Bürgerliches Gesetzbuch nebst Einführungsgesetz: Mit Einleitung, Anmerkungen und Sachregister [3., verm. Aufl. Reprint 2018] 9783111524634, 9783111156248


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German Pages 995 [1000] Year 1901

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Table of contents :
Vorwort zur ersten Auflage
Vorwort zur zweiten Auflage
Vorwort zur dritten Auflage
Inhalts-Ubersicht
Abkürzungen
Einleitung
Bürgerliches Gesetzbuch
Erstes Buch. Allgemeiner Theil
Erster Abschnitt. Personen
Zweiter Abschnitt. Küchen
Dritter Abschnitt. Rechtsgeschäfte
Vierter Abschnitt. Fristen. Termine. §§. 186 bis 193
Fünfter Abschnitt. Verjährung. §§. 194 bis 225
Sechster Abschnitt. Ausübung -er Rechte. Selbstverteidigung. Selbsthülfe
Siebenter Abschnitt. Sicherheitsleistung
Zweites Buch. Recht der Schuldverhältnisse
Erster Abschnitt. Inhalt der Schuldverhältnisse
Zweiter Abschnitt. Schuldverhältnisse aus Verträgen
Dritter Abschnitt. Erlöschen der Schuldverhältnisse
Vierter Abschnitt. Übertragung -er Forderung
Fünfter Abschnitt. Schuldübernahme. §§. 414 bis 419
Sechster Abschnitt. Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern
Siebenter Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Drittes Buch. Sachenrecht
Erster Abschnitt. Besitz
Zweiter Abschnitt. Allgemeine Vorschristen über Rechte an Grundstücken
Dritter Abschnitt. Eigenthum
Vierter Abschnitt. Erbbaurecht
Zünsler Abschnitt. Dienstbarkeiten
Sechster Abschnitt. Vorkaufsrecht
Siebenter Abschnitt. Reallasten
Achter Abschnitt. Hypothek. Grundschuld. Rentenschuld
Neunter Abschnitt. Pfandrecht an beweglichen Sachen und an Rechten
Viertes Buch. Familienrecht
Erster Abschnitt. Bürgerliche Ehe
Zweiter Abschnitt. Verwandtschaft
Dritter Abschnitt. Vormundschaft
Fünftes Buch. Erbrecht
Erster Abschnitt. Erbfolge
Zweiter Abschnitt. Rechtliche Stellung des Erben
Dritter Abschnitt. Testament
Vierter Abschnitt. Erbvertrag
Fünfter Abschnitt. Pflichttheil
Sechster Abschnitt. Erbunwürdigkeit
Siebenter Abschnitt. Erbverzicht
Achter Abschnitt. Erbschein
Neunter Abschnitt. Erbschaftskauf
Einführungsgesetz
Erster Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
Zweiter Abschnitt. Verhältniß des Kürgertichen Gesetzbuchs zu den Reichsgesetzen
Dritter Abschnitt. Verhältniß des Bürgerlichen Gesetzbuchs ?u den Landesgesetzen
Vierter Abschnitt. Uebergangsvorschristen
Sachregister
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Bürgerliches Gesetzbuch nebst Einführungsgesetz: Mit Einleitung, Anmerkungen und Sachregister [3., verm. Aufl. Reprint 2018]
 9783111524634, 9783111156248

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Outtentag'sche Sammlung

Ur. 38/39.

Deutscher Reichsgesetze.

Ur. 38/39.

Bürgerliches Gesetzbuch nebst Kinführnngsgesetz. Mit Einleitung, Anmerkungen und Sachregister.

Ärgerliches Gesetzbuch nebst GinfützrungsgeseH mit Einleitung, Anmerkungen und Sachregister. In Verbindung mit

Dr. F. Andre,

M. Greiff,

o. Professor in Marburg,

Geheimer Justizrath, Vortragender Rath im Justizministerium zu Berlin,

F. Ritgen,

Dr. K. Unzner,

Amtsrichter in Luckau,

I. Staatsanwalt, verwendet im Justiz­ ministerium zu München,

s. Z. Schriftführer bei der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfes eines Bürgerlichen Gesetzbuchs,

herausgegeben von

Dr. A. Achilles, RcichSgcrichtsrath a. D. f

s. Z. Kommissar des Reichs-Justizamts bei derselben Kommission.

Dritte, vermehrte Auflage.

Berlin 1901. I. Guttcntag, Verlagsbuchhandlung, G. tn. b. H.

Vorwort zur ersten Auflage.

Wer unbefangen und vorurtheilsfrei das Bürgerliche Gesetz­ buch liest, wird die Sprache, in welcher dasselbe redet, im All­ gemeinen einfach und deutlich finden. Gleichwohl wird es ihm kaum gelingen, das neue Recht ohne weitere Hülfsmittel richtig zu verstehen und sich zu eigen zu machen. Die Schwierigkeiten, welchen das Studium begegnet, ergeben sich sowohl aus dem Inhalt als aus der Form des Werkes. Der Inhalt ist für die einzelnen Rechtsgebiete Deutschlands in vielen Punkten dem bis­ herigen Rechte gegenüber neu. Die Form ist schon von anderer Seite als die eines Kunstwerkes bezeichnet worden, dessen Bestand­ theile harmonisch ineinandergreifen. Der große Vorzug, der hierin liegt, wird es der künftigen Rechtsprechung im Vereine mit der Wissenschaft ermöglichen, im Laufe der Zeit die Gedanken des Gesetzgebers mit Sicherheit zu erforschen und in voller Klar­ heit aufzudecken. Solange indessen dieses Ziel nicht erreicht ist, trägt gerade die fein durchdachte Form des Werkes, das genau ab­ gewogene Verhältniß einer Vorschrift zu anderen Vorschriften und zu dem ganzen Werke dazu bei, Vielen das Verständniß der aufgestellten Rechtssätze zu erschweren. Und doch müssen nicht blos die Juristen, sondern alle Diejenigen, welche zur Anwendung des Gesetzbuchs berufen sind, schon jetzt sich bemühen, das neue Recht wenigstens in den Grundzügen kennen zu lernen, wenn sie nicht darauf verzichten wollen, sich diese Kenntniß bis zum 1. Januar 1900 zu verschaffen. Hierin soll ihnen die vorliegende Ausgabe eine gewisse Unterstützung und Erleichterung gewähren. Ein wissenschaftlicher und verhältnißmäßig erschöpfender Kommentar hat selbstverständlich in dem kurzen Zeitraume, der seit der Verkündung des Gesetzbuchs verstrichen ist, nicht geschrieben werden können. Die Herausgeber haben sich deshalb eine be­ scheidenere Aufgabe gestellt; sie bieten den betheiligten Kreisen nur ein Handbuch, das den Leser in das Studium des neuen

IV

Vorwort.

Rechtes einführen, ihm den Zusammenhang der Rechtssätze an­ deuten, die Tragweite des einen und des anderen Satzes darlegen und auf diese Weise einen Wegweiser durch die oft recht ver­ schlungenen Pfade des Gesetzbuchs an die Hand geben soll. Diesem Zwecke entsprechend ist nach einer Einleitung, welche die Entstehungsgeschichte des Bürgerlichen Gesetzbuchs enthält, der durch das Reichsgesetzblatt veröffentlichte Gesetzestext wort­ getreu abgedruckt und mit Erläuterungen versehen. Die Er­ läuterungen betreffen entweder einen größeren Theil des Gesetz­ buchs oder nur einen Paragraphen. Die ersteren schieben sich zwischen die Ueberschrift eines Buches, Abschnitts, Titels rc. und die darauf folgenden Gesetzesvorschriften ein; die letzteren sind als Anmerkungen dem Paragraphen beigefügt, auf welchen sie sich beziehen. Beide Kategorieen heben sich durch kleinere Schrift von dem Texte des Gesetzes ab. Als Erläuterung betrachten die Herausgeber auch die Überschriften, mit welchen sie die einzelnen Paragraphen ausgestattet haben, um den Leser in den Stand zu setzen, den Inhalt und das System einer Gruppe von Rechts­ normen mit Leichtigkeit zu überblicken. Die Herausgeber haben sich in die Bearbeitung des Gesetz­ buchs dergestalt getheilt, daß jeder von ihnen ein Buch über­ nommen hat, und zwar Greiff den Allgemeinen Theil, Andre das Recht der Schuldverhältniffe, Achilles das Sachenrecht, Unzner das Familienrecht und Ritgen das Erbrecht; die Einleitung, die Erläuterung des Einführungsgesetzes und das Sachregister sind von Greiff verfaßt worden. Die wenigen Abkürzungen, die sich die Herausgeber gestattet haben, werden auch ohne weitere Erklärung verstanden werden. Zu bemerken ist nur, daß, wenn auf die „Denkschrift" schlechthin oder auf die „Anlage zur Denkschrift" verwiesen wird, hiermit die Anlage II der mit dem Entwürfe des Bürgerlichen Gesetz­ buchs dem Reichstage vorgelegten Denkschrift gemeint ist.

Berlin, den 1. Oktober 1896.

Vorwort zur zweiten Auflage.

Obwohl die erste Auflage trotz ihrer ungewöhnlichen Stärke schon im Herbste 1897 vergriffen war, glaubte die Verlagsbuch­ handlung doch der weiteren Nachfrage nach dem Buche zunächst durch einen Neudruck desselben genügen zu können. Eine verbesserte Auflage erschien erst angezeigt, nachdem die im Art. 1 des Einsührungsgesetzes zum B.G.B. vorbehaltenen Gesetze sämmt­ lich zu Stande gekommen und im Juni 1898 verkündet worden waren. Inzwischen haben die Herausgeber das Gesetzbuch unter Berücksichtigung der durch dasselbe hervorgerufenen Literatur nochmals sorgfältig durchgearbeitet. Das Ergebniß ihrer Studien haben sie in der zweiten Ausgabe verwerthet. Das'Buch hat, um auch ferner seinen Zweck erfüllen zu können, an Umfang beträchtlich zunehmen müssen. Die Er­ läuterungen sind nicht blos in einzelnen Punkten berichtigt und ergänzt, sondern an zahlreichen Stellen, zum Theil unter völliger Neugestaltung, erheblich vermehrt worden. Die Gesetze, deren Text auf Grund des Gesetzes vom 17. Mai 1898 (R.G.Bl. S. 342) Seitens des Reichskanzlers von neuem bekannt gemacht ist (S. 369 ff.), werden fortan in der Gestalt citirt, welche sie in dieser Bekanntmachung haben. Als weitere Neuerung ist hervorzuheben, daß in Folge eines von Freunden des Buches geäußerten Wunsches unter jedem Paragraphen bezw. Artikel die entsprechenden Stellen der veröffentlichten Entwürfe*) nachgewiesen werden. Es sind dies: 1. Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich und Entwurf eines Einführungsgesetzes rc. Erste Lesung. Ausaearbeitet durch die vom Bundesrathe berufene Kommission. Amtliche Ausgabe 1888 (E. I); *) Die Entwürfe sind im Verlage von I. Guttentag erschienen.

VI

Vorwort.

2. Die von der Kommission für die zweite Lesung aus­ gearbeiteten Entwürfe: a. Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs rc. nach den Be­ schlüssen der Redaktionskommission. Auf amtliche Veranlassung 1894, 1895 (E. II); b. der dem Bundesrathe vorgelegte Entwurf unter dem Titel: Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches und eines zu­ gehörigen Einführungsgesetzes rc. in der Fassung der Bundes­ rathsvorlagen. Auf amtliche Veranlassung 1898 (E. II B.R.); 3. Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs und eines Einführungsgesetzes in der Fassung der dem Reichstage gemachten Vorlage 1896 (R.T.). Zum Verständnisse der Citate mag darauf hingewiesen werden, daß die unter 2a bezeichnete Veröffentlichung den Entwurf eines Einführungsgesetzes nicht zum Gegenstände gehabt hat. Auf die veröffentlichten Motive des ersten Entwurfes, die Protokolle der Komm, für die zweite Lesung und die dem Reichstage vorgelegte Denkschrift ist die Nachweisung nicht ausgedehnt worden, weil das, was diese Vorarbetten zur richtigen Auslegung des Gesetzbuchs und des Einführungsgesetzes beitragen, an der Hand der nachgewiesenen Paragraphen bezw. Artikel ohne Weiteres sich aufsinden läßt. Berlin, den 1. Dezember 1898.

Vorwort zur dritten Auflage.

Seit dem Erscheinen der zweiten Auflage dieses Werkes, die wiederum durcb einen Nachdruck beträchtlich verstärkt werden mußte, sind nicht nur die reichs- und landesrechtlrchen Vor­ bereitungen für das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Abschlüsse gelangt, sondern das Gesetzbuch ist geltendes Recht geworden. In der dritten Auflage sind daher zunächst die zur Ergänzung und Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs inzwischen ergangenen Bestimmungen berücksichtigt. Aber auch im Uebrigen haben die Herausgeber ihre Arbeit einer wieder­ holten Nachprüfung unterzogen, und auf Grund derselben sowie der Anregungen, die ihnen die Litteratur und die Praxis boten,, sind die Erläuterungen des Gesetzestextes in den durch den Zweck des Werkes gezogenen Grenzen vervollständigt worden. Obwohl somit der Inhalt des Buches eine erhebliche Erweiterung erfahren hat, ist es durch gedrängteren Druck gelungen, eine die Hand-lichkeit beeinträchtigende Vergrößerung des äußeren Umfanges zu vermeiden. Leider ist es dem verehrten Senior und Führer unter den Bearbeitern dieses Buches, Herrn Reichsgerichtsrath a. D. Dr. Achilles, nicht beschieden gewesen, das Erscheinen der neuen Auflage zu erleben. Am 21. Oktober d. I. wurde er unerwartet aus seinem arbeitsreichen Leben abberufen. Dennoch darf diese Auflage noch als von ihm herausgegeben bezeichnet werden. Ihrer Vollendung widmete er bis kurz vor seinem Tode uner-müdlich seine Kräfte; die Mitwirkung an diesem Buche ist so zur letzten Arbeit des hochverdienten Mannes geworden. Berlin, im Dezember 1900.

Inhalts-Hlebersicht. Einleitung..............................................................................................

Seite 1

Bürgerliches Gesetzbuch. Erstes Buch.

Allgemeiner Theil.......................... 18 Erster Abschnitt.

Personen. Erster Titel. Natürliche Personen. §§. 1 bis 20 . . . . 19 Zweiter Titel. Juristische Personen. I. Vereine.......................................................................................... 26 1. Allgemeine Vorschriften. §§. 21 bis 54............................ 27 2. Eingetragene Vereine. §§. 5b bis 79................................... 37 II. Stiftungen. §§. 80 bis 88............................................................ 44 III. Juristische Personen des öffentlichenRechtes. §. 89 . . . 47 Zweiter Abschnitt. Sachen. §§. 90 bis 103................................. 48 Dritter Abschnitt. Rechtsgeschäfte...................................................... 62 Erster Titel. Geschäftsfähigkeit. §§. 104 bis 115 ... . 63 Zweiter Titel. Willenserklärung. §§. 116 bis 144 ... 57 Dritter Titel. Vertrag. §§; 145 bis 157...................................... 67 vierter Titel. Bedingung. Zeitbestimmung. §§. 168 bis 163 70 fünfter Titel. Vertretung. Vollmacht. §§. 164 bis 181 . 72 Sechster Titel. Einwilligung. Genehmigung. §§. 182 bis 185 78 Uierter Abschnitt. Fristen. Termine. §§. 186 bis 193 . . 80 Aünfter Abschnitt. Verjährung. §§. 194 bis 225 ... . 82 Sechster Abschnitt. Ausübung der Rechte. Selbstvertheidigung. Selbsthülfe. §§. 226 bis 231 . ...................................................... 95 Siebenter Abschnitt. Sicherheitsleistung. §§. 232 bis 240 . 97

Inhalts - Uebersicht.

IX Seite

Zweites Buch.

Nrcht der Schuldverhältniste

...

100

Inhalt der Schuldverhältnisse. Erster Titel. Verpflichtung zur Leistung. §§. 241 bis 292 . Zweiter Titel. Verzug des Gläubigers. §§. 293 bis 304 .

101 118

Erster Abschnitt.

Zweiter Abschnitt.

Schuldverhältnisse aus Verträgen . . . 121 Erster Titel. Begründung. Inhalt des Vertrags. §§. 305 bis 319....................................................................................... 121 Zweiter Titel. Gegenseitiger Vertrag. §§. 320 bis 327 . . 126 Dritter Titel. Versprechen der Leistung an einen Dritten §§. 328 bis 335 ................................................................... 129 vierter Titel. Draufgabe. Vertragsstrafe. §§. 336 bis 345 131 Fünfter Titel. Rücktritt. §§. 346 bis 361............................... 184

Dritter Abschnitt.

Erlöschen der Schuldverhältnisse. Erster Titel. Erfüllung. §§. 362 bis 371............................... 138 Zweiter Titel. Hinterlegung. §§. 372 bis 386 ..................... 141 Dritter Titel. Aufrechnung. §§. 387 bis 396 ..................... 146 vierter Titel. Erlaß. §.397 ............................................... 149

Fierter Abschnitt.

Übertragung der Forderung. §§. 398 bis 413............................................................................................ 149

Münster Abschnitt. Sechster Abschnitt.

§§. 414 bis 419

.

.

155

Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern. §§. 420 bis 432 ........................................................................

158

Siebenter Abschnitt.

Schuldübernahme.

Einzelne Schuldverhältnisse. Erster Titel. Kauf. Tausch................................................... 161 I. Allgemeine Vorschriften. §§. 433 bis 458 ..................... 162 II. Gewährleistung wegen Mängel der Sache. §§. 459 bis 493 169 III. Besondere Arten des Kaufes. 1. Kauf nach Probe. Kauf auf Probe. §§. 494 bis 496 179 2. Wiederkauf. §§. 497 bis 503 ..................................... 180 3. Vorkauf. §§. 504 bis 514.............................................. 181 IV. Tausch. §.515 .............................................................. 184 Zweiter Titel. Schenkung. §§. 516 bis 534 ..................... 184 Dritter Titel. Miethe. Pacht. I. Miethe. §§. 535 bis 580 ............................................... 191 II. Pacht. §§. 581 bis 597 ............................................... 204 vierter Titel. Leihe. §§. 598 bis 606 ................................ 208

Inhalts-Uebersicht.

X

Seite

Fünfter Titel. Darlehen. §§. 607 bis 610............................... 211 Sechster Titel. Dienstvertrag. §§. 611 bis 630 .... 212 Siebenter Titel. Werkvertrag. §§. 631 bis 651 .... 220 Achter Titel. Mäklervertrag. §§. 652 bis 656 ..................... 227 Neunter Titel. Auslobung. §§. 657 bis 661 ..................... 229 Zehnter Titel. Auftrag. §§. 662 bis 676 .......................... 231 Elfter Titel. Geschäftsführung ohne Auftrag. §§. 677 bis 687 235Zwölfter Titel. Verwahrung. §§. 688 bis 700 .... 238 Dreizehnter Titel. Einbringung von Sachen bei Gastwirthen. §§. 701 bis 704 .................................................................... 242 vierzehnter Titel. Gesellschaft. §§. 705 bis 740 . . . 243 Fünfzehnter Titel. Gemeinschaft. §§. 741 bis 758 . . . 254 Sechzehnter Titel. Leibrente. §§. 769 bis 761 .... 260 Siebzehnter Trtel. Spiel. Wette. §§. 762 bis 764 . . . 260 Achtzehnter Titel. Bürgschaft. §§. 765 bis 778 ... . 261 Neunzehnter Titel. Vergleich. §. 779 ............................... 267 Zwanzigster Titel. Schuldversprechen. Schuldanerkenntniß. §§. 780 bis 782 .................................................................... 267 Einundzwanzigster Titel. Anweisung. §§. 783 bis 792 . 268Zweiundzwanzigster Titel. Schuldverschreibung auf den Inhaber. §§. 793 bis 808 .................................................................... 271 Dreiundzwanzigster Titel. Vorlegung von Sachen. §§. 809 bis 811 ............................................................... ... 279 vierundzwanzigster Titel. Ungerechtfertigte Bereicherung. §§.812 bis 822 .................................................................................... 280 Fünfundzwanzigster Titel. Unerlaubte Handlungen. §§. 823 bis 853 .................................................................................... 285-

Drittes Buch.

Sachenrecht........................... 299 Hrster Aö schnitt. Besitz. §§. 854 bis 872 ............................... Zweiter Abschnitt. Allgemeine Vorschriften über Rechte an

800

§§. 873 bis 902...........................................

307

Grundstücken.

Dritter Abschnitt.

Eigenthum. Erster Titel. Inhalt des Eigenthums. §§. 903 bis 924 . Zweiter Titel. Erwerb und Verlust des Eigenthums an Grundstücken. §§. 925 bis 928 ..........................................

823 331

Inhalts-Uebersicht.

XI Seite

Erwerb und Verlust des Eigenthums an beweg­

Dritter Titel.

lichen Sachen.

I. Uebertragung.

§§. 929 bis 936 ..................................

§§. 937 bis 945

833

.......................................

837

III. Verbindung. Vermischung. Verarbeitung. §§. 946 bis 952

339

II. Ersitzung.

IV. Erwerb von Erzeugnissen und sonstigen Bestandtheilen

§§. 953 bis 957 ..................................

einer Sache.

§§. 958 bis 964

V. Aneignung. VI. Fund.

§§. 965 bis 984

341

..................................

343

.............................................

845

vierter Titel. Ansprüche aus dem Eigenthume. §§.985 bis 1007

352

.

860

...

862

Fünfter Titel.

Miteigenthum.

Vierter Abschnitt. Aünfter Abschnitt.

Erbbaurecht.

.

§§. 1008 bis 1011

§§. 1012 bis 1017

.

Dienstbarkeiten. Erster Titel. Grunddienstbarkeiten. §§. 1018 bis 1029 . . 364 Zweiter Titel. Nießbrauch................................................................... 368

an Sachen.

I. Nießbrauch

Dritter Titel.

§§. 1030 bis 1067

.

.

.

369

an Rechten. §§. 1068 bis 1084 ... 379 an einem Vermögen. §§. 1085 bis 1089 384

II. Nießbrauch III. Nießbrauch

Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten. §§. 1090

bis 1093 ......................................................................................... Sechster Abschnitt. Vorkaufsrecht. §§. 1094 bis 1104 ...

Siebenter Abschnitt. Reallasten. §§. 1105 Achter Abschnitt. Hypothek. Grundschuld.

386 388

...

392

Rentenschuld . Erster Titel. Hypothek. §§. 1113 bis 1190 ............................ Zweiter Titel. Grundschuld. Rentenschuld.

395 897

bis 1112

1. Grundschule

§§. 1191 bis 1198

............................

429

II. Rentenschuld.

§§. 1199 bis 1203

............................

431

Merrnter Abschnitt. an Rechten. Erster Titel.

Pfandrecht an beweglichen Sachen und

Pfandrecht an beweglichen Sachen.

§§. 1204

bis 1272 .........................................................................................

484

§§. 1278 bis 1296

456

Zweiter Titel.

Pfandrecht an Rechten.

viertes Buch.

Familienrecht. Erster Abschnitt. Erster Titel.

Zweiter Titel.

Bürgerliche Ehe. Verlöbniß.

§§. 1297 bis 1302

Eingehung der Ehe.

.......................

468

.

465

§§. 1303 bis 1822

Inhalts - Uebersicht.

XII

Seite Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Ehe. §§. 1823

Dritter Titel.

bis 1347 ..........................................................................................

vierter Titel.

Wiederverheirathung

im

Falle

der

erklärung. §§. 1348 bis 1352 Fünfter Titel. Wirkungen der Ehe im Allgemeinen. §§.1353 bis 1362 Eheliches Güterrecht

Sechster Titel.

474

Todes­

........................................

482 484 488-

I. Gesetzliches Güterrecht............................................................. 488 1. Allgemeine Vorschriften.

§§. 1363 bis 1372 .

2. Verwaltung und Nutznießung.

3. Schuldenhaftung.

.

490

§§. 1373 bis 1409

492

.

§§. 1410 bis 1417............................603

4. Beendigung der Verwaltung und Nutznießung. §§. 1418

bis 1425

....................................................................

5. Gütertrennung. §§. 1426 bis 1431 II. Vertragsmäßiges Güterrecht.

1. Allgemeine Vorschriften.

§§. 1432 bis 1436 .

2. Allgemeine Gütergemeinschaft.

3. Errungenschaftsgemeinschaft. 4. Fahrnißgemeinschaft.

.......................

506

608-

.

610

§§. 1437 bis 1518 .

611

.

§§. 1619 bis 1648

§§. 1649 bis 1657

.

539

....

547

III. Güterrechtsregister. §§. 1668 bis 1563 ....................... Siebenter Titel. Scheidung der Ehe. §§. 1564 bis 1687 .

650 652

....

661

Achter Titel.

§. 1688

Kirchliche Verpflichtungen.

Zweiter Kö schnitt

Verwandtschaft. Allgemeine Vorschriften.

.

661

§§. 1591 bis 1600 .

562

Dritter Titel. Unterhaltspflicht. §§. 1601 bis 1616 ... vierter Titel. Rechtliche Stellung der ehelichen Kinder. . . I. Rechtsverhältniß zwischen den Eltern und dem Kinde im

565 571

Erster Titel.

Zweiter Titel.

§§. 1689, 1590

Eheliche Abstammung.

Allgemeinen. §§. 1616 bis 1626 II. Elterliche Gewalt. §. 1626. 1. Elterliche Gewalt des Vaters. 2. Elterliche Gewalt der Mutter. Fünfter Titel.

Ehen.

.

.

672

§§. 1627 bis 1683 . §§. 1684 bis 1698 .

675 695

Rechtliche Stellung der Kinder aus nichtigen

§§. 1699 bis 1704 ........................................................

Sechster Titel. Siebenter Titel.

Rechtliche Stellung

der unehelichen

601

Kinder.

Legitimation unehelicher Kinder.

I. Legitimation durch nachfolgende Ehe.

§§. 1719 bis 1722

609

II. Ehelichkeitserklärung. §§. 1723 bis 1740 ....................... Achter Titel. Annahme an Kindesstatt. §§. 1741 bis 1772 .

610 615

Inhalts-Uebersicht.

XIII Sette

Dritter Kö schnitt. Erster Titel.

Vormundschaft....................................................... 62& Vormundschaft über Minderjährige. §§. 1773 bis 1792

I. Anordnung der Vormundschaft. II. Führung der Vormundschaft.

§§. 1793 bis 1836

.

.

625

.

632

III. Fürsorge und Aufsicht des Vormundschaftsgerichts. §§. 1837

bis 1848 ................................................................................... IV. Mitwirkung des Gemeindewaisenraths. §§. 1849 bis 1851 V. Befreite Vormundschaft. §§. 1852 bis 1857 .... VI. Familienrath.

§§. 1858 bis 1881

VII. Beendigung der Vormundschaft. Zweiter Titel.

Vormundschaft

..................................

§§. 1882 bis 1895

über Volljährige.

bis 1908 ...................................... Dritter Titel. Pflegschaft. §§. 1909 bis 1921

.

646. 649 651

652* 657

§§. 1896

.......................

661 665-

Fünftes Buch.

Erbrecht. Erster KSschnttt. Erbfolge. §§. 1922 bis 1941 ....................... Zweiter Abschnitt. Rechtliche Stellung des Erben.

670

Erster Titel. Annahme und Ausschlagung der Erbschaft. Fürsorge

des Nachlaßgerichts. §§. 1942 bis 1966 ............................ Zweiter Titel. Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlich­

677

keiten ................................................................................................... 686 I. Nachlaßverbindlichkeiten. §§. 1967 bis 1969 .... 687 II. Aufgebot der Nachlaßgläubiger. §§. 1970 bis 1974 . 688III. Beschränkung der Haftung des Erben. IV. Jnventarerrichtung.

§§. 1975 bis 1992

691

Unbeschränkte Haftung des Erben.

§§. 1993 bis 2013 Dritter Titel.

............................................................. §§. 2014 bis 2017 .... Erbschaftsanspruch. 2018 bis 2031

699 707 708

vierter Titel.

Mehrheit von Erben

714

V. Aufschiebende Einreden.

.

I. Rechtsverhältniß der Erben unter einander.

§§. 2032

bis 2057 .............................................................................. II. Rechtsverhältniß zwischen den Erben und den Nachlaß­

gläubigern.

715

§§. 2058 bis 2063 .......................................

724

Testament. Erster Titel. Allgemeine Vorschriften. §§. 2064 bis 2086 . Zweiter Titel. Erbeinsetzung. §§. 2087 bis 2099 ....

727 733

tz§. 2100 bis 2146

787

Dritter Abschnitt.

Dritter Titel.

Einsetzung eines Nacherben.

XIV

Inhalts - Uebersicht. Sette

vierter Titel. Vennächtnih. §§. 2147 bis 2191 .... Fünfter Titel. Auflage. §§. 2192 bis 2196 ..................... Sechster Titel. Testamentsvollstrecker. §§. 2197 bis 2228 . Siebenter Titel. Errichtung und Aufhebung eines Testaments. §§. 2229 bis 2264 .............................................................. Achter Titel. Gemeinschaftliches Testament. §§. 2265 bis 2278 M-rter Abschnitt. Erbvertrag. §§. 2274 bis 2302 ... Münster Abschnitt. Pflichttheil. §§. 2303 bis 2338 ... Sechster Abschnitt. Erbunwürdigkeit. §§. 2339 bis 2345 . Siebenter Abschnitt. Erbverzicht. §§. 2346 bis 2852 ... Achter Abschnitt. Erbschein. §§. 2353 bis 2370 .... Nennter Abschnitt. Erbschaftskauf. §§. 2371 bis 2385 . .

753 766 768

779 791 794 804 818 820 822 829

Einführungsgesetz. Erster Kö schnitt. Allgemeine Vorschriften. Artikel Zweiter Kö schnitt. Verhältniß des Bürgerlichen

1 bis 81 . Gesetzbuchs zu den Reichsgesetzen. Artikel 32 bis 54............................... Dritter Köschnitt. Verhältniß des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu den Landgesetzen. Artikel 55 bis 152 ............................... Werter Köschnitt. Uebergangsvorschriften. Artikel 153 bis 218

884

845 860 896

Sachregister................................................................................. 922

Abkürzungen. In den Verweisungen unter den einzelnen Paragraphen und Artikeln

bedeutet G. I den Entwurf erster Lesung, G. II den Entwurf zweiter

Lesung

(1894, 1895),

mit den Buchstaben K.K. der: dem Bundesrathe

vorgelegten Entwurf, K.T. die dein Reichstage gemachte Vorlage (1896).

Gemeint ist der Entwurf des Gesetzbuchs, wenn der beigefügten Zahl das

Zeichen §. oder §§. vorgesetzt ist, der Entwurf des Einführungsgesetzes,

wenn statt dieses Zeichens das abgekürzte Wort Artikel steht.

Vergl. das

Vorwort S. V, VI. Im Uebrigen sind nachstehende Abkürzungen hervorzuheben:

A.L.R. — Allgemeines Landrecht für die Königl. Preußischen Staaten vom 5. Februar 1794. A.G. — Ausführungsgesetz.

Art. — Artikel.

Attg.V. — Allgemeine Verfügung. A.V. = Ausführungsverordnung.

B.G.B. — Bürgerliches Gesetzbuch. C P.O. = Cwilprozeßordnung.

EG. — Einführungsgesetz. F. G G. — Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts­

barkeit*).

G B.O. = Grundbuchordnung.

Gew.O. — Gewerbeordnung. G. V.G. = Gerichtsverfasfungsgesetz.

H. G.B. — Handelsgesetzbuch.

Jahrb.N.F.— Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen

der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen, herausgegeben von Johow und Ring, Neue Folge.

*) Preußen F.G.G. = Preußisches Gerichtsbarkeit v. 21. September 1899.

Gesetz

über

die freiwillige

XVI

Abkürzungen.

K.G. — Kanunergericht in Berlin. K.O. — Konkursordnung.

St.G.B. — Strafgesetzbuch. St.P.O. — Strafprozeßordnung. V. = Verordnung. W.O. — Allgemeine Deutsche Wechselordnung. Z.V.G. — Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangs­ verwaltung. Die in den einzelnen Bundesstaaten erlassenen AussührungHgesetze

zum Bürgerlichen Gesetzbuche (vergl. die Uebersicht S. 15—17) sind nur

mit den Namen der Bundesstaaten bezeichnet.

Einleitung. Jedentuvg und Kntstehmrg des Bürgerliche« Gesetzbuchs. Der 1. Januar 1900, der Tag, an welchem das Bürger­ liche Gesetzbuch m Kraft getreten ist, bildet einen Wendepunkt in der deutschen Rechtsgeschuhte; mit diesem Tage ist das deutsche Volk zum ersten Male in den Genuß eines einheitlichen bürger­ lichen Rechtes gelangt.

1. Aeltere Kodisikationsbestrevnngen. Die ältere Staats- und Rechtsentwicklung Deutschlands hatte zur Zersplitterung des Reichs m eine Unzahl kleiner und kleinster Gebiete mit verschiedenem Rechte geführt, als gegen Ende des Mittelalters die fremden Rechte, voran das römische, ihren Zug über die Alpen begannen. Neben der Unzulänglichkeit des einheimischen Rechtes gegenüber den Bedürfnissen der Zett war seine Verworrenheit und Zerrissenheit einer der Hauptgründe, welche dem überlegenen Eindringlinge zum Siege verhalfen. Wenngleich die Entfaltung deutscher Rechtsgedanken durch diesen Ausgang des Jahrhunderte langen Kampfes zwischen ein­ heimischem und fremdem Rechte beklagenswerthe Störungen er­ litt, so hat sich derselbe doch der Entwicklung nach dem nunmehr erreichten Ziele hin förderlich erwiesen. Durch die Aufnahme des römischen Rechtes wurde für ganz Deutschland ein Grundstock gemeinsamen bürgerlichen Rechtes gewonnen. Zugleich aber ergab sich daraus, daß das aufgenommene Recht ein fremdes, in einer fremden Sprache geschriebenes war, für die Folgezeit die drin­ gende Aufforderung, die hiermit verbundenen tiefgreifenden Miß­ stände durch Schaffung deutscher Gesetzbücher zu beseitigen. Diese Aufgabe konnte nach der staatlichen Gestaltung Deutschlands vorerst nur für einzelne Gebiete gelöst werden. So entstand der Codex Marinnltaneus Bavancus (1756), das Allgemeine Landrecht für die Königlich Preußischen Staaten (1794), das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für die deutschen Erblande der österreichischen Monarchie (1811). Auch der französische Code civil vom Jahre 1804 ist hier zu erwähnen, da er alsbald in ausAchilles, Bürgerliches Gesetzbuch. 3. Auflage 1

2

Einleitung.

gedehnten Gebieten Deutschlands eingeführt und nach dem Sturze der Napoleonischen Fremdherrschaft in Geltung belassen wurde. In Baden endlich hat eine Uebersetzung des Code mit Aende­ rungen und Zusätzen als Badisches Landrecht im Jahre 1809 Gesetzeskraft erlangt und bis heute behalten. Während die genannten Gesetzeswerke nur das Bedürfniß einzelner Staaten befriedigten, erhob sich in der Zeit der Be­ freiungskriege, unter dem Eindrücke der durch diese geweckten vaterländischen Begeisterung, der Ruf nach einem einheitlichen deutschen Gesetzbuche. Wohl hatten schon früher einzelne Männer, wie Konring, Leibniz und Pütter, die Unvollkommenheit des bestehenden Rechtszustandes dargethan und ein allgemeines deutsches Gesetzbuch gefordert*). Die nationale Bedeutung eines solchen Werkes aber fand zum ersten Male in der 1814 veröffentlichten Schrift Thibaut's über die Nothwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechtes für Deutschland nachhaltig wirksamen Ausdruck. Auch der gewichtige Widerspruch, dem Thibaut bei dem großen Rechtslehrer v. Savigny be­ gegnete, vermochte das Verlangen nach einem einheitlichen Privatrechte nicht zum Schweigen zu bringen. Neben dem nationalen Interesse war es vor Allem das Bedürfniß des stark entwickelten Verkehrs zwischen den verschiedenen deutschen Staaten, welches immer von neuem an die Vereinheitlichung des bürgerlichen Rechtes gemahntes. Die Erreichung dieses Zieles war freilich durch den Mangel einer einheitlichen Gesetzgebungs­ gewalt für die Staaten des Deutschen Bundes wesentlich erschwert. Es gelang daher auch zunächst nur auf zwei engeren Gebieten, durch die im Jahre 1847 geschaffene Wechselordnung und das in den Jahren 1857—1861 ausgearbeitete Handelsgesetzbuch gemeinsames Recht für alle deutschen Staaten herzustellen. Da­ gegen blieben die weitergehenden Wünsche noch lange unerfüllt, denen die am 28. März 1849 verkündete „Verfassung des Deutschen Reichs" Ausdruck verliehen hatte, indem sie der Reichs­ gewalt die Aufgabe zuwies, durch die Erlassung allgemeiner Gesetzbücher über bürgerliches Recht, Handels- und Wechselrecht, Strafrecht und gerichtliches Verfahren die Rechtseinheit im deutschen Volke zu begründen. T) Eine Zusammenstellung älterer Stimmen für diese Forderung giebt E. Schwartz, Privatrechtliche Kodifikationsbestrebungen, im Archiv für bürgerliches Recht Bd. 1 S. 38—49. 2) Ueber die literarischen Vertreter des Gedankens der Nechtseinheit vergl. Schwartz a. a. O. S. 71—112.

3

Einleitung.

Inzwischen wurden in einzelnen deutschen Staaten die Ver­ suche, für das Staatsgebiet eine einheitliche Gestaltung des bürgerlichen Rechtes zu erzielen, fortgesetzt, gelangten jedoch zu­ meist nicht über das Stadium der Entwürfe hinaus. Dies war das Schicksal der schon 1817 in Angriff genommenen, von 1832 bis 1848 fortgeführten Gesetzrevision in Preußen sowie der Kodifikationsbestrebungen in Bayern und Hessen, aus welchen der 1860 und 1864 zum Theil veröffentlichte Entwurf eines bürger­ lichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern und der 1841 bis 1853 bekannt gegebene gleichnamige Entwurf für das Großherzogthum Hessen hervorgingen. Nur im Königreiche Sachsen erreichten die langjährigen gesetzgeberischen Arbeiten mit dem Bürgerlichen Gesetzbuche vom Jahre 1863 ihr Ziel. Neben dieser Thätigkeit einzelner Bundesstaaten dauerten die Bestrebungen nach einer ganz Deutschland umfassenden Rechts­ einheit fort. Zu ihrer Vertretung schuf sich 1860 der Juristen­ stand der Nation in dem deutschen Juristentag ein dauerndes, einflußreiches Organ. Im Jahre 1862 unternahm auch die Deutsche Bundesversammlung noch einen weiteren Schritt zur Herstellung gemeinsamen Rechtes, indem sie beschloß, den Ent­ wurf eines allgemeinen Gesetzes über Rechtsgeschäfte und Schuld­ verhältnisse ausarbeiten zu lassen. Allein die bevorstehende staatliche Umgestaltung Deutschlands warf schon ihren Schatten voraus: jener Beschluß stieß auf den Widerspruch Preußens und anderer Staaten und gelangte nur ohne deren Mitwirkung zur Ausführung. Der so geschaffene Entwurf eines Deutschen Ge­ setzes über Schuldverhältnisse, nach dem Orte, an dem die Be­ rathungen über ihn stattfanden, der Dresdener Entwurf genannt, wurde 1866 veröffentlicht; die Vorrede trug das Datum des 13. Juni, des Tages, welcher dem Zusammenbruche des Deutschen Bundes unmittelbar vorherging.

2. Verfassungsrechtliche Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Bei der staatsrechtlichen Neuordnung der deutschen Verhält­ nisse machte sich alsbald im konstituirenden Reichstage des Nord' deutschen Bundes das Verlangen geltend, das neue Staatsgebilde auch mit den erforderlichen Befugnissen für eine einheitliche Privatrechtsgesetzgebung auszustatten *). Während der von den 1) Ueber die nachstehend berührten parlamentarischen Verhandlungen vergl. die ausführlichen Mittheilungen bei Schwartz a. a. O. S. 142 bis 150 und bei Vierhaus, die Entstehungsgeschichte des Entwurfes eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich, Heft 1 der Bekker-Fischer'schen Beiträge zur Erläuterung und Beurtheilung des Entwurfes re. S. 38—44. 1*

4

Einleitung.

Regierungen am 4. März 1867 vorgelegte Verfassungsentwurf im Art. 4 Nr. 13 der Gesetzgebungsgewalt des Bundes auf privatrechtlichem Gebiete nur das Wechsel- und Handelsrecht zu­ wies, beantragte der Abgeordnete Miquel, die Bundeszuständig­ keit auf das ganze bürgerliche Recht auszudehnen, der Abgeordnete Lasker, sie wenigstens auf das Obligationenrecht zu erstreckens. In der Sitzung vom 20. März 18671 2) wurde der umfassendere erste Antrag abgelehnt, der beschränktere Antrag dagegen angenommen. Diesem Beschluß entsprach die Entscheidung der Zuständigkeilsfrage in der Verfassung des Norddeutschen Bundes (B.G.Bl. S. 1). Im Jahre 1869 brachten jedoch die vorgenannten beiden Abgeordneten gemeinsam den früheren weitergehenden Antrag wiederum ein, und dieses Mal wurde der Antrag nach eingehender Erörterung in drei Sitzungen mit großer Mehrheit angenommen3).* 5 Noch in demselben Jahre führten die nämlichen Antragsteller einen der Er­ weiterung der Bundeszuständigkeit günstigen Beschluß des preußi­ schen Abgeordnetenhauses herbei*). Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 16. April 1871 (R.G.Bl. S. 63) übernahm zunächst den Artikel 4 Nr. 13 der Norddeutschen Bundesverfassung in unveränderter Gestalt. Auf Antrag des Abgeordneten Lasker beschloß jedoch der Reichstag in den Jahren 1871, 1872 und 1873 immer von neuem mit großer Mehrheit die Ausdehnung der Reichszuständigkeit auf das gesammte bürgerliche Recht3). In dem gleichen Sinne sprachen sich die sächsische Kammer der Abgeordneten am 23. Fe­ bruar 1872, die württembergische Kammer der Abgeordneten am 30. Januar 1873 sowie die bayerischen Kammern der Abgeord­ neten und der Reichsräthe am 8. November und am 4. Dezember 1873 aus. Inzwischen hatte sich auch in der Haltung der ver­ bündeten Regierungen ein Umschwung vollzogen. Schon der Beschluß des Reichstags vom Jahre 1871 hatte im Bundesrath eine erhebliche Minderheit für sich gehabt. In der Reichstags­ sitzung vom 2. April 1873 konnte endlich der Minister Delbrück die Annahme der vom Reichstage beschlossenen Verfassungs­ änderung seitens des Bundesraths in nahe Aussicht stellen. Am 12. Dezember 1873 ertheilte der letztere denn auch mit 54 gegen

1) Drucksachen des Reichstags Nr. 29 und Nr. 16 unter 4. 2) Sten. Berichte S. 284—292. 3) Sten. Berichte S. 446- 470, 647—654, 833—835. 4) Drucks, desselben 1869/70 Nr. 32, Sten. Berichte S. 89, 720 bis 742, 1091—1098. 5) Sten. Berichte 1871 S. 206ff., 276 ff.; 1872 S. 596 ff., 726; 1873 S. 167 ff., 210.

Einleitung.

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4 Stimmen dem erneuten Reichstagsbeschlusse die verfassungs­ mäßige Zustimmung. In der am 24. Dezember 1873 ausge­ gebenen Nummer des Reichsgesetzblatts von 1873 (S. 379) wurde das Gesetz, betreffend die Abänderung der Nr. 13 des Artikels 4 der Verfassung des Deutschen Reichs, vom 20. Dezember 1873 verkündigt.

3. Ter Entwurf -er ersten Kommission. Nachdem die Grundlage für die reichsgesetzliche Herstellung eines einheitlichen bürgerlichen Rechtes gewonnen war, gingen die verbündeten Regierungen ungesäumt ans Werk*). Schon vorher war über den einzuschlagenden Weg eine Verständigung dahin erzielt, daß eine Kommission zur Ausarbeitung des Ent­ wurfes eines bürgerlichen Gesetzbuchs berufen werden sollte. Noch in der Sitzung vom 12. Dezember 1873 erhielt der Ausschuß für das Justizwesen den Auftrag, sich über die Einsetzung dieser Kommission zu äußern. Gemäß dem Anträge des Ausschusses betraute der Bundesrath am 28. Februar 1874 zunächst fünf angesehene deutsche Juristen, nämlich den Reichsoberhandels­ gerichtsrath Dr. Goldschmidt, den württembergischen Ober­ tribunalsdirektor Dr. v. Kübel, den preußischen Appellations­ gerichts-Präsidenten Meyer, den Präsidenten des bayerischen Oberappellationsgerichts v. Neumayr und den Präsidenten des sächsischen Oberappellationsgerichts v. Weber, mit der Aufgabe, über Plan und Methode, nach welchen bei Aufstellung des Entwurfes eines deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs zu ver­ fahren sei, gutachtliche Vorschläge zu machen. Nach Erkrankung des Präsidenten Meyer trat an dessen Stelle der damalige Präsi­ dent des preußischen Appellationsgerichts zu Halberstadt (spätere Justizminister) Dr. v. Schelling. Diese Vorkommission ent­ wickelte in ihrem unter dem 15. April 1874 erstatteten Gutachten in Bezug auf die allgemeine Aufgabe des Gesetzbuchs, den Um­ fang des aufzunehmenden Stoffes, das Verhältniß zu dem be­ stehenden Rechte und den früheren Entwürfen sowie das Verfahren bei der Ausarbeitung die Gesichtspunkte, an welchen weiterhin im Wesentlichen festgehalten worden ist. Auf einen dem Gut­ achten zustimmenden ausführlichen Bericht des Ausschusses für Justizwesen vom 9. Juni 1874*2) beschloß der Bundesrath am ') Zu der folgenden Darstellung vergl. Schwartz a. a. O. S. lölff. und Vier haus a. a. O. S. 44 ff. 2) Ein wörtlicher Abdruck dieses Berichtes sowie des Gutachtens der Vorkonunission findet sich in Rassow und Küntzel's Beiträgen zur Erläuterung des deutschen Rechts Bd. 21 S. 176—214.

6

Einleitung.

22. Juni die Berufung einer Kommission von elf hervorragenden praktischen und theoretischen Juristen zur Ausarbeitung des Ent­ wurfes eines Bürgerlichen Gesetzbuches. Zu Mitgliedern der Kommission wurden am 2. Juli 1874 gewählt: der Appellations­ gerichtsrath Derscheid in Colmar, der badische Ministerialrath Dr. Gebhard, der preußische Obertribunalsrath Johow, der württembergische Obertribunalsdirektor Dr. v. Kübel, der preu­ ßische Geheime Justizrath und vortragende Rath im Justizmini­ sterium Kurlbaum II, der Wirkliche Geheime Rath und Präsident des Reichs-Oberhandelsgerichts Dr. Pape, der preußische Appellationsgerichtsrath Dr. Planck, der bayerische Professor der Rechte Dr. v. Roth, der bayerische Ministerialrath Dr. v. Sckmitt, der sächsische Oberlandesgerichtspräsident Dr. v. Weber und der badische Geheime Rath und Professor der Rechte in Heidelberg Dr. v. Windscheid. Bei der Zusammensetzung der Kommission war ersichtlich auf eine entsprechende Vertretung der innerhalb des Reichs bestehenden großen Rechtssysteme, des gemeinen, des preußischen, des französischen (badischen) und des sächsischen Rechtes, Bedacht genommen'). Der Mitgliederbestand erlitt in der Folge mehrfache Aenderungen. Im Oktober 1883 schied v. Windscheid aus. Anfang Januar 1884 starb nach langer' Krankheit v. Kübel; er wurde durch den württembergischen Professor der Rechte Dr. v. Mandry ersetzt. Im Februar 1888 verstarb v. Weber; an seine Stelle trat der vortragende Rath im sächsischen Ministerium der Justiz Geheime Justizrath Dr. Rüger. Zum Vorsitzenden der Kommission ernannte der Reichskanzler den Präsidenten Pape. Am 17. September 1874 trat die Kommission zum ersten Male zusammen, um weiter bis Ende September in sieben Sitzungen ihren Arbeitsplan festzustellen. Sie beschloß in Uebereinstimmung mit dem vom Bundesrathe gebilligten Gutachten der Vorkom­ mission, keines der geltenden Gesetzbücher und keinen der vorhan­ denen Entwürfe ihren Berathungen zu Grunde zu legen, sondern durch fünf ihrer Mitglieder mit Motiven versehene Vorentwürfe ') Als Hülfsarbeiter, namentlich zur Unterstützung der Redaktoren und zur Ausnahme der Protokolle, wurden der Kommission int Laufe ihrer Berathungen beigeordnet der Kreisgerichtsrath Neubauer in Berlin, der Stadtgerichtsrath Achilles daselbst, der Gerichtsrath Börner in Leipzig, der Obergerichtsrath Braun in Celle, der Stadtgerichtsassessor Vogel in Darmstadt, der Kanzleirath Dr. Martini in Rostock, der Obergerichtsassessor Struckmann in Göttingen, der Kreisrichter v. Liebe in Braunschweig und der Landgerichtsrath Ege in Stuttgart.

Einleitung.

7

für die in Aussicht genommenen fünf Theile des Gesetzbuchs aus­ arbeiten zu lassen. Zu Redaktoren wurden bestellt für den All­ gemeinen Theil Dr. Gebhard, für das Recht der Schuld­ verhältnisse Dr. v. Kübel, für das Sachenrecht Johow, für das Familienrecht Dr. Planck, für das Erbrecht Dr. v. Schmitt. Die Aufstellung der Theilentwürfe nahm die folgenden sechs Jahre in Anspruch. Die lange Dauer dieser Arbeit wird erklärlich, wenn man beachtet, welch ein ungeheurer Stoff in dem bisherigen Rechte und der Literatur sich angehäuft hatte, daß die Sammlung und Sichtung dieses Stoffes äußerst mühe­ voll und zeitraubend war und daß ferner zu jedem Entwurf eine umfangreiche Begründung ausgearbeitet werden mußte. Die Kom­ mission trat während dieser Zeit alljährlich aus mehrere Wochen zusammen, um die für den Fortgang der Vorarbeiten nothwendig werdenden Entscheidungen zu treffen. Am 4. Oktober 1881 be­ gannen die fortlaufenden Berathungen über die Theilentwürfe. Für das Recht der Schuldverhältnisse diente dabei, soweit der Theil­ entwurf wegen der Erkrankung des Redaktors nicht hatte vollendet werden können, der sog. Dresdener Entwurf (oben S. 3) als Grund­ lage. Die Berathungen dauerten, einschließlich der am 30. September 1887 begonnenen Schlußrevision, bis gegen Ende Dezember 1887. Mit Bericht vom 27. Dezember überreichte der Vorsitzende den fertiggestellten Entwurf erster Lesung dem Reichskanzler. Die Kommission vollendete weiter noch, und zwar, nachdem Pape im September 1888 gestorben war, unter der Leitung von Johow, bis Ende März 1889 in erster Lesung die Entwürfe eines Ein­ führungsgesetzes zu dem Gesetzbuch, einer Grundbuchordnung und eines Gesetzes über die Zwangsvollstreckung in das un­ bewegliche Vermögen. Die volle Rechenschaft über die Gesammtthätigkeit der Kommission war in den von den Redaktoren vorgelegten Motiven und in den Berathungsprotokollen enthalten, von denen die ersteren zusammen mit den Zusammenstellungen und Theilentwürfen der Kommission 19 Druckbände in Folio füllen, die Protokolle, 734 an der Zahl, insgesammt 12313 Folioseiten umfassen. Auf Grund dieser nicht veröffentlichten Materialien arbeiteten demnächst die Hülfsarbeiter der Kommission Motive aus, und zwar Börner zum allgemeinen Theile, Ege zum Rechte der Schuldverhältnisse, Achilles und v. Liebe zum Sachenrechte, Struckmann zum Familienrechte, Neubauer zum Erbrechte. Eine Prüfung dieser Arb eiten durch die Kommission hat nichtstattgefunden. Zufolge eines Beschlusses des Bundesraths vom 31. Januar

8

Einleitung.

1888 wurde der Entwurf des Gesetzbuchs mit den erwähnten, fünf Bände starken Motiven*) durch den Druck veröffentlicht. Der amtlichen Ausgabe des Entwurfes war ein Vorwort beigegeben, in welchem die Vertreter der Rechtswissenschaft und die zur Rechts­ pflege Berufenen sowie die Vertreter wirthschaftlicher Interessen aufgefordert wurden, von dem Entwürfe Kenntniß zu nehmen und mit ihren Urtheilen und Vorschlägen hervorzutreten. Während der folgenden Jahre zeitigte denn auch die allgemeine Theil­ nahme an dem Gesetzgebungswerk eine außerordentlich reich­ haltige Literatur über den Entwurf, deren Umfang daraus erhellt, daß eine im Reichs-Justizamt gefertigte Zusammenstellung von Auszügen der bis zum November 1890 bekannt gewordenen kritischen Aeußerungen sechs Druckbände fülltet. Unter der großen Zahl der Beurtheiler fehlte es nicht an gewichtigen Stimmen, welche sich schlechthin ablehnend aussprachen; im Allgemeinen ergab sich jedoch eine weitgehende Uebereinstimmung dahin, daß der Entwurf zwar seinem Inhalt und namentlich seiner Form nach einer wiederholten gründlichen Nachprüfung und Umarbeitung bedürfe, aber geeignet sei, als Grundlage für den Neubau der Privatrechtsordnung zu dienen. In der That kann eine gerechte Würdigung aller an der Entstehung des Gesetzbuchs betheiligten Faktoren die grundlegenden Verdienste nicht verkennen, welche die erste Kommission sich um die Aufrichtung des Werkes er­ worben hat.

4. Der Entwurf der zweiten Kommission. Arn 4. Dezember 1890 traf der Bundesrath die vorbehaltene Entscheidung über die weitere Behandlung des Entwurfes. Er beschloß, diesen nebst dem Entwürfe des Einführungsgesetzes durch eine neu zu bildende Kommission einer zweiten Lesung unterziehen zu lassen. Auch in der neuen Kommission bildeten zwar Vertreter der Rechtswissenschaft sowie der richterlichen und anwaltlichen Praxis die Mehrheit; bei ihrer Auswahl fanden wieder die verschiedenen großen Rechtsgebiete Berücksichtigung, auch wurde für Herstellung eines persönlichen Zusammenhanges mit der ersten Kommission Sorge getragen. Außerdem aber war auf eine Vertretung der wirtschaftlichen Interessen, der Landwirthschaft, des Handels und des Gewerbes, der *) Die amtliche Ausgabe erschien im Verlage von I. Guttentag in Berlin 1888. 2) Die Zusammenstellung ist als Manuskript gedruckt und nicht im Buchhandel erschienen.

Einleitung.

9

Volkswirthschaftslehre und zugleich der großen Parteien des Reichstags Bedacht genommen. Die Kommission, deren Mitgliederzahl ursprünglich auf 22 festgesetzt, sodann durch Be­ schluß vom 19. März 1891 auf 24 erhöht wurde, im weiteren Verlaus aber sich wiederum verringerte, wurde aus ständigen und nichtständigen Mitgliedern zusammengesetzt, von denen die letzteren nur bezüglich der Verpflichtung zur Theilnahme an den Sitzungen erleichtert waren. Als ständige Mitglieder gehörten der Kommission im Beginne der sachlichen Berathungen zunächst an: der Staatssekretär des Reichs-Justizamts Dr. Bosse, der Direktor in demselben Amte Wirkliche Geheime Rath Hanauer, der preußische Geheime Justizrath und Professor Dr. Planck, die vortragenden Räthe im preußischen Justizministerium Geheime Ober-Justizräthe Küntzel und Eichholz, der Ministerialrath im bayerischen Ministerium der Justiz Jacubezky, der vor­ tragende Rath im sächsischen Justizministerium Geheime Rath. Dr. Rüger, der württembergische Professor Dr. v. Mandry, der badische Geheime Rath und Professor Dr. Gebhard, der hessische Ministerialrath Dr. Dittmar und der hamburgische Rechtsanwalt Dr. Wolffson sen. Nichtständige Mitglieder waren der preußische Geheime Regierungsrath und Professor der Na­ tionalökonomie in Halle Dr. Conrad, der Geheime Justizrath und Professor der Rechte zu Berlin Dr. v. Cuny, der preußische Oberforstmeister und Direktor der Forstakademie zu Eberswalde Dr. Danckelmann, der Gutsbesitzer Freiherr v. Gagern in Erlangen, der Brauereidirektor Goldschmidt in Berlin, der Rittergutsbesitzer v. Helldorf-Bedra, der Amts­ gerichtsrath Hoffmann in Berlin, der preußische Ober-Bergund Hüttendirektor Geheime Bergrath Leuschner, der preußische Landrath und Rittergutsbesitzer Freiherr v. ManteuffelCrossen, der Geschäftsinhaber der Diskontogesellschaft in Berlin, Generalkonsul Rüssel, der sächsische Geheime Hofrath Professor Dr. Sohm in Leipzig, der Landgerichtsrath Spahn in Bonn und der Rechtsanwalt und Notar Justizrath Wilke in Berlin. An den Berathungen der Kommission nahmen ferner als Kommissare der Reichs-Justizverwaltung Theil: der preußische Oberlandesgerichtsrath (später Reichsgerichtsrath) Achilles, der vortragende Rath im sächsischen Justizministerium Geheime Justizrath Börner und der vortragende Rath im Reichs-Justizamt Geheime OberRegierungsrath Struckmann. Bon ihnen traten Struckmann bald nach Beginn, Börner gegen Schluß der Berathungen als Mitglieder in die Kommission ein. Der Vorsitz in der Kommission wechselte mehrfach. Nach dem Staatssekretär des Reichs-Justizamts.

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Einleitung.

v. Oehlschläger, welcher noch vor Beginn der sachlichen Be­ rathungen in Folge seiner Ernennung zum Reichsgerichtspräsidenten aus der Kommission ausschied, führten nach einander den Vorsitz dessen Amtsnachfolger Dr. Bosse und Hanauer, nach des letzteren Tode seit dem April 1893 der bisherige stellvertretende Vorsitzende Küntzel. Zu Referenten wurden vom Vorsitzenden bestimmt für den Allgemeinen Theil und das Einführungs­ gesetz Gebhard, für das Recht der Schuldverhältnisse Jacubezky, für das Sachenrecht Küntzel, für das Familienrecht v. Mandry, für das Erbrecht Rüger; die Stellung des General­ referenten versah während der ganzen Berathungszeit Plancks. Rach einer vorbereitenden Sitzung vom 15. Dezember 1890 trat die Kommission am 1. April 1891 in die sachliche Berathung ein. Ueber den Fortgang der Arbeiten wurde allwöchentlich im Reichsanzeiger berichtet. Ueberhaupt ging im Gegensatze zu dem bei der ersten Kommission beobachteten Verfahren das Bestreben jetzt dahin, der Oeffentlichkeit dauernd Einblick in die Thätigkeit der Kommission zu gewähren. Die Berathungen schlossen sich der Paragraphenfolge des Entwurfes an. Bei.ein­ zelnen besonders wichtigen oder schwierigen Gegenständen, wie der Regelung der Gesammthypothek, des ehelichen Güterrechts, der Haftung der Erben, wurde durch besondere Subkommissionen der Gesammtkommission vorgearbeitet. Einer Redaktionskom­ mission, welche Anfangs aus dem stellvertretenden Vorsitzenden, später aus dem Vorsitzenden selbst und dauernd aus dem Gene­ ralreferenten und dem jeweiligen Referenten sowie zum Theil noch aus anderen Mitgliedern der Kommission bestand, fiel die bedeutsame Aufgabe zu, den sachlichen Beschlüssen der Kommission eine von den formellen Mängeln des ersten Entwurfes freie Fassung zu geben. Die so von der Redaktionskommission auf Grund der erstmaligen Berathung der Kommission fertig gestellten Theilentwürfe wurden 1894 und 1895 veröffentlicht*). Die Kommission unterzog dieselben alsdann während der Zeit vom l) Als Schriftführer waren der Kommission zunächst zugetheilt die preußischen Gerichtsassessoren v. Jecklin, Greiff und Dr. v. Schelling sowie der Amtsrichter Kayser; die an erster und letzter Stelle Genannten wurden später durch den preußischen Gerichtsassessor und Privatdozenten in Göttingen Dr. Andr6, den bayerischen Amtsrichter Dr. Unzner und den preußischen Gerichtsassessor Ritgen ersetzt. a) Sie sind unter dem Titel: „Entwurf eines Bürgerlichen Gesetz­ buchs für das Deutsche Reich. Zweite Lesung. Nach den Beschlüssen der Redaktionskommission." im gleichen Verlage wie der Entwurf erster Lesung erschienen.

Einleitung.

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6. Mai bis 19. Juni 1895 unter Berücksichtigung der bekannt gewordenen Urtheile und Vorschläge der Kritrk einer Revision. Nachdem auf dieser Grundlage der Entwurf des Gesetzbuchs seine endgültige Fassung erhalten hatte, wurde er Ende Ok­ tober 1895 dem Bundesrathe vorgelegt. In den folgenden Mo­ naten erledigte die Kommission noch die zweite Lesung des Entwurfes eines Einführungsgesetzes, sodaß auch dieser vor dem Jahresschluß an den Bundesrath gelangen konnte. Mit der Vollendung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend Aenderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Civilprozeßordnung und der Konkursordnung *), beschloß die Kommission im Februar 1896 ihre Berathungen, über welche 457 Sitzungs­ protokolle von zusammen 9524 Folioseiten Auskunft geben *).

5. Die Vollendung des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Inzwischen hatte der Ausschuß des Bundesraths für Justiz­ wesen vom 7. Oktober bis 11. Dezember 1895 den Entwurf des Gesetzbuchs durchberathen. Der Bundesrath selbst ertheilte am 16. Januar 1896 dem Entwürfe mit den vom Ausschüsse be­ schlossenen Aenderungen seine Zustimmung. Am 17. Januar 1896, unmittelbar vor dem 25. Gedenktage der Kaiserproklama­ tion zu Versailles, überreichte der Reichskanzler Fürst Hohen­ lohe den Entwurf nebst einer im Reichs-Justizamte gefertigten Denkschrift persönlich dem Reichstages. Am 25. Januar folgte der Entwurf des Einführungsgesetzes nach, welcher im Bundesrathe .vom Ausschüsse für Justizwesen vom 14. bis 20. Januar in vier Sitzungen berathen und in der dort beschlossenen Gestalt vom Plenum am 23. Januar genehmigt worden war. Diesem Ent­ würfe waren Materialien zu seinem dritten Abschnitte, bestehend in Auszügen aus den Motiven des Entwurfes erster Lesung und den Protokollen zweiter Lesung, beigegeben4*).2 3 Im Reichstage fand die erste Berathung der beiden Ent1) Die drei Bundesrnthsvorlagen sind inzwischen auf amtliche Ver­ anlassung im Verlage von I. Guttentag erschienen. 2) Eine tut Auftrage des Reichs-Justizamts vom Reichsgerichtsrath a. D. Dr. Achilles und den Mitgliedern der zweiten Kommission Dr. Gebhard und Dr. Spahn bearbeitete Ausgabe der Protokolle ist im Verlage von I. Guttentag erschienen. 3) Drucks, des Reichstags Nr. 87, Sten. Berichte S. 390. 4) Drucks, des Reichstags Nr. 87 a. Ein Abdruck dieser und der in der Anm. 3 genannten Vorlage ist u. A. auch von der Verlagsbuchhandlung Guttentag herausgegeben worden.

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Einleitung,

würfe in den vier Sitzungen vom 3. bis 6. Februar 1896 statt1). Als Vertreter der verbündeten Negierungen nahmen an den Ver­ handlungen vornehmlich Theil der Staatssekretär des Reichs-JustizamtsNieb er ding und mehrere Mitglieder der zweiten Kommission. Die erste Berathung endigte damit, daß die Entwürfe einer Kom­ mission von 21 Mitgliedern mit der Ermächtigung überwiesen wurden, einzelne Abschnitte ohne vorherige Berathung durch Mehr­ heitsbeschlüsse unverändert anzunehmen. Am 7. Februar trat die Kommission (die XII.) zum ersten Male zusammen und wählte zum Vorsitzenden den Abg. Spahn, zu Berichterstattern die Abg. Dr. Enneccerus für die beiden ersten Bücher, Dr. v. Buchka für das dritte Buch, Dr. Bachem für das vierte Buch, Schroder für das fünfte Buch und das Einführungsgesetz2). Ohne von der ihr ertheilten Ermächtigung Gebrauch zu machen, unterzog die Kommission die Entwürfe in 53 Sitzungen zwei Lesungen. Zwischen denselben gelang es, über die hauptsächlich streitigen Punkte, insbesondere das Vereinsrecht und das per­ sönliche Eherecht, zwischen der Mehrheit der Kommission und den verbündeten Regierungen eine Verständigung zu erzielen. Ueber die Kommissionsberathungen wurden schriftliche Berichte erratet3).* 5 In der 109. Sitzung, die am 19. Juni 1896 stattsand, trat der Reichstag nach Ablehnung eines Antrags auf Absetzung des Gegenstandes von der Tagesordnung in die zweite Berathung des Gesetzbuchs ein und führte diese sowie die zweite Be­ rathung des Einführungsgesetzes in der 116. Sitzung, am 27. Juni, zu Ende*). In den beiden folgenden Sitzungen, am 30. Juni und 1. Juli, wurde sodann die dritte Berathung der Entwürfe erledigt b). Bei der namentlichen Gesammtabstimnmng entschieden sich von den anwesenden 288 Abgeordneten 222 mit Ja, 48 mit Nein, während der Rest sich der Abstimmung ent­ hielt. Die Entwürfe waren somit endgültig angenommen. *) Sten. Bericht S. 705—793. Auch die Stenographischen Berichte sowie der Kommissionsbericht sind bei I. Guttentag erschienen. 2) Die Zusammensetzung der Kommission wechselte mehrfach. Der Bericht ist von den oben Genannten und den Abg. Dr. v. Bennigsen, Dr. v. Cuny, Dr. v. Dziembowski-Pomian, Frohme, Gröber (Württemberg), Himburg, Jskraut, Kauffmann, Lenzmrnn, Lerno, Dr. Lieber (Montabaur), Marbe, Pauli, Graf v. Roon, v. Salisch, Stadthagen, Freiherr v. Stumm-Halberg unterzeichnet.. 3) Drucksachen Nr. 440—440 d. *) Sten. Berichte S. 2717-3038. 5) Sten. Berichte S. 3040—3106. Ein Abdruck der Berichte ist von der Verlagsbuchhandlung I. Guttentag herausgegeben worden.

Einleitung.

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Nachdem am 14. Juli der Bundesrath den Entwürfen seine verfassungsmäßige Zustimmung ertheilt hatte, wurden die­ selben am 18. August 1896 vom Kaiser vollzogen. Die Ver­ kündung ist durch die am 24. August zu Berlin ausgegebene Nummer 21 des Reichsgesetzblatts (S. 195—603,607—650) erfolgt. Damit war der Haupttheil der im Jahre 1873 begonnenen großen Gesetzgebungsarbeit zum glücklichen Abschlüsse gebracht.

6. Tragweite des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Das Bürgerliche Gesetzbuch bietet grundsätzlich eine Neu­ regelung des gesammten bürgerlichen Rechtes. Es läßt das Gebiet des öffentlichen Rechtes unberührt, soweit sich nicht einzelne in dieses Gebiet übergreifende Bestimmungen darin finden. Dagegen ordnet es das bürgerliche Recht dem ganzen Umfange nach neu. Seine Tragweite unterliegt hier nur den im Gesetzbuche selbst und im Einführungsgesetze vorgesehenen Einschränkungen. Diese beziehen sich zunächst auf die bestehenden Reichsgesetze. Es erschien im Allgemeinen weder durch die Aufgabe des Gesetzbuchs geboten noch auch nur zweckmäßig, den privatrechtlichen Inhalt der bisherigen Reichsgesetze in das Gesetzbuch zu übernehmen. Die Vorschriften der Neichsgesetze bleiben deshalb in Kraft, soweit sich nicht aus dem Gesetzbuch oder aus dem Einführungsgesetze die Aufhebung ergiebt (vergl. E.G. Art. 32). Umgekehrt bethätigt sich gegenüber den Landesgesetzen die Bedeutung des Gesetzbuchs als Kodifikation des bürgerlichen Rechtes in dem Grundsätze, daß die privatrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze außer Kraft treten, soweit nicht in dem Ge­ setzbuch oder dem Einführungsgesetz ein Anderes bestimmt ist (vergl. E.G. Art. 55). Derartige Vorbehalte zu Gunsten der Landesgesetze stellt das Einführungsgesetz in großer Zahl auf. Sie überweisen theils einzelne Sonderrechtsgebiete ganz der landesgesetzlichen Regelung, theils gestalten sie nur gewisse Ab­ weichungen von Vorschriften des Gesetzbuchs. Einigen der allgemeinen Vorbehalte kommt übrigens von vornherein nur vorübergehende Bedeutung zu. Namentlich ist für die vorerst noch der Landesgesetzgebung zugewiesenen Gebiete des Versicherungs- und des Verlagsrechts eine möglichst baldige reichs­ gesetzliche Ordnung in Aussicht genommen.

7. Ergänzende Reichsgesetze. Unmittelbar aus dem Bürgerlichen Gesetzbuche selbst erwuchs der Reichsgesetzgebung noch eine Reihe von dringlichen und umfassenden Aufgaben, deren Lösung zur vollen Verwirklichung

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Einleitung.

der angestrebten Rechtseinheit nothwendig war. Das ein­ heitliche Liegenschaftsrecht verlangte zu seiner Ergänzung reichs­ gesetzliche Vorschriften über das Grundbuchwesen und machte ferner eine einheitliche Gestaltung der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen theils erforderlich, theils angängig. Sodann mußte das Verfahren in den Angelegenheiten der frei­ willigen Gerichtsbarkeit so weit reichsgesetzlich geordnet werden, als es die gleichmäßige Durchführung des neuen Reichsrechts erheischte. Richt minder bedurften das Gerichtsverfassungsgesetz, die Civilprozeßordnung und die Konkursordnung umfangreicher Aenderungen und Ergänzungen. Rach allen diesen Richtungen war schon im Artikel 1 des Einführungsgesetzes zum Bürger­ lichen Gesetzbuche der Erlaß besonderer Gesetze und deren gleich­ zeitiges Inkrafttreten mit dem B.G.B. vorgesehen. Dazu kam die Nothwendigkeit, das Handelsgesetzbuch mit dem neuen bürger­ lichen Rechte in Einklang zu bringen. Die hierdurch gebotene Revision des genannten Gesetzeswerks verfolgte, ebenso wie die Revision der Civilprozeßordnung und der Konkursordnung, nebenher selbständige Ziele. Dieses umfassende Gesetzgebungsprogramm fand durch folgende Gesetze seine Erledigung: 1. das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangs­ verwaltung v. 24. März 1897 (Reichs-Gesetzbl. S. 97) nebst dem zugehörigen Einführungsgesetz (ebenda S. 135), 2. die Grundbuchordnung von demselben Tage (S. 139), 3. das Handelsgesetzbuch v. 10. Mai 1897 (S. 219) nebst dem zugehörigen Einführungsgesetze (S. 437), 4. das Gesetz über die Angelegenheiten der fteiwilligen Gerichtsbarkeit v. 17. Mai 1898 (S. 189), 5. das Gesetz, betr. Aenderungen der Konkursordnung, von demselben Tage (S. 230) nebst dem zugehörigen Einführungsgesetze (S. 248), 6. das Gesetz, betr. Aenderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung, vom gleichen Tage (S. 252), 7. das Gesetz, betr. Aenderungen der Civilprozeßordnung, vom gleichen Tage (S. 256) nebst dem zugehörigen Ein­ führungsgesetze (S. 332). Ein ferneres Gesetz v. 17. Mai 1898 (S. 342) ermächtigte den Reichskanzler zur Bekanntmachung der Texte verschiedener Reichsgesetze. Diese Bekanntmachung ist durch die Nummer 25 des Reichs-Gesetzblatts unter dem 20. Mai 1898 erfolgt. Sie umfaßt das Gerichtsverfassungsgesetz (S. 371), die Civilprozeß-

Einleitung.

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ordnung (S. 410), die Konkursordnung (S. 612), das Gerichts­ kostengesetz (S. 659), die Gebührenordnungen für Gerichtsvoll­ zieher (S. 683), für Zeugen und Sachverständige (S. 689) und für Rechtsanwälte (S. 692), das Gesetz, betr. die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Kon­ kursverfahrens (S. 709), das Gesetz über die Zwangsver­ steigerung und die Zwangsverwaltung (S. 713) und das zu­ gehörige Einführungsgesetz (S. 750), die Grundbuchordnung (S. 754), das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen. Gerichtsbarkeit (S. 771), das Gesetz, betr. die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften (S. 810), das Gesetz, betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (S. 846) und das Gesetz, betr. die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt lS. 868).

8. Ergänzende Landesgesetze. Zum Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs bedurfte es schließlich noch erheblicher Vorbereitungen in den einzelnen Bundes­ staaten. Es galt, gewisse im Gesetzbuche vorausgesetzte Einrichtungen zu schaffen, wie z. B. die Grundbücher, den Gemeindewaisenrath. Bezüglich mancher im Bürgerlichen Gesetzbuche behandelten Fragen war ferner den Einzelstaaten der Erlaß ergänzender oder auch ab­ weichender Bestimmungen Vorbehalten. Auf den dem Landesrechte überlassenen Gebieten ergab sich die Aufgabe, die bestehenden Vor­ schriften mit dem neuen Reichsrecht in Einklang zu bringen ober durch neue einheitliche Vorschriften zu ersetzen. Weiter kam in Frage,' über die Aufhebung des bisherigen Landesrechts thunlichste Klarheit zu schassen. Auf dem Gebiete der Uebergangsvorschriftcn endlich blieb zu entscheiden, inwieweit für bestehende Rechtsverhältnisse das im Einführungsgesetze aufrecht erhaltene bis­ herige Recht dem neuen Reichsrecht angepaßt werden sollte. Zur Lösung aller dieser Aufgaben ergingen in allen Bundesstaaten im Wege der Gesetzgebung, der landesherrlichen Verordnung und der Verwaltungsanordnung umfangreiche Ausführungsbestimmungen. Von diesen sind hier die zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetz­ buchs erlassenen Gesetze, die in dieser Ausgabe nur mit dem Namen des betreffenden Bundesstaats bezeichnet werden, hervor­ zuheben. Es sind folgende: 1. für Preußen das Ausführungsgesetz zum B.G.B. vom 20. September 1899; 2. für Bayern das Ausführungsgesetz zum B.G.B. vom 9. Juni 1899;

16

Einleitung.

3. für Sachsen das Gesetz, die Ausführung des B.G.B. vom 18. August 1896 und des Einführungsgesetzes zum B.G.B. von demselben Tage betreffend, vom 18. Juni 1898; 4. für Württemberg das Ausführungsgesetz zum B.G.B. und zu dessen Nebengesetzen vom 28. Juli 1899; 5. für Baden das Gesetz, die Ausführung des B.G.B. betreffend, vom 17. Juni 1899; 6. für Hessen das Gesetz, die Ausführung des B.G.B. betreffend, vom 17. Juli 1899; 7. für Mecklenburg-Schwerin die Verordnung zur Aus­ führung des B.G.B. vom 9. April 1899; 8. für Sachsen-Weimardas Ausführungsgesetz zumB.G.B. vom 5. April 1899; 9. für Mecklenburg-Strelitz die Verordnung zur Aus­ führung des B.G.B. vom 9. April 1899; 10. für Oldenburg das Gesetz für das Herzogthum Olden­ burg zur Ausführung des B.G.B. und des H.G.B. vom 15. Mai 1899 und die Gesetze für das Fürstenthum Lübeck und das Fürstenthum Birkenfeld zur Ausführung des B.G.B. von demselben Tage; 11. für Braunschweig das Ausführungsgesetz zum B.G.B. vom 12. Juni 1899; 12. für Sachsen-Meiningen das Ausführungsgesetz zum B.G.B. vom 9. August 1899; 13. für Sachsen-Altenburg das Ausführungsgesetz zum B.G.B. vom 4. Mai 1899; 14. für Sachsen-Koburg-Gotha das Ausführungsgesetz zum B.G.B. vom 20. November 1899; 15. für Anhalt das Ausführungsgesetz zum B.G.B. vom 18. April 1899; 16. für Schwarzbürg-Sondershausen das Ausführungs­ gesetz zum B.G.B. vom 19. Juli 1899; 17. für Schwarzburg-Rudolstadt das Ausführungsgesetz zum B.G.B. vom 11. Juli 1899; 18. für Waldeck das Ausführungsgesetz zum B.G.B. vom 11. Dezember 1899; 19. für Neuß ältere Linie das Gesetz, die Ausführung des B.G.B. vom 18. August 1896 und des Einführungs­ gesetzes von demselben Tage betreffend, vom 26. Oktober 1899; 20. für Neuß jüngere Linie das Gesetz, die Ausführung des B.G.B. vom 18. August 1896 und des Einführungs­ gesetzes dazu von demselben Tage betreffend, vom 10. August 1899;

Einleitung.

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21. für Schaumburg-Lippe das Gesetz zur Ausführung des B.G.B. vom 23. August 1899; 22. für Lippe das Ausführungsgesetz zum B.G.B. vom 17. November 1899; 23. für Lübeck das Ausführungsgesetz zum B.G.B., zum H.G.B. und zur W.O. vom 30. Oktober 1899; 24. für Bremen das Ausführungsgesetz zum B.G.B. vom 18. Juli 1899; 25. für Hamburg das Gesetz, betr. Ausführung des B.G.B., vom 14. Juli 1899; 26. für Elsaß-Lothringen das Gesetz, betreffend die Aus­ führung des B.G.B. in Elsaß-Lothringen, vom 17. April 1899 in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. De­ zember 1899.

Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch. 3. Auflage.

2

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Allgemeiner Theil.

Personen.

Erstes Buch. Allgemeiner Theil. 1. Das erste Buch enthält die Vorschriften, welche mehr oder weniger für alle besonderen Gebiete des bürgerlichen Rechtes von Bedeutung sind. Hier werden zunächst Bestimmungen gegeben über die Subjekte der Privatrechte, die Personen (1. Abschnitt), die Rechtsobjekte, die Sachen (2. Abschnitt), und die wichtigsten Thatbestände des bürgerlichen Rechtes, die Rechtsgeschäfte (3. Abschnitt). Es folgen Auslegungsregeln für Fristen und Termine (4. Abschnitt) sowie Vorschriften über die Ver­ jährung der Ansprüche (5. Abschnitt), die Ausübung der Rechte, die Selbstvertheidigung und die Selbsthülfe (6. Abschnitt) und die Sicherheitsleistung (7. Abschnitt). 2. Mit Stillschweigen übergangen ist die Entstehung und Auf­ hebung der Rechtsnormen. Die für das Gesetzesrecht maßgebenden Grundsätze gehören dem Staatsrecht an. Bezüglich des Gewohnheitsrechts ergiebt sich aus Art. 2 der Reichsverfassung, daß sich dem Neichsrechte gegen­ über für einzelne Theile des Reichsgebiets abänderndes oder auch nur ergänzendes Gewohnheitsrecht nicht bilden kann. Die künftige Entstehung eines gemeinen Gewohnheitsrechts bleibt rechtlich möglich. Ueber die Bedeutung des Wortes „Gesetz" vergl. E.G. Art. 2. Auch die Auslegung der Rechtsnormen ist im B.GV. nicht zum Gegenstände gesetzlicher Regelung gemacht, sondern ganz der Rechtswissen­ schaft und der Rechtsprechung überlassen. Von den räumlichen Grenzen des Geltungsgebiets der Rechtsnormen handeln die Art. 7—31, von den zeitlichen Grenzen mit ausschließlicher Beziehung auf das B.G.B. selbst die Art. 153—218 des E.G. In Betreff der Geltung des B.G.B. in den Konsulargerichtsbezirken und den Schutzgebieten vergl. Ges. v. 7. April 1900 §. 19 Nr. 1, §§. 20 ff., 79 und Ges. v. 15. März 1888 tz. 2. 3. Ueber die Beweis last sind allgemeine Vorschriften nicht aus­ genommen. Das B.G.B. sucht jedoch durch die Fassung der einzelnen Bestimmungen das Verhältniß von Regel und Ausnahme möglichst klarLustellen. Ueber die Wirkung des rechtskräftigen Urtheils vergl. C.P.O. §§. 325—328.

Natürliche Personen.

§§. 1 — 3.

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Krster Abschnitt. Personen. Erster Titel.

