Bürgerliches Gesetzbuch nebst Einführungsgesetz: Text-Ausgabe mit Anmerkungen und Sachregister [Reprint 2018 ed.] 9783111524597, 9783111156200


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German Pages 834 [836] Year 1896

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Table of contents :
Vorwort
Inhalts-Hebersicht
Einleitung
Erstes Buch. Allgemeiner Theil
Zweites Buch. Recht der Schuldverhältnisse
Drittes Buch. Sachenrecht
Viertes Buch. Familienrecht
Fünftes Buch. Erbrecht
Einführungsgesetz
Sachregister
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Bürgerliches Gesetzbuch nebst Einführungsgesetz: Text-Ausgabe mit Anmerkungen und Sachregister [Reprint 2018 ed.]
 9783111524597, 9783111156200

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Outtentag'sche Sammlung Ur. 38/39. Deutscher Ueichsgesehe. Ur. 38/39. Text-Ausgaben mit Anmerkungen.

Kürgerliches Gesetzbuch neöst Kinsührungsgeseh. Text-Ausgabe mit Anmerkungen und Sachregister.

In Verbindung mit

Dr. F. Andre,

M. Greiff,

a. o. Professor In Göttingen,

Amtsrichter in Fürstenwalde,

F. Ritgen,

Dr. K. Unzner,

Gerichtsassessor in Berlin,

H. Staatsanwalt in München,

s. Z. Schriftführer bei der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, herausgegeben von

A. Achilles» RcichsgerichtSrath a. D.,

f. Z. Kommissar des Reichs-Justizamts bei derselben Kommission.

Berlin SW42. Wilhelmstr. 119/120.

I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung. 1896.

Vorwort. Wer unbefangen und vorurteilsfrei das Bürgerliche Gesetz­ buch liest, wird die Sprache, in welcher dasselbe redet, im All­ gemeinen einfach und deutlich finden. Gleichwohl wird es ihm kaum gelingen, das neue Recht ohne weitere Hülfsmittel richtig zu verstehen und sich zu eigen zu machen. Die Schwierigkeiten, welchen das Studium begegnet, ergeben sich sowohl aus dem Inhalt als aus der Form des Werkes. Der Inhalt ist für die einzelnen Rechtsgebiete Deutschlands in vielen Punkten dem bis­ herigen Rechte gegenüber neu. XDie Form/ist schon von anderer Seite als die eines Kunstwerkes bezeichnet worden, dessen Bestand­ theile harmonisch in einander greifen. Der große Vorzug, der hierin liegt, wird es der künftigen Rechtsprechung im Verein mit der Wissenschaft ermöglichen, im Laufe der Zeit die Gedanken des Gesetzgebers mit Sicherheit zu erforschen und in voller Klar­ heit aufzudecken. So lange indessen dieses Ziel nicht erreicht ist, trägt gerade die fein durchdachte Form des Werkes, das genau ab­ gewogene Verhältniß einer Vorschrift zu anderen Vorschriften und zu dem ganzen Werke dazu bei, Vielen das Verständniß der aufgestellten Rechtssätze zu erschweren. Und doch müssen nicht blos die Juristen, sondern alle Diejenigen, welche zur Anwendung des Gesetzbuchs berufen sind, schon jetzt sich bemühen, das neue Recht wenigstens in den Grundzügen kennen zu lernen, wenn sie nicht darauf verzichten wollen, sich diese Kenntniß bis zum 1. Januar 1900 zu verschaffen. Hierin soll ihnen die vorliegende Ausgabe eine gewisse Unterstützung und Erleichterung gewähren. Ein wissenschaftlicher und verhältnißmäßig erschöpfender Kommentar hat selbstverständlich in dem kurzen Zeitraum, der seit der Verkündung des Gesetzbuchs verstrichen ist, nicht geschrieben werden können. Die Herausgeber haben sich deshalb eine be­ scheidenere Aufgabe gestellt; sie bieten den betheiligten Kreisen nur ein Handbuch, das den Leser in das Studium des neuen

IV

Vorwort.

Rechtes einführen, ihm den Zusammenhang der Rechtssätze an­ deuten, die Tragweite des einen und des anderen Satzes darlegen und auf diese Weise einen Wegweiser durch die oft recht ver­ schlungenen Pfade des Gesetzbuchs an die Hand geben soll. Diesem Zweck entsprechend ist nach einer Einleitung, welche die Entstehungsgeschichte des Bürgerlichen Gesetzbuchs enthält, der durch das Reichsgesetzblatt veröffentlichte Gesetzestext wort­ getreu abgedruckt und mit Erläuterungen versehen. Die Er­ läuterungen betreffen entweder einen größeren Theil des Gesetz­ buchs oder nur einen Paragraphen. Die ersteren schieben sich zwischen die Ueberschrift eines Buches, Abschnitts, Titels rc. und die darauf folgenden Gesetzesvorschriften ein; die letzteren sind als Anmerkungen dem Paragraphen beigefügt, auf welchen sie sich beziehen. Beide Kategorien heben sich durch kleinere Schrift von dem Text des Gesetzes ab. Als Erläuterung betrachten die Herausgeber auch die Ueberschriften, mit welchen sie die einzelnen Paragraphen ausgestattet haben, um den Leser in den Stand zu setzen, den Inhalt und das System einer Gruppe von Rechts­ normen mit Leichtigkeit zu überblicken. Die Herausgeber haben sich in die Bearbeitung des Gesetz­ buchs dergestalt getheilt, daß jeder von ihnen ein Buch über­ nommen hat, und zwar Greiff den Allgemeinen Theil, Andre das Recht der Schuldverhältnisse, Achilles das Sachenrecht, Unzner das Familienrecht und Ritgen das Erbrecht; die Einleitung, die Erläuterung des Einführungsgesetzes und das Sachregister sind von Greiff verfaßt worden. Die wenigen Abkürzungen,- die sich die Herausgeber gestattet haben, werden auch ohne weitere Erklärung verstanden werden. Zu bemerken ist nur, daß, wenn auf die „Denkschrift" schlechthin oder auf die „Anlage zur Denkschrift" verwiesen wird, hiermit die Anlage II der mit dem Entwürfe des Bürgerlichen Gesetz­ buchs dem Reichstage vorgelegten Denkschrift gemeint ist.

Inhalts-Hlebersicht Seite

xni-xxvi

Einleitung

Bürgerliches Gesetzbuch. Erstes Buch. Allgemeiner Theil. Krster KV schnitt.

Personen. Erster Titel. Natürliche Personen. 1 bis 20 ... . 1 Zweiter Titel. Juristische Personen. I. Vereine. 1. Allgemeine Vorschriften. §§. 21 bis 64..................... 8 2. Eingetragene Vereine. §§. 55 bis 79................................. 15 II. Stiftungen, tztz. 80 bis 88........................................................... 20 III. Juristische Personen des öffentlichen Rechtes. §. 89 . . . 22 Zweiter Kvschnitt. Sachen. $§. 90 bis 103................................. 23 Dritter KV schnitt. Rechtsgeschäfte. Erster Titel. Geschäftsfähigkeit. §§. 104 bis 115 ... . 26 Zweiter Titel. Willenserklärung. §§. 116 bis 144 ... 29 Dritter Titel. Vertrag. 145 bis 157...................................... 37 vierter Titel. Bedingung. Zeitbestimmung. §§. 158 bis 163 39 fünfter Titel. Vertretung. Vollmacht. §§. 164 bis 181 . 41 Sechster Titel. Einwilligung. Genehmigung. §§. 182 bis 185 46 Vierter Kvschnitt. Fristen. Termine. §§. 186 bis 193 . . 47 Knnfter Avschnitt. Verjährung. §§. 194 bis 225 ... . 49 Sechster KVschnitt. Ausübung der Rechte. Selbstvertheidigung. Selbsthülfe. §§. 226 bis 231........................................................... 59 Sieventer Avschnitt. Sicherheitsleistung. §§. 232 bis 240 . 60

VI

Inhalts-Uebersicht. Seite

Zweites Buch.

Recht der Lchuldverhaltniffe. Krster Abschnitt.

Inhalt der Schuldverhältnisse. Erster Titel. Verpflichtung zur Leistung. §§. 241 bis 292 . 64 Zweiter Titel. Verzug des Gläubigers. §§. 293 bis 304 . 78 Zweiter Abschnitt. Schuldverhältnisse aus Verträgen. Erster Titel. Begründung. Inhalt des Vertrags. §§. 305 bis 319.......................................................................................... 81 Zweiter Titel. Gegenseitiger Vertrag. §§. 320 bis 327 . . 85 Dritter Titel. Versprechen der Leistung an einen Dritten §§. 328 bis 335 .................................................................... 88 Vierter Titel. Drausgabe. Vertragsstrafe. §§. 336 bis 345 90 Fünfter Titel. Rücktritt. §§. 346 bis 361 ..... . 92 Dritter Abschnitt. Erlöschen der Schuldverhältnisse. Erster Titel. Erfüllung. §§. 362 bis 371................................. 96 Zweiter Titel. Hinterlegung. §§. 372 bis 386 ..................... 99 Dritter Titel. Aufrechnung. §§. 387 bis 396 ..................... 103 Vierter Titel. Erlaß. §§. 397 .... ..................... 106 Merter Abschnitt. Übertragung der Forderung. §§. 398 bis 413..............................................................................................106 Knnfter Abschnitt. Schuldübernahme. §§. 414 bis 419 . . 111 Sechster Abschnitt. Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern. §§. 420 bis 432 ......................................................................... 114 Siebenter Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse. Erster Titel. Kauf. Tausch. I. Allgemeine Vorschriften. §§. 433 bis 458 ..................... 118 II. Gewährleistung wegen Mängel der Sache. §§. 459 bis 493 124 III. Besondere Arten des Kaufes. 1. Kauf nach Probe. Kauf auf Probe. §§. 494 bis 496 132 2. Wiederkauf. §§. 497 bis 503 ..................................... 133 3. Vorkauf. §§. 504 bis 514...............................................135 IV. Tausch. §.515................................................................... 137 Zweiter Titel. Schenkung. §§. 516 bis 534 ..................... 137 Dritter Titel. Miethe. Pacht. I. Miethe. §§. 535 bis 580 ............................................... 143

II. Pacht. §§. 581 bis 597 ............................................... vierter Titel. Leihe. §§. 598 bis 606 ................................

156 160

Inhalts-Uebersicht.

VII Seite

Fünfter Titel. Darlehen. §§. 607 bis 610.............................. 162 Sechster Titel. Dienstvertrag. §§. 611 bis 630 . . . . 164 Siebenter Titel. Werkvertrag. §§. 631 bis 651 .... 170 Achter Titel. Mäklervertrag. §§. 652 bis,656 .................... 177 Neunter Titel. Auslobung. §§. 657 bis 661........................ 178 Zehnter Titel. Auftrag. §§. 662 bis 676 180 Elfter Titel. Geschäftsführung ohne Auftrag. §§. 677 bis 687 184 Zwölfter Titel. Verwahrung. §§. 688 bis 700 . . . . 187 Dreizehnter Titel. Einbringung von Sachen bei Gastwirthen. §§. 701 bis 704 ................................................................... 190 vierzehnter Titel. Gesellschaft. §§. 705 bis 740 ... . 191 Fünfzehnter Titel. Gemeinschaft. §§. 741 bis 758 . . . 201 Sechzehnter Titel. Leibrente. §§. 759 bis 761 .... 206 Siebzehnter Titel. Spiel. Wette. §§. 762 bis 764 .. . 207 Achtzehnter Titel. Bürgschaft. §§. 765 bis 778 ... . 208 Neunzehnter Titel. Vergleich. §. 779 ............................... 212 Zwanzigster Titel. Schuldversprechen. Schuldanerkenntniß. §§. 780 bis 782 ................................................................... 213 Einundzwanzigster Titel. Anweisung. §§. 783 bis 792 . 214 Iweiundzwanzigster Titel. Schuldverschreibung auf den Inhaber. §§. 793 bis 808 ................................................................... 216 Dreiundzwanzigster Titel. Vorlegung von Sachen. §§. 809 bis 811.............................................................. ... 222 Vierundzwanzigster Titel. Ungerccbtfertigte Bereicherung. §§.812 bis 822 .................................................................................. 223 Fünfundzwanzigster Titel. Unerlaubte Handlungen. §§. 823 bis 853 .................................................................................. 228

Drittes Buch.

Sachenrecht. tzrster ÄS schnitt. Besitz. §§. 854 bis 872 ............................... 239 Iweiter Kö schnitt. Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grund­ stücken.

§§. 873 bis 902

245

...................................................

Dritter K6 schnitt. Eigenthum. Erster Titel.

Inhalt des Eigenthums.

§§. 903 bis 924

.

257

Inhalts-Neberncht.

VIII

Seite

Zweiter Titel. Erwerb und Verlust des Eigenthums an Grundstücken. §§. 925 bis 928 ........................................... 264 Dritter Titel. Erwerb und Verlust des Eigenthums an beweg­ lichen Sachen. I. Uebertragung. §§. 929 bis 936 ................................ 266 II. Ersitzung. §§. 937 bis 945 ...................................... 268 III. Verbindung. Vermischung. Verarbeitung. §§. 946 bis 952 ...................................................................... 270 IV. Erwerb von Erzeugnissen und sonstigen Bestandtheilen einer Sache. §§. 953 bis 957 ................................ 272 V. Aneignung. §§. 958 bis 964 ................................ 274 VI. Fund. §§. 966 bis 984 ........................................... 275 vierter Titel. Ansprüche aus dem Eigenthume. §§. 985 bis 1007 ...................................................................................... 281 Fünfter Titel. Miteigentum. §§. 1008 bis 1011 ... 287

Vierter Abschnitt. Erbbaurecht. §§. 1012 bis 1017 ... 288 Jsnnfter Abschnitt. Dienstbarkeiten................................................ 289 Erster Titel. Grunddienstbarkeiten. §§. 1018 bis 1029 . . Zweiter Titel. Nießbrauch. I. Nießbrauch an Sachen. §§. 1030 bis 1067 . . . II. Nießbrauch an Rechten. §§. 1068 bis 1084 . . . III. Nießbrauch an einem Vermögen. §§. 1085 bis 1089 Dritter Titel. Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten. §§. 1090 bis 1093 ......................................................................................

290

Sechster Abschnitt. Vorkaufsrecht. §§. 1094 bis 1104 ... Siebenter Abschnitt. Reallasten. §§. 1105 bis 1112 . . . Achter Abschnitt. Hypothek. Grundschuld. Rentenschuld .

308

Erster Titel.

Hypothek.

307 311

314 §§. 1113 bis 1190................................ 316

Zweiter Titel. Grundschuld. Rentenschuld. I. Grundschuld. §§. 1191 bis 1198 ........................... II. Rentenschuld. §§. 1199 bis 1203 ...........................

Neunter Abschnitt.

293 302 305

342 344

Pfandrecht an beweglichen Sachen und

an Rechten. Erster Titel. Pfandrecht an beweglichen Sachen. 1204 bis 1272 ...................................................................................... Zweiter Titel. Pfandrecht an Rechten. 1273 bis 1296

346 365

Inhalts-Uebersicht.

IX Seite

Viertes Buch.

«LarnrUenrrcht. Erster Abschnitt.

Bürgerliche Ehe. Erster Titel. Verlöbniß. §§. 1297 bis 1302 ..................... 372 Zweiter Titel. Eingehung der Ehe. §§. 1303 bis 1322 . 374 Dritter Titel. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Ehe. §§. 1323 bis 1347 ................................................................................... 381 vierter Titel. Wiederverheirathung im Falle der Todes­ erklärung. §§. 1348 bis 1352 ......................................... 388 Fünfter Titel. Wirkungen der Ehe im Allgemeinen. §§. 1353 bis 1362 ................................................................................... 390 Sechster Titel. Eheliches Güterrecht. I. Gesetzliches Güterrecht........................................................ 394 1. Allgemeine Vorschriften. §§. 1363 bis 1372 ... 396 2. Verwaltung und Nutznießung. §§. 1373 bis 1409 397 3. Schuldenhaftung. §§. 1410 bis 1417......................... 407 4. Beendigung der Verwaltung und Nutznießung. §§. 1418 Lis 1425 409 5. Gütertrennung. §§. 1426 bis 1431......................... 411 II. Vertragsmäßiges Güterrecht. 1. Allgemeine Vorschriften. §§. 1432 bis 1436 ... 413 2. Allgemeine Gütergemeinschaft. §§. 1437 Lis 1518 . 414 3. Errungenschaftsgemeinschaft. §§. 1519 bis 1548 . 439 4. Fahrnißgemeinschaft. §§. 1549 bis 1557 .... 447 III. Güterrechtsregister. §§. 1558 bis 1563 ..................... 449 Siebenter Titel. Scheidung der Ehe. §§. 1564 bis 1587 . 451 Achter Titel. Kirchliche Verpflichtungen.. §. 1588 .... 459 Zweiter Abschnitt. Verwandtschaft. Erster Titel. Allgemeine Vorschriften. §§. 1589, 1590 . . 459 Zweiter Titel. Eheliche Abstammung. §§. 1591 bis 1600 . 460 Dritter Titel. Unterhaltspflicht. §§. 1601 bis 1615 ... 463 vierter Titel. Rechtliche Stellung der ehelichen Kinder. I. Rechtsverhältniß zwischen den Eltern und dem Kinde im Allgemeinen. §§. 1616 bis 1625 ............................... 468 II. Elterliche Gewalt. §. 1626 ......................................... 471 1. Elterliche Gewalt des Vaters. §§. 1627 bis 1683 . 472 2. Elterliche Gewalt der Mutter. 1684 bis 1698 . 486

X

Inhalts-Uebersicht. Sette

Rechtliche Stellung der Kinder aus nichtigen

fünfter Titel.

Ehen. §§. 1699 bis 1704 ........................................................ Sechster Titel. Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder.

490

§§. 1705 bis 1718........................................................................ 492 Siebenter Titel. Legitimation unehelicher Kinder.

I. Legitimation durch nachfolgende Ehe.

§§. 1719 bis 1722

496

§§. 1723 bis 1740 ....................... Annahme an Kindesstatt. §§. 1741 bis 1772 .

498 502

II. Ehelichkeitserklärung. Achter Titel.

Vormundschaft....................................................... 509 Vormundschaft für Minderjährige.

Dritter Abschnitt. Erster Titel.

I. Anordnung der Vormundschaft. n. Führung der Vormundschaft.

§§. 1773 bis 1792

§§. 1793 bis 1836

.

.

510

.

516

HI. Fürsorge und Aufsicht des Vormundschaftsgerichts. §§. 1837

bis 1848 ....................................................................................

IV. V. VI. VII.

Mitwirkung des Gemeindewaisenraths.

529

§§. 1849 bis 1851

532

....

632

Familienrath. §§. 1858 bis 1881 .................................. Beendigung der Vormundschaft. §§. 1882 bis 1895 . Zweiter Titel. Vormundschaft über Volljährige. §§. 1896

534 539

bis 1908 .......................................................................................... Dritter Titel. Pflegschaft. §§. 1909 bis 1921 .....

542 545

Befreite Vormundschaft.

§§. 1852 bis 1857

Fünftes Buch.

Erbrecht. Hrsker Abschnitt. Erbfolge. §§. 1922 bis 1941 ...................... Zweiter Abschnitt. Rechtliche Stellung des Erben.

550

Erster Titel. Annahme und Ausschlagung der Erbschaft. Fürsorge des Nachlaßgerichts.

§§. 1942 bis 1966

555

............................

Zweiter Titel. Haftung des Erben für die Nachlatzverbindlichkeiten....................................................................................................561

I. II. HI. IV.

Nachlaßverbindlichkeiten.

§§. 1967 bis 1969

....

562

.

562

§§. 1975 bis 1992

564

Jnventarerrichtung. Unbeschränkte Haftung des Erben. §§. 1993 bis 2013 ..............................................................

570

Aufgebot der Nachlaßgläubiger.

§§. 1970 bis 1974

Beschränkung der Haftung des Erben.

V. Aufschiebende Einreden.

Dritter Titel.

§§. 2014 bis 2017

Erbschaftsanspruch.

....

§§. 2018 bis 2031

.

.

575 576

XI Seite Mehrheit von Erben.................................................. 580 Inhalts-Uebersicht.

Vierter Titel.

I. Rechtsverhältniß der Erben unter einander.

bis 2057

§§. 2032

581

..............................................................................

II. Rechtsverhältniß zwischen den Erben und den Nachlaß­

gläubigern.

§§. 2058 bis 2063 .......................................

588

Dritter Abschnitt.

Testament. Allgemeine Vorschriften.

Erster Titel.

Zweiter Titel.

Erbeinsetzung.

§§. 2064 bis 2086

.

590

§§. 2087 bis 2099 ....

595

Dritter Titel.

Einsetzung eines Nacherben.

§§. 2100 bis 2146

597

vierter Titel. Fünfter Titel.

Vermächtniß. §§. 2147 bis 2191 .... Auflage. §§. 2192 bis 2196 .......................

610 622

Sechster Titel.

Testamentsvollstrecker.

Siebenter Titel.

§§. 2197 bis 2228

.

623

Errichtung und Aufhebung eines Testaments. ...................................................................

632

Gemeinschaftliches Testament. §§. 2265 bis 2278

641

Merter Abschnitt. Erbvertrag. §§. 2274 bis 2302 ... Annster Abschnitt. Pflichttheil. §§. 2303 bis 2338 ... Sechster Abschnitt. Erbunwürdigkeit. §§. 2339 bis 2345 . Siebenter Abschnitt. Erbverzicht. §§. 2346 bis 2352 ... Achter Abschnitt. Erbschein. §§. 2353 bis 2370 .... Yennter Abschnitt. Erbschaftskauf. §§. 2371 bis 2385 . .

643

§§. 2229 bis 2264

Achter Titel.

652 664

666 668

674

Einführungsgesetz. Hrster Abschnitt. Allgemeine Vorschriften. Artikel 1 bis 81 Zweiter Abschnitt. Verhältniß des Bürgerlichen Gesetzbuchs

.

678

zu ........................................

688

Verhältniß des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu den Landesgesetzen. Artikel 55 bis 152 .......................................

702

den Reichsgesetzen.

Artikel 32 bis 54

Dritter Abschnitt.

Aierter Abschnitt.

Uebergangsvorschriften.

Artikel 153 bis 218

730

Einleitung. Der 1. Januar 1900, der Tag, an welchem das Bürger­ liche Gesetzbuch in Kraft treten soll, wird einen Wendepunkt in der deutschen Rechtsgeschichte bilden; mit diesem Tage gelangt das deutsche Volk zum ersten Male in den Genuß eines einheit­ lichen bürgerlichen Rechtes. Die ältere Staats- und Rechtsentwickelung Deutschlands hatte zur Zersplitterung des Reiches in eine Unzahl kleiner und kleinster Gebiete mit verschiedenem Rechte geführt, als gegen Ende des Mittelalters die ftemden Rechte, voran das römische, ihren Zug über die Alpen begannen. Neben der Unzulänglickkeit des einheimischen Rechtes gegenüber den Bedürfnissen der $eit war die Verworrenheit und Zerrissenheit desselben einer der Haupt­ gründe, welche dem überlegenen Eindringlinge zum Siege ver­ halfen. Wenngleich die Entfaltung deutscher Rechtsgedanken durch diesen Ausgang des Jahrhunderte langen Kampfes zwischen ein­ heimischem und fremdem Rechte beklagenswerte Störungen er­ litt, so hat sich derselbe doch der Entwicklung nach dem nunmehr erreichten Ziele hin förderlich erwiesen. Durch die Aufnahme des römischen Rechtes wurde für ganz Deutschland ein Grundstock gemeinsamen bürgerlichen Rechtes gewonnen. Zugleich aber ergab sich daraus, daß das aufgenommene Recht ein fremdes, in einer fremden Sprache geschriebenes war, für die Folgezeit die drin­ gende Aufforderung, die hiermit verbundenen tiefgreifenden Miß­ stände durch Schaffung deutscher Gesetzbücher zu beseitigen. Diese Aufgabe konnte nach der staatlichen Gestaltung Deutschlands vorerst nur für einzelne Gebiete gelöst werden. So entstand 1756 der Codex Maximilianeus Bavaricus, 1794 das Allge­ meine Landrecht für die Königlich Preußischen Staaten, 1811 das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für die deutschen Erblande der österreichischen Monarchie. Auch der französische Code civil vom Jahre 1804 ist hier zu erwähnen, da er alsbald in aus­ gedehnten Gebieten Deutschlands eingeführt und nach dem Sturze

XIV

Einleitung.

der Napoleonischen Fremdherrschaft in Geltung belassen wurde. In Baden endlich hat eine Übersetzung des Code mit Aende­ rungen und Zusätzen als Badisches Landrecht im Jahre 1809 Gesetzeskraft erlangt und bis heute behalten. Während die genannten Gesetzeswerke nur das Bedürfniß einzelner Staaten befriedigten, erhob sich in der Zeit der Be­ freiungskriege, unter dem Eindrücke der durch diese geweckten vaterländischen Begeisterung, der Ruf nach einem einheitlichen deutschen Gesetzbuche. Einzelne Männer freilich, wie Konring, Leibniz und Pütter, hatten schon früher die Unvollkommen­ heit des bestehenden Rechtszustandes dargethan und ein allgemeines deutsches Gesetzbuch gefordert?) Die nationale Bedeutung eines solchen Werkes aber fand zum ersten Male in der 1814 veröffentlichten Schrift Thibaut's über die Nothwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland nachhaltig wirksamen Ausdruck. Selbst der gewichtige Widerspruch, dem Thibaut bei dem großen Rechtslehrer v. Savigny begegnete, vermochte das Verlangen nach einem einheitlichen Privatrechte nicht zum Schweigen zu bringen. Neben dem na­ tionalen Interesse war es vor Allem das Bedürfniß des stark entwickelten Verkehrs zwischen den verschiedenen deutschen Staaten, welches immer von Neuem an die Vereinheitlichung des bürgerlichen Rechtes gemahnte?) Freilich war die Erreichung dieses Zieles durch den Mangel einer einheitlichen Gesetzgebungsgemalt für die Staaten des deutschen Bundes wesentlich erschwert. Dennoch gelang es, durch die im Jahre 1847 geschaffene Wechsel­ ordnung und das in den Jahren 1857—1861 ausgearbeitete Handelsgesetzbuch aus zwei engeren Gebieten gemeinsames Recht ftrr alle deutschen Staaten herzustellen. Inzwischen hatten die weitergehenden Wünsche des Volkes durch die am 28. März 1849 verkündete „Verfassung des Deutschen Reichs" einen zwar praktisch wirkungslosen, aber bezeichnenden Ausdruck erhalten, indem da­ rin der Reichsgewalt die Aufgabe zugewiesen war, durch die Er­ lassung allgemeiner Gesetzbücher über bürgerliches Recht, Handels und Wechselrecht, Strafrecht und gerichtliches Verfahren die Rechtseinheit im deutschen Volke zu begründen. *) Eine Zusammenstellung älterer Stimmen für diese Forderung giebt E. Schwartz, Privatrechtliche Kodifikationsbestrebungen, im Archiv für bürgerliches Recht, Bd. 1 S. 38—49. 2) Ueber die literarischen Vertreter des Gedankens der Rechtseinheit vergl. Schwartz a. a. O. S. 71—112.

Einleitung.

XV

Gleichzeitig machten einzelne deutsche Staaten Versuche, für ihr Gebiet eine einheitliche Gestaltung des bürgerlichen Rechtes zu erzielen. Indessen gelangten die meisten Anläufe nicht über das Stadium der Entwürfe hinaus. Dies war das Schicksal der schon 1817 in Angriff genommenen, von 1832—1848 fort­ gesetzten Gesetzrevision in Preußen sowie der Kodifikationsbestrebungen in Bayern und Hessen, aus welchen der 1860 und 1864 zum Theil veröffentlichte Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern und der 1841—1853 bekannt ge­ gebene gleichnamige Entwurf für das Großherzogthum Hessen hervorgingen. Nur im Königreich Sachsen erreichten die lang­ jährigen gesetzgeberischen Arbeiten mit dem im Jahre 1863 ver­ kündeten Bürgerlichen Gesetzbuche das erstrebte Ziel. Im Gegensatze zu diesen Bestrebungen einzelner Bundes­ staaten schuf sich 1860 der Juristenstand der Nation in dem deutschen Juristentage ein dauerndes, einflußreiches Organ zur Vertretung seiner auf die Rechtseinheit gerichteten Wünsche. AIs dagegen im Jahre 1862 der Deutsche Bund nochmals einen Schritt zur Herstellung eines gemeinsamen Rechtes unternahm, warf die bevorstehende staatliche Umgestaltung Deutschlands schon ihren Schatten voraus: der Beschluß der Bundesversammlung, den Entwurf eines allgemeinen Gesetzes über Rechtsgeschäfte und Schuldverhältnisse ausarbeiten zu lassen, stieß auf den Wider­ spruch Preußens und anderer Staaten und gelangte nur ohne deren Mitwirkung zur Ausführung. Der so hergestellte Entwurf eines Deutschen Gesetzes über Schuldverhältnisse, nach dem Orte, an dem die Berathungen über ihn stattfanden, der Dresdener Entwurf genannt, wurde 1866 veröffentlicht; die Vorrede trug das Datum des 13. Juni, des Tages, welcher dem Zusammen­ bruche des Deutschen Bundes unmittelbar vorherging. Bei der staatsrechtlichen Neuordnung der deutschen Verhält­ nisse machte sich im konstituirendeu Reichstage des Norddeutschen Bundes alsbald das Bestreben geltend, den Bund auch mit den erforderlichen Befugnissen für eine einheitliche Privatrechtsgesetzgebung auszustatten *). Während der von den Regierungen am *) Ueber die nachstehend berührten parlamentarischen Verhandlungen vergl. die ausführlichen Mittheilungen bet Schwartz a. a. O. S. 142 bis 150 und bei Vierhaus, die Entstehungsgeschichte des Entwurfes eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich, Heft 1 der BekkerFischer'schen Beiträge zur Erläuterung und Beurtheilung des Entwurfes u. s. w. S. 83—44. Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch. 2

XVI

Einleitung.

