Bürgerliches Rechts-Lexikon: Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, dem Handelsgesetzbuch und sonstigen Reichs- und Landesgesetzen [3., wesentl. verm. und verb. Aufl. Reprint 2018] 9783111600116, 9783111225074


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German Pages 536 Year 1908

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Table of contents :
Vorwort zur dritten Auflage
Erklärung der Abkürzungen im Rechtslexikon.
Rechts-Lexikon
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Bürgerliches Rechts-Lexikon: Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, dem Handelsgesetzbuch und sonstigen Reichs- und Landesgesetzen [3., wesentl. verm. und verb. Aufl. Reprint 2018]
 9783111600116, 9783111225074

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Ärgerliches

Rechts-Lexikon. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, dem Handelsgesetzbuch und sonstigen Reichs- und Landesgesetzen bearbeitet von

E. Christiani, Amtsgerichtsrat.

Dritte, wesentlich vermehrte und verbefferte Auflage.

Berlin 1908. I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, G. m. b. H.

Vorwort zur dritten Auflage

V6enn dem Bürgerlichen Rechtslerikon in seinen bisherigen Auflagen vielseitige Anerkennung und eine ersteuliche Verbreitung zuteil geworden ist, so ist das dem Verfasser ein Beweis gewesen, datz ein Rechtsbuch grade dieser Art für weite Kreise unseres Volkes ein Bedürfnis ist. Die Absicht des Verfassers war darauf gerichtet, allen Gebildeten, ins­ besondere auch Behörden und Beamten sowie den Handel- und gewerbetreibenden Kreisen' ein Hilfsmittel zu bieten, das sie in den Stand setzt, sich über unser bürgerliches Recht rasch und bequem zu unterrichten. Das kann nur durch ein gemeinverständlich gehaltenes Werk in lexikalischer Form geschehen. Auher dem Bürgerlichen Gesetzbuche und dem Handelsgesetzbuche sind auch alle sonstigen, in das bürgerliche Recht einschlagenden Einzel­ gesetze berücksichtigt, so dah der Leser nicht leicht eine Auskunft über irgend eine Frage des bürgerlichen Rechts vermissen wird. Um das Rechtslerikon auch für diejenigen brauchbar zu machen, die gewillt sind, das Gesetz selbst nachzulesen, ist überall im Text auf das Gesetz selbst bezw. auf die in Betracht kommenden Gesetzesparagraphen hingewiesen. Die neue Auflage enthält, abgesehen von zahlreichen, das Verständnis fördernden Zusätzen und Erläuterungen, eine erhebliche Anzahl neuer Artikel, insbesondere aus dem Recht der Handelsgesellschaften, dem Urheberrecht, dem Verlagsrecht rc. Die Entscheidungen des Reichsgerichts, die über manche bisher zweifelhafte Frage Aufllärung gebracht haben, sind überall gebührend berücksichtigt; sie sind durch ein (r) kenntlich gemacht. Möge sich das Rechtslerikon in dieser neuen wesentlich verbesserten Gestalt zu den alten Freunden recht viel neue hinzuerwerben.

Osterode a. H., im März 1908.

Der Verfasser.

Erklärung der Abkürzungen im Rechtslexikon. Um dem Leser das Nachschlagen des Gesetzes selbst zu ermöglichen, ist bei den einzelnen Artikeln des Rechtslerikons auf die Gesetzesstellen, die int Text behandelt sind, hingewiesen. Der Hinweis auf das betreffende Gesetz oder die §§ des Gesetzes im allgemeinen findet sich geeignetenfalls hinter der Überschrift des Artikels in Klammern ([]); der spezielle Hinweis auf diejenigen Gesetzesstellen, in denen das eben Gesagte oder das unmittelbar Nachfolgende zu finden, ist im Texte selbst in Klammem ([]) beigefügt. Unter „Gesetzbuch" ohne nähere Bezeichnung ist stets das Bürgerliche Gesetzbuch zu verstehen. Die einfachen Zahlen ohne Buchstaben bezeichnen die Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuchs; z. B. [58, 107] bedeutet: §§ 58 und 107 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Nur wenn hinter der Artikelüberschrift ein anderes Gesetz angegeben ist ($. V. Cr 25/2 98), bedeuten die im Sexte des Artikels eingeschalteten Zahlen die Paragraphen oder Arftkel dieses Gesetzes; z. B. [15] = § 15 des Gesetzes v. 25/2 98. Die hinter den Buchstaben eines Gesetzes oder hinter dem Datum eines Gesetzes befindlichen Zahlen bedeuten die Paragraphen oder die Artikel des Gesetzes; z. B. [P 2/5 99, 4] bedeutet: Preußisches Gesetz v. 2. Mai 1899 § 4; [E 18] bedeutet: Ein­ führungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Art. 18. AGbedeutet: Ausführungsgesetz [wenn nichts anderes gesagt ist: zum Bürgerlichen Gesetzbuch). ALR „ Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten (d. h. für die alten Provinzen des preußischen Staats). B „ Bayrisches Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch v. 9. Juni 1899. BI „ Bayerisches Gesetz, Übergangsvorschriften zum Bürgerlichen Gesetzbuch Bett., BII Bd Bdl

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v. 9. Juni 1899. Bayerisches Ausführungsgesetz zur Grundbuchordnung rc. v. 9. Juni 1899. Badisches Ausführungsgesetz zum BürgerlichenGesetzbuch v. 17, Juni 1899. Badisches Gesetz, die freimütige Gerichtsbarkeit u. dasNotariat betr., v. 17. Juni 1899. Badische Landesherr!. Verordn., die Ausfühmng des Bürgerlichen Gesetzbuchs rc. betr., (Rechtspolizeigesetz) v. 11. Nov. 1899. Reichszivjlprozeßordnung. Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Elsaß-Lothringensches Gesetz betr. die Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs v. 17. April 1899. folgende (z. B. 28 ff — 28 und folgende). Gesetz (z. B. G 1/5 99 = Gesetz v. 1. Mai 1899). Reichsgrundbuchordnung. Gewerbeordnung für das Deutsche Reich v. 26. Juli 1900. Gerichtsverfassungsgesetz für das DeutscheReich.

VI H Hb Hf Hv J

Erklärung der Abkürzungen. bedeutet: Handelsgesetzbuch. „ Hamburgisches Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch v. 14. Juli 1899. „ Hamburgisches Gesetz, betr. fteiwillige Gerichtsbarkeit v. 29. Dezember 1899. „ Hamburgische Verordnung v. 1. Dezember 1899. „ Preußisches Justizministerialblatt te persönlichen Eigenschaften oder Verhältnisse des anderen ihn hinterher berechtigen, die Ehe als un­ gültig anzusehen. Das Gesetz gestattet die Un­ gültigkeitserklärung aus solchen Gründen nur dann, wenn der eine Ehegatte sich über solche persön­ nt icheEigenschaften des anderen geirrt hat, die Lhn bei Kenntnis der Sachlage und bei verstän­ diger Würdigung des Wesens der Ehe von der .Heirat abgehalten haben würden (wenn sich z. B. ber andere Ehegatte in einem körperlichen Zustande befindet, der die Ansteckung mit einer gefährlichen und ekelerregenden Krankheit befürchten läßt (r). Lin Irrtum über sonstige persönliche Verhältnisse, insbesondere auch über die Vermögensverhältnisse bes anderen Ehegatten, berechtigt dagegen nicht zur Anfechtung der Ehe. Die Anfechtung der Ehe ist nicht mehr statthaft, wenn der Berechtigte nach der Entdeckung des Irrtums die Ehe als rechtsgültig anerkannt (bestätigt) hat. Ist jemand zu einer Heirat durch arglistige Täuschung über solche Umstände veranlaßt wor­ den, die ihm bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe von t>er Heirat abgehalten haben würden, so kann der Letäuschte Ehegatte die Ehe gleichfalls als ungültig anfechten. Ist die Täuschung nicht von dem anderen Ehegatten verübt worden, so kann die Ehe nur dann angefochten werden, wenn dieser die Täu­ schung bei der Eheschließung gekannt hat. Eine Anfechtung bloß aus dem Grunde, weil ein Ehe­ gatte über die Vermögensverhältnisse des anderen sich getäuscht hat, ist unstatthaft. Endlich kann die Ehe von einem Ehegatten angefochten werden, wenn er zu der Heirat wider­ rechtlich durch Drohungen bestimmt wor­ den ist, einerlei, ob die Drohungen von dem anderen Ehegatten oder von anderen Personen aus­ gegangen sind. Auch in den letzigedachten beiden Fällen ist die Anfechtung der Ehe ausgeschlossen, wenn der zur Anfechtung Berechtigte nach der Ent­ deckung der Täuschung oder dem Aufhören der Zwangslage die Ehe als gültig anerkannt (be­ stätigt) hat. Andere Anfechtungsgründe, als die vorstehend mitgeteilten und der weiter unten erwähnte im Falle einer Todeserklärung, läßt das Gesetz nicht zu. Die Anfechtung der Ehe muß im Wege der gerichtlichen Anfechtungsklage durch den zur Anfechtung berechtigten Ehegatten geschehen. Nur "der verletzte Ehegatte selbst hat das Recht, wenn ein gesetzlicher Anfechtungsgrund vorliegt, die Un­ gültigkeitserklärung seiner Ehe durch Anfechtungs­ klage herbeizuführen,- er bedarf dazu, wenn er minderjährig oder sonst nur beschränkt geschäfts­ fähig ist (siehe „Geschäftsunfähigkeit 2"), der Zu­ stimmung seines gesetzlichen Vertreters (Vaters, 'Vormundes rc.) nicht. Der Vertreter seinerseits kann nicht aus eigener Machtvollkommenheit im Interesse des Minderjährigen rc. die Anfechtungs­ klage erheben. Nur wenn die Ehe deshalb ange­ fochten werden soll, weil sie ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters geschlossen (oder nachher be­ stätigt) ist, kann nicht der anfechtungsberechtigte Ehegatte selbst, solange er minderjährig oder sonst in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, sondern nur sein gesetzlicher Vertreter die Anfechtungsklage er­ geben. Ist der anfechtungsberechtigte Ehegatte geschäftsunfähig, z. B. wegen Geisteskrankheit «entmündigt, so kann zwar sein gesetzlicher Vertreter

für ihn das Anfechtungsrecht ausüben; er bedarf dazu aber der Genehmigung des Vormundschafts­ gerichts. Die Anfechtung einer ungültigen Ehe wird da­ durch nicht ausgeschlossen, daß die Ehe, bevor eine Anfechtungsklage erhoben ist, durch den Tod ge­ löst wird. War freilich der verstorbene Ehegatte der zur Anfechtung berechtigte Teil, so ist mit seinem Tode das Anfechtungsrecht erloschen; seine gesetzlichen Erben oder sonstige Personen können nicht statt seiner die Ehe anfechten, selbst wenn sie wegen der vermögensrechtlichen Folgen der Ehe ein dringendes Interesse daran hätten. Das Anfech­ tungsrecht ist nicht vererblich. Anders, wenn dem verstorbenen Ehegatten das Anfechtungsrecht nicht zustand. In diesem Falle kann der über­ lebende Gatte, obwohl der Hauptzweck der Anfech­ tung, die Lösung der Ehe, schon erreicht ist, dennoch die Ehe anfechten (siehe weiter unten), wenn er ein Interesse daran hat, daß die Ehe nicht mehr als gültig angesehen wird, sei es, um die vermögens­ rechtlichen Folgen der Ehe, z. B. eine bestehende Gütergemeinschaft, zu beseitigen, sei es aus anderen Gründen, z. B. weil die Ehefrau den Namen des verstorbenen Gatten nicht weiterführen will, weil nach seinem Tode ehrenrührige Handlungen von ihm bekannt geworden sind u. dergl. Ist die Ehe geschieden oder infolge Todeserklärung eines der Ehegatten gelöst, so ist eine Anfechtung der Ehe nicht mehr zulässig. Liegt ein Grund vor, eine Ehe als rechtsun­ gültig anzufechten, so steht es zwar im Belieben des Berechtigten (siehe oben), ob er von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch machen will; er muß sich aber, damit nicht die Ungewißheit über den Fortbestand der Ehe zu lange währt, darüber binnen längstens sechs Monaten schlüssig machen. Läßt er diese Frist unbenutzt verstreichen, so ist sein Anfechtungsrecht erloschen. Die Frist beginnt in den Fällen, wo die Ehe wegen mangeln­ der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters ange­ fochten werden könnte, mit dem Zeitpunkt, in dem die Eingehung oder die Bestätigung der Ehe dem gesetzlichen Vertreter bekannt geworden oder der zur Anfechtung berechtigte Ehegatte volljährig ge­ worden ist oder sonst die unbeschränkte Geschäfts­ fähigkeit wiedererlangt hat, in den übrigen oben erwähnten Fällen mit dem Zeitpunkt, wo der Ehe­ gatte den Irrtum oder die gegen ihn begangene Täuschung entdeckt oder die Zwangslage aufgehört hat. Der Verlust des Anfechtungsrechts tritt aber nicht ein, solange der Anfechtungsberechtigte durch einen etwaigen Stillstand der Rechtspflege (z. B. infolge von Kriegsunruhen) oder in anderer Weise durch „höhere Gewalt" (Überschwemmung, Ab­ sperrungsmaßregeln wegen ansteckender Epidemien u. dergl.) an der Erhebung der Anfechtungsklage verhindert war. Ist der Ehegatte ohne gesetzlichen Vertreter (Vater, Vormund rc.), so beginnt die Frist erst, wenn er entweder selber unbeschränkt ge­ schäftsfähig geworden ist oder eine gesetzliche Ver­ tretung erhalten hat, es sei denn, daher schon vorher prozeßfähig gewesen ist. Hat der gesetzliche Ver­ treter eines Ehegatten, der gänzlich geschäftsun­ fähig (z. B. wegen Geisteskrankheit entmündigt) ist, die Ehe nicht rechtzeitig als ungültig ange­ fochten, so kann der Ehegatte selbst, wenn er später die Geschäftsfähigkeit wiedererlangen sollte, das Anfechtungsrecht in gleicher Weise noch ausüben, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre. Die Anfechtung der Ehe geschieht entweder

durch Erhebung der Anfechtungsklage oder, wenn die Ehe schon durch den Tod gelöst worden, durch eine Erklärung des überlebenden Galten vor dem Nachlaßgericht. Wegen des Näheren hierüber, so­ weit wegen der Wirkungen der Nichtigkeit einer Ehe anderen Personen gegenüber, wie im Verhält­ nis der Ehegatten zueinander, muh auf das Gesetz (§§ 1441—1447) verwiesen werden. Ehekontrakt s. Eingebrachtes Gut der Frau 1. Eheleute s. Ehegatten. Eheliche Abstammung s. Ehelichkeit eines Kindes. Eheliche Gemeinschaft, Aufhebung der, s. Ehe­ scheidung 5. Eheliche Kinder s. Ehelichkeit eines Kindes; Verhältnis zu den Eltern s. Eltern und Kinder. Ehelicher Aufwand s. Eingebrachtes Gut der Frau 4 u. Gütertrennung. Eheliches Güterrecht s. Eingebrachtes Gut der Frau. Eheliche Lasten s. Eingebrachtes Gut der Frau 4. Eheliches Leben, Klage auf Herstellung des, s. Herstellung des ehelichen Lebens. Ehelichkeit eines Kindes [1591—1600]. 1. Die Frage, ob ein in einer Ehe oder nach Auflösung der Ehe innerhalb gewisser Zeit geborenes Kind ehelich oder unehelich ist, kann nur von dem Manne allein gestellt und zur gerichtlichen Entscheidung gebracht werden. Wenn auch andere Personen (die Mutter, das Kind selbst, Verwandte 2c.) ein dringendes Interesse an der Feststellung dieses Punktes haben können, so erkennt doch das Gesetz das Interesse des Mannes als desjenigen, der durch die Frage am nächsten berührt wird, als ausschlaggebend an; er allein hat darüber zu be­ stimmen, ob das Kind als ehelich gellen soll oder nicht; er kann das Kind selbst dann als sein eheliches Kind anerkennen, wenn ausreichende Be­ weise dafür vorliegen, daß es sein Kind nicht ist. Aber der Mann kann dem Kinde nicht die Ehe­ lichkeit zu jeder Zeit und durch einfache Erklärung absprechen; es sind dafür durch das Gesetz bestimmte Formen — Anfechtungsklage oder Er­ klärung vor Gericht (siehe weiter unten) — vor­ geschrieben; er verliert ferner sein Recht, dem Kinde die Ehelichkeit zu bestreiten, wenn er es nicht binnen bestimmter Frist ausübt oder wenn er das Kind einmal als eheliches anerkannt hat. (Über die Geltendmachung der Unehelichkeit des Kindes nach dem Tode des Mannes siehe unten 3.) Die Frage nach der Ehelichkeit oder Unehelich­ keit eines Kindes kann nur aufgeworfen werden bei Kindern, die von der Mutier nach erfolgter Heirat oder innerhalb einer gewissen Zeit nach Auflösung der Ehe (durch Tod des Mannes, Scheidung) ge­ boren sind. (Ein Kind, das vor der Hochzeit geboren ist, ist zunächst stets unehelich; es wird aber ehelich durch die Heirat der Eltern oder eine besondere „Ehelichkeitserklärung"; siehe darüber unter „Legitimation unehelicher Kinder".) Der Umstand, daß das Kind während bestehender Ehe oder bald nach Auflösung der Ehe geboren ist, be­ weist naturgemäß an und für sich nicht, daß der Ehemann der Vater des Kindes ist. Es ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß das Kind von einem anderen Manne, als dem Ehemanne, her­ rührt; diese Möglichkeit liegt insbesondere dann vor, wenn die Mutter nachweisbar während der „Empfängniszeit" (siehe unten) mit einem anderen Manne, als dem Ehemanne, geschlechtlichen Ver­

kehr gepflogen hat; andererseits ist aber nicht aus­ geschlossen, daß der Ehemann trotzdem der Vater des Kindes ist. Da ein sicherer Beweis in dieser Richtung nicht erbracht werden kann, so stellt dasGesetz, um den Nachweis der Ehelichkeit einesKindes zu erleichtern oder ihn zu ersetzen, besondere Vorschriften auf. Es unterscheidet zunächst, ob dasKind in der Ehe oder schon vor der Ehe emp­ fangen (gezeugt) ist. Die Empfängniszeit wirdnach dem Tage der Geburt ermittelt. Als Emp­ fängniszeit, d. h. als der Zeitraum, innerhalb dessen das Kind nach dem Naturgesetz von der Mutter empfangen sein muß, gilt die Zeit vom 181. bis zum 302. Tage vor dem Tage der Geburt des Kindes. Es ist also vom Tage der Geburt desKindes an zurückzurechnen, wobei der Tag der Ge­ burt selbst nicht mitgerechnet wird, der 182. unb 302. Tag aber eingerechnet werden. Der Empfängniszeit ist mit Rücksicht auf das Interesse des Kindes und die Ehre der Mutter eine, die regelmäßige Empfängniszeit weit überschreitende^ Ausdehnung gegeben, damit sie alle, nach dem Stande der medizinischen Wissenschaft als möglich^ denkbaren Fälle einer ausnahmsweise langen oder kurzen Schwangerschaft mit umfaßt. Fällt hiernach' die Empfängniszeit ganz oder teilweise in die Ehe^ so ist kraft gesetzlicher Bestimmung das Kind ehe­ lich, es sei denn, entweder, daß der Nach­ weis erbracht würde, daß der Mann in der in die Ehe fallenden Empfängniszeit der Frau nicht bei­ gewohnt hat und seitens des Kindes (oder seinesVertreters) nicht erwiesen werden kann, daß der Mann während der etwa in die Zeit vor der Ehe fallenden Empfängniszeit der Mutter des Kindesbeigewohnt hat, oder daß es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß das Kind von dem Ehemanne herrührt (was unter Umständen auch aus der Reife des Kindes geschlossen werden kann, (r)). Ob die Umstände es wahrscheinlich, ja fast gewiß, machen, daß das Kind von einem anderen,, als dem Ehemanne, erzeugt ist, bleibt unberück­ sichtigt; es muß die Unmöglichkeit der Erzeugung durch den Ehemann nachgewiesen werden. Fällt dagegen die Empfängniszeit in die Zeit vor der Ehe, so muß allerdings, wenn dem Kinde die Ehr­ lichkeit bestritten wird, von ihm (dem Kinde) nach­ gewiesen werden, daß der Ehemann während der Empfängniszeit der Mutter beigewohnt hat; esgilt dann das Kind als ehelich, wenn nicht den Um­ ständen nach die Erzeugung durch den Mann alsunmöglich angesehen werden muß. Der ofceit bezeichnete Beweis wird dem Kinde erspart, wenn, der Mann, ohne die Ehelichkeit des Kindes in förmlicher Weise (siehe unten) angefochten zu haben, gestorben ist; es müßte in solchem Falle berr welcher die Ehelichkeit des Kindes anfechten wollte^, seinerseits beweisen, daß der Ehemann während der Empfängniszeit der Mutter des Kindes nicht bei­ gewohnt hat. Ist das Kind nach geschehener Auflösung der Ehe (durch Scheidung, Tob des Mannes) geboren, so ist es gleichfalls ehe­ lich, wenn die Empfängniszeit (siehe oben) in die Zeit vor der Ehe oder in die Ehe fällt, es sei denn, daß dem Kinde nachgewiesen werden fannr daß der Ehemann während der Empfängniszeit der Mutter nicht beigewohnt hat oder daß sonst nachden Umständen es offenbar unmöglich ist, daß dasKind von dem Ehemanne herrührt. Ist das Kinb später als am 3 0 2. Tage nach Auflösung der Ehe geboren, so fällt die Empfängniszeit nichv mehr in die Zeit der Ehe; das Kind ist deshalb

nicht ehelich, d. h. nicht ehelich in bezug auf die aufgelöste Ehe. Sollte übrigens der Nachweis erbracht werden können, daß 'die Schwangerschaft der Mutter länger als 302 Tage gewährt hat, so würde zugunsten der Ehelichkeil des Kindes dieser längere Zeitraum als Empfängniszeit gelten. Die vorstehend mitgeteilten gesetzlichen Vorschriften über die Ehelichkeit eines Kindes gellen auch Lehnsvder Fideikommißanwärtern gegenüber, soweit nicht etwa die Landesgesetzgebung andere Bestimmung trifft 2. Anfechtung der Ehelichkeit. Wie .bereits dargelegt, ist es einzig und allein Sache des Mannes, ob er das von seiner Frau während der Ehe oder innerhalb 302 Tagen nach Auflösung der Ehe geborene Kind als ehelich anerkennen oder ob er ihm die Eigenschaft seines ehelichen Kindes bestreiten will (wie es sich mit dem Bestreiten der Ehelichkeit des Kindes nach dem Tode des Mannes verhält, darüber siehe weiter unten unter 3). Will der Mann das Kind nicht als ehelich anerkennen, so muh er die Ehelichkeit des Kindes in der durch das Gesetz vorgeschriebenen Weise an­ fechten, nämlich durch Erhebung einer.Anfechtungsklage [1596]. Die Klage ist gegen das Jtint) (nicht gegen die Frau) zu richten, dem für den Rechtsstreit nötigenfalls ein Pfleger vom Ge­ richt bestellt wird. Es wird alsdann durch gericht­ liche Entscheidung ein für allemal festgestellt, ob das Kind ehelich ist oder nicht [C 643]. Vor der Erledigung des Rechtsstreits kann die Unehelichkeit des Kindes von niemandem geltend gemacht wer­ den. Wird die Klage zurückgenommen, so ist es, als wenn die Anfechtung der Ehelichkeit überhaupt nicht erfolgt wäre. Die Anfechtung der Ehelichkeit kann auch nach dem Tode des Kindes noch erfolgen; sie muß dann vom Manne dem Nachlaßgerichte (siehe das) mündlich (zu Protokoll) erklärt oder die Erklärung schriftlich, in öffentlich beglau­ bigter Form (s. „Form der Rechtsgeschäfte 3"), eingereicht werden [1597]. Das Gericht hat die Erklärung sowohl den Personen, die im Falle der Ehelichkeit, als auch denen, die im Falle der Un­ ehelichkeit Erben des Kindes sein würden, mitzu­ teilen; jedermann, der ein rechtliches Interesse daran hat, kann Einsicht von der Erklärung neh­ men. Die Anfechtung der Ehelichkeit ist aber an eine bestimmte Frist gebunden; sie mutz binnen Jahresfrist von dem Zeitpunkt an erfolgen, wo der Mann von der Geburt des Kindes Kenntnis erlangt hat. [Die für die Ver­ jährungsfristen geltenden Bestimmungen der §§ 203 und 206 des Gesetzes (siehe „Verjährung 2") gelten auch für die ebengedachte Frist.] Die Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes durch den Mann ist nicht dadurch bedingt, daß er wegen des von der Frau begangenen Ehebruchs auch die EhescheidungsNage erhebt. Die Anfechtung kann nicht durch einen Ver­ treter des Mannes (Vater, Vormund ic.) erfolgen, wenn der Mann in der Geschäftsfähigkeit be­ schränkt, z. B. wegen Verschwendung oder wegen Trunksucht entmündigt ist; er selbst braucht, wenn er die Ehelichkeit eines Kindes anfechten will, die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters (Vaters, Vormundes) dazu nicht einzuholen. Ist dagegen der Mann völlig geschäftsunfähig, z. B. wegen Geisteskrankheit entmündigt (siehe „Geschäftsfähigkeit 1"), so kann sein gesetzlicher Vertreter (Vater, Vormund ic.) zwar nicht aus eigener Machtvollkommenheit, aber doch mit Ge­ nehmigung des Vormundschaftsgerichts die Ehelich­

keit eines Kindes anfechten; hat der Vertreter die rechtzeitige Anfechtung versäumt, so kann der Mann selbst, wenn er etwa wieder geschäftsfähig geworden ist, die Ehelichkeit noch in gleicher Weise anfechten, als wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre. Die Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes durch den Mann ist nicht nur dann ausgeschlossen, wenn die einjährige Frist (siehe vorstehend) ver­ säumt ist, sondern auch dann, wenn der Mann das Kind nach der Geburt einmal als das [einige anerkannt hat [1598]. Es kann dann auch von niemand anders die Ehelichkeit des Kindes angefochten oder bestritten werden, selbst wenn der Beweis der Unehelichkeit zu führen wäre. Die Anerkennung durch den Mann muß allerdings in dem Sinne geschehen sein, daß er das Kind auf alle Fälle, selbst wenn es nicht sein Kind sein sollte, als ehelich hat anerkennen wollen. Die Anerkennung darf nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung geschehen sein. Die Aner­ kennung kann nicht durch einen Vertreter des Mannes erfolgen, also nicht durch seinen Vater oder Vormund, wenn er etwa in elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht; er selber kann die Ehelichkeit anerkennen, ohne seinerseits die Zustim­ mung des Vaters oder Vormundes dazu einholen zu müssen. Die Anerkennung braucht im übrigen nicht mit ausdrücklichen Worten zu geschehen; sie kann auch stillschweigend erklärt werden; es kann sich aus irgendwelchen Umständen, aus Handlungen oder Unterlassungen, der Wille des Mannes, das Kind als eheliches anzuerkennen, zur Genüge er­ geben (siehe „Stillschweigende Willenserklärun­ gen"). Die Anerkennung eines Kindes als eines ehelichen kann vor allem auch in einem Testa­ ment oder in einer sonstigen Verfügung von Todeswegen gültig erfolgen. Die Anerkennung ist auch nach dem Tode des Kindes noch möglich. Aber nur die Anerkennung nach der Geburt des Kindes hat die Rechtswirkung, daß die Ehe­ lichkeil des Kindes nun nachträglich nicht mehr an­ gefochten werden kann, selbst wenn sich später Be­ weise der Unehelichkeil ergeben. Ob die Anerken­ nung in dem Sinne erfolgt ist, daß das Kind auf alle Fälle als eheliches gellen solle, oder ob anzunehmen ist, daß der Mann bei der Anerken­ nung von der ihm selbstverständlich erscheinenden Voraussetzung ausgegangen ist, daß das Kind sein Kind sei, kann unter Umständen sehr schwer zu ent­ scheiden sein; nichtsdestoweniger ist dieser Punkt ausschlaggebend für die Frage, ob der Mann trotz der Anerkennung dem Kinde hinterher die Ehelich­ keit noch bestreiten könne. Die erfolgte Anerken­ nung der Ehelichkeil eines Kindes kann übrigens unter besonderen, gesetzlich bestimmten Umständen rückgängig gemacht (angefochten) werden. In welchen Fällen dieses zulässig ist, darüber ist das Nähere in dem Artikel „Anfechtung einer Willens­ erklärung wegen Irrtum n." zu ersehen. Über das Verfahren bei der Anfechtung der Anerkennung gilt das, was über das Verfahren bei Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes oben dargelegt ist. 3. Wird die Ehelichkeit eines Kindes erst nach dem Tode des Mannes in Zweifel gezogen, so kann die Unehelichkeit nur dann geltend ge­ macht werden, wenn schon der Mann bei seinen Lebzeiten die Ehelichkeit in der vorgeschriebenen Weise (durch Anfechtungsklage oder Erklärung beim Nachlaßgericht) angefochten hatte oder doch bei seinem Tode das Anfechtungsrecht noch nicht, sei es

-urch Versäumung der Anfechlungsfrist oder durch Änerkennlung des Kindes verloren hatte [1593]. Zeder, d er ein Interesse daran hat, kann die Un­ ehelichkeit geltend machen, wenn er die Voraus­ setzungen nachzuweisen vermag. Hat der Mann dagegen die Frist zur Erhebung der Anfechtung un­ benutzt verstreichen lassen oder hat er das Kind als eheliches in rechtsgenügender Weise anerkannt, so Ist niemand mehr befugt, dem Kinde die Ehelichkeit .zu bestrebten. 4. Aus den vorstehend mitgeteilten Gesetzesworschriften über die Ehelichkeil eines Kindes können srch Zweifel ergeben, wenn eine Frau bald mach Auflösung der Ehe sich wieder verheiratet und darnach einem Kinde das Leben gibt, da nun der Fall eintreten kann, daß nach jenen Vorschriften das Kind sowohl als ein Kind des ersten Mannes mls auch als Kind des zweiten Mannes anzusehen wäre. Um diesen Zwiespalt zu beseitigen, bestimmt tms Gesetz, daß das Kind, wenn es innerhalb 270 Tagen nach der früheren Ehe geboren ist, als Kind des ersten Mannes, wenn es später geboren ist, als Kind des zweiten Mannes zu gelten hat [1600]. Beispiel: Die erste Ehe der Mutier mit dem A. ist am 1. März 1906 getrennt. Die Mutter hat den B. geheiratet am 1. April 1906. Das Kind ist geboren am 15. Oktober 1906. Es müßte daher als eheliches Kind des A. gellen, da Zwischen seiner Geburt und der Trennung der ersten Ehe weniger als 303 Tage liegen, mithin die Mög­ lichkeit besteht, daß das Kind noch von A. erzeugt ist. Andererseits liegen zwischen der Eingehung der .zweiten Ehe und der Geburt des Kindes mehr als 101 Tage, mithin müßte das Kind nach der vorhin mitgeteilten Gesetzesvorschrift als eheliches Kind des B. gellen, da ja die Möglichkeit besteht, dah es von B. gezeugt ist. Diesen Zwiespalt zu lösen, greift daher die letzterwähnte Bestimmung ein: Da am Tage der Geburt des Kindes seit der Trennung der ersten Ehe nur 229 Tage (weniger „Ehehindernisse 1 g") erlangt hat oder dem Verbote Zuwider vor dem Ablaufe der Wartezeit zur ! Zweiten Ehe geschritten ist. ij 5. Schließlich sei noch bemerkt, daß die eheliche ->Äbstammung eines Kindes nach den deutschen Ge­ setzen beurteilt wird, wenn der Ehemann der Mut­ ter zur Zeit der Geburt des Kindes ein Deutscher ist oder, falls er vor der Geburt des Kindes ge­ storben ist, zuletzt ein Deutscher war [E 18]. j: Ehelichkeitserklärung, Legitimation unehelicher «Kinder durch, s. Legitimation n. 2. i Ehelichschreibung unehelicher Kinder s. Legi­ timation ic. b Ehemann s. Ehegatten. Ehemündigkeit s. Ehehindernisse 1 a. Ehepakten s. Eingebrachtes Gut der Frau. Eherecht s. Eingebrachtes Gut der Frau. Eherechtsregister s. Güterrechtsregister. Ehescheidung [1564—1587]. 1. Eine gültige Ehe kann nicht beliebig von dem einen oder Ederen Gatten, aber auch nicht durch beiderseitige Äbereinkunft aufgehoben werden. Es bedarf dazu mnter allen Umständen eines gerichtlichen, auf

Ehescheidung lautenden Urteils nach voraus­ gegangenem Prozeßverfahren. (Über eine bloße Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft siehe unter 5.) Auch durch eine Verfügung des Landesherrn kann eine Ehe nicht mehr geschieden werden. Das Gesetz stellt bestimmte Ehescheidungsgründe auf, die allein zur Scheidungsklage berechtigen; diese Gründe sind folgende: a) Ehebruch oder Doppelheirat (Bi­ gamie) oder widernatürliche Unzucht (§ 175 des Strafgesetzbuchs) des einen Gatten be­ rechtigen den anderen zur Scheidungsklage, wenn er dem Ehebruch oder einer der anderen vorbezeichneten Handlungen nicht etwa zugestimmt oder gar sich der Teilnahme an diesen Handlungen schul­ dig gemacht hat. Das Wissen des anderen Gatten vom Ehebruch allein genügt nicht, um ihm das Klagerecht zu nehmen (r). Daß etwa der auf Scheidung klagende Teil selbst Ehebruch ic. begangen hat, schließt sein Recht, Scheidung zu ver­ langen, nicht aus. b) Lebensnachstellung. Jeder Gatte kann auf Scheidung antragen, wenn der andere ihm nach dem Leben trachtet. c) Bösliche Derlassung. Eine solche liegt vor, wenn ein Gatte sich ein Jahr lang gegen den Willen des anderen in böslicher Absicht von der häuslichen Gemeinschaft ferngehalten hat und während dieser ganzen Zeit (bis zum Erlaß des Urteils) entweder sein Aufenthalt unbekannt ge­ wesen ist oder, wenn er sich im Auslande aufge­ halten hat, die Zustellung einer gerichtlichen La­ dung an ihn unausführbar gewesen ist oder die Unaussührbarkeit doch nach Lage der Sache anzu­ nehmen war. Ist dagegen ein Ehegatte zwar längere Zeit und anscheinend in böslicher Absicht abwesend, die Zustellung einer Ladung an ihn aber möglich, so muß der andere Gatte, ehe er auf Scheidung klagen kann, eine Verurteilung des Ab­ wesenden zur „Herstellung der häuslichen Gemein­ schaft", also zur Rückkehr und Fortsetzung des ehe­ lichen Verhältnisses, im Prozeßwege erwirken. Erst wenn dies Urteil rechtskräftig geworden ist und der Abwesende nunmehr ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Gatten in böslicher Absicht dem Urteile keine Folge geleistet hat, ist der andere zur Ehescheidungsklage berechtigt. d) Schwere Verletzung der durch die Ehe begründeten Pflichten sowie ehr­ loses oder unsittliches Verhalten des einen Ehegatten berechtigen den anderen zur Ehe­ scheidung, wenn durch dieses Verhalten des schul­ digen Gatten eine so tiefe Zerrüttung des ehe­ lichen Verhältnisses herbeigeführt ist, daß dem anderen die Fortsetzung der Ehe nicht zugemutet werden kann. Als schwere Pflichtverletzung gilt gesetzlich auch grobe Mißhandlung. Auch eins Mißhandlung, die an sich keine erheblichen Folgen für den verletzten Teil hat, kann sich als grobe kennzeichnen, wenn sie unter Umständen erfolgt, die den Verletzten durch die ihm zuteil gewordene Behandlung besonders tief heruntersetzen, z. B. wenn sie vor den Augen Untergebener geschieht (r). Was sonst alles unter diesen Scheidungsgrund fallen kann, läßt sich schlechthin nicht sagen; das Ermessen des Prozeßgerichts hat hier einen weilen Spielraum. Insbesondere ist nicht ausgeschlossen, daß in Berücksichtigung der Persönlichkeiten und der Lebensverhältnisse der Ehegatten auch eine nicht schwere Mißhandlung oder eine einfache Be­ leidigung (r) einen ausreichenden Scheidungsgrund

abgibt. Als Ehescheidungsgründe können auf Grund dieser Bestimmung unter Umständen auch anzusehen sein: Umgang mit einer Person des anderen Geschlechts, der einen dringenden Ver­ dacht ehelicher Untreue begründet; Weigerung der Aufnahme in die eheliche Wohnung; fortdauernde, ungerechtfertigte Versagung der ehelichen Pflicht; Unverträglichkeit und Zanksucht; Betreibung eines schimpflichen Gewerbes; länger dauernde Abwesen­ heit des Mannes, ohne sich um die Frau oder die Minder zu kümmern und für deren Unterhalt zu sorgen (r); Trunksucht, Verschwendung u. dergl. mehr. Ob die Verurteilung eines Ehegatten wegen eines während der Ehe begangenen Verbrechens oder Vergehens, sei es mit oder ohne Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, zur Scheidungsklage berechtigt, ist ebenfalls schlechthin nicht zu sagen; das Gesetz stellt hier keine feste Grenze auf; es wird hauptsächlich darauf ankommen, ob die be­ gangene Handlung von einer ehrlosen Gesinnung zeugt, die dem anderen Gatten die Fortsetzung des ehelichen Verhältnisses unerträglich macht. Die Verweigerung kirchlicher Trauung oder einer be­ stimmten kirchlichen Trauung wird dann jedenfalls als Ehescheidungsgrund anzusehen sein, wenn eine solche vor der standesamtlichen Eheschließung aus­ drücklich versprochen oder doch anzunehmen ist, daß sie von dem anderen Teil als selbstverständlich be­ trachtet ist. — Das Recht des Klägers auf Ehe­ scheidung wird an sich dadurch nicht ausgeschlossen, daß ihn selber dem anderen Teile gegenüber eine ebenso schwere und in gleicher Weise die Ehe zer­ rüttende Verschuldung trifft; letzteres kann aber freilich insofern doch von Wichtigkeit sein, als das Gericht daraus die Überzeugung gewinnt, daß der Kläger in Anbetracht seines eigenen Verhaltens an der Verschuldung des anderen Gatten nicht einen so schweren Anstoß nehmen könne, daß ihm die fernere Aufrechterhaltung der Ehegemeinschaft nicht anzusinnen sei (r). e) Geisteskrankheit. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte in Geisteskrankheit verfallen ist, wenn ferner die Krankheit während der Ehe mindestens drei Jahre gedauert und einen solchen Grad erreicht hat, daß die geistige Gemeinschaft zwischen den Ehegatten aufgehoben, auch jede Aussicht auf Wiederherstel­ lung dieser Gemeinschaft ausgeschlossen ist. Bloße Geistesschwäche ist dagegen kein Ehescheidungs­ grund (r). Darüber, ob jede Heilung der Geistes­ krankheit ausgeschlossen ist, hat das Gericht einen oder mehrere medizinische Sachverständige zu hören. Dagegen bilden keinen Scheidungsgrund: gänz­ liches und unheilbares, während der Ehe entstan­ denes Unvermögen (Impotenz), sowie andere un­ heilbare körperliche Gebrechen oder Krank­ heiten, wenn sie auch Ekel und Abscheu erregen und die Erfüllung der Zwecke des Ehestandes gänzlich verhindern. — Eine Scheidung auf übereinstimmen­ den Antrag beider Ehegatten wegen un­ überwindlicher Abneigung, wie sie bisher in ver­ schiedenen deutschen Staaten zugelassen war, ist nicht mehr statthaft. Das Recht des gekränkten Ehegatten auf Schei­ dung erlischt in allen vorgedachten Fällen mit Ausnahme des letzten Falles (der Geisteskrankheit) dadurch, daß er dem schuldigen Galten die zur Erhebung der Scheidungsklage berechtigende Hand­ lung verziehen hat. Die Verzeihung kann nicht nur ausdrücklich gewährt werden; es kann auch aus

den Umständen der Schluß gezogen werden, daß, die Schuld des Gatten vom anderen verziehen ist. Die Verzeihung ist der Ausdruck eines inneren Vor­ ganges, durch den der verletzte Gatte zu erkennen gibt, daß er die Ehe nicht oder nicht mehr durch das Verschulden des anderen Teils für zerrüttet hält (r). Auch hier entscheidet das richterliche Ermessen. 2. Die Scheidungsklage muß in allen Fällen, mit Ausnahme des Falles der Geistes­ krankheit, binnen sechs Monaten von dem Zeit­ punkt an erhoben werden, in dem der Ehegatte von dem Scheidungsgrunde Kenntnis erlangt hat. Sind seit dem Eintritt des Scheidungsgrundes zehn Jahre verstrichen, so kann aus diesem Grunde eine Scheidung überhaupt nicht mehr ver­ langt werden, auch wenn der verletzte Gatte vorAblauf dieser Frist keine Kenntnis von der Hand­ lung des anderen gehabt hat. Die Frist läuft nichts solange die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist. Die Aufhebung der häuslichen Ge­ meinschaft kann nicht nur durch freiwillige Tren­ nung, sondern auch durch eine wider den Willen des abwesenden Ehegatten eingetretene Trennung, z. B. Untersuchungs- oder Strafhaft, erfolgen (r). Wird der zur Klage berechtigte Ehegatte von dem anderen Ehegatten aufgefordert, entweder die häus­ liche Gemeinschaft herzustellen oder die Klage zu erheben, so läuft die Frist von dem Empfange der Aufforderung an. Der Erhebung der Klage steht die Ladung zum Sühneiermine (siehe unten) gleich. Die Ladung verliert ihre Wirkung, wenn der zur Klage berechtigte Ehegatte im Sühne­ termine nicht erscheint oder wenn drei Monate nach der Beendigung des Sühneverfahrens verstrichen sind und nicht vorher die Klage erhoben worden ist. Auf den Lauf der sechsmonatigen und der drei­ monatigen Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 203, 206 des Gesetz­ buchs entsprechende Anwendung. Ehe die Ehescheidungsklage erhoben werden kann, muß der zur Klage entschlossene Gatte beim Amtsgericht des Wohnorts des Mannes einen Sühnetermin beantragen [C 608—611]. In diesem Termine müssen beide Galten (der verklagte Gatte, wenn er überhaupt erscheinen will) per­ sönlich erscheinen; sie können einen Beistand mit­ bringen, der aber vom Amtsrichter zurückgewiesen werden kann, wenn seine Mitwirkung der zu ver­ suchenden Aussöhnung nicht förderlich zu sein scheint. Erscheint der Antragsteller (die Antragstellerin) im Termin nicht oder bleiben beide Gatten aus, so muß der Antragsteller (die Antragstellerin) die An­ setzung eines neuen Sühnetermins beantragen; er­ scheint der verklagte Gatte auch in diesem Termin nicht, während der Antragsteller (die Antragstellerin) erschienen ist, so gilt der Sühneversuch als mißlungen, und der Erhebung der Scheidungs­ klage beim Landgericht steht nun nichts mehr im Wege. Ein solcher vorgängiger Sühneversuch ist nicht erforderlich, wenn der Aufenthalt des ver­ klagten Gatten unbekannt oder im Auslande ist oder etwa dem Sühneversuche ein anderes, schwer zu beseitigendes Hindernis entgegensteht, das von dem klagenden Gatten nicht verschuldet ist, oder wenn nach Lage der Sache (worüber der Vorsitzende des Landgerichts, bei dem die Scheidungsklage zu erheben ist, zu entscheiden hat) die Erfolglosigkeit des Sühneversuchs mit Bestimmtheit vorauszusehen, ist. Ist der Gatte, der eine Scheidungsklage er­ heben will, noch minderjährig oder sonst in dev

Geschäftsfähigkeit beschränkt (entmündigt; siehe „Geschäftsfähigkeit"), so kann er selbständig, ohne Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters (Vaters, Vormundes rc.), klagen; für einen Ehegatten, der gänzlich geschäftsunfähig (z. B. wegen Geistes­ krankheit entmündigt) ist, mutz der gesetzliche Ver­ treter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts klagen [C 612]. Dem Gericht ist durch das Gesetz zur Pflicht gemacht, unter Umständen das Prozeßver­ fahren, ehe auf die angebotenen Beweise näher ein­ gegangen wird, auf eine gewisse Zeit, aber höchstens auf 2 Jahre, auszusetzen, wenn eine Aus­ söhnung der Ehegatten nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint; es soll nicht sofort auf Ehescheidung er­ kannt werden, wenn auch die Scheidungsklage an sich begründet sein mag [C 620]. Der Prozeß muß stets ausgesetzt werden, sobald der klagende Gatte dies verlangt; auf Antrag des verklagten Gatten oder von Amtswegen darf die Aussetzung aber nur dann erfolgen, wenn die Klage auf einen der vorstehend unter 1 d bezeichneten Ehescheidungs­ gründe gestützt ist; liegt ein anderer Grund (z. B. Ehebruch oder Geisteskrankheit) der Klage zu­ grunde, so ist das Gericht zur Aussetzung des Ver­ fahrens ohne Antrag des klagenden Teils nicht be­ fugt. Auf Antrag eines der Gatten kann das Gericht für die Dauer des Scheidungsprozesses das Getrenntleben der Ehegatten gestatten, ihre gegenseitige Unterhaltspflicht (siehe „Ehegatten 2") und ihre gegenseitigen Pflichten in bezug auf den Unterhalt der Kinder ordnen, sowie wegen der Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder (siehe unten 4), soweit es sich nicht um die gesetzliche Vertretung handelt, geeignete Anordnungen treffen [C 627]. In dem Urteil, das auf Scheidung der Ehe lautet, muß ausgesprochen werden, wer der schul­ dige Teil ist. Wird die Ehe wegen Ehebruchs geschieden, so muß auch die Person, mit der der Ehebruch begangen ist, in dem Urteil festgestellt werden. Es können auch beide Gatten für schuldig erklärt werden. Von einer Schuld kann natürlich, wenn die Ehe wegen Geisteskrankheit geschieden wird, keine Rede sein. Der Kläger (die Klägerin) kann selbst dann für schuldig erklärt werden, wenn der (die) Beklagte keine Widerklage erhoben hat. Die Schuldigerklärung im Scheidungsurieil hat für den dadurch Betroffenen gewisse rechtliche Folgen; siehe nachfolgend unter 3. Sie zieht aber weder eine Strafe für den Schuldigen nach sich (abge­ sehen vom Ehebruch; § 172 des Strafgesetzbuchs), noch steht sie einer Wiederverheiratung im Wege. 3. Folgen der Ehescheidung. Der Name der geschiedenen Frau [1577]. Die geschiedene Frau kann ihren Familiennamen (Mädchennamen) wieder annehmen; eine geschie­ dene Ehefrau Müller geb. Meyer kann sich also Frau Meyer nennen. Auch daß sie sich Frau Meyer geschiedene Müller nennt, wird ihr nicht verboten werden können. War die Frau vor Ein­ gehung der jetzt geschiedenen Ehe schon verheiratet gewesen, so kann sie auch den Namen wieder an­ nehmen, den sie führte, als die jetzt geschiedene Ehe geschlossen wurde, also wenn sie damals verwitwet war, ihren Witwennamen; wenn sie geschieden war, den Namen des früheren, von ihr geschiedenen Mannes (falls sie diesen Namen damals führen durfte); diesen früher von ihr geführten Namen (des früheren Ehemannes) darf sie aber jetzt, nach der Ehescheidung, nur dann wieder annehmen, wenn sie nicht in dem jetzigen EhescheidungsChristians, Rechtslexikon.

III. Stuft.

urteil für allein schuldig erklärt ist. In beiden vor­ gedachten Fällen, also, sowohl wenn die Frau nach der Scheidung ihren Mädchennamen wieder an­ nehmen will, als auch wenn sie einen etwaigen ftüheren Witwennamen oder den Namen eines früher von ihr geschiedenen Mannes wieder an­ nehmen will, ist erforderlich, daß sie eine Erklä­ rung, den früheren Namen wieder annehmen zu wollen, der zuständigen Behörde in öffentlich beglaubigter Form (siehe „Form der Rechts­ geschäfte 3") abgibt. [Die zuständige Behörde ist in Preußen, wenn die geschiedene Ehe vor einem preußischen Standesbeamten geschlossen war, dieser Standesbeamte; derselbe hat die schriftliche, gerichtlich oder notariell beglaubigte Erklärung der Frau entgegenzunehmen. Die Frau kann ihre Unterschrift unter der Erklärung aber auch durch den Standesbeamten selbst beglaubigen lassen, braucht dann also das Gericht oder den Notar nicht anzugehen (zur Beglaubigung eines Handzeichens ist der Standesbeamte nicht befugt). War die Ehe nicht vor einem preußischen Standesbeamten ge­ schlossen, so muß die Erklärung an das Amtsgericht gerichtet werden, in dessen Bezirke die Frau ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; sie kann ihre Unterschrift unter der Erklärung durch dasselbe Amtsgericht beglaubigen lassen oder die Beglaubigung durch ein anderes Gericht oder einen Notar vollziehen lassen und die Urkunde an das vorbezeichnete Amtsgericht senden; PA 68. — In Bayern ist die Erklärung dem Bezirksamt (in München der Polizeidirektion) gegenüber abzu­ geben, und zwar entweder so, daß sie bei dieser Behörde selbst (oder bei einer anderen von ihr er­ suchten Behörde) zu Protokoll gegeben wird, oder in der Weise, daß die schriftliche, durch einen No­ tar beglaubigte oder beurkundete Erklärung der Behörde eingereicht wird; V 24/12 99, 16—19; Min. Bek. 18/1 02. — In Sachsen ist die Er­ klärung gegenüber dem Amtsgericht abzugeben, in dessen Bezirke die Frau ihren Wohnsitz oder ge­ wöhnlichen Aufenthaltsort hat; SV 32. — In Württemberg kann die Erklärung bei jedem Standesbeamten abgegeben werden; W 259; — in Baden bei dem Amtsgericht, bei welchem einer der Gatten seinen „allgemeinen Ge­ richtsstand", also z. B. seinen Wohnsitz hat; Bd I 28. — In Elj.-Lothr. ist die Erklärung gegen­ über dem Standesbeamten abzugeben, vor dem die Ehe geschlossen ist. Ist die Ehe nicht in Els.-Lothr. geschlossen, so kann die Frau sie gegenüber der Staatsanwaltschaft des Landgerichts abgeben, in dessen Bezirk sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhn­ lichen Aufenthalt hat; EL 117. — In Hamburg ist die Aufsichtsbehörde für die Standesbeamten zuständig; Hb 68.] Solange die Frau die vorgedachte schriftliche Erklärung nicht in der vorgeschriebenen Form ab­ gegeben hat, führt sie von Rechtswegen, nach wie vor, den Namen des von ihr geschiedenen Mannes. Sie hat das Recht, diesen Namen auch als ge­ schiedene Frau weiterzuführen; daß sie sich dabei als „geschiedene" Frau bezeichnet, verlangt das Gesetz nicht. Nur wenn sie in dem Ehescheidungs­ urteil allein für schuldig erklärt ist, ist der ge­ schiedene Mann (nicht aber nach seinem Tode die Familie oder die Erben) berechtigt, ihr die Fort­ führung seines Namens zu untersagen; er kann dies sofort tun; aber auch später, da dieses Recht nicht verjährt. Auch dieses Verbot muß, um rechtswirksam zu sein, vom Manne der zuständigen

6

Behörde (siehe vorstehend) gegenüber in öffent­ licher beglaubigter Form erklärt werden. So­ lange diese Formalität nicht erfüllt ist, kann also die Frau den Namen des Mannes weiterführen; erst wenn ihr behördlich mitgeteilt ist, daß der Mann ihr die Fortführung seines Namens unter­ sage, mutz sie ihren Familien- (Mädchen-) Namen wieder annehmen. Führt sie den Namen ihres Mannes unbefugt weiter, so kann ihr der Mann dies im Prozeßwege untersagen. Ob und welchen Einfluß die Scheidung auf den Stand und Rang der Frau hat, ob sie insonderheit den Adel des Mannes weiterführen darf, darüber enthält das Gesetzbuch keine Vorschriften; die Bestimmung hier­ über steht der Landesgesetzgebung zu. Entschädigung oder Unt erh alts anspruch des geschiedenen Gatten [1578 bis 1583]. Dem an der Scheidung unschuldigen Ehegatten steht im allgemeinen ein Anspruch auf Entschädigung oder auf Abfindung wegen der ihm durch die Auflösung der Ehe etwa ent­ gehenden Vorteile gegen den anderen Gatten nicht zu; nur hat er unter den nachfolgend mitgeteilten Voraussetzungen einen Unierhaltsanspruch (Alimentationsanspruch) gegen ihn. Der allein für schuldig erklärte Mann hat seiner geschiedenen Frau den standesmäßigen Unterhalt insoweit zu gewähren, als sie ihn nicht aus den Einkünften ihres Vermögens und (oder) aus dem Ertrage ihrer Arbeit bestreiten kann, wenn nach den Verhält­ nissen, in denen die Ehegatten gelebt haben, ein Erwerb durch Arbeit der Frau üblich ist. Die Frau braucht also ihr Stammvermögen zur Be­ streitung ihres Unterhalts nicht anzugreifen. Ist dagegen die Frau der allein für schuldig erklärte Teil, so ist sie verpflichtet, dem Manne den standes­ gemäßen Unterhalt insoweit zu gewähren, als er außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Der Mann kann keinen Unterhalt von der geschiedenen Frau fordern, solange er noch Vermögen hat, das er zusetzen kann; die Unterhaltspflicht der Frau tritt erst ein, wenn er vermögenslos ist und das zum Lebensunterhalt Nötige durch Arbeit nicht mehr erwerben kann. Die Unterhaltsverpflichtung beider Gatten setzt ferner voraus, daß der Ver­ pflichtete zum Unterhalt des anderen imstande ist; die Verpflichtung kann sich daher vermindern oder ganz aufhören, wenn die Vermögensverhältnisse des Verpflichteten sich verschlechtern. Das Gesetz fordert hier eine genaue Feststellung der Ver­ mögenslage. Der zum Unterhalt verpflichtete Gatte muß natürlich imstande bleiben, den ihm etwa sonst obliegenden Verpflichtungen nachzukommen, z. B. Steuern und Abgaben zu zahlen, Schulden zu ver­ zinsen k. Er muß auch selbst leben können. Ist er nicht imstande, bei Berücksichtigung seiner son­ stigen Verpflichtungen ohne Gefährdung des eigenen standesmäßigen Unterhalts dem anderen Ehegatten den geschuldeten Unterhalt zu gewäh­ ren, so ist er berechtigt, von den zu seinem Unter­ halt verfügbaren Einkünften zwei Dritteile für sich zu behalten und nur das übrigbleibende Dritteil dem geschiedenen Gatten zu überlassen [1579]. Die ihm verbleibenden zwei Dritteile müssen aber zu seinem notdürftigen Unter­ halte ausreichen; andernfalls darf er soviel, als hierzu erforderlich ist, mehr für sich behalten; der Unterhaltsberechtigte muß sich dann mit dem Reste begnügen. Hat der unterhaltsverpflichtete geschie­ dene Gatte einem minderjährigen unverheirateten Kinde (oder mehreren) oder, wenn er sich wieder

verheiratet hat, dem neuen Ehegatten Unterhalt zu gewähren, so beschränkt sich seine Verpflichtung dem geschiedenen Galten gegenüber auf das, was unter Berücksichtigung aller Verhältnisse billiger­ weise von ihm verlangt werden kann; es muß hier nötigenfalls das richterliche Ermessen entscheiden; es kann darnach unter Umständen seine UnterhaltsVerpflichtung ganz in Wegfall kommen (r). Hat sich aber der schuldige Gatte mit dem Geschiedenen vor seiner Wiederverheiratung etwa über den ihm in einer bestimmten Summe zu leistenden Unter­ halt geeinigt, so ist dies für den wieder heiratenden Gatten bindend (r). — Ist der Mann nach seinen Vermögens- und Erwerbsverhältnissen nicht im­ stande, neben seinen sonstigen Verpflichtungen und dem eigenen standesmäßigen Unterhalt auch noch die geschiedene Frau zu unterhalten, so kann diese gar nichts verlangen, wenn und solange sie selbst Vermögen hat und ihren Unterhalt aus dem Stamme ihres Vermögens bestreiten kann, oder wenn sie Eltern oder sonstige ihr zur Gewährung des Unterhalts verpflichtete Verwandte (siehe „Un­ terhaltspflicht") hat (r). — Der Unterhalt ist nicht in Natur zu leisten, sondern dem Berechtigten regel­ mäßig in Form einer Geldrente zu gewähren; der Betrag der Rente ist, wenn die Beteiligten sich nicht einigen, durch das Gericht festzusetzen. Über die Zeit der Rentenzahlung siehe das Nähere unter „Leibrente". Der Verpflichtete ist zu einer Sicher­ heitsleistung für die pünktliche Zahlung der Rente verpflichtet, wenn eine solche nach den Umständen geboten ist. Eine Kapitalabfindung (statt der Rente) kann der Berechtigte nur aus besonderen Gründen verlangen; selbstverständlich können sich aber die Beteiligten über eine einmalige Geldab­ findung des Berechtigten gültig einigen. Die Unterhaltspflicht hört auf, wenn der Berechtigte sich wieder verheiratet. Ist die zu zahlende Geld­ rente durch gerichtliches Urteil festgesetzt, so kann der Verpflichtete demnächst eine Abänderung des Urteils verlangen, wenn die Verhältnisse, die für die Bemessung der Rente maßgebend gewesen sind, sich wesentlich verändert haben sollten; geeigneten» falls kann er auch nachträglich Sicherheitsleistung oder Erhöhung der schon geleisteten Sicherheit fordern [C 323, 324]. Stirbt der zur Gewährung des Unterhalts Ver­ pflichtete, so geht seine Verpflichtung zur Renten­ zahlung grundsätzlich aus seine Erben über; ihre Verpflichtung wird auch dadurch nicht gemindert oder gar aufgehoben, daß sich später ihre Ver­ mögenslage etwa verschlechtert; doch muß sich der Berechtigte eine Herabsetzung der Rente bis auf die Hälfte der Einkünfte gefallen lassen, die der verstorbene geschiedene Gatte zur Zeit seines Todes aus seinem Vermögen gezogen hat. Ist eine Ehe wegen Geisteskrankheit geschieden, so hat den Ehegatte dem Kranken Unterhalt in gleicher Weise zu gewähren, wie ein für schuldig erklärter Ehe­ gatte. Herausgabe von Geschenken [1584]. Ist einer der Ehegatten bei der Scheidung allein für schuldig erklärt, so muß er alles, was er von dem anderen Galten während des Brautstandes oder der Ehe geschenkt erhalten hat, diesem aus Verlangen wieder herausgeben. Die Rück­ forderung ist jedoch nicht mehr zulässig, wenn seit der Rechtskraft des Scheidungsurteils ein Jahr verstrichen ist oder wenn der Schenker oder der Beschenkte gestorben ist, ohne daß er die Rückgabe verlangt hat. Die Herausgabe des Geschenkten

geschieht nach den Vorschriften über die Heraus­ gabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (siehe .das). Erbrecht des geschiedenen Gatten. Mit der Scheidung fällt natürlich auch das gesetz­ liche gegenseitige Erbrecht der Ehegatten weg, da ein geschiedener Ehegatte kein Ehegatte mehr .ist und als solcher daher nicht mehr erben kann. (Über die Wirkung, die bereits die erhobene Schei­ dungsklage auf das Erbrecht der Gatten hat, siehe .„Gesetzliche Erben 2".) Eine letztwillige Ver­ fügung (Testament rc.), die ein Ehegatte oder Verlobter zugunsten des anderen gemacht hat, wird durch die Scheidung ungültig, wenn nicht aus be­ sonderen Gründen anzunehmen ist, daß der Erb­ lasser auch für den Fall einer Scheidung den anderen Galten bedacht haben wollte [2077]. Ebenso ist es, wenn die Verlobten oder Ehegatten sich in einem Erbvertrage (der auch mit einem -Ehevertrage verbunden sein kann) zu Erben eingesetzt oder sonst bedacht haben. Das hinsichtlich des Vermögens der Ehegatten bestehende Rechts­ verhältnis hört mit der Scheidung auf, mögen die Gatten nun nach dem gesetzlichen Güterrecht (siehe .„Eingebrachtes Gut der Frau") gelebt oder irgend «in anderes Güterrecht für ihre Ehe in einem Ehevertrage festgesetzt haben; es muh daher jetzt eine Vermögensauseinandersetzung zwischen den Gatten stattfinden. Diese Auseinandersetzung .erfolgt nach den Vorschriften, die für das zwischen den Gatten bestehende Güterrecht besonders ge­ geben sind; es ist das Nötige darüber bei der Dar­ stellung des betreffenden Güterrechts gesagt wor­ den. Über die Auseinandersetzung bei allgemeiner Gütergemeinschaft der Ehegatten enthält der tz 1478 des Gesetzbuchs besondere Vorschriften. 4. Verhältnis der geschiedenen Gatlen zu den Mindern. Was das Verhältnis .Zwischen den geschiedenen Eltern und ihren (gemein­ schaftlichen) Mindern anlangt, so wird dieses im großen und ganzen durch die erfolgte Scheidung micht berührt; es bleiben die gegenseitigen Rechte mnd Pflichten, insbesondere die elterliche Gewalt, bestehen (siehe darüber „Eltern und Kinder"). Einige Änderungen müssen aber doch naturgemäß «intreten. Welchem Ellernteil die Sorge für die Person der Kinder, insbesondere ihre Er­ ziehung, künftig zusteht und welche Rechte in bezug auf den persönlichen Verkehr mit .'den Kindern der andere Gatte hat, darüber ist in dem Artikel „Eltern und Kinder" unter 4 das "Nähere mitgeteilt. Die aus den allgemeinen gesetz­ lichen Vorschriften sich ergebende Verpflichtung der Eltern zum Unterhalt ihrer Kinder (siehe „Un­ terhaltspflicht 1") wird durch die Scheidung nicht berührt; es ist hierauf ohne Einfluß, welchem Ellernteil die Erziehung des Kindes nach dem Ge­ setz zusteht. Hat hiernach der Mann einem Kinde Unterhalt zu gewähren, so muß er diesen zunächst hem Lorbesprochenen unzulässige Einwirkung auf Jetnt Srundstück ausüben werden [907]. Es konnmtn hier z. B. in Betracht Abortsanlagen, DungMten, Gossen, industrielle Anlagen, wie Schlächtereien, Bäckereien u. dergl.; Bäume und Sträucher gehören nicht hierher (siehe jedoch unten f und k). Das Gesetz gibt deshalb dem Grund­ eigentümer das Recht, zu verlangen, daß solche An­ lagen unterbleiben, oder, wenn sie bereits errichtet sind, daß sie entfernt werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn landes gesetzliche Vorschriften be­ stehen, die für derartige Anlagen einen bestimmten Abstarb von der Grenze oder sonstige Schutzmahregeln vorschreiben, und die betreffende Anlage diesen Vorschriften genügt. In solchen Fällen mutz der Grundstückseigentümer die Anlage zunächst dulden; er kann ihre Beseitigung erst verlangen, wenn sich gezeigt hat, daß die Anlage tatsäch­ lich eine unzulässige Einwirkung auf sein Grund­ stück zur Folge hat. (Für gewisse Anlagen, die zwar nicht derart lind, dah nach dem Vorstehenden ihre Beseitigung von den Grundstücksnachbaren verlangt werden kann, die aber für die Eigentümer oder Bewohner der Nachbargrundstücke oder für das Publikum überhaupt belästigend oder gefährlich sind, bedarf es übrigens nach den Bestimmungen der Ge­ werbeordnung einer Genehmigung der Ver­ waltungsbehörde.) Droht einem Grundstück die Gefahr, daß es durch Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen Werkes, das mit einem Nach­ bargrundstück verbunden ist, oder durch die Ab­ lösung von Teilen des Gebäudes oder des Werkes beschädigt wird, so kann der Eigentümer des be­ drohten Grundstücks von dem, der nach den §§ 836 Abs. 1, 837, 838 des Gesetzes für den eintretenden Schaden verantwortlich sein würde (siehe „Ge­ bäudeeinsturz") verlangen, dah er die zur Abwen­ dung der Gefahr erforderliche Vorkehrung trifft 1908]. e) Ein Grundstück darf nicht in der Weise ver­ tieft werden, dah der Boden des Nachbargrund­ stücks die erforderliche Stütze verliert (was z. B. auch dadurch geschehen kann, dah infolge der Ent­ ziehung des Grundwassers das darüber liegende Erdreich sich senkt (r)), es sei denn, dah für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist [909]. Ist die Schädigung mit Sicherheit voraus­ zusehen, so kann der Bedrohte die Weiterführung der Arbeit untersagen und die Beseitigung des be­ reits Ausgeführten verlangen, wenn nicht für ge­ nügende anderweitige Befestigung gesorgt wird. f) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbar2rund stück eingedrungen sind, abschneiden und behalten [910]. Das gleiche gilt von her­

überragenden Zweigen, wenn der Eigen­ tümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine an­ gemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt. Dem Eigentümer steht dieses Recht jedoch nicht zu, wenn die Wurzeln oder Zweige die Benutzung seines Grundstücks nicht beeinträchtigen. Das ab­ geästete Holz fällt dem zu, der die Beseitigung vorgenommen hat. [Für Grundstücke, die am 1. Januar 1900 mit Wald bestanden sind, ent­ hält E 183 eine Übergangsvorschrift.] In bezug auf Obstbäume, die auf der Grenze oder auf dem Nachbargrundstücke stehen, bleiben übrigens etwaige abweichende landesgesetzliche Vorschriften in fimft [E 122]. Früchte, die von einem Baume oder einem Strauche auf ein Nachbargrundstück hinüber fallen, gelten als Früchte des Grundstücks, auf das sie gefallen sind [911]; es kann sie also der Eigentümer, Besitzer, Pächter rc. dieses Grundstücks, der den Fruchtgenuh von dem­ selben hat, sich aneignen. Der Eigentümer des Baums hat nicht das Recht, das Nachbargrundstück zum Zwecke des Abnehmens oder Auflesens der Früchte zu betreten. Ist dagegen das Nachbargrundstück, auf das die Früchte gefallen sind, ein dem öffentlichen Gebrauch dienendes, z. B. ein öffentlicher Weg oder Platz, so bleiben die Früchte Eigentum des Baumbesitzers. Über die Früchte von einem Grenzbaume siehe unten k. g) Bauen über die Grenze (Überbau) [912—916]. Hat ein Grundstückseigentümer bei der Errichtung eines Gebäudes (nicht einer bloßen Mauer u. dergl.) über die Grenze gebaut, ohne dah ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt (dah dieses nicht der Fall ist, muh er be­ weisen (r)), so muh der Besitzer des Nachbargrundstücks den Überbau gegen eine ihm zu zah« lende Entschädigung dulden, es sei denn, dah er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat. Solange der Nachbar den Überbau dulden muh, wird ihm vom Gesetz als Entschädigung das Recht auf eine jährlich im Vor­ aus zu entrichtende Geldrente gewährt; für die Höhe der Rente ist, um fortgesetzte nachbarliche Streitigkeiten über den jeweiligen Wert der über­ bauten Fläche abzuschneiden, ein für allemal die Zeit, in der die Grenze überbaut wurde, mahgebend; im übrigen ist die Höhe der Rente dem Betrage des Schadens anzupassen, der dem zur Duldung des Überbaus Verpflichteten daraus erwächst. Die Rente ist dem jeweiligen Eigentümer des Nachbar­ grundstücks von dem jeweiligen Eigentümer des anderen Grundstücks zu entrichten. Die Rente muh jährlich im Voraus gezahlt werden. Das Recht auf die Rente geht allen Rechten an dem belasteten Grundstück, auch den älteren, vor. Gs erlischt mit der Beseitigung des Überbaues. Das Recht wird nicht in das Grundbuch eingetragen. Soll jedoch auf das Recht verzichtet werden oder wollen die Beteiligten einen bestimmten Betrag der Rente vereinbaren und festsetzen, so muh solches, um gegen dritte Personen wirksam zu sein, in das Grundbuch eingetragen werden. Im übrigen fin­ den die Vorschriften Anwendung, die für eine zu­ gunsten des jeweiligen Eigentümers eines Grund­ stücks bestehende Reallast (siehe das) gellen. Der Rentenberechtigte kann jederzeit verlangen, dah der Rentenpflichtige ihm gegen Übertragung des Eigen­ tums an dem überbauten Teile des Grundstücks den Wert ersetzt, den dieser Teil zur Zeit der Grenzüberschreitung gehabt hat. Macht er von

dieser Befugnis Gebrauch, so bestimmen sich die Rechte und Verpflichtungen beider Teile nach den Vorschriften über den Kauf. Für die Zeit bis zur Übertragung des Eigentums ist die Rente fortzuentrichten. Wird durch den Überbau ein Erbbau­ recht oder eine Dienstbarkeit an dem Nachbar­ grundstücke beeinträchtigt, so finden zugunsten des Berechtigten die vorstehend mitgeteilten Vorschrif­ ten entsprechende Anwendung. Hat der Nachbar vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit übergebaut oder han­ delt es sich nicht um ein Gebäude, sondern um eine Mauer oder dergl., so kann der Geschädigte Ab­ bruch des Gebäudes, der Mauer rc. verlangen. h) Gestaltung eines Notweges [917, 918]. Fehlt einem Grundstücke die zur ordnungs­ mäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, daß sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grund­ stücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notweges und der Um­ fang des Benutzungsrechts werden erforderlichen­ falls durch richterliches Urteil bestimmt. Die Dul­ dung des Notweges soll gegen eine Notlage Abhülfe schaffen; eine solche liegt aber nicht vor, wenn der (Eigentümer durch eigene Willkür den Zustand herbeigeführt, z. B. einen bestehenden Weg zerstört, eine den Zugang vermittelnde Brücke abgebrochen hat; in solchem Falle können die Nachbarn zur Gewährung eines Notweges nicht gezwungen werden. Ein Notweg kann auch nur verlangt werden, wenn die ordnungsmäßige Benutzung des Grundstücks die Verbindung er­ fordert; es muß eine Benutzungsart sein, zu der das Grundstück seiner Natur nach bestimmt ist. Nicht bloß ein unmittelbarer Nachbar, sondern auch die weiterhin zwischen dem öffentlichen Wege und dem Grundstück liegenden Grundeigentümer sind zur Duldung des Notweges verpflichtet. Wird infolge der Veräußerung eines Teiles eines Grundstücks der veräußerte oder der zurückbehaltene Teil von der Verbindung mit dem öffentlichen Wege abgeschlossen, so hat der Eigentümer des­ jenigen Teils, über den die Verbindung bisher stattgefunden hat, den Notweg zu dulden. Der Veräußerung eines Teils steht die Veräußerung eines von mehreren demselben Eigentümer gehören­ den Grundstücken gleich. Der Nachbar oder die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, können dafür von dem Grundbesitzer, der den Notweg in Anspruch nimmt, nach dem Gesetz als Entschädigung eine Geldrente beanspruchen, über die dasselbe gilt, was vorstehend unter g über die Rente wegen Duldung eines Überbaus gesagt ist; sie dürfen aber nicht etwa den Notweg verweigern, weil und solange die Rente noch nicht festgesetzt oder bezahlt ist. Noch weniger können sie an Stelle der jährlichen Rente eine Kapitalentschädigung fordern oder gar verlangen, daß der Wegebedürftige ihnen den zum Wege erforderlichen Grund abkaufe. Die Verpflichtung zur Duldung des Notweges dauert nur solange, als die Notlage währt; sie hört also z. B. auf, wenn das Grund­ stück von einem neu angelegten Wege aus zugäng­ lich ist. [Das vorstehend Gesagte und künftig im ganzen deutschen Reiche Geltende bezieht sich auf die Verbindung eines Grundstückes mit einem öffentlichen Wege. Zn manchen Staaten bestehen ober Vorschriften, wonach jemand unter bestimmten Voraussetzungen auch einen Notweg für sein Grund­

stück zum Zwecke der Verbindung mit einer Wasserstraße oder einer Eisenbahn ver­ langen kann. Diese landesgesetzlichen Be­ stimmungen behalten auch fernerhin Gültigkeit [E 123]. i) Grenzzeichen, Grenzbefriedigun­ gen. Grenzstreitigkeilen. Jeder Grund­ eigentümer kann von seinem Nachbar verlangen, daß er zur Errichtung fester Grenzzeichen (Grenzmarken, Grenzsteine rc.) und, wenn ein Grenzzeichen verrückt oder unkenntlich geworden ist, zur Wiederherstellung des ordnungsmäßigen Zu­ standes mitwirkt [919]. Die Kosten sind von den Beteiligten zu gleichen Teilen zu tragen, sofern sich nicht aus einem zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisse etwas anderes ergibt. Welcher Art die zu setzenden Grenzzeichen sein müssen undin welcher Weise bei der Errichtung oder Wieder­ herstellung (Abmarkung) zu verfahren ist, darüber haben die Landesgesetze zu bestimmen; fehlen aus­ drückliche gesetzliche Bestimmungen, so entscheidet die Ortsüblichkeil. Läßt sich im Falle einer Grenzverwirrung die richtige Grenze nicht ermitteln, so ist für die Abgrenzung der Besitzstandmaßgebend, d. h. als Grenze wird diejenige Linie bestimmt, bis an die der Betreffende seinen Besitz tatsächlich erwiesen hat [920]. Kann keiner der Streitenden den Besitz bis an die von ihm be­ hauptete Grenze beweisen, bleibt also zwischen beiden Grundstücken ein Erundstreifen (ober mehrere) in der Mitte liegen, dessen Besitz keiner nachweisen kann (obwohl feststeht, daß er entweder zu dem einen oder zu dem anderen Grundstück ge­ hört), so ist jedem der Grundstücke ein gleich großes Stück der streitigen Fläche zuzuteilen; dabei bleiben Wert und Bonität der zugeteilten Hälften außer Betracht. „Soweit eine diesen Vorschriften ent­ sprechende Bestimmung der Grenze zu einem Er­ gebnisse führt, das mit den ermittelten Umständen, insbesondere mit der feststehenden Größe der Grund­ stücke, nicht übereinstimmt, ist die Grenze so 31t ziehen, wie es unter Berücksichtigung dieser Um­ stände der Billigkeit entspricht." Steht beispiels­ weise, wenn die richtige Grenze nicht erwiesen, werden kann, der Flächengehalt der beiden Grund­ stücke dahin fest, daß das eine 100 qm, das andere 200 qm hält, so ist dieses Größenverhältnis ohne Rücksicht auf den etwa erwiesenen Besitzstand für die Bestimmung der Grenze maßgebend. Zur Ordnung der zwischen Nachbargrundstücken bestehenden Grenzverhältnisse bestimmt das Gesetz noch folgendes [921]: Werden Nachbar­ grundstücke durch eine Einrichtung irgendwelcher Art, die offensichtlich zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, z. B. durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder dergleichen, so wird gesetz­ lich vermutet (d. h. es wird solange angenommen, bis etwa einer der Beteiligten das Gegenteil be­ weist), daß die Einrichtung auf der Grenze steht und daß die Nachbarn zur Benutzung dieser Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt, sind. Diese Vermutung tritt aber dann nicht ein, wenn irgendwelche äußere Merkmale darauf hin­ weisen, daß die Einrichtung einem der Nachbarn, allein gehört. Die Bestimmung bezweckt also, für den Fall, daß sich äußerlich nicht ergibt und auch sonst nicht erwiesen werden kann, daß eine der­ artige Einrichtung zu dem einen oder anderen Grundstück allein gehört, das Verhältnis

1)ahin zu ordnen, daß beide Nachbarn gemein­ schaftlich zur Benutzung der Einrichtung berechtigt fein sollen. Welcher Art die Merkmale sein müssen, die dartun sollen, daß die Grenzeinrichtung dem tuten oder anderen Grundeigentümer ausschließlich gehört, darüber sagt das Gesetz nichts; es wird in dieser Beziehung vielfach der Ortsgebrauch von Bedeutung sein, indem z. B. aus der Stellung der Pfosten bei Planken, etwaiger Nischen bei Mauern, aus der Anbringung von Inschriften, Wappen rc. ein Schluß darauf gezogen werden kann, daß die Planke, die Mauer rc. dem Eigentümer der be­ treffenden Seite allein gehört. Sind hiernach die Nachbarn zur Benutzung der Grenzeinrichtung ge­ meinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird [922]. Die Unterhal­ tungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestände der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft (siehe das). [Für das bisherige Gebiet des Rheinischen Rechts enthält PA 23 besondere Bestimmungen über die Erhöhung und Erbreiterung von Mauern, die in der Weise auf der Grenze stehen, daß die eine Hälfte zum einen, die andere Hälfte .zum anderen Grundstücke gehört. Ähnliche Bestim­ mungen sind für Bayern erlassen; B 68—70.] k) Grenzbäume [923]. Steht ein Baum auf der Grenze (so daß also die Grenzlinie an der Erde durch den Stamm geht), so gebühren die Früchte, und wenn der Baum gefällt wird, auch der Baum den Nachbarn zu gleichen Teilen, auch wenn der Baum zum weitaus größten Teile auf t>em einen Grundstück steht. Jeder der Nachbarn kann die Beseitigung des Baumes verlangen; t>ie Kosten fallen beiden zu gleichen Teilen zur Last. Der Nachbar, der die Beseitigung verlangt, hat jedoch die Kosten allein zu tragen, wenn der andere auf sein Recht am Baume verzichtet, wogegen als­ dann dem ersteren der gefällte Baum allein gehört. Die Beseitigung eines Grenzbaumes kann nicht ver­ langt werden, wenn der Baum als Grenzzeichen dient und den Umständen nach nicht durch ein anderes zweckmäßiges Grenzzeichen ersetzt werden kann. Was vom Baume gesagt ist, gilt auch von einem auf der Grenze stehenden Strauch. (Hin­ sichtlich auf der Grenze stehender Ob st bäume bleiben aber etwa bestehende abweichende Vor­ schriften der Landesgesetze in Geltung [E 122]. Bezüglich der Grenzbäume und -Sträucher bei Waldgrundstücken enthält E 183 Übergangsvor­ schriften.) 3. Landesgesetzliche Vorschriften über das Nachbar recht. Die vorstehend mit­ geteilten Beschränkungen des Eigentums an Grund­ stücken sind Reichsrecht, das durch Landesgesetze nicht geändert werden kann. Aber es ist den ein­ zelnen Bundesstaaten ausdrücklich das Recht vor­ behalten, noch weitergehende Beschrän­ kungen des Rechts an Grundstücken zu­ gunsten der Nachbarn im Wege der Gesetzgebung einzuführen. Bereits bestehende Vorschriften dieser Art bleiben auch künftig in Kraft. So bestehen beispielsweise landesgesetzliche Vorschriften über das sog. Hammerschlags - oder Leiterrecht (das Recht, Baugerüste auf oder über des Nachbars

Boden zu errichten und sonst das Nachbargrundstück vorübergehend zu Bau- oder Reparaturzwecken zu benutzen) in Preußen [Allg. L.R. I 6, 155; PA 89], in Sachsen [BGB. 350, S. 53], in Hessen [A.E. 83]; über das sog. Umwenderecht (Tret-, Trepp-, Kehr-, Pflugrecht) z. B. in Bayern [B 76, 79], in Weimar [A.G. 114]; über den Abstand der Dachtraufe in Württemberg [W 219—221], in Baden [Bd 24], in Els. Lothr. [EL 60]; über das sog. Fenster- oder Lich treckt in Preußen [Allg. L.R. I 3, 138, 142—144, 146; Cod. civ. 675—680; PA 89], in Bayern [B 62—67], in Württemberg [W 222], in Baden [Bd 19—22], in Els. Lothr. [EL 65 bis 68]; über Benutzung und Unterhaltung gemein­ schaftlicher Mauern in Preußen (für das rheinische Recht) [PA 23, 24], in Bayern [B 68—70]; über einen allgemeinen Bauabstand in Preußen [Allg. L.R. I 6, 139, 140, PA 89]; über den Abstand gewisser Anlagen, z. B. Dungstätten, Aborte, Brunnen, Kamine, von der Grenze in Württemberg [W 227—225], in Baden [Bd 18], in Els. Lothr. [EL 64]; über den Abstand von Bäumen, Sträu­ chern, Hecken rc. von der Grenze in Preußen [Cod. civ. 671, 672]; in Bayern [B 71—75], in Württemberg [W 229—254], in Baden [Bd 15—17]; in Hessen [A.G. 85—89], in Els. Lothr. [EL 62, 63] rc. Solche Rechte bestehen künftig nur noch, wenn sie landesgesehlich anerkannt sind oder wenn sie auf Vereinbarung beruhen. Auch solche Landesgesetze, die in öffentlichem Interesse das Eigentum in Ansehung tatsächlicher Verfügungen beschränken, z. B. in bezug auf das Bebauen von städtischen Grundstücken, auf die Waldkultur rc., bleiben in Kraft. Die Befugnis der Landesregierungen, durch Polizeigesetze die nachbarlichen Verhält­ nisse weiter zu-ordnen, bleibt gleichfalls unberührt. Den Beteiligten ist es übrigens unbenommen, durch vertragsmäßige Vereinbarungen ihre nachbarlichen Beziehungen und Rechte anders, als es durch das Gesetz geschehen ist, zu ordnen. Die meisten der vorgedachten Ansprüche der Grundeigentümer unterliegen keiner Verjäh­ rung; das Nähere darüber bestimmt der § 924 des Gesetzbuchs. Grundeigentümer, Haftung für Schaden, s. Gebäudeeinsturz; Beleuchtung rc.; Öffentlicher Ver­ kehr rc.; Baum, Einsturz eines. Grunderwerb s. Grundeigentum 1 u. Auf­ lassung; durch einen Vormund s. Vormund 6B 3. Grundgerechtigkeiten s. Grunddienstbarkeit. Grundlose Bereicherung s. Ungerechtfertigte Bereicherung. Grundrente s. Reallasten, Rentenschuld. Grundsätze, allgemeine, über vertragsmäßige Leistungen s. Leistungen rc. Grundschuld, Mündelsicherheit einer, s. An­ legung von Mündelgeld 1; Pfandrecht an einer, s. Pfandrecht an Rechten rc. 2 a. Schl. Grundschuld [1191—1198]. Eine Grund­ schuld ist ein der Hypothek (siehe das) ganz ähn­ liches Recht; der Grundschuldgläubiger kann die Zahlung einer bestimmten Geldsumme, nach Vereinbarung auch Zinsen und andere Neben­ leistungen, aus dem Grundstück, auf das die Grund-

schuld eingetragen ist, verlangen. Es gelten für die Grundschuld im ganzen dieselben Vorschriften, wie für die Hypothek. Die abweichenden Bestimmungen sind im wesentlichen folgende: Für die Schuld haftet nur das Grundstück (oder die mehreren Grundstücke); ein persönlicher Schuldner, der etwa haftete, wenn der Gläubiger aus dem Grundstücke keine Befriedigung erlangte, ist nicht vorhanden. Da aber der Erundschuldgläubiger die Beitreibung der Summe aus dem Grundstück im Wege der Zwangsvollstreckung erlangen kann, so ist der Grundstückseigentümer allerdings gezwun­ gen, um dies abzuwenden, den Erundschuldbetrag an den Gläubiger zu zahlen. Die Grundschuld wird ebenso, wie die Hypothek, durch Vertrag mit dem (zeitigen) Grundstückseigentümer und Eintrag gung im Grundbuch begründet. Soll die Grundschuldsumme verzinslich sein, so muh dies unter Bezeichnung des Zinssatzes in dem Begrün­ dungsakte festgesetzt und im Erundbuche einge­ tragen werden. Das Kapital der Grundschuld wird erst nach vorgängiger Kündigung, die sowohl dem Eigentümer, als dem Gläubiger zusteht, fällig; die Kündigungsfrist beträgt gesetzlich sechs Monate. Die Beteiligten können aber anderes vereinbaren. Kapital, Zinsen rc. sind beim Mangel abweichender Vereinbarung an dem Orte zu zahlen, wo das Grundbuchamt seinen Sitz hat. Über die Erundschuld wird, sofern nicht etwa die Beteiligten die Erteilung des Briefes nicht wollen („ausschließen"), ein Grundschuldbries ausgestellt; es gilt hier das über Hypothekenbriefe (siehe „Hypothek 1") Gesagte. Ein Erundschuldbrief kann aber auf den Inhaber ausgestellt werden, welchenfalls die Vorschriften des Gesetzes über „Schuldver­ schreibungen auf den Inhaber" (siehe das) ent­ sprechende Anwendung finden. Der Eigentümer kann auch für sich selbst Grundschulden zu be­ liebigem Betrage auf seinen Besitz eintragen lassen, um sich zu gelegener Zeit vermittelst der ihm aus­ gestellten Erundschuldbriefe Kapital zu verschaffen. Nehmen wir an, daß zurzeit Geld leicht und billig zu haben ist, so kann ein Grundeigentümer, um sich für den Fall etwa eintretender Geldnot zu sichern, zunächst eine Grundschuld für sich an erster Stelle eintragen lassen, dann Hypotheken zu mäßigem Zinsfuß zur zweiten, dritten k. Stelle aufnehmen und sich den Grundschuldbrief für schwierige Zeiten zurücklegen. Der Eigentümer, der selber Erundschuldinhaber ist, kann aber eine Zwangsvollstreckung in sein Grundstück zu seiner eigenen Befriedigung nicht betreiben; Zinsen ge­ bühren ihm nur, wenn das Grundstück auf Antrag eines anderen zum Zwecke der Zwangsverwaltung in Beschlag genommen ist, und nur für die Dauer der Zwangsverwaltung. Eine Hypothek kann jederzeit in eine Grundschuld und umgekehrt eine Grundschuld in eine Hypothek verwandelt werden, ohne daß es der Zustimmung der sonstigen Erundstücksberechtigten (Hypothekgläubiger rc.) bedarf. Grundschuldbrief s. Grundschuld. Grundsteuern s. Lasten. Grundstücke. Zubehör von, s. Zubehör; Ver­ fügungen eines Vormundes über, s. Vormund 68 1; Rechte eines Grundstücks gegen ein anderes s. Grunddienstbarkeiten; Erwerb des Eigentums an Grundstücken s. Auflassung, Grundeigentum; Nichtannahme eines geschuldeten Grundstücks s. Verzug 2; Eintragung der Grundstücke im Grundbuch s. Grundbuch; Verpfändung von Grundstücken j.