Natürliche Personen. 1. Natürliche Personen sind die einzelnen Menschen. Nach dem B.G.B. ist jeder Mensch Person im Rechtssinne, rechtsfähig, d. h. fähig, privatrechtliche Rechte und Pflichten zu haben. Landesgesetzlich kann die Erwerbsfähigkeit der Religiösen nach Art. 87, die der Ausländer nach Art. 88 des E.G. beschränkt werden. Den Beginn der Rechts­ fähigkeit bestimmt der §. 1. Weiter werden einige allgemeine rechtliche Eigenschaften und Beziehungen des Menschen behandelt: die Volljährigkeit und die Volljährigkeitserklärung (§§. 2—5), die Entmündigung (§. 6), der Wohnsitz (§§. 7—11), das Namenrecht (§. 12), die Todeserklärung (§§. 13--18) und die Vermuthungen für Leben und Tod (§§. 19, 20). Ueber Verwandtschaft und Schwägerschaft vergl. §§. 1589, 1590. 2. Der Stand und die Religion begründen nach dem B.G.B. keine Rechtsverschiedenheit. Eine Einschränkung erleidet dieser Grundsatz in Betreff des Standes durch das E.G. Art. 57, 58. 3. Die Rechtsfähigkeit begründet Parteifähigkeit nach der C.P.O. §. 50.

Rechtsfähigkeit. §♦ 1 Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt. E. I §. 3; II §. 1, S.x. §. 1. R.T. §. 1. Lebensfähigkeit ist nicht erforderlich. — Ueber Schutz der Leibesfrucht vergl. §. 844 Abs. 2, §. 1777 Abs. 2, §. 1912, §. 1918 Abs. 2, §. 1923 Abs. 2, §§. 1963, 2043, §. 2108 Abs. 1, §. 2178.

Volljährigkeit. §♦ 2. Die Volljährigkeit tritt mit der VollendungT) des einundzwanzigsten Lebensjahrs ein3). E. I §• 25; II §. 11, K.K. §. 2. KT. §• 2. 1) Berechnung §. 187 Abs. 2. 2) In Bezug auf Ausländer vergl. E.G. Art. 7 Abs. 2.

UolljährigKeitserKlärung. Uebergangsvorschriften im E.G. Art. 153, 154.

§♦ 3. Ein Minderjähriger, der das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat*), kann durch Beschluß des Vormundschaftsgerichts2) für volljährig erklärt werden. Durch die Volljährigkeitserklärung2) erlangt der Minder­ jährige die rechtliche Stellung eines Volljährigen.

Allgemeiner Theil. Personen.

20

G. I §. 26, §. 27 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1; II §. 12, §. 13 Abs. 1 Satz 1, K.U. §. 3. K.T. §. 3. Berechnung §. 187 Abs. 2. a) Zuständigkeit F.G.G. §§. 35, 43. Auf Grund des Vorbehalts im E.G. Art. 147 erklären andere Behörden für zuständig: Bayern Art. 2, Min.Bek. v. 24. Dezbr. 1899; Sachsen Ges. v. 15. Juni 1900 §. 14, Just.Min.V. v. 16. Juni 1900 §. 4; Mecklenburg-Schwerin §. 10; Braunschweig tz. 3; S.-Coburg-Gotha Art. 2; Anhalt Art. 1; Schwarzburg-Rudolstadt Art. 5. Verfahren F.G.G. §§. I ff., 56,59, §. 60 Abs. 1 Nr. 6, §. 196. 3) d. h. mit der Rechtskraft der Verfügung F.G.G. §. 56 Abs. 2. Auf andere Weise wird die Stellung eines Volljährigen nicht erlangt; ins­ besondere macht Heirath nicht mündig.

§♦ Ä. Die Volljährigkeitserklärung ist nur zulässig, wenn der Minderjährige seine Einwilligung ertheilt. Steht der Minderjährige unter elterlicher Gewalt^), so ist auch die Einwilligung des Gewalthabers erforderlich, es sei denn, daß diesem weder die Sorge für die Person noch die Sorge für das Vermögen des Kindes zusteht2). Für eine minderjährige Wittwe ist die Einwilligung des Gewalthabers nicht erforderlich. G. I §. 27; II §. 13 Abs. 1, Z.U. §. 4. U.T» §• 4. 1) Vergl. §§. 1626, 1627, 1676—1680, 1684, 1685, 1696, 1697, 1699 ff., 1707, 1719, 1736, 1757, 1765. Der Einwilligung eines Vor­ mundes bedarf es nicht. 2) Vergl. §. 1647 Abs. 1, §§. 1666, 1670.

§♦ 3. Die Volljährigkeitserklärung soll nur erfolgen, wenn sie das Beste des Minderjährigen befördert. G. I §. 27 Abs. 2 Satz 2; II §. 13 Abs. 2, S.U. §. 6. Zt.T. §. 5. Ueber die Anhörung von Verwandten oder Verschwägerten des Mündels vgl. §. 1847.

Entmündigung. Uebergangsvorschriften im E.G. Art. 155, 156. mündigung von Ausländern E.G. Art. 8.

Ueber die Ent­

§♦ 6. Entmündigt kann werdens: 1. wer in Folge von Geisteskrankheit2) oder von Geistes­ schwäche3) seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag*); 2. wer durch Verschwendung sich oder seine Familie der Ge­ fahr des Nothstandes aussetzt5); 3. wer in Folge von Trunksucht seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag oder sich oder seine Familie der Gefahr des Nothstandes aussetzt oder die Sicherheit Anderer gefährdet«).

Natürliche Personen.

§§. 4—9.

21

Die Entmündigung ist wiederaufzuheben, wenn der Grund der Entmündigung wegfällt7). G. I §§. 28, 29, 1739; II §. 14, K.U. §. 6. U T. §• 6. *) ohne Beschränkung auf Volljährige. 2) Wirkungen der Entmündigung §§. 104 Nr. 3, 1418 Nr. 3, 1425, 1428 Abs. 2, 1542, 1547 Abs. 2, 1896; vergl. auch §§. 1906—1908, 2230. 3) d. i. unvollständiger Entwicklung der Geisteskräfte. Wirkungen der Entnründigung: §§. 114, 115 statt §. 104, im Uebrigen wie bei Ent­ mündigung wegen Geisteskrankheit; ferner §§. 2229, 2230. 4) Verfahren C.P.O. §§. 645—660, 662—674. Vergl. für Preußen Allg.V. v. 28. Novbr. 1899; Sachsen Just.Min.B. v. 23. Dezbr. 1899. 5) Wirkungen der Entmündigung wie bei Geistesschwäche, ferner §. 1468 Nr. 4, §. 1495 Nr. 4, §. 1509; Verfahren C.P.O. §§. 680, 682 bis 684, 687. 6) Wirkungen der Entmündigung wie bei Geistesschwäche; Verfahren C.P.O. §§. 680—684, 687. 7) Verfahren C.P.O. §§. 675—679, 685—687.

Wohnsitz. Uebergangsvorschriften im E.G. Art. 157; Bedeutung für den Ge­ richtsstand C.P.O. §§. 13—15; St.P.O. §§. 8, 11 (E.G. Art. 35). Andere Fälle eines gesetzlichen Wohnsitzes als die in den §§. 9—11 geregelten giebt es nicht. Bezüglich des Gesindes vergl. Preußen Art. 14 tz. 1 Abs. 4.

a) Erwerb und Uerlust inr allgemeinen. §♦ 7. Wer sich an einem Orte ständig niederläßt, begründet an diesem Orte seinen Wohnsitz. Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen. Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben. G. I §. 34; II §. 17, K.zr. §. 7.

zr.T. §. 7.

§♦ 8. Wer geschäftsunfähig*) oder in der Geschäftsfähig­ keit beschränkt?) ist, kann ohne den Willen seines gesetzlichen Ver­ treters3)' einen Wohnsitz weder begründen noch aufheben. G. I §. 36; II §. 18, K.K. §. 8. K.T. §. 8. *) §• 104. 2) §§ 106 ff., 114. 3) d.h. des ehelichen Vaters (§§. 1627, 1630, 1634, 1635 Abs. 2, 1676—1680), der ehelichen Mutter (§§. 1684, 1685, 1696 bis 1698; vergl. §. 1707), des Vormundes (§§. 1793, 1897), des Pflegers (§. 1915).

b) Gesetzlicher Wohnsitz: einer Militürprrson; §♦ 8 Eine Militärperson*) hat ihren Wohnsitz am Garnison­ orte. AIs Wohnsitz einer Militärperson, deren Truppentheil im

22

Allgemeiner Theil.

Personen.

Jnlande keinen Garnisonort hat, gilt der letzte inländische Garnisonort des Truppenteils2). Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Militär­ personen, die nur zur Erfüllung der Wehrpflicht dienen oder die nicht selbständig einen Wohnsitz begründen könnens. G. I §. 37; II §. 19, S.K. §- 9. K.T. §. 9. !) Begriff: Mil.St.G.B. v. 20. Juni 1872 §. 4 und Anlage; Ges., betr. die Verpflichtung zum Kriegsdienste, v. 9. Nov. 1867 §§. 2, 13; R.Mil.Ges. v. 2. Mai 1874 §. 38. 2) Vergl. die C.P.O. in der Fassung v. 30. Januar 1877 §§. 14,15. s) nach §. 8.

rmrr Ehefrau; §♦ 10. Die Ehefrau theilt den Wohnsitz des Ehemanns4). Sie theilt den Wohnsitz nicht, wenn der Mann seinen Wohnsitz im Ausland an einem Orte begründet, an den die Frau ihm nicht folgt und zu folgen nicht verpflichtet ist2). Solange der Mann keinen Wohnsitz hat oder die Frau seinen Wohnsitz2) nicht theilt, kann die Frau selbständig einen Wohnsitz haben. G. I§. 39; II §. 20, H.U. §. 10. K.T. §. 10. *) selbstverständlich nur, solange die Ehe besteht. In Betreff des Falles der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft vergl. §§. 1586, 1587. 2) gemäß §. 1354 Abs. 2. 3) nach Abs. 1 Satz 2.

eines Kindes.

§. 11. Ein eheliches Kind*) theilt den Wohnsitz des Vaters, ein uneheliches Kind2) den Wohnsitz der Mutter, ein an Kindes­ statt angenommenes Kind2) den Wohnsitz des Annehmenden. Das Kind behält den Wohnsitz, bis es ihn rechtsgültig aufhebt4). Eine erst nach dem Eintritte der Volljährigkeit^) des Kindes erfolgende Legitimation oder Annahme an Kindesstatt hat keinen Einfluß auf den Wohnsitz des Kindes. G. I §. 40; II §. 21, Z.K. §. 11. K.T. §. 11. 1) §§. 1591 ff., 1699, 1719, 1736. 2) Vergl. §§. 1705 ff. 2) §. 1757. 4) §. 7 Abs. 3, §. 8. 5) §. 2, §. 3 Abs. 2.

Uamenrecht. Sonstige reichsgesetzliche Bestimmungen: H.G.B. §.37 Abs. 2; Ges. zum Schutze der Waarenbezeichnungen v. 12. Mai 1894 §. 14; Ges. zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes v. 27. Mai 1896 §. 8. Diese Vorschriften bleiben unberührt (E.G. Art. 32). Neue Bestimmungen über Namensänderung: Bayern Art. 3, V. v. 24. Dezbr. 1899 §§. 1—3, Min.Bek. v. 27. Dezbr. 1899; Sachsen V. v. 6. Juli 1899 §. 1; Württemberg Art. 132—134, Just.Min.D.

Natürliche Personen.

§§. 10—14.

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v. 9. Oktbr. 1899; Baden Rechtspolizeigesetz v. 17. Juni 1899 §. 29, V. v. 11. Novbr. 1899 §§. 3 ff.; Hessen Art. 2, V. v. 14. Oktbr. 1899; Elsaß-Lothringen §§. 1—5.

§♦ 12. Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens4) dem Berechtigten2) von einem Anderen bestritten oder wird das Interesse2) des Berechtigten dadurch verletzt, daß ein Anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht4), so kann der Berechtigte von dem Anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen2). G. II §. 22, K.K. §. 12. R-T. §• 12. 4) mag dieses Recht sich auf das bürgerliche Recht (vergl. §§. 1355, 1577, 1616, 1706, 1719, 1736, 1758, 1772, E.G. Art. 208) oder auf das öffentliche Recht gründen. Das Reckt des Adels, der Erwerb und Verlust desselben, bestimmen sich nach dem öffentlichen Rechte, mithin nach Landes­ recht; auf dieses Recht beziehen sich weder die angeführten Vorschriften des B.G.B. (vergl. Anm. zu§§. 1355,1616, 1706) noch der§. 12. Soweit jedoch das kraft öffentlichen Rechtes begründete Recht des Adels das Recht zum Gebrauche des adeligen Namens in sich schließt, wird das letztere Recht durch §. 12 geschützt. Vergl. Hessen Art. 3. 2) Die Vorschrift ist auf juristische Personen entsprechend anwendbar. 3) an der Verhütung einer Verwechselung mit dem Berechtigten oder des falschen Scheines der Zugehörigkeit zu dessen Familie. 4) zur Bezeichnung seiner Person, seiner Werke, Waaren re. 5) Weitere Schutzmittel bieten gegebenenfalls die Feststellungsklage (C.P.O. §. 256) und der Schadensersatzanspruch wegen unerlaubter Hand­ lungen nach §§. 823 ff.

Todeserklärung. Ueber die internationalen Grenzen der Geltung der §§. 13 ff. siehe E.G. Art. 9; Uebergangsvorschriften im E.G. Art. 158—162.

1. Zulässigkeit. Verfahren. ist, kann nach Maßgabe der §§. 14 bis 17 im Wege des Aufgebotsverfahrens 4) für todt erklärt werden.

§♦ 13. Wer verschollen

G. I §§. 5, 10, 20; II §. 2 Abs. 1 Satz 1, §. 6, K.K. §. 13. K-T. §• 13. 4) Das Verfahren bestimmt sich nach der C.P.O. §§. 960—976. Vergl. auch G.V.G. §. 23, und K.O. §. 224 Nr. 3.

2. Voraussetzungen. a) Regelfälle. §♦ 14. Die Todeserklärung ist zulässig, wenn seit zehn Jahren keine Nachricht von dem Leben des Verschollenen ein­ gegangen ist. Sie darf nicht vor dem Schlüsse des Jahres er-

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Allgemeiner Theil.

Personen.

folgen, in welchem der Verschollene das einunddreißigste Lebens­ jahr vollendet haben würdet. Ein Verschollener, der das siebzigste Lebensjahr vollendet haben würde, kann für todt erklärt werden, wenn seit fünf Jahren keine Nachricht von seinem Leben eingegangen ist. Der Zeitraum von zehn oder fünf Jahren beginnt mit dem Schlüsse des letzten Jahres, in welchem der Verschollene den vorhandenen Nachrichten zufolge noch gelebt hat2).

G.I§. 6; II §.2, K.R.8-14.

K.T. §. 14.

') Berechnung §. 187 Abs. 2, §. 188. 2) Endpunkt der Fristen §. 188 Abs. 2.

b) Kriegsverschollenheit. §♦ 18. Wer als Angehöriger einer bewaffneten Machte) an einem Kriege Theil genommen hat, während des Krieges ver­ mißt worden und seitdem verschollen ist, kann für todt erklärt werden, wenn seit dem Friedensschlüsse drei Jahre verstrichen sind. Hat ein Friedensschluß nicht stattgefunden, fo beginnt der dreijährige Zeitraum mit dem Schluffe des Jahres, in welchem der Krieg beendigt worden ist2). Als Angehöriger einer bewaffneten Macht gilt auch der­ jenige, welcher sich itt einem Amts- oder Dienstverhältniß oder zum Zwecke freiwilliger Hülfeleistung bei der bewaffneten Macht befindet. G.I§. 7; II §. 3, S.U. §. 15. U.T. §. 15. *) des Deutschen Reichs oder eines fremden Staates. Die Ange­ hörigen der bewaffneten Macht des ersteren ergeben sich aus den in Anm. 1 zu §. 9 angeführten Gesetzen und dem Gesetz über den Landsturm v. 12. Febr. 1875. 2) Endpunkt der Fristen §. 188 Abs. 2.

c) Seeverschollenheit. §♦ 16. Wer sich bei einer Seefahrt auf einem während der Fahrt untergegangenen Fahrzeuge befunden hat und feit dem Untergange des Fahrzeugs verschollen ist, kann für todt erklärt werden, wenn seit dem Untergang ein Jahr verstrichen ist1). Der Untergang des Fahrzeugs wird vermuthet2), wenn es an dem Orte seiner Bestimmung nicht eingetroffen oder in Ermangelung eines festen Reiseziels nicht zurückaekehrt istund wenn bei Fahrten innerhalb der Ostsee ein Jahr, bei Fahrten innerhalb anderer europäischer Meere, mit Einschluß sämmtlicher Theile des Mittelländischen, Schwarzen und Azowschen Meeres, zwei Jahre, bei Fahrten, die über außereuropäische Meere führen, drei Jahre

Natürliche Personen.

§§. 16—18.

25

seit dem Antritte der Reise verstrichen finb1). Sind Nachrichten über das Fahrzeug eingegangen, so ist der Ablauf des Zeit­ raums erforderlich, der verstrichen sein müßte, wenn das Fahr­ zeug von dem Orte abgegangen wäre, an dem es sich den Nach­ richten zufolge zuletzt befunden hat. G. I §. 8; II §. 4, K.U. §. 16. K.T. §. 16. *) Berechnung der Frist §. 187 Abs. 1, §. 188 Abs. 2. 2) Nach §. 292 der C.P.O. ist, wenn das Gesetz für das Vorhanden­ sein einer Thatsache eine Vermuthung aufstellt, der Beweis des Gegen­ theils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt.

(1) Sonstige Lebensgefahr. Wer unter anderen als den in den §§. 15, 16 be­ zeichneten Umständen in eine Lebensgefahr gerathen *) und seit­ dem verschollen ist, kann für todt erklärt werden, wenn seit dem Ereignisse, durch welches die Lebensgefahr entstanden ist, drei Jahre verstrichen sind2).

§♦ 17

G. II §. 6, K.K. §. 17. R.T. tz. 17. *) z. B. bei einem Grubenunglück, einem Theaterbrand, einer Berg­ besteigung. 2) Berechnung der Frist §. 187 Abs. 1, §. 188 Abs. 2.

3. Wirkung. Die Todeserklärung begründet die Vermuthung*), daß der Verschollene in dem Zeitpunkte gestorben sei2), welcher in dem die Todeserklärung aussprechenden Urtheile festgestellt ist2). Als Zeitpunkt des Todes ist, sofern nicht die Ermittelungen ein Anderes ergeben, anzunehmen: in den Fällen des §. 14 der Zeitpunkt, in welchem die Todeserklärung zulässig geworden ist; in den Fällen des §. 15 der Zeitpunkt des Friedens­ schlusses oder der Schluß des Jahres, in welchem der Krieg beendigt worden ist; in den Fällen des §. 16 der Zeitpunkt, in welchem das Fahrzeug untergegangen ist oder von welchem an der Untergang vermuthet wird; in den Fällen des §. 17 der Zeitpunkt, in welchem das Ereigniß staltgefunden hat. Ist die Todeszeit nur dem Tage nach festgestellt, so gilt das Ende des Tages als Zeitpunkt des Todes.

§♦ 18.

G. I§.21; II,§. 7, S.U. §• 18. R.T. §. 18. *) für und gegen Alle; vergl. Anm. 2 zu §. 16 und C.P.O. §. 976 Abs. 3. 2) und bis dahin gelebt habe.

26

Allgemeiner Theil.

Personen.

®) Vergl. C.P.O. §. 970 Abs. 2. Das Urtheil hat nicht konstitutive, sondern deklaratorische Bedeutung. Die regelmäßige Wirkung besteht in der im Abs. 1 bezeichneten Ver­ muthung, auf Grund deren bis zu dem Beweise, daß der Verschollene den festgestellten Zeitpunkt überlebt hat oder in einem anderen Zeitpunkte gestorben ist, dessen rechtliche Beziehungen geordnet werden. Ueber die Rechte des noch lebenden Verschollenen gegen denjenigen, welcher sein Vermögen in Besitz genommen hat, vergl. §§. 2031, 2370 Abs. 2. Stärkere Wirkungen hat die Todeserklärung für die familienrecht­ lichen Beziehungen des Verschollenen; vergl. §§, 1348 ff., 1420, 1425, 1494 Abs. 2, 1544, 1547, 1679, 1684, 1694, 1878, 1884 Abs. 2, 1885 Abs. 2, 1897, 1915, 1921 Abs. 3. Siehe auch §. 2370 Abs. 1.

Kedensvermuthung.

§♦ 18. Solange nicht die Todeserklärung erfolgt ist1), wird das Fortleben des Verschollenen bis zu dem Zeitpunktes vermuthet3), der nach §. 18 Abs. 2 in Ermangelung eines anderen Ergebnisses der Ermittelungen als Zeitpunkt des Todes anzu­ nehmen ist; die Vorschrift des §. 18 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung. G. II §.9, $.$.§. 19. K.T. §. 19. *) mag die Todeserklärung bereits zulässig sein oder nicht. 2) nicht der Eintritt des Todes in diesem Zeitpunkte. 3) Vergl. Anm. 2 zu §. 16.

Vermuthung gleichzeitigen Todes. §♦ 28. Sind Mehrere in einer gemeinsamen Gefahr umge­ kommen, so wird vermuthet*), daß sie gleichzeitig gestorben seien. G. II §. 10, K.K. §. 19. K.T. §. 20. 1) Vergl. Anm. 2 zu §. 16.

Zweiter Titel.

Juristische Personen. Das B.G.B. kennt als juristische Personen des bürgerlichen Rechtes nur Vereine (§§. 21—79) und Stiftungen (§§. 80—88), als solche des öffentlichen Rechtes neben dem Fiskus, Körperschaften und Stiftungen auch Anstalten (§. 89). Beschränkungen der Erwerbsfähigkeit juristischer Personen läßt zu das E.G. Art. 86; Nebergangsvorschriften ebenda Art. 163—167.

I. Vereine. Die nachfolgenden Vorschriften behandeln nur die privattechtliche Seite des Vereinsrechts. Das öffentliche Vereinsrecht, einschließlich des staatlichen Aufsichtsrechts, bleibt unberührt. Vergl. §. 61 Abs. 2. Für Vereinigungen zu wirthschaftlichen Zwecken sind die ge­ eigneten Rechtsformen bereits durch besondere Reichsgesetze ausgebildet, so

Juristische Personen.

Vereine.

§§. 19—21.

27

für die handelsrechtlichen Gesellschaften, die Erwerbs- und Wirthschaftsgenoffenschaften (Ges. v. 1. Mai 1889), die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Ges. v. 20. April 1892), die Kolonialgesellschaften (Ges. v. 15. März 1888 §. 8 in der Fassung des Ges. v. 2. Juli 1899 Art. I; Ges. über die Konsulargerichtsbarkeit v. 7. April 1900 §. 32). Der landes­ gesetzlichen Regelung bleiben Vorbehalten die Gesellschaften, welche dem Versicherungsrechte sowie den sonstigen dem Landesrecht überlaffenen Ge­ bieten, wie dem Wasserrechte, dem Deich- und Sielrechte, dem Bergrechte, dem Jagd- und Fischereirecht (E.G. Art. 65—67, 69), angehören. Einen Vorbehalt bezüglich der Waldgenossenschaften enthält das E.G. Art. 83. Dem B.G.B. verbleibt hiernach im Wesentlichen die Ordnung der auf geistige, sittliche, soziale, politische, religiöse und ähnliche Zwecke ge­ richteten Vereine, der Vereine mit sog. idealen Tendenzen. Die Erlangung der Rechtsfähigkeit ist für diese Vereine in den §§. 21, 55 ff. nach dem Systeme der Normativbestimmungen mit Registerzwang, für die auf einen wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichteten Vereine im §. 22 nach dem Konzessionssysteme gereg lt. Der §. 23 berücksichtigt Vereine, die, ohne einem fremden Staate anzugehören (E.G. Art. 10), ihren Sitz im Aus­ lande haben, insbesondere Vereine der im Auslande lebenden Deutschen zur gegenseitigen Unterstützung rc. Die §§. 24—53 enthalten allgemeine Vorschriften für beide Arten von Vereinen. Der §. 54 handelt von den nicht rechtsfähigen Vereinen. In den Konsulargerichtsbezirken und den Schutzgebieten finden die §§. 21, 22, der §. 44 Abs. 1 und die §§. 55—79 keine Anwendung (Ges. v. 7. April 1900 §§. 31,79; Ges. v. 15. März 1888 §. 2). Ueber die Rechtsstellung ausländischer Vereine siehe E.G. Art. 10.

1. Allgemeine Vorschriften.

Voraussetzungen der Rechtsfähigkeit, a) Vereine zu idealen Zwecken. §♦ 21. Ein Verein, dessen Zwecks nicht auf einen wirthschaft­ lichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt2) Rechtsfähigkeit durch Eintragung2) in das Vereinsregister des zuständigen Amts­ gerichts^). G. I §§. 41, 42; II §. 23, S.U. §. 21 Abs. 1. K T. §. 21 Abs. 1. ') d. h. Hauptzweck. Ein nebenhergehender wirthschaftlicher Geschäfts­ betrieb, der nur als Mittel zur Erreichung des Hauptzwecks dient, schließt die Eintragungsfähigkeit nicht aus. 2) Vereine, die schon vor dem Inkrafttreten des B.G.B. Rechtsfähig­ keit erlangt haben, sind danach der Eintragung in das Register nicht fähig. 3) Voraussetzungen §§. 55—63. Die Eintragung ist für einen Verein der bezeichneten Art der alleinige Weg zur Erlangung der Rechts­ fähigkeit, ausgenommen den Fall des §. 23. Ist ein nicht eintragungs­ fähiger Verein eingetragen, so kann er von Amtswegen gelöscht werden (F.G.G. §§. 159, 142, 143). 4) Vorbehalt in Bezug auf Religions- und geistliche Gesellschaften im E.G. Art. 84.

28

Allgemeiner Theil.

Personen.

b) Wirthfchastlichr Vereine. §♦ 22. Ein Verein, dessen Zweck auf einen wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt in Ermangelung besonderer reichsgesetzlicher Vorschriften') Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung2). Die Verleihung steht dem Bundesstaate3) zu, in dessen Gebiete der Verein seinen Sitz4) hat. G.I §§.41, 42; II §. 23, K.U. §.21 Abs. 2, 3. §. 21 Abs.2,3. 1) d. h. sofern nicht nach besonderen reichsgesetzlichen Vorschriften ein Verein der bezeichneten Art ausschließlich unter anderen Voraussetzungen Rechtsfähigkeit erlangen kann. 2) und nur durch diese. 3) E.G. Art. 6. Die Zuständigkeit für die Verleihung bestimmt sich nach Landesrecht; Preußen V. v. 16. Noobr. 1899 Art. 1; Bayern V. v. 24. Dezbr. 1899 §. 4; Sachsen V. v. 6. Juli 1899 §. 2; Baden Art. 4; Hessen Art. 4. 4) §. 24.

c) Vereine mit ausländischem Sitze. §♦ 23. Einem Vereine, der seinen Sitz nicht in einem Bundesstaate hat'), kann in Ermangelung besonderer reichsgesetz­ licher Vorschriften Rechtsfähigkeit durch Beschluß des Bundes­ raths verliehen werden. K.T. §. 21 Abs. 3. ') Vergl. hierzu E.G. Art. 10.

Sitz. §. 24. Als Sitz eines Vereins gilt, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird. G. II §. 23 Abs. 4, KP. §. 21 Abs. 4. K.T. §. 21 Abs. 4. Der Sitz entspricht dem Wohnsitz einer natürlichen Person; die an den Wohnsitz anknüpfenden Vorschriften sind demnach auf juristische Personen entsprechend anwendbar (vergl. z. B. §. 269).

Verfassung. §♦ 28. Die Verfassung eines rechtsfähigen Vereins wird, so­ weit sie nicht auf den nachfolgenden Vorschriften beruht'), durch die Vereinssatzung bestimmt3). E. I §. 43 ; II §. 24, K.K. §. 22. K-T. §. 22. 1) und diese Vorschriften nicht durch die Satzung nach §. 40 ge­ ändert werden können und geändert sind. 2) Vergl. jedoch für Vereine, deren Rechtsfähigkeit auf staatlicher Verleihung beruht, E.G. Art. 82.

Vorstand. a) Nothwendigkeit. Rechtsstellung. §♦ 26. Der Verein muß einen Vorstand haben. Der Vor­ stand kann aus mehreren Personen bestehens.

Juristische Personen. Vereine.

Der richtlich; Umfang Wirkung

§§. 22—29.

29

Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außerge­ er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Der seiner Vertretungsmacht kann durch die Satzung mit gegen Dritte beschränkt werdens.

G. I §. 44 Abs. 1,4; II §. 25, H.K. §. 28. R.T. §. 23. *) Vergl. §. 58 Nr. 3. 2) Vergl. aber für eingetragene Vereine §. 64 Satz 2, §. 70.

b) Bestellung.

Geschäftsführung.

H* 27. Die Bestellung des Vorstandes erfolgt durch Be­ schluß der Mitgliederversammlung'). Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung. Die Wider­ ruflichkeit kann durch die Satzung auf den Fall beschränkt werden, daß ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegl; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. Auf die Geschäftsführung des Vorstandes finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§. 664 bis 670 ent­ sprechende Anwendung2). E. I §. 44 Abs. 2, 3; II §. 26, K.U. §. 24. K.T. §. 24. i) Vergl. §§. 32, 40. Die Vorschrift ist dispositiv (§. 40). Bestellung durch das Gericht: §. 29. 2) Die Vorschrift ist dispositiv (§ 40).

c) Mehrgliedriger Uor stand.

§. 28. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so erfolgt die Beschlußfassung nach den für die Beschlüsse der Mit­ glieder des Vereins geltenden Vorschriften der §§. 32, 341). Ist eine Willenserklärung dem Vereine gegenüber abzugeben2), so genügt die Abgabe gegenüber einem Mitgliede des Vorstandes. G. I §. 44 Abs. 5, 6 Satz 1; II §. 27, K.U. §. 25. U.T. §. 25. 1) Dispositiv; vergl. §. 40, auch §. 64 Satz 2, §.70. 2) sei es eine Vertragserklärung, sei es eine einseitige Erklärung, wie z. B. Kündigung, Mahnung. Vergl. §§. 130—132.

d) Bestellung durch das Gericht.

§. 29. Soweit die erforderlichen Mitglieder des Vorstandes fehlen, sind sie in dringenden Fällen für die Zeit bis zur Hebung des Mangels auf Antrag eines Betheiligten') von dem Amtsgerichte zu bestellen, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat?). G. I §. 44 Abs. 6 Satz 2; II §. 28, K.U. §. 26. U.T. §. 26. 1) eines Mitglieds oder eines Dritten. 2) Für das Verfahren ist der erste Abschnitt des F.G.G. maßgebend.

30

Allgemeiner Theil.

Personen.

Besondere Urrtretrr. §♦ 30 Durch die Satzung kann bestimmt werden, daß neben dem Vorstande für gewisse Geschäfte besondere Vertreter zu bestellen sind. Die Vertretungsmacht eines solchen Vertreters erstreckt sich im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte, die der ihm zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt. E. II §. 29, K.K. §. 27.

U.T. §. 27.

Haftung des Hereins. §♦ 31 Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstandes oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreters durch eine in Ausführung2) der ihm zustehenden Verrichtungen3) begangene, zum Schadens­ ersätze verpflichtende Handlung4) einem Dritten zufügt«). E. I§.46; II §. 30, KU- §• 28. K.T. §. 28. T) §. 30. 2) nicht blos bei Gelegenheit der Ausführung. 3) Rechtshandlungen oder thatsächlichen Verrichtungen. 4) sei es eine unerlaubte Handlung im Sinne der §§. 823 ff., sei es eine ohne Verschulden zum Ersätze verpflichtende Handlung (z. B. §§. 231, 904). Ueber die Haftung für Verschulden des Vertreters bei Erfüllung einer Verbindlichkeit des Vereins vergl. §. 278, über die Haftung für unerlaubte Handlungen von Angestellten §. 831. 5) Art der Ersatzleistung : §§. 249 ff.

Mitgliederversammlung. a) Stellung. Beschlußfassung im Allgemeinen. §♦ 32. Die Angelegenheiten des Vereins werden, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgane zu besorgen sind, durch Beschlußfassung in einer Versammlung der Mitglieder4) geordnet. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist er­ forderlich, daß der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird. Bei der Beschlußfassung entscheidet die Mehrheit der erschienenen2) Mitglieder. Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluß gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschlusse schristlich3) erklären4). G. I §. 48 Abs. 1—3; II §. 31 Abs. 1, 2, K.K. 29, K.T. §. 29. Für eine etwaige gerichtliche oder notarielle Beurkundung der Beschlüsse gelten nicht die Vorschriften des F.G.G. §§. 168 ff., sondern die Landesgesetze. 2) und nach §. 34 stimmberechtigten. 3) §. 126. 4) Die Vorschriften des §. 32 sind dispositiv (§. 40.)

Juristische Personen.

Vereine.

§§. 30—37.

31

b) Beschlüsse über Aenderungen der Satzung. §♦ 33. Zu einem Beschlusse, der eine Aenderung der Satzung enthält, ist eine Mehrheit von drei Viertheilen der erschienenen Mitglieder erforderlich4). Zur Aenderung des Zweckes des Vereins ist die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich; die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder muß schriftlich2) erfolgen. Beruht die Rechtsfähigkeit des Vereins auf Verleihung2), so ist zu jeder Aenderung der Satzung staatliche Genehmigung4) oder, falls die Verleihung durch den Bundesrath erfolgt ist5), die Genehmigung des Bundesraths erforderlich«). G. I §. 48 Abs. 5; II §. 32, §. 30. MT. §. 30. '*) und genügend, unbeschadet des §. 35; vergl. ferner für einge­ tragene Vereine §. 71. a) §. 126. 3) §. 22. Abweichende Landesgesetze bleiben nach E.G. Art. 82 zu­ lässig. 4) Ueber die Zuständigkeit für die Genehmigung vergl. die in Anm. 3 zu §. 22 angeführten Bestimmungen und für Baden V. v. 11. Novbr. 1899 §. 10. 5) §. 23. 6) Der Abs. 2 hat nur dispositive Bedeutung.

c) Stimmrecht. §. 34. Ein Mitglied ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlußfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und dem Vereine betrifft. G. I §. 48 Abs. 4; II §. 31 Abs. 3, B-N- §• 31. xr.T. §. 31.

d) Sonderrechte der Mitglieder. §. 38. Sonderrechte eines Mitglieds können nicht ohne dessen Zustimmung durch Beschluß der Mitgliederversammlung beein­ trächtigt werden. G. II §. 33, Z N. §• 32. K.T. §. 32. Was Sonderrecht ist, bestimmt sich nach der Verfassung des Vereins.

e) Berufung der Mitgliederversammlung. §. 36. Die Mitgliederversammlung ist in den durch die Satzung bestimmten Fällen4) sowie dann zu berufen, wenn das Interesse des Vereins es erfordert. G. II §. 84, B-R. §• 33. i) Vergl. §. 58 Nr. 4.

K.T. §. 33.

§. 37 Die Mitgliederversammlung ist zu berufen, wenn der durch die Satzung bestimmte Theil oder in Ermangelung einer Bestimmung der zehnte Theil der Mitglieder die Berufung schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe verlangt.

22

Allgemeiner Theil.

Personen.

Wird dem Verlangen nicht entsprochen'), so kann das Amts­ gericht, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat, die Mit­ glieder, welche das Verlangen gestellt haben, zur Berufung der Versammlung ermächtigen und über die Führung des Vorsitzes in der Versammlung Bestimmung treffens. Auf die Ermächtigung muß bei der Berufung der Versammlung Bezug genommen werden. G. II §. 35, D.U. §. 34. K.T. §. 34. ') Für die Prüfung der Voraussetzung ist der §.72 von Bedeutung. 2) Verfahren des Gerichts und Anfechtung der Verfügung: F.G.G. §. 160.

MtglieLschaftsrrchte. §. 38. Die Mitgliedschaft ist nicht übertragbar und nicht vererblich. Die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte kann nicht einem Anderen überlassen werden. G. II §. 36 Abs. 1, S.K. §.35. K.T. §. 35. Dispositiv; vergl. §. 40.

Yrcht zürn Austritt. §♦ 39. Die Mitglieder sind zum Austritt aus dem Vereine berechtigt. Durch die Satzung kann bestimmt werden, daß der Austritt nur am Schluffe eines Geschäftsjahrs oder erst nach dem Ab­ lauf einer Kündigungsfrist zulässig ist; die Kündigungsfrist kann höchstens zwei Jahre betragen. G. II §. 36 Abs. 2, A.U. §. 36. Vergl. §. 58 Nr. 1.

U.T» §• 36.

§. 40. Die Vorschriften des §. 27 Abs. 1, 3, des §. 28 Abs. 1 und der §§. 32, 33, 38 finden insoweit keine Anwendung, T. §. 346. Vergl. §. 950. Für die Anwendung des §. 346 ist es gleichgültig, ob durch die Verarbeitung oder Umbildung eine Vermehrung oder eine Minderung des Werthes eingetreten ist. Vergl. auch §§. 467, 487.

136

Recht der Schuldverhältnisse. Schuldverhältnisse aus Verträgen.

§♦ 383. Hat der Berechtigte den empfangenen Gegenstand oder einen erheblichen Theil des Gegenstandes veräußert oder mit dem Rechte eines Dritten belastet, so ist der Rücktritt aus­ geschlossen, wenn bei demjenigen,' welcher den Gegenstand in Folge der Verfügung erlangt hat, die Voraussetzungen des §. 351 oder des §. 352 eingetreten sind. Einer Verfügung des Berechtigten steht eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrest­ vollziehungs oder durch den Konkursverwalter erfolgt. G. I §. 430 Nr. 1, 2; II §. 303, S.K. §. 348. t) Vergl. §. 135 Abs. 1 Satz 2.

zr.T. §. 347.

Uerzug -es zum Rücktritt Kerechtigten. §♦ 354. Kommt der Berechtigte mit der Rückgewähr des empfangenen Gegenstandes oder eines erheblichen Theiles des Gegenstandes in Verzugs, so kann ihm der andere Theil eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Der Rücktritt wird unwirksam, wenn nicht die Rückgewähr vor dem Ablaufe der Frist erfolgt2). S.K. §• 349. *) §§. 284 ff.

R.T. §. 348. 2) Vergl. Anm. zu §. 250.

Frist für die Ausübung des Kücktrittsrechls. §♦ 388. Ist für die Ausübung des Rücktrittsrechts eine Frist nicht vereinbart, so kann dem Berechtigten von dem anderen Theile für die Ausübung eine angemessene Frist bestimmt werden. Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn nicht der Rücktritt vor dem Ablaufe der Frist erklärt wird. G. I §. 432; II §. 304, K.U. §. 350. K.T. §. 349. Die Vorschrift ist mit Rücksicht darauf gegeben, daß das Rücktritts­ recht nicht der Verjährung unterliegt (Anm. zu §. 346); sie ermöglicht dem anderen Theile, den Schwebezustand zu beseitigens

UncheilbarKeit des Rürktrittsrechts. §♦ 386. Sind bei einem Vertrag auf der einen oder der anderen Seite Mehrere betheiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle ausgeübt werden. Erlischt das Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten, so erlischt es auch für die übrigen. G. I §. 433; II §. 305, K.U. §• 351. Vergl. §§. 474, 502, 513.

U.T. §. 350.

§♦ 387. Hat sich der eine Theil den Rücktritt für den Fall vorbehaUen, daß der andere Theil seine Verbindlichkeit nicht erfüllt,

Rücktritt.

137

§§. 353—361.

so ist der Rücktritt unwirksam, wenn der andere Theil sich von der Verbindlichkeit durch Ausrechnung befreien konnte und un­ verzüglich nach dem Rücktritte die Aufrechnung erklärt. G. II §. 306, H.K. §. 352. Vergl. §. 388.

K.T. §. 352.

§♦ 338. Hat sich der eineTheil den Rücktritt für den Fallvor-. behagen, daß der andere Theil seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, und bestreitet dieser die Zulässigkeit des erklärten Rücktritts, weil er erfüllt habe, so hat er die Erfüllung zu beweisen, sofern nicht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht. G. I §. 434; II §. 307, S.K. §. 353. Vergl. §. 345.

K.T. §. 353.

Reugeld. §♦ 338. Ist der Rücktritt gegenZahlung eines Reugeldes vor­ behalten, so ist der Rücktritt unwirksam, wenn das Reugeld nicht vor oder bei der Erklärung entrichtet wird und der andere Theil aus diesem Grunde die Erklärung unverzüglich *) zurück­ weist. Die Erklärung ist jedoch wirksam, wenn das Reugeld unverzüglich nach der Zurückweisung entrichtet wird. G. I §. 435; II §. 308, S.K. §. 354. *) §. 121 Abs. 1.

zr.T. §. 354.

Uordehalt der Rechtsverwirkung. §. 360. Ist ein Vertrag mit dem Vorbehalte geschlossen, daß der Schuldner seiner Rechte aus dem Vertrage verlustig sein soll, wenn er seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so ist der Gläubiger bei dem Eintritte dieses Falles zum Rücktritte von dem Ver­ trage berechtigt. G. I §. 436; II §. 309, g.£. §. 355. K.T. §. 355. Der Vorbehalt (lex commissoria) hat keine dingliche Wirkung.

Fixgeschäft. §♦ 361. Ist in einem gegenseitigen Vertrage vereinbart, daß die Leistung des einen Theiles genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist bewirkt werden soll, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der andere Theil zum Rücktritte berechtigt sein soll, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder innerhalb der bestimmten Frist erfolgt. G. I§. 361 Abs. 1; II §. 278 Abs. 1; K.K. §. 321 Abs. 1; K.T. §. 851. Der Berechtigte hat außerdem die sich aus §. 326 ergebenden Be­ fugnisse.

138

Recht der Schuldverhältnisse. Erlöschen der Schuldverhältnisse.

Dritter Abschnitt.

Erlöschen -er Kchuldverhältmsse. Neben den int dritten Abschnitt ausgestellten Bestimmungen über das -Erlöschen von Schuldverhältnissen (Erfüllung, Hinterlegung, Aufrechnung, Erlaß) kommen noch eine Reihe anderer Erlöschungsgründe in Betracht, und zwar einmal solche, welche an anderer Stelle geregelt sind, nämlich die Erfüllung einer auflösenden Bedingung, die Verjährung, der Rücktritt vom Vertrag und das Unmöglichwerden der Leistung, sodann solche, hin­ sichtlich deren das Gesetz keine allgemeinen Vorschriften enthält, nämlich die Vereinigung von Forderungsrecht und Schuld in einer Person, der Tod des Gläubigers oder des Schuldners, die Aufhebung des Schuldverhältnisses durch Vereinbarung der Parteien. Hinsichtlich dieser letzteren Erlöschungsgründe sind allgemeine Vorschriften theils für überflüssig, theils für bedenklich -erachtet. Die Novation ist im Gesetze nicht als selbständiges Institut aufrecht erhalten (vergl. §. 364 Abs. 2); es ist aber nicht ausgeschloflen, baß die Parteien vertragsmäßig ein der römisch-rechtlichen Novation ent­ sprechendes Verhältniß festsetzen. Auch über den concursus duarum causarum lucrativarum enthält das Gesetz keine Bestimmung.

Erster Titel.

Erfüllung. Kemirkung der geschuldeten Kehlung. §♦ 362. Das Schuldverhältniß erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des §. 185 Anwendung. G. I §§. 263, 266; II §. 311, §. 356. K-T. §. 356. Die Leistung kann von einem Dritten bewirkt werden, wenn dies ihrer Natur nach möglich ist. Vergl. §§. 267, 268. Die Befriedigung des Gläubigers hat in einer Reihe von Fällen nicht die Folge, daß die Forderung erlischt, sondern die, daß die Forderung auf denjenigen übertragen wird, welcher den Gläubiger befriedigt. Siehe z. B. §. 426 Abs. 2, §. 774 Abs. 1 und dazu §. 776, §. 1143 Abs. 1, §. 1225.

Annahme einer Keistung als Erfüllung. §♦ 363. Hat der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, so trifft ihn die Beweislast, wenn er die Leistung deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete Leistung oder weil sie unvollständig gewesen sei. E. I §. 367; II §. 312, K.K. §. 357.

K.T* §• 357.

Erfüllung.

§§. 362—366.

139

Die Vorschrift hat namentlich Bedeutung bei gegenseitigen Verträgen, wenn die Einrede des nicht erfüllten Vertrags vorgeschützt toirb; sie gilt aber auch bei allen anderen Schuldverhältnissen. Die materiellen Rechte des Gläubigers, z. B. die Einrede des nicht erfüllten Vertrags, werden durch die Umkehrung der Beweislast nicht berührt.

Annahme einer Leistung an Erfüllungsstatt. §♦ 364L Das Schuldverhältniß erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungsstatt an­ nimmt. Uebernimmt der Schuldner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers diesem gegenüber eine neue Verbindlichkeit, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß er die Verbindlichkeit an Erfüllungsstatt übernimmt. G. I §. 264; II §. 313, K.K. §. 358. K.T. §. 358. 1. Die Annahme an Erfüllungsstatt hat den Charakter eines Vertrags. Erlischt die Forderung durch Annahme einer Leistung an Er­ füllungsstatt, so erlöschen auch die mit der Forderung zusammenhängenden accessorischen Rechte. 2. Der Abs. 2 trifft den sehr häufigen Fall, daß für eine Schuld ein Wechsel ausgestellt wird. 3. Für die Anweisung sind in den §§. 787, 788 besondere Vor­ schriften gegeben. Im Falle der Ueberweisung einer gepfändeten Forderung an Zahlungsstatt gelten die Vorschriften der C.P.O. §§. 835 ff.

Grumhrlristung. §♦ 363. Wird eine Sache, eine Forderung gegen einen Dritten oder ein anderes Recht an Erfüllungsstatt gegeben, so hat der Schuldner wegen eines Mangels im Rechte oder wegen eines Mangels der Sache in gleicher Weise wie ein Verkäufers Gewähr zu leistens. G. I §. 265; II §. 314, K.K. §. 859. K.T. §. 359. ') §§• 433 ff., 459 ff. 2) Die frühere Forderung lebt nicht wieder auf, wenn sich ein Mangel der an Erfüllungsstatt hingegebenen Sache re. herausstellt.

Anrechnung einer Leistung. §♦ 366. Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämmtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung bestimmt. Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren

Recht der Schuldverhältnisse. Erlöschen der Schuldverhältnifle.

140

gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnißmäßig getilgt. G. I §. 267; II §. 815, D.K. §. 360. zr.T. §. 360. Wegen der Erklärung siehe §§. 130ff. Vergl. auch §. 396.

8. 367. Hat der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet. Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so kann der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen. G. I §. 268; II §. 316, K.K. §. 361. R-T. §. 361. 1. Der Abs. 2 hat namentlich die Bedeutung, daß der Gläubiger durch die Verweigerung der Annahme nicht in Verzug kommt. 2. Die Vorschriften des §. 367 gelten auch für eine im Wege der Zwangsvollstreckung herbeigeführte Zahlung.

Quittung. j. 368. Der Gläubiger hat gegen Empfang der Leistung erlangen ein schriftliches Empfangsbekenntniß (Quittung) zu ertheilen. Hat der Schuldner ein rechtliches Interesse, daß die Quittung in anderer Form ertheilt wird, so kann er die Ertheilung in dieser Form verlangen.

J

G. I §. 269; II §. 317, S.K. §. 362. K.T. §• 362. Die Quittung kann bei allen Leistungen, durch welche eine Schuld erfüllt wird, verlangt werden, insbesondere auch bei Baarzahlung im Klein­ handel. Der Schuldner hat hinsichtlich der Quittung ein Zurückbehaltungsrecht. Der Gläubiger kommt, wenn ihm die Leistung gegen Quittung an­ geboten wird und er die Quittung verweigert, in Annahmeverzug. Die Quittung hat nicht den Charakter eines den Empfang der ge­ schuldeten Leistung bindend feststellenden Anerkenntnisses, sondern dient lediglich als Beweismittel; die Parteien können aber unter Benutzung der Fornr der Quittung einen Erlaßvertrag schließen; vergl. §. 397 Abs. 2. Da die Quittung nicht ein der schriftlichen Form bedürfendes Rechtsgeschäft, sondern Beweisurkunde ist, so findet die Vorschrift des §. 126 Abs. I nicht unmittelbare, sondern nur insofern entsprechende Anwendung, als der Schuldner eine dem §. 126 Abs. 1 genügende Unterzeichnung der Quittung verlangen kann. Die Quittung unterliegt, unbeschadet der Vorschriften der C.P.O. §§. 415 ff., der freien Beweiswürdigung.

Kosten -er Quittung» §♦ 369. Die Kosten der Quittung hat der Schuldner zu tragen und vorzuschießen, sofern nicht aus dem zwischen ihm und dem Gläubiger bestehenden Rechtsverhältnisse sich ein Anderes ergiebt.

Erfüllung.

Hinterlegung.

§§. 367—371.

141

Treten in Folge einer Uebertragung der Forderung oder im Wege der Erbfolge an die Stelle des ursprünglichen Gläubigers mehrere Gläubiger, so fallen die Mehrkosten den Gläubigern zur Last. G. I §. 270; II §. 318, K.K. §. 363. K.T. §. 363. Die öffentlichrechtlichen Bestimmungen über die Haftbarkeit aller an der Aufnahme einer Urkunde Betheiligten für die vorgeschriebene Stempel­ gebühr bleiben unberührt.

Quittung als Gmpfangsermüchtrgung. §♦ 370. Der lleberbringer einer Quittung gilt als ermächtigt, die Leistung zu empfangen, sofern nicht die dem Leistenden be­ kannten Umstände der Annahme einer solchen Ermächtigung entgegenstehen. G. II §. 319, D.U. §. 364. K.T. §. 364.

Rückgabe eines Schuldscheins. §♦ 371. Ist über die Forderung ein Schuldschein ausgestelll worden, so kann der Schuldner neben der Quittung Rückgabe des Schuldscheins verlangen. Behauptet der Gläubiger, zur Rückgabe außer Stande zu sein, so kann der Schuldner das öffentlich beglaubigte') Anerkenntnis verlangen, daß die Schuld erloschen fei2). G. I §. 271; II §. 320, Z.K. §. 365. K T- §• 365. ') §. 129. a) Die Kosten hat der Gläubiger zu tragen.

Zweiter Titel.

Hinterlegung. Die §§. 372—386 betreffen diejenige Hinterlegung, zu welcher der Schuldner unter gewissen Voraussetzungen berechtigt ist, um sich von seiner Verbindlichkeit zu befreien, die Hinterlegung als Ersatz der Bewirkung der geschuldeten Leistung an den Gläubiger. Mitinbe­ griffen sind diejenigen Fälle, in welchen der Gläubiger behindert ist, Leistung an seine Person zu verlangen, aber doch die Hinterlegung als Erfüllung fordern darf. Nicht in Frage stehen hier die Fälle, in denen die Hinterlegung zu anderen Zwecken, namentlich zur Sicherheitsleistung, dient (§§. 232 ff.). Insbesondere werden durch die Bestimmungen dieses Titels die Vorschriften der Prozeßgesetze, insoweit sie eine Hinterlegung anordnen oder nachlassen, und die Frage nach der Bedeutung und Wirkung einer solchen Hinterlegung nicht berührt. Die nähere Regelung des Hinterlegungswesens ist der Landesgesetz­ gebung überlassen (E.G. Art. 144—146); die Landesgesetze können auch bestimmen, daß noch andere als die im §. 372 bezeichneten Sachen von der Hinterlegungsstelle anzunehmen sind.

142

Recht der Schuldverhältnisse.

Erlöschen der Schuldverhältnisse.

Voraussetzungen. tz. 372. Geld, Werthpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarckeüenckann der Schuldner bei einer dazu bestimmten öffent­ lichen Stelle für den Gläubiger hinterlegen, wenn der Gläubiger im Verzüge der Annahme ist. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner aus einem anderen in der Person des Gläubigers liegenden Grunde oder in Folge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewißheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann.

G. I §. 272 Abs. 1; II §. 821, H.K. §. 366. K T- §• 366. Die Befugniß zur Hinterlegung ist unabhängig von einem Verschulden des Gläubigers. Weitere Fälle, in denen der Schuldner sür berechtigt erklärt wird, die geschuldete Leistung zu hinterlegen, siehe in den §§. 1142,1171,1224. An Stelle des Schuldners kann in einzelnen Fällen auch ein Dritter hinterlegen, wenn die Voraussetzungen des §. 372 vorliegen, z. B. in den Fällen der §§. 268, 1142, 1171, 1224.

§♦ 373. Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kann er das Recht des Gläubigers zum Empfange der hinterlegten Sache von der Be­ wirkung der Gegenleistung abhängig machen. G. II §. 322, K.K. §. 367. K T- §• 367. Vergl. z. B. die §§. 256, 273, 320, 368, 371.

Ort der Hinterlegung. §♦ 374. Die Hinterlegung hat bei der Hinterlegungsstelle des Leistungsorts zu erfolgen; hinterlegt der Schuldner bei einer anderen Stelle, so hat er dem Gläubiger den daraus entstehen­ den Schaden zu ersetzens. Der Schuldner hat dem Gläubiger die Hinterlegung un­ verzügliche) anzuzeigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersätze verpflichtet. Die Anzeige darf unterbleiben, wenn sie unthunlich ist.

G. I §. 273 Abs. 1; II § 323, K.K. §. 368. K.T. §. 368. l) Ein Verstotz gegen die Vorschrift des Abs. 1 Halbsatz 1 macht die Hinterlegung nicht unwirksam. 2) §. 121 Abs. 1.

Urbersrndung durch die Post. §♦ 378. Ist die hinterlegte Sache der Hinterlegungsstelle durch die Post übersendet worden, so wirkt die Hinterlegung auf die Zeit der Aufgabe der Sache zur Post zurück. G. II §. 324, D.K. §. 369. K.T. §. 369. Die Gefahr der Uebersendung trägt der Schuldner.

Hinterlegung.

372—379

143

Recht pir Mrknahme. 8. 376. Der Schuldner hat das Recht, die hinterlegte Sache zurückzunehmen. Die Rücknahme ist ausgeschlossen: 1. wenn der Schuldner der Hinterlegungsstelle erklärt*), daß. er auf das Recht zur Rücknahme verzichte2); 2. wenn der Gläubiger der Hinterlegungsstelle die Annahme erklärt*); 3. wenn der Hinterlegungsstelle ein zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner ergangenes rechtskräftiges Urtheil vor­ gelegt wird3), das die Hinterlegung für rechtmäßig erklärt. E. I §. 274; II §. 325, K.K. §. 370. K.T. §. 370. 1) §. 130 Abs. 3. 2) Anders im Falle des §. 382; vergl. C.P.O. §. 75. 3) Der Erlaß des Urtheils genügt nicht.

§. 377. Das Recht zur Rücknahme ist der Pfändung nicht unterworfen. Wird über das Vermögen des Schuldners der Konkurs eröffnet, so kann während des Konkurses das Recht zur Rück­ nahme auch nicht von dem Schuldner ausgeübt werden. E. I §. 277; II §. 326, Z.U. §- 371. K.T. §. 371. Vergl. §. 400.

Wirkung der Hinterlegung. §. 378. Ist die Rücknahme der hinterlegten Sache ausge­ schlossen, so wird der Schuldner durch die Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit in gleicher Weise befreit, wie wenn er zur Zeit der Hinterlegung an den Gläubiger geleistet hätte. s.G. I §. 272 Abs. 2; II §. 827 Abs. 1, K.K. §. 372. K.T. §. 372. Liegen die Voraussetzungen des §. 378 vor, so erlöschen auch die mit der Schuld zusammenhängenden Nebenverbindlichkeiten. Für die Anwendung sowohl des §. 378 als auch des §. 879 ist wesentlich, daß die Hinterlegung rechtmäßig (§. 372) erfolgt ist.

§. 378. Ist die Rücknahme der hinterlegten Sache nicht aus­ geschlossen, so kann der Schuldner den Gläubiger auf die hinterlegte Sache verweisen. Solange die Sache hinterlegt ist, trägt der Gläubiger die Gefahr und ist der Schuldner nicht verpflichtet, Zinsens zu zahlen oder Ersatz für nicht gezogene Nutzungen2) zu leisten. Nimmt der Schuldner die hinterlegte Sache zurück, so gilt die Hinterlegung als nicht erfolgt. E. I §§. 275, 276; II §. 327 Abs. 2, D.K. §. 373. K-T. §. 373. ') §. 246. 2) §. 100.

144

Recht der Schuldverhältnisse. Erlöschen der Schuldverhältnisse.

§♦ 388. Soweit nach den für ^Hinterlegungsstelle geltenden Bestimmungen') zum Nachweise der Empfangsberechtigung des Gläubigers eine diese Berechtigung 'anerkennende Erklärung des Schuldners erforderlich oder genügend ist, kann der Gläubiger von dem Schuldner die Abgabe der Erklärung unter denselben Voraussetzungen verlangen, unter denen er die Leistung zu fordern berechtigt sein würde, wenn die Hinterlegung nicht erfolgt wäre. G. II §. 328, K.K. §. 374. K.T. §. 374. *) Hierfür sind nach E.G. Art. 145 die Landesgesetze maßgebend.

Kosten -er Kintrrlrgung. §♦ 381. Die Kosten der Hinterlegung fallen dem Gläubiger zur Last, sofern nicht der Schuldner die hinterlegte Sache zurücknimmt. G. I §. 279 Satz 1; II §. 329, Z.K. §. 375. U.T. §. 375.

§. 382. Das Recht des Gläubigers auf den hinterlegten Betrag erlischt mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach dem Empfange der Anzeige von der Hinterlegung, wenn nicht der Gläubiger sich vorher bei der Hinterlegungsstelle meldet; der Schuldner ist zur Rücknahme berechtigt, auch wenn er auf das Recht zur Rücknahme verzichtet hat. K.K. §. 376. K.T. §. 376. Vergl. E.G. Art. 145 Abs. 1 Satz 2.

Versteigerung statt Hinterlegung. §♦ 383. Ist die geschuldete bewegliche Sache zur Hinterlegung nicht geeignet, so kann der Schuldner sie im Falle des Verzugs ‘) des Gläubigers am Leistungsortea) versteigern lassen und den Erlös hinterlegen. Das Gleiche gilt in den Fällen des §. 372 Satz 2, wenn der Verderb der Sache zu besorgen oder die Auf­ bewahrung mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden ist. Ist von der Versteigerung am Leistungsort ein angemessener Erfolg nicht zu erwarten, so ist die Sache an einem geeigneten anderen Orte zu versteigern. Die Versteigerung hat durch einen für den Versteigerungs­ ort bestellten Gerichtsvollzieher oder zu Versteigerungen befugten anderen Beamten oder öffentlich angestellten Versteigerer öffent­ lich zu erfolgen (öffentliche Versteigerung)^. Zeit und Ort der Versteigerung sind unter allgemeiner Bezeichnung der Sache öffentlich bekannt zu machen^). G. I §. 278 Abs. 1 Satz 1; II §. 330 Abs. 1, D.K. §. 377. R»T. §. 377. ') §§. 293 ff. a) §. 269.

Hinterlegung.

145

§§. 380—386.

8) Weitere Vorschriften über die Versteigerung in den §§. 156, 457, 458, vergl auch §§. 979 ff., 1219 ff., 1235ff. Welche anderen Bearrkten zur Versteigerung befugt find, bestimmt sich nach den Landes­ gesetzen (Preußen F.G.G Art. 109, Geschäftsanw. für die Gerichts­ vollzieher v. 1. Dezbr. 1899 §§. 97 ff.; Bayern Notariatsges. v. 9. Juni 1899 Art. 2; Sachsen A.V v. 6. Juli 1899 §. 9, Ges. v. 15. Juni 1900 §. 97; Baden Rechtspolizei-Ges. v. 17. Juni 1899 §. 49; MecklenburgSchwerin §. 37, Strelitz §. 36; Weimar §. 29; Meiningen Art. 6; Lippe §. 19; Reuß j L. §. 25), wegen der öffentlich angestellten Ver­ steigerer siehe Gew.O. §. 36 Der Begriff der öffentlichen Versteigerung ist ein technischer und wird als solcher noch an mehreren anderen Stellen vom Gesetze verwendet; siehe §§ 935, 966, 979, 1219, 1220. 4) Die Vorschriften der C.PO. §§ 814 ff. werden durch den §. 383 nicht berührt.

§♦ 384. Die Versteigerung ist erst zulässig, nachdem sie dem Gläubiger angedroht worden ist; die Androhung darf unter­ bleiben, wenn die Sache dem Verderb ausgesetzt und mit dem Aufschübe der Versteigerung Gefahr verbunden ist. Der Schuldner hat den Gläubiger von der Versteigerung unverzüglich *) zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersätze verpflichtet. Die Androhung und die Benachrichtigung3) dürfen unter­ bleiben, wenn sie unthunlich3) sind. E. I §. 278 Abs 1 Satz 2, 3, II § 330 Abs 2, K.K. § 378. K T- §• 378 ') §. 121 Abs 1. 2) §§ 130 ff. 3) Vergl. §. 374 Abs. 2 Satz 2.

Verkauf aus freier Hand. §♦ 383. Hat die Sache emen Börsen- oder Marktpreis, sokann der Schuldner den Verkauf aus freier Hand durch emen zu solchen Verkäufen öffentlich ermächtigten Handelsmäkler oder durch eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person zum laufenden Preise bewirken. K.K. §. 379 K.T. §• 379. Ob die Sache einen Börsen- oder Marktpreis hat, ist nach der Verkehrssitte und den Umständen deS einzelnen Falles festzustellen; vergl. Börsengesetz v. 23. Juni 1896 §§. 29 ff. Wegen der Handelsmäkler siehe H G.B. §§ 93 ff., wegen der zur öffentlichen Versteigerung befugten Personen oben §. 383 Abs 3 (Preußen Art. 13, Sachsen §. 9, Anhalt §. 14, Waldeck Art. 10).

Kosten der Versteigerung. §♦ 386. Die Kosten der Versteigerung oder des nach §. 385 erfolgten Verkaufs fallen dem Gläubiger zur Last, sofern nicht der Schuldner den hinterlegten Erlös zurücknimmt. E. I §. 279, II §. 330 Abs 3, K.K. §. 380. Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch. 3. Auflage

K-T. §. 380. 10

146

Recht der Schuldverhältnisse.

Erlöschen -er Schuldverhältnisse.

Dritter Titel. Aufrechnung. Das V.G.B. ordnet nur das gesetzliche Recht zur Aufrechnung. Die Regelung der vertragsmäßigen Aufrechnung bleibt der Verein­ barung der Betheiligten überlassen. Der §. 387 stellt. die Voraussetzungen fest, unter welchen aufgerechnet werden kann, der §. 388 normirt die Art und Weise, wie die Aufrechnung erfolgt, der §. 389 die Wirkung der er­ folgten Auftechnung. Die §§. 390—395 stellen für eine Reihe von Fällen Beschränkungen der Aufrechnung fest. Der §. 396 betrifft den Fall, daß sich mehrere Schuldposten gegenüber stehen. Sind die gesetzlichen Voraus­ setzungen für die Aufrechnung vorhanden, so hat jeder Theil das Recht, mit seiner Forderung gegen die Forderung des anderen Theiles aufzu­ rechnen. Dieses Recht verwirklicht er durch die von ihm dem anderen Theile gegenüber abzugebende Willenserklärung, daß er seine Forderung gegen diejenige des Anderen aufrechne. Die Aufrechnung ist darnach ein einseitiges Rechtsgeschäft des Aufrechnenden, welches in seiner Wirksamkeit davon abhängig ist, daß es dem Betheiligten gegenüber vorgenommen wird. Eine prozessuale Geltendmachung der Aufrechnung im Wege der Einrede ist nicht erforderlich. Die Existenz des Rechtes zur Auftechnung giebt keine Einrede; die vollzogene Auftechnung begründet dagegen, wie die Zahlung, den materiellen Einwand, daß der Gläubiger befriedigt sei, und zwar so, daß die Forderungen schon in dem Zeitpunkte als erloschen gelten, in welchem sie einander gegenüber gestanden haben. Die Bestimmungen der C.P.O. sind mit der dem B.G.B. zu Grunde liegenden Auffaffung in Einklang gebracht; vergl. C.P.O. §§. 145, 302, 822, 529. Vorschriften über die Aufrechnung bei besonderen Rechtsverhältnissen siehe in §. 268 Abs. 2, §. 406, §. 417 Abs. 1 Satz 2, §. 719 Abs. 2, §. 770 Abs. 2, §. 1142 Abs. 2, §§. 1224, 1376, 1977, §. 2040 Abs. 2; K.O. §§. 53-56.

Voraussetzungen. §♦ 387. Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstände nach gleichartig sind, so kann jeder Theil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Theiles aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann. G. I §. 281 Abs. 1; II §. 331, SA- §. 381.

K.T. §. 381.

Liquidität der aufzurechnenden Forderung ist nicht materielle Vor­ aussetzung der Aufrechnung. Mit ungültigen Forderungen (vergl. §§. 656, 762) kann nicht aufgerechnet werden. Wegen der Aufrechnung im Falle der Abtretung der Forderung siehe §. 406.

Durchführung. §♦ 388. Die Aufrechnung erfolgt durch Erklärung *) gegen-

Aufrechnung.

147

§§. 387—392.

über dem anderen Theile'). Die Erklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird. G. I §. 282; II §. 332, H.U. §. 382. K.T. §. 382. ') §§. 130—132. 2) Die Auftechnung kann innerhalb oder außerhalb des Prozeßes erklärt werden. Ihre Geltendmachung im Prozesse hat die Bedeutung des Einwandes, daß durch eine frühere oder durch die gegenwärtige Erklärung die mit der Klage geltend gemachte Forderung aufgehoben sei. Auftechnung Seitens eines Dritten in §. 268 Abs. 2, §. 1142 Abs. 2; Geltendmachung des dem Hauptschuldner zustehenden Rechtes zur Auf­ rechnung Seitens eines Dritten in §. 770 Abs. 2, §. 1137 Abs. 1 Satz 1, §. 1211 Abs. 1 Satz 1.

Wirkung. §♦ 388. Die Aufrechnung bewirkt, daß die Forderungen, so­ weit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind. E. I §. 283; II §. 333, Z.U. §. 383. Vergl. §. 357, §. 554 Abs. 2.

U.T- §• 383.

Hrschrankungen. §♦ 388. Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden. Die Verjährung schließt die Auf­ rechnung nicht aus, wenn die verjährte Forderung zu der Zeit, zu welcher sie gegen die andere Forderung aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war. G. I §. 281 Abs. 2; II §. 334, K.U. §. 384. Vergl. §. 479.

K.T. §. 384.

§♦ 381. Die Aufrechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß für die Forderungen verschiedene Leistungs- oder Ab­ lieferungsortes bestehen. Der aufrechnende Theil hat jedoch den Schaden zu ersetzen'), den der andere Theil dadurch erleidet, daß er in Folge der Aufrechnung die Leistung nicht an dem be­ stimmten Orte erhält oder bewirken kann. Ist vereinbart, daß die Leistung zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Orte erfolgen soll, so ist im Zweifel an­ zunehmen, daß die Aufrechnung einer Forderung, für die ein anderer Leistungsort besteht, ausgeschlossen sein soll. G. I §. 285; II §. 335, S.K. §. 385. R'T. §. 385. ') Vergl. §§. 269—271. ') §§. 249ff.

Aufrechnung gegen eine in Kefchtag genommene Forderung. §♦ 382. Durch die Beschlagnahme') einer Forderung wird die Aufrechnung. einer dem Schuldner gegen den Gläubiger 10*

148

Recht der Schuldverhältnisse. Erlöschen der Schuldverhältnisse,

zustehenden Forderung nur dann ausgeschlossen, wenn der Schuldner seine Forderung nach der Beschlagnahme erworben hat oder wenn seine Forderung erst nach der Beschlagnahme und später als die in Beschlag genommene Forderung fällig geworden ist. G. I §. 286; II §. 336, K.K. §. 386. K.T. §. 386. *) C.P.O. §§. 829 ff.

Aufrechnung gegen eine Ford, aus einer unerlaubten Kandlung. §♦ 383. Gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich be­ gangenen unerlaubten Handlung *) ist die Ausrechnung nicht zuG. I §. 287; II §. 337, K.K. §. 387. K.T. §. 387. ') §§. 823 ff. a) Vergl. §. 273 Abi. 2.

Aufrechnung gegen eine nicht pfändbare Forderung. §. 384. Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unter­ worfen ist1), findet die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hülfs- oder Sterbekassen, ins­ besondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschafts­ vereine, zu beziehenden Hebungen können jedoch geschuldete Bei­ träge aufgerechnet werdens. G. I §. 288; II §. 338, HA» §• 388. K.T. §. 388. Preußen Art. 14 §. 1 Abs. 3; Bayern Art. 12; Hessen Art. 85; Oldenburg Herzogthum §. 3, Birkenfeld §. 5; Mecklenburg-Schwerin §. 38, Strelitz §. 37; Weimar §. 30; Braunschweig §. 22; Meiningen Art. 7; Altenburg §§. 30, 81; Gotha Art. 19; Sonders­ hausen Art. 13; Reuß ä. L. §. 81, j. L. §. 26. 1) C.P.O. §§. 850—852, 857 und zu §. 851 B.G.B. §. 399. 2) Vergl. hierzu: Gesetz, betr. die Abänderung des Gesetzes über die eingeschriebenen Hülfskassen rc., v. 1. Juni 1884 Art. 8; Krankenversicherungsges. v. 15. Juli 1883 bezw. 10. April 1892 §. 56; Unfallversicherungsges. v. 6. Juli 1884 §. 68 nebst Ges. v. 28. Mai 1885 §. 1, Ges. v. 5. Mai 1886 §. 73, Ges. v. 11. Juli 1887 §. 38, Ges. v. 13. Juli 1887 §. 76; Ges., betr. die Jnvaliditäts- und Altersversicherung, v. 22. Juni 1889 §. 40, jetzt Jnvalidenversicherungsgesetz v. 13. Juli 1899, in der Fassung der Bekanntmachung v. 19. Juli, §. 55, Gcw.O. §. 100c. Vergl. auch Genoffenschaftsges. §. 22 Abs. 3.

Aufrechnung gegen eine Ford, des Reichs- oder eines Kundesstaats. §♦ 395. Gegen eine Forderung des Reichs oder eines Bundes­ staats sowie gegen eine Forderung einer Gemeinde oder eines anderen Kommunalverbandes ist die Aufrechnung nur zulässig, wenn die Leistung an dieselbe Kasse zu erfolgen hat, aus der die Forderung des Ausrechnenden zu berichtigen ist. G. I §. 289; II §. 339, D.U. §. 389. U.T. §. 389. Vergl. E.G. Art. 92.

Aufrechnung.

Erlaß.

§§. 393—397.

149

Mehrere zur Aufrechnung geeignete Forderungen.

§♦ 396.

Hat der eine oder der andereTheil mehrere zur Auf­ rechnung geeignete Forderungen, so kann der ausrechnende Theil die Forderungen bestimmens, dre gegen einander aufgerechnet werden sollen. Wird dre Aufrechnung ohne eine solche Be­ stimmung erklärt oder widerspricht der andere Theil unverzügliche), so findet die Vorschrrft des §. 366 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Schuldet der aufrechnende Theil dem anderen Theile außer der Hauptlerstung Zinsen und Kosten, so finden die Vorschriften des §. 367 entsprechende Anwendung. G. I §• 284; II §. 340, S.K. § 390 n §§ 130 ff. 2) § 121 Abs 1.

MT. § 390.

Vierter Titel. Erlaß.

§♦ 397. Das Schuldverhältnrß erlischt, wennderGIäubiger dem Schuldner durch Vertrag dre Schuld erläßt. Das Glerche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, daß das Schuldverhältnrß nicht bestehe. G. I §. 290, II §. 341, H.R. § 391 MT. § 391 Der Erlaß ist ein abstrakter Vertrag, ebenso der negative Schuld­ anerkennungsvertrag (siehe die Vorbemerkungen zum zweiten Abschnitt S. 121). Beide können formlos geschloffen werden, während für den positiven Schuldanerkennungsvertrag (§. 781) schriftliche Form vorgeschrieben ist. Gesetzliche Beschränkungen des Verzichts auf eine Forderung in den §§. 1614, 1714 Zu Abs. 2 vergl. §. 368, § 812 Abs. 2.

Werter Abschnitt. Übertragung -er Forderung. Das Gesetz erkennt grundsätzlich die Uebertragung einer Forderung mit der Wirkung an, daß der neue Gläubiger nicht der Vertreter des bis­ herigen Gläubigers ist, sondern vollständig an dessen Stelle tritt. Es können sowohl persönliche Forderungen als auch dingliche An­ sprüche abgetreten werden. Für eine große Anzahl von Fällen ist aber die Uebertragbarkeit ausgeschlossen, und zwar theils durch allgemeine, in diesen Abschnitt eingestellte Bestimmungen (§§. 399, 400), theils durch besondere, für gewisse Fälle gegebene Vorschriften (§. 514 Satz 1, §. 618 Satz 2, §. 717 Satz 1, §. 847 Abs 1 Satz 2, §. 1059 Satz 1, §. 1300 Abs 2, §. 1408, §. 1427 Abs. 2 Satz 3, §. 1585 Abs. 1 Satz 2, §. 1623 Satz 1, §. 1658 Abs. 1, E.G. Art. 81). Auch können die Parteien die Uebertragbarkeit mit Wirkung gegen Dritte ausschliehen (§. 399, vergl.

150

Recht der Schuldverhältnisse.

§. 664 Abs. 2). Die Uebertragung kann sich durch Vertrag oder un­ mittelbar kraft Gesetzes oder durch richterliche Anordnung vollziehen. Die Anordnung in diesem Abschnitt ist derart, daß zunächst die vertrags­ mäßige Uebertragung (Abtretung) geregelt wird und dann die dafür gegebenen Vorschriften auf die Uebertragung traft Gesetzes für entsprechend anwendbar erklärt werden (§. 412); ergänzend schließt sich noch eine Bestimmung für die Uebertragung anderer Rechte als Forderungen an (§. 413). Wegen der Ueberweisung einer Forderung durch Gerichtsbeschluß im Zwangsvoll­ streckungsverfahren siehe C.P.O. §§. 835 ff. Die Abtretung vollzieht sich durch formlosen abstrakten Vertrag zwischen dem bisherigen und dem neuen Gläubiger (§. 398). Einer Anzeige an den Schuldner bedarf es für den Uebergang der Forderung nicht; die Anzeige ist nur ein Mittel, den guten Glauben des Schuldners auszuschließen. Weitere Bestimmungen (§§. 401—411) bezwecken die nähere Regelung der sich aus der Abtretung für die Betheiligten ergebenden Rechts­ verhältnisse, insbesondere mit Rücksicht auf die aus dem Uebergange der For­ derung für den gutgläubigen Schuldner erwachsende Gefahr, doppelt zahlen zu müssen.

Abtretung. §♦ 388. Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem Anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschlüsse des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers. G. I §. 293, §. 294 Abs. 1, 2; II §. 342, K.K. §. 392. K T. §• 392. Die Abtretung wird regelmäßig zur Erfüllung einer Verpflichtung vorgenommen; die Verpflichtung zur Abtretung kann sich aus einem Rechtsgeschäft, insbesondere einem Vertrag oder einer letztwilligen Ver­ fügung, ergeben oder vom Gesetz unmittelbar an bestimmte Thatbestände geknüpft sein, z. B. §. 82, §. 281 Abs. 1. Der Abtretungsvertrag selbst hat aber den Charakter eines abstrakten Vertrags (Vordem, zum zweiten Abschnitt S. 121). Die Abtretung kann formlos geschehen; wegen der Abtretung von Hypothekenforderungen siehe §§. 1154, 1159.

Beschränkungen der Abtretung. §♦ 388. Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann oder wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner aus­ geschlossen ist. E. I §. 295; II §. 343, K.K. §. 393. K.T. §. 393. Wegen weiterer Fälle des Ausschlusses der Uebertragbarkeit stehe die Vorbemerkung zu diesem Abschnitt. Eine nach den Bestimmungen des B.G.B., insbesondere nach §. 399 nicht übertragbare Forderung ist der Pfändung nicht unterworfen (C.P.O. §. 851 Abs. 1). Der Gefahr, daß der Schuldner durch vertragsmäßigen

Übertragung der Forderung.

§§. 398—404.

151

Ausschluß der Uebertragbarkeit die ihm zustehenden Forderungen dem Zugriffe seiner Gläubiger entziehen könnte, ist durch die Bestimmung vor­ gebeugt, daß eine nach §. 399 des B.G.B. nicht übertragbare Forderung insoweit gepfändet und zur Einziehung überwiesen werden kann, als der Gegenstand der Leistung der Pfändung unterliegt (C.P.O. §. 851 Abs. 2, §.857 Abs. 3).

§♦ 400» Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen ist. E. I §. 296 Abs. 1; II §. 844, K.K. §. 394. K.T. §. 394. Vergl. §. 377 Abs. 1, C.P.O. §§.850—852: Bayern Art. 12.

Uebenrechte. §♦ 401« Mit der abgetretenen Forderung gehen die Hypo­ theken^) oder Pfandrechtes, die für sie bestehen, sowie die Rechte aus einer für sie bestellten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger über. Ein mit der Forderung für den Fall der Zwangsvoll­ streckung oder des Konkurses verbundenes Vorzugsrechts kann

auch der neue Gläubiger geltend machens. G. I §. 297; II §. 345, S.K. §. 395. K.T. §. 395. 1) §§. 1153, 1154, abweichend §. 1190 Abs. 4. 2) Vergl. §. 1250, §. 1273 Abs. 2. 3) K.O. §§. 61, 62. 4) Meistens werden nach dem Abtretungsvertrag auch die Neben­ ansprüche wegen Zinsen und dergl. übergehen; doch ist dies Auslegungsfrage.

Pflichten des bisherigen Gläubigers. §♦ 402. Der bisherige Gläubiger ist verpflichtet, dem neuen Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nöthige Aus­ kunft zu ertheilen und ihm die zum Beweise der Forderung dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinem Besitze befinden, auszuliefern. G. I §. 301; II §. 346 Satz 1, H.K. §. 396. K.T. §. 396. Der bisherige Gläubiger ist nach Maßgabe der §§. 437, 438, 445 zur Gewährleistung verpflichtet. Wegen der Ueberweisung einer Forderung siehe die dem §. 402 entsprechende Vorschrift der C.P.O. §. 886 Abs. 3.

§. 403. Der bisherige Gläubiger hat dem neuen Gläubiger auf Verlangen eine öffentlich beglaubigtes Urkunde über die Abtretung auszustellen. Die Kosten hat der neue Gläubiger zu tragen und vorzuschießen. G. I §. 302; II §. 346 Satz 2, S.K. §. 397. ') §. 129.

K.T. §. 397.

Einwendungen des Schuldners. §♦ 404. Der Schuldner kann dem neuen Gläubiger die Ein-

152

Recht der Schuldverhältnisse.

Wendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forde­ rung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren. G. I §. 302; II §. 347, D.U. §. 398. U.T. §. 398.

Verbriefte Forderung. §♦ 405* Hat der Schuldner eine Urkunde über die Schuld ausgestellt, so kann er sich, wenn die Forderung unter Vorlegung der Urkunde abgetreten wird, dem neuen Gläubiger gegenüber nicht darauf berufen, daß die Eingehung oder Anerkennung des Schuldverhältnisses nur zum Schein erfolgt oder daß die Ab­ tretung durch Vereinbarung mit dem ursprünglichen Gläubiger ausgeschlossen sei, es sei denn, daß der neue Gläubiger bei der Abtretung den Sachverhalt kannte oder kennen mußte. G. II §. 348, K.K. §- 399. K-T. §. 399. Es ist gleichgültig, auf welche Weise der neue Gläubiger die Kenntniß erlangt hat; vergl. §. 122 Abs. 2.

Aufrechnung. §♦ 406. Der Schuldner kann eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen *), es sei denn, daß er bei dem Erwerbe der Forderung von der Abtretung Kenntniß 2) hatte oder daß die For­ derung erst nach der Erlangung der Kenntniß und später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist3). G. I §. 303; II §. 349, D.K. §. 400. K.T. §. 400. ') Aufrechnung §§. 387 ff. 2) Das Kennenmüffen steht der Kenntniß nicht gleich. 3) Die §§. 406—408 finden entsprechende Anwendung in den Fällen der §§. 720, 1158, 1473 Abs. 2, 2019 Abs. 2, 2111 Abs. 1 Satz 2; ab­ weichende Vorschriften sind im §. 1156 gegeben. Vergl. auch §§. 574, 575.

Schutz des Schuldners. 8.407. Der neue Gläubiger muß eine Leistung, die der Schuldner nach der Abtretung an den bisherigen Gläubiger be­ wirkt, sowie jedes Rechtsgeschäft, das nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommen wird, gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß der Schuldner die Abtretung bei der Leistung oder der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt. Ist in einem nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger anhängig gewordenen Rechts­ streit ein rechtskräftiges Urtheil über die Forderung ergangen, so muß der neue Gläubiger das Urtheil gegen sich gelten lassen,

Übertragung der Forderung.