4. März 1867 vorgelegte Verfassungsentwurf im Art. 4 Nr. 13 der Gesetzgebungsgewalt des Bundes auf privatrechtlichem Ge­ biete nur das Wechsel- und Handelsrecht zuwies, beantragte der Abgeordnete Miquel, die Bundeszuständigkeit auf das ganze bürgerliche Recht auszudehnen, der Abgeordnete Lasker, sie wenigstens auf das Obligationenrecht zu erstrecken (Drucksachen des Reichstags Nr. 29 und Nr. 16 unter 4). In der Sitzung vom 20. März 1867 (Sten. Berichte S. 284—292) wurde der umfassendere erste Antrag abgelehnt, der beschränktere Antrag da­ gegen angenommen. Diesem Beschluß entsprach die Entscheidung der Zuständigkeitsfrage in der Verfaffung des Norddeutschen Bun­ des (B.G.Bl. S. 1). Im Jahre 1869 brachten jedoch die vor­ genannten beiden Abgeordneten gemeinsam den früheren weiter­ gehenden Antrag wiederum ein, und dies Mal wurde derselbe nach eingehender Erörterung in drei Sitzungen mit großer Mehr­ heit angenommen (Sten. Berichte S. 445—470, 647—654, 833 bis 835). Noch in demselben Jahre führten die gleichen Antrag­ steller einen der Erweiterung der Bundeszuständigkeit günstigen Beschluß des preußischen Abgeordnetenhauses herbei (Drucks, dess. 1869/70 Nr. 32, Sten. Berichte S. 89, 720—742, 1091—1098). Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 16. April 1871 (R.G.Bl. S. 63) übernahm zunächst den Artikel 4 Nr. 13 der Norddeutschen Bundesverfassung in unveränderter Gestalt. Auf Antrag des Abgeordneten Lasker beschloß jedoch der Reichstag in den Jahren 1871, 1872 und 1873 immer von neuem mit großer Mehrheit die Ausdehnung der Reichszuständigkeit auf das gesammte bürgerliche Recht (Sten. Berichte 1871 S. 206 ff., 276 ff.; 1872 5. 596 ff., 726; 1873 S. 167 ff., 210). In dem gleichen Sinne sprachen sich die sächsische Kammer der Abgeordneten am 23. Fe­ bruar 1872, die württembergische Kammer der Abgeordneten am 30. Januar 1873 sowie die bayerischen Kammern der Abgeord­ neten und der Reichsräthe am 8. November und 4. Dezember 1873 aus. Inzwischen hatte sich auch in der Haltung der ver­ bündeten Regierungen ein Umschwung vollzogen. Schon der Beschluß des Reichstags vom Jahre 1871 hatte im Bundesrath eine erhebliche Minderheit für sich gehabt. In der Reichstags­ sitzung vom 2. April 1873 konnte endlich der Minister Delbrück die Annahme der vom Reichstage beschlossenen Verfassungs­ änderung seitens des Bundesraths in nahe Aussicht stellen. Am 12. Dezember 1873 ertheilte der letztere denn auch mit 54 gegen 4 Stimmen dem erneuten Reichstagsbeschlusse die verfassungs­ mäßige Zustimmung. In der am 24. Dezember 1873 ausge-

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XVII

gebenen Nummer 34 des Reichsgesetzblatts von 1873 (S. 379) wurde das Gesetz, betreffend die Abänderung der Nr. 13 des Artikels 4 der Verfassung des Deutschen Reichs, vom 20. Dez. 1873 verkündet. Nachdem hiermit die Grundlage für die reichsgesetzliche Her­ stellung eines einheitlichen bürgerlichen Rechtes gewonnen war, gingen die verbündeten Regierungen ungesäumt ansWerk^). Schon vorher war über den einzuschlagenden Weg eine Verständigung dahin erzielt, daß eine Kommission zur Ausarbeitung des Ent­ wurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs berufen werden sollte. Noch in der Sitzung vom 12. Dezember 1873 erhielt der Ausschuß für das Justizwesen den Auftrag, sich über die Einsetzung dieser Kommission zu äußern. Gemäß dem Anträge des Ausschusses betraute der Bundesrath sodann am 28. Februar 1874 zunächst fünf angesehene deutsche Juristen, nämlich den Reichsoberhandels­ gerichtsrath Dr. Goldschmidt, den württembergischen Ober­ tribunalsdirektor Dr. v. Kübel, den preußischen Appellations­ gerichts-Präsidenten Meyer, den Präsidenten des bayerischen Oberappellationsgerichts v. Neumayr und den Präsidenten des sächsischen Oberappellationsgerichts v. Weber, mit der Ausgabe, über Plan und Methode, nach welchen bei Aufstellung des Entwurfs eines deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs zu ver­ fahren sei, gutachtliche Vorschläge zu machen. Nach Erkrankung des Präsidenten Meyer trat an dessen Stelle der damalige Präsi­ dent des preußischen Appellationsgerichts zu Halberstadt (spätere Justizminister) Dr. v. Schelling. Diese Vorkommission ent­ wickelte in ihrem unter dem 15. April 1874 erstatteten Gutachten in Bezug auf die allgemeine Aufgabe des Gesetzbuchs, den Um­ fang des aufzunehmenden Stoffes, das Verhältniß zu dem be­ stehenden Rechte und den früheren Entwürfen sowie das Verfahren bei der Ausarbeitung die Gesichtspunkte, an welchen weiterhin im Wesentlichen festgehalten worden ist. Auf einen dem Gut­ achten zustimmenden ausführlichen Bericht des Ausschusses für Justizwesen vom 9. Juni 1874*2) beschloß der Bundesrath am 22. Juni die Berufung einer Kommission von 11 hervorragenden praktischen und theoretischen Juristen zur Ausarbeitung des Ent’) Zu der folgenden Darstellung vergl. Schwartz a. a. O. S. 161 ff. und Vierhaus a. a. O. S. 44 ff. 2) Ein wörtlicher Abdruck dieses Berichtes sowie des Gutachtens der Vorkommission findet sich in Rassow und Küntzel's Beiträgen zur Erläuterung des deutschen Rechts Bd. 21 S. 176—214.

XVIII

Einleitung.

wurfes eines Bürgerlichen Gesetzbuches. Zu Mitgliedern der Kommission wurden am 2. Juli 1874 gewählt: der Appellations­ gerichtsrath Derscheid in Colmar, der badische Ministerialrath Dr. Gebhard, der preußische Obertribunalsrath Johow, ber Württembergische Obertribunalsdirektor Dr. v. Kübel, der preu­ ßische Geheime Justizrath und vortragende Rath im Justizmini­ sterium Kurlbaum II, der Wirkliche Geheime Rath und Präsident des Reichs-Oberhandelsgerichts Dr. Pape, der preußische Ap­ pellationsgerichtsrath Dr. Planck, der bayerische Professor der Rechte Dr. v. Roth, der bayerische Ministerialrath Dr.v. Schmitt, der sächsische Oberlandesgerichtspräsident Dr. v. Weber und der badische Geheime Rath und Professor der Rechte in Heidelberg Dr. v. Windscheid. Bei der Zusammensetzung der Kommission war ersichtlich auf eine entsprechende Vertretung der innerhalb des Reichs bestehenden großen Rechtssysteme, des gemeinen, des preußischen, des französischen (badischen) und des sächsischen Rechtes, Bedacht genommen. Der Mitgliederbestand erlitt in der Folge mehrfache Aenderungen?) Im Oktober 1883 schied v. Windscheid aus. Anfang Januar 1884 starb nach langer Krankheit Dr. v. Kübel und wurde durch den württembergischen Professor der Rechte Dr. v. Mandry ersetzt. Im Februar 1888 verstarb v. Weber, und an seine Stelle trat der vortragende Rath im sächsischen Ministerium der Justiz Geheime Justizrath Dr. Rüger. Zum Vorsitzenden der Kommission ernannte der Reichskanzler den Präsidenten Pape. Am 17. September 1874 trat die Kommission zum ersten Male zusammen, um weiter bis Ende September in sieben Sitzungen ihren Arbeitsplan festzustellen. Sie beschloß in Uebereinstimmung mit dem vom Bundesrathe gebilligten Gutachten der Vorkom­ mission, keines der geltenden Gesetzbücher und keinen der vorhan­ denen Entwürfe ihren Berathungen zu Grunde zu legen, sondern durch fünf ihrer Mitglieder mit Motiven versehene Vorentwürfe für die in Aussicht genommenen fünf Theile des Gesetzbuchs aus­ arbeiten zu lassen. Zu Redaktoren wurden bestellt für den Alli) Als Hülssarbeiter, namentlich zur Unterstützung der Redaktoren und zur Ausnahme der Protokolle, wurden der Kommission im Laufe ihrer Berathungen beigeordnet der Kreisgerichtsrath Neu bau er in Berlin, der Stadtgerichtsrath Achilles daselbst, der Gerichtsrath Börner in Leipzig, der Obergerichtsrath Braun in Celle, der Stadtgerichtsafsessor Vogel in Darmstadt, der Kanzleirath Dr. Martini in Rostock, der Obergerichtsassessor Struckmannin Göttingen, der Kreisrichter v. Liebe in Braunschweig und der Landgerichtsrath Ege in Stuttgart.

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XIX

gemeinen Theil Dr. Gebhard, für das Recht der Schuld­ verhältnisse Dr. v. Kubel, für das Sachenrecht Johow, für das Familienrecht Dr. Planck, für das Erbrecht Dr. v. Schmitt. Die Aufstellung der Theilentwürfe nahm die folgenden sechs Jahre in Anspruch. Dieser langsame Fortgang der Arbeit wird erklärlich, wenn man beachtet, welch ein ungeheurer Stoff in dem bisherigen Recht und der Literatur sich angehäuft hatte, daß die Sammlung und Sichtung dieses Stoffes äußerst mühe­ voll und zeitraubend war und daß dann noch zu jedem Entwurf eine umfangreiche Begründung ausgearbeitet werden mußte. Die Kommission trat inzwischen alljährlich auf mehrere Wochen zusammen, um die für den Fortgang der Vorarbeiten nothwendig werdenden Entscheidungen zu treffen. Dagegen begannen am 4. Oktober 1881 die fortlaufenden Berathungen über die Theil­ entwürfe. Für das Recht der Schuldverhältnisse diente dabei, soweit der Theilentwurf wegen der Erkrankung des Redaktors nicht hatte vollendet werden können, der sog. Dresdener Entwurf als Grundlage. Die Berathungen dauerten einschließlich der am 30. September 1887 begonnenen Schlußrevision bis gegen Ende Dezember 1887. Mit Bericht vom 27. Dezember überreichte der Vorsitzende den fertiggestellten Entwurf erster Lesung dem Reichskanzler. Die Kommission vollendete weiter noch bis zu ihrer Auflösung Ende März 1889 in erster Lesung die Entwürfe eines Einführungs­ gesetzes zum Gesetzbuche, einer Grundbuchordnung und eines Gesetzes über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Ver­ mögen. Die volle Rechenschaft über die Gesammtthätigkeit der Kom­ mission am Gesetzbuche war in den von den Redaktoren vorge­ legten Motiven und in den Berathungsprotokollen enthalten, von denen die ersteren zusammen mit den Zusammenstellungen und Theilentwürfen der Kommission 19 Druckbände in Folio füllen, die Protokolle, 734 an der Zahl, insgesammt 12313 Folioseiten umfassen. Auf Grund dieser nicht veröffentlichten Materialien arbeiteten demnächst die Hülfsarbeiter der Kommission Motive aus, und zwar Börner zum Allg. Theil, Ege zum Recht der Schuldverhältnisse, Achilles und v. Liebe zum Sachenrecht, Struckmann zum Familienrecht, Neubauer zum Erbrecht. Eine Prüfung dieser Arbeiten durch die Kommission hat nicht stattgefunden. Zufolge eines Beschlusses des Bundesraths vom 31. Januar 1888 wurde der Entwurf des Gesetzbuchs mit den erwähnten,

XX

Einleitung.

fünf Bände starken Motiven*) durch den Druck veröffentlicht. Der amtlichen Ausgabe des Entwurfes war ein Vorwort beigegeben, in welchem die Vertreter der Rechtswissenschaft und die zur Rechts­ pflege Berufenen sowie die Vertreter wirtschaftlicher Interessen aufgefordert wurden, von dem Entwürfe Kenntniß zu nehmen und mit ihren Urtheilen und Vorschlägen hervorzutreten. Während der folgenden Jahre zeitigte denn auch die allgemeine Theil­ nahme an dem Gesetzgebungswerke eine außerordentlich reich­ haltige Literatur über den Entwurf, deren Umfang daraus erhellt, daß eine im Reichs-Justizamt gefertigte Zusammenstellung von Auszügen der bis zum November 1890 bekannt gewordenen kritischen Aeußerungen sechs Druckbände fülltet Unter der großen Zahl der Beurtheiler fehlte es nicht an gewichtigen Stimmen, welche sich schlechthin ablehnend aussprachen; im Allgemeinen ergab sich jedoch eine weitgehende Uebereinstimmung dahin, daß der Entwurf zwar seinem Inhalt und namentlich seiner Form nach einer wiederholten gründlichen Nachprüfung und Umarbeitung bedürfe, aber geeignet sei, als Grundlage für den Neubau der Privatrechtsordnung zu dienen. In der That kann eine gerechte. Würdigung aller an der Entstehung des Gesetzbuchs betheiligten Faktoren die grundlegenden Verdienste nicht verkennen, welche die erste Kommission sich um die Aufrichtung des Werkes er­ worben hat. Am 4. Dezember 1890 traf der Bundesrath die vorbehaltene Entscheidung über die weitere Behandlung des Entwurfs. Er beschloß, diesen nebst dem Entwürfe des Einführungsgesetzes durch eine neu zu bildende Kommission einer zweiten Lesung unterziehen zu lassen. Auch in der neuen Kommission bildeten zwar Vertreter der Rechtswissenschaft sowie der richterlichen und anwaltlichen Praxis die Mehrheit; bei ihrer Auswahl fanden wieder die verschiedenen großen Rechtsgebiete Berücksichtigung, auch wurde für Herstellung eines persönlichen Zusammenhanges mit der ersten Kommission Sorge getragen. Außerdem aber war auf eine Vertretung der wirtschaftlichen Interessen, der Land­ wirthschaft, des Handels und des Gewerbes sowie der volkswirthschaftlichen Wissenschaft und zugleich der großen Parteien des Reichstags Bedacht genommen. Die Kommission, deren *) Die amtliche Ausgabe erschien im Verlage von I. Guttentag (D. Collin) in Berlin und Leipzig 1888. 2) Die Zusammenstellung ist als Manuskript gedruckt und nicht im Buchhandel erschienen.

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Mitgliederzahl ursprünglich auf 22 festgesetzt, sodann durch Be­ schluß vom 19. März 1891 auf 24 erhöht wurde, im weiteren Verlaufe aber sich wiederum verringerte, wurde aus ständigen und nichtständigen Mitgliedern zusammengesetzt, von denen die letzteren nur bezüglich der Verpflichtung zur Theilnahme an den Sitzungen erleichtert waren. AIs ständige Mitglieder gehörten der Kommission im Beginne der sachlichen Berathungen zunächst an: der Staatssekretär des Reichs-Justizamts Dr. Bosse, der Direktor in demselben Amte Wirkliche Geheime Rath Hanauer, der preußische Geheime Justizrath und Professor Dr. Planck, die vortragenden Räthe im preußischen Justizministerium Geheime Ober-Justizräthe Küntzel und Eichholz, der Ministerialrath im bayerischen Ministerium der Justiz v. Jacubezky, der vor­ tragende Rath im sächsischen Justizministerium Geheime Rath Dr. Rüger, der württembergische Professor Dr. v. Mandry, der badische Geheime Rath und Professor Dr. Gebhard, der hessische Ministerialrath Dr. Dittmar und der hamburgische Rechtsanwalt Dr. Wolffson sen. Nichtständige Mitglieder waren der preußische Geheime Regierungsrath und Professor der Na­ tionalökonomie in Halle Dr. Conrad, der Geheime Justizrath und Professor der Rechte zu Berlin Dr. von Cuny, der preußische Oberforstmeister und Direktor der Forstakademie zu Eberswalde Dr. D an ckelmann, der Gutsbesitzer Freiherr v. Gagern in Erlangen, der Brauerei-Direktor Goldschmidt in Berlin, der Rittergutsbesitzer v. Helld orf-Bedra, der Kammer­ gerichtsrath Hoffmann in Berlin, der preußische Ober-Bergund Hüttendirektor Geheime Bergrath Leuschner, der preußische Landrath und Rittergutsbesitzer Freiherr von ManteuffelCrossen, der Geschäftsinhaber der Diskontogesellschaft in Berlin, Generalkonsul Rüssel, der sächsische Geheime Hofrath Professor Dr. Soh m in Leipzig, der Kammergerichtsrath Spahn in Berlin und der Rechtsanwalt und Notar Justizrath Wilke daselbst. An den Berathungen der Kommission nahmen ferner als Kommissare der Reichs-Justizverwaltung Theil: der preußische Oberlandes­ gerichtsrath (später Reichsgerichtsrath) Achilles, der vortragende Rath im sächsischen Justizministerium Geheime Justizrath Börner und der vortragende Rath im Reichs-Justizamt Geheime OberRegierungsrath Struckmann. Von ihnen traten Struckmann bald nach Beginn, Börner gegen Schluß der Berathungen als Mitglieder in die Kommission ein. Der Vorsitz in der Kom­ mission wechselte mehrfach. Nach dem Staatssekretär von Oehlschläger, welcher noch vor Beginn der sachlichen Berathungen

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Einleitung.

in Folge seiner Ernennung zum Reichsgerichtspräsidenten aus der Kommission ausschied, führten nach einander den Vorsitz dessen Amtsnachfolger Dr. Bosse und Hanauer, nach des Letzteren Tode seit dem April 1893 der bisherige stellvertretende Vorsitzende Küntzel. Zu Referenten wurden vom Vorsitzenden bestimmt für den Allgemeinen Theil und das Einführungs­ gesetz Gebhard, für das Recht der Schuldverhältnisse Jacubezky, für das Sachenrecht Küntzel, für das Familienrecht v. Mandry, für das Erbrecht Rüger; die Stellung des Generalreferenten versah während der ganzen Berathungszeit Dr. Planck?) Nach einer vorbereitenden Sitzung vom 15. Dezember 1890 trat die Kommission am 1. April 1891 in die sachliche Be­ rathung ein Ueber den Fortgang der Arbeiten wurde all­ wöchentlich im Reichsanzeiger berichtet. Ueberhaupt ging im Gegensatze zu dem bei der I. Kommission beobachteten Verfahren das Bestreben jetzt dahin, der Oeffentlichkeit dauernd Einblick in die Thätigkeit der Kommission zu gewähren. Die Berathungen schlossen sich der Paragraphenfolge des Entwurfes an. Bei ein­ zelnen besonders wichtigen oder schwierigen Gegenständen, wie der Regelung der Gesammthypothek, des ehelichen Güterrechts, der Haftung der Erben, wurde durch besondere Subkommissionen der Gesammtkommission vorgearbeitet. Einer Redaktionskom­ mission, welche Anfangs aus dem stellvertretenden Vorsitzenden, später aus dem Vorsitzenden selbst und dauernd aus dem Gene­ ralreferenten und dem jeweiligen Referenten sowie zum Theil noch aus anderen Mitgliedern der Kommission bestand, fiel die bedeutsame Aufgabe zu, den sachlichen Beschlüssen der Kommission eine von den formellen Mängeln des ersten Entwurfes freie Fassung zu geben. Die so von der Redaktionskommission auf Grund der erstmaligen Berathung der Kommission fertiggestellten Theilentwürfe wurden 1894 und 1895 veröffentlicht?) Die x) Als Schriftführer waren der Kommission ursprünglich zugetheilt die preußischen Gerichtsaffefforen von Jecklin, Greiff und Dr. v. Schelling sowie der Amtsrichter Kayser; für die an erster und letzter Stelle ge­ nannten traten später ein der preußische Gerichtsaffeffor und Privatdozent in Göttingen Dr. Andr6, der bayerische Amtsrichter Dr. Unzner und der preußische Gerichtsaffeffor Ritgen. 2) Sie sind unter dem Titel: „Entwurf eines Bürgerlichen Gesetz­ buchs für das Deutsche Reich. Zweite Lesung. Nach den Beschlüssen der Redaktionskommission." im gleichen Verlage wie der Entwurf erster Lesung erschienen.

Einleitung

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Kommission unterzog dieselben alsdann während der Zeit vom 6. Mai bis 19. Juni 1895 unter Berücksichtigung der bekannt gewordenen Urtheile und Vorschläge der Kritik einer Revision. Nachdem auf dieser Grundlage der Entwurf des Gesetzbuchs seine endgültige Fassung erhalten hatte, wurde er Ende Ok­ tober 1895 dem Bundesrath vorgelegt. In den folgenden Mo­ naten erledigte die Kommission noch die zweite Lesung des Entwurfs eines Einführungsgesetzes, so daß auch dieser vor dem Jahresschlüsse an den Bundesrath gelangen konnte. Mit der Vollendung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend Aenderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Civilprozeßordnung und der Konkursordnung, beschloß die Kommission im Februar 1896 ihre Berathungen, über welche 457 Sitzungsprotokolle von zusammen 9524 Folioseiten Auskunft gebend) Inzwischen hatte der Ausschuß des Bundesraths für Justizwesen vom 7. Oktober bis 11. Dezember 1895 den Entwurf des Gesetzbuchs durchberathen. Der Bundesrath selbst ertheilte am 16. Januar 1896 dem Entwürfe mit den vom Ausschüsse be­ schlossenen Aenderungen seine Zustimmung. Am 17. Januar 1896, unmittelbar vor dem 25. Gedenktage der Kaiserproklamaüon zu Versailles, überreichte der Reichskanzler Fürst Hohen­ lohe den Entwurf nebst einer im Reichs-Justizamte gefertigten Denkschrift persönlich dem Reichstage (Drucks, des Reichstags Nr. 87, Sten.-Bericht S. 390). Am 25. Januar folgte der Ent­ wurf des Einführungsgesetzes nach, welcher im Bundesrathe vom Ausschuß für Justizwesen vom 14. bis 20. Januar in vier Sitzungen berathen und in der dort beschlossenen Gestalt vom Plenum am 23. Januar genehmigt worden war. Diesem Ent­ würfe waren Materialien zum dritten Abschnitt desselben, bestehend in Auszügen aus den Motiven des Entwurfs erster Lesung und den Protokollen zweiter Lesung, beigegeben (Drucks, des Reichs­ tags Nr. 87a). a) Im Reichstage fand die erste Berathung der beiden Ent­ würfe in den vier Sitzungen vom 3. bis 6. Februar 1896 statt (Sten. Berichte S. 705—793). Als Vertreter der verbündeten Regierungen nahmen an den Verhandlungen vornehmlich Theil der Staatssekretär des Reichs-Justizamts Dr. Nieberding und Die Protokolle sind nicht im Druck erschienen. 2) Abdrücke der Reichstagsvorlagen sind u. A. auch von der Verlags^ buchhandlung I. Guttentag herausgegeben worden.

XXIV

Einleitung,

mehrere Mitglieder der zweiten Kommission. Die erste Berathung endete damit, daß die Entwürfe einer Kommission von 21 Mit­ gliedern mit der Ermächtigung überwiesen wurden, einzelne Ab­ schnitte ohne vorherige Berathung durch Mehrheitsbeschlüsse un­ verändert anzunehmen. Am 7. Februar trat die Kommission (die XII.) zum ersten Male zusammen und wählte zum Vor­ sitzenden den Abg. Spahn, zu Berichterstattern die Abg. Dr. Enneccerus für die beiden ersten Bücher, Dr. v. Buchka für das dritte Buch, Dr. Bachem für das vierte Buch, Schröder für das fünfte Buch und das Einführungsgesetz.r) Ohne von der ihr ertheilten Ermächtigung Gebrauch zu machen, unterzog die Kommission die Entwürfe in 53 Sitzungen zwei Lesungen. Zwischen denselben gelang es, über die hauptsächlich streitigen Punkte, insbesondere das Vereinsrecht und das per­ sönliche Eherecht, zwischen der Mehrheit der Kommission und den verbündeten Regierungen eine Verständigung zu erzielen. Ueber die Kommissionsberathungen wurden schriftliche Berichte erstattet (Drucksachen Nr. 440 bis 440d). In der 109. Sitzung, die am 19. Juni 1896 stattsand, trat der Reichstag nach Ablehnung eines Antrags auf Absetzung des Gegenstandes von der Tagesordnung in die zweite Berathung des Gesetzbuchs ein und führte diese sowie die zweite Be­ rathung des Einführungsgesetzes in der 116. Sitzung, am 27. Juni, zu Ende (Sten. Berichte S. 2717—3036). In den beiden folgenden Sitzungen, am 30. Juni und 1. Juli, wurde sodann die dritte Berathung der Entwürfe erledigt (Sten. Ber. S. 3040—3106). Bei der namentlichen Gesammtabstimmung entschieden sich von den anwesenden 288 Abgeordneten 222 mit Ja, 48 mit Nein, während der Rest sich der Abstimmung ent­ hielt. Die Entwürfe waren somit endgültig angenommen. Nachdem am 14. Juli der Bundesrath den Entwürfen seine verfassungsmäßige Zustimmung ertheilt hatte, wurden die­ selben am 18. August 1896 vom Kaiser vollzogen. Die Ver­ kündung ist durch die am 24. August zu Berlin ausgegebene

*) Außer den Genannten gehörten der Kommission an die Abg. Dr. v. Bennigsen, Dr. v. Cuny, Dr. v. Dziembowski-Pomian, Frohme, Gröber (Württemberg), Himburg, Jskraut, Kauff­ mann, Lenzmann, Berner, Dr. Lieb er (Montabaur), Mark, Pauli, Graf v. Roon, v. Salisch^ Stadthagen, Freiherr v. StummHalberg.

Einleitung. Nummer 21 befolgt.

des

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Reichsgesetzblatts (S. 195—603, 607—650)

Das Bürgerliche Gesetzbuch bietet grundsätzlich eine Neu­ regelung des gesammten bürgerlichen Rechtes. Es läßt demnach das Gebiet des öffentlichen Rechtes unberührt, soweit sich nicht einzelne in dieses Gebiet übergreif nde Bestimmungen darin finden. Dagegen ordnet es das bürgerliche Recht dem ganzen Umfange nach neu. Seine Tragweite unterliegt hier nur den im Gesetzbuche selbst und im Einführungsgesetze vorgesehenen Einschränkungen. Diese beziehen sich zunächst auf die bestehenden Reichsgesetze. Es erschien im Allgemeinen weder durch die Aufgabe des Gesetzbuchs geboten noch auch nur zweckmäßig, den privatrechtlichen Inhalt der bisherigen Reichsgesetze in das Gesetzbuch einzubeziehen. Die Vorschriften der Reichsgesetze bleiben deshalb in Kraft, soweit sich nicht aus dem Gesetzbuch oder aus dem Einführungsgesetze die Aufhebung ergiebt (vergl. Einf.Ges. Art. 32). Umgekehrt bethätigt sich gegenüber den Landesgesetzen die Bedeutung des Gesetzbuchs als Kodifikation des bürgerlichen Rechtes in dem Grundsätze, daß die privatrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze außer Kraft treten, soweit nicht in dem Gesetz­ buch oder dem Einführungsgesetz ein Anderes bestimmt ist (vergl. Einf.-Ges. Art. 55). Derartige Vorbehalte zu Gunsten der Landesgesetze stellt das Einführungsgesetz in großer Zahl auf. Sie überweisen theils einzelne Sonderrechtsgebiete ganz der landesgesetzlichen Regelung, theils gestatten sie nur gewisse Ab­ weichungen von Vorschriften des Gesetzbuchs. Einigen der all­ gemeinen Vorbehalte kommt übrigens von vornherein nur vorübergehende Bedeutung zu. Namentlich ist für die vorerst noch dem Landesrecht zugewiesenen Gebiete des Versicherungs­ und des Verlagsrechts eine baldige reichsgesetzliche Ordnung in Aussicht genommen. Auch nach anderen Richtungen wird sich an das Bürger­ liche Gesetzbuch eine umfassende weitere Thätigkeit der Reichs­ gesetzgebung anschließen. Sie betrifft zunächst diejenigen Gesetze, für welche bereits im Art. 1 des Einführungsgesetzes gleich­ zeitiges Inkrafttreten mit dem Gesetzbuchs vorgesehen ist, nämlich das Gesetz betreffend Aenderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Civilprozeßordnung und der Konkursordnung, das Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, die

XXVI

Einleitung.

Grundbuchordnung und das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Dazu kommt die schon jetzt in den vorbereitenden Stadien weit fortgeschrittene Revision des Handelsgesetzbuchs. Erst nach der Verabschiedung aller dieser mit dem Gesetzbuch eng zusammenhängenden Gesetze wird der innere Ausbau der Rechtsordnung des Deutschen Reichs für eine hoffent­ lich lange Zeit zum Abschlüsse gelangt sein.

Erstes Buch.

Allgemeiner Theil. Das B.G.B. giebt keine Vorschriften über die Entstehung und die Aufhebung der Rechtsnormen. Die für das Gesetzesrecht maßgebenden Grundsätze gehören dem Staatsrecht an. Bezüglich des Gewohnheitsrechts ergießt sich aus Art. 2 der Reichsverfassung die Unwirksamkeit eines auf einzelne Theile des Reichsgebiets beschränkten, das Reichsrecht abändernden oder auch nur ergänzenden Gewohnheitsrechts. Die künftige Bildung eines Gewohnheitsrechts bleibt rechtlich möglich. Ueber die Bedeutung des Wortes „Gesetz" vergl. Einf.Ges. Art. 2. Auch die Auslegung der Rechtsnormen ist im B.G.B. nicht zum Gegenstand gesetzlicher Regelung gemacht, sondern ganz der Rechtswifsenschast und der Rechtsprechung üß erlassen. Von den räumlichen Grenzen des Geltungsgebiets der Rechtsnormen handeln die Art. 7—81, von den zeitlichen Grenzen mit ausschließlicher Beziehung auf das B.G.B. selbst die Art. 153—218 des Einf.Ges.

Mer Abschnitt. Personen. Erster Titel.

Natürliche Personen.

Rechtsfähigkeit. § 1. Die Rechtsfähigkeit des Menschen*) beginnt mit der Vollendung der Geburt?) *) Jeder Mensch ist rechtsfähig. Beschränkungen der Erwerbsfähig­ keit der Religiösen Einf.Ges. Art. 87, der Ausländer ebenda Art. 88. 2) Lebensfähigkeit nicht erforderlich. — Ueber Schutz der Leibesfrucht vergl. §§. 844 Abs. 2, 1777 Abs. 2, 1912, 1918 Abs. 2, 1923 Abs. 2, 1963, 2048, 2108 Abs. 1, 2178. Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch.

1

2

Allgemeiner Theil.

Personen.

Volljährigkeit. § 2. Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung*) des ein­ undzwanzigsten Lebensjahrs ein?) *) Berechnung §. 187 Abs. 2. *) In Bezug auf Ausländer vergl. Einf.Ges. Art. 7 Abs. 2. UolljährigKettserKlärung. Uebergangsvorschriften im Einf.Ges. Art. 153, 154. § 3. Ein Minderjähriger, der das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, *) kann durch Beschluß des Vormundschaftsgerichts für volljährig erklärt werden. Durch die Volljährigkeitserklärung2) erlangt der Minder­ jährige die rechtliche Stellung eines Volljährigen. *) Berechnung §. 187 Abs. 2. 2) und nur durch diese; insbesondere macht Heirath nicht mündig. § 4. Die Volljährigkeitserklärung ist nur zulässig, wenn der Minderjährige seine Einwilligung ertheilt. Steht der Minderjährige unter elterlicher Gewalt,*) so ist auch die Einwilligung des Gewalthabers erforderlich, es sei denn, daß diesem weder die Sorge für die Person noch die Sorge für das Vermögen des Kindes zusteht.2) Für eine minderjährige Wittwe ist die Einwilligung des Gewalthabers nicht erforderlich. *) Vergl. §§. 1626, 1627, 1676—1680, 1684, 1685, 1696, 1697, 1699 ff., 1707, 1719, 1736, 1757, 1765. 2) Vergl. §§. 1666, 1670. 8 5. Die Volljährigkeitserklärung soll nur erfolgen, wenn sie das Beste des Minderjährigen befördert. Entmündigung.