Hypothek; Verkauf von Grundstücken s. LuflassunA 2; Ersitzung von Grundstücken s. Ersitzurg 1; Ver­ mächtnis eines Grundstücks s. Auflassung: Instand­ haltung und Beleuchtung von Gruwstücken s. Öffentlicher Verkehr rc. Siehe auch: Grumeigentum. Grundstücksmäkler s. Mäkler. Grundstücksmiete s. Miete. Grundstücksübertragungsverträge s. Auf­ lassung 2. Grundstücksveräutzerungsverträge, Zorm der­ selben, s. Auflassung 2; Übernahme ron Hypo­ theken in, s. Übernahme einer fremden Schuld. Grundwasser, Entziehung des, s. (Enmbetgen^ tum 2 c. Grundzinsen s. Reallasten. Gut, eingebrachtes, der Frau s. EngebrachtesGut der Frau. Siehe auch: Landgut. Gute Sitte, Verträge gegen die, s. Sitte. Guter Glaube bei Ersitzung bewegliyer Sachen s. Ersitzung 2; beim Eigentumserwerb an beweg­ lichen Sachen s. Bewegliche Sachen, Eicentum an. Gütergemeinschaft, allgemeine, mter Ehe­ gatten [1437—1518]. Verlobte oder Ehegatten können, wenn sie einen Ehevertra; schließen wollen (siehe „Eingebrachtes Gut der Frau 1"), bestimmen, daß für ihre Ehe die allgemeine Gütergemeinschaft gelten soll. Sott selbst^ ohne Vertrag, tritt diese Gütergemeinschaft jetzt nicht mehr ein. Ist einer der Beteiligten noch minderjährig, so muß er selber mit Zustimmung, des Vaters (der Mutter) oder des Vormundes den Vertrag abschließen. Steht er unter Vormund­ schaft, so ist außerdem die Genehmigung des Vor­ mundschaftsgerichts erforderlich. Wird die Güter­ gemeinschaft festgesetzt, so ist das Verhältnis der Gatten zueinander in bezug auf ihre VermögensVerhältnisse das nachfolgend in seiner Erundzügen dargestellte. 1. Das Vermögen des Mannes und das der Frau bilden künftig nur ein Vermcgen, das sog. Gesamtgut. Was früher dem Manne oder der Frau gehörte oder was der Mann »der die Frau künftig erwerben, gehört jetzt den leiden Gatten zusammen, ohne daß es einer Übertragung der Ver­ mögensgegenstände von dem einen arf den anderen oder einer Umschreibung int Grundbrch ic. bedarf; es kann aber jeder Gatte verlangn, daß der etwaige Grundbesitz im Grundbuch auf den ge­ meinschaftlichen Namen umgeschriebet wird. Von dem Übergange in das Gesamtgrt sind solche Gegenstände ausgeschlossen, die gesetlich auf einen anderen nicht übertragen werden kamen, z.B. Fi­ deikommisse, Lehen; hier fallen nur !>ie Erträge in die Gütergemeinschaft. Ferner ist von der Ge­ meinschaft ausgeschlossen das Vorkehaltsgut. Es kann jeder Ehegatte im Ehevertnge einen Teil seines Vermögens oder einzelne Vennögensgegenstände für sich als sein Vorbehaltsout bestimmen. Dies kann besonders mit Rücksicht cuf die Siche­ rung der Frau unter Umständen zueckmäßig sein. Vorbehaltsgut ist ferner, was einem der Ehegatten durch Erbfolge, durch Vermächtnis, als Pflichtteil oder durch Schenkung zugefallen if, wenn dev Erblasser oder Schenker bei der Ziwendung be­ stimmt hat, daß das Zugewendete vorbehaltsguv sein, also nicht in die Gütergemeinschrft fallen solle, (siehe das Weitere über „Vorbehcitsgut" unten unter 4). Die Verwaltung des Gescmtguts ge­ bührt dem Manne; er ist berechtig, das ganze beiderseitige Vermögen in Besitz zu nehmen, dar-

über zu verfügen, Prozesse zu führen rc. Die Frau wird aber durch die Verwallungshandlungen des Mannes persönlich nicht verpflichtet; sie Haftel also für seine Schulden nicht mit ihrem etwaigen Vorbehcrltsgut. Im allgemeinen ist der Mann bei seiner Verwaltung des gemeinschaftlichen Vermögens an die Zustimmung der Frau nicht ge­ bunden; nur gewisse Rechtsgeschäfte bedürfen der Einwilligung der Frau (siehe §§ 1444, 1445, 1448 des Gesetzbuches). Schenkungen darf der Mann aus dem Gesamtgut ohne Einwilligung der Frau nicht machen; ausgenommen solche Geschenke, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird. Das Erfordernis der Einwilligung der Frau darf jedoch nicht dahin führen, daß der Mann dadurch in der ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesamt­ guts gehindert wird. Der Mann kann daher bei ungerechtfertigtem Widersprüche der Frau sich an das Vormundschaftsgericht wenden und bitten, daß dieses an Stelle der Frau die Genehmigung erteilt. Dasselbe Recht hat der Mann, wenn die Frau durch Krankheit oder Abwesenheit an der zu­ stimmenden Erklärung verhindert und mit dem Auf­ schübe Gefahr verbunden ist. Für die Verwaltung des Vermögens ist der Mann der Frau im allge­ meinen nicht verantwortlich; unter Umständen (§ 1456 des Gesetzbuchs) ist er ihr jedoch zum Schadensersatz verpflichtet. Die Frau kann sich, obwohl der Mann die Verfügung über das ge­ meinschaftliche Vermögen hat, durch Rechtsgeschäfte (Verträge rc.) persönlich verpflichten; ihr etwaiges Vorbehaltsgut haftet natürlich für die Schulden, die sie macht. Das gemeinsame Gut können aber die Gläubiger nicht angreifen, wenn nicht ein Ausnahmefall (§§ 1449 bis 1454) vorliegt. Ins­ besondere kann sie bei Krankheit oder Abwesenheit des Mannes oder, wenn Gefahr im Verzüge, ihn in der Geschäftsführung vertreten. Auch kann sie, wenn zur Besorgung ihrer persönlichen An­ gelegenheiten ein Rechtsgeschäft erforderlich ist, zu dem der Mann ohne triftigen Grund seine Zu­ stimmung verweigert, sich um Abhülfe an das Vor­ mundschaftsgericht wenden. Endlich hat sie kraft ihrer Stellung als Hausfrau die sog. Schlüssel­ gewalt, d. h. sie darf innerhalb ihres häuslichen Wirkungskreises die Geschäfte des Mannes für ihn besorgen und kann ihn rechtsgültig vertreten (das Nähere hierüber siehe unter „Ehegatten 1"). Die Gläubiger des Mannes können aus dem Gesamtgute unbeschränkt ihre Befriedigung verlangen; die Gläubiger der Frau nur bedingungs­ weise (§§ 1460 bis 1462). Für Schulden der Frau, die in unerlaubten Handlungen der Frau (z. B. einer strafbaren Handlung, einem Diebstahl, einem Betrüge, einer Körperverletzung rc.) ihren Ursprung haben, und für solche Verbindlichkeiten der Frau, die unmittelbar auf gesetzlicher Vorschrift beruhen, haftet das gemeinsame Vermögen un­ bedingt. Aufhebung der Gemeinschaft. Die all­ gemeine Gütergemeinschaft kann mit Einverständnis beider Ehegatten jederzeit aufgehoben werden; es ist dazu wieder die Abschätzung eines Ehe­ vertrages erforderlich (siehe „Eingebrachtes Gut der Frau 1"). Die Frau ist aber auch unter Um­ ständen berechtigt, ohne Einwilligung des Mannes das Verhältnis für die Zukunft aufzuheben; sie muß dann auf Aufhebung der Güter­ gemeinschaft gegen den Mann gerichtlich kla­ gen. Sie ist hierzu befugt:

a) wenn der Mann ein Rechtsgeschäft der in den §§ 1444 bis 1446 des Gesetzes bezeichneten Art ohne Zustimmung der Frau vorgenommen hat und für die Zukunft eine erhebliche Ge­ fährdung der Frau zu besorgen ist; b) wenn der Mann das Gesamtgut in der Ab­ sicht, die Frau zu benachteiligen, vermindert hat; c) wenn der Mann seine Verpflichtung, der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen Un­ terhalt zu gewähren, verletzt hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Unter­ halts zu besorgen ist; d) wenn der Mann wegen Verschwendung ent­ mündigt ist oder wenn er das Gesamtgut durch Verschwendung erheblich gefährdet; e) wenn das Gesamtgut infolge von Verbind­ lichkeiten, die in der Person des Mannes ent­ standen sind, in solchem Matze überschuldet ist, daß ein späterer Erwerb der Frau erheblich gefährdet wird. Auch der Mann kann unter gewisser Vor­ aussetzung wegen übermäßigen Schuldenmachens der Frau auf Aufhebung der Gütergemeinschaft klagen. Ist die Gütergemeinschaft durch Urteil aufgehoben, so gilt unter den Ehegatten für die Zukunft Gütertrennung (siehe darüber den besonderen Artikel). 2. Beendigung der Gütergemein­ schaft und Auseinandersetzung. Ist die Ehe durch Tod einer Scheidung aufgelöst oder ist bei fortbestehender Ehe die Gütergemeinschaft durch vertragsmäßige Übereinkunft der Ehegatten oder durch gerichtliches Urteil aufgelöst, so muß eine Auseinandersetzung zwischen den Ehegatten (oder zwischen dem überlebenden Ehegatten und den Erben des verstorbenen) stattfinden (siehe über eine gerichtliche Vermittelung der Ausein­ andersetzung „Erbteilung 3" am Schluß), es sei denn, daß bei dem Tode des einen Gatten gemein­ schaftliche Kinder oder Enkel rc. vorhanden sind und deshalb eine Fortsetzung der Güterge­ meinschaft stattfindet (siehe darüber unten unter 3). Bis zur Auseinandersetzung dauert das bis­ herige Rechtsverhältnis der Ehegatten zu dem Gesamtgute fort, jedoch mit einigen aus der Auf­ hebung der Gemeinschaft sich ergebenden Folgen. Insbesondere steht in der Zwischenzeit die Verwal­ tung des Gesamtguts beiden Ehegatten gemein­ schaftlich zu. Dabei ist jeder Ehegatte dem anderen verpflichtet, zu solchen Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind; die zur Erhaltung notwendigen Maßnahmen kann jeder Gatte ohne Mitwirkung der anderen treffen. Die Auseinandersetzung erfolgt, wenn nichts anderes vereinbart wird, in der durch das Gesetz (§§ 1475 bis 1481) näher bestimmten Weise. Es sei hier nur bemerkt: Die Teilung des Überschusses erfolgt nach den Vorschriften über die „Gemeinschaft" (siehe das). Jeder Ehegatte kann gegen Ersatz des Wertes die ausschließlich zu seinem persönlichen Gebrauche bestimmten Sachen, insbesondere Klei­ der, Schmucksachen und Arbeitsgeräte, sowie die­ jenigen Gegenstände übernehmen, welche er in die Gütergemeinschaft eingebracht oder während der Gütergemeinschaft durch Erbfolge, durch Vermächt­ nis oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erworben hat. Sind die Ehegatten geschieden und ist einer von ihnen allein für schuldig erklärt, so kann der andere verlangen, daß jedem von ihnen

der Wert desjenigen zurückerstattet wird, was er in die Gütergemeinschaft eingebracht hat; reicht der Wert des Gesamtguts zur Rückerstattung nicht aus, so hat jeder Ehegatte die Hälfte des Fehlbetrags zu tragen. Als eingebracht ist anzusehen, was ein­ gebrachtes Gut gewesen sein würde, wenn Errungenschaftsgemeinsckaft bestanden hätte. Der Wert des Eingebrachten bestimmt sich nach der Zeit der Einbringung. Das gedachte Recht steht auch dem Ehegatten zu, dessen Ehe wegen seiner Geistes­ krankheit geschieden worden ist. Sind, wenn eine kinderlose Ehe durch den Tod des einen Ehegatten aufgelöst ist, Kinder des verstorbenen Ehegatten vorhanden (seien dies Kin­ der aus einer früheren Ehe oder auch uneheliche), so vererbt der Anteil des Verstorbenen an dem Gesamtgut (also die Hälfte des gemeinsamen Ver­ mögens) auf seine Erben nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften. Hat der verstorbene Ehe­ gatte keine letztwillige Verfügung errichtet, so erben also seine Kinder mit dem überlebenden Ehe­ gatten zusammen. Sind Kinder des verstorbenen Gatten nicht vorhanden, wohl aber Eltern, Ge­ schwister, Geschwisterkinder oder Großeltern, so erbt der überlebende Ehegatte mit diesen zusammen. Vergleiche über dieses alles den Artikel „Gesetz­ liche Erben". Erst wenn keiner der vorgenann­ ten näheren Verwandten des Verstorbenen vorhanden ist, erbt der überlebende Ehegatte den Anteil des Verstorbenen am Gesamtgut allein, vorausgesetzt, daß dieser nicht lehtwillig anders bestimmt hat. 3. Fortsetzung der Gütergemein­ schaft mit den Kindern. Sind beim Tode des erstversterbenden Ehegatten gemeinschaft­ liche Abkömmlinge (Kinder, Enkel ic.) der Gatten vorhanden, so wird zwischen dem überlebenden Gatten und den Kindern die bestehende Güter­ gemeinschaft fortgesetzt. Es treten also die Kinder an Stelle des verstorbenen Vaters oder der verstorbenen Mutter in die bisherige eheliche Güter­ gemeinschaft ein; es wird zwischen ihnen und dem noch lebenden Vater (Mutter) hinsichtlich des ge­ meinschaftlichen Vermögens der Eltern ein ähnliches Verhältnis begründet, wie es während der Lebens­ zeit beider Eltern zwischen diesen bestand. Die etwa überlebende Mutter nimmt künftig in bezug auf das gemeinschaftliche Vermögen im ganzen die­ selbe Stellung ein, wie früher der Vater, während die Stellung der Kinder derjenigen entspricht, die zu Lebzeiten des Vaters der Mutter zukam. Je­ doch besteht zugunsten der Kinder die Abweichung, daß das Vermögen, das diese etwa schon für sich besitzen oder später erwerben, nicht in die gemein­ schaftliche Vermögensmasse fällt. Da die Fort­ setzung der Gütergemeinschaft nach dem Tode des einen Ehegatten hauptsächlich nur im Interesse des überlebenden Gatten stattfindet, so steht diesem das Recht zu, auf die Fortsetzung der Gemeinschaft zu verzichten (sie abzulehnen); er ist auch jederzeit berechtigt, sie durch einseitige Erklärung aufzu­ heben. Die Kinder andererseits können nur aus „wichtigen Gründen" gegen den Vater oder die Mutter auf Aufhebung der fortgesetzten Güter­ gemeinschaft klagen. Die Gemeinschaft endet kraft Gesetzes nicht nur mit dem Tode des überlebenden Vaters oder der überlebenden Mutter, sondern auch mit dessen (deren) etwaiger Wiederverhei­ ratung. Ist die fortgesetzte Gütergemeinschaft aus dem einen oder anderen Grunde beendet, so erfolgt in ähnlicher Weise wie oben unter 2

mitgeteilt, eine Auseinandersetzung zwischen dem Vater (der Mutter) und den Kindern; der (die) erstere ist jedoch berechtigt, das Gesamtgut oder einzelne Vermögensgegenstände gegen Ab­ findung der Kinder in Gelde zu übernehmen; ein Recht, das übrigens auf seine Erben nicht übergeht. (Über eine gerichtliche Vermittelung der Ausein­ andersetzung vergleiche den Artikel „Erbteilung 3" am Schluß.) Die Fortsetzung der ehelichen Gütergemeinschaft nach dem Tode des einen Ehegatten tritt kraft Ge­ setzes von selbst ein. Es ist aber nicht verboten, daß die Verlobten oder Gatten, wenn sie die ehe­ liche Gütergemeinschaft durch einen Ehevertrag für sich festsetzen, dabei im voraus bestimmen, daß im Falle des Todes des einen Gatten eine Fortsetzung der Gemeinschaft zwischen dem Überlebenden und den etwaigen Kindern nicht stattfinden solle. Außerdem kann jeder Gatte für den Fall, daß die Ehe durch seinen Tod aufgelöst werden sollte, durch letztwillige Verfügung (Testament) bestimmen, daß die Gütergemeinschaft nicht fortgesetzt werden soll, wenn Umstände vorliegen, die ihn berechtigen würden, dem anderen Ehegatten wegen eines Schei­ dungsgrundes den Pflichtteil zu entziehen oder auf Aufhebung der Gütergemeinschaft zu klagen; es wird hierdurch dem Ehegatten, der im Interesse der Kinder oder aus anderen Gründen eine Schei­ dungsklage nicht erheben oder um des ehelichen Friedens willen nicht auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft klagen will, Gelegenheit gegeben, wenigstens hinsichtlich der künftigen Vermögens­ verhältnisse der Kinder einen für sie ersprießlicheren Zustand herbeizuführen. Die Ehegatten können für den Fall ihres Todes ihren Kindern die diesen nach dem Gesetz im Falle der fortgesetzten Gütergemein­ schaft zustehenden Rechte im allgemeinen durch Ver­ trag oder letztwillige Verfügung nicht beschränken oder entziehen; sie sind jedoch nach näherer Be­ stimmung des Gesetzes (§§ 1511 bis 1516) befugt, ein Kind (Enkel k.) vorbehaltlich seines Pflicht­ teilsrechts von der fortgesetzten Gütergemeinschaft auszuschließen oder einem Kinde u. den ihm nach der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft gebührenden Anteil am Gesamtgute nach Maßgabe der für das Pflichtteilsrecht gellenden Vorschriften zu mindern oder zu entziehen. Zu solchen Ver­ fügungen ist aber die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich. 4. Es ist bereits oben (unter 1) erwähnt, daß von der unter den Ehegatten im übrigen herrschen­ den Gütergemeinschaft das Vorbehaltsgut ausgenommen sei. Wenn auch die Ehegatten im allgemeinen in Gütergemeinschaft leben wollen, so ist es doch unter Umständen, besonders im Hinblick auf das fast unbeschränkte Verfügungsrecht des Mannes über das Gesamtgut und mit Rücksicht auf eine Sicherstellung der Frau, rätlich, einen Teil des Vermögens von der Gütergemeinschaft auszu­ schließen. Auch Angehörige ic. der Frau können aus dieser Erwägung bei letziwilligen Zuwendun­ gen oder Schenkungen, die sie der Frau machen, entsprechende Verfügung treffen. Ebenso kann der Mann mit Rücksicht auf seine Familienangehörigen oder aus anderen Gründen ein Interesse daran haben, daß nicht sein ganzes Vermögen in die Gemeinschaft fällt. Hat die Frau sich ein Vorbehaltsgut vorbehalten, so steht ihr die selbständige Verwaltung und die alleinige Verfügung über dieses Vermögen zu; es gellen für dieses Ver­ mögen dieselben gesetzlichen Bestimmungen, wie

wenn die Ehegatten überhaupt in getrennten Gütern leben; siehe darüber unter „Güter­ trennung bei Ehegatten". Jedoch hat die Frau dem Manne zur Bestreitung des ehelichen Auf­ wandes nur dann einen Beitrag aus dem Vor­ behaltsgut zu leisten, wenn die in das Gesamtgut fallenden Einkünfte zur Bestreitung dieses Auf­ wandes nicht ausreichen. Gütergemeinschaft unter Ehegatten, gerichtliche Vermittelung der Auseinandersetzung s. Erb­ teilung 3. Güterrecht der Ehegatten s. Eingebrachtes Gut der Frau 1. Güterrechtsregister [1558—1563]. 1. Das beim Amtsgericht geführte Güterrechtsr e gift er hat den Zweck, allen daran Interessierten Gelegenheit zu geben, sich darüber zu unterrichten, in welchem Rechtsverhältnis Eheleute in bezug auf ihre Vermö gensverhältnisse zueinander stehen, ob sie etwas von dem allgemeinen gesetzlichen Güterrechte unter Ehegatten Abweichendes unter sich verabredet haben oder ob der Mann gewisse, die allgemeinen rechtlichen Befugnisse der Frau aufhebende oder einschränkende Bestimmungen getroffen hat [1435]. Es kommen hier folgende Fälle in Betracht: a) Für Geschäftsleute, überhaupt für Personen, die mit Eheleuten in irgendwelche geschäftliche Be­ ziehungen treten, ist es unter Umständen wichtig, zu wissen, welches Güterrecht unter diesen gilt: ob sie vielleicht in getrennten Gütern leben, so daß jeder Gatte selbständig über sein Vermögen verfügen kann, oder ob die Frau wenigstens einen Teil ihres Vermögens sich zur eigenen Verwaltung und Nutzung vorbehalten hat (Vorbehaltsgut), während ihr übriges Vermögen in der gesetzlichen Verwaltung ihres Mannes ist, oder ob die Gatten durch das unter ihnen be­ stehende Güterrecht in der Verfügung beschränkt sind, so daß bei allen oder gewissen Rechtsgeschäf­ ten. die Zustimmung beider Gatten erforderlich ist rc. Hierüber unter der Hand Erkundigungen einzuziehen, ist in vielen Fällen schwierig und das Ergebnis würde häufig ein sehr unsicheres sein. Das Gesetz bestimmt daher, daß jede Ab­ weichung von dem gesetzlicken Güter­ recht (siehe über dieses „Eingebrachtes Gut der Frau 1"), wohin auch der Fall gehört, wenn sich die Frau im Ehevertrage einen Teil ihres Vermögens als „Vorbehaltsgut" (siehe das) ausbedingt, und jede spätere Änderung des einmal bestehenden Güterrechts, die von den Verlobten oder Ehegatten in einem Ehevertrage etwa ver­ einbart ist, in das Güterrechtsregister eingetragen werden kann, aus dem sich alsdann jeder Inter­ essent Auskunft über das zwischen den Eheleuten geltende Recht erholen kann. Ist das Vereinbarte in das Register nicht eingetragen, so besteht es zwar unter den Eheleuten selber zu Recht; aber es kann sich keiner von ihnen einem anderen gegen­ über, zu dem er in geschäftliche Beziehungen ge­ treten ist, zu seinem Vorteile darauf berufen, es sei denn, daß er den Nachweis zu führen ver­ möchte, daß dem anderen die Sachlage bekannt gewesen ist [1435]. Wer also z. B. im Vertrauen darauf, daß nach dem Gesetz (siehe „Eingebrachtes Gut der Frau 2") dem Manne die eheliche Nutz­ nießung und Verwaltung des Vermögens der Frau zusteht, sich mit dem Manne auf solche Rechts­ geschäfte über das Vermögen der Frau eingelassen hat, die nach diesen gesetzlichen Bestimmungen auch

für die Frau bindend sind, braucht sich nicht darauf verweisen zu lassen, daß die Gatten unter sich etwas anderes, von den gesetzlichen Bestimmungen Abweichendes, festgesetzt haben, wenn diese Verein­ barung nicht in das Güterrechtsregister eingetragen ist, es sei denn, daß diese Vereinbarung der Ehe­ gatten ihm anderweit bekannt gewesen ist. Wer also mit Eheleuten geschäftlich verhandelt, darf annehmen, daß sie unter dem gesetzlichen Güterrecht leben, wenn nichts Abweichendes in das Güterrechtsregister eingetragen ist und ihm auch sonst nicht zuverlässig bekannt geworden ist, daß für die Ehegatten andere Bestimmungen, als die des gesetzlichen Güterrechts, gelten. Die Eintra­ gung der vom gesetzlichen Güterreckt abweichenden Festsetzungen in das Register herbeizuführen, ist Sache des Ehegatten, der ein Interesse daran hat (siehe unten 2). Die Bestimmung, daß die Auf­ hebung des gesetzlichen Güterrechts zwischen den Ehegatten in das Güterrechtsregister eingetragen werden muß bezw. kann, bezieht sich nicht nur auf den Fall, daß die Aufhebung von den Gatten (in einem Ehevertrage) v e r e i n b a r t ist, sondern auch auf die Fälle, daß eine Gütertrennung (siehe das) zwischen den Ehegatten kraft Gesetzes eintritt oder daß die Aufhebung des gesetzlichen Güterstandes durch ein gerichtliches Urteil oder infolge eines Konkurses des Mannes herbeigeführt wird [1431]. Jedermann darf eben annehmen, daß die Eheleute unter dem gesetzlichen Güterrechtleben (siehe „Eingebrachtes Gut der Frau 2ff."), wenn nicht etwas Abweichendes in das Güterrechtsregister eingetragen ist. b) Wie in dem Artikel „Ehegatten" unter 1 näher dargelegt, hat die F r a u kraft ihrer Stellung als Hausfrau das Recht, innerhalb ihres häuslichen Wirkungskreises die Geschäfte des Mannes für ihn zu besorgen und ihn zu ver­ treten (sog. „Schlüsselgewalt" der Frau). Mißbraucht die Frau dieses Recht, indem sie z. B. unnütze Einkäufe macht oder überhaupt unordent­ lich, versckwenderisch oder töricht wirtschaftet, so kann der Mann ihr die Schlüsselgewalt ganz ent­ ziehen oder sie einschränken. Damit diese Verfügung des Mannes aber anderen Personen gegenüber rechtliche Wirksamkeit erlangt, ist nötig, daß er sie in das Güterrechtsregister eintragen läßt [1357]. Hat die Eintragung stattgefunden, so kann sich der Mann Gläubigern gegenüber, die ihn aus Geschäften mit der Frau verklagen, darauf be­ rufen, daß die Frau nicht befugt gewesen sei, ihn in solchen Geschäften zu vertreten; ist die Aus­ schließung oder Beschränkung des Rechtes der Frau nicht eingetragen, so muß der Mann die Geschäfte der Frau gegen sich gelten lassen, wenn er nicht nachweisen kann, daß dem andern (dem Gläubiger) die Ausschließung oder Beschränkung des Rechts der Frau bekannt gewesen ist. Eine sog. „Kreditloserklärung" der Frau in öffentlichen Blättern hat also nur dann Wert für den Mann, wenn er nachweisen kann, daß der Gläubiger, ehe er das Geschäft mit der Frau machte, davon Kenntnis gehabt hat. c) Betreibt die Frau gegen den Willen ihres Mannes ein Erwerbsge­ schäft oder irgend einen zum Erwerbe dienenden Beruf (vergleiche „Erwerbsgeschäfte von Frauen"), so braucht der Mann die Schulden, die aus diesem Geschäftsbetriebe entstanden sind, nicht anzuerkennen und das eingebrachte Vermögen der Frau sich nicht abpfänden zu lassen. Anders, wenn er in den Ge-

schäftsbetrieb der Frau eingewilligt hat. Dieser Einwilligung steht es gesetzlich gleich, wenn die Frau mit Wissen und ohne Einspruch des Mannes das Geschäft oder den Beruf betreibt. Will der Mann der Gefahr vorbeugen, die für ihn daraus entstehen könnte, daß die Frau in ihrer Geschäftsführung Schulden macht, so mutz er, wenn er früher die Einwilligung zu dem Geschäft erteilt hat, diese Einwilligung widerrufen oder, wenn er eine Einwilligung noch gar nicht erteilt hatte, Einspruch gegen die Geschäftsführung der Frau erheben. Beides, der Widerruf wie der Einspruch sind, damit diese Erklärungen anderen Personen (den Gläubigern der Frau) gegenüber rechtliche Wirksamkeit erlangen, in das Güterrechts­ register einzutragen [1405]. Der Eintragung in das Register steht es aber gleich, wenn der Wider­ spruch des Mannes gegen die Geschäftsführung der Frau dem Dritten anderweit bekannt geworden war. 2. Die Eintragung in das Register. Ob eine Eintragung im Güterrechtsregister erfolgen soll, haben die Ehegatten selbst zu ermessen. Die Eintragung findet nur auf ihren Antrag statt. Hat der Mann die Schlüsselgewalt der Frau be­ schränkt oder aufgehoben oder zieht er die Ein­ willigung zum Betriebe eines Geschäfts durch seine Frau zurück oder will er gegen ein solches ohne seine Zustimmung geführtes Geschäft Einspruch er­ heben (vorstehend b und c), so hat er den Antrag zu stellen. Soll dagegen ein von den Gatten ge­ schlossener Ehevertrag (vergleiche „Eingebrachtes Gut der Frau 1" a. Schl.) oder die Abänderung eines solchen eingetragen werden, [o müssen regel­ mäßig beide Gatten (vor der Herrat ist die Ein­ tragung nicht zulässig) beim Amtsgericht den An­ trag stellen, wozu sie sich gegenseitig verpflichtet sind; die Vorlegung des Ehevertrages ist dabei nicht nötig. Rann der Ehevertrag vorgelegt wer­ den, so genügt der Antrag eines Gatten; jeder Gatte kann sich zu diesem Zwecke von dem Gerichte oder Notar, bor dem der Ehevertrag errichtet ist, eine Ausfertigung des Vertrages geben lassen. Bei dem Antrage auf Eintragung ist anzugeben, was eingetragen werden soll; es steht auch dies im Ermessen der Ehegatten. Es braucht durchaus nicht der ganze Ehevertrag eingetragen zu werden, son­ dern nur das, was die Ehegatten zu ihrer Siche­ rung gegen andere Personen für nötig halten. Daß der Ehevertrag nicht vorgelegt zu werden braucht, wenn beide Gatten die Eintragung beantragen, ist unter Umständen von Wert, da der Vertrag Dinge enthalten kann, deren Bekanntwerden den Ehegatten unerwünscht ist. Der Antrag auf Ein­ tragung kann jederzeit gestellt werden. Er ist an das Amtsgericht zu richten und muß in ö f f e n t lich beglaubigter Form (siehe „Form der Rechtsgeschäfte 3") gestellt werden. — Die Ein­ tragung in das Register geschieht bei dem Amts­ gericht, in dessen Bezirke der Mann seinen Wohn­ sitz hat. Verlegt später der Mann seinen Wohnsitz in einen anderen Bezirk, so muß die Eintragung bei dem Gerichte dieses Bezirks wiederholt wer­ den, da die ftühere Eintragung durch die Ver­ legung des Wohnsitzes wirkungslos wird. Das Gericht muß jede Eintragung in das Güterrechts­ register durch das für seine Bekanntmachungen be­ stimmte Blatt veröffentlichen [1562], auch beide Ehegatten von der erfolgten Eintragung benach­ richtigen [Rf 161]. Es wird aber nicht immer alles veröffentlicht, was in das Register einge­

tragen ist; die Bekanntmachung beschränkt sich, wenn eine Änderung des ehelichen Güterstandes eingetragen ist, auf die allgemeine Bezeichnung des zwischen den Gatten vereinbarten Güterstandes (z. B. daß die allgemeine Gütergemeinschaft gelten solle), und, wenn Abweichungen von den sonst geltenden gesetzlichen Bestimmungen vereinbart sind, auf die allgemeine Bezeichnung dieser Ab­ weichungen. Ist z. B. vereinbart, daß die Frau ihr Vermögen oder einen Teil desselben als Vorbehaltsgut zur alleinigen Verfügung behalte, so wird nur veröffentlicht, daß Vorbehaltsgut ver­ einbart ist, nicht aber, worin dies Vorbehaltsgut besteht. 3. Einsicht des Registers. Abschrif­ ten. Zeugnis aus dem Register. Das Güterrechtsregister kann von jedermann kostenlos in den Bureauslunden des Gerichts eingesehen werden. Es kann auch jeder, ohne den Nachweis eines näheren Interesses führen zu müssen, eine Abschrift von den Eintragungen verlangen, die auf Verlangen beglaubigt werden muß, selbstver­ ständlich gegen Erlegung der dadurch erwachsenden kosten. Das Amtsgericht erteilt einem jeden (auf seine Kosten) eine Bescheinigung darüber, daß bezüglich des Gegenstandes einer Eintragung weitere Eintragungen in das Register nicht vor­ handen sind oder daß eine bestimmte Eintragung in das Register nicht erfolgt ist [Rf 162]. Endlich kann jeder Ehegatte, sowie in gewissen Fällen der Gläubiger eines Ehegatten, vom Amtsgericht ein Zeugnis über die Eintragung in das Güterrechts­ register verlangen [GB 34, C 792, Rf 107]. Güterrechtsregister s. Ehegatten 1 u. vorstehen­ den Artikel. Güterstand, gesetzlicher, s. Eingebrachtes Gut der Frau 1. Gütertransport s. Kaufmann; Frachtführer; Spediteur. Gütertrennung bei Ehegatten [1426—1431]. Eine Verheiratung brauchte an sich keinen Ein­ fluß auf die Vermögensverhältnisse der Gatten zu haben; es könnte jeder sein etwaiges Vermögen und seinen künftigen Erwerb für sich behalten. Es wäre dann nur eine Bestimmung darüber nötig, in welchem Maße jeder der Gatten, wenn sie sich dar­ über nicht verständigten, zu dem sog. ehelichen Aufwand, d. h. den Kosten des gemeinsamen Haus­ standes, der Kindererziehung ic., beizutragen hätte. Ein solches Verhältnis würde aber der deutschen Sitte nicht entsprechen und es ist anzunehmen, daß die Mehrzahl der Ehegatten ein solches Verhältnis nicht will. Das Gesetz bestimmt daher, daß, wenn die Ehegatten nichts anderes aus­ machen, das sog. gesetzliche Güterrecht unter ihnen gilt, womit vor allem für den Mann das Recht und die Pflicht der Verwaltung des von der Frau ihm zugebrachten Vermögens verknüpft ist; s. darüber das Nähere unter „Eingebrachtes Gut der Frau". Es können aber fteilich besondere Verhältnisse vorliegen, die es wünschenswert machen, daß die Vermögen der Ehegatten ge­ trennt bleiben; es ist z. B. zu besorgen, daß das Vermögen der Frau in der Hand des Mannes, der Geschäftsmann ist, verloren gehen könnte; oder der Mann bietet keine ausreichende Gewähr für eine sorgsame Verwaltung des Vermögens, ist ge­ schäftsunkundig oder leichtsinnig rc. In solchen Fällen wird die Frau oder werden deren Berater darauf dringen, daß durch einen Ehevertrag festgesetzt wird, daß die Ehegatten in getrennten

Gütern (in Gütertrennung) leben wollen. Auch hat das Gesetz es für zweckmäßig gehalten, zu bestim­ men, daß unter gewissen Voraussetzungen die Güter­ trennung zwischen den Ehegatten von selbst ein­ tritt. Wir werden daher im Nachstehenden zu­ nächst die Hauptfälle betrachten, in denen eine Gütertrennung unter den Ehegatten stattfindet, und dann sehen, welche Folgen dieses Verhältnis für beide Ehegatten hat. 1. Eine Gütertrennung findet zwischen den Ehegatten statt: a) Wenn die Verlobten, ehe sie die Ehe schließen, durch gerichtlichen oder notariellen Ehevertrag (Ehestiftung, Ehepakten; das Nähere darüber siehe unter „Eingebrachtes Gut der Frau 1") ausdrücklich festgesetzt haben, daß sie in getrennten Gütern leben wollen, oder wenn sie bestimmt haben, daß die gesetzliche Verwaltung und Nutznießung des Mannes an dem Vermögen der Frau ausgeschlossen sein solle, ohne aber näher festzusetzen, welche anderen Rechte etwa der Mann an dem Vermögen der Frau haben soll. b) Haben die Gatten keinen Ehevertrag ge­ schlossen, so gilt das gesetzliche Güterrecht mit Verw.altung und Nutznießung des Mannes an dem eingebrachten Vermögen der Frau. Die Eheleute können aber durch Ehevertrag (vor oder nach Ein­ gehung der Ehe) bestimmen, daß für ihr Vermögen eines der vom Gesetz zugelassenen besonderen Güterrechte („Allgemeine Gütergemeinschaft", „Errungenschaftsgemeinschaft" oder „Fahrnisge­ meinschaft"; siehe darüber die betreffenden beson­ deren Artitel) gelten solle. Gilt nun diesem nach für die Ehegatten das gesetzliche Güterrecht oder (aus Grund besonderen Ehevertrages) eines der gedachten besonderen Güterrechte, so sind die Gatten jederzeit befugt, dieses bestehende Güterrecht durch Ehevertrag (für die Zukunft) wieder aufzuheben. Machen sie von diesem Rechte Gebrauch, ohne aber ein neues Güterrecht an die Stelle des aufgehobenen zu setzen, so tritt gleich­ falls Gütertrennung ein [1436]. c) Minderjährige Mädchen oder Witwen bedürfen zur Verheiratung der Einwilligung des Vaters, der Mutier oder des Vormundes; ebenso solche Personen, die aus irgendwelchem anderen Grunde, z. B. wegen Geistesschwäche, in der Ge­ schäftsfähigkeit beschränkt sind (vergleiche „Ehe­ hindernisse 1 unter b"). Ist dieser Vorschrift zuwider die Heirat ohne Einwilligung des Vaters rc. erfolgt, so ist die Ehe zwar gültig, wenn die Frau sie nicht anficht; aber der Mann erlangt nicht das Recht der Verwaltung und Nutznießung an bert etwaigen Vermögen der Frau. Es soll dadurch verhindert werden, daß unerfahrene junge Mädchen rc. aus eigennützigen Motiven zur Heirat verleitet werden. Das Vermögen der Frau ist tu solchem Falle nach wie vor von ihrem gesetzlichen Vertreler (dem Vater, der Mutter, dem Vor­ munde) zu verwalten; es gilt zwischen den Ehe­ gatten auch in solchem Falle Gütertrennung [1364, 1426]. Dieses Verhältnis bleibt auch für das Vermögen der Frau bestehen, wenn etwa nach­ träglich die Ehe durch die Einwilligung des Vaters rc. unanfechtbar wird oder wenn die Frau in­ zwischen volljährig geworden ist oder sonst die volle Geschäftsfähigkeit wiedererlangt hat. Hat die Frau dagegen mit Einwilligung der hierzu berufenen Personen geheiratet, so hat ihre Minderjährigkeit oder etwaige sonstige Geschäftsunfähigkeit auf das Recht >es Mannes an dem von ihr eingebrachten

Vermögen keinen Einfluß; der Vater, die Mutier, der Vormund haben an diesem Vermögen keine Verwaltungsrechte mehr; nur ihr etwaiges Vor­ behaltsgut (siehe das) untersteht bis zu ihrer Volljährigkeit oder bis zur Beendigung ihrer son­ stigen Geschäftsunfähigkeit der Verwaltung des. Vaters, der Mutter oder des Vormundes. d) Das durch die Heirat begründete Verwaltungs- und Nutzungsrecht des Mannes an dem ein­ gebrachten Vermögen der Frau kann unter gewissen Voraussetzungen (wegen Pflichtwidrigkeiten, Dermögensverfall, Abwesenheit rc. des Mannes) da­ durch beendet werden, daß die Frau im Prozeßwege gegen den Mann die Aufhebung dieses Rechts erlangt; siehe darüber unter „Eingebrachtes Gut der Frau 9". In solchem Fall tritt mit der Rechtskraft des Urteils für die Vermögen der Ehe­ gatten Gütertrennung ein [1418, 1426]. e) Dasselbe ist der Fall, wenn der Mann in Konkurs gerät [1419]. f) Ist der Mann verschollen und gerichtlich für tot erklärt (siehe „Todeserklärung"), so kann natürlich von einer Verwaltung und Nutzung des Frauenvermögens durch ihn tatsächlich keine Rede mehr sein. Das Gesetz bestimmt aber auch aus­ drücklich, daß mit der Todeserklärung das Recht des Mannes auf Verwaltung und Nutzung des Frauenguts beendet ist und daß von diesem Zeit­ punkt an Gütertrennung zwischen den Ehe­ gatten herrscht. Diese Bestimmung ist wichtig für den Fall, daß der Verschollene noch lebt und zurückkehrt [1420]. g) Wenn und soweit die Frau außer dem Ver­ mögen, das sie dem Manne zugebracht hat („Ein­ gebrachtes Gut"; siehe das), noch Vermögen be­ sitzt, das sie selbständig zu verwalten und zu nutzen berechtigt ist („Vorbehaltsgut"), gelten für dieses im wesentlichen auch die Grundsätze der Gütertrennung: vergl. „Vorbehaltsgut 2" [1371]. h) Endlich tritt auch dann Gütertrennung unter den Ehegatten ein, wenn nach erfolgter gerichtlicher Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft (siehe „Ehescheidung 5") die Gatten sich wieder zur Fortsetzung der Ehe vereinigen [1587]. 2. Wir haben im Vorstehenden gesehen, wann ausnahmsweise unter Ehegatten eine Güter­ trennung eintritt; betrachten wir jetzt die Bedeu­ tung dieser Vorschrift. Das Wesen der Güter­ trennung besteht, wie schon der Name andeutet, darin, daß die Vermögen der Ehegatten rechtlich völlig voneinander getrennt bleiben, daß jeder Gatte sein Vermögen und seinen Erwerb unabhängig vom anderen nach eigenem Ermessen verwalten und verwenden kann. Insoweit bedarf es weiterer gesetzlicher Vorschriften nicht. Die Frau kann im Falle der Gütertrennung insbesondere auch vor dem Grundbuchamt selbständig auftreten, ihre Grundstücke ohne die Einwilligung des Mannes auflassen oder mit Hypotheken rc. belasten; sie muß sich aber durch ein Zeugnis des Amtsgerichts dar­ über ausweisen, daß die Gütertrennung in das Güterrechtsregister eingetragen ist [GB 34]. Es ist einerlei, ob die beiden Vermögen tatsächlich getrennt bleiben oder ob sie miteinander vermischt werden und vielleicht doch der Mann allein das beiderseitige Vermögen in Besitz und Verwaltung hat; auf das bestehende Rechtsverhältnis der Gütertrennung hat dies keinen Einfluß (siehe jedoch weiter unten). Aber das Gesetz muß nun eine Entscheidung darüber treffen, wer von ihnen, wenn die Gatten in völlig getrennten Gütern leben.

den sog. ehelichen Aufwand, d. h. die Lasten des gemeinsamen Haus st and es, der Kindererziehung rc. zu tragen hat. Das Gesetz bestimmt, dah in solchem Falle der Mann den ehelichen Aufwand zu tragen hat, daß aber die Frau ihm zur Bestreitung dieses Aufwandes einen angemessenen Beitrag aus den Einkünften (nicht aus dem Stamme) ihres Vermögens und dem Ertrage ihrer Arbeit oder eines von ihr etwa selbständig betriebenen Erwerbsgeschäfts (siehe „Ehegatten 1") zu leisten hat. Für die Ver­ gangenheit kann der Mann eine solche Bei­ tragszahlung von der Frau nur dann verlangen, wenn er sie hierzu aufgefordert und die Frau die Leistungen verweigert hatte oder damit im Rück­ stände geblieben war. Hat aber der Mann viel­ leicht jahrelang den ehelicken Aufwand allein be­ stritten und die Frau die Einkünfte ihres Ver­ mögens oder ihren Erwerb nach eigenem Ermessen im Interesse der Familie oder für andere Zwecke verwendet, so kann der Mann nicht ohne weiteres nachträglich eine Beitragsleistung für die ver­ gangene Zeit von ihr fordern. Ihr Stammver­ mögen braucht die Frau zum Zwecke der Beitrags­ leistung überhaupt nicht anzugreifen. Die Höhe des Beitrages ist im Streitfall vom Prozeßgericht festzustellen. Die Forderung, die der Mann gegen die Frau aus Leistung dieses Beitrages hat, kann er weder an andere abtreten (zedieren) oder ver­ pfänden, noch kann sie von Gläubigern des Mannes gepfändet oder mit Arrest belegt werden. Übrigens ist die besprochene Verpflichtung der Frau zur Bei­ tragsleistung nur eine auf dem Gesetze beruhende Verpflichtung; die Ehegatten können gültig ver­ einbaren, daß die Frau keinen Beitrag zu den ehelichen Lasten leisten soll; der Mann kann auch jederzeit auf diese Beiträge verzichten. Ist aus dem Verhalten des Mannes oder aus sonstigen Gründen eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen, den der Mann der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen (Kin­ dern rc.) zu gewähren hat (siehe „Unterhaltspflicht 1"), so ist die Frau befugt, anstatt dem Manne den schuldigen Beitrag aus ihrem Vermögen einzu­ händigen, die betreffende Summe selbst zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes zu verwenden. Dasselbe gilt, wenn der Mann wegen Geisteskrankheit, Verschwendung, Trunksucht rc. entmündigt und unter Vormundschaft gestellt ist oder wenn er wegen körperlicher Gebrechen, z. B. Taubheit, Blindheit, Stummheit, einen Pfleger zur Besorgung seiner Dermögensangelegenheiten er­ halten hat oder wenn für ihn ein Abwesenheitspfleger gerichtlich bestellt ist. Macht die Frau zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes aus ihrem Vermögen eine Aufwendung oder überläßt sie dem Manne zu diesem Zwecke etwas aus ihrem Ver­ mögen, so würde sie nach allgemeinen Rechtsgrund­ sätzen meist für das Hingegebene Ersatz von dem Manne verlangen können, wenn das Aufgewendete das Matz des von ihr zu leistenden Beitrages über­ stiegen und sie nicht die Absicht gehabt hat, den Mehrbetrag dem Manne oder den Kindern zu schenken. Gerade über diesen Punkt entstehen hinterher leicht unter den Ehegatten oder bei Sterbefällen die unerquicklichsten Streitigkeiten, da schwer nachzuweisen ist, in welcher Absicht die Frau ihr Geld hingegeben hat. Das Gesetz schiebt diesen Streitigkeiten einen wirksamen Riegel vor, indem es bestimmt, daß im Zweifel, d. h. wenn das Gegenteil aus den Umständen nicht mit Sicherheit

zu entnehmen ist, angenommen werden soll, daß die Frau nicht die Absicht gehabt hat, für das Hin­ gegebene späterhin Ersatz vom Manne oder seinen Erben zu fordern. Überläßt die Frau über­ haupt ihr Vermögen, ganz oder teil­ weise, der Verwaltung des Mannes, so ist der Mann berechtigt, die Einkünfte, die er davon während dieser Verwaltung bezieht, nach freiem Ermessen, und zwar nicht bloß zu Ehezwecken, zu verwenden; er ist hierin nur insoweit beschränkt, als die Einkünfte zunächst zur Bestreitung der Kosten der ordnungsmäßigen Verwaltung des Frauenvermögens und zur Erfüllung solcher Ver­ pflichtungen der Frau zu verwenden sind, die bei einer ordnungsmäßigen Verwaltung aus den Ein­ künften des Vermögens bestritten zu werden pflegen, und als die Frau nicht selbst besondere Bestimmung über die Verwendung ihrer Einkünfte getroffen hat oder für den einzelnen Fall trifft. Selbstverständlich kann die Frau jederzeit ihr Ver­ mögen zur eigenen Verwaltung zurückfordern. Der Mann hat also, von diesen Beschränkungen abge­ sehen, solange er das Vermögen der Frau tatsäch­ lich mit ihrem Einverständnis verwaltet, das Recht der freien Nutzung dieses Vermögens, obwohl ihm diese Nutzung gesetzlich nicht zusteht; er braucht ihr über die Verwendung der Einkünfte keine Rechen­ schaft abzulegen; nur den Stamm (die Substanz) des Vermögens muß er ihr erhalten. Soweit die Einkünfte dieses dem Manne überlassenen Ver­ mögens hinreichen, den von der Frau zu leistenden Beitrag zu den Lasten des ehelichen Aufwandes zu decken, ist die Frau von dieser Beitragsleistung befreit. Der Mann ist bei der Verwaltung dieses Vermögens nur zur Anwendung derjenigen Sorg­ falt verpflichtet, die er in seinen eigenen Ange­ legenheiten anzuwenden pflegt. 3. Eintragung in das Güterrechts­ register. Nachweis der Gütertrennung. Damit die Gütertrennung auch anderen Per­ sonen gegenüber rechtswirksam wird, muß sie in das beim Amtsgericht geführte Güterrechts­ register (siehe das) eingetragen werden. Hat z. B. jemand mit dem Manne einen Vertrag ge­ schlossen, so hat der Vertrag trotz der Güter­ trennung für die Beteiligten dieselbe Wirkung, wie wenn der Mann die Verwaltung und Nutznießung am Vermögen der Frau zur Zeit des Vertrags­ abschlusses noch gehabt hätte, wenn die Güter­ trennung'nicht zur Zeit des Vertragsabschlusses in das Güterrechtsregister eingetragen oder dem anderen Teile sonst bekannt war [1435]. In das Grundbuch wird die Gütertrennung nicht ein­ getragen. Der Nachweis, daß Gütertrennung besteht, wird anderen Personen, Behörden rc. gegenüber regelmäßig durch ein Zeugnis aus demGüterrechtsregister (siehe „Güterrechts­ register 3") geführt; so auch eintretendenfalls dem Grundbuchamt gegenüber [GB 34]. Güterversendung, Übernahme von, s. Spedi­ teur. Gute Sitte, Verstoß gegen die, s. Sitte u. Schadensersatz weg. unerl. Handl. 3. Gutgläubiger Besitzer. Erwerb des Eigentums an den Erzeugnissen der Sache, s. Erzeugnisse und Bestandteile 2. Gutsbesitzer s. Landwirte. Gutsübergabe. Wenn bei einer Vermögens­ oder Gutsübergabe der Übernehmer (Annehmer) Leistungen an andere Personen, als den Abgeber, zum Zwecke der Abfindung versprochen hat,

Gutsvorsteher, Testamentserrichtung vor dem. — Haftpflicht der Eisenbahnen, Fabrikanten rc. so ist im Zweifel, d. h. wenn sich aus dem Vertrage oder aus den Umständen nichts anderes als Ab­ sicht der Beteiligten ergibt, anzunehmen, daß der Abzufindende aus diesem Vertrage, obwohl er ohne sein Zutun zwischen anderen abgeschlossen ist, doch unmittelbar das Recht erwerben soll, die Ab­ findung von dem, der sie vertragsmäßig übernom­ men hat, zu fordern [330]. Gutsvorsteher, Testamentserrichtung vor dem, s. Testament 2C; siehe auch Dorfgerichte. Gypsmühlenbetrieb als landwirtschaftliches Nebengewerbe s. Land- und Forstwirte als Kauf­ leute.

K Haft wegen Weigerung des Offenbarungseides s. Offenbarungseid. Haftbarkeit s. Haftung. Haftgeld s. Draufgabe. Haftpflicht s. Haftung. Haftpflicht der Eisenbahnen, Fabrikanten rc. für Unfälle. 1. Wer durch einen Unfall zu Schaden gekommen ist, hat nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen einen Anspruch auf Schadens­ ersatz gegen den, durch dessen Verschulden der Un­ fall herbeigeführt ist; vergleiche wegen des Näheren hierüber den Artikel „Schadensersatz wegen un­ erlaubter Handlung" unter 1 und 4 bis 7. Es ist aber für den Verletzten (oder bei einer Tötung für seine Hinterbliebenen) häufig schwer, das Verschul­ den des anderen oder den Zusammenhang zwischen dem Verschulden und dem Unfälle nachzuweisen. In dieser Beziehung trifft das Gesetz Aus­ nahme bestimmun gen für den Fall, daß jemand aufderEisenbahnoderineinemFabrikoder ähnlichen Betriebe verunglückt ist; es gelten dafür die nachstehend (unter 2 und 3) mit­ geteilten besonderen Vorschriften des sog. Haft­ pflichtgesetzes (Reichshaftpflichtgesetzes) vom 7. Zuni 1871, die dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen die Verfolgung ihrer Entschädi­ gungsansprüche erleichtern sollen. Es ist diesen Bestimmungen gegenüber aber zu beachten, daß Personen, die dem Stande der Arbeiter oder niederen Betriebsbeamten angehören und in dem Betriebe, in dem sie beschäftigt werden, verunglücken, nach den Bestimmungen der Unfall­ versicherungsgesetze Anspruch auf eine Un­ fallrente haben und zwar auch dann, wenn einem anderen ein Verschulden an dem Unfall nicht zur Last fällt, ja selbst dann, wenn der Verletzte selber den Unfall durch Fahrlässigkeit, aber nicht vorsätzlich, herbeigeführt hat. Wegen des Näheren über den Inhalt der Unfallversicherungsgesetze muß aus diese selbst verwiesen werden. Dagegen ist hier zu bemerken, daß der, welcher Anspruch auf eine Unfallrente hat, einen Anspruch auf Ersatz des weiteren, den Betrag der Unfallrente über­ steigenden, Schadens (der etwa an sich, auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen, z. B. des oben erwähnten Haftpflichtgesetzes, begründet wäre) gegen seinen Arbeitgeber (den Be­ triebsunternehmer, dessen Bevollmächtigten oder Repräsentanten) oder gegen einen Betriebsbeamten (Betriebs- oder Arbeiteraufseher) seines Arbeit­ gebers nur dann geltend machen kann, wenn diese Personen den Unfall vorsätzlich herbeigeführt haben und dies durch gerichtliches Strafurteil fest­ gestellt ist. Wegen eines durch ihre Fahrlässig­ keit etwa herbeigeführten Unfalles haften die

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Betriebsunternehmer rc. oder deren Beamte dem Geschädigten, der Anspruch auf eine Unfall­ rente hat, überhaupt nicht; wohl aber sind sie der Berufsgenossenschaft oder Krankenkasse, die infolge des Unfalles eine Unfallrente oder Kran­ kengeld bezahlen muß, zum Ersätze ihrer Aufwen­ dungen verpflichtet. Haben dagegen andere Personen (als der Betriebsunternehmer oder dessen Beamte), z. B. Mitarbeiter, Fremde rc., einen Unfall vorsätzlich oder durch Fahrlässigkeit herbeigeführt, so richtet sich ihre Verpflichtung, den Verletzten oder seine Hinterbliebenen zu entschä­ digen, insbesondere ihm den weiteren Schaden (über die Unfallrente oder das Krankengeld hin­ aus) zu ersetzen, nach den sonst geltenden gesetz­ lichen Bestimmungen, z. B. des Bürgerlichen Ge­ setzbuchs (siehe „Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung") oder des Haftpflichtgesetzes (siehe nachstehend); der Geschädigte braucht sich also in solchem Falle mit der Unfallrente nicht zu be­ gnügen, wenn er dem anderen ein Verschulden nachweisen kann; sein Entschädigungsanspruch geht aber insoweit, als er eine Unfallrente bezieht, auf die Berufsgenossenschaft, die ihm die Rente zahlt, kraft Gesetzes über. 2. Unglücksfälle auf Eisenbahnen. Wird jemand beim Betriebe einer Eisenbahn ge­ tötet oder körperlich verletzt oder, wenn auch ohne eigentliche Körperverletzung, an der Gesundheit geschädigt (r), so haftet ihm (oder seinen Erben) die Eisenbahn (der „Betriebsunternehmer") für den entstandenen Schaden, wenn sie (die Eisenbahn) nicht beweisen kann, daß der Unfall durch höhere Gewalt (siehe unten) oder durch eigenes Ver­ schulden des Getöteten oder Verletzten verursacht ist. Es braucht also nicht der Verunglückte (oder seine Erben) nachzuweisen, daß die Cisenbahnverwaltung oder ihre Beamten irgend ein Verschulden an dem Unglück trifft. Die Vorschrift bezieht sich nicht nur auf Unfälle, die Eisenbahnfahrgästen zustoßen, sondern auf alle Unfälle, die beim Eisen­ bahnbetriebe Fahrgäste oder andere Personen, z. B. Vorübergehende oder Vorüberfahrende oder auch die eigenen Beamten und Bediensteten der Bahn treffen, mag der Unfall eine Tötung oder bloß eine Verletzung des Betreffenden zur Folge gehabt haben und durch Stoß, Quetschung, Verbrühung oder wie sonst entstanden sein. Auch für eine Er­ blindung infolge von Einfliegens von Kohlenstaub aus der Lokomotive in das Auge hat das Reichs­ gericht die Eisenbahn für haftbar erklärt. Der Unfall muß jedoch mit dem Eisenbahnbetriebe selbst zusammenhängen, d. h. er muß auf den Be­ trieb als Ursache zurückzuführen sein (r). „Be­ trieb" ist in einem weiteren Sinne zu verstehen; es sind darunter alle für die Verwaltung des Eisenbahnunternehmens erforderlichen Handlungen begriffen, falls sie mit dem Transport selbst im Zusammenhange stehen und mit den dem Eisen­ bahnbetriebe eigentümlichen Gefahren verknüpft sind (r). Wird z. B. jemand durch ein vor einem herannahenden Zuge scheuendes Pferd verletzt, so liegt ein mit dem Eisenbahnbetriebe zusammen­ hängender Unfall vor (r) und die Eisenbahn ist haftpflichtig. — Unter Eisenbahnen sind nicht nur die großen, zur Personen- und Güterbeförderung dienenden Dampfbahnen (Vollbahnen, Sekundär­ bahnen, Kleinbahnen) zu verstehen, sondern Eisen­ bahnen jeder Art, mögen sie durch Dampf oder durch menschliche oder tierische Kraft (Pferdebah­ | nen) oder durch Elektrizität betrieben werden;

such im Bau begriffene Eisenbahnen (Arbeits­ bahnen), sowie Eisenbahnen, die zur Verbindung von Fabriken ic. mit der Hauptlinie dienen (An­ schluß gel eise), fallen unter das HaftpflichtZesetz. Nur dann braucht, wie oben gesagt, die Eisen­ bahn (der Betriebsunternehmer) für den Scha­ den nicht aufzukommen, wenn der Unfall durch sog. höhere Gewalt oder durch eigenes Ver­ schulden des Beschädigten herbeigeführt ist. „Höhere Gewalt" liegt dann vor, wenn ein Natur­ ereignis oder ein sonstiges unabwendbares Er­ eignis den Unfall veranlaßt hat. Ist dies nicht ber Fall, so haftet der Eisenbahnunternehmer, auch wenn ihn und seine Leute gar kein Verschulden trifft; er hat auch für den Zufall einzustehen, wenn er sich nicht auf höhere Gewalt berufen, b. h. nachweisen kann, daß auch mit Aufbietung ber äußersten Vorsicht und Sorgfalt und Auf­ wendung aller Kräfte, die den Menschen überhaupt Zu Gebote stehen, das schädigende Ereignis nicht hat abgewendet oder unschädlich gemacht werden können. Ist der Unfall zwar nicht auf ein Ver­ schulden des Geschädigten allein zurückzuführen, hat aber doch ein solches Verschulden mitgeroirkt, so (r) hängt die Verpflichtung zum Er­ sätze sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes Von den Umständen, insbesondere davon ab, inViieweit der Schaden vorwiegend von dem einen .ober dem anderen Teile verursacht worden ist [254J. Die Gefährlichkeit des Betriebes einerseits And das Verschulden des Verletzten andererseits -müssen gegeneinander abgewogen werden, so daß insbesondere bei nur sehr geringem Verschulden bes Verletzten diesem oder seinen Hinterbliebenen Wenigstens ein Teil des Schadensersatzes zuzu­ sprechen ist, auch wenn aus der anderen Seite gar kein Verschulden vorliegt (r). Im übrigen siehe -wegen des Umfanges und der Art der zu leistenden Entschädigung unten unter 4. 3. Unglücksfälle inFabriken,Brüchen, Bergwerken rc. Wer ein Bergwerk, einen Stein­ bruch, eine Gräberei (Grube) oder eine Fabrik betreibt, haftet, wenn ein Bevollmächtigter oder -ein Repräsentant oder eine zur Leitung oder Be-aufsichtigung des Betriebes oder der Arbeiter an­ genommene Person durch ein Verschulden in Aus-führung der Dienstverrichtungen den Tod oder die -Körperverletzung eines Menschen herbeigeführt hat, -für den dadurch entstandenen Scbaden (siehe unten 4). Als Betriebsunternehmer ist der anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb erfolgt (r). Daß ber Bergwerks- oder Gruben- rc. Besitzer oder der Fabrikant für den Unfall aufkommen muß, wenn er selber ihn verschuldet hat, wenn er also insbesondere die ihm durch das Gesetz oder polizei­ liche Anordnungen auferlegten Pflichten hinsicht­ lich der Sorge für Leben und Gesundheit seiner Arbeiter verabsäumt hat, folgt schon aus allge­ meinen Rechtsgrundsätzen; vergleiche „Schadens­ ersatz wegen unerlaubter Handlung 1"; ebenso, daß er für die Folgen haftbar ist, wenn er untaug­ liche Leute angestellt hat und diese den Unfall verschuldet haben; siehe den eben bezeichneten Ar­ tikel unter 4. Durch das Haftpflichtgesetz wird aber die Haftung des Unternehmers (Fabrikanten rc.) zugunsten des Getöteten oder Geschädigten noch weiter ausgedehnt, indem er auch dann (neben dem eigentlich Schuldigen) für den Schaden aufkommen soll, wenn einer der im Eingänge be­ zeichneten Personen (ein Bevollmächtigter, Auf­

seher ic.) den Unfall verschuldet hat, dem Unter­ nehmer selber aber keinerlei Schuld beige­ messen werden kann. Diese Haftverbindlichkeit kann schwere vermögensrechtliche Folgen für ihn haben, gegen die er sich zweckmäßig durch eine Haftpflichtversicherung schützen wird. Ob ein Un­ ternehmen, in dem ein Unfall sich ereignet hat, als eine „Fabrik" anzusehen ist (für den Handwerker gilt das Haftpflichtgesetz nicht), kann nur nach der Art und dem Umfange des Unternehmens beurteilt werden. Es ist nicht erforderlich, daß das Unter­ nehmen auch im gewöhnlichen Sprachgebrauch als Fabrik bezeichnet wird; als Fabriken im Sinne des Gesetzes sind beispielsweise auch Brauereien, Brennereien, Gießereien, Sägemühlen, Kessel­ schmieden ic. ic. anzusehen. Auch ist zum Begriff der Fabrik nicht unbedingt erforderlich, daß zur Arbeit Maschinen, Dampfkraft oder Elektrizität verwandt werden. Das Baugewerbe fällt nach einer Entscheidung des Reichsgerichts nicht unter den Begriff einer Fabrik. Die Anlage (Her­ stellung) eines Eisenbahntunnels ist nach derselben Entscheidung weder ein Steinbruch, noch eine Gräberei, noch weniger ein Bergwerk. Der Unfall muß mit dem technischen und mechanischen Be­ triebe der Fabrik, des Bergwerks u. im Zu­ sammenhange stehen; es genügt nicht, daß der Un­ fall nur gelegentlich des Fabrik- ic. Betriebes sich ereignet hat; die Entscheidung darüber kann natür­ lich im einzelnen Falle sehr schwierig sein. Zu den Personen, für deren Verschulden der Unternehmer nach dem Obigen haftet, gehören insbesondere auch die sog. Vorarbeiter, d. h. Leute, die eigent­ lich zu den Arbeitern gehören, denen aber doch, sei es dauernd oder ganz vorübergehend, gewisse Aufsichts- und Anordnungsbefugnisse den anderen (ein­ fachen) Arbeitern gegenüber übertragen sind, so daß diese ihren Weisungen zu folgen verpflichtet sind. Die Haftung des Unternehmers ist aber nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen dann ausgeschlossen, wenn der Beschädigte den Unfall selbst ver­ schuldet hat, indem er denjenigen Grad von Aufmerksamkeit außer acht gelassen hat, der von einem vernünftigen Menschen bei Vornahme seiner Handlungen nach den Umständen des Falles vor­ ausgesetzt werden muß. Trifft beide Teile, d. h. sowohl den Beschädigten, wie den Unternehmer oder seine Leute, ein Verschulden, so hängt die Frage nach der Haftpflicht des Unternehmers von den näheren Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Tod oder die Verletzung vorwiegend durch den einen oder den anderen verschuldet ist. 4. Art und Umfang der Entschädi­ gung. Ist die Eisenbahn oder ein Bergwerks-, Fabrik- re. Unternehmer nach den vorstehend unter 2 und 3 mitgeteilten Gesetzesbestimmungen für die Folgen eines Unfalles haftbar, so bestimmt sich ihre (seine) Verpflichtung nach den folgenden be­ sonderen Vorschriften. a) Hat der Unfall den Tod des Ver­ letzten zur Folge gehabt, so muß der Unter­ nehmer seinen Erben oder den sonstigen (nachbezeichneten) Berechtigten ersetzen: a. die Kosten einer etwa versuchten Heilung; b. die Ver­ mögensnachteile, die der Getötete dadurch erlitten hat, daß während der Krankheit seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse einge­ treten war; c. die Beerdigungskosten (die der zu fordern hat, dem die Pflicht obliegt, diese Kosten zu tragen; siehe „Nachlaßschulden 5");

d. Unlteihaltskosten (Alimente). Darüber gilt sollgndes Nähere. Stand der Getötete zur Leit derr Serletzung zu einem Dritten (Angehörigen ic.) in ehern Verhältnisse, vermöge dessen er ihm gegenüber traft Gesetzes unterhaltspflichtig war oÄer unterhaltspflichtig werden. tonnte, und ist dem. Tritten infolge der Tötung das Recht auf Len Umtechalt entzogen, so hat der Unternehmer diesem Dritten insoweit Schadensersatz zu leisten, uls der Ertötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts ver­ pflichtet g'wesen sein würde. Die Ersatzpflicht tritt auch damn ein, wenn der Dritte zur Zeit der Ver­ letzung erzmgt, aber noch nicht geboren war (ver­ gleiche „Schadensersatz wegen unerlaubter Hand­ lung 6‘"). Eine Entschädigungspflicht der Eisen­ bahn fmr den Ausfall von Diensten, die der Ge­ tötete oder Verletzte einer anderen Person in deren Hausweser oder Gewerbe kraft Gesetzes zu leisten verpflichte) war [845], besteht jedoch nicht (r). sEßcii d»r Getötete unter Mitleistung von Prä­ mien oder anderen Beiträgen durch den Betriebsunitemehmer bei einer Versicherungsanstalt, Knappschats-, Unterstühungs-, Kranken- oder ähn­ lichen Kasst gegen den Unfall versichert, so ist die Leistung der letzteren an den Ersatzberechtigten Schul­ den nach dem Werte anzusetzen, der ihnen in dem Zeitpunkte beizulegen ist, für den die Aufstellung stattfindet. Zweifelhafte Forderungen simd nach ihrem wahrscheinlichen Werte anzusetzen,, unein­ bringliche Forderungen abzuschreiben. Das In­ ventar und die Bilanz sind von dem Kaufmann (handschriftlich, nicht mechanisch) zu unterzeich­ nen; sind mehrere persönlich haftende Gesell­ schafter vorhanden, so müssen sie alle unterzeichnen. Das Inventar und die Bilanz können in «ein dazu bestimmtes Buch eingeschrieben oder jedesmal be­ sonders aufgestellt werden. In letzterem Falle sind sie zu sammeln und in zusammenhängender Reihen­ folge geordnet aufzubewahren. Bei der Buchfüh­ rung und bei den sonst erforderlichen Aufzeich­ nungen (nicht bei bloßen Privatnotizen) mutz sich der Kaufmann einer lebenden Sprache und der Schriftzeichen einer solchen bedienen; stenogra­ phische Schrift wird daher nicht zulässig sein. Die Bücher sollen gebunden und Blatt für Blatt oder Seite für Seite mit fortlaufenden Zahlen versehen sein. An Stellen, die der Regel nach zu beschreiben sind, dürfen keine leeren Zwischenräume gelassen werden. Der ursprüngliche Inhalt einer Ein­ tragung darf nicht mittels Durchstreichens oder auf andere Weise unleserlich gemacht, es darf nichts radiert, auch dürfen solche Veränderungen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es un­ gewiß läßt, ob sie bei der ursprünglichen Ein­ tragung oder erst später gemacht worden sind. Eintragung mit Tinte ist bei den meisten Büchern das ordnungsmäßige und handelsübliche. (Eine Eintragung mit Bleistift wird aber unter Um­ ständen nicht durchaus ordnungswidrig sein und kann immerhin Beweiskraft haben.) [H 43]. Die Handelsbücher müssen bis zum Ablauf von 10 Jahren, von dem Tage der darin vorgenom­ menen letzten Eintragung an gerechnet, aufbe­ wahrt werden; dasselbe gilt für die empfangenen Handelsbriefe und die Abschriften der abgesandten Handelsbriefe, sowie für die Jnventare und Bi­ lanzen [H 44]. Im Laufe eines Rechtsstreits kann das Gericht die Vorlegung der Bücher anordnen; es ist dann von ihrem Inhalt, soweit er den Streitpunkt betrifft, unter Zuziehung der Parteien Einsicht zu nehmen und geeignetenfalls ein Auszug zu fertigen. Der übrige Inhalt der Bücher ist dem Gerichte insoweit offenzulegen, als es zur Prüfung ihrer ordnungsmäßigen Füh­ rung notwendig ist. Bei Vermögensauseinander­ setzungen, insbesondere in Erbschafts-, Gütergemeinschafts- und Gesellschaftsteilungssachen, kann das Gericht die Vorlegung der Handelsbücher zur

schäfte, Versicherungsverträge, Bürgschaftsüber­ Kenntniismhme ihres ganzen Inhalts anordnen nahmen u. dergl. mehr, vorausgesetzt aber immer, [H 45—47]. Geschäftsbücher eines in Konkurs daß diese Geschäfte zum Betriebe des Handels­ geratenden Kaufmanns dürfen nur mit dem Geschäft gewerbes gehören. (Was ein Handels geim ganzzen und nur insoweit veräußert werden, als werbe ist, darüber vergleiche das in dem Artikel sie zur Frrtführung des Geschäftsbetriebes unent­ „Kaufmann. Handelsgewerbe" unter 1 Gesagte.) behrlich) siid [K 117]. Es ist aber nicht nötig, daß der Gewerbebetrieb Besionlere Vorschriften gelten für die Buchdes Kaufmanns gerade auf solche Geschäfte, wie führungg lei Aktiengesellschaften, über die Tage­ das in Frage stehende, gerichtet ist. Auch dann, bücher wer Handelsmäkler sowie im Falle der Aufwenn der Kaufmann ein Geschäft macht, das eigent­ bewahrmnz fremder Wertpapiere (vergleiche „De­ lich nicht in den Kreis der gewöhnlich von ihm pots, karufnännische"). betriebenen Geschäfte fällt (z. B. ein Zigarren­ Stnaf best immun gen. Im Falle einer fabrikant kauft bei Gelegenheit einen Posten Wein Zahlungseinstellung ist der Kaufmann beim Man­ oder Kolonialwaren zum Wiederverkauf), so ist gel ordmrngsmäßig geführter Bücher strafbar; dies Geschäft doch ein Handelsgeschäft, voraus­ die betireffenben Bestimmungen der Konkursord­ gesetzt in diesem Falle jedoch, daß das Ge­ nung tarnten: schäft überhaupt zu den (im § 1 des Handels­ „Schuldner, welche ihre Zahlungen eingestellt gesetzbuchs unter Nr. 1 bis 9 bezeichneten) Geschäf­ haben mber über deren Vermögen das Konkursten gehört, die als Geschäfte eines Handelsgewer­ verfahrcen eröffnet worden ist, werden wegen bebes gelten; diese Geschäfte sind in dem schon trügliichen Bankerotts mit Zuchthaus be­ gedachten Artikel „Kaufmann. Handelsgewerbe" straft, wenn sie in der Absicht, ihre Gläubiger zu unter 1 im Eingänge („Die Anschaffung und benachteiligen, Weiterveräußerung von beweglichen Sachen" usw. 3. Aandelsbücher zu führen unterlassen haben, bis „Geschäfte der Druckereien rc.") aufgeführt. deren Führung ihnen gesetzlich oblag, oder Gehört dagegen ein von einem Kaufmann 4. ihre Handelsbücher vernichtet oder verheim­ vorgenommenes Geschäft nicht zum Betriebe licht obrer so geführt oder verändert haben, daß seines Handelsgewerbes, so ist es auch dieselben: keine Übersicht des Vermögenszustandes kein Handelsgeschäft; beispielsweise wenn der gewähreen. Kaufmann Zigarren zum eigenen Gebrauch oder Stnib mildernde Umstände vorhanden, so tritt für seine Gäste kauft oder wenn er sich einen An­ Gefängmisstrafe nicht unter 3 Monaten ein zug machen läßt u. dergl. Betreibt jemand ein (§ 239)). Handelsgewerbe und ein anderes Geschäft, das Schuldner, welche ihre Zahlungen eingestellt nicht ein Handelsgewerbe ist (z. B. ein Höker be­ haben oder über deren Vermögen das Konkurs­ treibt zugleich das Hausschlachterhandwerk), so sind verfahren eröffnet worden ist, werden wegen ein­ von den Geschäften, die er abschließt, nur die­ fachen Bankerotts mit Gefängnis bestraft, jenigen Handelsgeschäfte, die zu dem Handelsge­ wenn sie 3. Handelsbücher zu führen unterlassen haben, werbe gehören. Ist es im Einzelfalle zweifel­ deren Führung ihnen gesetzlich oblag, oder die­ haft, zu welchen der mehreren Gewerbe ein ab­ geschlossenes Geschäft gehört, so stellt das Gesetz selben verheimlicht, vernichtet oder so unordentlich die Vermutung auf, daß es zum Handels­ geführt haben, daß sie keine Übersicht ihres Vergewerbe gehöre; es wird also bis zum Beweise des mögenszustandes gewähren, oder 4. es gegen die Bestimmung des Handelsgesetz- • Gegenteils als ein Handelsgeschäft angesehen. Das buchs unterlassen haben, die Bilanz ihres Ver­ Gesetz stellt überhaupt für Zweifelsfälle ganz mögens in der vorgeschriebenen Zeit zu ziehen. allgemein die Vermutung auf, daß ein von Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann einem Kaufmanne vorgenommenes Geschäft zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehöre [H 344]; auf Geldstrafe bis zu 6000 Mk. erkannt werden wer das Gegenteil behauptet, muß es beweisen. (§ 240). Die Strafvorschriften der §§ 239—241 finden Insbesondere gelten nach dem Gesetz auch die von einem Kaufmann gezeichneten Schuldscheine als gegen die Mitglieder des Vorstandes einer Aktien­ im Betriebe seines Handelsgewerbes gezeichnet, so­ gesellschaft oder eingetragenen Genossenschaft und gegen die Liquidatoren einer Handelsgesellschaft fern sich nicht aus der Urkunde selbst das oder eingetragenen Genossenschaft, welche ihre Zah­ Gegenteil ergibt. Ob ein Geschäft ein Handelsgeschäft im lungen eingestellt hat oder über deren Vermögen Sinne des Gesetzes ist oder nicht, ist deshalb von das Konkursverfahren eröffnet worden ist, Anwen­ dung, wenn sie in dieser Eigenschaft die mit Strafe Bedeutung, weil das Handelsgesetzbuch für Han­ bedrohten Handlungen begangen haben." delsgeschäfte die nachstehend mitgeteilten beson­ Handelsfirma s. Firma. deren Eesetzesvorschriften enthält, die für andere HandelSfrau s. Kaufmann rc. 3. (bürgerliche) Geschäfte nicht gelten. Diese be­ Handelisgärtnerei als landwirtschaftliches Nesonderen Bestimmungen kommen regelmäßig, d. h. soweit, nicht vom Gesetz ausdrücklich etwas anderes bengewerbe s. Land- und Forstwirte als Kauf­ leute 3. bestimmt ist, für beide Teile zur Anwendung, Handelsgeschäft, Übernahme eines mit der wenn das betreffende Geschäft auch nur für einen Firmq, s. Firma rc. 3. der beiden Teile ein Handelsgeschäft ist [H 345]. Handelsgeschäfte [H 343—473]. 1. Handels­ Die gedachten Vorschriften sind folgende: geschäfte simd alle Geschäfte (Verträge und son­ Unter Kaufleuten (also wenn beide stige Rechtshandlungen) eines Kaufmannes, die Teile Kaufleute im Sinne des Gesetzes sind; siehe zum Betriebe seines Handelsgewerbes „Kaufmann") ist in Ansehung der Bedeutung und gehören- [BL 343], mithin nicht nur Käufe und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen auf Verkäufe, sondern beispielsweise auch Engagedie im Handelsverkehr geltenden Gewohn­ mentsvertrcage mit dem Personal, Miete eines Ge­ heiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen schäftshauses, Darlehns- und sonstige Kreditge[H 346]. Eine Vertragsstrafe (Konven Thrist'iant. RechtSlexikon. III. Stuft.

