 II, zu 24,5–7). Goethes sich um die
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BRIEF 411
Jahreswende 1778/79 verst|rkendes botanisches Interesse wird auch durch die Anschaffung von Linns Werken „Nomenclator botanicus“, „Systema plantarum“ und „Termini botanici“ belegt (vgl. Buchh|ndlerrechnung und Quittung Carl Ludolf Hoffmanns vom 29. M|rz 1779; GR/Belege 1779, Bl. 17); die beiden zuletzt genannten Titel sind in Goethes Bibliothek sberliefert (vgl. Ruppert, 692 f., Nr 4821 und 4824). 234,7 Sch~fer] N|heres zu seiner Person konnte nicht ermittelt werden. 234,11 der Komet im Spiel] Im ,Kometenspiel‘, einem historischen Kartenspiel mit franztsischem Blatt, konnten die mit einem Kometenzeichen versehenen Kreuz- und Karo-Neun-Karten als eine Art Joker fsr alle Bl|tter eingesetzt werden. 234,12–14 Der Philosoph Æ:::æ seinem Herzen nicht folgen kann.] Dies und das Folgende wohl noch in metaphorischer Anspielung auf das eben erw|hnte ,Kometenspiel‘. – Wie auch Goethes wiederholte Erw|hnungen in seinen Briefen an Charlotte von Stein nahelegen, war Kartenspielen ein bevorzugter abendlicher Zeitvertreib nicht nur in der htfischen Gesellschaft. 234,17 H e r z in W i z zu korrigiren] Vgl. die Variante zu 234,13; im Kontext Anspielung auf die gegens|tzlichen Bedeutungen von ,Herz‘ und ,Witz‘; im 18. Jahrhundert wurde ,Herz‘ im metaphorischen Sinn gemeinhin als „Sitz der Seele und Æ:::æ der innern Empfindungen“ betrachtet (Adelung 2, 1145), w|hrend ,Witz‘ den „Verstand sberhaupt“ bezeichnete, in engerer Bedeutung den Scharfsinn als „Vermtgen Æ:::æ, verborgene Unterschiede aufzufinden“ (ebd. 4, 1586). 234,19 Steinen Æ:::æ das Zettelchen mitzugeben] Laut Fourierbuch war Josias von Stein am 2. November 1778 noch Gast bei der mitt|glichen Hoftafel, danach wird er bis zum 19. November nicht wieder erw|hnt (vgl. FB 1778, S. 200 und 209). Er ktnnte also am 2. oder 3. November nach Kochberg gereist sein. – Zettelchen: wahrscheinlich der Briefteil vom 31. Oktober. 234,22 Seckend.] Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Kammerherr Carl Augusts, als Gelegenheitsdichter, Komponist und Veranstalter von Redouten, Theaterauffshrungen und Konzerten eine der Ststzen der Weimarer Hofgesellschaft. 234,23 las ich was das zu lachen machte] Der Kontext l|sst vermuten, dass Goethe aus Hans Sachs’ Fastnachtsspiel „Das Narrenschneiden“ (1534) vorgelesen hat, das er fsr eine Auffshrung des Weimarer Liebhabertheaters bearbeitete. 234,24–25 Ich habe wieder eine Scheere zugerichtet Æ:::æ zu schinden.] In Anspielung auf den Titel des Fastnachtsspiels von Hans Sachs. ,Narrenschneiden‘ oder ,Narrenschnitt‘ bezeichnet eine mittelalterliche Form der Trepanation, bei der die Sch|deldecke getffnet wurde, um ,Steine‘ zu entfernen und so den vom Wahnsinn Befallenen zu heilen. – Eine Auffshrung des „Narrenschneidens“ nach Hans Sachs durch das Weimarer Liebhabertheater wird fsr den 11. Dezem-
OKTOBER/NOVEMBER 1778
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ber 1778 vermutet, l|sst sich aber nicht belegen. Dagegen verweist eine Rechnung Philipp Seidels vom 20. Juli 1779 (ThHStA Weimar, Fsrstenhaus A 935, Nr 1237) auf eine Auffshrung im Sommer 1779 (vgl. Sichardt, 154, 157). 234,26 Theater Bau] Offenbar im Zusammenhang mit den Pl|nen zu einem Theater-Neubau, die der Bauunternehmer Anton Georg Hauptmann dem Herzog schon im April 1778 unterbreitet hatte. Mit seinem „Vorschlag zu Erbauung eines ger|umlichen Haußes fsr das Theater, worinnen zugleich ein großer und zur Redoute schicklicher Saal und Gallerie“ vom 2. April 1778 erbat er insgesamt 1500 Reichstaler (Akte „Das von dem Hof-J|ger, Hauptmann, allhier, angebrachte Gesuch um einen Vorschuß von 1500 rthlr. zu Erbauung eines Haußes fsr das Theater und die Redoute betr. Æ:::æ“; ThHStA, Weimar, Bausachen B 9158a). Die Vorschl|ge wurden schließlich Anfang 1779 angenommen und das Geld bewilligt. Der Bau des neuen Komtdienhauses gegensber dem Wittumspalais im so genannten Eichmannischen Garten war Anfang 1780 vollendet (vgl. zu 355,23–25). 235,1 Risse krizzle] Architektur-Skizzen Goethes sind aus dieser frshen Zeit nicht sberliefert. In die im Laufe der Jahre 1778 und 1779 von Hauptmann vorgelegten Pl|ne dsrften jedoch auch Goethes Vorstellungen eingegangen sein. Nachweislich ab dem 7. Dezember 1778 besch|ftigte er sich mit dem Werk des franztsischen Baumeisters und Architekturtheoretikers Jacques Franois Blondel und fertigte Zeichnungen von Gesimsen, S|ulen und Kapitellen an (vgl. GT I 1, 67 f.; vgl. Ruppert, 340, Nr 2328; 339, Nr 2327). 235,3 das Schauspiel in Ettersb] Am Freitag, dem 6. November, fand in Ettersburg die zweite Auffshrung von Goethes „Jahrmarktsfest zu Plundersweilern“ statt, nachdem es am selben Ort bereits am 20. Oktober aufgefshrt worden war (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 406). 235,4 Landunlust] Okkasionelle Wortschtpfung Goethes, nur in diesem Kontext belegt, in Abwandlung zu ,Landlust‘; in Anspielung auf die sommerlichen Theaterauffshrungen in Ettersburg, wo es mehrere improvisierte Bshnen gab, darunter auch eine kleine Naturbshne (vgl. Sichardt, 25–29). 235,4 Mardochai] Die Rolle des vom Tode bedrohten Pflegevaters und Geldverleihers der Ktnigin Esther im „Jahrmarktsfest“ hatte Goethe schon in der ersten Auffshrung am 20. Oktober gespielt, außerdem noch die Rollen des Marktschreiers und des Hamann (vgl. Sichardt, 153 f.). 235,8 wirds von Belvedere hereinkommen] Laut Fourierbuch zog die Herzogin Louise erst am 20. November „von Bellvedere wiederum in die Stadt“ (FB 1778, S. 210). 235,9–10 die Sorge fur Fusbvden, Ofen, Treppen und Nachtstuhle] In Vorbereitung der Niederkunft der Herzogin, die am 3. Februar 1779 ihre erste Tochter Louise Auguste Amalie zur Welt brachte, wurden seit Herbst 1778 im Fsrstenhaus Renovierungs- und Umbauarbeiten durchgefshrt. Dass Goethe mit
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BRIEFE 412/413
deren Beaufsichtigung betraut war, belegen seine Tagebucheintr|ge vom September und Oktober (vgl. GT I 1, 66). 235,13 Kinder] Carl, Ernst und Friedrich von Stein. 235,14 Die Waldnern] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, die damals 30-j|hrige Hofdame der Herzogin Louise (vgl. zu 104,28). 235,15–16 Mauern und H~ngewercke] Vgl. zu 231,3. 235,16 Misels] Junge M|dchen (vgl. zu 22,10). 412. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 9. November 1778 ! Kochberg
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 102. – Doppelblatt 16,8(–17,1) 620,5(–20,8) cm, 2/3 S. (S. 1) beschr., egh., Tinte; S. 3 Adresse: An Fr. v. Stein / nach / Kochberg, Reste zweier roter Siegel: Weimarer und Eisenacher fsrstliche Kanzleisiegel (dienten nicht als Verschluss dieses Briefes); neben dem Mittelbruch Heftspuren und Reste einer ursprsnglichen Heftung (wiederverwendetes Kanzleipapier); S. 1 oberes Drittel durchgeschriebene Schrift; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „59“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 61), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 188. WA IV 3 (1888), 255, Nr 754. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 235,21 keine Hinderniss mehr herzukommen] Die Renovierungsarbeiten in der von Steinschen Wohnung waren demnach abgeschlossen (vgl. zu 230,22). Mindestens bis zum 21. November blieb Charlotte von Stein noch in Kochberg (vgl. zu 237,14), w|hrend ihr Mann schon seit dem 19. November wieder regelm|ßiger Gast an der fsrstlichen Tafel in Weimar war (vgl. FB 1778, S. 209). 235,22 mit besemenen gekehrt] ,Besemenen‘ versehentlich fsr ,Besemen‘: Plural zu oberdt. Besem: Besen. – Mtglicherweise in Anlehnung an eine Stelle in Luthers Bibelsbersetzung (Lukas 11,25): „Und wenn er kommet, so findet ers mit besem gekehret, und geschmscket.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 75.) 235,27 Steinen und die Kinder] Josias von Stein und die drei Sthne Carl, Ernst und Friedrich. 235,29 am grunen Tisch in der Canzley] Vgl. auch die Art des Briefpapiers und der Siegel in der berlieferung. – Die Geheime Kanzlei, wo auch die Sitzungen des Geheimen Consiliums stattfanden, war im so genannten Roten Schloss untergebracht (vgl. die erste Erl|uterung zu 83,2). Der 9. November
NOVEMBER 1778
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1778 war allerdings kein Sitzungstag, die vorhergehende Sitzung des Consiliums hatte am Freitag, dem 6. November, stattgefunden, die n|chste fand am Dienstag, dem 10. November, statt (vgl. Sessionskalender 1776–1786; AS 1, LXXII). – Die Formulierung am grunen Tisch ktnnte hier noch wtrtlich gemeint sein; mit grsnem Leder, Samt oder anderem Material bezogene Tische waren in Kanzleien oder fsrstlichen Beratungszimmern sblich. 413. An Johann Friedrich Krafft
Weimar, 11. November 1778 ! ÆGeraæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 3. – 1 Bl. 18,9627,8 cm, 2 S. beschr., egh., Tinte; Bl. nachtr|glich mit Falz an einem unbeschriebenen Bl. befestigt; S. 1 oben Mitte von fremder Hand, Tinte: „78. Nov. 11tn“, oben rechts von fremder Hd, Bleistift: „4“. E: Briefe und Aufs|tze von Goethe (1846), 167 f., Nr 2. WA IV 3 (1888), 255 f., Nr 755 (nach E). BEI L AG E
Geld (236,2). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Krafft antwortete am 17. und 18. November 1778 (vgl. 237,19); die Briefe sind nicht sberliefert. 236,1 Uberrock Stiefel und Strumpfe] berrock: „ein Rock geringerer Art, welchen man sber die ordentliche Kleidung ziehet, Æ:::æ der also von dem Oberrocke noch verschieden ist.“ (Adelung 4, 768.) – Die Sachen hatte Goethe schon in seinem ersten Brief an Krafft vom 2. November 1778 angeboten (vgl. 233,25–26). 236,2 Mein Plan fur Sie] Kraffts hypochondrische Angstlichkeit (239,16–17) hinderte ihn, Goethes Vorschlag, nach Jena zu gehen, anzunehmen. Dies geht aus Goethes Brief vom 11. Dezember 1778 hervor, der auf einen nicht sberlieferten Absagebrief Kraffts vom 7. Dezember 1778 antwortet (vgl. 239,10). Von Mai 1779 an lebte Krafft sechs Jahre lang in Ilmenau. 236,9 Recktor] Im Wintersemester 1778/79 war der Theologieprofessor Ernst Jakob Danovius Rektor der Universit|t Jena. – Ob und auf welchem Wege ihm Krafft empfohlen wurde, konnte nicht ermittelt werden. 236,10 Ackademie] Hier synonym mit Universit|t; im Fall von Jena sprach Goethe h|ufiger von ,Akademie‘ als von ,Universit|t‘ (vgl. GWb 1, 314). 236,12 leidlichen] Leidlich: ertr|glich (vgl. Adelung 2, 2011); hier im Sinne von ,glaubhaft‘, ,plausibel‘.
798
BRIEFE 414–416
236,12 Roman] Im 18. Jahrhundert „jede erdichtete, wunderbare Geschichte“ (Adelung 3, 1154). 236,12–13 den Titel Sekretair behalten] Dies deutet mtglicherweise auf Kraffts frsher ausgesbte T|tigkeit hin (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 410). 236,14 Burgemeister] Zeitgentssisch fsr ,Bsrgermeister‘. 236,19 das Pack liegen blieben] Die ebenfalls zur bersendung vorgesehene Kleidung (vgl. 236,1) wurde also erst sp|ter abgeschickt. 236,19–20 der Brief kann aber noch fort] Pakete wurden von der ,fahrenden Post‘ (Postkutsche) beftrdert, Briefe in der Regel durch die ,reitende Post‘ (Postreiter). 236,21 Packt] Zusammengezogen aus ,Packet‘, veraltet (vgl. Grimm 13, 1405). 236,25–26 Ich weis Æ:::æ auf den Hals binden] Seit August 1777 hatte Goethe die Fsrsorge fsr den schweizerischen Hirtenjungen Peter im Baumgarten, den Pflegesohn seines verstorbenen Freundes Heinrich Julius von Lindau, sbernommen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 281). Außerdem korrespondierte Goethe seit Januar 1778 mit Friedrich Victor Leberecht Plessing in Wernigerode, einem jungen Mann, der wie Krafft unter Hypochondrie und Melancholie litt und sich 1777 ebenfalls Hilfe suchend an Goethe gewandt hatte (vgl. zu 179,15–18). 414. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 15. November 1778 ! ÆKochbergæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 101. – 1 Bl. 13,8(–14)613,5 (–13,8) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „58“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 60), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 188. WA IV 3 (1888), 257, Nr 756. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 237,7 Der Herzog hat besser Wetter zu seinem Ritt] Wahrscheinlich im Unterschied zu Goethes Ritt nach Kochberg am 11. Oktober (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 406). Der herzogliche Ausritt nach Kochberg ist auch durch die Schatullrechnungen belegt. Unter dem 15. November werden „7 ÆReichstaleræ, 1 ÆGroschenæ, 6 ÆPfennigeæ Reisekosten Serenissimi nach Kochberg“ sowie „12 ÆReichstaleræ Trinckgeld daselbst“ vermerkt (ThHStA Weimar, Fsrstenhaus A 1077a, Bl. 12).
NOVEMBER 1778
799
237,9 wenn Sie wieder kommen] Vgl. zu 237,14. 237,11 die Kinder] Charlotte von Steins Sthne Carl, Ernst und Friedrich. 415. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 21. November 1778 ! ÆKochbergæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 102. – 1 Bl. 17,368,2(–8,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „60.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 62), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 189. WA IV 3 (1888), 257 f., Nr 757. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins etwa vom 20. November (vgl. zu 237,14). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 237,14 dass Sie kommen] Der Tag der Rsckkehr Charlotte von Steins, die sie wahrscheinlich in einem nicht sberlieferten Brief angeksndigt hatte, ist ungewiss. Erst am 5. Dezember erw|hnt Goethe im Tagebuch einen abendlichen Besuch bei ihr (vgl. GT I 1, 67). 237,15 der Herzogin] Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 237,16 Ihrer Ankunft] Von Belvedere (vgl. zu 235,8). 237,17 Frizen] Friedrich von Stein. 237,17 das versprochne] N|heres nicht ermittelt. Wie Goethe seinen Briefen an Charlotte von Stein Lebensmittel, Blumen und andere Gaben beilegte (vgl. zu 135,2–3), so beschenkte er h|ufig auch ihre Sthne, insbesondere den jsngsten Sohn Friedrich. 237,18 furs uber schickte] Vielleicht Lebensmittel aus Kochberg. 416. An Johann Friedrich Krafft BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 23. November 1778 ! ÆGeraæ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 4. – 1 Bl. 19,8627,4 cm, 1 4/5 S. beschr., egh., Tinte; Bl. nachtr|glich mit Falz an einem unbeschriebenen Bl. befestigt; S. 1 oben Mitte von fremder Hd, Tinte: „78 Nov. 23tn“, oben rechts von fremder Hd, Bleistift: „2.“; Einkommen Æ:::æ Gluckliche zu (238,7–12)
800
BRIEF 417
durch einen schr|gen Strich von fremder Hd gestr., Tinte (vermutlich Streichung des ganzen dritten Absatzes oder versehentlicher Tintenabdruck). E: Briefe und Aufs|tze von Goethe (1846), 169 f., Nr 3. WA IV 3 (1888), 258 f., Nr 758 (nach E). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet Kraffts nicht sberlieferte Briefe vom 17. und vom 18. November 1778 (vgl. 237,19). – Krafft antwortete vermutlich am 7. Dezember 1778 (vgl. 239,10); der Brief ist nicht sberliefert. 238,1–2 der in Jena Æ:::æ leben wolle] Den Vorschlag, nach Jena zu gehen und sich an der Universit|t einschreiben zu lassen, hatte Goethe Krafft in seinem Brief vom 11. November 1778 (Nr 413) gemacht. Wer sich in die Matrikel einer Universit|t einschrieb, wurde akademischer Bsrger und als solcher akademischer Gerichtsbarkeit unterstellt. Die Universit|t war erste Instanz fsr alle Studenten, Professoren, Universit|tsbedienstete und sonstigen akademischen Bsrger. Diese unterstanden dem Prorektor der Universit|t und waren dem Zugriff von Justiz und Polizei von Seiten herrschaftlicher Gerichte entzogen. Die Autonomie der Universit|t schstzte ihre Angehtrigen ebenso vor der bsrgerlichen Gerichtsbarkeit des Stadtrats Jena. – Zur Bezeichnung ,Akademie‘ vgl. zu 236,10. 238,5 Ihnen mehr sagen] Ein entsprechender Brief Goethes an Krafft ist nicht bekannt. 238,6–8 Sie sind mir nicht zur Last Æ:::æ spaaren kvnnte.] Goethe unterststzte Krafft von Januar 1779 an mit 100 Reichstalern, von 1781 an mit 200 Reichstalern j|hrlich. 238,11 Elenden] ,Elend‘ hier sowohl im Sinn von ,unglscklich‘, ,bemitleidenswert‘ als auch in der ursprsnglichen (mhd.) Bedeutung ,heimatlos‘, ,verstoßen‘; in dieser Weise spricht Iphigenie (in der ersten Prosafassung von 1779) von elendschweifender Verdammniß (WA I 39, 333). 238,12 geizen] Gierig trachten, verlangen (vgl. Grimm 5, 2817). 238,13 wo Sie mir nuzlich seyn kvnnen] ber die Aufgaben, die Goethe Krafft sbertrug (Berichte sber die Stadt Ilmenau, Exzerpte aus Akten zum Leben des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar, Aufsicht sber Peter im Baumgarten), vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 410. 238,17 Cautelen] Vorsichtsmaßnahmen (von lat. cautio/cautela: Vorsicht). 238,24 Altenburg] Stadt im Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg, etwa 30 km nordtstlich von Gera gelegen, mit der Krafft offenbar Hoffnungen verband. 238,25 sehr lang gelaufen] Der Bezugsbrief zu Goethes Brief vom 11. Dezember 1778 (Nr 419) war vier Tage unterwegs (vgl. 239,10).
NOVEMBER 1778
417. An Carl Ludwig von Knebel
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ÆWeimar, 30. November 1778æ ! ÆTiefurtæ
DAT I ERU N G
Der Brief bezieht sich auf Knebels Geburtstag am 30. November 1778 (vgl. berlieferung). BERLIEFERUNG
H: Goethe-Museum Dssseldorf, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, Sign.: NW 21418/2006. – Doppelblatt 10,6(–10,9)617,4 cm, 2/3 S. beschr. (quer), egh., Tinte; oben rechts sber dem Text von fremder Hd (Knebel?): „30 Nov. 1778.“; S. 4 Bemerkung von fremder Hd (sp|terer Schreiber), Bleistift: „Begleitschreiben Goethes an Henriette Wolfskeel (vereh. Btlsch) / 30. Nov. 1778.“ E: Goethe-Knebel 1 (1851), 10, Nr 11 (nach H). WA IV 3 (1888), 259, Nr 759 (nach E). BEI L AG EN
Geschencke (238,28). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 238,28–29 Geschencke Æ:::æ zum Geburtstag] Am 30. November 1778 wurde Carl Ludwig von Knebel 34 Jahre alt. N|heres sber die Geburtstagsgeschenke konnte nicht ermittelt werden, ebenso wenig darsber, wer im Einzelnen die Freundinnen und Freunde waren. 239,1–2 Da ich aber kaum Æ:::æ Zeit habe] Zu Goethes Gesch|ften im November 1778 gehtrten die berwachung der Umbauarbeiten im Fsrstenhaus, Angelegenheiten des Geheimen Consiliums, an dessen Sitzungen er am 18., 25. und 27. November sowie am 1. Dezember teilnahm (vgl. AS 1, LXXII), desgleichen die Unterststzung von Johann Friedrich Krafft (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 410). Darsber hinaus fehlte ihm mtglicherweise die rechte Stimmung zum Dichten; in sein Tagebuch notierte er ohne genaues Datum zwischen November und Dezember 1778: Besorgniss fur Krafften. Knebels Hypochondrie. Æ:::æ War zugefroren gegen alle Menschen. (GT I 1, 67.) Was Knebel angeht, so hatte Goethe bereits unter dem 31. Juli 1778 in sein Tagebuch geschrieben: Knebel hat eine falsch wahre Hypochondrische Art die sachen zu sehn die ihm wird bvs spiel machen. (GT I 1, 65.)
802
BRIEFE 418/419
418. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 10. Dezember 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 104. – 1 Bl. 11,569,3(–9,5) cm, 2 /3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „64“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 66), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 189. WA IV 3 (1888), 261, Nr 761. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief Charlotte von Steins, wahrscheinlich vom 10. Dezember 1778, ist nicht sberliefert (vgl. 241,12). Der vorliegende Brief ist der erste (datierte) Brief, den Goethe in Weimar von Haus zu Haus verschickte, nachdem Charlotte von Stein aus Kochberg zursckgekehrt war, wo sie sich mit kurzer Unterbrechung seit dem 8. September 1778 aufgehalten hatte (vgl. zu 229,2). 239,4 Vorm Jahr Æ:::æ war ich auf dem Brocken] Vgl. 184,22–24. 239,4–5 verlangte von dem Geist Æ:::æ nun erfullt ist] Vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 309. 239,6–7 Behalten Sie mich lieb] Seit dem 5. Dezember werden in Goethes Tagebuch wieder regelm|ßig Besuche bei Charlotte von Stein erw|hnt. Dennoch hatte sich nach der fast zehnwtchigen Trennung das frshere vertraute Verh|ltnis noch nicht vtllig wiederhergestellt. Am Mittag des 9. Dezember war Goethe bei der Freundin zum Mittagessen, wozu er bemerkt: wenig aber gut nach Tisch gesprochen, sie ÆCharlotte von Steinæ kommt mir immer liebenswurdig vor, obgleich fremder. (GT I 1, 68.) Der n|chste Besuch fand laut Tagebuch erst am 15. Dezember statt (vgl. ebd.). 239,7 durch die Eiskruste] Schon Anfang Dezember hatte Goethe in sein Tagebuch eingetragen: War zugefroren gegen alle Menschen. (GT I 1, 67.)
419. An Johann Friedrich Krafft DAT I E RU N G
ÆWeimaræ, 11. Dezember Æ1778æ ! ÆGeraæ
Die fehlende Jahreszahl ergibt sich aus dem Inhalt des Briefes.
DEZEMBER 1778
803
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 5–6. – Doppelblatt 17,2620,7 cm, nachtr|glich mit Falz an unbeschriebenem Bl. befestigt, 4 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben Mitte von fremder Hd, Tinte: „78. Dec. 14tn“, oben rechts von fremder Hd, Bleistift: „3“; S. 4 am rechten Rand von fremder Hd, Tinte: „Hillkenhacke“. E: Briefe und Aufs|tze von Goethe (1846), 170–172, Nr 4. WA IV 3 (1888), 262–265, Nr 766 (nach E). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Kraffts vom 7. Dezember 1778 (vgl. 239,10). – Der Antwortbrief, auf den sich Goethes Brief vom 3. Januar 1779 (Nr 452) bezieht (vgl. zu 255,3), ist ebenfalls nicht sberliefert. Im Bezugsbrief hatte Krafft Goethes Vorschlag, eine Zeitlang in Jena zu leben, den er ihm in seinen Briefen vom 11. und vom 23. November 1778 (Nr 413 und 416) gemacht hatte, abgelehnt. Ursache war seine hypochondrische Angstlichkeit (239,16–17), die Goethe veranlasste, im vorliegenden Brief beschwichtigend auf den Adressaten einzuwirken und in aller Behutsamkeit – etwa im gezielten Gebrauch des Konjunktivs – den Versuch zu unternehmen, ihn umzustimmen. Eine detaillierte Analyse des Brieftextes und der verwendeten stilistischen Mittel hat Albrecht Schtne vorgelegt: Versuch sber Goethesche Humanit|t. Oder: Zum Gebrauch des Konjunktivs Plusquamperfekt in einem Brief an Johann Friedrich Krafft. In: Herkommen und Erneuerung. Essays fsr Oskar Seidlin. Hrsg. von Gerald Gillespie und Edgar Lohner y. Tsbingen 1976, S. 103–126. 239,12 hundert Thaler] Goethe unterststzte Krafft von Januar 1779 an mit 100 Reichstalern, von 1781 an mit 200 Reichstalern j|hrlich. 239,12 wo Sie sich aufhalten] Krafft siedelte im Mai 1779 nach Ilmenau sber, wo er bis 1785 blieb. 239,15 das Bild das Sie sich von Jena machen] Im 18. Jahrhundert galten die Studenten der Universit|t Jena als besonders disziplin- und sittenlos. Raufereien, Tumulte, Duelle waren an der Tagesordnung, versch|rft durch die Rivalit|t verschiedener studentischer Landsmannschaften (vgl. Richard und Robert Keil: Geschichte des Jenaischen Studentenlebens von der Grsndung der Universit|t bis zur Gegenwart. [1548–1858.] Leipzig 1858, S. 135–213). 239,20 hubsche Leute] ,Hsbsch‘ hier ,wohlgesittet‘, ,gut‘ (vgl. Adelung 2, 1299). 239,22 merckwurdig] Im 18. Jahrhundert noch im Wortsinn: ,wert, bemerkt oder beachtet zu werden‘ (vgl. Adelung 3, 183). 240,2 die Leute zu denen ich sie wies] Wen Goethe dabei im Auge hatte, ist nicht ermittelt worden. 240,9 Marcktag] Markttag (Schreibversehen).
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BRIEFE 420/421
240,10 Vicktualien] Lebensmittel (nach franz. victuailles). 240,10 Ger~the] Einrichtungsgegenst|nde, Hausrat (vgl. GWb 3, 1506). 240,11 leidlicheres] Leidlich: ertr|glich (vgl. Adelung 2, 2011). 240,12 fatal] Hier: unangenehm, unerfreulich; von Goethe vorwiegend in der voritalienischen Zeit verwendet (vgl. GWb 3, 610). 240,14 geniest] ,Etwas genießen‘ hier: ,Nutzen von etwas haben‘ (vgl. Adelung 2, 566). 240,18 Nerve] Im 18. Jahrhundert wurde gelegentlich das Femininum ,die Nerve‘ neben dem Maskulinum ,der Nerve‘ gebraucht (vgl. Adelung 3, 468). 240,23 pr~numerirt] Vorausbezahlt (vgl. Grimm 13, 2069). 240,24 Johanni und Mich~l] Die Tage des heiligen Johannes und des heiligen Michael am 24. Juni bzw. 29. September; an diesen Tagen wurden sblicherweise feststehende Zahlungen geleistet. 240,32 einiges Gesch~ffte] ber die Dienste, die Krafft Goethe in Ilmenau leistete, vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 410. 241,4–5 Ihr Leben zu beschreiben Æ:::æ stuckweise] Krafft ist dieser Aufforderung gefolgt. In seinem Brief vom 3. Januar 1779 dankt Goethe fsr Kraffts Vertrauen und erwartet die Fortsezzung Ihres Lebens (255,3). Diese autobiographischen Aufzeichnungen sind nicht sberliefert.
420. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 11. Dezember 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 108. – 1 Bl. 19,5(–20,4)69,1 (–9,3) cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „72.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 74), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 190. WA IV 3 (1888), 261, Nr 762. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins vom 10. Dezember (vgl. zu 241,12). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 241,10 Heut Mittag bin ich zur Herzoginn geladen] Wahrscheinlich eine Einladung der Herzogin Louise und nicht der Herzoginmutter Anna Amalia (vgl. 22,4; 25,9; 77,14). Allerdings hat Goethe laut Fourierbuch vom 11. Dezember 1778 nicht an der fsrstlichen Mittagstafel der Herzogin Louise teilgenommen (vgl. FB 1778, S. 222). Im Tagebuch findet sich zu den Tagen vom 10. bis 12. De-
DEZEMBER 1778
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zember lediglich der Vermerk: Meist zu Hause nach Blondel gezeichnet. (GT I 1, 68.) 241,11 Comvdie] Dass am Abend des 11. Dezember „Comedie“ war, ist durch das Fourierbuch belegt (FB 1778, S. 229). Hingegen ist unsicher, ob das „Narrenschneiden“ nach Hans Sachs aufgefshrt wurde (vgl. zu 234,24–25). 241,12 dass Sie Æ:::æ fragen] Wahrscheinlich im nicht sberlieferten Brief vom 10. Dezember, der auf Goethes Brief vom selben Tag antwortete (vgl. zu 239,4–5; 239,7–8). – Dazu und zum Folgenden vgl. Goethes Tagebucheintragungen von Mitte Dezember 1778: Diese lezte Zeit meist sehr still in mir. Æ:::æ Leidlich reine Vorstellung von vielen Verh~ltnissen. Mit Knebeln uber die Schiefheiten der Soziet~t. Æ:::æ Ich bin nicht zu dieser Welt gemacht, wie man aus seinem Haus tritt geht man auf lauter Koth. und weil ich mich nicht um Lumpereyen ---- kummre nicht, klatsche und solche -- Rapporteurs nicht halte, handle ich oft dum. – Viel Arbeit in mir selbst zu viel Sinnens, dass Abends mein ganzes Wesen zwischen den Augknochen sich zusammen zu dr~ngen scheint. (GT I 1, 68 f.) 421. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen 11. und 23. Dezember? 1778æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief nach Nr 420 vom 11. Dezember 1778 eingeordnet. Bis auf den Erstdruck, der den Brief ohne Begrsndung auf Anfang April 1778 datiert, folgen alle sp|teren Herausgeber der Einordnung im Konvolut. Da es keine inhaltlichen Anhaltspunkte fsr eine andere Datierung gibt, wird die bisherige beibehalten. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 108. – 1 Bl. 19,8(–20,1)613,9 cm, /3 S. beschr., egh., Tinte; untere Ecken abgeschnitten; Rs. Adresse: Fr. v. Stein / vor Eroffnung der / Schachtel aufzubrechen, rotes Gemmensiegel: Shakespeare (vgl. Femmel/Heres, 11 f.); Vs. unten rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „78“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „73“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 75), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 161. WA IV 3 (1888), 261 f., Nr 763.
1
BEI L AG E
Schachtel (vgl. zu 241,17).
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BRIEFE 422–424
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 241,17 Was die Schachtel enth~lt Æ:::æ fur Sie.] Wahrscheinlich Konfekt oder Geb|ck, das sich auch zum Anbieten in einer Gesellschaft eignete. 241,18 Soziet~t] Hier: (Abend-)Gesellschaft; geselliges Treffen, vielleicht zum Kartenspielen. 422. An Charlotte von Stein ÆWeimar, zwischen 11. und 23. Dezember? 1778æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief nach Nr 420 vom 11. Dezember 1778 und dem undatierten Brief Nr 421 eingeordnet. Seit dem Erstdruck folgen alle Herausgeber der Einordnung im Konvolut. Da es keine inhaltlichen Anhaltspunkte fsr eine genauere Datierung gibt, wird die bisherige beibehalten. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 108. – 1 Bl. 17,1(–17,3)68,5 cm, 3 /4 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); unten rechts Ausriss durch ffnen der Verschlussoblate; Rs. Reste einer Verschlussoblate; Vs. unten links von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „78“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „74“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 76), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 190. WA IV 3 (1888), 262, Nr 764. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins, der kurz vor dem vorliegenden geschrieben wurde (vgl. zu 242,1). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 242,1 Meine Worte haben keinen schlimmen Sinn] Wahrscheinlich hatte Charlotte von Stein msndliche ußerungen Goethes missverstanden und dies in einem nicht sberlieferten Brief mitgeteilt. – Zu Goethes innerer Verfassung im Dezember 1778 vgl. zu 241,12.
DEZEMBER 1778
423. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 23. Dezember 1778 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 107. – 1 Bl. 17,2610,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste einer Verschlussoblate; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „70“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 72), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 190. WA IV 3 (1888), 265, Nr 767. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins wahrscheinlich vom selben Tag (vgl. zu 242,6–7). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 242,6 Ich dachte Sie so weit von mir] Mtglicherweise hatte Charlotte von Stein eine Reise nach Kalbsrieth geplant, dem Stammsitz der Familie von Kalb, etwa 50 km ntrdlich von Weimar gelegen, wo sie 1777 und 1778 h|ufig zu Gast war (vgl. die dritte Erl|uterung zu 242,13). 242,6–7 Ihr Grus] In einem nicht sberlieferten, offenbar von Haus zu Haus in Weimar sberschickten Brief. 242,7 hier haussen] Im Gartenhaus, das Goethe schon in den Jahren zuvor winterfest gemacht hatte. 242,9 Egyptische Finsterniss] In Anspielung auf 2 Mose 10,21: „Der Herr sprach zu Mose: Recke deine hand gen himmel, daß es so finster werde in Egyptenlande, daß man es greiffen mag.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 57.) 242,9 Clairobscur] Franz. clair-obscur: Helldunkel; in der Malerei ein Mittel der Bildgestaltung (Hell-Dunkel-Malerei, ital. Chiaroscuro); vgl. dazu Goethes Faszination von der D|mmerung (GB 1 II, zu 190,21). 424. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 26. Dezember 1778 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 107. – 1 Bl. 20,2(–20,4)69,5 (–9,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „71.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 73), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 190 f. WA IV 3 (1888), 266, Nr 768.
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BRIEFE 425/426
BEI L AG EN
1) Blumen (vgl. die erste Erl|uterung zu 242,13). 2) Haar (vgl. die zweite Erl|uterung zu 242,13). 3) Geschenk fsr Friedrich von Stein (vgl. die dritte Erl|uterung zu 242,13). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 242,13 Bouquet fur Sie] Zum Geburtstag Charlotte von Steins, die am 25. Dezember 36 Jahre alt geworden war. 242,13 haare] Demnach trug Goethe keine Bedenken, Haar-Reliquien von sich an ferner stehende Personen zu verschenken (vgl. dagegen zu 188,11–12). 242,13 Gustgen] Wahrscheinlich Augusta Eleonore von Kalb, die offenbar zu Besuch in Weimar war (vgl. zu 226,3–4). Sie gehtrt auch zu den Empf|ngerinnen der „Neujahrswsnsche“, die Goethe am 30. Dezember 1778 gemeinsam mit Sigmund von Seckendorff auf der Jagdpartie in Apolda verfasste (vgl. Nr 429). 242,13 Tobacksraucher] Htlzerne R|ucherm|nnchen, die es seit Ende des 17. Jahrhunderts gab und die mit Tabak oder anderem R|ucherwerk befsllt wurden (nach Auskunft des Museums fsr S|chsische Volkskunst mit Puppentheatersammlung, Dresden). 242,14 Frizzen] Friedrich von Stein. 242,17 haar band] Vielleicht ein Geschenk fsr Charlotte von Stein, die auf zeitgentssischen Portr|ts zumeist mit einem Haarband dargestellt wird (vgl. Abb. 1 im Kommentarband, S. 63). 425. An Charlotte von Stein Apolda, 30. und 31. Dezember Æ1778æ ! Weimar DAT I E RU N G
Das Jahr wurde nach dem Inhalt des Briefes und der bereinstimmung mit dem Tagebuch erg|nzt (vgl. zu 243,1) und wird durch die Jahresangabe der Empf|ngerin best|tigt (vgl. berlieferung). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 110. – Doppelblatt 18626 cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte; Briefteil vom 31. Dezember 1778 (243,11–16) sorgf|ltiger geschrieben; S. 4 Adresse: An die Frau Oberstallmeist. / von Stein / nach / Weimar., Reste eines roten Siegels; S. 1 unten rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „78“ (korrigiert aus „79“), oben rechts von fremder Hd, Tinte: „77“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 79), vgl. berlieferung zu Nr 18.
DEZEMBER 1778
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E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 191 f. WA IV 3 (1888), 266 f., Nr 769. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 243,1 Apolde d‘. 30 nachts halb zwvlfe.] Laut Fourierbuch vom 30. Dezember 1778 gingen an diesem Tag „Durch‘. Herzog mit et‘. Cava‘. auf die Jagd nach Apolde“ (FB 1778, S. 233). Goethes Tagebuch zufolge war er d 30 Nachm. nach Apolda mit Seckend. gefahren. War die Jagd Parthie vergnugt. (GT I 1, 69.) – ber Apolda vgl. zu 261,22. 243,4 Sie waren sehr gut Æ:::æ was mitgaben] Kurz bevor Goethe den vorliegenden Brief schrieb, bemerkte er im Tagebuch sber sein Verh|ltnis zur Adressatin: Mir war die $ ÆCharlotte von Steinæ sehr lieb (GT I 1, 69). 243,5 Mutter] Concordia von Schardt. 243,7 Schleife] Eine „Halsschleife“ aus Band oder Schnsren (Adelung 3, 1516). 243,8 alles zu Bette] Der Herzog und seine Begleitung. 243,8 Seckendorf] Vgl. zu 244,6–7. 243,11 Den lezten fruh halb sieben.] Im Tagebuch vom 31. Dezember hielt Goethe fest: 31 Morgens halb sechs auf. gegen neun auf die Jagd leidlich geschossen vergnugt Abends zu Pferd schnell herein. (GT I 1, 69.) 243,11 fix] ,Fix sein‘ hier im Sinne von ,fertig sein‘, ,bereit sein‘; nach Adelung in dieser Bedeutung „nur in den gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes sblich“ (2, 176). 243,14–15 Grusen Sie Stein.] Josias von Stein muss Goethe kurz zuvor einen Freundschaftsdienst erwiesen haben, wie der Eintrag im Tagebuch aus der Zeit nach dem 15. Dezember 1778 nahelegt: Gutheit von Steinen. Warnung solcher Menschen gut, aber nur selten. (GT I 1, 69.) 243,15 Frizzen] Friedrich von Stein (vgl. die erste Erl|uterung zu 244,1). 426. An Charlotte von Stein DAT I ERU N G
ÆWeimar, Dezember? 1778æ ! ÆWeimaræ
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Gedichtbrief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Seit dem Erstdruck wird er nach der Einordnung im Konvolut im Dezember 1778 belassen und bis zur Ausgabe von Petersen unmittelbar nach Nr 418 vom 10. Dezember gesetzt (Petersen, Goethe-Stein 1, 135, Nr 285). Fr|nkel ordnet
810
BRIEFE 427/428
ihn vor Nr 425 vom 30. und 31. Dezember ein (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 130, Nr 294; Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 126, Nr 294). Da es außer der Einordnung im Konvolut keine Anhaltspunkte fsr eine Datierung gibt, wird der Gedichtbrief vermutungsweise in den Dezember 1778 gesetzt. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 120. – 1 Bl. 20,7(–20,9)66,5 (–6,9) cm, 1 S. beschr., egh., Bleistift; rechts oben von fremder Hd, Tinte: „101“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 104), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 189. WA I 2 (1888), 354 (in den „Lesarten“ zum Epigramm „Warnung“). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Das Gedicht ist in dieser Form zu Lebzeiten Goethes nicht vertffentlicht worden. 1815 erschien es in leicht ver|nderter Form unter dem Titel „Warnung“ im Teil „Epigrammatisch“ in der Cottaschen Ausgabe von „Goethe’s Werken“ (Stuttgart und Tsbingen. Bd 2, S. 268). 243,17–18 Wie einst Titania im Traum Æ:::æ in dem Schoose fand] Anspielung auf Shakespeares „A Midsummer Night’s Dream“ (IV,1). – Nach dem handschriftlichen Kommentar Friedrich von Steins „Ein Vers, der Gtthen getr|umt hatte v. St.“ (Zitiert nach: Schtll, Goethe-Stein 1, 189, Anm. 1.) 427. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 1. Januaræ 1779 ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Tag und Jahr wurden nach dem Inhalt des Briefes erg|nzt (vgl. 244,1). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 2. – 1 Bl. 14,5610(–10,2) cm, 1 /2 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „2“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 2), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 211. WA IV 4 (1888), 1, Nr 770. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
JANUAR 1779
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244,1 Friz hat mich vor vieren geweckt] Demnach hat Friedrich von Stein vom 31. Dezember 1778 zum 1. Januar 1779 bei Goethe sbernachtet, nachdem dieser von seinem Jagdausflug nach Apolda zursckgekehrt war (vgl. die erste Erl|uterung zu 243,11). 244,1 geg~ckelt] G|ckeln: gaksen, gackern, wahrscheinlich okkasionelle Wortbildung Goethes (vgl. Grimm 4 I, 1129). 244,2 Zuckerbrodt] Zuckerhut, „die form, in welcher der gereinigte zucker in den handel kommt“, auch eine bestimmte Art von Geb|ck (Biskuit) oder„allgemeiner fsr ssszes geb|ck“ (Grimm 16, 301); hier im sbertragenen Sinn. 244,3 heut zu Tische] Laut Tagebuch waren am 1. Januar zun|chst die anonymen Neujahrsgrsße zugestellt worden (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429). Anschließend ging Goethe zu $ ÆCharlotte von Steinæ essen (GT I 1, 73). 428. An Charlotte von Stein mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimaræ, 1. Januar 1779 ! ÆWeimaræ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 1. – 1 Bl. 17,5621,2(–21,4) cm, /2 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „1“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 1), vgl. berlieferung zu Nr 18. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 2 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 211. WA I 4 (1891), 100 (Gedicht, ohne Titel). 1
VA R I A N TEN
244,6 Zum neuen Jahr. 1779.] Fr. v. Stein. K 244,9 warm] warm, K 244,13 Wohl aus] Wohl, aus K ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 244,6–7 Zum neuen Jahr. / 1779.] Den 30. und 31. Dezember 1778 verbrachte Goethe mit der herzoglichen Jagdgesellschaft in Apolda (vgl. zu 243,1; die erste Erl|uterung zu 243,11). Dem Tagebuch zufolge hatte er am 30. Dezember Nachts bis halb 1. mit S.Æeckendorffæ die Neuiahrsw.Æsnscheæ geschmiedet. (GT I 1, 69.) Dabei handelt es sich um Neujahrsgedichte fsr 22 Damen der Weimarer Hofgesellschaft, darunter das vorliegende fsr Charlotte von Stein, sowie um ein Gedicht fsr Johann Gottfried Herder (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429). Die Gedichte wurden am 1. Januar 1779 wahrschein-
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BRIEF 429
lich anonym zugestellt: die Posse mit den Neujahrs Wunschen volfuhrt (GT I 1, 73). 429. An Augusta Eleonore von Kalb mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I E RU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt 20,5(–21) 635,5(–35,8) cm, Bsttenrand, 3 3/4 S. beschr., Schreiberhd (Seidel) und fremde Hd (249,8–10; 249,12–250,2; 253,13), Tinte; 23 Gedichte an verschiedene Adressaten, fortlaufend geschrieben, S. 1: an Augusta Eleonore von Kalb (links neben der ersten Zeile Erledigungsstrich), Gottlobe Sophie Charlotte von Stein (mit Erledigungsstrich), Louise Adelaide Waldner von Freundstein (mit Erledigungsstrich), Emilie von Werthern-Beichlingen (mit Erledigungsstrich), Caroline von Ilten (mit Erledigungsstrich), Herzogin Louise, S. 2: an Charlotte von Stein (mit Erledigungsstrich), Corona Schrtter (mit Erledigungsstrich), Johanna Louitgarde von Nostiz (mit Erledigungsstrich), Sophia Friederike von Kalb (mit Erledigungsstrich), Elisabeth Caroline oder Friederike von Volgstedt (mit Erledigungsstrich), Amalia von Hendrich (mit Erledigungsstrich), Sophie Bernhardine Friederike von Reinbaben (mit Erledigungsstrich), S. 3: an Anna Friederika Carolina Msller (mit Erledigungsstrich), Louise von Gtchhausen (mit Erledigungsstrich), Eleonore Wilhelmine Luise von Oppel (mit Erledigungsstrich), Martha Eleonore von Witzleben (mit Erledigungsstrich), Wilhelmine Eleonore Elisabeth von Giannini (mit Erledigungsstrich), Johanna Carolina von Oertel (mit Erledigungsstrich), Charlotte Juliane von Felgenhauer, S. 4: an Johanna Marianne Henriette von Woellwarth, Sophie Marie Caroline von Lichtenberg, Johann Gottfried Herder; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „G o e t h e ’s H a n d s c h r i f t “, darunter von Carl August Hugo Burkhardts Hd, Bleistift: „(falsch! Seidels Hand / CABurckhardt“. – Vorliegendes Gedicht auf S. 1. E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 55. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
JANUAR 1779
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In der Nacht vom 30. zum 31. Dezember 1778, als sich Goethe mit der herzoglichen Gesellschaft zu einem Jagdausflug in Apolda aufhielt, verfasste er laut Tagebuch gemeinsam mit Sigmund von Seckendorff eine Reihe poetischer Neujahrsgrsße, darunter ein Gedicht fsr Charlotte von Stein, das ihr in einer separaten Ausfertigung am Neujahrstag 1779 sberbracht wurde (Nr 428; vgl. zu 244,6–7). Im GSA ist eine Sammelhandschrift mit insgesamt 23 Gedichten an Damen der Weimarer Hofgesellschaft sowie an Johann Gottfried Herder sberliefert. Schreiber war Philipp Seidel, an einigen Stellen finden sich Erg|nzungen von fremder Hand (vgl. berlieferung). Da die Handschrift auch das Gedicht fsr Charlotte von Stein Zum neuen Jahr. / 1779 enth|lt, ist anzunehmen, dass es sich auch bei den sbrigen Gedichten um die gemeinsam mit Seckendorff verfassten Neujahrsgrsße von 1779 handelt. Die WA nahm nur das Gedicht fsr Charlotte von Stein als zweifelsfrei von Goethe stammend auf (vgl. WA I 4, 100), außerdem den ebenfalls in der Sammelhandschrift sberlieferten Vierzeiler fsr Louise von Gtchhausen (vgl. WA I 4, 364), allerdings als „Gedicht zweifelhaften Ursprungs“. Fsr eine gemeinsame Verfasserschaft von Goethe und Seckendorff fsr alle 23 Gedichte sprechen dagegen die Tagebuchhinweise zur Entstehung wie auch die berlieferung. Eine Bestimmung der jeweiligen Anteile von Goethe oder Seckendorff ist weder mtglich noch entspricht sie der gesellig-spielerischen Situation, in der die Neujahrswsnsche ,geschmiedet‘ wurden. Dass die Gedichte den Adressatinnen und vermutlich auch Herder tats|chlich zugestellt wurden und so gleichsam die Funktion von Briefen erfsllten, belegt neben dem Hinweis in Goethes Tagebuch vom 1. Januar 1779: die Posse mit den Neujahrs Wunschen volfuhrt (GT I 1, 73), auch die separate Ausfertigung und berlieferung des Gedichts fsr Charlotte von Stein. Wahrscheinlich war die Sammelhandschrift, die nach Diktat Goethes und Seckendorffs schon in der Nacht vom 30. zum 31. Dezember entstanden sein dsrfte, die Vorlage, nach der die Neujahrswsnsche auf separaten Bl|ttern ausgefertigt wurden. Goethes Tagebucheintr|ge wie auch der Umstand, dass er den Gedichtbrief fsr Charlotte von Stein nicht selbst ausgefertigt hat, verweisen zudem darauf, dass die beiden Verfasser anonym bleiben wollten. Viele Jahre sp|ter scheint sich Goethe seiner ,Neujahrspossen‘ noch einmal erinnert und Friedrich von Msller davon erz|hlt zu haben, der das Gespr|ch aufgeschrieben hat: „Ohngef|hr ums Jahr 1780 Æ1778æ befand sich Goethe einstmals im Winter mit Seckendorf und Einsiedel zu Thalbsrgel auf der Jagd, wo sie sich gar weidlich ergtzten. Der Neujahrs-Tag nahte heran, sie sollten billig nach Weimar zursckkehren. Doch die Lust, noch einige Tage ungesttrtester Freiheit zu genießen, sberwog, und am Vorabend beschlossen sie, statt ihrer perstnlichen, p o e t i s c h e Glsckwsnsche an die vertrautesten Personen des Hofes und der Stadt durch einen Eilboten abzusenden, der sie am frshen Morgen des ersten Januars austheilen sollte. Sogleich machte man sich ans Werk und brachte die halbe Nacht damit zu, bald sinnreich-galante, bald humoristische, mitunter
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BRIEF 430
auch ironisch-gewsrzte Verse zu verfassen. / Leider sind diese launigen Denkbl|tter jener harmlosen Zeit nicht mehr zusammenzubringen; nur Goethe erinnert sich noch, der Fr|ulein von Gtchhausen folgende Verse adressirt zu haben: ,Der Kautz, der auf Minervens Schilde sitzt, / Æ:::æ.‘ / Weimar 30. Dezember 1825 aus Goethes Erz|hlung niedergeschrieben.“ (Msller, Unterhaltungen mit Goethe, 152.) Nach der Sammelhandschrift Seidels wurden die ,Neujahrswsnsche‘ mit Ausnahme des Gedichts an Herder erstmals 1904 im Goethe-Jahrbuch gedruckt. Im vorliegenden Band werden sie erstmals als Gedichtbriefe Goethes und Seckendorffs an 23 verschiedene Adressaten mitgeteilt (vgl. Nr 429–450). Augusta Eleonore von Kalb (1761–1821) war die jsngste Tochter Carl Alexander von Kalbs, Herrn auf Kalbsrieth, bis 1776 Kammerpr|sident in Weimar. Die Mutter, Johanna Sophia Margareta geb. von Minckwitz, war schon 1766 gestorben. Nachdem sich Carl Alexander von Kalb um 1776 nach Kalbsrieth zursckgezogen hatte, lebten Augusta Eleonore und ihre |ltere Schwester Sophia Friederike zumeist in Weimar bei ihrem Bruder Johann August Alexander, der dem Vater als Pr|sident des Kammerkollegiums gefolgt war. Erst 1796 heiratete Augusta Eleonore den verwitweten weimarischen Hauptmann und Kammerherrn Johann Georg Lebrecht von Luck, der in erster Ehe mit Sophie Marie Caroline verw. von Lichtenberg geb. von Ilten verheiratet gewesen war (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 449). 1803 zog das Ehepaar nach Mannheim, wo Augusta Eleonore auch nach dem Tod ihres Mannes wohnen blieb. Goethe wird die Adressatin, die zu den von ihm h|ufig erw|hnten Misels (142,21; vgl. zu 142,21; zu 226,3–4) gehtrte, gleich nach seiner Ankunft in Weimar kennen gelernt haben. Ihr Bruder Johann August Alexander war Goethes Begleiter auf seiner Reise nach Weimar (vgl. GB 2 II, zu 223,6). Im Stadthaus der Familie von Kalb hatte Goethe bis zum 18. M|rz 1776 sein erstes Quartier (vgl. zu 43,18). Augusta Eleonore, genannt Gustgen (244,15), war zur Zeit der Abfassung der Neujahrspossen erst 17 Jahre alt, weshalb sie in den vorliegenden Versen noch scherzhaft als Kind behandelt wird. – Fast 30 Jahre sp|ter forderte Goethe seinen Sohn in Heidelberg auf, das Ehepaar von Luck in Mannheim zu besuchen, die, wie er am 5. Dezember 1808 schreibt, ~ltesten Freunde auf weimarischem Grund und Boden (WA IV 20, 237). Luck hatte am 24. Juli 1808 an Goethe geschrieben: „Ach die guten alten Zeiten! wie frohe Tage haben wir bey Ihnen in Gartten genossen. Mtchte es Ihnen dafsr immer recht wohl gehen“ (GJb X [1889], 81). – Weitere Briefe Goethes an Augusta Eleonore von Kalb sind nicht bekannt. Zur Person der Adressatin vgl. Johann Ludwig Klarmann: Geschichte der Familie Kalb auf Kalbsrieth. Erlangen 1902, S. 67, 75, 84–89.
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430. An Gottlobe Sophie Charlotte von Stein mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I ERU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 1 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 55. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Gottlobe Sophie Christiane Johanna Friederike Charlotte Freiin von Stein (um 1734–1784), Tochter des kaiserlichen Reichshofrats und sachsen-meiningischen und sachsen-coburgischen Geheimen Rats und Komitialgesandten Friedrich Ludwig Christian Freiherrn von Stein, der 1733 das Rittergut Großkochberg erworben hatte, und seiner Ehefrau Elisabeth Dorothea Rosina Charlotta geb. von Rotenhan, war eine |ltere Schwester Josias von Steins und somit die Schw|gerin Charlotte von Steins. Von 1772 bis zu ihrem Tod war sie Hofdame der Herzogin (sp|ter Herzoginmutter) Anna Amalia. Goethe wird sie bald nach seiner Ankunft in Weimar bei Gesellschaften, Redouten, Konzerten oder an der Hoftafel kennen gelernt haben. Am 24. September 1776 hatte er an Charlotte von Stein geschrieben: Hier schickt Ihnen Ihre Schw~gerin die ich t~glich lieber gewinne ein Stuckgen Desert (111,9–10). Nach zeitgentssischen Erinnerungen war „Fr|ulein von Stein, Lottinchen genannt Æ:::æ, desto magerer, gutmsthig, machte aber tfters sehr heftige Aeußerungen, die mehrentheils in das Possierliche fielen, und die Herzogin belustigten.“ (Lyncker, 27.) Im Sommer 1778 begleitete sie Anna Amalia auf deren Reise an den Rhein (vgl. zu 215,4–5). Offensichtlich stand Fr|ulein von Stein in Konkurrenz zu Anna Amalias Gesellschafterin und sp|teren Hofdame Louise von Gtchhausen. Am 30. Juli 1781 schrieb Johann Heinrich Merck an Anna Amalia: „Denn die Frlein v. Gtchhausen, sagte mir die Frl. v. Stein in der ersten Viertelstunde unsrer Bekantschafft Æ:::æ, sey eben so wenig eine wahre HofDame, als Wieland ein HofCavalier ist.“ (Merck, Briefwechsel 2, 644.) – Weitere Briefe Goethes an Gottlobe Sophie Charlotte von Stein sind nicht bekannt.
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245,14 nur nicht Gesichter machst] Johann Heinrich Merck erinnert sich am 6. August 1778 in einem Brief an Anna Amalia, wie „Frl. v. Stein“ w|hrend ihres Beisammenseins „sber den Unfug unsrer VorstellungsArt besch|mt vor sich“ niedersah (Merck, Briefwechsel 2, 140). 431. An Louise Adelaide Waldner von Freundstein mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I E RU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 1 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 55. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Louise Adelaide Waldner von Freundstein (1746–1830), die jsngste Tochter des Freiherrn Christian Friedrich Philipp Waldner von Freundstein und der Caroline geb. Freiin von Rotberg, entstammte einem els|ssischen Adelsgeschlecht. Seit 1775 war sie Hofdame der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach, mit der sie nach Weimar gekommen war. 1780 sbernahm sie die Erziehung der Prinzessin Louise Auguste Amalie, die aber schon 1784 starb. Danach blieb sie Hofdame der Herzogin. Eine Verbindung mit Friedrich Hildebrand von Einsiedel kam trotz gegenseitiger Zuneigung nicht zustande, da die Herzoginmutter Anna Amalia einer Heirat ihres Kammerherrn die Zustimmung verweigerte (vgl. Berger, Anna Amalia, 439). Auch Charlotte von Steins Ehemann Ernst Josias von Stein fshlte sich zu der lebenslustigen Frau hingezogen (vgl. GB 6 II, zu 227,21–22). Bei ihr „war das starke Auflegen der rothen Schminke auffallend, da die junge Herzogin selbst dergleichen nicht gebrauchte und sberhaupt keinen Gefallen an ausgezeichnetem Putz zu haben schien.“ (Lyncker, 39 f.) Als Hofdame der regierenden Herzogin war Louise von Waldner regelm|ßig an der Hoftafel anwesend, nahm am htfischen Leben teil und besuchte Redouten und B|lle sowie Konzerte und Komtdien. Auch wirkte sie selbst bei Theaterauffshrungen und bei Mas-
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kenzsgen mit. Sie hatte ein gutes Verh|ltnis zur Herzogin und stand auch in freundschaftlichem Verh|ltnis zu Goethe und dem Herzog. Von Goethes freundlicher Gesinnung ihr gegensber zeugen Bemerkungen in seinen Briefen an Charlotte von Stein. So schrieb er am 12. September 1776: die Waldnern ist recht lieb, ich war fruh bey ihr, wir haben uns herumgesch~ckert (104,28–105,1). Wiederholt l|sst er sie grsßen (vgl. 161,2; 185,24; 207,8–9). Auch im Tagebuch erw|hnt er sie h|ufig, oft unter dem Ksrzel L (Laide). Im Februar 1778 scheint Goethe die Waldn. gezeichnet (GT I 1, 61) zu haben. Allerdings ist kein Portr|t von Goethes Hand sberliefert. – Weitere Briefe Goethes an Louise von Waldner sind nicht bekannt. – Zur Biographie der Adressatin vgl. FrauenGestalten, 373 f.; Willy Andreas: Sturm und Drang im Spiegel der Weimarer Hofkreise. I. Zu den Briefen der Oberhofmeisterin Gr|fin Giannini. In: GJb N. F. 8 (1943), 143; Lyncker, 51, 182. 432. An Emilie von Werthern-Beichlingen mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I ERU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 1 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 56. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Emilie (Amalie) Christine Philippine von Werthern-Beichlingen (1757–1844), Tochter des kurhannoverschen Regierungsrats und Gesandten am englischen Hof Philipp Adolf von Msnchhausen auf Leitzkau und der Sophie Charlotte Ludovica Wilhelmine geb. von der Schulenburg, wurde in London geboren und wuchs in Hannover auf. Seit 1775 war die junge Frau mit dem fast 20 Jahre |lteren Christian Ferdinand Georg von Werthern-Beichlingen auf Frohndorf verheiratet, dem Kammerherrn und Reisestallmeister Herzog Carl Augusts von Sachsen-Weimar und Eisenach. Die Stellung ihres Mannes und ihre Freundschaft zu Charlotte
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von Steins Schw|gerin Sophie von Schardt ermtglichten Emilie von Werthern Zugang zu den geselligen Kreisen Weimars. Dass sie h|ufig auch mit Goethe zusammentraf, belegen dessen Tagebucheintragungen und Briefe. Außerdem beteiligte sie sich an Redouten und Auffshrungen des Weimarer Liebhabertheaters. Nicht nur Carl Ludwig von Knebel und Hildebrand von Einsiedel, ihr sp|terer Schwager, waren ihr zugetan, sondern auch Herzog Carl August, der ihr noch kurz vor seiner Heirat den Hof gemacht hatte (vgl. Berger, Anna Amalia, 203, 439). Goethe wird Emilie von Werthern bald nach seiner Ankunft in Weimar kennen gelernt haben. Schon im Februar 1776 spielte sie an seiner Seite in Richard Cumberlands Lustspiel „Der Westindier“ die Rolle der Geliebten des Westindiers, den Goethe verktrperte (vgl. zu 29,13). Ende Mai 1776 besuchte Goethe auf einer gemeinsamen Reise mit Carl August das Ehepaar von Werthern-Beichlingen auf dessen Gut in Frohndorf (vgl. zu 71,14–15). Am 26. August 1781 berichtet er Charlotte von Stein, dass die Werthern Æ:::æ den Tasso Æ:::æ recht artig rezitiert habe (WA IV 5, 185). Auch an den Tiefurter Geselligkeiten um die Herzoginmutter Anna Amalia, die seit 1781 stattfanden, nahm Emilie von Werthern teil und lieferte einen Beitrag zum „Journal von Tiefurt“. Anfang Juni 1785 ließ die in ihrer Ehe unglsckliche Frau das Gerscht ihres Todes verbreiten, um ihren Geliebten Johann August von Einsiedel auf seiner Reise nach Afrika begleiten zu ktnnen (vgl. GB 6 II, zu 99,19; zu 99,20; GB 6 I, 211,2–16). Nach der vorzeitigen Rsckkehr der Reisenden noch im selben Jahr und der Scheidung von ihrem Mann heiratete Emilie von Werthern im September 1788 Johann August von Einsiedel und lebte in Leitzkau oder auf dem Gut Lumpzig bei Altenburg, sp|ter in Jena und Ilmenau. Obwohl sie nach Flucht und Scheidung gesellschaftlich isoliert war und es zum Bruch mit Sophie von Schardt kam, blieb sie dennoch mit Johann Gottfried Herder und der Herzoginmutter Anna Amalia in Kontakt. – Weitere Briefe Goethes an Emilie von Werthern-Beichlingen sind nicht bekannt. – Zur Biographie der Adressatin vgl. FrauenGestalten, 119 f.; Huschke, Klassisches Weimar, 66; Wilhelm Dobbek: Goethe und August von Einsiedel. In: GJb N. F. 19 (1957), 157–162.
433. An Caroline von Ilten mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I E RU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt.
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K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 1 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 56. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Caroline von Ilten (um 1757–1789), verwaist und aus verarmtem Adel stammend, lebte bei Verwandten in Weimar. Ihre Schwester Sophie Marie Caroline hatte im Juni 1778 den Weimarer Husaren-Rittmeister und herzoglichen Adjutanten Carl Friedrich von Lichtenberg geheiratet (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 449). Die Schwestern waren seit etwa 1776 h|ufig bei Charlotte von Stein zu Gast, die ihre Freundin Caroline von Ilten ab 1780 sogar fsr zwei Jahre bei sich aufnahm. Mtglicherweise schon seit 1776 (vgl. zu 109,11), sp|testens jedoch seit Ende 1777 unterhielt Prinz Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach eine Liebesbeziehung zu Caroline von Ilten. Die bis etwa 1784 von Constantin angestrebte Ehe kam jedoch aufgrund des Widerstands der herzoglichen Familie nicht zustande. Caroline erhielt ab 1785 vom Herzog eine j|hrliche Pension von 200 Talern und verließ Weimar. Etwa 1789 heiratete sie den hessendarmst|dtischen Jagdjunker und sp|teren badischen Oberforstmeister Friedrich Wilhelm Moser von Filseck in Birkenfeld. Nach Aussagen Carl von Steins ktnnte Goethe Caroline von Ilten und deren Schwester schon w|hrend seines ersten Besuchs im Haus Charlotte von Steins begegnet sein: „Ich war ohngef|hr 10 Jahr alt, als eines Nachmittags Æ:::æ der junge Herzog Æ:::æ und der junge Doctor Gtthe hereintraten. Letzterer war eben angekommen und erregte Neugier durch seine bekannt gewordenen Werthers Leiden und Gttz von Berlichingen. Es waren außer meinen Eltern noch mehrere im Zimmer, wo mich meine Erinnerung nicht t|uscht, auch zwey Fr|ulein Ilten.“ (BG 1, 386 f.) Caroline von Ilten, in Goethes Tagebuch h|ufig zusammen mit Charlotte von Stein erw|hnt, nahm am geselligen Leben in Weimar teil, spielte gelegentlich bei Auffshrungen des Liebhabertheaters mit und beteiligte sich an Maskenzsgen. Mit ihrer Schwester gehtrte sie zu den von Goethe oft erw|hnten Misels (142,21; vgl. zu 142,21). Goethe unterststzte offenbar die Beziehung des Prinzen Constantin zu Caroline von Ilten nicht. Zwei Wochen vor Entstehung der Neujahrspossen, am 15. Dezember 1778, vermerkte er im Tagebuch: Der Prinz in seiner Verliebschafft hvchst arm. (GT I 1, 69.) Am 5. Juni 1780 berichtet Goethe Charlotte von Stein: An den Tr~hnen der Carlingen schein ich schuld zu seyn, und bins auch. Ich seh aber auch in diesem wieder dass – ja man sieht nichts (WA IV 4, 230). In den Jahren 1780 und 1781, w|hrend
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BRIEFE 434/435
Caroline bei Charlotte von Stein lebte, wird sie auff|llig oft in Goethes Briefen erw|hnt. Er ließ ihr Verse und andere Aufmerksamkeiten zukommen (vgl. u. a. WA IV 4, 285,17–19; 293,8 f.; 297,21–24; 325,8–10; 323,15–17). Wahrscheinlich kam es deswegen zu Gerede, darum schrieb Goethe am 29. Oktober 1780 an Charlotte von Stein: Lingen soll keine Verse mehr von mir kriegen, noch mehr Freundlichkeit als die allgemeine Hvflichkeit erlaubt. Glauben Sie mir die Menschen die sich um uns bekummern th~tens nicht wenn sie mit sich selbst was bessers anfangen kvnnten. Wenigstens th~ten sie’s anders. (WA IV 4, 327.) – Weitere Briefe Goethes an Caroline von Ilten sind nicht bekannt. – Zur Biographie der Adressatin vgl. Huschke, Klassisches Weimar, 104; Volker L. Sigismund: Ein unbehauster Prinz – Constantin von Sachsen-Weimar (1758–1793), der Bruder des Herzogs Carl August. In: GJb 106 (1989), 256 f., 266; Berger, Anna Amalia, 209 f., 213. 434. An Louise Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I E RU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 1 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 56. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Herzogin Louise Auguste von Sachsen-Weimar und Eisenach (1757–1830), Tochter des Landgrafen Ludwig von Hessen-Darmstadt, war seit 1775 mit Herzog Carl August verheiratet. Goethes Verh|ltnis zur Herzogin, der er zuerst im Mai 1773 in Frankfurt begegnet war, blieb zeitlebens von gegenseitigem Respekt und Sympathie gepr|gt. Der vorliegende Gedichtbrief wurde wahrscheinlich nicht abgeschickt, da im Gegensatz zu den meisten anderen Konzepten der Erledigungsstrich fehlt (vgl. berlieferung zu Nr 429). Ab 1786 sind 53 Briefe Goethes an die Herzogin sberliefert. Briefe der Herzogin an Goethe sind erst ab 1816
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sberliefert. – ber das Verh|ltnis Goethes zu Herzogin Louise vgl. auch die einleitende Erl|uterung zum Brief vom 12.?–23. Dezember 1786 (GB 7 II, Nr 37). 247,6 neues Leben] Zwei Monate sp|ter, am 3. Februar 1779, wurde Louise Auguste Amalie geboren, das erste Kind Carl Augusts und Louises von SachsenWeimar und Eisenach. Die Prinzessin starb schon 1784. 435. An Corona Schrtter mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I ERU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 2 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 57. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Zur Person der Adressatin vgl. zu 47,24. – Am 16. November 1776 war Corona Schrtter (1751–1802) in Weimar eingetroffen und wohnte zun|chst bei Friedrich Justin Bertuch. Schon am 24. November sang sie das erste mal (GT I 1, 29) bei Hofe, und am 9. Januar 1777 hatte sie ihren ersten Auftritt mit dem Liebhabertheater an der Seite Goethes in dessen Stsck „Die Mitschuldigen“ (vgl. GT I 1, 35). Als einzige ausgebildete S|ngerin und Schauspielerin wurde sie rasch zur wichtigsten Darstellerin des Weimarer Liebhabertheaters. Ihre j|hrliche Pension von 300 Reichstalern aus der herzoglichen Schatulle wurde ab Juni 1777 auf 400 Reichstaler erhtht (vgl. ThHStA Weimar, Fsrstenhaus A 1064). Am 30. Januar 1778, zum 21. Geburtstag der Herzogin Louise, trat Corona Schrtter in Goethes Stsck „Die Empfindsamen“ auf, in welches er eigens fsr die Schauspielerin das Monodrama „Proserpina“ eingefsgt hatte (vgl. zu 165,21–22). Hthepunkt der Auffshrungen des Liebhabertheaters war am 6. April 1779 die Urauffshrung von Goethes Prosafassung der „Iphigenie auf Tauris“ mit Corona Schrtter als Iphigenie und Goethe als Orest in den Hauptrollen (vgl. zu 258,3). Im Juli 1782 wurde im Tiefurter Park Goethes Singspiel „Die Fischerin“ aufgefshrt, fsr
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BRIEF 435
das Corona Schrtter, die das Dortgen spielte, die Lieder komponiert hatte. In den Jahren bis 1782 spielte sie immer wieder Hauptrollen, oft mit Goethe als Partner. Darsber hinaus bestritt sie als Hof- und Kammers|ngerin die Hausmusiken der Herzoginmutter Anna Amalia, trat in Oratorien und Konzerten auf und nahm an den Redouten und Maskenzsgen teil. Dabei tanzte sie sehr oft sowohl mit dem Herzog als auch mit Goethe und „zeichnete sich jederzeit durch die Schtnheit ihrer Gestalt und ihres regelm|ßigen Gesichts, durch Anmuth und Bescheidenheit, aber auch durch ausgesuchten theatralischen Anzug aus“, sie war aber „nie ohne ihre Begleiterin, Mademoisell Propst“ (Lyncker, 77), „ihre dicke Cypassis, die ihr zur folie dient“ (WB 7 I, 75). Nach der Aufltsung des Liebhabertheaters im Jahr 1782 blieb Corona Schrtter bis 1793 als S|ngerin t|tig, unterrichtete Gesang und Schauspiel, komponierte Lieder (Fuenf und Zwanzig Lieder, Weimar 1786; Ges|nge mit Begleitung des Fortepiano, Weimar 1794) und versuchte sich als Malerin und Zeichnerin. Seit Mitte der 1780er Jahre verband sie eine Liebe zu Anna Amalias Kammerherrn Friedrich Hildebrand von Einsiedel. Geheiratet hat das Paar jedoch nie. Wegen eines Brustsbels zog Corona Schrtter 1801 nach Ilmenau, wo sie 1802 starb. – Goethe hatte die Schauspielerin und S|ngerin schon w|hrend seiner Leipziger Zeit im Gasthaus „Zu den drei Schwanen“ auf dem Brshl bei den „Großen Konzerten“ gehtrt und war ihr im Haus des Leipziger Verlegers Johann Gottlob Immanuel Breitkopf perstnlich begegnet. ber ihren Auftritt in Johann Adolph Hasses Oratorium „Santa Elena al Calvario“ in der Karwoche 1767 schrieb er rsckblickend: Die nachher als Mara so bekannt gewordene S m ~ l i n g befand sich mit ihrem Vater gleichfalls in Leipzig und erregte allgemeine Bewunderung. Dagegen hatte Corona S c h r v d e r , ob sie gleich mit jener es nicht an Stimme und Talent aufnehmen konnte, wegen ihrer schvnen Gestalt, ihres vollkommen sittlichen Betragens und ihres ernsten anmuthigen Vortrags, eine allgemeine Empfindung erregt, welche sich, je nachdem die Personen waren, mehr oder weniger als Neigung Liebe Achtung oder Verehrung zu ~ußern pflegte. (Leipziger Theater; AA DuW 2, 522 f.; vgl. auch WA I 4, 353; WA I 5.2, 215.) Nach Corona Schrtters Ankunft in Weimar entwickelte sich durch die gemeinsame Arbeit fsr das Liebhabertheater sowie durch h|ufige gesellige und private Begegnungen eine enge freundschaftliche Beziehung zu Goethe, der schon aus Leipzig begeistert sber die S|ngerin berichtet hatte (vgl. u. a. 47,24). H|ufig war Corona Schrtter zu Gast in Goethes Garten, wo Goethe die Schauspielerin im Juli 1777 auch zeichnete (vgl. GT I 1, 45; Corpus I, 102, Nr 292). Dass Goethe nicht nur fsr die Ksnstlerin, sondern auch fsr die Frau Corona Schrtter eingenommen war, belegen Tagebuchnotizen und Briefe. Auch Herzog Carl August umwarb die Schauspielerin. Offenbar kam es deswegen zu Spannungen zwischen dem Herzog und Goethe. Am 10. Januar 1779 notierte Goethe in sein Tagebuch: Abends nach dem Conzert eine radycale Erklarung mit ". ÆHerzog Carl Augustæ uber Cr.
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Meine Vermuthungen ---- von bisher theils best~tigt theils vernichtet. Endets gut fur uns alle, ihr die ihr uns am Gangelbande fuhrt! (GT I 1, 73.) Noch nach der Rsckkehr aus der Schweiz thematisierte Goethe diese Probleme am 1. April 1780 in seinem Tagebuch (vgl. GT I 1, 109). Ein undatierter Brief Goethes an Corona Schrtter, nach der WA „nicht vor 1781 geschrieben“ (WA IV 7, 338), deutet auf Spannungen, aber auch ein sehr vertrautes Verh|ltnis zwischen dem Dichter und der Schauspielerin: Wie offt hab ich nach der Feder gegriffen mich mit dir zu erkl~ren! Wie offt hat mirs auf den Lippen geschwebt. Ich habe gros Unrecht, daß ich es solang habe h~ngen lassen und kan mich nicht entschuldigen ohne an Saiten zu ruhren die zwischen uns nicht mehr klingen mussen. Æ:::æ Mvgte doch das so lange schwebende Verh~ltniss endlich fest werden. (WA IV 7, 260 f.). Nach diesen Auseinandersetzungen beschr|nkte sich die Beziehung zwischen Goethe und Corona Schrtter haupts|chlich auf die Theaterarbeit. In seinem Gedicht „Auf Miedings Tod“ von 1782 wsrdigte Goethe die Schauspielerin mit den folgenden Versen: Sie tritt herbei. Seht sie gef~llig stehn! Nur absichtslos, doch wie mit Absicht schvn. Und hocherstaunt seht ihr in ihr vereint Ein Ideal, das Kunstlern nur erscheint. (WA I 16, 139.) – Nach Corona Schrtters Tod, die in Ilmenau in Abwesenheit der Weimarer Freunde beerdigt worden war, erinnerte Goethe sich ihrer noch einmal in seinen „Tag- und Jahres-Heften“ fsr 1802 (vgl. WA I 35, 129). Friedrich Wilhelm Riemer berichtet in den „Gespr|chen mit Goethe“ (1810): „Æ:::æ ich erinnerte ihn an die Corona, er sprach sber sie, ihr Talent, ihre ausdrucksvolle Schtnheit lang, aber ganz still, mit tiefer zursckgedr|ngter Rshrung.“ (Gespr|che2 2, 86.) – Neben dem vorliegenden Gedichtbrief zeugt nur der oben erw|hnte undatierte Brief Goethes, der nach 1780 und vor der italienischen Reise geschrieben worden sein muss, von der zeitweise sehr engen Beziehung zwischen Goethe und Corona Schrtter. Von Corona Schrtter sind keine Briefe an Goethe sberliefert. Goethes Tagebuch gibt Auskunft darsber, dass er am 12. September 1776 einen Brief von Corona Schrtter aus Leipzig erhalten hatte (vgl. GT I 1, 25), den er am 15. September beantwortete (vgl. GT I 1, 25; EB 102). ber den Inhalt dieser Briefe ist nichts bekannt. 247,14 Dienst] Hier Minnedienst, ursprsnglich Verehrung einer Frau durch einen Ritter.
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436. An Johanna Luitgarde von Nostiz mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I E RU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 2 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 57. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Johanna Luitgarde von Nostiz (1721–1790) war die Tochter des anhalt-ktthenschen Geheimen Rats, Hofmarschalls und Kammerdirektors Gottlob von Nostiz, der 1716 in Weimar das Kammerfr|ulein Juliane Sophie von Heyse geheiratet hatte. Seit 1765 stand Fr|ulein von Nostiz als Hofdame im Dienst Anna Amalias von Sachsen-Weimar und Eisenach. Nach zeitgentssischen Erinnerungen war die „Hofdame von Nostiz, von ungemein starker Figur“, sie galt „als sehr klug, aber etwas intriguant“ (Lyncker, 27). 1778 ging sie in Pension und lebte bis zu ihrem Tod bei ihrer Schwester Charlotte Christiane von Gtchhausen, der Mutter Louise von Gtchhausens, in Weimar. Als Hofdame Anna Amalias war Johanna Luitgarde von Nostiz deren Begleiterin bei Gesellschaften, Redouten und anderen geselligen Anl|ssen. Goethe wird sie bald nach seiner Ankunft in Weimar kennen gelernt haben. In seinen Briefen und im Tagebuch wird sie namentlich jedoch nicht erw|hnt; auch sind keine weiteren Briefe von Goethe an die Hofdame sberliefert (vgl. Berger, Anna Amalia, 401 f.; Huschke, Klassisches Weimar, 79.) 248,3 zur Diken] Wahrscheinlich mit Bezug auf Dike, in der griechischen Mythologie eine der Horen. Dike galt als die Gtttin der Gerechtigkeit. Die Zweideutigkeit des Wortes im Hinblick auf die Leibesfslle der Hofdame von Nostiz war sicherlich beabsichtigt. 248,4 ruhn] Anspielung auf die 1778 erfolgte Pensionierung der Adressatin.
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437. An Sophia Friederike von Kalb mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I ERU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 2 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 57. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Sophia Friederike (Fiekchen) von Kalb (1755–1820) war die |ltere Schwester von Augusta Eleonore von Kalb und gehtrte wie diese zu den von Goethe oft erw|hnten Misels (142,21; vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429). Sophia Friederike war bei Goethes Ankunft in Weimar schon am Hof eingefshrt und nahm an den geselligen Unternehmungen teil. Von den Zeitgenossen als schtn, aber auch kaprizits beschrieben, heiratete sie 1779 den weimarischen Kammerherrn Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff. 1788 und 1789 begleitete sie Johann Gottfried Herder und Johann Friedrich Hugo von Dalberg, mit dem sie eine Liebesbeziehung verband, nach Italien. Nach dieser von der Weimarer Gesellschaft missbilligten Reise nahm Sophia Friederike ihren Wohnsitz in Mannheim, wo sie 1820 starb. Goethe erw|hnt Sophia Friederike wie deren Schwester in seinem Tagebuch oder in seinen Briefen zumeist nicht namentlich, sondern nur unter den Misels (142,21). Lediglich im Juni und Juli 1808, w|hrend sie sich gemeinsam in Karlsbad aufhielten, wird das Zusammensein mit Frau von Seckendorff in Goethes Tagebuch h|ufiger erw|hnt. Carl Wilhelm Heinrich von Lyncker schreibt in seinen Erinnerungen, „daß das schtne Fr|ulein von Kalb, nur Fieckchen genannt, nicht selten Thr|nen vergoß, wenn er ÆSeckendorffæ sich gegen sie gleichgsltig zeigte. Dies war fast t|glich in unserem Hause zu beobachten, wo beide gewthnlich des Abends anwesend waren.“ (Lyncker, 48.) Außerdem berichtet er: „Hierzu kam noch, daß um diese Zeit, wie man sagte, Gtthe viel Gefallen an dem |ltesten Fr|ulein von Kalb, Fieckchen genannt, gehabt haben soll, Sigmund von Seckendorf aber in diesem Bezuge sein Nebenbuhler war. Da nun der alte Kalb sehr auf
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seinen Stammbaum hielt, die Seckendorfische Familie sich alter Ahnen rshmte, [und (wie man keineswegs von Gtthe glaubte) bedeutendes Vermtgen besaß,] wollte er zwar den Favoriten nicht beleidigen, Sigmund aber gern zu seinem Schwiegersohne haben; und so ließ er den Liebesangelegenheiten von beiden Seiten freien Lauf.“ (Lyncker, 58.) Lynckers Bemerkungen ktnnten ein Hinweis auf die in den Versen erw|hnten stillen Lieblichen Grillen (248,10–11) sein. Vgl. Johann Ludwig Klarmann: Geschichte der Familie Kalb auf Kalbsrieth. Erlangen 1902, S. 77–84. – Weitere Briefe Goethes an Sophia Friederike von Kalb sind nicht bekannnt. 248,11 Grillen] Grille: „Laune, Kaprice, Allsre, Marotte“; wohl auch „Grsbelei, Angst, Sorge“(GWb 4, 475 f.). 438. An Elisabeth Caroline oder Friederike von Volgstedt mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I E RU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 2 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 58. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Die Adressatin war vermutlich eine der Ttchter aus der zweiten Ehe des sachsenweimarischen Oberhof- und Oberj|germeisters und Geheimen Rats Ernst Dietrich von Volgstedt mit Wilhelmina Sophie geb. Truchseß von Wetzhausen. Die |ltere, Friederike (1736–1789), war als eine Freundin der Familie Herder bekannt und lebte als Stiftsdame in Waizenbach in Franken. Die jsngere, Elisabeth Caroline (1740–um 1790), heiratete 1789 den braunschweigischen Leutnant Ludwig Christian Friedrich von Milkau auf Wormstedt. Lyncker berichtet sber die Familie Volgstedt: „Ein gewisser Kriegsrath ÆCarl Albrechtæ Volkstedt hatte bisher den tkonomischen Zweig des ganzen Milit|rs verwaltet; jedoch sagte man ihm allerlei Eigennstzigkeiten nach, weshalb er in keiner hohen Achtung stand. Æ:::æ Besagter
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Volkstedt und von Lichtenberg eiferten gegen einander; allein ersterer unterlag und wurde auf eine nicht sehr ehrenvolle Weise in Pension gesetzt. Zwei Schwestern dieses Kriegsraths waren bershmt wegen ihrer H|ßlichkeit, und die jsngste war es auch wirklich in dem Grade, daß die Damen, welche guter Hoffnung waren, ihre Gegenwart vermieden. Ihre Mutter habe ich noch in meiner Eltern Hause gesehen; sie wurde Oberj|germeisterin tituliert und stand in Achtung.“ (Lyncker, 44 f.) In den „Aufzeichnungen von der Hand der Frau Charlotte von Ahlefeldt geb. von Seebach nach Erz|hlungen der Kriegsr|thin Meyer fsr den Großherzog Carl Friedrich“ findet sich folgende Beschreibung: „Frl. Volgstedt hat die Kriegssec. Meyer gut gekannt, doch fand sie sie nicht besonders angenehm. Die Schwestern hofmeisterten sich stets in Gesellschaft, was oft in Zwist und nicht feine Repliken ausartete.“ (H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XXII 427, Bl. 5.) Zu diesen Beschreibungen der Schwestern wsrde der Text der Neujahrsposse passen, zumal die Mutter im Jahr 1778 gestorben war, was des Schiksals Donnerschlag erkl|ren ktnnte (vgl. Huschke, Klassisches Weimar, 94 f.; Lyncker, 175). Goethe wird den Schwestern auf Gesellschaften begegnet sein. Als Geheimer Legationsrat und vor allem seit der Ernennung zum leitenden Mitglied der Kriegskommission am 5. Januar 1779 hatte Goethe dienstlich mit deren Bruder Carl Albrecht von Volgstedt zu tun, der zweiter Kriegskommissar war, jedoch 1781 wegen Unf|higkeit entlassen wurde. – Weitere Briefe Goethes an ein Fr|ulein Volgstedt sind nicht bekannt. 439. An Amalia von Hendrich mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I ERU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 2 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 58. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Amalia Sophia Augusta Christiana von Hendrich (geb. 1757) war die |lteste
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Tochter des 1775 verstorbenen sachsen-weimarischen Regierungs- und Konsistorialpr|sidenten Johann Friedrich von Hendrich und seiner Ehefrau Magdalena Catharina geb. von Berlichingen. Ihr Bruder war der sp|tere Kammerherr und Stadtkommandant von Jena Franz Ludwig Ernst Albrecht von Hendrich. In Goethes Briefen und Tagebschern wird Amalia von Hendrich nicht noch einmal erw|hnt. – Außer dem vorliegenden Gedichtbrief sind keine weiteren Briefe Goethes an Amalia von Hendrich bekannt. 440. An Sophie Bernhardine Friederike von Reinbaben? mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I E RU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 2 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 58. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Die Adressatin war vermutlich Sophie Bernhardine Friederike von Reinbaben (1755–1804), Tochter des weimarischen Regierungspr|sidenten und Oberkonsistorialrats Freiherr Franz Ludwig von Reinbaben (vgl. E). Erst 1798 oder 1801 heiratete sie in Erfurt Charlotte von Steins Bruder, den weimarischen Offizier und Kammerherrn Ludwig Ernst Wilhelm von Schardt, der seit 1796 in Eisenach lebte. Carl Wilhelm Heinrich von Lyncker beschrieb sie folgendermaßen: „Noch ein, ihrem Verstande nach sehr ausgezeichnetes u. gesch|tztes Fr|ulein, von Rheinbaben genannt, war in ihrer frshesten Jugend auch schtn gewesen, aber sber alle Beschreibung verwachsen. Ihr Gesicht hatte eine Krankheit so entstellt, daß sie nur vermtge der rothen u. weißen Schminke u. der gebrannten Mandeln, mit denen sie ihre Augen schw|rzte, einem ertr|glichen Bilde gleich sah. Demohngeachtet wohnte sie allen Hof- u. anderen Gesellschaften fortw|hrend bei; auch zum Tanzen wurde sie aufgefordert, vollbrachte aber die Touren nur mit Laufen. Sie besaß einiges Vermtgen u. der verstorbene Schloßhauptmann
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v. Schardt machte ihr von seiner Lieutenantszeit an ununterbrochen den Hof, bis er sie endlich wirklich heirathete.“ (Lyncker, 82.) Christian Gottlob Voigt schrieb am 25. M|rz 1805 an Johann Ludwig von Mauchenheim gen. Bechtolsheim nach Eisenach: „Der Tod der guten Frau von Schardt hat uns wirklich betrsbt, da der so guten Wesen auf der Welt und in der Lokalgesellschaft immer weniger werden.“ (H: ThHStA Weimar, Bausachen B 25062, Bl. 10.) Goethe wird Sophie von Reinbaben, die in seinen Tagebschern keine Erw|hnung findet, w|hrend der Redouten und bei anderen Geselligkeiten begegnet sein. Nur in einem Brief an Charlotte von Stein vom 30. Juni 1780 berichtet er: Heut Abend fand ich Ihrer Mutter F~cher im Stern, und hernach begegnet ich ihr mit der Reinbaben und geleitete sie zu meinen Wohnungen hinaus. (WA IV 4, 244.) – Außer dem vorliegenden Gedichtbrief sind keine weiteren Briefe Goethes an Sophie von Reinbaben bekannt. 250,2 Portechaisen] Tragsessel oder kurze S|nften zum Transport von Personen in Form eines mit Fenstern versehenen Kastens mit einer Sitzfl|che an der hinteren Seite. In den „Aufzeichnungen von der Hand der Frau Charlotte von Ahlefeldt geb. von Seebach nach Erz|hlungen der Kriegsr|thin Meyer fsr den Großherzog Carl Friedrich“ wird berichtet: „Auch gab es Portechaisen, welche zu tragen, ein Nebenamt der Nachtw|chter war.“ (H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XXII 427, Bl. 3.) 441. An Anna Friederika Carolina Msller mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I ERU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 3 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 58. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Nach Burkhardt (vgl. E) handelt es sich um Anna Friederika (Friedericke) Caro-
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BRIEF 442
lina (Caroline) Msller (1759/60–1804). Sie war die zweite Tochter des Weimarer Rats und Hofarztes Friedrich Gottlieb Msller. In der „Todes-Anzeige“ vom 18. Januar 1804 im „Weimarischen Wochenblatt“ (Nr 5, S. 26) wird ihr ein „heiterer Geist“ best|tigt, „der sie auch in ihren langen Leiden nicht verließ Æ:::æ; die fromme Fassung, mit der sie ihrem Ende so ruhig entgegen sahe, machte sie ihren Freunden werther“. Anna Msller blieb unverheiratet und starb im Alter von 44 Jahren, so dass sie bei Entstehung der Neujahrs-Possen etwa 19 Jahre alt war. Am 20. Oktober 1778 hatte sie in Ettersburg bei einer Auffshrung von Molixres Komtdie „Le mdecin malgr lui“, die das Weimarer Liebhabertheater gab, mitgespielt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 406; ferner Louise von Gtchhausen an Catharina Elisabeth Goethe, 25. Oktober 1778; BG 2, 100). – ber ihr Verh|ltnis zu Goethe ist nichts bekannt. Außer dem vorliegenden Gedichtbrief sind keine weiteren Briefe Goethes an Anna Msller bekannt. 442. An Louise von Gtchhausen mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I E RU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 3 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). h: GSA 68/594, Bl. 50. – Tagebuch Friedrich von Msllers, Verse fsr Louise von Gtchhausen aus dem Ged|chtnis aufgeschrieben. E1: Goethes Unterhaltungen mit dem Kanzler Friedrich v. Msller. Hrsg. von CÆarlæ AÆugustæ HÆugoæ Burkhardt. Stuttgart 1870, S. 105 (nach h). E2: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 59 (nach K). WA I 4, 364 (nach h; Korrekturen nach K in den „Lesarten“, vgl. WA I 5.2, 230). Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Louise Ernestine Christiane Juliane von Gtchhausen (1752–1807) war eine Tochter des Eisenacher Schlosshauptmanns und sp|teren Weimarer Oberk|mmerers Wilhelm Ernst Friedrich von Gtchhausen und seiner Ehefrau Charlotta Christina geb. von Nostiz. 1756 zog die Familie von Eisenach nach Weimar. Als Hofdame
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der Markgr|fin Caroline Luise von Baden ging Louise von Gtchhausen 1768 nach Karlsruhe, bevor sie 1775 wahrscheinlich auf Fsrsprache ihrer Tante Johanna Luitgarde von Nostiz (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 436) Gesellschafterin und Vorleserin und ab 1783 erste Hofdame der Herzoginmutter Anna Amalia wurde. Als Gesellschafterin begleitete sie Anna Amalia auf deren Reisen an den Rhein (vgl. zu 215,4–5; zu 219,7–8) und 1788 bis 1790 nach Italien. Von der Italienreise ist ein Tagebuch Louise von Gtchhausens erhalten (H: GSA 24/13). Louise von Gtchhausen, „von kleiner, unansehnlicher Gestalt, aber mit viel Geist und Witz begabt“ (Lyncker, 40), gehtrte dank ihres Selbstbewusstseins, ihrer Sprachgewandtheit und ihres geselligen Charakters zum Mittelpunkt des geselligen Lebens in Weimar und Tiefurt. Sie war literarisch gebildet und beteiligte sich an den Auffshrungen des Liebhabertheaters und anderen Veranstaltungen des Hofs ebenso wie an der Entstehung des „Journals von Tiefurt“, das in den Jahren 1781 bis 1784 erschien. In Weimar wurde sie scherzweise auch Thusnelda genannt (vgl. zu 29,10–11). Louise von Gtchhausen starb am 7. September 1807, nur vier Monate nach dem Tod Anna Amalias. Fsr Goethe, mit dem sie ein freundschaftliches Verh|ltnis verband, versah Louise von Gtchhausen gelegentlich Schreiberdienste, 1780 diktierte er ihr z. B. das Drama „Die Vtgel“, auch schrieb sie viele seiner Werke ab. Erhalten ist von ihrer Hand die Abschrift eines vorweimarischen Faustfragments, der so genannte „Urfaust“ (H: GSA 25/XXXV,5). – Außer dem vorliegenden Gedichtbrief ist nur ein weiterer Brief Goethes an Louise von Gtchhausen vom 21. November 1780 sberliefert (WA IV 5, Nr 1050). Darsber hinaus sind drei Briefe von der italienischen Reise erschlossen (vgl. GB 7 I, EB 23, EB 115, EB 167). Von Louise von Gtchhausen haben sich 36 Briefe an Goethe aus dem Zeitraum von 1788 bis 1804 erhalten. 250,12 Der Kauz der auf Minervens Schilde sizt] Die Herzoginmutter Anna Amalia wurde von ihren Zeitgenossen mit der Gtttin der Weisheit, der Ksnste und der klugen Kriegsfshrung Minerva assoziiert, was auch ihrem eigenen Bild von sich als M|zenin und Kunstliebhaberin entsprochen haben mag. Schon 1775 hatte Adam Friedrich Oeser die Decke im Saal des Wittumspalais mit einer Minerva versehen. – Der ,Kauz‘, eigentlich die Eule der Minerva als Symbol der Weisheit, ist hier mit scherzhaftem Bezug auf Louise von Gtchhausen als Vertraute der Herzogin genannt (vgl. auch Seckendorffs Komtdie „Minervens Geburt Leben und Thaten“ [2. Akt]. In: „Es ward ein Wochenblatt zum Scherze angefangen“. Das Journal von Tiefurt. Hrsg. von Jutta Heinz und Jochen Golz. Gtttingen 2011, S. 396 und 669).
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BRIEFE 443–445
443. An Eleonore Wilhelmine Luise von Oppel? mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I E RU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 3 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 59. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Adressatin ktnnte die jsngste Tochter des 1760 verstorbenen Vizekanzlers in Altenburg und wsrttembergischen Geheimrats Carl Georg August von Oppel und der 1768 verstorbenen Luise Auguste Amalia geb. von Dtnhoff, Eleonore Wilhelmine Luise (1760–1782), gewesen sein. Wie ihre Schwestern Emilie Dorothea Friederike, seit 1771 mit Friedrich Ludwig von Berlepsch verheiratet, und Caroline Auguste Franziska, seit 1776 mit ihrem Cousin Carl Siegmund Emil von chtritz verheiratet, stand sie nach dem Tod ihrer Eltern unter der Vormundschaft ihres Onkels, des sachsen-weimarischen Oberhofmarschalls Friedrich Hartmann von Witzleben, der seit 1753 mit Martha Eleonore geb. von Oppel (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 444) verheiratet war. Die Schwestern hielten sich zeitweilig bei ihrer Tante im Roten Schloss auf (vgl. Lyncker, 81 f.). Eleonore Wilhelmine Louise heiratete den hannoverschen Kammerherrn und Oberappellationsgerichtsrat in Celle Friedrich Ludwig von der Osten, der seit August 1776 verwitwet war. Der erste Sohn des Paares wurde im Mai 1781 in Celle geboren. ber ihre Bekanntschaft mit Goethe ist nichts bekannt. Außer dem vorliegenden Gedichtbrief sind keine weiteren Briefe Goethes an Eleonore Wilhelmine Luise von Oppel bekannt. – Das Gedicht ktnnte auf die bevorstehende Hochzeit der Adressatin und deren Herkunft aus einer weitverzweigten adligen Familie anspielen.
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444. An Martha Eleonore von Witzleben mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I ERU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 3 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 59. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Martha Eleonore von Witzleben (1725–1801) war die Tochter des sachsen-gothaischen Geheimen Rats und Kammerpr|sidenten Siegmund Ehrenfried von Oppel und |ltere Schwester des in Weimar lebenden Geheimen Rats und Direktors des Landschaftskassendirektoriums Johann Siegmund von Oppel. Seit 1753 war sie mit dem Oberhofmarschall Friedrich Hartmann von Witzleben verheiratet, der seit 1756 in weimarischen Diensten stand. – Goethe pflegte gesellschaftlichen Umgang mit dem Ehepaar von Witzleben. In Briefen an Charlotte von Stein aus den Jahren 1782 und 1784 werden wiederholt Einladungen zu Obermarschalls (WA IV 6, 101) erw|hnt (vgl. WA IV 6, 102; 108; 238). Im Frshjahr und Sommer 1776 besuchte Goethe das Dorf Elgersburg, dessen Schloss Friedrich Hartmann von Witzleben gehtrte (vgl. die erste Erl|uterung zu 59,10; zu 92,9–10). – Außer dem vorliegenden Gedichtbrief sind keine weiteren Briefe Goethes an Martha Eleonore von Witzleben bekannt.
445. An Wilhelmine Eleonore Elisabeth Gr|fin von Giannini mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I ERU N G
Vgl. zu 244,6–7.
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BRIEF 446
BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 3 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 59 f. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Wilhelmine Eleonore Elisabeth Gr|fin von Giannini (1719–1784), Oberhofmeisterin der Herzogin Louise, war wenige Monate vor Goethe nach Weimar gekommen, wo sie, wie ihre Briefe an Caroline und Johann Eustach von Schlitz gen. von Goertz zeigen, nie ganz heimisch wurde. Anstoß scheint sie vor allem an der Vernachl|ssigung der htfischen Umgangsformen und am ,kraftgenialischen‘ Treiben in Weimar sowie an Goethes Favoritenrolle und dessen Aufstieg in die Hof|mter genommen zu haben. Auch Charlotte von Stein wurde von der Gr|fin Giannini als Nebenbuhlerin in der Gunst der Herzogin Louise betrachtet und dementsprechend negativ beurteilt (vgl. zu 105,2–3). Nach dem frshen Tod ihrer Eltern, des Oberhofmeisters am Hof von Braunschweig-Wolfenbsttel Leopold Joseph Graf von Giannini, und seiner Ehefrau Johanna Maximiliane geb. von Ronow und Bieberstein, kam Wilhelmine von Giannini zur Erziehung an den Hof der verwitweten Herzogin Elisabeth von Braunschweig-Wolfenbsttel, deren Hofdame sie sp|ter wurde. Zudem war sie Stiftsdame des fsrstlichen Frauenstifts Herford. Auf Initiative der Herzoginmutter Anna Amalia erhielt sie das Amt der Oberhofmeisterin bei der jungen Herzogin Louise, deren Vertrauen sie zeitlebens besaß. Zu ihrem engeren Bekanntenkreis gehtrten das Ehepaar Caroline und Johann Eustach Graf von Schlitz gen. von Goertz, mit dem sie einen intensiven Briefwechsel fshrte, und die mit dem Ehepaar von Goertz verwandte Hofdame Marianne von Woellwarth (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 448). – In Goethes Tagebschern und Briefen wird Wilhelmine von Giannini nur gelegentlich erw|hnt. Er begegnete ihr wahrscheinlich aber h|ufig am Hof, im Theater und auf den Redouten. In seiner sp|teren Beschreibung des „Louisenfestes“, das zu Ehren der Herzogin am 9. Juli 1778 gefeiert worden war, erinnerte sich Goethe an die Oberhofmeisterin und beschreibt sie als eine heitere humoristische Dame (WA I 36, 240). – Außer dem vorliegenden Gedichtbrief sind keine weiteren Briefe Goethes an Wilhemine Eleonore Elisabeth Gr|fin von Giannini bekannt. 252,5 pour accomplir le bonheur] Franz.: um das Glsck zu vollenden. 252,6 taroc ombre] Tarok und L’Hombre waren zu damaliger Zeit beliebte
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Kartenspiele, die mit 78 bzw. 40 Karten in der Regel von drei Spielern gespielt wurden. 252,6 les honneurs] Franz.: die Ehrungen. 446. An Johanna Carolina von Oertel mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I ERU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 3 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 60. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Johanna Carolina von Oertel (1741–1809), Tochter des Geheimen Rats Johann Poppo von Greiner, war verheiratet mit dem als Privatier in Weimar lebenden Rittergutsbesitzer Friedrich Benedikt von Oertel. Sie wurde „fsr eine der gelehrtesten Frauen gehalten“ (Lyncker, 50), die eine fsr die Zeit ungewthnliche Bildung erhalten hatte. In den „Aufzeichnungen von der Hand der Frau Charlotte von Ahlefeldt geb. von Seebach nach Erz|hlungen der Kriegsr|thin Meyer fsr den Großherzog Carl Friedrich“ wird berichtet: „Die beiden F‘. von Greiners hatten, wie es hieß, eine m|nnliche Erziehung bekommen, denn sie wußten mehrere Sprachen, und waren in der Geographie Geschichte, und Mythologie sehr bewandert.“ (H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XXII 427, Bl. 5.) – Goethe scheint mit der Familie von Oertel gesellschaftlich verkehrt zu haben, wenngleich er sie in seinen Briefen und im Tagebuch nur selten erw|hnt. Am 28. Februar 1781 schrieb er an Charlotte von Stein: Wie Sie weg waren hab ich der Frau v. Oertel die Cour gemacht, und noch gewalzt. (WA IV 5, 64.) Am 1. Dezember 1782 schrieb er: so will ich zu Obermarschalls und Oertels gehn (WA IV 6, 102). – Außer dem vorliegenden Gedichtbrief sind keine weiteren Briefe Goethes an Johanna Carolina von Oertel bekannt. 252,9 In den Tochtern] Johanna Carolina von Oertels Ttchter Wilhelmine
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BRIEFE 447/448
Henriette und Erdmute Caroline Friederike Amalie waren zu dieser Zeit vierzehn und neun Jahre alt. Lyncker berichtet sber die M|dchen: „Den Anfang von Theatervorstellungen hatte man mit einem Kinderstsck gemacht, der Hofmeister genannt Æ:::æ. Mitspielende waren die zwei Fr|ulein von Oertel, (diese waren zwar noch klein, aber in ihrer Art von ausgezeichneter Bildung)“ (Lyncker, 50). Sp|ter heißt es: „Auch waren nun zwei Fr|ulein von Oertel herangewachsen; die jsngere war hsbsch und artig, entfernte sich jedoch sp|terhin wegen einer Unannehmlichkeit und wurde nachher die Gemahlin des Fsrsten von Karolat; die |lteste war sehr unterrichtet, witzig und in allen Gesellschaften wohlgelitten.“ (Ebd., 82.) 447. An Charlotte Juliane von Felgenhauer mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I E RU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 3 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 60. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Charlotte Juliane von Felgenhauer geb. von Zanthier (gest. nach 1797), Tochter des kurs|chsischen Kammerrats Otto Friedrich von Zanthier und der Magdalene Charlotte geb. Gsntherodt, hatte 1774 Christoph Ludwig Adolf von Felgenhauer geheiratet, der seit 1760 in Weimar lebte, 1775 zum Geheimen Kriegsrat ernannt und 1776 pensioniert worden war. Nach der Pensionierung blieb das Ehepaar zun|chst in Weimar wohnen, seit 1785 hielt sich die Familie meist auf Felgenhauers Gut in Krtlpa bei Ptßneck auf. Nach dem Tod ihres Mannes 1793 zog Charlotte Juliane von Felgenhauer vermutlich nach Dresden, denn dort wird sie 1797 als „eines geheimen Kriegsraths Wittwe“ in der Morizstraße 753 gefshrt (Gottlob Wolfgang Ferber: Dresden zur zweckm|ßigen Kenntniß seiner H|user und deren Bewohner 1797. Dresden 1797, S. 186; vgl. Diplomatische Nachrichten adliche Familien betreffend. Hrsg. von August Wilhelm Bernhard
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von Uechtritz. 3. Teil. Leipzig 1792, S. 142 und 242; Huschke, Klassisches Weimar, 83.) – Der vorliegende Gedichtbrief wurde wahrscheinlich nicht abgeschickt, da im Gegensatz zu den meisten anderen Konzepten der Erledigungsstrich fehlt (vgl. berlieferung zu Nr 429). Außer dem vorliegenden Gedichtbrief sind keine weiteren Briefe Goethes an Charlotte Juliane von Felgenhauer bekannt. 448. An Johanna Marianne Henriette von Woellwarth mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I ERU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 4 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 61. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Johanna Marianne Henriette von Woellwarth-Essingen (1750–1815), Tochter des wsrttembergischen Generals Friedrich Carl von Woellwarth und der Wilhelmine Dorothea geb. von Schlitz, war 1775 als Hofdame der Herzogin Louise nach Weimar gekommen. Vermutlich hatte ihr Onkel Johann Eustach Graf von Schlitz gen. von Goertz, bis 1775 Prinzenerzieher am Weimarer Hof, ihr diese Stellung vermittelt. 1782 heiratete Marianne von Woellwarth den Kammerherrn und Oberforstmeister Otto Joachim Moritz von Wedel, nachdem dieser ihr lange den Hof gemacht hatte (vgl. Lyncker, 62). Das Ehepaar lebte im Ostflsgel des Hauses von Charlotte von Stein, wo Marianne auch nach dem Tod ihres Mannes 1794 wohnen blieb. Trotz ihrer Heirat behielt sie ihre Funktion als Hofdame bei und sbernahm 1804 das Amt der Oberhofmeisterin bei der Herzogin Louise. Im Gegensatz zu ihrem Onkel und der Oberhofmeisterin Giannini (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 445), denen sie sich dennoch verbunden fshlte, gehtrte sie zum freundschaftlich-geselligen Kreis um Goethe und den Herzog und war Mitglied des Liebhabertheaters. (Zur Person vgl. Huschke, Klassisches Weimar, 77; FrauenGestalten, 376 f.) – Der vorliegende Gedichtbrief wurde wahrschein-
838
BRIEFE 449–451
lich nicht abgeschickt, da im Gegensatz zu den meisten anderen Konzepten der Erledigungsstrich fehlt (vgl. berlieferung zu Nr 429). Ein sporadischer Briefwechsel mit Goethe setzte erst nach der Hochzeit von Marianne von Woellwarth mit Moritz von Wedel ein. Von Goethe sind zwei Briefe an sie sberliefert, der eine vom 23. Dezember 1796 (WA IV 51, Nr 3453a), der auch an Georg Lebrecht von Luck gerichtet war, der andere von Ende September 1813 (WA IV 24, Nr 6619). Von Marianne von Wedel sind jeweils zwei Briefe aus den Jahren 1797 und 1813 erhalten. 253,4 in Schwaben] Anspielung auf Marianne von Woellwarths wsrttembergische Herkunft; sie wurde in Stuttgart geboren. 449. An Sophie Marie Caroline von Lichtenberg mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I E RU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 4 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). E: Burkhardt, Neujahrs-Possen, 1904, 61. WA: Nicht gedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Sophie Marie Caroline von Lichtenberg geb. von Ilten (1755–1794) war die |ltere Schwester Caroline von Iltens (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 433). Am 22. Juni 1778 hatte sie in Kalbsrieth in Anwesenheit Charlotte von Steins den herzoglichen Adjutanten und Husaren-Rittmeister Carl Friedrich von Lichtenberg geheiratet (vgl. zu 215,11). Aus dieser Ehe ging 1783 nach zwei Totgeburten eine Tochter hervor, die durch eine „Aufsehen erregende Operation“ (Huschke, Klassisches Weimar, 96) des Jenaer Arztes und Professors Johann Christian Stark lebend zur Welt kam. Nach dem Tod ihres Mannes 1790 heiratete Sophie 1791 den Weimarer Hauptmann und Kammerherrn Johann Georg Lebrecht von Luck, der nach ihrem Tod die gemeinsame Tochter Louise mit in seine zweite Ehe mit Augusta von Kalb brachte (vgl. die einleitende Erl|uterung
JANUAR 1779
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zu Nr 429; vgl. Huschke, Klassisches Weimar, 96). – Sophie von Lichtenberg gehtrte vor ihrer Heirat wie ihre Schwester zu den von Goethe oft erw|hnten Misels (142,21; vgl. zu 142,21). Die Verse spielen auf die ein halbes Jahr zursckliegende Hochzeit mit Carl Friedrich von Lichtenberg an. – Der vorliegende Gedichtbrief wurde wahrscheinlich nicht abgeschickt, da im Gegensatz zu den meisten anderen Konzepten der Erledigungsstrich fehlt (vgl. berlieferung zu Nr 429). Goethe, der Frau von Lichtenberg sp|ter aus Italien grsßen l|sst (vgl. GB 7 I, 252), hat ihr vermutlich auch selbst aus Italien geschrieben (vgl. GB 7 I, EB 57). 450. An Johann Gottfried Herder mit Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff ÆWeimar, 1. Januar 1779 ! Weimaræ DAT I ERU N G
Vgl. zu 244,6–7. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 25/W 342. – Auf einem Doppelblatt, S. 4 (vgl. weiter berlieferung zu Nr 429). Ungedruckt. Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Zum Anlass des Gedichtbriefs vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 429. – Der vorliegende Gedichtbrief wurde wahrscheinlich nicht abgeschickt, da im Gegensatz zu den meisten anderen Konzepten der Erledigungsstrich fehlt (vgl. berlieferung zu Nr 429). 254,8 Pot de chambre] Franz.: Nachttopf. 451. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 2. Januar 1779 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 2. – 1 Bl. 20,768,7 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „3“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 3), vgl. berlieferung zu Nr 18.
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BRIEFE 452/453
E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 211. WA IV 4 (1888), 1, Nr 771. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 254,12 Mit dem aufgehenden Mond Æ:::æ umgangen] In das Tagebuch vom 2. Januar 1779 trug Goethe ein: Abends um die Hugel. Felsen genennt. Herrlicher Aufgang des Monds. Gezeichnet. Bis gegen Eilf spazieren. Erster Reiner Schnee und hoher Mond. (GT I 1, 73.) 254,14 Rahm] Mundartlich „die Rahme oder R|hme“ fsr ,der Rahmen‘ (Adelung 3, 921). 254,15–16 das Stuckgen von Oberweimar] Vgl. zu 98,1; wahrscheinlich mit Bezug auf eine Kohlezeichnung Goethes, den Kirchturm von Oberweimar und Teile der Ilmauen darstellend, die 1778 entstanden ist (vgl. Corpus I, 77 f., Nr 200). 452. An Johann Friedrich Krafft
ÆWeimaræ, 3. Januar 1779 ! ÆGera?æ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar; Sign.: 29/283,I, Bl. 7. – 1 Bl. 18,769,4 cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben Mitte von fremder Hd, Tinte: „79. Jan: 3tn“, oben rechts von fremder Hd (Schtll?, vgl. E), Bleistift: „5.“; Rs. mit einem unbeschriebenen Bl. beklebt. E: Briefe und Aufs|tze von Goethe (1846), 173, Nr 5. WA IV 4 (1889), 2, Nr 773 (nach E). BEI L AG E
funf Louisdor (255,1). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Kraffts (vgl. zu 255,3), der mtglicherweise die Antwort auf Goethes Brief vom 11. Dezember 1778 (Nr 419) war. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 255,1 funf Louisdor] Die Summe entsprach etwa 25 Reichstalern. Diesen Betrag hatte Goethe in seinem Brief vom 11. Dezember 1778 angeksndigt (vgl. 240,22–23). Insgesamt erhielt Krafft 100 Reichstaler im Jahr, von 1781 an 200 Reichstaler. Das n|chste Mal schickte Goethe mit seinem Brief vom 26. M|rz Geld fsr das zweite Quartal 1779 (vgl. 268,8). 255,3 Ich erwarte Æ:::æ Vertrauen.] Goethe hatte Krafft in seinem Brief vom
JANUAR 1779
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11. Dezember 1778 aufgefordert, er solle sein Leben beschreiben und ihm das Manuskript nach und nach zuschicken (vgl. 241,4–5); es ist nicht sberliefert. Mit dem Bezugsbrief war offenbar der erste Teil der autobiographischen Aufzeichnungen eingetroffen. 453. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 3. Januar 1779?æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen, die vor dem 2. Oktober 1780 eingeordnet sind. Im Erstdruck wurde er vor den 13. Februar 1780 gesetzt, als Goethe zu einer kurzen Reise nach Gotha aufbrach. Eduard von Hellen, Herausgeber des 4. Bandes der Briefabteilung der WA, datierte ihn auf den 3. Januar 1779. Der Inhalt, die bereinstimmung mit dem Tagebuch vom 2. Januar 1779 und der Bezug zu Nr 451 sprechen fsr die Datierung der WA, die daher beibehalten wird (vgl. zu 255,6–7; zu 255,8). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 97. – 1 Bl. 1068,7 cm, Bordsre mit zwei Balken, in weiten Abst|nden umwunden von einer Rocaille (vgl. Mick, Nr 7), 3/4 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr v. Stein., Rest eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „112.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 112), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 289. WA IV 4 (1889), 1, Nr 772. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 255,6 Ade] Offenbar vor einer kurzen Trennung von Charlotte von Stein. In Goethes Tagebuch findet sich unter dem 3. Januar 1779 keine Eintragung, mtglicherweise unternahm er an diesem Tag einen Ritt in die Umgebung Weimars. 255,6–7 Gestern Nacht Æ:::æ im Mondschein.] Vgl. zu 254,12. 255,8 unendlich kalt] Vgl. 254,12–13.
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454. An Charlotte von Stein
BRIEFE 454–456
ÆWeimaræ, 9. Januar 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 2. – 1 Bl. 16,569,4(–9,6) cm, 1/2 S. beschr., egh., Bleistift, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „4“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 4), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 212. WA IV 4 (1889), 2, Nr 774. BEI L AG E
Geflsgel? (Vgl. zu 255,12.) ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 255,10 von Ihrem stummen Nachbaar] Wahrscheinlich vom 8. Januar 1779 stammt Goethes Tagebucherw|hnung Charlotte von Steins, die sehr lieb war (GT I 1, 73). Darauf folgt die Bemerkung: War ich sehr in mir. Die Eintragung vom 9. Januar endet mit dem Ein-Wort-Satz: Schweigen. (Ebd.) – Am 5. Januar war Goethe zum Mitglied der Kriegskommission ernannt worden (vgl. zu 232,14–15), was ihn in den folgenden Wochen besch|ftigte und veranlasste, sich zum Aktenstudium st|rker als zuvor zursckzuziehen. 255,12 meiner Jagd] Mtglicherweise hatte Goethe Geflsgel in unmittelbarer Umgebung seines Grundstscks in der N|he der Ilmauen erlegt, da in diesen Tagen ein Jagdausflug weder im Tagebuch noch im Fourierbuch erw|hnt wird. 255,12–13 wenn Sie mich wollen] Wahrscheinlich erhielt Goethe an diesem Tag nicht die erwartete Einladung zum Mittagessen; in seinem Tagebuch ist am 9. Januar 1779 nur vermerkt: Abends bey Seckend. Musick. Schweigen. (GT I 1, 73.) 455. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 14. Januar 1779 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 3. – 1 Bl. 20,567,9(–8,2) cm, 3 Zeilen beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Spuren einer frsheren Bleistiftbeschriftung; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „5“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 5), vgl. berlieferung zu Nr 18.
JANUAR 1779
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E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 212. WA IV 4 (1889), 2, Nr 775. BEI L AG E
Geschenk (vgl. zu 255,14). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 255,14 das uberschickte] Wahrscheinlich Lebensmittel. Goethe scheint in dieser Zeit, in der er sich in sein neues Aufgabengebiet als leitendes Mitglied der Kriegskommission einarbeitete, wenig in Gesellschaft gewesen zu sein (vgl. zu 256,2); Besuche bei Charlotte von Stein werden im Tagebuch vom 9. Januar bis 23. April nicht erw|hnt (vgl. GT I 1, 73–79). 255,14 innliegendes] Vielleicht ein Buch. 255,15 Ernsten] Ernst von Stein.
456. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Mitte Januar 1779?æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen, die vor dem 2. Oktober 1780 eingeordnet sind. Im Erstdruck wurde er ohne Begrsndung vor den 19. Januar 1780 gesetzt. Eduard von Hellen, Herausgeber des 4. Bandes der Briefabteilung der WA, datiert den Brief auf Mitte Januar 1779. Das angefshrte Argument – „der Zettel scheint von demselben Stsck groben Packpapieres abgerissen zu sein, das zu 775 ÆNr 455æ, und sonst zu keinem Billet“ benutzt wurde (WA IV 4, 339, Anm. zu Nr 776) – ist nicht sberzeugend (vgl. berlieferung und Digitalisate der Handschriften zu Nr 455 und Nr 456; GB Rep). Fsr die zeitliche Einordnung Mitte Januar 1779 spricht aber zumindest eine inhaltliche bereinstimmung mit dem Tagebuch (vgl. zu 256,2), auf die schon Petersen und Fr|nkel verwiesen haben (vgl. Petersen, Goethe-Stein 1, 591, Anm. zu Nr 298–300; Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 132, Anm. zu Nr 301; Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 129, Anm. zu Nr 301). Da es sonst keine Anhaltspunkte fsr eine genauere Datierung gibt, wird der Brief beim Datum der WA belassen. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 99. – 1 Bl. 19,565(–5,3) cm, 2 Zeilen beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Spuren einer frsheren Bleistift-
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BRIEFE 457/458
beschriftung; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „118.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 118), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 285. WA IV 4 (1889), 2, Nr 776. BEI L AG E
Fruhstuck (256,1). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 256,1 Frizzen] Friedrich von Stein. 256,2 Ich habe viel zu kramen.] Nach seiner Ernennung zum leitenden Mitglied der Kriegskommission am 5. Januar 1779 war Goethe stark von dieser neuen Aufgabe in Anspruch genommen und seltener als sonst zu Gast bei Charlotte von Stein (vgl. zu 255,14). Bei bernahme seines Amtes hatte er die Repositur in keiner guten Ordnung vorgefunden, wohl vor allem wegen der Amtsfshrung des Kriegsrats Carl Albrecht von Volgstedt, seit 1763 zweiter Kriegskommissar. Im Tagebuch findet sich nach dem 13. Januar der Eintrag: Vom 14 bis 25. In Ackten gekramt, die unordentliche Repositur durchgestvrt, es f~ngt an drin heller zu werden. Das Geschafft mir ganz allein angelegen. Æ:::æ Meist mit der Kriegs Commission beschafftigt Æ:::æ. (GT I 1, 74.) 457. An Friedrich Justin Bertuch
ÆWeimar, Januar 1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Die Datierung des vorliegenden Briefes geht aus seinem Inhalt hervor. BERLIEFERUNG
H: ThHStA Weimar, Fsrstenhaus A 1082, Bl. 70. – 1 Bl. 20,2614,7 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben; Rs. roter Oblatenrest und Adresse: H‘ R. Bertuch. – In einem gebundenen Konvolut mit grauem Pappeinband (22,2636,4 cm), enth|lt 254 Bl.; auf dem vorderen Deckel mit Tinte: „Belege 430 – 619. / zur / Haupt-Rechnung v. 1 Oct 1778–1779“. E: GJb N. F. 10 (1947), 289 (Wolfgang Huschke). WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 50, Nr 776a. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
JANUAR/FEBRUAR 1779
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Susanna Sophia Lehmann, die Witwe des Konsistorialdieners Johann Heinrich Lehmann in Weimar, war Besitzerin eines Gartens, der ntrdlich an Goethes Garten im Park am Stern angrenzte. Diesen hatte sie am 19. Juni 1778 an den Herzog verkauft, der zwei weitere benachbarte G|rten erwarb. ber die Grsnde, die Carl August zu dem Kauf veranlassten, ist nichts bekannt. Der Kaufpreis betrug 250 Reichstaler. Den Empfang dieser Summe „hiesiges Courrant als die Kauf Summa fsr meinen am Sterne gelegenen Garten“ (H: ThHStA Weimar, Fsrstenhaus A 1082, Bl. 58) samt 5 Reichstalern Zinsen hatte Susanna Sophia Lehmann am 31. Dezember 1778 quittiert. Weil das Geld nicht in Conventionsmsnze, sondern in der geringeren Weimarischen Courant-W|hrung ausgezahlt worden war, verlangte sie eine Nachzahlung. Deren Erhalt bescheinigte sie am 1. Februar 1779: Sechs Thlr. 16 g‘. gn|digst gew|hrtes Agio auf die HauptSumme 250 r‘. meines Gartens, um sie aus Courrant in Convent‘. Msnze zu verwandeln, sind mir aus Hochfurst‘. Scatol richtig nachgezahlt worden. Weimar d‘. 1 Febr‘. 1779. Susanna Sophie Lehmanin (H: ThHStA Weimar, Fsrstenhaus A 1082, Bl. 71.) – Genau berechnet, betrug der zu gew|hrende Wertausgleich (Agio) jedoch 7 Reichstaler 13 9/11 Groschen Conventionsmsnze, da die W|hrung (Weimarisch) Courant 1/33 geringer war als Conventionsmsnze. Auch wenn die nachgezahlten 6 Reichstaler 16 Groschen wohl in Conventionsmsnze zu verstehen sind, weil dieser Betrag in klingender Msnze gerade 5 Conventionstalern entsprach, so fehlten hier noch rund 22 Groschen. 256,5–6 entweder in Groschen oder mit Vergutung des Agio] Die Zahlung sollte entweder in der damals in Weimar wie in Kur-Sachsen vollwertig ausgebrachten Groschenmsnze (24 auf einen Taler) erfolgen oder aber in minderwertiger (Pfennig-)Msnze mit einem entsprechenden Aufgeld (Agio). Die Zahlung grtßerer Geldbetr|ge mit abgepackten Groschen war nicht ungewthnlich; es gab Geldp|ckchen zu 10, 20, 25, 50, 100 und 200 Talern. (Nach freundlicher Auskunft von Diedrich Deseniss, Hamburg.) 256,7 H‘.] Herzog. 458. An Jean Antoine de Castrop BERLIEFERUNG
Weimar, 1. Februar 1779 ! ÆWeimaræ
H: Verbleib unbekannt. – Bis 1945 im ThHStA Weimar; vermutlich Kriegsverlust.
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BRIEF 458
E: Die Grenzboten 33 (1874). 2. Semester. 1. Bd, S. 185 (Carl August Hugo Burkhardt; nach H). WA IV 4 (1889), 9 f., Nr 778 (nach E; Hinweis auf Erw|hnung des Briefes in: Der Wiener antiquarische Bschermarkt 8 [1891]. Autographen und historische Urkunden, Nr 436, in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 30, 254). Textgrundlage: E. BEI L AG E
Kopie des herzoglichen Reskripts zur Ernennung Goethes zum Direktor der Wegebaukommission vom 19. Januar 1779 (abgedruckt in der Erl|uterung zu 256,11). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief Castrops stammt vom selben Tag (abgedruckt im Anschluss an die folgenden Erl|uterungen; vgl. RA 1, 72, Nr 93; vgl. RA Erg.-Bd zu den B|nden 1–5, 542, Nr 1/93*). Jean Antoine Joseph de Castrop (1731–1785) hatte sich in Kassel zum Ingenieur ausgebildet, worunter vor allem der Beruf eines milit|rischen Baumeisters verstanden wurde. Eine Arbeit sber „La construction des chaußes“ (H: ThHStA Weimar, Bausachen B 9257) dsrfte dafsr gesorgt haben, dass er in Eisenach als Ingenieur oder Aufseher im Straßenbauwesen eingestellt wurde. Vermutlich veranlasste eine weitere Schrift, „Remarques des qualits et du scavoir d’un ingnieur des chaußes“ (H: ThHStA Weimar, Bausachen B 9258) aus dem Jahr 1755, Herzog Ernst August II. Constantin, ihn im Januar 1756 nach Weimar zu berufen. Dort wurde er 1764 zum Ingenieur-Hauptmann und 1768 zum ArtillerieHauptmann ernannt. In der Praxis hatte das Artilleriewesen viel mit dem Straßenbau zu tun: „Wenn diese Artillerie marchiren soll, so gehet der Major von der Artillerie mit einigen Pionniers, Zimmer-Leuthen und dazu gehtrigen Wagen mit Bretern und Werckzeug voraus, l|sset die Wege bessern und sticht den Platz ab, wo die Artillerie sbernachten soll.“ (Krsnitz 2, 1727.) Als Artillerie-Hauptmann gehtrte Castrop der Wegebaukommission an, die vom Kammerpr|sidenten Carl Alexander von Kalb und danach von dessen Sohn Johann August geleitet wurde. Von Letzterem sbernahm Castrop 1776 kommissarisch die Leitung der Behtrde, die er als Direktor der Kommission bis zu Goethes Eintritt im Januar 1779 fshrte. Schon im Februar/M|rz desselben Jahres unternahm Goethe in Begleitung des Hauptmanns eine Reise zur Straßeninspektion und Rekrutenauslesung. Zwischen beiden entwickelte sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Castrop wurde Goethes rechte Hand; er fshrte aus, was Goethe anordnete; dieser beteiligte ihn auch an der Planung der Projekte, so wie es das herzogliche Reskript vorsah (vgl. zu 256,11). Goethe sch|tzte den Adressaten als einen fleisigen und braven Mitarbeiter (278,26–279,1); er sei ein gef~lliger dienstfertiger
FEBRUAR 1779
847
Mann (278,23–24). Im Tagebuch ist unter dem 22. Januar 1780 eine Unterredung mit Castrop verzeichnet, nach der Goethe folgendes Ressmee zieht: Die Weegeb. Sachen in Ordn. (GT I 1, 104.) Es spricht fsr Goethes Zutrauen in Castrops Integrit|t und Verl|sslichkeit, dass er ihn in die Unterststzung seines Schstzlings Johann Friedrich Krafft einbezog. Castrop sberbrachte diesem Geld (vgl. 278,20–24; 283,4–6), verhandelte mit dessen Wirtsleuten (vgl. 283,6–8) und bezahlte die Miete (vgl. 296,15). Castrop scheint in Gesellschaft ein unterhaltsamer Gespr|chspartner gewesen zu sein: Beym Mittagsessen erz~hlten die Stadtvvgte, und besonders Castrop, alte Geschichten wie sie sich im Kriege aus allerley Verlegenheit geholfen. Es ist mir auch im Kleinen interessant zu sehen wie der Mensch sich wendet und dreht und sein Geschick gelten macht. (Brief an Charlotte von Stein, 20. M|rz 1782; WA IV 5, 284.) Ein anderes Mal berichtet Goethe: Castrop hat mir eine kvstliche Scene gegeben uber die ich im innersten noch lache. Schade daß sie sich nicht wiedererz~hlen l~sst das beste davon ist pantomimisch. (Brief an Charlotte von Stein, 29. Februar 1784; WA IV 6, 247.) Dass Goethe seinen Mitarbeiter sch|tzte, beweist auch die Hilfe, die er ihm wiederholt angedeihen ließ, als Castrop im letzten Jahrzehnt seines Lebens in Schulden geriet (vgl. darsber weiter Bsrgin, 41–46). Die Ernennung Goethes zum Wegebaudirektor nahm Castrop mit Freude auf und sandte ihm mit seinem Antwortbrief noch am selben Tag die gewsnschten Verzeichnisse (256,14). Wenige Tage sp|ter machte er den sber das Reskript vom 19. Januar 1779 hinausgehenden Vorschlag, Goethe auch mit der Verantwortung fsr den Stadtpflasterbau zu betrauen (vgl. Brief an Goethe, 5. Februar 1779; RA Erg.-Bd zu den B|nden 1–5, 542, Nr 1/93a+), fsr den er, Castrop, bisher ebenfalls zust|ndig war. In einem weiteren herzoglichen Reskript vom 23. Februar 1779 wurde Goethe auch dieses Ressort sbertragen (abgedruckt in: Bradish, 213 f.; das Schriftstsck tr|gt den Vermerk: „PraesÆentiertæ, den 26. Febr. 1779“ [ebd., S. 213, Anm. 1]). Am 27. Februar 1779 fertigte die Fsrstliche Kammer ein Reskript fsr den Adressaten aus; darin „wird der Fsrstliche Ingenieur- und Artillerie-Hauptmann Castrop hiermit an selbigen ÆGoetheæ angewiesen mit dem Bedeuten, von nun an hinfsro sothanen htchsten Rescript gem|ß an besagten Herrn Geheimden Legationsrath in Ansehung dieser Angelegenheiten ÆLandstraßen- und Stadtpflasterbauæ sich zu wenden und von selbigem desfallsige Verhaltungsbefehle zu gew|rtigen.“ (Ebd., S. 214 f.) Der Tod seines Mitarbeiters 1785 war neben der Knappheit der Mittel ein Grund dafsr, dass Goethe die Arbeit in der Straßenbaudirektion verleidet wurde. In einem kritischen Bericht an Herzog Carl August vom 9. Juni 1786 verlangte Goethe mehr Geld und bemerkte dazu: Ew. HochFurstlichen Durchlaucht werden dieses um so mehr entschuldigen, als die Disproportion der Wege-Bau-Kassen-Einnahme zu dem, was solche zu leisten hat, schon oft genug zur Sprache gekommen. (FA/Goethe I 26, 759.)
848
BRIEF 458
Es sind nur zwei Briefe Goethes an Jean Antoine de Castrop sberliefert, außer dem vorliegenden noch Nr 492 von April 1779. Von den Briefen Castrops an Goethe haben sich drei erhalten, vom Antwortbrief auf den vorliegenden abgesehen noch Briefe vom 5. und vom 19. Februar 1779 (vgl. Bradish, 210 f.; vgl. auch RA Erg.-Bd zu den B|nden 1–5, 542, Nr 1/93a+ und Nr 1/93b+). 256,10 P. P.] Lat. praemissis praemittendis: unter Vorausschickung des Vorauszuschickenden, d. h. unter Verzicht auf Anrede und Titel. 256,11 Rescr.] Rescripts. – Die fsr Castrop bestimmte Abschrift des an die Kammer gerichteten Schreibens lautet:
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Von Gottes Gnaden Carl August, Herzog zu Sachsen, Jslich, Cleve und Berg, auch Engern und Westphalen p. Vester Rath, lieber Getreuer! Wir haben in Ansehung der Direction des hiesigen Landstraßen-Baues eine neue Einrichtung zu treffen und solche euch zu sbertragen uns aus bewegenden Ursachen resolviret. Unsere Absicht bei dieser neuen Einrichtung gehet dahin, dass Ihr so wie in vorigen Zeiten der Kammer-Praesident v. Kalb, sothane Direction sber sich gehabt, solche in der Maße fshren sollet, dass ihr allemal zu Anfang des Jahres mit dem bei dem Bauwesen selbst angestellten Artillerie-Hauptmann Castrop, an welchen Orten und in welcher Maße in dem folgenden Sommer die Arbeit vorgenommen werden solle, sberlegen und eine Disposition wegen Zweckmassiger und nszlicher Verwendung des darauf in dem Kammer-etat ausgesezten Quanti, treffen, nachhero aber darauf, dass die Arbeit wirklich dieser Disposition und Plan gem|ss vorgenommen werde, Aufsicht fshren, zu solchem Ende die in Arbeit genommene Stsken Strasse von Zeit zu Zeit visitiren und ob allenthalben Ordnung gehalten werde, nachsehen, bei Schliessung der Accorde von einiger Betr|chtlichkeit und bei Bestimmung der an die Grundstsks-Besizer, vor die zu denen zu erweiternden oder neu anzulegenden Strassen hergebende Stske zu praestirenden Entsch|digungen, concurriren, zu Ende des Jahrs aber das, was wirklich geschehen, mit dem was geschehen sollen, vergleichen, und sber das, sich bei dieser Zusammenhaltung ergebende eine Art von Bilance mit Bemerkung der sich etwa ereigneten Abweichungen, fertigen sollet. Dahingegen ist unser Wille, dass das Oeconomicum noch fernerhin bei dem Cammer-Collegio verbleiben, das auf den Landstrassenbau ausgeworfene Quantum dazu von derselben fourniret, die behorig attestirten Zeddel bei der KammerCasse bezahlet, darauf dass das nur erwehnte Quantum ohne Noth und ohne ausdrsklichen Befehl von Uns, nicht sberschritten werde, gesehen, und bei dergleichen erfordernden F|llen mit Euch Rsksprache gehalten werden solle. Wie Wir, dass auf diese Art, und bei unterhaltenden guten Einverst|ndniss, das Gesch|ft wohl und unserer Intention gem|ss zu behandeln seyn werde, gewiss versichert sind; Als begehren wir hiermit gn|digst, Ihr wollet Euch nachdem was
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vorstehet, zu Erreichung iener Absicht, auf das genauste achten, auch den hierunter an Euch gewiesenen Hauptmann Castrop sberall mit erforderlicher Anweissung versehen An dem geschiehet unser Wille und wir sind euch mit Gnaden gewogen. Geben Weimar den 19 ten Januari 1779. Carl August, HÆerzogæzÆuæSÆachsenæ.
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(H: ThHStA Weimar, Bausachen B 9266B, Bl. 2–3. – Vgl. auch Bradish, 203–205.) 4 Vester] Standhafter, treuer; ,vest‘ statt ,fest‘ war kanzleisprachlich (vgl. Grimm 26, 17). 6 bewegenden] Amtssprachlich im Sinn des Nomens ,Bewegnis‘: „Beweggrund“ (Grimm 1, 1774); auch im Sinn des Adjektivs ,beweglich‘: schwerwiegend (vgl. ebd.). 6 resolviret] Resolvieren: kanzleisprachlich fsr ,entschließen‘. 8 Kammer-Praesident v. Kalb] Johann August Alexander von Kalb, von 1776 bis 1782 weimarischer Kammerpr|sident (vgl. die einleitende Erl|uterung). 9 in der Maße] Die Maße: „angemessene und abgemessene art“ (Grimm 12, 1731); in kanzleisprachlichen Wendungen. 17 Accorde] Franz.: Abkommen, Vertr|ge. 19 praestirenden] Von lat. praestare: leisten, zur Verfsgung stellen. 20 concurriren] Nach franz. concourir, hier: mitwirken. 25 fourniret] Nach franz. fournir: beliefern, besorgen; in der Sprache des Handels auch: vorstrecken, an die Hand geben. 25 behorig] Behtrig: Amtssprachlich fsr ,gehtrig‘. 25 Zeddel] Hier: Abrechnung, Schriftstsck; Schreibung nach franz. cdule. 29 unterhaltenden] Fortdauernden (vgl. Adelung 4, 910). 256,12 Serenissimus] Durchlauchtigster Herr, Titulierung regierender Fsrsten; gemeint ist Herzog Carl August. 256,14 Verzeichnisse] Goethe erhielt sie umgehend (vgl. die einleitende Erl|uterung). Castrops Antwortbrief (Konzept): ganz gehorsamstes Pro Memoria. Tandem bona causa triumphat, was ich l|ngstens sehnlichst gewsnscht geschiehet. Den Herrn Geheimden LegationsRath, st|tte ich hierdurch mit lebhafter Freude den allergehorsamsten Danck ab, fsr die mir gstigst ertheilte frtliche Nachricht. Hier anschließig habe die Ehre die anverlangten Verzeichniße und resp: Specificationes das Wegebau-Gesch|ffte betr‘: so erst diesen Nachmittag fertig worden, zu sbersenden. Morgen Frshe werde aufzuwarten nicht ermangeln. Weimar d‘. 1. Febr: 1779. dÆeæCÆastropæ. (H: ThHStA Weimar, Bausachen B 9266B, Bl. 4r. – Vgl. auch Bradish, 207 f.)
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BRIEF 459
2 Tandem bona causa triumphat] Lat.: Endlich triumphiert die gute Sache. (Vgl. Proverbia sententiaeque Latinitatis medii ac recentioris aevi. Nova series. Lateinische Sprichwtrter und Sentenzen des Mittelalters und der frshen Neuzeit in alphabetischer Anordnung. Neue Reihe. T. 9. Aus dem Nachlaß von Hans Walther hrsg. von Paul Gerhard Schmidt. Gtttingen 1986, S. 709, Nr 43612a.) – Die Freude, mit der Castrop Goethes Ernennung zu seinem Vorgesetzten aufnahm, hat ihren Grund u. a. darin, dass er in der Zeit, in welcher er allein fsr die Wegebauarbeiten verantwortlich war, Anfeindungen und Intrigen von Seiten des Kammerpr|sidenten Johann August von Kalb (vgl. zu 437,2) und des Kammerrats Lorenz Heinrich Wetken ausgesetzt war. Diese veranlassten Castrop, im Jahr 1777 um seine Entlassung zu bitten. Das Gesuch wurde jedoch abgelehnt. Es zeugt von Vertrauen, dass er sich damals schon an Goethe gewandt hatte; in dessen Tagebuch heißt es unter dem 29. August 1777: Castrops Beschweerden, mit ihm den neuen Weeg nach Martinrode (GT I 1, 46).
459. An Charlotte von Stein DAT I E RU N G
ÆWeimaræ, 2. Februar 1779 ! ÆWeimaræ
Entgegen der eigenh|ndigen Datumsangabe wurde der Brief seit dem Erstdruck auf den 2. Februar 1780 datiert, und zwar mit dem Hinweis, dass mit dem eingangs erw|hnten Portrait (257,1) das von Johann Caspar Lavater gemeint sei. Fsr dessen bersendung bedankte sich Goethe in seinem Brief vom 7. Februar 1780 (vgl. WA IV 4, Nr 887, bes. 173). Der Widerspruch zu Goethes Jahresangabe ,1779‘ wird durch die Vermutung erkl|rt, es handele sich um eine Verschreibung, wie dies h|ufiger zu Beginn eines neuen Jahres vorkam (vgl. Schtll, Goethe-Stein 1, 286 f., Anm. 4). Gegen die Umdatierung spricht jedoch der Inhalt des Briefes. Ende Januar/Anfang Februar 1780, kurz nach der Rsckkehr aus der Schweiz, war Goethe an einer in Weimar kursierenden Infektion der Atemwege erkrankt und musste die schvne Zeit ohne irgend etwas zu thun zubringen (GT I 1, 104). Noch im Brief an Lavater vom 7. Februar 1780 schreibt er: Ich habe vierzehn Tage eine Art Catharfieber gehabt und muss noch iezo mit meiner Arbeit ganz sachte zugehen. (WA IV 4, 173; vgl. auch Herzog Carl August an Merck, 31. Januar 1780; Merck, Briefwechsel 2, 361 f.). Es ist kaum anzunehmen, dass Goethe schon am 2. Februar wieder im Garten herumgesprungen ist (257,4). Ebenso belegen die inhaltlichen bereinstimmungen mit dem Tagebuch vom 1. und 2. Februar 1779 die Korrektheit der eigenh|ndigen Datierung (vgl. zu 257,2–3; zu 257,7). Darauf hat bereits
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Eduard von der Hellen hingewiesen, der den Brief in der WA deshalb unter dem 2. Februar 1779 einordnet (vgl. WA IV, 340, Anm. zu Nr 779). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 3. – 1 Bl. 19,9613,4(–13,8) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Papier nachtr|glich am unteren Rand abgeschnitten, dadurch fehlt der untere Teil der Paraphe; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „6“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 6), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 286 f. WA IV 4 (1889), 10, Nr 779. BEI L AG E
Portr|t (vgl. zu 257,1–2). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 257,1–2 das Portrait Æ:::æ ihn lieber haben sollten als mich] Wahrscheinlich eine Silhouette, mit deren Herstellung und Besorgung sich Goethe vor allem im Zusammenhang mit Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ besch|ftigt hatte (vgl. die erste Erl|uterung zu 201,5). – N|heres dazu nicht ermittelt (vgl. Datierung). 257,2–3 Wittrung von Fruhlingslufft] Analog dazu heißt es im Tagebuch vom 2. Februar 1779: Fruhlings Ahndung (GT I 1, 75). 257,4–5 der Zeiten erinnert da ich sie pflanzte] Vgl. zu 140,15–16. 257,7 allen Ackten und Hofstaub] Zu Beginn des Jahres 1779 waren Goethe neben seiner T|tigkeit im Geheimen Consilium und in der Bergwerkskommission zwei weitere mter sbertragen worden: Seit dem 5. Januar war er Mitglied der Kriegskommission, am 19. Januar wurde ihm außerdem die „Direction des hiesigen Landstraßenbaues“ (Bradish, 203, Nr 8) sbertragen, bis dahin kommissarisch geleitet vom Weimarer Artillerie- und Ingenieurhauptmann Jean Antoine Joseph de Castrop. Im Tagebuch finden sich seit Mitte Januar zahlreiche Hinweise auf diese neuen Aufgaben, in die sich Goethe durch intensives Aktenstudium einarbeitete (vgl. zu 256,2). Kurz bevor er den vorliegenden Brief schrieb, hatte er im Tagebuch vermerkt: Durch diese Wiederhohlten Erfahrungen Ædes mtermissbrauchsæ wird man so misstrauisch dass man sich fast zu lezt scheut den Staub abwischen zu lassen. (Eintrag vom 1. Februar 1779; GT I 1, 75.)
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BRIEFE 460/461
460. An Friedrich Justin Bertuch ÆWeimar, Ende Januar/Anfang Februar 1779æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Beim ersten der erw|hnten von Goethe attestirten Zettel (257,12–13) handelt es sich um eine von Carl Heinrich Gentzsch aufgestellte Rechnung sber das Ausbringen von Mist „auf die H‘: Acker bey den Schis Hauß“ sber 13 Reichstaler 22 Groschen 6 Pfennig (ThHStA Weimar, Fsrstenhaus A 1082, Bl. 233). Die von Goethe abgezeichnete „Specification“ stammt vom 6. Februar 1779. Die g|rtnerischen Arbeiten dsrften in den Tagen zuvor erledigt worden sein. Der vorliegende Brief, in dem der Tabakanbau-Versuch und die damit zusammenh|ngenden Rechnungen angeksndigt werden, wurde demnach Ende Januar oder Anfang Februar 1779 geschrieben. BERLIEFERUNG
H: ThHStA Weimar, Fsrstenhaus A 1082, Bl. 232. – Doppelblatt 19,4633,6 cm, 1/4 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben. – In einem gebundenen Konvolut mit grauem Pappeinband (22,2636,4 cm), enth|lt 254 Bl.; auf dem vorderen Deckel mit Tinte: „Belege 430 – 619. / zur / Haupt-Rechnung v. 1 Oct 1778–1779“. E: GJb N. F. 10 (1947), 291 (Wolfgang Huschke). WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 50, Nr 776b. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Herzog Carl August war – im Gegensatz zu Goethe, der den Genuss von Tabak ablehnte – Pfeifenraucher. Bertuch verbuchte wiederholt (etwa in der „JahresRechnung von Serenissimi Regentis Scatol. vom 1 Oct: 1781 bis dahin 1782“; ThHStA Weimar, Fsrstenhaus A 1097) Ausgaben fsr „Tabackspfeiffen Mundktpfe“ (Bl. 14r), fsr einen „meerschaumenen Pfeiffenkopf“ und „silberne Beschl|ge daran“ (Bl. 14v), fsr „Tabacks Rthrgen“ (ebd.) u. a. m. Auf Wunsch des Herzogs wurde im Lauf des Jahres 1779 auf einigen (sp|ter in den Park an der Ilm integrierten) ckern in der N|he des damaligen Schießhauses (hinter dem heutigen Liszt-Haus) unter der Aufsicht des Hofg|rtners Carl Heinrich Gentzsch eine Tabakplantage angelegt. Goethe erw|hnt in seinem Tagebuch unter dem 27. August 1779 einen Besuch der Tobacks Acker (GT I 1, 88). Der Erfolg war gering, so dass der Versuch in den folgenden Jahren nicht wiederholt wurde. 257,12–13 von mir attestirten Zettel] In den Schatullrechnungen finden sich von Goethe best|tigte Rechnungsbelege, der letzte vom 11. September 1779 (vgl. ThHStA Weimar, Fsrstenhaus A 1082, Bl. 251), dem Vortag seiner Abreise in
JANUAR/FEBRUAR 1779
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die Schweiz. Insgesamt beliefen sich die Aufwendungen fsr das Tabakanbau-Vorhaben auf 255 Reichstaler (vgl. Huschke in E). 257,13 Ser] Serenissimus: Durchlauchtigster Herr, Titulierung regierender Fsrsten. 257,13 verschreiben] Amtlich, urkundlich verzeichnen (vgl. Grimm 25, 1153). 257,14 Caput] Lat.: Abschnitt, ,Kapitel‘. – Bertuch richtete, wie vorgeschlagen, in den Schatullrechnungen von 1778/79 und 1779/80 ein „Cap: 13. / Tabacks Plantage“ (ThHStA Weimar, Fsrstenhaus A 1082, Bl. 231) und ein „Cap. XIII / Tabacks-Plantage“(ThHStA Weimar, Fsrstenhaus A 1089, Bl. 76) ein. 461. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 8. Februar 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 3. – 1 Bl. 18,267,3(–7,6) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. und Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „7“, rechts neben dem Brief von fremder Hd, Bleistift: „8“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 8), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 212. WA IV 4 (1889), 10 f., Nr 780. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 257,15–16 Ich muss mich wieder an meine Wohnung gewvhnen.] Goethe hatte als Freund des Herzogs, aber vor allem als Geheimer Rat in der vorangegangenen Woche an den Feierlichkeiten anl|sslich der Geburt der Prinzessin Louise Auguste Amalie von Sachsen-Weimar und Eisenach am 3. Februar teilgenommen (vgl. die zweite Erl|uterung zu 231,8). Am Abend des 4. Februar wurde die Prinzessin im großen Saal des Fsrstenhauses von Herder, Oberhofprediger und Superintendent, getauft, und zwar im Beisein „s|mmtlicher Herrn Ministres, Damen, Cavaliers und R|the“ sowie unter „allgemeiner Theilnehmung“ einer „unbeschreiblichen Menge Volks, welches sich, nach erhaltener gn|digsten Erlaubniß, aus allerley Stande, auf der ger|umigen Galerie des Saals versammlete“ (WWA, 6. Februar 1779, Nr 11, S. 42). Am 5. Februar fand ein großer Maskenball statt, wofsr Herzog Carl August 300 Freibilletts verteilen ließ und bei dem auch der regierende Herzog Ernst II. Ludwig von Sachsen-Gotha und Altenburg anwesend war, neben der Herzoginmutter und Prinz Constantin einer der Taufpaten. Am Sonntag, dem 7. Februar, schließlich wurde „ein feyerliches DankFest
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BRIEF 462
gehalten, und nach der Predigt und Gebeth das Te Deum unter Trompeten und Paucken, unter dem Gel|ute der Glocken auf allen Thsrmen der Stadt, und unter Abfeurung der Canonen, die des Endes auf die Hthe vor dem Jacobs-Thore aufgepflanzt worden, abgesungen.“ (WWA, 10. Februar 1779, Nr 12, S. 45.) 462. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 14. Februar Æ1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Das Jahr 1779 l|sst sich aus dem Inhalt des Briefes und der bereinstimmung mit dem Tagebuch eindeutig erschließen (vgl. zu 258,2; zu 258,3). Es wird auch durch die Datierung der Empf|ngerin best|tigt (vgl. berlieferung). In den Februar 1779 ist der vorliegende Brief auch im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) eingeordnet. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 4. – 1 Bl. 19(–19,2)611,5(–12) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); am unteren Rand von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „79“; Reste einer Adresse von fremder Hd: „Æ æn Æ ætthen / Weimar“; untere rechte Ecke frsherer Siegelausschnitt, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „8.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 9), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 213. WA IV 4 (1889), 11, Nr 781. BEI L AG E
Blumen (vgl. zu 258,1). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 258,1 zwey aufkeimende Blumen] 1779 gab es einen ungewthnlich warmen Februar (vgl. zu 257,2–3). 258,2 die Gras und Wasser Affen] In Abwandlung zu ,Grasaffen‘ (vgl. zu 55,22); hier mit Bezug auf Charlotte von Steins Sthne Friedrich und Carl, mit denen Goethe am 14. Februar 1779 gebadet (GT I 1, 75) hat, wahrscheinlich beim Ilmwehr. 258,3 Den ganzen Tag brut ich uber Iphigenien] Laut Tagebuch hat Goethe am 14. Februar 1779 fruh Iphigenia anfangen dicktiren (GT I 1, 75). Dieser Eintrag und die vorliegende Erw|hnung sind die ersten direkten Hinweise auf die Arbeit an der „Iphigenie auf Tauris“, deren frsheste Prosafassung am
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28. M|rz 1779 geendigt war (ebd., 78). Auch wenn Goethe demnach erst am 14. Februar mit dem Diktat des Stsckes begonnen hat, verweist die Art der Erw|hnung gegensber Charlotte von Stein doch darauf, dass er zumindest den Plan dazu schon frsher gefasst und sich darsber mit der Freundin ausgetauscht haben muss. Dass die Anf|nge bis ins Jahr 1776 zursckreichen, wie nach einer Erinnerung des Berginspektors Johann Christian Mahr vom 29. August 1831 vermutet wurde, l|sst sich nicht belegen. Mahr selbst nennt kein Jahr, sondern gibt lediglich ein Gespr|ch mit Goethe wieder, in dem dieser sich erkundigt, „ob das kleine Haus auf dem Schwalbenstein noch st|nde Æ:::æ, in welchem er sich sonst oft aufgehalten habe“ und wo ihm „die erste Idee zur ,Iphigenie auf Tauris‘ gekommen sei“ (Gespr|che1 8, 112 f., Nr 1387). Der Schwalbenstein bei Ilmenau wird in Goethes sberlieferten Briefen gar nicht, in den Tagebschern nur zweimal erw|hnt, zuerst unter dem 11. August 1776: Abends mit Wedel auf die Sturmheyde und den Schwalbenstein (GT I 1, 23), das zweite Mal unter dem 19. M|rz 1779 (vgl. die zweite Erl|uterung zu 266,14). Es ist keineswegs sicher, dass sich Goethes sehr viel sp|tere und auch nur gespr|chsweise sberlieferte Erinnerung auf den mutmaßlich ersten Besuch des Schwalbensteins im August 1776 bezieht. – Nicht zu beweisen, wenn auch nicht ganz auszuschließen ist, dass das Stsck ursprsnglich zu Ehren der Herzogin Louise aufgefshrt werden sollte, und zwar nicht wie die Stscke in den beiden vorangegangenen Jahren zu ihrem Geburtstag am 30. Januar, sondern am 14. M|rz 1779, dem Tag des ersten Kirchgangs nach ihrer Niederkunft (vgl. zu 257,15–16). – Die Urauffshrung des Stsckes durch das Weimarer Liebhabertheater fand schließlich am 6. April 1779 statt, wahrscheinlich im Hauptmannschen Redoutenhaus an der Esplanade (heute Schillerstraße) und mit Corona Schrtter in der Titelrolle, Goethe als Orest, Carl Ludwig von Knebel als Thoas und Prinz Constantin als Pylades (vgl. Sichardt, 154 f.). 258,5 ohne Sammlung] Goethes amtliches Aufgabengebiet war seit Beginn des Jahres 1779 stark gewachsen: Zu den regelm|ßigen Sitzungen des Geheimen Consiliums, an denen er meist zweimal wtchentlich teilnehmen musste, kam die Arbeit in drei unterschiedlichen Kommissionen (vgl. zu 257,7). 258,6 Dichter Hippogryphs] Okkasionelle Wortbildung Goethes fsr ,Musenross‘, ,Pegasus‘; Hippogryph: Mischwesen aus Pferd (griech. iF ppo|) und Greif (griech. cqtŁw); nach „ippogrifo“ in Lodovico Ariostos Epos „Orlando furioso“ (1516. – Der rasende Roland), das Goethe schon seit der Frankfurter Jugendzeit kannte (vgl. GB 2 II, zu 211,10–11). – Wielands Epos „Oberon“ mit den Anfangsversen „Noch einmal sattelt mir den Hippogryfen, ihr Musen, / Zum ritt ins alte romantische land!“ lernte Goethe laut Tagebuch erst am 26. Juli 1779 kennen (vgl. GT I 1, 84); im Druck erschien es erst 1780 (Teutscher Merkur, 1. Vierteljahr 1780, o. S.). 258,7 Glanzleinwand Lumpen] Hier sbertragen fsr ,Minderwertiges‘; Glanzleinwand: beidseitig gegl|ttetes Leinen, Futterstoff.
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BRIEFE 463/464
463. An Jacob Friedrich von Fritsch
Weimar, 20. Februar 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/184,I, Bl. 12. – Doppelblatt 19,8627,2 cm, /2 S. beschr., egh., Tinte; S. 3 Initialsiegel: „G“. E: WA IV 4 (1889), 11–12, Nr 782 (Eduard von der Hellen). 1
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 258,11 ohnzielsezlichen] Redewendung in amtlichen Berichten, Voten und Denkschriften, die betont, dass lediglich die sachliche Ertrterung eines Gegenstandes bezweckt und die zu f|llende Entscheidung nicht pr|judiziert werden soll. 258,11 Vorschlag wegen der Auslesung] Goethe war am 5. Januar 1779 zum Mitglied der Kriegskommission ernannt worden, die bis dahin von Fritsch geleitet worden war. In dieser Eigenschaft hatte er die Musterung der milit|rdienstf|higen Untertanen zu planen und zu organisieren. Vgl. weiter die einleitende Erl|uterung zu A 1. – Worin der erw|hnte Vorschlag im Einzelnen bestand, konnte nicht ermittelt werden. 258,11–12 Serenissimo] Dativ von lat. Serenissimus: Titulierung regierender Fsrsten (,Durchlauchtigster‘). – Gemeint ist Herzog Carl August. 258,13 V.] Carl Albrecht von Volgstedt, Kriegsrat, Mitkommissar Goethes in der Kriegskommission, von Goethe als vtllig untauglich fsr seine amtliche Aufgabe befunden und 1781 abberufen. 258,13 in iezziger Crise] Die infolge des Bayerischen Erbfolgekrieges zwischen Preußen und sterreich eingetretene politische Situation (vgl. weiter die einleitende Erl|uterung zu A 1). 258,16 dem Befehl] Befehl Herzog Carl Augusts an die Kriegskommission, die Musterungen durchzufshren. Die Musterungen begannen am 1. M|rz 1779 in Jena. 258,16 die nvtigen Einrichtungen] Goethe erließ eine Zirkularverfsgung, in der die Unterbehtrden angewiesen wurden, die m|nnlichen Untertanen bestimmter Geburtsjahrg|nge zur Musterung einzuberufen. Darsber hinaus sah sich Goethe veranlasst, die Akten der Kriegskommission zu ordnen, um sich einen berblick sber die Verh|ltnisse des herzoglichen Milit|rs zu verschaffen.
FEBRUAR 1779
464. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 22. Februar Æ1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) wurde der vorliegende Brief in den Februar 1780 eingeordnet. Seit dem Erstdruck wird er nach der eigenh|ndigen Datumsangabe und dem Inhalt auf den 22. Februar 1779 datiert (vgl. zu 258,19–20; zu 258,21; zu 259,1). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 48. – 1 Bl. 16,468,2(–8,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); an beiden Seitenr|ndern ausgerissen durch ffnen der Verschlussoblate oder des Siegels; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „10.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 10), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 213. WA IV 4 (1889), 12, Nr 783. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 258,19 Meine Seele lvst sich nach und nach] Mit Bezug auf die kurz zuvor begonnene Arbeit an der „Iphigenie“ und in Anklang an die Schlussverse der ersten Strophe von „An den Mond“: Lvsest endlich auch einmal / Meine Seele ganz (194,18–19). In der frshesten bekannten Fassung, die zu Lebzeiten Goethes nicht vertffentlicht worden ist, findet sich das Gedicht mit den Noten nach Philipp Christoph Kayser unter Goethes Briefen an Charlotte von Stein (Nr 326). 258,19–20 aus den Banden der Protokolle und Ackten] Etwa seit Mitte Januar 1779 hatte die Intensit|t des Briefwechsels mit Charlotte von Stein etwas nachgelassen, was vor allem an der stark gewachsenen amtlichen T|tigkeit Goethes lag. Seit dem 14. Februar arbeitete Goethe zudem an der „Iphigenie“ (vgl. zu 258,3). 258,20 Ein Quatro neben] Wahrscheinlich von ital. quattro: vier, figsrlich: ein paar; hier vielleicht im Sinne von ,ein paar Schritte (von dir entfernt)‘. 258,20–21 in der grunen Stube] Im ersten Stock der Wohnung der Familie von Stein an der Ackerwand (vgl. 178,17). 258,21 die fernen Gestalten] Mit Bezug auf die Figuren der „Iphigenie“. 259,1 Eine Scene] Wann genau die einzelnen Szenen der „Iphigenie“ entstanden sind, l|sst sich nicht rekonstruieren. Am 13. M|rz msssen zumindest die ersten drei Akte vorgelegen haben (vgl. GT I 1, 77). 259,2 guten Brief von meiner Mutter] Nicht sberliefert. – Von der Freude,
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BRIEFE 465/466
mit der vor allem Catharina Elisabeth Goethe in dieser Zeit Nachrichten sber das Weimarer Leben ihres Sohnes aufnahm, zeugen ihre Briefe an Dritte. Am 28. Januar 1779 begann sie einen Brief an einen unbekannten Empf|nger in Weimar, mtglicherweise Johann August von Kalb: „Wir haben uns freylich sber die neue Ehrenstelle von unserm Sohn gefreut, das ktnnt Ihr leicht glauben.“ (Pfeiffer-Belli, 435.) Am 9. Februar schrieb sie in einem Brief an die Herzoginmutter Anna Amalia: „Daß der Herr geheimde Legations Rath H|schelhanß sich wohlbefindet hat uns sehr gefreut, auch daß er brav Schlittschu gelaufen ist. Æ:::æ Das sberschickte Portr|t vom Docter macht uns Tag t|glich viele Freude, alle Welt kent ihn beym ersten Anblick – Wir dancken nochmahl davor Æ:::æ.“ (Ebd., 437.) Gemeint ist die Kopie des Goethe-Portr|ts im grauen ,Biber-Frack‘ von Georg Melchior Kraus, die Anna Amalia im November 1778 Goethes Eltern geschenkt hatte (vgl. GB 2 II, zu 164,10–11). 465. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Ende Februar 1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen, die vor Oktober 1780 eingeordnet sind. Seit dem Erstdruck wird er nach der Erw|hnung der Arbeit an der „Iphigenie“ in den Februar oder M|rz 1779 gesetzt. Der Kontext der Erw|hnung l|sst vermuten, dass der Brief in der ersten Zeit der Arbeit noch vor Abschluss der Hauptteile geschrieben wurde (vgl. zu 259,5). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 92. – 1 Bl. 19,5611 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „95.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 102), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 219. WA IV 4 (1889), 12, Nr 784. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 259,4 in Ihrer Stube] Vielleicht in der mehrfach erw|hnten ,grsnen Stube‘ (vgl. 178,17). 259,5 an meiner Iph. einiges geschrieben] Mit der Niederschrift der ersten Prosafassung der „Iphigenie“ hatte Goethe am 14. Februar begonnen, sp|testens am 13. M|rz msssen die ersten drei Akte fertig gewesen sein (vgl. GT I 1, 77).