Uebergangsvorschriften im Einf.Ges. Art. 156, 156. § 6. Entmündigt kann werden'?) 1. wer in Folge von Geisteskrankheit2) oder von Geistes­ schwäche2) seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag; 2. wer durch Verschwendung sich oder seine Familie der Ge­ fahr des Nothstandes aussetzt;4) 3. wer in Folge von Trunksucht seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag oder sich oder seine Familie der Gefahr des Nothstandes aussetzt oder die Sicherheit Anderer gefährdet?) Die Entmündigung ist wiederaufzuheben, wenn der Grund der Entmündigung wegfällt.

Natürliche Personen.

§§. 2—10.

3

*) ohne Beschränkung auf Volljährige. Ueber die Entmündigung eines Ausländers siehe Einf.Ges. Art. 8. 2) Wirkungen der Entmündigung: §§. 104 Nr. 3, 1418 Nr. 3, 1425, 1428, 1509, 1542, 1547, 1896; vergl. auch §§. 1906—1908. 3) d. i. unvollständiger Entwicklung der Geisteskräfte. Wirkungen der Entmündigung: §§. 114, 115 statt §. 104, im Uebrigen wie bei Ent­ mündigung wegen Geisteskrankheit; ferner §§. 2229, 2230. 4) Wirkungen der Entmündigung wie bei Geistesschwäche, ferner §. 1495 Nr. 4. 8) Wirkungen der Entmündigung wie bei Geistesschwäche.

Wohnsitz. Uebergangsvorschriften im Einf.Ges. Art. 157.

§ 7. Wer sich an einem Orte ständig niederläßt, begründet an diesem Orte seinen Wohnsitz. Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen. Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen ausgehoben wird, sie aufzugeben. § 8. Wer geschäftsunfähig') oder in der Geschäftsfähig­ keit beschränkt2) ist, kann ohne den Willen seines gesetzlichen Ver­ treters2) einen Wohnsitz weder begründen noch aufheben. *) §. 104. 2) ■§§ 106 ff., 114. 3) d. h. des ehelichen Vaters (§§. 1630, 1634, 1635 Abs. 2, 1666, 1670, 1676—1680), der ehelichen Mutter (§§. 1684, 1685, 1696 bis 1698; vergl. §. 1707), des Vormundes (§§. 1793, 1897), des Pflegers (§. 1915).

§ 9. Eine Militärperson i) hat ihren Wohnsitz am Garnison­ orte. Als Wohnsitz einer Militärperson, deren Truppentheil im Jnlande keinen Garnisonort hat, gilt der letzte inländische Garnisonort des Truppenteils.2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Militär­ personen, die nur zur Erfüllung der Wehrpflicht dienen oder die nicht selbständig einen Wohnsitz begründen können.3) *) Begriff: Mil.Str.G.B. v. 20. Juni 1872 (R.G.Bl. 174) §. 4 und Anlage; Ges. betr. die Verpflichtung zum Kriegsdienste v. 9. Nov. 1867 (R.G.Bl. S. 131) §§. 2, 13; R.Mil.Ges. v. 2. Mai 1874 (R.G.Bl. S. 56) §. 38. 2) Vergl. C.P.O. §§. 14, 15. s) nach §. 8.

§ 10. Die Ehefrau theilt den Wohnsitz des Ehemanns?) Sie theilt den Wohnsitz nicht, wenn der Mann seinen Wohnsitz im Ausland an einem Orte begründet, an den die Frau ihm nicht folgt und zu folgen nicht verpflichtet ist.2) Somnge der Mann keinen Wohnsitz hat oder die Frau 1*

4

Allgemeiner Theil.

Personen.

seinen Wohnsitz nicht theilt, kann die Frau selbständig einen Wohnsitz haben. *) selbstverständlich nur, so lange die Ehe besteht. 2) gemäß §. 1354 Abs. 2.

8 11. Ein eheliches Kind *) theilt den Wohnsitz des Vaters, ein uneheliches Kind2) den Wohnsitz der Mutter, ein an Kindes­ statt angenommenes Kind») den Wohnsitz des Annehmenden. Das Kind behält den Wohnsitz, bis es ihn rechtsgültig aufhebt.4) Eine erst nach dem Eintritte der Volljährigkeit») des Kindes erfolgende Legitimation oder Annahme an Kindesstatt hat keinen Einfluß auf den Wohnsitz des Kindes. *) §§. 1591 ff., 1719, 1736. 3) §. 1737. 4) §. 8.

2) Vergl. §§. 1705 ff. 5) §§. 2, 3 Abs. 2.

Namenrecht. Bisherige reichsgefetzliche Bestimmungen: H.G.B. Art. 27; Ges. zum Schutz der Waarenbezeichnungen v. 12. Mai 1894 §. 14; Ges. zur Be­ kämpfung des unlauteren Wettbewerbes v. 27. Mai 1896 §. 8.

§ 12. Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens') dem Berechtigten2) von einem Anderen bestritten oder wird das Interesse») des Berechtigten dadurch verletzt, daß ein Anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht,4) so kann der Berechtigte von dem Anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen.») ') mag dieses Recht sich aus das bürgerliche Recht (vergl. §§. 1355, 1577, 1616, 1706, 1719, 1736, 1758) oder aus das öffentliche Recht gründen. 2) Die Vorschrift ist auf juristische Personen entsprechend anwendbar. s) an der Verhütung einer Verwechselung mit dem Berechtigten oder des falschen Scheins der Zugehörigkeit zu dessen Familie. 4) zur Bezeichnung seiner Person, seiner Werke, Waaren re. ») Weitere Schutzmittel bieten gegebenenfalls die Feststellungsklage (C.P.O. §. 231) und der Schadenersatzanspruch wegen unerlaubter Hand­ lungen nach §§. 823 ff.

Todeserklärung. Uebergangsvorschriften im Einf.-Ges. Art. 158—162.

§ 13. Wer verschollen ist, kann nach Maßgabe der §§. 14 bis 17 im Wege des Aufgebotsversahrens') für todt erklärt werden2). ') Die Regelung des Verfahrens soll durch das in Aussicht stehende Gesetz, betr. Aenderungen der Civilprozeßordnung rc., erfolgen; vergl. die Anlage II zur Denkschrift, §§. 836 a—836 r.

Natürliche Personen.

§§. 11—16.

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®) Ueber die internationalen Grenzen der Geltung der §§. 13 ff. Einf.-Ges. Art. 9.

§ 14. Die Todeserklärung ist zulässig, wenn seit zehn Jahren keine Nachricht von dem Leben des Verschollenen ein­ gegangen ist. Sie darf nicht vor dem Schlüsse des Jahres er­ folgen, in welchem der Verschollene das einunddreißigste Lebens­ jahr vollendet haben würdet) Ein Verschollener, der das siebzigste Lebensjahr vollendet haben würde, kann für todt erklärt werden, wenn seit fünf Jahren keine Nachricht von seinem Leben eingegangen ist. Der Zeitraum von zehn oder fünf Jahren beginnt mit dem Schlüsse des letzten Jahres, in welchem der Verschollene den vorhandenen Nachrichten zufolge noch gelebt hat.2) 2) Berechnung §. 187 Abs. 2. 2) Endpunkt der Fristen §. 188 Abs. 2.

§ 15. Wer als Angehöriger einer bewaffneten Machte an einem Kriege Theil genommen hat, während des Krieges ver­ mißt worden und seitdem verschollen ist, kann für todt erklärt werden, wenn seit dem Friedensschlüsse drei Jahre verstrichen sind. Hat ein Friedensschluß nicht stattaefunden, so beginnt der dreijährige Zeitraum mit dem Schluffe des Jahres, in welchem der Krieg beendigt worden ist.2) Als Angehöriger einer bewaffneten Macht gilt auch der­ jenige, welcher sich in einem Amts- oder Dienstverhältniß oder zum Zwecke freiwilliger Hülfeleistung bei der bewaffneten Macht befindet. *) des Deutschen Reichs oder eines fremden Staates. Die Ange­ hörigen der bewaffneten Macht des ersteren ergeben sich aus den in Anm. 1 zu §. 9 angeführten Gesetzen und dem Gesetz über den Landsturm v. 12. Febr. 1875 (R.G.Bl. S. 63). Endpunkt der Fristen §. 188 Abs. 2.

§ 16. Wer sich bei einer Seefahrt auf einem während der Fahrt untergegangenen Fahrzeuge befunden hat und seit dem Untergange des Fahrzeugs verschollen ist, kann für todt erklärt werden, wenn seit dem Untergang ein Jahr verstrichen ist1) Der Untergang des Fahrzeugs wird vermuthet,2) wenn es an dem Orte seiner Bestimmung nicht eingetroffen oder in Ermangelung eines festen Reiseziels nicht zurückgekehrt ist und wenn bei Fahrten innerhalb der Ostsee ein Jahr, bei Fahrten innerhalb anderer europäischer Meere, mit

6

Allgemeiner Theil.

Personen.

Einschluß sämmtlicher Theile des Mittelländischen, Schwarzen und Azowschen Meeres, zwei Jahre, bei Fahrten, die über außereuropäische Meere führen, drei Jahre seit dem Antritte der Reise verstrichen fittb.1) Sind Nachrichten über das Fahrzeug eingegangen, so ist der Ablauf des Zeit­ raums erforderlich, der verstrichen sein müßte, wenn das Fahr­ zeug von dem Orte abgegangen wäre, an dem es sich den Nach­ richten zufolge zuletzt befunden hat. *) Endpunkt der Frist §. 188 Abs. 2. 2) Nach einer für die Civilprozeßordnung in Aussicht genommenen Vorschrift bedürfen Thatsachen, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermuthung aufstellt, keines Beweises; der Beweis des Gegentheils ist zulässig, sofern nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt. Vergl. Anlage Ü zur Denkschrift (§ 264 a).

8 17. Wer unter anderen als den in den §§. 15, 16 be­ zeichneten Umständen in eine Lebensgefahr gerathen und seit­ dem verschollen ist, kann für todt erklärt werden, wenn seit dem Ereignisse, durch welches die Lebensgefahr entstanden ist,1) drei Jahre verstrichen sind?) 1) z. B. bei einem Grubenunglück, Theaterbrand, einer Bergbesteigung. a) Endpunkt der Frist §. 188 Abs. 2.

§ 18. Die Todeserklärung begründet die Vermuthung, daß der Verschollene in dem Zeitpunkte gestorben sei,1) welcher in dem die Todeserklärung aussprechenden Urtheile festgestellt ist?) Als Zeitpunkt des Todes ist, sofern nicht die Ermittelungen ein Anderes ergeben, anzunehmen: in den Fällen des §. 14 der Zeitpunkt, in welchem die Todeserklärung zulässig geworden ist; in den Fällen des §. 15 der Zeitpunkt des Friedens­ schlusses oder -er Schluß des Jahres, in welchem der Krieg beendigt worden ist; in den Fällen des §. 16 der Zeitpunkt, in welchem das Fahrzeug untergegangen ist oder von welchem an der Untergang vermuthet wird; in den Fällen des §. 17 der Zeitpunkt, in welchem das Ereigniß stattgefunden hat. Ist die Todeszeit nur dem Tage nach festgestellt, so gilt das Ende des Tages als Zeitpunkt des Todes. *) und bis dahin gelebt habe. Das Urtheil hat nicht konstitutive sondern deklaratorische Bedeutung. Die regelmäßige Wirkung besteht in der im Abs. 1 bezeichneten Ver-

Juristische Personen.

§§. 17—20.

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muthung, auf Grund deren bis zu dem Beweise, daß der Verschollene noch nicht oder nicht zu der festgestellten Zeit gestorben ist, dessen rechtliche Beziehungen geordnet werden. Ueber die Rechte des noch lebenden Ver­ schollenen gegen denjenigen, welcher sein Vermögen in Besitz genommen hat, vergl. §§. 2031, 2370 Abs. 2. Stärkere Wirkungen hat die Todeserklärung für die familienrecht­ lichen Beziehungen des Verschollenen; vergl. §§. 1348 ff., 1420, 1425, 1494, 1544, 1547, 1679, 1694, 1878, 1884, 1885, 1897, 1915, 1921. Siehe auch §. 2370 Abs. 1.

KrdrnsVermrtthung. § 19. Solange nicht die Todeserklärung erfolgt ist,1) wird das Fortleben des Verschollenen bis zu dem Zeitpunktes ver­ muthet,r) der nach §. 18 Abs. 2 in Ermangelung eines anderen Ergebnisses der Ermittelungen als Zeitpunkt des Todes anzu­ nehmen ist; die Vorschrift des §. 18 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung. *) mag die Todeserklärung bereits zulässig sein oder nicht. 2) nicht der Eintritt des Todes in diesem Zeitpunkte. 3) Vergl. Anm. 2 zu §. 16.

Vermuthung gleichzeitigen Todes. § 20. Sind Mehrere in einer gemeinsamen Gefahr umge­ kommen, so wird vermuthet,1) daß sie gleichzeitig gestorben seien. 4) Vergl. Anm. 2 zu §. 16.

Zweiter Titel. Juristische Personen. Das B.G.B. kennt als juristische Personen des bürgerlichen Rechtes nur Vereine (§§. 21—79) und Stiftungen (§§. 80—88), als solche des öffentlichen Rechtes neben dem Fiskus, Körperschaften und Stiftungen auch Anstalten (§. 89). Beschränkungen der Erwerbsfähigkeit juristischer Personen im Einf.-Ges. Art. 86; Uebergangsvorschrift ebenda Art. 163.

I. Uerrine. Die nachfolgenden Vorschriften behandeln nur die privatrechtliche Seite des Vereinsrechts. Das öffentliche Vereinsrecht, einschließlich des staatlichen Aufsichtsrechts, bleibt unberührt. Für Vereinigungen zu wirthschaftlichen Zwecken sind die ge­ eigneten Rechtsformen bereits durch besondere Reichsgesetze ausgebildet, so sür die handelsrechtlichen Gesellschaften, die Erwerbs- und Wirthschastsgenossenschaften (Ges. v. 1. Mai 1889), die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Ges. v. 20. April 1892), die Kolonialgesellschaften (Ges. v. 16. März 1888 §. 8). Der landesgesetzlichen Regelung bleiben Vor­ behalten die Gesellschaften, welche dem Versicherungsrechte sowie den

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Allgemeiner Theil.

Personen.

sonstigen dem Landesrecht überlassenen Gebieten, wie dem Wasserrechte, dem Deich- und Sielrechte, dem Bergrechte, dem Jagd- und Fischerei­ recht (Einf.-Ges. Art. 65—67, 69), angehören. Einen Vorbehalt bezüglich der Waldgenossenschaften enthält das Einf.-Ges. Art. 83. Dem B.G.B. verbleibt hierna chim Wesentlichen die Ordnung der auf geistige, sittliche, soziale, politische, religiöse und ähnliche Zwecke ge­ richteten Vereine, der Vereine mit sog. idealen Tendenzen. Die Erlangung der Rechtsfähigkeit ist für diese Vereine in den §§. 21, 55 ff. nach dem Systeme der Normativbestimmungen mit Registerzwang, für die auf einen wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichteten Vereine in den §§. 22, 23 nach dem Konzessionssysteme geregelt. Die §§. 24—54 gelten für beide Arten von Vereinen. Ueber die Rechtsstellung ausländischer Vereine siehe Einf.-Ges. Art. 10. Uebergangsvorschriften im Einf.-Ges. Art. 163—167.

1.

Allgemeine Vorschriften.

Voraussetzungen -er Rechtsfähigkeit. § 21. Ein Verein, dessen Zwecks nicht auf einen wirthschaft­ lichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt Rechtsfähigkeit durch Eintragung2) in das Vereinsregister des zuständigen Amts­ gerichts?) *) d. h. Hauptzweck. Ein nebenhergehender wirtschaftlicher Ge­ schäftsbetrieb schließt die Eintragungsfähigkeit nicht aus. 2) Voraussetzungen §§. 55—63. 3) Vorbehalt in Bezug auf Religions- und geistliche Gesellschaften im Einf.-Ges. Art. 83.

§ 22. Ein Verein, dessen Zweck auf einen wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt in Ermangelung besonderer reichsgesetzlicher Vorschriften*) Rechtsfähigkeit durch staatliche Ver­ leihung. Die Verleihung steht dem Bundesstaate2) zu, in dessen Gebiete der Verein seinen Sitz2) hat. *) d. h. sofern nicht solche Vorschriften für Vereinigungen bestimmter Art ausschließliche Geltung haben sollen. 2) Einf.Ges. Art. 5. 8) §. 24.

§ 23. Einem Vereine, der seinen Sitz nicht in einem Bundesstaate hat/) kann in Ermangelung besonderer reichsgesetz­ licher Vorschriften Rechtsfähigkeit durch Beschluß des Bundes­ raths verliehen werden. *) Vergl. hierzu Einf.Ges. Art. 10.

Sitz. § 24. Als Sitz eines Vereins gilt, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird.

Juristische Personen.

Vereine.

§§. 21—29.

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Der Sitz entspricht dem Wohnsitz einer natürlichen Person; die an den Wohnsitz anknüpfenden Vorschriften sind demnach auf juristische Personen entsprechend anwendbar (vergl. z. B. §. 269).

Verfassung. § 25. Die Verfassung eines rechtsfähigen Vereins wird, so­ weit sie nicht auf den nachfolgenden Vorschriften beruht/) durch die Vereinssatzung bestimmt?) *) und diese Vorschriften nicht nach §. 40 durch die Satzung ge­ ändert werden können. 2) Vergl. jedoch Einf.-Ges. Art. 82.

Vorstand. § 26. Der Verein muß einen Vorstand haben. Der Vor­ stand kann aus mehreren Personen bestehen. Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außerge­ richtlich; er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Der Umfang seiner Vertretungsmacht kann durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden?) x) Vergl. aber §. 70.

§ 27. Die Bestellung des Vorstandes erfolgt durch Be­ schluß der Mitgliederversammlung?) Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung. Die Wider­ ruflichkeit kann durch die Satzung auf den Fall beschränkt werden, daß ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. Auf die Geschäftsführung des Vorstandes finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§. 664 bis 670 ent­ sprechende Anwendung?) *) Disposttiv; vergl. §. 40.

§ 28. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so erfolgt die Beschlußfassung nach den für die Beschlüsse der Mitglieder des Vereins geltenden Vorschriften der §§. 32, 34?) Ist eine Willenserklärung dem Vereine gegenüber abrugeben,2) so genügt die Abgabe gegenüber einem Mitgliede oes Vorstandes. *) Dispositiv; vergl. §. 40. *) fei es eine Vertragserklärung, sei es eine einseitige Erklärung, wie z. B. Kündigung, Mahnung. Vergl. §§. 180—132.

§ 29. Soweit die erforderlichen Mitglieder des Vorstandes

10

Allgemeiner Theil.

Personen.

fehlen, sind sie in dringenden Fällen für die Zeit bis zur Hebung des Mangels auf Antrag eines Betheiligten^) von dem Amtsgerichte zu bestellen, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat. *) eines Mitgliedes oder eines Dritten.

Besondere Uertretrr. § 30. Durch die Satzung kann bestimmt werden, daß neben dem Vorstande für gewisse Geschäfte besondere Vertreter zu bestellen sind. Die Vertretungsmacht eines solchen Vertreters erstreckt sich im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte, die der ihm zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt. Haftung -es Vereins. § 31. Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstandes oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung*) der ihm zustehenden Verrichtungen2) begangene, zum Schadens­ ersätze verpflichtende Handlung2) einem Dritten zufügt. 1) nicht bloß bei Gelegenheit der Ausführung. 2) Rechtshandlungen oder thatsächlichen Handlungen. 3) sei es eine unerlaubte Handlung im Sinne der §§. 823 ff., sei es eine ohne Verschulden zum Ersätze verpflichtende Handlung (z. B. §. 231). Ueber Haftung für Verschulden des Vertreters bei Erfüllung einer Ver­ bindlichkeit des Vereins vergl. §. 278.

Mitgliederversammlung. § 32. Die Angelegenheiten des Vereins werden, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgane zu besorgen sind, durch Beschlußfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist er­ forderlich, daß der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird. Bei der Beschlußfassung entscheidet die Mehrheit der erschienenen.*) Mitglieder. Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluß gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschlusse schriftlich2) erklären. *) und nach §. 34 stimmberechtigten. 2) §. 126.

§ 33. Zu einem Beschlusse, der eine Aenderung der Satzung enthält, ist eine Mehrheit von drei Viertheilen der erschienenen Mitglieder erforderlich?) Zur Aenderung des Zweckes des Vereins

Juristische Personen.

Vereine.

§§. 80—39.

11

ist die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich; die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder muß schriftliche erfolgen. Beruht die Rechtsfähigkeit des Vereins auf Verleihung, so ist zu jeder Aenderung der Satzung staatliche Genehmigung oder, falls die Verleihung durch den Bundesrath erfolgt ist, die Genehmigung des Bundesraths erforderlich?) *) und genügend, unbeschadet des §. 35; vergl. ferner §. 71. 2) §. 126. 3) Ueber die dispositive Bedeutung der Vorschriften siehe §. 40.

§ 34. Ein Mitglied ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlußfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und dem Vereine betrifft. § 35. Sonderrechte*) eines Mitglieds können nicht ohne dessen Zustimmung durch Beschluß der Mitgliederversammlung beein­ trächtigt werden. *) Was Sonderrecht ist, bestimmt sich nach der Verfasiung des Vereins.

§ 36. Die Mitgliederversammlung ist in den durch die Satzung bestimmten Fällen sowie dann zu berufen, wenn das Interesse des Vereins es erfordert. § 37. Die Mitgliederversammlung ist zu berufen, wenn der durch die Satzung bestimmte Theil oder in Ermangelung einer Bestimmung der zehnte Theil der Mitglieder die Berufung schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe verlangt. Wird dem Verlangen nicht entsprochen, so kann das Amts­ gericht, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat, die Mit­ glieder, welche das Verlangen gestellt haben, zur Berufung der Versammlung ermächtigen und über die Führung des Vorsitzes in der Versammlung Bestimmung treffen?) Aus die Ermächtigung muß bei der Berufung der Versammlung Bezug genommen werden. *) Vergl. § 72.

MitgUe-errechte. § 38. Die Mitgliedschaft ist nicht übertragbar und nicht vererblich. Die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte kann nicht einem Anderen überlassen werden?) *) Dispositiv; vergl. §. 40.

§ 39. Die Mitglieder sind zum Austritt aus dem Vereine berechtigt. Durch die Satzung kann bestimmt werden, daß der Austritt

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Allgemeiner Theil.

Personen.

nur am Schluffe eines Geschäftsjahrs oder erst nach dem Ab­ lauf einer Kündigungsfrist zulässig ist; die Kündigungsfrist kann höchstens zwei Jahre betragen.

§ 40. Die Vorschriften des §. 27 Abs. 1, 3, des §. 28 Abs. 1 und der §§. 32, 33, 38 finden insoweit keine Anwendung, als die Satzung ein Anderes bestimmt.

Auflösung -rs Nereins. § 41. Der Verein kann durch Beschluß der Mitglieder­ versammlung aufgelöst werden. Zu dem Beschluß ist eine Mehrheit von drei Viertheilen der erschienenen Mitglieder er­ forderlich, wenn nicht die Satzung ein Anderes bestimmt. Uerlust -er Rechtsfähigkeit. § 42. Der Verein verliert die Rechtsfähigkeit durch die Eröffnung des Konkurses. Der Vorstand hat im Falle der Ueberschuldung die Er­ öffnung des Konkurses zu beantragen. Wird die Stellung des Antrags verzögert, so sind die Vorstandsmitglieder, denen ein Verschuldens zur Last fällt, den Gläubigern2) für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich; sie haften als Gesammtschuldner?) *) Vorsatz oder Fahrlässigkeit (§. 276). a) auch dem Verein nach §. 27 Abs. 3. 3) §§• 421 ff.

Entziehung -er Rechtsfähigkeit. § 43. Dem Vereine kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er durch einen gesetzwidrigen Beschluß der Mit­ gliederversammlung oder durch gesetzwidriges Verhalten des Vorstandes das Gemeinwohl gefährdet. Einem Vereine, dessen Zweck nach der Satzung nicht auf einen wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, kann die Rechts­ fähigkeit entzogen werden, wenn er einen solchen Zweck verfolgt?) Einem Vereine, der nach der Satzung einen politischen, sozialpolitischen oder religiösen Zweck nicht hat, kann die Rechts­ fähigkeit entzogen werden, wenn er einen solchen Zweck verfolgt?) Einem Vereine, dessen Rechtsfähigkeit auf Verleihung beruht, kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er einen anderen als den in der Satzung bestimmten Zweck verfolgt?) *) Vergl. §.21.

*) Vergl. §. 61 Abs. 2.

8) Vergl. §§. 22, 23.

§ 44. Die Zuständigkeit und das Verfahren bestimmen sich

Juristische Personen.

Vereine.

§§. 40—46.

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in den Fällen des §. 43 nach den für streitige Verwaltungs­ sachen geltenden Vorschriften der Landesgesetze. Wo ein Berwaltungsstreitverfahren nicht besteht, finden die Vorschriften der §§. 20, 21 der Gewerbeordnung Anwendung; die Entscheidung erfolgt in erster Instanz durch die höhere Verwaltungsbehörde, in deren Bezirke der Verein seinen Sitz hat.4) Beruht die Rechtsfähigkeit auf Verleihung dnrch den Bundes­ rath, so erfolgt die Entziehung durch Beschluß des Bundesraths.2) 4) Vergl. §. 24.

2) Vergl. §. 23.

Vermögen -es Vereins; Anfallverechtigle. § 45. Mit der Auflösung4) des Vereins oder der Ent­ ziehung der Rechtsfähigkeit2) fällt das Vermögen an die in der Satzung bestimmten Personen.2) Durch die Satzung kann vorgeschrieben werden, daß die Anfallberechtigten durch Beschluß der Mitgliederversammlung oder eines anderen Vereinsorgans bestimmt werden. Ist der Zweck des Vereins nicht auf einen wirthschaftlichen Geschäfts­ betrieb gerichtet, so kann die Mitgliederversammlung auch ohne eine solche Vorschrift das Vermögen einer öffentlichen Stiftung oder Anstalt zuweisen. Fehlt es an einer Bestimmung der Anfallberechtigten, so fällt das Vermögen, wenn der Verein nach der Satzung aus­ schließlich den Interessen seiner Mitglieder diente, an die zur Zeit der Auflösung oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit vorhandenen Mitglieder zu gleichen Theilen, anderenfalls an den Fiskus des Bundesstaats, in dessen Gebiete der Verein seinen Sitz hattet) *) §. 41. 2) § 43. 3) Ein unmittelbarer Uebergang kraft Gesetzes findet nur im Falle des §. 46 statt; sonst muß eine Liquidation erfolgen, und das Vermögen wird nach beendigter Liquidation durch die Liquidatoren des als fort­ bestehend geltenden Vereins (§ 49 Abs. 2) den Anfallberechtigten aus­ geantwortet (§§. 47—63). 4) Ueber landesgesetzliche Übertragung des Anfallrechts auf eine Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechtes Einf.-Ges. Art. 85.

Anfall an den Fiskus. § 46. Fällt das Vereinsvermögen an den Fiskus, so finden die Vorschriften über eine dem Fiskus als gesetzlichem Erben anfallende Erbschaft entsprechende Anwendung.4) Der Fiskus hat das Vermögen thunlichst in einer den Zwecken des Vereins entsprechenden Weise zu verwenden.2)

14

Allgemeiner Theil.

Personen.

’) §§. 1936, 1942 Abs. 2, 1966, 2011. 2) Oeffentlich rechtliche Verpflichtung.

Kquidation -rs Uermögens. § 47. Fällt das Bereinsvermögen nicht an der Fiskus, so muß eine Liquidation stattfinden. § 48. Die Liquidation erfolgt durch den Vorstand. Zu Liquidatoren können auch andere Personen bestellt werden; für die Bestellung sind die für die Bestellung des Vorstandes geltenden Vorschriften maßgebend.*) Die Liquidatoren haben die rechtliche Stellung des Vor­ standes,2) soweit sich nicht aus dem Zwecke der Liquidation ein Anderes ergiebt. Sind mehrere Liquidatoren vorhanden, so ist für ihre Be­ schlüsse Uebereinstimmung aller erforderlich,2) sofern nicht ein Anderes bestimmt ist.4) ') §§. 27 Abs. 1, 2, 29. 2) §§. 26 Abs. 2, 27 Abs. 3, 28 Abs. 2, 31, 42 Abs. 2 2) Abweichend von §. 28 Abs. 1. 4) Vergl. §. 76 !lös. 1.

§ 49. Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuziehen, das übrige vermögen in Geld umzusetzen, die Gläubiger zu befriedigen und bin Über­ schuß den Anfallberechtigten auszuantworten. Zur Bändigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Ge­ schäfte eingehen. Die Einziehung der Forderungen owie die Umsetzung des übrigen Vermögens in Geld darf unterbleiben, soweit diese Maßregeln nicht zur Befriedigung der Gläubiger oder zur Verkeilung des Ueberschusses unter die Anstllberechtigten erforderlich sind. Der Verein gilt bis zur Beendigung der Liquidltion als fortbestehend, soweit der Zweck der Liquidation es ersirdert. § 50. Die Auflösung des Vereins oder die Entzihung der Rechtsfähigkeit ist durch die Liquidatoren öffentlich bLannt zu machen. In der Bekanntmachung sind die Gläubiger zur An­ meldung ihrer Ansprüche aufzufordern. Die Bekannmachung erfolgt durch das in der Satzung für Veröffentlichungen lestimmte Blatt, in Ermangelung eines solchen durch dasjenige Blatt, welches für Bekanntmachungen des Amtsgerichts bestmmt ist, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hatte. Die Sekanntmachung gilt mit dem Ablaufe des zweiten Tages nachher Ein­ rückung oder der ersten Einrückung als bewirkt.

Juristische Personen.

Vereine.

§§. 47—55.

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Bekannte Gläubiger sind durch besondere Mittheilung zur Anmeldung aufzufordern. tz 51. Das Vermögen darf den Anfallberechtigten nicht vor dem Ablauf eines Jahres1) nach der Bekanntmachung der Auf­ lösung des Vereins oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit aus­ geantwortet werden. *) Berechnung der Frist §§. 187 Abs. 1, 188 Abs. 2.

§ 52. Meldet sich ein bekannter Gläubiger nicht, so ist der ge­ schuldete Betrag, wenn die Berechtigung zur Hinterlegung vor­ handen ift,1) für den Gläubiger zu hinterlegen. Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zur Zeit nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf das Vermögen den Anfallberechtigten nur ausgeantwortet werden, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet2) ist. *) §. 372.

*) §§. 232—239.

§ 53. Liquidatoren, welche die ihnen nach dem §. 42 Abs. 2 und den §§. 50 bis 52 obliegenden Verpflichtungen verletzen oder vor der Befriedigung der Gläubiger Vermögen den An­ fallberechtigten ausantworten, sind, wenn ihnen ein Verschulden1) zur Last fällt, den Gläubigern2) für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich; sie haften als Gesammtschuldner.3) 1) Anm. 1 zu §. 42. 2) auch dem als fortbestehend geltenden Vereine nach §§. 27 Abs. 3, 48 Abs. 2. 3) §§. 421 ff.

Nicht rechtsfähige Uereine. § 54. Auf Vereine, die nicht rechtsfähig sind, finden die Vor­ schriften über die Gesellschaft1) Anwendung. Aus einem Rechts­ geschäfte, das im Namen eines solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, hastet der Handelnde persönlich;2) handeln Mehrere, so haften sie als Gesammtschuldner.3) *) §§. 705 ff. In Ergänzung der C.P.O. soll jedoch solchen Vereinen die passive Parteifähigkeit beigelegt und die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Vereins auf Grund eines gegen diesen erlaffenen Urtheils zugelaffen werden; vergl. in der Anlage II zur Denkschrift die §§. 49a, 670a. 3) auch wenn der Dritte den Mangel der Rechtsfähigkeit des Vereins kannte oder kennen mußte. 3) §§. 421 ff.