§§. 405—410.

153-

es sei denn, daß der Schuldner die Abtretung bei dem Eintritte der Rechtshängigkeit gekannt hat. G. I §. 304; II §. 350, D.U. §. 401. U.T. §. 401. Siehe wegen der Rechtshängigkeit die C.P.O. §. 263, wegen des Zeit­ punkts, in welchem die Ueberweisung einer Forderung als bewirkt gilt,, die C.P.O. §. 835 Abs. 3.

§♦ 408. Wird eine abgetretene Forderung von dem bisherigen Gläubiger nochmals an einen Dritten abgetreten, so finden, wenn der Schuldner an den Dritten leistet oder wenn zwischen dem Schuldner und dem Dritten ein Rechtsgeschäft vorgenommen oder ein Rechtsstreit anhängig wird, zu Gunsten des Schuldners die Vorschriften des §. 407 dem früheren Erwerber gegenüber entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn die bereits abgetretene Forderung durch gerichtlichen Beschluß einem Dritten überwiesen wird oder wenn der bisherige Gläubiger dem Dritten gegenüber anerkennt, daß die bereits abgetretene Forderung kraft Gesetzes auf den Dritten übergegangen sei. G. I §. 305; II §. 351,

§. 402.

K.T.L§- 402.

§♦ 409. Zeigt der Gläubiger dem Schuldner an, daß er die Forderung abgetreten habe, so muß er dem Schuldner gegen­ über die angezeigte Abtretung gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist. Der Anzeige steht es gleich, wenn der Gläubiger eine Urkunde über die Abtretung dem in der Urkunde bezeichneten neuen Gläubiger ausgestellt hat. und dieser sie dem Schuldner vorlegt. Die Anzeige kann nur mit Zustimmung desjenigen zurück­ genommen werden, welcher als der neue Gläubiger bezeichnet worden ist. G. I §. 306; II §. 852, DA» §- 403. K.T. §. 403. Die Anzeige kann zurückgenommen werden; für die Anzeige und die Zurücknahme gelten die Vorschriften der §§. 130 ff. Wegen der Zu­ stimmung siehe §§. 182 ff. Die Wirksamkeit eines ungerechtfertigten Ueberweisungsbeschlusses wird in der C.P.O. §. 836 Abs. 2 geregelt.

§♦ 410. Der Schuldner ist dem neuen Gläubiger gegenüber zur Leistung nur gegen Aushändigung einer von dem bisherigen. Gläubiger über die Abtretung ausgestellten Urkunde 0 verpflichtet-). Eine Kündigung oder eine Mahnung3) des neuen Gläubigers ist unwirksam, wenn sie ohne Vorlegung einer solchen Urkunde erfolgt und der Schuldner sie aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist*).

154

Recht der Schuldverhältnisse. Uebertragung der Forderung.

Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der bis­ herige Gläubiger dem Schuldner die Abtretung schriftlich') angeAeigt hat. G. I §. 308; II §. 353, K.K. §. 404. K.T. §. 404. *) §. 126. Ueber den Fall der Hinterlegung siehe §. 373. 3) §§. 130—132. 4) Klagt der neue Gläubiger gegen den Schuldner, ohne diesem vor­ her die Uebertragung angezeigt und auf Verlangen nachgewiesen zu haben, so fallen ihm die durch die Unterlassung entstehenden Prozeßkosten zur Last (C.P.O. §. 94).

Abtretung von OrtzaUsansprüchrn sc. §♦ 411. Tritt eine Militärperson, einBeamter, ein Geistlicher oder ein Lehrer an einer öffentlichen Unterrichtsanstalt den übertrag­ baren Theil des Diensteinkommens, des Wartegeldes oder des Ruhegehalts ab, so ist die auszahlende Kasse durch Aushändi­ gung einer von dem bisherigen Gläubiger ausgestellten, öffent­ lich beglaubigten') Urkunde von der Abtretung zu benachrichtigen. Bis zur Benachrichtigung gilt die Abtretung als der Kasse nicht bekannt 2). G. I §. 311; II §. 354, HU. §. 405. ') §. 129. 2) Vergl. E.G. Art. 43, 45.

K.T. §. 405.

Uebertragung Kraft Gesetzes. §♦ 412. Auf die Uebertragung einer Forderung kraft Ge­ setzes') finden die Vorschriften der §§. 399 bis 404, 406 bis 410 entsprechende Anwendung. G. I §§. 293—297, 301—306, 308; II §. 855, H.U. §. 406. K.T. §. 406. ') Fälle einer solchen Uebertragung siehe in §. 268 Abs. 3, §. 426 Abs. 2, §. 774 Abs. 1, §. 1143 Abs. 1, §. 1225, tz. 1249 Satz 2, §. 1438, §. 1519 Abs. 2, §. 1549, §. 1607 Abs. 2 Satz 2, §. 1709 Abs. 2.

Uebertragung anderer Mochte. §♦ 413. Die Vorschriften über die Uebertragung von Forde­ rungen finden auf die Uebertragung anderer Rechte') entsprechende Anwendung, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt2). G. I §. 312; II §. 356, K.K. §• 407. K T- §• 407') z. B. Urheberrechte. 2) Besondere Vorschriften über die Uebertragung von Rechten siehe in den §§. 792 und 2033. Die Uebertragung im Zwangsvollstreckungs­ verfahren ist in der C.P.O. §. 857 geregelt.

Schuldübernahme.

§§. 411—415.

155

Zünsler Abschnitt.

Kchuldübernahmr. Das B.G.B. erkennt ebenso wie eine Sondernachfolge in die For­ derung auch eine Sondernachfolge in die Schuld an. Die letztere kann sich vollziehen durch Vertrag oder kraft Gesetzes. Im fünften Abschnitt ist lediglich die erstere, die Schuldübernahme, geregelt (vergl. aber §. 419). Die Schuldübernahme erfolgt entweder dlsrch Vertrag zwischen dem Gläubiger und dem neuen Schuldner' (§. 414) oder durch Vertrag zwischen dem alten und dem neuen Schuldner mit hinzutretender Genehmigung des Gläubigers (§. 415). Besonders geregelt ist der häufige und wichtige Fall der Uebernahme einer Hypothek Seitens des Erwerbers eines Grund­ stücks (§. 416). Weitere Vorschriften sind gegeben über die Einwendungen des neuen Schuldners (§. 417) und über das Erlöschen der Nebenrechte infolge der Schuldübernahme (§. 418). Im Falle der Uebernahme eines Vermögens durch Vertrag ist dem Uebernehmer kraft Gesetzes die Haftung für die Schulden des Veräußerers neben diesem selbst auferlegt (§. 419).

Vertrag zwischen Gläubiger und Uebernehmer. §♦ 4ÜL Eine Schuld kann von einem Dritten durch Vertrag mit dem Gläubiger in der Weise übernommen werden, daß der Dritte an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt. G. I §. 314; II §. 357, S.U. §. 408.

U.T. §. 408.

Der Vertrag ist an keine Form gebunden. Die Rechtsgültigkeit des Vertrags hängt nicht von der Existenz oder Gültigkeit eines Rechts­ geschäfts ab, welches den inneren Grund für den Abschluß des Ueber­ nahmevertrages bildet. Die Wirkung tritt mit dem Abschlüsse des Vertrags ein. Die Zustimmung des bisherigen Schuldners wird nicht erfordert. Der Uebernehmer wird Schuldner, der bisherige Schuldner scheidet aus dem Sckuldverhältnisse aus.

Vertrag zwischen Schuldner und Uebernehmer. . 415* Wird die Schuldübernahme von dem Dritten mit chuldner vereinbart, so hängt ihre Wirksamkeit von der Ge­ nehmigung des Gläubigers ab. Die Genehmigung kann erst erfolgen, wenn der Schuldner oder der Dritte dem Gläubiger die Schuldübernahme mitgetheilt hat. Bis zur Genehmigung können die Parteien den Vertrag ändern oder aufheben. Wird die Genehmigung verweigert, so gilt die Schuld­ übernahme als nicht erfolgt. Fordert der Schuldner oder der Dritte den Gläubiger unter Bestimmung einer Frist zur Er­ klärung über die Genehmigung auf, so kann die Genehmigung nur bis zum Ablaufe der Frist erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert. Solange nicht der Gläubiger die Genehmigung ertheilt hat,

B

156

Recht der Schuldverhältnisse.

ist im Zweifel der Uebernehmer dem Schuldner gegenüber ver­ pflichtet, den Gläubiger rechtzeitig zu befriedigen. Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger die Genehmigung verweigert. E. I §. 315; II §. 358, K.U. §. 409. K.T. §. 409. Der Schuldübernahmevertrag zwischen dem Schuldner und dem Uebernehmer hat eine doppelte Wirkung. Er bindet einerseits den Ueber­ nehmer derart, daß dieser, wenn der Gläubiger den Vertrag genehmigt und nicht vorher ein Widerruf erfolgt ist, an Stelle des alten Schuldners in das Schuldverhältniß eintritt. Andererseits begründet der Vertrag regelmäßig unabhängig von der Genehmigung des Gläubigers eine per­ sönliche Verpflichtung des Uebernehmers gegenüber dem Schuldner, den Gläubiger zu befriedigen. Abs. 1 u. 2 betreffen die eine Seite des Ver­ hältnisses, Abs. 3 die andere Seite. Von der Schuldübernahme zu unterscheiden ist die Erfüllungsüber­ nahme, d. h. derjenige Vertrag, durch welchen sich der Uebernehmer dem Schuldner gegenüber verpflichtet, den Gläubiger zu befriedigen, ohne die Schuld zu übernehmen; ein direktes Recht des Gläubigers gegen den Uebernehmer wird durch diesen Vertrag im Zweifel nicht begründet (§.329). Derjenige Vertrag, durch welchen der Uebernehmer neben dem bisherigen Schuldner eine Verpflichtung gegen den Gläubiger übernimmt, wird durch den §. 415 nicht betroffen; vergl. §. 329. Wegen der Mittheilung der Genehmigung und der Verweigerung der Genehmigung siehe §§. 130ff., wegen der Genehmigung außerdem §§. 182 ff.

Uebernahme einer Hypothek beim Uerkauf eines Grundstücks. §♦ 416» Uebernimmt der Erwerber eines Grundstücks durch Vertrag mit dem Veräußerer eine Schuld des Veräußerers, für die eine Hypothek an dem Grundstücke besteht, so kann der Gläubiger die Schuldübernahme nur genehmigen, wenn der Ver­ äußerer sie ihm mittheilt. Sind seit dem Empfange der Mit­ theilung sechs Monate verstrichen, so gilt die Genehmigung als ertheilt, wenn nicht der Gläubiger sie dem Veräußerer gegenüber vorher verweigert hat; die Vorschrift des §. 415 Abs. 2 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Mittheilung des Veräußerers kann erst erfolgen, wenn der Erwerber als Eigenthümer im Grundbuch eingetragen ist. Sie muß schriftlich geschehen und den Hinweis enthalten, daß der Uebernehmer an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt, wenn nicht der Gläubiger die Verweigerung innerhalb der sechs Monate erklärt. Der Veräußerer hat auf Verlangen des Erwerbers dem Gläubiger die Schuldübernahme mitzutheilen. Sobald die Ertheilung oder Verweigerung der Genehmigung feststeht, hat der Veräußerer den Erwerber zu benachrichtigen. G. I §. 318 Abs. 2; II §. 359, KU* §. 410.

U.T. §. 410.

Schuldübernahme.

§§. 416—419.

157

Die Vorschriften des §. 416 gehen als Sondervorschriften denen des §. 415 vor. Wegen der Mittheilung und der Genehmigung siehe §§. 180 ff. und §§. 182 ff., wegen der Berechnung der Frist §§. 186 ff. Für den Eigen­ thumserwerb sind die Vorschriften der §§. 873, 925 maßgebend.

Einwendungen des Uebernehmers. §♦ 41 7. Der Uebernehmer kann dem Gläubiger die Ein­ wendungen entgegensetzen, welche sich aus dem Rechtsverhältnisse zwischen dem Gläubiger und dem bisherigen Schuldner ergeben. Eine dem bisherigen Schuldner zustehende Forderung kann er nicht aufrechnen1). Aus dem der Schuldübernahme zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisse zwischen dem Uebernehmer und dem bisherigen Schuldner kann der Uebernehmer dem Gläubiger gegenüber Einwendungen nicht herleitend). G. I §. 316; II §. 360, D.U. §. 411. U.T. §. 411. ') In der Abschließung des Schuldübernahmevertrags liegt reine vertragsmäßige Anerkennung der Schuld seitens des bisherigen Schuldners. *) Der Uebernehmer kann aber geltend machen, daß der Schuldüber­ nahmevertrag selbst nicht gültig sei.

Urbenrechle. §♦ 418. In Folge der Schuldübernahme erlöschen die für die Forderung bestellten Bürgschaften und Pfandrechte. Besteht für die Forderung eine Hypothek, so tritt das Gleiche ein, wie wenn der Gläubiger auf die Hypothek verzichtet'). Diese Vor­ schriften finden keine Anwendung, wenn der Bürge oder der­ jenige, welchem der verhaftete Gegenstand zur Zeit der Schuld­ übernahme gehört, in diese einwilligt'). Ein mit der Forderung für den Fall des Konkurses ver­ bundenes Vorzugsrecht') kann nicht im Konkurs über das Ver­ mögen des Uebernehmers geltend gemacht werden. G. I §. 317; II §. 361, H.U. §. 412. U.T. §• 412. ') §§. 1168, 1175. *) §§. 182—184. 3) K.O. §. 61.

Uebernahme eines Vermögens. §♦ 419. Uebernimmt Jemand durch Vertrag das Vermögen eines Anderen, so können dessen Gläubiger, unbeschadet der Fortdauer der Haftung des bisherigen Schuldners, von dem Abschlüsse des Vertrags an ihre zu dieser Zeit bestehenden An­ sprüche auch gegen den Uebernehmer geltend machen. Die Haftung des Uebernehmers beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens und die ihm aus dem Vertrage zustehenden Ansprüche. Beruft sich der Uebernehmer

158

Recht der Schuldverhältnisse.

auf die Beschränkung seiner Haftung, so finden die für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften der §§. 1990, 1991 entsprechende Anwendung. Die Haftung des Uebernehmers kann nicht durch Verein­ barung zwischen ihm ui.d dem bisherigen Schuldner aus­ geschlossen oder beschränkt werden. G. I §. 319; II §. 362, K.K. §. 413.

K.T- §• 413.

Die Haftung tritt unabhängig von dem Willen der Vertragschließenden unmittelbar mit dem Abschlüsse des Vertrags ein, sie ist nicht abhängig vom Empfange des Vermögens. Schuldner und Uebernehmer haften als Gesammtschuldner (§. 421). Siehe wegen des Erbschaftskaufs §§. 2382 ff., wegen der Bestellung des Nießbrauchs an einem Vermögen §§. 1085 ff., wegen der Ueber­ nahme eines Handelsgeschäfts H.G.B. §. 25.

Sechster AbschnittMehrheit von Schuldnern und Gläubigern. Der sechste Abschnitt regelt diejenigen Schuldverhäitnisse, bei denen mehrere Personen als Gläubiger oder Schuldner betheiligt sind. Es kommen außerdem gemeinschaftliche untheilbare Rechte und Pflichten vor, welche mit einem Schuldverhältnisse in Zusammenhang stehen, aber nicht von den Vorschriften des sechsten Abschnitts getroffen werden; siehe §§.356, 474, 502, 513. Ferner unterstehen selbständigen Regeln die Fälle, in denen neben dem Schuldner ein Dritter akzessorisch haftet; zu denken ist namentlich an die Bürgschaft, vergl. aber auch §§. 419, 2145, 2382. Endlich giebt es Rechtsverhältnisse, bei denen eine Forderung mehreren Personen in der Art gemeinschaftlich ist, daß einzelne Rechtshandlungen nur gemeinschaftlich vorgenommen werden können. Siehe §§. 1077, 1281, 1392, 2116.

1. Theilbare Keistung. Grundsatz. §♦ 420. Schulden Mehrere eine theilbare Leistung oder haben Mehrere eine theilbare Leistung zu fordern, so ist im Zweifel jeder Schuldner nur zu einem gleichen Antheile verpflichtet, jeder Gläubiger nur zu einem gleichen Antheile berechtigt. G. I §. 320; II §. 363, K.K. §. 414. K-T- §• 414. 1. Für eine Reihe von Fällen ist, abweichend von der im §. 420 auf­ gestellten Regel, bestimmt, daß mehrere Schuldner als Gesammtschuldner haften. Siehe §. 427, ferner §. 42 Abs. 2 Satz 2, §§. 53, 54, 419, 769, 880, §. 840 Abs. 1, §. 1108 Abs. 2, §. 1388, §. 1459 Abs. 2 Satz 1, §. 1480 Satz 1, §. 1530 Abs. 2, §. 1833 Abs. 2 Satz 1, §. 2058, §. 2219 Abs. 2, §. 2382. 2. Der Begriff der theilbaren Leistung ist im Gesetze nicht näher bestimmt. Man wird eine Leistung jedenfalls dann als theilbar anzu­ sehen haben, wenn sich der geschuldete Gegenstand ohne Verminderung des Werthes in gleichartige Theile zerlegen läßt; vergl. §. 752.

Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern. §§. 420—425.

150

Orsammtschuldnrr. eine Leistung in der Weise, daß jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesammtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Theile fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämmtliche Schuldner verpflichtet.

§♦ 421. Schulden Mehrere

G. I §. 321, §. 324 Abs. 1; II §. 364, H.K. §. 415. U.T- §• 415. Vergl. Sinnt. 1 zu §. 420. Die Gesammtschuldner haben den Gläubigern gegenüber keine Einrede der Theilung; im Verhältnisse zu einander sind sie aber regelmäßig nur zu gleichen Antheilen verpflichtet (§. 426).

§♦ 422. Die Erfüllung') durch einen Gesammtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt von der Leistung an Erfüllungsstatt»), der Hinterlegung2) und der Ausrechnung«). Eine Forderung, die einem Gesammtschuldner zusteht, kann nicht von den übrigen Schuldnern aufgerechnet werden. G. I §§. 329- 331; II §. 365, K.K. §. 416. K.T. §- 416. ') §§. 362 ff. 2) §§. 364, 365. s) §§. 372 ff. ♦) §§. 387 ff.

§♦ 423. Ein zwischen dem Gläubiger und einem Gesammt­ schuldner vereinbarter Erlaß wirkt auch für die übrigen Schuldner, wenn die Vertragschließenden das ganze Schuld­ verhältniß aufheben wollten. G. I §. 332; II §. 366, K.K. §. 417. K.T. §. 417. Wegen des Erlaßvertrags siehe §. 397; vergl. auch §. 779.

§♦ 424. Der Verzug des Gläubigers gegenüber einem Ge­ sammtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. G. I §. 326 Abs. 2; II §. 367, H.K. §. 418. K.T. §. 418. Wegen des Verzugs siehe §§. 293 ff.

§♦ 423. Andere als die in den §§. 422 bis 424 bezeichneten Thatsachen wirken, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältniß ein Anderes ergiebt, nur für und gegen den Gesammtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Dies gilt insbesondere von der Kündigung, dem Verzuges, dem Verschulden2), von der Unmöglichkeit2) der Leistung in der Person eines Gesammtschuldners, von der Verjährung, deren Unterbrechung und Hemmung«), von der Vereinigung der For­ derung b) mit der Schuld und von dem rechtskräftigen Urtheile«). G.I§§. 325, 326 Abs. 2, 327, 333—336; II §. 368, K.U. §. 419. R.T. §. 419.

160

Recht der Schuldverhältnisfe.

*) 4) 8) B.G.B. 6)

§§. 284ff. *) §§. 276 ff. 3) §§. 275ff. §§. 194 ff., 202 ff., 209 ff. Ueber die Vereinigung der Forderung mit der Schuld enthält das keine allgemeine Bestimmung; regelmäßig erlischt die Schuld. Wegen des Urtheils stehe C.P.O. §. 322.

§♦ 426. Die Gesammtschuldner sind im Verhältnisse zu ein­ ander zu gleichen Antheilen verpflichtet, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist1). Kann von einem Gesammtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen. Soweit ein Gesammtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über3). Der Uebergang kann nicht zum Nachtheile des Gläubigers geltend gemacht werden. G. I §. 337; II §. 869, K.U. §. 420. K-T. §. 420. x) Vergl. §§. 840, 841, 1833. 3) Siehe §. 412.

§♦ 427. Verpflichten sich Mehrere durch Vertrag gemeinschaft­ lich zu einer theilbaren Leistung, so haften sie im Zweifel als Gesammtschuldner. E. II §. 370, K.K. §. 421. K T- §• 421. Es kommt nicht daraus an, ob die Verpflichtung in einem einheit­ lichen Vertrag oder in getrennten Verträgen übernommen ist. Für das Verhältniß der Schuldner unter einander ist der §. 426 maßgebend.

T. §. 1002. Die §§. 1018, 1019 geben nur die Grenzen an, innerhalb deren sich die Belastung des Grundstücks zu halten hat. Der nähere Inhalt der einzelnen Grunddienstbarkeit ist bei der Bestellung zu bestimmen (§§. 873, 874). Vergl. E.G. Art. 115.

Keschränkung des Inhalts. §. 1010. Eine Grunddienstbarkeit kann nur in einer Be­ lastung bestehen, die für die Benutzung des Grundstücks des Be­ rechtigten Vortheils bietet. Ueber das sich hieraus ergebende Maß hinaus kann der Inhalt der Dienstbarkeit nicht erstreckt werdens. G. I §. 967; II §. 930, S.K. §. 1004. zr.T. §. 1003. ’) Der Vortheil braucht nicht nothwendig in Gelde schätzbar zu sein, sondern kann auch in einer bloßen Annehmlichkeit für die Bewohner des berechtigten Grundstücks bestehen. Es kann z. B. zu Gunsten des je­ weiligen Eigenthümers dieses Grundstücks eine Dienstbarkeit des Inhalts bestellt werden, daß das belastete Grundstück nicht bebaut werden darf. 2) Geschieht dies dennoch, so ist insoweit eine Grunddienstbarkeit nicht vorhanden (§§. 134, 139 ff.).

Ausübung -es Rechtes. 1. Schonende Ausübung. 1020. Bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit hat erechtigte das Interesse des Eigenthümers des belasteten Grundstücks thunlichst zu schonens. Hält er zur Ausübung der Dienstbarkeit auf dem belasteten Grundstück eine Anlage, so hat er sie in ordnungsmäßigem Zustande zu erhaltens) soweit das Interesse des Eigenthümers es erfordert. G. I §. 970; II §. 931, S.K. §. 1005. zr.T. §. 1004. *) Vergl. §§. 157, 226, 242 und für Preußen das A.L.R. I 22 §§, 72, 80—89, 112. 113, 115, 130, 161, 164—170, 217 -220 (A.G. Art. 89 Biff. 1 b). a) Diese Unterhaltungspflicht bedarf, weil sie kraft Gesetzes mit dem Rechte verbunden ist, nicht der Eintragung in das Grundbuch.

366

Sachenrecht.

Dienstbarkeiten.

2. Unterhaltung einer Anlage. 8.1021. Gehört zur Ausübung einer Grunddienstbarkeit eine Anlage auf dem belasteten Grundstücke, so kann bestimmt werden, daß der Eigenthümer dieses Grundstücks die Anlage zu unterhalten hat, soweit das Interesse des Berechtigten es er­ fordert^). Steht dem Eigenthümer das Recht zur Mitbenutzung der Anlage zu, so kann bestimmt werden, daß der Berechtigte die Anlage zu unterhalten hat, soweit es für das Benutzungs­ recht des Eigenthümers erforderlich ist2). Auf eine solche Unterhaltungspflicht finden die Vorschriften über die Reallasten2) entsprechende Anwendung. G. I 971 Abs. 1, 3; II § 932, K.K. §. 1006. U.T. §. 1006. 1) Die Bestimmung bedarf nach den §§. 873, 874, 877 der Eintragung in das Grundbuch auf dem Blatte des belasteten Grundstücks. 2) Wird eine nach dem zweiten Satze Zulässige Bestimmung erst nach Errichtung der Dienstbarkeit getroffen, so ist sie, weil sie auch das Grundstück des Berechtigten belastet, auch auf dem Blatte dieses Grundstücks einzutragen. 3) §§. 1105—1112. Von besonderer Wichtigkeit ist die Anwendung des §. 1108. Vergl. E.G. Art. 116.

§.1022. Besteht die Grunddienstbarkeit in dem Rechte, auf einer baulichen Anlage des belasteten Grundstücks eine bauliche Anlage zu halten, so hat, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist *), der Eigenthümer des belasteten Grundstücks seine Anlage zu unterhalten2), soweit das Interesse des Berechtigten es erfordert. Die Vorschrift des §. 1021 Abs. 2 gilt auch für diese Unter­ haltungspflicht. G. I §. 971 Abs. 2, 3; II §. 933, K.K. §. 1007. U.T. §. 1006. ’) Vergl. Anm. 1 zu §. 1021. 2) Anm. 2 zu §. 1020, ferner preuh. A.L.R. I 22 §§. 55—58.

3. Verlegung -er Ausübung. §. 1023. Beschränkt sich die jeweilige Ausübung einer Grunddienstbarkeit auf einen Theil des belasteten Grundstücks, so kann der Eigenthümer die Verlegung der Ausübung auf eine andere, für den Berechtigten ebenso geeignete Stelle verlangen, wenn die Ausübung an der bisherigen Stelle für ihn besonders beschwerlich ist1); die Kosten der Verlegung hat er zu tragen und vorzuschießen. Dies gilt auch dann, wenn der Theil des Grund­ stücks, auf den sich die Ausübung beschränkt, durch Rechts­ geschäft bestimmt ist. Das Recht aus die Verlegung kann nicht durch Rechts­ geschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden. G. I §. 972; II §. 934, K.U. §. 1008. U.T. §. 1007. i) Vergl. §. 1020.

Grunddienstbarkeiten.

§§. 1021—1028.

367

4. Kollision mit einem anderen Rechte. §♦ 1024. Trifft eine Grunddienstbarkeit mit einer anderen Grunddienstbarkeit oder einem sonstigen Nutzungsrecht an dem Grundstücke dergestalt zusammen, daß die Rechte nebeneinander nicht oder nicht vollständig ausgeübt werden können, und haben die Rechte gleichen Rang'), so kann jeder Berechtigte eine den Interessen aller Berechtigten nach billigem Ermessen entsprechende Regelung der Ausübung verlangens. G. I §. 973; II §. 935, K.K. §. 1009. U.T. §- 1008. ') §. 879. 2) Die Regelung erlangt erst mit der Eintragung dingliche Wirkung; sie erfordert daher die Einigung der Betheiligten (§§. 873, 877), die eventuell durch Urtheil nach näherer Bestimmung der C.P.O. §. 894 Abs. 1 ersetzt wird.

5. Theilung des Grundstücks des Kerrchtigten. 8.1028. Wird das Grundstück des Berechtigten getheilt, so besteht die Grunddienstbarkeit für die einzelnen Theile fort; die Ausübung ist jedoch im Zweifel nur in der Weise zulässig, daß sie für den Eigenthümer des belasteten Grundstücks nicht beschwer­ licher wird. Gereicht die Dienstbarkeit nur einem der Theile zum Vortheile, so erlischt sie für die übrigen Theile. G. I §. 976; II §. 936, K.K. §. 1010. xr.T. §. 1009. Bergl. G.B.O. §. 8 Abs. 2.

6. Theilung des belasteten Grundstücks. §♦ 1026. Wird das belastete Grundstück getheilt, so werden, wenn die Ausübung der Grunddienstbarkeit auf einen be­ stimmten Theil des belasteten Grundstücks beschränkt ist, die Theile, welche außerhalb des Bereichs der Ausübung liegen, von der Dienstbarkeit frei. G. I §. 975; II §. 937, H.R» §. 1011. zr.T. §. 1010. Bergl. E.G. Art. 120 Abs. 1, G.B.O. §§. 47, 49.

Schuh der Dienstbarkeit. 1. Ansprüche des Herechtigten. §♦ 1027. Wird eine Grunddienstbarkeit beeinträchtigt, so stehen dem Berechtigten die im §. 1004 bestimmten Rechte zu. G. I §. 978; II §. 938, S.A- §• 1012. K-T. §. 1011. Steht das Grundstück, zu dessen Gunsten die Dienstbarkeit bestellt ist, im Miteigenthume, so hat jeder Miteigenthümer nach §. 1011 die Negatorienklage.

2. Verjährung. §♦ 1028. Ist auf dem belasteten Grundstück eine Anlage, durch welche die Grunddienstbarkeit beeinträchtigt wird, errichtet

368

Sachenrecht.

Dienstbarkeiten.

worden, so unterliegt der Anspruch des Berechtigten auf Be­ seitigung der Beeinträchtigung der Verjährung, auch wenn die Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist1). Mit der Verjährung des Anspruchs erlischt die Dienstbarkeit, soweit der Bestand d>er Anlage mit ihr in Widerspruch steht2). Die Vorschriften des §. 892 finden keine Anwendung. *) Abweichung von dem Grundsätze des §. 902. 2) Ausnahme von der Regel des §. 222 Abs. J.

3. Drsttzschutz.

§♦ 1028. Wird der Besitzer eines Grundstücks in der Aus­ übung einer für den Eigenthümer im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit gestört1), so finden die für den Besitzschutz gelten» ben Vorschriften2) entsprechende Anwendung2), soweit die Dienst­ barkeit innerhalb eines Jahres4) vor der Störung, sei es auch nur einmal, ausgeübt worden ist5). G. I §. 979; II §. 939, K.K. §- 1013. K.T. §. 1012. 4) Beim Vorhandensein eines mittelbaren Besitzes kommt nur eine -Störung des unmittelbaren Besitzers in Betracht (§§. 868 ff.). *) §8-868 ff.................................................................................................. 3) Ist die Dienstbarkeit im Grundbuche zu Unrecht gelöscht, so findet der §. 1029 keine Anwendung. 4) Berechnung des Jahres nach §§. 187, 188. 5) Uebergangsvorschriften im E.G. Art. 191 und in Preußen Art. 28, Mecklenburg-Schwerin §. 185, Strelitz §. 183.

Zweiter Titel.

Nießbrauch. 1. Der Nießbrauch unterscheidet sich von den sonsügen Nutzungs­ rechten an einer Sache dadurch, daß, während diesen die Nutzungen der Sache nur in gewissen Beziehungen unterliegen (§§. 1012, 1018, 1090), der Nießbraucher grundsätzlich alle Nutzungen ziehen darf (§. 1030). Eine andere Eigenthümlichkeit, die indessen auch den beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten eigen ist (§. 1090 Abs. 2, §. 1092), besteht darin, daß der Nießbrauch an die Person des Berechtigten gebunden erscheint, so zwar, daß er mit dem Tode des Berechtigten erlischt (§. 1061) und nicht übertragbar ist (§§. 413, 1059). Zur Sicherheitsleistung ist der Nießbraucher nur nach näherer Bestimmung der §§. 1039, 1051, 1067 verpflichtet. 2. Gegenstand des Nießbrauchs können nicht blos Sachen (§. 90), sondern auch Rechte (Vordem. S. 299 Ziff. 1), ja sogar ein Vermögen sein. Deshalb zerfallt dieser Titel in drei Abtheilungen: Nießbrauch an Sachen (§§. 1030—1067); N. an Rechten (§§. 1068-1084); N. an einem Ver­ wögen (§§. 1085—1089).

Grunddienstbarkeiten.

Nießbrauch.

§§. 1029—1032.

369

3. Der Nießbrauch wird durch Rechtsgeschäft begründet. Ein gesetz­ licher Nießbrauch kommt, von den Fällen der Surrogation (§. 1046, §. 1066 Abs. 3, §. 1075 Abs. 1) abgesehen, in dem B.G.B. nicht vor; namentlich ist weder die Nutznießung des Ehemanns (§. 1363), noch die elterliche Nutznießung (§§. 1649, 1686) Nießbrauch. Der Nießbrauch an einem Grundstück ist als Belastung der Sache den Vorschriften des zweiten Abschnitts unterworfen. Vergl. die Vordem. S. 808, 309. Der Nießbrauch an einer beweglichen Sache kann nicht blos durch Rechtsgeschäft (§. 1032), sondern auch durch Ersitzung (§. 1033) begründet werden. 4. Vorbehalte für die Landesgesetzgebung im E.G. Art. 80 Abs. 2, -96, Art. 120 Abs. 1, Art. 128, 164; Uebergangsvorschriften ebenda Art. 184 Satz 1, Art. 189 Abs. 1, 2.

I. Nießbrauch an Sachen. Die Zwangsvollstreckung in einen Nießbrauch bestimmt sich nach der C.P.O. §. 857 Abs. 3, 4. Ueber den Einfluß der Zwangsversteigerung eines -Grundstücks auf einen Nießbrauch, mit welchem dasselbe belastet ist, siehe das Z.V.G. §. 44, §. 45 Abs. 1, §§. 48, 61, §. 52 Abs. 1, §§. 69, 91, 92.

Krgriff und Inhalt. Eine Sache kann in der Weise belastet 4) werden, daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, "die Nutzungena) der Sache zu ziehens (Nießbrauch). Der Nießbrauch kann durch den Ausschluß einzelner Nutzungen beschränkt werden4).

§♦ 1030.

G. I §. 980; II §. 940, K.K. §. 1014. K.T. §. 1013. 4) §§• 873 ff., 1032, 1083; G.B.O. §§. 6, 60, 96. 2) §§. 100-103. 3) §§. 954 ff. 4) Die Beschränkung kann sowohl bei der Bestellung des Nießbrauchs 1323.

Eine Ehe ist nichtig, wenn einer der Ehegatten zur Zeit der Eheschließung geschäftsunfähig') war oder sich im Zu­ stande der Bewußtlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistesthätigkeit befand2). Die Ehe ist als von Anfang an2) gültig anzusehen, wenn der Ehegatte sie nach dem Wegfalle der Geschäftsunfähigkeit, der Bewußtlosigkeit oder der Störung der Geistesthätigkeit bestätigt, bevor sie für nichtig erklärt oder aufgelöst worden ist. Die Bestätigung bedarf nicht der für die Eheschließung vorgeschriebenen Form. G. I §. 1250 Nr. 2, §. 1251; II §.1231, K.U. §.1310. K.T.§.1308. ') §. 104. 2) §. 105 Abs. 2. 3) Abweichung von §. 141 Abs. 2.

3. Doppelehe.

§♦ 1326.

Eine Ehe ist nichtig, wenn einer der Ehegatten

476

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

zur Zeit der Eheschließung mit einem Dritten in einer gültigen') Ehe lebte. G. I §. 1250 Nr. 3; II §. 1232, S.K. §. 1311. MT. §. 1309. ') und auch nicht anfechtbaren (anders das St.G.B. §. 171). 4. Hlutschande.

§♦ 1327. Eine Ehe ist nichtig, wenn sie zwischen Ver­ wandten oder Verschwägerten dem Verbote des §. 1310 Abs. 1 zuwider geschlossen worden ist. G. I §. 1250 Nr. 3; II §. 1233, K.K. §. 1312. K.T. §. 1310. Vergl. Anm. zu §. 1310. 5. Gtzebruch.

§♦ 1328. Eine Ehe ist nichtig, wenn sie wegen Ehebruchs nach §. 1312 verboten war. Wird nachträglich Befreiung von der Vorschrift des §. 1312 bewilligt, so ist die Ehe als von Anfang an gültig anzusehen. G. II §. 1234, H.K. §. 1313. K-T. §. 1811. II. Geltendmachung der Nichtigkeit. §♦ 1329. Die Nichtigkeit einer nach den §§. 1325 bis 1328 nichtigen Ehe kann, solange nicht die Ehe für nichtig erklärt oder aufgelöst ist, nur im Wege der Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden. Das Gleiche gilt von einer nach §. 1324 nichtigen Ehe, wenn sie in das Heirathsregister eingetragen worden ist. G. I §. 1252; II §. 1236, H.K. §. 1314. K.T. §. 1312. Vergl. Vordem. S. 474 Ziff. 2. Aussetzung eines Rechtsstreits, in dem die Nichtigkeit präjudiziell ist, C.P.O. §. 151.

III. Anfechtungsgründr. §♦ 1330. Eine Ehe kann nur in den Fällen der §§. 1331 bis 1335 und des §. 1350 angefochten werden. G. I §. 1259; II §. 1238, H.K. §. 1315. K.T. §. 1313. 1. Mangel der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. §♦ 1331. Eine Ehe kann von dem Ehegatten angefochten werden, der zur Zeit der Eheschließung oder im Falle des §. 1325 zur Zeit der Bestätigung in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ') war, wenn die Eheschließung oder die Bestätigung ohne Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters erfolgt ist. G. I §. 1259 Nr. 4, §. 1261 Nr. 4; II §. 1239, K.K. §1316. §. 1314. ') §§. 106, 114.

Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Ehe.

§§. 1327—1336.

477

2. Irrthum. §♦ 1332. Eine Ehe kann von dem Ehegatten angefochten werden, der bei der Eheschließung nicht gewußt hat, daß es sich um eine Eheschließung handle, oder dies zwar gewußt hat, aber eine Erklärung, die Ehe eingehen zu wollen, nicht hat abgeben wollen.

G. I §. 1259 Nr. 2, §. 1261 Nr. 2; II §. 1240, K.U. §. 1317. K.T. §. 1315. Sergi. §. 119. §♦ 1333. Eine Ehe kann von dem Ehegatten angefochten werden, der sich bei der Eheschließung in der Person des anderen Ehegatten oder über solche persönliche Eigenschaften') des anderen Ehegatten geirrt hat, die ihn bei Kenntniß der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Ein­ gehung der Ehe abgehalten haben würden.

!. G. I §. 1269 Nr. 1, §. 1261 Nr. 1; II §. 1241, D.U. §. 1318. K.T. §. 1316. ') z. B. Jungfernschaft, ansteckende Krankheit. 3. Täuschung. §♦ 1334. Eine Ehe kann von dem Ehegatten angefochten werden, der zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntniß der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten haben würden. Ist die Täuschung nicht von dem anderen Ehegatten verübt worden, so ist die Ehe nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung bei der Eheschließung gekannt hat. Auf Grund einer Täuschung über Vermögensverhältnisse findet die Anfechtung nicht statt.

G. I §. 1259 Nr. 1, §. 1261 Nr. 1; II §. 1242, D.D. §. 1319. U-T. §. 1317. Sergi. §. 123. 4. Drohung. §♦ 1338. Eine Ehe kann von dem Ehegatten angefochten werden, der zur Eingehung der Ehe widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist.

G. I §. 1259 Nr. 1, §. 1261 Nr. 1; II §. 1243, D.K. §- 1320. D.T. §. 1318. Sergi. §. 123. §. 1336.

IV. Ausübung -er Anfechtung durch Dertreter. Die Anfechtung der Ehe kann nicht durch einen

Familienrecht.

478

Bürgerliche Ehe.

Vertreter erfolgen. Ist der anfechtungsberechtigte Ehegatte in der Geschäftsfähigkeit beschränkt '), so bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Für einen geschäftsunfähigen'^ Ehegatten kann sein gesetz­ licher Vertreters mit Genehmigung4) des Vormundschastsgerichts^) die Ehe anfechten. In den Fällen des §. 1331 kann, solange der anfechtungsberechtigte Ehegatte in der Geschäftsfähigkeit be­ schränkt ist, nur sein gesetzlicher Vertreter die Ehe ansechten. G. I §. 1265 Satz 1, 3; II §. 1246 Abs. 1, 2, ZA. §. 1321. K.T. §. 1319. Für den Anfechtungsprozeß vergl. C.P.O. §.612. ’) §§. 106, 114. 5 §- 104. 3) Es kommt darauf an, wem die Vertretung in den die Person betreffenden Angelegenheiten zukommt. 4) Mangel der Genehmigung §. 1831. 5) Zuständigkeit im F.G.G. §§. 35, 43. Vergl. auch §. 1847.

V. Uerlust des Anfechtungsrechts. 1. Genehmigung; Hestütigung.

§♦ 1337. Die Anfechtung der Ehe ist in den Fällen des §. 1331 ausgeschlossen, wenn der gesetzliche Vertreter die Ehe ge­ nehmigt oder der anfechtungsberechtigte Ehegatte, nachdem er un­ beschränkt geschäftsfähig geworden ist, die Ehe bestätigt. Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund'), so kann die Genehmigung, wenn sie von ihm verweigert wird, auf Antrag des Ehegatten durch das Vorrnundschaftsgericht*) ersetzt3) werden; das Vormundschaftsgericht hat die Genehmigung zu ersetzen, wenn die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse des Ehegatten liegt. In den Fällen der §§. 1332 bis 1335 ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn der anfechtungsberechtigte Ehegatte nach der Entdeckung des Irrthums oder der Täuschung oder nach dem Aufhören der Zwangslage die Ehe bestätigt. Die Vorschriften des §. 1336 Abs. 1 gelten auch für die Bestätigung. G. I §. 1263 Abs. 1, 3; II §. 1244, §. 1246 Abs. 3, K.K. §. 1322. K.T. §. 1320. 1) Gegensatz ist Vertretung kraft elterlicher Gewalt. Wegen des Pflegers §. 1915. 2) F.G.G. §§. 35, 43. Vergl. auch §. 1847. 3) Beginn der Wirksamkeit der Ersetzung F.G.G. §. 53.

2. Auflösung -rr Ehe.

§♦ 1338. ausgeschlossen,

Die Anfechtung ist nach der Auflösung der Ehe es sei denn, daß die Auflösung durch den Tod

Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Ehe.

§§. 1337—1342.

479

des zur Anfechtung nicht berechtigten Ehegatten herbeigeführt worden ist. G. I §. 1262; II §. 1246, K.K. §. 1323. Vergl. §. 1342.

§♦ 1338.

U T- §• 1321.

3. Zeitadlauf. Die Anfechtung kann nur binnen sechs Monaten*)

erfolgen. Die Frist beginnt in den Fällen des §. 1331 mit dem Zeitpunkt, in welchem die Eingehung oder die Bestätigung der Ehe dem gesetzlichen Vertreter bekannt wird oder der Ehegatte die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit erlangt, in den Fällen der §§. 1332 bis 1334 mit dem Zeitpunkt, in welchem der Ehegatte den Irrthum oder die Täuschung entdeckt, in dem Falle des §. 1335 mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört. Auf die Frist finden die für die Verjährung geltenden Vor­ schriften der §§. 203, 206 entsprechende Anwendung. G. I §. 1264; II §. 1247, K.K. §. 1324. K.T. §. 1322. *) Fristberechnung §. 187 Abs. 1, §. 188 Abs. 2.

§♦ 1340. Hat der gesetzliche Vertreter eines geschäftsun­ fähigen Ehegatten die Ehe nicht rechtzeitig angefochten, so kann nach dem Wegfalle der Geschäftsunfähigkeit der Ehegatte selbst die Ehe in gleicher Weise aufechten, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre. G. II §. 1248, K.K. §. 1326. K.T. §. 1323. Vergl. §. 206 mit §. 1339.

VI. Form -er Anfechtung^ Die Anfechtung erfolgt, solange nicht die Ehe aufgelöst ist, durch Erhebung*) der Anfechtungsklage. Wird die Klage zurückgenommen2), so ist die Anfechtung als nicht erfolgt anzusehen. Das Gleiche gilt, wenn die angefochtene Ehe, bevor sie für nichtig erklärt oder aufgelöst worden ist, nach Maßgabe des §. 1337 genehmigt oder bestätigt wird.

§♦ 1311.

G. I §. 1266 Abs. 1, §. 1268; II §. 1249, S.U. §. 1326. §. 1324. Ueber die Anfechtungsklage C.P.O. §§. 606 ff. *) C.P.O. §§. 253, 281. 2) C.P.O. §. 271.

K.T.

§♦ 1342. Ist die Ehe durch den Tod des zur Anfechtung, nicht berechtigten Ehegatten 0 aufgelöst worden, so erfolgt die Anfechtung durch Erklärung gegenüber2) dem Nachlaßgerichte2); die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form*) abzugeben. Das Nachlaßgericht soll die Erklärung sowohl demjenigen.

Familienrecht.

480

Bürgerliche Ehe.

mittheilen, welcher im Falle der Gültigkeit der Ehe, als auch demjenigen, welcher im Falle der Nichtigkeit der Ehe Erbe des verstorbenen Ehegatten ist. Es hat die Einsicht der Erklärung Jedem zu gestatten«), der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht«). G. I §. 1266 Abs. 2; II § 1250, K.K. §- 1327. U.T. §- 1325. f) §. 1338. 2) nicht nothwendig „vor". 3) F.G.G. §§. 72, 73. 4) §. 129; F.G.G. §§. 167, 183. 5) vergl. F.G.G. §. 34. •) F.G.G. §. 15 Abs. 2. VII. Geltendmachung der auf Anfechtbarkeit beruhenden Nichtigkeit. §♦ 1343. Wird eine anfechtbare Ehe angefochten, so ist sie als von Anfang an1) nichtig anzusehen. Die Vorschrift des §. 142 Abs. 2 findet Anwendung. Die Nichtigkeit einer anfechtbaren Ehe, die im Wege der Klage angefochten worden ist, kann, solange nicht die Ehe für nichtig erklärt oder aufgelöst ist, nicht anderweit geltend gemacht werden2). G. I §. 1260; II §. 1251, Z.U. §• 1328. P.T. §. 1326. h entsprechend §. 142 Abs. 1. 2) C.P.O. §. 152.

VIII. Krfchrünkte Wirkungen der Nichtigkeit. 1. zu Gunsten Dritter; §♦ 130. Einem Dritten gegenüber können aus der Nichtig­ keit1) der Ehe Einwendungen gegen ein zwischen ihm und einem der Ehegatten vorgenommenes Rechtsgeschäft oder gegen ein zwischen ihnen ergangenes rechtskräftiges Urtheil2) nur hergeleitet werden, wenn zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts oder zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit2) die Ehe für nichtig erklärt oder die. Nichtigkeit dem Dritten bekannt4) war. Die Nichtigkeit kann ohne diese Beschränkung geltend gemacht -werden, wenn sie auf einem Formmangel beruht und die Ehe nicht in das Heirathsregister eingetragen worden ist. G. I §§.1257, 1270; II §§.1236, 1252, KU. §.1329. U T § 1327. 1) auch wenn die Nichtigkeit auf Anfechtbarkeit beruht (§. 1343). 2) Der Schutz des§. 1344 bezieht sich nur auf die Wirksamkeit des Rechts-geschäfts oder des Urtheils; dagegen kann der Dritte behufs Befriedigung seiner gegen einen der Ehegatten gerichteten Forderung sich nicht auch an das Vermögen des anderen Ehegatten halten, welches bei Gültigkeit der Ehe Bestandtheil des Vermögens seines Schuldners geworden wäre. 3) C.P.O. §§. 263, 281, 693. 4) also nicht guter Glaube im Sinne des §. 932 Abs. 2.

"2. im Kerhältniste der Ehegatten zu einander.

§♦ 1345*

War dem einen Ehegatten die Nichtigkeit1) der

Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Ehe.

§§. 1343—1347.

481

Ehe bei der Eheschließung bekannt2), so kann der andere Ehegatte, sofern nicht auch ihm die Richtigkeit bekannt2) war, nach der Nichtigkeitserklärung oder der Auflösung der Ehe verlangen, daß ihr Verhältniß in vermögensrechtlicher2) Beziehung, insbesondere auch in Ansehung der Unterhaltspflicht, so4) behandelt wird, wie wenn die Ehe zur Zeit der Nichtigkeitserklärung oder der Auf­ lösung geschieden und der Ehegatte, dem die Nichtigkeit bekannt war, für allein schuldig erklärt worden wäre. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn die Richtig­ keit auf einem Formmangel beruht und die Ehe nicht in das Heirathsregister eingetragen worden ist. G. I §§. 1258 Abs. 1, 1270; II §. 1237 Abs. 1, 3, §. 1252, K.K. 1330. zr.T. §. 1328.

Die Wirkung der Nichtigkeit im Verhältnisse der Ehegatten ist, daß es so anzusehen ist, als wäre keine Ehe geschlossen worden. Dies gilt namentlich für den Unterhaltsanspruch und das Erbrecht. Wegen letzt­ williger Verfügungen vergl. §. 2077 Abs. 1, §§. 2268, 2279. Kennen beide Ehegatten die Nichtigkeit nicht, so bewendet es bei den aus der Nichtigkeit sich ergebenden Folgen. Ueber das Verhältniß zu den Kindern vergl. §§. 1699 -1704. 1) mag diese auch nur auf Anfechtbarkeit beruhen (§. 1343). 2) also nicht böser Glaube im Sinne des §. 932 Abs. 2. 3) In persönlicher Beziehung verbleibt es bei den Folgen der Nichtig­ keit, die Frau bekommt also z. B. stets ihren vor der Verheiratung ge­ führten Familiennamen zurück. 4) Die Abweichungen von den Folgen der Nichtigkeit zeigen sich im Unterhaltsanspruche (§§. 1578—1582), im Widerrufe von Schenkungen (§. 1584) und bei der Auseinandersetzung des Güterstandes (vergl. ins­ besondere §. 1478).

§♦ 1346. Wird eine wegen Drohung anfechtbare Ehe für nichtig erklärt, so steht das im §. 1345 Abs. 1 bestimmte Recht dem anfechtungsberechtigten Ehegatten zu. Wird eine wegen Irrthums anfechtbare Ehe für nichtig erklärt, so steht dieses Recht dem zur Anfechtung nicht berechtigten Ehegatten zu, es sei denn, daß dieser den Irrthum bei der Eingehung der Ehe kannte oder kennen mußte. G. I §. 1270; II §. 1252, K.U. §. 1331. U T- §• 1329.

Vergl. §. 122 Abs. 2.

§♦ 1347. Erklärt der Ehegatte, dem das im §. 1345 Abs. 1 bestimmte Recht zusteht, dem anderen Ehegatten, daß er von dem Rechte Gebrauch mache, so kann er die Folgen der Nichtig­ keit der Ehe nicht mehr geltend machen; erklärt er dem anderen Ehegatten, daß es bei diesen Folgen bewenden solle, so erlischt das im §. 1345 Abs. 1 bestimmte Recht. Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch.

3. Auflage.

31

482

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

Der andere Ehegatte kann den berechtigten Ehegatten unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber auffordern, ob er von dem Rechte Gebrauch mache. Das Recht kann in diesem Falle nur bis zum Ablaufe der Frist ausgeübt werden. G. I§. 1258 Abs. 2; II §. 1237 Abs. 2, H.K. §. 1332. U.T. §.1330.

Zu Abs. 2 vergl. §. 132.

Bierter Titel.

Wiederverheirathung im Falle der Todeserklärung. Die Vermuthung des §. 18 wirkt auch in Ansehung der Ehe. Dies gilt selbst für den Fall, daß die Todeserklärung vor dem Inkrafttreten des B.G.B. erfolgte (E.G. Art. 158, 159). Der zurückgebliebene Ehe­ gatte kann sich daher wieder verheirathen. Die Ehe würde jedoch, wenn der für todt Erklärte noch lebte, nach §. 1309 an sich nichtig sein. Um diese Folgerung auszuschließen, erklärt der §. 1348 die alte Ehe mit der Eingehung der neuen für aufgelöst. Jeder Ehegatte der neuen Ehe hat aber das Recht der Anfechtung der Ehe (§. 1350). Internationales Privatrecht im E.G. Art. 9 Abs. 3, Art. 13 Abs. 2.

Wirkung der Wiederverheirathung. §♦ 1348. Geht ein Ehegatte, nachdem der andere Ehegatte für todt erklärt worden ist, eine neue Ehe ein, so ist die neue Ehe nicht deshalb nichtig, weil der für todt erklärte Ehegatte noch lebt 1)z es sei denn, daß beide Ehegatten bei der Eheschließung wissen, daß er die Todeserklärung überlebt hat. Mit der Schließung der neuen Ehe wird die frühere Ehe aufgelöst. Sie bleibt auch dann aufgelöst, wenn die Todes­ erklärung in Folge einer Anfechtungsklage2) aufgehoben wird.

G. I §. 1464; II §. 1482, i) Vergl. §§. 1309, 1326.

§. 1333. K.T. §. 1331. . 2) C.P.O. §§. 957, 973.

Anfechtung der Todeserklärung. §♦ 1349. Ist das Urtheil, durch das einer der Ehegatten für todt erklärt worden ist, im Wege der Klage angefochten, so darf der andere Ehegatte nicht vor der Erledigung des Rechts­ streits eine neue Ehe eingehen, es sei denn, daß die An­ fechtung erst zehn Jahre nach der Verkündung des Urtheils erfolgt ist. G. I §. 1235 Abs. 2; II §. 1216 Abs. 2, S.K. §. 1334. K-T. §. 1332. Aufschiebendes Ehehinderniß. Vergl. auch C.P.O. §. 958 Abs. 2. Anfechtung der neuen Ghe. §. 1350. Jeder Ehegatte der neuen Ehe*) kann, wenn der

Wiederverheirathung im Falle der Todeserklärung. §§. 1348— 1352.

483

für todt erklärte Ehegatte noch lebt, die neue Ehe anfechten, es sei denn, daß er bei der Eheschließung von dessen Leben Kenntniß hatte 2). Die Anfechtung kann nur binnen sechs Monaten von dem Zeitpunkt an erfolgen, in welchem der anfechtende Ehegatte erfährt, daß der für todt erklärte Ehegatte noch lebt. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der anfechtungs­ berechtigte Ehegatte die Ehe bestätigt, nachdem er von dem Leben des für todt erklärten Ehegatten Kenntniß erlangt hat, oder wenn die neue Ehe durch den Tod eines der Ehegatten aufgelöst worden ist. G. II §. 1483, K.R. §. 1335. U.T. §. 1333. Die Anfechtung richtet sich nicht blos materiell, sondern auch formell nach den gleichen Grundsätzen, wie sie für die gewöhnlichen Fälle der Anfechtung in den §§. 1336—1343 und in der C.P.O. §§. 606 ff. bestimmt sind; vergl. §. 1330. Der Abs. 1 Satz 2, der Abs. 2 und der §. 1351 enthalten jedoch Modifikationen. *) Nicht der zurückgekehrte für todt Erklärte. 2) Die Kenntniß, daß der für todt Erklärte die Todeserklärung über­ lebt hat, schadet nicht.

Wirkung Lrr Anfechtung. Wird die Ehe nach §. 1350 von dem Ehegatten der früheren Ehe') angefochten, so hat dieser dem anderen Ehegatten nach den für die Scheidung geltenden Vorschriften der §§. 1578 bis 1582 Unterhalt zu gewähren, wenn nicht der andere Ehe­ gatte bei der Eheschließung wußte, daß der für todt erklärte Ehegatte die Todeserklärung überlebt hat.

§♦ 1351t

G. II §. 1484, D.K. §• 1336. U-T- §• 1334. Neber das Verhältniß dieses Unterhaltsanspruchs zum Unterhalts­ anspruche der Verwandten vergl. §£. 1608, 1609. Wegen des Konkurses K.O. §. 3 Abs. 2. ') Bei der Anfechtung durch den zurückgebliebenen Ehegatten lebt die alte Ehe und damit der Unterhaltsanspruch von selbst wieder auf.

Unterhalt -er Kinder. 1348 Abs. 2 aufge­ löst, so bestimmt sich die Verpflichtung der Frau, dem Manne zur Bestreitung des Unterhalts eines gemeinschaftlichen Kindes einen Beitrag zu leisten, nach den für die Scheidung geltenden Vor­ schriften des §. 1585.

§♦ 1352. Wird die frühere Ehe nach §.

G. I §. 1465; II §. 1485 Satz 2, S.U. §. 1337. U.T. §. 1336. Die Vorschrift hat nur Bedeutung für den Fall, daß sich die Todes­ erklärung als zu Unrecht erfolgt herausstellt, und betrifft das Verhältniß der Ehegatten zu einander. Für das Verhältniß der Eltern zu den Kindern bewendet es bei den §§. 1601—1603, 1606 Abs. 2. Wegen der elter­ lichen Gewalt vergl. 1637.

484

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

Fünfter Titel.

Wirkungen der Ehe im Allgemeinen. Die Wirkungen der Ehe für die Ehegatten beziehen sich auf das persönliche wie auf das vermögensrechtliche Verhältniß der Ehegatten zu einander. Die vermögensrechtlichen Wirkungen der Ehe sind in erster Linie durch das in der Ehe geltende Güterrecht bedingt. Soweit dies der Fall ist, behandelt sie das B.G.B. bei den einzelnen Güterständen im nächsten Titel §§. 1363—1563. Gewisse vermögensrechtliche Wirkungen der Ehe treten unabhängig von dem jeweiligen ehelichen Güterrecht ein. Diese sowie die das persönliche Rechtsverhältniß der Ehegatten betreffen­ den Wirkungen ordnet das B.G.B. in den §§. 1353—1362. Internationales Privatrecht im E.G. Art. 14; Übergangsbestimmungen ebenda Art. 199.

Eheliche Lebensgemeinschaft.

§♦ 1383. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebens­ gemeinschaft verpflichtet *>. Stellt sich das Verlangen eines Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft als Mißbrauch seines Rechtes dar, so ist der andere Ehegatte nicht verpflichtet, dem Verlangen Folge zu leisten. Das Gleiche gilt, wenn der andere Ehegatte berechtigt ist, auf Scheidung-) zu klagen. E. I §. 1272; II §. 1253, H.K. §• 1338. K.T. §. 1336. i) Verletzung begründet die Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens (C.P.O. §. 606). Vergl. auch §§. 1567, 1568. *) „wegen Verschuldens" (§§. 1565—1568).

Stellung des Mannes.

§♦ 1334. Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung. Die Frau ist nicht verpflichtet, der Entscheidung des Mannes Folge zu leisten, wenn sich die Entscheidung als Mißbrauch seines Rechtes darstellt. G. I §. 1273; II §. 1254, S.U. §. 1339. U.T. §. 1337. Auf die Geschäftsfähigkeit der Frau hat weder die Ehe als solche noch der für die Ehe geltende Güterstand einen Einfluß. Nur die Ver­ fügungsmacht der Frau über das den: Rechte des Mannes unterworfene Vermögen (Gesammtgut, eingebrachtes Gut) wird bei den Güterständen be­ schränkt. Die Folge hiervon ist, daß das B.G.B. weder ein Verbot von Schenkungen der Ehegatten unter einander noch ein Verbot der Jnterzession der Frau zu Gunsten des Mannes kennt. Auch die Prozeßfähigkeit einer Frau wird dadurch, daß sie Ehefrau ist, nicht beschränkt (C.P.O. §. 52 Abs. 2); nur ihre Sachlegitimation wird durch den Güterstand beeinflußt. Wohnsitz im §. 10; Uebergangsbestimmung im E.G. Art. 200 Abs. 3.

Wirkungen der Ehe im Allgemeinen.

§§. 1363—1367.

485

Marne der Frau.

§♦ 1383.

Die Frau erhält den Familiennamen des Mannes.

G. I §. 1274; II §. 1266, Z.M. §. 1340. M.T. §. 1338. Ueber den Stand im öffentlich rechtlichen Sinne, namentlich den Adel, schweigt das B.G.B. Es entscheidet, weil öffentliches Recht, das Landesrecht. Wegen des Namens der geschiedenen Frau vergl. §. 1677. Das Institut der Mißheirath ist dem B.G.B. unbekannt; Ausnahme für den hohen Adel im E.G. Art. 67, 68.

Stellung der Frau.

§♦ 1386.

Die Frau ist, unbeschadet der Vorschriften des §. 1354, berechtigt und verpflichtet, das gemeinschaftliche Haus­ wesen zu leiten. Zu Arbeiten im Hauswesen und im Geschäfte des Mannes ist die Frau verpflichtet, soweit eine solche Thätigkeit nach den Verhältnissen, in denen die Ehegatten leben, üblich ist. G. I §. 1276; II §. 1266, S.M. §. 1341. M.T. §. 1339. Ueber die Frage, ob die Frau selbständig ohne Einwilligung des Mannes ein Erwerbsgeschäft betreiben kann, giebt das B.G.B. keine all­ gemeine Vorschrift. Die Art. 7—11 des bisherigen H.G.B. sind nicht in das neue H.G.B. ausgenommen; der Abs. 2 des §.11 der Gew.O. ist im E.G. Art. 36 gestrichen. Aus §. J364 folgt, dah die Frau zwar zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts der Zustimmung des Mannes nicht bedarf, der Mann aber die Fortführung untersagen kann. Ueber die vermögensrechtlichen Folgen, die sich an den selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts durch die Frau knüpfen, vergl. die §§. 1367, 1405, 1414, 1427, 1452, 1462, 1624, 1525 Abs. 2, 1533, 1649, 1585. Wegen der C.P.O. vergl. die Anm. zn §. 1405. Der Erwerb der Frau nach §. 1356 gehört dem Manne; zu unterscheiden ist der Fall des §. 1367.

Schlüsselgewalt der Frau. Die Frau ist berechtigt, innerhalb ihres häuslichen Wirkungskreises die Geschäfte des Mannes für ihn zu besorgen und ihn zu vertreten. Rechtsgeschäfte, die sie innerhalb dieses Wirkungs­ kreises vornimmt, gelten als im Namen des Mannes') vor­ genommen, wenn nicht aus den Umständen sich ein Anderes ergiebt. Der Mann kann das Recht der Frau beschränken oder ausschließen. Stellt sich die Beschränkung oder die Ausschließung als Mißbrauch des Rechtes des Mannes2) dar, so kann sie auf Antrag der Frau durch das Vormundschaftsgericht3) aufgehoben werden. Dritten gegenüber ist die Beschränkung oder die Aus­ schließung nur nach Maßgabe des §. 14354) wirksam.

§♦ 1387.

G. I §. 1278; II §. 1257, S.M. §. 1342. M.T. §. 1340. Das B.G.B. kennt keine allgemeine Berechtigung der Ehegatten, sich in Behinderungsfällen gegenseitig zu vertreten; über Ausnahmen §§. 1401, 1460, 1525 Abs. 2, 1549. Vergl. auch E.G. Art. 16 Abs. 2.

486

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

') Sie verpflichten also nicht die Frau, sondern den Mann und das Gesammtgut. *) §. 1354 Abs. 2. 3) Zuständigkeit im F.G.G. §§. 35, 45; Eintritt der Wirksamkeit der gerichtlichen Verfügung ebenda §. 53. Antrags- und Beschwerderecht der minderjährigen Frau das. §. 59. ♦) Die Beschränkung mutz in das Güterrechtsregister (§§. 1558 ff.) eingetragen werden. Siehe wegen der Eintragung auf Antrag des Mannes den §. 1561 Abs. 1, wegen der Löschung auf Antrag der Frau den §. 1561 Abs. 3 Nr. 1.

Uebernahme persönlicher Dienste durch dir Frau. §♦ 1338. Hat sich die Frau einem Dritten gegenüber zu einer von ihr in Person zu bewirkenden Leistung verpflichtet, so kann der Mann das Rechtsverhältniß ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn er auf feinen Antrag von dem Bor­ mundschaftsgerichte') dazu ermächtigt-) worden ist. Das Vormund­ schaftsgericht hat die Ermächtigung zu ertheilen, wenn sich ergiebt, daß die Thätigkeit der Frau die ehelichen Interessen beeinträchtigt. Das Kündigungsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Mann der Verpflichtung zugestimmt hat oder seine Zustimmung auf Antrag der Frau durch das Vormundschaftsgericht') ersetzt-) worden ist. Das Vormundschaftsgericht kann die Zustimmung ersetzen, wenn der Mann durch Krankheit oder durch Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist oder wenn sich die Verweigerung der Zu­ stimmung als Mißbrauch seines Rechtes3) darstellt. Solange die häusliche Gemeinschaft aufgehoben ist, steht das Kündigungs­ recht dem Manne nicht zu. Die Zustimmung sowie die Kündigung kann nicht durch einen Vertreter des Mannes erfolgen; ist der Mann in der Geschäftsfähigkeit beschränkt4), so bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. G. I §. 1277; II §. 1258, K.U. §. 1343. U.T. §. 1341. Für die Zeit vor Eingehung der Ehe §§. 626, 627, 671. Gesinde­ recht E.G. Art. 95. ') F.G.G. §§. 35, 45. 2) Beginn der Wirksamkeit der gerichtlichen Verfügung F.G.G. §. 53. 3) §. 1363 Abs. 2. 4) §§. 106, 114.

Orad der gegenseitig zu vertretenden Sorgfalt. §♦ 1339. Die Ehegatten haben bei der Erfüllung der sich aus dem ehelichen Verhältniß ergebenden Verpflichtungen einander nur für diejenige Sorgfalt') einzustehen, welche sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. G. I §. 1279; II §. 1259, D.U. §. 1344. U.T. §. 1342.. Ausnahmen für die Verwaltung des Gesammtguts durch den Mann vergl. §§. 1456, 1519 Abs. 2, 1549. ') §. 277.

Wirkungen der Ehe im Allgemeinen.

§§. 1358—1362.

487

Unterhaltspflicht. Der Mann hat der Frau nach Maßgabe seiner Lebensstellung, seines Vermögens und seiner Erwerbsfähigkeit Unterhalt zu gewähren. Die Frau hat dem Manne, wenn er außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten, den seiner Lebensstellung entsprechenden Unterhalt nach Maßgabe ihres Vermögens und ihrer Erwerbs­ fähigkeit zu gewähren. Der Unterhalt ist in der durch die eheliche Lebensgemein­ schaft gebotenen Weise zu gewähren. Die für die Unterhalts­ pflicht der Verwandten geltenden Vorschriften der §§. 1605, 1613 bis 1615 finden entsprechende Anwendung.

§♦ 1360.

G. I §§. 1280, 1281; II §. 1260, H.K. §. 1345. U.T. §. 1343. Der Mann hat auch den ehelichen Aufwand zu tragen; dies gilt materiell für alle Güterstände (§§. 1389 Abs. 1, 1427, 1458, 1529, 1549). Wieweit Dritte wegen gewährten Unterhalts sich an den pflichtigen Ehe­ gatten halten können, richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen (vergl. tz. 679); vergl. E.G. Art. 103. Ueber die Unterhaltspflicht geschiedener Ehegatten §§. 1578—1582, über das Verhältniß der Unterhaltspflicht der Ehegatten zu der der Verwandten £§. 1608, 1609. Wegen der Unterhalts­ pflicht bei Ehestreitigkeiten siehe die C.P.O. §. 627, wegen der Geltend­ machung im Konkurse die K.O. §. 3 Abs. 2.

§. 1361. Leben die Ehegatten getrennt, so ist, solange einer von "ihnen die Herstellung des ehelichen Lebens verweigern bars1) und verweigert, der Unterhalt durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren; auf die Rente finden die Vorschriften des §. 760 Anwendung. Der Mann hat der Frau auch die zur Führung eines abgesonderten Haushalts erforderlichen Sachen aus dem gemeinschaftlichen Haushalte zum Gebrauche herauszugeben, es sei denn, daß die Sachen für ihn unentbehr­ lich sind oder daß sich solche Sachen in dem der Verfügung der Frau unterliegenden Vermögen befinden. Die Unterhaltspflicht des Mannes fällt weg oder beschränkt sich auf die Zahlung eines Beitrags, wenn der Wegfall oder die Beschränkung mit Rücksicht auf die Bedürfnisse sowie auf die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Ehegatten der Billigkeit entspricht. G. I §. 1460; II §. 1261, D.U. §. 1346. ') Vergl. §. 1353.

U.T. §. 1344.

Vermuthung für das Eigenthum des Mannes. Zu Gunsten der Gläubiger des Mannes wird vermuthet *), daß die im Besitz eines der Ehegatten oder beider

§. 1362.

488

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem Manne gehören. Dies gilt insbesondere auch für Jnhaberpapiere und für Order­ papieres, die mit Blankoindossament versehen sind. Für die ausschließlich zum persönlichen Gebrauche der Frau bestimmten Sachen, insbesondere für Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräthe, gilt im Verhältnisse der Ehegatten zu einander und zu den Gläubigern die VermuthungT), daß die Sachen der Frau gehören. E. I §. 1282; II §. 1262, K.K. §. 1347. K.T. §. 1345. Die Vermuthung der K.O. §. 45 bleibt unberührt. Eine besondere Vermuthung, die daneben steht, enthält §. 1527 für die Errungenschafts­ gemeinschaft. Internationales Privatrecht im E.G. Art. 16 Abs. 2. *) Vergl. C.P.O. §. 292. 2) §. 793; W.O. Art. 9, 12, 13; H.G.B. §§. 179, 363, 364.

Sechster Titel.

Eheliches Güterrecht. Das eheliche Güterrecht richtet sich zunächst nach der freien Verein­ barung der Ehegatten. In Ermangelung einer solchen tritt das gesetzliche Güterrecht ein. Dabei geht das B.G.B. davon aus, daß das gesetzliche Güterrecht in ganz Deutschland ein einheitliches sein muß. Von den bisher in Deutschland geltenden Güterrechten ist das System der Ver­ waltungsgemeinschaft, im B.G.B. Verwaltung und Nutznießung des Mannes genannt, als gesetzliches Güterrecht zu Grunde gelegt. Um den Ehegatten die Abschließung von Eheverträgen zu erleichtern und die Vereinbarung eines Güterrechts zu ermöglichen, welches einen: der jetzt bestehenden Güterrechte in den wesentlichen Beziehungen gleichkommt, sind auch die übrigen Hauptformen der gegenwärtig bestehenden Güter­ rechtssysteme, die allgemeine Gütergemeinschaft (§§. 1437—1518), die Errungenschaftsgemeinschaft ($§. 1519—1548) und die französisch-recht­ liche Mobiliargemeinschaft, im B.G.B. Fahrnißgemeinschaft genannt (§§. 1549—1557), geregelt. Dazu kommt als eine Art des gesetzlichen Güterrechts die Gütertrennung (§§. 1426—1431), welche sich dem Dotalrechte nähert. Damit der Verkehr nicht unter der Vertragsfreiheit leidet, ist die Rechtswirksamkeit gewisser Eheverträge sowie gewisser auf das ehe­ liche Güterrecht einwirkender Thatsachen in weitem Umfange von der Eintragung in ein öffentliches Register, das Güterrechtsregister, abhängig gemacht (§§. 1435, 1558—1563). Wegen des internationalen Privatrechts siehe das E.G. Art. 15, 16. Übergangsbestimmungen ebenda Art. 200.

I. Gesetzliches Oüterrecht. 1. Die Verwaltungsgemeinschaft beruht auf dem Gedanken, daß d:e Erträgnisse des Vermögens beider Ehegatten den Zwecken der Ehe zu

Eheliches Güterrecht. Gesetzliches Guterrecht.

489

dienen bestimmt sind und zur Erreichung dieses Zieles die Verwaltung des beiderseitigen Vermögens in die Hand des Mannes gelegt wird. Sie beschränkt aber die vermögensrechtlichen Wirkungen der Ehe hierauf und vermittelt so zwischen den Güterrechten, welche mit der Ehe eine mehr oder weniger weitgehende Vermögensgemeinschaft verbinden, und dem Dotalrechte, bei welchem durch die Ehe die vermögensrechtlichen Verhält­ nisse der Ehegatten sich nicht ändern. 2. Das Vermögen des Mannes wird durch die Verwaltungsge­ meinschaft nicht berührt. Das Vermögen der Frau bleibt im Eigenthume der Frau, wird jedoch der Verwaltung und Nutznießung des Mannes­ unterworfen (eingebrachtes Gut, tz. 1363), soweit nicht kraft Gesetzes oder Privatwillkür für einzelne Gegenstände eine Ausnahme gemacht ist (Vorbehaltsgut, tztz. 1365—1370). Die Unterwerfung unter die Ver­ waltung des Mannes äußert sich positiv darin, daß der Mann dasRecht erhält, das eingebrachte Gut zu verwalten und über dasselbe in gewissen Grenzen zu verfügen (§§. 1376—1380). Kraft der Nutznießung erwirbt der Mann die Früchte des eingebrachten Gutes zu eigenem Rechte, muß aber die ehelichen und gewisse mit der Verwaltung und Nutz­ nießung verbundene Lasten tragen, und zwar auch dann, wenn ihm die Nutznießung thatsächlich nichts abwirft (§§. 1384—1387). Zur Sicherung der Frau sind Schutzbestimmungen gegeben (§§. 1391—1394). Die Unterwerfung unter die Verwaltung des Mannes zeigt sich insofern auch nach einer negativen Richtung, als die Frau, welche ihre Geschäfts­ fähigkeit voll behält, in der Verfügung über ihr eingebrachtes Gut bestimmten Schranken unterworfen ist ($§. 1395—1407). Jeder Ehegatte haftet fär­ bte in seiner Person entstandenen Schulden. Die Gläubiger des Mannes können sich nicht an die Frau oder an das eingebrachte Gut, die Gläubiger der Frau können sich, von den Fällen des §. 1388 abgesehen, nicht an den Mann halten. Dagegen haften den Gläubigern des Mannes die Früchte des eingebrachten Gutes, soweit sie nicht zur Bestreitung der vom Manne zu tragenden Lasten, insbesondere des Unterhalts der Familie^ erforderlich sind. Die Gläubiger der Frau können auf das Frauen­ vermögen unbeschränkt greifen, nur bezüglich der nach Eingehung der Ehe entstandenen Verbindlichkeiten sind Ausnahmen gemacht (§§. 1412—1414). Die Beendigung der Verwaltung und Nutznießung tritt in gewissen Fällen kraft Gesetzes, in anderen auf Klage der Frau ein (§§. 1418—1420). Nach der Beendigung muß der Mann der Frau das eingebrachte Gut herausgeben (§§. 1421—1424). Unter gewissen Voraussetzungen ist eine Wiederherstellung der Verwaltung und Nutznießung auf Klage des Mannes­ möglich (§. 1425). 3. Die Verwaltung und Nutznießung des Mannes tritt mit der Ehe­ schließung ein. Ausnahme §. 1364. 4. Als subsidiären, gesetzlichen Güterstand stellt das B.G.B. die Gütertrennung auf (§§. 1426—1431). Die Gütertrennung tritt in ge> wissen Fällen kraft Gesetzes ein (vergl. §. 1426 mit §§. 1364, 1418—1420, §. 1436, §. 1470 Abs. 1, §. 1545 Abs. 1, §§. 1549, 1587). Sie kann auch durch Ehevertrag vereinbart werden. Das Wesen der Gütertrennung besteht darin, daß die Wirkungen wegfallen, welche die Ehe in Ansehung.

490

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

des Vermögens der Frau durch Unterwerfung desselben unter die Ver­ waltung und Nutznießung des Mannes ausübt. Die allgemeinen Wir­ kungen der Ehe, insbesondere die gegenseitige Unterhaltspflicht, bleiben bestehend Die Frau hat ihrem Vermögen gegenüber die Stellung einer unD erheirateten Frau. Hiervon sind in den §§. 1427—1430 einige Aus­ nahmen gemacht, welche die Stellung der Frau ähnlich gestalten wie die eines volljährigen, im elterlichen Hause verbliebenen Kindes (vergl. §§.1618, 1619).

1. Allgemeine Vorschriften. I. Eintritt der Uerumltungsgemeinschaft. 8.1363. Das Vermögen der Frau *) wird durch die Ehe­ schließung der Verwaltung und Nutznießung des Mannes unter­ worfen seingebrachtes Gut). Zum eingebrachten Gute gehört auch das Vermögen, das die Frau während der Ehe erwirbt. G. I §. 1283; II §. 1263, D.K. §• 1348. U.T. §. 1346. *) auch der minderjährigen Frau. Die elterliche Gewalt oder die Vormundschaft bleibt jedoch bestehen; die Zustimmung des gesetzlichen Ver­ treters ist bei allen Handlungen der Frau nöthig, wie wenn sie unoerheirathet wäre.

Ausschluß drr UerwaltungSgemrinschast. §. 1364. Die Verwaltung und Nutznießung des Mannes tritt nicht ein, wenn er die Ehe mit einer in der Geschäfts­ fähigkeit beschränkten') Frau ohne Einwilligung2) ihres gesetz­ lichen Vertreters eingeht. G. I §. 1284 Theilsatz 1; II §. 1264, K.U. §. 1349. K T- §• 1347. Es tritt Gütertrennung ein (§. 1426). ') §§. 106, 114. 2) §§. 1804, 1331.

II. Uordehaltsgut. 1. Umfang des Uordetzaltsguts. §♦ 1368. Die Verwaltung und Nutznießung des Mannes erstreckt sich nicht auf das Vorbehaltsgut der Frau. G. I §. 1286; II §. 1265, D.K. §. 1350. U.T. §• 1348. Die Stellung der Frau zu ihrem Vorbehaltsgut ist die gleiche, wie wenn sie unverheiratet wäre.

Gesetzliches Norvehaltsgrtt. §♦ 1366. Vorbehaltsgut sind die ausschließlich zum persön­ lichen Gebrauche der Frau bestimmten Sachen, insbesondere Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräthe. G. I §. 1285; II §. 1282 Abs. 2, D.U. §. 1356. U.T. §. 1354. Vergl. §. 1362.

Gesetzliches Güterrecht.

§§. 1363—1372.

491

§♦ 1367. Vorbehaltsgut ist, was die Frau durch ihre Arbeit oder durch den selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts erwirbt. G. I §. 1289; II §. 1266, Z.K. §- 1851. U T. §. 1349. Anders §. 1356. Vertragsmäßiges Uordehaltsgut. 8 1368. Vorbehaltsgut ist, was durch Ehevertrag *) für Vorbehaltsgut erklärt ist. G. I §. 1286; II §. 1267, D.K. §. 1352. R-T. §. 1350. ') §. 1432. Zuwendungen eines Dritten. §. 1368. Vorbehaltsgut ist, was die Frau durch Erbfolge, durch Vermächtniß oder als Pflichttheil erwirbt (Erwerb von Todeswegen) oder was ihr unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch letzt­ willige Verfügung *), der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß der Erwerb Vorbehaltsgut sein soll. 1 G. I §. 1287; II §. 1268, K.K. §. 1353. K T. §. 1351. ') §§. 1937, 2299. Surrogation beim Uordrhattsgutr. tz. 137«. Vorbehaltsgut ist, was die Frau auf Grund eines zu ihrem Vorbehaltsgute gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Vorbehaltsgute gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechts­ geschäft erwirbt, das sich auf das Vorbehaltsgut bezieht. G. I §. 1290; II §. 1269, K.K. §. 1354. U T- §• 13622. Anwendung der Vorschriften über dir Gütertrennung.

§♦ 1371. Auf das Vorbehaltsgut finden die bei der Güter­ trennung^) für das Vermögen der Frau geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung; die Frau hat jedoch2) einen Beitrag zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes nur insoweit zu leisten, als der Mann nicht schon durch die Nutzungen des eingebrachten Gutes einen angemessenen Beitrag erhält. G. I §. 1291; II §. 1270, H.K. §. 1355. K.T. §. 1353. . ') §§. 1426—1431; insbesondere ist die Vorbehaltsgutseigenschaft Dritten gegenüber nur nach Maßgabe des §. 1435 (Eintrag ins Güter­ rechtsregister) wirksam. 2) abweichend von §. 1427 Abs. 2.

III. Feststellung des ringedrochten Gutes.

§♦ 1372. Jeder Ehegatte kann verlangen, daß der Bestand des eingebrachten Gutes durch Aufnahme eines Verzeichnisses

492

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

unter Mitwirkung des anderen Ehegatten festgestellt wird. Auf die Aufnahme des Verzeichnisses finden die für den Nießbrauch geltenden Vorschriften des §. 1035 Anwendung. Jeder Ehegatte kann den Zustand der zum eingebrachten Gute gehörenden Sachen auf seine Kosten durch Sachverständige feststellen lassen. G. 1 §§. 992, 993, 1042, 1292; II §. 1271, H.U. §. 1357. MT. §. 1355. Zu Abs. 2 vergl. §. 1034. Zuständigkeit für die Ernennung, Be­ eidigung und Vernehmung der Sachverständigen im F.G.G. §. 164. Wegen der zur Aufnahme des Verzeichnisfes landesgesetzlich zuständigen Beamten s. Anm. 3 zu tz. 1035.

2.

Verwaltung und Nutznießung.

I. Verwaltung. Recht zum Krsttze. §♦ 1373. Der Mann ist berechtigt, die zum eingebrachten Gute gehörenden Sachen in Besitz zu nehmen 9G. I §§. 984, 1292; II §. 1272, H.R- §. 1358. K.T. §. 1356. 9 Der Mann ist nicht kraft Gesetzes Besitzer. Ist der Mann im Be­ sitze der Sachen, so hat die Frau den mittelbaren Besitz (§. 868).

Urrwaltungsrecht des Mannes. §. 1374. Der Mann hat das eingebrachte Gut ordnungs­ mäßig 9 zu verwalten. Ueber den Stand der Verwaltung hat er der Frau auf Verlangen Auskunft zu ertheilen 9G. I §. 1317 Satz 1, §. 1324 Abs. 1, §. 591; II §. 1273, K.K. §. 1359. K.T. §. 1357. 1) §. 1359. 9 §. 260; vergl. jedoch §. 1394.