tionalstrafe), die von einem Kaufmann im Betriebe seines Handelsgewerbes versprochen ist, kann nicht aus dem Grunde vom Gericht herab­ gesetzt werden, weil sie unverhältnismäßig hoch ist (tDte das nach dem bürgerlichen Recht der Fall ist; siehe „Vertragsstrafe") [H 348]. Hat jemand eine Bürgschaft (siehe das) geleistet und ist die Bürgschaft für ihn nach dem oben Gesagten ein Handelsgeschäft, so steht ihm die Einrede der Vor­ ausklage nicht zu. Das gleiche gilt unter der be­ zeichneten Voraussetzung für den, der aus einem Kreditauftrag (siehe das) als Bürge haftet. Für eine Bürgschaft, ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis gelten, wenn die Bürgschaft auf seiten des Bürgen, das Ver­ sprechen oder das Anerkenntnis auf seiten des Schuldners ein Handelsgeschäft ist, die Bestim­ mungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht, wonach zur Gültigkeit dieser Geschäfte schriftliche Abfassung nötig ist [H 349, 350]. Die vorstehenden Bestim­ mungen (über die Vertragsstrafe, die Bürgschaft k.) finden aber auf die sog. Kaufleute „minderen Rechts" („Minderkaufleute"; siehe „Kaufmann 2") keine Anwendung; für diese gellen also die allge­ meinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts [H 351]. Wer aus einem Geschäft, das auf seiner Seite ein Handelsgeschäft ist, einem anderen zur Sorgfalt verpflichtet ist, muß (auch wenn er Kaufmann minderen Rechts ist) für die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns einstehen; unberührt bleiben jedoch die Vorschriften des bür­ gerlichen Rechts, wonach der Schuldner in gewissen Fällen nur grobe Fahrlässigkeit zu vertreten oder nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt [H 347]. Zinsen, Provision rc. [H 352—354]. Die Höhe der gesetzlichen Zinsen (siehe „Zinsen") mit Einschluß der Verzugszinsen und Prozeßzinsen ist bei beiderseitigen Handelsgeschäften fünf vom Hundert jährlich; das gleiche gilt, wenn für eine Schuld aus einem solchen Handelsgeschäfte Zinsen ohne Bestimmung des Zinsfußes ver­ sprochen sind. Wenn nach Handelsrecht Zinsen zu zahlen sind, ohne daß die Höhe im einzelnen Fall gesetzlich bestimmt ist, so sind stets 5 Prozent zu zahlen. Kaufleute (also auch Handelsgesell­ schaften und Minderkaufleute) untereinander sind ohne weiteres, d. h. ohne desfallsige besondere Verabredung, berechtigt, für ihre Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften vom Tage der Fälligkeit der Schuld an Zinsen (5 Prozent) zu fordern, jedoch keine Zinseszinsen (siehe aber nach­ stehend). Ein Kaufmann, der in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen, sei dies ein Kauf­ mann oder Nichtkaufmann, Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, kann dafür auch ohne Verabredung Provision und, wenn es sich um eine Auf­ bewahrung handelt, auch Lagergeld nach den an dem Orte üblichen Sätzen fordern. Für Dar­ lehen, Vorschüsse, Auslagen und andere Verwendungen, die er in Ausübung seines Handelsgewerbes macht, kann sich der Kaufmann vom Tage der Leistung an ohne weiteres Zinsen (5 Prozent) berechnen. Kontokurrentverhältnis zwischen Kauf­ leuten oder zwischen einem Kaufmann und einem Nichtkaufmann [H 355—357]. Steht jemand mit einem Kaufmanne derart in Geschäftsverbindung, daß die aus der Verbindung entspringenden beider­ seitigen Ansprüche und Leistungen nebst Zinsen in

Rechnung gestellt und in regelmäßigen Zeit­ abschnitten durch Verrechnung und Feststellung des für den einen oder anderen Teil sich ergebenden Überschusses ausgeglichen werden (laufende Rechnung, Kontokurrent), so kann derjenige, welchem bei dem Rechnungsabschluß ein Überschuß gebührt, von dem Tage des Abschlusses an Zinsen von dem Überschüsse verlangen, auch soweit in der Rechnung Zinsen enthalten sind; es ist also hier das Nehmen von Zinseszinsen ausnahmsweise gestattet. Der Rechnungsabschluß geschieht jährlich einmal, sofern nicht ein anderes bestimmt ist. Die laufende Rechnung kann im Zweifel auch während der Dauer einer Rechnungsperiode jederzeit mit der Wirkung gekündigt werden, daß derjenige, welchem nach der Rechnung ein Überschuß gebührt, dessen Zahlung beanspruchen kann. Wird eine Forderung, die durch Pfand, Bürgschaft oder in anderer Weise gesichert ist, in die laufende Rechnung aufgenom­ men, so wird der Gläubiger durch die Anerkennung des Rechnungsabschlusses nicht gehindert, aus der Sicherheit insoweit Befriedigung zu suchen, als sein Guthaben aus der laufenden Rechnung und die Forderung sich decken. Haftet ein Dritter für eine in die laufende Rechnung aufgenommene Forderung als Gesamtschuldner, so findet auf die Geltend­ machung der Forderung gegen ihn diese Vorschrift entsprechende Anwendung. Hat der Gläubiger eines Beteiligten die Pfändung und Überweisung des Anspruchs auf dasjenige erwirkt, was seinem Schuldner als Überschuß aus der laufenden Rech­ nung zukommt, so können dem Gläubiger gegenüber Schuldposten, die nach der Pfändung durch neue Geschäfte entstehen, nicht in Rechnung gestellt werden. Geschäfte, die auf Grund einer schon vor diesem Zeitpunkte bestehenden Verpflichtung des Drittschuldners vorgenommen werden, gelten nicht als neue Geschäfte im Sinne dieser Vorschrift. Erfüllungszeit, Geschäftszeit [H358, 359]. Bei Handelsgeschäften kann die Leistung nur wahrend der gewöhnlichen Geschäftszeit bewirkt und gefordert werden. Ist als Zeit der Leistung das Frühjahr oder der Herbst oder ein in ähnlicher Weise bestimmter Zeitpunkt vereinbart, so ent­ scheidet im Zweifel der Handelsgebrauch des Ortes der Leistung. Ist eine Frist von 6 Tagen verein­ bart, so sind hierunter im Zweifel volle acht Tage zu verstehen. (Im gewöhnlichen Leben wird man unter „acht Tagen" meist eine Woche verstehen.) Gegenstand des Geschäfts [H 360, 361]. Wird eine nur der Gattung nach bestimmte Ware geschuldet, so ist „Handelsgut mittlerer Art und Güte" zu leisten. Maß, Gewicht, Währung, Zeit­ rechnung und Entfernungen, die an dem Orte gelten, wo der Vertrag erfüllt werden soll (siehe darüber „Leistungen, allgemeine Bestimmungen über, 5"), sind im Zweifel als die vertragsmäßigen zu betrachten. Stillschweigender Abschluß eines Geschäfts [H 362]. Geht einem Kaufmann, dessen Gewerbebetrieb die Besorgung von Ge­ schäften für andere mit sich bringt, ein Antrag (Auftrag) über die Besorgung solcher Geschäfte von jemand (einem anderen Kaufmann oder einem Nichtkaufmann) zu, mit dem er in Geschäfts­ verbindung steht, so ist er verpflichtet, unver­ züglich zu antworten, wenn er auf den Antrag nicht eingehen, den Auftrag nicht annehmen will; schweigt er, so gilt dies als Annahme des Antrages. Das gleiche gilt, wenn einem Kaufmanne ein An­ trag über die Besorgung von Geschäften von

jemand zueht, dem gegenüber er sich zur Besorguing sicher Geschäfte erboten hat; der Auf­ trag gilt* aso als angenommen, wenn er ihn nicht sofort aiblynt. Auch wenn der Kaufmann den Antrag erpapiere [H 363—365]. Anwei­ sung eni, He auf einen Raufmann über die Lei­ stung vom veld, Wertpapieren oder anderen vertretbcrrem Aachen ausgestellt sind, ohne daß darin die Leistmm von einer Gegenleistung abhängig ge­ macht istt, önnen durch Indossament übertragen werden, wem sie an Order lauten. Dasselbe gilt von Deirp'lichtungsscheinen, die von einem Raufmamn über Gegenstände der bezeichneten Art an Older ausgestellt sind, ohne daß darin die Leistung Dm einer Gegenleistung abhängig ge­ macht ist. Zerner können Ronnossemente der Seeschifster, Ladescheine der Frachtführer, Lagers chiine der staatlich zur Ausstellung solcher Arkmden ermächtigten Anstalten sowie Bödmereibriefe und Transportverficherungspolizen durch Indossament über­ tragen werten, wenn sie an Order lauten. Durch das Indossament gehen alle Rechte aus dem in­ dossierten Papier auf den Indossatar über. Dem legitimierter Besitzer der Urkunde kann der Schuld­ ner nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit seiner Erklärung in der Urkunde be­ treffen oder ihm unmittelbar gegen den Besitzer zu­ stehen. Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung der quittieren Urkunde zur Leistung verpflichtet. In betreff kr Form des Indossaments, in betreff der Legitimation des Besitzers und der Prüfung der Legitimrtion sowie in betreff der Verpflichtung des Besitzes zur Herausgabe, finden die Vor­ schriften der Artikel 11 bis 13, 36, 74 der Wechsel­ ordnung einsprechende Anwendung. Ist die Ur­ kunde vernichtet oder abhanden gekommen, so unter­ liegt sie der Rraftloserklärung (siehe das) im Wege des Aufgebotsverfahrens. Ist das Aufgebotsver,fahren eingeleitet, so kann der Berechtigte, wenn

zur Entrichtung des Mäklerlohnes verpflichtet, wenn der betreffende Vertrag, d. h. der Vertrag, den der Auftraggeber demnächst mit dem Dritten (dem Käufer, dem Mieter, dem Dienstboten rc.) ab­ schließt, infolge des Nachweises oder in­ folge der Vermittelung durch ihnzustande gekommen ist. Wird der Vertrag unter einer sog. aufhebenden Bedingung geschlossen (z. B. der Mäkler vermittelt einen Hauskauf, der aber nur unter der Bedingung geschlossen wird, daß der Käufer bis zu einem bestimmten Zeitpunkt seinen Wohnsitz verlegt), so kann der Mäklerlohn erst verlangt werden, wenn die Bedingung eintritt, also der durch ihn vermittelte Kauf perfekt wird. Ist über die Höhe des Maklerlohnes nichts ausge­ macht, so kann der Mäkler nach der Tare fordern, wenn für derartige Vermittelungen eine Tare be­ steht; in Ermangelung einer Tare ist der „übliche" Lohn als vereinbart anzusehen. Wucher Betrag üblich ist, das muß natürlich der Mäkler beweisen, wenn der andere die Höhe der Vergütung bestreitet. Es ist nicht nötig, daß überhaupt eine Vergütung für die Bemühungen des Mäklers ausdrücklich ver-

einbart ist; ein Maklerlohn gilt als stillschwei­ gend vereinbart, wenn es sich um Dienste handelt, für die allgemein eine Vergütung gezahlt zu wer­ den pflegt. Auster dem eigentlichen Maklerlohn hat der Makler keinen Anspruch aus Ersatz seiner Aufwendungen (Auslagen, Spesen), wenn dies nicht zwischen den Beteiligten verabredet ist. Ist dies jedoch der Fall, so kann er Ersatz der Aufwen­ dungen auch dann beanspruchen, wenn durch seine Bemühungen kein Vertrag zustande gekommen ist. Es steht übrigens nichts entgegen, daß die Be­ teiligten in Abweichung vom Gesetz verein­ baren, dast der Mäkler die Gebühr auch dann solle fordern können, wenn das von ihm zu ver­ mittelnde Geschäft ohne seine Mitwirkung zustande gekommen ist. Ist darüber, wie lange dieses Ver­ hältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Mäkler dauern soll, nichts bestimmt, so entscheidet die Verkehrssitte (r). Abgesehen von entgegenstehender Vereinbarung ist aber der Auftraggeber nicht nur berechtigt, den Mäklervertrag jederzeit zu kündigen, sondern er kann auch nach seinem Belieben den ihm vom Mäkler vermittelten Vertragsantrag (Offerte) ablehnen und dadurch den Erfolg der Vermittelung des Mäklers unmöglich machen. — Eine wichtige Frage ist, ob der Mäkler auch im Interesse des anderen Teils tätig werden darf, ob er z. B. einen Hausverkauf in der Weise vermitteln darf, dast er von dem Ver­ käufer den Auftrag entgegennimmt, ihm einen Käu­ fer zu beschaffen, und von dem Kaufreslektanten den Auftrag, ihm ein geeignetes Haus nachzu­ weisen, und von beiden Teilen sich einen Makler­ lohn zusichern lätzt. An und für sich steht dem ge­ setzlich nichts entgegen und es liegt in der Natur der Sache und wird bei gewissen Arten von Maklergeschäften regelmähig vorkommen, daß der Mäkler, um sich gegebenenfalls das Geschäft zu erleichtern, sich bemühen wird, von beiden Inter­ essentengruppen (Verkäufern und Käufern, Herr­ schaften und Dienstboten ic.) Aufträge zu erhalten, und daß er eintretendenfalls sich den Mäklerlohn von beiden Teilen zahlen läßt. Das Gesetz über­ läßt es aber dem Auftraggeber, sich auszube­ dingen, daß der Mäkler nur ausschließlich in seinem Interesse tätig sein, nicht auch für den anderen Teil Mäklerdienste verrichten soll. Unter Umständen kann es möglicherweise auch in der Natur des Geschäfts liegen, daß als Wille der Be­ teiligten anzusehen ist, daß der Mäkler nur für den einen Teil tätig werden solle. Ist nun hier­ nach anzunehmen, daß der MäNer, wenn er auch für den anderen Teil tätig wird, dem Vertrage zuwiderhandelt, so hat dies zur Folge, daß ihm ein Anspruch aus Maklerlohn und auf Ersatz seiner Aufwendungen gegen den Auftraggeber nicht zusteht. Ist für den Nachweis der Gelegen­ heit zum Abschluß eines Dien st Vertrages oder für die Vermittelung eines solchen Vertrages ein unverhältnismäßig hoher Mäklerlohn ver­ einbart worden, so kann er auf Antrag des Schuld­ ners durch gerichtliches Urteil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden; ist der Lohn bereits bezahlt, so ist eine Herabsetzung nicht mehr zulässig. Diese Bestimmung bezieht sich nicht nur auf Ge­ sindemietverträge, sondern auf Engagementsverträge von Stellungsuchenden jeder Art (Handlungs­ gehülfen, Hauslehrern, Schauspielern rc.). Etwas besonderes gilt für Heiratsvermittelungen. Derartige Vermittelungen werden vom Gesetz als unsittlich, mindestens als unanständig, angesehen.

Es kann daher für eine solche Vermittelung ein Mäklerlohn, auch wenn er ausdrücklich vereinbart ist, nicht gefordert werden. Andererseits soll jedoch, wenn die vereinbarte Gebühr gezahlt ist, eine Rückforderung gleichfalls unzulässig sein. 2. Handelsmäkler [H 93—104]. Beson­ dere Bestimmungen enthält das Handelsgesetzbuch für Handels mäkler. Es ist daher zuzusehen, wer Handelsmäkler ist. Handelsmäkler sind nur solche Personen, die Käufe und Verkäufe, überhaupt Ver­ träge über Gegenstände vermitteln, die dem Han­ delsverkehre angehören, nämlich Waren ober Wertpapiere, Versicherungen, Güterbeförderungen, Bodmerei, Schiffsmiete ic., und zwar gewerbs­ mäßig vermitteln. Handelt es sich um die Ver­ mittelung von Verträgen über andere Gegentände, so ist der Vermittler kein Handelsmäkler, ondern Zivilmäkler (siehe vorstehend 1); Grundtücks- und Hypothekenmäkler sind daher keine Handelsmäkler. Handlungsagenten (siehe das), die auf Grund eines besonderen Dertragsverhältnisses für ihre Auftraggeber ständig der­ artige Geschäfte vermitteln, sind keine Handels­ mäkler. Es ist einerlei, ob die Person, die dem Handelsmäkler den Auftrag gibt, Kaufmann oder Nichtkaufmann ist, wenn nur der Gegenstand der Vermittelung ein Gegenstand des Handelsverkehrs ist. Handelsmäkler sind Personen, die Geschäfte vermitteln, also den Abschluß des Geschäfts, herbeiführen, nicht bloß eine Gelegenheit zum Ge­ schäft nachweisen. Für die Vermittelung anderer Geschäfte, als der vorbezeichneten, z. B. die Ver­ mittelung von Grundstücksverkäufen, gelten, auch wenn solche Geschäfte von einem Handelsmäkler vorgenommen werden, die nachstehend mitgeteilten Vorschriften des Handelsgesetzbuchs nicht; es kommen auf solche Geschäfte die unter 1 besproche­ nen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts zur An­ wendung. Amtlich bestellte Handelsmäkler gibt es nicht mehr (wohl amtlich bestellte Kursmäkler nach dem Börsengesetz). Etwas anderes ist es, ob zur Ausübung des Gewerbes eines Handelsmäklers überhaupt oder eines solchen hinsichtlich bestimmter Gegenstände eine öffentliche Ermächtigung (Konzession) erforderlich ist. Ausnahmsweise sind Handelsmäkler (neben den schon genannten Kursmäklern) zur selbständigen Vornahme (nicht bloß Vermittelung) gewisser Käufe und Ver­ käufe befugt; vergleiche darüber z. B. die Artikel „Versteigerungsrecht des Schuldners" am Schluß, „Pfand (Faustpfand)" unter 2. Sie behülfen hierzu aber einer besonderen Ermächtigung. Wer diese zu erteilen hat, bestimmen die Landes­ gesetze. sJn Preußen wird sie für Orte inner­ halb des Bezirks einer Handelskammer oder einer kaufmännischen Körperschaft durch diese, vorbehalt­ lich der Bestätigung des Regierungspräsidenten, für andere Orte durch den letzteren erteilt. Die Ermächtigung wird erst wirksam, wenn der Mäkler durch das Amtsgericht oder durch die Handels­ kammer oder Korporation vereidigt ist; PA 13. — In Sachsen steht die Erteilung der Ermächtigung dem Stadtrat bezw. der Amtshauptmannschast zu. Der Mäkler hat einen Eid zu leisten, daß er die ihm obliegenden Pflichten getreu erfüllen werde. Über die Bedürfnisfrage und über die geeigneten Personen ist die Handelskammer gutachtlich zu hören; SV 9. — In Elsaß-Lothringen wirb die Ermächtigung vom Ministerium erteilt. Der Mäkler wird vom Amtsgericht auf getreue Pflicht­ erfüllung beeidigt; G 6/11 99, 39.]

Die Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs über Handelsmäkler sind folgende: § 94. Der Handelsmäkler hat, sofern nicht die Parteien ihm dies erlassen oder der Ortsgebrauch mit Rücksicht auf die Gattung der Ware davon entbindet, unverzüglich nach dem Abschlüsse des Geschäfts jeder Partei eine von ihm unterzeichnete Schluhnote zuzustellen, welche die Parteien, den Gegenstand und die Bedingungen des Geschäfts, insbesondere bei Verkäufen von Waren oder Wert­ papieren deren Eattpng und Menge sowie den Preis und die Zeit der Lieferung, enthält. Bei Geschäften, die nicht sofort erfüllt werden sollen, ist die Schluhnote den Parteien zu ihrer Unterschrift zuzustellen und jeder Partei die von der anderen unterschriebene Schluhnote zu über­ senden. Verweigert eine Partei die Annahme oder Unterschrift der Schluhnote, so hat der Handels­ mäkler davon der anderen Partei unverzüglich An­ zeige zu machen. § 95. Nimmt eine Partei eine Schluhnote an, in der sich der Handelsmäkler die Bezeichnung der anderen Partei vorbehalten hat, so ist sie an das Geschäft mit der Partei, welche ihr nachträglich be­ zeichnet wird, gebunden, es sei denn, dah gegen diese begründete Einwendungen zu erheben sind. Die Bezeichnung der anderen Partei hat innerhalb der ortsüblichen Frist, in Ermangelung einer solchen innerhalb einer den Umständen nach angemessenen Frist zu erfolgen. Unterbleibt die Bezeichnung oder sind gegen die bezeichnete Person oder Firma be­ gründete Einwendungen zu erheben, so ist die Partei befugt, den Handelsmäkler auf die Er­ füllung des Geschäfts in Anspruch zu nehmen. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn sich die Partei auf die Aufforderung des Handelsmäklers nicht un­ verzüglich darüber erklärt, ob sie Erfüllung ver­ lange. § 96. Der Handelsmäkler hat, sofern nicht die Parteien ihm dies erlassen oder der Ortsgebrauch mit Rücksicht auf die Gattung der Ware davon entbindet, von jeder durch seine Vermittelung nach Probe verkauften Ware die Probe, falls sie ihm übergeben ist, so lange aufzubewahren, bis die Ware ohne Einwendung gegen ihre Be­ schaffenheit angenommen oder das Geschäft in anderer Weise erledigt wird. Er hat die Probe durch ein Zeichen kenntlich zu machen. § 97. Der Handelsmäkler gilt nicht als er­ mächtigt, eine Zahlung oder eine andere im Vertrage bedungene Leistung in Empfang zu nehmen. § 98. Der Handelsmäkler haftet jeder der beiden Parteien für den durch sein Verschulden ent­ stehenden Schaden. § 99. Ist unter den Parteien nichts darüber vereinbart, wer den Mäklerlohn bezahlen soll, so ist er in Ermangelung eines abweichenden Ortsgebrauchs von jeder Partei zur Hälfte zu ent­ richten. § 100. Der Handelsmäkler ist verpflichtet, ein Tagebuch zu führen und in dieses alle abge­ schlossenen Geschäfte täglich einzutragen. Die Ein­ tragungen sind nach der Zeitfolge zu bewirken; sie haben die im § 94 Abs. 1 bezeichneten Angaben zu enthalten. Das Eingetragene ist von dem Handelsmäkler täglich zu unterzeichnen. Die Vorschriften der §§ 43, 44 des Handels­ gesetzbuchs über die Einrichtung und Aufbewahrung der Handelsbücher (vergleiche „Handelsbücher")

finden auf das Tagebuch des Handelsmäklers An­ wendung. § 101. Der Handelsmäkler ist verpflichtet, den Parteien jederzeit auf Verlangen Auszüge aus dem Tagebuche zu geben, die von ihm unterzeichnet sind und alles enthalten, was von ihm in An­ sehung des vermittelten Geschäfts eingetragen ist. § 102. Im Laufe eines Rechtsstreits kann das Gericht auch ohne Antrag einer Partei die Vor­ legung des Tagebuchs anordnen, um es mit der Schluhnote, den Auszügen oder anderen Beweis­ mitteln zu vergleichen. § 103. Handelsmäkler, die den Vorschriften über die Führung und Aufbewahrung des Tage­ buchs zuwiderhandeln, werden mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark bestraft. § 104. Auf Personen, welche die Vermittelung von Warengeschäften im Lleinverke'hr besor­ gen, finden die Vorschriften über Schluhnoten und Tagebücher keine Anwendung. Mäklervertrag s. Mäkler. Malen, Eigentumserwerb durch, s. Verbin­ dung ic. Malerei, Werke der, Schutz gegen Nachbildung, s. Urheberrecht II. Mängel einer verkauften rc. Sache, Haftung (Gewährleistung) wegen solcher, s. Gewährleistung wegen Mängel re.; Beweis der, j. Erfüllung eines Schuldverhältnisses; einer Mietwohnung s. Miete 2. Mängelanzeige s. Gewährleistung u. 7, Han­ delskauf 4 u. Erfüllung von Schuldverhältnissen. Mangelhaftigkeit s. Mängel. Mängelrüge s. Mängelanzeige. Mängeluntersuchung bei Kaufleuten s. Han­ delskauf 4. Manifestanten s. Osfenbarungseid 3. Manifestationseid s. Offenbarungseid. Manipulationen zahlungsunfähiger Schuldner s. Anfechtung v. betrüg. Rechtsh. rc. Marine f. Militärpersonen. Marken s. Schuldverschreibungen auf den In­ haber I 5 u. Warenbezeichnungen rc. Markenschutz s. Warenbezeichnungen. Marktpreis s. Ämif 9. Maschinen als Bestandteil oder Zubehör von Gebäuden rc. s. Bestandteile u. Zubehör 1. Maschinentechniker s. Techniker. Mauer auf der Grenze s. Grundeigentum 2g; gemeinschaftliche, s. Grundeigentum 3. Maulesel, Maultiere, Haftung des Verkäufers für Fehler s. Gewährleistung wegen Mängel rc. 9. Meeresuser, angeschwemmte Gegenstände, s. Strandgut. Mehrere Anstifter eines Schadens j. Schadens­ ersatz w. unerl. Hdlg. 5. Mehrere Gläubiger oder mehrere Schuld­ ner. Es kann vorkommen, dah mehrere zu­ sammen etwas zu fordern haben oder dah mehrere Personen zusammen etwas schulden, bei­ spielsweise, wenn mehrere zusammen Geld anleihen oder etwas kaufen oder wenn an Stelle eines Gläubigers oder Schuldners mehrere Erben ge­ treten sind, auf die das Forderungsrecht oder die Schuld des Erblassers übergegangen ist. Es fragt sich hier vor allem, ob die mehreren Gläubiger das Geschuldete nur zusammen fordern oder ob jeder seinen Anteil vom Schuldner beanspruchen kann; ob die mehreren Schuldner jeder nur zu seinem Teil haften oder ob jeder für das Ganze haftbar ist; ferner ob und inwiefern die Handlungen oder Unterlassungen eines der Beteiligten für die an-

deren ([[ehe 'Mitgläubiger oder Mitschuldner) von rechtlicher Wirkung sind. Derartige Forderungs­ oder (Sckuldverhältnisse mehrerer Personen machen der rechtlichen Beurteilung besondere Schwierrig'eiten (die Juristen sprechen hier von Solidarr- mb Korrealobligationen) und das Ge­ setzbuch hct die sich erhebenden Zweifel nur zum Teil buird ausdrückliche Bestimmung entschieden, anderes, aler der Vereinbarung unter den Beteilig­ ten selber überlassen. Die betreffenden Gesetzes­ stellen ((§§ 420—432) werden am Schluß dieses Artikels; wörtlich mitgeteilt. Die wichtigsten dieser Bestimnnurgen (wegen der übrigen mutz auf den Gesetzesiwoctlaut verwiesen werden) sind folgende: 1. Sird mehrere Schuldner vorhanden, so ist ziunichst zu fragen, ob die von ihnen ge­ schuldeter Leistung Überhaupt geteilt werden kann, HD05 ja bei G eld schulden stets der Fall ist. Dann giilt die R e g e l, daß die mehreren Schuldner nur zu «gleichen Anteilen verpflichtet sind. Ab­ weichend» von dieser Regelvorschrift stellt das Gesetz aber dem Satz auf, daß, wenn sich mehrere Per­ sonen d urch einen Vertrag gemeinschaft­ lich zu (einer Leistung verpflichtet haben, die an sich teilbar nst (z. B. es haben mehrere Personen zu­ sammen eine Ware oder ein Grundstück rc. gekauft und schmldcn dafür den Kaufpreis oder es haben mehrere zusammen ein Dienst- oder Geschäftspersonal englagiert oder es haben sich mehrere zu­ sammen verpflichtet, einem anderen eine gewisse Summe zu schenken oder ihm ein Kapital zu leihen ic.), jeder von ihnen dem Gläubiger auf die gamze Summe haftet; das Gesetz nimmt in solchem Falle an, daß jeder der Schuldner sich nicht bloch für einen Teil der Leistung, sondern für die ganze Schuld hat verbindlich machen wollen, wenn nicht klar ersichtlich ist, daß jeder sich bloß für seinem Teil hat verpflichten wollen, in welchem Falle er auch nur für den Teil haftet. Aber auch abgesehem von diesem Falle kann durch Verein­ barung der Beteiligten oder durch besondere ge­ setzliche Vorschriften bestimmt sein, daß die mehreren Schuldner, obwohl die geschuldete Leistung geteilt werden kann, nicht für einen Teil, sondern für das Ganze haften. Die Schuldner werden in den vor­ gebuchten Fällen vom Gesetz als Gesamt­ schuldner bezeichnet. Auf Grund besonderer g e setzlicher Bestimmung sind z. B. Gesamtschuld­ ner: mehrere Bürgen, die sich für dieselbe Ver­ bindlichkeit verbürgt haben; mehrere Personen, die für den aus einer unerlaubten Handlung entstan­ denen Schaden nebeneinander verantwortlich sind (siehe „Schadensersatz wegen unerlaubter Hand­ lung"); mehrere Vormünder (oder Vormund und Gegenvormund), die für den aus einer Pflichtver­ letzung dem Mündel entstandenen Schaden neben­ einander hasten; die Erben rücksichtlich der gemein­ schaftlichen Nachlahverbindlichkeiten zc. — Schul­ den dagegen mehrere Personen eine Leistung, die nicht geteilt werden kann, so haften sie stets als Gesamtschuldner. Der Gläubiger kann alsdann die Leistung nach seinem Belieben von dem einen oder dem anderen der Schuldner ganz oder zum Teil fordern. 2. Haben mehrere zusammen eine Leistung zu fordern, die geteilt werden kann, so gilt gleichfalls die Regel, daß jeder Gläubiger nur seinen Teil fordern kann. Es kann aber auch hier durch Vereinbarung der Beteiligten oder durch gesehlicke Bestimmung für besondere Fälle festgesetzt sein, daß jeder Gläubiger die ganze Leistung for­

dern kann (wogegen der Schuldner freilich nur einmal zu leisten braucht); dann nennt man die Gläubiger Gesamtglaubiger. Kann dagegen die geschuldete Leistung ihrer Natur nach nicht geteilt werden, so sind die Gläubiger (nach Gesetz oder Vereinbarung) entweder Gesamtgläu­ biger, so daß jeder die ganze Leistung fordern kann, oder es kann, wenn dieses nicht der Fall ist, jeder Gläubiger nur fordern, daß an alle Gläu­ biger zusammen geleistet werde; geeignetenfalls kann jeder verlangen, daß der Schuldner das Ge­ schuldete für alle Gläubiger hinterlege (siehe „Hin­ terlegung") oder, wenn es sich nicht zur Hinter­ legung eignet, an einen gerichtlich zu bestimmenden Verwahrer abliefere (siehe „Verwahrer, gerichtliche Bestellung eines"). Sind die Gläubiger Gesamt­ gläubiger, so kann der Schuldner nach seinem Be­ lieben an jeden der Gläubiger leisten. 3. Wenn mehrere Personen dieselbe Leistung verschuldeten (also Gesamtschuldner waren) und einer von ihnen auf Verlangen des Gläubigers die Schuld erfüllt hat, so fragt es sich, welche Rechte dieser Schuldner gegen seine Mitschuldner wegen des von ihm Geleisteten hat. Es gilt hier die Regel, daß die sämtlichen Schuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Teilen verpflichtet sind, wenn nichts anderes (durch Gesetz oder Vertrag) bestimmt ist, und daß der, welcher gezahlt hat, sich wegen der von den Milschuldnern geschuldeten Beträge wieder an diese halten kann. Kann von einem Gesamt­ schuldner der auf ihn entfallende Betrag nicht er­ langt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen. Ist jeder von mehreren Gläubigern berech­ tigt, das Ganze vom Schuldner zu fordern (sind also die Gläubiger Ges amt gläubiger), so gilt, wenn nichts anderes bestimmt ist, der Satz, daß die Gläubiger im Verhältnis zueinander zu gleichen Teilen berechtigt sind. Hat also der eine das Ganze erhalten, so ist er dieses mit den andern gleichmäßig zu teilen verpflichtet. Ergibt sich da­ gegen aus dem zwischen den Gläubigern etwa be­ stehenden besonderen Rechtsverhältnis, daß die Be­ rechtigungen der einzelnen verschiedenwertig sind, so ist selbstverständlich die Teilung nach diesem be­ sonderen Maßstabe vorzunehmen. — Die eingangs erwähnten Bestimmungen des Gesetzbuchs lauten: § 420. Schulden mehrere eine teilbare Leistung oder haben mehrere eine teilbare Leistung zu for­ dern, so ist im Zweifel jeder Schuldner nur zu einem gleichen Anteile verpflichtet, jeder Gläubiger nur zu einem gleichen Anteile berechtigt. § 421. Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, daß jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teile fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner ver­ pflichtet. § 422. Die Erfüllung durch einen Gesamt­ schuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das gleiche gilt von der Leistung an Erfüllungsstatt, der Hinterlegung und der Aufrechnung. Eine Forderung, die einem Gesamtschuldner zusieht, kann nicht von den übrigen Schuldnern aufgerechnet werden.

§ 423. Ein zwischen dem Gläubiger und einem -Gesamtschuldner vereinbarter Erlaß wirkt auch für die übrigen Schuldner, wenn die Vertragschließen­ den das ganze Schuldverhältnis aufheben wollten. § 424. Der Verzug des Gläubigers gegenüber einem Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. § 425. Andere als die in den §§ 422 bis 424 bezeichneten Tatsachen wirken, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt, nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Dies gilt insbesondere von der Kündigung, dem Verzüge, dem Verschulden, von der Unmöglichkeit der Leistung in der Person eines Gesamtschuldners, von der Verjährung, deren Unterbrechung und Hemmung, von der Vereinigung der Forderung mit der Schuld und von dem rechtskräftigen Urteile. § 426. Die Gesamtschuldner sind im Verhält­ nisse zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Bei­ trag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen. Soweit ein Gesamtschuldner den Gläu­ biger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen samt, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteile des Gläubigers gellend gemacht werden. § 427. Verpflichten sich mehrere durch Ver­ trag gemeinschaftlich zu einer teilbaren Leistung, so haften sie im Zweifel als Gesamtschuldner. § 428. Sind mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, daß jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesamtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten. Dies gilt auch dann, wenn einer der Gläubiger be­ reits Klage auf die Leistung erhoben hat. § 429. Der Verzug eines Gesamtgläubigers wirkt auch gegen die übrigen Gläubiger. Ver­ einigen sich Forderung und Schuld in der Person eines Gesamtgläubigers, so erlöschen die Rechte der übrigen Gläubiger gegen den Schuldner. Im übrigen finden die Vorschriften der §§ 422, 423, 425 entsprechende Anwendung. Insbesondere bleiben, wenn ein Eesamtgläubiger seine Forde­ rung auf einen anderen überträgt, die Rechte der übrigen Gläubiger unberührt. § 430. Die Gesamtgläubiger sind im Verhält­ nisse zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt, so­ weit nicht ein anderes bestimmt ist. § 431. Schulden mehrere eine unteilbare Lei­ stung, so haften sie als Gesamtschuldner. § 432. Haben mehrere eine unteilbare Leistung .zu fordern, so kann, sofern sie nicht Eesamtgläu­ biger sind, der Schuldner nur an alle gemeinschaft­ lich leisten und jeder Gläubiger nur die Leistung an -alle fordern. Jeder Gläubiger kann verlangen, daß der Schuldner die geschuldete Sache für alle Gläu­ biger hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinter­ legung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert. Im übrigen wirkt eine Tat­ sache, die nur in der Person eines Gläubigers ein­ tritt, nicht für und gegen die übrigen Gläubiger. Mehrfacher Wohnsitz s. Wohnsitz. Mehrheit von Gläubigern und Schuldnern s. 'Mehrere Gläubiger k.

Metallgeld, Erwerb von, s. Bewegliche Sachen, Eigentum an, 1. Mietangebote s. Vertrag, Vertragsantragrc.2. Miete, Vermietung [535—580]. 1. Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der vermieteten Sache, sei dies ein Grundstück (ein Haus, eine Wohnung) oder eine bewegliche Sache (ein Pferd, ein ^Kla­ vier, ein Buch rc.), während der Mietzeit zu ge­ währen; der Mieter ist dagegen verpflichtet, dem Vermieter den vereinbarten Mietzins (Mietpreis, Mietgeld) zu entrichten. Der Mietzins besteht meist in Gelde; es kann aber auch jede andere Leistung, z. B. Dienste oder Arbeiten, als Gegenleistung für den Gebrauch der Sache vereinbart werden. Der Mietvertrag kann mündlich oder schriftlich abgeschlossen werden; es wird jedoch, um Streitig­ keiten tunlichst vorzubeugen, bei nicht gänzlich un­ bedeutenden Mietgegenständen schriftliche Abfassung des Vertrages rätlich sein. Nur für Mietverträge über Grundstücke (Wohnungen, Lager­ räume, Scheuern, Keller rc.) ist ein schrift­ licher Vertrag (siehe „Form der Rechtsgeschäfte 1") gesetzlich dann vorgeschrieben, wenn die Miete auf länger als ein Jahr abgeschlossen werden soll [566]; wird in solchem Falle der Vertrag nicht schriftlich abgefaßt (der Abschluß des Vertrages durch einen Briefwechsel genügt nicht), so ist er zwar nicht ungültig, aber der Mietvertrag gilt dann nur als auf unbestimmte Zeit ab­ geschlossen; er kann daher, wie andere Miet­ verträge, die von vornherein auf unbestimmte Zeit abgeschlossen sind, von jedem Teile gekündigt werden (siehe das Nähere über die Kündigung unten unter 7), welchenfalls das Mißverhältnis also schon vor Ablauf der kontraktlich bestimmten Zeit sein Ende erreicht. Die Kündigung ist jedoch auf eine frühere Zeit, als für den Schluß des ersten Mietjahres, nicht zulässig; ein Jahr gilt also der Vertrag unbedingt. Ob er länger ausgehalten werden soll, hängt von dem Willen des Mieters oder des Vermieters ab. Beispiel: Es hat jemand eine Wohnung auf 5 Jahre vom 3. Februar 1909 ab durch mündlichen Vertrag gemietet. Hinter­ her gereut ihn der Vertrag. Er kündigt daher das Mißverhältnis. Nach den allgemeinen Be­ stimmungen (siehe unten 7) könnte er (vorausgesetzt natürlich, daß nichts anderes über die Kündigung vereinbart ist) auf den Schluß eines beliebigen Kalendervierteljahrs kündigen. In diesem Falle darf er aber nicht auf einen Zeitpunkt kündigen, der vor dem 3. Februar 1910 liegt. Er kündigt daher (und zwar spätestens am 3. Januar 1910) auf den 31. März 1910. In dem Mietverträge können die Be­ teiligten die Rechte und Pflichten des Mieters und des Vermieters ordnen, wie es ihnen beliebt oder wie es die besonderen Verhältnisse des Falles er­ fordern (vergleiche hierüber die Schlußbemerkung unter 13); soweit im Vertrage keine Bestimmungen getroffen sind, kommen die nachfolgenden gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung. Die Zahlung eines „Mißgroschens" ist zum gültigen Abschluß eines Mietvertrages nicht erforderlich. [Die hier (unter „Miete, Vermietung") mit­ geteilten gesetzlichen Bestimmungen beziehen sich nicht auf die sogenannten Mietverträge mit Dienstboten, Arbeitern rc. Der Vertrag, durch den wir einen Dienstboten oder Arbeiter an-

Nehmen, ist kein Mietvertrag im Sinne des Gesetzes, obwohl im gewöhnlichen Leben vom „Mieten" von Dienstboten rc., von Gesinde-„Vermnetern" rc. gesprochen wird. Der Vertrag, den wir mit dem Gesinde, dem Gehülfen n. schließen, ist ein Dien st v ertrag; vergleiche darüber den betreffenden Artikel und wegen der Dienstboten insbesondere den Artikel „Dienstboten, Dienstbotenvrdnungen".] Ob ein Mietvertrag gestempelt werden mutz, richtet sich nach den Bestimmungen der Landes­ beste; jedenfalls ist aber die Gültigkeit des (mündlich oder schriftlich geschlossenen) Mietver­ trages nicht davon abhängig, ob der StempelPflicht genügt ist oder nicht. Ein Mietrecht kann int Grundbuch nicht eingetragen werden (anders beim „Wohnungsrecht"; siehe das). 2. Reparaturen. Einbehaltung oder Herabsetzung des Mietzinses. Haftung bes Vermieters wegen Mangelhaftig­ keit der Mietsache. Der Vermieter muß bie gemietete Sache dem Mieter in einem zudem vertragsmäßigen Gebrauche geeig­ neten Zu stände überlasten und sie während der Mietzeit in diesem Zustande erhallen (536]; kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, so kann der Mieter nach den allgemeinen, für gegenseitige Verträge geltenden Rechtsgrundsätzen (siehe „Gegenseitige Verträge") vom Vermieter verlangen, daß er die Wohnung oder sonstige Mietsache in ordnungsmäßigen Stand setzt und ihm wegen Verabsäumung dieser Pflicht Schadens­ ersatz leistet, und nötigenfalls darauf klagen. Insbesondere ist der Vermieter verpflichtet, bie bei ordnungsmäßiger Benutzung erforderlich werdenden Reparaturen an der vermieteten Sache (Wohnung rc.) auf seine Rosten vornehmen zu lassen, soweit nicht im Mietverträge etwas anderes vereinbart ist oder ein feststehender Orts­ gebrauch solches dem Mieter auferlegt. Es ist also gesetzlich Sache des Vermieters, die vermieteten Wohnungs- oder sonstigen Räume in ordnungs­ mäßigen Stand zu setzen und sie während der Dauer der Mielzeit darin zu erhalten; er hat beispielsweise das durch den Sturm beschädigte Dach wiederherstellen, durch Hagelschlag zertrüm­ merte Fensterscheiben wieder einsetzen zu lasten, etwa notwendig werdende Reparaturen an Gasoder Wasserleitungen vorzunehmen, durch ord­ nungsmäßigen Gebrauch abgenutzte Tapeten er­ neuern zu lasten u. dergl. mehr. Der Vermieter darf zu diesem Zweck die Wohnung in angemessener Zeit und Weise besichtigen. Ist der Mieter auf längere Zeit verreist, so muß er Vorsorge treffen, baß dies auch in seiner Abwesenheit geschehen kann. (Ein Betreten und Besichtigen der Mietwohnung in angemessener Weise muß der Mieter auch dann gestatten, wenn Miet- oder Rauflustigen die Woh­ nung gezeigt werden soll.) — Ist dagegen die ver­ mietete Sache oder bas vermietete Grundstück ohne Schuld des Vermieters untergegangen, so ist er zu einer Wiederherstellung nicht verpflichtet. 'Andererseits ist es Pflicht des Mieters, die Brauch­ barkeit der gemieteten Sache (seien es Wohnungs­ räume rc. oder bewegliche Sachen) nach Möglich­ keit zu erhallen und die Sache nicht mehr abzu­ nutzen, als es der ordnungsmäßige Gebrauch er­ fordert; für die Verabsäumung dieser Verpflich­ tung, für die durch seine Schuld verursachten Be­ schädigungen ist er dem Vermieter schadensersatzpflichtig. Dies gilt auch für Schäden, die durch

seine Rinder, Dienstboten, Besucher rc. zugefügt sind, sofern ihm in bezug auf diese Scha­ denszufügungen eine schuldhafte Verletzung seiner vertragsmäßigen Pflichten zur Last fällt oder er schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen (siehe „Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung 4") für die Handlungen dieser Personen haftbar ist. Mit Rücksicht auf die Schwierigkeit der Feststellung, ob diese oder jene Reparatur ohne oder durch die Schuld des Mieters erforderlich geworden ist, empfiehlt es sich, um wenigstens Streitigkeiten über ganz unbedeutende Reparaturen abzuschneiden, in dem schriftlichen Mietverträge ein Abkommen dahin zu treffen, daß alle Reparaturen bis zu einem bestimmten Rostenbetrage vom Mieter zu tragen sind. Mangelhaftigkeit der vermieteten Wohnung oder Sache [537—540]. Hat die vermietete Sache, sei es zur Zeit der Übergabe oder Überlassung an den Mieter oder später, Feh­ ler, Mängel oder Schäden, die sie zu dem vertragsmäßigen Gebrauch untauglich machen oder solche Tauglichkeit in größerem oder geringerem Umfange mindern, z. B. der gemietete Lagerplatz ist durch eine Überschwemmung unter Wasser ge­ setzt; das Dach des vermieteten Speichers ist vom Sturm abgehoben; das vermietete Haus ist durch Brand zerstört oder die Räume sind wegen Feuch­ tigkeit nicht benutzbar oder mit Ungeziefer (Wan­ zen) behaftet; das gemietete Pferd ist lahm ge­ worden ic., so braucht der Mieter.(abgesehen da­ von, daß er nach dem Vorstehenden das Recht hat, vom Vermieter die Herstellung (Wiederherstellung) des ordnungsmäßigen Zustandes zu fordern, so­ weit solches möglich ist) für die Zeit, während deren die Tauglichkeit der Sache für den vertrags­ mäßigen Gebrauch ganz aufgehoben war, keinen Mietzins zu zahlen, bezw. kann den etwa im voraus schon gezahlten zurückfordern; für die Zeit, während welcher die Tauglichkeit der Sache nur teilweise aufgehoben (vermindert) war, braucht er nur einen entsprechend geringeren Mietzins zu entrichten. (Über das Recht des Mieters, unter Umständen wegen eines solchen Mangels die Wohnung rc. sofort zu kündigen, siehe unten 7 unter 1 a.) Der Mietzins verringert sich nach denselben Grundsätzen, die für die Minde­ rung des Raufpreises im Falle von Mängeln einer gekauften Sache gelten (siehe darüber das Nähere in dem Artikel „Gewährleistung wegen Mängel einer gekauften rc. Sache 5"). Ob den Vermieter in bezug auf den Mangel oder Fehler ein Verschulden trifft, darauf kommt es nicht an. Ebenso verhält es sich, wenn der vermieteten Sache oder Wohnung irgend eine vom Vermieter (ausdrücklich oder auch nur stillschweigend) zu­ gesicherte Eigenschaft fehlt (z. B. die ver­ mieteten Räume liegen nach Norden, während der Vermieter Sonnenseite behauptet hat; in der Nähe befindet sich ein Ronzertgarten, während angeblich die Lage eine ruhige sein sollte; die vermieteten Wagenpferde sind nicht eingefahren rc.) oder wenn eine solche versprochene Eigenschaft später wegfällt oder wenn bei Vermietung eines Grundstücks sich herausstellt, daß es die zugesicherte bestimmte Größe nicht hat. Auch in diesen Fällen kann der Mieter, wenn er von der Sache (Wohnung) gar keinen Gebrauch machen kann, die Zahlung des Mietzinses verweigern, wenn aber die Brauchbar­ keit der Sache oder Wohnung durch das Fehlen der zugesicherten Eigenschaft nur gemindert

wird, einen entsprechenden Abzug am Mietgelde machen. War der Fehler der vermieteten Sache, der ihre Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Ge­ brauch aufhebt oder mindert, schon bei Ab­ schluß des Mietvertrages vorhanden oder fehlte zu dieser Zeit eine vom Vermieter zuge­ sicherte Eigenschaft der vermieteten Sache, so hat der Mieter noch weitergehende Rechte; er kann, einerlei, ob den Vermieter in jener Beziehung ein Verschulden trifft oder nicht, anstatt bloß den Mietzins einzubehalten oder seine Herabsetzung zu verlangen, vom Vermieter Ersatz des ihm durch den Mangel etwa erwachsenen Schadens fordern [538]. (Beispiel: Das vermietete Fahrrad hatte zur Zeit des Abschlusses des Mietvertrages einen Fehler, der zur Folge gehabt hat, daß der Fahrer gestürzt ist und sich den Arm gebrochen hat. Der Vermieter ist, auch ohne daß ihm eine Kennt­ nis des Fehlers nachgewiesen werden kann, zum Ersätze der Kurkosten u. verpflichtet.) Dies Recht fällt jedoch weg, sofern die spätere Beseitigung des beim Vertragsabschluß vorhandenen Mangels ohne Verschulden des Vermieters unmöglich ge­ worden ist. Ist der Mangel erst nachdem Ver­ tragsabschluß eingetreten, so haftet der Ver­ mieter für Schadensersatz nur dann, wenn der Mangel durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Vermieters selbst oder der Personen, für die er zu haften hat (siehe „Vertretung von Vorsatz u.") herbeigeführt ist oder wenn der Mieter die Be­ seitigung des Mangels schuldvoll verzögert. Ist der Vermieter mit einer ihm obliegen­ den Ausbesserung oder Herrichtung im Verzüge, so ist der Mieter befugt, die Arbeitselb st auf Kosten des Vermieters ausführen zu lassen, vorausgesetzt selbstver­ ständlich, daß er den Mangel dem Vermieter an­ gezeigt und ihm eine angemessene Frist zu seiner Beseitigung gelassen hat. Das Vorgesagte über die Haftung des Ver­ mieters für Mängel und Schäden der Mietsache gilt aber nur mit folgender Einschränkung. Kannte nämlich der Mieter beim Abschluß des Mietvertrages den Mangel der gemieteten Sache, so hat er weder das Recht, den Mietzins ganz oder teilweise einzubehalten, noch kann er einen An­ spruch auf Schadensersatz erheben. Ist dem Mieter das Vorhandensein eines Fehlers, der die Taug­ lichkeit der gemieteten Sache zum vertragsmäßigen Gebrauche aufhebt oder mindert, infolge gro­ ber Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so kann er die ebenbezeichneten Rechte nur dann gel­ tend machen, wenn der Vermieter die Fehler­ freiheit ausdrücklich zugesichert oder den Fehler arglistig verschwiegen hat; hat der Mieter die mangelhafte Sache angenommen, ob­ wohl er den Mangel kannte, ist er also z. B. in die Wohnung eingezogen, obwohl die dem Ver­ mieter gesetzlich oder vereinbarungsgemäß ob­ liegende Instandhaltung noch nicht erfolgt war, so kann er jene Rechte nur gellend machen, wenn er sie sich bei der Annahme der Mietsache (bei dem Ein­ züge) vorbehalten hat. Sonst ist die Geltend­ machung der Rechte des Mieters gegen den Ver­ mieter wegen Mangelhaftigkeit der gemieteten Sache an besondere Fristen nicht geknüpft. Durch Vereinbarung kann die Haftung des Vermieters für Mängel der vermieteten Sache ganz erlassen oder eingeschränkt werden. Eine solche Vereinbarung ist aber nichtig, wenn der Vermieter einen Mangel arglistig verschweigt.

3. Rechte anderer Personen an der vermieteten Wohnung oder Sache [541]. Wird dem Mieter die vertragsmäßige Benutzung der ihm vermieteten Wohnung oder Sache dadurch unmöglich gemacht oder beeinträchtigt, daß ein anderer das Eigentum oder andere Rechte an dem Mietgegenstande geltend macht, so ist der Mieter von der Zahlung des vereinbarten Mietzinses be­ freit, wenn durch das fremde Recht der Gebrauch der gemieteten Sache ihm überhaupt unmögl i ch gemacht wird. Wird der Gebrauch der Sache dem Mieter nur teilweise entzogen, so kann er entsprechende Minderung des Mietzinses ver­ langen (siehe oben unter 2). Einen weiter­ gehenden Anspruch gegen den Vermieter, näm­ lich auf Ersatz des ihm durch die Entziehung der Benutzung entstehenden Schadens, hat der Mie­ ter, wenn er sich mit Einbehaltung oder Herab­ setzung des Mietzinses nicht begnügen will, nur unter der Voraussetzung, daß entweder das fremde Recht schon beim Abschluß des Mietver­ trages bestanden hat oder daß ein solches Recht erst später, aber durch Verschulden des Ver­ mieters, entstanden ist, oder daß der Vermieter mit der etwa möglichen Beseitigung des frag­ lichen Rechts im Verzüge (siehe „Verzug des Schuldners") ist. Der Mieter kann einen Scha­ densersatzanspruch nicht gellend machen, wenn er das an der Mietsache bestehende fremde Recht beim Abschluß des Mietvertrages gekannt hat. Will daher der Mieter, obwohl ihm ein solches fremdes Recht bekannt ist, doch die ihm vermietete Sache annehmen, in die gemietete Wohnung ein­ ziehen in der Erwartung, daß das Recht von dem anderen nicht werde geltend gemacht werden, so wird er sich vorsichtshalber für solchen Fall seine Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter aus­ drücklich vorbehalten, um ihrer nicht verlustig zu gehen. 4. Anzeigepflicht des Mieters. Haft­ barkeit desselben. Lasten. Aufwen­ dungen. Dem Mieter liegt im Interesse des Vermieters die Obhut in Ansehung der ge­ mieteten Sache ob. Zeigen sich Mängel an der Mietsache oder wird eine Vorkehrung zum Schutze der Sache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr nötig, so ist der Mieter verpflichtet, dem Vermieter unverzüglich Anzeige davon zu machen [545]. Dies gilt auch, wenn sich ein anderer ein Recht an dem gemieteten Grundstück vor der Beschlagnahme vom Vermieter bereits dem Mieter übergeben (überlassen) war. Der Ver­ walter hat daher den Mietzins einzuziehen. Ihm steht auch das etwa vertragsmäßig vereinbarte Kündigungsrecht gegen den Mieter zu. War dasGrundstück dem Mieter noch nicht überlassen, sa ist der Mietvertrag mit der Einleitung der Zwangs­ verwaltung hinfällig geworden. 8. Stillschweigende Verlängerung eines bereits beendigten Mietverhält­ nisses [568]. Häufig wird, wenn die Mietzeil abgelaufen ist, der Gebrauch der gemieteten Sache, die Benutzung der gemieteten Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit vom Mieter mit still­ schweigendem Einverständnis des Vermieters fort­ gesetzt, also das eigentlich bereits beendigte Mietverhältnis stillschweigend verlängert. Wenig­ stens wird in solchem Falle der Wille beider Teile regelmäßig der sein, daß das Mietver­ hältnis unter ihnen fortbestehen soll. Der Fall bedarf aber dringend der gesetzlichen Rege­ lung, damit nicht unklare Verhältnisse entstehen. Denn an sich ist daraus, daß der Mieter noch über die Ziehzeit hinaus in der Wohnung verbleibt oder nach beendigter Mietzeit die gemietete Sache nicht gleich zurückgibt und auch der Vermieter nicht so­ fort auf Räumung oder Rückgabe dringt, noch kein sicherer Schluß zu ziehen, daß beide Teile die Fortsetzung des Mietverhältnisses wollen. Der Mieter wird vielleicht durch zufällige Umstände, z. B. durch Krankheit eines Familiengliedes, durch einen Sterbefall oder auch durch irgend einen An­ laß, der nach außen gar nicht hervortritt, genötigt, den Gebrauch noch einige Zeit fortzusetzen; auch der Vermieter, der hiervon erfährt, aber nicht gleich seine Rechte durch Einspruch oder auf andere Weise geltend macht, hat keineswegs immer die Absicht, die Verlängerung des Mietverhältnisses zuzulassen. Das Gesetz greift daher ein, um die Sache klarzu­ stellen. Es bestimmt, daß in solchen Fällen der tatsächlichen Fortsetzung des Gebrauches der Miet­ sache das Mietverhältnis als auf unbe­ stimmte Zeitverlängert gilt, sofern nicht der Vermieter oder der Mieter seinen entgegen­ stehenden Willen binnen einer Frist von zw er Wochen dem anderen Teile gegenüber erklärte Die Frist beginnt für den Mieter mit der Fort­ setzung des Gebrauchs, für den Vermieter mit dem Zeitpunkt, wo er von dieser Fortsetzung Kenntnis erlangt. Durch die Versäumung der Frist führen also beide Teile, wenn auch vielleicht wider ihren Willen, die einstweilige (siehe weiter unten) Fort­ setzung des Mietverhältnisses herbei. Rehmen wir ein Beispiel: Ein Mietvertrag ist auf ein Jahr, bis zum 31. Dezember 1909, geschlossen. Der Mieter bleibt aber nach Ablauf des 31. Dezember oder, wenn besondere Räumungsfristen bestehen (siehe unten 9), nach Ablauf der Räumungsfrist in der Wohnung. Oder: der Mietvertrag war auf unbestimmte Zeit geschlossen; er ist aber rechtzeitig, auf den 31. Dezember gekündigt worden; das Mietverhältnis war also mit diesem Tage gleich­ falls zu Ende; der Mieter räumt aber bis zum Ab­ laufe der Räumungsfrist nicht. Wer von den Be-

teiligten nicht will, datz das Mietverhältnis nun über den 31. Dezember 1909 hinaus fort­ besteht, mutz dies dem anderen innerhalb vier­ zehn Tagen erklären, und zwar der Mieter vom Ablauf der Räumungsfrist an gerechnet, der Ver­ mieter von dem Zeitpunkt ab, wo er erfährt, datz der Mieter nicht rechtzeitig geräumt hat. Die Ab­ sicht des einen oder anderen Teils, das Mietverhältnis nicht fortsetzen zu wollen, kann sich zwar möglicherweise auch. aus anderen Umständen mit Sicherheit ergeben, z. B. wenn der Mieter vor Ablauf der Frist tatsächlich auszieht; Sicherheit gewährt aber nur die rechtzeitige Erklärung. — Für das neue Mietverhältnis, in das die Parteien in dem besprochenen Falle stillschwei­ gend eingetreten sind, gelten zwar im übrigen die Bedingungen des alten Mietvertrages; die demnächstige Beendigung des Mielverhältnisses kann aber, da das Verhältnis als auf unbe­ stimmte Zeit verlängert gilt, nur im Wege der Kündigung innerhalb der gesetzlichen Kün­ digungsfrist herbeigeführt werden; siehe über die Art dieser Kündigung das oben unter 7 Ge­ sagte. 9. Rückgabe der Mietsache. Räu­ mung. Räumungsfristen. Der Mieter ist verpflichtet, nach Beendigung des Mietverhältnisses die gemietete Sache an den Vermieter zurückzu­ geben, die gemietete Wohnung (Werkstelle, Laden, Kontor, Stallung ic.) zu räumen [556]. Das Recht auf Rückgabe oder Räumung hat der Ver­ mieter auch direkt gegen den Untermieter oder an wen sonst der Mieter den Gebrauch der Mietsache etwa überlassen hat; das Recht des Untermieters k. kann nicht länger dauern, als das Recht des Mieters. Die Rückgabe (Räumung) mutz un­ verzüglich nach Beendigung des Mietverhältnisses erfolgen. Bei der Räumung gröherer Wohnungen ist dies mit Schwierigkeiten verbunden. Es be­ stehen daher landesgesetzlich meist Vorschriften über besondere Fristen, bis zu deren Ablauf gemietete Räume bei Beendigung des Mietverhältnisses zu räumen sind, sog. Räumungsfristen oder Ziehzeiten. Diese landesgesetzlichen Vorschrif­ ten [z. B. Preußen G 30/6 34 u. 4/6 90; Mecklenburg A.G. 40; Hamburg Hb 24; Bremen A.G. 13; Lübeck A.G. 26] bleiben auch fernerhin in Kraft und können durch die Landesgesetzgebung geändert werden, da die Ver­ schiedenheit der lokalen Verhältnisse die Regelung solcher Dinge für das ganze Reich nicht ratsam er­ scheinen ließ. Wird ein Mieter im Prozeß zur Räumung der Wohnung verurteilt, so kann ihm im Urteil unter Umständen auf seinen Antrag eine angemessene Räumungsfrist bewilligt werden, so­ fern dies ohne erhebliche Benachteiligung des Ver­ mieters angängig ist [C 721]. Ob der Mieter berechtigt ist, vor Beendigung des Miet­ verhältnisses die Mietsache zurückzugeben, die Woh­ nung ic. zu räumen, darüber enthält das Gesetz keine Bestimmung. Die Befugnis wird ihm nicht zu versagen sein, vorbehaltlich natürlich seiner Ver­ pflichtung, den Mietzins bis zum Ablauf der Miel­ zeit zu zahlen. Über die Befugnis des Vermieters, schon vor dem Räumungstermin auf Räumung der Wohnung zu klagen, siehe den Artikel „Kündigungsklage". Dem Mieter eines Grundstücks (einer Woh­ nung oder einer sonstigen vermieteten Räumlichkeit) steht wegen etwaiger Ansprüche gegen den Ver­ mieter kein Zurückbehaltungsrecht gegen

diesen zu. Gibt der Mieter nach beendetem Miet­ verhältnis die Mietsache nicht zurück, verzögert er die Räumung der Wohnung rc., so kann der Ver­ mieter für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung mindestens den vereinbarten Mietzins verlangen, ohne daß er irgend welchen Schaden, der ihm aus der Vorenthaltung erwachsen sein könnte, nachzuweisen braucht [557]. Der Mie­ ter kann aber im Falle des Verschuldens auch auf weiteren Schadensersatz, falls der Vermieter größeren Schaden nachzuweisen vermag, in An­ spruch genommen werden. Über die Wegnahme von Einrichtun­ gen, die der Mieter gemacht hat, bei Beendigung des Mielverhältnisses siehe oben unter 4 a. Schl. 10. Veräußerung (Verkauf u.) oder Belastung des Mietgegenstandes durch den Vermieter [571—579]. Wichtig für den Mieter ist es, ob bei einer Veräußerung (einem Verkaufe rc.) der Mietsache seitens des Vermieters das Mietverhältnis aufhört oder ob der neue Er­ werber der Sache bezw. der Mieter den Mietver­ trag aushalten muß. Ist eine bewegliche Sache vermietet und hat der Mieter die Mietsache in Besitz und Nutzung, so steht zwar nichts entgegen, daß der Vermieter die Sache ohne Rücksicht auf das bestehende Mietverhältnis veräußert; der Mieter ist aber dadurch gesichert, daß er die Miet­ sache vor Beendigung des Mietverhältnisses an den neuen Eigentümer nicht herauszugeben braucht. Auch bei vermieteten Grundstücken (Gebäu­ den, Wohnungen rc.) ist der Mieter, wenn ihm das gemietete Grundstück rc. vom Vermieter bereits zur Benutzung übergeben (überlassen) ist, dadurch gesichert, daß der neue Erwerber (an den das Grundstück nach der Übergabe an den Mieter vom Vermieter trotzdem gültig veräußert werden kann) gesetzlich an Stelle des Vermieters in das Mietverhältnis, das nach allen Rich­ tungen bestehen bleibt, eintritt. (Über An­ sprüche, die der Käufer dieserhalb unter Umständen gegen den Verkäufer hat, siehe am Schluß dieser Nummer.) Es gilt also jetzt der Satz: „Kauf bricht nicht Miete". Das Verhältnis zwischen dem Mieter und dem neuen Eigentümer des Grundstücks ist also von jetzt an so, als wenn der Mietvertrag zwischen ihnen beiden abgeschlossen wäre. Der Erwerber tritt in alle Rechte und Pflichten des Vermieters aus dem Mietverträge dem Mieter gegenüber ein. Der Erwerber muß die Miete aushalten, bis die vertragsmäßige Mietzeit abgelaufen ist obery wenn eine bestimmte Mietzeit nicht vereinbart ist, bis von ihm oder vom Mieter ordnungsmäßig gekündigt ist. Der bisherige Eigentümer (der ursprüngliche Vermieter) ist dagegen aus dem Mietverhältnis ausgeschieden; er hat insbesondere von dem Zeitpunkt der Veräußerung ab keinen Anspruch auf den Mietzins mehr. Selbstverständlich braucht aber der Mieter die Veräußerung nur zu berücksichtigen, wenn ihm davon, durch Anzeige der Beteiligten oder auf andere Weise, sichere Kunde geworden ist. Um aber den Mieter vor den Nachteilen zu be­ wahren, die daraus entstehen könnten, daß an Stelle des alten Vermieters der vielleicht zahlungs­ unfähige neue Erwerber des Grundstücks getreten ist, bestimmt das Gesetz, daß der alte Vermieter dem Mieter neben dem neuen Erwerber (als Ge­ samtschuldner) haftet, wenn etwa der Erwerber seinen Verpflichtungen als Vermieter nicht nach­ kommt. Von dieser Mithaftung wird der bis-

herige Vermieter frei, wenn er selbst dem Mieter den Eigentumsübergang angezeigt und dieser alsdann das Mietverhältnis nicht auf den ersten zulässigen Termin (b. h. den ersten Termin, auf den er nach dem Gesetz (siehe oben 7) oder, wenn besondere Vereinbarungen über die Kündi­ gung getroffen sind, nach dieser Verein­ barung kündigen kann) auf ge kündigt hat. Unterläßt der Mieter die Kündigung, so mutz an­ genommen werden, daß ihm der neue Vermieter genehm ist. Ist nach dem bestehenden Mietver­ träge eine Kündigung nicht zulässig (weil der Ver­ trag auf eine festbestimmte Zeit geschlossen ist), so haftet der bisherige Vermieter neben dem neuen bis zur Beendigung des Mietverhältnisses. Behandlung einer geleisteten Sicher­ heit. Hat der Mieter des veräußerten Grund­ stücks dem Vermieter für die Erfüllung seiner Ver­ pflichtungen Sicherheit geleistet (bei einem Miet­ verhältnis wird dies selten vorkommen, häufig aber bei einem Pachtverhältnis, für das diese Bestim­ mungen gleichfalls gelten), so tritt der Erwerber in die dadurch begründeten Rechte ein; er kann Aushändigung der Sicherheit vom Verkäufer for­ dern. Zur Rückgewähr der Sicherheit an den Mieter ist der neue Erwerber nur verpflichtet, wenn ihm die als Sicherheit dienenden Wertgegen­ stände tatsächlich ausgehändigt sind oder wenn er die Erstattungspflicht dem ersten Vermieter gegen­ über übernommen hat. Übergang der Mietzinsforderung auf den Erwerber. Wenn der Erwerber (Käu­ fer rc.) in das Mietverhältnis eintritt, so hat er jetzt vom Mieter den Mietzins zu fordern, soweit dieser nach dem Vertrage oder nach gesetzlicher Bestim­ mung nach dem Übergange des Eigentums zu ent­ richten ist. Hat aber der bisherige Vermieter vor dem Übergange des Eigentums auf den neuen Er­ werber über den künftig erst zu zahlenden Miet­ zins bereits verfügt, ihn im voraus abgetreten, verpfändet rc. (einer solchen Verfügung des Ver­ mieters steht eine im Wege der Zwangsvoll­ streckung gegen ihn erfolgte Pfändung oder Über­ weisung des Mietzinses gleich (r)), so ist diese Verfügung insoweit rechtsgültig, als sie sich auf den Mietzins für das zur Zeit des Eigentums­ überganges (nicht zur Zeit des Vertragsabschlusses) lausende und das folgende Kalenderviertel­ jahr bezieht. Der verkaufende Vermieter kann also auf längstens ein halbes Jahr im voraus über die Mieteinkünfte für sich verfügen; eine Verfügung über den Mietzins auf eine längere Zeit hin­ aus muß jedoch der neue Erwerber dann gegen sich gelten lassen, wenn er zu der Zeit, wo ihm das Eigentum am Grundstück übertragen (aufgelassen) ist, diese Verfügung gekannt hat. Von der Eigen­ tumsübertragung ab ist der bisherige Vermieter zu Verfügungen über den Mietzins nicht mehr, auch nicht für das laufende und das nächste Quartal, befugt. Solange der Mieter von der Eigentumsübertragung nichts weiß, kann er den Mietzins auch im voraus an seinen bis­ herigen Vermieter gültig entrichten und mit diesem anderweitige Rechtsgeschäfte über den Mietzins gültig abschließen; der neue Vermieter muß diese Zahlung oder sonstige Rechtsgeschäfte gegen sich gellen lassen, soweit sie sich auf das Kalender­ quartal, in dem der Mieter von dem EigentumsÜbergänge Kenntnis erlangt, und das folgende Kalenderquartal beziehen; Vorausbezahlungen des Mietzinses oder sonstige Verfügungen über den

Mietzins für eine spätere Zeit braucht der neue Vermieter nicht anzuerkennen. Sobald der Mieter aber von dem Verkaufe und Eigentumsübergange Kenntnis erlangt hat, einerlei, auf welche Weise, darf er an den bisherigen Vermieter im voraus nicht mehr zahlen oder sonst mit ihm Rechtsgeschäfte über den Mietzins für die Folge­ zeit nicht mehr eingehen, wenn er nicht doppelt zahlen will. Soweit die Entrichtung des Miet­ zinses an den Vermieter nach . dem Gesagten dem neuen Vermieter gegenüber wirksam ist, kann der Mieter gegen die Mietzinsforderung des neuen Vermieters eine ihm gegen den ersten Vermieter zustehende Forderung aufrechnen. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn der Mieter die Gegen­ forderung erworben hat, nachdem er von dem Übergange des Eigentums Kenntnis erlangt hat, oder wenn die Gegenforderung erst nach der Er­ langung der Kenntnis und später als der Miet­ zins fällig geworden ist. Zeigt der Vermieter dem Mieter an, daß er das Eigentum an dem ver­ mieteten Grundstück auf einen Dritten übertragen habe, so muß er in Ansehung der Mietzinsforde­ rung die angezeigte Übertragung dem Mieter gegenüber gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist. Die Anzeige kann nur mit Zustimmung desjenigen zurückgenom­ men werden, der als der neue Eigentümer bezeichnet worden ist. Einräumung anderer Rechte an der Mietsache. Wenn der Vermieter das vermietete Grundstück (Wobnung rc.) zwar nicht veräußert, d. h. das Eigentum an dem Grundstück nicht auf einen anderen überträgt, aber einem anderen ein Recht daran einräumt, das ebenso, wie das Eigen­ tumsrecht, dem Mieter die Ausübung seines Miels­ rechts vollständig entziehen würde (z. B. ein Erbbaurecht, ein Nießbrauchsrecht, ein Woh­ nungsrecht), so finden die für den Fall der Eigentumsübertragung gegebenen, vorstehend mitgeteil­ ten gesetzlichen Vorschriften gleichfalls Anwendung, vorausgesetzt, daß die Bestellung jener Rechte durch den Vermieter erfolgt ist, nachdem er das ver­ mietete Grundstück dem Vermieter bereits zum ver­ tragsmäßigen Gebrauch übergeben (überlassen) hatte. Derjenige, der vom Vermieter das Erbbau­ recht, der Nießbrauch rc. eingeräumt ist, tritt nun hinsichtlich des Mietvertrages an die Stelle des Vermieters; der Mieter hat den Mietzins künftig an den Erbbauberechtigten, Nießbraucher zu zah­ len rc. Anders, wenn der Vermieter, nach Über­ lassung des Grundstücks an den Mieter, einem anderen Rechte an dem Mietgrundstück einräumt, die ihrer Natur nach dem Mieter den Gebrauch der Wohnung rc. nicht völlig unmöglich machen, aber ihn doch in der ihm vertragsmäßig zustehen­ den Nutzung beeinträchtigen (beschränken) würden. Es bestellt beispielsweise mein Vermieter einem anderen das Recht, ein mir als Lagerplatz vermietetes Grundstück als Zufuhrweg zu anderen Grundstücken zu benutzen. In solchem Falle ist der andere mir als Mieter gegenüber verpflichtet, die Ausübung seines Rechts soweit zu unterlassen, als sie den mir vertragsmäßig zustehenden Gebrauch des Grundstücks beeinträchtigen würde. Verkauf vor Übergabe an den Mie­ ter. Alles, was vorstehend von den Rechten des Mieters für den Fall der Veräußerung oder Be­ lastung der Mietsache durch den Vermieter gesagt ist, gilt nur unter der Voraussetzung, daß die Ver­ äußerung oder Belastung von dem Vermieter vor-

genommen wurde, nachdem er die Mietsache dem Mieter zum vertragsmäßigen Gebrauch bereits übergeben (überlassen) hatte. Veräußert oder belastet der Vermieter die vermietete Sache oder das vermietete Grundstück (Wohnung rc.) vor der Gebrauchseinräumung an den Mieter, so tritt der neue Erwerber in den Mietvertrag nicht ein; er braucht sich also auf die Überlassung der Mietsache an den Mieter nicht einzulassen. Selbst­ verständlich bleiben aber dem Mieter gegen seinen Vermieter, der vertragswidrig handelt, alle Scha­ densersatzansprüche vorbehalten. Will der Mieter sich für solche Fälle sichern, so mag er sich im Mietverträge für den Fall der Nichterfüllung des Vertrages seitens des Vermieters eine Vertrags­ strafe (siehe das) ausbedingen, um nicht gezwungen zu sein, seinen Schaden im einzelnen nachweisen zu müssen, auch sich vom Vermieter eine besondere Sicherheit wegen etwaiger Schadensersatzansprüche bestellen lassen. Hat jedoch der neue Erwerber, der das vermietete Grundstück vom Vermieter vor der Übergabe an den Mieter gekauft rc. hat, dem Vermieter gegenüber die Erfüllung (Aushaltung) des Mietvertrages über­ nommen, so tritt er in den Mietvertrag ein, als wenn er das Grundstück nach der Überlassung an den Mieter gekauft hätte. Dasselbe gilt für den, der das vermietete Grundstück nicht gekauft rc., sondern ein den Mietgebrauch ausschließendes oder beschränkendes Recht an dem Grundstücke erwor­ ben hat. Weitere Veräußerung der Mietsache. Wird das vermietete Grundstück auch von dem neuen Erwerber wieder veräußert oder belastet, so finden die vorstehend mitgeteilten Gesetzesvor­ schriften in gleicher Weise Anwendung; der neue Erwerber tritt wieder in das Mietverhältnis ein rc. Nur insofern besteht ein Unterschied, als der weiterveräußernde Erwerber nicht gleich dem ursprüng­ lichen Vermieter dem Mieter für die ihm aus dem Mietverträge zustehenden Ansprüche neben dem in den Mietvertrag eintretenden neuesten Erwerber haftet. Rechtsverhältnis zwischen dem Käu­ fe r u n d dem Verkäufer. Hat der Käufer der Sache, des Hauses, des Grundstücks rc. beim Ver­ tragsabschlüsse gewußt, daß die Sache, das Grundstück rc. noch vermietet oder verpachtet war, so kann er selbstverständlich daraus, daß er das Miet-(Pacht-)verhältnis nach den vorstehend mit­ geteilten Bestimmungen aushallen muß, keine Ansprüche gegen den Verkäufer geltend machen {439]. Hat er es nicht gewußt, so ist der Ver­ käufer an sich nach den für Kaufverträge geltenden Vorschriften verpflichtet, die Sache, das Grund­ stück rc. von dem darauf ruhenden Miet- oder Pachtrecht zu befreien; tut er dies nicht oder ist er dazu außerstande, so stehen dem Verkäufer die unter „Kauf und Verkauf 4" näher bezeichneten Rechte gegen den Verkäufer zu; insbesondere kann er vorläufig Zahlung des Kaufpreises verweigern oder ganz von dem Kaufe zurücktreten, mindestens aber eine angemessene Entschädigung dafür bean­ spruchen, daß ihm der Besitz und die Nutzung des Kaufgegenstandes einstweilen vorenthalten werden (434, 440]. 11. Pfandrecht des Vermieters an den Sachen des Mieters [559—563]. Zurück­ behaltungsrecht. — Bei der Miete von Grundstücken, Wohnungs - und sonstigen Räumen (Geschäftslokalen, Lagerräumen, Stal­

lungen, Fabriken rc.) steht dem Vermieter wegen seiner Forderungen an den Mieter aus dem Miet­ verträge an den vom Mieter in die vermieteten Räumlichkeiten eingebrachten Sachen ein gesetz­ liches Pfandrecht zu, auf das im allgemeinen die Vorschriften über ein Pfandrecht an beweglichen Sachen (siehe Pfand (Faustpfand)) Anwendung finden. Das Pfandrecht ergreift alle vom Mieter in das Grundstück, die Wohnung rc. eingebrach­ ten und ihm gehörigen Sachen mit alleiniger Ausnahme solcher, die nach allgemeiner gesetzlicher Bestimmung einer Pfändung überhaupt nicht unter­ worfen sind (siehe hierüber den Artikel „Pfändung in der Zwangsvollstreckung rc."). Die Sachen eines etwaigen Untermieters haften dem Hauptvermieter nicht; ebensowenig die Sachen der Frau (wenn diese nicht etwa den Mietvertrag m i t abgeschlossen hat) und der Kinder des Mieters oder die vom Mieter in die Wohnung rc. eingebrachten Sachen anderer Personen. (Es wird zwar von einigen Auslegern des Gesetzes behauptet, daß das Pfand­ recht auch solche vom Mieter in die Wohnung eingebrachten Sachen ergreife, die ihm nicht ge­ hören, von denen aber der Vermieter in gutem Glauben annahm, daß sie dem Mieter gehörten. Das Gesetz ist in dieser Beziehung nicht ganz klar; man wird abwarten müssen, wie sich das Reichs­ gericht zu der Sache stellt. Einstweilen wird der Vermieter gut tun, mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die eingebrachten Sachen nicht alle dem Mieter gehören und daß sie ihm insoweit nicht haften.) Soweit der Mieter mit seiner Frau in allgemeiner Gütergemeinschaft, Errungenschaftsgemeinschaft oder Fahrnisgemeinschaft lebt, fallen die zum Gesamt­ gut gehörigen Sachen allerdings auch unter das Pfandrecht. Das Pfandrecht kann übrigens nur für solche Forderungen gegen den Mieter geltend gemacht werden, die fällig sind und sofort liquidiert werden können, nicht für etwaige künftige Entschädigungsforderungen des Ver­ mieters, die ihrem Grunde oder ihrem Betrage nach noch gar nicht feststehen (r); für Mietzins­ forderungen kann es nicht für eine spätere Zeit, als das laufende und das folgende Miel­ jahr geltend gemacht werden. Das Pfandrecht an den eingebrachten Sachen bleibt bestehen, wenn die Sachen vom Grundstück (aus der Wohnung rc.) ohne Wissen des Vermieters (wenn auch in offenkundiger Weise) oder gar gegen seinen Widerspruch entfernt werden. Er darf nur dann der Fortschaffung nicht widersprechen (die fortgeschafften Sachen werden also trotz seines Widerspruchs von dem Pfandrecht frei), wenn das Fortbringen der Sachen im regelmäßigen Be­ triebe des Geschäfts des Mieters geschieht (z. B. wenn der Mieter Sachen aus seinem Laden verkauft) oder wenn die gewöhnlichen Lebensver­ hältnisse die Entfernung der Sachen mit sich brin­ gen, z. B. die Familie verreist und nimmt die nötigen Kleider, Koffer rc. mit; oder ein reparatur­ bedürftiger Gegenstand wird zum Handwerker ge­ schickt rc. Auch dann ist der Widerspruch unbe­ gründet, wenn die in dem Grundstück (der Woh­ nung rc.) noch verbleibenden Sachen des Mieters zur Sicherung des Vermieters offenbar ausreichen. Läßt der Vermieter die Fortschaffung von Sachen des Mieters wissentlich geschehen, ohne Widerspruch dagegen zu erheben, so werden die Sachen vom Pfandrecht frei. Soweit der Vermieter berechtigt ist, der Entfernung der Sachen vom Grundstücke zu widersprechen, darf er nötigenfalls Selb st hülfe