2. Eingetragene Vereine. § 55.

Voraussetzungen -er Eintragung. Die Eintragung eines Vereins der im §. 21 be-

Allgemeiner Theil.

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Personen.

zeichneten Art in das Vereinsregister hat bei dem Amtsgerichte zu geschehen, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz1) hat. *) §• 24.

§ 56. Die Eintragung soll1) nur erfolgen, wenn die Zahl der Mitglieder mindestens sieben beträgt. *) Nur Erforderniß für wirksamkeit.

die Eintragung, nicht für ihre Rechts­

§ 57. Die Satzung muß*) den Zweck, den Namen und den Sitz des Vereins enthalten und ergeben, daß der Verein ein­ getragen werden soll. Der Name soll2) sich von den Namen der an demselben Orte oder in derselben Gemeinde bestehenden eingetragenen Vereine deutlich unterscheiden. *) Erforderniß sowohl der Eintragung als ihrer Rechtswirksamkeit. 3) Anm. 1 zu §. 56.

§ 58. Die Satzung soll1) Bestimmungen enthalten: 1. über den Eintritt und Austritt2) der Mitglieder; 2. darüber, ob und welche Beiträge von den Mitgliedern zu leisten sind; 3. über die Bildung des Vorstandes2); 4. über die Voraussetzungen, unter denen die Mitglieder­ versammlung zu berufen ist,4) über die Form der Berufung und über die Beurkundung der Beschlüsse. *) Anm. 1 zu §. 56. 2) §. 39. 3) §§. 26 Abs. 1, 27 Abs. 2, 28 Abs. 1, 40.

4) §§. 36, 37.

§ 59. Der Vorstand hat den Verein zur Eintragung an­ zumelden. Der Anmeldung1) sind beizufügen: 1. die Satzung in Urschrift und Abschrift; 2. eine Abschrift der Urkunden über die Bestellung des Vor­ standes. Die Satzung soll2) von mindestens sieben Mitgliedern2) unterzeichnet sein4) und die Angabe des Tages der Errichtung enthalten. Form §. 77.

2) Anm. 1 zu §. 56.

2) §. 56.

4) §. 126.

§ 60. Die Anmeldung ist, wenn den Erfordernissen der §§. 56 bis 591) nicht genügt ist, von dem Amtsgericht unter Angabe der Gründe zurückzuweisen.2) Gegen einen zurückweisenden Beschluß findet die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung statt.2)

Juristische Personen.

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Vereine. §§. 60—65.

4) und des §. 21. 2) Der Beschluß ist mit Rücksicht auf Abs. 2 zuzustellen. 3) C.P.O. § 540 Abs. 1—3.

§ 61. Wird die Anmeldung zugelassen, so hat das Amtsgericht sie der zuständigen4) Verwaltungsbehörde mitzutheilen.2) Die Verwaltungsbehörde kann gegen die Eintragung Ein­ spruch erheben,3) wenn der Verein nach dem öffentlichen Vereins­ recht unerlaubt ist oder verboten werden kann oder wenn ei4) einen politischen, sozialpolitischen oder religiösen Zweck verfolgt. 4) Die Zuständigkeit bestimmt sich nach den Landesgesetzen. 2) Der Tag, an welchem die Mittheilung erfolgt, ist wegen §. 63 festzustellen. 3) bei dem Amtsgericht. 4) nach der Satzung.

§ 62. Erhebt die Verwaltungsbehörde Einspruch, so hat das Amtsgericht den Einspruch dem Vorstande mitzutheilen. Der Einspruch kann im Wege des Verwaltungsstreitversahrens oder, wo ein solches nicht besteht, im Wege des Rekurses nach Maßgabe der§§.20,21 der Gewerbeordnung angefochten werden.4) 4) wegen §. 61 Abs. 2.

Fehlens

der

Voraussetzungen

seiner

Zulässigkeit

nach

§ 63. Die Eintragung darf, sofern nicht die Verwaltungs­ behörde dem Amtsgerichte mittheilt, daß Einspruch nicht erhoben werde, erst erfolgen, wenn seit der Mittheilung der Anmeldung an die Verwaltungsbehörde sechs Wochen verstrichen sind4) und Einspruch nicht2) erhoben oder wenn der erhobene Einspruch end­ gültig aufgehoben ist. 4) Berechnung §§. 187 Abs. 1, 188 Abs. 2. 2) vor oder nach Ablauf der 6 Wochen.

Eintragung. § 64. Bei der Eintragung sind der Name und der Sitz des Vereins, der Tag der Errichtung der Satzung sowie die Mitglieder des Vorstandes im Vereinsregister anzugeben. Be­ stimmungen, die den Umfang der Dertretungsmacht des Vor­ standes beschränken4) oder dre Beschlußfassung des Vorstandes abweichend von der Vorschrift des §. 28 Abs. 1 regeln, sind gleichfalls einzutragen. 4) Vergl. §. 26 Abs. 2 Satz 2.

§ 65. Mit der Eintragung erhält der Name des Vereins4) den Zusatz „eingetragener Verein". 4) Vergl. Anm. 2 zu §. 12.

Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch.

2

18

Allgemeiner Theil.

Personen.

§ 66. Das Amtsgericht hat die Eintragung durch das für seine Bekanntmachungen bestimmte Blatt zu veröffentlichen. Die Urschrift der Satzung ist mit der Bescheinigung der Eintragung zu versehen und zurückzugeben. Die Abschrift wird von dem Amtsgerichte beglaubigt und mit den übrigen Schrift­ stücken aufbewahrt. Eintragung von Aenderungen. § 67. Jede Aenderung des Vorstandes sowie die erneute Be­ stellung eines Vorstandsmitglieds ist von dem Vorstande zur Eintragung anzumelden?) Der Anmeldung») ist eine Abschrift der Urkunde über die Aenderung oder die erneute Bestellung bei­ zufügen. Die Eintragung gerichtlich bestellter») Vorstandsmitglieder erfolgt von Amtswegen. *) Zwang § 78. 2) Form §. 77. 3) §. 29.

§ 68. Wird zwischen den bisherigen Mitgliedern des Vor­ standes und einem Dritten ein Rechtsgeschäft vorgenommen, so kann die Aenderung des Vorstandes dem Dritten nur entgegen­ gesetzt werden, wenn sie zur Zeit der Vornahme des Rechts­ geschäfts im Vereinsregister eingetragen oder dem Dritten be­ kannt ist. Ist die Aenderung eingetragen, so braucht der Dritte sie nicht gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie nicht kennt, seine Unkenntniß auch nicht auf Fahrlässigkeit*) beruht. *) §. 276 Abs. 1 Satz 2. § 69. Der Nachweis, daß der Vorstand aus den im Re­ gister eingetragenen Personen besteht, wird Behörden gegenüber durch ein Zeugniß des Amtsgerichts über die Eintragung geführt. § 70. Die Vorschriften des §. 68 gelten auch für Be­ stimmungen, die den Umfang der Vertretungsmacht des Vor­ standes beschränkens oder die Beschlußfassung des Vorstandes abweichend von der Vorschrift des §. 28 Abs. 1 regeln. *) §. 26 Abs. 1 Satz 2. § 71. Aenderungen der Satzung bedürfen zu ihrer Wirk­ samkeit der Eintragung in das Vereinsregister. Die Aenderung ist von dem Vorstande zur Eintragung anzumelden.*) Der An­ meldung») ist der die Aenderung enthaltende Beschluß») in Urschrift und Abschrift beizufügen. Die Vorschriften der §§. 60 bis 64 und des §. 66 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung. *) Zwang §. 78. 2) Form §. 77. ») §. 33.

Juristische Personen.

Vereine.

19

§§. 66—76.

MitgLie-eroerzeichniß. § 72. Der Vorstand hat dem Amtsgericht auf dessen Ver­ langen jederzeit ein Verzeichniß der Vereinsmitglieder einzureichen?) *) Bon Bedeutung namentlich für die §§. 37, 73.

Zwang §. 78.

Entstehung -er Rechtsfähigkeit und Auflösung. § 73. Sinkt die Zahl der Vereinsmitglieder unter drei herab, so hat das Amtsgericht auf Antrag des Vorstandes und, wenn der Antrag nicht binnen drei Monaten2) gestellt wird, von Amtswegen nach Anhörung des Vorstandes dem Vereine die Rechtsfähigkeit zu entziehen. Der Beschluß ist dem Vereine zu­ zustellen?) Gegen den Beschluß findet die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung statt?) Der Verein verliert die Rechtsfähigkeit mit der Rechtskraft des Beschlusses. ’) §§. 187 Abs. 1, 188 Abs. 2. 8) C.P.O. §. 540 Abs. 1—3.

2) C.P.O. §. 157.

§ 74. Die Auflösung des Vereins2) sowie die Entziehung der Rechtsfähigkeit2) ist in das Vereinsregister einzutragen. Im Falle der Eröffnung des Konkurses2) unterbleibt die Eintragung. Wird der Verein durch Beschluß der Mitgliederversammlung oder durch den Ablauf der für die Dauer des Vereins bestimmten Zeit aufgelöst, so hat der Vorstand die Auflösung zur Ein­ tragung anzumelden?) Der Anmeldung2) ist im ersteren Falle eine Abschrift des Auflösungsbeschlusses beizufügen. Wird dem Verein aus Grund des §. 43 die Rechtsfähigkeit entzogen oder wird der Verein auf Grund des öffentlichen Vereinsrechts aufgelöst, so erfolgt die Eintragung auf Anzeige der«) zuständigen Behörde. *) Grund 2) 5)

nach §. 41, in Folge Ablaufs der bestimmten Zeit oder auf des öffentlichen Vereinsrechts. nach §. 43 oder §. 73. 3) §. 42. 4) Zwang §. 78. Form §. 77. 6) nach den Landesgesetzen.

§ 75. Die Eröffnung des Konkurses ist von Amtswegen einzutragen. Das Gleiche gilt von der Aufhebung des Er­ öffnungsbeschlusses?) *) K.O. §. 105, nicht von dem Beschluß über Aufhebung oder Ein­ stellung des Verfahrens nach §§. 151, 190 daselbst.

§ 76. Die Liquidatoren sind in das Vereinsregister einzu­ tragen. Das Gleiche gilt von Bestimmungen, welche die Be2*

20

Allgemeiner Theil.

Personen.

schlußfassung der Liquidatoren abweichend von der Vorschrift des §. 48 Abs. 3 regeln. Die Anmeldung hat durch ^den Vorstand, bei späteren Aenderungen durch die Liquidatoren zu erfolgen?) Der Anmeldung3) der durch Beschluß der Mitgliederversammlung be­ stellten Liquidatoren ist eine Abschrift des Beschlusses, der An­ meldung einer Bestimmung über die Beschlußfassung der Liqui­ datoren eine Abschrift der die Bestimmung enthaltenden Urkunde beizufügen. Die Eintragung gerichtlich bestellter3) Liquidatoren geschieht von Amtswegen. *) Zwang §. 78.

a) §. 77.

3) §. 48 Abs. 1, §. 23.

Anmeldungen. § 77. Die Anmeldungen zum Vereinsregister sind von den Mitgliedern des Vorstandes sowie von den Liquidatoren mittelst öffentlich beglaubigter Erklärung*) zu bewirken. *) §. 129.

§ 78. Das Amtsgericht kann die Mitglieder des Vorstandes zur Befolgung der Vorschriften des §. 67 Abs. 1, des §. 71 Abs. 1, des §. 72, des §. 74 Abs. 2 und des §. 76 durch Ordnungsstrafen anhalten. Die einzelne Strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen. In gleicher Weise können die Liquidatoren zur Befolgung der Vorschriften des §. 76 angehalten werden. OrffeutlrchKeit des § 79. Die dem Vereine bei Jedem gestattet. gefordert werden;

Registers. Einsicht des Vereinsregisters sowie der von dem Amtsgericht eingereichten Schriftstücke ist Von den Eintragungen kann eine Abschrift die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen. II. Stiftungen.

Die §§. 80—88 behandeln im Gegensatze zu §. 89 die privat­ rechtlichen Stiftungen. Die landesgesetzlichen Vorschriften über die Beauffichttgung der Stiftungen bleiben, als dem öffentlichen Rechte angehörend, unberührt.

Entstehung. § 80. Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung ist außer dem Stiftungsgeschäfte die Genehmigung des Bundesstaats*) erforderlich, in dessen Gebiete die Stiftung ihren Sitz

Juristische Personen.

Stiftungen.

§§. 77—84.

21

haben soll. Soll die Stiftung ihren Sitz nicht in einem Bundes­ staate haben, so ist die Genehmigung des Bundesraths erforderlich. Als Sitz der Stiftung gilt, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird?) ') Einf.-Ges. Art. 5.

2) Vergl. Anm. 1 zu § 24.

§ 81. Das Stiftungsgeschäft unter Lebenden bedarf der schriftlichen Form?) Bis zur Ertheilung der Genehmigung ist der Stifter zum Widerrufe berechtigt. Ist die Genehmigung bei ber2) zuständigen Behörde nachgesucht, so kann der Widerruf nur dieser gegenüber erklärt werden. Der Erbe des Stifters ist zum Widerrufe nicht berechtigt, wenn der Stifter das Gesuch bei der zuständigen Be­ hörde eingereicht oder im Falle der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung des Stiftungsgeschäfts das Gericht oder den Notar bei oder nach der Beurkundung mit der Einreichung betraut hat. 1) §. 126.

2) nach Landesgesetz.

§ 82. Wird die Stiftung genehmigt, so ist der Stifter ver­ pflichtet, das in dem Stiftungsgeschäfte zugesicherte Vermögen auf die Stiftung zu übertragen. Rechte, zu deren Uebertragung der Abtretungsvertrag genügt?) gehen mit der Genehmigung auf die Stiftung über, sofern nicht aus dem Stiftungsgeschäfte sich ein anderer Wille des Stifters ergiebt. ') Forderungen nach §. 394 (vergl. aber §. 1154), andere Rechte nach §. 413.

§ 83. Besteht das Stiftungsgeschäft in einer Verfügung von Todeswegen?) so hat das Nachlaßgericht2) die Genehmigung einzuholen, sofern sie nicht von dem Erben oder dem Testaments­ vollstrecker2) nachgesucht wird. ') in einer einseitigen Verfügung (Testament, letztwillige Verfügung, §. 1937) oder einem Erbvertrag (§§. 1941, 2278) und in beiden Fällen in einer Erbeinsetzung oder einer Vermächtnißanordnung. 2) Vergl. Einf.-Ges. Art. 147 Abs. 1. ») §§. 2197 ff.

§ 84. Wird die Stiftung') erst nach dem Tode des Stifters genehmigt, so gilt sie für die Zuwendungen des Stifters als schon vor dessen Tode entstanden.2) ') mag sie durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch Verfügung von Todeswegen errichtet sein. *) Vergl. §§. 1960, 2043 Abs. 2, 2178, 2179.

22

Allgemeiner Theil.

Personen.

Verfassung. § 85. Die Verfassung einer Stiftung wird, soweit sie nicht auf Reichs- oder Landesgesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft bestimmt. Übertragung von Vorschriften des Uereinsrechts.

§ 86. Die Vorschriften des §. 26,*) des §. 27 Abs. 3 und der §§. 28 bis 31, 42 finden auf Stiftungen entsprechende An­ wendung, die Vorschriften des §. 27 Abs. 3 und des §. 28 Abs. 1 jedoch nur insoweit, als sich nicht aus der Verfassung, insbesondere daraus, daß die Verwaltung der Stiftung von einer öffentlichen Behörde geführt wird, ein Anderes ergiebt. Die Vorschriften des §. 28 Abs. 2 und des §. 29 finden auf Stiftungen, deren Verwaltung von einer öffentlichen Behörde geführt wird, keine Anwendung. *) Bei einer durch eine öffentliche Behörde verwalteten Stiftung kann die Behörde „Vorstand" sein.

Ummandelung und Aufhebung der Stiftung. § 87. Ist die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden oder gefährdet sie das Gemeinwohl, so kann die zu­ ständige Behörde der Stiftung eine andere Zweckbestimmung geben oder sie aufheben. Bei der Umwandlung des Zweckes ist die Absicht des Stifters thunlichst zu berücksichtigen, insbesondere dafür Sorge zu tragen, daß die Erträge des Stiftungsvermögens dem Per­ sonenkreise, dem sie zu Statten kommen sollten, im Sinne des Stifters thunlichst erhalten bleiben. Die Behörde kann die Ver­ fassung der Stiftung ändern, soweit die Umwandlung des Zweckes es erfordert. Vor der Umwandlung des Zweckes und der Aenderung der Verfassung soll der Vorstand der Stiftung gehört werden.

§ 88. Mit dem Erlöschen der Stiftung fällt das Vermögen an die in der Verfassung bestimmten Personen. Die Vorschriften der §§. 46 bis 53 finden entsprechende Anwendung. III. Juristische Personen des öffentlichen Rechtes. § 89. Die Vorschrift des §. 31 finden auf den Fiskus sowie auf die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechtes entsprechende Anwendung.*) Das Gleiche gilt, soweit bei Körperschaften, Stiftungen und

Sachen.

§§. 85-94.

23

Anstalten des öffentlichen Rechtes der Konkurs zulässig ist,2) von der Vorschrift des §. 42 Abs. 2. ') Die sich hieraus ergebende Haftung bezieht sich nur auf die in Ausübung der privat rechtlichen Vertretung begangenen Handlungen der Organe des Fiskus rc. Vergl. dagegen Einf.-Ges. Art. 77. 2) Die Zulässigkeit soll nach einer für die Konkursordnung in Aus­ sicht genommenen Vorschrift für die im §. 15 Nr. 4 des Einf.-Ges. zur C.P.O. bezeichneten juristischen Personen durch Landesgesetz beschränkt oder ausgeschlossen werden können. Vergl. den §. 194 a in der Anlage II zur Denkschrift.

Zweiter Abschnitt. Sachen. Kegriff. § 90. Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände. Vertretbare Suchen. § 91. Vertretbare Sachen im Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen, die im Verkehre nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu werden pflegen. Nerbruuchbure Suchen. § 92. Verbrauchbare Sachen im Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen, deren bestimmungsmäßiger Gebrauch in dem Verbrauch oder in der Veräußerung besteht. Als verbrauchbar gelten auch bewegliche Sachen, die zu einem Waarenlager oder zu einem sonstigen Sachinbegriffe ge­ hören, dessen bestimmungsmäßiger Gebrauch in der Veräußerung der einzelnen Sachen besteht. Kestundtheitr. 8 93. Bestandtheile einer Sache, die von einander nicht getrennt werden können, ohne daß der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (wesentliche Bestand­ theile), können nicht Gegenstand besonderer Rechte fein.1) *) Vergl. aber Einf.-Ges. Art. 181 Abs. 2, 182.

§ 94. Zu den wesentlichen Bestandtheilen eines Grund­ stücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grund­ stücks, solange sie mit dem Boden Zusammenhängen.1) Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandtheil des Grundstücks.

24

Allgemeiner Theil.

Sachen.

Zu den wesentlichen Bestandtheilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.2) *) Ausnahme §. 95 Abs. 1.

2) Ausnahme §. 95 Abs. 2.

§ 95. Zu den Bestandtheilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nichts) die nur zu einem vorübergehenden Zwecke mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werke, das in Ausübung eines Rechtes an einem fremden Grundstücke2) von dem Be­ rechtigten mit dem Grundstücke verbunden worden ist. Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zwecke in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandtheilen des Gebäudes. 1) nicht nur nicht zu den wesentlichen Bestandtheilen; finden namentlich die §§. 892, 893 keine Anwendung. 2) Erdbaurecht, Dienstbarkeit rc.

daher

§ 96. Rechte, die mit dem Eigenthum an einem Grund­ stücke verbunden sind,^ gelten als Bestandtheile des Grundstücks. *) Nach dem B.G.B. kommen in Betracht Grunddienstbarkeiten (§. 1018), Vorkaufsrecht (§. 1094 Abs. 2), Reallasten (§. 1105 Abs. 2).

Zubehör. § 97. Zubehör sind bewegliche Sachen, die, ohne Bestand­ theile der Hauptsache zu sein, oem wirthschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnisse stehen. Eine Sache ist nicht Zubehör, wenn sie im Verkehre nicht als Zubehörangesehen wird. Die vorübergehende Benutzung einer Sache für den wirthschaftlichen Zweck einer anderen begründet nicht die Zubehör­ eigenschaft. Die vorübergehende Trennung eines Zubehörstücks von der Hauptsache hebt die Zubehöreigenschaft nicht auf. Auf das Zubehör bezügliche Vorschriften enthalten die §§. 314, 926, 1031, 1062, 1093, 1096, 1120—1122, 2164.

§ 98. Dem wirthschaftlichen Zwecke der Hauptsache sind zu dienen bestimmte) 1. bei einem Gebäude, das für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtet ist, insbesondere bei einer Mühle, einer Schmiede, einem Brauhaus, einer Fabrik, die zu dem Betriebe bestimmten Maschinen und sonstigen Geräthschäften;

Sachen.

§§. 95—101.

25

2. bei einem Landgute das zum Wirthschaftsbetriebe be­ stimmte Geräth und Vieh, die landwirthschaftlichen Er­ zeugnisse, soweit sie zur Fortführung der Wirthschaft bis zu der Zeit erforderlich sind, zu welcher gleiche oder ähn­ liche Erzeugnisse voraussichtlich gewonnen werden, sowie der vorhandene auf dem Gute gewonnene Dünger. 1) und Zubehör.

deshalb unter

den

sonstigen

Voraussetzungen

des

§.

97

Früchte. § 99. Früchte einer Sache sind die Erzeugnisse der Sache und die sonstige Ausbeute, welche aus der Sache ihrer Be­ stimmung gemäß gewonnen wird. Früchte eines Rechtes sind die Erträge, welche das Recht seiner Bestimmung gemäß gewährt, insbesondere bei einem Rechte auf Gewinnung von Bodenbestandtheilen die gewonnenen Bestandtheile. Früchte sind auch die Erträge, welche eine Sache oder ein Recht vermöge eines Rechtsverhältnisses gewährt.

Nutzungen. § 100. Nutzungen sind die Früchte einer Sache oder eines Rechtes sowie die Vortheile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechtes gewährt. Nertheitung drr Früchte. § 101. Ist Jemand berechtigt, die Früchte einer Sache oder eines Rechtes bis zu einer bestimmten Zeit oder von einer be­ stimmten Zeit an zu beziehen/) so gebühren ihm, sofern nicht ein Anderes2) bestimmt ist: 1. die im §. 99 Abs. 1 bezeichneten Erzeugnisse und Bestand­ theile, auch wenn er sie als Früchte eines Rechtes zu be­ ziehen hat, insoweit, als sie während der Dauer der Be­ rechtigung von der Sache getrennt werden; 2. andere Früchte insoweit, als sie während der Dauer der Berechtigung fällig werden; bestehen jedoch die Früchte in der Vergütung für die Überlassung des Gebrauchs oder des Fruchtgenusses, in Zinsen, Gewinnantheilen oder anderen regelmäßig wiederkehrenden Erträgen, so gebührt dem Berechtigten ein der Dauer seiner Berechtigung ent­ sprechender Theil. *) z. B. Verkäufer und Käufer, Pächter und Verpächter, Nießbraucher oder redlicher Besitzer und Eigenthümer. 2) durch Gesetz oder Rechtsgeschäft.

26

Allgemeiner Theil.

Rechtsgeschäfte.

Kosten -er Fruchtgewmnung.

§ 102. Wer zur Herausgabe von Früchten verpflichtet ist, kann Ersatz der auf die Gewinnung der Früchte verwendeten Kosten insoweit verlangen, als sie einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entsprechen und den Werth der Früchte nicht über­ steigen. Vergl. §§. 592, 998, 1055 Abs. 2, 1421.

Urrtheilung -er Kasten.

§ 103. Wer verpflichtet ist, die Lasten einer Sache oder eines Rechtes bis zu einer bestimmten Zeit oder von einer bestimmten Zeit an zu tragen,1) hat, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, die regelmäßig wiederkehrenden Lasten nach dem Verhältnisse der Dauer seiner Verpflichtung, andere Lasten insoweit zu tragen, als sie während der Dauer seiner Verpflichtung zu entrichten sind. 1) z. B. Verkäufer und Käufer, Nießbraucher und Eigenthümer.

Dritter Abschnitt. Rechtsgeschäfte.

Erster Titel. Geschäftsfähigkeit. Ueber Geschäftsfähigkeit von Ausländern Einf.-Ges. Art. 7.

Geschäftsunfähigkeit.

§ 104. Geschäftsunfähig ist: 1. wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat;1) 2. wer sich in einem die freie Willensbestimmung aus­ schließenden Zustande krankhafter Störung der Geistes­ thätigkeit befindet,2) sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist;3) 3. wer wegen Geisteskrankheit entmündigt ist.4) J) Berechnung §. 187 Abs. 2. 2) Vergl. Str.G.B. §. 51. 4) §. 6 Abs. 1 Nr. 1.

3) §. 105 Abs. 2.

§ 105. Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen1) ist nichtig.2) Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustande der

Geschäftsfähigkeit.

§§. 102—109.

27

Bewußtlosigkeit oder vorübergehender Störung der- Geistesthätig­ keit abgegeben wird. *) Willenserklärung gegenüber einem Geschäftsunfähigen §.131 Abs. 1. 2) Vergl. §. 1325.

KrschrünKte Geschäftsfähigkeit. § 106. Ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat,*) ist nach Maßgabe der §§. 107 bis 113 in der Geschäftsfähigkeit beschränkt?) *) Berechnung §. 187 Abs. 2. 2) Vergl. §§. 1304, 1331, 1336—1340, 1437 Abs. 2, 2229, 2275. — Vertretung durch einen beschränkt Geschäftsfähigen §§. 165, 179 Abs. 3 Satz 2.

§ 107. Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vortheil erlangt, der Einwilligung*) seines gesetzlichen Vertreters?) *) §§. 182, 183. 2) Vergl. Anm. 3 zu §. 8. — Erforderniß der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts §§. 1643, 1821—1831.

§ 108. Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung*) des Ver­ treters ab. Fordert der andere Theil den Vertreter zur Erklärung über die Genehmigung aus, so kann die Erklärung nur ihm gegen­ über erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Minderjährigen gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Ge­ nehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablaufe von zwei Wochen2) nach dem Empfange der Auf­ forderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert. Ist der Minderjährige unbeschränkt geschäftsfähig geworden,2) so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vertreters. *) §§. 182, 184. 3) §§• 2, 3.

2) Berechnung §. 187 Abs. 1, §. 188 Abs. 2.

§ 109. Bis zur Genehmigung des Vertrags ist der andere Theil zum Widerrufe berechtigt. Der Widerruf kann auch dem Minderjährigen gegenüber erklärt werden. Hat der andere Theil die Minderjährigkeit gekannt, so

Allgemeiner Theil. Rechtsgeschäfte.

28

kann er nur widerrufen, wenn der Minderjährige der Wahrheit zuwider die Einwilligung des Vertreters behauptet hat; er kann auch in diesem Falle nicht widerrufen, wenn ihm das Fehlen der Einwilligung bei dem Abschlüsse des Vertrags be­ kannt war.

§ 110. Ein von dem Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag gilt als von Anfang an wiüsam, wenn der Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zwecke oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind.*) *) z. B. mit dem Taschengeld.

Vergl. §§. 1644, 1824.

§ Hl. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das der Minderjährige ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vornimmt, ist unwirksam. Nimmt der Minderjährige mit dieser Einwilligung ein solches Rechtsgeschäft einem Anderen gegenüber vor, so ist das Rechtsgeschäft unwirksam, wenn der Minderjährige die Einwilligung nicht in schriftlicher Form*) vorlegt und der Andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich») zu­ rückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Ver­ treter den Anderen von der Einwilligung in Kenntniß gesetzt hatte. *) §. 126.

-) §. 121.

§ 112. Ermächtigt der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Bormundschaftsgerichts den Minderjährigen zum selb­ ständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, so ist der Minder­ jährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, zu denen der Vertreter der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf.*) Die Ermächtigung kann von dem Vertreter nur mit Ge­ nehmigung des Vormundschaftsgerichts zurückgenommen werden. 1) Anm. 2 zu §. 107.

§ 113. Ermächtigt der gesetzliche Vertreter den Minder­ jährigen, in Dienst oder in Arbeit zu treten, so ist der Minder­ jährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig,*) welche die Eingehung oder Aufhebung eines Dienst- oder Arbeits­ verhältnisses der gestatteten Art oder die Erfüllung der sich aus einem solchen Verhältniß ergebenden Verpflichtungen betreffen.

Willenserklärung.

§§. 110—116.

29

Ausgenommen sind Verträge, zu denen der Vertreter der Ge­ nehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf.2) Die Ermächtigung kann von dem Vertreter zurückgenommen oder eingeschränkt werden. Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund, so kann die Er­ mächtigung, wenn sie von ihm verweigert wird, auf Antrag des Minderjährigen durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden. Das Vormundschaftsgericht hat die Ermächtigung zu ersetzen, wenn sie im Interesse des Mündels liegt. Die für einen einzelnen Fall ertheilte Ermächtigung gilt im Zweifel als allgemeine Ermächtigung zur Eingehung von Verhältnissen derselben Art. *) also auch prozeßfähig. 2) §§. 1822 Nr. 7, 1827, vergl. §. 1643.

§ 114. Wer wegen Geistesschwäche, wegen Verschwendung oder wegen Trunksucht entmündigt*) oder wer nach § 1906 unter vorläufige Vormundschaft gestellt ist, steht in Ansehung der Geschäftsfähigkeit einem Minderjährigen gleich, der das siebente Lebensjahr vollendet hat.2) *) §. 6 Abs. 1. 2) §. 106. § 115. Wird ein die Entmündigung aussprechender Beschluß in Folge einer Anfechtungsklage aufgehoben, so kann die Wirk­ samkeit der von oder gegenüber dem Entmündigten vorge­ nommenen Rechtsgeschäfte nicht auf Grund des Beschlusses in Frage gestellt werden. Auf die Wirksamkeit der von oder gegen­ über dem gesetzlichen Vertreter vorgenommenen Rechtsgeschäfte hat die Aufhebung keinen Einfluß.*) Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn im Falle einer vorläufigen Vormundschaft der Antrag auf Ent­ mündigung zurückgenommen oder rechtskräftig abgewiesen2) oder der die Entmündigung aussprechende Beschluß in Folge einer Anfechtungsklage aufgehoben wird. *) Vergl. C.P.O. §. 613 Abs. 2. 2) §. 1908 Abs. 1.

Zweiter Titel.

Willenserklärung. I. MiUensmänget. 1. Geheimer Uorbehalt. § 116. Eine Willenserklärung ist nicht deshalb nichtig, weil

30

Allgemeiner Theil.

Rechtsgeschäfte.

sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollend) Die Erklärung ist nichtig, wenn sie einem Anderen gegenüber abzugeben ist2) und dieser den Vorbehalt kennt?) *) Auch im Scherz mit Täuschungsabsicht. 2) Vergl. Arun. 2 zu §. 28. Für einseitige, nicht einem Anderen gegenüber abzugebende Willenserklärungen gilt Satz 1 ohne Ausnahme. 3) Satz 2 gilt nicht für die Eheschließung, vergl. §. 1323.