FEBRUAR/MRZ 1779
466. An Charlotte von Stein
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Jena, 1. M|rz 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 4. – 1 Bl. 18,3(–18,5)614 (–14,2) cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. Oberstm v. Stein; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „9“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 10), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 214. WA IV 4 (1889), 12 f., Nr 785. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 259,7 Menschenglauberey] Menschenklauberei; klauben: vorwiegend im Oberdt. im sbertragenen Sinn fsr ,aussondern‘, ,auslesen‘ (vgl. Adelung 2, 1609), auch in der Bedeutung von „rauben, stehlen, ergreifen“ (Grimm 5, 1021); okkasionelle Wortbildung Goethes, mtglicherweise in Abwandlung zu ,Menschenfischer(ei)‘ im Neuen Testament (vgl. Matth|us 4,19; Markus 1,17). – Anspielung auf die ungeliebte Pflicht der ,Auslesung‘, der Musterung der Rekruten, fsr die Goethe als leitendes Mitglied der Kriegskommission zust|ndig war. Schon am 26. und 27. Februar hatte er die Erste und Zweite Auslesung von Rekruten in Weimar beaufsichtigt (GT I 1, 75). Am 28. Februar war er nach Jena geritten, wo er Im Schloss- e eingekehrt war (ebd., 76) und am 1. und 3. M|rz die Auslesungen durchfshrte. Danach erfolgten Musterungen in Dornburg, Apolda und Buttst|dt, in der Exklave Allstedt und am 17. M|rz im Amt Ilmenau (vgl. ebd., 76–78). Die Musterung im Frshjahr 1779 war Goethes „erstes bedeutenderes Gesch|ft in der Kriegskommission“ (Bsrgin, 159). Sie fand turnusm|ßig drei Jahre nach der vorangegangenen von 1776 statt, hatte also nicht unmittelbar zu tun mit Forderungen des kriegfshrenden Preußen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu A 1). Goethe beaufsichtigte auch die folgende ,Auslesung‘ im Frshjahr 1782. Die f|llige Musterung im Jahr 1785 fand nicht mehr statt, da sie durch die bis dahin auf Goethes Betreiben erfolgte Reduzierung der sachsen-weimarischen Truppen sberflsssig wurde (vgl. ebd., 160 f.). – W|hrend der Musterungen im M|rz 1779 entstand auch eine Zeichnung Goethes, wahrscheinlich die Musterung in Buttst|dt darstellend (vgl. Abb. 11 im Kommentarband, S. 874; Corpus I, 107, Nr 307). 259,7–8 mit den alten Soldaten gegessen] Im Tagebuch vom 1. M|rz wird nur der damals etwa 40-j|hrige Weimarer Hauptmann Johann Georg von Bentheim namentlich erw|hnt, mit dem Goethe nach der Musterung gessen hat (GT I 1, 76). 259,8–9 Mein Stuck ruckt.] ,Rscken‘ hier im sbertragenen Sinn: „Sich langsam fortbewegen; wo der Begriff der Bewegung in unterbrochenen Abs|tzen
860
BRIEF 467
verschwindet, und nur der Begriff der Langsamkeit sbrig bleibt.“ (Adelung 3, 1187.) – Mit Bezug auf die „Iphigenie“ (vgl. zu 259,5). 259,10 ieden Tag] In Angelegenheiten der Kriegs- und Wegebaukommission reiste Goethe am 2. M|rz von Jena nach Dornburg, am 5. nach Apolda, am 7. nach Buttst|dt, am 9. nach Allstedt, von wo aus er am 12. nach Weimar zursckkehrte (vgl. GT I 1, 76 f.). Wie das Tagebuch belegt, begleitete ihn der Ingenieurhauptmann und Mitarbeiter in der Wegebaukommission Jean Antoine Joseph de Castrop, mit dem Goethe schon am 28. Februar die Straße nach Jena besehen hatte (ebd., 76). – Zu den einzelnen Stationen der Wegebauinspektionsreise vgl. Bsrgin, 54 f. 467. An Charlotte von Stein
Dornburg, 2. M|rz Æ1779æ ! Weimar
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief in den M|rz 1778 eingeordnet. Der Inhalt und die bereinstimmungen mit dem Tagebuch belegen eindeutig, dass er ins Jahr 1779 gehtrt (vgl. zu 259,13; zu 260,8). So wird er seit dem Erstdruck auch datiert. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 79. – Doppelblatt ca. 20627,5 cm, 1 1/3 S. (S. 1 und 2) beschr., egh., Tinte, S. 3 Adresse: An Fr. v. Stein / nach / Weimar., rotes Siegel: herzogliches Wappen?; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „11“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 11), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Beischluss zu Nr 468 (vgl. zu 260,23). E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 214 f. WA IV 4 (1889), 13 f., Nr 786. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief etwa vom 3. M|rz 1779 ist nicht sberliefert (vgl. die zweite Erl|uterung zu 261,22). 259,13 Dornburg d‘. 2. M~rz.] Am 2. M|rz war Goethe von Jena aus zun|chst ssdlich in das etwa 12 km entfernte Dorf Rothenstein geritten und von dort erst nach Tisch aufgebrochen, um den Weeg nach Dornburg zu besehen. In dem etwa 13 km nordtstlich von Jena gelegenen Ort war er Abends 6 angekommen (GT I 1, 76). Quartier hatte er beim Amtmann Johann Wilhelm Wetekind im Alten Schloss genommen, wo die Dornburger Amtsbehtrde samt Dienstwohnungen seit dem großen Stadtbrand von 1717 untergebracht waren (vgl. Gothe,
MRZ 1779
861
55). – Goethe hatte seit seinem Amtsantritt in Weimar nachweislich schon zweimal Dornburg und die Schltsser besucht (vgl. Z 5 und zu 152,2). 259,15 Paradiese] Saaleaue ssdlich der Stadt Jena, heute am Rand der ssdlichen Innenstadt, Teil des Volksparks. Im 18. Jahrhundert war es eine der „gewthnlichsten Promenaden in der N|he der Stadt“, die Georg Friedrich Rebmann, der von 1787 bis 1789 in Jena studierte, in seinen „Briefen sber Jena“ (Frankfurt und Leipzig 1793) folgendermaßen beschreibt: „Æ:::æ man erwartet viel, und findet nichts als eine angenehme Wiese l|ngs der Saale, mit einer doppelten, gut unterhaltenen Esplanade, sehr bequem, um die Schtnen und Musensthne aus Jena zum Genuß der Natur einzuladen Æ:::æ.“ (11. Brief, S. 132 f.) 259,19 wenn Sie nicht so feind dieser Welt w~ren] Sinngem|ß in bereinstimmung mit dem fiktiven Brief Charlottes, der |lteren Freundin des Helden Wilhelm in Goethes Einakter „Die Geschwister“, dem ein authentischer Brief Charlotte von Steins zugrunde liegen soll (vgl. die zweite Erl|uterung zu 121,20). 260,2 Talisman] Mit Bezug auf das im Folgenden erw|hnte ,Westgen‘; vgl. die erste Erl|uterung zu 179,1. 260,3 Misel] Junges M|dchen (vgl. zu 22,10). 260,4–5 transsubstantiiren] Von neulat. transsubstantiatio: Wesensverwandlung; in der christlichen Theologie die Verwandlung von Brot und Wein in den Leib Christi. 260,5–6 dem Calvinischen Sakrament] Hier sinngem|ß: sich begnsgen mit dem rein Geistigen, der Vorstellung; in Anspielung auf die Liturgie der maßgeblich von Johannes Calvin gepr|gten reformierten Kirche, die das Abendmahl als reine Dankfeier begeht und den Glauben an die Realpr|senz Christi ablehnt. 260,7 das Stuck] „Iphigenie“ (vgl. zu 258,3). 260,8 die Auslesung] Musterung von Soldaten (vgl. zu 259,7); die ,Aushebung‘ dagegen gehtrte nicht in das Aufgabengebiet der Kriegskommission. 260,8–9 in das neue Schloss Æ:::æ an meinen Figuren posseln] Im Neuen oder Mittleren Schloss (vgl. zu 152,2) wohnte Goethe laut Tagebuch seit dem an Iph. geschr. soauch d. 4. (GT I 3. M|rz: einsam im neuen schlvssgen -----1, 76.) – ,Posseln‘ (bosseln) hier ,arbeiten‘; auch ironisch mit dem pejorativen Nebensinn ,sudeln‘, ,pfuschen‘ (vgl. Grimm 2, 265). 260,9–10 Am 5ten treff ich in Apolda ein] Vgl. die erste Erl|uterung zu 261,22. 260,13–14 mein inneres Leben geht unverrucklich seinen Gang] In Anklang an den Eingangsvers des Gedichtbriefs fsr Charlotte von Stein etwa vom 6. Juli 1776 Und ich geh meinen alten Gang (81,14). – Hier wohl mit Bezug auf die dichterische Arbeit. Wie Goethes Briefe seit dem 14. Februar belegen, war er ungeachtet der sich h|ufenden Amtsgesch|fte immer auch mit der „Iphigenie“ besch|ftigt. 260,22 Nach Apolda Æ:::æ einen Brief] Vgl. 261,22–23.
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468. An Philipp Seidel
BRIEFE 468/469
Dornburg, 2. M|rz Æ1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Das Jahr wurde erg|nzt nach Goethes Tagebucheintrag vom 2. M|rz 1779. Goethe unternahm vom 28. Februar bis zum 12. M|rz 1779 eine Dienstreise nach Jena, Dornburg, Apolda und Buttst|dt (vgl. zu 259,7) und kam am 2. M|rz 1779 Abends 6 (GT I 1, 76) in Dornburg an. ZUM ADRESSAT EN
Der vorliegende Brief befand sich in den 1880er Jahren unter den Briefen Goethes an Friedrich Justin Bertuch im „Bertuch-Froriepschen Archiv“ in Weimar, das geschlossen ins GSA gelangte. Ludwig Geiger, der Herausgeber des Erstdrucks der Briefe an Bertuch, nimmt zwar an, dass vorliegendes Billett an Philipp Seidel gerichtet war, schließt aber Bertuch als Adressat nicht vtllig aus. In der WA wurde der Brief als zweifelsfrei an Seidel gerichtet abgedruckt. Fsr diese Zuschreibung spricht, dass Seidel als Goethes Diener und Sekret|r w|hrend der Abwesenheiten seines Herrn dessen Haus und Stadtwohnung beaufsichtigte und weitgehende Vollmachten besaß (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 362). So wird auch Seidel und nicht Bertuch die von Goethe erwartete Antwort (260,23) Charlotte von Steins entgegengenommen haben. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/469,I, Bl. 1. – 1 Bl. ca. 18,1620,1(–20,3) cm, 1 /2 S. beschr., egh., Tinte. – Beischluss: Nr 467 (vgl. zu 260,23). E: Ludwig Geiger: Goethes Briefe an Bertuch. In: GJb IV (1883), 227 f., Nr 33. WA IV 4 (1889), 14, Nr 787. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 260,23 Der Bote muss warten bis du Æ:::æ Antwort kriegst] Demnach sbersandte Goethe den vorliegenden Brief mit dem an Charlotte von Stein gerichteten vom selben Tag (Nr 467) durch einen Boten (vgl. 260,15–17). – Einen Antwortbrief Charlotte von Steins erhielt Goethe allerdings erst am 5. M|rz 1779 in Apolda (vgl. 261,22–25). 260,24–25 ein Packet das von Gera gekommen ist] Vielleicht ein Paket von Johann Friedrich Krafft, der sich noch in Gera aufhielt, bevor er mit Goethes Hilfe nach Ilmenau umzog (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 410). Am 26. M|rz 1779 schrieb Goethe an Krafft: Diesen Monath bin ich wenig nach Hause gekommen und finde nunmehr ihren Aufsaz. (267,13–14.)
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Am 11. Dezember 1778 hatte er Krafft gebeten: Fangen Sie bald an Ihr Leben zu beschreiben und schicken mir’s stuckweise (241,4–5). Den Erhalt einer ersten Sendung vermerkte Goethe im Tagebuch nach dem 15. und vor dem 30. Dezember 1778: Kriegte die Lebens beschr. ÆLebensbeschreibungæ von Kr. ÆKrafftæ (GT I 1, 69). Am 3. Januar 1779 schrieb er an Krafft: Ich erwarte die Fortsezzung Ihres Lebens (255,3). 469. An Charlotte von Stein Dornburg, 4. M|rz 1779, und Apolda, 5. ÆM|rz 1779æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der zweite, unvollst|ndig datierte Teil des vorliegenden Briefes (Apolda d‘ 5 Abends Æ:::æ aber halten. / G. [261,22–262,15]) unter den undatierten Briefen, die vor dem 2. Oktober 1780 eingeordnet sind. Der Inhalt und die bereinstimmungen mit dem Tagebuch belegen eindeutig, dass er am 5. M|rz 1779 geschrieben wurde (vgl. u. a. die erste Erl|uterung zu 261,22; 261,27). So wird er seit dem Erstdruck auch datiert. Offenbar hatte Goethe seinen am 4. M|rz in Dornburg geschriebenen Brief noch nicht abgeschickt, als er am Abend des folgenden Tages von Apolda aus an Charlotte von Stein schrieb. Darauf verweist die Bemerkung, sein Coffre sei noch nicht ausgepackt, weshalb er auf einander Bl~tgen schreibe (261,25–26). Auch die Tatsache, dass unter dem Text vom 4. M|rz ein abschließender Gruß sowie Goethes Paraphe fehlen, belegt, dass der Brief fortgefshrt werden sollte, wahrscheinlich auf der zweiten freien Seite des Briefblattes. Daher werden die Briefe vom 4. und 5. M|rz 1779, bislang als zwei getrennte Nummern angesehen und gedruckt, als Teile eines gemeinsam abgesandten Briefes unter einer Nummer mitgeteilt. BERLIEFERUNG
1) Briefteil vom 4. M|rz 1779 (261,1–21 Dornb. d‘. 4ten M~rz 79. Æ:::æ zu thun hat.): H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 5. – 1 Bl. 19,8(–20)627,4 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben Mitte von fremder Hd, Tinte: „10“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 11), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 215 f. WA IV 4 (1889), 15 f., Nr 788. 2) Briefteil vom 5. ÆM|rz 1779æ (261,22–262,15 Apolda d‘ 5 Abends Æ:::æ aber halten. / G.):
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BRIEF 469
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 95. – 1 Bl. 19628 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „101.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 108), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 216 f. WA IV 4 (1889), 17 f., Nr 790. ERLUTERUNGEN
Der Briefteil vom 5. M|rz beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins etwa vom 3. M|rz 1779 (vgl. 261,22). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 261,1 Dornb. d‘. 4ten M~rz 79.] Seit dem 2. M|rz hielt sich Goethe in Dornburg auf, wo er zun|chst beim Amtmann Wetekind im Alten Schloss gewohnt hatte (vgl. zu 259,13). 261,2 Auf meinem Schlvssgen] Im Neuen oder Mittleren Schloss, dem jsngsten und kleinsten der drei Dornburger Schltsser, wohnte Goethe seit dem 3. M|rz (vgl. 260,8–9). 261,3 Ernst August] Ernst August I. Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, der Großvater Carl Augusts, in dessen Auftrag das Neue Schloss gebaut worden war. Durch seine Leidenschaft fsr das Bauen wie auch fsr das Milit|r und die Jagd sberforderte Ernst August die Finanzkraft seines kleinen Herzogtums und hinterließ seinen Nachfolgern einen hoch verschuldeten Staatshaushalt (vgl. zu 12,14–15). 261,3–4 durch seine Veranstaltung Æ:::æ auf dem bvsten Felsen] Vom Neuen oder Mittleren Schloss aus l|sst sich das Saaletal am weitesten sberblicken; ,btse‘ hier im unperstnlichen, nicht moralisch wertenden Sinn von ,ungsnstig‘, ,gef|hrlich‘ (vgl. GWb 2, 841). Vorbilder fsr das mittlere der Dornburger Schltsser waren Bauten, die der s|chsische Kurfsrst August der Starke als zeitweilige Residenzen und G|steherbergen errichten ließ, um in deren Umgebung Heerschauen und Mantver abzuhalten. 1730 hatte Herzog Ernst August I. mit einem Weimarer Bataillon am so genannten „Lustlager von Zeithain“ in der Elbaue bei Riesa teilgenommen. Unmittelbar davon ging wohl der Anstoß zum Bau eines Schlosses auf dem Plateau sber dem Saaletal in Dornburg aus, ursprsnglich als eine Art Feldherrenresidenz geplant, fsr die 22 H|user abgerissen werden mussten. Auf deren Fundamenten wurde nach den Pl|nen des Weimarer Oberlandesbaumeisters Johann Adolf Richter bis 1732 der erste Schlossbau errichtet, der allerdings nicht von Dauer war. Der zweite Bau unter Leitung des jungen, aus Dresden stammenden Baumeisters Gottfried Heinrich Krohne wurde 1736 begonnen und im Wesentlichen 1740 abgeschlossen. Das kleine im Stile des Rokoko errichtete Schltsschen war nur fsr zeitweilige Aufenthalte des Herzogspaares vorgesehen. Marstall, Ksche und G|stequartiere sollten in vorgelagerten Pavillons mit
MRZ 1779
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anschließenden Seitenflsgeln untergebracht werden, von denen nur einer ausgefshrt wurde. Außerdem waren zwei dem Schloss vorgelagerte Pavillons durch Fassadenmauern mit dem Hauptbau verbunden. W|hrend der Herzog in den 1730er Jahren Dornburg noch h|ufig besucht hatte, kam er nach 1741 nie mehr dorthin, als das Fsrstentum Eisenach wieder an die Weimarer Linie fiel und er seine Bauprojekte in die Eisenacher Gegend verlagerte. (Vgl. Gothe, 32–36.) 261,5–7 des Vaters Garten H~user Æ:::æ in Baulichem Wesen erh~lt] Schon w|hrend der Regentschaft Ernst Augusts I. und st|rker noch nach dessen Tod 1748 verfielen viele der unter seiner gide rasch erbauten Jagd- und Lustschltsser, darunter auch das Dornburger Rokokoschloss, das w|hrend der Regentschaft Anna Amalias fast vollkommen in Vergessenheit geriet. Schon 1765 empfahl die herzogliche Kammer den Abbruch der bauf|lligen Seitenpavillons, auf deren Zustand sich wohl vor allem die vorliegende Bemerkung bezieht. Sie wurden erst in den 1790er Jahren abgetragen. 261,12 Leuten] Namentlich erw|hnt werden im Tagebuch u. a. der Dornburger Rentsekret|r und Steuereinnehmer Friedrich Wilhelm Hebenstreit, der alte Amtmann in Camburg sowie der Jenaer Major Franz Rudolf von Schmiedel (vgl. GT I 1, 76). 261,12 lass mir erz~hlen] Goethe ließ sich sber das Eintreiben der Steuern berichten und htrte sich die Klagen der Bauern sber die Beschwerlichkeit der Viehzucht an, die unter den ausgedehnten Weiderechten der P|chter litten. Vom Major von Schmiedel erfuhr er Geschichten sber die Regentschaft und den Lebenswandel Ernst Augusts I., als Ursache des Verfalls wird der Niedergang des Weinbaus genannt (GT I 1, 76). 261,13 auf dem Plazze] Hier im sbertragenen Sinne von ,an Ort und Stelle‘, ,vor Ort‘. 261,13–14 durch die Filtrir Trichter der Expeditionen] Hier im Sinne von ,durch die schriftliche Form vermittelte, ver|nderte, abgemilderte Mitteilungen‘; Expedition: kanzleisprachlich: Beftrderung, Absendung (von Schriftstscken). 261,17–18 d‘. 11ten oder 12ten nach Hause komme] Vgl. zu 259,10. 261,18 mein Stuck fertig seyn soll] Die „Iphigenie“, an der Goethe w|hrend seines Dornburger Aufenthaltes arbeitete, beendete er erst am 28. M|rz (vgl. zu 258,3). 261,18 nur Skizze] Als solche betrachtete Goethe die frshe Prosafassung der „Iphigenie“, deren letzte zwei Akte in kurzer Zeit Ende M|rz geschrieben wurden, der vierte Akt blieb ohne Szeneneinteilung. 261,22 Apolda d‘ 5 Abends] Vgl. Goethes Tagebuch vom 5. M|rz 1779: d. 5. fruh gearbeitet, Abends Apolde. (GT I 1, 76.) – Die Stadt Apolda, knapp 20 km nordtstlich von Weimar gelegen, gehtrte nach wechselhafter Geschichte endgsltig seit 1691 zu Sachsen-Weimar (seit 1741 Sachsen-Weimar und
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Eisenach) und war 1779 die wichtigste Industriestadt des Herzogtums (vgl. zu 263,12–13). 261,22 Briefgen] Um das Goethe am 2. M|rz gebeten hatte (vgl. 260,22); nicht sberliefert. 261,25–26 einander Bl~tgen] Der Briefteil vom 5. M|rz, auf einem neuen Blatt geschrieben, sollte demnach ursprsnglich auf dem Briefpapier des am 4. M|rz in Dornburg begonnenen Teils fortgefshrt werden (vgl. Datierung). 261,28 ein bvs Nest und l~rmig] Im Vergleich zum landschaftlich schtn gelegenen, ruhigen Dornburg. – ,Btse‘ hier im Sinn von ,unangenehme Empfindungen hervorrufend‘, in dieser |lteren Bedeutung im ausgehenden 18. Jahrhundert „grtßten Theils auch nur im gemeinen Leben“ gebraucht (Adelung 1, 1133). – Als ,Nest‘ bezeichnete Goethe in seinen Briefen ganz unterschiedlich große St|dte, so schrieb er am 28. November 1771 an Johann Daniel Salzmann: Frankfurt bleibt das Nest. Nidus wenn Sie wollen. Wohl, um Vvgel auszubruteln, sonst auch figurlich spelunca ein leidig Loch. Gott helf aus diesem Elend Amen. (GB 1 I, 225.) Von seiner zweiten Schweizer Reise schrieb er am 23. Oktober 1779 an Charlotte von Stein: Lausanne liegt allerliebst, ist aber ein leidig Nest (323,23–24). 262,1 aus aller Stimmung] Zur Arbeit an der „Iphigenie“ (vgl. 262,16–20; 263,12–13). 262,2–3 lass ich mir schon vorerz~hlen von allen Menschen] Demnach muss Goethe schon mittags in Apolda angekommen sein. Laut Tagebuch ließ er sich vom Amtsrat, wahrscheinlich Johann Gottlieb Heumann, sber die schwierige Lage der in den Manufakturen arbeitenden Strumpfwirker berichten (vgl. zu 263,12–13). 262,4 | Mir ists] Senkrechter Strich vielleicht als Absatzzeichen. 262,12 der Schimmel] Ein Pferd, das Goethe aus dem herzoglichen Marstall fsr seine Inspektions- und Musterungsreise zur Verfsgung gestellt, mtglicherweise auch geschenkt worden war. Es wird ausschließlich in den Briefen an Charlotte von Stein im M|rz 1779 erw|hnt. 262,14 zu ihnen hinein] Nach Weimar; Apolda liegt nur knapp 20 km von Weimar entfernt. 262,14 halten] Hier: ,zursckhalten‘; von Apolda aus, wo Goethe noch bis zum 7. M|rz blieb, ritt er nach Buttst|dt und von dort aus am 9. M|rz ins 60 km ntrdlich von Weimar gelegene Allstedt, eine Exklave des Herzogtums SachsenWeimar und Eisenach.
MRZ 1779
470. An Carl Ludwig von Knebel
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Apolda, 5. ÆM|rz 1779æ ! ÆTiefurtæ
DAT I ERU N G
Monat und Jahr, deren Angabe fehlt, ergeben sich aus dem Inhalt des Briefes sowie aus Goethes Tagebuch; dort heißt es unter dem 5. M|rz 1779: fruh gearbeitet, Abends Apolde (GT I 1, 76). BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin, Sign.: Ms. Germ. 4 # . 521, Bl. 14. – 1 Bl. 19624 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: H‘. v. Knebel, rotes Gemmensiegel: „wahrscheinlich antike Gemme mit einer geflsgelten weiblichen Gestalt in faltenreichem Gewand, die Fsllhorn und Blsten in den H|nden h|lt“ (Femmel/Heres, 12; wie Nr 471 und 473); Vs. oben links von Gottschalk Eduard Guhrauers Hd, Bleistift: „17“ (vgl. E), oben sber der linken Seitenh|lfte von fremder Hd, Tinte: „N o 4 9 “, unten rechts von fremder Hd, Bleistift: „M|rz 1779“; Rs. zwischen Adresse und Siegel von fremder Hd, Bleistift: „Bei der Rekruten / Aushebung in Buttstadt / saß Gtthe am Tisch von / den 6666666 Bauern umgeben / u. – schrieb an seiner IphigeÆnieæ“, neben dem Siegel von fremder Hd, Tinte: „No 12“; Bl. am linken Rand in der Mitte ausgeschnitten. – In einem Konvolut mit schwarzem Ledereinband (vgl. weiter berlieferung zu Nr 5). E: Goethe-Knebel 1 (1851), 13 f., Nr 17. WA IV 4 (1889), 16, Nr 789. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 262,16 Ehrlicher alter H‘. Kvnig] Knebel war bei der Auffshrung (der ersten Prosafassung) der „Iphigenie auf Tauris“ fsr die Rolle des Ktnigs Thoas vorgesehen (vgl. zu 266,2–4). Goethes Drama wurde vom Weimarer Liebhabertheater zum ersten Mal am 6. April 1779 aufgefshrt, mit Corona Schrtter in der Titelrolle und Goethe als Orestes (vgl. Sichardt, 154 f.). 262,16–17 ambulirender Poeta] Lat./dt.: umherreisender Poet (von lat. ambulare: herumgehen, reisen). – Vom 28. Februar bis 12. M|rz 1779 war Goethe in seiner im Januar 1779 sbernommenen Funktion als leitendes Mitglied der Kriegs- sowie der Wegebaudirektion im Herzogtum unterwegs (vgl. zu 259,7). Die Dienstreise fshrte sber Jena, Dornburg, Apolda, Buttst|dt, Allstedt und Kalbsrieth und diente der Straßeninspektion und der Musterung von Rekruten. W|hrend der Reise setzte Goethe die am 14. Februar 1779 begonnene Arbeit an der „Iphigenie auf Tauris“ fort. Die Auslesung von Rekruten fand turnusm|ßig
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BRIEF 471
alle drei Jahre statt. Im vorliegenden Fall hatte es außerdem ein Ersuchen Preußens vom Dezember 1778 gegeben, entweder die Anwerbung von Soldaten fsr preußische Dienste auf dem Gebiet Sachsen-Weimars zu gestatten oder diese Aufgabe selbst zu sbernehmen. Goethe hatte dazu in einem Brief an Herzog Carl August vom 9. Februar 1779 ausfshrlich Stellung genommen (vgl. A 1). Vgl. ferner Goethes ußerungen im Brief an Charlotte von Stein vom 6. M|rz 1779 (Nr 471; 263,7–9). Eine Szene der Rekrutenmusterung hielt Goethe in einer Zeichnung fest (vgl. Abb. 11 im Kommentarband, S. 874; Corpus I, 107, Nr 307). 262,17–18 die paar schvnen Tage Æ:::æ Dornburger Schlvssgen] Goethe hielt sich vom 2. bis zum 5. M|rz 1779 in Dornburg auf und wohnte dort im Rokokoschloss, dem mittleren der drei Schltsser (vgl. zu 261,3–4). Am 5. M|rz war er nach Apolda gereist, wo er wieder seinen Amtspflichten nachkommen musste. 262,19 das Ey] Gemeint ist „Iphigenie“, das Drama, an dem Goethe arbeitete. Am 2. M|rz 1779 hatte Goethe an Charlotte von Stein geschrieben, er wolle sich in das neue Schloss sperren und einige Tage an meinen Figuren posseln (260,8–9). 262,20 in Alst~dt] Nach Allstedt, der Weimarer Exklave ssdtstlich von Sangerhausen, kam Goethe am 9. M|rz und blieb bis zum 12. M|rz 1779. Noch am Tag seiner Ankunft vermerkte er im Tagebuch: Die Drey Ackte zusammen gearbeitet. (GT I 1, 77.) 262,22 ein paar Hunde] ber diese klagt Goethe auch im Brief an Charlotte von Stein vom selben Tag (vgl. 262,1). 262,24 Buttst~dt] Von Apolda ritt Goethe in Begleitung des Unteroffiziers Johann Christian Venus am Morgen des 7. M|rz 1779 in nordwestlicher Richtung nach Buttst|dt. ber die dortige Musterung vgl. Goethes Brief an Herzog Carl August vom 8. M|rz 1779 (Nr 474). 262,24–25 vielleicht giebt sie was mit] Darum hatte Goethe im Brief an Charlotte von Stein vom 7. M|rz 1779 gebeten (vgl. 264,8–9). Ob die Bitte erfsllt wurde, ist nicht bekannt. 262,25 schick mir etwa einen Boten] Knebel kam am 8. M|rz selbst (vgl. GT I 1, 77 sowie 265,19). 262,26–27 auch was mit] Die „Iphigenie“ in der frshen Prosafassung (vgl. zu 258,3). 262,27–28 dass der Konig Æ:::æ brulle noch einmal] Anspielung auf Shakespeares „Sommernachtstraum“, die sich auch in Goethes Brief an Johann Heinrich Merck vom 5. Januar 1776 findet (vgl. weiter zu 17,16–17). 262,29 Apolde] In Apolda hielt sich Goethe vom 5. M|rz bis zum Morgen des 7. M|rz 1779 auf. Vgl. auch die Briefe an Charlotte von Stein vom 5. und 6. M|rz 1779 (Nr 469 und 471).
MRZ 1779
471. An Charlotte von Stein
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ÆApoldaæ, 6. M|rz Æ1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) wurde der vorliegende Brief in den M|rz 1778 eingeordnet, wahrscheinlich nach der Angabe der Empf|ngerin (vgl. berlieferung). Der Inhalt und die bereinstimmungen mit dem Tagebuch belegen jedoch eindeutig, dass er am 6. M|rz 1779 geschrieben wurde (vgl. u. a. zu 261,22; zu 263,7–8). So wird er seit dem Erstdruck auch datiert. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 82. – Doppelblatt ca. 19623 cm, 1 S. (S. 1) beschr., egh., Tinte, S. 3 Adresse: An Fr. v. Stein., rotes Gemmensiegel: „wahrscheinlich antike Gemme mit einer geflsgelten weiblichen Gestalt in faltenreichem Gewand, die Fsllhorn und Blsten in den H|nden h|lt“ (Femmel/ Heres, 12; wie Nr 470 und 473); S. 1 unten links von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „78“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „20.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 20), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 217 f. WA IV 4 (1889), 18, Nr 791. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 263,2 in Versuchung nach Weimar zu kommen] Vgl. die Erl|uterungen zu 262,14. 263,5–6 vorl~ufig] Hier im Sinne von ,vorbeugend‘, ,vorbereitend‘; in dieser Bedeutung Ende des 18. Jahrhunderts veraltet (vgl. Adelung 4, 1278). 263,6 s~uberlich] Hier im sbertragenen Sinne von „s|uberlich mit etwas umgehen. Etwas sehr s|uberlich angreifen, behuthsam und sanft.“ (Adelung 3, 1293.) 263,7 Schule] Die Rekrutenschule fsr die milit|rische Grundausbildung. 263,7–8 Ausnehmung] Musterung (vgl. zu 259,7), die in Apolda laut Tagebuch am 6. M|rz stattfand (vgl. GT I 1, 76); ausfshrlicher dazu im Brief an Herzog Carl August vom 8. M|rz 1779 (vgl. 264,18–25). 263,8 schvnen Leute] ,Schtn‘ hier in Bezug auf die ktrperliche Beschaffenheit im Sinne von ,gut gewachsen‘, ,gesund‘. 263,9 Ehehafften] Hier: rechtsgsltige Freistellungsgrsnde vom Milit|rdienst; von ,ehehaft‘: rechtm|ßig, gesetzm|ßig; Ende des 18. Jahrhunderts als Adjektiv veraltet: „In diesem Verstande wird noch jetzt in dem S|chsischen Rechte Ehehaft, noch tfter aber der Plural Ehehaften, als ein Hauptwort, von einer rechtm|ßigen, in den Gesetzen gebilligten Hinderniß gebraucht.“ (Adelung 1, 1644.)
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BRIEF 472
263,10 Flugelmann] Hier „der erste und grtßte Soldat zu Fuß, welcher auf dem Flsgel eines Truppes im Gliede stehet“ (Adelung 2, 228). 263,10 11 Zoll 1 Strich] Etwa 30 cm; damit ist nur angegeben, um wie viel der Rekrut das so genannte ,Grundmaß‘ sbertraf; wie bei der preußischen Armee galten als ,Grundmaß‘ 5 Rheinl|ndische Fuß, also etwa 1,57 m. – „Das Preußische S o l d a t e n m a a ß wird in Rheinl|ndischen Fuß und Zoll bestimmt, davon der Zoll wieder in 4 Striche getheilet ist. Fsnf Rheinl|ndische Fuß werden bey jedem Mann als Grundmaaß angenommen, und die darsber gehenden Zolle und Striche in einer Summe bemerkt. So wsrde also ein Mann, der 5 Fuß 5 1/2 Zoll L|nge hat, bloß nur 5 Zoll 2 Strich, angegeben werden.“ (Erdbeschreibung der Preußischen Monarchie. Hrsg. von M. F. G. Leonhardi. Bd 1. Halle 1791, S. 155.) 263,12 Drama] Die frshe Prosafassung der „Iphigenie“ (vgl. zu 258,3). 263,12–13 der Kvnig von Tauris Æ:::æ Strumpfwurker in Apolde hungerte] Die ersten Strumpfwirkermanufakturen waren in Apolda bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts gegrsndet worden, 1779 gab es in der Stadt bei etwa 3500 Einwohnern 780 Wirkstshle, von denen laut Goethes Tagebuch vom 6. M|rz 1779 an 100 Stuhle Æ:::æ seit der neujahrs messe (GT I 1, 77) stillgelegen haben. Eine Ursache des zeitweisen Rsckgangs der Strumpfwirkerei war der Bayerische Erbfolgekrieg, der den Absatz vor allem nach sterreich behinderte. – Ktnig von Tauris: Figur des Ktnigs Thoas in der „Iphigenie“. 263,14 Husar] Als berittener Bote (vgl. zu 86,20).
472. An Philipp Seidel
ÆApoldaæ, 7. ÆM|rz 1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Monat und Jahr lassen sich nach dem Inhalt des Briefes und den bereinstimmungen mit dem Tagebuch erg|nzen. 1779 unternahm Goethe eine Dienstreise nach Jena, Dornburg, Apolda und Buttst|dt (vgl. zu 263,21). Ebenso belegen die inhaltlichen Bezsge zum Brief an Charlotte von Stein vom 7. M|rz 1779, dass auch der vorliegende Brief an diesem Tag geschrieben wurde (vgl. die erste Erl|uterung zu 264,3). ZUM ADRESSAT EN
Als Adressat kommt nur Goethes Diener und Sekret|r Philipp Seidel in Frage, der w|hrend der Abwesenheit seines Herrn dessen Gesch|fte erledigte und weitgehende Vollmachten besaß (vgl. Datierung zu Nr 468).
MRZ 1779
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BERLIEFERUNG
H: GSAWeimar, Sign.: 29/469,I, Bl. 2. – Doppelblatt ca. 13,6(–13,8)619,8 (–20) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte. E: Ludwig Geiger: Goethes Briefe an Bertuch. In: GJb IV (1883), 227 f., Nr 32. WA IV 4 (1889), 19, Nr 792. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 263,16 Currenten] Kurrent: laufend, st|ndig (von lat. currere: laufen). 263,17 das Geld von Rath Bertuch] Friedrich Justin Bertuch war seit 1775 Geheimer Sekret|r und Verwalter der herzoglichen Privatschatulle. 263,17–18 davon 25 rh. zu Flachs bestimmt] Zur Herstellung von Leinwand. – In Goethes Nachlass ist eine an Seidel adressierte Flachsrechnung vom 5. M|rz 1779 von „L. v. Lincker“ aus Denstedt sberliefert. Der gesamte Betrag fsr „34 Bsndel Flachs von H‘. Pastor Blau zu Trichtelborn“ mit Fuhrlohn und Bearbeitung belief sich auf „47. r‘. 17g‘. 3d‘.“, wovon die H|lfte schon gezahlt war (GR/Belege 1779, Bl. 9 f.). Neben Rechnungen von Flachsspinnereien (vgl. u. a. GR/Belege 1779, Bl. 49) und weiteren Flachsrechnungen (vgl. u. a. GR/ Belege 1779, Bl. 49) finden sich auch Rechnungen von Leinewebern (vgl. u. a. GR/Belege 1780, 1, Bl. 74 f.) und Bleichern (vgl. u. a. GR/Belege 1780, 2, Bl. 4). Außerdem sind Rechnungen des Drechslers Johann Jacob Feuerhacke in Weimar sberliefert, bei dem Goethe Spinnr|der fertigen und reparieren ließ, die an verschiedene Frauen weitergegeben wurden (vgl. GR/Belege 1779, Bl. 3, 4 und 6). In Goethes Rechnungsbschern der Jahre 1779 und 1780 findet sich in den Abschlussrechnungen unter „M“ der Abschnitt „Spinnerei“, der die Ausgaben fsr Materialien und Arbeitslthne verzeichnet (vgl. GR/Abschlussrechnung 1779 und GR/Abschlussrechnung 1780). Goethe benttigte die Leinwand wahrscheinlich zur Einrichtung seines eigenen Haushalts. 263,18 der Lynckrische] Wahrscheinlich der Kameralist Joseph Johann Jacob Daniel Freiherr von Lincker und Lstzenwick, Besitzer des Ritterguts Denstedt, das etwa acht Kilometer tstlich von Weimar liegt. 263,20 Hptm. Castrop] Jean Antoine Joseph de Castrop war Artillerie- und Ingenieur-Hauptmann bei der Wegebaukommission in Weimar und als solcher Mitarbeiter Goethes, der die Kommission seit Januar 1779 leitete (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 458). Castrop begleitete Goethe auf seiner Dienstreise, die der Straßeninspektion und der Musterung diente (vgl. zu 259,7; zu 259,10). 263,21 heute d‘. 7ten Æ:::æ nach Buttstett] Goethe selbst ritt am 7. M|rz 1779 frsh mit dem Unteroffizier Johann Christian Venus in das ntrdlich von Weimar gelegene Buttst|dt (vgl. GT I 1, 77). ber die Rekrutenauslesung in Buttst|dt vgl. Goethes Brief an Herzog Carl August vom 8. M|rz 1779 (Nr 474).
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BRIEFE 473/474
263,22 nach Alstedt] Am 9. M|rz ritt Goethe Mit Castrop uber Rastenb -----nach Alst~dt - - - (GT I 1, 77). Die ehemalige Kaiserpfalz Allstedt, etwa 60 km ntrdlich von Weimar, war sachsen-weimarische Exklave und besaß ein Gestst, von dem der Weimarer Hof Kutsch- und Reitpferde bezog und das dem Oberstallmeister Josias von Stein unterstand (vgl. Andreas, Carl August, 337). Am 11. M|rz notierte Goethe in sein Tagebuch: Die Stuterey besehen. (GT I 1, 77.) 263,22–23 d‘. 11ten Æ:::æ in Weimar.] Goethe kehrte erst am 12. M|rz 1779 mit Castrop nach Weimar (GT I 1, 77) zursck. 473. An Charlotte von Stein
Apolda, 7. M|rz Æ1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) wurde der vorliegende Brief in den M|rz 1779 eingeordnet. Das Jahr wird auch durch den Inhalt und die bereinstimmungen mit dem Tagebuch belegt, so dass sich der Brief sicher auf den 7. M|rz 1779 datieren l|sst (vgl. u. a. die erste und zweite Erl|uterung zu 264,3). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 6. – Doppelblatt: 1. Bl. 18,7(–18,9) 627,8(–28,2) cm, 2. Bl. 16,3(–16,5)627,8(–28) cm, 2/3 S. (S. 1) beschr., egh., Tinte; S. 3 Adresse, Seidels Hd, Bleistift: An Frau von Stein, rotes Siegel: „wahrscheinlich antike Gemme mit einer geflsgelten weiblichen Gestalt in faltenreichem Gewand, die Fsllhorn und Blsten in den H|nden h|lt“ (Femmel/ Heres, 12; wie Nr 470 und 471); oben Mitte von fremder Hd, Tinte: „11a“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 12), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 218 f. WA IV 4 (1889), 19 f., Nr 793. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der vorliegende Brief erreichte die Adressatin erst nach Goethes Brief vom 8. M|rz (vgl. die zweite Erl|uterung zu 265,24). 264,2–3 gehe auf] ,Auf‘ hier in Verbindung mit dem Akkusativ als Pr|position der Richtungsangabe im Sinne von ,nach‘, ,hinauf‘ (vgl. Adelung 1, 469). 264,3 Buttst~dt] Von Apolda aus liegt Buttst|dt etwa 17 km nordwestlich (vgl. die erste Erl|uterung zu 171,21). Im Tagebuch vom 7. M|rz 1779 vermerkt Goethe: 7 Fruh mit Venus nach Buttstedt. (GT I 1, 77.) Goethe reiste dem-
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nach von Apolda aus in Begleitung des Weimarer Unteroffiziers Johann Christian Venus, mit dem er am 8. M|rz die Auslesung vornahm (ebd.). 264,3 Alst~dt] Allstedt, etwa 40 km ntrdlich von Buttst|dt gelegen, Exklave des Herzogtums Sachsen-Weimar und Eisenach. Am 9. M|rz war Goethe wieder in Begleitung des Ingenieurs de Castrop, mit dem er seine Wegebauinspektionsreise auch in der Umgebung Allstedts fortsetzte (vgl. Nr 472). Die Musterung in Allstedt erfolgte am 10. M|rz (vgl. GT I 1, 77). 264,3 den 11ten wieder zuruck] Von Allstedt machte Goethe am 11. M|rz der Strase Wegen (GT I 1, 77) noch einen Abstecher in das nur etwa 10 km entfernte Kalbsrieth und kehrte deshalb erst am 12. nach Weimar zursck. 264,4 gar kein Heil] Vgl. zu 263,12–13. 264,5 eine Scene] Wahrscheinlich aus dem 3. Akt der Prosafassung der „Iphigenie“, an dem Goethe in diesen Tagen gearbeitet haben muss. Am 15. M|rz sbergab er die ersten drei Akte des Stscks an Knebel (vgl. Beilage zu Nr 477). 264,7 Schleusingen] Nach Friedrich von Stein die „frohe und kluge Frau des Gerichtshalters zu Kochberg“ (zitiert nach: Fielitz, Goethe-Stein 1, 446, Anm. 1 [zu S. 169]). 264,7–8 Knebeln geschrieben] Vgl. Brief Nr 470. 264,10–11 Lavatern Æ:::æ an die seinigen schrieb] Auf der gemeinsam mit Lavater unternommenen Lahn- und Rheinreise im Juli und August 1774 (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 67). 474. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Buttst|dt, 8. M|rz 1779 ! ÆWeimaræ BERLIEFERUNG
H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX Nr 42, Bl. 4–5. – Doppelblatt 16,7620,7 cm, 2 1/2 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Siegel und Adresse: Serenissimo. E: Carl August-Goethe1 1 (1863), 10–12, Nr 5. WA IV 4 (1889), 20–22, Nr 795. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Goethe befand sich als Mitglied der Kriegs- und Wegebaukommission vom 28. Februar bis zum 12. M|rz 1779 (vgl. GT I 1, 76 f.) auf einer Dienstreise, die ihn nach Jena, Dornburg, Apolda, Buttst|dt und Allstedt fshrte. 264,17 Buttst~dt] Kleinstadt 20 km ntrdlich von Weimar mit ca. 2000 Einwohnern und 350 H|usern, landtagsf|hige Stadt mit eigener Gerichtsbarkeit im Amt Weimar. Hier hielt sich Goethe am 7. und 8. M|rz 1779 auf.
Abb. 11: Rekrutenauslesung (zu Nr 474)
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264,18 die Pursche gemessen und besichtigt] Die Erfassung und Musterung der ins milit|rdienstf|hige Alter gelangten Jahrg|nge der m|nnlichen Untertanen gehtrte zu den Aufgaben der herzoglichen Kriegskommission. Seit seiner Ernennung zu deren Mitglied am 5. Januar 1779 war Goethe fsr diese Musterungen zust|ndig, die turnusm|ßig alle drei Jahre stattfanden. Sie waren also nicht durch die kritische politische Lage w|hrend des Bayerischen Erbfolgekrieges zwischen Preußen und sterreich im Winter 1778/79 veranlasst (vgl. die einleitende Erl|uterung zu A 1); die Situation machte es allerdings notwendig, eine komplette Musterung der wehrdienstf|higen Jahrg|nge durchzufshren, w|hrend der geringe Rekrutenbedarf des weimarischen Milit|rs selbst ansonsten nur die Musterung eines Bruchteils der zur Verfsgung stehenden Mannschaft erforderte. – Vgl. Goethes damals entstandene Zeichnung einer Rekrutenauslesung (Bleistift und Feder mit Tusche, vgl. Abb. 11 im Kommentarband, S. 874; Corpus I, 107, Nr 307; dazu Albrecht Schtne: Der Kriegskommissar Goethe. In: Orden pour le Mrite fsr Wissenschaften und Ksnste. Bd 38. 2009/10, S. 51–57). 264,21 Phisiognomick des Reinischen Strichmaases] Mit dem Begriff ,Physiognomik‘ bezieht sich Goethe auf die von Johann Caspar Lavater vertretene Lehre, nach der Charakter und andere psychische Besonderheiten eines jeden Individuums aus dessen Physiognomie abgeleitet werden ktnnen. Demgegensber galt fsr die Milit|rtauglichkeit lediglich eine bestimmte Mindestktrpergrtße als erste Voraussetzung (vgl. die zweite Erl|uterung zu 263,10). 265,2 koche an meinem Tvchtergen] Goethe schrieb damals an der „Iphigenie“. 265,4 kavalier] Franz. cavalier: ungehtrig, ungezogen, hier: nachl|ssig; franz. cavalixrement: arrogant, obenhin (vgl. GWb 2, 974). 265,5 hauslicher] H|uslich: haush|lterisch, sorgsam (vgl. GWb 4, 793). 265,9 das kleine menschliche Wesen] Carl Augusts knapp fsnf Wochen alte Tochter Louise Auguste Amalie. 265,10 Die Umst~nde erziehen alle Menschen] Die Vorstellung einer Erziehung des Menschen durch dessen Umwelt und durch die Erfahrungen mit dieser ging vor allem auf Rousseau zursck, dessen Roman „Þmile, ou de l’ducation“ (1762) Goethe schon zur Studienzeit in Leipzig kannte (vgl. GB 1 II, zu 169,30). 265,19 hat mich Knebel angetroffen] Den Besuch Carl Ludwig von Knebels verzeichnete Goethe unter dem 8. M|rz 1779 in seinem Tagebuch (vgl. GT I 1, 77). In seinem Brief an Knebel vom 5. M|rz 1779 hatte Goethe um bersendung irgend einer Narrensposse (262,25–26) zur Unterhaltung gebeten. Nun kam Knebel selbst, reiste aber noch am selben Abend weiter. Auf diesen Besuch bezieht sich eine (vermutlich anekdotenhafte) Anmerkung von Knebels Adoptivsohn Carl Wilhelm: „Als Knebel Goethe bei diesem Gesch|fte [der Rekrutenauslesung] in Buttst|dt besuchte, so fand er ihn am Tisch sitzend, die Rekruten um ihn her und er selbst dabei an der Iphigenia schreibend.“ (BG 2,
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BRIEFE 475/476
113.) – Vgl. zu dieser Szene auch die Anmerkungen von fremder Hand auf Goethes Brief an Knebel vom 5. M|rz 1779 in der berlieferung zu Nr 470. 265,22 Alst~dt] Allstedt, knapp 60 km ntrdlich von Weimar gelegene Exklave des Herzogtums Sachsen-Weimar und Eisenach an der Rohne, einem Nebenfluss der Unstrut, ca. 2000 Einwohner und 1150 H|user, Sitz eines herzoglichen Amtes. 475. An Charlotte von Stein
ÆButtst|dtæ, 8. M|rz 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 7. – Doppelblatt 16,4(–16,7)620,4 (–20,6) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben; S. 4 Adresse: F. v. Stein., Reste eines roten Siegels; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „12“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 13), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 219. WA IV 4 (1889), 20, Nr 794. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 265,24 Knebel] Laut Tagebuch kam Knebel am 8. M|rz nach Buttst|dt und reiste am selben Abend wieder ab (GT I 1, 77). 265,24 Brief] Brief Nr 473 vom 7. M|rz; die Adresse wurde von Seidel nachgetragen (vgl. berlieferung zu Nr 473). 265,25 Philipp] Philipp Seidel, der in Weimar Goethes aus- und eingehende Post besorgte. 265,26–27 von Knebeln erz~hlen] Goethes Tagebuch vom 8. M|rz zufolge haben er und Knebel Beym Stadt Vogt (GT I 1, 77) von Buttst|dt gegessen und bestiegen anschließend den Kirchturm (vgl. auch zu 265,19). 265,28 Alstadt] Vgl. zu 265,22. 476. An Carl Ludwig von Knebel DAT I E RU N G
ÆWeimar, 14. M|rz 1779æ ! ÆTiefurtæ
Am 13. M|rz 1779 las Goethe sein Drama „Iphigenie auf Tauris“ vor (vgl. zu 266,2–4). Am Tag danach schrieb er den vorliegenden Brief, wie aus der Erw|hnung von Knebels Abneigung Æ:::æ gestern (266,2–3) zu schließen ist.
MRZ 1779
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BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin, Sign.: Ms. Germ. 4 # . 521, Bl. 13. – 1 Bl. 18,4611 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: H‘. v. Knebel, rotes Initialsiegel: „G“; Vs. oben links von Gottschalk Eduard Guhrauers Hd, Bleistift: „16“ (vgl. E), oben sber der linken Seitenh|lfte von fremder Hd, Bleistift: „Nelly“ (?), rechts daneben, Bleistift: „An Knebel“, sber der rechten Seitenh|lfte von fremder Hd, Tinte: „304.“, oben rechts von fremder Hd, Bleistift: „13“; am linken Seitenrand quer zur Schreibrichtung von fremder Hd, Tinte: „N o 6 “; unter dem Text von fremder Hd, Bleistift: „G.“ – In einem Konvolut mit schwarzem Ledereinband (vgl. weiter berlieferung zu Nr 5). E: Goethe-Knebel 1 (1851), 12, Nr 16. WA IV 4 (1889), 22, Nr 796. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 266,1 diese acht Tage] Am 12. M|rz war Goethe von einer vierzehnt|gigen Dienstreise zursckgekehrt (vgl. zu 262,16–17). In deren Verlauf hatte er an seiner „Iphigenie“ geschrieben und am 9. M|rz die ersten Drey Ackte zusammen gearbeitet (GT I 1, 77). 266,2–4 Abneigung Æ:::æ hast sehn lassen] Unter dem 13. M|rz 1779 trug Goethe in sein Tagebuch ein: Abends vorgelesen die drey ersten Ackte Iph. " ÆCarl Augustæ und Knebel bleiben da essen. (GT I 1, 77.) Bei der Lesung war außer Herzog Carl August und Knebel auch Charlotte von Stein zugegen. Es ist nicht klar, ob sich Knebels Abneigung gegen eine Auffshrung des Stscks sberhaupt oder gegen die Rolle des Ktnigs Thoas richtete, die er in der geplanten Auffshrung durch das Weimarer Liebhabertheater spielen sollte (vgl. 262,16). Knebel sbernahm diese Rolle schließlich doch bei der Erstauffshrung der ersten Prosafassung der „Iphigenie“ am 6. April 1779 im Hauptmannschen Redoutenhaus an der Esplanade (heute Schillerstraße). 266,6–7 Salz ins Publikum zu werfen] In der Bibel verbindet sich mit dem Salz die Vorstellung lebenserhaltender, Dauer verleihender Kraft. Im Alten Testament macht Elischa ungesundes Wasser, das Fehlgeburten und Todesf|lle verursachte, gesund, indem er Salz in die Wasserquelle warf (vgl. 2 Ktnige 2,19–22).
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BRIEFE 477/478
477. An Carl Ludwig von Knebel ÆWeimar, 15. oder 16. M|rz 1779æ ! ÆTiefurtæ DAT I E RU N G
Laut Goethes Tagebuch hatte er am 13. M|rz 1779 die ersten drei Akte der „Iphigenie“ vorgelesen (vgl. GT I 1, 77); am 14. M|rz wurde die Abschrifft der Rollen (ebd.) vorgenommen, und am 16. M|rz brach Goethe erst nach 10 (266,18) nach Ilmenau auf (vgl. GT I 1, 78). Wie aus dem Abschiedsgruß (vgl. 266,14) hervorgeht, wurde der vorliegende Brief kurz vor Goethes Abreise geschrieben, also am 15. oder am Morgen des 16. M|rz 1779. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/272,I. – 1 Bl. 19,7613,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Bl. am rechten Rand in der oberen H|lfte eingerissen; Erg|nzungen und Korrektur von Friedrich Theodor Adam Heinrich von Msllers Hd; neben der Paraphe von Gottschalk Eduard Guhrauers Hd, Tinte: „Gtthe“. E: Goethe-Knebel 1 (1851), 12, Nr 15 (unter Einbeziehung der Erg|nzungen und der Korrektur von Msllers Hd, die nicht kenntlich gemacht sind). WA IV 4 (1889), 23, Nr 798 (nach E). BEI L AG E
Manuskript der ersten drei Akte der „Iphigenie“ (vgl. zu 266,10). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 266,10 die drey Ackte] Es handelt sich um die ersten drei Akte der nicht sberlieferten ersten Prosafassung der „Iphigenie auf Tauris“ vom M|rz 1779, gewissermaßen die Ur-Fassung des Dramas. Von diesem Manuskript zu unterscheiden ist eine von zwei Kopisten zwischen Anfang April und dem 12. Juli 1779 angefertigte sberlieferte Abschrift des gesamten Dramas (H: SBB/PK Ms. germ. Quart. 634; vgl. WA I 39, 321–404), die sich im Besitz Knebels befand und gewthnlich als H1 bezeichnet wird (vgl. WA I 39, 449 f.). Knebels Adoptivsohn Carl Wilhelm versah das Manuskript mit der anf|nglich unzutreffenden Bemerkung: „Dieses eigenh|ndige Mnsr. schenkte Gtthe meinem Vater zum Zweck der Auffshrung desselben auf dem damaligen LiebhabeÆræ Theater zu Ettersburg bei Weimar. Mein Vater sbernahm die Rolle des Toas und Corona Schrtter die der Iphigenie. C. W. von Knebel“ (WA IV 39, 449 f.). Dieses Manuskript H1 nahm Knebel im Sommer 1780 mit auf seine Reise in die Schweiz, wo es Vorlage weiterer Abschriften von Barbara Schultheß und Johann Caspar Lavater wurde. – Vgl. im Einzelnen: Karl-Heinz Hahn und Eva Beck: Zu einer Handschrift der „Iphigenie“ in Prosa. In: GJb 89 (1972), 261–271.
MRZ 1779
879
266,10 lies sie Herdern] Ob und wann dies geschah, konnte nicht ermittelt werden. Aus der Distanz mehrerer Jahre erinnerte sich Herder, eine Lesung des Dramas von Goethe gehtrt zu haben; in seinem Brief an Joseph Friedrich von Racknitz sber die in Italien entstandene Blankversfassung der „Iphigenie“, die 1787 im 3. Band von „Goethe’s Schriften“ erschien, heißt es: „Auch seine Iphigenie ist, wie sie gedruckt ist, ein ganz andres Stsck geworden, als wie er sie uns vom M[anu]scr[ipt] aus vorlas.“ (HB 5, 250.) Dies bezieht sich mtglicherweise auf Goethes Vorlesung in Tiefurt am 29. M|rz 1779 (vgl. GT I 1, 78). 266,10 Seckendorfen] Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, weimarischer Kammerherr, Arrangeur htfischer Feste und Veranstaltungen, Mitglied des Liebhabertheaters, Gelegenheitsdichter und Komponist. 266,12 Prinzen] Constantin Prinz von Sachsen-Weimar und Eisenach, der Bruder Carl Augusts, Knebels Ztgling; er sbernahm in der Erstauffshrung der „Iphigenie“ am 6. April 1779 die Rolle des Pylades. 266,14 Ich komme nicht eher wieder] Goethe kehrte am 21. M|rz 1779 von der Rekrutenmusterung und Straßeninspektion in Ilmenau und Umgebung zursck (vgl. GT I 1, 78), wozu er am 16. M|rz aufgebrochen war. 266,14 bis das Stuck fertig ist] Unter dem 19. M|rz 1779 heißt es in Goethes Tagebuch: Allein auf dem Schwalbenstein. d. 4. Ackt der Iph. geschrieben. (GT I 1, 78.) Aber erst nach Goethes Rsckkehr, am 28. M|rz, wurde das Drama fertig: Abends: Iphigenie geendigt. (Ebd.)
478. An Charlotte von Stein
Ilmenau, 16. M|rz 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 8. – 1 Bl. 16,5(–16,9)617 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. von Stein., rotes Siegel: Wappen (stehender B|r? auf Schild mit Krone); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „14“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 15), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 220. WA IV 4 (1889), 23, Nr 799. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 266,16 Hofmechanikus] Johann Christoph Neubert. – ,Mechanikus‘ bezeichnet im 18. Jahrhundert einen Instrumentenbauer, der u. a. optische und astronomische Ger|te herstellte.
880
BRIEFE 479–481
266,17 Mein Ritt] Am 16. M|rz 1779 ritt Goethe wiederum in Angelegenheiten der Wegebau- und Kriegskommission sber Wslfershausen (heute Osthausen-Wslfershausen), Arnstadt und Martinroda nach Ilmenau (GT I 1, 78). Dort fand am 17. M|rz die Musterung statt (vgl. zu 259,7). Seit 1660 gehtrten Ilmenau und das umliegende Gebiet als grtßte Exklave zum Herzogtum SachsenWeimar. 266,17 Wirthsleute] N|heres konnte nicht ermittelt werden. 266,18 Philipp] Philipp Seidel. 266,20 Frizzen] Friedrich von Stein. 479. An Charlotte von Stein
Ilmenau, 17. M|rz 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 8. – 1 Bl. 18,3612,5(–12,7) cm, 1 /2 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „15“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 16), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 220. WA IV 4 (1889), 24, Nr 800. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 267,3 in allerley H~ndeln herumgeschleppt] Nach der ,Auslesung‘ der Rekruten (vgl. die erste Erl|uterung zu 266,17) besichtigte Goethe laut Tagebuch vom 17. M|rz die Ilmenauer Porzellanmanufaktur (vgl. GT I 1, 78). Sie war nach dem Vorbild der Meißner und Berliner Manufakturen 1777 mit herzoglicher Erlaubnis von Christian Zacharias Gr|bner gegrsndet worden, brachte jedoch zun|chst nicht den erhofften wirtschaftlichen Erfolg. 267,4 ohne viel dramatisches Gluck] Mit Bezug auf die Vollendung der Prosafassung der „Iphigenie“, von der Goethe am 15. M|rz die ersten drei Akte fertiggestellt hatte (vgl. zu 264,5; Beilage zu Nr 477). Nachdem er schon am 18. M|rz einen Ausflug in die Umgebung Ilmenaus nach Ststzerbach, auf den Kickelhahn und den Schwalbenstein gemacht hatte, besuchte er Letzteren am 19. noch einmal Allein und schrieb dort d. 4. Ackt der Iph. (GT I 1, 78).
MRZ 1779
480. An Charlotte von Stein
881
ÆWeimaræ, 24. M|rz 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 9. – 1 Bl. 13,1(–13,4)68 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste von Verschlussoblate oder Siegel; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „16“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 17), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 220. WA IV 4 (1889), 24, Nr 801. BEI L AG E
Blumen (vgl. 267,9). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 267,9 Worte und Hieroglyphen der Natur] Wohl metaphorisch fsr Blumen aus Goethes Garten, die mit dem Brief sberbracht wurden. – Hieroglyphen: heilige Eingrabungen, Schriftzeichen (griech. i' eqocktuijaŁ cqaŁllasa). 481. An Johann Friedrich Krafft
Weimar, 26. M|rz 1779 ! ÆGeraæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 8. – 1 Bl. 20,2627,3 cm, 2 S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben Mitte von fremder Hd, Tinte: „79. Mertz. 26tn“, oben rechts von fremder Hd (Schtll? vgl. E), Bleistift: „6“; Bl. nachtr|glich mit einem Falz an einem unbeschriebenen Bl. befestigt. E: Briefe und Aufs|tze von Goethe (1846), 173 f., Nr 6. WA IV 4 (1889), 24–26, Nr 802 (nach E). BEI L AG E
Geld (vgl. zu 268,8). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Kraffts (vgl. 267,13–14). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 267,13 Diesen Monath Æ:::æ wenig nach Hause gekommen] Goethe war von Ende Februar bis zum 12. M|rz 1779 dienstlich im Weimarer Umland
882
BRIEF 482
unterwegs gewesen, vom 16. bis 20. M|rz in Ilmenau und Umgebung. Die Reisen dienten der Straßeninspektion und der Rekrutenmusterung; vgl. Goethes Brief an Herzog Carl August vom 8. M|rz 1779 (Nr 474). Seit Januar 1779 war Goethe Mitglied der Kriegskommission und Leiter der Wegebaudirektion. 267,16 100 rh] Dies war die j|hrliche Summe, mit der Goethe Krafft unterststzte. Von 1781 an zahlte er 200 Reichstaler einschließlich Taschengeldes und aller anderen Nebenausgaben. 267,19 g u t e n Dienste] ,Gut‘ hier im Sinn von ,ansehnlich‘, ,eintr|glich‘ (vgl. GWb 4, 573); vgl. Wendungen wie ,sich gut stehen‘. 267,20 herrschafft‘. Auftr~gen] Auftr|ge einer landesherrlichen (herzoglichen) Behtrde. – Seit Februar 1777 Vorsitzender der Bergwerkskommission, ksmmerte sich Goethe um die Wiederbelebung des Ilmenauer Bergbaus. 268,1–3 Ihre Wonung Æ:::æ braven Leuten] In Kraffts Berichten aus Ilmenau wird „der Rathsherr und C|mmerer Schnepp, ein Bruder des AmtsChirurgi, wo ich logirt habe“ (H: GSA 62/37, Bl. 61r) erw|hnt; bei dem Amtschirurgen handelt es sich um Johann Christian Schnepp, der in der damaligen Schlossgasse (heutigen Friedrich-Hofmann-Straße) wohnte. Es wird angenommen, dass Krafft nach seinem Umzug im Mai 1779 zun|chst dort unterkam (vgl. Voigt, 88). Kost erhielt er dagegen in einer anderen Familie. In einem vom 13. und 17. Juli 1779 stammenden Brief spricht Goethe im ersten Briefteil vom 13. Juli von einem Kontrakt, nach dem Krafft es nunmehr allein mit Hoes zu thun (285,2) habe. Da im selben Zusammenhang davon die Rede ist, dass diese Leute 100 Reichstaler j|hrlich verlangten, ist anzunehmen, dass Krafft bei ihnen sowohl Kost als auch Logis bekommen sollte. Dass die von Goethe hier erw|hnten braven Leute mit den sp|ter erw|hnten Hoes (vgl. zu 285,2) identisch sind, ist mtglich. Im zweiten Briefteil vom 17. Juli schließlich ist von einem Kontrakt die Rede, den Sie mit Riethen auswechseln kvnnen (286,1–2). Damit ist der Kaufmann Julius Michael Rieth in der Marktstraße gemeint. Am 21. August 1779 quittierte Rieth erstmals eine Zahlung sber „fsr Herrn Krafft viertelj|hrige Contractm|ßig ausgemachte Fsnf und zwantzig Rthlr, fsr die Monath August, September und October“ (GR/Belege 1779, Bl. 50r; vgl. Voigt, 374). Aus welchen Grsnden der Mietvertrag letztlich mit Rieth und nicht mit den Hoes abgeschlossen wurde, konnte nicht ermittelt werden. 268,4 Lotterie Sachen] Krafft, der Goethe eine Schrifft uber Lottos (268,19) geschickt hatte, wollte vermutlich – in der Hoffnung, dabei eine Anstellung zu finden – eine Lotterie in Sachsen-Weimar einrichten, wie heute ein unter Aufsicht des Staates stehendes Glscksspiel, dessen man sich „als eines Mittels zur Erhaltung der Armen, und Beftrderung des gemeinen Bestens“ bediente (Zedler 18, 565). 268,8 das Osterquartal] Goethe sbersandte Krafft viertelj|hrlich (Neujahr,
MRZ 1779
883
Ostern, Johannis [24. Juni] und Michaelis [29. September]) eine Unterststzung von 25 Reichstalern (vgl. 240,22–24). 268,9–10 zur Reise] Nach Ilmenau. 268,14 das Bergwerck wieder in Umtrieb] Erst 1784 wurde der Bergbau in Ilmenau wieder aufgenommen. Krafft war an den Vorbereitungen nicht beteiligt. 268,15 dabey etwas zu thun] Goethe setzte Krafft u. a. ein, ihm Berichte sber die wirtschaftlichen und sozialen Verh|ltnisse in Ilmenau zusammenzustellen (vgl. weiter die einleitende Erl|uterung zu Nr 410). 268,19 Ihre Schrifft uber Lottos] Sie ist nicht sberliefert. 482. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 29.? M|rz 1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) ist der vorliegende Brief am Ende des Jahrgangs 1777 eingeordnet. Im Erstdruck wurde er ohne Begrsndung nach Brief Nr 123 vom 4. Juni 1776 gesetzt. Seit Fielitz wird er in allen Ausgaben mit Ausnahme der WA auf den 29. M|rz 1779 datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 170, Nr 314). Abweichend dazu setzte ihn Eduard von der Hellen in der WA auf den 15. M|rz 1779, und zwar mit dem Hinweis, dass die Bemerkung sber den „stark beanspruchten Schimmel“ Goethes (WA IV 4, 341, Anm. zu Nr 797) auf die Zeit kurz nach seiner Rsckkehr von der ersten Musterungs- und Wegebauinspektionsreise am 12. M|rz verweisen wsrde. Da vom 15. M|rz kein Tagebucheintrag sberliefert ist, nimmt von der Hellen an, Goethe sei in Tiefurt gewesen, wogegen allerdings Brief Nr 477 spricht, der wahrscheinlich unmittelbar vor Goethes Abreise nach Ilmenau, also auch am 15. M|rz, geschrieben wurde (vgl. Datierung zu Nr 477). Fsr die zuerst von Fielitz vorgeschlagene Datierung 29. M|rz 1779 sprechen der Inhalt des Briefes und die bereinstimmungen mit dem Fourierbuch (vgl. zu 268,25–26; die erste Erl|uterung zu 268,26). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 74. – 1 Bl. 9,567,8 cm, Bordsre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. Rest eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „77“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 81), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 37. WA IV 4 (1889), 22, Nr 797.
884
BRIEFE 483–485
ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 268,25). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 268,25 Gut denn Æ:::æ ein Weeg gespaart] Wohl mit Bezug auf einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins, in dem sie eine zuvor getroffene Verabredung abgesagt hatte. 268,25–26 mein Schimmel Æ:::æ danckt] Der ,Schimmel‘ wurde mehrfach in den Briefen aus dem M|rz 1779 erw|hnt (vgl. zu 262,12). Von der letzten Musterungs- und Inspektionsreise nach Ilmenau war Goethe zwar schon am 21. M|rz zursckgekehrt, doch unternahm er auch danach ksrzere Ritte in die Umgebung Weimars, so am 28. M|rz nach Denstedt (vgl. GT I 1, 78). 268,26 Ich esse in Tiefurt] Laut Tagebuch hatte Goethe am 28. M|rz abends Iphigenie geendigt (GT I 1, 78). Unter dem 29. trug er ein: Ein toller Tag, aus einem ins andre von fruh funfen. Æ:::æ in Tief. Iph. vorgelesen pp. (Ebd.) Er muss an diesem Tag Gast der herzoglichen Mittagstafel gewesen sein, die ohne das sonst sbliche strenge Hofzeremoniell „in Tiefurth bey Durch‘ Prinz Constantin“ abgehalten wurde (FB 1779, S. 61). 268,26 die iunge Frau] Mtglicherweise Sophie Eleonore von Schardt geb. von Bernstorff, seit 1778 Ehefrau Carl von Schardts und Schw|gerin Charlotte von Steins. 268,27 die alte] Wahrscheinlich Charlotte von Stein. 268,27 GoutX] Franz. goter: Vesperbrot. – Hier mtglicherweise als Anspielung auf die Tiefurter Lesung der „Iphigenie“. 483. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 10. April 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 9. – 1 Bl. 13,967,7 cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte, linke untere Ecke Siegelausschnitt; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „17“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 19), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 221. WA IV 4 (1889), 26, Nr 803. BEI L AG E
Blume (vgl. 269,1–2). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
APRIL 1779
885
269,1 gar nicht artig] ,Artig‘ hier im Sinne von ,sich gut und angenehm betragen‘ (vgl. Adelung 1, 441 f.). – Worauf sich die Bemerkung bezieht, konnte nicht ermittelt werden. 269,1–2 freundlihen] Schreibversehen. 484. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 19. April 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 9. – 1 Bl. 17,2615,7(–16,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „18“; Gedichtbrief (vgl. WA I 4, 213). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 18), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 221. WA IV 4 (1889), 26 f., Nr 804. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Fsr die Tage seit Goethes letztem sberlieferten Brief an Charlotte von Stein vom 10. April sind zwar wie schon in den Wochen zuvor im Tagebuch keine Besuche Goethes bei ihr belegt (vgl. zu 269,1), dennoch scheint das Verh|ltnis zu ihr ungetrsbt und eng gewesen zu sein, wie das vorliegende Gedicht belegt. Im Unterschied zu anderen an die Freundin sbersandten Gedichten hat Goethe den vorliegenden Gedichtbrief zu seinen Lebzeiten nicht – auch nicht in abgewandelter Fassung – vertffentlicht, was auf den perstnlichen Charakter des Textes verweist. Dieser zeigt sich vor allem in dem Akrostichon aus den Anfangswtrtern der 12 Verse, die einen verborgenen, sehr viel intimeren ,Brief‘ ergeben. 269,5 Deine Gruse Æ:::æ erhalten] Der Anlass des Gedichtbriefs ktnnte ein Geschenk Charlotte von Steins gewesen sein; nicht auszuschließen ist aber auch, dass Goethe auf einen schriftlichen ,Gruß‘ der Freundin antwortete. 485. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 20. April 1779 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 10. – 1 Bl. 19,8(–20)625,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „19“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 20), vgl. berlieferung zu Nr 18.
886
BRIEFE 486/487
E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 222. WA IV 4 (1889), 27, Nr 805. BEI L AG E
Vgl. zu 270,8–9. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 269,18 die die] Versehentliche Dittographie nach Zeilenumbruch. 269,18 kindischten] ,Kindisch‘ hier ohne abwertenden Nebensinn: ,kindlich‘, ,jugendlich‘, ,innig‘. 269,20 dass Sie eine kleine Lust ohne mich geniessen] Laut Fourierbuch aßen am 20. April der Herzog und die Herzogin separat von der fsrstlichen Tafel mit vier Personen im ,Louisenkloster‘ (vgl. FB 1779, S. 74), darunter Charlotte von Stein, die Hofdame Marianne von Woellwarth-Essingen und wahrscheinlich auch Goethe selbst (vgl. GT I 1, 79). An der sich anschließenden Fahrt nach Belwed. (ebd.) nahm er der vorliegenden Bemerkung zufolge nicht teil. 269,21 ublen Humor] Hier noch in der |lteren Wortbedeutung und in Anlehung an franz. humeur: sble Stimmung, Verstimmtheit. 270,1 Busche an der Strase] Nach Belvedere, heute Teil des Parks an der Ilm. 270,2 herein fahren] Nach Weimar. 270,7 rasseln] Vielleicht in Anspielung auf das Wagenrasseln w|hrend der Fahrt nach Belvedere. 270,7 musiciren] Wahrscheinlich hatte in Belvedere ein Konzert stattgefunden. 270,8–9 das verlangte] Nicht ermittelt. 270,9 Kommen Sie morgen ia in Garten.] Am folgenden Tag brach Goethe mit dem Herzog zu einer mehrt|gigen Reise nach Jena auf (vgl. zu 270,11). Erst am 24. April kam er nach Weimar zursck und ging zu $ ÆCharlotte von Steinæ essen (GT I 1, 79). 486. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 21. April 1779 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 11. – 1 Bl. 20,568(–8,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Siegelreste; Vs. durchscheinende Schriftspuren (egh.), oben rechts von fremder Hd, Tinte: „20“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 21), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 222. WA IV 4 (1889), 28, Nr 806.
APRIL 1779
887
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 270,11 einen guten Morgen] Laut Fourierbuch reisten am 21. April „frsh um 7 Uhr“ Herzog Carl August, dessen Kammerherr Moritz von Wedel, Goethe und Herder nach Jena (FB 1779, S. 75). 270,13–14 Ein recht willkommner Anblick Æ:::æ an das was er liebt.] Ganz |hnlich ist der Grundtenor des Gedichtbriefs an Charlotte von Stein vom 19. April (Nr 484). 487. An Charlotte von Stein
ÆJena, 22. April 1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen, die vor dem 2. Oktober 1780 eingeordnet sind. Der Inhalt und die bereinstimmungen mit dem Tagebuch belegen, dass er vom 22. April 1779 stammt (vgl. zu 270,18). So wird er seit dem Erstdruck auch datiert. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 96. – 1 Bl. 1767,3(–7,7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben; Rs. Fragment einer Pflanzenrechnung oder -bestellung, fremde Hd, Tinte; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „109“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 109), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 223. WA IV 4 (1889), 28, Nr 807. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 270,16 dies Papier] Vgl. berlieferung. 270,17 Sonnabends fruh wiederkomme] Laut Tagebuch kehrte Goethe am Samstag, dem 24. April, von Jena auf Weimar zursck (GT I 1, 79). 270,18 Wir sind uberall herumgezogen] Goethe war mit dem Herzog, Wedel und Herder seit dem 21. April in Jena. Auf der Hinfahrt hatte die Gesellschaft einen Umweg sber das knapp 40 km ssdtstlich von Weimar gelegene Kahla genommen. In Jena selbst wurden am 22. April das Cabinet (GT I 1, 79), vielleicht das kurz zuvor vom Herzog erworbene so genannte Walch’sche Kabinet (vgl. zu 230,16–17), und die Universit|tsbibliothek besucht, außerdem fand eine große Mittagstafel mit den Professoren der Universit|t statt.
888
BRIEFE 488/489
270,18–19 Herdern ists nicht wohl in dieser Lufft geworden] Herder selbst schrieb am 6. Mai 1779 an Johann Georg Hamann: „Ich bin vor acht Tagen mit dem Herzog, Gtthe und einem Kammerherrn in Jena gewesen und habe mit dem Corpore gesammter Unversit|t gespeiset; weiß aber sonst nichts zu sagen.“ (HB 4, 87.)
488. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 24. April 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 11. – 1 Bl. 17(–17,2)66,4(–7) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); rechts von fremder Hd, Tinte: „21.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 22), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 223. WA IV 4 (1889), 28, Nr 808. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 271,1 noch zu Ihnen] Am 24. April 1779 war Goethe aus Jena zursckgekehrt (vgl. zu 270,17); laut Tagebuch aß er an diesem Tag bei Charlotte von Stein (vgl. GT I 1, 79). 271,2–3 hvre dem Sausen zu und dem spizzen Regen] Ende April/Anfang Mai 1779 herrschte eine mehrere Wochen lang anhaltende Schlechtwetterlage, die auch fsr die damaligen klimatischen Verh|ltnisse (vgl. zu 183,7) so ungewthnlich war, dass Wieland darsber am 5. Mai an Merck in Darmstadt berichtete: „Es ist mir aber in diesen vergangnen Wochen, wegen des stsrmischen schlechten Wetters das nun schon in die 3te Woche daurt meistens so dumm, schnuppicht und schlappicht zu Muth gewesen, daß es mir ohnmtgl[ich] war etwas anders als einen Frachtzettel zu schreiben. Und so ists leider noch immer. Frost und Sturmwinde haben bey uns alles Obst verderbt, und mir so die halbe Freude an meinem kleinen Garten verpfuyt.“ (WB 7 I, 200.)
APRIL 1779
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489. An Carl Ludwig August von Scholley Weimar, 26. April 1779 ! Malsfeld BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 16r–17v, 19. – 2 Doppelbl|tter 21634,6 cm, 4 1/2 S. einspaltig rechts beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen, Tinte; S. 1 linke Spalte Adresse: An Herrn Oberaufseher von Schollei / in Malsfeld; S. 5 untere H|lfte: Anfang des Konzepts von Nr 490 (Hochwohlgeb‘. gn~dige Frau Aus den Beilagen Æ:::æ dieses Gesch~fts gu[373,22–374,2]). – In einem gebundenen Faszikel (108 Bl.), S. 1 von Schreiberhd (Kr|uter), Tinte: „Gesammelte Briefe / von den Jahren / 1778– 1792“, darsber mit blauem Stift von fremder Hd: „Peter im Baumgarten“. h: Staatsarchiv Graubsnden, Chur, Familienarchiv Salis-Marschlins, Sign.: D VI Ma III. V. E 6, S. 28 f. – In einem 42 Seiten umfassenden Heft (20633,8 cm), das in ein grtßeres Konvolut (114 Seiten) ohne Titel eingebunden ist; das Heft enth|lt fortlaufende Abschriften Philipp Seidels von weiteren, das Legat fsr Peter im Baumgarten betreffenden Briefen, die Goethe als Beilagen zu seinem Brief vom 26. April 1779 an Carl Ulysses von Salis-Marschlins schickte (vgl. Nr 491), links sber dem Text vermutlich von Seidel bezeichnet mit B.); unter A.) findet sich die Abschrift von Carl Ludwig August von Scholleys Brief an Goethe vom 6. April 1779 (nach der Ausfertigung abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zum vorliegenden Brief), unter C.) die Abschrift des „Promemoria“ Johann Ludwig Eckardts, die Vormundschaft Goethes sber Peter im Baumgarten betreffend (Original nicht sberliefert; Konzept: GSA 30/82,2, Bl. 13r–15v; gedruckt: WA IV 4, 342–344), unter D) die Abschrift von Goethes Brief an Wilhelmine von Beaulieu-Marconnay vom 26. April 1779 (Nr 490). E: WA IV 4 (1889), 29–33, Nr 809 (Eduard von der Hellen; nach K). Textgrundlage: h. – Die Abschrift erfolgte vermutlich nach der Ausfertigung; sie wird daher statt des Konzepts als Textgrundlage herangezogen. Das Konzept wird im Anhang zum Textband abgedruckt (Nr 489K). BEI L AG E
„Promemoria“ Johann Ludwig Eckardts, die Vormundschaft Goethes sber Peter im Baumgarten betreffend (vgl. berlieferung und die einleitende Erl|uterung). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet Briefe Carl Ludwig August von Scholleys vom 18. November 1778 (vgl. RA 1, 72, Nr 92) und vom 6. April 1779 (vgl. RA 1, 72, Nr 94). Zugleich bezieht er sich auf den Brief von Ulysses von Salis vom 20. Oktober 1778 (vgl. RA 1, 72, Nr 91), dem eine Abschrift des Briefs von Scholley
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an Goethe vom 21. Februar 1778 (vgl. RA 1, 69 f., Nr 81) beigelegt war. – Scholley antwortete am 24. Juli 1779 (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zum vorliegenden Brief; vgl. RA 1, 73, Nr 95), zugleich vermutlich auf Goethes nicht sberlieferten Brief vom 9. Juni 1779 (vgl. EB 251). Carl Ludwig August von Scholley (1730–1813), Herr zu Malsfeld an der Fulda, seit 1773 Obervorsteher der althessischen Ritterschaft, hessischer Hofgerichtsrat und von 1784 an letzter Hofrichter des bis 1803 t|tigen hessischen Samthofgerichts (ein die hessischen Teillandgrafschaften sbergreifendes Gericht) in Marburg, war zugleich Obervorsteher der Hohen Hospitalien, der Alten-, Armenund Krankenpflegeanstalten. Der vorliegende Brief ist der frsheste sberlieferte Brief, den Goethe an den Adressaten geschrieben hat. Die Korrespondenz hatte schon 1778 begonnen und dauerte bis zum Februar 1780. Sie betrifft ausschließlich die Erbschaftsangelegenheit Lindau. Nachdem die Eltern des Barons Heinrich Julius von Lindau (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 19), der hessen-kasselische Kammerherr und Kriegsrat Philipp Heinrich Julius von Lindau und seine Frau Henriette Baldine Marie geb. Henry de Cheusses, frsh verstorben waren (1762 bzw. 1763), wurde Scholley Vormund der minderj|hrigen Kinder; dies waren außer Heinrich Julius dessen Schwestern Wilhelmine (seit 1774 verheiratet mit dem hannoverschen Oberj|germeister Friedrich Georg Christian von Beaulieu-Marconnay in Celle), Caroline Luise (sp|ter verheiratet mit dem Ritterschaftspr|sidenten Otto Detlef von Marschalck in Stade) und Marie Ulrike Friederike (seit Juni 1779 verheiratet mit dem hannoverschen Forstbeamten Johann Christian von Dsring). Letztere schreibt darsber in ihren Erinnerungen: „Die Obervormundschaft in Cassel suchte lange Zeit vergebens nach einem Vormund fsr die Lindauschen Waisen: endlich wurde dazu Herr ......., der Nachbar meiner Eltern, ernannt und sbernahm das Amt. Ich weiß nicht, ob er es gern tat, wenigstens zeigte er es keineswegs w|hrend der langen unglscklichen Vormundschaft, die damit endete, daß alle von meiner Mutter in Hessen angelegten Kapitalien, die zahlreichen kostbaren Schmucksachen und Juwelen, die Bibliothek und Mtbel verloren gingen und daß er sich um die Erziehung der seiner Obhut anvertrauten Kinder kaum noch beksmmerte. 25 Jahre vergingen, bevor es mtglich war, die Abrechnung von dieser Vormundschaft zu erhalten.“ (Lebensbilder und Lebenserinnerungen von Marie Ulrike von Dsring geb. von Lindau. Bielefeld 1916, S. 45.) Nach dem Tod Heinrich Julius von Lindaus, der Ende 1776 oder Anfang 1777 als hessischer Offizier im amerikanischen Bsrgerkrieg gefallen war, vertrat Scholley dessen Schwestern auch als Anwalt bei der Abwicklung der Erbschaft des Bruders. Zu den testamentarischen Verfsgungen Lindaus gehtrte ein Legat sber 2000 Reichstaler fsr seinen Pflegesohn Peter im Baumgarten, die zu dessen Erziehung und Ausbildung verwendet werden sollten (vgl. sber ihn weiter die einleitende Erl|uterung zu Nr 281); so bestimmt es Lindaus in Celle aufgesetztes Tes-
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tament vom 17. Mai 1776 (vgl. GSA 30/82,1, Bl. 10–11; ferner Ernst, 101 f.). Als Testamentsvollstrecker hatte Lindau den Freiherrn Ulysses von Salis, damals Leiter der Erziehungsanstalt im schweizerischen Marschlins, und seinen v|terlichen Freund Johann Caspar Lavater eingesetzt. Dieser schrieb am 20. Mai 1777 an Johann Georg Zimmermann: „Lindau ist tot. Salis und ich sind Executoren seines Testaments, worin er einem adoptierten Bauernknaben 2000 Thaler vermacht.“ (Ernst, 104.) Der weitere Fortgang der Angelegenheit ist Briefen und Dokumenten, teilweise in Abschriften, zu entnehmen, die im GSA in einem gebundenen Aktenfaszikel (GSA 30/82,2) aufbewahrt werden (vgl. berlieferung zu K). Salis sbertrug die Vormundschaft sber Peter im Baumgarten an Goethe. Bereits am 21. Februar 1778 hatte Scholley deswegen an Salis geschrieben,
Æ:::æ daß 1) das Legat fsr Peter im Baumgarten von 2000 r‘ solcher Gestalt ausgezahlt werden solle, daß die 2 j|hrige Pension von 1777 und 1778. fsr selbigen davon abgezogen, und auf Dero seinethalben eingesandte Rechnung bezahlt wsrden. 2) daß gedachte 2000 r‘ nach bemerkten Abzug der 40 Louisnfs dahin, wo dieselben verordneten, und wenn es nach Dero Willens Meynung sey an dH‘. Geheimden Conferenz Rath Gtthe zu Weimar gegen gehtrige Quittung ausgezahlt werden solten. (h: GSA 30/82,2, Bl. 6v.) – Eine entsprechende Erkl|rung, dass er sich mit der Bezahlung des fsr Peter angefallenen Schulgeldes begnsge und ansonsten Vormundschaft und weitere Testamentsvollstreckung an Goethe sbertrage, gab Salis am 31. M|rz 1778 ab: Daß ich von H‘ CLA von Scholley als vormsnder und Bevollm|chtigten der H‘ Erben des Weiland H‘ Baron H. J. von Lindau die vtllige ausrichtung und Bezahlung des ganzen Schul und Lehrgelts und extra kosten des Peters im Baumgarthen Æ:::æ die er zu bezahlen großMsthigst sbernomen baar erhalten daß ich ihn davor g|nzlich quittiere Und daß ich auf die mir von besagtem H‘ Baron in seinem den 17 May 1776 in Celle zu gunsten des obgedachten Peters errichteten Testament anvertraute Stelle eines Executoris Testamentarii feyrlich verzicht thue und sie dem / S. T. Geheimen H‘ Conferenz Rath Gtthe in Weimar auftrage und sberlasse auch zu dem Ende Ihm die Haubt Uhrkunde dieses Testaments beh|ndiget habe Bescheine ich den. 31 Mertz 1778. in Marschlins mit Petschafft und Underschrifft. Ulysses von Salis von Marschlin (H: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 53.)
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7 Executoris Testamentarii] Lat.: Testamentsvollstrecker. 8 S. T.] Lat. salvo titulo: unter Vorbehalt des Titels (ohne Nennung aller gehtriger Titel). 9 Haubt Uhrkunde] Von Salis an Lavater, von diesem an Goethe geschickt; vgl. Lavaters Brief an Goethe vom 25. Juli 1778 (Goethe-Lavater3, 78; vgl. auch RA 1, 71, Nr 90). Wann diese Quittung bei Scholley einging, ist nicht bekannt. In einem Brief an Goethe vom 25. Juli 1778 spricht Johann Caspar Lavater von „bereits von ihm ÆSalisæ sberschikten vorl|ufigen Quittungen“ (Goethe-Lavater3, 78). Scholley hingegen erkl|rte noch in einem Brief vom 6. April 1779 (unten abgedruckt) Goethe gegensber, eine solche Quittung liege nicht vor. In den folgenden Monaten floss jedenfalls kein Geld, weder an Goethe noch an Salis. Dieser wandte sich darauf mit einem Brief vom 20. Oktober 1778 Hilfe suchend an Goethe; seinen Worten zufolge war die verlangte Quittung l|ngst abgegangen:
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Ein gewisser Hr. C L A von Scholley zu Malsfeld in Hessen schrieb mir under dem 21 Hornung dieses jahrs als vormsnder der von Lindauischen Famille einen Brief dessen Abschrifft ich beylege Ich antwortete ihm alsogleich das zu gunsten des Peter im Baumgarthen errichtete Testament sbersende ich durch die nemliche Post dem H‘ Helfer Lavater damit er es dem H‘ geheimen Conferentz Rath Gtthe nach Weimar sbermache Was mich anbe/lange so neme ich alles was mir die Hinderlassenen meines Lieben Lindau bestimen mit Dank an, lege die final quittung vor die Pension des Peter Baumgartens und Andreas Fesrers bey und bitte das Geld den H‘ Gebrsder Bethman in Frankfurth zu beh|ndigen. Sieben volle Monath sind verstrichen seit dem ich das geschrieben und in dieser ganzen Zeit hat sich kein Hr von Scholley bey den H‘ Gebrsder Bethman in Frankfurth sehen lassen und ist kein Geld in seinem Namen erlegt worden Ich Weis also nicht was ich denken soll und bitte Sie um Rath und Hilf. Solte mich die guthe Meinung die ich von allen Menschen habe wider betrogen haben mir Schaden bringen? (H: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 3r–4r. – Vgl. auch RA 1, 72, Nr 91.) 2 21 Hornung] 21. Februar. 2–3 einen Brief] Scholleys Brief ist oben zitiert. 3 antwortete ihm] Salis’ Brief an Scholley ist nicht sberliefert. 4 Testament] Vgl. Ernst, 99 f. 5 Helfer] Schweizerisch: Adjunkt, Amtsgehilfe, Diakon. 6 nach Weimar sbermache] Ein entsprechender Brief Lavaters an Goethe ist nicht sberliefert. 7–8 final quittung] Vom 31. M|rz 1778; oben abgedruckt. 8 Andreas Fesrer] Auch Andr Fshrer/Fuhrer/ Feurer genannt, ein zweiter von Lindau in seinem Testament bedachter Ztgling in Marschlins. 9 Gebrsder Bethmann] Johann Philipp und Simon Moritz Bethmann, Bankiers in Frankfurt.
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Vermutlich aus Anlass dieses Briefes wandte sich Goethe wiederholt an Scholley; zwei Briefe sind nicht sberliefert, lassen sich aber aus Scholleys Antworten erschließen (vgl. EB 228 und 246). Die erste stammt vom 18. November 1778: Wohlgebohrner Besonders HochzuEhrender Herr! Euer Wohlgebohren erstere HochzuEhrende Zuschrifft habe zwar richtig zu erhalten, die Ehre gehabt; verschiedene Gesch|ffte und Reisen, die theils durch meine Amts-Verrichtungen und theils durch den d‘: 23.t. dieses angehenden Landtag verursacht worden, haben mich aber dermaßen zerstreuet, daß so wenig Euer Wohlgebohren schuldig antworten, als das, was H‘: von Salis mir sberschrieben hat, in Wsrcklichkeit setzen ktnnen. Hiermit will also deßhalb um gstige Entschuldigung bitten und melden, daß binnen kurtzen von hier nach Hauß gehen werde, und es so denn meine erste Besch|fftigung seyn soll, diese Sache in gehtrige Ordnung zu bringen. Indeßen gereicht es mir zu einem besondern Vergnsgen, hierdurch mit Euer Wohlgebohren schrifftlich in Bekanntschafft zu kommen, und die vorzsgliche Hochachtung zu bekennen, wormit lebenslang verharre Euer Wohlgebohren Stifft Kauffungen gantz gehorsamster Diener d‘: 18.t. Nov: 1778. CLA von Scholley
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(H: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 9 und 11. – Vgl. auch RA 1, 72, Nr 92). 3 erstere Æ:::æ Zuschrifft] EB 228. 6 Landtag] Versammlung der Landst|nde einer Provinz (Adel, Klerus, landesherrliche St|dte); u. a. hatte der Landtag sber Steuerangelegenheiten zu entscheiden. Am 29. M|rz 1779 schrieb Goethe einen weiteren, ebenfalls nicht sberlieferten Brief an Scholley, der die verztgerte Abwicklung in seiner Antwort vom 6. April 1779 nicht nur erneut mit Arbeitssberlastung entschuldigt, sondern auch auf Vers|umnisse von Ulysses von Salis zursckfshrt: Wohlgebohrner Herr HochzuEhrender Herr Geheimde-Conferentz-Rath! Euer Wohlgebohren ktnnen sich versichert halten, daß Dero HochzuEhrende letztere Zuschrifft nicht wsrde abgewartet haben, wenn nicht sberh|uffte Gesch|ffte und fast stetige Abwesenheit mich bißher behindert h|tten, die versprochene Nachricht eher schuldigst zu geben. Ich schmeichle mir, daß diese Ent-
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schuldigungen gsltig seyn werden, und habe die Ehre hierdurch zu melden, wie die Schuld, daß der letzte Wille des seel: H‘: Lieutenants von Lindau noch nicht vollstreckt ist, nicht so wohl an mir, als vielmehr an dH‘: Baron von Salis liege. Schon im Februar verwichenen Jahrs habe demselben geschrieben, wie die Frau und Fr|ulein Schwestern des seel: Lindau aus Großmuth und z|rtlicher Liebe fsr ihren eintzigen Bruder sich entschlossen h|tten, seine den Rechten nach sonst ungsltige letzte Willens Verordnung zu erfsllen: folgender Gestalt; 1) Daß das Legat von 2000 r‘. fsr Peter im Baumgarten in der Maase ausgezahlt werde, daß die Zweyj|hrige Pension 40. Louis neufs von / 1777 und 1778 fsr selbigen, darvon abgezogen, und auf dH‘: Baron von Salis eingesandte Rechnung bezahlt wsrde. 2) Daß solche, wohin derselbe verordnete, sbermacht werden sollten. Weil aber durch beregten Abzug die Rechnung fsr Peter im Baumgarten so wenig, als durch die dreyj|hrige Pension von 42. Louis neufs fsr Andreas Fshrer, dessen Rechnung vtllig getilgt wsrden; so wollten Sie 3) nicht nur gemeldete 42. L. n. zahlen, sondern auch noch 16 3/4. Louis neufs zuschiessen, damit H‘: Baron von Salis in allem vollkommen zufrieden gestellt wsrde. Sie erb|ten sich dargegen die Rechnungen zu quittiren, allen fernern Ansprschen aus angefshrter letzter Willens-Meinung in bester Form Rechtens zu entsagen, und sber die Auszahlung des Legats fsr Peter im Baumgarten, da derselbe unmsndig, entweder von dessen Eltern, oder wofern selbe nicht mehr am Leben von dessen Vormsndern, unter gleichm|ssiger Entsagung fsr eine Quittung, die zu Recht best|ndig, zu sorgen. DH‘: Baron von Salis hat so fort dieß angenommen, und auch das ntthige wegen seiner eigenen Forderungen eingesandt; wegen des Legats fsr Peter im Baumgarten aber sich auf nichts / eingelaßen, sondern solches lediglich an Euer Wohlgebohren verwiesen. Aus was fsr Ursachen auf meine Erlasse; daß so wenig in dem ein als andern eine Auszahlung erfolgen wsrde, wenn nicht vorher die Quittung wegen des Legats fsr Peter im Baumgarten, solcher Gestalt wie sie verlangt worden, eingangen w|re: keine weitere Antwort noch Nachricht erhalten habe, will nicht untersuchen. Ich habe wenigstens geglaubt, daß dH‘: Baron von Salis dergleichen alle besorgte, weil er von dem seel: Lindau zum Executore seines letzten Willens gesetzt worden. Euer Wohlgebohren bekannte richtige Einsichten sind mir Bsrge daß Dieselben nicht mißbilligen werden, bey Auszahlung solcher grossen Summen alle mir mtgliche Sicherheit zu gebrauchen: ich bin vielmehr sberzeugt, daß Sie diese Vorsicht mit zu den Pflichten eines Vormunds zehlen. brigens aber betheure, daß so bald nur meine Pflegbefohlene von dieser Seite freygestellt sind, die Auszahlung unges|umt erfolgen, und mir es zu einem der angenehmsten Vergnsgen gereichen soll dieses Gesch|ffte mit Euer Wohlgebohren
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vtllig zu berichtigen, und auch hierdurch die vorzsglichste Hochachtung zu beth|tigen, wormit mich unterzeichne Euer Wohlgebohren Malsfeld gehorsamster Diener d‘: 6.t. April. 1779. CLA von Scholley (H: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 10–11r.– Vgl. auch RA 1, 72 f., Nr 94.) 4 letztere Zuschrifft] Goethes nicht sberlieferter Brief, der in seinen Rechnungsbschern unter dem 29. M|rz 1779 verzeichnet ist (vgl. EB 246). 11 Schon im Februar Æ:::æ geschrieben] Scholleys oben zitierter Brief an Salis vom 21. Februar 1778. 11–12 Frau und Fr|ulein Schwestern] Wilhelmine von Lindau war seit 1774 verheiratet; Ulrike heiratete erst im weiteren Verlauf des Jahres (am 10. Juni 1779), und Caroline Luise war noch nicht verheiratet. 15 in der Maase] Die Maße: schon zeitgentssisch veraltet fsr ,die Art und Weise‘ (vgl. Adelung 3, 98). 21 Andreas Fshrer] Auch Andr Fshrer/Fuhrer/Feurer genannt, ein zweiter von Lindau in seinem Testament bedachter Ztgling in Marschlins. 23 L. n.] Louis neufs. 31–32 das ntthige Æ:::æ eingesandt] Salis’ oben zitierte Erkl|rung und Quittung vom 31. M|rz 1778. 34 meine Erlasse] Nicht bekannt. 46 die Auszahlung unges|umt erfolgen] Erst im Februar 1780 kam es zur Auszahlung von Lindaus Verm|chtnis; vgl. Goethes Briefe an Johann Christian von Dsring und an Scholley vom 20. Februar 1780 (WA IV 4, Nr 894 und 895). In einem bei dem Weimarer Juristen Johann Ludwig Eckardt in Auftrag gegebenen und dem vorliegenden Brief beigelegten „Promemoria“ (h: GSA 30/82,2, Bl. 13r–15v; gedruckt: WA IV 4, 342–344) wehrte sich Goethe vehement gegen den in Scholleys Schreiben unternommenen Versuch, die Mutter Peters in die Erbschaftsangelegenheit einzubeziehen, und bestand darauf, daß die ltern in dieselbe auf keine Weise eingeflochten werden ktnnen. Denn entweder sollen sie die Verm|chtnißgelder bekommen, oder nicht. Ersternfalls w|re die Absicht des Testirers augensicht‘. vereitelt. Er entnahm den Knaben den H|nden seiner Mutter, um ihm eine gute Erziehung, statt der wahrgenommenen schlechten, geben zulassen, und nun g|be man ihn mit 2000 r‘. Zulage in die nemlichen H|nde wieder zursck! Was wsrde der see‘. v. Lindau wohl hierzu sagen, wenn er sich aus seinem Grabe darsber erkl|ren ktnte? Æ:::æ Soll daher dem Willen des see‘. v. Lindau Genugthuung geschehen, so ktnnen die Verm|chtnißgelder ohnmtg‘. an die Baumgarten‘. Mutter, sondern sie msssen nunmehr an den H‘n GehLeg. Rath Gtthe ausgezahlt werden.
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(Bl. 14r–14v, 15r.) Eine Kopie von Scholleys Brief sandte Goethe zusammen mit dem „Promemoria“ am 26. April 1776, also unter dem Datum des vorliegenden Briefes, an Lindaus Schwester Wilhelmine Beaulieu-Marconnay und an Ulysses von Salis (vgl. Nr 490 und 491). 271,7 Geh. Leg. Rath] Geheimer Legationsrat. 271,8 d. d.] Lat. de dato: vom Datum. 271,9 P. P.] Lat. praemissis praemittendis: unter Vorausschickung des Vorauszuschickenden; gemeint ist: ohne korrekte und vollst|ndige Angabe von Titel und Anrede. 271,10–11 mein erstes vori~hriges Schreiben] Nicht sberliefert; gemeint ist mtglicherweise Goethes nicht sberlieferter Brief an Wilhelmine Henriette von Lindau, die Tante Lindaus und seiner Schwestern, vom 3. Februar 1778 (EB 194). In ihrem Antwortbrief vom 25. M|rz 1778 schreibt sie: „Ich statte Ew. Wohlg‘. meinen Verbindlichsten Danck ab, so wohl Vor Dero Brief, als gegebene nachricht, sber die auffshrung dero Ztglings des jungen schweizers. Æ:::æ Ich habe Dero Schreiben, dem Herrn OberVorsteher Von Scholey eingeh|ndent um den ntthigen gebrauch damit zu machen“ (H: GSA 30/82,2, Bl. 2; vgl. auch RA 1, 70, Nr 82). 271,11 die Hindernisse] Die Verztgerung bei der Auszahlung von Lindaus Legat fsr Peter im Baumgarten wurde vor allem durch das Fehlen einer entsprechenden Quittung verursacht, die Ulysses von Salis vorzulegen vers|umt habe; vgl. Scholleys Brief an Goethe vom 6. April 1779 (abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zum vorliegenden Brief). Salis sprach in diesem Zusammenhang von „Juridisch ausgedachten ausflschten des H‘ von Schollei“ (Brief an Goethe, 15. August 1779; H: GSA 30/82,2, Bl. 23r; vgl. auch RA 1, 73, Nr 96). 271,17 mein see‘. Freund] Heinrich Julius von Lindau. 271,18 Mutter] Es ist nicht sicher, ob es sich um die leibliche Mutter oder um die Stiefmutter Peters handelte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 281). 271,22 Marschlins] Zum Philanthropinum auf Schloss Marschlins vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 490. 271,22–23 dem er Æ:::æ zu zahlen versprach] 20 Louisneufs (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 281). 272,5–7 bat seine hinterbleibende Schwestern Æ:::æ auszuzahlen] So hatte Lindau es in seinem Testament vom 17. Mai 1776 bestimmt (vgl. Ernst, 100). 272,10 der sie rechtlich nicht verband] Im Brief Wilhelmine Henriette von Lindaus, der Tante der drei Schwestern, an Goethe vom 25. M|rz 1778 heißt es dazu: „Ich zweifele nicht daß meine Niecxns die Frl von Lindaus, und ihre Schwester die Fr: von Baulieu s|mtlich zu Clle; nebst ihr Vormund der H. oberVorsteher von Scholey zu Malsfeld, 6 stunden Von hier wohnhafft unsrer Meinung beistimmen werden, zumahl da sie aus liebe Vor ihren See‘. Bruder, sein gemachtes Testament, worin er dem Peter im BaumGarten 2000 rht Vermacht,
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angenommen haben, da es im jeden andern Fall Verworffen worden w|re, weillen selbiger noch unmsndig war.“ (H: GSA 30/82,2, Bl. 2; vgl. auch RA 1, 70, Nr 82.) 272,11 Legat] Verm|chtnis (lat. legatum) an eine Person, die nicht erbberechtigt ist. 272,15 nicht etwa den noch lebenden Aeltern] Goethe bezieht sich auf Scholleys Brief vom 6. April 1779 (abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zum vorliegenden Brief). Auch in dem juristischen „Promemoria“, das dem vorliegenden Brief beilag, wird gefordert, dass das Legat nicht an die Eltern ausgezahlt werden dsrfe. 272,19 diesen Knaben aufgenommen habe] Vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 281. 272,28–29 ausdrukliche Versicherung der Frau v. Lindau] Wilhelmine Henriette von Lindau, die Tante Lindaus, die sich seit 1775 um dessen elternlose Schwestern ksmmerte. Vgl. zu 272,10. 272,29–30 Ew. H. Wohlgeb‘. Æ:::æ ausgezahlt werden sollte] Goethe bezieht sich auf Scholleys Brief vom 6. April 1779 (abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zum vorliegenden Brief). 272,30 wendete ich zunehmend mehr an ihn] Im GSA sind mehrere Rechnungen sberliefert, in denen aufgefshrt ist, was der H‘ Geh‘: Leg: Rath Gvthe fur Peter im Baumgarten Æ:::æ baar ausgegeben hat (GSA 30/82,1, Bl. 18r). Dazu gehtren Aufwendungen fsr Kleidung, deren Ausbesserung sowie fsr Kost- und Taschengeld. Eine zusammenfassende Rechnung vom 7. Juli 1779 gibt folgende Summen an: von 12 Aug‘ bis –––– von 1 Jan‘ von 1 Janu‘ ––––
31 Dec‘ 1777. 31 Decb‘ 78. 31 Juny 79. Summa
24 148 127 301
rthlr –––– –––– rthlr
22 14 20 8
g‘ –––– –––– g‘
–– 9. ’’. 9 d‘
(GSA 30/82,1, Bl. 19r.) – Was Ausgaben fsr Unterricht betrifft, so findet sich etwa in den Berechnungen fsr M|rz 1778 folgende Aufstellung (die Zahlen beziehen sich auf Reichstaler, Groschen und Pfennige): a Mr‘ Dumanoir maitre de Langue a Mr‘ G[sefeld maitre de Matematique a Mr‘: Kranz maitre de Musique a Mus: Goetze Maitre de Musique a Mus: Gusefeld annoch a Mus Kranz dito a Mus: Dumanoir encore
8. 4. 3. 3. 6 5. 8.
–––– –––– 4 6. –––– –––– ––––
–––– –––– –––– –––– –––– –––– ––––
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(GSA 30/82,1, Bl. 16v.) – Bei den Genannten handelt es sich um den Sprachlehrer Claude Dumanoir, den Forstrat und Kartographen Franz Ludwig Gsssefeld, den Violinisten und Komponisten Johann Friedrich Kranz sowie um den Musiker Ernst Johann Carl Goetze (,Mr‘.‘ fsr ,Monsieur‘; ,Mus:‘ fsr ,Musikus‘). 272,32 da er iezo in Ilmenau die J~gerei erlernt] In der „Erl|uterung n|chststehender Rechnung“ vom 30. Juni 1792, Ausgaben fsr Peter betreffend, heißt es: Es wurde derselbe im Aprill 1778 zum Wildmeister Oettelt in Ilmenau, zu Erlernung der J~gerey, in die Lehre gegeben, wo er biß zum Jahre 1781 blieb und von dieser Zeit an, theils bey dem Oberfvrster Skeel in Troist~dt, theils bey dem Oberfvrster Clauder auf der Frvhlichen Wiederkunft, und endlich bey dem Oberfvrster Gerlach in Berka als Volontair biß zu Ende des Jahres 1785 lebte. (GSA 30/82,1, Bl. 2v–3r.) – Bei den Genannten handelt es sich um Carl Christoph Oettelt, Oberftrster und Wildmeister in Ilmenau, um Johann Ludwig Gottlieb Sckell (Skehl, Skell), Oberftrster und Wildmeister in Troistedt zwischen Weimar und Berka, um Johann Ernst Clauder, Oberftrster auf dem Jagdschloss „Frthliche Wiederkunft“ in Wolfersdorf bei Stadtroda (ssdtstlich von Jena) und um Johann Heinrich Gerlach, Oberftrster in Berka. – In Goethes Rechnungen fsr Peter im Baumgarten erscheinen ab April 1778 Ausgaben fsr Jahrgeld nach Ilmenau, an den Wildmeister Oettelt fur ein Bett, an denselben fur Kost und Taschengeld sowie u. a. Betr|ge fsr Pulver, Blei, Schrot und den Buchsenmacher (GSA 30/82,1, Bl. 16v, 17r). 273,1–2 Von den ubrigen Freunden Æ:::æ empfolen hatte] Zu denken ist wohl an die Personen, die sich nach Lindaus Wunsch schon am Schulgeld von 20 Louisdor fsr Marschlins beteiligen sollten: sein Freund Peter Ochs, seine Schwester Wilhelmine, die Brsder Stolberg und Goethe (vgl. Ernst, 86). Offensichtlich sollte sich auch Jacob Michael Reinhold Lenz um Peter ksmmern; in einem von den Herausgebern auf M|rz 1776 datierten Brief von Lenz an Lindau heißt es: „Ja lieber Lindau es ist geschehen das Luftschloß ist gebaut und auf deine Unkosten. Sag mir nur wem ich die 9 Luisdor wieder einh|ndigen soll die du mir geliehen hast. Deinen Fr|ulein Schwestern oder Schlossern oder Lavatern daß sie sie zur Erziehung deines Peters anwenden. Sobald ichs im Stande bin will ich auch weiter fsr ihn sorgen und in deine Stelle treten.“ (Lenz, Briefe 1, 200.) 273,2 Zubuse] „Beytrag zu Bestreitung der Kosten einer Unternehmung“ (Adelung 4, 1741). 273,13 Rechtsgelehrten] Johann Ludwig Eckardt, Hof- und Regierungsrat sowie Geheimer Archivar in Weimar, 1783 Professor der Rechte in Jena. 273,14 Promemoria] Vgl. die einleitende Erl|uterung sowie zu 272,15.
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273,15 ein gleiches auch von Ihrer Seite] Scholley erkl|rte in seinem Antwortbrief vom 24. Juli 1779 (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zum vorliegenden Brief) das Eckardtsche Gutachten fsr nicht sberzeugend. Da er jedoch im Einvernehmen mit den Schwestern Lindaus Goethe als Vormund und damit als Adressaten der Auszahlung von Lindaus Verm|chtnis an Peter akzeptierte, ließ er offenbar kein Gegengutachten anfertigen. 273,17 qu~st‘. Gelder] Qu|stionierte Gelder: in Frage stehende Gelder (lat. quaestio: Frage; Gegenstand der Untersuchung). 273,20 Der lezte Æ:::æ Vorschlag] In Eckardts Gutachten heißt es zum Schluss: „Solte ia noch einiges Bedenken wegen der Auszahlung obwalten, so w|re das aller|usserste, worzu der H‘. GehLegRath Gtthe sich verstehen ktnte, dieses, daß entweder in seiner eigenen, oder einer von ihm zu ernennenden sichern Person dem in hiesigen S. Weimarsche Landen sich aufhaltenden Baumgarten bei hiesiger Fsrst‘ Regierung ein Vormund bestellt, diesem das Legat eingeh|ndigt u. solches von demselben unter OberVormundschaft gedachter F. Regierung administrirt wsrde.“ (h: GSA 30/82,2, Bl. 15v.) Scholley nahm dieses Angebot nicht in Anspruch; vgl. seinen Antwortbrief vom 24. Juli 1779 (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zum vorliegenden Brief). 273,29–31 Ich habe Æ:::æ damit fortfahren] Rechnungen sber Goethes Ausgaben fsr Peter im Baumgarten sind im GSA sberliefert (GSA 30/82,1 [vgl. zu 272,30] und 30/82,2), darunter eine „Rechnung sber Einnahme und Ausgabe fsr Peter im Baumgarten vom 12. August 1777 biss den 31 December 1790“ (GSA 30/82,1, Bl. 4–8r). Auf den vorliegenden Brief erhielt Goethe zun|chst erneut keine Antwort. Unter dem 9. Juni 1779 ist ein nicht sberlieferter Brief (EB 251) zu erschließen, von dem Goethe notierte: Unterm 9 Jun 1779 hab ich H‘. v Scholley abermals erinnert. (GSA 30/82,2, Bl. 22v.) Dieser antwortete erst am 24. Juli 1779; wie aus dem Anfang des Briefes hervorzugehen scheint, hatte er Goethe mtglicherweise zuvor schon eine vorl|ufige Erwiderung zukommen lassen: Wohlgebohrner Herr, HochzuEhrender Herr Geheimde Conferentz-Rath! Euer Wohlgebohren habe in meinem letztern, wenn mich nicht irre, zu melden die Ehre gehabt, daß gleich nach dessen Ablaß in Dienst-Verrichtungen nacher Marburg und Wetter verreisen muste. Der dortige Aufenthalt hat sich verschiedener Gesch|ffte halben in die L|nge gezogen, und kaum war von dort zursck, als auf Kauffungen reisen muste. Wie von da zursck kam, fand meinen eintzigen Sohn an den Rttheln sehr kranck. Er war kaum ausser Gefahr, so legten sich an dieser btsen Kranckheit meine beyde Ttchter und endlich meine Frau. Die Unruhe und
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Sorgen, die auf mir lagen, machten mich gantz unf|hig Dero indeßen eingelauffene HochgeEhrteste Schreiben schuldig zu beantworten. Euer Wohlgebohren ersuche daher um die Gewogenheit den bißherigen Verzug geneigtest zu entschuldigen: und ich hoffe auch um / so eher gstige Verzeyhung, da nun im Stand bin eine Antwort nach den Wsnschen zu geben. Meine Pflegbefohlene haben wegen der endlichen Berichtigung des Verm|chtnisses ihres see‘: Bruders theils schrifftlich, theils msndlich nochmals mit mir communicirt. Der Entschluß bleibt ein fsr allemal der großmsthige, daß selbiges in Erfsllung gesetzt werden soll. Zu Abksrtzung alles fernern Aufenthalts will Euer Wohlgebohren den Aufsatz einer so bsndigen Quittung, als mtglich, lediglich sberlaßen, und darbey anheim stellen; ob nicht erforderlich sey, daß Peter im Baumgarten solche mit unterschreibe? Dasjenige, was Euer Wohlgebohren schon bißher an demselben gethan, ist ein so sberzeugender Beweiß von Dero edlen Denckungs-Art gegen das Andencken eines verstorbenen Freundes, daß es htchst beleidigend w|re, wenn man den gethanen Vorschlag der Bevormundung dem ungeachtet verlangen wollte. Ich schmeichle mir / aber auch, daß Euer Wohlgebohren von mir glauben, wie unter dem, was bißher geschehen und die Auszahlung verztgert hat, ich weiter nichts, als meiner Pflegbefohlenen und meine eigene vollkomne Sicherheit gesucht habe. Sie erlauben daher, daß nicht berge, wie mich das zugesandte Gutachten nicht sberfshrt hat. Die Richtigkeit der darin angefshrten S|tze will zwar nicht bestreitten; ob selbige aber in casu substrato bey einem Dicasterio sberall durchgehen wsrden? daran zweiffle. Indeßen ist es mir sehr angenehm, daß es aller dieser Weitl|ufftigkeiten nicht bedarff, sondern es nun von Euer Wohlgebohren abh|ngt zu befehlen, wenn, wie und wohin die Gelder sbermacht werden sollen. Es soll mir dieß eine vorzsgliche Angelegenheit seyn, und auch die besondere Hochachtung zu bezeigen, wormit mich lebenslang zu bekennen die Ehre habe Euer Wohlgebohren Malsfeld gehorsamsten Diener CLA von Scholley d‘: 24.t. Jul: 1779. (H: GSAWeimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 20–21r. – Vgl. auch RA 1, 73, Nr 95.) 3 in meinem letztern] Nicht sberliefert. 5 Wetter] Hessische Stadt ntrdlich von Marburg. 7 Kauffungen] Kaufungen: hessische Stadt tstlich von Kassel. 7 Sohn] Der einzige sberlebende von drei Sthnen Scholleys war Carl Wilhelm, damals gerade ein Jahr alt. 9 Ttchter] Die beiden einzigen sberlebenden von sieben Ttchtern waren damals Caroline Wilhelmine (16 Jahre) und Christine Dorothea Friedrike (14 Jahre). 9 meine Frau] Friedrike Charlotte geb. Freiin Truchsess von Wetzhausen. 10–11 Dero Æ:::æ Schreiben] Goethes nicht sberlieferter Brief vom 9. Juni 1779 (EB 251). 14 Pflegbefohlene] Die Schwestern Heinrich Julius von Lindaus. 19 Quittung] Eine solche sbersandte Goethe mtglicherweise mit seinem nicht sberlieferten Brief
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vom 30. August 1779 (EB 266); mit Schreiben vom 4. September 1779 jedenfalls erkl|rte sich Scholley einverstanden mit dem „sbersandten Concept der Quittung“ (H: GSA 30/82,2, Bl. 32r). 19–20 ob nicht erforderlich sey Æ:::æ unterschreibe?] Im Brief vom 4. September 1779 verzichtete Scholley auf die Unterschrift Peters. 23–24 den gethanen Vorschlag der Bevormundung] In Johann Ludwig Eckardts „Promemoria“ war angeboten worden, |ußerstenfalls ktnne Goethe akzeptieren, dass in Weimar ein Vormund fsr Peter bestellt und Lindaus Legat an diesen ausgezahlt wsrde (vgl. auch zu 273,20). 28 das zugesandte Gutachten] Eckardts „Promemoria“. 29 in casu substrato] Lat.: im vorliegenden Fall. 30 Dicasterio] Griech. dijarsgŁqiom: Gerichtshof. Nachdem Salis Goethe mit Brief vom 15. August 1779 (GSA 30/82,2, Bl. 23; vgl. RA 1, 73, Nr 96) eine „Vollmacht“ zur Auszahlung des Legats und eine „Substitutions Uhrkunde“ (H: GSA 30/82,2, Bl. 26) zugesandt hatte, die ihn zum Bevollm|chtigten gegensber Scholley erkl|rte, bat Scholley Goethe in einem Brief vom 4. September 1779 um n|here Ausksnfte zu den s|chsischen Zahlungsmitteln (H: GSA 30/82, Bl. 32v; vgl. RA 1, 74, Nr 98). Am 21. September 1779 sbersandte Goethe von Frankfurt aus, wo er sich auf dem Weg in die Schweiz aufhielt, eine entsprechende Quittung an Scholley (K: GSA 30/82,2, Bl. 31, 34r). Dennoch dauerte es immer noch bis zum 20. Februar 1780, bis Goethe Scholley fsr die Auszahlung des Geldes danken (vgl. WA IV 4, 179 f.) und Johann Christian von Dsring, dem Ehemann von Lindaus Schwester Marie Ulrike Friederike, melden konnte, dass Herr v. Scholley endlich das Legat fur Peter im Baumgarten ausgezahlt hat. Den 14. Jan. und 15. Febr. sind iedesmal 200 St. Louis d’or zu 5 rh. und also 2000 rh. an meinen Banquier in Eisenach eingegangen. (WA IV 4, 177 f.) Ulysses von Salis sicherte er in einem Brief vom selben Tag zu, sogleich unter dem heutigen dato an die Herren Bettm~nner in Frankfurt am Main 60 1/3 alte Louis d’or fur Sie anweissen zu lassen so viel betr~gt nach Ihrer mir eingeschikten Rechnung die rukst~ndige Pension fur Petern im Baumgarten (WA IV 4, 181). Zuvor hatte der Eisenacher Bankier und Kaufmann Johann Lorenz Streiber am 16. Februar 1780 an Goethe geschrieben, dass Scholley das Legat fsr Peter im Baumgarten vollst|ndig bezahlt habe (vgl. RA 1, 77, Nr 108). – Was den zweiten von Heinrich Julius von Lindau unterststzten Ztgling Andreas Feurer betrifft, so geht aus einem Brief Wilhelmine von Beaulieu-Marconnays an Ulysses von Salis vom 16. Dezember 1787 hervor, dass Scholley noch nach zehn Jahren „einen schuldigen Posten von 42 Louis neufs Æ:::æ bisher habe unabgetragen gelassen“ (Ernst, 116 f.). Weiter berichtet die Absenderin, dass sie und ihre Schwestern damit befasst seien, „unsern gewesenen vielj|hrigen Herrn Vormund durch gerichtliche Hslfe zur Ablegung seiner schuldigen Rechnungen zu vermtgen und wir fast alles von der Hand der Vorsehung uns verliehene
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BRIEF 490
Vermtgen durch diesen unangenehmen Weg noch erst von dem Herrn v. Scholley lostreiben msssen“ (Ernst, 117). 490. An Wilhelmine von Beaulieu-Marconnay Weimar, 26. April 1779 ! Celle BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 19. – Doppelblatt 21(–21,2)634,5 (–34,7) cm, 1/2 S. zweispaltig (S. 1) und 1/4 S. (S. 2) einspaltig rechts beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen, Tinte; S. 1 linke Spalte Adresse: An / Madame Baulieu nee Marconnai / nXe Lindau / a / Zell / dans l. Electorat / d’Hannovre, rechte Spalte Brieftext, darsber Schluss des Konzeptes von Nr 489; S. 2 rechte Spalte Text, darunter Beginn des Konzeptes von Nr 491. In einem gebundenen Faszikel (vgl. weiter berlieferung zu Nr 489). h: Staatsarchiv Graubsnden, Chur, Familienarchiv Salis-Marschlins, Sign.: D VI Ma III. V. E 6, S. 32. – In einem 42 Seiten umfassenden Heft (vgl. weiter berlieferung zu Nr 489); links sber dem Text bezeichnet mit D). E: WA IV 4 (1889), 33 f., Nr 810 (nach K). Textgrundlage: h. – Die Abschrift erfolgte vermutlich nach der Ausfertigung; sie wird daher statt des Konzepts als Textgrundlage herangezogen. Das Konzept wird im Anhang zum Textband abgedruckt (Nr 490K). BEI L AG EN
1) Abschrift von Carl Ludwig August von Scholleys Brief an Goethe vom 6. April 1779 (vgl. zu 274,14–17). 2) Abschrift von Goethes Brief an Scholley vom 26. April 1779 (Nr 489; vgl. zu 274,17). 3) Abschrift des „Promemoria“ Johann Ludwig Eckardts, die Vormundschaft Goethes sber Peter im Baumgarten betreffend (vgl. zu 274,18). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Wilhelmine Baldine Sophie Eleonore Elisabeth von Beaulieu-Marconnay geb. von Lindau (1757–1795) war die |lteste Schwester von Heinrich Julius von Lindau (vgl. sber ihn die einleitende Erl|uterung zu Nr 19). Sie hatte wie ihre Schwestern Caroline Luise (sp|ter verh. von Marschalck) und Marie Ulrike Friederike (seit Juni 1779 verh. von Dsring) nach dem frshen Tod ihrer Eltern, des hessen-kasselischen Kammerherrn und Kriegsrats Philipp Heinrich Julius von Lindau (gest. 1762) und dessen Frau Henriette Baldine Marie geb. Henry de
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Cheusses (gest. 1763), unter der Obhut ihres Vormundes Carl Ludwig August von Scholley gestanden. 1774 heiratete sie den hannoverschen Oberj|germeister Friedrich Georg Christian von Beaulieu-Marconnay in Celle. Sie wurde Mutter von fsnf Sthnen und einer Tochter. Ihre Schwester Marie Ulrike schildert sie in ihren Erinnerungen: „Diese |lteste Schwester war schtn, oft reizend, sie schien die Sanftmut eines Engels zu haben, war aber manchmal von einer grenzenlosen Heftigkeit. Sehr unglscklich verheiratet, war ihr Leben ein trauriges, aber sie gestaltete es auch denen, die mit ihr lebten, nicht freundlicher. Nichtsdestoweniger schwebte ein so großer Reiz um ihre Person – in ihren guten Augenblicken war sie so sberaus liebenswsrdig – sie bat mit so viel Anmut um Verzeihung – sie war so zu beklagen wegen ihrer wenig passenden Verbindung mit einem um 20 Jahre |lteren Manne, der zum ewigen Kummer seiner Frau n|rrisch in sie verliebt war, – daß meine Schwester Caroline und ich sie trotz ihrer Launen und ihrer allzugroßen Lebhaftigkeit anbeteten und alles taten, was sie wollte, zugleich aber seufzten wir darsber, so von ihr gequ|lt zu werden.“ (Lebensbilder und Lebenserinnerungen von Marie Ulrike von Dsring geb. von Lindau. Bielefeld 1916, S. 61.) Wilhelmine von Beaulieu-Marconnay zogen, so ihre Schwester Marie Ulrike, „der Gram und die Heftigkeit ihrer Gemstsstimmung“ eine „galoppierende Schwindsucht“ (ebd., S. 21) zu, an welcher sie am 7. September 1795 starb. Im vorliegenden Brief geht es um ein Legat von 2000 Reichstalern, die Heinrich Julius von Lindau seinem Pflegesohn Peter im Baumgarten (vgl. sber ihn die einleitende Erl|uterung zu Nr 281) hinterlassen hatte. Die Auszahlung dieses Geldes durch den Vormund der Erben, Carl Ludwig August von Scholley, verztgerte sich (vgl. Goethes Brief an Scholley vom 26. April 1779 [Nr 489] und die Erl|uterungen dazu). Vermutlich sah sich Goethe deswegen veranlasst, sich an Wilhelmine von Beaulieu-Marconnay zu wenden, weil diese durch Ulysses von Salis in die Erbschaftsangelegenheit einbezogen worden war; Salis hatte Goethe mit seinem Brief vom 20. Oktober 1778 darsber unterrichtet, dass er auch „des sel. Lindau |lteste Fr Schwester Madame Baulieu Marconnai“ (H: GSA 30/82,2, Bl. 4r; vgl. auch RA 1, 72, Nr 91) sber die Probleme informiert habe. Goethe konnte auf Unterststzung hoffen, weil Wilhelmine und ihre beiden Schwestern das Legat ihres Bruders fsr Peter im Baumgarten l|ngst anerkannt hatten. 274,14–17 was H‘. von Schollei Æ:::æ geschrieben] Beilage 1 (nicht sberliefert), nach der Ausfertigung gedruckt in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 489. 274,17 was ich demselbigen geantwortet] Beilage 2, Abschrift von Nr 489 (nicht sberliefert). 274,18 Meinung eines Rechtsgelehrten] Beilage 3 (nicht sberliefert), h: GSA 30/82,2, Bl. 13r–15v, teilweise abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 489.
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491. An Carl Ulysses von Salis-Marschlins Weimar, Æ26.æ April 1779 ! Marschlins DAT I E RU N G
Die fehlende Tagesangabe ergibt sich aus dem Zusammenhang mit den beiden anderen Briefen vom 26. April 1779 an Carl Ludwig August von Scholley und an Wilhelmine von Beaulieu-Marconnay (Nr 489 und 490). BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 19v. – Doppelblatt 21(–21,2)634,5 (–34,7) cm, 2/3 S. (S. 2) einspaltig rechts beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Korrekturen, Tinte; linke Spalte oben Adresse: An den H‘. von Salis / nach / Marschlins, erstes Drittel Schluss des Konzepts von Nr 490. – In einem gebundenen Faszikel (vgl. weiter berlieferung zu Nr 489). E: WA IV 4 (1889), 34–35, Nr 811 (nach K). Textgrundlage: K. BEI L AG EN
1) Abschrift von Carl Ludwig August von Scholleys Brief an Goethe vom 6. April 1779 (vgl. berlieferung zu Nr 489, zu h); nach der Ausfertigung abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 489. 2) Abschrift von Goethes Brief an Scholley vom 26. April 1779 (Nr 489; vgl. berlieferung zu Nr 489, zu h). 3) Abschrift des „Promemoria“ Johann Ludwig Eckardts, die Vormundschaft Goethes sber Peter im Baumgarten betreffend (vgl. berlieferung zu Nr 489, zu h). 4) Abschrift von Goethes Brief an Wilhelmine von Beaulieu-Marconnay vom 26. April 1779 (Nr 490; vgl. berlieferung zu Nr 489, zu h). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet Ulysses von Salis’ Brief vom 20. Oktober 1778 (vgl. RA 1, 72, Nr 91), dem die Abschrift eines Briefes von Carl Ludwig August von Scholley an Salis vom 21. Februar 1778 beilag (beide teilweise abgedruckt in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 489). – Salis antwortete am 15. August 1779 (Brief abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zum vorliegenden Brief). Carl Ulysses von Salis-Marschlins (1728–1800), schweizerischer Beamter und Politiker, Reformer auf tkonomischem, landwirtschaftlichem und p|dagogischem Gebiet, Verfasser von politischen, historischen und tkonomischen Schriften; er gehtrte einer alten, weit verzweigten Graubsndener Familie an, die seit dem 13. Jahrhundert im Veltlin (ital. Valtellina) begstert war und im 17. und 18. Jahr-
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hundert als eine der reichsten und m|chtigsten Familien im Lande galt. Ihre Vormachtstellung beruhte auf Einksnften aus franztsischem Kriegsdienst, Pacht der Landesztlle, Speditionshandel und reichem Grundbesitz und geriet erst nach der Franztsischen Revolution ins Wanken. Als |ltester Sohn des Freiherrn Johann Rudolph Gubert von Salis-Marschlins und dessen Frau Perpetua geb. von SalisSoglio verbrachte Carl Ulysses einen großen Teil seiner Kindheit in Chiavenna und Soglio im Veltlin, seine Jugendzeit vermutlich in Marschlins. Nach einer Erziehung durch Hauslehrer bezog Salis im Herbst 1744 als 16-J|hriger fsr ein Jahr die Universit|t Basel, um die Rechte, Philologie und Geschichte zu studieren. Bereits 1749 betrat er die politische Laufbahn, indem er zwei Jahre lang seinen Vater begleitete, der als Pr|sident der Syndikatur im Veltlin umherreiste, um die Arbeit der Podestaten (Gemeindeamtm|nner) zu kontrollieren. 1749/50 und 1752–1760 war Salis Gemeindeamtmann in Igis (ntrdlich von Chur). Im Laufe seines Lebens hatte er verschiedene politische mter und Funktionen inne, die er gem|ß seiner berzeugung aussbte, dass die bestehenden Verh|ltnisse einer gottgewollten Ordnung entspr|chen, zu welcher auch die privilegierte Stellung seiner Familie gehtrte. Als ausgepr|gter Machtpolitiker, dem tffentliches Wohl und privater Vorteil gleich viel bedeuteten, vertrat er stets sowohl die Interessen seiner Heimat Bsnden als auch seine eigenen, wobei er in der Wahl seiner Mittel wenig Bedenken zeigte. So spielte er Frankreich und sterreich, die in Oberitalien um Einfluss k|mpften, gegeneinander aus, wann immer es ihm dienlich schien. Er diente w|hrend der so genannten Revision des Mail|nder Kapitulats 1762 zun|chst den sterreichern zum Nachteil Venedigs und Frankreichs und wurde wenige Jahre sp|ter, 1768, zum Charg des affaires du Roi, franztsischem Gesch|ftstr|ger, in Bsnden ernannt. Dieses Amt versah er 24 Jahre lang, bis die Franztsische Revolution der Ktnigsherrschaft in Frankreich ein Ende bereitete. Als Salis 1792 seine Position verlor, suchte er wiederum auf der Seite sterreichs Fuß zu fassen. In der Zwischenzeit hatte sich eine starke Opposition gegen die Macht der Familie Salis insgesamt und gegen Ulysses von Salis im Besonderen gebildet. Die jakobinisch gesinnte Partei der ,Patrioten‘ verstand es, mit Vorwsrfen von Amtsmissbrauch und Landesverrat gegen Salis Stimmung zu machen. Vor seiner Verhaftung floh dieser im April 1794 nach Zsrich. Das Verfahren gegen ihn endete mit dem Einzug seines gesamten Vermtgens, seiner Verbannung auf Lebenszeit und der Verfsgung, dass er fsr vogelfrei erkl|rt sei. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Salis im Exil in Erlenbach am Ostufer des Zsrchersees und in Htngg an der Limmat ntrdlich von Zsrich, u. a. mit literarischen und poetischen Arbeiten. Im Jahr 1761 grsndeten der Pfarrer Martin Planta und der Lehrer Johann Peter Nesemann auf Salis’ Anregung in Zizers ein Seminarium, das 1763 nach Haldenstein und 1771 ins Schloss Marschlins sbersiedelte, das Salis zu diesem Zweck hatte umbauen lassen. Von Anfang an hatte die Schule mit |ußeren und
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inneren Problemen zu k|mpfen. Missernten fshrten zu Schwierigkeiten bei der Versorgung der Schsler; Nachrichten sber Krankheiten sowie mangelnde Disziplin und Ordnung im Institut brachten dieses in Verruf. Nach Plantas Tod 1772 sbernahm Salis die Leitung des Erziehungsinstituts und ließ es 1775 durch den Gießener Theologen Carl Friedrich Bahrdt in ein Philanthropinum umwandeln, das nach den Grunds|tzen der Basedowschen Anstalt in Dessau arbeiten sollte. Diese richteten sich in verschiedener Hinsicht gegen die traditionellen Schulverh|ltnisse. So sollte etwa das hierarchische Verh|ltnis zwischen Lehrern und Schslern aufgeweicht werden; nach dem Vorbild einer idealisierten bsrgerlichen Familie sollten Lehrer und Schsler wie wohlwollende Eltern und gehorsame Kinder freundschaftlich zusammenleben. Gemeinnstzige und praktische Unterrichtsinhalte (moderne Sprachen, Mathematik, Geographie, Naturkunde, Zeichnen, handwerkliche Unterweisung, Gartenarbeit, Sport) sollten nicht der Standesbildung einer intellektuellen Elite dienen, sondern der Vorbereitung einer breiten ,Mittelschicht‘ auf einen Beruf, der den Einzelnen zum nstzlichen Mitglied der Gesellschaft macht. Erziehungsziele waren Menschenliebe und religitse Toleranz. Im Mai 1775 trat Bahrdt sein Amt als Direktor der Schule an, deren Einweihung als Philanthropin im Oktober stattfand. Wegen bald einsetzender Differenzen mit Salis legte Bahrdt sein Amt schon im Mai 1776 nieder. Durch Spannungen im Lehrktrper – Nesemann hatte die Schule wegen Bahrdt aus Protest verlassen – und durch das Ausbleiben von Ztglingen geriet die Anstalt in p|dagogischer und finanzieller Hinsicht in immer grtßere Schwierigkeiten und musste im Februar 1777 geschlossen werden. Friedrich Joseph Greven, Inspektor der Anstalt, hatte schon am 10. Juli 1776 in sein Tagebuch geschrieben: „Ich werde stsndlich in meiner Meynung best|tigt, daß das Philanthropin zu Marschlins niemals die sbertriebenen Versprechungen erfsllen kann und wird – – worsber das Publikum Nase und Maul aufgesperrt hat.“ (Zitiert nach: Garber/Schmitt, 142.) Nach seinen umfangreichen Investitionen bedeutete dies fsr Salis ein finanzielles Fiasko. – Literaturhinweis: Peter Metz: Ulysses von Salis-Marschlins 1728–1800. Chur 2000. Goethe hatte Salis 1774 in Frankfurt perstnlich kennen gelernt; er war ihm, wie er sich erinnert, als ein ernster verst~ndiger Mann erschienen (AA DuW 1, 542 [15. Buch]). Eine Korrespondenz mit ihm ist nur aus den Jahren von 1778 bis 1780 sberliefert, als es um die Erbschaft Heinrich Julius von Lindaus fsr Peter im Baumgarten ging. Von Goethe sind insgesamt drei Briefe sberliefert, außer dem vorliegenden noch zwei aus dem Jahr 1780. Zwei erschlossene Briefe Goethes an Salis stammen aus dem Jahr 1775 (vgl. GB 2 I, EB 86 und EB 181). Von Salis haben sich nur der Bezugs- und der Antwortbrief zum vorliegenden Brief erhalten. – Zu dem Legat von 2000 Reichstalern, die Lindau seinem Pflegesohn Peter im Baumgarten zu dessen Erziehung und Ausbildung hinterlassen hatte, und den Schwierigkeiten, die sich bei der Auszahlung dieses Geldes ergaben, vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 489.
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275,12 Was fur eine Antwort ich erhalte] Carl Ludwig August von Scholley antwortete am 24. Juli 1779 (abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 489). Ob Goethe eine Abschrift dieses Briefes an Salis geschickt hat, ist nicht bekannt. Salis’ Antwortbrief: Mein theurer Fresnd Um den Juridisch ausgedachten ausflschten des H‘ von Schollei ebenfahls mit Juridischen Waaffen zu begegnen habe ich den Fahl des guten Peters nach Bern einberichtet und daher beykomende vollmacht erhalten dehren ich eine so formlich als es hie zu land wo wir gott lob keine Notaren haben, mtglich war, abgefasste Substitutions Uhrkunde bey gefsgt habe. Ich ersuche Sie nun allen moglichen gebrauch davon zu machen um nicht nur dem guten Peter zu dem Besitz seines Aufgem|chts sondern auch mir zu der abfshrung meines ausstands dessen ich sehr bentthiget bin zu verhelffen. Solten noch anst|nde die ich nicht vorsehen kan, vorfallen, so ist der Stand Bern bereit von Stand aus an diejenige Regierung wo man den H‘ v. Schollei belangen muß, nachdruksam zu schreiben. Ich hoffe aber es werde nicht ntthig seyn da die Sach in so guthen H|nden ist. Ich bin Mein lieber Freund mit der grtsten Hochachtung Ihr gehorsamer Diener Marschlins den 15 Augst‘ U von Salis 1779. N. Sch. Daß Gelt so mir gehtrt kan wie ich es dem H‘ Schollei schon vor anderthalb jahren gemeldt den H‘ Gebrsder Bethman in Frankfurt beh|ndiget werden um es dem H‘ Schultheß in d Limathburg nach Zsrich zu sbermachen (H: GSA Weimar, Sign.: 30/82,2, Bl. 23–24.) 5 vollmacht] Die von Salis eigenh|ndig geschriebene und in Marschlins unterzeichnete Vollmacht tr|gt das Datum vom 15. August 1779 (GSA 30/82,2, Bl. 26). Mit ihrer Hilfe sbertrug Salis „auf jede beste und gsltigste Weise des Geheimen H‘ Legations Rath Goethe in Weimar Hochwohlgebohrn alle Gewalt und vollmacht“, seine Interessen gegensber Carl Ludwig August von Scholley zu vertreten. 7 Substitutions Uhrkunde] Es handelt sich um eine Verordnung, die in Oberhasli vom Landammann Niclaus von Bergen und vom dortigen Landschreiber und Vogt Isaac Zopfli abgefasst wurde und vom 28. Juli 1779 stammt (GSA 30/82,2, Bl. 27–28). Sie bevollm|chtigte Salis, Lindaus fsr Peter im Baumgarten bestimmtes „Legat der Zwey Thaußend Thaleren, von dem Ehrenvermelten Herren Von Scholley zu Ahlfeld in Heßen, oder
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BRIEFE 492–494
von wemme solches je auszurichten sein mag, zu beziechen, oder durch jemand so er hierzu bevolm|chtigen wurde beziechen Æ:::æ zu laßen“. 9 Aufgem|chts] In der schweizerischen Rechtssprache: „letztwillige Verfsgung, bes. Legat“ (vgl. Schweizerisches Idiotikon. Wtrterbuch der schweizerdeutschen Sprache Æ:::æ. Bd 4. Frauenfeld 1901, Sp. 69). 10 anst|nde] Anstand: Aufschub, Verzug (vgl. Adelung 1, 377). 18–19 vor anderthalb jahren gemeldt] Ein entsprechender Brief von Salis an Scholley ist nicht sberliefert. 19 Gebrsder Bethman] Johann Philipp und Simon Moritz Bethmann, Bankiers in Frankfurt. 20 Schultheß] Welches Mitglied der Zsrcher Familie Schultheß, der viele Bankiers, Fabrikanten und Kaufleute angehtrten, gemeint ist, muss offenbleiben. 20 Limathburg] Heute Hotel „Central Plaza“ auf der rechten Limmatseite. 492. An Jean Antoine de Castrop ÆWeimar, vermutlich April 1779æ ! ÆWeimaræ DAT I E RU N G
Der Brief l|sst sich mit Goethes Brief an Herzog Carl August vom 25. April 1779 (A 2) in Verbindung bringen. Darin unterbreitet Goethe seine mit Zuziehung des Ingenieur- und Artillerie-Hauptmanns de Castrop erarbeitete Disposition (437,13–14) zur Reparatur von Land- und Stadtstraßen. Er schl|gt vor, aus finanziellen Grsnden im laufenden Jahr nur die kleineren der nttigen Arbeiten ausfshren zu lassen. In diesen Zusammenhang ktnnte der vorliegende Brief gehtren, der demnach vermutlich im April 1779 geschrieben worden ist. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/130,I. – 1 Bl. 17,5611,7(–12,4) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: H‘. Hauptm Castr. E: WA IV 7 (1891), 358, Nr 808b (Eduard von der Hellen). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 275,20 Esplanade] Franz.: großer freier Platz; hier bezeichnet der Begriff die Promenade zwischen (frsherem) Frauentor und Wittumspalais in Weimar (heute Schillerstraße), damals eine Baumallee mit Rasenfl|chen und Spalieren.
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493. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 7. Mai 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 11. – 1 Bl. 16611,1(–11,5) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „22“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 23), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 223. WA IV 4 (1889), 35 f., Nr 813. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 276,2 nach Gotha] Am 8. Mai ging $ ÆCharlotte von Steinæ nach Gotha (GT I 1, 79). 276,3 gewissen Behauptung] ,Gewiss‘ hier im Sinne von ,sicher wissend‘. 276,5 Picks] Pick: hier im sbertragenen Sinn von ,Groll‘ (vgl. zu 83,18–19). 276,6 grusen Sie Steinen] Josias von Stein war als Gutsherr von Kochberg „Ausserordentlicher Deputirter“ der „LandschaftÆlichenæ Deputation“ des Herzogtums Sachsen-Gotha und Altenburg (Herzoglich-Sachsen-Gotha- und Altenburgischer Hof- und Adreß-Calender auf das Jahr 1778 Æ:::æ. Gotha Æ1777æ, S. 13 f.). Da er vom 19. April bis zum 13. Mai 1779 an der fsrstlichen Tafel fehlte, ist anzunehmen, dass er an der Versammlung der „Landschaft“ in Gotha teilnahm, wo ihn seine Frau besuchte. 276,8 Paradeplaz] Zwischen Welschem Garten und Stern gelegen (vgl. Plan der Stadt Weimar 1784). 276,8 Herzogin] Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. – Zum Verh|ltnis zwischen ihr und Charlotte von Stein vgl. zu 24,1. 494. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
Tiefurt, 12. Mai 1779 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 12. – 1 Bl. 11,5610,8(–11) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „23“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 24), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 224. WA IV 4 (1889), 36, Nr 814.
910
BRIEFE 495
BEI L AG EN
Blumen und Fruchte (276,13). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 276,10 Von Ihnen Æ:::æ nicht wegbleiben.] Nachdem Goethe seine Ver|rgerung sber die unangeksndigte Reise der Freundin nach Gotha (vgl. 276,1–2) sberwunden hatte, fand offenbar wieder eine Ann|herung statt. Doch erst um den 20. Mai 1779 vermerkt Goethe im Tagebuch: N~he zu $ ÆCharlotte von Steinæ (GT I 1, 79). 276,13 Blumen Æ:::æ einige Fruchte] Offenbar als ,Gegengabe‘ schickte Charlotte von Stein noch am selben Tag Lebensmittel nach Tiefurt (vgl. 276,17). 276,13–14 Knebel liest im Pindar] Wahrscheinlich „Pindars Pythische Siegeshymnen“ in der bersetzung von Friedrich Gedike, die, versehen mit „erkl|renden und kritischen Anmerkungen“, 1779 bei Dekker in Berlin und Leipzig erschienen waren. Zuvor hatte Gedike bereits „Pindars Olympische Siegeshymnen“ sbersetzt (Berlin und Leipzig 1777). Gedikes bertragungen, die sich von ihren Vorg|ngern durch besondere sprachlich-stilistische N|he zum Original auszeichneten, scheinen fsr Knebels Pindar-Rezeption von besonderer Bedeutung gewesen zu sein. Kurz nach Erscheinen der „Olympischen Siegeshymnen“ im Dezember 1777 hatte Knebel nachweislich zum ersten Mal „Aus dem Pindar sbersezt“ (Constantin Prinz von Sachsen-Weimar und Eisenach / Knebel: Tagebuch einer Reise ins Oberland [1777–1778]; H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XXI Nr 3, Constantin). Vermutlich hatte er damals bereits mit seiner bertragung der „Fsnften Olympischen Ode“ begonnen. Vertffentlicht wurde diese aber erst 1783, und zwar im „Journal von Tiefurt“ (37. Stsck [13. Mai], S. 290 f.; nach freundlichen Hinweisen von Annette Mtnnich, Wien). – W|hrend im 18. Jahrhundert die „Fsnfte Olympische Ode“ noch allgemein zu Pindars Werken z|hlte, sberwiegen sp|testens seit Mitte des 19. Jahrhunderts in der Fachwelt die Zweifel an seiner Autorschaft (vgl. Ernst von Leutsch: Ist die fsnfte Olympische Ode von Pindar? In: Philologus 1 [1846], S. 116– 127). Zu Goethes frsher Pindar-Rezeption und seiner eigenen, zu Lebzeiten nicht im Druck erschienenen bersetzung der „Fsnften Olympischen Ode“ vgl. GB 1 II, zu 230,11. 276,14 Herzog] Carl August. 276,14 wegreiten] Nach Weimar. 276,14 ich bleiben] Goethe kam erst am n|chsten Tag nach Weimar zursck (vgl. Nr 495). 276,15 Spargel] Den Goethe in seinem Garten selbst zog (vgl. zu 64,11).
MAI 1779
495. An Charlotte von Stein
911
ÆWeimaræ, 13. Mai 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 12. – 1 Bl. 20(–20,4)69,8 (–10) cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „24“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 26), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 224 f. WA IV 4 (1889), 36, Nr 815. BEI L AG E
Skizze zu Schmuckinitialen (vgl. zu 277,1). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet vermutlich einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins vom 12. Mai 1779 (vgl. zu 276,18). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 276,17 Ihr Fruhstuck] Vgl. zu 276,13. 276,17 in Tiefurt] Wo Goethe am 12. Mai Knebel und wahrscheinlich auch Prinz Constantin besucht hatte. 276,18 Andencken] Erinnerungszeichen, -stsck (vgl. GWb 1, 490); hier, wie der Kontext belegt, wohl etwas in der Art eines mit Zucker und Spruchzettelchen verzierten Gewsrz- oder Honigkuchenherzes. Da Charlotte von Steins Sendung nach Tiefurt auch dieses ausdrscklich fsr Knebel bestimmte Geschenk beilag, ist anzunehmen, dass sie Goethe in einem Begleitschreiben um die Gef|lligkeit der Weitergabe gebeten hatte. 276,20 das grvsere Herz] Fsr das sich Goethe mit einem Gedicht bei der Freundin bedankte (vgl. Nr 496). 277,1 doppelt A] Ein Entwurf zu Schmuckinitialen fsr die Sommerresidenz der Herzoginmutter Anna Amalia in Schloss Ettersburg, die diese am 14. Mai bezog. Merck soll die Initialen noch gesehen haben, wie die mehrfache Wiedergabe des ,doppelten A‘ im Brief Wielands an Merck vom 1. August 1779 vermuten l|sst (vgl. WB 7 I, 209).
912
496. An Charlotte von Stein
BRIEFE 496–498
ÆWeimar, um den 13. Mai 1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich das vorliegende Gedicht unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1777. Der Inhalt und der Bezug zu Nr 495 vom 13. Mai 1779 verweisen darauf, dass es ebenfalls aus dieser Zeit stammt (vgl. zu 277,10–12; zu 277,14–15). So wird der Gedichtbrief seit dem Erstdruck auch datiert. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 70. – 1 Bl. 18,5(–18,7)617 (–17,3) cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte; unten Mitte aufgeklebter Papierstreifen 2,360,8 cm, bedruckt (277,14–15); oben rechts von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „77.“; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „68.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1777, Nr 72), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 225. WA I 4 (1891), 213 (Gedicht). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Die Anspielungen im Text sowie das aufgeklebte Zettelchen mit der franztsischen Sentenz lassen annehmen, dass der Gedichtbrief als Dank fsr ein verziertes Kuchenherz, ein Geschenk Charlotte von Steins, gedacht war (vgl. 277,6; zu 277,10–12). 277,10–12 fur ieden eins Æ:::æ von Mehl und Farben w~re] Wie das fsr Knebel bestimmte ,Andenken‘ belegt, das diesem in Tiefurt am 13. Mai durch Goethe sbergeben wurde, hatte Charlotte von Stein verzierte Gewsrz- oder Honigkuchenherzen an mehrere Freunde verschenkt (vgl. zu 276,18). 277,14–15 Les plus rusXs / Sont attrapXs.] Franz.: (Selbst) die Listigsten werden eingefangen werden (durch die Macht des Herzens). – Der Text ist auf einen kleinen Papierstreifen gedruckt, den Goethe vermutlich selbst unter seinem Gedichtbrief anbrachte (vgl. berlieferung). Das bedruckte Zettelchen ktnnte von jenem Kuchenherz stammen, das Goethe von Charlotte von Stein geschenkt bekommen hatte.
MAI 1779
497. An Charlotte von Stein
913
ÆWeimaræ, 14. Mai 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 12. – 1 Bl. 16,5610 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „25“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 25), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 225 f. WA IV 4 (1889), 37, Nr 816. BEI L AG EN
2 Exemplare des Supplementbandes von „J. W. Goethens Schriften“ (Bd 4. Berlin 1779; vgl. zu 278,1–2). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 277,16 zwey Exemplaren] Vgl. zu 278,1–2. 277,16 Waldnern] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise, eine Freundin Charlotte von Steins. 277,17 kleine Herzgen durch mich verschencken] Vgl. zu 276,18. 277,19 das Zeug] Vgl. zu 278,3.
498. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, Mitte Mai 1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) ist das vorliegende Gedicht in die erste H|lfte des August 1779 eingeordnet. Seit dem Erstdruck wurde es in Beziehung zu Brief Nr 512 vom 4. Juli 1779 gebracht und unmittelbar nach diesem gedruckt. Nur Fr|nkel ordnete es nach Brief Nr 497 vom 14. Mai 1779 ein (vgl. Fr|nkel, Goethe-Stein1 1, 144, Nr 330; Fr|nkel, Goethe-Stein2 1, 139, Nr 330). Fsr diese Datierung spricht der inhaltliche Bezug zum Brief vom 14. Mai, mit dem Goethe zwei Exemplare des 4. Bandes der Himburg-Ausgabe seiner „Schriften“ sberschickte. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 18. – 1 Bl. 16,8612,9(–13,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „38.“ – In einem
914
BRIEF 498
gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 39), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 229 f. WA I 5 (1893), 161 (Gedicht). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Mtglicherweise ist das vorliegende Gedicht eine ironische Widmung fsr das Charlotte von Stein zugedachte Exemplar des 4. Bandes der Himburg-Ausgabe von Goethes „Schriften“. Es ktnnte daher auch Brief Nr 497 beigelegen haben, mit dem Goethe zwei Exemplare des Supplementbandes seiner „Schriften“ in der nicht autorisierten Ausgabe von Himburg sbersandte. In ver|nderter Fassung nahm Goethe die Verse ins 16. Buch von „Dichtung und Wahrheit“ auf (vgl. zu 278,11). 278,1–2 Der vierte Theil Æ:::æ bey Himburg.] Im Mai 1779 brachte der Berliner Verleger und Nachdrucker Christian Friedrich Himburg eine 3. Auflage der dreib|ndigen Ausgabe von „J. W. Goethens Schriften“ heraus, erweitert um einen Supplementband. S|mtliche Auflagen der Himburgschen Goethe-Ausgabe waren ohne Zustimmung des Autors und der rechtm|ßigen Verleger erschienen. 278,3 Langverdorrte Æ:::æ Bl~tter vorger Jahre] Der Supplementband enth|lt folgende frshe Werke Goethes: „Brief des Pastors zu *** an den neuen Pastor zu ***“ (1773), „Zwo wichtige bisher unertrterte Biblische Fragen“ (1773), „Von Deutscher Baukunst“ (1773), „Prolog zu den neusten Offenbarungen Gottes“ (1774), allesamt zuerst anonym im Selbstverlag Mercks erschienen; außerdem „Gttter Helden und Wieland“, auf Betreiben von Jacob Michael Reinhold Lenz 1774 in Kehl (mit der Angabe Leipzig) erschienen; „Hans Sachsens poetische Sendung“, zuerst in Wielands „Teutschem Merkur“ (April-Heft 1776, S. 75–82) gedruckt; „Fragmente“, als Anhang zu Heinrich Leopold Wagners Mercier-bersetzung „Neuer Versuch sber die Schauspielkunst“, 1776 im Schwickertschen Verlag in Leipzig erschienen; zuvor in Zeitschriften gedruckte „Vermischte Gedichte“ sowie das von Herder stammende „Denkmal Ulrichs von Hutten“ (vgl. Hagen, 5 f., Nr 4 [s3]). 278,11 Doch ich schreibe nicht um Porzellan noch Brod] Die erste Auflage der dreib|ndigen „Schriften“ Goethes hatte Himburg bereits 1775/76 herausgebracht (vgl. Hagen, 1 f., Nr 2 [s1]). Er hoffte wohl, trotz des unberechtigten Nachdrucks mit dem Autor ins Gesch|ft zu kommen, wie sich Goethe in „Dichtung und Wahrheit“ erinnert: Æ:::æ ich erhielt unerwartet einige Exemplare meiner zusammengedruckten Werke. Mit großer Frechheit wußte sich dieser unberufene Verleger ÆHimburgæ dieses dem Publicum erzeigten Dienstes gegen mich zu ruhmen und erbot sich mir dagegen, wenn ich es verlangte, etwas Berliner Porcelan zu senden. Bey dieser Gelegenheit
MAI 1779
915
mußte mir einfallen, daß die Berliner Juden, wenn sie sich verheuratheten, eine gewisse Parthie Porzellan nehmen mußten, damit die kvnigliche Fabrik einen sichern Absatz h~tte. Die Verachtung welche daraus gegen den unversch~mten Nachdrucker entstand, ließ mich den Verdruß ubertragen, den ich bey diesem Raub empfinden mußte. Ich antwortete ihm nicht, und indessen er sich, an meinem Eigenthum gar wohl behaben mochte, r~chte ich mich im Stillen mit folgenden Versen: Holde Zeugen suß vertr~umter Jahre Falbe Blumen, abgeweihte Haare, Schleyer, leicht geknickt, verblichne B~nder, Abgeklungener Liebe Trauerpf~nder, Schon gewidmet meines Heerdes Flammen, Rafft der freche Sosias zusammen, Eben als wenn Dichterwerk und Ehre Ihm durch Erbschaft zugefallen w~re; Und mir Lebenden soll sein Betragen Wohl am Thee- und Kaffeetisch behagen? Weg das Porzellan, das Zuckerbrod! Fur die Himburgs bin ich todt. (AA DuW 1, 557 f. [16. Buch].) 278,12 die Himburgs] Als Synonym fsr ,Raubdrucker‘, die sich auf Kosten der rechtm|ßigen Verleger und der Autoren bereichern. – Die Praxis, Werke unerlaubt und ohne Vergstung nachzudrucken, war im ausgehenden 18. Jahrhundert allgemein verbreitet, da es im Vergleich etwa zu England oder Frankreich auf dem Gebiet der deutschen Territorialstaaten kein einheitlich geltendes Privilegiensystem gab und sich die Idee vom geistigen oder literarischen Eigentum erst allm|hlich entwickelte. Dennoch wurden etwa seit dem 16. Jahrhundert neue Werke in aller Regel nur mit Zustimmung des Autors erstmals gedruckt. Nach l|ngerer Unterbrechung lebte um 1770 die tffentliche Auseinandersetzung um geistiges Eigentum und Nachdruck wieder auf. Der Grund dafsr war eine Ver|nderung der Verh|ltnisse im deutschen Buchhandel und die Verlagerung des Buchhandels-Zentrums von Frankfurt nach Leipzig. Die Reformbemshungen der Leipziger Buchh|ndler, namentlich Philipp Erasmus Reichs und Immanuel Breitkopfs, fshrten immerhin dazu, dass in Kursachsen mit Leipzig als dem wichtigsten deutschen Buchhandelsplatz 1773 ein vergleichsweise fortschrittliches und vereinfachtes Privilegiensystem durchgesetzt wurde, das die hier gedruckten Bscher schstzte. Da die Preise der s|chsischen Originalausgaben relativ hoch waren, nahm nach 1773 vor allem in Ssddeutschland, sterreich und der Schweiz die Zahl der Nachdrucke sehr stark zu (vgl. Ludwig Gieseke: Vom Privileg zum Urheberrecht. Gtttingen 1995, S. 115 f., 150 f., 158–161).
916
BRIEFE 499–501
499. An Johann Friedrich Krafft
ÆWeimaræ, 22. Mai Æ1779æ ! ÆIlmenauæ
DAT I E RU N G
Das fehlende Jahr ergibt sich aus dem Inhalt des Briefes (vgl. zu 278,13). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 9. – 1 Bl. 19,7627,9 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben Mitte von fremder Hd, Tinte: „79tn ÆSchreibversehenæ May. 22tn“, oben rechts von fremder Hd (Schtll?, vgl. E), Bleistift: „7.“; Bl. nachtr|glich auf ein unbeschriebenes Bl. geklebt. E: Briefe und Aufs|tze von Goethe (1846), 175 f., Nr 7. WA IV 4 (1889), 37 f., Nr 817 (nach E). BEI L AG E
Geld (vgl. zu 278,13). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 278,13 wenigen Geld was ich schicken kan] Offenbar handelte es sich um eine Zuwendung, die sber die quartalsweise vorgenommenen Zahlungen von 25 Reichstalern hinausging. Sie sollte die Unkosten decken helfen, die Krafft durch den Umzug von Gera nach Ilmenau im Mai 1779 entstanden waren. 278,14 Wohnung und Tisch Geld] Hierbei handelte es sich wohl um die fsr Johannis (24. Juni) angeksndigte regelm|ßige Quartalszahlung (vgl. 240,22–24), vermehrt um einen Zuschuss. 278,15 unter denen Bergen] Ilmenau liegt am Nordrand des Thsringer Waldes. 278,16 Bucher will ich schicken] Um welche es sich handelte, konnte nicht ermittelt werden. 278,19 neuen Amtman] Heinrich Anton Ackermann, zuvor Hofsekret|r und Hofadvokat in Weimar. 278,20 Hauptmann Castrop] Jean Antoine Joseph de Castrop, weimarischer Artilleriehauptmann, 1764 Ingenieurhauptmann; er war von 1776 bis 1778 kommissarischer Leiter der Wegebaudirektion, die Goethe im Januar 1779 sbernommen hatte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 458). 279,2 Aneckdoten zu Ihrem Leben] Schon in seinem Brief vom 11. Dezember 1778 hatte Goethe Krafft ermuntert, eine Beschreibung seines Lebens anzufangen (vgl. 241,4). Am 3. Januar 1779 hatte er eine erste Manuskriptlieferung erhalten (vgl. 255,3). Kraffts autobiographische Aufzeichnungen sind nicht sberliefert.
MAI 1779
917
279,2–3 was sie in verschiednen Landern bemerckt haben] Derartige Beobachtungen, die Krafft offensichtlich auf frsheren Reisen gemacht hatte, gingen in seine Berichte sber die sozialen und tkonomischen Verh|ltnisse in Ilmenau ein (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 410). 279,4 Der iunge Dr. Scharf] Johann Christian Friedrich Scherf, (Hilfs-)Physikus in Ilmenau. 279,5–6 konsulirten] Konsulieren (von lat. consulere): um Rat fragen. 500. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 23. Mai 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 13. – 1 Bl. 19,567,5(–8) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „27“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 28), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 226. WA IV 4 (1889), 38, Nr 818. BEI L AG E
Blumen (279,8). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 279,9–10 monoton] Hier noch wtrtlich und wohl ohne pejorative Nebenbedeutung im Sinn von ,nur einen einzigen Ton anschlagen‘ (griech. loŁmo|: allein, einzig; seiŁ meim: spannen, dehnen). 501. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 26. Mai 1779 ! ÆWeimaræ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 14. – 1 Bl. 19,7610,7(–10,9) cm, /4 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: Fr. v Stein, Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „28“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 29), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 226. WA IV 4 (1889), 38 f., Nr 819. 3
918
BRIEF 502
BEI L AG E
Blumen (vgl. zu 279,12). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 279,12 Noch eine wohlriechende gute Nacht!] Wahrscheinlich eine Anspielung auf mitgeschickte Blumen (vgl. 279,8–9). 279,12–13 Selbst kan ich mich nicht mehr aufmachen] Den 26. Mai hatte Goethe laut Tagebuch meist in der KriegsCommÆissionæ verbracht, wo er mit dem Ordnen der Reposituren besch|ftigt war (GT I 1, 79). 279,16 Egmont] Nachdem Goethe wahrscheinlich schon in der Frankfurter Zeit den Plan zum Trauerspiel „Egmont“ gefasst und 1775 mit der Niederschrift begonnen hatte (vgl. GB 2 II, zu 47,12; zu 151,16), wurde die Weiterarbeit auch in den folgenden Jahren immer wieder unterbrochen (vgl. zu 26,13–14). 1778 schrieb er laut Tagebuch im Dezember einige Scenen an Egmont (GT I 1, 67). Die Erw|hnung des Dramas im vorliegenden Brief ist die erste seit Dezember 1778. Wenn sich die immer wieder unterbrochene Arbeit am „Egmont“ auch bis 1782 nachweisen l|sst, so wurde er doch erst 1787 in Rom abgeschlossen und erschien ein Jahr sp|ter in Band 5 der „Schriften“ (Leipzig) (vgl. EGW 3, 183–205). 279,16 ruckt] ,Rscken‘ hier im Sinn von ,sich langsam fortbewegen‘ (vgl. zu 259,8–9). 279,16 d‘ 1 Jun] Bis zur Ankunft Mercks, der am 30. Mai in Erfurt eintraf (vgl. zu 280,4–5). 502. An Charlotte von Stein
ÆErfurtæ, 30. Mai 1779 ! Weimar
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 13. – Doppelblatt 15,7(–16)620 cm, /4 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Fr. Oberstallm. / v. Stein / nach / Weimar, Reste eines roten Wappensiegels: fsnfzackige Krone sber Initialen?; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „26.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 27), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 226 f. WA IV 4 (1889), 39, Nr 820.