üben, d. h. er kann die Forlschaffung der Sachen auch ohne Anrufen des Gerichts oder der Polizei­ behörde verhindern und, wenn der Mieter selbst das Grundstück (die Wohnung ic.) räumt, die Sachen in seinen Besitz nehmen. Sind die Sachen ohne Wissen oder unter Widerspruch des Ver­ mieters entfernt worden, so kann dieser die Heraus­ gabe zum Zwecke der Zurückschaffung in das Grundstück und, wenn der Mieter ausgezogen ist, die Überlassung des Besitzes verlangen. Das Pfandrecht erlischt mit dem Ablauf eines Monats, nachdem der Vermieter von der Entfernung der Sachen Kenntnis erlangt hat, wenn nicht der Ver­ mieter diesen Anspruch vorher gerichtlich gellend gemacht hat. Der Mieter kann die Geltendmachung des Pfandrechts an den von ihm eingebrachten Sachen dadurch abwenden, daß er dem Vermieter wegen seiner Forderungen an ihn (soweit "das Pfandrecht dafür haftet; siehe oben) Sicherheit leistet (siehe „Sicherheitsleistung"); er kann jede einzelne Sache dadurch vom Pfandrechte befreien, daß er dem Vermieter in Höhe des Wertes dieser Sache Sicherheit leistet. Solange durch die Fort­ schaffung von Sachen die Sicherheit des Vermieters offenbar nicht gefährdet wird, kann er Sicherheits­ leistung nicht beanspruchen. Über das Recht, die Sachen schließlich zu verkaufen, siehe „Pfand(Faustpfand)" unter 2; das dort Gesagte gilt auch für das Pfandrecht des Vermieters [1257]. Wird eine dem Pfandrecht des Vermieters unterliegende Sache des Mieters für einen anderen Gläubiger gepfändet, so kann diesem gegenüber das Pfandrecht des Vermieters (dessen Geltend­ machung darin besteht, daß der Vermieter einen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Versteigerungserlöse im Wege der 5Mage gegen den pfändenden Gläubiger erhebt; C 805) nicht wegen des Mietzinses für eine frühere Zeit als das letzte Jahr vor der Pfändung gellend gemacht werden. Zurückbehaltungsrecht des Vermie­ ters. Das vorbesprochene Pfandrecht des Ver­ mieters an den Sachen des Mieters beruht auf dem Gesetz; es bedarf also zu seiner Begründung keiner besonderen Vereinbarung zwischen dem Ver­ mieter und dem Mieter. Andererseits ergreift aber dieses gesetzliche Pfandrecht nicht solche Sachen des Mieters, die ihm nicht abgepfändet werden können, und das können unter Umständen ziemlich alle Sachen des Mieters sein (vergleiche „Pfän­ dung in der Zwangsvollstreckung 1"). Will der Vermieter sich auch an diesen Sachen ein Recht sichern, so kann er dies dadurch erreichen, daß er sich dem Mieter gegenüber ein Zurückbehal­ tungsrecht an diesen Sachen vertrags­ mäßig ausbeding 1. Dieses Recht ist zwar kein Pfandrecht an den Sachen, aber ein Recht, das ihm dieselben Dienste leistet, indem er die Sachen solange zurückbehalten, d. h. den Mieter an der Forlschaffung der Sachen hindern kann, bis er befriedigt ist. 12. Verjährung der Ansprüche des Vermieters und des Mieters. Ist das Mietverhältnis beendet, so ist eine baldige Aus­ einandersetzung beider Teile wegen der etwa noch bestehenden Ansprüche wünschenswert. Das Gesetz bestimmt daher eine kurze Verjährungsfrist für die aus Veranlassung des Mietverhältnisses entstan­ denen beiderseitigen Ansprüche. Es verjähren in sechs Monaten von dem Zeitpunkt an, wo er die Mietsache zurück erhalten oder wo der

Mieter das Grundstück geräumt hat, alle Schadensersatzansprüche des Vermieters, die ihm gegen den Mieter wegen unbefugter Verände­ rung oder Verschlechterung der Mietsache zustehen [558], und zwar einerlei, ob diese Ansprüche auf gesetzlicher Vorschrift oder auf Vertragsbestim­ mungen beruhen (r); ebenso verjähren in sechs Monaten, aber von der Beendigung des Miet-. Verhältnisses an, alle Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter auf Ersatz von Verwendungen, die er auf die Mietsache gemacht hat, oder auf Gestattung der Wegnahme von Einrichtungen, die er auf oder an der Mietsache hergestellt hat (siehe oben unter 4). Übrigens kann der Vermieter wegen seiner Ansprüche an den Mieter, auch wenn diese schon verjährt sind, sein Pfandrecht (vor­ stehend 11) an den Sachen des Mieters noch gel­ tend machen. Ist der Anspruch des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache selbst durch Verjährung er­ loschen, so sind damit auch etwaige Ersatzansprüche des Vermieters verjährt. Der Anspruch des Ver­ mieters auf Rückgabe der Mietsache verjährt nach den allgemeinen Bestimmungen über die Verjäh­ rung (siehe „Verjährung") erst in dreißig Jahren. Der Anspruch des Vermieters auf den Miet­ zins verjährt in vier Jahren, der Anspruch derjenigen Personen, die gewerbsmähig be­ wegliche Sachen vermieten (z. B. Leihbiblio­ thekare, Pferdevermieter n.), auf Zahlung des Mietgeldes in zwei Jahren. Wegen des Näheren, insbesondere über den Beginn der Ver­ jährung, vergleiche den Artikel „Verjährung". 13. Vertragsmäßige Vereinbarun­ gen (Mietverträge). Für den im täglichen Leben wichtigsten Fall des Mietvertrages, für die Wohnungsmiete, haben die im Vorstehenden (Nr. 2 bis 12) mitgeteilten gesetzlichen Vorschriften dann nur eine beschränktere Bedeutung, wenn, wie es bet größeren Mietobjekten üblich ist, über das Mietverhältnis, über die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Mietparteien, ein schrifllicher Vertrag (Mietvertrag, Mietkontrakts abgeschlossen wird. Das Gesetz hat das für alle Bevölkerungsklassen so wichtige Mietveihältnis durch eingehende Vorschriften geordnet und bei den einander widerstreitenden Interessen der Vermieter einerseits und der Mieter andererseits Licht und Schatten in gerechter Weise unter sie zu rerteilen gesucht. Derartige vom Gesetz aufgestellt: allge­ meine Vorschriften können allerdings nur fit regel­ mäßige Fälle passen; das Gesetz muß es kn Be­ teiligten überlassen, ihr Verhältnis ankrs zu­ ordnen, wenn und soweit es die Umstände er­ fordern. Es steht ihnen daher frei, in den Miet­ verträge beliebige Vorschriften des Gesetes von der Geltung auszuschließen oder andere Bestim­ mungen an deren Stelle zu setzen. Diese Befugnis hat dahin geführt, daß von einzelnen sog. Haus­ besitzervereinen Mietvertrags so rmular e entworfen sind, in denen der Mieter, wenn er sich ihnen durch die Unterschrift des Mietvertrages unterwirft, mehr oder weniger auf solche Be­ stimmungen des Gesetzes, die zu seinen Gun­ sten getroffen sind, Verzicht leistet. Oie Be­ stimmungen solcher „Normalmietverträge" mögen zum Teil durch besondere örtliche Verhälttisse ge­ rechtfertigt sein; soweit sie aber durch etie ein­ seitige Bevorzugung der Interessen der Vermieter diktiert sind, wird es dm Mie­ tern nicht verübelt werden können, wenn sie 'die Unterschrift eines derartigen Vertrages ablehnen.

Jedenfalls ist es jedem Mieter dringend zu raten, den ihm vorgelegten Mietvertragsentwurf sorgsam zu prüfen, ehe er sich den darin enthaltenen, zu seinen Unginsten getroffenen Bestimmungen durch seine Unterschrift unterwirft. Mieten von Dienstboten ic. s. Dienstboten rc. Meter s. Miete. Mieterttäge. In der Zusicherung bestimmter Mieterträge ist die Zusicherung einer Eigenschaft eines verkarsten oder vertauschten Grundstücks oder einer anderen Kaufsache zu befinden (r), wegen deren Mangels der Käufer Wandelung oder Min­ derung des Kaufpreises oder Schadensersatz vom Verkäufer verlangen kann (siehe „Gewähr­ leistung ic.“). Mietgel) s. Miete 6. Mietpfennig. Mietgroschen s.Mietei u.Drauf­ gabe. Mietvertrag s. Miete; Mietvertrag auf Ab­ zahlung s. -Abzahlung, Verkäufe auf, 2. Mietwohnung s. Miete; Instandhaltung j. Miete 2. Mietzins s. Miete 6; Abtretung vor dem Ver­ kauf s. -Miete 10. Milchkuh, Pfändbarkeit, s. Pfändung in der Zwangsvollstreckung 1. Milde Stiftungen s. Stiftungen. Mildtätige Zwecke, Auflagen zu, s. Auflagen in Testamenten. Militärärzte, Pfändbarkeit ihrer Sachen, s. Pfändung in der Zwangsvollstreckung 1; ihres Diensteinkommens, daselbst 2. Militärische Dienstleistungen, Lohnzahlung während, s. Dienstvertrag 4 u. Handlungsgehül­ fen rc. 1. Militärperfonen, Wohnsitz derselben, s. Wohn­ sitz 3; Verheiratung s. Ehehindernisse li; Ab­ tretung (Pfändung) des Diensteinkommens s. Ab­ tretung nner Forderung 2; Pfändbarkeit ihres Dienstein!ommens s. Pfändung in der Zwangs­ vollstreckung 2. MilMrtestament s. Testament 2E. Minderjährig [2]. Minderjährig ist, wer das einundzwanzig ste Lebensjahr noch nicht voll­ endet Hai (und nicht etwa für volljährig erklärt ist). Mi: der Vollendung des 21. Lebensjahres (siehe „Kisten und Termine") beginnt das Alter der Volljährigkeit. Über Volljährigkeitser'lärung minderjähriger Personen vor Vollendmg des 21. Lebensjahres siehe den Artikel „Volljähngkeit, Volljährigkeitserklärung". Minderjährige, Vormundschaft über, s. Vor­ mundschalt 1; Gültigkeit der Geschäfte (Verträge ic.) von, s. Geschäftsfähigkeit 2, 3; selbständiger Betrieb dnes Erwerbgeschäfts durch sie, s. Ge­ schäftsfähigkeit 3; selbständiges Dienst- oder Arbeitsverhiltnis ]. Geschäftsfähigkeit 3; Verheira­ tung s. khehindernisse 1b u. den nachstehenden Artikel; (iinwilligung der Eltern zur Heirat s.Ehehinderniss: lc; Erlangung der Volljährigkeit s. Volljährizkeit; minderjährige Mutter s. Mutter und Kindl. Mindrjährige Ehefrauen. Heiratet ein Mäd­ chen, solaige es noch minderjährig (unter 21 Jah­ ren) ist, b bleibt es, wenn die Eltern noch leben, nrch wie vor in der elterlichen Gewalt des Vaters wer der Mutter; siehe darüber unter „Eltern ind Kinder" und „Mutter und Kind". Nur die Rechte, die den Eltern hinsichtlich der Personder Tochter zustanden, also vor allem das Rechl der Erziehung, der Beaufsichtigung re.,

hören der jungen Frau gegenüber auf; die Ver­ tretung der minderjährigen Frau in Rechtsangelegenheiten, die ihre Person betreffen, steht aber auch ferner dem Inhaber der elterlichen Gewalt, nicht dem Ehemanne, zu [1633]. Von besonderer Wichtigkeit ist aber, dah das dem Vater oder der Mutter (als Inhabern der elter­ lichen Gewalt) an dem Vermögen ihrer min­ derjährigen Kinder gesetzlich zustehende Nutznießungsrecht der heiratenden Tochter gegen­ über aufhört (falls sie nicht etwa ohne die er­ forderliche Einwilligung der Eltern geheiratet hat) [1661]. Die Verwaltung und Nutznießung des Vermögens der Frau geht jetzt auf den Ehemann über, insofern es „eingebrachtes Gut" wird; siehe das Nähere unter „Eingebrachtes Gut der Frau". Soweit aber ihr Vermögen der Verwaltung und Nutznießung des Mannes nicht unterfällt, weil es „Dorbehaltsgut" ist (siehe das) oder weil die gesetzlichen Rechte des Mannes an dem Vermögen der Frau durch einen abgeschlossenen Ehevertrag ausgeschlossen sind oder weil die jungen Leute in Gütertrennung (siehe das) leben, wird es bis zu ihrer Volljährigkeit nach wie vor von dem Inhaber der elterlichen Gewalt, dem Vater oder der Mutter, verwaltet, der (die) sie überhaupt bis zu erreichter Volljährigkeit in ihren Vermögens­ angelegenheiten in gleicher Weise, wie dies bei anderen Minderjährigen der Fall ist, zu ver­ treten hat. Aber auch wenn dem Ehemann die Verwaltung und Nutzung des Vermögens seiner minderjährigen Frau zusteht, gebührt doch die Vertretung der Frau auch in vermögensrecht­ lichen Angelegenheiten dem Vater (der Mutter); er (sie) hat daher an Stelle der Tochter die Zu­ stimmung zu erteilen, die zu einer Handlung des Ehemannes etwa erforderlich ist. Stand die minderjährige Frau bei ihrer Ver­ heiratung unter Vormundschaft, so bleibt auch diese bestehen, bis jene volljährig wird oder etwa für volljährig erklärt wird (siehe „Volljäh­ rigkeilserklärung"). Nur die Rechte des Vor­ mundes in bezug auf die Person der jungen Frau hören auf, wogegen ihm aber auch fernerhin die Vertretung in ihren persönlichen Ange­ legenheiten zusteht [1800, 1663]. Ebenso hat der Vormund auch weiterhin die Verwaltung des Ver­ mögens der Frau und ihre Vertretung in Ver­ mögensangelegenheiten in gleicher Weise, wie er diese Rechte und Pflichten vor der Verheiratung der Mündel hatte, soweit nicht das Vermögen der Frau „eingebrachtes Gut" wird und daher in die Verwaltung und Nutznießung des Mannes kommt (vergleiche „Ehehindernisse 1" a. Schl.). Der Ehemann kann, abgesehen von seinen obengedachten Rechten an dem eingebrachten Gut der Frau, diese während der Minderjährigkeit weder in ihren persönlichen, noch in ihren Vermögens­ angelegenheiten vertreten. Siehe über die Rechte des Mckbnes an dem eingebrachten Gute der Frau, sowie über das vermögensrechtliche Verhältnis zwischen Ehegatten überhaupt den Artikel „Einge­ brachtes Gut der Frau". Die minderjährige Braut oder Ehefrau kann selbständig keinen Ehevertrag (siehe „Einge­ brachtes Gut der Frau 1") mit dem Verlobten oder Ehemanne abschließen; sie bedarf dazu der Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters (des Vaters, der Mutter, des Vormundes). Ja diese Personen könnten sogar, von besonderen Fällen abgesehen, ohne ihre Zustimmung und ohne ihr

Vorwissen gültig einen Lhevertrag für sie schließen, wenn dieser Fall auch schwerlich vorkommen wird. Soll freilich, wie es meist geschieht, mit dem Ehe­ vertrage zugleich ein Erbvertrag, also ein Eheund Erbvertrag, abgeschlossen werden, so ist die Mitwirkung der Braut oder Frau bei dem Ver­ trage erforderlich. Über die sonstigen Erforder­ nisse eines Erbvertrages vergleiche den betreffen­ den Artikel. Ein Testament kann eine Braut oder junge Frau selbständig (ohne Zuziehung ihres gesetzlichen Vertreters oder des Ehemannes) errich­ ten, sobald sie das sechzehnte Lebensjahr erreicht hat (Näheres darüber siehe unter „Testament"). Nach Umständen kann für eine minderjährigFrau der Ehemann als Vormund bestellt wer­ den; ein Recht darauf hat er jedoch nicht. Minderkaufmann s. Kaufmann rc. 2. Minderung des Kaufpreises wegen Mangel­ haftigkeit der Sache s. Gewährleistung wegen Män­ gel rc. 2. Minderwertigkeit gelieferter Waren s. Ge­ währleistung rc. Mineralien, Rechte auf Gewinnung von. Das in den verschiedenen deutschen Staaten gel­ tende Bergrecht ist durch das Bürgerliche Ge­ setzbuch nicht aufgehoben oder geändert worden; für dieses Recht bleiben die Vorschriften der Landesgesetze in Geltung [E 67]. Es gibt jedoch Mineralien (z. B. Stein, Schiefer, Ton, Porzellan­ erde rc.), deren Gewinnung nach den Landesgesetzen den bergrechtlichen Vorschriften nicht unterliegt. Das Gesetz bestimmt, daß die­ jenigen landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Belastung eines Grundstücks mit dem veräußerlichen und dem vererblichen Rechte zur Gewinnung solcher Mineralien gestatten und den Inhalt dieses Rechts näher bestimmen, auch künftig in Kraft bleiben. Diese Bestimmung hat besondere Be­ deutung für Sachsen; derartige Rechte können hier, aber auch in anderen Staaten, wo die Landesgesetze dieses zulassen, auch künftighin be­ gründet werden. Doch kommen für diese Rechte künftig die im Bürgerlichen Gesetzbuche für Grundstücke gegebenen Vorschriften, insbeson­ dere diejenigen über den Erwerb des Eigentums und die Ansprüche aus dem Eigentum, zur ent­ sprechenden Anwendung. Die Beteiligten (der Be­ steller und der Erwerber des Rechts) müssen ihre desfallsigen Erklärungen bei gleichzeitiger An­ wesenheit vor dem Grundbuchamt abgeben; es gelten in dieser Beziehung im allgemeinen die für Auflassungen (siehe das) gegebenen Vorschriften. Für die gedachten Rechte wird auf Antrag ein be­ sonderes Grundbuchblatt angelegt, wenn sie bei dem belasteten Grundstück eingetragen sind; von Amts wegen muß ein besonderes Grundbuchblatt füt. sie angelegt werden, wenn das Recht veräußert oder belastet werden soll, da eine Veräußerung oder Belastung nach den für Grundstücke gellenden Rechten ohne Eintragung im Grundbuch nicht statt­ hast ist [E 68]. Minorenn s. Minderjährige. Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses, Verführung einer Frau (eines Mädchens) durch, s. Verführung; der Rechte des Ehemanns s. Ehe­ gatten 1; eines Namens, einer Firma rc. s. Un­ redliche Benutzung eines Namens rc. Mißhandlung als Enterbungsgrund s. Pflicht­ teil 5; Schadensersatz wegen, s. Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung; als Scheidungs­ grund s. Ehescheidung 1 d.

Mßwachs s. Pacht 7. Mitbesitz s. Besitz. Mitbieten beim Verkauf, Verbot s. Kauf und Verkauf 12. Milbürge s. Bürge. Miteigentum [1008—1011]. Steht das Eigen­ tum an einer Sache mehreren gemeinschaft­ lich, nach Bruchteilen (sog. ideellen Anteilen) zu, so gelten für das Verhältnis unter ihnen, den „Miteigentümern", die für die Rechtsgemein­ schaft überhaupt gegebenen gesetzlichen Vorschrif­ ten; siehe darüber unter „Gemeinschaft". Für das gemeinschaftliche Eigentum, Miteigentum, hat das Gesetz aber noch folgende Bestimmungen ge­ troffen. Die gemeinschaftliche Sache kann auch zugunsten eines Miteigentümers belastet werden; es kann also beispielsweise zugunsten des Miteigentümers eines Grundstücks eine Hypothek an dem ganzen Grund­ stück eingetragen werden. Die Belastung eines ge­ meinschaftlichen Grundstücks zugunsten des je­ weiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks sowie die Belastung eines anderen Grundstücks zu­ gunsten der jeweiligen Eigentümer des gemeinschaft­ lichen Grundstücks wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß das andere Grundstück einem Miteigentümer des gemeinschaftlichen Grundstücks gehört. Hin­ sichtlich einer von den Miteigentümern etwa ge­ troffenen Vereinbarung, wonach eine Teilung der gemeinschaftlichen Sache nicht zulässig sein soll, gelten die für die „Gemeinschaft" überhaupt be­ stehenden gesetzlichen Bestimmungen. Haben indes die Miteigentümer eines Grundstücks die Ver­ waltung und Benutzung geregelt oder das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder aus Zeit ausgeschlossen oder eine Kün­ digungsfrist bestimmt, so wirkt die getroffene Be­ stimmung gegen den Sondernachfolger eines Mit­ eigentümers nur, wenn sie als Belastung des An­ teils im Grundbuch eingetragen ist. Auch die in den §§ 755 und 756 des Gesetzbuchs bezeichneten Ausgleichungsansprüche können gegen den Sondernachsolger eines Miteigentümers nur geltend ge­ macht werden, wenn sie im Grundbuch eingetragen sind. Der Erwerber eines Mileigentumsanteils soll durch diese Vorschriften vor etwaigen, nicht aus dem Grundbuch ersichtlichen Lasten, die auf dem Anteil ruhen könnten, gesichert werden. [Für den Fall, daß bei einem mit einem Gebäude ver­ sehenen Grundstück jedem Miteigentümer die aus­ schließliche Benutzung eines Teils des Gebäudes eingeräumt ist, können landesgesetzliche Vorschrif­ ten das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten in anderer Weise bestimmen; E 131.] Jeder Mit­ eigentümer kann für sich allein gegen andere Per­ sonen, die sein Eigentumsrecht verletzen (z. B. ihn in dem Besitze oder der Benutzung der Sache stören oder beeinträchtigen), die Ansprüche gellend machen, die ihm aus seinem Eigentum (Miteigen­ tum) zustehen (siehe „Eigentumsansprüche rc."); den Anspruch auf Herausgabe der gemein­ schaftlichen Sache, wenn ein anderer Unberechtigter sie besitzt, kann er (allein, ohne die übrigen Mit­ eigentümer) jedoch nur in der Weise geltend machen, daß er von dem Besitzer die Hinterlegung der Sache für alle Miteigentümer oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, ihre Ab­ lieferung an einen gerichtlich zu bestellenden Ver­ wahrer fordert (vergleiche „Hinterlegung" und „Verwahrer rc.").

Miterben s. Erbteilung; Ausgleichung unter, s. Ausgleichung unter Miterben. Mitgift s. Aussteuer, Ausstattung. Mitte des Monats s. Fristen und Termine. Mittelbarer Besitz s. Besitz 2. Mittelbarer Vertreter s. Vertreter (Ver­ tretung) 4. Mittäter s. Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung 5. Mittlere Art und Güte s. Leistungen rc. 1. Möbelkauf, Möbelmiete auf Abzahlung s. Ab­ zahlung, Verkäufe auf. Möbeltransport s. Frachtführer. Möbeltransport s. Frachtführer. Modelle s. Muster und Modelle rc. Monate, Berechnung einer Frist nach, s. Fristen und Termine. Mondblindheil bei Pferden rc. s. Gewähr­ leistung rc. 9. Mord s. Tötung. Mortifizierung, Mortifikation von Urkunden s. Kraftloserklärung rc. Mühle, Zubehör einer, s. Zubehör. Mühlenbetrieb als land- und forstwirtschaft­ liches Nebengewerbe s. Land- und Forstwirte als Kaufleute. Mühlenrecht s. Wasserrecht. Mündel s. Vormund, Vormundschaft, Pfleg­ schaft,- Vertretung durch den Vormund s. Vor­ mund 5; Heirat s. Ehehindernisse lb; Anhörung in Vormundschaftsangelegenheiten s. Vormundschaftsgericht. Mündelgelder s. Anlegung von Mündelgeldern. Mündelsicherheit s. Anlegung von Mündel­ geldern 1. Mündelvermögen, Verwaltung durch den Vor­ mund, s. Vormund 3. Mündig, Mündigkeit s. Volljährigkeit rc. Münzsorte, nicht mehr im Umlauf befindliche, s. Leistungen rc. 1. Musikalische Werke, Schutz der, s. Urheber­ recht I. Muster, Kauf nach, s. Kauf nach Probe. Musterregister s. Muster und Modelle, Schutz der. Musterschutz s. Gebrauchsmuster rc. u. den nach­ folgenden Artikel. Muster und Modelle, Schutz der [R 11/1 76]. (Vergleiche „Gebrauchsmuster, Schutz der".) 1. Gewerbliche Muster und Modelle (sog. Geschmacksmuster) genießen den nachstehend näher bezeichneten gesetzlichen Schutz, wenn sie neue und eigentümliche Erzeugnisse und aus Anmeldung des Urhebers in das beim Amts­ gericht geführte Musterregister eingetragen sind. Nach einer Entscheidung des Reichsgerichts kann einem Muster der gedachte Schutz nur dann zuteil werden, wenn es dem ihm innewohnenden Zwecke nach bestimmt ist, auf den Formensinn einzuwirken; es mutz eine neue Form geschaffen sein, eine bestimmte in die äußere Erscheinung tretende zeichnerische Gestaltung, die sich als das Erzeugnis einer bewußten schöpferischen Tätigkeit im Bereiche des Kunstgewerbes darstellt. Es kommt also bei den hier gedachten gewerblichen Mustern allein auf das Äußere, auf die Form (Farbe rc.) an, die gegen unbefugte Nachahmung durch andere Personen geschützt werden soll. An­ ders beim Gebrauchsmusterschutz; vergleiche über den Unterschied zwischen solchen Gegenständen, die als „Muster oder Modelle" (Geschmacksmuster)

geschützt werden, und solchen, die als „Gebrauchs­ muster" gesetzlichen Schutz genießen, das Nähere in dem Artikel „Gebrauchsmuster, Schutz der" unter 1. Nur gewerbliche Muster werden (nach dem in diesem Artikel behandelten Gesetze, be­ treffend das Urheberrecht an Mustern und Mo­ dellen, vom 11. Januar 1876) geschützt, d. h. Muster (Modelle), die zu gewerblichen Zwecken be­ nutzt werden sollen. Dahin können auch Werke der bildenden Kunst gehören, aber nur in­ soweit, als solche Werke für die Nachbildung (Ver­ vielfältigung) in einem gewerblichen Betriebe be­ stimmt sind; sie müssen dann, damit sie den ge­ setzlichen Schutz genießen, in das Musterregister eingetragen sein. Ist ein Werk der bildenden Kunst für solche Zwecke nicht bestimmt, so genießt es den gesetzlichen Schutz (und zwar ohne Einttagung) nach den Vorschriften der Gesetze über das Ur­ heberrecht (siehe „Urheberrecht II). Der gesetz­ liche Schutz wird gewährt den Mustern und Mo­ dellen inländischer Urheber, sofern die Erzeugnisse im Jnlande angefertigt sind, und denen auslän­ discher Urheber, wenn diese im Jnlande ihre ge­ werbliche Niederlassung haben und die Erzeugnisse im Jnlande angefertigt sind. Im übrigen richtet sich der Schutz der ausländischen Urheber nach den bestehenden Staatsverträgen. Bei solchen Mustern und Modellen, die von den in einer inländischen gewerblichen Anstalt beschäftigten Zeichnern, Ma­ lern, Bildhauern rc. im Auftrage oder für Rech­ nung des Eigentümers der gewerblichen Anstalt angefertigt werden, gilt der letztere, wenn durch Vertrag nichts anderes bestimmt ist, als der Ur­ heber der Muster und Modelle. Der Urheber eines Musters oder Modells genießt den nachstehend (unter 3) näher bezeichneten gesetzlichen Schutz aber erst dann, wenn er das Muster rc. zur Eintragung in das Musterregister angemeldet und ein Eremplar oder eine Abbildung des Musters bei dem das Musterregister führenden Gerichte nieder­ gelegt hat (siehe nachstehend 2). Die Anmeldung und Niederlegung muß erfolgen, ehe ein nach dem Muster oder Modelle gefertigtes Erzeugnis ver­ breitet wird. 2. Anmeldung und Eintragung der Muster und Modelle. Das Musterregister wird vom Amtsgericht geführt. Der Urheber muß die Anmeldung und Niederlegung des Musters oder Modells (vorstehend 1) beim Amts­ gericht seiner Hauptniederlassung und wenn er eine eingetragene Firma nicht besitzt, beim Amtsgericht seines Wohnortes bewirken. Die Anmeldungen können schriftlich oder mündlich (zu Protokoll) geschehen; im ersteren Falle muß die Echtheit der Unterschrift des Anmeldenden von einer zur Füh­ rung eines öffentlichen Siegels berechtigten Person unter Beidrückung des Siegels beglaubigt sein. Bei der Anmeldung ist anzugeben, ob das Muster ic., dessen Eintragung begehrt wird, für Flächen­ erzeugnisse oder für plastische Erzeug­ nisse bestimmt ist; die Anmeldung eines und des­ selben Musters rc. für Flächenerzeugnisse und für plastische Erzeugnisse ist unzulässig. Die Muster können offen oder versiegelt, einzeln oder in Paketen niedergelegt werden. Die Pakete dürfen nicht mehr als 50 Muster enthalten und nicht mehr als 10 kg wiegen. Auf den Paketen muß äußer­ lich angegeben sein, wieviel Muster rc. darin ent­ halten sind. Außerdem müssen an jedem Muster oder an jedem Pakete mit Mustern die Fabrik­ nummern oder die Eeschäftsnummern, unter denen

"bie Muster in den Geschäftsbüchern des Urhebers oder seines Rechtsnachfolgers eingetragen sind, an-gegeben sein. Das Gericht nimmt die Eintragung ohne Prüfung der Berechtigung des Antragstellers oder der Richtigkeit der zur Eintragung ange­ meldeten Tatsachen vor. Schutzfristen, kosten. Der nachstehend (unter 3) näher bezeichnete gesetzliche Schutz wird t>em Urheber des Musters oder Modells nach seiner Wahl ein bis drei Jahre lang, vom Tage "der Anmeldung ab, gewährt. Der Urheber ist je­ doch berechtigt, gegen Zahlung einer höheren Ge­ bühr (siehe unten) eine Ausdehnung der Schutzfrist bis auf höchstens fünfzehn Jahre zu verlangen; es kann dies sofort bei der (ersten) Anmeldung, wie auch bei Ablauf einer dreijährigen And einer zehnjährigen Schutzfrist geschehen. Für jede Eintragung und Niederlegung eines einzelnen Musters oder eines Pakets mit Mustern rc. wird, wenn die Schutzfrist auf nicht länger als 3 Jahre beansprucht wird, eine Gebühr von 1 Mk. für jedes Jahr erhoben. Bei längerer Dauer der Schutzfrist ist für jedes weitere Jahr bis zum zehnten Jahre einschließlich eine Gebühr von 2 Mk., von elf bis fünfzehn Jahren eine Gebühr von 3 Mk. für jedes einzelne Muster oder Modell zu entrichten. Für jeden Eintragungsschein, sowie für jeden sonstigen Auszug aus dem Musterregister wird eine Gebühr von je 1 Mk. erhoben. Öffentlichkeit des Registers. Jeder­ mann ist berechtigt, von dem Musterregister und den nicht versiegelten Mustern und Modellen Ein­ sicht zu nehmen und sich beglaubigte Auszüge aus dem Musterregister erteilen zu lassen. In Streitfällen darüber, ob ein Muster oder Modell gegen Nachbildung geschützt ist, können zur Her­ beiführung der Entscheidung auch die versiegelten "Pakete vom Amtsgericht geöffnet werden. 3. Umfang (Art) des Musterschutzes. Das Recht, das eingetragene Muster rc. nachzu­ bilden, steht dem durch die Eintragung geschützten Urheber oder dessen Rechtsnachfolger ausschließlich Zu; er darf die nach dem Muster hergestellten Waren mit der Bezeichnung „Gesetzlich geschützt" in den Verkehr bringen. Unberechtigte dürfen das Muster nicht nachahmen. Eine verbotene Nach­ bildung ist es jedoch nicht, wenn jemand einzelne Motive des Musters rc. zur Herstellung eines neuen Musters benutzt. Dagegen bleibt die Nach­ bildung verboten, wenn auch bei der Herstellung des Gegenstandes ein anderes Verfahren ange­ wendet sein sollte oder wenn die Nachbildung für einen anderen Gewerbszweig bestimmt ist; ferner, wenn die Nachbildung in anderen räumlichen Ab­ messungen und Farben hergestellt ist, als das Ori­ ginal, oder sich von diesem nur durch solche Ab­ änderungen unterscheidet, die nur bei Anwendung besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden können, oder endlich, wenn die Nachbildung nicht unmittelbar nach dem Original, sondern mittelbar nach einer Nachbildung desselben geschehen ist. Eine einzelne Nachahmung dagegen, ohne die Ab­ ficht gewerbsmäßiger Verbreitung und Verwertung bes Hergestellten (z. B. zum Vergnügen, zur Übung, zum Privatgebrauch) ist nicht verboten. Auch dürfen Muster, die für Flächenerzeugnisse bestimmt find, durch plastische Erzeugnisse, und umgekehrt, nachgebildet werden; ebenso ist es gestattet, Nach­ bildungen einzelner Muster oder Modelle in ein Schriftwerk aufzunehmen. Wer ein Muster oder Modell zur Eintragung in das Musterregister an­

gemeldet und niedergelegt hat, gilt bis zum Be­ weise des Gegenteils (den der Gegner zu führen hat) als der Urheber des Musters rc. Das Recht des Urhebers geht auf seine Erben über. Der Ur­ heber ist befugt, sein Recht zu veräußern (zu ver­ kaufen, zu verschenken, zu verpfänden rc.) und zwar beschränkt oder unbeschränkt, durch Vertrag oder durch letztwillige Verfügung (Testament). 4. Verletzung des Musterschutzes. Schadensersatz. Bestrafung. Die gesetz­ lichen Bestimmungen hierüber finden sich in den §§ 18—36, 38 des sonst im wesentlichen aufge­ hobenen (alten) Gesetzes über das Urheberrecht an Schriftstücken rc. v. 11. Juni 1870. Danach ist, wer vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit ein ge­ schütztes Muster rc. in der Absicht der Verbreitung nachbildet, den Urheber oder dessen Rechtsnach­ folger zu entschädigen verpflichtet und wird außerdem auf Antrag des Geschädigten mit Geld­ strafe bis zu 3000 Mark bestraft; die Be­ strafung ist aber ausgeschlossen, wenn der Täter aus entschuldbarem Irrtum in gutem Glauben ge­ handelt hat. Der Geschädigte kann auch verlangen, daß ihm in dem Strafverfahren eine von dem Verurteilten zu zahlende Buße bis zum Betrage von 6000 Mark zuerkannt werde; er kann dann aber einen etwaigen weitergehenden Schaden im Zivilprozeßwege nicht verfolgen. Trifft den Nach­ ahmer gar kein Verschulden, so hastet er dem Ge­ schädigten für den Schaden nur bis zur Höhe seiner Bereicherung. Wegen des Weiteren hinsichtlich der Verfolgung von Verletzungen des Musterschutzes muß auf das Gesetz selbst verwiesen werden. Es sei übrigens bemerkt, daß nach einer Entscheidung des Reichsgerichts derjenige, der ein Strafver­ fahren wegen angeblicher Verletzung seines Musterschuhrechtes veranlaßt hat, im Falle der Frei­ sprechung des Angeklagten diesem regelmäßig die aufgewandten notwendigen Verteidigungskosten, sowie etwaige sonstige ihm durch das Strafver­ fahren (Beschlagnahme rc.) erwachsene Schäden zu ersetzen hat, was um so mehr der Fall ist, wenn der vermeintlich Geschädigte in einem Zivilprozesse unterliegen sollte. Wer vorsätzlich unbefugte Nachbildungen geschützter Muster rc. gewerbsmäßig feilhält, verkauft oder in sonstiger Weise verbreitet, ist nach Maßgabe des von ihm verursachten Scha­ dens dem Urheber zum Schadensersatz verpflichtet und unterliegt gleicher Bestrafung, wie der un­ befugte Nachbildner. Die Anträge auf Bestrafung, die Schadensersatz- und die Bereicherungsklagen verjähren in drei Jahren. Der Täter bleibt straflos, wenn der zum Strafantrage Berechtigte den Antrag binnen drei Monaten nach erlangter Kenntnis von dem begangenen Vergehen und von der Person des Täters zu stellen unterläßt. 5. Rechtsbehelfe gegen unberechtig­ ten Musterschutz. Hat jemand ein Interesse daran, daß einem Konkurrenten, der den Muster­ schutz erlaubt hat, obwohl das Muster zur Ein­ tragung gar nicht geeignet war, die Be­ nutzung der Bezeichnung „gesetzlich geschützt" für seine Waren untersagt werde, so kann er hierauf Klage erheben (r). Mutter, Verhältnis zu den ehelichen Kindern s. Mutter und Kind; zu dem unehelichen Kinde s. Uneheliche Kinder 1; als Vormünderin s. Mutter und Kind 4 u. Uneheliche Kinder 1; Einwilligung zur Heirat s. Ehehindernisse 1 b und c; als gesetz­ liche Erbin s. Gesetzliche Erben; als Pflichterbin s.

Pflichtteil; Erbittung eines Beistandes s. Mutter und 5tmb 3. Mütterliches Erbe s. Verwaltung ic. des KinDesvermögens. Mutter und Kind. Über das Verhältnis des lindes zu seinen Eltern ist in dem Artikel „Eltern und Minder" im allgemeinen gehandelt. Es ist dort (unter 4) auch von der den Eltern ihren Mindern gegenüber zustehenden elterlichen Ge­ walt gesprochen und gesagt, daß diese Gewalt in erster Linie dem Vater, in zweiter Linie der Mutter zustehe. An jener Stelle ist dann im weiteren nur von der elterlichen Gewalt des Vaters die Rede; hier soll die elterliche Gewalt der ehe­ lichen Mutter näher besprochen werden. (Über die uneheliche Mutter siehe den Artikel „Uneheliche Minder 1“.) Es ist in der Natur der Verhältnisse begründet, daß das Recht und die Pflicht der Eltern, ihr Ätnb, solange es minderjährig oder sonst 'des Beistandes bedürftig ist, zu schützen und zu) vertreten, zunächst dem Vater, als dem Haupte Der Familie, obliegt. Aber ebenso gerechtfertigt ist es, daß nach dem Tode oder bei Behinderung Des Vaters dieses Recht und diese Pflicht auf die Mutter übergehen. Das Gesetz bestimmt dement­ sprechend, daß die elterliche Gewalt über Das 5Unb in gewissen Fällen oder in gewissen Grenzen auch der Mutter zu­ steht. Um aber in dieser Beziehung allen Fällen, wie sie das Leben bietet, gerecht zu werden, sind Die Bestimmungen des Gesetzes recht verwickelte ge­ worden. Wer die elterliche Gewalt über sein minder­ jähriges Rmb in vollem Umfange hat (sei dies Der Vater oder die Mutier), hat damit das Recht und die Pflicht, für die Person und für das Vermögen des lindes zu sorgen (soweit nicht ^etwa für besondere Angelegenheiten dem ctinbe ein Pfleger bestellt ist) und das Äinb bei dem Ab­ schlüsse von Rechtsgeschäften, Verträgen rc. zu vertreten. Die Sorge für die Person des lindes umfaßt vor allem das Recht und die Pflicht, das Kind zu erziehen, es zu beauf­ sichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen; Die Sorge für das Vermögen des Kindes begreift Das Recht und die Pflicht, das dem Kinde etwa gehörige Vermögen zu verwalten. Mit der Vermögensverwaltung ist regelmäßig auch das Recht der Nutznießung des Kindesvermögens verbunden. Wegen des Näheren über die elter­ liche Gewalt siehe unten 3 im Eingänge. Sehen wir nun zunächst, wann und wieweit der Mutter Die elterliche Gewalt über ihr Kind zusteht. 1. Eine beschränkte elterliche Gewalt steht Der Mutter auch neben dem Vater (oder, wenn der Vater die elterliche Gewalt nicht hat und Dem Kinde ein Vormund bestellt ist, neben dem Vormunde) zu. Solange nämlich die Ehe zwischen Den Eltern besteht, gebührt die Sorge für die Person des Kindes (seine Erziehung, Pflege, Beaufsichtigung ic.) den Eltern naturgemäß ge­ meinsam [1634]. Die Mutter kann daher eben­ so, wie der Vater, angemessene Zuchtmittel gegen Das Kind gebrauchen; das Vormundschaftsgericht ist verpflichtet, sie auf ihren Antrag durch An­ wendung geeigneter Zwangsmaßregeln gegen un­ botmäßige Kinder zu unterstützen. Sie kann gleich Dem Vater die Herausgabe ihres Kindes von jedem verlangen, der es ihr widerrechtlich vorenthält. Rur insofern ist sie in ihrer Macht über das Kind beschränkt, als sie ihr Recht nicht im Widersprüche

mit dem Willen des Vaters ausüben darf; bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen ihm und ihr geht die Meinung des Vaters vor. Von der Vertretung des Kindes sowohl in seinen Ver­ mögenssachen wie in seinen persönlichen Ange­ legenheiten ist die Mutter jedoch regelmäßig aus­ geschlossen; nur wenn und solange der Vater an der Vertretung des Kindes tatsächlich verhindert ist oder seine elterliche Gewalt überhaupt „ruht" (siehe unten unter 2c und d), ist die Mutter auch berechtigt, das Kind in seinen Rechtsangelegen­ heiten zu vertreten, also z. B. Verträge für das Kind abzuschließen oder zu Rechtsgeschäften, die das Kind selber abschließt, die zu deren Gültigkeit erforderliche Genehmigung (siehe „Geschäftsfähig­ keit 2") als gesetzliche Vertreterin des Kindes zu erteilen. Ist dem Kinde, weil der Vater selbst die elterliche Gewalt nicht ausübt, ein Vormund oder Pfleger bestellt (z. B. die elterliche Ge­ walt des Vaters „ruht" wegen Geisteskrankheit oder dergl. oder der Vater hat die elterliche Ge­ walt wegen eines Verbrechens rc. verwirkt oder die Verttetung des Kindes ist ihm gerichtlich entzogen oder für die Erziehung des Kindes an Stelle des Vaters ein Pfleger bestellt), so steht der Mutter die Sorge für die Person des Kindes neben dem Vormunde oder dem Pfleger in gleicher Weise, wie neben dem Vater, zu. Ist die Ehe zwischen den Eltern wegen Ehebruchs oder Sittlichkeitsver­ brechens, wegen Lebensnachstellung oder bös­ williger Verlassung, wegen schwerer Pflichtver­ letzung oder wegen ehrlosen und unsittlichen Ver­ haltens von seiten des Paters geschieden (der Vater also für den allein schuldigen Teil erklärt), so steht, olange beide geschiedene Gatten leben, die Sorge ür die Person der Kinder der Mutter allein zu 1635]. Dieses Recht und diese Pflicht verbleiben ihr auch nach dem Tode des Mannes allein. Sind beide Ehegatten für schuldig erklärt, so steht die Sorge für die Töchter und für Söhne unter sechs Jahren der Mutter allein, die Sorge für die anderen Söhne dem Vater allein zu, wenn nicht das Vormundschaftsgericht aus besonderen Grün­ den etwas anderes bestimmt. Nach dem Tode des Mannes fällt die Sorge für alle Kinder wieder der Mutter allein anheim. Das Recht der Ver­ tretung des Kindes in Rechtsgeschäften hat die Mutter aber auch im vorgedachten Falle nicht; es verbleibt unter allen Umständen dem Vater. Wegen des Näheren ist überhaupt der Artikel „Eltern und Kinder 4" zu vergleichen. Das vor­ stehend für den Fall, daß die Ehe geschieden ist und beide Gatten für schuldig erklärt sind, Gesagte gilt auch in dem Falle, wenn eine Frau, nachdem der Mann gerichtlich für tot erklärt ist, wieder ge­ heiratet hat und hinterher sich herausgestellt hat, daß der erste Mann noch lebt [1637]. Solange die Mutter selbst minderjährig ist, kann sie die elterliche Gewalt über ihr Kind nicht ausüben; ihre elterliche Gewalt „ruht" [1676]; nur die Sorge für die Person des Kin­ des (in dem oben dargelegten Umfange) steht ihr auch während dieser Zeit der Minderjährigkeit zu [1696]; der für das Kind zu bestellende Vormund hat dabei die Stellung eines Beistandes (siehe unten 3). Zur Vertretung des Kindes in seinen Rechtsangelegenheiten ist die minderjährige Mutter nicht (auch nicht in persönlichen Ange­ legenheiten des Kindes) befugt; sie steht dem Vor­ munde, wie die Vermögensverwaltung, allein zu. Ganz dasselbe gilt für den Fall, daß die Mutter

sich wieder verheiratet und dadurch, abgesehen von der Sorge für die Person ihrer Minder aus erster Ehe, ihre elterliche Gewalt über sie verliert [1697]. 2. Unter nachstehenden Voraussetzungen steht aber der Mutter die volle elterliche Gewalt über ihre Kinder zu, nämlich: a) wenn der Vater gestorben oder für tot erklärt ist [1684]. Nach dem Tode des Vaters fällt die elterliche Schutzpflicht und Vertretungsbefugnis naturgemäß der Mutter zu; sie hat jetzt allein die elterliche Gewalt auszuüben, die zu Lebzeiten des Mannes im wesentlichen diesem zustand. Eine Vormundschaft über die Kinder wird deshalb nach dem Tode des Mannes (solange die Mutter sich nicht wieder verheiratet; siehe unten 4) nicht angeordnet. Eine Beaufsichtigung durch das Vormundschaftsgericht und ein Ein­ greifen desselben in die Verwaltung der Mutier findet nur unter denselben Voraussetzungen statt, wie wenn der Vater die elterliche Gewalt ausübte. Zu den Rechten der elterlichen Gewalt, die nun auf die Mutter übergehen, gehört vor allem auch das Recht der Nutznießung an dem Vermögen der Kinder; b) wenn der Vater wegen eines Ver­ brechens 2C. die elterliche Gewalt ver­ wirkt hat und die Ehe aufgelöst ist [1684]. Wegen des Näheren über die Verwirkung der elterlichen Gewalt durch den Vater vergleiche den Artikel „Verwaltung des Kindesvermögens ic. 2". Solange die Ehe zwischen den Eltern fortbesteht, geht, auch wenn der Vater die elterliche Gewalt durch seine Schuld verwirkt hat, die elterliche Ge­ walt auf die Mutter nicht über; es wird viel­ mehr den Kindern ein Vormund bestellt, neben dem der Mutter nur das Recht der Sorge für die Person der Kinder zusteht (siehe oben 1). Ist aber die Ehe durch Scheidung aufgelöst, so geht die elterliche Gewalt in dem obigen Fall auf die Mutter allein über; ihre Rechte sind dieselben, als wenn der Vater gestorben wäre (vorstehend a). Ist dem Vater vom Gericht die Sorge für die Person des Kindes oder für sein Vermögen oder die elterliche Gewalt über das Kind überhaupt aus triftigen Gründen entzogen (siehe „Eltern und Kinder 5" und „Verwaltung u. des Kindesver­ mögens 1"), so gehen die dem Vater entzogenen Befugnisse oder die volle elterliche Gewalt, im Interesse des Familienfriedens, nicht auf die Mutter über, sondern es wird dem Kinde ein Vor­ mund oder ein Pfleger bestellt, der die Obliegen­ heiten des Vaters zu erfüllen hat. Aber auch, wenn die Ehe geschieden ist, erlangt in solchem Falle die Mutter die dem Vater entzogenen Rechte nicht; c) wenn während der Dauer der Ehe der Vater zeitweilig an der Ausübung der elterlichen Gewalt tatsächlich ge­ hindert ist, z. B. durch Krankheit, Abwesenheit, Strafverbüßung rc. [1685]. In solchen Fällen ent­ spricht es dem natürlichen Verhältnis und der Stellung der Mutter in der Familie, daß sie für den verhinderten Vater die elterliche Gewalt über die Kinder ausübt, daß also vom Gerichjt keine Vormundschaft oder Pflegschaft für die Kinder an­ geordnet wird. Die Mutter hat daher auch die Kinder in ihren Rechtsangelegenheiten (bei Ab­ schluß von Verttägen rc.) zu oertreten. Nur da­ durch unterscheidet sich auch in diesem Falle ihr Recht von dem des Mannes, daß ihr eine Nutz­ nießung an dem etwaigen Vermögen der Kin­ der, also das Recht, die Einkünfte dieses Vermögens

für sich zu verwenden, nicht zusteht. Sie hat aber das Recht und die Pflicht, das Vermögen, solange die Behinderung des Mannes dauert, zu verwal­ ten; die Einkünfte gebühren nach wie vor dem Vater. — Über den Fall, wenn der Vater dauernd an der Ausübung seiner Rechte ge­ hindert ist, siehe nachstehend unter d; d) wenn während der Dauer der Ehe die elterliche Gewalt des Va­ ters „ruht" [1685]. Es gibt Fälle, in denen dem Vater die elterliche Gewalt über seine Kinder und die damit verbundenen Rechte zwar zustehen, in denen er sie aber doch nicht .ausüben kann oder darf (der Vater ist z. B. wegen Geisteskrankheit, wegen Verschwendung oder Trunksucht entmündigt oder es ist ihm wegen körperlicher Gebrechen ein Pfleger bestellt rc.). Das Gesetz spricht hier von einem Ruhen der elterlichen Gewalt des Vaters; siehe darüber das Nähere unter „Eltern und Kinder 7". Ein Ruhen der elterlichen Gewalt des Vaters tritt insbesondere auch dann ein, wenn er nicht bloß aus vorüber­ gehender Veranlassung, sondern voraussichtlich für längere Zeit an der Ausübung der elterlichen Gewalt verhindert ist und dies vom Vormund­ schaftsgericht auf Antrag der Mutter rc. ausdrück­ lich festgestellt wird. In allen diesen Fällen des bloßen Rühens der elterlichen Gewalt des Vaters geht die Sorge für die Kinder (für ihre Person und für ihr Vermögen) und ihre Vertretung ohne weiteres auf die Mutter über; den Kindern wird kein Vormund oder Pfleger bestellt. Die Rechte der Mutter sind ganz dieselben, wie vor­ stehend unter c angegeben; ein Nutznießungsrecht an dem etwaigen Vermögen der Kinder hat sie also nicht; e) wenn der Mutter die Ausübung der elterlichen Gewalt über die Kinder vom Gericht ausdrücklich übertragen ist [1685, Rf 35, 43]. Solche Übertragung ist nur dann zulässig, wenn die Ehe geschieden oder die eheliche Gemeinschaft aufgehoben ist und die elter­ liche Gewalt des Vaters ruht (siehe vorstehend d) und keine Aussicht ist, daß der Grund des Rühens (die Geisteskrankheit, die Entmündigung rc.) ein­ mal wegfallen werde. Wird diese Voraussetzung (die voraussichtlich länger dauernde Behinderung des Vaters) vom Vormundschastsgericht anerkannt und festgestellt, so muß es auf Antrag der Mutter dieser die Ausübung der elterlichen Gewalt über die Kinder übertragen. Die Mutter erlangt hierdurch auch das Nutznießungsrecht an dem etwaigen Vermögen der Kinder. Ihre Gewalt besteht aber natürlich nur solange, als das Ruhen der elterlichen Gewalt des Vaters dauert. Wird die Ausübung der elterlichen Gewalt der Mutter nicht überttagen oder wünscht sie selbst solches nicht, so muß den Kindern ein Vormund bestellt werden [1678, 1773]; f) wenn die Ehe nach dem Gesetz nichtig ist und der Vater die Nichtigkeit bei der Eheschließung kannte [1701]. (Vergleiche „Nichtige Ehen, Kinder aus".) — Im Vorstehenden (unter a bis f) sind diejenigen Fälle aufgeführt, in denen nach dem Gesetz der Mutter die elterliche Gewalt zusteht, weil der Vater entweder nicht mehr lebt oder an der Ausübung der elterlichen Gewalt gehindert ist. Es gibt aber außer den ebengedachten noch Fälle, in denen der Vater die elterliche Gewalt (überhaupt oder nach gewissen Richtungen hin) nicht ausübt, in denen

aber dennoch der Mutter die elterliche Gewalt nicht zusteht, beispielsweise: wenn der Vater die elterliche Gewalt verwirkt hat und die Ehe noch fortdauert,- wenn dem Vater die Verwaltung und Nutznießung des Kindesvermögens gerichtlich ent­ zogen sind 2c. (siehe darüber das Nähere unter „Eltern und Kinder" und „Verwaltung ic. des Kin­ desvermögens durch den Vater"). In Fällen dieser Art (die oben unter a bis f nicht mit inbegriffen sind) geht die elterliche Gewalt nicht vom Vater auf die Mutier über; es mutz vielmehr den Kin­ dern vom Gericht ein Vormund bestellt werden. Aufhören der elterlichen Gewalt der Mutter. Die Mutter verliert die elterliche Ge­ walt über ihre Kinder, wenn sie sich wieder ver­ heiratet; siehe darüber unten unter 4. Abgesehen von diesem Falle endigt die elterliche Gewalt der Mutter er Pfandgläubiger nicht (wie beim Pfandrecht an anderen beweglichen Sachen der Fall ist) den Besitz des Pfand gegenständes erlangt, notwendige Abweichungen ergeben. Ferner gilt noch folgendes Besondere: Der Verpfänder kann gegen Befrietrigung des Pfandgläubigers die Aushändigung der zur Löschung des Pfandrechts erforderlichen Urkunden verlangen. Das gleiche Recht steht dem persönlichen Schuldner zu, wenn er ein recht­ liches Interesse an der Berichtigung des Schiffs­ registers hat. Während sonst bei verpfändeten be­ weglichen Sachen der Gläubiger nach Eintritt der Fälligkeit seiner Forderung befugt ist, die Pfandfache zu seiner Befriedigung öffentlich versteigern 3U lassen, kann der Pfandgläubiger seine Befrie­ digung aus einem in das Schiffsregister einge­ tragenen Schiffe und dessen Zubehör nur auf Grund eines vollstreckbaren Titels (Urteils ic.) nach Len für die Zwangsvollstreckung geltenden Vorschriften suchen. Die Zwangsvollstreckung in eingetragene Schiffe erfolgt im wesentlichen nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in Grundstücke (durch Zwangsversteigerung oder Lwangsverwaltung). Ist ein Pfandrecht im Schiffsregister eingetragen und die Person des Ipfandgläubigers unbekannt (der ursprüngliche Pfandgläubiger ist z. B. verstorben oder verschollen und seine Erben sind nicht bekannt), so kann der Schiffseigentümer die Löschung des Pfandrechts im Register auf dem Wege des gerichtlichen Auf­ gebotsverfahrens unter denselben Voraussetzungen und mit derselben Wirkung herbeiführen, unter denen die Ausschließung eines unbekannten Hypo­ thekengläubigers erwirkt werden kann; siehe dar­ über „Hypothek 4". Über den Fall, daß ein Schiff uder Schiffe für Forderungen aus einer Schuldver­ schreibung auf den Inhaber, aus einem Wechsel oder aus einem anderen indossablen Papiere ver­ pfändet werden, enthält der § 1270 des Gesetzbuchs besondere Bestimmungen. Endlich kann bei der Verpfändung von Schiffen ausgemacht werden, daß nur ein Höchstbetrag, bis zu dem das Schiff haften soll, bestimmt, im übrigen aber die Feststellung der Forderung vorbehalten wird; es mutz dann der Höchstbetrag in das Schiffsregister eingetragen werden. Ist die Forderung verzinslich, so werden die Zinsen in den Höchstbetrag eingerechnet. Was vorstehend über die Verpfändung von Schiffen ge­ sagt ist, gilt auch für das Pfandrecht an einer Schiffspari. Pfandrecht, gesetzliches, s. Pfand 6 u. Hypothek 2 a. Schl.; an Grundstücken s. Hypothek; des Wirtes an den Sachen des Gastes s. Gastwirte 2; des Unternehmers s. Werkvertrag 9; des Ver­ mieters s. Miete 11; des Verpächters J. Pacht 8; des Pächters s. Pacht 8. Vergleiche, auch: Pfand (Faustpfand), Pfandrecht an Rechten u., Pfandrecht dm Schiffen, Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld.

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Pfandscheine, Verpfändung von, s. Pfandrecht an Rechten rc. 3 a. Schl. Psandtafeln s. Früchte, Pfändung von, 1. Pfändung in der Zwangsvollstreckung. Sachen und Forderungen, die ihr nicht unterworfen find. Ist ein Schuldner zur Zahlung rc. verurteilt oder hat er gegen den Zahlungsbefehl (siehe das), den der Gläubiger gegen ihn genommen hat, nicht rechtzeitig Widerspruch erhoben, so kann der Gläubiger nun mit der Zwangsvollstreckung (Erekution) gegen ihn vorgehen, um zu seinem Gelde oder zu dem, was er sonst vom Schuldner zu fordern hat, zu gelangen; er kann beim Schuld­ ner bewegliche Sachen oder ausstehende Forde­ rungen pfänden lassen oder, wenn jener Grund­ besitz hat, diesen zum Zwangsverkauf bringen (Zwangsversteigerung, Subhastation, Zwangsverwaltung). Das Verfahren bei der Zwangs­ vollstreckung wird durch die „Zivilprozeßordnung" und durch das „Gesetz über die Zwangsversteige­ rung und die Zwangsverwaltung" geregelt. Dieses Verfahren darzustellen, ist nicht die Aufgabe dieses Buches; aber es ist für die Leser von Interesse, zu wissen, welche Vermögensgegenstände dem Schuld­ ner nicht abgepfändet werden können. Das Gesetz gestattet nicht, baß ihm der letzte Rest seiner Habe genommen wird, um seinen Gläubiger zu befriedigen; die Zwangsvollstreckung darf dicht soweit gehen, daß der Schuldner wirtschaftlich ruiniert wird. Es sind deshalb eine Reihe von Dermögensgegenständen der Zwangsvollstreckung (Pfändung) gesetzlich entzogen. Die be­ treffenden Bestimmungen der Zivilprozeßordnung lauten: 1. Bewegliche Sachen, die der Pfän­ dung nicht unterworfen sind: „§ 611. Folgende Sachen sind der Pfändung nicht unterworfen: 1. die Kleidungsstücke, die Betten, die Wäsche, das Haus- und Küchengerät, insbesondere die Heiz- und Kochöfen, soweit diese Gegenstände für den Bedarf des Schuldners oder zur Er­ haltung eines angemessenen Hausstandes un­ entbehrlich sind; 2. die für den Schuldner, seine Familie und sein Gesinde auf vier Wochen erforderlichen Nahrungs-, Feuerungs- und Beleuchtungsmittel oder, soweit solche Vorräte auf zwei Wochen nicht vorhanden und ihre Beschaffung für diesen Zeitraum auf anderem Wege nicht ge­ sichert ist, der zur Beschaffung erforderliche Geldbetrag; 3. eine Milchkuh oder nach der Wahl des Schuld­ ners statt einer solchen zwei Ziegen oder zwei Schafe nebst den zum Unterhalt und zur Streu für dieselben auf vier Wochen erforderlichen Futter- und Streuvorräten oder, soweit solche Vorräte auf zwei Wochen nicht vorhanden, dem zur Beschaffung erforderlichen Geld­ beträge, wenn die bezeichneten Tiere für die Ernährung des Schuldners, seiner Familie und seines Gesindes unentbehrlich sind; 4. bei Personen, welche Landwirtschaft betreiben, das zum Wirtschastsbetrieb erforderliche Ge­ rät und Vieh nebst dem nötigen Dünger, soweit sie zur Fortführung der Wirtschaft bis zu der Zeit erforderlich sind, zu welcher gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich gewonnen werden; 5. bei Künstlern, Handwerkern, gewerblichen Ar­ beitern und andern Personen, welche aus Hand-

arbeit oder sonstigen persönlichen Leistungen ihren Erwerb ziehen, die zur persönlichen Fort­ setzung der Erwerbstätigkeit unentbehrlichen Gegenstände; 6. bei den Witwen und den minderjährigen Erben der unter Nr. 5 bezeichneten Personen, wenn sie das Erwerbsgeschäft für ihre Rechnung durch einen Stellvertreter fortführen, die zur per­ sönlichen Fortführung des Geschäfts durch den Stellvertreter unentbehrlichen Gegenstände; 7. bei Offizieren, Deckoffizieren, Beamten, Geist­ lichen, Lehrern an öffentlichen Unterrichtsanstalten, Rechtsanwälten, Notaren, sowie Ärzten und Hebammen die zur Verwaltung des Dien­ stes oder Ausübung des Berufs erforderlichen Gegenstände, sowie anständige Kleidung; 8. bei Offizieren, Militärärzten, Deckoffizieren, Beamten, Geistlichen, bei Ärzten und Lehrern an öffentlichen Anstalten ein Geldbetrag, welcher dem der Pfändung nicht unterworfenen Teile des Diensteinkommens oder der Pension für die Zeit von der Pfändung bis zum nächsten Termine der Gehalts- oder Pensions­ zahlung gleichkommt; 9. die zum Betriebe einer Apotheke unentbehr­ lichen Geräte, Gefäße und Waren; 10. die Bücher, welche zum Gebrauche des Schuld­ ners und seiner Familie in der Kirche oder Schule oder einer sonstigen Unterrichtsanstalt oder bei der häuslichen Andacht bestimmt sind; 11. die in Gebrauch genommenen Haushaltungsund Geschäftsbücher, die Familienpapiere, so­ wie Trauringe, Orden und Ehrenzeichen; 12. künstliche Gliedmaßen, Brillen und andere wegen körperlicher Gebrechen notwendige Hülfsmittel, soweit diese Gegenstände zum Ge­ brauche des Schuldners und seiner Familie be­ stimmt sind; 13. die zur unmittelbaren Verwendung für die Bestattung bestimmten Gegenstände. § 812. Gegenstände, welche zum gewöhnlichen Hausrate gehören und im Haushalt des Schuldners gebraucht werden, sollen nicht gepfändet werden, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, daß durch deren Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, welcher zu dem Werte außer allem Verhältnisse steht. § 813. Zur Pfändung von Früchten, die von dem Boden noch nicht getrennt sind, und zur Pfän­ dung von Gegenständen der im § 811 Nr. 4 be­ zeichneten Art bei Personen, welche Landwirtschaft betreiben, soll ein landwirtschaftlicher Sachver­ ständiger zugezogen werden, sofern anzunehmen ist, daß der Wert der zu pfändenden Gegenstände den Betrag von eintausend Mark übersteigt. Inwie­ weit bei einem geringeren Werte ein Sachverstän­ diger zugezogen werden soll, bestimmt die Landesjustizverwaltung. (Cs soll durch diese Bestimmung eine Gewähr dafür geboten werden, daß die gesetz­ lichen Pfändungsbeschränkungen in betreff der Früchte und der zum Betriebe der Landwirtschaft dienenden Gegenstände beachtet werden.)" Außer diesen, in der Zivilprozeßordnung als unpfändbar bezeichneten Gegenständen sind der Pfändung ferner nicht unterworfen: ein der Dien st prämie der aus dem Dienste scheidenden Unteroffiziere gleichkommender Geldbetrag wäh­ rend der ersten drei Monate nach der Auszahlung der Prämie, es sei denn, daß es sich um Unter­ haltsforderungen der eigenen Ehefrau und Kinder des Schuldners handelt (ob dies auch für unehe­

liche Kinder gilt, ist zweifelhaft) [R 22/5 1893P 18], das Dienstinventar der Posthaltereien [R 28/10 1871, 20] und die Fahrbetriebsmittel einer Eisenbahn [R 3/5 1886; Art. 23 Abs. 5 des inter­ nal. Übereink. über d. Eisenbahnfrachtverkehr t>» 14/10 1890]. Sparkassenbücher können nicht gepfändet werden, da das Buch an sich keinen Vermögenswert hat; wohl aber kann die durch das Buch verbriefte Forderung an die Sparkasse gepfändet werdenPfändung von Früchten insbeson­ dere. Früchte, stehende sowohl, wie bereits vom. Boden getrennte, unterliegen an sich der Pfän­ dung. Sie können nur dann nicht gepfändet werden, einmal, wenn sie zu den vorstehend unter 4: aufgezählten, zum landwirtschaftlichen Be­ triebe erforderlichen Gegenständen gehörensodann nicht, wenn sie im Wege der Zwangsvoll­ streckung in das unbewegliche Vermögen, also ttt das Gut oder das Grundstück selbst, bereits be­ schlagnahmt sind [C 865]. Übrigens dürfen stehende Früchte nicht früher, als einen Monat vor der gewöhnlichen Zeit der Reife, gepfändet werden [C 810]. Näheres siehe unter „Früchte, Pfändung von". 2. Forderungen (Ansprüche des. Schuldners), die nicht (oder nur teil­ weise) gepfändet werden können: „§ 850. Der Pfändung sind nicht unterworfen: 1. Der Arbeits- oder Dienstlohn nach den Bestimmungen des Reichsgesetzes vom 21. Juni. 1869 (Bundesgesetzblatt 1869 Seite 242 unb 1871 Seite 63; Reichsgesetzblatt 1897 Seite 159) (siehe darüber den besonderen Artikel „Arbeits- oder Dienstlohn, Pfändung von"); 2. die auf gesetzlicher Vorschrift beruhenden Alimentenforderungen und die nach § 844 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen der Entziehung einer solchen Forderung zu ent­ richtende Geldrente; 3. die fortlaufenden Einkünfte, welche ein Schuld­ ner aus Stiftungen oder sonst auf Erunb der Fürsorge und Freigebigkeit einesDritten bezieht, insoweit der Schuldner zur Bestreitung des notdürftigen Unterhalts für sich, seinen Ehegatten und seine noch unver­ sorgten Kinder dieser Einkünfte bedarf; 4. die aus Kranken-, Hülfs - oder Sterbekassen, insbesondere aus Knappschaftskasseir und Kassen der Knappschaftsvereine zu be­ ziehenden Hebungen; auch Unfalls-, Inva­ liden- und Altersrenten; 5. der Sold und die Znvalidenpensioir der Unteroffiziere und der Soldaten; 6. das Diensteinkommen der Militärper­ sonen, welche zu einem mobilen Truppenteil oder zur Besatzung eines in Dienst geftellten, Kriegsfahrzeuges gehören; 7. die Pensionen der Witwen und Waisen. und die denselben aus Witwen- und Waisenkassen zugehenden Bezüge, die Er­ ziehungsgelder und die Studien-^ stipendien, sowie die Pensionen in­ valider Arbeiter; 8. das Dien st einkommen der Offiziere^ Militärärzte und Deckoffiziere, der Beamten^ der Geistlichen, sowie der Ärzte und Lehrer an. öffentlichen Anstalten; die Pension dieser Personen nach deren Versetzung in einst­ weiligen oder dauernden Ruhestand, sowie der nach ihrem Tode den Hinterbliebenen zu ge--

währende Sterbe- oder Gnadengehall, Derstümmelungszulagen [R 22/5 93, 18]. Übersteigen in den Fällen Nr. 7 und 8 das Dienfteinkommen, die Pension oder die sonstigen Bezüge die Summe von fünfzehnhundert Mark für "das Jahr, so ist der dritte Teil des Mehrbetrags -er Pfändung unterworfen. Die nach § 843 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen einer Verletzung des Körpers oder der Ge­ sundheit zu entrichtende Geldrente ist nur soweit -er Pfändung unterworfen, als der Gesamtbetrag -ie Summe von fünfzehnhundert Mark für das ' Jahr übersteigt. In den Fällen der beiden vorhergehenden Ab­ sätze ist die Pfändung ohne Rücksicht auf den Be­ trag zulässig, wenn sie wegen der den Ver­ wandten, dem Ehegatten und dem früheren Ehe­ gatten für die Zeit nach Erhebung der 5Uage und •für das diesem Zeitpunkt vorausgehende letzte Vierteljahr kraft Gesetzes zu entrichtenden Unter« haltsbeiträge beantragt wird. Das gleiche gilt in Ansehung der zugunsten eines unehelichen Kindes von dem Vater für den bezeichneten Zeitraum kraft Gesetzes zu entrichtenden Unterhaltsbeiträge; diese Vorschrift findet jedoch insoweit keine Anwendung, als der Schuldner zur Bestreitung seines not-ürftigen Unterhalts und zur Erfüllung der ihm seinen Verwandten, seiner Ehefrau oder seiner früheren Ehefrau gegenüber gesetzlich obliegenden Unterhaltspflicht der Bezüge bedarf. Hierbei wer-en ausschließlich die Leistungen berücksichtigt, welche vermöge einer solchen Unterhaltspflicht für -en nämlichen Zeitraum oder, falls die Klage zu­ gunsten des unehelichen Kindes nach der Klage eines Unterhaltsberechtigten erhoben ist, für die Zeit von dem Beginne des der Klage dieses Be­ rechtigten vorausgehenden letzten Vierteljahres ab Zu entrichten sind. Die Einkünfte, welche zur Bestreitung eines Dienstaufwandes bestimmt sind, und der Servis der Offiziere, Militärärzte und Militär­ beamten sind weder der Pfändung unterworfen, noch bei der Ermittelung, ob und zu welchem Be­ klage ein Diensteinkommen der Pfändung unter­ liege, zu berechnen. § 851. Eine Forderung ist in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar ist. Eine nach § 399 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht übertrag­ bare Forderung kann insoweit gepfändet und zur Einziehung überwiesen werden, als der geschuldete Gegenstand der Pfändung unterworfen ist. § 852. Der Pflichtteilsanspruch ist der Pfan-ung nur unterworfen, wenn er durch Vertrag an­ erkannt oder rechtshängig geworden ist. Das gleiche gilt für den nach § 528 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Schenker zustehenden Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes." — Außer den eigentlichen Forderungen gibt es auch noch sonstige Rechte, die gepfändet werden können, soweit nicht das Gesetz einzelne dieser Rechte als unpfändbar bezeichnet. Zu den Rech­ nen, die nicht gepfändet werden können, gehören z. V. die Nutzungsrechte des Vaters oder der Mutter an dem Vermögen ihrer minderjährigen Kinder. Wegen des Näheren über diese der Pfänentzogenen Rechte muß auf das Gesetz selbst [C 657 ff.] verwiesen werden. Auch der Anspruch auf -ie oben (unter 1 a. Schl.) bezeichnete DienstPrämie der Unteroffiziere ist nicht pfändbar,

ausgenommen, wenn es sich um eine Unterhalts­ forderung der Ehefrau oder der ehelichen Kinder des Schuldners selbst handelt; ob die Prämie auch für den Unterhalt eines unehelichen Kindes gepfändet werden kann, ist nach dem Gesetz nicht ganz klar. Pfändung (PrivatMndung). Das Recht der sog. Privatpfändung, d. h. das einem Be­ schädigten zustehende Recht, eigenmächtig, ohne Angehen der Obrigkeit, eine Pfändung vorzu­ nehmen, ist durch das Bürgerliche Gesetzbuch nicht geordnet; es gibt also in bezug hierauf kein über­ einstimmendes Recht in Deutschland. Es ist aber in vielen Landesteilen die Privatpfändung zum Schutze der Grundstücke und der darauf wachsenden Früchte gegen Frevel jeder Art, insbesondere gegen die durch Personen oder Tiere verübten Beschädigungen, gestattet. Diese Vor­ schriften behalten auch künftig ihre Gültigkeit [E 89]. Auf Näheres kann hier nicht eingegangen werden, da eben die gesetzlichen Bestimmungen in den einzelnen Ländern sehr verschiedenartig sind. Es sei hier nur bemerkt, daß diese „Pfändung" ein, erforderlichenfalls unter Anwendung von Gewalt, statthafter Akt der Selbsthülfe ist. Man hat es im Interesse der Land- und Forstwirtschaft für nötig gehalten, dem Grundbesitzer, Pächter rc. einen besonderen Schutz gegenüber den ebenso zahl­ reichen, wie schwer faßbaren Kulturbeschädigungen durch Menschen oder Tiere zu gewähren. Der Ge­ schädigte ist nach den betreffenden Gesetzen meist berechtigt, von dem Übertreter ein Pfandgeld oder ein Ersatzgeld zu fordern, ohne erst den oft mühsamen Nachweis des ihm zugefügten Scha­ dens erbringen zu müssen. [Für Preußen finden sich die betreffenden Bestimmungen in dem FeldundForstpolizeigesetz vom l.Apr.1680, §§ 77ff.]. Pfändung eines Saldo bei Kaufleuten s. Han­ delsgeschäfte 1; von Arbeits- oder Dienstlohn, Ge­ haltsforderungen rc. s. Arbeits- oder Dienstlohn rc. u. Pfändung i. d. Zwangsvollstr. 2; eines Erb­ teils s. Erbteilung 1; des Anteils eines Gesell­ schafters s. Gesellschaft 5 b. Pfändungspsandrecht s. Pfand 6. Pfandverkauf s. Pfand 2; bei Kaufleuten j. Handelsgeschäfte 2. Pfandvertrag s. Pfand. Pferde, Haftung des Verkäufers für Fehler s. Gewährleistung wegen Mängel rc. 9. Pferdebahnen, Unfälle auf, s. Haftpflicht der Eisenbahnen rc. Pflanzen s. Zubehör; auf der Grenze, s. Grund­ eigentum 2 k. Pflege, körperliche, der Mündel s. Vormund 2. Pflegeeltern, Pflegekinder s. Annahme an Kindesstatt. Pfleger s. Pflegsckaft. Pflegschaft [1909—1921]. 1. Kann jemand aus besonderer Veranlassung seine Angelegenheiten nicht selber besorgen, ohne daß grade ein Grund zur Anordnung einer Vormundschaft (siehe „Vor­ mundschaft 1") vorliegt, so ordnet das Gericht eine Pflegschaft an. Die Fälle, wo dies geschehen soll und darf, sind im Gesetz genau bestimmt und nachstehend mitgeteilt. Außer diesenFällen ist das Gericht nicht befugt, auch wenn tatsächlich ein Schutzbedürsnis für eine Person vorliegen sollte, eine Pflegschaft über sie anzuordnen. a) Wer unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, wird durch den Vater oder die Mutter oder den Vormund in seinen

Rechtsangelegenheiten vertreten und bedarf daher regelmäßig keines weiteren Schutzes. Es können aber immerhin einzelne Geschäfte oder auch ein ganzer iUeis von Angelegenheiten zu erledigen sein, an deren Besorgung der Gewalthaber oder Vormund, sei es kraft gesetzlicher Bestimmung (3. B. weil der Mündel mit dem Vormunde oder das Kind mit den Eltern oder Geschwistern einen Ver­ trag schließen oder einen Prozeß führen muß oder weil dem Vater oder der Mutter wegen schlechten Lebenswandels die Erziehung der Binder oder wegen widerstreitender Interessen die Besorgung einer Vermögensangelegenheit gerichtlich entzogen ist) oder infolge von Krankheit, Abwesenheit rc. verhindert ist. In solchem Falle ist dem Haus­ kinde oder dem Mündel zurBesorgungdieser Angelegenheiten ein Pfleger zu bestellen (der Gegenvormund als solcher ist zur Vertretung des behinderten Vormundes Nicht berufen). Es ist aber zu beachten, daß, wenn im Falle zeitweiser Be­ hinderung des Vaters an der Ausübung der elterlichen Gewalt die Mutter noch lebt (und nicht auch behindert ist), regelmäßig die Ausübung der elterlichen Gewalt auf sie übergeht und die Anordnung einer Pflegschaft daher nicht erforder­ lich ist; siehe darüber das Nähere unter „Mutter und Kind 2". — Die Bestellung eines Pflegers ist inshesondere auch dann nötig, wenn dem Kinde (dem Mündel) etwas durch eine letztwillige Ver­ fügung oder eine Schenkung mit der Bestimmung zugewandt ist, daß der Vater (die Mutter) oder der Vormund die Verwaltung des Zugewendeten nicht haben soll. Der Inhaber der elterlichen Ge­ walt und der Vormund sind verpflichtet, dem Vor­ mundschaftsgerichte unverzüglich Anzeige zu machen, wenn eine Pflegschaft angeordnet werden muß [1909]. b) Auch für volljährige Personen, die nicht unter Vormundschaft stehen, kann die Anordnung einer Pflegschaft nötig werden, nämlich wenn sie infolge körperlicher Gebrechen, insbesondere wegen Taubheit, Blindheit oder Stummheit, ihre Angelegenheiten nicht selbst besorgen können [1910]. Es kann ihnen in solchem Falle, aber nur mit ihrer Einwilligung, für ihre Person und ihr Ver­ mögen, also für alle ihre Angelegenheiten, ein Pfleger bestellt werden. Ist eine Verständigung mit dem Kranken nicht zu erzielen, so kann die Pflegschaft auch ohne sein Zutun angeordnet wer­ den. Wegen geistiger Gebrechen ist eine Pfleg­ schaft für alle Angelegenheiten des Hülfsbedürftigen nicht zulässig; es muß vielmehr erforder­ lichenfalls die Entmündigung einer Vormund­ schaft über ihn herbeigeführt werden; siehe „Vor­ mundschaft 3". Kann dagegen ein Volljähriger, der nicht unter Vormundschaft steht, infolge gei­ stiger und körperlicher Gebrechen bloß einzelne seiner Angelegenheiten oder einen bestimmten Kreis seiner Angelegenheiten (z. B. seine Ver­ mögensangelegenheiten) nicht besorgen, so kann er für diese Angelegenheiten einen Pfleger erhalten. Vom Reichsgericht wird das Gesetz [1910 Abs. 2] aber dahin ausgelegt, daß eine Pflegschaft hinsicht­ lich einer einzelnen Angelegenheit oder eines Kreises von Angelegenheiten für einen geistig Gebrechlichen auch dann eingeleitet werden kann, wenn dieser seine Angelegenheiten in ihrer Gesamtheit nicht zu besorgen vermag. Auch in den ebengedachten Fällen der Anordnung einer Pflegschaft für eine einzelne Angelegenheit oder für einen Kreis von Angelegenheiten ist die Einwilligung des Pfleg­

lings erforderlich, es sei denn, daß eine Verstän­ digung mit ihm nicht möglich ist. — Ob für einen geistig Gebrechlichen, sei es, daß er geisteskrank oder daß er nur geistesschwach ist, ein Entmün­ digungsverfahren einzuleiten und demnächst eine Vormundschaft anzuordnen oder ob für ihn bloß ein Pfleger zu bestellen ist, hangt von den Um­ ständen ab. Letzteres wird geschehen, wenn die Verhältnisse derart liegen, daß eine volle Ver­ tretung durch einen Vormund nicht nötig erscheint und dem praktischen Bedürfnis schon dadurch ge­ nügt wird, daß dem Gebrechlichen ein Vertreter für einzelne Angelegenheiten oder für eine einzelne Angelegenheit in der Person eines Pflegers bei­ geordnet wird (r). — Durch die Anordnung einer Pflegschaft wird aber der Schutzbedürftige keines­ wegs rechtlich geschäftsunfähig oder in der Ge­ schäftsfähigkeit beschränkt, wie ein unter Vormund­ schaft Gestellter; der Pfleger hat vielmehr ihm gegenüber nur die Stellung eines ihm vom Staate beigeordneten Bevollmächtigten. Er ist daher be­ fugt, in die Vermögensverwaltung des Pflegers einzugreifen und kann sich schlimmstenfalls durch den Antrag auf Aufhebung der Pflegschaft von einem ihm unbequemen Verwalter befreien. Eine „Beistandschaft für Gebrechliche" gibt es nicht mehr. c) Ist eine volljährige Person abwesend und ihr Aufenthalt unbekannt, so muß ihr für ihre Vermögensangelegenheilen, soweit sie der Fürsorge bedürfen, ein Abwesenheitspfleger bestellt werden. Dies mutz auch dann geschehen, wenn der Abwesende zwar einen Be­ auftragten oder Bevollmächtigten bestellt hat, aber Umstände eingetreten sind, die zum Widerrufe des Auftrages oder der Vollmacht Anlaß geben, sowie endlich dann, wenn der Aufenthalt des Abwesen­ den zwar bekannt, er aber an der Rückkehr und der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ver­ hindert ist. In allen diesen Fällen beschränkt sich die Pflegschaft nicht auf das schutzlos zurückgelassene Vermögen, sondern sie erstreckt sich auf die Be­ sorgung aller, der Fürsorge bedürftigen Dermögensangelegenheiten des Abwesenden, falls solche vorhanden sind und falls nicht das Gericht die Pflegschaft nur für bestimmte Vermögensange­ legenheiten des Abwesenden angeordnet hat. Der Abwesenheitspfleger hat also im wesentlichen die Stellung eines Vormundes. Er kann für den Ab­ wesenden Verträge schließen, Eigentum und sonstige Rechte erwerben, Erbschaften annehmen, Prozesse über Vermögensangelegenheiten für ihn führen rc. Mit den persönlichen Rechtsangelegenheiten des Abwesenden hat jedoch der Pfleger nichts zu tun. Ist der Abwesende minderjährig, so ist die Anordnung einer Abwesenheitspflegschaft nicht nötig, da ihm der erforderliche Schutz durch die elterliche Gewalt des Vaters oder der Mutter oder durch die angeordnete oder anzuordnende Vor­ mundschaft gewährt wird. Die Abwesenheitspfleg­ schaft muß vom Vormundschaftsgerichte von Amts­ wegen angeordnet werden, sobald ihm bekannt wird, daß die Voraussetzungen dafür vorliegen; selbstverständlich ist es aber jedem Beteiligten un­ benommen, durch Anträge beim Gericht die An­ ordnung der " Pflegschaft herbeizuführen [1911]. Die Pflegschaft wird aber nur dann anzuordnen sein, wenn ein Interesse des Abwesenden es erfordert, nicht aber, wenn die Anordnung ledig­ lich im Interesse anderer Personen, z. B. eines Gläubigers des Abwesenden, liegt. — Durch die

Anordnung einer Abwesenheitspflegschaft wird der Abwesende übrigens in keiner Weise in der eigenen Geschäftsfähigkeit beschränkt. d) Wenn auch im allgemeinen die Rechtsfähig­ keit eines Menschen erst mit seiner Geburt beginnt, so gibt es doch ausnahmsweise Rechte, die einem noch Ungeborenen zustehen, und es können Maßregeln nötig werden, um solche Rechte zu sichern. Es kann z. B. einem noch unge­ borenen Kinde eine Erbschaft oder ein Ver­ mächtnis angefallen sein (vergleiche Testament 3). Es kommt dabei auf Ehelichkeil oder Unehelichkeit der Geburt nicht an. Es kann aber auch die Sicher­ stellung von Rechten erforderlich werden, die erst dann zur Entstehung kommen, wenn demnächst ein Kind geboren werden wird, z. B. der Anspruch eines unehelichen Kindes auf Unterhalt gegen den unehelichen Vater. Für derartige Fälle bestimmt das Gesetz, daß die Leibesfrucht einen Pfleger erhalten soll, wenn das Kind, falls es bereits ge­ boren wäre, nicht unter elterlicher Gewalt stehen würde, also eine Vormundschaft oder Pflegschaft für das Kind anzuordnen wäre. Auch diese Pfleg­ schaft ist von Amtswegen einzuleiten. Doch steht es den Beteiligten, insbesondere der Schwangeren, *ftei, durch entsprechende Anträge bei Gericht die Anordnung der Pflegschaft herbeizuführen [1912]. Würde das Kind, wenn es schon geboren wäre, unter elterlicher Gewalt stehen (siehe „Eltern und Kinder 4"), so liegt die Wahrung seiner künftigen Rechte dem Vater oder, wenn dieser die elterliche Gewalt über sein Kind nicht haben würde, der Mutter von Rechtswegen ob, ohne daß er (sie) vom Gericht erst als Pfleger für das Kind bestellt zu werden braucht. e) Ist unbekannt oder ungewiß, wer bei einer Angelegenheit der Beteiligte ist, so kann dem Beteiligten für diese Angelegenheit, soweit eine Fürsorge erforderlich ist, ein Pfleger bestellt wer­ den. Insbesondere kann einem Nacherben (siehe bas), der noch nicht erzeugt ist oder dessen Persön­ lichkeit erst durch ein künftiges Ereignis bestimmt wird, für die Zeit bis zum Eintritte der Nach­ erbfolge ein Pfleger bestellt werden. Die Stellung des Pflegers ist in diesen Fällen die eines gesetz­ lichen Vertreters (Vormundes) des unbekannten und ungewissen Beteiligten. Der Umfang seiner Befugnisse und Pflichten richtet sich im übrigen nach dem ihm vom Vormundschaftsgericht über­ tragenen Wirkungskreise und dem Zwecke der an­ geordneten Pflegschaft; insbesondere hängt es da­ von ab, ob er verpflichtet ist, den unbekannten Be­ teiligten zu ermitteln [1913]. Eine besondere Art dieser Pflegschaft ist die Nachlaßpflegschaft (siehe das) [1913]. (Über die Anordnung einer Nachlaße» erwaltun g siehe den betr. Artikel.) f) Ist durch eine öffentliche Sammlung seitens eines sog. Komitees ein Geldbetrag oder ein sonstiges Vermögen für einen vorübergehenden Zweck zusammengebracht worden, so kann zum Zwecke der Verwaltung und Verwendung des Ver­ mögens ein Pfleger bestellt werden, wenn die zu der Verwaltung und Verwendung berufenen Personen weggefallen sind [1914]. 2. Bestellung (Verpflichtung) des Pflegers [1915—1917]. Auf die Pflegschaft finden die für die Vormundschaft (siehe die Ar­ tikel „Vormund" und „Vormundschaft") gellenden Vorschriften im allgemeinen entsprechende Anwenwendung, da die Pflegschaft ihrer Natur nach etwas ganz ähnliches ist, wie die Vormundschaft.