2. Kcheingeschäst. § 117. Wird eine Willenserklärung, die einem Anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnisse nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig?) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung. *) Schutz gutgläubiger Dritter nach den allgemeinen Vorschriften zu Gunsten derjenigen, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, namentlich nach §§. 892, 893, 932—936, 1032, 1207. Dazu hier ins­ besondere §. 405. §. 117 gilt nicht für die Eheschließung, vergl. §. 1323.

3. Scherz etr. § 118. Eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden?) ist nichtig.2) *) insbesondere im Scherz ohne Täuschungsabsicht und mißlungenen Scheingeschäft. 2) Schadensersatzpflicht des Erklärenden §. 122.

bei

dem

4. Irrthum. § 119. Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über derenJnhaltOimJrrthume war oder eineErklärung diesesJnhalts überhaupt nicht abgeben wollte,2) kann die Erklärung anfechten,3) wenn anzunehmen ist, daß er sie bei Kenntniß der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde?) Als Irrthum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrthum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden. 1) Was zum Inhalte gehört, ist Auslegungsfrage; vergl. aber Abs. 2. 2) In den Fällen des Sichversprechens, Sichverschreibens u. s. w. 3) Wirkung, Vollziehung und Ausschluß der Anfechtung §§. 142—144. 4) Schadenersatzpflicht §. 122. Besondere Vorschriften für Eheschließung §§. 1332, 1333, für letztwillige Verfügungen §§. 2078, 2079. Vergl. §. 2281.

Willenserklärung.

§§. 117—123.

31

5. Unrichtige Übermittelung -er Erklärung. § 120. Eine Willenserklärung, welche durch die zur Uebermittelung verwendete Person oder Anstal?) unrichtig übermittelt worden ist, kann unter der gleichen Voraussetzung angefochten werden wie nach §. 119 eine irrthürnlich abgegebene Willens­ erklärung. *) Telegraphen-, Fernsprechanstalt re.

§ 121. Die Anfechtung muß in den Fällen der §§. 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Ansecht.ungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte An­ fechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungs­ erklärung unverzüglich abgesendet worden ist?) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung dreißig Jahre verstrichen sind?) *) Vergl. §. 130 Abs. 1. 2) Berechnung §§. 187 Abs. 1, 188 Abs. 2. § 122. Ist eine Willenserklärung nach §. 118 nichtig oder auf Grund der §§. 119, 120 angefochten, so hat der Erklärende, wenn die Erklärung einem Anderen gegenüber abzugeben war, diesem, anderenfalls jedem Dritten den Schaden zu ersetzen, den der Andere oder der Dritte dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der Andere oder der Dritte an der Gültigkeit der Erklärung hat. Die Schadensersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Be­ schädigte den Grund der Nichtigkeit oder der Anfechtbarkeit kannte oder in Folge von Fahrlässigkeit) nicht kannte (kennen mußte). 1) §. 276 Abs. 1 Satz 2. 6. Täuschung und Drohung.

§ 123. Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arg­ listige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten?) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Er­ klärung, die einem Anderen gegenüber abzugeben roctr,2) nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen

32

Allgemeiner Theil.

Rechtsgeschäfte.

mußte?) Soweit ein Anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat,4) ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen mußte. 0 Vergl. Anrn. 3 zu §. 119. In Bezug auf die Eheschließung vergl. §§. 1334, 1335, hinsichtlich letztwilliger Verfügungen §. 2078 Abs. 2. 2) Anm. 2 zu §. 28. 3) §. 122 Abs. 2. 4) insbesondere durch ein Versprechen der Leistung an ihn nach den §§. 328 ff.

§ 124. Die Anfechtung einer nach §. 123 anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen. Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im Falle der Drohung mit dem Zeitpunkt, itt welchem die Zwangslage aufhört?) Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften des §. 203 Abs. 2 und der §§. 206, 207 entsprechende Anwendung. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung dreißig Jahre verstrichen sind?) i) Berechnung der Frist §§. 187 Abs. 1, 188 Abs. 2. Nach Ausschluß des Anfechtungsrechts Schutz des oder Bedrohten gemäß §§. 823, 826, 852, 853.

Getäuschten

II. Form -er Rechtsgeschäfte. Nach dem B.G.B. gilt als Grundsatz Formfteiheit der Rechts­ geschäfte. — Internationale Grenzen der Geltung von Gesetzen über die Form der Rechtsgeschäfte im Einf.-Ges. Art. 11.

1. Drdeutung -er Formoorschristen. § 125. Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vor­ geschriebenen Form ermangelt, ist nichtig?) Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge?) i) §§. 139—141.

a) Vergl. §. 154 Abs. 2.

°2. Schriftliche Form. § 126. Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muß die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namens­ unterschrift oder mittelst gerichtlich oder notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Bei einem Vertrage4) muß die Unterzeichnung der Parteien

Willenserklärung.

§§. 124-129.

33

auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden ausgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet?) Die schriftliche Form wird durch die gerichtliche oder notarielle Beurkundung») ersetzt. J) Vergl. §. 566. 2) Briefwechsel genügt bei gesetzlicher Schriftform nicht. 3) §. 128.

§ 127. Die Vorschriften des §. 126 gelten im Zweifel auch für bie durch Rechtsgeschäft bestimmte schriftliche Form. Zur Wahrung der Form genügt jedoch, soweit nicht ein anderer Wille anzu­ nehmen ist, telegraphische Uebermittelung*) und bei einem Ver­ trage Briefwechsel; wird eine solche Form gewählt, so kann nachträglich eine dem §. 126 entsprechende Beurkundung ver­ langt werden. i) Unterzeichnung der Aufgabeschrift durch den Erklärenden ist nicht erforderlich.

3. Gerichtliche und notarielle Form. § 128. Ist durch Gesetz gerichtliche oder notarielle Be­ urkundung eines Vertrags vorgeschrieben, so genügt es, wenn zunächst der Antrag und sodann die Annahme des Antrags von einem Gericht oder einem Notar beurkundet wird?) !) D. h. der für das Zustandekommen des Vertrags erhebliche Umstand, daß die Erklärung jeder Partei mit deren Willen der anderen zugegangen ist, bedarf der Beurkundung nicht. Vergl. §. 152. Siehe auch Einf.-Ges. Art. 141.

4. Oeffentliche Beglaubigung.

§ 129. Ist durch Gesetz für eine Erklärung öffentliche Be­ glaubigung vorgeschrieben, so muß die Erklärung schriftlich abgefaßU) und die Unterschrift des Erklärenden von der zuständigen2) Behörde oder einem zuständigen Beamten oder Notar beglaubigt werden. Wird die Erklärung von dem Aussteller mittelst Hand­ zeichens unterzeichnet, so ist die im §. 126 Abs. 1 vorgeschriebene Beglaubigung des Handzeichens erforderlich und genügend. Die öffentliche Beglaubigung wird durch die gerichtliche oder notarielle Beurkundung») der Erklärung ersetzt. 1) §. 126 Abs. 1. 2) Mangels reichsgcsetzlicher Vorschriften nach Landesgesetz. 3) §. 128.

Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch.

8

34

Allgemeiner Theil.

Rechtsgeschäfte.

IIL Wirksamkeit -er Willenserklärung. § 130. Eine Willenserklärung,*) die einem Anderen gegen­ über abzugeben ist,2) wird, wenn sie in dessen Abwesenheit ab­ gegeben wird, in dem Zeitpunkte wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem Anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht. Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Ein­ fluß, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäfts­ unfähig wird?) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist. *) ausdrückliche oder stillschweigende. 2) Anm. 2 zu §. 28. 3) §. 104 Nr. 2, 3. § 131. Wird die Willenserklärung einem Geschäftsunfähigen*) gegenüber abgegeben, so wird sie nicht wirksam, bevor sie dem gesetzlichen Vertreter2) zugeht. Das Gleiche gilt, wenn die Willenserklärung einer in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Person2) gegenüber abgegeben wird. Bringt die Erklärung jedoch der in der Geschäftsfähigkeit be­ schränkten Person lediglich einen rechtlichen Vortheil oder hat der gesetzliche Vertreter seine Einwilligung ertheilt, so wird die Erklärung in dem Zeitpunkte wirksam, in welchem sie ihr zugeht. 1) §. 104. 2) Anm. 3 zu § 8. s) §§. 106, 114.

§ 132. Eine Willenserklärung gilt auch dann als zuge­ gangen, wenn sie durch Vermittelung eines Gerichtsvollziehers zugestellt worden ist. Die Zustellung erfolgt nach den Vor­ schriften der Civilprozeßordnung.*) Befindet sich der Erklärende über die Person desjenigen, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben ist, in einer nicht auf Fahrlässigkeit2) beruhenden Ünkenntniß oder ist der Aufent­ halt dieser Person unbekannt, so kann die Zustellung nach den für die öffentliche Zustellung einer Ladung geltenden Vor­ schriften der Civilprozeßordnung2) erfolgen. Zuständig für die Bewilligung ist im ersteren Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirke der Erklärende seinen Wohnsitz4) oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat, im letzteren Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirke die Person, welcher Kuzustellen ist, den letzten Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes den letzten Aufenthalt hatte. *) C.P.O. §§. 163, 155—169, 166—174, 176—178. 2) §. 276 Abs. 1 Satz 2. 2) C.P.O. §§. 187—190. 4) §§. 7—11.

Willenserklärung.

§§. 130—138.

35

IV. Auslegung. § 133. Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu hastend) *) Vergl. §. 157.; H.G.B. Art. 278.

V. Unerlaubte Rechtsgeschäfte. 1. Verstoß gegen rin gesetzliches Verbot.

§ 134. Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Ver­ bot verstößt, ist nichtig,*) wenn sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergießt.2) ') §§. 139—141.

Vergl. §. 309.

2) Z. B. §. 458.

2. Uerstoß gegen rin Ueräußerungsverbot. § 135. Verstößt die Verfügung über einen Gegenstand gegen ein gesetzliches Veräußerungsverbot, das nur den Schutz be­ stimmter Personen bezweckt, so ist sie nur diesen Personen gegenüber unwirksam.*) Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt.2) Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechtevon einem Nichtberechtigten herleiten,2) finden entsprechende Anwendung. *) Vergl. für das Grundbuchrecht §§. 892—894, 899, 888 Abs. 2. 2) Eine Verfügung durch eine nach §. 779 C.P.O. ersetzte Willens­ erklärung ist eine rechtsgeschäftlicte. 3) Anm. 1 zu §. 117. Uebergangsvorschrist Eins.-Ges. Art. 168.

§ 136. Ein Veräußerungsverbot, das von einem Gericht oder von einer anderen Behörde innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassen wird, steht einem gesetzlichen Veräußerungsverbote der im §. 135 bezeichneten Art gleich. § 137. Die Befugniß zur Verfügung über ein veräußerliches Rechts kann nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden. Die Wirksamkeit einer Verpflichtung, über ein solches Recht nicht zu verfügen, wird durch diese Vorschrift nicht berührt. *) Forderung (vergl. aber §§. 399, 400), Eigenthum, Erbbaurecht, Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld, Urheberrecht, Verlagsrecht (sofern nicht nach dem Verlagsvertrage unübertragbar), Patentrecht.

3. Urrstoß gegen -re guten Kitten. § 138. Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

36

Allgemeiner Theil.

Rechtsgeschäfte.

Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das Jemand unter Ausbeutung der Nothlage, des Leichtsinns oder der Un­ erfahrenheit eines Anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvortheile versprechen oder gewähren läßt welche den Werth der Leistung dergestalt übersteigen, daß den Umständen nach die Vermögensvortheile in auffälligem Miß­ verhältnisse zu der Leistung stehend) 1) Vergl. §§. 302 a, 302e des Str.G.B. nach der Fassung des Reichs­ gesetzes v. 19. Juni 1893 (R.G.Bl. S. 197), Art. IV dieses Gesetzes und Einf.-Ges. Art. 47.

VI. Nichtigkeit. § 139. Ist ein Theil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, daß es auch ohne den nichtigen Theil vorgenommen sein würdet) *) Vergl. §. 2085.

§ 140. nissen eines anzunehmen gewollt sein

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erforder­ anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn ist, daß dessen Geltung bei Kenntniß der Nichtigkeit würde.

§ 141. Wird ein nichtiges Rechtsgeschäft von demjenigen, welcher es vorgenommen hat, bestätigt, so ist die Bestätigung als erneute Vornahme zu beurtheilen. Wird ein nichtiger Vertrag von den Parteien bestätigt, so sind diese im Zweifel verpflichtet, einander zu gewähren, was sie haben würden, wenn der Vertrag von Anfang an gültig gewesen wäre. Wegen der Eheschließung vergl. §. 1325 Abs. 2.

VII. Anfechtbarkeit. § 142. Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.*) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen mußtet) wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen. *) Ueber den Schutz gutgläubiger Dritter vergl. Anm. 1 zu §. 117. 2) §. 122 Abs. 2.

§ 143. Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner.

Vertrag.

§§. 139—146.

37

Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrage der andere Theil, im Falle des §. 123 Abs. 2 Satz 2 derjenige, welcher aus dem Vertrag unmittelbar ein Recht erworben hat. Bei einem einseitigen Rechtsgeschäfte, das einem Anderen gegenüber vorzunehmen war, ist der Andere der Anfechtungsaegner. Das Gleiche gilt bei einem Rechtsgeschäfte, das einem Anderen oder einer Behörde gegenüber vorzunehmen war, auch dann, wenn das Rechtsgeschäft der Behörde gegenüber vor­ genommen worden ist. Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft anderer Art ist An­ fechtungsgegner Jeder, der auf Grund des Rechtsgeschäfts un­ mittelbar einen rechtlichen Vortheil erlangt hat. Die Anfechtung kann jedoch, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegen­ über abzugeben war, durch Erklärung gegenüber der Behörde erfolgen; die Behörde soll die Anfechtung demjenigen mit­ theilen, welcher durch das Rechtsgeschäft unmittelbar betroffen worden ist.

§ 144. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn das anfecht­ bare Rechtsgeschäft von dem Anfechtungsberechtigten bestätigt wird. Die Bestätigung bedarf nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form.

Dritter Titel.

Vertrag. Neben den ein Schuldverhältniß begründenden Verträgen (§. 305) kommen die Verträge in Betracht, durch die eine Forderung (§. 398) oder ein sonstiges Recht gemäß §. 413 übertragen, eine Schuld übernommen (§§. 414, 415) oder erlassen (§. 397), ein dingliches Recht begründet, über­ tragen oder belastet wird. Bei den letzteren Rechtsgeschäften spricht das B.G.B. nicht von einem Vertrag, sondern von einer Einigung (vergl. §§. 873, 880, 925, 929, 1015, 1032, 1205). Die §§. 145 ff. und die sonstigen Vorschriften des ersten Buches über Verträge gelten in Ermangelung besonderer Bestimmungen für alle Verträge. Vergl. Anm. 2 zu §. 873.

Uertragschließung. Wer einem Anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, bafc1) er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.

§ 145.

*) Diese Worte kennzeichnen hier wie sonst das Nachfolgende als Aus­ nahmefall, für dessen Vorliegen den Behauptenden die Beweislast trifft.

§ 146.

Der Antrag erlischt, wenn er dem Antragenden

38

Allgemeiner Theil.

Rechtsgeschäfte.

gegenüber abgelehnt oder wenn er nicht "diesem gegenüber nach den §§. 147 bis 149 rechtzeitig angenommen wird.

§ 147. Der einem Anwesenden gemachte Antrag kann nur so­ fort angenommen werden. Dies gilt auch von einem mittelst Fernsprechers von Person zu Person gemachten Anträge. Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen er­ warten darf. § 148. Hat der Antragende für die Annahme des Antrags eine Frist bestimmt, so kann die Annahme nur innerhalb der Friste) erfolgen. *) Berechnung §§. 186 ff.

§ 149. Ist eine dem Antragenden verspätet zugegangene Annahmeerklärung dergestalt abgesendet worden, daß sie bei regel­ mäßiger Beförderung ihm rechtzeitig zugegangen sein würde, und mußte der Antragende dies erkennen,1) so hat er die Ver­ spätung dem Annehmenden unverzügliche) nach dem Empfange der Erklärung anzuzeigen, sofern es nicht schon vorher ge­ schehen ist. Verzögert er die Absendung der Anzeige, so gilt die Annahme als nicht verspätet. §. 122 Abs. 2.

a) §. 121 Abs. 1.

§ 150. Die verspätete Annahme eines Antrags gilt als neuer Antrag. Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Aenderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Anträge. § 151. Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zu Stande, ohne daß die Annahme dem Antragenden gegen­ über erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist1) oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Um­ ständen zu entnehmenden Willen des Antragenden. 1) z. B. bei Bestellung in Erwartung sofortiger Leistung, bei Kauf­ anträgen unter Zusendung der angebotenen Sache.

§ 152. Wird ein Vertrag gerichtlich oder notariell beurkundet,

Bedingung.

Zeitbestimmung.

§§. 147—157.

39

ohne daß beide Theile gleichzeitig anwesend sind, so kommt der Vertrag mit der nach §. 128 erfolgten Beurkundung der An­ nahme zu Stande, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist. Die Vorschrift des §. 151 Satz 2 findet Anwendung. § 153. Das Zustandekommen des Vertrags wird nicht dadurch gehindert, daß der Antragende vor der Annahme stirbt oder geschäftsunfähig') wird, es sei denn, daß2) ein anderer Wille des Antragenden anzunehmen ist. 2) Anm. 1 zu §. 145.

') §. 104 Nr. 2, 3.

§ 154. Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzelne Punkte ist auch dann nicht bindend, wenn eine Auf­ zeichnung stattgefunden hat. Ist eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrags verab­ redet worden, so ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist.

§ 155. Haben sich die Parteien bei einem Vertrage, den sie als geschlossen ansehen, über einen Punkt, über den eine Verein­ barung getroffen werden sollte, in Wirklichkeit nicht geeinigt, so gilt das Vereinbarte, sofern anzunehmen ist, daß der Ver­ trag auch ohne eine Bestimmung über diesen Punkt geschlossen sein würde. Versteigerung. § 156. Bei einer Versteigerung kommt der Vertrag erst durch den Zuschlag zu Stande. Ein Gebot erlischt, wenn ein Uebergebot abgegeben oder die Versteigerung ohne Ertheilung des Zuschlags geschlossen wird. Auslegung -er Uertrügr. § 157. Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.') ') Vergl. § 133.

vierter Titel.

Bedingung.

Zeitbestimmung.

Vergl. über die Auflage bei Schenkungen §§. 525—527, bei letzt­ willigen Verfügungen §§. 2192—2196.

40

Allgemeiner Theil.

Rechtsgeschäfte.

Bedingung. § 158. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer ausschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung ab­ hängig gemachte Wirkung mit dem Eintritte der Bedingung ein. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritte der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkte tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Ueber Unzulässigkeit einer Bedingung vergl. §§. 388, 925 Abs. 2, 1317 Abs. 2, 1598 Abs. 2, 1724, 1742, 1768 Abs. 1, 1947, 2180 Abs. 2, 2202 Abs. 2.

§ 159. Sollen nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts die an den Eintritt der Bedingung geknüpften Folgen auf einen früheren Zeitpunkt zurückbezogen werden, so sind im Falle des Eintritts der Bedingung die Betheiligten verpflichtet, einander zu gewähren, was sie haben würden, wenn die Folgen in dem früheren Zeit­ punkt eingetreten wären. § 160. Wer unter einer ausschiebenden Bedingung berechtigt ist, kann im Falle des Eintritts der Bedingung Schadensersatz von dem anderen Theile verlangen, wenn dieser während der Schwebezeit das von der Bedingung abhängige Recht durch sein Verschuldens vereitelt oder beeinträchtigt. Den gleichen Anspruch hat unter denselben Voraussetzungen bei einem unter einer auflösenden Bedingung vorgenommenen Rechtsgeschäfte derjenige, zu dessen Gunsten der frühere Rechts­ zustand Wiedereintritt. 4) Anm. 1 zu §. 42.

§ 161. Hat Jemand unter einer aufschiebenden Bedingung über einen Gegenstands verfügt, so ist jede weitere Verfügung, die er während der Schwebezeit über den Gegenstand trifft, im Falle des Eintritts der Bedingung insoweit unwirksam, als sie die von der Bedingung abhängige Wirkung vereiteln oder be­ einträchtigen würde. Einer solchen Verfügung steht eine Ver­ fügung gleich, die während der Schwebezeit im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt.2) Dasselbe gilt bei einer auflösenden Bedingung von den Verfügungen desjenigen, dessen Recht mit dem Eintritte der Bedingung endigt. Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von

Vertretung.

Vollmacht.

§§. 158—164.

einem Nichtberechtigten wendung?)

herleiten,

finden

*) Sache oder Recht. 3) Anm. 1 Zu §. 117.

entsprechende

41

An­

2) Anm. 2 zu §. 135.

§ 162. Wird der Eintritt der Bedingung von der Partes zu deren Nachtheil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten. Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vortheil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

Zeitbestimmung. § 163. Ist für die Wirkung eines Rechtsgeschäfts bei dessen Vornahme ein Anfangs- oder ein Endtermin bestimmt worden/) so finden im ersteren Falle die für die aufschiebende, im letzteren Falle die für die auflösende Bedingung geltenden Vorschriften der §§. 158, 160, 161 entsprechende Anwendung. 1) Ueber Unzulässigkeit einer Zeitbestimmung vergl. die in der Anm. zu §. 158 angeführten Stellen.

Fünfter Titel. Vertretung.

Vollmacht.

Die Zulässigkeit der Vertretung bei Rechtsgeschäfteu bildet nach dem B.G.B. die Regel. Gesetzliche Ausnahmen finden sich zahlreich im Familienund Erbrecht.

I. Uertrrtung mit Nertretungsmacht. § 164. Eine Willenserklärung, die Jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht *) im Namen des Vertretenen abgiebt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, daß sie in dessen Namen erfolgen soll. Tritt der Wille, in ftemdem Namen zu handeln, nicht er­ kennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht. Die Vorschriften des Abs. 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem Anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt. 1) mag sie auf Gesetz beruhen (vergl. Anm. 3 zu §. 8, § 26 Abs. 2r §. 86) oder durch Rechtsgeschäft ertheilt sein (§. 166 Abs. 2).

42

Allgemeiner Theil.

Rechtsgeschäfte.

§ 165. Die Wirksamkeit einer von oder gegenüber einem Vertreter abgegebenen Willenserklärung wird nicht dadurch be­ einträchtigt, daß der Vertreter in der Geschäftsfähigkeit be­ schränkt *) ist. ') §§. 106, 114.

§ 166. Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel *) oder durch die Kenntniß oder das Kennen­ müssens gewisser Umstände beeinflußt werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft ertheilten Ver­ tretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntniß des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Um­ ständen, die der Vollmachtgeber kennen mußte, sofern das Kennen­ müssen der Kenntniß gleichsteht?) ’) §§. 116—123. 2) §. 122 Abs. 2. 3) Bezüglich des Einflusses von Willensmängeln gilt auch im Falle des Abs. 2 die Vorschrift des Abs. 1. Willensmängel auf Seiten des Ver­ tretenen kommen nur für die Gültigkeit der Bevollmächtigung in Betracht.

Uoümacht insbesondere. § 167. Die Ertheilung der Vollmacht *) erfolgt durch Er­ klärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll. Die Erklärung bedarf nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht?) *) Die Vollmachtertheilung ist streng geschieden vom Auftrage; letzterer ist nur eines der Rechtsverhältnisse, welche der ersteren zu Grunde liegen können. Dieses Rechtsverhältniß kann auch u. A. auf einem Dienstvertrag (§§. 611, 631, 675) oder einem Gesellschaftsvertrag (§§. 714, 715) beruhen. 2) Vergl. §. 182 Abs. 2.

§ 168. Das Erlöschen der Vollmacht bestimmt sich nach dem ihrer Ertheilung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisse?) Die Vollmacht ist auch bei dem Fortbestehen des Rechtsverhältnisses widerruflich, sofern sich nicht aus diesem ein Anderes ergiebt?) Auf die Erklärung des Widerrufs findet die Vorschrift des §. 167 Abs. 1 entsprechende Anwendung. ') Vergl. Anm. 1 zu §. 167.

2) Vergl. z. B. §. 1189.

§ 169. Soweit nach den §§. 674, 729 die erloschene Voll­ macht eines Beauftragten oder eines geschäftsführenden Gesell-

Vertretung.

Vollmacht.

§§. 166—174.

43

schafters als fortbestehend gilt, wirkt sie nicht zu Gunsten eines Dritten, der bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts das Er­ löschen kennt oder kennen muß.1) §. 122 Abs. 2.

§ 170. Wird die Vollmacht durch Erklärung gegenüber einem Dritten ertheilt, so bleibt sie diesem gegenüber in Kraft, bis ihm das Erlöschen von dem Vollmachtgeber angezeigt wird.1) *) Ausnahmen §. 173.

Kundgebung der Kevoümnchtigung. § 171. Hat Jemand durch besondere Mittheilung an einen Dritten oder durch öffentliche Bekanntmachung- kundgegeben, daß er einen Anderen bevollmächtigt habe, so ist dieser auf Grund der Kundgebung im ersteren Falle dem Dritten gegenüber, im letzteren Falle jedem Dritten gegenüber zur Vertretung befugt.1) Die Vertretungsmacht bleibt bestehen, bis die Kundgebung in derselben Weise, wie sie erfolgt ist, widerrufen roirb.2) T) auch wenn Vollmacht nicht, nicht gültig oder in engerem Umfang ertheilt ist. 2) Ausnahmen §. 173.

Uollmuchtsurkundr. § 172. Der besonderen Mittheilung einer Bevollmächtigung durch den Vollmachtgeber steht es1) gleich, wenn dieser dem Ver­ treter eine Vollmachtsurkunde ausgehändigt hat und der Vertreter sie dem Dritten vorlegt. Die Vertretungsmacht bleibt bestehen, bis die Vollmachts­ urkunde dem Vollmachtgeber zurückgegeben oder für kraftlos erklärt wird.2) ') im Sinne des §. 171 Abs. 1.

2) Ausnahmen

173.

§ 173. Die Vorschriften des §. 170, des §. 171 Abs. 2 und des §. 172 Abs. 2 finden keine Anwendung, wenn der Dritte das Erlöschen der Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt oder kennen muß.1) ') §. 122 Abs. 2.

§ 174. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevoll­ mächtigter einem Anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der Andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unver­ züglich1) zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn

44

Allgemeiner Theil. 'Rechtsgeschäfte.

der Vollmachtgeber den Anderen von der Bevollmächtigung in Kenntniß gesetzt hatte. 1) §. 121 Abs. 1.

§ 175. Nach dem Erlöschen der Vollmacht hat der Bevoll­ mächtigte die Vollmachtsurkunde dem Vollmachtgeber zurückzu­ geben; ein Zurückbehaltungsrecht steht ihm nicht zu?) *) Ausnahme von §. 273.

§ 176. Der Vollmachtgeber kann die Vollmachtsurkunde durch eine öffentliche Bekanntmachung für kraftlos erklären; die Kraftloserklärung muß nach den für die öffentliche Zustellung einer Ladung geltenden Vorschriften der Cioilprozeßordnung 4) veröffentlicht werden. Mit dem Ablauf eines Monats?) nach der letzten Einrückung in die öffentlichen Blätter wird die Kraft­ loserklärung wirksam. Zuständig für die Bewilligung der Veröffentlichung ist so­ wohl das Amtsgericht, in dessen Bezirke der Vollmachtgeber seinen allgemeinen Gerichtsstand hat,2) als das Amtsgericht, welches für die Klage auf Rückgabe der Urkunde, abgesehen von dem Werthe des Streitgegenstandes, zuständig sein würdet) Die Kraftloserklärung ist unwirksam, wenn der Vollmacht­ geber die Vollmacht nicht widerrufen kann?) 4) 2) 8) 4) 6)

C.P.O. §. 187 Abs. 2. Berechnung §§. 187 Abs. 1, 188 Abs. 2. C.P.O. §§. 13—20. C.P.O. §. 29 verbunden mit B.G.B. §. 269. §. 168 Satz 2.

II. Vertretung ohne Uertretungsmacht. Vertrüge. § 177. Schließt Jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines Anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Ge­ nehmigung4) ab. Fordert der andere Theil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegen­ über erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ab­ laufe von zwei Wochen nach dem Empfange der Aufforderung?) erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert. *) §§. 182 Abs. 2, 184. 2) Berechnung §. 187 Abs. 1, §. 188 Abs. 2.

Vertretung.

Vollmacht.

§§. 175—180.

45

§ 178. Bis zur Genehmigung des Vertrags ist der andere Theil zum Widerrufe berechtigt, es sei denn, daß er den Mangel der Vertretungsmacht bei dem Abschlüsse des Vertrags gekannt hat. Der Widerruf kann auch dem Vertreter gegenüber erklärt werden. § 179. Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, ist, sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist, dem anderen Theile nach dessen Wahl4) zur Erfüllung oder zum Schadensersätze verpflichtet, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweigert. Hat der Vertreter den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt,2) so ist er nur zum Ersätze desjenigen Schadens ver­ pflichtet, welchen der andere Theil dadurch erleidet, daß er auf die Vertretungsmacht vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Theil an der Wirk­ samkeit des Vertrags hat?) Der Vertreter haftet nicht, wenn der andere Theil den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen mußte?) Der Vertreter haftet auch dann nicht, wenn er in der Geschäfts­ fähigkeit beschränkt roar,5) es sei denn, daß er mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters gehandelt hat. *) §§. 263—265. 2) insbesondere in Folge Irrthums über die Gültigkeit der Be­ vollmächtigung. 3) Vergl. §. 122 Abs. 1. 4) §. 122 Abs. 1. 5) §§. 106, 114.

Einseitige Rechtsgeschäfte. § 180. Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig?) Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder ist er damit einver­ standen gewesen, daß der Vertreter ohne Vertretungsmacht handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende An­ wendung?) Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechts­ geschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnisse vorgenommen wird. *) Satz 1 gilt für einseitige Rechtsgeschäfte, die nicht gegenüber einem Anderen vorzunehmen sind, z. B. die Erbschaftsannahme (§. 1943), aus­ nahmslos, für andere einseitige Rechtsgeschäfte mit den in Satz 2, 3 ent­ haltenen Einschränkungen. 2) §§. 177—179.

46

Allgemeiner Theil.

Rechtsgeschäfte.

III. Uornahme von Rechtsgeschäften mit sich selbst. § 181. Ein Vertreter *) kann, soweit nicht ein Anderes ihm gestattet ist?) im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen?) es sei denn, daß das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.*) *) mit oder ohne Vertretungsmacht. 2) durch das der Vertretungsmacht zu Grunde liegende Gesetz oder Rechtsgeschäft. 3) Die Vornahme ist unwirksam. Vergl. aber §§. 456—458. 4) Vergl. §§. 1630 Abs. 2, 1795. Siehe auch die Anm. zu tz. 145.