3
ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 279,18). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.
MAI 1779
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279,18 So eine suses Gericht Æ:::æ zum Desert.] Mtglicherweise sbertragen in Anspielung auf einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins, ein ,ssßes Briefchen‘ (nach franz. billet doux: Liebesbrief). Fsr diese Annahme spricht der einleitende Satz, der sich nicht auf ein Dessert im wtrtlichen Sinne zu beziehen scheint. 279,19 Wir schwazzen viel] Goethe war am 29. Mai nach Erfurt gereist (GT I 1, 79), wo er Mercks Ankunft erwartete. 279,19 heut bey Tisch war eine Menge Menschen] An der Mittagstafel des Kurmainzer Statthalters Carl Theodor von Dalberg. 280,4–5 Merck ist noch nicht da.] Goethe war nach Erfurt gereist, um seinen Darmst|dter Freund Johann Heinrich Merck abzuholen. Laut Tagebuch kam dieser Abends Æ:::æ d. 30 Mai (GT I 1, 79) in Erfurt an und reiste in Begleitung Goethes schon am n|chsten Morgen nach Ettersburg weiter, der Sommerresidenz der Herzoginmutter Anna Amalia (vgl. zu 280,13–14; zu 280,14). Sie hatte Merck, ihren Begleiter auf einer Rhein-Reise im Juni und Juli 1778, nach Weimar eingeladen. Der Besuch war jedoch immer wieder verschoben worden. Noch am 7. Mai 1779 hatte Merck an Anna Amalia geschrieben: „Ew. Durchlaucht ktnnen nicht glauben, was ich bißher gelitten habe, weil ich immer in der Ungewißheit lebte, so wenig ichs |usserlich durfte merken lassen, ob mir meine |ussere Umst|nde und Verh|ltnisse erlauben wsrden nach Weimar zu kommen. Ich kan mich jezo darsber nicht erkl|ren, was unschuldige Tr|tschereyen vermtgen, zumal wenn ein armer Teufel wie ich noch am Ende darsber ge|ngstigt und angefeindet wird, daß ihn irgend jemand seiner Freundschafft u. Liebe werth h|lt.“ (Merck, Briefwechsel 2, 228.) Offenbar kursierten Gerschte sber eine mtgliche Anstellung Mercks in Weimar. Zu den Vorbehalten gegensber dem Darmst|dter Kriegsrat ktnnte auch Herder beigetragen haben, dessen schlechte Meinung sber Merck u. a. durch eine ußerung in einem Brief an Johann Georg Hamann vom 9. April 1779 belegt ist: „Æ:::æ es ist der falsche, vertrakte Mer[c]k in Darmstadt, der nicht aufhtrt, da er sich mehr als einmal durch Briefe wieder hat einschleichen wollen, mich auf seine Art d[as] i[st] h|misch und Kennerisch im Dunkeln und Hellen anzuzapfen, wo er kann. Æ:::æ sbrigens gilt er hier, da er Gtthens Aufw|rter, Kupferstichsammler fsr den Herzog ist u. vorigen Sommer mit der verwittw[eten] Herzogin, einer großen Liebhaberin Alles Schtnen, den Rhein herab gereist ist, fsr einen großen K e n n e r u. in Wielands Merkur ist er Censeur eternel u. perpetuirlicher Kunstrichter. Æ:::æ Im Sommer wird er hier erwartet u. alles Kennerische wapnet sich ihn zu empfangen; ich werde mich, sobald ichs weiß, wenn der btse Geist kommt, wegschleichen u. sbrigens darauf bei Gelegenheit antragen, daß man ihn hier zum HofKenner u. Kunstrichter bestelle. Ich wsnschte, ihn nie gesehen zu haben.“ (HB 9, 272 f.) Merck blieb bis zum 13. Juli in Ettersburg. Wahrscheinlich noch an diesem Tag schrieb Goethe ressmierend sber den Besuch des Freundes: Gute Wurckung auf mich von
920
BRIEF 503
Mercks Gegenwart, sie hat mir Æ:::æ nur wenige durre Schaalen abgestreifft und im alten Guten mich befestigt. Durch Erinnerung des Vergangnen und seine Vorstellungs Art, mir meine Handlungen in einem wunderbaaren Spiegel gezeigt. da er der einzige Mensch ist der ganz erkennt was ich thu und wie ich’s thu, und es doch wieder anders sieht wie ich Æ:::æ. (GT I 1, 81 f.) – Zu Goethes zun|chst zumindest zwiesp|ltigen Gefshlen, die er 1778 bei Bekanntwerden der Reisepl|ne Mercks hegte, wie auch den „Tr|tschereyen“ in der Weimarer Gesellschaft vgl. zu 219,21–220,2. 503. An Josias von Stein?
ÆWeimar, 31. Mai 1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Das Datum l|sst sich aus dem Inhalt des Briefes und der bereinstimmung mit Goethes Tagebuch vom 31. Mai 1779 erschließen (vgl. zu 280,13–14). ZUM ADRESSAT EN
Dass es sich bei dem Adressaten um Gottlob Ernst Josias Friedrich von Stein handelt, legt der Inhalt des Briefes nahe: Stein war als Oberstallmeister zust|ndig fsr den herzoglichen Marstall. Aus Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 3. Mai 1777 (Nr 257) geht hervor, dass er Pferde aus dem herzoglichen Stall ritt und sich diese von Stein satteln und bringen ließ (vgl. auch Brief an Charlotte von Stein vom 4. Juni 1780; WA IV 4, Nr 962). Briefen an dieselbe vom 5. und vom 15. M|rz 1779 (Nr 469 und 482) ist zu entnehmen, dass Goethe bevorzugt einen Schimmel ritt. Schließlich ist durch die Briefe an Charlotte vom 22. Juni 1776 (Nr 133) und vom 3. Mai 1777 (Nr 257) auch belegt, dass Goethe gelegentlich in Begleitung Steins ausritt. Vermutlich ist daher die Anfrage im vorliegenden Brief an Josias von Stein gerichtet. BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 105b. – 1 Bl. 18,6(–18,8)611,3 (–11,5) cm, von grtßerem Bl. abgerissen, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18). E: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 234. WA IV 4 (1889), 39, Nr 821. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Gottlob Ernst Josias Friedrich Freiherr von Stein (1735–1793) wurde als Sohn des kaiserlichen Reichshofrats Friedrich Christian Ludwig Freiherrn von
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Stein und dessen Frau Charlotte geb. von Rotenhan in Regensburg geboren, wo der Vater als Gesandter an der Reichsversammlung teilnahm. Der frsh (1739) verstorbene Vater war Herr von Gut und Schloss Kochberg. Stein besuchte das Gymnasium in Coburg und trat bereits mit 20 Jahren als Kammerassessor in weimarische Dienste. Vor Antritt seines Amtes fiel ihm jedoch die Aufgabe zu, den schwarzburg-rudolst|dtischen Erbprinzen Friedrich Carl auf einer Bildungsreise nach Frankreich und durch die Niederlande zu begleiten. Nach seiner Rsckkehr wurde er von Herzog Ernst August II. Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach zum Kammerjunker ernannt; nach dessen Tod 1758 machte ihn seine Witwe, Herzogin Anna Amalia, im Jahr 1760 zum herzoglich-weimarischen Stallmeister. Als Ende 1775 Herzog Carl August seine Regierung antrat, beftrderte er ihn zu seinem Oberstallmeister, der 130 Zug- und Reitpferde zu betreuen sowie das Gestst von Allstedt zu verwalten hatte (vgl. Andreas, Carl August, 337). Wie sehr Carl August ihn schon als Erbprinz sch|tzte, zeigt ein Widmungsblatt fsr Josias von Stein zu dessen 32. Geburtstag am 14. M|rz 1767. Mit Bezug auf eine Zeichnung in der oberen H|lfte des Blattes, die Stein als Neugeborenen mit einem „Lapis pretiotissimus“ (|ußerst wertvollen Stein) zeigt, schreibt der neunj|hrige Erbprinz folgende Widmung darunter: „De quelque ct qu’on me tourne, je serois solidement pos. / Charles Auguste, Votre constant / ami.“ (H: GSA 122/15d. – Auf welche Seite man mich auch dreht, ich werde standhaft bleiben. Carl August, Ihr best|ndiger Freund.) – Stein wird als gut aussehender Mann, weltgewandter Hofmann, zuverl|ssiger Beamter, angenehmer Gesellschafter, guter T|nzer und hervorragender Reiter beschrieben, der sogar gelegentlich im Reithaus als Kunstreiter auftrat; in seinem Brief vom 17. Juli 1776 (Nr 144) berichtete Goethe etwa Charlotte von Stein: Dein Mann hat heut Reuter Kunste getrieben (87,10–11). Perstnlich galt er als gutherzig, aufrichtig, heiter und gottesfsrchtig. Als Gutsbesitzer konnte er jedoch seine Interessen auch kshl berechnend und eigennstzig durchsetzen. Statt wissenschaftlicher oder ksnstlerischer Ambitionen besaß Stein eine Neigung fsrs Praktische. Er hatte eine Vorliebe fsr Handwerkliches und Landwirtschaftliches. So befasste er sich mit Wagenbau und experimentierte in diesem Zusammenhang mit der Vervollkommnung von Lacken; ebenso unternahm er Versuche mit neuen Methoden zur Bodenverbesserung in Kochberg und errichtete eine Branntweinbrennerei, wobei nicht alle Unternehmungen den gewsnschten Erfolg mit sich brachten. Fritz von Stein lieferte in einer autobiographischen Skizze folgende Charakterisierung seines Vaters: „Er besaß sehr strenge Rechtschaffenheit und fast |ngstliche Frtmmigkeit, er verstand vollkommen die Landwirtschaft, und hatte eine Liebhaberei fsr alles Technische, hatte den Ton der feinen Welt bei angenehmem ußeren, wie ihn keiner seiner Sthne in gleichem Maaße erreicht hat.“ (Briefe an Fritz von Stein, 3.) Im Mai 1764 heiratete Josias von Stein, 29 Jahre alt, die 21-j|hrige Charlotte von Schardt. Das Ehepaar lebte abwechselnd auf dem zum Gut Kochberg geht-
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BRIEF 504
renden Wasserschloss und in der Weimarer Stadtwohnung, zun|chst in der N|he des Erfurter Tores. Einen großen Teil seiner Zeit verbrachte Stein auf dienstlichen Reisen, etwa zum Pferdekauf. Den grtßten Teil des Tages hielt er sich bei Hofe auf. Im Sommer 1777 erkrankte Stein plttzlich w|hrend eines Badeaufenthalts in Pyrmont. Von da an litt er an einem nicht n|her zu bestimmenden Kopfleiden, das mit Kopfschmerzen und Zust|nden von Niedergeschlagenheit verbunden war. Goethe verzeichnete die fatale Nachricht von Steinen (GT I 1, 44) unter dem 3. Juli 1777 im Tagebuch. Die Symptome dieser Erkrankung kehrten in den folgenden Jahren immer wieder und verst|rkten sich. Schiller, der Stein allerdings erst lange nach dessen Erkrankung kennen lernte, charakterisierte diesen in einem Brief an Christian Gottfried Ktrner vom 5. Juli 1788 mit drastischen Worten: „Er ist ein leeres Geschtpf, ein Kopfh|nger dabey und sein Verstand ist in t|glicher Gefahr.“ (NA 25, 76.) Im Oktober 1789 wurde Stein von einem ersten Schlaganfall getroffen, der ihn teilweise l|hmte und seiner Gemstskrankheit vollends zum Durchbruch verhalf. Weitere Schlaganf|lle folgten im Februar 1790, im Februar 1791 und im Sommer 1793. Am Weihnachtstag 1793 brach er ein letztes Mal zusammen und starb am 28. Dezember. Es wurde eine Obduktion vorgenommen, sber die Charlotte von Stein am 15. Januar 1794 an Charlotte Schiller schrieb: „Æ:::æ wie man seinen Kopff tffnete fand man einen Knochen der ihm ins Gehirn gewachsen war“ (H: GSA 83/1856,2). Carl von Stein erkl|rte dies „durch einen Fall in seiner Jugend“ (Brief an Fritz von Stein, 30. Dezember 1793; Briefe an Fritz von Stein, 41). Stein gehtrte anfangs zu denjenigen, die Goethes Protektion durch Herzog Carl August kritisierten und ihm einen schlechten Einfluss auf den jungen Regenten nachsagten. Im Laufe der Zeit jedoch erkannte er Goethes F|higkeiten und Verdienste durchaus an. Beide trafen h|ufig bei Hofe zusammen. Goethe ließ sich von Stein Pferde besorgen (vgl. den vorliegenden Brief); sein Tagebuch zeugt (bis zur Italienreise) von Begegnungen im Garten am „Stern“ und in Steins Wohnung, von gemeinsamen Essen und Ausritten. Gemeinsam begleiteten sie Herzog Carl August im September/Oktober 1780 auf seiner mehrwtchigen Reise in den Thsringer Wald und bis zur Rhtn. Stein tolerierte die Beziehung zwischen Goethe und seiner Frau, in der er offenbar nichts Ehrenrshriges sah. Er sberbrachte sogar hin und wieder Briefe von Goethe an seine Frau und umgekehrt (vgl. 297,17–18). Stein begegnete Goethe mit Wohlwollen; im Tagebuch vermerkte Goethe nach dem 15. Dezember 1778 etwa: Gutheit von Steinen (GT I 1, 69), was offenbar mit einer Warnung (ebd.) zu tun hatte, die Stein ausgesprochen hatte. Goethe seinerseits |ußerte sich selten anders als mit Respekt und Freundlichkeit sber Stein. Am 10. Dezember 1781 schrieb er an Charlotte von Stein, wohl mit Bezug auf Steins Gesundheitszustand: Es wird mir recht naturlich Steinen gef~llig zu seyn und ihm leben zu helfen. Ich bin es dir schuldig (WA IV 5, 235). Dass es zwischen beiden wenig gemeinsame Interes-
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sen gab, scheint das gute Verh|ltnis nicht beeintr|chtigt zu haben: Stein spricht viel von Oekonomie und da fast nichts weiter vorkommt ists ihm wohl (Brief an Charlotte von Stein, 12.–14. September 1780; WA IV 4, 292). Der vorliegende Brief ist der erste von nur drei sberlieferten Briefen Goethes an Josias von Stein, die alle aus dem Jahr 1779 stammen; außerdem hat sich noch ein Bergwerkskux mit Goethes und Christian Gottlob Voigts Unterschrift vom 24. Februar 1784 erhalten (bislang nur in einem Autographenkatalog gedruckt [Kotte Autographs 31 (2009), S. 25 f.]; vgl. GB Rep Nr 01880b+). Briefe von Josias von Stein an Goethe sind nicht sberliefert. 280,8 mein Schimmel] Vgl. Datierung. 280,9 Philipp] Philipp Seidel, Goethes Sekret|r und Diener. 280,9 Razemann] Nicht ermittelt. 280,13 n~hmen wir Herdern mit] Ob dies geschah, geht weder aus Goethes noch Herders Briefen und Tagebucheintragungen hervor. 280,13–14 Hottelst~dter Ecke] Hottelstedter Eck, Aussichtspunkt auf dem Ettersberg nordwestlich von Weimar; dort wurde der am Vortag eingetroffene Johann Heinrich Merck mit Goethe, Wieland und anderen im Pavillon Anna Amalias empfangen. – Am 31. Mai 1779 vermerkte Goethe im Tagebuch: fruh auf die Hottelst~dter Ecke. Æ:::æ Abends zuruck. (GT I 1, 79.) 280,14 nach Ettersburg] Hier wohnte Merck w|hrend seines Aufenthalts in Weimar vom 30. Mai bis zum 13. Juli 1779 als Gast Anna Amalias.
504. An Wolfgang Heribert von Dalberg
Weimar, 1. Juni 1779 ! ÆMannheimæ
BERLIEFERUNG
H: Bayerische Staatsbibliothek Msnchen, Sign.: Cod. germ. 4830, Nr 9. – 1 Bl. 19,5624 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte. E: Briefe an W. H. Freiherrn von Dalberg. In: Weimarisches Jahrbuch fsr deutsche Sprache, Litteratur und Kunst. Hrsg. von Hoffmann von Fallersleben und Oskar Schade. Bd 5. Hannover 1856, S. 21. WA IV 4 (1889), 40, Nr 822. ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief (vgl. 280,17) ist nicht sberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Wolfgang Heribert Tobias Otto Maria Johann Nepomuk Freiherr von Dalberg (1750–1806) war der Bruder des Erfurter Statthalters Carl Theodor von Dalberg (sber diesen und die Herkunft beider Brsder vgl. die einleitende Erl|uterung zu
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BRIEF 504
Nr 516). Wolfgang Heribert trat 1770 als Kammerherr in den Dienst des Kurfsrsten Carl Theodor von der Pfalz in Mannheim. Der Kunst und Wissenschaft ftrdernde Regent grsndete zur selben Zeit die Kurfsrstliche Deutsche Gesellschaft, die sich Aufkl|rung und Geschmacksbildung in der Pfalz zum Ziel setzte und die Vorherrschaft franztsischer Kultur und Sprache in Kunst und Wissenschaften zursckzudr|ngen suchte. Seit 1778 stand Dalberg, der im selben Jahr zum Vizepr|sident der kurpf|lzischen Hofkammer ernannt wurde, an der Spitze der Gesellschaft, zu deren Mitgliedern von 1784 an auch Schiller gehtrte. Nachdem Kurfsrst Carl Theodor 1777 das Herzogtum Bayern geerbt und den Hof nach Msnchen verlegt hatte, drohte die Stadt Mannheim an Bedeutung zu verlieren. Weil auch die Schauspielgesellschaft von Theobald Marchand in die neue Residenz sbergesiedelt war, ließ sich Dalberg deshalb 1778 den Auftrag erteilen, in Mannheim ein neues deutsches Nationaltheater zu etablieren. Er engagierte die Gothaer Schauspieler Heinrich Beck, Johann David Beil und August Wilhelm Iffland und trieb mit deren Hilfe den Aufbau des neuen Theaters voran. Das Mannheimer Ensemble pflegte in bewusstem Gegensatz zu Pathos und Deklamation des franztsischen Dramas einen ,natsrlichen‘ Darstellungsstil, nach dem Vorbild des Hamburger Schauspielers und Theaterdirektors Friedrich Ludwig Schrtder, dessen Gastspiel in Mannheim im Jahr 1780 musterhaft wirkte. Dalberg, der im selben Jahr zum Wirklichen Geheimen Rat beftrdert wurde, sbernahm von 1781 an auch die ksnstlerische Leitung des Theaters. Goethes Drama „Die Mitschuldigen“, das ihm der Autor 1780 schickte, fshrte Dalberg aus moralischen Bedenken gegen die Fabel nicht auf; zuvor hatte ihm Goethe seinerseits die „Iphigenie“ verweigert (vgl. Nr 516). Unter Dalbergs Intendanz kam es am 13. Januar 1782 zur Urauffshrung von Schillers „R|ubern“; 1783/84 stellte Dalberg den Autor als Theaterdichter ein, dessen folgende Dramen er ebenfalls auf die Mannheimer Bshne brachte (am 11. Januar 1784 „Fiesko“, am 15. April 1784 „Kabale und Liebe“ und am 6. April 1788 „Don Karlos“). In sp|teren Jahren dominierte aus tkonomischen Grsnden die Trivialdramatik u. a. von August Wilhelm Iffland und August von Kotzebue. 1791 erhielt Dalberg das Amt des Pr|sidenten des kurpf|lzischen Oberappellationsgerichts, der obersten Justizbehtrde des Landes; 1797 wurde er Oberintendant des Salinendepartements. In den 1790er Jahren hatte Mannheim und mit ihm das Theater unter den Auswirkungen der Koalitionskriege gegen das revolution|re Frankreich zu leiden. Anfang 1794 wurden die Subventionen aus Msnchen eingestellt und das Theater geschlossen; Dalberg gelang es aber, diese Entscheidung rsckg|ngig zu machen und das Theater im M|rz 1794 wiederzuertffnen. Als 1802 abzusehen war, dass die rechtsrheinische Pfalz an Baden fallen werde, versiegte die Unterststzung aus Msnchen erneut. Wiederum konnte Dalberg helfen. Der neue Landesherr, Markgraf Karl Friedrich von Baden, ließ das Theater weiter ftrdern. 1803 machte Dalberg seinen Schwiegersohn Friedrich Anton von Venningen zu seinem Nachfolger als Intendant. Im
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selben Jahr ernannte der neue Kurfsrst Karl Friedrich von Baden Dalberg zum Oberhofmeister und Staatsminister. Dalberg war nicht nur Theaterleiter, er bet|tigte sich auch selbst als Schriftsteller, vor allem in Bearbeitungen und bersetzungen, die in Mannheim erfolgreich gespielt wurden, u. a. Shakespeares „Julius Caesar“ (1785) und „Timon von Athen“ (1789) sowie Richard Cumberlands „Die Brsder“ (1785) und „Der Mtnch vom Carmel“ (1787). 1793 brachte Goethe Dalbergs Lustspiel „Die eheliche Probe“ (vermutlich nach Harriet Lees Komtdie „The new peerage“ [1787]) in Weimar auf die Bshne; vgl. sein Tagebuch unter dem 17. Dezember 1793 (GT II 1, 34). Goethe lernte Dalberg 1779 perstnlich kennen, als er auf der Rsckreise aus der Schweiz vom 21. bis 23. Dezember in Mannheim Station machte und am 22. Dezember eine Auffshrung des „Clavigo“ mit Iffland als Carlos besuchte. Vom Briefwechsel beider haben sich nur drei Briefe Goethes und ein Brief Dalbergs wahrscheinlich vom Juni 1795 erhalten, in dem lobend von „Wilhelm Meister“ die Rede ist (vgl. RA 1, 398, Nr 1330). Goethe schickte 1780 sein Drama „Die Mitschuldigen“ nach Mannheim; davon ist in Briefen vom 2. M|rz und vom 10. April 1780 die Rede (vgl. WA IV 4, Nr 902 und 926). Im vorliegenden Brief geht es um den Schriftsteller und Maler Friedrich Msller, der sich auch Maler Msller nannte. Er hielt sich seit 1778 zur weiteren Ausbildung in der Malerei in Rom auf, unterststzt u. a. durch ein Stipendium, das Goethe auf Anregung von Carl Theodor von Dalberg in Weimar initiiert hatte. Wie aus dem vorliegenden Brief hervorgeht, hatte es offenbar Gerschte gegeben, denen zufolge Msller in Rom unt|tig oder ganz und gar unf|hig sei. Wies Goethe diese Gerschte in diesem Fall noch zursck, so fand er in den n|chsten Jahren selbst zu der berzeugung, dass Msller nicht die gewsnschte Entwicklung nehme (vgl. darsber im Einzelnen die einleitende Erl|uterung zu Nr 383). 280,17 mir zugeschickten Papiere] Worum es sich handelt, konnte nicht ermittelt werden. Dalbergs Begleitbrief zu diesen Papieren ist nicht sberliefert. 281,1 wenn er sich auf diese Kunst beschr~nckt] Gemeint ist: wenn er sich nicht durch literarische T|tigkeit ablenken l|sst, sondern sich auf die Malerei konzentriert. 281,2 sonderlichs] Besonderes (vgl. Adelung 4, 142). 281,4 Glauer] Martin Klauer, seit 1774 Hofbildhauer in Weimar; er hielt sich zu einem Studienaufenthalt im Mannheimer Antikensaal in der Stadt auf.
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505. An Charlotte von Stein
BRIEFE 505/506
ÆWeimar, 1. Juni 1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis 1778 stammen. Seit dem Erstdruck wird er in den Juni 1778 vor Nr 371 eingeordnet, wahrscheinlich nach der Beilage. Die Datumsangabe der Adressatin auf der Rsckseite des Briefes (vgl. berlieferung) wurde bisher nicht berscksichtigt, mtglicherweise auch gar nicht zur Kenntnis genommen, zumindest findet sie in keiner der vorliegenden Ausgaben Erw|hnung. Die mitgeschickte erste Rose (281,14) aus Goethes Garten l|sst vermuten, dass der Brief im Frshsommer geschrieben wurde. Zwar ist eine Verschiebung sber die Jahrgangsgrenzen der in den einzelnen B|nden des Konvoluts zusammengefassten Briefe selten, dennoch kommt der Einordnung im Konvolut keine absolut verbindliche Bedeutung zu (vgl. Datierung zu Nr 18). Daher wird der Brief nach der Angabe Charlotte von Steins auf den 1. Juni 1779 datiert. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 112. – 1 Bl. 19,8(–20)611,4 cm, 1 /2 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Rs. Reste eines roten Siegels, von Charlotte von Steins Hd, Tinte: „1stn Juni 79“; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „81b“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 84), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 173. WA IV 3 (1888), 229, Nr 711. BEI L AG E
Rose (vgl. 281,14). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 281,11 Jupiter mochte von der Schlange keine Rose] Anspielung auf eine sopische Fabel, die Charlotte von Stein in einer bersetzung des jungen Goethe kannte. – Unter den nach Weimar mitgebrachten literarischen Arbeiten, die Goethe der Freundin entweder schenkte oder nur zur Lektsre und Aufbewahrung sbergab, befanden sich auch bersetzungen antiker Fabeln von sop und Phaedrus (vgl. zu 147,9; gedruckt in: DjG3 1, 63 f.). Die erste der vier sopischen Fabeln in Goethes frshen bersetzungen ist die von „Zevs und der Schlange“: Zu Jupiters Hochzeit brachten alle Thiere Geschencke, iedes nach seinem Vermvgen: auch die Schlange kam mit einer Rose im Munde kriechend
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hinauf. Zevs erblickte sie und sprach: aller der ubrigen Geschencke nehme ich an, aber von deinem Munde nehme ich nichts. Denn auch die Geschencke der Bvsen sind furchterlich. (Ebd., 63.) 281,12 B~ren] Als ,B|ren‘ hatte Goethe sich selbst schon in zwei Briefen an Johanna Fahlmer vom 24. und 26. Mai und vom 5. Juni 1775 bezeichnet (vgl. GB 2 I, 192,9 und 193,9). In dieser Zeit verweist das Bild auf sein Gedicht „Lilis Parck“ (vgl. DjG3 5, 28–32). 281,13 Reinecke Fuchs] Das in zahlreichen Fassungen sberlieferte mittelalterliche Epos vom listigen Fuchs Reineke war Goethe seit seiner frshen Jugend vertraut (vgl. GB 1 II, zu 15,20). Sp|testens seit Anfang des 18. Jahrhunderts war es, sbertragen in hochdeutsche Prosa, zu einem Volksbuch geworden. 1752 hatte Johann Christoph Gottsched den Text des niederdeutschen Versepos „Reynke de Vos“ zusammen mit einer hochdeutschen Prosasbersetzung neu herausgegeben (Heinrichs von Alkmar Reineke der Fuchs Æ:::æ. Nach der Ausgabe von 1498 ins Hochdeutsche sbersetzt Æ:::æ. Leipzig und Amsterdam). – Goethes eigene Bearbeitung des Stoffes in Hexametern entstand 1793 und erschien unter dem Titel „Reineke Fuchs in zwtlf Ges|ngen“ zuerst 1794 im 2. Band der „Neuen Schriften“. 281,15 zu Duzzenden folgen] Vgl. 282,1; 282,4.
506. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 8. Juni 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 14. – 1 Bl. 17,5610,7(–11) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „29“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 30), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 227. WA IV 4 (1889), 41, Nr 823. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet wahrscheinlich einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins vom selben Tag (vgl. zu 281,20–21). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 281,17 vorbey lies] Vorbeilassen: hier im Sinne von ,verpassen‘. 281,18 B~tty] George Batty, ein von Merck empfohlener englischer konom und Landwirt, seit 1779 in Weimar als Landkommissar und Inspektor der Kammergster angestellt, auf dessen T|tigkeit Goethe viel Hoffnung setzte (GT I 1,
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BRIEFE 507–509
81). Er wird im Juni, Juli und August 1779 h|ufig in Goethes Tagebschern erw|hnt (vgl. ebd., 81–83, 87). 281,20–21 Ihr Guter Morgen] Wahrscheinlich ein schriftlicher Morgengruß. 281,21–22 war mir sehr werth Æ:::æ gewesen] Das indikative Pr|teritum hier wie gelegentlich in den frshen Briefen Goethes als Konjunktiv Irrealis verwendet.
507. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 9. Juni 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 14. – 1 Bl. 20,3(–20,7)69,5 (–9,7) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „30“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 31), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 227 f. WA IV 4 (1889), 41, Nr 824. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 282,1 noch eine Rose gebrochen] Vgl. 281,14. 282,2 aufgefangen] ,Auffangen‘ hier im Sinne von ,abfangen‘, ,abpassen‘. 282,5 Militair Operation] Eine Schießsbung der Weimarer Husaren (vgl. zu 86,20), die laut Fourierbuch am 9. Juni 1779 in Gegenwart des Statthalters von Erfurt „frsh um 9 Uhr“ stattfand (FB 1779, S. 104).
508. An Johann Friedrich Krafft BERLIEFERUNG
ÆWeimaræ, 12. Juni 1779 ! ÆIlmenauæ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 10. – 1 Bl. 19,9615,6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben; Vs. oben Mitte von fremder Hd, Tinte: „79. Juni 12“, oben rechts von fremder Hd (Schtll? vgl. E), Bleistift: „8.“; Bl. nachtr|glich auf ein unbeschriebenes Bl. geklebt. E: Briefe und Aufs|tze von Goethe (1846), 176, Nr 8. WA IV 4 (1889), 41 f., Nr 825 (nach E).
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ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Kraffts (vgl. zu 282,7). – Der Antwortbrief, auf den sich vermutlich Goethes Brief vom 23. Juni 1779 (Nr 510) bezieht (vgl. 283,1), ist nicht sberliefert. 282,7 das uberschickte] Goethe hatte Krafft in seinem Brief vom 22. Mai 1779 aufgefordert, sber sein Leben zu schreiben und Reiseerfahrungen aufzuzeichnen (vgl. 279,1–3). Mtglicherweise hatte Krafft Manuskripte solchen Inhalts geschickt. Einen ersten Bericht sber die sozialen und tkonomischen Zust|nde in Ilmenau scheint Goethe erst sp|ter erhalten zu haben; er dankt dafsr im Brief vom 23. Juni 1779 (Nr 510; vgl. 283,1). 282,8 ihrer Wirthe] Seit Mai 1779 wohnte Krafft im Haus Johann Christian Schnepps; Verpflegung erhielt er jedoch bei einer anderen Familie (vgl. zu 268,1–3). Daher spricht Goethe wohl im Plural von ,Wirten‘. 282,10 Die Bucher] Goethe hatte sie im Brief vom 22. Mai 1779 versprochen (vgl. zu 278,16). 282,10 so viel Sachen] Goethe hatte u. a. mit Steuer- und Kriegskommissionssachen zu tun, nahm an Sitzungen des Geheimen Consiliums teil, machte eine Reise nach Erfurt, traf wiederholt mit dem zu Besuch weilenden Johann Heinrich Merck zusammen, war mit Theaterauffshrungen in Ettersburg besch|ftigt und fshrte juristische Auseinandersetzungen um die Legatengelder von Heinrich Julius von Lindau fsr Peter im Baumgarten (vgl. GT I 1, 79 f.). 282,12 Ihren Aufs~zzen] Vgl. zu 282,7. 509. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 13. Juni 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 15. – 1 Bl. 16,2(–16,4)69 (–9,2) cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); Vs. unten rechts Siegelausriss; Rs. Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „31“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 32), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 228. WA IV 4 (1889), 42, Nr 826. BEI L AG E
Blumen (vgl. 282,17–18). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
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BRIEFE 510/511
282,15 wieder die Medizin zu hulfe gerufen] ber Magenschmerzen hatte Goethe schon am 8. Juni geklagt (vgl. 281,19–20), am 17. Juni vermerkt er im Tagebuch: war ich nicht ganz wohl plagte mich ein verdorbner Magen doch hielt ich mich in dem was zu thun war aufrecht. (GT I 1, 81.) 282,17 Tasse] Ein Geschenk Charlotte von Steins, sonst nicht noch einmal erw|hnt (vgl. aber zu 232,1). 282,17–18 in dem erwunschten Regen Æ:::æ Blumen] Vgl. 282,4. 510. An Johann Friedrich Krafft
Weimar, 23. Juni 1779 ! ÆIlmenauæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 11. – 1 Bl. 19,8627,8 cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben Mitte von fremder Hd, Tinte: „79. Juni 23tn“, oben rechts von fremder Hd (Schtll?, vgl. E), Bleistift: „9“; Bl. nachtr|glich auf ein unbeschriebenes Bl. geklebt. E: Briefe und Aufs|tze von Goethe (1846), 176 f., Nr 9. WA IV 4 (1889), 42 f., Nr 827 (nach E). BEI L AG EN
Papier und Sieglack (283,9). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Kraffts (vgl. 283,1). – Der Antwortbrief, auf den sich vermutlich Goethes Brief vom 13. und 17. Juli 1779 (Nr 515) bezieht (vgl. 285,1–2), ist nicht sberliefert. 283,1 Ihren Brief mit den Ilm. Nachrich ----ten ----] Krafft fertigte Berichte sber die wirtschaftlichen und sozialen Missst|nde in Ilmenau an. Die im Konzept erhaltenen Aufzeichnungen beginnen mit folgender Schilderung: „Die Stadt besteht mehr aus armen als bemittelten Einwohnern. Denen Armen fehlt es an hinl|nglichen NahrungsZweigen. Jetzo treibt der eine Theil Ackerbau, aber nur so viel, als er selbst zu seinem Unterhalt ntthig hat. Das Erdreich hier herum ist nicht sehr ergiebig. Ein Theil n|hrt sich mit kleiner Handelschafft, und dieser ist der kleinste. Nach hiesiger Beschaffenheit giebt es darunter etwas bemittelte, als einen Korn H|ndler, und etliche Kr|mer. Der grtste Theil lebt von Holtzmachen zur Fltße oder zum eigenen Verkauff. Wsrde das Bergwerck wieder angerichtet, so wsrde die Nahrung bey dem unbemittelten Theil der Einwohner wachsen. Æ:::æ Dies aber alles wird die Stadt doch nicht aus ihrer Ohnmacht und g|nzlichem Verderben retten, wenn ihr FinanzZustand, ihr Caßen und C|mmereyWesen, nicht verbeßert wird. Æ:::æ Jeder, der hier einen Griff, Amts wegen in die Caße thun ktnnen,
JUNI 1779
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hat Æ:::æ fsr sich gesorgt, ohne an das gemeine Wohl zu dencken.“ (H: GSA 62/37, Bl. 1r, 2r, 3r.) – Diese einleitende Analyse unter dem Titel „Kurtzer Begriff von der Beschaffenheit von I l m e n a u “ findet sich vor dem Konzept des Berichts vom 28. Oktober 1779 (vgl. RA 1, 75, Nr 103). Weitere Berichte stammen vom 1. und vom 29. November 1779 (vgl. RA 1, 75 f., Nr 104 f.). 283,4 Hptm Castr.] Jean Antoine Joseph de Castrop, weimarischer Artilleriehauptmann, seit 1764 Ingenieurhauptmann und Mitarbeiter in der Wegebaudirektion (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 458). 283,5 Geld an Sie] Der 24. Juni, der Johannistag, war von Goethe als Termin fsr seine Quartalszahlung von 25 Reichstalern an Krafft vorgesehen (vgl. 240,22–24). 283,5–6 ich habe ihm Æ:::æ empfingen] Vgl. 278,20–23. 283,6–7 Ihren Wirthen] Vgl. zu 268,1–3 und zu 282,8. 511. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 24. Juni 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 15. – 1 Bl. 15,4(–15,6)610,1 (–10,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „32.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 33), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 228. WA IV 4 (1889), 43, Nr 828. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 283,11–12 durch ihre Raben Æ:::æ Morgends und Abends] In Anlehnung an 1 Ktnige 17,2–6: „Und das wort des Herrn kam zu ihm, und sprach: / Gehe weg von hinnen, und wende dich gen morgen, und verbirge dich am bach Crith, der gegen dem Jordan fleußt. / Und sollt vom bach trincken; und ich habe den raben gebotten, daß sie dich daselbst sollen versorgen. / Er aber gieng hin, und th|t nach dem wort des Herrn; und gieng weg, und satzte sich am bach Crith, der gegen dem Jordan fleußt. / Und die raben brachten ihm brod und fleisch, des morgens und des abends; und er tranck des bachs.“ (Luther-Bibel 1772 AT, 316.) – Mtglicherweise mit Bezug auf Boten Charlotte von Steins, die Lebensmittel sberbrachten. 283,14 noch eine Scene in Egmont] Vgl. die erste Erl|uterung zu 279,16.
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512. An Charlotte von Stein
BRIEFE 512/513
ÆWeimaræ, 4. Juli 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 16. – 1 Bl. 16,8616,7(–16,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: An Fr. v. Stein, rotes Gemmensiegel: Shakespeare (vgl. Femmel/Heres, 11 f.); Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „33“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 34), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 229 (Gedichtbrief Nr 498 als Beilage gedruckt). WA IV 4 (1889), 43, Nr 829. BEI L AG E
Manuskript eines Gedichts? (Vgl. die erste Erl|uterung zu 284,2.) ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 283,17 Webicht] Laubwaldgegend zwischen Weimar und Tiefurt. 283,18 Pavillon] Historische Parkarchitektur im Webicht. 283,18–19 Tiefurter Weeg] Wahrscheinlich die Chaussee nach Tiefurt (heute Tiefurter Allee). 283,19 schrieb] Wahrscheinlich am „Egmont“ (vgl. die erste Erl|uterung zu 279,16). 283,20 den Stern, und die neuen G~nge] Der „Stern“, |ltester Teil des Schlossparks, in dessen unmittelbarer N|he sich auch Goethes Garten befand, und die 1778 neu gestalteten Teile der Parkanlagen am linken Ilmufer (vgl. zu 191,6–7). 284,2 einen Einfall] Nicht ermittelt. – Seit dem Erstdruck wurde immer wieder vermutet, dass damit das Gedicht „Der vierte Theil meiner Schriften“ (Nr 498) gemeint sei, welches aber wahrscheinlich von Mitte Mai 1779 stammt (vgl. Datierung zu Nr 498). 284,2 d‘. d‘.] Versehentliche Dittographie. 284,4 heute Mittag mit mir essen mvgten] Das Fourierbuch nennt Goethe an diesem Tag unter den G|sten der fsrstlichen Mittagstafel (vgl. FB 1779, S. 121). Demnach nahm Charlotte von Stein die Einladung nicht an.
JULI 1779
513. An Charlotte von Stein
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ÆWeimaræ, 4. Juli Æ1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I ERU N G
Das Jahr ist nach der Einordnung des Briefes im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) unmittelbar nach Nr 512 sowie seinem Inhalt zu erg|nzen (vgl. zu 284,9). Seit dem Erstdruck wird der Brief auf den 4. Juli 1779 datiert. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 16. – Doppelblatt 16,8616,8 (–17) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, zunehmend flschtig geschrieben; S. 4 Adresse: An Fr. v. Stein, rotes Gemmensiegel: Shakespeare (vgl. Femmel/Heres, 11 f.); Bl. 2 obere rechte Ecke Siegelausriss; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „34“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 35), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 230. WA IV 4 (1889), 44, Nr 830. BEI L AG E
Hausrath (284,11). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 284,8 in meinem stehts so] Seit 1776 benutzte Goethe fsr seine Tagebuchfshrung vorgedruckte und mit unbeschriebenen Bl|ttern durchschossene Kalender, 1778 und 1779 in Leipzig gedruckte „Verbesserte / Calender / Vor / Seiner Churfsrstlichen Durchlauchtigkeit / zu Sachsen / Churfsrstenthum, incorporirtund andere Lande“. Der 5. Juli war jeweils als Namenstag fsr „Charlotte“ angegeben. 284,9 Zeichen einer anhaltenden Beschafftigung fur sie] Seit Anfang des Jahres 1779 ließ Goethe nach eigenem Entwurf bei dem Weimarer Tischler Johann Franz Andreas Preller einen Schreibtisch fsr Charlotte von Stein anfertigen. Erste Rechnungen sind aus dem April 1779 sberliefert. Auch die fsr die Herstellung benttigten Materialien besorgte Goethe selbst. Der Schreibtisch wurde allerdings erst im November fertig (vgl. 358,11–21; die zweite Erl|uterung zu 358,10). 284,10–11 das schvnste von meinem Hausrath] N|heres dazu nicht ermittelt; mtglicherweise eine Gegengabe zu Geschenken Charlotte von Steins (vgl. zu 282,17). 284,11 ominosen] ,Omints‘ hier ohne negative Konnotation, etwa im Sinne von ,symboltr|chtig‘, ,bedeutend‘, ,wichtig‘.
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514. An Charlotte von Stein
BRIEFE 514/515
ÆTiefurtæ, 11. Juli 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 17. – Doppelblatt 10615,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: Fr. v. Stein., rotes Gemmensiegel: Kronos mit Sichel und Tuch (vgl. Femmel/Heres, 11 f.); Bl. 2 obere rechte Ecke Siegelausriss; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „35“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 36), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 230 f. WA IV 4 (1889), 44, Nr 831. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 284,15 den Zettel] Mit Bezug auf den vorliegenden Brief. 284,15–16 bey dem ich Æ:::æ geblieben bin] In Tiefurt, wo Knebel als Erzieher des Prinzen Constantin in dem umgebauten Kammergut wohnte und von wo aus Goethe wahrscheinlich direkt nach Ettersburg ging. 284,16 diesmal scheiden ohne Adieu] Die Trennung war nur von kurzer Dauer, schon am 13. Juli hat Goethe wieder bei Charlotte von Stein gegessen (vgl. GT I 1, 81). 284,17 Ettersb.] Am 12. Juli 1779 fand in Ettersburg eine Wiederholung der Liebhaberauffshrung von Goethes „Iphigenie auf Tauris“ in der frshen Prosafassung statt, die am 6. April 1779 uraufgefshrt worden war (vgl. zu 258,3). Am 12. Juli spielte Herzog Carl August den Pylades (vgl. GT I 1, 81). Wie der Kontext belegt, wird es mindestens noch eine weitere Umbesetzung gegeben haben (vgl. die folgende Erl|uterung). – Die Auffshrung am 12. fand wahrscheinlich zu Ehren Mercks statt, der am 13. Juli fruh fort ging (GT I 1, 81). 284,23–24 dass Knebel morgen nach Ettersb. geht] Einer Bemerkung in Goethes Tagebuch von Anfang Juli zufolge hatte es w|hrend Mercks Gegenwart. Verdruss mit Knebeln wegen dessen Tour nach Pvllniz gegeben (GT I 1, 81). Offenbar wollte Knebel Merck aus dem Weg gehen, was dieser und auch Goethe selbst als bewusste Verletzung der guten Umgangsformen verstehen mussten. Mtglicherweise hatten vor allem Herders Vorbehalte gegensber Merck mit Knebels brsskem Verhalten zu tun (vgl. zu 280,4–5). Nachdem dieser von seinem Ausflug nach Ptllnitz zursckgekehrt war, schrieb Herder an ihn: „Willkommen, Lieber, Æ:::æ; es ist mir indeß auch fsr diesen, den Durchlauchtigsten Hof lieb, daß Sie wieder hier sind, damit Sie nicht den großen Merck zu fliehen scheinen.“ (HB 4, 96.) – Wie der vorliegenden Bemerkung zu entnehmen ist, war am 11. Juli also nicht sicher, ob Knebel am n|chsten Tag sberhaupt nach
JULI 1779
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Ettersburg kommen wsrde. Demnach ist es unwahrscheinlich, dass er, wie bisher vermutet, an der fsr den 12. Juli geplanten Wiederholung der „Iphigenie“ mitwirkte (so u. a. bei Fr|nkel, Goethe-Stein2 3, Anm. zu Nr 340). Bei der Urauffshrung hatte Knebel den Thoas gespielt. 515. An Johann Friedrich Krafft
Weimar, 13. und 17. Juli 1779 ! ÆIlmenauæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 12. – 1 Bl. 19,8627,5 cm, 2 S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben Mitte von fremder Hd: „79. Ju‘: 13tn“, oben rechts von fremder Hd (Schtll?, vgl. E), Bleistift: „10“; Bl. nachtr|glich mit einem Falz an einem unbeschriebenen Bl. befestigt. E: Briefe und Aufs|tze von Goethe (1846), 177–179, Nr 10. WA IV 4 (1889), 45 f., Nr 832 (nach E). BEI L AG EN
1) Bucher (285,6). 2) Mietvertrag (vgl. die erste Erl|uterung zu 286,1). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet drei nicht sberlieferte Briefe Kraffts (vgl. 285,8; 285,29; 286,8). – Der Antwortbrief vom 2. August 1779 (vgl. 287,5) ist nicht sberliefert. 285,1 Castrop] Jean Antoine Joseph de Castrop, weimarischer Artilleriehauptmann; er hatte den Auftrag, mit Kraffts Wirtsleuten einen Mietvertrag abzuschließen (vgl. 283,6–7). 285,2 und sie nunmehr allein mit Hoes zu thun haben] Mtglicherweise handelte es sich bei den Wirtsleuten Kraffts um die Familie des Kr|mers Gottlieb Hoe. Es gab in Ilmenau auch mehrere Familien namens Hoehn (oder Hthn), darunter Beamte und Handwerker (vgl. Historisch-topographische Beschreibung der Bergstadt Ilmenau und ihrer Umgegend Æ:::æ. Hrsg. von Johann August Friedrich Schmidt. Ilmenau 1839, S. XII). In Briefen an Goethe von Carl Ludwig von Knebel und Julius Heinrich Gottlieb Schlegel vom 16. Februar 1799 taucht der Ilmenauer Arzt August Christian Friedrich Hoehn auf (vgl. RA 3, 38 f., Nr 55 und 57); nicht auszuschließen ist, dass im vorliegenden Brief von der Familie seines Vaters die Rede ist. – Der Kontrakt wurde, wie aus dem zweiten Teil des Briefes vom 17. Juli 1779 hervorgeht, schließlich nicht mit Hoes, sondern mit Julius Michael Rieth geschlossen (vgl. auch zu 268,1–3). 285,7 nach der Designation] Vermutlich ist gemeint: unter Beachtung ihrer
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BRIEF 516
Herkunft(sbezeichnung). Goethe hatte keine eigenen Bscher geschickt, sondern sich diese selbst geliehen (vgl. 278,16–17). 285,8 ihre Nachrichten] Ein Brief mit Berichten aus Ilmenau, fsr die Goethe auch am 23. Juni 1779 dankte (vgl. 283,1). Krafft nahm kritische Analysen der sozialen und wirtschaftlichen Missst|nde in der Stadt vor und machte Vorschl|ge, wie deren „FinanzZustand, ihr Caßen und C|mmereyWesen“ (H: GSA 62/37, Bl. 2r) zu verbessern sei. 285,9–10 man muss schon sehr danckbaar seyn Æ:::æ gew~hrt wird] Nach Meinung Goethes besaß Krafft zwar einen sicheren Blick fsr die Probleme, nicht aber die notwendige F|higkeit und Geduld, sie auf politischem Weg zu ltsen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 410). 285,12 einem Knaben] Peter im Baumgarten; sber ihn vgl. des N|heren die einleitende Erl|uterung zu Nr 281. Die Unterrichtsversuche erwiesen sich, wie andere auch, als nutzlos. Peter, so berichtete Krafft am 28. Oktober 1779, verweigere die Mitarbeit: „Er h|tte so viel Geld daß er nichts zu lernen brauchte als was ihm beliebte, er h|tte und msste nur noch ein Guth seines Vater Æsicæ bekommen, w|ren doch mehr Bursche in der Welt, die gute und grose Dienste h|tten und ktnten noch wohl weniger als er.“ (H: GSA 62/37, Bl. 78v/79r; gesamter Text im Original hervorgehoben.) 285,20 ob Sie eine solche Besch~fftigung mvgen] Krafft sbernahm die Aufgabe gern und berichtete wiederholt nach Weimar sber Peters Befinden. Dem Jungen gegensber sbernahm er, der selbst so sehr auf Rat und Zuspruch angewiesen war, die Rolle eines Mentors; so wies er ihn an, „nicht in seinen Pflichten msde zu werden, Æ:::æ schlechte Gesellschafften zu meiden, Kartenspiel zu laßen, die Meynung zu verlernen, er ktnne ohne Verdienste als ein groser Herr von seinen Geldern leben, ein nstzliches und nicht unbrauchbares Glied der Welt zu werden, und die w a h r e E h r e kennen zu lernen in seinem Wald, Holtz, Wild, Flinte, Hunde, Pferde, sich auch in den geringsten Kleinigkeiten zu beksmmern“ (H: GSA 62/37, Bl. 80r). 285,29 Die Nachrichten uber Erfurt] Ein entsprechender Brief Kraffts ist nicht sberliefert. Goethe hatte diesen in seinem Brief vom 22. Mai 1779 gebeten, ihm nicht nur sber Ilmenau, sondern auch darsber zu schreiben, was sie in verschiednen Landern bemerckt haben (279,2–3). In Kraffts Berichten war nicht nur von Erfurt die Rede, sondern u. a. auch von Elberfeld, Lautern, Frankenthal (vgl. H: GSA 62/37, Bl. 32r) und „Darmst|dtischen St|dten und Dtrfern“ (H: GSA 62/37, Bl. 63r). 285,29–30 die ubrigen Packete] Was sie enthielten, konnte nicht ermittelt werden. 286,1 einen Contrackt in duplo] Ein Mietvertrag in doppelter Ausfertigung. 286,1 Riethen] Der Ilmenauer Kaufmann Julius Michael Rieth in der Marktstraße (vgl. auch zu 285,2; zu 268,1–3).
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286,8 Ihr Brief] Auch dieser Brief ist, wie die beiden anderen Bezugsbriefe (vgl. zu 285,8; zu 285,29), nicht sberliefert. 516. An Carl Theodor von Dalberg
Weimar, 21. Juli 1779 ! ÆErfurtæ
BERLIEFERUNG
H: Bayerische Staatsbibliothek Msnchen, Sign.: Cod. germ. 4830, Nr 10. – 1 Bl. 19,8624 cm, 1 3/4 S. beschr., egh., Tinte. – Faksimile: Goethe an Karl Theodor von Dalberg. Bayerische Staatsbibliothek Msnchen Cgm 4830 Nr 10. Umschrift und Text: Karl Dachs. 4 Bl. Wiesbaden 1971. E: Briefe an W. H. Freiherrn von Dalberg. In: Weimarisches Jahrbuch fsr deutsche Sprache, Litteratur und Kunst. Hrsg. von Hoffmann von Fallersleben und Oskar Schade. Bd 5. Hannover 1856, S. 21 f. WA IV 4 (1889), 47, Nr 833. BEI L AG E
Brief Wolfgang Heribert von Dalbergs an Carl Theodor von Dalberg (vgl. die erste Erl|uterung zu 286,12). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Carl Theodor von Dalbergs (vgl. die erste Erl|uterung zu 286,12). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Carl Theodor Anton Maria Freiherr von Dalberg (1744–1817) stammt aus einem in der N|he von Worms ans|ssigen Reichsadelsgeschlecht, das seit dem frshen Mittelalter Bischtfe, Kurfsrsten, K|mmerer und Hofr|te hervorgebracht hat. Er war der Sohn des kurmainzischen Geheimen Rats Franz Heinrich von Dalberg und seiner Frau Maria Sophia Anna geb. Gr|fin von Eltz-Kempenich. Der Vater wirkte als K|mmerer von Worms, kaiserlicher Kammerherr, weltlicher Statthalter in Worms, Burggraf zu Friedberg und Oberamtmann in Oppenheim. Von seinen zehn Geschwistern wurden die beiden jsngeren Brsder Wolfgang Heribert, von 1778 bis 1803 Intendant des Mannheimer Theaters, und Johann Friedrich Hugo, Komponist und Musiktheoretiker, bekannt. Nach der Unterrichtung durch Hauslehrer bezog Dalberg 1759 als 15-J|hriger die Universit|t Heidelberg, um Jura zu studieren. Das Studium schloss er bereits Ende 1761 mit einer Promotion oder dem Erwerb des Lizentiats ab und unternahm im Jahr darauf eine Bildungsreise, die ihn nach Rom und Mailand sowie durch Frankreich, die Niederlande und an einige deutsche Fsrstenhtfe fshrte. Nach seiner Rsckkehr trat er 1763 mit 19 Jahren in die mainzische Regierung unter Kurfsrst Emmerich Joseph Freiherrn von und zu Breidbach-Bsrresheim ein. 1768 wurde er Dom-
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BRIEF 516
kapitular in Mainz, 1770 Domherr von Worms. Im Jahr darauf ernannte ihn der Kurfsrst zum Geheimen Rat und zum kurmainzischen Statthalter in Erfurt. Das seit dem frshen Mittelalter mit dem Erzbistum Mainz vereinigte Bistum Erfurt hatte immer wieder versucht, selbstst|ndig zu werden, war aber seit der gewaltsamen Wiederinbesitznahme durch Mainz im Jahr 1664 eine mainzische Landstadt. Das Amt des Statthalters trat Dalberg Anfang Oktober 1772 an. Er verwaltete es im Sinne des aufgekl|rten Absolutismus und trug viel zu Ausgleich und Toleranz zwischen Katholiken und Protestanten bei, wobei er von 1774 an vom neuen Kurfsrsten und Erzbischof von Mainz Friedrich Carl Joseph von und zu Erthal unterststzt wurde. Er galt nach Goethes Wort (in einem Paralipomenon zu „Dichtung und Wahrheit“) als Hoffnungsstern der damaligen catholischen Welt (AA DuW 2, 481). Bis Erfurt 1802 in preußischen Besitz sberging, sbte er drei Jahrzehnte lang eine erfolgreiche Regierungst|tigkeit aus, indem er Handel und Industrie ftrderte sowie das Gesundheits- und Schulwesen verbesserte. 1776 belebte er die 1754 gegrsndete Erfurter Akademie nstzlicher Wissenschaften neu. Weniger erfolgreich verlief sein Versuch, der Erfurter Universit|t zu neuer Bedeutung zu verhelfen, als deren Pr|sidenten er Wieland vergeblich zu gewinnen suchte. 1779 wurde Dalberg Domherr in Wsrzburg und Rektor der dortigen Universit|t. Seiner liberalen Gesinnung und seinem Interesse am kulturellen Leben entsprach die Einrichtung einer ,Assemble‘, die von 1786 an jeden Dienstag in der Erfurter Statthalterei stattfand: ein geselliges Treffen, an dem Mitglieder aller St|nde, vom Adligen bis zum Handwerker, teilnahmen (vgl. den Bericht des Erfurter Buchh|ndlers Constantin Beyer sber die Gesellschaft vom 1. Dezember 1789, die auch von Goethe und Herzog Carl August besucht wurde; Bode 1, 407 f., Nr 695). Dalbergs Amtsfshrung, seine Menschenfreundlichkeit und Liebenswsrdigkeit brachten ihm Anerkennung ein; der (republikanisch gesinnte) Schriftsteller Georg Friedrich Rebmann, der 1794/95 in Erfurt lebte, nannte ihn einen der „wenigen Regenten in Deutschland, welche edel genug denken, um es zu verschm|hen, sber Sklaven zu herrschen, und welche die Liebe und Achtung freyer Menschen zu verdienen wissen.“ (Wanderungen und Kreuzzsge durch einen Theil Deutschlands. 2. Aufl. Altona 1796, S. 47.) Nach Rebmann lautete das Urteil der Erfurter Bsrger sber den Statthalter: „Er ist ein rechtschaffener Mann, der das Gute will, und nach mtglichsten Kr|ften, selbst mit eigner Aufopferung, dazu beitr|gt, es zu bewirken.“ (Ebd., S. 47 f.) Dalbergs perstnliche Interessen waren vielf|ltig; er schrieb sber Rechtswissenschaft, Geschichte, Ethik, sthetik, Baukunst, Chemie und Physiognomie. Er unterhielt enge Beziehungen zum Hof in Gotha, wo der Mathematik und Astronomie treibende Herzog Ernst II., der wie Dalberg selbst Mitglied des Illuminatenordens war, die Wissenschaften ftrderte, vor allem aber zum Hof in Weimar, den er bereits 1763, von seiner Bildungsreise zursckkehrend, besucht hatte. Herzogin Anna Amalia stand er bei der Planung
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der Bildungsreise und beim Regierungsantritt ihres Sohnes Carl August beratend zur Seite. Am 24. September 1775 schrieb sie an Jacob Friedrich von Fritsch, Dalberg sei „un homme respectable tant par Son caractxre que par Son habilit“ (Beaulieu-Marconnay, 251. – Æ:::æ ein ehrwsrdiger Mann, sowohl durch seinen Charakter als auch durch seine F|higkeit). 1785 wurde gegen die Einflussnahme sterreichs und zum Schutz der Reichsverfassung der Deutsche Fsrstenbund gegrsndet, vor allem auf Initiative des Weimarer Herzogs Carl August, der Dalberg fsr dieses politische Bsndnis gewann. Zu den Kurfsrsten, die sich dem Fsrstenbund anschlossen, gehtrte auch der Mainzer Erzbischof Friedrich Carl Joseph von und zu Erthal, der zugleich bestrebt war, seinen sp|teren Nachfolger auf diese Politik zu verpflichten. Als solcher setzte sich unter mehreren Bewerbern Dalberg durch; mit Hilfe Preußens und Herzog Carl Augusts wurde er 1787 zum Koadjutor des Kurfsrsten von Mainz und Worms gew|hlt. 1788 sbernahm er auch das Amt des Koadjutors des Fsrstbischofs Maximilian von Rodt in Konstanz. Nach dessen Tod im Januar 1800 erhielt Dalberg die Wsrde des Fsrstbischofs von Konstanz, 1802 nach dem Tode Erthals zugleich die des Erzbischofs und Kurfsrsten von Mainz und Worms; damit war er der (letzte) Erzkanzler des Heiligen Rtmischen Reiches Deutscher Nation. 1805 wurde der Mainzer Erzstuhl nach Regensburg, 1806 nach Aschaffenburg verlegt. Dalbergs politischer Spielraum blieb durch die Vormachtstellung des napoleonischen Frankreich beschr|nkt. Seine Abneigung gegen die Franztsische Revolution und die Bewunderung Napoleons als deren berwinder, was ihn mit Goethe verband, veranlassten ihn, eine von ,patriotischer‘ Seite heftig kritisierte Politik der Ann|herung an Frankreich zu betreiben, wodurch es ihm immerhin gelang, das Kurfsrstentum Mainz vor der S|kularisation zu bewahren. Das Ende des Alten Reichs konnte er jedoch nicht verhindern. Nachdem 1806 der Rheinbund, eine Konftderation von zun|chst sechzehn deutschen Fsrsten unter dem Protektorat Napoleons, an dessen Stelle getreten war, wurde Dalberg als Pr|sident der Bundesversammlung und Kanzler des Rheinbundes der Titel eines Fsrstprimas verliehen, 1810 auch der eines Großherzogs von Frankfurt. 1813, nach dem Sturz Napoleons und dem Zerfall des Rheinbundes und des Großherzogtums Frankfurt, zog sich Dalberg nach Konstanz zursck und widmete sich als Erzbischof ohne Territorium nur noch geistlichen Aufgaben. In der Stadt am Bodensee starb er am 10. Februar 1817, zwei Tage vor seinem 73. Geburtstag. Die Einsch|tzung seiner Person und Leistung ist bis heute ambivalent. W|hrend seine aufgekl|rt-liberale Weltanschauung und die Fortschrittlichkeit seiner politisch-sozialen Zielsetzungen Anerkennung finden, erhebt sich Kritik an politischen Fehleinsch|tzungen und die Verurteilung seines Schwankens zwischen Treue zum Reich und Verehrung Napoleons. Wenige Tage nach Dalbergs Tod schrieb Carl Ludwig von Knebel an Charlotte von Schiller: „Sein empf|ngliches Gemsth hat ihn in die btsen Schlingen des schlauesten Btsewichts gerathen las-
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sen, und dieß hat leider seinem Charakter eine Æsicæ große Makel gebracht. Æ:::æ ein Staatsmann, ein Weiser, fsr den er so lange gegolten hat, und in der That alle Lehren und Grunds|tze seines Berufes von frsher Jugend eingesaugt, der darf, ohne Verlust seines Namens, an keiner solchen Klippe hangen bleiben.“ (Charlotte von Schiller und ihre Freunde. [Hrsg. von Ludwig Urlichs.] Bd 3. Stuttgart 1865, S. 374.) Knebel fsgt hinzu: „Er war ein guter Mann, aber aus Gutmsthigkeit zuweilen etwas schwach und eitel. Auch hatte in seinem Geiste nicht alles f e s t e n G r u n d , sondern schwebte und zerfloß in ungewissen und allzuweiten R|umen.“ (Ebd., S. 374 f.) Dass der fur alles Gute so th~tige K a r l v o n D a l b e r g (Zu brsderlichem Andenken Wielands; WA I 36, 317), wie er seinen Erfurter Nachbarn und Lebensgenossen (Brief an Zelter, 10. April 1827; Goethe-Zelter 1, 989) noch 1813 apostrophierte, beste Absichten verfolgte, davon war Goethe von Anfang an sberzeugt; aber schon in einem Brief an Charlotte von Stein vom 5. Mai 1780 gab er zu bedenken: Der Stadthalter ist doch eigentlich auch kein rechtes Kind dieser Welt, und so klug und brav seine Plane sind, furcht ich doch es geht einer nach dem andern zu scheitern. (WA IV 4, 215.) Goethe hat Dalberg vermutlich unmittelbar nach seiner Ankunft in Weimar perstnlich kennen gelernt; am 8. November 1775 wird im Fourierbuch verzeichnet, „der H‘. Stadthalter“ sei in der Stadt eingetroffen (FB 1775, S. 263). In seinem Tagebuch erw|hnt Goethe ihn zum ersten Mal, als er am 31. Juli/1. August 1776 in Ilmenau mit ihm zusammentraf: Viel guts mit Dalberg (GT I 1, 22), heißt es unter dem 1. August. Dieser nahm gelegentlich auch am jugendlichen Treiben um Goethe und Carl August teil; am 3. August 1776 schrieb Goethe an Jacob Friedrich von Fritsch, Dalberg sei nicht ohne Erdgeruch (91,13) aus dem Thsringer Wald verabschiedet worden. Im Jahr darauf war Dalberg mit von der Partie, als Goethe, Carl August, Einsiedel und andere am 4./5. Juli 1777 in Dornburg Nachts auf der Streue (GT I 1, 44) schliefen und den n|chsten Morgen mit Btllergeschstzen begrsßten (vgl. ebd.). Goethe sch|tzte Umgang und Gespr|ch mit dem Statthalter: Wir haben schon was rechts geschw~zzt, fur mich ist sein Umgang von viel Nuzzen. Durch die Erz~hlungen aus seinem manigfaltigen politischen Treiben, hebt er meinen Geist aus dem einfachen Gewebe in das ich mich einspinne (Brief an Charlotte von Stein, 5. Mai 1780; WA IV 4, 215). Er bewunderte eine treffliche Gewandtheit in burgerlichen und Politischen Dingen, und eine beneidenswerthe Leichtigkeit (ebd.) an ihm. Dass er voller Kenntnisse und Interesse fur tausend Dinge (Brief an Charlotte von Stein, 7. Dezember 1781; WA IV 5, 232) stecke, wertete Goethe nicht als bedenkliche Vielseitigkeit, sondern empfand es als anregend: Der Stadthalter hat schon wieder mit mir ein unendliches Gespr~ch angefangen. Das eigne Wesen eines Menschen das ganz fremde Wurckungen aus sich hervorbringt ist mir sehr merckwurdig
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(WA IV 5, 191), schreibt er am 15. September 1781 an Charlotte von Stein, und am 12. Juni 1783 heißt es: Man trifft immer etwas neues bey ihm an. (WA IV 6, 170.) Dalberg seinerseits interessierte sich fsr Goethes poetische Werke – aus dem vorliegenden Brief geht hervor, dass er die „Iphigenie“ fsr das Mannheimer Theater zu gewinnen versucht hatte –, besonders aber fsr seine naturwissenschaftlichen Arbeiten. So drsckte Goethe Dalberg wiederholt seinen Dank fsr dessen Anteilnahme an seiner „Farbenlehre“ aus, etwa in seinem Brief vom 19. M|rz 1794 (vgl. WA IV 10, Nr 3047); sp|ter heißt es im „Historischen Theil“ der „Farbenlehre“ unter der berschrift „Konfession des Verfassers“: Der Furst Primas, damals in Erfurt, schenkte meinen ersten und allen folgenden Versuchen eine ununterbrochene Aufmerksamkeit, ja er begnadigte einen umst~ndlichen Aufsatz mit durchgehenden Randbemerkungen von eigner Hand, den ich noch als eine hvchst sch~tzbare Erinnerung unter meinen Papieren verwahre. (LA I 6, 423.) hnlich bekannte Goethe in den Schriften zur Morphologie: Bei aller wissenschaftlichen Arbeit bin ich ihm ÆDalbergæ viel schuldig geworden, weil er das mir eigentumliche Hinstarren auf die Natur zu bewegen, zu beleben wußte. (LA I 9, 70.) Auch amtlich kam es zu gelegentlicher Zusammenarbeit. Dalberg wirkte ausgleichend, als im Sommer 1776 Goethes Eintritt ins Geheime Consilium fsr Unruhe unter den etablierten Beamten sorgte. Er untersstzte die von Goethe betriebene Berufung Herders nach Weimar. Gemeinsam besorgten sie 1778 dem Maler Friedrich Msller ein Stipendium fsr einen Rom-Aufenthalt (vgl. Dalbergs Brief an Goethe vom 4. Mai 1778; RA 1, 70, Nr 85). Als im Sommer 1792 die Stadt Erfurt nach den Unruhen an der Jenaer Universit|t die dortigen Studenten fsr sich zu gewinnen suchte, verhinderte dies ein Briefwechsel zwischen Goethe und Dalberg (vgl. Goethes Brief vom 19. Juli 1792 [WA IV 9, Nr 2926] und Dalbergs Antwort vom selben Tag [abgedruckt in: Die Grenzboten 37 (1878). Nr 41, S. 42). Die Beziehung lockerte sich erst nach Beendigung von Dalbergs Erfurter Statthalterschaft, als dieser 1802 Fsrstbischof von Mainz wurde. Dabei mag die geographische Entfernung von grtßerer Bedeutung gewesen sein als die in politischen Auffassungen. Anders als Herzog Carl August, der Dalberg als Gefolgsmann Napoleons verachtete, setzte sich Goethe dafsr ein, dem unsch~tzbaren Manne ÆDalbergæ Æ:::æ, wegen eigner Bildung und Fvrderung, ein Denkmal zu setzen (Brief an Ferdinand von Lamezan, 12. Januar 1804; WA IV 17, 10). Eine der letzten perstnlichen Begegnungen fand am 7. Oktober 1808 bei Caroline von Wolzogen in Erfurt statt (vgl. GT III 1, 489). Als Goethe 1812 nach Erhalt eines (nicht sberlieferten) Briefes von Dalberg auf die lange Bekanntschaft mit diesem zursckblickte, schrieb er am 28. Januar an Caroline von Wolzogen: Wie sehr erkenne ich darin die Dauer jener Gesinnungen, die mich fruher so glucklich machten. Je mehr ich dankbar empfinde, wie viel ich diesem außerordentlichen Manne in meiner Jugend schuldig geworden,
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desto mehr freut es mich, daß Zeit und Entfernung, ja so mancher Wechsel der Dinge nichts an einem Verh~ltniß ~ndern konnten, das auf wahren Grund gebaut war. (WA IV 22, 247.) An dieser Einsch|tzung |nderte sich offenbar auch nichts nach dem Sturz Napoleons und dem Rsckzug Dalbergs aus der politischen ffentlichkeit. Dies geht aus einem Brief Dalbergs an Caroline von Wolzogen vom 24. November 1814 hervor; darin |ußert er seine Genugtuung sber einen (nicht sberlieferten) Brief Goethes: „Unser genialischer herrlicher Goethe und der biedere Senator Steitz sind bis jetzt die einzigen Frankfurter, deren Antheil an meinem Schicksal mir bekannt geworden ist.“ (Literarischer Nachlaß der Frau Caroline von Wolzogen. Bd 1. Leipzig 1848, S. 86.) Trotz der langj|hrigen Bekanntschaft sind nur sieben Briefe Goethes an Dalberg sberliefert, und zwar aus dem Zeitraum 1779–1794; der Briefwechsel dsrfte jedoch bereits bald nach Goethes Eintreffen in Weimar Ende 1775 eingesetzt haben. Von den Briefen Dalbergs an Goethe hat sich rund ein Dutzend erhalten, aus den Jahren 1778 bis 1797. – Literaturhinweise: Karl von Dalberg und seine Zeit. Zur Biographie und Charakteristik des Fsrsten Primas von Karl Freiherrn von Beaulieu-Marconnay. 2 Bde. Weimar 1879; Wolfgang Vulpius: Goethe und Karl Theodor von Dalberg. In: GJb 90 (1973), 212–232; Hans Tsmmler: Goethe und Erfurt, mit besonderer Berscksichtigung seiner Beziehung zu dem kurmainzischen Statthalter von Dalberg. In: Thsringische Forschungen 1993, S. 273–293; Herbert Htmig: Carl Theodor von Dalberg. Staatsmann und Kirchenfsrst im Schatten Napoleons. Paderborn, Msnchen, Wien, Zsrich 2011. 286,10 dancke nochmals] Der vorangegangene Brief Goethes an Dalberg aus der Zeit von Johann Heinrich Mercks Aufenthalt in Weimar vom 31. Mai bis zum 13. Juli 1779 ist nicht sberliefert (vgl. EB 255). 286,10–11 den Mercken uberschickten Kopf] Johann Heinrich Merck war am 30. Mai 1779 in Erfurt eingetroffen und abends mit Goethe beym Stadthalter (GT I 1, 79) gewesen: Viel geschw~zzt. (Ebd.) W|hrend des sich anschließenden Aufenthalts von Merck in Weimar hatte ihm, mtglicherweise angeregt durch die Unterhaltungen, Dalberg ein (Portr|t?-)Bild geschickt. Auf einen nicht sberlieferten Dankbrief Mercks antwortete Dalberg diesem am 3. August 1779: „Das Bildchen schickte ich Ihnen ohne alle Pr|tension. Mein Herz gab mir ein, es wsrde Ihnen mehr Freude machen, als mir, weil Sie des Mannes Freund waren.“ (Merck, Briefwechsel 2, 262.) Um wessen Bildnis es sich handelte, konnte nicht ermittelt werden. 286,12 Mittheilung meiner Iphigenie] Goethes Drama „Iphigenie auf Tauris“ war im Februar/M|rz 1779 in einer 1. (Prosa-)Fassung entstanden und am 6. April vom Weimarer Liebhabertheater uraufgefshrt worden. Wolfgang Heribert von Dalberg, der Intendant des Mannheimer Nationaltheaters, hatte offenbar in einem (nicht sberlieferten) Brief bei seinem Bruder, dem Statthalter, angefragt, ob das Stsck fsr die Mannheimer Bshne zu gewinnen sei. Diesen Brief hatte Carl
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Theodor von Dalberg wohl mit dem Bezugsbrief an Goethe weitergeleitet, der ihn in der Beilage zum vorliegenden Brief wieder zursckschickte. Der Statthalter wiederum schickte Goethes Brief an seinen Bruder weiter, in dessen Nachlass er sich fand (vgl. WA IV 4, 349). 286,12 Ex.] Versehentlich fsr ,Ew.‘ 286,14 focum] Akkusativ von lat. focus. 286,17 dem gesellschafftlichen ---- Theater] Gemeint ist das Liebhabertheater in Weimar. 286,19 vorzulesen] Ob dies geschah, ist nicht bekannt. 286,20 Den Brief] Vgl. die erste Erl|uterung zu 286,12. 286,20 Bruder] Wolfgang Heribert von Dalberg. 286,25 Platfond] Franz. plafond: Zimmerdecke. 517. An Johann Friedrich Krafft
Weimar, 7. August 1779 ! ÆIlmenauæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 13. – 1 Bl. 20,1627,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Nachschrift in der Mitte der Rs. quer zur Schreibrichtung (offenbar nach Faltung des Briefs); Vs. oben links von fremder Hd, Tinte: „79. Aug‘. 3tn“, oben rechts von fremder Hd (Schtll?, vgl. E), Bleistift: „11.“; Bl. nachtr|glich mit einem Falz an einem unbeschriebenen Bl. befestigt. E: Briefe und Aufs|tze von Goethe (1846), 179 f., Nr 11. WA IV 4 (1889), 48, Nr 834 (nach E). BEI L AG EN
1) Ge‘. Zeitungen (vgl. die erste Erl|uterung zu 287,10). 2) 6 rh. (287,10) 3) Leinwand fsr Hemden (287,17). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Kraffts vom 2. August 1779 (vgl. 287,5). – Ob der nicht sberlieferte Brief, auf den sich Goethes Brief vom 9. September 1779 (Nr 528) bezieht (vgl. 295,27–296,2), der Antwortbrief auf den vorliegenden war, ist ungewiss. Postsendungen: 7. August 1779 (vgl. GR/RB 1779, 3, Bl. 8v). 287,5 Packet] Was es enthielt, konnte nicht ermittelt werden. 287,8 schreiben mir alles was Ihnen vorkommt] Bezieht sich auf Kraffts Berichte aus Ilmenau (vgl. zu 285,8). 287,10 Ge‘. Zeitungen] ,Gelehrte Zeitungen‘ erschienen in verschiedenen
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St|dten. Hier handelte es sich mtglicherweise um die „Erfurtische gelehrte Zeitung“, die von der dortigen Kurmainzischen Akademie nstzlicher Wissenschaften herausgegeben wurde. 287,10 Munze] Hier „so viel als einzelnes Geld Æ:::æ im Gegensatze des ganzen Geldes oder grtßerer Stscke Geldes.“ (Adelung 3, 318.) 287,12 ich komme vielleicht selbst nach Illm.] Goethe lernte Krafft perstnlich erst am 5. September 1780 in Ilmenau kennen, als er sich mit Herzog Carl August und dem Oberstallmeister Josias von Stein auf einer Reise durch den Thsringer Wald und die Rhtn befand. 287,14 Rieds] Die Familie des Kaufmanns Julius Michael Rieth, in dessen Haus Krafft wohnte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 410 sowie zu 268,1–3). 287,15 in solchen F~llen] Um was es ging, konnte nicht ermittelt werden. Die Kosten fsr Kraffts Unterbringung waren vertraglich geregelt; fsr die Monate August bis Oktober 1779 erhielt Rieth 25 Reichstaler (vgl. zu 268,1–3). 287,16 des Knabens] Peter im Baumgarten (vgl. sber ihn des N|heren die einleitende Erl|uterung zu Nr 281; ferner zu 285,12; zu 285,20). 287,19 Seidel] Philipp Seidel. 287,20 wird bey Ihnen einsprechen] Seidels Besuch bei Krafft in Ilmenau muss in den Wochen vor dem 12. September 1779 stattgefunden haben. An diesem Tag brach er als Mitglied der Gesellschaft um Goethe und Herzog Carl August zur Reise in die Schweiz auf. Weiteres konnte nicht ermittelt werden. 518. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 8. August 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 17. – 1 Bl. 18,767,8(–8) cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); oben rechts von fremder Hd, Tinte: „36.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 37), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 232. WA IV 4 (1889), 49, Nr 835. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Das vorliegende Billett ist das erste sberlieferte und datierte briefliche Zeugnis fsr Goethes Korrespondenz mit Charlotte von Stein seit fast einem Monat. Nicht ganz auszuschließen ist, dass undatierte Briefe, die nicht eindeutig zugeordnet werden konnten, in diesen Zeitraum gehtren. Dennoch ist davon auszugehen,
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dass der briefliche Austausch seit dem 11. Juli bis zum 8. August 1779 wenn nicht ganz unterbrochen war, so doch merklich an Intensit|t verloren hatte. Goethe scheint sich nach Mercks Besuch h|ufiger zursckgezogen und sber sein Weimarer Leben reflektiert zu haben. Regelm|ßig nahm er an den Sitzungen des Geheimen Consiliums teil und besch|ftigte sich mit den Berichten und Vorschl|gen des herzoglichen Landkommissars George Batty (vgl. zu 281,18). Nachdem Goethe am 25. Juli stellvertretend fsr den abwesenden Herzog Carl August zu einem n|chtlichen Brand nach Apolda gerufen worden war, ressmiert er im Tagebuch: Das Elend wird mir nach und nach so prosaisch wie ein Kaminfeuer. Aber ich lasse doch nicht ab von meinen gedancken und ringe mit dem unerkannten Engel sollt ich mir die Hufte ausrencken. Es weis Kein Mensch was ich thue und mit wieviel Feinden ich k~mpfe um das wenige hervorzubringen. Bey meinem Streben und Streiten und Bemuhen bitt ich euch nicht zu lachen, zuschauende Gvtter. Allenfalls l~chlen mvcht ihr, und mir beystehen. (GT I 1, 84.) – Das Verh|ltnis zu Carl August scheint in dieser Zeit sehr intensiv gewesen zu sein, eine grose interessante Umredung hatten die beiden am 2. August, bei der Goethe seine Ideen einer Reise, die er vornehmen mssse, zur Sprache brachte (ebd., 85). Bereits am 9. August schrieb Goethe an seine Mutter nach Frankfurt und ksndigte seinen und des Herzogs Besuch an (vgl. zu 288,8–9). Am 12. September 1779 brachen Goethe und der Herzog zu einer Reise zun|chst nach Frankfurt und dann in die Schweiz auf (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530). Wie schon bei frsheren Gelegenheiten, so vor dem Aufbruch in den Harz Ende November 1777, hielt Goethe die Reisepl|ne vor Charlotte von Stein zun|chst geheim. Lediglich drei Besuche bei ihr werden in dieser Zeit erw|hnt (vgl. GT I 1, 81; 83; 85). Einen Tag bevor der vorliegende Brief geschrieben wurde, hatte Goethe mit deutlichem Bezug auf seine bevorstehende l|ngere Abwesenheit und wohl auch auf das Verh|ltnis zur Freundin im Tagebuch festgehalten: Zu Hause aufgeraumt meine Papiere durchgesehen und alle alten Schaalen verbrannt. Æ:::æ Stiller Ruckblick aufs Leben auf die Verworrenheit, Betriebsamkeit Wissbegierde der Jugend Æ:::æ. Wie kurzsinnig in Menschlichen und gvttlichen Dingen ich mich umgedreht habe. Wie des Thuns, auch des Zweckm~sigen Denkens und Dichtens so wenig, wie in zeitverderbender- Empfindung und Schatten Leidenschafft gar viel Tage verthan, wie wenig mir davon zu Nuz kommen und da die H~lfte des Lebens nun voruber ist, wie nun kein Weeg zuruckgelegt sondern vielmehr ich nur dastehe wie einer der sich aus dem Wasser rettet und den die Sonne anf~ngt wohlth~tig abzutrocknen. Die Zeit dass ich im Treiben der Welt bin seit 75 Oktbr. getrau ich noch nicht zu ubersehen. Gott helfe weiter. und gebe Lichter dass wir uns nicht selbst soviel im Weege stehen. (Ebd., 85–87.) – Wenige Tage nachdem der vorliegende Brief geschrieben wurde, am 11. August, ging Charlotte
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von Stein nach Kochberg, wo sie Goethe erst zwei Wochen sp|ter besuchte; auch den Briefwechsel mit ihr intensivierte er nicht (vgl. zu 291,2). 288,2 lad ich Sie zum Essen] Obwohl die Einladung im Tagebuch nicht vermerkt ist, war es wahrscheinlich die letzte vor Charlotte von Steins Abreise nach Kochberg am 11. August (vgl. GT I 1, 87). 288,2 Kindern und Kestnern] Carl, Ernst und Friedrich von Stein sowie der Hauslehrer Johann Friedrich K|stner. 288,2–3 Stein ist Æ:::æ nicht zu haben] Josias von Stein wird am 8. August 1779 unter den G|sten der fsrstlichen Mittagstafel genannt (vgl. FB 1779, S. 141). 519. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimaræ, 9. August 1779 ! Frankfurt a. M. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 37/I,9,3, Bl. 4–5. – Doppelblatt 19,8627,5 cm, 2 1/3 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Frau Rath Goethe / nach / Franckfurt / am Mayn., Reste eines roten Initialsiegels: „G“; links sber der Adresse von fremder Hd: „de Weimar“. E1: Friedrich Wilhelm Riemer: Mittheilungen sber Goethe. Aus msndlichen und schriftlichen, gedruckten und ungedruckten Quellen. Bd 2, S. 95 f. (Teildruck: 289,2–9 ich habe alles was ein Mensch Æ:::æ des Tags die mich erwartet.). E2: Frau Rath (1871), 144–146. WA IV 4 (1889), 49–51, Nr 836. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Catharina Elisabeth Goethe antwortete in einem nicht sberlieferten Brief (vgl. 289,20). 288,5 Sie einmal wiederzusehen] Goethe hatte seine Mutter seit seiner bersiedlung nach Weimar im November 1775 nicht mehr gesehen. 288,8–9 Der Herzog hat Lust Æ:::æ zu geniesen] Am 30. Juli 1779 schrieb Goethe in sein Tagebuch: Projeckt zur Reise nach Frf. uberlegt (GT I 1, 85), und am 1. August notierte er: den ganzen Tag allein ausser mit " ÆHerzog Carl Augustæ und umgeworfen den kunftigen Zustand, die Reise nach F. und wie Merck herbeizuziehen. (Ebd.) Goethe und Herzog Carl August beabsichtigten, eine Reise zun|chst nach Frankfurt am Main und dann am Rhein entlang nach Dssseldorf zu unternehmen, entschieden sich aber in Frankfurt, in die Schweiz zu reisen. Am 11. September brachen sie gemeinsam mit Moritz von Wedel, Reitknecht Blochberg, Kammerdiener Wagner (vgl. FB 1779, S. 161) und Philipp Seidel auf und kamen am 18. September in Frankfurt an, wo sie bis
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zum 22. September blieben und bei Goethes Eltern am Großen Hirschgraben (vgl. GB 1 II, zu 4,25–26) logierten (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530). 288,10 Cammerh‘. Wedel] Otto Joachim Moritz von Wedel, seit 1776 Kammerherr und Oberforstmeister Herzog Carl Augusts (vgl. die erste Erl|uterung zu 26,10). Am 18. Januar 1780 schrieb Catharina Elisabeth Goethe an die Herzoginmutter Anna Amalia: „Der schtne Wedel hat auch sberall Lob und preiß einge|rndet.“ (Pfeiffer-Belli, 466 f.) 288,11 den Messfreunden] In Frankfurt begannen die Handelsmessen im Herbst in der Zeit zwischen dem 6. und 12. September und dauerten 3 Wochen (vgl. GB 2 II, zu 211,10), so dass der geplante Aufenthalt in die Messezeit fiel. 1779 begann die Messe am 6. September. Obwohl der Herzog seine Tanten und Vettern die auf der Messe seyn werden nicht eben sehen (289,23–25) mochte und die Reisenden daher gleich weiter ziehen wollten, blieben sie schließlich doch w|hrend der Messe in Frankfurt. An seine Frau Louise schrieb Carl August am 19. September 1779: „Die Meße ist nicht lebhaft.“ (Karl August-Luise, 112.) 288,11–12 auf dem Wasser weiter gehn] Die Reisenden wollten ursprsnglich nach dem Aufenthalt in Frankfurt gleich weiter und auf dem Mayn und Rhein hinab schwimmen (289,25–26; vgl. auch zu 288,8–9). Am 21. September schrieb Carl August an die Herzoginmutter Anna Amalia, dass sie „statt nach Morgen, wo wir nach Dssseldorf zu wollten, Æ:::æ nach Mittag, nach der S c h w e i z reiten.“ (Bergmann, 25.) 288,12 Dann zuruckkommen] Auf der Rsckreise, die schließlich von der Schweiz aus erfolgte, hielten sich Goethe und Carl August vom 24. bis 30. Dezember 1779 und vom 6. bis etwa 10. Januar 1780 erneut in Frankfurt auf (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530 sowie zu 288,13). 288,12–13 unsre St~dte] Im Sinn von ,Lager(st|tte)‘. 288,13 die Nachbaarschafft] W|hrend des zweiten Frankfurter Aufenthalts (vgl. zu 288,12) wurde vor allem der Hof in Darmstadt besucht, wo Carl Augusts Schwager Erbprinz Ludwig X. Georg Carl von Hessen-Darmstadt und dessen Frau Louise Caroline Henriette lebten. In Darmstadt wohnte auch Prinz Georg Wilhelm von Hessen-Darmstadt mit seiner Familie. Von Darmstadt aus fuhr die Gesellschaft nach Homburg an den Hof des Landgrafen Friedrich V. Ludwig Wilhelm Christian von Hessen-Homburg, der seit 1768 mit Carl Augusts Schw|gerin Carolina verheiratet war, sowie nach Dieburg, auf das Schloss des kurmainzischen Ministers Carl Friedrich Willibald von Groschlag. (Vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530; Goethe an Charlotte von Stein, 1.–3. Januar 1780; WA IV 4, Nr 878.) 288,16–17 so ehrenvoll als mvglich in mein Vaterland zuruck] Goethes Vater hatte den Weggang seines Sohnes nach Weimar anfangs nicht gebilligt und
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h|tte ihn lieber als Anwalt in Frankfurt gesehen (vgl. zu 15,25–26). Seine Stellung in Weimar als Freund des Herzogs und Geheimer Legationsrat mit Sitz und Stimme im Geheimen Consilium ließ Goethe jedoch auf einen ehrenvollen Empfang in seinem Elternhaus hoffen (vgl. zu 42,14–15; zu 81,23). Mtglicherweise wusste er auch schon von seiner bevorstehenden Ernennung zum Geheimen Rat, die Carl August ihm zu seinem 30. Geburtstag am 28. August 1779 anksndigte (vgl. zu 295,16–17). 288,17–18 an den Bergen Samari~ Æ:::æ dazu gepfiffen wurde] Vgl. Jeremia 31,5. – Im Briefwechsel mit der Mutter wie auch mit Charlotte von Stein wird dieser Bibel-Vers mehrfach verwendet (vgl. zu 183,18–19). 288,20–21 im dreisigsten Jahr] Goethe vollendete am 28. August 1779 sein 30. Lebensjahr. 288,22 wegzuwitschen] Witschen: „blitzschnell entwischen, entschlspfen“ (Grimm 14 II, 815). 288,24–26 Gott hat nicht gewollt Æ:::æ und so seys.] Wahrscheinlich in Anspielung auf den Gesundheitszustand Johann Caspar Goethes, der bereits 1776 schwer erkrankt war. Nach dem Tod seiner Tochter Cornelia im Juni 1777 verschlechterte sich sein Zustand erneut. Im Herbst 1779, nach Goethes Besuch in Frankfurt, erlitt er einen ersten Schlaganfall. Schon in den Monaten davor scheint er sich ver|ndert zu haben, was Goethe wahrscheinlich aus Briefen seiner Mutter erfahren hatte. Seine eigenen Beobachtungen darsber teilte er nach dem Wiedersehen in Frankfurt Charlotte von Stein mit (vgl. 298,14–15). 288,27 der Humor des Augenblicks] ,Humor‘ hier noch in der |lteren Wortbedeutung fsr ,Stimmung‘, ,Laune‘ (vgl. Grimm 4 II, 1905 f.); die Wendung insgesamt wohl mit Bezug auf die wechselnden Gemstszust|nde des Vaters. 289,2–3 ich habe alles was ein Mensch verlangen kan] Ganz |hnlich |ußerte sich Goethe seiner Mutter gegensber schon in seinen frsheren Briefen (vgl. zu 151,12–13). 289,5–6 der die H~lfte seines Lebens hingebracht hat] Schon am 7. August hatte Goethe mit Bezug auf die bevorstehende Vollendung seines 30. Lebensjahres im Tagebuch vermerkt, dass die H~lfte des Lebens nun voruber ist (GT I 1, 87). Allerdings zieht er ein wesentlich bescheideneres Ressmee seines bisherigen Lebens als im vorliegenden Brief (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 518). 289,10 Antworte Sie mir] Die Antwort Catharina Elisabeth Goethes ist nicht sberliefert (vgl. aber 289,20). 289,13 Geheimniss] Auch Charlotte von Stein wurde von Goethe erst am 7. September 1779 sber die geplante Reise informiert, jedoch ohne zun|chst das genaue Ziel zu erfahren (vgl. 295,4–6). Auch in seinem n|chsten Brief an die Mutter schrieb Goethe: Also immer ein tiefes Stillschweigen, denn noch weis kein Mensch hier ein Wort. (290,28–29.)
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289,13 Merckn] Johann Heinrich Merck traf in Frankfurt mit den Reisenden zusammen und begleitete sie bis Eberstadt: „Die Voiageurs habe ich in Frankfurt gesehen, u. nachdem ich 3 Tage mit ihnen verlebt, hab ich ihnen das Geleite durchs Darmst|dtische gegeben.“ (Merck an Christoph Martin Wieland, etwa 7. Oktober 1779; Merck, Briefwechsel 2, 300.) 289,14 Bollig] Der mit der Familie Goethe befreundete Frankfurter Kaufmann Johann Caspar Btlling (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 183). 289,15 Hier vermuthet noch niemand nichts.] Vgl. die erste Erl|uterung zu 289,13. 289,18 in meinem n~chsten Brief] Nr 520. 520. An Catharina Elisabeth Goethe ÆWeimar, Mitte August 1779æ ! ÆFrankfurt a. M.æ DAT I ERU N G
Das Jahr und der Monat ergeben sich aus dem Inhalt des Briefes (vgl. zu 289,22). Goethe hatte schon am 9. August 1779 wegen der geplanten Reise, die auch nach Frankfurt fshren sollte, an seine Mutter geschrieben und um unverzsgliche Antwort gebeten (vgl. 289,10). Der vorliegende Brief bezieht sich auf die Antwort Catharina Elisabeth Goethes (vgl. 289,20). Goethe wird auf diese schnell reagiert haben, um sicher sein zu ktnnen, dass seine Anweisungen bis zur Ankunft Ohngef~hr in der H~lfte September (289,22) auch ausgefshrt werden konnten, so dass der vorliegende Brief auf Mitte August zu datieren ist. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 37/I,9,3, Bl. 6–8. – 2 Doppelbl|tter: 1. Doppelblatt 18,9623 cm (1. Bl.), 18,5623 cm (2. Bl.), 2 S. (S. 1 und 3) beschr., egh., Tinte; Schrift auf den Rs. durchgeschlagen; 2. Doppelblatt 18,7623 cm, 3/4 S. beschr., egh., Tinte. E: Frau Rath (1871), 146. WA IV 4 (1889), 51–53, Nr 837 (Textkorrektur in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 30, 254). ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Catharina Elisabeth Goethes (vgl. zu 289,20). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 289,20 Antwort] Die Antwort Catharina Elisabeth Goethes auf Goethes Brief vom 9. August 1779 (Nr 519), in dem er die Reise nach Frankfurt (vgl. zu 288,8–9) angeksndigt hatte, ist nicht sberliefert.
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289,22 Ohngef~hr in der H~lfte September treffen wir ein] Goethe, Herzog Carl August und deren Begleiter trafen am 18. September 1779 in Frankfurt ein und blieben zun|chst bis zum 22. September (vgl. zu 288,8–9). 289,23–24 der Herzog seine Tanten und Vettern] Herzog Carl August besaß mstterlicherseits Tanten und Vettern; ob von ihnen jemand die Frankfurter Messe besuchte, konnte nicht ermittelt werden. Naheliegender erscheint die Annahme, dass sich die Verwandten der Herzogin Louise, die in Darmstadt und Homburg lebten, in Frankfurt aufhielten (vgl. zu 288,13). 289,24 Messe] Vgl. zu 288,11. 289,25–26 gleich weiter und auf dem Mayn und Rhein hinab] Goethe und Carl August entschieden sich, stattdessen in die Schweiz zu reisen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530). 289,26–27 so kommen wir zuruck] Bei der Rsckkehr aus der Schweiz blieben Goethe und Carl August (mit Unterbrechungen) vom 25. Dezember 1779 bis zum 12. Januar 1780 in Frankfurt (vgl. zu 288,12). 289,28 meine Freunde und Bekannte] Zu den Freunden und Bekannten gehtrten die „Samstags M|del“ (Catharina Elisabeth Goethe an Herzogin Anna Amalia, 8. Oktober 1779; Pfeiffer-Belli, 458), vermutlich aus dem Kreis von Goethes Jugendfreundinnen Anna und Antoinette Gerock, Anna Sybilla und Susanne Magdalene Msnch sowie Catharina und Franciska Crespel, ferner vor allem Johann Heinrich Merck, der fsr drei Tage von Darmstadt hersberkam und die Reisenden am 22. September noch bis Eberstadt begleitete, wo er sie am Morgen des 23. September verließ. Vgl. auch zu 298,11–12. 289,28–29 der Herzog wird nach Darmstadt gehen] Vgl. zu 288,13. 290,1 kleinen Stubgen] In der ersten Etage des Hauses am Großen Hirschgraben befinden sich auf der Vorderseite neben dem Salon (Mittelzimmer) und durch diesen erreichbar ein kleineres ssdliches und ein grtßeres ntrdliches Seitenkabinett. In „Dichtung und Wahrheit“ werden diese drei R|ume von Goethe als die wohlaufgeputzten und meist verschlossenen Staatszimmer (AA DuW 1, 74 [3. Buch]) bezeichnet. Fsr den Herzog sollte im ssdlichen Seitenkabinett das Bett aufgestellt, der Salon zu dessen Wohnung bestimmt und das ntrdliche Seitenkabinett zum Empfang von G|sten genutzt werden (sber die Aufteilung und Funktion der R|ume in Goethes Elternhaus vgl. Petra Maisak und HansGeorg Dewitz: Das Goethe-Haus in Frankfurt am Main. Frankfurt a. M. und Leipzig 1999). 290,1 die Orgel] Im ssdlichen Seitenkabinett war vermutlich ein Orgelpositiv aufgestellt, das fsr die pietistischen Versammlungen, die in den R|umen stattfanden, genutzt wurde. Catharina Elisabeth Goethe gehtrte dem Kreis der Frankfurter Pietisten an, die jeweils an den Sonntagen in einem der Privath|user ihrer Mitglieder zusammenkamen, wobei das gemeinschaftliche Singen geistlicher Lieder eine wichtige Rolle spielte (vgl. GB 1 II, zu 131,20; 131,26).
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290,2 Das grose Zimmer] Das ntrdliche Seitenkabinett (vgl. die erste Erl|uterung zu 290,1). 290,2–3 fur Zuspruch] Hier: „fsr einen kurzen ftrmlichen besuch“ (Grimm 16, 837). 290,3 Peckin] Der repr|sentative Salon in der ersten Etage, der wegen seiner Ausstattung mit karmesinroten Seidenstoffen und den Chinoiserie-Motiven auf den Tapeten „Rote Stube“ oder „Peking“ genannt wurde. 290,6 Das Papier schl~gt durch drum fahre ich hier fort:] Goethe schrieb auf der dritten Seite des Doppelblatts weiter (vgl. berlieferung). 290,7 Das Camin stubgen] Das Kaminzimmer, sber dessen Nutzung wenig bekannt ist, befindet sich in der ersten Etage mit einem Zugang zum ssdlichen Seitenkabinett. 290,9 H‘. v. Wedel] Moritz von Wedel (vgl. die erste Erl|uterung zu 26,10). 290,9 das hintere Graue Zimmer] Die „Graue Stube“ in der ersten Etage war das Musikzimmer der Familie, was auch im Stuck der Zimmerdecke angedeutet ist. 290,11 meiner alten Wohnung] Das Mansardenzimmer mit den Fenstern zum Großen Hirschgraben im Frankfurter Elternhaus (vgl. das Faksimile von Goethes Zeichnung im Brief an Auguste Louise Gr|fin zu Stolberg-Stolberg vom 7.–10. M|rz 1775; GB 2 I, 173). 290,14 Gekvch] Hier fsr ein aufwendig zubereitetes Mahl; „kunstkocherei“ (Grimm 4 I 2, 2834). 290,19 Lustres] Von franz. lustre: |ußerlicher Glanz, Pracht; hier: Prunk, Zierde. 290,22–23 im Gebrochnen Dach] Nach dem Umbau des Hauses 1755 war das alte Satteldach durch ein franztsisches Mansarddach ersetzt worden, dessen Dachfl|chen im unteren Bereich abgeknickt sind, so dass sie steiler nach oben verlaufen und grtßeren Raum bieten. Wahrscheinlich handelt es sich um Kammern im oberen Dachbereich. 290,25 Lavor] Von franz. lavabo: Waschbecken; nur „im gemeinen Leben einiger Gegenden“ verwendet (Adelung 2, 1952). 290,28 immer ein tiefes Stillschweigen] Vgl. 289,12–15; die erste Erl|uterung zu 289,13. 290,31 Merck darf noch nichts wissen.] Vgl. 289,12–15. 521. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
Weimar, 18. August 1779 ! ÆKochbergæ
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 19. – 1 Bl. 13,7618,8(–19,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Papier am unteren Rand abgeschnitten, dadurch Jahres-
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BRIEF 522
angabe und Paraphe teilweise beschnitten; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „40a“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 41), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 232 f. WA IV 4 (1889), 53 f., Nr 838. BEI L AG E
Obst (291,14). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 291,1–2 so bald es mvglich ist werd ich kommen] Goethe besuchte Charlotte von Stein vom 22. bis 25. August in Kochberg (vgl. zu 292,8). 291,2 seit Sie weg sind] Seit dem 11. August: Fruh ging $ ÆCharlotte von Steinæ nach Kochberg (GT I 1, 87). – Wie der Kontext belegt, war der vorliegende Brief der erste, den Goethe der Freundin nach ihrer Abreise geschrieben hat (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 518). In dieser Zeit scheint Goethes Verh|ltnis zu Corona Schrtter ungewthnlich eng gewesen zu sein. Fsr die Woche vom 15. bis zum 21. August z. B. lautet ein Tagebucheintrag: Sonst mit Cr. ÆCrone: Coronaæ gut gelebt und einiges mit Liebe gezeichnet wenns nur anhielte. (GT I 1, 87 f.) Auch am 27. August ging Goethe Mittags zu Cronen (ebd., 88). Am 30. August war er wiederum mittags bei Corona Schrtter. Am selben Abend gingen sie gemeinsam nach Belvedere, wozu der abschließende Tagebucheintrag lautet: war ein uberschvner Abend und Nacht (ebd., 89; vgl. zu 293,7; zu 293,8–9). 291,3 Ettersburg] Noch am Tag von Charlottes Abreise war Goethe nach Ettersburg gegangen, wo er bis zum Morgen des 13. August blieb: Hatte eine starcke Erkl~rung mit *ÆHerzoginmutter Anna Amaliaæ die auf das alte hinauslief. bey Verh~ltnissen die nicht zu andern sind mussen gewisse Sch~rfigkeiten sich sammeln, und zulezt irgendwo ausbrechen. Von Zeit zu Zeit wiederhohlt sich das. (GT I 1, 87.) In Ettersburg traf Goethe außerdem die Gr|fin Charitas Emilie von Bernstorff sowie deren Gesch|ftsfshrer, den Schriftsteller und Freimaurer Johann Joachim Christoph Bode, die seit Anfang November 1778 in Weimar lebten. 291,3 auf der Jagd in Troist~dt] Troistedt, etwa 10 km ssdwestlich von Weimar gelegen; der dortige Forst war Jagdrevier vorwiegend fsr Rotwild. – Im Tagebuch vermerkte Goethe: Auf dem Troist~dter Jagen d. 18ten einen vergnugten Tag mit Wedeln. (GT I 1, 88.) 291,7 Weste] Offenbar ein Geschenk Charlotte von Steins, das Goethe auch im Brief vom 7. September 1779 erw|hnt (vgl. 294,24). 291,8–9 einen Englischen] Englischer Tanz, Bezeichnung fsr aus dem eng-
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lischen Kulturbereich kommende T|nze. Beliebt war im 18. Jahrhundert vor allem der Kontertanz, ein htfischer Gesellschaftstanz (franz. Anglaise), bei dem sich die T|nzer in Reihen paarweise gegensberstanden und verschiedene Figuren tanzten. 291,10–11 oeserischen Zeichnungen zu krizzeln] Zeichnungen Goethes nach Vorlagen von Adam Friedrich Oeser sind aus dieser Zeit nicht sberliefert. 291,13 eine schvne Dame] Wahrscheinlich die damals 27-j|hrige Johanna Louise Gr|fin von Werthern-Beichlingen auf Neunheiligen. Dass sie hier gemeint sein ktnnte, legt Goethes Tagebucheintrag vom 26. Juli nahe: Der Herzog kam Abends mit der Gr~fin Werther von Erfurt. (GT I 1, 84.) Laut Fourierbuch waren die Gr|fin und ihr Mann Jacob Friedemann Graf von Werthern, ehemals spanischer Gesandter, vom 26. bis 30. Juli G|ste des Weimarer Hofes (vgl. FB 1779, S. 133 und 137). – ber das erwachende Interesse Herzog Carl Augusts an Johanna Louise Gr|fin von Werthern vgl. zu 292,17. 291,14 die Botin] Mtglicherweise Maria Dorothea Goetze (vgl. die erste Erl|uterung zu 198,1). – Dass sie im Herbst 1779 mehrfach Boteng|nge nach Kochberg sbernahm, geht aus Goethes Rechnungen hervor (vgl. GR/Belege 1779, Bl. 13). 291,15 die Kinder] Carl, Ernst und Friedrich von Stein. 522. An Carl Christian von Herda
Weimar, 20. August 1779 ! Eisenach
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/224,I, Bl. 1–2. – Doppelblatt 19,9627,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Herrn / Cammerpr~sidenten von Herda / nach / Eisenach / fr., Reste eines roten Initialsiegels: „G“. E: WA IV 50 (1912), 9, Nr 838a (Carl Schsddekopf). ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief mit dem guten Zeugniss (291,18) fsr Batty ist nicht sberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Carl Christian von Herda zu Brandenburg (1726/1728–1802) war seit 1776 Kammerpr|sident in Eisenach; 1781 wurde er Geheimer Rat sowie Steuerund Kassendirektor. Er war Herr des Familiensitzes auf Schloss Unterellen westlich von Eisenach. In Goethes Tagebschern taucht Herda zum ersten Mal im Oktober 1777 auf, als Goethe sich in Eisenach und auf der Wartburg aufhielt; unter dem 3. Oktober 1777 heißt es: zu Herda Mittag essen. (GT I 1, 49.) Unter dem 9. Oktober ist von einem gemeinsamen Besuch der Wartburg die Rede (vgl. ebd.). Auch als Goethe mit Herzog Carl August und der sbrigen Reisegesellschaft am 12. September 1779 auf dem Weg nach Frankfurt und weiter in die
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Schweiz in Eisenach Station machte, kam es zur Begegnung mit dem Kammerpr|sidenten (vgl. GT I 1, 93). Im Sommer 1789 veranlassten Goethe und Carl August Herda bei einem Besuch Eisenachs, das so genannte Ruhlaer Stahlwasser (eisenhaltiges Wasser einer 1737 entdeckten Quelle) auf Gesundheit ftrdernde Wirkung untersuchen zu lassen, was die Entwicklung Ruhlas zu einem Badeort zur Folge hatte. Herda unterhielt zum Weimarer Hof gute Beziehungen, wie aus dem herzlichen Briefwechsel hervorgeht, der im Thsringischen Hauptstaatsarchiv Weimar (Familienarchiv von Herda zu Brandenburg) aufbewahrt wird. Nach Herdas Tod schrieb Herzog Carl August am 11. Juni 1802 an die Witwe, sie ktnne versichert sein, „daß Ich an dem erfolgten Ableben Ihres seeligen Gemahls ganz besondern und lebhaften Antheil genommen habe. Sein nie ermsdeter DienstEyfer und seine treue Verwaltung und Direction meiner Eisenachischen Cammer haben ihm ein unverg|ngliches Andenken gestiftet, und Mir sind immer seine Verdienste desto sch|zbarer gewesen, jemehr wahre perstnliche Zuneigung damit verbunden war.“ (H: ThHStA Weimar, Familienarchiv von Herda zu Brandenburg Nr 18.) Herdas Beziehung zu Goethe war – auf perstnlich freundschaftlicher Ebene – im Wesentlichen amtlicher Natur. In dem (einschließlich des vorliegenden) rund ein Dutzend sberlieferter Briefe Goethes an Herda aus der Zeit zwischen 1779 und 1802 geht es um Gesch|ftliches; gelegentlich dankt Goethe fsr Neujahrswsnsche, gratuliert zur Wiedergenesung und kondoliert zum Tod eines Verwandten. Von Herda sind nur drei Briefe an Goethe sberliefert; sie stammen aus dem Jahr 1802 und betreffen lediglich Gesch|fte. Im vorliegenden Brief geht es um den englischen konomen George Batty, den Johann Heinrich Merck aus Darmstadt nach Weimar empfohlen hatte; er galt als Experte fsr Wiesenbew|sserung und Pflanzenanbau. Goethe setzte laut einem Tagebucheintrag vom 10. Juni 1779 viel Hoffnung auf Batty (GT I 1, 81), der kurz zuvor als sachsen-weimarischer Landkommissar und Inspektor der Kammergster angestellt worden war und dessen Diensteifer und Pragmatismus von Goethe und Herzog Carl August sehr gesch|tzt wurden. Goethe hatte am 15. August 1779 einen Brief an Herda geschrieben (vgl. GR/RB 1779, 3, 8r), der nicht sberliefert ist (vgl. EB 265). Darin hatte er vermutlich darum gebeten, Herda mtge ihm seine Einsch|tzung Battys mitteilen. 291,18 Das gute Zeugniss] Ein solches Dokument ist nicht sberliefert. 291,19 Landkommissar] George Batty. – Die Anstellung Battys sollte helfen, die physiokratischen Agrarreformen, die in Hessen-Darmstadt durchgefshrt worden waren, auch im Herzogtum Sachsen-Weimar und Eisenach umzusetzen. Batty wurde u. a. bei Meliorationsprojekten (zur Bodenverbesserung), Gsterzerschlagungen und beim Ausbau einiger Kammer- und Schatullgster in der N|he Weimars zu Mustergstern t|tig. 291,21 Theilungsgesch~ffte] Offensichtlich ging es um Gsterzerschlagungen, an denen Batty mitwirken sollte. N|heres war nicht zu ermitteln.
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291,24 Ruckkehr] Batty war vermutlich von einer Inspektionsreise nach Eisenach zursckgekehrt. In einem Gespr|ch am 17.? August 1779 hatte er von mancherley Sauereyen berichtet, denen nicht gleich abzuhelfen ist (GT I 1, 87). – 1780 entwarf er Bew|sserungsanlagen fsr Melpers und Ostheim. 523. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 25. August 1779æ ! ÆKochbergæ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd III) ist der vorliegende Brief Ende Juli 1781 eingeordnet. Der Inhalt verweist auf eine frshere Datierung, und zwar auf den 25. August 1779, als Goethe von seinem Besuch in Kochberg nach Weimar zursckgekehrt war (vgl. zu 292,9). Seit der Ausgabe von Fielitz wird der Brief auch so datiert (vgl. Fielitz, Goethe-Stein 1, 179, Nr 340). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/488,I, Bl. 68. – 1 Bl. 19,4614,3 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Siegelreste; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „154.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd III, Jg 1781, Nr 161), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 356 (Datierung: Anfang Oktober 1780). WA IV 4 (1889), 55 f., Nr 840. BEI L AG E
Pfirsiche (vgl. 292,11). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 292,8 gegen neun angekommen] Goethe war seit dem 22. August zu Besuch bei Charlotte von Stein auf Gut Kochberg gewesen. Am 25. kam er laut Tagebuch Abends 9 Uhr in Weimar an. ber seinen Kochberger Aufenthalt schreibt er: Rein und gut da gelebt. Das erste mal dass mirs da wohl war, doch kann ich mich noch nicht mit dem Ort noch der Gegend Befreunden. Was es ist weis ich nicht ob die fatale Erinnerung p. Zeichnete frisch (GT I 1, 88). 292,9 Grothausen] Am 25. August 1779 war ein Husar mit der Nachricht in Kochberg eingetroffen, Grothausen wolle Goethe sehen und deshalb selbst nach Kochberg kommen. Stattdessen entschloss der Dichter sich, um Mancher Ursachen willen nach Weimar zursckzukehren (GT I 1, 88). – Friedrich Wilhelm Carl Ludewig von Grothaus, ein aus Norddeutschland stammender weit-
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BRIEF 524
gereister und fsr seine Profession außergewthnlich gebildeter Offizier und Abenteurer, stand damals in preußischen Diensten. Er hielt sich am 25. und 26. August 1779 in Weimar auf, von wo aus er nach Jena weiterreiste (vgl. ebd.). Goethe, der ihn noch am Abend des 25. in Gesellschaft des Herzogs, Knebels und Herders traf, h|lt in seinem Tagebuch fest: es ist ein schvner braver edler Mensch. Weiter heißt es: Æ:::æ es thut einen wohl ihn zu sehen, sein Landstreicherisch Wesen hat einen guten Schnitt. eigentlich ist er so eine seltsame Erscheinung dass man Wohlthut sich nicht Rechenschafft uber den Eindruck zu fordern den er auf einen macht. (Ebd.) – Grothaus hatte u. a. 1769 am Freiheitskampf der Korsen unter Pascal Paoli gegen die Franzosen teilgenommen, wovon er in Weimar am folgenden Tag erz|hlte. 292,11 Pfirschen] Pfirsiche (vgl. zu 112,1). 524. An Charlotte von Stein
ÆWeimaræ, 21. und 28. August 1779 ! Kochberg
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 22. – Doppelblatt 20627,5 cm, 1 1/4 S. (S. 1 und 3) beschr., egh., Tinte, S. 3 (293,16–19) flschtig geschrieben; S. 4 Adresse: Fr. v. Stein / nach / Kochberg., rotes Initialsiegel: „G“; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „42.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 44), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 233 f. WA IV 4 (1889), 54 f., Nr 839. BEI L AG E
Bscher (vgl. zu 293,18). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der vorliegende Brief wurde vor Goethes Besuch in Kochberg vom 22. bis 25. August begonnen, jedoch nicht abgesandt. Auch nach der Rsckkehr blieb er noch einige Tage liegen. In der Zwischenzeit schrieb Goethe den undatierten Brief vom 25. August (Nr 523), der seine Ankunft in Weimar meldete und dem die Pfirsiche fsr Charlotte von Stein beilagen. 292,14–15 Heut Abend hofft ich bey Ihnen zu seyn] Demnach wollte Goethe schon einen Tag frsher nach Kochberg gehen (vgl. zu 292,8). Insgesamt habe Goethe, heißt es im Tagebuch, die ganze Woche mehr gewatet als geschwommen. (GT I 1, 87; weiter vgl. zu 291,2.) 292,17 der Herzog ist seit gestern weg] Im Fourierbuch ist keine Reise des
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Herzogs vermerkt. Er nahm am 20. und 22. jeweils an der fsrstlichen Mittagstafel teil, ktnnte also am Abend des 20. abgereist und am 22. vormittags zursckgekommen sein (vgl. FB 1779, S. 147–149). Dass die Abwesenheit des Herzogs nicht direkt im Fourierbuch vermerkt wurde, l|sst auf deren privaten Charakter schließen; mtglicherweise stand sie im Zusammenhang mit dessen erwachendem Interesse an Johanna Louise Gr|fin von Werthern-Beichlingen auf Neunheiligen bei Langensalza. Offener thematisiert wird das Verh|ltnis erst in Goethes Tagebuch von Anfang M|rz 1780 (vgl. GT I 1, 106). Am 12. M|rz 1781 schreibt Goethe an Charlotte von Stein aus Neunheiligen, wo er sich seit dem 7. M|rz gemeinsam mit dem Herzog aufh|lt: Unsre arme schvne Wirthinn ÆLouise Gr|fin von Werthern-Beichlingenæ ist kranck, und tr~gts wie Frauen zu tragen gewohnt sind. Heute fruh hatten wir einen langen politischen Diskurs; auch diese Dinge sieht sie gar schvn, naturlich und wie ihres gleichen. Sie liebt den Herzog schvner als er sie. und in diesem Spiegel hab ich mich beschaut und erkannt daß auch Sie mich schvner lieben als wir gewvhnlich kvnnen. (WA IV 5, 79.) 292,18 Sachen] Wie das Tagebuch belegt, erwartete Goethe in der Woche vom 15. bis zum 21. August 1779 einen Bericht des Landkommissars George Batty, und zwar mit der Befsrchtung, dass ihm dieser mancherley Sauereyen denen nicht gleich abzuhelfen ist lebendig machte. (GT I 1, 87; zur T|tigkeit Battys vgl. zu 291,19.) 292,22 die Last Æ:::æ st~rcker gedruckt] Analog dazu vermerkt Goethe im Tagebuch vom 27. August: Es Geht, nur muss frisch gewirthschafftet werden. Die Pesanteur ÆSchwerf|lligkeitæ der Leute, druckt einen gleich nieder. Ich wills auf dem Weeg eine weile fort treiben. (GT I 1, 88; zu Goethes --Befindlichkeit in der Zeit vor der zweiten Schweizer Reise vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 518.) 292,23 Vicktualien] Viktualien: Lebensmittel (von franz. victuailles), heute veraltet, noch gelegentlich im regionalen Sprachgebrauch verwendet. 292,24 Kringen] Kring, Kringe: Ring, Kreis; „der Ring von Stroh, welchen man auf den Kopf legt, wenn man Lasten auf demselben tragen will.“ (Adelung 2, 1790; vgl. auch GWb 5, 747.) – In dieser Bedeutung nur noch einmal bei Goethe belegt, und zwar im ,Brunnenabenteuer‘ in den „Leiden des jungen Werthers“ (1774): Soll ich ihr helfen, Jungfer? sagt ich. Sie ward roth uber und uber. O nein Herr! sagte sie. – Ohne Umst~nde – Sie legte ihren Kringen zurechte, und ich half ihr. (DjG3 4, 108 [Brief vom 15. Mai Æ1771æ].) 293,2 Kussen] Im 18. Jahrhundert noch allgemein gebr|uchlich fsr ,Kissen‘. – ,Ksssen‘ oder ,Kssslein‘ nach Adelung „ein mit einem weichen Ktrper ausgestopfter Beutel oder Sack von mittlerer Grtße“ (2, 1849). 293,3–4 Steinen Æ:::æ nie zu hause] In der Zeit vom 15. bis 21. August muss sich Josias von Stein nahezu st|ndig in Weimar aufgehalten haben, zumin-
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dest wird er mit Ausnahme des 16. August t|glich unter den G|sten der fsrstlichen Mittagstafel aufgefshrt (vgl. FB 1779, S. 145–148). 293,4 Ihre Tauben] Wahrscheinlich frei lebende Tauben, die Charlotte von Stein fstterte. Dafsr, dass sie selbst welche hielt, findet sich kein Hinweis. 293,5–6 Das Eichhvrngen ist wohl.] Der Kontext spricht dafsr, dass Charlotte von Stein ein krankes Eichhtrnchen in Pflege genommen hatte, |hnlich wie sich auch Goethe zeitweilig um einen jungen Fuchs ksmmerte (vgl. zu 69,10). 293,7 schvnen Misel] Wahrscheinlich Corona Schrtter, die in dieser Zeit h|ufig in Goethes Tagebuch erw|hnt wird (vgl. zu 291,2). 293,8–9 ihr furstlicher Freund Æ:::æ Weege gefunden] Wohl mit Bezug auf Herzog Carl August, der sich in dieser Zeit fsr Johanna Louise Gr|fin von Werthern zu interessieren begann. 293,11 Knebeln besuch ich machmal] Vgl. GT I 1, 88. 293,11–12 von Herdern hvr ich gar nichts] Am 25. August war Herders vierter Sohn Adelbert geboren worden; ein Besuch Goethes bei Herder ist fsr den 27. belegt (vgl. GT I 1, 88). 293,12 ein neu Drama] Mtglicherweise mit Bezug auf das am 6. September in Ettersburg aufgefshrte Lustspiel Friedrich Hildebrand von Einsiedels „Orpheus und Eurydike“ (vgl. zu 295,11); am 2. September fand außerdem auch die Auffshrung eines Stsckes mit dem Titel „Der verlorene Sohn“ statt (vgl. Sichardt, 158), vielleicht eine bersetzung aus dem Englischen. – Dass sich die Anksndigung auf den „Egmont“ bezieht, von dem Goethe am 7. September Teile nach Kochberg schickte (vgl. zu 295,1), ist nicht ganz auszuschließen, allerdings wenig wahrscheinlich, da er das Drama Charlotte von Stein gegensber schon frsher unter seinem Titel erw|hnt hatte (vgl. die erste Erl|uterung zu 279,16). 293,16–17 den Beutel und die Manschetten] Wohl Geburtstagsgeschenke Charlotte von Steins. 293,17 Es ist heute ein schvner Tag.] Goethes 30. Geburtstag, an dem ihm Herzog Carl August die bevorstehende Ernennung zum Geheimen Rat anksndigte: zum Geburtstage frey und froh, Nachmittag sagte mir d. Herz. seine Gedanc--ken uber Schn. ÆSchnaußæ und meinen Tittel. (GT I 1, 88; zur Sache vgl. zu 295,16–17.) 293,18 Buchern] N|heres dazu nicht ermittelt. 525. An Charlotte von Stein BERLIEFERUNG
Weimar, 1. September 1779 ! Kochberg
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 23. – Doppelblatt 19623,2 cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Fr. v. Stein / nach / Kochberg / mit
SEPTEMBER 1779
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einem / Korb Obst., rotes Initialsiegel: „G“; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „43.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 45), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 234 f. WA IV 4 (1889), 56, Nr 841. BEI L AG E
Frschte (vgl. 293,20). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 293,21 nicht vom Rhein] Nicht aus den heimatlichen Rhein- und Maingegenden, aus denen Goethe gewthnlich seine Trauben bezog (vgl. zu 172,14). 293,23 Wir machen uns viel Bewegung] Analog dazu heißt es im Tagebuch vom 31. August: Fruh sechs spazier nach Tiefurt viele-- Gedanken uber die bevorstehende Reise und Ver~nderung. sonst muthig und gut. Bewegung ist mir ewig nvtig. (GT I 1, 89.) 293,24 Religion] ,Religion‘ hier im Sinn von ,Gewissenssache‘, ,heilige Pflicht‘. – Dass zu dieser Zeit auch der Herzog h|ufiger zu Fuß ging, belegen Goethes Tagebucheintragungen (vgl. zu 294,9). Mtglicherweise hatten u. a. die Erz|hlungen des weitgereisten Abenteurers Friedrich Wilhelm Carl Ludewig von Grothaus zu dieser neuen Vorliebe beigetragen (vgl. zu 292,9). 293,25 in der neuen Epoche] Mit Bezug auf die gerade begonnene vierte Lebensdekade. Am 2. September vermerkte Goethe im Tagebuch: Wie durch ein Wunder seit meinem Geburtstag in eine frische Gegenwart der Dinge versezt, und nur den Wunsch dass es halten mvge. Eine offne Frvhligkeit und das Lumpige ohne Einfluss auf meinen Humor. (GT I 1, 89.) 526. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 4. September 1779æ ! ÆKochbergæ
DAT I ERU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) ist der vorliegende Brief in den September 1780 eingeordnet. Seit dem Erstdruck wird er nach dem Inhalt und den bereinstimmungen mit dem Tagebuch auf den 4. September 1779 datiert (vgl. zu 294,4; zu 294,19–20). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 103. – Doppelblatt 19,8613,7 cm, 1 2/3 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „129“. –
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BRIEF 527
In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 129), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 236 f. WA IV 4 (1889), 56 f., Nr 842. BEI L AG EN
1) pfel (vgl. 294,2–3). 2) Preise der Zeichenschule (vgl. zu 294,3). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 294,3 Preise der Zeichenschule fur Carl und Kestner] Carl von Stein, damals 14 Jahre alt, und sein Hauslehrer Johann Friedrich K|stner hatten demnach Zeichnungen fsr die Ausstellung der schon Ende 1775 gegrsndeten „Fsrstlichen freyen Zeichenschule“ eingereicht, die pr|miiert worden waren (vgl. zu 354,28; zu 355,1). 294,4 Ausstellung] Ab 1779 wurden jedes Jahr jeweils am 3. September, dem Geburtstag des Herzogs, Arbeiten der Schsler der Weimarer „Zeichenschule“ ausgestellt. Im Tagebuch vom 3. September 1779 vermerkt Goethe: Dejeune. Dann Aufgestellt die Versuche unsrer Zeichenschule. Es wird gut weils angefangen ist als w~rs gar nichts. (GT I 1, 89.) 294,9 ohne Sang und Klang und Prunck] ber die Feier des 22. Geburtstags des Herzogs schreibt Goethe im Tagebuch: Mittags mit " ÆHerzog Carl Augustæ d. Prinzen Wedeln unter d. Aschen gessen. Nach Tisch zum Vogelschiesen. Æ:::æ Abends halb 7 holt ich " ab gingen nach Ettersburg, Knebel begleitet uns eine Strecke. Fanden sie oben leidlich vergnugt. Und trieben unter uns nachdem die Damen retirirt waren viel Thorheiten. (GT I 1, 89.) 294,19–20 Der Besuch der schvnsten Gvtter Æ:::æ bey mir immer fort] Fast wtrtlich heißt es im Tagebuch vom 4. September 1779: Der Besuch der schvnen Gotter, dauert noch immer fort (GT I 1, 89). – ,Schtn‘ hier im Sinne von ,freundlich gesinnt‘, ,gn|dig‘, ,von wohltuender Wirkung‘ (vgl. Grimm 9, 1464); Anspielung auf die positiv ver|nderte Stimmung, in der sich Goethe seit seinem 30. Geburtstag befand (vgl. zu 293,25).
SEPTEMBER 1779
527. An Charlotte von Stein
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Weimar, 7. September 1779 ! ÆKochbergæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 24. – Doppelblatt 20627,5 cm, 1 1/4 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „44.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 46), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 235 f.; 238. WA IV 4 (1889), 58 f., Nr 843. BEI L AG EN
1) Teilmanuskript des „Egmont“? (Vgl. zu 295,1.) 2) Manuskripte Goethes (vgl. zu 295,1–2). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 294,24 Ihre Veste] Eine Weste, die Charlotte von Stein Goethe im August geschenkt hatte (vgl. 291,7–8). 294,24 bey ieder Feyerlichkeit] Wahrscheinlich mit Bezug auf die bergabe des Ernennungsdekrets zum Geheimen Rat an Goethe, die laut Tagebuch am 6. September 1779 stattfand (vgl. zu 295,16–17). 295,1 was von Egmont fertig ist] Vgl. die erste Erl|uterung zu 279,16. – Die Art der Erw|hnung l|sst offen, ob Goethe das Manuskript dem Brief beilegen wollte oder die Sendung nur anksndigte. 295,1–2 meine andre Sachen] Auch die so genannte „Erste Weimarer Gedichtsammlung“ von 1777/78, die sich Goethe mehrmals von Charlotte von Stein zursckgeben ließ, ktnnte unter dem berschickten gewesen sein (vgl. die erste Erl|uterung zu 188,4). 295,4 Wir verreisen] Damit ksndigt Goethe seine bereits seit Anfang August geplante Reise mit dem Herzog, zu der sie am 12. September aufbrachen, der Freundin gegensber zum ersten Mal an, allerdings ohne n|here Angaben sber Ziel und Zweck zu machen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530). Wie die Briefe an Charlotte von Stein aus dem August nahelegen, hielt er die Reisepl|ne vor der Freundin geheim. 295,5–6 sollen Sie Nachricht haben] Vgl. 296,19–20. 295,8 Herzoginn L.] Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach. 295,8 Zeichnung] Es ktnnte die Zeichnung von der Rsckansicht des Gartenhauses gewesen sein, die sich heute im GNM befindet und aus dem Nachlass der Herzogin Louise stammen soll (vgl. Corpus I, 83, Nr 220). 295,9 Aufstellung] ,Aufstellen‘ hier im Sinne von ,etwas offen zur Schau stel-
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BRIEF 527
len‘, ,ausstellen‘ (vgl. Adelung 1, 543). – Die Ausstellung der „Fsrstlichen freyen Zeichenschule“ vom 3. September (vgl. zu 294,4). 295,10–11 sollen Sie von der Reise manches sehen] Von Goethes zweiter Schweizer Reise haben sich nur wenige Zeichnungen erhalten (vgl. Corpus I, 82 f., Nr 216–219; 85, Nr 228; Corpus VIa, 67, Nr 243–245), darunter eine von der Heidelberger Schlossruine, datiert vom 23. September 1779 (Corpus I, 81, Nr 214). Einige Zeichnungen mit Schweizer Motiven sind mtglicherweise erst sp|ter aus der Erinnerung oder nach Vorlagen entstanden. Unsicher ist die Entstehungszeit einer Zeichnung vom Besuch der Kapuziner auf dem Sankt Gotthard (vgl. zu 341,17). 295,11 in Ettersburg Euridice] Am 6. September 1779 wurde in Ettersburg Friedrich Hildebrand von Einsiedels Einakter „Orpheus und Eurydike“ mit Vertonungen von Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff aufgefshrt (vgl. Sichardt, 158). 295,13 Wedel spielte den Orpheus] Neben Moritz von Wedel in der Titelrolle spielte wahrscheinlich die Herzoginmutter Anna Amalia die Eurydike. Auch Johann Joachim Christoph Bode, die Gr|fin Charitas Emilie von Bernstorff und Carl Ludwig von Knebel sollen an der Auffshrung beteiligt gewesen sein (vgl. ebd.). 295,14 Crugantino] Der adlige Vagabund Crugantino, eine Figur aus Goethes „Claudine von Villa Bella“. 295,15 die ganze Claudine besezt] „Claudine von Villa Bella. Ein Schauspiel mit Gesang“ war im Wesentlichen im April und Mai 1775 entstanden. Die Handschrift der ersten Fassung (Prosadialoge mit Liedeinlagen) ist nicht sberliefert. Das Stsck erschien zuerst 1776 bei Mylius in Berlin (vgl. Hagen, 121, Nr 128), wahrscheinlich nach einer Abschrift Philipp Seidels. Die von Goethe geplante Auffshrung durch das Weimarer Liebhabertheater mit Vertonungen Seckendorffs kam nicht zustande. Eine erste nachweisbare Auffshrung des Stscks mit Kompositionen Ignaz von Beeckes fand am 13. Juni 1780 am Wiener Burgtheater statt. – In Italien arbeitete Goethe das Stsck von November 1787 bis Februar 1788 zu einem Libretto fsr eine durchkomponierte Oper um und versifizierte die Handlung durchgehend (in Blankversen). Die zweite Fassung erschien zuerst in Band 5 von „Goethe’s Schriften“ (Leipzig 1788, S. 199–324) und wurde 1789 in Berlin in der Vertonung Johann Friedrich Reichardts uraufgefshrt. Die einzige Auffshrung der „Claudine“ (zweite Fassung) in Weimar fand unter Goethes Theaterleitung am 30. Mai 1795 statt (zu den Unterschieden der beiden Fassungen vgl. FA/Goethe I 4, 1032 f.). 295,16 Schnausen] Christian Friedrich Schnauß, seit 1772 als Geheimer Assistenzrat Mitglied im Geheimen Consilium. 295,16 Lynckern] Carl Freiherr von Lyncker, Oberkonsistorialrat und Landschaftsdirektor in Weimar. 295,16–17 den Geheimden raths Titel] Am 6. September 1779 waren
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Goethe und die beiden zuvor Erw|hnten zu Geheimen R|ten ernannt worden. Das Dekret stammt vom 5. September 1779 (GSA 30/2, Bl. 7; gedruckt bei Bradish, 215 f., Nr 17). Herzog Carl August hatte Goethe die Ernennung schon zu dessen Geburtstag angeksndigt (vgl. zu 293,17). Am 6. September, dem Tag der bergabe des Dekrets, vermerkt Goethe im Tagebuch: Der Wirbel der irrdischen Dinge auch allerley anstosende Personliche Gefuhle griffen mich an. / Es ziemt sich nicht diese innern Bewegungen aufzuschreiben. – Bemerckung eines Politischen Fehlers den ich an mir habe, der auch schwer zu tilgen ist – (GT I 1, 89). 295,19–20 On ne va jamais Æ:::æ ne scait ou l’on va.] Franz.: Man geht nie weiter, als wenn man nicht weiß, wohin man geht. – Die Sentenz findet sich in leicht abgewandelter Form in den Erinnerungen des Kardinals Jean-Franois Paul de Gondi Retz, und zwar als eine Mitteilung von Pomponne de Bellixvre, der einen Ausspruch von Oliver Cromwell zitiert: „Il me disoit un jour, que l‘on ne montoit jamais si haut, que quand on ne sait ou l’on va.“ (Mmoires du Cardinal de Retz Æ:::æ. Nouvelle Edition exactement revue & corrige. Bd 2. Genf 1779, S. 528. – Er ÆCromwellæ sagte mir eines Tages, dass man niemals so hoch steigt, als wenn man nicht weiß, wohin man geht.) Die „Mmoires du Cardinal de Retz“ wurden seit ihrer postumen Erstvertffentlichung 1717 bis ins 19. Jahrhundert hinein immer wieder nachgedruckt und galten als Meisterwerk der Memoirenliteratur. Nachweisbar ist Goethes Lektsre allerdings erst fsr den M|rz/April 1819 (vgl. Keudell, 194 f., Nr 1217 und 1218). – In abgewandelter Form auf Deutsch und ohne Hinweis auf die wahrscheinliche Quelle findet sich die Sentenz in Goethes Brief an Zelter vom 3. Dezember 1812 (vgl. WA IV 23, 188) sowie auf einem Durchschussblatt im Tagebuch von 1815 unter dem Datum 28. Mai (vgl. GT V I, 239). Nach dem Wortlaut des Tagebuchs wurde sie in die „Maximen und Reflexionen“ aufgenommen (vgl. Hecker, Nr 901; vgl. auch FA/Goethe I 13, 285, *3.78). 295,20 ein groser Kletterer] Oliver Cromwell. – Offenbar war das Zitat als Ausspruch Cromwells bekannt und wurde sp|ter ohne Quellenangabe als Aphorismus in zeitgentssischen Periodika gedruckt, so z. B. in der Zeitschrift „Aurora“: „Man steigt nie hther, sagte Cromwell zu dem H. von Bellievre, als wenn man nicht weiß, wo der Weg hinfshrt.“ (Nr 7, 16. Januar 1804, S. 28.) 295,21 noch in Kochberg sind wenn wir zuruckkommen] Die Reise, welche Goethe und die herzogliche Gesellschaft sber Frankfurt und Ssddeutschland schließlich in die Schweiz fshrte, dauerte sehr viel l|nger als ursprsnglich geplant (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530). Erst am 14. Januar 1780 war Goethe wieder in Weimar. 295,23 Wir gehen erst kunftigen Sonntag] Am Sonntag, dem 12. September 1779, reisten Goethe, der Herzog, der Kammerherr Moritz von Wedel und deren Bedienstete fruh halbsechse von Ettersburg (GT I 1, 93) ab und gingen sber Erfurt, Gotha und Eisenach zun|chst nach Kassel.
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BRIEFE 528/529
528. An Johann Friedrich Krafft
Weimar, 9. September 1779 ! ÆIlmenauæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/283,I, Bl. 14. – 1 Bl. 19,8627,5 cm, 1 1/4 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben; Vs. oben links von fremder Hd, Tinte: „79 Septbr. 9tn“, oben rechts von fremder Hd (Schtll?, vgl. E), Bleistift: „12“; Bl. nachtr|glich mit einem Falz an einem unbeschriebenen Bl. befestigt. E: Briefe und Aufs|tze von Goethe (1846), 180 f., Nr 12. WA IV 4 (1889), 59–60, Nr 844 (nach E). BEI L AG E
Geld (vgl. zu 296,13–14). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Postsendungen: 9. September 1779 (vgl. GR/RB 1779, 3, Bl. 11v). 295,27 Was Sie an Petern thun] Goethe hatte in seinem Brief vom 13. und 17. Juli 1779 den Vorschlag gemacht, Krafft ktnne seinem Schstzling Peter im Baumgarten, der seit April 1778 in Ilmenau zum J|ger ausgebildet werden sollte, Sprachunterricht erteilen und sich um dessen Erziehung ksmmern (vgl. 285,11–19). ber Peter im Baumgarten vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 281. 295,28 Verm~chtniss des unglucklichen Lindaus] Heinrich Julius von Lindau, dem Goethe auf seiner ersten Schweizer Reise im Sommer 1775 begegnet war, hatte den jungen Peter als Pflegesohn angenommen. In seinem Testament verfsgte er eine Summe von 2000 Reichstalern, die fsr dessen weitere Erziehung aufgewendet werden sollten. Nachdem Lindau als hessischer Offizier (vermutlich Ende 1776/Anfang 1777) im amerikanischen Unabh|ngigkeitskrieg gefallen war, ksmmerte sich Goethe um die Ausbildung des Jungen. ber Lindau vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 19, sber sein Legat fsr Peter im Baumgarten Goethes Briefe an Carl Ludwig August von Scholley, Wilhelmine von Beaulieu-Marconnay und Carl Ulysses von Salis-Marschlins vom 26. April 1779 (Nr 489–491) sowie die Erl|uterungen dazu. 295,29 ihm ankommen] Im Sinne von ,ihm beikommen‘ (vgl. GWb 1, 596). 296,1–2 wie Sie ihn finden Æ:::æ uber ihn dencken] Kraffts Briefe an Goethe vom 28. Oktober und vom 29. November 1779 enthalten solche Berichte sber Peter im Baumgarten (vgl. RA 1, 75 f., Nr 103 und 105); vgl. auch die einleitende Erl|uterung zu Nr 281 sowie zu 285,12. 296,7 Chodowiecki] Daniel Nikolaus Chodowiecki, Maler, Radierer und Zeichner in Berlin.
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296,9 Sudeleyen Æ:::æ illuminirt] Vgl. zu 103,21–22. 296,10 die Gedult Æ:::æ zum Kunstler] Goethe selbst ließ Peter in den 1780er Jahren in Weimar Unterricht im Kupferstechen geben. Das Berkaer Kirchenbuch bezeichnet ihn am 28. August 1790 als „Kupferstecher allhier“ (Berka’sches Kirchenbuch. Bd V. Vom Jahr 1764 bis 1811 incl., Bl. 155v des Geburtenregisters). 296,13 Ich verreise] Am 12. September 1779 brach Goethe mit Herzog Carl August und einer kleinen Reisegesellschaft zu seiner zweiten Reise in die Schweiz auf. Am 14. Januar 1780 kehrte er nach Weimar zursck. 296,13–14 etwas klein Geld] Laut Rechnungsbuch von 1779 sbersandte Goethe am 9. September 8 Reichstaler und 16 Groschen (vgl. GR/RB 1779, 3, Bl. 11v). 296,15 Castr.] Jean Antoine Joseph de Castrop, weimarischer Artilleriehauptmann; er hatte auch schon frsher finanzielle Angelegenheiten Kraffts erledigt (vgl. 278,20–24; 285,1–2). 296,15 25 rh an Rieds] Kraffts Hauswirt Julius Michael Rieth erhielt eine Miete von 25 Reichstalern im Vierteljahr. Bis Oktober 1779 war die Miete bereits bezahlt (vgl. zu 268,1–3). 296,16 sollen Sie von mir hvren] Den n|chsten Brief an Krafft begann Goethe am 17. Januar 1780 (WA IV 4, Nr 880 [unter falschem Datum]), nur wenige Tage nach seiner Rsckkunft aus der Schweiz; beendet wurde der Brief offenbar sp|ter. 529. An Charlotte von Stein
Weimar, 10. September 1779 ! ÆKochbergæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 25. – 1 Bl. 16,5610(–10,4) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „45.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 47), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 238. WA IV 4 (1889), 60, Nr 845. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet mtglicherweise einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins etwa vom 8. oder 9. September 1779 (vgl. die zweite Erl|uterung zu 296,19). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 296,19 Noch einmal Adieu] Vgl. zu 295,23. 296,19 Talisman] Vielleicht die schon mehrfach erw|hnte Weste (vgl. zu 294,24; zu 260,2).
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BRIEF 530
296,19–20 Nach Franckfurt gehen wir] Nachdem Goethe seine Reisepl|ne lange vor der Freundin geheim gehalten hatte, teilte er ihr am 7. September lediglich mit, dass er verreisen werde (vgl. zu 295,4). Frankfurt als Reiseziel wird hier zum ersten Mal erw|hnt, obwohl Goethe schon am 9. August an seine Mutter nach Frankfurt geschrieben und ihr den Besuch der Weimarer Reisegesellschaft angeksndigt hatte (vgl. zu 288,8–9). 296,20 Freude meiner Alten] Catharina Elisabeth und Johann Caspar Goethe; zum Empfang im Frankfurter Elternhaus vgl. zu 298,10–11. 296,22 Die Schule der Liebhaber] Die Schule der Liebhaber. Ein Lustspiel in fsnf Handlungen, aus dem Englischen des Herrn Whitehead Æsbersetzt von Johann Joachim Christoph Bodeæ. Hamburg 1771. – Der Titel ist in Goethes Bibliothek nicht mehr nachzuweisen, daher ktnnte hier auch eine andere Ausgabe gemeint sein, z. B. der Wiener Nachdruck von 1776. 296,22 Buchbinder] In Goethes Rechnungen findet sich kein konkreter Hinweis auf diesen Auftrag; Buchbinderarbeiten fshrte in dieser Zeit noch Johann Christoph Große aus, der aber schon im Januar oder Februar 1780 verstarb, danach fshrte seine Witwe Anna Margarethe Große das Gesch|ft allein weiter. 530. An Charlotte von Stein
Kassel, 15. September 1779 ! ÆKochbergæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 26. – 1 Bl. 19,4623 cm, 1/2 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: An Fr. v. Stein / nach / Kochberg, Reste eines roten Siegels; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „1a“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 48), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Beischluss zu Nr 531 (vgl. zu 297,17). E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 238 f. WA IV 4 (1889), 60 f., Nr 846. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Mtglicherweise handelt es sich bei dem in Nr 538 (Briefteil vom 16. Oktober 1779) erw|hnten Brief Charlotte von Steins vom 25. September 1779, den Goethe am 15. Oktober erhielt (vgl. 311,19), um den Antwortbrief, zugleich auf Nr 533; der Brief ist nicht sberliefert. Mit dem vorliegenden Brief beginnt eine Reihe von gut einem Dutzend Briefen, die Goethe w|hrend seiner zweiten Reise in die Schweiz vom 12. September 1779 bis zum 14. Januar 1780 an Charlotte von Stein schrieb. Bis auf den letzten, den Brief vom 1. und 3. Januar 1780 (WA IV 4, Nr 878), sind alle anderen im vorliegenden Band abgedruckt. Da Goethe einige Briefe – etwa solche mit Reisebe-
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schreibungen, die er Philipp Seidel diktiert hat – anderen Briefen hinzugefsgt und gemeinsam abgeschickt hat, werden diese nicht wie bisher als separate Einzelbriefe verstanden, sondern unter eine einzige Briefnummer gestellt; so besteht Nr 538 aus drei Teilbriefen, Nr 543 und 550 weisen zwei Teilbriefe auf (vgl. jeweils die berlieferung). Daher finden sich im vorliegenden Band nicht wie z. B. in der WA 17, sondern nur 13 Reisebriefe an Charlotte von Stein bis Ende 1779. Die Beweggrsnde zu der Reise, die zun|chst an den Rhein, nach sp|terem Entschluss jedoch in die Schweiz fshrte, waren ganz unterschiedlicher Natur. Sie betrafen Goethe ebenso wie den Herzog. Wenn Goethe in seinem Brief vom 3. bis 5. Dezember 1779 an Johann Caspar Lavater schreibt, er verfolge mit der Reise Neben-Absichten (360,23), so bezog er sich damit zun|chst auf sich selbst. Es ging darum, wie schon im Fall seiner ersten Schweizer Reise 1775, einen Prozess der inneren Kl|rung und Selbstvergewisserung in Gang zu setzen (vgl. zu 357,11–12 sowie die einleitende Erl|uterung zu Nr 518). Wenige Wochen vor dem Aufbruch, am 7. August 1779, hatte Goethe in sein Tagebuch geschrieben: Stiller Ruckblick aufs Leben auf die Verworrenheit, Betriebsamkeit Wissbegierde der Jugend, wie sie uberall herumschweift um etwas befriedigendes zu finden. Æ:::æ Wie des Thuns, auch des Zweckm~sigen Denkens und Dichtens so wenig, wie in zeitverderbender Empfindung und Schatten Leidenschafft gar viel Tage verthan, wie wenig mir davon zu Nuz kommen und da die H~lfte des Lebens nun voruber ist, wie nun kein Weeg zuruckgelegt sondern vielmehr ich nur dastehe wie einer der sich aus dem Wasser rettet und den die Sonne anf~ngt wohlth~tig abzutrocknen. Die Zeit dass ich im Treiben der Welt bin seit 75 Oktbr. getrau ich noch nicht zu ubersehen. Gott helfe weiter. (GT I 1, 85 und 87; zur Wassermetaphorik vgl. auch zu 297,1.) Die Aufgabe, zu einer eigenen Identit|t zu finden, stellte sich in Goethes Augen jedoch auch fsr Herzog Carl August. Ihr gegenseitiges Verh|ltnis war im vergangenen Jahr nicht ohne Spannung geblieben, nicht zuletzt wegen der Schauspielerin Corona Schrtter, fsr die sich sowohl Goethe wie der Herzog interessierten. Ganz sicher trug das damals enge Verh|ltnis Goethes zu Corona Schrtter auch zur zeitweiligen Entfremdung von Charlotte von Stein bei (vgl. zu 291,2). Auch fsr den Herzog sollte die durch eine Reise geschaffene Distanz zu den Verh|ltnissen in Weimar Spielraum zu einer Kl|rung bieten (vgl. zu 357,11–12 sowie die einleitende Erl|uterung zu Nr 57; ferner den Brief Carl Augusts an Jacob Friedrich von Fritsch, 8. Oktober 1779 [abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1124 f.], vgl. S. 1126, zu Zeile 11). Im Brief an Charlotte von Stein vom 30. November 1779 vergleicht Goethe den Aufenthalt in Zsrich mit einer Brunnen Cur alle Ubel im Menschen tiefe und flache kommen in Bewegung, und das ganze Eingeweide arbeitet durch einander (359,4–6). Er erhoffte sich fsr seinen herzoglichen Freund aber auch ftrderliche Erfahrungen und
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BRIEF 530
Begegnungen politischer, sozialer und perstnlicher Art (vgl. zu 360,23). Als die Schweiz vor ihm lag (vgl. 299,9), schrieb Goethe im Brief an Charlotte von Stein vom 24. bis 28. September 1779, dass er sich vor allem von dem Zusammentreffen mit Johann Caspar Lavater viel Gutes verspreche (vgl. 304,14–15). Am Ende wertete Goethe das Unternehmen als Erfolg; auf der Rsckreise schrieb er im Brief vom 3. bis 5. Dezember 1779 an Lavater, es beginne nun gewiss eine neue Epoche seines und unsres Lebens (360,18–19). Nach Weimar zursckgekehrt, stellte Goethe am 17. Januar 1780 im Tagebuch fest: Jederman ist mit " ÆHerzog Carl Augustæ sehr zufrieden preist uns nun und die Reise ist ein Meisterstuck! (GT I 1, 103.) Mitte April 1780 heißt es: Der " wird taglich besser (ebd., 110). Dieser Eindruck wurde von anderen best|tigt. Wieland rshmte Carl Augusts „herzgewinnendes Betragen gegen alle seine Leute cujuscunque generis, ordinis, furfuris et farinae Æjederlei Geschlechts, Standes, Kleie und Mehlsæ“, und Goethe betreffend bemerkte er, dass „auch Er multum mutatus ab illo ÆVergil, Aeneis 2,274; – sehr veschieden von jenemæ zurskgekommen und in einem Ton zu musicieren angefangen hat, in den wir sbrigen mit Freuden Æ:::æ einzustimmen nicht ermangeln werden.“ (Brief an Johann Heinrich Merck, 17. Januar 1780; WB 7 I, 253.) hnlich lobend |ußerte sich Wieland auch sp|ter noch: Er sei mit Goethes „Art zu seyn, zufrieden Æ:::æ. Das nehmliche gilt auch vom Herzog.“ (Brief an Johann Heinrich Merck, 16. April 1780; ebd., 276.) Er zeigte sich erfreut, dass er „in Gtthens tffentlichem Benehmen eine rxuqortmgm ÆBesonnenheitæ wahrnehme, welche die Gemsther nach und nach beruhigt, und mir Bsrge ist, daß noch alles so gut bey uns gehen wird als man’s rationabiliter verlangen kann.“ (Ebd., 277.) ber die Reisegesellschaft heißt es im Fourierbuch unter dem 11. September 1779: „Heute Abend Verreiseten Durch‘. Herzog auf einige Zeit, nahmen niemanden mit als H‘. Kammerh‘. v. Wedel, H‘. Geh. Rath Gehde, den Kammerdiener Wagner, und den Reitknecht Blochberg“ (FB 1779, S. 161). Außer den Genannten gehtrte auch Goethes Sekret|r Philipp Seidel zu den Reisenden. Ferner ist in den Briefen Nr 546 vom 13. November 1779 und Nr 550, Briefteil aus der Zeit zwischen dem 22. und 24. November 1779, die vom Aufstieg zum Sankt Gotthard berichten, von einem J~ger die Rede (341,21; 345,24), der in (der 2. Abteilung von) Goethes „Briefen aus der Schweiz“ als J~ger Hermann (WA I 19, 292) begegnet; auch Herzog Carl August erw|hnt in seinem Tagebuch unter dem 9. und 11. November 1779 einen Begleiter namens „Hermann“ („Herrmann“) (H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX 134 c, Bl. 8v; vgl. auch Wahl, Carl Augusts Tagebuch, 185 f.). Dass damit der Reitknecht Johann Friedrich Blochberg gemeint ist, scheint der unterschiedlichen Vornamen wegen fraglich. Vermutlich handelte es sich um den in Wedels Diensten stehenden J|ger Johann Hermann Becker (vgl. Briefe des Herzogs Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach an Knebel und Herder. Hrsg. von Heinrich
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Dsntzer. Leipzig 1883, S. 4, Anm. 1). Dabei f|llt auf, dass Becker l|ngere Zeit dem Herzog gefolgt ist statt seinem Dienstherrn von Wedel, der am Gotthardaufstieg nicht teilnahm, sondern mit den Pferden durch’s pa\ de vaud in’s Wallis (345,25) ging. Bei diesem Unternehmen aber war mtglicherweise Blochberg als Reitknecht der geeignetere Begleiter (nach freundlicher Mitteilung von Sebastian Mangold, Msnchen). Allerdings schienen zu Beginn weder die Daheimgebliebenen noch die Reisenden genau zu wissen, welchen Verlauf die am 12. September 1779 angetretene Reise nehmen wsrde. Ob Goethe selbst nach den Erfahrungen seiner ersten Schweizer Reise im Sommer 1775 im Stillen bereits vor Antritt der Reise Pl|ne hegte, sich noch einmal dorthin zu wenden, ist nicht belegt. Als er seine Mutter mit seinem Brief vom 9. August 1779 auf den Besuch vorbereitete, hatte er lediglich geschrieben, der Herzog habe Lust den schvnen Herbst am Rein zu geniesen (288,9), u. a. in Dssseldorf, wie aus dem Brief des Herzogs an seine Mutter Anna Amalia vom 21. Ærecte 22.æ September hervorgeht (vgl. Bergmann, 25). Die Rheingegend hatte Herzog Carl August auch in einem Brief vom 5. September 1779 dem Geheimen Rat Jacob Friedrich von Fritsch als Reiseziel angeksndigt: „Ich habe mich entschloßen Herr Geheimde Rath heute sber acht tage eine Reise anzutreten, um wieder einmahl etwas fremde Luft zu schtpfen. Ich dencke auf Franckfurth am M. den Rhein Strom, u. die umliegenden Gegenden zu gehen u. zu besuchen, u. meine dortigen Verwandte, u. alten bekante zu sehen.“ (Vollst|ndig abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1119 f.) In eben diesem Sinn teilte Goethe Charlotte von Stein am 10. September 1779 in seinem letzten Brief vor dem Aufbruch lediglich mit, es gehe nach Frankfurt (vgl. 296,19–20). Der endgsltige Entschluss, in die Schweiz zu gehen, wurde erst unterwegs gef|llt, und zwar am 18. September 1779. Dies geht aus Carl Augusts Brief an Herzogin Anna Amalia vom 16. Oktober 1779 hervor, in dem er sich fsr die – offenbar als sberraschend empfundene – nderung der Route zu rechtfertigen sucht: „Es tut mir leid, dass Sie mir nicht aufs Wort glauben und meinen, ich h|tte Ihnen ein Geheimnis aus der grossen Reise gemacht; ich muss es also wiederholen, nur zwischen Friedberg und Frankfurt, just halben Wegs wurde es resolviert; da erfuhr ichs und die andern, durch Eingebung des Engels Gabriel.“ (Bergmann, 28.) Zwischen Friedberg und Frankfurt waren die Reisenden am 18. September unterwegs (vgl. die Angaben zur Reiseroute in der vorliegenden Erl|uterung). Nach Johann Heinrich Mercks Zeugnis verhielt es sich so: „Die Reise nach der Schweiz ward auch erst in Frankfurt projettirt, u. also hatten Sie leicht ein Geheimniß von etwas zu machen, das Sie selbst nicht wußten.“ (Brief an Wieland, etwa 7. Oktober 1779; Merck, Briefwechsel 2, 300.) Seinen Geheimrat Fritsch informierte Carl August in einem Brief aus Frankfurt vom 21. Ærecte 22.æ September 1779: „Mein Plan Herr Geheimde Rath, hat sich ge|ndert. Ich gehe in diesen Augenblick nach der Schweitz statt nach Dsßeldorf.“ (H: ThHStA Weimar,
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BRIEF 530
Großherzogliches Hausarchiv A XIX 38, Bl. 21r.) Charlotte von Stein wurde erst im Brief vom 24. bis 28. September 1779 (im Briefteil vom 24. September) sber den ge|nderten Reiseplan unterrichtet: Die Schweiz liegt vor uns (299,9). Bei der nderung des Reiseziels ktnnten von anderen abgesehen auch finanzpolitische berlegungen eine Rolle gespielt haben. So hatte der Kammerpr|sident Johann August von Kalb im Sommer 1779 den Kanton Bern um eine Staatsanleihe von 50 000 Reichstalern gebeten, um die Finanznot der Fsrstlichen Kammer zu lindern. In Bern wurde daraufhin am 20. August 1779 ein entgegenkommendes Gutachten vorgelegt, in dem es heißt: „Dieser Hof ist weder von den m|chtigsten, noch von den gar kleinen Reichs-Fsrsten, also daß die gegen beyde dieser Claßen oft angebrachte Bedenken hier nicht gelten. Der Herr Herzog ist annebens in dem Flor seiner Tagen, also daß weniger ein unerwarteter Todes-Fall zu besorgen, als bey vielen andern, welcher Casus zuweilen Unbeliebigkeiten und Inconvenienz nach sich ziehen kann. Insonderheit aber wird ganz zuverl|ßig versichert, daß derselbe mit ganz keinen Schulden beladen seye, welches in Deutschland etwas ziemlich seltenes ist, und dieser Schuldsache ein vorzsg‘es Gewicht giebt.“ (Staatsarchiv des Kantons Bern, B VII 2465, Nr 9; vgl. auch Julius Landmann: Die ausw|rtigen Kapitalanlagen aus dem Berner Staatsschatz im XVIII. Jahrhundert. Eine finanzhistorische Studie. T. 1. In: Jahrbuch fsr Schweizerische Geschichte 28 [1903], S. 80*.) Bereits am 27. August 1779 fasste der Große Rat der Stadt und Republik Bern den Beschluss, dem Herzog das Darlehen sber die gewsnschte Summe zu gew|hren:
5
Nachdem nun MeGh‘. und Obere sber dieses anbegehrte Geld Darlehn Hochdero Gedanken walten laßen, und dabey auf hier vorkommende in ihrem tit: Gutachten ausfshr‘. enthaltene vorteilhafte Umst|nde Rscksicht genommen, haben Hochdieselbe die Anwendung des anverlangten Capitals von Fsnfzig Tausend ReichsThaler und deßen Ausleihung an Sachsen Weymar unter obgedachten Bedingen einmstig beliebet, und diesemnach Sie MeHGh‘. anmit begw|ltigen wollen, die daherige Negotiation sowohl in Ansehung der Daur des Capitals, der Geld Sorten, und sbriger einschlagender Artikel zu beschließen, und deßhalb mit obvermeldtem HandelsHaus sbereinzukommen. (Staatsarchiv des Kantons Bern, Sign.: A II 935, S. 217.) 1 MeGh‘.] Meine geehrten Herren. 6 MeHGh‘.] Meine hochgeehrten gn|digen Herren. 6 begw|ltigen] Bew|ltigen im Sinne von ,erm|chtigen‘, ,befugen‘ (vgl. Schweizerisches Idiotikon. Wtrterbuch der schweizerdeutschen Sprache. Æ:::æ Bd 15. Frauenfeld 1999, S. 1657). 9 HandelsHaus] Zuvor wurde im vorliegenden Schreiben mitgeteilt, der Darlehensantrag sei „durch den Canal der H.rn Gebrsdern Bettmann in Frankfort“ gelaufen (ebd., S. 216).