Ein Gegenvormund braucht jedoch nicht bestellt zu werden. Besondere Vorschriften für die Pflegschaft sind: Für die oben unter la besprochene Pfleg­ schaft gelten die Vorschriften über die Berufung gewisser Personen zum Amte des Vormundes (siehe „Vormundschaft 1") nicht und zwar besonders aus dem Grunde nicht, weil es im Interesse des Mün­ dels oft angemessener ist, den Pfleger nicht aus dem Kreise der nächsten Angehörigen zu nehmen. Dagegen gellen diese Vorschriften für andere Pfleg­ schaften. Ist ein Pfleger zu bestellen, weil ein dem Mündel zugefallenes Vermögen nicht in die Ver­ waltung des Vaters (der Mutter) oder des Vor­ mundes kommen soll, so hat der etwa vom Erb­ lasser oder Schenker als Pfleger Benannte ein An­ recht darauf; der Erblasser rc. kann auch gewisse Befreiungen (z. B. von der Genehmigung des Vor­ mundschaftsgerichts zu Rechtsgeschäften, von der Rechnungsablage rc.) für ihn anordnen, die aber nicht zu befolgen sind, wenn sie nach Ansicht des Vormundschaftsgerichts das Interesse des Mündels gefährden. Zu einer Abweichung von den An­ ordnungen des Schenkers ist, solange er lebt, seine Zustimmung erforderlich, aber auch genügend. Diese Zustimmung kann durch das Gericht ersetzt werden, wenn der Schenker zur Abgabe einer Er­ klärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist. Rechte und Pflichten des Pflegers. Der Pfleger hat an sich hinsichtlich der Person und des Vermögens seines Pflegebefohlenen dieselbe Stellung, wie ein Vormund (siehe „Vor­ mund 1"). Abweichungen hiervon ergeben sich je­ doch insofern, als — je nach dem Grunde der Einleitung der Pflegschaft — dem Pfleger meist nicht eine allgemeine Fürsorge für den Mündel (Pflegling), sondern nur die Sorge für einzelne seiner Angelegenheiten (z. B. für seine Erziehung, für die Verwaltung eines bestimmten Vermögens, für die Vertretung des Mündels beim Abschlüsse eines Vertrages, bei der Bestellung einer Hypo­ thek rc.) obliegt. Die dem Pfleger zustehenden Rechte und die ihm obliegenden Geschäfte können insofern erheblich geringeren Umfanges sein, als die Rechte und Pflichten eines Vormundes; ist beispielsweise der Pfleger nur bestellt, um für den Mündel einen Vertrag mit seinem Vater oder mit seinem Vormunde abschließen, jo ist das Amt des Pflegers mit der Erledigung dieses Geschäfts schon beendet. Wie weit im einzelnen Falle die Be­ fugnisse und die Pflichten des Pflegers gehen, richtet sich, wie bereits erwähnt, nach der Art und dem Grunde der Pflegschaft, d. h. dar­ nach, welche Umstände das Gericht zur Anordnung der Pflegschaft bewogen haben. Der Pfleger ist bei seiner Verpflichtung durch den Vormund­ schaftsrichter über den Umfang seiner Rechte und Pflichten zu belehren. Auch soll die dem Pfleger vom Gericht zu erteilende Bestallung bestimmt erkennen lassen, aus welchem Grunde und zu welchem Zwecke der Pfleger bestellt ist. I" Zweifelsfällen wird sich der Pfleger an das Vormundschaftsgericht wenden. — Da für die Pflegschaft im allgemeinen die für die Vormundschaft gegebenen gesetzlichen Vorschriften gelten, so liegt dem Pfleger auch die Pflicht zur Rechnungsablage und nach Be­ endigung der Pflegschaft die Pflicht zur Legung einer Schlußrechnung ob; siehe darüber das Nähere unter „Vormund 8". Hat der Pfleger ein Vermögen oder einen Nachlaß zu verwalten, so muß er dem Gerichte sogleich nach Antritt seines

Pflegschaft über Volljährige s. Vormundschaft Amts ein Dermögensverzeichnis (Nachlaß3; für Kinder unter elterlicher Gewalt s. Eltern verzeichnis, Inventar) einreichen; siehe darüber das und Kinder 4. Nähere unter „Vormund 3". — Wegen des Er­ Pflichterbe s. Pflichtteil. satzes der Auslagen, die der Pfleger machen Pflichten der Kaufleute (Bankiers rc.) bei Auf­ mutz, und wegen Zubilligung einer Vergütung bewahrung fremder Wertpapiere s. Depots, kauf­ (eines Honorars) für seine Amtsführung gilt männische. dasselbe, was für den Vormund bestimmt ist; siehe Pflichtteil [2303—2338]. 1. Der allgemeine darüber „Vormund 7". — Dem Pfleger kann, Satz, daß jedermann auf den Fall seines wenn es sich um eine erhebliche Vermögensverwal­ Todes über seine Habe nach Belieben verfügen tung handelt, ein Gegenvormund (den Aus­ kann, findet darin eine gesetzliche Beschränkung, druck Gegenpfleger kennt das Gesetz nicht) bei­ daß es gewisse Personen gibt, die einen Rechts­ geordnet werden; geschieht dies, so hat der Gegen­ anspruch auf einen Teil des Nachlasses haben. vormund dem Pfleger gegenüber dieselbe Stellung, Dies sind die Personen, denen ein Pflichtteilswie ein neben dem Vormunde bestellter Gegen­ recht zusteht. Es sind nur wenige, die diese be­ vormund dem Vormunde gegenüber (vergleiche den vorzugte Stellung haben, nämlich die Abkömm­ Artikel „Gegenvormund"). linge (Kinder, Enkel rc.) des Erblassers, seine Geschäftsfähigkeit des unter Pfleg­ Eltern und sein Ehegatte. Alle anderen Ver­ schaft Gestellten. Wie schon oben hervor­ wandten (Großeltern, Geschwister rc.) sind nicht gehoben, wird der unter Pflegschaft Gestellte durch pflichtteilsberechtigt. Das Pflichtteilsrecht hat die Anordnung der Pflegschaft allein in seiner überhaupt nur dann Bedeutung für den Berechtig­ Geschäftsfähigkeit nicht beschränkt; er kann ten, wenn der Erblasser sein Vermögen anderen aber aus anderen Gründen, z. B. weil er noch Personen zugewendet oder doch dem Pflichtteilsminderjährig ist, in der Geschäftsfähigkeit beschränkt berechtigten weniger vermacht hat, als ihm nach sein. Nur für die Prozeßführung besteht in­ sofern eine Ausnahme, als der Pfleger, wenn er dem Gesetze zusteht. Die Kinder und der über­ lebende Ehegatte haben immer ein Recht auf einen einen Prozeß für seinen Pflegebefohlenen führt (es Pflichtteil; Eltern, sowie Enkel und weitere Ab­ kann auch der Pflegling selber klagen oder ver­ klagt werden), diesen im Prozeß allein vertritt; der kömmlinge nur bedingungsweise (siehe weiter Pflegling hat kein Recht, sich in die Prozeßführung unten). Der Pflichtteil ist kein ein für alle Male einzumischen [C 53]. feststehender Teil des Nachlasses, sondern seine Höhe richtet sich nach der Zahl der Erben. Der Berech­ Beendigung der Pflegschaft [1918 bis 1921]. Ob das Amt des Pflegers nur ein ganz tigte kann nämlich als Pflichtteil die Hälfte vorübergehendes ist oder ob es vielleicht längere des Wertes seines gesetzlichen Erbteils Zeit dauert, hängt davon ab, aus welchem Grunde verlangen, also desjenigen Erbteils, den er nach (zu welchem Zwecke) die Pflegschaft angeordnet ist. dem Gesetz (als „gesetzlicher Erbe") er­ Fällt dieser Grund später weg, so hebt das Vor­ halten würde, wenn der Erblasser keine mundschaftsgericht die Pflegschaft wieder auf; die letziwillige Verfügung getroffen hätte. Rechte und Pflichten des Pflegers endigen erst mit Dieser gesetzliche Erbteil aber richtet sich nach der dieser Aufhebung. In gewissen Fällen endigt aber Zahl der Erben. Beispiele: Der Erblasser hinter­ die Pflegschaft kraft Gesetzes von selbst, ohne läßt 2 Kinder und 3 Enkel, Kinder eines ver­ daß es einer förmlichen Aufhebung durch das Ge­ storbenen Sohnes. Der gesetzliche Erbteil eines richt bedarf, nämlich: die Pflegschaft für eine jeden Kindes und der der 3 Enkel zusammen ist unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft ein Drittel des Nachlasses (vergleiche über die ge­ stehende Person endigt mit der Beendigung der setzlichen Erbteile den Artikel „Gesetzliche Erben"). elterlichen Gewalt oder der Vormundschaft, voraus­ Der Pflichtteil beträgt daher für jedes Kind des gesetzt, daß auch die Pflegschaft nur wegen der Erblassers ein Sechstel, für jeden Enkel ein Acht­ allgemeinen Schutzbedürftigkeit des Mündels (Min­ zehntel. — Oder: Der Erblasser hinterläßt außer derjährigkeit, Entmündigung rc.) angeordnet ist; den Vorgedachten auch eine 2BitiDt. Dann würde die Pflegschaft für eine Leibesfrucht endigt mit der sich, wenn der Erblasser keine letziwillige Verfügung Geburt des Kindes; die Pflegschaft zur Be­ getroffen hätte, die Erbschaft nach dem Gesetze sorgung einer einzelnen Angelegenheit folgendermaßen verteilen: Die Witwe erhielte ein endigt mit der Erledigung dieser An­ Viertel, jedes Kind ein Viertel, jeder Enkel ein gelegenheit. Übrigens ist auch in diesen Fällen Zwölftel. Der Pflichtteil würde also betragen: die Pflegschaft, obwohl sie rechtlich nicht mehr be­ für die Witwe und für jedes Kind ein Achtel, für steht, vom Gericht ausdrücklich aufzuheben. Die jeden Enkel ein Dierundzwanzigstel. — Der Erb­ Pflegschaft für einen Abwesenden ist aufzu­ lasser hinterläßt eine Witwe und eine Mutter; der heben, wenn der Abwesende an der Besorgung gesetzliche Erbteil würde für beide gleich sein (die seiner Vermögensangelegenheiten nicht mehr Hälfte des Nachlasses); der Pflichtteil beträgt da­ verhindert ist, was das Gericht nach den Um­ her für jede ein Viertel des Nachlasses rc. — Der ständen zu ermessen hat, oder wenn der Fürsorge Erblasser ist dadurch, daß er pflichtteilsberechtigte bedürftiges Vermögen des Abwesenden nicht mehr Angehörige hat, an sich zwar nicht behindert, über vorhanden ist. Bis zur Aufhebung durch das seinen Nachlaß zu verfügen, ein Testament oder Gericht besteht die Pflegschaft fort, wenn auch der einen Erbvertrag zu machen; aber er kann ben Abwesende zurückgekehrt sein sollte. Stirbt der Ab­ Pflichtteilsberechtigten ihr Recht dadurch nicht ent­ wesende, so endigt die Pflegschaft erst mit der ziehen; sie können ihre Pflichtteilsforderung, einer­ Aufhebung durch das Vormundschaftsgericht, die lei ob sie im Testamente oder Vertrage ganz über­ erfolgen muß, sobald das Gericht von dem Tode gangen sind oder ob ihnen nur ein zu geringer Erb­ zuverlässige Kenntnis erhalten hat. Wird der Ab­ teil vermacht ist, gegen den oder die eingesetzten wesende für tot erklärt (siehe „Todeserklärung"), Erben geltend machen. Ist ein Pflichtteilsberechso endigt die Pflegschaft mit der Erlassung des die tigter als Erbe eingesetzt und zwar auf einen seinem Todeserklärung aussprechenden Urteils. Pflichtteile entsprechenden, genügend großen Teil

"ber Erbschaft, so können in dem Testamente oder Erbvertrage doch andere Bestimmungen enthalten sein, durch die er wiederum beschrankt ist, so daß er nicht seinen reinen Pflichtteil hat, wie er ihm nach dem Gesetze zusteht [2306]. Solche Beschrän­ kungen sind nach dem Gesetze: die Einsetzung eines Nacherben (der Erbe soll also die Erbschaft bloß dis zu seinem Tode oder einem anderen Zeitpunkte haben und sie dann herausgeben; siehe „Nach­ erben"); die Einsetzung des Berechtigten bloß als Nacherbe (er soll also seinen Erbteil erst später er­ halten); die Ernennung eines Testamentsvoll­ streckers, der den Nachlaß in Verwaltung nehmen soll; eine Teilungsanordnung; die Beschwerung mit einem Vermächtnis oder einer Auflage. In solchen Fällen gilt folgendes: Hat der Erbe bloß seinen Pflichtteil aus dem Nachlaß erhallen oder weniger, nicht mehr, so haben die gedachten Beschränkungen und Auflagen für ihn k e i n e G ü l tigkeit, er braucht sich nicht an sie zu kehren und kann das etwa am Pflichtteil Fehlende fordern; ist ihm dagegen mehr vermacht, als fein Pflichtteil beträgt, so hat er die Wahl: er kann entweder das ihm Vermachte ausschlagen und seinen Pflicht­ teil, frei von den Beschränkungen und Auflagen, die der Erblasser angeordnet hat, fordern oder er nimmt das ihm Zugewendete an, muß sich dann aber jene Beschränkungen gefallen lassen und die Vermächtnisse oder Auflagen erfüllen. — Ist der Pflichtteilsberechtigte im Testamente zwar bedacht, aber nicht als Erbe, sondern nur mit einem Ver­ mächtnis, so braucht er dieses Vermächtnis, selbst wenn sein Wert mehr betragen sollte, als sein Pflichtteil, nicht anzunehmen; er kann das Ver­ mächtnis ausschlagen und seinen Pflichtteil fordern {2307]. Macht er von diesem Rechte keinen Ge­ brauch, so kann er den Pflichtteil nur insoweit fordern, als der Wert des Vermächtnisses geringer ist; sollten Beschränkungen oder Auflagen der oben gedachten Art auf das Vermächtnis gelegt sein, so bleiben diese bei der Berechnung des Wertes des Vermächtnisses außer Betracht. Dem Pflichtteilsberechtigten ist an sich keine Frist gesetzt, inner­ halb deren er sich darüber zu entscheiden hätte, ob er das Vermächtnis annehmen oder ob er es aus­ schlagen will. Der Erbe ist aber berechtigt, ihm eine angemessene Frist zu setzen, in der er sich zu erklären hat; tut er dies nicht, so gilt das Ver­ mächtnis als ausgeschlagen. Es verbleibt ihm aber selbstverständlich sein Pflichtteilsanspruch. — Hat ein Pflichtteilsberechtigter seinen Erbteil oder ein Vermächtnis ausgeschlagen, weil das Zugewendete in einer der oben bezeichneten Arten beschränkt oder beschwert war, und stellt sich hinterher heraus, daß bie Beschränkung oder Beschwerung zur Zeit der Ausschlagung weggefallen war, so kann er die Ausschlagung durch Anfechtung rückgängig machen (2308]. Es ist oben schon bemerkt, daß Eltern, sowie Enkel und weitere Abkömmlinge des Erb­ lassers nur bedingungsweise einen Anspruch aus einen Pflichtteil haben. Dies entspricht den Ver­ hältnissen, da ja die Eltern kraft Gesetzes nur zur Erbschaft berufen sind, wenn keine Abkömmlinge (Kinder ic.) des Erblassers erben, und Enkel und weitere Nachkommen durch ihre noch lebenden Eltern von der gesetzlichen Erbschaft der Großeltern emsgeschlossen werden (siehe „Gesetzliche Erben 1"). Für die Frage, ob (ältern oder Enkel und weitere Abkömmlinge des Erblassers ein Pflichtteilsrecht haben, kommt es zunächst darauf an, ob jemand da

ist, der sie im Falle der gesetzlichen Erbfolge von der Erbschaft ausschließen würde [2309]. Ist dies nicht der Fall, würden also die Eltern (Enkel rc.), wenn der Erblasser kein Testament oder sonstige Verfügung auf den Todesfall gemacht hätte, als gesetzliche Erben zur Erbschaft gelangen, so haben sie auch ein Pflichtteilsrecht, wenn'der Erblasser letztwillig über seinen Nachlaß bestimmt hat. Dieser Fall tritt nicht nur dann ein, wenn ein Erbe, der sie von der Erbschaft ausschließt, gar nicht vor­ handen ist, sondern auch Dann, wenn ein solcher zwar vorhanden ist, aber auf sein Erbrecht Verzicht geleistet hat oder für erbunwürdig erklärt ist (ver­ gleiche „Erbverzicht" und „Erbunwürdigkeit"). Beispiel: Der Erblasser hinterläßt bloß einen Sohn und seinen Vater. Der Sohn würde bei der ge­ setzlichen Erbfolge seinen Großvater von der Erb­ schaft des Vaters ausschließen, d. h. er würde allein erben, der Großvater würde nicht milerben. Hätte nun aber der Sohn auf sein Erbrecht gegen den Vater Verzicht geleistet oder wird er für erbunwürdig erklärt, so schließt er den Großvater nicht mehr aus; der Großvater hat daher auch An­ spruch auf einen Pflichtteil. — Anders, wenn eine Person da ist, die die Eltern oder die Enkel ic. im Falle der gesetzlichen Beerbung von der Erb­ schaft ausschließen würde. Dann haben die Eltern (Enkel rc.) kein Pflichtteilsrecht, wenn jene Person den Pflichtteil verlangen kann oder das ihr im Testament Hinter­ lassene annimmt. In dem obigen Beispiele (der Erblasser stirbt mit Hinterlassung seines Va­ ters und eines Sohnes) würde, wie erwähnt, der Sohn nach den Bestimmungen über die gesetzliche Erbfolge den Großvater von der Erbschaft aus­ schließen; es würde also der Großvater kein Pflichtteilsrecht haben, wenn der Sohn einen Pflichtteil verlangen kann oder wenn er das ihm vom Vater letztwillig Vermachte annimmt. Ls können aber Fälle eintreten, wo keins von beiden zutrifft. Es ist z. B. dem Sohne ein genügender Erbteil hinter­ lassen, so daß er kein Recht hat, einen Pflichtteil zu beanspruchen; er nimmt aber das ihm Hinter­ lassene nicht an (schlägt die Erbschaft aus). In diesem Falle hat der Großvater ausnahmsweise ein Pflichtteilsrecht. Oder: es ist dem Sohne aus triftigem Grunde (siehe unten 5) vom Vater der Pflichtteil entzogen; dann hat der Sohn keinen Anspruch auf einen Pflichtteil; es hat also auch in diesem Falle der Großvater ein Pflichtteilsrecht. 2. Berechnung des Pflichtteils [2310ff.]. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des auf den Berechtigten fallenden gesetzlichen Erbteils. Es muß also dieser Erbteil festgestellt werden. Dabei werden diejenigen Per­ sonen mitgezählt, die durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen sind oder die Erb­ schaft ausgeschlagen haben oder für erbunwürdig erklärt sind; wer durch Erbverzicht von der Erb­ folge ausgeschlossen ist, wird nicht mitgezählt. Der Berechnung des Pflichtteils wird der Bestand und der Wert des Nachlasses zur Zeit des Todes des Erblassers zugrunde gelegt, und zwar des Reinwerts (nach Abzug der Schulden). Ist der Pflichtteil von Eltern zu berechnen und ist ein über­ lebender Ehegatte da, jo werden die Sachen, die dieser als voraus eryält, nämlich die zum ehe­ lichen Haushalt des Verstorbenen gehörigen Gegen­ stände, mit Ausnahme des Zubehörs von Grund­ stücken, und die Hochzeitsgeschenke, die sich im Nach­ laß vorfinden, bei der Berechnung außer Ansatz

gelassen. Der Wert des Nachlasses mutz, soweit erforderlich, durch Schätzung (Taxation) ermittelt werden; eine vom Erblasser etwa getroffene Wert­ bestimmung ist nicht maßgebend. Gehört zum Nachlasse ein Landgut und hat einer der Erben das Recht, das Gut zu dem Ertrags werte (siehe das) zu übernehmen, so ist, wenn er von diesem Rechte Gebrauch macht, der Ertragswert auch für die Berechnung des Pflichtteils (für den Übernehmer selbst wie für die übrigen Pflichtteils­ berechtigten) maßgebend. Hat jedoch der Erblasser einen anderen Übernahmepreis bestimmt, so ist dieser maßgebend, wenn er mindestens eben­ soviel beträgt, wie der ausgemittelte Erlragswert, und wenn er den Schätzungswert nicht übersteigt. Hinterläßt der Erblasser nur einen Erben, so kann er anordnen, daß der Berechnung des Pflichtteils der Ertragswerl oder die nach dem Vorstehenden vom Erblasser gültig bestimmte Annahmesumme zu­ grunde gelegt werden soll. Das über die Berech­ nung des Wertes des Landguts Gesagte findet aber nur Anwendung, wenn der Annehmer eine an sich pflichtteilsberechtigte Person ist. Über die Be­ rücksichtigung von bedingten Rechten und Ver­ bindlichkeiten, von ungewissen oder un­ sicheren Rechten sowie von zweifelhaften Verbindlichkeiten enthält § 2313 des Gesetzes nähere Vorschriften. Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht selber Miterbe, so müssen ihm der oder die Erben auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft erteilen. Gegen einen etwa vorhandenen Testamentsvollstrecker hat derPflichtteilsberechtigte diesen Anspruch auf Auskunftserteilung nicht (r). Da die Höhe des Pflichtteils von denr Werte des Nachlasses, und zwar wie er zur Zeit des Todes des Erblassers war, abhängt, so haben alle Beteiligten ein Interesse daran, daß dieser Wert, der unter Umständen sich rasch ändern kann, baldigst festgestellt wird. Die Erben haben über den Bestand des Nachlasses zur Zeit des Todes des Erblassers ein Nachlaßver­ zeichnis aufzustellen; auf sein Verlangen muß der Pflichtteilsberechtigte bei der Aufnahme dieses Verzeichnisses (Inventars) zugezogen werden. Er kann fordern, daß das Verzeichnis durch die zu­ ständige Behörde oder durch einen zuständigen Be­ amten oder Notar aufgenommen und daß der Wert der Nachlaßgegenstände ermittelt (tariert) wird (er kann aber nicht eigenmächtig, ohne Zuziehung der Erben, die Aufnahme des Verzeichnisses durch eine Behörde oder einen zuständigen Beamten her­ beiführen). Die Rosten sind aus dem Nachlaß zu bestreiten. Besieht Grund zu der Annahme, daß das Nachlaßverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt ist, so kann der Pflichtteilsberechtigte von den Erben den Offenbarungs­ eid (siehe das) verlangen. Anrechnung früherer Zuwendungen auf den Pflichtteil. Von Wichtigkeit ist es bei der Berechnung des Pflichtteils, ob sich der Pflichtteilsberechtigte Zuwendungen, die er bei Lebzeiten des Erblassers von diesem schon erhalten hat (sog. Vorausempfänge), anrechnen lassen muß. Dies hängt von der Bestimmung des Erblassers ab. a) Hat der Erblasser bei der fraglichen Zuwendung angeordnet, daß sich der Empfänger das Erhaltene demnächst auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen soll, so muß sich der Pflichtteilsberechtigte den betreffenden Betrag von seinem Pflichtteil kürzen lassen [2315]. Jene Be­ stimmung kann der Erblasser aber nur bei der

Zuwendung, nicht später, etwa in einem Testa­ ment, treffen. Dann wird bei der Berechnung desPflichtteils der vorempfangene, auf den Pflichtteil anzurechnende Betrag dem Werte des Nachlasseshinzugerechnet. (Beispiel: 3E. vermacht sein Ver­ mögen von 10 000 Mk. seinem Neffen A., während er seinen Sohn B. im Testament nicht berück­ sichtigt. B. hub aber bei Lebzeiten des Vaters von diesem eine Summe von 3000 Mk. mit der ausdrücklichen Bestimmung ausgehändigt erhalten^ daß er sich diesen Betrag auf seinen demnächstigen Pflichtteil anrechnen solle. Es ist jetzt zu. rechnen: Der Nachlaß beträgt 10000 Mk.; dazu die von B. mit der Bestimmung der demnächstigen. Anrechnung vorempfangenen 3000 Mk., macht zu­ sammen 13 000 Mk. Dies ist der gesetzliche Erb­ teil des Sohnes; die Hälfte davon — 6500 Mk. ist sein Pflichtteil. Da B. sich hierauf die emp­ fangenen 3000 Mk. anrechnen lassen muß, so hat er von A. noch 3500 Mk. zur Ergänzung seines Pflichtteils zu fordern. (Über den Fall, wenn dev Erblasser mehrere Abkömmlinge nachgegelassen hat, vergleiche aber unten unter c.) — b) Hat der Erblasser bei einer etwaigen früheren Zuwendung an den Pflichtteilsberechtigten keine Bestimmung über eine demnächstige Anrechnung auf den Pflichtteil getroffen, so findet eine Ab­ setzung vom Pflichtteil allerdings nicht statt; dennoch kann aber das früher Empfangene für die Größe des Pflichtteils immerhin von Be­ deutung sein. Es kommt darauf an, ob das Emp­ fangene bei der Berechnung des gesetzlichen. Erbteils des Pflichtteilsberechtigten zu berück­ sichtigen ist; müßte er sich dort eine Anrechnung, des Empfangenen gefallen lassen, so wird auch sein Pflichtteil dadurch vermindert, da der Pflichtteil eben die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt. [2316]. Darüber, welche Vorempfänge sich je­ mand bei der gesetzlichen Erbfolge anrechnen zu. lassen hat, ist der Artikel „Ausgleichung unter Milerben" zu vergleichen. Beispiel: der Erblasser hinterläßt zwei Söhne, A. und B., hat diese aber in seinem Testamente nicht bedacht, sondern seine Schwester 3E. zur alleinigen Erbin seines Nachlasses, von 20 000 Mk. eingesetzt. Der Sohn A. hat aber zu Lebzeiten des Vaters von ihm eine Ausstattung, im Werte von 8000 Mk. erhalten, der Sohn B>. eine desgleichen von 2000 Mk. Um festzustellen, ob und was A. und B. von der Tante als Pflichtteil fordern können, ist zunächst zu ermitteln, was die Brüder, wenn der Vater ohne Testament gestorben wäre, jeder als seinen gesetzlichen Erbteil erhalteu haben würden. Der Nachlaß beträgt 20000 Mk.; die beiden Söhne müssen sich die Beträge der er­ haltenen Ausstattungen bei der Nachlaßteilung anrechnen lassen (siehe „Ausgleichung unter Mit­ erben la"). Es kommen also zur Teilung der Nachlaß mit 20 000 Mk., die anzurechnenden Ausstattungen mit 8000 Mk. und 2000 Mk.; macht zusammen 30000 Mk., mithin für jeden Erben. 15 000 Mk. A. hätte sich auf diesen Betrag an­ rechnen zu lassen 8000 Mk., erhielte also als gesetz­ lichen Erbteil 7000 Mk.; B. hätte sich anrechnen, zu lassen 2000 Mk., erhielte daher als gesetzlicheu Erbteil 13 000 Mk. Der Pflichtteil (die Hälfte desgesetzlichen Erbteils) beträgt darnach für A. 3500 Mk., für B. 6500 Mk., welche Summen bte Tante ihnen auszuzahlen hat. Hätte der Vater ihnen im Testament eine Summe ausgesetzt, bieaber jene Pflichtteilssumme nicht erreicht, so wür­ den A. und B. das daran Fehlende von der Tante

zu fordern haben. — Hatten A. und B. dagegen vom Vater bei Lebzeiten eine Zuwendung erhalten, ohne daß er bestimmt hat, daß der Empfänger sich den Betrag bei der Erbteilung anrechnen müsse, und gehört die Zuwendung nicht zu denen, die auch ohne dessallsige Bestimmung angerechnet werden müssen (es hat z. B. der Vater seinen Bindern anläßlich eines Lotteriegewinnes oder einer Erb­ schaft größere Geldbeträge geschenkt), so werden diese Zuwendungen bei der Berechnung des gesetz­ lichen Erbteils nicht berücksichtigt; sie haben daher auch aus die Höhe des Pflichtteils keinen Einfluß. — c) Hat der Erblasser mehrere Abkömmling.e hinterlassen und bei einer Zuwendung unter Lebenden an ein cttnfc angeordnet, daß das Emp­ fangene diesem Kinde auf den Pflichtteil ange­ rechnet werden solle, und ist diese Zuwendung eine solche, die nach den gesetzlichen Bestimmungen über Ausgleichung unter Milerben (siehe das) bei der gesetzlichen Erbfolge dem Empfänger auch ange­ rechnet werden muß, so wird das Empfangene zu­ nächst in der vorstehend unter b) besprochenen Weise bei der Berechnung des gesetzlichen Erbteils berücksichtigt. Ist dann die Größe des Pflichtteils festgestellt, so wird das Vorempfangene nicht noch­ mals voll in Absatz gebracht, sondern es wird nur die Hälfte am Betrage des Pflichtteils gekürzt [2316]. Beispiel: Der Vater hat in dem vor­ stehend zuletzt gedachten Falle, als er den Söhnen A. und B. die Ausstattungen von 8000 Mk. und 2000 Mk. verabfolgte, bestimmt, daß sie sich diese demnächst auf ihren Pflichtteil an­ rechnen lassen sollen (daß sie sich die Aus­ stattungen auf ihren demnächstigen gesetzlichen Erbteil anrechnen lassen sollten, brauchte er nicht zu bestimmen, da dieses von selbst geschehen muß, wenn er nichts anderes bestimmt hat). Die Söhne müssen sich daher die Ausstattungen zur Hälfte (mithin A. 4000 Mk., B. 1000 Mk.) am Pflicht­ teil noch kürzen lassen; es erhält demnach A. gar nichts mehr (er braucht aber auch nichts heraus­ zuzahlen [2056]); B. kann nur 5500 Mk. als Pflichtteil fordern. Die Bestimmung hat ihren Grund darin, daß die Ausstattungen schon bei der Berechnung des gesetzlichen Erbteils zur Hälfte den Empfängern angerechnet sind. — d) Die Be­ stimmung der Eltern rc. bei einer Zuwendung, die sie bei Lebzeiten machen, daß der Empfänger sich das Erhaltene auf den Pflichtteil solle an­ rechnen müssen, braucht nicht wörtlich getroffen zu sein; die Bestimmung kann sich auch unter Um­ ständen aus anderen Äußerungen ergeben. Hat insbesondere der Zuwendende bestimmt, daß das Empfangene auf den künftigen Erbteil ange­ rechnet werden solle oder daß es bei der Nachlaßteilung angerechnet werden solle, so kann daraus nach Lage der Sache auf die Absicht des Erb­ lassers geschlossen werden, daß es auch aus den Pflichtteil angerechnet werden solle; es kommt im Streitfall darauf an, wie das Gericht die Be­ stimmung auslegt. Beispiel: Ein Vater will seinem Sohne, der leichtsinnig wirtschaftet und schon viel verbraucht hat, von seinem demnächstigen Nachlasse nicht mehr als den Pflichtteil zuwenden; er will dies im Testament bestimmen oder hat es in seinem schon gemachten Testament bestimmt. Inzwischen veranlassen ihn zwingende Umstände, dem Sohne noch einmal mit einer Geldsumme zu Hülfe zu kommen. Hier wird er vorsichtigerweise bei der Hingabe des Geldes ausdrücklich bestimmen, daß dem Sohne das jetzt Erhaltene auf seinen dem­

nächstigen Pflichtteil angerechnet werden solleSollte er aber auch den Ausdruck gebrauchen, daß. der Empfänger es sich auf seinen demnächstigen Erbteil anrechnen lassen müsse, so wird kein Zweifel daran sein können, daß der Pflichtteil um. den fraglichen Betrag gemindert sein sollte. Liegt dagegen eine Bestimmung des Erblassers, daß dasEmpfangene auf den Pflichtteil angerechnet werden solle, nicht vor, so braucht der Pflichtteilsberechtigte sich die frühere Zuwendung auf den Pflicht­ teil nicht anrechnen zu lassen, selbst wenn die Zu­ wendung zu denjenigen gehört, die der Empfänger bei der Berechnung des gesetzlichen Erbteils sich an­ rechnen lassen muß, oder wenn die Anrechnung durchaus der Billigkeit entsprechen würde. Zu be­ achten bleibt aber, wie oben schon bemerkt, daß die Bestimmung des Erblassers, wonach das eine oder andere Kind sich etwas früher Empfangenes auf den Pflichtteil anrechnen lassen soll, eben bei der Zuwendung selbst getroffen sein muß. Der Erblasser kann nicht nachträglich, auch nicht in seinem Testamente, solche Bestimmung nachholen und dadurch dem Pflichtteilsberechtigten seinen Anspruch auf den Pflichtteil vom Nachlaß ver­ kürzen, es sei denn, daß ein besonderer Grund vor­ liegt, der ihn berechtigen würde, den Pflichtteil ganz zu entziehen (siehe darüber unten 5). Zu dem vorstehend Mitgeteilten sei übrigens bemerkt, daß wegen des weiteren Inhalts der oben angezogenen §§ 2315, 2316 auf das Gesetz selbst und wegen der Auslegung dieser Gesetzesvorschrif­ ten, die zu manchen Zweifeln Anlaß bieten, auf die Kommentare zum Gesetz verwiesen werden muß. 3. Auszahlung des Pflichtteils [2317 ff.]. Den Pflichtteil haben der oder die Erben dem Berechtigten auszuzahlen, wie jede andere Nachlaßschuld. Ist ein Pflichtteilsberechtigter selbst Miterbe, so braucht er, nachdem derNachlaß geteilt ist, an einen etwaigen anderen Pflichtteilsberechtigten nichts herauszuzahlen, wenn, er nicht mehr erhalten hat, als sein eigener Pflicht­ teil beträgt; für den Ausfall haften die übrigen Miterben. Sind von den Erben auch Vermächt­ nisse oder Auflagen an andere Personen auszu­ zählen, so müssen sich diese eine entsprechende Kür­ zung gefallen lassen, wenn die Erben einen Pflicht­ teil auszuzahlen haben und der Erblasser für diesen Fall nichts anderes bestimmt hat. Ist der mit einem Vermächtnisse Bedachte selbst pflichtteils­ berechtigt, so darf selbstverständlich sein Pflichtteil nicht verkürzt werden. Zst der mit einem Vermächt­ nisse oder einer Auflage beschwerte Erbe selbst pflichtteilsberechtigt, so kann er wegen der Pflichtteilslast das Vermächtnis (die Auflage) soweit kürzen, daß ihm sein eigener Pflichtteil verbleibtFür einige besondere Fälle hat das Gesetz noch Vorschriften in den §§ 2320 bis 2324. — Der Pflichtteilsanspruch (die Pflichtteilsforderung) be­ steht von dem Augenblicke des Todes des Erblassers, an; wird sie erst später geltend gemacht, so kann der Berechtigte Zinsen nur von dem Zeitpunkt ab fordern, in dem die zur Zahlung verpflichteten Erben im Verzüge sind (siehe „Verzug des. Schuldners"). Der Pflichtteilsanspruch geht aus die Erben des Berechtigten über; er kann von dem. Berechtigten veräußert (abgetreten, zediert, ver­ pfändet) und von den Gläubigern des Berechtigten, gepfändet werden, letzteres aber nur, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist. Der Pflichtteilsanspruch verjährt in 3 Jahreu von dem Zeitpunkte an, wo der Berechtigte vom

Tode des Erblassers und von dessen Verfügung, durch die er in seinen Erbrechten verkürzt worden ist, Kenntnis erhalten hat; auf alle Fälle aber in 30 Jahren vom Tode des Erblassers an, wenn der Berechtigte auch bis dahin eine solche Kenntnis -nicht erlangt hat. 4. Anfechtungvon Schenkungen,durch 'die der Pflichtteil verkürzt wird [2325 Dis 2330]. Die Vorschriften des Gesetzes über das Pflichtteilsrecht wären ziemlich verfehlt, wenn der Erblasser sie dadurch vereiteln könnte, daß er bei Lebzeiten sein Vermögen verschenkt, so daß er wenig oder gar nichts hinterläßt. Gegen solche Machenschaften werden die Pflichtteilsberechtigten Durch das Gesetz dadurch geschützt, daß ihnen ein sog. „Anspruch auf Ergänzung des Pflicht­ teils" gewährt wird, so daß sie außer dem Pflichtteil, den sie aus dem beim Tode des Erb­ lassers vorhandenen Vermögen (seinem wirklichen ^Nachlasse) nach den vorstehend mitgeteilten Bestim­ mungen zu beanspruchen haben, als einen außer­ ordentlichen Pflichtteil noch den Betrag bekommen, den sie als Pflichtteil mehr zu fordern gehabt hätten, wenn der Erblasser jene Schenkungen nicht gemacht hätte, die verschenkten Beträge also bei feinem Tode noch in seinem Nachlasse gewesen wären. Es handelt sich aber nur um eigentliche ^Schenkungen im Sinne des Gesetzes (siehe dar­ über „Schenkung"); Ausstattungen, die Eltern -einzelnen Kindern mitgegeben haben, sind nur dann als Schenkungen anzusehen, wenn sie ein gewisses Maß überschreiten (vergleiche „Aussteuer ic. 2"). Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entfprochen wurde, kommen gleichfalls nicht in Be­ fracht. Endlich bleiben alle Schenkungen unberück­ sichtigt, die 10 Jahre oder noch längere Zeit vor dem Tode des Erblassers erfolgt sind. Eine be­ sondere Bestimmung gilt für Schenkungen des Erblassers an seinen Ehegatten. Der Pflichtteilsberechtigte kann sein Recht auf Ergänzung feines Pflichtteils wegen einer solchen Schenkung stets geltend machen, wenn die Ehe mit dem be­ schenkten Ehegatten beim Tode des Schenkers noch Destand oder wenn doch seit der etwaigen Auf­ lösung dieser Ehe (durch Tod oder Scheidung) noch nicht 10 Jahre verflossen sind. Beispiel: Es schenkt jemand zum Nachteil seiner pflichtteilsderechtigten Kinder erster Ehe einen beträchtlichen Teil seines Vermögens seiner zweiten Frau. Be­ steht die Ehe beim Tode des Mannes noch, so können die Kinder ihr Recht auf Ergänzung ihres Pflichtteils geltend machen, mag auch die Schen­ kung an die Stiefmutter 20, 30 Jahre oder länger vor dem Tode des Vaters erfolgt sein. Wäre da­ gegen die Stiefmutter bereits vor dem Vater ge­ storben oder die Ehe geschieden und wären seit­ dem bis zum Tode des Vaters 10 Jahre oder mehr verflossen, so kommt der Betrag der Schen­ kung den Kindern nicht mehr zugute; wohl aber, wenn seit dem Tode der Stiefmutter oder der Ehescheidung bis zum Tode des Vaters noch nicht 10 Jahre verflossen sind. Hat der PflichtteilsDerechtigte aus dem eigentlichen Nachlasse seinen Pflichtteil unbeschränkt und unbeschwert erhallen, so steht dies seinem Rechte auf Forderung des vordesprochenen Ergänzungspslichtteils nicht entgegen; nur muß er sich das, was er mehr aus dem Nachlaß erhalten hat, als sein Pflichtteil be­ trägt, aus den außerordentlichen Pflichtteil an­ rechnen.

Es fragt sich nun, an wen hat der Pflichtteilsberechtigte sich zu halten, wenn er wegen der von dem Erblasser vorgenommenen Schenkungen sein Recht auf den Ergänzungspflichtteil gellend machen will. Das Gesetz bestimmt, daß der ein­ gesetzte Erbe (die eingesetzten Erben) das zur Ergänzung des Pflichtteils Nötige zu zahlen hat; der Erbe muß, soweit er nicht selbst pflichtteils­ berechtigt ist, das ihm Zugekommene herausgeben, soweit es reicht, um den Pflichtteilsberechtigten zu befriedigen. Ausnahmsweise nur haftet auch der Beschenkte selbst dem Berechtigten, nämlich wenn der Nachlaß zu dessen Befriedigung nicht hin­ reicht oder wenn der Berechtigte selbst der alleinige Erbe ist; er haftet aber nur in beschränkter Weise (nach den Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung; siehe das); der Anspruch gegen ihn verjährt in 3 Jahren vom Tode des Erblassers an. Eine besondere Bestimmung trifft das Gesetz für den Fall, daß der Pflichtteilsberechtigte selbst ein Geschenk vom Erblasser erhalten hat. Hat der Erblasser bei der Schenkung bestimmt, daß sie auf den Pflichtteil angerechnet werden solle, so muß der Pflichtteilsberechtigte sie sich auf den Pflicht­ teil und auf den Ergänzungspflichtteil anrechnen. Hat aber der Erblasser jene Bestimmung nicht ge­ troffen, so ist die Schenkung nicht auf den eigent­ lichen Pflichtteil (vom wirklichen Nachlaß), sondern bloß auf den Ergänzungspflichtteil anzurechnen. 5. Entziehung des Pflichtteils (Ent­ erbung) [2333—2337]. Der Pflichtteil kann dem Berechtigten unter gewissen Voraussetzungen zur Strafe vom Erblasser entzogen, der Pflichtteilsberechtigte kann enterbt werden. Die Entziehung (Enterbung) muß in einer der für letzt­ willige Verfügungen (Testamente) vorgeschriebenen Formen (siehe „Testament 2") geschehen; der gesetzliche Grund für die Entziehung (Enterbung) muß dabei angegeben sein. Die Entziehung braucht nicht gerade in einem Testament ausge­ sprochen zu sein; sie kann auch in Verbindung mit einem Erbvertrage vom Erblasser verfügt werden; sie ist aber stets widerruflich, selbst wenn sie in einem Erbvertrage ausgesprochen ist. Die Ent­ ziehung (Enterbung) ist nur zulässig, wenn ein sie rechtfertigender Grund zu der Zeit, wo sie ausge­ sprochen ist, schon bestand; es kann also der Erblasser nicht für den Fall, daß der angegebene (oder ein anderer) Entziehungsgründ später einmal eintreten würde, im voraus den Berechtigten ent­ erben. Ist der vom Erblasser angegebene Grund nicht zu beweisen (der Beweis liegt dem ob, der die Enterbung geltend macht), so ist die Entziehung des Pflichtteils hinfällig; ob andere Gründe vorhanden sind, die eine Entziehung des Pflicht­ teils gerechtfertigt haben würden, ist gleichgültig; sie können, weil vom Erblasser nicht angegeben, die ausgesprochene Enterbung nicht rechtswirksam machen; der Berechtigte kann seinen Pflichtteil fordern. Die gesetzlichen Enterbungsgründe sind folgende: a) Einem Abkömmlinge des Erb­ lassers seinem Kinde, einem Enkel ic.) kann der Pflichtteil entzogen werden: 1. wenn das Kind n. dem Erblasser oder dessen Ehegatten oder einem anderen Abkömmlinge des Erblassers nach dem Leben trachtet; 2. wenn das Kind sich einer vorsätzlichen körperlichen Mißhandlung des Erblassers oder seines (des Erblassers) Ehegatten, voraus-

gesetzt, daß das Rtnb auch von dem letzteren ab­ stammt, schuldig macht. War die angewendete Gewalt durch Notwehr geboten, so liegt kein Ent­ erbungsgrund vor; 3. wenn das 5tfnb sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Ver­ gehens gegen den Erblasser oder seinen Ehe­ gatten (auch wenn letzterer Stiefvater, Stief­ mutter rc. des Kindes ist) schuldig macht; welche Handlungen „Verbrechen" oder „Vergehen" sind (im Gegensatz zu den leichteren „Übertretungen") ergibt das Strafgesetzbuch; 4. wenn das Kind die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhalts­ pflicht (siehe das) böswillig verletzt, also z. B. dem Vater (der Mutter rc.) den Unterhalt, Pflege in Krankheitsfällen rc. nicht gewährt, ob­ wohl es dazu gesetzlich verpflichtet und imstande ist; 5. wenn das Kind einen ehrlosen oder un­ sittlichen Lebenswandel wider den Willen des Erblassers führt. Hat sich das Kind jedoch zur Zeit des Todes des Erblassers oder schon früher von dem ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel dauernd abgewendet, so ist der Enterbungs­ grund damit hinfällig geworden. b) Der Erblasser kann seinem Vater (seiner Mutier) den Pflichtteil ent­ ziehen, wenn dieser (diese) sich einer der vor­ stehend unter 1, 3 und 4 bezeichneten Verfehlungen schuldig macht. c) Der Erblasser kann endlich seinem Ehegatten den Pflichtteil entziehen, wenn dieser sich einer Verfehlung schuldig macht, die den Erblasser berechtigen würde, auf Eheschei­ dung zu klagen. Es kommen hier aber nur fol­ gende Ehesch eidun gs gründe in Betracht: Ehebruch, Bigamie oder widernatürliche Unzucht, Lebens­ nachstellung, böswillige Verlassung, schwere Pflicht­ verletzung oder ehrloses oder unsittliches Ver­ halten, wenn dadurch von ihm eine tiefe Zer­ rüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet ist (wegen des Näheren darüber vergleiche „Eheschei­ dung"). Das Recht des Erblassers, dem Ehegatten aus einem der vorstehenden Gründe den ihm sonst gesetzlich zustehenden Pflichtteil zu entziehen, erlischt nicht dadurch, daß etwa die Frist für die Geltend­ machung des Ehescheidungsgrundes schon abge­ laufen ist. Für alle vorbezeichneten Enterbungsgründe gilt aber die Vorschrift, daß der Erblasser das Recht zur Entziehung des Pflichtteils (zur Enterbung des Schuldigen) verliert, wenn er ihm die Verfehlung verziehen hat. Wann eine solche Verzeihung anzunehmen ist, kann nur unter Berücksichtigung der ganzen Sachlage beurteilt werden. Eine aus­ drückliche Verzeihung oder Aussöhnung ist durch­ aus nicht immer notwendig: es ist genügend, wenn zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberech­ tigten die ihrem verwandtschaftlichen oder ehelichen Verhältnisse entsprechenden innigen und vertrauten Beziehungen wieder hergestellt sind. Hat der Erb­ lasser die Entziehung des Pflichtteils (die Ent­ erbung) schon ausgesprochen, so wird diese Verf­ ügung durch eine nachfolgende Verzeihung von elbst unwirksam. Daß die Verzeihung stattgeünden hat, mutz selbstverständlich der Pflichtteils­ berechtigte, der sich darauf beruft, beweisen. Außer den vorstehend bezeichneten Gründen, die dem Erblasser das Recht geben, einem seiner Pflichterben den Pflichtteil zur Strafe zu ent­ ziehen, gibt es noch eine Reihe von Verfehlungen

eines Erben (sei es ein gesetzlicher Erbe oder ein Testaments- oder Vertragserbe), die nach dem Gesetze zur Folge haben, daß der Erbe seinem Erbrechts verlustig geht, ohne daß eine Entziehung des Erbrechts durch den Erblasser erfolgt ist, was besonders in den Fällen von Wich­ tigkeit ist, wo der Erblasser gar nicht mehr in der Lage gewesen ist, eine desfallsige Verfügung zm treffen. Dies sind die Fälle der sog. Erbun­ würdigkeit, worüber der besondere Artikel zw vergleichen ist. Enterbung (Beschränkung des Pflichtteilsberechtigten) in wohlmeinender Absicht [2338]. Etwas anderes, als die vorstehend be­ sprochene Enterbung eines Pflichterben wegen schuld­ vollen Verhaltens, ist die sog. Enterbung in wohl­ meinender Absicht. Es ist dies aber keine wirkliche Enterbung, sondern nur eine Beschränkung dev Rechte des Pflichterben zu seinem oder seiner An­ gehörigen eigenem Besten. Gar oft nämlich sind. Eltern oder Großeltern in der Lage, befürchten, zu müssen, daß das, was dem Sohne, der Tochter 2C. aus ihrem Nachlasse zufällt, sofort von dessen (deren) Gläubigern hingenommen oder von dem. Kinde selbst durch Verschwendung oder schlechte Wirtschaft vergeudet wird, so daß ihnen selbst oder? ihrer Familie nichts davon verbleibt. In solchem Fall gestattet das Gesetz, daß der Erblasser den dem betreffenden Nachkömmling gesetzlich zukom­ menden Pflichtteil (über das, was er ihm über diesen Pflichtteil hinaus zuwenden will, kann er sowieso frei bestimmen) ihm nicht zur freien Verfügung, sondern nur zur lebensläng­ lichen Nutzung hinterläßt, so daß weder die Gläubiger das Hinterlassene in Anspruch nehmen können, noch auch das Kind selber den Erbteil ver­ bringen kann. Gesetzliche Voraussetzung für diese Befugnis des Erblassers ist, daß das Kind rc. ent­ weder in solchem Maße der Verschwendung ergeben oder in solchem Maße überschuldet? ist, daß sein späterer Erwerb erheblich gefährdet wird. Andere als diese gesetzlich bestimmten Gründe berechtigen die Eltern nicht zu der ge­ dachten Beschränkung des Pflichterben. Die Siche­ rung geschieht in der Weise, daß der für den pflichtteilsberechtigten Erben bestimmte (Erbteil diesem zwar im Testament hinterlassen, zugleich, aber bestimmt wird, daß der Erbteil nach seinem Tode seinen gesetzlichen Erben als Nacherben oder Nachvermächtnisnehmern nach dem Verhält­ nisse ihrer gesetzlichen Erbteile zufallen soll. Die Erben des Kindes sind dann durch die für die Nacherbschaft geltenden Vorschriften (siehe Nacherben) einigermaßen davor geschützt, daß dasVermögen von dem zunächst eingesetzten Erben ver­ geudet wird. Den ebengedachten Zweck dadurch zu erreichen» daß dem Kinde nur der Nießbrauch an seinem Erbteil vermacht, während der Erbteil selbst seinem Kindern zugewiesen wird, ist nach dem Gesetz nicht? angängig; das Kind könnte in solchem Falle dem Pflichtteil aus dem Vermögen des Verstorbenen fordern, und der Zweck der Anordnung wäre ziem­ lich verfehlt. Der Erblasser kann aber zu noch größerer Sicherheit der Angehörigen des Kindes neben der vorgedachten Bestimmung noch die Anordnung treffen, daß für die Lebenszeit des Kindes entweder die Verwaltung des ihm Hinterlassenen überhaupt einem Testaments­ vollstrecker übertragen wird oder daß wenig­ stens einem Testamentsvollstrecker die Wahrung

'der Rechte der Nacherben übertragen wird [2222]. Das Kind hat dann nur Anspruch auf den jähr­ lichen Reinertrag des Vermögens und kann die Nechte der Nacherben durch Verfügungen über das Ihm nachgelassene Vermögen nicht beeinträchtigen. Liegt zur Einsetzung einer Nacherbschast kein Be­ dürfnis vor (z. B. das einzusetzende Äinb hat keine Nachkömmlinge und dem Erblasser ist nur darum ZU tun, zum Besten des lindes selbst eine Ver­ geudung seines Erbteils zu verhindern), so kann 'der Erblasser sich auch darauf beschränken, einem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des dem -ftmbe Hinterlassenen zu übertragen [2209]. Die fraglichen Anordnungen des Erblassers müssen, um -rechtsgültig zu sein, in einer der für die Errich­ tung eines Testaments vorgeschriebenen Formen (siehe „Testament 2") erfolgen; der Grund für die Anordnung muh zur Zeit der Anordnung schon bestehen und in der Anordnung angegeben sein. Die Anordnung verliert ihre Gültigkeit, wenn sich das Kind zur Zeit des Todes des Erblassers (oder schon früher) von dem verschwenderischen Leben dauernd abgewendet hat oder wenn zu dieser Zeit die den Grund der Anordnung bildende Über­ schuldung nicht mehr besteht. — Anderen Pflichtreilsberechtigten, also dem Vater, der Mutter, dem Ehegatten gegenüber, kann der Erblasser die vor­ gedachten Anordnungen (Enterbung aus wohl­ meinender Absicht) nicht treffen. 5. Verzicht aus den Pflichtteil. Auf einen (künftigen) Pflichtteil kann im voraus (vor dem Tode des Erblassers) verzichtet werden; siehe darüber das Nähere unter „Erbverzicht". Etwas anderes ist es, wenn ein (mit dem Tode des Erblassers) bereits angefallener Pflicht­ keilsanspruch nicht geltend gemacht werden soll. Pflichtteilsanspruch s. Pflichtteil; Pfändung eines, s. Pfändung i. d. Zwangsv. Pflichtteilsberechtigte s. Pflichtteil; im Nachlaßkonkurs s. Nachlaßkonkurs. Pflichtverletzung eines Beamten s. Beamte; eines Vormundes, Schadensersatz wegen, s. Vor­ mund 7; als Scheidungsgrund s. Ehescheidung 1 d. Pflugrecht s. Grundeigentum 2 am Schluß. Photographien, Schutz der, s. Urheberrecht II. Plakate s. Schwindelhafte Reklame 1. Planke s. Einfriedigungen. Plastische Erzeugnisse s. Muster und Modelle k. 2 u. Urheberrecht II. Politische Vereine s. Vereine. Polize, Verpfändung einer, s. Pfandrecht an Nechten u. 3 a. Schl. Polizei, Ablieferung gefundener Sachen an die, s. Gefundene Sachen. Polizeiverordnung, Schadensersatzpflicht bei Übertretung einer, s. Öffentlicher Verkehr rc. Porto für Geldsendungen s. Leistungen 5; für Übersendung einer Quittung s. Quittung rc. Porträts, Schutz gegen Nachbildung, s. Ur­ heberrecht II. Porzellanerde, Gewinnung von, s. Mineralien. Post, Übersendung von Geld durch die, s. Lei­ stungen 5; Verlust oder Beschädigung von Post­ sendungen s. Frachtführer rc. 3. Posthalterei, Nichtpfändbarkeit des Inventars, s. Pfändung in der Zwangsvollstreckung 1. Prümieninhaberpapiere s. Schuldverschreibun­ gen auf den Inhaber II; Verkauf aus Abzahlung Verboten s. Abzahlung, Verkäufe auf, 3. Preisausschreiben, öffentliches, s. Auslobung.

Preisbemessung von Waren, falsche Angaben über, s. Schwindelhafte Reklame 1. Preisbewerbung s. Auslobung. Preiskurante, falsche Angaben über, s. Schwin­ delhafte Reklame 1; Schutz derselben s. Waren­ bezeichnungen rc.; Verrat rc. von, s. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse; Mitteilung von, s. Vertrag, Dertragsantrag rc. 2. Preislisten s. Preiskurante. Prioritätsaktie. Prioritätsobligationen s. Aktiengesellschaft 1. Prisenrecht s. Aneignung herrenloser Sachen. Privatbeamte s. Dienstvertrag. Privatpsändung s. Pfändung (Privatpfän­ dung). Privatgewässer, Fische in, s. Aneignung herren­ loser Sachen 2. Privattestament s. Testament 2B. Probe, Kauf auf, s. Kauf nach Probe und Kauf auf Probe; Kauf zur Probe s. Kauf nach Probe rc. 3; Kauf nach Probe s. Kauf nach Probe rc.; Verkauf nach Probe durch einen Handelsmäkler s. Mäkler 2. Proceß rc. s. Prozeß. Prokura und Handlungsvollmacht [H 48 bis 58]. Handlungsbevollmächtigte über­ haupt. Wer nicht mit dem Prinzipal selbst, son­ dern mit einem von ihm angestellten oder ermächtigten Vertreter Geschäfte schließen, an ihn Zahlung leisten soll oder will, muß wissen, inwieweit er dies ohne Gefahr tun kann, mit anderen Worten: inwieweit der Vertreter befugt ist, Geschäfte für den Prinzipal oder den Vollmachtgeber zuschließen, Bestellungen für ihn zu machen oder anzunehmen, Gelder für ihn einzukassieren rc., so daß der andere sich dem Geschäftsinhaber gegenüber auf das mit dem Vertreter Vereinbarte oder an ihn Geleistete berufen kann. Die Befugnisse, die der Angestellte rc. hat, für den Prinzipal geschäftlich zu handeln, können ja ihrem Umfange nach sehr verschieden sein, je nach der Vollmacht, die der Prinzipal seinem Vertreter zu erteilen für gut befunden hat. Es müßte sich daher jeder, der sich mit einem Vertreter einlassen wollte, vorher die Vollmacht vorlegen lassen; und wenn die Vollmacht über den Umfang der Befugnisse im einzelnen nichts ersehen ließe, wäre er auf eine Anfrage bei dem Prinzipal an­ gewiesen. Das läßt sich im kaufmännischen Ver­ kehr nicht durchführen (anders im bürgerlichen Ver­ kehr; siehe den Artikel „Vollmacht"). Das Ge­ setz hat daher Bestimmung darüber getroffen, wie­ weit die Befugnisse bestimmter Arten von kauf­ männischen Vertretern regelmäßig gehen. Es ist dabei zu bemerken, daß es für diese Frage ganz einerlei ist, ob der Vertreter, sei es z. B. ein Prokurist oder ein sonstiger Bevollmächtigter, eine im Dienste des Prinzipals stehende Person (ein Angestellter) ist, z. B. ein Buchhalter, ein Reisen­ der, ein Ladengehülfe rc., oder ob er nicht in dienst­ lichem Verhältnis zu ihm steht (der Prinzipal kann auch seiner Frau, seinem Sohne, einem Geschäfts­ freunde rc. Prokura oder Handlungsvollmacht er­ teilen). Es ist daher der Unterschied zwischen einem Handlungsgehülfen und einem Handlungs­ bevollmächtigten im Sinne des Gesetzes wohl zu beachten: Der Handlungsgehülfe (auch der Handlungslehrling; siehe den Artikel „Handlungs­ gehülfen") steht im Dienste des Prinzipals und hat ihm kaufmännische Dienste zu leisten; ob aber diese Dienste bloß tatsächlicher Natur sind (z. B. Bücher­ führung, Korrespondenz ohne eigene Unterschrift,

Magazinierung rc.) ober ob er auch zur Ver-tretung des Prinzipals bei Abschluß von Rechtsgeschäften, Annahme von Zahlungen, Bewilligung von Krediten u. dergl. befugt sein soll, richtet sich nach dem Dienstvertrage. Allerdings kann sich schon aus der Natur der Anstellung von selbst ergeben, daß der Angestellte den Prinzipal in Rechtsgeschäften vertreten soll, z. B. wenn er als Verkäufer, Reisender, Kassierer angenommen ist, da Verkäufe, Annahme von Zahlungen rc. für Sen Prinzipal Rechtsgeschäfte sind. Hat also der .Handlungsgehülfe den Prinzipal auch in Rechts­ ungelegenheiten zu vertreten, so ist er insoweit auch Handlungsbevollmächtigter. — Betrach­ ten wir jetzt die einzelnen Arten der Handlungs­ vollmachten. 1. Der Prokurist [H 48—53]. Dieser hat die ausgedehnteste Handlungsvollmacht. Die Pro­ kura ist unbeschränkt und gesetzlich unbeschränkbar. «Sie ermächtigt den Prokuristen zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt; nur Hinsichtlich der Veräußerung und Belastung von Grundstücken bedarf der Prokurist einer be­ sonderen Ermächtigung. Es stehen dem Pro­ kuristen daher insbesondere zu: die Prozeßführung in Angelegenheiten des Geschäfts (Abfchließung von Vergleichen, Abgabe von Verzichts­ erklärungen, Annahme von Rechtsbeiständen); die -Stellung von Strafanträgen in Angelegen­ heiten des Geschäfts, die Erhebung des Ein­ spruchs in Übertretungssachen, die das Geschäft -angehen; Erwerb von Grundstücken (nicht die Veräußerung von solchen), Entlassung von Grund-fiüden aus einer Hypothek rc. (nicht die Belastung von Grundstücken mit Hypotheken rc.), Vermietung vder Verpachtung von Grundstücken; Aufnahme von Darlehen, Eingehung von Wechselverdindlichkeiten und von Versicherungs­ verträgen; Schenkungen, wenn'sie der Ge­ schäftsbetrieb mit sich bringt; Anstellung und Ent­ lassung von Handlungsgehülfen und sonstigen Hülfskrästen rc. — Dem Prokuristen stehen da­ gegen gesetzlich nicht zu die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, der Verkauf des Ge­ schäfts, Löschung oder Veränderung der Firma, die Vnnahme von Prokuristen, die Unterzeichnung der Bilanz oder die Vornahme sonstiger höchst per­ sönlicher Angelegenheiten des Geschäftsinhabers. Will und soll der Prokurist auch solche Geschäfte vornehmen, so bedarf er dazu einer besonderen Vollmacht des Prinzipals. Zustellungen in Prozeßsachen über Angelegenheiten, die das Ge­ schäft betreffen, können an den Prokuristen mit gleicher Wirkung, wie an den Prinzipal selber erolgen [C 173].* Eine Beschränkung des Umanges der Prokura ist dritten Personen gegenüber unwirksam, auch wenn diese die Beschränkung kennen sollten. Dies gilt insbesondere von der Be­ schränkung, daß die Prokura nur für gewisse Ge­ schäfte oder gewisse Arten von Geschäften oder nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse .Zeit oder an einzelnen Orten ausgeübt werden soll. Zulässig allein ist eine Beschränkung der Prokura auf den Betrieb einer (oder einiger) von mehreren Niederlassungen des Ge­ schäftsinhabers, wenn die Niederlassungen unter verschiedenenFirmen betrieben werden. Eine Verschiedenheit der Firmen im Sinne dieser Vor­ schrift wird auch dadurch begründet, daß für eine

Zweigniederlassung der Firma ein Zusatz beigefügt wird, der sie als Firma der Zweignieder­ lassung bezeichnet. Das Vorgesagte bezieht sich aber nur auf das Verhältnis des Prokuristen zum Publikum, nicht auf sein Verhältnis zum Prinzipal selbst; sind dem Prokuristen in der ihm erteilten Vollmacht Beschränkungen auferlegt (et! soll z. B. nur die Kassengeschäfte besorgen), so hat er sie dem Prinzipal gegenüber zu befolgen, widrigenfalls er diesem für den Schaden (nach den Grundsätzen des Auftragsvertrages oder des Dienstvertrages) verantwortlich ist. Dem Publi­ kum gegenüber sind solche Beschränkungen wirkungs­ los. Soweit übrigens die Abmachungen zwischen dem Prokuristen und dem Prinzipal nichts anderes ersehen lassen, wird anzunehmen sein, daß der Prokurist zu allen ihm nach außen hin zustehenden Geschäften auch vom Prinzipal ermächtigt sein solle. Erteilung der Prokura. Eintragung im Handelsregister. Zeichnung der Firma. Die Prokura kann nur von dem In­ haber des Handelsgeschäfts oder seinem gesetzlichen Vertreter (z. B. wenn der Inhaber minderjährig ist, vom Vater, der Mutter, dem Vormund rc.) und nur mittels ausdrücklicher Er­ klärung erteilt werden. Die Erteilung kann an mehrere Personen gemeinschaftlich erfolgen (Gesamtprokura, Kollektivprokura). Der Prokurist hat in der Weise für die Firma zu zeichnen, daß er der Firma seinen Namen mit einem die Prokura andeutenden Zusatze beifügt (also beispielsweise: „p. p. Hermann Müller Alfred Zeisig" oder „per procura Hermann Müller Alfred Zeisig" oder „Hermann Müller p. p. Alfred Zeisig" oder „Hermann Müller per procura Alfred Zeisig"). So will es das Gesetz [H 51]. Übrigens hängt von der Beobachtung dieser Form die Rechtsbeständigkeit der Zeichnung nicht ab. Der Prin­ zipal wird auch verpflichtet, wenn beispielsweise der Prokurist bloß die Firma (ohne Zusatz seines Namens) oder bloß seinen Namen (ohne Bezeich­ nung der Firma) zeichnet oder wenn er das p. p. fortläßt oder wenn er einen Firmenstempel zu seiner Unterschrift verwendet, vorausgesetzt allerdings in allen diesen Fällen, daß sich aus den Umständen mit Sicherheit ergibt, daß der Pro­ kurist für die Firma (den Prinzipal) hat handeln wollen. Es empfiehlt sich daher dringend, die ge­ setzliche Form zu beobachten. — Die Erteilung der Prokura (eintretendenfalls auch die besondere Er­ mächtigung des Prokuristen zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken; siehe oben) ist von dem Geschäftsinhaber zur Eintragung in das Handelsregisteranzumelden. Ist die Pro­ kura als Gesamtprokura erteilt oder auf eine von mehreren Handelsniederlassungen beschränkt, so muß auch dies zur Eintragung angemeldet werden. Der Prokurist muß die Firma nebst seiner Namensunterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gerichte zeichnen (vergleiche „Firma 2" am Schluß). Das Erlöschen der Prokura ist in gleicher Weise, wie die Erteilung, zur Eintragung vom Prinzipal anzumelden; eine Zeichnung des Prokuristen findet hierbei selbstverständlich nicht statt. Die Prokura ist ohne Rücksicht auf das der Erteilung zugrunde liegende Rechtsverhältnis (Dienstverhältnis, Auf­ tragsvertrag rc.) jederzeit widerruflich. Der Prokurist behält aber seinen Anspruch auf die ver­ tragsmäßige Vergütung (sein Salär und sonstige

Bezüge), wenn er in dienstlichem Verhältnis zum Prinzipal stand und vor Ablauf der vertrags­ mäßigen Dienstzeit oder ohne Jnnehallung der ge­ setzlichen Kündigungsfrist ohne triftigen Grund entlassen ist. Durch den Tod des Geschäfts­ inhabers erlischt die Prokura nicht; die Erben können aber selbstverständlich ihrerseits die Pro­ kura widerrufen. Was im übrigen die dienst­ liche Stellung des Prokuristen, falls er im Han­ delsgewerbe des Geschäftsinhabers angestellt, also Handlungsgehülfe ist, insbesondere seine An­ sprüche auf Salär rc., angeht, so ist darüber der Artikel „Handlungsgehülfen 1" zu vergleichen. 2. Andere Handlungsbevollmäch­ tigte [H 54—58]. Ist jemand vom Prinzipal, ohne daß ihm Prokura erteilt ist, zum Betriebe eines ganzen Handels gewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten, zu einem Handels­ gewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner Handelsgeschäfte ermächtigt (er ist in solchem Falle „Handlungs­ bevollmächtigter"), so darf er alle Geschäfte und Rechtshandlungen vornehmen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vor­ nahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt; aber er ist nicht befugt, für seinen Prinzipal Geschäfte abzuschließen, die über den ge­ wöhnlichen Rahmen des Geschäftsbetriebes des Prinzipals hinausgehen, sei es, daß es sich um Geschäfte von ungewöhnlich hohem Werte handelt (r) oder um Geschäfte einer anderen Gattung (einer anderen Branche), als im Geschäft sonst üblich, u. bergt mehr. Insbesondere ist der Handlungs­ bevollmächtigte gesetzlich nicht befugt zur Ver­ äußerung und Belastung von Grundstücken (wie das auch der Prokurist regelmäßig nicht ist), zur Eingehung von Wechselverbindlich keilen, zur Annahme von Darlehen (Erwirkung von Bankkredit) und zur Prozeßführung. Soll er auch zu solchen Rechtshandlungen und Geschäf­ ten oder einzelnen von ihnen befugt sein, so muh ihm diese Befugnis besonders erteilt werden; wer sich mit ihm einläßt, wird also zu prüfen haben, ob dies in der vom Prinzipal ausgestellten Voll­ macht (Handlungsvollmacht) ausgesprochen ist. Zum Abschluß eines Vergleichs über ein Handelsgeschäft zum Zwecke der Beilegung eines Prozesses ist er jedoch auch ohne besondere Voll­ macht befugt (r). Noch weitergehende Be­ schränkungen der Handlungsvollmacht, als die vorstehend mitgeteilten gesetzlichen, braucht der Dritte nur dann gegen sich gellen zu lassen, wenn er sie kannte oder kennen mußte. Der Handlungs­ bevollmächtigte muß, wenn er für die Firma eine schriftliche Erklärung abgibt, mit einem das Dollmachtsverhältnis ausdrückenden Zusatz zeichnen; er hat sich jedes eine Prokura andeutenden Zusatzes (siehe unter 1) zu enthalten. Er wird also bei­ spielsweise zeichnen: „p. (oder per) Hermann Müller Alfred Zeisig" oder „für Hermann Müller Alfred Zeisig" oder „Hermann Müller, in Voll­ macht Alfred Zeisig" rc. Der Bevollmächtigte kann ohne Zustimmung des Geschäftsinhabers seine Handlungsvollmacht nicht auf einen anderen über­ tragen. Wer daher mit einem Bevollmächtigten (Vertreter) des Prinzipals, der nicht Prokura hat, geschäftlich verhandeln, z. B. mit ihm einen Ver­ trag schließen, an ihn Zahlung leisten rc. will, muß sich, wenn ihm die Verhältnisse nicht bekannt sind, die Vollmacht vorlegen lassen, damit er sich über­ zeugt, ob der Betreffende überhaupt Hand­

lungsbevollmächtigter ist und ob er für den ge­ samten Geschäftsbetrieb oder zu welchen besonderen Geschäften er Vollmacht hat. Erst dann kann er an der Hand der vorstehend mitgeteilten gesetzlichen. Bestimmungen beurteilen, inwieweit jener zur Ver­ tretung des Prinzipals befugt ist. Zm übrigen gellen für die Handlungsvollmachten dieser Art. die allgemeinen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über Vollmachten überhaupt (siehe „Vollmacht"). Insbesondere ist danach die Fragen zu beurteilen, wie lange die dem Handlungs­ bevollmächtigten erteilte Vollmacht gilt (siehe „Vollmacht 2"). Daß der Bevollmächtigte int Geschäft des Prinzipals angestellt sei, ist, wie eingangs schon gesagt, durchaus nicht erforderlich, wenn es auch meistens der Fall sein wird; es ist für das Publikum gleichgültig. Handlungsvoll­ machten jeder Art kann nicht nur der Vollkaufmann, sondern auch der Minderkaufmann (siehe „Kauf­ mann 2") erteilen. Auch für das Verhältnis desHandlungsbevollmächtigten dem Prinzipat gegenüber sind die mitgeteilten gesetzlichen Vor­ schriften über den Umfang der Befugnisse des Handlungsbevollmächtigten maßgebend, wenn die Beteiligten nichts anderes unter sich ausgemacht haben. Selbstverständlich ist der Bevollmächtigte dem Prinzipal zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er die ihm erteilten Befugnisse überschreitet. In das Handelsregister wird der Handlungsbevoll­ mächtigte (der nicht Prokura hat) nicht einge­ tragen. 3. Handlungsreisende [H 55]. Hand­ lungsreisende, die vom Prinzipal ermächtigt sind, Geschäfte für ihn abzuschließen (ihn in Handels­ geschäften zu vertreten), die also Handlungs­ bevollmächtigte sind, fallen im allgemeinen, unter die vorstehend (unter 2) für diese überhaupt gegebenen gesetzlichen Vorschriften. (Ist ein Rei­ sender dagegen bloß dazu bestellt, Muster vor­ zulegen und Bestellungen entgegenzunehmen, nicht aber abzuschließen, so ist er kein Hand­ lungsbevollmächtigter und hat nicht die Befug­ nisse von solchen.) Die unter 2 mitgeteilten Vor­ schriften des Gesetzes über Handlungsbevollmäch­ tigte gellen aber nur für solche Reisende, die zur Vornahme von Geschäften außerhalb, d. h. an solchen Orten verwendet werden, wo sich keine Niederlassung des Geschäftsinhabers befindet; sie gelten also nicht für sog. Stadtreisende. Ist hier­ nach nun ein Reisender Handlungsbevollmäch­ tigter im Sinne des Gesetzes, so gilt für ihn der Satz, daß er gesetzlich ermächtigt ist, den Kauf­ preis aus den von ihm abgeschlossenen Verkäufen einzuziehen und dafür Zahlungsfristen zu bewilligen. Auch können Anzeigen von Män­ geln der den Kunden gelieferten Waren, Erklä­ rungen, daß eine Ware zur Verfügung gestellt werde, sowie andere Erklärungen solcher Art dem Reisenden gegenüber (mündlich oder schriftlich) mit Gültigkeit abgegeben werden; aber nur, so­ lange der Reisende beim Kunden (an dessen Wohn- oder Geschäftsorte) persönlich an­ wesend ist; ist der Vertreter anderswo auf Reisen oder am Geschäftssitze, so muß der Kunde die Er­ klärungen und Reklamationen an die Firma selbst richten. Der Reisende ist nur befugt, Reklamationen entgegenzunehmen; die Dispositionsstellung verkaufter und gelieferter Waren anzunehmen (zu genehmigen), ist er nicht be­ fugt, wenn er dazu nicht besonders ermächtigt ist. Ebensowenig ist er befugt, die Bedingungen abge-

Prokura und Handlungsvollmacht. — Quantitätsverschleierungen. schlosseuer Geschäfte, abgesehen von den Zahlungs­ bedingungen, nachträglich abzuändern. Auf den vorstehend mitgeteilten Rechtssatz über die Dertretungsbefugnisse der Handlungsreijenden kann sich der Kunde aber nicht berufen, wenn ihm be­ kannt war oder bekannt sein mutzte, datz der Reisende eine so weit gehende Vollmacht vom Prinzipal nicht hat. Hätte beispielsweise der Geschäftsinhaber den Reisenden dem Kunden brief­ lich avisiert, in dem Schreiben aber ausdrücklich ersucht, Zahlungen an den Reisenden nicht zu leisten, so könnte sich der Kunde, der dennoch an ihn gezahlt hat, auf die den Reisenden gesetzlich zustehenden Befugnisse nicht berufen, wenn er jene Weisung des Prinzipals autzer acht gelassen oder etwa deshalb nicht berücksichtigt hat, weil er den Avisbrief nicht durchgelesen hatte. Das vorstehend Gesagte bezieht sich auf die Stellung des Handlungsreisenden dem Publikum (der Kundschaft) gegenüber. Sein Verhältnis zum Prinzipal (zum Geschäftsinhaber) richtet sich danach, ob er Angestellter des Prinzipals, also Handlungsgehülfe, oder ob er selbstän­ diger Kaufmann (reisender Agent) ist; siehe über den letzteren den Artikel „Handlungsagenten". Ist er Handlungsgehülfe, so richten sich seine Rechte und Pflichten dem Prinzipal gegenüber nach dem Vertrage, dem Ortsgebrauche u.; das Nähere darüber siehe unter „Handlungsgehülfen rc. 1". 4. Ladenange stellte [H 56]. Wer in einem Laden oder in einem offenen Waren­ lager angestellt ist (als Kommis, Verkäufer u.), gilt als ermächtigt zu Verkäufen und Empfangnahmen, die in einem derartigen Laden oder Warenlager gewöhnlich ge­ schehen. Insbesondere kann also der Käufer an den Angestellten im Laden rc. gültig (das eben Gekaufte oder die erhaltene Rechnung) bezahlen. Zu einer weitergehenden Vertretung des Prinzi­ pals ist der Angestellte nicht befugt, wenn er dazu nicht besonders ermächtigt ist, also eine über die blotze Ladenbedienung hinausgehende Handlungs­ vollmacht hat; in letzterem Falle würde er unter die oben unter 2 mitgeteilten Vorschriften fallen. Will also der Kunde blotz kaufen und zahlen, so kann er sich an jeden im Laden wenden; es mutz sich nur aus den äußeren Umständen ergeben, datz der Betreffende im Laden rc. angestellt ist. Ein zufällig im Laden anwesender Hausdiener oder ein Dienstmädchen des Inhabers sind zu Ver­ käufen und Empfangnahmen nicht befugt. Da­ gegen wird es gleichgültig sein, ob der Angestellte sich noch in der Lehrzeit befindet oder ob er bereits ausgelernt hat. Der Kunde kann sich jedoch auf den vorstehend mitgeteilten Rechtssatz nicht be­ rufen, wenn er weiß oder den Umständen nach wissen muhte, daß der Angestellte nicht zur Emp­ fangnahme von Zahlungen ermächtigt ist, unter Umständen z. B., wenn im Laden deutlich und in die Augen fallend angeschlagen ist, datz Zahlungen „nur an der Kasse" zu leisten sind u. dergl. Außerhalb des Ladens oder des Warenlagers kann an einen Angestellten mit Gültigkeit nur be­ zahlt werden, wenn er eine quittierte Rechnung überbringt und auch nur dann, wenn nicht be­ sondere Umstände dafür sprechen, datz er zur Emp­ fangnahme nicht ermächtigt ist (vergleiche „Quit­ tung"). Auch die Ladenangestellten haben, wenn sie für den Prinzipal zeichnen (z. B. bei Quittierung von Rechnungen) mit einem das Vollmachtsverhältnis ausdrückenden Zusatze zu zeichnen, also Christians, RechtSlextkon. III. Stuft.