Sechster Titel. Einwilligung. Genehmigung. Zustimmung. § 182. Hängt die Wirksamkeit eines Vertrags oder eines einseitigen Rechtsgeschäfts, das einem Anderen gegenüber vor­ zunehmen ist, von der Zustimmung*) eines Dritten ab, so kann die Ertheilung sowie die Verweigerung der Zustimmung sowohl dem einen als dem anderen Theile gegenüber erklärt werden. Die Zustimmung bedarf nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form. Wird ein einseitiges Rechtsgeschäft, dessen Wirksamkeit von der Zustimmung eines Dritten abhängt, mit Einwilligung des Dritten vorgenommen, so finden die Vorschriften des §. 111 Satz 2, 3 entsprechende Anwendung. *) d. h. Einwilligung oder Genehmigung §§. 183, 184 Abs. 1.

Einwilligung. § 183. Die vorherige Zustimmung (Einwilligung) ist bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerruflich, soweit nicht aus dem ihrer Ertheilung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisse sich ein Anderes ergießt Der Widerruf kann sowohl dem einen als dem anderen Theile gegenüber erklärt werdend) *) Vergl. §. 168.

Genehmigung. § 184. Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist. Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht un-

Einwilligung.

Genehmigung.

§§. 181—188.

47

wirksam, die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen worden4) oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt sind. l) Anm. 1 zu §. 135.

Verfügung eines Uichtöerechtigten. § 185, Eine Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen Gegenstands trifft, ist wirksam, wenn sie mit Einwilligung2) des Berechtigten erfolgt. Die Verfügung wird wirksam, wenn der Berechtigte sie genehmigt2) oder wenn der Verfügende den Gegenstand erwirbt oder wenn er von dem Berechtigten beerbt wird und dieser für die Nuchlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet.4) In den beiden letzteren Fällen2) wird, wenn über den Gegenstand mehrere mit einander nicht in Einklang stehende Verfügungen getroffen worden sind, nur die frühere Verfügung wirksam. *) 3) nach §. 6)

Sache oder Recht. 2) §§. 182, 183. Vergl. §§. 182, 184. Nur in diesem ersten Falle tritt Rückwirkung 184 ein. 4) Vergl. §§. 1994ff., 2005, 2006 ff. Im ersten Falle wird die genehmigte Verfügung wirksam.

vierter Abschnitt.

Kristen.

Termine.

§ 186. Für die in Gesetzen, gerichtlichen Verfügungen und Rechtsgeschäften enthaltenen Frist- und Terminsbestimmungen gelten die Auslegungsvorschriften der §§. 187 bis 193. § 187. Ist für den Anfang einer Frist ein Ereigniß oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereigniß oder der Zeitpunkt fällt. Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Be­ rechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters. § 188. Eine nach Tagen Bestimmte Frist endigt mit dem Ablaufe des letzten Tages der Frist. Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraume — Jahr, halbes

48

Allgemeiner Theil.

Fristen.

Termine.

Jahr, Vierteljahr — bestimmt ist,1) endigt im Falle des §. 187 Abs. 1 mit dem Ablaufe desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereigniß oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des §. 187 Abs. 2 mit dem Ablaufe desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstage der Frist entspricht. Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monate der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablaufe des letzten Tages dieses Monats. *) sofern nicht der Fall des §. 191 vorliegt.

§ 189. Unter einem halben Jahre wird eine Frist von sechs Monaten, unter einem Vierteljahre eine Frist von drei Monaten, unter einem halben Monat eine Frist von fünfzehn Tagen ver­ standen.1) Ist eine Frist auf einen oder mehrere ganze Monate und einen halben Monat gestellt, so sind die fünfzehn Tage zuletzt zu zählen. 1) Die Bedeutung der Ausdrücke „acht Tage", „vierzehn Tage" unter­ liegt freier Auslegung.

§ 190. Im Falle der Verlängerung einer1) Frist wird die neue Frist von dem Ablaufe der vorigen Frist an berechnet. 1) im Laufe befindlichen oder abgelaufenen.

§ 191. Ist ein Zeitraum nach Monaten oder nach Jahren in dem Sinne bestimmt, daß er nicht zusammenhängend zu ver­ laufen braucht, so wird der Monat zu dreißig, das Jahr zu dreihundertfünfundsechzig Tagen gerechnet. § 192. Unter Anfang des Monats wird der erste, unter Mitte des Monats der fünfzehnte, unter Ende des Monats der letzte Tag des Monats verstanden. § 193. Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu be­ wirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag oder einen am Erklärungs- oder Leistungs­ orte1) staatliche anerkannten allgemeinen Feiertag, so tritt an die Stelle des Sonntags oder des Feiertags der nächstfolgende Werktag?)

Verjährung.

§§. 189—196.

49

1) §. 269. 2) in Ermangelung reichsrechtlicher Bestimmung durch das Landesrecht. 3) Auch §. 193 enthält eine Auslegungsvorschrift (§. 186), die nicht gilt, soweit sich im einzelnen Falle durch Auslegung (vergl. namentlich § 167) ein anderer Wille ergiebt.

Muster Abschnitt.

Verjährung. Der fünfte Abschnitt handelt nur von der Verjährung der Ansprüche. Ein allgemeines Institut der Verjährung kennt das B.G.B. nicht. Ueber die Ersitzung von Rechten an Grundstücken vergl. §. 900, über das Er­ löschen solcher Rechte durch Nichtgebrauch §. 901, über Erwerb des Eigen­ thums und des Nießbrauchs an beweglichen Sachen durch Ersitzung §§. 937—945, 1033. Eine unvordenkliche Verjährung ist dem B.G.B. ftemd. Uebergangsvorschristen im Einf.-Ges. Art. 169.

Gegenstand der Verjährung. § 194. Das Recht, von einem Anderen ein Thun oder ein Unterlassen zu verlangen (Anspruch)/) unterliegt der Ver­ jährung.2) Der Anspruch aus einem familienrechtlichen Verhältniß unterliegt der Verjährung nicht, soweit er auf die Herstellung des dem Verhältniß entsprechenden Zustandes für die Zukunft gerichtet ist.3) *) Ein Anspruch kann sich auf ein Schuldverhältniß, ein dingliches Recht, ein familienrechtliches oder ein erbrechtliches Verhältniß gründen. *) Ausnahmen außer nach Abs. 2 in den §§. 758, 898, 902, 924. 3) Der Abs. 2 gilt für Ansprüche vermögensrechtlicher und rein familienrechtlicher Natur, auch soweit sie gegen Dritte sich richten.

Regelmäßige Verjährungsfrist. § 195. Jahre.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt dreißig

Außer in den §§. 196, 197 bestimmt das B.G.B. vielfach besondere kürzere Fristen.

Kurze Verjährung.

§ 196. In zwei Jahren verjähren die Ansprüche: 1. der Kaufleute/) Fabrikanten, Handwerker und derjenigen, welche ein Kunstgewerbe betreiben, für Lieferung von Waaren, Ausführung von Arbeiten und Besorgung fremder Geschäfte, mit Einschluß der Auslagen, es sei Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch.

4

50

Allgemeiner Theil.

2.

3.

4.

5. 6. 7.

8.

9.

10.

11.

Verjährung.

denn, daß 2) die Leistung für den Gewerbebetrieb des Schuldners erfolgt;3) derjenigen, welche Land- oder Forstwirthschaft betreiben, für Lieferung von land- oder forstwirthschaftlichen Er­ zeugnissen, sofern4) die Lieferung zur Verwendung im Haus­ halte des Schuldners erfolgt;3) der Eisenbahnunternehmungen, Frachtfuhrleute, Schiffer, Lohnkutscher und Boten wegen des Fahrgeldes, der Fracht, des Fuhr- und Botenlohns, mit Einschluß der Auslagen; der Gastwirthe und derjenigen, welche Speisen oder Ge­ tränke gewerbsmäßig verabreichen, für Gewährung von Wohnung und Beköstigung sowie für andere den Gästen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse gewährte Leistungen, mit Einschluß der Auslagen; derjenigen, welche Lotterieloose vertreiben, aus dem Ver­ triebe der Loose, es sei denn, daß3) die Loose zum Weiter­ vertriebe geliefert werden;3) derjenigen, welche bewegliche Sachen gewerbsmäßig vermiethen, wegen des Miethzinses; derjenigen, welche, ohne zu den in Nr. 1 bezeichneten Personen zu gehören, die Besorgung fremder Geschäfte oder die Leistung von Diensten gewerbsmäßig betreiben, wegen der ihnen aus dem Gewerbebetriebe gebührenden Vergütungen, mit Einschluß der Auslagen; derjenigen, welche im Privatdienste stehen, wegen des Ge­ halts, Lohnes oder anderer Dienstbezüge, mit Einschluß der Auslagen, sowie der Dienstberechtigten wegen der auf solche Ansprüche gewährten Vorschüsse; der gewerblichen Arbeiter — Gesellen, Gehülfen, Lehr­ linge, Fabrikarbeiter —, der Tagelöhner und Hand­ arbeiter wegen des Lohnes und anderer an Stelle oder als Theil des Lohnes vereinbarter Leistungen, mit Ein­ schluß der Auslagen, sowie der Arbeitgeber wegen der auf solche Ansprüche gewährten Vorschüsse; der Lehrherren und Lehrmeister wegen des Lehrgeldes und anderer im Lehrvertrage vereinbarter Leistungen sowie wegen der für die Lehrlinge bestrittenen Aus­ lagen; der öffentlichen Anstalten, welche dem Unterrichte, der Er­ ziehung, Verpflegung oder Heilung dienen, sowie der In­ haber von Privatanstalten solcher Art für Gewährung

Verjährung.

§. 197.

51

von Unterricht,») Verpflegung oder Heilung und für die damit zusammenhängenden Aufwendungen; 12. derjenigen, welche Personen zur Verpflegung oder zur Er­ ziehung aufnehmen, für Leistungen und Aufwendungen der in Nr. 11 bezeichneten Art; 13. der öffentlichen Lehrer und der Privatlehrer wegen ihrer Honorare, die Ansprüche der öffentlichen Lehrer jedoch nicht, wenn sie auf Grund besonderer Einrichtungen ge­ stundet sind; 14. der Aerzte, insbesondere auch der Wundärzte, Geburts­ helfer, Zahnärzte und Thierärzte, sowie der Hebammen für ihre Dienstleistungen, mit Einschluß der Auslagen;«) 15. der Rechtsanwälte, Notare und Gerichtsvollziehers sowie aller Personen, die zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich bestellt oder zugelassen sind,«) wegen ihrer Ge­ bühren und Auslagen, soweit nicht diese zur Staatskasse fließen; 16. der Parteien wegen der ihren Rechtsanwälten geleisteten Vorschüsse; 17. der Zeugen und Sachverständigen wegen ihrer Gebühren und Auslagen.«) Soweit die im Abs. 1 Nr. 1, 2, 5 bezeichneten Ansprüche nicht der Verjährung von zwei Jahren unterliegen, verjähren sie in vier Jahren. *) im Sinne des H.G.B. Art. 4 ff. 2) Anm. 1 zu §. 145. 3) Vergl. Abs. 2. 4) Der Gläubiger muß diese Voraussetzung beweisen. 6) Oeffentlichrechtliche Ansprüche auf Entrichtung von Schulgeld bleiben unberührt. 6) Für Ansprüche nicht approbirter Medizinalpersonen und nicht ge­ prüfter Hebammen gilt Nr. 7. ’) Im Falle der Geb.-O. für Gerichtsvollzieher v. 24. Juni 1878 §. 24 Nr. 3 tritt gegenüber dem Ersatzpflichtigen an die Stelle des Gerichts­ vollziehers der Staat. 8) Gewerbeordnung §. 36. ®) Die Ausschlußfrist der Geb.-O. für Zeugen und Sachverständige v. 30. Juni 1878 §. 16 Satz 2 bleibt nach dem Einf.-Ges. Art. 32 unberührt.

§ 197. In vier Jahren verjähren die Ansprüche auf Rück­ stände von Zinsens) mit Einschluß der als Zuschlag zu den Zinsen zum Zwecke allmählicher Tilgung des Kapitals zu ent­ richtenden Beträge, die Ansprüche auf Rückstände von Mieth­ und Pachtzinsen, soweit sie nicht unter die Vorschrift des §. 196 4*

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Allgemeiner Theil.

Verjährung.

Abs. 1 Nr. 6 fallen, und die Ansprüche auf Rückstände von Renten, Auszugsleistungen, Besoldungen, Wartegeldern, Ruhegehalten, Unterhaltsbeiträgen und allen anderen regelmäßig wieder­ kehrenden Leistungen?) *) gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen. 2) auch solche Ansprüche aus eingetragenen Rechten (§. 902 Abs. 1 Satz 2).

Beginn. § 198* Die Verjährung beginnt mit der Entstehung des Anspruchs?) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so beginnt die Verjährung mit der Zuwiderhandlung. *) sofern nicht ein Hemmungsgrund nach den §§. 202—204 besteht.

§ 199. Kann der Berechtigte die Leistung erst verlangen, wenn er dem Verpflichteten gekündigt hat, so beginnt die Ver­ jährung mit dem Zeitpunkte, von welchem an die Kündigung zulässig ist. Hat der Verpflichtete die Leistung erst zu bewirken, wenn seit der Kündigung eine bestimmte Frist verstrichen ist, so wird der Beginn der Verjährung um die Dauer der Frist hinausgeschoben. § 200. Hängt die Entstehung eines Anspruchs davon ab, daß der Berechtigte von einem ihm zustehenden Anfechtungs­ rechte Gebrauch macht, so beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkte, von welchem an die Anfechtung zulässig ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Anfechtung sich auf ein familien­ rechtliches Verhältniß bezieht.

§ 201. Die Verjährung der in den §§. 196, 197 bezeich­ neten Ansprüche beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem der nach den §§. 198 bis 200 maßgebende Zeitpunkt eintritt. Kann die Leistung erst nach dem Ablauf einer über diesen Zeitpunkt hinausreichenden Frist verlangt werden, so be­ ginnt die Verjährung mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem die Frist abläuft?) *) Zu Satz 2 vergl. §. 202 Abs. 1.

Hemmung. § 202. Die Verjährung ist gehemmt,*) solange die Leistung gestundet oder der Verpflichtete aus einem anderen Grunde vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist?) Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf die Einrede

Verjährung.

§§. 198-206.

53

des Zurückbehaltungsrechts,») des nicht erfüllten Vertrags/) der mangelnden Sicherheitsleistung, der Vorausklage») sowie auf die nach §. 770 dem Bürgen und nach den §§. 2014, 2015 dem Erben zustehenden Einreden?) *) Wirkung §. 205. 6 Das Recht, eine geschuldete Leistung zu verweigern, heißt im B.G.B. technisch Einrede. Die zerstörenden Einreden, im Gegensatze zu den ver­ zögernden, kommen für die Hemmung der Verjährung nicht in Betracht, weil der Berechtigte nicht zur Abwehr der Verjährungseinrede sich auf eine solche berufen wird. s) §§. 273, 274. 4) §§. 320—322. 5) §§. 771—773. •) Die Möglichkeit der Anfechtung oder der Aufrechnung (§§. 387 ff.) hemmt die Verjährung nicht.

§ 203* Die Verjährung ist gehemmt/) solange derBerechtigte durch Stillstand der Rechtspflege innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist an der Rechtsverfolgung ver­ hindert ist.2) Das Gleiche gilt, wenn eine solche Verhinderung in anderer Weise durch höhere Gewalt herbeigeführt wird?) *) Wirkung §. 205. 2) Vergl. C.P.O. §. 222. ») Sonstige thatsächliche Hindernisse, namentlich Unkenntnis; des An­ spruchs oder des Verpflichteten, hemmen die Verjährung nicht.

§ 204. Die Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten ist gehemmt/) solange die Ehe besteht.2) Das Gleiche giß von Ansprüchen zwischen Eltern und Kindern») während der Minder­ jährigkeit4) der Kinder und von Ansprüchen zwischen dem Vor­ mund und dem Mündel während der Dauer des Vormund­ schaftsverhältnisses.») *) § 205. Bei Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der Ehe gilt §. 1329 oder § 1343. ») ehelichen (Anm. 1 zu §. 11) und unehelichen (§§. 1705,1589 Abs. 2). 4) §. 2. 6) Entsprechend anwendbar auf die Pflegschaft nach §. 1915.

§ 205. Der Zeitraum, während dessen die Verjährung ge­ hemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. § 206?) Ist eine geschäftsunfähige») oder in der Geschäfts­ fähigkeit beschränkte») Person ohne gesetzlichen Vertreter/) so wird die gegen sie laufende Verjährung nicht vor dem Ablaufe von sechs Monaten nach dem Zeitpunkte vollendet,») in welchem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aushört. Ist die Verjährungsfrist kürzer als sechs

54

Allgemeiner Theil.

Verjährung.

Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate. Diese Vorschriften finden keine Anwendung, soweit eine in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person prozeßfähig ist.«) *) Die in den §§. 206, 207 behandelten Hindernisse der Rechts­ verfolgung haben nicht im Allgemeinen hemmende Wirkung; sie werden vielmehr nur insoweit, als sie in der letzten Zeit der Verjährung bestehen, berücksichtigt, dann aber in der Weise, daß dem von dem Hindernisse Be­ troffenen stets noch eine bestimmte Zeit nach Beseitigung des Hinderniffes für die Geltendmachung des Anspruchs freibleibt. 2) §. 104. Der §. 206 gilt nicht für juristische Personen. 8) §§. 106, 114. 4) Anm. 3 zu §. 8. 6) Berechnung §§. 187, 188 Abs. 2. •) Vergl. §§. 112, 113.

§ 207. Die Verjährung eines Anspruchs, der zu einem Nachlasse gehört oder sich gegen einen Nachlaß richtet,2) wird nicht vor dem Ablaufe von sechs Monaten nach dem Zeitpunkte voll­ endet, in welchem die Erbschaft von dem Erben angenommen2) oder der Konkurs über den Nachlaß eröffnet wird oder von welchem an der Anspruch von einem Vertreter oder gegen einen Vertreter geltend gemacht werden kann?) Ist die Verjährungs­ frist kürzer als sechs Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate. 1) §. 1967 Abs. 2. 2) §§. 1943, 1944, 1958. 3) Der Vertreter kann sein ein Nachlaßpfleger (§§. 1960, 1961), ein Abwesenheitspfleger (§. 1911) oder ein Testamentsvollstrecker (§§. 2212, 2213).

Unterbrechung. § 208. Die Verjährung wird unterbrochen?) wenn der Ver­ pflichtete dem Berechtigten gegenüber den Anspruch durch Ab­ schlagzahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt.2) 1) Wirkung §. 217. 2) Es ist nicht ein vertragsmäßiges oder auch nur ein einseitiges rechts­ geschäftliches Anerkenntniß erforderlich, vielmehr genügt jede (ausdrückliche oder stillschweigende) dem Berechtigten gegenüber erfolgende Kundgebung der Ueberzeugung von dem Bestehen des Anspruchs.

§ 209. Die Verjährung wird unterbrochen?) wenn der Be­ rechtigte auf Befriedigung oder auf Feststellung des Anspruchs,2) auf Ertheilung der Vollstreckungsklausel3) oder auf Erlassung des Vollstreckungsurtheils4) Klage erhebt?) Der Erhebung der Klage stehen gleich: 1. die Zustellung eines Zahlungsbefehls im Mahnverfahren;«)

Verjährung.

§§. 207—212.

55

2. die Anmeldung des Anspruchs im Konkurse;') 3. die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozesse;») 4. die Streitverkündung in dem Prozesse, von dessen Aus­ gange der Anspruch abhängt;») 5. die Vornahme einer Vollstreckungshandlung und, soweit die Zwangsvollstreckung den Gerichten oder anderen Be­ hörden zugewiesen ist, die Stellung des Antrags auf Zwangsvollstreckung.4») i) Wirkung §. 217. 2) C.P.O. §§. 231, 253, 254. 3) C.P.O. §. 667. 4) C.P.O. §§. 660, 868. 5) C.P.O. §§. 190, 230, 460, 461, 471 Abs. 2, 636. Dauer und Erlöschen der Unterbrechung unten §§. 211, 212. 6) C.P.O. §§. 628, 633. Erlöschen der Unterbrechung unten §. 213. 7) Konk.O. §. 13. Dauer und Erlöschen der Unterbrechung §. 214. ®) §. 388. Dauer und Erlöschen §. 215. e) C.P.O. §§. 69—71. Dauer und Erlöschen unten §. 215. ,0) Erlöschen der Unterbrechung §. 216.

§ 210. Hängt die Zulässigkeit des Rechtswegs von der Vor­ entscheidung einer Behörde ab oder hat die Bestimmung des zuständigen Gerichts durch ein höheres Gericht zu erfolgen,4) so wird die Verjährung durch die Einreichung des Gesuchs an die Behörde oder das höhere Gericht in gleicher Weise wie durch Klagerhebung2) unterbrochen, wenn die Klage binnen drei Monaten nach der Erledigung des Gesuchs erhoben wird. Auf diese Frist finden die Vorschriften der §§. 203, 206, 207 entsprechende Anwendung. i) C.P.O. §§. 36, 37.

2) §§. 211, 212.

§ 211. Die Unterbrechung durch Klagerhebung dauert fort, bis der Prozeß rechtskräftig entschieden oder anderweit er­ ledigt ist. Geräth der Prozeß in Folge einer Vereinbarung oder da­ durch, daß er nicht betrieben wird, in Stillstand, so endigt die Unterbrechung mit der letzten Prozeßhandlung der Parteien oder des Gerichts. Die nach der Beendigung der Unterbrechung be­ ginnende neue Verjährung wird dadurch, daß eine der Parteien den Prozeß weiter betreibt, in gleicher Weise wie durch Klag­ erhebung 4) unterbrochen. x) §§. 211, 212.

§ 212. Die Unterbrechung durch Klagerhebung gilt als nicht

56

Allgemeiner Theil.

Verjähmng.

erfolgt, wenn die Klage zurückgenommen 0 oder durch ein nicht in der Sache selbst entscheidendes Urtheil rechtskräftig ab­ gewiesen wird. Erhebt der Berechtigte binnen sechs Monaten von neuem Klage,2) so gilt die Verjährung als durch die Erhebung der ersten Klage unterbrochen. Auf diese Frist finden die Vor­ schriften der §§. 203, 206, 207 entsprechende Anwendung. C.P.O. §. 243. 2) oder nimmt er eine im §. 210 der Klagerhebung gleichgestellt e Handlung innerhalb der Frist vor.

§ 213. Die Unterbrechung durch Zustellung eines Zahlungs­ befehls im Mahnverfahren gilt als nicht erfolgt, wenn die Wirkungen der Rechtshängigkeit erlöschen?) *) C.P.O. §§ 637, 640, 641.

§ 214. Die Unterbrechung durch Anmeldung im Konkurse dauert fort, bis der Konkurs beendigt ist. Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn die An­ meldung zurückgenommen wird. Wird bei der Beendigung des Konkurses für eine Forderung, die in Folge eines bei der Prüfung erhobenen Widerspruchs in Prozeß befangen ist, ein Betrag zurückbehalten/) so dauert die Unterbrechung auch nach der Beendigung des Konkurses fort; das Ende der Unterbrechung bestimmt sich nach den Vorschriften des §. 211. ') Konk.O. §. 155 Nr. 1.

§ 215. Die Unterbrechung durch Geltendmachung der Auf­ rechnung im Prozeß oder durch Streitverkündung dauert fort; bis der Prozeß rechtskräftig entschieden oder anderweit erledigt ist; die Vorschriften des §. 211 Abs. 2 finden Anwendung. Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn nicht binnen sechs Monaten nach der Beendigung des Prozesses Klage auf Befriedigung oder Feststellung des Anspruchs erhoben wird. Auf diese Frist finden die Vorschriften der §§. 203, 206, 207 entsprechende Anwendung.

§ 216. Die Unterbrechung durch Vornahme einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht erfolgt, wenn die Vollstreckungs­ maßregel auf Antrag des Berechtigten oder wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben wird. Die Unterbrechung durch Stellung des Antrags auf Zwangs-

Verjährung.

§§. 213—220.

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Vollstreckung gilt als nicht erfolgt, wenn dem Anträge nicht statt­ gegeben oder der Antrag vor der Vornahme der Vollstreckungs­ handlung zurückgenommen oder die erwirkte Vollstreckungsmaßregel nach Abs. 1 aufgehoben wird.

§ 217. Wird die Verjährung unterbrochen, so kommt die bis zur Unterbrechung verstrichene Zeit nicht in Betracht; eine neue Verjährung kann erst nach der Beendigung der Unter­ brechung beginnend) *) sofern nämlich die Voraussetzungen des Beginns vorhanden sind.

Rechtskräftig ftstgesteUte Ansprüche.

§ 218. Ein rechtskräftig*) festgestellter Anspruch verjährt in dreißig Jahren, auch wenn er an sich einer kürzeren Verjährung unterliegt. Das Gleiche gilt von dem Anspruch aus einem voll­ streckbaren Vergleich oder einer vollstreckbaren Urkunde2) sowie von einem Ansprüche, welcher durch die im Konkurs erfolgte Fest­ stellung vollstreckbar geworden ist?) Soweit sich die Feststellung auf regelmäßig wiederkehrende, erst künftig fällig werdende Leistungen bezieht,4) bewendet es bei der kürzeren Verjährungsfrist?) *) durch ein auf Leistung oder auf Feststellung gerichtetes Urtheil. 2) C.P.O. §. 702 Nr. 1, 2, 6, §. 706. 3) Konk.O. §§. 152 Abs. 2, 179, 192 Abs. 2. 4) Die Zulässigkeit der Verurtheilung zur künftigen Zahlung soll in der C.P.O. besonders ausgesprochen werden; vergl. den §. 231 a in der Anlage zur Denkschrift. 5) §. 197.

§ 219. Als rechtskräftige Entscheidung im Sinne des §. 211 Abs. 1 und des §. 218 Abs. 1 gilt auch ein unter Vorbehalt ergangenes rechtskräftiges Urtheil?) *) C.P.O. §§. 502, 562.

Mcht vor -re ordentlichen Gerichte gehörende Ansprüche.

§ 220. Ist der Anspruch vor einem Schiedsgericht*) odereinem besonderen Gerichte, vor einem Verwaltungsgericht oder einer Verwaltungsbehörde2) geltend zu machen, so finden die Vor­ schriften der §§. 209 bis 213, 215, 216, 218, 219 entsprechende Anwendung. Sind in dem Schiedsvertrage die Schiedsrichter nicht er­ nannt oder ist die Ernennung eines Schiedsrichters aus einem anderen Grunde erforderlich oder kann das Schiedsgericht erst nach der Erfüllung einer sonstigen Voraussetzung angerufen

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Allgemeiner Theil.

Verjährung.

werden, so wird die Verjährung schon dadurch unterbrochen, daß der Berechtigte das zur Erledigung der Sache seinerseits Erforderliche vornimmt. *) C.P.O. §§. 851 ff.

a) G.V.G. §§. 13, 14.

Anrechnung der Krschzeit -es Kechtsnorgängers. § 221. Gelangt eine Sache, in Ansehung deren ein dinglicher Anspruch besteht, durch Rechtsnachfolge in den Besitz eines Dritten, so kommt die während des Besitzes des Rechtsvor­ gängers verstrichene Verjährungszeit dem Rechtsnachfolger zu Statten. Wirkung der Verjährung. § 222. Nach der Vollendung der Verjährung ist der Ver­ pflichtete berechtigt, die Leistung zu verweigernd) Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Ge­ leistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn die Leistung in Unkenntniß der Verjährung bewirkt worden ist?) Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnisse3) sowie einer Sicherheitsleistung des Verpflichteten?) *) Die Verjährung begründet also eine Einrede (Anm. 2 zu §. 202). Daraus folgt, daß sie nicht von Amtswegen zu berücksichtigen ist und daß der Verpflichtete einseitig auf sie verzichten kann. 2) Abweichend von §. 813 Abs. 1. 3) §. 781. 4) Aufrechnung mit einer verjährten Forderung §. 390.

§ 223. Die Verjährung eines Anspruchs, für den eine Hypothek oder ein Pfandrecht besteht, hindert den Berechtigten nicht, seine Befriedigung aus dem verhafteten Gegenstände zu suchen?) Ist zur Sicherung eines Anspruchs ein Recht übertragen worden, so kann die Rückübertragung nicht auf Grund der Verjährung des Anspruchs gefordert werden. Diese Vorschriften finden keine Anwendung bei der Ver­ jährung von Ansprüchen auf Rückstände von Zinsen oder anderen wiederkehrenden Leistungen?) *) Abweichend von den §§. 1169, 1254. 2) Nicht beschränkt aus regelmäßig wiederkehrende Leistungen.

§ 224. Mit dem Hauptanspruche verjährt der Anspruch auf die von ihm abhängenden Nebenleistungen, auch wenn die für diesen Anspruch geltende besondere Verjährung noch nicht voll­ endet ist.

Ausübung der Rechte rc.

§§. 221—228.

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RrchtsgrschLstlichr Abweichungen. § 225. Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft weder ausgeschlossen noch erschwert werden.') Erleichterung der Ver­ jährung, insbesondere Abkürzung der Verjährungsfrist, ist zu­ lässig. *) Ausnahmen §§. 477 Abs. 1 Satz 2, 688 Abs. 2.

Sechster Abschnitt.

Ausübung der Rechte.

Setbstvertheidigung.

Selbsthütfe. GhiKanevrrdst. § 226. Die Ausübung eines Rechtes ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem Anderen Schaden zuzufügen. Vergl. §. 826.

Nothwehr. § 227. Eine durch Nothwehr gebotene Handlung ist nicht widerrechtlich?) Nothwehr ist diejenige Vertheidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem Anderen abzuwenden?) *) Die Handlung ist daher nicht eine unerlaubte im Sinne der §§. 823, 831, 832. Soweit sie in einer Besitzentziehung oder Besitzstörung besteht, ist sie nicht verbotene Eigenmacht (§§. 868 Abs. 1, 865, 1029, 1090 Abs. 2). ®) Str.G.B. § 53 Abs. 2. Ueber die Voraussetzungen und Grenzen der Nothwehr bei dem Besitze vergl. §§. 858—860, 865, 1029, 1090 Abs. 2.

Selbstvrrtheidigung gegen fremde Sachen. § 228. Wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um eine durch sie drohende Gefahr von sich oder einem Anderer?) ab­ zuwenden, handelt nicht widerrechtlich,*) wenn die Beschädigung oder die Zerstörung zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist und der Schaden nicht außer Verhältniß zu der Gefahr steht. Hat der Handelnde die Gefahr verschuldet, so ist er zum Schadensersätze verpflichtet?) *) von der Person oder dem Vermögen. *) Vergl. Anm. 1 zu §. 227. Nothwehr ist gegen die Handlung nicht zulässig. 3) Ueber Handlungen, die im Nothstände begangen sind, vergl. §. 904.

60 Allgemeiner Theil. Ausübung d. Rechte. Selbstvertheidigung. Selbsthülfe.

KMMlfe. § 229. Wer zum Zwecke der Selbsthülse *) eine Sache weg­ nimmt, zerstört oder beschädigt oder wer zum Zwecke der Selbst­ hülfe einen Verpflichteten, welcher der Flucht verdächtig ist, fest­ nimmt oder den Widerstand des Verpflichteten gegen eine Hand­ lung, die dieser zu dulden verpflichtet ist, beseitigt, handelt nicht widerrechtlich,») wenn obrigkeitliche Hülse nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde. *) Der Selbsthülfezweck macht eine erlaubte Handlung nicht zu einer unerlaubten; er macht aber auch eine unerlaubte Handlung nicht zu einer erlaubten, soweit das Gesetz nicht, wie in § 229, Ausnahmen bestimmt. Ueber das Privatpfändungsrecht vergl. Einf.-Ges. Art. 89. 2) Anm. 2 zu §. 228.