SEPTEMBER 1779
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Das Gesch|ft sollte also sber die Gebrsder Johann Philipp und Simon Moritz Bethmann, Inhaber des Bethmannschen Bankhauses in Frankfurt, abgewickelt werden (vgl. auch Johann August von Kalbs Brief an Carl August vom 8. M|rz 1780 sowie das Votum Johann Jacob von Fritschs vom 13. M|rz 1780; H: ThHStA Weimar, Behtrden B 1722a, Bl. 12 und 20). Aus Kalbs Schreiben an Carl August vom 8. M|rz 1780 geht hervor, dass der Herzog durch „kurz vor Antritt Hoechst Dero in vorigen Jahre unternommenen Reise Hoechst Denenselben msndlich gethanen unterth|nigsten Vortrag“ (H: ThHStA Weimar, Behtrden B 1722a, Bl. 12r) sber die Angelegenheit informiert worden war. Wenn Carl August schreibt, die Entscheidung, in die Schweiz zu gehen, sei „zwischen Friedberg und Frankfurt“ gefallen, so ktnnte dies darauf hindeuten, dass ein Gespr|ch mit den Brsdern Bethmann den Anlass dazu gab. Die Begegnung mit den Bankiers ktnnte entweder auf dem Bethmannschen Landgut stattgefunden haben, das nordtstlich von Frankfurt außerhalb der Stadt in der N|he des Friedberger Tors an der Straße nach Friedberg und Kassel lag, oder auch an der etwa 8 km vom Friedberger Tor entfernten Zollstation zwischen Hessen-Kassel und Frankfurt (heute Restaurant „Altes Zollhaus“ an der Friedberger Landstraße). Mtglicherweise ließ sich der Herzog durch die Bethmanns davon sberzeugen, dass es von Nutzen sei, mit den Kreditgebern in Bern perstnlich zusammenzutreffen, um die Verhandlungen im gewsnschten Sinn zu beftrdern. Goethes Briefe aus der Schweiz enthalten hier und da Andeutungen, welche die Vermutung ststzen, es sei in Bern tats|chlich nicht zuletzt um das Kreditgesch|ft gegangen. Dass er am 8. Oktober 1779, beim ersten Besuch in Bern, einen Perukenmacher aufsuchte (306,22), wie er Charlotte von Stein mitteilte, weist darauf hin, dass offizielle Begegnungen mit Honoratioren der Stadt bevorstanden. W|hrend des zweiten Aufenthalts in Bern berichtet Goethe in seinem Brief an Christian Friedrich Schnauß vom 16. Oktober 1779: Wir schw~zzen hier den ganzen Tag mit den Bernern von ihrer Regimentsform. Der Herzog fragt brav aus und ist auf alles aufmercksam. (310,1–3.) Es ist gut mtglich, dass solche Gespr|che nicht nur die politische Neugier des Herzogs befriedigen, sondern auch als vertrauensbildende Maßnahmen dienen sollten, ebenso wie der Besuch auf dem Landgut des Berner konomen Niklaus Emanuel Tscharner am 16. Oktober 1779 (vgl. zu 311,17), der Mitglied des Großen Rates war, welcher den Kredit zu gew|hren hatte. Als Begleiter stand Carl Ferdinand von Sinner zur Verfsgung, Sohn des Berner Stadtschultheißen Friedrich Sinner (vgl. zu 311,17), auch dies vermutlich zu dem Zweck, die Weimarer G|ste n|her kennen zu lernen. Umgekehrt war Herzog Carl August alles daran gelegen, den Eindruck der Kreditwsrdigkeit, welche ihm das zitierte Gutachten bereits bescheinigt hatte, nicht in Gefahr zu bringen; so beschwor er schon in einem Brief aus Bern vom 8. Oktober 1779 den Pr|sidenten des Geheimen Consiliums Jacob Friedrich von Fritsch: „Wenn es irgend einige Mtglichkeit ist
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wsnschte ich sehr daß sich die Cammer die schande ersparte mit unrichtigkeit der besoldungs Auszahlungen den Anfang zu machen.“ (Brief abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1124 f.) Die Anleihe kam schließlich zustande. Weimar erhielt 50 000 Reichstaler zu 4 % Zinsen bei einer Laufzeit von 10 Jahren und unter „Verpf|ndung der Revensen von denen Scatoull-Gstern Tannroda und Thangelstedt“ (Votum von Jacob Friedrich von Fritsch, 13. M|rz 1780; AS 1, 97), beginnend von Ostern 1780; auch Goethe gab dazu sein Accedo (ebd., 98). Doch schon 1781 konnte die Zinszahlung nur versp|tet, 1782 gar nicht geleistet werden: ein Grund fsr die Entlassung des Kammerpr|sidenten Johann August von Kalb. Am Ende gelang es, den Kredit bis 1790 zursckzuzahlen. – ber die Weimarer Staatsfinanzen unterrichtet ausfshrlich Marcus Ventzke: Das Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach 1775–1783 (Vertffentlichungen der Historischen Kommission fsr Thsringen. Kleine Reihe. Bd 10). Ktln, Weimar, Wien 2004, S. 48–128. Die Briefe, die Goethe w|hrend der Reise schrieb, vor allem die an Charlotte von Stein (beginnend mit den von Philipp Seidel abgeschriebenen Reiseaufzeichnungen vom 3. Oktober 1779 in Nr 538), sollten ihm als Grundlage fsr die Ausarbeitung einer Reisebeschreibung dienen; sie kam aber erst zustande, als Schiller Jahre sp|ter Goethe um einen Beitrag fsr seine Zeitschrift „Die Horen“ bat: „Briefe auf einer Reise nach dem Gotthardt“ (1796. 8. Stsck, S. 29–94); sie wurden sp|ter unter dem Titel „Briefe aus der Schweiz“ – mit dem Zusatz „Zweyte Abtheilung“ – in den 11. Band der Cottaschen Ausgabe von „Goethe’s Werken“ (Tsbingen 1808) aufgenommen (vgl. WA I 19, 221–306). – Zum Reiseverlauf vgl. den folgenden berblick: Goethes zweite Reise in die Schweiz 12. September 1779–14. Januar 1780 Die im folgenden berblick verzeichneten Entfernungen sind ungef|hre Angaben nach heutigen Verh|ltnissen; sie sollen lediglich zur groben Orientierung sber die Distanzen zwischen den Stationen der Reise dienen. 12. September
Weimar, Gotha, Eisenach
80 km
13. September
Eisenach, Creuzburg, Kassel (Ankunft: 14. September, 1 Uhr)
86 km
Kassel, Wabern, Jesberg
54 km
14. September 15. September 16. September
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SEPTEMBER 1779
17./18. September
Jesberg, Frankfurt mit unbekannter Zwischenstation a) tstlich am Vogelsberg vorbei, Fulda, Friedberg, Frankfurt oder b) westlich am Vogelsberg vorbei, Friedberg, Frankfurt
190 km 125 km
19. September 20. September 21. September 22. September
Frankfurt, Eberstadt
38 km
23. September
Eberstadt, Heidelberg
51 km
24. September
Heidelberg, Schwetzingen, Speyer, Rheinzabern
61 km
25. September
Rheinzabern, Seltz, Sessenheim
49 km
26. September
Sessenheim, Drusenheim, Straßburg
35 km
27. September
Straßburg, Kehl, Dinglingen, Emmendingen
74 km
28. September 29. September 30. September/ Emmendingen, Freiburg, Basel 1. Oktober a) durch das Htllen- und Wiesental b) sber Schallstadt, Msllheim, Schliengen
115 km 90 km
2. Oktober 3. Oktober
Basel, Birstal, Saugern (Soyhixres), Rennendorf (Courrendlin), Msnster (Moutier)
60 km
4. Oktober
Msnster, Biel
30 km
5. Oktober
Ausflug zur St. Petersinsel
6. Oktober
Biel, Erlach, Anet (Ins) Ausflug von Anet nach Saint Blaise
26 km 20 km
7. Oktober
Anet, Murten, Bern
37 km
8. Oktober
Bern, Thun
30 km
9. Oktober
Thun, Unterseen, Lstschinental, Lauterbrunnen
38 km
10. Oktober
Gebirgswanderung: Lauterbrunnen, Stechelberg, 30–35 Trachsellauenen, Oberer Steinberg, Tschingel- km gletscher, Oberhorn (zwischen Tschingel- und
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BRIEF 530
Breithorngletscher) und zursck nach Lauterbrunnen 11. Oktober
Lauterbrunnen, Zweilstschinen, Grindelwald
16 km
12. Oktober
Grindelwald, Oberer Grindelwaldgletscher, Große 38 km Scheidegg, Reichenbachtal, Schwarzwaldalp, Rosenlaui, Reichenbachfall, Hof bei Innertkirchen, Guttannen
13. Oktober
Guttannen, Meiringen, Brienz (Tracht; heute Kienholz)
14. Oktober
Brienz, Brienzer See, Interlaken, Unterseen, Thu- 37 km ner See, Sundlauenen, Ausflug zur Beatushthle, Thun
15. Oktober
Thun, Bern
28 km
30 km
16. Oktober
Ausflug nach Kehrsatz
10 km
17. Oktober
Ausflug nach Langnau
54 km
18. Oktober
Ausflug nach Hindelbank
30 km
19. Oktober 20. Oktober
Bern, Murten, Avenches (Wiflisburg), Payerne (Peterlingen)
47 km
21. Oktober
Payerne, Cheyres, Moudon
40 km
22. Oktober
Moudon, Lausanne
24 km
23. Oktober 24. Oktober 25. Oktober
26. Oktober
Ausflug nach Vevey Lausanne, Rolle, Mont-sur-Rolle, Col du Marchairuz, Le Brassus
40 km 52 km
Ritt von Le Brassus durchs Valle de Joux sber 55 km Le Sentier, Le Lieu, Lac Ter, Lac Brenet, Pont, Aufstieg zur Dent de Vaulion, zursck nach Pont, von dort Ritt sber L’Abbaye zursck nach Le Brassus Le Brassus, Bois d’Amont, Les Rousses, vermutlich La Cure, von dort Richtung Saint Cergue, auf dem Weg dorthin (von La Givrine oder Les Pralies?) Aufstieg zur La Dle, Saint-Cergue, Nyon
57 km
975
SEPTEMBER 1779
27. Oktober
Nyon, Genf
24 km
28. Oktober 29. Oktober
Ausflug nach Genthod
16 km
31. Oktober
Ausflug nach Ferney
18 km
1. November
Ausflug nach Ferney
18 km
2. November
Ausflug nach Ferney und Chambsy
19 km
30. Oktober
3. November
Genf, Bonneville (Frankreich), Cluses
42 km
4. November
Cluses, Balme, Sallanches, Servoz, Chamonix (Le Prieur)
47 km
5. November
Ausflug zum Montenvers und ins Mer de Glace 12 km
6. November
Chamonix, Les Bois (Glacier de Bois), Argentixre 33 km (Glacier d’Argentixre), Le Tour (Glacier du Tour), Col de Balme, Trient, Martigny
7. November
Ausflug zum Pissevache-Wasserfall und nach Sankt Moritz
30 km
8. November
Martigny, Sion, Sierre (Siders)
44 km
9. November
Sierre, Inden, Leukerbad
19 km
10. November
Leukerbad, zursck nach Inden, Leuk, Brig
62 km
11. November
Brig, Msnster (Rhne)
33 km
12. November
Msnster, Furka-Pass, Realp
40 km
13. November
Realp, Hospental, Sankt Gotthard (Kapuziner)
18 km
14. November
Sankt Gotthard, zursck nach Hospental, Andermatt, Urner Loch, Gtschenen, Amsteg
35 km
15. November
Amsteg, Altdorf, Flselen, per Schiff nach Brunnen, Schwyz
33 km
16. November
Schwyz, zursck nach Brunnen, per Schiff nach Luzern
26 km
18. November
Luzern, Zsrich
49 km
19. November –1. Dezember
Zsrich
17. November
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BRIEF 530
2. Dezember
Zsrich, Kloten, Winterthur
27 km
3. Dezember
Winterthur, Frauenfeld, Konstanz
42 km
Konstanz, Stein am Rhein, Schaffhausen
47 km
8.–10. Dezember
Schaffhausen, Schw|bische Alb, Hechingen, Tsbingen
120 km
11. Dezember
Tsbingen, Stuttgart
37 km
4. Dezember 5. Dezember 6. Dezember 7. Dezember
12. Dezember 13. Dezember 14. Dezember 15. Dezember
Ausflug nach Kornwestheim und Ludwigsburg
30 km
16. Dezember 17. Dezember 18. Dezember
Stuttgart, Karlsruhe
71 km
Karlsruhe, Mannheim
63 km
Mannheim, Frankfurt oder Mannheim, Weinheim, Frankfurt
80 km
19. Dezember 20. Dezember 21. Dezember 22. Dezember 23. Dezember 24. Dezember
87 km
25. Dezember 26. Dezember
Ausflug nach Offenbach
13 km
27. Dezember 28. Dezember 29. Dezember 30. Dezember 31. Dezember
Frankfurt, Darmstadt Ausflug nach Dieburg
28 km 16 km
977
SEPTEMBER 1779
1. Januar
Rsckkehr nach Darmstadt
16 km
2. Januar
Ausflug nach Homburg v. d. H.
44 km
3. Januar
Rsckkehr bis Frankfurt
16 km
4. Januar
Rsckkehr nach Darmstadt
28 km
5. Januar 6. Januar
Darmstadt, Frankfurt
28 km
Frankfurt, Eisenach, Weimar
255 km
7. Januar 8. Januar 9. Januar 10.?–14. Januar
Anmerkungen 13. September: Nach Goethes Tagebuch war die Reisegesellschaft in der Nacht vom 13. auf den 14. September 1779 Nachts 1 Uhr (GT I 1, 93) von Erfurt kommend in Kassel eingetroffen. 16. September: In Goethes Tagebuch heißt es unter dem 16. September: Weggefahren um 12 Uhr. nach Wabern von da geritten auf Jesberg. angek. um 8 Uhr. (GT I 1, 93.) Daraus scheint hervorzugehen, dass die Reisenden vom 16. auf den 17. September Station im von Kassel etwa 54 km entfernten Jesberg machten. Dass sie an diesem Tage noch bis Fulda gelangt seien, wie gelegentlich, jedoch ohne Beleg angenommen wird (vgl. Goethe-Handbuch2 4, Karte 1; GT I 1, 93 und GT I 2, 492, zu 93,21), ist unwahrscheinlich. Die Stadt liegt von Jesberg weitere 80 km entfernt, so dass die Reisegesellschaft in acht Stunden eine Distanz von 134 km h|tte bew|ltigen msssen. (Nach Mitteilung des Instituts fsr Geschichtliche Landeskunde an der Universit|t Mainz legte ein Reiter an einem Tag etwa 60–80 km zursck.) Hinzu kommt, dass die Route sber Wabern und Jesberg nicht (jedenfalls nicht direkt) in Richtung Fulda fshrt, sondern westlich am Vogelsberg vorbei in Richtung Friedberg. Diesen Ort passierten die Reisenden auf ihrem Weg nach Frankfurt nachweislich, wie sich den Briefen von Herzog Carl August an seine Mutter vom 19. September und vom 16. Oktober entnehmen l|sst (vgl. Bergmann, 24 und 28).
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BRIEF 530
17./18. September: ber die Reiseroute am 17. und 18. September nach Friedberg liegen keine zuverl|ssigen Zeugnisse vor. Sollte sie von Jesberg aus tstlich am Vogelsberg vorbei sber Fulda nach Friedberg und schließlich nach Frankfurt gefshrt haben, w|ren etwa 190 km zu bew|ltigen gewesen; die Route von Jesberg westlich am Vogelsberg vorbei sber Friedberg nach Frankfurt w|re etwa 125 km lang gewesen. In beiden F|llen mussten die Reisenden Zwischenstation machen. Selbst wenn sie am 16. September bis Fulda gekommen w|ren, dsrfte die Strecke von Fulda sber Friedberg nach Frankfurt mit etwa 110 km zu viel fsr einen einzigen Reisetag gewesen sein. Dabei fshrt die sbliche Route von Fulda nach Frankfurt gar nicht sber Friedberg, sondern sber Schlschtern, Gelnhausen und Hanau (vgl. Willi Beils: Goethes Beziehungen zum Fuldaer Lande. In: Fuldaer Geschichtsbl|tter 24 [1931], S. 81); diesen Weg nahm Goethe vom 1. bis 3. August 1797, als er zum dritten Mal in die Schweiz reiste (vgl. GT II 1, 124 f.). Wo die Reisenden vom 17. auf den 18. September 1779 sbernachteten, konnte nicht ermittelt werden. In Goethes Vaterstadt trafen sie am Abend des 18. September ein (vgl. 298,10). 22. September: Das Datum des Aufbruchs aus Frankfurt geht aus Catharina Elisabeth Goethes Brief an Herzogin Anna Amalia vom 24. September 1779 hervor: „Am Sontag gingen Sie in ein großes Concert das im Rothen Hauß gehalten wurde, Æ:::æ Montags und Dinstags gingen Sie Ædie Reisendenæ in die Commedie, Mittwochs um 12 Uhr Mittags ritten Sie in bestem wohlseyn der Bergstraße zu“ (Pfeiffer-Belli, 456). Bei den genannten Tagen handelt es sich um den 19., 20., 21. und 22. September 1779; Goethes Mutter spricht, indem sie den 18. September dazurechnet, davon, dass sie „5 tage“ (Pfeiffer-Belli, 455) mit ihrem Sohn zusammen gewesen sei. Dass Herzog Carl August in einem auf den 21. September datierten Brief aus Frankfurt an seine Mutter schreibt: „Diesen Mittag geht es fort“ (Bergmann, 25), und unter demselben Datum an Jacob Friedrich von Fritsch, er sei gerade im Aufbruch begriffen, muss auf einem Irrtum beruhen (Brief abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1122). 25. September: Nach Sessenheim ritt Goethe allein; am folgenden Tag traf er in Drusenheim wieder mit der sbrigen Reisegesellschaft zusammen. 30. September/1. Oktober: Die Route von Emmendingen sber Freiburg nach Basel fshrte entweder durch das Htllen- und Wiesental tstlich am Feldberg vorbei oder westlich an Belchen und am Feldberg vorbei auf direktem Weg nach Ssden (vgl. weiter zu 320,13–14). Der bernachtungsort ist in beiden F|llen nicht bekannt.
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7. November: Den Ausflug nach Sankt Moritz schildert Herzog Carl August in seinem Tagebuch (H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX 134 c, Bl. 6v; vgl. auch Wahl, Carl Augusts Tagebuch, 182 f.). 8.–10. Dezember: ber die Reise von Schaffhausen nach Tsbingen heißt es im Brief des Herzogs Carl August an seine Frau Louise vom 12. Dezember 1779: „Den dritten Tag Æ8. Dezemberæ ritten wir großmsthig Ævon Schaffhausenæ weiter, brachten 3 zieml. btse Wettertage unterwegs, u. in unbetr|gtichen Stationen zu, u. kamen vorgestern Æ10. Dezemberæ nach Tsbingen. Wir haben Hechingen paßirt“ (Karl August-Luise, 126). In Chronik 2, 262 wird (in bereinstimmung mit Teilkarte 2 im Goethe-Handbuch2) folgende Route genannt: Herblingen, Thayngen, Ebringen, Hilzingen, Weiterdingen, Welschingen, Neuhausen, Engen, Hattingen, Tuttlingen, Wurmlingen, Horningen, Rietheim, Balgheim, Spaichingen, Hofen, Aldingen, Frittlingen, Wellendingen, Schtmberg, Dotternhausen, Erzingen, Endingen, Balingen, Engstlatt, Steinofen, Wessingen, Hechingen und Dusslingen. Diese Wegstrecke betr|gt, wie in der Tabelle angegeben, 120 km. Wo die Reisegesellschaft sbernachtete, konnte nicht ermittelt werden. 11. Dezember: Sollte die Route sber Lustnau, Dettenhausen, Waldenbach, Echterdingen und Hohenheim gefshrt haben (so Chronik 2, 262; ohne Quellenangabe), wird die Wegstrecke von Tsbingen nach Stuttgart etwa 40 km betragen haben. 12. und 14. Dezember: An beiden Tagen besuchte Goethe mit Herzog Carl August die Milit|r-Akademie, zu deren Ztglingen damals Schiller gehtrte (vgl. zu 366,4). 21. Dezember: Sollte die Route sber Bruchsal, Wiesloch und Schwetzingen gefshrt haben (so Chronik 2, 265; ohne Quellenangabe), wird die Wegstrecke von Stuttgart nach Karlsruhe etwa 77 km betragen haben. 24. Dezember: Das Datum des Aufbruchs aus Mannheim ergibt sich aus dem Umstand, dass Goethe und Carl August am 23. Dezember das Mannheimer Theater besuchten, und zwar eine Auffshrung von Richard Brinsley Sheridans Lustspiel „Die Nebenbuhler“ mit Iffland in der Rolle des Barons Abslut (vgl. August Wilhelm Iffland an seinen Bruder Christian Philipp Iffland, 29. Dezember 1779; BG 2, 214; ferner: Friedrich Walter [Hrsg.]: Archiv und Bibliothek des Grossh. Hof- und Nationaltheaters in Mannheim 1779–1839. Bd 2. Leipzig 1899, S. 266 und 402), und am Abend des 25. Dezember ein Kon-
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zert in Frankfurt (vgl. Herzog Carl August an seine Mutter, 26. Dezember 1779; Bergmann, 34). Dem widerspricht ein Brief des Herzogs an Jacob Friedrich von Fritsch vom 25. Dezember 1779 aus Frankfurt, in dem es heißt: „Vorgestern bin ich hier eingetroffen“ (abgedruckt im Anhang „Dokumente“, S. 1133). Dies wsrde bedeuten, dass Goethe und seine Begleiter noch nach dem Besuch des Theaters am 23. Dezember nach Frankfurt gereist w|ren, was nicht ausgeschlossen, aber nicht wahrscheinlich ist. Sollte die Route sber Weinheim gefshrt haben (so Chronik 2, 266; ohne Quellenangabe), so wird die Wegstrecke von Mannheim nach Frankfurt etwa 87 km betragen haben. 30. Dezember: Die Ankunft in Darmstadt verzeichnet das Fourierbuch des Darmst|dter Hofes unter dem 30. Dezember 1779 (vgl. BG 2, 216). 31. Dezember: Die Daten des Ausflugs nach Dieburg nach Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 1. und 3. Januar 1780 (WA IV 4, Nr 878) und dem Darmst|dter Fourierbuch (vgl. BG 2, 216). 2. Januar: Der Ausflug nach Homburg nach Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 1. und 3. Januar 1780 (WA IV 4, Nr 878) und dem Darmst|dter Fourierbuch (vgl. BG 2, 216). 3. Januar: Die Rsckkehr zun|chst bis Frankfurt nach dem Brief des Herzogs Carl August an seine Frau Louise vom 4. Januar 1780 aus Frankfurt (vgl. Karl August-Luise, 128). 4. Januar: Die endgsltige Rsckkehr nach Darmstadt nach dem Brief des Herzogs Carl August an seine Frau Louise vom 4. Januar 1780 aus Frankfurt (vgl. Karl August-Luise, 128) und dem Darmst|dter Fourierbuch (vgl. BG 2, 216). 6. Januar: Datum des Aufbruchs von Darmstadt nach dem Darmst|dter Fourierbuch (vgl. BG 2, 216). 10.?–14. Januar: Der Aufbruch aus Frankfurt fand vermutlich um den 10. Januar 1780 statt. In Johann Heinrich Mercks Brief an Herzogin Anna Amalia vom 14. Januar 1780 heißt es: „Bey der grossen Dumpfheit, worin mich der Abschied von den Herrn Reisenden diese paar Tage gelassen hat Æ:::æ.“ (Merck, Briefwechsel 2, 353.) Die zursckzulegende Entfernung von etwa 255 km spricht fsr eine Reisezeit von drei oder vier Tagen. – Dass die Route sber Eisenach fshrte, geht aus Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 3. Januar 1780
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hervor: Æ:::æ schreiben Sie mir nun ich bitte nach Eisenach bey S t r e i b e r n abzugeben (WA IV 4, 160). – In Chronik 2, 269 wird (ohne Quellenangabe) folgende Route genannt: Frankfurt, Hanau, Gelnhausen, Salmsnster, Steinau, Schlschtern, Neuhof, Fulda, Hsnfeld, Buttlar, Vacha, Eisenach, Schtnau, Mechterst|dt, Gotha, Erfurt, Weimar. Die Wegstrecke entspricht derjenigen, die Goethe vom 30. Juli bis zum 3. August 1797 auf der dritten Reise in die Schweiz von Weimar nach Frankfurt genommen hat (vgl. GT II 1, 121–125). Die Distanz betr|gt etwa 255 km. Wo die Reisegesellschaft sbernachtete, konnte nicht ermittelt werden. – Im Weimarer Fourierbuch heißt es unter dem 14. Januar 1780: „Heste Mittag kahmen unser Durch‘. Herzog unvermuthet von Ihrer 18. Wtchent‘. Reise, zur ausnehmender Fresde des ganzen Hofes wiederum gesund und wohl hier an, wofsr wier Gott annoch Tausendmahl Dank sagen.“ (FB 1780, S. 10.) – Dass Carl August einen Brief an Carl Ferdinand von Sinner geschrieben haben soll, der auf „Weymar den 10 Jan. 1780“ datiert ist (Ludwig Hirzel: Briefe des Herzogs Carl August an Karl Ferdinand von Sinner in Bern. In: Vierteljahrschrift fsr Litteraturgeschichte 3 [1890], S. 123), kann nur auf einem Lese- oder Schreibfehler beruhen. 296,24 Cassler Herrlichkeiten] Laut Goethes Tagebuch war die Reisegesellschaft in der Nacht vom 13. auf den 14. September 1779 Nachts 1 Uhr (GT I 1, 93) von Erfurt kommend in Kassel eingetroffen. Unter dem 14. September heißt es: Fruh die Parade, Orangerie, Auggarten, Menagerie, Modelhaus pp. Nachm. die Galerie. (Ebd.) Unter dem 15. September: Auf Weissenstein, den Winterkasten erstiegen, die ubrigen Anlagen besehen. (Ebd.) – Die Orangerie war die Sommerresidenz des Landgrafen von HessenKassel im heutigen Park Karlsaue. Mit Auggarten ist ,Augarten‘ gemeint, heute Park Karlsaue, mit Menagerie der Tierpark (mit dem indischen Elephanten, an dessen Sch|del Goethe sp|ter Untersuchungen zum Zwischenkieferknochen vornahm), mit Modelhaus das Modell- oder Messhaus, mit dem Weissenstein das ehemalige, sp|ter zu Schloss Wilhelmstein umgebaute Augustinerkloster und mit dem Winterkasten eines der Wahrzeichen der Stadt Kassel, das Oktogon oder Riesenschloss im (heutigen) Bergpark Wilhelmshthe mit der Statue des Herakles auf der Spitze einer Pyramide. 296,25 Gem~hlde Gallerie] Sie befand sich im Ottoneum (in der N|he des Friedrichplatzes), wo die landgr|fliche Kunst- und Naturaliensammlung untergebracht war. Goethe begegnete dort Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (vgl. Herzog Carl August an seine Mutter Anna Amalia, 15. September 1779; Bergmann, 24). 297,1 Zeit dass wir in’s Wasser kamen] Zum Zweck der Reise vgl. die einleitende Erl|uterung. In der dort zitierten Tagebuchaufzeichnung benutzt Goethe
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wie auch hier die Wassermetaphorik; mit Bezug auf diese Eintragung steht das Bild vom Ins-Wasser-Kommen fsr Aufhebung von Stagnation, fsr Bewegung und Fortschritt. An anderer Stelle findet sich in Goethes Briefen auch die Metapher der Schiffsfahrt (vgl. zu 13,7–8). 297,2 klare Augen] Zur Bedeutung des Auges fsr das Wahrnehmen und Erkennen der Welt bei Goethe vgl. GB 1 II, zu 231,9. 297,3 nach Franckfurt] In Frankfurt kam die Reisegesellschaft am 18. September 1779 an und blieb dort zun|chst bis zum 22. September. 297,4 Gr. Wartensleben] Charlotte Wilhelmine Isabella Gr|fin von Wartensleben geb. Gr|fin zu Lynar, eine Freundin Charlotte von Steins, seit 1770 verwitwet, Schriftstellerin; vgl. sber sie auch zu 99,33–100,1. Der angeksndigte Besuch fand, zumindest bei dieser Gelegenheit, nicht statt. Aus der Schweiz schrieb Goethe am 16. Oktober 1779, die Gr|fin sei nicht in Kassel gewesen (vgl. 311,21). Dass er sie von Kassel aus an ihrem Wohnsitz in Exten besucht hat, ist wegen der großen Entfernung (etwa 120 km) unmtglich. (Die gelegentlich ge|ußerte Vermutung, Goethes in Leipzig sberlieferte Tuschzeichnung, eine „Landschaft mit B|umen“ darstellend [Museum der Bildenden Ksnste, Graphische Sammlung, Inv.-Nr I. 8199], sei im September 1779 in Exten bei einem Besuch der Gr|fin von Wartensleben entstanden, ist unzutreffend.) 531. An Josias von Stein mit Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Kassel, 15. September 1779 ! ÆWeimaræ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 27. – 1 Bl. 19,2(–19,4)622,7 cm, 1 S. beschr., obere H|lfte Carl Augusts Hd, Tinte (Petitdruck), untere H|lfte egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte und Bleistift: „2a“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 49), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Beischlssse: Nr 530 (vgl. zu 297,17) sowie Carl Augusts Brief an seine Mutter Anna Amalia vom 15. September 1779, vermutlich auch ein nicht sberlieferter Brief an seine Frau Louise (vgl. die erste Erl|uterung zu 297,7). E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 239 f. WA IV 4 (1889), 61 f., Nr 847. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 297,6 Caßel] In Kassel machten Herzog Carl August und Goethe auf ihrer Reise in die Schweiz vom 14. bis 16. September 1779 Station. 297,7 diese beyliegenden] Ein Brief von Herzog Carl August an seine Mutter
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Anna Amalia vom 15. September 1779 (Bergmann, 24) und vermutlich ein Brief an Herzogin Louise, der nicht sberliefert ist. Der erste der bekannten „Briefe des Herzogs Karl August an die Herzogin Luise von der Schweizerreise“ stammt vom 19. September 1779 (vgl. Karl August-Luise, 112). 297,7 ihren Paquet] Das gewthnliche Genus des aus dem Franztsischen stammenden Wortes war das Neutrum (vgl. Adelung 3, 637; Grimm 13, 1408). 297,8–9 weil es Æ:::æ an Hertzoginnen schreibt] Herzog Carl August reiste inkognito als Baron von Wedel. – Johann Georg Forster, mit dem Goethe und Carl August zusammengetroffen waren (vgl. zu 297,20–21), schreibt in einem Brief an Friedrich Heinrich Jacobi vom 10. Oktober 1779: „Vor vier Wochen war Gtthe, nebst dem Kammerherrn von Wedel und dem Oberforstmeister von Wedel bei mir. Ich soupirte mit ihnen, ohne zu wissen, daß der letztgenannte der Herzog zu Weimar w|re. Zum Glsck bewahrte mich mein guter Genius, daß ich ihm keine Sottise sagte, wiewohl ich von großen Herren sberhaupt mit großer Freimsthigkeit sprach. Ich wette, es hat Gtthe’n Mshe gekostet, bei einigen Gelegenheiten sber meine Treuherzigkeit nicht loszupruschen.“ ( Johann Georg Forster’s Briefwechsel. Nebst einigen Nachrichten von seinem Leben. Hrsg. von ThÆereseæ HÆuberæ, geb. HÆeyneæ. T. 1. Leipzig 1829, S. 225.) 297,10–11 von Franckfurth aus] Ein Brief Carl Augusts an Josias von Stein aus Frankfurt ist nicht bekannt. 297,11 allen] Zur Zusammensetzung der Reisegesellschaft vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530. 297,12 Wedeln] Der Kammerherr und Oberforstmeister Moritz von Wedel. 297,14 die Waldnern] Louise Adelaide Waldner von Freundstein, Hofdame der Herzogin Louise. 297,14–15 kleine Schw~gerin] Sophie von Schardt; sie war mit dem |ltesten Bruder Charlotte von Steins, Ernst Carl Constantin, verheiratet. 297,17 innliegenden Brief] Nr 530. 297,18 Kochb.] Kochberg, wo sich Charlotte von Stein auf ihrem Gut aufhielt. 297,19 haben uns schon meistens umgesehen] Vgl. zu 296,24. 297,20–21 D‘. junge Forster Æ:::æ aussieht.] Die Zusammenkunft mit Georg Forster hatte am 14. September 1779 stattgefunden: Abends zu Fvrstern, ihn zu Tische mitgenommen. Viel gefragt, und geschwazzt. (GT I 1, 93.) Herzog Carl August schrieb im beigeschlossenen Brief an seine Mutter: „Forster ist gestern den ganzen Abend bei uns gewesen, er hat mir sehr wohlgefallen und getan. Mich kennt er nicht.“ (Bergmann, 24.) Forster, seit 1778 Professor der Naturgeschichte in Kassel, hatte von 1772 bis 1775 zusammen mit seinem Vater Johann Reinhold Forster an der Forschungsreise des englischen Seefahrers James Cook in die Ssdsee teilgenommen. Am 24. Oktober 1779 berichtete er seinem Vater: „Gtthe ist ein gescheuter, vernsnftiger, schnellblickender Mann, der wenig Worte macht: gutherzig, einfach in seinem Wesen. Æ:::æ Der Herzog ist ein artiger
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kleiner Mann, der ziemlich viel weiß, sehr einfach ist und gescheute Fragen thut.“ ( Johann Georg Forster’s Briefwechsel Æ:::æ. T. 1, S. 229 f.) 297,21–22 Empfehlen Sie Æ:::æ aller schvnsten Hofdamen.] hnlich bittet Goethe im Brief vom 30. November 1779 (Nr 556): Æ:::æ grussen ÆSieæ alle schvne Damen (360,10–11). 297,22 aus dem gelobten Franckfurt] Aus Frankfurt stammt Goethes Brief an Josias von Stein vom 20. September 1779 (Nr 532). 532. An Josias von Stein
ÆFrankfurt a. M.æ, 20. September 1779 ! Weimar
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/496,I, Bl. 1. – 1 Bl. 19(–19,2)614,4 (–15,3) cm, 2/3 S. beschr., egh., Tinte; unten beschnitten, beim ffnen besch|digt; Rs. rotes Siegel und Adresse: An Herrn Ober-/Stallmeister v. Stein / nach / Weimar; Vs. unter dem Brieftext Quittung von fremder Hd (Gottlob Ernst Josias Friedrich von Stein?), mit drei Kreuzen unterzeichnet von Mstr Barckhofen (298,1), Tinte: „Obige Drey Carolins habe richtig erhalten. / Weimar, den 2ten Octobr: 1779. / XXX“; Vs. oben rechts von fremder Hd (Albert Leitzmann, Herausgeber von E?): „Nr. 848a.“ – Beischluss: EB 267 (vgl. zu 298,2); dieser und der vorliegende Brief waren Beischluss zu Nr 533. E: WA IV 18 (1895), 19, Nr 848a (Albert Leitzmann). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 298,1 Mstr Barckhofen] ber diesen Handwerksmeister konnte nichts ermittelt werden, ebenso wenig sber seine gesch|ftlichen Beziehungen zu Goethe. Wenn eine Verwechslung des Namens vorliegen sollte, ktnnte es sich um ein Mitglied der Familie Kalckofen handeln, der einige Schmiedemeister angehtrten, u. a. Johann Melchior, Johann Christoph Sebald, Johann Daniel und Christoph Theodor Kalckofen. Die Namen der beiden Letztgenannten finden sich wiederholt in Goethes Rechnungen (vgl. GR/Belege 1787, 1, 30. Juni 1787; GR/Belege 1790, 2, 11. Februar 1790 u. t.). 298,2 Brief] EB 267. 298,4 angelangt] Goethe war mit der sbrigen Reisegesellschaft am 18. September 1779 in Frankfurt eingetroffen; sie blieben bis zum 22. September. 298,4 wohl empfangen] Vgl. den Bericht in Goethes Brief an Charlotte von Stein vom selben Tag (Nr 533), ferner die Schilderung von Catharina Elisabeth Goethe in ihrem Brief an Herzogin Anna Amalia vom 24. September 1779 (Pfeiffer-Belli, 455; zitiert in der Erl|uterung zu 298,10–11).
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298,5 alles Gesund] Seinen Vater hatte Goethe allerdings ver~ndert angetroffen (298,14); vgl. die Mitteilungen in Nr 533.
533. An Charlotte von Stein Frankfurt a. M., 20. September 1779 ! ÆKochbergæ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 28. – 1 Bl. 18,6(–19)623,4 cm, /3 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: An Fr. v. Stein / nach / Kochberg, rotes Siegel: „CA“, linker Rand Mitte Siegelausriss; Vs. oben rechts von fremder Hd, Tinte: „3.a“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 50), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Beischluss: Nr 532, der wiederum EB 267 (vgl. 298,2) als Beischluss enthielt. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 240. WA IV 4 (1889), 62, Nr 848. 2
ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Mtglicherweise handelt es sich bei dem in Nr 538 erw|hnten Brief Charlotte von Steins vom 25. September 1779, den Goethe am 15. Oktober erhielt (vgl. 311,19), um den Antwortbrief, zugleich auf Nr 530; der Brief ist nicht sberliefert. 298,8 vorm Angesicht der V~terlichen Sonne] Goethe hielt sich vom 18. bis 22. September 1779 in Frankfurt auf. Es war der erste Besuch in seiner Heimatstadt, seit er im November 1775 nach Weimar gegangen war. 298,10–11 mit viel freundlichen Gesichtern empfangen] Catharina Elisabeth Goethe schildert den Empfang der Reisegesellschaft in Goethes Elternhaus ausfshrlich in ihrem Brief an Herzogin Anna Amalia vom 24. September 1779: „Nun stellen Sich Ihro Durchlaucht vor, wie Frau Aja am runden Tisch sitzt, wie die Stubenthsre aufgeht, wie in dem Augenblick der H|schelhanß ihr um den Hals f|lt, wie der Herzog in einiger Entfernung der Mstterlichen Freude eine weile zusieht, wie Frau Aja endlich wie betruncken auf den besten Fsrsten zul|uft halb greint halb lacht gar nicht weiß was sie thun soll wie der schtne Cammerherr von Wedel auch allen antheil an der erstaunlichen Freude nimbt – Endlich der Auftrit mit dem Vater, das l|ßt sich nun gar nicht beschreiben – mir war Angst er stsrbe auf der stelle“ (Pfeiffer-Belli, 455). 298,11–12 Meine alten Freunde Æ:::æ gefreut.] In Catharina Elisabeth Goethes Brief an Herzogin Anna Amalia vom 8. Oktober 1779 heißt es sber Goethe: „seyn Moralischer Carackter hat sich aber zu großer Freude seiner alten Bekandten nicht im geringsten verschoben – alle fanden in Ihm den alten Freund
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wieder – mich hats in der Seele gefreut wie lieb Ihn alles gleich wieder hatte“ (Pfeiffer-Belli, 458). Vgl. weiter zu 289,28. 298,13 Feuerzeichen] Herzog Carl August schrieb am 19. September 1779 an seine Mutter: „Ein erstaunliches Nordlicht war gestern abend.“ (Bergmann, 24.) Ebenso an seine Frau Louise: „Hast Du gestern Abend, als Sonnabend, daß wunderbare Nordlicht gesehen?“ (Karl August-Luise, 112.) 298,14 Meinen Vater hab ich ver~ndert angetroffen] Im Herbst 1779, nach dem Besuch seines Sohnes, erlitt Johann Caspar Goethe einen ersten Schlaganfall (vgl. zu 288,24–26). 298,17 ein Briefgen von Ihnen] Im n|chsten Brief heißt es im Briefteil vom 28. September 1779: Von Ihnen hab ich noch nichts. (304,9.) Vgl. auch die Angaben zu Bezugs- und Antwortbrief des vorliegenden Briefes. 298,17–18 rucken wir weiter] N|chste Station war Eberbach; von dort ging es ssdw|rts an den Rhein (vgl. die bersicht „Goethes zweite Reise in die Schweiz“ in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 530). 534. An Charlotte von Stein Bei Speyer, 24. September, Rheinzabern und Seltz, 25. September, Emmendingen, 28. September 1779 ! ÆKochbergæ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 29. – 5 Bl.: 2 ineinandergelegte Doppelbl|tter 17,2(–17,5)621,4(–21,8) cm und 1 Bl. 18,2(–18,4)621,2 (–21,4) cm, Bl|tter mit Falz aneinander geklebt, 7 3/4 S. beschr., egh., Bleistift (S. 1: 3/4 S.) und Tinte (S. 3–9); S. 2 Zeichnung, egh., Bleistift, Tuschlavierung (Speyer von jenseits des Rheins gesehen, vgl. Corpus VIa, 62 f., Nr 220); S. 1 oben rechts von fremder Hd, Tinte und Bleistift: „4a“; S. 3 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „5.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 51), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Faksimile der Zeichnung (S. 2): Abb. 15 im Textband (S. 300); Corpus VIa (1977), Nr 220. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 241–247. WA IV 4 (1889), 62–69, Nr 849. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 299,1 Gegen Speyer uber] Auf der rechten Rheinseite; Goethe kam von Heidelberg. 299,2 F~hre] Vermutlich die „Husener Fahr“, die F|hrverbindung vom rechtsrheinischen Rheinhausen zum linksrheinischen Speyer, die seit dem 13. Jahrhundert existierte.
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299,9 Die Schweiz liegt vor uns] Von diesem Reiseziel wusste Charlotte von Stein bisher nichts. Erst auf dem Weg nach Frankfurt wurde beschlossen, dorthin zu gehen (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530). 299,9 Himm] Abbruch am Zeilenende. 299,10–11 unsre Geister im Erhabnen der Natur zu baden] Auf den Begriff des Erhabenen, hier noch im Sinn einer subjektiven Erfahrung, nicht einer |sthetischen Kategorie, kommt Goethe in den Briefen aus der Schweiz wiederholt zursck (vgl. 317,27–30; 305,23; 306,8; 365,9). 299,11–12 Lassen Sie Æ:::æ nachgeschickt] Am 20. Dezember 1779 teilte Goethe Charlotte von Stein von der Rsckreise aus Karlsruhe mit, vier ihrer Briefe seien in einem gros Packet in Franckfurt liegen blieben (365,19). 299,13 leichtes Schattenbild der Gegend] Goethes getuschte Bleistiftzeichnung „Speyer von jenseits des Rheins gesehen“ (vgl. berlieferung und Abb. 15 im Textband, S. 300). 299,15 Rheinzabern] Nordwestlich von Karlsruhe, linksrheinisch gelegen. 299,16 Diarium ] Lat.: Tagebuch. -----299,18 t~glich, einfach aufschreiben] Solche Tagesberichte finden sich etwa in Nr 536, 538, 541, 543 und 550. 299,19 Bleystifft Beylage] Vgl. Abb. 15 im Textband, S. 300. 299,20 Beroldingen] Joseph Freiherr von Beroldingen; der aufkl|rerisch gesinnte Domherr, Haupt der Opposition gegen den absolutistisch regierenden Bischof August Graf von Limburg-Styrum in Speyer (zugleich in Hildesheim und Bruchsal), galt als bedeutender Kunstsammler und -kenner und als Ftrderer von Kunst und Wissenschaft. Aus dem Jahr 1811 ist ein kurzer Briefwechsel mit Goethe sberliefert (vgl. RA 6, 59, Nr 81; WA IV 22, Nr 6140). Laut Nr 540 brachte Goethe den ganzen Nachmittag bei Beroldingen zu (vgl. 320,12). 299,21 fasteten] Es war Freitag; an diesem Tag gilt in der katholischen Kirche das Gebot, auf Fleisch zu verzichten. Bei Beroldingen gab es offenbar wohlschmeckende fleischlose Speisen. 299,22 Dom] Der romanische Dom zu Speyer ist eine Grsndung des salischen Kaisers Konrad II. aus der ersten H|lfte des 11. Jahrhunderts. Nach wiederholter Zersttrung und Wiederherstellung bereits w|hrend des 12. Jahrhunderts wurde der Dom 1689 im Pf|lzischen Erbfolgekrieg von den Truppen des franztsischen Ktnigs Ludwig XIV. schwer besch|digt. Seit 1758 war der Wiederaufbau im Gang; 1772–1778 wurde der westliche Teil des Langhauses erneuert. Auf diese Arbeiten bezieht sich Goethes kritische Schilderung im Folgenden (vgl. 301,3–4). 301,4 Schniz und Krizpossen] Albernheiten von Schnitzwerk und Malerei. – ,Schnitz‘ und ,Kritz‘: Nominalbildungen zu ,schnitzen‘ und ,kritze(l)n‘ (vgl. Grimm 15, 1358; 11, 2341).
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301,8 Studium] Hier im Sinn von lat. studere (sich eifrig bemshen): Eifer, Bemshung, eindringende Besch|ftigung (vgl. Grimm 20, 287). 301,8–9 Clair obscur] Franz. clair obscur: Helldunkel; in der Malerei ein Mittel der Bildgestaltung (Hell-Dunkel-Malerei, ital. Chiaroscuro); vgl. dazu Goethes Faszination von der D|mmerung (GB 1 II, zu 190,21). 301,13 Sessionsstube des Capitels] Sitzungssaal des Domkapitels, des leitenden geistlichen Gremiums an katholischen Bischofskirchen. 301,13–14 Scizze Æ:::æ durch Paul Veronese] Bei dem Gem|lde des venezianischen Malers Paolo Veronese handelt es sich um das großformatige Bild „Hochzeit zu Kana“ (6606990 cm), das 1562/63 entstanden und fsr das Refektorium des Benediktinerklosters San Giorgio Maggiore in Venedig bestimmt war. Das Original wurde 1798 von den Franzosen nach Paris gebracht und befindet sich heute im Muse du Louvre. Das Gem|lde wurde so h|ufig kopiert und nachgestochen, dass 1705 ein Kopierverbot erlassen wurde (Andreas Priever: Vorbild und Mythos. Die Wirkungsgeschichte der ,Hochzeit zu Kana‘ Paolo Veroneses. Sigmaringen 1997, S. 80). Kopien hingen „vornehmlich in den Kabinetten wohlhabender Patrizier und Angehtriger des niederen fsrstlichen Adels.“ (Ebd., S. 88.) Ein Hinweis auf die ,Skizze‘ in Speyer findet sich weder im „Katalog der Kopien“ (ebd., S. 164–187) noch in dem Louvre-Katalog „Les Noces de Cana de Vronxs, une œuvre et sa restauration“ (Paris 1992, S. 298–313). Unklar ist auch, was genau unter dem Begriff ,Skizze‘ zu verstehen ist: der „erste Entwurf eines Gem|hldes“ (Adelung 4, 116) oder eine Kopie. Offenbar wurde zeitgentssisch das eine oder andere kleinformatige Leinwandgem|lde fsr ein „Original Schizzo“ Veroneses gehalten, wie z. B. die anonyme Kopie in der vom Mainzer Kurfsrsten Lothar Franz gegrsndeten Sammlung auf Schloss Gaibach, heute in der Sammlung Dr. Karl Graf von Schtnborn auf Schloss Weissenstein in Pommersfelden (vgl. Priever, S. 102 und 169; Katalog A II, Nr 1). – Aus Anlass einer Hochzeit zu Kana in Galil|a wirkte Jesus sein erstes Wunder: Er verwandelte Wasser in Wein (vgl. Johannes 2,1–12). 301,15 gemahlen] Form des Partizips Perfekt von ,malen‘; wird „mundartlich durch verwechselung“ (Grimm 12, 1500) mit dem Partizip Perfekt von ,mahlen‘ gebraucht. 301,16 Portraits] Seit Antonio Maria Zanettis d. J. Werk „Della pittura Veneziana e delle opere pubbliche de Veneziani maestri libri V“ (Venedig 1771; 2. Buch, S. 170–173) werden u. a. der im Vordergrund sitzende Cellospieler (im weißen Gewand) mit dem Maler selbst identifiziert, der rechts davon sitzende Kontrabassspieler (im roten Gewand) mit Tizian und der wiederum rechts von diesem stehende Majordomus (in pr|chtigem Gewand, den Wein prsfend) mit Benedetto Cagliari, dem Bruder des Malers. 301,17 Dechanten] Der Dechant (oder Dekan) in der katholischen Kirche war im vorliegenden Fall der Vorsteher des Domkapitels. – Domdechant in Speyer war
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seit 1770 Franz Philipp Joseph von Hutten zum Stolzenberg, der von seinem Onkel, dem Fsrstbischof und Kardinal Franz Christoph von Hutten, eine umfangreiche Gem|ldesammlung geerbt hatte. Schon im Jahr seiner Wahl zum Dechanten hatte Hutten die Domdechanei neu errichten lassen. In diesem dreiflsgeligen, zweigeschossigen Neubau war die Gem|ldesammlung untergebracht, die so groß war, dass eigens der Maler Franz Sttber angestellt werden musste, um sie zu verwalten. Das Geb|ude fiel 1794 einem Brand zum Opfer. – Vgl. Markus Lothar Lamm: Franz Philipp Joseph von Hutten zum Stolzenberg 1731–1790. In: Archiv fsr mittelrheinische Kirchengeschichte 60 (2008), S. 193–213, hier S. 204–206. 301,19 Redouten] Franz. redoute: (hier) Schanze, Bollwerk. – Hier sind Hindernisse auf dem Weg zu einem guten Landschaftsmaler gemeint. 301,21 bei Berold. selbst] Auch Joseph von Beroldingen besaß eine Kunstund Gem|ldesammlung. 301,23 Hagestolzen] Hagestolz: Junggeselle, unverheirateter Mann. 301,24 Touren] Franz. tour: Reise; Umlauf. 301,30 S e l z ] Seltz: franztsische Gemeinde im Dpartement Bas-Rhin, etwa 33 km von Rheinzabern den Rhein hinauf. 302,10 Emmedingen] Emmendingen, ntrdlich von Freiburg i. B., gut 100 km ssdlich von Seltz, der letzte Wohnort von Goethes Schwester Cornelia Schlosser. 302,20 Sessenheim] Franztsische Gemeinde im Dpartement Bas-Rhin, nordtstlich von Straßburg, etwa 20 km von Seltz entfernt. 302,21 eine Famielie] Gemeint ist die Familie des Pfarrers Johann Jacob Brion; dazu gehtrten (1770) dessen Frau Magdalena Salomea geb. Schtll sowie vier Ttchter und ein Sohn. Im Oktober 1770 hatte Goethe Friederike, die 18-j|hrige Tochter des Pfarrers, kennen gelernt; es entwickelte sich eine enge Beziehung, die im August 1771 mit Goethes Rsckkehr von Straßburg nach Frankfurt beendet wurde. ber die n|heren Umst|nde der Trennung gibt es keine zuverl|ssigen Zeugnisse. Offensichtlich aber plagte ihn ein schlechtes Gewissen, das noch der Schilderung im vorliegenden Brief zugrunde liegt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 78). Den Besuch im September 1779 behandelte Goethe noch einmal in der Notiz „Lenz“ (vgl. WA I 36, 230 f.). 302,23 rein] Vor dem Aufbruch in die Schweiz hatte Goethe unter dem 7. August 1779 in sein Tagebuch geschrieben: Mvge die Idee des reinen die sich bis auf den Bissen erstreckt den ich in Mund nehme, immer lichter in mir werden. (GT I 1, 87; vgl. weiter auch zu 357,11–12.) Die Wiederbegegnung mit Friederike Brion in Sessenheim und mit Anna Elisabeth (Lili) von Tsrckheim geb. Schtnemann in Straßburg und ihren Familien erlebte Goethe in dem Gefuhl von durchgehendem reinen Wohlwollen (303,28–29), ungetrsbt von einer beschr~nckten Leidenschafft (303,32). – Goethe benutzt das Adjektiv ,rein‘ auch in Nr 538 (vgl. 317,31). Dort ist auch von reinheit (316,23) die Rede.
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302,26–27 andre Æ:::æ verwendet habe] Zu den M|dchen, in die sich Goethe verliebt hatte, gehtrten vor Friederike Brion Anna Catharina Schtnkopf und nach ihr Charlotte Buff, Maximiliane La Roche und Anna Elisabeth (Lili) Schtnemann. 303,3 kunsteln] ,Sich ksnstlerisch bet|tigen‘; vgl. Goethes Brief an Johanna Fahlmer von Anfang November 1774: Æ:::æ ich zeichne, kunstle pp. Und lebe ganz mit Rembrandt. (GB 2 I, 134.) Im Folgenden ist von alten Liedern und Malereien Goethes aus der damaligen Zeit die Rede. Mtglicherweise hatte man damals auch Theater gespielt, woran der erw|hnte Nachbar beteiligt gewesen war. 303,5–6 alte Lieder die ich gestifftet hatte] Ob damit solche aus dem Umkreis der so genannten „Sesenheimer-“ oder „Friederiken-Lieder“ (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 1 II, Nr 78) gemeint sind oder Volkslieder, die Goethe 1771 gesammelt hatte (vgl. GB 1 II, zu 217,8), ist unklar. 303,14 traff ich wieder Æ:::æ zusammen] Im nahe gelegenen Drusenheim, wohin ihn Karl Christian Gambs begleitete, Friedrike Brions Verlobter und sp|terer Pfarrer in Paris, Bremen und Straßburg (vgl. dessen Brief an Friedrich Leopold Weyland aus dem Jahr 1790; BG 1, 146). 303,15 Lili] Anna Elisabeth von Tsrckheim geb. Schtnemann; Goethes inoffizielle Verlobte aus dem Jahr 1775 hatte im August 1778 den Straßburger Bankier Bernhard Friedrich von Tsrckheim geheiratet (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Z 1). 303,16 Grasaffen] Scherzhaft fsr ,Kinder‘ und ,junge M|dchen‘, hier fsr Lili. Goethe benutzte den Begriff oft fsr Charlotte von Steins Kinder (vgl. zu 55,22). In Brief Nr 141 wird Corona Schrtter so bezeichnet (vgl. 84,19). 303,16 Puppe von sieben Wochen] Anna Elisabeth von Tsrckheims Tochter Elisabeth Magdalena, ihr erstes Kind, das am 9. August 1779 geboren worden war. 303,17 ihre Mutter] Susanne Elisabeth Schtnemann. 303,24 den Munster] Das Wort wurde sowohl im Neutrum als auch im Maskulinum gebraucht (vgl. Grimm 12, 2698 f.); bei Goethe findet sich das Maskulinum auch im Brief an Johann Gottfried Roederer von Ende M|rz 1773? (vgl. GB 1 I, 18). – Goethe hatte die gotische Kathedrale w|hrend seiner Straßburger Studienzeit 1770/71 wiederholt besucht; seine Begeisterung fand Niederschlag in dem Aufsatz „Von deutscher Baukunst“ aus dem Jahr 1772 (DjG3 3, 101–107). 303,25 L’Infante de Zamora] Eine von mehreren franztsischen Parodien auf italienische Opern von Nicolas Etienne Framery; im vorliegenden Fall unterlegte er der komischen Oper „La frascatana“ (1774) von Giovanni Pasiello mit dem Libretto von Filippo Livigni einen neuen Text; die neue Oper mit dem Titel „L’infante de Zamora“ kam erstmals 1779 auf die Bshne. 303,28 prosaisch] Hier im Gegensatz zu ,poetisch‘ oder ,romantisch‘, Letzteres
SEPTEMBER 1779
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in der Bedeutung ,wie ein Roman‘ („im engsten Verstande Æ:::æ eine wunderbare, oder mit Verwirrungen durchwebte Liebesgeschichte“; Adelung 3, 1154). 303,30 Rosenkranz] Vielgliedrige Gebetskette in Gestalt einer Perlenschnur, die in den christlichen Konfessionen zum Beten des Rosenkranzgebets dient, eines Gebetszyklus, der im Wesentlichen aus fsnf ,Ges|tzen‘ besteht, in denen jeweils ein „Vater unser“ und zehn „Gegrsßest seist du, Maria“ gebetet werden. 303,31–32 ~therische Wollust] Oxymoron; ,|therisch‘ hier im Gegensatz zu „sinnlich“ (GWb 1, 884). 304,4 Grabe meiner Schwester] Goethes Schwester Cornelia verh. Schlosser war am 8. Juni 1777 in Emmendingen gestorben, nachdem sie am 10. Mai 1777 ihre zweite Tochter Elisabeth Catharina Julie ( Juliette) geboren hatte (vgl. zu 151,12). 304,6 Fahlmer] Johanna Fahlmer; sie hatte 1778 den verwitweten Johann Georg Schlosser geheiratet (vgl. weiter die einleitenden Erl|uterungen zu Nr 4 und 305). 304,6 mein Schwager] Johann Georg Schlosser. 304,6–7 einige Freundinnen] Mtglicherweise Antoinette und Anna Gerock, Jugendfreundinnen Goethes und seiner Schwester Cornelia, die sie in Emmendingen oft besucht und Schlosser nach deren Tod den Haushalt gefshrt hatten. 304,7 Ihre Kinder] Goethes Nichten, die fast fsnfj|hrige Louise und die zweij|hrige Julie. 304,8 Basel] Die Reisegesellschaft brach am 30. September 1779 von Emmendingen nach Basel auf; „morgen geht es auf Basel, welches 12 Stunden von hier ist“, schrieb Herzog Carl August am 29. September 1779 an seine Mutter (Bergmann, 26). Zur Reiseroute vgl. zu 320,13–14. 304,9 von mir hvren] Goethes n|chster Brief an Charlotte von Stein stammt vom 9. und 14. Oktober 1779 (Nr 536). 304,9 Von Ihnen hab ich noch nichts.] Erst am 16. Oktober 1779 meldete Goethe den Empfang eines Briefes von Charlotte von Stein vom 25. September (vgl. 311,19). 304,10 andre Briefe] Um welche es sich handelte, konnte nicht ermittelt werden. 304,13 hier] In Emmendingen. 304,14–15 Lavatern zu sehn Æ:::æ grvste Hoffnung.] Dazu kam es erst am 18. November 1779 in Zsrich; dort hielt sich die Reisegesellschaft bis zum 2. Dezember auf. Carl August schrieb am 19. November 1779 an seine Mutter: „Lavatern lernten wir schon gestern kennen.“ (Bergmann, 30.) Und am 29. November: „Lavaters Gegenwart und N|he ist mir sehr kostbar und wohlt|tig.“ (Bergmann, 31.)
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BRIEFE 535/536
535. An Johann Caspar Lavater
Thun, 8. Oktober 1779 ! Zsrich
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 106. – Doppelblatt 15,8(–16)619,5 (–19,9) cm, 2 1/2 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Herrn / Caspar Lavater / nach / Zurch / f r a n c o , rotes Siegel: Vogel? Wappentier? E: WA IV 4 (1889), 73 f., Nr 851 (Friedrich Strehlke). – Incipit zuvor schon in: Hirzel, Goethe-Bibliothek 1874, 189. WA IV 4 (1889), 73 f., Nr 851. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Lavater antwortete am 10. Oktober 1779 (Goethe-Lavater3, 80, Nr 61; vgl. RA 1, 74, Nr 100). (Die Datierung des nur fragmentarisch sberlieferten Briefes ist unsicher; in der RA wird er auf „1779 Oktober vor 16“ datiert.) 304,18 So nah bin ich bey dir] W|hrend seiner zweiten Schweizer Reise traf Goethe am 8. Oktober, von Bern kommend, in Thun ein, wo wir beizeiten anlangten (306,32), wie er am folgenden Tag Charlotte von Stein berichtete. Am 9. Oktober begann er eine merckwurdige Tour durch die Bernischen Gl~tscher (308,10), die er in Briefen an Charlotte von Stein vom 9. und 14. Oktober sowie vom 15. und 16. Oktober (Nr 536 und 538) sowie in seinem Tagebuch (vgl. GT I 1, 93–98) schildert. Nach Abschluss der Gletschertour sbernachtete er am 14./15. Oktober noch einmal in Thun. 304,18 l. Br.] Lieber Bruder. 304,18 Ruf] Hier im Sinn von ,Gerscht‘ (vgl. Adelung 3, 1195). 304,20 auf die Gletscher] Der Tschingelgletscher und der Grindelwaldgletscher. 304,21 Dann solls Æ:::æ zu dir.] Goethe besuchte Lavater zum Ende seiner Reise vom 18. November bis 2. Dezember 1779 in Zsrich. 304,22 nach Bern] In Bern hielt sich Goethe vom 15. bis 20. Oktober 1779 auf. 304,22 Falcken] Der Gasthof „Zum Falken“ („Au Faucon“) galt vor dem Gasthof „Zur Krone“ als der beste in Bern. 1777 logierte dort u. a. Kaiser Joseph II. von sterreich auf dem Weg nach Frankreich. Der Gasthof, der zwischen der heutigen Amtshausgasse und der Marktgasse lag, existierte bis 1904. 304,23 Bern Lausanne Genf Luzern Zug] Mit Ausnahme von Zug kam Goethe auf dem Weg von Bern nach Zsrich durch diese Orte. In Zsrich traf er am 18. November ein. 304,23–25 einige Menschen Æ:::æ besuchen] Aus Nr 539 geht hervor, dass Lavater Goethe wie gewsnscht die Namen einiger Personen nannte, die er besuchen sollte (vgl. 319,11). In Bern (15. bis 20. Oktober) begegnete Goethe u. a. Carl
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Ferdinand von Sinner, Johann Ludwig Aberli, Nikolaus Anton Kirchberger, Samuel Wilhelmi, in Lausanne (22./23. Oktober) Maria Antonia von Branconi, in Genf (27. Oktober bis 3. November) Johann Georg Christoph Tobler, Anton Josua Diodati, Jens Juel, Charles Bonnet, Michel de Chateauvieux, Horace Bndict de Saussure, Jean Huber, Madame van der Borch. In Luzern (16./17. November) wollte Goethe den General und Topographen Franz Ludwig Pfyffer von Wyer besuchen, um dessen Relief der Urschweiz zu sehen, fand ihn aber nicht vor (vgl. Brief an Carl Ludwig von Knebel vom 4. Juni 1780; WA IV 7, 360 f.). 304,25 bringe] Wort versehentlich nicht zu Ende gefshrt. 304,26 dich wieder zu sehen] Goethe und Lavater hatten sich zuletzt im Juli/August 1775 in Zsrich gesehen, als Goethe seine erste Schweizer Reise unternahm. 305,6–8 hat mich Æ:::æ sehen noch horen] Die Vorstellung der Trennung zwischen einer ,|ußeren‘ und ,inneren‘ Existenz findet sich auch in Goethes Tagebuch; unter dem 13. Mai 1780 heißt es: Was ich trage an mir und andern sieht kein Mensch. Das beste ist die tiefe Stille in der ich gegen die Welt lebe und wachse, und gewinne was sie mir mit Feuer und Schwert nicht nehmen kvnnen. (GT I 1, 112.) Ausfshrlich thematisiert Goethe den Gedanken im Brief an Carl Ludwig von Knebel vom 21. November 1782: Ich sehe fast niemand, Æ:::æ ich habe mein politisches und gesellschafftliches Leben ganz von meinem moralischen und poetischen getrennt Æ:::æ und so befinde ich mich am besten. (WA IV 6, 96.) 305,15 ein Brief von dir] Vermutlich fand Goethe am 15. Oktober Lavaters Brief vom 10. Oktober 1779 vor (vgl. Goethe-Lavater3, 80, Nr 61). 536. An Charlotte von Stein Lauterbrunnen, 9. Oktober und Thun, 14. Oktober 1779 ! ÆKochbergæ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 31. – Doppelblatt 17,8622,2 cm und 1 Bl. 16,4(–16,6)620(–20,3) cm, 5 1/3 S. beschr., Schreiberhd (Seidel) mit egh. Korrekturen (S. 1–4: 305,17–307,31 Lauterbrunnen Æ:::æ selbst fuhren) und egh. (S. 4–6: 307,31–309,12 sind noch eben Æ:::æ Lucke bleiben.), Tinte, Ort und Datum von Schreiberhd (Seidel), Tinte; Bl|tter oben rechts foliiert (S. 1, 3, 5), egh., Tinte: 1; 2; 3; S. 1 oben rechts von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Tinte: „7.“ (Nummerierung vermutlich zur chronologischen Anordnung der Reiseberichte). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 53), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 248–254. WA IV 4 (1889), 74–80, Nr 852.
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BRIEF 536
BEI L AG EN
1) Zettel, Avertissement des Augenarztes Tavaros (vgl. die zweite Erl|uterung zu 306,18); nicht sberliefert. 2) Gesang der Geister, Manuskript einiger Strophen (vgl. zu 309,4); nicht sberliefert. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 305,17 Lauterbrunnen] Ortschaft im Kanton Bern im Lauterbrunnental, das von der Weißen Lstschine durchflossen wird. 305,18 wirklich] Hier auch in der (im Oberdeutschen verbreiteten) Bedeutung von ,gegenw|rtig‘, ,gerade jetzt‘, ,zur Zeit‘ (vgl. Grimm 30, 581). 305,19 Staubbach] Gemeint ist der Staubbachfall, ein Wasserfall am Ortsrand von Lauterbrunnen auf der linken Seite des Tals, der 300 m tief sber die Msrrenflue herabstsrzt. In der Umgebung des Wasserfalls wird das Wasser unter dem Einfluss von Thermik zerst|ubt. Darauf bezieht sich der Name. Albrecht von Haller schildert das Naturschauspiel in seinem Gedicht „Die Alpen“ (1729; Verse 351–360). 305,23 erhabener Gegenstand] Zum Begriff des Erhabenen vgl. zu 299,10–11. 306,1 dolle] Adverb, das sich bei Goethe sonst nicht findet, vermutlich in gleicher Bedeutung wie ,toll‘; hier im Sinn von ,seltsam‘, ,wunderlich‘ (vgl. Adelung 4, 621). Nicht auszuschließen ist ein Htrfehler Seidels. 306,3 Pfarrer] Johannes Unger; vgl. sber ihn 310,6–7. 306,5 nichts als Brunnen] Die Zahl der Wasserf|lle im Lauterbrunnental wird mit 72 angegeben. 306,7 Munsterthal] Ssdlich von Courrendlin (Rennendorf) mit dem Hauptort Moutier (Msnster); die Reisenden durchquerten das von der Birs durchflossene Tal am 3./4. Oktober 1779. 306,7–8 ein eigen Papier] Vgl. Seidels Abschrift der Aufzeichnungen in Nr 538 (S. 317–319). 306,8 die Gegenst~nde darinn sind sehr erhaben] Zum Begriff des Erhabenen vgl. zu 299,10–11. 306,10 gegen die wir n~her ruken] Die hochalpine Landschaft um Lauterbrunnen mit Tschingelgletscher, Grindelwaldgletscher, Große Scheidegg, zu denen Goethe am 10. bzw. 12. Oktober 1779 aufstieg (vgl. 312,14–17). 306,13 Thun] Am nordwestlichen Ende des Thuner Sees. 306,16 den Gesang] Lscke in Seidels Abschrift; es fehlt die Nummer des Gesangs von Homers „Odyssee“, aus dem Goethe vorlas. Unter dem 14. Oktober 1779 berichtet Philipp Seidel in der Abschrift aus seinem Reisetagebuch, Goe-
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the habe von den Sirenen vorgelesen (vgl. 315,23–25), von denen im 12. Gesang erz|hlt wird. 306,16 Bodmers Homer] Homers Werke. Aus dem Griechischen sbersetzt von dem Dichter der Noachide ÆJohann Jacob Bodmeræ. 2 Bde. Zsrich 1778. – Goethe hatte die bersetzung schon im Sommer 1778 gelesen (vgl. sein Tagebuch unter dem 20. Juni 1778; GT I 1, 64). Nachdem er den Dichter am 20. November 1779 besucht hatte, schrieb Bodmer am 23. November an Johann Rudolf Schinz, „er ÆGoetheæ habe die Odyssee ex professo Æausfshrlichæ auf dem Lemanischen ÆGenferæ See gelesen Æ:::æ. Auf den Alpen habe er den Homer den Alpinern vorgelesen.“ (BG 2, 194.) 306,17 Untersewen] Unterseen an der Aare, zwischen Thuner See und Brienzer See. Herzog Carl August schreibt am 16. Oktober 1779 an seine Frau Louise: „Wir stiegen am Ende des ÆThuneræ Sees, weil er uns auf den Lande nicht mehr schwimmen laßen konnte, aus; Und gingen biß Untersewen zu Fuß“ (Karl AugustLuise, 114). 306,18 examinirten einen Augenarzt] Es handelte sich um den beruhmten Doktor Tavaros (315,19–20); so schrieb jedenfalls Philipp Seidel nach Goethes Diktat. Der Doktor gehtrte zu den wandernden Augen|rzten, die als Starstecher umherzogen und sberall ihre Dienste anboten. Mit dem Begriff ,examinieren‘ ist ,prsfend betrachten‘ und nicht, wie bisher angenommen, ,konsultieren‘ gemeint; dass jemand aus Goethes Reisegesellschaft an einer Augenerkrankung gelitten h|tte, ist nicht bekannt. Goethe spielt vielmehr darauf an, dass sich zur damaligen Zeit wandernde rzte einer Begutachtung durch ans|ssige Fachkollegen unterziehen mussten, um in einer Stadt die Erlaubnis zum Praktizieren zu erhalten (nach freundlicher Mitteilung von Margrit Wyder, Medizinhistorisches Institut der Universit|t Zsrich). 306,18 Zettel] In Nr 538 ist von einem Avertiss. des Docktors (316,29) die Rede. Auf diesem ,Avertissement‘ hatte der Augenarzt Tavaros vermutlich Werbung fsr seine Ksnste gemacht und angeksndigt, wo und wann er diese anbieten werde. In Unterseen praktizierte er im „Stadthaus“. 306,20 durch das Thal bis nach Lauterbrun] Die Strecke von Unterseen durch das Lstschinetal nach Lauterbrunnen ist etwa 13 km lang. 306,22–23 konnte ich Æ:::æ nicht fertig werden] Der Besuch beim Persckenmacher deutet mtglicherweise darauf hin, dass eine offizielle Begegnung mit Berner Honoratioren geplant war. – Zu ,Persckenmacher‘ vgl. zu 3,24–4,1. 306,28 Durchschnitt des Despotismus] Mtglicherweise bezieht sich diese Stelle auf Justus Mtsers „Patriotische Phantasien“. Im 2. Teil dieser Sammlung von Aufs|tzen und Zeitungsartikeln (Berlin 1776) findet sich der Beitrag „Der jetzige Hang zu allgemeinen Gesetzen und Verordnungen, ist der gemeinen Freyheit gef|hrlich“ (S. 15–21). Darin heißt es: „In der That aber entfernen wir uns dadurch von dem wahren Plan der Natur, die ihren Reichthum in der Mannigfal-
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tigkeit zeigt; und bahnen den Weg zum Despotismus, der alles nach wenigen Regeln zwingen will, und darsber den Reichthum der Mannigfaltigkeit verlieret.“ (S. 15; der Hinweis ist Hartmut Reinhardt zu danken; vgl. FA/Goethe II 2, 856 f.) Mit Mtser hatte sich Goethe schon in Frankfurt besch|ftigt (vgl. dazu GB 2 II, 382 f.). 306,28–29 der Stand Bern] Der (Innere) Stand der Republik Bern setzte sich aus dem Großen Rat (Parlament) und dem Kleinen Rat (Regierung) zusammen. 306,29 kostbar] Hier im Sinn von „kostspielig“ (Adelung 2, 1729). 306,32 nach Thun] Die Entfernung von Bern nach Thun betr|gt etwa 30 km. 306,33 Aar] Gemeint ist die Aare. 307,1 Burger] Peter Kocher, der Goethes Reisegesellschaft von Thun aus fshrte. Unter dem 10. Oktober 1779 heißt es in Goethes Tagebuch sber die von Lauterbrunnen aus unternommene Bergwanderung auf den Steinberg und zum Tschingelgletscher: Es war ein narrsches Origin von Thun mit den wir herauf geschl. hatten. (GT I 1, 94.) In Goethes Brief an Carl Ludwig von Knebel vom 4. Juni 1780 mit Empfehlungen fsr dessen „Reise-Route durch die Schweiz“ heißt es, er solle in Thun nach Peter Kocher fragen, der unser Schiffer und Fuhrer auf der Reise war und den wir was ehrlichs zum Narren gehabt haben. (WA IV 7, 362.) 307,4 A n n e t ] Anet, deutsch Ins, zwischen Bieler und Neuenburger See (Lac de Neuch
tel). 307,5 Rieder] Ried: eine „sumpfige, moorige Gegend“ (Adelung 3, 1116). 307,6 der Wirth] Namentlich nicht bekannt; die Reisenden hatten in Anet (Ins) in einem leidlichen Wirthshaus (307,26) sbernachtet. 307,8 Murten] Am Ssdostufer des Murtensees, etwa 10 km von Anet entfernt. 307,8 Beinhaus] Aufbewahrungsst|tte ausgegrabener Totengebeine auf Friedhtfen oder in der N|he von Schlachtfeldern (vgl. GWb 2, 301). 307,9 von den Burgundern] Karl der Kshne, 1467–1477 Herzog von Burgund, der die Grsndung eines burgundischen Großreiches und den Ktnigstitel anstrebte, fshrte gegen Frankreich, Habsburg und die schweizerische Eidgenossenschaft Krieg. Im Verlauf dieser ,Burgunderkriege‘ kam es 1476 zur Schlacht bei Murten, in der Karl von den Schweizern geschlagen wurde. 307,10 Buche] Vermutlich die „Beschreibung Der Burgundischen Kriegen. Und einicher anderer in der Schweitz, und sonderlich zu Bern, Um selbige Zeit vorgefallenen Merckwsrdigen Begebenheiten“ (Bern 1743) von Diebold Schilling d. ., der an der Schlacht selbst teilnahm (vgl. die 6. Seite der unpaginierten „Vorrede“ des Werkes), oder die „Kronica von der loblichen Eydtgnoschaft Ir harkomen vnd sust seltzam strittenn und geschichten“ (Basel 1507; 21752) von Petermann Etterlin, der ebenfalls Augenzeuge der Schlacht war. 307,14 nach Bern] Die Strecke von Murten nach Bern betr|gt etwa 27 km. 307,17–18 von Biel Æ:::æ nach Annet] Von Biel am Nordostende des Bieler
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Sees nach Erlach am Ssdwestende, von dort nach Anet (Ins) zwischen Bieler und Neuenburger See. 307,18 La Sauge] Etwa 5 km von Anet entfernt am Nordostufer des Neuenburger Sees. 307,22 St. Blaise] Etwa 10 km von Anet entfernt am Nordostufer des Neuenburger Sees. 307,22–23 Neust~dter Sees] Irrtsmlich fsr Neuenburger See. 307,28 Rathsschiffe] Ein der Stadt gehtrendes Schiff; ein solches reichsst|dtisches „Ratsschiff“ besaß z. B. auch Frankfurt (vgl. Dietz, Handelsgeschichte 3, 299). 307,29 Insel des Bieler Sees] Die St. Petersinsel, langgestreckte Insel (heute Halbinsel) im ssdwestlichen Bieler See, Sitz eines ehemaligen Cluniazenserklosters, dessen Geb|ude als landwirtschaftliches Gut und als Gasthaus genutzt wurde. 307,29–30 wohin Rousseau Æ:::æ weggetrieben wurde] Jean Jacques Rousseau, der nach dem Verbot seines Romans „Þmile“ (1762) aus Frankreich geflohen war und sich drei Jahre inkognito in Mtiers westlich des Neuenburger Sees aufgehalten hatte, verbrachte im September/Oktober 1765 sechs Wochen auf der Petersinsel, bevor er auch dort von der Berner Aristokratie vertrieben wurde. 307,30 Hospital zu Bern] Im Jahr 1530 hatte die Regierung von Bern die Sankt Petersinsel dem Niederen Spital (heute Burgerspital) sbergeben, um dessen tkonomische Grundlage zu sichern. 307,30–31 der Schaffner und seine Frau] Das Berner Spital setzte so genannte Inselschaffner ein, Gutsverwalter, die sich vor allem um den Weinanbau, die Weinlese, die Einkellerung und den Transport zu ksmmern hatten. Die Schaffner stammten zur H|lfte aus Twann, zur anderen H|lfte aus Ligerz (beides Orte am Nordufer des Bieler Sees). Zu Rousseaus und Goethes Zeit wurde das Amt von Gabriel Engel aus Ligerz und dessen Frau, einer geborenen Heuer aus Nidau, versehen. 308,4–5 wieder hier angekommen] In Thun, das Goethe zum ersten Mal am 8. Oktober 1779 erreicht hatte; am Tag darauf war er weiter nach Lauterbrunnen gereist. 308,5 Diese vier Tage] Gemeint sind die Tage der Gebirgs- und Gletscherwanderung von Lauterbrunnen sber Grindelwald, Guttannen, Meiringen und Brienz zursck nach Thun vom 11. bis zum 14. Oktober 1779. 308,6 merckwurdigsten] ,Merkwsrdig‘ im 18. Jahrhundert noch im Wortsinn: ,wert, bemerkt oder beachtet zu werden‘ (vgl. Adelung 3, 183). 308,9 Phillippen wieder dicktiren] Die Schilderung der Reise vom 11. bis zum 14. Oktober 1779 findet sich in Nr 538 (2. Briefteil). 308,10 Tour durch die Bernischen Gl~tscher] Sie fshrte am 10. Oktober 1779 von Lauterbrunnen aus durch das ssdliche Lauterbrunnental wieder zursck zum Ausgangspunkt; am 11. Oktober von Lauterbrunnen durch das Lstschinen-
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tal nach Grindelwald; am 12. Oktober von Grindelwald nach Guttannen; am 13. Oktober von Guttannen nach Brienz; am 14. Oktober von Brienz nach Thun (vgl. im Einzelnen die bersicht „Goethes zweite Reise in die Schweiz“ in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 530). 308,12 h~tt ich Æ:::æ noch einmal schlagen konnen] Wie aus dem Folgenden hervorgeht, will Goethe zum Ausdruck bringen, er habe an einigen Orten l|nger verweilen und hier und da mehr und andere Touren machen wollen. – Die Formulierung, die sich auf eine „magische Geste des Wsnschens“ (GWb 2, 825) bezieht, zitiert 2 Ktnige 13,18 f. im Alten Testament; sie findet sich auch in Brief Nr 311 unter dem 11. Dezember 1777, als Goethe sich auf der Harzreise befand (vgl. zu 185,7–8). 308,13 tiefer] Vermutlich: tiefer ins Gebirge hinein. 308,15–16 den Speck zu spicken] Das Sprichwort „Speck braucht man nicht zu spicken“ (vgl. Thesaurus proverbiorum medii aevi. Lexikon der Sprichwtrter des romanisch-germanischen Mittelalters. Bd 11. Berlin, New York 2001, S. 40) warnt vor Unm|ßigkeit und bertreibung. 308,17–18 noch Æ:::æ Gefahr suchte] In seinem Gedicht „Ilmenau am 3. September 1783“ (WA I 2, 141–147), mit dem Goethe dem Herzog zu dessen 26. Geburtstag gratulierte und ihn an „eine Epoche“ erinnerte, „die im Jahre 1783 Æ:::æ bereits mehrere Jahre hinter uns lag“ (zu Eckermann am 23. Oktober 1828; Eckermann, Gespr|che 3, 267), heißt es: Der Vorwitz lockt ihn in die Weite, / Kein Fels ist ihm zu schroff, kein Steg zu schmal; / Der Unfall lauert an der Seite / Und sturzt ihn in den Arm der Qual. (Verse 140–143; WA I 2, 146.) 308,22 wie iedem der Pfal in’s Fleisch geben ist] Das Bild vom ,Pfahl im Fleisch‘ benutzt der Apostel Paulus im 2. Brief an die Korinther (vgl. zu 106,7–8); dort ist er ein Mittel gegen berheblichkeit, hier wohl gegen individuelle Untugenden allgemein. 308,23 Nuzzen] ber die Wirkungen der Reise auf Herzog Carl August vgl. zu 360,23. 309,1 Wedel hat Æ:::æ tolle Einf~lle] Der Oberforstmeister und Kammerherr Moritz von Wedel hatte schon in Straßburg Anlass zur Unterhaltung der Reisegesellschaft gegeben, wie Carl August am 29. September 1779 seiner Mutter berichtete: „Eine Komediantin, welche die Rolle der verkleideten Liebhaberin in spanischen Mannskleidern spielte, machte durch ihre Reize und Spiel Wedelns Felsenherz schmelzen, und er ist nun mit schweren, von Liebe entbrannten Herzen aus Strassburg ausgezogen, und mit nassen Auge blickt er noch zuzeiten nach den geliebten Gegenstand zursck.“ (Bergmann, 26.) Dass Wedel zu allerlei Sp|ßen und Streichen aufgelegt war, geht auch aus Nr 392 (vgl. 226,6) hervor. 309,2 Schwindel] Auch in Nr 538 wird von Wedels Anf|lligkeit fsr Schwindelgefshle berichtet (vgl. 311,1–3; 313,23–25).
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309,4 Gesange der Geister] Goethes Gedicht, das nach Charlotte von Steins Abschrift (als Beilage ihres Briefes an Carl Ludwig von Knebel vom 4. November 1779) die berschrift „Gesang der lieblichen Geister in der Wsste“ (H: GSA 54/274,1, Bl. 7) tr|gt, im Erstdruck die berschrift „Gesang der Geister sber den Wassern“ (Goethe’s Schriften. Bd 8. Leipzig 1789, S. 187 f.; vgl. auch WA I 2, 56 f.). – Das Gedicht steht offensichtlich mit dem Erlebnis des Staubbachfalls in Zusammenhang: Strvmt von der hohen / Steilen Felswand / Der reine Strahl, / Dann st~ubt er lieblich / In Wolkenwellen / Zum glatten Fels (Verse 8–13). In einer Abschrift Louise von Gtchhausens lautet der Titel „Vor’m Staubbach“ (H: GSA 24/II,6,2, Bl. 22). Dass Goethe dennoch angibt, er schreibe die beigelegten Strophen aus der Erinnerung, wird durch die Vermutung erkl|rt, ein erster Entwurf des Gedichts sei viel frsher entstanden, 1772/73, als der Dichter mit dem Plan eines Mahomet-Dramas besch|ftigt war, von dem nur eine Prosaszene und ein Gesang bekannt sind (vgl. DjG3 3, 128–133; 450). 309,5–6 Schreiben Sie doch sie fur Knebeln ab] Charlotte von Stein sandte ihre Abschrift (vgl. die vorhergehende Erl|uterung) am 4. November 1779 wie gewsnscht an Carl Ludwig von Knebel; in ihrem Begleitbrief heißt es: „Dieser Gesang ist nicht ganz Ihre und meine Religion; die Waßer mtgen ewig in ihrer Atmosph|re auf und absteigen, aber unßre Seelen kan ich mir nicht anders als in die unendliche Welten der ewigen Schtpfung verkettet dencken.“ (H: GSA 54/274,1, Bl. 6r.) 309,8–9 Nun geht die Erz~hlung Æ:::æ von Lauterbrunn an.] Dies bezieht sich auf Brief Nr 538, der den Reisebericht mit der von Lauterbrunnen aus unternommenen Gebirgswanderung vom 10. Oktober 1779 wieder aufnimmt und dann – mit Hilfe von Philipp Seidels Abschriften und Aufzeichnungen – chronologisch fortsetzt. Die eigenh|ndige Nummerierung der Handschriften (vgl. jeweils berlieferung) zeigt, dass Charlotte von Stein den Bericht in folgender Reihenfolge lesen sollte: zun|chst den vorliegenden Brief (Nr 536), dann den Brief vom 15. und 16. Oktober (Nr 538) und schließlich die darin enthaltenen Reiseaufzeichnungen Philipp Seidels (vgl. auch zu 316,27). 309,10–11 Bieler Insel] Die St. Petersinsel (vgl. zu 307,29). 309,11–12 Wird wohl Lucke bleiben.] Ein Teil der Reise, der Weg von Basel durch das Birstal nach Msnster (Moutier), wird in Seidels Abschrift von Reiseaufzeichnungen Goethes vom 3. Oktober 1779 in Nr 538 beschrieben.
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BRIEF 537
537. An Christian Friedrich Schnauß
Bern, 16. Oktober 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: Goethe-Museum Dssseldorf, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, Sign.: 33. – 1 Bl. 19,4624,2 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Spuren von Siegellack. E: Jahrbuch der Sammlung Kippenberg 5 (1925), S. 5 f. (Max Hecker). WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 51–52, Nr 854a. ERLUTERUNGEN
Die Bezugsbriefe (vgl. 309,13–14; 309,27) sind nicht sberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. Christian Friedrich Schnauß (1722–1797) war der |lteste Sohn des Eisenacher Regierungs- und Archivsekret|rs Elias Friedrich Schnauß und dessen Frau Sabine Christine geb. Ch
teau. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Eisenach von 1730 an und dem Studium der Jurisprudenz in Jena von 1740 bis 1743 begann er als Geheimer Kanzlist und Kabinettsekret|r des Herzogs Ernst August I. von Sachsen-Weimar und Eisenach eine Beamtenkarriere, in deren Verlauf er verschiedene Funktionen sowohl in Eisenach als auch in Weimar aussbte. 1748 zun|chst Regierungssekret|r in seiner Vaterstadt, wurde er 1756 Rat und Geheimer Sekret|r in Weimar, 1759 wiederum Regierungsassessor in Eisenach sowie 1763 Regierungsrat. 1772 erhielt er das Angebot der Stelle eines Geheimen Assistenzrats mit Sitz und Stimme im Geheimen Consilium in Weimar, die er annahm – nach Beratungen „mit Gott und meiner Frau“ (Schnauß in seiner Selbstbiographie, in: Carl von Beaulieu-Marconnay: Ein weimarischer Beamter des achtzehnten Jahrhunderts. In: Zeitschrift fsr deutsche Kulturgeschichte. N. F. 4 [1875], S. 655–702; hier S. 675). Am 5. September 1779, kurz vor dem Aufbruch zur Schweizer Reise, ernannte ihn Herzog Carl August zum Geheimen Rat. Als Schnauß 1793 Dienstjubil|um feierte, schrieb ihm sein Dienstherr: „Ihre 50j|hrige Dienstzeit, welche Sie bald feiern werden, erinnert mich an die vielen und mancherlei Vortheile, welche Ihr Eifer und Ihre Kenntnisse in diesem Zeitpunkt Meinem Hauß verschafft haben, und es wird mir eine angenehme Pflicht sein, mich Ihnen dafsr erkenntlich zu bezeigen, und ich werde bei jeder Gelegenheit Ihrer Familie th|tlich zeigen, wie sehr ich Sie, mein werthester Geheimer Rath, hochsch|tze.“ (Ebd., S. 697 f.) Aus der Autobiographie ergibt sich das Bild eines fleißigen, zuverl|ssigen Beamten und guten Familienvaters, der den Lauf der Zeit stets und ausschließlich unter dem Blickwinkel der eisenachischen und weimarischen Verh|ltnisse betrachtete. Weltereignisse wie die Franztsische Revolution und deren Folgen, auch die politische und kulturelle Entwicklung Weimars unter Anna Amalia und Carl August finden keine Erw|hnung, wohl aber die genaue Anzahl der G|ste
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bei Familienfesten, deren genauer Ablauf und die Kosten fsr Tafelschmuck und Wein. Auch die Preise fsr Lebensmittel in verschiedenen Kriegs- und Winterzeiten werden akribisch mitgeteilt. ber seine Hochzeit mit seiner ersten Frau Christiane Sophie Kraußold im Jahr 1748 berichtet Schnauß: „Meiner Braut habe ich keinen Schmuck oder Ring geschenkt; dagegen aber 40 Ellen franztsischen Stoff, weißer Grund mit lebendigen Blumen 3 rt die Elle, und 20 Ellen Spitzen 3 rt die Elle.“ (Ebd., S. 663.) Außerhalb seiner amtlichen und famili|ren Belange interessierte sich Schnauß fsr G|rten und Blumen, die er selbst zog, sowie als dilettierender Zeichner fsr bildende Kunst, fsr deren Ftrderung in Weimar er als Oberaufseher des von Georg Melchior Kraus gefshrten Zeicheninstituts t|tig war. Auch sber Goethes Eintritt in Weimar sowie das Aufsehen und die Probleme, die er verursachte, |ußert Schnauß sich nicht, obwohl er in die Auseinandersetzungen verwickelt war, die um den von Jacob Friedrich von Fritsch angeksndigten Rsckzug aus seinen mtern als Reaktion auf die Berufung Goethes ins Geheime Consilium im Frshjahr 1776 gefshrt wurden: Auf Bitte Fritschs schrieb Schnauß ein Votum (vgl. Beaulieu-Marconnay, 174–177), in welchem er sich sowohl fsr Goethes Sitz im Geheimen Consilium als auch fsr Fritschs Verbleiben im Amt aussprach. Sein eigenes Verh|ltnis zu Goethe war stets ein freundschaftlich-kollegiales; Goethe gehtrte regelm|ßig zu den G|sten bei Hochzeiten und Taufen im Hause Schnauß, worsber dieser in seiner Lebensbeschreibung genaue Auskunft gibt (vgl. Beaulieu-Marconnay: Ein weimarischer Beamter, S. 682, 685, 686). Auch Goethe berichtet davon im Brief an Charlotte von Stein vom 23. August 1782 (vgl. WA IV 6, Nr 1566) sowie im Tagebuch (unter dem 4. September 1780 [vgl. GT I 1, 115] und dem 28. Januar 1782 [vgl. GT I 1, 132]). Letzteres verzeichnet darsber hinaus eine Vielzahl von Begegnungen und Beratungen sber amtliche Fragen. Goethe seinerseits verband mit dem gesch|tzten Kollegen, wie aus den wenigen sberlieferten Briefen an ihn hervorgeht, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit; als dieser gestorben war, schrieb er am 9. Dezember 1797 an Schiller: Unser guter alter College Schnauß hat sich denn endlich auch davon gemacht. (WA IV 12, 374.) Von Goethe sind insgesamt 15 Briefe an Schnauß aus der Zeit von 1779 bis 1796 sberliefert, die meisten davon amtlichen Charakters; dies gilt ebenso fsr die vier sberlieferten Briefe von Schnauß an Goethe aus den Jahren 1793 bis 1796. 309,14 Brief] Nicht sberliefert. 309,14 das erstemal in Bern ankamen] Erstmals bershrte die Reisegruppe Bern am 7. und 8. Oktober 1779 (vgl. die bersicht „Goethes zweite Reise in die Schweiz“ in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 530). Nun hielt sich Goethe vom 15. bis zum 20. Oktober in der Stadt auf. 309,16 Staubbach] Wasserfall bei Lauterbrunnen im Berner Oberland (vgl. zu 305,19).
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309,16–17 Gl~tscher im Lauterbrunn und Grindelwald] Lauterbrunnen, Ort im Lauterbrunnental im Kanton Bern (vgl. Goethes in Lauterbrunnen geschriebenen Brief an Charlotte von Stein vom 9. Oktober 1779 [Nr 536]). – Grindelwald, Ort im Berner Oberland, zwischen Eiger, Wetterhorn und Faulhorn gelegen. Die bekanntesten und meistbesuchten Gletscher, der Untere und Obere Grindelwaldgletscher, die von der Reisegruppe ebenfalls bestiegen wurden, reichten zur Zeit Goethes noch bis an das Dorf heran. 309,17 Fall des Reichenbachs] 300 m hohe Kaskade von sieben Wasserf|llen bei Schattenhalb in der N|he von Meiringen im Kanton Bern. Der oberste der Reichenbachf|lle hat eine Sturzhthe von 120 m auf einer Breite von 40 m. 309,17 Meyringen] Meiringen, Gemeinde am Oberlauf der Aare im tstlichen Berner Oberland. – Von Grindelwald erreichte die Reisegruppe sber den Pass der Großen Scheidegg das Haslital und stieg dann nach Meiringen ab (vgl. zur Route auch 320,26–321,1). 309,18 Thal nach der Grimsel bis Guthdannen] Das Haslital im Berner Oberland, durch das die hinter Meiringen bei Innertkirchen beginnende Passstraße fshrt, die den Kanton Bern mit dem Kanton Wallis verbindet. Htchster Punkt ist der in 2165 m Hthe gelegene Grimselpass auf der europ|ischen Wasserscheide von Nordsee und Mittelmeer. Der Ort Guttannen liegt an dieser Straße auf 1060 m Hthe etwa 17 km hinter dem Grimselpass (vgl. die Schilderung im Brief an Johann Heinrich Merck vom 17./19. Oktober 1779 [320,26–321,3]). 309,18–19 Brigenzer und Thuner See] Der Brienzer See, ein 14 km langer und 2,8 km breiter Alpenrandsee im Kanton Bern, wird von der Aare durchflossen. Der Thuner See, 17,5 km lang und bis zu 3,5 km breit, liegt nur wenige Kilometer westlich des Brienzer Sees. Die von dort kommende Aare bildet im Ssdosten den Zufluss und im Norden bei Thun den Abfluss des Thuner Sees. In der Schwemmebene zwischen Brienzer und Thuner See liegt Interlaken, wo das Tal der Lstschine beginnt, das sich nach etwa 6 km in die T|ler von Lauterbrunnen und Grindelwald verzweigt (vgl. die Schilderung im Brief an Johann Heinrich Merck, 17./19. Oktober 1779 [321,3–4 ]). 309,27 Ihr zweites nubiloses Schreiben] Der Brief ist nicht sberliefert. – Nubilos (von lat. nubilosus): dsster, finster. 309,27–28 weder in materia noch forma] Lat./dt.: weder nach Inhalt noch Form. 310,2 Regimentsform] Verfassung, Regierungsform. – Bern, heute Bundesstadt (de jure Hauptstadt) der Schweiz, war seit 1218 freie Reichsstadt, die 1353 der Eidgenossenschaft beitrat, seit 1536 grtßter Stadtstaat ntrdlich der Alpen. Im Westf|lischen Frieden 1648 erlangte Bern die volle Souver|nit|t und ltste sich endgsltig vom Heiligen Rtmischen Reich Deutscher Nation. Die Verfassung der Stadtrepublik Bern blieb seit dem 13. Jahrhundert weitgehend unver|ndert. An der Spitze stand ein regierender Schultheiß. Ursprsnglich wurde der Schultheiß
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von der Stadtgemeinde gew|hlt. Diese Wahlbefugnis ging 1294 an den Großen Rat, einen Bsrgerausschuss von 200 Mitgliedern, sber. Die Zweihundert w|hlten auch den Kleinen Rat, der wiederum gemeinsam mit dem Sechzehner-Ausschuss die Mitglieder des Großen Rats bestimmte. Die Sechzehner, je vier aus jedem der vier Stadtviertel, wurden von deren Vorstehern, den Vennern, ernannt. Diese wiederum mussten vom Rat der Zweihundert aus den vier Gesellschaften der Pfister (B|cker), Gerber, Metzger und Schmiede rekrutiert werden. Der Kleine Rat bestand aus den zwei Schultheißen, die einander j|hrlich in der Amtsfshrung abwechselten, zwei Seckelmeistern (K|mmerern), den vier Vennern, 17 Ratsherren und zwei besonderen Vertretern des Großen Rats, den so genannten Heimlichern. Die verschiedenen Gremien best|tigten sich also gegenseitig, so dass die Stadt|mter faktisch nur aus deren Mitgliederkreis besetzt wurden. Seit 1680 galten nur noch diejenigen 360 Familien als ,regimentsf|hig‘, die vor 1643 Bsrger geworden und im „Roten Buch“ der Stadt Bern verzeichnet waren. Von diesen ,regimentsf|higen‘ Familien waren aber nur 80 wirklich ,regierende‘ und bildeten das Berner Patriziat. Die Berner Stadtrepublik wurde mithin von einigen wenigen Patrizierfamilien oligarchisch regiert. Diese verwalteten auch die 62 Landvogteien des Kantons Bern, die auf jeweils sechs Jahre vergeben wurden. Nach Errichtung der Helvetischen Republik (1798) und der so genannten Mediationszeit (seit 1803), in der das politische System der Schweiz maßgeblich vom Einfluss Frankreichs bestimmt war, wurde 1815 die Herrschaft des Patriziats in Bern wiederhergestellt und endete endgsltig erst 1831. Verfassung und Verwaltung der Berner Stadtrepublik galten im 18. Jahrhundert als vorbildlich. 538. An Charlotte von Stein Thun, Æ15.æ und Bern, 16. Oktober Æ1779æ ! ÆKochberg oder Weimaræ DAT I ERU N G
Der erste Teil des Briefes (310,5–311,3) wurde nach 311,5 in Thun geschrieben; dort hielt sich Goethe am 14./15. Oktober 1779 auf. Da er am Abend des 14. Oktober bereits an Charlotte von Stein geschrieben hatte (vgl. Nr 536, Briefteil vom 14. Oktober 1779), stammt der erste Teil des vorliegenden Briefes vom Morgen des 15. Oktober vor dem Aufbruch aus Thun. BERLIEFERUNG
Der Brief besteht aus mehreren Teilen, die bisher als selbstst|ndige Briefe verstanden und gedruckt worden sind. Aus dem Briefteil vom 16. Oktober aber geht hervor, dass Goethe Philipp Seidels Reisetagebuch eigens aus Anlass des vorliegenden Briefes abschreiben ließ und diesem hinzufsgte (vgl. 311,8–9). In seiner Schlussbemerkung zu Seidels Tagebuch erw|hnt Goethe ferner, dass er diesen außerdem
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seine eigenen frsheren Aufzeichnungen aus dem Msnstertal vom 3. Oktober 1779 abschreiben lassen wolle (vgl. 316,19–20); auch diese Berichte wurden dem vorliegenden Brief angefsgt. 1) Brief vom 15. und 16. Oktober 1779: H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 32. – 1 Bl. 18,5(–18,7)622,5 (–22,7) cm, 2 S. beschr., Schreiberhd (Seidel) mit egh. Korrekturen (310,5–311,3 Sonntags den Æ:::æ umgekehrt waren; Var. Montags den 11 Æ:::æ auf die kleine Be-) und egh. (311,4–28 Bern Sonnabends Æ:::æ Adieu.), Tinte, Ort und Datum von Schreiberhd (Seidel), Tinte; S. 1 oben rechts, egh., Tinte: 4. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 54), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 254–257. WA IV 4 (1889), 84–86, Nr 854. 2) Reiseaufzeichnungen von Philipp Seidel, die er in Goethes Auftrag am 16. Oktober 1779 in Thun aus seinem Tagebuch abschrieb (vgl. 311,8–9): H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 33. – Doppelblatt (am Mittelbruch restauriert, Bl|tter nachtr|glich mit Falz zusammengefsgt?) 18,7(–18,9)622,4 (–22,8) cm, 4 S. beschr., Tinte: S. 1 rechte Spalte (312,1–313,22 Den 11 Okt. Æ:::æ Hierzu kam) Schreiberhd (Seidel) mit egh. Korrekturen, linke Spalte egh. Erg|nzungen (mit Einfsgungszeichen); S. 2 und 3 rechte Spalte (313,22–316,13 die einbrechende Nacht Æ:::æ Um 7 in Thun.) jeweils Schreiberhd (Seidel) mit egh. Korrekturen, linke Spalte jeweils eine egh. Erg|nzung (mit Einfsgungszeichen); S. 4 rechte Spalte, ca. 1/8 der Seite (316,14–18 Den 15 fruh Æ:::æ in Bern.), Schreiberhd (Seidel), Rest der Seite sber die gesamte Breite egh. (316,19–31 So weit Æ:::æ Kinder.); S. 1 oben rechts, egh., Tinte: 5.; S. 3 oben rechts, egh., Tinte: 6. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 55), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 257–261. WA IV 4 (1889), 80–83, Nr 853. 3) Reiseaufzeichnungen Goethes vom 3. Oktober 1779, die Philipp Seidel am 16. Oktober fsr Charlotte von Stein abschrieb (vgl. 316,19–20): H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 30. – 1 Bl. ca. 19,5624 cm, 1 2/3 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), mit egh. Einfsgung (vgl. Var. 319,6) und Korrekturen, Tinte; rechter Rand Mitte ausgerissen, Vs. geringer Buchstabenverlust (vgl. 317,26–27; 317,28; 317,29); Rs. auf Falz geklebt, geringer Buchstabenverlust (vgl. 319,4; 319,6; 319,7; 319,8); Vs. oben rechts von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Tinte: „6“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 52), vgl. berlieferung zu Nr 18.
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E1: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 248 (nur der Text 317,1–6 Munster Æ:::æ gesucht.). E2: WA IV 4 (1889), 69–72, Nr 850 (Eduard von der Hellen). ERLUTERUNGEN
Der Brief bezieht sich auf Charlotte von Steins nicht sberlieferten Brief vom 25. September 1779 (vgl. 311,19). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 310,5 sahen wir eben den Staubbach wieder] Den Staubbachfall hatten die Reisenden zum ersten Mal bei ihrer Ankunft in Lauterbrunnen am 9. Oktober 1779 gesehen (vgl. 305,19–20). 310,6 dem Pfarrhause] Goethe und seine Begleiter hatten beim Pfarrer Johannes Unger in Lauterbrunnen Quartier genommen (vgl. zu 306,3). 310,9 Stieg Æ:::æ auf einen Berg] Die Route der Gebirgswanderung vom 10. Oktober 1779 im ssdlichen Lauterbrunnental fshrte von Lauterbrunnen aus sber Stechelberg, Trachsellauenen zum Oberen Steinberg und weiter zum Tschingelgletscher und Oberhorn (zwischen Tschingel- und Breithorngletscher) und von dort zursck nach Lauterbrunnen. Goethe beschreibt die Wanderung auch in seinem Tagebuch (vgl. GT I 1, 94 f.) 310,11 seblst] Verschrieben fsr ,selbst‘. 310,12–13 Beschreibung des Pfarer Wittenbachs] Jacob Samuel Wyttenbach: Kurze Anleitung fsr diejenigen, welche eine Reise durch einen Theil der merkwsrdigsten Alpgegenden des Lauterbrunnenthals, Grindelwald, und sber Meyringen auf Bern zursck, machen wollen. Bern 1777. – Goethe besuchte den Berner Prediger am 19. Oktober 1779 (vgl. 321,8). 310,20 ein kleiner See] Vermutlich ist nicht der 2065 m hoch gelegene Oberhornsee gemeint, sondern der 1 km weiter ssdlich gelegene Polarsee: Das Seele liegt nahe vorm Tschingelhorn, Æ:::æ Grau die Decke der absinkenden Eise, blau die Klufte die Felsen und Steine alles Granit. (GT I 1, 95.) 310,23–24 auf der Alpen wohl hatten schmeken lassen] Dazu heißt es im Tagebuch unter dem 10. Oktober 1779: Wir assen auf Steinbergs Alp Æ:::æ Es ward Kuhl die Wolcken wechselten wir assen und tranken und feyerten sehr lustig saturnalien mit den Knechten und Fuhrern. Philip wurde vexirt dass er heut fruh. sehr viel K~ssuppe gessen habe. (GT I 1, 94.) 310,24 das merkwurdige] ,Merkwsrdig‘ im 18. Jahrhundert noch im Wortsinn: ,wert, bemerkt oder beachtet zu werden‘ (vgl. Adelung 3, 183). 311,1 Wedel und Wagnern] Der Kammerherr Moritz von Wedel und Johann Conrad Wagner, der Kammerdiener des Herzogs Carl August. 311,3 Var. waren. Montags Æ:::æ kleine Be-] Der Bericht sber Montag folgt in der Abschrift aus Philipp Seidels Tagebuch (vgl. 312,1–13). 311,4 Bern] Hier war Goethe von Thun kommend am Mittag des 15. Oktober 1779 eingetroffen (vgl. 316,17–18).
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311,8–9 Philipp soll Æ:::æ anfugen.] Vgl. Philipp Seidels Abschrift aus seinem Tagebuch (312,1–316,18). 311,10 Wenigs in einzelnen Worten von Bern] hnlich wie in den folgenden Zeilen hatte Goethe die Stadt Bern bereits bei seinem ersten Aufenthalt am 7./8. Oktober 1779 beschrieben (vgl. 306,28–31). 311,12 benuzt] Vermutlich im Sinn von ,in Benutzung‘, ,in Gebrauch‘ (vgl. GWb 2, 377). 311,13 nirgen] Abbruch des Wortes am Zeilenende. 311,14 kostbaar] Hier im Sinne von „kostspielig“ (Adelung 2, 1729). 311,15 Mythologie der Schweizer.] Vermutlich ist der Grsndungsmythos der Schweizer gemeint, nach welchem die drei Kantone Uri, Schwyz und Unterwalden Ende des 13. oder Anfang des 14. Jahrhunderts auf der Rstliwiese am Vierwaldst|ttersee mit dem so genannten Rstli-Schwur einen gegen die Vorherrschaft der Habsburger gerichteten Bund besiegelten und damit die Schweizer Eidgenossenschaft begrsndeten. 311,15 National Religion] Die lutherische Reformation im 16. Jahrhundert erhielt in der Schweiz durch Ulrich Zwinglis Reformierten Protestantismus und Johannes Calvins Grsndung der Reformierten Kirche in Genf eine eigenst|ndige, puritanisch-strenge Auspr|gung. 311,15 Tell] Wilhelm Tell, sagenhafter Schweizer Freiheitsk|mpfer, der um die Wende des 13. zum 14. Jahrhundert gelebt und zur Grsndung der Eidgenossenschaft beigetragen haben soll. – W|hrend seiner dritten Schweizer Reise 1797 fasste Goethe den Plan zu einem Tell-Epos, welchen er seinen „Tag- und JahresHeften“ fsr 1806 zufolge nachher dem dramatischen Tell Schillers zu Liebe bei Seite gelegt habe (WA I 35, 247). 311,15–16 Berner B~ren] Der B|r ist das Wappentier der von Berthold V., Herzog von Z|hringen, im Jahr 1191 gegrsndeten Stadt Bern. Einer Sage zufolge sollte die Stadt nach dem ersten Tier benannt werden, das der Herzog nach ihrer Grsndung erlegte. Von diesem B|ren sollen die Berner die ihnen nachgesagte Mentalit|t haben: Beh|bigkeit und Starrktpfigkeit. Seit dem 15. Jahrhundert wurden B|ren im Stadtgraben gehalten, seit Anfang des 16. Jahrhunderts in einem B|rengraben; nach dessen Schließung wurde 1764 ein zweiter B|rengraben ertffnet. 311,16 Schallen Werck] Das ,Schallenwerk‘ (auch ,Schellenhaus‘ genannt) war das Anfang des 17. Jahrhunderts errichtete Zuchthaus der Stadt Bern, benannt nach den Schellen, welche die zu tffentlichen Arbeiten herangezogenen Insassen (die ,Schellenwerker‘) an einem Halseisen zu tragen hatten. 311,16 Aberli] Johann Ludwig Aberli, Landschaftsmaler, den Goethe sch|tzte (vgl. 321,11–12). 311,16 Zeughaus] Im Zeughaus wurden Werkzeuge und Ger|tschaften gelagert und gewartet. Im engeren Sinn war ein Zeughaus der Aufbewahrungsort fsr Waffen und milit|rische Ausrsstungsgegenst|nde.
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311,16 Natur. Cabinet] Das Berner Naturalienkabinett mit seiner naturkundlichen Sammlung wurde 1694 gegrsndet. Bedeutende Sammler waren Daniel Sprsngli und Jacob Samuel Wyttenbach, die Goethe beide besuchte (vgl. die folgende Erl|uterung sowie 321,8–10). 311,17 Sprunglein] Daniel Sprsngli, Pfarrer und Naturforscher; er besaß neben einer Fossiliensammlung eine umfangreiche ornithologische Sammlung, die nach seinem Tod dem Naturalienkabinett einverleibt wurde. 311,17 Sinner] Es handelt sich entweder um Friedrich von Sinner, seit 1771 Stadtschultheiß in Bern, oder um dessen Sohn Carl Ferdinand, den ehemaligen Schsler Wielands w|hrend dessen Berner Zeit 1759/60. Herzog Carl August schreibt am 16. Oktober 1779 an seine Frau: „Hier Æin Bernæ schlug sich der Sohn des Stadt Schultheiß Sinners zu uns, welcher viel Htflichkeit fsr uns hat, u. uns heute nach den Landgut des Landvoigts Scharner begleitet hat.“ (Karl August-Luise, 115.) Carl Ferdinand Sinner fshrte die G|ste auch durch die Stadt und zeigte ihnen die Sehenswsrdigkeiten; in einer Anmerkung zu einigen Briefen des Herzogs an ihn aus den Jahren 1779–1781 schreibt Sinner: „Im Herbst 1779 kame der regierende Herzog von Sachsen-Weimar, begleitet nebst andern Cavaliers von dem bershmten Herrn Gtthe, nach Bern. Er, der Herzog, hatte ein Empfehlungsschreiben an mich. Ich hatte die Ehre S. D. alles sehenswsrdige in unserer Stadt und derselben Umgebungen zu zeigen.“ (Ludwig Hirzel: Briefe des Herzogs Carl August an Karl Ferdinand von Sinner in Bern. In: Vierteljahrschrift fsr Litteraturgeschichte 3 [1890], S. 122; vgl. auch BG 1, 155.) Den Vater, Friedrich von Sinner, lernten die Weimarer G|ste auch kennen; im Brief des Herzogs an Carl Ferdinand von Sinner vom 6. M|rz 1780 heißt es: „Je suis bien sensible au souvenir de Mr l’avoyer votre pere; je compte pour une des plus heureuses circonstances de mon voyage que j’ai eu la satisfaction de faire sa connoissance.“ (Ebd., S. 124. – Ich bin sehr gershrt bei der Erinnerung an den Herrn Schultheiß, Ihren Vater; ich z|hle es zu den glscklichsten Umst|nden meiner Reise, dass ich die Genugtuung gehabt habe, seine Bekanntschaft zu machen.) Vermutlich gehtrten beide ebenso wie die im Folgenden Genannten zu den Gespr|chspartnern sber politische Themen; in Goethes Brief an Christian Friedrich Schnauß vom selben Tag (16. Oktober 1779) heißt es: Wir schw~zzen hier den ganzen Tag mit den Bernern von ihrer Regimentsform. (310,1–2.) 311,17 Tscharner] Niklaus Emanuel Tscharner, Mitglied des Großen Rates, frsherer Obervogt der Herrschaft Schenkenberg, Mitbegrsnder und Pr|sident der konomischen Gesellschaft zu Bern, zu deren Aufgaben die theoretische und praktische Ftrderung der Landwirtschaft z|hlte; er betrieb auf seinem Gut Blumenhof in Kehrsatz (6 km ssdlich von Bern) einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb, den Goethe und Carl August besuchten; Letzterer schrieb am 18. Oktober 1779 an seine Frau Louise: „Nach Tisch fuhren wir aufs Land zu einen ehmali-
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gen Landvogt Tscharner mit Nahmen, ein Mann von vieler Weltkenntniß, wie es scheint.“ (Karl August-Luise, 116.) 311,17 Kirlchberger] Gemeint ist Nikolaus Anton Kirchberger, Landvogt zu Gottstadt bei Biel, Besitzer des Landguts Schlosshalde bei Bern (vgl. weiter die zweite Erl|uterung zu 319,11). Goethe besuchte ihn am 19. Oktober 1779 auch auf dem Land (vgl. 319,11–21). 311,17 Prof. Wilhelmi] Samuel Anton Wilhelmi, Professor der griechischen Sprache an der Hohen Schule in Bern, Mitglied der konomischen Gesellschaft. 311,18 Hallern] Albrecht von Haller, 1777 verstorbener Arzt, Naturwissenschaftler und Schriftsteller, Professor der Medizin in Bern, seit 1772 in Gtttingen. 311,18 Auserer Stand] Das Rathaus des ußeren Standes (in der heutigen Zeughausgasse) besuchte Goethe wiederum in Begleitung Carl Ferdinand von Sinners; dies geht aus Herzog Carl Augusts Brief an seine Frau vom 18. Oktober 1779 hervor (vgl. Karl August-Luise, 116). Der „ußere Stand“ war eine Institution, die als eine Art Schattenregierung die amtierende Regierung Berns, den „Inneren Stand“, imitierte. Herzog Carl August schilderte die Einrichtung im genannten Brief: „Dieser |usere Stand ist eine Gesellschaft junger Leute, welche in einen eignen Hause zusammen kommen, u. alles daselbst thun, od. vielmehr vorstellen, was ihre V|ter im Rathe thun. Es ist dieses eine politische bung. Alle Jahre halten Sie einen Umzug in Schweitzer Tracht“ (ebd.). 311,19 Ihren Brief vom 25ten Sept.] Erst am 24. November 1779 berichtete Goethe, er habe nach dem hier erw|hnten einen weiteren Brief Charlotte von Steins erhalten, der vom 12. November stammte (vgl. 344,20). 311,21 Die Wartensleben war nicht in Cassel] Vgl. zu 297,4. 311,22 biss wir uns wiedersehn] Goethe kehrte am 14. Januar 1780 nach Weimar zursck. Das erste im Tagebuch verzeichnete Zusammentreffen mit Charlotte von Stein fand am 19. Januar statt (vgl. GT I 1, 103). Da die Reisegesellschaft Weimar bereits am Mittag erreichte (vgl. FB 1780, S. 10), ist anzunehmen, dass Goethe Charlotte von Stein noch am Ankunftstag aufsuchte. 311,24 Lavater schreibt mir] Das folgende Zitat ist das Einzige, was von dem Brief (Goethe-Lavater3, 80, Nr 61) sberliefert ist; vgl. weiter die Angaben zu Bezugs- und Antwortbrief von Nr 539. 311,26 „Kinderlein liebt euch!“] Vermutlich Anspielung auf das JohannesEvangelium (13,34): „Ein neu gebott gebe ich euch, daß ihr euch unter einander liebet, wie ich euch geliebet habe, auf daß auch ihr einander lieb habet.“ (LutherBibel 1772 NT, 112.) 312,10 Eishvle] Ausfluss der Schwarzen Lstschine, die sich nach etwa 12 km bei Zweilstschinen mit der Weißen Lstschine vereinigt. 312,16 Obern Gl~tscher] Oberer Grindelwaldgletscher, Talgletscher bei Grindelwald mit dem Schreckhorn im Ssden, dem Berglistock im Osten und dem Wetterhorn im Norden.
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312,12 Hvlzgen] W|ldchen (vgl. GWb 4, 1379). 312,16 Scheidek] Gemeint ist die Große Scheidegg nordtstlich von Grindelwald, ein Pass, sber den der Weg vom Lstschinental nach Meiringen im Aaretal fshrt. 312,17–18 Streit uber den Mettyberg und Jungfrauhorn.] Mit Mettyberg ist vermutlich der Mettenberg (3104 m) gemeint, auch M|ttenberg geschrieben. Er liegt zwischen dem Unteren und dem Oberen Grindelwaldgletscher ssdtstlich von Grindelwald. Von dort aus gesehen dominieren zur Linken das Wetterhorn (3692 m) und zur Rechten der Eiger (3970 m) die Landschaft. Letzterer ist hier pauschalierend als Jungfrauhorn bezeichnet, wohl deshalb, weil die Jungfrau der damals bekannteste Gipfel der Gruppe Eiger, Mtnch und Jungfrau war. (Nach freundlicher Mitteilung von Daniel Anker, Schweizer Alpenclub, Bern.) – Der ,Streit‘ ktnnte um die Identifikation der Berge gefshrt worden sein. 312,20 Bergrose] Vermutlich die auch Gebirgs-, Alpenhecken- oder H|ngefruchtrose genannte Pflanze (lat. Rosa pendulina). 312,23–24 kleiner See] Vermutlich einer der kleinen Moorseen westlich und tstlich ein wenig unterhalb der Passhthe (nach freundlicher Mitteilung von Daniel Anker, Schweizer Alpenclub, Bern). 312,25 Schwarzwald] Schwarzwald im Reichenbachtal. 312,26–27 Wollhorn, Wetterhorn und Engelhorn] Mit dem erstgenannten Berg ist das etwa 3000 m hohe Wellhorn ssdlich der Schwarzwaldalp im Reichenbachtal gemeint. Das Wetterhorn (3692 m) liegt ssdwestlich, das Engelhorn (2782 m) tstlich. 313,2 Haslithal] Im Haslital fließt die Aare von den Aaregletschern im Grimselgebiet zum Brienzer See; es fshrt von Meiringen in ssdlicher Richtung zum Grimselpass. 313,14 Reichenbach] Auch Rychenbach; er fließt von der Großen Scheidegg durch das gleichnamige Tal nach Meiringen, wo er in die Aare msndet. 313,15 H o f ] Bei Innertkirchen an der Aare. Goethe stieg aus dem Reichenbachtal nicht unmittelbar links nach Meiringen ab, sondern rechts das Aaretal hinauf. 313,16 Gutannin] Gemeint ist Guttannen im Aaretal, etwa 8 km von Innertkirchen entfernt. 313,23–25 H‘. v. Wedel und Wagner Æ:::æ zu Muthe.] Von Wedels Schwindelanf|lligkeit war bereits in Nr 536 die Rede (vgl. 309,1–3). 313,27 ich] Philipp Seidel. 313,30 Schvne Familie] ,Schtn‘ hier im allgemeinen Sinn von ,Wohlgefallen erregend‘ (vgl. Adelung 3, 1622). – Mtglicherweise handelte es sich um jene „angenehme Familie“, bei der Carl Ludwig von Knebel im Jahr darauf in Guttannen Quartier nahm; deren Ttchter schilderte er begeistert in seinem Brief an Herzog Carl August vom 1. August 1780 aus Bern: „Sechs oder sieben Ttchter
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im Hause, von |chtem Schweizerkern und voller, doch zierlicher Bildung, froh und schalkhaft, bei wohlhabenden guten Eltern. Æ:::æ Sie tragen die Haare zu beiden Seiten wohlgescheitelt, mit zwei hinterw|rts geflochtenen Ztpfen, und ohne weitern Kopfputz. Æ:::æ brigens haben sie hohe bis unter die Brust aufgeschsrzte Rtcke, von grauem leichtem Zeug, und das Mieder mit einigen schwarzsammtnen B|ndern verziert, was ihnen Alles gar wohl steht.“ (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 3, 133.) 313,31–32 Schindelfakeln] ,Schindel‘ hier allgemein: kleine, gespaltene Bretter (vgl. Adelung 3, 1473). 314,12–13 zwischen zwei hohen Felsenwanden] Gemeint ist die Aareschlucht zwischen Innertkirchen und Meiringen. 314,21–23 Von Petern Æ:::æ kriegen.] Peter im Baumgarten stammte aus Meiringen (vgl. sber ihn des N|heren die einleitende Erl|uterung zu Nr 281). Kurze Zeit sp|ter traf Goethe in Brienz einen Schwager Peters (vgl. 314,31–32). 314,25–26 Weeg nach Brienz] Etwa 15 km durch das Haslital. 314,29 Wandel- und Olzibach] Gemeint sind der Wandelbach und der Oltschibach, die beide westlich von Meiringen in die Aare msnden. 314,31 Ein Schwager des Peters] Nicht ermittelt. 314,33 Brief] Nicht sberliefert. 315,2–3 einen Bruder eine Stiefmutter und Stiefgeschwiester] N|heres sber sie konnte nicht ermittelt werden. 315,5–6 nach Schweizermanier Æ:::æ ringen] Gemeint ist die in der Schweiz verbreitete Form des traditionellen Ringkampfs, der als ,Schwingen‘ bezeichnet wird. In Albrecht von Hallers „Alpen“ heißt es: „Hier ringt ein kshnes Paar / verm|hlt den Ernst dem Spiele // Umwindet Leib um Leib / und schlinget Hufft um Hufft.“ (Verse 105 f.; Versuch Schweizerischer Gedichten. Bern 1732, S. 5.) 315,15–16 Unterlachen] Gemeint ist Interlaken. 315,17 Untersewen] Gemeint ist Unterseen. 315,20 Tavaros] Vgl. die erste Erl|uterung zu 306,18. 315,24–25 aus dem Homer von den Sirenen] Vgl. die erste Erl|uterung zu 306,16. 315,27 Beatus Hvle] Tropfsteinhthle in der N|he von Sundlauenen am Nordufer des Thuner Sees. Sie tr|gt ihren Namen nach einer Legende vom frshchristlichen heiligen Beatus, der im 1. Jahrhundert n. Chr. lebte und als erster Missionar der Schweiz gilt, deren Landespatron er war. Beatus habe einen gef|hrlichen Drachen, der in der Hthle hauste, besiegt, indem er ihm das Kreuz entgegenstreckte (oder ein Kreuzeszeichen machte). Danach habe er viele Jahre in der Drachenhthle gelebt. Die Hthle, seither lange Zeit ein Wallfahrtsort, wurde 1530 nach dem bertritts Berns zur Reformation zugemauert und erst im 18. Jahrhundert wiederentdeckt.
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315,27 stie-] Stiegen; Abbruch am Zeilenende. 315,29 expres] Franz. exprxs: eigens. 315,33 do] Dito (von ital. ditto): desgleichen. 316,4 Kanaillehand] Franz. canaille: Schurke, Lump. 316,9–10 Wasserfall.] Er stsrzt aus der Hthle hinab. 316,15 Aar] Aare. 316,19 ein Blat abschreiben] Vgl. 317,1–319,10. 316,23 reinheit] Vgl. zu 302,23. 316,26 Avis au Relieur.] Franz.: Hinweis fsr den Buchbinder. – Ein solcher Hinweis informierte den Buchbinder darsber, in welcher Anordnung Druckbtgen, Abbildungen, Verzeichnisse u. . zu binden seien (vgl. 131,16–18); hier scherzhaft fsr den Hinweis an die Adressatin zur Reihenfolge der Briefe Nr 536 und 538 sowie deren Beilagen bzw. Teilbriefe. 316,27 das Tagebuch nach seinen Numern 1. bis 6.] Gemeint sind die Briefe Nr 536 und Nr 538 mit den Reiseaufzeichnungen aus Philipp Seidels Tagebuch (305,17–307,31; 312,1–316,18) in Nr 538; Goethe hat die einzelnen Bl|tter mit Ziffern versehen (vgl. jeweilige berlieferung), die folgende Reihenfolge ergeben: Nr 536 = 1–3, Nr 538 (Brief vom 15. und 16. Oktober 1779) = 4, Reiseaufzeichnungen Seidels = 5–6. 316,28 Gesang] Gemeint ist der „Gesang der Geister“ (vgl. 309,4; vgl. Beilage 2 zu Nr 536). 316,28 Beschreibung des Munster-Thals] Die folgende Abschrift Seidels von Reiseaufzeichnungen Goethes vom 3. Oktober 1779 (317,1–319,10). 316,29 Avertiss. des Docktors] Beilage 1 zu Nr 536 (vgl. zu 306,18). 316,29–30 Ihre Mutter und die kleine] Charlotte von Steins Mutter Concordia Elisabetha von Schardt und vermutlich ihre Schw|gerin Sophie von Schardt, die auch Herzog Carl August im Brief an Josias von Stein vom 15. September 1779 dessen kleine Schw~gerin (297,14–15) genannt hatte. 316,30 Schleus.] Gemeint ist die Frau des Kochberger Gerichtshalters Schleusinger (vgl. zu 264,7). 316,31 K~stner und die Kinder] Der Hauslehrer Johann Friedrich K|stner und Charlotte von Steins Sthne Carl, Ernst und Friedrich. 317,1 Munster] Im Kanton Bern im Birstal zwischen Basel und Biel, heute vorwiegend Moutier genannt. 317,3 Von wo] Die Lscke in der Handschrift entstand offenbar, weil Philipp Seidel den Ortsnamen nicht lesen konnte. Goethe hat ihn bei der Korrektur des Briefes nicht erg|nzt. Es ktnnte sich um Saugern (Soyhixres) oder Rennendorf (Courrendlin) handeln (vgl. Petersen, Goethe-Stein 1, 596); auch Delsperg (Delmont) wird genannt (vgl. Schtll, Goethe-Stein, 248, Anm. 1). 317,5 Gebirgkette] Schweizer Jura.
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317,6 Birsch] Die Birs (La Birse), 73 km lang, entspringt bei Tavannes im Berner Jura und msndet bei Basel und Birsfelden in den Rhein. 317,7 Bedurfniss] Hier ist wohl der „Gegenstand des Bedsrfens“ (GWb 2, 173) gemeint: Transport und Versorgung mit notwendigen Lebensmitteln. 317,7 Schluhter] Verschrieben fsr ,Schlschter‘: Plural zu ,Schlschte‘ (vgl. Grimm 15, 794), nur in „manchen Gegenden“ gebraucht (Adelung 3, 1542). 317,15–16 streichen] Hier: „sich in die L|nge ausdehnen, sich erstrecken“ (Adelung 4, 435). 317,16 Fluss] Die Birs. 317,18 Kippen] Versehentlich statt ,Klippen‘. 317,23 Firsten] ,Die Firste‘: Gipfel (vgl. Adelung 2, 166). 317,27 Das Erhabene] ber diesen Begriff vgl. zu 299,10–11. 317,31 da ich rein war] Vgl. zu 302,23. 318,6 Ein iunger Mann] Nicht ermittelt. 318,19 stiege] Schon im 18. Jahrhundert veraltete Bildung des Pr|teritums im Oberdeutschen (vgl. GB I 2, zu 100,28). 318,22 die Entstehung Æ:::æ dieser seltsamen Gestalten] Beobachtungen wie die hier geschilderten ftrderten Goethes Interesse an Geologie und Geogonie. Im seit Ende des 18. Jahrhunderts ausgetragenen Streit zwischen Neptunisten und Vulkanisten stand er auf der Seite der ersteren, auch nachdem sich deren Theorie als unhaltbar erwiesen hatte. Fsr die Neptunisten entstand die Erdoberfl|che mit Gebirgen und Gesteinen aus Sedimentablagerungen nach Absinken der Urozeane, fsr die Vulkanisten durch Eruptionen, die durch den feurigen Zustand des Erdinneren ausgeltst worden waren. 318,25 Revolutionen] ,Revolution‘ hier im lateinischen Wortsinn: ,Umdrehung‘, ,Umw|lzung‘ (nach revolvere: zursckw|lzen). 319,7–8 hier ist Æ:::æ ewiges Gesez] Natur und Kunst in Beziehung setzend, schreibt Goethe in der „Itali|nischen Reise“ hnliches von der antiken Kunst: Diese hohen Kunstwerke sind zugleich als die hvchsten Naturwerke von Menschen nach wahren und naturlichen Gesetzen hervorgebracht worden. Alles Willkurliche, Eingebildete f~llt zusammen, da ist die Nothwendigkeit, da ist Gott. (Zweiter Rtmischer Aufenthalt; WA I 32, 77 f.) 319,8–9 nur –––– –––– –––– –––– –––– –––– –––– Menschenhand] Durch die Striche wird eine Lscke angedeutet; in der Druckfassung der „Briefe aus der Schweiz“ lautet die Stelle: nur von Menschenhand (WA I 19, 226). Gemeint ist im Satzzusammenhang: ,Das einzig Willksrliche ist der von Menschenhand angelegte Weg.‘
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539. An Johann Caspar Lavater
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Bern, Æ19.æ Oktober 1779 ! ÆZsrichæ
DAT I ERU N G
Goethes Angabe d‘. 17 Okbr. 79 (320,8) beruht auf einem Versehen. Der abendliche Besuch bei Kirchbergern (319,11) kann nicht am 17. Oktober stattgefunden haben, weil sich Goethe am Abend dieses Tages in Langnau bei Michael Schsppach aufhielt und dort sbernachtete. Das geht aus dem Brief von Herzog Carl August an seine Frau Louise vom 18. Oktober 1779 hervor, in dem er sber einen „zieml. lustigen Abend“ (Karl August-Luise, 117) in Langnau und die bernachtung berichtet. Dass der vorliegende Brief am 19. Oktober geschrieben wurde, l|sst auch Goethes Bemerkung Nun wirds weiter gehn (319,22) erkennen. Sie bezieht sich auf die unmittelbar bevorstehende Abreise aus Bern, die am n|chsten Tag, am 20. Oktober 1779, erfolgte. Auch im Fall von Brief Nr 540 an Johann Heinrich Merck, den Goethe ebenfalls mit dem Datum des 17. Oktober versah, liegt ein Versehen vor (vgl. Datierung zu Nr 540). BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 107. – 1 Bl. 19,3624,3 cm, ursprsnglich Doppelblatt, vom zweiten Blatt noch ein 2,6–3,3 cm breiter Streifen vorhanden, 1 S. beschr., egh., Tinte; von Adieu (320,7) an lassen Tinte und Schriftduktus einen Neuanfang der Niederschrift erkennen. E: Goethe-Lavater1 (1833), 41–43, Nr 15. WA IV 4 (1889), 88–90, Nr 856. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet Lavaters Brief vom 10. Oktober 1779 (Goethe-Lavater3, 80, Nr 61; vgl. RA 1, 74, Nr 100). (Die Datierung dieses nur fragmentarisch sberlieferten Briefes ist umstritten; in der RA wird er auf „1779 Oktober vor 16“ datiert.) – Lavater antwortete am 22. Oktober 1779 (Goethe-Lavater3, 81–83, Nr 63; vgl. RA 1, 75, Nr 102). 319,11 deine Leute hier hab ich meist gesehen] Goethe hatte in seinem Brief vom 8. Oktober 1779 Lavater gebeten, ihm einige Personen zu nennen, die er empfehle zu besuchen (vgl. 304,22–25). ber Goethes Begegnungen in Bern vgl. zu 304,23–25. 319,11 Kirchbergern] Nikolaus Anton Kirchberger, Landvogt zu Gottstadt bei Biel, Besitzer des Landguts Schlosshalde bei Bern. Er schreibt in seinem Brief an Johann Caspar Lavater vom 20. Oktober 1779: „Mit Goethe habe eine interessante unterredung von 11/2 stunden auf dem lande gantz allein gehabt. Ich bershrte einige von seinen saiten die mit den meinigen sbereinstimmten, hierauf blitzte er mit eigenen begriffen um sich her, die auf einander folgten wie wetter-
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leuchten an einem sommerabend. Ich konnte ihm mein Herz sber die wichtigsten Gegenst|nde tffnen – er ist aber nur Goethe wenn man ihn allein hat. bey seinem Fsrsten ist er ein ganz anderer Mann.“ (BG 2, 158.) In einem weiteren Brief an Lavater vom 27. Oktober 1779 berichtet Kirchberger ausfshrlich, er habe sich mit Goethe sber „Religion“ unterredet und die „macht der menschlichen Seelen“; auch habe Goethe sber die „art“ gesprochen, „wie er an einem Gegenstand arbeitet – wie außerordentlich lang er solchen in seinem Busen w|rmt biß er ihn der Welt darstellt“ (Goethe-Lavater3, 353 f.; vgl. auch BG 2, 158). 319,22 Nun wirds weiter gehn.] Von Bern fshrte die Reise mit vielen Zwischenstationen sber Genf und Luzern nach Zsrich, wo Goethe am 18. November 1779 eintraf. 319,23 Lausanne und Genv] In diesen St|dten hielt sich Goethe vom 22. bis 24. Oktober bzw. vom 27. Oktober bis 3. November 1779 auf. – ,Genv‘: Nach franz. Genxve. 319,24 Bey Neuburg sind wir schon gewesen] Gemeint ist Neuenburg (Neuch
tel). Zum Neuenburger See (Lac de Neuch
tel) hatte Goethe von Biel aus am 6. Oktober 1779 bereits einen Ausflug unternommen. Am 21. Oktober 1779 besuchte er den See erneut, um in Cheyres einen rtmischen Mosaikfußboden zu besichtigen (vgl. 322,24–25). 319,24 die Gener.] Die Generalin; N|heres nicht ermittelt. – Lavater hatte Goethe offensichtlich einen Brief geschickt und ihn gebeten, diesen bei einem Besuch (vermutlich in Neuch
tel) perstnlich auszuh|ndigen. – Im Brief an Lavater vom 26. November 1781 heißt es: Du hattest lieber Bruder eine Abschrifft meiner I p h i g e n i e fur den General Koch verlangt (WA IV 5, 225). Wer der hier Genannte war und ob er mit der im vorliegenden Brief erw|hnten Generalin in Beziehung steht, konnte nicht ermittelt werden. 319,25 ich schick ihr deinen Brief] Ob dies geschah, konnte nicht ermittelt werden. 319,26 Toblern] Johann Georg Christoph Tobler, Lavaters Schsler und Freund in Genf; er sbergab Goethe nach dessen Ankunft in Genf am 27. Oktober 1779 einen Brief von Lavater (vgl. 327,1). 319,26–27 Von Genv hvrst du weiter von mir.] Vgl. Goethes Briefe an Lavater vom 28. und 29. Oktober sowie vom 2. November 1779 (Nr 542 und 545). 319,28 Cameralische Okulist] Etwa: ,Staatswirtschaftswissenschaftlicher Augenarzt‘. – Johann Heinrich Jung, Augenarzt in Elberfeld und bekannter Staroperateur, war 1778 als Professor der Kameralistik (Staatswirtschaftslehre) nach Kaiserslautern berufen worden. 319,28 B r . H e r z o g ] Goethe kommentiert hier und im Folgenden ein – offenbar weitgehend wtrtliches – Zitat aus Johann Heinrich Jungs Brief an Lavater vom 7. Oktober 1779, das dieser ihm in seinem nur fragmentarisch sberlieferten Bezugsbrief mitgeteilt hatte. In Jungs Brief heißt es: „Grsße Goethen von mir;
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ich denk, er liebt mich noch. Den Herzog – nun freylich – den grssestu nicht von mir, wiewohl ich doch gern Bruder Herzog sagen mtchte, weilen er Lavater besucht. Das ist immer so ein Zug in seinem Carakter, um welchen man ihm an den Hals springen, ihn herzen und ksssen mtchte. Das B r u d e r H e r z o g will ich also noch ein Jahrhundert aufschieben, vielleicht schickt sich’s dann besser.“ ( Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe. Ausgew|hlt und hrsg. von Gerhard Schwinge. Gießen, Basel 2002, S. 96.) – Der Hinweis ist Wolfgang Vulpius zu verdanken („Sp|ne“, 147 f.). Offenbar mit Bezug auf diese Stelle schrieb Lavater im Antwortbrief: Du darfst mir alles sagen, aber glaube mir Lieber, m i r ktmmt kein Sinn daran – „dem Ltwen die Tatze zu bieten! Ich bin mit meiner Hauskaterschaft ganz wol zufrieden, und wenn ich werth w|r’ etwas zu wsnschen, so w|r’s – nur, daß – E i n e r sich nicht sch|mte mich B r u d e r zu nennen!“ Sonst hast Du in gewißem Sinn vtllig recht; und als ich Deinen lieben Brief erhielt – corrigirt’ ich eben ein Liedchen sber’s V. Gebott, wo eine Strophe sagt – „Du seegnest jeden, der sich gern Der Herrschaft unterziehet; Dem Lehrer folgt; i n j e d e m H e r r n Den Herrn der Herren siehet. Dein Wille, Gott, verhsllet sich In Menschenwillen! Dich, nur Dich Ehrt wer die Hthern ehret.“ Nichtachtung der wahren ewigen Verh|ltniße von Menschen zu Menschen ist mir ein entscheidend Zeichen eines dummen und unleidlichen Stolzes. Das war’s doch aber, denk’ ich, an dem e n f a n t i l e n J u n g nicht?“ (Goethe-Lavater3, 82 f.) 320,5 Pardeln] Nach lat. pardalis (Pantherweibchen) gebildetes Wort fsr Panther (vgl. Adelung 3, 645) und allgemein ,große Raubkatzen‘. 320,5 herumsielen] ,Sich sielen‘ im Sinne von ,sich suhlen‘, ,sich sshlen‘, „sich im Kothe ÆSchmutzæ w|lzen“ (Adelung 4, 499). 320,7 Eh wir Zurch nahen hvrst du mehr von mir.] Außer den beiden Briefen aus Genf (vgl. zu 319,26–27) schrieb Goethe am 14. November 1779 einen weiteren Brief an Lavater (Nr 547), bevor er am 18. November in Zsrich eintraf. 320,8 d‘. 17 Okbr. 79] Vgl. Datierung. 320,9 dein Weib] Anna Lavater geb. Schinz. 320,9 die kleine] Wohl nicht, wie vermutet, Lavaters Freundin Barbara Schult-
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heß (vgl. Heinrich Dsntzer: Freundesbilder aus Goethe’s Leben. Leipzig 1853, S. 56), die Goethe sonst stets ,B|be‘ nennt, sondern mit Bezug auf Lavaters Kinder; vielleicht ist die achtj|hrige Tochter Anna gemeint.
540. An Johann Heinrich Merck
Bern, Æ19.æ Oktober Æ1779æ ! ÆDarmstadtæ
DAT I E RU N G
Die fehlende Jahresangabe l|sst sich nach dem Inhalt des Briefes erg|nzen. Wie beim vorhergehenden Brief an Johann Caspar Lavater (Nr 539) hat sich Goethe auch hier im Tagesdatum geirrt. Der Brief wurde nicht am 17., sondern am 19. Oktober 1779 geschrieben. Dies geht daraus hervor, dass Goethe die Abreise aus Bern nach Lausanne, die am 20. Oktober stattfand, fsr morgen (321,19) anksndigt. Das Datum wird im Brief Carl Augusts an seine Frau Louise vom 28. Oktober 1779 best|tigt: „Den 20ten sind wir von Bern weg“ (Karl AugustLuise, 117). Außerdem berichtet Goethe von den Ausflsgen nach Langnau und Hindelbank (vgl. 321,5–6), die am 17. und am 18. Oktober unternommen wurden. Auch dies wird durch Carl August best|tigt (vgl. seinen Brief an Herzogin Louise vom 18. Oktober 1779; Karl August-Luise, 116 f.). BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt; zuletzt angeboten im Autographenkatalog von Thierry Bodin, Auktion vom 11./12. Oktober 1999 in Paris (vgl. Autographes / Documents historiques / Livres anciens Æ:::æ. Paris Æ1999æ, Nr 180). – 1 Bl., 1 3/4 S. beschr., egh., Tinte; sber der Datumsangabe von fremder Hd erg|nzt: „79.“; oben links von fremder Hd: „No 6.“ und alte Foliierung „10.“ (Angaben nach einer Fotokopie der Ausfertigung im GSA). – Teilfaksimile: Autographenkatalog von Thierry Bodin (321,10–30 Steinarten Æ:::æ G). E: Merck, Briefe1 (1835), 183–185, Nr 83. WA IV 4 (1889), 86–88, Nr 855 (nach E). Textgrundlage: Fotokopie von H im GSA. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der Brief enth|lt – unter Auslassung einiger Stationen wie Sessenheim (Wiedersehen mit Friederike Brion) und Straßburg (Wiedersehen mit Anna Elisabeth [Lili] von Tsrckheim geb. Schtnemann) – die Beschreibung einzelner Etappen von Goethes zweiter Schweizer Reise, und zwar die Strecke von Speyer, wo er am 24. September 1779 war, bis Bern, wo er am 15. Oktober 1779 eintraf. – Vgl.
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auch die bersicht „Goethes zweite Reise in die Schweiz“ in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 530. 320,11 Bern d‘. 17. Oktb.] Vgl. Datierung. – In Bern hielt sich Goethe vom 15. bis 20. Oktober 1779 auf. 320,12 in Speyer mit Berold. Æ:::æ mit ihm] In Speyer traf Goethe am 24. September 1779 den Domherrn Joseph Anton Siegmund von Beroldingen und besichtigte mit ihm den Dom; darsber berichtet er ausfshrlich im Brief an Charlotte von Stein vom 24. bis 28. September 1779 (Nr 534), Briefteil vom 25. September (299,20–301,26). 320,12–13 in Emmend. alles recht gut und Brav] In Emmendingen hatte Goethe vom 27. bis 30. September seinen Schwager Johann Georg Schlosser besucht, der seit 1778 mit Johanna Fahlmer verheiratet war, nachdem Goethes Schwester Cornelia im Sommer 1777 gestorben war. 320,13–14 hinter Freyburg Æ:::æ den M~dels] Vermutlich hatte Johann Georg Schlosser Goethes Reisegesellschaft am 30. September 1779 von Emmendingen aus bis ins ssdtstlich von Freiburg zwischen Buchenbach und Hinterzarten gelegene Htllental begleitet (das Datum des Aufbruchs von Emmendingen nach Carl Augusts Brief an seine Mutter, 29. September 1779; Bergmann, 25 f.). Von dort scheint der Weg nach Basel durch das Wiesental (Feldberg, Todtnau, Schtnau, Zell, Schopfheim, Ltrrach) gefshrt zu haben. Denn Herzog Carl August schrieb am 2. Oktober 1779 an Catharina Elisabeth Goethe, nachdem er in der Schweiz angekommen war: „ber einen ging es hinsber, und da sahen wir die schone Fl|che um Basel, den Rhein, und in der Ferne die hohen Berge.“ (Frau Rath, 150.) Mtglicherweise handelt es sich bei „einen“ um eine Verschreibung fsr ,Steinen‘. Die Ortschaft Steinen liegt an der Einmsndung des Steinenbachtals ins Wiesental 9 km vor Ltrrach. Am 1. Oktober 1779 erreichten die Reisenden Basel; im zitierten Brief des Herzogs an Catharina Elisabeth Goethe heißt es: „Mit den Monat October, sind wir in die Schweitz getreten.“ (Ebd.) Wo Goethe sbernachtete, ist nicht bekannt. – Nicht auszuschließen ist allerdings, dass an der vorliegenden Briefstelle von einem Ausflug von Emmendingen ins Htllental die Rede ist, der am 28. oder 29. September stattgefunden haben ktnnte. In diesem Fall ktnnte die Reiseroute nach Basel von Emmendingen aus westlich an Feldberg und Belchen vorbei und dann ssdw|rts parallel zum Rhein sber Freiburg, Wolfenweiler (bei Schallstadt), Msllheim, Kaltenherberg gefshrt haben (vgl. Andreas, Carl August, 431). Diese Route w|re mit etwa 90 km ksrzer als die erstgenannte mit 115 km. Sie wsrde auch zu dem passen, was Herzog Carl August vor dem Aufbruch aus Emmendingen am 29. September 1779 an seine Mutter schrieb: „Æ:::æ morgen geht es auf Basel, welches 12 Stunden von hier ist.“ (Bergmann, 26.) Im selben Brief heißt es n|mlich: „Auf Strassburg ist es 12 Stund.“ (Ebd.) Diese Strecke betr|gt etwa 74 km; die Reisenden hatten sie am 27. September zursckgelegt. – ,M|dels‘: Im Brief an Johanna Schlosser vom 16. No-
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vember 1779 tr|gt Goethe der Adressatin auf, Schlosser und die M~dgen (343,13) zu grsßen. Damit dsrften Schlossers Ttchter – Goethes Nichten – Louise und Juliette sowie die Schwestern Antoinette und Anna Gerock (vgl. zu 304,6–7) gemeint sein. Ob diese im vorliegenden Fall alle mit von der Partie waren, erscheint fraglich; Schlossers jsngste Tochter war erst zweieinhalb Jahre alt. Vielleicht aber gehtrte noch Johanna Schlosser zu den Mitreisenden. – Auch im Brief an Johanna Fahlmer vom 21. Februar 1777 l|sst Goethe Grsße an die M~dels (131,8) ausrichten (vgl. die erste Erl|uterung zu 131,8). 320,14 In Basel] Dort machte Goethe vom 1. bis 3. Oktober 1779 Station. 320,14–15 Mechel Æ:::æ Wiener Portraits] In Basel besuchte Goethe wie schon im Juli 1775 auf der ersten Schweizer Reise den Kupferstecher und Kunsth|ndler Christian von Mechel. Dieser war seit 1778 mit der Katalogisierung der kaiserlichen Gem|ldesammlung in Wien besch|ftigt; von dort hatte er Portr|ts lebender Perstnlichkeiten mitgebracht. 320,15 Bibliotheck] Im „Haus zur Mscke“ („Haus zur Mugge“) am Schlssselberg beim Msnsterplatz; dort war die Universit|tsbibliothek untergebracht. Im 17. Jahrhundert erwarben die Universit|t und der Große Rat der Stadt Basel die Kunstsammlung Basilius Amerbachs, in der sich u. a. Gem|lde von Hans Holbein d. J., aber auch Msnzen, Schmuckstscke und Musikinstrumente befanden, und ertffneten 1671 im „Haus zur Mscke“ das erste tffentliche Museum in Europa. 320,15 Holbeins] Der Renaissancemaler Hans Holbein d. J. und sein |lterer Bruder Ambrosius kamen 1515 nach Basel. Letzterer starb dort um 1519; Hans Holbein lebte mit Unterbrechungen bis 1532 in der Stadt. 320,16 Fabricken] Im 18. Jahrhundert gehtrte die Seidenbandproduktion zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen in der Region Basel. Die erste Seide verarbeitende Fabrik wurde 1717 von Johann Jacob de Bary-Birr gegrsndet. Seidenb|nder wurden nicht nur in der Mode (zum Schmuck von Kleidern, Hsten und Schuhen), sondern auch fsr Taschen, Urkunden und Bscher verwendet. 320,16 Munsterthal] Die Reise fshrte Goethe von Basel in ssdwestlicher Richtung durch das zwischen Basel und Biel gelegene Tal am Oberlauf der Birs, das seinen Namen nach der Propstei Msnster (Moutier) bei Granfelden (Grandval) tr|gt. Vgl. die Schilderung im Brief an Charlotte von Stein vom 3. Oktober 1779, den Goethe in Msnster schrieb (317,3–319,10). 320,17 Munster] Heute Moutier im Kanton Bern. 320,17 Biel] Dort hielt sich Goethe vom 4. bis 6. Oktober 1779 auf. 320,19 nach Rousseaus Insel] Die Fahrt zur St. Petersinsel im Bieler See fand am 5. Oktober 1779 statt. Auf der Insel fand Jean Jacques Rousseau Zuflucht, nachdem er 1765 aus Genf ausgewiesen worden war. Goethe beschreibt den Ausflug im Brief an Charlotte von Stein vom 9. bis 14. Oktober 1779 (vgl. 307,28–32).
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320,20 Anet] Die heutige Gemeinde Ins (franz. Anet) liegt zwischen dem Bieler und dem Neuenburger See (Lac de Neuch
tel). Am 6. Oktober kam Goethe dort an, verirrte sich auf der Weiterreise nach La Sauge am Nordostufer des Neuenburger Sees und blieb bis zum 7. Oktober in Ins/Anet (vgl. seinen Brief an Charlotte von Stein vom 9. bis 14. Oktober 1779 [307,16–27]). 320,20 St Blaise] Die Ortschaft liegt am Nordufer des Neuenburger Sees; von dort ritt Goethes Reisegesellschaft wieder zursck nach Ins/Anet (vgl. seinen Brief an Charlotte von Stein vom 9. bis 14. Oktober 1779 [307,22–26]). 320,21–22 auf Murten Æ:::æ Auf Bern.] Murten am Ostufer des gleichnamigen Sees erreichte Goethe gegen Mittag des 7. Oktober 1779, Bern am Abend desselben Tages (vgl. seinen Brief an Charlotte von Stein vom 9. bis 14. Oktober 1779 [307,7–14]). 320,22–23 gedruckten Anweisung Wyttenbachs] Jacob Samuel Wyttenbach: Kurze Anleitung fsr diejenigen, welche eine Reise durch einen Theil der merkwsrdigsten Alpgegenden des Lauterbrunnenthals, Grindelwald, und sber Meyringen auf Bern zursck, machen wollen. Bern 1777. 320,23–25 uber Thun Æ:::æ bis an Tschingelhorn, zuruck] Am 8. Oktober 1779 traf Goethe in Thun ein; am 9. Oktober wurde der Weg sber Unterseen (zwischen Thuner See und Brienzer See) in ssdlicher Richtung fortgesetzt bis Lauterbrunnen. Dabei passierten die Reisenden den Staubbachfall in der N|he von Lauterbrunnen. Am 10. Oktober bestiegen Goethe und die Reisegef|hrten von Lauterbrunnen aus den Steinberg im hinteren Lauterbrunnental und wanderten von dort weiter zum Tschingelgletscher; von dort ging es zursck nach Lauterbrunnen. Goethe schildert die Wanderung im Brief an Charlotte von Stein vom 15. und 16. Oktober 1779 (vgl. 310,5–311,3) und im Tagebuch unter dem 10. Oktober 1779 (vgl. GT I 1, 94 f.). 320,25 Grindelwald] Von Lauterbrunnen fshrte die Reise zursck durch das Lauterbrunnental in ntrdliche Richtung, dann am Ende des Tales in tstliche Richtung ins Lstschinental bis nach Grindelwald, wo Goethe am 11. Oktober 1779 ankam und bis zum 12. Oktober blieb. 320,26 die beyden Gl~tscher] Oberer und Unterer Grindelwaldgletscher. 320,26–27 uber den Scheideck ins Oberhaslin] Am 12. Oktober 1779 brach Goethe mit seiner Reisegesellschaft von Grindelwald in nordtstlicher Richtung zur Großen Scheidegg auf und gelangte sber die Schwarzwaldalp ins Aaretal und am Abend nach Guttannen. Vgl. die Schilderung im zweiten Briefteil von Nr 538 (312,14–314,2) sowie Goethes Tagebuch unter dem 12. Oktober 1779 (GT I 1, 95 und 98). 320,27–321,3 Zuruck auf Meyringen. Æ:::æ bey Brigenz schlafen.] Von Guttannen ging es am 13. Oktober 1779 durch das Aaretal in nordwestlicher Richtung zursck bis Meiringen und weiter nach Tracht (heute Kienholz) tstlich von Brienz.
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321,4 Brigenzer See] Brienzer See. 321,4–5 ber Unterseeven Æ:::æ Grab der Langhans] Die Route des 14. Oktober 1779 fshrte sber die ganze L|nge des Brienzer Sees nach Interlaken und von dort sber Unterseen nach Thun, am 15. Oktober weiter nach Bern, wo Goethe schon eine Woche zuvor gewesen war. Vgl. die Beschreibung der Strecke im zweiten Briefteil von Nr 538 (315,13–316,13). In Bern blieb Goethe bis zum 20. Oktober. 321,5–6 auf Langenau Æ:::æ auf Bern zuruck] Von Bern aus machte Goethe am 17. Oktober einen Ausflug nach Langnau (im Emmental) zum als ,Wunderdoktor‘ apostrophierten Chirurgen, Arzt und Apotheker Michael (Michel, Micheli) Schsppach (Schuppach), bei dem er auch sbernachtete. Am 18. Oktober kehrte er nach Bern zursck und besuchte das etwa 18 km nordtstlich gelegene Hindelbank mit dem von Johann August Nahl 1751/52 geschaffenen Grabmal der Pfarrersfrau Maria Magdalena Langhans. Sie war bei der Geburt ihres ersten Kindes am Vorabend des Osterfestes gestorben. Der Bildhauer w|hlte das Thema der Auferstehung; aus einem einzigen Stein arbeitete er ein Grab, dessen Platte aufbricht und durch einen Riss den Blick auf Mutter und Sohn frei gibt: Die Mutter hebt ihr Kind mit den Armen zum Himmel empor. Die Platte tr|gt Inschriften, darunter eine von Albrecht von Haller: Horch! die Trompete schallt, ihr Klang dringt durch das Grab, Wach auf, mein Schmerzens-Sohn, wirf deine Hslsen ab, Dein Heiland ruft dir zu; vor ihm flieht Tod und Zeit, Und in ein ewig Heil verschwindet alles Leid. (Versuch Schweizerischer Gedichte. Eilfte vermehrte und verbesserte Auflage. Bern 1777, S. 289.) – Der Stein war in den Boden eingelassen und durch einen Holzdeckel geschstzt, der angehoben werden musste, wenn Besucher das Denkmal besichtigen wollten. Bekanntheit erlangte Nahls Werk durch eine Radierung des Basler Kupferstechers Christian von Mechel, den Goethe Anfang Oktober 1779 besucht hatte (vgl. zu 320,14–15). Goethe erw|hnt das Grabmal auch im Brief an Charlotte von Stein vom 20. bis 27. Oktober 1779 (vgl. 322,15–17). 321,7 die Bibliotheck] Ende des 17. Jahrhunderts war im Zuge eines Umbaus der alten theologisch ausgerichteten Hohen Schule in Bern ein prunkvoller Bibliothekssaal entstanden. 321,7 Zeuchhaus] Vgl. die dritte Erl|uterung zu 311,16. Das Berner Zeughaus wurde 1876 abgebrochen. 321,7 Sprunglins Sammlung] Daniel Sprsngli, frsherer Pfarrer in Stettlen, war Besitzer des Landsitzes Baumgarten nordtstlich von Bern; er besch|ftigte sich mit Naturgeschichte und hatte eine große Sammlung von Fossilien und Vtgeln zusammengetragen. Merck trat einige Jahre sp|ter osteologischer Fragen wegen in
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Korrespondenz mit ihm; vgl. seinen Brief an ihn vom 20. Oktober 1783 (Merck, Briefwechsel 3, 381 f.). 321,8 Wittenbachen] Jacob Samuel Wyttenbach hatte Theologie und Medizin studiert und war seit 1775 Prediger am Burgerspital in Bern. Er baute eine Naturaliensammlung auf und machte sich als bersetzer naturwissenschaftlicher Werke einen Namen. In einem Brief an Wyttenbach vom 18. Februar 1780 bedankt sich Goethe fsr die angenehmen und lehrreichen Stunden (WA IV 4, 177), die er bei ihm zugebracht habe. 321,10 artiger Mann] Artig: Modewort des 18. Jahrhunderts; hier etwa: liebenswsrdig, auch von der |ußeren Gestalt her (vgl. GWb 1, 839 f.). 321,11 Aberli] Johann Ludwig Aberli, Landschaftsmaler. 321,11 der Junge Wocher] Der 19-j|hrige Marquard Fidel Dominikus Wocher, Maler und Kupferstecher, Schsler Aberlis. Von ihm stammt das so genannte Wocher-Panorama, ein 7,5638 m großes Rundbild der Stadt Thun (1809– 1814). 321,12 in Biel Æ:::æ Hartmann] Im etwa 50 km entfernten Biel besuchte Goethe den aus Mannheim stammenden Landschaftsmaler und Radierer Johann Joseph Hartmann. 321,12 von dem ich mit bringe] Vermutlich die vier lgem|lde „Im Berner Oberland“, „Landschaft zwischen Biel und Gottstadt“, „Les champs de Mache. Beauchamps et l’entre dans l’Ergeuil“ und „Zwischen Biel und Orbain“, die sich in den Kunstsammlungen der Klassik Stiftung Weimar (Inv.-Nr KK 796–799) befinden (vgl. Goethes „Bildergalerie“, 160). 321,13–14 der iunge Schuz Æ:::æ Burckhardt in Basel] Der 17-j|hrige Franz Schstz, Maler und Radierer, Sohn des Frankfurter Malers Christian Georg Schstz; er lebte seit 1777 in Basel, geftrdert von dem Seidenbandfabrikanten Johann Rudolf Burckhardt. 321,16 der Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach. 321,16 Wedel] Der Weimarer Kammerherr und Oberforstmeister Otto Joachim Moritz von Wedel. 321,17–18 Von Lavatern Æ:::æ nennen lassen] Darum hatte Goethe in seinem Brief an Johann Caspar Lavater vom 8. Oktober 1779 gebeten (vgl. 304,22–25). 321,19–20 auf Lausanne] Goethe brach am 20. Oktober 1779 von Bern auf und traf am 22. Oktober in Lausanne ein. 321,25–26 Schick diesen Brief Æ:::æ meinen Eltern.] Ob dies geschah, konnte nicht ermittelt werden. 321,27 Gedeon Burckhardt] Gedeon Burkhardt, Seidenbandfabrikant in Basel, der 1760 gestorben war. Sein Nachfolger war sein Sohn Johann Rudolf Burkhardt.
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541. An Charlotte von Stein Payerne, 20. Oktober, Moudon, 21. Oktober, Lausanne, 23. Oktober, Vallee de Joux, 24./25. Oktober, Nion, 26./27. Oktober 1779 ! ÆKochberg oder Weimaræ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 34. – 2 ineinandergelegte Doppelbl|tter 17(–17,2)621,4(–21,6) cm, Bsttenrand, 8 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Tinte: „8“ (vgl. berlieferung zu Nr 536). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 56), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 261–269. WA IV 4 (1889), 90–97, Nr 857. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 322,1 Payerne Peterlingen] Goethe war mit seiner Reisegesellschaft am Morgen des 20. Oktober 1779 von Bern, wo er sich fsnf Tage aufgehalten hatte, aufgebrochen und am Mittag im etwa 27 km westlich gelegenen Murten angekommen. Von dort ging es sber den Murtensee (vgl. Herzog Carl August an seine Frau Louise, 28. Oktober 1779; Karl August-Luise, 117) und in ssdwestlicher Richtung sber Avenches nach Payerne (Peterlingen) im Kanton Waadt. 322,5 einige interessante Leute] In Bern war Goethe u. a. mit Carl Ferdinand von Sinner, Johann Ludwig Aberli, Nikolaus Anton Kirchberger, Samuel Anton Wilhelmi, Niklaus Emanuel Tscharner und Jacob Samuel Wyttenbach zusammengetroffen (vgl. die zweite Erl|uterung zu 311,16; die zweite bis fsnfte Erl|uterung zu 311,17 sowie zu 321,8). Lavater hatte ihm einige Personen empfohlen (vgl. zu 304,23–25; 321,17–18). 322,6–7 Fusboden Mosaique] In Avenches (Wiflisburg) ssdwestlich des Murtensees, das auf das rtmische Aventicum zursckgeht, wurden zu Beginn des 18. Jahrhunderts mehrere Bodenmosaiken entdeckt. Bei dem von Goethe erw|hnten Mosaik handelt es sich um das etwa 18612 m große Bacchus-Ariadne-Mosaik; 1708 ausgegraben, wurde es zun|chst wieder eingedeckt, dann Mitte des Jahrhunderts erneut freigelegt. Es erlitt große Sch|den, als ein franztsischer Adliger versuchte, das Mosaik nach Frankreich zu transportieren. Vollst|ndig soll das Kunstwerk 1798 durch napoleonische Truppen zersttrt worden sein. Herzog Carl August berichtete sber den Erhaltungszustand des Mosaiks an seine Frau: „Æ:::æ ein eintziger Kopf ist noch sbrig, welcher von der grtßten Schtnheit ist.“ (Brief vom 28. Oktober 1779; Karl August-Luise, 117 f.) – Literaturhinweis: Hans Btgli: Aventicum. La ville romaine et le muse. 3. Ausgabe. Hrsg. von Anne Hochuli-Gysel. Avenches 1996.
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322,10 Docktor in Langnau] Am 17. Oktober 1779 hatte Goethe einen Ausflug zu dem als ,Wunderdoktor‘ geltenden Arzt Michael Schsppach in Langnau (im Emmental) gemacht (vgl. auch zu 321,5–6). 322,12 Humor] Im 18. Jahrhundert noch im Sinne von franz. humeur: (gute oder schlechte) Laune, Stimmung. 322,13 das gegenw~rtigste] ,Gegenw|rtig‘ hier im Sinne von ,geistig pr|sent‘, ,teilnahmsvoll‘ (vgl. GWb 3, 1267). 322,14–15 Anstremgung] Verschrieben fsr ,Anstrengung‘. 322,15–16 Grabmal der Pfarren zu Hindelbanck] ber das Grabmal der Pfarrersfrau Maria Magdalena Langhans in Hindelbank vgl. zu 321,5–6. 322,19–20 verbertucht] Die Wortschtpfung ,verbertuchen‘ bezieht sich auf Friedrich Justin Bertuch; sie ist wohl im Sinn von ,trivialisieren‘ oder ,kommerzialisieren‘ zu verstehen (vgl. auch die einleitende Erl|uterung zu Nr 200). 322,20 pour ainsi dire] Franz.: sozusagen. 322,23 Moudon] Milden; Gemeinde im Broyetal im Kanton Waadt, etwa 20 km ssdlich des Neuenburger Sees. 322,24–25 Mosaisches Pflaster bei Chaire] Das Wort ,mosaisch‘ ist das Adjektiv zu ,Mosaik‘, dieses entlehnt aus franz. mosaque von mittellat. musaicum und lat. musivum (opus), dies wiederum nach griech. lotrai“ o| (den Musen geweiht). Adelung kennt den Begriff „Musiv-Arbeit“ fsr eine „Mahlerey, wo die Figuren Æ:::æ durch ksnstliche Zusammensetzung kleiner farbiger Glasstscke oder Steine hervor gebracht werden“ (Adelung 3, 325). – Goethe besuchte von Payerne aus das 15 km entfernt am Ostufer des Neuenburger Sees gelegene Cheyres. Dort hatte im Jahr 1778 der Landvogt Franois Prosper Nicolas Castella de Villardin einen rtmischen „Musivboden von zweihundert vier und sechzig Quadratfuß Æetwa 80 m2æ Oberfl|che entdeckt.“ (Gerold Ludwig Meyer von Knonau: Erdkunde der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Ein Handbuch fsr Einheimische und Fremde. Zsrich 1838, S. 423.) Das Mosaik stellt dar, wie Orpheus durch den Klang seiner Leier Tiere heranlockt. 322,26 geht aber auch nach und nach zu Grunde] In Meyer von Knonaus „Erdkunde der Schweizerischen Eidgenossenschaft“ von 1838 heißt es: „Der Entdecker machte sich durch seine Beflissenheit fsr die Erhaltung dieses Kunstwerkes sehr verdient; allein seither hat es so gelitten, daß man kaum noch einige Spuren davon wahrnimmt.“ (S. 423.) Das Gleiche wird bereits im „Dictionnaire gographique, statistique et historique du Canton de Fribourg“ berichtet, wo es heißt: „Æ:::æ des paysans ayant cru y trouver un trsor, Æ:::æ le dtruisirent dans une nuit.“ (T. 1. Fribourg 1832, S. 115. – Die Bauern glaubten dort einen Schatz zu finden, Æ:::æ sie zersttrten es innerhalb einer Nacht.) 322,27 tracktiren] Von lat. tractare: behandeln. 322,27 Der vorige Landvogt] Franois Prosper Nicolas Castella de Villardin; er war von 1772 bis 1778 Landvogt von Cheyres.