Uerfügungsrecht Les Mannes; Zustimmung -er Fran. §. 1375. Das Verwaltungsrecht des Mannes umfaßt nicht die Befugniß, die Frau durch Rechtsgeschäfte zu verpflichten oder über eingebrachtes Gut ohne ihre Zustimmung 9 zu verfügen. G. I §. 1319 Abs. 1; II §. 1274, D.K. §. 1360. K.T. §. 1358. 9 §§. 182 ff. Verfügen kann der Mann im eigenen Namen oder im Namen der Frau; die obligatorischen Rechtsgeschäfte kann er regel­ mäßig nur auf Grund einer Vollmacht der Frau in deren Namen vornehmen.

§. 1376. Ohne Zustimmung der Frau kann der Mann: 1. über Geld und andere verbrauchbare Sachen 9 der Frau verfügen; 2. Forderungen der Frau gegen solche Forderungen an die Frau, deren Berichtigung aus dem eingebrachten Gute verlangt werden kann 9, aufrechnen 9;

Gesetzliches Giüerrecht.

§§. 1373—1379.

493

3. Verbindlichkeiten der Frau zur Leistung eines zum eingebrachten Gute gehörenden Gegenstandes durch Leistung4) des Gegenstandes erfüllen? G. I §. 1318 Nr. 1, 2; II §. 1275, H.K. §. 1361. U.T. §. 1359. ') §. 92. 2) §§. 1411-1414. 3) §§. 387 ff., im Uebrigen kann der Mann ohne Zustimmung der Frau nicht über Forderungen verfügen, insbesondere bedarf er der Zu­ stimmung zur Kündigung oder Einziehung; Entgegennahme der Kündigung durch den Mann tz. 1403. 4) Hingabe an ErfüUungsstatt erfordert die Zustimmung der Frau; ebenso die Veräutzerung von zunr eingebrachten Gute gehörenden Sachen, um mit dem Erlöse eine Schuld der Frau zu erfüllen.

§♦ 1377. Der Mann soll Verfügungen, zu denen er nach §. 1376 ohne Zustimmung der Frau berechtigt ist, nur zum Zwecke ordnungsmäßiger Verwaltung des eingebrachten Gutes vornehmen. Das zum eingebrachten Gute gehörende Geld hat der Mann nach den für die Anlegung von Mündelgeld geltenden Vorschriften') für die Frau verzinslich anzulegen, soweit es nicht zur Be­ streitung von Ausgaben bereit zu halten ist2). Andere verbrauchbare3) Sachen darf der Mann auch für sich veräußern oder verbrauchen. Macht er von dieser Befugniß Gebrauch, so hat er den Werth der Sachen nach der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung, zu ersetzen; der Ersatz ist schon vorher zu leisten, soweit die ordnungsmäßige Verwaltung des eingebrachten Gutes es erfordert4). G. I §. 1294 Satz 2, 3, §§. 1296, 1323; II §. 1276, K.K. §. 1362. R-T. §. 1360. ') §§. 1807, 1808. 2) §. 1806. 3) §. 92. 4) Vergl. §. 1391 Abs. 2, §. 1411 Abs. 2.

§♦ 1378. Gehört zum eingebrachten Gute ein Grundstück sammt Inventar, so bestimmen sich die Rechte und die Pflichten des Mannes in Ansehung des Inventars nach den für den Nieß­ brauch geltenden Vorschriften des §. 1048 Abs. 1. G. I §§. 1000, 1292; II §. 1277, K.K. §- 1363.

K-T. §- 1361.

§♦ 1378. Ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung des einge­ brachten Gutes ein Rechtsgeschäft erforderlich, zu dem der Mann der Zustimmung der Frau bedarf'), so kann die Zustimmung auf Antrag des Mannes durch das Vormundschaftsgericht2) ersetzt3) werden, wenn die Frau sie ohne ausreichenden Grund verweigert. Das Gleiche gilt, wenn die Frau durch Krankheit oder durch

494

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist. G. I §. 1819 Abs. 2; II §. 1278, D.K. §. 1364. U-T. §. 1862. 1) §§. 1376—1378. a) F.G.G. §§. 35, 45. Beschwerde das. §. 60 Nr. 6. 3) Beginn der Wirksamkeit der Ersetzung F.G.G. §. 53.

Prozeßflihruiig -es Mannes. 8.1380t Der Mann kann ein zum eingebrachten Gute gehören­ des Rechts im eigenen Namen gerichtlich geltend machen. Ist er befugt, über das Recht ohne Zustimmung der Frau zu ver­ fügen3), so wirkt das Urtheil auch für und gegen die Frau. G. I § 1322; II §. 1281, K.K. §• 1365. KT. §. 1363. Der §. 1880 betrifft die Aktivprozesse und gestattet dem Manne die zum eingebrachten Gute gehörenden Rechte im eigenen Namen ge­ richtlich geltend zu machen. Zur Geltendmachung im Namen der Frau ist er mit deren Zustimmung berechtigt. Im letzteren Falle wirkt das Urtheil unmittelbar für und gegen die Frau. Klagt der Mann dagegen im eigenen Namen, so wirkt es nur dann für und gegen die Frau, wenn der Mann befugt ist, über das Recht ohne Zustimmung der Frau zu verfügen. Wer gegen das eingebrachte Gut ein Recht in Anspruch nimmt oder seine Befriedigung aus dem eingebrachten Gute verlangt (Passivprozesse), muß die Frau auf Leistung und den Mann auf Duldung der Vollstreckung verklagen (vergl. C.P.O. §§. 739, 741, 742). Beide Klagen können mit­ einander verbunden werden. Handelt es sich um ein aus. der Verwaltung und Nutznießung für den Mann persönlich entspringendes Recht (z. B. um die Abwehr eines Eingriffs in die Nutznießung des Mannes), so spielt sich der Rechtsstreit nur zwischen dem Manne und dem Dritten ab. ’) Jedes Recht, sowohl Forderungen wie dingliche Rechte. 2) §§. 1376—1378.

Surrogation. §♦ 1381t Erwirbt der Mann mit Mitteln des eingebrachten Gutes bewegliche Sachen, so geht mit dem Erwerbe das Eigen­ thum auf die Frau über, es sei denn, daß der Mann nicht für Rechnung des eingebrachten Gutes erwerben will. Dies gilt insbesondere auch von Jnhaberpapieren und von Orderpapieren, die mit Blankoindossament versehen sind. Die Vorschriften des Abs. 1 finden entsprechende An­ wendung, wenn der Mann mit Mitteln des eingebrachten Gutes ein Recht an Sachen der bezeichneten Art oder ein anderes Recht erwirbt, zu dessen Uebertragung der Abtretungsvertrag ft genügt. G. II §. 1279, H.U. §. 1366. ft §§• 398 ff.

U T- §• 1364-

Gesetzliches Güterrecht.

§§. 1380—1386.

495

§♦ 1382. Haushaltsgegenstände, die der Mann an Stelle der von der Frau eingebrachten, nicht mehr vorhandenen oder werth­ los gewordenen Stücke anschafft, werden eingebrachtes Gut. E. II §. 1280, H.U. §. 1367, K.T. §. 1365. Die Abnutzung geht auf Rechnung der Frau; was aber als Ersatz angeschafft wird, gehört der Frau. Der Mann kann keinen Ersatz fordern, gleichviel, mit wessen Mitteln und auf wessen Rechnung die Anschaffung erfolgte.

II. Nutznießung. Erwerb der Nutzungen, tz. 1383. Der Mann erwirbt die Nutzungen') des ein­ gebrachten Gutes in derselben Weise und in demselben Umfange wie ein Nießbrauchers. E. I §. 1292; II §. 1282 Abs. 1, D.K. §. 1368. K-T- §• 1366. ') §- WO. 2) §§. 954, 1038, 1039, 1048, 1066, 1068, 1073. Ueber die zeit­ liche Verkeilung §. 101.

Kosten und Kasten; Verpflichtung des Mannes gegenüber der Krau. §♦ 1384. Der Mann hat außer den Kosten, welche durch die Gewinnung der Nutzungen entstehen, die Kosten der Erhaltung der zum eingebrachten Gute gehörenden Gegenstände nach den für den Nießbrauch') geltenden Vorschriften zu tragen. E. I §. 1297 Abs. 1 Halbs. 1: II §. 1283, S.K. §- 1369. gL®. §. 1367. ') §§. 1041—1043, 1048, 1068.

§♦ 1388. Der Mann ist der Frau gegenüber verpflichtet, für die Dauer der Verwaltung und Nutznießung zu tragen: 1. die der Frau obliegenden öffentlichen Lasten mit Aus" schluß der auf dem Borbehaltsgute ruhenden Lasten und der außerordentlichen Lasten, die als auf den Stammwerth des eingebrachten Gutes gelegt anzu­ sehen sind; 2. die privatrechtlichen Lasten, die auf den zum einge­ brachten Gute gehörenden Gegenständen ruhen; 3. die Zahlungen, die für die Versicherung der zum ein­ gebrachten Gute gehörenden Gegenstände zu leisten sind. E. I §. 1297 Abs. 1 Nr. 1—3; II §. 1284, K.U. §• 1370. K.T.ß.1368. Vergl. §§. 1045, 1047. Auf den Ertrag der Nutznießung kommt bei der Anwendung der §§. 1385—1387 nichts an.

§♦ 1386. Der Mann ist der Frau gegenüber verpflichtet, für die Dauer der Verwaltung und Nutznießung die Zinsen derjenigen

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Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

Verbindlichkeiten der Frau zu tragen, deren Berichtigung aus dem eingebrachten Gute verlangt*) werden kann. Das Gleiche gilt von wiederkehrenden Leistungen anderer Art, einschließlich der won der Frau auf Grund ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht2) geschuldeten Leistungen, sofern sie bei ordnungsmäßiger Ver­ waltung aus den Einkünften des Vermögens bestritten werden. Die Verpflichtung des Mannes tritt nicht ein, wenn die Verbindlichkeiten oder die Leistungen im Verhältnisse der Ehe­ gatten zu einander2) dem Vorbehaltsgute der Frau zur Last fallen. G. I §. 1297 Abs. 1 Nr. 4; II §. 1285, K.K. §1371. K.T. §. 1369. 1) §§. 1411—1414. 2) §§. 1601, 1604,1345,1346, 1351,1578, 1705, 1708. Die von der Frau als Erbin eines Unterhaltspflichtigen nach den §§. 1582, 1712 ge­ schuldeten Leistungen fallen zwar unter $. 1386 Abs. 1 Satz 2, gehören aber nicht zu den besonders hervorgehobenen von der Frau auf Grund ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht geschuldeten Leistungen. *) §S. 1415, 1416.

§♦ 1387. Der Mann ist der Frau gegenüber verpflichtet, Zu tragen: 1. die Kosten eines Rechtsstreits, in welchem er ein zum eingebrachten Gute gehörendes Recht geltend macht, sowie die Kosten eines Rechtsstreits, den die Frau führt, sofern nicht die Kosten dem Vorbehaltsgute zur Last fallens; 2. die Kosten der Vertheidigung der Frau in einem gegen sie gerichteten Strafverfahren, sofern die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten ist oder mit Zu­ stimmung des Mannes erfolgt, vorbehaltlich der Ersatz­ pflicht der Frau im Falle ihrer Verurtheilung. G. I §.1297 Abs. 1 Nr. 5, 6; II §.1286, £L$L§. 1372. N-T.§ 1370. ') §- 1416.

Haftung -rs Mannes gegenüber den Gläubigern. §. 1388. Soweit der Mann nach den §§. 1385 bis 1387 der Frau gegenüber deren Verbindlichkeiten zu tragen hat, haftet er den Gläubigern neben der Frau als Gesammtschuldner. G. II §. 1287, H.U. §. 1373. U.T. §. 1371. Vergl.§§.421- 425. Gleichgültig ist, ob die Nutznießung etwas abwirft.

-Ehelicher Aufwand. 8.1388. Der Mann hat den ehelichen Aufwand zu tragen. Die Frau kann verlangen, daß der Mann den Reinertrag -des eingebrachten Gutes, soweit dieser zur Bestreitung des eigenen und des der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen zu

Gesetzliches Güterrecht.

§§. 1387—1392.

497

gewährenden Unterhalts erforderlich ist, ohne Rücksicht auf seine sonstigen Verpflichtungen zu diesem Zwecke verwendet. .

E. I§. 1328 Nr. 2 Halbs. 2; II §. 1288, SA. §. 1374. K.T. §. 1372. Zu Abs. 2 vergl. §. 1394 Satz 2, §. 1418 Nr. 2.

Ersatz von Aufwendungen -es Mannes. 8.1380. Macht der Mann zum Zwecke der Verwaltung des eingebrachten Gutes Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so kann er von der Frau Ersatz verlangen, sofern nichts dre Aufwendungen ihm selbst zur Last fallen. E. I §. 1324 Abs. 1, §.595; II §.1289, SA. § 1375. K.T. §. 1373. Vergl. §§. 256, 257. Die Vorschrift des §. 1390 entspricht dem§. 670. ') §§. 1384—1387.

III. Sicherheitsleistung. §. 1381. Wird durch das Verhalten des Mannes die Besorgniß begründet, daß die Rechte der Frau in einer das ein­ gebrachte Gut erheblich gefährdenden Weise verletzt werden, so kann die Frau von dem Manne Sicherheitsleistung verlangen. Das Gleiche gilt, wenn die der Frau aus der Verwaltung und Nutznießung des Mannes zustehenden Ansprüche auf Ersatz des Werthes verbrauchbarer Sachen erheblich gefährdet sind. E. I §§. 1292, 1005; II §. 1290, SA. §. 1376. K.T. §. 1374. Die Frau hat weder einen Titel zu einer gesetzlichen Hypothek noch eine gesetzliche Hypothek am Vermögen des Mannes. Auch für den Konkurs sind alle Dotalprivilegien beseitigt. Vergl. zu Abs. 1 die §§. 232 ff., 1394; zu Abs. 2 den §. 1377 Abs. 3. Die geleistete Sicherheit unterliegt nicht der Anfechtung durch die Gläubiger des Mannes (§. 32 K.O., §. 3 Nr. 4 des Anfechtungsgesetzes v. 21. Juli 1879).

Hinterlegung von Intzaberpapieren. §. 1382. Liegen die Voraussetzungen') vor, unter denen der Mann zur Sicherheitsleistung verpflichtet ist, so kann die Frau auch verlangen, daß der Mann die zum eingebrachten Gute ge­ hörenden Jnhaberpapiere nebst den Erneuerungsscheinen' bei einer Hinterlegungsstelle'^) oder bei der Reichsbank mit der Be­ stimmung hinterlegt, daß die Herausgabe von dem Manne nur mit Zustimmung^) der Frau verlangt werden kann. Die Hinter­ legung von Intzaberpapieren, die nach §. 92 zu den verbrauchbaren Sachen gehören, sowie von Zins-, Renten- oder Gewinnantheil­ scheinen kann nicht verlangt werden. Den Intzaberpapieren stehen Orderpapiere gleich, die mit Blankoindossament versehen sind. Ueber die hinterlegten Papiere kann der Mann auch eine Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch. 3. Auflage. 32

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Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

Verfügung, zu der. er nach §. 1376 berechtigt ist, nur mit Zu­ stimmung der Frau treffen. G. I §. 1292, 1036; II §. 1291, D.U. §- 1377. K T. §. 1376. Vergl. §. 1394. Für Preußen vergl. A.V. v. 19. Dezbr. 1899. ') §. 1391. 2) E.G. Art. 144—146. 3) §§. 182, 183.

Ersatz -rr Hinterlegung. §♦ 1393. Der Mann kann die Jnhaberpapiere, statt sie nach §. 1392 zu hinterlegen, auf den Namen der Frau umschreibend­ ober, wenn sie von dem Reiche oder einem Bundesstaat ausge­ stellt sind, in Buchforderungen gegen das Reich oder den Bundes­ staat umwandeln2) lassen. G. II §. 1292, K.U. §. 1378. U.T» §• 1376. §. 806. 2) Vergl. das Gesetz über das Reichsschuldbuch v. 31. Mai 1891 §. 9in der Fassung des E.G. Art. 50, ferner das E.G. Art. 97.

Zeit -er Geltendmachung -er Ansprüche -er Frau. §. 1394. Die Frau kann Ansprüche, die ihr auf Grund der Verwaltung und Nutznießung gegen den Mann zustehen *), erst nach der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung gericht­ lich2) geltend machen, es sei denn, daß die Voraussetzungen vor­ liegen, unter denen die Frau nach §. 1391 Sicherheitsleistung verlangen kann. Der im §. 1389 Abs. 2 bestimmte Anspruch unterliegt dieser Beschränkung nicht. G. I §§. 1292, 1004, §. 1324 Abs. 2; II § 1293 Abs. 1, H.K. §.1379. K.T. §. 1377. Der Mann ist in der Geltendmachung seiner Ansprüche gegen die Frau zeitlich nicht beschränkt. Wegen der Gläubiger der Frau vergl. §. 1411 Abs. 2. *) §§. 1374—1393. In der Geltendmachung anderer Ansprüche, z. B. wegen des Vorbehaltsguts, ist die Frau nicht beschränkt. 2) Klage, Widerklage, Mahnverfahren.

IV. DeschränKung des Uerfligungsrechts -er Frau. 1. Grundsatz; die einzelnen Urrfügungen. §♦ 1398. Die Frau bedarf zur Verfügung über eingebrachtes Gut der Einwilligung *) des Mannes. G. I §. 1300 Satz 1; II §. 1294, §. 1380. K.T. §. 1378. Der gesetzliche Güterstand hat auf die Geschäftsfähigkeit der Frau keinen Einfluß (Anm. zu §. 1354); nur ihre Verfügungsbefugniß ist in Ansehung des eingebrachten Gutes, nicht des Vorbehaltsguts, nach Maß­ gabe der §§. 1395—1407 beschränkt. Wegen der Verfügung über Buch­ forderungen vergl. das E.G. Art. 50, 97. t) §. 183.

Gesetzliches Güterrecht.

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§§. 1393—1399.

Verfügung durch Vertrag. 8.1386. Verfügt die Frau durch Vertrag ohne Einwilligung des Mannes über eingebrachtes Gut, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Mannes ab. Fordert der andere Theil den Mann zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegen­ über erfolgen; eine vor der Aufforderung der Frau gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ab­ laufe von zwei Wochen nach dem Empfange der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert. Verweigert der Mann die Genehmigung, so wird der Vertrag nicht dadurch wirksam, datz die Verwaltung und Nutz­ nießung aufhört. E. I §. 1300 Satz 2, 3; II §. 1295, S.A. §. 1381. K-T. §. 1379. Vergl. §. 108. Die Verfügung ohne Einwilligung des Mannes ist auch der Frau selbst gegenüber unwirksam. Gegensatz ist die Verpflichtung zu einer Leistung (§. 1399).

§♦ 1387. Bis zur Genehmigung des Vertrags ist der andere Theil zum Widerrufe berechtigt. Der Widerruf kann auch der Frau gegenüber erklärt werden. Hat der andere Theil gewußt, daß die Frau Ehefrau ist, so kann er nur widerrufen, wenn die Frau der Wahrheit zu­ wider die Einwilligung des Mannes behauptet hat; er kann auch in diesem Falle nicht widerrufen, wenn ihm das Fehlen der Einwilligung bei dem Abschlüsse des Vertrags bekannt war. G. I §. 1300 Satz 2, 3; II §. 1296, D.K. §. 1382. Vergl. §. 109.

K T. §- 1380.

Verfügung durch einseitiges Rechtsgeschäft. §♦ 1388. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, durch das die Frau ohne Einwilligung des Mannes über eingebrachtes Gut verfügt^), ist unwirksam. G. I §. 1300 Satz 1; II §. 1297, H.K. §. 1383. Vergl. §. 111. ’) z. B. die Kündigung einer Forderung.

R-T- §• 1381.

Verpflichtung zu einer Leistung. §♦ 1388. Zu Rechtsgeschäften, durch die sich die Frau zu einer Leistung verpflichtet, ist die Zustimmung des Mannes nicht erforderlich. Stimmt der Mann einem solchen Rechtsgeschäfte zu, so ist es in Ansehung des eingebrachten Gutes ihm gegenüber wirksam. 32*

Familienrecht.

500

Bürgerliche Ehe.

Stimmt er nicht zu, so muß er das Rechtsgeschäft, soweit das eingebrachte Gut bereichert wird, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung') gegen sich gelten lassen. E. I §§. 1301, 1312 Nr. 1 Theils. 2, 8; II §. 1298, K.K. §. 1384.

R»T. §.1382. ') §§. 812 ff., insbesondere §§. 818, 819.

ProreWhrung.

§♦ 1400. Führt die Frau einen RechtsstreitohneZustimmung des Mannes, so ist das Urtheil dem Manne gegenüber in An­ sehung des eingebrachten Gutes unwirksam. Ein zum eingebrachten Gute gehörendes Recht kann die Frau im Wege der Klage') nur mit Zustimmung des Mannes geltend machen. G. I §§. 1302, 1303; II §. 1299,

K.K. §. 1385.

K.T. §. 1383.

Die Prozeßfähigkeit der Frau wird durch den Güterstand nicht be­ rührt, C.P.O. §. 52 Abs. 2. Für die Passivprozesse der Frau gilt ferner der Grundsatz, daß die Frau der Zustimmung des Mannes zur Prozeß­ führung nicht bedarf. In Ansehung der Aktivprozesse dagegen gilt dieser Grundsatz nach §. 1400 Abs. 2 bezüglich der Prozesse nicht, in denen die Frau ein zum eingebrachten Gute gehörendes Recht (Forderungsrecht wie dingliches Recht) klagend geltend macht; für diese Prozesse fehlt der Frau zwar nicht die Prozeßfähigkeit, wohl aber die Sachlegitimation. Wegen der Zwangsvollstreckung vergl. die Anm. zu 1411. Wegen der Prozeßkosten siehe §§. 1387, 1388, 1412 Abs. 2, 1416. ') Der Widerklage oder des Mahnverfahrens.

2. Wegfall der Beschränkung. Krankheit, Abwesenheit des Mannes. §♦ 1401» Die Zustimmung des Mannes ist in den Fällen der §§. 1395 bis 1398, des §. 1399 Abs. 2 und des §. 1400 nicht erforderlich, wenn der Mann durch Krankheit oder durch Ab­ wesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist. G. I §. 1306; II §. 1300, H.K. §. 1386. des

K.T. §. 1384.

Die Frau kann nur in eigenem Namen handeln; anders im Falle 1450.

Ersatz der Zustimmung des Mannes. §♦ 1402Ist zur ordnungsmäßigen Besorgung der persön­ lichen Angelegenheiten') der Frau ein Rechtsgeschäft erforderlich, zu dem die Frau der Zustimmung des Mannes bedarf, so kann die Zustimmung auf Antrag der Frau durch das Vormund-

Gesetzliches Güterrecht.

§§. 1400—1405.

501

schaftsgericht3) ersetzt3) werden, wenn der Mann sie ohne aus­ reichenden Grund verweigert. E. I §§. 1321, 1322; II §. 1303, Z.U. §• 1387. K T- §• 1885. In anderen Fällen ist die Ersetzung der Zustimmung ausgeschlossen. ') z. B. zur Führung eines Scheidungsprozesses. *) F-G.G. §§. 35, 45. 3) Beginn der Wirksamkeit der Ersetzung F.G.G. §. 53.

3. Einseitige Rechtsgeschäfte.

H.14O3.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das sich auf dasein­ gebrachte Gut bezieht, ist dem Manne gegenüber vorzunehmen. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das sich auf eine Verbind­ lichkeit der Frau bezieht, ist der Frau gegenüber vorzunehmen; das Rechtsgeschäft muß jedoch auch dem Manne gegenüber vor­ genommen werden, wenn es in Ansehung des eingebrachten Gutes ihm gegenüber wirksam sein soll. G. I §. 1304; II §. 1301, D.K. §. 1388.

K.T. §. 1386.

4. Wirkung der Uerfügungsbeschrünkung der Frau gegen Dritte. §. 1404. Die Beschränkungen, denen die Frau nach den §§. 1395 bis 1403 unterliegt, muß ein Dritter auch dann gegen sich gelten lassen, wenn er nicht gewußt hat, daß die Frau eine Ehefrau ist. G. I §. 1305; II §. 1302, H.K. §. 1389. KT- §- 1387. Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten ableiten, insbes. die Vorschriften über den öffentlichen Glauben des Grundbuchs (§§. 892, 893) und der Satz „Hand muß Hand wahren" (§§. 932, 936), finden keine Anwendung. Die Verwaltung und Nutznießung des Mannes wird in das Grundbuch nicht eingetragen.

5. Erwerdsgeschäft der Krau. Ertheilt der Mann der Frau die Einwilligung zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, so ist seine Zustimmung zu solchen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten *) nicht erforderlich, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt3). Ein­ seitige Rechtsgeschäfte, die sich auf das Erwerbsgeschäft beziehen, sind der Frau gegenüber vorzunehmen. Der Einwilligung des Mannes in den Geschäftsbetrieb steht es gleich, wenn die Frau mit Wissen und ohne Einspruch des Mannes das Erwerbsgeschäft betreibt. Dritten gegenüber ist ein Einspruch und der Widerruf der Einwilligung nur nach Maßgabe des §. 14353) wirksam*).

§♦ 1403.

G. I §. 1307; II §. 1304, S.K. §• 1390. K.T. §- 1388. Vergl. die Anm. zu §. 1356. Anwendbarkeit auf ausländische Ehe­ gatten E.G. Art.-16 und Gew.O. §. 11a (E.G. Art. 36).

502

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

!) C.P.O. §. 741. a) Vergl. H.G.B. §. 343 Abs. 2, §. 344. 3) also durch Eintragung in das Güterrechtsregister. Wegen des Eintrags s. §. 1561 Abs. 1. 4) Vergl. Art. 4 E G. z. H.G.B.

6. Entbehrlichkeit der Zustimmung des Mannes.

§♦ 1406< Die Frau bedarf nicht derZustimmung des Mannes: 1. zur Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft*) oder eines Vermächtnisses3), zum Verzicht auf den Pflichttheil sowie zur Errichtung des Inventars3) über eine ange­ fallene Erbschaft; 2. zur Ablehnung eines Vertragsantrags oder einer Schenkung4); 3. zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts gegenüber dem Manne. G. I §. 1308, §.2148 Nr.4; II §. 1305, Z.U. §.1391. K.T. § 1389. ') §§. 1943, 1945. Die Beschränkung der Haftung des Erben (§§. 1975 ff.) kann jeder Ehegatte unabhängig von dem anderen geltend machen. Wegen des Aufgebots der Nachlaßgläubiger C.P.O. §. 999; wegen des Nachlaßkonkurses K.O. §. 218. §. 2180 Abs. 2. 3) §. 1993. Vergl. auch §. 2008 (Jnventarfrist). 4) §. 516 Abs. 2.

§♦ 1407* Die Frau bedarf nicht derZustimmung des Mannes: 1. zur Fortsetzung eines zur Zeit der Eheschließung an­ hängigen Rechtsstreits1); 2. zur gerichtlichen Geltendmachung eines zum eingebrachten Gute gehörenden Rechtes gegen den Mann3); 3. zur gerichtlichen Geltendmachung eines zum einge­ brachten Gute gehörenden Rechtes gegen einen Dritten, wenn der Mann ohne die erforderliche3) Zustimmung der Frau über das Recht verfügt hat; 4. zur gerichtlichen Geltendmachung eines Widerspruch­ rechts gegenüber einer Zwangsvollstreckung4). G. I §. 1309; II §. 1306, D.P. §. 1392. K.T. §. 1390. ’) C.P.O. §§. 263, 281, 693. Wegen derVollstreckbarkeit ebenda§.742. *) Vergl. §. 1394. 3) §§. 1375—1378. 4) Vergl. namentlich C.P.O. §§.771, 861. Die Vorschrift gilt auch von der Vollstreckung aus Prozeßen, die mit der Frau selbst geführt werden.

V. UebertragbarKeit der Rechte des Mannes.

§♦ 140S> Das Recht, das dem Manne an dem eingebrachten Gute kraft seiner Verwaltung und Nutznießung zusteht, ist nicht übertragbar. G. I §. 1298; II §. 1307, KU- §. 1393.

K.T. §• 1391.

Gesetzliches Güterrecht.

§§. 1406—1411.

503

Unpfändbarkeit C.P.O. §.861; die Früchte sind pfändbar unbeschadet des Betrags, der zur Erfüllung der Unterhaltspflicht des Mannes gegen Frau und Verwandte, des eigenen standesgemäßen Unterhalts des Mannes und der in den §§. 1384—1387 bestimmten Verpflichtungen des Mannes erforderlich ist. Der Mann kann auf sein Recht nicht verzichten.

VI. Ausübung durch den gesetzlichen Urrtreter. Steht der Mann unter Vormundschaft 0, so hat ihn der Vormund in den Rechten und Pflichten zu vertretens, die sich aus der Verwaltung und Nutznießung des eingebrachten Gutes ergeben. Dies gilt auch dann, wenn die Frau Vormunds des Mannes ist.

§♦ 1409*

G. I §. 1326; II §. 1308, K.K. §. 1394. U.T. §. 1392. Der Güterstand wird durch die Vormundschaft nicht aufgehoben; die Frau kann aber auf Aufhebung klagen (§. 1418 Nr. 3—5). ') oder Pflegschaft (§. 1915). 2) Haftung nach §. 1833. 3) §. 1900. Solchen Falles kann die Frau die zur Vornahme ihrer Rechtsgeschäfte und Führung ihrer Rechtsstreite nach den §§. 1395—1405 erforderliche Zustimmung des Mannes sich selbst ertheilen (Ausnahme von §. 181).

3. Schuldenhaftung.

1. Schulden des Mannes. Die Gläubiger des Mannes können nicht Be­ friedigung aus dem eingebrachten Gute verlangen.

§♦ 1410.

G. II §. 1309, S.U. §. 1395. Vergl. C.P.O. §. 861.

K.T. §. 1393.

2. Schulden der Krau. a) Haftung des eingrbrachten Gutes. §♦ 1411. Die Gläubiger dek Frau können ohne Rücksicht auf die Verwaltung und Nutznießung des Mannes Befriedigung aus dem eingebrachten Gute verlangen, soweit sich nicht aus den §§. 1412 bis 1414 ein Anderes ergiebt. Sie unterliegen bei der Geltendmachung der Ansprüche der Frau nicht der im §. 1394 bestimmten Beschränkung. Hat der Mann verbrauchbare Sachen nach §. 1377 Abs. 3 veräußert oder verbraucht, so ist er den Gläubigern gegenüber zum sofortigen Ersätze verpflichtet. G. I §. 1311; II §. 1293 Abs. 2, §. 1310, H.K. §. 1396. zr.T. §• 1394. Von der Haftung des eingebrachten Gutes bestehen Ausnahmen nur für die nach Eingehung der Ehe entstandenen Verbindlichkeiten; die vor­ ehelichen, auch wenn sie auf unerlaubten Handlungen beruhen, müssen stets aus dem emgebrachten Gute beftiedigt werden.

504

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

Die Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut findet nur statt, wenn die Frau zur Leistung und der Mann zur Duldung der Vollstreckung verurtheilt ist (C.P.O. §. 739). Ausnahme, wenn die Frau ein Erwerbs­ geschäft betreibt (C.P.O. §. 741). Wegen der Ertheilung der Vollstreckungs­ klausel vergl. C.P.O. §. 742, §. 794 Abs. 2. Keine Sondervorschrift über die Behandlung des eingebrachten Gutes im Konkurse der Frau. Das Vorbehaltsgut haftet für alle Schulden der Frau.

b) Beschränkung der Haftung. §♦ 1412. Das eingebrachte Gut haftet für eine Verbindlichkeit der Frau, die aus einem nach der Eingehung der Ehe vor­ genommenen Rechtsgeschäft entsteht, nur dann, wenn der Mann seine Zustimmung zu dem Rechtsgeschäft ertheilt oder wenn das Rechtsgeschäft ohne seine Zustimmung ihm gegenüber wirksam ist. Für die Kosten eines Rechtsstreits der Frau haftet das ein­ gebrachte Gut auch dann, wenn das Urtheil dem Manne gegen­ über in Ansehung des eingebrachten Gutes nicht wirksam ist1). G. I§. 1312 Nr. 1 Theils. 1,4; II §. 1311,g.$L§-1397. K.T.§. 1395. ') Vergl. §. 1399 Abs. 2, §§. 1401, 1402, 1405, 1406.

H. 1413. Das eingebrachte Gut haftet nicht für eine Ver­ bindlichkeit der Frau, die in Folge des Erwerbes einer Erb­ schaft oder eines Vermächtnisses entsteht, wenn die Frau die Erbschaft oder das Vermächtniß nach der Eingehung der Ehe als Vorbehaltsgut 0 erwirbt. G. I §. 1312 Nr. 2; II §. 1312, K.K. §. 1398. ') §. 1369.

K.T. §- 1396.

H. 1414. Das eingebrachte Gut haftet nicht für eine Ver­ bindlichkeit der Frau, die nach der Eingehung der Ehe in Folge eines zu dem Vorbehaltsgute gehörenden Rechtes oder des Besitzes einer dazu gehörenden Sache entsteht 0, es sei denn2), daß das Recht oder die Sache zu einem Erwerbsgeschäfte gehört, das die Frau mit Einwilligung des Mannes selbständig betreibt. G. I §. 1312 Nr. 3; II §. 1313, H.K. §. 1399. K.T. §• 1397. 0 z. B. die Verbindlichkeit zur Entrichtung der auf dem Vorbehalts gute ruhenden Steuern oder Reallasten. 2) §. 1405.

3. Verhältniß -er Ehegatten zu einander. §. 1418. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen dem Vorbehaltsgute zur Last: 1. die Verbindlichkeiten der Frau aus einer unerlaubten Handlung 0, die sie während der Ehe begeht, oder aus einem Strafverfahren, das wegen einer solchen Hand­ lung gegen sie gerichtet wird;

Gesetzliches Güterrecht.

§§. 1412—1417.

505

2. die Verbindlichkeiten der Frau aus einem sich auf dasVorbehaltsguL beziehenden Rechtsverhältniß2), auch wenn sie vor der Eingehung der Ehe oder vor der Zeit ent­ standen sind, zu der das Gut Vorbehaltsgut ge­ worden ist; 3. die Kosten eines Rechtsstreits, den die Frau über eine der in Nr. I, 2 bezeichneten Verbindlichkeiten führt. G. I §. 1316 Abs. 2 Nr. 1—3; II §. 1314, D.P. §- 1400. K.T. §. 1398. Regel ist, daß Ehegutsverbindlichkeiten auch int Verhältnisse der Ehe­ gatten zu einander das eingebrachte Gut treffen; Ausnahmen §§. 1416,. 1416. Bedeutung der Ausnahmen §. 1417. ') §§. 823 ff. 2) Hierher gehört z. B. die gesetzliche Verpflichtung der Frau zur Ge­ währung des Unterhalts an Verwandte, soweit die Verpflichtung durch das Vorhandensein von Vorbehaltsgut begründet oder erweitert wird.

§. 1416. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen die Kosten eines Rechtsstreits zwischen ihnen dem Vorbehaltsgute zur Last, soweit nicht der Mann sie zu tragen hat. Das Gleiche gilt von den Kosten eines Rechtsstreits zwischen der Frau und einem Dritten, es sei denn, daß das Urtheil dem Manne gegenüber in Ansehung des eingebrachten Gutes wirksam ist1)- Betrifft jedoch der Rechtsstreit eine persön­ liche Angelegenheit der Frau oder eine nicht unter die Vor­ schriften des §. 1415 Nr. 1, 2 fallende Verbindlichkeit, für die das eingebrachte Gut haftet, so findet diese Vorschrift keine An­ wendung, wenn die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten ist. G. I §. 1316 Abs. 2 Nr. 4; II §. 1315, H.U. §- 1401. K-T. §-1399. 1) §§. 1400—1402, 1405, 1407.

Ausgleichung.

§♦ 141

Wird eine Verbindlichkeit, die nach den §§. 1415, 1416 dem Vorbehaltsgute zur Last fällt, aus dem eingebrachten. Gute berichtigt, so hat die Frau aus dem Vorbehaltsgute, soweit dieses reicht, zu dem eingebrachten Gute Ersatz zu leisten. Wird eine Verbindlichkeit der Frau, die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander nicht dem Vorbehaltsgute zur Last fällt, aus dem Vorbehaltsgute berichtigt, so hat der Mann aus dem eingebrachten Gute, soweit dieses reicht, zu dem Vorbehalts­ gut Ersatz zu leisten. G. I §. 1316 Abs. 3; II §. 1316, Z.K. §. 1402.

K.T. §. 1400.

Familienrecht.

506

Bürgerliche Ehe.

4. Beendigung der Verwaltung und Nutznießung. Beendigungsgründe sind nach §§. 1418—1420: Urtheil, Konkurs des Mannes und Todeserklärung des Mannes. Die Beendigung durch Auf­ lösung der Ehe (§. 1424 Abs. 2) sowie durch Ehevertrag (§. 1436) ist als selbstverständlich nicht erwähnt.

1. Heendigungsgründe: a) Gerichtliches Urtheil. §♦ 1418. Die Frau kann auf Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung klagen: 1. wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Frau nach §. 1391 Sicherheitsleistung verlangen kann; 2. wenn der Mann seine Verpflichtung, der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen Unterhalt zu gewähren, verletzt hat') und für die Zukunft eine er­ hebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist. Eine Verletzung der Unterhaltspflicht liegt schon dann vor, wenn der Frau und den gemeinschaftlichen Ab­ kömmlingen nicht mindestens der Unterhalt gewährt wird, welcher ihnen bei ordnungsmäßiger Verwaltung und Nutznießung des eingebrachten Gutes zukommen roürbe2); 3. wenn der Mann entmündigt2) ist; 4. wenn der Mann nach §. 1910 zur Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten einen Pfleger erhalten hat; 5. wenn für den Mann ein Abwesenheitspfleger*) bestellt und die baldige Aufhebung5) der Pflegschaft nicht zu erwarten ist. Die Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung tritt mit 'der Rechtskraft des Urtheils ein6). G. I §. 1327 Abs. 1 Nr. 2, §. 1328; II §. 1317, S.U. §. 1403. 1401. ') Ein Verschulden des Mannes ist nicht erforderlich. 2) Vergl. §§. 1360, 1361, §. 1389 Abs. 2, §§. 1601—1603. 3) §§. 6, 1409. 4) §. 1911. 5) §. 1921. ®) Es tritt Gütertrennung ein (§. 1426).

U.T. §-

b) Konkurs des Mannes. §♦ 1419. Die Verwaltung und Nutznießung endigt mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den der Konkurs über das Vermögen des Mannes eröffnet wird. G. I 1327 Abs. 1 Nr. 3; II §. 1318, K.K. §. 1404. U.T.§.1402. Vergl. §. 1426 und K.O. §§. 108, 109.

Gesetzliches Güterrecht.

§§. 1418—1424.

507

c) Todeserklärung.

§♦ 142(h Die Verwaltung und Nutznießung endigt, wenn der Mann für todt erklärt wird, mit dem Zeitpunkte, der als Zeit­ punkt des Todes gilt. E. I §. 1327 Abs. 1 Nr. 4; II §. 1319, S.K. §. 1405. $L®.§.1403. Vergl. §§. 18, 1426. Im Falle der Todeserklärung der Frau gilt nur die Vernmthung des §. 18. 2. Folgen der Deendigung. Herausgabe des eingebrachten Gutes. §. 1421. Nach der Beendigung der Verwaltung und Nutz­ nießung hat der Mann das eingebrachte Gut der Frau heraus­ zugeben und ihr über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen '). Auf die Herausgabe eines landwirthschaftlichen Grundstücks findet die Vorschrift des §. 592, auf die Herausgabe eines Landguts finden die Vorschriften der §§. 592, 593 entsprechende An­ wendung. G. I §§. 1292, 591, 593, 1007, 1009, 1324 Abs. 1; II §. 1320, S.K. §• 1406. R-T. §■ 1404. *) §§. 269—261.

§♦ 1422. Wird die Verwaltung und Nutznießung auf Grund des §. 1418 durch Urtheil') aufgehoben, so ist der Mann zur Herausgabe des eingebrachten Gutes so verpflichtet, wie roenn2) der Anspruch auf Herausgabe mit der Erhebung2) der Klage auf Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung rechtshängig ge­ worden wäre. G. I §. 1329; II §. 1321, S.U. §. 1407. R.T. §. 1405. 1) Der §. 1422 gilt nicht für den Fall der Aushebung des Güter­ standes infolge Ehescheidung. 2) Vergl. §. 292. 3) C.P.O. §§. 263, 281. Ginfluß eines bestehenden Mieth- oder Pachtverhältnisses. Hat der Mann ein zum eingebrachten Gute ge­ hörendes Grundstück vermiethet oder verpachtet, so finden, wenn das Mieth- oder Pachtverhältniß bei der Beendigung der Ver­ waltung und Nutznießung noch besteht, die Vorschriften des §. 1056 entsprechende Anwendung. G. I §§. 1292, 1008; II §. 1322, K.K. §. 1408. MT. §. 1406.

§♦ 1423.

Fortführung der Geschäfte. Der Mann ist auch nach der Beendigung der Ver­ waltung und Nutznießung zur Fortführung der Verwaltung berechtigt, bis er von der Beendigung Kenntniß erlangt oder sie kennen muß*). Ein Dritter kann sich auf diese Berechtigung

§♦ 1424.

508

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

nicht berufen, wenn er bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts die Beendigung der Verwaltung und Nutznießung kennt oder kennen muß. Endigt die Verwaltung und Nutznießung in Folge desTodes der Frau, so hat der Mann diejenigen zur Verwaltung gehörenden Geschäfte, mit deren Aufschübe Gefahr verbunden ist, zu besorgen, bis der Erbe anderweit Fürsorge treffen kann. G. I §. 1327 Abs. 2, §. 599 Abs. 2, §. 603; II §. 1323, Ä.U. §. 1409. R-T. §. 1407. Vergl. §§. 672, 674. §. 122 Abs. 2. 3. Wiederherstellung der Verwaltung und Nutznießung. §♦ 1428. Wird die Entmündigung oder Pflegschaft, wegen deren') die Aushebung der Verwaltung und Nutznießung erfolgt ist, wiederaufgehobena) oder wird der die Entmündigung aus­ sprechende Beschluß mit Erfolg angefochten3), so kann der Mann auf Wiederherstellung seiner Rechte klagen. Das Gleiche gilt, wenn der für todt erklärte Mann4) noch lebt. Die Wiederherstellung der Rechte des Mannes tritt mit der Rechtskraft des Urtheils em5). Die Vorschrift des §. 1422 findet entsprechende Anwendung. Im Falle der Wiederherstellung wird Vorbehaltsgut, wasohne die Aufhebung der Rechte des Mannes Vorbehaltsgut geblieben oder geworden«) sein würde. G. I §§. 1331, 1332; II §. 1324, KU. §• 1410. K.T. §. 1408. §. 1418 Nr. 3—5. 2) tz. 6 Abs. 2, §§. 1920, 1921; C.P.O. §§. 678, 685. 3) C.P.O. §. 664. 4) §. 1420. 5) Wegen der Eintragung in das Güterrechtsregister §. 1431 Abs. 2. •) §§. 1366—1370. 5. Gütertrennung.

Eintritt -er Gütertrennung. 8.1426. Tritt nach §.1364 die Verwaltung und Nutznießung des Mannes nicht ein oder endigt sie auf Grund der §§. 1418 bis 1420, so tritt Gütertrennung ein. Für die Gütertrennung gelten die Vorschriften der §§. 1427 bis 1431. G. I §. 1284 Theils. 2, §. 1330 Halbs. 1; II §. 1325, D.U. §• 1411. U.T. §. 1409. Ueber die anderen Fälle der Gütertrennung vergl. die Vordem. 4 zum ges. Güterrecht, oben S. 489.

Gesetzliches Güterrecht.

§§. 1425—1430.

509

Ehrlicher Aufwand; Seitragspflichl der Frau. Der Mann hat den ehelichen Aufwand zu tragen. Zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes hat die Frau dem Manne einen angemessenen Beitrag aus den Einkünften ihres Vermögens und dem Ertrag ihrer Arbeit oder eines von ihr selbständig betriebenen Erwerbsgeschäfts zu leisten. Für die Vergangenheit kann der Mann die Leistung nur insoweit verlangen, als die Frau ungeachtet seiner Aufforderung mit der Leistung im Rückstände geblieben ist. Der Anspruch des Mannes ist nicht übertragbar*).

8.1427.

G. I §. 1339 Abs. 1—3; II §. 1326, K.U. §. 1412. K-T. §. 1410. Die Unterhaltspflicht der Frau (§. 1360) wird durch §.1427 nicht berührt. *) mithin auch nicht Gegenstand der Belastung (§. 1069 Abs. 2, §. 1274 Abs. 2) oder der Pfändung (C.P.O. §. 851).

Zurückbehaltung -es Beitrags. des Unterhalts zu besorgens, den der Mann der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen zu gewähren hat2), so kann die Frau den Beitrag zu dem ehelichen Aufwand insoweit zur eigenen Verwendung zurück­ behalten, als er zur Bestreitung des Unterhalts erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn der Mann entmündigt2) ist oder wenn er nach §. 1910 zur Besorgung seiner Vermögens­ angelegenheiten einen Pflegers erhalten hat oder wenn für ihn ein Abwesenheitspfleger5) bestellt ist«).

§♦ 1428. Ist eine erhebliche Gefährdung

G. I §. 1339 Abs. 4, 5; II §. 1327, K.K. §. 1413. K.T. §. 1411. *) Entsprechend §. 1418 Nr. 2; es braucht keine Pflichtverletzung des Mannes vorzuliegen. 2) §§. 1360, 1361, 1601—1603. 3) §. 6. 4) §. 1910. 5) §. 1911. 6) Vergl. §. 1418 Nr. 3—5.

Aufwendungen der Frau. Macht die Frau zur Bestreitung des ehelichen Auf­ wandes aus ihrem Vermögen eine Aufwendung oder überläßt sie dem Manne zu diesem Zwecke etwas aus ihrem Vermögen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Absicht fehlt, Ersatz zu verlangen.

§♦ 1429.

G. II §.1328, B-R- §• 1414. Vergl. §. 685 Abs. 2.

K.T. §. 1412.

Vermögensverwaltung des Mannes.

§♦ 1430. Ueberläßt die Frau ihr Vermögen ganz oder theilweise der Verwaltung des Mannes, so kann der Mann die Einkünfte, die er während seiner Verwaltung bezieht, nach

510

Familienrecht. Bürgerliche Ehe.

Vertragsmäßiges Güterrecht,

freiem Ermessens verwenden, soweit nicht ihre Verwendung zur Bestreitung der Kosten der ordnungsmäßigen Verwaltung und zur Erfüllung solcher Verpflichtungen der Frau erforderlich ist, die bei ordnungsmäßiger Verwaltung aus den Einkünften des Vermögens bestritten werden. Die Frau kann eine abweichende Bestimmung treffen. G. I §. 1340 Abs. 1; II §. 1329, D.D. §. 1415. U.T. §. 1413. 1) also ohne Rechenschaft ablegen zu müssen. Für den Stamm des Vermögens der Frau §§. 662 - 676.

Schutz Dritter.

§♦ 1431. Die Gütertrennung ist Dritten gegenüber nur nach Maßgabe des §. 1435 wirksam. Das Gleiche gilt im Falle des §. 1425 von der Wieder­ herstellung der Verwaltung und Nutznießung, wenn die Auf­ hebung in das Güterrechtsregister eingetragen worden ist. G. I §. 1284 Theils. 3, §. 1330 Halbs. 2, §. 1331 Abs. 2; II §. 1330, D.U. §. 1416. U.T. §. 1414. In das Grundbuch wird die Gütertrennung nicht eingetragen. Wegen der Legitimation der Frau dem Grundbuchamte gegenüber G.B.O. §§. 34, 35.

II. Vertragsmäßiges Güterrecht. 1. Allgemeine Vorschriften.

Nertragsfreiheit.

§♦ 1432. Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Ver­ hältnisse durch Vertrag (Ehevertrag) regeln, insbesondere auch nach der Eingehung der Ehe den Güterstand aufheben oder ändern. G. I §. 1333; II §. 1331, K.U. §. 1417. U-T. §. 1415. Die Vertragssreiheit gilt nur, soweit nicht allgemeine Grundsätze (z. B. §§. 134, 138) oder besondere Vorschriften (z. B. §§. 1433, 1518) entgegenstehen. Beispiele von Aenderungen des Güterrechts in den 1368, 1440, 1523, 1526.

HrschränKung der Dertragsfreitzeit. §♦ 1433. Der Güterstand kann nicht durch Verweisung auf ein nicht mehr geltendes oder auf ein ausländisches Gesetz be­ stimmt werden. Hat der Mann zur Zeit der Eingehung der Ehe oder, falls 'der Vertrag nach der Eingehung der Ehe geschlossen wird, zur Zeit des Vertragsabschlusses seinen Wohnsitz*) im Auslande, so ist die Verweisung auf ein an diesem Wohnsitze geltendes Güterrecht zulässig. G. I §. 1334; II §. 1332, S.U. §. 1418. U.T. §. 1416. Ausländer in Deutschland E.G. Art. 15 Abs. 2. *) §. 7.

Allgemeine Vorschriften.

§§. 1431—1436.

511

Form -rs Ghevertrngs. §♦ 1434. Der Ehevertrag muß bei gleichzeitiger Anwesenheit') beider Theile vor Gericht oder vor einem Notars geschlossen werden. G. I §. 1335 Abs. 1; II §. 1333, K.U. §. 1419. K.T. §. 1417. Ehevertrag in Verbindung mit Erbvertrag §. 2276 Abs. 2. 1) Damit ist Stellvertretung nicht ausgeschlossen. 2) E.G. Art. 141.

Wirkung des Vertrags gegen Dritte. §♦1435. Wird durch Ehevertrag die Verwaltung und Nutz­ nießung des Mannes ausgeschlossen oder geändert, so können einem Dritten gegenüber aus der Ausschließung oder der Aenderung Einwendungen gegen ein zwischen ihm und einem der Ehegatten vorgenommenes Rechtsgeschäft oder gegen ein zwischen ihnen ergangenes rechtskräftiges Urtheil nur hergeleitet werden, wenn zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts oder zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit') die Ausschließung oder die Aenderung in dem Güterrechtsregister2) des zuständigen Amtsgerichts eingetragen oder dem Dritten bekannt war. Das Gleiche gilt, wenn eine in dem Güterrechtsregister ein­ getragene Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse durch Ehe­ vertrag ausgehoben oder geändert wird. G. I §§. 1336, 1337, §. 1435 Abs. 1; II §. 1334, §. 1453 Abs. 1, K.K. §. 1420. K.T. §• 1418. Für die Tragweite des §. 1435 gilt das in der Anm. zu §. 1344 Bemerkte entsprechend. Wegen des internationalen Privatrechts siehe das E.G. Art. 16. Anwendungsfälle des §. 1435: §. 1357 Abs. 2; §. 1405 Abs. 3, §§. 1452, 1519 Abs. 2, 1549; §§. 1441, 1526 Abs. 3, 1549 mit 1431; §§. 1425, 1426, 1481, 1470, 1545, 1548, 1549; §. 1364, über­ haupt die Fälle der Gütertrennung (auch §§. 1436, 1587) nach tz. 143 L ') C.P.O. §§. 263, 281, 693. 2) §. 1558.

Gütertrennung. §♦ 1Ä30. Wird durch Ehevertrag die Verwaltung und Nutz­ nießung des Mannes ausgeschlossen oder die allgemeine Güter­ gemeinschaft, die Errungenschaftsgemeinschaft oder die Fahrnißgemeinfchaft aufgehoben, so tritt Gütertrennung') ein, sofern sich nicht aus dem Vertrag ein Anderes ergiebt. G. I §. 1338, §. 1381 Abs. 1, §. 1429 Abs. 1, $. 1431 Abs. 1 ; II §. 1335, K.U. §. 1421. K.T. §. 1419. ’) §§. 1427—1431; es findet also §. 1435 Anwendung.

2. Allgemeine Gütergemeinschaft. Bei der allgemeinen Gütergemeinschaft haben beide Ehegatten ein Ver­ mögen.. Es entsteht gemeinschaftliches Eigenthum zur gesummten Hand (ohne Bruchtheile). Sondergüter, bei denen nur die Erträgnisse in das gemeinschaft-

512

Familienrecht. Bürgerliche Ehe.

Vertragsmäßiges Güterrecht.

licheVermögen fallen, sind mit Ausnahme des Falles des Ls.1439 ausgeschlossen. Dagegen kann der Mann sowie die Frau ein Vorbehaltsgut haben, das den Grundsätzen der Gütertrennung unterliegt (§§. 1440, 1441). Die Verwaltung des Gesammtguts steht dem Manne zu; sie wird nach denselben Grundsätzen wie bei der Verwaltungsgemeinschaft geführt, jedoch mit freier Verfügung des Mannes über die bewegliche Habe, aus­ genommen Schenkungen und Verfügungen über das Gesammtgut als Ganzes oder über Bruchtheile desselben (§§. 1443—1447). Der Mann ist bei der Verwaltung des Gesammtguts nur für arglistige Minderung oder widerrechtliche, einseitige Verfügungen verantwortlich (§. 1456). Die Verfügungsrechte der Frau sind in der gleichen Weise wie bei der Verivaltungsgemeinschast geregelt (§§. 1449—1454). Alle Schulden des Mannes sind Gesammtgutsschulden ohne die persönliche Haftung der Frau. Schulden der Frau sind, soweit sie bei der Verwaltungsgemeinschaft für das eingebrachte Gut verbindlich sein würden, Gesammtgutsschulden. Dar­ über hinaus haftet das Gesammtgut nur für die Bereicherung (§. 1455). Für Schulden der Frau, die Gesammtgutsverbindlichkeiten sind, haftet der Mann auch persönlich, soweit sie aber im Verhältnisse der Ehegatten zu einander der Frau zur Last fallen, nur für die Dauer der Gütergemeinschaft -(§§. 1459—1462). Die Gesammtgutsschulden fallen auch im Verhältnisse her Ehegatten zu einander, von besonderen in den §§. 1463—1465 be­ zeichneten Ausnahmen abgesehen, dem Gesammtgute zur Last. Beendigt wird die Gütergemeinschaft durch Auflösung der Ehe, durch Ehevertrag oder durch Urtheil auf Klage der Frau (§. 1468) oder des Mannes (§. 1469). Die Beendigung hat die Auseinandersetzung in Ansehung des Gesammtguts zur Folge. Während der Auseinandersetzung ivtrd die Verwaltung gemeinsam geführt. Die Auseinandersetzung erfolgt, sofern nicht der Fall einer Ehescheidung vorliegt (§. 1478), durch Theilung des Gesammtguts nach Hälften, unter gegenseitiger Abrechnung und Ersatzleistung. Die Gesammtgutsschulden müssen bei der Auseinander­ setzung berichtigt werden. Eine etwaige Einbuße hat der Mann zu tragen (§§. 1471—1481). Im Falle der Auflösung durch den Tod eines der Ehegatten erfolgt bei unbeerbter Ehe die Auseinandersetzung ebenfalls durch Halbtheilung. Dabei findet weder Anwachsung noch Nießbrauch statt ($. 1482, dazu §§. 1931 ff., 2303). Bei beerbter Ehe tritt fortgesetzte Gütergemeinschaft zwischen dem überlebenden Ehegatten und den gemeinschaftlichen Ab­ kömmlingen ein (£§. 1483—1518). Das Rechtsverhältniß der fortgesetzten Gütergemeinschaft ist eine Gemeinschaft zur gesammten Hand. Im Einzelnen ist die fortgesetzte Gütergemeinschaft ähnlich wie die eheliche Gütergemeinschaft geregelt. Der überlebende Ehegatte kann die fortgesetzte Gütergemeinschaft -ablehnen. Nimmt er sie an, so geht er gegenüber den antheilsberechtigten Abkömmlingen seines Erbrechts verlustig. Die fortgesetzte Gütergemein­ schaft kann durch Ehevertrag ausgeschlossen, aber nicht geändert werden. In gewissen Fällen wird der Eintritt der fortgesetzten Gütergemeinschaft durch einseitige Verfügung eines Ehegatten ausgeschlossen. Auch kann der Antheil eines gemeinschaftlichen Abkömmlinges unter bestimmten Voraus­ setzungen gemindert oder entzogen werden. Das Institut der Einkindschaft ist dem B.G.B. unbekannt.

Allgemeine Gütergemeinschaft.

§§. 1437—1439.

513

I. Vereinbarung und Aufhebung durch Ghevrrlrag. §♦ 1437. Ein Ehevertrag, durch den die allgemeine Güter­ gemeinschaft vereinbart oder aufgehoben wird, kann nicht durch einen gesetzlichen Vertreter geschlossen werden. Ist einer der Vertragschließenden in der Geschäftsfähigkeit beschränkt '), so bedarf er der Zustimmunga) seines gesetzlichen Vertreters. Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund«), so ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. E. I §. 1341 Abs. 2; II §. 1336, S.U. §- 1422. UT- §. 1420. ') Vergl. §§. 106, 114. a) Form §. 182 Abi. 2. 3) Gegensatz: Vertretung kraft elterlicher Gewalt. Pfleger §. 1915.

II. Vermögen der Ehegatten. Grfammtgut. §. 1438. Das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau werden durch die allgemeine Gütergemeinschaft gemein­ schaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesammtgut). Zu dem Gesammtgute gehört auch das Vermögen, das der Mann oder die Frau während der Gütergemeinschaft erwirbt. Die einzelnen Gegenstände werden gemeinschaftlich, ohne daß es einer Uebertragung durch Rechtsgeschäft bedarf. Wird ein Recht gemeinschaftlich, das im Grundbuch ein­ getragen ist oder in das Grundbuch eingetragen werden kann, so kann jeder Ehegatte von dem anderen die Mitwirkung zur Berichtigung *) des Grundbuchs verlangen. G. I §§. 1342, 1343; II §. 1337, K.K. §• 1423. K.T. §. 1421. Gemeinschaft zur gestimmten Hand. Die allgemeine Gütergemein­ schaft wird in das Grundbuch eingetragen (G.B.O. §. 48). Legitimation dem Grundbuchamte gegenüber G.B.O. §§. 34, 35. 1) §§. 894-899.

Sondrrgut. §♦ 1438. Von dem Gesammtgut ausgeschlossen sind Gegen­ stände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können. Auf solche Gegenstände finden die bei der Errungenschaftsgemein­ schaft für das eingebrachte Gut geltenden Vorschriften *), mit Ausnahme des §. 1524a), entsprechende Anwendung. G. I §. 1351; II §. 1339, K.K. §• 1424. K.T. §. 1422. Beispiele sind Lehen-, Stamm-, Fideikommißgüter, gewisse Bauern­ güter, höchstpersönliche Rechte (vergl. §§. 399, 400, 514, 613 Satz 2, 664 Abs. 2, 1059, 1092, 1093, 1103). ') §§. 1525, 1527, 1528, 1529 Abs. 2, 1531, 1533, 1535, 1536 Nr. 2, 4, 1537, 1539—1541, 1546 Abs. 3. Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch. 3. Auflage. 33

514

Familienrecht. Bürgerliche Ehe. Vertragsmäßiges GMerrecht.

2) Der Grundsatz der Surrogation gilt also nicht, vielmehr wird der Ersatz eines Sondergutsstücks nur dann wieder Sondergut, wenn das Ersatz­ stück ebenfalls unübertragbar ist.

Uorbehaltsgut. §♦ 1440» Von dem Gesammtgut ausgeschlossen ist düs Vorbehaltsgut. Vorbehaltsgut ist, was durch Ehevertragx) für Vorbehalts­ gut eines der Ehegatten erklärt ist oder von einem der Ehe­ gatten nach §. 1369 oder §. 1370 erworben wird. G. I §§. 1346,1347, 1349; II § 1340, K.K. §. 1425. K.T. §. 1423. ') §§. 1432 ff.

§♦ 1441. Auf das Vorbehaltsgut derFrau finden die bei der Gütertrennung für das Vermögen der Frau geltenden Vorschriften') entsprechende Anwendung; die Frau hat jedoch2) dem Manne zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes einen Beitrag nur insoweit zu leisten, als die in das Gesammtgut fallenden Einkünfte zur Bestreitung des Aufwandes nicht ausreichen. G. I §. 1350; II §. 1341, K.K. §. 1426. zr.T. §. 1424. ') §§. 1427—1431. Von besonderer Wichtigkeit ist die Anwendbar­ keit des §. 1435 (Eintrag in das Güterrechtsregister). 2) Entsprechend §. 1371.

III. Antheile am Gesammtgut; Aufrechnung. 8. 1442. Ein Ehegatte kann nicht über seinen Antheil an dem Gesammtgut und an den einzelnen dazu gehörenden Gegen­ ständen verfügen; er ist nicht berechtigt, Theilung zu verlangen. Gegen eine Forderung, die zu dem Gesammtgute gehört, kann der Schuldner nur eine Forderung aufrechnen 9, deren Be­ richtigung aus dem Gesammtgute verlangt werden iann2). G. I §. 1344 Satz 2, §. 1345 Abs. 1 Halbs. 1, Abs. 2; II §. 1338, D.K. §. 1427. R.T. §. 1425. Vergl. §. 719. Der Antheil am Gesammtgut und den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen unterliegt nicht der Zwangsvollstreckung (C.P.O. tz. 860); er gehört deshalb auch nicht zur Konkursmasse (K.O. §. 1 Abs. 1). ') §§. 387 ff. 2) §§. 1459—1462.

IV. Rechte Les Mannes und der Frau am Gesammtgute. 1. Rechte des Mannes. §♦ 1443. Das Gesammtgut unterliegt der Verwaltung des Mannes'). Der Mann ist insbesondere berechtigt, die zu dem Gesammtgute gehörenden Sachen in Besitz zu nehmen, über das Gesammtgut zu verfügen sowie Rechtsstreitigkeiten2), die sich auf das Gesammtgut beziehen, im eigenen Namen zu führen.

Allgemeine Gütergemeinschaft.

§§. 1440—1446.

515

Die Frau wird durch die Berwaltungshandlungen des Mannes weder Dritten noch dem Manne gegenüber persönliche) verpflichtet. E. I §. 1352; II §. 1342, D.K. §. 1428. K.T. §. 1426. 1) Ausnahmen in den §§. 1444—1446. Die gegen diese Ausnahmen ver­ stoßenden Rechtsgeschäfte des Mannes sind auch für den Mann unverbindlich. Das Recht, letztwillig über das Gesammtgut zu verfügen, wird durch §. 1443 nicht b erührt. 2) Zur Führung von Rechtsstreiten, die sich auf das Gesammtgut beziehen, ist der Mann ausschließlich legitimirt; dies gilt auch von den Passivprozessen. Eine Forderungstlage z B. kann gegen die Frau nur erhoben werden, wenn auch die Frau persönlich haftet. Gegensatz: Gesammtgut.

SefchranKungen Les Mannes; Einwilligung der Krau, a) Verfügung über Las Oefnmmtgut. §♦ 1444. Der Mann bedarf der Einwilligung der Frau zu einem Rechtsgeschäfte, durch das er sich zu einer Ver­ fügung über das Gesammtgut im Ganzen verpflichtet, sowie zu einer Verfügung über Gesammtgut, durch die eine ohne Zu­ stimmung der Frau eingegangene Verpflichtung dieser Art erfüllt werden soll. G. I §. 1353 Abs. 1; II § 1343, Z.M §. 1429. K.T. §. 1427. Hierunter fallen insbesondere die sog. Uebertragsverträge.

b) Verfügung über ein Grundstück. §♦ 1445. Der Mann bedarf der Emwilligung der Frau zur Verfügung über ein zu dem Gesammtgute gehörendes Grund­ stücks sowie zur Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung. G. I §. 1353 Abs. 1; II §. 1344, D.M §• 1430. K.T. §. 1428. Entgegen §. 1404 findet bei der allgemeinen Gütergemeinschaft der Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs (§§. 891—893) statt. Vergl. die Anm. zu §. 1438. i) Für Rechte an Grundstücken bewendet es bei §. 1443.

c) Schenkung. §♦ 1446. Der Mann bedarf der Einwilligung der Frau zu einer Schenkung aus dem Gesammtgute sowie zu einer Ver­ fügung über Gesammtgut, durch welche das ohne Zustimmung der Frau ertheilte Versprechen einer solchen Schenkung erfüllt werden soll. Das Gleiche gilt von einem Schenkungsversprechen, das sich nicht auf das Gesammtgut bezieht. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen 33*

516

Familienrecht. Bürgerliche Ehe. Vertragsmäßiges Güterrecht.

Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht ent­ sprochen wird. G. I §. 1353 Abs. 2, 3; II §. 1345, H.K. §. 1431, K-T. §. 1429. Zu Abs. 2 vergl. §. 534.

Ersetzung -er Zustimmung -er Frau. §♦ 1447. Ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesammtguts ein Rechtsgeschäft der in den §§.1444,1445 bezeichneten Art erforderlich, so kann die Zustimmung der Frau auf Antrag des Mannes durch das Vormundschaftsgericht') ersetzt2) werden, wenn die Frau sie ohne ausreichenden Grund verweigert. Das Gleiche gilt, wenn die Frau durch Krankheit oder durch Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist. G. I §. 1353 Abs. 4; II § 1346, S.K. §- 1432. K.T. §. 1430. ') F.G.G. §§. 35, 45. 2) Beginn der Wirksamkeit der Ersetzung F.G.G' §. 53.

Vornahme tints Rechtsgeschäfts ohne Zustimmung -er Frau. §♦ 1448. Nimmt der Mann ohne Einwilligung der Frau ein Rechtsgeschäft der in den §§. 1444 bis 1446 bezeichneten Art vor, so finden die für eine Verfügung der Frau über ein­ gebrachtes Gut geltenden Vorschriften des §. 1396 Abs. 1, 3 und der §§. 1397, 1398 entsprechende Anwendung. Fordert bei einem Vertrage der andere Theil den Mann auf, die Genehmigung der Frau zu beschaffen, so kann die Er­ klärung über die Genehmigung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Manne gegenüber erklärte Ge­ nehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird un­ wirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach dem Empfange der Aufforderung erklär! werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert. Wird die Genehmigung der Frau durch das Vormund­ schaftsgericht ersetzt, so ist im Falle einer Aufforderung nach Abs. 2 der Beschluß nur wirksam, wenn der Mann ihn dem anderen Theile mittheilt; die Vorschriften des Abs. 2 Satz 2 finden entsprechende Anwendung. G. I §. 1353 Abs. 1; II §. 1347, Z.U. § 1433. R-T- §. 1431. Vergl. §§. 182—184.

2. Rechte -er Frau. a) Rechtsoerfolgung gegen Dritte. §♦ 1448. Verfügt der Mann ohne die erforderliche ') Zu­ stimmung der Frau über ein zu dem Gesammtgute gehörendes

Allgemeine Gütergemeinschaft.

§§. 1447—1463.

517

Recht, so kann die Frau das Recht ohne Mitwirkung des Mannes gegen Dritte gerichtlich geltend machen. E. I §. 1354; II §. 1349, K.K. §. 1434. R-T. §. 1432. Die Frau ist bei der allg. G.G. nicht in der Geschäftsfähigkeit be­ schränkt. Das ausschließliche Verwaltungsrecht (§. 1443 Satz 1) des Mannes bedingt aber eine Verfügungsbeschränkung der Frau, von welcher die §§. 1449—1464 Ausnahmen enthalten. Zu §. 1449 vergl. §. 1407 Nr. 3. ') §§. 1444—1446.

b) Vertretung des Mannes. Ist der Mann durch Krankheit oder durch Abwesen­ heit verhindert, ein sich auf das Gesammtgut beziehendes Rechts­ geschäft vorzunehmen oder einen sich auf das Gesammtgut be­ ziehenden Rechtsstreit zu führen, so kann die Frau im eigenen Namen oder im Namen des Mannes das Rechtsgeschäft vor­ nehmen oder den Rechtsstreit führen, wenn mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist.

§♦ 1430.

E. I §. 1358; II §. 1353, HA- §• 1436. U.T. §. 1433. Entsprechend §. 1401, aber weitergehend (vergl. Anm. zu §. 1401).

c) Ersetzung der Zustimmung des Mannes. Ist zur ordnungsmäßigen Besorgung der persön­ lichen Angelegenheiten der Frau ein Rechtsgeschäft erforderlich, das die Frau mit Wirkung für das Gesammtgut nicht ohne Zu­ stimmung des Mannes vornehmen kann, so kann die Zu­ stimmung auf Antrag der Frau durch das Vormundschafts­ gericht ersetzt werden, wenn der Mann sie ohne ausreichenden Grund verweigert.

8. 1431.

E. I §. 1366; II §. 1364, Z.K. §. 1436. U.T. §. 1434. Entsprechend §. 1402. Vergl. die Anm. zu §. 1402.

d) Erwerdsgeschäst drr Frau. den selbständigen Betrieb eines Erwerbs­ geschäfts durch die Frau finden die Vorschriften des §. 1405 ent­ sprechende Anwendung.

§♦ 1432. Auf

E. I §. 1356; II §. 1361, H.M §- 1437. MT* §• 1435. Vergl. die Anm. zu §. 1405. Der §. 741 der C.P.O. gilt auch für §. 1462.

e) Entbehrlichkeit der Zustimmung des Mannes. oder Ausschlagung einer der Frau angefallenen Erbschaft oder eines ihr angefallenen Vermächtnisses ist nur die Frau berechtigt; die Zustimmung des Mannes ist nicht erforderlich. Das Gleiche gilt von dem Verzicht auf den Pflichttheil sowie von der Ablehnung eines der Frau gemachten Vertragsantrags oder einer Schenkung.

8.1433. Zur Annahme

518

Familienrecht. Bürgerliche Ehe.

Vertragsmäßiges Güterrecht.

Zur Errichtung des Inventars über eine der Frau angesallene Erbschaft bedarf die Frau nicht der Zustimmung des Mannes. G. I §. 1355, §. 2148 Nr. 4; II §. 1350, S.U. §. 1438. K.T. §. 1436. Vergl. die Anm. zu §. 1406 Nr. 1, 2. f) Fortsetzung eines Prozesses.

1L34. Zur Fortsetzung eines bei dem Eintritte der Güter­ tz ememschaft anhängigen Rechtsstreits bedarf die Frau nicht der Zustimmung des Mannes. G. I §. 1357; II §. 1352, D.K. §. 1439. K.T. §. 1437. Entsprechend §. 1407 Nr. 1. Vollstreckbarkeit des Urtheils C.P.O. §. 742. 3. Versicherung Les Gesammtguts.

8.1Ä83. Wird durch ein Rechtsgeschäft, das der Mann oder die Frau ohne die erforderliches Zustimmung des anderen Ehe­ gatten vornimmt, das Gesammtgut bereichert, so kann die Heraus­ gabe der Bereicherung aus dem Gesammtgute nach den Vor­ schriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Be­ reicherung'^) gefordert werden. G. I §. 1362 Nr. 1; II §. 1357 Abs. 1, K.K. 1440. K T» §• 1438. Entsprechend §. 1399 Abs. 2. ') §§. 1444- 1446. l) §§. 812 ff., insbesondere §. 818. 4. Verantwortlichkeit Les Mannes.

§♦ 1Ä80. Der Mann ist der Frau für die VerwaltungT) des Gesammtguts nicht verantwortlich. Er hat jedoch für eine Verminderung des Gesammtguts zu diesem Ersatz zu leistens, wenn er die Verminderung in der Absicht, die Frau zu benachtheiligen3), oder durch ein Rechtsgeschäft herbeiführt, das er ohne die erforderliches Zustimmung der Frau vornimmt. G. I §. 1364; II §. 1348, K.K. §. 1441. K.T. §. 1439. ’) §. 1443. 2) Zeit der Ersatzleistung §. 1467. 3) vergl. §. 1468 Nr. 2. 4) §§. 1444—1446. 5. Ausübung -er Rechte des Mannes durch den ges. Vertreter. §♦ 1Ä37. Steht der Mann unter Vormundschaft, so hat ihn der Vormund in den Rechten und Pflichten zu vertreten, die sich aus der Verwaltung des Gesammtguts ergeben. Dies gilt auch dann, wenn die Frau Vormund des Mannes ist. G. I §. 1370; II §. 1355, K.K. §• 1442. MT. §. 1440. Entsprechend §. 1409; vergl. die Anm. zu §. 1409.

Allgemeine Gütergemeinschaft.

§§. 1454—1461.

§♦ 1438. Der eheliche Aufwand

519

6. Ehrlicher Aufwand. fällt dem Gesammtgute

zur Last. E. II §. 1360, SA. §. 1443.

K.T. §. 1441.

V. Schul-enhaftung. 1. Rechte -er Gläubiger; Gefammtgutsverbin-lichkeiten. §♦ 1438. Aus dem Gesammtgute können die Gläubiger des Mannes und, soweit sich nicht aus den §§. 1460 bis 1462 ein Anderes ergiebt, auch die Gläubiger der Frau Befriedigung verlangen (Gesammtgutsverbindlichkeiten). Für Verbindlichkeiten der Frau, die Gesammtgutsverbindlichkeiten sind, haftet der Mann auch persönlich als Gesammtschuldner'). Die Haftung erlischta) mit der Beendigung der Gütergemeinschaft, wenn die Verbindlichkeiten im Ver­ hältnisse der Ehegatten zu einander nicht dem Gesammtgute zur Last fallen3). E. I §. 1359; II §. 1356, H.K. §. 1444. U.T. §. 1442. Schulden des Mannes sind ausnahmslos Gespmrntgutsschulden, auch wenn sie aus unerlaubten Handlungen herrühren. Für Schulden der Frau bestehen Ausnahmen (§§. 1460—1462), jedoch nur bezüglich der nach Eingehung der allg. G.G. entstandenen. Zur Zwangsvollstreckung in Gesammtgut ist ein gegen den Mann ergangenes Urtheil erforderlich und genügend (C.P.O. §. 740). Ausnahmen für die Fälle der §§. 1452, 1455 in der C.P.O. §§. 741, 742. Den Konkursfall regelt die K.O. §. 2. Im Uebrigen vergl. die Vordem. S. 511, 512. ') §§. 421 ff. a) Vergl. §. 1469. ®) §§. 1463—1465.

Uerbin-lichkritrn -er Frau.

§♦ 1460. Das Gesammtgut haftet') für eine Verbindlichkeit der Frau, die aus einem nach dem Eintritte der Gütergemeinschaft vorgenommenen Rechtsgeschäft entsteht, nur dann, wenn der Mann seine Zustimmung zu dem Rechtsgeschäft ertheilt oder wenn das Rechtsgeschäft ohne seine Zustimmung für das Ge­ sammtgut wirksam3) ist. Für die Kosten eines Rechtsstreits der Frau haftet das Gesammtgut auch dann, wenn das Urtheil dem Gesammtgute gegenüber nicht wirksam ist. G. I §. 1362 Nr. 1; II §. 1357, D.U» §• 1445. U-T. §. 1443. ') Entsprechend §. 1412. a) §§. 1449—1455, 1357.

§. 1461. Das Gesammtgut haftet nicht für Verbindlichkeiten der Frau, die in Folge des Erwerbes einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses entstehen, wenn die Frau die Erbschaft oder das

520

Familienrecht. Bürgerliche Ehe. Vertragsmäßiges Güterrecht.

Vermächtniß nach dem Eintritte der Gütergemeinschaft als Vor­ behaltsgut erwirbt. G. I §. 1362 Nr. 2; II §. 1368, H.K. §. 1446. K T- §• "44. Entsprechend §. 1413; vergl. §. 1440 mit §. 1369.

§♦ 1462. DasGesammtgut haftet nicht für eine Verbindlich­ keit der Frau, die nach dem Eintritte der Gütergemeinschaft in Folge eines zu dem Vorbehaltsgute gehörenden Rechtes oder des Besitzes einer dazu gehörenden Sache entsteht, es sei denn, daß das Recht oder die Sache zu einem Erwerbsgeschäfte ge­ hört, das die Frau mit Einwilligung des Mannes selbständig betreibt. G. I §. 1362 Nr. 3; II §. 1369, Z.K. §. 1447. K.T. §. 1446. Entsprechend §. 1414; vergl. §. 1440 mit §. 1370; §. 1452. Wegen der gesetzlichen Unterhaltspflicht der Frau s. auch §. 1604 Abs 2.

2. Rechtsverhültniß -er Ehegatten pi einander.

§. 1463. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen folgendes Gesammtgutsoerbindlichkeiten dem Ehegatten zur Last, in dessen Person si» entstehen: 1. die Verbindlichkeiten aus einer unerlaubten Handlung, die er nach dem Eintritte der Gütergemeinschaft begeht, oder aus einem Strafverfahren, das wegen einer solchen Handlung gegen ihn gerichtet wird; 2. die Verbindlichkeiten aus einem sich auf sein Vorbehalts­ gut beziehenden Rechtsverhältniß, auch wenn sie vor dem Eintritte der Gütergemeinschaft oder vor der Zeit entstanden sind, zu der das Gut Vorbehaltsgut geworden ist; 3. die Kosten eines Rechtsstreits über eine der in Nr. 1, 2 bezeichneten Verbindlichkeiten. G. I §. 1367 Abs. 2 Nr. 1, 2, 4; II §. 1361, Z.U. §. 1448. K.T. §. 1446. i) Regel ist also, daß das Gesammtgut die Schulden auch im Ver­ hältnisse der Ehegatten zu einander trägt.

§. 1464. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen die Kosten eines Rechtsstreits zwischen ihnen der Frau zur Saft, soweit nicht der Mann sie zu tragen hat. Das Gleiche gilt von den Kosten eines Rechtsstreits zwischen der Frau und einem Dritten, es sei denn, daß das Urtheil dem Gesammtgute gegenüber wirksam ist1), Betrifft jedoch der Rechts­ streit eine persönliche Angelegenheit der Frau oder eine nicht unter die Vorschriften des §. 1463 Nr. 1, 2 fallende Gesammtgutsverbindlichkeit der Frau, so findet diese Vorschrift keine An-

Allgemeine Gütergemeinschaft.

Wendung, wenn nach geboten ist.

§§. 1462—1468.

521

die Aufwendung der Kosten den Umständen

E. I §. 1367 Abs. 2 Nr. 4; II §. 1362, D.K. §. 1449. R-T- §• 1447. §. 1459 Abs. 1 mit §§. 1460—1462.

Ausstattung^ 8.1463« Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fällt eine Ausstattung, die der Mann einem gemeinschaftlichen Kinde aus dem Gesammtgute verspricht oder gewährt, dem Manne insoweit zur Last, als sie das dem Gesammtgut entsprechende Maß übersteigt'). Verspricht oder gewährt der Mann einem nicht gemein­ schaftlichen Kinde eine Ausstattung aus dem Gesammtgute, so fällt sie im Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem Vater oder der Mutter des Kindes zur Last, der Mutter jedoch nur insoweit, als sie zustimmt oder die Ausstattung nicht das dem Gesammtgut entsprechende Maß übersteigt. G. I §. 1368; II §. 1363, K.U. §. 1450. K.T. §. 1448. ') Vergl. §. 1624 mit §. 1446. Wegen der Ausgleichung unter den Abkömmlingen §. 2054.

3. Ausgleichung zwischen Uorbehaltsgut des Mannes und Gesammtgut. 8.1266. Verwendet der Mann Gesammtgut in sein Vor­ behausgut, so hat er den Werth des Verwendeten zu dem Ge­ sammtgute zu ersetzen'). Verwendet der Mann Vorbehaltsgut in das Gesammtgut, so­ lenn er Ersatz aus dem Gesammtgute verlangen. G. I §. 1365; II §. 1364, K.K. §• 1451. ') Zeit der Ersatzleistung §. 1467.

K.T. §. 1449.

4. Zeit der Erfüllung gegenseitiger Grsatzvrrbindtichlreitem §♦ 1L67. Was ein Ehegatte zu dem Gesammtgut oder die Frau zu dem Vorbehaltsgute des Mannes schuldet, ist erst nach der Beendigung der Gütergemeinschaft zu leisten; soweit jedoch zur Berichtigung einer Schuld der Frau deren Vorbehaltsgut ausreicht, hat sie die Schuld schon vorher zu berichtigen. Was der Mann aus dem Gesammtgute zu fordern hat, kann er erst nach der Beendigung der Gütergemeinschaft fordern. G. I §. 1369; II §. 1365, K.zr. §• 1452.

K.T. §. 1450. VI. Beendigung^

Klage der Krau auf Aufhebung der Gütergemeinschaft.. 8.1Ä68. Die Frau kann') auf Aufhebung der Gütergemein­ schaft klagen:

522

Familienrecht. Bürgerliche Ehe. Vertragsmäßiges Giiterrecht.