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z. B. „für Hermann Müller A. Zeisler" oder „Hermann Müller, in Vollmacht A. Zeisler" rc. Über Agenten (Handlungsagenten) vergleiche den besonderen Artikel. Prokurist s. Prokura rc. Protokollführer darf nicht kaufen s. Kauf und Verkauf 12. Provision bei Kaufleuten s. Handelsgeschäfte 1; bei Handlungsagenten s. Handlungsagenten 2. Prozesse einer Frau s. Ehegatten 2 u. Ein­ gebrachtes Gut der Frau 8; des Vaters (der Mutter) für das Kind s. Eltern und Kinder 4 u. Verwaltung des Kindesvermögens rc. 1; durch den Prokuristen s. Prokura rc.; des Vormundes (Pflegers) s. Vormund 6B 15. Prozetzsähigkeit s. Geschäftsfähigkeit. Prozetzführung s. Prozesse. Prozessuale Sicherheit s. Sicherheitsleistung 2. Prozetzzinsen [291]. Wer aus Bezahlung einer Geldschuld verklagt ist, mutz, wenn er verurteilt wird, auf die geschuldete Summe vom Eintritt der Rechtshängigkeit (d. h. regelmäßig dem Tage der Zustellung der Klage) an 4 Prozent Zinsen, sog. Prozetzzinsen, zahlen; wird die Schuld erst nach der Klagzustellung fällig, so mutz er sie von diesem Zeitpunkt an verzinsen. Eine Verzinsung findet nur dann nicht statt, wenn die im Prozesse gellend gemachte Forderung selbst eine Zinsforde­ rung ist. Unter Kaufleuten betragen die Prozetzzinsen jedoch 5 Prozent; siehe „Handels­ geschäfte 1". In Wechselsachen müssen noch 6 Prozent gezahlt werden, da die betreffende Be­ stimmung der Wechselordnung nicht aufgehoben ist. Vergleiche auch „Zinsen rc.". Publikation s. Eröffnung. Prüsungstermin s. Konkurs 1. Pseudonym, Schutz des, f. Name 2. Pupillarische Sicherheit s. Anlegung von Mündelgeldern.

H. Quantitätsverschleierungen [R 27/5 96, 5]. Das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wett­ bewerbes (siehe „Unlauterer Wettbewerb") enthält auch eine Vorschrift zur Verhütung der sog. Quan­ titätsverschleierungen. Der Bundesrat ist danach befugt, festzusetzen, datz bestimmte Waren im Einzelverkehr nur in vorgeschriebenen Einheiten der Zahl, der Länge und des Gewichts oder mit einer auf der Ware oder ihrer Aufmachung anzubringenden Angabe über Zahl, Länge oder Gewicht gewerbsmäßig verkauft oder feilgehalten werden dürfen. Für den Einzelverkehr mit Bier in Flaschen oder Krügen kann die Angabe des In­ halts unter Festsetzung angemessener Fehlergrenzen vorgeschrieben werden. Die getroffenen Bestim­ mungen werden im Reichsgesetzblatt veröffentlicht. Die Bestimmung des Gesetzes hat ihren Grund darin, daß sich in einzelnen Geschäftszweigen die Unsitte eingebürgert hatte, das wahre Gewicht, Matz rc. der Ware in einer Weise zu ver­ schleiern, die beim Käufer notwendig einen Irr­ tum über die Preisstellung erregen mutzte. So z. B. war es ursprünglich allgemein üblich, Garne im Kleinverkehr in der Weise abzugeben, datz das Bund (die Strähne) ein (oder mehrere) Zehntel Pfund wog. Allmählich wurden aber aus dem Pfund 12, 13, selbst 14 Bunde hergestellt, ohne daß dem Käufer dieses Mindergewicht irgendwie er­ kennbar wurde. Dieser Mitzstand, der sowohl die

reelle Konkurrenz, wie das kaufende Publikum schädigte, soll durch die neue Bestimmung beseitigt werden. Die Vorschrift bezieht sich übrigens nur auf den Kleinverkehr mit der Privatkundschaft, nicht auf den Verkehr zwischen dem Fabrikanten und dem Kleinhändler oder den Export nach dem Auslande. Anderseits werden aber die in den in­ ländischen Einzelverkehr gelangenden Waren aus­ ländischen Ursprungs durch das Gesetz getroffen. — Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz wer­ ben mit Geldstrafe bis zu 150 Mk. oder mit Haft (bis zu 6 Wochen) bestraft. Quelle, Angabe der, bei Abdruck von Artikeln, s. Urheberrecht I. Quittung (Empfangsbekenntnis) [368—371]. Wer seine Schuld bezahlt hat oder seiner Ver­ bindlichkeit sonst nachgekommen ist, hat ein drin­ gendes Interesse daran, darüber ein Beweis­ mittel in Händen zu haben. Das Gesetz legt deshalb jedem Gläubiger, der vom Schuldner seine Befriedigung erhalten hat, die Verpflichtung auf, ihm gegen Empfang der Zahlung (Leistung) auf Verlangen ein schriftliches Empfangs­ bekenntnis (eine Quittung) zu erteilen. Diese Verpflichtung besieht nicht nur bei Geld­ schulden, sondern bei jeder anderen Verbindlichkeit. Es kann mithin jeder Käufer, der im Laden bar bezahlt, Quittung verlangen. Kann der Gläu­ biger nicht schreiben, so muß er unter die von einem anderen zu schreibende Quittung ein Hand­ zeichen (Kreuze oder dergl.) sehen und dieses gerichtlich oder notariell beglaubigen lassen, wenn der Schuldner sich nicht mit Geringerem (etwa der Beglaubigung durch irgend einen Zeugen) be­ gnügen will. Die Erteilung der Quittung mutz Zug um Zug mit der Zahlung (Leistung) er­ folgen,- der Schuldner kann also Zahlung rc. so­ lange verweigern (ohne daß er dadurch in „Ver­ zug" gerät und für die Verzögerung Schadensersatz zu leisten braucht), bis ihm die Quittung erteilt wird. Die Quittung must selbstverständlich klar erkennen lassen, auf welches Schuldverhältnis die Zahlung (Leistung) sich bezieht; es ge­ nügt also nicht, daß der Gläubiger schreibt: „ich bekenne, heute von dem N. N. so und soviel er­ halten zu haben"; auch muh das Datum der Zah­ lung und der Quittungsausstellung angegeben sein. Auch bei Teilzahlungen (Abschlagszahlungen; siehe „Leistungen 3") muh der Gläubiger eine Quittung ausstellen. Wenn der Schuldner ein rechtliches Interesse daran hat, dah die Quittung nicht bloß einfach schriftlich, sondern in besonderer Form (z. B. gerichtlich oder notariell) ausgestellt wird, beson­ ders wenn eine solche Form für besondere Zwecke, z. B. für eine Eintragung im Grundbuch, gesetzlich vorgeschrieben ist, so ist der Gläubiger verpflichtet, die Quittung in dieser Form auszustellen. Wer die Ko st e n der Quittung, besonders wenn sie in öffentlicher Form ausgestellt ist (Gerichts­ oder Notariatsgebühren, Stempel rc.), zu tragen hat, das richtet sich nach dem unter den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis oder nach der darüber etwa getroffenen Vereinbarung. Wenn sich hier­ aus nichts anderes ergibt, muh der Schuldner diese Kosten tragen und auf Verlangen vorschießen. Der Schuldner hat hiernach auch das Porto für die Übersendung der Quittung zu tragen, wenn es auch aus geschäftlicher Kulanz anders gehalten zu werden pflegt. Treten aber infolge einer statt­ gehabten Abttetung (Zession) der Forderung oder

infolge Todesfalles (durch Erbfolge) an die Stelle des ursprünglichen Gläubigers mehrere Gläu­ biger, so fallen die hierdurch etwa entstehenden Mehrkosten den Gläubigern zur Last. Auher den Kosten der Quittung selbst können in vielen Fällen Kosten dadurch entstehen, dah der Gläubiger oder die Gläubiger sich als Empfangsberechtigte erst ausweisen (legitimieren) müssen (z. B. wenn sie die Forderung geerbt haben, durch Vor­ legung eines Erbscheins rc.); diese Kosten (sog. Legitimationskosten) fallen nicht ohne weiteres dem Schuldner zur Last; sie werden vielmehr regel­ mäßig den Gläubiger treffen. Das Gesetz enthält darüber keine allgemeine Bestimmung. Was vor­ stehend über die Kosten der Quittung gesagt ist, wird auch dann gelten müssen, wenn ein in das Grundbuch eingetragener Gläubiger anstatt einer Quittung lediglich eine Löschungsbewilli­ gung erteilt. Wer eine Quittung überbringt, gilt als ermächtigt, die Zahlung (Leistung) für den Gläubiger in Empfang zu nehmen [370]; gelangt also das Geld nicht in die Hände des Gläubigers, so hat dieser den Schaden zu tragen. Waren jedoch dem, der an den Überbringer der Quittung gezahlt hat, besondere Umstände bekannt, aus denen er vernünftigerweise schließen muhte, dah der Überbringer nicht zur Annahme des Geldes habe ermächtigt sein sollen (z. B. die Quittung ist von einem Kinde überbracht), so wird der Schuldner durch die Zahlung an den Über­ bringer nicht von seiner Verbindlichkeit befteit. Über Quittierung einer Rechnung durch einen Ladenangestellten siehe „Prokura und Handlungsvollmacht 4". Rückgabe des Schuldscheins [371]. Ist über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt worden, so kann der Schuldner neben der Quittung R ü ck g a b e des Schuldscheins verlangen. Auch hier kann der Schuldner die Zahlung bis zur Rückgabe des Schuldscheins verweigern. Behauptet der Gläubiger, dah er zur Rückgabe auherstan.de sei (weil der Schuldschein verbrannt, abhanden ge­ kommen, verlegt rc. sei), so kann der Schuldner verlangen, dah ihm der Gläubiger ein öffentlich beglaubigtes (siehe „Form der Rechtsge­ schäfte 3") Anerkenntnis ausstellt, dah die Schuld erloschen sei; daneben kann er dann freilich eine besondere Quittung nicht weiter fordern. Eine gerichtliche Kraftloserklärung (siehe das) des Schuldscheins kann vom Schuldner nicht gefordert werden. Selbstverständlich hat der Gläubiger in solchen Fällen die Kosten der Ausstellung des An­ erkenntnisses zu trogen. Quittung ermächtigt zur Empfangnahme |. Quittung u. Prokura und Handlungsvollmacht 4. Quittungsleistung des Mündels an den Vor­ mund s. Vormund 6; des Vormundes über ein an ihn gezahltes Kapital s. Vormund 6A lb.

R. Rangverhältnis der Eintragungen im Grund­ buch. Zurücktreten eines Gläubigers hinter einen anderen [879—881]. Das Rangverhültnis unter mehreren Rechten, mit denen ein Grundstück belastet ist, bestimmt sich, wenn die Rechte in derselben Abteilung des Grundbuchs eingettagen sind, nach der Reihenfolge der Eintra­ gungen. Sind die Rechte in verschiedenen Ab­ teilungen eingettagen, so hat das unter Angabe

Rangverhältnis der Eintragungen im Grundbuch. — RatSerteilunge» uud Empfehlungen. eines früheren Tages eingetragene Recht den Vor­ rang; Rechte, die unter Angabe desselben Tages eingetragen sind, haben gleichen Rang. Soll nach der Vereinbarung der Beteiligten das Rangverhältnis ein anderes sein, so muh dies, um gegen -andere Personen wirksam zu sein, in das Grundbuch eingetragen werden. Die Rangordnung ist für die Reihenfolge der Befriedigung der Gläubiger bei einem zwangsweisen Verkauf des Grundstücks maß­ gebend. Soll ein Rangverhältnis nach­ träglich geändert werden, was häufig vor­ kommt, wenn z. B. jemand noch eine Summe auf sein Grundstück anleihen will, und dies nur er­ reichen kann, wenn ein bereits eingetragener Gläu­ biger sich bewegen läßt, der späteren, noch einzu­ tragenden Forderung den Vorrang einzu­ räumen, so ist dazu natürlich die Einigung des zurücktretenden und des vortretenden Berechtigten erforderlich; die Änderung des Rangverhältnisses muß, um gegen andere Personen wirksam zu sein, in das Grundbuch eingetragen werden. Soll eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld zurücktreten, so ist außerdem die Zustimmung des Eigentümers erforderlich; diese Zu­ stimmung ist dem Grundbuchamt oder einem der Beteiligten gegenüber zu erklären und unwider­ ruflich. Ist das zurücktretende Recht mit einem anderen Rechte belastet, z. B. verpfändet, so ist er Bestellung einer Hypothek oder eines anderen in das Grundbuch einzutragenden Rechtes die Be­ fugnis vorbehalten, demnächst eine andere Hypothek oder ein anderes Recht mit dem Range vor jenem zuerst eingetragenen Rechte eintragen zu lassen. Das demnächst einzutragende Recht muß dem Umfange (dem Betrage) nach genau bestimmt sein. Dieser Vorbehalt muß, um anderen gegen­ über gültig zu sein, in das Grundbuch, und zwar bei dem Rechte, das zurücktreten soll, eingetragen werden. Wird später das Grundstück veräußert, so -geht die vorbehaltene Befugnis kraft Gesetzes auf den Erwerber über. Ist das Grundstück vor der Eintragung des Rechtes, dem der Vorrang beigelegt ist, mit einem Rechte ohne einen entsprechenden Vorbehalt belastet worden, so hat der Vorrang insoweit keine Wirkung, als das mit dem Vorbehalt eingetragene Recht infolge der inzwischen einge­ tretenen Belastung eine über den Vorbehalt hinaus­ gehende Beeinträchtigung erleiden würde. Ein Veispiel wird dies klar machen. Nehmen wir *m: Der Eigentümer läßt auf seinem Grundstück eine erste Hypothek von 5000 Mk. für A. ein­ tragen, behält sich dabei aber vor, später eine Hypothek von 10000 Mk. mit dem Vorränge vor diesen 5000 Mk. eintragen zu lassen. Ehe die 10000 Mk. eingetragen werden, ist bereits eine ^mette) Hypothek von 300 Mk. (etwa zwangs­ weise) für den B. auf das Grundstück eingetragen;

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erst hinterher werden die vorbehaltenen 10 000 Mk. für C. eingetragen. Würden nun bei einer etwaigen Zwangsversteigerung des Grundstückes nur 14000 Mk. daraus gelöst, so würde diese Summe in fol­ gender Weise unter die Gläubiger A., B. und E. zu verteilen sein: C., dem der Eigentümer den vorbehaltenen Vorrang vor den zuerst eingetra­ genen 5000 Mk. beigelegt hat, erhält 9700 Mk.; B. erhält 300 Mk., A. 4000 Mk.; denn: B. muß auf alle Fälle seine 300 Mk. erhalten, da ihm ja nur die voreingetragenen 5000 Mk. vor­ gehen. C. kann aber die vollen 10 000 Mk. nicht beanspruchen; denn A. braucht nur 10000 Mk. sich vorgehen zu lassen, nicht 10000 Mk. und 300 Mk. Der dem C. zustehende Vorrang vor den 5000 Mk. des A. ist zum Betrage der später (aber vor Eintragung der 10000 Mk.) eingetragenen 300 Mk. unwirksam geworden; C. hat nur noch einen Vorrang vor A. zum Betrage von 9700 Mk. ; er würde nur dann sein volles Geld bekommen, wenn aus dem Erlöse auch A. voll befriedigt würde. Ratenzahlungen s. Leistungen u. 3; Verkäufe gegen, s. Abzahlung, Verkäufe auf. Ratserteilungen und Empfehlungen [676]. Ratschläge, Auskünfte und Empfehlungen sind für den, der sie, auf Aufforderung oder unaufgefordert, erteilt, im allgemeinen unverbindlich; wer sie befolgt, tut dies auf seine Gefahr; er kann den anderen nicht wegen etwaigen Schadens in An­ spruch nehmen, selbst dann nicht, wenn der Rat, die Empfehlung ic. in leichtsinnigster Weise erteilt ist. Es handelt sich hier regelmäßig um eine bloße Gefälligkeit, durch die der andere keine recht­ liche Verantwortung übernehmen will. Aber es gibt Ausnahmen von diesem Satze. Wer arg­ listig, wider besseres Wissen, einen Rat, eine Auskunft oder eine Empfehlung erteilt, z. B. wer in betrügerischer Absicht, um einen anderen zur Hin­ gabe eines Darlehns zu bestimmen, ihm falsche Aus­ kunft über die Kreditwürdigkeit des Darlehns­ suchers gibt, ist dem anderen für den Schaden ver­ antwortlich, der ihm aus der Befolgung des Rats ic. erwächst. Ein Rat u. macht ferner dann scha­ denersatzpflichtig, wenn besondere Verhält­ nisse vorliegen, die nach allgemeinen Rechtsgrundsatzen eine solche Haftung begründen, wenn z. B. die Ratserteilung, die Empfehlung rc. auf Grund einer amtlichen Verpflichtung oder eines ausdrück­ lichen oder stillschweigenden Vertrages, viel­ leicht sogar gegen Entgelt, erfolgt ist; dahin ge­ hören insbesondere die Fälle, in denen Rat, Aus­ künfte, Empfehlungen rc. in der Ausübung eines Gewerbes oder eines Berufes (durch einen Rechtsanwalt, einen Arzt, eine Auskunftei rc.) er­ teilt werden. Zn solchen Fällen hastet der Rat oder Auskunft Erteilende dafür, wenn er dem anderen durch den Rat oder die Auskunft vor­ sätzlich oder aus Fahrlässigkeit, d. h. unter Außer­ achtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorg­ falt, Schaden zugefügt hat. Er haftet nicht nur für eigenes Verschulden, sondern auch für das seiner Angestellten, Gehülfen, Korrespondenten rc. [276, 278]. Nach einem Urteil des Reichsgerichts ist z.B. ein Rechtsanwalt, der, wenn auch auf Veran­ lassung und im Interesse eines anderen, jemandem fahrlässigerweise eine unrichtige Auskunft über Hypothekenverhältnisse gemacht hat, dem dadurch Geschädigten zum Schadensersatz verpflichtet. Das­ selbe Gericht hat erkannt, daß ein Bankier, der einem in Geldsachen unbewanderten Privatmanne

schlechte Papiere verkauft, dem Käufer dafür verantwortlich ist, wenn er ihm die Papiere emp­ fohlen hat und ihn bei dieser Empfehlung eine Fahrlässigkeit trifft, auch wenn ihm ein Betrug nicht nachgewiesen werden kann. Er haftet seinen Kunden dafür, daß er bei solcher Empfehlung die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht außer acht läßt, daß namentlich tatsächliche Angaben, die er dem Kunden z. B. über die solide Grundlage einer Aktiengesellschaft rc. macht, auf sorgfältiger Prüfung derjenigen Umstände beruhen, auf die ein sachverständiger Beurteiler Wert legen wird. Über die Haftbarkeit für amtliche Auskünfte ver­ gleiche „Beamte rc.". — Über die Rechte des­ jenigen, über den eine ungünstige Auskunft er­ teilt ist, siehe „Kreditgefährdung" und „Üble Nach­ rede". Rauch, Zuführung von, s. Grundeigentum 2 c. Räuber, Haftung des, s. Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung 8. Räude bei Schafen s. Gewährleistung rc. 9. Räume, Vermietung von, s. Miete; Instand­ haltung derselben durch den Dienstherrn s. Dienst­ vertrag 5. Räumungsfristen s. Miete 9 u. Kündigungs­ klage. Räumungsklage s. Kündigungsklage. Reallasten [1105—1112]. Reallasten sind Rechte, die auf Grundstücken ruhen und darin be­ stehen, daß der jeweilige Grundstückseigentümer zu wiederkehrenden Leistungen an eine bestimmte andere Person oder an den Eigentümer eines bestimmten anderen Grundstücks oder eines Gutes rc. verpflichtet ist. Reallasten sind z. B. Altenteile (Leibzuchten, Auszüge, Ausgedinge), Grundrenten, Grundzinsen, Dienstrenten, Zehnten rc. Die zuletzt genannten stammen oft aus alter Zeit. Öffentliche Lasten und Abgaben, Steuern,Ein­ quartierungslasten rc. gehören nicht hierher. Der betreffenden Last steht jedesmal ein entsprechendes Recht (Berechtigung, Gerechtsame, Realberechti­ gung, Reallastberechtigung) gegenüber. Über die Begründung und den Inhalt der Reallasten enthält das Bürgerliche Gesetzbuch eine Reihe von Vor­ schriften (siehe nachstehend). Das Gesetz überläßt es aber den Landesgesetzen, darüber Be­ stimmung zu treffen, inwieweit die Neubegrün­ dung von Reallasten (aus volkswirtschaftlichen Gründen) überhaupt statthaft sein soll [E 113—115]. Der Rechtszustand ist in dieser Be­ ziehung in den einzelnen deutschen Staaten sehr verschieden; in einigen Ländern oder Landesteilen, z. B. im Gebiet des französischen Rechts außer Baden, waren bislang Reallasten überhaupt nicht zulässig. Die Landesgesetze haben danach insbe­ sondere zu bestimmen, welche Art von Reallasten statthaft oder unter welchen Bedingungen sie zu­ lässig, oder ob sie überhaupt untersagt sein sollen; welchen Inhalt und welchen Umfang sie haben; ob ausnahmsweise zu ihrer Begründung und Wirksam­ keit ihre Eintragung im Grundbuche nicht erforder­ lich ist (bei gutsherrlich-bäuerlichen rc. Regulierun­ gen, Ablösungen rc.); wie die Lasten bei Abveräußerungen von Grundstücken zu verteilen sind; ob und nach welchen Grundsätzen eine Ablösung der Lasten herbeigeführt werden kann u. dergl. mehr. Soweit hiernach Reallasten begründet werden können und soweit nicht die Landesgesetze in zu­ lässiger Weise abweichende Bestimmungen treffen, kommen die Bestimmungen des Bürgerlichen Ge­ setzbuchs zur Anwendung. Soweit landesgesetzliche

verbietende Bestimmungen fehlen, ist die Betellung von Reallasten nach dem Bürgerlichen Geetzbuch (siehe nachstehend) unbeschränkt zulässig. In Preußen [vergl. PA 30] können durchweg (das ist in den einzelnen Landesteilen verschieden) ablösbare Lasten außer festen Eeldrenten einem. Grundstück nicht aufgelegt werden. In Bayern [B 85] können, abgesehen von Leibrenten, nur Rechte auf regelmäßig wiederkehrende Leistung von. festbestimmten Geldbeträgen oder festbestimmten Mengen von Bodenerzeugnissen als Reallast be­ stellt werden. In Württemberg können Real­ lasten überhaupt nicht begründet werden [G 14. 4. 48, 1]. Wegen Sachsen siehe G. 17. 3. 32 u. 15. 5. 51; wegen Baden Bd 26, 27; wegen Elf.-Lothringen EL 75.] Die Begründung (Bestellung) einer Real­ last erfolgt in der Weise, daß auf Grund des von den Beteiligten geschlossenen Vertrages die Last im Grundbuch auf das betreffende Grundstück eingetragen wird. Durch Ersitzung kann eine Real­ lastberechtigung nicht erworben werden. Auch Bruchteile (siehe das) eines Grundstücks können mit einer Reallast belastet werden, sofern der Bruch­ teil in dem Anteil eines Miteigentümers besteht. In Beziehung auf die Abtretung, Verpfändung, Verjährung rc. der einzelnen Leistungen aus der Reallast gilt dasselbe, wie für die Abtretung rc. von Hypothekenzinsen (vergleiche Hypothek 3"). Wird das belastete Grundstück ge­ teilt, so haftet jeder Eigentümer eines Teilstücks für die ganzen aus dem Grundstück zu ent­ richtenden Leistungen; die (Eigentümer der Teile haften als Gesamtschuldner (siehe darüber „Mehrere Gläubiger und mehrere Schuldner"). Es bleiben aber etwa bestehende landesgesetz­ liche Vorschriften in Kraft, wonach im Falle der Veräußerung eines Teils des mit einer Reallast. belasteten Grundstücks der abgetrennte Teil von der Last frei wird, wenn ein sog. Unschädlichkeils­ attest beigebracht, d. h. von der zuständigen Be­ hörde festgestellt wird, daß die Rechtsänderung für die Berechtigten unschädlich ist; ferner die Vor­ schrift, wonach unter der gleichen Voraussetzung im Falle der Teilung (Parzellierung) des be­ lasteten Grundstücks die Reallast auf die einzelnen Teile verteilt wird; endlich die (z. B. in Sachsen bestehende) Vorschrift, nach welcher im Falle der Teilung eines für den Staat oder eine öffentliche Anstalt mit einer Reallast belasteten Grundstücksnur ein Teil des Grundstücks mit dieser Reallast (für den Staat rc.) belastet bleibt, wogegen die übrigen Teile mit einer entsprechenden neuen Last zugunsten des jeweiligen Eigentümers des belastet bleibenden Teils belastet werden [E 120]. Werden dagegen von dem berechtig­ ten Grundstücke Teile abveräußert oder geht das ganze berechtigte Grundstück geteilt aus verschiedene Eigentümer über, so ist es Sache der Beteiligten, sich darüber zu verständigen, ob die Berechtigung unter alle (Eigentümer geteilt oder ob sie bloß bei dem einen oder anderen Grundstücke bleiben soll. Ist das letztere beabsichtigt, so mutz der Berechtigte (der Veräußerer) diese Erklärung dem Grundbuchamt gegenüber abgeben; die Be­ stimmung muß in das Grundbuch eingetragen wer­ den. Hat der Berechtigte Teile des Grundstücks abveräußert, ohne über die Berechtigung Bestim­ mung zu treffen, so bleibt die Berechtigung bei dem Teile des Grundstücks zurück, den er behält; es wird also nicht angenommen, daß die Berechtigung.

{gang oder teilweise) mit veräußert sei, wenn sich eine solche Absicht der Beteiligten nicht aus dem Vertrage oder den sonstigen Umständen ergibt. Hat er dagegen das ganze Grundstück in Teilen veräußert, ohne Bestimmung über die Berechtigung zu treffen, so geht diese auf alle Erwerber über und zwar auf jeden nach Verhältnis der Größe feines Teils. (Wer also ein Viertel des Grund­ stücks erworben hat, dem steht auch ein Viertel ber Berechtigung zu.) Diese Regelung ist indes nicht ausführbar, wenn die Leistung, die der Be­ rechtigte zu fordern hat, ihrer Natur nach nicht geteilt werden kann; in solchem Falle sind die Eigentümer der gekauften Teile zusammen die Berechtigten. Der Verpflichtete darf nur an sie zusammen leisten und jeder der Berechtigten kann nur dieses verlangen. Ist das nicht zu erreichen, Jo kann jeder fordern, daß der Verpflichtete die geschuldete Leistung für alle hinterlege oder zur Verwahrung abliefere. Übrigens darf, wenn nichts anderes festgesetzt ist, die Ausübung des Rechts in solchem Falle nur in der Weise geschehen, daß fie für den Verpflichteten nicht beschwerlicher wird. Erhellt aus der Art und Natur der Reallast, daß sie bloß zum Nutzen eines Teils des berechtigten Grundstücks dient (der Verpflichtete hat z. B. die Reinigung eines Grabens zu beschaffen, der nur für einen Teil des Grundstücks Wert hat), so bleibt bei einer Teilung des Grundstücks die Berechtigung bei dem Teile allein, dem die Reallast zu dienen bestimmt ist. Selbstverständlich geht, wenn der Be­ rechtigte sein Grundstück durch Ankauf n. ver­ größert, die Berechtigung nicht ohne weiteres auch auf diese neu hinzugekommenen Teile des Grund­ stücks mit über. Eine zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines Grund stücks bestehende Reallast kann nicht von dem Eigentum an diesem Grundstücke getrennt werden; sie kann also ohne das Grundstück weder veräußert (verkauft k.), noch mit Hypotheken ic. belastet oder im Wege der Zwangsvollstreckung ge­ pfändet werden. Anderseits kann die Reallast­ berechtigung, die einer bestimmten Person zusteht, nicht mit dem Eigentum an einem Grundstück ver­ bunden werden, so daß nun künftig der Grund­ stückseigentümer der Berechtigte wäre. Die einer bestimmten Person zustehende Berechtigung (im ganzen, im Gegensatz zu den einzelnen Leistungen) kann veräußert, belastet, gepfändet werden; nur ist, wenn die Reallast zu verschiedenen Leistungen ver­ pflichtet und der Anspruch auf einzelne dieser Leistungen seiner Natur nach nicht übertragbar ist (siehe darüber unter „Abtretung einer Forderung 1"), die Veräußerung rc. insoweit ungültig. Hat z. B. ein Altenteilsberechtigter (Leibzüchter) im wesentlichen verschiedene, der Zahl oder dem Ge­ wicht nach genau bestimmte Naturalien, aber da­ neben auch freie ärztliche Behandlung zu ver­ langen, so ist die Veräußerung des Allenteilsrechts, soweit die ärztliche Behandlung in Frage kommt, jedenfalls unwirksam, während sie im übrigen gültig sein kann; eine Unzulässigkeit der Über­ tragung des Altenteils im ganzen wird man aber immer dann annehmen müssen, wenn die Haupt­ leistungen nach den persönlichen Verhältnissen des Berechtigten zugemessen sind oder dem Verpflich­ teten sonst nicht zugemutet werden kann, die ein­ zelnen Leistungen einer anderen Person zu liefern. Alte, nicht mehr bestehende Reallasten können unter gewissen Voraussetzungen durch gerichtliches Auf­ gebotsverfahren beseitigt werden; es gelten hier­

für die für die Ausschließung eines Hypotheken­ gläubigers gegebenen Vorschriften; siehe „Hypo­ thek 4". Für Berechtigungen zugunsten des je­ weiligen Eigentümers eines Grundstücks gilt dies jedoch nicht, da hier ein Unbekanntsein des Berechtigten wohl nicht vorkommen kann. Rechenschaft s. Rechnungslegung. Rechnungen. Ausstattung von, Schutz derselben s. Warenbezeichnungen rc. Rechnungslegung (Rechnungsablage) [259]. Wer auf Grund eines ihm erteilten Auftrages oder eines mit einem anderen abgeschlossenen Dienst­ oder Werkvertrages oder auch ohne Auftrag für einen anderen Geschäfte besorgt hat, ist nach Ausführung des Geschäfts verpflichtet, dem Geschäftsherrn (Auftraggeber rc.) über das von ihm Ausgeführte Rechenschaft abzulegen; von besonderer Bedeutung ist dies, wenn das über­ nommene Geschäft in einer mit Einnahmen und Ausgaben verbundenen Verwaltung bestan­ den hat. In gewissen Fällen wird aber auch un­ mittelbar durch das Gesetz selbst eine Verpflichtung zur Rechenschastsablegung begründet, so z. B. bei der Verwaltung des eingebrachten Gutes der Frau durch den Mann, bei der Verwaltung des Mündel­ vermögens durch den Vormund n. Die Verpflich­ tung, Rechenschaft abzulegen, wird dadurch erfüllt, daß der Verpflichtete dem Berechtigten eine ord­ nungsmäßig aufgestellte Rechnung zustellt, die eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält und der die Belege, so­ weit solche im Verkehr erteilt zu werden pflegen, beigefügt sind. Bei Rechnungen, die eine größere Zahl von Posten enthalten, ist der Berechtigte überhaupt nicht oder doch nur mit unverhältnis^ mäßigen Weiterungen imstande, die Richtigkeit nachzuprüfen, insbesondere festzustellen, ob alle Einnahmen richtig gebucht sind. Das Gesetz be­ stimmt deshalb, daß, wenn besondere Um­ stände die Annahme begründen, daß die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht sind (es wird z. B. das Fehlen des einen oder anderenEinnahmepostens in der Rechnung oder eine un­ richtige Summenangabe glaubhaft nachgewiesen), der Berechtigte vom Rechnungsleger einen Cid („Offenbarungseid"; siehe das) dahin for­ dern kann: daß er nach bestem Wissen die Ein­ nahme so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei. In geringfügigen Sachen kann je­ doch ein solcher Eid nicht verlangt werden. Nähere Bestimmungen über die Art der Rech­ nungsaufstellung gibt das Gesetz nicht; dieselbe wird sich daher nach dem Gegenstände der Verwal­ tung und den sonstigen Umstanden zu richten haben. Ob derjenige, der eine Rechnung gelegt hat, von dem anderen eine sog. Entlastungserklärung, d. h. eine Anerkennung, daß die Rechnung richtig sei, verlangen kann, ist bestritten; das Gesetz trifft darüber keine ausdrückliche Be­ stimmung. Rechnungslegung des Vormundes (Pflegers) s. Vormund 8 ; des Mannes über das Vermögen der Frau s. Eingebrachtes Gut der Frau 5 u. 8; des Vaters (der Mutter) über das Vermögen der Kinder s. Verwaltung und Nutzung des Kindes­ vermögens rc. 2. Rechte, Übertragung von, f. Abtretung einer Forderung; Verkauf von, s. Kauf und Verkauf 2; Nießbrauch an Rechten, s. Nießbrauch 2; Pfand­ recht an, s. Pfandrecht an Rechten rc.

Rechtsanwälte, Pfändbarkeit s. Pfändung Ln der Zwangsvollstreckung 1; Haftung für Rats­ erteilung s. Ratserleilungen rc. Rechtsfähigkeit [1]. Im allgemeinen beginnt die Fähigkeit des Menschen, Rechte zu haben (die Rechtsfähigkeit), mit der Vollendung seiner Ge­ burt. Von diesem Satze gibt es aber einzelne Aus­ nahmen. Wie der bereits empfangene, aber noch nicht geborene Mensch schon unter dem Schutze des Strafrechts steht, so stehen ihm auch nach dem bürgerlichen Rechte unter der Vor­ aussetzung, daß er lebend geboren wird, gewisse Rechtsansprüche zu. So gilt z. B. für das Erbrecht der Satz, datz, wer zur Zeit des Todes des Erb­ lassers bereits gezeugt war, als vor diesem Zeit­ punkt geboren angesehen wird und danach seine Rechte beurteilt werden [1923]. Einem noch nicht Geborenen (einer Leibesfrucht) kann zur Wahrung seiner künftigen Rechte ein Pfleger bestellt werden [1912]. Ein empfangenes, aber noch nicht ge­ borenes Äinfc hat unter Umständen Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Vater getötet worden ist [844] rc. Etwas anderes, als die Rechtsfähigkeit, ist die Geschäftsfähigkeit; siehe darüber den be­ sonderen Artikel. Rechtsgeschäfte s. Vertrag rc.; Form der, s. Form der Rechtsgeschäfte; einseitige, s. Einseitige Rechtsgeschäfte; Rechtsgeschäfte mit sich selbst s. Vertreter, Vertretung 3. Rechtshandlungen eines Schuldners, Anfech­ tung von, s. Anfechtung rc. Rechtshängigkeit, Folgen des Eintritts der [29]. Hat ein Schuldner einen bestimmten Gegen­ stand herauszugeben, so bestimmt sich von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an der Anspruch des Gläubigers auf Schadensersatz wegen Verschlechterung, Unterganges oder einer aus einem anderen Grunde eintretenden Unmöglichkeit der Herausgabe nach den Vorschriften, welche für das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Be­ sitzer von dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Eigentumsanspruchs an gelten, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis oder dem Verzüge des Schuldners zugunsten des Gläubigers ein anderes ergibt. Das gleiche gilt von dem Ansprüche des Gläubigers auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen und von dem Ansprüche des Schuldners auf Ersatz von Verwendungen. Es mutz hiernach derjenige, der auf Herausgabe einer bestimmten Sache verklagt ist, vom Prozetzbeginne an sich als Verwahrer und Verwalter fremden Guts be­ trachten und die Sache (sei es ein Grundstück, ein Pferd, ein Buch oder was sonst) so behandeln, wie es von einem ordentlichen Hausvater vorausgesetzt wird, um sich, im Falle er doch zur Herausgabe verurteilt werden sollte, nicht für den Schaden verantwortlich zu machen. — Siehe auch: Prozetzzinsen. Rechtspflege, Stillstand der, Hemmung der Verjährung s. Verjährung. Rechtsungültigkeit von Verträgen rc. s. Nich­ tigkeit rc. von Rechtsgeschäften. Rechtsverletzung, Schadensersatz wegen, s. Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung. Rechtsvermutung s. Vermutung. Redakteure, unlautere Reklame durch, s. Schwindelhafte Reklame 2. Reden, Schutz gegen Veröffentlichung s. Ur­ heberrecht I. Redlicher Glaube s. Euter Glaube rc.

Refaktie s. Handelskauf. Regenwasser, Zuführung von, s. Grundeigen­ tum 2 c. Registergericht s. Handelsregister 1. Regulierung einer Erbschaft s. Erbteilung. Rehwild s. Wildschaden. Reich, das, s. Juristische Personen. Siehe auch: Reichsfiskus. Reichsanstalten s. Gefundene Sachen 3. Reichsbank s. Anlegung von Mündelgeldern 2. Reichsfiskus s. Gefundene Sachen 2 u. Gesetz­ liche Erben 3; Haftung der Rechtshandlungen der Beamten und Angestellten s. Beamte rc. 2. Reichshaftpflichtgesetz s. Haftpflicht der Eisen­ bahnen rc. Reichskassenscheine s. Zahlungsmittel, gesetz­ liche; beschädigte rc. s. Schuldverschreibungen auf d. Inhaber rc. I 2. Reichsschuldbuch. Staatsschuldbuch. Die Be­ nutzung des Reichsschuldbuchs geschieht in der Weise, daß der, welcher von dieser Einrichtung Gebrauch machen will (z. B. ein Vormund; ver­ gleiche „Vormund 4"), die von ihm angeschafften Reichsschuldverschreibungen behufs Gut­ schrift eines entsprechenden Betrages im Reichs­ schuldbuche an die Reichsschuldenverwaltung über­ sendet. Die Anlegung von Geldern in dieser Art gewährt, neben der durch die Schuldverschreibung garantierten Verzinsung, dem Eigentümer (oder seinem Vormunde rc.) die Annehmlichkeit, daß er von der Sorge für die Verwaltung des Geldes befreit ist, da ihm die Zinsen auf Wunsch an den Fälligkeitsterminen durch die Post ins Haus ge­ schickt werden, während er sonst bei Anlegung von Geld in Wertpapieren die Zinsscheme halbjährlich oder jährlich abschneiden und beim Bankier ein­ lösen mutz. Die Eintragung im Reichsschuldbuch schützt den Eigentümer aber ferner vor der Gefahr, durch Verlust oder Untergang der Wertpapiere Schaden zu erleiden. Ausführlicheres über die Ver­ waltung des Reichsschuldbuches und über das bei der Einsendung der Papiere zu beobachtende Ver­ fahren enthalten die von der Reichsschuldenverwaltung herausgegebenen „Amtlichen Nachrichten über das deutsche Reichsschuldbuch", die durch den Buchhandel zum Preise von 40 Pfg. für das Exemplar zu beziehen sind. Gleiche Einrichtungen bestehen in einzelnen Bundesstaaten, indem diese ein Staatsschuldbuch führen (so z. B. in Preutzen; Näheres dar­ über in den in gleicher Weise und zu demselben Preise erhältlichen „Amtlichen Nachrichten über das preuhische Staatsschuldbuch"). Gehört eine in das Reichs- oder Staatsschuld­ buch eingetragene Forderung einer verhei­ rateten Frau und kann diese nach dem zwischen den Gatten geltenden Güterrecht nur mit Zustim­ mung des Mannes darüber verfügen, so muh sie auf Erfordern des Mannes ihre Zustimmung dazu erteilen, datz ein Vermerk in das Schuldbuch eingetragen werde, durch den die Frau an der selbständigen Verfügung über die Forderung ge­ hindert wird. Wird ein solcher Vermerk nicht eingetragen, so kann die Frau selbständig über die Forderung verfügen, insbesondere also den Schuld­ betrag sich auszahlen lassen [E 97]. Reihenfolge der Berufung zum Vormunde f. Vormundschaft 1. Reisegepäck, Beschädigung oder Verlust t>on, s. Frachtführer rc. 4.

Reisen in Prozessen, Versäumnis durch, s. Zeit­ versäumnis ic. Reisende. Schutz derselben gegen Diebstahl k., Gastwirte; Handlungsreisende s. Prokura und Handlungsvollmacht 3; schwindelhafte Reklame durch, s. Schwindelhafte Reklame 2. Reitbahnbesitzer, Haftung für Unfälle, s. Öffentlicher Verkehr rc. Reklamation wegen gelieferter mangelhafter Ware s. Handelskauf 4. Reklame s. Schwindelhafte Reklame. Religionsdiener, Bestellung zum Vormunde, Vormundschaft 1. Religionsgesellschaften s. Vereine. Religiöse Erziehung der Kinder. Die reli­ giöse Erziehung der Kinder ist durch Reichsrecht nicht geordnet [E 134]. Es gelten daher in dieser Beziehung die verschiedenen Landesrechte, ja in einzelnen Provinzen desselben Staates verschiedene gesetzliche Bestimmungen. [Die betreffenden Be­ stimmungen enthalten (nach Planck): fürPreußen ALR II 2 §§ 77, 78, 81—84, 642; Dekl. 21/11 1803; Kab.-Order 17/8 1825; Nassau. Edickt 22/26. Marz 1808; Franks. V. 5/9 1811; Ges. 30/12 1819; Bayer. Edikt 26/5 1818; Hannov. V. 31/7 1826; Kurhess. Ges. 29/10 1848; V. 13/4 1853; Holst. Ges. 14/7 1863; Schlesw. Vers. 23/4 1864; — für Bayern II. Beilage z. Verf.Urk. v. 26/5 1818; — für Sachsen 8 49; Ges. 1/11 1836; 20/6 1870 § 20; 26/4 1873 § 6 Abs. 4; — für Württemberg Edikt 15/10 1806; — für Baden 9/10 1860; — für Elsaß-Lothr. EL 119—122.] Religiöse Orden, Schenkungen an, s. Schen­ kung 7. Remissionsanspruch des Pächters f. Pacht 10. Rente s. Rentenschuld u. Leibrente; als Ent­ schädigung für zugefügten Schaden s. Schadens­ ersatz wegen unerlaubter Handlung 6; zur Er­ füllung einer Unterhalts- (Alimentations-) Pflicht Unterhaltspflicht n. 3; für den geschiedenen Ehe­ gatten! s. Ehescheidung 3; für ein uneheliches Kind Unehelicher Kinder 2. Rentengut. Das Recht der Rentengüter, die besonders in Preußen bestehen, ist reichs­ gesetzlich nicht geordnet, da dieses Recht erst in der Entwickelung begriffen ist. Es haben daher hinsichtlich der Rentengüter die Landesgesehe die erforderlichen näheren Bestimmungen zu treffen [E 62]. Rentenschuld, Mündelsicherheit einer, s. An­ legung von Mündelgeld 1; Pfandrecht an einer, s. Pfandrecht an Rechten u. 2 a. Schl. Rentenschuld [1199—1203]. Die Renten­ schuld ist eine Unterart der Grundschuld (siehe das) und anderseits ihrer rechtlichen Natur nach eine Reallast (siehe das); sie ist gerichtet aus Zah­ lung einer bestimmten Geldsumme in regel­ mäßig wiederkehrenden Terminen aus dem verhafteten Grundstück. Sie wird ebenso, wie eine Grundschuld oder Hypothek, in das Grund­ buch eingetragen. Bei der Bestellung der Renten­ schuld muß jedoch ein Betrag bestimmt werden, durch dessen Zahlung die Rentenschuld abgelöst werden kann. Die Ablösungssumme muß im Grund­ buch angegeben werden. Das Recht zur Ablösung steht nur dem Eigentümer zu; dem Gläubiger kann dieses Recht nicht eingeräumt werden; die Rente ist für ihn unkündbar. Ist jedoch infolge einer Verschlechterung des Grundstücks die Sicherheit der Rente gefährdet und hat der Gläubiger dem Eigen­

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tümer erfolglos eine angemessene Frist zur Be­ seitigung der Gefährdung gesetzt, so kann er die Zahlung der Ablösungssumme aus dem Grundstück verlangen. Der Eigentümer kann das Ablösungs­ recht erst nach vorgängiger Kündigung ausüben. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate, wenn nichts anderes bestimmt ist. Eine Beschränkung des Kündigungsrechts ist nur soweit zulässig, daß der Eigentümer spätestens nach dreißig Jahren unter Einhaltung der sechsmonatigen Frist kündigen kann [E 117]. Hat der Eigentümer gekündigt, so kann der Gläubiger nach dem Ablaufe der Kündigungs­ frist die Zahlung der Ablösungssumme aus dem Grundstücke verlangen. Eine Rentenschuld kann in eine gewöhnliche Grundschuld, eine gewöhnliche Erundschuld kann in eine Rentenschuld umgewandelt werden. Die Zu­ stimmung der im Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten ist nicht erforderlich. Reparaturen beim Mietsverträge s. Miete 2; beim Nießbrauch s. Nießbrauch; bei der Pacht s. Pacht 1. Restaurateur s. Gastwirte; als Kaufmann s. Kaufmann rc. Retentionsrecht s. Zurückbehaltungsrecht; kauf­ männisches s. Handelsgeschäfte 2. Neugeld s. Draufgabe u. Rücktritt von einem Vertrage. Reuvertrag s. Draufgabe u. Rücktritt von einem Vertrage. Richterliche Beamte, Schadensersatzpflicht we­ gen Verletzung der Amtspflicht, s. Beamte rc. Rindvieh, Haftung des Verkäufers für Fehler, s. Gewährleistung wegen Mängel rc. 9. Nolle für Gebrauchsmuster s. Gebrauchsmuster rc. 2. Rotlauf bei Schweinen f. Gewährleistung rc. 9. Rotwild s. Wildschaden. Rotz bei Tieren s. Gewährleistung rc. 9. Rückfahrkarte, Unübertragbarkeit derselben, j. Abtretung einer Forderung 1. Rückforderung einer Schenkung s. Schenkung 5; eines Testaments s. Testament 4. Rückgabe eines Schuldscheins bei Zahlungen s. Quittung; von Brautgeschenken s. Verlöbnis 2; eines Testaments s. Testament 4; einer Sicherheit (Kaution) s. Sicherheitsleistung 2. Rückgängigmachung eines Kaufes (Wande­ lung) wegen Mangel der Sache s. Gewährleistung wegen Mängel rc. 2; eines Vertrages s. Rücktritt von einem Vertrage. Rückgriff des Bürgen auf den Schuldner s. Bürgschaft. Rückkauf s. Wiederkaufsrecht. Rückkaufshändler s. Pfandleiher rc. Rückkaufsvertrag s. Wiederverkaufsrecht u. Pfand (Faustpfand) 1. Rücknahme s. Zurücknahme. Rücktritt von einem Vertrage [346—361]. 1. Zulässigkeit des Rücktritts. Von einem geschlossenen Vertrage zurücktreten können die an dem Vertrage Beteiligten zu jeder Zeit, wenn sie darüber einig sind, daß der Vertrag nicht mehr gelten, daß er aufgehoben sein solle. Ein ein­ seitiger Rücktritt dagegen, ohne Einwilligung des oder der anderen vertragschließenden Teile, ist nur in besonderen Fällen gestattet. Selbst wenn die eine von zwei vertragschließenden Personen ihre Pflichten aus dem Vertrage nicht erfüllt (nicht erfüllen kann oder nicht erfüllen will), kann der andere Teil nicht ohne weiteres vom Vertrage

zurücktreten und nun auch seinerseits die Erfüllung verweigern. Über die Voraussetzungen, unter denen dies ausnahmsweise zulässig ist, siehe unter „Gegenseitige Verträge 2, 3", „Gewährleistung ic. 4" und „Werkvertrag 7". Von diesen Fällen abgesehen bleibt der Vertrag an sich in Gültigkeit, trotz der Nichterfüllung von der anderen Seite. Das Gesetz bestimmt jedoch, datz, wenn in einem gegenseitigen Vertrage vereinbart ist, daß die Leistung des einen Teils genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer fest bestimmten Frist bewirkt werden solle, im Zweifel (d. h. wenn sich nicht ergibt, datz die Parteien etwas anderes gewollt haben, was nötigenfalls der Leistungspflichtige beweisen muh) angenommen werden soll, daß nach der Absicht der Beteiligten der andere Teil zum Rücktritt berechtigt sein soll, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder innerhalb der bestimmten Frist erfolgt [361]. Hat also z. B. jemand vom Fleischer einen Braten mit dem Bemerken gekauft, dah er ihm bis spätestens Sonntag vormittag ins Haus zu bringen sei, so kann er, wenn der Braten bis zu dem gedachten Zeitpunkt nicht geliefert ist, die spätere Lieferung ohne weiteres zurückweisen, ohne datz er später nachzuweisen braucht, datz er den Braten nun nicht mehr habe gebrauchen können. Der zum Rücktritt Berechtigte kann aber auch, trotz der nicht rechtzeitig erfolgten Erfüllung des Vertrages von der anderen Seite, beim Vertrage stehen bleiben und seine Rechte daraus, z. B. auf nachträgliche Erfüllung (Lieferung) oder auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder wegen verspäteter Erfüllung (Lieferung) geltend machen. Er kann aber nur eins von beiden, entweder vom Vertrage zurücktreten oder beim Vertrage bleiben, und ist an die einmal von ihm getroffene Wahl gebunden. Unter Umständen, wenn die Un­ möglichkeit rechtzeitiger Leistung schon im voraus feststeht, kann auch schon vor dem Eintritt des Zeitpunkts, zu dem erfüllt (geliefert) werden mutzte, oder dem Ablaufe der Frist der Rücktritt gültig erklärt werden. Veränderte Umstände. Vom Reichs­ gericht wird auch der Standpunkt vertreten, datz wegen veränderter Umstände ein einseitiger Rück­ tritt von einem Vertrage statthaft sein könne; z. B. wenn der Gläubiger eine Stundung (Zah­ lungsfrist) gewährt hat und hinterher die Ver­ mögensverhältnisse des Schuldners sich derart ver­ schlechtern, datz die Befriedigung des Gläubigers gefährdet wird, oder wenn die Gesellschaft, bei der jemand sich versichert hat, hinterher eine Fusion mit einer anderen Gesellschaft eingeht rc. Es kann aber natürlich bei einem Vertrags­ abschlüsse zwischen den Beteiligten auch ausdrück­ lich vereinbart werden, datz der eine oder andere oder beide Teile unter bestimmten Voraus­ setzungen zum Rücktritt vom Vertrage be­ rechtigt sein sollen; z. B. wenn der andere Teil den Vertrag nicht rechtzeitig oder nicht ord­ nungsmäßig erfüllt oder wenn z. B. die von dem einen Teile beabsichtigte Heirat nicht zustande kommt oder wenn die vertragschlietzende Partei die in Aussicht genommene 'Wohnsitzverlegung nicht vornimmt u. dergl. mehr [346]. Für alle diese Fälle des vertragsmätzigen Rücktrittsrechts nun gilt folgendes: Der Rücktritt erfolgt durch die Er­ klärung des einen Teils gegenüber dem anderen, datz er vom Vertrage zurücktrete; ob die Erklärung vom anderen angenommen wird oder nicht, ist

gleichgültig. Die Erklärung kann mündlich oder schriftlich geschehen. Ist der Rücktritt einmal er­ klärt, so kann er ohne Zustimmung des anderen Teils nicht widerrufen werden. Das Rücktrittsrecht findet auch dann statt, wenn der Gegenstand, den der Rücktrittsberechtigte vom anderen empfan­ gen hat, durch Zufall untergegangen oder ver­ schlechtert ist, ohne datz der Rücktrittsberechtigte diesfalls dem anderen einen Ersatz zu leisten hätte; z. B. das Pferd, das der Rücktrittsberechtigte ge­ kauft hatte, ist ohne sein Verschulden eingegangen; er kann, wenn der Fall, für den er sich das Rück­ trittsrecht vorbehalten hatte, eingetreten ist, vom Vertrage zurücktreten und den etwa gezahlten Preis zurückfordern (siehe unten), obwohl er ja seinerseits das Pferd nicht mehr an den Verkäufer zurück­ geben kann. Selbstverständlich können aber die Beteiligten etwas anderes vereinbaren, also z. B. datz ein Rücktritt des Käufers nicht mehr statthaft sein solle, wenn eine Rückgabe des Gekauften nicht mehr möglich sei. Der Rücktritt ist gesetzlich ausgeschlossen, wenn der Rücktrittsberechtigte eine wesentliche Verschlechterung oder den Unter­ gang (ganz oder zu einem erheblichen Teil) des empfangenen Gegenstandes oder die Unmöglichkeit der Herausgabe desselben verschuldet hat oder wenn die wesentliche Verschlechterung, der Unter­ gang rc. von jemandem (z. B. dem Vater, dem Vormund, dem Beauftragten rt.) verschuldet ist, für den der Rücktrittsberechtigte einzutreten hat (siehe „Vertretung von Vorsatz, Fahrlässigkeit ie.“) [351]. Ein Rücktritt ist ferner ausgeschlossen, wenn der Berechtigte die empfangene Sache durch Ver­ arbeitung oder Umbildung m eine Sache anderer Art umgestaltet hat [352]. Hat der Berechtigte den empfangenen Gegenstand oder einen erheblichen Teil des Gegenstandes veräußert oder mit dem Rechte eines Dritten belastet, so ist der Rücktritt ausgeschlossen, wenn bei demjenigen, der den Ge­ genstand infolge der Verfügung erlangt hat, die Voraussetzungen des § 351 oder des § 352 des Gesetzes (siehe vorstehend) eingetreten sind. Einer Verfügung des Berechtigten steht eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Konkursver­ walter erfolgt. Kommt der Berechtigte mit der Rückgewähr des empfangenen Gegenstandes oder eines erheblichen Teiles des Gegenstandes in Ver­ zug (siehe „Verzug des Schuldners"), so kann ihm der andere Teil eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, datz er die Annahme nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Der Rücktritt wird unwirksam, wenn nicht die Rückgewähr vor dem Ablaufe der Frist erfolgt. Ist für die Ausübung des Rücktrittsrechts eine Frist nicht vereinbart, so kann dem Berechtigten von dem anderen Teile für die Ausübung eine an­ gemessene Frist bestimmt werden. Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn nicht der Rücktritt vor dem Ab­ laufe der Frist erklärt wird. Sind bei einem Ver­ trage auf der einen oder der anderen Seite mehrere beteiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle ausgeübt werden. Erlischt das Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten, so er­ lischt es auch für die übrigen. Hat sich der eine Teil den Rücktritt für den Fall vorbehalten, datz der andere Teil seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so ist der Rücktritt unwirksam, wenn der andere Teil sich von der Verbindlichkeit durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach dem Rück­ tritte die Auftechnung erklärt.

Rücktritt von einem Vertrage. — Schadensersatz, allgemeine Bestimmungen über. Besonderes gilt für den Fall, daß der eine Teil -oder beide Teile sich den Rücktritt vom Vertrage gegen Zahlung eines Reugeldes vorbe­ halten haben [359]. Will hier ein Teil das Rück^trittsrecht ausüben, so mutz er gleichzeitig mit der Rücktrittserklärung das Reu­ geld entrichten (wenn er es nicht etwa vorher schon entrichtet hat). Tut er dies nicht und weist alsdann der andere Teil die Rücktrittserklärung aus diesem Grunde unverzüglich zurück, so geht das Rücktrittsrecht verloren, wenn nicht das Reugeld unverzüglich nach der Zurückweisung noch entrichtet wird. Haben die Parteien bei Abschliestung eines Vertrages die Bestimmung getroffen, daß der Schuldner seiner Rechte aus dem Vertrage verlustig sein soll, wenn er seine Verbindlichkeit nicht er­ füllt, so ist der Gläubiger bei dem Eintritte dieses Falles zum Rücktritt vom Vertrage berechtigt 1360]. 2. Folgen des Rücktritts vom Ver­ trage. Hat einer von beiden Teilen den Rück­ tritt vom Vertrage erklärt, so ist nun jeder Teil berechtigt, die ihm nach dem Vertrage obliegende Leistung (Zahlung, Lieferung k.) zu verweigern. Beide Teile sind verpflichtet, einander die schon empfangenen Leistungen zurückzuge­ währen; jeder mutz den anderen in die Lage zurücksetzen, als wenn der Vertrag gar nicht ge­ schlossen wäre. Hat der eine Teil etwa die emp­ fangene — und nun zurückzugebende — Sache be­ reits weiter veräußert, so mag er sehen, wie er sie wieder erlangt, um sie zurückgeben zu können; ge­ lingt ihm dies nicht, so ist er dem anderen zum Schadensersatz verpflichtet. Der Läufer, d. h. der­ jenige, der die Sache von dem zur Rückgewähr Verpflichteten gekauft hat, kann von dem anderen Teile (dem sein Verkäufer zurückgeben must) nicht in Anspruch genommen werden. Empfangene Geld­ summen sind mit Zinsen von der Zeit des Emp­ fangs an, andere Gegenstände mit allen Nutzungen, die der zur Rückgewähr Verpflichtete gezogen hat oder hätte ziehen können, zurückzugeben. Jeder Teil muh den anderen von den infolge des Ver­ trages übernommenen Verbindlichkeiten befreien. Die Herrschaft muß dem Gesinde die infolge des Vertrages bereits geleisteten Dienste vergüten, der Mieter für die infolge des Vertrages ihm über­ lassene Wohnung n. Entschädigung leisten und Zwar nach dem vertragsmäßig festgestellten Lohne bezw. Mietpreise, andernfalls nach dem üblichen Werte solcher Leistungen oder Nutzungen. Wegen des Näheren hinsichtlich der Folgen eines Rücktritts von einem Vertrage must auf die §§ 346, 347 des Gesetzes selbst verwiesen werden. Die sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflich­ tungen der Parteien sind Zug um Zug zu er­ füllen; siehe darüber unter „Gegenseitige Ver­ träge 1". Rücktritt von einem Verlöbnis s. Verlöbnis 1; mit einer Hypothek s. Rangverhältnis. Rücktrittsrecht s. Rücktritt von einem Ver­ trage; bei Abzahlungsgeschäften s. Abzahlung ic. 1; beim Verkauf beweglicher Sachen unter Eigen­ tumsvorbehalt s. Lauf und Verkauf 11. Rückzahlung eines Lapitals s. Darlehn. Ruf, Ausbeutung des guten Rufs einer Firma J. Unredliche Benutzung eines Namens rc. Rufname s. Namensänderung. Rügepflicht, sog., bei Laufleuten, s. Handels­ kauf 4.

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Ruhegehalt s. Pension. Ruhen der elterlichen Gewalt s. Eltern und Linder 7; der Verjährung s. Verjährung. Rundreisekarten s. Rückfahrkarten. Ruh, Zuführung von, s. Grundeigentum rc. 2 c.