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323,1 der iezzige] Tobie de Gottrau de Billens; er war von 1778 bis 1783 Landvogt von Cheyres. 323,3 ein anonym billet] Nicht sberliefert (vgl. EB 271). 323,7–8 das gestrige] Gemeint ist das Bacchus-Ariadne-Mosaik in Avenches. 323,10 Zeichnung von einem] Um welches Mosaik es sich handelte, konnte nicht ermittelt werden. 323,11–12 von Bauern Æ:::æ rouinirt worden] Fsr das Mosaik in Avenches dsrfte dasselbe gelten wir fsr das in Cheyres (vgl. zu 322,26). 323,17 Psalter] Von griech. waksgŁqiom: Saiteninstrument. 323,20 alten Fusboden] Gemeint sind die rtmischen Bodenmosaiken in Avenches und Cheyres (vgl. zu 322,6–7; zu 322,24–25). 323,24 Lust Hauser] Gartenh|user, Sommerh|user zum Aufenthalt auf dem Land (vgl. Grimm 12, 1338). 323,25 Spazierg~nge] ,Spaziergang‘ hier „fsr den weg oder ort, wo man spazieren geht“ (Grimm 16, 2021), wie franz. promenade. 323,26 Mad. Branconi] Maria Antonia von Branconi geb. Elsener, Witwe des neapolitanischen Beamten Francesco Pessina de Branconi, war nach dem Tod ihres Mannes 1766 die Geliebte des Erbprinzen Carl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Lsneburg-Wolfenbsttel, des Bruders von Herzogin Anna Amalia, geworden. Ihr Braunschweiger Palais wurde zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt. 1777 beendete der Erbprinz die Beziehung. Madame Branconi zog auf ihr Gut Langenstein in der N|he von Halberstadt und unternahm Reisen nach Frankreich und in die Schweiz, wo sie 1779 Lavater in Zsrich kennen lernte, auf dessen Empfehlung Goethe sie am 22. und 23. Oktober in Lausanne aufsuchte. Sie erwiderte den Besuch am 26. und 27. August 1780 in Weimar. Goethe seinerseits machte im September 1783 und 1784 Gegenbesuche in Langenstein. Wie sehr er von Maria Antonia von Branconi beeindruckt war, zeigt sein Brief an sie vom 28. August 1780: Æ:::æ nehmen Sie den schvnsten Danck fur die Paar Tage die Sie uns gegvnnt haben. Erst iezt spur ich dass Sie da waren, wie man erst den Wein spurt wenn er eine Weile hinunter ist. In Ihrer Gegenwart wunscht man sich reicher an Augen, Ohren und Geist, um nur sehen, und glaubwurdig und begreiflich finden zu kvnnen, dass es dem Himmel, nach so viel verungluckten Versuchen, auch einmal gefallen und gegluckt hat etwas Ihresgleichen zu machen. (WA IV 4, 275 f.) – In seinem Brief an Johann Caspar Lavater vom 24. Juli 1775 hatte Goethe anhand zweier Schattenrisse eine vergleichende Charakteristik von Charlotte von Stein und Maria Antonia von Branconi gegeben (vgl. GB 2 I, 196); darin urteilte er sber Letztere weit weniger gsnstig als nach der perstnlichen Bekanntschaft. – Carl Matthaei, der Sekret|r Madame Branconis, berichtet sber die Begegnung mit Goethe am Abend des 22. Oktober 1779: Es sei sber die Reise gesprochen worden, sber Perstnlichkeiten wie Johann Georg Zimmermann und Johann Caspar
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Lavater, sber das Leben in Weimar und sber Herzog Carl August. Die Gastgeberin wollte wissen, „woher es k|me, daß ein Fsrst Munterkeit und Vertraulichkeit kennte. Goethe sagte u. a., es gebe Leute, besonders die Fsrsten, mit denen man immer in gleicher Linie gehe, aber dazwischen bleibe stets ein Graben, sber den man nicht hinsber ktnnte.“ (BG 2, 160 f.) Beim Abschied habe Goethe zu Matthaei gesagt: „Es ist eine treffliche Frau von Geist und Verstand. Æ:::æ Jesus! Was ktnnte diese Frau aus einem machen!“ (BG 2, 161.) In seinem Brief an Lavater vom 28. und 29. Oktober 1779 vergleicht Goethe die gar liebliche Br. mit einer der Sirenen (328,30–33). 324,2 Veway] Das 20 km tstlich von Lausanne am Nordufer des Genfer Sees gelegene Vevey. Der Ort gehtrt ebenso wie das im Folgenden genannte Meillerie zu den Schaupl|tzen von Rousseaus Roman „Julie, ou La Nouvelle Helose“ (6 Tle. Amsterdam 1761). 324,3–4 Melleraye] Meillerie am Ssdufer des Genfer Sees, Vevey gegensber in ssdwestlicher Richtung. 324,4 dent de Chamant] Dent de Jaman, ein Felsgipfel (1875 m) ssdlich des Alpenpasses Col de Jaman oberhalb von Montreux, 14 km tstlich von Vevey. 324,6–7 Walliser und Sayoyer Geburgen] Die Savoyer Alpen (mit dem Montblanc als Hauptgipfel) liegen ssdlich des Genfer Sees auf dem Gebiet des (frsheren) Ktnigreichs Savoyen, die Walliser Alpen (mit dem Matterhorn) tstlich der Savoyer Alpen in der Schweiz. 324,11 Herzogin von Curland] Gemeint ist nicht, wie gelegentlich angenommen (vgl. Dsntzer, Goethe-Stein, 159, Anm. 3), Dorothea von Curland, die dritte Frau des letzten Herzogs von Curland Peter von Biron; deren Verm|hlung fand erst am 6. November 1779 statt. Vermutlich handelte es sich um dessen erste Frau Caroline Louise, die seit 1772 von ihm geschieden war. Sie war eine Nichte von Karoline von Hessen-Darmstadt, der ,Großen Landgr|fin‘, mithin eine Cousine der Weimarer Herzogin Louise. An diese ließ sie Grsße senden: „Æ:::æ nur will ich dir ein Compl. von der Hertz. von Curland außrichten, welche ich besucht habe“ (Karl August-Luise, 118), schrieb Herzog Carl August am 28. Oktober 1779 an seine Frau. 324,11 strichen uns] Sich streichen: schnell gehen, laufen; hier: sich davonmachen (vgl. zu 148,7). 324,13 Math~i der bey ihrem Sohn ist] Carl Matthaei war auch der Erzieher des Grafen von Forstenburg, des Sohnes von Maria Antonia von Branconi und Carl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Lsneburg-Wolfenbsttel. 324,13 artig] Im 18. Jahrhundert oft benutztes Wort; hier im Sinn von ,auf gehtrige Art und Weise‘ (vgl. GWb 1, 839). 324,15–16 was Ulyss Æ:::æ erz~hlt] Das folgende aus dem Ged|chtnis wiedergegebene Zitat bezieht sich auf die „Odyssee“ (12,62–65); dort berichtet nicht Odysseus, sondern Kirke von den Gefahren der weiteren Reise: von den Sirenen,
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den Irrfelsen sowie der Meerenge zwischen den Meeresungeheuern Skylla und Charybdis. In Bodmers bersetzung, die Goethe im Reisegep|ck hatte (vgl. 315,23–25; die zweite Erl|uterung zu 306,16), lautet die Stelle, die sich nicht auf Skylla und Charybdis, sondern auf die „irrungsfelsen“ (12,58) bezieht: Hier ist kein flsgel vorbey geflogen, die schnelleste daube Nicht, die mit eile dem vater Jovi Ambrosia bringet, Welcher der schlspfrige fels nicht die schwingen besch|diget habe; Jupiter muß fsr iedes mahl sich andrer bedienen. (Odyssee 12,59–62; Homers Werke. Aus dem Griechischen sbersetzt von dem Dichter der Noachide. Zweyter Band. Zsrich 1778, S. 156.) 324,17 Jovi] Lat. Dativ von Jupiter. 324,18–19 Pour la Colombe d u j o u r elle a echappX belle] Franz.: Fsr die Taube von heute Ægiltæ: Sie ist mit einem blauen Auge davongekommen. – Mit dieser ihn selbst betreffenden Erkl|rung wird Goethe der mtglichen Eifersucht der Adressatin entgegenzuwirken gesucht haben. 324,19 er] Jupiter. 324,20 Vallee de Joux] Ein 20 km langes, 1000 m hoch gelegenes, von der Orbe durchflossenes Tal im Schweizer Jura, etwa 20 km nordwestlich vom Genfer See gelegen; eine genaue Beschreibung des Tales findet sich im Brief an Charlotte von Stein vom 28. Oktober 1779 (vgl. 329,13–330,12). 324,23 Genv] Nach franz. Genxve. 324,25 Rolles] Rolle am Nordufer des Genfer Sees, 26 km westlich von Lausanne. 324,26 la Cote] Franz.: die Ksste, der Abhang; hier: das schweizerische Weinbaugebiet, das sich am westlichen und ntrdlichen Ufer des Genfer Sees von Genf bis Lausanne erstreckt. 324,29 Mont] Mont-sur-Rolle, 2 km ntrdlich von Rolle. 324,29 Mercks Schwiegereltern] Jean Emanuel und Marie Antoinette Charbonnier, die Eltern von Mercks Frau Louise, die sich jedes Jahr zur Weinernte in Mont-sur-Rolle aufhielten. ber den Besuch schrieb Merck am 19. November 1779 an Herzogin Anna Amalia nach Weimar, Goethe habe sich „bey meinen Alten brav aufgefshrt“ (Merck, Briefwechsel 2, 322). 324,31 Lac de Joux] 9 km langer und durchschnittlich 1000 m breiter See im unteren Valle de Joux. 324,31 und] Verschrieben fsr ,uns‘. 325,4 Ich schrieb dem Herzog ein Billet] Nicht sberliefert (vgl. EB 272). 325,5 Merckens Schwager] Jacques Arpeau, Gutsbesitzer in Cheserex in der N|he von Nyon am Genfer See; er war mit Marie Charlotte geb. Charbonnier verheiratet, der Schwester von Mercks Frau Louise.
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325,6 den Herzog und Wedeln abzuholen] Carl August und sein Kammerherr Moritz von Wedel waren in Rolle zursckgeblieben. 325,6–7 Wir machten uns mit den Pferden] Der hier folgende Bericht (bis 325,24) findet sich leicht ver|ndert auch in Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 28. und 29. Oktober 1779 (vgl. 330,14–32); die Beschreibung wurde fast unver|ndert in die 2. Abteilung der „Briefe aus der Schweiz“ aufgenommen (vgl. WA I 19, 228 f.). 325,7 Mont] Mont-sur-Rolle. 325,10 Grad uber] Auf der anderen (ssdlichen) Seite des Genfer Sees. 325,11 Faucigny] Landschaft im damaligen Savoyen um das Tal der Arve ntrdlich des Montblancs. 325,15 den See] Genfer See. 325,18–19 wieder hinab] Von der 1447 m hoch gelegenen Passhthe des Col du Marchairuz, hinter welcher der Weg ins Valle de Joux nach Le Brassus hinabfshrt. 325,20 einen schvnen See] Lac de Joux. 325,25–26 in einem recht guten Wirths Haus] In Brief Nr 543 wird dieses Haus in Le Brassus (vgl. zu 331,20), das offensichtlich kein Gasthaus, sondern ein Privathaus war, detailliert beschrieben (vgl. 330,32–331,10). Diese Beschreibung nahm Goethe auch in die 2. Abteilung seiner „Briefe aus der Schweiz“ auf (vgl. WA I 19, 229). – Das Haus soll Jacques David Rochat gehtrt haben (vgl. Chronik 2, 232); er w|re damals erst knapp 18 Jahre alt gewesen. Zuverl|ssigeres sber das Gasthaus und dessen Besitzer konnte nicht ermittelt werden. 325,27 Misels] M|dchen (vgl. weiter zu 22,10). 325,30 delizieusen] Delizits (franz. dlicieux: lieblich); von Goethe selten verwendetes Attribut im Sinn von ,wundervoll‘ (vgl. GWb 2, 1120). 325,30 Tour vom Thal] Eine detaillierte Schilderung der Tour zu Pferd durchs Valle de Joux zur Dent de Vaulion, die am westlichen Ufer des Lac de Joux hinund am tstlichen Ufer wieder zursckfshrte, findet sich in Nr 543 (vgl. 331,11–333,19). 325,31 Dent de Vaulion] Die Dent de Vaulion ist ein 1483 m hoher Berg nordtstlich des Lac de Joux, der seinen Namen (franz. la dent: der Zahn, Zacken) seiner markanten Form verdankt. 325,32–326,1 eine Beschreibung] Vgl. die folgende Erl|uterung. 326,3–4 eine leichte Skizze] Diese erhielt die Adressatin in einer Abschrift Philipp Seidels vom 28. Oktober 1779 in Nr 543 (vgl. 331,11–334,11). 326,5 wenn wir nach Genv. kommen] Am 27. Oktober 1779. – ,Genv.‘: nach franz. Genxve. 326,6 Nur einen Brief vom Ende Sept.] Gemeint ist Charlotte von Steins nicht sberlieferter Brief vom 25. September 1779; Goethe hatte ihn am 15. Oktober erhalten (vgl. 311,19). Erst am 24. November 1779 berichtete Goethe, er
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habe einen weiteren Brief Charlotte von Steins bekommen, der vom 12. November stammte (vgl. 344,20). 326,9 Nion] Nyon am Westufer des Genfer Sees. 326,15–16 auf einem andren Blat] Charlotte von Stein erhielt Goethes Schilderung der Reise von Le Brassus sber Les Rousses mit dem Aufstieg zur 1677 m hohen La Dle in einer Abschrift Philipp Seidels in Nr 543 (vgl. 334,12–337,24). 326,19–20 Mit dem Gestrigen Æ:::æ dicktiren.] Nr 543 enth|lt die Reisebeschreibung vom Ausflug durchs Valle de Joux zur Dent de Vaulion am 25. Oktober 1779 (vgl. zu 326,3–4) und den Reiseverlauf am 26. Oktober. 326,24 der Bergen] Verschrieben fsr ,den Bergen‘. 326,28 in Genf] Auf dem Weg dorthin sah die Reisegesellschaft, wie aus einem Brief Herzog Carl Augusts an Carl Ludwig von Knebel vom 28. Oktober 1779 hervorgeht, „eine schlechte, franztsische Comtdie; in der Stadt wird sie nicht geduldet, also spielt sie auf franztsischem Grund und Boden.“ (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 110.) 542. An Johann Caspar Lavater Genf, 28. und 29. ÆOktober 1779æ ! ÆZsrichæ DAT I E RU N G
Das fehlende Jahr ergibt sich ebenso wie der korrekte Monat aus dem Inhalt des Briefes. Goethes Angabe Sept. (327,1) beruht auf einem Versehen, das schon von Lavater korrigiert worden ist (vgl. berlieferung). BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 108. – Doppelblatt 18,3624 cm, 4 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 Korrektur der Angabe Sept. (327,1) durch Lavaters Hd in „Oct“. E: Goethe-Lavater1 (1833), 44–50, Nr 16. WA IV 4 (1889), 111–114, Nr 859. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet Lavaters Brief vom 22. Oktober 1779 (Goethe-Lavater3, 81–83, Nr 63; vgl. RA 1, 75, Nr 102). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 327,1 Genf] In Genf hielt sich Goethe vom 27. Oktober bis 3. November 1779 auf. 327,1 Sept] Richtig ist ,Oktober‘ (vgl. Datierung). 327,1 L. Br.] Lieber Bruder. 327,1 Tobler] Im vorhergehenden Brief (Nr 539) hatte Goethe Lavater gebeten,
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er mtge ihm nach Genf schreiben und Tobler bitten, den Brief auszuh|ndigen (vgl. 319,25–26). – Der Schweizer Theologe Georg Christoph Tobler, Freund und Schsler Lavaters, suchte auf Lavaters Empfehlung Kontakt zu Goethe. Aus der Begegnung in Genf erwuchs jedoch keine engere Beziehung; vgl. Goethes Bericht in seinem Brief an Lavater vom 2. November 1779 (341,5–13). Daran |nderte auch Toblers Besuch in Weimar nichts, wo er sich im Mai/Juni und Juli/August 1781 als Gast Carl Ludwig von Knebels aufhielt. 327,2 Diodatis] Anton Josua Diodati, Theologe und Bibliothekar in Genf. 327,6 Vallee du lac de Joux] Vom 24. bis 26. Oktober hatte Goethe, der von Lausanne kam, in Le Brassus gewohnt und war durchs Vall de Joux gereist, ein abgeschlossenes Hochtal im Jura, durchflossen von der Orbe. Im nordtstlichen Teil des Tales liegt der Lac de Joux. In seinem Brief an Charlotte von Stein vom 28. Oktober 1779 schildert Goethe den Weg ausfshrlich (vgl. 329,13–330,12). 327,6 auf der Dole] La Dle ist mit 1677 m der htchste Jura-Gipfel in der franztsischen Schweiz. Goethe hatte ihn am 26. Oktober bestiegen. In seinem Brief an Charlotte von Stein vom 28. Oktober 1779 berichtet er sber den Aufstieg (vgl. 329,7–330,13). 327,8 Genv] Nach franz. Genxve. 327,9 wenn wir kommen] Am 18. November traf Goethe in Zsrich ein. 327,9–10 noch mehr von mir hvren] Vor seiner Ankunft in Zsrich schrieb Goethe noch am 2. und am 14. November an Lavater (Nr 545 und 547). 327,15 Concilium] Kirchenversammlung, Zusammenkunft kirchlicher Wsrdentr|ger mit gesetzgebender Gewalt. 327,15 Pfaffen Huren] Schon in seinem an Johann Conrad Pfenninger und Lavater gemeinsam gerichteten Brief vom 26. April 1774 hatte Goethe Pfaffen und Huren (GB 2 I, 84) in einem Atemzug genannt und aufeinander bezogen. 327,15–16 Mauleseln] Im Knittelvers-Brief an Herder vom 20. Februar 1776 oder kurz davor vergleicht Goethe Herders Eintritt in Weimar mit Jesu Einzug in Jerusalem auf einem Esel: So werdet ihr in diesen Zeiten / Auf hundert und funfzig Esel reiten (33,13–14). Damit sind die orthodoxen thsringischen Theologen und Kirchenleute gemeint, die sich gegen Herders Berufung zur Wehr setzten. Mtglicherweise zielen die Maulesel hier ebenso auf engstirnige Geistliche. 327,17 particular Religionen] Im Sinne von ,Einzel-Religionen‘, hier mit Bezug auf die unterschiedlichen religitsen Vorstellungen Goethes und Lavaters, die immer Anlass fsr Auseinandersetzungen waren (vgl. zu 36,2–3 sowie die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 67). 327,17 ungehudelt] ,Hudeln‘ hier im Sinne von ,eine Sache verderben‘. – Der Gebrauch des aus dem Oberdeutschen stammenden Wortes war Ende des 18. Jahrhunderts bereits auf die Umgangssprache beschr|nkt (vgl. Adelung 2, 1300 f.). 327,19 Z. E.] Zum Exempel.
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327,19 deine Offenb. Joh.] Lavater hatte die Offenbarung des Johannes aus dem Neuen Testament in Hexametern und freien Rhythmen poetisch bearbeitet. Tobler sbergab Goethe die ersten 12 Ges|nge im Manuskript. 1780 erschien in Zsrich das 24 Ges|nge umfassende Werk im Druck: Jesus Messias, oder die Zukunft des Herrn. Nach der Offenbarung des Johannes. O. O. u. J. Dass Lavater der Verfasser ist, geht nicht aus dem Titelblatt hervor, sondern aus einer Schlussbemerkung (nach S. 230). – In „Dichtung und Wahrheit“ berichtet Goethe vom Einzug des Kurfsrsten von Mainz, Emmerich Joseph Freiherr von und zu Breidbach-Bsrresheim, in Frankfurt am 21. M|rz 1764. Einer der Beobachter des Ereignisses war Lavater, der sich auf dem Rsckweg von einer Reise nach Berlin befand: Ob nun gleich solche weltliche Aeußerlichkeiten fur ihn nicht den mindesten Werth hatten, so mochte doch dieser Zug mit seiner Pracht und allem Beywesen deutlich in seine sehr lebhafte Einbildungskraft sich eingedruckt haben: denn nach mehreren Jahren, als mir dieser vorzugliche, aber eigene Mann ÆLavateræ eine poetische Paraphrase, ich glaube der Offenbarung Sanct Johannis, mittheilte, fand ich den Einzug des Antichrist Schritt vor Schritt, Gestalt vor Gestalt, Umstand vor Umstand, dem Einzug des Churfursten von Mainz in Frankfurt nachgebildet, dergestalt daß sogar die Quasten an den Kvpfen der Isabell-Pferde nicht fehlten. (AA DuW 1, 155 f. [5. Buch].) Lavater und seine Schsler seien Vertreter jener wunderlichen Dichtungsart gewesen, durch welche man die alt- und neutestamentlichen Mythen dem Anschauen und Gefuhl n~her zu bringen glaubte, wenn man sie vvllig ins Moderne travestirte, und ihnen aus dem gegenw~rtigen Leben, es sey nun gemeiner oder vornehmer, ein Gewand umhinge. (Ebd., 156.) 327,22 fatal] Hier: unangenehm, unerfreulich; von Goethe vorwiegend in der voritalienischen Zeit verwendet (vgl. GWb 3, 610). – Im Brief vom 2. November 1779 urteilt Goethe etwas milder sber Lavaters Poetisierung der Offenbarung (vgl. 340,6–25). 327,24 A. und O.] Alpha und Omega, der erste und der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets. In der Offenbarung des Johannes heißt es (1,8): „Ich bin das A und das O, der anfang und das ende, spricht der Herr, der da ist, und der da war, und der da kommt, der allm|chtige.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 249.) 327,25–26 deine Vorerinnerung Æ:::æ 24 September 1779!!] Worauf sich Goethe bezieht, konnte nicht gekl|rt werden. In der Druckausgabe des „Jesus Messias“ von 1780 gibt es kein Vorwort mit Datum. Eine Schlussbemerkung tr|gt das Datum vom 29. August 1780 (nach S. 230). 327,28 Gleichniss vom ungerechten Haushalter] Das Gleichnis vom ungerechten, aber klugen Verwalter erz|hlt Lukas (16,1–13): Ein der Untreue beschuldigter Verwalter wird entlassen. Um ein Unterkommen bei anderen Leuten zu finden, ruft er die Schuldner seines Herrn herbei und erl|sst ihnen einen Teil
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ihrer Schuld. Der Herr lobt den unehrlichen Verwalter wegen seiner Klugheit (16,9): „Und ich sage euch auch: Machet euch freunde mit dem ungerechten mammon, auf daß, wenn ihr nun darbet, sie euch aufnehmen in die ewige hstten.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 81.) 327,28 vom Verlohrnen Sohn] Das Gleichnis vom verlorenen Sohn findet sich ebenfalls bei Lukas (15,11–32): Der jsngere von zwei Sthnen eines Mannes verschleudert sein Erbteil in der Fremde durch ein zsgelloses Leben, w|hrend der |ltere Sohn beim Vater bleibt. Als der Fortgezogene verarmt und elend wieder nach Hause zursckkehrt, empf|ngt ihn der Vater mit einem Freudenfest. Den |lteren Bruder verdrießt die zuvorkommende Behandlung, die ihm, wie er seinem Vater sagt, nie zuteil geworden sei. Darauf antwortet ihm der Vater (15,31 f.): „Mein sohn, du bist allzeit bey mir; und alles, was mein ist, das ist dein. Du solltest aber frtlich und gutes muths seyn: Denn dieser dein bruder war todt, und ist wieder lebendig worden; er war verlohren, und ist wieder funden.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 81.) 327,29 vom Saemann] Das Gleichnis vom S|mann berichten sowohl Matth|us (13,1–19) als auch Markus (4,1–9) und Lukas (8,4–8): Ein S|mann s|te Samen aus. Ein Teil der Ktrner aber fiel auf den Weg und wurde von Vtgeln gefressen; ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden und in die Dornen; ein weiterer Teil der Ktrner schließlich fiel auf guten Boden und trug vielfache Frucht. Jesus kommentiert das Gleichnis, das sich auf das Wort Gottes und dessen Aufnahme bei den Menschen bezieht, am Schluss: „Wer ohren hat zu htren, der htre.“ (Matth|us 13,9; Luther-Bibel 1772 NT, 16.) 327,29 von der Perle] Bei Matth|us (13,45 f.) heißt es: „Abermal ist gleich das himmelreich einem kauffmann, der gute perlen suchte. Und da er eine ktstliche perle fand, gieng er hin, und verkauffte alles, was er hatte, und kauffte dieselbige.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 17.) 327,29 vom Groschen] Nach Lukas (15,8–10) erz|hlte Jesus von einer Frau, die einen Groschen verloren hat, das ganze Haus danach absucht und, nachdem sie ihn gefunden hat, ihre Freundinnen zusammenruft, damit diese ihre Freude teilen mtgen. Jesus beendet das Gleichnis mit den Worten (15,10): „Also auch, sage ich euch, wird freude seyn vor den engeln Gottes sber einen ssnder, der buse thut.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 80.) 327,30 die sieben Bischoffe] Gemeint sind die sieben Schutzengel der sieben Gemeinden, die Adressaten von „Sieben Sendschreiben Jesus Messias an Sieben Asiatische Gemeinen“ ( Jesus Messias. 2. Gesang, S. 12–20; vgl. Offenbarung 1,9–3,22). – Es folgen weitere Bilder und Gleichnisse aus der Offenbarung des Johannes. Die Zahl 7 hat mit den sieben Gemeinden in Kleinasien zu tun, an die sich Johannes mit seiner Offenbarung wendet; zugleich ist sie die Zahl der Ganzheit und Vollkommenheit. Am Schluss des 1. Gesanges erscheint dem Johannes eine himmlische Gestalt; sie fordert ihn auf:
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Schreib, was du sahst, und was ist, und was nach diesem geschehn soll! Meiner sieben Stern’ und der goldenen Leuchter Geheimniß. Sieben Boten Gottes, die Hirten von sieben Gemeinen Sind die Sterne, die du in meiner Rechten gesehn hast; Und die sieben Leuchter bedeuten sieben Gemeinen. ( Jesus Messias, S. 10.) 327,30 Leuchter] W|hrend einer Erscheinung erblickt Johannes eine weiße Gestalt inmitten von sieben goldenen Leuchtern (vgl. Jesus Messias. 1. Gesang, S. 9; vgl. Offenbarung 1,12 f.), Symbol der sieben Gemeinden. 327,30 Hvrner] Wohl Anspielung auf Offenbarung 5,6: Johannes sieht ein Lamm am Thron Gottes mit sieben Htrnern und sieben Augen (vgl. Jesus Messias. 4. Gesang, S. 33). 327,31 Siegel] In der Himmelsvision des Johannes sitzt Gott auf dem Thron und h|lt eine Buchrolle in der Rechten, die mit sieben Siegeln verschlossen ist (vgl. Offenbarung 5,1–14). Davon ist im „Innhalt des vierten Gesanges“ ( Jesus Messias, S. 30) die Rede; die siebenfache Entsiegelung der Rolle wird im 5. bis 7. Gesang geschildert (vgl. Jesus Messias, S. 37–66). 327,31 Sterne] Als Jesus dem Johannes erscheint, h|lt er sieben Sterne in der Rechten (vgl. Offenbarung 1,16), Symbol der sieben Gemeinden (vgl. zu 327,30). 327,31 Wehe] Sieben Engel am Thron empfangen sieben Posaunen, mit denen sie Visionen der gtttlichen Strafgerichte sber die ungl|ubigen Menschen aufrufen (vgl. Offenbarung 6,1–11,19). Die letzten drei Posaunenvisionen werden als ,die drei Wehe‘ bezeichnet; am Ende der fsnften Posaunenvision (Offenbarung 9,12) heißt es: „Ein wehe ist dahin, siehe, es kommen noch zwey wehe nach dem.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 255.) Lavater schreibt im 7. Gesang: „Das erste der Weehen / Hin ists! Aber ihm folgen noch zwey auf den s|umenden Fuß nach.“ ( Jesus Messias, S. 64.) 327,31 aus der Wahrheit zu seyn] Diese biblische Wendung findet sich mehrfach bei Johannes: in seinem Evangelium (18,37) und im ersten seiner Briefe (1 Johannes 3,19). 328,2 Messiade] Gemeint ist Lavaters „Jesus Messias“. 328,3 Apokalypse] Die Offenbarung des Johannes wird auch als Apokalypse bezeichnet (nach griech. a¤pojaŁktwi|: Enthsllung, Offenbarung). 328,7–8 dir Æ:::æ zur Last] Schon zu Beginn ihrer Beziehung hatten unterschiedliche Auffassungen in religitsen Fragen zu Auseinandersetzungen zwischen Goethe und Lavater gefshrt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 67). 328,9 das Blat] Gemeint ist der vorliegende Brief. 328,11–12 Vom Herzog Æ:::æ falsch beurtheilt.] Lavater hatte |hnlich wie auch Friedrich Gottlob Klopstock (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 112)
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keine gute Meinung vom Lebenswandel des jungen Herzogs Carl August. Er machte sich im Besonderen Sorgen um die Ehe des Herzogspaars, weil ihn ein freundschaftliches Verh|ltnis mit Herzogin Louise verband (vgl. zu 105,28). 328,12 das Haupt salben] In der Bibel hat die Salbung des Hauptes verschiedene Funktionen: Sie diente der Ehrung von G|sten (vgl. Lukas 7,46) ebenso wie der Weihung ksnftiger Propheten, Ktnige und Priester. So empfingen z. B. Saul (1 Samuel 10,1), David (1 Samuel 16,13) und Salomo (1 Ktnige 1,34) die Salbung zum Ktnig. 328,17–18 nur eine Ahndung Æ:::æ Systema Naturae] Seit Eduard von der Hellen (vgl. Goethes Briefe. Ausgew|hlt Æ:::æ und mit Anmerkungen versehen. Bd 1. Stuttgart und Berlin 1901, S. 306) wiederholen alle nachfolgenden Kommentatoren die Vermutung, hier handle es sich um eine Anspielung auf Gotthilf Samuel Steinbarts „System der reinen Philosophie oder Glsckseligkeitslehre des Christenthums fsr die Bedsrfnisse seiner aufgekl|rten Landesleute und andrer die nach Weisheit fragen eingerichtet“ (Zsllichau 1778). Fsr diese Annahme gibt es weder einen Beleg, noch erscheint sie inhaltlich plausibel. Goethe schreibt, dass er Lavater einen Biss versetzt, d. h. eine kritische Bemerkung zu einem von ihm vertretenen Systema Naturae gemacht hat. Er stellt fest, dass Lavater nicht empfindlich auf den Biss reagiert hat. H|tte sich Goethes Kritik auf Steinbarts „System der reinen Philosophie“ bezogen, w|re unerkl|rbar, warum sich Lavater dadurch h|tte verletzt fshlen sollen, denn er gehtrte selbst zu den Gegnern von Steinbarts „D e i s t e r e i“ (Brief an Herder, 8. Mai 1779; Aus Herders Nachlaß 2, 180). Die Erkl|rung liegt im vorangegangenen Brief Goethes an Lavater vom 19. Oktober 1779 und Lavaters Antwort darauf vom 22. Oktober. Das neue Systema Naturae, dem Goethes Biss galt, ist jener ,Naturzustand‘, in welchem sich ieder ehrliche Hauskater zutraut er kvnne und durfe Lowen und Pardeln die Tazze reichen und sich bruderlich mit ihnen herumsielen (320,4–5). Diese Bemerkung hatte Johann Heinrich Jung gegolten, der von einer Zeit der Gleichheit aller Menschen tr|umte, in welcher er einen Herzog als seinen Bruder ansprechen ktnne. In seinem Antwortbrief hatte Lavater, dem solche Vorstellungen nicht fremd waren, den Anschein erweckt, Goethe nicht recht zu verstehen, und versucht, dessen Vorstellung von einer natsrlichen, auf perstnlichem ,Genie‘ und sozialer Herkunft beruhenden Rangordnung unter den Menschen zu entsch|rfen, indem er die Anerkennung sozialer Unterschiede mit dem Gedanken christlicher Demut und Gottesverehrung in Verbindung brachte: „Dich ÆGottæ, nur Dich / Ehrt wer die Hthern ehret.“ (Goethe-Lavater3, 82.) Vgl. weiter die zweite Erl|uterung zu 319,28. – Vgl. Vulpius, „Sp|ne“, 148 f. 328,19 Parradiesvogel] Auch „Luftvogel“ genannt, weil er der Legende nach keine Fsße hatte und sich schwebend stets in der Luft aufhielt, wo er sich von Tau ern|hrte (vgl. Zedler 26, 772; Krsnitz 107, 442–444). – Mtglicherweise mit Bezug auf Lavaters religitse und soziale Phantasien und Tr|umereien, mit denen
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er nach Goethes Auffassung den festen Boden der Wirklichkeit verließ. Jahre sp|ter begegnet die Metapher vom Paradiesvogel in „Wilhelm Meisters Lehrjahren“ (1795/96). Wilhelm wird von Aurelie einmal mein feiner Paradiesvogel genannt (WA I 22, 195). Auf Wilhelms Frage, wie er zu diesem Ehrentitel komme, antwortet Aurelie: Man sagt, sie h~tten keine Fuße, sie schwebten in der Luft, und n~hrten sich vom ther. (Ebd.) 328,21–22 Dein Strumpfwurcker Æ:::æ wird sein Geld haben.] Vermutlich ging es um eine Bestellung von Strsmpfen in Apolda (vgl. zu 263,12–13). – ,Besorgen‘ selten bei Goethe mit perstnlichem Objekt im Sinne von ,jemandem Fsrsorge angedeihen lassen‘ (vgl. GWb 2, 505), hier etwa: ,eine Angelegenheit mit jemandem abmachen‘. 328,25 dein Weib] Anna Lavater geb. Schinz. 328,25–26 vor 14 Tagen kommen wir noch nicht] Goethe traf am 18. November in Zsrich ein. 328,30 in Lausanne] In Lausanne hielt Goethe sich vom 22. bis 24. Oktober 1779 auf. 328,30 die gar liebliche Br.] Am Abend des 22. Oktober und am Nachmittag des folgenden Tages besuchte Goethe Maria Antonia von Branconi (vgl. zu 323,26). Er berichtet darsber im Brief an Charlotte von Stein vom 20. bis 27. Oktober (vgl. 323,26–30). Vgl. auch die Schilderung Carl Matthaeis, teilweise zitiert in den Erl|uterungen zu 323,26. 328,31 den Brandes Æ:::æ dubois vergessen] ber die beiden Genannten konnte nichts ermittelt werden. Bei beiden ktnnte es sich um Bekannte Lavaters handeln. Goethe hatte in seinem Brief vom 8. Oktober 1779 (Nr 535) Lavater gebeten, ihm Personen zu nennen, denen er in Lausanne einen Besuch abstatten solle. 328,33 Sirenen] In der griechischen Mythologie Mischwesen aus Vogel- und M|dchenktrpern. In Homers „Odyssee“ (12,39–46) locken sie vorsberfahrende Seeleute durch ihren bezaubernden Gesang auf eine Insel und ttten sie dort. 328,34 an Matth~is Plaz] Carl Matthaei war Maria Antonia von Branconis Privatsekret|r und Erzieher ihres Sohnes Carl Anton Ferdinand von Forstenburg. Er blieb ihr als Sekret|r und Verwalter bis zu ihrem Tod 1793 verbunden. 329,1 par devoir] Franz.: aus Pflicht. 329,3 die Sch.] Barbara (B|be) Schultheß, eine Freundin Goethes und Lavaters in Zsrich. 329,3 Pfenninge] Lavaters Freund Johann Conrad Pfenninger. 329,3 Kaysern] Philipp Christoph Kayser. 329,4 Fueslin] Johann Heinrich Fsßli, Schweizer Maler. 329,4–5 Schreib mir Æ:::æ auf Luzern] In Luzern traf Goethe am 16. November ein. Ein entsprechender Brief Lavaters an Goethe ist nicht sberliefert.
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543. An Charlotte von Stein Genf, 28. und 29. Oktober 1779 ! ÆWeimar oder Kochbergæ BERLIEFERUNG
Aus dem von Goethe geschriebenen Briefteil vom 29. Oktober 1779 geht hervor, dass er diesen zusammen mit dem Reisebericht, den er am 28. Oktober Philipp Seidel diktiert hatte, abgeschickt hat (vgl. 337,28–29). Aus diesem Grund werden beide als Teile eines einzigen Briefes verstanden und nicht wie bisher als zwei selbstst|ndige Briefe gedruckt. 1) Briefteil vom 28. Oktober 1779: H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 35. – 2 ineinandergelegte Doppelbl|tter 18,5624 cm, Bsttenrand, S. 1–5 ganz, S. 6 mit 8 Zeilen (etwa 1/5 S.) beschr., Schreiberhd (Seidel), sehr kleine Schrift, mit Korrekturen Seidels nach egh. Korrekturen in der Abschrift Seidels, die Beilage zu einem Brief an Catharina Elisabeth Goethe war (vgl. EB 273; Beilage weitergegeben an Anna Amalia von SachsenWeimar und Eisenach), Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Tinte: „9“ (vgl. berlieferung zu Nr 536). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 57), vgl. berlieferung zu Nr 18. E1: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 269 (Teildruck: 329,7–10 Wir haben diese Tage Æ:::æ grosse Bergkette). E2: Fielitz, Goethe-Stein 1 (1883), 203–211, Nr 354. WA IV 4 (1889), 97–110, Nr 858. 2) Briefteil vom 29. Oktober 1779: H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 36. – 1 Bl. 17,1610,7(–10,9) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Tinte: „10.“ (vgl. berlieferung zu Nr 536). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 58), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 269 f. WA IV 4 (1889), 114, Nr 860. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Eine Abschrift des Briefteils vom 28. Oktober 1779 von der Hand Philipp Seidels ging (vermutlich mit einem nicht sberlieferten Brief) an Catharina Elisabeth Goethe (vgl. EB 273), die den Bericht mit einem Begleitbrief vom 5. November 1779 an Herzogin Anna Amalia nach Weimar weitersandte (vgl. PfeifferBelli, 461). Bei der Abschrift (GSA 29/409a,I) handelt es sich demnach nicht um einen selbstst|ndigen Brief, wie eine Notiz von fremder Hand auf der Handschrift nahelegen ktnnte: „Gtthe an Amalie“. Eine weitere Abschrift schickte
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BRIEF 543
Goethe mit seinem Brief vom 16. November 1779 (Nr 548) von Luzern aus an Johanna Schlosser (vgl. zu 343,7). 329,7–8 Seitenweeg auf die hvchsten Gipfel des Jura] Am 25. Oktober 1779 bestieg Goethe die Dent de Vaulion, am 26. Oktober die Dle; die Schilderung der Reise mit den beiden Wanderungen hatte Goethe im Brief vom 20. bis 27. Oktober 1779 angeksndigt (vgl. 326,3–5; 326,19–20). 329,8 Beschreibung] Die folgende Schilderung (329,10–337,24) findet sich leicht ver|ndert in der 2. Abteilung von Goethes „Briefen aus der Schweiz“ (WA I 19, 226–240). 329,15 Kalchhvhen] Kalch: mundartlich (mittel- und oberdeutsch) gepr|gte Schreibweise fsr ,Kalk‘ (vgl. Grimm 11, 64). 329,20 streicht] ,Streichen‘ hier im Sinne von ,sich erstrecken‘ (vgl. Adelung 4, 435). 329,20 von Mitag gegen Mitternacht] Von Ssden nach Norden. 329,21 sept moncels] Franz./altfranz.: sieben Hsgel. – Gemeint sind die sieben Hsgel, die das Dorf Les Rousses im Ssden des Valle de Joux umgeben. 17 km (Luftlinie) ssdwestlich von Les Rousses liegt die Gemeinde Septmoncels. 329,22 dent de vaulion] Berg nordwestlich des Lac de Joux (vgl. 331,26–27). ,Dent‘ (franz. la dent: Zahn, Zacken) dient in den schweizerisch-franztsischen Alpen h|ufig zur Bezeichnung eines Berggipfels. 329,22 nach der Dole der hvchste Gipfel des Jura] Die Dent de Vaulion ist 1483 m hoch, die Dle (franz. La Dle) 1677 m. 329,24 sechs starke Stunden] Gemeint sind ,reichlich bemessene‘ Stunden (vgl. Grimm 17, 883), also mehr als sechs Zeitstunden. – Die Zeitangabe bezieht sich demnach vermutlich auf einen Fußmarsch. Die Entfernung zwischen Les Rousses im Ssdwesten und der Dent de Vaulion im Nordosten des Tals betr|gt ungef|hr 35 km, so dass von einer Marschgeschwindigkeit von gut 5 km in der Stunde ausgegangen werden kann. 329,25 an der Morgenseite] An der Ostseite. 329,26 le noir mont] Le Noirmont (1567 m) ist ein Berggipfel tstlich von Les Rousses am Ssdende des Valle de Joux. Goethe bezieht den Namen hier auf den gesamten Hthenrscken, der von Ssdwest nach Nordost parallel zum Valle de Joux verl|uft und dieses nach Osten hin begrenzt. Htchster Gipfel ist der Mont Tendre (1679 m). 329,27 streicht] Vgl. die erste Erl|uterung zu 329,20. 329,27 der Risou] Die Bergkette des Fort du Risoux, die von Ssdwest nach Nordost parallel zum Valle de Joux verl|uft und dieses nach Westen hin begrenzt. 329,27–28 franche comtX] Die frshere ,Freie Grafschaft‘ Burgund, die seit dem Frieden von Nijmegen 1678 zu Frankreich gehtrte. 329,29 die obere] Die ssdwestliche H|lfte.
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330,1 lac de Joux] 9 km langer und durchschnittlich 1000 m breiter See im unteren (nordtstlichen) Valle de Joux. 330,3 Lac des rousses] Nordtstlich von Les Rousses gelegener, 2 km langer und 500 m breiter See; er wird von verschiedenen B|chen gespeist, darunter als grtßtem dem Bief Noir. 330,7 Dens de vaulion] Dent de Vaulion (vgl. die erste Erl|uterung zu 329,22). 330,8 kleinen See] Der Lac Brenet, ein 1,5 km langer und 500 m breiter See am nordtstlichen Ende des Lac de Joux, von dem er durch einen berlauf gespeist wird. 330,10–12 eine halbe Stunde Æ:::æ anderthalb Stunden] Bezogen auf einen Fußmarsch. – Das Valle de Joux besitzt einen flachen Talboden von 1 bis 1,5 km Breite; das gesamte Talbecken einschließlich der H|nge ist 4 bis 5 km breit. 330,14 Den 24 Okt.] ber die an diesem Tag unternommene Tour hatte Goethe bereits im vorangegangenen Brief an Charlotte von Stein vom 20. bis 27. Oktober 1779 berichtet (vgl. 324,20–325,27). 330,14–15 Hauptmanns und Oberforstmeisters] Jacques Arpeau, ein Schwager Johann Heinrich Mercks, den Goethe in Mont-sur-Rolle traf; er hatte angeboten, die Reisenden zu begleiten. 330,15 mont] Mont-sur-Rolle in der La cte genannten Weinbauregion am Nordufer des Genfer Sees. 330,20 faucignX] Faucigny, Landschaft im damaligen Savoyen im oberen und mittleren Gebiet der Arve, die bei Genf in die Rhone fließt. 330,28 einen grossen See] Lac de Joux. 330,33 in einem Hause] Im Haus von Jacques David Rochat in Le Brassus (vgl. zu 325,25–26). 331,11 Den 25.] Den folgenden Bericht sber die Tour zur Dent de Vaulion (331,11–334,11) hatte Goethe in Nr 541 angeksndigt (vgl. 326,3–5). 331,20 Das erste Æ:::æ le sentier.] Dieser Angabe zufolge lag Goethes Quartier im Valle de Joux vom 24. bis 26. Oktober 1779 in Le Brassus. Denn Le Sentier ist von dort das n|chste Dorf in Richtung Lac de Joux. (Heute gehtren beide Dtrfer, Le Brassus und Le Sentier, zur Großgemeinde Le Chenit.) 331,23 le lieu] Die Gemeinde Le Lieu am ntrdlichen Ufer des Lac de Joux auf der H|lfte der Strecke zwischen dessen beiden Enden. 331,24–25 ein kleiner See] Lac Brenet (vgl. zu 330,8). 331,29 le pont] Dorf zwischen dem Nordostende des Lac de Joux und dem Lac Brenet. 331,31–32 merkwurdige Muhle] ,Merkwsrdig‘ im 18. Jahrhundert noch im Wortsinn: ,wert, bemerkt oder beachtet zu werden‘ (vgl. Adelung 3, 183). 331,33 Muhle in die Tiefe] Franz. moulin souterrain: unterirdische Mshle. –
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BRIEF 543
Auch an anderen Stellen des Jura wurden solche Hthlenmshlen betrieben, um die Wasserkraft von Flsssen zu nutzen, die wenig Gef|lle und eine geringe Fließgeschwindigkeit haben; so bereits im 16. Jahrhundert im Tal von Le Locle (westlich von Neuch
tel). 332,1 wo es eingeschlukt wird] Der Jura gehtrt zu den Karstlandschaften, die einen stark unterirdischen Wasserhaushalt aufweisen. Das Wasser des Lac Brenet floss wie in anderen Seen des Jura (z. B. im Lac de Narlay) lange Zeit durch Versickerungstrichter ab, die durch Korrosion entstanden. Es trat 4 km weiter nordtstlich bei Vallorbe in der Source de l’Orbe wieder hervor. Heute sind diese Trichter abgedichtet; das Wasser des Sees wird durch einen Stollen zum Kraftwerk Vallorbe geleitet. 332,3 entonnoirs] Franz.: Trichter. 332,8 Weegweiser] Hier ist ein Fshrer gemeint (vgl. Adelung 4, 1435). 332,9 grossen See] Lac de Joux. 332,9 noir mont] Vgl. zu 329,26. 332,10 Gipfel der Dole] Er liegt in Luftlinie 35 km ssdssdwestlich von der Dent de Vaulion entfernt. 332,11 der Felsruken] Die Bergkette des Fort du Risoux. 332,13–14 Lac des Rousses] Im oberen Valle de Joux, von der Dent de Vaulion in Luftlinie etwa 30 km in ssdssdtstlicher Richtung entfernt. 332,14–15 Gegend durch die wir gekommen waren] Auf dem Hinweg nahm Goethe die Route am westlichen Ufer des Lac de Joux entlang; auf dem Rsckweg ging es am tstlichen Ufer entlang. 332,17 Herrschaften] Hier ist unter ,Herrschaft‘ das „Gebieth, sber welches jemand Herr ist“ (Adelung 2, 1138), zu verstehen. 332,23 Schnee- und Eissgeburge] Die Berner und Walliser Alpen. 332,26 mont blanc] Der Montblanc in den Savoyer Alpen, mit 4810 m der htchste Berg der Alpen, gut 100 km ssdssdtstlich von der Dent de Vaulion. 332,27 Oberlandes] Gemeint ist das Berner Oberland, die Region um Thuner- und Brienzer See. 332,28 Gegen Abend] Im Westen. 332,30 Solothurn] 107 km Luftlinie in nordtstlicher Richtung. 332,31 Neufchatel] 55 km Luftlinie in nordtstlicher Richtung. 332,32 Vaulion] 2,5 km tstlich. 332,32 der Zahn] Die Dent (franz.: Zahn) de Vaulion. 332,33 franche comtX] Vgl. zu 329,27–28. 333,6–7 wo man die Orbe aus dem Felsen kommen sieht] In der Source de l’Orbe am Rand der Grottes de Vallorbe; Quelle und Hthlen liegen am westlichen Rand des Talkessels von Vallorbe zwischen der Dent de Vaulion im Ssden und dem Mont d’Or im Norden. 333,7 kleinen See] Lac Brenet (vgl. zu 332,1).
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333,8 Das Stadtgen Valorbe] Von der Source de l’Orbe 3,5 km talabw|rts in tstlicher Richtung gelegen. 333,15 l’Abbaye de Joux] Am Ostufer des Lac de Joux, 3 km ssdlich von Le Pont. Die Geschichte des Ortes geht auf ein Pr|monstratenserkloster zursck, das im 12. Jahrhundert gegrsndet wurde. Das Dorf entwickelte sich seit dem Sp|tmittelalter rund um das Kloster, dessen Mtnche das Tal urbar gemacht hatten. Im Jahr 1536 eroberte Bern das Waadtland (franz. Pays de Vaud), fshrte die Reformation ein und s|kularisierte das Kloster. 333,17 unserm Wirthshaus] In Le Brassus (vgl. zu 325,25–26). 333,18 die Wirthin] Mtglicherweise die Frau Jacques David Rochats, Jeanne Suzanne Charlotte. Ob die beiden damals knapp 18 bzw. 19 Jahre alten jungen Leute bereits verheiratet waren, konnte nicht ermittelt werden; ihr erstes Kind, Þlize Suzanne, kam am 4. Oktober 1781 zur Welt. Vgl. zu 325,25–26. 333,19 ubergar] Allzu gar gekocht (vgl. Grimm 23, 250). 333,22 vereinzelt] Vereinzeln: in einzelne Besitzungen aufteilen. 333,24 pa\s de vaud] Franz.: Waadtland. 333,25 Hvlzer] Gehtlze, Waldungen (vgl. GWb 4, 1378). 333,26 Dauben] Seitenbretter runder htlzerner Gef|ße. 334,6–7 der Stand Bern] Die Regierung des Kantons Bern. 334,13–14 die Dole Æ:::æ nicht weit von dem obern Ende des Thals] La Dle, ein 1677 m hoher Berg, etwa 32 km ssdwestlich von Le Brassus. 334,19 noir monts] Vgl. zu 329,26. 334,28 sehr enges Bedurfniss] Hier in der Bedeutung: ,sehr dsrftige Lebensverh|ltnisse‘ (vgl. Adelung 1, 784). 334,29 Canonicos] Kanonikus: Mitglied eines Sifts oder Kapitels, hier die Mitglieder des Klosters von Saint Claude. 334,29 St Claude] 30 km nordwestlich von Genf gelegene Stadt im franztsischen Hochjura; sie entwickelte sich um ein im 5. Jahrhundert gegrsndetes Kloster, seit 1742 Bischofssitz. Der Benediktinerorden behandelte die Bewohner der Umgebung widerrechtlich als Leibeigene. Zu den Repressalien gehtrte, dass niemand ohne Erlaubnis das Land verlassen durfte, dass jeder zwei oder drei Tage pro Woche Frondienste zu leisten hatte, dass Eheschließungen nur mit Erlaubnis des Ordens mtglich waren und Hab und Gut nicht an die Kinder vererbt werden konnte, sondern an den Orden fiel. Im Jahr 1770 wurde ein Dokument wieder aufgefunden, welches best|tigte, dass die Htrigkeit bereits 1390 aufgehoben worden war. Voltaire, der in Ferney ntrdlich von Genf lebte, unterststzte einige Dtrfer in einem Prozess gegen das Kloster, der erfolglos blieb. Erst nach der Franztsischen Revolution wurde die Leibeigenschaft aufgehoben. 334,30–31 sujets Y la main morte et au droit de la suite] Franz.: Gegenst|nde der Toten Hand und des Rechts auf Folge (Leibeigenschaft). – Das Recht der Toten Hand (lat. manus mortua) ist ein aus dem Feudalrecht hervorgegangener
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Rechtsbegriff. Er bezeichnet ein Eigentum von Korporationen, vor allem kirchlicher Stiftungen, an Grundbesitz und Rechten, das weder ver|ußert noch vererbt werden kann. Im Gegensatz zu Leibeigenen weltlicher Grundherren waren diejenigen, die zu kirchlichen Stiftungen gehtrten, in einem doppelten Sinne gebunden. Da sie auf nach dem Recht der Toten Hand unver|ußerlichen Grundstscken saßen, blieben sie ihrem Grundherrn gleichsam auf ewige Zeit unterworfen und konnten nicht aus der Leibeigenschaft entlassen werden. 334,32 Edikt des Kvnigs] N|heres zu dem Edikt Ludwigs XVI., seit 1774 Ktnig von Frankreich, nicht ermittelt. 335,1–2 lieben lieben] Versehentliche Doppelung. 335,3 Sprengel] Ursprsnglich Ger|t zum Sprengen geweihten Wassers in der katholischen Kirche, dann auch der Amtsbezirk eines Geistlichen, schließlich auch Bezirk allgemein, wie Gerichtssprengel u. a. (vgl. Grimm 17, 26 f.). 335,3–4 le bois d’amont] Die franztsische Gemeinde Bois d’Amont im Tal der Orbe, 2 km hinter der schweizerisch-franztsischen Grenze gelegen. 335,4 Kirchspiel] Kirchengemeinde, Pfarre; der zweite Wortteil geht vermutlich wie im Fall ,Beispiel‘ auf mhd. spel (Rede, Erz|hlung) zursck (vgl. Kluge/Seebold, 443). 335,4 les Rousses] Franztsische Gemeinde ssdwestlich vom Lac des Rousses, 7 km von Bois d’Amont entfernt. 335,5 Lac des Rousses und les sept moncels] Vgl. zu 330,3; zu 329,21. 335,6 gestallte] ,Gestaltete‘, nur hier belegte Kurzform des Partizips Perfekt (vgl. GWb 4, 129). 335,6 mitt~gige] Ssdliche. 335,7–8 Strasse die aus dem pa\s de vaud nach Paris fuhrt] Vermutlich die heutige Route de France, die von La Cure an der franztsisch-schweizerischen Grenze nach Saint Cergue fshrt. – Franz. Pays de Vaud: Waadtland, schweizerischer Kanton ntrdlich des Genfer Sees im schweizerisch-franztsischen Grenzgebiet. 335,10 Dole] Vgl. zu 334,13–14. 335,11 Sergues] Saint Cergue. 335,11 stiegen die Dole hinan] Der Aufstieg auf den 1677 m hohen Gipfel der Dle ktnnte von La Givrine oder Les Pralies begonnen worden sein. 335,13 Mitagswind] Ssdwind. 335,15 noir mont] Vgl. zu 329,26. 335,17 franche comtX] Vgl. zu 329,27–28. 335,17 Mitag] Ssden. 335,19 Bug] Biegung, Einbuchtung (vgl. GWb 2, 939). 335,24 de Gex] Pays de Gex; franztsische Landschaft mit dem Hauptort Gex, 16 km (Luftlinie) nordnordwestlich von Genf. 335,26 Parterrs] Franz. parterre, hier Begriff aus der Gartenbaukunst:
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„Luststscke, welche in Felder von verschiedenen Figuren getheilet und mit Blumen, geschnittenen Taxusb|umen u. s. f. ausgezieret werden“ (Adelung 3, 659). 335,32 kleinen See] Der westliche Teil des Genfer Sees, etwa von Nyon bis Genf. 336,1 Eis- und Schneeberge] Die ssdlich des Genfer Sees gelegenen Savoyer Alpen mit dem Montblanc (4810 m), die Walliser Alpen mit Dufourspitze (4634 m), Weißhorn (4505 m) und Matterhorn (4478 m) sowie die Berner Alpen mit dem Finsterhaarhorn (4274 m) und der Jungfrau-Gruppe (Eiger, Mtnch und Jungfrau, 3970 bis 4158 m). Die Gipfel liegen 90 bis 150 km von La Dle entfernt. 336,6 Vevay] Gemeint ist Vevey am Nordostufer des Genfer Sees, 58 km (Luftlinie) von La Dle entfernt; Goethe hatte am 23. Oktober 1779 von Lausanne aus einen Ausflug dorthin unternommen (vgl. 324,2). 336,6 Schloss von Chillon] Das Wasserschloss liegt 5 km ssdtstlich von Montreux auf einer Felseninsel vor dem Ostufer des Genfer Sees. 336,8 Savoier Kuste] Gemeint ist das Ssdufer des Genfer Sees. 336,8 Evian, Ripaille, Tonon] Evian les bains, Chateau Ripaille und Thonon les bains am Ssdufer des Genfer Sees auf halber Strecke zwischen dem West- und dem Ostende des Sees, etwa 35 bis 40 km von La Dle entfernt. 336,10 Mitag] Ssden. 336,10 mont CrXdo] Der Juragipfel des Grand Crt d’eau (1621 m) rechts der Rhone, westlich von Collonges, etwa 35 km ssdwestlich von La Dle gelegen. 336,10 mont vauche] Die Montagne de Vuache (htchster Punkt 1106 m) auf der linken Seite der Rhone, dem Grand Crt d’eau gegensber, etwa 42 km (Luftlinie) von La Dle entfernt. 336,11 fort l’ecluse] Das Fort (de) l’Þcluse liegt in der N|he von Collonges an einer natsrlichen Engstelle der Rhone zwischen der Montagne de Vuache und den Jurabergen. 336,14–15 Schloss Chanvan] Schloss und Gemeinde Champvent am Ssdwestende des Lac de Neuch
tel, 57 km (Luftlinie) in nordtstlicher Richtung von La Dle entfernt. 336,25 Abend] Westen. 336,30 Pr~tension] Nach franz. prtention: Behauptung, Forderung, Anmaßung. 336,34–337,1 einbildische] Einbildisch: eingebildet, dsnkelhaft (vgl. GWb 2, 1428; ferner Grimm 3, 152). 337,8 fort de St. Sergues] Das Ch
teau de Saint Cergue, das 1476 w|hrend der Burgunderkriege zersttrt wurde. 337,10 Oberland] Berner Oberland (vgl. zu 336,1). 337,19–20 die Pferde fanden wir in St. Sergues] Moritz von Wedel, der La
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BRIEF 544
Dle nicht bestiegen hatte, weil er zu Schwindel neigte, hatte die Pferde vorausgefshrt (vgl. 335,10–11). 337,21 Nion] Nyon am Genfer See, 24 km von Genf entfernt. 337,28 Philipps Petitschrifft] Bezieht sich auf den von Goethe diktierten Bericht von der Besteigung der Dent de Vaulion am 25. Oktober und der Dle am 26. Oktober 1779 in der kleinen Handschrift Philipp Seidels (vgl. 329,7–337,24). 337,29 noch keinen Brief von Ihnen] Goethe hatte bisher nur Charlotte von Steins (nicht sberlieferten) Brief vom 25. September 1779 erhalten (vgl. 311,19). Erst am 24. November 1779 erw|hnt er den Empfang eines weiteren Briefes, der vom 12. November 1779 stammte (vgl. 344,20). 337,30–31 die Gegenden wo wir hingehen] Am 3. November brachen Goethe und die sbrigen Reiseteilnehmer von Genf in Richtung Savoyer Alpen auf. 544. An Charlotte von Stein
Genf, 2. November 1779 ! Weimar
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 36. – Doppelblatt 19623,3 cm, 2 3/4 S. beschr., S. 1–2 egh., Tinte, S. 2 flschtig geschrieben, S. 3 Schreiberhd (Seidel) mit egh. Schluss (339,25–26 Sehr ungern Æ:::æ adieu.), Tinte; S. 4 Adresse: An Frau / Oberstallmeist v. Stein / nach / Weimar, Spuren eines roten Siegels; Bl. 2 Mitte zwei Siegelausrisse, geringer Buchstabenverlust (vgl. 339,17); S. 1 oben rechts von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Tinte: „11“ (vgl. berlieferung zu Nr 536). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 59), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 270–273. WA IV 4 (1889), 117–119, Nr 862. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 338,1 Genv] Nach franz. Genxve. 338,4 fatalen] Hier: unangenehm, unerfreulich; von Goethe vorwiegend in der voritalienischen Zeit verwendet (vgl. GWb 3, 610). 338,6 Juel] Jens Juel; das Bildnis von Herzog Carl August befindet sich heute im Schlossmuseum Weimar (Inv.-Nr KGe/00888). Der d|nische Maler portr|tierte nicht nur den Herzog, sondern auch Goethe, wie aus dem Tagebuch des Herzogs hervorgeht: „Æ:::æ um 7. Uhr kam der Mahler Juel und fing an Gtthen mit Bleystift zu zeichnen“ (Carl August, Tagebuch, Bl. 4r; vgl. auch BG 2, 168); vollendet wurde die Zeichnung am Tag darauf. Das Original des Goethe-
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Portr|ts ist nicht sberliefert. Eine Kopie, eine vermutlich von Juel selbst hergestellte Kreidezeichnung, ging an Johann Caspar Lavater (sterreichische Nationalbibliothek Wien, Bildarchiv, Slg Lavater XXII/372/7408; Abbildung in: Schaeffer/ Gtres, 72, Nr 14). Nach dieser Zeichnung fertigte Johann Heinrich Lips einen Stich an, der im 3. Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ (Leipzig und Winterthur, S. 224) erschien; Goethe nannte ihn sehr fatal (Brief an Lavater, 5. Juni 1780; WA IV 4, 229). 338,6 Bonnet] Charles Bonnet, Naturforscher und vom englischen Empirismus beeinflusster Philosoph, von 1752 bis 1768 Mitglied des Großen Rates von Genf; in seinem Haus lebte damals der Maler Jens Juel. Bonnets Abhandlung „La palingnsie philosophique, ou Ides sur l’tat pass et sur l’tat futur des tres vivans“ (2 Tle. Genf 1769) hatte Lavater unter dem Titel „Philosophische Palingenesie, Oder Gedanken sber den vergangenen und ksnftigen Zustand lebender Wesen“ (Zsrich 1769) sbersetzt. Als Naturwissenschaftler vertrat Bonnet den evolutionistischen Gedanken der Pr|formation, der Vorausbildung s|mtlicher Organe in Ei oder Samen; darsber hatten Lavater und Goethe schon auf der gemeinsamen Rheinreise im Sommer 1774 diskutiert (vgl. Lavaters Tagebuch unter dem 20. und 21 Juli 1774; Goethe-Lavater3, 314 f.). Bonnets Einschachtelungslehre fand Goethe widerlich (Bildungstrieb, in: Zur Morphologie. Ersten Bandes Zweites Heft; LA I 9, 100). Goethe hatte Bonnet am 29. Oktober 1779 in dessen Landhaus in Genthod (8 km ntrdlich von Genf am See gelegen) besucht (vgl. Carl August, Tagebuch, Bl. 3r; vgl. auch BG 2, 167). 338,6 Diodati] Der Pfarrer und Bibliothekar Anton Josua Diodati war ein Bekannter Lavaters. Nach einem Besuch bei Diodati in Genf am 29. Oktober 1779 (vgl. Carl August, Tagebuch, Bl. 3r; vgl. auch BG 2, 166) hatte dieser die Reisenden am 31. Oktober auf sein Landgut in Ferney zum Essen eingeladen (vgl. Herzog Carl Augusts Brief an seine Frau Louise, 2. November 1779; Karl August-Luise, 119). Am 1. November begleitete Diodati Goethe und Carl August zu dem Landschaftsmaler Georg Hackert, dem jsngeren Bruder Jakob Philipp Hackerts; am 2. November traf Goethe noch einmal mit Diodati zusammen (vgl. Carl August, Tagebuch, Bl. 4r; vgl. auch BG 2, 168). 338,6 de Chateauvieux] Der Genfer Politiker Michel Lullin, Sieur de Ch
teauvieux, hatte sich um die Verbesserung der Landwirtschaft verdient gemacht, u. a. durch die Erfindung einer S|maschine. Goethe begegnete ihm unter dem Datum des vorliegenden Briefes (vgl. Herzog Carl Augusts Brief an seine Frau Louise, 2. November 1779; Karl August-Luise, 119). 338,7 Hubern] Jean Huber, der Genfer Ratsherr, Zeichner und Kupferstecher, gehtrte zum Freundeskreis Voltaires; von ihm stammen zahlreiche Bildnisse Voltaires. Goethe besuchte Huber, den er sch|tzte (vgl. 345,26–29), am 3. November 1779 nach dem Aufbruch aus Genf noch einmal. 338,7 Saussuren] Horace Bndict de Saussure, Professor der Naturgeschichte in
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BRIEF 544
Genf (vgl. auch zu 340,3–4). Der Besuch fand am 2. November 1779 auf Saussures Landgut in Chambsy am Genfer See statt (vgl. Carl August, Tagebuch, Bl. 4v; vgl. auch BG 2, 168). 338,7–8 Furney] Ferney (seit 1878 Ferney-Voltaire), 4 km vom Genfer See entfernt, 9 km ntrdlich des Zentrums von Genf. Im Schloss von Ferney hatte Voltaire von 1759 bis Februar 1778, kurz vor seinem Tod, gelebt. 338,8 Mad. Van der Borch] Anne van der Borch, Frau des niederl|ndischen Kammerherrn und Diplomaten Jan Carl van der Borch, die von ihrem Mann getrennt in der Schweiz lebte. Goethe und Carl August hatten sie am 30. Oktober 1779 besucht: „Eine feine, gute Frau, welche hsbsch w|re wenn man ihr nicht ihre Krancklichkeit gar zu sehr ansehe.“ (Carl August, Tagebuch, Bl. 3v; vgl. auch BG 2, 167.) Goethe aß am 1. November bei ihr (vgl. Carl August, Tagebuch, Bl. 4r; vgl. auch BG 2, 168). 338,8 Pyrmont] Das Bad im Weserbergland besuchte Charlotte von Stein seit Beginn der 1770er Jahre regelm|ßig in den Sommermonaten (vgl. zu 62,6). 338,14 Cabriolets] Leichte Fuhrwerke, gewthnlich mit zwei R|dern und mit nur einem Pferd in einer Gabel bespannt. Der Kasten hing nicht wie bei Kutschen in Riemen oder Federn; um Sttße zu vermindern, wurde der Sitz auf Spiralfedern montiert (vgl. Krsnitz 7, 503). 338,15 im Dezember auf den Brocken] Goethe hatte den Brocken am 10. Dezember 1777 bei hohem Schnee bestiegen (vgl. zu 184,18). 338,16 Pforten der Schrvcknisse] Nach den biblischen „pforten der htllen“ (Matth|us 16,18; Luther-Bibel 1772 NT, 20). 338,19–20 Vor 14 Tagen Æ:::æ auf die Post geben] Dasselbe ksndigte Herzog Carl August seiner Frau und seiner Mutter an (vgl. seine Briefe an diese vom 28. Oktober 1779; Karl August-Luise, 118; Bergmann, 28). 338,21 Steinen] Charlotte von Steins Mann Ernst Josias von Stein. 338,22 Sie sind in der Stadt] Gemeint ist: in Weimar und nicht in Kochberg. Charlotte von Stein hielt sich noch auf ihrem Gut auf; von dort stammt ihr (nicht sberlieferter) Brief an Goethe vom 12. November 1779 (vgl. 344,20). 338,23 in mich hineingestimmt] ,In mich verschlossen‘ (vgl. GWb 4, 1208). 338,24 in dem Loche] Goethes ungsnstiges Urteil sber die Stadt Genf mag u. a. zustande gekommen sein, weil die Altstadt damals von Festungsmauern umgeben war, die den Blick auf die Berge verhinderten. Die Stadt wirkte eng und dsster, zumal bei schlechtem Wetter, wie es die Reisenden antrafen (vgl. Briefe des Herzogs Carl August an seine Frau Louise und an Herzoginmutter Anna Amalia, 28. Oktober 1779; Karl August-Luise, 118; Bergmann, 28). 338,25 bey den Franzosen Æ:::æ b e z a u b e r t ] Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werthers“ aus dem Jahr 1774 wurde bereits im Jahr darauf von Jean Rodolphe Sinner de Ballagues in franztsischer Sprache als Drama bearbeitet: „Les
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malheurs de l’amour“ (Bern 1775). Die erste bersetzung erschien 1776 in Maastricht; sie stammt von Jacques Georges Deyverdun, ebenfalls einem Schweizer (vgl. weiter zu 103,21–22). Im gleichen Jahr erschienen „Les souffrances du jeune Werther“ (Erlangen 1776) von Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff. 1777 kam die am meisten verbreitete bersetzung heraus: „Les passions du jeune Werther“ (Paris u. a.) von Aubry, d. i. Woldemar Friedrich von Schmettau. Bis 1797 erschienen siebzehn Ausgaben des „Werther“ in fsnf franztsischen bersetzungen (vgl. Pierre Grappin: Aspekte der Rezeption Werthers in Frankreich im 18. Jahrhundert. In: Historizit|t in Sprach- und Literaturwissenschaft. Æ:::æ Hrsg. von Walter Msller-Seidel. Msnchen 1974, S. 411–421; hier S. 412). 339,4 in der Rhone gebadet] Von einem solchen Bad am Tag zuvor berichtete auch Herzog Carl August in seinem Tagebuch unter dem 1. November 1779 (Bl. 4r; vgl. auch BG 2, 168). 339,6 Frau Basen] Klatschbasen, neugierige Alte (vgl. GWb 2, 80). 339,9 imaginirt] In der Phantasie entworfen, geplant (vgl. GWb 4, 1495). 339,13 kompromittirten] ,Kompromittieren‘ hier im lat. Wortsinn: sbereinkommen, sich dem Ausspruch eines Schiedsrichters zu fsgen (vgl. Kompromiss: bereinkunft). 339,15 was dieser zu oder abrathen wurde] Nach dem Bericht von Herzog Carl August im Brief an seine Frau Louise vom 2. November 1779 sagte Horace Bndict de Saussure, „daß, da noch kein Schnee auf denen Alpen l|ge, ich sicher hinreißen ktnnte, wo ich wollte, u. wenn auch Schnee fiele, er uns nie so sbereilen ktnne, daß wir etwas von ihm zu befsrchten h|tten.“ (Karl August-Luise, 119.) 339,15–16 iemand von der Gegenparthei] Anton Josua Diodati (vgl. Herzog Carl Augusts Brief an seine Frau Louise, 2. November 1779; Karl AugustLuise, 119). 339,16 exposX] Hier: kurze msndliche Darlegung (vgl. GWb 3, 503). 339,17 Fahr] Schon im 18. Jahrhundert veraltet: Gefahr (vgl. Adelung 2, 14). 339,22 Buffarthischen Schloss] Gemeint sind die Felsenhthlen am Muschelkalksteilhang bei Buchfart an der Ilm (10 km ssdlich von Weimar). Es handelt sich um Kammern eines Bergschlosses oder einer Burg, die im 10. Jahrhundert in den Hang eingegraben wurden. 339,22–23 Etterischen Steinbruche] Gemeint ist der Oetternsche Steinbruch (vgl. weiter zu 221,27–28).
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545. An Johann Caspar Lavater
BRIEF 545
Genf, 2. November 1779 ! Zsrich
BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 109. – Doppelblatt 18,9623,3 cm, 2 S. und zwei Zeilen beschr., Anfang des Briefes (340,1–28 Genf Æ:::æ Uebersezung an.) von Schreiberhd (Seidel), Rest des Briefes egh., Tinte; S. 4 egh. Adresse: An Herrn / Joh. Casp. Lavater / nach / Zurch, rotes Siegel: Wappen. E: Goethe-Lavater1 (1833), 51–54, Nr 17. WA IV 4 (1889), 114–116, Nr 861. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet keinen Brief Lavaters. Goethe hatte diesen in seinem Brief vom 28. und 29. Oktober 1779 (Nr 542) gebeten, ihm nach Luzern zu schreiben (vgl. 329,4–5); dort traf Goethe erst am 16. November 1779 ein. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 340,1 Genf] In Genf hielt sich Goethe vom 27. Oktober bis 3. November 1779 auf. 340,2 von hier weggehe] Am 3. November brach Goethe von Genf nach Bonneville und Cluses auf. 340,3–4 de Saussure] Der Genfer Naturforscher Horace Bndict de Saussure hatte den Ausflug in die Savoyer Alpen fsr unbedenklich erkl|rt (vgl. zu 339,15). Andere hielten dies hingegen fsr eine „Thorheit“, wie Herzog Carl August unter dem 2. November 1779 in sein Tagebuch schrieb (Carl August, Tagebuch, Bl. 4v; vgl. auch BG 2, 168). 340,4–5 in die Savoiischen Eisgeburge und ins Wallis] Die Reise fshrte Goethe und seine Begleiter von Cluses sber Sallanches nach Chamonix. Von dort unternahmen sie am 5. November 1779 eine Wanderung ins Mer de Glace, ausfshrlich beschrieben im Brief Nr 550 an Charlotte von Stein (vgl. 345,23–352,21). Danach ging es weiter sber den Col de Balme nach Martigny und durch das Rhone-Tal ntrdlich der Walliser Alpen bis Msnster, von wo aus am 12. November der Weg sber den Rhone-Gletscher und den Furka-Pass nach Realp fshrte; vgl. Goethes Berichte im Tagebuch (GT I 1, 98 f.) und in den „Briefen aus der Schweiz“ (WA I 19, 287–299). 340,6 Deine Offenbarung hat mir viel Vergnugen gemacht.] Gemeint ist Lavaters poetische Bearbeitung der Offenbarung des Johannes „Jesus Messias, oder die Zukunft des Herrn. Nach der Offenbarung des Johannes“ (O. O. u. J. ÆZsrich 1780æ). Lavater hatte Goethe die erste H|lfte dieses Werks im Manuskript zukommen lassen (vgl. 327,19). In einer ersten Stellungnahme hatte sich Goethe sehr kritisch ge|ußert (vgl. 327,21–328,7).
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340,7 Tobler] Georg Christoph Tobler; er hatte Goethe das Manuskript des „Jesus Messias“ nach dessen Eintreffen in Genf sbergeben. 340,8 du habest Æ:::æ gepredigt] Lavater predigte im Lauf des Jahres 1779 mittwochs und samstags abends sber die Offenbarung des Johannes (vgl. GoetheLavater3, 405). Wie in seinem „Jesus Messias“ versuchte er auch in diesen Predigten nach eigener Aussage, „die Apocalypse p o e t i s c h , das ist, durch das ihr eigne Vehiculum zu denken“ (Lavater an Herder, 7. August 1779; Aus Herders Nachlaß 2, 188). 340,11 in einem so fremden Vehiculo] Lavater benutzte fsr seine poetische Bearbeitung der Offenbarung des Johannes Hexameter und freie Rhythmen, wie Klopstock in seinem „Messias“ (1755–1773). 340,20 w. z.] Versehentlich verksrzt fsr ,wie zum Beispiel‘. 340,20 die Verheissung des ewigen Lebens] Mtglicherweise ist der 6. Gesang des „Jesus Messias“ (S. 51–54) gemeint, die ,Auserw|hlten vor dem Throne Gottes‘ (vgl. Offenbarung 7,9–17). 340,20–21 das Weiden der Schaafe unter Palmen] In der Druckausgabe des „Jesus Messias“ findet sich eine solche Stelle nicht; es heißt lediglich im 6. Gesang sber die Auserw|hlten: Denn der vollendete Dulder, der N|chst’ am Throne der Gottheit Weydet selber Sie alle am Schatten himmlischer Zedern; Leitet zu kshlenden Wassern, zu Quellen des ewigen Friedens, Jeder Erquickung sie hin, nach der die Seele verlangte. (S. 53.) Vgl. Offenbarung 7,17. 340,21–22 das siegende Gefuhl der Engel Æ:::æ Schlacht anfangen] Vermutlich ist der Kampf zwischen Michael und seinen Engeln mit dem Drachen und seinen Engeln gemeint, von dem in der Offenbarung des Johannes 12,7–12 die Rede ist. Lavater schildert den Vorgang ausfshrlich im 11. Gesang (vgl. Jesus Messias, S. 92–102). 340,25 das klugste Theil das du ergreiffen konntest] Mit der Formulierung spielt Goethe auf das Lukas-Evangelium an; dort heißt es im Zusammenhang mit Jesu Besuch bei den Schwestern Marta und Maria (10,41 f.): „Martha, Martha, du hast viel sorge und mshe, Eins aber ist noth. Maria hat das gute theil erw|hlet, das soll nicht von ihr genommen werden.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 74.) 340,26 die zwvlf folgende Ges~nge] Lavaters „Jesus Messias“ umfasst 24 Ges|nge. 340,28 Piscators Uebersezung] Biblia, Das ist: Alle Bscher der H. Schrift Æ:::æ vertheutscht Æ:::æ. Herborn 1602. – Verfasser dieser volkstsmlichen bersetzung ist der Rektor der nassauischen Akademie und Theologieprofessor Johannes Piscator.
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BRIEFE 546/547
341,5 Mit Toblern weis ich nicht wies war.] Lavater hatte seinen Schsler und Freund Georg Christoph Tobler veranlasst, in Genf Kontakt zu Goethe zu suchen. Eine engere Beziehung erwuchs aus der Begegnung jedoch nicht (vgl. auch die vierte Erl|uterung zu 327,1). 341,12–13 wie’s ihm mit mir war] Dass auch Tobler sich mit Goethe nicht in ein rechtes Verh|ltnis zu setzen vermochte, geht aus seinem Bericht sber die zweite Zusammenkunft im Frshjahr 1781 in Weimar hervor. In einem Brief Toblers an Lavater von Mai 1781 heißt es sber Charlotte von Stein und Goethe: „Aber ich kann so wenig zu einem hohen reinen Grade von Achtung fsr sie kommen, als zu einem hohen Grade von Z|rtlichkeit gegen Goethe: Der mir sonst weit, unverdient weit artiger fresndlicher, undrskender begegnet, als ich vermuhtet h|tte.“ (Goethe-Lavater3, 356.) 546. An Charlotte von Stein Sankt Gotthard, 13. November 1779 ! ÆWeimaræ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 38. – Doppelblatt 11,7618,5 cm, 4 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben; S. 1 oben rechts von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Tinte: „13“ (vgl. berlieferung zu Nr 536). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 61), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 273–275. WA IV 4 (1889), 119–121, Nr 863. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Am 3. November 1779 waren Goethe und Herzog Carl August ohne Moritz von Wedel und Philipp Seidel (vgl. die dritte Erl|uterung zu 343,6) von Genf aus in die Savoyer und Walliser Alpen aufgebrochen und hatten am 13. November den Sankt Gotthard tstlich der Berner Alpen erreicht. Die Schilderung des ersten Teils dieser Reise von Genf bis Martigny (am westlichen Rand der Walliser Alpen) findet sich in Goethes Brief Nr 550 an Charlotte von Stein (vgl. 345,23–352,21). Der zweite Teil bis zur Ankunft auf dem Sankt Gotthard findet sich gedruckt in den „Briefen aus der Schweiz“ (2. Abteilung; WA I 19, 256–306). 341,17 Auf dem Gotthart bey den Capuzinern.] Seit 1685 wurde das Hospiz auf dem Sankt Gotthard, ursprsnglich eine Herberge fsr Rompilger, dann fsr Reisende jeder Art, auch zur Versorgung von mittellosen Reisenden, vom katholischen M|nnerorden der Kapuziner gefshrt. Das Hospiz wurde 1799 zersttrt. –
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berliefert ist eine Bleistiftzeichnung Goethes mit Tuschlavierung, auf der Rsckseite versehen mit der eigenh|ndigen Bleistiftnotiz: d. 22. Juni 1775 bey den Kapuzinern zu oberst auf dem Gotthart mitten in Schnee und Wolken. (Corpus I, 53, Nr 121.) Die Zeichnung stammt aber vermutlich von Goethes zweiter Schweizer Reise und wurde nachtr|glich auf 1775 datiert (vgl. Barbara Schnyder-Seidel: Goethe in der Schweiz: anders zu lesen. Von der Wahrheit in der Dichtung letztem Teil. Bern und Stuttgart 1989, S. 65). 341,19–20 sobald ich ihn wieder treffe] In Luzern, wo er sich vom 16. bis 18. November 1779 aufhielt, traf Goethe wieder mit Philipp Seidel zusammen. 341,20 dicktiren] Dies geschah vermutlich am 17. November in Luzern. Der niedergeschriebene Reisebericht gehtrt als zweiter Briefteil zu Nr 550 (vgl. 345,8–354,25). 341,20 der Hezog mit mir allein] Sie wurden von zwei einheimischen Fshrern begleitet (vgl. 350,13–14). – ,Hezog‘: Schreibversehen. 341,21 J~ger] ber dessen Identit|t vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530. 341,23 ieder Schritt wieder zuruck] In ntrdliche Richtung nach Andermatt. 341,23–24 Zum zweitenmal] Zum ersten Mal hatte Goethe den Sankt Gotthard am 21. Juni 1775 bestiegen; eine Schilderung gibt er im 18. Buch von „Dichtung und Wahrheit“ (vgl. AA DuW 1, 615–619). 341,25 Auch iezt reizt mich Italien nicht.] Im Sommer 1775 hatte ihn der Gedanke an Anna Elisabeth (Lili) Schtnemann an der Fortsetzung der Reise nach Italien gehindert (vgl. AA DuW 1, 618 f. [18. Buch]). 342,5–8 Von Genf Æ:::æ auf den Gotthart gekomen.] Vgl. zur Reiseroute die bersicht „Goethes zweite Reise in die Schweiz“ in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 530 sowie Nr 550 und die Erl|uterungen dazu. 342,17 wie Lewiathane Æ:::æ die den Strom trincken] Im Buch Hiob (40,18) heißt es sber das Nilpferd Behemot: „Siehe, er schlucket in sich den strom, und achtets nicht groß“ (Luther-Bibel 1772 AT, 464). Vom Leviathan, einem drachenartigen Untier, ist bei Hiob gleich im Anschluss an die Stelle die Rede. 547. An Johann Caspar Lavater Sankt Gotthard, 14. November 1779 ! ÆZsrichæ BERLIEFERUNG
H: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 110. – Doppelblatt 11,7618,6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flschtig geschrieben. – Faksimile: Georg Witkowski: Goethe. Leipzig, Berlin und Wien 1899, nach S. 128. E: Goethe-Lavater1 (1833), 55, Nr 18. WA IV 4 (1889), 121 f., Nr 864.
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BRIEF 548
ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet keinen Brief Lavaters. Goethe hatte diesen in seinem Brief vom 28. und 29. Oktober 1779 (Nr 542) gebeten, ihm nach Luzern zu schreiben (vgl. 329,4–5); dort traf Goethe erst am 16. November 1779 ein. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 342,23 Auf dem Gotthart bey den Capuzinern.] Von den Kapuzinern in Realp, wo er vom 12. auf den 13. November 1779 sbernachtet hatte, war Goethe fruh gegen 10 (GT I 1, 99) aufgebrochen und, durch das Urserental wandernd, gegen 2 (ebd.) auf dem Sankt Gotthard bei den dortigen Kapuzinerpatres angekommen. 342,24 Eh wir absteigen] Nach Carl Augusts Tagebuch verließ die Reisegesellschaft am 14. November 1779 um „9 Uhr zu fuß“ (Bl. 13v; vgl. auch BG 2, 192) die Herberge auf dem Sankt Gotthard und wanderte hinab nach Andermatt. 342,24 l. Br.] Lieber Bruder. 342,25–27 Seit Genf Æ:::æ uber die Furcka hier angekommen.] ber Goethes Reiseroute von Genf bis auf den Sankt Gotthard vgl. zu 340,4–5 sowie die bersicht „Goethes zweite Reise in die Schweiz“ in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 530. – ,Chamouny‘: Chamonix. 343,1–2 Den 19 od‘. 20 bin ich bey dir] Goethe traf bereits am 18. November 1779 in Zsrich ein. 343,3–4 dass ich allenfalls bey dir ubernachte] Goethe wohnte bei Lavater, w|hrend Herzog Carl August im Gasthof „Zum Schwert“ logierte. 343,4 deine Frau] Anna Lavater geb. Schinz. 548. An Johanna Schlosser geb. Fahlmer Luzern, 16. November 1779 ! ÆEmmendingenæ BERLIEFERUNG
H: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: Hs-26321. – 1 Bl. 18,6625,3 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. von fremden H|nden: „Goethe an seine Schw|gerin Johanna Schlosser; geb. Fahlmer“. – Beischluss: Brief von Philipp Seidel an Johanna Schlosser (vgl. zu 343,9). – Faksimile: Stargardt-Katalog 670, Auktion am 7./8. Juli 1998, S. 33, Nr 93. E: Goethe-Fahlmer (1875), 123 f., Nr 49. WA IV 4 (1889), 138, Nr 866 (nach E). BEI L AG EN
1) Reisebericht in einer Abschrift von Philipp Seidel (vgl. zu 343,7). 2) Brief Seidels an Johanna Schlosser (vgl. zu 343,9).
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Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 343,6 in Genf] In Genf hatte sich Goethe auf seiner zweiten Schweizer Reise vom 27. Oktober bis 3. November 1779 aufgehalten. 343,6 l. Schwester] Liebe Schwester. – So redete Goethe Johanna Fahlmer nach ihrer Hochzeit mit Johann Georg Schlosser im September 1778 an. Zuvor hatte er sie ,Tante‘ oder ,T|ntchen‘ genannt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu GB 2 II, Nr 19). 343,6 von Philippen aus einander ging] W|hrend Goethe am 3. November 1779 mit Herzog Carl August von Genf nach Bonneville und Cluses aufbrach, begaben sich Philipp Seidel, Goethes Sekret|r und Reisegef|hrte, und der Weimarer Oberforstmeister Moritz von Wedel mit den Pferden durch’s pa\ de vaud in’s Wallis (345,25), wie Goethe in seiner Reiseschilderung fsr Charlotte von Stein vom 17.? November 1779 berichtet. 343,7 einige Bl~tter] Gemeint ist der von Philipp Seidel nach Goethes Diktat geschriebene Bericht sber den Aufstieg auf den Jura-Gipfel La Dle, den Goethe am 26. Oktober unternommen und in seinem Brief an Charlotte von Stein vom 28. Oktober 1779 beschrieben hatte (vgl. 334,12–337,24); das mit dem vorliegenden Brief sbersandte Exemplar der Abschrift ist nicht sberliefert. Eine weitere Abschrift hatte bereits Catharina Elisabeth Goethe erhalten, die den Bericht an die Herzoginmutter Anna Amalia in Weimar weiterschickte (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 543). 343,8 Hier] In Luzern hielt sich Goethe vom 16. bis 18. November 1779 auf, bevor er noch am 18. November in Zsrich eintraf. 343,9 einen Brief von ihm] Der Brief Philipp Seidels an Johanna Schlosser ist nicht sberliefert. 343,11–12 von Genv Æ:::æ hir glucklich angekommen] Von Genf aus fshrte die Reise sber Sallanches nach Chamonix. Von dort unternahm Goethe mit seinen Gef|hrten am 5. November 1779 eine Wanderung ins Mer de Glace, ausfshrlich beschrieben im Brief Nr 550 an Charlotte von Stein (vgl. 350,3–351,27). Danach ging es weiter sber den Col de Balme nach Martigny und durch das Rhone-Tal ntrdlich der Walliser Alpen bis Msnster, von wo aus am 12. November der Weg sber den Rhone-Gletscher und den Furka-Pass nach Realp fshrte; vgl. Goethes Berichte im Tagebuch (GT I 1, 98 f.) und in den „Briefen aus der Schweiz“ (WA I 19, 287–299). Am 13. November hatte Goethe den Sankt Gotthard bestiegen und war am 14./15. November sber Andermatt, Gtschenen, Amsteg an der Reuss zum Vierwaldst|tter See gelangt und von dort am 16. November nach Luzern. – ,Genv‘: nach franz. Genxve. 343,13 Schlosser und die M~dgen] Vgl. zu 320,13–14. 343,13 Eh ich aus der Schweiz gehe] Am 2. Dezember 1779 brach Goethe von Zsrich zur Rsckreise aus der Schweiz auf.
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BRIEF 549
343,14 hvrst du noch von mir] Ein entsprechender Brief Goethes an Johanna Schlosser ist nicht sberliefert. 343,14 Gezeichnet habe ich keine Linie.] W|hrend Goethes zweiter Schweizer Reise entstanden nur wenige Zeichnungen (vgl. zu 295,10–11). Dagegen hatte Goethe auf der ersten Reise in die Schweiz im Sommer 1775 viel gezeichnet. So sandte er am 7. Juni 1775 von Schaffhausen aus einen Brief an die Adressatin (GB 2 I, Nr 244), dessen letzte Seite eine Zeichnung enth|lt (als Faksimile abgebildet in GB 2 I, 194). Zu weiteren Zeichnungen aus der Schweiz vgl. Corpus I, Nr 106–131. 343,17 sagt der hei‘. Johannes] Wie in Brief Nr 538 vermutlich Anspielung auf Johannes 13,34 (vgl. zu 311,26).
549. An Friedrich Justin Bertuch
Zsrich, 20. November 1779! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 6/628. – Doppelblatt 18,9(–19,2)622,7 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 3 Reste eines roten Siegels (Inschrift teilweise lesbar: „Æ:::æ D„MAS Æ:::æ SX Æ:::æ PIRSETO Æ:::æ“, vermutlich: „paŁmsa dtmasaØ s{“ pirsetŁomsi“. – Alles vermag, wer glaubt [Markus 9,23]) und Adresse von Schreiberhd (Seidel): An Herrn Rath Bertuch / nach / Weimar. E: GJb IV (1883), 198, Nr 2 (Ludwig Geiger). WA IV 4 (1889), 138 f., Nr 867. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. W|hrend der Kavalierstour, die Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach als 17-j|hriger Erbprinz 1774/75 mit seinem Bruder Constantin sowie den Erziehern Johann Eustach Graf von Schlitz gen. von Goertz und Carl Ludwig von Knebel nach Paris unternahm, hatte er in Epernay in der Champagne eine Mademoiselle Jeanette Brossard kennen gelernt. Aus einer Aff|re mit ihr war vermutlich ein Kind hervorgegangen. Jedenfalls erhielt sie seither aus Carl Augusts Privatschatulle, sp|ter aus der Kammerkasse, eine j|hrliche Pension von 500 Livres; dies entsprach nach der von Bertuch gefshrten „Jahres-Rechnung der Herzoglichen Scatol. vom 1 Oct: 1778 bis 1 Octobr: 1779“ einem Betrag von 135 Reichstalern 11 Groschen (ThHStA Weimar, Fsrstenhaus A 1077, Bl. 14v). Die Zahlungen erfolgten bis ins Jahr 1804. Briefe wie den von Goethe erw|hnten (vgl. 343,21–23), in denen sie um Auszahlung ihrer offenbar unregelm|ßig eingehenden Pension bittet, hat Jeanette Brossard wiederholt an Goethe geschrieben; soweit
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sie sberliefert sind, stammt der erste vom 7. Oktober 1792 (vgl. RA 1, 181, Nr 470), der letzte vom 16. August 1804 (vgl. RA 4, 512, Nr 1650). Auch an den Herzog selbst wandte sie sich: Mon Seigneur! C’est une infortune, qui n’a d’autre existence d e p u i s v i n g t a n s que celle, que Votre Altesse lui fait et qui n’oublira jamais, combien Votre coeur eÆsæt bon et conpatissant, c’est ce qui me decide oser m’adresser directement Mon Seigneur pour le supplier de me faire payer Sa pension viagere, que vous avez bien voulu m’accorder. Recevez avec Votre bien veillence ordinere les assurences du respect profond avec le quelle je Æneæ cesseres d’etre de Votre Altesse Serenisime La tres humble 8bre et tres obeissente Epernay le 26 servante Jeanette 1791. Brossard Si ces 500 Livre pouvoit seullement s’ogment cette anne, j’amais je n’en eu si grand besoin mes dettes paye, il me restera si peu de chose que je ne sais. (Zitiert nach: GJb VI [1885], 354. – Der grammatisch und orthographisch fehlerhafte Text ktnnte wie folgt sbersetzt werden: Mein Herr! / Es ist eine Leidgeprsfte, die seit zwanzig Jahren keine andere Existenz hat als die, welche Eure Hoheit ihr gew|hrt, und die nie vergessen wird, wie sehr Euer Herz ein gutes und mitfshlendes ist. Das ist es, was mich veranlasst, es zu wagen, mich direkt an meinen Herrn zu wenden, um ihn inst|ndig zu bitten, mir ihre Pension auszahlen zu lassen, die Ihr mir freundlicherweise bewilligt habt. / Empfangt mit Eurem gewthnlichen Wohlwollen die Zusicherungen der tiefen Hochachtung, mit welcher ich Ænichtæ aufhtren werde zu sein Euer Durchlaucht / sehr ergebene / und sehr gehorsame / Dienerin Jeanette / Brossard / Epernay, den 26. Oktober 1791 // Wenn diese 500 Livres sich wenigstens in diesem Jahr erhthen ktnnten; nie habe ich es so dringend benttigt, meine Schulden zu bezahlen; es wird mir sowieso nur so wenig sbrig bleiben, dass ich nicht weißÆ, wie ich weiterleben sollæ. 2 d e p u i s v i n g t a n s ] Die Aff|re mit Carl August ereignete sich Anfang 1775 (vgl. die einleitende Erl|uterung). 343,21 von Mez] Jeanette Brossard, in Thionville an der Mosel geboren, lebte von etwa 1778 bis 1781 in Metz, Zweibrscken und Meisenheim, sp|ter – von etwa 1782 bis 1787 – in Erfurt und von 1787 bis 1789 sowie erneut um 1793/94 in Berlin, die sbrige Zeit wohl zumeist in Epernay. 343,21 erb~rmlichen Brief] ,Erb|rmlich‘ hier im Sinn von ,Mitleid erregend, heischend‘ (vgl. GWb 3, 231).
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343,22 Bauer] Vermutlich ist der Verleger und Buchh|ndler Johann Gottfried Bauer in Straßburg gemeint, der auch als Kommission|r fsr Wielands „Teutschen Merkur“ t|tig war. 344,1–2 angekommen] Goethe war mit seiner Reisegesellschaft am 18. November 1779 in Zsrich angekommen; er wohnte bei Johann Caspar Lavater und blieb dort bis zum Beginn der Rsckreise nach Weimar am 2. Dezember 1779. 344,2 Schw.] Schweizer(ischen). 344,3–4 nach Italien gehen] ber Goethes Wunsch, nach Italien zu reisen, vgl. GB 2 II, zu 207,4–5. Er verwirklichte ihn erst 1786. 344,4 auf dem Gotthart] Dort war Goethe am 13./14. November 1779 gewesen. 344,6 artig] Im 18. Jahrhundert Modewort; hier im Sinn von ,auf gehtrige Art und Weise‘ (vgl. GWb 1, 839). 344,6 empfangen] Goethe traf am 14. Januar 1780 wieder in Weimar ein. 344,10–11 l’abbaye Royale des Dame de la Magdeleine] Das Hpital Royal de Sainte Madeleine in Metz war ein Kranken- und Arbeitshaus insbesondere fsr Frauen und M|dchen, die an (Geschlechts-)Krankheiten litten oder zu einer Haftstrafe verurteilt waren. 550. An Charlotte von Stein
ÆLuzern, 17.? November und Zsrich, zwischen 22. und 24. November? 1779æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Der erste Briefteil wurde in Zsrich geschrieben, nachdem Goethe dort vor einigen Tagen (344,12–13), n|mlich am 18. November 1779, eingetroffen war. Die Formulierung l|sst an einen Zeitraum von mehr als drei Tagen, aber von weniger als einer Woche denken, so dass der Brief vermutlich zwischen dem 22. und dem 24. November 1779 geschrieben wurde. Den hinzugefsgten Reisebericht diktierte Goethe nach 344,16–17 seinem Sekret|r Seidel in Luzern; dort traf er am 16. November 1779 ein und blieb bis zum 18. November. Unter der Annahme, dass der lange Bericht einige Zeit in Anspruch nahm, dsrften Diktat und Niederschrift eher am 17. November 1779 als am An- oder Abreisetag erfolgt sein. – Aus dem von Goethe in Zsrich geschriebenen Briefteil vom 24. November 1779 geht hervor, dass er diesem den Reisebericht hinzugefsgt hat, den er Philipp Seidel in Luzern diktiert hatte (vgl. 344,16–17). Aus diesem Grund werden beide als Teile eines Briefes verstanden und nicht wie bisher als zwei selbstst|ndige Briefe gedruckt.
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BERLIEFERUNG
1) Briefteil aus Zsrich (344,12–345,7 Meine vielgeliebte Æ:::æ schreibfehler drinne): H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 39. – 1 Bl. 18,8(–19)622,8 (–23) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Tinte: „14“ (vgl. berlieferung zu Nr 536). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 62), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 275 f. WA IV 4 (1889), 139 f., Nr 868. 2) Briefteil aus Luzern (345,8–354,25 Hier und da Æ:::æ ausruhen wollen.): H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 37. – 3 ineinandergelegte geheftete Doppelbl|tter 19,5624,3 cm, 10 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), Tinte, kleine, sehr gleichm|ßige Schrift; S. 1 oben rechts von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Tinte: „12“ (vgl. berlieferung zu Nr 536). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 60), vgl. berlieferung zu Nr 18. E1: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 273 (Incipit/Fußnote mit Inhaltsangabe). E2: Fielitz, Goethe-Stein 1 (1883), 215–225, Nr 358. WA IV 4 (1889), 122–137, Nr 865. ERLUTERUNGEN
Goethe hatte Charlotte von Steins Brief vom 12. November 1779 erhalten (vgl. 344,20), geht im vorliegenden Brief aber nicht darauf ein. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 344,13 in Zurch angekommen] Am 18. November 1779. 344,13–15 Vom Gotthart fuhren wir Æ:::æ hierher.] Vom Sankt Gotthard berichten die Briefe Nr 546 und 547 vom 13. bzw. 14. November 1779. ber den Abstieg und den weiteren Weg sber Luzern nach Zsrich ist kein Brief Goethes sberliefert. Herzog Carl August schrieb darsber am 19. November 1779 aus Zsrich an Herzogin Anna Amalia: „Der Herunterstieg, durchs Urner Loch, sber die Teufelsbrscke bis Alt[d]orf ist ex ff: Æ:::æ ber den Vierwaldstedter See fshrte uns zuletz Æsicæ unser Weg nach Brunn[en], von da gingen wir nach Schwyz, kehrten zursck, und fuhren vollends den See hinab bis nach Luzern. Æ:::æ Nun sind wir hier seit gestern abend.“ (Bergmann, 29 f.) Zur Route vgl. auch die bersicht „Goethes zweite Reise in die Schweiz“ in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 530. 344,16 Savoyer Tour] Von Genf bis Martigny an der Msndung der Dranse in die Rhone. 344,17 es liegt hierbey] Vgl. den von Philipp Seidel geschriebenen zweiten Teil des vorliegenden Briefes (345,8–354,25). 344,18 Reise durchs Wallis auf den Gotthart] Ein entsprechender Brief oder
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Bericht Goethes ist nicht sberliefert. ber die Reise von Martigny zum Sankt Gotthard schrieb Herzog Carl August am 19. November 1779 an seine Mutter: „Von Chamonix nach Martinay, in Wallis. Von da auf Sion, Seiders ÆSierreæ, Leukerbad, Leuk, Brig, u. s. w. sber die Furka, Realp, Hospital, auf den Gotthard zu den Kapuzinern.“ (Bergmann, 29.) Zur Route vgl. auch die bersicht „Goethes zweite Reise in die Schweiz“, die sich u. a. auf das Tagebuch des Herzogs bezieht (Carl August, Tagebuch; vgl. auch BG 2, 177–191). 344,20 Ihren Brief vom 12 Nov] Zuvor hatte Goethe nur einmal am 16. Oktober 1779 den Empfang eines Briefes von Charlotte von Stein erw|hnt, der von Ende September 1779 stammte (vgl. 311,19). 344,21 in der Stadt] In Weimar, wo Charlotte von Stein die Wintermonate verbrachte, nicht auf dem Landgut Kochberg. 344,23 Die Bekanntschafft von Lavatern] Diese dem Herzog zu vermitteln, gehtrte zu den Neben-Absichten (360,23), die Goethe mit der Reise in die Schweiz verfolgte (vgl. darsber weiter die einleitende Erl|uterung zu Nr 530 sowie zu 360,23). Carl August war Lavater schon am Ankunftstag begegnet: „Lavatern lernten wir schon gestern kennen. Æ:::æ Ich liebe ihn, wollte Gott, ich ktnnte ihn so geniessen als das, was er w|gt“ (Bergmann, 30), schrieb der Herzog am 19. November 1779 an seine Mutter. Im Brief vom 29. November fsgte er hinzu: „Lavaters Gegenwart und N|he ist mir sehr kostbar und wohlt|tig.“ (Bergmann, 31.) Im Brief vom selben Tag an Herzogin Louise heißt es: „Was den geistlichen Nutzen anbetrift, den dieser Aufenthalt Æin Zsrichæ geben muß, so dsnckt michs Æ:::æ, habe er mir wirckl. große Dienste gethan; die Gegenwarth Lavaters hat etwas gantz eigen Balsamisches; ich gebrauche ihrer soviel als nur immer mtglich, so viel es seine Zeit zul|ßt; im grunde ist ers alleine, der mich hier h|lt“ (Karl August-Luise, 120). Der Abschied von Lavater sei „hart“ gewesen, schreibt er am 3. Dezember 1779 an dieselbe: „wolle daß Schicksal, daß es nicht zum letzten mahle sey, daß ich Ihn gesehn.“ (Karl August-Luise, 123.) – Herder berichtet in seinem Brief an Johann Georg Hamann von Mitte November und 18. Dezember 1780 Folgendes: „Der Herzog, der in Zsrich den ,Lichtbedsrftigsten, Wahrheitsuchendsten Religiosen‘ Æ:::æ gemacht hat, soll Lav[ater] gesagt haben, da dieser ihn vermuthl[ich] in manchem auf mich verwiesen: ,ich gebe ihm nur B l i t z licht in der Religion, aber Gtthe gebe ihm das wahre bleibende Licht‘ Æ:::æ. Er ist, seit er aus der Schweiz ist, den ersten Sonntag, sonst nie mehr in der Kirche gewesen: ist sbrigens ein großer Moralist u. Lav[ater] hat an ihm einen Menschen voraus verksndigt, vor dem die ganze Welt einmal bewundernd hinknieen werde“ (HB 4, 145). 344,25 lange gute Folgen] Vgl. darsber die einleitende Erl|uterung zu Nr 530. 345,5–6 die Reise Nachricht] Der folgende Reisebericht, den Goethe Philipp Seidel diktiert hatte.
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345,8–9 Merkwurdigkeit] ,Merkwsrdig‘ im Wortsinn: ,wert, bemerkt oder beachtet zu werden‘ (vgl. Adelung 3, 183). 345,9 Savoier Eisgebirgen] Mit dem Montblanc als Hauptgipfel. 345,12 Cluse und Salenche] Cluses und Sallanches im Arvetal ssdtstlich von Genf. 345,13 Chamouni] Chamonix, ebenfalls im Arvetal. 345,13–14 Valorsine und Trient] Vallorcine im Tal der Eau Noire ntrdlich des Montblanc; Trient im gleichnamigen Tal. 345,14 Martinach] Franz.: Martigny, an der Msndung der Dranse in die Rhone, nordtstlich des Montblanc. 345,16 Herr de Saussure] Der Genfer Naturkundler Horace Bndict de Saussure (vgl. weiter zu 340,3–4; zu 339,15). 345,17–18 dass man ohne Bedenken den Weeg machen kvnnte] Dies hatte Goethe schon im Brief vom 2. November 1779 berichtet (vgl. 339,8–19). 345,24 einem J~ger] ber die Frage, wer dieser J|ger war, vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530. 345,25 Wedel mit den Pferden] Moritz von Wedel, der unter Schwindel litt, machte die Tour zum Montblanc und zum Sankt Gotthard nicht mit. Wie bei frsheren Gelegenheiten, etwa dem Aufstieg auf die Dle (vgl. 335,10–11), fshrte er die Pferde voraus, mtglicherweise begleitet vom Reitknecht Johann Friedrich Blochberg. 345,25 pa\ de vaud] Franz. Pays de Vaud: Waadtland, schweizerischer Kanton ntrdlich des Genfer Sees. 345,26 Cabriolet, mit vier R~dern] Leichte Fuhrwerke, gewthnlich mit zwei R|dern (vgl. weiter zu 338,14). 345,26 Hubern] Jean Huber (vgl. weiter die erste Erl|uterung zu 338,7). 345,32–33 Bonneville, zwischen der Mole Æ:::æ und der Arve] Bonneville im Tal der Arve, 27 km ssdtstlich von Genf; 9 km (Luftlinie) nordtstlich von Bonneville liegt der 1863 m hohe Berg Le Mle. 346,2 Mitagseite] Ssdseite. 346,12 die Arve aus dem Geburge kommt] Die Quelle der Arve liegt am Col de Balme (2204 m) im oberen Chamonixtal, tstlich von Vallorcine. Goethe bestieg den Berg am 6. November 1779. 346,20 schlechten Wirthshaus] ,Schlecht‘ hier wie weiter unten im Fall von schlechtes Mittagessen (346,25) vermutlich, wie im 18. Jahrhundert h|ufig, in der Bedeutung ,schlicht‘ (vgl. Adelung 3, 1510 und 1528). 346,21 Patois] Franz.: Mundart. 346,24 Salenche] Sallanches im Tal der Arve, 17 km von Cluses entfernt. 346,25 schlechtes Mitagessen] Vgl. zu 346,20. 346,28 Balme] Balme-Ar
ches, Dorf rechts der Arve, 5 km von Cluses entfernt. Es war bekannt fsr eine Hthle, die am Berghang in Richtung Ar
ches la
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Frasse liegt. Carl August notierte am 4. November 1779 in sein Tagebuch: „Wir stiegen zu der Hthle mit Msh, u. Gefahr. beynah 3/4 Stunden biß fast ans Ende wo Waßer ist. Voll Stallactiten, u. Flederm|use. An einer andern tfnung ist ein Kirschbaum in der Hthle gewachsen, u. strekt bloß die ste heraus.“ (Carl August, Tagebuch, Bl. 5r; vgl. auch BG 2, 172.) 347,7 Kalchfelsenstuke] Kalch: mundartlich gepr|gte Schreibweise fsr ,Kalk‘ (vgl. Grimm 11, 64). 347,22 sintert] ,Sintern‘ in der Sprache des Bergbaus: tropfen, gerinnen (vgl. Adelung 4,109 f.). 347,24 Baumannshvle] Tropfsteinhthle in der zu Elbingerode gehtrenden Ortschaft Rsbeland, die Goethe am 1. und 2. Dezember 1777 w|hrend seiner Harzreise besucht hatte (vgl. weiter zu 186,6). 347,30 schvnen Wasserfall] Die Cascade d’Arpenaz, ein 200 m hoher Wasserfall bei Luziers (Dorf rechts der Arve 3 km ntrdlich von Sallanches). 347,30 Staubbachsart] Den Staubbachfall hatte Goethe kennen gelernt, als er vom 9. bis 11. Oktober 1779 Lauterbrunnen besucht hatte (vgl. weiter zu 305,19). 347,31 Niche] Franz. Wortform von ,Nische‘. 348,28 Beet] Bett. – Goethe verwendet ,Beet‘ fsr ,Bett‘ auch an anderer Stelle, etwa im Brief an Johann Heinrich Merck vom 27. Oktober 1782 (vgl. WA IV 6, 76) sowie im Promemoria fsr Herzog Carl August vom 15. Januar 1781 sber den Wasserbau in der Flur Ringleben (vgl. AS 1, 133). – Nach Adelung (1, 787) waren ,Beet‘ und ,Bett‘ ursprsnglich identischer Bedeutung; im Oberdeutschen heißt es in beiderlei Sinn noch immer ,Bett‘ (vgl. auch Kluge/Seebold, 89). 348,31 Serves] Servoz, 12 km westlich von Chamonix. 349,7 Pleaden] Gestirn aus sieben Sternen im Sternbild des Stiers, benannt nach den sieben Ttchtern des Atlas und der Pleione in der griechischen Mythologie, die vom J|ger Orion verfolgt und von Zeus als Sterne an den Himmel versetzt wurden. 349,25 mittelsten Dorfe] Es gab drei Pfarrdtrfer im Chamonixtal: Les Houches im Ssden des Tals, Chamonix in der Mitte und Argentixre im Norden des Tals. 349,25 le PrieurX] Franz.: Kloster, Priorei. – Ortsteil von Chamonix-Mont Blanc, aus einem 1099 gestifteten Benediktinerkloster entstanden. 349,26 Wittwe] Thrxse Couteran. – Horace Bndict de Saussure berichtet in seinen „Voyages dans les alpes“ (Bd 2. Neuch
tel 1780) sber seinen Aufenthalt in Chamonix: „Je vais ordinairement chez la veuve d’un Notaire, Mme. Couteran, femme d’une probit reconnue, qui a des chambres trxs-propres, & qui traite fort bien & pour un prix honnte, ceux qui vont loger chez elle.“ (S. 239. – Ich gehe gewthnlich zu der Witwe eines Notars, Madame Couteran, einer Frau
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von anerkannter Rechtschaffenheit, die sehr ordentliche Zimmer hat und die sehr gut bewirtet und das zu einem angemessenen Preis fsr die, welche bei ihr wohnen.) 349,28 Muskatellerwein] Der Muskateller (franz.: muscat) ist eine Rebsorte, die bereits in der Antike in Kleinasien und Ssdeuropa angebaut wurde. In Mittelund Nordeuropa ist dieser weiße Wein seit dem Mittelalter verbreitet. 349,28 vallXe d’aost] Das in Italien gelegene Aostatal, etw 60 km ssdtstlich von Chamonix. 349,31 Resolution] Franz.: Entschließung, Entschluss. 349,33 Beschreibung der Savoiischen Eisgeburgen] Description des glacieres, glaciers & amas de glace du duch de Savoye. Par M. T. Bourrit Æ:::æ. Genf 1773. – Marc Thodore Bourrit war ein Genfer Bergsteiger und Reiseschriftsteller. 350,5 sechs bis sieben Stunden lang] Die Entfernung von Servoz am Eingang des Tales bis Vallorcine am Ende betr|gt etwa 30 km 350,5–6 von Mitag gegen Mitternacht] Von Ssden nach Norden. 350,11–12 sieben Gletscher] Als erster der Gletscher von Les Bossons im Ssden des Tals, ferner das System von Einzelgletschern bei Chamonix, das Mer de Glace, Eismeer, genannt wird. 350,13–14 Der eine ist Æ:::æ der andre schon ~lter] Im Tagebuch des Herzogs Carl August heißt es unter dem 5. November 1779: „Unsere zwey Fshrer hießen Michel Pacard, u. sein Neffe Victor Tessai.“ (Carl August, Tagebuch, Bl. 5v.) Beim Erstgenannten handelte es sich vermutlich um Michel Paccard, einen Cousin von Michel Gabriel Paccard, dem 1786 zusammen mit Jacques Balmat die Erstbesteigung des Montblanc gelang (nach freundlicher Mitteilung von Sylvain Jouty, Buis-les-Baronnies, Frankreich). Marc Thodore Bourrit nennt ihn in seiner „Nouvelle description des glacieres et glaciers de Savoye“ (Genf 1785) den „Doyen des Guides“ (S. 63); „est un homme sage, prudent, instruit, sa physionomie qui a caractere inspire la confiance, il est surtout le guide des Dames par ses complaisances & les petits soins qu’il sait mettre en usage pour leur viter l’extrme fatigue; c’est chez lui encore o~ l’on trouve les curiosits du pays, comme cristaux, amianthes, plantes alpines & chamois empaills.“ (Ebd. – Er ist ein weiser, umsichtiger, wohlunterrichteter Mann, seine Gesichtszsge, die Charakter haben, erwecken Vertrauen; er ist vor allem der Fshrer der Damen, durch seine Gef|lligkeit und die kleinen Hilfeleistungen, die er anzuwenden versteht, um ihnen die extreme Mshsal zu ersparen; bei ihm findet man noch die Sehenswsrdigkeiten des Landes wie Kristalle, Bergflachs, Alpenpflanzen und ausgestopfte Gemsen.) Herzog Carl August erw|hnt ihn auch in seinem Brief an Carl Ludwig von Knebel vom 27. Juli 1780 (vgl. Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 122). – Der zweite Fshrer war Victor Tissay (Schreibung schwankt); sber ihn heißt es bei Bourrit: „V i c t o r T i s s a i , plus jeune, est admirable par son courage, sa har-
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diesse dans les pas les plus difficiles, c’est un vrai chamois sur les rochers & les cumes de glaces, la force de ses jarrets surpasse cette de tout autre, & sa gaut est inaltrable.“ (Nouvelle description des glacieres et glaciers de Savoye, S. 63. – Victor Tissai, jsnger, ist durch seinen Mut und seine Kshnheit bei den schwierigsten Schritten zu bewundern; er ist auf den Felsen und Eisspitzen eine wahre Gemse; die Kraft seiner Gelenke sbersteigt die jedes anderen, und seine Frthlichkeit ist unverwsstlich.) Michel Paccard und sein Bruder Franois gehtrten zusammen mit Tissay zu den Bergsteigern, die in den 1770er Jahren erste Versuche zur Besteigung des Montblanc unternommen hatten. 350,19 Allerheiligen] Das in der katholischen Kirche gefeierte Fest zum Gedenken aller Heiligen (omnium sanctorum) f|llt auf den 1. November. 350,21 Mont Anvert] Gemeint ist der Montenvers, ein 1913 m hoher Gipfel und Aussichtspunkt auf das Mer de Glace tstlich von Chamonix. 350,26 ein spizer Berg] Vermutlich ist einer der folgenden Berge gemeint, die vom Montenvers aus zu sehen sind: die Gipfel der Grandes Jorasses (Pointe Walker 4208 m), deren Nordwand 1000 m sber das Mer de Glace aufsteigt, der Dme de Rochefort (4015 m), der Aiguille de Rochefort (4001 m) und die Dent du Gant (4013 m). 350,31–32 von Steinen zusammengelegte Hutte] Eine auf dem Montenvers unter einem sberh|ngenden Felsblock eingerichtete Sch|ferhstte, von den Einheimischen „Le ch
teau“ genannt (vgl. Peter Grupp: Faszination Berg. Geschichte des Alpinismus. Ktln, Weimar, Wien 2008, S. 173). 350,33 Monsieur Blaire] Der britische Lord Charles Blair hatte auf dem Montenvers eine Schutzhstte errichten lassen, die auch „Hospice de Blair“ genannt wurde: „En 1779, un certain Charles Blair donna quatre guines pour faire construire une cabane, rapidement trop exigu, et que, par drision, on appelait le Ch
teau ou l’Hpital de Blair.“ (Sylvain Jouty: Alpinistes extraordinaires. Paris 2009, S. 24. – 1779 stellte ein gewisser Charles Blair vier Guineen zur Verfsgung, um eine Hstte errichten zu lassen, die schnell zu klein wurde und die man sptttisch das Ch
teau oder das Hpital de Blair nannte. – Vgl. Grupp: Faszination Berg, S. 173.) 351,4 Gesteinart] Das Gebirge der Montblanc-Gruppe besteht im Zentrum aus Granit und Gneis. 351,5 perpendikular] Senkrecht (nach lat. perpendiculum: Bleilot). 351,7–8 aiguille du dru] 3754 m hoher Gipfel in tstlicher Richtung in der N|he des Montenvers. – Franz. aiguille: Nadel, Spitze. 351,21–22 die Hvle in der er sein Wasser ausgiesst] Im 18. Jahrhundert erstreckte sich das Mer de Glace noch bis zu der Ortschaft Les Bois im Tal von Chamonix. Die Gletscherzunge hieß Glacier des Bois. An deren Ende entsprang aus einem Gletschertor der Arveyron. Heute hat sich der Gletscher etwa 2 km weit zursckgezogen.
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351,25 Blondins] Albinos, Menschen, die unter Albinismus leiden (nach lat. albus: weiß), einer durch eingeschr|nkte Melaninsynthese hervorgerufene Sttrung der Hautpigmentbildung. Sie haben eine ungewthnlich helle Haut-, Haar- und Augenfarbe. Die durch Inzucht begsnstigte Erbkrankheit trat im 18. Jahrhundert in den Alpent|lern vermehrt auf. 351,31 naturliche Sohn] Unehelicher Sohn, welcher „bloß aus einem natsrlichen Bedsrfnisse Æ:::æ ohne Beobachtung der bsrgerlichen Ordnung gezeuget worden.“ (Adelung 3, 447.) 351,34 Gestellsteinen] ,Gestellstein‘ ist ein feuerfestes Gestein, aus dem der Unterbau (,Gestell‘) eines (Hoch-)Ofens gemauert wurde (vgl. GWb 4, 139). 351,34 Lerchen] Vermutlich sind ,L|rchen‘-B|ume aus der Familie der Kiefern gemeint. Im 18. Jahrhundert waren beide Schreibweisen mtglich (vgl. Adelung 2, 2030). 351,34 Zirbelb~umen] Im Oberdeutschen verwendeter Name fsr eine u. a. in der Schweiz heimische Fichtenart, lat. Pinus cembra (vgl. Adelung 4, 1724 f.). 351,36 botanisen] Versehentlich fsr ,botanisieren‘. 352,6 Unser Fuhrer] Mtglicherweise Michel Paccard (vgl. zu 350,13–14). 352,6–7 col de balme] 2204 m hoch gelegener Pass zwischen Savoyen und der Schweiz ssdtstlich des Tte de Balme. 352,9 Merkwurdigkeiten] Im 18. Jahrhundert noch: Sehenswsrdigkeiten. 352,22 Martinach] Deutscher Name fsr Martigny im Kanton Wallis, gut 40 km nordtstlich von Chamonix. 352,27 PrieurX] Ortsteil von Chamonix (vgl. zu 349,25). 352,30 Ausguss des Eisthals] Vermutlich ist der Glacier des Bois gemeint, die Gletscherzunge des Mer de Glace, die sich zu Goethes Zeit bei Les Bois 3,5 km nordtstlich von Chamonix ins Tal erstreckte. 352,31 glacier d’argentiXre] Gletscher des Aiguille d’Argentixre (3900 m) tstlich von der Ortschaft Argentixre im Chamonixtal. 352,34 Weeg uber Valorsine] Vallorcine liegt auf halbem Weg zwischen Chamonix und Martigny im Tal der Eau Noire. Die Reisegesellschaft verließ bei Argentixre das Tal und wandte sich nordostw|rts ins Gebirge in Richtung Col de Balme. 353,3 glacier du tour] Gletscher des Aiguille du Tour (3540 m) tstlich der Ortschaft Le Tour, die von der Arve durchflossen wird. 353,7 Quellen der Arve] Am Col de Balme. 353,7 berasten] ,Mit Gras bedeckten‘ (vgl. GWb 2, 388). 353,18 mitt~gigen] Ssdlichen. 353,22 merkwurdiger] Bemerkenswerter. 353,29–30 zwei Gipfel] Vermutlich der Tte de Balme und Les Grandes Otanes. 354,3 Abendseite] Westseite.
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BRIEFE 551/552
354,6 Martinach] Martigny, 12 km Luftlinie in nordtstlicher Richtung vom Col de Balme entfernt. 354,9 Contrebandiers] Franz.: Schmuggler. 354,13 recognosciren] Nach lat. recognoscere: prsfen, auskundschaften. 354,21 Trientfluss] Der Trient entspringt bei der Ortschaft Trient aus dem Trientgletscher, der umgeben ist von dem Pointe d’Orny (3271 m) im Osten, den Aiguilles Dores (bis 3519 m) im Ssden und dem Aiguille du Tour (3540 m) im Westen. 354,22 Trient] Ortschaft 4 km nordtstlich vom Col de Balme. 551. An Friedrich Justin Bertuch
Zsrich, 29. November 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 6/628. – 1 Bl. 12,869,2 cm, Bordsre aus zwei Balken, an den Ecken und jeweils in der Mitte umwunden von einer Rocaille (|hnlich wie Mick, Nr 7), 2 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 sber dem Brieftext: H‘. R. Bertuch. E: GJb IV (1883), 200, Nr 4 (Ludwig Geiger). WA IV 4 (1889), 140–141, Nr 869. BEI L AG E
Faden (354,27). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 354,28 Zeichen Ackademie] Die Ende 1775 auf Anregung Bertuchs gegrsndete, vom Herzog finanzierte und von Goethe geftrderte „Fsrstliche Freye Zeichenschule“, die zun|chst im Fsrstenhaus (vgl. zu 26,8), 1781 im Roten Schloss (vgl. zu 83,2) untergebracht war. Sie sollte nach Ansicht ihres Grsnders zur Vervollkommnung von Ksnstlern und Handwerkern in der Region und zur allgemeinen Hebung des Geschmacks dienen. – Im Anschluss dsrfte das Verb,sein‘ fehlen. 355,1 Krausen] Der Frankfurter Maler, Zeichner und Radierer Georg Melchior Kraus, seit Oktober 1775 Zeichenmeister Carl Augusts, war Direktor der Zeichenschule. 355,6 eh der Herzog zuruckkommt] Die Reisegesellschaft traf am 14. Januar 1780 wieder in Weimar ein. 355,8 wir beyde] Gemeint sein ktnnte neben dem Absender der Kammerherr Otto Joachim Moritz von Wedel oder – wahrscheinlicher – Goethes Diener Philipp Seidel, die zur Reisegesellschaft gehtrten.
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552. An Friedrich Hildebrand von Einsiedel Zsrich, 29. November 1779 ! ÆWeimaræ ZUM ADRESSAT E N
Der mit Du (355,11) angeredete Adressat gehtrte zu Goethes Weimarer Freunden und zum Umkreis des Liebhabertheaters. Carl Ludwig von Knebel, auf den dies alles zutrifft und den Goethe ebenfalls mit l. Br. (357,1) anspricht, kommt nicht in Frage, weil er keinen Brief geschrieben hatte, fsr den sich Goethe h|tte bedanken ktnnen. Dies geht aus Goethes Brief an Knebel vom 30. November 1779 hervor (vgl. 357,1–2). Demnach kann der Brief nur an Einsiedel gerichtet sein. Dafsr sprechen auch die Erw|hnung des mit ihm befreundeten Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff und die Aufforderung, doch auch wieder ein Stuck (355,28) fsr die Liebhaberbshne zu sbersetzen. Einsiedel hatte erst im Jahr 1778 unter dem Titel „Arzt wider Willen“ eine bersetzung von Molixres Lustspiel „Le mdecin malgr lui“ geliefert, das am 20. Oktober 1778 aufgefshrt worden war (vgl. GT I 1, 67). BERLIEFERUNG
H: Privatbesitz, Runkel a. d. L. – 1 Bl., Bordsre aus zwei Balken, an den Ecken und jeweils in der Mitte umwunden von einer Rocaille (|hnlich wie Mick, Nr 7), 2 S. beschr., egh., Tinte (Angaben nach einer Fotokopie der Ausfertigung im GSA). E: Zeitschrift fsr deutsche Philologie 71 (1951), S. 1 f. (Klaus Doderer). WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 52 f., Nr 869a. Textgrundlage: Fotokopie von H im GSA. ERLUTERUNGEN
Der Brief beantwortet einen nicht sberlieferten Brief Einsiedels (vgl. 355,11). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 355,11 l. Br.] Lieber Bruder. 355,13 Wir sind auch auf der Ruckkehr] Am 2. Dezember 1779 brachen Goethe und Herzog Carl August samt Reisegesellschaft von Zsrich zur Heimfahrt von ihrer Reise durch die Schweiz auf, die sie am 12. September 1779 angetreten hatten. Sie trafen am 14. Januar 1780 wieder in Weimar ein. 355,14–15 Mit uns~glichem Gluck Æ:::æ gemacht] Auf die glscklichen Umst|nde der Reise, die Goethe auch im Brief an Carl Ludwig von Knebel vom 30. November 1779 betont (vgl. 357,3–5), hatte er schon zuvor in vielen Briefen immer wieder hingewiesen (vgl. 299,5–6; 305,10; 309,19–20; 321,19; 324,20–21; 327,5; 342,10–11; 342,27–343,1). 355,18–19 Die alte Mutter] Metaphorisch fsr ,die Natur‘; vgl. Goethes Brief an Merck vom 4. Dezember 1774: Wer mit seiner Mutter der Natur sich h~lt / Findt im Stengelglas wohl eine Welt. (GB 2 I, 143.)
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BRIEF 553
355,19 das gemeine Volck] Als sich Goethe auf der Rsckreise in Darmstadt aufhielt, schrieb er am 1. Januar 1780 an Charlotte von Stein: Seitdem wir uns an den Hvfen herumtreiben und in der sogenannten grosen Welt hin und her fahren ist kein Seegen fur die Correspondenz. Æ:::æ Es ist unglaublich was der Umgang mit Menschen die nicht unser sind den armen Reisenden abzehrt, ich spuhre ietzt manchmal kaum dass ich in der Schweiz war. (WA IV 4, 158 f.) 355,19–20 Hier sind wir bey Lav.] Wie im Sommer 1775 wohnte Goethe auch bei dieser Reise in Zsrich bei Johann Caspar Lavater (vom 18. November bis 2. Dezember). 355,23–25 Wegen des Theaters Æ:::æ angefangen werden kan] Seit dem Schlossbrand von 1774 hatte Weimar kein Theatergeb|ude. ber den Neubau des Theaters vgl. die zweite Erl|uterung zu 24,3. 355,25 Seckendorfen] Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff, Kammerherr Carl Augusts; er war als Organisator, Autor und Komponist fsr das Weimarer Theater t|tig. So komponierte er u. a. die Musik fsr Goethes Singspiel „Jery und B|tely“, das am 12. Juli 1780 vom Liebhabertheater aufgefshrt wurde. 355,26 sein Trauerspiel] Mtglicherweise dachte Goethe an Seckendorfs Trauerspiel „Kalliste“, das 1782 in Dessau erschien. 355,28 Ubersez du - - doch auch wieder ein Stuck.] Vgl. Datierung. 553. An Jacob Friedrich von Fritsch
Zsrich, 30. November 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: Staatsarchiv Leipzig, Bestand: 20547 Rittergut Seerhausen, Nr 540. – Doppelblatt 18,9(–19,2)620,7 cm, 3 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 unten rechts Pr|sentats- und Antwortvermerk, Tinte: „ps d. 10. Dec. 1779. F. / resp. eodem“, oben rechts von fremder Hd, Bleistift: „An Jacob Friedrich --------------“. E: Beaulieu-Marconnay (1874), S. 212 f. WA IV 4 (1889), 152 f., Nr 874 (mit Textkorrekturen nach H in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 30, 255). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief (vgl. berlieferung) ist nicht sberliefert. 356,4–5 mich Weimar wieder zu n~hern] Am 2. Dezember 1779 trat Goethe mit Herzog Carl August und der sbrigen Reisegesellschaft die Rsckreise aus der Schweiz an. Am 14. Januar 1780 trafen sie wieder in Weimar ein. In Zsrich hielten sie sich seit dem 18. November 1779 auf.
NOVEMBER 1779
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356,5 mein Andencken erneure] Die Htflichkeitsfloskel enthielt vermutlich zugleich Goethes unausgesprochene Bitte, ihn sber die bei seiner Rsckkehr in die amtlichen Angelegenheiten zu erwartenden Aufgaben und Probleme vertraulich zu informieren. 356,6 unsre Reise] ber die Reise im Allgemeinen und den Reiseverlauf im Besonderen vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530. 356,7–8 dessen eigenh~ndigen Briefen] Vgl. die Briefe Herzog Carl Augusts an Jacob Friedrich von Fritsch aus der Zeit der Schweizer Reise im Anhang „Dokumente“, S. 1119–1135. 356,12 guten Nachrichten von Weimar] Carl August ließ sich in Zeiten l|ngerer Abwesenheit von Weimar, in denen das Geheime Consilium die Regierungsgesch|fte eigenverantwortlich fshren musste, st|ndig von seinen Geheimen R|ten Bericht erstatten. Bei wichtigen Angelegenheiten hatten sie ihm die betreffenden Beschlssse sowie die im Geheimen Consilium dazu ergangenen Voten schriftlich vorzulegen. Briefe Fritschs aus der Zeit der Schweizer Reise sind nicht sberliefert. Am 8. Oktober 1779 bedankt sich der Herzog bei Fritsch fsr einen von ihm erhaltenen Brief, am 22. November fsr drei Briefe, am 30. November fsr einen weiteren, und am 25. Dezember bedauert er, ihm, Fritsch, nicht frsher habe antworten zu ktnnen (vgl. Anhang „Dokumente“, S. 1124, 1130 f., 1133). Auf Carl Augusts Brief vom 25. Dezember 1779 antwortete Fritsch mit einem Willkommensschreiben vom 31. Dezember, in welchem er u. a. versichert, dass „es fsr mich heilige und zugleich htchstangenehme Pflicht ist, von der ewig gstigen Vorsehung, welche bißher so viel Segen sber Ew. Herzog‘. Durch‘. verbreitet, noch ferner u. auf eine lange Reyhe von Jahren, die beste Segnungen fsr HtchstDieselben, in Verl|ngerung Ihro theuersten Lebens, in St|rcke u. Bestimmung Ihro kostbaren Gesundheit, in Vermehren u. Beglsckseligung Ihro Durch‘tigsten Hauses, auch in Verleyhung alles erwsnschten Glscks u. Gedeyhens bey der Regierung Ihro Lande, bey aller u. also auch bey dermahliger feyerlicher Gelegenheit des bevorstehenden Zeitwechsels zu erbitten.“ (H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX 38, Bl. 28v.) 356,12 Serenissimi] Genitiv von lat. Serenissimus: Durchlauchtigster Herr; Titulierung regierender Fsrsten. – Gemeint ist Herzog Carl August. 356,20 Frau Geheimder~thinn] Fritschs Frau Johanna Sophia geb. von Haeseler.
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554. An Carl Ludwig von Knebel
BRIEF 554
Zsrich, 30. November 1779 ! ÆTiefurtæ
BERLIEFERUNG
H: Biblioteka Jagiellon´ska Krakw (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin, Sign.: Ms. Germ. 4 # . 521, Bl. 15. – 1 Bl. 19622,4(–22,6) cm, 2 S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben links von Gottschalk Eduard Guhrauers Hd, Tinte: „18“ (vgl. E), oben in der Mitte von fremder Hd, Tinte: „N o 6 Ækorr. aus 7æ“, oben sber der rechten Seitenh|lfte von fremder Hd, Bleistift: „79?“; Rs. oben in der Mitte von fremder Hd, Tinte: „N o 6 “; von fremder Hd, Bleistift, folgender Text mit eckigen Klammern eingeklammert: Von Kunstsachen Æ:::æ diesem Briefe. (357,29–358,3); innerhalb dieser Klammer mit eckigen Klammern mit Rttel und Bleistift eingeklammert: Ich habe Æ:::æ erschrvcken werdet, (358,1–2); Bl. am rechten Rand mehrfach ausgerissen, durch Papierstreifen auf der Rs. restauriert. – In einem Konvolut mit schwarzem Ledereinband (vgl. weiter berlieferung zu Nr 5). – Beischluss: Brief Goethes an Herder (vgl. zu 358,3). E: Goethe-Knebel 1 (1851), 14 f., Nr 18. WA IV 4 (1889), 147 f., Nr 871. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 357,1 deiner Einsamkeit] In Tiefurt bei Weimar (vgl. zu 68,22–23). 357,3–4 So schvn und glucklich] Dass die Reise sber Erwarten glscklich verlaufe, hatte Goethe schon frsher oft betont (vgl. zu 355,14–15). 357,4–5 unsre Reise] Goethe befand sich seit dem 12. September 1779 mit Herzog Carl August auf einer Reise in die Schweiz. ber die weiteren Mitglieder der Reisegesellschaft vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530, sber den Reiseverlauf die bersicht „Goethes zweite Reise in die Schweiz“ ebd. In Zsrich hielt sich Goethe vom 18. November bis 2. Dezember auf. 357,10 ehrenen] Versehentlich fsr ,Ehernen‘. 357,11–12 Schaalen Æ:::æ ins hvllische Feuer geworfen werden] Ein |hnliches Bild hatte Goethe in seinem Tagebuch vom 7. August 1779 gebraucht: Zu Hause aufgeraumt meine Papiere durchgesehen und alle alten Schaalen verbrannt. Andre Zeiten andre Sorgen. Stiller Ruckblick aufs Leben Æ:::æ. Die Zeit dass ich im Treiben der Welt bin seit 75 Oktbr. getrau ich noch nicht zu ubersehen. Gott helfe weiter. und gebe Lichter dass wir uns nicht selbst soviel im Weege stehen. Lasse uns von Morgen zum Abend das gehvrige thun und gebe uns klare Begriffe von den Folgen der Dinge. (GT I 1, 85 und 87.) 357,13 lernen uns der eingebildeten Ubel entschlagen] Diese Mahnung
NOVEMBER 1779
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dsrfte Goethe nicht nur an sich selbst, sondern auch an Knebel gerichtet haben, dessen hypochondrische Lebensart er mit Sorge betrachtete (vgl. zu 239,1–2). 357,17 bey Lavatern] Goethe wohnte vom 18. November bis zum 2. Dezember 1779 bei Lavater. Diesen Aufenthalt hatte er in seinem Brief an Charlotte von Stein vom 24. November 1779 als Siegel und oberste Spizze der ganzen Reise (344,24) bezeichnet. Zuvor hatte er auch gegensber Lavater die Hoffnung ge|ußert, dieser werde dem Herzog das Haupt salben (328,12). Wie Carl August selbst die Begegnung empfand und welche Wirkungen sie auf ihn hatte, dazu vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530 sowie zu 344,23. 357,21 Frau, Kinder] Lavater und seine Frau Anna hatten insgesamt acht Kinder, von denen nur drei den Vater sberlebten: Heinrich, Anna (Nette) und Louise. 1779 lebten der elfj|hrige Heinrich und die achtj|hrige Nette in Lavaters Haus. 357,22 Nothdurft] Der „bedarf an nothwendigen dingen, besonders zum leben“ (Grimm 13, 924). 357,23 speut] Mundartliche Nebenform von ,speit‘ (vgl. Grimm 16, 2196). 357,24 Tour durch die Savoyer Gletscher] Gemeint ist Goethes Tageregister (345,22) vom 3. bis 6. November in Brief Nr 550 an Charlotte von Stein (vgl. 345,23–352,21). Die Reise fshrte von Cluses sber Sallanches nach Chamonix. 357,24–25 Zug durchs Wallis] Die Reise ging nach Martigny und durch das Rhone-Tal ntrdlich der Walliser Alpen bis Msnster, von wo aus am 12. November der Weg sber den Rhone-Gletscher und den Furka-Pass nach Realp fshrte; vgl. Goethes Berichte im Tagebuch (GT I 1, 98 f.). Sein unleserliches Tagebuch (359,16) fsr Charlotte von Stein wurde erst nach der Rsckkehr in Weimar in Ordnung gebracht und erschien unter der berschrift „Briefe auf einer Reise nach dem Gotthardt“ 1796 im 8. Stsck von Schillers „Horen“ (S. 29–94). 357,29 weder in Israel noch unter den Haiden] Im Matth|us-Evangelium (8,10; vgl. auch Lukas 7,9) wird vom Hauptmann von Capernaum berichtet, der Jesus bittet, seinen kranken Knecht zu heilen. Als Jesus diesen aufsuchen will, l|sst es der Hauptmann nicht zu: Er sei nicht wert, dass Jesus sein Haus betrete; er mtge nur ein Wort sprechen, dann werde sein Knecht gesund. Da wunderte sich Jesus und sprach: „Wahrlich, ich sage euch, solchen glauben habe ich in Israel nicht funden.“ (Luther-Bibel 1772 NT, 10.) 357,30 mit uns gerollt] ,Mit uns im Reisewagen mitgenommen‘; ,rollen‘ hier in der Bedeutung von „auf dem wagen fahren“ (Grimm 14, 1144). 358,1 p fas et nefas] Lat. per fas et nefas: mit erlaubten und unerlaubten Mitteln. 358,1–2 Fueslische Gem~hlde und Skizzen] Lavater besaß einige Werke des mit ihm befreundeten Malers Johann Heinrich Fsßli. Welche Gem|lde und Skizzen Goethe 1779 erwarb, l|sst sich im Einzelnen nicht mehr nachweisen. In den
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BRIEF 555
Weimarer Kunstsammlungen befindet sich u. a. das Portr|t der Magdalena Schweizer geb. Hess (Inv.-Nr G 892). Angaben zu Provenienz und Datierung lassen sich nicht machen. Eine Vorstudie zum Bildnis der Magdalena Schweizer (Inv.-Nr KK 1451) tr|gt eine Bezeichnung von Lavaters Hand. In den Kunstsammlungen sind ferner 48 Zeichnungen sberliefert, darunter eine Vorstudie zum „Rstli-Schwur“ (Inv.-Nr KK 1383; vgl. Hermann Mildenberger: Im Blickfeld der Goethezeit I. Aquarelle und Zeichnungen aus dem Bestand der Kunstsammlungen zu Weimar. Berlin 1997, S. 196 f., Nr 78); diese Zeichnung soll „sber Lavater in den Besitz Goethes gelangt“ sein (Gert Schiff: Johann Heinrich Fsssli. Bd 1. Zsrich 1973, S. 95). Das ausgefshrte Gem|lde sah Goethe auf seiner dritten Schweizer Reise am 24. Oktober 1797 im Zsrcher Rathaus (vgl. GT II 1, 222). – In Goethes Sammlungen wird ein Konvolut von 23 Bl|ttern mit Zeichnungen aufbewahrt: „Ktpfe, einzelne Figuren und einige Compositionen“ mit Feder und Tusche sowie mit Bleistift (Inv.-Nr GHz/Sch.I.264,0318.1–23); die Zeichnungen werden nicht nur Johann Heinrich Fsßli, sondern auch seinem Bruder Rudolf Fsßli zugeschrieben. Sie scheinen alle vor Sommer 1779 entstanden zu sein. Ein Blatt – M|dchen, eingeschlafen auf einer Fensterbank (Inv.-Nr GHz/Sch.I.264,0318.7) – tr|gt eine Bemerkung von Lavaters Hand: „radirt diese Nonchalance einmal kleiner u. netter“. Ein anderes Blatt, einen |lteren Mann darstellend, der seinen Kopf in seine linke Hand ststzt (Inv.-Nr GHz/ Sch.I.264,0318.3), soll „durch Lavaters Vermittlung in Goethes Besitz gelangt“ sein (Gert Schiff: Johann Heinrich Fsssli, S. 112). Das Blatt mit dem Kopf des heiligen Johannes des T|ufers (Inv.-Nr GHz/Sch.I.264,0318.10) wurde 1779 von Johann Heinrich Lips fsr Lavater gestochen. (Nach freundlichen Hinweisen von Alexander Rosenbaum, Weimar.) – Goethes Wunsch nach einer Zusammenarbeit mit Fsßli erfsllte dieser nicht (vgl. zu 360,16). 358,2 uber die ihr erschrvcken werdet] Diese Erwartung hing mtglicherweise mit Fsßlis sp|ter auch von Goethe selbst kritisiertem Stil zusammen. In den (vom 9. August 1797 stammenden) Notizen zu einem mit Johann Heinrich Meyer geplanten Aufsatz sber Fsßli fsr die „Propyl|en“ heißt es: Die Sujets die er w~hlt sind s~mmtlich abenteuerlich und entweder tragisch oder humoristisch Æ:::æ. Bey Fuesli’s sind Poesie und Mahlerei immer im Streit und sie lassen den Zuschauer niemals zum ruhigen Genuß kommen; man sch~tzt ihn als Dichter, und als bildender Kunstler macht er den Zuschauer immer ungeduldig. (WA I 47, 347.) 358,3 seinen Theil von diesem Briefe] Offenbar war dem vorliegenden Brief ein Brief an Herder beigeschlossen; er ist nicht sberliefert. 358,6 nach Franckfurt] In Frankfurt und Umgebung hielt sich Goethe w|hrend der Rsckreise vom 24. Dezember 1779 bis zum 10. Januar 1780 auf. Eine Nachricht Knebels ist nicht bekannt.
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555. An Charlotte von Stein
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Zsrich, 30. November 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 40. – 1 Bl. 19622,5(–22,7) cm, 2 S. beschr., egh., Tinte, am Schluss kleiner geschrieben (359,16–21 Adieu meine Beste Æ:::æ Rheinfall vor uns.); S. 1 oben rechts von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Tinte: „15.“ (vgl. berlieferung zu Nr 536). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 63), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 276–278. WA IV 4 (1889), 149 f., Nr 872. ERLUTERUNGEN
Der Brief bezieht sich auf einen nicht sberlieferten Brief Charlotte von Steins (vgl. zu 358,9). – Ein Antwortbrief ktnnte unter den in Frankfurt liegen gebliebenen Briefen Charlotte von Steins gewesen sein (vgl. 365,19–20). 358,9 Ihre erste Weimarer Worte] Mit Bezug auf den ersten Brief, den Charlotte nach der Rsckkehr aus Kochberg nach Weimar an Goethe geschrieben hatte. Er muss aus der Zeit vom 12. bis 21. November 1779 stammen. Terminus post quem ist der 12. November; da hielt sich Charlotte von Stein noch in Kochberg auf (vgl. 344,20). Terminus ante quem ist der 21. November; die Beftrderungsdauer von Briefen aus Zsrich nach Weimar und umgekehrt betrug in der Regel neun Tage (vgl. zu 8,5 und die Datierung zu Nr 48). 358,10 meine Nachbaarinn] Charlotte von Stein wohnte seit November 1777 im so genannten Stiedenvorwerk an der Ackerwand, nicht weit von Goethes Gartenhaus entfernt. 358,10 Schreibtisch] Goethe hatte fsr Charlotte von Stein durch den Tischler Johann Franz (auch Johann Andreas) Preller einen Schreibtisch nach eigenen Pl|nen anfertigen lassen, den er ihr eigentlich schon im Sommer schenken wollte; er war jedoch nicht rechtzeitig fertig geworden (vgl. weiter zu 284,9). Charlotte von Stein fand ihn bei ihrer Rsckkehr nach Weimar in ihrer Wohnung vor. Heute befindet er sich in Schloss Kochberg (Klassik Stiftung Weimar, Museen, Inv.Nr 231873). 358,14–15 Tischer] In den „gemeinen Mundarten“ fsr ,Tischler‘ (Adelung 4, 608). 358,20 Rodomondate] Franz.: Prahlerei. 358,23 Wir sind in und mit Lavatern glucklich] Das Zusammentreffen mit Lavater sei fsr ihn und den Herzog Siegel und oberste Spizze der ganzen Reise (344,24), hatte Goethe am 17.? November 1779 an Charlotte von Stein geschrieben (vgl. auch zu 344,23). Die erste Begegnung mit ihm fand bereits am
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BRIEF 556
Tag der Ankunft in Zsrich, am 18. November 1779, statt (vgl. Herzog Carl August an Herzogin Anna Amalia, 19. November 1779; Bergmann, 30). 359,3–4 im moralischen] ,Moralisch‘ hier nicht nur im engeren Sinn von ,ethisch‘, sondern auch, wie im 18. Jahrhundert verbreitet, allgemeiner im Sinn von „gesellschaftlich“ (Adelung 3, 280). 359,6–7 sittlichen] ,Sittlich‘ hier ebenfalls nicht nur im engeren Sinn von ,ethisch‘, sondern auch in allgemeinerer Bedeutung: ,den Sitten, Gebr|uchen, Gewohnheiten gem|ß‘ (vgl. Adelung 4, 112), ,gesellschaftlich‘ (vgl. Adelung 3, 280). 359,14 Sirocko] Sirocco: „ein sch|dlicher Wind in Italien, welcher von den Sandwssten Afrika’s hersberwehet und brennend heiß seyn soll“ (Krsnitz 154, 497). 359,15 L~ssigkeit] „Neigung zur Laßheit“ (Adelung 2, 1916); lass: „tr|ge, matt, msde, kraftlos“ (Adelung 2, 1910). 359,15 Pr~tension] Ehrgeiz, Dsnkel, Selbstgef|lligkeit (franz. prtention). 359,16–17 unleserliches Tagbuch Æ:::æ bis hierher] Gemeint sind Zettelgen (344,19), die Goethe w|hrend der Reise beschrieb und dann zu einer zusammenh|ngenden Schilderung zusammenfsgte, indem er die Notizen Philipp Seidel diktierte. So hatte er zuletzt die Reise von Cluses bis Martigny (Martinach) beschrieben (vgl. den zweiten Briefteil von Nr 550). Nr 546 berichtet vom Sankt Gotthard. Briefe sber die Reise von Martigny bis dorthin und von dort nach Zsrich sind nicht sberliefert (vgl. weiter die einleitende Erl|uterung zu Nr 546 und zu 344,13–15). 359,20–21 Costnizer See] Gemeint ist der Bodensee. Kostnitz ist der aus dem Tschechischen stammende Name fsr Konstanz. 556. An Josias von Stein
Zsrich, 30. November 1779 ! ÆWeimaræ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 41. – 1 Bl. 19,8(–19,2)622,6 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; die Nachschrift auf der Rs. quer zur Schreibrichtung. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 64), vgl. berlieferung zu Nr 18. – Beischlssse: Zettelgens (vgl. zu 360,7) und vermutlich ein Brief Philipp Seidels (vgl. die erste Erl|uterung zu 360,8). E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 278 f. WA IV 4 (1889), 151, Nr 873. ERLUTERUNGEN
Der Bezugsbrief (vgl. 359,22–23) ist nicht sberliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.
NOVEMBER 1779
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359,22–23 Nachrichten Æ:::æ Weimars] Ein entsprechender Brief Josias von Steins ist nicht sberliefert. 359,24 biss wir wiederkommen] Goethe und Herzog Carl August kehrten samt Begleitung am 14. Januar 1780 nach Weimar zursck. Sie hatten ihre Reise in die Schweiz am 12. September 1779 angetreten. 359,25 schreiben Sie mir immer etwas nach Franckfurt] Ein solcher Brief Josias von Steins ist nicht sberliefert. 359,25–26 balde abgehen] Am 2. Dezember 1779 brachen Goethe und seine Begleiter von Zsrich auf und trafen am 24. Dezember in Frankfurt ein. 359,26 in Zurch] Hier hielt sich Goethe, bei Johann Caspar Lavater wohnend, vom 18. November bis zum 2. Dezember 1779 auf. 359,27 Cabinets] Carl August schreibt in seinem Brief an seine Frau Louise vom 29. November 1779 von Besuchen bei „Leuten, die Cabinetter von Gem|hlden, od. Naturalien besitzen“ (Karl August-Luise, 120), u. a. bei dem Arzt und Naturforscher Johannes Geßner sowie dem Oberst und Kaufmann Johannes Escher. 359,27 Zeichnungen und Kupfer] Besonderes Interesse erregten Werke von Johann Heinrich Fsßli, von denen Lavater etliche besaß (vgl. zu 358,1–2). 360,1 Wohnen in einem allerschvnsten Wirthshause] Goethe logierte bei Lavater, der Herzog und der Rest der Reisegesellschaft im Gasthof „Zum Schwert“, in einem aus dem Mittelalter stammenden Geb|ude am linken Ufer der Limmat an der heutigen Rathausbrscke. 360,2 zusammen h~ngt] ,H|ngen‘ hier wohl transitiv gebraucht. 360,5–6 Costnizer See] Gemeint ist der Bodensee. Kostnitz ist der aus dem Tschechischen stammende Name fsr Konstanz. Dort traf Goethe am Abend des 3. Dezember 1779 ein. 360,6 Rheinfall] Die Reisegesellschaft erreichte am 5. Dezember 1779 Schaffhausen; den Rheinfall besuchte sie am 6. und 7. Dezember. 360,7 Zettelgens] Weder sber ihren Inhalt noch sber ihren Adressaten konnte etwas ermittelt werden; sie sind nicht sberliefert. 360,8 Philipps beyliegende Bitte] Vermutlich handelte es sich um einen Brief Philipp Seidels; er ist nicht sberliefert. 360,8 Gozzen] Johann Georg Paul Goetze, seit 1777 Goethes Diener. 360,10–11 grussen alle schvne Damen] hnlich lautet die Bitte im Brief vom 15. September 1779 (vgl. 297,21–22). 360,14 Herzoginn] Vermutlich ist Herzoginmutter Anna Amalia gemeint, deren Hofdame Charlotte von Stein bis 1764 gewesen war. 360,14 Reisediarien] Gemeint sind Goethes tagebuchartige Reiseschilderungen in den Briefen an Charlotte von Stein aus der Zeit der Schweizer Reise.
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BRIEF 557
557. An Johann Caspar Lavater ÆKonstanz oder Schaffhausen, zwischen dem 3. und 5. Dezember 1779æ ! ÆZsrichæ DAT I E RU N G
Die von fremder Hand vorgenommene Datierung auf „November 1779.“ (vgl. berlieferung) beruht auf einem Irrtum. Goethe war erst am 2. Dezember 1779 von Zsrich abgereist. Der Brief stammt aus der Zeit zwischen Goethes Aufbruch aus Zsrich und Lavaters Eintreffen in Schaffhausen, wo er die Reisenden am 6. Dezember 1779 sberraschte (vgl. 365,5–7) und mit ihnen bis zu ihrer Weiterreise am 8. Dezember zusammenblieb (vgl. Carl Augusts Brief an Herzogin Louise, 12. Dezember 1779; Karl August-Luise, 126). In der Zeit danach kann der Brief nicht entstanden sein, denn am 12. Januar 1780 schrieb Lavater, er habe seit dem Zusammensein „kein Wort von Esch“ gehtrt (Goethe-Lavater3, 94). Demnach kommen als Datum des vorliegenden Briefes der 3., 4. oder 5. Dezember 1779 in Frage. Mtgliche Absendeorte sind Konstanz, wo Goethe vom Abend des 3. Dezember bis zum Morgen des 5. Dezember Station machte, und Schaffhausen, wo er am 5. Dezember „noch bey Tage“ (Herzog Carl Augusts Brief an seine Frau Louise, 12. Dezember 1779; Karl August-Luise, 125) eintraf. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. K: UB Leipzig, Slg Hirzel, Sign.: B 111. – 2 Doppelbl|tter: 1. Doppelblatt 18,7622,2(–22,7) cm, 3 S. beschr., Schreiberhd (Seidel) mit egh. Korrekturen, Tinte; S. 1 oben in der Mitte von fremder Hd (Lavater?), Tinte: „November 1779.“ Dass diese Angabe von Lavaters Hand stammt, wie in Goethe-Lavater3, 406 und in WA IV 4, 360 angenommen, ist nicht nur der Fehldatierung wegen, sondern auch nach Prsfung der Handschrift unsicher. Sollte es sich tats|chlich um Lavaters Schrift handeln, mssste angenommen werden, dass er das vorliegende Konzept gewissermaßen als Ausfertigung erhalten hat, mtglicherweise, weil eine Reinschrift (aus Zeitgrsnden?) nicht hergestellt worden war. – 2. Doppelblatt 18,2622,7 cm, 2 1/3 S. beschr., egh., Tinte: Einfsgungen zu den S. 1–3 (1. Doppelblatt), vgl. Var. zu 362–363. E: Goethe-Lavater1 (1833), 56–65, Nr 19 (nach K). WA IV 4 (1889), 141–146, Nr 870 (nach K). Textgrundlage: K. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Lavater antwortete am 12. Januar (GoetheLavater3, 94–97; vgl. RA 1, 77, Nr 107) und am 18. Februar 1780 (vgl. RA Erg.-Bd zu den B|nden 1–5, 543, Nr 1/108a+).
DEZEMBER 1779
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360,16 Idee] Goethe plante ein Monument fsr Herzog Carl August zur Erinnerung an die gemeinsame Schweizer Reise. Der Schweizer Maler Johann Heinrich Fsßli, von dem Goethe bei Lavater einige Gem~hlde und Skizzen (358,1–2) kennen gelernt hatte, sollte auf Lavaters Bitte hin eine Entwurfszeichnung anfertigen. Doch nachdem Fsßli zun|chst gar nicht geantwortet hatte (vgl. Lavaters Brief an Goethe, 12. Januar 1780; Goethe-Lavater3, 95), lehnte er das Projekt schließlich ab. Am 7. Februar 1780 schickte Goethe einen abschl|gigen Brief Fsßlis an Lavater und bat diesen, die Sache ruhen (WA IV 4, 173) zu lassen. Lavater |ußerte sich in seinem Brief an Goethe vom 18. Februar 1780 ver|rgert sber Fsßlis Absage (vgl. RA Erg.-Bd zu den B|nden 1–5, 543, Nr 1/108a+). 360,23 Neben-Absichten] Goethe hatte die Reise in die Schweiz mit Herzog Carl August auch aus ,p|dagogischen‘ Grsnden unternommen (sber weitere Motive der Reise vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530). Am Anfang stand die berzeugung, sowohl sein eigenes Leben als auch das des Herzogs bedsrfe der Neuorientierung. Aus Goethes Tagebuch von Anfang August 1779 geht hervor, dass er mit Carl August intensive Unterredungen sber Privates (auch sber dessen Ehe) und Politisches gefshrt hatte; in deren Verlauf sprachen sie unaussprechliche Dinge durch (2. August 1779; GT I 1, 85). Auch Goethe selbst hatte einen kritischen Ruckblick aufs Leben (7. August 1779; ebd.) gehalten. Neue Umgebungen und Eindrscke sollten der Kl|rung dienen und einen Neuanfang beftrdern. Im Brief vom 24. bis 28. September 1779 schreibt er an Charlotte von Stein: Die Schweiz liegt vor uns und wir hoffen mit Beystand des HimmÆelsæ in den grosen Gestalten der Welt uns umzutreiben, und unsre Geister im Erhabnen der Natur zu baden. (299,9–11.) Das geplante Monument mit seinen mahnenden Allegorien (vgl. 361,23–362,13) sollte mit der Erinnerung an die gemeinsame Reise zugleich die durch sie hervorgebrachten guten Wirkungen befestigen helfen. 360,25 fatal] Hier: unangenehm, unerfreulich; von Goethe vorwiegend in der voritalienischen Zeit verwendet (vgl. GWb 3, 610). 360,25–361,1 kleinen Anlagen] In den ersten Regierungsjahren hielt sich Carl August z. B. gern im von ihm umgebauten Borkenh|uschen auf, einer der frshesten Gartenarchitekturen, die am Beginn der Umgestaltung der Ilmh|nge und -auen zu einer englischen Parklandschaft standen. 361,4 ex voto] Lat.: auf Grund eines Gelsbdes (Formel in altrtmischen Weiheinschriften); mit Bezug auf den Text der vorgesehenen Inschrift auf dem Monument (vgl. 362,7–13). 361,5 Bildhauer] Martin Gottlieb Klauer, Weimarer Hofbildhauer. 361,9 Gusto] Ital.: Geschmack. 361,11 zusammen posseln] Bosseln: aufw|ndige und komplizierte kunsthandwerkliche Arbeiten verrichten (vgl. GWb 2, 843).
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BRIEF 558
361,19–20 Monumet] Versehentlich fsr ,Monument‘. 361,24–27 das gute heilsame Gluk Æ:::æ mit Steuerruder und Kranz] Griech. StŁvg (Tyche), lat. Fortuna, die Glscks- und Schicksalsgtttin; das Steuerrad symbolisiert die Lenkung des Schicksals, der Kranz steht fsr Ruhm und Sieg. 361,28–362,1 den Genius Æ:::æ mutigen Schrittes] Im Genius sahen die Rtmer einen unsichtbaren, perstnlichen Schutzgeist. Zugleich galt er als Personifikation der Zeugungskraft. Hier wird der Genius – wie in Goethes Gedicht „Wanderers Sturmlied“ (vgl. DjG3 2, 228 f.) – als Verktrperung menschlicher Kreativit|t und Tatkraft verstanden. 362,1 Terminus] Rtmischer Gott der Grenzsteine. 362,3 mit dem Schlangenstabe] Der Schlangenstab (lat. caduceus) war ein Attribut des rtmischen Gottes Mercurius (Merkur, griech. Hermes). Dieser hatte von Apollo einen Stab erhalten, den er einmal zwischen zwei k|mpfend ineinander verschlungene Drachen warf, die daraufhin friedlich auseinandergingen. Seither wurde dem Stab „die Kraft, zwischen Streitenden Friede zu machen“ (Hederich, 597), zugesprochen. 362,4–5 zwey Sohne einer mutter] Dieser Zusammenhang ist nicht mythologisch, sondern Goethes eigene Interpretation. 362,7–13 Fortunae Æ:::æ ex Voto.] Lat.: ÆGeweihtæ der Fortuna Æder Gtttin des gsnstigen Geschicksæ / der hinweg- und wieder zursckfshrenden / und ihren Sthnen / Genius / und / Terminus / auf Grund eines Gelsbdes. 363,6 Wiz] Verstand, Wissen; im ausgehenden 18. Jahrhundert in „der engsten, jetzt noch allein sblichen Bedeutung Æ:::æ das Vermtgen der Seele, hnlichkeiten, und besonders verborgene hnlichkeiten, zu entdecken, so wie Scharfsinn das Vermtgen ist, verborgene Unterschiede aufzufinden“ (Adelung 4, 1586). 363,7–8 den schvnen Gluckssohn] Nach der Inschrift des Denkmals: Terminus (vgl. zu 362,7–13). 363,21 bei dir] Goethe war vom 18. November bis 2. Dezember 1779 Lavaters Gast in Zsrich gewesen. 364,5 basrelief] Franz.: Flach- oder Halbrelief. 364,11 einen Æ:::æ lichtgrauen sanften Stein] Der so genannte Oetternsche Stein oder Thsringer Marmor; Goethe beschreibt ihn auch im Brief an Johann Heinrich Merck vom 5. August 1778 (vgl. 221,27–34). 364,19 uber ihn vermagst] Hier im Sinne von ,bei ihm ausrichten kannst‘ (vgl. Adelung 4, 1095). 364,26 fertig zu kriegen] Der von Goethe geplante Gedenkstein wurde nicht errichtet. Der Stein in Goethes Garten, der wie der hier beschriebene an das gute heilsame Gluk erinnert (vgl. zu 190,5–6), wurde bereits 1777 aufgestellt; er hat mit der Schweizer Reise nichts zu tun.
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558. An Charlotte von Stein
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Schaffhausen, 7. Dezember 1779 ! Weimar
BERLIEFERUNG
H: GSAWeimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 42. – Doppelblatt 18,7(–18,9)623 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 Adresse: An Frau / Oberstallmeister von Stein / nach / Weimar, links daneben von fremder Hd, Tinte: „fco 6666“, rotes Siegel: Wappen (?); S. 1 oben rechts von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Tinte: „17“ (vgl. berlieferung zu Nr 536). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 65), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 279. WA IV 4 (1889), 153, Nr 875. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 365,2–3 meine Reisebeschreibung stockt vom Wallis aus] Vgl. zu 359,16–17. 365,4–5 den Rheinfall Æ:::æ gesehen] ber die Besichtigung des Rheinfalls am 6. Dezember 1779 berichtete Herzog Carl August im Brief an seine Frau Louise vom 12. Dezember 1779: „Wir setzten uns auf 2 zusammengebundene Schiffe, u. fuhren biß unter den Mittelsten Felsen im Falle; daß niedrige Wasser erlaubte uns da auß zu steigen, u. wir klimten biß fast auf die H|lfte des Felßen Æ:::æ. Darauf stiegen wir aufs Schloß Lauffen, von wo man den Fall von seinen Anfang an sieht; er ist, weil man ihn von oben herunter ansieht, bey weiten nicht so imposant, als wenn man in denselben, am Fuß des Felßen steht.“ (Karl AugustLuise, 125.) 365,7 Rheifall] Verschrieben fsr ,Rheinfall‘. 365,9 Dialog ubers Erhabne] Die Rede war offenbar vom Erhabnen der Natur (vgl. zu 299,10–11). – Herzog Carl August schrieb am 7. Juli 1780 an Carl Ludwig von Knebel: „Im Fischhause hielt Goethe und Lavater ein trait du sublime, das nicht gering war.“ (Knebel, Nachlaß und Briefwechsel 1, 117.) In Lavaters Brief an Goethe vom 12. Januar 1780 heißt es: Zu unserm Gespr|che vom Erhabnen, h|tt’ ich einige Schlußsteine; ich erwarte den Bogen von dir. Apropos eine Anekdote – die am Tag Esrer Abreise von Schaffhausen, in Schaffhausen erz|hlt ward – „G o e t h e u. L a v a t e r standen unten am Rheinfall. Goethe behauptete der R h e i n f a l l sey in Bewegung – Lavater, er stehe still – Nachdem sie eine Stunde darsber gezankt – habe L. damit geendet. ,Goethe, du trinkst zuviel Wein,
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BRIEF 559
drum scheint’s dir, der Rheinfall sey in Bewegung‘ – und G. damit ,und du zuviel Waßer, drum scheint’s dir, er stehe still –‘Æ“æ Ein psychologisches Problem, w i e diese Anekdote aus unserm, unter dem Donner des Rheinfalls gehaltnen Gespr|che sich herausspinnen konnte. (Goethe-Lavater3, 95 f.) 365,13 von hier auf Stuttgard] In Stuttgart traf die Reisegesellschaft am 11. Dezember 1779 ein. Vgl. weiter die bersicht „Goethes zweite Reise in die Schweiz“ in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 530. 365,15 uns wiedersehn] Goethe traf am Mittag des 14. Januar 1780 wieder in Weimar ein. 559. An Charlotte von Stein Karlsruhe, 20. Dezember, Mannheim, 22. Dezember 1779 ! ÆWeimaræ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 43. – Doppelblatt 15,4620 (–20,3) cm, 3 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 oben rechts von fremder Hd (Charlotte von Stein?), Tinte: „18“ (vgl. berlieferung zu Nr 536). – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1779, Nr 66), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 280 f. WA IV 4 (1889), 154 f., Nr 876. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der letzte Brief an Charlotte von Stein von der eigentlichen Schweizer Reise stammt aus Schaffhausen vom 7. Dezember 1779, von wo aus der Heimweg durch die Schw|bische Alb sber Tsbingen nach Stuttgart fshrte. Dort hielten sich die Reisenden vom 11. Dezember an eine Woche lang auf und wurden von Herzog Carl Eugen von Wsrttemberg zuvorkommend aufgenommen. Nach Besuchen in Kornwestheim, Ludwigsburg und auf dem Hohenasperg, wo Christian Friedrich Daniel Schubart inhaftiert war, ging es am 18. Dezember weiter nach Karlsruhe und am 21. Dezember nach Mannheim. ber den Aufenthalt in Karlsruhe, der Goethe Langeweile (366,27) verursachte, urteilte Herzog Carl August ebenso: „Zwei Tage brachte ich da Æin Karlsruheæ nicht unter den seligsten Empfindungen der Freundschaft und des Wohllebens, sondern, wie ehmals, langweilig zu.“ (Brief an Herzogin Anna Amalia, 26. Dezember 1779; Bergmann, 33.) Grund dafsr war das wenig herzliche Verh|ltnis zum Markgrafen Karl Friedrich von Baden, dem Mann von Herzogin Louises Tante Caroline Louise Markgr|fin
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von Baden, der Carl August schon Ende 1774, als er um die damalige Prinzessin Louise von Hessen-Darmstadt warb, fremd geblieben war: „Le margrave est connu par sa bonne renomme; c’est un homme de bonne mine, mais excessivement froid au premier abord. Æ:::æ La cour est triste et trxs ennuyante“ (Brief an Herzogin Anna Amalia, 18. Dezember 1774; Bergmann, 5 f. – Der Markgraf ist bekannt durch seinen guten Ruf; er ist ein Mann von gutem Aussehen, aber sberm|ßig kalt auf den ersten Blick. Æ:::æ Der Hof ist trist und sehr langweilig.) 365,19–20 vier Ihrer Briefe auf einmal] Soweit aus Goethes Briefen hervorgeht, hatte er w|hrend der Schweizer Reise lediglich drei Briefe von Charlotte von Stein bekommen: einen Brief vom 25. September 1779 (vgl. 311,19), einen Brief vom 12. November 1779 aus Kochberg (vgl. 344,20) sowie einen Brief aus Weimar (vgl. 358,9). Wie s|mtliche Briefe Charlotte von Steins an Goethe aus dessen erstem Weimarer Jahrzehnt sind auch diese Briefe nicht sberliefert. 365,21–22 meine ReiseBeschreibung ins reine zu bringen] Goethe hatte sich w|hrend des Reisens Aufzeichnungen gemacht, die er in Abst|nden zu einer fortlaufenden Schilderung zusammenfsgte, indem er sie Philipp Seidel diktierte. Zuletzt hatte er auf diese Weise die Reise durch das Tal von Chamonix bis Martigny geschildert (in Brief Nr 550); trotz wiederholter Anksndigung (vgl. 359,16–18; 365,2–3) gab es jedoch keine Fortsetzung. 366,1 die kleine Staff] Albertine von Staff, Tochter des Weimarer Oberj|germeisters Johann Ernst Wilhelm von Staff; sie war als Hofdame an den Hof in Karlsruhe gegangen. 1809 kehrte sie nach Weimar zursck. 366,4 Feyerlichkeiten des Jahrstags der Militar Akademie] Die Stuttgarter Milit|r-Akademie ging auf das am 14. Dezember 1770 gegrsndete Milit|rwaisenhaus zursck, das bereits zwei Monate sp|ter zur „Milit|r-Pflanzschule“ erweitert wurde. Seit 1773 wurde die Schule als „Milit|r-Akademie“ gefshrt. Am 12. Dezember waren Goethe und Herzog Carl August „fast den ganzen Tag in seiner Ædes Herzogs Carl Eugenæ Gesellschaft in der Milit|r-Akademie“ (Carl August an seine Mutter, 13. Dezember 1779; Bergmann, 32); am Stiftungstag, dessen Feierlichkeiten allj|hrlich die etwa zwei Wochen andauernden Schlussprsfungen der Akademie beendeten, wohnten sie der Vergabe von Preisen fsr besondere Leistungen an die Ztglinge bei, unter denen sich auch Friedrich Schiller befand (vgl. den Bericht in der Autobiographie Friedrich Wilhelm von Hovens; BG 2, 209). Zu einer perstnlichen Begegnung mit Schiller kam es damals nicht. 366,4–5 der Herzog] Carl Eugen von Wsrttemberg, seit 1744 absolutistisch regierender Kleinstaatenfsrst, der verschwenderischen Aufwand betrieben hatte, seinen Hof zu einem der prunkvollsten Europas zu machen. 366,5–6 das incognito] Herzog Carl August schrieb am 13. Dezember 1779 an seine Mutter: „Wir wollten hier auch im Inkognito bleiben, der Herzog erlaubte es auch, bestellte aber, alles uns sehn zu lassen“ (Bergmann, 32). Carl August reiste als Baron von Wedel (vgl. zu 297,8–9).