1. wenn der Mann ein Rechtsgeschäft berv in den §§. 1444 bis 1446 bezeichneten Art ohne Zustimmung der Frau vorgenommen hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung der Frau zu besorgen ist; 2. wenn der Mann das Gesammtgut in der Absicht, die Frau zu benachtheiligen, vermindert hat2); 3. wenn der Mann seine Verpflichtung, der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen Unterhalt») zu gewähren, verletzt4) hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist; 4. wenn der Mann wegen Verschwendung entmündigt») ist oder wenn er das Gesammtgut durch Verschwendung er­ heblich gefährdet; 5. wenn das Gesammtgut in Folge von Verbindlichkeiten, die in der Person des Mannes entstanden sind«), in solchem Maße überschuldet ist, daß ein späterer Erwerb der Frau erheblich gefährdet roirb7). G. I §. 1872; II §. 1366, S.K. §- 1453.

K.T. §. 1451.

1) Entsprechend §. 1418, aber viel enger. 2) §. 1456. 3) §. 1458 mit §. 1443, ferner §§. 1360, 1361, 1601—1603. 4) Ein Verschulden des Mannes ist nicht erforderlich. 5) §. 6 Nr. 2. •) auch wenn sie im Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem Gesammtgute zur Last fallen. 7) Konkurs, Entmündigung (außer wegen Verschwendung), Pfleg­ schaft sind bei der allgemeinen Gütergemeinschaft keine Aufhebungsgründe. Eine Beendigung kraft Gesetzes findet, abgesehen von der Auflösung der Ehe durch Tod oder Scheidung und von einem die Aufhebung bestimmenden Ehevertrage, nicht statt. Die Todeserklärung eines Ehegatten wirkt nur nach Maßgabe der im §. 18 aufgestellten Vermuthung.

Klage des Mannes.

§♦ 1468. Der Mann kann aus Aushebung') der Gütergemein­ schaft klagen, wenn das Gesammtgut in Folge von Verbindlich­ keiten der Frau, die2) im Verhältnisse der Ehegatten zu einander nicht dem Gesammtgute zur Last fallen, in solchem Maße über­ schuldet ist, daß ein späterer Erwerb des Mannes erheblich ge­ fährdet wird. G. II §. 1367, S.K. §. 1454. K.T. §. 1452. ') Vergl. §. 1459 Abs. 2 Satz 2. 2) §§. 1463—1465.

Zeit der Seen-igung.

§♦ 1470. Die Aufhebung der Gütergemeinschaft tritt in den Fällen der §§. 1468, 1469 mit der Rechtskraft des Urtheils ein. Für die Zukunft gilt Gütertrennung').

Allgemeine Gütergemeinschaft.

§§. 1469—1473.

523

Dritten gegenüber ist die Aufhebung der Gütergemeinschaft nur nach Maßgabe des §. 14352) wirksam. G. I §. 1371 Nr. 2, §. 1381 Abs. 2; II §. 1368, S.K. §. 1466.

K.T. §. 1463. ') §§. 1427—1431. 2) Eintrag in das Güterrechtsregister.

Auseinandersetzung.

§. 1471* Rach der Beendigung der Gütergemeinschaft findet in Ansehung des Gesammtguts die Auseinandersetzung') statt. Bis zur Auseinandersetzung2) gelten für das Gesammtgut die Vorschriften des §. 1442. G. I §. 1373 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, §. 1376; II §. 1369 Satz 1, §. 1370, S.K. §. 1466. K T- §- 1464. ') Die Vermittelung des Amtsgerichts (Notars) bei der Auseinander­ setzung bestimmt sich nach dem F.G.G. §§.86—98(99), 193. Die Auseinander­ setzung umfaßt nicht nur die Theilung des Gesammtguts (§§. 762 ff., 1477), sondern auch die Ausgleichung wegen der auf Grund der Gütergemeinschaft bestehenden gegenseitigen Ansprüche der Ehegatten. 2) Zwangsvollstreckung in das Gesammtgut C.P.O. §§. 743, 744; Pfändung des Antheils ebenda §. 860 Abs. 2. Kommt einer der Ehe­ gatten in Konkurs, so gehört sein Antheil am Gesammtgute zur Konkurs­ masse; vergl. K.O. §. 16 Abs. 1.

Uerwattung Les Gesammtguts bis zur Auseinandersetzung. Die Verwaltung des Gesammtguts steht bis zur Ausemandersetzung beiden Ehegatten gemeinschaftliche zu. Die Vorschriften des §. 1424 finden entsprechende Anwendung. Jeder Ehegatte ist dem anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind; die zur Erhaltung nothwendigen Maßregeln kann jeder Ehegatte ohne Mitwirkung des anderen treffen.

§♦ 1472.

G. I §. 1373 Abs. 1 Satz 2, 3; II §. 1371, K.K. §. 1467. §. 1466. ') Bergl. §§. 741 ff.

K.T.

Surrogation.

§. 1473. Was auf Grund eines zu dem Gesammtgute ge­ hörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Gesammtgute gehörenden Gegen­ standes oder durch ein Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf das Gesammtgut bezieht, wird Gesammtgut. Die Zugehörigkeit einer durch Rechtsgeschäft erworbenen Forderung zum Gesammtgute hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit

524

Familienrecht. Bürgerliche Ehe. Vertragsmäßiges Güterrecht.

Kenntniß erlangt; die Vorschriften der §§. 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung. G. I §. 1873 Abs. 2; II §. 1372, S.K. §. 1458. U.T. §. 1456.

Art der Auseinandersetzung. 1. Grundsatz. - §♦ 1474* Die Auseinandersetzung erfolgt, soweit nicht eine andere Vereinbarung 0 getroffen wird, nach den §§. 1475 bis 1481. G. I §. 1376; II §. 1369 Satz 2, SU. §- 1459. U-T. §. 1457. 1) Dies braucht kein Ehevertrag (§. 1432) zu sein.

2. Berichtigung der Schulden. H. 147A. Aus dem Gesammtgute sind zunächst die Gesammtgutsverbindlichkeiten zu berichtigens. Ist eine Gesammtgutsverbindlichkeit noch nicht fällig oder ist sie streitig, so ist das zur Berichtigung Erforderliche zurückzubehalten. Fällt') eine Gesammtgutsverbindlichkeit im Verhältnisse der Ehegatten zu einander einem der Ehegatten allein zur Last, so kann') dieser die Berichtigung aus dem Gesammtgute nicht ver­ langen. Zur Berichtigung der Gesammtgutsverbindlichkeiten ist das Gesammtgut, soweit erforderlich, in Geld umzusetzen4). G. I §. 1377 Abs. 1, §. 1378 Abs. 1; II §. 1373, K.K. §. 1460. R T. §. 1458. ') Vergl. §§. 1480, 1481. *) §§. 1463—1465. *) Dergl. §. 755. 4) Vergl. §. 733 Abs. 3. 3. Theilung des Uederschusses. §♦ 1476* Der nach der Berichtigung der Gesammtguts­ verbindlichkeiten verbleibende Ueberschuß gebührt den Ehegatten zu gleichen Theilen. Was einer der Ehegatten zu dem Gesammtgute zu ersetzen verpflichtet ist, muß er sich auf seinen Theil anrechnen lassen. Soweit die Ersatzleistung nicht durch Anrechnung erfolgt, bleibt er dem anderen Ehegatten verpflichtet. G. I §. 1377 Abs. 2—4; II §. 1374, D.U. §. 1461. K.T. §. 1459.

4. Uebernahme von Gegenständen. §♦ 1477* Die Theilung des Ueberschusses erfolgt nach den Vorschriften über die Gemeinschaft*). Jeder Ehegatte kann gegen Ersatz des Werthes die aus­ schließlich zu seinem persönlichen Gebrauche bestimmten Sachen, insbesondere Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräte, sowie diejenigen Gegenstände übernehmen, welche er in die Güter-

Allgemeine Gütergemeinschaft.

§§. 1474—1480.

525

gemeinschaft eingebracht oder während der Gütergemeinschaft durch Erbfolge, durch Vermächtniß oder mit Rücksicht' auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung2) erworben hat. G. I §. 1378 Abs. 2; II §. 1375, ’) §§• 752 ff. 2) §. 1624.

D.U. §. 1462.

U.T. §• 1460.

5. Aufhebung der Gemeinschaft durch Ehescheidung. Sind die Ehegatten geschieden und ist einer von ihnen allein für schuldigt erklärt, so kann der andere verlangen, daß jedem von ihnen der Werth desjenigen zurückerstattet wird, was er in die Gütergemeinschaft eingebracht hat; reicht der Werth des Gesammtguts zur Rückerstattung nicht aus, so hat jeder Ehegatte die Hälfte des Fehlbetrags zu tragen. AIs eingebracht ist anzusehen, was eingebrachtes Gut gewesen sein würde, wenn Errungenschaftsgemeinschaft bestanden hättet). Der Werth des Eingebrachten bestimmt sich nach der Zeit der Einbringung. Das im Abs. 1 bestimmte Recht steht auch dem Ehegatten zu, dessen Ehe wegen seiner Geisteskrankheit geschieden3) worden ist.

§♦ 1478.

G. II §. 1376, K.U. §. 1463. U.T. §. 1461. ') Vergl. §. 1574; der tz. 1478 gilt auch, wenn die eheliche Ge­ meinschaft aufgehoben ist (§. 1575 Abs. 2; §. 1586). Sind beide Theile für schuldig erklärt, so bewendet es bei der Theilung nach Hälften. 2) Vergl. §§. 1520—1524. 3) §. 1569.

6. Aufhebung der Grmrinfchaft durch Urtheil.

§♦ 1478. Wird die Gütergemeinschaft auf Grund des §. 1468 oder des §. 1469 durch Urtheil aufgehoben, so kann') der Ehe­ gatte, welcher das Urtheil erwirkt hat, verlangen, daß die Aus­ einandersetzung so erfolgt, wie wenn3) der Anspruch auf Aus­ einandersetzung mit der Erhebung3) der Klage auf Aufhebung der Gütergemeinschaft rechtshängig geworden wäre. G. I §. 1379; II §. 1377, S.U. §. 1464. U.T. §. 1462. ') Entsprechend §. 1422. Diese Befugniß besteht nur für die Auf­ hebung der G.G. durch Urtheil (§§. 1468, 1469), nicht für die Beendigung der G.G. infolge Ehescheidung. 2) Vergl. §. 292. 3) C.P.O. §§. 263, 281.

7. Uichtberichtigung -er Schulden.

§♦ 1480. Wird eine Gesammtgutsverbindlichkeit nicht vor der Theilung des Gesammtguts berichtigt'), so haftet dem Gläubiger auch der Ehegatte persönlich als Gesammtschuldner, für den zur Zeit der Theilung eine solche Haftung nicht besteht2). Seine Haftung beschränkt sich auf3) die ihm zugetheilten Gegenstände;

526

Familienrecht. Bürgerliche Ehe. Vertragsmäßiges Güterrecht,

die für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften der §§. 1990, 1991 finden entsprechende Anwendung. G. II §. 1378, D.K. §• 1465. U-T. §. 1463. ') §. 1475. 2) Vergl. §. 1459 Abs. 2 Satz 2. 3) Haftung cum, nicht pro viribus; wegen der Geltendmachung gegenüber der Zwangsvollstreckung C.P.O. §. 786.

§♦ 1481. Unterbleibt bei der Auseinandersetzung die Be­ richtigung einer Gesammtgutsverbindlichkeit, die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem Gesammtgut oder dem Manne zur Last fällt'), so hat der Mann dafür einzustehen, daß die Frau von dem Gläubiger nicht in Anspruch genommen wird. Die gleiche Verpflichtung hat die Frau dem Manne gegenüber, wenn die Berichtigung einer Gesammtgutsverbindlichkeit unter­ bleibt, die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander der Frau zur Last fällt2). G. I §. 1380; II §. 1379, K.U. §. 1466. K.T. §. 1464. 1) §§. 1463—1465. 2) Die Einbuße trägt also der Mann. Auflösung der Ehr durch den Tod eines Gotten (Unbeerbte Ehe). §♦ 1482. Wird die Ehe durch den Tod eines der Ehegatten aufgelöst und ist ein gemeinschaftlicher Abkömmling nicht vor­ handen, so gehört der Antheil des verstorbenen Ehegatten am Gesammtgute zum Nachlasse. Die Beerbung des Ehegatten erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften. G.I §. 1382, §. 1383 Abs. 1; II §.1380, K.U. §.1467. U.T.§ 1465. Der Ehegatte wird in derselben Weise ab intestato oder ex testamento beerbt, wie wenn Gütergemeinschaft nicht bestanden hätte. VII. Fortgesetzte Gütergemeinschaft (Keerbte Ehe). 1. Eintritt. §♦ 1483. Sind bei dem Tode eines Ehegatten gemeinschaft­ liche Abkömmlinge vorhanden, so wird zwischen dem über­ lebenden Ehegatten und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen, die im Falle der gesetzlichen Erbfolge als Erben berufen find'), die Gütergemeinschaft fortgesetzt. Der Antheil des verstorbenen Ehegatten am Gesammtgute gehört in diesem Falle nicht zum Nachlasse; im Uebrigen2) erfolgt die Beerbung des Ehegatten nach den allgemeinen Vorschriften. Sind neben den gemeinschaftlichen Abkömmlingen andere Abkömmlinge vorhanden, so bestimmen sich ihr Erbrecht und ihre Erbtheile so, wie wenn fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht eingetreten wäre3). G. I §. 1383 Abs. 2 Satz 1, §. 1384; II §. 1381, K.U. §. 1468. R-T. §. 1466.

Allgemeine Gütergemeinschaft.

§§. 1481—1486.

527

') §. 1924. 2) bezüglich des Vorbehaltsguts sowie der nach §. 1439 vom Gesammtgut ausgeschlossenen Gegenstände. 3) vergl. §. 1482.

Ablehnung der fortgesetzten Gütergemeinschaft überlebende Ehegatte kann die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ablehnend. Aus die Ablehnung finden die für die Ausschlagung einer Erbschaft geltenden Vorschriften der §§. 1943 bis 1947, 1950, 1952, 1954 bis 1957, 1959 entsprechende Anwendung. Steht, der überlebende Ehegatte unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft, so ist zur Ablehnung die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtsa) erforderlich. Lehnt der Ehegatte die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ab, so gilt das Gleiche wie im Falle des §. 1482.

§♦ 1484. Der

G. I §. 1386; II §. 1382, H.U. §- 1469. l) Wegen des Konkurses K.O. §. 9 Satz 2. 3) Zuständigkeit F.G.G. §§. 35, 43.

U.T. §. 1467.

2. Umfang des Gefammtguts.

8.1483. Das Gesammtgutderfortgesetzten Gütergemeinschaft besteht aus dem ehelichen Gesammtgute, soweit es nicht nach. §. 1483 Abs. 2 einem nicht antheilsberechtigten Abkömmlinge zufällt, und aus dem Vermögen, das der überlebende Ehegatte aus dem Nachlasse des verstorbenen Ehegatten oder nach dem Eintritte der fortgesetzten Gütergemeinschaft erwirbt. Das Vermögen, das ein gemeinschaftlicher Abkömmling zur Zeit des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft hat oder später erwirbt, gehört nicht zu dem Gesammtgute. Auf das Gesammtgut finden die für die eheliche Güter­ gemeinschaft geltenden Vorschriften des §. 1438 Abs. 2, 3 ent^ sprechende Anwendung'). G. I §. 1396 Abs. 1, 5, §. 1397 Abs. 1; II § 1393, Z.U. § 1470. U.T. §. 1468. ') Die fortges. G.G. wird in das Grundbuch eingetragen; vergl. G.B.O. §§. 48, 99. Legitimation gegenüber dem Grundbuchamt ebenda. §. 36 Abs. 2. In das Güterrechtsregister wird das Bestehen der fortges. G.G. nicht eingetragen.

Vordehaltsgrtt.

§♦ 1486. Dorbehaltsgut des überlebenden Ehegatten ist, was er bisher als Vorbehaltsgut gehabt hat oder nach §. 1369 oder §. 1370 erwirbt. Gehören zu dem Vermögen des überlebenden Ehegatten Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden

528

Familienrecht. Bürgerliche Ehe.

Vertragsmäßiges Güterrecht,

können, so finden auf sie die bei der Errungenschaftsgemeinschast für das eingebrachte Gut des Mannes geltenden Vor­ schriften, mit Ausnahme des §. 1524, entsprechende Anwendung*). G. I §. 1396 Abs. 2-4; II §. 1394, S.U. §. 1471. KT. §• 1469. *) Dergl. die Anm. zu §. 1439.

Z. Stellung Les Ehegatten und der Abkömmlinge. §♦ 14L87. Die Rechte und Verbindlichkeiten des überlebenden -Ehegatten sowie der antheilsberechtigten Abkömmlinge in An­ sehung des Gesammtguts der fortgesetzten Gütergemeinschaft bestimmen sich nach den für die eheliche Gütergemeinschaft -geltenden Vorschriften der §§. 1442 bis 1449, 1455 bis 1457, 1466; der überlebende Ehegatte hat die rechtliche Stellung des Mannes, die antheilsberechtigten Abkömmlinge haben die recht­ liche Stellung der Frau. Was der überlebende Ehegatte zu dem Gesammtgute schuldet oder aus dem Gesammtgute zu fordern hat, ist erst nach der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft zu leisten. G. I §. 1399 Abs. 1; II §. 1398, K.K. §. 1472. K.T. §. 1470. Wegen der Zwangsvollstreckung in den Antheil am Gesammtgute -C.P.O. §. 860. Der Unterhalt und die Ausstattung der Abkömmlinge bilden keine Last der fortges. G., sondern es bewendet in dieser Beziehung Lei den allgemeinen Vorschriften (§§. 1601 ff., 1624).

4. KchulLenhastung. §♦ 1Ä88. Gesammtgutsverbindlichkeiten der fortgesetzten Gütergemeinschaft sind die Verbindlichkeiten des überlebenden Ehegatten sowie solche Verbindlichkeiten des verstorbenen Ehe­ gatten, die Gesammtgutsverbindlickkeiten der ehelichen Güter­ gemeinschaft waren. G. I §. 1384 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2, §. 1399 Abs. 2; II §. 1399, D.K. 1473. K.T. §. 1471. Siehe wegen der Zwangsvollstreckung in das Gesammtgut die C.P.O. §. 745, wegen des Konkurses die K.O. §. 2 Abs. 3.

§♦ 14189t Für die Gesammtgutsverbindlichkeiten der fort­ gesetzten Gütergemeinschaft haftet der überlebende Ehegatte per­ sönlich. Soweit die persönliche Haftung den überlebenden Ehe-gatten nur in Folge des Eintritts der fortgesetzten Güter.gemeinschaft trifft*), finden die für die Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten geltenden Vorschriften2) entsprechende Anwendung; an die Stelle des Nachlasses tritt das Gesammt-

Allgemeine Gütergemeinschaft.

§§. 1487—1491.

529

gut in dem Bestände, den es zur Zeit des Eintritts der fort­ gesetzten Gütergemeinschaft hat. Eine persönliche Haftung der antheilsberechtigten Ab­ kömmlinge für die Verbindlichkeiten des verstorbenen oder des überlebenden Ehegatten wird durch die fortgesetzte Gütergemein­ schaft nicht begründet. G. I §. 1384 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2, §. 1399 Abs. 2; II §. 1400, K.U. §. 1474. K.T. §- 1472. ') D. i. wenn der Mann der überlebende Ehegatte ist, jede Gesammtgutsverbindlichkeit, die in der Person der Frau entstanden ist und im Verhältnisse der Ehegatten zu einander nicht dem Gesammtgute zur Last fällt (z. B. eine Deliktsschuld der Frau); wenn die Frau überlebt, sind es alle Gesammtgutsverbindlichkeiten, welche nicht in ihrer Person ent­ standen sind. 2) §§. 1967 ff. Regel ist Haftung nur mit dem Gesammtgute. Siehe wegen des Aufgebots der Gesammtgutsgläubiger die C.P.O. §. 1001, wegen des Vorbehalts der beschränkten Haftung ebenda §. 305 Abs. 2, wegen der Geltendmachung der beschränkten Haftung gegenüber der Zwangs­ vollstreckung §. 786, wegen des Konkurses die K.O. §. 236.

5. Tod eines Abkömmlingrs. §. 1490, Stirbt ein antheilsberechtigter Abkömmling, so gehört sein Antheil an dem Gesammtgute nicht zu seinem Nachlasse. Hinterläßt er Abkömmlinge, die antheilsberechtigt sein würden, wenn er den verstorbenen Ehegatten nicht überlebt hätte, so treten die Abkömmlinge an seine Stelle. Hinterläßt er solche Abkömmlinge nicht, so wächst sein Antheil den übrigen antheilsberechtigten Abkömmlingen und, wenn solche nicht vor­ handen sind, dem überlebenden Ehegatten an. G. I §. 1397 Abs. 2; II §. 1395, D.K. §• 1475. K.T. §. 1473.

6. Uerzicht eines AbKömmtinges. §♦ 1491. Ein antheilsberechtigter Abkömmling kann auf seinen Antheil an dem Gesammtgute verzichten. DerVerzicht erfolgt durch Erklärung gegenüber') dem für den Nachlaß des ver­ storbenen Ehegatten zuständigen2) Gerichte; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form2) abzugeben. Das Nachlaßgericht soll die Erklärung dem überlebenden Ehegatten und den übrigen antheilsberechtigten Abkömmlingen mittheilen. Der Verzicht*) kann auch durch Vertrag mit dem über­ lebenden Ehegatten und den übrigen antheilsberechtigten Ab­ kömmlingen erfolgen. Der Vertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung2). Steht der Abkömmling unter elterlicher Gewalt oder unter Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch.

3. Auflage.

34

530

Familienrecht. Bürgerliche Ehe. Vertragsmäßiges Güterrecht.

Vormundschaft, so ist zu dem Verzichte die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. Der Verzicht hat die gleichen Wirkungen, wie wenn der Verzichtende zur Zeit des Verzichts ohne Hinterlassung von Abkömmlingen gestorben wäre«). G. I §. 1398 Abs. 1- 3; II §. 1396, DA. §- 1476. K T. §. 1474. i) nicht nothwendig „vor". a) F.G.G. §§. 72, 73. 3) §. 129; F.G.G. §§. 167, 183. 4) Zu unterscheiden vom Falle des §. 1517. 5) §. 128, E.G. Art. 141, F.G.G. §§. 167—182, 184. «) Vergl. §. 1490 Satz 2.

7. Keendigung. Aushebung Lurch den überlebenden Ehegatten. §. 1492* Der überlebende Ehegatte kann die fortgesetzte Gütergemeinschaft jederzeit aufheben*). Die Aufhebung erfolgt durch Erklärung gegenüber2) dem für den Nachlaß des verstorbenen Ehegatten zuständigen2) Gerichte; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben2). Das Nachlaßgericht soll die Erklärung den antheilsberechtigten Abkömmlingen und, wenn der überlebende Ehegatte gesetzlicher Vertreter eines der Abkömm­ linge ist, dem Vormundschaftsgerichte mittheilen. Die Aufhebung kann auch durch Vertrag zwischen dem überlebenden Ehegatten und den antheilsberechtigten Abkömm­ lingen erfolgen. Der Vertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung2). Steht der überlebende Ehegatte unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft, so ist zu der Aufhebung die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. G. I §. 1403 Nr. 4, 5; II §. 1403, KA. §. 1477. K.T. §. 1475. ') Eine einseitige Aushebung (anders §. 1491 Abs. 2) gegenüber einem einzelnen Abkömmling ist ausgeschlossen. *) Vergl. die Sinnt, zu §. 1491. MieLervrrheirathung Les überlebenden Ehegatten. tz. 1493. Die fortgesetzte Gütergemeinschaft endigt mit der Wiederverheirathung des überlebenden Ehegatten. Der überlebende Ehegatte hat*), wenn ein antheilsberechtigter Abkömmling minderjährig ist oder bevormundet wird, die Absicht der Wiederverheirathung dem Vormundschaftsgericht 2) an­ zuzeigen, ein Verzeichniß des Gesammtguts einzureichen, die Gütergemeinschaft aufzuheben3) und die Auseinandersetzung4) her­ beizuführen. Das Vormundschaftsgericht kann gestatten, daß

Allgemeine Gütergemeinschaft.

■§§. 1492—1495.

531

die Aufhebung der Gütergemeinschaft bis zur Eheschließung unterbleibt und daß die Auseinandersetzung erst später erfolgt. G. I §. 1403 Nr. 2, §. 1404; II §. 1404, K.U. §. 1478. K-T§. 1476. *) Aufschiebendes Ehehinderniß §. 1814 Abs. 2. -) F-G.G. §§. 35, 43. 8) §. 1492. 4) §§. 1497 ff.

Tod des Ehegatten.

§♦ 1494* Die fortgesetzte Gütergemeinschaft endigt mit dem Tode des überlebenden Ehegatten. Wird der überlebende Ehegatte für todt erklärt, so endigt die fortgesetzte Gütergemeinschaft mit dem Zeitpunktes, der als Zeitpunkt des Todes gilt. G. I §. 1403 Nr. 1; II § 1405, D.U. §. 1479. *) Vergl. §. 18.

K.T. §. 1477.

Klage eines Abkömmlinges.

§♦ 1498. Ein antheilsberechtigter Abkömmling kann gegen den überlebenden Ehegatten auf Aufhebung der fortgesetzten Gütergemeinschaft klagen: 1. wenn der überlebende Ehegatte ein Rechtsgeschäft der in den §§. 1444 bis 1446 bezeichneten Art ohne Zu­ stimmung des Abkömmlinges vorgenommen hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Abkömmlinges zu besorgen ist; 2. wenn der überlebende Ehegatte das Gesammtgut in der Absicht, den Abkömmling zu benachtheiligen, ver­ mindert hat'); 3. wenn der überlebende Ehegatte seine Verpflichtung2), dem Abkömmling Unterhalt zu gewähren, verletzt hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist; 4. wenn der überlebende Ehegatte wegen Verschwendung entmündigt2) ist oder wenn er das Gesammtgut durch Verschwendung erheblich gefährdet; 5. wenn der überlebende Ehegatte die elterliche Gewalt über den Abkömmling verwirkt4) hat oder, falls sie ihm zu­ gestanden hätte, verwirkt haben würde. G. I §. 1405 Abs. 1; II §. 1406, K.K. §• 1480. K.T. §• 1478. Entsprechend tz. 1468. Der einzelne Abkömmling hat im übrigen kein Recht auf Abschichtung, insbesondere kann er seinen Antheil nicht zu seiner Selbständigmachung oder Verheirathung verlangen. *) Vergl. §. 1487 mit §. 1466. 2) §§. 1601—1603. 3) §. 6 Nr. 2. 4) Vergl. §. 1680.

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Familienrecht. Bürgerliche Ehe. Vertragsmäßiges Güterrecht.

§♦ 1486. Die Aushebung der fortgesetzten Gütergemeinschaft tritt in den Fällen des §. 1495 mit der Rechtskraft des Ur­ theils ein ‘). Sie tritt für alle Abkömmlinge ein, auch wenn das Urtheil auf die Klage eines der Abkömmlinge ergangen ist. G. I §. 1403 Nr. 3, §. 1405 Abs 2; II §. 1407, S.K. §. 1481 R.T. § 1479 Vergl. §. 1470.

Auseinandersetzung. §♦1497. Nach der Beendigung der fortgesetzten Gütergemein­ schaft findet in Ansehung des Gesammtguts die Auseinander­ setzung statt. Bis zur Auseinandersetzung bestimmt sich das Rechts­ verhältniß der Theilhaber am Gesammtgute nach den §§. 1442, 1472, 1473. G. I §. 1406 Abs. 1, II §. 1408, S.U. §- 1482. K-T. §. 1480. Anm. zu §. 1471. Wegen der Zwangsvollstreckung s. die C.P.O §. 745. Wegen der Vermittelung der Auseinandersetzung F G.G. §§ 99, 193. Die Schichtung hat für die Abkömmlinge nicht die Bedeutung einer Todttheilung d. h. das Erb- und Pflichttheilsrecht der Abkömmlinge gegenüber dem überlebenden Ehegatten wird durch die Auseinandersetzung nicht be­ rührt.

Art -er Auseinandersetzung. .§♦ 1498. Auf die Auseinandersetzung finden die Vorschriften der §§. 1475, 1476, des §. 1477 Abs. 1 und der §§. 1479 bis 1481 Anwendung; an die Stelle des Mannes tritt der über­ lebende Ehegatte, an die Stelle der Frau treten die antheilsberechtigten Abkömmlinge. Die im §. 1476 Abs. 2 Satz 2 bezeichnete Verpflichtung besteht nur für den überlebenden Ehe­ gatten. G. I §. 1406 Abs. 1, 2, 4, 6, §. 1407 Abs. 1; II §. 1409, K.U. § 1483. K.T. §. 1481 Pfändung des Antheils am Gesammtgute C.P O. §. 860 Abs 2.

Schulden.

§♦ 1499. Bei der Auseinandersetzung fallen dem überlebenden Ehegatten zur Last: 1. die ihm bei dem Eintritte der fortgesetzten Gütergemein­ schaft obliegenden Gesammtgutsverbindlichkeiten, für die das eheliche Gesammtguts nicht haftete oder die im Ver­ hältnisse der Ehegatten zu einander ihm*) zur Last fielen; 2. die nach dem Eintritte der fortgesetzten Gütergemein­ schaft entstandenen Gesammtgutsverbindlichkeiten, die,

Allgemeine Gütergemeinschaft.

§§. 1496—1501.

533

wenn sie während der ehelichen Gütergemeinschaft in seiner Person entstanden wären, im Verhältnisse der Ehegatten zu einander ihm zur Last gefallen sein würden; 3. eine Ausstattung, die er einem antheilsberechtigten Ab­ kömmling über das dem Gesammtgut entsprechende Matz hinaus oder die er einem nicht antheilsberechtigten Abkömmlinge versprochen oder gewährt hat3). G. I §. 1400 Abs. 2 Nr. 1, 2, Abs. 3, §. 1401; II §. 1401, K.K §. 1484. R.T. §. 1482. Die Gejammtgutsverbindlichkeiten der sortges. G.G. fallen im Ver­ hältnisse des überlebenden Ehegatten und der Abkömmlinge zu einander regelmäßig dem Gesammtgute zur Last. Ausnahmen §§. 1499, 1500. *) §. 1488. *) §§. 1463—1465. 3) §. 1624.

§♦ 1808. Die antheilsberechtigten Abkömmlinge müssen sich Verbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten, die diesem im Ver­ hältnisse der Ehegatten zu einander zur Last fielen1), bei der Auseinandersetzung auf ihren Antheil insoweit anrechnen lassen, als der überlebende Ehegatte nicht von dem Erben des ver­ storbenen Ehegatten Deckung hat erlangen können. In gleicher Weise haben sich die antheilsberechtigten Ab­ kömmlinge anrechnen zu lassen, was der verstorbene Ehegatte zu dem Gesammtgute zu ersetzen hatte. G. I §. 1400 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3, 4, §. 1402 Abs. 2; II §. 1402, K.K. §• 1485. K.T. §. 1483. *) §§. 1463—1465.

Anrechnung von Abfindungen. §. 1501. Ist einem antheilsberechtigten Abkömmlinge für den Verzicht1) auf seinen Antheil eine Abfindung aus dem Gesammt­ gute gewährt worden, so wird sie bei der Auseinandersetzung in das Gesammtgut eingerechnet3) und auf die den Abkömmlingen gebührende Hälfte angerechnet3). Der überlebende Ehegatte kann mit den übrigen antheils­ berechtigten Abkömmlingen schon vor der Aufhebung der fort­ gesetzten Gütergemeinschaft eine abweichende Vereinbarung treffen. Die Vereinbarung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Be­ urkundung^); sie ist auch denjenigen Abkömmlingen gegenüber wirksam, welche erst später in die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintreten. G. I §. 1398 Abs. 4; II §. 1397, S.K. §. 1486. K.T. §- 1484. *) §. 1491. 2) Entsprechend §. 2055. 3) Wegen §. 1491 Abs. 4 mit §. 1490. Für das Verhältniß Jber Abkömmlinge untereinander vergl. §. 1503 Abs. 3. 4) §. 128, E.G. Art. 141; F.G.G. §§. 167-182, 184.

534

Familienrecht. Bürgerliche Ehe. Vertragsmäßiges Güterrecht.

Uebernahme von OegenSündrn. §♦ 1802. Der überlebende Ehegatte ist berechtigt, das Gesarnmtgut oder einzelne dazu gehörende Gegenstände gegen Ersatz des Werthes zu übernehmen. Das Recht geht nicht auf den Erben über. Wird die fortgesetzte Gütergemeinschaft aus Grund des §. 1495 durch Urtheil aufgehoben, so steht dem überlebenden Ehegatten das im Abs. 1 bestimmte Recht nicht zu. Die antheilsberechtigten Abkömmlinge können in diesem Falle diejenigen Gegenstände gegen Ersatz des Werthes übernehmen, welche der verstorbene Ehegatte nach §. 1477 Abs. 2 zu übernehmen be­ rechtigt sein würde. Das Recht kann von ihnen nur gemein­ schaftlich ausgeübt werden. G. I §. 1406 Abs. 5, §. 1407 Abs. 2, 3; II §. 1410, K.U. §• 1487. U.T. §. 1485. Theilung unter den Abkömmlingen. §♦ 1803. Mehrere antheilsberechtigte Abkömmlinge theilen die ihnen zufallende Hälfte des Gesammtguts nach dem Verhältnisse der Antheile, zu denen sie im Falle der gesetzlichen Erbfolge als Erben des verstorbenen Ehegatten berufen sein würden'), wenn dieser erst zur Zeit2) der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft gestorben wäre. Das Vorempfangene kommt nach den für die Ausgleichung unter Abkömmlingen geltenden Vorschriften') zur Ausgleichung, soweit nicht eine solche bereits bei der Theilung des Nachlasses des verstorbenen Ehegatten erfolgt ist. Ist einem Abkömmlinge, der auf seinen Antheil verzichtet") hat, eine Abfindung aus dem Gesammtgute gewährt worden, so fällt5) sie den Abkömmlingen zur Last, denen der Verzicht zu Statten kommt. G. I §. 1408; II §. 1411, K.U. §. 1488. U.T. §. 1486. ') 1924ff., 1927, 1930. 2) Vergl. §. 1496. 3) §§. 2050—2057. Gegenüber dem überlebenden Ehegatten besteht die Ausgleichungspflicht nicht. *) §. 1491. 5) §. 1501.

Auseinandersetzung der Abkömmlinge wegen der Schulden. §. 1804. Soweit die antheilsberechtigten Abkömmlinge nach §. 1480 den 'Gesammtgutsgläubigern haften, sind sie im Ver­ hältnisse zu einander nach der Größe ihres Antheils an dem Gesammtgute verpflichtet. Die Verpflichtung beschränkt ') sich auf die ihnen zugetheilten Gegenstände; die für die Haftung des

Allgemeine Gütergemeinschaft.

§§. 1502—1508.

535

Erben geltenden Vorschriften der §§. 1990, 1991 finden ent­ sprechende Anwendung. G. II §. 1412, DA. §• 1489. K.T. §. 1487. i) Haftung cum, nicht pro viribus, entsprechend §. 1480. C.P.O. §. 786.

Vergl.

Ergänzung -es Antheils eines Abkömmlinges. Die Vorschriften*) über das Recht auf Ergänzung des Pflichttheils finden zu Gunsten eines antheilsberechtigten Abkömmlinges entsprechende Anwendung; an die Stelle des Erbfalls tritt die Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft, als gesetzlicher Erbtheil gilt der dem Abkömmlinge zur Zeit der Beendigung gebührende Antheil an dem Gesammtgut, als Pflichttheil gilt die Hälfte des Werthes dieses Antheils.

8.1808.

G. I §. 1391; II §. 1389, DA. §. 1490. *) §§. 2325—2331.

U-T. §- 1488.

UnmürdigKrit eines AbkömmUnges. Ist ein gemeinschaftlicher Abkömmling erbunwürdig l), so ist er auch des Antheils an dem Gesammtgut unwürdig. Die Vorschriften über die Erbunwürdigkeit finden entsprechende Anwendung.

§♦ 1306.

G. I §. 1392; II §. 1390, DA. §. 1491. *) §§. 2339 ff.

zr.T. §. 1489.

8. Zeugniß über die Fortsetzung -er Gütergemeinschnst. hat dem überlebenden Ehe­ gatten auf Antrag ein Zeugniß über die Fortsetzung der Güter­ gemeinschaft zu ertheilen. Die Vorschriftena) über den Erbschein finden entsprechende Anwendung.

§♦ 1807. Das Nachlaßgericht*)

G. II §. 1392 a, DA. §. 1492. K.T. §. 1490. Das Zeugniß hat bezüglich des Schutzes gutgläubiger Dritter (§§. 2366—2367) die gleiche rechtliche Bedeutung wie der einem Vor­ erben (§. 2363) ertheilte Erbschein oder das einem Testamentsvollstrecker (§. 2368) ausgestellte Zeugniß. l) F.G.G. §§. 72, 73, 78, 84, 85. a) §§. 2353 ff.

9. Ausschließung -er fortgesetzten Gütergemeinschaft: a) durch Gheurrtrag; H. 1308. Die Ehegatten können die Fortsetzung der Güter­ gemeinschaft durch Ehevertrag *) ausschließen. Auf einen Ehevertrag, durch welchen die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ausgeschlossen oder die Ausschließung auf­ gehoben wird, finden die Vorschriften des §. 1437 Anwendung. G. I §. 1383 Abs. 2 Satz 2; II §. 1413 Halbs. 1, DA. §. 1493. A.T. §. 1491. *) §.1432.

536

Familienrecht. Bürgerliche Ehe. Vertragsmäßiges Güterrecht.

b) durch lehlmillige Verfügung.

§♦ 1888. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß die Ehe durch seinen Tod ausgelöst wird, die Fortsetzung der Güter­ gemeinschaft durch letztwillige Verfügung ') ausschließen, wenn er berechtigt ist, dem anderen Ehegatten den Pflichttheil zu ent­ ziehens oder auf Aufhebung der Gütergemeinschaft zu klagens. Auf die Ausschließung finden die Vorschriften4) über die Ent­ ziehung des Pflichttheils entsprechende Anwendung. G. I §. 1387 Abs. 1—3; II §. 1383 Abs. 1, H.K. §. 1494. R.T. §. 1492. *) Testament (§. 1937) oder Erbvertrag (§. 2299). 2) §. 2335. 3) §§. 1468, 1469. 4) §§. 2336, 2837.

c) Folgen der Ausschließung.

§. 1810. Wird die Fortsetzung der Gütergemeinschaft aus­ geschlossen '), so gilt das Gleiche wie im Falle des §. 1482. G. I §. 1387 Abs. 4; II §. 1383 Abs. 2, S.K. §- 1495. K-T. §. 1493. ') §§. 1508, 1509.

10. Kehtwilligr Verfügung über das Recht eines AdKömmlinges. a) Ausschluß eines AdKömmlinges.

§. 1811. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß die Ehe durch seinen Tod aufgelöst wird, einen gemeinschaftlichen Ab­ kömmling von der fortgesetzten Gütergemeinschaft durch letztwillige Verfügung') ausschließen. Der ausgeschlossene Abkömmling kann, unbeschadet seines Erbrechts3), aus dem Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemein­ schaft die Zahlung des Betrags verlangen, der ihm von dem Gesammtgute der ehelichen Gütergemeinschaft als Pflichttheil gebühren würde, wenn die fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht eingetreten wäre. Die für den Pflichttheilsanspruch geltenden Vorschriften3) finden entsprechende Anwendung. Der dem ausgeschlossenen Abkömmlinge gezahlte Betrag wird bei der Auseinandersetzung den antheilsberechtigten Ab­ kömmlingen nach Maßgabe des §. 15004) angerechnet. Im Ver­ hältnisse der Abkömmlinge zu einander fällt er den Abkömm­ lingen zur Last, denen die Ausschließung zu Statten kommt. G. I §. 1388; II §. 1384, S.U. §. 1496. U T- §• 1494. ') §§. 1937, 2299. *) Gegenüber dem Sondergut (§. 1439) und dem Vorbehaltsgut. •) §§. 2303, 2307, 2308, 2310, 2311, 2313—2317, 2325—2332. 4) Das Citat mutz richtig „§. 1501" heitzen.

Allgemeine Gütergemeinschaft.

§§. 1609—1616.

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b) Herabsetzung des Antheils.

§♦ 1812. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß mit seinem Tode die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt, den einem antheilsberechtigten Abkömmlinge nach der Beendigung der fort­ gesetzten Gütergemeinschaft gebührenden Antheil an dem Gesammtgute durch letztwillige Verfügung bis auf die Hälfte herabsetzen. G. I §. 1389 Abs. 1; II § 1385 Satz 1, K.U. §. 1497. §. 1495.

K T.

c) Entziehung des Antheils. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß mit seinem Tode die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt, einem antheilsberechtigten Abkömmlinge den diesem nach der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft gebührenden Antheil an dem Gesammtgute durch letztwillige Verfügung *) entziehen, wenn er berechtigt ist, dem Abkömmlinge den Pflichttheil zu entziehens. Die Vorschriften des §. 2336 Abs. 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung. Der Ehegatte kann, wenn er nach §. 2338 berechtigt ist, das Pflichttheilsrecht des Abkömmlinges zu beschränken, den Antheil des Abkömmlinges am Gesammtgut einer entsprechenden Beschränkung unterwerfens.

§. 1313.

G. I §. 1389 Abs. 2; II §. 1386, K.K. §. 1498. U.T. §. 1496. ') §§. 1937, 2299. 2) §. 2333. 3) Beschränkung der Zwangsvollstr, in der C.P.O. §. 863 Abs. 8.

d) Zuwendung an einen Dritten. Ehegatte kann den Betragt, den er nach §. 1512 oder nach §. 1513 Abs. 1 einem Abkömmling entzieht, auch einem Dritten durch letztwillige Verfügung zuwenden.

§♦ 1314. Jeder

G. II §. 1387, D.U. §. 1499. U.T* §• 1497. *) nicht die Quote; denn Mitglied der fortgesetzten G.G. kann ein Dritter nicht sein.

e) Uebernahme von Gegenständen. daß mit seinem Tode die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt, durch letztwillige Verfügunganordnen, daß ein antheilsberechtigter Abkömmling das Recht haben soll, bei der Theilung das Gesammtgut oder einzelne dazu gehörende Gegenstände gegen Ersatz des Werthes zu übernehmen. Gehört zu dem Gesammtgut ein Landgut, so kann ange­ ordnet werden, daß das Landgut mit dem Ertragswerth2) oder mit einem Preise, der den Ertragswerth mindestens erreicht,

§♦ 1313. Jeder Ehegatte kann für den Fall,

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Familienrecht. Bürgerliche Ehe. Vertragsmäßiges Güterrecht.

angesetzt werden soll. Die für die Erbfolge geltenden Vorschriften des §. 2049 finden Anwendung. Das Recht, das Landgut zu dem im Abs. 2 bezeichneten Werthe oder Preise zu übernehmen, kann auch dem überlebenden Ehegatten eingeräumt werden. G. I §. 1889 Abs. 1; II § 1385 Satz 2, Z.K. §. 1500. K.T. 1498. *) §§. 1937, 2299. a) Berechnung des Ertragswerths E.G. Art. 137. f) Zustimmung drs «n-rren Ghegatten. 8. 1516. Zur Wirksamkeit der in den §§. 1511 bis 1515 bezeichneten Verfügungen eines Ehegatten ist die Zustimmung') des anderen Ehegatten erforderlich. Die Zustimmung kann nicht durch einen Vertreter ertheilt werden. Ist der Ehegatte in der Geschäftsfähigkeit beschränkt2), so ist die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters nicht er­ forderlich. Die Zustimmungserklärung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung 3). Die Zustimmung ist unwider­ ruflich. Die Ehegatten können die in den §§. 1511 bis 1515 be­ zeichneten Verfügungen auch in einem gemeinschaftlichen Testa­ mente^) treffen. G. I §. 1390; II §. 1388, S.K. §. 1601. K.T. §. 1499. 1) §§. 182 ff. 2) §§. 106, 114. 3) §. 128. E.G. Art. 141; F.G.G. §§. 167 ff. 4) §§. 2265 ff.

g) Uerftcht eines Abkömmlinges auf feinen Antheil. §♦ 1817. Zur Wirksamkeit eines Vertrags, durch den ein gemeinschaftlicher Abkömmling einem der Ehegatten gegenüber für den Fall, daß die Ehe durch dessen Tod aufgelöst wird, auf seinen Antheil am Gesammtgute der fortgesetzten Güter­ gemeinschaft verzichtet') oder durch den ein solcher Verzicht auf­ gehoben wird, ist die Zustimmung des anderen Ehegatten er­ forderlich. Für die Zustimmung gelten die Vorschriften des §. 1516 Abs. 2 Satz 3, 4. Die für den Erbverzicht geltenden Vorschriften3) finden ent­ sprechende Anwendung. G. I §. 1393; II §. 1391, H.K. §. 1502. K.T. §. 1500. i) Zu unterscheiden von dem Falle des §. 1491. *) §§. 2346 ff. 11. Uuzuläfstge Anordnungen. §.1518. Anordnungen, die mit den Vorschriften derßtz. 1483 bis 1517 in Widerspruch stehen, können von den Ehegatten

Allgemeine Gütergemeinschaft.

§§. 1516—1518.

539

weder durch letztwillige Verfügung *) noch durch Vertrag getroffen werden. E. I §. 1383 Abs. 2 Satz 2; II §. 1413, K.U. §• 1503. U.T. §- 1501. i) §§. 1937, 2299.

3. Errungenschaft gemein schäft. Das Wesen der Errungenschaftsgemeinschaft besteht darin, daß Alles, was die Ehegatten während der Ehe durch ihre Thätigkeit oder als Er­ trag ihres eingebrachten Vermögens erwerben, gemeinsam wird, daß aber auch das Gleiche hinsichtlich der für diesen Erwerb erforderlichen Ausgaben sowie hinsichtlich der ehelichen Lasten gilt. Diesen Grundgedanken ver­ wirklicht das B.G.B. in der Weise, daß der in die Gemeinschaft fallende Erwerb schon während des Bestehens der Gemeinschaft einen besonderen Vermögensinbegriff bildet. Bei der Errungenschaftsgemeinschaft bestehen mindestens drei Ver­ mögensmassen, das Gesammtgut und das eingebrachte Gut eines jeden der Ehegatten. Das B.G.B. läßt noch eine vierte Vermögensmaffe zu, das Vorbehaltsgut der Frau. Dagegen ist ein Vorbehaltsgut des Mannes ausgeschloffen. Im Zweifel spricht bei allem vorhandenen Vermögen die Vermuthung für die Gesammtgutseigenschaft (§. 1527). Die Errungenschaftsgemeinschaft ist eine Abart des gesetzlichen Güter­ standes. Sie läßt aber, im Gegensatze zu diesem, eine Gemeinschaft zwischen den Ehegatten bezüglich der Errungenschaft entstehen und nähert sich da­ durch der allgemeinen Gütergemeinschaft. Deshalb sind auf das Gesammt­ gut verschiedene Vorschriften der allgemeinen Gütergemeinschaft (§. 1519 Abs. 2) und auf das eingebrachte Gut eine Reihe von Vorschriften der Verwaltungsgemeinschaft (§. 1525 Abs. 2) für anwendbar erklärt. Aus diesen Vorschriften ergeben sich die rechtliche Stellung des Mannes, ins­ besondere seine Verwaltungs- und Verfügungsmacht, und die rechtliche Stellung der Frau, insbesondere die Verfügungsbeschränkungen, denen die Frau unterworfen ist. Die Rechtsstellung der Gläubiger des einen oder des anderen Ehe­ gatten zum Gesammtgute hat das B.G.B. im Wesentlichen nach den Grund­ sätzen der allgemeinen Gütergemeinschaft geordnet, jedoch mit der Abweichung, daß nur gewisse Verbindlichkeiten der Frau als Gesammtgutsverbindlichkeiten anerkannt sind (§§. 1530—1534). Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen diejenigen Gesammtgutsverbindlichkeiten dem Gesammtgute zur Last, welche von einem Ehegatten innerhalb der Grenzen seines Ver­ waltungsrechts für die bestimmungsmäßigen Zwecke der Errungenschafts­ gemeinschaft, namentlich zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes und der Lasten der eingebrachten Güter, eingegangen oder welche Kraft Gesetzes vom Gesammtgute zu tragen sind (§§. 1535—1538). Die Errungenschaftsgemeinschaft endigt, wenn entweder die Gründe, aus welchen die Beendigung der allgemeinen Gütergemeinschaft, oder die Gründe, aus welchen die Beendigung der Verwaltungsgemeinschaft eintritt, vorliegen (§§. 1542—1545). Eine Folge der Beendigung ist die Auseinander­ setzung in Ansehung des Gesammtguts, welche in der gleichen Weise wie

540

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe. Vertragsmäßiges Güterrecht,

bei der allgemeinen Gütergemeinschaft geregelt ist. Auf die Herausgabe des eingebrachten Gutes der Frau finden die für die Verwaltungs­ gemeinschaft geltenden Vorschriften Anwendung (§. 1546). Wie bei der Verwaltungsgemeinschaft ist auch bei der Errungenschafts­ gemeinschaft unter gewissen Voraussetzungen eine Wiederherstellung des Güterstandes möglich (§§. 1547, 1548).

Gesammtgut.

§♦ 1519t Was der Mann oder die Frau während der Er­ rungenschaftsgemeinschaft erwirbt, wird gemeinschaftliches Ver­ mögen beider Ehegatten (Gesammtgut). Auf das Gesammtgut finden die für die allgemeine Güter­ gemeinschaft geltenden Vorschriften des §. 1438 Abs. 2, 3 und der §§. 1442 bis 1453, 1455 bis 1457 Anwendung. G.I§ 1411 Abs. 1, §. 1417; II §. 1414, K.K. §. 1504. K.T. §. 1502. Wegen der Zwangsvollstreckung in den Antheil am Gesammtgute stehe die C.P.O. §. 860. Das Bestehen der Ergsch.G. wird in das Grund­ buch eingetragen; Art der Eintragung G.B.O. §. 48, Legitimation gegen­ über dem Grundbuchamte das. §§ 34, 35

Eingebrachtes Gut. §♦ 1520t Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist, was ihm bei dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft gehört. G. I §. 1412; II §. 1415, S.K. §. 1505.

K.T. §. 1503.

§♦ 1521t Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist, was er von Lodeswegen*) oder mit Rücksicht aus ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung2) erwirbt. Ausgenommen ist ein Erwerb, der den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist. G. I §. 1412; II §. 1418, K.K. §. 1506. K.T. §. 1504. l) Vergl. §. 1369. 2) §. 1624; auch Aussteuer (§. 1620).

§♦ 1522t Eingebrachtes Gut eines Ehegatten sind Gegen­ stände, die') nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können, sowie Rechte, die mit seinem Tode erlöschen2) oder deren Erwerb durch den Tod eines der Ehegatten bedingt ist2). G. I §. 1415; II §. 1416, K.K. §. 1507. §. 1505. *) Vergl. Anm. zu §. 1439. 2) z. B. Leibrente. 3) z. B. das Recht aus einer Lebensversicherung.

§♦ 1523t Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist, was durch Ehevertrag *) für eingebrachtes Gut erklärt ist. G. I §. 1413; II §. 1417, D.K. §. 1508. ') §§. 1432 ff.

U.T. §. 1506.

Errungenschaftsgemeinschast.

§§. 1519—1527.

541

§♦ 1324. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist, was er auf Grund eines zu seinem eingebrachten Gute gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Ent­ ziehung eines zum eingebrachten Gute gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das einge­ brachte Gut bezieht. Ausgenommen ist der Erwerb aus dem Betrieb eines Erwerbsgeschäfts. Die Zugehörigkeit einer durch Rechtsgeschäft erwor­ benen Forderung zum eingebrachten Gute hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zuge­ hörigkeit Kenntniß erlangt; die Vorschriften der §§. 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung. G. I §. 1414; II §. 1419, SA. §. 1509. MT. §. 1507. Verwaltung des emgedrachten Gutes; Rechtsstellung -es Mannes. §♦ 1525. Das eingebrachte Gut wird für Rechnung des Gesammtguts in der Weise verwaltet, daß die Nutzungen'), welche nach den für den Güterstand der Verwaltung und Nutznießung geltenden Vorschriftena) dem Manne zufallen, zu dem Gesammtgute gehören. Auf das eingebrachte Gut der Frau finden im Uebrigen die Vorschriften der §§. 1373 bis 1383,1390 bis 1417 entsprechende Anwendung. G. I §. 1411 Abs. 2, §.1417; II §. 1420, HA. §• 1510. K.T. §. 1508. Wegen der Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut C.P.O. §§. 739, 741, 742, 794 Abs. 2. ') §. 100. *) §. 1383. Nordehaltsgut. §♦1526. Vorbehaltsgut derFrau ist, was durch Ehevertrag') für Äorbehaltsgut erklärt ist oder von der Frau nach §. 1369 oder §. 1370 erworben wird-). Vorbehaltsgut des Mannes ist ausgeschlossen. Für das Vorbehaltsgut der Frau gilt das Gleiches wie für das Vorbehaltsgut bei der allgemeinen Gütergemeinschaft. G. I §§. 1416, 1417; II §. 1421, SA. §• 1611. MT. §• 1609. ') §§. 1432 ff. 2) Entsprechend §. 1440. 3) Vergl. §. 1441.

Vermuthung für Gefammtgut.

8.1327. Es wird vermuthet 0, daß das vorhandene Ver­ mögen Gefammtgut sei2). G. I §. 1421 Abs. 1; II §. 1422, SA. §. 1512. g.ft. §. 1510. ') Vergl. C.P.O. §. 292. *) Die Vermuthung des §. 1362 steht daneben. Vergl. auch §. 1540.

542

Familienrechr. Bürgerliche Ehe. Vertragsmäßiges Güterrecht.

Feststellung des rrngebrachten Gutes. §♦ 1828. Jeder Ehegatte kann verlangen, daß der Bestand seines eigenen und des dem anderen Ehegatten gehörenden eingebrachten Gutes durch Ausnahme emes Verzeichnisses unter Mitwirkung des anderen Ehegatten festgestellt wird. Auf die Aufnahme des Verzeichnisses finden die für den Nießbrauch geltenden Vorschriften des §. 1035 Anwendung'). Jeder Ehegatte kann den Zustand der zum eingebrachten Gute gehörenden Sachen auf seine Kosten durch Sachverständige feststellen lassen'). G. I §. 1422; II § 1423, D.K. § 1513 K.T. §- 1511 l) Entsprechend §. 1372; über das Verfahren, namentlich die Aus­ wahl und Beeidigung der Sachverständigen, F.G G §.164 Wegen der zur Aufnahme des Verzeichnisses landesgesetzliÄ zuständigen Beamten s. Anm zu §. 1035

Ehrlicher Aufwand; Kasten des ringebrachten Gutes. §♦ 1829. Der eheliche Aufwand fällt dem Gesammtgute zur Last. Das Gesammtgut trägt auch die Lasten des eingebrachten Gutes beider Ehegatten; der Umfang der Lasten bestimmt sich nach den bei dem Güterstande der Verwaltung und Nutznießung für das eingebrachte Gut der Frau geltenden Vorschriften der §§. 1384 bis 1387. G. I §. 1418, 1419; II § 1424, H.U. § 1514 U-T. § 1512. Schuldrnhastung. 1. Oefamnltgutsorrdindlichkelten. h. 1830. Das Gesammtgut haftet für die Verbindlichkeiten des Mannes und für die in den §§. 1531 bis 1534 bezeichneten Verbindlichkeiten der Frau (Gesammtgutsverbindlichkeiten). Für Verbindlichkeiten der Frau, die Gesammtgutsver­ bindlichkeiten sind, haftet der Mann auch persönlich als Gesammtschuldner'). Die Haftung erlischt') mit der Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft, wenn die Verbindlichkeiten im Verhältnisse der Ehegatten zu einander nicht dem Gesammtgute zur Last fallen'). E. I §. 1423 Abs. 1, 2, 4, II § 1426, K.S. § 1515 U.T. § 1513 Schulden des Mannes sind ausnahmslos Gesammtgutsschulden. Schulden der Frau sind (im Gegensatze zur allgemeinen Gütergemeinschaft) regelmäßig nicht Gesammtgutsschulden. Dies gilt namentlich von den vor Eintritt der Errungenschaftsgemeinschaft entstandenen. Nur die in den §§. 1531—1534 aufgezählten Schulden der Frau sind Gesammtgutsverbindlichkeiten Zur Zwangsvollstreckung in Gesammtgut ist ein gegen

Errungenschaftsgemeinschast.

§§. 1628—1635.

543

den Mann ergangenes Urtheil erforderlich. Ausnahme, wenn die Frau ein Erwerbsgeschäft betreibt. Wegen der Zwangsvollstreckung siehe die C.P.O. §§. 740—742; wegen des Konkurses die K.O. §. 2 Abs. 1, 2. i) §§. 421 ff. 2) Vergl. §. 1542 mit §. 1469. 3) §§. 1635—1638.

Schulden der Frau. §♦ 1831. Das Gesammtgut haftet für Verbindlichkeiten der Frau, die zu den im §. 1529 Abs. 2 bezeichneten Lasten des eingebrachten Gutes gehören. G. I §. 1423 Abs. 2 Nr. 1; II §. 1426, SA. §. 1516. §. 1514.

U.T.

§.1332. Das Gesammtgut haftet für eine Verbindlichkeit der Frau, die aus einem nach dem Eintritte der Errungenschafts­ gemeinschaft vorgenommenen Rechtsgeschäft entsteht, sowie für die Kosten eines Rechtsstreits, den die Frau nach dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft führt, wenn die Vornahme des Rechtsgeschäfts oder die Führung des Rechtsstreits mit Zu­ stimmung des Mannes erfolgt oder ohne seine Zustimmung für das Gesammtgut wirksam ist2). G. I §. 1423 Abs. 2 Nr. 2, 3, Abs. 3; II §. 1427, SA. §. 1617. R.T. §- 1616. ') Entsprechend §. 1460. *) §§. 1460—1465 mit §. 1619 Abs. 2.

§. 1333. Das Gesammtgut haftet für eine Verbindlichkeit der Frau, die nach dem Eintritte der Errungenschaftsgemein­ schaft in Folge eines ihr zustehenden Rechtes oder des Besitzes einer ihr gehörenden Sache entsteht, wenn das Recht oder die Sache zu einem Erwerbsgeschäfte gehört, das die Frau mit Einwilligung des Mannes selbständig betreibt. G. I §. 1423 Abs. 2 Nr. 4; II §. 1428, SA. §. 1618. §. 1516. Entsprechend §. 1462. Vergl. §. 1452 mit §. 1619 Abs. 2.

§♦ 1334. Das Gesammtgut haftet für Verbindlichkeiten der Frau, die ihr auf Grund der gesetzlichen Unterhaltspflicht ob­ liegen 1). G. I §. 1426; II §. 1429, SA. §. 1519. K.T. §. 1617. §§. 1601 ff. Wegen der Bemessung der Unterhaltspflicht vergl. §. 1604 Abs. 2.

2. Verhältniß -er Ehegatten zu einander. §. 1533. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen folgendes Gesammtgutsverbindlichkeiten2) dem Ehegatten zurLast^ in dessen Person sie entstehen:

544

Familienrecht. Bürgerliche Ehe^ Vertragsmäßiges Güterrecht.

1. die Verbindlichkeiten aus einem sich auf sein eingebrachtes Gut oder sein Vorbehaltsgut beziehenden Rechtsverhältniß, auch wenn sie vor dem Eintritte der Errungenschafts­ gemeinschaft oder vor der Zeit entstanden sind, zu der das Gut eingebrachtes Gut oder Vorbehaltsgut ge­ worden ist; 2. die Kosten eines Rechtsstreits, den der Ehegatte über eine der in Nr. 1 bezeichneten Verbindlichkeiten führt. G. I §. 1426 Ms. 2 Nr. 1, 5; II §. 1430, S.U. §• 1620. U.T. 1518. *) Vergl. Anm. zu §. 1463. a) Ausnahme im §. 1537 Abs. 2.

§. 1536. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen dem Manne zur Last: 1. die vor dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft entstandenen Verbindlichkeiten des Mannes*); 2. die Verbindlichkeitena) des Mannes, die der Frau gegen­ über aus der Verwaltung ihres eingebrachten Gutes ent­ stehen, soweit nicht das Gesammtgut zur Zeit der Been­ digung der Errungenschaftsgemeinschaft bereichert ist; 3. die Verbindlichkeiten des Mannes aus einer unerlaubten Handlung, die er nach dem Eintritte der Errungenschafts­ gemeinschaft begeht, oder aus einem Strafverfahren, das wegen einer unerlaubten Handlung gegen ihn gerichtet wird; 4. die Kosten eines Rechtsstreits, den der Mann über eine der in Nr. 1 bis 3 bezeichneten Verbindlichkeiten führt *). G. I §. 1426 Abs. 2 Nr. 2—5; II §. 1431, H.K. §. 1521. K.T. ■g. 1519. *) Ausnahme im §. 1537 Abs. 1. ’) Vergl. §. 1374 mit §. 1525 Abs. 2.

tz. 1537. Die Vorschriften des §. 1535 und des §. 1536 Rr. 1, 4 finden insoweit keine Anwendung, als die Verbindlich­ keiten nach §. 1529 Abs. 2 von dem Gesammtgute zu tragen sind. Das Gleiche gilt von den Vorschriften des §. 1535 insoweit, als die Verbindlichkeiten durch den Betrieb eines Erwerbs­ geschäfts, der für Rechnung des Gesammtguts geführt wird, oder in Folge eines zu einem solchen Erwerbsgeschäfte ge­ hörenden Rechtes oder des Besitzes einer dazu gehörenden Sache entstehen. G. I §. 1426 Ms. 2 Nr. 1, 2, 6; K.T. §. 1520.

II §. 1432, S.K. §. 1522.

Errungenschaftsgemeinschast.

§§. 1536—1542.

545

Ausstattung. 8.1838. Verspricht oder gewährt der Mann einem Kinde eine Ausstattung'), so finden die Vorschriften des §. 1465 An­ wendung. G. I §. 1427; II §. 1433, H.U. §• 1523. ') §. 1624.

U.T. §. 1521.

3. Ausgleichung -er Vermögensmassen. §. 1839. Soweit das eingebrachte Gut eines Ehegatten auf Kosten des Gesammtguts oder das Gesammtgut auf Kosten des eingebrachten Gutes eines Ehegatten zur Zeit der Been­ digung der Errungenschaftsgemeinschaft bereichert ist, muß aus dem bereicherten Gute zu dem anderen Gute Ersatz geleistet werden. Weitergehende, auf besonderen Gründen beruhende Ansprüche ') bleiben unberührt. G. I §. 1420; II §. 1434, S.K. §• 1524. U.T. §. 1522. ') z. B. Ansprüche aus der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§. 683, 684) oder aus §. 1390 (§. 1525 Abs. 2).

Vermuthung wegen -er verbrauchbaren Sachen. §♦ 1840. Sind verbrauchbare') Sachen, die zum ein­ gebrachten Gute eines Ehegatten gehört haben, nicht mehr vor­ handen, so wird zu Gunsten des Ehegatten vermutheta), daß die Sachen in das Gesammtgut verwendet worden seien und dieses um den Werth der Sachen bereichert fei3). G. I §. 1421 Abs. 2; II §. 1435, D.U. §• 1525. ') §. 92. 2) Vergl. C.P.O. §. 292. 3) Der §. 1540 ist das Korrektiv des §. 1527.

§. 1523.

Zeit -er Ausgleichung. §♦ 1841. Was ein Ehegatte zu dem Gesammtgut oder die Frau zu dem eingebrachten Gute des Mannes schuldet, ist erst nach der Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft zu leisten; soweit jedoch zur Berichtigung einer Schuld der Frau ihr ein­ gebrachtes Gut und ihr Vorbehaltsgut ausreichen, hat sie die Schuld schon vorher zu berichtigen. Was der Mann aus dem Gesammtgute zu fordern hat, kann er erst nach der Beendigung der Errungenschaftsgemein­ schaft fordern. G. I §. 1428; II §. 1436, D.U. §. 1526. Entsprechend 1467.

U.T. §. 1524.

Hren-igungegrün-r. 1. Urtheil. §. 1342. Die Frau kann unter den Voraussetzungen des Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch. 3. Auflage.

35

546

Familienrecht. Bürgerliche Ehe.

Vertragsmäßiges Güterrecht.

§. 1418 Nr. 1, 3 bis 5 und des §. 1468, der Mann kann unter den Voraussetzungen*) des §. 1469 auf Aufhebung der Errungen­ schaftsgemeinschaft klagen. Die Aufhebung tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein2). G. I §. 1429 Abs. 1, 3; II §. 1439, ') Vergl. §. 1530 Abs. 2 Satz 2.

§. 1527. K.T. §. 1525. 2) Entsprechend §. 1470.

2. Konkurs des Mannes. §♦ 1543. Die Errungenschaftsgemeinschaft endigt mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den der Konkurs über das Vermögen des Mannes eröffnet wird. G. I §. 1429 Abs. 2 Satz 1; II §. 1437, H.K. §. 1528. K.T. §. 1626. Entsprechend §. 1419: vergl. Anm. zu §. 1419. Der Konkurs der Frau ist ohne Einfluß.

3. Todeserklärung. §♦ 1544. Die Errungenschaftsgemeinschaft endigt, wenn ein Ehegatte für todt erklärt wird, mit dem Zeitpunkte, der als Zeitpunkt des Todes gilt. G. I §. 1429 Abs. 2 Satz 1; II §. 1438, S.K. §. 1529. K.T. §. 1527. Entsprechend §. 1420. Vergl. §. 18.

Wirkung der Keendigung; Gütertrennung. §♦ 1545. Endigt die Errungenschaftsgemeinschaft nach den §§. 1542 bis 1544, so gilt für die Zukunft Gütertrennung *). Dritten gegenüber ist die Beendigung der Gemeinschaft nur nach Maßgabe des §. 1435a) wirksam. G. I §. 1429 Abs. 1,2 Satz 2; II §. 1440, Z.K. §. 1530. K.T. §. 1528. *) 1427—1430. a) Eintrag in das Güterrechtsregister.

Auseinandersetzung. §♦ 1546t Nach der Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft findet in Ansehung des Gesammtguts die Auseinander­ setzung statt *). Bis zur Auseinandersetzung bestimmt sich das Rechtsverhältniß der Ehegatten nach den §§. 1442, 1472, 1473. Die Auseinandersetzung erfolgt, soweit nicht eine andere Vereinbarung getroffen wird, nach den für die allgemeine Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften der §§. 1475 bis 1477, 1479 bis 1481. Auf das eingebrachte Gut der Frau finden die für den Güterstand der Verwaltung und Nutznießung geltenden Vor­ schriften der §§. 1421 bis 1424 Anwendung. G. I §. 1417, §. 1429 Abs. 1, 4;

K.T. §. 1529. *) Anm. zu §. 1471.

II §. 1441,

Z.K. §. 1531.

Errungenschaftsgemeinschaft.

§§. 1548—1549.

547

Wiederherstellung der Grrungenschaftsgemeinfchast. Endigt die Errungenschaftsgemeinschaft durch die Eröffnung des Konkurses') über das Vermögen des Mannes, so kann die Frau auf Wiederherstellung der Gemeinschaft klagen. Das gleiche Rechts steht, wenn die Gemeinschaft in Folge einer Todeserklärung endigt3), dem für todt erklärten Ehegatten zu, falls er noch lebt. Wird die Gemeinschaft auf Grund des §. 1418 Nr. 3 bis 5 aufgehoben, so kann der Mann unter den Voraussetzungen des §. 1425 Abs. 1 auf Wiederherstellung 3) der Gemeinschaft klagen.

§♦ 1347.

G. I §. 1430 Abs. 1, 2 Satz 1; II §. 1442, K.K. §. 1532. U T. §. 1530. ') §. 1543. 2) Entsprechend §. 1425. 3) §. 1544.

§.1348. Die Wiederherstellung der Errungenschaftsgemeinschaft tritt in den Fällen des §. 1547 mit der Rechtskraft des Urtheils ein. Die Vorschrift des §. 1422 findet entsprechende An­ wendung. Dritten gegenüber ist die Wiederherstellung, wenn die Beendigung in das Güterrechtsregister eingetragen worden ist, nur nach Maßgabe des §. 1435') wirksam. Im Falle der Wiederherstellung wird Vorbehaltsgut der Frau, was ohne die Beendigung der Gemeinschaft Vorbehalts­ gut geblieben oder geworden sein würde3). G. I §. 1430 Abs. 3; II §. 1443, K.K. §. 1533. Entsprechend §. 1425 Abs. 2, 3. ') Eintrag in das Güterrechtsregister.

K.T. §. 1531.

§. 1526.

4. Fahrnißgemeinschaft. Die Fahrnißgemeinschaft ist das gesetzliche System des französischbadischen Rechtes. Sie beruht auf dem Gedanken, daß Alles, was die Ehegatten bei Eintritt des Güterstandcs besitzen oder während der Dauer desselben erwerben, gemeinsam werden soll, mit Ausnahme des unbeweg­ lichen Vermögens, das ein Ehegatte bei Eintritt des Güterstandes besitzt oder später unentgeltlich oder von Todcswegen erwirbt. Die Fahrniß­ gemeinschaft steht der allgemeinen Gütergemeinschaft nahe. Wenn keiner der Ehegatten unbewegliches Vermögen hat, deckt sie sich mit der allge­ meinen Gütergemeinschaft. Demgemäß folgt die Fahrnißgemeinschaft in der Hauptsache den für die allgemeine Gütergemeinschaft aufgestellten Grundsätzen.

Gleichstellung mit Lrr allgemeinen Gütergemeinschaft. Auf die Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft (Fahrnißgemeinschaft) finden die für die allgemeine Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften An-

§. 1348.

35*

548

Familienrecht. Bürgerliche Ehe. Vertragsmäßiges Güterrecht.

Wendung, soweit sich nicht aus den §§. 1550 bis 1557 ein Anderes ergiebt. G. I §. 1431; II §. 1444, S.K. §. 1534. K T- §• 1632. Wegen der Zwangsvollstreckung siehe die C.P.O. §§. 739—743, §. 750 Abs. 2, §. 794 Abs. 2, wegen des Konkurses K.O. §. 2. Eingebrachtes Gut.

§♦ 1830. Von dem Gesammtgut ausgeschlossen ist das ein­ gebrachte Gut eines Ehegatten. Auf das eingebrachte Gut finden die bei der Errungen­ schaftsgemeinschaft für das eingebrachte Gut geltenden Vor­ schriften 0 Anwendung. G. I §. 1431 Abs.'l, §. 1432 Abs. 1; II § 1445, H.U. §. 1535. K.T. §. 1533. ') Vergl. die in der Anm. zu §. 1439 angeführten Vorschriften, zu denen noch die des §. 1524 konnnt (§. 1554). Auch in der C.P.O. ist in Ansehung der Zwangsvollstreckung das eingebrachte Gut bei der Fahrnißqemeinschaft dem eingebrachten Gute bei der Errungenschaftsgemeinschaft gleichgestellt. Vergl. C.P.O. §§. 739, 741, 742, 794 Abs. 2, 861.

§. 1551. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist das un­ bewegliche Vermögen, das er bei dem Eintritte der Fahrnißgemeinschaft hat oder während der Gemeinschaft durch Erbfolge, durch Vermächtniß oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung') erwirbt. Zum unbeweglichen Vermögen im Sinne dieser Vorschrift gehören Grundstücke nebst Zubehörs, Rechte an Grundstücken3), mit Ausnahme der Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden, sowie Forderungen, die auf die Uebertragung des Eigenthums an Grundstücken oder auf die Begründung oder Uebertragung eines der bezeichneten Rechte oder auf die Befreiung eines Grundstücks von einem solchen Rechte gerichtet sind. G. I §. 1432; II §. 1446, D.K. §. 1536. K.T. §. 1534. ') §. 1624. a) 97, 98. 3) Erbbaurecht, Dienstbarkeiten, Vorkaufsrecht, Reallasten.

§♦ 1552. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten stände, die können2).

nicht')

durch

Rechtsgeschäft

sind Gegen­ übertragen werden

G. I §. 1432 Abs. 1; II § 1447, S.K. §. 1537. K.T. §. 1535. ') Vergl. Anm. zu §. 1439. 2) Wegen der Surrogation siehe §. 1554 Satz 2.

§♦ 1553. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist: 1. was durch Ehevertrag') für eingebrachtes Gut erklärt ist;

Fahrnißgemeinschast.

§§. 1550—1567.

549

2. was er nach §. 1369 erwirbt, sofern die Bestimmung dahin getroffen ist, daß der Erwerb eingebrachtes Gut sein soll. G. I §. 1432 Abs. 1; II §. 1448, SA. §. 1638. *) §§. 1432 ff.

K.T. §. 1536.

§♦ 1884. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist, was er in der im §. 1524 bezeichneten Weise erwirbt. Ausgenommen ist, was an Stelle von Gegenständen erworben wird, die nur des­ halb eingebrachtes Gut sind, weil sie nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können. G. I §. 1432 Abs. 1; II § 1449, Z.K. §• 1639. U-T. §. 1537. Zu Satz 2 vergl. die Anm. zu §. 1439.

§♦ 1888.

Uorbehattsgut. Dorbehaltsgut des Mannes ist ausgeschlossen.

G. I §. 1431 Abs. 1, §. 1346; II §. 1460, D.K. §. 1540. §. 1538.

K.T.

Schuldenhaftung. §♦ 1886. Erwirbt') ein Ehegatte während der Fahrnißgemeinschaft durch Erbfolge, durch Vermächtniß oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung Gegenstände, die theils Gesammtgut, theils eingebrachtes Gut werden, so fallen die in Folge des Erwerbes entstehenden Ver­ bindlichkeiten im Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem Gesammtgut und dem Ehegatten, der den Erwerb macht, verhältnißmäßig2) zur Last. G. I §. 1433; II §. 1451, g.$L §. 1541. K.T. §• 1539 Die Schuldenhaftung richtet sich bei der Fahrnißgemeinschast, sowohl gegenüber den Gläubigern als im Verhältnisse unter den Ehegatten nach den Vorschriften der allg. G.G. Lediglich für das Verhältniß der Ehe­ gatten zu einander enthält der §. 1556 eine Modifikation. ') §. 1551. 2) Die bezeichneten Verbindlichkeiten werden also von den Ehegatten nach dem Verhältnisse des Jmmobiliarwerths (§. 1551 Abs. 2) zum Werthe des ganzen Erwerbes getragen.

Fortgesetzte Gütergemeinschaft. §. 1337. Fortgesetzte Gütergemeinschaft') tritt nur ein, wenn sie durch Ehevertrag *) vereinbart ist3). G. I §. 1434; II §. 1452, K.K. §. 1542. K.T. §• 1540. Die Beendigung der Fahrnißgemeinschast bestimmt sich ausschließlich nach den für die allg. G.G. geltenden Vorschriften. Konkurs des Mannes und Todeserklärung eines Ehegatten sind keine Beendigungsgründe. ') tztz. 1483ff. 2) §§. 1432ff. :t) Auch §. 1508 Abs. 2 ist anwendbar.

Familienrecht.

550

Bürgerliche Ehe.

III. Oüterrrchtsregister. 1. Ueber die Bedeutung des Güterrechtsregisters in materiell recht­ licher Hinsicht s. §. 1435. 2. Die formelle Führung des Güterrechtsregisters ist im F.G.G. §. 161 im Anschluß an das Handelsregister geregelt. Ergänzende Be­ stimmungen über das Nerfahren sowie das Formular zum Register sind im Bundesrathsbeschluß v. 3. November 1898 (Centralblatt S. 438) vor­ gesehen. Dieser Beschluß ist von den Landesjustizverwaltungen — zum Theil unter Hinzufügung von Ausführungsvorschriften — bekannt gemacht worden; vergl. Preußen A.B. v. 6. November 1899; Bayern M.Bek. v. 20. März 1899; Sachsen D. v. 8. November 1899 §§. 44-49, 54—58; Württemberg V. v. 9. November 1899; BadenV. v. 2. Januar 1900; Hessen V. v. 15. Dezember 1899; Elsaß-Lothringen M.V. v. 6. Dezember 1899.

Führung drs Registers durch das Amtsgericht. §♦ 1558. Die Eintragungen *) in das Güterrechtsregister haben bei dem Amtsgerichte zu geschehen, in dessen Bezirke der Mann seinen Wohnsitz*) hat. Durch Anordnung der Landesjustizverwaltung kann die Führung des Registers für mehrere Amtsgerichts bezirke einem Amtsgericht übertragen werden. G. I §. 1436 Satz 1; II § 1453 Abs. 1, §. 1454, D.K. §. 1543.

K.T. §. 1541. Für Preußen vergl. zu Abs. 1 preuß. F.G.G. Art. 29 Abs. 1, zu Abs. 2 A. B. v. 4. Dezember 1899. *) Eintragungen sind nach den Vorschriften folgender Paragraphen nothwendig: Beschränkung oder Ausschließung der Schlüsselgewalt (§. 1357 Abs. 2); Ausschließung oder Aenderung des gesetzlichen Güterstandes sowie Aufhebung oder Aenderung einer eingetragenen Regelung der güterrecht­ lichen Verhältnisse (§§. 1364, 1371, 1418-1420, §. 1425 Abs. 1, 3, §§. 1426, 1431, 1435, 1436, 1441, 1452, §. 1470 Abs. 2, §. 1619 Abs. 2, §. 1523, tz. 1526 Abs. 3, §§. 1542—1545, §. 1548 Abs. 2, §. 1549, §. 1587 und E.G. Art. 16); Einspruch des Mannes gegen den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts der Frau oder Widerruf der Einwilligung sowie die Zurücknahme des Einspruchs oder Widerrufs (§§. 1406, 1452, 1519 Abs. 2, 1526 Abs. 2, 1549; E.G. Art. 16, Art. 36 I). ’) §. 7.

Verlegung -es Wohnsitzes -es Mannes. §♦ 1838. Verlegt der Mann nach der Eintragung seinen Wohnsitz 0 in einen anderen Bezirk, so muß die Eintragung im Register dieses Bezirkes wiederholt werden. Die frühere Ein­ tragung gilt als von neuem erfolgt, wenn der Mann den Wohnsitz in den früheren Bezirk zurückverlegt. G. I §. 1436 Satz 2; II §. 1453 Abs. 2 Satz 1, 3, K.K. §. 1544.

R-T. §. 1542. ') §. 7.

Güterrechtsregister.

§§. 1558—1562.

551

Antrag auf Eintragung. Eine Eintragung in das Register soll nur auf An­ trag und nur insoweit erfolgen, als sie beantragt ist. Der An­ trag ist in öffentlich beglaubigter Form') zu stellen.

§♦ 1860.

G. I §. 1437 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 Satz 1, 3; II §. 1455, §• 1545. K T. §. 1543. Wegen des Antragsrechts des Notars, der die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung beurkundet oder beglaubigt, s. F.G.G. §. 161 mit §. 129. ') §. 129; F.G.G. §§. 167, 183.

K. H.

Antragsderechtigung. Die Eintragung erfolgt in den Fällen des §. 1357 Abs. 2 und des §. 1405 Abs. 3 auf Antrag des Mannes. In den anderen Fällen ist der Antrag beider Ehegatten erforderlich; jeder Ehegatte ist dem anderen gegenüber zur Mit­ wirkung verpflichtet. Der Antrag eines der Ehegatten genügt'): 1. zur Eintragung eines Ehevertrags2) oder einer auf gericht­ licher Entscheidung beruhenden Aenderung der güterrecht­ lichen Verhältnisse der Ehegatten2), wenn mit dem Anträge der Ehevertrag oder die mit dem Zeugnisse der Rechtskraft*) versehene Entscheidung vorgelegt wird; 2. zur Wiederholung2) einer Eintragung in dem Register eines anderen Bezirkes, wenn mit dem Antrag eine nach der Aufhebung des bisherigen Wohnsitzes ertheilte, öffentlich beglaubigte Abschrift der früheren Eintragung vorgelegt wird.

§. 1361.

G. I §. 1437 Abs. 1 Satz 1, 3, Abs. 2 Satz 2, §. 1438; II §. 1456, KK. §- 1546. K.T. 1544. ') Benachrichtigung des andern Ehegatten F.G.G. §.161 mit §. 127. a) §§. 1367, 1435, 1436, 1440, 1523, 1526, 1549. 3) §§. 1357, 1418—1420, 1425, 1470, 1542-1544, 1548, 1549. •) Vergl F.G.G. §. 31. 5) §. 1559.

Bekanntmachung der Eintragungen. Amtsgericht hat die Eintragung durch das für seine Bekanntmachungen bestimmte Blatt zu veröffentlichen. Wird eine Aenderung des Güterstandes eingetragen, so hat sich die Bekanntmachung auf die Bezeichnung des Güterstandes und, wenn dieser abweichend von dem Gesetze geregelt ist, auf eine allgemeine Bezeichnung der Abweichung zu beschränken.

§♦ 1362. Das

G. I §. 1439; II §. 1457, K.U. §- 1547. K T- §• 1545. Zu Abs. 1: Für Preußen ist der Anzeiger des Regierungs-Amts­ blatts bestimmt.