§ 230. Die Selbsthülfe darf nicht weiter gehen, als zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist. Im Falle der Wegnahme von Sachen ist, sofern nicht Zwangs­ vollstreckung erwirkt wird, der dingliche Arrest zu beantragend) Im Falle der Festnahme des Verpflichteten ist, sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt wird, der persönliche Sicherheits­ arrests bei dem Amtsgerichte zu beantragen, in dessen Bezirke die Festnahme erfolgt ist; der Verpflichtete ist unverzüglich») dem Gerichte vorzuführen. Wird der Arrestantrag verzögert oder abgelehnt, so hat die Rückgabe der weggenommenen Sachen und die Freilassung des Festgenommenen unverzüglich») zu erfolgen. *) C.P.O. §§. 797, 799 ff. ») §. 121 Abs. 1.

2) C.P.O. §§. 798 ff.

§ 231. Wer eine der im §. 229 bezeichneten Handlungen in der irrigen Annahme vornimmt, daß die für den Ausschluß der Widerrechtlichkeit erforderlichen Voraussetzungen vorhanden seien, ist dem anderen Theile zum Schadensersätze verpflichtet, auch wenn der Irrthum nicht auf Fahrlässigkeit beruhte) *) Anderenfalls ergiebt sich die Ersatzpflicht schon aus §. 823.

Siebenter Abschnitt.

Sicherheitsleistung. Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten in Ermangelung abweichen­ der besonderer Bestimmung für alle Fälle, in denen nach Gesetz oder Rechts-

Sicherheitsleistung.

§§. 229 —286.

61

geschäft eine Sicherheitsleistung geschuldet wird oder zur Abwendung von Rechtsnachtheilen nachgelassen ist.

§ 232. Wer Sicherheit zu leisten hat, kann dies bewirken durch Hinterlegung von Geld oder Werthpapieren/) durch Verpfändung von Forderungen, die in das Reichs­ schuldbuch oder in das Staatsschuldbuch eines Bundes­ staats eingetragen finb,2) durch Verpfändung beweglicher Sachen,2) durch Bestellung von Hypotheken an inländischen Grund­ stücken/) durch Verpfändung von Forderungen, für die eine Hypo­ thek an einem inländischen Grundstücke besteht, oder durch Verpfändung von Grundschulden oder Renten­ schulden an inländischen Grundstücken.2) Kann die Sicherheit nicht in dieser Weise geleistet werden, so ist die Stellung eines tauglichen Bürgen zulässig.2) *) Einf.-Ges. Art. 144, 145; unten §§ 233—235. 2) Reichsgesetz v. 31. Mai 1891 (R.G.Bl. S. 321); Einf.-Ges. Art. 97, 5. Unten §. 236. 3) §§. 1205 ff.; vergl. §. 237. 4) §§• 873 ff., 1113 ff.; vergl. §. 238. 6) §§. 1274, 1154; vergl. §. 238. 6) §. 239.

§ 233. Mit der Hinterlegung erwirbt der Berechtigte ein Pfandrechts an dem hinterlegten Gelde oder an den hinterlegten Werthpapieren und, wenn das Geld oder die Werthpapiere nach landesgesetzlicher Vorschrift2) in das Eigenthum des Fiskus oder der als Hinterlegungsstelle bestimmten Anstalt übergehen, ein Pfandrecht2) an der Forderung auf Rückerstattung. ‘) §. 1257. 2) Einf.-Gef. Art. 145. 3) §§. 1281 ff. § 234. Werthpapiere sind zur Sicherheitsleistung nur ge­ eignet, wenn sie auf den Inhaber lauten, einen Kurswerth haben und einer Gattung angehören, in der Mündelgeld angelegt werden fcarf.1) Den Jnhaberpapieren stehen Orderpapiere gleich, die mit Blankoindossament versehen sind. Mit den Werthpapieren sind die Zins-, Renten-, Gewinnantheil- und Erneuerungsscheine zu hinterlegen. Mit Werthpapieren kann Sicherheit nur in Höhe von drei Viertheilen des Kurswerths geleistet werden. *) §. 1807 Abf. 1 Nr. 2—4. § 235. Wer durch Hinterlegung von Geld oder von Werth­ papieren Sicherheit geleistet hat, ist berechtigt, das hinterlegte

62

Allgemeiner Theil.

Sicherheitsleistung.

§§. 286—240.

Geld gegen geeignete Werthpapiere,*) die hinterlegten Werth­ papiere gegen andere geeignete Werthpapiere oder gegen Geld umzutauschen. *) §. 234.

§ 236. Mit einer Buchforderung gegen das Reich oder gegen einen Bundesstaats kann Sicherheit nur in Höhe von drei Vier­ theilen des Kurswerths der Werthpapiere geleistet werden, deren Aushändigung der Gläubiger gegen Löschung seiner Forderung verlangen kann. *) Anm. 2 zu §. 232.

§ 237. Mit einer beweglichen Sache kann Sicherheit nur in Höhe von zwei Drittheilen des Schätzungswerths geleistet werden. Sachen, deren Verderb zu besorgen oder deren Auf­ bewahrung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, können zurückgewiesen werden.

§ 238. Eine Hypothekenforderung, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld ist zur Sicherheitsleistung nur geeignet, wenn sie den Voraussetzungen entspricht, unter denen am Orte der Sicher­ heitsleistung Mündelgeld in Hypothekenforderungen, Grund­ schulden oder Rentenschulden angelegt werden bars.1) Eine Forderung, für die eine Sicherungshypothek2) besteht, ist zur Sicherheitsleistung nicht geeignet. *) §. 1807 Abs. 2.

2) §. 1184.

§ 239. Ein Bürge ist tauglich, wenn er ein der Höhe der zu leistenden Sicherheit angemessenes Vermögen besitzt und seinen allgemeinen Gerichtsstands im Jnlande hat. Die Bürgschaftserklärung2) muß den Verzicht auf die Ein­ rede der Vorausklage2) enthalten. *) C.P.O. §§. 13—20.

2) §. 766.

3) §. 771.

§ 240. Wird die geleistete Sicherheit ohne Verschulden des Berechtigten unzureichend, so ist sie zu ergänzen oder anderweitige Sicherheit zu leisten.

Zweites Buch.

Recht der Schuldverhiittnisfe. 1. Das zweite Buch zerfällt in einen allgemeinen und einen beson­ deren Theil. Der allgemeine Theil (Abschnitt 1—6) enthält Vorschriften, welche für alle Schuldverhältnisse oder doch, wie die des zweiten Abschnitts, für eine größere Gruppe von Schuldverhältnissen gelten. Im besonderen Theile (Abschnitt 7) folgen zunächst Bestimmungen über Schuldverhältniffe aus Rechtsgeschäften (Titel 1—22); dabei ist jedoch im Anschluß an den Auftrag (Titel 10) die Geschäftsführung ohne Auftrag (Titel 11), im An­ schluß an die Gesellschaft (Titel 14) die Gemeinschaft (Titel 15) behandelt. Daran schließen sich Vorschriften über die Verpflichtung zur Vorlegung von Sachen (Titel 23). Endlich werden die Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung (Titel 24) und aus unerlaubten Handlungen (Titel 25) geregelt. Eine verhältnißmäßig große Anzahl von Einzelvorschriften, welche das Recht der Schuldverhältniffe betreffen, sind des Zusammenhanges wegen an anderen Stellen des Gesetzbuchs eingestellt. Zu beachten ist auch, daß vielfach Rechtsnonnen im Gesetz nicht ausdrücklich ausgesprochen sind, sondern, wie z. B. das Erlöschen einer Forderung durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung, aus allgemeinen Grundsätzen abgeleitet werden müssen. 2. Auf dem Gebiete des Rechtes der Schuldverhältniffe herrscht Vertragsfteiheit. Die Betheiligten sind in der Lage, soweit nicht im Einzelnen absolute Rechtssätze entgegen stehen, noch andere Arten von Schuldverhält­ nissen als die im Gesetze geregelten zu begründen oder die gesetzlichen Vorschriften durch Vereinbarung abzuändern. Es ist also namentlich nicht nothwendig, einen einzelnen obligatorischen Vertrag in eines der im 2. Abschnitt aufgestellten Schemata einzuzwängen. Die dort geordneten Schuldverhältniffe stellen nur die wichtigsten und häufigsten Formen vor, deren sich der Verkehr bedient. 3. Das Gesetz versteht unter Schuldverhältnissen solche, welche einen klagbaren Anspruch erzeugen. Ausnahmsweise werden natürliche Ver­ bindlichkeiten anerkannt, die nicht klagbar sind, bei denen aber, wenn eine Leistung stattgefunden hat, die Rückforderung des Geleisteten ausgegeschloffen ist. Siehe §. 222 Abs. 2, §§. 223, 656, 762, 814; vergl. auch §§. 1297 ff., 1624.

64

Recht der Schuldverhältnisse.

Inhalt der Schuldverhältnisse.

Krster Abschnitt.

Inhalt -er Kchuldverhöltniffe. Erster Titel.

Verpflichtung zur Leistung. Die Anordnung der Vorschriften im ersten Titel ist derart, daß nach zwei allgemeinen Sätzen über den Inhalt des Schuldverhältnisses und die Verpflichtung zur Leistung (§§. 241, 242) Vorschriften folgen, welche ins­ besondere den Gegenstand der Leistung bei Schuldverhältnissen betreffen (§§. 243—265), nämlich über das Schuldverhältniß bei Gattungsschulden (§. 243), Geldschulden (§§. 244, 245), Zinsen (§§. 246—248), Schadens­ ersatz (§§. 249—255), Ersatz von Aufwendungen, Wegnahme einer Ein­ richtung (§§. 256—258), Rechnungslegung, Herausgabe eines Inbegriffs, Auskunftertheilung, Offenbarungseid (§§. 259—261), alternative Schuld (§§. 262—265). Daran schließen sich Vorschriften, welche für die Erfüllung des Schuldverhältnisses in Betracht kommen (§§. 266—274), nämlich über die Unzulässigkeit von Theilleistungen (§. 266), Leistung durch einen Dritten (§§. 267, 268), Leistungsort (§§. 269, 270), Leistungszeit (§. 271), Abzug von Zwischenzinsen (§. 272), Zurückbehaltungsrecht (§§. 273, 274). Endlich werden Bestimmungen gegeben, welche die Aenderung des Inhalts der Leistung durch nachträglich eintretende Umstände betreffen (§§. 275 bis 292), nämlich über den Einfluß des Unmöglichwerdens der Leistung, wobei die Haftung des Schuldners für eigenes und fremdes Verschulden geregelt ist (§§. 275—282), über die Umwandlung des Anspruchs auf Erfüllung in einen Anspruch aus Schadensersatz (§. 283), über den Ver­ zug des Schuldners (§§. 284—290) und über die Wirkungen des Ein­ tritts der Rechtshängigkeit (§§. 291, 292).

Inhalt im Allgemeinen. § 241. Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger be­ rechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. Das B.G.B. kennt kein Recht zur Sache; durch das Schuldverhältniß werden lediglich persönliche Beziehungen begründet. Für die Gültigkeit des Schuld Verhältnisses wird nicht erfordert, daß die Leistung einen Vermögenswerth hat. Vergl. aber §. 253.

§ 242. Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu be­ wirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrs­ sitte es erfordern. Vergl. §. 157.

Verpflichtung zur Leistung.

65

§§. 241—247.

Besondere Falle.

1. Oattungsschuld.

§ 243. Wer eine nur der Gattung nach bestimmte Sache schuldet, hat eine Sache von mittlerer Art und Güte zu leisten. Hat der Schuldner das zur Leistung einer solchen Sache seinerseits Erforderliche gethan, so beschränkt sich das Schuld­ verhältniß auf diese Sache. Weitere Vorschriften, welche ein Gattungsschuldverhältniß betreffen, in den §§. 278, 480, 491, 2155, 2157, 2182, 2183.

2. Geldschuld.

§ 244. Ist eine in ausländischer Währung ausgedrückte Geld­ schuld im Jnlande zu zahlen, so kann die Zahlung in Reichs­ währung erfolgen, es sei denn, daß Zahlung in ausländischer Währung ausdrücklich bedungen ist. Die Umrechnung erfolgt nach dem Kurswerthe, der zur Zeit der Zahlung für den Zahlungsort maßgebend ist. Wegen des Zahlungsorts siehe §§. 269, 270. Nach Abs. 2 ist der Kurswerth des Zahlungsortes oder des nächsten größeren Handelsplatzes maßgebend. Vergl. Gesetz v. 16. Juni 1870, B.G.Bl. S. 507, G. v. 30. April 1874, R.G.Bl. S. 40, Münzgesetz v. 15. Juli 1873, R.G.Bl. S. 283, Bankgesetz v. 14. März 1875, R.G.Bl. S. 177.

§ 245. Ist eine Geldschuld in einer bestimmten Münzsorte zu zahlen, die sich zur Zeit der Zahlung nicht mehr im Um­ läufe befindet, so ist die Zahlung so zu leisten, wie wenn die Münzsorte nicht bestimmt wäre. 3. Zinsen. § 246. Ist eine Schuld nach Gesetzt oder Rechtsgeschäft zu verzinsen, so sind vier vom Hundert für das Jahr zu entrichten, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist.2)3) ') Bergl. z. B. §§. 256, 347 Satz 3, §. 641 Abs. 2, §§. 668, 698, Verzugszinsen §§. 288, 289. Prozeßzinsen §. 291. 2) Wegen der Zwischenzinsen siehe §. 272, §. 813 Abs. 2, §. 1138 Satz 3, 1217 Ws. 2 Satz 2. 3) Während des Verzugs des Gläubigers sind Zinsen nicht zu ent­ richten (§. 301).

849.

§ 247. Ist ein höherer Zinssatz als sechs vom Hundert für das Jahr vereinbart, so kann der Schuldner nach dem Ablaufe von sechs Monaten das Kapital unter Einhaltung einer Kündigungs­ Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch.

5

66

Recht der Schuldverhältnisse.

Inhalt der Schuldverhältnisse,

frist von sechs Monaten kündigen. Das Kündigungsrecht kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden. Diese Vorschriften gelten nicht für Schuldverschreibungen auf den Inhaber. Das Gesetz, betr. die vertragsmäßigen Zinsen, v. 14. November 1867, B.G.Bl. S. 159, wird aufgehoben. Einf.-Ges. Art. 39. Vergl. Ges., betr. den Wucher, v. 24. Mai 1880, R.G.Bl. S. 109, mit Ergänzungs­ gesetz v. 19. Juni 1893, R.G.Bl. S. 197, Ges., betr. die Abzahlungs­ geschäfte, v. 10. Mai 1894, R.G.Bl. S. 450. Bergl. auch H.G.B. Art. 292.

§ 248. Eine im voraus getroffene Vereinbarung, daß fällige Zinsen wieder Zinsen tragen sollen, ist nichtig. Sparkassen, Kreditanstalten und Inhaber von Bank§eschäften können im voraus vereinbaren, daß nicht erhobene linsen von Einlagen als neue verzinsliche Einlagen gelten sollen. Kreditanstalten, die berechtigt sind, für den Betrag der von ihnen gewährten Darlehen verzinsliche Schuldverschreibungen auf den Inhaber auszugeben, können sich bei solchen Darlehen die Verzinsung rückständiger Zinsen im voraus versprechen lassen. Vergl. §. 289.

4. Schadensersatz.

§ 249. Wer zum Schadensersätze verpflichtet ist,1) hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersätze verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre?) Ist wegen Ver­ letzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Her­ stellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen?) *) Vergl. z. B. §. 81, §. 286 Abs. 1, §. 325 Abs. 1 Satz 1, §§. 823, 989, §. 1833 Abs. 1, §. 2138 Abs. 2. 2) Besondere Vorschriften über den Umfang des Anspruchs auf Schadensersatz in §. 122 Abs. 1, §. 179 Abs. 2, §. 307 Abs. 1, §§. 847, 1298. 3) Besondere Vorschriften über die Art des Schadensersatzes in den §§. 557, 597, 843—845, §. 912 Abs. 2, §. 917 Abs. 2.

§ 250. Der Gläubiger kann dem Ersatzpflichtigen zur Her­ stellung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Herstellung nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Nach dem Ablaufe der Frist kann der Gläubiger den Ersatz in Geld verlangen, wenn nicht die Herstellung rechtzeitig erfolgt; der Anspruch auf die Herstellung ist ausgeschlossen. Das Gesetz giebt vielfach einem der bei einem Rechtsverhältnisse Be­ theiligten die Befugniß, dem anderen Theile eine Frist zu setzen, mit

Verpflichtung zur Leistung.

§§. 248—254.

67

deren Ablauf bestimmte Rechtswirkungen eintreten; es wird auf diese Weise eine Vereinfachung der Verhältnisse oder doch eine Klärung der Sach­ lage ermöglicht. Vergl. z. B. §. 264 Abs. 2, §§. 283, 326, '354, 416, 616 Abs. 2, §§. 634, 1003; vergl. auch §§. 108, 177, 1396 u. a.

§ 251. Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Ent­ schädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatz­ pflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen. Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld ent­ schädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnißmäßigen Aufwendungen möglich ist. Der Gläubiger hat außer dem Anspruch auf Schadensersatz möglicher­ weise ein Anfechtungsrecht oder ein Rücktrittsrecht (z. B. §§. 123, 325, 326); dies ist von Wichtigkeit, wenn der Nachweis eines bestimmten Schadens Schwierigkeiten macht oder der Ersatzpflichtige sich in ungünstiger Vermögenslage befindet.

§ 252. Der zu ersetzende Schaden umfaßt auch den ent­ gangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge oder nach den be­ sonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Ueber eine Ausgleichung des dem Geschädigten erwachsenen Schadens mit einem ihm etwa erwachsenen Gewinn enthält das Gesetz keine Be­ stimmungen.

§ 253. Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. Vergl. §§. 847, 1300; vergl. auch §. 343 Abs. 1 Satz 2. Bestimmungen der Reichsgesetze über die Buße bleiben unberührt.

Die

8 254. Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersätze sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vor­ wiegend von dem einen oder dem anderen Theile verursacht worden ist. Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Be­ schädigten darauf beschränkt, daß er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen mußte, oder daß er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des §. 278 findet entsprechende An­ wendung.

68

Recht der Schuldverhältnisse.

Inhalt der Schuldverhältnisse.

Die Vorschriften des §. 254 finden auch im Falle des §. 846 An­ wendung. Wird durch das eigene Verschulden des Beschädigten der Kausal­ zusammenhang zwischen der Handlung des Dritten und dem entstandenen Schaden aufgehoben, so ist überhaupt kein Ersatzanspruch gegen den Dritten begründet.

§ 255» Wer für den Verlust Schadensersatz zu leisten hat, ist tretung^) der Ansprüche verpflichtet, Grund des Eigenthums an der Rechtes gegen Dritte zustehen.

einer Sache oder eines Rechtes zum Ersätze nur gegen Ab­ die dem Ersatzberechtigten auf Sache oder auf Grund des

*) Vergl. §§. 398 ff.

5. Aufwendungen.

§ 256. Wer zum Ersätze von Aufwendungen verpflichtet ist,1) hat den aufgewendeten Betrag oder, wenn andere Gegen­ stände als Geld aufgewendet worden sind, den als Ersatz ihres Werthes zu zahlenden Betrag von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen. Sind Aufwendungen auf einen Gegenstand ge­ macht worden, der dem Ersatzpflichtigen herauszugeben ist, so sind Zinsen2) für die Zeit, für welche dem Ersatzberechtigten die Nutzungen3) oder die Früchte4) des Gegenstandes ohne Vergütung verbleiben, nicht zu entrichten. b z. B. §. 304, §. 526 Satz 2, §. 538 Abs. 2, §§. 670, 683, 693, 995, 1390, §. 1978 Abs. 3, §. 2185, §. 2381 Abs. 2. 2) §. 246. 3) §. 100. 4) §. 99.

§ 257. Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu ver­ langen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann ihm der Ersatzpflichtige, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten. Sicherheitsleistung §§. 232 ff.

6. Wegnahme einer Einrichtung.

§ 258. Wer berechtigt ist, von einer Sache, die er einem Anderen herauszugeben hat, eine Einrichtung wegzunehmen,1) hat im Falle der Wegnahme die Sache auf seine Kosten in den vorigen Stand zu setzen. Erlangt der Andere den Besitz der Sache, so ist er verpflichtet, die Wegnahme der Einrichtung zu gestatten; er kann die Gestattung verweigern, bis ihm für

Verpflichtung zur Leistung.

§§. 255—260.

69

den mit der Wegnahme verbundenen Schaden Sicherheit2) ge­ leistet wird. *) z. B. §. 500 Satz 2, §. 547 Abs. 2 Satz 2, §. 601 Abs. 2 Satz 2, §. 997 Abs. 1, §. 1049 Abs. 2, §. 2125 Abs. 2. 2) §- 232 ff. 7. Rechnungslegung. § 259. Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen/) hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Ein­ nahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzutheilen und, soweit Belege ertheilt zu werden pflegen, Belege vor­ zulegen. Besteht Grund zu der Annahme, daß die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der er­ forderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Ver­ pflichtete auf Verlangen den Offenbarungseid dahin zu leisten: daß er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu im Stande fei.2) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Leistung des Offenbarungseids nicht?) *) z. B. §. 666, §. 681 Satz 2, §. 713, §. 1214 Abs. 1, §§. 1421, 1681, 1890, §. 2130 Abs. 2, §. 2218; vergl. auch §. 2028. 2) Vergl. zu den §§. 259, 260 die für die C.P.O. vorgeschlagenen §§. 230a, 774 a in der dem Reichstage vorgelegten Denkschrift. 3) Die Vorschriften der C.P.O. über den prozeffualen Offenbarungs­ eid werden durch die §§. 259—261 nicht berührt. Herausgabe eines Inbegriffs. § 260. Wer verpflichtet ist, einen Inbegriff von Gegenständen herauszugeben*) oder über den Bestand eines solchen Inbegriffs Auskunft zu ertheilen?) hat dem Berechtigten ein Verzeichniß des Bestandes vorzulegen. Besteht Grund zu der Annahme, daß das Verzeichniß nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, so hat der Verpflichtete auf Verlangen den Offenbarungseid dahin zu leisten: daß er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben habe, als er dazu im Stande sei?) Die Vorschrift des §. 259 Abs. 3 findet Anwendung?) ’) z. B. §. 667, §. 681 Satz 2, §§. 713, 1421, 1681, 1890, §. 1990 Abs. 1 Satz 2, §§. 2018, 2130, §. 2218 Abs. 1. 2) z. B. §. 1891 Abs. 2, §§. 2027, 2127, 2314.

70

Recht der Schuldverhältnisse.

Inhalt der Schuldverhältnisse.

3) Vergl. §§. 2006, 2057. 4) Siehe die Anm. zu §. 259.

Offrndarungsri-.

§ 261. Der Offenbarungseid ist, sofern er nicht vor dem Prozeßgerichte zu leisten ist, vor dem Amtsgerichte des Ortes zu leisten, an welchem die Verpflichtung zur Rechnungslegung oder zur Vorlegung des Verzeichnisses zu erfüllens ist. Hat der Verpflichtete seinen Wohnsitz2) oder seinen Aufenthalt im Jnlande, so kann er den Eid vor dem Amtsgerichte des Wohnsitzes oder des Aufenthaltsorts leisten. Das Gericht kann eine den Umständen entsprechende Aenderung der Eidesnorm beschließen. Die Kosten der Abnahme des Eides hat derjenige zu tragen, welcher die Leistung des Eides verlangt?) *) Erfüllungsort §. 269. 2) §. 7—11. 3) Wegen des Verfahrens wird das in Aussicht genommene Gesetz über die nichtstreitige Gerichtsbarkeit weitere Bestimmungen zu treffen haben.

8. Alternative Schuld.

§ 262. Werden mehrere Leistungen in der Weise geschuldet, daß nur die eine oder die andere zu bewirken ist, so steht das Wahlrecht im Zweifel dem Schuldner zu. Das Wahlrecht haftet an der Verpflichtung des Schuldners; im Falle der Schuldübernahme steht es dem neuen Schuldner zu. Wegen des Wahlvermächtniffes siehe §. 2154.

§ 263. Die Wahl erfolgt durch Erklärung*) gegenüber dem anderen Theile. Die gewählte Leistung gilt als die von Anfang an allein geschuldete. *) §§. 130-132.

§ 264. Nimmt der wahlberechtigte Schuldner die Wahl nicht vor dem Beginne der Zwangsvollstreckung vor, so kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung nach seiner Wahl auf die eine oder auf die andere Leistung richten; der Schuldner kann sich jedoch, solange nicht der Gläubiger die gewählte Leistung ganz oder zum Theil empfangen hat, durch eine der übrigen Leistungen von seiner Verbindlichkeit befreien. Ist der wahlberechtigte Gläubiger im Verzüge, so kann der Schuldner ihn unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Vornahme der Wahl auffordern. Mit dem Ablaufe der Frist

Verpflichtung zur Leistung.

§§. 261—268.

71

geht das Wahlrecht auf den Schuldner über, wenn nicht der Gläubiger rechtzeitig die Wahl vornimmt.

§ 265. Ist eine der Leistungen von Anfang an unmöglich oder wird sie später unmöglich, so beschränkt sich das Schuldver­ hältniß auf die übrigen Leistungen. Die Beschränkung tritt nicht ein, wenn die Leistung in Folge eines Umstandes unmöglich wird, den der nicht wahlberechtigte Theil zu vertreten hat. Zu Satz 2 siehe §§. 276—278.

§ 266.

9. TtzerUeistungrn. Der Schuldner ist zu Theilleistungen nicht berechtigt.

Durch Vertrag kann der Schuldner zu Theilleistungen berechtigt und verpflichtet werden.

10. Keistung durch rtnrn Dritten.

§ 267. Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten, so kann auch ein Dritter die Leistung bewirken. Die Einwilligung des Schuldners ist nicht erforderlich. Der Gläubiger kann die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht. Durch eine ungerechtfertigte Ablehnung der von einem Dritten an­ gebotenen Leistung kommt der Gläubiger in Annahmeverzug (§§. 293 ff.).

Zwangsvollstreckung.

§ 268. Betreibt der Gläubiger die Zwangsvollstreckung') in einen dem Schuldner gehörenden Gegenstand, so ist Jeder, der Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung ein Recht an dem Gegenstände zu verlierens) berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen. Das gleiche Recht steht dem Besitzer einer Sache zu, wenn er Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung den Besitz zu ver­ lieren. Die Befriedigung kann auch durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung erfolgen: Soweit der Dritte den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung auf ihn über. Der Uebergang kann nicht zum Nach­ theile des Gläubigers geltend gemacht werden?) ?) §. 1147, §. 1233 Abs. 2, §. 1268; C.P.O. §§. 690, 709 ff. 2) Vergl. §§. 892, 933—936. ®) Die Vorschriften der Abs. 1—3 finden im Falle des §. 1150, die Vorschriften der Abs. 2, 3 im Falle des §. 1249 entsprechende Anwendung.

72

Recht der Schuldverhältnisse.

Inhalt der Schuldverhältnisse.

11. Ort der Leistung. § 269. Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldver­ hältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Orte zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz*) hatte. Ist die Verbindlichkeit im Gewerbebetriebe des Schuldners entstanden, so tritt, wenn der Schuldner seine gewerbliche Nieder­ lassung an einem anderen Orte hatte, der Ort der Nieder­ lassung an die Stelle des Wohnsitzes?) Aus dem Umstand allein, daß der Schuldner die Kosten der Versendung übernommen hat, ist nicht zu entnehmen, daß der Ort, nach welchem die Versendung zu erfolgen hat, der Leistungsort sein soll?) *) §§• 7—11. 2) Vergl. H.G.B. Art. 324. 3) Besondere Bestimmungen über den Erfüllungsort in §. 697, §. 811 Abs. 1; vergl. auch §. 261 Abs. 1, wegen des Zahlungsorts bei der Grundschuld §. 1194.

Uedrrrnittelung von Geld. § 270. Geld hat der Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und seine Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu über­ mitteln. Ist die Forderung im Gewerbebetriebe des Gläubigers entstanden, so tritt, wenn der Gläubiger seine gewerbliche Nieder­ lassung an einem anderen Orte hat, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes. Erhöhen sich in Folge einer nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eintretenden Aenderung des Wohnsitzes oder der gewerblichen Niederlassung des Gläubigers die Kosten oder die Gefahr der Uebermittelung, so hat der Gläubiger im ersteren Falle die Mehrkosten, im letzteren Falle die Gefahr zu tragen. Die Vorschriften über den Leistungsort bleiben unberührt?) 1) Vergl. H.G.B. Art. 325. Kaffen siehe Einf.-Ges. Art. 92.

Ueber Zahlungen

aus

öffentlichen

12. Zeit der Leistung. § 271. Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.

Verpflichtung zur Leistung.

§§. 269—274.

73

Besondere Bestimmungen über die Zeit der Leistung siehe in den §§. 193, 561, 684, 608, 609, 614, 641 Abs. 1, §§. 695, 699, 721, 760, §. 1361 Abs. 1 Satz 1, §. 1612 Abs. 3, §. 1710 Abs. 2.

Zroischrnzinsen. § 272. Bezahlt der Schuldner eine unverzinsliche Schuld vor der Fälligkeit, so ist er zu einem Abzüge wegen der Zwischen­ zinsen nicht berechtigt. Vergl. §. 813 Abs. 2, §. 1133 Satz 3, §. 1217 Abs. 2 Satz 2.

13. Zurückbehaltungsrecht.

§ 273. Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Ver­ hältniß, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen An­ spruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnisse sich ein Anderes ergiebt/) die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht)?) Wer zur Herausgabe eines Gegenstandes verpflichtet ist, hat das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, daß er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat?) Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungs­ rechts durch Sicherheitsleistung*) abwenden. Die Sicherheits­ leistung durch Bürgen ist ausgeschlossen. 1) Der Miether eines Grundstücks hat kein Zurückbehaltungsrecht (§. 656 Abs. 2). 2) Ueber das Zurückbehaltungsrecht bei gegenseitigen Verträgen (Ein­ rede des nicht erfüllten Vertrags) §§. 320—322. - 3) Zurückbehaltungsrecht des Besitzers gegenüber dem Eigenthums­ anspruch §. 1000. 4) §§• 232 ff.

§ 274. Gegenüber der Klage des Gläubigers hat die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nur die Wirkung, daß der Schuldner zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) zu verurtheilen ist. Auf Grund einer solchen Verurtheilung kann der Gläubiger seinen Anspruch ohne Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgen, wenn der Schuldner im Verzüge der Annahme ist.

74

Recht der Schuldverhältnisse.

Inhalt der Schuldverhältnisse.

Vergl. §. 322 und wegen der Durchführung des Zurückbehaltungs­ rechts im Prozesse die für die C.P.O. in Aussicht genommenen Er­ gänzungen der §§. 664, 684 sowie den neuen §. 676 a in der dem Reichs­ tage vorgelegten Denkschrift.