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BRIEF 560
366,8 artig] Modewort des 18. Jahrhunderts, hier im Sinne von ,auf gehtrige Art und Weise‘ (vgl. GWb 1, 839). 366,9 merckwurdig] Im 18. Jahrhundert noch im wtrtlichen Sinn: ,wert, bemerkt oder beachtet zu werden‘ (vgl. Adelung 3, 183). 366,11–12 Von da sollen Sie weiter hvren.] Aus Frankfurt ist kein Brief Goethes an Charlotte von Stein sberliefert, wohl aber aus Darmstadt vom 1. Januar 1780 (vgl. WA IV 4, Nr 878). 366,15 Steinen] Charlotte von Steins Mann Ernst Josias von Stein. 366,15–16 Dancken Sie der Herzoginn fur ihre Antwort.] Ein entsprechender Brief ist nicht sberliefert. Er dsrfte von Herzoginmutter Anna Amalia geschrieben worden sein, denn ein Brief Goethes an Herzogin Louise von der Schweizer Reise, der einen Antwortbrief von ihr veranlasst haben ktnnte, ist nicht bekannt. 366,16 Der Waldnern fur das Zettelgen] Das Billett, das mtglicherweise dem erw|hnten Antwortbrief der Herzoginn beigelegen hatte, ist nicht sberliefert. Es stammte von Louise Adelaide Waldner von Freundstein, der Hofdame von Herzogin Louise. 366,16 Die Grasaffen] Die Sthne Charlotte von Steins (vgl. zu 55,22). 366,17 das durchlauchtige Gras~ffgen] Die zehn Monate alte Prinzessin Louise Auguste Amalie, Carl Augusts und Louises Tochter. 366,18 die Kinder] Gemeint sind wohl die Kinder des Erbprinzen von Baden Carl Ludwig und dessen Frau Amalie Friederike, der Schwester der Weimarer Herzogin Louise: die fast dreieinhalb Jahre alten Zwillingsttchter Amalie Christiane und Friederike Caroline Wilhelmine und die knapp 11 Monate alte Tochter Luise Marie Auguste. 366,20 in seine Augbrauen retranchirt] Nach franz. (se) retrancher: sich verschanzen. Demnach machte der Erbprinz wohl eine ,verschlossene Miene‘. 366,21 Frau Schwiegermama] Caroline Louise Markgr|fin von Baden. 366,21–22 Der zweite Prinz] Friedrich Prinz von Baden. 366,22 der iungste] Ludwig Prinz von Baden. 366,22 ins Fleisch gebacken] Gemeint ist vermutlich ,geistlos‘, „im Ktrperlichen verhaftet“ (GWb 2, 8). Zu den ausgepr|gten Interessen des sp|teren Großherzogs Ludwig I. von Baden sollen Schauspielerinnen, T|nzerinnen und Pferde gehtrt haben. 366,23 Sensation] Hier wie im Franztsischen: Empfindung, Eindruck. Vgl. Goethes Brief an Johann Heinrich Merck vom 28.? M|rz 1781: Der Herzog hatte gute Tage in Cassel und Gvttingen gehabt, Æ:::æ ich denke, er hat auch da auf die Menschen gute Sensation gemacht. (WA IV 5, 99.) 366,27–28 Albertine] Albertine von Staff. 366,29 Gold] ber diese oft verwendete Anrede fsr Charlotte von Stein vgl. zu 25,19.
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560. An Philipp Christoph Kayser Frankfurt a. M., 29. Dezember 1779 ! ÆZsrichæ BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/260,I, Bl. 2–3. – Doppelblatt 19,2623,4 cm, 4 S. beschr., Schreiberhd (Seidel), Tinte; Schluss (368,24–27 Leben Sie wohl Æ:::æ Goethe) egh., Tinte. E: WA IV 4 (1889), 155–158, Nr 877 (Eduard von der Hellen). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Einen direkten Antwortbrief hat es nicht gegeben, wie aus dem Anfang von Goethes n|chstem Brief an Kayser vom 20. Januar 1780 hervorgeht (vgl. WA IV 4, Nr 884). Goethe sberschickte mit dem vorliegenden Brief sein Singspiel „Jery und B|tely“. Das Idyll war, angeregt durch Eindrscke vom Bauernleben in den Schweizer Alpen, auf der Rsckreise aus der Schweiz im November/Dezember 1779 entstanden, da wir wieder in die fl~chere Schweiz gelangten Æ:::æ; ich schrieb das Gedicht sogleich und konnte es vvllig fertig mit nach Deutschland nehmen. (Tag- und Jahres-Hefte bis 1780; WA I 35, 7.) Am 20. Januar 1780 sandte Goethe Kayser ein zweites Exemplar des Textes, wieder mit Hinweisen zur Komposition sowohl im Begleitbrief (WA VI 4, Nr 884) als auch in Randbemerkungen auf dem Manuskript. Beide Exemplare sind nicht sberliefert. Im Brief vom 3. M|rz 1780 an Johann Caspar Lavater bat Goethe: was Kayser dir giebt schick mir bald. (WA IV 4, 192.) Am 30. Juni 1780 heißt es dann im Brief an Charlotte von Stein, die Komposition will noch nicht flott werden (WA IV 4, 245). Kayser brachte die gewsnschte Komposition des Stscks nicht zustande. Die Musik komponierte schließlich Carl Friedrich Sigmund von Seckendorff. Die Urauffshrung fand am 12. Juli 1780 durch das weimarische Liebhabertheater statt. Die Titelpartie sang Corona Schrtter. Briefe Kaysers sber das Singspiel sind nicht sberliefert. So l|sst sich lediglich vermuten, der vorliegende Brief ktnnte den Komponisten durch seine dezidierten Anweisungen an der schtpferischen Arbeit gehindert haben. 367,2 eine Operette] „Jery und B|tely“. 367,5 frappiren] Faszinieren, in Erstaunen versetzen (vgl. GWb 3, 868); von franz. frapper: schlagen. 367,17 supponiret] Supponieren: annehmen, unterstellen (von lat. supponere: unterlegen). 367,24–25 Akkompagnement] Nach franz. accompagnement: (musikalische) Begleitung. 367,26 der rytmische Dialog] Diese neben Liedern und Arien dritte musikalische Form soll offenbar aus einer Synthese von Arie und Rezitativ bestehen,
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also nicht nur aus der gewthnlichen musikalisch unterlegten Deklamation. Da Goethe im weiteren Verlauf des Briefes von einem Dialog in einerlei Sylbenmaas (368,4) spricht, ktnnte er sich auf den Schluss des Stscks in dessen 1. Fassung beziehen, wo zweihebige daktylische Verse vorherrschen, die er sp|ter in Prosa aufltste. 367,29 traktiren] Behandeln (von lat. tractare). 368,4 einerlei Sylbenmaas] Vgl. zu 367,26. 368,7 Modulation] bergang von einer Tonart in eine andere. 368,7 Major und Minor] Die Tonarten Dur und Moll; nach ital. maggiore und minore, engl. major und minor. 368,21 Interesse der Schweizererz~hlungen] Gemeint ist das Interesse an Schweizer Sujets in Weimar, erregt durch die Erz|hlungen der aus der Schweiz zursckkehrenden Reisenden. 368,24 Ihrem Vater] Johann Matth|us Kayser, Organist und Kirchenmusiker an der St. Katharinenkirche in Frankfurt. Er starb 1810. 561. An Friedrich Justin Bertuch ÆWeimar, zwischen 1776 und 1779æ ! ÆWeimaræ ZUM ADRESSAT EN
Die bisherige mutmaßliche Zuschreibung des Briefes an Philipp Seidel (vgl. WAN 51, 584), fsr die keine Begrsndung gegeben wird, erscheint nicht sberzeugend. Der Inhalt verweist vielmehr auf Friedrich Justin Bertuch, seit 1775 Schatullier des Herzogs Carl August (vgl. die einleitende Erl|uterung). DAT I E RU N G
Wenn der Brief, wie angenommen, an Friedrich Justin Bertuch gerichtet ist, verweist die Anrede ,Du‘ auf die Frshzeit der Beziehung zu Goethe. Wie die sberlieferten datierten Briefe an Bertuch belegen, verwendete Goethe die Anrede ,Du‘ bis Ende November 1779 (vgl. Nr 552). Fsr Dezember 1779 und das gesamte Jahr 1780 sind keine Briefe Goethes an Bertuch sberliefert. Der erste datierte Brief Goethes nach diesem Zeitraum stammt vom 8. M|rz 1781; darin benutzt er die Anrede ,Sie‘ (vgl. WA IV 5, 69). Da ein freundschaftlich vertrautes Verh|ltnis insbesondere in den Jahren bis 1779 bestand (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 200), ist anzunehmen, dass der vorliegende Brief in dieser Zeit geschrieben wurde, wenngleich nicht ganz auszuschließen ist, dass er aus dem Jahr 1780 stammt. BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt.
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E: Sammlung Matheson. Autographen von Dichtern, Wissenschaftlern und Musikern aus Schweizer Privatbesitz. Eine Ausstellung des Goethe-Museums Dssseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung. 23. Oktober–21. November 1976. Nr 10 f. WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 584, Nr 55072d. Textgrundlage: E. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Goethe erhielt in den ersten Weimarer Jahren wiederholt Unterststzung aus der Privatschatulle des Herzogs, deren Verwalter Bertuch war. Zumeist geschah dies, wie im Fall der Erwerbung des Gartens und des Gartenhauses (vgl. zu 62,4), in Form von Geschenken. Daneben gab es auch Darlehenszahlungen, die Goethe dem Herzog zursckerstattete. Im Falle des vorliegenden Briefes waren auf Rechnung des Herzogs mtglicherweise Anschaffungen get|tigt oder Handwerker bezahlt worden.
A M TL IC H E S
A 1. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach ÆWeimar, 9. Februar 1779æ ! ÆWeimaræ DAT I ERU N G
Der Brief wurde geschrieben, nachdem am Morgen des 9. Februar 1779 das Geheime Consilium in Weimar zusammengetreten war, um sber das Schreiben des preußischen Ktnigs Friedrich II. mit der Forderung nach Soldatenwerbung auf weimarischem Territorium zu beraten. Dieses Schreiben stammt vom 2. Februar 1779 und tr|gt einen Pr|sentatsvermerk vom 7. Februar 1776 (ThHStA Weimar, Krieg und Frieden H 1556, Bl. 45r–46v). BERLIEFERUNG
H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX Nr 42, Bl. 6–9. – 2 ineinandergelegte Doppelbl|tter 20,7633,7 cm, festes Konzeptpapier, 7 S. beschr., egh., Tinte; S. 1 links oben von fremder Hd, Tinte: „Im Winter / 1778/79.“ E: Carl August-Goethe1 1 (1863), 4–10, Nr 4. WA IV 4 (1889), 3–9, Nr 777. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Im Bayerischen Erbfolgekrieg 1778/79, der den von sterreich beabsichtigten Tausch der tsterreichischen Niederlande gegen Teile Bayerns verhinderte, richtete Ktnig Friedrich II. von Preußen nach seiner Kriegserkl|rung an sterreich am 3. Juli 1778 an die anderen Reichsst|nde das Ersuchen, in ihren L|ndern preußische Truppenwerbungen zu gestatten. Nachdem ein Schreiben aus Weimar an den preußischen Generalleutnant Wichard von Moellendorff, die fsr das Land ruintsen Werbungen einzustellen, mit der Empfehlung beantwortet worden war, sich mit dieser Angelegenheit an den Ktnig selbst zu wenden, richtete Herzog Carl August am 29. Januar 1779 ein Handschreiben an Ktnig Friedrich II., in dem er sich sber das Vorgehen der preußischen Werber beschwerte und die Einstellung der Werbungen forderte (vgl. Konzept des Schreibens, 29. Januar 1779; ThHStA Weimar, Krieg und Frieden H 1556, Bl. 28r–29r). In seinem Antwortschreiben vom 2. Februar 1779 (ebd., Bl. 45r–46r, mit eigenh|ndiger Unterschrift) bestand der preußische Ktnig jedoch darauf, die Werbungen fortzusetzen, und forderte Carl August auf, ihn dabei zu unterststzen, da er den Krieg im Interesse des Reichs fshre. Dieses Schreiben veranlasste die Beratung des Geheimen Consiliums vom 9. Februar 1779 (vgl. AS 1, 45–52). Entweder auf Bitte des Herzogs oder auf eigenes Betreiben stellte Goethe, seit dem 5. Januar 1779 Mitglied der Kriegskommission, eine bersicht sber die Mtglichkeiten zusammen, wie Weimar sich verhalten ktnne, gewissermaßen als Entscheidungshilfe fsr die n|chste Sitzung des
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AMTLICHES 1
Consiliums am folgenden Tag. Eine endgsltige Entscheidung blieb der weimarischen Regierung erspart. Diplomatische Verhandlungen fshrten zum Frieden von Teschen vom 13. Mai 1779; der Bayerische Erbfolgekrieg endete ohne nennenswerte milit|rische K|mpfe. Die Musterungen, an denen Goethe im Februar/M|rz 1779 teilnahm, haben nichts mit seiner Empfehlung im vorliegenden Brief zu tun, gegebenenfalls die Rekruten selbst auszuw|hlen und dem preußischen Ktnig zur Verfsgung zu stellen; vielmehr fanden diese Musterungen im Weimarischen in einem Rhythmus von drei Jahren statt, u. a. im Frshjahr 1779. – Eine ausfshrliche sowohl sachliche als auch sprachlich-stilistische Analyse des vorliegenden Briefs hat Albrecht Schtne vorgelegt: Der Kriegskommissar Goethe. In: Orden Pour le Mrite fsr Wissenschaften und Ksnste. 38. Bd. 2009/10, S. 37–59. 433,2 Antwort des Kvnigs] Vgl. Datierung und die einleitende Erl|uterung. 433,2 Kvnigs in Preusen Maj.] Bei der Standeserhebung am 18. Januar 1701 hatte der brandenburgische Kurfsrst Friedrich III. die kaiserliche Anerkennung der Ktnigswsrde mit dem Titel Majest|t lediglich fsr die nicht zum Heiligen Rtmischen Reich Deutscher Nation gehtrenden Gebiete des souver|nen Herzogtums Preußen erhalten. Die einschr|nkende Titulatur eines Ktnigs ,in Preußen‘ war erforderlich, weil das westliche Preußen mit dem Kulmerland, dem Fsrstbistum Ermland und Pomerellen zu Polen gehtrte, dessen Regenten noch bis 1742 den Titel eines ,Ktnigs von Preußen‘ beanspruchten. Obwohl Ktnig Friedrich II. seit dem siegreich beendeten ersten schlesischen Krieg den Titel eines ,Ktnigs von Preußen‘ fshrte, verwendet Goethe hier distanzierend die alte, einschr|nkende Titulatur. 433,3 hinzulegen] ,Hinlegen‘ hier im Sinn von ,darlegen‘ (vgl. Grimm 10, 1452). 433,3–4 die verlangte Werbung] Vgl. die einleitende Erl|uterung. 433,5 General Mollendorf] Wichard Joachim Heinrich von Moellendorff, preußischer Generalleutnant, Befehlshaber eines Korps im Bayerischen Erbfolgekrieg. Er hatte sich im Siebenj|hrigen Krieg ausgezeichnet und war vom Hauptmann zum General aufgestiegen. 433,6 Auskunft] Hier „Mittel und Wege zu Erreichung einer Absicht“ (Adelung 1, 608). 433,8–9 welchen Theil man ergreiffen Æ:::æ wolle] Hier im Sinne von ,Partei‘ (von lat. pars: Teil); gemeint sind Preußen und sterreich als kriegfshrende Seiten. – Am Anfang des Krieges versuchte Carl August zwischen den Kriegsparteien zu lavieren. In den folgenden Jahren wurde der Herzog einer der politischen Hauptakteure bei der Entstehung des Fsrstenbundes, eines Bsndnisses mehrerer Reichsfsrsten mit Preußen, das sich gegen die tsterreichischen Pl|ne eines L|ndertausches richtete. 433,18 ausnehmen] (Rekruten) ausheben (vgl. Grimm 1, 921). 433,27 Verzeichnissen aus den Aemtern] In den mtern des Herzogtums
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wurden Listen der milit|rdienstf|higen Untertanen gefshrt, die allj|hrlich sber die jeweils nachrsckenden Geburtenjahrg|nge erstellt wurden. 433,29 austreten] Hier ist gemeint: sich der Rekrutierung entziehen. 434,9 von kayserlicher Seite] Von tsterreichischer Seite. – Da Preußen den Krieg erkl|rt hatte und Kaiser Joseph II. das nominelle Reichsoberhaupt war, konnte der Wiener Hof den preußischen Ktnig zum Reichsfriedensbrecher erkl|ren und die Unterststzung der Reichsst|nde einfordern. 434,12 Der alte Verdacht] Die Geschichte des ernestinischen Hauses Sachsen war seit der Reformation jahrhundertelang vom politischen Gegensatz zum habsburgischen Kaiserhaus gepr|gt. Mehrfache milit|rische Katastrophen, wie z. B. die Schlacht bei Mshlberg 1547, in der Kurfsrst Johann Friedrich in die Gefangenschaft Kaiser Karls V. geriet und einen großen Teil seines Territoriums und die Kurwsrde an die albertinische Linie des Hauses Sachsen abgeben musste, der gescheiterte Revancheversuch des Herzogs Johann Friedrich II., der 1567 ebenfalls in kaiserliche Gefangenschaft gehen musste, sowie die Auseinandersetzungen des Dreißigj|hrigen Krieges, in dem die weimarischen Herztge in den protestantischen Armeen k|mpften und im Heer des Schwedenktnigs Gustav Adolf hohe milit|rische Stellen bekleideten, wobei insbesondere Herzog Bernhard von Weimar als siegreicher Heerfshrer hervortrat, brachten die Ernestiner, besonders aber das Haus Sachsen-Weimar in den Ruf, Erbfeinde der Habsburger zu sein. 434,12–13 die sachsischen H~user] Gemeint sind hier nur die evangelisch-lutherischen ernestinischen Herzogsh|user, damals Sachsen-Weimar und Eisenach, Sachsen-Gotha und Altenburg, Sachsen-Coburg-Saalfeld, Sachsen-Coburg-Meiningen und Sachsen-Hildburghausen. Der katholische Kurfsrst von Sachsen und seine Familie waren durch verwandtschaftliche Beziehungen eng mit dem Haus Habsburg verbunden. 434,27 das lezte an ihn erlassne Schreiben] Schreiben des Geheimen Rats Jacob Friedrich von Fritsch an den Generalleutnant von Moellendorff vom 26. Januar 1779 (vgl. Konzept des Schreibens; ThHStA Weimar, Krieg und Frieden H 1556, Bl. 33r). In dem Schreiben wurde der General ersucht, bis zum Eingang einer Antwort auf das von ihm angeregte Schreiben des Herzogs an den preußischen Ktnig alle Werbeaktivit|ten einzustellen. 434,27 Antwort] Das Antwortschreiben Moellendorffs erging am 3. Februar 1779 (ThHStA Weimar, Krieg und Frieden H 1556, Bl. 44r). Darin versicherte der General, dass er veranlasst habe, alle Gewaltt|tigkeiten bei dem Werbegesch|ft zu unterlassen. Offensichtlich lag es bei der Beratung des Geheimen Consiliums am 9./10. Februar 1779 noch nicht vor. 434,28 Chor] Korps, aus verschiedenen Truppenteilen zusammengesetzter milit|rischer Großverband. 434,29 Leutnant Reinbaben] Kaspar Heinrich von Rheinbaben, wohl der preußische Kurier.
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434,29–30 Leutnant Monteton] Johann Ludwig Friedrich Digeon de Monteton, preußischer Werbeoffizier. 434,32–33 an Hanover Æ:::æ schreiben] Bereits vor den Beratungen des Geheimen Consiliums am 9./10. Februar 1779 korrespondierte der Weimarer Hof mit den Herztgen von Sachsen-Gotha und Altenburg und Sachsen-Coburg-Saalfeld sber das mtgliche Vorgehen gegensber den preußischen Werbungen. Am 10. Februar 1779 wurden auf Beschluss des Geheimen Consiliums ein weiteres Handschreiben des Herzogs an Sachsen-Gotha und Altenburg (ThHStA Weimar, Krieg und Frieden H 1556, Bl. 55r–56v, Konzept, paraphiert von Carl August, Fritsch, Schnauß und Goethe) und ein Schreiben des Geheimen Consiliums an die Geheimen R|te zu Hannover (ebd., Bl. 57r–58v, paraphiertes Konzept) erlassen, in denen die Bildung einer „engeren Vereinigung“ zu wirksamen Maßregeln gegen die Werbesbergriffe vorgeschlagen wurde. Die Antworten des Gothaer Herzogs Ernst II. vom 15. Februar 1779 und der Regierung des Kurfsrstentums Braunschweig-Lsneburg vom gleichen Datum (ebd., Bl. 70r–71r, 74r–75v) lauteten jedoch ausweichend. Das hannoversche Schreiben bezeichnete den Vorschlag als „noch zur Zeit dem Zweck und der Lage der Sache nicht angemeßen“. 434,37 St~nden des Reichs] Als Reichsst|nde des Heiligen Rtmischen Reichs Deutscher Nation galten die Personen und Korporationen, die Sitz und Stimmrecht im Reichstag besaßen. Es gab bis 1803 mehr als 300 Reichsst|nde, bestehend aus den geistlichen und weltlichen Kurfsrsten und Fsrsten, Freien Reichsst|dten, Reichsgrafen und Ritterorden. Alle Reichsst|nde waren in der Reichsmatrikel verzeichnet. 434,38–435,1 dass an iedem Hofe Æ:::æ herschten] Diese Annahme ergab sich aus der perstnlichen Korrespondenz Fritschs mit Ministern und Geheimen R|ten der benachbarten Htfe, so z. B. mit dem Gothaer Minister Sylvius von Franckenberg (vgl. ThHStA Weimar, Krieg und Frieden H 1558). 435,4–5 ein n~heres Band mit den ubrigen Fursten] Ein Abkommen mit den anderen deutschen Reichsfsrsten zur Verhinderung unerlaubter Rekrutenwerbung durch ausw|rtige M|chte wurde nicht verwirklicht. Die Wiederaufnahme der Bsndnisbestrebungen seit 1782 fshrte 1785 zur Grsndung des Fsrstenbundes, der die Verfassungs- und Territorialverh|ltnisse des Heiligen Rtmischen Reiches Deutscher Nation garatieren sollte. 435,10 Mitst~nden] Die anderen Reichsst|nde (vgl. zu 434,37). 435,24 Werbeoffizier] Offizier, der zur Rekrutenwerbung von Stldnern eingesetzt wurde. Gelang es, einen Kandidaten zur Unterschrift unter einen Werbevertrag, die so genannte Kapitulation, zu gewinnen, erhielt der Werbeoffizier von seinem Kriegsherrn eine Provision. 436,16 Exekution] Durchfshrung einer Amtshandlung oder Durchsetzung eines Rechtsanspruchs mit Hilfe staatlicher Gewalt, hier: Erzwingen der Gestattung
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von Rekrutenwerbung durch das Druckmittel der Einquartierung von Milit|reinheiten. 436,24 Reichstag] Versammlung der Reichsst|nde des Heiligen Rtmischen Reichs Deutscher Nation, seit 1663 in Form eines st|ndigen Gesandtenkongresses („Immerw|hrender Reichstag“) in Regensburg, bestehend aus Kurfsrstenrat, Fsrstenrat und St|dterat. Die Beschlssse des Reichstages waren die Reichsabschiede, seit 1663 Reichsschlssse. Ein Reichsschluss kam zustande, wenn nach dem vorherigen Verfahren der Ausschussberatungen alle drei Gremien des Reichstages sbereinstimmten. Seine Rechtsgsltigkeit erforderte zudem die Zustimmung des Kaisers. 436,27–28 das gute Verh~ltniss zum kvnig‘ Preusischen Hause] Das Haus Sachsen-Weimar und Eisenach pflegte tradtionell gute Beziehungen zum preußischen Hof. Die Inbesitznahme des 1741 als Erbe an Weimar gefallenen Herzogtums Sachsen-Eisenach war vor allem durch die Unterststzung Preußens mtglich gewesen. Außerdem war Herzog Carl August mit dem preußischen Ktnigshaus eng verwandt, da seine Großmutter, Herzogin Philippine Charlotte von Braunschweig-Wolfenbsttel, eine Schwester Ktnig Friedrichs II. war. Im Siebenj|hrigen Krieg hatte Carl Augusts Großvater, Herzog Carl I. von Braunschweig-Wolfenbsttel, nach dem Tod von Herzog Ernst August II. Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach die Einsetzung von Carl Augusts Mutter, Herzogin Anna Amalia, zur vormundschaftlichen Regentin durchgesetzt und damit eine Vormundschaft des Kurfsrsten von Sachsen, der zu den Kriegsgegnern Friedrichs II. gehtrte, zu verhindern vermocht. So konnte die perstnliche Intervention Anna Amalias bei Friedrich II. erreichen, dass ihr Herzogtum damals von Plsnderungen durch das preußische Milit|r und Kontributionen verschont blieb. A 2. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Weimar, 25. April 1779 ! ÆWeimaræ BERLIEFERUNG
1) Brief: H: ThHStA Weimar, Bausachen B 9261, Bl. 107–110. – 2 ineinandergelegte Doppelbl|tter 20,4633,3 cm, 5 S. und 5 Zeilen beschr., Schreiberhd, Tinte, Schlussformel (unterth~nigst gehorsamster) und Unterschrift egh., Tinte; S. 1 oben links von fremder Hd, Tinte: „C. 109.“ sowie Pr|sentatsvermerk: „prs. d. 27. April. 1779.“, S. 8 Adresse: Dem Durchlauchtigsten Fursten und / Herrn, Herrn Carl August, Herzog zu Sachsen, / Julich, Cleve und Berg, auch Engern und Westphalen, / Landgrafen in Thuringen, Marckgrafen zu Meißen, ge- / fursteten Grafen zu Henneberg, Grafen zu der / Marck und Ravensberg, von und zu Ravenstein p. / Meinem gn~digsten Fursten
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und Herrn / Weimar.; S. 3 Anlagestrich vor der Zeile ich hier im Anschluß unterth~nigst uberrei- (437,15); beide Doppelbl|tter zum Brief gefaltet, so dass das 4. Blatt den Umschlag mit der Adresse darstellt. K: ThHStA Weimar, Bausachen B 9262 c, Bl. 1–2. – Doppelblatt, 3 1/2 Spalten beschr., Schreiberhd, Tinte; S. 1 Paraphe Goethes und Adresse: Ad / Serenissimum sowie ein Anlagestrich vor der Zeile Ew: p. ich hierdurch im Anschluß un- (437,14–15.) E: WA IV 7 (1891), 356 f., Nr 808a (nach K; Eduard von der Hellen). 2) Beilage (Disposition): H: ThHStA Weimar, Bausachen B 9261, Bl. 111. – 1 Bl. 20632,8 cm, 1 1/2 S. beschr., Schreiberhd, Tinte; gleiche Faltung der Bl|tter wie im Brief. E: FA/Goethe I 26 (1998), 710 f. ERLUTERUNGEN
Der Brief bezieht sich auf das von Herzog Carl August an die weimarische Kammer gerichtete Reskript, durch welches er die Direktion des Straßenbaus an Goethe sbertrug (vgl. zu 436,31–32). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt. 436,31–32 Rescripts vom 19d Januar:] Reskript an die Kammer zu Weimar sber den Beschluss des Herzogs Carl August, Goethe die Direktion des Landstraßenbauwesens im Fsrstentum Weimar und der Jenaischen Landesportion zu sbertragen; die Ausfertigung (mit Pr|sentatsvermerk vom 1. Februar 1779) befindet sich im GSA Weimar (28/769; gedruckt in: Bradish, 205–207), das von Carl August, Jacob Friedrich von Fritsch und Christian Friedrich Schnauß paraphierte Konzept im ThHStA Weimar (Bausachen B 9261, Bl. 100). Eine fsr Jean Antoine Joseph de Castrop bestimmte Abschrift (ebd., Bl. 101) ist abgedruckt in: Bradish, 203–205. 436,32–437,1 die Direction des hiesigen Land-Straßen-Baues] Mit Goethes Ernennung zum Direktor des Landstraßenbaus im Fsrstentum Weimar und der Jenaischen Landesportion verband sich die Zust|ndigkeit fsr die Instandhaltung und den weiteren Ausbau der von der herzoglichen Kammer zu Weimar zu unterhaltenden Post- und Geleitsstraßen. Die Wegebaudirektion war keine kollegialische Behtrde, sondern wurde von Goethe allein geleitet. 437,2 Cammer-Praesident von Kalb] Bereits am 1. August 1776 war die Direktion des Landstraßenbauwesens aus dem Behtrdenapparat der Kammer herausgeltst und ihre Leitung kommissarisch an den zust|ndigen Ingenieur, Jean Antoine Joseph de Castrop (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 458), sbergeben worden. Da Castrops T|tigkeit aber durch den zust|ndigen Kammerpr|sidenten Johann August Alexander von Kalb, der den mit der Herausltsung verbundenen Kompetenzverlust nicht hinnehmen wollte, blockiert wurde und lediglich die notwendigsten Reparaturarbeiten an den Landstraßen durchgefshrt werden
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konnten, wurde die Landstraßenbaudirektion mit Goethes Ernennung zu einer Immediatbehtrde umgewandelt und dem Einfluss des Kammerpr|sidenten ganz entzogen. 437,2–4 die Aufsicht Æ:::æ Promenaden] Die bertragung der Aufsicht sber das Straßenpflasterbauwesen an Goethe erfolgte durch herzogliches Reskript vom 23. Februar 1779. Das von Herzog Carl August, Jacob Friedrich von Fritsch und Christian Friedrich Schnauß paraphierte Konzept befindet sich im ThHStA Weimar (Bausachen B 9261, Bl. 106r; Ausfertigung nicht sberliefert; gedruckt in: Bradish, 212). Das Stadtpflasterwesen war bereits vor der bernahme durch Goethe mit der Direktion des Landstraßenbaus verbunden gewesen. Nach der Ernennung Goethes zum Direktor des Landstraßenbauwesens hatten sowohl die Kammer als auch der fsr den Wegebau zust|ndige Ingenieur-Hauptmann de Castrop angeregt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 458), das Weimarer Stadtpflasterwesen und die Aufsicht sber die Promenadenwege ebenfalls Goethe zu unterstellen. 437,8 Straßen-Bau-Casse] Die Straßenbaukasse war eine separate herrschaftliche Kasse, die von der herzoglichen Kammer verwaltet wurde. Sie war mit einem Etat von 3000 Reichstalern ausgestattet. Die Verwaltung der Kasse war bei der Ernennung Goethes zum Direktor des Landstraßenbauwesens ausdrscklich weiterhin der Kammer vorbehalten worden; im Reskript vom 19. Januar 1779 heißt es: „Dahingegen ist Unser Wille, daß das Oeconomicum noch fernerhin bey Euerm Collegio verbleiben Æ:::æ solle.“ (Bradish, 206.) Goethe konnte jedoch als Direktor des Landstraßenbauwesens eigenst|ndig sber die zur Verfsgung stehenden Mittel disponieren. 437,10 Vorschuße] Die chronische Unterfinanzierung des Landstraßenbauwesens zwang immer wieder dazu, bei berschreitung des laufenden Etats in Form von Anleihen bei anderen Kassen auf die Mittel des Etats fsr das Folgejahr zuzugreifen. 437,11 von sehr geringer Erheblichkeit] Von den 3000 Reichstalern des Etats, sber die Goethe disponieren konnte, stand nur ein Bruchteil zur Verfsgung, weil die fsr die Bestreitung der laufenden Zahlungen des Vorjahres bei anderen herrschaftlichen Kassen get|tigten Anleihen aus den Mitteln des neuen Etats getilgt werden mussten (vgl. die Erl|uterungen zu 437,21). 437,13–14 Ingenieur- und Artillerie-Hauptmanns de Castrop] Jean Antoine Joseph de Castrop, Hauptmann der Artillerie, fsr den Wegebau zust|ndiger Ingenieur im herrschaftlichen Bauwesen des Fsrstentums Weimar, wurde Goethe bei der bernahme der Straßenbaudirektion unterstellt (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 458). 437,14 diejenige Disposition] Goethes Brief lag ein Plan fsr die Straßenbauund Reparaturmaßnahmen des laufenden Jahres bei (vgl. Beilage), der die Verwendung der genannten 1555 Reichstaler 9 Groschen und 11 Pfennige (vgl. 437,23) auf insgesamt sieben Maßnahmen aufschlssselt (vgl. 438,15–26).
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437,21 Vorschusses] Der zur Deckung der Kosten der Baumaßnahmen des Vorjahres vom laufenden Etat abzuziehende Vorschuss betrug 1441 Reichstaler, 22 Groschen und 1 Pfennig; vgl. Goethes beigefsgte Disposition (438,6) 437,21 ordinairen Posten] Feststehende Etatpositionen, Pflichtaufgaben; diese betrugen 1610 Reichstaler; vgl. Goethes beigefsgte Disposition (438,6). 437,24 Heer- und Geleits-Straßen] Die Post- und Geleitsstraßen im Fsrstentum Weimar, in der Jenaischen Landesportion einschließlich der Exklave Allstedt und im Amt Ilmenau. Als ,Heerstraße‘ wurde im Allgemeinen „eine breite Straße durch ein Land“ bezeichnet, „auf welcher ein Kriegesheer bequem fortkommen kann“ (Adelung 2, 1055); sie wurde „gemeiniglich auf Kosten des Landes unterhalten“ und auch ,Geleitsstraße‘ genannt, „weil sie immer sicheres Geleit hat“ (ebd., 1896), das heißt eine „strasze auf der das geleitsrecht galt (nur auf solcher war der schutz des geleitsherrn gew|hrt)“ (Grimm 5, 3004). Der Herzog von Sachsen-Weimar war der Geleitsherr auf thsringischen Straßen, das heißt, er hatte das so genannte Geleitregal inne: das Recht, Abgaben fsr die Straßenbenutzung zu erheben. 437,30 eine Bilance] Goethe erstattete seinen Jahresbericht sber die T|tigkeit der Landstraßenbaudirektion fsr 1779 am 31. Mai 1780 (abgedruckt in: FA/ Goethe I 26, 716–722). 437,31–32 Specification Æ:::æ verwendet worden] Diese Aufstellung findet sich auch im genannten Jahresbericht (vgl. die vorhergehende Erl|uterung). 437,32–33 anderweites Verzeichniß] Disposition in der Anlage zum Bericht vom 31. Mai 1780 (abgedruckt in: FA/Goethe I 26, 722 f.). 437,39 Incumbenz] Last, Pflicht, Aufgabe, Zust|ndigkeit (von lat. incumbere: sich befleißigen). 438,7 Maaße] Die Maße: „angemessene und abgemessene art“ (Grimm 12, 1731); in kanzleisprachlichen Wendungen. 438,11 Furstenthume Jena] Sachsen-Jena war fsr kurze Zeit ein wettinisches Fsrstentum, das 1672 aus einer Landesteilung innerhalb des Herzogtums Sachsen-Weimar entstanden war; bereits 1690 fiel ein Teil wieder an Sachsen-Weimar zursck, ein anderer Teil an Sachsen-Eisenach. 438,11 Erfurthischen Territorio] Erfurt und das umliegende Gebiet gehtrten nicht zum Herzogtum Sachsen-Weimar, sondern war (seit 1664) kurmainzisches Territorium und Sitz einer kurmainzischen Statthalterei (vgl. auch die einleitende Erl|uterung zu Nr 516). 438,12 Amts-Bezircke Allstedt, und Ilmenau] Beide Bezirke gehtrten als Exklaven zum sachsen-weimarischen Herzogtum. – Allstedt: ntrdlich von Weimar im ssdlichen Harz (vgl. zu 263,22). 438,13 Burgauischen] Burgau: Dorf in der N|he von Jena (heute Stadtteil) am linken Ufer der Saale, gegensber von Lobeda.
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438,15–16 Belvederischen ChausX] Chaussee: eine mit Steinschotter o. . befestigte, erhthte Landstraße mit seitlichen Gr|ben (vgl. GWb 2, 993). – Belvedere: das 3 km ssdlich von Weimar gelegene Schloss, Sommerresidenz des Hofes. 438,16 Herrn Wegs nach Ettersburg] Nach Schloss Ettersburg am Nordrand des Ettersberges von Weimar aus fshrender Weg. 438,17 Hvlzchen] Waldgebiet im Norden Weimars (um das Schießhaus). 438,17–18 die Brahne des Webichts] Brahne (Brane): dicht wachsendes Unterholz am Rande eines Waldes. – Webicht: Waldgebiet im Osten Weimars an der nach Umpferstedt und Jena fshrenden Allee. 438,20 die Erfurthischen Ober-Geleits-Straßen] In Erfurt, wo sich zwei bedeutende Handelswege kreuzten (die Nsrnberger Straße von Nsrnberg nach Danzig und die Hohe Straße von Schlesien nach Eisenach), befand sich das thsringische Obergeleitsamt, dessen Vorgesetzter Goethe durch seine Ernennung wurde. 438,21–22 vom ~usersten Weimarischen Gerichte an] ,Gericht‘ hier im Sinn von ,Gerichtsbezirk‘ (vgl. Adelung 2, 586). 438,28 uts.] Lat. ut supra: wie oben. A 3. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach Weimar, 8. Juni 1779 ! ÆWeimaræ BERLIEFERUNG
H: ThHStA Weimar, Bergwerke B 15513, Bl. 15 und 25. – Doppelblatt 20,5633,2 cm, 1 S. beschr., Schreiberhd, Tinte, Schlussformel und Unterschrift (Ew Hochfurst‘ Durch‘ Æ:::æ JWGoethe) egh., Tinte; sber dem Brieftext links von fremder Hd, Tinte: „C 141.“ sowie sber dem Brieftext rechts Pr|sentatsvermerk: „ps. d. 9 Juny 1779.“; unter dem Brieftext links neben der Schlussformel Bearbeitungsvermerk Johann Christoph Schmidts, Tinte: „beyzulegen / resol‘. den 11ten Jun: / 1779 / JCSchmidt“; links am Rand Anlagestrich vor der Zeile hier bei Æ:::æ das wei- (439,5–6); S. 4 Adresse: Serenissimo. E: Carl August-Goethe2 1 (1915), 19, Nr 13. WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 51, Nr 822a. BEI L AG E
Brief Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebras an Goethe vom 2. Juni 1779 (abgedruckt in der Erl|uterung zu 439,5).
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Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. 439,2–3 Vizeberghauptmann von Trebra] Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra, Mineraloge und Bergbauexperte, seit 1773 kurs|chsischer Vizeberghauptmann, sp|ter Leiter des Bergwesens im Kurfsrstentum Sachsen. 439,3–4 des iungen Voigts gegenw~rtig in Freiberg] Johann Carl Wilhelm Voigt, Geologe und Mineraloge, Bruder des damaligen Regierungsrats und sp|teren Ministerkollegen Goethes Christian Gottlob Voigt, war bei seinem dreij|hrigen Studium der Bergwissenschaften an der Bergakademie in Freiberg von Herzog Carl August finanziell unterststzt worden, um ihn danach als Fachmann fsr die geplante Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus heranzuziehen. Voigt hatte am 8. Mai 1779 ein Gesuch an Herzog Carl August gerichtet (ThHStA Weimar, Bergwerke B 15513, Bl. 1), in dem er unter Beilegung eines „Probestscks“ – „Grubenbericht von den Berggeb|ude: Neuer Morgenstern, Erbstolln am Muldenberge. Freyberg im April, 1779“ (ebd., Bl. 3–12) – um „einige nothdsrftige Versorgung in meinem Vaterlande“ (ebd., Bl. 1v) bat. Bei der Beratung des Gesuchs im Geheimen Consilium am 21. Mai 1779 wurde folgender am Rand des Gesuchs protokollierter Beschluss gefasst: „Haben der Herr Geh. Legat: Rath, Goethe, sbernommen, an den Herrn Vice-Berg-Hauptmann von Trebra zu schreiben. reso‘. den 21sten May 1779. JCSchmidt“ (ebd., Bl. 1r; vgl. auch AS 1, 70). Goethe vermerkte darunter in einer eigenh|ndigen Notiz: Ist d‘. 27 May geschehen Goethe (ebd.). Der junge Voigt wurde 1783 Bergsekret|r in Weimar, 1789 Bergrat in Ilmenau. 439,4–5 habe sogleich unterth~nigst befolget] Ein entsprechender Brief Goethes an Trebra ist nicht sberliefert (vgl. EB 250). 439,5 Antwort] Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebras Brief an Goethe vom 2. Juni 1779 aus Marienberg:
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Doppelte Freude, von dem fortdaurenden Zutrauen Ihro Durch‘., und von Ihrer Freundschaft aufs neue sberzeugt zu werden. Ksnftigen Sonntag werden wir das Friedensfest feyern, das ist von der Seite des Krieges her, htren unsere Unf|lle nun auf, und wir ktnnen immer froh seyn, daß wir nicht noch mehr gelitten haben. Eben der Antheil, welchen meine Freunde an meinem Schicksale, w|hrend dem Kriege nahmen, ist oft eine meiner ersten Ststzen gewesen, woranne ich mich habe aufrechterhalten ktnnen, nun soll ihnen allen mein Hertz auch den vorbildlichsten Dank feyern. Der junge Voigt ist nicht ohne gutes Talent fsr den Bergbau. Er hat eine Zeit in Freiberg besonders der Mineralogie und dem praktischen Bergbau gewidmet, und kann in Ilmenau dereinst einmal, wenn dasiges Kupferstsck wieder erhoben wird, wohl Nutzen schaffen, und wsnschte ich, daß er noch einige Zeit zu Eisleben sich aufhalten mtchte, dort den eigentlichen Flttzbergbau, den er hier nicht
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hat sehen ktnnen, zu sehen und zu studieren. Vielleicht g|ben Ihro Durch‘. fsr einen Aufenthalt daselbst ein 60 r‘:, oder wie viel ihnen gef|llig w|re Zuschuß, und wendeten ihn nachher dazu an, in Ilmenau den Bergschreiber, Gegenschreiber, und vielleicht auch den Zehender zu machen. In der Zwischenzeit, da er Eisleben besieht, die l|ngstens ein halbes Jahr dauren kann, k|me dann die Zeit des Angriffs beim Ilmenauer Bergbau heran, und Voigt ktnnte dann ebenso bequem dabey versorgt werden, als ein Fremder, den man dazu erst anderswoher fordern msßte. Das w|re es wenigstens, was ich an meinem Theile sber diese Sache zu sagen im Stande bin. Empfehlen Sie mich zu fernerer Gnade Ihro Durch‘. dem Hertzoge, und erhalten Sie mir immer fort einen Theil Ihres Hertzens Marienberg d‘: 2ten Jun. 1779. Ihrem unver|nderlichen Freunde F. WH. von Trebra (H: ThHStA Weimar, Geheime Canzley-Acta / Die Unterststzung des den Berg-Wissenschafften beflißenen Johann Carl Wilhelm Voigt, betr‘, Bergwerke B 15513, Bl. 16). 2–3 das Friedensfest] Mit Bezug auf den Bayerischen Erbfolgekrieg, der am 13. Mai 1779 mit dem Frieden zu Teschen beendet worden war. 13 Flttzbergbau] Fltz: eine durch Sedimentablagerung entstandene, waagerecht verlaufende Gesteinsschicht. 16 Bergschreiber] Beamter des Bergamtes, Protokollfshrer des Berggerichts. 16 Gegenschreiber] Beamter des Bergamtes; er fshrte das Gegenbuch, welches die Eigentumsverh|ltnisse eines Bergwerks und dessen Gewinne und Verluste dokumentierte. 17 Zehender] Auch Zehntner, Decimator: Beamter des Bergamtes, der fsr die Finanzen zust|ndig war, insbesondere fsr die korrekte Abfshrung von Steuern an den Landesherrn; er hatte das Recht, den Gegenschreiber und das Gegenbuch zu kontrollieren. Der Empfehlung Trebras gem|ß wurden Voigt fsr den Studienaufenthalt in Eisleben 90 Reichstaler, verteilt auf drei Quartale, bewilligt (vgl. Reskript an die Kammer zu Weimar, Konzept vom 9. September 1779, paraphiert von Herzog Carl August, Jacob Friedrich von Fritsch, Christian Friedrich Schnauß und Johann Wolfgang Goethe; ThHStA Weimar, Bergwerke B 15513, Bl. 18r).
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ZWE I FE L H A FT E S
Z 1. An Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach ÆStedten bei Erfurt?, 17. Januar 1776?æ ! ÆStedten bei Erfurt?æ DAT I ERU N G
Vgl. die einleitende Erl|uterung. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 25/W 402. – 1 Bl. 19,2(–20,2)630(–33,3) cm, Rand ungleichm|ßig abgeschnitten, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Siegelrest und Adresse von Goethes Hd, der „versucht, seine Handschrift zu verstellen“ (Hans Wahl: Sebastian Simpel. In: GJb 11 [1949], 62–77; hier 69). E: Goethe’s poetische und prosaische Werke in Zwei B|nden. ÆHrsg. von Friedrich Wilhelm Riemer und Johann Peter Eckermann.æ Erster Band. Stuttgart und Tsbingen 1836, S. 174 (nach h [GSA 25/W 16,7]). – Nach H erstmals in: Carl August-Goethe2 1 (1915), 6 f. WA I 4, 205 (nach h; Textkorrekturen nach H in den „Lesarten zu Band 4“, WA I 5.2, 127; Beschreibung von H in WA I 53, 559). ERLUTERUNGEN
Einen Bezugs- und einen Antwortbrief hat es offensichtlich nicht gegeben (vgl. die folgenden Erl|uterungen). Die vorliegenden Knittelverse wurden in der WA nicht als Brief, sondern als Gedicht abgedruckt. Der Entstehungszusammenhang des Textes jedoch l|sst die Frage zu, ob es sich nicht doch um einen ,Gedichtbrief‘ handelt, also um einen Brief in Gedichtform. Anlass dazu bietet nicht zuletzt die Provenienz der Verse: Sie wurden im Nachlass Friedrich Justin Bertuchs gefunden, „unter den Briefmassen von rund viertausend Korrespondenten unter dem Buchstaben ,S‘“ (Wahl: Sebastian Simpel, 69). Es gibt verschiedene Thesen zur Datierung des Briefes, ebenso zu der rtlichkeit, an welcher sich die ihm zugrunde liegende Szene abgespielt haben soll. In E gaben die Herausgeber dem Text folgende berschrift: „Dem Herzog Carl August / bei dessen Besuch auf dem v. Steinischen Ritter- / gute Kochberg sberreicht von Goethe, in der / Verkleidung eines Landmanns. / (Etwa um 1778.)“ Heinrich Dsntzer vermutete, das Ereignis habe sich am 9. Oktober 1780 im Schloss Großkochberg, dem Besitz der Frau von Stein, zugetragen. Goethe befand sich als Begleiter des Herzogs Carl August auf der Rsckkehr von einer Reise in den Thsringer Wald und die Rhtn, die sie am 8. September 1780 angetreten hatten (vgl. FB 1780, S. 187). Goethe, der bereits am 4. Oktober bei Charlotte von Stein angekommen war, empfing den am 9. Oktober eintreffenden Herzog, indem er, als Bauer verkleidet, diesem die gereimte Petition sberreichte. Mit der als gute Fee (444,1) Angesprochenen sei demnach Frau von Stein gemeint (vgl. Dsntzer,
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Charlotte von Stein 1, 136). Auch Wilhelm Fielitz nahm Kochberg als Ort der Handlung an, verlegte jedoch den Zeitpunkt auf den 7. Dezember 1775: Goethe, der am Vortag zum ersten Mal in das Schloss gekommen war, habe den Herzog, der sich auf dem Weg von Rudolstadt zursck nach Weimar befand (vgl. FB 1775, S. 294), auf die beschriebene Weise empfangen. Als Indiz fsr die frshere Datierung wertete Fielitz eine ußerung Johann Wilhelm Ludwig Gleims in einem Brief an Friedrich Justin Bertuch, der aus der Zeit vom 15. Januar bis 14. Februar 1776 stammt: „Mags nicht wissen, warum Sie keine Sylbe von Goethe sagen, daß er noch dort ist, vielleicht dort bleibt, daß er dem Herzog in einen Bauer sich verstellt und ihn in Knittelversen regieren gelehrt hat“ (Ludwig Geiger: Mitteilungen von Zeitgenossen sber Goethe. In: GJb II [1881], 386). Mtglicherweise hatte Gleim die Informationen sber den mit ihm befreundeten Weimarer Bibliothekar und Schriftsteller Gottlob Ephraim Heermann erhalten. Am plausibelsten erscheint die Datierung, die Hans Wahl vorgenommen hat (vgl. Wahl: Sebastian Simpel, 65–69); er bleibt bei einem frshen Zeitpunkt, verlegt jedoch den Schauplatz: Dass die Verse ein Zauberschloss (443,31) und eine gute Fee (444,1) erw|hnen, erinnert ihn an Wielands Gedicht „An Psyche“, das 1776 im JanuarHeft des „Teutschen Merkur“ erschienen und aus Anlass eines Besuches von Goethe und Wieland auf dem Gut der Familie Auguste von Kellers in Stedten bei Erfurt (heute Bischleben-Stedten, ssdwestlicher Stadtteil von Erfurt) vom 1. bis 3. Januar 1776 entstanden war (vgl. zu 13,14); dort heißt es: Wir schwammen daher; der Nebel zerfloß; Da stund auf einmal ein Feenschloß Vor meinen Augen. Æ:::æ Und rathe, wen ich zum ersten sah An diesem zauberischen Orte? O Freude! Psyche, auch Du warst da! Æ:::æ Von der Fee des Orts sag ich dir nichts. Die ist und bleibt ein Engel des Lichts! (S. 13 f.) Da die Verse Und konnt euch mehr an uns erfreun / Als am P a r c k und an Stutereyen (443,26–27) sich auf Carl Augusts Jagdleidenschaft beziehen lassen (vgl. zu 443,27), scheint der Herzog von einer Jagd zu kommen, als ihm der Bauer das Schreiben sberreicht. So liegt die Beziehung zur Hasenjagd nahe, die vom 16. bis zum 18. Januar 1776 von Schwansee aus (13 km ntrdlich von Erfurt, 25 km nordwestlich von Weimar) stattfand. Demnach entstand mtglicherweise der vorliegende Gedichtbrief in Stedten, wo Goethe, der vorausgeritten war, die Jagdgesellschaft erwartete, die einen Besuch auf dem Schloss machte, und zwar am 17. Januar 1776. Der Umstand, dass der Brief in Bertuchs Nachlass
MAI 1776
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vorgefunden wurde, ktnnte darauf hindeuten, dass Carl August ihn an Bertuch als seinen Sekret|r, der Mitglied der damaligen Jagdgesellschaft war, weitergegeben hat. Dazu passt ein Brief von Johann Georg Jacobi, welcher im brigen die Datierung auf Anfang 1776 weiter ststzt. Am 6. M|rz 1776 schrieb er an seine Cousine Caroline Jacobi, was er von Johanna Fahlmer erfahren hatte: „Goethe habe als verkleideter Bauer dem Herzog eine Schrift in Knittelversen Æ:::æ sberreicht; er habe sich dann eine Weile ganz als Bauer bei den herzoglichen Reitknechten aufgefshrt und sei erst nachtr|glich vom Herzoge erkannt worden.“ (Gespr|che3 1, 187, Nr 360.) Bevor Carl August Goethe erkannt hatte – so l|sst sich mutmaßen –, hatte er den Brief bereits als ,echt‘ an Bertuch sbergeben. 443,13 Schlosse] Mtglicherweise Schloss Stedten (vgl. die einleitende Erl|uterung). 443,27 P a r c k ] Hier vermutlich im Sinn von „eingehegtes gehtlz fsr wild, thiergarten“ (Grimm 13, 1462). 443,28 im fremden Land] Gemeint ist: außerhalb des Gebiets des Herzogtums Sachsen-Weimar. 444,1 eine gute Fee] Vermutlich Auguste von Keller (vgl. die einleitende Erl|uterung). Z 2. An Henriette Louise von Oberkirch Weimar, 12. Mai 1776 ! ÆStraßburg?æ BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt. E1: Memoirs of the Baroness d’Oberkirch, Countess de Montbrison. Hrsg. von Lonce de Montbrison. Bd 1. London 1852, S. 81 f. E2: Mmoires de la Baronne d’Oberkirch. Hrsg. von Lonce de Montbrison. Paris 1853, S. 65. WA IV 3 (1888), 59, Nr 451. Textgrundlage: E2. BEI L AG E
1 Exemplar von „Claudine von Villa Bella“ (vgl. zu 444,7). ERLUTERUNGEN
Ein Antwort- und ein Bezugsbrief sind nicht bekannt.
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ZWEIFELHAFTES 2
bersetzung: Ich sende Ihnen meine C l a u d i n e , gew|hrte sie Ihnen doch einen vergnsglichen Augenblick! In meinem Leben als Autor (ansonsten ein trsbes Metier) war ich ziemlich froh, vielen vortrefflichen Menschen und edlen Seelen – zu denen ich Sie gern z|hle – zu begegnen und sie wertzusch|tzen. Besonders fsr sie mtchte ich das beschreiben, was mir am meisten Geist und Herz bewegt. So werden Sie verstehen, dass ich fsr Sie schreibe. Ich glaube auch, dass ich dieses Briefchen an Sie richten kann, das Sie mit Nachsicht empfangen werden. Leben Sie so glscklich, wie man mit einem Herzen wie dem Ihren sein kann, und z|hlen Sie mich stets zu Ihren ergebensten Dienern. Goethe Weimar, 12. Mai 1776 Der vorliegende Brief ist nur in den gedruckten Erinnerungen der Henriette von Oberkirch sberliefert (E1 und E2), die erst 1852 in englischer und 1853 in franztsischer Sprache erschienen sind und von ihrem Enkel Lonce de Montbrison herausgegeben wurden. Außer diesem nicht handschriftlich sberlieferten Brief gibt es keine Hinweise auf weitere Briefe, die zwischen Goethe und Henriette von Oberkirch gewechselt worden sein ktnnten. Auch in Goethes Tagebschern und anderen Briefen wird Henriette von Oberkirch nicht erw|hnt. Henriette Louise von Oberkirch geb. Waldner von Freundstein (1754–1803), Tochter des Grafen Franz Ludwig Waldner von Freundstein, Herrn zu Schmieheim, und der Wilhelmine Auguste geb. von Berckheim zu Rappotsweiler, war in Schweighausen (Schweighouse) im Elsass geboren und eine Cousine der auch aus dem Elsass stammenden Weimarer Hofdame Louise Adelaide Waldner von Freundstein (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 431). Befreundet war sie mit Prinzessin Sophie Dorothea Augusta Luise von Wsrttemberg, der sp|teren Zarin Maria Fjodorowna von Russland, deren Vater Herzog Friedrich Eugen von Wsrttemberg mit seiner Familie in E`tupes bei Mtmpelgard (heute Montbliard) lebte. Die dort gemeinsam verbrachte Zeit sowie das Leben in Frankreich und am Hofe Ludwigs XVI. vor 1789, wohin sie ihre Reisen fshrten, beschrieb Henriette von Oberkirch ausfshrlich in ihren Memoiren (vgl. E1 und E2). Seit dem 1. April 1776 war sie mit dem els|ssischen Gutsbesitzer Karl Siegfried von Oberkirch verheiratet. In den in franztsischer Sprache erschienenen Erinnerungen behauptet Henriette von Oberkirch, Goethe, den sie sehr verehrte und zu ihren Lieblingsautoren z|hlte, in Mtmpelgard begegnet zu sein. Darsber hinaus soll Goethe eine hohe Meinung von ihr gehabt haben (vgl. E2, S. 81 f.). Bei Goethe findet sich kein Hinweis auf diese Begegnung. Sie ktnnte allenfalls im Juli 1775 stattgefunden haben, als Goethe auf der Rsckreise von seiner ersten Schweizer Reise von Basel kommend nach Straßburg reiste, wo er sich vom 12. bis 19. Juli aufhielt. Dort traf
MAI 1776
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er mit Jacob Michael Reinhold Lenz zusammen, der zu dieser Zeit schw|rmerische Gefshle fsr die damals noch unverheiratete Henriette Waldner von Freundstein hegte. Der Umweg sber Mtmpelgard oder eine Reise dorthin von Straßburg aus ist jedoch wegen der Entfernung unwahrscheinlich, zumal Goethe dazu keinen Anlass hatte. Am 31. Juli 1775 schrieb Lenz an Sophie von La Roche: „Ich habe mit Gtthen Gtttertage genossen, von denen sich nichts erz|hlen l|ßt. Æ:::æ Fragen Sie nie nach ihrem ÆHenriette von Oberkirchsæ Nahmen; auch Gtthen nicht.“ (Lenz, Briefe 1, 122 f.) In einem Briefkonzept an Luise Ktnig vom Juli 1776 bezeichnet Lenz Goethe als einen Freund der Henriette von Oberkirch, der Wieland Achtung ihr gegensber eingefltßt habe (vgl. Lenz, Briefe 2, 7). Diese Briefstellen best|tigen jedoch keine perstnliche Bekanntschaft zwischen Goethe und Henriette von Oberkirch. W|hrend seines Aufenthalts in Weimar besaß Lenz einen Kupferstich, der Henriette von Oberkirch im Profil zeigte und den auch Goethe und Herzog Carl August gesehen haben (vgl. Lenz an Johann Caspar Lavater, 14. April 1776; Lenz, Briefe 1, 228). Dieser Kupferstich wurde in den 3. Band der „Physiognomischen Fragmente“ (Leipzig und Winterthur 1777) aufgenommen (Tafel XCIII). Wenige Wochen nach dem vorliegenden Brief schrieb Lenz im Juli 1776 an Henriette von Oberkirch: „Mon ami Goethe dans son nouvel emploi se trouve tellement surcharg d’occupations qu’il ne peut pas mme profiter de la manixre gracieuse dont Vous vous tes ressouvenue de lui. Il vous en fait ses trxs humbles complimens en attendant qu’il soit d’humeur de Vous communiquer quelque nouvelle production de sa veine.“ („Mein Freund Goethe findet sich in seinem neuen Amte so mit Gesch|ften sberh|uft, daß er sich nicht einmal die anmutige Art zunutze machen kann, in der Sie sich seiner erinnern. Er macht Ihnen seine ergebensten Komplimente, indes er darauf wartet, in der rechten Stimmung zu sein, um Ihnen irgendein neues Erzeugnis seiner Ader zu sbermitteln.“ [Lenz, Briefe 2, 9; Lenz, Werke und Briefe 3, 879.]) 444,7 C l a u d i n e ] Goethes „Claudine von Villa Bella. Ein Schauspiel mit Gesang“, entstanden im Wesentlichen von April bis Mai 1775, war 1776 bei August Mylius in Berlin erschienen (vgl. zu 295,15). Am 12. Mai 1776 schrieb Goethe in sein Tagebuch: Bey. St. abends Claudinen gelesen. (GT I 1,18.) 444,10 belles Zmes] Franz.: schtne Seelen. – Ein im 18. Jahrhundert verbreiteter Ausdruck fsr einen Menschen mit einer harmonischen, auf das Gute gerichteten Seele. Das Motiv der Seelenschtnheit ging aus der antiken in die christliche Literatur sber, wurde besonders im Pietismus gebr|uchlich und findet sich u. a. in Rousseaus „Nouvelle Hloise“ (1761) und h|ufig bei Wieland. Jacob Michael Reinhold Lenz bezeichnete Henriette von Oberkirch wiederholt mit diesem Ausdruck (vgl. etwa seinen Brief an Sophie von La Roche vom 28. Dezember 1775; Lenz, Briefe 1, 154). Lavater bat er am 1. April 1776, Henriette vor der geplanten Hochzeit zu warnen, er solle ihr die „Folgen fsr ihre ganze Ruhe – fsr ihren Charackter – fsr den Reitz selber der ihre grosse Seele jetzo von den Skla-
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ZWEIFELHAFTES 3/4
venseelen des Unglaubens auszeichnet“ (Lenz, Briefe 1, 219), aufzeigen. In Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“ steht unter dem Kupferstich der Henriette von Oberkirch: „Neige dich, erhabne Seele, vor dem, der dich schuf! Du bekleidest dich innwendig, bekleide dich auch auswendig mit der Demuth – und sey, was du seyn kannst!“ (3, 325.) Z 3. An Charlotte von Stein?
Ilmenau, 21. Juli 1776 ! ÆPyrmontæ
BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 25/W 403. – Doppelblatt 13,9619,7 cm, 1/3 S. beschr., egh., Tinte; unten rechts von fremder Hd, Bleistift: „Riemers Nachl.“ E: WA I 4 (1891), 208 (Gustav von Loeper). – Als Brief zuerst gedruckt bei Wahle, Goethe-Stein 1 (1899), 44, Nr 79. BEI L AG E
Blumen (444,20). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der vorliegende Vierzeiler gelangte vermutlich aus dem Nachlass Friedrich Wilhelm Riemers ins GSA (vgl. berlieferung). Er wurde zuerst 1891 in der WA unter den Gedichten „Aus dem Nachlaß / An Personen“ (WA I 4, 208) gedruckt. Fsr die Zuschreibung „An Frau von Stein“ (ebd.), die in der Handschrift fehlt, findet sich in den „Lesarten zu Band 4“ keine Begrsndung (vgl. WA I 5.2, 127). Wahrscheinlich erfolgte sie nach der Datierung Ilmenau d‘. 21. Jul. 76. (444,23) und der Annahme, dass die Verse auf Grund der Liebesbeteuerung in der letzten Zeile in dieser Zeit nur an Charlotte von Stein gerichtet sein konnten (vgl. aber zu 444,22). Es ist zwar nicht ganz auszuschließen, dass das Gedicht an Frau von Stein nach Pyrmont geschickt wurde, wo diese sich seit Ende Juni aufhielt. Nicht auszuschließen ist außerdem, dass es eine Beilage zum Brief vom 22. und 24. Juli (Nr 145) war. Im Unterschied zu diesem Brief wie auch zu anderen der Freundin gewidmeten Gedichten sind die vorliegenden Verse aber nicht im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein sberliefert. Zudem verweist der Inhalt darauf, dass der Vierzeiler offenbar aus einem ganz konkreten Anlass entstanden und zusammen mit Blumen direkt sberreicht worden ist, und zwar von mindestens zwei Personen (vgl. 444,20). Dies ktnnte aus verschiedenen Anl|ssen am Abend des 21. Juli geschehen sein. Charlotte von Stein aber befand sich an diesem Tag noch immer in Pyrmont. Der Briefcharakter wie auch die Adressatin msssen daher als zweifelhaft gelten.
JULI–SEPTEMBER 1776
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444,19 Zwischen Felsen wuchsen hier] Laut Tagebuch vom 21. Juli 1776 hat Goethe fruh gezeichnet an der Aussicht nach der Frohn Feste Ædem Ilmenauer Amtsgef|ngnisæ (GT I 1, 22), wo wahrscheinlich auch die vorliegenden Verse entstanden sind. 444,20 wir] Goethe hielt sich seit dem 18. Juli zusammen mit Herzog Carl August in Ilmenau auf, zu dessen Begleitung noch zahlreiche weitere Personen gehtrten (vgl. zu 86,8). 444,22 Der ewigen Liebe zu dir] Das Formelhafte der Liebesbeteuerung spricht gegen Charlotte von Stein als Adressatin des Gelegenheitsgedichtes. Ihr gegensber |ußerte Goethe seine Gefshle sehr viel einfacher und unmittelbarer, unter Vermeidung sprachlicher Klischees und ohne jedes Pathos. 444,23 Ilmenau d‘. 21. Jul. 76.] Laut Goethes Tagebuch vom 21. Juli 1776 fand an diesem Tag nach Tische bey ÆAugust Wilhelm Ferdinand vonæ Staff ein Scheibenschießen statt; danach Tanz des leidigen geschlechts. (GT I 1, 22.) Beschlossen wurde der Tag durch eine Nachtmusik der Ilmenauer Bergleute fsr Staff (vgl. ebd.).
Z 4. An Jacob Michael Reinhold Lenz? Kranichfeld, 2. September 1776 ! ÆWeimaræ ZUM ADRESSAT E N
Die Verse wurden zuerst 1891 unvollst|ndig in der WA unter den Gedichten „Aus dem Nachlaß / An Personen“ (WA I 4, 209) gedruckt (vgl. berlieferung). Fsr die Zuschreibung „An Frau von Stein“ (ebd.), die in der Handschrift fehlt, findet sich in den „Lesarten zu Band 4“ keine Begrsndung (vgl. WA I 5.2, 128). Wahrscheinlich erfolgte sie nach der Datierung d‘ 2 Sept. 1776. (447,1–2) und der Annahme, dass das Gedicht in dieser Zeit der engen Freundschaft zu Charlotte von Stein nur an sie gerichtet sein ktnne. Auch der Umstand, dass es von einer Zeichnung begleitet wurde, schien fsr die Freundin, an die Goethe h|ufig Zeichnungen schickte, zu sprechen. Julius Wahle nahm das Gedicht 1899 in die Ausgabe der Briefe Goethes an Charlotte von Stein auf (vgl. berlieferung), ihm folgten alle sp|teren Herausgeber, zuletzt Fr|nkel (Goethe-Stein2 1, 48, Nr 98). Auch Wahle und seine Nachfolger begrsnden die Zuschreibung an Charlotte von Stein nicht. Selbst wenn sie als Adressatin nicht ganz auszuschließen ist, so gibt es doch keinen Beleg dafsr. Im Unterschied zu anderen der Freundin gewidmeten Gedichten sind die vorliegenden Verse mit Zeichnung nicht im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein sberliefert. Auch gibt es keinen Hinweis, dass Charlotte von Stein einen besonderen Bezug zur Brscke in Kranichfeld hatte, oder gar, dass Goethe und sie vor September 1776 gemeinsam dort gewesen
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ZWEIFELHAFTES 5
w|ren. Zudem erscheint der Bezug des letzten Verses gerade auf sie als Adressatin keineswegs naheliegend. Eher ktnnte damit ein Freund angesprochen sein. Als Adressat k|me Jacob Michael Reinhold Lenz in Frage (vgl. zu 447,1). Allerdings l|sst sich dies gleichfalls nicht belegen. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 25/W 404. – Doppelblatt 16,569,8 cm, Heftspuren am Mittelbruch, zusammengelegtes Doppelblatt einmal quer und einmal l|ngs gefaltet, 3/4 S. (S. 3) beschr., egh., Bleistift; S. 1 egh. Bleistiftzeichnung (Brscke in Kranichfeld). – Faksimile der Zeichnung: Abb. 16 im Textband (S. 445); vgl. Corpus VIa (1977), Nr 198. E: WA I 4 (1891), 208 (Teildruck: ohne berschrift [447,1 Kranichfeld an deiner Brucke. d‘ 2 Sept.], ohne 4. Zeile [447,6 Und wieder rein an der Natur zu fuhlen]; Zeichnung erw|hnt in: WA I 5.2, 128; Gustav von Loeper). – Als Brief zuerst gedruckt bei Wahle, Goethe-Stein 1 (1899), 49, Nr 95 (Zeichnung erw|hnt, 496). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der Briefcharakter des vorliegenden Textes ist nicht sicher. Gedicht und Bleistiftzeichnung sind in Kranichfeld, einer Station auf dem Weg von Weimar nach Ernstthal im Thsringer Wald, entstanden (vgl. zu 447,1–2). Sie ktnnten von unterwegs einem Adressaten anstelle eines Briefes zugesandt oder auch sp|ter bei einer perstnlichen Begegnung als Geschenk sberreicht worden sein. Da Adressat und Briefcharakter unsicher sind, werden Zeichnung und Gedicht, die seit dem Abdruck durch Julius Wahle als an Charlotte von Stein gerichtet galten, im Anhang „Zweifelhaftes“ mitgeteilt. 447,1 Kranichfeld] Stadt im Mittleren Ilmtal, etwa 20 km ssdwestlich von Weimar; seit 1772 Poststation. – Auf dem Rsckweg von Ernstthal am 5. September machte Goethe wiederum in dem Ort Station: von Kranichf. bis Bercka mit Lenz zu Fuse geirrt. nacht in Bercka blieben (GT I 1, 24). Lenz hatte sich Ende Juni 1776 von Weimar nach Berka zursckgezogen, um dort zu arbeiten (vgl. 74,11). Berka liegt knapp 9 km nordtstlich von Kranichfeld an der Straße nach Weimar. Goethe ktnnte bei Gelegenheit der gemeinsamen Wanderung Lenz das vorliegende Gedicht mit der Zeichnung geschenkt haben. Als sich dieser im Herbst 1776 fsr einige Wochen bei Charlotte von Stein aufhielt, bat er Goethe in einem Brief Mitte September um seine in Weimar vergessene „Brieftasche“ oder „Wenigstens dein Gedicht, das ich hineingelegt hatte“ (Brief abgedruckt im Anschluss an die Erl|uterungen zu Nr 169). Fsr die Aufbewahrung des Doppelblattes in einer Brieftasche spricht zumindest die Faltung (vgl. berlieferung). 447,1 an deiner Brucke] Die alte Steinbrscke sber die Ilm unterhalb des
OKTOBER 1776
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Ober-Schlosses, das Motiv der Bleistiftzeichnung auf der ersten Seite. Sie wurde im 20. Jahrhundert zersttrt und durch eine Betonbrscke ersetzt. 447,1–2 d‘ 2 Sept. 1776.] Am 2. September 1776 Fruh halb sechse (GT I 1, 24) brach Goethe mit der herzoglichen Jagdgesellschaft in den Thsringer Wald auf (vgl. zu 101,19–20). 447,7 was fur dich zu thun] Mtglicherweise mit Bezug auf Lenz; es ktnnte sich auch um eine Anspielung auf die das vorliegende Gedicht begleitende Zeichnung handeln. Z 5. An Charlotte von Stein
Dornburg, 16. Oktober 1776 ! ÆKochberg?æ
BERLIEFERUNG
H: GNM Weimar, Inv.-Nr GGz/0116. – 1 Bl. 34,5621 cm, 5 Zeilen (Rs. unten rechts) beschr., egh., Bleistift, darunter Stempel: „Stiftung Graf Henckel v. D. u. Dr. F. Vulpius“; Vs. egh. Zeichnung, Bleistift, gewischt, mit grauer Tusche laviert (Dornburger Schltsser, vgl. Corpus I, 62 f., Nr 151). – Faksimile der Zeichnung: Abb. 17 im Textband (S. 446); vgl. Corpus I (1958), Nr 151. E: Carl Ruland: Verse und Niederschriften Goethes zu Zeichnungen. In: GJb XIV (1893), 146 (ohne Zeichnung). – Als Brief zuerst gedruckt bei Wahle, Goethe-Stein 1 (1899), 54, Nr 105 (mit Faksimile der Zeichnung, ohne Seitenz|hlung). WA I 4, 209 (Gedicht). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Im Unterschied zu anderen der Freundin gewidmeten Gedichten sind die vorliegenden Verse und die Zeichnung nicht im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein sberliefert. Die Provenienz des Blattes (vgl. berlieferung) gibt keinen Hinweis darauf, dass es sich im Steinschen Besitz befunden haben ktnnte. Dennoch verweist der Inhalt auf Charlotte von Stein als Adressatin. Ob Zeichnung und Gedicht der Adressatin in Kochberg anstelle eines Briefes zugestellt worden sind, ist daher fraglich, der Briefcharakter zweifelhaft. Die drei Dornburger Schltsser auf dem Felsplateau sber dem linken Ufer der Saale sind von der am rechten Ufer entlangfshrenden Straße aus gezeichnet. 447,8 Ich bin eben nirgend geborgen] Dagegen schrieb Goethe in Anspielung auf seine zunehmenden Amtsgesch|fte im Brief vom 6. November 1776 an seine Mutter und an Frankfurter Freunde: so bin ich geborgen da ich geplagt werde (115,24–25). 447,11 meine Liebe zu dir] Vgl. zu 111,19–20.
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ZWEIFELHAFTES 6
447,12 Dornburg 16 Okbr 76] ber seinen ersten Besuch Dornburgs vermerkt Goethe im Tagebuch vom 16. Oktober 1776 lediglich: Dornburg Camburg Naumburg (GT I 1, 27). Wahrscheinlich wurde der Ausflug gemeinsam mit Herzog Carl August unternommen (vgl. zu 152,2).
Z 6. An Charlotte von Stein
ÆWeimar, 22. November 1776? ! Weimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) befindet sich das vorliegende Bl|ttchen unter den undatierten Briefen vor Oktober 1780. Im Erstdruck wurde es im Anschluss an Nr 513 vom 4. Juli 1779 gedruckt, in der Annahme, dass Goethe Charlotte von Stein an deren Namenstag, dem 5. Juli, den Kupferstich der heiligen C|cilie geschenkt habe (vgl. zu 447,14). Schtll r|umt jedoch ein, dass das Blatt auch „aus einem andern Jahr“ stammen ktnne (Schtll, Goethe-Stein 1, 230, Anm. 3). Fielitz datiert es auf den 22. November, den Tag der heiligen C|cilie, und setzt es ins Jahr 1781 (Fielitz, Goethe-Stein 1, 383, Nr 759). In den sp|teren Ausgaben wird das Bl|ttchen ohne genaue Datierung nur in den Erl|uterungen mitgeteilt, in der WA ist es nicht gedruckt. – Das Briefpapier (vgl. berlieferung) verwendete Goethe im Zeitraum des vorliegenden Bandes sberwiegend im Jahr 1776, und zwar mehr als 20-mal, 1777 nur noch dreimal und 1779 noch einmal. In den Jahrg|ngen 1780 und 1781 des Konvoluts der Briefe an Charlotte von Stein (Bd II) hingegen findet es sich nur bei dem vorliegenden Bl|ttchen. Auch wenn Verschiebungen in den Konvoluten sber die Jahrgangsgrenzen hinweg nur selten vorkommen, so spricht das Papier doch gegen eine Einordnung in die Jahre 1780 oder 1781. Ebenso verweist die Jahresangabe der Empf|ngerin (vgl. berlieferung) auf ein frsheres Jahr. Das Blatt wird daher auf den 22. November 1776 gesetzt (vgl. zu 447,16). Weniger wahrscheinlich, aber nicht ganz auszuschließen ist die Datierung 22. November 1777, als Goethe sich zu seiner heimlichen Reise (GT I 1, 52,23 f.) in den Harz vorbereitete (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 309). BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/487,I, Bl. 92. – 1 Bl. 18611 cm, Bordsre mit zwei Balken, umwunden von einer Ranke (vgl. Mick, Nr 5), 2 Zeilen beschr., egh., Tinte, Fidibusfaltung (vgl. zu 18,18); unten links von Charlotte von Steins Hd, Bleistift: „77“, oben rechts von fremder Hd, Tinte: „94“. – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd II, Jg 1780, Nr 101), vgl. berlieferung zu Nr 18.
NOVEMBER 1776
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E: Schtll, Goethe-Stein 1 (1848), 230. WA: Nicht gedruckt. BEI L AG E
Wahrscheinlich Kupferstich der heiligen C|cilia. ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Das vorliegende Bl|ttchen begleitete wahrscheinlich ein Geschenk fsr Charlotte von Stein (vgl. zu 447,14). Der Briefcharakter des Bl|ttchens ist zweifelhaft. Da es unter Goethes Briefen an Charlotte von Stein sberliefert ist, wird es hier mitgeteilt. 447,14 Der Heiligen C~cilia] Schon im Brief vom 7. Oktober 1776 hatte Goethe Charlotte von Stein als Madonna die gen Himmel f~hrt (112,4) beschrieben (vgl. zu 112,4–8). Er selbst wiederum war von der Adressatin zu ihrem ,Heiligen‘ erkl|rt worden (vgl. zu 58,5–6). – Die heilige C|cilie von Rom, eine christliche M|rtyrerin aus dem 3. Jahrhundert, soll der Legende nach gegen ihren Willen verheiratet worden sein, ihren Mann zum christlichen Glauben bekehrt und mit ihm eine keusche Ehe gefshrt haben. Nach ihrer Enthauptung habe sie noch drei Tage gelebt. Sie gilt als Schutzheilige der (Kirchen-)Musik. Zu ihren Attributen z|hlen ein Musikinstrument, ein aus Rosen und Lilien geflochtener Blumenkranz als Zeichen ihrer Jungfr|ulichkeit und ihres M|rtyrertums oder eine einzelne Rose. Als eine der beliebtesten Heiligen war sie vor allem in der Renaissance und im Barock vielfach Gegenstand der bildenden Kunst. Nach einem Hinweis Friedrich von Steins habe Goethe Charlotte von Stein ein Bildnis der heiligen C|cilie geschenkt: „Ein Kupfer, die heil. C|cilie, schenkte er ÆGoetheæ meiner Mutter an ihrem Namenstage. v. St.“ (Zitiert nach: Fielitz, Goethe-Stein 1, 503, Anm. 2 [zu S. 383].) N|heres dazu konnte nicht ermittelt werden. Es ktnnte sich um einen Stich nach Raffael gehandelt haben, dessen „Estasi di Santa Cecilia“ (Die Verzsckung der heiligen C|cilia) zu den bekanntesten Darstellungen gehtrt (vgl. Goethes Beschreibung in der „Itali|nischen Reise“ [I. Teil: Ferrara bis Rom]; WA I 30, 160). 447,16 an ihrem Tage] Als Gedenktag der heiligen C|cilie gilt in allen christlichen Konfessionen der 22. November. – Nicht ganz auszuschließen, aber weniger wahrscheinlich ist, dass, wie Schtll nach der Anmerkung Friedrich von Steins vermutet, der Namenstag Charlottes, also der 5. Juli, gemeint ist. – Unter dem 22. November 1776 vermerkte Goethe in seinem Tagebuch nur: Zu $ ÆCharlotte von Steinæ gessen. (GT I 1, 29.) Er ktnnte ihr bei dieser Gelegenheit den Kupferstich mitgebracht oder ihn zuvor oder danach mit dem vorliegenden, zu einem Fidibus gefalteten Bl|ttchen (vgl. berlieferung) von Haus zu Haus geschickt haben.
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Z 7. An Charlotte von Stein
ZWEIFELHAFTES 7
ÆWeimar, 1778?æ ! ÆWeimaræ
DAT I E RU N G
Im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein (Bd I) befindet sich der vorliegende Brief unter den undatierten Briefen am Ende des Jahrgangs 1778, die aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes von 1776 bis1778 stammen. Auf dem unmittelbar folgenden Tr|gerblatt 122, dem letzten des Bandes, ist wahrscheinlich als ein Nachtrag der Gedichtbrief Nr 351 vom 25. April 1778 sberliefert (vgl. Datierung zu Nr 351). Im Erstdruck wurde das Zitat ohne Begrsndung nach dem Brief vom 6. Juni 1781 (WA IV 5, Nr 1246) mitgeteilt, von Fielitz nach der Einordnung im Konvolut der Briefe an Charlotte von Stein vor dem Gedichtbrief Nr 351 vom 25. April 1778 (Fielitz, Goethe-Stein 1, 123, Nr 232). Wahle wie auch die WA stellen es gleichfalls mit dem Hinweis auf die Einordnung im Konvolut vor den 25. April 1778, nehmen es aber jeweils nur in den Kommentarteil auf (vgl. Wahle, Goethe-Stein 1, 519, Anm. 1 zu S. 117). Die Anordnung im Konvolut vor Nr 351 (vgl. Datierung zu Nr 351) erscheint zuf|llig, da am Ende des Jahrgangs 1778 mehr als 30 undatierte Briefe aus dem gesamten Zeitraum des ersten Bandes eingeordnet sind. Ein inhaltlicher Zusammenhang zu Nr 351 wie sberhaupt zu den Briefen des Frshjahrs 1778 ist nicht zu erkennen. Nach der Einordnung im Konvolut ktnnte das Zitat aus dem Jahr 1778 stammen. Eine frshere Datierung ist mtglich, eine sp|tere zwar nicht ganz auszuschließen, aber unwahrscheinlich, da Verschiebungen sber die Grenzen der Jahrg|nge, die jeweils in den B|nden zusammengefasst sind, nur selten vorkommen. BERLIEFERUNG
H: GSA Weimar, Sign.: 29/486,I, Bl. 121. – 1 Bl. 20,2(–20,7)65,1 cm, 1 1/2 Zeilen beschr., egh., Tinte; oben rechts von fremder Hd, Tinte: „110.“ – In einem gebundenen Handschriftenkonvolut (Bd I, Jg 1778, Nr 110), vgl. berlieferung zu Nr 18. E: Schtll, Goethe-Stein 2 (1848), 78. WA IV 3 (1888), 304 (in den „Lesarten“ zu Nr 694). ERLUTERUNGEN
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt. Der Briefcharakter des Bl|ttchens ist zweifelhaft. Da es unter Goethes Briefen an Charlotte von Stein sberliefert ist, wird es hier mitgeteilt. 448,1 Est amor circulus Æ:::æ semper revolutus] Lat.: Die Liebe ist ein Kreis, der endlos aus dem Guten ins Gute zursckrollt. 448,2 Plato in Convivio] Convivium: lat. Gesellschaft, Gastmahl. – In Platos „Gastmahl“ (Symposion, griech.: rtlpoŁriom) ist das Zitat nicht nachzuweisen.
N AC H T R G E
GB 2/87. An Johann Friedrich von Fleischbein Frankfurt a. M., 3. Januar 1774. Montag Wohlgebohrner Herr, Insonders hochzuverehrender Herr Vetter, Wir hoffen allerseits zu vernehmen dass Dieselben den Wechsel des Jahres, nebst dero hochgesch~zzten Frau Schwester, in mvglichstem irrdischen Leibes Wohl und geistlichem Seegen werden erlebt haben, wir empfelen uns allzusammt dero Freundschafft und hohen Zuneigung, und bitten von dem hochgelobten Heilande, dass uns derselbe noch lange den Genuss Dero Liebe und Wohlgewogenheit verstatten mvge. Ich habe bis hierher zu schreiben angestanden, weil ich hoffte den / Empfang der 100 L d’or zugleich melden zu kvnnen. Avisirt sind sie auch schon. Erhalte den Betrag aber erst in 8 Tagen. Werde sogleich Ew Wohlgeb‘ und H‘ du Toit mit dem michs’ freut als einem so wurdigen Mann in Bekanntschafft zu gerathen, davon Nachricht geben. Mein Vater danckt fur die uberschickten sch~zbaren Stucke aufs verbindlichste. Sie machen eine sonderliche Zierde seiner Sammlung. Auch dient zur schuldichen Nachricht dass in beyden Munz Rescriptis n i e m a n d namentlich eingefuhret worden. Wie denn auch sonst Ew Wohlgeb‘. sich von unsrer Seite alle mvgliche Diskretion versprechen kvnnen. / Die Medizin wird hoffentlich nunmehro wohl angelanget seyn. Den Calst~dter Wein hoffe aufzutreiben. Von den anverlangten Buchern der Mad. Guion habe nur eins n~hmlich Sa Vie III Tomes erhalten. Werde solches gelegentlich ubersenden. Die Rechnung uber die Arzney Spezies lege hier bey. Wie auch einen Brief von H‘. von Uffenbach. Ingleichen von H‘. du Toit. Die Fr~ulein von Klettenberg, schließt sich an unsere Wunsche. Und wie wir zusammen in dem festesten Freundschafftsbund vereinigt sind, so gehet auch unsre Liebe und Ergebenheit gegen Ew Wohlgeb gleichen Schrittes. /
9 mvgen 22 angelangent
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NACHTRGE
Ubrigens empfele mich Denenselben und dero Frau Schwester vielmals, und habe die Ehre ohnzielsezlich zu verharren Ew Wohlgeb‘
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Frfurt am 3ten Jen. 1774.
gehorsamster Dr. J W Goethe Dr.
Der vorstehende Brief konnte in GB 2 I nur nach E wiedergegeben werden. Dem vorliegenden Abdruck liegt ein Faksimile der Handschrift zugrunde, das inzwischen aufgefunden wurde. GB 2/87. An Johann Friedrich von Fleischbein Frankfurt a. M., 3. Januar 1774 ! ÆOesdorf bei Pyrmontæ BERLIEFERUNG
H: Verbleib unbekannt; 1921 Bibliothek der Facultx de l’Eglise vangxlique libre, Lausanne, Nachlass Jules Chavannes (vgl. E). – Nach Auskunft der Bibliothxque cantonale et universitaire Lausanne vom August 2005 ist die Handschrift nicht mehr auffindbar. – Doppelblatt, 4 S. beschr., egh., Tinte; S. 4 oben rechts von fremder Hd, Tinte: „H‘ Dr: Goethe Frankfurth / d‘. 3. Jener 1774“ (Angaben nach dem Faksimile). – Faksimile: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: KF 1024. E: Paul Wernle: Ein unbekannter Brief des jungen Goethe. In: Neue Zsrcher Zeitung, 8. November 1921, Nr 1592. Erstes Morgenblatt (danach Hans Gerhard Gr|f: Nachtr|ge zu Goethes Briefen. In: GJb 9 [1922], 261 f.; nach Gr|f: DjG3 4, 3 f., Nr 210). WAN 1 (WA IV 51 [1990]), 47 f., Nr 197a (nach E). Textgrundlage: Faksimile. ERLUTERUNGEN
Vgl. GB 2 II, zu Nr 87.
JANUAR 1774–JANUAR 1775
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GB 2/181. An Carl Ludwig von Knebel Frankfurt a. M., 13. Januar 1775. Freitag Lieber Knebel ich bitte Sie gar sehr um ein Wort von Ihnen und um meine Sachen. Wo sind Sie? Bin ich in gutem Andenken unter Ihnen? Addio. Ich habe einige sehr gute producktive Tage gehabt. Frfurt. d‘. 13. Jan 75. Goethe 5
Der vorstehende Brief konnte in GB 2 I nur nach E wiedergegeben werden. Dem vorliegenden Abdruck liegt ein Faksimile der Handschrift zugrunde, das zuerst 2012 im Stargardt-Katalog 698 (S. 49, Nr 85) vertffentlicht wurde. GB 2/181. An Carl Ludwig von Knebel Frankfurt a. M., 13. Januar 1775 ! ÆStraßburgæ BERLIEFERUNG
H: Im April 2014 angeboten bei Kotte Autographs GmbH. – 1 Bl., 1/2 S. beschr., egh., Tinte; sber dem Brieftext von fremder Hd: „No 6“, unter dem Brieftext von fremder Hd: „den den“; Rs. Adresse: Herrn / Hauptmann v. K n e b e l , darunter von fremder Hd: „Straßburg“; rote Siegelspuren sowie Papierverlust durch ffnen des Siegels (Angaben nach dem Faksimile). – Faksimiles: Stargardt-Katalog 698, Auktion am 5. und 6. Juni 2012, S. 49, Nr 85; Kotte Autographs 48 (2013), S. 126, Nr 193. E: Goethe-Knebel (1851) 1, 6 f., Nr 3 (nach H). WA IV 2 (1887), 226, Nr 278 (nach E). Textgrundlage: Faksimile. ERLUTERUNGEN
Vgl. GB 2 II, zu Nr 181.
A N H AN G
Dokumente Briefe des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach an Jacob Friedrich von Fritsch von der Schweizer Reise 1779/80 Die hier mitgeteilten Briefe, die Herzog Carl August kurz vor Antritt und w|hrend der mit Goethe und anderen unternommenen Reise in die Schweiz an den Wirklichen Geheimen Rat und Vorsitzenden des Geheimen Consiliums Jacob Friedrich von Fritsch geschrieben hat, geben Aufschluss sber die ursprsngliche Planung der Reise, die kurzfristige nderung des Reiseziels sowie den Aufenthalt in den schweizerischen St|dten Bern, Genf und Zsrich. Da in den Erl|uterungen von Goethes Briefen an Charlotte von Stein von der Schweizer Reise wiederholt auf die Briefe des Herzogs Bezug genommen wird, werden diese hier geschlossen und vollst|ndig wiedergegeben. Lediglich der Brief vom 28. September aus Emmendingen ist bisher (unvollst|ndig) gedruckt (in: Beaulieu-Marconnay, 198 f.). Die Handschriften sind im Thsringischen Hauptstaatsarchiv Weimar (Großherzogliches Hausarchiv A XIX 38, Bl. 19–27) sberliefert. Fritsch hat die vorliegenden Briefe beantwortet (vgl. die Antwortvermerke auf der Handschrift), wofsr ihm der Herzog gelegentlich dankt. Diese Briefe sind nicht sberliefert. – Zu Anlass und Verlauf der Reise vgl. die einleitende Erl|uterung zu Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 15. September 1779 (Nr 530). 1) 5. September 1779 Weimar. d‘. 5tn Sept. 1779. Ich habe mich entschloßen Herr Geheimde Rath heute sber acht tage eine Reise anzutreten, um wieder einmahl etwas fremde Luft zu schtpfen. Ich dencke auf Franckfurth am M. den Rhein Strom, u. die umliegenden Gegenden zu gehen u. zu besuchen, u. meine dortigen Verwandte, u. alten bekante zu sehen. Ich wolte Sie hievon benachrichtigen, mit der bitte es doch nicht ehe, als nach meiner Abreise bekantwerden zu laßen, u. Ihnen zugleich aufzutragen die Sachen u. gesch|fte auf die art zu behandeln wie sie gewthnlich sind in der zeit da ich auf 6–8 Wochen verreißt war, behandelt worden. Solte etwas in der Zeit vorkommen welches bedsrfte schleunig verfsgt zu werden, u. ohne mir nicht gemacht werden ktnte, so seyn Sie so gstig u. adressiren es, wie auch Ihre Briefe an Gtthen, welcher mich begleitet, nach Franckfurth; da ich warschein‘. weise unter mehr als einen Nahmen Reisen werde, so wsrden mich solche schwer finden. Die Reise wird nicht sber 8 Wochen dauren, sondern vieleicht ksrtzere Zeit. Noch einen auftrag muß ich Ihnen Herr Geheime Rath machen; es ist folgender: Laßen Sie fsr den O. C. President v. Lincker, fsr den G. Assistenz R. Schnauß, u.
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den Geh. L. R. Gtthe Decrete als Geheime R|the außfertigen, u. solche vom 3ten Sept. alle drey datieren. Ferner laßen Sie fsr den / R. R. u. C. J. von Seckendorf, ein Decret als Hofrath außfertigen, ebenfals vom 3tn Sept. datirt u. alle diese 4 Decrete wo mtglich noch diesen Abend mir zur Unterschrift vorlegen. Leben Sie wohl. Carl AugustHzS. H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX 38, Bl. 19r–19v. – 1 Bl. (H|lfte eines Doppelblattes, 1,5 cm breiter Mittelfalz erhalten) 16,3619,8 cm, 1 S. und 4 Zeilen beschr., Carl Augusts Hd., Tinte; Vs. unten rechts am Rand Pr|sentatsvermerk: „psd. 5. Sept 1779 ./.“ – Ungedruckt.
2 heute sber acht tage] Carl August und Goethe brachen am 12. September 1779 von Weimar auf; sie erreichten am selben Tag Eisenach. 3–4 Franckfurth am M.] Dort hatte Goethe die Reisenden bereits in seinem Brief an seine Mutter vom 9. August 1779 (Nr 519) angeksndigt. 4 den Rhein Strom, u. die umliegenden Gegenden] Carl August dachte nicht nur daran, die Htfe des Landgrafen von Hessen-Darmstadt, des Markgrafen von Baden in Karlsruhe sowie des Landgrafen von Homburg zu besuchen, sondern auch rheinabw|rts bis nach Dssseldorf zu gehen (vgl. Carl August an seine Mutter, 21. September 1779; Bergmann, 25). Dieser Plan wurde nicht verwirklicht; Karlsruhe besuchte er auf der Rsckreise vom 18. bis 21. Dezember 1779, Darmstadt am 27. Dezember 1779 und in den Tagen darauf sowie Homburg am 2. Januar 1780 jeweils von Frankfurt aus. Carl August berichtet darsber im Brief an seine Mutter vom 9. Januar 1780 (Bergmann, 35 f.). 5 Verwandte] Herzogin Louise, Carl Augusts Ehefrau, war die jsngste Tochter des Landgrafen Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt. Deren Schwester Amalie Friederike war in Karlsruhe mit dem Erbprinzen Carl Ludwig von Baden verheiratet, ihre |lteste Schwester Carolina in Homburg mit dem Landgrafen Friedrich V. 11 an Gtthen, welcher mich begleitet] Außer dem Herzog und Goethe gehtrten der Kammerherr Moritz von Wedel und Goethes Sekret|r Philipp Seidel sowie ein Diener und ein Reitknecht zur Reisegesellschaft (vgl. im Einzelnen die einleitende Erl|uterung zu Nr 530). 12 unter mehr als einen Nahmen] Carl August reiste wiederholt inkognito; so trat er in Kassel bei der Begegnung mit Johann Georg Forster (vgl. zu 297,8–9) unter falschem Namen auf, ebenso in Stuttgart (vgl. den Brief des Herzogs an seine Mutter vom 13. Dezember 1779; Bergmann, 32) und in Straßburg (vgl. den Brief des Herzogs an Fritsch vom 28. September 1779; S. 1122, Zeile 6–7). 16 O. C. President v. Lincker] Gemeint ist der Oberkonsistorialpr|sident Carl Friedrich Ernst von Lyncker. 16 G. Assistenz R. Schnauß] Gemeint ist der Geheime Assistenzrat im Geheimen Consilium Christian Friedrich Schnauß. 17 Geh. L. R. Gtthe] Goethe war – obwohl sich Fritsch seinerzeit dagegen ausgesprochen hatte – durch ein Dekret vom 11. Juni 1776 zum Geheimen Legations-
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rat mit Sitz und Stimme im Geheimen Consilium ernannt worden. Das jetzt von Herzog Carl August in Auftrag gegebene Dekret zur Ernennung Goethes zum Geheimen Rat „in Ansehung dessen Uns bekannten Gelehrsamkeit und Geschicklichkeit“ stammt vom 5. September 1779 (abgedruckt in: Bradish, 215 f.). Unter dem 6. September 1779 heißt es in Goethes Tagebuch: kriegt ich das Dekret als Geheimderath. (GT I 1, 89.) Dass der Herzog diese Ernennung so kurz vor einer Zeit l|ngerer Abwesenheit von Weimar vornehmen ließ, mag damit zu tun haben, dass der Vorgang mtglichst unauff|llig vor sich gehen sollte; Wieland berichtete dennoch im Brief an Johann Heinrich Merck vom 21. September 1779, dass „das odium vatinianum fast aller hiesigen Menschen gegen unsern Mann ÆGoetheæ“ sei, „seitdem er GehÆeimeræ Rath heißt auf eine Hthe gestiegen, die nahe an die stille Wuth grenzt.“ (WB 7 I, 220.) 18 R. R. u. C. J. von Seckendorf] Gemeint ist der Regierungsrat und Kammerjunker Franz von Seckendorff. 21 Carl AugustHzS.] Carl August Herzog zu Sachsen. 2) 19. September 1779 Franckfurth. d‘. 19tn. Sp. 79. Wir sind Herr Geheime Rath gestern Abend glscklich hier angekommen; einen halben tag sind wir l|nger als wir wolten in Caßel geblieben, es war zu viel zu sehen als daß wir es in zwey tagen h|tten thun ktnnen. Unsere Reise ist so wohl von Wetter als Weg, als auch von andern Umst|nden so glscklich, Vergnsgt, u. ohne die Geringsten Verdrießlichkeiten gewesen als wir es h|tten wsnschen ktnnen. Ich wsnsche das es in Weimar allen so wohl seyn mtge als es mir u. meinen begleitern ist. Leben Sie wohl u. empfe‘. mich Ihrer Frau Gemahlin. C. A. HzS. H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX 38, Bl. 20r. – 1 Bl. (H|lfte eines Doppelblattes, 1,5 cm breiter Mittelfalz erhalten) 10615,6 cm, 1 S. beschr., Carl Augusts Hd, Tinte; Vs. unten rechts am Rand Pr|sentats- und Antwortvermerk: „psd. 24. 7 br 1779. / resp. eodem“. – Ungedruckt.
3–4 einen halben tag Æ:::æ in Caßel geblieben] Die Reisenden trafen um 1 Uhr in der Nacht vom 13. auf den 14. September 1779 in Kassel ein und setzten ihre Reise am 16. September mittags um 12 Uhr fort (GT I 1, 93). 4 es war zu viel zu sehen] Vgl. zu 296,24. 8 meinen begleitern] ber die Mitglieder der Reisegesellschaft vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530. 10 C. A. HzS.] Carl August Herzog zu Sachsen.
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3) 21. Ærecte: 22.æ September 1779
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Franckfurth. d‘ 21tn Mein Plan Herr Geheimde Rath, hat sich ge|ndert. Ich gehe in diesen Augenblick nach der Schweitz statt nach Dsßeldorf. Es ist in der Abreise daß ich Ihnen schreibe, dieser wegen muß ich mich kurtz faßen. Leben Sie wohl. Carl AugustHzS. H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX 38, Bl. 21r. – 1 Bl. (H|lfte eines Doppelblattes, 1,5 cm breiter Mittelfalz erhalten) 10615,6 cm, 1/2 S. beschr., Carl Augusts Hd, Tinte; Vs. unten rechts am Rand Pr|sentats- und Antwortvermerk: „psd. 27. Sept 1779 /. / resp. d. 1. 8br“. – Ungedruckt.
Zur Datierung: Die herzogliche Reisegesellschaft war nach Herzog Carl Augusts Brief an seine Mutter vom 19. September 1779 am Samstag, dem 18. September, in Frankfurt eingetroffen (vgl. Bergmann, 24). ber die folgenden Tage schrieb Catharina Elisabeth Goethe am 24. September 1779 an Herzogin Anna Amalia: „Am Sontag Æ19.æ gingen Sie in ein großes Concert Æ:::æ, Montags und Dinstags Æ20./21.æ gingen Sie in die Commedie, Mittwochs Æ22.æ um 12 Uhr Mittags ritten Sie in bestem wohlseyn der Bergstraße zu“ (Pfeiffer-Belli, 456). Da der vorliegende Brief „in der Abreise“ (S. 1122, Zeile 3) geschrieben wurde, stammt er vom 22. September 1779. Im Brief an Fritsch vom 5. September 1779 hatte Carl August ursprsnglich „den Rhein Strom, u. die umliegenden Gegenden“ (S. 1119, Zeile 4) als Reiseziel genannt. ber die Grsnde, die fsr die nderung der Reiseroute ausschlaggebend gewesen sein ktnnten, vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530. 5 Carl AugustHzS.] Carl August Herzog zu Sachsen.
4) 28. September 1779
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Emmetingen. d‘. 28tn Sept. 1779. Seit gestern Abend Herr Geheime Rath, sind wir hier, in den Hause des Hofraths Schloßer, einen badenschen Oberamtmann, Gtthens Schwager, welcher sich durch verschiedenes in der Welt bekant gemacht hat, u. welchen Sie vieleicht durch den land Catechißmuß welchen er geschrieben hat kennen werden. Unsere Reise war so wohl fsr Mann als Pferd so glscklich u. erwsnscht als mtglich, vorgestern waren wir zu Straßburg woselbst ich einen tag, u. Nacht, doch gantz unbekant geblieben bin. Wir sind Nun an den Pforten der Schweitz, u. hier wollen wir unsere Pferde durch 2t|gige Ruhe zu dieser beschwerlichen Reise vorbereiten. Fsr die Gute Nachricht welche Sie mir Herr Geheime Rath von den guten befinden der Meinigen geben bin ich Ihnen sehr verbunden; es war mir dieses sehr angenehm, denn ich fand hier mit Ihren brief
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keinen weiter von Weimar. Die Landes Cultur ist in dem Rhein, u. Mayn grund um ein gutes hther getrieben als in Sachsen u. thsringen. Die Erde ist aber viel fruchtbarer, das Clima viel w|rmer, u. das Volck frthlicher u. arbeitsamer. Es ist dieser tagen so warm gewesen als es bey uns htchstens im anfang Augusts ist. Die Obstlese ist so reich als sie fast nie gewesen, u. es kam uns, die wir gewohnt sind Pfirschen in H|usern am Spalier zu sehn, sehr ungewohnt vor hier B|ume zu finden welche auf freyen Felde durch sbermenge von Pfirschen zerbrochen waren. / Ich habe den Freitag abend vor meiner Abreise, da ich die Spritze im Zeughauß, welche ich nach meiner Idee einrichten hatte laßen, probiren ließ, u. zu welcher probe ich wsnschte Sie gegenw|rtig zu haben verschiedene Kleinigkeiten gefunden welche noch mangelten. Ich schickte in Ihr Hauß, man fand Sie aber nicht; ich ging hierauf auf die Kriegs Caße, u. sahe die Spritze welche dort hin bestimmt ist, bey dieser fand ich was bey der Zeughauß Spritze mangelte, ich trug dem K. R. auf dieses machen zu laßen, u. zwar weil es meist sachen sind die auf der Montirungs Cammer leicht ------zusammen zu finden sind. Hiebey besinne ich mich verlangt zu haben daß der S. --- Venus den U. O. Gleim an die Hand gehen sollte, weil letztrer noch nicht so geschickt ist, als ich es wsnschte. Es ist also ein mißverstand, od. der Kriegs R. macht sich vieleicht in den Augenblick gern ein wenig wichtig, wie es Subalterne gerne zu thun pflegen; im Grunde ist es nicht der Mshe werth, denn wolte ich Ihn in diesen Augenblick zu diesen gesch|ft wircklich brauchen, so wsrde ich Ihnen bestimmt angewiesen haben solchen dabey anzustellen. Leben Sie wohl Herr Geheime Rath, u. geben mir fleißig gute Nachricht von Ihnen, u. den Ihrigen. Carl AugustHzS. H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX 38, Bl. 22r–22v. – 1 Bl. (H|lfte eines Doppelblattes, 1,5 cm breiter Mittelfalz erhalten) 19,2624,8 cm, 2 S. beschr., Carl Augusts Hd., Tinte; Vs. unten rechts am Rand Pr|sentats- und br Antwortvermerk: „psd. 6. / 10 - -. 8 1779“. – E: Beaulieu-Marconnay (1874), 198 f.
2–3 Seit gestern Abend Æ:::æ Hofraths Schloßer] In Emmendingen bei Johann Georg Schlosser hielt sich Carl August vom 27. bis 30. September 1779 auf (vgl. den Brief des Herzogs an seine Mutter vom 29. September 1779; Bergmann, 25 f.). 4–5 land Catechißmuß] ÆJohann Georg Schlosser:æ Katechismus der Sittenlehre fsr das Landvolk. Frankfurt a. M. 1771 (2. Aufl. 1776). – Das Werk wurde fortgesetzt: Katechismus der Christlichen Religion fsr das Landvolk, als der zweyte Theil des Katechismus der Sittenlehre fsr das Landvolk. Bern (u. a.) 1776. 7 Straßburg] Dort wurde vom 26. auf den 27. September 1779 Station gemacht. Carl August berichtet im Brief an Herzogin Anna Amalia darsber (vgl. Bergmann, 26). 7 gantz unbekant geblieben] Carl August versuchte wiederholt, inkognito zu reisen (vgl. S. 1120, zu Zeile 12). 11 Ihren brief] Nicht sberliefert. 16 Pfirschen] Vgl. zu
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112,1. 17 Spalier] Holzgersst aus Latten oder Gittern, an dem Obstb|ume und Wein gezogen werden (vgl. Grimm 16, 1845). 19 Freitag abend vor meiner Abreise] Am 10. September 1779. 19 Spritze] Gemeint ist vermutlich eine fahrbare Feuerspritze, die zur Brandbek|mpfung eingesetzt wurde. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts bestanden diese gewthnlich aus einem (htlzernen ausgeteerten) Kasten auf vier R|dern, der mit Wasser gefsllt werden konnte. Mittels einer langen Hebelstange, die von mehreren Personen zu bedienen war, konnte durch den so genannten Stiefel Wasser angesaugt und durch eine Rthre ins Feuer gespritzt werden (vgl. Zedler 9, 767 und 40, 19 f.). – Zur Brandbek|mpfung im Herzogtum vgl. zu 59,10. 19 Zeughauß] Geb|ude zur Aufbewahrung und Wartung fsr Werkzeuge und Ger|tschaften. Das im Zweiten Weltkrieg zersttrte Weimarer Zeughaus war 1753 an der Rsckseite des heutigen Bauhausmuseums am Theaterplatz errichtet worden. 24 K. R.] Gemeint ist vermutlich der Kriegsrat Carl Albrecht von Volgstedt. Aus dem Folgenden scheint hervorzugehen, dass dieser sich bei Erledigung des herzoglichen Auftrags, die Feuerspritze betreffend, in seinen Kompetenzen beschnitten sah. 25 Montirungs Cammer] Der Begriff Montierung (Montur) umfasst alles, was zur Ausrsstung eines Soldaten gehtrt: Pferd, Sattel, Waffen, insbesondere Kleidung (vgl. Zedler 22, 800). 27 S. Venus] Mtglicherweise: Sergeant --Venus. Gemeint sein ktnnte Johann Christian Venus, der Gardereiter in Weimar war, um 1778 Unteroffizier und 1783 Kammerdiener Herzog Carl Augusts wurde. 27 U. O. Gleim] Unteroffizier Justus Gleim. 29 Subalterne] Untergebene. 31 bestimmt] Ausdrscklich, deutlich, unmissverst|ndlich. 34 Carl AugustHzS.] Carl August Herzog zu Sachsen. 5) 8. Oktober 1779
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Bern. d‘. 8ten 8br 1779. Ihren brief Herr Geheime Rath, habe ich im Abreisen von Basel erhalten. Es freut mich daß Sie, u. die Ihrigen wohl sind. Was das Hauptmannische Haus anbetrift kan ich weiter gar nichts sagen, als da die Sache so weit gediehen ist, so msßen wir das einmahl angefangene souteniren; Was Sie dieserhalben verfsgt, ist dsnckt mich sehr wohl gethan, fahren Sie fort, u. laßen biß zu meiner Rsckunft von Sonnabend zu Sonnabend daß was die woche gemacht ist worden nach geschehener Attestirung des bau controlleurs von der Cammer bezahlen. Ein wahres Elend ists das auch dieses wie vieles geht, daß sich auf das avancirte zu verlaßen nicht ist, u. der bau controll: mit seinen Anschlag so vorbeygeschoßen hat. Einem tschtigen baumeister sollte so etwas nicht geschehn. Die armuth der Cammer ist mir sehr zuwieder, u. die Ursache warum unbegreif‘. u. nicht wissend; keine Auserordent‘. Ausgaben sind in diesen Jahre nicht vorgefallen, wenn Sie mir einige Erlasterung darsber geben ktnten w|re es
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mir sehr lieb. Wenn es irgend einige Mtglichkeit ist wsnschte ich sehr daß sich die Cammer die schande ersparte mit unrichtigkeit der besoldungs Auszahlungen den Anfang zu machen. Warum es nicht mtglich ist, weiß ich nicht. Wir gehn diesen Nachmittag von hier ab, um die großen Schnee u. Eisberge zu sehn. Leben Sie indeßen wohl, Herr Geheime Rath, u. dencken zuzeiten an die Reisenden. C. A. HzS H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX 38, Bl. 23r. – 1 Bl. (H|lfte eines Doppelblattes, 1–1,5 cm breiter Mittelfalz erhalten) 19,5624,3 cm, 1 /2 S. beschr., Carl Augusts Hd., Tinte; Vs. unten rechts am Rand Pr|sentats- und Antwortvermerk: „psd. 18. 8br 1779 .- /. resp. eodem“. – Ungedruckt.
1 Bern.] Carl August hielt sich am 7./8. Oktober 1779 das erste Mal in Bern auf; vom 15. bis 20. Oktober war er erneut dort. 2 Ihren brief] Nicht sberliefert. 2 im Abreisen von Basel] Am 3. Oktober 1779 war Carl August von Basel weitergereist. 3 das Hauptmannische Haus] Das von dem Weimarer Bauunternehmer Anton Georg Hauptmann 1779/80 erbaute (1825 abgebrannte) Komtdienhaus am heutigen Standort am Theaterplatz gegensber dem Wittumspalais, in dem 1791 das Weimarer Hoftheater eingerichtet wurde. Die Bauarbeiten waren im Mai 1779 begonnen worden und wurden im Januar 1780 beendet. Die Ertffnung fand am 7. Januar 1780, noch vor der Rsckkunft des Herzogs, statt: „Heste war die Erste Redoute in den nesen Hauße gehalten“ (FB 1780, S. 5). Offenbar gab es, wie aus dem vorliegenden Brief im Folgenden hervorgeht, Kostensteigerungen und Finanzierungsprobleme. Aber auch Baum|ngel traten auf; in Goethes Tagebuch heißt es unter dem 28. M|rz 1780: Auf Theater die angegebnen Bau fehler durchgegangen (GT I 1, 108). 5 souteniren] Franz. soutenir: unterststzen, aufrechterhalten. 8 bau controlleurs] Johann Friedrich Rudolf Steiner, seit 1775 Baukontrolleur. 8 Cammer] Die fsrstliche Kammer (von ,Schatzkammer‘) verwaltete die Staatskasse. 9 das avancirte] ,Avancieren‘ mtglicherweise im Sinne von ,die Zeit antizipieren‘ (vgl. Zedler, Supplemente 2, 677) oder im Sinne von ,Fortschritte (beim Bau des Hauses)‘ (vgl. GWb 1, 1303), in jedem Fall mit Bezug auf die Vorausberechnung der Baukosten. 10 Anschlag] Kostenvoranschlag. – Mit einem Reskript vom 27. April 1779 war dem Bauunternehmer Anton Georg Hauptmann, der mit dem Bau des neuen Redouten- und Komtdienhauses beauftragt war, ein Vorschuss von 3000 Reichstalern gew|hrt worden. Grundlage dafsr war ein Baukostenanschlag des herzoglichen Baukontrolleurs Johann Friedrich Rudolph Steiner vom 11. April 1779 gewesen. Am 27. September 1779 hatte die Kammer zu Weimar darsber berichtet, dass dieser Vorschuss aufgrund der vom Herzog vorgenommenen Ver|nderungen an dem Projektplan sowie infolge unvorhergesehener Umst|nde, die sich beim Abstecken des Bauplatzes und beim Ausheben des Baugrundes ergeben h|tten, nicht aus-
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reiche und ein weiterer Vorschuss von 1500 Reichstalern erforderlich sei. Um das Baugeschehen nicht zu hemmen und das Geb|ude wie vorgesehen zur Wintersaison 1779/80 fertigstellen zu ktnnen, habe die Kammer angesichts der Abwesenheit des Herzogs die Auszahlung des Betrags in wtchentlichen Raten bereits im Vorgriff auf die herzogliche Genehmigung verfsgt. Diese erfolgte dann nachtr|glich in dem Brief an Fritsch vom 8. Oktober 1779. (Vgl. ThHStA Weimar, B 9158a Geheime Canzlei-Acta, betr. die Erbauung eines Hauses fsr die Auffshrung der Schauspiele und Abhaltung der Maskenb|lle sowie dessen Anleihen bei der Kammer, 1778–1791, Bl. 25r–47v.) 11 armuth der Cammer] Die Staatsfinanzen des Herzogtums waren bereits vor dem Regierungsantritt Carl Augusts desolat; vgl. dazu ausfshrlich Marcus Ventzke: Das Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach 1775–1783 (Vertffentlichungen der Historischen Kommission fsr Thsringen. Kleine Reihe. Bd 10). Ktln, Weimar, Wien 2004, S. 48–128. Die Staatsschulden beliefen sich 1776 auf sber 400 000 Reichstaler (vgl. ebd., S. 59). Unter die Vorschl|ge, die in Denkschriften und Kommissionen unterbreitet wurden, gehtrte auch die Forderung des Pr|sidenten der Weimarer Kammer Carl Alexander von Kalb, die „Einrichtungen bey Hof und Stall durchaus dergestallt zu treffen, daß mit denen dazu bestimmten Quantis gereichet, und kein Anlaß zu Machung von Schulden gegeben werde.“ (Zitiert nach: ebd., S. 56.) Neben Sparpl|nen wurden auch Reformen des Steuersystems sowie Maßnahmen zur Wirtschaftsftrderung erwogen. Wesentliche Verbesserungen wurden nicht erreicht. Ende der 1770er Jahre belasteten insbesondere die Bauvorhaben Carl Augusts den Etat; in den Jahren 1778 bis 1782 verdoppelten sich die Ausgaben fsr das fsrstliche Bauwesen auf knapp 14 000 Reichstaler. Nach dem Bau des Komtdienhauses rieten die Kammerr|te dringend von weiteren Bauvorhaben ab und baten in einer Stellungnahme, die Errichtung eines neuen Treibhauses in Belvedere betreffend, „uns mit neuen Æ:::æ Anlagen, Bauen und Ameublements gn|digst zu verschonen.“ (Zitiert nach: ebd., S. 93.) 12 Auserordent‘. Ausgaben] Die Errichtung des Hauptmannischen Hauses gehtrte nach Ansicht der Kammer durchaus zu dieser Art von Ausgaben (vgl. S. 1125, zu Zeile 10). 14–16 daß sich die Cammer Æ:::æ Anfang zu machen] An der Vermeidung des Eindrucks unsolider Haushaltsfshrung musste Herzog Carl August auch aus aktuellem Anlass gelegen sein, hoffte er doch, in Bern eine Staatsanleihe von 50 000 Reichstalern zu erhalten (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 530). 16–17 Wir gehn Æ:::æ Eisberge zu sehn.] ber den Thuner See fshrte die Route in die Berner Alpen mit den Gipfeln von Eiger, Mtnch und Jungfrau. 19 C. A. HzS] Carl August Herzog zu Sachsen.
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6) 28. Oktober 1779 Genf. d‘. 28ten. Oct. Biß hieher sind wir glscklich gekommen, mit den schtnsten Wetter, u. den angenehmsten Umst|nden. Den Genfer See haben wir auf der Seite der Pays de Veaux sberall gesehn. Ich habe in Bern eine sehr glsckliche endeckung gemacht. Es commandirte wie bekant nach dem tode des H: Bernhards v. Weimar ein General Erlach die Armee. Diesem war etwas vom Hertzog vermacht, aber nicht bezahlt, hiersber schlug er auf den Nachlaß arrest, u. dans -les entrevues, behielt er vieles, wie auch H. Bern-hards s|mt‘. Briefschaften. Die h|tten wir lange suchen ktnnen. Sie liegen alle, die aller intereßantesten in Spietz, einem Erlachischen Guthe am thuner See. Ich bekomme das Verzeichniß derselben, u. dann wollen wir sehn was wir thun ktnnen. Schreiben Sie doch dem Isenflamm, daß er sich erkundige ob der Baron Grothausen in Wien ist. Ist er dorten, so soll er ihn von mir grsßen, u. ihn fragen warum er nichts von sich htren l|ßt. leben Sie wohl Herr Geheime Rath. C A HzS. H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX 38, Bl. 24r. – 1 Bl. (H|lfte eines Doppelblattes, 1,5 cm breiter Mittelfalz erhalten) 10615,8 cm, 1 S. beschr., Carl Augusts Hd., Tinte; Vs. unten rechts am Rand Pr|sentats- und Antwortvermerk: „psd. 8. 9br 1779. resp. eodem.“ – Ungedruckt.
3 Pays de Veaux] Gemeint ist vermutlich Pays de Vaud (Waadtland), schweizerischer Kanton ntrdlich des Genfer Sees im schweizerisch-franztsischen Grenzgebiet. 4 eine sehr glsckliche endeckung] hnlich schreibt der Herzog an seine Frau Louise: „Æ:::æ vor meiner Abreise Æaus Bernæ machte ich noch eine gute Endeckung, nehmlich ich erfuhr, daß bey der Erlachischen Famielie die s|mtl. Briefschaften des Hertz. Bernharts w|ren, ich bat mir das Verzeichniß davon aus, u. bekam auch ein schtn Portrait von ihm zu sehn, welches ich copiren laßen.“ (Karl August-Luise, 117.) – Bei der ,Entdeckung‘ handelte es sich um Papiere und Akten aus dem Nachlass Johann Ludwig von Erlachs auf Schloss Spiez am Ssdufer des Thuner Sees. Erlach hatte als Offizier zun|chst auf Seite der Schweden am Dreißigj|hrigen Krieg teilgenommen, war 1637 als Generalmajor in die Dienste des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar getreten, der ebenfalls auf protestantischer Seite k|mpfte, und hatte nach dessen Tod 1639 als einer von vier ,Direktoren‘ die Fshrung des Heeres sbernommen. Die Papiere stammten von Herzog Bernhard oder betrafen ihn und erregten Herzog Carl Augusts Interesse, weil vor oder w|hrend der Reise der Plan entstanden war, dass Goethe eine Lebensbeschreibung des bedeutenden Heerfshrers aus dem sachsen-weimarischen Hause verfassen sollte. Die Bemshungen des Herzogs, das Urkundenmaterial von den Herren von Erlach zu erwerben, die er das ganze Jahr 1780 fortsetzte, blieben ohne Erfolg. Die Familie von Erlach nutzte es ihrerseits fsr ein familiengeschichtliches Werk: „Mmoires historiques
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concernant M. le gnral d’Erlach“ (4 Bde. Yverdun 1784); der 1. Band tr|gt die Widmung: „A son altesse srnissime Monseigneur Charles-Auguste, Duc rgnant de Saxe-Weymar“ (S. V). Goethe, der gleich nach seiner Rsckkehr von der Schweizer Reise der Weimarer Bibl. wegen Bernh. Leben Auftrage (Tgb. vom 20. Januar 1780; GT I 1, 103) gab, verfolgte den Plan einer Biographie Bernhards zun|chst, indem er viel Documente und Collectaneen (Brief an Johann Heinrich Merck, 7. April 1780; WA IV 4, 202) zusammentrug und in der zweiten H|lfte des Jahres 1780 seinen Schstzling Johann Friedrich Krafft Exzerpte aus den Akten anfertigen ließ (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 410). Ohne das Erlach’sche Material blieben die Vorarbeiten jedoch unvollendet, und im Frshjahr 1782 brach Goethe das Unternehmen ab (vgl. seinen Brief an Jenny von Voigts vom 4. M|rz 1782; WA IV 5, Nr 1426). – Vgl. Hans Wahl: Goethes geplante Biographie Bernhards von Weimar. In: GJb 4 (1939), 203–208. – Das Portr|t des Herzogs Bernhard, von dem Carl August im Brief an seine Frau spricht, hatte Carl Friedrich von Sinner, Goethes und des Herzogs Fshrer in Bern, aus Spiez nach Bern gebracht. Dort ließ Carl August durch den Maler Johann Joseph Hartmann eine Kopie herstellen. Ob es sich um das Brustbild des Herzogs Bernhard handelte, das im 1. Band der „Mmoires historiques concernant M. le gnral d’Erlach“ (vor dem Bandtitel in ovalem Rahmen mit der Umschrift „Bernhard par la grace de dieu duc de Saxe & & generalissime“) abgedruckt ist, konnte nicht ermittelt werden. 6 etwas vom Hertzog vermacht] Mtglicherweise bezieht sich dies auf das unmittelbar vor seinem Tod aufgesetzte Testament des Herzogs Bernhard vom 8. Juli 1639; darin wird in einer erg|nzenden Bestimmung verfsgt: „Herrn General Major von Erlach verschaffen wir Zwanzigtausent Reichsthaler.“ (Herzog Bernhard der Große von Sachsen-Weimar. Biographisch dargestellt von Bernhard Rtse. T. 2. Weimar 1829, S. 556.) Denkbar ist, dass die Verfsgung nicht vollzogen wurde: „Daß dies Ædie Auszahlung des Legats an Erlachæ entweder nicht geschehen sey, oder doch große Schwierigkeiten haben mochte, beweisen unter Anderm die Bemshungen des jungen ÆDiederik deæ Groot, um sein Legat von 4000 Reichstalern zu bekommen.“ (Ebd., S. 556, Anm.) 6–7 schlug er auf den Nachlaß arrest] Auf etwas Arrest schlagen: etwas in Beschlag nehmen (vgl. Adelung 1, 437). – Herzog Bernhard hatte testamentarisch bestimmt, dass „Alle Kleinodien, die Wir haben, vnsern Herrn Brsdern, damit sie beym Hause bleiben“ (Rtse, T. 2, S. 555) sbermacht wsrden. Im Widerspruch dazu nahm Erlach, dem (vom BernhardBiographen Rtse) „Geldgeiz“ (ebd., S. 306) vorgeworfen wird, mtglicherweise aber auch, weil er das versprochene Legat nicht erhielt (vgl. vorhergehende Erl|uterung), „die bewegliche Erbschaft des Herzogs in Beschlag“ (ebd., S. 334): „In Erlach’s Verwahrung befanden sich zu Breisach (aus Anmaßung seit des Herzogs ÆBernhardæ Tode) an edelem Gesteine fsr 52,778 Reichsthaler an Werth,
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von diesem behielt der Generalmajor eine Anzahl, welche 32,144 Reichsthaler, von ihm selbst aber nur 21,000 Reichsthaler gesch|tzt wurden, worunter sich ein großer Diamantring von 15,000 Reichsthaler, nach Sch|tzung eines Strasburger Juweliers, befand. In Betreff der sbrigen Kostbarkeiten werden bloß die 594 Mark und 12 Loth Silbergeschirr erw|hnt, welches Erlach ebenfalls fsr sich behielt.“ (Ebd., S. 555 f., Anm.) Ein jahrelanger Streit zwischen Erlach und Herzog Wilhelm (IV.) von Sachsen-Weimar, einem der Brsder Bernhards, endete am 8. September 1642 mit einem Vergleich, „in welchem dem Herzoge Wilhelm gegen Zahlung von 60,000 Livres alle bewegliche Gster Bernhard’s in Breisach sberlassen, dem Generalmajor Ævon Erlachæ aber bis zum Abtrage der Summe die Kleinodien als Unterpfand anvertraut wurden, die Erlach als Eigenthum ansehen sollte, wenn binnen Jahresfrist das Geld nicht gezahlt worden w|re.“ (Ebd., S. 338.) Herzog Wilhelm konnte nicht zahlen, und auch weitere Versuche seinerseits, an den Nachlass des Bruders heranzukommen, blieben erfolglos. 7 dans ---les entrevues] Franz.: bei den verabredeten Zusammenksnften, Unterredungen, Unterhandlungen. 7–8 H. Bernhards s|mt‘. Briefschaften] Briefe Herzog Bernhards sind im ThHStA Weimar sberliefert (Fsrstenhaus A 339a–346f). Darunter befinden sich ein Repertorium aus dem von Erlach’schen Archiv in Spiez sber die Korrespondenzen Herzog Bernhards (ebd. Nr 340) sowie Abschriften dieser Briefe (ebd. Nr 342–346a). 11 Isenflamm] Christian Bernhard von Isenflamm, weimarischer Gesch|ftstr|ger in Wien (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 334). 11 Baron Grothausen] Friedrich Wilhelm Carl Ludewig von Grothaus, Offizier in verschiedenen Diensten mit abenteuerlicher Biographie; nachdem er am 25. August 1779 in Kochberg mit Herzog Carl August und Goethe zusammengetroffen war, charakterisierte letzterer ihn in seinem Tagebuch folgendermaßen: es ist ein schvner braver edler Mensch und es thut einen wohl ihn zu sehen, sein Landstreicherisch Wesen hat einen guten Schnitt. eigentlich ist er so eine seltsame Erscheinung dass man Wohlthut sich nicht Rechenschafft uber den Eindruck zu fordern den er auf einen macht. (GT I 1, 88.) Als Carl August und Goethe Grothaus im Sommer 1793 w|hrend des preußisch-tsterreichischen Feldzugs gegen Frankreich bei Verdun wiedertrafen, nannte Goethe ihn den abenteuerlichen Grothus (Campagne in Frankreich; WA I 33, 26). Dazu passt erl|uternd die Charakterisierung, die Grothaus durch einen Bericht Mirabeaus aus Berlin vom 8. Dezember 1786 erfuhr: „Grothausen, ein unsinniger Prahler, der alles gesehen, alles gehabt, alles gethan hat, ein vertrauter Freund des Prinzen von Wallis ÆWalesæ, Gsnstling des Ktnigs von England ist, den der Generalcongreß zu sich berief, und ihm die Pr|sidentenstelle unter der Bedingung, Canada zu erobern, antrug, der sber das Vorgebsrge der guten Hofnung nach Gutbedsnken schalten kann, allein die Kraft hat, die holl|ndischen Angelegenheiten in Ordnung zu
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bringen, Schriftsteller, T|nzer, Luftspringer, L|ufer, Oeconom, Arzt, Chymist und im Grunde ein preussischer Obristlieutenant mit 700 Thaler Gehalt ist.“ (Geheime Geschichte des Berliner Hofes oder Briefe eines reisenden Franzosen geschrieben in den Jahren 1786 und 1787. Aus dem Franztsischen sbersetzt und mit Anmerkungen begleitet Ævon Friedrich Wilhelm von Schstzæ. T. 2. O. O. 1789, S. 319 f.) – Literaturhinweis: Ulrich Joost: Der abenteuerliche Grothaus. Eine Schattenbeschwtrung. In: Lichtenberg-Jahrbuch 1990, S. 104–121. 13 C A HzS.] Carl August Herzog zu Sachsen. 7) 22. November 1779
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Zsrch. d‘. 22tn Nov. 1779. Ich habe Drey Briefe Herr Geheime Rath von Ihnen hier gefunden. Die Nachricht von Ihren wohlseyn, war mir eine der angenehmsten, die Sie mir geben konten. Ich schicke Ihnen den brief am K. v. P. vollzogen zursck. Es liegt auch einer vom P. Fried: -v. B. den Juden L ion betreffend, mit dabey. Ich d|chte Sie antworteten ihm von seiten ---des Conseils, daß Sie bey meiner Rsckunft mir vortrag davon machen wsrden; od. wenn Sie es vor ntthig halten, so laßen Sie eine Abschl|gliche antwort verfaßen, u. schiken Sie mir zur Unterschrift. Unsere Schweitzer Reise, welche nun beschloßen ist, war die glsck‘. von der welt. Best|ndig gut wetter, unsere best|ndige Gesundheit, u. kein unfall bey unsern Pferden, war ihr eigent‘. Charackter. Seit wir Weimar verlaßen haben, ktnnen wir nicht 8 tage z|hlen, in welchen uns Regen unterwegs erhascht h|tte. Die jahrszeit behielt bloß ihr Recht, wenn wir irgendwo stille lagen, u. rasteten. Schnee haben wir nicht ehr als in den obersten theile des Wallis, zwischen, u. auf der Furca u. dem Gotthardsberge. Hier schneits seit et‘. tagen, aber schwach. Die Kalte ist nicht starck. Wir sind seit vorigen Donnerstag hier, u. et‘. tage kann noch unser Aufenthalt dauren. Die Bekantschaft Lavaters macht mir die tage die ich hier zubringe |userst glsck‘. Er ist sehr geliebt, u. hat von seiner gemeinde das grtste vertrauen. Ich dancke Ihnen Herr Geheime Rath fsr die Erl|uterung, wegen der Cammer umst|nde, sie hat mir sie deut‘. sehn machen. Laßen Sie mit den Comedien Haußbau, immer weiter fort fahren, auch geben Sie den B. Controlleur auf, einen genauen Riß, u. Anschlag von den theater seÆlæbst zu fertigen, er weiß schon meine Meinung, ----------wie er solchen machen soll; zu gleicher zeit laßen Sie auch alle Nttige Materalien zu erbauung, u. Decorirung deßelben, wie holtz, Leinwand, &. c. anschaffen u. zurichten, daß bey meiner rsckkunft, man mit aufrichtung deßelbigen gleich den Anfang machen ktnne. Meine Abwesenheit ist nun am l|ngsten gewesen, nicht lange so habe ich daß Vergnsgen Sie wieder zu sehn. Grsßen Sie unsere drey Pre- / sidenten, u. empfeh‘. mich Ihrer Frau Gemahlin. Ich hoffe bald wieder gute Nachricht von Ihnen zu erhalten, indeßen leben Sie wohl. Carl AugustHzS.
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H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX 38, Bl. 25r–25v. – 1 Bl. (H|lfte eines Doppelblattes, 1 cm breiter Mittelfalz erhalten) 19,5620,5 cm, 1 S. und drei Zeilen beschr., Carl Augusts Hd., Tinte; Vs. unten rechts am Rand Pr|sentats- und Antwortvermerk: „psd. 3. 10 br 1779./. resp. eodem.“ – Ungedruckt.
2 Drey Briefe] Nicht sberliefert. 4 brief am K. v. P.] Um welchen – vermutlich an den Ktnig von Preußen gerichteten – Brief es sich handelt, konnte nicht ermittelt werden. 4–5 einer vom P. Fried: v. B. ] Vermutlich ist ein -----Brief von Prinz Friedrich (August) von Braunschweig-Wolfenbsttel, dem Bruder von Herzoginmutter Anna Amalia, gemeint. N|heres konnte nicht ermittelt werden. 5 Juden -L-ion] Der Name ktnnte auch ,Bion‘ lauten. ber beide Namen konnte nichts ermittelt werden. 8 welche nun beschloßen ist] Am 2. Dezember 1779 brachen Carl August und seine Begleiter von Zsrich zur Heimreise auf; am 14. Januar 1780 trafen sie in Weimar ein. 10–11 Seit wir Weimar verlaßen haben] Am 12. September 1779. 15 seit vorigen Donnerstag] Seit dem 18. November 1779. 16 Die Bekantschaft Lavaters] Vgl. zu 344,23. 18–19 die Erl|uterung, wegen der Cammer umst|nde] In seinem Brief an Fritsch vom 8. Oktober 1779 (Nr 5) hatte der Herzog um Aufkl|rung sber die Grsnde fsr die Finanzprobleme der fsrstlichen Kammer gebeten (vgl. zu S. 1126, zu Zeile 11). 19–20 Comedien Haußbau] Vgl. S. 1125, zu Zeile 3 und Zeile 10. 20 B. Controlleur] Johann Friedrich Rudolf Steiner, seit 1775 Baukontrolleur. 21 theater] Offenbar ist hier, wie aus dem Brief weiter hervorgeht, nicht das Theatergeb|ude, sondern die Bshne als solche und deren Einrichtung gemeint. Die erste (belegte) Auffshrung auf der bis 1784 vom Weimarer Liebhabertheater genutzten Bshne fand am 26. Mai 1780 statt: „Robert und Kalliste“ von Sigmund von Seckendorff (vgl. Sichardt, 159). 22 Materalien] Schreibversehen. 26 drey Presidenten] Gemeint sind vermutlich Carl Friedrich Ernst von Lyncker, Pr|sident des Weimarer Oberkonsistoriums, Johann August von Kalb, Pr|sident der Weimarer Kammer, und Achatius Ludwig Carl Schmid, Kanzler und Pr|sident des Weimarer Regierungskollegiums. 27 Frau Gemahlin] Johanna Sophia von Fritsch. 29 Carl AugustHzS.] Carl August Herzog zu Sachsen.
8) 30. November 1779 Zsrch. d‘. 30 tn Nov. 1779. Ich habe Ihren letzten Brief Herr Geheime Rath richtig erhalten. Er hat mich wieder mein eigen Vermuthen hier noch angetroffen, aber die Gesellschaft Lavaters, von welcher ich so lange vortheil zu ziehn wsnschte als mtglich, hat mich zursckgehalten.
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Das Schlechte Wetter welches wahrend unsres hierseyns einfiel gab uns noch eine Ursache mehr die Abreise weiter zu verschieben; dieses abwarten hat auch geholfen, die Wolcken brechen sich wieder, u. heute haben Wir einen sehr schtnen morgen. In et‘. tagen werden wir aufbrechen. Es freut mich daß die Illmenauer sache auf eine gute art ist beygelegt worden, u. daß der Cantzler ohne unangenehme schritte die Leute zur Vernunft gebracht hat. Machen Sie ihm mein comp‘. darsber. Haben Sie die gste Herr Geheime Rath u. tragen Isenflammen auf daß er mir ein recht gutes u. gleiches Portrait vom General Laudon verschaffe, ich habe eines en minatur bey H‘. v. Mechel in Basel gesehn, daß gar hsbsch war. Meines mag in hl, od. nicht, so groß od. klein als es will seyn, dieß ist mir einerley. Auch laßen Sie doch wieder durch Isenflammen einen Vorrath Wiener Pulver kommen, von derselbigen sorte wie das letztere. Ich wsnschte ebenfals, wenn ich wieder ins Reich komme, ein bißchen von denen laufenden Reichstags, u. Wetzlarschen Geschichten, wenn etwas derg‘. von letztrem ort eingelaufen ist, unterrichtet zu seyn. Laßen Sie von denen wichtigsten Sachen ein kurtzes Referat aufsetzen, u. schicken mirs zu um daß man in jenen lande, wo sich um diese sachen in Geselschaft zu beksmmern, der ton ist, auch mit figuriren ktnne. Leben Sie wohl Herr Geheime Rath, meine empfeh‘. zu Hauß, u. an Ihren collegen. C. A. HzS. H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX 38, Bl. 26r. – 1 Bl. (H|lfte eines Doppelblattes, 1,5 cm breiter Mittelfalz erhalten) 19,5624,3 cm, 1 S. beschr., Carl Augusts Hd., Tinte; Vs. unten rechts am Rand Pr|sentats- und Antwortvermerk: „psd. 10. Dec. 1779./. resp. eodem“. – Ungedruckt.
2 Ihren letzten Brief] Nicht sberliefert. 3 die Gesellschaft Lavaters] Vgl. zu 344,23. 8 werden wir aufbrechen] Am 2. Dezember 1779 ging die Reise von Zsrich nach Winterthur. 8 die Illmenauer sache] N|heres konnte nicht ermittelt werden. 9 der Cantzler] Achatius Ludwig Carl Schmid, Kanzler und Pr|sident des Weimarer Regierungskollegiums. 10 comp‘.] Kompliment: Glsckwunsch, Anerkennung (vgl. Grimm 2, 633). 11 Isenflammen] Christian Bernhard von Isenflamm, weimarischer Gesch|ftstr|ger in Wien (vgl. die einleitende Erl|uterung zu Nr 334). 12 gleiches] ,Gleich‘ hier im Sinn von ,naturgetreu‘. 12 Portrait vom General Laudon] Ernst Gideon Freiherr von Laudon (Loudon; Laudohn); nach Ablehnung durch Ktnig Friedrich II. von Preußen trat er 1742 als Offizier in tsterreichische Dienste und nahm als Generalmajor, sp|ter als Feldmarschallleutnant am Siebenj|hrigen Krieg gegen Preußen teil. Als Oberbefehlshaber der tsterreichischen Truppen siegte er am 12. August 1759 bei Kunersdorf sber den preußischen Ktnig. Als Feldmarschall stand er 1778 bei Ausbruch des Bayerischen Erbfolgekriegs dem Prinzen Heinrich von Preußen in Bthmen gegensber. Sp|ter, 1788, besiegte er die Tsrken in Kroatien, eroberte 1789 Belgrad und wurde zum Generalissimus er-
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nannt. – Herzog Carl August hatte eine Vorliebe fsr Milit|risches; vermutlich interessierte er sich deswegen fsr den bershmten General. – Mtglicherweise steht mit Carl Augusts Wunsch, dessen „Portrait“ zu besitzen, das Gem|lde Laudons in Halbfigur in Zusammenhang, das im Katalog der Direktion Museen der Klassik Stiftung Weimar verzeichnet ist (Inv.-Nr G 1376). Es stammt von Johann Nepomuk Steiner. 12–13 en minatur] Versehentlich fsr ,en miniature‘. – Welches Miniaturportr|t Laudons der Herzog in Basel gesehen hatte, konnte nicht ermittelt werden. Vielleicht handelte es sich um das Miniaturbildnis von Heinrich Friedrich Fsger, das mehrfach in Miniatur und Kupferstich kopiert wurde. Allerdings wird die Entstehungszeit von Fsgers Bildnis meist mit ,um 1780‘ angegeben. (Nach freundlichen Hinweisen von Alexander Rosenbaum, Weimar.) 13 v. Mechel] Christian von Mechel, Kupferstecher und Kunsth|ndler in Basel; Goethe hatte ihn bereits auf seiner ersten Reise in die Schweiz kennen gelernt (vgl. GB 2 I, EB 152). 15 Wiener Pulver] Mtglicherweise ist ,Wiener Kalk‘ gemeint: ein weißes Pulver aus geriebenem Kalkmergel, das als Poliermittel gebraucht wurde (vgl. Pierer 19, 194). 16 ins Reich] Auf das Gebiet des Heiligen Rtmischen Reiches Deutscher Nation. Die Schweiz gehtrte nicht dazu. Reichsgebiet betrat Carl August demnach wieder am 3. Dezember 1779 in Konstanz. 17 Reichstags, u. Wetzlarschen Geschichten] Zum Reichstag, der seit 1663 in Regensburg abgehalten wurde, vgl. zu 436,24. – In Wetzlar tagte seit 1689 das Reichskammergericht, das oberste Gericht des Heiligen Rtmischen Reiches Deutscher Nation. 21 figuriren] Eine Rolle spielen, sich sehen lassen (vgl. Grimm 3, 1630). 23 C. A. HzS.] Carl August Herzog zu Sachsen. 9) 25. Dezember 1779 Franckfurth. d‘. 25tn Dec 1779. Nur noch 30 Meilen außeinander, die werden end‘. hoffe ich, wie ein paar 100 andere sberwunden werden. Nach 8 tagen bleibens in Stuttgard ging ich nach Carlsruh, u. fand da in einen großen Paquet, einige briefe von Ihnen Herr Geheime Rath. Das Gothaische Schreiben besorgte ich gleich, aber Ihnen zu schreiben blieb mir weder da, noch in Mannheim Zeit sbrig. Vorgestern bin ich hier eingetroffen, finde sberall, weder Schnee, noch Eis; dieses beweist daß es in Weimar doch viel k|lter seyn msße als wie hier, da mir geschrieben worden, daß bey Ihnen Schlittenbahn seye. Groß waßer hat uns zuweilen den geradesten Weg abgeschnitten; der Rhein u Mayn sind sehr ausgetreten, u. bey einen kleinen flsßchen 2 Stund von hier haben wir von der sicheren Chauss auf einer F|hre biß an die brscke fahren msßen. Es ist sehr gut daß Sie die Jslichsche Pretentionen aufw|rmen laßen, helfen wirds zwar nicht, aber wegen der
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zukunft darf man so etwas nicht ruhen laßen. Das Hauß Baden wird auch mit Forderungen auf Reichslehne hervor treten, weil zu ersetzung der Kriegssch|den, nach dem Westph|lischen Frieden, ihnen die ersten vacanten Reichslehne versprochen sind worden. Besorgen Sie nur Herr Geheime Rath, daß die, darsber nothwendig zu fshren seyenden schriften, recht wohl verfast seyen, man sieht neuerdings sehr auf so etwas. Ubermorgen gehe ich nach Darmstadt u. besuche meine Verwandten, u. alte bekanten hier in der Gegend. Leben Sie wohl Herr Geheime Rath; ich hoffe Sie vieleicht nun bald, gesund, u. vergnsgt wieder zu finden. Carl August. HzS. H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX 38, Bl. 27 und 29. – Doppelblatt 18,3623,8 cm, 1 S. beschr., Carl Augusts Hd., Tinte; S. 3 Adresse: „Dem / Geheimen Rath von Fritsch / in / Weimar“, rotes Siegel; Bl. 2 rechts von der Mitte Siegelausschnitt; S. 1 unten rechts am Rand Pr|sentatsvermerk: „psd. 31. Dec. 1779./.“ – Ungedruckt.
Fritsch antwortete am selben Tag (H: ThHStA Weimar, Großherzogliches Hausarchiv A XIX 38, Bl. 28). 2 30 Meilen] Etwa 225 km. 3 8 tagen bleibens in Stuttgard] Vom 11. bis 18. Dezember 1779. 3 Carlsruh] Dort hatte sich Carl August vom 18. bis 21. Dezember 1779 aufgehalten. 4 briefe von Ihnen] Nicht sberliefert. 4–5 Das Gothaische Schreiben] N|heres konnte sich nicht ermitteln lassen. 6 Mannheim] Dort hatte Carl August vom 21. bis 24. Dezember 1779 Station gemacht. 6 Vorgestern bin ich hier eingetroffen] Der Herzog und Goethe waren erst am Vortag, dem 24. Dezember 1779, in Frankfurt eingetroffen (vgl. die Anmerkung zum 24. Dezember 1779 in der bersicht „Goethes zweite Reise in die Schweiz“ in der einleitenden Erl|uterung zu Nr 530). 12 Jslichsche Pretentionen] Bezieht sich auf die Anwartschaft der ernestinischen Herztge von Sachsen auf das vereinigte Herzogtum Jslich-Kleve-Berg, die auf Zusicherungen von Kaiser Friedrich III. im 15. Jahrhundert zursckgeht. Durch ein von Kaiser Karl V. im Jahr 1546 erteiltes Privileg erhielten jedoch auch die weiblichen Nachkommen Herzog Wilhelms des Reichen von Jslich-Kleve-Berg das Erbrecht. Jslich und Berg waren seit Anfang des 17. Jahrhunderts im Besitz der Wittelsbacher Kurfsrsten von der Pfalz. Nach der bernahme Kurbayerns durch Kurfsrst Carl Theodor von der Pfalz 1777 und dem daraufhin ausgebrochenen Bayerischen Erbfolgekrieg kam es zu der vertraglichen Regelung, in der Carl Theodor der Besitz Bayerns gegen Abtretung einiger Territorien an die Habsburger zugesprochen wurde. In diesem Zusammenhang kamen auch die Erbansprsche des Hauses Sachsen auf Jslich und eventuelle Entsch|digungen fsr einen mtglichen Verzicht zur Sprache. Da Carl Theodor fortgeschrittenen Alters und kinderlos war, schien ein baldiger Erbanfall dieser Territorien abzusehen. Bei dessen Eintreten h|tte das Gesamthaus Sachsen einen berechtigten Anspruch darauf gehabt, diese
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in Besitz zu nehmen. Die fshrenden Vertreter des Hauses Sachsen mussten sich daher Gedanken darsber machen, wie sie beim Eintreten des Erbfalls ihre Ansprsche geltend machen ktnnten. Die Bemshungen blieben jedoch ergebnislos, weil Kurfsrst Carl Theodor als Landesherr von Jslich-Kleve-Berg noch bis 1799 lebte und nach seinem Tod das Haus Brandenburg-Preußen das Territorium in Besitz nahm, da es seine Abstammung auf die |lteste Tochter Herzog Wilhelms des Reichen zursckfshrte, Marie Eleonore, die mit Albrecht Friedrich von Preußen verheiratet war. – Dennoch fshrten die s|chsischen Herztge noch bis 1806 Titel und Wappen als Herztge von Jslich, Kleve und Berg. 13–14 Das Hauß Baden Æ:::æ hervor treten] Vermutlich handelt es sich um die lutherische Linie Baden-Durlach, die nach 1648 wiederholt mit Reichslehen bedacht wurde. Zur damaligen Zeit erhielt sie jedoch keine neuen Reichslehen. (Nach freundlicher Mitteilung von Kurt Andermann, Generallandesarchiv Karlsruhe.) – ,Reichslehne‘: fsr ,Reichslehen‘. 18 Ubermorgen gehe ich nach Darmstadt] Diese Angabe stimmt mit der Anksndigung im Brief des Herzogs an seine Mutter vom 26. Dezember 1779 sberein: „Æ:::æ nach Darmstadt Æ:::æ, wo ich morgen Æ:::æ mich hinverfsgen werde.“ (Bergmann, 34.) 18 meine Verwandten] Vgl. S. 1120, zu Zeile 4 und Zeile 5. In Briefen an seine Frau Louise vom 4. Januar 1780 (Karl August-Luise, 127–129) und an seine Mutter vom 9. Januar 1780 (Bergmann, 35 f.) berichtet Herzog Carl August sber den Besuch in Darmstadt. 21 Carl August. HzS.] Carl August Herzog zu Sachsen.
Verzeichnis von Briefen und Dokumenten Dritter im Kommentar Augusta Gr~fin zu Stolberg-Stolberg an Goethe und Christian Graf zu Stolberg-Stolberg, 9. Dezember 1775 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Louise Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach, 3. Januar 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Charlotte von Stein, Gedicht „Obs unrecht ist was ich empfinde Æ:::æ“, Oktober 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Georg Zimmermann an Charlotte von Stein, 22. Oktober 1775 . Friedrich Hildebrand von Einsiedel, Matinee „Schreiben eines Politikers an die Gesellschafft am 6 Jan. 76.“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Charlotte von Stein an Johann Georg Zimmermann, 6. M~rz 1776 . . . . Johann August von Kalb an Catharina Elisabeth und Johann Caspar Goethe, 16. M~rz 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater, Widmung „An Louisen Prinzessinn von HessenDarmstadt regierende Herzoginn von Weimar“, 24. Januar 1776 . . . . . Traugott Lebrecht Schwabe, „Diplom der Stadt Weimar“ (Goethes Burgerrecht), 26. April 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Charlotte von Stein an Johann Georg Zimmermann, 10. Mai 1776 . . . . Cornelia Schlosser an Johann Christian Kestner, 6. Januar 1776 . . . . . . . Friedrich Gottlieb Klopstock an Goethe, 8. Mai 1776 . . . . . . . . . . . . . . Friedrich Gottlieb Klopstock an Goethe, 29. Mai 1776 . . . . . . . . . . . . . Friedrich Leopold Graf zu Stolberg-Stolberg an Friedrich Gottlieb Klopstock, 8. Juni 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Schlosser an Augusta Gr~fin zu Stolberg-Stolberg, 10. Dezember 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Charlotte von Stein an Johann Georg Zimmermann, 17. Juni 1776 . . . . Cornelia Schlosser an Charlotte von Stein, Juni 1776 . . . . . . . . . . . . . . . Charlotte von Stein, Schauspiel „Rino“, 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jacob Michael Reinhold Lenz an Goethe und Philipp Seidel, 27. Juni 1776 (Teildruck) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Schlosser an Charlotte von Stein, 20. Oktober 1776 . . . . . . . . Jacob Michael Reinhold Lenz an Goethe, Mitte September 1776 . . . . . . Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach an Charlotte von Stein, 28. September 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12 26 77 107 140 165 175 221 238 240 252 259 264 265 276 299 302 305 317 355 392 407
1138
Verzeichnis von Briefen und Dokumenten Dritter
Johann Gottfried Herder an Goethe, 31. Oktober 1776 . . . . . . . . . . . . Jacob Michael Reinhold Lenz an Philipp Erasmus Reich, 23. November 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Adam Friedrich Oeser an Goethe, 10. Januar 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater, Widmung „An Herrn Friedrich Ludwig Wilhelm Christian, regierenden Landgrafen zu Hessen-Homburg“, 7. Oktober 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sigmund von Seckendorff, Quittung, 7. Februar 1777 . . . . . . . . . . . . . Louise Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach an Charlotte von Stein, 19. August 1777 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Ernst Clauder an Philipp Seidel, 26. Dezember 1782 . . . . . . . . . Philipp Seidel, Quittung, 17. Februar 1786 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Seidel an Johann Adam Wolf, 15. September 1777 . . . . . . . . . . Johann Georg Zimmermann an Johann Gottfried Herder, 26. Oktober 1777 (Teildruck) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Charlotte von Stein, Gedicht „An Louise“, nach 1789 . . . . . . . . . . . . . Charlotte von Stein, Gedicht „An den Mond nach meiner Manier“, nach 1786 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinrich XXVI. Graf Reuß zu Ebersdorf an Jacob Heinrich Neuberger, 31. Januar 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinrich XXVI. Graf Reuß zu Ebersdorf an Johann Christian Meyer, 18. Februar 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anton von Catharin, Anzeige im „Anhang zur Erlangischen Real-Zeitung Num. 11“, 6. Februar 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl Christian Heinrich Rost, Anzeige zur Gesch~ftsubernahme, 1778 . Gottfried August Burger an Goethe, 26. M~rz 1778 . . . . . . . . . . . . . . . Anna Louisa Karsch an Johann Wilhelm Ludwig Gleim, 27. Mai 1778 (Teildruck) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anna Louisa Karsch an Goethe, 18. Mai 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Seidel an Johann Adam Wolf, 15. Oktober 1777 . . . . . . . . . . . . Anna Louisa Karsch an Goethe, 19. Mai 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Charlotte von Stein an Goethe (Antwortmarginalie), um den 21. Oktober? 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Susanna Sophia Lehmann, Quittung, 1. Februar 1779 . . . . . . . . . . . . . . Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach an die Weimarer Kammer, 19. Januar 1779 (Reskript) . . . . . . . . . . . . Jean Antoine de Castrop an Goethe, 1. Februar 1779 . . . . . . . . . . . . . .
431 433 461
466 471 548 553 556 573 594 657 657 663 664 668 676 679 706 712 716 718 784 845 848 849
Verzeichnis von Briefen und Dokumenten Dritter
Ulysses von Salis von Marschlin an Carl Ludwig August von Scholley, 31. M~rz 1778 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulysses von Salis von Marschlin an Goethe, 20. Oktober 1778 . . . . . . . Carl Ludwig August von Scholley an Goethe, 18. November 1778 . . . Carl Ludwig August von Scholley an Goethe, 6. April 1779 . . . . . . . . . Johann Ludwig Eckardt, Promemoria, April 1779 . . . . . . . . . . . . . . . . Carl Ludwig August von Scholley an Goethe, 24. Juli 1779 . . . . . . . . . Ulysses von Salis von Marschlin an Goethe, 15. August 1779 . . . . . . . . Großer Rat der Stadt und Republik Bern, Beschluss ein Darlehen fur Sachsen-Weimar betreffend, 27. August 1779 . . . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Goethe, 22. Oktober 1779 (Teildruck) . . . . . . Jeanette Brossard an Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, 26. Oktober 1791 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Caspar Lavater an Goethe, 12. Januar 1780 (Teildruck) . . . . . . . . Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra an Goethe, 2. Juni 1779 . . . . . Briefe von Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach an Jacob Friedrich von Fritsch aus der Zeit der Schweizer Reise 1779 .
1139 891 892 893 893 895 899 907 970 1015 1053 1075 1094 1119
Verzeichnis der Abbildungen Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3
Abb. 4 Abb. 5
Abb. 6
Abb. 7
Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10 Abb. 11
Beilage
August Weger: Charlotte von Stein, Stahlstich nach Georg Wolf (zu Nr 18); Goethe-Nationalmuseum Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe an Charlotte von Stein, Æzweite H~lfte M~rz? 1777æ (Nr 243), Rs.: sitzende Figur, Bleistiftzeichnung; Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Ernst Clauder an Philipp Seidel, 26. Dezember 1782 (zu Nr 281), S. 1; Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., S. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe: Brocken im Mondlicht, vom Torfhaus gesehen, 10. Dezember 1777 (zu Nr 311), Kohlezeichnung, gewischt; Goethe-Nationalmuseum Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe: Schweinehutte, 10. Mai 1778 (zu Nr 359), Bleistiftzeichnung; Goethe- und Schiller-Archiv Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anna Louisa Karsch an Goethe, 18. Mai 1778 (zu Nr 361), S. 1; Goethe-Museum Dusseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., S. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., S. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dass., S. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe: Rekrutenauslesung (zu Nr 474), Zeichnung, Feder, schwarz, grau laviert, uber Graphitspuren; Goethe-Nationalmuseum Weimar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Ludwig Gussefeld: Plan der Stadt Weimar. Nurnberg 1784 ÆStahlstich, koloriertæ; Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar
63
502
554 555
616
700
708 709 710 711
874
Register Das Register besteht aus drei Teilen: einem Register der Personen und ihrer Werke, einem Register der Werke Goethes und einem Register der Anonyma und Periodika. Zahlen in Fettdruck bei Personen bezeichnen die Nummern der an sie gerichteten Briefe, die Angabe „EB“ verweist auf „Erschlossene Briefe“, „A“ auf „Amtliches“, „Z“ auf „Zweifelhaftes“. Die Briefnummern sind mit * versehen, wenn der Adressat unsicher ist; ein der Briefnummer nachgestelltes „K“ verweist auf ein mit abgedrucktes Konzept. Zahlen in Geradschrift beziehen sich auf Erw|hnungen in den Brieftexten, kursive Zahlen auf Erw|hnungen in den Erl|uterungen. Kursive Zahlen in Fettdruck verweisen auf die einfshrenden Erl|uterungen zu den Briefadressaten. Werk- und Personenregister enthalten auch Verweise auf indirekt erw|hnte Werke und Personen. Aufgrund der H|ufigkeit, in der Charlotte von Stein im vorliegenden Kommentarband erw|hnt wird, sind im Register nur die Nummern der an sie gerichteten Briefe sowie Erw|hnungen in den Erl|uterungen der Briefe an andere Adressaten verzeichnet. Auf den Bearbeiter zursckgehende Werktitel sind durch spitze Klammern markiert, z. B.: ÆRemarques sur le Laocoonæ (Aufsatzplan). Um unnttige oder irrefshrende Verdoppelungen zu vermeiden, blieben die Lemmata bei der Verzeichnung unberscksichtigt, ebenso die bersetzungen der fremdsprachigen Briefe Goethes. Fsrstlichkeiten und Ktnige erscheinen unter dem Namen ihres Landes (z. B.: Preußen, Friedrich II. [der Große], Kvnig von), Kaiser unter ihrem Vornamen, P|pste unter ihrem Amtsnamen. Innerhalb einer Familie, deren Mitglieder mit einem Wiederholungszeichen ( –, NN) verzeichnet werden, gilt in der Regel die genealogische Reihenfolge. Im Zusammenhang einer Familie beziehen sich die Relativpronomen dessen/deren nicht auf die jeweils zuletzt erw|hnte Person, sondern auf die zuerst mit ausgeschriebenem Namen verzeichnete. Als Plural ist das Pronomen deren zu verstehen, wenn beide Elternteile zu Beginn des Eintrags genannt sind. Eintr|ge, die mit einem ausgeschriebenen Namen beginnen, richten sich nach der Reihenfolge des Alphabets. Das Register der Anonyma und Periodika ist alphabetisch nach dem Titel angeordnet. Dieser erscheint soweit mtglich in originaler Orthographie.