552

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

OrffentUchkeit Les Registers.

8.1863. Die Einsicht des Registers istJedem gestattet. Von den Eintragungen kann eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen. G. I §. 1485 Abs. 2; II §. 1458, Z.K. §. 1548. U T- §• 1646. Bescheinigung aus dem Güterrechtsregister F.G.G. §. 162; Zeugniß G.B.O. §. 34, F.G.G. §. 107 Abs. 2. Einsicht der Registerakten F.G.G. §. 34.

Siebenter Titel.

Scheidung der Ehe. 1. Die Ehe wird nach dem V.G.B. durch den Tod, durch die Wiederverheirathung im Falle der Todeserklärung und durch richterliches Urtheil aufgelöst. Ausgeschlossen ist das landesherrliche Ehescheidungsrecht. 2. Das richterliche Urtheil löst die Ehe entweder dem Bande nach (Ehescheidung) oder es hebt nur die eheliche Gemeinschaft auf (§. 1575). Das eheliche Band als solches wird bei der Aufhebung der Gemeinschaft nicht berührt; die Ehegatten können jeder Zeit ohne weitere Förmlich­ keiten die Ehe fortsetzen. Eine Folge hiervon ist die im §. 1586 Satz 2 enthaltene Vorschrift. Im Uebrigen besteht Zwischen den Wirkungen der Ehescheidung und der Aufhebung der Gemeinschaft kein Unterschied (§. 1586 Satz 1). Eine Trennung von Tisch und Bett kennt das B.G.B. nicht, weder eine zeitweise noch eine beständige. An die Stelle der letzteren tritt die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft (§. 1575). Die zeitweise Trennung ist durch ein Aussetzungsrecht des Gerichts im Prozeß über die Klage auf Scheidung oder Aufhebung der Gemeinschaft ersetzt (vergl. C.P.O. §. 620). 3. Die Scheidungsgründe setzen ein Verschulden eines der Ehegatten voraus. Eine Ausnahme ist die Scheidung wegen Geisteskrankheit. Die auf einem Verschulden beruhenden Scheidungsgründe zerfallen in absolute und in relative; bei ersteren hat der Richter die Ehe ohne Weiteres zu scheiden; bei letzteren kommt es darauf an, ob unter Berücksichtigung der subjektiven Verhältnisse der Ehegatten dem Kläger die Fortsetzung der Ehe zugemuthet werden darf oder nicht. Die absoluten Scheidungsgründe sind in den §§. 1565—1567 enthalten. Die relativen Scheidungsgründe sind im B.G.B. nicht einzeln aufgezählt; §. 1568 führt sie vielmehr auf einen einheitlichen Grundsatz zurück. Die auf einem Verschulden beruhenden Scheidungsgründe berechtigen auch zur Klage auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft. Das Recht auf Scheidung und auf Aufhebung der Gemeinschaft geht durch Verzeihung (§. 1570) und durch Zeitablauf (§. 1571) verloren. Vergl. auch C.P.O. §. 616. Eine Kompensation von Scheidungsgründen ist nur im Falle des §. 1568 zulässig. Ob der Ehegatte auf Scheidung oder auf Aufhebung der Gemeinschaft klagen will, steht in seinem Belieben; er kann von der Klage auf Aufhebung

Scheidung der Ehe.

§§. 1563, 1564.

553

in die Scheidungsklage übergehen, selbst nach Erlaß des Aufhebungs­ urtheils kann er ohne Weiteres die Umwandlung dieses Urtheils in ein Scheidungsurtheil fordern. Umgekehrt braucht sich der beklagte Ehegattedie Aufhebung nicht gefallen zu lassen; er kann die Scheidung und auch die Umwandlung des Aufhebungsurtheils in das Scheidungsurtheil ver­ langen (§§. 1575, 1576). Die auf einem Verschulden beruhenden Scheidungsgründe können, übrigens auch dazu benutzt werden, nur die Herstellung der ehelichen Gemeinschaft zu verweigern (§. 1353), ohne daß deshalb der Unterhalts­ anspruch des unschuldigen Ehegatten verloren ginge (§. 1361). 4. Die Wirkungen der Scheidung bestehen in Auflösung der Ehe und beginnen regelmäßig (vergl. Anm. zu §. 1564) mit der Rechtskraft des Urtheils. Sie beziehen sich auf das persönliche und vermögensrecht­ liche Verhältniß der Ehegatten zu einander und zu den Kindern. Von den. Wirkungen auf das persönliche Verhältniß regelt das B.G.B. ausdrücklich nur die Namensführung der Frau (§. 1577). Die vermögensrechtlicheir Wirkungen der Scheidung sind an verschiedenen Stellen (vergl. §§. 1478r 2077, 2268, 2279) bestimmt. Als selbstverständlich wird vorausgesetzt^ daß durch die Scheidung der Güterstand beendet wird (§. 1478) und das gesetzliche Erbrecht verloren geht (§. 1933). Im siebenten Titel ordnet das B.G.B. die Unterhaltspflicht der Ehegatten und den Widerruf von Schenkungen (§§. 1578—1584). Scheidungsstrafen kennt das B.G.B. nicht. DasVerhältniß der Eltern zu den Kindern wird durch die Scheidung nicht berührt, ausgenommen das Recht der Sorge für die Person der Kinder (§§. 1635, 1636). Namentlich erleidet die Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern (§§. 1601—1603, 1606) keine Aenderung. Dagegen wird dasVerhältniß der Ehegatten zu einander in Ansehung der Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern nach Maßgabe des §. 1585 berührt. 5. Die Bestimmungen des B.G.B. erfahren ihre Ergänzung durch die Vorschriften der C.P.O. §§. 606 ff.

6. Wegen des internattonalen Privatrechts E.G. Art. 17. gangsvorschriften ebenda Art. 201, 202.

Ueber-

I. Grundsätze. Die Ehe kann aus den in den §§. 1565 bis 1569 bestimmten Gründen geschieden werden. Die Scheidung erfolgt durch Urtheil. Die Auflösung der Ehe tritt mit der Rechts­ kraft^) des Urtheils2) ein.

§. 1364.

G. I §. 1440 Abs. 1, 2, §. 1452; II §§. 1459,1470,

§• 1649.

K.T. §. 1547. In den Fällen der §§. 1933, 2077, 2268, 2279 steht die Erhebung, der Scheidungsklage dem Urtheile gleich; die Scheidungsgründe sind zu­ gleich Gründe der Entziehung des Pflichttheils (§. 2335). Für die DerMögensauseinandersetzung ist jedoch die Zeit des Urtheils maßgebend. Wegen der Rechtskraft siehe die C.P.O. §. 705. 2) im Gegensatze zur Anfechtung (§. 1343) nur für die Zukunft. Wegen der Fortdauer der Schwägerschaft vergl. §. 1590 Abs. 2.

554

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

II. Scheidungsgründe. 1. Ehebruch. §♦ 1868. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte sich des Ehebruchs') oder einer nach den «§§. 171, 175 des Strafgesetzbuchs strafbaren Handlung schuldig macht2). Das Recht des Ehegatten auf Scheidung ist ausgeschlossen, wenn er dem Ehebruch oder der strafbaren Handlung zustimmt oder sich der Theilnahme') schuldig macht. G. I §. 1441; II §. 1460, K.U. §. 1550. K.T. §. 1548. ') St.G.B. §. 172. 2) Nur die vollendeten Strasthaten sind Scheidungsgründe, nicht die versuchten; letztere können unter §. 1568 fallen. 3) St.G.B. §§. 47 ff.

2. KrdensnachsteUung. §. 1566* Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte ihm nach dem Leben trachtet. G. I §. 1442; II §. 1461, H.K. §. 1551.

zr.T. §. 1549.

Z. Kösliche Uerlassung. §. 1867. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte ihn böslich verlassen hat. Bösliche Verlassung liegt nur vor: 1. wenn ein Ehegatte, nachdem er zur Herstellung der häus­ lichen Gemeinschaftl) rechtskräftig verurtheilt worden ist, ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehegatten in böslicher Absicht2) dem Urtheile nicht Folge geleistet hat; 2. wenn ein Ehegatte sich ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehegatten in böslicher Absicht2) von der häuslichen Gemeinschaft fern gehalten hat und die Vor­ aussetzungen') für die öffentliche Zustellung seit Jahresfrist gegen ihn bestanden haben. Die Scheidung ist im Falle des Abs. 2 Nr. 2 unzulässig, wenn die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung am Schluffe der mündlichen Verhandlung, auf die das Urtheil ei> geht*), nicht mehr bestehen. G. I §. 1443; II §. 1462, K.K. §- 1552. K T- §- 166°Die Nr. 1 betrifft die Quasidesertion, die Nr. 2 die Desertton. Rückkehrbefehle und Zwangsmaßregeln (C.P.O. §. 888) giebt es nicht mehr. ') C.P.O. §. 606. 2) Dadurch wird insbes. die Benutzung der böslichen Verlassung zur Erreichung einer Scheidung auf Grund gegenseitigen Einverständnisses ausgeschlossen. ') C.P.O. §. 203. *) gleichgültig in welcher Instanz.

Scheidung der Ehe.

§§. 1665—1571.

555

4. Relative Scheidungsgründe.

§♦ 1368. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte durch schwere Verletzung der durch die Ehe begründeten Pflichten oder durch ehrloses oder unsittliches Ver­ halten eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses ver­ schuldet hat, daß dem Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zugemuthet werden kann. Als schwere Verletzung der Pflichten gilt auch grobe Mißhandlung. G. I §. 1444 Abs. 1; II §. 1463, K.U. §.1653. K T- §• 1551. Der §. 1668 enthält die relativen Scheidungsgründe (Vordem. S. 662 Ziff. 3). Beispiele: Verurtheilung zu Zuchthaus, Verweigerung der ehe­ lichen Pflicht, verschuldete ansteckende Krankheit.

5. Geisteskrankheit.

§♦ 1369. Ein Ehegatte kann aus Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte in Geisteskrankheit ft verfallen ist, die Krankheitft während der Ehe mindestens drei Jahre gedauert und einen solchen ®rab3) erreicht hat, daß die geistige Gemeinschaft zwischen den Ehegatten aufgehoben, auch jede Aussicht auf Wieder­ herstellung dieser Gemeinschaft ausgeschlossen ist. G. II §. 1464, SA. §. 1664. $L®. §. 1552. l) §. 6 Nr. 1; Entmündigung ist nicht nothwendig. ®) Die Krankheit braucht nicht in der Ehe entstanden zu sein. 3) Wegen der Vernehmung von Sachverständigen C.P.O. §. 623.

Verlust -es Schridungsrrchts: a) Lurch Verzeihung; §♦ 1370. Das Recht auf Scheidung erlischt in den Fällen der §§. 1565 bis 1568 durch Verzeihung. G. I §. 1446 Satz 1; II §. 1465, H.U. §• 1555.

U T. §. 1553.

b) Lurch Zeitablauf. §♦1571. Die Scheidungsklagemuß in den Fällen der1565 bis 1568 binnen sechs Monatenvon dem Zeitpunkt an er­ hoben werden, in dem der Ehegatte von dem Scheidungsgrunde Kenntniß erlangt. Die Klage ist ausgeschlossen, wenn seit dem Eintritte des Scheidungsgrundes zehn Jahres verstrichen sind. Die Frist läuft nicht, solange die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist3). Wird der zur Klage berechtigte Ehegatte von dem anderen Ehegatten aufgefordert, entweder die häusliche Gemeinschaft herzustellen oder die Klage zu erheben, so läuft die Frist von dem Empfange der Aufforderung an. Der Erhebung der Klage steht die Ladung zum Sühne­ termine3) gleich. Die Ladung verliert ihre Wirkung, wenn der

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Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

zur Klage berechtigte Ehegatte im Sühnetermine nicht erscheint oder wenn drei Monates nach der Beendigung des Sühne­ verfahrens verstrichen sind und nicht vorher die Klage erhoben worden ist. Auf den Lauf der sechsmonatigen und der dreimonatigen Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§. 203, 206 entsprechende Anwendung. G.I§. 1447 Abs. 1-4; II §.1466, Z.U. §.1556. §. 1554. ') §. 187 Abs. 1, §. 188. 2) Die Vorschrift bezieht sich sowohl auf die sechsmonatige als auf die zehnjährige Frist. 3) C.P.O. §. 609.

§♦ 1872. Ein Scheidungsgrund kann, auch wenn die für seine Geltendmachung im §. 1571 bestimmte Frist verstrichen ist, im Laufe des Rechtsstreits geltend gemacht werden, sofern die Frist zur Zeit der Erhebung der Klage noch nicht verstrichen war. G. I §. 1447 Abs. 5; II §

1467, K.U. §. 1557.

U T. §• 1555.

§♦ 1873. Thatsachen, auf die eine Scheidungsklage nicht mehr gegründet werden sann1), dürfen zur Unterstützung einer auf andere Thatsachen gegründeten Scheidungsklage geltend gemacht werden. G. I §. 1448; II §. 1468, Z.K. §. 1558. U.T. §. 1556. i) Umfaßt sowohl die Fälle, in denen das Scheidungsrecht nach den §§. 1570, 1571, als die Fälle, in denen es nach C.P.O. §. 616 aus­ geschlossen ist.

Bezeichnung des schuldigen Gatten in dem Scheidungsurlheilr. §. 1874. Wird die Ehe aus einem der in den §§. 1565 bis 1568 bestimmten Gründe geschieden, so ist in dem Urtheil aus­ zusprechen, daß der Beklagte die Schuld an der Scheidung trägt1)» Hat der Beklagte Widerklage erhoben und wird auch diese für begründet erkannt, so sind beide Ehegatten für schuldig zu erklären. Ohne Erhebung einer Widerklage ist auf Antrag des Be­ klagten auch der Kläger für schuldig zu erklären, wenn That­ sachen vorliegen, wegen deren der Beklagte auf Scheidung klagen könnte oder, falls sein Recht auf Scheidung durch Verzeihung oder durch Zeitablauf ausgeschlossen ist, zur Zeit des Eintritts des von dem Kläger geltend gemachten Scheidungsgrundes be­ rechtigt war, auf Scheidung zu klagen3). G. I §. 1449; II §. 1469, Z U. §. 1559. zr.T. §. 1557. Jedes Scheidungsurtheil ist, wenn ein minderjähriges Kind der Ehegatten vorhanden ist, dem Vormundschaftsgerichte mitzutheilen (C.P.O. §. 630). Vermerk im Heiratsregister Personst.G. §. 56 (E.G. Art. 46).

Scheidung der Ehe.

§§. 1572—1577.

557

1) Die Frage, welcher Ehegatte die Schuld an der Scheidung trägt, ist in mehrfacher Beziehung (§§. 1478, 1549, 1577 Abs. 2, 3, 1578, 1579, 1584, 1625) von Bedeutung. 2) Stirbt ein Ehegatte während des Scheidungsprozesses, so ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt (C.P.O. §. 628), er kann nicht zum Zwecke der Erledigung der Schuldftage weiter geführt werden.

III. Aufhebung -er ehelichen Gemeinfchast. Die §§. 1575, 1576 sind vom R.T. eingestellt.

§♦ 1878. Der Ehegatte, der auf Scheidung *) zu klagen be­ rechtigt2) ist, kann statt auf Scheidung auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft klagen. Beantragt2) der andere Ehegatte, daß die Ehe, falls die Klage begründet ist, geschieden wird, so ist auf Scheidung zu erkennen. Für die Klage auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft gelten die Vorschriften der §§. 1573, 1574. Die Klage auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft ist materiell wie prozessual (C.P.O. §. 639) der Scheidungsklage gleichgestellt. Die Aufhebung erfolgt durch Urtheil. Vermerk der Aufhebung im Heirathsregister Personst.G. §. .55 (E.G. Art. 46). 1) wegen eines Verschuldens des anderen Ehegatten. 2) §§. 1565—1572. 3) auch ohne förmliche Widerklage.

Scheidung auf Grund der Aufhebung. Ist auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft erkannt, so kann jeder der Ehegatten auf Grund des Urtheils *) die Scheidung beantragen2), es fei denn, daß2) nach der Erlassung des Urtheils die eheliche Gemeinschaft wiederhergestellt*) worden ist. Die Vorschriften der §§. 1570 bis 1574 finden keine An­ wendung; wird die Ehe geschieden, so ist der für schuldig») er­ klärte Ehegatte auch im Scheidungsurtheile für schuldig zu erklären.

§♦ 1576»

*) ohne Weiteres. 2) Der Antrag ist in Form einer selbständigen Klage zu stellen; auf die Klage finden die Vorschriften über die Scheidungsklage Anwendung. 8) Beweispflichtig ist der sich darauf berufende Ehegatte. 4) §. 1687. d) im Aufhebungsurtheil.

§♦ 1877.

IV. Wirkungen -er Scheidung. 1. Uame -er gefchie-enen Frau. Die geschiedene Frau behält den Familiennamen

des Mannes. Die Frau kann ihren Familiennamen wiederannehmen. War sie vor der Eingehung der geschiedenen Ehe verheirathet, so kann sie auch den Namen wiederannehmen, den sie zur Zeit der Ein­ gehung dieser Ehe hatte, es sei denn, daß sie allein für schuldig

558

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

erklärt ist. Die Wiederannahme des Namens erfolgt durch Er­ klärung gegenüber') der zuständigen2) Behörde; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form3) abzugeben. Ist die Frau allein für schuldig erklärt, so kann der Mann ihr die Führung seines Namens untersagen. Die Untersagung erfolgt durch Erklärung gegenüber') der zuständigena) Behörde; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form3) abzugeben. Die Behörde soll der Frau die Erklärung mittheilen. Mit dem Verluste des Namens des Mannes erhält die Frau ihren Familiennamen wieder4). G. I §. 1455; II §. 1478, H.K. §. 1560. K.T. §. 1558. Wegen des Standes der geschiedenen Frau vergl. Anm. zu §. 1355. ') nicht nothwendig „vor". 2) Landesrecht. Vergl. Preußen Art. 68; Bayern V. v. 24. Dezbr. 1899 tztz. 15—17,19; Sachsen A.V. v. 6. Juli 1899 *.32; Württem­ berg Art. 259; Baden Rechtspolizeigesetz §. 28; Hessen Art. 107; Elsaß-Lothringen $. 117. Für zuständig erklärt ist in Bayern die Distriktspolizeibehörde, in Sachsen, Baden und Hessen das Amtsgericht, in Preußen, Württemberg und Elsaß-Lothringen der Standesbeamte. 3) 129; F.G.G. §§. 167, 183, 191. 4) Ob die Wiederannahme des Namens und die Untersagung der Fortführung des Namens in das Standesregister eingetragen werden soll (Personst.G. 26, 56), richtet sich nach Landesrecht.

2. Unterhaltspflicht des für schuldig erklärten Gatten. §♦ 1878. Der allein für schuldig erklärte Mann hat der ge­ schiedenen Frau den standesmäßigen Unterhalt insoweit zu ge­ währen, als sie ihn nicht aus den Einkünften') ihres Vermögens und, sofern nach den Verhältnissen, in denen die Ehegatten gelebt haben, Erwerb durch Arbeit der Frau üblich ist, aus dem Ertrag ihrer Arbeit bestreiten kann. Die allein für schuldig erklärte Frau hat dem geschiedenen Manne den standesmäßigen Unterhalt insoweit zu gewähren, als er außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten. G. I §. 1454 Abs. 1; Geltendmachung des Abs. 2; Verjährung §. 194 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4. ') Ausnahme §. 1579

II § 1472, tz.U. §. 1561. U.T. §. 1569. Unterhaltsanspruchs im Konkurs K.O. §. 8 Abs. 2; Pfändungsprivileg C.P.O. tz. 850 Abs. 2.

§♦ 1878. Soweit der allein für schuldig erklärte Ehegatte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines standesmäßigen Unterhalts dem anderen Ehegatten Unterhalt zu gewähren, ist er berechtigt, von den zu seinem Unterhalte verfügbaren Einkünften zwei Dritt-

Scheidung der Ehe.

§§. 1578—1582.

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theile oder, wenn diese zu seinem nothdürftigen Unterhalte nicht ausreichen, so viel zurückzubehalten, als zu dessen Bestreitung erforderlich ist. Hat er einem minderjährigen unverheiratheten Kindes oder in Folge seiner Wiederverheirathung2) dem neuen Ehegatten Unterhalt zu gewähren, so beschränkt sich seine Ver­ pflichtung dem geschiedenen Ehegatten gegenüber auf dasjenige, was mit Rücksicht auf die Bedürfnisse sowie auf die Vermögens­ und Erwerbsverhältnisse der Betheiligten der Billigkeit entspricht. Der Mann ist der Frau gegenüber unter den Voraus­ setzungen des Abs. 1 von der Unterhaltspflicht ganz befreit, wenn die Frau den Unterhalt aus dem Stamme ihres Ver­ mögens bestreiten kann. G. I §. 1454 Abs. 1, §. 1483 Abs. 3; II §. 1473, §. 1504 Abs. 2 Satz 2, S.U. §• 1562. UT- §• 1560. *) §§. 1601 ff. 2) §§. 1360, 1361.

Gewährung des Unterhalts.

8.15SO* DerUnterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente nach Maßgabe des §. 760 zu gewähren. Ob, in welcher Art undfür welchen Betrag der Unterhaltspflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen '). Statt der Rente kann der Berechtigte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Im Uebrigen finden die für die Unterhaltspflicht der Ver­ wandten geltenden Vorschriften der §§. 1607, 1610, des §. 1611 Abs. 1, des §. 1613 und für den Fall des Todes des Be­ rechtigten die Vorschriften des §. 1615 entsprechende Anwendung. G. I §. 1454 Abs. 1; II §. 1474, Z.U. §. 1563. U.T. §. 156k ') Nachträgliche Ergänzung des auf Sicherheitsleistung nicht lautenden Urtheils C.P.O. §. 324.

Miederoerheirathung. Die Unterhaltspflicht erlischt mit der Wiederverherrathung des Berechtigten. Im Falle der Wiederverheirathung des Verpflichteten finden, die Vorschriften des §. 1604 entsprechende Anwendung.

§♦ 1581.

G. I §. 1454 Abs. 1, 2; II §. 1475, D.U. §. 1564. U.T. §. 1562.

§♦ 1582. Die

Tod des Unterhaltspflichtigen. Unterhaltspflicht erlischt nicht mit dem Tode

des Verpflichteten'). Die Verpflichtung des Erben2) unterliegt nicht den Be­ schränkungen des §. 1579. Der Berechtigte muß sich jedoch die Herabsetzung der Rente bis auf die Hälfte der Einkünfte ge-

560

Familienrecht.

Bürgerliche Ehe.

fallen lassen, die der Verpflichtete zur Zeit des Todes aus seinem Vermögen bezogen hat. Einkünfte aus einem Rechte, das mit dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses erlischt, bleiben von dem Eintritte des Zeitpunkts oder des Ereignisses an außer Betracht. Sind mehrere Berechtigte vorhanden, so kann der Erbe die Renten nach dem Verhältniß ihrer Höhe soweit herabsetzen, daß sie zusammen der Hälfte der Einkünfte gleichkommen.

G. I §. 1454 Abs. 1; II § 1476, K.U. §. 1565. U.T. §. 1563. l) Wohl aber erlischt sie mit dem Tode des Berechtigten (§. 1580 Abs. 3, §. 1615). *) Sie ist eine gewöhnliche Nachlaßverbindlichkeit (§. 1967).

Scheidung wegen Geisteskrankheit. §♦ 1883. Ist die Ehe wegen Geisteskrankheit eines Ehe­ gatten geschieden, so hat ihm der andere Ehegatte Unterhalt in gleicher Weise zu gewähren wie ein allein für schuldig erklärter Ehegatte.

G. II §. 1477, K.U. §. 1566.

U.T. §. 1564.

3. Widerruf von Schenkungen. §. 1584. Ist ein Ehegatte allein für schuldig erklärt, so kann der andere Ehegatte Schenkungen'), die er ihm während des Braut­ standes oder während der Ehe gemacht hat, widerrufen. Die Vorschriften des §. 531 finden Anwendung.

Der Widerruf ist ausgeschlossen, wenn seit der Rechtskraft des Scheidungsurtheils ein Jahr verstrichen oder wenn der Schenker oder der Beschenkte gestorben ist.

G. I §. 1453; II §. 1471, SA» §- 1667. K.T. §. 1565. 1) unter Lebenden (vergl. §. 2301); wegen des Einflusses auf letztwillige Verfügungen siehe §§. 2077, 2268, 2279.

4. Unterhalt der Kinder. §♦ 1888. Hat der Mann einem gemeinschaftlichen Kinde Unterhalt zu gewähren, so ist die Frau verpflichtet, ihnN) aus den Einkünften ihres Vermögens und dem Ertrag ihrer Arbeit oder eines von ihr selbständig betriebenen Erwerbsgeschäfts einen angemessenen Beitrag zu den Kosten des Unterhalts zu leisten, soweit nicht diese durch die dem Manne an dem Vermögen des Kindes zustehende Nutznießung gedeckt werdens. Der Anspruch des Mannes ist nicht übertragbar3). Steht der Frau die Sorge für die Person des Kindes zu*) und ist eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts des Kindes

Scheidung der Ehe. Kirchliche Verpflichtungen. §§. 1583—1589.

561

zu besorgen, so kann die Frau den Beitrag zur eigenen Ver­ wendung für den Unterhalt des Kindes zurückbehalten5). G. I §. 1458; II §. 1481, D.K. §. 1568. AT. §- 1566. *) §. 1601 bleibt unberührt. 2) Anders §. 1606 Abs. 2 Satz 2. 3) §§. 394, 400 und C.P.O. §. 851. *) sei es als Inhaberin der elterlichen Gewalt oder nach §. 1635. 5) Entsprechend §. 1428.

V. Wirkungen -er Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft. Die §§. 1586, 1587 sind vom R.T. eingestellt.

§♦ 1586* Wird nach §. 1575 die eheliche Gemeinschaft auf­ gehoben, so treten die mit der Scheidung verbundenen Wirkungen') ein; die Eingehung einer neuen Ehe ist jedoch ausgeschlossen. Die Vorschriften über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Ehe finden Anwendung2), wie wenn das Urtheil nicht ergangen wäre. ') Vergl. §§. 1478, 1577—1585, 1593, 1608 Abs. 2, 1609 Abs. 2, 1635, 1636, 1685 Abs. 2, 1746 Abs. 1, 1783, 2077, 2268, 2279. a) in Abänderung des §. 1338.

§♦ 1587t Wird die eheliche Gemeinschaft nach der Aus­ hebung wiederhergestellt '), so fallen die mit der Aushebung ver­ bundenen Wirkungen weg und tritt Gütertrennung ein2). l) Eine Form ist nicht vorgeschrieben; Vermerk der Wiederherstellung im Heirathsregister nach dem Personenst.G. §. 55 (E G. Art. 46). §§. 1427—1431.

Achter Titel. Kirchliche Verpflichtungen.

§♦ 1588t Die kirchlichen Verpflichtungen in Ansehung der Ehe werden durch die Vorschriften dieses Abschnitts nicht berührt. Vom R.T. eingestellt.

Vergl. dazu Personst.G. §. 82.

Zweiter Abschnitt.

Verwandtschaft. Erster Titel. Allgemeine Vorschriften.

Nermandtsthast. Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt. Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben dritten Person ab­ stammen, sind in der Seitenlinie verwandt. Der Grad der

§♦ 1589t

Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch. 3. Auflage.

86

562

Familienrecht.

Verwandtschaft.

Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten. Ein uneheliches Kind und dessen Vaters gelten nicht als verwandt ^). G. I §§. 30, 31; II §. 16, S.R. §. 1569. zr.T. §. 1567. *) Verhältniß zur Mutter §. 1705. a) Ehelichkeitserklärung §§. 1736, 1737; Annahme an Kindesstatt §§. 1757, 1762, 1768. Vergl. auch E.G. Art. 33.

Schrvägerschaft. §♦ 1890. Die Verwandten eines Ehegatten sind mit dem anderen Ehegatten verschwägert 0- Die Linie und der Grad der Schwägerschast bestimmen sich nach der Linie und dem Grade der sie vermittelnden Verwandtschaft. Die Schwägerschaft dauert fort, auch wenn die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist. G. I §§. 32, 33; II §. 16, H.zr. §. 1570. R.T. §. 1568. ’) Ehelichkeitserklärung §. 1737; Annahme an Kindesstatt §. 1763. Vergl. auch E.G. Art. 33.

Zweiter Titel.

Eheliche Abstammung. 1. Erfordernisse der Ehelichkeit eines Kindes sind: Geburt nach Schließung der Ehe und Erzeugung durch den Mann. Um den Beweis der Erzeugung zu erleichtern, stellt das B.G.B. die Vermuthung auf, daß, wenn die Frau das Kind vor oder während der Ehe empfangen und der Mann ihr innerhalb der Empfängnißzeit (§. 1592) beigewohnt hat, das Kind als von ihm erzeugt gilt. Gegen diese Vermuthung giebt es nur den Gegenbeweis der offenbaren Unmöglichkeit. An die erwähnte Vermuthung reiht sich die zweite, daß der Mann während der Ehe der Frau beiwohnte. Diese Vermuthung kann durch Gegenbeweis entkräftet werden. Sie ist auf die Zeit der Ehe beschränkt; für die Zeit vorher gilt sie nur, wenn der Mann gestorben ist, ohne die Ehelichkeit angefochten zu haben (§. 1591). 2. Die Unehelichkeit des Kindes kann nur von dem Manne geltend gemacht werden. Eine Ausnahme von dieser Regel findet statt, wenn der Mann gestorben ist, ohne das Anfechtungsrecht verloren zu haben (§. 1593). Die Geltendmachung der Unehelichkeit Seitens des Mannes erfolgt durch Anfechtung der Ehelichkeit. Die Anfechtung geschieht bei Lebzeiten des Kindes durch Erhebung der gegen das Kind zu richtenden Anfechtungsklage (§. 1596), nach dem Tode des Kindes durch eine dem Nachlaßgerichre gegenüber abzugebende Erklärung ■(§. 1600). Im Einzelnen ist die An­ fechtung der Ehelichkeit ebenso geordnet wie die Anfechtung einer Ehe (§§. 1339—1343). Namentlich wird das nach Schließung der Ehe geborene Kind bis zur Erledigung der Anfechtungsklage als ein eheliches Kind be­ handelt (§. 1596 Abs. 3).

Allg. Vorschriften. §. 1590. Eheliche Abstammung. §§. 1591—1593.

563

Ist der Mann verstorben, ohne die Ehelichkeit angefochten, aber auch ohne das Anfechtungsrecht verloren zu haben, so kann die Unehelichkeit von Jedem, der an ihrer Feststellung ein rechtliches Interesse hat, geltend gemacht werden (§. 1593). Die Geltendmachung ist weder auf die Erben des Mannes beschränkt noch einer zeitlichen Schranke unterworfen; sie geschieht lediglich nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze (durch Klage, Einrede 2C.). 3. Die Anfechtungsklage ist in der C.P.O. §§. 640—643 im Anschluß an die Ehescheidungsklage geregelt. Vergl. auch C.P.O. §. 185. 4. Internationales Privatrecht im E.G. Art. 18; Übergangs­ bestimmung ebenda Art. 203.

Voraussetzung -er Ehelichkeit; Vermuthung. §♦ 1391* Ein Kind, das nach der Eingehung der Ehe geboren1) wird, ist ehelich, wenn die Frau es vor oder während der Ehe empfangen und der Mann innerhalb der Empfängnißzeit2) der Frau beigewohnt hat. Das Kind ist nicht ehelich, wenn es den Umständen nach offenbar3) unmöglich ist, daß die Frau das Kind von dem Manne empfangen hat. Es wird vermuthet4), daß der Mann innerhalb der Empfängnißzeit der Frau beigewohnt habe. Soweit die Empfängnißzeit in die Zeit vor der Ehe fällt, gilt die Ver­ muthung nur, wenn der Mann gestorben ist, ohne die Ehelich­ keit des Kindes angefochten zu haben. E. I §§. 1466, 1468—1470; II §. 1486, H.U. §. 1571. U.T* §. 1569. ') wenn auch vorher empfangen; ein vorher empfangenes Kind ist also nicht ein legitimirtes. 2) §. 1592. 3) Wegen des „offenbar" vergl. §§. 319, 560,1717, 2048, 2155, 2217. 4) C.P.O. §. 292.

Empfängnißzeit. §♦ 1392. Als Empfängnißzeit gilt die Zeit von dem ein­ hunderteinundachtzigsten bis zu dem dreihundertundzweiten Tage vor dem Tage der Geburt des Kindes, mit Einschluß sowohl des einhunderteinundachlzigsten als des dreihundertundzweiten Tages. Steht fest, daß das Kind innerhalb eines Zeitraums empfangen worden ist, der weiter als dreihundertundzwei Tage vor dem Tage der Geburt zurückliegt, so gilt zu Gunsten der Ehelichkeit des Kindes dieser Zeitraum als Empfängnißzeit. G. I §. 1467; II §. 1487, H.U. §. 1572. U.T. §. 1570. Berechnung der Zeit §. 187 Abs. 1, §. 188.

Geltendmachung -er Unehelichkeit. §♦ 1393. Die Unehelichkeit eines Kindes, das während der Ehe oder innerhalb dreihundertundzwei Tagen nach der Auflösung 36*

564

Familienrecht.

Verwandtschaft.

der Ehe geboren ist, kann nur geltend gemacht werden, wenn der Mann die Ehelichkeit angefochten hat oder, ohne das An­ fechtungsrecht verloren zu haben, gestorben ist. G.I §. 1471 Abs. 1; II §. 1488, K.U. §. 1678. zr.T. §. 1571. Frist für die Anfechtung. §♦ 1894. Die Anfechtung der Ehelichkeit kann nur binnen Jahresfrist erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Mann die Geburt des Kindes erfährt. Auf den Laus der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§. 203, 2061) entsprechende Anwendung. G. I §. 1473; II §. 1490, K.K. §. 1674. K.T. §. 1672. *) Vergl. §. 1596 Abs. 2 Satz 2. Ueber die Berechnung der Frist §. 187 Abs. 1, §. 188.

Anfechtung durch Vertreter. §. 1898. Die Anfechtung der Ehelichkeit kann nicht durch einen Vertreter erfolgen. Ist der Mann in der Geschäftsfähigkeit beschränkt'), so bedarf er nichts der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Für einen geschäftsunfähigen3) Mann kann sein gesetzlicher Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts die Ehelichkeit anfechten. Hat der gesetzliche Vertreter die Ehelichkeit nicht rechtzeitig4) angefochten, so kann nach dem Wegfälle der Geschäftsunfähigkeit der Mann selbst die Ehelichkeit in gleicher Weise anfechten, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter ge­ wesen roäre5). G. I §. 1474 Satz 1, 3; II §. 1491 Abs. 1, 2, K.K. §. 1575. R-T. §• 1673. ') §§• 106, 114. 2) Vergl. C.P.O. §. 640 mit §. 613 und §. 641 Abs. 2. 3) §. 104. 4) §. 1694. 8) §. 206 mit §. 1694. Anfechtungsklage. 1396. Die Anfechtung der Ehelichkeit erfolgt bei Lebzeiten des lindes durch Erhebung der Anfechtungsklage. Die Klage ist gegen das Kind zu richten. Wird die Klage zurückgenommen, so ist die Anfechtung als nicht erfolgt anzusehen. Das Gleiche gilt, wenn der Mann vor der Erledigung des Rechtsstreits das Kind als das seinige anerkennt').

Eheliche Abstammung.

§§. 1594—1599.

565

Vor der Erledigung des Rechtsstreits kann die Unehe­ lichkeit nicht anderweit geltend gemacht werdens. G. I §. 1471 Abs. 2, §. 1475 Abs. 1, §. 1476 Satz 2, 8; II §. 1492, DA- §- 1576. K.T. §. 1574. ') §. 1598. 2) C.P.O. §. 153. Tod des Kindes. Nach dem Tode des Kindes erfolgt die Anfechtung der Ehelichkeit durch Erklärung gegenüber') dem Nachlaßgerichte2); die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form2) abzugeben. Das Nachlaßgericht soll die Erklärung sowohl demjenigen mittheilen, welcher im Falle der Ehelichkeit, als auch demjenigen, welcher im Falle der Unehelichkeit Erbe des Kindes ist. Es hat die Einsicht der Erklärung Jedem zu gestattens, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht 5). G. I §. 1475 Abs. 2; II §. 1493, D.K. §. 1577. K.T. §. 1575. ’) nicht nothwendig „vor". *) F.G.G. §§. 72, 73. 3) §. 129; F.G.G. §§. 167, 183. •) F.G.G. §. 34. 5) F.G.G. §. 15 Abs. 2.

§♦ 1397.

Anerkennung der Ehelichkeit. der Ehelichkeit ist ausgeschlossen, wenn der Mann das Kind nach der Geburt als das feinige anerkennt'). Die Anerkennung kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen. Für die Anerkennung gelten die Vorschriften des §. 1595 Abs. 1. Die Anerkennung kann auch in einer Verfügung von Todeswegen2) erfolgen. G. I §. 1472 Satz 1, 3, §. 1474 Satz 1, 3; II §. 1489, §. 1491 Abs. 3, H.K. §. 1578. K.T. §. 1576. ') Eine Form ist nicht vorgeschrieben. 2) Testament (§. 1937) oder Erbvertrag (§. 2299).

§♦ 1888. Die Anfechtung

Anfechtung der Anerkennung,

tz. 1399. Ist die Anerkennung der Ehelichkeit anfechtbar'), so finden die Vorschriften der §§. 1595 bis Anfechtbarkeit ihren Grund in arglistiger Drohung hat, neben den Vorschriften des des §. 206 auch die Vorschrift des §. 203 Anwendung2). G. I §. 1478; II §. 1494, K.K. §- 1579. ') Vergl. §§. 119, 123, 124. 2) Vergl. C.P.O. §. 641 Abs. 1.

1597 und, wenn die Täuschung oder in §. 203 Abs. 2 und Abs. 1 entsprechende K T. §. 1577.

566

Familienrecht.

Verwandtschaft.

Derzeitige Wirderverheirathung der Frau. §♦ 1600. Wird von einer Frau, die sich nach der Auflösung ihrer Ehe wiederverheirathet hat, ein Kind geboren, das nach den §§. 1591 bis 1599 ein eheliches Kind sowohl des ersten als des zweiten Mannes sein würde, so gilt das Kind, wenn es innerhalb zweihundertundsiebzig Tagen nach der Auflösung der früheren Ehe geboren wird, als Kind des ersten Mannes, wenn es später geboren wird, als Kind des zweiten Mannes. G. I §. 1479; II §. 1495, K.U. §• 1580.

U-T. §. 1578.

Dritter Titel.

Unterhaltspflicht. 1. Die Vorschriften der §§. 1601 ff. gelten zunächst nur für die Ver­ wandten im Sinne des §. 1589; sie finden jedoch auch auf Kinder aus einer nichtigen Ehe, soweit dieselben nach den §§. 1699, 1700 als eheliche gelten, sowie in den Fällen der Legitimation und der Annahme an Kindes­ statt Anwendung, soweit dadurch Verwandtschaft begründet wird (§§. 1719, 1736, 1737, 1757, 1763), unbeschadet der in den §§. 1739, 1766 bestimmten Ausnahmen. 2. Unterhaltspflichten außerhalb der §§. 1601 ff. kennt das B.G.B. sowohl auf familienrechtlicher Grundlage (§§. 1360, 1361, 1345, 1346, 1578 ff., 1586, 1351, ferner §§. 1703, 1708 ff. die Unterhaltspflicht der Ehegatten, des unehelichen Vaters u. s. w.) als auf obligatorischer (§§. 528, 843, 844) und auf erbrechtlicher (§§. 1963, 1969, 2141) Grundlage.

Unterhaltspflicht der Derwandten in gerader Kinie. §♦ 1601. Verwandte*) in gerader Linie2) sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. G. I §. 1480; II §. 1496, D.U. §. 1581. U.T. §. 1579. *) §. 1589; keine Unterhaltspflicht unter Verschwägerten. a) Eine Unterhaltspflicht der Geschwister ist nicht bestimmt.

Voraussetzung des Unterhaltsrechts. §♦ 1602. Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten*). Ein minderjähriges unverheirathetes Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unter­ halts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens2) und der Ertrag seiner Arbeit2) zum Unterhalte nicht ausreichen. G. I §. 1481 Abs. 1, 3; II §. 1497, S.U. §. 1582. U.T. §. 1580. *) Der Beweis dieser Voraussetzung liegt demjenigen ob, der den Unterhalt fordert. 2) auch des freien (§§. 1650, 1651). 3) jeder Arbeit.

Unterhaltspflicht.

§§. 1600—1605

567

Voraussetzung der Unterhaltspflicht. §. 1603« Unterhaltspflichtig ist nicht, wer') bei Berück­ sichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines standesmäßigen Unterhalts den Unter­ halt zu gewährens. Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen unverheiratheten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalte gleich­ mäßig zu verwenden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kinde, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann. G. I §. 1482; II §. 1498, D.U. §. 1583. K.T. §. 1581. ') Die Beweislast trifft den Verwandten, der als unterhaltspflichtig in Anspruch genommen wird. 2) Soweit ein an sich Unterhaltspflichtiger leiftungsunsähig ist, besteht überhaupt keine Unterhaltspflicht; der Leistungsunfähige ist darum, wenn er später zu Vermögen gelangt, nicht zur Nachzahlung verpflichtet.

Einfluß des Oüterrechts. §♦ J.604* Soweit dieUnterhaltspflicht einer Frau ihren Ver­ wandten gegenüber davon abhängt, daß sie zur Gewährung des Unterhalts im Stande ist, kommt die dem Manne an dem eingebrachten Gute zustehende Verwaltung und Nutznießung nicht in Betracht. Besteht allgemeine Gütergemeinschaft, Errungenschafts­ gemeinschaft oder Fahrnißgemeinschaft, so bestimmt sich die Unterhaltspflicht des Mannes oder der Frau Verwandten gegen­ über so, wie wenn das Gesammtgut dem unterhaltspflichtigen Ehegatten gehörte. Sind bedürftige Verwandte beider Ehe­ gatten vorhanden, so ist der Unterhalt aus dem Gesammtgute so zu gewähren, wie wenn die Bedürftigen zu beiden Ehegatten in dem Verwandtschaftsverhältnisse ständen, auf dem die Unter­ haltspflicht des verpflichteten Ehegatten beruht. G. I §. 1313, §. 1363 Abs. 1, 2 Satz 1, §. 1425, §. 1431 Abs. 1; II §. 1499, K.U. §• 1584. U.T. §. 1582. Für die Bemessung der Unterhaltspflicht der Frau beim gesetzt. Güter­ rechte (Abs. 1) und eines jeden Gatten bei den Gütergemeinschaften (Abs. 2) kommt das Recht des Mannes am eingebrachten Gute bezw. des anderen Gatten am Gesammtgute nicht als dne sonstige Verpflichtung (§. 1603 Abs. 1) des unterhaltspflichtigen Gatten in Betracht. Wegen der Haftung des eingebrachten Gutesund des Gesammtguts §§. 1411,1459, 1534,1549.

Einfluß der elterlichen Nutznießung. §♦ 1603. Soweit dieUnterhaltspflicht eines minderjährigen

568

Fainilienrecht.

Verwandtschaft.

Kindes seinen Verwandten gegenüber davon abhängt, daß es zur Gewährung des Unterhalts im Stande ist, kommt die elterliche Nutznießung an dem Vermögen des Kindes nicht in Betracht. E. I §. 1529; II §. 1500, S.U. §• 1585. U.T. §• 1583. Das Kind muß den Unterhalt so gewähren, wie wenn es selbst die Nutzungen bezieht. Gegenüber dem Ehegatten gilt der §. 1605 gleichfalls (§. 1360 Abs. 3), nicht dagegen gegenüber dem früheren Ehegatten.

Unterhaltspflicht mehrerer Verwandten. §♦ 1606. Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufstergenden Linie unterhaltspflichtig. Die Unterhaltspflicht der Abkömmlinge bestimmt sich nach der gesetzlichen Erbfolge­ ordnung und dem Verhältnisse der Erbtheile^). Unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren, mehrere gleich nahe zu gleichen Theilen. Der Vater haftet jedoch vor der Mutter; steht die Nutznießunga) an dem Vermögen des Kindes der Mutter zu3), so haftet die Mutter vor dem Vaters. G. I §. 1485, §. 1486 Satz 1; II §. 1501, D.U. §. 1586. K.T. §. 1584. 1) Vergl. §§. 1924 ff., also nicht nach der Gradesnähe. 2) Ob sie einen Ertrag abwirft, ist gleichgültig; die Mutter muß sich gegebenenfalls durch Verzicht (§. 1662) helfen. 3) §§. 1684, 1685. 4) Mehrere gleichzeitig Verpflichtete haften nicht sammtverbindlich.

KeiftungsunfähigKeit des zunächst Verpflichteten. §. 1607. Soweit ein Verwandter auf Grund des §. 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren. Das Gleiche gilt, wenn die RechtsverfolgungJ) gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über3). Der Uebergang kann nicht zum Nachtheile des Unterhalts­ berechtigten geltend gemacht werden. G. I §. 1487; II §. 1502, K.K. §. 1587. K T. §. 1585. Ueber Unterhaltsgewährung für Andere §§. 679, 686. Der Ersatz­ anspruch der Armenverbände bleibt nach Maßgabe des Reichsgesetzes über den Unterstützungswohnsitz v. 6. Juni 1870 und nach Maßgabe der Landesgesetze (z. B. bayerisches Armengesetz v. 29. April 1869 Art. 5, 7) gemäß E.G. Art. 32, 103 unberührt.

Unterhaltspflicht.

§§. 1606—1610.

56S

1) Hierunter fällt auch die Möglichkeit der Befriedigung im. Zwangs­ wege (vergl. §. 773 Abs. 1 Nr. 2, 4). 2) Uebergang kraft Gesetzes, s. §. 412.

Unterhaltspflicht -es Ehegatten. Der Ehegatte ^) des Bedürftigen haftet vor dessen Verwandten. Soweit jedoch der Ehegatte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Ge­ fährdung seines standesmäßigen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren, haften die Verwandten vor dem Ehegatten. Die Vorschriften des §. 1607 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung. Das Gleiche2) gilt von einem geschiedenen2) unterhalts­ pflichtigen^) Ehegatten sowie von einem Ehegatten, der nach §. 1351 unterhaltspflichtig ist.

§♦ 1608.

G. I §. 1484; II §. 1503, Z.K. §. 1588. U.T. §• 1586. 1) §§. 1360, 1361. 2) Im Abs. 2 findet nach §. 1580 auch Abs. 1 des §. 1607 Anwendung. 8) Der Scheidung steht die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft gleich (§§. 1575, 1586). 4) §§. 1578—1583.

Zusammentreffen von Unterhaltsderechtigten. vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außer Stande, allen Unterhalt zu ge­ währen, so gehen unter ihnen die Abkömmlinge den Ver­ wandten der aufsteigenden Linie, unter den Abkömmlingen die­ jenigen, welche im Falle der gesetzlichen Erbfolge *) als Erben berufen sein würden, den übrigen Abkömmlingen, unter den Verwandten der aufsteigenden Linie die näheren den ent­ fernteren vor. Der Ehegatte steht den minderjährigen unverheiratheten Kindern gleich; er geht anderen Kindern und den übrigen Verwandten vor. Ein geschiedener Ehegatte sowie ein Ehe­ gatte, der nach §. 1351 unterhaltsberechtigt ist, geht den voll­ jährigen oder verheiratheten Kindern und den übrigen Ver­ wandten vor2).

§♦ 1609« Sind mehrere Bedürftige

G. I §. 1483; II §. 1504, K.K. §. 1589. K.T. §. 1587. ') §. 1924. 2) Das Verhältniß des geschiedenen oder nach §. 1351 unterhalts­ berechtigten Ehegatten zu dem Ehegatten der neuen Ehe des Unterhalts­ pflichtigen sowie zu den minderjährigen unverheiratheten Kindern für den Fall, daß der Unterhaltspflichtige nicht im Stande ist, alle Ansprüche zu befriedigen, ist im §. 1579 Abs. 1 Satz 2 geregelt.

Ktandesmäßiger Unterhalt.

§♦ 1610« Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt

570

Familienrecht.

Verwandtschaft.

sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (standesmäßiger*) Unterhalt). Der Unterhalt umfaßt den gesammten Lebensbedarfa), bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung und der Vorbildung zu einem Berufe. G. I §. 1488 Abs. 1,2; II §. 1605, H.U. §. 1590. U.T. §- 1588. *) Den Gegensatz bildet der nothdürftige Unterhalt (§. 1611). Der Unterschied bezieht sich nicht auf den Inhalt, sondern auf das Maß des Anspruchs. 2) Die Unterhaltspflicht umfaßt also nicht die Verpflichtung, Schulden des Bedürftigen zu bezahlen; auch gehören Prozeßkosten und Strafkosten nicht zum Unterhalte.

Uothdürftiger Unterhalt. §♦ 1611. Wer durch sein sittliches Verschulden bedürftig ge­ worden ist, kann nur den nothdürftigen') Unterhalt verlangen. Der gleichen Beschränkung unterliegt der Unterhaltsanspruch ber Abkömmlinge, der Eltern und des Ehegatten, wenn sie sich einer Verfehlung schuldig machen, die den Unterhaltspflichtigen berechtigt, ihnen den Pflichttheil zu entziehens, sowie der Unterhalts­ anspruch der Großeltern und der weiteren Voreltern, wenn ihnen gegenüber die Voraussetzungen vorliegen, unter denen Kinder berechtigt sind, ihren Eltern den Pflichttheil zu entziehen. Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften -eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unter­ haltspflichtige in Anspruch nehmen. G. I §. 1490; II §. 1506, D.U. §. 1591. U.T. §. 1589. 1) Vergl. Anm. zu tz. 1610. 2) §§. 2333—2335. In Folge Verzeihung (§. 2337) fällt die Be­ schränkung auf den nothdürftigen Unterhalt weg.

Art -er Gewährung -es Unterhalts. §♦ 1612. Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente .zu gewähren. Der Verpflichtete kann verlangen, daß ihm die -Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es rechtfertigen. Haben Eltern einem unverheiratheten Kinde Unterhalt zu gewähren, so können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im voraus der Unterhalt gewährt werden soll. Aus besonderen Gründen kann das Vormundschaftsgericht') auf Antrag des Kindes die Bestimmung der Eltern ändern. Im Uebrigen2) finden die Vorschriften des §. 760 An­ wendung. G. I §. 1491; II §. 1507, g.U. §. 1592.

U.T. §. 1590.

571

Unterhaltspflicht. §§. 1611—1616.

') Zuständigkeit F.G.G. §§ 86, 43. *) Vergl. auch C P.O. §§ 268, 323 (Klage wegen der künftig fälligen Leistungen, Abänderung des Urtheils bei Aenderung der Verhältnisse)

Unterhalt für die Uergangenheit. §♦ 1613. Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Er­ füllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von der Zeit an fordern, zu welcher der Verpflichtete in Verzug') gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig2) geworden ist. G. I §. 1492; II § ')§§. 284, 285.

1508, H.U. § 1593. U.T. § 1591 2) C.PO §§. 253, 263, 281, 693.

Verzicht und Vorausleistung. §. 1614. Für die Zukunft kann auf den Unterhalt nicht verzichtet') werden. Durch eine Vorausleistung wird der Verpflichtete bei er­ neuter Bedürftigkeit des Berechtigten nur für den im §. 760 Abs. 2 bestimmten Zeitabschnitt oder, wenn er selbst den Zeit­ abschnitt zu bestimmen hatte, für einen den Umständen nach angemessenen Zeitabschnitt befreit. G. I § 1495; II §. 1609, H.U. § 1594 U.T. § Wegen des Konkurses siehe die K.O. §. 3 Abs. 2. ') Es ist deshalb auch ein Vergleich unzulässig.

1592

Tod des Berechtigten oder des Verpflichteten. 8.1618. Der Unterhaltsanspruch erlischt mit dem Tode des Berechtigten oder des Verpflichteten, soweit er nicht auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit') oder auf solche im voraus zu bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes des Berechtigten oder des Ver­ pflichteten fällig sind 2). Im Falle des Todes des Berechtigten hat der Verpflichtete die Kosten der Beerdigung zu tragen, soweit2) ihre Bezahlung nicht von dem Erben zu erlangen ist. G. I § 1488 Abs 4,§ 1496; II §.1510,0* § 1596 R-T. § 1593. Uebertragbarkeit, Aufrechnung, Pfändbarkeit des Unterhaltsanspruchs §§. 394, 400 und C.P.O. §. 850 Abs. 1 Nr. 2. Verjährung des An­ spruchs und der einzelnen Leistungen §. 194 Abs. 2, §. 197. ') §. 1613. a) §. 1612 Abs 3 mit § 760 Abs. 3. 3) tz. 1968.

Vierter Titel.

Rechtliche Stellung der ehelichen Kinder. Der vorliegende Titel regelt die Stellung der ehelichen Kinder nicht in allen Beziehungen (vergl. §. 11 Abs. 1, §. 204 Satz 2, §§. 1306,

572

Familienrecht.

Verwandtschaft.

1601—1603, §. 1612 Abs. 2, §§. 1747, 1776, 1777, 1899, 1900, 1924, 1925, 2303). Unter ehelichen Kindern sind zunächst die im §. 1591 be­ zeichneten Kinder zu verstehen. Die Anwendung auf die Kinder aus nichtigen Ehen, auf legitimirte und angenommene Kinder ergiebt sich aus den §§. 1699—1704, 1719, 1736, 1757. Für die rechtliche -Stellung des Kindes ist von entscheidender Be­ deutung, ob es volljährig oder minderjährig (§§. 2, 3) ist. Das minder­ jährige Kind steht unter elterlicher Gewalt. Das volljährige ist selb­ ständig; über Volljährige kann es nur eine Vormundschaft (§§. 1896 ff.), aber keine elterliche Gewalt geben. Die Beziehungen, welche sowohl für volljährige als für minderjährige Kinder zutreffen, werden in den §§. 1616 bis 1625 geordnet. Ueber die Rechtsstreitigkeiten, die das Bestehen oder Nichtbestehen eines Eltern- und Kindesverhältnisses zum Gegenstände haben, vergl. die C.P.O. §§. 640—644. Internationales Privatrecht im E.G. Art. 19, 28—31; Übergangs­ bestimmungen ebenda Art. 203—206.

I. RrchtsverhüUniß Mischen -en Eltern und -em Kin-e im Allgemeinen. Uame -es Kindes. §♦ 1616. Das Kind erhält den Familiennamen des Vaters. E. I §. 1497; II §. 1511, D.K. §. 1596. K.T. §. 1594. Ueber den Stand schweigt das B.G.B. Vergl. die Anm. zu §. 1355. Die Ertheilung des Vornamens (Personenst.G. §. 22) ist Ausflust der thatsächlichen Fürsorge für die Person des Kindes.

Verpflichtung -es Kindes zur Leistung von Diensten für die Eltern. §.1617. Das Kind ist, solange es dem elterlichen Hausstand angehört und von den Eltern erzogen oder unterhalten wirt), verpflichtet, in einer seinen Kräften und seiner Lebensstellung entsprechenden Weise den Eltern in ihrem Hauswesen und Ge­ schäfte Dienste zu leisten. G. I §. 1499; II §. 1512, K.K. §• 1597. K.T. §• 1695. Der Erwerb nach §. 1617 gehört dem Haushaltungsvorstand, also regelmäßig dem Vater; anders §. 1651 Nr. 1.

Aufwendungen aus dem Uermögen des Kindes. §. 1618. Macht ein dem elterlichen Hausstand angehörendesvolljähriges Kind zur Bestreitung der Kosten des Haushalts aus seinem Vermögen eine Aufwendung oder überläßt es den Eltern zu diesem Zwecke etwas aus seinem Vermögen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Absicht fehlt, Ersatz zu ver­ langen. G. II §. 1513, S.K. §. 1598. K.T. §. 1596. Entsprechend §. 1429. Vergl. §. 685.

Rechtliche Stellung der ehelichen Kinder.

§§. 161k—1621.

573

Verwaltung des Vermögens durch die Eltern. Ueberläßt ein dem elterlichen Hausstand angehören­ des volljähriges Kind sein Vermögen ganz oder theilweise der Verwaltung des Vaters, so kann der Vater die Einkünfte, die er während seiner Verwaltung bezieht, nach freiem Ermessen ver­ wenden, soweit nicht ihre Verwendung zur Bestreitung der Kosten der ordnungsmäßigen Verwaltung und zur Erfüllung solcher Verpflichtungen des Kindes erforderlich ist, die bei ordnungsmäßiger Verwaltung aus den Einkünften des Ver­ mögens bestritten werden. Das Kind kann eine abweichende Bestimmung treffen. Das gleiche Recht steht der Mutter zu, wenn das Kind ihr die Verwaltung seines Vermögens überläßt. G. II §. 1514, H.R. §. 1699. R.T. §. 1597.

§♦ 1619t

Entsprechend §. 1430.

Vergl. die Anm. zu §. 1430.

Aussteuer einer Tochter. 1. Verpflichtung der Eltern. §♦1620t DerVateristverpflichtet,einerTochterim Falle ihrer Verheiratung zur Einrichtung des Haushalts eine angemessene Aussteuer zu gewähren, soweit er bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen ohne Gefährdung seines standesmäßigen Unterhalts dazu im Stande ist und nicht die Tochter ein zur Beschaffung der Aussteuer ausreichendes Vermögen hat. Die gleiche Verpflichtung trifft die Mutter, wenn der Vater zur Gewährung der Aussteuer außer Stande oder wenn er ge­ storben ist. Die Vorschriften des §. 1604 und des §. 1607 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung. G. II §. 1515, S.Zl. §. 1600.

R.T. §. 1598.

Das B.G.B. unterscheidet Aussteuer (§§. 1620—1623) und Aus­ stattung (§§. 1624, 1625). Ausstattung ist alles, was einem Kinde mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder Erhaltung der Wirthschaft oder der Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter zugewendet wird. Aus­ steuer ist diejenige Art der Ausstattung, welche in der Zuwendung der zur Einrichtung und Führung des Hauswesens eines sich verheiratenden Kindes erforderlichen beweglichen Sachen besteht. Einen Rechtsanspruch giebt es nur auf Aussteuer und nur für Töchter.

2. Wegfall der Verpflichtung. Der Vater und die Mutter können die Aussteuer verweigern, wenn sich die Tochter ohne die erforderliche elterliche Einwilligung 0 verheirathet.

§♦ 1621t

574

Familienrecht.

Verwandtschaft.

Das Gleiche gilt, wenn sich die Tochter einer Verfehlung schuldig gemacht hat, die den Verpflichteten berechtigt, ihr den Pflichttheil zu entziehen2). E. II §. 1516, K.K. §. 1601. R T. §. 1599. ') §§. 1305, 1308. 2) tz. 2333; durch Verzeihung (§. 2357) geht das Recht der VerWeigerung der Aussteuer verloren.

§♦ 1622. Die Tochter kann eine Aussteuer nicht verlangen, wenn sie für eine frühere Ehe von dem Vater oder der Mutter eine Aussteuer erhalten hat. G. II §. 1517, S.K. §. 1602.

K T. §- 1600.

3. Unüdrrtragbarkeit des Anspruchs Ler Tochter; Verjährung. §♦ 1623. Der Anspruch auf die Aussteuer ist nicht übertrag­ bar. Er verjährt in einem Jahre von der Eingehung der Ehe an. G. II §. 1518, SH- §• 1603.

K T- §• 1601.

Auftechnung §. 394, Verpfändbarkeit §. 1274, Pfändbarkeit C.P.O. §. 851, Verjährung §§. 198 ff., 204; Berechnung der Frist §. 187 Abs. 1, §. 188. Der Anspruch geht aktiv wie passiv aus den Erben über.

Ausstattung eines Kindes durch die Eltern. §♦ 1624. Was einem Kinde mit Rücksicht auf seine Verheirarhung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebens­ stellung zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirthschaft oder der Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter zu­ gewendet wird (Ausstattung), gilt, auch wenn eine Verpflichtung nicht besteht, nur insoweit als Schenkung, als die Ausstattung das den Umständen, insbesondere den Vermögensverhältnissen des Vaters oder der Mutter, entsprechende Maß übersteigt. Die Verpflichtung des Ausstattenden zur Gewährleistung w egen einesMangels im Rechte oder wegen eines Fehlers der Sache bestimmt sich, auch soweit die Ausstattung nicht als Schenkung gilt, nach den für die Gewährleistungspflicht des Schenkers geltenden Vorschriften'). G. I §. 1500 Abs. 1, 3; II §. 1519, Z.K. §• 1604. K-T. §. 1602. Ueber den Unterschied von der Aussteuer siehe die Anm. zu §. 1620. Die Ausstattungspflicht ist nicht erzwingbar, ihre Erfüllung aber keine Schenkung, soweit die Ausstattung die Grenzen der Angemessenheit nicht überschreitet; es finden also insbesondere die §§. 518, 520—522, 528, 530 keine Anwendung. Ueberschreitet die Ausstattung die Grenzen der An­ gemessenheit, so gilt der überschreitende Betrag als Schenkung. Ueber die Ausstattung, welche ein in Gütergemeinschaft lebender Elterntheil verspricht oder gewährt, s. §§. 1446, 1465, 1499 Nr. 3, 1538, 1649. Ausgleichungspflicht §. 2050. *) §§. 523, 524.

Recht!. Stellung d. ehe!. Kinder. Elterliche Gewalt. §§. 1622—1627. 575

Ausstattung aus dem Vermögen des Kindes. §♦ 1628. Gewährt der Vater einem Kinde, dessen Vermögen seiner elterlichen *) oder vormundschaftlichen2) Verwaltung unter­ liegt, eine Ausstattung, so ist im Zweifel anzunehmen, daß er sie aus diesem Vermögen gewährt. Diese Vorschrift findet auf die Mutter entsprechende Anwendung2). E. I §. 1600 Abs. 2; II §. 1520, H.U. §. 1605. K.T. §. 1603. *) §. 1627, aber nicht tz. 1619. 2) Pfleger §. 1915. 3) Der §. 1625 gilt auch für die Gewährung einer Aussteuer.

II. Elterliche Gewalt. 1. Das B.G.B. gestaltet die elterliche Gewalt als eine vormund­ schaftliche Schutzgewalt, welche ihrem Inhaber wie einem Vormunde (§. 1793) das Recht und die Pflicht der Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes mit Einschluß der Vertretung giebt. Doch ist der Vater freier gestellt als ein Vormund. Mit der elterlichen Gewalt ist die Nutznießung am Vermögen des Kindes verbunden. Der Inhaber der elterlichen Gewalt hat die Nutznießung aus eigenem Rechte und ohne Verantwortlichkeit gegenüber dem Kinde. 2. Das B.G.B. kennt keine väterliche, sondern eine elterliche Ge­ walt. Die Gewalt steht beiden Eltern gemeinsam zu, wird aber zunächst vom Vater allein ausgeübt. Die Gewalt der Mutter beschränkt sich bei Lebzeiten des Vaters regelmäßig (§§. 1684, 1685) auf eine Theilnahme an der Sorge für die Person des Kindes (§. 1634). 3. Das Kind ist voll vermögensfähig. Deshalb ist das Pekulienrecht dem B.G.B. fremd. Damit hängt zusammen, daß das B.G.B. auch die adjektizischen Klagen nicht kennt. Auf die Geschäftsfähigkeit, die Prozeßfähig­ keit (C.P.O. §. 52), die Deliktsfähigkeit (§. 828j und die Teftirfähigkeit (§. 2229 Abs. 2, §. 2238 Abs. 2, §. 2247) des Kindes ist die elterliche Gewalt als solche ohne Einfluß. 4. Klage auf Feststellung des Bestehens der elterlichen Gewalt in der C.P.O. §§. 640—644. 5. Wegen der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit des Vormund­ schaftsgerichts, soweit diesem in Ansehung der elterlichen Gewalt Ver­ richtungen obliegen, s. E.G. Art. 147, F.G.G. §§. 35, 43, 44, 46, 189.

§♦ 1626. Das Kind steht, so lange es minderjährig') ist, unter elterlicher Gewalt2). G. 1 §. 1501 Abs. 1; II §. 1521, K.U. §• 1606. KT. §- 1604. ') §§. 2, 3. 2) Wegen der Sorge für das noch nicht geborene Kind §. 1912.

1. Elterliche Gewalt des Vaters. I. Inhalt der elterlichen Gewalt. 1. Karge für das Kind. §♦ 1627. Der Vater hat kraft der elterlichen Gewalt das

576

Familienrecht.

Verwandtschaft.

Recht und die Pflicht, für die Person *) und das Vermögens des Kindes zu sorgen. G. I §. 1502 Nr. 1; II §. 1522, K.U. §. 1607. K.T. §. 1605. 1) Die Sorge für die Person des Kindes umfaßt die Fürsorge in allen persönlichen Verhältnissen des Kindes und zwar sowohl nach der thatsächlichen Seite, z. B. der Erziehung, als nach der rechtlichen Seite hin, z. B. der Einwilligung zur Eheschließung (§. 1304). 2) Die Sorge für das Vermögen wird in §..1638 als Vermögens­ verwaltung bezeichnet.

Zusammentreffen Ler elterlichen Gemalt mit einer Pflegschaft. 8.1628. Das Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Kindes zu sorgen, erstreckt sich nicht auf An­ gelegenheiten des Kindes, für die ein Pfleger bestellt ist. G. I §§. 1503, 1660; II §. 1523, H.K. §. 1608. K.T. §. 1606. Entsprechend §. 1794. Vergl. die Anm. zu §. 1909.

8.1628. Steht dieSorge für die Person oder dieSorge für das Vermögen des Kindes einem Pfleger zu, so entscheidet bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem Vater und dem Pfleger über die Vornahme einer sowohl die Person als das Vermögen des Kindes betreffenden Handlung das Vormundschastsgericht. G. I §§. 1503, 1653; II §. 1524, K.K. §. 1609. P.T. §. 1607. Entsprechend §. 1798. Das Vormundschaftsgericht (F.G.G. §§. 35, 43) kann nur einer der Meinungen beitreten. Eintritt der Wirksamkeit der Entscheidung nach dem F.G.G. §. 53. Das Beschwerderecht steht so­ wohl dem Vater als auch dem Pfleger selbständig zu; §. 58 Abs. 2 das. Ueber das Beschwerderecht des Kindes s. §. 59 das.

Dertretungsmacht. 8.1638. Die Sorge für die Person und das Vermögen umsaßt die Vertretung') des Kindes. Die Vertretung steht dem Vater insoweit nicht zu, als nach §. 1795 ein Vormund von der Vertretung des Mündels ausgeschlossen ist. Das Vormundschastsgericht2) kann dem Vater nach §. 1796 die Vertretung entziehen. G. I §§. 1503, 1649, 1651; II §. 1525, Z.R» §- 1610. K.T. §. 1608. ') Die Vertretungsmacht des. Gewalthabers ist wie die des Vor­ mundes grundsätzlich unbeschränkt. Ausnahmen: a) in gewissen höchst persönlichen Angelegenheiten können die Rechts­ handlungen nur vom Kinde selbst vvrgenommen werden (§§. 1317, 1336 Abs. 1? 1337 Abs. 3, 1437, 1608 Abs. 2, 1516 Abs. 2, 1728 Abs. 1, 1729 Abs. 2, 1731, 1748 Abs. 2, 1750, 1755, 1770, 2064, 2229, 2271,

Elterliche Gewalt des Vaters.

§§. 1628—1633.

577

2274, 2275, 2282 Abs. 1, 2284, 2290 Abs. 2, 2296 Abs. 1, 2347, 2351 2352, C.P.O. §. 612 Abs. 1); b) in einer Reihe von anderen vorzugsweise auf dem Gebiete der Vermögensverwaltung liegenden Angelegenheiten ist die Vertretungsmacht Les Gewalthabers auch nach Außen hin dadurch beschränkt, daß er an die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts und, wenn der Mutter ein Bei­ stand bestellt ist, an dessen Genehmigung (§. 1690) gebunden ist (§§. 112, 1484, 1491, 1492, 1517, 1639, 1642—1645, 1667, 1690, 1729,1731, 1750, 1751, 1755, 1770, 2290—2292, 2347, 2351, 2352, C.P.O. §§. 612, 641); c) in den im §. 1795 bezeichneten Fällen ist der Gewalthaber nach 1630 Abs. 2 von der Vertretung kraft Gesetzes ausgeschlossen und unter den Voraussetzungen des §. 1796 kann ihm die Vertretung entzogen werden. In diesen Fällen ist für das Kind nach §. 1909 ein Pfleger zu bestellen; der Gewalthaber muß den Fall dem Vormundschaftsgericht an­ zeigen (§. 1909 Abs. 2). 2) Zuständigkeit im F.G.G. §§. 35, 43.

2. Sorge für -re Person -es Kindes. Erziehung. §♦ 1631. Die Sorge für die Person des Kindes umfaßt das Recht und die Pflicht, das Kind zu erziehen, zu beaufsichtigen *) und feinen Aufenthalt zu bestimmen. Der Vater kann kraft des Erziehungsrechts angemessene Zuchtmittel gegen das Kind anwenden. Auf feinen Antrag hat das Vormundschaftsgericht2) ihn durch Anwendung geeigneter2) Zuchtmittel zu unterstützen. G. I §. 1504; II §. 1626, S.U. §. 1611. K.T. §. 1609. Für die religiöse Erziehung sind die Landesgesetze maßgebend (E.G. Art. 134); die Staatsangehörigkeit bestimmt sich nach dem Ges. v. 1. Juni 1870 §§. 14, 14 a, 19 (E.G. §. 41). ') Vergl. §. 832. 2) F.G.G. §§. 35, 43. 3) z. B. Verwarnung, zwangsweise Zurückführung eines entlaufenen Kindes, Unterbringung in einer Erziehungs- oder Besserungsanstalt.

Herausgabe -es Kin-es. §♦ 1632. Die Sorge für die Person des Kindes umfaßt das Recht, die Herausgabe des Kindes von Jedem zu verlangen, der es dem Vater widerrechtlich vorenthält. G. I §. 1505 Abs. 1; II §. 1527, K.K. §. 1612. K.T. §. 1610. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme polizeilicher Hülfe bestimmt sich nach Landesrecht und wird, soweit ersichtlich, von allen Staaten bejaht, ausdrücklich ausgesprochen von Württemberg Art. 265.

Uerheirathung -es Kin-es. §♦ 1633. Ist eine Tochter verheirathet, so beschränkt sich die Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch. 3. Auflage.

37

578

Familienrecht.

Verwandtschaft.

Sorge für ihre Person auf die Vertretung in den die Person betreffenden Angelegenheiten. G. I §. 1509; II §. 1528, H.K. §. 1613. R-T. §. 1611. Volljährigkeitserklärung der verwittweten Tochter §. 4 Abs. 2. Heirath des Kindes beendet die elterliche Gewalt als solche nicht. Vergl. §. 1602 Abs. 2, §. 1661, wegen der Vermögensverwaltung die Anm. zu §. 1363.

Stellung der Mutter. §♦ 1634. Neben dem Vater hat während der Dauer der Ehe') die Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen2); zur Vertretung des Kindes ist sie nicht be­ rechtigt, unbeschadet der Vorschrift des §. 1685 Abs. I3). Bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen den Eltern geht die Mei­ nung des Vaters vor. G. I §. 1506; II §. 1529, H.U. §- 1614. U-T- §- 1612. ') Nach der Auflösung der Ehe sind die §§. 1684, 1685, 1696 und die §§. 1685—1637 maßgebend. 2) Die thatsächliche Fürsorge für die Person des Kindes. Die MutterHat also insbesondere die in den §§. 1631, 1632 bezeichneten Rechte; die Verantwortlichkeit der Mutter bei Verletzung der Aufsichtspflicht bestimmt sich nach §. 823. Auf die thatsächliche Fürsorge der Mutter finden die allgemeinen Vorschriften über die elterliche Gewalt Anwendung, z. B. die §§. 1648 (Ersatz von Aufwendungen), 1666 (Einschreiten des Vormundschaftsgerichts). 3) d. h. Lei thatsächlicher Verhinderung des Vaters oder beim Ruhen der Gewalt des Vaters hat die Mutter nicht nur die thatsächliche Für­ sorge, sondern sie übt die elterliche Gewalt als solche aus.

Einfluß -er Ehescheidung. §♦1635. Ist die Ehe aus einem der in den §§. 1565 bis 1568 bestimmten Gründe') geschieden2), so steht, solange die geschiedenen Ehegatten leben, die Sorge für die Person des Kindes, wenn ein Ehegatte allein für schuldig erklärt ist, dem anderen Ehe­ gatten zu; find beide Ehegatten für schuldig erklärt, so steht die Sorge für einen Sohn unter sechs Jahren oder für eine Tochter der Mutter, für einen Sohn, der über sechs Jahre alt ist, dem Vater zu. Das Dormundschaftsgerichl3) kann eine abweichende Anordnung treffen, wenn eine solche aus besonderen Gründen im Interesse des Kindes geboten ist; es kann die Anordnung aufheben, wenn sie nicht mehr erforderlich ist. Das Recht des Vaters zur Vertretung des Kindes bleibt unberührt. G. I §. 1456; II §. 1479, S.U. §. 1615. MT. §- 1613. Die Scheidung hat nur Einfluß auf die Sorge für die Person des Kindes. Das Gleiche gilt von der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft

Elterliche Gewalt des Vaters.

§§. 1634—1638.

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(§. 1586). Nach dem Tode eines der Ehegatten sowie im Falle der Ehe­ scheidung wegen Geisteskrankheit greifen die allgemeinen Regeln (§§. 1684, 1685) Platz. Unterhaltsanspruch im §. 1585; Uebergangsvorschrift im E.G. Art. 206. 1) Bei der Ehescheidung wegen Geisteskrankheit (§. 1569) treffen die Voraussetzungen des §. 1685 Abs. 2 zu. 2) Für die Zeit des Scheidungsprozesses s. C.P.O. §. 627. 3) F.G.G. §§. 35, 43. Wegen der Anhörung des Elterntheils sowie von Angehörigen des Kindes s. §. 1673. Mittheilung des Scheidungs­ urtheils an das Vormundschaftsgericht C.P.O. §. 630.

§. 1636. Der Ehegatte, dem nach §.1635 die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, behält die Befugniß, mit dem Kinde persönlich zu verkehren. Das Vormundschaftsgerichti) kann den Verkehr näher regeln2). G. I §. 1457; II §. 1480, S.K. §- 1616. KT- §. 1614. 1) F.G.G. §§. 35, 43. 2) nicht ausschließen.

Wiederrrerheirathung im Falle -er To-rserklürung.

§. 1637. Ist die Ehe nach §. 1348 Abs. 2 aufgelöst, so gilt in Ansehung der Sorge für die Person des Kindes das Gleiche, wie wenn die Ehe geschieden ist und beide Ehegatten für schuldig erklärt sind. G. I §. 1465; II §. 1485 Satz 1, H.K. §- 1617. U-T. §. 1615. Vergl. die Anm. zu §. 1352; eine Uebergangsbestimmung im E.G. Art. 206.

3. Sorge für das Vermögen -es Kindes. Vermögensverwaltung. §. 1638. Das Recht und die Pflicht, für das Vermögen des Kindes zu sorgen (Vermögensverwaltung), erstreckt sich'nichts auf das Vermögen, welches das Kind von Todeswegen2) erwirbt oder welches ihm unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser3) durch letztwillige Ver­ fügung^), der Dritte3) bei der Zuwendung bestimmt hat, daß der Erwerb der Verwaltung des Vaters entzogen sein soll. Was das Kind auf Grund eines zu einem solchen Ver­ mögen gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Vermögen ge­ hörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das Vermögen bezieht, ist gleichfalls der Ver­ waltung des Vaters entzogen. G. I §. 1510; II §. 1530, D.U. §. 1618. UT- §• 1616. ’) Es ist ein Pfleger zu bestellen (§. 1909). Der Zuwendende kann die Person des Pflegers bestimmen (§. 1917). Die Nutznießung bleibt

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Familienrecht.

Verwandtschaft.

dem Vater nach Maßgabe des §. 1656; anders §. 1651 Abs. 1 Nr. 2. Die väterliche Vermögensverwaltung ist von Anfang an, nicht erst von der Bestellung des Pflegers an ausgeschlossen (anderes beim Vormunde nach §. 1794). 2) Begriff §. 1369. 3) Es kann dies auch die Mutter sein. 4) §§. 1937, 2299.

Verwaltung nach den Anordnungen eines Dritten. §♦ 1638. Was das Kind von Todeswegen 0 erwirbt oder was ihm unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, hat der Vater nach den Anordnungen des Erblassers2) oder des Dritten2) zu verwalten, wenn die Anordnungen von dem Erblasser durch letztwillige Verfügung3), von dem Dritten bei der Zuwendung getroffen worden sind. Kommt der Vater den Anordnungen nicht nach, so hat das Vormundschaftsgericht4) die zu ihrer Durchführung erforderlichen Maßregeln zu treffen. Der Vater darf von den Anordnungen insoweit abweichen, als es nach §. 1803 Abs. 2, 3 einem Vormunde gestattet ist. G. I §§. 1503, 1545, 1660; II §. 1531, §. 1556 Abs. 2, K.K. §. 1619. R.T. §- 1617. 1) Begriff §. 1369. 2) Es kann dies auch die Mutter sein. 3) §§. 1937, 2299. 4) F.G.G. §§. 35, 43.

Uerzeichniß des Vermögens. §♦ 1640. Der Vater hat') das seiner Verwaltung unter­ liegende Vermögen2) des Kindes, welches bei dem Tode der Mutter vorhanden ist oder dem Kinde später zufällt, zu verzeichnen und das Verzeichniß, nachdem er es mit der Versicherung der Richtig­ keit und Vollständigkeit versehen hat, dem Vormundschaftsaericht3) einzureichen. Bei Haushaltsgegenständen genügt die Angabe des Gesammtwerths. Ist das eingereichte Verzeichniß ungenügend, so kann das Vormundschaftsgericht anordnen4), daß das Verzeichniß durch eine zuständige5) Behörde oder durch einen zuständigen5) Beamten oder Notar ausgenommen wird. Die Anordnung ist für das in Folge des Todes der Mutter dem Kinde zufallende Vermögen unzu­ lässig, wenn die Mutter sie durch letztwillige Verfügung4) aus­ geschlossen (jat7). ') Im Unterlassungsfälle §. 1670. 2) Ist Vermögen nicht vorhanden, so genügt die Versicherung dieser Thatsache. Lebt der Vater mit den Kindern in fortgesetzter Gütergemein­ schaft, so ist nur das Vermögen Zu verzeichnen, welches das Kind außer dem Antheil am Gesammtgute (§. 1483 Abs. 1) besitzt. 3) F.G.G. §§. 35, 43. 4) Der Offenbarungseid (§.259) kann vom Vater nicht verlangt werden.

Elterliche Gewalt des Vaters.

§§. 1639—1643.

581

5) Die Zuständigkeit bestimmt sich nach Landesrecht. Zuständig ist in Preußen Amtsgericht oder Notar, Amtsgericht kann an andere Be­ amte übertragen (Pr. F.G.G. Art. 31, 38), Dorfgericht (das. Art. 108); Bayern Notar und, wenn das Vermögen nicht über 2000 Mk. beträgt, der Gerichtsschreiber im Auftrage des Amtsgerichts (Notariatsges. Art. 1, A.G. z. B.G.B. Art. 167 Ziff. XVI); Sachsen Amtsgericht und Notar (Ges. v. 15. Juni 1900 §. 37); Württemberg Amtsgericht und Notar, regelmäßig unter Beihülfe der örtlichen Jnventurbehörde (A.G. z. B.G.B. Art. 125); Baden Notar; Verzeichniß beweglicher Sachen unter Mit­ hülfe des Ortsgerichts (Rechtspolizeigesetz §. 43, Rechtspolizeiordnung §. 158); Hess en Notar und Vormundschaftsgericht; letzteres kann an Gerichtsschreiber oder Ortsgericht übertragen (A.G. z. B.G.B. Art. 117); Elsaß-Lothringen Notar (A.G. z. F.G.G. §. 37). 6) §s. 1937, 2299. 7) Die Kosten des Verzeichnisses hat der Vater zu tragen.

Schenkungen aus dem Vermögen des Kindes. Der Vater kann nicht in Vertretung des Kindes *) Schenkungen machen. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.

§♦ 1641*

G. I §§. 1503, 1661; II §. 1532, H.K. §. 1620. U-T- §. 1618. Entsprechend §. 1804. 1) Aus den Nutzungen des Vermögens des Kindes kann er beliebig schenken.

Anlegung des Geldes. Der Vater hat das seiner Verwaltung unterliegende Geld des Kindes, unbeschadet der Vorschrift des §. 1653, nach den für die Anlegung von Mündelgeld geltenden Vorschriften ft der §§. 1807, 1808 verzinslich anzulegen, soweit es nicht zur Be­ streitung von Ausgaben bereit zu halten ist. Das Vormundschaftsgericht2) kann dem Vater aus besonderen Gründen eine andere Anlegung gestatten.