% Sachbeschädigung s. Schadensersatz wegen un­ erlaubter Handlung. Sachen [90]. Sachen im Sinne des Ge­ setzes sind nur körperliche Gegenstände. Wenn dagegen das Gesetz von „Gegenständen" spricht, so können darunter sowohl körperliche Sachen, wie auch Rechte verstanden werden. Sachen, bewegliche,, s. Bewegliche Sachen; Ver­ äußerung durch einen Vormund s. Vormund 3; vertretbare s. Vertretbare Sachen; verbrauchbare s. Verbrauchbare Sachen; Vorlegung von, s. Vor­ legung von Sachen. Sachverständige, Feststellung des Zustandes oder Wertes von Sachen durch, s. Zustand oder Wert rc.; landwirtschaftliche, Zuziehung bei Pfän­ dungen s. Pfändung rc. 1. Sachverständigenkammern s. Urheberrecht I 7 c u. II 6 a. Schl. Sachwucher s. Wucher. Salär s. Gehalt. Saldopsändung s. Handelsgeschäfte 1. Samen als Bestandteil eines Grundstücks s. Bestandteile. Sammelwerke, periodische, Beiträge für, s. Verlagsrecht 3. Sammlung, öffentliche, Anordnung einer Pfleg­ schaft s. Pflegschaft lf. Sanatorien, Inhaber von, s. Laufmann rc. 1. Sandgewinnung als landwirtschaftliches Ne­ bengewerbe s. Land- und Forstwirte als Lauf­ leute 3. Sandhaufen, verkehrshindernde, j. Öffentlicher Verkehr rc. Satzung s. Vereine u. Gesellschaft. Schaden, Haftung für, s. Schadensersatz; Haft­ pflicht rc.; Schadenszufügung. Schadensersatz, allgemeine Bestimmungen über [249—255]. Einem anderen den Schaden zu ersetzen, den er durch irgend einen Umstand er­ litten hat, kann man, auch wenn man nicht in einem Vertragsverhältnis zu ihm steht, aus ver­ schiedenen Gründen verpflichtet sein. In den meisten Fällen setzt diese Verpflichtung voraus, daß der Schaden von dem, der ihn ersetzen must, durch schuldvolles (vorsätzliches oder fahrlässiges) Handeln oder Unterlassen verursacht ist. In einigen Ausnahmsfällen (wie in diesem Buche gehörigenorts bemerkt ist) verpflichtet das Gesetz aber auch jemanden zum Schadensersatz, der den Schaden nicht verschuldet hat; vergleiche z. B. „Haftpflicht der Eisenbahnen rc.", „Tiere, Tötung durch rc.", „Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung 10", „Irrtum rc.". So haben auch die Unternehmer eines Bergbaues den durch den Bergwerksbetrieb anderen Personen, insbesondere den Grundeigen­ tümern, wenngleich ohne ihr Verschulden, zuge­ fügten Schaden zu ersetzen. Ferner haben nach § 26 der Gewerbeordnung die Nachbarn eines Grundstücks, auf dem sich eine konzessionierte ge­ werbliche Anlage befindet, deren Betrieb sie also dulden müssen, das Recht, Ersatz von dem Besitzer der Fabrik rc. zu verlangen, wenn ihnen durch den

Betrieb auch ohne Vorschulden des Unternehmers ein Schaden erwächst. Art des Schadensersatzes. In welcher Weise der zugefügte Schaden dem Geschädigten zu ersetzen ist, hängt von der Art des Schadens selbst ab. Ist nämlich eine Person verletzt oder eine Sache beschädigt, so hat der Verletzte (Geschädigte) die Wahl, ob er von dem Ersatz­ pflichtigen die Herstellung des früheren Zustandes, soweit eine solche möglich und zum Ersätze des Schadens genügend ist, oder Ersatz des Schadens in - Gelde verlangen will. Hat mir z. B. jemand ein Fenster zertrümmert, so ist der Täter zwar, wenn ich es verlange, verpflichtet, das Fenster selbst ordnungsmäßig wieder herstellen oder nötigenfalls ein neues Fenster einsetzen zu lassen; ich kann aber statt dessen verlangen, daß er mir den zur Wiederherstellung oder Erneuerung des Fensters erforderlichen Geldbetrag zahlt. Hat mir jemand den Rock zerrissen, so steht es in meiner Wahl, ob und inwieweit ich Ersatz des Schadens in Natur (durch Ausbesserung des Rockes) oder in Gelde verlangen will. Ich kann also fordern, daß der Täter mir den Wert zahlt, den der Rock hatte, bevor er zerrissen wurde, oder daß er mir die« Reparaturkosten bezahlt und außerdem denjenigen Betrag, um den der geflickte Rock weniger wert ist, als es der ungeflickte war (r), oder daß er selber mir den Rock reparieren läßt und mir außerdem den ebengedachten Minderwert ersetzt, oder end­ lich, daß er mir einen anderen Rock von gleicher Güte, wie der zerrissene war, anschafft; nur wenn das letztere mit unverhältnismäßigen Kosten für den Verpflichteten verknüpft ist, kann er es ab­ lehnen und Schadensersatz in Gelde leisten [251]. — In allen anderen Fällen, also wenn es sich nicht um die Verletzung einer Person oder die Beschädigung einer Sache handelt, muß der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand wie­ derherstellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersätze verpflichtende Umstand (z. B. ein Diebstahl, eine Eigentumsstörung, die Nichterfül­ lung eines Vertrages rc.) nicht eingetreten wäre. Inwiefern eine Wiederherstellung des früheren Zu­ standes tatsächlich möglich ist, richtet sich nach den Verhältnissen des einzelnen Falles. Ist jemandem eine Uhr gestohlen, so wird der frühere Zustand dadurch wieder hergestellt, daß die Uhr zurück­ gegeben wird; hat jemand einen Weg gesperrt, so genügt die Wegnahme des Hindernisses; ist eine Fensterscheibe zertrümmert, die Einsetzung einer neuen Scheibe. In anderen Fällen kann es zweifelhaft sein, ob eine „Wiederherstellung" über­ haupt möglich ist. Ist die Herstellung des ftüheren Zustandes nicht möglich oder ist sie zur Entschä­ digung des Erbberechtigten nicht genügend, so muß der Verpflichtete dem Geschädigten Scha­ densersatz in Gelde leisten. — Anderseits ist der zum Schadensersatz Verpflichtete berechtigt, in Fällen, wo die Wiederherstellung des früheren Zustandes nur mit unverhältnismäßigen Kosten be­ wirkt werden kann, den Gläubiger in Geld zu ent­ schädigen. Aufforderung zur Wiederherstel­ lung. Kann der Geschädigte von dem Ersatz­ pflichtigen nur Wiederherstellung des früheren Zu­ standes (nicht gleich Schadensersatz in Gelde) ver­ langen oder ist nach Bewandtnis des Falles an­ zunehmen, daß eine Geldentschädigung gezahlt wer­ den muß, weil eine Wiederherstellung in Natur nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläu­

bigers nicht genügend ist, so gibt das Gesetz dem Berechtigten ein Mittel an die Hand, sich von ber Ungewißheit, ob und wann der Verpflichtete die Wiederherstellung bewirken wird oder ob eine Wiederherstellung überhaupt nicht möglich odernicht genügend ist, dadurch zu befteien, daß er dem Verpflichteten zur Vornahme der Wiederherstellung, eine angemessene Frist mit der Erklärung be­ stimmt, daß er die Herstellung durch ihn nach dem Ablaufe dieser Frist ablehne. Läßt der Ver­ pflichtete die Frist unbenutzt verstreichen, so kann der Berechtigte nun sofort Entschädigung in Geld verlangen; die Wiederherstellung durch den Ver­ pflichteten kann er dagegen nicht mehr fordern. Diese Bestimmung wird freilich wohl nicht oft zur Anwendung kommen, da es sich bei Schadensersatzverpflichtungen, wo überhaupt eine Herstellung, des ftüheren Zustandes möglich ist, meist um die Verletzung einer Person oder um die Beschädigung einer Sache handeln wird und in diesen gälten, wie oben schon gesagt, der Ersahberechtigte von dem Schadenersatzpflichtigen sofort (ohne daß, er ihn erst aufzufordern braucht, die Sache ic. wieder Herstellen zu lassen) Ersatz des zugefügten Schadens in Gelde verlangen kann. Umfang des zu ersetzenden Schadens. Dem Berechtigten ist sowohl der unmittelbare Schaden zu ersetzen, der ihm durch die zum Scha­ densersatz verpflichtende Handlung oder Unter­ lassung zugefügt ist, als auch der mittelbare Schaden, wohin insbesondere ein dem Berechtigten etwa entgangener Gewinn gehört. Hat bei­ spielsweise jemand ein fremdes Pferd schuldhafter­ weise beschädigt, so mutz er dem Eigentümer nicht nur die Kurkosten und den etwa durch die Ver­ letzung herbeigeführten Minderwert des Tieres er­ setzen, sondern auch den Betrag, den der Eigen­ tümer während der Zeit, wo er das Tier nicht be­ nutzen konnte, mit ihm hätte verdienen können. Als. „entgangen" gilt der Gewinn, der nach dem ge­ wöhnlichen Laufe der Dinge oder nach den be­ sonderen Umständen, insbesondere nach den ge­ troffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahr­ scheinlichkeit erwartet werden konnte. Ist beispiels­ weise jemand schadenersatzpflichtig, weil er sich ver­ pflichtet hatte, einem Wirte zu einem Sängerfeste ein Tanzzelt zu liefern, und dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, so kann der Wirt den Geldbetrag, den er, wenn das Zelt rechtzeitig ge­ liefert wäre, durch die Aufnahme und Verpflegung von Gästen voraussichtlich verdient haben würde, als Schadensersatz fordern. Bei Berechnung dieses. Betrages ist natürlich zu berücksichtigen, wieviel Gäste der Wirt hätte aufnehmen können; wieviel Gäste voraussichtlich (unter Berücksichtigung der ganzen Sachlage, z. B. der Witterungsverhältnisse> das Zelt besucht haben würden; wieviel der­ artige Gäste durchschnittlich verzehren; wieviel der Wirt an den Speisen und Getränken verdient u. dergl. mehr. 3m Streitfall muß natürlich richter­ liches Ermessen, geeignetenfalls nach Anhörung von Sachverständigen, entscheiden. (Über den Um­ fang der Schadensersatzpflicht, die aus einer un­ erlaubten Handlung entsteht, vergleiche den nach­ folgenden Artikel unter 6.) Anderer Schaden als Vermöge ns schaden [253]. Ein Schadensersatz kann regel­ mäßig nur gefordert werden, wenn der Verletzte an seinem Vermögen geschädigt ist, da regel­ mäßig nur ein solcher Schaden in Gelde geschätzt werden kann. Ist jemand an seinem guten Rufe

Sähalensersatz, allgemeine Bestimmungen über. — Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung. geschädigt so sann zwar auch ein Vermögensschadenl de Folge davon sein (wenn z. B. der Verleumdelte ein Geschäftsmann ist, kann sein Kredit oder seine Kundschaft darunter leiden); meist aber wird drer Schaden kein Dermo gensschaden, daher in Gelide nicht zu schätzen sein. Auch entspricht es den Amschmungen des deutschen Volkes nicht, sich für die Vnletzung idealer Interessen mit Geld entschädigeen zu lassen. Nichtsdestoweniger hat das Gesetz aisnahmsweise in einigen Fällen einen Schademsasatz zugelassen, obwohl der zugefügte Schadem bin Vermögensschaden ist; siehe über diese Fälle „,Shadensersatz wegen unerlaubter Hand­ lung T“ rnd „Verlöbnis 1". Be idrrseitiges Verschulden [254]. Hat bei der Eitstehung des Schadens eigenes Ver­ schal den des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersätze sowie der Umfa ng des zu leistenden Ersatzes von den Um­ ständen,, risbesondere davon ab, inwieweit der Schadem vorwiegend von dem einen oder dem anderem Teile verursacht worden ist. Dies gilt auch dcann. wenn sich das Verschulden des Be­ schädigten daraus beschränkt, daß er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Sckadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen mutzte, oder daß er unterlassen hat, den Schaden durch ge­ eignete Maßregeln selbst abzuwenden oder zu mindern. Diesse Vorschrift beruht, wie das Reichsgericht sagt, ans der Erwägung, daß es nicht nur Pflicht eines jeden ist, schädliche Eingriffe in fremde Rechte zu vermeiden, sondern auch Aufgabe jedes ordent­ lichen nnd verständigen Menschen, sich und das [einige tunlichst vor Schaden zu bewahren. Wer. pochend auf die Schadensersatzpflicht eines anderen, jede Maßregel zur Abwendung oder Minderung eines ihm drohenden Schadens unterläßt, der ver­ stößt wider Treu und Glauben, wenn er den ver­ meidbar gewesenen Schaden von dem anderen er­ setzt verlangt. Welche Abwehrmaßregeln dem, welchem ein Schaden droht, zugemutet werden kön­ nen, darüber läßt sich eine aus alle Fälle passende Regel nicht aufstellen; das Gericht hat im Streit­ fall unter Abwägung aller Umstände darüber zu entscheiden. Das Gesetz legt es in solchen Fällen, wo ein eigenes Verschulden des Geschädigten mit­ gewirkt hat, den Schaden herbeizuführen, in die Hand des Richters, nach den Umständen des Falles zu ermessen, ob und inwieweit es billig sei, dem Beschädigten einen Schadensersatz zu gewäh­ ren; er kann ihm Ersatz des vollen Schadens oder eines Teils des Schadens oder auch nichts zu­ sprechen (r). Ein eigenes Verschulden kann übrigens bei Bindern unter 7 Jahren nicht vorkommen (r); wohl aber bei Kindern und jungen Leuten zwischen 7 und 18 Jahren, wenn diese die zur Er­ kenntnis der Verantwortlichkeit ihres Handelns er­ forderliche Einsicht besitzen (r); siehe hierüber den folgenden Artikel unter 4. — Übrigens ist bei der Frage, ob auch den Verletzten ein Verschulden trifft, sein Verhalten nicht bloß nach dem, was sich hinterher bei kühler Überlegung der wirklichen Sachlage als das richtige ergibt, sondern vom Standpunkte der zur Zeit des Unfalls gegebenen Lage des Beschädigten und seiner Auffassung hier­ von zu beurteilen (r). Das vorstehend Gesagte (über die Verteilung der Schadenstragungspflicht bei beiderseitigem

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Verschulden) gilt für alle Fälle des Schadens­ ersatzes (r). Haftung für ein Verschulden einesVertreters. Der Schuldner hat ein Verschul­ den seines gesetzlichen Vertreters (siehe das) und der Personen, deren er sich zur Erfüllung feiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfange zu vertreten, wie eigenes Verschulden [278]. Wer für den Verlust einer Sache oder eines Rechtes Schadensersatz zu leisten hat, ist zum Ersätze nur gegen Abtretung der Ansprüche verpflichtet, die dem Ersatzberechtigten auf Grund des Eigentums, an der Sache oder auf Grund des Rechtes gegen Dritte zustehen. Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung[823—853]. Das Gesetz unterscheidet zwischen un­ erlaubten (verbotenen) Handlungen, die nach den Strafgesetzen mit Strafe (Gefängnis, Geld­ strafe ic.) bedroht sind, und solchen unerlaubten Handlungen, die nur nach dem bürgerlichen Recht eine Verpflichtung des Täters zum Scha­ densersatz zur Folge haben. Alle Handlungen (oder Unterlassungen), die strafbar sind, geben, dem Verletzten (Geschädigten) auch einen Anspruch gegen den Täter auf Ersatz des ihm etwa zuge­ fügten Schadens (wer gestohlen, betrogen rc. hat,, muß dem Bestohlenen oder Betrogenen das ihm Weggenommene, Abgeschwindelte zurückgeben oder ihm den Schaden ersetzen); aber nicht alle Hand­ lungen oder Unterlassungen, die nach dem bürger­ lichen Gesetz zum Schadensersatz verpflichten, sindauch nach dem Strafgesetz strafbar. Die §§ 823 bis 853 des Bürgerlichen Gesetzbuchs enthalten die Vorschriften über die nach dem bürgerlichen Recht unerlaubten und daher zum Schadensersatz verpflichtenden Handlungen. Die allgemeinen Be­ stimmungen über diese unerlaubten Handlungen werden im Nachstehenden besprochen; Vorschriften, die das Gesetz über einzelne unerlaubte Handlun­ gen außerdem noch gibt, sind in den betreffenden besonderen Artikeln mitgeteilt. 1. Zum Schadensersatz ist verpflichtet, „wer vorsätzlich ober fahrlässig bas Leben, den Körper, die Gesundheit, die Frei­ heit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich ver­ letzt" [823]. Nur wer vorsätzlich oder fahr­ lässig (siehe „Fahrlässigkeit") gehandelt hat, ist nach dieser Gesetzesbestimmung zum Schadensersatz verpflichtet. Wer ein geladenes Gewehr an einem Orte hinstellt, wo Kinder oder unverständige Per­ sonen verkehren, wer im Walde bei Dürre ein Feuer anzündet, wer offene Gruben ohne Ein­ friedigung, Zugänge zu Kelleröffnungen bei Dun­ kelheit ohne Beleuchtung läßt u. dergl., hat für den daraus etwa entstehenden Schaden aufzukommen (vergleiche hierzu besonders den Artikel „Öffent­ licher Verkehr, Sicherung des"). Es ist gleichgültig, ob der Schaden durch ein Tun oder durch ein Unterlassen (r) herbeigeführt ist; auch kommt nichts daraus an, ob er überhaupt oder in dem einge­ tretenen Umfange vorhergesehen werden konnte; wer einem Kranken oder Schwächlichen, ohne daß er diesen Zustand kannte, eine an sich nur leichte Körperverletzung zugefügt, aber dadurch ein langes Siechtum des Verletzten herbeigeführt hat, ist ihm zum Ersatz alles Schadens verpflichtet. Ist ein Schaden ohne irgend ein Verschulden (ohne Vorsatz oder Fahrlässigkeit) des Täters entstan­ den, so haftet er für den Schaden nicht (vergleiche aber unten 10), abgesehen von einzelnen Fällen,

tno das Gesetz die Haftung für einen veranlaßten Schaden auch ohne ein Verschulden des Betreffen­ den besonders vorschreibt (siehe den vorstehenden Artikel im Eingänge). — Unter den „sonstigen" Mechten im Sinne dieser Vorschrift sind bloß obli­ gatorische Rechtsverhältnisse nicht zu verstehen (r). 2. Zum Schadensersatz ist ferner verpflichtet, wer „gegen ein, den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt" [823]. Solcher Art sind besonders alle Strafgesetze, die auf den Schuh der Gesamtheit oder des Einzelnen gegen schädigende Handlungen abzielen. Ferner gehören hierher die Bestimmungen der Gewerbe­ ordnung über die von den Gewerbetreibenden zum Schutze ihrer Arbeiter zu treffenden Schutzvorrich­ tungen. Auch Polizeiverordnungen fallen unter den Ausdruck „Gesetz" [E 2]. Auch hier muß ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) des Täters vorliegen. Ist nach dem betreffenden Gesetz ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden 'des Täters möglich, so ist dieser zum Schadens­ ersatz nur dann verpflichtet, wenn ihn ein Ver­ schulden trifft. Darauf, ob der Schaden voraus­ gesehen werden konnte, kommt es auch hier nicht an. 3. Endlich ist auch der zum Schadensersatz ver­ pflichtet, der „in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem an­ deren vorsätzlich Schaden zufügt" [826]. Es wird hier nicht erfordert, daß die Schaden zufügende Handlung ein einem anderen zustehendes Recht verletzt (wie unter Nr. 1) oder gegen ein, den Schuh eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt (wie unter Nr. 2); es kann vielmehr eine an sich erlaubte (durch kein Gesetz geradezu verbotene) Handlung [ein; sie muß nur gegen die guten Sitten (vergleiche „Sitte") verstoßen und der Täter muß beabsichtigt haben, dem anderen 'den Schaden zuzufügen. Fahrlässige Schadens­ zufügungen kommen hier nicht in Betracht. Was unter der Verpflichtung des Täters, dem anderen den zugefügten Schaden zu ersetzen, zu ver­ stehen ist, darüber siehe den vorigen Artikel. 4. Nichteintreten der Schadensersatz­ pflicht. Haftung für den durch andere verübten Schaden. Jedermann ist für die von thm selbst begangenen unerlaubten Handlungen und den daraus entstandenen Schaden verantwort­ lich; es kommt nicht darauf an, ob er etwa nach dem Gesetze geschäftsfähig ist (siehe „Ge­ schäftsfähigkeit") oder nicht; aber von dieser Regel gelten folgende Ausnahmen: Wer einen Schaden zugefügt hat, während er des Vernunftgebrauches beraubt war, nämlich sich im Zustande der Be­ wußtlosigkeit oder in einem die freie Willens­ bestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geislestätigkeit be­ funden hat, ist hierfür nicht verantwortlich; wohl aber haftet er für den Schaden, den er in einem sog. lichten Zwischenraum verübt hat [827]. Wer durch den Genuß geistiger Getränke oder durch ähnliche Mittel (Morphium, Cocain, Ha­ schisch ic.) in einen vorübergehenden Zustand der ebengedachten Art versetzt ist, haftet gleichfalls für den in diesem Zustande widerrechtlich verübten Schaden nur dann, wenn er selber ihn schuldvoller­ weise herbeigeführt hat, und zwar in gleicher Weise, wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele. Daß er ohne Verschulden in jenen Zustand geraten ist, muß er freilich beweisen. Kinder unter sieben Jahren sind für einen zugefügten Scha­ den nicht verantwortlich [828]. Ältere Kinder und

junge Leute, die aber das achtzehnte Lebens­ jahr noch nicht vollendet haben, sind für Schaden, den sie anderen zufügen, nur dann nicht haftbar, wenn sie bei Begehung der Handlung die zur Er­ kenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Ein­ sicht nicht besessen haben; sonst haften sie gleich erwachsenen Personen. Das gleiche gilt von Taub­ stummen. Es kann also unter Umständen schon ein Kind von sieben Jahren (natürlich durch seinen ge­ setzlichen Vertreter, den Vater oder Vormund) wegen eines von ihm angerichteten Schadens zum Ersatz herangezogen werden, wenn anzunehmen ist, daß es jene Einsicht besessen hat. (Das Reichs­ gericht hat, in Erläuterung der eben gedachten ge­ setzlichen Bestimmung, ausgesprochen, daß der Jugendliche (Taubstumme), um für sein Handeln oder Unterlassen haftbar gemacht werden zu kön­ nen, diejenige geistige Reife besitzen müsse, die ihn in den Stand setzt, das Unrecht seines Handelns gegenüber dem Mitmenschen und zu­ gleich die Verpflichtung zu erkennen, in irgend einer Weise für die Folgen seiner Handlung selbst ein­ stehen zu müssen. Ob der Betreffende im ge­ gebenen Falle die Gefährlichkeit seines Tuns wirk­ lich erkannt hat, darauf kommt es nicht an, wenn er nur die geistige Reife (die erforderliche Ein­ sicht), um dies zu erkennen, besessen hat.) Beiderseitiges Verschulden. Über die Schadensersatzpflicht in dem Falle, wenn beide, sowohl der Täter als der Verletzte, an dem Vor­ falle die Schuld tragen, siehe das in dem vor­ stehenden Artikel unter „Beiderseitiges Verschul­ den" Gesagte. Haftung für andere. Aber nicht nur für seine eigenen Handlungen ist der Mensch ver­ antwortlich; er muß unter Umständen auch für die Handlungen oder Unterlassungen anderer auf­ kommen. Wer kraft des Gesetzes (z. B. als Vater, Mutter, Vormund, Pfleger, Lehrherr) zur Führung der Aufsicht über eine Person ver­ pflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zu­ standes der Beaufsichtigung bedarf, ist zum Er­ sähe des Schadens verpflichtet, den diese Person anderen widerrechtlich zufügt, wenn er seiner Aufsichtspflicht nicht genügt hat [832]; er ist nur dann nicht haftbar, wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde. Der Aufsichtspflichtige muß dieses oder, daß er seine Aufsichtspflicht erfüllt habe, beweisen. Es folgt daraus, daß Eltern, Vormünder rc. für den von ihren Kindern oder Mün­ deln, wenn auch ohne deren Schuld, verur­ sachten Schaden regelmäßig aufzukom­ men haben, wenn es ihnen nicht gelingt, den Beweis zu führen, daß sie, soviel an ihnen liegt, alles getan haben, um das Kind von solchen schadenbringenden Handlungen abzuhalten, oder daß doch im Einzelfall, wo sie ihrer Aufsichts­ pflicht etwa nicht genügt haben, der Schaden auch dann entstanden wäre, wenn ihnen keine Verabsäumung ihrer Aufsichtspflicht zur Last gefallen wäre. Darüber, ob sie ihrer Aufsichtspflicht genügt haben, d. h. das getan haben, was nach den Umständen des Falles verständige Eltern rc. nach den vernünftigerweise an sie zu stellen­ den Anforderungen zur Erfüllung ihrer Auf­ sichtspflicht zu tun hatten (r), hat das Prozeßgericht zu entscheiden. Daß diese Entscheidung in vielen Fällen außerordentlich schwierig und danach der Ausfall eines Prozesses über eine Schadens-

ersatzklage gegen Ellern, Vormünder rc. sehr zwei­ felhaft sein kann, liegt auf der Hand. (Dos Reichsgericht hat einen Lehrherrn, dessen neun­ zehnjähriger (!) Lehrling in seinem (des Lehr­ herrn) Hause einen anderen mit einem Teschin ver­ letzt heitle, verurteilt, dem Verletzten allen aus der Verwundung entstandenen Schaden zu ersetzen, ihn insbesondere bis zu vollständiger Genesung eine monatliche Rente von 45 Mk. zu zahlen. Das Gericht hat angenommen, daß der Lehrling wegen seiner Minderjährigkeit zu den aufsichtsbedürftigen Personen gehörte, daß diese Aufsicht dem Dienst­ herrn, frei dem der Lehrling Rost und Logis hatte, oblag imb daß er dieser Aufsichtspflicht nicht ge­ nügt habe, da er ihm das Tesching hätte weg­ nehmen sollen!) — Neben dem etwa gesetzlich zur Aufsicht Ver­ pflichteten ist in gleicher Weise für den Schaden verantwortlich, wer die Beaufsichtigung der ge­ dachten Personen vertragsmäßig übernom­ men hat (z. B. Krankenwärter, Kinderfrauen, Bonnen 2c.); dies bezieht sich indes nicht auf solche Personen, die, ohne vertragsmäßig zur Aufsicht verpflichtet zu sein, sich nur tatsächlich der Be­ aufsichtigung unterzogen haben. Die zum Scha­ densersatz Herangezogenen können sich übrigens ihrerseits an den Schadenstiftern, wenn und soweit diese selbst für dm Schaden verantwortlich sind, schadlos halten. Ist durch ein Kind oder eine jugendliche oder taubstumme Person oder durch jemanden, der sich im Zustande der Bewußtlosig­ keit oder lrankhafter Störung der Geistestätigkeit befand, ein Schaden zugefügt worden, für den diese Personen selbst (das Kind rc.) nach dem Vor­ stehenden nicht haften, und ist auch von einer zur Aufsicht verpflichteten Person ein Ersatz des Scha­ dens nicht zu erlangen, so soll ausnahmsweise doch, wenn und soweit nach den Umständen, ins­ besondere den Verhältnissen der Beteiligten, die Billigkeit eine Schadloshaltung des Betroffenen erfordert, eine Ersatzleistung aus dem Ver­ mögen des Sch ad en stifters stattfinden, vor­ ausgesetzt, daß ihm dadurch nicht die Mittel ent­ zogen werden, deren er zum standesmäßigen Unter­ halte, sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unter­ haltspflichten bedarf [829]. Es gibt aber noch weitere Fälle, in denen jemand für den von einem anderen verursach­ ten Schaden haftet. Wer andere Personen (An­ gestellte, Dienstboten, Arbeiter rc.) zu einer „Verrichtung", sei diese tatsächlichen oder rechtlichen Inhalts, bestellt oder anstellt (der Geschäftsherr, Dienstherr oder sonstige Auftrag­ geber) haftet für den Schaden, den diese Personen in Ausführung der ihnen übertragenen Verrichtung anderen widerrechtlich (wenn auch ohne ihr Ver­ schulden (r)) zufügen, wenn er zu der Verrichtung .ungeeignete Personen angestellt oder, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hatte, in dieser Richtung die im Verkehr erforderliche Sorg­ falt nicht beobachtet hat [831]. Hat z. B. ein Fuhrherr einem jungen Menschen, von dem er wußte oder wissen mußte, daß er zur Leitung eines Gespanns nicht fähig sei, ein solches anvertraut, so ist er zum vollen Schadensersatz verpflichtet, wenn der Wagen infolge der Ungeschicklichkeit des Len­ kers umgestürzt ist und der Reisende einen Armbruch davongetragen hat. Das Maß der bei der Aus­ wahl des Anzustellenden von dem Dienstherrn rc. anzuwendenden Sorgfalt richtet sich natür­

lich nach der Art der Verrichtung, mit der der Ange­ stellte betraut wird. Für die Auswahl der Wagen-' führer von Automobilen z. B. sind daher ganz besonders strenge Anforderungen zu stellen (r). Der Geschädigte braucht nicht zu beweisen, daß den Ansteller (Dienstherrn, Arbeitgeber, Auftraggeber) ein Verschulden trifft, sondern dieser muß, um sich von der Schadensersatzpflicht zu befreien,, seinerseits beweisen, daß er bei der Anstellung: rc. die nötige Sorgfalt beobachtet hat, daß ihm. also keinerlei Verschulden zur Last fällt. Zum. Nachweise der Sorgfalt genügt es, wenn der An­ steller bei Anwendung der im Verkehr erforder­ lichen Sorgfalt annehmen durste, daß der von ihm, Angestellte ein ordentlicher, für die Verrichtung geeigneter Mann sei (r). Der Geschäfts Herr ist übrigens von der Ersatzpflicht frei, wenn er be­ weisen kann, daß der Schaden auch dann einge­ treten wäre, wenn er sich keine Nachlässigkeit hätte zuschulden kommen lassen. Mit der vorstehend mitgeteilten Gesetzesvor­ schrift ist aber nicht gesagt, daß ein jeder, der ausirgendeinem Grunde einen andern zu irgendwelchem Tun auffordert, für den Schaden haftbar ist, den dieser Andere bei Vornahme des von ihm ver­ langten Tuns einem anderer! zufügt. Die Haftung des Auftraggebers setzt vielmehr voraus (r), daß er dem Bestellten gegenüber die Stellung eines „Eeschäftsherrn" einnimmt, d. h. eines solchen, der ihm die erforderlichen Weisungen zu erteilen, dessen Anordnungen er Folge zu leisten hat. Ist von dem Bestellten eine Tätigkeit verlangt, bei deren Ausführung er nach eigenem Ermessen handeln und dasjenige vornehmen soll, was er auf Grund eigener Sachkunde und Erfahrung für zweckmäßig, hält, so hat der Auftraggeber (Ansteller) in bezug, auf sein Tun nicht die Stellung eines Geschäfts­ herrn. — Eine gleiche Verantwortlichkeit, wie den. Geschäftsherrn, trifft den, der für diesen die Be­ sorgung der vorgedachten Geschäfte (Anstellung des Arbeiters rc., Beschaffung der Geräte rc., Lei­ tung der Ausführung) durch Vertrag über­ nommen hat. — Wegen Ersatzes des von ihm. gezahlten Schadens kann sich übrigens der Ge­ schäftsherr (Dienstherr) an den Anstifter des Scha­ dens, den von ihm angestellten Arbeiter, Dienst­ boten ic., hallen, was freilich für ihn ohne Wert ist, wenn der Betreffende vermögenslos ist. [Un­ berührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über eine noch weitergehende Haftung des Geschäftsherrn, nämlich die, nach welchen der Unter­ nehmer eines Eisenbahnbetriebes oder eines anderen, mit gemeiner Gefahr verbundenen Be­ triebes für die aus dem Betriebe entstehenden Ge­ fahren über das vorbezeichnete Maß hinaus ein­ zustehen hat, sowie die, welche demjenigen, der ein. dem öffentlichen Gebrauch dienendes Grund­ stück zu einer Anlage oder einem Betriebe benutzen darf, die Haftung für den Schaden auferlegen, der infolge der aus der Anlage oder dem Betriebe für den öffentlichen Gebrauch entstehenden Gefahren eintritt; E 105, 106]. 5. Haftung mehrerer für einen ent­ standenen Schaden [830]. Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene uner­ laubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist: jeder von ihnen, einerlei, ob er Anstifter, Täten oder bloß Gehülfe war, und in welchem Umfange er beteiligt ist, dem Verletzten für den ganzen Schaden verantwortlich. Das gleiche gtlt„ wenn sich nicht ermitteln läßt, wer von

mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat, wenn z. B. jemand bei einer Schlägerei (einem Rauf­ handel) verletzt oder getötet ist und nicht ermittelt werden kann, wer den gefährlichen oder lolbringen­ den Schlag oder Stich ausgeführt hat, oder wenn Fische durch Abwässer, die von verschiedenen Fa­ briken in den Fluh geleitet werden, getötet sind. Das Reichsgericht sieht eine „Beteiligung" in diesem Sinne dann als vorliegend an, wenn mehrere eine unerlaubte Handlung begangen haben, die den eingetretenen Schaden verursachen konnte; wenn eine dieser Handlungen, also die ^unerlaubte Handlung eines dieser mehreren, den Schaden tatsächlich verursacht hat, der wirkliche Arheber der schaden stiftenden Handlung aber nicht ermittelt werden kann. (Der Entscheidung lag der Fall zugrunde, dah mehrere Personen mit Knall­ erbsen geworfen hatten und daß eine dritte Person durch eine dieser Knallerbsen am Auge verletzt war, ohne dah festzustellen war, wer den die Verletzung -herbeiführenden Wurf getan hatte.) — Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwort­ lich (z. V. das Kind, das den Schaden angerichtet hat, und der zur Beaufsichtigung des Kindes Ver­ pflichtete; der Geschäftsherr und der von ihm An­ gestellte 2c.), so hasten sie dem Beschädigten als Gesamtschuldner [840]; siehe darüber unter „Mehrere Gläubiger oder mehrere Schuld­ ner". Verhältnis der mehreren haftbaren Personen untereinander. Kann sich, nach dem vorstehend unter 4 und 5 Ausgeführten, der Verletzte an mehrere Personen, d. h. an jeden von ihnen nach seiner Wahl, halten, so fragt es sich, wie diese Personen zueinander stehen; ob der von dem Verletzten in Anspruch Genommene den Schaden allein zu tragen hat oder ob er von dem oder den anderen ganz oder teilweise Ersatz ver­ langen sann. Ist der Vater, der Vormund oder wer sonst eine Aufsichtspflicht verletzt hat (siehe oben 4), deswegen von dem Verletzten in An­ spruch genommen oder hat jemand als Arbeit­ geber, Dienstherr rc. (siehe daselbst) für den von seinem Untergebenen verursachten Schaden auf­ kommen müssen, so kann er sich seinerseits wegen des von ihm Gezahlten an den eigentlich Schuldigen, der den Schaden angestiftet hat (Kind, Mündel, Dienstbote, Arbeiter rc.) hallen und vollen Ersatz aus dessen Vermögen verlangen [840 Abs. 2]. Wird aber der eigentliche Täter, weil er sich in einem Zustande der Bewußtlosigkeit rc. befunden hat oder weil der Schaden von einem noch nicht sieben Jahre alten oder der erforderlichen Einsicht noch entbehrenden Kinde verübt ist (siehe Nr. 4 im Eingänge) zu einer der Billigkeit entsprechenden Entschädigung des Verletzten deshalb herangezogen, weil derjenige, der durch Derabsäumung einer Auf­ sichtspflicht den Schaden herbeigeführt hat, nicht zahlungsfähig ist, so kann sich der Täter, resp. sein Vormund oder sonstiger Vertreter, wegen Ersatzes des von ihm Gezahlten an den Aufsichtspflichtigen halten, wenn dieser etwa später zu Vermögen kommen sollte [840 Abs. 2]. (Über die Verpflich­ tung zum Ersätze des Schadens, der bei einer Zu­ sammenrottung, einem Auflauf oder einem Auf­ ruhr entstanden ist, können die Landesgesetze besondere Vorschriften erlassen; E 108.) 6. Umfang des zu leistenden Scha­ den sersatz es [842ff.]. Was unter der Ver-

pftichtung, einen Schadensersatz zu leisten, im all­ gemeinen zu verstehen und in welcher Weise der Schadensersatzanspruch geltend zu machen ist, dar­ über ist der vorstehende Artikel nachzulesen. Für den Ersatz des Schadens, der aus einer un­ erlaubten Handlung entstanden ist, enthält aber das Gesetz noch die nachfolgenden besonderen Bestimmungen. Bei jeder gegen die Person des Verletzten gerichteten unerlaubten Handlung, einer­ lei, ob es sich um die Verletzung des Körpers oder der Gesundheit oder der Ehre handelt, hat der zum Schadensersatz Verpflichtete auch die Nachteile zu ersetzen, die die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführt. Insbesondere kommen hier auch die Nachteile in Betracht, die durch Verletzung der weiblichen Ehre für die davon Betroffene entstehen. Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbssähigkeit des Verletzten aufge­ hoben oder vermindert oder tritt eine Vermeh­ rung seiner Bedürfnisse ein (z. B. der Ver­ letzte bedarf künftig eines Pflegers oder eines Wärters, eines Fahrstuhls u. dergl.), so muß ihm durch Entrichtung einer Geldrente Entschädi­ gung gewährt werden. Für diese Rente gelten hin­ sichtlich der Vorausbezahlung die für Leibrenten (siehe das) gegebenen gesetzlichen Bestimmungen. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Ersatzpflichtige Sicherheit (siehe das) zu leisten hat, richtet sich nach den Umständen. Wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt, kann der Verletzte, anstatt der Rente, eine Kapitalabfindung verlangen. Selbstverständlich kann er auch Er­ satz der Heilungs- und Kurkosten bean­ spruchen; auch diese Beträge sind auf Verlangen im voraus zu zahlen. Die vorbezeichneten Rechte des Verletzten gegen den zum Schadensersatz Ver­ pflichteten werben nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren hat. Ist die zu zahlende Rente durch Urteil fest­ gesetzt, so kann jeder Teil demnächst eine Abände­ rung des Urteils verlangen, wenn sich die Ver­ hältnisse, die für die Bemessung der Rente maß­ gebend gewesen sind, wesentlich geändert haben [C 323]; geeignetenfalls kann auch Sicherheits­ leistung oder Ahöhung der geleisteten Sicherheit gefordert werden [C 324]. Ist der Verletzte getötet [844], so hat der Ersatzpflichtige die Beerdigungskosten dem zu er­ setzen (zur Vorausbezahlung ist er nicht verpflichtet), dem sie sonst nach dem Gesetze obliegen (siehe „Nachlaßschulden 5"). Selbstverständlich sind auch in diesem Falle die Kosten einer versuchten Hei­ lung zu erstatten. Außerdem hat der Täter den Erben des Getöteten allen sonstigen Vermögens­ schaden zu ersetzen, der dem Verstorbenen infolge der tödlichen Verletzung erwachsen ist. Der Täter hat unter Umständen auch noch andere Per­ sonen, als die Erben des Getöteten, zu ent­ schädigen, nämlich solche, die der Getötete gesetzlich zu unterhalten bereits verpflichtet war oder unterhalten zu müssen in die Lage kommen konnte, und denen nun infolge der Tötung das Recht auf den Unterhalt entzogen ist. Der Ersatzpflichtige muß diesen Unterhaltsberechtigten insoweit durch Gewährung einer Geldrente Schadensersatz leisten, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unter­ halts verpflichtet gewesen sein würde. Auch hier findet das vorstehend über Vorausbezahlung der Rente, Sicherheitsleistung und eintretendenfalls an

Stelle der Rente tretende Kapitalabfindung Ge­ sagte Anwendung. Das Vorgesagte gilt aber nur dann, wenn die Unterhaltspflicht des Getöteten auf gesetzlicher Vorschrift beruhte (er hatte Z. B. seiner Frau oder seinen Kindern (Groß­ kindern) oder einem unehelichen Kinde Unterhalt zu gewähren; das Nähere über die einzelnen Fälle der gesetzlichen Unterhaltspflicht siehe unter „Un­ terhaltspflicht"); handelt es sich um eine durch Vertrag, letziwillige Verfügung rc. be­ gründete Unterhaltspflicht, so haben die Unter­ haltsberechtigten keinen Schadensersatzanspruch ge­ gen den Tater, wenn der ihnen zum Unterhalt Ver­ pflichtete getötet ist; ebensowenig haben einen solchen Anspruch Personen, denen der Getötete ohne rechtliche Verpflichtung etwa Unterhalt oder Unter­ stützungen gewährt hat. Es genügt, daß das Rechtsverhältnis (der Rechtsgrund), auf dem die Unterhaltspflicht des Getöteten beruhte, zur Zeit der tödlichen Verletzung schon bestand, wenn auch die eine oder andere Voraussetzung für die Unter­ haltsgewährung zu jener Zeit noch fehlte; z. B. der Getötete zahlte deshalb noch nicht, weil der Unterhaltsberechtigte damals noch vermögend war oder weil ein noch näher Verpflichteter vorhanden war, der später weggefallen ist. Die Unterhaltsberechtigten können in solchem Falle die Rente von dem Tage an fordern, wo der Getötete den Unter­ halt tatsächlich hätte gewahren müssen. Dagegen steht solchen Personen eine Rente nicht zu, die zur Zeit der erfolgten tödlichen Verletzung noch kein Unierhaltsrecht gegen den Getöteten hatten; es hat z. B. der Verletzte nach der Verletzung ge­ heiratet und der Tod ist als Folge der Verletzung erst später eingetreten; hier haben die Kinder aus der Ehe kein Recht auf eine Rente. Ausnahms­ weise steht unterhaltsberechtigten Kindern des Getöteten die Rente dann zu, wenn sie zur Zeit der Verletzung zwar noch nicht geboren, aber be­ reits erzeugt waren. Geht die Unterhaltspflicht, die dem Getöteten oblag, als Rachlaßschuld auf ferne Erben über (z. B. die Verpflichtung zum Unterhalt eines unehelichen Kindes), so kann der Unterhaltsberechtigte, wenn und solange die Erben Zahlungsfähig sind, kernen Anspruch gegen den Schuldigen erheben; anders, wenn die Unterhalts­ pflicht, die der Getötete zu leisten hatte, nach seinem Wegfall auf einen anderen, der in zweiter Linie, nach dem Getöteten, unterhaltspflichtig ist, über­ geht; hier können die Unterhaltsberechtigten von dem, der den Tod verschuldet hat, die Rente be­ anspruchen; der andere Unterhaltspflichtige haftet ihnen erst in zweiter Linie. Waren neben dem Getöteten andere zum Unterhalt Verpflichtete gleichen Grades vorhanden, so kann der Berechtigte von dem Schuldigen insoweit die Rente verlangen, falls er auch von dem Getöteten, falls dieser nicht getötet wäre, den Unterhalt hätte fordern können. Was die Dauer der von dem Schuldigen an den Unterhaltsberechtigten zu zahlenden Rente angeht, so soll die Rente nicht auf längere Zeit zu zahlen sein, als der Getötere mutmaßlich noch gelebt haben würde. Diese mutmaßliche Lebenszeit ist unter Berücksichtigung des Lebensalters des Ge­ töteten nach den Regeln der Sterblichkeitsb erechuung (Mortalitätsberechnung) zu ermitteln. Zu allen diesen Entschädigungsverpflichtungen samt für den Schuldigen noch eine fernere hinzu­ kommen, wenn es sich um eine Tötung oder um eine Verletzung des Körpers oder der Gesundheit oder um eine Freiheitsentziehung handelt und der

Getötete oder Verletzte kraft Gesetzes einem An­ gehörigen zur Leistung von Diensteninseinem Hauswesen oder Gewerbe verpflichtet war [845]. Rach dem Gesetz ist die Frau zur Leitung des Hauswesens und nach den Umständen auch zu Arbeiten im Hauswesen und im Geschäfte des Mannes verpflichtet; zu gleichen Dienstleistungen sind die Kinder unter gewissen Voraussetzungen verpflichtet (siehe „Ehegatten 1" und „Eltern und Kinder 2"). Die Tötung oder Verletzung rc. solcher Personen (z. B. einer Frau, die kleine Kinder hat, eines einzigen Sohnes einer Bauerswitwe, die nun zur Weiterführung der Wirtschaft einen Knecht nehmen muß) kann für die Angehörigen von schweren Folgen sein. Die hierdurch Geschädigten können von dem, der die Tötung rc. verübt hat, als Ersatz für die ihnen entgehenden Dienste gleich­ falls Zahlung einer angemessenen Geldrente verlangen, bei deren Festsetzung allerdings die Gegenleistungen, die der Getötete rc. für seine Dienstleistungen empfing, zu berücksichtigen sind. Das vorstehend über Vorausbezahlung der Rente, etwaige Sicherheitsleistung und eintretendenfalls als Ersatz für die Rente eintretende Kapitalab­ findung Gesagte findet auch hier Anwendung. Gegenseitiges Verschulden. Vor­ sätzlichkeit und Fahrlässigkeit [846]. Hat bei der Tötung, der Körperverletzung rc. außer dem Verschulden des Täters auch ein Verschul­ den des Verletzten selbst mitgewirkt, so hängt nach allgemeinen Grundsätzen (siehe „Scha­ densersatz, allgemeine Bestimmungen über") die Schadensersatzpflicht und der. Umfang der Ent­ schädigung von den näheren Umständen, insbe­ sondere davon ab, inwieweit der Tod, die Ver­ letzung rc. vorwiegend durch den einen oder den anderen verschuldet ist; dies gilt auch gegenüber den vorgebuchten Personen, die außer dem Ver­ letzten selbst wegen der Tat Schadensersatzansprüche haben. Auch ein etwaiges Verschulden dieser unterhaltsberechtigten Personen muß be­ rücksichtigt werden und kann nach Gelegenheit des Falles den Schadensersatzanspruch ausschließen oder mindern (r). Ist z. B. der Verletzte an den Folgen der Verletzung gestorben, hätte aber der tödliche Ausgang durch rechtzeitiges ärztliches Ein­ greifen abgewendet werden können und haben in solchem Falle die unterhaltsberechtigten Ange­ hörigen in grobfahrlässiger Weise die Zuziehung eines Arztes unterlassen, so hängt es vom Ermessen des Gerichts ab, ob ihnen der Schadensersatz­ anspruch ganz zu versagen oder die von ihnen ge­ forderte Entschädigung doch nur in geringerem Um­ fange zuzubilligen ist. Handelt es sich hierbei um die Verletzung einer jugendlichen Person, so ist zu berücksichtigen (r), daß ein Jugendlicher, der das siebente, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, für sein Handeln nicht verantwortlich ist, wenn er bei Begehung der Handlung oder Unterlassung nicht die zur Erkenntnis der Ver­ antwortlichkeit erforderliche Einsicht gehabt hat. — Schließlich ist noch zu bemerken, daß es für den Umfang des zu leistenden Schadensersatzes völlig gleichgültig ist, ob der Schaden (der Tod, die Ver­ letzung) von dem Schuldigen vorsätzlich herbei­ geführt ist oder ob ihm nur eine Fahrlässigkeit, und sei es auch nur eine leichtester Art, zur Last fällt. 7. Entschädigung für anderen, als Vermögensschaden. Schmerzensgeld rc. [847]. Im Falle einer Körperverletzung, einer

Gesundheilsbeschädigung oder einer Freiheitsent­ ziehung kann der Verletzte auch wegen des Scha­ dens, der kein Vermögensschaden ist, von dem Täter eine billige Entschädigung in Geld ver­ langen. Insbesondere kann hiernach, wer an seinem jtörper verletzt ist, ein angemessenes Schmer­ zensgeld fordern; die Höhe des Schmerzens­ geldes konnte das Gesetz nicht bestimmen, da sie ganz von dem Umstanden abhängt; ihre Fest­ setzung unterliegt, falls die Beteiligten sich nicht darüber verständigen, dem richterlichen Ermessen. Ein Mädchen oder eine Frau, gegen die ein Ver­ brechen oder Vergehen gegen die Sitt­ lichkeit begangen ist oder die durch Hinterlist, durch Drohung oder unter Mißbrauch eines Ab­ hängigkeitsverhältnisses zur Gestattung der außer­ ehelichen Beiwohnung bestimmt ist, hat einen An­ spruch auf eine, den Umständen des Falles und den für sie daraus entstehenden Folgen ent­ sprechende Geldentschädigung (Näheres darüber siehe in dem Artikel „Verführung"). Alle diese Entschädigungsansprüche haben aber das Besondere, daß sie auf die Erben des oder der Verletzten nicht übergehen (wie sonstige Schadensersatzan­ sprüche), wenn sie nicht bei Lebzeiten des (der) Verletzten schon vertragsmäßig anerkannt sind oder der (die) Verletzte selbst den Anspruch bereits rechtshängig gemacht hatte. Auch können die frag­ lichen Ansprüche nicht auf andere übertragen, ins­ besondere nicht von dem Verletzten abgetreten (zediert) werden. Auch eine Pfändung der An­ sprüche ist unzulässig. 8. Haftung eines Diebes, Räubers, Betrügers ic. [848—851]. Wer zur Rückgabe einer Sache verpflichtet ist, die er einem anderen durch eine unerlaubte Handlung entzogen (z. B. gestohlen, abgeschwindelt, geraubt) hat, ist auch für den zufälligen Untergang, eine aus einem anderen Grunde eintretende zufällige Unmöglichkeit der Herausgabe -oder eine zufällige Verschlechterung der Sache verantwortlich, es sei denn, daß der Untergang, die anderweitige Unmöglichkeit der Herausgabe oder die Verschlechterung auch ohne die Entziehung eingetreten sein würde. Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen (siehe das) des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an perlangen, der der Bestimmung des Wertes zu­ grunde gelegt wird. Hat der, welcher dem Be­ rechtigten eine Sache durch Diebstahl, Betrug oder eine andere unerlaubte Handlung entzogen hat und nun zur Rückgabe verpflichtet ist, Verwendun­ gen auf die Sache gemacht, so stehen ihm dem zur Rückforderung Berechtigten gegenüber dieselben Rechte zu, die sonst ein zur Herausgabe einer Sache Verpflichteter dem Eigentümer gegenüber wegen der auf 'die Sache gemachten Verwendungen hat. Hat er die Handlung vorsätzlich begangen, so ist er indes nicht berechtigt, wegen dieses Anspruches auf Ersatz der Verwendungen die Sache zurück­ zubehalten. Leistet der wegen der Entziehung oder Beschädigung einer beweglichen Sache zum Scha­ densersätze Verpflichtete den Ersatz an denjenigen, in dessen Besitze sich die Sache zur Zeit der Ent­ ziehung oder der Beschädigung befunden hat, so wird er durch die Leistung auch dann befreit, wenn ein Dritter Eigentümer der Sache war oder ein sonstiges Recht an der Sache hatte, es sei denn, daß ihm das Recht des Dritten bekannt oder nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist.

9. Verjährung des Anspruchs auf Schadensersatz [852, 853]. Der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung ent­ standenen Schadens verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkte an, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflich­ tigen Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis aber in dreißig Jahren von der Be­ gehung der Handlung an. Hat der Ersatzpflich­ tige durch die unerlaubte Handlung auf kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach der Vollendung der Verjährung zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer unge­ rechtfertigten Bereicherung (siehe das) verpflichtet. Erlangt jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den. Verletzten, so kann der Verletzte die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Auf­ hebung der Forderung verjährt ist. 10. Weitergehende Haftpflicht nach Landes gesehen. Hat jemand auf einem zum. öffentlichen Gebrauch dienenden Grundstücks z. B. einem öffentlichen Platze, einer öffentlichen Land- oder Wasserstraße, mit Genehmigung der zuständigen Behörde eine Anlage (z. B. eine Tribüne, ein Baugerüst) errichtet, so kann er nach Landesgesetz, ohne Rücksicht darauf, ob ihm ein Verschulden zur Last zu legen ist, zum Ersätze des Schadens verpflichtet sein, den jemand bei dem öffentlichen Gebrauch des Grundstücks durch die Anlage oder den Betrieb (z. B. durch einen Zu­ sammenbruch des Gerüstes) erlitten hat. Solche landesgesetzliche Vorschriften bleiben neben dem Bürgerlichen Gesetzbuch auch fernerhin in Kraft [E 109; vgl. z. B. 8 59; Hess. Ausf.Ges. 75]. Ferner kann durch Landesgesetz bestimmt to erben, daß derjenige, der gegen ein zum Schutz von Grundstücken erlassenes Strafgesetz (z. B. ein Feld- oder Forstpolizeigesetz) verstößt, zum Ersatz des dadurch veranlaßten Schadens verpflichtet ist, auch wenn ihn kein Verschulden trifft, und daß er unter gewissen Voraussetzungen auch für andere Schadenstifter haftet [E 107]. Endlich bleiben landesgesetzliche Vorschriften in Gültigkeit, die über die Verpflichtung zum Ersatz des bei einer Zu­ sammenrottung, einem Auflauf oder einem Auf­ ruhr verursachten Schadens Bestimmungen treffen [E 108]. Schadensersatz wegen Mängel einer gekauften u. Sache s. Gewährleistung wegen Mängel rc. 2\ wegen Verletzung der Amtspflicht s. Beamte^ wegen nicht rechtzeitiger Zahlung (Leistung) s. Verzug eines Schuldners; statt Erfüllung des Ver­ trages s. Leistungen 8; wegen Reklameschwindels s. Schwindelhafte Reklame 2; wegen Verletzung des. Musterschutzes s. Gebrauchsmuster rc. 3 u. Muster und Modelle. Schadenszufügung durch Menschen (überhaupt s. Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung u.. Pfändung (Privatpfändung); durch Eisenbahnen, Fabriken und andere gefährliche Betriebe s. Haft­ pflicht der Eisenbahnen rc.; durch Kinder s. Scha­ densersatz wegen unerlaubter Handlung 4; durch Angestellte, Dienstboten, Arbeiter s. ebendaselbst; durch gesetzliche und andere Vertreter s. Vertretung^ von Vorsatz rc.; durch Tiere s. Tiere u. Pfändung, (Privatpfändung); durch Sachen s. Selbstver­ teidigung 2; durch ein Gebäude s. Gebäudeein­ sturz. — Siehe auch: Schadensersatz. Schafe, Haftung des Verkäufers für Fehler, [.

Gewährleistung wegen Mängel u. 9; Pfändung von, s. Pfändung in der Zwangsvollstr. 1. Schankwirte s. Gastwirte; als Kaufleute s. Kaufmann n. Schankwirtschaft, Zubehör einer, s. Zubehör. Schatz, Finden eines, s. Gefundene Sachen 4. Schecks. Gesetzliche Bestimmungen über das Scheckwesen, die für ganz Deutschland Gültigkeit Hütten, bestehen zur Zeit noch nicht. Doch ist ein Reichsscheckgesetz in Vorbereitung. Die Be­ stimmungen des veröffentlichten Entwurfs zu diesem Gesetz, der voraussichtlich in seinen wesent­ lichen Teilen demnächst Gesetzeskraft erlangen wird, sind: Der Scheck mutz als solcher bezeichnet sein; es mutz darin der Aussteller den Adressaten (Be­ zogenen) anweisen, an einen Zahlungsempfänger eine bestimmte Summe aus seinem, des Aus­ stellers, Guthaben bei dem Bezogenen zu zahlen; der Scheck mutz vom Aussteller datiert und unter­ schrieben sein. Als Bezogene dürfen außer der Reichsbank, öffentlichen Geldinstituten und ge­ wissen eingetragenen Genossenschaften nur in das Handelsregister eingetragene Bankiers bezeichnet werden. Als Zahlungsempfänger kann eine be­ stimmte Person -oder der Überbringer bestimmt wer­ den. Der Scheck ist stets bei Sicht zahlbar, wird durch Angabe einer anderen Zahlungszeit un­ gültig; eine Annahme des Schecks durch den Be­ zogenen findet nicht statt. Der im Jnlande aus­ gestellte und zahlbare Scheck ist spätestens binnen 7 Tagen dem Bezogenen am Zahlungsorte zur Zahlung vorzulegen. Der Bezogene haftet dem Inhaber des Schecks für dessen Einlösung, wenn und soweit er zur Zeit der Vorlegung dem Aus­ steller gegenüber zur Einlösung des Schecks ver­ pflichtet ist. Ein Widerruf des Schecks seitens des Ausstellers ist dem Bezogenen gegenüber nur nach Ablauf der Vorlegungsfrist wirksam. Aussteller und Indossanten haften dem Inhaber für Ein­ lösung des Schecks. Ferner haftet der Aussteller bei Nichteinlösung des rechtzeitig vorgelegten Schecks dem Inhaber auch für den aus der Nicht­ einlösung entstehenden Schaden, wenn er sein Gut­ haben bei dem Bezogenen vorsätzlich oder grob fahrlässig überzogen oder wenn er nach Begebung des Schecks über sein Guthaben in der Absicht, die Einlösung des Schecks zu vereiteln, anderweit ver­ fügt hat. Scheidemauer s. Grundeigentum 2 g. Scheidung -s. Ehescheidung; wegen Ehebruchs ist ein Ehehindernis j. Ehehindernisse II; Schei­ dungsgründe s. Ehescheidung 1. Scheinforderung, Abtretung einer, s. Ab­ tretung einer Forderung 2. Scheingeschäfte [117] sind solche Rechtsgeschäfte, Verträge ic. bei denen alle Beteiligten darüber einig sind, daß das Geschäft nur zum Scheine vorgenommen wird, also nicht gellen soll. Solche Geschäfte sind daher regelmäßig auch ungültig (nichtig); auch andere Personen (außer den zu­ nächst Beteiligten), die aus die Rechtsgültigkeit des Geschäfts vertraut haben, werden vom Gesetz nicht geschützt, soweit nicht besondere Bestimmungen bestehen, wie z. B. die über den Schutz des öffent­ lichen Glaubens des Grundbuchs, über den Schutz des guten Glaubens beim Erwerbe von beweg­ lichen Sachen rc. Über Ausnahmsbestimmungen, die für Scheinabtretungen von Forde­ rungen und für den Erwerb von Forderungen, die nur zum Scheine bestehen, gellen, siehe unter „Abtretung einer Forderung 2". Auch für VollChrtstlanl, RechtSlextton. HL «ufl.

machten (siehe das) gilt Besonderes. Ist nämlich eine solche nur zum Scheine erteilt, so ist der Be­ vollmächtigte gleichwohl zur Vertretung des an­ deren befugt, wenn die Vollmacht von dem Voll­ machtgeber öffentlich bekannt gemacht oder doch dem, mit dem der Bevollmächtigte verhandeln soll, kundgegeben ist, oder wenn der Bevollmächtigte eine ihm vom Vollmachtgeber ausgehändigte Vollmachtsurkunde vorlegen kann [171, 172]. Für Eheschließungen gilt der Satz, daß sie nicht des­ halb nichtig sind, weil sie nur zum Schein ge­ schlossen sind [1323]. — Oft versteckt sich unter dem Scheingeschäft, das die Parteien gar nicht wollen, ein anderes, von ihnen wirklich beabsichtig­ tes Geschäft; z. B. es wird eine Schenkung, die der eine dem anderen machen will, zum Scheine in die Form eines Kaufgeschäfts gekleidet; dann ist dies wirklich gewollte, unter dem Scheingeschäft versteckte Geschäft gültig, wenn sonst die Voraus­ setzungen der Gültigkeit vorliegen, das Geschäft auch nicht etwa verboten oder an besondere For­ men geknüpft ist. Verbotene Geschäfte können dadurch, daß sie in die Form eines Scheingeschäfts gekleidet werden, niemals gültig werden. Schenken s. Schenkungen; Schenken einer For­ derung durch den Gläubiger s. Erlaß einer Schuld. Schenker s. Schenkungen. Schenkungen [516—534]. 1. Begriff der Schenkung. Eine Schenkung im Rechtssinne ist eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wenn beide Teile darüber einig sind, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Wo eins dieser Er­ fordernisse fehlt, liegt keine Schenkung im Rechts­ sinn vor, wenn man auch im gewöhnlichen Leben von einer Schenkung sprechen mag. Dies ist wich­ tig, weil das Gesetz eine große Zahl von Vor­ schriften enthält, die nur für die eigentlichen Schen­ kungen Geltung haben. Eine Schenkung kann auch mit einem anderen Rechtsgeschäfte verbunden sein. Wenn jemand einem Freunde, der sich in Not be­ findet, ein Möbelstück, das 30 Mk. wert ist, für 100 Mk. abkauft, um ihm 70 Mk. zu schenken, und der andere in diesem Sinne auf den Vertrag eingeht, so ist das Geschäft bezüglich der 30 Mk. als ein 5tauf, bezüglich der 70 Mk. aber als eine Schenkung zu beurteilen. Ob eine Ausstattung, die die Eltern einem cttnbe bei seiner Verhei­ ratung oder Selbständigmachung mitgeben, als eine Schenkung anzusehen ist, richtet sich nach den Umständen des Falles; siehe „Aussteuer, Aus­ stattung rc. 2". Eine Vermögenszuwendung, die in Schenkungsabsicht vorgenommen wird, kann in der verschiedensten Weise erfolgen, z. B. dadurch, daß der Schenker dem anderen das Eigentum an einer Sache überträgt, ihm ein Grundstück auf­ läßt, daß er ihm eine Forderung abtritt (zediert) oder ihm ein Nießbrauchsrecht einräumt, daß er für ihn eine Schuld bezahlt oder ihm selbst eine Schuld erläßt rc. rc. Eine Schenkung kann nicht ohne Einwilligung des Beschenkten erfolgen; es hängt von ihm ab, ob er die Schenkung annehmen will oder nicht. Der Schenker hat aber das Recht, wenn die Zuwendung ohne Willen des anderen er­ folgt ist, ihn unter Bestimmung einer angemessenen Frist zu einer Erklärung darüber aufzufordern, ob er die Schenkung annehme. Lehnt der andere nicht vor Ablauf der Frist ab, so gilt die Schenkung als angenommen. Im Falle der Ablehnung kann der Schenker die Rückgabe des etwa schon Hin­ gegebenen nach den Vorschriften über die Heraus24

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Schenkungen.

gäbe einer ungerechtfertigten Bereicherung (siehe das) fordern. Es ist keine Schenkung, wenn jemand zum . Vorteil eines anderen einen Ver­ mögens eru)erb unterlaßt (es liegt hier keine Zuwendung aus seinem Vermögen, keine Vermögens Verminderung vor) ober auf ein ihm angefallenes, aber noch nicht endgültig erworbenes Recht verzichtet ober eine Erb­ schaft oder ein Vermächtnis ausschlägt. Erläßt dagegen ein Gläubiger seinem Schuldner die versprochenen (künftigen) Zinsen, so ist dies als Schenkung anzusehen,- denn er wendet ihm nun aus seinem Vermögen die zinslose unentgeltliche Nutzung des Capitals zu. Schenkung und Schenkungsver­ sprechen. Eine Schenkung kann in der Weise zur Ausführung gebracht werden, daß der Schenker den Gegenstand der Schenkung dem zu Beschenkenden gleich zu Eigentum überträgt, das geschenkte Grundstück ihm aufläßt, die geschenkte Forderung ihm sofort abtritt oder die Schuld ihm erläßt ie., so daß damit die Schenkung perfekt ist. Irgend einer besonderen Form bedarf es bei der Vornahme der Schenkung nicht. Es bedarf also beispielsweise die Abtretung (Zession) einer For­ derung in Schenkungsabsicht oder der Erlaß einer Schuld in solcher Absicht nicht etwa einer schrift­ lichen Abfassung oder gar der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung. — Es kann aber auch der Schenker dem zu Beschenkenden zunächst nur ein Schenkungsversprechen machen, durch das er sich aber verpflichten will, die beabsichtigte Schenkung demnächst auszuführen; dann muß die Übertragung der geschenkten Sache an den Be­ schenkten zu dessen Eigentum, die Abtretung der geschenkten Forderung an ihn ober was sonst von dem Schenker versprochen ist, hinterher noch er­ folgen. Für solche Schenkungsversprechen stellt das Gesetz die Regel auf, daß sie nur dann Gültigkeit haben, wenn sie gerichtlich oder notariell beurkundet sind (siehe darüber unter „Form der Rechtsgeschäfte 2"). Dieses Erfordernis gilt nur für die Erklärung des Schenkers (das Schenkungsversprechen); die Er­ klärung des Beschenkten über die Annahme der Schenkung ist ohne jede Form gültig; sie kann daher insbesondere auch stillschweigend erfolgen. Das gleiche gilt, wenn ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis (siehe „Schuld­ versprechen K.“) schenkungsweise erteilt wird, von diesem Versprechen oder dieser Anerkennungserklä­ rung. Die obige Formvorschrift wird aber bedeutungslos, wenn der Schenker, der zu­ nächst nur.ein Schenkungsversprechen abgegeben hat, hinterher die Schenkung tatsächlich voll­ zieht (die Sache übergibt, das Grundstück auf­ läßt, die Forderung abtritt u.); dann ist die Schenkung rechtsgültig, obwohl das Schenkungs­ versprechen wegen der fehlenden gerichtlichen oder notariellen Beurkundung rechtsunverbindlich war und der Beschenkte aus die Erfüllung des Ver­ sprechens nicht hätte klagen können. Die voll­ zogene Schenkung ist auch dann gültig, wenn der Schenker irrtümlich glaubte, aus feinem Schenkungsversprechen zur Hingabe verpflichtet zu sein [518]. — Der schenkungsweise erfolgte Erlaß einer Schuld bedarf keiner gerichtlichen oder notariellen Beurkundung (r). Schenkung eines Vermögens. Etwas anders liegt der Fall, wenn sich jemand durch einen Vertrag verpflichten will, sein ganzes gegenwär­

tiges Vermögen (ober einen Bruchteil, z. B. die Hälfte, ein Viertel davon) zu verschenken. Ein solcher Vertrag bedarf zu seiner Rechtsgültigkeit der gerichtlichen ober notariellen Beurkundung (siehe „Form der Rechtsgeschäfte 2") [311]. Fehlt diese, so kann der Beschenkte aus dem Vertrage nicht klagen. Erfüllt der Schenker den Vertrag in der irrtümlichen Annahme, daß er dazu verpflichtet sei, so kann er das Gegebene zurück­ fordern [813]. Vollzieht er dagegen hinterher die Schenkung, ganz ober teilweise, ohne durch solche irrtümliche Meinung dazu bewogen zu werden, so sind die einzelnen Schenkungsakte gültig. Weigerung der Erfüllung eines Schenkungsversprechens. Die Schenkung ist ein Vertrag, der nicht einseitig rückgängig gemacht werden kann; wer etwas schenkweise versprochen hat, muß sein Versprechen erfüllen. Aber es gibt doch Fälle, wo der Schenker be­ rechtigt ist, die Erfüllung zu verweigern, nämlich wenn und soweit der Beschenkte in Anbetracht seiner sonst schon bestehenden Verpflichtungen durch die Erfüllung des Versprechens außerstand gesetzt sein würde, seinen eigenen standesgemäßen Unterhalt und den seiner Angehörigen, die er gesetzlich zu unterhalten verpflichtet ist (siehe „Unterhalts­ pflicht"), zu bestreiten. Hat er mehreren Personen Schenkungsversprechen gegeben, so hat der zuerst Beschenkte den Vorzug; der zuletzt Beschenkte hat also zunächst den Ausfall zu tragen [519]. (Über die Rückforderung einer bereits vollzogenen Schenkung s. unten 4, 5.) Stirbt der Schenker, ehe er sein Ver­ sprechen erfüllt hat, so haben nach allgemeinen Grundsätzen seine Erben den Vertrag zu erfüllen. Davon gilt eine Ausnahme für den Fall, daß der Schenker dem Beschenkten eine Rente oder eine andere in wiederkehrenden Fristen zu entrichtende Unterstützung (z. B. zum Studium, zur Begrün­ dung eines eigenen Haushalts) zugesichert hat; hier erlischt die Verpflichtung (wenn nichts anderes bestimmt ist) mit dem Tode des Schenkers, wäh­ rend für die bis dahin bestandene Verpflichtung seine Erben aufzukommen haben. Der Schenker ist nur dann, wenn er die Erfüllung seines Schen­ kungsversprechens vorsätzlich vereitelt hat oder wenn ihm die Erfüllung durch grobe Fahrlässig­ keit unmöglich gemacht ist, dem Beschenkten zum Schadensersatz verpflichtet. Das gilt auch für den Erben des Schenkers. Wenn der Schenker mit der Erfüllung seines Versprechens im Verzüge ist, so mutz er, gleich jedem anderen Schuldner, dem Be­ schenkten für die ihm daraus entstandenen Nachteile aufkommen (siehe darüber „Verzug des Schuld­ ners"); nur ist der Schenker nicht verpflichtet, dem Beschenkten vom Zeitpunkte des Verzuges an ohne weiteres Verzugszinsen zu zahlen, wie andere Schuldner; er braucht dem Beschenkten nur den Schaden zu ersetzen, den dieser nachweislich durch die Säumnis in der Erfüllung des Schen­ kungsversprechens erlitten hat. 2. Haftung des Schenkers für Frei­ heit von Rechten an der Sache oder von Fehlern. Hat der Schenker dem Beschenkten eine Zuwendung aus seinem eigenen (ver­ meintlichen) Vermögen gemacht, so haftet er ihm nicht dafür, wenn es sich hinterher herausstellt, daß der Schenkgegenstand ihm gar nicht gehörte oder daß anderen Personen Rechte daran zustehen; er hat eben die Sache nur so verschenken wollen, wie! et sie selbst gehabt hat. Nur wenn er etwas

-verschenkt und dabei arglistig verschweigt, daß ihm die verschenkte Sache gar nicht gehört oder andere Rechte daran haben, ist er verpflichtet, dem Beschenkten den ihm daraus etwa entstehenden Schaden zu ersetzen. Hat dagegen der Schenker die Leistung eines Gegenstandes versprochen, den er erst erwerben sollte, und ergibt sich demnächst, dah der vom Schenker erworbene und dem Schenkaehmer ausgehändigte Gegenstand Eigentum eines anderen oder mit Rechten anderer Personen be­ haftet ist, so kann der Beschenkte vom Schenker Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Schen­ kungsvertrages verlangen, wenn der RechtsMangel der Sache dem Schenker bei dem Erwerbe der Sache bekannt gewesen ist oder wenn er ihm doch nur infolge grober Fahrlässigkeit hat unbe­ kannt bleiben können. Die für die Gewähr­ leistungspflicht des Verkäufers geltenden Vor­ schriften des § 433 Abs. 1, der §§ 434 bis 437, des § 440 Abs. 2 bis 4 und der §§ 441 bis 444 des Gesetzbuchs fliehe „Gewährleistung wegen Mängel u.") finden hier entsprechende Anwendung ,[523]. Hat die verschenkte Sache irgend einen Feh­ ler, z. B. das verschenkte Tier ist mit einer -Krankheit behaftet, die Uhr hat einen Schaden, das Buch ist nicht vollständig rc., so hastet der Schenker dem Beschenkten hierfür nur dann, wenn er diesen Fehler gekannt und ihn dem Beschenkten arglistig verschwiegen hat; er ist dann ver­ pflichtet, ihm den etwa daraus entstehenden Scha­ den zu ersetzen. Handelt es sich jedoch um eine nur der Gattung nach bestimmte Sache, die der Schenker versprochen hat und die er erst für den Beschenkten erwerben sollte, so kann dieser, Wenn die ihm demnächst gelieferte Sache fehlerhaft ist, an Stelle der gelieferten eine fehlerfreie ver­ langen, wenn der Schenker beim Erwerbe der Sache wußte, daß die Sache fehlerhaft war, oder wenn ihm dieser Fehler nur infolge grober Fahrlässigkeit entgangen ist. Hat in solchem Falle der Schenker den Fehler arglistig verschwiegen, so kann der Be­ schenkte statt der Lieferung einer fehlerfreien Sache auch Schadensersatz wegen Nichterfüllung seines Versprechens vom Schenker verlangen. Auf diese Ansprüche finden die Vorschriften über die Gewähr­ leistung wegen Fehler einer gekauften Sache (siehe „Gewährleistung wegen Mängel rc.") ent­ sprechende Anwendung [524]. 3. Schenkungen mit einer Auflage an den Beschenkten [525—527]. Schenkungen sind nach ihrem Rechtsbegriff zwar unentgeltliche Vermögenszuwendungen; das schlietzt aber nicht nus, daß der Schenker dem Beschenkten eine Auf­ lage macht, deren Erfüllung dieser mit Annahme der Schenkung übernimmt; es verschenkt z. B. jemand ein Grundstück mit der Auflage, daß der Empfänger für die Armen der betreffenden Ge­ meinde 1000 Mk. zahle, oder ein Kapital mit der Bestimmung, dah einer dritten Person der Nieß­ brauch oder der Zinsengenuß daran auf eine be­ stimmte Zeit zustehen solle. Derartige Auflagen an den Beschenkten können nicht nur zugunsten anderer Personen, sondern auch zugunsten des Schenkers oder des Beschenkten selbst gemacht werden. Wer eine Schenkung unter solcher Auflage gemacht hat, kann von dem Beschenkten die Erfüllung der Auf­ lage verlangen, aber erst, nachdem er selber die Schenkung ausgeführt hat. Ist die dem Beschenkten gemachte Auflage in seinem eigenen Interesse ge­ macht, z. B. es ist ihm ein Bauplatz geschenkt,

damit er darauf ein Wohnhaus baue, so kann der Schenker die Ausführung des Baues verlangen, vorausgesetzt, daß nach der Absicht der Beteiligten wirklich eine verbindliche Auflage an den Be­ schenkten vorliegt, nicht bloß ein guter Rat oder Wunsch 'des Schenkers. Ist die Auflage zu­ gunsten einer anderen Person gemacht, so hängt es von der Auslegung des zwischen dem Schenker und dem Beschenkten geschlossenen Ver­ trages ab, ob dieser andere wegen der Erfüllung der Auflage, z. B. wegen der Auszahlung der ihm zukommenden Zinsen, sich direkt an den Beschenkten wenden und im Weigerungsfall ihn darauf ver­ klagen kann; er kann dies nur, wenn aus den Um­ ständen zu schließen ist, dah dies der Absicht der zunächst Beteiligten entspricht. Auch dieser andere kann die Erfüllung der Auflage aber erst dann fordern, wenn der Schenker seinerseits erfüllt hat. Ist der Schenker gestorben, ehe der Be­ schenkte die Auflage erfüllt hat, so steht seinen Erben das Recht zu, diese Erfüllung zu fordern. Da diese aber häufig kein Interesse an der Er­ füllung der Auflagen haben, wohl gar geneigt sind, sie dem Beschenkten zu erlassen oder sich mit ihm abzufinden, so bestimmt das Gesetz, daß auch die zuständige Behörde (vergleiche „Auflagen in Testamenten" a. Schl.) nach dem Tode des Schen­ kers die Vollziehung der Auflage verlangen kann, wenn diese im öffentlichen Interesse liegt. Soweit infolge eines Mangels im Rechte oder eines Mangels der verschenkten Sache der Wert der Zuwendung die Höhe der zur Vollziehung der Auflage erforderlichen Aufwendungen nicht erreicht, ist der Beschenkte berechtigt, die Vollziehung der Auflage zu verweigern, bis der durch den Mangel entstandene Fehlbetrag ausgeglichen wird. Voll­ zieht der Beschenkte die Auflage ohne Kenntnis des Mangels, so kann er von dem Schenker Ersatz der durch die Vollziehung verursachten Aufwendungen insoweit verlangen, als sie infolge des Mangels den Wert der Zuwendung übersteigen. Unterbleibt die Vollziehung der Auflage, so kann der Schenker die Herausgabe des Geschenkes unter den für das Rücktrittsrecht bei gegenseitigen Verträgen bestimmten Voraus­ setzungen nach den Vorschriften über die Heraus­ gabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (siehe das) insoweit fordern, als das Geschenk zur Voll­ ziehung der Auflage hätte verwendet werden müssen. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn ein dritter berechtigt ist, die Vollziehung der Auflage zu verlangen. 4. Rückforderung einer Schenkung wegen Verarmung des Schenkers [528, 529]. Gerät der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung selber in Dürftigkeit, so daß er außerstande ist, aus den ihm verbliebenen Mitteln, sei es aus den Einkünften oder durch Angreifen des Kapitalvermögens (r), seinen eigenen standes­ mäßigen Unterhalt zu bestreiten und diejenigen gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen, die ihm hinsichtlich des Unterhalts von Verwandten oder des Ehegatten oder eines früheren Ehegatten etwa obliegen, so kann er insoweit, als dies zur Bestreitung seines oder der gedachten Personen Unterhalts erforderlich ist, von dem Beschenkten die Wiederherausgabe des Geschenks fordern. (Über die Rückgängigmachung einer noch nicht vollzogenen Schenkung s. oben 1.) Das Verfahren in solchem Falle regelt sich des Näheren nach den Vorschriften über die Herausgabe einer

ungerechtfertigten Bereicherung (siehe den Artikel). Der Beschentte kann aber die Rückgabe des Ge­ schenkten dadurch abwenden, daß er den für den Unterhalt erforderlichen Betrag zahlt. Auf die Verpflichtung des Beschenkten finden die Vor­ schriften des § 760 (siehe unter „Leibrenten"), sowie die für die Unterhaltungspflicht der Ver­ wandten geltende Vorschrift des § 1613 (siehe „Unterhaltspflicht") und im Falle des Todes des Schenkers auch die Vorschriften des § 1615 des Gesetzbuchs (siehe daselbst) entsprechende Anwen­ dung. Hat der Schenker mehreren Personen hinter­ einander Schenkungen gemacht, so ist zunächst der zuletzt Beschenkte zur Herausgabe der Schenkung verpflichtet; der oder die früher Beschenkten können erst nach ihm, der später Beschenkte immer vor dem rüher Beschenkten, herangezogen werden. Der Anpruch auf Herausgabe des Geschenks ist auss­ chlössen, wenn der Schenker seine Bedürftigkeit vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbei­ geführt hat oder wenn zur Zeit des Eintritts seiner Bedürftigkeit seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind. Anderseits darf aber auch der Beschenkte durch die Rückforderung des Geschenkten nicht in eine Notlage geraten. Würde er, bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen, durch die Rück­ gabe selbst außerstande gesetzt werden, seinen oder der vorgedachten Personen (Verwandte, Ehegatte) standesmäßigen Unterhalt bestreiten zu können, so ist das Rückforderungsrecht des Schenkers insoweit ausgeschlossen. 5. Widerruf von Schenkungen wegen Undanks [530—534]. Undank des Beschenkten berechtigt den Schenker zum Widerrufe der Schenkung. Ob die Schenkung schon vollzogen oder das Schenkungsversprechen noch unerfüllt ist, ist einerlei. Voraussetzung des Widerrufs ist, daß sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Un­ dankes schuldig gemacht hat. Was als eine schwere Verfehlung anzusehen ist, unterliegt dem richter­ lichen Ermessen, dem hier ein großer Spielraum gelassen ist. Ist der Schenker verstorben, so steht seinen Erben das Widerrufsrecht nur in dem Falle zu, daß der Beschenkte vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getötet oder ihn am Widerrufe der Schenkung gehindert hat. Andere Widerrufs­ gründe, als grober Undank (z. B. Verschwendung des Beschenkten, nachgeborene Kinder des Schen­ kers K.) gibt es nach dem Gesetz nicht mehr. (Über die Anfechtung von Schenkungen wegen Verletzung eines Pflichtteilsrechts siehe unter „Pflichtteil 4"; über die Ungültigkeit einer Verschenkung des künftigen Vermögens siehe „Künftiges Vermögen, Verträge über".) Will der Schenker die Schenkung widerrufen, so muß er dies dem Beschenkten erklären; die Erklärung kann mündlich oder schriftlich geschehen; besondere Formen sind dafür nicht vorgeschrieben. Nach ordnungsmäßig erfolgter Widerrufserklärung kann der Schenker die Herausgabe des Geschenks vom Beschenkten fordern; dieser muß alles das wieder herausgeben, was er von der Schenkung noch hat oder, um mit den Worten des Gesetzes zu reden, alles das, um was er durch die Schen­ kung gegenwärtig noch bereichert ist. Was hierunter zu verstehen ist, darüber wolle man den Artikel „Ungerechtfertigte Bereicherung" unter 2 nachlesen. Der Widerruf einer Schenkung ist aus­

geschlossen, wenn der Schenker dem Beschenktem den Undank (die schwere Verfehlung) verziehen hat. oder wenn ein Jahr seit dem Zeitpunkte verflossen ist, in welchem der Widerrufsberechtigte von dem. Undanke Kenntnis erlangt hat. Nachdem Tode des Beschenkten ist ein Widerruf nicht mehrzulässig, weder wegen Undankes des Verstorbenen» noch wegen etwaigen Undankes der Erben selber. Hatte übrigens der Schenker dem Beschenkten vordessen Ableben den Widerruf bereits erklärt» so kann er den Anspruch auf Herausgabe auch gegen die Erben des Beschenkten geltend machenEin Verzicht auf das Widerrufsrecht kann gültig, erst erklärt werden, wenn der Undank des Be­ schenkten dem zum Widerruf Berechtigten schon be­ kannt geworden ist. Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den An­ stand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird» unterliegen der Rückforderung oder dem Wider­ ruf nicht. 6. Schenkungen auf den Todesfall [230] sind Schenkungen, bei denen der eine dem anderen etwas für den Fall (unter der Bedingung^ verspricht, daß der Beschenkte den Schenker über­ leben würde. Solche Verfügungen sind eben Ver­ fügungen von Todeswegen, und es finden daher die Vorschriften des Gesetzes über Testamente oder Erbverträge (Vermächtnisverträge) auf sie An­ wendung. Erfüllt jedoch der Schenker schon 6et Lebzeiten sein Versprechen dadurch, daß er die ver­ machte Sache dem Beschenkten verabfolgt, so finden die vorstehend mitgeteilten Vorschriften über Schen­ kungen (unter Lebenden) Anwendung. 7. Schenkungen an religiöse Orden» juristische Personen u. Staatliche Ge­ nehmigung [E 87]. Nach dem Bürgerlichem Gesetzbuche hat der Eintritt in ein Kloster und die Ablegung von Ordensgelübden auf die privatrechtliche Stellung des Betreffenden keinen Einfluß» die Klosterpersonen und Ordensbrüder sind iit gleicher Weise rechts- und erwerbsfähig, wie andere Staatsbürger. Jedoch kann durch Landesgesetz bestimmt werden, daß die Wirksamkeit (Rechtsgültigkeit) von Schenkungen an Mitglieder religiöser Orden oder ordensähnlicher Kongrega­ tionen von einer staatlichen Genehmigung abhängig sein soll, sowie daß Mitglieder solcher Orden u. nur mit staatlicher Genehmigung etwas von. Todeswegen erwerben können. Auf Mitglieder solcher religiöser Orden ic., bei denen Gelübde auf Lebenszeit oder auf unbestimmte Zeit nicht ab­ gelegt werden, bezieht sich dies nicht. Vergleiche hierüber, wie über Schenkungen an juristische Personen den Artikel „Juristische Personen 2"» Schenkung einer Forderung s. Abtretung einer Forderung; eines Vermögens oder eines Vermögensbruchteils s. Vermögensübertragung; auf den Todesfall s. Schenkungen 6; zum Nachteil eines Vertragserben s. Erbvertrag 2; Anfechtung einer Schenkung durch einen Pflichterben s. Pflicht­ teil 4; durch einen benachteiligten Gläubiger ft Anfechtung betrügerischer rc.; des Vaters aus dem. Vermögen des Kindes s. Verwaltung rc. des> Kindesvermögens 1; durch einen Vormund s. Vor­ mund 3. Schenkungsversprechen s. Schenkung 1. Scherz. Ob scherzhafte Äußerungen (Willens-erklärungen) Rechtsfolgen haben, kann nur nach der Besonderheit des Falles beurteilt werden.. Geht jemand aus Scherz (zum Spaß) mit einem anderen, um ihn zu verspotten oder zu hänseln».

einen Vertrag ein, den er im Ernste gar nicht will, Z. B. er verkauft ihm etwas, schenkt ihm etwas ic., -aber in der Absicht, bei dem anderen die Meinung zu erregen, daß er das Geschäft im Ernste wolle, so mutz er es sich gefallen lassen, daß er beim Worte genommen wird; die von ihm ab­ gegebene Erklärung ist für ihn rechtsverbindlich, wenn der andere nicht gewußt hat, daß sie nicht ernstlich gemeint war [116]. Dies ist der Fall 3>es sog. „bösen Scherzes". Anders, wenn jemand, der eine nicht ernstlich gewollte Erklärung abgibt, dabei von der Erwartung ausgeht, daß der andere die Erklärung als Scherz auffassen werde; dann ist die Erklärung rechtsunwirksam (nichtig); es ist ie Vermögensverwaltung gerichtlich entzogen, so verbleiben ihm doch die Nutzungen des Kindes­ vermögens, wenn ihm solche überhaupt zustehen (siehe unten 2). Änderung der Sicherungsanordnungen. Haftung des Vormundschafts­ richters. Das Vormundschaftsgericht kann die von ihm zur Sicherung des Kindesvermögens ge­ troffenen Anordnungen jederzeit ändern, insbeson­ dere die Erhöhung, Minderung oder Aufhebung