Personen und Werke Abendrot, Johann Nikolaus (1719– 1783), von 1752 bis 1783 Pfarrer in Schvngleina in Sachsen-Gotha und Altenburg 10; 35 Aberli, Johann Ludwig (1723–1786), Maler, Zeichner und Radierer in Bern 304?, 311, 321, 322?; 993, 1006, 1021 f. Abramson, Abraham (1754–1811), Medailleur und Stempelschneider in Berlin 397 –, J a c o b Abraham (1723–1800), Medailleur und Stempelschneider in Berlin, dessen Vater 397 Abramson, Adressat Goethes, vermutlich in Leipzig EB 103 Ackermann, Heinrich Anton (1730/ 31–1792), Hofsekret~r und Hofadvokat in Weimar, 1779 Justizamtmann in Ilmenau 278; 790, 916 –, E r n s t Christian W i l h e l m (1761–1835), Justizbeamter in Ilmenau, Geheimer Justizrat in Weimar, dessen Sohn 790 f. –, Carl (1763–1790), S~nger und Schauspieler in Speyer und Hanau, dessen Sohn 790 f. sop (Aisopos) (6. Jh. v. Chr.), griechischer Fabeldichter 525, 926 Die Frvsche 525 Die Fuchse 525 Der Wolf und das Lamm 525 Zeus und die Schlange 525, 926 f. Ahlefeld, Herr von siehe Sachsen-Weimar und Eisenach, Carl August Herzog von Ahlefeld(t), C h a r l o t t e Elisabeth Sophie Luise Wilhelmine von, geb. von Seebach (1777–1849), Schriftstellerin, seit 1798 Frau des schleswigschen Rittergutsbesitzers Johann
Rudolf von Ahlefeld(t), seit 1821 in Weimar 827, 829, 835 Aufzeichnungen von der Hand der Frau Charlotte Ahlefeldt Æ:::æ fur Großherzog Carl Friedrich 827, 829, 835 Albrecht, Johann Carl (1736–1800), Mathematiker, Naturforscher, P~dagoge, Legations- und Hofrat in Weimar, Lehrer und Reisebegleiter des Prinzen Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach 143 Amerbach, Basilius (1533–1591), Jurist und Kunstsammler in Basel 1018 Anakreon (um 580–um 495 v. Chr.), griechischer Lyriker 59 Andr, Johann (1741–1799), Seidenfabrikant in Offenbach, Musikalienverleger, Komponist, von 1777 bis 1784 Musikdirektor in Berlin 290, 707, 712–714, 723 Erwin und Elmire (Goethe) 290, 723 Anhalt-Bernburg, Friedrich Albrecht Furst von (1735–1796), seit 1765 Furst 727 Anhalt-Dessau, Henriette Amalie Prinzessin von (1720–1793) 589 Anhalt-Dessau –, L e o p o l d III. Friedrich Franz von (1740–1817), seit 1758 regierender Furst, seit 1807 Herzog EB 217; 148, 207 f.; 391, 445 f ,529 f., 701 f., 704 f., 707, 717, 722, 726, 766 –, Friedrich Erbprinz von (1769– 1814), preußischer Offizier, 1794 als Generalmajor entlassen, dessen Sohn 722 –, Johann Georg Prinz von (1748– 1811), preußischer General, dessen Bruder 707, 722
Personen und Werke
Anquetil-Duperron, Abraham Hyacinthe (1731–1805), franzvsischer Orientalist in Paris, Begrunder des Zend-Studiums 235, 248 Zend-Avesta 235, 248 Anseaume, Louis (1721–1784), franzvsischer Theaterschriftsteller, Librettist 112 Les deux chasseurs (Libretto) 112 Appelius, W i l h e l m C a r l Lorenz (1728–1796), Landschaftssyndikus sowie Hofadvokat und Kammerrat in Eisenach 166; 470 f. Ariosto (Ariost), Lodovico (1474– 1533), italienischer Dichter, Hofbeamter des Herzogs Alfonso I. d’Este in Ferrara 855 Orlando furioso 855 Aristophanes (um 445–um 386 v. Chr.), griechischer Dramatiker 214, 459 Aristoteles (384–322 v. Chr.) 35; 152 Physiognomonica (Verfasserschaft unsicher) 35; 152 Arnim, Elisabeth (B e t t i n e) Catharina Ludovica Magdalena von, geb. Brentano (1785–1859), Schriftstellerin, seit 1811 verheiratet mit Achim von Arnim, Tochter aus der zweiten Ehe Peter Anton Brentanos mit Maximiliane La Roche, Enkeltochter Sophie von La Roches 536 Arpeau, Jacques (1743–1800), Gutsbesitzer in Cheserex in der N~he von Nyon am Genfer See, Oberforstmeister, kvniglich-sardischer Offizier 325, 330, 429; 1026, 1037 –, Marie Charlotte, geb. Charbonnier (1751–1816), dessen Frau, Schwester von Johann Heinrich Mercks Frau Louise 1026 Aulhorn, Johann Adam (1728–1808), Hoftanzmeister, Schauspieler und S~nger in Weimar 128; 471
1145
Bach, Carl P h i l i p p E m a n u e l (1714–1788), Komponist, seit 1767 Musikdirektor in Hamburg, Sohn von Johann Sebastian Bach 131; 484, 494 Bachoff von Echt, Ludwig Heinrich Freiherr (1725–1792), d~nischer Geheimer Rat und Gesandter in Madrid, Regensburg und Dresden, Herr auf Romschutz und Dobitschen bei Altenburg 446 f. –, Anna Wilhelmine Sophie Christiane (geb. 1751), dessen Tochter 446 –, Johann Friedrich Anton Christoph (geb. um 1753), dessen Sohn 446 –, Friedrich Wilhelm Ludwig (geb. um 1755), dessen Sohn 446 Baden –, Karl Friedrich von (1728–1811), seit 1746 regierender Markgraf, seit 1803 Kurfurst, seit 1806 Großherzog 366; 256, 259, 465 f., 924 f., 1076 f., 1120 –, Caroline Louise Markgr~fin von, geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt (1723–1783), seit 1751 dessen Frau, Tante der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach 366; 831, 1076–1078 –, Carl Ludwig Erbprinz von (1755– 1801), deren Sohn 366; 1078, 1120 –, Friedrich Prinz von (1756–1817), deren Sohn 366; 1078 –, L u d w i g Wilhelm August Prinz von (1763–1830), seit 1818 als Ludwig I. Großherzog, deren Sohn 366; 1078 –, A m a l i e Friederike von, geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt (1754–1832), seit 1774 Frau Carl Ludwigs von Baden, Schwester der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach 366; 261, 1078, 1120
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Register
–, A m a l i e Christiane von (1776– 1823), Tochter Carl Ludwigs und Amalie Friederikes von Baden 366; 1078 –, Friederike C a r o l i n e Wilhelmine von (1776–1841), Tochter Carl Ludwigs und Amalie Friederikes von Baden 366; 1078 –, L u i s e Marie Auguste (1779–1826), Tochter Carl Ludwigs und Amalie Friederikes von Baden 366; 1078 Baden-Durlach –, Familie 1134 f. Bager, Johann Daniel (1734–1815), Maler und Radierer in Frankfurt a. M. 488 ÆPortr~t Goethesæ 488 Bahrdt (Bardt), Carl Friedrich (1741– 1792), Theologe und Schriftsteller, seit 1771 Professor in Gießen, 1773/1774 Herausgeber der FGA 14; 44, 906 Die neusten Offenbarungen Gottes 44 Balmat, Jacques (1762–1834), franzvsischer Bergfuhrer und Kristallsucher in Chamonix, mit Michel Gabriel Paccard 1786 Erstbesteiger des Montblanc 1059 Barckhaus (Barkhaus) gen. von Wiesenhutten, C h a r l o t t e Luise Ernestine von (1756–1823), Frankfurter Bekannte Heinrich Julius von Lindaus 88 Barckhofen siehe Kalckofen Bary-Birr, Johann Jacob de (1667–1737), Seidenfabrikant in Basel 1018 Basch, Siegmund (1700–1771), Theologe, Oberkirchenrat, Oberhofprediger und Superintendent in Weimar, Aufseher des Gymnasiums, Herders Vorg~nger 22 Basedow, Johann Bernhard (1724– 1790), Theologe, P~dagoge, Schul-
reformer, 1774 Begrunder des Philanthropinums in Dessau, p~dagogischer Schriftsteller 374, 391, 402, 906 Batt, Georg Anton (1775–1839), Privatgelehrter und Heimatforscher aus Heidelberg 749 Batty (B~tty, Baty, B~ty), George (1732/33–1821), englischer konom, seit 1779 sachsen-weimarischer Landkommissar und Inspektor der herzoglichen Kammerguter in Weimar, 1805 Privatier 281, 291 f.; 927 f., 945, 953–955, 957 Bauer, Johann Gottfried (1716–1783), Verleger und Buchh~ndler in Straßburg 343?; 1054 Baumann, Friedrich (1. H~lfte 16. Jh.), Bergmann in Rubeland (Harz) 629 Baumgarten, Peter im siehe Peter im Baumgarten Bause, Johann Friedrich (1738–1814), Kupferstecher und Radierer, von 1764 bis 1770 Schuler Adam Friedrich Oesers, sp~ter Lehrer fur Kupferstich an der Leipziger Kunstakademie EB 142 Bayern –, Maximilian III. Joseph von (1727–1777), seit 1745 Kurfurst 674 –, C a r l Philipp T h e o d o r von (1724–1799), seit 1742 als Carl IV. Kurfurst von der Pfalz, seit 1777 als Carl II. Kurfurst von Bayern 674, 924, 1134 f. Beatus (1. Jh. n. Chr.), Heiliger, aus Frankreich oder Schottland stammender Apostel der Schweiz 1010 Beaulieu-Marconnay, F r i e d r i c h G e o r g Christian von (1739–1808), kvniglich-großbritannischer und hannoverscher Oberj~germeister in Celle 92, 890, 903
Personen und Werke
–, W i l h e l m i n e Baldine Sophie Eleonore Elisabeth von, geb. von Lindau (1757–1795), dessen Frau, Schwester von Heinrich Julius von Lindau 490, 490K; 19, 20?, 272– 275, 371–373, 421; 87, 92, 889, 890, 894–896, 898, 899–901, 902–903, 904 –, deren Kinder 903 Bechtolsheim siehe Mauchenheim Beck, H e i n r i c h Christian (1760– 1803), Schauspieler und Theaterdichter in Mannheim, Theaterdirektor in Munchen und Mannheim 924 Becker, Johann H e r m a n n , um 1776 J~ger beim Oberforstmeister Moritz von Wedel in Weimar 341?, 345?; 968 f. Becker, Wilhelm Gottlieb (1753– 1813), Schriftsteller und Kunsthistoriker in Dresden, seit 1795 Inspektor des Munzkabinetts und der Antikengalerie, seit 1804 des Grunen Gewvlbes EB 66; 50?; 198 f., 364 Beecke (Beck), Notker I g n a z Franz von (1733–1802), Offizier und Komponist, zeitweise in Paris und Wien 962 Claudine von Villa Bella (Goethe) 962 Behrisch, Ernst Wolfgang (1738–1809), bis 1767 Hofmeister des Grafen Lindenau in Leipzig, Erzieher des Erbprinzen, sp~ter Gesellschafter des regierenden Fursten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau und Hofrat in Dessau, Freund und Mentor Goethes in Leipzig EB 221, EB 225; 194, 312, 529, 702–704 Beil, Johann David (1754–1794), Schauspieler und Theaterdichter in Mannheim 924
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Beilschmidt, Johann Heinrich (um 1754–1820), Bedienter in Weimar, um 1776 Hoflivrebediensteter (Laufer), um 1808 Diener in der Kammerrenterei EB 202; 442 Bellizvre, Pomponne II. de (1606– 1657), franzvsischer Staatsmann und Diplomat 963 Benelle, Carl (1683/84–1754), franzvsischer Handelsmann in Leipzig 676 –, Philipp Carl, dessen Sohn 676 Bentheim, Johann Georg von (1739–1801), Offizier, seit 1779 Hauptmann in Weimar, seit 1783 Stadtkommandant von Jena EB 259*; 259?; 859 Bergen, Niclaus von, Schweizer Landammann in Oberhasli im Kanton Bern, Angehvriger einer einflussreichen und weit verzweigten Oberhasler Familie 907 Berger, Johann Daniel (1744–1825), Kupferstecher, Direktor der Kupferstecherschule in Berlin 60 Berlepsch, Friedrich Ludwig von (1749–1818), Jurist in hannoverschen, sp~ter in westf~lischen Diensten, Staatsrat in Kassel 594 f., 832 –, Emilie Dorothea Friederike von, geb. von Oppel (1755–1830), Schriftstellerin, seit 1771 dessen Frau, seit 1801 in zweiter Ehe Frau des Dom~nenrats August Harms 594 f., 661, 832 Bernard, Johann N i c o l a u s (Nicolas) (1709–1780), aus Straßburg stammender Kaufmann und Fabrikant in Frankfurt und Offenbach 202 –, Johann Friedrich (geb. 1744), Handelsmann, Huttenbesitzer im Elsass, vermutlich dessen Verwandter, 1776 Verlobter Lili Schvnemanns 202 Bernstorff (Bernsdorf, Bernstorf), Charitas Emilie Gr~fin von, geb. von
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Register
Buchwald (1733–1820), Frau von Johann Hartwig Ernst Graf von Bernstorff, 1772 verwitwet, seit 1779 in Weimar 412; 952, 962 Bernstorff, Friederike Sophie Eleonore von siehe Schardt, Friederike Sophie Eleonore von Bernstorff, H e n r i e t t e Friederike Gr~fin von, geb. Gr~fin zu StolbergStolberg (1747–1782), Schwester von Augusta Louise Gr~fin zu Stolberg-Stolberg 101, 155; 10 f., 19, 271, 274, 546 –, Andreas Peter Graf von (1735– 1797), d~nischer Staatsminister, seit 1762 deren Mann, Neffe von Johann Hartwig Ernst Graf von Bernstorff 546 –, A u g u s t a Luise Gr~fin von, deren Schwester siehe Stolberg-Stolberg, A u g u s t a Luise Gr~fin zu Beroldingen, J o s e p h Anton Siegmund (Sigismund) von (1738–1816), Theologe, Kunstsammler, Schriftsteller und bersetzer, Domherr und Dechant in Speyer und Hildesheim, sp~ter Propst in Bruchsal 299, 301, 320; 987, 989, 1017 Berthold V., Herzog von Z~hringen (um 1160–1218), 1191 Grunder Berns 1006 Bertrandt, Michel Ain, franzvsischer Schauspieler und Leiter einer Theatertruppe, 1756 Debut an der Comdie franaise 18 Bertuch, F r i e d r i c h Johann J u s t i n (1747–1822), Jurist, Schriftsteller, bersetzer, Verleger und Unternehmer in Weimar, von 1775 bis 1796 Geheimer Sekret~r und Schatullverwalter des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach 200, 215, 457, 460, 549, 551, 561, EB 125; 11 f., 31?, 39, 122, 199, 263, 410; 27, 33, 38, 40, 97, 137,
175, 184, 208, 228, 238, 242, 274, 286, 289, 293, 296, 317 f., 338, 343, 345 f., 428 f., 444, 446–450, 458, 471 f., 556, 566, 580, 588, 596, 638, 646 f., 673, 755, 821, 844, 852 f., 862, 871, 1023, 1052, 1062, 1080 f., 1099–1101 Elfriede (Drama) 447 Entwurf einer Æ:::æ freien Zeichenschule 447 Gedanken uber den Buchhandel 447 Leben und Thaten des weisen Junkers Don Quixote (Cervantes-bersetzung) 447 –, Friederike Elisabeth C a r o l i n e, geb. Slevoigt (1751–1810), seit 1776 dessen Frau, Tochter des sachsen-weimarischen Oberfvrsters Traugott Friedemann Slevoigt in Waldeck bei Burgel 11; 33,38 –, Justinus (1718–1752), Garnisonsarzt in Weimar, dessen Vater 446 –, C h r i s t i n a R o s i n a Maria, geb. Burger, verw. Slevoigt (1713–1762), dessen Mutter 446 –, Carl Friedrich (1777–1815), Buchh~ndler und Schriftsteller in Weimar, seit 1804 im Landes-IndustrieComptoir t~tig, deren Sohn 17 Bethmann, Johann Philipp (1715– 1793), Kaufmann und Bankier in Frankfurt a. M., seit 1786 Wirklicher Kaiserlicher Rat 892, 908, 971 –, Simon Moritz (1721–1782), Kaufmann und Bankier in Frankfurt a. M., dessen Bruder 892, 908, 971 Beyer, Albert (gest. 1796), braunschweigischer Steinschneider, etwa seit 1775 in Jena 777 Beyer, Constantin (1761–1829), Buchh~ndler, Ratsmitglied in Erfurt, Heimatkundler 938
Personen und Werke
Blair, Lord Charles, in Genf lebender Engl~nder, Erbauer einer Schutzhutte auf dem Montenvers am Mer de Glace 350; 1060 Blankenburg (Blanckenburg), Christian F r i e d r i c h von (1744–1796), preußischer Offizier, Philologe und Schriftsteller, seit 1778 in Leipzig 17; 56, 59 Beytr~ge zur Geschichte teutschen Reichs (Roman) 17; 56, 59 Blau, Pastor in Trvchtelborn bei Gotha 871 Blochberg, Johann Friedrich, Reitknecht des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach 946, 968 f., 1057 Blondel, Jacques Franois (1705– 1774), franzvsischer Architekt, Kunst- und Architekturtheoretiker 795, 805 Boccaccio (Bocaz, Bocace, Boccacio), Giovanni (1313–1375), italienischer Dichter 354 Decamerone 92; 354 Bode, Johann Joachim Christoph (1730–1793), Musiker und bersetzer, Freimaurer, seit 1766/67 Buchh~ndler und Verleger in Hamburg, Verleger und Herausgeber des „Wandsbecker Bothen“, seit 1779 Gesch~ftsfuhrer der verwitweten Charitas Emilie Gr~fin von Bernstorff in Weimar EB 182; 128, 697, 952, 962, 966 Der Westindier (Cumberland-bersetzung) 29; 128 Die Schule der Liebhaber (Whitehead-bersetzung) 296; 966 Bodmer, Johann Jacob (1698–1783), Literaturtheoretiker, Dichter und bersetzer, Professor der Geschichte in Zurich, Mitglied des Großen Rates 210, 995, 1026
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Homers Werke (bersetzung) 306, 315; 995, 1026 Bvckmann, Johann Lorenz (1741– 1802), Theologe, P~dagoge, Meteorologe, seit 1764 Professor fur Mathematik und Physik an der Furstenschule in Karlsruhe, seit 1774 Kirchenrat 47, 256, 259 Bvlling, Johann Caspar (1739–1793), Kaufmann in Frankfurt a. M 183, EB 2, EB 58, EB 83, EB 121, EB 134, EB 138, EB 152, EB 169, EB 191, EB 195; 118, 122, 289, 384, 399; 417 f., 428, 443, 450, 457, 537, 755, 949 –, Johann Eberhard, Gastwirt, dessen Vater 417 Bvrner, Caroline Christiane, verw. Kvhler (gest. 1775), Vorbesitzerin von Goethes Gartenhaus 237 f. –, Christian Nicolaus, furstlicher Kammerdiener und Leibschneider, deren Mann 237 f. –, Erben 237 f. Bvttiger, Carl August (1760–1835), Altphilologe, Arch~ologe, Schriftsteller, seit 1791 Gymnasialdirektor in Weimar, seit 1804 in Dresden 44, 345 f., 448 f. Bohl, Johann Georg, d~nischer Hofagent in Eisenach EB 167*, EB 201*, EB 245* Boie, Heinrich Christian (1744–1806), Jurist, Schriftsteller und Lyriker, 1776 Stabssekret~r in Hannover, seit 1781 als Landvogt von Suderdithmarschen in Meldorf in d~nischen Diensten, 1772 Mitbegrunder des Gvttinger Hains, von 1770 bis 1774 Herausgeber des Gvttinger „Musen Almanachs“, von 1776 bis 1788 des „Deutschen Museums“ EB 104; 125, 168, 239, 259, 397, 596 f., 679, 733
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Register
Der verschwiegene Sch~fer (Gedicht) 175; 597 –, Engel Katharina, geb. Haberkorn (1719–1797), dessen Mutter 259 –, Ernestine, dessen Schwester siehe Voß, Ernestine –, Rudolf (1757–1797), Theologe, von 1774 bis 1776 Studium der Theologie in Gvttingen, dann in Kiel, Hauslehrer in Flensburg und Kopenhagen, dessen Bruder 259 Bonnet, Charles (1720–1793), Schweizer Naturforscher und Philosoph in Genf 338; 993, 1043 La palingnsie philosophique 1043 Borch, Anne van der, geb. de Villgas (1745–um 1808), von ihrem Mann getrennt in der Schweiz lebend 338; 993, 1044 –, Jan Carel Baron van der (1734– 1797), niederl~ndischer Kammerherr und Gesandter am schwedischen Hof, deren Mann 1044 Borromeo, Carlo (1538–1584), italienischer Theologe, Kardinal und Erzbischof in Rom und Mailand, Reformer der katholischen Kirche, 1610 heiliggesprochen 494 Bossi, Giuseppe (1777–1815), italienischer Maler und Radierer, Kunsthistoriker 748 f. Del cenacolo di Leonardo da Vinci (Abhandlung sber da Vincis Abendmahl) 748 f. Boulet, Samuel (von) siehe Poulet, Samuel (von) Bourrit, Marc Thodore (1739–1819), Bergsteiger und Reiseschriftsteller in Genf 349; 1059 f. Description des glacieres 349 f.; 1059 Nouvelle description des glacieres 1059 f.
Branconi, Maria Antonia von, geb. von Elsener (1746–1793), seit 1766 M~tresse des Erbprinzen und sp~teren Herzogs Carl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbuttel, des Bruders der Herzogin Anna Amalia 323 f., 328; 334, 993, 1024 f., 1034 –, Francesco Pessina de (gest. 1766), neapolitanischer Beamter, deren Mann 1024 Brandenburg, Friedrich III. Kurfurst von siehe Preußen, Friedrich I. Kvnig von Brandenburg-Bayreuth, Sophie Caroline Maria von, geb. Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbuttel (1737– 1817), zweite Frau des Markgrafen Friedrich III., Schwester der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach 3?; 6 Brandes, Herr in Lausanne, Bekannter Lavaters 328; 1034 Brant, Sebastian (1457/58–1521), Jurist, Dichter und Humanist, Professor in Basel, danach Stadtschreiber und Kanzler in Straßburg 8, 17; 28, 57 Das Narrenschyff 17; 57 Braunschweig und Luneburg-Wolfenbuttel –, Carl I. von (1713–1780), seit 1735 regierender Herzog, Vater der Herzogin Anna Amalia von SachsenWeimar und Eisenach 1089 –, Philippine Charlotte von, geb. Prinzessin von Preußen (1716–1801), dessen Frau, Schwester des preußischen Kvnigs Friedrich II. 1089 –, Carl Wilhelm Ferdinand von (1735–1806), Erbprinz, seit 1780 als Carl II. regierender Herzog, preußischer Generalfeldmarschall, deren Sohn 1024 f.
Personen und Werke
– , F r i e d r i c h August von (1740– 1805), seit 1792 Herzog von Braunschweig-Oels, bis 1794 preußischer General, deren Sohn EB 97; 1131 –, Auguste Friederike von, geb. Prinzessin von Wales (1737–1813), seit 1764 Frau des Erbprinzen Carl Wilhelm Ferdinand 782 Braunschweig und Luneburg-Wolfenbuttel, Elisabeth Sophia Maria Herzogin von, geb. Prinzessin von Schleswig-Holstein-Norburg, verw. Prinzessin von Schleswig-HolsteinSonderburg-Plvn (1683–1767), in zweiter Ehe verheiratet mit August Wilhelm Herzog zu Braunschweig und Luneburg 834 Bredow, Karl Friedrich von (1720– 1788), preußischer Offizier, Komtur des Johanniterordens 718, 720 Breidbach-Burresheim, Emmerich Joseph von und zu (1707–1774), seit 1763 Kurfurst und Erzbischof von Mainz, seit 1768 Furstbischof von Worms 937, 1030 Breitkopf, Bernhard Theodor (1749– 1820), Musiker und Komponist, Buchdrucker und Buchh~ndler in Leipzig, sp~ter Staatsrat in St. Petersburg 367, 659 Neue Lieder (Vertonungen von Goethe-Gedichten) 367, 659 –, Johann Gottlob Immanuel (1719– 1794), Buch- und Musikaliendrucker und Verleger in Leipzig, dessen Vater 189, 822, 915 –, Familie 189, 822 –, Firma 597 Brentano, Maximiliane (M a x , M a x e) Euphrosyne, geb. La Roche (1756– 1793), Tochter von Sophie und Georg Michael Anton La Roche, Mutter von Clemens Brentano und Bettine von Arnim 5 f., 131?; 19, 114, 482, 990
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–, Peter Anton (1735–1797), Kaufmann in Frankfurt a. M., kurtrierischer Geheimer Rat und Resident, seit 1785 Generaleinnehmer der Kasse des kurrheinischen Kreises, seit 1774 deren Mann 19 Brz (Brez, Bersezio), Gioachino Bonaventura Argentero Marchese di (1727–1796), italienischer Offizier und Milit~rschriftsteller 516 Essai sur les Haras 143; 516 Brinkmann, Herr, Adressat Goethes in Paderborn oder Lippstadt EB 12 Brion, F r i e d e r i k e Elisabeth (1752– 1813), Freundin Goethes in Sessenheim im Unter-Elsass 302 f.; 316, 989 f., 1016 –, Johann Jacob (1717–1787), seit 1769 Pfarrer in Sessenheim, deren Vater 303; 989 –, Magdalena Salomea, geb. Schvll (1724–1786), deren Mutter 303; 989 –, Katharina Magdalena (geb. 1747), deren Schwester 989 –, Maria Salomea (1749–1807), deren Schwester, seit 1782 Frau des Pfarrers Marx in Diersburg, sp~ter in Meißenheim in Baden 989 –, Jacobea Sophie (1756?–1838), deren Schwester 989 –, Christian (1763–1817), Pfarrer u. a. in Rothau im Elsass, deren Bruder 989 –, Familie 302; 614, 989 Brossard, Jeanette (geb. um 1750), 1775 in Epernay in der Champagne Freundin des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach 343 f.; 1052 f. –, deren Kind (geb. um 1775), vermutlich Kind des Herzogs Carl August 1052 Bruckmann, Franz Ernst (1697–1753), Mediziner und Naturforscher 623
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Register
Brutus, Marcus Iunius (85–42 v. Chr.), rvmischer Politiker, Gegner Iulius Caesars 25 Bunau, Heinrich Graf von (1697– 1762), Staatsmann, Historiker, bis 1745 in kaiserlichen Diensten, danach Statthalter in Eisenach, Vormund des Herzogs Ernst August Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach, von 1756 bis 1759 Premierminister des Herzogtums, Gutsbesitzer in Oßmanstedt bei Weimar 198, 348 Burger, Gottfried August (1747–1794), Dichter, bersetzer, seit 1772 Amtmann in Altengleichen im Dienste der Familie von Uslar, seit 1784 Privatdozent, seit 1789 außerordentlicher Professor der sthetik in Gvttingen 37, 52, 60, 338, 348; 37 f.; 16, 25, 126, 157 f., 173, 262, 677– 680, 689 An Friedrich Leopold, Grafen zu Stolberg (Gedicht) 678 Burger an einen Freund uber seine teutsche Ilias 173 Homers Iliade. Funfte Rhapsodie 173 Ob du einen solchen Homer verlangest? 37; 157 Ilias (Homer-bersetzung) 37 f., 200; 157, 173, 677–679, 689 Erster Gesang 173 Zweiter Gesang 173 Dritter Gesang 173 Vierter Gesang 173 Funfter Gesang 173 Sechster Gesang 173 –, Gertrud Elisabeth, geb. Bauer (1718–1775), dessen Mutter 125 –, Dorothea (D o r e t t e) Marianne, geb. Leonhardt (1756–1784), seit 1774 dessen Frau 125 f. –, A u g u s t a (M o l l y) Maria Wilhelminna Eva, geb. Leonhardt (1758–
1786), seit 1785 dessen zweite Frau 125 f. –, Antoinette C~cilia Elisabeth (1775– 1777), dessen Tochter aus erster Ehe 126 –, Familie 29 Busching, Anton Friedrich (1724– 1793), Theologe, P~dagoge, Geograph, 1754 Professor der Philosophie in Gvttingen, 1760/61 Prediger und Schulleiter in St. Petersburg, 1766 Oberkonsistorialrat und Direktor des Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin 317 f. Neue Erdbeschreibung 317 f. Buff, Henrich Adam (1711–1795), Amtmann des Deutschen Ordens in Wetzlar, Vater von Charlotte Kestner 48, 333 –, C h a r l o t t e Sophie Henriette, dessen Tochter siehe Kestner, C h a r l o t t e Sophie Henriette –, S o p h i e Caroline (1761–1808), dessen Tochter 169, 194; 576, 654 Burgund, Karl der Kuhne Herzog von (1433–1477) 996 Burkhardt (Burckhardt), Gedeon (1728–1760), Seidenbandfabrikant in Basel 321, 429; 1021 –, Johann Rudolf (1750–1813), Seidenbandfabrikant in Basel, Kunstsammler und M~zen, dessen Sohn EB 270; 1021 Bury, Johann F r i e d r i c h (1763– 1823), Historien- und Portr~tmaler, bis 1799 zeitweise in Rom, Neapel und Oberitalien, dann in Weimar, sp~ter in Berlin, Hanau und Kassel 748 Caesar (C~sar), Gaius Iulius (100–44 v. Chr.), rvmischer Feldherr, Staatsmann und Schriftsteller 25, 317 f., 344
Personen und Werke
Cagliari, Benedetto (1535/36–1598), italienischer Maler, Bruder von Paolo Veronese 988 Caldern de la Barca, Pedro (1600– 1681), spanischer Dramatiker 287 Callot, Jacques (1592–1635), franzvsischer Kupferstecher, Radierer und Zeichner in Florenz und Nancy 190; 647 ÆKupfersticheæ Les grandes miszres 647 Les petites miszres 647 Calvin, Johann(es) (eigentl. Jean Cauvin) (1509–1564), franzvsischschweizerischer Reformator, seit 1541 in Genf, Begrunder der reformierten Kirche 260; 861, 1006 Campe, Joachim Heinrich (1746– 1818), Theologe, Schriftsteller, Sprachforscher, P~dagoge und Verleger, Erzieher Wilhelm von Humboldts, 1776/77 Mitbegrunder des Dessauer Philanthropinums, danach Hauslehrer in Hamburg, seit 1787 Kanonikus des Cyriacus-Stiftes und Verleger in Braunschweig 374, 391 Canitz und Dallwitz, Wilhelm von (1744–1805), hessischer Kammerherr und Hofmarschall, preußischer Offizier 90, 478 Carbonnizres, Louis Franois Þlisabeth Ramond de (1755–1827), franzvsischer Geologe, Botaniker und Politiker in Straßburg, Freund von Jacob Michael Reinhold Lenz 551 Cardano, Gerolamo (Geronimo, Girolamo; lat. Hieronymus Cardanus) (1501–1576), italienischer Arzt, Philosoph und Mathematiker 229; 774 De propria Vita 229?; 774 Somniorum synesiorum omnis generis insomnia explicantes libri IV 774
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Carolath-Beuthen (Schvnaich-Carolath-Beuthen), Heinrich Carl E r d m a n n von (1759–1817), seit 1791 Furst 836 –, Erdmute C a r o l i n e Friederike Amalie Furstin von, dessen Frau siehe Oertel, Erdmute C a r o l i n e Friederike Amalie von Carstens, A s m u s Jakob (1754–1798), Maler, seit 1790 Professor an der Berliner Kunstakademie, seit 1792 in Rom 748 Castella de Villardin, Franois Prosper Nicolas, Seigneur de Villardin et Montet (1729–1793), 1772 bis 1778 Landvogt von Cheyres (Schweiz) 322 f.; 1023 Castrop, Jean Antoine Joseph de (um 1731–1785), Offizier, Straßenbauaufseher in Kassel, 1754 in Eisenach, ab 1756 in Weimar, 1764 weimarischer Ingenieur-Hauptmann bei der Wegebaukommission, 1768 Artilleriehauptmann, von 1776 bis Anfang 1779 kommissarischer Wegebaudirektor 458, 492; 263, 278 f., 283, 285, 295, 437; 846–848, 849– 851, 860, 871–873, 908, 916, 931, 935, 965, 1090 f. La construction des chaußes 846 Remarques des qualits et du scavoir d’un ingnieur des chaußes 846 Catharin, A n t o n Ignaz Innozenz Albert von (geb. 1719), 1778 Beamter in Graz EB 206, EB 208; 667– 669, 671 Cervantes Saavedra, Miguel de (1547– 1616) 447, 566 Don Quijote 447, 566 Charbonnier, Jean Emanuel (1710– 1785), Gerichtspr~sident und Statthalter des Berner Landvogts in Morges am Genfer See, Vater von Louise Franoise Merck 324; 1026
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Register
–, Marie Antoinette, geb. Muret (1723–1785), dessen Frau, Mutter von Louise Franoise Merck 324; 1026 Chzy, Wilhelmine (H e l m i n a) Christiane von, geb. von Klencke, gesch. von Hastfer (1783–1856), Schriftstellerin und Publizistin, seit 1805 Frau des Orientalisten Antoine Lonard de Chzy, Tochter von Carl Friedrich und Caroline Louise von Klencke geb. Karsch 383 f. Leben und Romantische Dichtungen der Tochter der Karschin (Hrsg.) 383 Chodowiecki (Chodowicki, Chodowiecky, Chodowieky), Daniel Nikolaus (1726–1801), Maler, Radierer und Zeichner in Berlin, Vizedirektor, seit 1797 Direktor der Akademie der Kunste 103 f., 296; 60, 386 f., 539, 706 f., 722 ÆKupfersticheæ ÆBarbieræ (Karikatur) 387 ÆIllustrationen zu „Goethens Schriften“ (Berlin 1775/76)æ 386 ÆPortr~t Goethesæ 386, 538 f. ÆVignette zu Nicolais „Freuden des jungen Werthers“æ 386, 722 ÆIllustrationen zur franzvsischen bersetzung des „Werther“æ 386 Clarke, Samuel (1675–1729), englischer Philosoph, Theologe und Philologe 128 Homeri Ilias (Hrsg.) 128 Homeri Odyssea (Hrsg.) 128 – Clarke, Samuel, dessen Sohn 128 Homeri Ilias (Hrsg.) 128 Homeri Odyssea (Hrsg.) 128 Clauder, Johann Ernst, sachsen-altenburgischer Forstmann, um 1782/83 Oberfvrster auf dem Jagdschloss
„Zur Frvhlichen Wiederkunft“ in Wolfersdorf bei Stadtroda 553– 555, 898 Claudius, Matthias (1740–1815), Dichter, bersetzer und Publizist in Hamburg, sp~ter in Wandsbeck, von 1771 bis 1775 Redakteur des „Wandsbecker Bothen“, 1776/77 Mitglied der Oberlandkommission in Darmstadt 248, 262, 487 Clermont, Eleonore Marie Henriette von (1759–1845), Tochter von Johann Arnold von Clermont, Nichte Elisabeth Jacobis 131?; 482 –, Caroline Helene Christiane von (1761–1826), deren Schwester 131?; 482 Clodius, Christian August (1737/38– 1784), Professor der Philosophie und der schvnen Wissenschaften in Leipzig, Schriftsteller 702 Cook, James (1728–1779), englischer Kapit~n, Weltumsegler und Forschungsreisender 983 Corneille, Pierre (1606–1684), franzvsischer Dramatiker 525 Le Menteur 525 Correggio (eigentl. Antonio Allegri) (1489 oder 1494–1534), italienischer Maler 726 Cotta, Johann Friedrich (1817: Cotta von Cottendorf) (1764–1832), Verlagsbuchh~ndler, Politiker und Unternehmer, seit 1787 Inhaber der J. G. Cotta’schen Verlagsbuchhandlung in Tubingen, seit 1810 in Stuttgart 31, 73 Coucy, Raoul I. de (nach 1142–1191), franzvsischer Kreuzritter 25; 113 Couteran (Coutteran), Thrzse, geb. Garny, Gastwirtin in Chamonix 349; 1058 f. –, deren Mann (gest. vor 1780), Notar 1058
Personen und Werke
Cramer, Carl Friedrich (1752–1807), Theologe, Buchh~ndler und Musikschriftsteller, Mitglied des Gvttinger Hains, seit 1775 Professor in Kiel 11, 266, 590 Klopstock (in Fragmenten aus Briefen von Tellow an Elisa) 173; 590 f. Cranach, Lucas d. . (1472–1553), Maler, Zeichner und Holzschneider, seit 1505 Hofmaler in Wittenberg, seit 1552 in Weimar 85 f.; 336 ÆAltargem~ldeæ (in der Weimarer Stadtkirche St. Peter und Paul) 85 f.; 336 ÆLuther-Portr~tæ (in der Weimarer Stadtkirche St. Peter und Paul) 86; 336 –, Lucas d. J. (1515–1586), Maler, dessen Sohn, seit 1550 Leiter der Werkstatt seines Vaters 336 ÆAltargem~ldeæ (in der Weimarer Stadtkirche St. Peter und Paul) 85 f.; 336 Crbillon, Claude Prosper Jolyot de (Crbillon fils) (1707–1777), franzvsischer Schriftsteller 317 f. Le Sopha (Roman) 318 Crespel (Krespel), Johann Bernhard (1747–1813), Rat und Archivar in thurn- und taxisschen Diensten in Frankfurt a. M., zeitweise in Regensburg, seit 1794 im Dienst des Grafen Solms-Laubach in Laubach (Hessen), Kindheits- und Jugendfreund Goethes 482, 508 –, Louis (1705–1794), Juwelenh~ndler in Frankfurt a. M., dessen Vater 6 –, Maria C a t h a r i n a (1749–1801), dessen Schwester, Frankfurter Jugendfreundin Goethes 6, 950 –, Franciska (F r ~ n z c h e n) Jacobea, dessen Schwester siehe Jacquet, Franciska (F r ~ n z c h e n) Jacobea
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Cromwell, Oliver (1599–1658), Staatsmann, Lordprotektor von England, Schottland und Irland 295; 963 Cronegk, Johann Friedrich von (1731–1757), Schriftsteller, Dramatiker, ansbachischer Hof- und Justizrat 129 f. Die verkleidete Liebe (Ode) 29; 129 f. Schriften 130 Cumberland, Richard (1732–1811), englischer Schriftsteller und Dramatiker 128, 642, 818, 952 ÆDramenæ Der Mvnch vom Carmel 952 Die Bruder 952 The West Indian (Der Westindier) 29; 127–129, 308, 311, 642, 645, 649, 818 Curland –, Peter Reichsgraf von Biron, (letzter) Herzog von (1724–1800) 1025 –, Caroline Louise, Herzogin von, geb. Prinzessin von Waldeck und Pyrmont (1748–1782), dessen erste Frau (bis 1772), Tochter von Christiane von Waldeck und Pyrmont 324; 1025 –, Anna Charlotte D o r o t h e a Herzogin von, geb. Gr~fin von Medem (1761–1821), seit 1779 dessen dritte Frau 1025 Dalberg, C a r l T h e o d o r Anton Maria von (1744–1817), 1771 bis 1802 kurmainzischer Statthalter in Erfurt, 1787 Koadjutor des Mainzer und Wormser (Erz-)Bischofs Friedrich Karl Joseph von Erthal, 1788 auch Koadjutor des Konstanzer Furstbischofs, 1800 bis 1817 Furstbischof von Konstanz, 1802 Kurfurst und Erzbischof von Mainz und zugleich Reichserzkanzler, 1802 bis 1817 Furstbischof von Worms, 1803 Ad-
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Register
ministrator und 1805 bis 1817 Erzbischof von Regensburg, 1806 bis 1813 Furstprimas des Rheinbundes, 1810 bis 1813 Großherzog von Frankfurt 516, EB 239, EB 255; 13, 91, 111, 132, 140, 170, 226, 229, 381, 386; 40, 43, 97, 131, 136 f., 171, 338, 347, 350, 381, 408 f., 416, 484 f., 508 f., 539 f., 526, 578, 690 f., 697, 745–747, 768, 775, 919, 923, 925, 937–942, 943 –, Franz Heinrich Freiherr von (1716–1776), K~mmerer von Worms, kaiserlicher Kammerherr, Burggraf zu Friedberg, dessen Vater 937 –, Maria Sophia Anna von, geb. Gr~fin von Eltz-Kempenich (1722–1763), dessen Mutter 937 –, Johann F r i e d r i c h H u g o Nepomuk Eckenbrecht von (1760–1812), Komponist, Musikschriftsteller, Domkapitular in Trier, Worms und Speyer sowie kurtrierischer Geheimer Rat, u. a. in Erfurt, zuletzt in Aschaffenburg, dessen Bruder 690, 825, 937 –, Wo l f g a n g H e r i b e r t Tobias Otto Maria Johann Nepomuk von (1750–1806), kurpf~lzischer Geheimer Rat, Pr~sident des Oberappellationsgerichts in Mannheim, von 1778 bis 1803 Intendant des Mannheimer Nationaltheaters, Dramatiker und bersetzer, dessen Bruder 504; 286; 746, 749, 923–925, 937, 942 ÆDramenæ Der Mvnch vom Carmel (Cumberland-bersetzung) 925 Die Bruder (Cumberland-bersetzung) 925 Die eheliche Probe 925
Julius Caesar (Shakespeare-bersetzung) 925 Timon von Athen (Shakespearebersetzung) 925 –, dessen Geschwister 937 Danov(ius), Ernst Jakob (1741–1782), Professor der Theologie in Jena, sachsen-weimarischer Kirchenrat 236; 797 Degen, Johann C h r i s t o p h (1736– 1794), Fvrster und Gastwirt in Torfhaus am Brocken 183–186, 221; 619, 625 f., 633, 758 Delph, Helene Dorothea (1728–1808), Gesch~ftsinhaberin in Heidelberg, Freundin der Familien Goethe und Schvnemann in Frankfurt a. M. EB 7, EB 44 Denham-Steuart (Denham-Stewart), James (1712–1780), britischer konom 177; 317, 601 An Inquiry into the Principles of Political Oeconomy (Untersuchung der Grund-S|ze von der Staats-Wirthschaft) 177; 317, 601 Denso, Johann (Joan) Daniel (1708– 1795), Philologe und Naturwissenschaftler, 1753 bis 1793 Rektor des Gymnasiums in Wismar 624 Deyverdun, Jacques Georges (1734– 1789), Schweizer Gelehrter, Schriftsteller und bersetzer, 1772 Grunder der Socit littraire in Lausanne 386, 1045 Werther (Goethe-bersetzung) 386, 1045 Diete, Herr, Adressat Goethes EB 244 Diodati, Anton Josua (Antoine-Josu) (1728–1790), Pfarrer und Bibliothekar in Genf 327, 338 f.; 993, 1029, 1043, 1045 Dodd, William (1729–1777), englischer Theologe und Schriftsteller, Hofprediger in London 388
Personen und Werke
The Beauties of Shakespear (Hrsg.) 388 Dvbbelin (Doebbelin, Doebelin, Dvbelin), Carl Gottlieb Theophilus (1727–1793), Schauspieler und Prinzipal einer Theatertruppe, bis 1766 Mitglied der Ackermannschen Gesellschaft, seit 1775 Theaterdirektor in Berlin, sp~ter Leiter des Kvniglichen Nationaltheaters 723 Dvring, Friederike Henriette L o u i s e von, geb. Strube (gest. 1796), Frau des Hof- und Kanzleirates Heinrich von Dvring in Hannover und sp~teren Regierungsrates in Ratzeburg, Freundin Johann Georg Zimmermanns, Korrespondentin Charlotte von Steins 165, 260, 263 Dubois, Herr in Lausanne, vermutlich Bekannter Lavaters 328; 1034 Durer, Albrecht (1471–1528) ÆKupfersticheæ 199; 589, 673 During, Johann C h r i s t i a n von (1751–1823), hannoverscher Forstbeamter in Clausthal, ab 1781 Oberforstmeister, seit 1816 Generalforstdirektor und Mitglied der Kammer in Hannover 890, 895, 901 –, Marie U l r i k e Friederike von, geb. von Lindau (1761–1832), seit 1779 dessen Frau, Schwester von Heinrich Julius von Lindau 272–274, 371–373, 414, 421; 87 f., 90, 890, 894–903 Dumanoir, Claude (1728–1811), seit etwa 1770 Sprachlehrer in Weimar 897 f. Dumpf, Georg Friedrich (1777–1849), Arzt in Eusekull (Livland), Biograph von Jacob Michael Reinhold Lenz 432 Pandaemonium germanicum (Lenz; Hrsg.) 432 Duni, Egidio Romoaldo (1709–1775), italienischer Opernkomponist 112
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Les deux chasseurs, et la laitiere (Komposition) 112 Dutoit (Dutoit-Membrini), Jean Philippe (1721–1793), franzvsischschweizerischer Mystiker, geistliches Oberhaupt der waadtl~ndischen Quietisten in Moudon bei Lausanne, religivser Schriftsteller 1113 Dyck, Anthonis van (1599–1641), niederl~ndischer Maler und Radierer, Schuler von Peter Paul Rubens 726 Eberhardt, Georg Philipp, Schneidermeister in Frankfurt a. M. 3, 43; 3, 178 Ebert, Johann A r n o l d (1723–1795), Schriftsteller, bersetzer, P~dagoge, Freund von Klopstock 295 Eberwein, Alexander Bartholom~us (1750–1811), seit 1772 Leiter der Stadtmusik in Weimar, seit 1790 Hofmusiker 128; 472 Eckardt, J o h a n n Christian L u d w i g (1792: von) (1732–1800), Jurist, 1777 Mitglied der Bergwerkskommission, 1778 Hof-, Regierungsrat und Geheimer Archivar in Weimar, seit 1783 Geheimer Hofrat und Professor der Rechte in Jena 273– 275, 372 f.; 343, 549, 889, 895, 898 f., 901 f., 904 Eckermann, Johann Peter (1792–1854), Schriftsteller, seit 1823 Goethes Mitarbeiter und Vertrauter 264, 581, 998 Edelsheim, Wilhelm von (1737–1793), seit 1774 Geheimer Rat und Minister fur ausw~rtige Angelegenheiten und Finanzen der Markgrafschaft Baden in Karlsruhe, 1788 Pr~sident des Geheimen Rates 201; 275, 680 f. –, Georg Ludwig (1740–1814), Diplomat, seit 1761 in preußischen
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Register
Diensten, 1784 badischer OberstKammerherr und Wirklicher Geheimer Rat in Karlsruhe, seit 1794 Staatsminister, dessen Bruder 681 Ehlers, Martin (1732–1800), Philosoph und P~dagoge, seit 1771 Rektor und Professor am Christianeum in Altona, seit 1776 Professor der Philosophie in Kiel EB 52 Ehrenmann, Herr, Adressat Goethes siehe Erdmannsdorff (Erdmannsdorf), Friedrich Wilhelm von Einsiedel-Scharfenstein, Friedrich Hildebrand von (1750–1828), Jurist, Schriftsteller und bersetzer in Weimar, seit 1776 Kammerherr der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach, von 1817 bis 1824 erster Pr~sident des Oberappellationsgerichts in Jena 124, 130, 131, 165, 191, 192, 195, 393, 395, 397, 552; 9–11 f, 31?, 32, 39, 41, 109, 111, 295, 419; 27, 33, 38 f., 129, 137–140, 142, 170, 175, 190, 275, 286, 287–289, 293, 296, 315, 354, 360, 379 f., 401, 407, 429, 435, 438, 440, 448, 509, 540, 596, 736, 754, 767–772, 782, 813, 816, 818, 822, 990, 985, 962, 1063 ÆBeitr~ge zum „Journal von Tiefurt“æ 287 ÆDramenæ Ceres 287 ÆDramaæ (nicht sberliefert) 41; 170 Orpheus und Eurydike 293?, 295; 958, 962 ÆMatinees (Versdialoge)æ 139, 287 Matinee eines Israeliten 140 Schreiben eines Politikers an die Gesellschafft 140–144, 170 Æbersetzungenæ Der Arzt wider Willen (Molixre) 767
ÆKomvdien von Caldronæ 287 ÆKomvdien von Goldoniæ 287 ÆKomvdien von Molizreæ 287 ÆLustspiele des Plautusæ (nicht vertffentlicht) 287 ÆLustspiele des Terenzæ 287 –, August Hildebrand von (1722– 1796), sachsen-gothaischer Hofrat und Kammerpr~sident am Altenburger Hof, Herr auf Gut Lumpzig bei Altenburg, dessen Vater 287 –, Johann A u g u s t von (1754–1837), Philosoph, Naturforscher, u. a. Offizier in holl~ndischen Diensten und s~chsischer Bergbeamter, zeitweise in Weimar und Jena, 1785 bis 1786 Reise nach Afrika, dessen Bruder, seit 1788 Mann von Amalia Christine Philippine von WerthernBeichlingen 540, 818 Ekhof (Eckhof), Hans C o n r a d Dietrich (1720–1778), Schauspieler, von 1771 bis 1774 in Weimar, ab 1774 Leiter des Gothaer Hoftheaters EB 192; 190; 496, 649 Elsheimer (Elzheimer), Adam (1578– 1610), Maler in Frankfurt a. M. und Rom 189; 646 f. Enthauptung Johannes des T~ufers 647 Emmerich Joseph, Kurfurst von Mainz siehe Breidbach zu Burresheim, Emmerich Joseph Freiherr von Empedokles (um 495–um 435 v. Chr.), griechischer Philosoph 214 Engel, Gabriel, seit 1759 Inselschaffner (Verwalter) auf der Sankt Petersinsel im Bieler See 307; 997 –, geb. Heuer, dessen Frau 307; 997 Engel, Johann Jacob (1741–1802), Gymnasialprofessor, Schriftsteller, bersetzer und Prinzenerzieher in Berlin Der Edelknabe (Drama) 282
Personen und Werke
Engelhardt, Johann Christian Daniel (1720–1790), Leibchirurg des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, 1782 Hofrat 211; 729 England, Eduard VI. von (Edward Tudor) (1537–1553), seit 1547 Kvnig von England und Irland 120 Þon de Beaumont, Charles-GenevizveLouis-Auguste-Andr-Timothe d’ (1728–1810), franzvsischer Diplomat und Schriftsteller 317 f. Les loisirs sur divers sujets importants d’administration 318 Erdmannsdorff (Erdmannshausen), Friedrich Wilhelm von (1736– 1800), Architekt und Architekturtheoretiker, seit 1758 im Dienst von Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau, Baumeister des Wvrlitzer Schlosses EB 126*, EB 139*; 445, 529, 705 Erdmannshausen, Herr von siehe Erdmannsdorff (Erdmannsdorf), Friedrich Wilhelm von Erlach, Johann Ludwig von (1595– 1650), Generalmajor und Gouverneur der Festung Breisach im Dienst des Herzogs Bernhard von SachsenWeimar 1127–1129 –, Familie 1127 f. Mmoires historiques concernant M. le gnral d’Erlach 1127 f. Ernesti, Johann August (1707–1781), Theologe, Altphilologe, P~dagoge und Schriftsteller, seit 1756 Professor der Beredsamkeit, seit 1759 Professor der Theologie in Leipzig 36 Homeri Opera Omnia (Hrsg.) 10?; 36 Erthal, Friedrich Carl Josef von und zu (1719–1802), seit 1774 Kurfurst und Erzbischof von Mainz und Furstbischof von Worms 938 f.
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Escher vom Glas, Johannes (1754– 1819), Handelsherr, Freihauptmann und Ratsherr in Zurich, Besitzer einer Kunst- und Naturaliensammlung 1071 Etterlin, Petermann (1430/40–1509), Chronist, Svldner, 1477 Kanzleischreiber, 1495 Gerichtsschreiber in Luzern 996 Kronica von der loblichen Eydtgnoschaft 307?; 996 Etzdorff, Christian Gottlieb (1725– 1768), Amtmann und Stadtrichter in Ilmenau 232 Euripides (485/84 oder 480–406 v. Chr.), griechischer Dramatiker 211 Alkestis 211 Everaerts, Jan Nicolai siehe Johannes Secundus Fabricius, Anna Catharina (geb. 1750), Jugendfreundin Cornelia Goethes aus Worms, seit 1775 verh. Welcker 16 Fahlmer, J o h a n n a Catharina Sybilla siehe Schlosser, J o h a n n a Catharina Sybilla Falk, Johann(es) Daniel (1768–1826), Schriftsteller und P~dagoge, seit 1797 in Weimar 189, 223, 288, 448 Favart, Charles Simon (1710–1792), franzvsischer Komvdiendichter und Schauspieler 129 Rosizre de Salenci 129 Felgenhauer, Charlotte Juliane von, geb. von Zanthier (gest. nach 1797), Tochter des kurs~chsischen Kammerrats Otto Friedrich von Zanthier, seit 1774 in Weimar 447; 836 f. –, Christoph Ludwig Adolf von (1716–1793), kurs~chsischer Oberkriegskommissar, seit 1760 in Wei-
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Register
mar, Hofmarschallamtsassessor und Hofkammerrat, 1774 Amtshauptmann, 1775 Geheimer Kriegsrat, 1776 pensioniert, seit 1774 deren Mann 836 Fernow, Carl L u d w i g (1763–1808), Kunstschriftsteller, 1794 bis 1797 in Rom, 1803 Professor der sthetik in Jena, von 1804 bis 1807 Bibliothekar der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach in Weimar 748 Ferrari, Giacomo, Mail~nder Gipsgießer und Antikenh~ndler, 1776 in Weimar 68; 272, 278 f., 459 ÆAbgusse antiker Plastikenæ 272, 278 ÆLebendabguss? von Carl Augusts Kopfæ 279 ÆLebendabguss? von Goethes Kopfæ 70; 278 f. –, Giugeio, Mail~nder Gipsgießer und Antikenh~ndler, 1776 in Weimar, dessen Bruder 68; 272, 278 f., 459 ÆAbgusse antiker Plastikenæ 272, 278 ÆLebendabguss? von Carl Augusts Kopfæ 279 ÆLebendabguss? von Goethes Kopfæ 70; 278 f. Feuerhacke, Johann Jacob, um 1779 Drechsler in Weimar 871 Feulner, Herr, Adressat Goethes in Erfurt EB 33 Feurer (Fuhrer, Fuhrer), Andreas (auch Andr) (geb. 1761), Zvgling im Philanthropinum in Marschlins, Schutzling Heinrich Julius von Lindaus 892, 894 f., 901 Fleischbein, Johann Friedrich von (1700–1774), geistliches Oberhaupt einer Quietistengemeinde, bis 1747 auf dem Familiensitz Schloss Hayn
bei Dillenburg im Siegerland, seit 1753 in Oesdorf bei Pyrmont GB 2/87 (1113 f.) Fleischer, Johann Georg (1723–1796), Verleger und Buchh~ndler in Frankfurt a. M. 185 –, Charlotte Wilhelmine, geb. Triller (1735–1809), dessen Frau 185 Flick und Cramer, Flachsspinnerei in Eisenach EB 213 Focke, Johann Anton (um 1720–1797), seit 1778 Burgvogt auf der Wartburg bei Eisenach EB 170 Folard, Jean Charles Chevalier de (1669–1752), franzvsischer Offizier und Milit~rtheoretiker 317 Nouvelles dcouvertes sur la guerre 317 Forstenburg, C a r l Anton Ferdinand von (1767–1794), 1785 Offizier im Dragonerregiment Schonberg in Lothringen, Sohn von Maria Antonia von Branconi und Erbprinz Carl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig (seit 1780 Herzog) 324; 334, 1025, 1034 Forster, Johann G e o r g ( e ) Adam (1754–1794), Naturforscher, Philosoph, Schriftsteller, von 1772 bis 1775 Teilnahme an James Cooks zweiter Erdumsegelung, 1779 Professor der Naturwissenschaften am Collegium Carolinum in Kassel und ab 1784 in Wilna, 1788 Universit~tsbibliothekar in Mainz 297; 760, 983, 1120 –, Johann Reinhold (1729–1798), protestantischer Theologe, Lehrer und bersetzer, Pfarrer in Nassenhuben bei Danzig, von 1772 bis 1775 Teilnahme an James Cooks zweiter Erdumsegelung, 1780 Professor der Naturgeschichte in Halle, dessen Vater 983
Personen und Werke
Framery, Nicolas Etienne (1745–1810), franzvsischer Musiker und Librettist 990 L’infante de Zamora (Libretto) 303; 990 Franckenberg und Ludwigsdorf, S y l v i u s Friedrich Ludwig von (1728– 1815), Geheimer Rat und Mitglied des Geheimen Ratskollegiums des Herzogtums Sachsen-Gotha und Altenburg in Gotha, 1805 Minister 1088 Frankreich –, Ludwig XIV. (Louis XIV, le Grand, le Roi Soleil) (1638–1715), seit 1643 Kvnig 987 –, Ludwig XV. (Louis XV) (1710– 1774), dessen Enkel, seit 1715 Kvnig 48, 490 –, Ludwig XVI. (Louis XVI) (1754– 1793), dessen Urenkel, seit 1774 Kvnig 334; 1040, 1102 Friedrich II. (1194–1250), seit 1220 Kaiser des Heiligen Rvmischen Reiches 37 Friedrich III. (1415–1493), als letzter deutscher Kvnig 1452 in Rom zum Kaiser gekrvnt 1134 Frisch, Johann Christoph (1738–1815), Radierer und Historienmaler in Berlin, Rektor der Berliner Kunstakademie 707, 712, 714, 723 Fritsch, Jacob Friedrich von (1731– 1814), sachsen-weimarischer Beamter, seit 1762 Mitglied, von 1767 bis 1800 Pr~sident des Geheimen Consiliums in Weimar, seit 1772 Wirklicher Geheimer Rat, bis 1779 Pr~sident der Kriegskommission 148, 149, 216, 275, 285, 287, 409, 463, 553; 405; 17, 146, 198, 254, 246, 324, 327, 329, 333, 337 f., 348 f., 350 f., 423, 425, 473, 485, 494, 510, 524, 563, 567 f., 663, 675, 785 f., 856, 939 f., 967, 969, 871 f.,
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978, 980, 1001, 1065, 1087 f., 1090 f., 1095, 1119–1135 –, Johanna Sophia von, geb. von Haeseler (1748–1836), seit 1767 dessen Frau 91, 356; 351, 1065, 1121, 1130 –, Thomas von (1700–1775), Jurist, Buchh~ndler, kurs~chsischer Geheimer Rat und Minister in Dresden, dessen Vater 348 –, Johanna Sophie von, geb. Win(c)kler (1711–1777), dessen Mutter 348 –, Familie 1023 f. Fuchs, Matthias d. J. (1738–1812), Weinh~ndler, erster Diakon der deutschen reformierten Gemeinde in Frankfurt a. M. 3; 14 Fuger, H e i n r i c h Friedrich (1751– 1818), Maler in Wien 1133 ÆMiniaturportr~t Ernst Gideon von Laudonsæ 1133 Fußli (Fussli, Fueßli, Fuessli, engl. Fusely), Johann Heinrich (1741– 1825), schweizerischer Maler und Schriftsteller, seit 1764 in England, von 1770 bis 1778 in Rom, danach dauerhaft in London, seit 1799 Professor an der Royal Academy, Jugendfreund Johann Caspar Lavaters 329, 358, 361, 363 f.; 1034, 1067 f., 1071, 1073 ÆGem~ldeæ 358; 1073 ÆMartha Hessæ 1068 ÆRutlischwuræ 1068 ÆZeichnungenæ ÆKvpfe, einzelne Figuren und einige Compositionenæ 1068 Ælterer Mannæ 1068 ÆJohannes der T~uferæ 1068 ÆM~dchen auf einer Fensterbankæ 1068 ÆMartha Hessæ (Vorstudie) 1068 ÆRutlischwuræ (Vorstudie) 1068 ÆSkizzenæ 358; 1073
1162
Register
–, Johann R u d o l f (1737–1806), schweizerischer Maler, dessen Bruder 1068 ÆZeichnungenæ ÆKvpfe, einzelne Figuren und einige Compositionenæ 1068 Ælterer Mannæ 1068 ÆJohannes der T~uferæ 1068 ÆM~dchen auf einer Fensterbankæ 1068 Gambs, Carl Christian (1759–1822), Student der Theologie in Straßburg, Pfarrer in Paris, Stockholm, Bremen und Straßburg, bis 1780 Verlobter Friederike Brions 990 Gebler, Tobias Philipp (1768:) von (1726–1786), Schriftsteller und Dramatiker, seit 1753 Beamter in vsterreichischen Diensten, seit 1782 Vizekanzler der Wiener Hofkanzlei 16; 55 Dramen 55 Gedike, Friedrich (1754–1803), Theologe und P~dagoge in Berlin, 1779 Gymnasialdirektor, 1784 Oberkonsistorialrat, 1787 Mitglied des Oberschulkollegiums 910 Pindars Olympische Siegeshymnen (bersetzung) 910 Pindars Pythische Siegeshymnen (bersetzung) 276?, 910 Geiler (Gayler) gen. Geiler von Kaysersberg, Johann (1455–1510), Theologe, seit 1476 Rektor und Professor fur Theologie in Freiburg, seit 1478 Prediger in Straßburg, seit 1501 kaiserlicher Kanzler 57 Gellert, Christian Furchtegott (1715– 1769), Dichter und Schriftsteller, Professor der Moral, Poesie und Beredsamkeit in Leipzig 334, 431 Gemmingen(-Hornberg), Otto Heinrich von (1755–1836), Schriftsteller
und Diplomat, Dramaturg in Mannheim 746 Gentzsch, Carl Heinrich (um 1735– 1805), Hofg~rtner in Weimar 852 Gentzsch (Gentsch), Johann Ernst (um 1707–1780), sachsen-weimarischer Hofg~rtner, 1736 in Ilmenau, 1739 in Belvedere 191, 208; 652, 717 Georg, „Monsieur“, Adressat Goethes EB 3; 18 Gerlach, Johann Heinrich, um 1780 Forstbedienter, sp~ter Oberfvrster in Berka 556, 898 Gerock, A n t o i n e t t e Louise (1753– 1808), Jugendfreundin Goethes, Freundin und Hausgenossin Cornelia Schlossers in Karlsruhe und Emmendingen 3?, 304?, 320?, 343; 6, 18, 950, 991, 1018 –, Johann Georg (gest. 1796), Kaufmann in Frankfurt a. M., deren Vater 18 –, Anna (Nanne), deren Schwester 304?, 320?, 343; 950, 991, 1018 –, Catharina, deren Schwester 3?; 6 –, Schwestern 131?; 6, 18, 482 –, Familie 5; 18 Gerstenberg (Gerstenberger), Friedrich Wilhelm (1737–1813), s~chsischer Offizier 108?; 400 Gerstenberg, Heinrich Wilhelm von (1737–1823), Lyriker, Dramatiker, Literaturtheoretiker, Rittmeister in d~nischen Diensten, seit 1765 in Kopenhagen, von 1775 bis 1783 d~nischer Konsul in Lubeck, sp~ter Lotteriedirektor in Altona 108?; 400 Ugolino (Drama) 400 Geßner (Gessner), Johannes (1709– 1790), schweizerischer Arzt, Mathematiker und Naturforscher, 1746 Grunder der „Physikalischen Gesellschaft“ in Zurich (seit 1808 „Naturforschende Gesellschaft“) 1071
Personen und Werke
Geßner (Gessner), Salomon (1730– 1788), Dichter, Maler und Kupferstecher, Buchh~ndler und Verleger in Zurich, Mitglied des Großen Rates 459, 746 Idyllen 459 –, Heinrich (1768–1813), Verleger und Buchh~ndler in Zurich, dessen Sohn, seit 1795 Mann von Christoph Martin Wielands Tochter Charlotte Wilhelmine 241 Geyser (Geiser), Christian Gottlieb (1742–1803), Kupferstecher, Miniaturmaler und Illustrator in Leipzig, seit 1761 Schuler Adam Friedrich Oesers, von 1766 bis 1770 Lehrer fur Kupferstich an der Leipziger Kunstakademie, seit 1771 ordentliches Mitglied der Leipziger Kunstakademie, in zweiter Ehe verheiratet mit Adam Friedrich Oesers Tochter Wilhelmine 198 Giannini, Wilhelmine Eleonore Elisabeth Gr~fin von (1719–1784), seit 1755 Hofdame in Braunschweig, Kanonissin des Damenstifts Herford, seit 1775 Oberhofmeisterin der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach 445; 105; 390, 444, 834, 837 –, Leopold Joseph Graf von (gest. 1730), Braunschweiger Oberhofmeister, deren Vater 834 –, Johanna Maximiliane, geb. von Ronow und Bieberstein (gest. 1720), deren Mutter 834 Gille, Georg Heinrich, Besitzer einer Flaschenhandlung in Eisenach EB 232* Girard, Abb Gabriel (1677–1748), franzvsischer Geistlicher und Sprachtheoretiker 317 f. Les vrais principes de la langue franoise 317 f. Synonymes franais 317?, 318
1163
Glaser, Johann Elias (1721–1781), Kaufmann in Stutzerbach 288, 347, 510 Gleichen, Ernst Graf von (um 1160– um 1246), 1227 Teilnahme am funften Kreuzzug 37, 126 –, Familie 11; 37 Gleichmann, Gymnasiast in Schleusingen 231 f. Gleim, Johann Wilhelm Ludwig (1719–1803), Dichter, seit 1747 Domsekret~r, sp~ter Kanonikus in Halberstadt, Freund Klopstocks und Lessings, Gvnner und Fvrderer von Anna Louisa Karsch 263, 383, 385, 387, 448, 638, 706, 712, 714, 720–722, 760, 780, 1100 Gleim, Justus (gest. 1795), um 1779 Unteroffizier in Weimar, um 1790 Fourier 1123 f. Gluck, Christoph Willibald (1756:) von (1714–1787), Komponist, von 1754 bis 1764 Kapellmeister der Hofoper in Wien, 1774 kaiserlicher Hofkomponist 71; 279, 363 –, Marianne (um 1759–1776), dessen Nichte und Adoptivtochter 71; 279 Gvchhausen, L o u i s e Ernestine Christiane Juliane von (1752–1807), seit 1768 Hofdame der Markgr~fin Caroline Louise von Baden in Karlsruhe, seit 1775 Gesellschafterin der Herzogin Anna Amalia von Sachsen Weimar und Eisenach, seit 1783 erste Hofdame 442; 29, 129; 127– 129, 139, 305, 310, 475 f., 510, 596, 736, 754 f., 769, 813–815, 817, 824, 830 f., 999 Eine Tiefurter Matine (mit Anna Amalia, Carl Ludwig von Knebel, Prinz Constantin, Moritz Ulrich von Putbus) 127 f., 139 f. –, Wilhlem Ernst Friedrich von (1702–1768), Offizier in weimari-
1164
Register
schen Diensten, ab 1843 sachsenweimarischer Kammerjunker, ab 1750 Schlosshauptmann in Eisenach, ab 1756 Oberk~mmerer am Weimarer Hof, deren Vater 510, 830 –, Charlotta Christiane von, geb. von Nostiz (1719–1793), deren Mutter 141?; 510, 824, 830 Goeckingk (Gvckingk), Leopold Friedrich Gunther (1789: von) (1748–1828), Jurist und Dichter, von 1770 bis 1786 Kanzleidirektor in Ellrich (Harz), seit 1793 Oberfinanzrat in Berlin 678 Gvpfert (Goepfarth), Carl Gottlieb (1733–1798), Violinist und Komponist, seit etwa 1770 Orchesterdirektor und Konzertmeister in Weimar 472 Goertz (Gvrtz) (eigentl. Schlitz), Johann Eustach Graf von (1737–1821), Jurist, Diplomat, Schriftsteller, von 1762 bis 1775 Erzieher des Erbprinzen Carl August und des Prinzen Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach, danach in preußischen Diensten, u. a. von 1779 bis 1785 preußischer Gesandter in St. Petersburg 29, 113, 146, 262, 348, 390, 652, 721, 834, 837, 1052 –, Friedrike C a r o l i n e Gr~fin von, geb. von Uechtritz (1749–1809), dessen Frau 25; 113, 652, 834 Gvschen, Georg Joachim (1752–1828), Buchh~ndler, Buchdrucker und Verleger, seit 1781 bei der Dessauer Verlagsbuchhandlung der Gelehrten, seit 1785 selbstst~ndig in Leipzig und Grimma 60, 134, 158, 289, 415, 449, 592, 596, 656, 715 Goethe, Johann Caspar (1710–1782), Jurist, einziger Sohn aus der zweiten Ehe eines wohlhabenden Frankfur-
ter Schneidermeisters und Gasthofbesitzers, Schuler des Coburger Casimirianums, Student in Gießen und Leipzig, 1735 Praktikant am Reichskammergericht in Wetzlar, 1739 Promotion in Gießen, 1742 kaiserlicher Rat, danach Privatier in Frankfurt a. M., 1748 Heirat mit Catharina Elisabeth Textor, Goethes Vater EB 1, EB 9, EB 11, EB 14, EB 16, EB 17, EB 18, EB 19, EB 23, EB 25, EB 29, EB 40, EB 45, EB 59, EB 77, EB 84, EB 92, EB 153, EB 164; 5 f., 15, 17, 19, 32, 40, 43, 51, 70?, 108, 116, 136 f., 151, 177, 288 f., 296, 298, 389, 405; 18, 30, 50 f., 53, 58, 87, 135, 146, 162, 170, 175 f., 178, 185, 201, 211, 278, 310, 332, 388, 403, 427, 443, 535–538, 566, 715, 947 f., 985 f., 1113 –, Catharina Elisabeth, geb. Textor (1731–1808), seit 1748 dessen Frau, Tochter des Frankfurter ReichsStadt-Schultheißen Johann Wolfgang Textor, Goethes Mutter 276, 183, 306, 519, 520, EB 10, EB 22, EB 28, EB 30, EB 32, EB 38, EB 53, EB 63, EB 64, EB 67, EB 68, EB 72, EB 82, EB 85, EB 86, EB 93, EB 96, EB 99, EB 110, EB 114, EB 115, EB 123, EB 127, EB 133, EB 137, EB 140, EB 143, EB 149, EB 150, EB 158, EB 172, EB 175, EB 181, EB 193, EB 218, EB 222, EB 236, EB 240, EB 256, EB 261, EB 273; 5 f., 15– 17, 19, 31 f., 40 f., 43, 70?, 90, 108, 131, 136, 183, 190, 199, 219 f., 259, 296, 298; 30, 50–52, 58 f., 87, 103, 105, 135 f., 146, 170, 175 f., 185, 202, 239, 278, 303, 310, 317, 344, 377, 398 f., 417, 441, 443, 476, 481 f., 496, 508, 512, 523, 533, 535–538, 539, 546,
Personen und Werke
568, 599 f., 620, 642, 647, 673 f., 715, 752, 755, 768, 830, 858, 945–950, 966, 969, 978, 984– 986, 1017, 1035, 1051, 1107, 1120, 1122 –, C o r n e l i a Friederike Christiane, deren Tochter siehe Schlosser, C o r n e l i a Friederike Christiane –, Julius A u g u s t Walter von (1789– 1830), von 1808 bis 1811 Jurastudent in Heidelberg und Jena, Kammerassessor, Kammerrat in Weimar, 1823 Geheimer Kammerrat, 1826 Kammerherr, Goethes Sohn, deren Enkel, 1801 legitimiert 294 –, deren Kinder 536 Gvtz, G o t t l i e b Christian (1752– 1803), Buchh~ndler und Verleger in Mannheim, seit 1782 Teilhaber von Christian Friedrich Schwan 7 f. –, Johann N i k o l a u s (1721–1781), Schriftsteller, Theologe, seit 1751 Pfarrer, ab 1776 Superintendent in Winterburg bei Bad Kreuznach, dessen Vater 7 f. –, Henriette Luise C h r i s t i n e , geb. C~sar, verw. Hautt, dessen Mutter 7 f. Goetze, Ernst Johann Carl, Musiker in Weimar, Vater von Johann Konrad Nikolaus Goetze 897 f. Goetze (Gvtze), Johann Georg P a u l (Johann Paul August) (1761–1835), seit 1777 Goethes Diener, 1794 Baukondukteur in Jena, 1803 Wegebaukommissar, 1807 Wegebauinspektor 191, 360; 651, 653, 667 –, Maria Dorothea, geb. Guntzel (1730–1812), dessen Mutter, seit 1757 Frau des Regimentsmusikers Johann Ernst Goetze in Weimar, seit Ende 1777 in Goethes Diensten 198?, 291?; 667, 953
1165
Goldsmith, Oliver (1728–1774), irischer Schriftsteller 388, 403, 406 f. The vicar of Wakefield 104, 109– 111; 388, 403, 406 f. Gondi Retz, Jean-Franois Paul de siehe Retz, Jean-Franois Paul de Gondi Kardinal de Gotter, Friedrich Wilhelm (1746– 1797), Jurist, Dichter, bersetzer, Schauspieler und Regisseur, 1767 und von 1770 bis 1772 sachsengothaischer Legationssekret~r in Wetzlar, Mitglied der „Rittertafel“, 1772 herzoglicher Geheimsekret~r in Gotha EB 24, EB 39, EB 46; 487, 733 Gottrau de Billens, Tobie de (1738– 1825), Offizier in franzvsischen Diensten, von 1778 bis 1783 Landvogt in Cheyres und von 1786 bis 1791 in Vaulruz EB 271; 323; 1024 Gottschalg, Johann Sebastian (1722– 1793), Theologe, seit 1776 Oberkonsistorialrat in Weimar 62, 248 Gottsched, Johann Christoph (1700– 1766), Dichter, Literaturtheoretiker und Theaterreformer, seit 1730 Professor der Poesie, seit 1734 der Logik und Metaphysik in Leipzig 927 Reineke der Fuchs (Alkmar-bertragung) 927 Goudt, Hendrik (1583–1648), niederl~ndischer Maler und Kupferstecher in Utrecht 189; 646 f. Enthauptung Johannes des T~ufers (Kupferstich nach Elsheimer) 647 Gr~bner, Christian Zacharias (gest. 1821 oder 1831), 1777 Porzellanfabrikant in Ilmenau, 1782 bankrott, von 1784 bis 1790 Glasfabrikant in Russland 880
1166
Register
Graevenitz, David Georg (auch Jurgen) von (1680–1757), preußischer General der Infanterie 669 Graff, Anton (1736–1813), schweizerischer Maler und Radierer, seit 1766 s~chsischer Hofmaler und Lehrer an der Kunstakademie in Dresden, ab 1789 Professor 722 f. Gramont, Philibert de, Comte de Toulongeon (1621–1707), franzvsischer Offizier, Hof- und Edelmann am Hof Ludwigs XIV. in Paris 318 Greiner, Johann Poppo von (1708– 1772), sachsen-weimarischer Beamter, Geheimer Rat, Vertrauter der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach, Vater von Johanna Carolina von Oertel 835 Grtry, A n d r Ernest Modeste (1741–1813), belgischer Komponist, seit 1767 in Paris, 1795 Inspektor des Pariser Konservatoriums 366 Zmire et Azor (Oper) 366 Rose chrie, aimable fleur Æ:::æ (Arie) 366 Greven, Friedrich Joseph (1751–1828), Offizier in hannoverschen Diensten, 1776 Inspektor am Philanthropinum in Marschlins, sp~ter Oberstleutnant und Kommandeur in Gvttingen 19; 90 f., 550 f., 906 Griendl, Joseph Edler (1783: von) (um 1740–1804), vsterreichischer Jurist, Advokat in Graz und Bannrichter beim Landgericht in Friedau (Steiermark), seit 1780 Inhaber der Herrschaft Oberwildon, zeitweise Rektor der Universit~t Graz 671 Griesbach, Johann Jacob (1745–1812), Theologe, Begrunder der neutestamentlichen Textkritik, 1766/67 Student in Leipzig, seit 1773 Professor der Theologie in Halle, seit
1775 in Jena, 1781 sachsen-weimarischer Kirchenrat, 1784 Geheimer Kirchenrat 778 Grimm, Friedrich M e l c h i o r (1772:) von (1723–1807), Diplomat in franzvsischen und russischen Diensten, Schriftsteller und Gelehrter 562 Grimm, J a c o b Ludwig Karl (1785– 1863), Jurist, Sprachforscher und M~rchensammler 725 Kinder- und Hausm~rchen 725 Der Froschkvnig 725 Frau Holle 250 –, W i l h e l m Karl (1786–1859), Jurist, Sprachforscher und M~rchensammler, dessen Bruder 725 Kinder- und Hausm~rchen 725 Der Froschkvnig 725 Frau Holle 250 Grimm, Johann Friedrich Karl (1737– 1821), Mediziner, Leibarzt am sachsen-gothaischen Hof, Geheimer Hofrat 56 Bemerkungen eines Reisenden durch Teutschland, Frankreich, England und Holland 56 Groot, Diederik de, Heer van Kraaienburg (1604–1661), Offizier unter Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, Sohn des niederl~ndischen Philosophen, Theologen und Rechtsgelehrten Hugo de Groot (Hugo Grotius) 1128 Groschlag (Großschlag) von Dierburg, Carl Friedrich Willibald von (1729–1799), von 1758 bis 1763 kurmainzischer Gesandter in Paris, danach Großhofmeister, Staats- und Konferenzminister in Mainz, seit 1774 in franzvsischen Diensten 947 Großbritannien –, Georg III. (George William Frederick) (1738–1820), seit 1760 Kvnig von Großbritannien und Irland so-
Personen und Werke
wie Kurfurst von BraunschweigLuneburg („Kurhannover“), seit 1814 in Personalunion Kvnig von Hannover 23, 1129 –, G e o r g August Friedrich Prinz von (1762–1830), 1811 Regent, 1820 als Georg IV. Kvnig, auch Kvnig von Hannover, dessen Sohn 1129 Große, Johann Christoph (gest. 1780), Buchbindermeister in Weimar 296; 331, 516, 966 –, Anna Margaretha, geb. Zeumer (um 1726–1790), seit 1780 dessen Witwe und Gesch~ftsnachfolgerin 966 Grote, Christlieb Valerius, seit 1772 Rektor der Stadtschule und Organist der Stadtkirche in Burgel bei Jena 10; 36 Grothaus (Grotthaus), Friedrich Wilhelm Carl Ludewig von (1747– 1801), preußischer Offizier, Abenteurer 292; 955 f., 959, 1127, 1129 f. Gussefeld, F r a n z Ludwig (1744– 1808), Ingenieur, Mathematiker und Kartograph, seit 1767 Weimarer Kammerbeamter, seit 1782 Forstsekret~r 897 f. Guibert, Jacques Antoine Hippolyte de (1743–1790), franzvsischer General und Schriftsteller 54, 68, 78; 207 f., 273, 311, 317 f. Essai gnral de tactique (Versuch sber die Tactik) 54, 68, 78; 207 f., 273, 311, 317 f. Gujer (Guyer), Hans Jakob, gen. Chli Jogg (Kleinjogg) (1716–1785), Schweizer Reformbauer in Wermatswil bei Uster im Kanton Zurich 466 Guyon du Chesnoy, Jeanne Marie, geb. Bouvier de la Motte (1648–1717), franzvsische Mystikerin und Quietistin, Schriftstellerin 1113
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La vie de madame JÆeanneæ MÆarieæ BÆouvieræ de la Mothe Guion 1113 Hackert, Jakob P h i l i p p (1737– 1807), deutscher Landschaftsmaler, seit 1768 in Rom, von 1786 bis 1799 Hofmaler in Neapel, zuletzt in San Piero di Careggio bei Florenz 1043 –, G e o r g Abraham (1755–1805), Kupferstecher, Landschaftsmaler und Verleger, seit 1776 mit ihm in Rom, seit 1786 in Neapel, Grunder einer Kupferstecherschule in Neapel, dessen Bruder 1043 H~feli (H~felin), Johann Kaspar d. . (1754–1811), Schweizer Theologe, seit 1773 Pfarrer in Elisau bei Zurich, Lehrer am Philanthropinum in Marschlins (Graubunden), sp~ter in Dessau, Bremen und Bernburg 109; 402 Haffner (Hafner), Joachim C h r i s t o p h (1781: von) (gest. 1795), seit 1770 sachsen-weimarischer Rat und Reichshofratsagent in Wien 334*; 668, 670 Haller, Albrecht von (1708–1777), schweizerischer Dichter, Mediziner und Universalgelehrter, seit 1729 Arzt in Bern, von 1736 bis 1753 Professor fur Anatomie, Botanik und Chirurgie in Gvttingen, von 1747 bis 1753 Direktion der „Gvttingischen Gelehrten Anzeigen“, seit 1753 in Bern 311; 994, 1008, 1010, 1020 Die Alpen 994, 1010 Versuch Schweizerischer Gedichte 1020 Horch! die Trompete schallt Æ...æ 1020 Hamann, Johann Georg (1730–1788), Sprach- und Religionsphilosoph,
1168
Register
Beamter in Kvnigsberg, Schriftsteller, Freund Herders 3, 16, 20, 35, 45, 119; 3, 23, 52, 95, 149, 152, 322, 330, 335, 430 f., 488, 888, 919, 1056 Neue Apologie des Buchstabens h 3; 3 Philologische Einf~lle und Zweifel 119; 430 f. Au Salomon du Prusse 119; 431 ÆSchriftenæ 3, 16; 52, 431 Vetii Epagathi Regiomonticolae hierophantische Briefe 20; 95 Hamilton, Antoine Comte d’ (um 1646–1720), franzvsischer Schriftsteller irischer Abstammung 317 f. Mmoires de la vie du Comte de Gramont 318 Contes 318 Hammann, Johann Wolfgang (1713– 1785), Eisenhuttenbesitzer und Porzellanfabrikant, Eigentumer des Huttenwerks in Katzhutte, furstlichschwarzenburgischer Hutteninspektor, 1764 mit Gotthelf Greiner Grunder der Wallendorfer Porzellanmanufaktur 541 Hannover, Kurfurstentum siehe Großbritannien Hartknoch, Johann Friedrich (1740– 1789), Verlagsbuchh~ndler in Riga 234, 316 Hartmann (eigentl. von Schmidt), Johann Joseph (1753–1830), aus Mannheim stammender Landschaftsmaler und Radierer in Biel 321; 1021, 1128 ÆGem~ldeæ Im Berner Oberland 1021 Landschaft zwischen Biel und Gottstadt 1021 Les champs de Mache 1021 Zwischen Biel und Orbain 1021
ÆKopie eines Portr~ts von Herzog Bernhardæ 1128 Hasse, J o h a n n A d o l f Peter (1699– 1783), S~nger und Komponist, von 1734 bis 1763 Kapellmeister in Dresden 189, 691, 822 ÆOratorienæ 189 Il cantico de’ tre fanciulli 691 Santa Elena al Calvario 822 Hastings, Warren (1732–1818), britischer Staatsmann und Kolonialbeamter, seit 1750 im Dienst der ostindischen Kompanie, 1772 Gouverneur von Bengalen, 1773 Generalgouverneur von Ostindien, 1785 abberufen, lebte in London 298 –, Anna Maria Apollonia (M a r i a n , M a r i a n n e ), geb. Chapus(s)et de St. Valentin, gesch. von Imhoff (1747–1837), seit 1777 dessen Frau, Mutter von C h a r l e s Christian August von Imhoff 298 Haugwitz, Christian August Heinrich Curt (1786: Graf) von (1752– 1832), preußischer Staatsmann, Gutsbesitzer in Schlesien, Gvttinger Freund der Grafen Christian und Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg 135, 266 Hauptmann, Anton Georg (1735– 1803), Bau- und Fuhrunternehmer in Weimar, 1770 Hofj~ger der Herzogin Anna Amalia von SachsenWeimar und Eisenach, seit 1777 auch Postmeister 174; 108, 118, 593, 795, 1125 Hebenstreit, Friedrich Wilhelm (gest. 1788), seit 1750 Rentsekret~r und Steuereinnehmer in Dornburg 261?; 865 Hecker, Johann Julius (1707–1768), Theologe, P~dagoge und Schulreformer, Lehrer am P~dagogium Halle, 1747 Grunder der kono-
Personen und Werke
misch-mathematischen Realschule in Berlin 383 Hedwig, Johann (1730–1799), Arzt und Botaniker, seit 1786 Professor der Medizin, seit 1789 Professor der Botanik und Direktor des botanischen Gartens in Leipzig 793 Heermann, Gottlob (Gottlieb) Ephraim (1726/27–1815), Bibliothekar und Schriftsteller in Weimar, zuletzt Legationsrat und Vorsteher des Munzkabinetts 129, 1100 Das Rosenfest (Favart-Bearbeitung) 129 Hegner, Ulrich (1759–1840), Schweizer Mediziner, Politiker, Bibliothekar und Schriftsteller, von 1798 bis 1801 Kantonsrichter in Zurich, Bekannter und Hausgenosse Lavaters in Zurich 154 Heilmann, Johann Christoph (1702– 1773), Verleger in Biel 60 Heinse (Heintze, Heinze; Ps. Rost), Johann Jakob W i l h e l m (1746– 1803), Dichter, Kunstschriftsteller, von 1780 bis 1783 in Italien, seit 1786 Vorleser des Erzbischofs und Kurfursten von Mainz, seit 1789 Bibliothekar und Hofrat, sp~ter in Aschaffenburg 748 Heitz, Johann Heinrich (III) (1731– 1801), Buchh~ndler und Verleger in Straßburg, seit 1769 Leiter der gleichnamigen Buchhandlung und Universit~tsdruckerei 19?; 91 Helfer, Herr aus Ehringsdorf 201; 680 Hempel, Caroline Louise, geb. Karsch, (um 1782/83) verh. von Klencke (1750–1802), Schriftstellerin und Publizistin in Berlin, Tochter von Anna Louisa und Daniel Karsch 167; 103, 208; 382–384, 385 f., 712, 714, 722 f. August und Julie (Roman) 384
1169
Charakteristische Beobachtungen einer Mutter uber ihre Kinder 384 Der Ehrliche Schweitzer (Drama) 383 ÆGedichteæ 383 f. Gedichte von Anna Louisa Karschin geb. Durbach (Hrsg.) 384 Leben und Romantische Dichtungen der Tochter der Karschin (postum hrsg. von Helmina von Chzy) 383 –, Ernst Wilhelm (geb. 1732), Tischler, 1770 Lotteriesekret~r, seit 1770/71 deren Mann 383 –, Heinrich Wilhelm (1770–um 1850), Jurist, deren Sohn 383 f. –, Carl (1776–1780), deren Sohn 385 –, deren Kinder 383 Hendrich, Amalia (M a l c h e n) Sophia Augusta Christiana von (geb. 1757) 439; 812, 827 f. – , F r a n z L u d w i g Ernst A l b r e c h t von (1754–1828), seit 1781 Kammerrat in Weimar, 1784 Kammerherr, 1802 bis 1813 Major und Stadtkommandant von Jena, deren Bruder 828 –, Johann Friedrich von (1700–1775), sachsen-weimarischer Konsistorialpr~sident, Wirklicher Geheimer Rat, deren Vater 828 –, Magdalena Catharina von, geb. von Berlichingen, deren Mutter 828 Henneberg-Schleusingen, Georg Ernst Graf von (1511–1583), 1545 Grunder des Schleusinger Gymnasiums 232 Henneberg-Schleusingen, Sophie (Sophia) Gr~fin von, geb. Prinzessin von Braunschweig-Luneburg (1541–1631), zweite Frau des Grafen Poppo XII. von HennebergSchleusingen 230
1170
Register
Hennings, August Adolf Friedrich von (1746–1826), Jurist und Schriftsteller, seit 1772 holsteinisch-d~nischer Legationssekret~r in Berlin und Dresden, seit 1778 Amtmann in Plvn, seit 1807 Administrator der Grafschaft Rantzenau 654 Herberg, Frau, Adressatin Goethes EB 54 Herda zu Brandenburg, Carl Christian von (1726/28–1802), seit 1776 Kammerpr~sident in Eisenach, 1781 Geheimer Rat, (Ober-)Steuer- und Kassendirektor 522; EB 265; 953 f. –, Friederike Bernardine Sophie Dorothea Elisabethe von, geb. von Holleben (1749–1816), seit 1772 dessen Frau 954 Herder, Johann Gottfried (1801: von) (1744–1803) 6, 10, 12, 17, 20, 29, 47, 108, 138, 143, 151, 189, 450; EB 60, EB 62, EB 105, EB 274; 7, 22, 31, 35, 130, 133, 175, 205, 232, 234, 261, 266, 270, 280, 293, 358; 21, 22 f., 24, 26, 40, 42–45, 47, 60–62, 65, 73, 93 f., 96, 103, 105, 109–111, 116, 128, 136, 147–150, 152 f., 155, 165– 168,171, 190, 233–235, 246–249, 256, 262, 267, 269, 312, 315 f., 320–322, 330, 334 f., 346 f., 353, 357 f., 396, 406 f., 410, 416, 429, 430–432, 439, 441, 453, 463, 464, 466, 475 f., 479, 488 f., 494, 508 f., 540, 594–597, 638, 661, 756, 780, 784 f., 811–814, 818, 825, 839, 853, 879, 887 f., 914, 919, 923, 934, 941, 956, 958, 1029, 1033, 1047, 1056, 1068 Abhandlung uber den Ursprung der Sprache 431 Aelteste Urkunde des Menschengeschlechts 18; 60
ÆAnteil an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“æ HamÆannsæ Karakter (eingegangen in: Religivse, Schw~rmer, Theosophen, Seher) 152 ÆAntrittspredigtæ 150, 322 Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit 56, 60 Denkmal Ulrichs von Hutten 914 ÆGedichteæ 508 Gefundene Bl~tter aus den neuesten Deutschen Litteraturannalen von 1773 44 ÆHohelied Salomosæ (bersetzung) siehe Lieder der Liebe Johannes Offenbarung 119; 432 MAQAM AHA. Das Buch von der Zukunft des Herrn siehe Johannes Offenbarung Lieder der Liebe. Die ~ltesten und schvnsten aus dem Morgenlande (bersetzungen, Bearbeitungen) 141, 232; 508 f., 784 f. Shakespeare (Aufsatz, 1773) 312 ÆSchriftenæ 18; 60 Volkslieder 596 f. Sußer Tod (Shakespeare-bersetzung) 175; 597 Ursachen des gesunkenen Geschmacks bey den verschiedenen Vvlkern 60 –, Maria Carolina (C a r o l i n e , L i n a) (1801: von), geb. Flachsland (1750– 1809), seit 1773 dessen Frau 6, 13, 79, 94, 205, 234, 261; 21–24, 61, 73, 93, 150, 251, 320 f., 358, 429, 431, 760 –, Wilhelm Christian G o t t f r i e d (1801: von) (1774–1806), Mediziner, Hofarzt in Weimar, deren Sohn 321 –, Siegmund (Sigismund) A u g u s t Wolfgang (1801: von) (1776–1838), Berghauptmann in s~chsischen
Personen und Werke
Diensten, seit 1826 Oberberghauptmann in Freiberg, deren Sohn 80; 321, 358 –, Karl Emil Adalbert (A d e l b e r t ) (1779–1857), Landwirt (konom), von 1801 bis 1809 Besitzer der Hofmark Stachesried, deren Sohn 958 –, Familie 358, 826 Hermes, Johann Timotheus (1738– 1821), Theologe und Schriftsteller, seit 1775 Propst, seit 1791 Pastor in Breslau 487 Herzog, Johann Adolph, sachsen-weimarischer Finanzbeamter, 1782 Rentkommissar in Ilmenau, zuletzt Schichtmeister EB 223* Hess (Heß), David (1770–1843), Schriftsteller und Biograph, Zeichner und Karikaturist in Zurich, bis 1796 Offizier in holl~ndischen Diensten, 1803 Mitglied des Großen Rates, Freund Philipp Christoph Kaysers 362, 364 f. Heß, Johann Jakob (1741–1828), Schweizer Theologe und Schriftsteller, seit 1777 Diakon, seit 1795 Hauptpastor (Antistes) in Zurich 494 Hessen-Darmstadt –, Ludwig IX. von (1719–1790), seit 1768 Landgraf, residierte in Pirmasens, Vater der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach 398, 534, 820, 1120 –, Henriette K a r o l i n e Christine Philippine Luise Landgr~fin von, geb. Prinzessin von Pfalz-Zweibrucken (1721–1774), seit 1741 dessen Frau, residierte in Darmstadt, Mutter der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach 54, 1025 –, Georg Wilhelm, Prinz von (1722– 1782), dessen Bruder 947
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–, Ludwig, Erbprinz von (1753– 1830), seit 1790 als Ludwig X. Landgraf, seit 1806 als Ludewig I. Großherzog von Hessen, dessen Sohn aus erster Ehe, Bruder der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach 105, 108; 223, 337, 389 f., 398 f., 947 –, L o u i s e Caroline Henriette von, geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt (1761–1829), seit 1777 Frau von Erbprinz Ludwig von HessenDarmstadt 947 Hessen-Homburg –, Friedrich V. Ludwig Wilhelm Christian von (1748–1820), von 1766 bis 1806 und seit 1815 Landgraf 126; 465–467, 947, 1120 –, Carolina Landgr~fin von, geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt (1746–1821), seit 1768 dessen Frau, Schwester der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach 466, 947, 1120 Hessen-Kassel –, Friedrich II. von (1720–1785), seit 1760 Landgraf, 1741 vsterreichischer und 1756 preußischer Generalleutnant, 1760 Generalfeldmarschall 981 –, Karl von (1654–1730), seit 1670 Landgraf 39 Heumann, Johann Gottlieb (gest. 1806), Jurist, Amtmann und Gerichtsdirektor in Apolda 866 Heyne, Christian Gottlob (1729– 1812), Altphilologe, seit 1763 Professor der Poesie und Beredsamkeit in Gvttingen, Universit~tsbibliothekar, seit 1770 Sekret~r der Akademie 22–24, 93 f., 235 –, Therese, geb. Weiß (1730–1775), seit 1761 dessen Frau 22 Hien, Daniel (1725–1773), Hofmaler in Zweibrucken 746
1172
Register
Hiller, Johann Adam (1728–1804), Musiker, Komponist, Musikschriftsteller, seit 1781 Gewandhauskapellmeister, von 1789 bis 1800 Thomaskantor in Leipzig 188 Himburg, Christian Friedrich (1733– 1801), Buchh~ndler und Verleger in Berlin 278, 404; 60, 290, 386, 723, 914 f. Hirschfeld, Christian Cajus (Cay) Lorenz (1742–1792), Schriftsteller, Theoretiker der Gartenkunst, seit 1773 Professor der Philosophie und der schvnen Wissenschaften in Kiel, seit 1777 kvniglich d~nischer Justizrat 648 Theorie der Gartenkunst 648 Hochhausen, Christian, Hof- und Landkammerrat, Amtmann zu Burgel 12; 38 Hoe, Gottlieb, Kaufmann in Ilmenau 935 –, Familie 282 f.?, 285?; 882, 935 Hoehn (Hvhn), August Christian Friedrich (um 1775–1805), Arzt in Ilmenau, Kastenverwalter 935 –, dessen Vater 935 –, Familie 282 f.?, 285?; 882, 935 Hoehn (Hoen), Beamte, Handwerker in Ilmenau 282 f.?, 285?; 935 Hvlty, L u d w i g Christoph Heinrich (1748–1776), Lyriker, Schriftsteller und bersetzer, Mitbegrunder des Gvttinger Hains 596 Hoffmann, Carl Ludolf (1729–1780), Buchh~ndler, seit 1765 Leiter der „Hoffmannschen Buchhandlung“ in Weimar 212; 620, 732, 794 –, Siegmund Heinrich (1699–1765), Weimarer Verlagsbuchh~ndler, 1732 Grunder der „Hoffmannschen Buchhandlung“, dessen Vater 732 –, Eva Dorothea, seit 1780 Leiterin der „Hoffmannschen Buchhandlung“, dessen Frau 732
–, Johann W i l h e l m (1777–1859), Verlagsbuchh~ndler in Weimar, seit 1802 Leiter der „Hoffmannschen Buchhandlung“, dessen Sohn 732 Hoffmann (Hofmann), Johann Christian, etwa von 1775 bis 1819 Kammermusiker in Weimar 472 Hoffmann, Wilhelm Conrad (1735/ 36–1801), seit 1764 Pfarrer in Berka 556 –, Johanna Friederike Louise (1768–1814), dessen Tochter, seit 1786 Frau von Peter im Baumgarten, seit 1800 Frau des Weimarer Amtsaktuars Johann Justin Ludwig W~chter 556 f. Hohenlohe-Kirchberg, Friederike M a r i a Johanna (Jenny) Furstin von, geb. Gr~fin von Reuß-PlauenGreiz (1748–1816) 98; 368 f., 374 Hohenthal, von, Besitzer des Rittergut Wallendorf und des Schlosses Weißenburg 153; 541 Hohenthal, Carl Ludwig August Graf von (1769–1826), s~chsischer Beamter, Amtshauptmann der mter Eilenburg und Duben, sp~ter Geheimer Rat 396 Hohenthal, Friedrich Wilhelm (1790: Graf von) (1742–1819), kurs~chsischer Geheimer Rat, Herr auf Groß- und Klein-St~dteln bei Leipzig, Besitzer der Ritterguter Knauthain und Knautkleeberg, seit 1802 Dechant des Kollegiatstifts zu Zeitz, Fvrderer Johann Gottfried Seumes 39?; 120, 158 Holbein, Hans d. J. (1497/98–1543), deutscher Maler und Zeichner in Basel, Hofmaler Heinrichs VIII. von England 320; 1018 –, Ambrosius (um 1494–nach 1519), Maler und Grafiker in Basel, dessen ~lterer Bruder 320; 1018
Personen und Werke
Holstein-Sonderburg-Beck, Friedrich Carl Ludwig Herzog von (1757– 1816), seit 1775 regierender Herzog, Offizier in preußischen Diensten, 1778 Major 727 Homer (Homeros) (9./8. Jh. v. Chr.) 10, 29, 37 f., 42, 200, 306, 315; 11, 35 f., 122, 128, 157, 173, 312, 317 f., 677–679, 689, 994 f., 1034 Ilias 38; 128, 157, 173, 677–679, 689 Odyssee 10, 12, 306, 324; 35 f., 128, 173, 994 f., 1025 f., 1034 Hottinger, Johann Jakob (1750–1819), schweizerischer reformierter Theologe, klassischer Philologe, Professor fur Eloquenz und Philosophie am Gymnasium Carolinum in Zurich 7?; 27, 48, 88, 92 Briefe von Selkhof an Welmar 88, 92 Huber, Jean (1721–1786), Schweizer Maler, Zeichner und Kupferstecher, Ratsherr in Genf 338, 345; 993, 1043 Huder, aus Indien stammendes Kind, zeitweise in Weimar 83; 330 Hufeland, Johann Friedrich (1730– 1787), Mediziner, herzoglicher Leibarzt und Geheimer Hofrat in Weimar 43, 123; 180, 454 –, Christoph Wilhelm (1762–1836), Mediziner, herzoglicher Leibarzt und Hofrat in Weimar, Professor in Jena, seit 1801 kvniglicher Leibarzt in Berlin, Direktor des Collegium Medicum und Mitglied der Akademie der Wissenschaften, dessen Sohn 180 Hullsberg, Herr, unbekannter Adressat Goethes EB 4 Husgen (Huisgen, Hißgen), Heinrich Sebastian (1745–1807), Kunst- und Altertumshistoriker, Kunstsammler
1173
und -h~ndler in Frankfurt a. M., Jugendbekannter Goethes 581 Verr~therische Briefe von Historie und Kunst 581 Humboldt, Friedrich W i l h e l m Christian Carl Ferdinand von (1767–1835), preußischer Staatsmann, Sprachforscher und Schriftsteller, Privatgelehrter in Berlin 149 –, Friedrich Wilhelm Heinrich A l e x a n d e r von (1769–1859), Naturforscher, Ethnologe und Weltreisender, dessen Bruder 449 Hutten, Ulrich von (1488–1523), Humanist, Publizist, Politiker 17; 58, 914 Hutten zum Stolzenberg, Franz Philipp Joseph von (1731–1790), Domherr in Speyer, seit 1770 Domdechant, Kunstsammler 989 –, Franz Christoph Reichsfreiherr von (1706–1770), seit 1743 Furstbischof von Speyer und gefursteter Propst der Propstei Weißenburg, 1761 Kardinal, Kunstsammler, dessen Onkel 989 Iffland, August Wilhelm (1759–1814), Schauspieler und Theaterdichter in Mannheim, 1796 Theaterdirektor in Berlin 924 f., 979 –, Christian Philipp (1750–1835), Oberburgermeister von Hannover, Oberappellationsgerichtsdirektor, dessen Bruder 979 Ilsemann, Johann Christoph (1727– 1822), Pharmazeut, Chemiker, Mineraloge, seit 1751 Ratsapotheker und Bergkommissar in Clausthal 186; 618, 632 f. Ilten, C a r o l i n e von (um 1757– 1789), etwa seit 1776 Geliebte des Prinzen Constantin von SachsenWeimar und Eisenach, um 1789
1174
Register
Heirat mit Friedrich Wilhelm Moser von Filseck 433; 67, 109, 171?, 142?, 226?; 229, 271, 402, 515, 523 f., 583, 738, 766, 812, 819 f., 838 f. –, Sophie Marie Caroline von, deren Schwester siehe Lichtenberg, Sophie Marie Caroline von Imhoff, Christoph Adam C a r l von (1734–1788), Portrait- und Miniaturmaler, Offizier in Hessen-Kassel, sp~ter in Wurttemberg, in erster Ehe Mann von Anna Maria Apollonia Chapusset verh. Hastings, von 1767 bis 1769 in London, danach bis 1773 in Indien, bis 1785 auf dem Familiengut in Mvrlach bei Nurnberg, seit 1786 Unterstutzung durch Herzog Carl August von SachsenWeimar und Eisenach 298, 330, 410 –, L o u i s e Franziska Sophie von, geb. von Schardt (1750–1803), seit 1775 dessen Frau, Schwester von Charlotte von Stein 76–78, 82, 83, 87, 102, 109, 112; 72, 297 f., 327 f., 379 f., 403, 410 –, Anna Amalia (A m a l i e) von (1776–1831), Schriftstellerin, Malerin, deren Tochter 298, 327, 410 Isenflamm, Christian Bernhard (1773:) von (gest. 1786), Diplomat in Wien, seit 1770 sachsen-weimarischer Geheimer Legationsrat und Gesch~ftstr~ger, seit 1775 Resident 334*; 668, 670, 1127, 1132 Ixkull (Uxkull, xkull, Uxkull)-Gyllenband, Karl Friedrich Emich von (1755–1832), Kunstsammler und Schriftsteller 749 Jacobi, Friedrich (F r i t z) Heinrich (1743–1819), Philosoph und Schriftsteller, Kaufmann, seit 1772 Rat bei der julisch-bergischen Hof-
kammer in Dusseldorf, 1779 Geheimer Rat in Munchen, Privatier in Pempelfort bei Dusseldorf, seit 1794 in Wandsbeck und Eutin, seit 1807 Pr~sident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Munchen 6, 16, 31, 40, 51, 106, 131, 176; 15, 17, 19, 22, 52–54, 138, 162, 202, 211 f., 396 f., 418 f., 479, 487, 599, 747, 752, 760, 983 Eduard Allwills Briefsammlung (Roman) 396 f. Eduard Allwills Papiere (Roman) 106; 396 f. –, Helene E l i s a b e t h (B e t t y), geb. von Clermont (1743–1784), seit 1764 dessen Frau 19, 482 –, Johann Georg (1740–1814), Schriftsteller, Professor der Philosophie und Beredsamkeit in Halle, von 1758 bis 1774 Kanonikus in Halberstadt, seit 1784 Professor der schvnen Wissenschaften in Freiburg (Breisgau), Herausgeber der „Iris“, dessen Bruder 137; 15, 52, 397, 418, 431 f., 493, 496 f., 596, 752, 1101 –, Caroline Marie (1757–1833), dessen Cousine, Tochter des Konsistorialrats Johann Friedrich Jacobi in Celle, zeitweise Johann Georg Jacobis Verlobte 1101 Jacquet, Franciska (F r ~ n z c h e n) Jacobea, geb. Crespel (Krespel) (1752– 1814?), Schwester von Johann Bernhard Crespel (Krespel), Jugendfreundin Goethes, seit 1774 Frau des Schweizer Uhrenh~ndlers Peter Friedrich Jacquet in Frankfurt a. M. 6, 950 Jerusalem, Johann Friedrich Wilhelm (1709–1789), Theologe, von 1742 bis 1752 Hofprediger und Prinzenerzieher in Braunschweig, 1745 Kurator, 1747 Rektor des Collegium
Personen und Werke
Carolinum, seit 1771 Konsistorialvizepr~sident in Wolfenbuttel 20; 61, 93 –, Carl Wilhelm (1747–1772), Jurist, von 1765 bis 1769 Student in Leipzig und Gvttingen, seit 1771 braunschweigischer Legationssekret~r am Reichskammergericht in Wetzlar, 1772 Freitod, dessen Sohn 93 Johann Paul Rehsens Witwe und Eggelin, Flachsspinnerei in Braunschweig EB 262 Johannes (Janus) Secundus (eigentl. Jan Nicolai Everaerts) (1511–1536), niederl~ndischer Dichter, Maler und Bildhauer, Sekret~r des Erzbischofs von Toledo in Madrid, Sekret~r Karls V. auf dem Kriegszug nach Tunis 114; 82, 414 f. Basia (Die Kssse; Gedichtzyklus) 415 Basium VIII 415 Basium XIX 415 Johnson, Thomas (gest. 1737?), englischer Altphilologe, Herausgeber der Werke des Sophokles und Homers 601 Ai sot Rouojkeot| sqacxdiai rxfolemai epsa. Sophoclis tragoediae quae extant septem 177?; 601 Jomelli (Jommelli), Niccol (1714– 1774), italienischer Komponist in Stuttgart 494 Joseph II. (1741–1790), Erzherzog von sterreich, seit 1764 rvmisch-deutscher Kvnig, seit 1765 Kaiser (Mitregent) des Heiligen Rvmischen Reiches Deutscher Nation, 1780 Kvnig von Ungarn, Kroatien und Bvhmen, Sohn von Kaiser Franz I. und Kaiserin Maria Theresia 434; 564, 668, 674, 706, 712, 992, 1087 Juel, Jens Jørgensen (1745–1802), d~nischer Maler, Schuler Johann Mi-
1175
chael Gehrmans in Hamburg, von 1772 bis 1779 zeitweise in Rom, Genf, Dresden und Paris, Mitglied und sp~ter Direktor der Kvniglichen Akademie der Kunste in Kopenhagen 338; 993, 1042 f. ÆPortr~tsæ ÆGoetheæ 1042 f. ÆCarl August von Sachsen-Weimar und Eisenachæ 338; 1042 Julich-Kleve-Berg, Wilhelm V. (gen. Wilhelm der Reiche) Herzog von (1516–1592), seit 1539 regierender Herzog von Julich-Kleve-Berg und Graf von Mark und Ravensberg 1134 Jung, Johann Heinrich (gen. JungStilling) (1740–1817), Mediziner, Kameralist und Schriftsteller, ursprunglich Schneidergeselle, 1770 Student in Straßburg, Augenarzt in Elberfeld, 1778 Professor an der Kameralschule in Kaiserslautern, seit 1784 in Heidelberg, seit 1787 Professur in Marburg 68?, 319 f.; 273, 1014 f., 1033 Henrich Stillings Jugend 273, 392 f. Kalb, Carl Alexander von (1712–1792), Geheimer Rat in Weimar, von 1761 bis 1776 Kammerpr~sident 38; 153,158, 162, 175 f., 178 f., 228, 246, 271, 379, 766, 814, 825 f., 846, 1126 –, Johanna Sophia Margareta von, geb. von Minckwitz (gest. 1766), dessen Frau 814 –, J o h a n n A u g u s t Alexander von (1747–1814), seit 1775 sachsenweimarischer Kammerherr, von 1776 bis 1782 Pr~sident des Kammerkollegiums in Weimar, danach Pension~r, deren Sohn 11 f., 39, 437; 16, 27, 30, 33, 36, 51, 105,
1176
Register
137, 158, 162, 171, 175–177, 202 f., 310, 324, 327, 338, 343, 379, 429, 439, 448, 511, 537, 685, 814, 846, 848–850, 858, 970– 972, 1090, 1130 f. – Sophia Friederike von, deren Tochter siehe Seckendorff, Sophia Friederike von –, A u g u s t a Eleonore von (1761– 1821), deren Tochter, seit 1796 zweite Frau von Lebrecht von Luck 429; 226?, 242?; 766, 808, 812, 814, 825, 838 –, Friederike Augusta Charlotte von, geb. von Kunsberg (1759–1779), seit 1778 Frau von Johann August Alexander von Kalb 685 –, Familie 59; 228, 521, 766, 807 Kalckofen, Christoph Theodor, Schmied in Weimar EB 267*; 298?; 984 –, Johann Christoph Sebald (gest. 1838), Hufschmied in Weimar 298?; 984 –, Johann Daniel (um 1751–1813), Schmied in Weimar EB 267*; 298?; 984 –, Johann Melchior (1709–1796), Schmied in Weimar 298?; 984 –, Familie 984 Kaller, Michael, Kunsth~ndler 581 Kanne (Canne), Anna (Annette) Catharina (K~thchen), geb. Schvnkopf (1746–1810), Tochter des Leipziger Zinngießermeisters und Gastwirts Christian Gottlob Schvnkopf, seit 1770 Frau des Juristen Christian Carl Kanne, Leipziger Freundin Goethes 49; 114, 192, 194, 990 Kannegießer, K a r l Friedrich Ludwig (1781–1861), Schriftsteller und bersetzer, Gymnasiallehrer in Berlin, 1822 Gymnasialdirektor in Breslau 611, 762
ber Goethe’s Harzreise im Winter 611, 762 Kant, Immanuel (1724–1804) 209 Karamsin, Nikolai Michailowitsch (1766–1826), russischer Schriftsteller und Historiker, Freund von Jacob Michael Reinhold Lenz in Moskau 223, 316 Karl der Kuhne siehe Burgund Karl V. (1500–1558), von 1516 bis 1556 als Karl I. Kvnig von Spanien, von 1519 bis 1556 Kaiser des Heiligen Rvmischen Reiches Deutscher Nation 335, 1134 Karolath siehe Carolath-Beuthen Karsch, Anna Louisa, geb. Durbach, gesch. Hiersekorn (gen. die Karschin) (1722–1791), Dichterin, von Ramler, Sulzer, Gleim u. a. gefvrdert, seit 1761 in Berlin, seit 1786 vom preußischen Kvnig unterstutzt 168, 361, EB 36; 103, 210; 104, 382–384, 385, 386, 706–714, 718, 720–723, 726, 760 ÆGedichteæ 384 Schvn gutten Morgn Herr Doctor Gvth Æ:::æ 712 f. wann seh ich nun dein antlitz wieder Æ:::æ 718–720 –, Daniel (geb. um 1720), Schneider, seit 1760 Milit~r in preußischen Diensten, deren Mann 382 –, Caroline Louise, deren Tochter siehe Hempel, Caroline Louise K~stner (Kestner), Johann Friedrich (1747–1812), seit 1780 Pageninformator in Weimar, Hauslehrer der Familie von Stein, seit 1788 Gymnasialprofessor 70, 72, 110, 117, 139, 152 f., 159, 164, 168, 170, 234, 237, 288, 294, 316; 78, 278, 284, 338, 405, 427, 519, 541, 543, 552, 566, 793, 960 Kaufmann, Johann C h r i s t o p h (1753–1795), Schweizer Apotheker,
Personen und Werke
reisender Wunderarzt, religivser Schw~rmer und Philanthrop EB 122; 130, 399; 346, 476 f., 479 Kayser, Philipp Christoph (1755– 1823), Komponist und Schriftsteller, seit 1775 Musiklehrer in Zurich, Frankfurter Freund Goethes 155, 560, EB 61; 99, 106, 130, 141, 159, 201, 329; 345, 357, 361, 362–365, 366–368, 370, 373, 376, 396, 413, 483, 487, 494, 506, 512, 547, 596 f., 655–659, 670, 683 f., 747, 857, 1079 Empfindungen eines Jungers in der Kunst vor Ritter Glucks Bildniße (Aufsatz) 362 ÆGedichteæ 362 Ges~nge, mit Begleitung des Claviers 362, 512, 655, 658 f., 683 An den Mond (Wagner) 655 f., 658 f. ÆGoethes Notenheftæ 362, 366, 512, 596, 655 f., 658 f., 683 Der verschwiegene Sch~fer (Grabet in die iunge Rinde Æ:::æ; Boie) 597 J~gers Nachtlied (Goethe) 596 f. Sußer Tod (Herder; Shakespearebersetzung) 597 ÆKompositionenæ 98 f.; 597, 655 An den Mond (Goethe) 547, 597, 655 f., 857 Claudine von Villa Bella (Goethe) 363 Erwin und Elmire (Goethe) 363, 366, 370, 512, 658 f. Ihr verbluht suße Rosen 97, 98?; 633, 670, 512 Jery und B~tely (Goethe) 363, 1079 f. ÆLiederæ 141, 201; 357, 512, 597, 655, 683 f. Scherz, List und Rache (Goethe) 363, 365
1177
Vermischte Lieder mit Melodien aufs Clavier 175; 362, 597, 659 Der verschwiegene Sch~fer siehe ÆGoethes Notenheftæ –, Johann Matth~us (1729–1810), Organist und Kirchenmusiker an der Katharinenkirche in Frankfurt a. M., dessen Vater 368; 362, 1080 –, Christine Philippine, geb. Kayser (gest. 1795), dessen Mutter 362 –, Dorothea, dessen Schwester 362 Keller, A u g u s t e Luise Eleonore von, geb. von Mauchenheim gen. Bechtolsheim (1732–1781), Freundin Wielands, ~ltere Schwester von Johann Ludwig von Mauchenheim 22?, 24, 444?; 43 f., 50, 55, 100, 112, 422 f. –, Christoph Dietrich von (1699– 1766), Herr auf Stedten bei Erfurt, gothaischer Geheimer Rat, Hofmarschall und Staatsminister, seit 1749 deren Mann 43, 112, 422 –, Juliane Auguste Christine von, deren Tochter siehe Mauchenheim, Juliane Auguste Christine von –, Wilhelmine Caroline von (1759– 1828), deren Tochter 112 –, Luise von (geb. um 1762–1794/95), deren Tochter 112 –, Familie 43, 55, 136, 171 Kestner, Johann Christian (1741– 1800), Jurist, seit 1767 bremisch und kurfurstlich hannoverscher Legationssekret~r in Wetzlar, seit 1773 Archivsekret~r, sp~ter Hofrat in Hannover 142, 290, 325; EB 183; 47 f., 251 f., 304, 332 f., 334, 341, 574, 575, 653 f. –, C h a r l o t t e Sophie Henriette, geb. Buff (1753–1828), seit 1773 dessen Frau, Freundin Goethes in Wetzlar 142; 14 f., 169, 194; 48, 114, 251 f., 332 f., 334, 575, 654, 990
1178
Register
–, G e o r g Heinrich Friedrich Wilhelm (G e o r g Wolfgang) (1774– 1867), Archivrat in Hannover, Patenkind Goethes, deren Sohn 252, 334, 575, 654 –, W i l h e l m Georg Konrad Arnold (1775–1848), kvniglich hannoverscher Amtmann in Hagen, deren Sohn 252, 334, 575, 654 –, Carl (1776–1846), Fabrikant, Mitbegrunder der chemischen Industrie des Elsass, deren Sohn 334, 575, 654 –, Georg A u g u s t Christian (1777– 1853), Diplomat, Kunstforscher und -sammler, seit 1817 in Rom, Mitbegrunder und Archivar des sp~teren Deutschen Arch~ologischen Instituts, deren Sohn 575, 653 f. –, T h e o d o r Friedrich Arnold (1779–1847), Mediziner, u. a. Arzt in Frankfurt a. M., deren Sohn 654 –, deren Kinder 85, 169, 194 –, Familie 194 Kirchberger, Nikolaus (Niklas, Niklaus) Anton, Herr von Liebistorf (1739–1800), Schweizer Offizier in holl~ndischen Diensten, Schriftsteller und Publizist, seit 1792 Pr~sident der konomischen Gesellschaft in Bern 311, 319, 322; 993, 1008, 1013 f., 1022 Klauer, M a r t i n Gottlieb (1742– 1801), Bildhauer, zun~chst in Rudolstadt, seit 1773 weimarischer Hofbildhauer, seit 1777 in Weimar, Lehrer an der Freien Zeichenschule EB 252, EB 257; 281, 361; 761, 925 ÆBustenæ ÆJohann Gottfried Herderæ 761 ÆJohann Wolfgang Goetheæ 761
Kleist, Ernst Nikolaus (1752–1787), livl~ndischer Baron, Offizier in franzvsischen Diensten in Straßburg 312 –, Friedrich Georg von (1751–1800), livl~ndischer Baron, Offizier in franzvsischen Diensten in Straßburg, dessen Bruder 312 Kleist, E w a l d Christian von (1715– 1759), preußischer Offizier und Dichter, Freund Gellerts, Lessings und Gleims 387 Des Herrn Christian Ewald von Kleist s~mtliche Werke 387 Kleist, Henning Alexander von (1707– 1784), preußischer Offizier, 1778/ 79 Kommandeur in der Armee des Prinzen Heinrich von Preußen 727 Klencke, Carl Friedrich von (um 1760–nach 1825), Schauspieler und Zeichner in Berlin, seit 1782/83 Mann von Caroline Louise Hempel geb. Karsch 383 –, Caroline Louise, dessen Frau siehe Hempel, Caroline Louise –, Wilhelmine Christiane von, deren Tochter siehe Chzzy, Helmina von –, Familie 383 Klettenberg, Susanna Catharina von (1723–1774), Pietistin in Frankfurt a. M., bis 1770 Goethes Vertraute in Fragen von Religion und Christentum, Verfasserin religivser Aufs~tze und geistlicher Lieder 5; 14, 18, 48, 332, 354, 1113 –, Maria Magdalena von, deren Schwester siehe Trumbach, Maria Magdalena von –, Maria (Marianne) Franziska von (gest. 1776), deren Tante 14 Kleuker, Johann Friedrich (1749– 1827), Theologe und Orientalist, Hauslehrer in Buckeburg, Freund Herders, 1775 Gymnasiallehrer in
Personen und Werke
Lemgo, 1778 Rektor in Osnabruck, 1798 Professor der Theologie in Kiel 234–236, 248 Zend-Avesta (Anquetil-Duperronbersetzung) 234–236, 248 Klinckowstrvm (Klinkowstrvm), Leonhard von (1741–1821), Sohn des schwedischen Regierungsrates und pommerschen Regierungskanzlers Thure Gustav von Klinckowstrvm, 1765 Kammerjunker in Weimar, 1775 Reise- und 1781 Hofmarschall, 1789 entlassen, zuletzt in Stockholm 120 f. Klinger, Friedrich Maximilian (1780: von) (1752–1831), Offizier und Dichter, 1776 in Weimar, danach Theaterdichter in Leipzig, 1780 russischer Offizier, Hofmeister des Großfursten Paul, 1796 Generalmajor, von 1803 bis 1820 Kurator der Universit~t Dorpat und Oberaufseher der Schulen im Baltikum, Frankfurter Jugendfreund Goethes EB 5, EB 69, EB 78, EB 106; 90, 106, 108, 141 f.; 239, 263, 314, 327, 345 f., 362, 364, 396, 429, 432, 512 f., 596, 648 Neuervfnetes moralisch-politisches Puppenspiel (Goethe; Hrsg.) 119?; 432 –, Cornelia Margareta Dorothea, geb. Fuchs (1727–1800), Kr~merin, W~scherin, dessen Mutter 345 –, Anna Katharina (1751–1813), dessen Schwester 345 –, Agnes (1757–1815), dessen Schwester 345 Klipfel, Carl Jacob Christian (1726/27–1802), Porzellanmaler in Berlin, seit 1786 Mitdirektor der Kvniglichen Porzellanmanufaktur, seit 1782 Hofkammerrat, seit 1786 Geheimer Hofkammerrat EB 253*
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Klippstein, Johann Dietrich (um 1715–1808), akademischer G~rtner in Jena EB 242* Klopstock, Friedrich Gottlieb (1724– 1803) 112; 173, 201, 213, 399; 6, 9, 11, 88, 165, 190, 254, 259–264, 265 f., 275, 279, 375 f., 400, 444, 545, 574, 590 f., 595, 683 f., 733, 746, 1032, 1047 Der Messias 1047 Warnung (Ode) 265 f. Knebel, Carl Ludwig (1756:) von (1744–1834), Offizier, Schriftsteller und bersetzer, von 1765 bis 1773 preußischer F~hnrich in Potsdam, 1774 sachsen-weimarischer Hauptmann, bis 1780 Erzieher des Prinzen Constantin von Sachsen-Weimar und Eisenach in Weimar und Tiefurt, 1780 sachsen-weimarischer Major, 1781 pensioniert, seit 1784 in Jena, von 1798 bis 1804 in Ilmenau, danach in Jena, „Urfreund“ Goethes 5, 120, 323, 417, 470, 476, 477, 554; 39, 68?, 110, 173, 204 f., 208, 211, 214, 219, 260, 264 f., 276, 284, 292 f., 309, 418, 430; GB 2/ 181; 18 f., 20 f., 29, 58, 69, 73, 76, 97, 105, 129, 137, 139 f., 143, 175, 198, 211, 227, 273 f., 279, 282, 313, 364, 404, 429, 452, 460–462, 476, 486, 509, 537, 540, 636, 650 f., 667, 690, 697, 705 f., 745, 747, 751, 768, 778, 801, 805, 818, 855, 867 f., 873, 875–879, 910–912, 934 f., 939 f., 956, 960, 962, 993, 996, 999, 1009, 1028 f., 1052, 1059, 1063, 1066–1068, 1075, 1115 Eine Tiefurter Matine (mit Anna Amalia, Louise von Gtchhausen, Prinz Constantin, Moritz Ulrich von Putbus) 127 f., 139 f. Funfte Olympische Ode (Pindarbersetzung) 910
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Register
ÆJenaeræ Hausberg mit dem Fuchsturm (Zeichnung) 778 –, Carl Wilhelm von (1796–1861), Sohn der S~ngerin Luise Dorothea Rudorff und des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, dessen Adoptivsohn 875 Kniestedt(-Schaubeck), Carl Ludwig Christoph (gest. 1815), markgr~flich-ansbachischer Kammerjunker und Regierungsassessor, 1774 badischer Wirklicher Hofrat in Karlsruhe, 1790 Reisemarschall, 1800 Geheimer Rat 19; 86, 91 Knobelsdorff, Alexander Friedrich von (1723–1801), preußischer Offizier, 1778/79 Kommandeur in der Armee des Prinzen Heinrich von Preußen, seit 1798 Feldmarschall 727 Knobelsdorff, Hans G e o r g We n z e s l a u s von (1699–1753), Maler und Architekt, seit 1740 Oberintendant der kvniglich preußischen Schlvsser und G~rten 723 Koch, Franziska Romana, geb. Gieranek (1748–1796), S~ngerin, Schauspielerin, seit 1766 Frau des Ballettmeisters, Schauspielers und Buhnenautors Carl Friedrich Koch 501 Koch, General 1014 Kocher, Peter, Schweizer Burger, Schiffer in Thun, Alpenfuhrer, 1779 Begleiter Goethes und des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach 307; 996 Kvhrer, Franz Anton, Jurist 668 f. Kvnig, Heinrich Carl, 1776 sachsenweimarischer Hofkassierer 179 Kvnigsmarck, Maria Aurora Gr~fin von (1662–1728), M~tresse von August dem Starken, Mutter von Hermann Moritz von Sachsen, seit 1698 Koadjutorin und seit 1700 Prvpstin im Stift Quedlinburg 35
Kvrner, Christian Gottfried (1756– 1831), Jurist, 1781 Konsistorialadvokat in Leipzig, 1783 Oberkonsistorialrat in Dresden, 1790 Appellationsgerichtsrat, 1815 Staatsrat im preußischen Innenministerium, 1817 Geheimer Oberregierungsrat im Kultusministerium, Freund Schillers 448, 922 Konrad II. (der Salier) (um 990–1039), seit 1027 Kaiser des Heiligen Rvmischen Reichs 987 Kopp, Ernst Carl (gest. nach 1829), Zimmermann in Malsdorf bei Erfurt EB 135* Koppenfels, Johann Friedrich Kobe (1754:) von (1737/38–1811), Herr von Gut Rohrbach, Beamter in sachsen-weimarischen Diensten, seit 1776 Geheimer Regierungsrat, 1789 Kanzler, 1794 Geheimer Rat, seit 1783 jenaischer Landschaftskassendirektor, seit 1803/04 auch weimarischer Landschaftsdirektor 793 –, Johanna L o u i s e Bernhardine Kobe von (1776/77–1795), dessen Tochter, Goethes Patentochter 793 Kottwitz, Rudolf Gotthard von (1707–1756), schlesischer Baron, Erbherr auf Schloss Boyadel (heute Bojadla, Polen) in der N~he von Grunberg (heute Zielona Gra, Polen), Gvnner und Fvrderer Anna Louisa Karschs 383 Kotzebue, A u g u s t Friedrich Ferdinand (1785: von) (1761–1819), aus Weimar stammender Jurist und Dramatiker, 1777 Student in Jena, seit 1781 in russischen Diensten, 1798 Hoftheaterdichter in Wien, 1800 Theaterdirektor in St. Petersburg, seit 1801 in Weimar, danach in Berlin, 1813 russischer Staatsrat und
Personen und Werke
Generalkonsul in Kvnigsberg 289, 296, 429, 440, 924 –, Johanne Caroline A m a l i e von (1759–1844), Schriftstellerin, dessen Schwester, seit 1793 Frau des weimarischen Steuerrats Johann August Ludecus 120?; 429, 438–440 Kr~uter (Kreuter, Kreiter), Friedrich Theodor David (1790–1856), seit 1814 Goethes Sekret~r in Weimar, 1816 Bibliothekssekret~r, 1817 Verwalter von Goethes Privatbibliothek, 1837 Bibliothekar, 1841 sachsen-weimarischer Rat 144, 889 Krafft, Johann Friedrich (Ps.; eigentl. Feist oder Weiße?) (gest. 1785), um 1762 Mitarbeiter Christoph Friedrich Nicolais in Berlin, sp~ter in Gera, seit 1779 Schutzling Goethes in Ilmenau und seit 1785 in Jena 410, 413, 416, 419, 452, 481, 499, 508, 510, 515, 517, 528; 386, 552 f., 566, 786, 787–792, 797 f., 800 f., 803 f., 840 f., 847, 862 f., 881–883, 916 f., 929–931, 935 f., 943 f., 964 f., 1128 ÆAuszuge aus Akten, das Leben des Herzogs Bernhard von SachsenWeimar betreffendæ (im Auftrag Goethes) 788, 790, 792, 800, 1128 ÆAutobiographische Aufzeichnungenæ (nicht sberliefert) 255, 279?, 282?; 805, 862, 916, 929 ÆBerichte aus Ilmenauæ 283, 285; 787 f., 792, 800, 882, 930, 936, 943 ÆSchrifft uber die Lotterieæ (nicht sberliefert) 267 f.; 789, 882 f. Kranz (Crantz), Johann Friedrich (1752–1810), Violinist und Komponist, seit 1787 Konzertmeister, seit 1799 Kapellmeister in Weimar, 1786/87 in Italien, 1803 in Stuttgart 472, 897 f.
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Kraus (Krause), Georg Melchior (1737–1806), Zeichner, Maler und Kupferstecher aus Frankfurt a. M., seit 1775 in Weimar, seit 1776 Direktor der Freien Zeichenschule 12, 68, 94, 151, 199, 225, 355; 27 f., 33, 39 f., 57 f., 310, 343, 360, 386, 538, 585, 642, 673, 676, 754 f., 764, 782, 858, 1001, 1062 ÆFiguren aus der Operette „Das Milchm~dchen“æ 112 ÆGoethe; Dreiviertelfigur im Profilæ (Gem|lde) 310, 858 ÆZeichnungenæ 33 ÆUnterpvrlitzæ (nicht sberliefert) 94?; 360 ÆKostumentwurf zu „Die Empfindsamen“æ (Goethe; sp|ter Triumph der Empfindsamkeit) 199; 673 ÆPortr~t Goethesæ 151; 386, 538 f., 642 ÆPortr~t Sebastian Brantsæ 8, 17; 28, 57 ÆPortr~t Ulrich von Huttensæ 58 –, Johanna A u g u s t a Wilhelmine, geb. Slevoigt (1752–1821), dessen Frau, Tochter von Traugott Friedemann Slevoigt 33, 40 Krohne, Gottfried H e i n r i c h (1703– 1756), Hofbaumeister von SachsenWeimar und Sachsen-Gotha 230, 270, 864 Kummelmann, Johann Georg (1738– 1796), sachsen-coburgischer Rat, 1780 Geheimer Referendar in Hildburghausen EB 165 Kusel, Melchior (1626–um 1683), Kupferstecher in Augsburg 411 Himmelfahrt der Maria (Kupferstich nach Guido Reni?) 411 Kurland siehe Curland
1182
Register
Lacy, Franz Moritz Graf von (1725– 1801), vsterreichischer Feldmarschall 668–670 Lambert, Johann Heinrich (1728– 1777), Mathematiker, Physiker, Astronom und Philosoph, 1765 Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin, 1770 Oberbaurat 54; 209 Neues Organon 54; 209 Photometria 209 Lamezan-Salins, Ferdinand Adrian Reichsfreiherr von (1741–1817), kurpf~lzischer Regierungsrat in Mannheim, Hofrat in Munchen, seit 1804 Hofgerichtsrat in Bamberg 941 Lampen, Karl Gottfried Leberecht von, Leutnant der Schlossgarde in Kvthen, sp~ter Schlosshauptmann 669 –, Johanna Rosina Eleonore von, geb. von Thoß, seit 1748 dessen Frau, Schwester von Friedrich Wilhelm von Thoß 669 –, Christiana Juliana Maria von, deren Tochter siehe Plessing, Christiana Juliana Maria –, Eleonore Wilhelmine Sophie von (1731–1781), Stiftsdame in Kvthen, deren Tochter 198; 668–671 –, Friedrich Viktor Leberecht von, in anhalt-kvthischen Diensten, deren Sohn 198; 668–671 Lange, Johann Gottlieb (1705–1778), kurs~chsischer Hofrat in Leipzig, seit 1728 Ratsherr 702 Langer, Ernst Theodor (1743–1820), preußischer Offizier, 1767 Hofmeister in Leipzig, 1781 Bibliothekar in Wolfenbuttel 158 Langhans, Maria Magdalena, geb. W~ber (um 1733–1751), Frau des Pfarrers Georg Langhans in Hindelbank bei Bern 321 f.; 1020, 1023
–, deren Sohn (1751) 1020 Langhorne, John (1735–1779), englischer Dichter und bersetzer 91 Plutarch’s lives (mit William Langhorne?; bersetzung) 91 –, William (1721–1772), englischer bersetzer, Dichter und Geistlicher, dessen Bruder 91 Plutarch’s lives (mit John Langhorne?; bersetzung) 91 La Roche, Marie S o p h i e (31. August 1775:) von, geb. Gutermann (1730– 1807), Schriftstellerin in Thal-Ehrenbreitstein und Mainz, ab 1780 in Speyer und seit 1786 in Offenbach, Freundin Goethes und Wielands 5; 18 f., 43, 47, 50, 54, 104, 210 f., 752, 1101 Laßberg (Lasberg), C h r i s t i a n e (Christel, Cristel) Henriette von (1760/61/62–1778), Hoffr~ulein in Weimar, Mitglied des Liebhabertheaters, am 16. Januar 1778 Freitod in der Ilm 191; 100, 644, 648, 651 f., 654, 660 f., 665, 756 –, Johann Maximilian Albrecht von (1711–1788), weimarischer Gardekommandant, seit 1759 Obrist, Stadt- und Infanteriekommandant, deren Vater 651 –, Friederike Wilhelmine von (geb. 1721), deren Mutter 651 Laßberg (Lasberg), Friedrich August Ludwig von (1752–1815), Kammerjunker und Leutnant in Weimar, seit 1790 Kapit~n, 1794 Kammerherr 120 Laudon (Loudon), Ernst Gideon von (1717–1790), vsterreichischer Feldmarschall 1132 f. Laufer, aus Indien stammendes Kind, zeitweise in Weimar 83; 330 Lavallizre (La Vallizre), Louis Csar de la Beaume (La Baume) Le Blanc,
Personen und Werke
Duc de (1708–1780), franzvsischer Dramatiker 452 Bibliothzque Du Th
tre Franais 452 Lavater, Johann Caspar (1741–1801), Theologe und Schriftsteller in Zurich, 1769 Diakon, 1775 Pfarrer an der Waisenhauskirche, 1786 Pfarrer an der Kirche St. Peter 7, 11, 26, 48, 49, 56, 160, 170, 210, 220, 224, 228, 281, 535, 539, 542, 545, 547, 557, EB 55, EB 117, EB 129, EB 130, EB 132, EB 151, EB 196, EB 233; 15, 109, 123, 126, 264, 304, 311, 344 f., 355, 357–359, 365, 383, 392, 400 f.; 3, 8–11, 24, 25, 26–28, 39, 41 f., 45–49, 54, 72, 74 f., 86–90, 94, 101 f., 104, 110, 122–124, 127, 132, 136, 139, 150–154, 163–165, 168 f., 171 f., 195, 216, 220 f., 243 f., 294 f., 304, 310, 316, 345 f., 355 f., 362–364, 366–368, 370–378, 386, 388, 391, 394–397, 399 f., 402, 405, 411, 418, 432, 453, 457, 463–467, 469, 476–481, 483 f., 486–490, 494, 497, 506, 512, 533, 535, 537–539, 549–552, 558, 602 f., 622, 673, 675 f., 681– 683, 722, 732, 743, 756, 761, 850 f., 873, 875, 878, 891 f., 898, 967 f., 991–993, 1008, 1013– 1016, 1021 f., 1024 f., 1028–1030, 1032–1034, 1043, 1046–1048, 1050, 1054, 1056, 1064, 1067– 1069, 1071–1075, 1079, 1103 f., 1130 f. Essai sur la physiognomie (franz. Ausgabe der „Physiognomischen Fragmente“) 374 Poesieen 396, 467 An Theona. Den Dreyzehnten M~rz. 1776 395 f. An Theona. Den ein und dreyßigsten Julius 1776 396
1183
An Theona. Den achten November 1776 396 Durst nach Gotteserfahrung 467 Durst nach Christuserfahrung (auch Durst nach Gotteserfahrung) 126; 467 Jesus Messias Æ:::æ. Nach der Offenbarung des Johannes 327 f., 340; 1030–1032, 1046 f. Nathanal (Epos) 27 Philosophische Palingenesie (Bonnetbersetzung) 1043 Physiognomische Fragmente zur Befvrderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe 15, 23, 402, 411, 413, 415 f.; 3, 25–27, 41, 72, 74 f., 102, 151 f., 154, 163, 221, 244, 365, 374, 378, 386, 405, 463, 465, 484, 603, 681–684, 722, 851 1. Versuch 102, 172, 465, 479 2. Versuch 7, 8, 13 f., 20, 22, 35, 40, 43, 55, 57, 62, 75, 97, 101, 110, 112, 381, 386 f.; 25, 28, 41, 45, 94, 101, 139, 151– 153, 163, 171 f., 216, 220 f., 243 f., 294 f., 367, 377 f., 395, 405, 411 f., 465 An Louisen Prinzessinn von Hessen-Darmstadt regierende Herzoginn von Weimar (Widmung) 62 f., 110; 26, 216, 244, 395 Eine Reihe Fursten und Helden 172 Erreicht, erreicht also den zweyten Ruhepunkt! Æ...æ (als Beschluss) 57, 63, 110; 221, 244, 405 Menschensch~del 172 Religivse, Schw~rmer, Theosophen, Seher 152 3. Versuch 35, 106, 123, 125 f., 130 f., 133 f., 136, 140, 201?, 405; 75, 102, 396, 453, 464 f.,
1184
Register
467–469, 483 f., 487–490, 494, 506, 551, 682, 1043, 1103 An Herrn Friedrich Ludwig Wilhelm Christian, regierenden Landgrafen zu HessenHomburg (Widmung) 126; 465–467 Dichter 487 f. Gvthe 487 f. Physiognomik, Pfeiler der Freundschaft und Achtung 464 Religiose 488 ÆHerderæ 488 f. Ueber griechische Gesichter 465 Zwey griechische Profile. Diomedes und Ulysses 465 Ueber Raphael 130; 479 4. Versuch 177, 200, 212, 410; 602 f., 675 f., 681 f., 732 –, Anna, geb. Schinz (1742–1815), seit 1766 dessen Frau 7, 99, 130, 320, 328, 343, 357; 373, 480, 1067 –, Heinrich (1768–1819), Arzt in Zurich, deren Sohn 1067 –, Anna (Nette) (1771–1852), deren Tochter 320?; 1016, 1067 –, Louise (1780–1854), deren Tochter 1067 –, deren Kinder 357; 1016, 1067 –, Familie 264 Lee, Harriet (1757–1851), englische Schriftstellerin The new peerage (Drama) 925 Lehmann, Susanna Sophia (um 1720– 1784), Besitzerin eines Gartens im Park an der Ilm 256; 845 –, Johann Heinrich (gest. um 1778), Konsistorialdiener, deren Mann 845 Lehndorff, Ernst Ahasverus Heinrich Reichsgraf von (1727–1811), preu-
ßischer Legationsrat und Kammerherr in Berlin 721, 760 Le Monnier, Pierre-Ren (1731– 1796), franzvsischer Dramaturg und Autor Le mawtre en droit (Libretto zu Monsignys Singspiel) 225, 285 Lengefeld, Louise Antoinette C h a r l o t t e von (1766–1826), seit 1790 Frau Friedrich Schillers, Schwester von Friederike Sophie Caroline Augusta von Wolzogen 69, 71–73, 268, 922, 939 f. –, Familie 541 Lenz, J a c o b Michael Reinhold (1751–1792), Schriftsteller, Student der Theologie in Dorpat und Kvnigsberg, 1771 Hofmeister in Straßburg, 1776 in Weimar, 1779 in Riga, 1781 in St. Petersburg, zuletzt Lehrer in Moskau 136; EB 31; Z 4*; 19, 50, 57, 62, 74, 77, 90, 97, 104, 106, 108–110, 112, 116, 119, 121, 126, 177; 11, 23, 77, 86 f., 89–92, 124, 139, 168 f., 195 f., 199, 208, 211, 222 f., 240 f., 247, 273, 286, 289 f., 293, 296, 300 f., 303 f., 311, 312–317, 318, 327, 339, 344 f., 366, 371, 375 f., 387– 389, 391 f., 396, 399–401, 404, 406, 409, 411–413, 420 f., 429– 435, 437–442, 467, 514, 550 f., 596, 601, 648, 687, 698, 914, 989, 1103–1107 Anmerkungen ubers Theater 211, 312 ÆDramenæ Catharina von Siena 318, 400 Der Engl~nder 119; 239, 433 f., 467 f. Der Hofmeister 312 Der neue Menoza 312 Der tugendhafte Taugenichts 400
Personen und Werke
Die Freunde machen den Philosophen 239 Henriette von Waldeck (auch: Die Laube) 119; 400, 433 f. Tantalus 314, 400 ÆProsaschriftenæ Der Waldbruder 119?; 314, 400, 433 f. Epistel eines Einsiedlers an Wieland 239 ber die Soldatenehen 239 ÆRezensionenæ Briefe uber die Moralit~t der Leiden des jungen Werthers 313 ber Goetz von Berlichingen 313 ÆSatirenæ Eloge de feu Monsieur xxnd 313 Menalk und Mopsus 313 Pandaemonium germanicum 431 f. So soll ich dich verlassen liebes Zimmer Æ...æ (Gedicht) 112 f.; 412 f. Æbersetzungenæ Coriolan (Shakespeare) 388 Lustspiele nach dem Plautus 312 ÆOssianæ 388 ÆZeichnungenæ 78; 319 ÆLandschaft (Bruchau, Flurstuck bei Kochberg)æ 319 –, Christian David (1720–1798), Pfarrer in Dorpat (Livland), seit 1779 Generalsuperintendent Livlands, dessen Vater 312, 316 –, Carl Heinrich Gottlob (1793: von) (1759–1836), Jurist in Riga, Staatsbeamter in livl~ndischen Diensten, dessen Bruder 316 –, Familie 312 Leonhart, Marie Luise, geb. Sch~deler, Frau des hannoverschen Amtmanns Johann Carl Leonhart in Niedeck
1185
bei Gvttingen, Schwiegermutter Gottfried August Burgers 679 Lers (Lerse, Lersee), Franz Christian (1749–1800), Inspektor der Milit~rakademie in Colmar, Tischgenosse Goethes in Straßburg 345 Lessing, Gotthold Ephraim (1729– 1781) 513 Minna von Barnhelm 289 Lettsom, John Coakley (1744–1815), englischer Mediziner und Philanthrop, Grunder und Pr~sident der „Medical Society of London“ The natural history of the tea-tree 54 Lichtenberg, Carl F r i e d r i c h Ernst von (1732/33–1790), Offizier in preußischen Diensten, seit 1774 Husaren-Rittmeister in Weimar, Adjutant des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach 66, 170; 270, 275, 371, 562, 738 f., 819, 827, 838 f. –, S o p h i e Marie Caroline von, geb. von Ilten (1755–1794), seit 1778 dessen Frau, seit 1791 in zweiter Ehe Frau von Lebrecht von Luck, Schwester von Caroline von Ilten 449; 67, 142?, 171?; 229, 271, 402, 515, 523 f., 583, 738 f., 742, 766, 812, 814, 819, 838 f. Limburg-Styrum (Limburg-Stirum), Damian A u g u s t Philipp Karl Graf von (1721–1797), seit 1770 Furstbischof von Speyer 987 Lincker und Lutzenwick, J o s e p h J o h a n n J a c o b Daniel von (1747– 1807), Kameralist, Gutsbesitzer in Denstedt, seit 1788 Kammerrat in Weimar 263; 871 Lindau, Heinrich Julius von (1754– 1776/77), 1775 Einsiedler in der Schweiz, Pflegevater des schweizerischen Hirtenjungen Peter im Baumgarten, 1776 als Offizier in
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Register
hessischen Diensten Teilnehmer am amerikanischen Unabh~ngigkeitskrieg, 1776 verwundet 19; EB 47, EB 56; 25, 41?, 130, 159, 271, 272–274, 295, 371–374, 414, 421; 86–91, 92, 115, 168 f., 392, 469, 477–480, 549–553, 556 f., 798, 890–903, 906 f., 929, 964 Plan pour effectuer la resurection de Henri Jules (Auferstehungsplan fur Heinrich Julius) 88 f. –, Philipp Heinrich Julius von (1725– 1762), Herr auf Elbersdorf und Spangenberg, hessen-kasselischer Kammerherr und Kriegsrat, dessen Vater 87, 890, 902 –, Henriette Baldine Marie von, geb. Henry de Cheusses (1729 oder 1734–1763), dessen Mutter 87, 890, 902 f. –, Wilhelmine von, dessen Schwester siehe Beaulieu-Marconnay, Wilhelmine von –, Caroline Luise von (1758–1842), dessen Schwester 272–274, 371– 373, 414, 421; 87, 890, 894 f., 898–900, 902 –, Marie Ulrike Friederike von, dessen Schwester siehe During, Marie Ulrike Friederike von –, Wilhelmine Henriette von, geb. von der Brinck (1726–1793), dessen Tante, seit 1775 Pflegemutter von Caroline Luise und Marie Ulrike von Lindau EB 194; 272, 372; 87, 896 f. –, Familie 892 Linn, Carl von (1707–1778), schwedischer Naturforscher, Professor der Medizin und Botanik in Uppsala 793 f. Nomenclator botanicus 794 Systema plantarum 793 f. Termini botanici 794
Lips, Johann Heinrich (1758–1817), Maler, Zeichner und Kupferstecher in Zurich, von 1782 bis 1789 vorwiegend in Rom, von 1789 bis 1794 Professor an der Freien Zeichenschule in Weimar 28, 57 f., 465, 1043, 1068 ÆKupfersticheæ ÆGoethe-Bildnisæ (nach Juel) 1043 ÆKopf des Johannes des T~ufersæ (nach Fsßli) 1068 ÆPortr~t Sebastian Brantsæ (nach Kraus) 17; 28, 57 ÆPortr~t Ulrich von Huttensæ (nach Kraus) 17; 58 ÆZwey griechische Profile. Diomedes und Ulyssesæ 126; 465 Livigni, Filippo, italienischer Librettist 990 La frascatana (Libretto) 990 Lvw von und zu Steinfurth, Johann Friedrich Ferdinand (1709–1794), hannoverscher Oberkammerherr 737 –, Sophie Marie Margarethe, geb. von Diede zum Furstenstein (1730– 1815), seit 1749 dessen zweite Frau 215?; 737 –, Marianne von (1751–1810), Gesellschafterin der Landgr~fin in Darmstadt, deren Tochter, seit 1787 Frau des Offiziers und sp~teren Generalmajors Christoph August von Wangenheim 215?; 737 –, Friederike (1752–1828), deren Tochter 215?; 737 –, Henriette (1760–1823), deren Tochter 215?; 737 Lorrain, Claude (eigentl. Claude Gelle) (1600–1682), franzvsischer Maler und Radierer 459 Lossow, Matthias Ludwig von (1717– 1783), preußischer Offizier, Generalleutnant, 1778/79 Kommandeur
Personen und Werke
in der Armee des Prinzen Heinrich von Preußen 727 Loyola, Ignatius von (eigentl. Iigo Lpez Oaz de Recalde y Loyola) (1491–1556), ursprunglich spanischer Offizier, Theologe und Mystiker, Mitbegrunder des Jesuitenordens, 1622 Heiligsprechung 488, 494 Luck, Johann Georg L e b r e c h t von (1751–1814), Hofbeamter und Offizier in Weimar, seit 1794 Hofmarschall, 1791 Heirat mit Sophie von Lichtenberg geb. von Ilten 814, 836 Ludecus, Johann August (1741–1801), seit 1775 Geheimer Sekret~r der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit 1777 auch Schatullier, seit 1801 Hofrat 357; 697, 698 Ludwig (Ludewig), Christian Gottlieb (1709–1773), Botaniker und Mediziner, seit 1747 Professor der Medizin in Leipzig, Rektor der Universit~t und Dekan der medizinischen Fakult~t 793 Ludwig der Springer (Graf von Schauenburg) (1042–1123), gilt als Grunder der Wartburg um 1067 571 Lullin de Ch
teauvieux, Michel (1695–1781), Jurist, Ratsherr und Syndikus von Genf, Landwirt und Agronom 338; 1043 Luther, Martin (1483–1546) 34, 86, 169; 335 f., 416, 431, 571, 575 f. Enchiridion / Der kleine Katechismus 416 ÆLuther-Bibelæ 7, 27, 40 f., 44, 51 f., 148, 150, 155, 173 f., 182, 187, 269, 278, 366, 394, 396, 399, 442, 528, 571, 574 f., 600 f., 610, 612, 614, 622, 625, 633, 724, 733, 781, 792, 796, 807, 931, 1006,
1187
1008, 1030–1032, 1044, 1047, 1049, 1067 Vom Himmel hoch da komm ich her Æ:::æ 621 Lyncker auf Flurstedt und Kvtschau, C a r l Friedrich Ernst von (1727– 1801), seit 1768 Vizepr~sident, seit 1775 Pr~sident des Oberkonsistoriums und Landschaftsdirektor in Weimar, 1779 Geheimer Rat, Gutsbesitzer in Flurstedt bei Apolda 34, 85, 130, 295; 23, 61 f., 109– 111, 149 f., 247–249, 322, 479, 962 f., 1119 f., 1130 f. –, Caroline Louise, geb. von Raschau (1736–1809), dessen Frau 827 –, C a r l Wilhelm Heinrich von (1767–1843), von 1780 bis 1783 Page in Weimar, sp~ter Offizier in preußischen Diensten und Kammerrat in Schwarzburg-Rudolstadt, seit 1809 in Jena, deren Sohn 118 f., 122, 390, 444, 640, 652, 715, 825 f., 828, 836 Macchiavelli (Machiavelli), Niccol (1469–1527), italienischer Staatsmann, Philosoph, Geschichtsschreiber, Schriftsteller 169 Il principe 169 Macpherson, James (1736–1796), schottischer Dichter und bersetzer 310, 392 f. The Works of Ossian 310, 312, 388, 392 f., 475, 594 f. Songs of Selma 310 Madihn, Julius Johann (1734–1789), Bergwerksinspektor im Harz 620 ÆAnmerkungen zum „Bergwerksstaat des Ober- und Unterhaarzes“æ (Johann Gottlieb Voigt) 620 Mahr, Hermann Philipp Bernhard (1822–1889), Bergmeister in Ilmenau 353, 791
1188
Register
Mahr, J o h a n n Heinrich C h r i s t i a n (1787–1868/69), sachsen-weimarischer Beamter in Eisenach und Ilmenau, seit 1857 Bergrat 855 Mannlich, Johann C h r i s t i a n (1808: von) (1741–1822), seit 1771 Hofmaler und zeitweise Baudirektor in Zweibrucken, 1799 Direktor der bayerischen Kunstsammlungen in Munchen 748 Marchand, Theobald (1741–1800), Schauspieler und Direktor einer Schauspielergesellschaft in Mainz, von 1771 bis 1776 wiederholt in Frankfurt, 1778 Direktor des Munchner Hoftheaters 924 Maria Theresia (1717–1780), seit 1740 regierende Erzherzogin von sterreich und Kvnigin von Ungarn und Bvhmen, als Frau von Kaiser Franz I. seit 1745 Kaiserin des Heiligen Rvmischen Reiches Deutscher Nation 668 f. Marot, Clment (um 1496–1544), franzvsischer Dichter 413 Celui plus je ne suis que j’ai jadis t Æ...æ (Gedicht) 413 Marschalck, Otto Detlef (1750–1808), Ritterschaftspr~sident in Stade, Mann von Marie Ulrike Friederike von Lindau 890 Marschall auf Burgholzhausen, August Dietrich Graf von (1750–1824), um 1765 wahrscheinlich Student in Leipzig, um 1771 Assessor beim Hofgericht in Wolfenbuttel, dann braunschweigischer Kammerherr, um 1781 in Altenburg und dann in Weimar, seit 1783 Herr auf Oßmannstedt bei Weimar 39; 158 Martin, Lackkunstlerfamilie in Paris (18. Jh.) 761 Martin von Tours (Heiliger Martin) (um 316/17–397), seit 372 Bischof von Tours 595
Marwitz, Johann Friedrich Adolph von der (1723–1781), preußischer Offizier, 1778/79 Generalmajor in der Armee des Prinzen Heinrich von Preußen 727 Matthaei (Mattei), C a r l Johann Conrad Michael (1744–1830), zun~chst Hofmeister, seit 1776 Privatsekret~r von Maria Antonia Branconi, Erzieher ihres Sohnes Carl Anton Ferdinand von Forstenburg, 1779/80 in Lausanne, Freund Lavaters 85, 324, 328; 334, 1024 f., 1034 Matthisson, Friedrich (1809: von) (1761–1831), Schriftsteller, Bibliothekar, seit 1812 Theaterintendant und Oberbibliothekar in Stuttgart, zuletzt in Wvrlitz 190 Mauchenheim gen. Bechtolsheim, Johann Ludwig von (1739–1806), Beamter in Gotha und Eisenach, seit 1776 Vizekanzler der sachsen-eisenachischen Regierung in Eisenach, 1781 Kanzler und Oberkonsistorialpr~sident, 1784 Geheimer Rat, 1802 auch Direktor der Landschaftskasse 186, EB 141, EB 147; 151; 43 f., 44, 55, 112, 331, 422 f., 425, 534, 571 f., 737, 829 –, Juliane (J u l i e ) Auguste Christiane von, geb. von Keller (1753–1847), Schriftstellerin, seit 1774 dessen Frau EB 148, EB 168, EB 224; 24, 117; 43, 55, 112, 422 f., 425, 534, 737 –, Carl E m i l von (1775–1811), preußischer Offizier, zuletzt Rittmeister, deren Sohn 117; 425 –, Friedrich Ludwig von (1699–1744), sachsen-gothaischer Amtshauptmann in Reinhardsbrunn bei Gotha, dessen Vater 522 –, Auguste Luise Eleonore von, dessen Schwester siehe Keller, Auguste Luise Eleonore von
Personen und Werke
–, Ludwig Friedrich von (1736–1813), Offizier, seit 1753 in kvniglich d~nischen Diensten, 1774 Kammerherr, 1789 Oberst, 1798 Generalmajor, 1810 Generalleutnant, dessen Bruder 112 –, Auguste von, geb. von Keller (um 1754–1816), seit 1774 Frau von Ludwig Friedrich von Mauchenheim 112 –, Philipp Ludwig von (1666–1739), gr~flich hanauischer Oberforst- und Oberj~germeister, dessen Großvater 422 –, Philipp Reinhard von (1696–1726), dessen Onkel 422 –, Familie 422, 572 Mechel, Christian von (1737–1818), Kupferstecher und Kunsth~ndler in Basel 320; 1018, 1020 ÆRadierung des Grabmals von Maria Magdalena Langhansæ (Nahl) 1020 Meil, Johann Wilhelm (1733–1805), Zeichner und Radierer, seit 1752 in Berlin, 1801 Direktor der Akademie der Kunste 60 Meiners, Christoph Martin (1747– 1810), Professor der Philosophie in Gvttingen 18;56, 59 Vermischte Schriften 18; 56, 59 Menander (Menandros) (342–291/90 v. Chr.), griechischer Komvdiendichter 97 f. ÆKomvdienfragmentæ 98 Mende, Johann Friedrich (1743– 1798), Bergbauingenieur in Freiburg, seit 1770 Kunstmeister der s~chsischen Berg~mter, 1789 Maschinendirektor und Erster Oberkunstmeister 343 Mendelssohn, Moses (1729–1786), Kaufmann, Philosoph und Schriftsteller in Berlin 707, 712 –, Familie 712
1189
Mercier, Louis Sbastien (1740–1814), franzvsischer Schriftsteller 341, 914 Du thatre, ou nouvel essai sur l’art dramatique (Neuer Versuch uber die Schauspielkunst) 341, 914 Merck, Johann Heinrich (1741–1791), Schriftsteller, bersetzer, Publizist, Kritiker, Naturforscher, Hofmeister in der Schweiz, seit 1767 in Darmstadt Kanzleisekret~r, seit 1768 Kriegszahlmeister, 1772 Mitherausgeber der FGA, 1774 Kriegsrat, Freund Goethes 16, 27, 58, 146, 171, 188, 207, 292, 298, 320, 336, 388, 540, EB 41, EB 79, EB 145, EB 156, EB 157, EB 161, EB 163, EB 171, EB 179, EB 187, EB 258; 15, 40, 280, 286, 289 f., 324 f., 383, 412, 426, 429; 44, 49, 51, 53–55, 56–60, 103–106, 108, 110, 116, 134, 136–139, 144, 147–149, 152, 162, 169–171, 179, 195, 212 f., 222, 312, 314, 322, 327, 335, 343–345, 396, 398–400, 414, 428 f., 435, 450, 457 f., 479, 481 f., 484, 498, 562, 571, 574 f., 577, 579–582, 587–590, 607 f., 619, 622 f., 643, 646–648, 673, 701, 720, 724, 728, 735, 737 f., 747, 752–757, 761 f., 768 f., 776, 780, 815 f., 850, 868, 888, 911, 914, 918–920, 923, 927, 929, 934, 942, 945 f., 949 f., 954, 968 f., 980, 1002, 1013, 1020 f., 1026, 1037, 1058, 1063, 1074, 1078, 1121, 1128 ÆAufs~tzeæ Aus einem Schreiben an den H. uber die Frage: wie eine Kupferstichsammlung anzulegen sey? 580, 646 Beschreibung der vorzuglichsten G~rten um Darmstadt (Beitrag zu
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Register
Hirschfelds „Theorie der Gartenkunst“) 648 Eine mahlerische Reise nach Cvln, Bensberg und Dusseldorf 752, 754 Raisonnirendes Verzeichniß einiger der besten Schmidtischen radierten Bl~tter 56 Ueber die Schvnheit. Ein Gespr~ch zwischen Burke und Hogarth 56 ÆErz~hlungenæ Geschichte des Herrn Oheims 199, 220; 674, 757 Herr Oheim der Jungere, eine wahre Geschichte 757 ÆRezensionenæ 170 Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit (Herder) 56, 60 Bemerkungen eines Reisenden durch Teutschland, Frankreich, England und Holland in Briefen (Johann Friedrich Karl Grimm) 56 Beytr~ge zur Geschichte teutschen Reichs und teutscher Sitten (Christian Friedrich von Blankenburg) 56, 59 Lebensgeschichte Tobias Knaut, des Stammlers (Johann Karl Wezel) 57 Leipziger Musenalmanach aufs Jahr 1776 56 Meiners Vermischte Schriften (Christop Martin Meiner) 56, 59 Musenalmanach fur das Jahr 1776 (Hrsg. von JÆohannæ HÆeinrichæ Voß) 56 Plan der hohen Kameralschule (Kurpf|lzische tkonomische Gesellschaft) 60 Poetische Blumenlese auf das Jahr 1776 (Anonym) 56 The natural history of the teatree (John Coakley Lettsom) 54
Ueber die Schw~rmerey (Leonhard Meister) 56 f. Ursachen des gesunkenen Geschmacks bey den verschiedenen Vvlkern (Herder) 60 Zwanzig Komponisten, eine Skizze von Carl Ludewig Junker (Carl Ludewig Junker) 57 –, Louise (L i s e t t e) Franoise, geb. Charbonnier (1743–1810), seit 1766 dessen Frau 108, 124; 399, 1026 –, H e i n r i c h Emanuel (1766–1780), deren Sohn 399 –, A d e l h e i d Charlotte Henriette Louise (1771–1845), deren Tochter 399 –, Franziska Charlotte (1775–1776), deren Tochter 399 –, Elisabeth Catharina, geb. Kayser (Keyser) (1706–1786), dessen Mutter 344 –, Kinder 108 Metz, Johann Friedrich (1721 oder 1724–1782), Arzt und Alchemist in Frankfurt a. M., Hausarzt der Familie Goethe 354 Meyer, Rosine Marie, geb. Weidner (1738–1834), Erzieherin, seit 1759 Frau des Kriegssekret~rs und Herausgebers Johann Heinrich Meyer in Weimar 827, 829, 835 Meyer, Johann Christian (1747–1807), Archivsekret~r in Weimar 664 f. Meyer, Johann H e i n r i c h (1760– 1832), Schweizer Maler und Kunsthistoriker, von 1784 bis 1790 in Italien, seit 1791 in Weimar, von 1795 bis 1797 Italienreise, 1795 Professor an der Freien Zeichenschule in Weimar, seit 1807 deren Direktor 1068 Mieding, Johann Martin (1725–1782), Kunst- und Theatertischler in Weimar 459, 463, 585, 823
Personen und Werke
Miller, Johann Martin (1750–1814), Theologe und Schriftsteller, Mitbegrunder des Gvttinger Hains 11, 274, 487, 596, 658, 747 Milton, John (1608–1674), englischer Politiker, Schriftsteller und Publizist 268 Il penseroso (Gedicht) 268 Moellendorff, W i c h a r d Joachim Heinrich von (1724–1816), preußischer Generalleutnant, 1793 Generalfeldmarschall 433 f.; 752, 1085–1087 Mvser, Justus (1720–1794), Regierungsassessor in Osnabruck, 1783 Geheimer Justizrat, Schriftsteller 105, 995 f. Patriotische Phantasien 105, 995 f. Der jetzige Hang zu allgemeinen Gesetzen und Verordnungen, ist der gemeinen Freyheit gef~hrlich 995 f. Molizre (eigentl. Jean Baptiste Poquelin) (1622–1673) 287, 767 f., 782, 830, 1063 Le mdicin malgr lui 226?; 767 f., 782, 830, 1063 Momper, Jodocus (Joos) de (1564– 1635), niederl~ndischer Maler 170; 581 Hugellandschaft mit Volk und Richtst~tte (Gem|lde) 581 ÆKupferstichæ 581 Monsigny, Pierre Alexandre (1729– 1817), franzvsischer Komponist, Schvpfer der Opra comique franais 225 Le mawtre en droit (Singspiel) 225 Montanus, Martin (nach 1537–nach 1566), els~ssischer Schwankdichter und Dramatiker 250 Das ander theyl der garten gesellschafft 250 Ein schvne History von einer frawen mitt zweyen kindlin 250
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Monteton, Johann Ludwig Friedrich Digeon de (1752–1806), preußischer Offizier 434; 1088 Moser, F r i e d r i c h C a r l Ludwig (1767:) von (1723–1798), hessendarmst~dtischer Legationsrat, 1767 Reichshofrat in Wien, von 1772 bis 1780 darmst~dtischer Pr~sident und Kanzler, Schriftsteller 64; 247 f. Moser von Filseck, Friedrich Wilhelm von, hessen-darmst~dtischer Jagdjunker, sp~ter Oberforstmeister, etwa seit 1789 Mann von Caroline von Ilten 819 Muller, Friedrich Gottlieb (1721– 1772), Mediziner, Hofmedikus und Hofrat in Weimar 830 –, Anna Friederika (Friedericke) Carolina (Caroline) (1759/60–1804), dessen Tochter 441; 812, 829 f. Muller, F r i e d r i c h Theodor Adam Heinrich (1807: von) (1779–1849), Jurist, von 1801 bis 1848 Mitglied der Regierung in Weimar 136, 140, 288, 349, 450, 813 Muller, Gerhard Friedrich (1783: von) (1705–1783), Historiker, seit 1725 an der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg, seit 1731 ordentlicher Professor, Expeditionsreisender 316 Muller, Johann G e o r g (1759–1819), Schweizer Theologe, Politiker und Sprachwissenschaftler, Schulmann und P~dagoge, Freund der Familie Herder 552 Muller, Johann Sebastian, Gastwirt in Leipzig, Besitzer des „Htel de Bavizre“ 703 Muller, Johannes F r i e d r i c h (gen. Maler Muller) (1749–1825), Maler, Radierer, Schriftsteller, 1768 in Mannheim, 1772 in Zweibrucken, seit 1778 in Rom 383; 17, 206,
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Register
226, 280 f.; 59, 697, 745, 746–749, 767 f., 925, 941 ÆAufs~tzeæ Kritik der Schrift des Ritter v. Bossi uber das Abendmahl des Leonardo da Vinci 748 Schreiben Herrn Mullers Mahlers in Rom uber die Ankundigung des Herrn Fernow von der Ausstellung des Herrn Profeßor Carstens in Rom 748 ÆDramen-Fragmenteæ Fausts Leben dramatisirt 746, 749 Situation aus Fausts Leben 746 ÆIdyllenæ 59, 746 Bacchidon und Milon 59 Der Satyr Mopsus 59 Die Schaaf-Schur 17; 59, 746 Lied eines bluttrunknen Wodanadlers (Gedicht) 746 ÆOdenæ 746 ÆPlan einer Vasari-bersetzungæ (Le vite de’ pi~ eccellenti architetti, pittori, et scultori Italiani) 748 –, Johannes Friedrich (1727–1760), B~cker und Gastwirt in Kreuznach, dessen Vater 746 –, Katharina Margaretha, geb. Roos (1730–1796), dessen Mutter 746 Munch, Anna Sibylla (1758–1825), Frankfurter Kaufmannstochter, Jugendfreundin Goethes und seiner Schwester Cornelia 3?; 6, 950 –, Susanne Magdalene (1753–1806), deren Schwester, Jugendfreundin Goethes und seiner Schwester Cornelia 3?; 6, 950 Munchhausen auf Leitzkau und Steinburg, Philipp Adolph von (1694– 1762), kurhannoverscher Regierungsrat, von 1748 bis 1761 Gesandter am englischen Hof in London, Vater von Amalie (Emilie) von Werthern-Beichlingen 817
–, Sophie Charlotte Ludovica Wilhelmine von, geb. von der Schulenburg (1714–1789), seit 1738 dessen Frau 817 Munchhausen, Ernst Friedemann von (1724–1784), preußischer Staatsund Justizminister, Pr~sident des Kammergerichts, Leiter der Bibliothek, der Kunstkammer und des Medaillenkabinetts 55 –, Anton Ludwig von (geb. 1763), dessen Sohn 55 –, Ernst Friedemann III. von (1761– 1826), dessen Sohn 55 Mus~us, Johann C a r l A u g u s t (1735–1787), Schriftsteller, seit 1763 Pagenhofmeister und seit 1769 Gymnasialprofessor in Weimar 74; 287, 289, 296 Mylius, Christian Otto (1678–1760), Jurist, kvniglich preußischer Kriegsrat und Geheimer Justizrat 636 Corpus Constitutionum Marchicarum (Hrsg.) 187; 636 Mylius, Christlob (1722–1754), Naturforscher, Schriftsteller, bersetzer und Publizist, 1746 in Berlin, 1753 in Gvttingen, Den Haag und London 617, 623 Mylius, Gottlob A u g u s t (1731– 1784), seit 1763 Buchh~ndler in Berlin 106, 116, 200, 962, 1103 Nagel, Justine Elisabeth (geb. 1756), Tochter eines Offenbacher Kaufmanns, wahrscheinlich eine Jugendfreundin Goethes 3?; 6 Nahl, Johann August d. . (1710– 1781), Bildhauer und Innenarchitekt 1020 ÆGrabmal von Maria Magdalena Langhans in Hindelbank bei Bernæ 1020
Personen und Werke
Napoleon I. Bonaparte (1769–1821), 1799 Erster Konsul, seit 1804 Kaiser der Franzosen 31, 939, 941 f. Nassau-Usingen, Johann Adolph Prinz von (1740–1793), Offizier, seit 1764 in preußischen Diensten, Generalmajor, 1778/79 Kommandeur in der Armee des Prinzen Heinrich 727 Nesemann, Johann Peter (1724–1802), P~dagoge, zun~chst Hofmeister in der Schweiz, 1763 Mitbegrunder des Seminariums in Zizers im Kanton Graubunden, sp~ter mit dem Philanthropinum in Marschlins vereinigt, 1775 Leiter der st~dtischen Schule in Chur, 1793 Leiter der Erziehungsanstalt in Reichenau 905 f. Neuberger, Jacob Heinrich (1718– 1778), Legationsrat, Geheimer Archivar in Weimar 196; 663–665 Neubert, Johann Christoph (gest. 1803), Hofmechaniker in Weimar 266; 682, 879 Neuhaus, Maria Salome Philippine (um 1752–1815), Kammers~ngerin in Weimar, seit 1784 Frau des Stallmeisters August Wilhelm (1803: von) Bvhme 144; 122 f., 289, 296, 472, 517 –, J o h a n n Georg K a r l Jordan (1748/49–1790), um 1771 Beamter am Oberkonsistorium in Weimar, um 1775 Kammerregistrator, 1780 Kammersekret~r, deren Bruder 472 Newton, Sir Isaac (1643–1727), englischer Mathematiker, Astronom, Professor der Physik in Cambridge 25 Nicolai, Christoph F r i e d r i c h (1733–1811), Buchh~ndler, Verleger, Schriftsteller und Publizist in Berlin 54, 56, 364, 386, 575, 579, 648, 722, 788
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Beschreibung der Kvniglichen Residenzst~dte Berlin und Potsdam 788 Freuden des jungen Werthers. Leiden und Freuden Werthers des Mannes (Goethe-Satire) 386, 722 Niemeyer, August Hermann (1754– 1828), Theologe, P~dagoge, Schriftsteller in Halle, seit 1780 Professor, sp~ter Direktor der Franckeschen Stiftungen, 1808 Kanzler und bis 1813/14 auch Rektor der Universit~t 225?; 763 Nostiz, Johanna Luitgarde von (1721– 1790), Hofdame Anna Amalias von Sachsen-Weimar und Eisenach 436; 812, 824, 831 –, Gottlob von (1696–1745), anhaltkvthenscher Geheimer Rat, Hofmarschall und Kammerdirektor, deren Vater 824 –, Juliane Sophie von, geb. von Heyse (1687–1742), Kammerfrau, deren Mutter 824 Oberg, Anna Metta von (1737–1794), Stiftsdame in Uetersen 4; 12 f. Oberkirch, Henriette Louise von, geb. Waldner von Freundstein (1754– 1803), Kanonissin Z 2; 1102 f. Memoirs of the Baroness d’Oberkirch 1102 –, Carl Siegfried von (1735–1797), Gutsbesitzer im Elsass, seit 1776 deren Mann 1102 Ochs, Peter (1752–1821), Schweizer Politiker, Jurist und Schriftsteller, 1782 Ratsschreiber in Basel 550, 898 Oertel, Johanna Carolina von, geb. (von) Greiner (1741–1809), Tochter des Geheimen Rats Johann Poppo (von) Greiner in Weimar 446; 812, 835
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Register
–, F r i e d r i c h Benedikt (1753:) von d. . (1735–1795), Rittergutsbesitzer bei Leipzig, deren Mann 835 –, Wilhelmine (M i m i ) Henriette von (geb. 1764), deren Tochter 252; 835 f. –, Oertel, Erdmute C a r o l i n e Friederike Amalie von (1769/71–1845), deren Tochter, seit 1798 Frau von Heinrich Carl Erdmann von Carolath-Beuthen 252; 835 f. Oeser, Adam Friedrich (1717–1799), Maler, Zeichner, Radierer und Bildhauer, sthetiker, Kunsterzieher in Leipzig, seit 1764 Direktor der Kunstakademie in der Pleißenburg, von 1765 bis 1768 Goethes Zeichenlehrer 77, 208, 372, EB 214; 48 f., 215, 291, 422; 17, 46, 189, 191 f., 197 f., 199, 205, 210, 274, 334, 443, 452, 455, 458–463, 648, 702, 734–736, 831 ÆBuhnenvorhang fur das Leipziger Komvdienhausæ 125; 459 ÆStein des guten Glucksæ (Skulpturentwurf) 125; 198, 460 f., 463, 647 f. ÆZeichnungenæ 291 –, R o s i n e Elisabeth, geb. Hoburg (Hohburg) (gest. 1794), dessen Frau 215; 198 –, F r i e d e r i k e Elisabeth (1748– 1829), deren Tochter, Jugendfreundin Goethes 373, EB 235; 189, 191, 198, 736 –, Johann Friedrich Ludwig (1751– 1791), seit 1771 Unterlehrer im Fach Malerei an der Kunstakademie in Leipzig, 1774 Maler in Dresden, kurfurstlicher Landschafts- und Historienmaler, deren Sohn 198 –, Wilhelmine (1755–1813), Zeichnerin, deren Tochter, seit 1789 verheiratet mit Christian Gottlieb Geyser 215; 189, 198, 737
–, Carl (1756–vor 1799), Fecht- und Zeichenmeister in Russland, deren Sohn 198 –, Kinder 198 –, Familie 50; 198 sterreich siehe Joseph II., Maria Theresia Oetinger (Oettinger), Friedrich Christoph (1702–1782), Theologe, Pietist, 1766 Pr~lat im Kloster Murrhardt an der Murr nordvstlich von Stuttgart 84; 331 f., 427, 609 Swedenborgs und anderer Irrdische und himmlische Philosophie (Swedenborg-bersetzung) 84, 117; 331, 427, 609 Oettelt, C a r l Christoph (1727– 1802), seit 1768 sachsen-weimarischer Oberfvrster in Ilmenau, 1797 Forstmeister EB 227, EB 243; 552, 688, 898 Oldenburg, Friedrich August (I.) Herzog von (1711–1785), 1750 Furstbischof von Lubeck 375 f. Oppel, Eleonore Wilhelmine L u i s e von (1760–1782), seit etwa 1780 zweite Frau des hannoverschen Kammerherrn und Oberappellationsgerichtsrats in Celle Friedrich Ludwig von der Osten, Schwester von Emilie von Berlepsch und Caroline Auguste Franziska von chtritz 443*; 812, 832 –, Carl Georg August von (1725– 1760), Vizekanzler in Altenburg und wurttembergischer Geheimrat, deren Vater 832 –, Luise Auguste Amalia geb. von Dvnhoff (gest. 1768), deren Mutter 832 –, Johann Siegmund von (1730– 1798), Wirklicher Geheimer Rat und Direktor der weimarischen Landschaftskasse, deren Onkel 833
Personen und Werke
–, Siegmund Ehrenfried von (1687– 1757), Geheimer Rat und Kammerpr~sident, deren Großvater 833 Orville, Jean George d’ (1747–1799), Kaufmann und Fabrikant in Offenbach, Cousin Anna Elisabeth Schvnemanns EB 8, EB 48 Ostade, Adriaen van (1610–1685), niederl~ndischer Maler und Radierer 189; 580, 646 Joueurs de Vielle (Gem|lde) 580, 646 ÆRadierungenæ 646 Osten, Friedrich Ludwig von der (gest. 1783), hannoverscher Kammerherr und Oberappellationsgerichtsrat in Celle 832 –, Eleonore Wilhelmine Luise von, seit etwa 1780 dessen Frau siehe Eleonore Wilhelmine Luise von Oppel –, deren erster Sohn (geb. 1781) 832 Otto, Johann Friedrich Gottlob (1749–1826), Kaufmann und Mitglied des Stadtrats in Jena, seit 1785 auch Hofkommissar, sp~ter Bezirksdeputierter EB 136 Paccard, Michel, Bergfuhrer Goethes in Chamonix 350, 352?, 354?; 1059 f. –, Franois, Bergfuhrer in Chamonix, dessen Bruder 1060 –, Michel Gabriel (1757–1827), Arzt, Naturforscher und Schriftsteller, 1786 Erstbesteiger des Montblanc (mit Jacques Balmat), dessen Cousin 1059 Pasiello, Giovanni (1740–1816), italienischer Komponist 990 La frascatana (Oper; auch: L’infante de Zamora) 990 Palestrina, Giovanni Pierluigi da (eigentl. Giovanni Pietro Aloisio Sante de Palestrina) (1524/25– 1594), italienischer S~nger und
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Komponist, Kapellmeister an der Peterskirche in Rom 363 Paoli, Pascal (eigentl. Filippo Antonio Pasquale de Paoli) (1725–1807), korsischer Freiheitsk~mpfer, von 1755 bis 1768 Anfuhrer des Kampfes der Korsen gegen Genua, seit 1769 meist im Exil in London 956 Parma, Margarete von (1522–1586), Tochter von Kaiser Karl V., 1536 Heirat mit Alessandro de Medici, Herzog von Florenz, 1538 Heirat mit Ottavio Farnese, von 1559 bis 1567 und 1580 bis 1583 Statthalterin der habsburgischen Niederlande 26; 705 Pasquay, Peter (1719–1777), Arzt und Hydrologe, seit 1745 in Frankfurt a. M., seit 1770 anhalt-dessauischer Hofrat, Besitzer einer Naturalienund Kunstsammlung 173?; 580, 582, 588 f. Passavant, Jacob Ludwig (1751–1827), von 1774 bis 1775 Kandidat der Theologie und Amtsgehilfe Johann Caspar Lavaters in Zurich, 1775 Pfarrer in Hamburg, 1777 in Hannoversch Munden, 1787 in Detmold, 1795 Pfarrer der reformierten Gemeinde in Frankfurt a. M. EB 73, EB 94, EB 128; 7; 27, 42, 88 Paulus (um 10–um 64), Apostel 42; 173, 396, 998 Percy, Thomas (1729–1811), englischer Theologe und Volksliedsammler, 1769 kvniglicher Kaplan, 1778 Dechant von Carlisle, 1782 Bischof von Dromore in Irland 457 Reliques of Ancient English Poetry 129?; 457 Peter im Baumgarten (1761–1799), Hirtenjunge aus Meiringen im Haslital im Kanton Bern, Pflegesohn des
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Register
hessischen Offiziers Heinrich Julius von Lindau, 1775 Zvgling des Philanthropinums in Marschlins, seit 1777 Pflegesohn Goethes in Weimar und Ilmenau, 1778 J~gerbursche in Ilmenau, 1781 in Troistedt und 1782 auf dem Schloss „Frvhliche Wiederkunft“ bei Neustadt an der Orla, von 1784 bis 1785 Volont~r in Berka, sp~ter Kupferstecher, um 1794 in Leipzig EB 205, EB 215, EB 237; 19 f., 130, 155, 159 f., 164, 168, 170, 177, 203?, 271–274, 285, 287, 295 f., 314, 371–373, 414, 421; 25, 88–92, 115, 372, 479 f., 549–557, 559 f., 566 f., 578, 587, 602, 653, 687 f., 717, 790, 798, 800, 889– 904, 906 f., 929, 936, 964, 1010 ÆKupfersticheæ 556 ÆPortr~t Goethesæ (nach Georg Friedrich Schmoll) 556 –, Johanna Friederike Louise, seit 1786 dessen Frau siehe Hoffmann, Johanna Friederike Louise –, Johann Friedrich August (geb. 1786), deren Sohn 556 –, Johanna Justina (geb. 1787), deren Tochter 556 –, Johanna (geb. 1789), deren Tochter, Patentochter Goethes 556 –, C a r l Heinrich Wilhelm (1790– 1864), Seifensiedermeister, Sporteleinnehmer in Berka, 1836 Amtssporteleinnehmer und Kopist, deren Sohn 556 f. –, Friedricka Carolina (geb. 1792), deren Tochter 556 –, Johanna Sophia Euphrosyne (geb. 1793), deren Tochter 556 f. –, Hans (vor 1740–nach 1780), Hirte in Meiringen im Kanton Bern, dessen Vater 272, 371; 549, 894, 897 –, Katharina, geb. Linder (gest. vor 1780), dessen Mutter 271?, 272 f., 371 f.; 894–897
–, dessen Bruder 315; 549 –, dessen Schwester 315; 549 –, dessen Stiefmutter 271?, 315; 549, 896 –, dessen Stiefgeschwister 315; 549 –, Mutter von dessen unehelichem Sohn 553 –, dessen unehelicher Sohn (geb. 1782) 553 –, dessen Schwager 314; 1010 Petersdorff, Eggert Christian von (1707–1783), preußischer Offizier, Generalmajor der Infanterie, 1778 als Kommandeur in der Armee des Prinzen Heinrich von Preußen vorgesehen, Demission aus Krankheitsgrunden 727 f. Petersen, Georg Wilhelm (1744– 1816), Theologe, hessisch-darmst~dtischer Hofdiakon, seit 1770 Prinzenerzieher in Darmstadt, Mitarbeiter der FGA, 1787 Hofprediger 364 Pfalz, C a r l Philipp T h e o d o r von der siehe Bayern, C a r l Philipp T h e o d o r von Pfalz-Zweibrucken –, Carl II. August Christian von (1746–1795), seit 1775 Herzog 674 –, Christian IV. von (1722–1775), dessen Onkel, seit 1740 Herzog 746 Pfenninger, Johann Conrad (1747– 1792), seit 1775 Diakon in Zurich, 1778 Pfarrer der Waisenhauskirche, 1786 Diakon der Peterskirche, Freund und Mitarbeiter Johann Caspar Lavaters, religivser Schriftsteller 329; 1029, 1034 Pflug, Christoph G o t t l i e b (Christian Karl Gottlob) (1747–1825), Hofkupferschmied in Jena EB 162, EB 184 Pfyffer von Wyer, Franz Ludwig (1716–1802), schweizerischer To-
Personen und Werke
pograph und Offizier in franzvsischen Diensten, 1768 Generalleutnant, seit 1769 in Luzern, st~dtischer Bauinspektor, 1798 Mitglied des Geheimrats 993 Phaedrus (Gaius Iulius Phaedrus) (um 15 v. Chr.–um 50 n. Chr.), rvmischer Fabeldichter 525, 926 Der Wolf und das Lamm 525 Die Frvsche 525 Pindar (Pindaros) (um 518–um 446 v. Chr.), griechischer Lyriker 276; 169, 910 Funfte Olympische Ode (zugeschrieben) 169, 910 Olympische Siegeshymnen 910 Pythische Siegeshymnen 910 Piscator (eigentl. Fischer), Johannes (1546–1625), els~ssischer Theologe und Bibel-bersetzer, seit 1584 Professor der Theologie an der Hohen Schule in Herborn, von 1584 bis 1590 Rektor 340; 1047 Biblia (bersetzung) 340; 1047 Planta, Martin (1727–1772), Schweizer Geistlicher und P~dagoge, Hofmeister, 1763 Mitbegrunder des Seminariums in Zizers im Kanton Graubunden, sp~ter mit dem Philanthropinum in Marschlins vereinigt 905 f. Plato (Platon) (428/27–348/47 v. Chr.), griechischer Philosoph 206, 214, 264, 1110 Menon 214 Phaedon 214 Symposium 448; 214, 1110 Plautus (Titus Maccius Plautus) (um 254–184 v. Chr.), rvmischer Komvdiendichter 287, 312 ÆLustspieleæ 287, 312 Plessing, F r i e d r i c h Victor Leberecht (1749–1806), zwischen 1778 und 1783 Studium der Rechte, der Theologie und der Philosophie u. a.