§♦ 1642.

G. I §§. 1503, 1664, 1665, 1667; II §. 1533, S.U. §. 1621. R.T. §. 1619. Zu Abs. 1 vergl. §. 1806 und Anm. hierzu. Zu Abs. 2 vergl. §. 1811. 1) Die §§. 1809, 1810 sind nicht anwendbar. 2) F.G.G. §§. 35, 43.

Genehmigung des Uormundschastsgerichts. a) Rechtsgeschäfte für das Kind,

tz. 1643. Zu Rechtsgeschäften ft für das Kind bedarf der Vater der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtsft in den Fällen, m denen nach §. 1821 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 2 und nach

582

Familienrecht.

Verwandtschaft.

§. 1822 Nr. 1, 3, 5, 8 bis 11 ein Vormund der Genehmi­ gung bedarf. Das Gleiche gilt für die Ausschlagung einer Erbschaft3) oder eines Vermächtnisses*) sowie für den Verzicht auf einen Pflichttheil. Tritt der Anfall an das Kind erst in Folge der Ausschlagung des Vaters ein5), so ist die Genehmigung nur er­ forderlich, wenn der Vater neben dem Kinde berufen war. Die Vorschriften der §§. 1825, 1828 bis 1831 finden ent­ sprechende Anwendung. G. I §§. 1511, 1513, 1514, 2043; II §§. 1534, 1634 a, K.U. §. 1622. K.T. §. 1620. *) Für die Führung von Rechtsstreitigkeiten für das Kind gilt der §. 1643 nur, soweit eine Prozeßhandlung ein unter §. 1643 fallendes Rechtsgeschäft enthält, z. B. einen Vergleich über ein Grundstück. 2) F.G.G. §§. 35, 43. 3) §. 1945. 4) §. 2180. 5) §. 1953.

1)) Ueberlastung von Gegenständen rtn das Kind. §♦ 1644. Der Vater sann1) Gegenstände, zu deren Ver­ äußerung die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts er­ forderlich3) ist, dem Kinde nicht ohne diese Genehmigung zur Er­ füllung eines von dem Kinde geschlossenen Vertrags oder zu freier Verfügung überlassen3). G. I §. 1512; II §. 1535, S.K. §. 1623. K T. §. 1621. Entsprechend §. 1824. 2) §. 1643. 3) Die verbotwidrige Ueberlassung hat also nicht die im §. 110 be­ zeichnete Wirkung.

c) Zrginn eines Grroervsgeschüfts. §♦ 1645. Der Vater soll') nicht ohne Genehmigung des Dormundschaftsgerichts2) ein neues Erwerbsgeschäft im Namen des Kindes beginnen. G. I §. 1515; II §. 1536, S.K. §. 1624. K-T. §- 1622. Ordnungsvorschrift entsprechend §. 1823. 2) F.G.G. §§. 35, 43.

Rechtsrrulrrd des Kindes; Surrogation. §♦ 1646. Erwirbt der Vater mit Mitteln des Kindes beweg­ liche Sachen, so geht mit dem Erwerbe das Eigenthum auf das Kind über, es sei denn, daß der Vater nicht für Rechnung des Kindes erwerben will. Dies gilt insbesondere auch von Jnhaberpapieren und von Orderpapieren, die mit Blanko­ indossament versehen sind. Die Vorschriften des Abs. 1 finden entsprechende Anwendung, wenn der Vater mit Mitteln des Kindes ein Recht an Sachen

Elterliche Gewalt des Vaters.

§§. 1644—1660.

583

der bezeichneten Art oder ein anderes Recht erwirbt, zu dessen Uebertragung der Abtretungsvertrag genügt. G. II §. 1637, H.K. §. 1626. K.T. §. 1623. Vergl. §. 1381. Wird die (Surrogation nachgewiesen, so hat das Kind im Konkurse des Vaters ein Aussonderungsrecht, andernfalls nach K.O. §.61 Nr. 6 ein Vorzugsrecht.

Konkurs des Unters. §♦ 1647. Die Vermögensverwaltung des Vaters endigt4) mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den der Konkurs übet das Vermögen des Vaters eröffnet roirb3). Nach der Aufhebung3) des Konkurses kann das Vormundschaftsgericht4) die Verwaltung dem Vater wiederübertragen. G.I §. 1663 Abs. 1, 2; II §. 1538, H.K. §. 1626. K.T. §. 1624. Vergl. die Anm. zu §. 1679. 1) Es wird ein Pfleger (§. 1909) bestellt. Das Konkursgericht hat die Eröffnung nach F.G.G. §. 50 dem Vormundschaftsgericht anzuzeigen. 2) K.O. §§. 108, 109. 3) K.O. §§. 163, 190. Der Aufhebung steht die Einstellung gleich (K.O. §§. 202, 204). 4) F.G.G. §§. 35, 43.

Ersatz von Aufwendungen. §♦ 1648. Macht der Vater bei der Sorge für die Person oder das Vermögen des Kindes Aufwendungen *), die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so kann er von dem Kinde Ersatz verlangen, sofern nicht3) die Aufwendungen ihm selbst zur Last fallen. G. I §§. 1503, 1698; II §. 1539, K.K. §. 1627. U.T. §. 1625. Vergl. die Anm. zu §. 1390. 1) Der Vormund hat nach §. 1835 ein weitergehendes Recht. 2) d. h. nach den Vorschriften über die Unterhaltspflicht (§§. 1601—1615) oder über die Lasten der elterlichen Nutznießung (§. 1654).

4. Nutznießung. §♦ 1649. Dem Vater steht kraft der elterlichen Gewalt die Nutznießung an dem Vermögen des Kindes zu. G. I §. 1502 Nr. 2; II §. 1640, Z.K. §. 1628. K.T. §. 1626. In das Grundbuch wird die elterliche Nutznießung nicht eingetragen.

Freies Vermögen des Kindes. §♦ 1650. Von der Nutznießung ausgeschlossen (freies Ver­ mögen) sind die ausschließlich zum persönlichen Gebrauche des Kindes bestimmten Sachen, insbesondere Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräthe. G. I §. 1516; II §. 1541, KU. §. 1629.

U.T. §• 1627.

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Familienrecht.

Verwandtschaft.

§♦ 1631. Freies Vermögen ist: 1. was das Kind durch seine Arbeit oder durch den ihm nach §. 112 gestatteten selbständigen Betrieb eines Er­ werbsgeschäfts erwirbt'); 2. was das Kind von Todeswegen2) erwirbt oder was ihm unter Lebenden von einem Dritten2) unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser2) durch letztwillige Ver­ fügung^), der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß das Vermögen der Nutznießung entzogen sein soll. Die Vorschriften des §. 1638 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung. G. I §§. 1517—1619; II §. 1642, K.K. §• 1630. K.T. §. 1628. 4) Vergl. die Anm. zu §. 1617. 2) Begriff §. 1369. 2) Es kann dies auch die Mutter sein. 4) §§. 1937, 2299.

Erwerb der Nutzungen. tz. 1632. Der Vater erwirbt die Nutzungen') des seiner Nutznießung unterliegenden Vermögens in derselben Weise und in demselben Umfange wie ein Nießbraucher2). G. I §. 1620; II §. 1543, S.U. §• 1631. K.T. §. 1629. 1) §. 100. 2) Anwendbar sind die §§. 954, 1039, 1048, 1066, 1068, 1073.

Nutznießung an verbrauchbaren Sachen. §. 1633. Der Vater darf verbrauchbares Sachen, die zu dem seiner Nutznießung unterliegenden Vermögen gehören, für sich veräußern oder verbrauchen, Geld jedoch nur mit Genehmigung2) des Vormundschaftsgerichts2). Macht der Vater von dieser Befugniß Gebrauch, so hat er den Werth der Sachen nach der Beendigung der Nutznießung4) zu ersetzen; der Ersatz ist schon vorher2) zu leisten, wenn die ordnungsmäßige Verwaltung des Vermögens es erfordert. E. I §. 1623 Abs. 2, 3, §. 1526; II §. 1544, S.U. §• 1632. R.T. §. 1630. ') 92. 2) Andernfalls hat er es mündelsicher anzulegen (§. 1642 Abs. 1). 3) F.G.G. §§. 35, 43. 4) Vergl. Anm. zu tz. 1679. 6) Weitere Ausnahmen: wenn die Ausübung der Nutznießung ent­ zogen ist (§. 1657) oder die Gläubiger des Kindes es fordern (§. 1669).

Kasten -er Nutznießung.

§♦ 1634. Der Vater hat die Lasten des seiner Nutznießung unterliegenden Vermögens zu tragen. Seine Haftung bestimmt sich nach den für den Güterstand der Verwaltung und Nutz-

Elterliche Gewalt des Vaters.

§§. 1651- 1656.

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nießung geltenden Vorschriften der §§. 1384 bis 1386, 1388 ft. Zu den Lasten gehören auch die Kosten eines Rechtsstreits, der für das Kind geführt wird, sofern sie nicht dem freien Ver­ mögen ft zur Last fallen, sowie die Kosten der Vertheidigung des Kindes in einem gegen das Kind gerichteten Strafverfahren, vorbehaltlich der Ersatzpflichtft des Kindes im Falle seiner Verurtheilung. G. I §. 1531 Abs. 1; II §. 1545, S.U. §- 1633.

U.T. §. 1631.

Der Unterhalt des Kindes ist keine Last der Nutznießung, jedoch bis zu einem gewissen Grade (§. 1602 Abs. 2, §. 1603 Abs. 2, §. 1606 Abs. 2 Satz 2) von der Nutznießung beeinflußt. ft Der Vater hastet für die in den §§. 1384—1386 bezeichneten Lasten sowie für die Kosten eines Rechtsstreits und der Vertheidigung des Kindes nicht nur gegenüber dem Kinde, sondern auch gegenüber den Gläubigern des Kindes (§. 1388). Die Haftung ist von dem Ertrag der elterlichen Nutznießung unabhängig. ft §§. 1650, 1651. ft §. 1660 mit §.1415 Nr. 1.

Nutznießung an einem Ermerbsgeschäste. zu dem der Nutznießung unterliegenden Vermögen ein Erwerbsgeschäft, das von dem Vater im Namen des Kindes betrieben wird, so gebührt dem Vater nur der sich aus dem Betrieb ergebende jährliche Reingewinn ft. Ergiebt sich in einem Jahre ein Verlust, so verbleibt der Gewinn späterer ft Jahre bis zur Ausgleichung des Verlustes dem Kinde.

§♦ 1635t Gehört

G. I §. 1527 Abs. 1; II § 1546, S.U. §. 1634. U.T. §. 1632. ft Pfändbarkeit C.P.O. §. 862 Abs. 2. ft Der Gewinn früherer Jahre ist nicht zu erstatten.

Nutznießung ohne Vermögensverwaltung. Steht dem Vater die Verwaltung des seiner NutznießuV - unterliegenden Vermögens nicht zu ft, so kann er auch die Nutznießung nicht ausüben ft; er kann jedoch die Herausgabe der Nutzungen verlangen ft, soweit nicht ihre Verwendung zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Vermögens und zur Be­ streitung der Lasten der Nutznießung erforderlich ist. Ruht die elterliche Gewalt des Vaters ft oder ist dem Vater die Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes durch das Vormundschaftsgericht entzogen ft, so können die Kosten des Unterhalts des Kindes aus den Nutzungen insoweit vorweg entnommen werden, als sie dem Vater zur Last fallen ft.

§♦ 1656.

G. I §. 1532; II §. 1547, Z.K. §.1635. U.T. §. 1633. ft Die hierher gehörenden Fälle ergeben sich aus §. 1630 Abs. 2 mit §. 1796 und aus den §§. 1638, 1647, 1666 Abs. 2, 1670, 1678,

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Familienrecht.

Verwandtschaft.

1740, 1760, 1761; wenn der Mutter die elterliche Gewalt zusteht, komnit "der Fall der Bestellung eines Beistandes nach §. 1693 hinzu. Hierher­ gehört ferner, wenn auf Grund des §. 1665 ein Pfleger bestellt ist oder t)ie Gewalt nach §. 1685 von der Mutter ausgeübt wird, ohne daß ihr bie Nutznießung übertragen ist. Die Nutznießung bleibt also dem Vater, wird aber von dem ge­ setzlichen Vertreter (Vormund bezw. Pfleger) des Kindes ausgeübt. 3) Pfändbarkeit C.P.O. §. 862 Abs. 2. 4) §§. 1676, 1677. 5) §. 1666. 6) §§. 1602, 1603.

§♦ 1657* Ist der Vater von der Ausübung der Nutznießung ausgeschlossen4), so hat er eine ihm dem Kinde gegenüber ob­ liegende Verbindlichkeit, die in Folge der Nutznießung erst nach Leren Beendigung zu erfüllen sein würde, sofort zu erfüllen3). Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn die elterliche «Gewalt ruht3). G. I §. 1533; II §. 1548, K.U. §• 1636. KT- §- 1634. l) §. 1656. 2) Vergl. §. 1653 und §. 1652 mit §. 1039. 3j §§. 1676, 1677.

Unübertragbarkeit der Nutznießung. §.1658. Das Recht, das dem Vater kraft seiner Nutznießung an dem Vermögen des Kindes zusteht, ist nicht übertragbar4). Das Gleiche gilt von den nach den §§. 1655, 1656 dem Vater zustehenden Ansprüchen, solange sie nicht fällig sind. G. I §. 1534; II §. 1549, A.U. §• 1637. K-T. §. 1635. Die elterliche Nutznießung kann für Schulden des Vaters nach C.P.O. §. 862 nicht gepfändet werden. Die erworbenen Früchte (Abs. 1) und die fälligen Ansprüche (Abs. 2) sind pfändbar. Wegen des Konkurses siehe die K.O. §. 1. 4) Also auch nicht belastbar (§. 1069 Abs. 2, §. 1274 Abs. 2).

Schulden des Kindes. a) Rechte der Gläubiger. §. 1659. Die Gläubiger des Kindes können ohne Rücksicht auf die elterliche Nutznießung Befriedigung aus dem Vermögen des Kindes verlangen. Hat der Vater verbrauchbare Sachen nach §. 1653 ver­ äußert oder verbraucht, so ist er den Gläubigern gegenüber .zum sofortigen Ersätze verpflichtet. G. I §. 1528; II §. 1550, H.U. §• 1638. U-T. §. 1636. Der Vater haftet den Gläubigern des Kindes nicht, soweit sich nicht «ine solche Haftung aus anderen Gründen ergiebt z. B. wegen Verletzung der Aufsichtspflicht nach §. 832. Ausnahme §. 1654 mit §. 1388. Den Gläubigern des Kindes haftet dessen Vermögen ohne Rücksicht

Elterliche Gewalt des Vaters.

§§. 1657—1663.

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auf die elterliche Nutznießung; cs ist gleichgültig, auf welchem Grunde die Verbindlichkeit beruht. Wegen der Zwangsvollstreckung in das der elterlichen Nutznießung unterliegende Vermögen siehe die C.P.O. §. 746, bezüglich der Gläubiger des Vaters die Anm. zu §. 1658, wegen der gesetzlichen Unterhaltspflicht des Kindes den §. 1605.

b) Verhältniß des Unters und des Kindes zu einander. Verhältnisse des Vaters und des Kindes zu einander finden in Ansehung der Verbindlichkeiten des Kindes die für den Güterstand der Verwaltung und Nutznießung gelten­ den Vorschriften des §. 1415, des §. 1416 Abs. 1 und des §. 1417 entsprechende Änwendung.

§♦ 1660. Im

G. I §. 1530; II §. 1551, DA. §• 1639. U-T. §. 1637. Die Gläubiger des Kindes können nach ihrer Wahl auf das freie oder das unfreie Vermögen des Kindes greifen. Im Verhältnifle zwischen Vater und Kind aber fallen die Verbindlichkeiten des Kindes regelmäßig dem unfreien Vermögen zur Last: Ausnahmen die in den §§. 1415, 1416 Abs. 1 bezeichneten Verbindlichkeiten.

Beendigung der Nutznießung. a) Herrath des Kindes. §♦ 1661. Die Nutznießung endigt, wenn sich das Kind verheirathet. Die Nutznießung verbleibt jedoch dem Vater, wenn die Ehe ohne die erforderliche elterliche Einwilligung geschlossen wird. G. I §. 1536; II §. 1552, K.K. §. 1640. R-T. §. 1638. Vergl. §§. 1305, 1308 und Anm. zu §§. 1633, 1679.

b) Verzicht des Katers. Vater kann auf die Nutznießung verzichten. Der Verzicht erfolgt durch Erklärung gegenüber1) dem Vormundfchaftsgerichte2); die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form2) abzugeben.

8.1662. Der

G. I §. 1537; II §. 1553, K.K. §• 1641. K.T. §. 1639. 1) nicht nothwendig „vor". 2) F.G.G. §§. 35, 43. 3) §. 129; F.G.G. §§. 167, 183.

c) Einfluß der Beendigung auf Miethe und Pacht. B. 1663. Hat der Vater kraft seiner Nutznießung1) ein zu ermögen des Kindes gehörendes Grundstück vermiethet oder verpachtet, so finden, wenn das Mieth- oder Pachtverhältniß bei der Beendigung der Nutznießung noch besteht, die Vor­ schriften des §. 1056 entsprechende Anwendung. Gehört zu dem der Nutznießung unterliegenden Vermögen ein landwirthschaftliches Grundstück, so findet die Vorschrift

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Familienrechr.

Verwandtschaft.

des §. 592, gehört zu dem Vermögen ein Landgut, so finden die Vorschriften der §§. 592, 593 entsprechende Anwendung. E. I §§. 1520, 1008, 1009; II §. 1554, H.U. §. 1642. U.T. §. 1640. *) nicht kraft der gesetzlichen Vertretung; in dieser Beziehung vergl. §. 1643 mit §. 1822 Nr. 5.

Grad -er vom Mater pt vertretenden Sorgfalt. §♦ 1664. Der Vater hat bei der Ausübung der elterlichen Gewalt ft dem Kinde gegenüber nur für diejenige Sorgfalt ein­ zustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt?). G. I §§. 1503, 1696 Abs. 1; II §. 1555, K.U. §. 1643. K.T. §. 1641. ft In allen ihren Theilen, nicht nur bei der Vermögensverwaltung, sondern auch bei der Sorge für die Person. a) Vergl. §. 277.

II. Ginfchrritrn des Mormundfchaftsgerichts. 1. Mrrhinderung des Malers. §♦ 1663. Ist der Vater verhindert ft, die elterliche Gewalt auszuüben, so hat das Bormundschaftsgericht ft, sofern nicht die elterliche Gewalt nach §. 1685 von der Mutter ausgeübt wird, die im Interesse des Kindes erforderlichen Maßregeln zu treffen. G. I §. 1544; II §. 1556 Abs. 1, K.U. §. 1644. xr.T. §. 1642. Die Fürsorge und Aufsicht des Vormundschaftögerichts ist bei der elterlichen Gewalt keine regelmäßige, organisirte und präventive, sondern wird nur in Veranlassung besonderer Umstände wirksam. Die Mitwirkung des Vormundschaftsgerichts äußert sich in dreifacher Weise: Genehmigung zu gewissen Rechtsgeschäften (§§. 1643 —1645 und die in der Anm. 1 zu §. 1630 zusammengestellten Fälle), Entscheidung von Meinungsverschieden­ heiten zwischen dem Gewalthaber und einem Pfleger des Kindes (§. 1629) und Einschreiten bei Gefährdung des Kindes (§§. 1665—1678). Zur Unterstützung des Vormundschaftsgerichts dient der Gemeindewaisenrath (§. 1675). Das Einschreiten bezieht sich auf die Sorge für die Person (§. 1666) und für das Vermögen (§§. 1667—1672). Die §§. 1665, 1673 betreffen Beides. Ein Ordnungsstrafrecht ist dem Vormundschaftsgerichte gegenüber dem Vater (anders gegenüber dem Vormunde §. 1837) reichsrechtlich nicht beigelegt. Dagegen ist dies landesgesctzlich geschehen in Preußen (Pr. F.G.G. Art. 15), Bad en (V. v. 11. November 1899 §§. 45—47), Hessen (A.G. z. F.G.G. Art. 29—36), Elsaß-Lothringen (A.G. z. F.G.G. §§. 9—12), nicht aber in Bayern. ft Die Verhinderung kann in rechtlichen (z. B. §. 1630 Abs. 2) oder in thatsächlichen Verhältnissen (z. B. Krankheit, Abwesenheit außer Landes oder im Gefängniß) ihren Grund haben. Die Maßregel wird häufig eine Pflegschaft (§. 1909) sein. Vergl. §. 1846.

Elterliche Gewalt des Vaters.

§§. 1664—1667.

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2) Zuständig ist nicht nur das (ordentliche) Vormundschaftsgericht, sondern jedes Gericht, in dessen Bezirke das Bedürfniß der Fürsorge hervor­ tritt, F.G.G. §§. 35, 43, 44, Einschreiten von Amtswegen §. 12 das., Beschwerderecht der Angehörigen des Kindes gegen die Ablehnung oder die Aufhebung einer Maßregel §. 57 Nr. 8 das.

2. Gefährdung -er Perfon des Kindes. §♦ 1666. Wird ba3 geistige oder leibliche Wohl des Kindes dadurch gefährdet, daß der Vater das Recht der Sorge für die Person des Kindes mißbraucht, das Kind vernachlässigt oder sich eines ehrlosen oder unsittlichen Verhaltens schuldig macht, so hat das Vormundschaftsgericht ’) die zur Abwendung der Ge­ fahr erforderlichen Maßregeln zu treffen. Das Vormundschafts­ gericht kann insbesondere anordnen, daß das Kind zum Zwecke der Erziehung in einer geeigneten Familie oder in einer Er­ ziehungsanstalt oder einer Besserungsanstalt untergebracht roirb2). Hat der Vater das Recht des Kindes aus Gewährung des Unterhalts2) verletzt und ist für die Zukunft eine erhebliche Ge­ fährdung des Unterhalts zu besorgen, so kann dem Vater auch die Vermögensverwaltung sowie die Nutznießung entzogen werden. G. I §. 1546; II §. 1557, S.K. §. 1645. R-T. §. 1643. Maßregeln nach §. 1666, insbesondere die Zwangserziehung, sind grundsätzlich nur zulässig, wenn die Verwahrlosung des Kindes auf einen! Verschulden des Vaters beruht. Davon kann die Landesgesetzgebung nach Maßgabe des E.G. Art. 135 eine Ausnahme zulassen. Die Zwangs­ erziehung ist ferner von der Begehung einer Strafthat des Kindes un­ abhängig. Anders die Zwangserziehung auf Grund des St.G.B. §§. 55, 56. Ueber die Fassung des §. 55 vergl. E.G. Art. 34. Die Zwangs­ erziehung läßt das Recht zur Vertretung des Kindes, die Vermögens­ verwaltung und elterliche Nutznießung regelmäßig unberührt. Ausnahme im Abs. 2; in diesem Falle tritt nicht die elterliche Gewalt der Mutter (arg. §§. 1684, 1685) ein, sondern ist nach §. 1773 ein Vormund zu bestellen. *) Zuständigkeit F.G.G. §. 43. 2) E.G. Art. 185. 3) §§. 1601, 1602, §. 1610 Abs. 2.

3. Gefährdung des Urrmögens des Kindes. Maßregeln des Uormundfchastsgerichts.

8.1667. Wird das Vermögen des Kindes dadurch gefährdet, daß der Vater die mit der Vermögensverwaltung oder die mit der Nutznießung verbundenen Pflichten verletzt oder daß er in Vermögensverfall geräth, so hat das Vormundschaftsgericht die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßregeln zu treffen. Das Vormundschaftsgericht kann insbesondere anordnen, daß der Vater ein Verzeichniß des Vermögens einreicht und

590

Familienrecht.

Verwandtschaft.

über seine Verwaltung Rechnung legt. Der Vater hat das Verzeichniß mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu versehen. Ist das eingereichte Verzeichniß ungenügend, so findet die Vorschrift des §. 1640 Abs. 2 Satz 1 Anwendung. Das Vormundschaftsgericht kann auch, wenn Werthpapiere, Kost­ barkeiten oder Buchforderungen gegen das Reich oder einen Bundesstaat zu dem Vermögen des Kindes gehören, dem Vater die gleichen Verpflichtungen auferlegen, welche nach den §§. 1814 bis 1816, 1818 einem Vormund obliegen; die Vorschriften der §§. 1819, 1820 finden entsprechende Anwendung. Die Kosten der angeordneten Maßregeln fallen dem Vater zur Last. G. I §. 1547 Abs. 1, §. 1549 Abs. 1; II §. 1558, K.U. §• 1646. R'T. §. 1644.

Sicherheitsleistung -es Unters.

§♦ 1668. Sind die nach §. 1667 Abs. 2 zulässigen Maß­ regeln nicht ausreichend*), so kann das Vormundschaftsgericht2) dem Vater Sicherheitsleistung für das seiner Verwaltung unter­ liegende Vermögen auferlegen. Die Art und den Umfangt) der Sicherheitsleistung bestimmt das Vormundschaftsgericht nach seinem Ermessens. G. I §.1547 Abs. 2, §.1549 Abs. 1; II §. 1559 Abs. 1 Satz 1, 2, Z.R. §- 1647. U.T. §• 1645. Der Vater ist nicht ohne Weiteres zur Sicherheitsleistung ver­ pflichtet. Das Kind hat auch keinen gesetzlichen Hypothekentitel an dem Grundbesitze des Vaters. 2) F.G.G. §§. 35, 43. 3) Die §§. 232 ff. sind nicht maßgebend. 4) Erzwingung der Sicherheitsleistung nur nach §. 1670. Die Vor­ schrift des F.G.G. §. 54 ist bei dem Vater nicht anwendbar.

Eingehung einer neuen Ehe.

§♦ 1668. Will der Vater eine neue Ehe eingehend, so hat er seine Absicht dem Vormundschaftsgericht2) anzuzeigen, auf seine Kosten ein Verzeichniß2) des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens einzureichen4) und, soweit in Ansehung dieses Ver­ mögens eine Gemeinschaft zwischen ihm und dem Kinde besteht, die Auseinandersetzung b) herbeizuführen. Das Vormundschafts­ gericht kann gestatten, daß die Auseinandersetzung erst nach der Eheschließung erfolgt. G. I §. 1548, §. 1549 Abs. 1; II §. 1560, S.K. §. 1648. U.T.§ 1646. *) Ehehinderniß §. 1314. 2) F.G.G. §§. 35, 43.

Elterliche Gewalt des Vaters.

§§. 1668—1678.

591

3) Bei Haushaltsgegenständen genügt die Angabe des Gesammtwerths (vergl. §. 1640 Abs. 1 Satz 2). Unterliegt Vermögen des Kindes­ seiner Verwaltung nicht, so ist dies anzugeben. Das Verzeichniß ist ein reines Privatinventar; ist es unvollständig oder falsch, so kann das Gericht, nicht die amtliche Aufnahme anordnen (anders §. 1640 Abs. 2), es hat vielmehr solchen Falles das Wiederverehelichungszeugniß (§. 1314) zu ver­ weigern. *) Die Kosten trägt der Vater. 5) §§. 730, 752, 1471, 1493, 2042; für das Kind muß ein Pflegen bestellt werden.

Entziehung der Vermögensverwaltung» Kommt der Vater den nach den §§. 1667, 1668 getroffenen Anordnungen nicht nach oder erfüllt er die ihm nach den §§. 1640, 1669 obliegenden Verpflichtungen nicht, so kann ihm das Vormundschastsgericht') die Vermögensverwaltung ent­ ziehen3). Zur Erzwingung der Sicherheitsleistung sind andere Maßregeln nicht zulässig3).

8.167(L

G. I §. 1550; II §. 1561, D.K. §. 1649. K.T. §■ 1647. ') F.G.G. §§. 35, 43. 3) Folgen: Bestellung eines Pflegers (§. 1909), Verlust der Ausübung, der Nutznießung (§. 1656) und Herausgabe des Vermögens des Kindes(1681). 3) auch nicht landesgesetzlich.

Aufhebung der getroffenen Maßregeln» während der Dauer der elterlichen Gewalt die von ihm getroffenen Anordnungen jederzeit ändern, insbesondere die Erhöhung, Minderung oderAufhebung der geleisteten Sicherheit anordnen.

§♦ 1671. Das Vormundschaftsgericht kann

G. I §. 1551 Satz 1; II §. 1562, Z.K. §. 1650. MT. §. 1648Entsprechend §. 1844 Abs. 1 Satz 3. Wegen des Beschwerderechts der Angehörigen des Kindes F.G.G. §. 57 Nr. 8.

Stellung des Kindes bei der Sicherheitsleistung»

§. 1672. Bei der Bestellung und Aufhebung der Sicherheit wird die Mitwirkung des Kindes durch die Anordnung des Vormundschaftsgerichts ersetzt. Die Kosten der Bestellung und Aufhebung der Sicherheitfallen dem Vater zur Last. G. I §. 1549 Abs. 2, §. 1551 Satz 2; II § Abs. 2, K.K. §. 1651. K.T. §. 1649.

1559 Abs. 1 Satz 3r

4. Anhörung des Unters und der sonstigen Angehörigen des Kindes. §♦ 1673. Das Vormundschaftsgericht') soll vor einer Ent­ scheidung, durch welche die Sorge für die Person oder das Vev-

592

Familienrecht.

Verwandtschaft.

mögen des Kindes oder die Nutznießung dem Vater entzogen oder beschränkt roirb2), den Vater hören, es sei denn, daß die Anhörung unthunlich ist. Vor der Entscheidung sollen auch Verwandte, insbesondere die Mutter, oder Verschwägerte des Kindes gehört werden, wenn es ohne erhebliche Verzögerung und ohne unverhältnißmäßige Kosten geschehen kann. Für den Ersatz der Auslagen gilt die Vorschrift des §. 1847 Abs. 2. ') F.G.G. §§. 35, 43, 44. 2) z. B. §. 1635 Abs. 1, §. 1637, §§. 1665—1671, §. 1760 Abs. 2, §. 1630 Abs. 2 Satz 2 mit §. 1796. Der §. 1673 gilt auch, wenn einem Elterntheile nur die thatsächliche Fürsorge zusteht (Mutter §§. 1634, 1635, 1637, 1696—1698, Vater §. 1676 Abs. 2 Satz 2). 5. Haftung des Uormundschaftsrichters. §♦ 167L. Verletzt derVormundschaftsrichter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm obliegenden Pflichten, so ist er dem Kinde nach §. 839 Abs. 1, 3 verantwortlich. -G. I §§. 1503, 1702; II §. 1563, S.U. §- 1652. U-T. §. 1650. Entsprechend §. 1848. Haftung des Staates im E.G. Art. 77.

6. Oernrindewaisenrath. §♦ 1678. Der Gemeindewaisenrath *) hat dem Vormund­ schaftsgericht Anzeige zu machen, wenn ein Fall zu seiner Kenntniß gelangt, in welchem das Vormundschaftsgericht zum Einschreiten berufen ist2). G. I §. 1552; II §. 1564, K.zr. §. 1653. R-T. §. 1651. 1) Vergl. §§.. 1849 ff. 2) z. B. §§. 1639, 1640, 1665—1667, 1669. III. Ruhen -er elterlichen Gewalt. 1. Rechtliche Hindernisse der Ausübung. §♦ 1676. Die elterliche Gewalt des Vaters ruht, wenn er geschäftsunfähig *) ist. Das Gleiche gilt, wenn der Vater in der Geschäftsfähigkeit beschränkt2) ist oder wenn er nach §. 1910 Abs. 1 einen Pfleger für seine Person und sein Vermögen erhalten hat. Die Sorge für die Person des Kindes steht ihm neben dem gesetzlichen Vertreter des Kindes zu; zur Vertretung des Kindes ist er nicht berechtigt. Bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem Vater und dem gesetzlichen Vertreter2) geht die Meinung des gesetzlichen Vertreters vor. G. I §. 1554 Abs. 1 Satz 1; II §. 1565, H.K. §• 1654. R-T. §. 1652.

Elterliche Gewalt des Vaters.

§§. 1674—1679.

593

Das B.G.B. unterscheidet zwischen dem Ruhen und der Beendigung der elterlichen Gewalt. Im ersteren Falle bleibt die Gewalt der Zu­ ständigkeit nach beim Vater, sie wird aber entweder von der Mutter aus­ geübt (§. 1685) oder es tritt ein Vormund (§. 1773) ein. Die §§. 1676, 1677 enthalten die Gründe des Ruhens. Der §. 1676 betrifft den Fall, daß der Vater aus rechtlichen, der §. 1677 den Fall, daß er aus thatsäch­ lichen Gründen an der Ausübung der Gewalt gehindert ist. Ueber die Beendigung der Gewalt s. Anm. zu §. 1679. ') §. 104. 2) §§. 106, 114. 3) Anm. zu §. 1678.

2. Thatsächliche Hindernisse. Die elterliche Gewalt des Vaters ruht, wenn von dem Vormundschaftsgerichte *) festgestellt wird2), daß der Vater auf längere Zeit3) an der Ausübung der elterlichen Gewalt that­ sächlich verhindert ist4). Das Ruhen endigt, wenn von dem Vormundschaftsgerichte festgestellt wird, daß der Grund nicht mehr besteht3).

8. 1677.

G. I §. 1554 Abs. 1 Satz 2; II §. 1566, K.K. §. 1655. §. 1653. ') F.G.G. §§. 35, 43. 2) Die Feststellungsverfügung tritt nach §. 51 Abs. 1 F.G.G. mit der Bestellung des Vormundes in Wirksamkeit; hat jedoch während der Verhinderung des Vaters die Mutter die Gewalt auszuüben, so wird die Verfügung mit der Bekanntmachung an die Mutter wirksam. 3) Bei Verhinderung auf kürzere Zeit greift §. 1665 Platz. 4) z. B. durch Krankheit oder Verbübung einer Gefängnisstrafe. 5) Die Verfügung tritt mit der Bekanntmachung an den Vater in Wirksamkeit (F.G.G. §. 51 Abs. 2).

3. Wirkungen des Kuhens. Solange die elterliche Gewalt des Vaters ruht, ist der Vater nicht berechtigt, sie auszuüben; es verbleibt ihm je­ doch die Nutznießung an dem Vermögen des Kindes, unbe­ schadet der Vorschrift des §. 1685 Abs. 2.

§♦ 1678.

G. I §. 1554 Abs. 1; II §. 1567, Z.U. §. 1656. K.T. §. 1654. Wegen der Ausübung der Nutznießung vergl. §. 1656. Wenn das Ruhen während des Bestehens der Ehe eintritt, wird die Gewalt von der Mutter ausgeübt (§. 1685 Abs. 1); beim Ruhen nach Auflösung der Ehe wird ein Vormund bestellt (§. 1773), außer wenn das Vormundschaftsgericht der Mutter die Ausübung der Gewalt über­ trägt, in welchem Falle die Mutter auch die Nutznießung erhält (§. 1686 Abs. 2).

tz. 1673.

IV. Krendigung der elterlichen Gewalt. 1. Todeserklärung. Die elterliche Gewalt des Vaters endigt'), wenn

Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch. 3. Auflage.

38

594

Familienrecht.

Verwandtschaft.

er für todt erklärt wird, mit dem Zeitpunkte, der als Zeitpunkt des Todes gilt2). Lebt der Vater noch, so erlangt er die elterliche Gewalt dadurch wieder, daß er dem Vormundschaftsgerichte2) gegenüber4) seinen hierauf gerichteten Willen erklärt. G. I §. 1557 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3; II § 1568, H.K. §. 1657,

K.T. §. 1655. Die elterliche Gewalt wird beendet entweder als solche oder nur in einzelnen Beziehungen. Beendigungsgründe der Gewalt als solcher sind Tod des Kindes ober des Vaters, Todeserklärung des Vaters (§. 1679), Volljährigkeit (§. 1626} und Volljahrigkeitserklärung des Kindes, Verwirkung (§. 1680, §. 1771 Abs. 2), Annahme des Kindes an Kindesstatt durch einen Dritten (§. 1757 Abs. 2, §. 1765). Dagegen wird die Gewalt nicht beendet durch Führung, eines abgesonderten Haushalts, Verheirathung des Kindes (§§. 1633, 1661, vergl. auch §. 1602 Abs. 2) oder des Vaters (anders der Mutter §. 1697), Todeserklärung des Kindes (sofern sich später herausstellt, daß sie zu Un­ recht ergangen; sonst gilt §. 18). Eine Emanzipation ist dem B.G.B. unbekannt. Beendigung der elterlichen Gewalt in einzelnen Beziehungen: Sorge für die Person §. 1633, §. 1666 Abs. 1; Sorge für das Vermögen §. 1647, §. 1666 Abs. 2, §§. 1670, 1693, §. 1760 Abs. 2; Nutznießung. §§. 1661, 1662, §. 1666 Abs. 2, §. 1685 Abs. 2. *) Wegen der vor dem Inkrafttreten des B.G.B. erfolgten Todes­ erklärung siehe das E.G. Art. 160, 206. 3) §- 18. 8) F.G.G. §§. 35, 43. 4) nicht nothwendig „vor".

2. Urrwirkung.

§♦ 1680t Der Vater verwirkt die elterliche Gewalt, wenn er wegen eines an dem Kinde verübten Verbrechens oder vorsätz­ lich verübten Vergehens zu Zuchthausstrafe oder zu einer Ge­ fängnißstrafe von mindestens sechs Monaten verurtheilt wird. Wird wegen des Zusammentreffens mit einer anderen straf­ baren Handlung auf eine Gesammtstrafe erkannt, so entscheidet die Einzelstrafe, welche für das an dem Kinde verübte Ver­ brechen oder Vergehen verwirkt ist. Die Verwirkung der elterlichen Gewalt tritt mit der Rechts­ kraft des Urtheils ein. G. I §. 1559 Abs. 1; II §. 1569, Z.K. §. 1658. U T. §- 1656. Die Verwirkung tritt nur dem Kinde gegenüber ein, an dem sich der Vater verfehlt hat. Die sonstigen Elternrechte (§§. 1305, 1601, 1617, 1747, 1899, 1925, 2303) bleiben unberührt, soweit sie nicht von der elterlichen Gewalt abhängen (§§. 1777,1852,1888 ff.). Vergl. auch §. 1495 Nr. 6. Anzeigepflicht des Strafgerichts F.G.G. §. 50.

Elterliche Gewalt des Vaters.

§§. 1680—1683.

595

V. Folgen -er Seendigung und des Ruhens der Gewalt. Verausgabe -es Vermögens. §♦ 1681. Endigt oder ruht die elterliche Gewalt des Vaters oder hört aus einem anderen Grunde seine Vermögens­ verwaltung auf1), so hat er dem Kinde das Vermögen heraus­ zugeben und über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen2). E. I §. 1503,

§. 1700

Abs. 1;

II §. 1570,

D.U. §. 1659.

R.T. §. 1657. *) Vergl. §. 1647, §. 1666 Abs. 2, §§. 1670,1676,1677, 1679, 1680. 2) §§. 259—261.

Fortführung -rr Geschäfte. 1682. Der Vater ist auch nach der Beendigung seiner elterlichen Gewalt zur Fortführung der mit der Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes verbundenen Geschäfte berechtigt, bis er von der Beendigung Kenntniß erlangt oder sie kennen muß.1) Ein Dritter kann sich auf diese Berechtigung nicht berufen, wenn er bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts die Beendigung der elterlichen Gewalt kennt oder kennen muß1). Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn die elterliche Gewalt des Vaters ruht oder aus einem anderen Grunde seine Vermögensverwaltung aufhört2). G. II §. 1571 Abs. 1, K.R. §• 1660. U T- §• 1658. Vergl. §§. 169, 674, 1424 Abs. 1. !) §. 122 Abs. 2. 2) s. Annr. 1 zu §. 1681.

§♦ 1683. Endigt die elterliche Gewalt in Folge des Todes des Kindes, so hat der Vater diejenigen Geschäfte, mit deren Aufschübe Gefahr verbunden ist, zu besorgen, bis der Erbe anderweit Fürsorge treffen kann. G. II §. 1571 Abs. 2, S.R. §. 1661. Vergl. §. 672 Satz 2.

R-T. §. 1659.

2. Elterliche Gewalt der Mutter. 1. Siehe die Vordem. S. 575. 2. Die elterliche Gewalt der Mutter kommt in drei Formen vor: a) Sie beschränkt sich neben dem Vater, wenn dieser die Gewalt aus­ übt, aus die thatsächliche Fürsorge für die Person des Kindes (§. 1634); die gleiche Stellung hat die Mutter neben dem Vormunde des Kindes nach Maßgabe des §. 1698. b) Bei thatsächlicher Verhinderung des Vaters und beim Ruhen seiner Gewalt ist die Mutter Verweserin der elterlichen Gewalt. Die Gewalt bleibt ihrer Zuständigkeit nach beim Vater, wird aber von der Mutter ausgeübt (§. 1685).

596

Familienrecht.

Verwandtschaft.

c) Nach dem Tode des Vaters und, sofern die Ehe aufgelöst ist, nach der Verwirkung der Gewalt durch den Vater erlangt die Mutter die Gewalt als Vollgewalt (§. 1684). Steht dem Vater die Gewalt nur in einzelnen Beziehungen nicht zu (Anm. zu §. 1679), so tritt nicht die elterliche Gewalt der Mutter, sondern ein Pfleger ein (§. 1909). Verliert der Vater die Gewalt, ohne daß sie auf die Mutter übergeht, so wird ein Vormund bestellt (§. 1773). Die Mutter kann Pfleger oder Vormund sein. 3. Inhaltlich ist die elterliche Gewalt der Mutter die gleiche wie die des Vaters; der Mutter kann aber ein Beistand bestellt werden. Der Bei­ stand hat regelmäßig die Stellung eines Gegenvormundes (§. 1799). Die Sorge für Person und Vermögen des Kindes sowie die Verantwortlichkeit trifft die Mutter trotz des Beistandes. Nur im Falle des §. 1693 ist der Beistand für die ihm übertragene Vermögensverwaltung selbständig und allein verantwortlich.

Falle der elterlichen Orrvalt der Mutter. §♦ 16S4L Der Mutter steht die elterliche Gewalt zu: 1. wenn der Vater gestorben oder für todt erklärt ist1); 2. wenn der Vater die elterliche Gewalt verwirkt hat2) und die Ehe aufgelöst ist. Im Falle der Todeserklärung beginnt die elterliche Gewalt der Mutter mit dem Zeitpunkte, der als Zeitpunkt des Todes des Vaters gilt3). G. I §. 1601 Abs. 2, §. 1567 Abs. 2 Satz 2, §. 1669 Abs. 2; II §. 1672, H.R. §. 1662. K-T. §• 1660. §. 1679. 2) §. 1680. 3) §. 18; C.P.O. §. 970 Abs. 2.

§♦ 1688. Ist der Vater an der Ausübung der elterlichen Gewalt thatsächlich verhindert1) oder ruht seine elterliche Gewalt2), so übt während der Dauer der Ehe die Mutter die elterliche Gewalt mit Ausnahme der Nutznießung3) aus. Ist die Ehe aufgelöst, so hat das Vormundschaftsgericht*) der Mutter auf ihren Antrag die Ausübung zu übertragen, wenn die elterliche Gewalt des Vaters ruht und keine Aussicht besteht, daß der Grund des Ruhens wegfallen werde. Die Mutter erlangt in diesem Falle auch die Nutznießung an dem Vermögen des Kindes. G. I §. 1555; II §. 1678, D.K. §. 1663. U.T. §. 1661. Der §. 1685 behandelt die Fälle, in denen die an sich dem Vater zustehende Gewalt von der Mutter ausgeübt wird (f. Vorbem. S. 696). Der Abs. 1 betrifft die Fälle während des Bestehens der Ehe, der Abs. 2 die Fälle nach Auflösung der Ehe. *) §. 1666. 2) §§. 1676, 1677. 3) §. 1678. 4) F.G.G. §§. 35, 43 (Zuständigkeit).

Elterliche Gewalt der Mutter.

§§. 1684—1689.

597

Gleichstellung mit der Gewalt des Usters. Auf die elterliche Gewalt der Mutter finden die für die elterliche Gewalt des Vaters geltenden Vorschriften An­ wendung, soweit sich nicht aus den §§. 1687 bis 1697 ein Anderes ergiebt. G. II §. 1575, H.U. §. 1664. U.T. §. 1662.

§♦ 1686.

Bestellung eines Beistandes. Das Vormundschaftsgericht*) hat der Mutter einen Beistand zu bestellens: 1. wenn der Vater die Bestellung nach Maßgabe des §. 1777 angeordnet hat; 2. wenn die Mutter die Bestellung beantragt; 3. wenn das Vormundschaftsgericht aus besonderen Gründen, insbesondere wegen des Umfanges oder der Schwierigkeit der Vermögensverwaltung, oder in den Fällen der §§. 1666, 1667 die Bestellung im Interesse des Kindes für nöthig erachtet'). G. I §. 1538; II §. 1576, K.U. §- 1665. K.T. §. 1663. *) Zuständigkeit F.G.G. §. 43. 2) Beschwerderecht F.G.G. §. 57 Nr. 5, §. 60 Nr. 1—3, §. 20 Abs. 2. 3) Vorher sind die Mutter und die Angehörigen des Kindes zu hören (§§. 1673, 1686). Wirkungskreis des Beistandes. §♦ 1688. Der Beistand kann für alle Angelegenheiten, für gewiste Arten von Angelegenheiten oder für einzelne Angelegen­ heiten bestellt werden. Ueber den Umfang seines Wirkungskreises entscheidet die Bestellung. Ist der Umfang nicht bestimmt, so fallen alle An­ gelegenheiten in seinen Wirkungskreis. Hat der Vater die Bestellung angeordnet, so hat das Vor­ mundschaftsgericht Bestimmungen, die er nach Maßgabe des §. 1777 über den Umfang des Wirkungskreises getroffen hat, bei der Bestellung zu befolgen. G. I §. 1539; II §. 1577, g.JL §. 1666. zr.T. §. 1664.

§♦ 1687.

Aufgabe des Beistandes.

§♦ 1689. Der Beistandhatinnerhalb s eines Wirkungskreises die Mutter bei der Ausübung der elterlichen Gewalt zu unter­ stützen und zu überwachen; er hat dem Vormundschaftsgerichte jeden Fall, in welchem es zum Einschreiten berufen ist1), un­ verzüglich 2) anzuzeigen. E. I §. 1540; II §. 1678, K.K. §. 1667. K.T. §. 1665.

598

Familienrecht.

Verwandtschaft.

Der Beistand hat die Stellung eines Gegenvormundes (vergl. die Vordem. S. 696); über sein Beschwerderecht F.G.G. §. 57 Nr. 6. ') §§. 1666—1668, 1670. 2) §. 121 Abs. 1.

Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.

§♦ 1680. Die Genehmigung des Beistandes ist innerhalb seines Wirkungskreises zu jedem Rechtsgeschäft erforderlich, zu dem ein Vormund der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts oder des Gegenvormundes bedarf. Ausgenommen sind Rechts­ geschäfte, welche die Mutters nicht ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vornehmen kann2). Die Vorschriften der §§. 1828 bis 1831 finden entsprechende Anwendung. Die Genehmigung des Beistandes wird durch die Ge­ nehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt. Das Vormundschaftsgericht soll vor der Entscheidung über die Genehmigung in allen Fällen, in denen das Rechtsgeschäft zu dem Wirkungskreise des Beistandes gehört, den Beistand hören, sofern ein solcher vorhanden und die Anhörung thunlich ist. G. I §. 1641 Abs. 1, 2, §. 1642; II §. 1679, K.K. §. 1668. R-T. §. 1666. Ist der Mutter ein Beistand nicht bestellt, so bedarf sie der Ge­ nehmigung des Vormundschaftsgerichts zum Abschlüsse von Rechtsgeschäften für das Kind nicht in weiterem Umfang als der Vater (§. 1686). Ist dagegen ein Beistand bestellt, so ist ihre Vertretungsmacht im nämlichen Umfange beschränkt wie die des Vormundes. In Ansehung derjenigen Rechtsgeschäfte, zu welchen die Mutter, wenn ihr ein Beistattd nicht bestellt ist, als Inhaberin der Gewalt der Genehmigung des Vor­ mundschaftsgerichts bedarf, verbleibt es hierbei, auch wenn das Rechts­ geschäft in den Wirkungskreis des Beistandes fällt; der Beistand ist nur nach Abs. 3 zu hören. In Ansehung der übrigen Rechtsgeschäfte aber, zu welchen ein Vormund der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts oder des Gegenvormundes bedarf lz. B. §. 1812, §. 1813 Abs. 2, §. 1822 Nr. 4, 6, 7, 12, 13, §. 1437 Abs. 2 vergl. die Aufzählung in der Anm. zu §. 1822), ist die Genehmigung des Beistandes erforderlich. *) als Inhaberin der elterlichen Gewalt. 2) z. B. §§. 1643, 1686.

Anlegung -es Geldes.

§. 1691. Soweit die Anlegung des zu dem Vermögen des Kindes gehörenden Geldes in den Wirkungskreis des Bei­ standes fällt, finden die für die Anlegung von Mündelgeld geltenden Vorschriften der §§. 1809, 1810 entsprechende An­ wendung. G.-I §. 1541 Abs. 3; II §. 1680, Z.P. §. 1669.

U-T. §. 1667.

Elterliche Gewalt der Mutter.

§§. 1690—1694.

599

Die zum Vermögen des Kindes gehörenden Jnhaberpapiere hat die Mutter, auch wenn ihr ein Beistand bestellt ist, nur unter den Voraus­ setzungen des §. 1667 zu hinterlegen. Anders im Falle des §. 1693. *) Neben den nach §. 1642 geltenden §§. 1807, 1808.

Nerrnögensorrzrichniß. Hat die Mutter ein Vermögensverzeichniß einzureichen'), so ist bei der Aufnahme des Verzeichnisses der Beistand zuzuziehen; das Verzeichniß ist auch von dem Beistände mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu versehen. Ist das Verzeichniß ungenügend, so finden, sofern nicht die Voraussetzungen des §. 1667 vorliegen, die Vorschriften des §. 1640 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

§♦ 1682.

G. II §. 1581, K.U. §• 1670. K.T. §. 1668. 1) Die Verpflichtung, ein Vermögensverzeichniß vorzulegen, hat die Mutter, auch wenn ihr ein Beistand bestellt ist, nur unter denselben Voraussetzungen (§§. 1640, 1667, 1669) wie der Vater,- der wichtigste Fall der elterlichen Gewalt der Mutter (§. 1684 Nr. 1) unterliegt den Vorschriften des §. 1640 (§. 1686).

Übertragung der Verwaltung auf den Beistand. Das Vormundschaftsgericht kann auf Antrag der Mutter dem Beistände die Vermögensverwaltung ganz oder theilweise übertragen; soweit dies geschieht, hat der Beistand die Rechte und Pflichten eines Pflegers *)•

§♦ 1683.

G. II §. 1582 Satz 1, K.K. §. 1671. K.T. §. 1669. Die Mutter hat dem Beistände als Pfleger des Kindes das Vermögen des letzteren herauszugeben und Rechenschaft abzulegen (§§. 1681, 1686, 1915). Vergl. Vorbem. S. 596. i) §. 1915; für die Führung der Vermögensverwaltung gelten also die §§. 1793—1836, für das Aufsichtsrecht des Vormundschaftsgerichts die §§. 1837—1846. Der Beistand hat periodisch Rechnung zu legen (§§. 1840—1843), Sicherheit zu leisten nach Maßgabe des §. 1844 (F.G.G. §. 54) und die Werthpapiere des Kindes zu hinterlegen (§. 1814, Anm. zu §. 1691).

Stellung -es Beistandes. Für die Berufung *), Bestellung2) und Beauf­ sichtigung2) des Beistandes, für seine Haftung*) und seine An­ sprüche 5), für die ihm zu bewilligende Vergütung5) und für die Beendigung seines Amtes °) gelten die gleichen Vorschriften wie bei dem Gegenvormunde. Das Amt des Beistandes endigt auch dann'), wenn die elterliche Gewalt der Mutter ruht.

§♦ 1684.

G. I §. 1543; II §. 1583, B R- §• 1672. K T- §• 1670. l) §§. 1776—1788, §. 1792 Abs. 4.

600

Familienrecht.

2) §§. 1789—1791, §.1792 3) §§. 1837, 1839. 4) 5) §§. 1835, 1836. •) ’) In diesem Fallewird ein

Verwandtschaft.

Abs. 4, F.G.G. §. 60 Nr. 1, 2. §. 1833. §. 1895, F.G.G. §. 60 Nr. 3. Vormund (§. 1773) bestellt.

Aufhebung der Serflundfchast. §♦ 1695* Das Vormundschaftsgericht kann in den Fällen des §. 1687 Nr. 2, 3 die Bestellung des Beistandes und im Falle des §. 1693 die Uebertragung der Vermögensverwaltung auf den Beistand jederzeit aufheben. Ist die Bestellung des Beistandes nach §. 1687 Nr. 2 er­ folgt, so soll sie nur mit Zustimmung der Mutter aufgehoben werden. Das Gleiche gilt für die Uebertragung der Vermögens­ verwaltung auf den Beistand. G. II §. 1582 Satz 2, §. 1584, K.K. §. 1673. Beschwerderecht F.G.G. §. 57 Nr. 5.

MT. §. 1671.

Rührn der Gewalt -er Mutter. tz. 1696. Ruht die elterliche Gewalt der Mutter wegen Minderjährigkeit 0, so hat die Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen2); zur Vertretung des Kindes ist sie nicht berechtigt. Der Vormund des Kindes hat, soweit der Mutter die Sorge zusteht, die rechtliche Stellung eines Bei­ standes3). G. I §. 1554 Abs. 2; II §. 1585, S.K. §. 1674. K.T. §. 1672. *) §§. 2, 106, 1676. 2) Sog. thatsächliche Fürsorge für die Person (s. Anm. zu §. 1627). 3) §. 1689. Bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen Mutter und Vormund geht die Meinung der Mutter vor.

Wrrdrrurrhrirathung der Mittler. §. 1697. Die Mutter verliert die elterliche Gewalt, wenn sie eine neue Ehe eingeht. Sie behält jedoch unter den im §. 1696 bestimmten Beschränkungen das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. G. I §. 1558; II §. 1586, H.U §• 1675. MT. §. 1673. Anzeigepflicht des Standesbeamten F.G.G. §. 48.

Stellung -er Mutter neben Uormnnd und Pfleger. §♦ 1698. Wird für das Kind ein Vormund bestellt^), weil die elterliche Gewalt des Vaters ruht2) oder verwirkt ist3) oder weil die Vertretung des Kindes dem Vater entzogen ist4), oder wird für die. Erziehung des Kindes an Stelle des Vaters ein Pfleger bestellt3), so steht der Mutter die Sorge für die Person des

§§. 1696—1698. Rechtl. Stellung d. Kinder a.nicht.Ehen. §§. 1699,1700. 60t

Kindes neben dem Vormund oder dem Pfleger in gleicher Weise zu wie nach §. 1634 neben dem Vater«). G. II §. 1574, S.U. §- 1676. U-T. §• 1674. ').§. 1773. 2) §. 1679. 3) §. 1680. 4) §. 1666 Abs. 2. 5) §. 1666 Abs. 1. 6) Bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen Mutter und Vormund geht mithin (anders als in den Fällen der §§. 1696, 1697) die Meinung, des Vormundes vor.

Fünfter Titel.

Rechtliche Stellung der Kinder aus nichtigen Eh en. Die Nichtigkeit einer Ehe bewirkt, daß die Kinder unehelich sind. War jedoch wenigstens einem Ehegatten die Nichtigkeit unbekannt, so gelten die Kinder als ehelich; die Stellung der Eltern zu ihnen ist in der Haupt­ sache die gleiche wie in dem Falle, wenn die Ehe geschieden und beide Ehegatten für schuldig erklärt worden sind. Uebergangsbestimmungen im E.G. Art. 207.

Gleichstellung eines solchen Kindes mit einem ehelichen. Ein Kind aus einer nichtigen Ehe'), das im Falle der Gültigkeit der Ehe ehelich sein würde2), gilt3) als eheliche sofern nicht beide Ehegatten die Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung gekannt*) haben3). Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn die Nichtig­ keit der Ehe auf einem Formmangel beruht und die Ehe nicht in das Heirathsregister eingetragen worden ist«).

8.1688.

G. I §. 1562; II §. 1587, H.K. §. 1677. K.T. §. 1676. 0 Mag die Nichtigkeit auf einem Nichtigkeitsgrunde beruhen (§. 1323) oder durch Anfechtung (§§. 1330, 1350) herbeigeführt sein. ' 2) §§. 1591 ff. Auch die prozessualen Besonderheiten des Rechts­ streits, welcher die Ehelichkeit eines Kindes betrifft (s. Vordem. S. 662)r finden Anwendung. 3) Die Gleichstellung bezieht sich auf alle rechtlichen Verhältnisse, z. B. Namensführung (§. 1616), Unterhaltspflicht (§. 1631), Erbrech! (§§. 1924, 2303). 4) Die Unkenntniß in Folge grober Fahrlässigkeit (§. 932 Abs. 2) steht hier der Kenntniß nicht gleich. 6) Die aus der Bösgläubigkeit der Eltern folgende Unehelichkeit desKindes darf erst nach der Nichtigkeitserklärung oder der Auflösung der Ehe geltend gemacht werden (§§. 1329, 1343). 6) Vergl. §. 1329 Satz 2, §. 1345 Abs. 2.

Kechtsverhältniß zwischen -en Eltern und -em Kinde. Rechtsverhältniß zwischen den Eltern und einem Kinde, das nach §. 1699 als ehelich gilt, bestimmt sich, soweit

§♦ 1708. Das

602

Familienrecht.

Venvandtschast.

sich nicht aus den §§. 1701, 1702 ein Anderes ergiebt, nach Len Vorschriften*), die für ein Kind aus einer geschiedenen Ehe gelten, wenn beide Ehegatten für schuldig erklärt sind2). G. I §. 1663; II §. 1688, Z.U. §. 1678. U-T. §. 1676. *) §§. 1585, 1635, 1636, 1684, 1685. 2) Die aus den §§. 1700—1702 sich ergebenden Rechtsfolgen können nach den §§. 1329, 1343 erst nach der Nichtigkeitserklärung oder der Auflösung der Ehe geltend gemacht werden.

Wegfall der Rechte des Unters.

8.1701* War dem Vater die Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung bekannt*), so hat er nicht die sich aus der Vater­ schaft ergebenden Rechte2). Die elterliche Gewalt steht der Mutter zu. G. I §. 1564; II §. 1589, Z.U. §. 1679. K.T. §. 1677. *) Vergl. Anm. 4 zu §. 1699. 2) §§. 1306, 1601, 1617, 1626, 1747, 1777, 1862, 1858 ff., 1899, 1926, 2303. Dagegen liegen ihm die sich aus der Vaterschaft ergebenden Pflichten ob.

-Beschränkung drr Rechte der Mutter.

§♦ 1702» War der Mutter die Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung bekannt'), so hat sie in Ansehung des Kindes nur diejenigen Rechte, welche im Falle der Scheidung der allein für schuldig erklärten Frau zustehen2). Stirbt der Vater oder endigt seine elterliche Gewalt aus einem anderen Grunde, so hat die Mutter nur das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen; zur Ver­ tretung des Kindes ist sie nicht berechtigt. Der Vormund des Kindes hat, soweit der Mutter die Sorge zusteht, die rechtliche Stellung eines Beistandes2). Die Vorschriften des Abs. 2 finden auch dann Anwendung, wenn die elterliche Gewalt des Vaters wegen seiner Geschäfts­ unfähigkeit oder nach §. 1677 ruht. G. I §. 1565; II §. 1590, H.K. §. 1680. K-T. §- 1678. Materiell wird die Mutter wie eine uneheliche Mutter (§. 1707) behandelt. Vergl. auch §§. 1899, 1900. *) Vergl. Anm. 4 zu §. 1699. a) §§. 1635, 1686. 3) tz. 1689.

Stellung eines nicht nls ehelich geltenden Kindes.

§♦ 1703. Gilt das Kind nicht als ehelich, weil beiden Ehe­ gatten die Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung bekannt war, so kann es gleichwohl von dem Vater, solange er lebt1),

Rechtliche Stellung der Kinder aus nichtigen Ehen. §§. 1701—1704. 603

Unterhalt wie ein eheliches Kind verlangen. Das im §. 1612 Abs. 2 bestimmte Recht steht dem Vater nicht zu. G. I §. 1666 Abs. 1; II §. 1691, K.U. §. 1681. U T- §• 1679. Vergl. §§. 1601 ff. In: Falle des §. 1699 Abs. 2 gelten die §§. 1708 ff. *) Nach den: Tode des Vaters gilt der §. 1712.

Anfechtung der Ehe wegen Drohung.

§♦ 17(ML Ist die Ehe wegen Drohung anfechtbar und ange­ fochten, so steht der anfechtungsberechtigte Ehegatte einem Ehegatten gleich, dem die Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung un­ bekannt war. G. I §. 1667; II §. 1692, Z.K. §. 1682. Vergl. §. 1346 Satz 1.

zr.T. §. 1680.

Sechster Titel.

Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder. 1. Zwischen dem Vater und dessen Verwandten einerseits und dem unehelichen Kinde andererseits entsteht kein Verwandtschaftsverhältniß (§.1689 Abs. 2). Dagegen tritt das Kind in die Familie der Mutter wie ein ehe­ liches ein (§. 1706). Dies gilt namentlich von dem Unterhaltsanspruch und dem Erbrechte. Vergl. auch §.11 (Wohnsitz). Die Mutter erhält jedoch nicht die elterliche Gewalt (§. 1707). 2. Die uneheliche Erzeugung ist auf das Verhältniß zwischen Vater und Kind nicht ohne Einfluß. Das französisch-rechtliche Verbot der Ermittelung der Vaterschaft ist abgelehnt. Die Wirkungen der unehelichen Erzeugung gegenüber dem Vater beruhen nach dem B.G.B. auf der Vaterschaft, also nicht auf einer unerlaubten Handlung; sie erschöpfen sich in dem Ehever­ bote des §. 1310, in der Möglichkeit der Legitimation (§§. 1719, 1723) und in einem Unterhaltsanspruche (§§. 1708—1716). Ein Erbrecht ist versagt. 3. Der regelmäßige Unterhaltsanspruch des Kindes ist weder durch Bedürftigkeit des Kindes oder der Mutter noch durch Leistungsfähigkeit des Vaters bedingt. Der Vater haftet vor der Mutter. Das Maß des An­ spruchs richtet sich nach dem Stande der Mutter. Der Anspruch endigt, wenn das Kind das sechzehnte Lebensjahr vollendet. Darüber hinaus isr nur unter besonderen Umständen ein außerordentlicher Unterhaltsanspruch gewährt (§. 1708 Abs. 2). Der Anspruch steht dem Kinde zu und erlischt mit dessen Tode, nicht mit dem Tode des Vaters. 4. Die Mutter kann von dem Vater die Kosten der Entbindung sowie den Unterhalt für sechs Wochen nach der Entbindung verlangen. Unter Umständen können auch die durch die Schwangerschaft und die Entbindung verursachten Aufwendungen gefordert werden (§. 1715). 6. Der Anspruch der Mutter und des Kindes kann nach Maßgabe des §. 1716 schon vor der Geburt des Kindes geltend gemacht werden.

604

Familienrecht.

Verwandtschaft.

6. Wer als Vater gilt, bestimmen die §§. 1717, 1718. Danach ist die Einrede der mehreren Zuhälter zugelassen. 7. Wegen des internationalen Privatrechts siehe das E.G. Art. 20, 21; Übergangsbestimmungen ebenda Art. 208.

I. Stellung des Kindes zur Mutter. 1. Eintritt in die mütterliche Familie. §♦ 1783. Das uneheliche') Kind hat im Verhältnisses zu der Mutter und zu den Verwandten der Mutter die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes3). E. I §. 1668; II §. 1693, S.U. §- 1683. MT. §. 1681. ') §§. 1691 ff. 2) Verhältniß zum Vater §. 1589 Abs. 2. 3) Vorbem. Ziff. 1; Anwendungsfälle in den §§. 1305, 1617—1626, 1747, 1924 ff., 2303.

1601,

2. Uamr des Kindes. §♦ 1786. Das uneheliche Kind erhält den Familiennamen') der Mutter. Führt die Mutter in Folge ihrer Verheirathung einen anderen Namen, so erhält das Kind den Familiennamen, den die Mutter vor der Verheirathung geführt hat. Der Ehemann der Mutter kann durch Erklärung gegenüber3) der zuständigen3) Be­ hörde dem Kinde mit Einwilligung des Kindes und der Mutter seinen Namen ertheilen; die Erklärung des Ehemanns sowie die Einwilligungserklärungen des Kindes und der Mutter sind in öffentlich beglaubigter Form*) abzugeben. G. I §. 1569; II §. 1594, H.K. §. 1684. U.T. §. 1682. ') Zur Ertheilung des Vornamens ist nach §. 1707 die Mutter be­ fugt. Ueber den Stand insbesondere den Adel schweigt das B.G.B.; Landesrecht, weil öffentliches Recht. 2) nicht nothwendig „vor". s) Landesrecht. Vergl. Preußen Art. 68, Bayern V. v. 24. De­ zember 1899 §. 18, Sachsen A. V. v. 6. Juli 1899 §. 33, Württem­ berg Art. 266, Baden Rechtspolizeigesetz §. 28, Hessen Art. 118, Elsaß-Lothringen §. 118. Zuständig ist der Standesbeamte in Preußen, Württemberg und Elsaß-Lothringen (ist die Eheschließung oder Geburt nicht in Preußen bezw. Elsaß-Lothringen beurkundet, so ist in Preußen das Amtsgericht, in Elsaß-Lothringen der Staatsanwalt zuständig), das Amtsgericht in Sachsen, Baden und Heffen, die Distriktspolizeibehörde in Bayern. 4) §. 129; F.G.G. §§. 167, 183.

3. Elterliche Gewalt. §. 1787. Der Mutter steht nicht die elterliche Gewalt über das uneheliche Kind zu'). Sie hat das Recht und die Pflicht,

Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder.

§§. 1705—1709.

605

für die Person des Kindes zu sorgen2); zur Vertretung des Kindes ist sie nicht berechtigt. Der Vormund des Kindes hat, soweit der Mutter die Sorge zusteht, die rechtliche Stellung eines Beistandes2). G. I §. 1570; II §. 1595, K.U. §• 1685. U.T. §• 1688. ') Für das Kind muß stets (§. 1773) ein Vormund bestellt werden. Die Mutter kann Vormund sein (vergl. §. 1778 Abs. 3). Anzeige der Geburt des unehelichen Kindes F.G.G. §. 48. 2) Sog. thatsächliche Fürsorge für die Person (vergl. insbes. §§. 1631, 1632); die Vorschriften über die elterliche Gewalt finden entsprechende Anwendung, z. B. der §. 1648 über die Aufwendungen der Mutter, der §. 1666 über das Einschreiten des Vormundschaftsgerichts. 3) §. 1689; vergl. §. 1696 Satz 2. Bei einer Meinungsverschieden­ heit zwischen Vormund und Mutter geht die Meinung der Mutter vor.

II. Vaterschaft. 1. Unterhaltspflicht -es Uaters.

§♦ 1788. Der Vater') des unehelichen Kindes ist verpflichtet, dem Kinde bis zur Vollendung2) des sechzehnten Lebensjahrs den der Lebensstellung der Mutter entsprechenden Unterhalt zu ge­ währen. Der Unterhalt umfaßt2) den gesammten Lebensbedarf sowie die Kosten der Erziehung und der Vorbildung zu einem Berufe. Ist das Kind zur Zeit der Vollendung des sechzehnten Lebensjahrs4) in Folge körperlicher oder geistiger Gebrechen außer Stande, sich selbst zu unterhalten, so hat ihm der Vater auch über diese Zeit hinaus Unterhalt zu gewähren; die Vorschrift des §. 1603 Abs. 1 findet Anwendung2). G. I §§. 1571, 1573, 1574; II §. 1596 Abs. 1, S.U. §. 1686. U.T. §. 1684.v Die Unterhaltspflicht liegt nur dem Vater (§§. 1717, 1718), nicht den väterlichen Verwandten ob. Vergl. die Vordem. 3 S. 603. ') §§. 1717, 1718. 2) §. 187 Abs. 2, §. 188. 3) Vergl. §. 1610 Abs. 1. 4) Später eintretende Gebrechlichkeit begründet den Anspruch nicht. 6) Der außerordentliche in Abs. 2 gewährte Unterhaltsanspruch ist mithin von der Bedürftigkeit des Kindes und der Leistungsfähigkeit des Vaters abhängig.

Haftung -es Uaters vor -er Mutter. Der Vater ist vor der Mutter und den mütterlichen Verwandten des Kindes unterhaltspflichtig. Soweit die Mutter oder ein unterhaltspflichtiger mütterlicher Verwandter dem Kinde den Unterhalt gewährt, geht der Unter­ haltsanspruch des Kindes gegen den Vater auf die Mutter oder den Verwandten über. Der Uebergang kann nicht zum Nach­ theile des Kindes geltend gemacht werden.

§. 1709.

G. I §. 1571; II §. 1596 Abs. 2, D.U. §. 1687.

U.T. §. 1685.

606

Familienrecht.

Verwandtschaft.

Zu Abs. 2 vergl. §. 679, §. 685 Abs. 2. Der Unterhaltsansprnch des unehelichen Kindes kann nur von diesem bezw. seinem gesetzlichen Vertreter (Vormund) geltend gemacht werden: die Mutter als solche ist hierzu, abgesehen von dem Falle des §. 1716, nicht befugt.

Gewährung Les Unterhalts durch Entrichtung einer Oet-rentr. §♦ 1710. Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geld­ rente'zu gewähren. Die Rente ist für drei Monate vorauszuzahlen. Durch eine Vorausleistung für eine spätere Zeit wird der Vater nicht befreit. Hat das Kind den Beginn des Vierteljahrs erlebt, so ge­ bührt ihm der volle auf das Vierteljahr entfallende Betrag. G. I §. 1574, §. 1576 Abs. 2; II §. 1597, K.U. §• 1688. U.T.§. 1686. Klage auf künftige Alimente C.P.O. §. 258. Wegen Abänderung der durch Urtheil festgestellten Leistungen C.P.O. §. 323. Das Pfändungs­ privileg der C.P.O. §. 850 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 gilt auch für uneheliche Kinder.

Unterhalt für die Vergangenheit. §♦ 1711. Der Unterhalt kann auch für die Vergangenheit verlangt werden. G. I §. 1574; II §. 1598, D.zr. §. 1689. Abweichend von §. 1613.

zr.T. §. 1687.

Tod des Unters. 8.1712. DerUnterhaltsanspruch erlischt nicht mit demTode des Vaters; er steht dem Kinde auch dann zu, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben ist. Der Erbe des Vaters ist berechtigt, das Kind mit dem Betrag abzufinden, der dem Kinde als Pflichttheil gebühren würde, wenn es ehelich wäre. Sind mehrere uneheliche Kinder vorhanden, so wird die Abfindung so berechnet wie wenn sie alle ehelich wären. G. I §. 1575 Abs. 1; II § 1599, S.U. §. 1690. U.T. §• 1688. Wegen des Einflusses des Konkurses des Vaters siehe die K.O. §. 3 Abs. 2. Zu Abs. 2 vergl. §§. 2303 ff.; der Anspruch des Kindes ist Nachlatz­ verbindlichkeit (§. 1967).

Tod des Kindes. §. 1713. Der Unterhaltsanspruch erlischt mit dem Tode des Kindes, soweit er nicht auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit oder auf solche im voraus zu bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes des Kindes fällig find.

Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder.

§§. 1710—1716.

607

Die Kosten der Beerdigung hat der Vater zu tragen, soweit ihre Bezahlung nicht von dem Erben des Kindes zu erlangen ist1). G. I §. 1574, §. 1576 Abs. 2; II §. 1600, S.U. §• 1691. §. 1689. *) §. 1968.

U.T.

Urrglrich über -en Unterhalte §♦ 1714. Eine Vereinbarung1) zwischen dem Vater und dem Kinde über den Unterhalt für die Zukunft oder über eine an Stelle des Unterhalts zu gewährende Abfindung bedarf der Ge­ nehmigung des Vormundschaftsgerichts. Ein unentgeltlicher Verzicht auf den Unterhalt für die Zu­ kunft ist nichtig. G. I §. 1576; II §. 1601, S.U. §. 1692. U.T. §. 1690. 9 Sie bedarf keiner Form; wenn sie aber vollstreckbar sein soll, müssen die Voraussetzungen des §. 794 Abs. 1 Nr. 5 der C.P.O. erfüllt sein (für Bayern vergl. A.G. Art. 167 I). Auch gerichtliche Vergleiche fallen unter §. 1714. Ueber Anfechtbarkeit der Vereinbarung s. auch §. 779.

2. Entschädigung -rr Mutter. §♦ 1718. Der Vater ist verpflichtet, der Mutter1) die Kosten der Entbindung sowie die Kosten des Unterhalts für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung und, falls in Folge der Schwangerschaft oder der Entbindung weitere Aufwendungen nothwendig werden, auch die dadurch entstehenden Kosten zu er­ setzens. Den gewöhnlichen Betrag der zu ersetzenden Kosten kann die Mutter ohne Rücksicht auf den wirklichen Aufwand verlangen. Der Anspruch steht der Mutter auch dann zu, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben oder wenn das Kind todt geboren ist. Der Anspruch verjährt in vier Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablaufe von sechs Wochen nach») der Geburt des Kindes. G. I §. 1577 Abs. 1 Satz 1, 2, §. 1678; II §. 1602, H.U. §. 1698, R-T. §. 1691. Wegen des Deflorationsanspruchs siehe die Anm. zu §. 1300. Die Ansprüche aus §. 825, §. 847 Abs. 2, §. 1300 bestehen neben den An­ sprüchen aus §. 1715. Wegen des Konkurses des Vaters K.O. §. 3 Abs. 2. ') Ohne Rücksicht auf ihre Bedürftigkeit. 2) Das Maß bestimmt sich nach der Lebensstellung der Mutter. 3) §. 187 Abs. 1, §. 188.

3. Sicherstellung -rr Ansprüche vor -rr Geburt -es Kin-rs. §♦ 1716. Schon vor der Geburt des Kindes kann auf An-

608

Familienrecht.

Verwandtschaft.

trag der Mutter durch einstweilige Verfügung *) angeordnet werden, daß der Vater den für die ersten drei Monate dem Kinde zu gewährenden Unterhalt alsbald nach der Geburt an die Mutter oder an den Vormund zu zahlen und den erforderlichen Betrag angemessene Zeit vor der Geburt zu hinterlegen hat. In gleicher Weise kann auf Antrag der Mutter die Zahlung des gewöhn­ lichen Betrags der nach §. 1715 Abs. 1 zu ersetzenden Kosten an die Mutter und die Hinterlegung des erforderlichen Betrags angeordnet werden. Zur Erlassung der einstweiligen Verfügung ist nicht er­ forderlich, daß eine Gefährdung des Anspruchs glaubhaft ge­ macht wird. G. II §. 1603, D.K. §• 1694. 1) C.P O. §§. 935 ff.

U T- §• 1692.

4. Keweis der Vaterschaft. §♦ 1717. Als Vater des unehelichen Kindes im Sinne der §§. 1708 bis 1716 gilt, wer der Mutter innerhalb der Empfängnißzeit beigewohnt hat, es sei denn, daß auch ein Anderer ihr innerhalb dieser Zeit beigewohnt hat. Eine Beiwohnung bleibt jedoch außer Betracht, wenn es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Mutter das Kind aus dieser Beiwohnung empfangen hat. Als Empfängnißzeit gilt die Zeit von dem einhundert­ einundachtzigsten bis zu dem dreihundertundzweiten Tage vor dem Tage der Geburt des Kindes, mit Einschluß sowohl des einhunderteinundachtzigsten als des dreihundertundzweiten Tages. G. I §. 1572, §. 1577 Abs. 2; II §. 1604, K.K. §. 1695. U.T. tz. 1693. Abs. 1 Satz 2 gilt auch gegenüber der Einrede der mehreren Zu­ hälter. Zu Abs. 2 vergl. §. 1592 Abs. 1. Das Kind hat nicht nur Anspruch aus Unterhalt; es kann auch die Klage aus Feststellung der un­ ehelichen Vaterschaft erheben. Umgekehrt kann aus Nichtbestehen der un­ ehelichen Vaterschaft geklagt werden. Vergl. C.P.O. §. 644.

Anerkennung der Uaterschast. §♦ 1718. Wer seine Vaterschaft nach der Geburt des Kindes in einer öffentlichen Urkunde') anerkennt, kann sich nicht darauf be­ rufen, daß ein Anderer der Mutter innerhalb der Empfängnißzeit beigewohnt habe*). G. II §. 1605, K.U. §. 1696. R.T» 1694. Die Anerkennung hat keine konstitutive Wirkung. *) Zuständig für die Aufnahme der im §. 1718 und im §. 1720

Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder.

§§. 1717—1720.

609

Abs. 2 vorgesehenen öffentlichen Urkunden sind die Amtsgerichte (nicht die Vormundschaftsgerichte, also auch ein ersuchtes Gericht), die Notare und die Standesbeamten; die Zuständigkeit der letzteren ist aber reichsrechtlich auf den Fall beschränkt, daß die Anerkennung der Vaterschaft bei der Anzeige der Geburt des Kindes oder bei der Eheschließung seiner Eltern erfolgt (F.G.G. §. 167 Abs. 2, §. 191). Mit Rücksicht auf §. 25^Personst.G. ist landesgesetzlich mitunter die Beurkundungsbefugniß jedem Standes­ beamten eingeräumt (so in Preußen Art. 70, in Sachsen Ges. v. 15. Juni 1900 §. 44, Württemberg Art. 267. Hessen, Art. 119 und Elsaß-Lothringen A.G. z. F.G.G. §. 46, nicht in Bayern). 2) §. 1717 Abs. 1 Satz 1.

Siebenter Titel.

Legitimation unehelicher Kinder. Das B.G.B. kennt nur zwei Arten von Legitimation: die Legitimation durch nachfolgende Ehe und die Legitimation durch Ehelichkeitserklärung. Internationales Privatrecht im E.G. Art. 22; Uebergangsbestimmungen ebenda Art. 209.

L Aegitirnation durch nachfolgende Ehe. Voraussetzung der Legitimation durch nachfolgende Ehe ist lediglich, daß der Vater des unehelichen Kindes die Mutter heirathet. Eine be­ sondere Legitimationsfähigkeit (vergl. insbesondere §. 1732) oder die Zu­ stimmung des Kindes ist nicht erforderlich. Die Folge der Legitimation ist, daß das Kind in allen Beziehungen, also auch hinsichtlich des Erbrechts, die Stellung eines ehelichen Kindes erhält. Die Wirkungen der Legitimation erstrecken sich auf die Abkömmlinge des Kindes wie auf die Verwandten des Vaters und der Ehegatten des Kindes oder seiner Abkömmlinge.

Kegriff -er Kegitimation. uneheliches') Kind erlangt dadurch, daß sich der Vater2) mit der Mutter verheirathet, mit der Eheschließung die rechtliche Stellung2) eines ehelichen Kindes.

§♦ 1719. Ein

G. I §. 1579; II §. 1606, K.zr. §. 1697. U.T. §. 1695. *) Ob das Kind ein uneheliches ist, bestimmt sich nach den §§. 1591 bis 1600. Danach ist ein nach Schließung der Ehe geborenes, wenn auch vorher empfangenes Kind kein legitimirtes, sondern ein eheliches. 2) §. 1720. 3) Es finden also insbesondere die §§. 1601 ff. (Unterhaltspflicht), 1616ff., 1626 ff. (elterliche Gewalt), 1924, 2303 (Erbrecht) Anwendung. Wegen des Wohnsitzes vergl. §. 11, wegen der Beendigung der Vor­ mundschaft §. 1883. Wegen des Adels ist das Landesrecht maßgebend.

Uaterfchafl des Ehemanns. Der Ehemann der Mutter gilt1) als Vater des Kindes, wenn er ihr innerhalb der im 1717 Abs. 2 bestimmten

§.1720.

Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch. 3. Auflage.

39

610

Familienrecht.

Verwandtschaft.

Empfängnißzeit beigewohnt hat, es sei benn2), daß es den Um­ ständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Mutter das Kind aus dieser Beiwohnung empfangen hat. Erkennt der Ehemann seine Vaterschaft nach der Geburt des Kindes in einer öffentlichen Urkunde2) an, so wird ver­ muthet^), daß er der Mutter innerhalb der Empfängnißzeit beige­ wohnt habe4). G. I §. 1580; II §. 1607, SA. §. 1698. K T. §. 1696. Die Legitimation durch nachfolgende Ehe ist von einer Anerkennung der Vaterschaft (anders die Beendigung der Vormundschaft tz. 1883) nicht abhängig. Die Frage der Vaterschaft kann vielmehr zu jeder Zeit und von Jedem im Prozeßweg aufgeworfen werden. Nur stellt das B.G.B. eine über die Vermuthung der unehelichen Vaterschaft (§. 1717) hinaus geh ende Ver­ muthung auf, indem die Einrede der mehreren Zuhälter ausgeschlossen ist. *) C.P,O. §. 292. 2) s. Anm. zu §. 1591. 3) S. Anm. zu §. 1718. 4) Die Anerkennung hat also keine konstitutive Wirkung.