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der vom Vater erforderten Sicherheit anordnen [1671, 1672]. Der Vormundschastsrichter haftet persönlich für die dem Kinde erwachsenden Nach­ teile, wenn er die ihm obliegenden Pflichten vor­ sätzlich oder fahrlässig verletzt und das Kind auf andere Weise keinen Ersatz erlangen kann [1674]. Konkurs des Vaters [1647]. Gerät der Vater in Konkurs, so geht er dadurch des Rechtes, das Vermögen seiner Kinder zu verwalten und sie in ihren Vermögensangelegenheiten zu vertreten, verlustig; sein Recht hört auf mit dem Augen­ blicke, wo der Konkurseröffnungsbeschluß rechts-, kräftig wird. Das Verwaltungsrecht geht auf einen vom Gericht zu bestellenden Pfleger über. Der Vater sowohl [1909], wie das Konkursgericht [Rf 50] haben zu diesem Behufe dem Vormundschaftsgericht von der Konkurseröffnung Anzeige zu machen. Die ihm etwa zustehenden Nutzungs­ rechte am Vermögen des Kindes verliert der Vater aber nicht dadurch, daß über ihn Konkurs eröffnet wird. Ist der Konkurs beendet, so kann das Vormundschaftsgericht dem Vater die Ver­ waltung und Vertretung wieder übertragen, wenn dies im Interesse des Kindes unbedenklich ist. Ein Recht darauf hat der Vater nicht, auch nicht im Falle eines etwaigen Zwangsvergleichs. Ende des väterlichen Verwaltungsrechts [1626, 1676ff.]. Die väterliche Ver­ mögensverwaltung hat gesetzlich ihr Ende er­ reicht, sobald das Kind volljährig (21 Jahre alt) geworden oder schon vor diesem Zeitpunkt für volljährig erklärt ist (siehe „Volljährig­ keitserklärung"), einerlei, ob das Kind außerhalb des Elternhauses eine selbständige Stellung erlangt hat oder ob es, wie z. B. unverheiratete Töchter, einstweilen oder für immer im väterlichen Haus­ stände verbleibt. Das Kind kann jetzt sein Ver­ mögen selbständig verwalten und darüber verfügen. Häufig macht aber das Kind von diesem Rechte keinen Gebrauch und beläßt sein Vermögen oder einen Teil davon nach wie vor in der Verwaltung des Vaters. Geschieht dies, so hat der Vater das Recht, die Einkünfte, die er während seiner Ver­ waltung von dem Vermögen des Kindes zieht, nach seinem freien Ermessen (nicht bloß für das Kind) zu verwenden, soweit sie nicht zu anderen Ausgaben erforderlich sind; siehe darüber das Nähere unter „Elterliche Gewalt 3". Das volljährige Kind kann jedoch selbstverständlich die Verwaltung seines Vermögens jederzeit wieder an sich nehmen. Das Verwaltungsrecht des Vaters hört einer verheirateten minderjährigen Tochter gegenüber auch soweit auf, als das Vermögen der Tochter eingebrachtes Gut (siehe das) wird; vergleiche „Ehehindernisse lb" a. Schl. Im übrigen, soweit also die Tochter Vermögen hat, das nicht eingebrachtes Gut wird, wird das Verwal­ tung siecht des Vaters durch die Verheiratung der Tochter nicht berührt. — Das väterliche Derwaltungsrecht kann aber während der Min­ derjährigkeit des Kindes auch noch durch andere Gründe beendigt oder zeitweise ausge­ schlossen werden. Abgesehen von den Fällen, daß die Verwaltung dem Vater wegen Pflichtwidrigkeit ic. gerichtlich entzogen wird (siehe oben), kann der Vater sein Verwaltungsrecht nicht ausüben (wie seine elterliche Gewalt überhaupt „ruht"), wenn er gänzlich geschäftsunfähig wird, z. B. des Vernunftgebrauches beraubt oder wegen Geistes­ krankheit entmündigt wird, oder wenn er auch nur in der Geschäftsfähigkeit beschränkt,

z. B. wegen Geistesschwäche, wegen Verschwendung oder Trunksucht entmündigt oder unter vor­ läufige Vormundschaft gestellt wird (Näheres unter „Geschäftsfähigkeit 3 und 4"); endlich wenn er selbst wegen körperlicher Gebrechen einen Pfleger für seine Person oder sein Vermögen erhält. Die väterliche Vermögensverwaltung ruht ferner, wenn der Vater auf längere Zeit durch besondere Umstände, z. B. längere Abwesenheit, Krankheit, Verbüßung einer längeren Freiheitsstrafe rc., an der Ausübung seines Rechts tatsächlich verhindert ist. Dies mutz aber durch das Vormundschaftsgericht besonders festgestellt werden; es wird alsdann dem Kinde (den Kindern) ein Pfleger be­ stellt. Hört der Hinderungsgrund auf (was wiederum durch das Vormundschaftsgericht „fest­ gestellt" werden mutz), so lebt das Verwaltungs­ recht des Vaters wieder auf. Ist die Verhinderung voraussichtlich nur eine vorübergehende, so kann dem Kinde für einzelne Angelegenheiten oder einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten ein Pfle­ ger bestellt werden. Daß das väterliche Verwaltungsrecht aus den vorbezeichneten Gründen zeitweise oder überhaupt nicht mehr ausgeübt wer­ den kann, hat auf das dem Vater etwa zustehende Nutzungsrecht an dem Vermögen seiner Kinder (unten 2) keinen Einfluß, ausgenommen, wenn nach aufgelöster Ehe die Mutter die Nutznießung er­ langt (siehe hierüber „Mutter und Kind 2b und e"). Das Verwaltungsrecht des Vaters endet selbst­ verständlich, wenn er für tot erklärt ist (siehe „Todeserklärung"); stellt sich später heraus, daß er noch lebt, so erlangt er das Recht wieder; er muß aber seinen hierauf gerichteten Willen dem Vor­ mundschaftsgerichte ausdrücklich erklären. Der Vater verliert endlich zur Strafe sein Verwallungsrecht, wenn er wegen eines an 'dem Kinde verübten Verbrechens öder vorsätzlich verübten Ver­ gehens zu Zuchthaus oder zu mindestens sechs Monaten Gefängnis rechtskräftig ver­ urteilt ist. Herausgabe des Vermögens. Rech­ nungslegung [1681]. Endigt oder ruht das Verwaltungsrecht des Vaters, so muß er dem Kinde sein Vermögen herausgeben und ihm über seine Verwaltung Rechenschaft ablegen. Dies gilt nicht nur für die Fälle, wo dem Vater wegen Pflichtwidrigkeil rc. die Verwaltung entzogen ist, sondern in allen Fällen, insbesondere auch dann, wenn das Kind volljährig geworden ist, nichts­ destoweniger aber noch im Elternhause verbleibt. Nach Lage der Sache kann das Kind auch eine eidliche Bestärkung, daß er das Kindesver­ mögen richtig angegeben habe, vom Vater ver­ langen; siehe das Nähere hierüber, wie über die Art und Weise der Rechnungsablage unter „Rech­ nungslegung". Endigt das Recht des Vaters zur Vermögensverwaltung infolge des Todes des Kindes, jo muß er den Erben des Kindes das Vermögen sofort herausgeben und ihnen Rechnung ablegen; er muß jedoch dringliche Geschäfte, die ohne Gefahr nicht aufgeschoben werden können, weiter besorgen, bis der Erbe anderweit Fürsorge treffen kann [1683]. Über die Haftbarkeit des Vaters für etwa vorgekommene Verluste oder Ver­ schlechterung von Vermögensgegenständen siehe unter 2 am Schluß. 2. Das Nutznießungsrechtdes Vaters am Vermögen der Kinder [1649ff.]. Es war vorstehend unter 1 nur davon die Rede, daß der Vater das Recht und die Pflicht habe, das

etwaige Vermögen seiner minderjährigen Kinder zu verwalten und die Kinder in ihren Ver­ mögensangelegenheiten zu vertreten. Das Recht des Vaters, das aus der ihm zustehenden elterlichen Gewalt über seine minderjährigen Kinder ent­ springt, geht aber noch weiter; er hat regel­ mäßig an dem Vermögen seiner minder­ jährigen Kinder auch die Nutznießung; er kann die Auskünfte des Vermögens für sich verwenden. Dieses Recht ist freilich nach mehreren Richtungen beschränkt. Es ist ins­ besondere zu unterscheiden zwischen dem sog. freien Vermögen des Kindes und dem nicht fr eien; das Nutzungsrecht steht dem Vater nur an dem letzteren Vermögen zu [1650, 1651]. A. Freies Vermögen des Kindes. Zu dem freien, der Nutznießung des Vaters also nicht unterworfenen, Vermögen des Kindes gehören: a) Die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch des Kindes bestimmten Sachen, ins­ besondere Kleider, Schmucksachen und Arbeits­ geräte. Es versteht sich von selbst, daß hier nur von solchen Sachen die Rede sein kann, die dem Kinde gehören (die es z. B. von der Mutter oder anderen geerbt oder geschenkt erhallen rc. hat), nicht aber von Gegenständen, die der Vater selbst dem Kinde zum Gebrauch hingegeben, aber nicht dem Kinde zu Eigentum übertragen hat. b) Alles, was das Kind durchseine Arbeit oder durch den ihm vom Vater gestatteten selbst­ ständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts (siehe darüber „Geschäftsfähigkeit 3") erwirbt (ver­ dient). Ob der Vater dem (minderjährigen) Kinde gestatten will, Arbeit anzunehmen oder ein Er­ werbsgeschäft anzufangen, hängt freilich von seinem freien Willen ab. Über die Verpflichtung des Kindes, im Hausstände und Geschäfte der Eltern unentgeltlich für diese mitzuarbeiten, vergleiche „Eltern und Kinder 2". c) Was das Kind von Todeswegen (durch Testament, Erbvertrag rc.) erworbe^ hat oder was ihm unter Lebenden von irgend jemandem un­ entgeltlich zugewendet (geschenkt) ist, wenn der Erblasser in dem Testamente rc. oder der Schenker bei der Zuwendung die Bestimmung ge­ troffen hat, daß das Vermachte oder Geschenkte nicht der Nutznießung des Vaters unter­ liegen soll. Hat der Erblasser rc. bloß bestimmt» daß das dem Kinde Zugewendete nicht unter die Verwaltung des Vaters fallen solle, daß. dem Kinde zur Verwaltung des Vermögens ein Pfleger bestellt werden solle u. dergl., so ist dem Vater damit zwar das Verwaltungsrecht (siehe: vorstehend unter 1), aber nicht die Nutznießung an dem Vermögen entzogen. — Alles, was das Kind auf Grund eines zu dem unter b und c bezeichneten Vermögen gehörenden Rechts oder als Ersatz für die etwaige Zerstörung, Beschädigung oder Ent­ ziehung eines zu dem Vermögen gehörigen Gegen­ standes oder durch ein Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf jenes Vermögen bezieht, ist gleichfalls der Nutznießung des Vaters entzogen. — Was nach dem Vorstehenden (a bis c) dev Nutznießung des Vaters nicht unterliegt, das hat er dennoch kraft seines elterlichen Rechts (gleich wie ein Vormund) für das Kind zu verwal­ ten; es gilt darüber das vorstehend unter 1 Ge­ sagte. Nur dasjenige, was das Kind aus einem ihm etwa gestalteten Erwerbsgeschäft erwirbt, fällt nicht unter die Verwaltung des Vaters, soweit das

Verwaltung und Nutzung deS Kindesvermögens durch den Vater (die Mutter). Kind die Gelder zu Zwecken des Geschäfts selbst wieder verwenden mutz. B. Nichtfreies Vermögen des Kindes. An -allem Vermögen des Kindes, das nicht zu seinem vorstehend unter A näher bezeichneten freien Vermögen gehört, hat der Vater (Me Mutter) kraft seiner elterlichen Gewalt bis zur Volljährigkeit des Kindes die volle Nutznießung; er erwirbt alle Nutzungen dieses Vermögens in derselben Weise und in demselben Umfange, wie ein Nieß­ braucher die Nutzungen der seinem Nießbrauchsrecht unterworfenen Sachen erwirbt [1652]. Es gibt daher der Artikel „Nießbrauch" auf alle hier einschlagenden Fragen die nähere Auskunft. Das Gesetz hat aber für das Nutznießungsrecht des Vaters einige besondere Bestimmungen getroffen. Befindet sich im Vermögen des Kindes bares Geld, so kann das Vormundschaftsgericht dem Vater auf seinen Antrag gestatten, daß er das Geld für sich verbraucht; er muß dann bei Beendigung seines Nutzungsrechts dem Kinde die entsprechende Summe aus seinen Mitteln erstatten [1653]. Es hängt vom Ermessen des Gerichts ab, ob es solche Verwendung von Geld in den Nutzen des Vaters ohne weiteres oder etwa nur gegen Sicherheitsleistung (z. B. Hypothekbestellung) ge­ statten will. Die Genehmigung wird das Gericht, auch ohne Sicherheit, dann erteilen müssen, wenn mit dem Interesse des Vaters zugleich das wirk­ liche Interesse des Kindes dadurch gefördert wird (r). Erteilt das Gericht die Erlaubnis nicht, so muß der Vater das Geld für das Kind nach den für Vormünder gellenden Vorschriften verzinslich belegen (siehe oben unter 1). Sind im Vermögen des Kindes andere verbrauchbare Sachen, d. h. solche, die ihrer Natur nach zum Verbrauch oder zur Veräußerung bestimmt sind (siehe „Ver­ brauchbare Sachen"), so darf er diese für sich ver­ äußern oder verbrauchen; er muß aber nach Be­ endigung seines Nutzungsrechts dem Kinde den Wert der'Sachen ersetzen [1653]. Er muß aber den Ersatz sowohl für das in seinem Nutzen ver­ wendete Geld, wie für die verbrauchten Sachen schon vorher leisten, wenn die ihm obliegende ordnungsmäßige Verwaltung des Vermögens es erfordert, z. B. wenn Gläubiger des Kindes auf Zahlung dringen oder wenn aus anderen Gründen die Beschaffung von Geld erforderlich wird. Tragung der Lasten, Verzinsung der Schulden 2C. Dafür, daß der Vater die Nutz­ nießung des Kindesvermögens hat, hat er auch die Lasten dieses Vermögens zu tragen [1654]. Er hat außer den Kosten, die durch die Gewinnung der Nutzungen selbst entstehen, auch die Kosten der Erhaltung der zum Kindesvermögen gehörenden Gegenstände zu tragen und zwar nach den Vor­ schriften, die für die Tragung der durch die Er­ haltung der Sache entstehenden Kosten durch den Nießbraucher gelten (siehe „Nießbrauch 1"). Der Vater hat aber ferner für die Dauer seiner Verwaltung und Nutznießung zu tragen: die dem Kinde obliegenden öffentlichen Lasten, wo­ hin insbesondere auch die vom Kinde zu zahlenden persönlichen Steuern gehören, mit Ausschluß derjenigen, die etwa auf dem freien Vermögen des Kindes ruhen, und der außerordentlichen Lasten, die als auf den Stammwert des Vermögens gelegt anzusehen sind; die privatrechtlichenLasten, die auf den zum Kindesvermögen gehörenden Ge­ genständen ruhen, und die Prämien (Beiträge) für die Versicherung dieser Sachen; die Zinsen der­

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jenigen Schulden (Verbindlichkeiten) des Kindes, deren Berichtigung aus dem der väterlichen Nutz­ nießung unterliegenden Kindesvermögen von den Gläubigern verlangt werden kann; die wieder­ kehrenden Leistungen anderer Art (z. B. Altenteils- oder Leibzuchtsleistungen), einschließlich der von dem Kinde nach gesetzlicher Vorschrift an bedürftige Verwandte oder an den Ehegatten etwa zu leistenden Unterhaltsbeiträge (siehe „Unterhalts­ pflicht [Alimentationspflicht]"), sofern diese Lei­ stungen derart sind, daß sie, bei ordnungsmäßiger Verwaltung aus den Einkünften des Vermögens bestritten zu werden pflegen. Die Zinsen und ge­ dachten wiederkehrenden Leistungen braucht der Vater aber dann nicht zu tragen, wenn die Ver­ bindlichkeiten und Leistungen im Verhältnis des Vaters zum Kinde dem freien Vermögen des letzteren zur Last fallen. Die vorgedachten Lasten und Verbindlichkeiten liegen an sich zwar dem Kinde ob und das Kind haftet den Gläubigern nach wie vor dafür; aber der Vater muß nicht nur, wenn sie vom Kinde bezahlt sind, diesem das Ge­ zahlte erstatten, sondern er hastet auch (neben dem Kinde als „Gesamtschuldner") den Gläubigern direkt auf die Bezahlung aus seinen eigenen Mitteln. Zu den Lasten, die der Vater als Nutz­ nießer des Kindesvermögens zu tragen hat, ge­ hören endlich auch die Kosten eines Rechts­ streites (Prozesses), der für das Kind geführt wird, sofern diese Kosten nicht etwa dem freien Vermögep des Kindes zur Last fallen (siehe weiter unten), sowie die Kosten der Verteidigung des Kindes in einem gegen das Kind gerichteten Strafverfahren. Wird das Kind verurteilt, so ist es allerdings zur Erstattung der gezahlten Ver­ teidigungskosten an den Vater verpflichtet. Überschuldung des Kindesvermö­ gens. Verzicht auf die Nutznießung. Unterhaltspflicht des Vaters. Der Va­ ter (die Mutter) muß die vorbezeichneten Lasten, die auf dem Kindervermögen ruhen, tragen ohne Rücksicht darauf, wieviel ihm die Nutznießung ab­ wirft, also auch dann, wenn die Lasten größer sind, als die Nutzungen aus dem Vermögen. Ist letzteres der Fall und will deshalb der Vater die Lasten nicht auf sich nehmen, so muß er formell dem Vormundschaftsgericht gegenüber auf die Nutznießung verzichten; siehe darüber weiter unten unter „Aufhören des Nutznießungs­ rechts". Durch den Wegfall der Nutznießung wird übrigens das Recht und die Pflicht des Vaters, das Vermögen des Kindes weiter ordnungs­ mäßig zu verwalten (siehe oben 1) nicht be­ rührt ; die Verwaltung geschieht aber nicht mehr für seine Rechnung. Daß der Vater, abgesehen von der besprochenen Verpflichtung zur Tragung der Lasten des Kindesvermögens auch das Kind selbst in allen Lebensbedürfnissen zu unterhal­ ten hat, ist an sich keine Verpflichtung, die aus dem Nutznießungsrecht des Vaters am Kindesver­ mögen hervorgeht, sondern eine Pflicht, die auf dem natürlichen Verhältnis des Vaters zu seinen Kindern beruht, die also auch dann besteht, wenn das Kind gar kein eigenes Vermögen hat. Bis zu einem gewissen Grade freilich ist die Unterhalts­ pflicht von dem Nutznießungsrecht des Vaters be­ einflußt; vergleiche hierüber das Nähere in dem Artikel „Unterhaltspflicht ic." unter 1. Weiterführung eines Geschäfts. Ge­ hört zu einem dem Kinde aus einer Erbschaft, Schenkung k. zugefallenen Vermögen, das der

Verwaltung des Vaters unterliegt, ein Erwerbsgeschäfl (ein kaufmännisches Geschäft, eine Fabrik, Mühle, Ziegelei, ein Landgut oder dergl.), so kann der Vater dieses im Namen des lindes, aber nur für eigene Rech­ nung, weiter betreiben; er ist zur Fortführung des Geschäfts verpflichtet, wenn das Interesse des lindes es erfordert; er darf das Geschäft nur ein­ gehen lassen oder veräußern, wenn die Fortführung nicht zum Vorteil des lindes sein würde. Dem Vater gebührt der aus dem Geschäftsbetriebe sich -ergebende jährliche Reingewinn [1655]. Kommt ein Verlust vor, so trifft dieser zwar zunächst das Kind (als den Geschäftsinhaber); aber der Vater muß den Verlust aus dem etwaigen Gewinn späterer Jahre decken und hat nur nach voll­ ständiger Deckung des Verlustes wieder einen An­ spruch auf den Gewinn. Dagegen braucht er den Gewinn früherer Jahre zur Ausgleichung eines Verlustes nicht herzugeben, selbst nicht, wenn er diesen Gewinn ganz oder teilweise noch in Händen hat. Das Gesagte gilt auch dann, wenn der Vater (mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts) für Rechnung des Kindes ein neues Geschäft be­ gründet haben sollte. Übrigens kann das Ver­ hältnis zwischen Vater und Kind auch so geordnet werden, daß der Vater das dem Kinde gehörige Geschäft nach den Grundsätzen über den Nießbrauch -an verbrauchbaren Sachen (siehe das) oder pacht­ weise übernimmt und es dann für eigene Rechnung und auf eigenen Namen be­ ireib 1. Zum Abschluß eines solchen Vertrages muß dem Kinde gerichtsseitig ein Pfleger bestellt werden; zur Gültigkeit des Vertrages ist die Ge­ nehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. Nutznießung, aber keine Verwaltung des Vaters (der Mutter) [1656]. Re­ gelmäßig hat der Vater kraft seiner elter­ lichen Gewalt über das minderjährige Kind sowohl die Verwaltung des Kindesver­ mögens (die Vertretung des Kindes in seinen Vermögensangelegenheiten) als auch die Nutz­ nießung dieses Vermögens. Es kann aber doch vorkommen, daß ihm zwar die Nutzung des Ver­ mögens zusteht, aber nicht die Verwaltung; dies ist der Fall, wenn etwa die verstorbene Mutter des Kindes oder ein anderer Erblasser oder Schen­ ker dem Kinde Vermögen zugewendet hat mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß der Vater zwar Sie Einkünfte ziehen, aber die Verwaltung des Ver­ mögens nicht haben solle, oder wenn von seiten des Vormundschaftsgerichts dem Vater wegen Vernach­ lässigung seiner Pflichten, wegen Vermögensverfalles ic. die Verwaltung entzogen ist oder wenn die elterliche Gewalt des Vaters ruht, weil er geschäftsunfähig (geisteskrank) geworden oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt (z. B. wegen Ver­ schwendung, Trunksucht u. entmündigt) ist oder weil er mit der Eröffnung des Konkurses auch die elter­ liche Vermögensverwaltung verloren hat (siehe über alle diese Fälle vorstehend unter 1). Es verbleibt in diesen Fällen dem Vater die Nutznießung am Kindesvermögen als ein dingliches Recht; er ist aber von der eigenen Ausübung des Nutzungsrechts ausgeschlossen; die Ver­ waltung des Vermögens steht dem durch das Gefeh für die Vermögensverwaltung anderweit be­ rufenen Vertreter des Kindes zu, der sie für Rechnung des Vaters auszuüben hat. Dieser Vertreter ist meist ein vom Gericht dem Kinde be­ stellter Vormund oder Pfleger; in den Fäl­

len, wo die elterliche Gewalt des Vaters ruht oder der Vater an der Verwaltung tatsächlich gehindert ist, ist es zunächst die Mutter; Näheres siehe unter „Mutter und Kind 2". Der Vater kann von dem Vermögensverwalter die Herausgabe der Nutzungen verlangen, soweit sie nicht zur ordnungs­ mäßigen Verwaltung des Vermögens und zur Be­ streitung der Lasten der Nutznießung verwendet werden müssen. Ruht die elterliche Gewalt des Vaters oder ist ihm die Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes gerichtlich entzogen, so können die Kosten des Unterhalts des Kindes aus den Nutzungen insoweit vorweggenommen werden, als sie dem Vater zur Last fallen. Gläubiger des Vaters und des Kin­ des. Etwaige Gläubiger des Vaters, der die Nutznießung an dem Vermögen seines Kindes hat, können selbstverständlich das Vermögen des Kindes zu ihrer Befriedigung nicht in Anspruch nehmen. Sie können aber auch die Rechte, die der Vater kraft seiner Nutznießung an diesem Vermögen hat, nicht pfänden lassen, wie auch der Vater selbst die Rechte nicht an andere Personen abtreten (sie verkaufen, verpfänden u.) kann [1658]. Die vom Vater bereits gezogenen Einkünfte des Kindes­ vermögens können die Gläubiger nur in beschränkter Weise pfänden lassen (das Nähere ergibt der § 862 der Zivilprozeßordnung). Den Anspruch des Va­ ters auf die Nutzungen des Kindesvermögens, wenn er selber die Verwaltung nicht hat (siehe oben),, können die Gläubiger, solange er nicht fällig ist, überhaupt nicht, nach diesem Zeitpunkt aber nur in beschränkter Weise pfänden lassen. Gerät der Vater in Konkurs, so gehören seine Nutzungs­ rechte an dem etwaigen Vermögen seiner Kinder nicht zur Konkursmasse; die bereits gezogenen Ein­ künfte gehören nur insoweit dazu, als sie auch von seinen Gläubigern gepfändet werden könnten. — Anders ist die Stellung etwaiger Gläubiger des Kindes; ihre Ansprüche gehen den Rechten des Vaters an dem Kindesvermögen vor, einerlei, welcher Art sie sind, ob es sich um gesetzliche Ver­ bindlichkeiten des Kindes handelt oder um Ver­ pflichtungen aus einer etwa vom Kinde begangenen unerlaubten Handlung (z. B. einer Beschädigung, einem Betrug rc.) oder um Schulden des Kindes aus Verträgen oder sonstigen Rechtsgeschäften [1659]. Ist daher gegen das Kind ein Urteil auf Zahlung oder eine andere Leistung ergangen, so kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung ohne weiteres in das der väterlichen Nutznießung unter­ liegende Kindesvermögen einleiten lassen, selbst wenn das Kind auch „freies" Vermögen besitzt, das der Nutznießung des Vaters nicht unterworfen ist. Wird über das Vermögen des Kindes Konkurs er­ öffnet, so muß das väterliche Nutzungsrecht dem Rechte der Gläubiger, ihre Befriedigung aus dem Vermögen des Kindes zu verlangen, weichen. Schulden des Kindes. Verhältnis zwischen Vater und Kind [1660]. Da das Kind außer einem Vermögen, das der Nutznießung des Vaters unterliegt, auch freies Vermögen, an dem der Vater keine Nutzungsrechte hat (siehe oben unter 2 im Eingänge), besitzen kann, muß das Ge­ setz bestimmen, aus welchem dieser beiden Ver­ mögen etwaige Schulden des Kindes zu decken sind; diese Bestimmung gilt aber nur im Verhältnis des Kindes zum Vater; die Gläubiger des Kindes können sich an beide Vermögen halten. Aus dem freien Vermögen des Kindes sind zu bezahlen: die Schulden aus uner-

Verwaltung und Nutzung des Kindesvermögens durch den Vater (die Mutter). Ioubtcn Handlungen des lindes (dazu gehören aber nicht etwaige Verpflichtungen des Kindes als un­ ehelichen Vaters gegenüber dem unehelichen Kinde und dessen Mutter) und aus einem Strafverfahren wegen solcher Handlungen; die Verbindlichkeiten aus einem Rechtsverhältnisse, das sich auf das freie Vermögen bezieht; die Kosten von Prozessen, die wegen der vorbezeichneten Schulden und Verbind­ lichkeiten geführt werden; endlich die Kosten eines Prozesses zwischen dem Vater und dem Kinde, so­ weit sie nicht dem Vater selbst zur Last fallen. Ist eine Schuld aus dem Vermögen berichtigt, die es nicht zu tragen hatte, so mutz eine entsprechende Ausgleichung stattfinden. Aufhören des Nutznießungsrechts. Das väterliche (mütterliche) Nutznießungsrecht hört auf, wenn das Kind volljährig geworden ist, also entweder das 21. Lebensjahr vollendet hat oder vor diesem Zeitpunkt für volljährig erklärt ist, oder wenn das Kind von einem anderen an Kindesstatt angenommen ist. Es hört ferner selbstverständlich auf mit dem Tode des Kindes. Fällt freilich das Vermögen zum Teil wieder an andere minder­ jährige Kinder des Vaters, so steht dem Vater in­ soweit auch fernerhin die Nutznießung zu. Die Nutznießung des Vaters endigt auch, wenn sich das Kind mit Einwilligung der Eltern, soweit diese er­ forderlich ist (siehe „Ehehindernisse lb und c"), verheiratet [1661]; heiratet das Kind ohne diese Genehmigung, so verbleibt die Nutznießung dem Vater (vergleiche „Minderjährige Ehefrauen"). Der Vater kann auf sein Nutznießungsrecht ver­ zichten; dieser Verzicht bedarf aber, um rechts­ gültig zu sein (was insbesondere für die Gläubiger des Vaters von Bedeutung sein kann), einer be­ sonderen Form: er muß dem Vormundschafts­ gericht gegenüber in öffentlich beglaubigter Form (siehe „Form der Rechtsgeschäfte 3") erklärt wer­ den [1662]. Hat der Vater kraft seiner Nutz­ nießung ein zum Kindesvermögen gehörendes Grundstück vermietet oder verpachtet und dauert das Miet- oder Pachtverhältnis bei der Beendigung der Nutznießung noch fort, so kommen dieselben Grundsätze zur Anwendung, die gelten, wenn ein Nießbraucher das seinemNießbrauchsrecht unterliegende Grundstück über die Dauer des Nießbrauchs hinaus vermietet oder verpachtet hat; siehe darüber unter „Nießbrauch 1" [1663]. Ge­ hörte zu dem der väterlichen Nutznießung unter­ liegenden Vermögen ein landwirtschaftliches Grundstück und endigt das väterliche Recht im Laufe eines Wirtschaftsjahres, so muß das Kind dem Vater diejenigen Kosten, die er auf die noch nicht getrennten, aber nach den Regeln einer ord­ nungsmäßigen Wirtschaft vor dem Ende des Wirt­ schaftsjahres zu trennenden Früchte verwendet hat, insoweit ersetzen, als sie einer ordnungsmäßigen Wirtschaft entsprechen und den Wert dieser Früchte nicht übersteigen. Handelt es sich um ein Land­ gut, so muß der Vater von den bei der Be­ endigung seiner Nutznießung vorhandenen land­ wirtschaftlichen Erzeugnissen ohne Rücksicht darauf, ob er bei dem Beginne seiner Nutznießung solche Erzeugnisse übernommen hat, soviel dem Kinde be­ lassen, als zur Fortführung der Wirtschaft bis dahin erforderlich ist, wo gleiche oder ähnliche Er­ zeugnisse gewonnen werden können, vorbehaltlich seines Rechts, Ersatz des etwaigen Mehrwertes von dem Kinde zu verlangen. Den vorhandenen, auf dem Gute gewonnenen Dünger muß jedoch der Vater ohne Vergütung dem Kinde belasten. —

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Daß die väterliche Nutznießung mit dem Tode des Vaters aufhört, versteht sich von selbst. Es kann aber vorkommen, daß der Vater verschollen und gerichtlich für tot erklärt ist (siehe „Todes­ erklärung") und hinterher sich herausstellt, daß er noch am Leben ist. Der Vater erlangt in diesem Falle das Nutznießungs- und Verwaltungsrecht am Kindesvermögen erst dann wieder, wenn er dem Vormundschastsgericht gegenüber seinen Willen er­ klärt, daß er die elterliche Gewalt über sein Kindwiederum übernehme [1679]; bis dahin sind alsodie von der Mutter oder einem Vormunde (Pfle­ ger) getroffenen Verfügungen rechtsverbindlich. Durch eine Wiederverheiratung verliert der Vater das Nutzungsrecht an dem Vermögen der Kinder nicht (anders bei der Mutter; siehe „Mutter und Kind 4"). Der Vater verwirkt die Nutznießung am Kindesvermögen (wie die elter­ liche Gewalt überhaupt), d. h. er verliert kraft des Gesetzes sein Nutzungsrecht, wenn er wegen eines an dem Kinde verübten Verbrechens (d. t. einer Straftat, die mit dem Tode oder mit Zucht­ haus oder mit Festungshaft von mehr als 5 Zähren bedroht ist) oder wegen eines an dem Kinde vorsäAich verübten Vergehens (d. i. einer Handlung, die mit Festungshaft bis zu 5 Jahren» mit Gefängnis oder mit Geldstrafe von mehr als 150 Mk. bedroht ist) zu Zuchthausstrafe oder zu einer Gefängnisstrafe von mindestens sechs Mo­ naten verurteilt ist [1680]. Es bedarf in diesem Falle keiner besonderen Entziehung des Nutznießungsrechts durch das Gericht, sondern der Ver­ lust des Rechts tritt von selbst mit der Rechtskraft des Strafurteils ein. Eine etwaige Verurteilung des Vaters wegen einer strafbaren Handlung, littb sei es auch eine solche schwerster Art, die nicht gegen das Kind selbst gerichtet ist, oder eine Verurteilung zu einer geringeren, als der vorbezeichneten Strafe zieht dagegen den Verlust des Nutznießungsrechts nicht nach sich. Es kann aber das Vormundschaftsgericht in solchem Falle dem Vater nach Umständen die Verwaltung entziehen oder» wenn er eine längere Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, „feststellen", daß er auf längere Zeit an der Ausübung der elterlichen Gewalt verhindert ist; es ruht dann seine elterliche Gewalt. Damit ist aber nur das Verwaltungsrecht des Vaters aufge­ hoben; die Einkünfte des Kindesvermögens ver­ bleiben ihm. (Vergleiche über das „Ruhen" der elterlichen Gewalt „Eltern und Kinder 7".) Herausgabe des Vermögens und Rechenschaftsablage [1681]. Selbstverständ­ lich hat der Vater, sobald das Nutznießungsrecht beendigt ist, das von ihm bisher verwaltete Vermögen dem Kinde oder dessen Erben heraus­ zugeben (soweit nicht etwa diese Erben selbst wieder unter seiner elterlichen Gewalt stehen). Ruht die elterliche Gewalt (siehe „Eltern unb Kinder 7"), so gilt ein gleiches; ist für den Vater (weil er entmündigt ist) ein Vormund bestellt, so muß dieser das Vermögen herausgeben. Geht die elterliche Gewalt auf die Mutter über (siehe „Mutter und Kind"), so hat sie den Anspruch auf Herausgabe des Vermögens. Gleichzeitig mit der Herausgabe hat der Vater (oder sein Erbe oder sein Vertreter) dem Kinde auch Rechenschaft über die Verwaltung, falls der Vater oder der Vertreter sie geführt hat, zu legen, unter Um­ ständen auch den Offenbarungseid (siehe das) dahin zu leisten, daß er nach bestem Wissen das Ver­ mögen so sorgfältig angegeben habe, als er dazu

imstande sei. Die Rechenschaftslegung wird sich, da die Einkünfte dem Vater selbst zukommen, auf das den Umständen nach Notwendige zu beschränken haben. Glaubt das Kind, Entschädigungsansprüche gegen den Vater wegen Verlustes oder Verschlech­ terung von Vermögensgegenständen zu haben, so hat der Vater zu beweisen, daß er die ihm ob­ liegende Sorgfalt (vergleiche „Eltern und Binder 6" a. Schluß) angewendet hat. Dies gilt auch, wenn es sich um Vermögensteile handelt, die mit zum Kindesvermögen gehört haben, aber aus Nachlässigkeit des Vaters gar nicht in seine Ver­ waltung gekommen sind; denn der Vater hat kraft Gesetzes die Pflicht, den Bestand des Kindesver­ mögens festzustellen, die nötigen Erkundigungen darüber einzuziehen und die geeigneten Schritte zu tun, um sich in den Besitz des Vermögens zu setzen. Auch nach einer Beendigung seines Nutznießungsrechts durch den Tod des Kindes mutz der Vater die mit der Vermögensverwaltung verbundenen Ge­ schäfte, mit deren Aufschub Gefahr verbunden ist, solange weiterführen, bis der Erbe anderweit Für­ sorge treffen kann [1683]. — Über den Fall, wenn das volljährig gewordene Kind im Hausstande des Vaters verbleibt und die Herausgabe seines Ver­ mögens vom Vater nicht fordert, sondern es auch fernerhin in seinem Besitz und seiner Verwaltung beläßt, siehe „Eltern und Kinder 3". Verfügungen des Kindes auf den Todesfall. Dadurch, daß der Vater die Ver­ waltung und Nutznießung des Kindesvermögens hat, ist das Kind nicht behindert, auf den To­ desfall über sein Vermögen zu verfügen. Es kann, wenn es das sechszehnte Lebensjahr erreicht hat, selbständig (ohne Beitritt oder Genehmigung des Vaters) ein Testament machen [2229]; ver­ gleiche „Testament l'\ Einen Erbvertrag (siehe das) kann das Kind, solange es minderjährig ist, nur bedingungsweise abschließen [2275]. Verwaltungsbehörden, Verjährung der Kosten­ forderungen der, s. Verjährung 1. Verwaltungsgemeinschaft. So nennt man wohl den „gesetzlichen Güterstand", d. h. dasjenige Güterrecht unter Ehegatten, das von Rechtswegen mit der vollzogenen Heirat in Kraft tritt, wenn die Eheleute nichts anderes bestimmt, also keinen Ehevertrag errichtet haben; siehe dar­ über „Eingebrachtes Gut der Frau 2". Der Aus­ druck „Verwaltungsgemeinschaft" wird aber für diesen Rechtszustand im Gesetz selbst nicht gebraucht; der Ausdruck ist auch keineswegs passend, da nicht beide Ehegatten, sondern im wesentlichen der Mann allein die Verwaltung des Frauenguts, soweit es nicht Vorbehaltsgut ist, hat. Verwandle als gesetzliche Erben s. Gesetzliche Erben 1; Pflichtteil derselben, s. Pflichtteil 1; Ein­ tritt in einen Familienrat s. Familienrat; Heirat zwischen, s. Ehehindernisse 1 c; Unterhaltsverpflichtung zwischen, s. Unterhaltspflicht rc. 1; Begün­ stigung durch einen Schuldner s. Anfechtung be­ trügerischer Rechtshandlungen rc. Verwandtschaft und Schwägerschaft. Zur Verwandtschaft rechnet man im gewöhnlichen Leben viele Personen, die nach dem Gesetze nicht unter den Begriff „Verwandle" fallen. Es ist daher nötig, zu wissen, was das Gesetz unter Verwandten versteht. Vor allem unterscheidet das Gesetz zwischen Verwandtschaft und Schwägerschaft. 1. Verwandte im Rechtssinn [1589] sind nur solche Personen, die durch die Gemeinschaft

des Bluts miteinander verbunden sind (siehe aber am Schlüsse dieser Nummer: legitimierte und adoptierte Kinder). Verwandt bin ich daher nur mit den Personen, von denen ich entweder selbst abstamme (also meinen Eltern, Großeltern rc.), oder die von mir abstammen (meinen Kin­ dern, Großkindern rc.), oder die mit mir den­ selben Stammvater oder dieselbe Stammutter haben, z. B. meine Geschwister (auch Stiefoder Halbgeschwister, da sie denselben Vater oder dieselbe Mutter haben); ferner Oheime (Tanten), Neffen (Nichten), Vettern (Cousinen, Basen) und weiter deren Kinder und Kindeskinder, da alle diese Personen denselben Stammvater oder dieselbe Stammutter (oder beide zusammen) haben. Bei Verwandten unterscheidet das Gesetz wieder zwischen Verwandten in gerader Linie — das sind die, bei denen die eine Person von der anderen abstammt, also Eltern und Kinder, Großeltern und Großkinder rc. — und Verwandten in der Seitenlinie — das sind alle übrigen Verwandten, als Geschwister, Oheime (Tanten) und Neffen (Nichten), Vettern und Cousinen rc. Ein uneheliches Kind und der Vater dieses Kindes gelten jedoch nach dem Ge­ setze nicht als verwandt; es sind also auch die An­ gehörigen beider nicht miteinander verwandt. (Näheres siehe unter „Uneheliche Kinder 2".) Mit seiner Mutter ist das uneheliche Kind dagegen in gleicher Weise, wie ein eheliches Kind (in ge­ rader Linie) verwandt und die Verwandtschaft er­ streckt sich auch auf die beiderseitigen Angehörigen. Die nähere oder entferntere Verwandtschaft wird nach Graden berechnet; der Grad der Verwandt­ schaft bestimmt sich nach der Zahl der die Ver­ wandtschaft vermittelnden Geburten. Man zählt daher, um den Grad der Verwandtschaft zwischen zwei Personen zu bestimmen, die Zahl der ver­ mittelnden Geburten von der einen Person durch die etwaigen Zwischenpersonen hindurch bis zu der anderen. Einige Beispiele mögen dies veranschau­ lichen. Die Verwandtschaft zwischen dem Großvater A. (siehe nachstehende Zeichnung) und dem Enkel C. wird vermittelt durch zwei Geburten, nämlich durch die Geburt des B. (Sohnes von A.) und die Geburt des C. (Sohnes von B.). C. zählt also, um den Grad der Verwandtschaft mit dem Groß­ vater zu ermitteln, erst seine eigene Geburt (1), dann die Geburt seines Vaters (2), womit er beim Großvater angelangt ist; er ist daher mit dem Großvater (und zwar in gerader Linie) im zwei­ ten Grade verwandt. D., der Urenkel, ist mit dem Urgroßvater A. im dritten Grade verwandt usf.

AO2 I

BOI I

CO

AO3 I

BO2 COl I

DO

Die Verwandtschaft zwischen dem Großonkel B. und dem Großneffen E. (siehe nachstehende Zeich­ nung) ist durch vier Geburten vermittelt; also eine Verwandtschaft vierten Grades und zwar in der Seitenlinie; die Verwandtschaft zwischen E. und F. ist eine fünften Grades, die zwischen E. und G. eine sechsten Grades rc. Man unterscheidet noch zwischen vollbürtigen und halbbürtigen Verwandten; z. B.

AO3

9304 CO2

F^oDOl

GO6 GO Geschwister, die beide Eltern gemeinsam haben, sind vollbürtige Geschwister; die, welche nur den Dater oder nur die Mutter gemeinsam haben, sind halb­ bürtige Geschwister (Halbgeschwister, Stiefge­ schwister) k. Diese Unterscheidung hat übrigens gegenwärtig nicht mehr die Bedeutung, die sie nach früheren Rechten hatte, nach denen halb­ bürtige Geschwister erst dann erbten, wenn voll­ bürtige nicht vorhanden waren. LegitimierteundadoptierteKinder. Inwiefern ein legitimiertes (uneheliches) $tinb durch die erfolgte Legitimation in das Ver­ hältnis eines Verwandten zu seinem Dater und zu dessen Verwandten tritt, darüber ist das Nähere in dem Artikel „Legitimation unehelicher Kinder" -nachzulesen; insbesondere ist dort zu ersehen, daß die Wirkung der Legitimation auf den Eintritt in die Verwandtschaft eine verschiedene ist, je nachdem die Legitimation durch Heirat der Eltern oder durch „Ehelichkeitserklärung" erfolgt. Was dagegen die verwandtschaftlichen Verhältnisse der adoptier­ ten (an Kindes statt angenommenen) Kin­ der anbelangt, so ist darüber der Artikel „Annahme an Kindesstatt" unter 3 zu vergleichen; bei adop­ tierten Kindern besteht nicht notwendig eine Ver­ wandtschaft des Blutes mit dem Adoptivvater oder der Adoptivmutter, was aber nicht ausschließt, daß sie zu diesen (nicht aber zu deren Verwandten) infolge der Adoption in ein Verwandtschaftsver­ hältnis treten. Ehegatten keine Verwandte. Ehegatten sind als solche nicht miteinander verwandt; ihr inniges Verhältnis zueinander beruht nicht auf einer Gemeinschaft des Bluts, sondern auf ihrem Ehebunde. Sie können aber natürlich mitein­ ander verwandt sein; dann gründen sich ihre recht­ lichen Beziehungen zueinander sowohl auf die Ver­ wandtschaft, wie auf die Ehe, was besonders für das Erbrecht von Bedeutung ist, da ein Ehegatte dann doppelt von dem anderen erben kann, ein­ mal als Gatte und sodann als Verwandter, falls nämlich die Verwandtschaft eine so nahe ist, daß sie dem überlebenden Ehegatten gegenüber in Betracht kommt (siehe darüber das Nähere unter „Gesetzliche Erben 2"). 2. Verschwägerte [1590]. Alle anderen, als die vorbezeichneten, (im gewöhnlichen Leben aber auch wohl „Verwandte" genannten) Personen, die durch Heirat in eine gewisse Beziehung zu­ einander gekommen sind, außer den Ehegatten selbst, werden vom Gesetz als Verschwägerte bezeichnet. Die Verwandten eines Ehe­ gatten sind mit dem anderen Ehegatten und umgekehrt der eine Ehegatte mit den Verwandten des anderen Ehegat­ ten verschwägert. Es sind also beispielsweise verschwägert Schwiegereltern und -Kinder, Stief­ eltern und -Kinder, Schwäger und Schwägerinnen 30. Auch in der Schwägerschaft wird unterschieden Zwischen Verschwägerten in graber Linie und Verschwägerten in der Seitenlinie, sowie zwischen den verschiedenen Graden der Schwägerschaft und zwar nach denselben

Grundsätzen, wie bei der Verwandtschaft. Ich bin also mit den Verwandten meiner Frau in derselben Linie (in der graben oder Seitenlinie) und in demselben Grade verschwägert, wie meine Frau mit ihnen verwandt ist; und ich bin mit der Frau eines Verwandten in derselben Linie und in demselben Grade verschwägert, in dem ich mit ihrem Manne verwandt bin. Ist beispielsweise (siehe nachstehende Zeichnung) der Ehemann A. mit seinem Vater B. im ersten, mit seinem Großvater C. im zweiten Grade (in grader Linie), mit seiner Schwester JE. im zweiten Grade (der Seitenlinie) verwandt, so ist die Frau (Z.) des A. mit dem Vater ihres Mannes im ersten Grade, mit seinem Großvater im zweiten Grade (der graben Linie), mit der Schwester des Mannes im zweiten Grade (der Seitenlinie) verschwägert. C02

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9301 3ED2 910-03 Zwischen den Verwandten des Mannes einer­ seits und den Verwandten der Frau andererseits besteht dagegen kein Schwägerschaftsverhältnis im Sinne des Gesetzes, während im gewöhnlichen Leben auch hier wohl von Schwägerschaft geredet wird. Die Frau ist also mit dem Vater oder dem Bruder ihres Mannes verschwägert; aber die Schwester der Frau ist mit deren Schwiegervater oder Schwager nicht verschwägert. Die einmal begrün­ dete Schwägerschaft dauert fort, wenn auch die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist. Das vorstehend über Verwandtschaft und Schwägerschaft im Sinne des Gesetzes Gesagte hat unmittelbare Bedeutung nur für die Fälle, wo das Gesetz selbst von Verwandten und Verschwägerten spricht. Ist dagegen in einem Testamente, einem Vertrage rc. von Verwandten und Verschwägerten die Rede, so ist es Sache der Auslegung des Willens der Beteiligten im einzelnen Fall, ob der Erblasser oder die vertragschließenden Parteien rc. Verwandte oder Verschwägerte im Sinne des Ge­ setzes gemeint haben oder ob nach den Umständen anzunehmen ist, daß sie diese Ausdrücke in einem weiteren Sinne verstanden haben. Verwechselung s. Irrtum; Herbeiführung einer Verwechselung durch unbefugten Gebrauch eines Namens rc., s. Unredliche Benutzung eines Na­ mens rc. Verweigerung der Annahme einer Schuld oder Leistung s. Verzug des Gläubigers. Verwendung, unberechtigte, von Mündelgeldern durch einen Vormund, f. Vormund 4. Verwendungen. Wer auf eine fremde Sache (ein fremdes Grundstück rc.) Verwendungen gemacht hat, kann unter Umständen hierfür Ersatz von dem verlangen, der den Vorteil von der Ver­ wendung hat. Wann und in welcher Höhe Ersatz zu gewähren ist, richtet sich nach dem zwischen den Beteiligten sonst bestehenden Rechtsverhältnis. Ein solcher Ersatzanspruch steht beispielsweise zu dem Mieter (siehe „Miete, Vermietung 4"), dem, der eine Sache geliehen hat (siehe „Leihe 3"), dem Beauftragten (siehe „Auftrag 4"), dem, der ohne Auftrag fremde Geschäfte besorgt (siehe „Geschäftsführung ohne Auftrag 2"), rc. rc. Liegt kein besonderes Rechtsverhältnis zwischen den Be­ teiligten vor, so wird dem, der die Verwendungen

gemacht hat, doch meist ein Anspruch aus „un­ gerechtfertigter Bereicherung" (siehe das) zustehen. — Siehe auch: „Aufwendungen" und „Verbin­ dung ic.". Verwertung, widerrechtliche, von Geschäfts- rc. Geheimnissen, s. Geschäfts- und Betriebsgeheim­ nisse ic. Verwildern von Tieren s. Aneignung herren­ loser Sachen 2. Verwirkung des Erbrechts s. Erbunwürdigkeit; einer Vertragsstrafe (Konventionalstrafe) s. Ver­ tragsstrafe; der elterlichen Gewalt [. Eltern und Kinder 7; der Nutznießung am Kindesvermögen |. Verwaltung ic. des Kindesvermögens 2. Verzeichnis, Vorlegung eines, s. Offenbarungs­ eid; der sog. Manifestanten (schwarze Liste) s. Offenbarungseid 3. Siehe auch: Inventar u. Ver­ mögensverzeichnis n. Verzeihung eines Ehescheidungsgrundes s. Ehe­ scheidung 1; eines Enterbungsgrundes s. Pflicht­ teil 5; eines Erbunwürdigkeitsgrundes s. Erb­ unwürdigkeit. Verzicht auf eine Forderung s. Erlaß einer Schuld; auf Beerbung s. Erbverzicht; auf eine an­ gefallene Erbschaft, s. Antretung und Ausschlagung einer Erbschaft; auf das Eigentum an Grundstücken oder beweglichen Sachen s. Aneignung herrenloser Sachen; auf zukünftigen Unterhalt ist unzulässig, s. Unterhaltspflicht re. 4 u. Uneheliche Kinder 2. Verziehen des Gläubigers s. Leistungen rc. 5. Verzinsliche Anlegung von Mündelgeldern s. Anlegung von Mündelgeldern. Verzinsung einer Geldschuld s. Zinsen u. Han­ delsgeschäfte 1; des Kaufpreises ). Kauf und Ver­ kauf 9. Verzögerung der Annahme einer Schuld s. Ver­ zug des Gläubigers; einer Zahlung oder Leistung s. Verzug des Schuldners u. Gegenseitige Verträge 3; der Geltendmachung von Nachlaßforderungen s. Aufgebot der Nachlaßgläubiger 2. Verzug. 1. Verzug eines Schuldners. Mahnung (Anmahnung) [284—292]. Wenn ein Schuldner seinem Gläubiger nicht zur rechten Zeit zahlt oder, was er sonst schuldig ist, leistet, also seine Vertragspflichten nicht erfüllt, so k o m m t er „in Verzug" und ist dem Gläubiger (dem anderen Teile) für den daraus entstehenden Nach­ teil haftbar. Es müssen aber, damit der Schuldner für den Schaden verantwortlich gemacht werden kann, alle gesetzlichen Voraussetzungen des „Verzuges" vorliegen. Dazu gehört vor allem, daß der Gläubiger den Schuldner, nachdem die Forde­ rung fällig geworden ist (siehe darüber das unter „Leistungen rc. 6" Gesagte), angemahnt hat. Unter „Mahnung" versteht das Gesetz die Aufforderung des Gläubigers an den Schuldner, zu zahlen oder die sonst geschuldete Leistung vor­ zunehmen. Die Mahnung setzt nicht voraus, daß der Schuldner schon einmal zur Zahlung rc. auf­ gefordert sei und nun zum zweiten rc. Male auf­ gefordert (erinnert) werde; jede, auch die erstmalige Aufforderung (aber nach eingetretener Fälligkeit!) ist eine Mahnung im Sinne des Gesetzes. Inder einfachen Übersendung einer Rechnung liegt keine Mahnung; dagegen wird man, wenn der Schuldner wiederholt die Rechnung zu­ gesandt erhält, darin unter Umständen eine Mah­ nung erblicken können. Die Mahnung braucht nicht mit ausdrücklichen Worten ausgesprochen zu sein; es genügt jede Willenserklärung des Gläubigers, aus der sich ergibt, daß er sofortige Zahlung rc.

wünscht. Der Mahnung stehen gleich die Klag­ erhebung gegen den Schuldner und die Zu­ stellung eines Zahlungsbefehls (siehe das> an ihn. Einer Mahnung bedarf es nichts d. h. der Schuldner kommt auch ohne eine solche in Verzug und muß dessen Folgen (siehe unten) tragen, wenn die Zeit für die Leistung nachdem Kalender, also auf einen b e stimm tenKalendertag, bestimmt ist. Dies gilt aber auch dann (der Schuldner kommt also ohne Mah­ nung in Verzug), wenn zwar der Fälligkeitstag nicht von vornherein kalendermäßig feststeht, aber die Zahlung oder sonstige Leistung nach einer vorgängigen Kündigung erfolgen soll und der Fälligkeitstermin nach der Kündigung sich auf einen bestimmten Kalendertag berechnen läßt. Dagegen gilt der Satz nicht, und es ist also eine Mahnung erforderlich, um den Schuldner in Ver­ zug zu setzen, wenn der Fälligkeitstag von einem anderen Ereignis abhängig sein soll, hinsichtlich dessen es vorläufig ungewiß ist, zu welcher Zeit es eintreten wird. Beispiel: Es hat jemand einem Freunde 100 Mk. mit der Bedingung geliehen, daß er, wenn er demnächst das Geld zurückfordere, es binnen längstens drei Tagen haben müsse. Er er­ klärt dem Freunde am 1. Januar, daß er das Geld zurückverlange; der andere muß also spätestens am 4. Januar zahlen (siehe über die Berechnung der Frist unter „Fristen und Termine"); vom 5. Ja­ nuar an ist er, auch ohne daß er nochmals an die Zahlung erinnert wird, im Verzüge. Hätte da­ gegen der Herleiher bestimmt, daß die Summe an dem (dem Datum nach einstweiligen noch unbe­ stimmten) Tage der Reichstagswahl oder binnen drei Tagen nach der Reichstagswahl zurückgezahlt werden solle, so kommt der Schuldner erst in Ver­ zug, wenn er bei Eintritt des Zahltermins oder später angemahnt ist. Wäre dagegen die Rück­ zahlungszeit auf 14 Tage nach Ostern bestimmt, so träte wieder, wenn der Schuldner nicht recht­ zeitig zahlt, Verzug ohne Mahnung ein, weil der Zahlungstag sofort nach dem Kalender genau be­ rechnet werden kann. — Mutz der Gläubiger den ihm geschuldeten Betrag oder die sonstige Leistung vom Schuldner holen (vergleiche hierüber den Artikel „Bringschuld und Holschuld"), so kann der Schuldner, auch wenn eine nach dem Kalender fest­ stehende Zahlungszeit bestimmt ist, selbstverständ­ lich nur in Verzug kommen, wenn der Gläubiger die Zahlung oder Leistung am gehörigen Orte und zur gehörigen Zeit gefordert hat. Nicht leicht zu beantworten ist unter Umständen die Frage, wann eine Mahnung als ordnungsmäßig erfolgt anzusehen ist, wenn die Parteien einen gegen­ seitigen Vertrag (siehe das) miteinander ge­ schlossen haben und der Schuldner nur Zug um Zug gegen Empfangnahme der Gegenleistung zu zahlen oder sonst zu leisten verpflichtet ist (ein Käufer z. B., dem nicht etwa ein Kredit bewilligt ist, muß, wenn er die gekaufte Sache fordert, den Kaufpreis zahlen). Man wird sagen müssen, daß der Schuldner jedenfalls dann nicht in Verzug kommt, wenn er die Leistung gegen die Gegen­ lei st ung anbietet und nur deshalb nicht leistet, weil ihm die Gegenleistung nicht angeboten wird. — Eine Mahnung in dem vorgedachten Sinne kann sowohl mündlich, wie auch schriftlich erfolgen; be­ sondere Formen sind dafür nicht vorgeschrieben. Um sich den Beweis der Mahnung zu sichern, wird der Gläubiger nach Umständen sich eines ein­ geschriebenen Briefes bedienen oder das Mahn-

schreiben durch einen Gerichtsvollzieher dem Schuld­ ner zustellen lassen. Über eine Mahnung durch einen anderen, als den Gläubiger selbst, siehe den Artikel „Vertreter, Vertretung". Vergleiche auch „Anmahnungskosten". Verschulden des Schuldners. Zah­ lungsunfähigkeit. Unterbleibt die Zahlung oder die Leistung der sonstigen vertragsmäßigen Verpflichtung zur Verfallzeit aus einem Grunde, für den der Schuldner nicht verantwortlich gemacht werden kann (den er nicht „zu vertreten" hat), so kommt er nicht „in Verzug" (es hat z. B. eine Überschwemmung die Post- und Eisenbahnverbin­ dungen unterbrochen; er hat daher nicht zahlen oder liefern oder die Arbeiten oder Dienste leisten können) [285]. Die nachteiligen Folgen des Ver­ zuges (siehe unten) treffen ihn regelmäßig nur dann, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt, d. h. wenn er seiner Verpflichtung vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit nicht rechtzeitig nach­ kommt. Ebenso ist es aber, wenn Vorsatz oder Fahrlässigkeit bei seinem gesetzlichen Vertreter (siehe das) oder bei einer Person vorliegen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient (der Schuldner hatte z. B. den geschuldeten Geld­ betrag jemandem zur Besorgung übergeben, der ihn abzuliefern vergessen oder ihn verloren hat). Der Schuldner ist also dem Gläubiger (regelmäßig) nur dann wegen Verzuges zum Schadensersätze ver­ pflichtet, wenn das Ausbleiben der Zahlung oder sonstigen Leistung auf eigener oder der obengenannten Personen Schuld be­ ruht. Beruht es jedoch daraus, daß der Schuld­ ner nicht zahlen rc. kann, weil er, aus persönlichen Gründen, überhaupt zahlungs- (leistungs-) unfähig ist, so treffen ihn ausnahms­ weise auch ohne ein Verschulden seinerseits die nachteiligen Folgen des Verzuges dann, wenn seine Verpflichtung auf die Leistung eines nur der Gattung nach bestimmten Gegen­ standes geht. Insbesondere haftet darnach der Schuldner eines Geldbetrages, wenn er nicht rechtzeitig zahlt, für den Verzug auch dann, wenn seine Zahlungsunfähigkeit ohne sein Verschulden eingetreten ist, was besonders für einen Bürgen, von Bedeutung sein kann. — Behauptet der Schuldner, daß er ohne sein Verschulden nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt habe, so trifft ihn die Beweislast; er muß also für den Schaden aufkommen, sofern er nicht beweist, daß er außer Schuld ist. Folgen des Verzuges. Verpflich­ tung zum Schadensersätze [286ff.]. Ist der Schuldner nach dem Vorgesagten mit der Er­ füllung seiner Verpflichtung „im Verzüge", so hat das für ihn allerlei unangenehme Folgen. Er ist, wie schon erwähnt, dem Gläubiger zum Ersätze alles Schadens verpflichtet, der diesem aus der nicht pünktlichen Zahlung oder Leistung (Lieferung ic.) erwächst. Was als Schaden anzusehen ist, darüber ist das in dem Artikel „Schadensersatz, allgemeine Bestimmungen über" Gesagte nachzu­ lesen. Der Schadensersatz ist naturgemäß hier immer in Gelde zu leisten. Neben der Ver­ pflichtung zur Schadensersatzleistung bleibt aber die Verpflichtung des Schuldners zur Erfüllung seiner Ver­ bindlichkeit nach wie vor bestehen. Er muß also die versäumte Zahlung (Leistung) nach­ holen und daneben Schadensersatz wegen der Ver­ spätung leisten. Nur, wenn die Leistung infolge Christian t, Recht-lexikon. HL SIufL

des Verzuges für den Gläubiger kein Interesse mehr hat, ist dieser befugt, die nachträgliche Leistung abzulehnen und vom Schuldner Schadens­ ersatz wegen Nichterfüllung seiner Verpflichtung überhaupt (nicht bloß wegen verspäteter Erfüllung) zu verlangen. Die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Bestimmungen (siehe „Rück­ tritt von einem Vertrage") finden dann Anwen­ dung. Handelt es sich um einen sog. gegen­ seitigen Vertrag, so gelten in dieser Beziehung aber noch einige besondere Bestimmungen; siehe, darüber unter „Gegenseitige Verträge 3". Eine weitere Folge des Verzuges ist, daß der Schuldner, solange der Verzug dauert, dem Gläu­ biger für jede Fahrlässigkeit aufzukom­ men hat, also auch dann, wenn er sonst, nach der Natur des zwischen ihm und dem Gläubiger be­ stehenden Rechtsverhältnisses, nur Vorsatz oder nur grobe Fahrlässigkeit zu „vertreten" oder nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hätte, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (ver­ gleiche über das alles den Artikel „Vertretung von Vorsatz ic."). Beispiel: Wer eine Sache zur un­ entgeltlichen Aufbewahrung übernommen hat, braucht dem Eigentümer, wenn ihm die Sache ge­ stohlen wird, nicht für den Schaden aufzukommen, falls er sie in gleicher Weise verwahrt hat, wie er seine eigenen Sachen verwahrt; ist er aber mit der Rückgabe der vom Eigentümer zurückgeforderten Sache im Verzüge, so haftet er für den Verlust, wenn ihn auch nur die geringste Fahrlässigkeit trifft. — Die Haftung des Schuldners, der im Verzüge ist, geht aber noch weiter: er muß dem Gläubiger sogar für den Schaden aufkommen, der durch Zufall entstanden ist, wenn nicht etwa der Schaden auch bei rechtzeitiger Erfüllung seiner Verpflichtung entstanden wäre, was der Schuldner nötigenfalls zu beweisen hat. Beispiel: Jemand! hat das ihm geliehene Pferd nicht rechtzeitig, zurückgegeben. Es bricht bei ihm ein Brand aus, in dem das Pferd zu Tode kommt. Er muß daher dem Eigentümer das Pferd bezahlen. —Der Verzug hört übrigens für die Zukunft auf, wenn der Schuldner das Versäumte nachholt (r). Verzugszinsen [288, 289]. Endlich ist, wenn Geld geschuldet wird, eine Folge des Verzuges, also der nicht rechtzeitigen Zahlung, die, daß der Schuldner, solange der'Verzug dauert, seine Schuld mit vier vom Hundert ver­ zinsen muß, d. h. der Gläubiger kann auf alle Fälle für die Dauer des Verzuges 4 Prozent Zin­ sen von seinem Gelde verlangen, auch wenn die Schuld bisher nicht verzinslich war und wenn er durch die Verspätung der Zahlung gar keinen Schaden hat. War die Schuld schon verzinslich und betrugen die Zinsen mehr als 4 Prozent, so kann er auch während des Verzuges den höheren Zinssatz beanspruchen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens, den der Gläubiger aber beweisen muß, ist damit nicht ausgeschlossen. Ein Schenker braucht jedoch ausnahmsweise keine Ver­ zugszinsen zu entrichten. (Für Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften [siehe das] betragen die Verzugszinsen übrigens nach dem Handelsgesetzbuche 5 Prozent; bei Wechselschulden! betragen sie nach der Wechselordnung 6 Prozent; vergleiche „Zinsen re.") War die Schuld, die nicht rechtzeitig bezahlt ist, selbst eine Zinsenschuld, so können von diesen Zinsen nicht wiederum Verzugszinsen gefordert werden; aber der Gläu­ biger kann, wenn er einen Schaden nachweisen

kann, diesen von dem säumigen Schuldner ersetzt verlangen. Ist der Schuldner zum Ersätze des Wertes eines Gegenstandes verpflichtet, der wah­ rend des Verzugs untergegangen ist oder aus einem während des Verzugs eingetretenen Grunde nicht herausgegeben werden kann, so kann der Gläubiger Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkte an verlangen, der der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird [290]. Das gleiche gilt, wenn der Schuldner zum Ersätze der Minderung des Wertes eines während des Verzugs verschlechterten Gegenstandes verpflichtet ist. 2. Verzug eines Gläubigers [293— 304]. Annahmeverzug. Ob und wann ein Gläubiger, also jemand, der von einem anderen etwas zu fordern hat, von seinem Rechte Ge­ brauch machen will, ob er etwa dem Schuldner die Zahlung oder sonstige Leistung ganz oder teilweise erlassen, ob er ihm Frist gewähren will ie., das alles hängt von seinem freien Willen ab; das Gesetz zwingt niemanden, von seinen Rechten Gebrauch zu machen. Wenn aber ein Gläubiger die ihm vom Schuldner (ober einem anderen für ihn) ordnungsmäßig angebotene Schuld oder Leistung nicht annimmt, einerlei, ob aus Nachlässigkeit oder aus böser Absicht oder weil ihn ein unver­ schuldeter Zufall an der Annahme hindert, so kommt der Gläubiger „in Verzug", was die Folge hat, daß er die daraus entstehenden, ihm nachteiligen Folgen selber zu tragen hat. Damit gesagt werden kann, daß der Gläubiger in Verzug gerate, mutz die geschuldete Zahlung oder Leistung ihm (selber oder seinem Vertreter, vorausgesetzt, daß dieser die erforderliche Vertretungsmacht hat; siche unter „Vollmacht") tatsächlich ange­ boten sein und zwar genau so, wie sie zu be­ wirken war, also insbesondere auch am gehörigen Orte und zur gehörigen Zeit [294]. Es muß offen­ sichtlich sein, daß der Schuldner das, was er zu leisten hatte, auch wirklich zu leisten bereit und im­ stande war. Schuldete er Geld, so wird regelmäßig gefordert werden müssen, daß er die betreffende Geldsumme tatsächlich bei sich hatte; schuldete er eine Handlung, z. B. die Ausbesserung eines Ge­ bäudes, so wird zu fordern sein, daß er sich zur Vornahme der betreffenden Arbeiten, mit den nötigen Werkzeugen und Materialien ausgerüstet, an Ort und Stelle eingefunden hat. Ts genügt also regelmäßig nicht, um den Gläubiger in An­ nahmeverzug zu sehen, daß der Schuldner ihm die Erfüllung seiner Verpflichtung (Zahlung rc.) bloß mit Worten angeboten hat. Nur dann genügt ein bloßes wörtliches Angebot [295], ein­ mal, wenn der Gläubiger dem Schuldner erklärt hat, daß er die Leistung nicht annehmen werde; sodann, wenn zur Bewirkung der Leistung durch den Schuldner eine Handlung des Gläubigers selber er­ forderlich ist, insbesondere, wenn der Gläubiger die geschuldete Sache oder den geschuldeten Geldbetrag abholen muß (vergleiche darüber „Bringschuld und Holschuld"). Hat also beispielsweise der Schuldner dem Gläubiger einen bei ihm in Arbeit gegebenen Schrank zu liefern oder im Garten des Gläubigers einen Baum zu pflanzen, so genügt es, um den Gläubiger (den Besteller) in Verzug zu setzen, daß der Schuldner sich bereit erklärt hat, den Schrank in die Wohnung des Bestellers zu schaffen oder die Arbeit im Garten vorzunehmen, wenn der Gläubiger die Lieferung des Schrankes oder die Leistung der Arbeit ablehnt; der andere ist dann nicht mehr verpflichtet, nun doch den Schrank

nach der Wohnung des Bestellers zu schaffen oder sich mit Hacke und Spaten im Garten einzustellen. — Mußte (nach dem zwischen den Beteiligten be­ stehenden Rechtsverhältnisse) der Gläubiger die ihm geschuldete Geldsumme vom Schuldner ab­ holen, so kommt der Gläubiger dann in Verzug, wenn der Schuldner (zur Verfallzeit oder später) ihm mündlich oder schriftlich mitteilt oder mitteilen läßt, daß er zur Zahlung bereit sei, oder wenn er ihn auffordert, die Schuldsumme abzuholen. Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Hand­ lung eine Zeit nach dem Malender bestimmt, so bedarf es, um den Gläubiger in Verzug zu setzen, eines Angebots der Leistung durch den Schuldner nur dann, wenn der Gläubiger die Handlung zu der bestimmten Zeit vornimmt [296]. Es kann z. B. in einer Schuldverschreibung auf den Inhaber bestimmt sein, daß sie an einem bestimm­ ten Tage dem Schuldner zur Zahlung vorgelegt werden müsse. Ebenso ist es, wenn der vom Gläu­ biger vorzunehmenden Handlung eine Kündigung vorauszugehen hat und die Zeit für die Hand­ lung dann in der Weise bestimmt ist, daß sie sich von der Kündigung ab nach dem Kalender be­ rechnen läßt. — Zu einem bloß wörtlichen An­ gebot muß aber, um den Gläubiger in Verzug zu setzen, hinzukommen, daß der Schuldner zur Zeit des Angebots wirklich zahlen oder leisten kann. Kann der Gläubiger beweisen, daß dieses nicht der Fall gewesen, so ist er nicht in Verzug ge­ kommen [297]. — Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er zwar die angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, die verlangte Gegenleistung aber nicht anbietet [298]. Besonderes gilt für den Fall, daß eine bestimmte Zahlungs- oder Leistungszeit gar nicht festgesetzt ist, der Schuldner also zu beliebiger Zeit leisten kann, oder daß zwar eine Leistungszeit bestimmt ist,' der Schuldner aber auch vor dieser Zeit zu leisten berechtigt ist [299]. In solchen FäNen muß sich der Schuldner eine vorübergehende Ver­ hinderung des Gläubigers, die Leistung in Emp­ fang zu nehmen, gefallen lassen; er kann nicht ver­ langen, daß der Gläubiger zu jeder dem Schuldner passenden Zeit zur Empfangnahme bereit ist. Kommt es dem Schuldner darauf an, gerade zu einer bestimmten Zeit zu leisten, so muß er seine Absicht dem Gläubiger zeitig vorher mitteilen. Folgen des Annahmeverzuges des Gläubigers. Ist der Gläubiger in Verzug ge­ raten, so gilt, abgesehen von besonderen Bestim­ mungen für gewisse Fälle, auf die in diesem Buche am gehörigen Orte aufmerksam gemacht ist, fol­ gendes : Erleidet der Gläubiger dadurch, daß wegen seines eigenen Verhaltens nun vom Schuldner nicht rechtzeitig gezahlt oder geleistet (geliefert) wird, Nachteile und Schäden, so hat er diese selber zu tragen, auch wenn ihn kein Verschulden trifft, vorausgesetzt, daß nicht dem Schuldner in der Sache Vorsatz oder grobe Nachlässigkeit zur Last fällt [300]. Im übrigen bleibt aber der Schuldner, nach wie vor, verpflichtet, seiner Zah­ lungs- oder Leistungsverbindlichkeil nachzukommen, wenn nicht etwa der Gläubiger endgültig darauf verzichtet hat. Er hat jedoch das Recht, das Geld, das der Gläubiger zur Verfallzeit nicht annehmen will oder nicht annehmen kann, zu hinterlegen, um sich von seiner Verpflichtung zu befreien; dasselbe gilt von Wertpapieren oder sonstigen Urkunden und von Kostbarkeiten,

sowie von anderen geschuldeten Sachen, wenn sie nach den Landesgesetzen hinterlegungsfähig sind. Ist die geschuldete Sache zur Hinterlegung nicht geeignet, so hat der Schuldner das Recht, sie ver­ steigern zu lassen und den Erlös zu hinterlegen. Vergleiche über dieses alles „Hinterlegung" und „Versteigerungsrecht eines Schuldners". Der Schuldner ist übrigens (bei einem Annahmeverzuge des Gläubigers) zu der besprochenen Hinterlegung oder Versteigerung nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt. Aufhören der Verzinsung. Heraus­ gabe gezogener Nutzungen. Solange der Gläubiger mit der Annahme einer ihm geschuldeten Geldsumme im Verzüge ist, braucht der Schuld­ ner auf die Summe keine Zinsen zu entrichten, auch wenn es sich um eine verzinsliche Schuld han­ delt [301]. Hat also der Gläubiger z. B. ein ver­ zinsliches Darlehnskapital gekündigt und der Schuldner ist wegen Annahmeverzuges des Gläu­ bigers nicht imstande, das Kapital zur Verfallzeit einzuzahlen, so hört damit kraft gesetzlicher Vor­ schrift seine Verpflichtung zur weiteren Verzinsung auf. Er ist auch nicht verpflichtet, im In­ teresse des Gläubigers das Kapital bis dahin, daß dieser es etwa annimmt, anderweitig nutzbar zu machen (es verzinslich auszuleihen ie.); ob er die Zinsen, die er tatsächlich von dem Gelde etwa zieht, dem Gläubiger herauszugeben hat, wird vom Gesetze nicht ausdrücklich bestimmt; nach allge­ meinen Rechtsgrundsähen wird man dies aber an­ nehmen müssen. Ebenso wird zu entscheiden sein, wenn der Schuldner einen Gegenstand herauszu­ geben hatte, der Nutzungen abwirft, z. B. eine milchgebende Kuh oder ein Wiesengrundstück; er wird die in der Zwischenzeit gezogene Milch oder das gewonnene Heu jedenfalls ersetzen müssen, so­ weit er dadurch bereichert ist. War der Schuldner nach dem zwischen ihm und dem Gläubiger be­ stehenden Rechtsverhältnisse verpflichtet, ihm die Nutzungen eines Gegenstandes herauszu­ geben oder zu ersetzen, so beschränkt sich die Ver­ pflichtung während des Verzuges des Gläubigers auf die Nutzungen, die der Schuldner tatsächlich gezogen hat; er hastet für nicht gezogene Nutzungen selbst dann nicht, wenn er sie absichtlich nicht ge­ zogen hat [302]. Preisgabe eines Grundstücks, das der Gläubiger nicht annimmt [303]. Ist der Schuldner zur Herausgabe eines Grundstücks (eines Hauses rc.) verpflichtet, so kann er, wenn der Gläubiger den Besitz des Grundstücks trotz rechtzeitigen und ordnungsmäßigen Anerbietens nicht annimmt, das Grundstück einfach aufgeben; er ist nicht verpflichtet, für eine etwa nötige Be­ wachung oder für eine Bewirtschaftung des Grund­ stücks Mühe und Kosten aufzuwenden oder gar zu solchem Zwecke selber auf dem Grundstück zu ver­ weilen; er muß aber, um das Interesse des Gläu­ bigers tunlichst zu wahren, diesem vorher Mit­ teilung über die Aufgabe des Besitzes machen, es sei denn, daß solches nach Lage der Verhältnisse unmöglich ist oder dem Schuldner nicht zugemutet werden kann. Ersatz der dem Schuldner erwachsenen Kosten und Aufwendungen [304]. Hat der Schuldner das mit der Post übersandte Geld oder die auf den Transport gegebene geschuldete Sache oder Ware wegen Annahmeverzuges des Gläu­ bigers (Verweigerung der Annahme) zurückerhalten oder hat er sonst durch das vergebliche Angebot der

Zahlung oder Leistung Unkosten gehabt, so mutz ihm der Gläubiger diese vergeblich aufge­ wandten Kosten ersehen; der Schuldner braucht solche Kosten, wenn sie ihm auch an sich obliegen, nicht zweimal aufzuwenden. Da ferner der Schuld­ ner durch die Nichtannahme seitens des Gläubigers nicht ohne weiteres von der Verpflichtung zur (Nach-) Lieferung einer geschuldeten Ware oder Sache befreit wird, also in die Lage kommen kann, für die Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstandes Aufwendungen machen zu müssen, so kann er auch hierfür Ersatz vom Gläubiger beanspruchen. Die Ersatzforderung ist aber nur insoweit berechtigt, als die Kosten und Aufwendungen erforderlich waren und die da­ für berechneten Beträge angemessen sind. Von seinen Auslagen kann der Schuldner nach allge­ meinen RechtsgrundsätzeN vom Zeitpunkte der Auf­ wendung an sich Zinsen berechnen. Verzug bei Kaufleuten s. Handelsgeschäfte; des Käufers beim Spezifikationskauf s. Handelskauf. Verzugszinsen betragen regelmäßig 4 Prozent, bei Kaufleuten untereinander 5 Prozent, bei Wechselschulden 6 Prozent. Siehe im übrigen unter „Verzug" und „Zinsen rc.". Vieh, Schadenszufügung durch, s. Pfändung (Privatpfändung) u. Tiere rc. a. Schl.; als Zu­ behör eines Gutes s. Zubehör; Pfändbarkeit des­ selben, s. Pfändung in der Zwangsvollstreckung 1; Gewährleistung für Mängel beim Verkauf s. Ge­ währleistung wegen Mängel rc. 9. Viehmängel s. Gewährleistung wegen Mängel rc. 9. Viehseuchen s. Pacht 7. Viehtreiber s. Frachtführer. Viehverstcherung s. Dersicherungsrecht. Viehverstellungsverträge s. Pacht 3. Vier minderjährige Kinder berechtigen zur Ab­ lehnung einer Vormundschaft s. Vormundschaft 2. Vierteljahr, Fristberechnung s. Fristen und Termine. Vollbürtige Geschwister s. Verwandtschaft rc. Volljährige, Vormundschaft über, s. Vormund­ schaft 3 u. Vormund 10. Volljährigkeit, Beginn der, s. Fristen und Ter­ mine. Volljährigkeit. Volljährigkeitserklärung. Je­ mand ist volljährig (großjährig, majorenn), wenn er das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, d. h. mit Ablauf des letzten Tages des einundzwanzigsten Lebensjahres [2]. (Den Ausdruck „Mündigkeit" kennt das Gesetz nicht.) Da bei Berechnung des Lebensalters einer Person der Tag der Geburt mitgerechnet wird [187], so tritt also für den, der im Laufe des 1. Januar 1900 geboren ist, die Volljährigkeit mit dem Be­ ginne des 1. Januar 1921 ein. Der Volljährig­ keilstermin beendigt die Zeit der Minderjäh­ rigkeit und damit die Zeit der beschränkten Ge­ schäftsfähigkeit (siehe „Geschäftsfähigkeit 2"). Die rechtliche Stellung eines Volljährigen kann aber, außer durch die Erreichung des Alters der Voll­ jährigkeit, auch durch Volljährigkeitserklärung, aber erst nach Vollendung des achtzehnten Lebensjahres, erlangt werden. Die Volljährigkeits­ erklärung erfolgt durch einen Beschluß des Vormundschaftsgerichts [3—5; Rf 56, 196]. [Landes­ gesetzlich kann die Volljährigkeitserklärung aber einer anderen Behörde übertragen werden. In Bayern z. B. erfolgt sie durch das Staatsministerium; B 2.] Sie wird nur ausgesprochen,

wenn der Minderjährige selbst oder ein gesetzlicher Vertreter des Minderjährigen (Vater, Mutter, Vormund ic.), dem die Sorge für dessen Person obliegt, sie beantragt [Rf 56]. Im letzteren Falle mutz der Minderjährige seine Einwilligung erteilen. Steht er unter elterlicher Gewalt, so ist auf alle Fälle die Einwilligung des Vaters (der Mutter) erforderlich, es sei denn, daß ihm (ihr) weder die Sorge für die Person, noch 'die Sorge für das Vermögen des lindes zusteht. Für eine minder­ jährige Witwe ist dagegen die Einwilligung des Vaters oder der Mutter nicht erforderlich, d. h. die Mündel kann für volljährig erklärt werden, auch wenn der Vormund dagegen ist, aber das Gericht die Gründe des Vormundes nicht für durchschlagend hält. Steht der Minderjährige unter Vormund­ schaft und beantragt er selber die Volljährigkeits­ erklärung, so ist die Einwilligung des Vormundes nicht erforderlich. Die Volljährigkeitserklärung soll nur erfolgen, wenn sie das Beste des Minderjäh­ rigen befördert; sie wird also insbesondere nur dann ausgesprochen werden, wenn der Minderährige diejenige Reife besitzt, die verbürgt, daß er eine Angelegenheiten mit genügender Umsicht elbständig besorgen werde. Gegen eine etwaige Ablehnung des Antrages auf Volljährigkeitserklä­ rung steht dem Antragsteller die „sofortige Be­ schwerde" zu [Rf 60, 6], die innerhalb 14 Tagen von der Zustellung des Beschlusses ab beim Land­ gericht eingelegt werden muh (vergleiche „Beschwer­ den 2C."). Durch die Volljährigkeitserklärung er­ langt der Minderjährige die rechtliche Stellung eines Volljährigen ohne jede Einschränkung; auf anderem Wege kann er dies nicht erreichen, ins­ besondere gilt der Satz nicht mehr, dah „Heirat mündig macht". Mit dem Tage der Rechtskraft des Volljährigkeilsbeschlusses [Rf 56] endigt so­ wohl eine etwaige Vormundschaft, wie die elter­ liche Gewalt. Vollkaufmann s. Kaufmann rc. 2. Vollmacht, kaufmännische, s. Prokura und Handlungsvollmacht. Vollmacht [164 ff.]. 1. Durch eine Voll­ macht wird jemand ermächtigt, einen anderen (den Vollmachtgeber, Machtgeber) bei Rechtsgeschäften (z. B. dem Abschluß von Verträgen, der Abgabe rechtswirksamer Erklärungen, wie eines Verzichts, einer Kündigung rc.) zu vertreten (siehe „Ver­ treter, Vertretung"). Die Erteilung einer Voll­ macht kann mündlich oder schriftlich geschehen; auch wenn für das Rechtsgeschäft, das der Bevollmäch­ tigte für seinen Auftraggeber (Machtgeber) vor­ nehmen soll, zu seiner Gültigkeit eine besonders Form vorgeschrieben ist (z. B. schriftliche Ab­ fassung des Vertrages oder Beurkundung des Ge­ schäfts vor Gericht oder Notar), bedarf es dieser Form für die Erteilung der Vollmacht zur Vor­ nahme des Geschäftes nicht. Insbesondere ist also eine gerichtliche oder notarielle Beglaubigung der Unterschrift unter der Vollmacht zu deren Gül­ tigkeit nicht erforderlich; siehe aber weiter unten. Wie weit die Macht des Bevollmäch­ tigten gehen soll, muh der Vollmachtgeber in der Vollmacht bestimmen; er kann anordnen, dah der Bevollmächtigte (Vertreter) ihn in allen Rechtsangelegenheiten vertreten soll (man spricht dann von einer Generalvollmacht) oder daß er ihn in allen Rechtsangelegenheiten mit Ausnahme von einzelnen, bestimmt angegebenen, vertreten soll oder auch, dah er ihn nur in der besonders in der Vollmacht bezeichneten Angelegen­

heit oder in einzelnen, bestimmt bezeichneten An^ gelegenheiten vertreten solle. Es ist eintretenden­ falls Sache der richterlichen Auslegung, aus der Wortfassung der Vollmacht und den sonstigen Um­ ständen festzustellen, wie weit der Umfang der Voll­ macht nach dem Willen des Machtgebers reicht. Für von Kaufleuten erteilte Vollmachten hat das Handelsgesetzbuch einige besondere Vorschrif­ ten ; siehe darüber den Artikel „Prokura und Hand­ lungsvollmacht". Nach dem Inhalt und der Aus­ legung der Vollmacht ist auch zu beurteilen, ob der Bevollmächtigte befugt ist, anstatt das Geschäft selbst auszuführen, die Ausführung einem anderen zu überlassen (sich einen „Sub­ stituten" oder Unterbevollmächtigten zu ernennen). Sind mehrere Bevollmächtigte zur Er­ ledigung derselben Angelegenheit bestellt, so muh gleichfalls die Prüfung der Umstände er­ geben, ob nach dem Willen des Machtgebers jeder Bevollmächtigte für sich allein oder ob nur alle zusammen handeln können. Der Rechtssatz, dah der Bevollmächtigte zu gewissen wichtigeren Geschäften . m. b. £>., Dessau.