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in Gvttingen, Halle und Kvnigsberg, zeitweiser Aufenthalt in Wernigerode, seit 1788 Professor der Philosophie in Duisburg EB 173, EB 188, EB 212*; 186 f.; 606, 611–614, 621, 630, 637 f., 667, 670 f., 789, 798 –, Johann Friedrich (1720–1793), Theologe, seit 1764 Hospitalprediger und Diakon in Wernigerode, dessen Vater 611 –, Christiana Juliana Maria, geb. von Lampen (geb. um 1729), dessen Mutter, seit 1748 Frau von Johann Friedrich Plessing 198; 668–671 –, Familie 418 Plutarch (Plutarchos) (um 46–um 125), griechischer Historiker und Philosoph 91 BiŁ oi paqaŁkkgkoi (Parallelbiographien) 91 Poel, Magdalena (M e n o n ) (1757– 1825), Philanthropin, jugendliche Verehrte von Heinrich Julius von Lindau, seit 1776 Frau des Geheimen Legationsrates und Kaufmanns Adrian Wilhelm Pauli in Lubeck, sp~ter in Altona 87 –, Jacobus (1712–1775), Kaufmann, Diplomat, großfurstlicher kaiserlicher Hof- und Kommerzienrat in St. Petersburg und Archangelsk, deren Vater 87 Polybios (um 200–um 120 v. Chr.), griechischer Geschichtsschreiber 317 Poulet (Boulet), Samuel von (1732– 1790), preußischer Offizier, seit 1768 Kapit~n und seit 1786 Oberstleutnant im preußischen Ingenieurkorps in Potsdam, Flugeladjutant des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, Freund Carl Ludwig von Knebels EB 216*
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Register
Poussin, Nicolas (1594–1665), franzvsischer Maler 125; 459 Praetorius, Johannes (eigentl. Hans Schultze) (1630–1680), Schriftsteller und Polyhistor 623 f. Anthropodemus Plutonicus 623 f. Blockes-Berges Verrichtung 624 Prantl, Carl von (1820–1888), Aristotelesforscher, Professor der Philologie und Philosophie in Munchen 152 Preller, Johann Franz Andreas, Tischler in Weimar 933, 1069 Preußen –, Friedrich II. (der Große) von (1712–1786), seit 1740 Kvnig 209, 221, 433, 435 f.; 398, 431, 674, 703, 706, 717, 723 f., 759, 1085–1087, 1089, 1132 –, Philippine Charlotte von, dessen Schwester siehe Braunschweig und Luneburg-Wolfenbuttel, Philippine Charlotte von –, Friedrich H e i n r i c h Ludwig von (1726–1802), Prinz, Generallieutenant, dessen Bruder 209, 221; 674, 706, 720–722, 759 –, Albrecht Friedrich Herzog von (1553–1618), seit 1568 regierender Furst 1135 –, Marie Eleonore Herzogin von (1550–1608), Tochter von Wilhelm V. von Julich-Kleve-Berg, seit 1573 Frau von Herzog Albrecht Friedrich von Preußen 1135 Probst, Rahel Henrietta W i l h e l m i n e (gest. 1811), Freundin und Gesellschafterin von Corona Schrvter, Tochter des kurs~chsischen Hofg~rtners Johann Ernst Probst 144; 517, 544, 822 Prueschenk von Lindenhofen, Elisabeth Sophie, geb. von Fleischbein (1703–1776), Schwester Johann Friedrich von Fleischbeins auf
Schloss Hayn bei Dillenburg im Siegerland 1114 Putbus, Moritz Ulrich Graf von (1729–1776), wurttembergischer Geheimer Rat, Kammerherr, Oberschenk, Hausmarschall und Obristk~mmerer in Stuttgart, seit 1775 Wirklicher Geheimer Rat und Oberhofmeister der Herzoginmutter Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach 38; 108, 127, 140, 158 Eine Tiefurter Matine (mit Anna Amalia, Louise von Gtchhausen, Prinz Constantin, Carl Ludwig von Knebel) 127 f., 139 f. Pythagoras von Samos (um 570–um 496 v. Chr.), griechischer Mathematiker und Philosoph 214, 574 Rackey siehe Pasquay Racknitz, Joseph Friedrich von (1744– 1818), Schriftsteller, Komponist und Geologe in Dresden, seit 1774 Kammerherr am kurs~chsischen Hof 879 Raffael (eigentl. Raffaelo Santi, auch Raphael) (1483–1520), italienischer Maler 130, 221; 479, 761, 1109 Estasi de Santa Cecilia (Gem|lde) 1109 Ramler, Karl Wilhelm (1725–1798), Schriftsteller und Lyriker, seit 1748 Professor der Philosophie am Kadettenkorps in Berlin, 1786 Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Mitdirektor des kvniglichen Nationaltheaters 387 Des Herrn Christian Ewald von Kleist s~mtliche Werke (Hrsg.) 387 Ranis, Friedemann (Friedemund) Christian Daniel (gest. 1820), 1790 Archivregistrator in Eisenach, 1798 Regierungsregistrator, Inhaber einer
Personen und Werke
Leihbibliothek EB 159*, EB 166* Raphael siehe Raffael Rath, Emanuel Leberecht von (gest. 1770), Oberkonsistorialpr~sident in Eisenach 572 –, Familie 167?; 572 Rathsamhausen, Carolina Philippina von (1754–1830), Hofdame in Karlsruhe, seit 1790 Frau des Obristen Friedrich Karl von Haacke (Hake) EB 13* Razemann 280; 923 Rebmann, Johann Andreas G e o r g F r i e d r i c h (1768–1824), Jurist, Schriftsteller, Journalist, 1794/95 in Erfurt, 1796/97 in Paris, seit 1797 Richter in Mainz, 1800 in Trier, 1803 Vorsitzender der Strafkammer in Mainz, 1811 Pr~sident des Berufungsgerichtshofs in Trier 861, 938 Briefe uber Jena 861 Redecker, Christian Ludwig (1736– 1788), 1770 Obergeleitsinspektor in Erfurt, 1772 Obergeleitsmann, 1775 Wirklicher Kammerrat, 1776 entlassen, Sekret~r und Gesellschafter Carl Theodor von Dalbergs in Erfurt, 1782 sachsen-weimarischer Hofrat 381, 409, 416 Reich, Philipp Erasmus (1717–1787), Verleger und Buchh~ndler in Leipzig, seit 1762 Teilhaber der Buchhandlung Weidmanns Erben und Reich 1, 13, 21, 59, 90, 105, 175, 179, 190, 203, 211, 230, 235, 247, 251, 255, 307, 313, 337, 369, EB 20, EB 42, EB 51, EB 65, EB 107, EB 112, EB 118, EB 174, EB 177, EB 185, EB 186, EB 189, EB 197, EB 198, EB 199, EB 200, EB 203, EB 204; 16, 40, 131 f.; 3, 17, 25 f., 41, 45 f., 52, 94, 151 f., 163 f., 172, 210, 216, 221, 239,
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243 f., 294, 367, 377 f., 405, 411, 432–434, 453, 464 f., 467, 478, 483 f., 487, 490, 494, 506, 511 f., 516, 603, 636, 675 f., 683, 732, 915 Allgemeines Verzeichniß derer Bucher ÆVerlagsverzeichnis, Ostermesse 1777æ 141; 467, 511, 603 –, Friederike Luise, geb. Heyl (1744– nach 1809), seit 1775 dessen Frau 110; 406 Reichardt, Johann Friedrich (1752– 1814), Komponist, Schriftsteller und Publizist, seit 1773 Kammersekret~r in Kvnigsberg, 1776 kvniglich preußischer Hofkapellmeister in Berlin, seit 1794 auf Gut Giebichenstein bei Halle, 1796 Salineninspektor in Halle, 1808 Hofkapellmeister in Kassel 365, 962 ÆKompositionenæ Claudine von Villa Bella (Goethe) 365, 962 Erwin und Elmire (Goethe) 365 Reichart, Christian (1685–1775), G~rtner in Erfurt, seit 1724 Ratsmitglied, zuletzt als Jungerer und Anderer Burgermeister 84; 332 Land- und Garten-Schatz 84; 332 Reichert, Johann(es) (um 1738–1797), Hofg~rtner und Garteninspektor in Weimar 239 Reinbaben (Rheinbaben), S o p h i e Bernhardine Friederike von (1755– 1804), seit 1798 oder 1801 Frau von Ludwig Ernst Wilhelm von Schardt, Bruder Charlotte von Steins 440*; 812, 828 f. –, Franz Ludwig von, weimarischer Regierungspr~sident und Oberkonsistorialrat, deren Vater 828 Rembrandt (eigentl. Rembrandt Harmenszoon van Rijn) (1606–1669), niederl~ndischer Maler, Radierer
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Register
und Zeichner 341, 580, 588 f., 673, 726, 767–770, 772, 990 ÆKupfersticheæ 173; 580, 589 Reni, Guido (gen. il Guido) (1575– 1642), italienischer Maler, Radierer und Bildhauer 411 Marienkrvnung mit Heiligen 411 Retz, Jean-Franois-Paul de Gondi Kardinal de (1613–1679), franzvsischer Geistlicher und Politiker, seit 1651 Kardinal in Paris, unter Ludwig XIV. verbannt, seit 1654 Exil in Spanien, Italien, England und in der Schweiz, Kardinal in Rom, 1662 Ruckkehr nach Frankreich 963 Memoires du Cardinal de Retz 963 Retz, Johann Georg Otterich (1711/ 12–1765), Handelsmann in Leipzig, Inhaber der Firma Carl Benelle und Sohn in „Auerbachs Hof “ 676 Reuss (Reuß) zu Ebersdorf –, Heinrich XXIV. Graf (1747–1779) 662 –, Heinrich XXVI. Graf (1725–1796), Familienhistoriker, dessen Bruder 330; 662 f., 663–665 Rheinbaben, Kaspar Heinrich von (geb. 1743), 1770 preußischer Seconde-Lieutenant im Fusilierregiment von Moellendorff, 1782 Stabskapit~n, seit 1792 Tr~ger des Ordens Pour le mrite 434; 1087 Rheinbaben, Sophie von siehe Reinbaben, Sophie von Richter, Johann Adolf (1682–1768), Baumeister, von 1722 bis 1744 herzoglich s~chsischer Oberlandbaumeister in Weimar 270, 864 Riemer, Friedrich Wilhelm (1774– 1845), Altphilologe und P~dagoge, 1798/99 Privatdozent in Halle, 1801 Hauslehrer bei Wilhelm von Humboldt in Tegel und Rom, seit 1803 in Weimar, Sekret~r und Mit-
arbeiter Goethes, seit 1812 Gymnasialprofessor, seit 1814 Bibliothekar 823, 1104 Gespr~che mit Goethe 823 Riese, Johann Jacob (1746–1827), Jurist, seit 1773 Verwalter der Armenkasse in Frankfurt a. M., Jugendfreund Goethes EB 34* Rieth, Julius Michael (gest. 1779), Kaufmann in Ilmenau, Hauswirt Johann Friedrich Kraffts 282 f.?, 286 f., 295; 790, 882, 935 f., 944, 965 –, Familie 287; 944 Ritter, Albert (Albrecht) (1684–1748), Mineraloge und Naturforscher, P~dagoge 623 Relatio historico-curiosa de iterato itinere in Hercyniae montem famosissimum Bructerum (Historische Nachricht von einer doppelten Reise Nach dem auf dem Harze belegenen so beruhmten Berge, gemeiniglich Blocksberg genandt) 623 Rochat, Jacques David (1761–nach 1826), Gastwirt und Grundbesitzer in Le Brassus (Valle de Joux, Schweiz), Pr~sident der Gemeindeverwaltung von Le Chenit (Valle de Joux), Gerichtspr~sident des Distrikts Valle de Joux, 1803 Friedensrichter 1027, 1037, 1039 –, Jeanne Suzanne Charlotte, geb. Golay (1760–1804), dessen Frau 333?; 1039 –, Þlize Suzanne (geb. 1781), deren Tochter 1039 Rodt, M a x i m i l i a n Augustinus Christoph Reichsfreiherr von (1717–1800), seit 1775 Furstbischof von Konstanz 939 Roederer, Johann Gottfried (1749– 1815), Theologe und Philologe, seit 1778 Konrektor und Bibliothekar an der Provinzialschule in Detmold,
Personen und Werke
1783 Landpfarrer in Zinsweiler (Zinswiller) und anderen Orten im Elsass, seit 1797 Prediger, Privatlehrer und Friedensrichter in Straßburg, von 1804 bis 1813 Pfarrer im Straßburgischen, Studienfreund Goethes in Straßburg 318, 735, 990 Rohr, Julius Bernhard von (1688– 1742), Kameralist, Jurist, Naturwissenschaftler und Schriftsteller in Merseburg 623 Roos, Johann Heinrich (1631–1685), Maler (vorwiegend Tiermaler) und Radierer in Heidelberg und Frankfurt a. M. 170; 581 ÆGem~ldeæ 170 Landschaft, mit einer gelb und weiß gefleckten Kuh und Ziegenbock 581 ÆDrei Schafgruppenæ (Zeichnung) 581 –, Philipp Peter (1657–1706), Maler, dessen Sohn 581 –, Johann Melchior (1663–1731), Maler, dessen Sohn 581 Rosenplut (Rosenbluth, Rosenblut) gen. der Schnepperer (um 1400–um 1460), Buchsenmeister und Dichter in Nurnberg 148 Rost, Carl Christian Heinrich (1742– 1798), Verleger, Kunstschriftsteller und -h~ndler in Leipzig, seit 1778 Inhaber der fruheren Firma Carl Benelle und Sohn in „Auerbachs Hof“ EB 238*; 200; 676 Rotrou, Jean de (1609–1650), franzvsischer Dramatiker 452 L’hipocondriaque ou le mort amoureux 452 Rousseau, Jean-Jacques (1712–1778) 307, 320, 324; 88, 109, 191, 220, 413, 875, 997, 1018, 1025, 1103 Þmile, ou de l’ducation 109, 875, 997
1201
Julie, ou La Nouvelle Helose 48; 88, 191 f., 220, 1025, 1103 Les Consolations des Miszres de ma Vie (Liedkompositionen) 413 Deux bergeres pour faire usage Æ...æ (Verfasserschaft unsicher) 413 Que le jour me dure Æ...æ (Verfasserschaft unsicher) 413 Rubens, Peter Paul (1577–1640), niederl~ndischer Maler 199, 726 Russland –, Paul I. Petrowitsch von (1754– 1801), Großfurst, seit 1796 Zar 398 –, Katharina II. (die Große) von, geb. Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst (1729–1796), seit 1745 Frau des Zaren Peter III. Fjodorowitsch, seit 1762 regierende Zarin von Russland, dessen Mutter 398 –, Natalia Alexejewna von, geb. Prinzessin W i l h e l m i n e Luise von Hessen-Darmstadt (1755–1776), Tochter von Ludwig IX. und Karoline von Hessen-Darmstadt, Schwester von Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit 1773 dessen erste Frau 398 –, Maria Fjodorowna von, geb. Prinzessin S o p h i e D o r o t h e a Auguste Louise von Wurttemberg(-Mvmpelgard) (1759–1828), Großfurstin, Tochter von Friedrich Eugen von Wurttemberg, seit 1776 dessen zweite Frau 398, 1102 Sachs, Hans (1494–1576), Schuhmacher und Dichter in Nurnberg 78; 138, 148 f., 305, 432, 794, 805, 914 Das Narrenschneiden 234?; 794, 805 Sachsen –, Friedrich III. (der Weise) von (1463– 1525), seit 1486 Kurfurst 575
1202
Register
–, Friedrich August I. (der Starke) von (1670–1733), seit 1694 Kurfurst 35, 39, 864 –, Hermann Moritz Graf von (1696– 1750), Sohn Friedrich Augusts I. mit Maria Aurora Gr~fin von Kvnigsmarck 10; 35, 317 f. Les rveries, ou Mmoires sur l’art de la guerre 317 f. –, Johann Friedrich I. (der Großmutige) von (1503–1554), von 1532 bis 1547 Kurfurst von Sachsen, 1552 Herzog von Sachsen in Thuringen 85 f.; 335 f., 1087 –, Sibylle von, geb. Prinzessin von Julich-Cleve-Berg (1512–1554), seit 1527 Frau von Johann Friedrich I. von Sachsen 86; 335 f. –, Johann Friedrich II. (der Mittlere), Herzog von (1529–1595), Sohn von Johann Friedrich I. von Sachsen 86; 336, 1087 –, Johann Friedrich III. (der Jungere), Herzog von (1538–1565), Sohn von Johann Friedrich I. von Sachsen 86; 336 Sachsen-Coburg-Saalfeld, Ernst Friedrich Herzog von (1724–1800), seit 1764 Herzog 1088 Sachsen-Eisenach –, Albrecht Herzog von (1599–1644), Bruder von Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar 1128 –, Johann Wilhelm von (1666–1729), seit 1698 Herzog 563 Sachsen-Gotha und Altenburg –, Ernst I. der Fromme von (1601– 1675), 1640 Herzog von SachsenGotha und 1672 auch von SachsenAltenburg, Bruder von Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar 1128 –, Ernst II. Ludwig von (1745–1804), seit 1772 Herzog, seit 1774 Frei-
maurer, seit 1783 Illuminat 229; 171, 444, 776, 853, 1088 –, August Prinz von (1747–1806), holl~ndischer und sachsen-gothaischer General, Bruder des Herzogs Ernst II. Ludwig 229?; 776 Sachsen-Hildburghausen –, J o s e p h Maria F r i e d r i c h Wilhelm Hollandius von (1702–1787), Prinzregent des Herzogtums Sachsen-Hildburghausen, vsterreichischkaiserlicher Generalfeldmarschall 160 f.; 379, 562–564 –, Ernst F r i e d r i c h I I I . Carl von (1727–1780), seit 1745 Herzog, dessen Großneffe 564 Sachsen-Meiningen –, Charlotte Amalie Herzogin von, geb. Prinzessin von Hessen-Philippsthal (1730–1801), Frau von Herzog Anton Ulrich von SachsenMeiningen, nach dessen Tod von 1763 bis 1782 Regentin 3?, 4; 6, 8 –, August Friedrich Carl Wilhelm (auch Carl August) von (1754– 1782), seit 1775 Herzog, deren Sohn 3 f., 229; 6, 8, 776 –, G e o r g Friedrich Carl von (1761– 1803), seit 1779 Mitregent und seit 1782 als G e o r g I. Friedrich Carl regierender Herzog 3 f., 229; 6, 8, 776 Sachsen-Weimar –, Bernhard Herzog von (1604–1639), Heerfuhrer im Dreißigj~hrigen Krieg in schwedischen und franzvsischen Diensten 85; 336, 721, 788, 790, 792, 800, 1087, 1127– 1129, 1132 –, Wilhelm (IV.) von (1598–1662), seit 1620 Regent, seit 1626 regierender Herzog, dessen Bruder 1128 f.
Personen und Werke
–, Dorothea Susanna Herzogin von, geb. Prinzessin von der Pfalz (1544– 1592), dessen Großmutter 329 Sachsen-Weimar und Eisenach –, Carl August Herzog von (1757– 1828), seit 3. September 1775 Regent, seit 1815 Großherzog 8, 9, 70, 72, 98, 295*, 474, EB 272; A 1, A 2, A 3, Z 1; 4, 6 f., 13 f., 20, 22, 24–27, 29, 31 f., 34 f., 38, 40, 43, 50–52, 55 f., 63, 65–69, 79?, 81–86, 90 f., 93, 97, 99–101, 105 f., 109, 111, 118, 121, 128, 130, 135, 140, 144, 147, 151, 154, 161, 165–167, 170 f., 173, 179, 183, 187, 189 f., 196, 199, 205, 209, 210–212, 225–227, 229 f., 233–235, 237, 256–260, 262–264, 268, 276, 288–295, 297, 299, 303 f., 308–310, 319, 323, 325 f., 328, 338 f., 341, 343–345, 354– 356, 360, 366, 379, 381, 384, 386, 395, 408, 425; 5, 8 f., 16 f., 23–25, 27, 29–32, 33 f., 36, 38–40, 43, 51, 53, 58, 71, 74 f., 79, 83, 86, 96 f., 101, 103–105, 107, 111, 113, 117–123, 127–129, 131, 134, 136 f., 139 f., 144, 146, 152, 160, 162, 166–168, 171, 175, 177–179, 182–184, 189–192, 195, 200–204, 208, 210 f., 216 f., 222, 228 f., 232, 235, 238 f., 245– 247, 249, 259–263, 270, 272– 275, 278, 281, 287 f., 292, 294, 315, 319–321, 323–325, 328 f., 333, 336–338, 341 f., 344, 346– 351, 359–361, 363, 365, 371– 373, 375 f., 379, 390, 395, 397 f., 401, 403 f., 406–408, 410, 414, 416, 421, 423–425, 429, 434, 438 f., 441–444, 447 f., 450, 458 f., 462 f., 466, 468, 470, 479, 481, 491–493, 499, 507, 509, 512, 517, 521, 524, 529, 534, 538, 540, 545, 559, 562 f., 565, 567, 571, 574,
1203
578–581, 585 f., 606, 619, 636, 646–648, 651, 663, 667, 673, 675, 681, 686, 699, 701 f., 704–706, 712, 715, 717, 721 f., 724, 726, 728–731, 734, 745, 747, 758, 761 f., 764–768, 772, 775 f., 778, 785, 794, 817 f., 820–822, 845, 847–850, 852 f., 856, 864, 868 f., 871, 875, 877, 879, 882, 886, 887, 908, 921 f., 934, 938–941, 944– 948, 950, 953 f., 958, 960, 963, 965, 967–969, 971, 977–983, 986, 991, 995, 998, 1000, 1005, 1007–1009, 1011, 1013, 1015– 1017, 1021 f., 1025, 1027 f., 1033, 1042–1046, 1048, 1050–1053, 1055 f., 1058 f., 1062–1067, 1070–1073, 1075–1078, 1080, 1085 f., 1088–1091, 1094 f., 1099–1101, 1103, 1105, 1108, 1119–1135 Ich schlafe, ich schlafe von heute biß morgen Æ...æ (Gedicht) 81; 323 f. –, L o u i s e Auguste Herzogin von, geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt (1757–1830), seit 1775 Herzogin, seit 1815 Großherzogin, seit 3. Oktober 1775 dessen Frau 434; 4, 6, 22, 24–27, 31, 38, 69, 83, 102, 104–106, 121–123, 125, 129?, 175, 205, 207 f., 210, 219, 237, 241, 276, 295, 297; 8 f., 24, 26, 29, 73, 100–102, 107 f., 110, 112 f., 118, 122, 137, 152 f., 166–168, 221 f., 244 f., 260 f., 275, 279, 287, 329 f., 337, 361, 389 f., 395, 398, 404, 421, 440 f., 444, 452, 458, 460 f., 465 f., 471, 476, 523, 531, 540, 547 f., 569, 577, 595, 626, 638, 656, 661, 673, 693 f., 730, 743– 745, 747, 749, 756, 764 f., 768– 770, 780, 795 f., 804, 812, 816, 820 f., 834, 837, 855, 886, 909, 913, 947, 950, 961, 979 f., 983,
1204
Register
986, 995, 1007, 1013, 1016, 1022, 1025, 1033, 1043–1045, 1056, 1071 f., 1075–1078, 1120, 1127, 1135 –, L o u i s e Auguste Amalie Prinzessin von (1779–1784), deren Tochter 265, 366; 780, 795, 816, 821, 853, 875, 1078 –, Carl Friedrich Erbprinz von (1783– 1853), seit 1815 Erbgroßherzog, 1828 Großherzog, deren Sohn 31, 140, 827, 829, 835 –, Ernst August II. Constantin Herzog von (1737–1758), seit 1755 Regent, dessen Vater 29, 70 f., 261, 846, 921, 1089 –, Anna Amalia Herzogin von, geb. Prinzessin von Braunschweig und Luneburg-Wolfenbuttel (1739– 1807), seit 1756 Frau des Herzogs Ernst August II. Constantin, von 1758 bis 1775 obervormundschaftliche Regentin, dessen Mutter 22, 24 f., 31, 38, 61, 67 f., 77, 214 f., 219, 221, 226–228, 297, 360, 366, 395, 430; 29, 36, 71, 93, 108, 110, 114, 127, 137, 139 f., 158–160, 167 f., 182, 184, 210, 218, 232, 245, 270, 272, 274 f., 277, 287 f., 290, 299, 345, 348, 350, 361, 363, 365, 401 f., 407–409, 413, 416 f., 421, 424, 447, 456, 460, 462, 510, 537, 540, 557, 580, 691, 694, 597, 737–737, 745, 474, 752, 754 f., 761, 768–772, 782, 804, 815 f., 818, 822, 824, 831, 834, 858, 865, 911, 919, 921, 923, 938 f., 947, 950, 952, 962, 969, 978, 980–985, 1000, 1024, 1026, 1035, 1044, 1051, 1055, 1070, 1076–1078, 1089, 1122 f., 1131 Eine Tiefurter Matine (mit Louise von Gtchhausen, Carl Ludwig von Knebel, Prinz Constantin, Moritz Ulrich von Putbus) 127 f., 139 f.
ÆKompositionenæ Das Jahrmarktsfest zu Plundersweilern (Goethe) 782 Erwin und Elmire (Goethe) 277, 290 –, Friedrich Ferdinand C o n s t a n t i n Prinz von (1758–1793), kurs~chsischer Generalmajor, dessen Bruder 6, 38, 67 f., 72, 97, 105, 173, 205 f., 208, 229, 266; 10, 17 19 f., 24, 29, 71, 113, 129, 139, 144, 158–160, 227, 229, 272–274, 279, 282, 361, 390, 402, 486, 591, 636, 667, 690, 697 f., 745, 747, 766, 768, 776, 819, 853, 855, 879, 884, 911, 934, 1052 Eine Tiefurter Matine (mit Anna Amalia, Louise von Gtchhausen, Carl Ludwig von Knebel, Moritz Ulrich von Putbus) 127 f., 139 f. –, Ernst August I. Herzog von (1688– 1748), seit 1707 Mitregent, seit 1728 Alleinregent von SachsenWeimar, seit 1741 Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, dessen Großvater 12, 261; 39, 70, 270, 424, 540, 566, 864 f., 1000 –, Maria Pawlowna von, geb. Großfurstin von Russland (1786–1859), Schwester von Zar Alexander I. von Russland, seit 1804 Frau von Erbprinz Carl Friedrich 31 –, Familie 289 Sachsen-Weißenfels-Querfurt –, Johann Adolf II. von (1685–1746), seit 1736 Herzog 12; 39 –, Johann Georg von (1677–1712), seit 1697 Herzog, dessen Bruder 39 –, Christian von (1682–1736), seit 1712 Herzog, dessen Bruder 39 –, Friedrich Johann Adolf Erbprinz von (1722–1724), dessen Sohn 39 –, Carl Friedrich Adolf Erbprinz von (1736–1737), dessen Sohn 39
Personen und Werke
–, Johann Adolf Erbprinz von (geb./ gest. 1738), dessen Sohn 39 –, August Adolf Erbprinz von (1739– 1740), dessen Sohn 39 –, Johann Georg Adolf Erbprinz von (geb./gest. 1740), dessen Sohn 39 Saint-Pierre, Charles Irne Castel Abb de (1658–1743), franzvsischer politischer Schriftsteller, Diplomat, Mitglied der Acadmie franaise 317 f. Annales politiques 318 Projet pour rendre la paix perptuelle entre les potentats de l’Europe 318 Saiter (Seiter, Seuter, Seutter, Seyder), Johann Gottfried (1717–1800), Kupferstecher und Zeichner in Augsburg 488 ÆPortr~t Goethesæ (Kupferstich) 488 Salis-Marschlins, Carl U l y s s e s von (1728–1800), Schweizer Politiker in Graubunden, P~dagoge und Schriftsteller, Grunder und Leiter des Philanthropinums in Marschlins 491; 271–273, 371 f.; 91 f., 402, 550 f., 889, 891–896, 901–903, 904–906, 907 f., 964 –, Johann Rudolph Gubert von (1696–1795), Herr zu Marschlins, seit 1729 Besitzer der Freiherrschaft Haldenstein, dessen Vater 905 –, Perpetua, geb. von Salis-Soglio (1709–1753), dessen Mutter 905 –, Familie 904 f. Salomo (Salomon) (etwa 990–930 v. Chr.), etwa seit 965 Kvnig von Israel und Juda 232; 785 Salzmann, Johann Daniel (1722– 1812), Aktuar am Vormundschaftsgericht in Straßburg, Schriftsteller, Freund und Mentor Goethes 128, 195, 242, 312, 388, 401, 406, 413, 866
1205
Sappho (zwischen 630 und 612–um 570 v. Chr.), griechische Lyrikerin 385 Saussure, Horace Bndict de (1740– 1799), Schweizer Naturforscher, seit 1772 Professor der Philosophie und Naturgeschichte in Genf 338– 340, 345; 993, 1043–1046, 1058 Voyages dans les alpes 1058 f. Schardt, Johann Wilhelm Christian von (um 1711–1790), Reise- und Hofmarschall Herzog Ernst Augusts I. von Sachsen-Weimar und Eisenach, Vater Charlotte von Steins 70 f, 566 –, Concordia Elisabeth von, geb. Irving of Drum (1724–1802), dessen Frau, Mutter Charlotte von Steins 68, 74, 228, 243, 284, 316; 70, 134, 519, 544, 1011 –, Ernst C a r l Constantin von (1744– 1833), seit 1768 sachsen-weimarischer Beamter, 1776 Geheimer Regierungsrat, 1798 Landschaftskassendirektor, 1802 Geheimer Rat, von 1809 bis 1814 Pr~sident des Landschaftskollegiums, deren Sohn 67?, 152; 204 f., 222, 271, 369, 540, 544 –, L u d w i g Ernst Wilhelm von (1748–1826), Offizier in sachsenweimarischen Diensten, seit 1776 herzoglicher Kammer- und Jagdjunker in Weimar, seit 1786 Kapit~n und Kammerherr, 1808 Schlosshauptmann in Eisenach, deren Sohn 67?; 120, 271, 828 f. –, Friederike S o p h i e Eleonore von, geb. von Bernstorff (Bernsdorf, Bernstorf) (1755–1819), Pflegetochter von Johann Hartwig Ernst Graf von Bernstorff, seit 1778 Frau von Ludwig Ernst Wilhelm von Schardt 268?, 297, 316; 268, 818, 884, 983, 1011
1206
Register
–, deren Kinder 70 –, Familie 70, 566 Schaumburg-Lippe –, Friedrich Ernst W i l h e l m von (1724–1777), seit 1748 Graf 22 f. –, M a r i e Barbara Eleonore Gr~fin zu, geb. zu Lippe-Biesterfeld (1744–1776), seit 1765 dessen Frau 22 –, Philipp II. Ernst von (1723–1787), seit 1777 Graf, dessen Neffe 21 Scheffler, Jagdlakai des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach 442 Scheffler, Johann Nicolaus (gest. 1799), Gastwirt in Goslar 179, 186; 612 Scheitz, Johann Christoph, Glaser in Weimar 510 Schellenberg, Johann Rudolf (1740– 1806), Maler, Kupferstecher und Schriftsteller in Winterthur 488 ÆPortr~t Goethesæ 488 Schellhorn, Matthaeus, 1777 Kantor in Manebach bei Ilmenau 160; 561 f. Schelver, Franz Joseph (1778–1832), Mediziner, Botaniker, 1803 Professor und Direktor des botanischen Gartens in Jena, seit 1807 Professor in Heidelberg, seit 1811 auch Direktor des botanischen Gartens 449 Schenck (Schenk, Schenke), Johann Gottlob (gest. 1785), Maler, seit 1761 in Jena, 1765 Universit~tszeichenmeister und vor 1775 Grunder einer Zeichenschule EB 6*, EB 100*, EB 231*; 18 Schenck (Schenk, Schenke), Johann Heinrich Christoph (1732–1798), Mediziner, seit 1785 Prosektor am anatomischen Theater der Universit~t Jena EB 6*, EB 100*, EB 231*; 18 Schenk, Adressat Goethes in Ansbach EB 234
Scherf, Johann Christian Friedrich (1750–1818), adjungierter Physikus in Ilmenau, 1783 furstlich lippischer Hofmedikus in Detmold, 1790 Hofrat, Verfasser und bersetzer von medizinischen Werken 279; 917 Schiller, Johann Christoph F r i e d r i c h (1802: von) (1759–1805) 380, 397; 73, 139, 190, 209, 400, 433, 448, 614, 748, 922, 924, 972, 979, 1001, 1067, 1077 Die R~uber 924 Don Karlos 924 Fiesko 924 Kabale und Liebe 924 Kvrners Vormittag 139 Wilhelm Tell 1006 –, Louise Antoinette C h a r l o t t e von, dessen Frau siehe Lengefeld, Louise Antoinette C h a r l o t t e Schilling, Diebold d. . (um 1430/35– 1486), Kanzlist und Gerichtsschreiber der Stadt Bern, Mitglied des Großen Rates, Stadtchronist 996 Beschreibung Der Burgundischen Kriegen 307?; 996 Schinz, Johann (Hans) Rudolf (1745– 1790), Pfarrer in Uetikon, Publizist, Verfasser landwirtschaftlicher Werke und Reisebeschreibungen, seit 1775 Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft in Zurich, seit 1778 deren Sekret~r 995 Schirmer, Johann Georg (Michael) (1715–1786), Schul-, Schreib- und Rechenmeister in Frankfurt a. M., Verfasser von Schulbuchern 161 Gevfnete Schreib-Schule 161 Selbstlehrende Algebra 161 –, Sarah Katharina, geb. Dunckel (1718–1804), dessen Frau, Bekannte Goethes 40; 161 Schlegel, August Wilhelm (1767– 1845) 449
Personen und Werke
Ion 449 Schlegel, Johann Gottfried, Landbaumeister in Weimar, sp~ter in Gera 118 Schlegel, Julius Heinrich Gottlieb (1772–1839), Mediziner, 1796 Amts- und Stadtphysikus in Ilmenau, 1810 sachsen-weimarischer und meiningischer Hofmedikus, 1817 sachsen-meiningischer Sanit~ts-Polizeidirektor, 1824 Badearzt in Liebenstein 935 Schleiermacher, E r n s t Christian Friedrich Adam (1755–1844), seit 1774 Student der Rechte in Gießen, seit 1779 Geheimer Kabinettssekret~r in Darmstadt, sp~ter hessisch-darmst~dtischer Geheimer Staatsrat, Direktor des Museums und der furstlichen Bibliothek, Osteologe, Freund Friedrich Maximilian Klingers 263, 345 f., 513 Schleusinger, Gerichtshalter in Kochberg 873, 1011 –, dessen Frau 264, 316; 873, 1011 Schlosser, Johann Georg (1739–1799), seit 1769 Rechtsanwalt in Frankfurt a. M., seit 1773 markgr~flich badischer Hof- und Regierungsrat in Karlsruhe, seit 1774 Oberamtmann der Markgrafschaft Hochberg in Emmendingen, 1787 Geheimer Hofrat am Landeskollegium Karlsruhe, seit 1773 Goethes Schwager EB 269; 19, 151, 176 f., 304, 320, 343; 15 f., 86 f., 91, 251, 276, 304, 216 f., 523, 536, 538 f., 599–601, 725, 898, 991, 1017 f., 1122 f. Katechismus der Sittenlehre fur das Landvolk 1122 f. Katechismus der Christlichen Religion fur das Landvolk, als der zweyte Theil des Katechismus der Sittenlehre fur das Landvolk 1123
1207
Vorschlag und Versuch einer Verbesserung des deutschen burgerlichen Rechts ohne Abschaffung des rvmischen Gesetzbuchs 177; 601 –, C o r n e l i a Friederike Christiane, geb. Goethe (1750–1777), seit 1773 dessen Frau, Goethes Schwester EB 27, EB 70, EB 74, EB 120; 23 f., 36, 64–66, 69 f., 74, 78, 116, 151, 155, 176 f., 186, 304, 383; 15, 18, 85, 106–108, 114, 156, 250– 253, 267 f., 275 f., 278, 290 f., 302–304, 355–357, 523, 533– 536, 538 f., 546, 479, 541, 551, 599 f., 631, 715, 783, 948, 989, 991, 1017 –, L o u i s e Maria Anna (1774–1811), deren Tochter 304, 320, 343; 252, 275, 991, 1018 –, Katharina Elisabeth Juliette (J u l i e ) (1777–1793), deren Tochter 304, 320, 343; 533, 538, 600, 991, 1018 –, J o h a n n a Catharina Sibylla, geb. Fahlmer (1744–1821), seit 1778 dessen zweite Frau, Freundin Goethes 4, 15, 43, 46, 55, 62, 79, 183, 222, 237, 305, 548, EB 15, EB 57; 177, 304, 320, 381, 384, 389, 399; 6 f., 10, 15 f., 16 f., 25, 47, 49–52, 104, 116 f., 132, 135, 137 f., 146 f., 161, 177, 200–202, 211 f., 251, 270, 333, 388, 395, 397, 417 f., 443, 481 f., 493, 496, 536–538, 599 f., 927, 990 f., 1017 f., 1036, 1050–1052, 1101 –, Hieronymus Peter (1735–1797), Rechtsanwalt in Frankfurt a. M., 1777 Ratsherr, 1786 und 1789 Burgermeister, 1792 Schvffe, dessen Bruder EB 108 Schmeling, Gertrud E l i s a b e t h (1749–1833), Konzerts~ngerin, von 1765 bis 1771 Gesangsschulerin Johann Adam Hillers in Leipzig, von 1771 bis 1780 an der Kvniglichen
1208
Register
Oper in Berlin, 1780 Frau des Leipziger Cellisten Johann Mara (1744– 1808), von 1784 bis 1802 vorwiegend in London, danach in Frankreich, 1803 in Deutschland, von 1805 bis 1812 Gesangslehrerin in Moskau, 1812 Gesangslehrerin in Reval 188 Schmettau, Woldemar Friedrich Graf von (1749–1794), bis 1774 Diplomat in d~nischen und pf~lzischen Diensten, danach in Paris, 1778 Schriftsteller in Plvn 1045 Les passions du jeune Werther (Goethe-bersetzung) 1045 Schmid, Achat (Achatius) Ludwig Carl (1725–1784), Jurist, sachsen-weimarischer Beamter, 1763 weimarischer Hofrat, 1764 Professor der Pandekten in Jena, 1766 Geheimer Assistenzrat, 1775 Geheimer Rat, 1776 Kanzler und Pr~sident des Regierungskollegiums in Weimar 196; 664 f., 1131 f. Schmid, Christian Heinrich (1746– 1800), seit 1769 Professor der Rechte in Erfurt, 1771 Professor der Gelehrsamkeit und Dichtkunst in Gießen, 1775 Herausgeber der FGA, Schriftsteller 44, 54 ÆRezensionæ Gvtz von Berlichingen (Goethe) 54 Schmidt, Friedrich Theophil (1724– 1796), hessen-darmst~dtischer Regierungsrat, Direktor der Steuerdeputation in Darmstadt 151; 534 Schmidt, Johann Christoph (1727– 1807), sachsen-weimarischer Beamter, seit 1784 Mitglied des Geheimen Consiliums in Weimar, 1788 Geheimer Rat und Kammerpr~sident, 1802 Oberkammerpr~sident 348, 495, 1094
Schmidt, Johannes (1749–1811), Registrator in Weimar, 1780 Sekret~r und Archivar, 1785 Geheimer Sekret~r, 1800 Legationsrat 429 Schmiedel, Franz Rudolf von, Offizier in sachsen-weimarischen Diensten, 1779 Major in Jena 865 Schmoll, Georg Friedrich (gest. 1785), Zeichner und Kupferstecher in Zurich 488, 556 ÆPortr~t Goethesæ (Zeichnung) 488, 556 Schnauß, Christian Friedrich (1722– 1797), seit 1743 sachsen-weimarischer Regierungsbeamter in Eisenach und Weimar, seit 1743 Kabinettssekret~r, 1763 Regierungsrat, seit 1772 als Geheimer Assistenzrat im Geheimen Consilium, 1779 Geheimer Rat, seit 1786 Oberaufsicht der herzoglichen Bibliothek und des Munzkabinetts 537; 91, 161, 295; 324, 327, 329, 348, 351, 423–425, 485, 494, 512, 524, 563 f., 663, 675, 958, 962, 971, 1000 f., 1007, 1088, 1090 f., 1095, 1119 f. Autobiographie 1000 f. –, Elias Friedrich (1691–1754), Regierungs- und Archivsekret~r in Eisenach, dessen Vater 1000 –, Sabine Christine, geb. Chateau (1695–1760), dessen Mutter 1000 –, Christiane Sophie, geb. Kraußold (gest. 1766), dessen erste Frau 1001 –, Charlotta Christiana, geb. Deußing (1743–1789), seit 1769 dessen zweite Frau 1000 –, Familie 1000 f. Schneider, Christian Wilhelm (1734– 1797), Theologe, Kirchenhistoriker, 1763 Pastor an der Garnisonkirche in Weimar, 1773 Archidiakon der Stadtkirche und Oberkonsistorialassessor, 1776 Oberkonsistorialrat,
Personen und Werke
1782 Generalsuperintendent und Oberpfarrer in Eisenach 62, 248 Schneider, Georg Heinrich (gest. 1780), sachsen-gothaischer Kommissionssekret~r, seit 1756 Rat und Pagenhofmeister in Weimar 287 Schnepp, Johann Christian (1741– 1800), Hofchirurg, Burgermeister und Ratsk~mmerer in Ilmenau 282 f.; 882, 929 –, dessen Bruder, Ratsherr und K~mmerer in Ilmenau 882 Schniebes, Gottlieb Friedrich (1743– 1818), Verleger, seit 1770 Faktor der Lotterie-Druckerei in Hamburg 590 Schvnborn, Gottlob Friedrich Ernst (1737–1817), seit 1768 Hofmeister in Kopenhagen, von 1774 bis 1777 d~nischer Konsulatssekret~r in Algier, sp~ter in London, Schriftsteller und bersetzer 17, 51, 211, 394 Schvnborn, Lothar Franz (1701:) Graf von (1655–1729), 1693/94 Furstbischof von Bamberg, 1695 Kurfurst und Erzbischof von Mainz, Kunstsammler 988 Schvnemann, Susanne Elisabeth, geb. d’Orville (1722–1782), Frau des Frankfurter Bankiers Johann Wolfgang Schvnemann 303; 990 –, Anna Elisabeth, deren Tochter siehe Turckheim, Anna Elisabeth von –, Familie 51; 202 Schvnkopf, Christian Gottlob (1716– 1791), Zinngießermeister, Gastwirt und Weinh~ndler in Leipzig, Vater von Anna Catharina Kanne 194 –, Schvnkopf, Anna Catharina siehe Kanne, Anna Catharina Scholley, Carl Ludwig August von (1730–1813), seit 1773 Obervorsteher der althessischen Ritterschaft, hessischer Hofgerichtsrat, letzter Hofrichter des hessischen Samthof-
1209
gerichts in Marburg, zugleich Obervorsteher der Alten-, Armen- und Krankenpflegeanstalten 489, 489K, EB 228, EB 246, EB 251, EB 266, EB 268*; 274 f., 373; 889–896, 897, 899–904, 907 f., 964 –, Friedrike Charlotte von, geb. Freiin Truchsess von Wetzhausen (1744– 1785), dessen Frau 889 f. –, Caroline Wilhelmine von (1763– 1839), deren Tochter 889 f. –, Christine Dorothea Friedrike von (1765–1789), deren Tochter 889 f. –, Christian Friedrich Carl von (geb./ gest, 1766), deren Sohn 900 –, Christian Ferdinand Friedrich Gottlob Wilhelm von (geb./gest. 1767), deren Sohn 900 –, Charlotte von (1770–1771), deren Tochter 900 –, Friedrike Christiane Wilhelmine von (geb./gest. 1772), deren Tochter 900 –, Sophia Ernestine von (1773–1774), deren Tochter 900 –, Sophia Friedrike Christiane von (1775–1778), deren Tochter 900 –, Ernestine Wilhelmine Caroline Maria von (1777–1778), deren Tochter 900 –, Carl Wilhelm von (1778–1829), deren Sohn 899 f. –, Peter Adam (geb. 1756), deren Sohn 900 Schreiber, Johann Gottfried (1746– 1827), Bergbaubeamter in Freiberg und Marienberg, 1772 Bergbauassessor und Markscheider in Johanngeorgenstadt und Schwarzenberg, seit 1777 in Frankreich, 1784 Inspecteur des mines in Paris, 1794 Professor an der Þcole des mines,
1210
Register
sp~ter Direktor der E`cole des mines in Pesey-Moutiers 343 Schrvder, F r i e d r i c h Ulrich L u d w i g (1744–1816), Schauspieler und Theaterdichter, von 1771 bis 1780 Theaterdirektor in Hamburg, 1781 in Wien, von 1785 bis 1798 wieder in Hamburg, danach Privatier, Theaterschriftsteller EB 49; 924 Schrvn, Gottfried Matthias Ludwig (1732–1811), Sekret~r der Landschaftskasse in Weimar, 1792 Rat, 1801 Steuer- und Akziserat, Onkel von Friedrich Justin Bertuch 446 Schrvter, C o r o n a Elisabeth Wilhelmine (1751–1802), S~ngerin, Schauspielerin und Komponistin, 1765 Konzerts~ngerin in Leipzig, seit 1771 in Berlin, seit 1776 Kammers~ngerin und Schauspielerin in Weimar, seit 1801 in Ilmenau 435; EB 102; 47–49, 54, 56, 59, 61 f., 84, 144, 293?; 79, 114, 175, 178, 182, 188–190, 192, 194, 208 f., 217–219, 227 f., 237, 242, 332, 413, 479, 483, 485, 507, 515, 517, 521, 544, 569, 667, 687, 812, 821–823, 855, 867, 878, 952, 958, 967, 990, 1079 ÆKompositionenæ Die Fischerin (Goethe) 219, 821 f. Fuenf und Zwanzig Lieder 822 Ges~nge mit Begleitung des Fortepiano 822 –, Johann Friedrich (1723–1810), kurfurstlich-s~chsischer Hofmusiker und Oboist in Warschau, 1763/64 Orchestermusiker in Leipzig, 1779 Hofmusiker und Musiklehrer in Hanau, 1786 in Kassel, deren Vater 188 Schubart, C h r i s t i a n Friedrich Daniel (1739–1791), Schriftsteller,
Komponist, von 1774 bis 1777 in Augsburg und Ulm, Herausgeber der „Deutschen Chronik“, von 1777 bis 1787 H~ftling auf dem Hohenasperg, seit 1787 Hoftheaterdirektor in Stuttgart 362 f., 1076 Schuppach (Schuppach), Michael (M i c h e l oder M i c h e l i ) (1707– 1781), schweizerischer Arzt, Chirurg und Apotheker in Langenau 322; 1013, 1020, 1023 –, Marie, geb. Fluckiger, dessen zweite Frau 322 Schutz, Christian Georg (1718–1791), Landschaftsmaler in Frankfurt a. M. 1021 –, Franz (1751–1781), Maler in Basel, dessen Sohn 321; 1021 Schultheß, Anna Barbara (B ~ b e), geb. Wolf (1745–1818), Freundin Lavaters und Goethes in Zurich EB 75; 7, 22, 97, 99, 106, 130, 329; 27 f., 101, 362, 366, 372, 476, 480, 684, 878, 1034 –, David (1728/29–1778), Seidenfabrikant, Kaufherr und Hauptmann, deren Mann 366 –, Anna Barbara (B~be) (1765–1792), deren ~lteste Tochter 362, 366, 476 –, Dorothea (Dvde) (1769–1801), deren Tochter 362, 366 Schulze (Schultze), Wilhelm Heinrich (1724–1790), Theologe, 1763 zweiter Hofdiakon in Weimar, Direktor des Waisenhauses in Jena und Weimar, 1768 Oberkonsistorialassessor, 1776 Oberkonsistorialrat 62, 70, 248 Schumann (Schuhmann), Johann Ehrenfried (1732–1787), Maler in Weimar, seit 1764 Hofmaler, auch Theatermaler und Dekorateur, seit 1776 Unterlehrer an der Zeichenschule 175; 560, 598
Personen und Werke
Schwabe, Traugott Leberecht (1737– 1812), Jurist, sachsen-weimarischer Beamter, Hofadvokat und Stadtschreiber, von 1773 bis 1783 Burgermeister von Weimar, 1783 Assessor im Regierungskollegium, 1785 Regierungsrat 238 Schwan, Christian Friedrich (1733– 1815), Verleger, Hofbuchh~ndler und Schriftsteller in Mannheim, Heilbronn und Stuttgart 112, 747 Das Milchm~dchen und die beyden J~ger 112, 747 Schwarzburg-Rudolstadt, Ludwig Gunther II. Furst von (1708–1790), seit 1767 Regent 470 –, Friedrich Carl Erbprinz von (1736– 1793), seit 1790 regierender Furst, dessen Sohn 921 Schwarzburg-Sondershausen, Christian Gunther III. Furst von (1736– 1794), seit 1758 Regent 470 Schweden, Gustav II. Adolf von (1594–1632), seit 1611 Kvnig 1987 Schweizer, Anna M a g d a l e n a , geb. Hess (1751–1814), Frau des Kaufmanns Johann Caspar Schweizer, Nichte Lavaters 1068 Schwinzinski (Schwintzinsky), Anton, Hoflakai, seit etwa 1765 Schlossvogt in Eisenach EB 180 Scipio (Publius Cornelius Scipio Africanus maior) (235–183 v. Chr.), rvmischer Konsul und Feldherr 25 Sckell (Skehl, Skell), Johann Ludwig Gottlieb (1740–1808), seit 1769 Forstbedienter in Marksuhl, seit 1778 Oberfvrster und Wildmeister in Troistedt zwischen Weimar und Berka 553, 898 Seckendorff-Aberdar, Carl Friedrich Sigismund (S i g m u n d ) von (1744–1785), von 1761 bis 1764 Offizier in vsterreichischen Diens-
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ten, sp~ter sardinischer Oberstleutnant, 1775 Kammerherr des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit 1785 als preußischer Diplomat in Regensburg und Ansbach, Gelegenheitsschriftsteller, Komponist, Lyriker, bersetzer 39, 68?, 128, 144, 165, 213, 217, 234, 243, 266, 355; 129, 203 f. 232, 260, 262, 273, 407, 444, 452, 455, 471 f., 512, 569, 595–597, 637 f. 652, 654 f., 683, 732 f, 7443, 808, 811–818, 820 f., 824–833, 835–839, 879, 962, 1045, 1063, 1079, 1131 ÆDramenæ Minervens Geburt Leben und Thaten 831 Robert und Kalliste 355?; 1064, 1131 ÆZum Namenstag der Herzogin Louiseæ 743 ÆKompositionenæ 683 Claudine von Villa Bella (Goethe) 962 Die Empfindsamen (Goethe) 569, 637 f. Prosperina (Goethe) 279, 821 Erwin und Elmire (Goethe) ÆLiederbuchæ (Goethe, Herder u. a.) 512, 596 Der Fischer (Goethe) 652 Sußer Tod (Herder; Shakespeare-bersetzung) 597 Jery und B~tely (Goethe) 1079 Lila (Goethe) 452, 455, 471 Orpheus und Eurydike (Einsiedel) 295; 962 Str~ussermarkt-Ballett 282 Les souffrances du jeune Werther (Goethe-bersetzung) 1045 ÆScherzgedichte zum neuen Jahr 1779æ (mit Goethe) 813 f. An Caroline Ilten 246; 819
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Register
Anngen Mullern 250; 829 f. Fiekgen 248; 825 f. Fr~u‘ Gvchhausen 250; 830 f. Fr~u‘. Nostiz 248; 824 Fr~ul Reinbaum 249 f.; 828 f. Fr~u‘ Vogelst~dt 249; 826 Fr~u‘ v. Oppel 251; 832 Fr~u‘. v. Stein 245; 816 Fr~u‘ v. Waldner 245; 816 Fr~u‘ v. Wvllwarth 253; 837 f. Frau von Lichtenberg 253 f.; 838 f. Frau von Oertel 252; 835 f. Frau von Wizleben 251; 833 Frau v Felgenhauer 252; 836 f. Frau v. Werther 246; 817 Grafin Giannini 251 f.; 834 f. Gustgen 244 f.; 814 Herdern 254; 839 Herz. Louise 247; 820 f. Malchen Hendrich 249; 827 Mams. Schrvter 247; 821, 823 Zum neuen Jahr. 1779 (an Charlotte von Stein) 244; 811 –, Sophia Friederike von, geb. von Kalb (1755–1820), seit 1779 dessen Frau 437; 812, 814, 825 f. –, Christoph A l b r e c h t von (1748– 1834), Politiker, Diplomat, von 1770 bis 1787 in brandenburg-ansbachischen Diensten, von 1788 bis 1803 wurttembergischer Gesandter in Regensburg, seit 1804 in badischen Diensten, u. a. Gesandter in Frankfurt a. M., dessen Bruder 204, 260, 262 Seckendorff, F r a n z Paul Christoph Albrecht von (1750–1823), von 1773 bis 1785 Hof- und Regierungsbeamter in Weimar, 1773 Regierungsassessor in Weimar, 1775 Kammerjunker, Regierungsrat, 1779 Hofrat, 1781 Kammerherr, Geheimer Regierungsrat, seit 1785 Reichshofrat in Wien, von 1800 bis
1806 Pr~sident des Reichskammergerichts in Wetzlar 1120 f. Secundus, Johannes siehe Johannes Secundus Seidel, Herr F., vermutlich in Leipzig EB 263 Seidel, P h i l i p p Friedrich (1755– 1820), Hauslehrer Cornelia Goethes in Frankfurt a. M., Sekret~r Johann Caspar Goethes, von 1775 bis 1785 Sekret~r Goethes in Weimar, seit 1785 Kammerkalkulator und seit 1789 Rentkommissar an der herzoglichen Kammer in Weimar 362, 468, 472, EB 219; 37, 67, 82, 104, 123, 127, 143 f., 165, 168, 185, 191, 207, 212 f., 226, 231, 265 f., 280, 287, 308, 311, 326, 337, 341, 343 f., 355?, 360, 379–381, 384, 386, 390, 392, 396, 401, 403, 406, 410–412, 420, 423, 426, 430; 52, 67, 79, 104, 125, 128 f., 157 f. 180, 202, 286, 311 f., 377, 389, 392 f, 434, 443, 452, 464, 467, 495, 516, 553–556, 573, 642, 651, 653, 714, 715–717, 731, 762, 775, 795, 813 f., 862, 870 f., 876, 889, 944, 947, 962, 967 f., 972, 994 f., 999, 1003–1006, 1011, 1027 f., 1035, 1042, 1048–1051, 1054–1056, 1062, 1070 f., 1077, 1080, 1120 Nachtlied (Gedicht) 715 –, dessen Vater, Handwerker in Frankfurt a. M. 715 Seidler, J o h a n n Friedrich W i l h e l m (1718–1777), Theologe, 1748 erster Bibliothekar am Collegium Carolinum in Braunschweig, 1761 Oberkonsistorialrat und Prinzenerzieher in Weimar 79; 29, 62, 321, 335 –, Heinrich Friedrich Wilhelm (1750–1819), 1774 Oberkonsistorialakzessist, 1775 Oberkonsistorialar-
Personen und Werke
chivar, 1780 Oberkonsistorialsekret~r, dessen Sohn 321 –, Anna Carolina (1752–1823), seit 1769 Frau des Weimarer Diakons Erdmann Siegmund Basch, 1773 verwitwet, seit 1782 Frau des Gothaer Verlegers Carl Wilhelm Ettinger, dessen Tochter 321 –, Carl Ludwig (1755–nach 1786), Kreisgerichtssekret~r in Fellini (Viljandi; Estland), dessen Sohn 321 –, August Gottfried Ludwig (1759– 1825), seit 1784 akademischer Stallmeister in Jena, dessen Sohn 321 –, Aemilius August Ferdinand (1762– 1819), Diakon in Reval (Tallinn), dessen Sohn 321 –, Hieronymus Wilhelm Christian (1765–1811), akademischer Buchh~ndler in Jena, dessen Sohn 321 –, A m a l i e Christiane Dorothea (1766–1805), Pflegerin und Gouvernante der Prinzessin Louise Auguste Amalie von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit 1786 Frau des Gothaer Bibliothekars, Theaterintendanten und Schriftstellers Heinrich August Ottokar Reichard, dessen Tochter 321 –, dessen Kinder 79; 321 Seneca (Lucius Annaeus Seneca) d. J. (um 4 v. Chr.–65 n. Chr.), Philosoph und Schriftsteller, Erzieher von Kaiser Nero 169 Briefe an Lucilius 169 Seume, Johann Gottfried (1763–1810), Schriftsteller, Offizier, 1794/95 in russischen Diensten, von 1797 bis 1801 Korrektor im Verlag Georg Joachim Gvschens in Grimma 158 Seyler, Abel (1730–1801), aus der Schweiz stammender Schauspieler und Theaterdirektor, von 1771 bis 1775 in Weimar, seit 1775 u. a. in
1213
Mannheim, Gotha und Leipzig 108, 513, 649 Shakespeare, William (1564–1616) 104, 113, 173; 17, 58, 125, 154, 181, 195, 212, 312, 318, 388, 413, 421, 514, 780, 805, 810, 868, 925, 932 f. Ein Sommernachtstraum (engl. A Midsummer Night’s Dream) 243, 262; 58, 810, 868 Coriolan 388 Hamlet 181 Julius Caesar 319, 925 Othello 515 Timon von Athen 125 Twelfth Night, or What you will 597 ÆWerkeæ 154, 318, 388, 590 Sheridan, Richard Brinsley (1751– 1816), irischer Dramatiker und Politiker 723, 979 Die Nebenbuhler (engl. The Rivals) 723, 979 Silhouette, Þtienne de (1709–1767), franzvsischer Staatsmann, Generalkontrolleur der Finanzen unter Ludwig XV. 48 Simson, Mister, englischer Reiter 187; 636 Sinner, Carl Ferdinand von (1748– 1826), 1759/60 Schuler Wielands in Bern, Berner Stadtpolitiker, 1785 Mitglied des Großen Rates, 1793 Landvogt von Thun, Offizier 311?; 971, 981, 992 f., 1007 f., 1022, 1128 –, Friedrich von (1713–1791), Jurist, Berner Stadtschultheiß, dessen Vater 311?; 1007 Sinner de Ballagues, Jean Rodolphe (1730–1787), Bibliotheksdirektor in Bern, Mitglied der Helvetischen Gesellschaft, Schriftsteller 1044 Les malheurs de l’amour (Drama, Werther-Bearbeitung) 1044 f.
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Register
Slevoigt, Traugott Friedemann, Wildmeister und Oberfvrster in Waldeck bei Burgel in der N~he von Jena 12; 27, 33, 38, 40 –, Friederike Elisabeth C a r o l i n e , dessen Tochter siehe Bertuch, Friederike Elisabeth C a r o l i n e 38 –, Johanna Augusta Wilhelmine, dessen Tochter siehe Kraus, Johanna Augusta Wilhelmine 40 Snayers, Pieter (Peeter, Petrus) (1592– um 1667), fl~mischer Maler, seit 1628 Hofmaler in Brussel 50?; 199 ÆTier-Bilderæ 199 Snyders, Frans (1579–1657), fl~mischer Maler 50?; 199 ÆTier-Bilderæ 199 Sokrates (469–399 v. Chr.), griechischer Philosoph 264, 297 Sonnenschein, Johann Valentin (1749– 1828), Bildhauer, Stukkateur und Maler, Modelleur bei der Porzellanmanufaktur in Ludwigsburg, 1771 Hofstukkateur in Stuttgart, seit 1775 in Zurich, 1779 Lehrer an der Kunstschule Bern 372 ÆBuste Lavatersæ 99; 372 Sophokles (496–406 v. Chr.), griechischer Tragvdiendichter 177; 212, 459, 601 ÆTragvdienæ 601 Sorge, Georg Andreas (1703–1778), gr~flich reuß-plauischer Hoforganist in Lobenstein 362 Spalding, Johann Joachim (1714– 1804), protestantischer Theologe und Philosoph, 1764 Propst an der Nicolaikirche und Oberkonsistorialrat in Berlin, theologischer Schriftsteller 714, 723 Spanien siehe Karl V. Spielmann, Jacob Reinhold (1722– 1783), Mediziner, Apotheker und Chemiker in Straßburg, seit 1755
Professor fur Medizin, seit 1756 fur Dichtkunst und seit 1759 fur Medizin, Chemie und Pharmakognosie an der Universit~t Straßburg 48 Sprengel, Joachim Friedrich (1726– 1808), Theologe, Magister der Philosophie, seit 1760 Pastor zu Putzar und Boldekow in Pommern 624 Sendschreiben vom Alterthum der großen Steingeruste auf dem Brocken 624 Sprungli, Daniel (1721–1801), Pfarrer in Stettlen, 1775 Privatgelehrter in Bern, Naturforscher, Besitzer einer Fossilien- und einer Vogelsammlung 311, 321; 1007, 1021 f. Staff, Johann Ernst Wilhelm von (1703/04–1776), Landj~germeister, herzoglicher Oberj~germeister am Weimarer Hof 1077 –, August W i l h e l m Ferdinand von (1732–1788), 1745 Page in Weimar, 1756 herzoglicher Hof- und Jagdjunker, 1758 Kammerjunker, 1765 Oberforstmeister und 1775 Kammerherr in Ilmenau, dessen Sohn EB 229*; 232, 338, 354, 1105 –, Christian Friedrich August von (1755–1823), 1776 Hof- und Kammerjunker in Weimar, 1789 Kammerherr und Oberforstmeister, seit 1792 in Eisenach, 1804 Landj~germeister, 1815 Oberj~germeister, dessen Sohn 60; 232 –, (Christiane) A l b e r t i n e Auguste von (1755–1836), 1778 Hofdame am markgr~flichen Hof in Karlsruhe, seit 1809 in Weimar, dessen Tochter, Zwillingsschwester von Christian Friedrich August von Staff 366; 1077 Stahl, Johann Georg (1713–1772), Arzt und Hofrat in Berlin, Fvrderer Caroline Louise Karschs 383
Personen und Werke
Starck (Stark), Margarethe (M i e n c h e n ) Catharina Rosina (1758– 1821), Nichte von Goethes Mutter Catharina Elisabeth 131?; 482 Stark, Johann Christian (1753–1811), Mediziner, Gyn~kologe, 1779 Professor der Medizin in Jena, 1785 auch Direktor des ~lteren klinischen Instituts, 1786 Hofrat und sachsenweimarischer Leibarzt, 1804 Direktor des Hebammeninstituts sowie Amts- und Stadtphysikus in Jena 838 Steen, Jan (Jakob) (1625/26–1679), niederl~ndischer Maler in Leiden ÆGem~ldeæ 170; 580 Stein, C h a r l o t t e Albertine Ernestine von, geb. von Schardt (1742–1827), bis 1764 Hofdame der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit 1775 Freundin Goethes 18, 22, 23, 24, 25, 28, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 38, 39, 41, 42, 44, 45, 50, 51, 53, 54, 61, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 71, 73, 74, 75, 76, 80, 81, 82, 85, 86, 88, 89, 91, 92, 93, 94, 95, 97, 99, 100, 102, 106, 107, 109, 110, 111, 113, 115, 116, 117, 118, 119, 121, 122, 123, 125, 126, 127, 128, 129, 132, 133, 134, 135, 137, 139, 140, 144, 145, 147, 150, 152, 153, 154, 156, 157, 158, 159, 162, 163, 164, 166, 169, 172, 173, 174, 176, 177, 178, 180, 181, 182, 184, 185, 187, 193, 194, 196, 197, 198, 199, 201, 202, 204, 205, 206, 209, 212, 213, 214, 217, 218, 219, 221, 223, 225, 226, 227, 229, 231, 232, 233, 234, 236, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245, 246, 248, 249, 250, 252, 253, 254, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 268, 269, 270, 271, 272, 273, 274, 277, 278, 280, 282, 283, 284, 286, 288,
1215
289, 291, 293, 294, 296, 297, 299, 300, 301, 302, 303, 304, 308, 309, 310, 311, 312, 314, 315, 316, 317, 318, 319, 321, 322, 324, 326, 327, 328, 329, 331, 332, 333, 335, 339, 340, 341, 343, 344, 345, 346, 347, 349, 350, 351, 352, 353, 354, 355, 356, 358, 359, 360, 363, 364, 365, 366, 367, 368, 370, 371, 374, 375, 376, 377, 378, 379, 380, 381, 382, 384, 385, 386, 387, 389, 390, 391, 392, 394, 396, 398, 399, 400, 401, 402, 403, 404, 405, 406, 407, 408, 411, 412, 414, 415, 418, 420, 421, 422, 423, 424, 425, 426, 427, 428, 451, 453, 454, 455, 456, 459, 461, 462, 464, 465, 466, 467, 469, 471, 473, 475, 478, 479, 480, 482, 483, 484, 485, 486, 487, 488, 493, 494, 495, 496, 497, 498, 500, 501, 502, 505, 506, 507, 509, 511, 512, 513, 514, 518, 521, 523, 524, 525, 526, 527, 529, 530, 533, 534, 536, 538, 541, 543, 544, 546, 550, 555, 558, 559, EB 21, EB 176, EB 207, Z 3*, Z 5, Z 6, Z 7; 14, 31, 40, 55, 66–68, 93 f., 102, 260, 262, 297, 357, 360, 380, 401, 419, 429 f.; 10, 20 f., 46–48, 62, 64, 67–85, 106, 136 f., 146 f., 162, 164 f., 168, 171, 178, 190, 192, 201, 209, 214, 260 f., 263, 270–273, 275, 314– 317, 332, 343, 358, 366, 369, 372 f., 380, 394, 396, 429, 448, 481, 497, 512, 537, 546, 549, 552, 574, 581, 585, 602, 647, 670, 683 f., 714, 717, 754, 757–760, 763, 769, 792, 812 f., 815–820, 828 f., 833–835, 837 f., 847, 862, 868, 870, 877, 920–922, 940 f., 948, 983 f., 992, 1001 f., 1017– 1020, 1029, 1034, 1046, 1048, 1051, 1064, 1067, 1071, 1073, 1079, 1099, 1105 f., 1119
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Register
ÆDramenæ Dido 73 Die zwey Emilien 73 Neues Freiheits-System oder die Verschwvrung der Liebe 73 Rino 78; 77, 127, 139, 304– 311, 526, 528 ÆGedichteæ An den Mond nach meiner Manier 657 An Louise 656 f. Auf das erste Veilchen 596 Obs unrecht ist was ich empfinde Æ...æ 77, 409 ÆKompositionæ (nicht sberliefert) 357 ÆZeichnungenæ 57, 109; 81, 224, 327, 392 f., 401 Kleiner ruhiger Land Blick 82–84; 328 –, Gottlob Ernst J o s i a s Friedrich von (1735–1793), Erb- und Gerichtsherr auf Groß-Kochberg, 1755 Kammerassessor, dann Kammerjunker in Weimar, 1760 sachsen-weimarischer Stallmeister der Herzogin Anna Amalia und 1775 Oberstallmeister des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit 1764 deren Mann 503*, 531, 532, 556; 32, 67, 76 f., 87, 102, 105, 124?, 125, 137, 144, 147, 154 f., 178, 180, 185, 204 f., 207 f., 210, 231, 234 f., 237, 243, 256, 264, 276, 284, 288, 293 f., 297, 338, 366, 428; 29, 70 f., 73 f., 84, 97, 120, 129, 133, 146, 204, 298 f., 337, 339, 344, 369, 389 f., 408, 468 f., 498, 516, 518, 524, 540, 544, 547–549, 598, 604, 638, 680, 736, 742, 780, 794, 796, 809, 815 f., 872, 909, 920–923, 944, 957 f., 983 f., 1011, 1071 –, Gottlob C a r l Wilhelm Friedrich von (1765–1837), 1787 Kammer-
junker am herzoglichen Hof von Mecklenburg-Schwerin, sp~ter Kammerherr, seit 1796 Gutsherr auf Kochberg, deren Sohn 24, 147, 149?, 152–154, 217?, 258, 294; 72 f., 75, 112, 129, 278, 284, 444, 524, 531, 540, 543 f., 552, 793, 819, 854, 960 –, Gottlobe Constantine Louise Friederike (11. M~rz 1766–7. August 1766), deren Tochter 72, 109, 240? –, Gottlob E r n s t von (1767–1787), Jagdpage am Weimarer Hof, deren Sohn 22, 30, 152–154, 217?, 255; 72 f., 100, 132 f., 278, 284, 407 f., 540, 542–544, 552, 793 –, Gottlobe Friederica Johanna Augusta (5. M~rz 1769–17. April 1769), deren Tochter 72, 109, 240? –, Gottlobe Friederica Sophia (15. April 1770–1. Juli 1770), deren Tochter 72, 109, 240? –, Gottlob Friedrich (F r i t z ) Constantin von (1772–1844), 1783 bis 1786 Goethes Zvgling, seit 1789 sachsen-weimarischer Hofjunker, seit 1791 Student in Jena, 1794 bis 1797 sachsen-weimarischer Kammerassessor und Kammerjunker, seit 1795 Volont~r der preußischen Dom~nenkammer in Breslau, 1798 bis 1807 preußischer Kriegs- und Dom~nenrat in Breslau, 1810 Generallandschaftsrepr~sentant, Gutsbesitzer in Schlesien, deren Sohn 24, 43, 74 f., 87, 132, 152?, 153 f., 197, 199, 202, 211, 217?, 237, 242–244, 256, 258, 266; 72 f., 84, 109, 133, 180, 267 f., 316 f., 319, 330, 338 f., 484, 537, 544, 639, 654, 659, 693, 729, 808, 810 f., 854, 873, 921, 1109 –, Gottlobe Henriette Sophie Louise Concordia (13. April 1774–7. Mai
Personen und Werke
1774), deren Tochter 72, 109, 240? –, August K a r l von (1800–1871), Jurist, Sohn von Carl und Amalie von Stein auf Kochberg, deren Enkel 64 –, Svhne 14, 39, 55, 59, 67, 70?, 83, 87, 102, 110, 134?, 145, 152, 154, 159, 164, 168, 170, 175, 196?, 205, 230 f., 235, 237, 288, 291, 316, 366; 72, 84, 109, 196, 216 f., 229, 330, 332, 339, 379 f., 539 f., 548, 694 f., 703, 742, 990 –, Familie 78, 369, 468 f., 503 f., 508, 517, 519, 559, 598, 609, 680, 766, 774, 779, 785, 857 Stein, Friedrich Christian Ludwig von (1703–1739), seit 1733 auf GroßKochberg bei Rudolstadt, Reichshofrat sowie sachsen-meiningischer und sachsen-coburgischer Geheimer Rat und Komitialbeamter, Vater von Gottlob Ernst Josias Friedrich von Stein 71, 736, 815, 920 f. –, Elisabeth Dorothea Rosina C h a r l o t t a von, geb. von Rotenhan (1712–1778), dessen Frau 815, 921 –, Gottlobe Sophie Christiane Johanna Friederike C h a r l o t t e von (um 1734–1784), Hofdame der Herzogin Anna Amalia von SachsenWeimar und Eisenach, deren Tochter, Schwester von Josias von Stein 430; 111; 408 f., 815 Steinauer, Christian Wilhelm (1741– 1826), Kaufmann in Leipzig, seit 1765 Inhaber der Firma Carl Benelle und Sohn in „Auerbachs Hof“, 1779/80 Oberkontrolleur, 1795 Dritter Kommissar der Porzellanmanufaktur in Meißen, danach Privatier in Naumburg, Freund Friedrich Justin Bertuchs 83, 87, 96, 101, 103, 141, EB 71, EB 76,
1217
EB 80, EB 81, EB 88, EB 90, EB 98, EB 101, EB 109, EB 113, EB 119; 48; 189 f., 207 f., 218 f., 227 f., 236 f., 242, 273, 318, 331, 676 f. –, Johann Christian, Kaufmann in Leipzig, dessen Vater 207 Steinbart, Gotthilf Samuel (1738– 1809), Schweizer Theologe, Leiter des pietistischen Waisenhauses in Zullichau, seit 1774 Professor der Philosophie in Frankfurt/Oder, 1787 Oberschulrat und Konsistorialrat in Berlin 1033 System der reinen Philosophie 1033 Steinbruchel, Johann Jakob (1729– 1796), Theologe, seit 1769 Professor der alten Sprachen in Zurich 7?; 27, 48 Steiner (Steinert), Johann Friedrich Rudolf (1742–1804), Architekt in Weimar, seit 1775 Baukontrolleur, seit 1791 Baumeister 127; 1124 f., 1130 f. Steiner, Johann H e i n r i c h (1747– 1827), Verleger und Buchh~ndler in Winterthur 221, 506, 512, 603, 658 Steiner, Johann Nepomuk (1725– 1793), Maler, Kammermaler in Wien 1133 ÆPortr~t Gideon Ernst von Laudonsæ 1132 f. Steitz, Georg (1756–1819), Juwelier und Politiker in Frankfurt a. M., 1801 Senator, 1806 Geheimer Finanzrat, 1810 Mitglied des Staatsrates des Großherzogtums Frankfurt, 1818 lterer Burgermeister 942 Sterne, Lawrence (1713–1768), englischer Schriftsteller, von 1738 bis 1760 Landprediger in Yorkshire, von 1762 bis 1764 in Toulouse, 1765 in Italien 59
1218
Register
The Life and Opinions of Tristram Shandy 59 Steuart, James siehe Denham-Steuart, James Stieber, Maria Elisabeth, Magd, Verlobte Peter im Baumgartens in Berka 556 Stvber, Franz (1760–1834), vsterreichischer Landschafts- und Architekturmaler, Goldschmied, seit 1786 Kustos in Speyer 989 Stolberg-Stolberg, A u g u s t a Luise Gr~fin zu (1753–1835), von 1770 bis 1783 Stiftsdame in Uetersen, Schwester der Grafen Friedrich Leopold und Christian zu Stolberg, seit 1783 zweite Frau von Andreas Peter von Bernstorff 2, 40, 78, 104, 114, 161, 279, 342; 388; 4–6, 7, 9, 12 f., 42, 82, 114, 131 f., 137, 200, 203, 207, 243, 250, 267–270, 274–276, 310, 318, 355, 370, 374–376, 386, 538, 545 f., 683 f. –, Christian Gunther Graf zu (1714– 1765), Gutsbesitzer in Bramstedt (Holstein), 1738 Offizier der Leibgarde des d~nischen Kvnigs Christian VI. in Kopenhagen, 1756 kvniglicher Hofmarschall, deren Vater 4 –, Charlotte Friederike Christiane Gr~fin zu, geb. Gr~fin zu CastellRemlingen (1722–1773), deren Mutter 4 –, Christian Graf zu (1748–1821), Jurist, Schriftsteller und bersetzer, 1772 Mitglied des Gvttinger Hains, von 1777 bis 1800 d~nischer Amtmann in Tremsbuttel (zwischen Hamburg und Lubeck), danach auf seinem Gut in Windeby, deren Bruder 4, 6, 66, 101, 155; 9, 11–13, 19, 21, 88, 135, 200, 254, 259, 262, 266, 271, 376, 537, 545 f., 550, 684, 747, 898
–, Friedrich (F r i t z ) Leopold Graf zu (1750–1819), Schriftsteller und bersetzer, 1772 Mitglied des Gvttinger Hains, seit 1777 furstbischvflich oldenburgischer Gesandter in Kopenhagen, 1781 Vizehofmarschall in Eutin, 1789 d~nischer Gesandter in Berlin, 1791 Kammerpr~sident in Eutin, ab 1800 in Munster, deren Bruder EB 116; 4, 6, 65 f., 68–70, 100 f., 155, 200; 5, 9, 10 f., 13, 19, 21, 88, 135, 152 f., 200, 254, 259, 261 f., 265 f., 271, 274– 276, 375 f., 537, 545, 550, 678 f., 684, 747, 898 An Gottfried August Burger (Gedicht) 678 Der Iliade Homers zwanzigster Gesang (bersetzungsprobe) 678 Homers Ilias verdeutscht 679 Ueber die Ruhe nach dem Genuß und uber den Zustand des Dichters in dieser Ruhe 545 –, Henriette K a t h a r i n a Gr~fin zu (1751–1832), seit 1771 Kanonissin eines Stifts auf Sjlland (D~nemark), deren Schwester 101, 155; 10, 271, 274, 376, 545 f. –, Sophie Magdalena Caroline Gr~fin zu (1758–1773), deren Schwester 546 –, Friederike J u l i a n e Marie Charlotte Gr~fin zu (1759–1847), seit 1787 Frau des Offiziers und sp~teren d~nischen Kammerherrn Christoph Henning von Witzleben, deren Schwester 101, 155; 376, 545 f. –, Magnus Graf zu (1760–1780), Student in Kiel, deren Bruder 101; 376, 545 –, Friederike L u i s e Gr~fin zu, geb. Gr~fin von Reventlow, verw. von Gramm (1746–1824), seit 1777 Frau von Christian zu Stolberg-
Personen und Werke
Stolberg, deren Schw~gerin 155; 546 –, Familie 4, 11, 376, 545, 684 Streiber, Johann Lorenz (1723–1796), Bankier und Kaufmann in Eisenach, 1767 sachsen-weimarischer Kommerzienrat, 1782 Kammerrat, von 1767 bis 1782 Burgermeister EB 230*, EB 247; 901 Stubenvoll, Ludwig Christian von (gest. 1794), sachsen-weimarischer Offizier, seit 1772 Kammerjunker, 1775 Kammerherr, Oberforstmeister in Allstedt 226, 766 –, Marie Magdalene Johanna Eleonora C a r o l i n e von, geb. von Hayn (gest. nach 1804), dessen Frau, seit 1802 in Frankfurt a. M. 226; 766 –, Familie 226; 766 Stuber, Johann Georg (1722–1797), seit 1767 Pfarrer an der Thomaskirche in Straßburg, Verfasser von Schul- und Erbauungsschriften 26 f. Sulzer, Johann Georg (1720–1779), Philosoph und sthetiker, P~dagoge, Professor der Mathematik am Joachimsthaler Gymnasium in Berlin, 1763 an der Ritterakademie, 1776 Direktor der philosophischen Klasse der Preußischen Akademie der Wissenschaften 722 f. Sutor, C h r i s t o p h Erhard (1754– 1838), von 1776 bis 1795 Goethes Diener und Schreiber, 1782 auch Spielkartenfabrikant und Inhaber einer Leihbibliothek in Weimar 191; 651, 653, 717 Suyderhoff (Suyderhoef), Jonas (1613– 1686), niederl~ndischer Kupferstecher 189; 580, 646 ÆPortr~t Karls des Kuhnenæ 646 Swedenborg (eigentl. Swedberg), Emanuel (1688–1772), schwedischer Mystiker und Theosoph, Chemiker
1219
und Physiker, Akademiemitglied, von 1716 bis 1747 Assessor im Bergwerkskollegium zu Stockholm, danach in Holland und England 117; 331 f., 354, 426, 437, 609 Arcana coelestia 84, 178; 331 f., 427, 609 Vom Himmel und von den wunderbaren Dingen desselben 437 Swift, Jonathan (1667–1745), irischenglischer Schriftsteller und Satiriker, Dekan an der St Patrick’sCathedral in Dublin 148 Tavaros, reisender Augenarzt, 1779 in der Schweiz 306, 315 f.; 994 f. – Familie 315 Temler (Temmler), A d o l p h Friedrich Rudolf (1766–1835), Zeichner, 1786 Hilfslehrer am Zeicheninstitut in Eisenach, seit 1790 Lehrer am Zeicheninstitut in Weimar 426 ÆWacholderbaum in Goethes Gartenæ (Zeichnung) 426 Terenz (Publius Terentius Afer) (um 190–159 v. Chr.), rvmischer Komvdiendichter 287 ÆLustspieleæ 287 Textor, Johann Wolfgang (1693–1771), Rechtsanwalt am Reichskammergericht in Wetzlar, seit 1727 Mitglied, seit 1731 Schvffe im Frankfurter Rat, 1741 stellvertretender lterer Burgermeister, 1743 Burgermeister, Reichstagsabgeordneter Frankfurts, Kaiserlicher Rat, seit 1747 ReichsStadt-Gerichtschultheiß, Goethes Großvater 535, 613 –, A n n a M a r g a r e t h a Justina, geb. Lindheimer (1711–1783), dessen Frau, Goethes Großmutter 535, 613 –, deren Kinder 535 Theokrit (um 310–um 250 v. Chr.), griechischer Dichter 17; 59
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Register
ÆIdyllenæ 59 Thiem, Veit (gest. um 1574), Ratsmitglied, Weinmeister und Hofmaler in Weimar, Schuler Cranachs 336 ÆLuther-Portr~tæ (Gem|lde) 86; 336 Thvldenitz (Thvlldenitz), Justinianus von (bis 1774: Justinus Thvllden) (gest. um 1780), Jurist in Jena, um 1748 Regierungsassessor in Eisenach, sp~ter Hof-, Regierungs-, Polizei- und Oberkonsistorialrat, um 1775 Geheimer Regierungsrat und 1776 Vizepr~sident des Oberkonsistoriums EB 111 Thomas, Antoine-Lonard (1732– 1785), Professor der Beredsamkeit in Paris, Schriftsteller 19?; 92 Essai sur les loges 92 Thoß (Thos, Tost), Friedrich Wilhelm von (gest. 1777), preußischer Offizier, 1739 Hauptmann im Infanterieregiment von Graevenitz, Tr~ger des Ordens Pour le mrite 198; 668 f. –, dessen Bruder 668 –, dessen Neffe (gest. um 1778), Hauptmann in munsterischen Diensten 198; 668 –, dessen Neffe, vsterreichischer Lieutenant 668 Tiberius (Tiberius Claudius Nero) (42 v. Chr.–37 n. Chr.), seit 14 n. Chr. rvmischer Kaiser 25 Tieck, Johann L u d w i g (1773–1853), Schriftsteller, bersetzer und Herausgeber, von 1799 bis 1800 in Jena, sp~ter u. a. in Dresden, Munchen, Rom, Wien, Prag und in England, von 1819 bis 1842 in Dresden, 1825 Dramaturg am Hoftheater, seit 1842 in Berlin und Potsdam 712 Tischbein, Johann Heinrich W i l h e l m (1751–1829), Maler, Radie-
rer, zun~chst in Berlin, von 1780 bis 1799 vorwiegend in Italien, 1782 bis 1787 in Rom, danach in Neapel, 1789 Direktor der Kunstakademie in Neapel, von 1799 bis 1801 in Kassel, Gvttingen und Hannover, dann in Hamburg, seit 1808 in Eutin 981 Tissay (Tissai), Victor, Bergfuhrer in Chamonix 350; 1059 f. Titus (Flavius Vespasianus Titus) (39– 81 n. Chr.), rvmischer Feldherr, seit 79 Kaiser 25 Tizian (eigentl. Tiziano Vecellio) (1477 oder 1488/90–1576), italienischer Maler 988 Tobler, Johann G e o r g C h r i s t o p h (1757–1812), Schweizer Theologe, bersetzer, 1777 Kandidat der Theologie in Genf, 1782 Katechet in Fluntern, seit 1784 Prediger in Offenbach a. M., 1794 in Veltheim bei Winterthur, 1799 Senator der Helvetischen Republik, 1801 Pfarrer in Wald bei Zurich, Freund und Schuler Lavaters 319, 327, 340 f.; 993, 1014, 1028–1030, 1047 f. Trebra, Friedrich Wilhelm H e i n r i c h von (1740–1819), Mineraloge, 1767 Bergmeister und 1773 Vizeberghauptmann in Marienberg im Erzgebirge, 1779 Bergmeister in Zellerfeld, 1791 Berghauptmann in Clausthal, seit 1795 auf seinem Gut Bretleben an der Unstrut lebend, 1801 Oberberghauptmann in Freiberg in Sachsen EB 250; 91, 439; 343, 347, 350, 626, 1093–1095 Tripplin, Friedrich Christian, Lehnssekret~r in Weimar EB 249* Trumbach, Philipp Rudolf von (1729– 1817), hessen-kasselischer Regierungsrat und Oberamtmann in Gelnhausen, sp~ter in Hanau 4 f., 379; 14 f., 18
Personen und Werke
–, Maria Magdalena von, geb. von Klettenberg (1726–1768), dessen Frau, Schwester von Susanna Catharina von Klettenberg, Verfasserin religivser Aufs~tze 14 –, E r n e s t i n a Christiana Susanna Wilhelmine von (1766–1833), deren Tochter 14 –, C a r l Ludwig F r i e d r i c h von (1767–1826), hanauischer Regierungsrat, 1808 Geheimer Kabinettsrat und Mitglied des Kriegskollegiums in Wiesbaden, deren Sohn 14 Tscharner, Niklaus Emanuel (1727– 1794), schweizerischer Politiker und konom, seit 1764 Mitglied des Großen Rates in Bern, von 1767 bis 1773 Obervogt der Herrschaft Schenkenberg an der Aare, Gutsbesitzer und Landwirt in Kehrsatz bei Bern 311; 971, 1007 f., 1022 Turckheim, Bernhard Friedrich von (1752–1831), Bankier in Straßburg, 1792 Burgermeister, 1809/1810 badischer Finanzminister in Karlsruhe 303; 13, 328, 990 –, Anna Elisabeth (L i l i ), geb. Schvnemann (1758–1817), seit 1778 dessen Frau, 1775 Goethes inoffizielle Verlobte 3, 10, 51, 82, 303; 5–7, 9, 12 f., 16, 34, 83, 85, 328, 354 f., 684, 723, 989 f., 1016, 1049 –, Elisabeth Magdalena (Lili) (1779– 1865), deren Tochter 303; 990 chtritz, Carl Siegmund Emil von (1754–1849), von 1773 bis 1777 in sachsen-weimarischen Diensten, seit 1774 Mitglied der Kammer, 1775 Kammerjunker und Landkammerrat, seit 1777 auf seinen Gutern, zuletzt in Gebhardsdorf in der Lausitz, seit 1776 verheiratet mit Caroline Auguste Franziska von Oppel 120, 832
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Uffenbach, Johann Friedrich Armand (1687–1769), seit 1744 Ratsmitglied in Frankfurt a. M., 1749 Jungerer Burgermeister, 1751 Schvffe und kaiserlicher Rat, 1762 lterer Burgermeister, Naturforscher und Schriftsteller 1113 Unbekannt –, amerikanischer Werbeoffizier 557 –, Amtmann in Camburg 865 –, Ballbesucherin in Weimar im Kostum des „Milchm~dchens“ 25; 112 –, Barbier in Sessenheim 303 –, Bedienter Anna Amalias von Sachsen-Weimar und Eisenach 228 –, Bote(n) –, Carl Augusts Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 11 f., 60; 29, 931 –, Charlotte von Steins 135, 161, 217, 235, 283?, 261; 492, 565, 931 –, Goethes 74, 135, 160 f., 170, 243, 260, 278, 287, 294; 3392 f., 401, 562, 577, 862 –, Braunschweiger General, mvglicherweise Mann von Wilhelmine Eleonore Elisabeth Gr~fin von Giannini 390 –, C(h)ristel, M~dchen aus Artern 86; 338 –, Diakone der deutschen reformierten Gemeinde in Frankfurt a. M. 5; 18 –, Diener Goethes in Eisenach 229; 775 –, Dor(o)thee, Dienerin der Familie von Stein 153; 543 –, Familie im schweizerischen Guttannen 313 f.; 1009 f. –, Familie in Leipzig, Besitzer von Gem~lden Pieter Snayers oder Frans Snyders 199
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Register
–, Fvrster (Forstgehilfe, J~ger) in Weimar 69; 381 –, franzvsische Hauslehrerin in Weimar 74; 290 –, G~rtner in Dessau EB 131 –, Gastwirt im schweizerischen Anet 307; 996 –, Generalin, Bekannte Lavaters 319; 1014 –, Graf, Verehrer Corona Schrvters in Dresden 189 –, Husar(en) 60, 225 f., 263; 870 –, Kvchin der Familie von Stein 153; 545 –, Maler 580 ÆBauernfamilieæ 580 –, Musiker der Hofkapelle (Klarinettisten) 102; 382 –, Nachbar der Familie Brion in Sessenheim 303 –, Nobody (Spitzname eines Mitgliedes der Weimarer Hofgesellschaft) 26, 45; 120 f. –, Nurnberger Burger 334 –, Peruckenmacher in Bern 306 –, Peruckenmacher in Frankfurt a. M. 3 f.; 8 –, Postillion 187; 635 f. –, Rekruten 263 f.; 869 f. –, Sch~fer in Kochberg 234; 794 –, Schmuggler im Wallis (Schweiz) 354; 1062 –, Seilt~nzer 147; 524 f. –, Schweizer Kinder (Albinos) 351; 1061 –, Uhrmacher in Leipzig 212; 732 –, Verfasser eines ,Chymischen Briefes‘ 14; 48 –, Wegfuhrer Goethes im Harz 186 f.; 610, 628 f., 635, 765 –, Wegfuhrer (Tr~ger) in den Schweizer Alpen 334, 337 –, Wirtsleute auf dem Weg nach Ilmenau 266; 880
–, Zechenaufseher im Harz (Geschworener) 183, 186; 621, 632 Unbekannte Adressaten von Briefen Goethes EB 26, EB 91, EB 210, EB 220 –, „Beutler“ in Eisenach, vermutlich ein Beutelmacher EB 226 –, Cramer (Kr~mer?) EB 87 –, in Bremen EB 260 –, in Eisenberg EB 241 –, in Erfurt EB 209 –, in Frankfurt a. M. EB 32, EB 50, EB 114, EB 211 –, in Ilmenau EB 264 –, in Leipzig EB 43, EB 144, EB 248 –, in Paris EB 95 –, in Straßburg EB 35, EB 89 Unbekannte Adressatin eines Briefes von Goethe in Hanau EB 154 Unger, Johannes (1744–1799), 1765 Schulmeister in Lenzburg (Kanton Aargau), 1775 Pfarrer von Lauterbrunnen (Kanton Bern), 1795 Pfarrer in Leutwil (Kanton Aargau) 306, 310; 994, 1005 Vasari, Giorgio (1511–1574), italienischer Maler, Architekt und Kunstschriftsteller, Hofmaler der Medici, Kunsthistoriker, Biograph italienischer Kunstler 317, 748 Les vies des meilleurs peintres, sculpteurs et architectes (franz. bersetzung) 317 Le vite de’ pi eccellenti architetti, pittori, et scultori Italiani 317, 748 Venningen, Friedrich Anton von (1765–1838), kvniglich bayrischer K~mmerer und Geheimrat, Herr zu Grombach, seit 1803 Theaterintendant in Mannheim 924 Venus, Johann Christian (um 1743– 1810), um 1770 Gardereiter in Wei-
Personen und Werke
mar, um 1778 Unteroffizier, um 1783 Kammerdiener des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach 868, 871–873, 1123?, 1124 Vergil (Publius Vergilius Maro) (70–19 v. Chr.) 968 Aeneis 968 Veronese, Paolo (eigentl. Paolo Cagliari) (1528–1588), italienischer Maler in Venedig 301; 988 Hochzeit zu Kana (Gem|lde) 301, 988 Verschaffelt (Verschaffeldt), Peter Anton von (1710–1793), aus Gent stammender Baumeister in Mannheim, Hofbildhauer, 1758 Leiter der Zeichnungs- und Bildhauerakademie 746 Vincent de Paul (Heiliger Vinzenz) (1581–1660), franzvsischer Priester und Seelsorger, Sozialreformer, Grunder karitativer Vereinigungen, 1729 Heiligsprechung 494 Visscher (Vischer), Cornelis (1619 oder 1629–1662), niederl~ndischer Kupferstecher 580, 646 Voigt, Christian Gottlob d. . (1807: von) (1743–1819), seit 1766 sachsen-weimarischer Verwaltungsbeamter, 1775 Rat, von 1777 bis 1791 Mitglied der herzoglichen Regierung und von 1788 bis 1814 der Kammer in Weimar, 1783 Geheimer Archivrat, 1789 Geheimer Regierungsrat, 1791 Geheimer Assistenzrat, 1794 Geheimer Rat, 1802 Kammer-, 1807 Oberkammerpr~sident, von 1791 bis 1815 Mitglied des Geheimen Consiliums, 1815 Staatsminister und Pr~sident des Staatsministeriums 30, 33, 449, 717, 787, 829, 923, 1094 –, Johann Carl Wilhelm (1752–1821), Geologe und Mineraloge, 1783
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Bergsekret~r in der herzoglichen Bergwerkskommission fur Ilmenau, 1789 Bergrat, Mitaufseher uber den Bergbau, auch Burgermeister, dessen Bruder 425, 439; 1094 f. Voigt, Johann Gottlieb (1677–1717), Oberbergamtsverwalter in Freiberg 620 Bergwerksstaat des Ober- und Unterhaarzes 620 Voigts, Johanna (J e n n y ) Wilhelmine Juliane von, geb. Mvser (1749– 1814), Tochter des Historikers Justus von Mvser in Osnabruck 1128 Volgstedt (Volgst~dt), Carl Albrecht von (1732–1784), 1760 Assessor der Kriegskommission, 1761 Kriegsrat in Weimar 258; 785, 827, 844, 856, 1124 –, Ernst Dietrich von, Oberhof- und Oberj~germeister, Geheimer Rat in Weimar, dessen Vater 826 –, Wilhelmine Sophie von, geb. Truchseß von Wetzhausen (gest. 1778), dessen Mutter 826 –, Friederike von (1736–1789), Stiftsdame in Waizenbach in Franken, dessen Schwester 438*; 812, 826 f. –, Elisabeth C a r o l i n e von (1740– um 1790), dessen Schwester 438*; 812, 826 f. –, Familie 826 f. Volkmar, Philipp Christoph Gustav (1732–1815), Bergbaubeamter in Goslar, bis 1779 Zehntgegenschreiber des Unterharzischen Kommunion-Bergamtes, sp~ter Bergschreiber, Bergrat und Berghauptmann 186; 631 Voltaire (eigentl. Franois Marie d’Arouet) (1694–1778) 9, 109, 273, 1039, 1043 f. ÆDramenæ Adlade Du Gueclin 109 Nanine 109
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Vers sur l’essai gnral de tactique de Mr. de Guibert 273 Voß, Johann Heinrich d. . (1751– 1826), Philologe, Schriftsteller und bersetzer, seit 1772 Student der Theologie und Philologie in Gvttingen und Mitglied des Gvttinger Hains, 1778 Schulrektor in Otterndorf (bei Cuxhafen), 1782 der Gelehrtenschule in Eutin, 1786 Hofrat, 1802 Privatgelehrter in Jena, 1805 Sinekure-Professor in Heidelberg 399; 9, 11, 36, 56, 173, 259–261, 263, 266, 362 Odyssee (Homer-bersetzung) 35 f., 173 –, Marie Christine Henriette E r n e s t i n e , geb. Boie (1756–1834), seit 1777 dessen Frau 399; 9, 259– 261, 263, 266 Vree, A. de, niederl~ndischer Landschaftsmaler 170?; 581 ÆGem~ldeæ 170?, 581 ÆLandschaft mit badenden Nymphenæ 581 f. Vree, Nicolaes de (1645–1702), niederl~ndischer Landschafts-, Blumenund Tiermaler 170?; 581 ÆGem~ldeæ 170?; 581 Vulpius, Johanna Christiana (C h r i s t i a n e ) Sophia (1765–1816), seit 1788 Lebensgef~hrtin Goethes, seit 19. Oktober 1806 dessen Frau 73, 535, 716 Wagenknecht, Anne D o r o t h e e (1736–1806), von 1775 bis 1789 Goethes Kvchin 127; 471, 717 Wagner, Heinrich Leopold (1747– 1779), Jurist, Schriftsteller und bersetzer, 1774 Privatlehrer in Frankfurt a. M., seit 1776 Rechtsanwalt, Goethes Kommilitone in Straßburg 341, 362, 655 f., 658 f., 914
An den Mond (Gedicht) 655 f., 658 f. Neuer Versuch uber die Schauspielkunst (Mercier-bersetzung) 341, 914 Wagner, Johann August (um 1729– 1815), Kammermusiker in Weimar 472 Wagner, Johann Conrad (1737–1802), Kammerdiener von Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit 1787 auch K~mmerer, 1796 Schatullier EB 160*; 311, 313; 946, 968, 1005 Walch, Johann Ernst Immanuel (1725– 1778), Philosoph, Naturforscher, 1750 Professor der Philosophie in Jena, 1752 Direktor der lateinischen Gesellschaft, seit 1755 Professor fur Logik und Metaphysik, seit 1759 fur Beredsamkeit und Dichtkunst 777 f., 887 Waldersee, Franz Anton Johann Georg Graf von (1763–1823), Sohn des Fursten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau 529 Waldner von Freundstein, Franz Ludwig Graf von (1710–1789), Herr zu Schmieheim, Mestre de camp (Feldmeister) in der franzvsischen Kavallerie, Vater von Henriette Luise von Oberkirch 1102 –, Wilhelmine Auguste Sophie Elonore, geb. von Berckheim zu Rappotsweiler (1732–1757), seit 1751 dessen Frau 1102 –, Henriette Louise von, deren Tochter siehe Oberkirch, Henriette Louise von Waldner von Freundstein, Louise A d e l a i d e (Laide) (1746–1830), seit 1775 Hofdame der Herzogin Louise von Sachsen-Weimar und Eisenach, von 1780 bis 1784 Erzieherin der Prinzessin Louise Augusta
Personen und Werke
Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach 431; 104 f., 146, 149, 152, 155, 161, 175, 185, 205, 207 f., 210, 212, 231, 235, 277, 297, 366; 389, 547, 595, 812, 816 f., 1078, 1102 –, Christian Friedrich Philipp (1710– 1756/58), deren Vater 816 –, Caroline, geb. von Rotberg (1715– 1785), deren Mutter 816 Walter, Herr, Adressat Goethes in Celle EB 37 Walthard, Beat Ludwig (1738/39– 1802/03), Verleger in Bern 60 Wartensleben, Charlotte Wilhelmine I s a b e l l a Gr~fin von, geb. Gr~fin zu Lynar (1743–1811), seit 1765 Frau des Feldmarschalleutnants Friedrich Leopold Graf von Wartensleben, Gutsbesitzerin in Exten bei Rinteln (Westfalen), Pietistin, 1788 in Kvstritz (Vogtland), 1798 in der Brudergemeine in Kleinwelka (Lausitz), Freundin Lavaters und Charlotte von Steins EB 124; 99 f., 105, 109, 297, 311; 368 f., 371, 373 f., 391, 402, 982 –, Carl Friedrich G i d e o n Graf von (1765–1783), deren Sohn 100, 109, 401; 373, 391, 402 Weber, Gottlob (auch Gottlieb) Theodor (1737–1791), Hof- und Konsistorialrat, Amtmann in Jena EB 178*; 787 Wedel, Otto Joachim M o r i t z von (1752–1794), Beamter am herzoglichen Hof in Weimar, 1763 Page, 1772 Hof- und Jagdjunker, 1775 Kammerjunker und Hofmarschall, 1776 Kammerherr und Oberforstmeister, 1788 Mitglied des Kammerkollegiums, 1789 auch Mitglied der Schlossbaukommission 11, 26, 60, 68?, 205, 209, 226, 288, 290, 295, 297, 299, 309, 311, 313, 325,
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335, 345, 355?, 429; 36, 97, 117– 119, 121, 137, 141, 184, 273, 338, 343, 429, 442, 636, 667, 701, 704, 717, 765 f., 837 f., 855, 887, 946 f., 952, 960, 962 f., 968 f., 983, 985, 998, 1009, 1027, 1041 f., 1048, 1051, 1057, 1062, 1077, 1120 Wegelin, Jacob Daniel (1721–1791), Theologe und Philosoph, Professor der Geschichte an der Ritterakademie in Berlin, Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Kunste 723 Wegely, Johann Georg (1679/80– 1755), schweizerischer Fabrikant, Grunder und Inhaber der Wollmanufaktur „Johann Georg Wegely und Svhne“ in Berlin 724 –, Wilhelm Caspar (1714–1764), dessen Sohn, Mitinhaber der v~terlichen Wollmanufaktur, Grunder der Berliner Porzellanmanufaktur 724 –, Johann A n d r e a s D a n i e l (geb. 1721), dessen Sohn, Mitinhaber der v~terlichen Wollmanufaktur 724 Weiße, Christian Felix (1726–1804), Schriftsteller, bersetzer, Herausgeber, seit 1762 Kreissteuereinnehmer in Leipzig 431 Weitolshausen, Ludwig (Louis) Karl von, gen. Schrautenbach (1724– 1783), Berater am Darmst~dter Hof, Diplomat der Herrnhuter Brudergemeine, Schriftsteller, Freund Johann Heinrich Mercks 199; 673 Wende (Wencke), Christian Benjamin (1722–1797), Diener in der herzoglichen Stallmeisterei in Weimar, auch Diener im Hause Josias von Steins 139, 176; 503, 598 Werner, Friedrich Ludwig Z a c h a r i a s (1768–1823), Schriftsteller, 1793 preußischer Justizbeamter in Polen, 1805 Sekret~r in Berlin, von 1807 bis 1809 u. a. in Wien, Wei-
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mar und in der Schweiz, von 1809 bis 1813 vorwiegend in Rom, seit 1814 Priester u. a. in Wien 21 Werthern-Beichlingen auf Frohndorf, Christian Ferdinand Georg von (1738–1800), 1774 herzoglicher Kammerjunker in Weimar, 1775 Kammerherr und bis 1780 auch Reisestallmeister, 1794 Oberkammerherr 120, 284, 817 –, Amalie (E m i l i e , Amelie, Anna Amalia) Christine Philippine von, geb. von Munchhausen (1757– 1844), seit 1775 dessen Frau, 1785 Geliebte Johann August von Einsiedels, seit 1788 Einsiedels Frau 432; 72, 74; 120, 284, 290, 305–311, 379, 812, 817 f. Werthern-Beichlingen auf Neunheiligen, Jacob Friedemann Graf von (1739–1806), kurs~chsischer Diplomat, Gutsbesitzer auf Neunheiligen bei Langensalza 953 –, Johanna L o u i s e Gr~fin von, geb. vom und zum Stein (1751/52– 1811), seit 1773 dessen Frau 953, 957 f. Wetekind (Weteken), Johann Wilhelm, Amtmann in Dornburg 860, 864 Wetken, Lorenz Heinrich (1737– 1787), herzoglicher Kammerrat in Weimar 850 Weygand, Johann Friedrich (1743– 1807), Buchh~ndler und Verleger in Helmstedt, seit 1770 Verleger in Leipzig 56, 785 Wezel, Johann Karl (1747–1819), Dichter und Schriftsteller, P~dagoge, Privatgelehrter, Studium der Theologie, Rechte, Philosophie und Philologie in Leipzig, Hofmeister in Bautzen, Mitarbeiter an der „Neuen Bibliothek der schvnen Wissenschaften und freien Kunste“
und am „Teutschen Merkur“ 16; 55, 57 Whitehead, William (1715–1785), britischer Dichter und Dramatiker 966 The School for Lovers 296; 966 Wieland, Christoph Martin (1733– 1813), von 1769 bis 1772 Professor der Philosophie in Erfurt, von September 1772 bis 1775 Erzieher des Erbprinzen Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach in Weimar, seit 1775 Schriftsteller in Weimar, bersetzer, Begrunder und Herausgeber des „Teutschen Merkur“ 84; 4–8, 13, 15–17, 23, 27, 31, 35, 39, 41, 43, 55, 57, 62, 68, 74, 77, 80, 82 f., 86, 102, 105, 108, 137, 171, 173, 227, 383, 385, 404 f.; 9–11, 17–19, 22, 24 f., 28 f., 36, 41, 43 f., 46, 49 f., 52– 59, 73, 101–104, 112, 116, 123– 124, 127, 137, 143, 147, 149, 151 f., 157, 162–164, 166 f., 169– 171, 173, 176 f., 179, 184, 206– 208, 209–213, 222, 224, 237, 239 f., 263, 273, 279, 292, 301, 305, 310, 313–316, 322, 327, 330–332, 338, 344–346, 371, 375, 379, 382, 385, 397, 399 f., 417, 419, 423, 429, 431, 441, 447 f., 458, 476, 479, 483 f., 493, 496–498, 509, 512, 537, 566, 571, 584, 588–591, 612, 643, 697, 715, 728, 738 f., 745–747, 753–757, 768 f., 779 f., 815, 855, 888, 911, 914, 919, 923, 938, 940, 968, 1007, 1054, 1100, 1103, 1121 Alceste (Singspiel) 208, 211 An Psyche (Gedicht) 44, 55, 1100 Bonifaz Schleicher. Ein Biographisches Fragment (Erz|hlung) 322 Briefe an einen jungen Dichter 212 Ein Winterm~hrchen 36, 779
Personen und Werke
Chor der Fische 11, 231; 36, 779 Geschichte des Agathon 566 Musarion oder Die Philosophie der Grazien 210 Oberon 855 Shakespeares Theatralische Werke (bersetzung) 590 ÆRezensionenæ Nachricht von Sebastian Brand 17; 57 Nachricht von Ulrich von Hutten 17; 58 Ueber das Schauspiel Gvtz von Berlichingen (Goethe) 54 Ueber Sebastian Brands Narrenschiff und D. Johann Gaylers v. Kaysersberg Weltspiegel 17; 57 –, Anna Dorothea, geb. Hillenbrand (1746–1801), seit 1765 dessen Frau 5, 100, 171; 18, 73, 210, 331, 375 –, S o p h i e Catharina Susanne (1768– 1837), deren Tochter 18, 210, 375 –, Maria Carolina Friederica (1770– 1851), deren Tochter 18, 210, 375 –, Regina Dorothea (1771–1779), deren Tochter 18, 210, 375 –, A m a l i a Augusta (1773–1858), deren Tochter 18, 210, 375 –, Carl Friedrich (geb./gest. 1774), deren Sohn 210 –, C h a r l o t t e Wilhelmine (1776– 1816), deren Tochter 210, 240 f., 375 –, L u d w i g Friedrich August (1777– 1819), deren Sohn 173; 210, 584, 588, 590 –, C a r l Friedrich (1778–1856), deren Sohn 210, 588 –, Siegmund Albrecht (1780–1794), deren Sohn 210
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–, Wilhelm August (1781–1856), deren Sohn 210 –, Juliane (J u l i e ) Caroline Dorothea (1782–1809), deren Tochter 210 –, Wilhelmina Friederike (1783– 1798), deren Tochter 210 –, Augusta Friderica Wilhelmina (1786–1787), deren Tochter 210 –, Marie L u i s e Charlotte (1789– 1815), deren Tochter 210 –, Thomas Adam (1704–1772), Pfarrer in Oberholzheim (Schwaben), dessen Vater 209, 210 –, Regina Catharina, geb. Kick (1715–1788), dessen Mutter 209 –, Kinder 5, 13, 100; 210, 240, 375 –, Familie 180, 240, 379 Wiener, Johann Michael, Hofoboist und Notenkopist in Weimar, 1777/78 Notenschreiber fur Goethe 375, 512, 596, 655, 656, 658 f., 683 Wilhelmi, Samuel Anton (1730– 1796), 1757 Pfarrer an der Nydeggkirche in Bern, seit 1758 Professor an der Hohen Schule, von 1771 bis 1774 deren Rektor, seit 1790 Professor in Siselen (Kanton Bern), Mitbegrunder des Politischen Instituts, einer Erziehungsanstalt fur Patriziersvhne 311; 993, 1008, 1022 Winterton, Ralph (1600–1636), englischer Mediziner und bersetzer Poetae Minores Graeci (Hrsg.) 177?; 601 Witzel, Johann Friedrich, Hoflakei und Silberk~mmerer in Weimar EB 155* Witzleben, Carl Friedrich von (1738– 1792), sachsen-weimarischer Kammerherr und Oberforstmeister in Eisenach 569 –, Christiane (C h r i s t i n e ) Charlotte von, geb. von Quernheim(b), bis 1771 Hofdame der Herzogin Anna
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Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit 1771 dessen Frau 165; 569 –, Carl Friedrich Ferdinand von (1777–1845), Milit~r in hannoverschen Diensten, deren Sohn 165; 569 Witzleben (Wizleben), Friedrich Hartmann von (1722–1788), Herr auf Martinroda und Elgersburg, seit 1756 in sachsen-weimarischen Diensten, Oberschenk, 1757 Vizeoberstallmeister, 1758 Wirklicher Geheimer Rat und Oberhofmeister in Weimar 38, 92; 158, 229, 352, 832, 833 –, Martha Eleonore von, geb. von Oppel (1726–1801), seit 1753 dessen Frau 444; 812, 832, 833 Wocher, M a r q u a r d Fidel Dominikus (1760–1830), Maler und Kupferstecher in Basel, Schuler Johann Ludwig Aberlis 321; 1021 ÆPanorama von Thunæ 1021 Woellwarth-Essingen, Johanna M a r i a n n e Henriette von (1752– 1815), seit 1775 Hofdame der Herzogin Louise Auguste von SachsenWeimar und Eisenach, seit 1804 Oberhofmeisterin, seit 1782 Frau von Moritz von Wedel 448; 526, 812, 834, 837 f., 886 –, Friedrich Carl von (1723–1776), wurttembergischer General, kasselischer Rat, Ritterrat der Reichsritterschaft, deren Vater 837 –, Wilhelmine Dorothea geb. von Schlitz (1723–1806), deren Mutter 837 Wolf, E r n s t Wilhelm (1735–1792), seit 1768 Konzertmeister in Weimar, 1772 Kapellmeister, 1775 Hofkapellmeister, Komponist 131, 133; 114, 129, 483, 487, 506
Rosizre de Salenci (Favart-Vertonung) 129 Wolf, Johann Adam, Diener und Schreiber von Goethes Vater in Frankfurt, Jugendfreund Philipp Seidels EB 254*; 104, 128, 573, 716 Wolfersdorf (Wolfersdorff), Carl Friedrich von (1716 oder 1717–1781), preußischer Offizier, seit 1776 Generalleutnant 727 Wolke, Christian H(e)inrich (1741– 1825), Schulprofessor am Philanthropinum in Dessau, bis 1784 dessen Leiter, p~dagogischer Schriftsteller 374, 391 Wolzogen, Friederike Sophie C a r o l i n e Augusta von, geb. von Lengefeld, gesch. von Beulwitz (1763– 1847), Schriftstellerin, von 1784 bis 1794 Frau von Friedrich Wilhelm Ludwig von Beulwitz, seit 1794 Frau von Wilhelm von Wolzogen, Schillers Schw~gerin, Freundin Carl Theodor von Dalbergs 941 f. Wrangel, Carl Eric(h) Baron von (1734–1802), schwedischer Offizier 652 Wray, Robert Bateman (1715–1779), englischer Steinschneider 435 Wurttemberg –, F r i e d r i c h Eugen Prinz von (1732–1797), preußischer General, seit 1795 Herzog 725, 1002 –, Carl Eugen von (1728–1793), seit 1737 Herzog unter Vormundschaft, seit 1744 Regent, dessen Bruder 366; 372, 1076 f. –, Friedrich Wilhelm Carl Prinz von (1754–1816), seit 1797 als Friedrich II. Herzog, 1803 Kurfurst, 1806 als Friedrich I. Kvnig, dessen Sohn 725 –, Ludwig (L o u i s ) Friedrich Alexander Prinz von (1756–1817), seit
Personen und Werke
1775 Oberstleutnant in preußischen Diensten, seit 1778 Kommandeur, seit 1782 Generalmajor, seit 1790 preußischer und polnischer Generalleutnant, dessen Sohn 725 –, E u g e n Friedrich Heinrich Prinz von (1758–1822), seit 1806 Herzog, preußischer General, zeitweise Gouverneur von Glogau, Schriftsteller, dessen Sohn 725 –, S o p h i e D o r o t h e a Auguste Louise von, dessen Tochter siehe Russland, Maria Fjodorowna von –, Familie 725, 1002 Wyttenbach, Jacob Samuel (1748– 1830), Theologe und Naturforscher, Pfarrer an der Heiliggeistkirche in Bern, seit 1798 Professor fur Naturgeschichte an der Universit~t Bern, Besitzer naturkundlicher Sammlungen 321; 1005, 1007, 1019, 1021 f. Kurze Anleitung fur diejenigen, welche eine Reise durch einen Theil der merkwurdigsten Alpgegenden Æ:::æ machen wollen 310, 320; 1005, 1019 Zahn, Johann Friedrich August (1763– 1817), Jurist, 1796 Amtsadvokat in Weimar, 1804 Archivregistrator, seit 1807 Archivsekret~r 329 Zanetti, Antonio Maria d. J. (1706– 1778), italienischer Kunsthistoriker und Schriftsteller 988 Della pittura Veneziana e delle opere pubbliche de Veneziani maestri libri V 988 Zanthier, Otto Friedrich von (1696– 1759), kurs~chsischer Geheimrat und Kammerrat, Vater von Charlotte Juliane von Felgenhauer 836 –, Magdalene Charlotte von, geb. Guntherodt (gest. 1776), dessen Frau 836
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Zedlitz, Carl Abraham von (1731– 1793), Jurist, 1770 Wirklicher Geheimer Etats- und Justizminister in Preußen, von 1771 bis 1788 auch Kirchen- und Unterrichtsminister, Reformer des preußischen Schulwesens 707, 712, 723 Zehmisch, Gottlieb Benedict (1716– 1789), Rauchwarenh~ndler in Leipzig 459 Zelter, Carl Friedrich (1758–1832), Maurer- und Baumeister in Berlin, Komponist, seit 1800 Direktor der Singakademie, seit 1799 mit Goethe befreundet 365, 940, 963 Zickler, Samuel Gottfried (1690– 1782), Pfarrer und Superintendent in Burgel (bei Jena) 36 Zimmermann, Johann Georg (1786: von) (1728–1795), Schweizer Arzt und Schriftsteller, seit 1754 Stadtphysikus in Brugg (Schweiz), 1768 kvniglicher Leibarzt in Hannover, Freund und Mitarbeiter Lavaters 14, 57; EB 190; 7, 83, 86, 127, 130, 175?; 17, 26 f., 46, 47, 48, 72, 74 f., 77, 83, 89 f., 107 f., 113, 122, 147, 164–169, 174, 194, 196, 225 f., 229, 238–241, 252, 262–264, 278, 297–300, 303, 311, 313, 330, 338, 355 f., 388, 465, 469, 477–479, 488, 537, 550, 594 f., 891, 1024 –, Johann Jacob (1755–1820), dessen Sohn 356 –, Catharina (1756–1781), dessen Tochter 168 Zingg, Adrian (1734–1816), Schweizer Zeichner, Radierer und Kupferstecher, 1750 in Paris, 1766 in Dresden EB 146 Zollikofer, Georg Joachim (1730– 1788), Schweizer Theologe und Schriftsteller, seit 1758 Prediger an
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Register
der reformierten Kirche in Leipzig 46 Zopfli (Zopfi), Isaac, Schweizer Landschreiber und Vogt in Oberhasli im Kanton Bern, Angehvriger einer einflussreichen und weit verzweigten Oberhasler Familie 907 Zuckert, Johann Friedrich (1737– 1778), Mediziner, Schriftsteller und Naturforscher 617, 619 f., 623 f., 629
Die Naturgeschichte einiger Provinzen des Unterharzes 617, 623 f. Die Naturgeschichte und Bergwercksverfassung des Ober-Hartzes 619 f., 629 Zwingli, Ulrich (Huldrych) (1484– 1531), schweizerischer Pfarrer, Theologe und Politiker, Begrunder des reformierten Protestantismus 1006
Werke Goethes ÆAnamnesis-Gedichtæ siehe Warum gabst du uns die Tiefen Blicke Æ:::æ ÆAnteil an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“æ 7, 25, 681 ÆAnmerkung zu einer Abbildung von Thiersch~delnæ 22; 25, 101 Brutus 25 Caesar 25 Ein Kopf nach Raphael 479 Ein zweyter Kopf nach Raphael 479 Eingang 22; 101 Isaac Newton 25 Scipio 25 Tiberius 25 Titus 25 Aus Goethes Brieftasche (Anhang zu Heinrich Leopold Wagners Mercierbersetzung „Neuer Versuch sber die Schauspielkunst“) 341, 914 Nach Falkonet und uber Falkonet 341 Beytr~ge zur Optik 449 Brief des Pastors zu *** an den neuen Pastor zu *** 914 Briefe auf einer Reise nach dem Gotthardt (sp|ter Briefe aus der Schweiz) 972, 1067 Briefe aus der Schweiz 968, 972, 1021, 1027, 1036, 1046, 1048, 1051 Brutus siehe ÆAnteil an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“æ Caesar siehe ÆAnteil an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“æ Campagne in Frankreich 1792 410; 450, 605 f., 611–614, 618, 628 f., 671, 1129
Claudine von Villa Bella 12, 295, 444; 39, 352, 363, 365, 962, 1101, 1103 Clavigo 74, 322, 925 Das Louisenfest 738, 743, 749, 756, 834 Das Rvmische Carneval 449 Der Falke (Dramenfragment, nicht sberliefert) 92, 94; 82, 354, 360, 404 Der Lugner (Dramenfragment, nach Corneille) 525 Der Triumph der Empfindsamkeit siehe Die Empfindsamen Dichtung und Wahrheit 98, 356 3. Buch 568, 950 5. Buch 1030 f. 6. Buch 183 f. 7. Buch 26, 59, 210 8. Buch 459 9. Buch 8, 735 10. Buch 150 11. Buch 196, 312–314 12. Buch 134, 148 13. Buch 722 14. Buch 315 f. 15. Buch 105, 211, 316, 906 16. Buch 124, 914 f. 17. Buch 124, 328 18. Buch 124, 135, 151, 1049 19. Buch 6, 88, 119, 124, 151 20. Buch 33, 39 f., 51, 124, 177 ÆParalipomenaæ 88, 188 f., 316, 822, 938 Die Empfindsamen (sp|ter Der Triumph der Empfindsamkeit) 165, 187, 199; 279, 569 f., 572, 635, 637 f., 661, 673, 715, 821 Proserpina 279, 569, 821 Die Fischerin 190, 219, 821 f.
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Register
Die Geschwister 116, 121, 199; 207, 417 f., 429, 435, 440, 443 f., 535, 861 Die Leiden des jungen Werthers 142, 338; 7, 74 f., 77, 93, 114, 116, 200, 306, 310 f., 313, 315, 333, 407, 443, 513 f., 525, 537, 575, 611, 652, 721, 789, 818 f., 957, 1044 f. Die Mitschuldigen 74, 76; 286, 289, 296, 435 f., 640, 821, 924 f. Die Vvgel 831 Disseitige Antwort auf Burgers Anfrage wegen Uebersetzung des Homers 37–39; 157 f. Dritte Wallfahrt nach Erwins Grabe im Juli 1775 313 Egmont 26, 279, 283, 295; 119, 705, 918, 932, 958, 961 Ein Kopf nach Raphael siehe ÆAnteil an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“æ Ein zweyter Kopf nach Raphael siehe ÆAnteil an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“æ Eingang siehe ÆAnteil an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“æ Ephemerides 525 Erwin und Elmire 74; 81, 138, 277, 282, 285 f., 290, 363, 365 f., 370, 418, 483, 512, 659, 723 Ihr verbluhet suße Rosen 97; 306, 370, 512 Farbenlehre siehe Zur Farbelehre Farbige Schatten siehe Zur Farbelehre Fastnachtsspiel Æ:::æ vom Pater Brey siehe Neuervfnetes moralisch-politisches Puppenspiel Faust 410; 10, 97, 143, 149, 186, 196, 426, 476, 623, 641, 746, 749, 755 Faust (Frshe Fassung) 145 f., 217, 426, 432, 476, 831
Fragmente siehe Aus Goethes Brieftasche ÆGedichteæ 188, 218, 225 Ach so druckt mein Schicksaal mich Æ:::æ 88; 340 Ach wie bist du mir, Wie bin ich dir geblieben! Æ:::æ 92; 358 An Belinden 34 An den Geist des Johannes Sekundus 114; 82, 414 f. An den Mond 194 f.; 82, 357, 369, 546 f., 558, 597, 654–656, 857 An den Mond siehe Schwester von dem ersten Licht Æ:::æ Alles gaben Gvtter die unendlichen Æ:::æ 154; 545 f. Auf dem Harz 186, 222–224; 607, 611 f., 622, 629, 635, 640, 758, 762 Auf dem See 648 Auf Miedings Tod 823 Deine Gruse hab’ ich wohl erhalten Æ:::æ 269; 885 Dem Schicksaal 99; 355, 372 f. Dem Schnee, dem Regen Æ:::æ 233 f. Der Adler und die Taube 746 Der Fischer 652 Der vierte Theil meiner Schrifften siehe Langverdorrte halbverweste Bl~tter Æ:::æ Der Wandrer 746 Die Seefahrt siehe Taglang Nachtlang stand mein Schiff befrachtet Æ:::æ Es nahet sich Ein B~uerlein demutiglich Æ:::æ 443 f.; 1099–1101 Einschr~nkung siehe Dem Schicksaal Erkl~rung eines alten Holzschnittes 78; 305, 432 Erste Weimarer Gedichtsammlung 188, 225, 751?; 639 f., 751, 765, 961
Werke Goethes
Erw~hlter Fels siehe Hier gedachte still ein Liebender seiner Geliebten Æ:::æ Felsen sollten nicht Felsen und Wusten Wusten nicht bleiben Æ:::æ 353 ÆFriederiken-Liederæ 990 Gehab dich wohl bey den hundert Lichtern Æ:::æ 10; 34 Gesang 746 Gesang der Geister uber den Wassern 309, 316; 994, 999, 1011 Gesang der lieblichen Geister in der Wuste siehe Gesang der Geister uber den Wassern Grabschrifft 201 f.; 684 Harzreise im Winter siehe Auf dem Harz Hier bildend nach der reinen stillen Æ:::æ 84 Hier gedachte still ein Liebender seiner Geliebten Æ:::æ 291 Hochwurdiger ’s ist eine alte Schrifft Æ:::æ 33 f.; 147–150 Hoffnung 592 Holde Lili warst so lang Æ:::æ 10; 34 Holde Zeugen suß vertr~umter Jahre Æ:::æ 915 Ich bin eben nirgend geborgen Æ:::æ 447; 1107 f. Ilmenau 232, 998 Im Felde schlich ich still und wild Æ:::æ siehe J~gers Nachtlied Im holden Thal, auf schneebedeckten Hvhen 34 Im Nebelgeriesel, im tiefen Schnee Æ:::æ 8 f.; 29, 32 f. J~gers Abendlied siehe J~gers Nachtlied J~gers Nachtlied 175; 369, 596 f. Kranichfeld an deiner Brucke 447; 1005–1007 Lass dir gefallen Æ:::æ 79; 319 f.
1233
Langverdorrte halbverweste Bl~tter Æ:::æ 278, 914 f. Liebebedurfnis siehe An den Geist des Johannes Sekundus ÆLiederæ 303; 990 Lilis Parck 927 Mahomets Gesang siehe Gesang Man wills den Damen ubel deuten Æ:::æ 277; 912 Mit einer Hiazynthe 204 f.; 691 f. ÆN~nieæ siehe ÆTrauergedicht fur Marianne Gluckæ Neue Lieder (Gedichtsammlung) 367, 659 Prometheus 113, 148, 210; 414, 528, 726 Rastlose Liebe siehe Dem Schnee, dem Regen Æ:::æ ÆScherzgedichte zum neuen Jahr 1779æ (mit Sigmund von Seckendorff) 813 f. An Caroline Ilten 246; 819 Anngen Mullern 250; 829 f. Fiekgen 248; 825 f. Fr~u‘ Gvchhausen 250; 830 f. Fr~u‘. Nostiz 248; 824 Fr~ul Reinbaum 249 f.; 828 f. Fr~u‘ Vogelst~dt 249; 826 Fr~u‘ v. Oppel 251; 832 Fr~u‘. v. Stein 245; 816 Fr~u‘ v. Waldner 245; 816 Fr~u‘ v. Wvllwarth 253; 837 f. Frau von Lichtenberg 253 f.; 838 f. Frau von Oertel 252; 835 f. Frau von Wizleben 251; 833 Frau v Felgenhauer 252; 836 f. Frau v. Werther 246; 817 Grafin Giannini 251 f.; 834 f. Gustgen 244 f.; 814 Herdern 254; 839 Herz. Louise 247; 820 f. Malchen Hendrich 249; 827 Mams. Schrvter 247; 821, 823
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Register
Zum neuen Jahr. 1779 (an Charlotte von Stein) 244; 811 Schwester von dem ersten Licht Æ:::æ 659 Seefahrt siehe Taglang Nachtlang stand mein Schiff befrachtet Æ:::æ Sprache ÆSesenheimer Liederæ 990 Taglang Nachtlang stand mein Schiff befrachtet. Æ:::æ 106 f.; 42, 397, 756 ÆTrauergedicht fur Marianne Gluckæ (nicht ausgefshrt) 71; 279 Und ich geh meinen alten Gang Æ:::æ 81; 323 f., 861 Vermischte Gedichte (Gedichtsammlung) 914 Von mehr als Einer Seite verwaist Æ:::æ 232; 782–784 Vor’m Staubbach siehe Gesang der Geister uber den Wassern Wandrers Nachtlied 30; 82, 134 f. Wanderers Sturmlied 1074 Warnung siehe Wie einst Titania Æ:::æ Warum gabst du uns die Tiefen Blicke Æ:::æ 51–53, 56; 82, 205– 207, 214, 217, 324 Was ich leugnend gestehe und offenbarend verberge Æ:::æ 353 Was mir in Kopf und Herzen stritt Æ:::æ 142; 513 f. Wie einst Titania Æ:::æ 243; 809 f. Zurchseefahrt siehe Auf dem See Zwischen Felsen wuchsen hier Æ:::æ 444; 1104 f. Geschichte Gottfriedens von Berlichingen mit der eisernen Hand 32, 775 Gvtter Helden und Wieland 17, 124, 211, 316, 447, 914 Gvtz von Berlichingen mit der eisernen Hand 404; 7, 32, 54, 75, 94, 137, 210–212, 313, 536 f., 721, 819
Granit II 625 Hanswursts Hochzeit
186
Iphigenie auf Tauris 258–267, 286; 82, 190, 212, 219, 715, 800, 854 f., 857 f., 860 f., 865–868, 870, 873, 875–880, 884, 924, 934 f., 941 f. Isaac Newton siehe ÆAnteil an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“æ Itali~nische Reise 365, 1012, 1109 Jahrmarktsfest zu Plundersweilern siehe Neuervfnetes moralisch-politisches Puppenspiel Jery und B~tely 367 f.; 363, 1064, 1079 Joseph Bossi uber Leonard da Vinci’s Abendmahl zu Mailand 748 Konfession des Verfassers siehe Zur Farbenlehre Lila 92, 124 f.; 452, 454–456, 458 f., 462 f., 471, 585 Mahomet (Dramenfragment) 525, 999 ÆMatinenæ 32, 41; 138 f., 170 Maximen und Reflexionen 386, 963 Nach Falkonet und uber Falkonet siehe Aus Goethes Brieftasche Neuervfnetes moralisch-politisches Puppenspiel 119?; 432 Jahrmarktsfest zu Plundersweilern 235; 139, 148, 432 Fastnachtsspiel Æ:::æ vom Pater Brey 148, 432 Schvnbartsspiel 432 Physiognomische Fragmente siehe ÆAnteil an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“æ
Werke Goethes
Prolog zu den neusten Offenbahrungen Gottes 914 Propyl~en (Zeitschrift) ber Heinrich Fusli’s Arbeiten (Paralipomenon) 1068 Proserpina siehe Der Triumph der Empfindsamkeit ÆPuppenspielæ siehe auch Neuervfnetes moralisch-politisches Puppenspiel 119 Reineke Fuchs
927
Scherz, List und Rache 363, 365 Schvnbartsspiel siehe Neuervfnetes moralisch-politisches Puppenspiel Scipio siehe ÆAnteil an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“æ Stella 23?, 26 f., 32, 51; 34, 81, 103, 105, 116, 121, 125 f., 131 f., 139, 156, 188, 200, 243, 269, 715 Tag- und Jahres-Hefte 16, 47, 68, 208, 264, 449, 536 f., 542, 787, 823, 1006, 1079 ÆThiersch~del, Anmerkung zu einer Abbildungæ siehe ÆAnteil an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“æ Tiberius siehe ÆAnteil an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“æ Titus siehe ÆAnteil an Lavaters „Physiognomischen Fragmenten“æ Torquato Tasso 818 ber Kunst und Alterthum ber Goethe’s Harzreise im Winter. Einladungsschrift von Dr. Kannegießer 611 f., 762 ÆParalipomenaæ 450 Æbersetzungenæ ÆDas Hohelied Salomonsæ 509 Der Wolf und das Lamm (sop) 525 Der Wolf und das Lamm (Phaedrus) 525
1235
Die Frvsche (sop) 525 Die Frvsche (Phaedrus) 525 Die Fuchse (sop) 525 ÆDie funfte Olympische Odeæ (Pindar) 169, 910 Songs of Selma (Macpherson/Ossian) 310 Zeus und die Schlange (sop) 525 Urfaust siehe Faust (Frshe Fassung) Von Deutscher Baukunst 990
735, 914,
ÆWerkausgabenæ Des Herrn Gvthe s~mtliche Wercke. (3 Bde, Heilmann, Biel 1775/76; unautorisiert) 60 Bibliothek fur den guten Geschmak (Walthard, Bern 1775/76; unautorisiert) 60 D. Goethens Schriften. (3 Bde, Himburg, Berlin 1775/1776; unautorisiert) 18; 60, 81, 386, 723 J. W. Goethens Schriften (4 Bde, Himburg, Berlin 1779; unautorisiert) 277 f.; 81, 596, 913 f., 914 Goethe’s Schriften (8 Bde, Gtschen, Leipzig 1787–1790) 60, 134, 158, 233, 291, 373, 397, 415, 456, 569, 592, 596, 607, 656, 715, 762, 879, 962, 999 Goethe’s neue Schriften (7 Bde, Unger, Berlin 1792–1800) 927 Goethe’s Werke (13 Bde, Cotta, Tsbingen 1806–1810) 810, 972 West-vstlicher Divan 235 Wilhelm Meister 925 Lehrjahre 536, 1034 Theatralische Sendung 172, 191, 220; 82, 357 f., 366, 475 f., 586 f., 650, 703, 757 Zahme Xenien (mit Schiller) 536 f.
1236
Register
ÆZeichnungenæ 78, 83, 91, 105, 120, 148, 164, 168, 188, 190, 206, 211, 291 Allstedt 226; 766 Allstedter Schloss und Teich 766 f. ÆArchitektonische Entwurfeæ 123; 452, 795 Parkschlvßchen mit S~ulenportikus 123?; 452 Auf dem Sankt Gotthard 962, 1049 Aussicht nach der Frohn Feste (nicht sberliefert) 343, 1105 Baumannshvhle (nicht sberliefert) 178?; 609 Bey Kammerberg (Baumstudie) 87?; 341, 437 Blick vom Stutzerbacher Schlossberg (nicht sberliefert) 117; 427 Blick von der Veranda einer Gastwirtschaft in Schaffhausen 1052 Brand in Utenbach 72, 74 f.; 285, 293 Brandst~tte 72?; 285, 647 Brandst~tte mit lvschender Mannschaft 72?; 285 Brocken im Mondlicht 616, 624, 647 Brucke in Kranichfeld 445; 1106 Charlotte von Stein 135 f., 164; 492 f. Corona Schrvter 822 Dampfende T~ler bei Ilmenau 88; 340 f., 343, 427 Dorfbrand im Thuringischen 72?; 285 Dornburger Schlvsser 446; 410, 1107 Eingang der Baumannshvhle 178?; 609 Englischer Garten (nicht sberliefert) 67; 272 ÆFeuerzeichnungenæ 72?; 285 Floßbrucke im Weimarer Park 639, 643
Floßbrucke (Naturbrucke) im Weimarer Park mit Gartenhaus 639 Fuchsturm bei Jena (nicht sberliefert) 230 f.; 778 Goethes Frankfurter Mansardenzimmer 951 Goethes Gartenhaus von der Ruckseite 295?; 961 Hvhle am Hermannstein 92, 94; 343 f., 352, 359 ÆKarteæ Hvhen der Alten und Neuen Welt bildlich verglichen 449 Landschaft mit B~umen 982 ÆLandschaftsskizzeæ 87; 340 f. Manebacher Grund 160; 561 f. Mvnch und Nonne 230?; 571 f. Mundloch des Kammerbergstollens 341, 343, 437 Kutsche (nicht sberliefert) 303 Oberweimarer Landschaft 254; 840 Rasenb~nke (nicht sberliefert) 67; 271 Rekrutenauslesung 874 f. ÆRuinenæ 199; 673 Schloss Kochberg 532 Schloss Wvrlitz 445 f. ÆSchweizer Zeichnungenæ 1052 Selbstportr~t 492 f. ÆSilhouettenæ Carl August Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach 99?; 372 Klopstock 201; 683 f. Speyer von jenseits des Rheins gesehen 300; 986 f. Stutzerbacher Grund 93 f., 116?, 117; 359, 427, 343, 420 Stutzerbacher Grund (Skizze) 427 Thuringisches Bauerngehvft 647 Waldberge und Talgrund mit H~usern (Heinrichshthe vom Brocken aus?) 624 Wartburg 571 f.
Werke Goethes
Wartburg mit Mvnch und Nonne 230?; 571 f. Weißenburger Hvhle? 544 Winterliche Mondnacht am Schwansee 639 Zu bruderlichem Andenken Wielands 612
1237
Zur Farbelehre 209, 633, 941 Farbige Schatten 633 Konfession des Verfassers 941 Zur Morphologie 941, 1043 Zum Sch~kespears Tag 154 Zwo wichtige bisher unervrterte Biblische Fragen 914
Anonyma und Periodika Allgemeine Deutsche Bibliothek 54, 56, 386 Allgemeine Geographische Ephemeriden 449 Allgemeine Literatur-Zeitung 449 Aurora 963 Auswahl der besten zerstreuten prosaischen Aufs~ze der Deutschen 757 Ballet de Noblesse 282 Berlinische Nachrichten von Staatsund gelehrten Sachen 701, 721 Bibel 10, 47, 166, 183 f., 328; 82, 105, 134, 147, 155, 186 f., 571, 607, 619–621, 744 Altes Testament 10 f., 13 f., 36, 47, 66, 85 f., 97, 148, 169, 178, 181, 183–186, 209, 213, 231 f., 242, 266, 283, 288, 342; 40, 44, 155, 187, 221, 269, 335, 339, 366, 509, 528, 574, 610, 614, 621 f., 625, 633, 724, 733, 781, 785, 807, 877, 931, 948, 1033, 1049 Apokryphen 121; 442 Neues Testament 3, 13, 15, 33 f., 36, 42, 45, 65, 70, 105 f., 108, 110, 166, 171, 177, 179, 233, 235, 311, 327 f., 338, 340, 357; 7, 27, 41, 51 f., 77, 148–150, 155, 173 f., 182, 264, 278, 394, 396, 399, 571, 584, 600 f., 612, 792, 796, 1008, 1030–1033, 1044, 1047, 1067 Bibliothek fur den guten Geschmack 60 De vier Heemskinderen (mittelniederl. Epos) 31; 135 Der Froschkvnig (Volksm|rchen) 209; 725 Der Teutsche Merkur 13, 16 f., 37, 199 f., 220; 22, 28, 36, 44, 53–57, 59 f., 152, 157, 169–171, 173,
211 f., 239, 305, 362, 392 f., 397, 400, 417, 432, 447, 580, 596, 646, 674, 678 f., 715, 752, 745, 757, 779, 855, 914, 919, 1054, 1100 Der verlorene Sohn (Drama) 958 Deutsche Chronik 362 Deutsches Museum 37; 157, 173, 239, 397, 545, 678 Die Horen 400, 748, 972, 1067 Erfurtische gelehrte Zeitung 287?; 944 f. Erlangische Real-Zeitung 668 f., 671 Frankfurter Gelehrte Anzeigen 148, 251, 673
53,
Heidelbergische Jahrbucher der Litteratur 748 f. Hochfurstl. S. Weimar- und Eisenachischer Hof- und Adress-Calender 71, 375 Verbesserter Calender Vor Seiner Churfurtslichen Durchlauchtigkeit zu Sachsen Æ:::æ 933 Iris 397, 418 Journal des Luxus und der Moden 449 Journal von Tiefurt 287, 413, 818, 831, 910 Journal von und fur Deutschland 173 Kastellan von Coucy siehe Le roman du ch
telain de Coucy et de la dame de Fayel Le roman du ch
telain de Coucy et de la dame de Fayel 113 M~rchen vom Machandelbaum
426
Anonyma und Periodika
ÆMinneliederæ 509, 785 ÆMatinenæ 41; 106, 138 f., 170 Musen-Almanach (Schiller) 400 Musenalmanach (auch Musen Almanach; Gtttingen; Boie; Voß) 213, 397; 56, 239, 266, 362, 733, 746 Nobody and Somebody (engl. Volksstsck) 26, 45; 120 Propyl~en siehe Register Werke Goethes Reineke Fuchs 281; 927 Reynke de Vos 927 ÆSage vom Grafen von Gleichenæ 37, 126
1239
ÆSilhouettenæ Isabella von Wartensleben 98; 368, 371, 374, 391 Maria von Hohenlohe-Kirchberg 98, 100; 368 f., 374 Tausenundeine Nacht (auch 1001 Nacht) 36 The little Nobody (engl. Lied) 120 ber Kunst und Alterthum siehe Register Werke Goethes Von den vier Haymonskindern 31; 135 Weimarische Wvchentliche Anzeigen 237 f., 294
Inhalt Zu diesem Band . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Editionsgrunds~tze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hinweise zur Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schriftarten, Abkurzungen, Siglen und Zeichen in Texten Goethes, die im Kommentar gedruckt werden . . . . . . . . . . . . . . Schriftarten, Abkurzungen und Siglen im Kommentar . . . . . . . . Siglen und Abkurzungen fur Archivalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siglen und Abkurzungen fur Ausgaben und wissenschaftliche Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkurzungen in Goethes Briefen und Rechnungsbuchern . . . . . Munze und Geldrechnung in Goethes Briefen 1775 bis 1779 . . .
V XIV XVII XVIII XXV XXVI XVIII XXXI LII LIII
Briefe 8. November 1775 – Ende 1779 Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Nachtr~ge GB 2/87. An Johann Friedrich von Fleischbein, 3. Januar 1774 . . . GB 2/181. An Carl Ludwig von Knebel, 13. Januar 1775 . . . . . . .
1113 1115
Anhang Dokumente Briefe des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach an Jacob Friedrich von Fritsch von der Schweizer Reise 1779/80 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis von Briefen und Dokumenten Dritter im Kommentar . Verzeichnis der Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1119 1137 1141
Register Personen und Werke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werke Goethes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anonyma und Periodika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1144 1231 1238