Nichtigkeit der Ehe. tz.1721. Ist die Ehe der Eltern nichtig'), so finden die Vorschriften der §§. 1699 bis 1704 entsprechende Anwendung. G. I §. 1581; II §. 1608, SA. §. 1699. K-T. §. 1697. i) §§. 1323, 1330, also auch wenn die Nichtigkeit nur die Folge der Anfechtung ist; während des Bestehens der Ehe kommen die §§.1329, 1343 auch hier in Betracht.

Wirkung der Kegitinmtion für die Abkömmlinge des Kindes. §♦ 1722. Die Eheschließung zwischen den Eltern hat für die Abkömmlinge des unehelichen Kindes die Wirkungen der Legitimation auch dann, wenn das Kind vor der Eheschließung gestorben ist. G. I §. 1582; II §. 1609, SA. §. 1700. xr.T. §.1698.

II. Ehelichkeitserklärung. Die Ehelichkeitserklärung erfolgt durch Verfügung der Staatsgewalt; ste ist Gnadensache. Die Verfügung der Staatsgewalt ist aber nur ein Erforderniß; fehlt es an einem anderen Erfordernisse, so ist die Ehelich­ keitserklärung trotz der Verfügung unwirksam. Ob die Voraussetzungen vorliegen, ist gegebenenfalls im Prozeßwege festzustellen. Die Aus­ nahmen hiervon sind im §. 1735 enthalten. Die Wirkungen der Ehe­ lichkeitserklärung reichen weder so weit wie die der Legitimation durch nachfolgende Ehe noch so weit wie die der Adoption; es entsteht nur ein Verwandtschaftsverhältniß zwischen dem Kinde bezw. dessen Abkömmlingen und dem Vater.

Legitimation unehelicher Kinder.

§§. 1721—1726.

611

I. Erfordernisse. 1. Verfügung der Staatsgewalt. H. 1723. Ein uneheliches Kind kann auf Antrag seines Vaters *) durch eine Verfügung der Staatsgewalt für ehelich erklärt werden. Die Ehelichkeitserklärung steht dem Bundesstaate zu, dem der Vater angehört; ist der Vater ein Deutscher, der keinem Bundesstaat angehört3), so steht sie dem Reichskanzler zu. Ueber die Ertheilung der einem Bundesstaate zustehenden Ehelichkeitserklärung hat die Landesregierung zu bestimmens. G. I §. 1583 Abs. 1, §. 1584; II §. 1610 Abs. 1, S.K. §• 1701.

R.T. §. 1699. *) §§. 1717, 1718, 1735. 3) Reichsgesetz v. 19. März 1888 §. 6. 3) Preuß en V. v. 16. November 1899 Art. 13, Verf. v. 14. De­ zember 1899; Bayern V. v. 24. Dezember 1899 §. 20, Bek. vom 24. Dezember 1899; Sachsen A.V. v. 6. Juli 1899 §§. 34; Württem­ berg Art. 268; Baden V. v. 11. Novemver 1899 §§. 28—32; Hessen Art. 120; Elsaß-Lothringen Ges. v. 1. November 1899. Zuständig ist der Landesherr in Bayern, Hessen, Preußen (beim Adel) und Elsaß-Lothringen (Statthalter), der Justizminister in Sachsen, Württemberg und Baden.

§. 1724. Die Ehelichkeitserklärung kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen. G. I §. 1594; II §. 1618 Abs. 2, K.zr. §. 1702. zr.T. §. 1700.

2. Antrag des Unters. §♦ 1725. Der Antrag muß die Erklärung des Vaters ent­ halten, daß er das Kind als das feinige anerkenne. G. I §. 1585; II §. 1611, K.U. §. 1703. U.T. §• 1701. Vergl. §. 1718.

3. Einwilligung -er Ketheitigten. §♦ 1726. Zur Ehelichkeitserklärung ist die Einwilligung des Kindes und, wenn das Kind nicht das einundzwanzigste Lebens­ jahrs vollendet hat, die Einwilligung der Mutter erforderlich. Ist der Vater verheirathet, so bedarf er auch der Einwilligung seiner Frau. Die Einwilligung hat dem Vater oder der Behörde3) gegen­ über zu erfolgen, bei welcher der Antrag einzureichen ist; sie ist unwiderruflich. Die Einwilligung der Mutter ist nicht erforderlich3), wenn die Mutter zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt ist. Das Gleiche gilt von der Einwilligung der Frau des Vaters. G. I §. 1587, §. 1591 Satz 2; II §. 1613 Abs. 1, 3, §. 1616 Satz 2, H.U. §. 1704. U.T. §. 1702.

612

Familienrecht.

Verwandtschaft.

*) §. 187 Abs. 2. a) Die Zuständigkeit bestimmt sich nach den Landesgesetzen. 3) §. 1736.

Weigerung der Mutter. §♦ 1727. Wird die Einwilligung von der Mutter verweigert, so kann sie auf Antrag des Kindes durch das Vormundschafts­ gerichts ersetzt werden, wenn das Unterbleiben der Ehelichkeits­ erklärung dem Kinde zu unverhältnißmäßigem Nachtheile ge­ reichen würde. G. II §. 1613 Abs. 2, DA. §. 1705. MT. §. 1703. b F.G.G. §§. 36, 43 (Zuständigkeit); §. 63 (Beginn der Wirk­ samkeit der Ersetzung), §§. 65, 62 (Verbot der Aenderung), §§. 20, 69 Abs. 2, 60 Nr. 6 (Beschwerde). Vorherige Anhörung der Mutter und von Angehörigen des Kindes s. §. 1673 mit §. 1707, §. 1847.

Vertretung des Unters oder eines anderen Setheiligten. §♦ 1728. Der Antrag auf Ehelichkeitserklärung sowie die Einwilligung der im §. 1726 bezeichneten Personen kann nicht durch einen Vertreter erfolgen. Ist das Kind geschäftsunfähig') oder hat es nicht das vierzehnte Lebensjahrs vollendet, so kann sein gesetzlicher Ver­ treter die Einwilligung mit Genehmigung des Vormundschafts­ gerichts3) ertheilen. G. I §. 1688, §. 1589 Abs. 2 Satz 2; II §. 1614, K.U. §. 1706. R-T. §. 1704. ') §. 104. 2) §. 187 Abs. 2. 3) F.G.G. §§. 36, 43 (Zuständigkeit), §. 63 (Beginn der Wirksam­ keit der Verfügung).

§♦ 1729. Ist der Vater in der Geschäftsfähigkeit beschränkt'), so bedarf er zu dem Antrag, außer der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, der Genehmigung des Vormundschafts­ gerichts 2). Ist das Kind in der Geschäftsfähigkeit beschränkt'), so gilt das Gleiche für die Ertheilung seiner Einwilligung. Ist die Mutter des Kindes oder die Frau des Vaters in der Geschäftsfähigkeit beschränkt'), so ist zur Ertheilung ihrer Einwilligung die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich. G. I §§. 1589, 1590; II §.1615, K.K. §• 1707. ') §§. 106, 114. 2) F.G.G. §§. 35, 43.

K-T. §- 1705.

Form des Antrags und der Einwilligung. §♦ 1739. Der Antrag sowie die Einwilligungserklärung der

Legitimation unehelicher Kinder.

§§. 1727—1734.

613

im §. 1726 bezeichneten Personen bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung *). G. I §. 1591 Satz 1; II §. 1616 Satz 1, S.U. §• 1708. U.T. §. 1706. *) §. 128; E G. Art. 141; F.G.G. §§. 167 ff. Anfechtbarkeit -es Antrags und -er Einwilligung. oder die Einwilligung einer der im §. 1726 bezeichneten Personen anfechtbar *), so gelten für die An­ fechtung und für die Bestätigung der anfechtbaren Erklärung die Vorschriften der §§. 1728, 1729. G. I §. 1600; II §. 1617, K.U. §. 1709. U.T. 1707. ') §§. 119 ff., 142—144.

§♦ 1731. Ist der Antrag

II. Hindernisse; Uerfagung. 1. Uerbot -er Ehe Mischen -en Ettern -es Kindes. §♦ 1732. Die Ehelichkeitserklärung ist nicht zulässig, wenn zur Zeit der Erzeugung') des Kindes die Ehe zwischen den Eltern nach §. 1310 Abs. 1 wegen Verwandtschaft oder Schwägerschaft verboten war. G. I §. 1586; II §. 1612, K.U. §• 1710. U T- §• 1708. ') §. 1717 Abs. 2 findet keine Anwendung, sondern dient nur als Anhaltspunkt. 2. Tod -es Paters oder -es Kindes. §♦ 1733. Die Ehelichkeitserklärung kann nicht nach dem Tode des Kindes erfolgen. Nach dem Tode des Vaters ist die Ehelichkeitserklärung nurzulässig, wenn der Vater den Antrag, bei der zuständigen ') Behörde eingereicht oder bei oder nach der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung des Antrags das Gericht oder den Notar mit der Einreichung betraut hat. Die nach dem Tode des Vaters erfolgte Ehelichkeitserklärung hat die gleiche Wirkung, wie wenn sie vor dem Tode des Vaters erfolgt wäre. G. I §. 1596; II §. 1619, K.U. §• 1711. gL®. §. 1709. ') Die Zuständigkeit bestimmt sich nach den Landesgesetzen (f. Anm. zu §. 1723). 3. Urrfagung -er Ehelichkeitserklärung.

§. 1734. Die Ehelichkeitserklärung kann versagt werden'), auch wenn ihr ein gesetzliches Hinderniß nicht entgegensteht. G. I §. 1592; II §. 1618 Abs. 1, H.K. §. 1712. U.T. §. 1710. *) weil sie Gnadensache ist.

614

Familienrecht.

Verwandtschaft.

4. Mängel in den Voraussetzungen. §♦ ITSS* Auf die Wirksamkeit der Ehelichkeitserklärung ist es ohne Einfluß, wenn der Antragsteller nicht der Vater des Kindes ist oder wenn mit Unrecht angenommen worden ist, daß die Mutter des Kindes oder die Frau des Vaters zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt sei. G. I §. 1693; II §. 1620, D.U. §• 1713. K.T. §. 1711. Vergl. §. 1723 Abs. 1, §. 1726 Abs. 3. III. Wirkungen: 1. für das Kind;

§♦ 1736. Durch die Ehelichkeitserklärung erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes. G. I §. 1683 Abs. 2; II §. 1610 Abs. 2, K.M. §. 1714. K T. §. 1712. Vergl. die Anm. zu §. 1719. 2. für Angehörige des Kindes und des Muters; §♦ 1737. Die Wirkungen der Ehelichkeitserklärung erstrecken sich auf die Abkömmlinge des Kindes; sie erstrecken sich nicht auf die Verwandten des Vaters. Die Frau des Vaters wird nicht mit dem Kinde, der Ehegatte des Kindes wird nicht mit dem Vater verschwägert. Die Rechte und Pflichten, die sich aus dem Verwandtschafts­ verhältnisse zwischen dem Kinde und seinen Verwandten ergeben, bleiben unberührt *), soweit nicht das Gesetz ein Anderes vor­ schreibt. G. I §. 1696; II §. 1621, M.M. §. 1715. K.T. §. 1713. ') Ausnahmen §. 1305 Abs. 1 Satz 3, §§. 1738, 1739. 3. für die Mutter; §♦ 1738. Mit der Ehelichkeitserklärung verliert die Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgens. Hat sie dem Kinde Unterhalt zu gewähren, so treten Recht und Pflicht wieder ein, wenn die elterliche Gewalt des Vaters endigt oder wenn sie wegen Geschäftsunfähigkeit des Vaters oder nach §. 1677 ruht-). G. I §. 1697; II §. 1622, Z.K. §. 1716. K.T. §. 1714. §. 1707. 2) Vergl. §. 1676 mit §. 104, ferner §§. 1679 ff. Vergl. auch §. 1305 Abs. 1 Satz 3. 4. für -rn Mater. tz.1738. Der Vater ist dem Kinde und dessen Abkömmlingen

Legitimationunehel. Kinder. Annahme an Kindesstatt. §§.1736—1742. 615

vor der Mutter und den mütterlichen Verwandten zur Ge­ währung des Unterhalts verpflichtet. E. I §. 1598; II §. 1623, H.K. §. 1717. Vergl. §. 1709 Abs. 1.

MT. §. 1716.

1740. Will der Vater eine Ehe eingehen, während er die elterliche Gewalt über das Kind hat, so finden die Vorschriften der §§. 1669 bis 1671 Anwendung. G. I §. 1599; II §. 1624, D.U. §- 1718. Ehehinderniß §. 1314.

U.T. §. 1716.

Achter Titel.

Annahme an Kindesstatt. Das B.G.B. erblickt in der Annahme an Kindesstatt nur ein Mittel, um dem Angenommenen die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden zu verschaffen. Demgemäß werden verschiedene Arten der Annahme nicht zugelassen. Insbesondere ist zwischen den Fällen, in denen ein Mann, und den Fällen, in denen eine Frau an Kindesstatt annimmt, nicht unterschieden und ist auch der Unterschied von Arrogation, adoptio plena und minus plena beseitigt. Die Annahme erfolgt durch Vertrag und kann durch Vertrag aufgehoben werden. Der Annahmevertrag sowie der die Annahme aufhebende Vertrag bedürfen der gerichtlichen Be­ stätigung. Die Bestätigung ist nicht Gnadensache. Das Institut der Pflege­ kindschaft ist dem B.G.B. unbekannt. Internationales Privatrecht im E.G. Art. 22; Uebergangsbestimmungen ebenda Art. 209.

I. Voraussetzungen und Erfordernisse. 1. Mangel ehelicher Abkömmlinge. §♦ 1741« Wer keine ehelichen') Abkömmlinge hat, kann durch Vertrags mit einem Anderen diesen an Kindesstatt annehmen. Der Vertrag bedarf der Bestätigung3) durch das zuständige Gericht4). E. I §. 1601 Abs. 2, §. 1602 Satz 1, §. 1617 Satz 1; II §. 1626 Abs. 1, §.1631 Satz 1, §.1632 Abs. 1 Satz 1, A.K. §. 1719. U.T.Z.1717. ') Eine Frau kann ihr eigenes uneheliches Kind an Kindesstatt an­ nehmen. 2) nicht durch letztwillige Verfügung. 3) §. 1764. 4) F.G.G. §§: 66, 66 über die Zuständigkeit, §. 67 über den Ein­ tritt der Wirksamkeit des Bestätigungsbeschlusses, §. 68 Abs. 1 über den Ausschluß der Beschwerde.

§♦ 1742. Die Annahme an Kindesstatt kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen. G. I §. 1615; II §. 1630, H.K. §. 1720.

K.T. §. 1718.

616

Fanrilienrecht.

Verwandtschaft.

§♦ 1743» Das Vorhandensein eines angenommenen Kindes steht einer weiteren Annahme an Kindesstatt nicht entgegen. G. I §. 1602 Satz 2; II §. 1625 Abs. 2, Z.U. §. 1721. U.T. §. 1719.

2. Alter Les Annehmenden.

§♦ 1744. Der Annehmende muß das fünfzigste Lebensjahr vollendet haben und mindestens achtzehn Jahre älter sein als das Kind. G. I §. 1603 Abs. 1, §. 1604 Abs. 1; II § 1626 Abs. 1, K.U. §. 1722. K.T. §. 1720. Berechnung des Alters nach §. 187 Abs. 2.

§. 1743. Von den Erfordernissen des §.1744 kann Befreiung bewilligt werden, von der Vollendung des fünfzigsten Lebens­ jahrs jedoch nur, wenn der Annehmende volljährig') ist. Die Bewilligung steht dem Bundesstaate zu, dem der An­ nehmende angehört; ist der Annehmende ein Deutscher, der keinem Bundesstaat angehört2), so steht die Bewilligung demReichskanzler zu. Ueber die Ertheilung der einem Bundesstaate zustehenden Bewilligung hat die Landesregierung zu bestimmens. G. I §. 1603 Abs. 2, §. 1604 Abs. 2, §.* 1605; II §. 1626 Abs. 2, 3, K.R. §. 1723. R.T. §. 1721. ') §§. 2, 3. 2) Reichsgesetz v. 19. März 1888 §. 6. 3) Preußen V. v. 16. November 1899 Art. 14 und A.V. v. 14. Dezember 1899; Bayern V. v. 24. Dezember 1899 §.21; Sachsen A.V. v. 6. Juli 1899 §. 35; Württemberg Art. 269; Baden V. v. 11. November 1899 §. 33; Hessen Art. 121; Elsaß-Lothringen Ges. v. 1. November 1899. Zuständig ist der Landesherr in Bayern, der Statthalter in Elsaß-Lothringen, der Justizminister in Preußen, Sachsen, Württemberg, Baden und Hessen.

3. Einwilligung Dritter. Einwilligung -es Ehegatten.

tz. 1746. Wer verheirathet ist, kann nur mit Einwilligung seines Ehegatten an Kindesstatt annehmen oder angenommen werden. Die Einwilligung ist nicht erforderlich, wenn der Ehegatte zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist. G. I §§. 1606, 1609, §. 1611 Satz 1; II §. 1627, K.U. §• 1724. R.T. §. 1722. Zu Abs. 2 vergl. §. 1756.

Einwilligung der Eltern des Kindes.

§♦ 1747.

Ein eheliches Kind kann bis zur Vollendung des

Annahme an Kindesstatt.

§§. 1743—1750.

617

einundzwanzigsten Lebensjahrs4) nur mit Einwilligung der Eiterns, ein uneheliches Kind kann bis zum gleichen Lebensalter nur mit Einwilligung der Mutter an Kindesstatt angenommen werden. Die Vorschrift des §. 1746 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung 3). G. I §. 1610, §. 1611 Satz 1; II §. 1629, S.K. §. 1725. K.T. §. 1723. 1) Berechnung des Alters nach §. 187 Abs. 2. Durch Volljährig­ keitserklärung wird die Einwilligung der Eltern nicht entbehrlich. 2) Nothwendig ist die Einwilligung beider Eltern. Anders §. 1305. 3) §. 1756. Erklärung -rr Einwilligung. §♦ 1748. Die Einwilligung der in den §§.1746, 1747 be­ zeichneten Personen hat dem Annehmenden oder dem Kinde oder dem für die Bestätigung des Annahmeoertrags zuständigen4) Ge­ richte gegenüber2) zu erfolgen; sie ist unwiderruflich. Die Einwilligung kann nicht durch einen Vertreter ertheilt werden. Ist der Einwilligende in der Geschäftsfähigkeit be­ schränkt3), so bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Die Einwilligungserklärung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung4). G. I §. 1614, §. 1616 Abs. 2; II §. 1636, S.U. §. 1726. K.T. §. 1724. 4) Anm. zu §. 1741. 2) nicht nothwendig „vor". 3) §§. 106, 114. 4) §. 128; E.G. Art. 141; F.G.G. §§. 167 ff.

4. Annahme -es Kindes durch Mehrere^ Als gemeinschaftliches Kind kann ein Kind nur von einem Ehepaar angenommen werden. Ein angenommenes Kind kann, solange das durch die An­ nahme begründete Rechtsverhältniß besteht, nur von dem Ehe­ gatten des Annehmenden an Kindesstatt angenommen werden. G. I §§. 1607, 1608; II §. 1628, D.U. §• 1727. U §• 1725. Vergl. §. 1306 Abs. 1 Satz 2, §. 1757 Abs. 2, §. 1758 Abs. 1 Satz 3, §. 1768 Abs. 3, §. 1772 Satz 2.

§♦ 1749.

5. Uertrag Mischen dem Annehmenden und dem Kinde.

§♦ 1730. Der Annahmevertrag kann nicht durch einen Ver­ treter4) geschlossen werden. Hat das Kind nicht das vierzehnte Lebensjahr2) vollendet, so kann sein gesetzlicher Vertreter den Ver­ trag mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts3) schließen. Der Annahmevertrag muß bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Theile vor Gericht oder vor einem Notar geschlossen werden4). E. I §. 1612, §. 1616 Abs. 1; II §. 1631 Satz 2, §. 1633, H.U. §. 1728. U.T. §. 1726.

618

Familienrecht.

Verwandtschaft.

*) Auch die Stellvertretung in der Erklärung des Willens ist wegen zfcer Formvorschrift des Abs. 2 ausgeschlossen. 2) Berechnung des Alters nach §. 187 Abs. 2. 3) F.G.G. §§. 85, 43. Das VormundschaftsgeriÄL ist befugt, die Genehmigung von der Erfüllung gewisser Bedingungen: z. B. vertrags­ mäßiger Zusicherung eines bestimmten Erbtheils, abhängig zu machen. 4) E.G. Art. 141; F.G.G. §. 167.

Genehmigung des Usrmundschustsgerichts. §♦ 1781. Ist der Annehmende in der Geschäftsfähigkeit be­ schränkt^), so bedarf er zur Eingehung des Vertrags, außer der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts2). Das Gleiche gilt für das Kind, wenn es in der Geschäfts­ fähigkeit beschränkt ist1). G. I §. 1613 Abs. 1, 2; II §.. 1634, DR- §. 1729. *) §§. 106, 114. 2) S. Anm. 3 zu §. 1750.

U.T. §. 1727.

Annahme durch den Uormund. §♦ 1732. Will ein Vormund seinen Mündel an Kindesstatt annehmen, so soll das Vormundschaftsgericht die Genehmigung1) nicht ertheilen, solange der Vormund im Amte 2) ist. Will Jemand seinen früheren Mündel an Kindesstatt annehmen, so soll das Vormundschaftsgericht die Genehmigung nicht ertheilen, bevor er über seine Verwaltung Rechnung gelegt und das Vorhandensein des Mündelvermögens nachgewiesen hat3). Das Gleiche4) gilt, wenn ein zur Vermögensverwaltung be­ stellter Pfleger seinen Pflegling oder seinen früheren Pflegling an Kindesstatt annehmen will. E. I §. 1613 Abs. 3, 4; II §. 1635, Z.D. §. 1730. 1) §§. 1750, 1751. 2) §. 1889. 3) 1890.

P.T. §. 1728. 4)§. 1915.

6. Gerichtliche Bestätigung des Uertrags. §♦ 1733. Die Bestätigung des Annahmevertrags kann nicht nach dem Tode des Kindes erfolgen. Nach dem Tode des Annehmenden ist die Bestätigung nur zulässig, wenn der Annehmende oder das Kind den Antrag auf Bestätigung bei dem zuständigen Gericht1) eirrgereicht oder bei oder nach der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung des Vertrags das Gericht oder den Notar mit der Einreichung be­ traut hat. Die nach dem Tode des Annehmenden erfolgte Bestätigung hat die gleiche Wirkung, wie wenn sie vor dem Tode erfolgt wäre2). G. I §. 1618; II §. 1637, S M. §• 1731. K T. §. 1729. T) Anm. zu §. 1741. 2) F.G.G. §. 67 Abs. 2.

Annahme an Kindesstatt.

§§. 1761—1757.

619

§. 1754. Die Annahme an Kindesstatt tritt mit der Be­ stätigung *) in Kraft. Die Vertragschließenden sind schon vor der Bestätigung gebunden. Die Bestätigung ist nur zu versagen, wenn ein gesetzliches Erforderniß der Annahme an Kindesstatt fehlt. Wird die Be­ stätigung endgültig 2) versagt, so verliert der Vertrag seine Kraft. G. I §. 1617 Satz 2, 3, §. 1619; II §. 1632 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Z.U. §. 1732. K.T. §. 1730. Die Bestätigung ist nur eines der Erfordernisse der Annahme an Kindesstatt. Sie hat nicht die Bedeutung etwaige Mängel des Annahme­ vertrags zu heilen (Ausnahme im §. 1756). Fehlt es an einem sonstigen Erfordernisse, so ist die Annahme trotz der Bestätigung nichtig. *) Die Bestätigung tritt mit der Bekanntgabe an den Annehmenden in Wirksamkeit (F.G.G. §§. 16, 67). Eintragung der Annahme in das Geburtsregister s. Personst. G. §. 26. 2) F.G.G. §. 68 Abs. 2.

Anfechtung des Vertrags oder -er Einwilligung. Ist der Annahmevertrag oder die Einwilligung einer der in den §§. 1746,1747 bezeichneten Personen anfechtbar*), so gelten für die Anfechtung und für die Bestätigung des anfecht­ baren Rechtsgeschäfts die Vorschriften des §. 1748 Abs. 2, des §. 1750 Abs. 1 und des §. 1751.

§♦ 1733.

G. I §. 1630; II §. 1652, Z.K. §. 1733. U T- §• 1731. *) §§. 119 ff., 142- 144.

Mängel in den Voraussetzungen.

§♦ 1736. Auf die Wirksamkeit der Annahme an Kindesstatt ist es ohne Einfluß, wenn bei der Bestätigung des Annahme­ vertrags mit Unrecht angenommen worden ist, daß eine der in den §§. 1746, 1747 bezeichneten Personen zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt sei. G. II §. 1638, K.M §. 1734. zr.T. §. 1732.

II. Wirkungen:

1. für das Kind und -en Knnrhmen-en. §♦ 1737. Durch die Annahme an Kindesstatt erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden. Wird von einem Ehepaare gemeinschaftlich ein Kind anaenommen oder nimmt ein Ehegatte ein Kind' des anderen Ehegatten an, so erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes der Ehegatten. G. I §. 1601 Abs. 1, §. 1621; II §. 1639, H.U. §• 1735. U T. §. 1733.

620

Familienrecht.

Verwandtschaft.

Es finden also insbesondere die §§. 1601 ff. (Unterhaltspflicht), 1617 ff., 1626 ff. (elterliche Gewalt), 1924 (Erbrecht), 2303 (Pflichttheilsrecht) An­ wendung, soweit nicht in den §§. 1758—1761 Aenderungen vorgesehen sind. Vergl. auch §. 11 (Wohnsitz) und §§. 1306, 1311 (Ehehinderniß). Ueber die Möglichkeit vertragsmäßiger Abänderung §. 1767.

Name des Kindes.

§♦ 1738. Das Kind erhält den Familiennamen des An­ nehmenden. Wird das Kind von einer Frau angenommen, die in Folge ihrer Verheirathung einen anderen Namen führt, so erhält es den Familiennamen, den die Frau vor der Ver­ heirathung geführt hat. In den Fällen des §. 1757 Abs. 2 erhält das Kind den Familiennamen des Mannes. Das Kind darf dem neuen Namen seinen früheren Familien­ namen hinzufügen, sofern nicht in dem Annahmevertrag ein Anderes bestimmt ist. G. I §. 1622 Abs. 1, 2; II §. 1642, K.K. §. 1736. K.T. §. 1734. Ueber die Führung des Adels entscheidet das Landesrecht. Im Falle des §. 1762 Satz 2 behalten die Abkömmlinge, auf welche sich die Annahme nicht erstreckt, den bisherigen Familiennamen.

Erbrecht des Annehmenden.

§. 1738. Durch die Annahme an Kindesstatt wird ein Erbrecht für den Annehmenden nicht begründet. G. I §. 1624; II §. 1644, D.K. §. 1737. K-T. §. 1735. Für den Angenommenen und dessen von der Annahme betroffene Abkömmlinge (§. 1762) entsteht ein Erb- und Pflichttheilsrecht (§. 1757).

Uerzeichniß drs Vermögens des Kindes.

§. 1760. Der Annehmende hat über das Vermögen des Kindes, soweit es auf Grund der elterlichen Gewalt seiner Ver­ waltung unterliegt, auf seine Kosten ein Verzeichniß aufzunehmen und dem Vormundschaftsgericht einzureichen; er hat das Verzeichniß mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu ver­ sehen. Ist das eingereichte Verzeichniß ungenügend, so findet die Vorschrift des §. 1640 Abs. 2 Satz 1 Anwendung. Erfüllt der Annehmende die ihm nach Abs. 1 obliegende Verpflichtung nicht, so kann ihm das Vormundschaftsgericht die Vermögensverwaltung entziehen. Die Entziehung kann jeder­ zeit wiederaufgehoben werden. G. I §. 1623 Abs. 1; II §. 1643 Abs. 1, K.U. §. 1738. U-T. §-1786. Vergl. die Anm. zu §. 1640.

Uerheirathung -es Annehmen-en.

§♦ 1761.

Will der Annehmende eine Ehe eingehen, während

Annahme an Kindesstatt.

§§. 1768—1765.

621

er die elterliche Gewalt über das Kind hat, so finden die Vor­ schriften der §§. 1669 bis 1671 Anwendung. E. I §. 1623 Abs. 3; II §. 1643 Abs. 2, D.U. §. 1739. K.T. §. 1737. Ehehinderniß §. 1314. 2. für die Abkömmlinge des Kindes; Die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt erstrecken sich auf die Abkömmlinge des Kindes. Auf einen zur Zeit des Vertragsabschlusses schon vorhandenen Abkömmling und dessen später geborene Abkömmlinge erstrecken sich die Wirkungen nur, wenn der Vertrags auch mit dem schon vorhandenen Abkömmlinge geschlossen wird. G. I §. 1620 Abs. 1; II § 1640, K.U. §. 1740. K.T. §. 1738. Das Ehehinderniß des §. 1311 ist auch im Falle des zweiten Satzes vorhanden. Bezüglich der Namenssührung siehe die Anm. zu §. 1758. Vergl. auch §. 1776 Abs. 2. i) Die Vorschriften der §§. 1750, 1751 über die Form des An­ nahmevertrags und die Zulässigkeit der Vertretung gelten auch in Ansehung der Abkömmlinge, welche den Vertrag mitschließen.

§♦ 1762.

3. für die Familie des Annehmenden; der Annahme an Kindesstatt er­ strecken sich nicht auf die Verwandten des Annehmenden. Der Ehe­ gatte des Annehmenden wird nicht mit dem Kinde, der Ehegatte des Kindes wird nicht mit dem Annehmenden verschwägert. G. I §. 1620 Abs. 2; II §. 1641, Z.K. §. 1741. K.T. §. 1739.

§♦ 1763. Die Wirkungen

4. für die Verwandten des Kindes; Die Rechte und Pflichten, die sich aus dem Verwandtschaftsverhältnisse zwischen dem Kinde und seinen Ver­ wandten ergeben, werden durch die Annahme an Kindesstatt nicht berührt, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt. G. I §. 1625; II §. 1645, K.K. §• 1742. K.T. §. 1740. Ausnahmen: §§. 1306, 1765, 1766, §. 1776 Abs. 2, §. 1899 Abs. 2.

§. 1764.

5. für die Eltern des Kindes. Mit der Annahme an Kindesstatt verlieren die leiblichen Eltern die elterliche Gewalt über das Kind, die uneheliche Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. Hat der Vater oder die Mutter dem Kinde Unterhalt zu gewähren, so treten das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen1), wieder ein, wenn die elterliche Gewalt des Annehmenden endigt oder wenn sie wegen Geschäfts-

§♦ 1768.

622

Familienrecht.

Verwandtschaft.

Unfähigkeit des Annehmenden2) oder nach §. 1677 ruht. Das Recht zur Vertretung des Kindes tritt nicht wieder ein2). G. I §. 1626; II §. 1646, Z.U. §• 1743. U.T. §• 1741. ') §§. 1631, 1632, 1707. 2) §. 1676 Abs. 1. 3) Dem Kinde muß also ein Vormund bestellt werden (§. 1772).

6. Unterhaltspflicht -es Annehmendrn. §♦ 1766. Der Annehmende ist dem Kinde und denjenigen Abkömmlingen des Kindes, aus welche sich die Wirkungen der Annahme erstreckens, vor den leiblichen Verwandten des Kindes zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet. Der Annehmende steht im Falle des §. 1611 Abs. 2 den leiblichen Verwandten der aufsteigenden Linie gleich. G. I §. 1627; II §. 1647, K.U. §. 1744. 1) §. 1762.

U.T. §. 1742.

7. Abänderung der Wirkungen. §. 1767. In dem Annahmevertrage kann die Nutznießung des Annehmenden an dem Vermögen des Kindes sowie das Erbrecht des Kindes dem Annehmenden gegenüber ausgeschlossen werden. Im Uebrigen können die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt') in dem Annahmevertrage nicht geändert werden2). G. I §. 1628; II §. 1648, S.U. §. 1745. U.T. §. 1743. *) abgesehen von dem §. 1758 Abs. 2. 2) Es kann aber mit dem Annahmevertrag jeder sonst zulässige Vertrag, der dann den für ihn geltenden Vorschriften unterliegt, verbunden werden, es kann z. B. durch einen Erbvertrag (§§. 2274 ff.) dem An­ nehmenden ein Erbrecht eingeräumt werden.

III. Aufhebung: 1. Lurch Uertrag;

§♦ 1768. Das durch die Annahme an Kindesstatt be­ gründete Rechtsverhältniß kann wieder aufgehoben werden. Die Aufhebung kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeit­ bestimmung erfolgen. Die Aufhebung erfolgt durch Vertrag zwischen dem An­ nehmenden, dem Kinde und denjenigen Abkömmlingen des Kindes, auf welche sich die Wirkungen der Annahme erstreckens. Hat ein Ehepaar gemeinschaftlich ein Kind angenommen oder hat ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten an­ genommen, so ist zu der Aufhebung die Mitwirkung2) beider Ehegatten erforderlich. G. I §. 1629 Abs. 1, 2, 4,5; II §. 1649, S.K. §. 1746. U T. §.1744. ■ i) §. 1762. 2) Nicht bloße Zustimmung.

Annahme an Kindesstatt.

§§. 1766—1772.

623

nach dem Tode des Kindes; des Kindes können die übrigen Betheiligten') das zwischen ihnen bestehende Rechtsverhältniß durch Vertrag aufheben. Das Gleiche gilt in den Fällen des §. 1757 Abs. 2 nach dem Tode eines der Ehegatten.

§♦ 1769* Nach dem Tode

G. I §. 1629 Abs. 3, 4; II §. 1660, K.U. §. 1747. U.T. §. 1746. 1) Der Annehmende und die Abkömmlinge, auf welche sich die Wirkungen der Annahme ersttecken.

§♦ 1770t Die für die Annahme an Kindesstatt geltenden Vorschriften des §. 1741 Satz 2 und der §§. 1750, 1751, 1753 bis 1755 gelten auch für die Aufhebung. G. I §.1629 Abs. 5; II §§.1661,1652, K.U. §. 1748. K-T. §-1746. Der Aufhebungsvertrag bedarf also insbesondere gleichfalls der ge­ richtlichen Bestätigung. F.G.G. §§. 65—68.

2. durch Herrath. Schließen Personen, die durch Annahme an Kindesstatt verbunden sind, der Vorschrift des §. 1311 zuwider eine Ehe, so tritt mit der Eheschließung die Aufhebung des durch die Annahme zwischen ihnen begründeten Rechtsverhältnisses ein. Ist die Ehe nichtig'), so wird, wenn dem einen Ehegatten die elterliche Gewalt über den anderen zusteht, diese mit dev Eheschließung verwirkt'2). Die Verwirkung tritt nicht ein, wenn die Nichtigkeit der Ehe auf einem Formmangel beruht und die Ehe nicht in das Heirathsregister eingetragen worden ist.

§♦ 1771t

G. I §. 1631; II §. 1663, H.K. §. 1749. U.T. §. 1747. ') auch wenn die Nichtigkeit auf Anfechtbarkeit beruht (§§. 1323,. 1830, 1343). 2) Vergl. die Anm. zu §. 1680.

Wirkungen -er Aufhebung. Mit der Aufhebung der Annahme an Kindesstatt verlieren das Kind und diejenigen Abkömmlinge des Kindes, auf welche sich die Aufhebung erstreckt, das Recht, den Familien­ namen des Annehmenden zu führen. Diese Vorschrift findet in den Fällen des §. 1757 Abs. 2 keine Anwendung, wenn die Aufhebung nach dem Tode eines der Ehegatten erfolgt.

§♦ 1772t

G. II §. 1654, K.U. §. 1760.

K.T. §. 1748..

Dritter Abschnitt.

Vormundschaft. 1. Das B.G.B. ordnet, wesentlich auf der Grundlage der preußischen Vormundschaftsordnung v. 8. Juli 1875, nur das materielle Vormund­ schaftsrecht. Das Verfahren ist in dem F.G.G. (§§. 35—64) geregelt.

624

Familienrecht.

Vormundschaft.

2. Die Vormundschaft steht dem Staate zu; nur unter gewissen Voraussetzungen (§§. 1868 ff.) ist sie auf einen Familienrath übertragen (§. 1872). Als Vormundschaftsgericht ist im F.G.G. §. 35 das Amts­ gericht bestimmt; die Landesgesetzgebung kann jedoch eine andere Behörde für die dem Vormundschaftsgericht obliegenden Verrichtungen für zu­ ständig erklären (E.G. Art. 147 Abs. 1, F.G.G. §§. 194, 196). Der Gemeinde kommt eine Mitwirkung durch den Gemeindewaisenrath (§§. 1849 ff.) zu, und die Familie nimmt insbesondere durch die Vor­ schrift des §. 1847 an der Führung der Obervornmndschaft theil. 3. Dem B.G.B. liegt das Bestellungsprinzip zu Grunde. Es haben Zwar gewisse Personen ein selbständiges Recht auf das Amt des Vormundes (§§. 1776, 1778); die Vormundschaft tritt aber in keinem Falle kraft Gesetzes, sondern nur zufolge einer Anordnung des Vormundschaftsgerichts ein (§. 1774); Ausnahme im E.G. Art. 136 (Anstaltsvormund). 4. Das B.G.B. beruht ferner auf dem Grundsätze der Selbständig­ keit des Vormundes gegenüber dem Vormundschaftsgerichte. Das V.G. darf nicht selbst handelnd in die Verwaltung eingreifen. Dem Vormunde sind gewisse Schranken in der Verwaltung gezogen, und seine Thätigkeit unterliegt der Aufsicht (§§. 1837 ff.) des V.G. Das V.G. ist aber vermöge seines Aufsichtsrechts nicht befugt, in Zweckmäßigkeitsfragen dem Vormund Anweisungen zu ertheilen. Zur Beaufsichtigung dient das Institut des Gegenvormundes (§§. 1792, 1799) und des Gemeindewaisenraths (§§. 1849 ff.). In den Fällen der sog. befreiten Vormundschaft (§§. 1862—1857) ist dem Vormunde kraft Anordnung der Eltern eine be­ sonders freie Stellung eingeräumt. Diese Befreiungen werden dem Vater oder der ehelichen Mutter, wenn sie zum Vormunde des volljährigen Kindes bestellt sind, kraft Gesetzes zu Theil (§§. 1903, 1904). 5. Für eine Vormundschaft wird eine Mehrheit von Vornründern nur aus besonderen Gründen bestellt (§. 1776). Das Ermessen des V.G. ist dabei nach zweifacher Richtung (§. 1778 Abs. 4, tz. 1797 Abs. 3) ein­ geschränkt. Mehrere Vormünder führen die Vormundschaft regelmäßig (§. 1797 Abs. 1) gemeinsam, unter Umständen (§. 1797 Abs. 2, 3) ge­ theilt nach bestimmten Wirkungskreisen. Neben dem die Verwaltung führenden Vormunde kann ein Ehrenvormund, Gegenvormund im B.G.B. genannt, bestellt werden. Dies soll geschehen, wenn mit der Vormund­ schaft eine Vermögensverwaltung verbunden ist, es müßte denn die Ver­ waltung nicht erheblich oder die Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich zu führen sein (§. 1792). Der Gegenvormund dient Zur Beaufsichtigung des Vormundes. Sein Wirkungskreis bezieht sich vornehmlich auf die Vermögensverwaltung, ohne jedoch sich hierauf zu be­ schränken (§. 1799). 6. Der Mündel hat weder am Vermögen des Vormundes ein gesetz­ liches Pfandrecht noch einen gesetzlichen Titel aus Bestellung einer Hypothek. Mur im Konkurse des Vormundes ist dem Mündel ein Vorrecht zugestanden

sprechende Anwendung. c) Minderung der Kruchtheile. §♦ 2O9O. Ist jeder der eingesetzten Erben auf einen Bruch­ theil der Erbschaft eingesetzt und übersteigen die Bruchtheile das Ganze, so tritt eine verhältnißmäßige Minderung der Bruch­ theile ein.

G. I §. 1793; II §. 1963, K.K. §- 2067. K.T. §. 2065. d) Vermuthung für Gleichheit der Kruchtheile. §♦ 2091. Sind mehrere Erben eingesetzt, ohne daß die Erb-

Erbeinsetzung.

§§. 2088—2094.

735

theile bestimmt sind, so sind sie zu gleichen Theilen eingesetzt soweit sich nicht aus den §§. 2066 bis 2069 ein Anderes ergiebig G. I §. 1792; II §. 1962, S.U. §. 2068. R-T. §• 2066. Vergl. §. 742.

e) Bestimmung von Hruchtherlen für einige von mehreren Grdrn. §♦ 2082. Sind von mehreren Erben die einen auf Bruch­ theile, die anderen ohne Bruchtheile eingesetzt, so erhalten die letzteren den freigebliebenen Theil der Erbschaft. Erschöpfens die bestimmten Bruchtheile die Erbschaft, so tritt eine verhältnißmäßige Minderung der Bruchtheile in der Weise ein, daß jeder der ohne Bruchtheile eingesetzten Erben so viel erhält wie der mit dem geringsten Bruchtheile bedachte Erbe. G. I §. 1795; II §. 1965, K.K. §- 2069. K.T- §. 2067. 1) Oder übersteigen. s) Gemeinschaftlicher Erbtheil. Sind einige von mehreren Erben auf einen und denselben Bruchtheil der Erbschaft eingesetzt (gemeinschaftlicher Erbtheil), so finden in Ansehung des gemeinschaftlichen Erbtheils die Vorschriften der §§. 2089 bis 2092 entsprechende An­ wendung. G. I §. 1796; II §. 1966, K.K. §■ 2070. K-T» §• 2068. Vergl. §. 2094, §. 2098 Abs. 2.

§♦ 2093.

Anwachsung. Sind mehrere Erben in der Weise eingesetzt, daß sie die gesetzliche Erbfolge ausschließen, und fällt einer der Erben vor oder nach dem Eintritte des Erbfalls weg'), so wächst dessen Erbtheil den übrigen Erben nach dem Verhältniß ihrer ErbIheile an. Sind einige der Erben auf einen gemeinschaftlichen Erbtheil2) eingesetzt, so tritt die Anwachsung zunächst unter ihnen ein. Ist durch die Erbeinsetzung nur über einen Theil der Erbschaft verfügt und findet in Ansehung des übrigen Theilesdie gesetzliche Erbfolge statt2), so tritt die Anwachsung unter den eingesetzten Erben nur ein, soweit sie auf einen gemeinschaft­ lichen Erbtheil eingesetzt sind. Der Erblasser kann die Anwachsung ausschließen*). G. I §. 1797, §. 1798 Satz 1; II §. 1967, K.K. §. 2071. §. 2069. durch Versterben vor dem Erblasser (§. 1923), Ausschlagung (§. 1953), Erbunwürdigkeit (§. 2344), Erbverzicht (§. 2352). 2) §. 2093. 3) §. 2088.

§♦ 2094.

736

Erbrecht.

Testament.

*) Vergl. §§. 2069, 2099. Die Ausschließung braucht nicht aus­ drücklich erklärt, zu sein, sie liegt aber noch nicht in der Zuweisung von bestimmten Bruchtheilen. Wegen des Rechtes des NacherLen auf den an­ wachsenden Erbtheil siehe §. 2110, wegen des Erbschaftskäufers §. 2373. Anwachsung bei Vermächtnissen §§. 2158, 2159.

§♦ 2898. Der durch Anwachsung einem Erben anfallende Erbtheil gilt in Ansehung der Vermächtnisse und Auflagen, mit denen dieser Erbe oder der wegfallende Erbe beschwert ist, so­ wie in Ansehung der Ausgleichungspflicht als besonderer Erb­ theil. G. I §. 1799; II §. 1968, K.K. §. 2072. K.T. §. 2070. Vergl. §§. 1935, 2007, 2159. Ausgleichungspflicht §§. 2050 ff. Die Vorschrift bezweckt den Schutz des Erben gegen eine Beein­ trächtigung, die ihm anderenfalls aus den Vorschriften der §§. 1951, 2161, 2192 erwachsen könnte.

Einsetzung eines Grsatzerden. §♦ 2896. Der Erblasser kann für den Fall, daß ein Erbe vor oder nach dem Eintritte des Erbfalls wegfällt1), einen Anderen als Erben einsetzen (Ersatzerbe)2). G. I §. 1800 Abs. 1; II §. 1969, K.K. §. 2073.

U.T. §- 2071.

Vulgarsubstitution. Die sog. Pupillarsubstitution und Quasipupillarsubstitution ist dem B.G.B. fremd. Der Ersatzerbe kann an Stelle eines eingesetzten oder eines gesetzlichen Erben eingesetzt werden. Wegen der Fälle, in denen die Ersatzerbeinsetzung wirksam wird, siehe die Anm. zu 1935 und die Anm. 1 zu §. 2094. 2) Vergl. §§. 2069, 2102. Ersatzberufung bei Vermächtnissen §. 2190.

§♦ 2887. Ist Jemand für den Fall, daß der zunächst be­ rufene Erbe nicht Erbe sein kann, oder für den Fall, daß er nicht Erbe sein will, als Ersatzerbe eingesetzt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß er für beide Fälle eingesetzt ist. G. I §. 1801; II §. 1970, K.U. §. 2074.

Die §§. 2097—2099 mächtnissen (§. 2190).

finden

entsprechende

K.T. §. 2072. Anwendung

bei Ver­

§♦ 2098. Sind die Erben gegenseitig oder sind für einen von ihnen die übrigens als Ersatzerben eingesetzt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie nach dem Verhältniß ihrer ErbIheile als Ersatzerben eingesetzt sind. Sind die Erben gegenseitig als Ersatzerben eingesetzt, so gehen Erben, die auf einen gemeinschaftlichen Erbtheil2) einge­ setzt sind, im Zweifel als Ersatzerben für diesen Erbtheil den anderen vor. G- I §. 1803; II §. 1971, D.U. §• 2075.

K.T. §. 2073.

Erbeinsetzung. Einsetzung eines Nacherben.

§§. 2095—2099.

737

1) Die Vorschrift gilt weder wenn nur einige der übrigen Erben, noch wenn nutzer den Miterben auch Fremde als Ersatzerben eingesetzt sind. 2) §. 2093.

§♦ 2099* Das Recht des Ersatzerben geht dem An­ wachsungsrechte') vor. G. I §. 1798 Satz 2: II §. 1972, K.K. §. 2076. §. 2094.

U.T. §- 2074.

Dritter Titel.

Einsetzung eines Nacherben. 1. Nach erbe ist, wer in der Weise eingesetzt ist, datz er erst Erbe wird, nachdem zunächst ein Anderer (der Vorerbe) Erbe geworden ist (§. 2100). Der Uebergang der Erbschaft vom Vorerben auf den Nacherben vollzieht sich mit dem Eintritte des Falles der Nacherbfolge kraft Gesetzes (§. 2139). Der Nacherbe erlangt aber schon mit dem Erbfall ein festes Recht auf die Erbfolge, das in der Regel auf seine Erben übergeht (§. 2108 Abs. 2). Die Anordnung einer mehrfachen Nacherbfolge ist zulässig, jedoch wird, von bestimmten Ausnahmefällen abgesehen, die Einsetzung eines Nach­ erben unwirksam, wenn nicht der Fall der Nacherbfolge binnen dreitzig Jahren nach dem Erbfall eintritt (§. 2109). 2. Das Gesetzbuch enthält Vorschriften darüber, wann auch ohne aus­ drückliche Anordnung eine Nacherbeinsetzung anzunehmen ist (§§. 2101 bis 2105), ferner über den Fall der Nacherbfolge (§§. 2106, 2107) und den Umfang des dem Nacherben zustehenden Rechtes (§§. 2110, 2111). Die weiteren Vorschriften des Titels regeln die rechtliche Stellung des Vorerben während der Dauer seines Rechtes (§§. 2112—2134, 2136 bis2138)und die Rechtsverhältnisse nach dem Eintritte des Falles der Nacherbfolge (§§. 2135, 2139—2146). a) Der Vorerbe ist als Erbe während der Dauer seines Rechtes grundsätzlich in der Verfügung über die Erbschaft und in deren Ver­ waltung selbständig (vergl. §§. 2112, 2130); durch die im Interesse des Nacherben ihm auferlegten Beschränkungen wird jedoch seine Stellung vielfach der eines Nießbrauchers genähert (vergl. §§. 2114, 2116, 2119, 2121—2123, 2128, 2133, 2135). Die Beschränkungen, welchen der Vorerbe in der Verfügung über den Grundbesitz und die grundbuch­ mäßig gesicherten Kapitalien der Erbschaft sowie allgemein betreffs unent­ geltlicher und gegen ihn inr Wege der Zwangsvollstreckung getroffener Ver­ fügungen unterliegt, sind in den §§. 2113—2115 geregelt. Die §§. 2116 bis 2119 enthalten entsprechende Bestimmungen für Werthpapiere, Buch­ forderungen und baares Geld. Den Schutz beider Theile bezweckt die Be­ rechtigung bezw. Verpflichtung des Vorerben zu gewißen Maßnahmen thatsächlicher Natur (§§. 2121—2123); auch findet hinsichtlich der Kosten und Lasten der Erbschaft eine angemessene Verkeilung statt (§§.2124—2126). Die dem Vorerben obliegende Verwaltungspflicht (§§. 2130ff.) ist dahin abgeschwächt, daß er nicht wegen jeder einzelnen Handlung verantwortlich, vielmehr nur verpflichtet ist, beim Eintritte der Nacherbfolge die Erbschaft Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch. 3. Auflage. 47

738

Erbrecht.

Testament.

in dem Zustande herauszugeben, der sich bei einer ordnungsmäßigen Ver­ waltung ergiebt. Nur im Falle einer erheblichen Gefährdung seines Rechtes werden dem Nacherben schon vbr jenem Zeitpunkte besondere Sicherungen gewährt (§§. 2127—2129). Die Wahrung der Rechte des Nacherben kann einem Testamentsvollstrecker anvertraut werden (§. 2222); unter Umständen ist auch die Bestellung eines Pflegers Zulässig (§. 1913 Satz 2). Der Erblafler kann den Vorerben von den gesetzlichen Beschränkungen und Ver­ pflichtungen in engerem oder weiterem Maße befreien; diese Wirkung hat insbesondere die Einsetzung desNacherben auf den Ueberrest(Z§.2136—2138). b) Was die Rechtsverhältnisse nach dem Eintritte des Falles der Nacherbfolge anlangt, so hat das Gesetz insbesondere die Ausschlagung der Erbschaft seitens des Nacherben (§. 2142), die Absonderung der Erbschaft vom Vermögen des Vorerben (§. 2143) sowie die Haftung des Vorerben und des Nacherben für die Nachlaßverbindlichkeiten (§§. 2144—2146) geregelt. 3. Neben der Nacherbfolge kennt das B.G.B. auch den Nieß­ brauch an einer Erbschaft (§. 1089). Ein der Nacherbfolge ent­ sprechendes Rechtsverhältniß kommt auch bei Vermächtnissen vor (§. 2191). Das Institut der Nacherbfolge und des Nachvermächtnisses wird im §. 2338 für die Zwecke der sog. Enterbung in guter Ab­ sicht verwendet.

Krgriff. §♦ 2100. Der Erblasser kann einen Erben in der Weise ein­ setzen, daß dieser erst Erbe wird, nachdem zunächst ein Anderer Erbe geworden ist (Nacherbe). G. I §. 1804 Satz 1; II §. 1973, K.K. §. 2077. K.T. §. 2075. Das B.G.B. hat also nicht den Grundsatz semel heres semper heres, sondern es erkennt ein zeitlich begrenztes Erbrecht an; vergl. §. 2139.

Auslegungsregeln«, a) Einsetzung einer nsch nicht vorhandenen Person. §♦ 2101. Ist eine zur Zeit des Erbfalls noch nicht erzeugte Person als Erbe eingesetzt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie als Nacherbe eingesetzt ist. Entspricht es nicht dem Willen des Erblassers, daß der Eingesetzte Nacherbe werden soll, so ist die Einsetzung unwirksam'). Das Gleiche gilt von der Einsetzung einer juristischen Person, die erst nach dem Erbfalle zur Entstehung gelangt; die Vorschrift des §. 84 bleibt unberührt*). G. I §. 1758 Abs. 2; II §. 1974, K.K. §. 2078. zr.T. §. 2076. *) Zu Abs. 1 vergl. §. 1923. Die Vorschrift enthält einen Fall der Konversion (§. 140). a) Vergl. §. 2105 Abs. 2, §. 2106 Abs. 2. Eine vom Erblasser selbst (unter Lebenden oder durch Verfügung von Todeswegen) errichtete Stiftung kann auf Grund der Fiktion des §. 84, auch wenn sie zur Zeit des Erbfalls noch nicht genehmigt ist, wirksam als Erbin eingesetzt werden.

Einsetzung eines Ngcherben.

§§. 2100—2105.

739

b) UrrhaUnißzur Grfahberufung. Einsetzung als Nacherbe enthält im Zweifel auch die Einsetzung als Ersatzerbe. Ist zweifelhaft, ob Jemand als Ersatzerbe oder als Nach­ erbe eingesetzt ist, so gilt er als Ersatzerbe.

§♦ 2102. Die

G. I §. 1802; II §. 1975, K.K. §• 2079. K.T- §• 2077. Ersatzerbe §. 2096. Vergl. für Vermächtnisse §. 2191 Abs. 2. Die Vorschriften des §. 2102 können nur in Wirksamkeit treten, wenn der Eingesetzte zur Zeit des Erbfalls lebt (§. 1923).

c) Anordnung der Herausgabe der Erbschaft. Hat der Erblasser angeordnet, daß der Erbe mit dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses die Erbschaft einem Anderen herausgeben soll, so ist anzunehmen, daß der Andere als Nacherbe eingesetzt ist.

8. 2103.

G. I §. 1805; II §. 1976, K.K. §. 2080.

K.T. §. 2078.

Zeitliche Begrenzung der Erbeinsetzung. a) Endtermin, auftosende Bedingung. §. 2104. Hat der Erblasser angeordnet, daß der Erbe nur bis zu dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereig­ nisses Erbe sein soll, ohne zu bestimmen, wer alsdann die Erb­ schaft erhalten soll, so ist anzunehmen, daß als Nacherben die­ jenigen eingesetzt sind, welche die gesetzlichen Erben des Erb­ lassers sein würden, wenn er zur Zeit des Eintritts des Zeit­ punkts oder des Ereignisses gestorben wäre. Der Fiskus ge­ hört nicht zu den gesetzlichen Erben im Sinne dieser Vorschrift. G. I §. 1807; II §. 1977, B K. §. 2081. Zu Satz 2 vergl. §§. 1986, 2149.

R.T. §. 2079.

b) Anfangstermin, aufschiebende Bedingung. Hat der Erblasser angeordnet, daß der eingesetzte Erbe die Erbschaft erst mit dem Eintritt eines bestimmten Zeit­ punkts oder Ereignisses erhalten soll, ohne zu bestimmen, wer bis dahin Erbe sein soll, so sind die gesetzlichen Erben des Erblassers die Vorerben. Das Gleiche gilt, wenn die Persönlichkeit des Erben durch ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereigniß bestimmt werden soll oder wenn die Einsetzung einer zur Zeit des Erbfalls noch nicht erzeugten Person oder einer zu dieser Zeit noch nicht ent­ standenen juristischen Person als Erbe nach §. 2101 als Nach­ erbeinsetzung anzusehen ist.

§♦ 2108.

G. I §. 1808; II §. 1978, K.zr. §. 2082.

R.T. §. 2080.

47*

740

Erbrecht.

Testament.

Zeitpunkt -rs Anfuüs -rr Erbschaft an drn Uachrrben.

§♦ 2106. Hat der Erblasser einen Nacherben eingesetzt, ohne den Zeitpunkt oder das Ereigniß zu bestimmen, mit dem die Nacherbfolge eintreten soll, so fällt die Erbschaft dem Nacherben mit dem Tode des Vorerben an. Ist die Einsetzung einer noch nicht erzeugten Person als Erbe nach §. 2101 Abs. 1 als Nacherbeinsetzung anzusehen, so fällt die Erbschaft dem Nacherben mit dessen Geburt an. Im Falle des §. 2101 Abs. 2 tritt der Anfall mit der Entstehung der juristischen Person ein. G. I §. 1809; II §. 1979, K.U. §. 2083.

K.T. §. 2081.

Wenn außer dem Falle des §. 2101 Abs. 1 eine noch nicht erzeugte Person als Nacherbe eingesetzt ist, so ist es eine Frage der Auslegung des Testaments, ob ihr die Erbschaft mit ihrer Geburt oder mit dem späteren Tode des Vorerben anfallen soll.

Korzug -er Abkömmlinge -es Uorerben.

8.2107. Hat der Erblasser einem Abkömmlinge, der zur Zeit der Errichtung der letztwilligen Verfügung keinen Abkömmling hat oder von dem der Erblasser zu dieser Zeit nicht weiß, daß er einen Abkömmling hat, für die Zeit nach dessen Tode einen Nacherben bestimmt, so ist anzunehmen, daß der Nacherbe nur für den Fall eingesetzt ist, daß der Abkömmling ohne Nach­ kommenschaft stirbt. G. I §. 1811; II §. 1980, Z.K. §. 2084.

U.T. §. 2082.

Keben -rs Uacherbrn; UererblichKeit feines Rechtes.

§♦ 2108. Die Vorschriften des §. 1923 finden auf die Nacherbfolge entsprechende Anwendung 0. Stirbt der eingesetzte Nacherbe vor dem Eintritte des Falles der Nacherbfolge, aber nach dem Eintritte des Erbfalls3), so geht sein Recht auf seine Erben über, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist3). Ist der Nacherbe unter einer aufschiebenden Bedingung eingesetzt, so bewendet es bei der Vorschrift des §. 2074*). G. I §. 1810, §. 2026 Abs. 2; II §. 1981, K.N. §. 2085. U T. H. 2083. 1) Für die Nacherbfolge tritt hinsichtlich der Frage, in welchem Zeit­ punkte der Erbe leben muß, grundsätzlich an die Stelle des Erbfalls der Fall der Nacherbfolge. 2) Der Abs. 2 trifft auch den Fall, wenn der Nacherbe erst nach dem Erbfall erzeugt ist. 3) Für den praktisch wichtigen Fall des gemeinschaftlichen Testaments unter Ehegatten mit wechselseitiger Erbeinsetzung und Berufung der Kinder

Einsetzung eines Nacherben.

§§. 2106—2111.

741

auf den beiderseitigen Nachlaß nach dem Tode des Ueberlebenden ist der §. 2108 Abs. 2 wegen des §. 2269 Abs. 1 in der Regel bedeutungslos. 4) Die Einsetzung gilt also im Zweifel nur, wenn der Eingesetzte den Eintritt der Bedingung erlebt.

Dauer -er Wirksamkeit einer Nacherbeinsetzung. §♦ 2109* Die Einsetzung eines Nacherben wird mit dem Ab­ laufe von dreißig Jahren nach dem Erbfall unwirksam, wenn nicht vorher der Fall der Nacherbfolge eingetreten ist. Sie bleibt auch nach dieser Zeit wirksam: 1. wenn die Nacherbfolge für den Fall angeordnet ist, daß in der Person des Vorerben oder des Nacherben ein be­ stimmtes Ereigniß eintritt, und derjenige, in dessen Person das Ereigniß eintreten soll, zur Zeit des Erbfalls leit1); 2. wenn dem Vorerben oder einem Nacherben für den Fall, daß ihm ein Bruder oder eine Schwester geboren wird, der Bruder oder die Schwester als Nacherbe bestimmt ist. Ist der Vorerbe oder der Nacherbe, in dessen Person das Ereigniß eintreten soll, eine juristische Person, so bewendet es bei der dreißigjährigen Frist2). G. I §. 1813; II §. 1982, H.U. §♦ 2086. §. 2084. 1) Ein solcher Fall liegt namentlich vor, wenn der Eintritt der Nacherbfolge an den Tod eines Vorerben geknüpft ist. 2) Wegen der Vermächtnisse siehe §§. 2162, 2163; außerdem §. 2210. Die landesgesetzlichen Vorschriften über Familienfideikommisse bleiben unberührt (E.G. Art. 59).

Umfang -es Rechtes -es Uachrrben. §♦ 2110t Das Recht des Nacherben erstreckt sich im Zweifel auf einen Erbtheil, der dem Vorerben in Folge des Wegfalls eines Miterben anföHt1). Das Recht des Nacherben erstreckt sich im Zweifel nicht auf ein dem Vorerben zugewendetes Vorausvermächtniß2). G. I §. 1814; II §. 1983, K.K. §• 2087. ') §§. 1935, 2094, aber auch §. 2096. *) §. 2150. Vergl. §. 2373.

K.T. §. 2085.

§♦ 2111t Zur Erbschaft gehört, was der Vorerbe auf Grund eines zur Erbschaft gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Erbschafts­ gegenstandes oder durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erb­ schaft erwirbt, sofern nicht der Erwerb ihm als Nutzung') ge­ bührt. Die Zugehörigkeit einer durch Rechtsgeschäft erworbenen Forderung zur Erbschaft hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß

742

Erbrecht.

Testament.

erlangt; die Vorschriften der §§. 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung 2). Zur Erbschaft gehört auch, was der Vorerbe dem Inventar eines erbschaftlichen Grundstücks einverleibt'). G. I §. 1825; II §. 1984, S.U. §. 2088. U.T. §. 2086. ') §. 100. *) Dingliche Surrogation, vergl. §§.1370, 1381, 1473, 1624, 1646, 2019, 2041 (2374). 3) Vergl. §. 688 Abs. 2, §. 1048 Abs. 1, §. 1378.

Rechtliche Stellung des Uorerben und des Uacherden. 1. Urrfügung über Grbsthaftsgegenstände. . 8.2112. Der Vorerbe kann über die zur Erbschaft gehören­ den Gegenstände verfügen, soweit sich nicht aus den Vorschriften der §§. 211? bis 2115 ein Anderes ergiebt. G. I §. 1815, §. 1828 Abs. 1, 2; II §. 1985, KU- §> 2089.

U.T. §. 2087. Vergl. wegen des Derfügungsrechts im Allgemeinen die Vordem. Nr. 2a S. 737. Verlust des Derfügungsrechts §. 2129. Die §§. 2112, 2113 gelten auch für die Auseinandersetzung des Vorerben mit seinen Miterben sowie für die sog. Verfügungen durch Urtheil (C.P.O. §§. 894, 896). FürVerfügungen, die im Zwangswege gegen den Vorerben getroffen werden, gilt §. 2115. Die Prozeßführung des Vorerben wirkt für und gegen den Nach­ erben, wenn das Urtheil vor dem Eintritte der Nacherbfolge rechtskräftig wird (C.P.O. §. 326, § 728 Abs. 1).

Rechte an Grundstücken; Schenkungen. §. 2113. Die Verfügung des Vorerben über ein zur Erb­ schaft gehörendes Grundstück oder über ein zur Erbschaft ge­ hörendes Recht an einem Grundstück ist im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würdet. Das Gleiche gilt von der Verfügung über einen Erb­ schaftsgegenstand, die unentgeltlich oder zum Zwecke der Er­ füllung eines von dem Vorerbcn ertheilten Schenkungsver­ sprechens erfolgt. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen roirb2). Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten'), finden entsprechende An­ wendung^). G. I §. 1828; II §. 1986, K.K. §. 2090. K.T. §. 2088. *) Bei der Eintragung des Vorerben in das Grundbuch ist nach der G.B.O. §. 62 zugleich das Recht des Nacherben von Amtswegen einzutragen.

Einsetzung eines Nacherben. 2) 3) Satz 2. 4) nach §.

§§. 2112—2115.

74

Vergl. §§. 534, 1446, 1641, 1804, 2205, 2330. §§. 892, 936 (Anm. 1 zu §. 117); siehe jedoch §. 81-6 Abs. 1 Von der Beschränkung des Abs. 2136 Befreiung zulässig.

1

(nicht

auch des Abs. 2) ist

Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden.

211T. Gehört zur Erbschaft eine Hypothekenforderung, rundschud oder eine Rentenschuld, so steht die Kündigung und die Einziehung dem Vorerben zu. Der Vorerbe kann je­ doch nur verlangen, daß das Kapital an ihn nach Beibringung der Einwilligung des Nacherben gezahlt oder daß es für ihn und den Nacherben hinterlegt wird. Auf andere Verfügungen über die Hypothekenforderung, die Grundschuld oder die Renten­ schuld finden die Vorschriften des §. 2113 Anwendung. G. I §§. 1818—1821, 1828; II §. 1987, K.K. §. 2091. K T§. 2089. Vergl. §§. 1077, 1080. Einwilligung des Nacherben §. 2120. Be freiung des Vorerben §. 2136.

Zwangsvollstreckung.

§♦ 2118. Eine Verfügung über einen Erbschaftsgegenstand, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt, ist im Falle des Ein­ tritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde. Die Ver­ fügung ist unbeschränkt wirksam, wenn der Anspruch eines Nachlaßgläubigers oder ein an einem Erbschaftsgegenstande be­ stehendes Recht geltend gemacht wird, das im Falle des Ein­ tritts der Nacherbfolge dem Racherben gegenüber wirksam ist. G. I §. 1829; II §. 1988, K.K. §. 2092.

K.T. §. 2090.

1. Unter Verfügungen im Wege der Zwangsvollstreckung sind nur solche Maßregeln zu verstehen, die zwecks Beitreibung einer Geldforderung im Wege der Zwangsvollstreckung in das zur Vorerbschaft gehörende be­ wegliche oder unbewegliche Vermögen erfolgen (C.P.O. §§. 803—871). Die sog. Verfügungen durch Urtheil (C.P.O. §§. 894, 895, vergl. auch S§. 883, 884, 897) stehen den rechtsgeschäftlichen Verfügungen gleich. 2. Die im Wege der Zwangsvollstreckung gegen den Vorerben erfolgte Verfügung ist zu Gunsten des Nacherben unwirksam, auch wenn der Vorerbe selbst die Verfügung wirksam hätte treffen können. Die zwangs­ weise Veräußerung oder Ueberweisung von Erbschaftsgegenständen soll daher, sofern die Voraussetzungen des §. 2115 Satz 1 vorliegen, nach der C.P.O. §. 773 unterbleiben; eventuell ist der Nacherbe befugt, nach Maßgabe des §. 771 Widerspruch zu erheben. Ein entsprechendes Verbot enthält die K.O. §. 128 für den Fall des Konkurses über das Vermögen des Vorerben.

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Erbrecht.

Testament.

Wertpapiere.

§♦ 2116. Der Vorerbe hat auf Verlangen des Nacherben die zur Erbschaft gehörenden Jnhaberpapiere nebst den Erneuerungs­ scheinens bei einer Hinterlegungsstelle3) oder bei der Reichsbank mit der Bestimmung zu hinterlegen, daß die Herausgabe nur mit Zustimmung des Nacherben verlangt werden kann. Die Hinter­ legung von Jnhaberpapieren, die nach §. 92 zu den verbrauchbaren Sachen gehörens, sowie von Zins-, Renten- oder Gewinn­ antheilscheinen kann nicht verlangt werden. Den Jnhaber­ papieren stehen Orderpapiere gleich, die mit Blankoindossament versehen finb4). Ueber die hinterlegten Papiere kann der Vorerbe nur mit Zustimmung des Nacherben verfügen5>6). G. I §. 1822; II §. 1989, K.K. §. 2093. K.T. §.2091. ') §. 805. 2) Bergt. E.G. Art. 144 ff. 3) z. B. Banknoten. 4) Nicht auch Legitimationspapiere wie z. B. Sparkassenbücher (§. 808). 5) Sondervorschrift gegenüber §. 137 Satz 1. Siehe jedoch §. 2120. •) Bergt. §§. 1082, 1084, 1392, 1814. Die Befteiung des Vor­ erben von den ihm in den §§. 2116—2119 aufertegten Verpflichtungen ist nach §. 2136 zulässig.

§♦ 2117. Der Vorerbe kann die Jnhaberpapiere, statt sie nach 2116 zu hinterlegen, auf seinen Namen mit der Bestimmung umschreiben lassen, daß er über sie nur mit Zustimmung des Nacherben verfügen kann. Sind die Papiere von dem Reiche oder einem Bundesstaat ausgestellt, so kann er sie mit der gleichen Bestimmung in Buchforderungen gegen das Reich oder den Bundesstaat umwandeln lassen. G. I §. 1822 Abs. 1; II §. 1990, H.K. §• 2094. K.T. §. 2092. Bergt. §. 1393, §. 1815 Abs. 1; zu Satz 1 §.806, E.G. Art. 101; zu Satz 2 Ges. v. 31. Mai 1891, E.G. Art. 97 (preuß. Ges. v. 20. Juli 1888, sächs. Ges. v. 25. Aprit 1884).

Huchforderungen gegen dos Keich oder einen Hundesstaot. §♦ 2118. Gehören zur Erbschaft Buchforderungen gegen das Reich oder einen Bundesstaat, so ist der Vorerbe auf Verlangen des Nacherben verpflichtet, in das Schuldbuch den Vermerk ein­ tragen zu lassen, daß er über die Forderungen nur mit Zu­ stimmung des Nacherben verfügen kann. G. II §. 1991, H.K. §. 2095. K.T. §. 2093. Bergt. §. 1816, Ges. v. 31. Mai 1891, E.G. Art. 97 (vergl. zu §. 2117).:

Geldonlegung.

§♦ 2118.

Geld, das nach den Regeln einer ordnungs-

Einsetzung eines Nacherben.

§§. 2116—2121.

74&

mäßigen Wirthschaft dauernd anzulegen ist, darf der Vorerbe nur nach den für die Anlegung von Mündelgeld geltenden Vor­ schriften anlegen. G. II §. 1992, S.U. §. 2096. U.A. §• 2094. Siehe §§. 1807, 1808, E.G. Art. 144, 212; vergl. auch §§. 1079> 1288, 1377, 1642.

Verpflichtung des Uacherden zur Einwilligung. tz. 2120. Ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung, ins­ besondere zur Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten, eine Verfügung erforderlich, die der Vorerbe nicht mit Wirkung gegen den Racherben vornehmen kann'), so ist der Nacherbe dem Vorerben gegenüber verpflichtet, seine Einwilligung zu der Verfügung zu ertheilen. Die Einwilligung ist auf Verlangen in öffentlich be­ glaubigter Form 2) zu erklären. Die Kosten der Beglaubigung, fallen dem Vorerben zur Last. G. I §. 1823, §. 1828 Abs. 3, §. 1831; II §. 1993, K.U. §. 2097. K.T. §. 2095. Siehe §§. 2113, 2114, §. 2116 Abs. 2, §§. 2117, 2118. 2) §. 129, F.G.G. §§. 167, 183, 191.

2. Sicherung beider Theile.. a) Uerzeichniß der Grbschastsgegrnstände. §. 2121. Der Vorerbe hat dem Nacherben auf Verlangen ein Verzeichniß der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände mitzutheilen. Das Verzeichniß ist mit der Angabe des Tages der Aufnahme zu versehen und von dem Vorerben zu unterzeichnen;, der Vorerbe hat auf Verlangen die Unterzeichnung öffentlich, beglaubigen') zu lassen. Der Nacherbe kann verlangen, daß er bei der Aufnahme des Verzeichnisses zugezogen wird. Der Vorerbe ist berechtigt und auf Verlangen des Nach-erben verpflichtet, das Verzeichniß durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufnehmen zu lassen2). Die Kosten der Aufnahme und der Beglaubigung fallen der Erbschaft zur Last2). G. I §§. 1815, 993,1042; II §. 1994, S.U. §- 2098. U-T. §. 2096.. ') §. 129, F.G.G. §§. 167, 183, 191. 2) Die Zuständigkeit zur Aufnahme der in den §§. 2121, 2215,. 2314 vorgesehenen öffentlichen Nachlaßverzeichniffe richtet sich nach den Landesgesetzen. Preußen F.G.G. Art. 31, 38, 108, 111, 118 (Amts­ gericht, Notar, Dorfgericht bezw. Ortsvorsteher, Bürgermeister, Gemeinde-, vorstand). Bayern Notariatsges. Art. 2 (Notar). Württemberg Art..

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Erbrecht.

Testament.

125 (Amtsgericht, Notar). Baden Rechtspolizeiges. §. 43 (Notar). Hessen Art. 117 (Nachlaßgericht, Notar, Ortsgericht). Elsaß A.G. z. F.G.G. §. 37 (Notar). 3) Vergl. zu Abs. 1—4 §§. 1035, 1372, 1640, 2215.

b) Feststellung des Zustandes der Erbfchaftsfachrn. §♦ 2122. Der Vorerbe kann den Zustand der zur Erbschaft -gehörenden Sachen auf seine Kosten durch Sachverständige fest­ stellen lassen. Das gleiche Recht steht dem Nacherben zu. G. I §§. 1815, 992; II §. 1995, Z.U. §. 2099. U-T. §. 2097. Vergl. §. 1034. Zuständiges Gericht und Verfahren im F.G.G. §. 164.

■c) Wirthschastsptan für einen Wald. §♦ 2123. Gehört ein Wald zur Erbschaft, so kann sowohl der Vorerbe als der Nacherbe verlangen, daß das Maß der Nutzung und die Art der wirthschaftlichen Behandlung durch einen Wirthschaftsplan festgestellt werden. Tritt eine erhebliche Aenderung der Umstände ein, so kann jeder Theil eine ent­ sprechende Aenderung des Wirthschaftsplans verlangen. Die Kosten fallen der Erbschaft zur Last. Das Gleiche gilt, wenn ein Bergwerk oder eine andere aus Gewinnung von Bodenbestandtheilen gerichtete Anlage zur Erbschaft gehört. G. II §. 1996, S.U. §. 2100. K.T. §. 2098. Vergl. §. 1038.

Befreiung nach §. 2136 zulässig.

3. Kosten und Kasten der Erbschaft. a) Erhaltungs kosten. §♦ 2124. Der Vorerbe trägt dem Nacherben gegenüber die gewöhnlichen Erhaltungskosten. Andere Aufwendungen, die der Vorerbe zum Zwecke der Erhaltung von Erbschaftsgegenständen den Umständen nach für -erforderlich halten darf, kann er aus der Erbschaft bestreiten. Bestreitet er sie aus seinem Vermögen, so ist der Nacherbe im Falle des Eintritts der Nacherbfolge zum Ersätze verpflichtet. G. I §§. 1815, 997—999; II §. 1997, H.K. §- 2101. K.T. •§. 2099. Vergl. §§. 1041, 1043; 256, 257, 273, 670. Erhaltung ist in dem weiteren Sinne zu verstehen, daß auch die Verwaltung einbegriffen ist.

b) Sonstige Verwendungen. §♦ 2128. Macht der Vorerbe Verwendungen auf die Erb­ schaft, die nicht unter die Vorschrift des §. 2124 fallen, so ist der Nacherbe im Falle des Eintritts der Nacherbfolge nach den

Einsetzung eines Nacherben.

§§. 2122—2128.

747

Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag zum Er­ sätze verpflichtet. Der Vorerbe ist berechtigt, eine Einrichtung, mit der er eine zur Erbschaft gehörende Sache versehen hat, wegzunehmen. G. I §§. 1815, 1010; II §. 1998, D.U. §. 2102.

U.T. §. 2100.

Vergl. §. 1049; zu Abs. 1 die §§. 683 ff., zu Abs. 2 und die dort angezogenen Vorschriften.

den §. 258

c) Kasten. Der Vorerbe hat im Verhältnisse zu dem Nach­ erben nicht die außerordentlichen Lasten zu tragen, die als auf den Stammwerth der Erbschaftsgegenstände gelegt anzusehen sind. Auf diese Lasten finden die Vorschriften des §. 2124 Abs. 2 Anwendung.

§. 2126.

G. I §. 1815, §. 1003 Nr. 1; II §.1999, D.K. § 2103. $.&.§. 2101.

Vergl. §§. 995, 1047, 1385 Nr. 1. Unter den §. 2126 fallen auch außerordentliche Lasten, die auf den Stammwerth der ganzen Erbschaft gelegt sind, z. B. die Erbschaftssteuer. Abgesehen von §. 2126 richtet sich die Verkeilung der Lasten nach den Grundsätzen des §. 103.

4. Sicherung des Uacherbrn bei Gefährdung. a) Auskunftspflicht des Uorrrbrn. §. 2127. Der Nacherbe ist berechtigt, von dem Vorerben Aus­ kunft über den Bestand der Erbschaft zu verlangen, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß der Vorerbe durch seine Verwaltung die Rechte des Nacherben erheblich verletzt. G. II §. 2000, K.K. §. 2104.

K.T. §. 2102.

Offenbarungseid §. 260; Wahrnehmung der Rechte des Nacherben §. 1913 Satz 2 (Pfleger), §. 2222 (Testamentsvollstrecker). Die §§. 2127—2129 enthalten diejenigen Sicherungsmittel, welche dem Nacherben erst dann zu Gebote stehen, wenn seine Rechte durch den Vorerben gefährdet erscheinen. Die Befreiung des Vorerben ist nach -§. 2136 auch in diesen Fällen zulässig.

b) Sicherheitsleistung; Entstehung der Urrwaltung. das Verhalten des Vorerben oder durch seine ungünstige Vermögenslage die Besorgniß einer er­ heblichen Verletzung der Rechte des Nacherben begründet, so kann der Nacherbe Sicherheitsleistung verlangens. Die für die Verpflichtung des Nießbrauchers zur Sicherheits­ leistung geltenden Vorschriften des §. 1052 finden entsprechende Anwendung 2).

§♦ 2128. Wird durch

G. I §§. 1815,1005,1006; II §. 2001, H.U. §- 2105. U.T. §. 2103. ') Vergl. §§. 1051, 1391. Sicherheitsleistung §§. 232 ff.

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Erbrecht.

Testament.

2) Der Nach erbe kann hiernach, wenn der Vorerbe zur Sicherheits­ leistung rechtskräftig verurtheilt ist, verlangen, daß die Verwaltung der Erbschaft einem vom Prozeßgerichte zu bestellenden Verwalter übertragen und von diesem für Rechnung des Vorerben (vergl. §. 2129) geführt wird, sofern nicht der Vorerbe die Sicherheit innerhalb einer ihm vom Gerichte bestimmten Frist leistet.

c) Uerlust des Urrfügungsrechts. §.2129. Wird dem Vorerben die Verwaltung nach den Vor­ schriften des §. 1052 entzogen, so verliert er das Recht, über Erbschaftsgegenstände zu verfügens. Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Reckte von einem Nichtberechtigten herleiten2), finden entsprechende An­ wendung. Für die zur Erbschaft gehörenden Forderungen ist die Entziebung der Verwaltung dem Schuldner gegenüber erst wirksam, wenn er von der getroffenen Anordnung Kenntniß er­ langt oder wenn ihm eine Mittheilung von der Anordnung zugestellt wird. Das Gleiche gilt von der Aufhebung2) der Ent­ ziehung. G. II §. 2002, S.zr. §. 2106. U.T. §. 2104. *) §§. 2112ff. 2) §§. 892, 893, 932ff., 1032, 1207; vergl. §§. 135, 136. 3) §. 1052 Abs. 3.

5. Herausgabe der Erbschaft an den Uacherben. §. 2130. Der Vorerbe ist nach dem Eintritte der Nacherb­ folge" verpflichtet, dem Nacherben die Erbschaft in dem Zustande herauszugeben, der sich bei einer bis zur Herausgabe fort­ gesetzten ordnungsmäßigen Verwaltung ergiebt. Auf die Herausgabe eines landwirtschaftlichen Grundstücks findet die Vorschrift des §. 592, auf die Herausgabe eines Landguts finden die Vorschriften der §§. 592, 593 entsprechende Anwendung. Der Vorerbe hat auf Verlangen Rechenschaft abzulegen. G. I §§. 1815, 1007; II §. 2003, S.U. §- 2107. U.T. §. 2105. Siehe die Vordem. S. 737, 738 und die Anm. zu §. 591. Vergl. zu Abs. 1 §§. 101 ff., §. 1036 Abs. 2, §. 1055 Abs. 2, §. 1421, zu Abs. 2 §. 259. Befreiung nach §. 2136 zulässig.

Verantwortlichkeit des Uorerben. §. 2131. Der Vorerbe hat dem Nacherben gegenüber in Ansehung der Verwaltung nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. G. I §§. 1815, 991; II §. 2004, K.U. §- 2108. U-T. §. 2106. Vergl. §. 277. Besondere Vorschriften über die vom Vorerben zu

Einsetzung eines Nacherben.

§§. 2129—2136.

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beobachtende Sorgfalt sind in den §§. 2119, 2123, 2133 enthalten. Auch von der Haftung nach §. 2131 kann der Erblasser den Vorerben befreien