14. Unmöglichkeit -er Keistung.

§ 275. Der Schuldner wird von der Verpflichtung zur Leistung frei, soweit die Leistung in Folge eines nach der Ent­ stehung des Schuldverhältnisses eintretenden Umstandes, den er nicht zu vertreten hat/) unmöglich wird?) Einer nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eintretenben Unmöglichkeit steht das nachträglich eintretende Unvermögen des Schuldners zur Leistung gleich?) *) Ausnahmen: §. 279, §. 287 Satz 2, §. 848. 2) Einfluß der Unmöglichkeit auf die Gegenleistung §§. 323—325. 3) Ueber die Bedeutung einer schon zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses vorhandenen Unmöglichkeit der Leistung enthält das Gesetz keine allgenleine Bestimmung; vergl. §§. 306 ff., 2171.

Verschulden. § 276. Der Schuldner hat, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht läßt. Die Vorschriften der §§. 827, 828 finden Anwendung. Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im voraus erlassen werden. Beschränkung der Haftung des Verpflichteten auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit in den Fällen des §. 300 Abs. 1, §§. 521, 599, 680, 968; auf die Sorgfalt, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, in den Fällen der §§. 690, 708, 1359, 1664, 2131. Erweiterung der Haftung in den Fällen der §§. 287, 678, 701.

§ 277. Wer nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hat, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt/) ist von der Haftung wegen grober Fahrlässigkeit nicht befreit. *) Vergl. §§. 690, 708, 1359, 1664, 2131.

§ 278. Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetz­ lichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedientj, in gleichem Umfange zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des §. 276 Abs. 2 findet keine Anwendung. Die Vorschriften des §. 278 finden auch Anwendung in den Fällen der §§. 351, 664, 691, entsprechende Anwendung im Falle des §. 254;

Verpflichtung zur Leistung.

§§. 275—282.

75

sie gelten ferner für das Gesinderecht nach dem Einf.-Ges. Art. 95 Abs. 2. Vergl. auch §. 549 Abs. 2. Wegen der Haftung für das Verschulden Anderer bei unerlaubten Handlungen stehe §§. 831, 832; vergl. §§. 31, 86, §. 89 Abs. 1, Einf.-Ges. Art. 77, 78.

§ 279. Ist der geschuldete Gegenstand nur der Gattung nach bestimmt, so hat der Schuldner, solange die Leistung aus der Gattung möglich ist, sein Unvermögen zur Leistung auch dann zu vertreten, wenn ihm ein Verschulden nicht zur Last fällt. Vergl. §. 243 Abs. 2.

Schadensersatz. § 280. Soweit die Leistung in Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes unmöglich wird, hat der Schuldner dem Gläubiger den durch die Nichterfüllung ent­ stehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle theilweiser Unmöglichkeit kann der Gläubiger unter Ablehnung des noch möglichen Theiles der Leistung Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit verlangen, wenn die theilweise Erfüllung für ihn kein Interesse hat. Die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§. 346 bis 356 finden entsprechende An­ wendung. Die Vorschriften des Abs. 2 gelten auch in den Fällen des §. 280 Abs. 2 und des §. 325 Abs. 1 Satz 2.

Umfang der Grfatzpflicht. § 281. Erlangt der Schuldner in Folge des Umstandes, welcher die Leistung unmöglich macht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung*) des Ersatzanspruchs verlangen. Hat der Gläubiger Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so mindert sich, wenn er von dem im Abs. 1 bestimmten Rechte Gebrauch macht, die ihm zu leistende Ent­ schädigung um den Werth des erlangten Ersatzes oder Ersatz­ anspruchs?) f) §§. 398 ff.

2) Vergl. §. 323 Abs. 2.

Kemeislast. § 282. Ist streitig, ob die Unmöglichkeit der Leistung die Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes ist, so trifft die Beweislast den Schuldner.

76

Recht der Schuldverhältnisse.

Inhalt der Schuldverhältnisse.

Schadensersatz statt -er Erfüllung.

§ 283. Ist der Schuldner rechtskräftig verurtheilt, so kann der Gläubiger ihm zur Bewirkung der Leistung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme der Leistung nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Nach dem Ablaufe der Frist kann der Gläubiger Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, soweit nicht die Leistung rechtzeitig bewirkt wird; der Anspruch auf Erfüllung ist ausgeschlossen. Die Verpflichtung zum Schadensersätze tritt nicht ein, wenn die Leistung in Folge eines Umstandes unmöglich wird, den der Schuldner nicht zu vertreten hat. Wird die Leistung bis zum Ablaufe der Frist nur theilweise nicht bewirkt, so steht dem Gläubiger auch das im §. 280 Abs. 2 bestimmte Recht zu. Der §. 283, welcher durch den §. 325 Abs. 2 ergänzt wird, ermöglicht dem Gläubiger, seinen Schaden geltend zu machen, ohne vorher die Zwangsvollstreckung nach Maßgabe der Vorschriften der C.P.O. versucht zu haben; vergl. C.P.O. §. 778. Zu Abs. 1 Satz 2 siehe §§. 276—279. Wegen der Setzung der Frist im Urtheil vergl. den für die C.P.O. vorgeschlagenen §. 230 b in der dem Reichstage vorgelegten Denkschrift. Wegen der Frist vergl. auch §. 193.

15. Verzug des Schuldners.

a) Voraussetzungen.

§ 284. Leistet der Schuldner auf eine Mahnung *) des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritte der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung steht die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zu­ stellung eines Zahlungsbefehls im Mahnverfahren gleich. Ist für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt,2) so kommt der Schuldner ohne Mahnung in Verzug, wenn er nicht zu der bestimmten Zeit leistet. Das Gleiche gitt, wenn der Leistung eine Kündigung vorauszugehen hat und die Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, daß sie sich von der Kündigung ab nach dem Kalender berechnen läßt. *) Die Mahnung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, welches an keine Form gebunden ist. Vergl. §§. 130 ff., §. 180. 2) Siehe §. 193.

§ 285. Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung in Folge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Siehe §. 275 ff.

Verpflichtung zur Leistung.

§§. 283 -290.

77

b) Wirkungen; Schadensersatz. § 286. Der Schuldner hat dem Gläubiger den durch den Verzug entstehenden Schaden zu ersetzen. Hat die Leistung in Folge des Verzugs für den Gläubiger kein Interesse, so kann dieser unter Ablehnung der Leistung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§. 346 bis 356 finden entsprechende Anwendung. Die Wirkung des Verzuges betreffen ferner §. 264 Abs. 2, §§. 326, 339, 354, 554, §. 633 Abs. 3, §. 1613.

Haftung für Zufall. § 287. Der Schuldner hat während des Verzugs jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Er ist auch für die während des Verzugs durch Zufall eintretende Unmöglichkeit der Leistung verantwortlich, es sei denn, daß der Schaden auch bei recht­ zeitiger Leistung eingetreten sein würde. Verzugszinsen. § 288. Eine Geldschuld ist während des Verzugs mit vier vom Hundert für das Jahr zu verzinsen. Kann der Gläubiger aus einem anderen Rechtsgrunde höhere Zinsen ver­ langen, so sind diese fortzuentrichten. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen. Vergl. §§. 522, 1149.

§ 289. Von Zinsen sind Verzugszinsen nicht zu entrichten. Das Recht des Gläubigers auf Ersatz des durch den Verzug entstehenden Schadens bleibt unberührt. Vergl. §. 248.

§ 290. Ist der Schuldner zum Ersätze des Werthes eines Gegenstandes verpflichtet, der während des Verzugs unter­ gegangen ist oder aus einem während des Verzugs ein­ getretenen Grunde nicht herausgegeben werden kann, so kann der Gläubiger Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeit­ punkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Werthes zu Grunde gelegt wird. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner zum Ersätze der Minderung des Werthes eines während des Verzugs verschlechterten Gegenstandes verpflichtet ist. Die Zinsen stellen den Ersatz für die dem Gläubiger entgangenen Nutzungen dar.

78

Recht der Schuldverhältnisse.

Inhalt der Schuldverhältnisse.

Gintrttt -er Rechtshängigkeit. § 291. Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des §. 288 Abs. 1 und des §. 289 Satz 1 finden entsprechende An­ wendung.

16.

Für den Eintritt der Rechtshängigkeit sind die Bestimmungen der C.P.O. §§. 235, 254 maßgebend.

§ 292. Hat der Schuldner einen bestimmten Gegenstand herauszugeben, so bestimmt sich von dem Eintritte der Rechts­ hängigkeit an der Anspruch des Gläubigers auf Schadensersatz wegen Verschlechterung, Unterganges oder einer aus einem an­ deren Grundes eintretenden Unmöglichkeit der Herausgabe nach den Vorschriften, welche für das Verhältniß zwischen dem Eigen­ thümer und dem Besitzer von dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs an gelten,2) soweit nicht aus dem Schuldverhältniß oder dem Verzüge des Schuldners sich zu Gunsten des Gläubigers ein Anderes ergiebt.2) Das Gleiche gilt von dem Ansprüche des Gläubigers auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen und von dem An­ sprüche des Schuldners auf Ersatz von Verwendungen.4) x) z. B. Zwangsenteignung, Einziehung (St.G.B. §. 40). 2) §§. 989 ff. 8) Vergl. §. 407 Abs. 2, §. 1613. 4) Die Bestimmungen der C.P.O. über die prozeffualen Folgen der Rechtshängigkeit bleiben unberührt.

Iweiter MelVerzug des Gläubigers. Voraussetzungen.

§ 293. Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Auf ein Verschulden des Gläubigers kommt es nicht an. Vergl. §. 267.

§ 294. Die Leistung muß dem Gläubiger so, wie sie zu be­ wirken ist, thatsächlich angeboten werden. Vergl. §§. 242 ff., insbesondere §. 266.

§ 295. Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, daß er die Leistung nicht an-

Verzug des Gläubigers.

§§. 291—300.

79

nehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem An­ gebote der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen. Für das Angebot ist keine Form vorgeschrieben.

Vergl. §§. 130 ff.

§ 296. Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Hand­ lung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt?) Das Gleiche gilt, wenn der Handlung eine Kündi­ gung vorauszugehen hat und die Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, daß sie sich von der Kündigung ab nach dem Kalender berechnen läßt. 1) z. B. wenn in einem Jnhaberpapiere dem Gläubiger eine Vorlegung der Urkunde zu bestimmter Zeit vorgeschrieben ist; der Gläubiger kommt, durch das Unterlassen der Vorlegung ohne Weiteres in Verzug.

8 297. Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des §. 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außer Stande ist, die Leistung zu bewirken. Der Gläubiger hat das Leistungsunvermögen des Schuldners zu be­ weisen.

§ 298. Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er zwar die angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, die verlangte Gegenleistung aber nicht anbietet. Der §. 298 hat besondere Bedeutung für bie, gegenseitigen Verträge, gilt aber auch für andere Fälle; vergl. z. B. §. 348/§. 601 Abf. 2, §§. 670r 688, 693, 1049 in Verbindung mit §. 273.

§ 299. Ist die Leistungszeit nicht bestimmt oder ist der Schuldner berechtigt, vor der bestimmten Zeit zu leisten, so kommt der Gläubiger nicht dadurch in Verzug, daß er vorüber­ gehend an der Annahme der angebotenen Leistung verhindert ist, es sei denn, daß der Schuldner ihm die Leistung eine an­ gemessene Zeit vorher angekündigt hat.

Wirkungen.

§ 300. Der Schuldner hat während des Verzugs des Gläubigers nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

80 Recht der Schuldverhältnisse.

Schuldverhältnisse aus Verträgen.

Wird eine nur der Gattung nach bestimmte Sache ge­ schuldet, so geht die Gefahr mit dem Zeitpunkt auf den Gläubiger über, in welchem er dadurch in Verzug kommt, daß er die angebotene Sache nicht annimmt. Den Annahmeverzug und dessen Folgen betreffen auch die §§. 274, 322, 324, 372ff., 616, 642, §. 644 Abs. 1 Satz 2.

§ 301. Von einer verzinslichen Geldschuld hat der Schuldner während des Verzugs des Gläubigers Zinsen nicht zu entrichten. § 302. Hat der Schuldner die Nutzungen*) eines Gegenstandes herauszugeben oder zu ersetzen, so beschränkt sich seine Ver­ pflichtung während des Verzugs des Gläubigers auf die Nutzungen, welche er zieht. *) §. 100.

§ 303. Ist der Schuldner zur Herausgabe eines Grundstücks verpflichtet, so kann er nach dem Eintritte des Verzugs des Gläubigers den Besitz aufgeben. Das Aufgeben muß dem Gläubiger vorher angedroht werden, es sei denn, daß die An­ drohung unthunlich ist. Die Vorschrift bietet dem Schuldner einen Ersatz für das nur bei beweglichen Sachen platzgreifende Recht, die geschuldeten Sachen zu hinter­ legen oder versteigern zu lassen; vergl. §§. 372 ff.

§ 304. Der Schuldner kann im Falle des Verzugs des Gläubigers Ersatz der Mehraufwendungen*) verlangen, die er für das erfolglose Angebot sowie für die Aufbewahrung und Er­ haltung des geschuldeten Gegenstandes machen mußtet) *) Vergl. §§. 266, 267. 2) Auf Schadensersatz hat der Schuldner keinen Anspruch.

Zweiter Abschnitt. KchuldverhAtnisse aus Verträgen. Die allgemeinen Grundsätze für Verträge sind in den §§. 145—167 gegeben. Der 2. Abschnitt enthält lediglich eine Anzahl Spezialvorschristen über obligatorische Verträge, welche bestimmte, praktisch besonders wichtige Fragen zur Entscheidung bringen. Das B.G.B. erkennt abstrakte Rechtsgeschäfte an, deren Gültigkeit von der Existenz eines materiellen Rechtsgrundes unabhängig ist. Es können sich darnach Rechtsänderungen vollziehen durch den abstrakten von seinem Rechtsgrunde losgelösten Willen der Betheiligten. Das Kausal-

Begründung.

Inhalt des Vertrags.

§§. 301—307.

81

geschäft ist in solchen Fällen scharf zu scheiden von dem Leistungsgeschäst. Von besonderer Bedeutung ist dieser Grundsatz für die Scheidung der obligatorischen von den sachenrechtlichen Wirkungen. Der obligatorische Vertrag, Kauf :c., wird getrennt von dem dinglichen Leistungsgeschäft, der Uebertragung des Eigenthums rc.; der obligatorische Kausalvertrag erzeugt lediglich die Verpflichtung zur Vornahme des dinglichen Leistungsgeschäfts. Der Unterschied von kausalen und abstrakten Verträgen kommt aber auch tut Gebiete des Rechtes der Schuldverhältniffe selbst zur Geltung. So z. B. vollzieht sich der Erlaß (§. 397), die Abtretung (§. 398), die Ueber­ nahme einer Schuld (§. 414 ff.) durch abstrakten Vertrag; ebenso sind Schuldversprechen (§. 780), Schuldanerkenntniß (§. 781) und Annahme einer Anweisung (§. 784) abstrakte Rechtsgeschäfte. Die Gültigkeit des abstrakten Vertrags wird durch einen Mangel des zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisies nicht berührt. Wer auf Grund dieser Rechtsnorm materiell ge­ schädigt wird, hat lediglich einen persönlichen Anspruch auf Rückgängig­ machung des dinglich bewirkten Erfolges nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung. Die Beachtung dieses Grundsatzes der Trennung von Kausalgeschäft und Leiftungsgeschäft ist wesentlich für das Verständniß einer Reihe von Bestimmungen des B.G.B.; insbesondere gilt dies für die Bestimmungen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, welche nach dem Vorstehenden eine sehr erhebliche Bedeutung erlangt haben.

Erster Titel.

Begründung. Inhalt des Vertrags. Grundsatz. § 305. Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Aenderung des Inhalts eines Schuld­ verhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Betheiligten erforder­ lich, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt. Die verbindliche Kraft des einseitigen, auf unmittelbare Begründung eines Schuldverhältnisses gerichteten Versprechens ist namentlich anerkannt bei der Stiftung (§. 82), bei der Auslobung (§. 657) und bei den Schuldverschreibungen auf den Inhaber (§. 793).

§ 306. ist nichtig.

Unmöglichkeit der Leistung. Ein auf eine unmögliche Leistung gerichteter Vertrag

Z. B. §. 310, §. 312 Abs. 1, §§. 344, 443, 540, 637, 1136, 2302. Vergl. auch §§. 225, 619, §. 2171. Wegen der nachträglich eintretenden Unmöglichkeit siehe §. 275 ff.

§ 307. Wer bei der Schließung eines Vertrags, der auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist, die Unmöglichkeit der Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch.

6

82

Recht der Schuldverhältnisse.

Schuldverhältnisse aus Verträgen.

Leistung kennt oder kennen muß, ist zum Ersätze des Schadens verpflichtet, den der andere Theil dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut, jedoch nicht über den Be­ trag des Interesses hinaus, welches der andere Theil an der Gültigkeit des Vertrags hat. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der andere Theil die Unmöglichkeit kennt oder kennen muß. Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn die Leistung nur theilweise unmöglich und der Vertrag in An­ sehung des möglichen Theiles gültig ist oder wenn eine von mehreren wahlweise versprochenen Leistungen unmöglich ist. Das B.G.B. enthält keine contrahendo.

allgemeine Vorschrift über

culpa in

§ 308. Die Unmöglichkeit der Leistung steht der Gültigkeit des Vertrags nicht entgegen, wenn die Unmöglichkeit gehoben werden kann und der Vertrag für den Fall geschlossen ist, daß die Leistung möglich wird. Wird eine unmögliche Leistung unter einer anderen auf­ schiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangs­ termins versprochen, so ist der Vertrag gültig, wenn die Un­ möglichkeit vor dem Eintritte der Bedingung oder des Termins gehoben wird. Die Vorschriften des §. 308 finden im sprechende Anwendung.

Falle

des

§. 2171

ent­

Verbotene Verträge.

§ 309. Verstößt ein Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot, so finden die Vorschriften der §§. 307, 308 entsprechende An­ wendung. Vergl. §. 134. Für unsittliche Verträge gelten der §§. 307, 308 nicht.

die

Vorschriften

Verträge über ein Vermögen. § 310. Ein Vertrag, durch den sich der eine Theil verpflichtet, sein künftiges Vermögen oder einen Bruchtheil seines künftigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauche zu be­ lasten, ist nichtig. Vergl. §. 2274 ff.

§ 311. Ein Vertrag, durch den sich der eine Theil verpflichtet, sein gegenwärtiges Vermögen oder einen Bruchtheil seines gegen­ wärtigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauche

Begründung.

zu belasten, kundung.

bedarf

Inhalt des Vertrags.

der gerichtlichen

83

§§. 308—315.

oder

notariellen

Beur­

Wegen der Form §. 128. Der Vertrag führt keine Universalsukzession herbei, sondern hat nur obligatorische Wirkung; die Uebertragung bezw. Belastung der zu dem Vermögen gehörenden Gegenstände erfolgt nach den Vorschriften der §§. 398, 413, 873, 925, 929 ff., 1032, 1069, 1085, 1153 ff., 1192, 1199, 1250.

Uertrag über den Nachlaß eines Dritten. § 312. Ein Vertrag über den Nachlaß eines noch lebenden Dritten ist nichtig. Das Gleiche gilt von einem Vertrag über den Pflichttheil oder ein Vermächtniß aus dem Nachlaß eines noch lebenden Dritten. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf einen Ver­ trag, der unter künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbtheil oder den Pflichttheil eines von ihnen geschlossen wird. Ein solcher Vertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Be­ urkundung. Siehe wegen der Form §. 128, wegen des Vertrages, Jemand auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet, §§. 2346 ff.

durch

den

Verpflichtung zur Uebertragung -es Gig. an einem Grundstück. § 313. Ein Vertrag, durch den sich der eine Theil verpflichtet, das Eigenthum an einem Grundstücke zu übertragen, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung. Ein ohne Beob­ achtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalte nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen. Wegen der Form siehe §. 128 und Einf.-Ges. Art. 142. Der Vertrag begründet lediglich eine obligatorische Verpflichtung. Die Uebertragung des Eigenthums hat nach Maßgabe der §§. 873, 925 zu erfolgen.

Zubehör.

§ 314. Verpflichtet sich Jemand zur Veräußerung oder Be­ lastung einer Sache, so erstreckt sich die Verpflichtung im Zweifel auch auf das Zubehör der Sache. Wegen des Zubehörs siehe §§. 97, 98, vergl. §. 926.

Bestimmung der Keistung

1. durch einen der Vertrags schließenden. § 315. Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden 6*

84

Recht der Schuldverhältnisse.

Schuldverhältnisse aus Verträgen,

bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Be­ stimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. Die Besttmmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Theiles) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Theil nur ver­ bindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Besttmmung durch Urtheil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird?) *) Vergl. §§. 130 ff. 2) Die §§. 315—319 finden im Anwendung.

Falle

des

§. 2156

entsprechende

2. durch einen Dritten. § 316. Ist der Umfang der für eine Leistung versprochenen Gegenleistung nicht bestimmt, so steht die Bestimmung im Zweifel demjenigen Theile zu, welcher die Gegenleistung zu fordern hat. Vergl. §§. 612, 632, 653.

§ 317. Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten über­ lassen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie nach billigem Er­ messen zu treffen ist. Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Uebereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden, so ist, wenn verschiedene Summen besttmmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend. Solange die Parteien sich nicht über die Person des Dritten geeinigt haben, ist der Vertrag im Zweifel nicht geschloffen (§. 154 Abs. 1 Satz 1).

§ 318. Die einem Dritten überlassene Bestimmung der Leistung erfolgt durch Erklärung gegenüber einem der Vertragschließenden?) Die Anfechtung der getroffenen Bestimmung wegen Irr­ thums, Drohung oder arglistiger Täuschung steht nur den Ver­ tragschließenden zu; Ansechtungsgegner ist der andere Theil. Die Anfechtung muß unverzüglich erfolgen, nachdem der An­ fechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß er­ langt hat. Sie ist ausgeschlossen, wenn dreißig Jahre verstrichen sind, nachdem die Bestimmung getroffen worden ist?) *) Vergl. §. 130 ff. 3 2) Wegen der Anfechtung siehe §§. 119 ff., 142 ff.

§ 319. Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertrag-

Gegenseitiger Vertrag.

§§. 316—322.

85

schließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urtheil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert. Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Be­ stimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

Zweiter Titel. Gegenseitiger Vertrag. Die §§. 320 ff. regeln die Einrede des nicht erfüllten Vertrages. Ueber die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages enthält das Gesetz keine ausdrückliche Bestimmung; vergl. aber §. 363. Die Vorschriften der §§. 320—327 finden beim Kaufe, die Vor­ schriften der §§. 320, 322 beim vertragsmäßigen Rücktrittsrecht ent­ sprechende Anwendung; §. 440 Abf. 1, § 348.

Einrede des nicht erfüllten Uertrnges. § 320. Wer aus einem gegenseitigen Vertrage verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegen­ leistung verweigern, es sei denn, daß er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an Mehrere zu erfolgen, so kann dem Einzelnen der ihm gebührende Theil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des §. 273 Abs. 3 findet keine Anwendung. Ist von der einen Seite theilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Ver­ weigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnißnräßiger Geringfügigkeit des rückständigen Theiles, gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Vorleistung. § 321. Wer aus einem gegenseitigen Vertrage vorzuleisten verpflichtet ist, kann, wenn nach dem Abschlüsse des Vertrags in den Vermögensverhältnissen des anderen Theiles eine wesentliche Verschlechterung eintritt, durch die der Anspruch auf die Gegen­ leistung gefährdet wird, die ihm obliegende Leistung verweigern, bis die Gegenleistung bewirkt oder Sicherheit für sie geleistet wird. Vergl. §. 610.

§ 322.

Erfüllung Zug um Zug. Erhebt aus einem gegenseitigen Vertrage der eine

86

Recht der Schuldverhältnisse.

Schuldverhältnisse aus Verträgen.

Theil Klage auf die ihm geschuldete Leistung, so hat die Geltend­ machung des dem anderen Theile zustehenden Rechtes, die Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung zu verweigern, nur die Wirkung, daß der andere Theil zur Erfüllung Zug um Zug zu verurtheilen ist. Hat der klagende Theil vorzuleisten, so kann er, wenn der andere Theil im Verzüge der Annahme ist, auf Leistung nach Empfang der Gegenleistung klagen. Auf die Zwangsvollstreckung findet die Vorschrift des §. 274 Abs. 2 Anwendung. Vergl. die für die C.P.O. in Aussicht genommenen Ergänzungen der §§. 664, 684 und den neuen §. 676 a in der dem Reichstage vor­ gelegten Denkschrift.

Tragung der Gefahr.

§ 323. Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines Umstandes unmöglich, den weder er noch der andere Theil zu vertreten hat, so verlieü er den Anspruch auf die Gegenleistung; bei theilweiser Unmög­ lichkeit mindert sich die Gegenleistung nach Maßgabe der §§. 472, 473. Verlangt der andere Theil nach §. 281 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet; diese mindert sich jedoch nach Maßgabe der §§. 472, 473 inso­ weit, als der Werth des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Werthe der geschuldeten Leistung zurückbleibt. Soweit die nach diesen Vorschriften nicht geschuldete Gegen­ leistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurück­ gefordert werden. Der §. 323 regelt die Tragung trägen. Weitere Vorschriften über die 447, §. 588 Abs. 1, §. 644; vergl. §. §. 379 Abs. 2, §. 811 Abs. 2. Zu Abs. 1 Halbsatz 1 vergl. §.

der Gefahr bei gegenseitigen Ver­ Tragung der Gefahr in den §§. 446, 270 Satz 2, §. 300 Abs. 2, §. 350, 276—279.

§ 324. Wirb die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines Umstandes, den der andere Theil zu vertreten hat, unmöglich, so behält er den An­ spruch auf die Gegenleistung.*) Er muß sich jedoch dasjenige an­ rechnen lassen, was er in Folge der Befreiung von der Leistung

Gegenseitiger Vertrag.

§§. 323—326.

87

erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt. Das Gleiche gilt, wenn die dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines von ihm nicht zu vertretenden Um­ standes zu einer Zeit unmöglich wird, zu welcher der andere Theil im Verzüge der Annahme ist. *) Vergl. §§. 276—279.

§ 325. Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines Umstandes, den er zu vertreten hat, unmöglich, so kann der andere Theil Schadens­ ersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder von dem Vertrage zurücktreten?) Bei theilweiser Unmöglichkeit ist er, wenn die theilweise Erfüllung des Vertrags für ihn kein Interesse hat, be­ rechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbind­ lichkeit nach Maßgabe des §. 280 Abs. 2 zu verlangen oder von dem ganzen Vertrage zurückzutreten. Statt des Anspruchs auf Schadensersatz und des Rücktrittsrechts kann er auch die für den Fall des §. 323 bestimmten Rechte geltend machen. Das Gleiche gilt in dem Falle des §. 283, wenn nicht die Leistung bis zum Ablaufe der Frist bewirkt wird oder wenn sie zu dieser Zeit theilweise nicht bewirkt ist?) *) Vergl. §§. 276—279. *) Vergl. §. 454. Vergl. auch den für die C.P.O. vorgeschlagenen neuen §. 230b in der dem Reichstage vorgelegten Denkschrift.

Verzug. § 326. Ist bei einem gegenseitigen Vertrage der eine Theil mit der ihm obliegenden Leistung im Verzüge, so kann ihm der andere Theil zur Bewirkung der Leistung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme der Leistung nach dem Ablaufe der Frist ablehne?) Nach dem Ablaufe der Frist ist er berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder von dem Vertrage zurückzutreten,?) wenn nicht die Leistung rechtzeitig erfolgt ist; der Anspruch auf Erfüllung ist ausgeschlossen. Wird die Leistung bis zum Ablaufe der Frist theiuveise nicht bewirkt, so findet die Vorschrift des §. 325 Abs. 1 Satz 2 entsprechende Anwendung. Hat die Erfüllung des Vertrags in Folge des Verzugs für den anderen Theil kein Interesse, so stehen ihm die im Abs. 1 bezeichneten Rechte zu, ohne daß es der Bestimmung einer Frist bedarf. *) Anders bei einem Fixgeschäft nach §. 361.

*) Vergl. §. 454

88

Recht der Schuldverhältnisse.

Schuldverhältnisse aus Verträgen.

§ 327. Auf das in den §§. 325, 326 bestimmte Rück­ trittsrecht finden die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§. 346 bis 356 entsprechende An­ wendung. Erfolgt der Rücktritt wegen eines Umstandes, den der andere Theil nicht zu vertreten hat, so haftet dieser nur nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerecht­ fertigten Bereicherung. Vergl. §. 636 Abs. 1.

Dritter Titel.

Versprechen der Leistung an einen Dritten. Das B.G.B. erkennt grundsätzlich die Gültigkeit der Verträge zu Gunsten Dritter an. Der Dritte erwirbt unmittelbar aus dem Vertrage ein Recht auf die ausbedungene Leistung, ohne daß es seines Beitritts zu dem Vertrage bedarf. Die Entscheidung der Frage, ob nach dem Vertrage der Dritte das Forderungsrecht unmittelbar erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder erst unter gewißen Voraussetzungen ent­ stehen, und ob den Vertragsschließenden die Befugniß Vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu andern, bleibt in Ermangelung einer besonderen Bestimmung der Vertrag­ schließenden der Auslegung des Vertrages überlassen (§. 328 Abs. 2). Indessen stellt der Entwurf, um in dieser Hinsicht die erforderliche Sicher­ heit zu schaffen, eine Reihe von Auslegungsregeln auf (§§. 329—332). Des Weiteren sind im 3. Titel noch einige praktisch wichtige Einzelfragen entschieden (§§. 333—335). Vergl. auch §§. 414 ff., §§. 525 ff. Wegen der Eheverträge und der Erbverträge, mit denen häufig Verträge zu Gunsten Dritter verbunden werden, siehe §§. 1432 ff., §§. 2274 ff.

Gültigkeit -er Uertrage pt Gunsten Dritter. § 328. Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedunaen werden, daß der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu ent­ nehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugniß vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern. Der Vertrag zu Gunsten eines Dritten kann formlos geschlossen werden, wenn nicht aus anderen Gründen eine besondere Form zu

Versprechen der Leistung an einen Dritten. beobachten ist; vergl. §§. 311—313.

in

letzterer

Beziehung

die

§§. 327—333. häufigen

Fälle

89

der

Auslegungsregeln. § 329. Verpflichtet sich in einem Vertrage der eine Theil zur Befriedigung eines Gläubigers des anderen Theiles, ohne die Schuld zu übernehmen, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß der Gläubiger unmittelbar das Recht erwerben soll, die Beftiedigung von ihm zu fordern. Vergl. §. 415.

§ 330. Wird in einem Lebensversicherungs-') oder einem Leibrentenvertrage3) die Zahlung der Versicherungssumme oder der Leibrente an einen Dritten bedungen, so ist im Zweifel anzu­ nehmen, daß der Dritte unmittelbar das Recht erwerben soll, die Leistung zu fordern. Das Gleiche gilt, wenn bei einer unent­ geltlichen Zuwendung dem Bedachten eine Leistung an einen Dritten auferlegt oder bei einer Vermögens- oder Gutsüber­ nahme von dem Uebernehmer eine Leistung an einen Dritten zum Zwecke der Abfindung versprochen wird?) *) Bezüglich des Versicherungsrechts siehe den Vorbehalt für die Landesgesetzgebung im Einf.-Ges. Art. 75. *) §§. 759 ff. 3) Vergl. Einf.-Ges. Art. 96.

§ 331. Soll die Leistung an den Dritten nach dem Tode desjenigen erfolgen, welchem sie versprochen wird, so erwirbt der Dritte das Recht auf die Leistung im Zweifel mit dem Tode des Versprechensempfängers. Stirbt der Versprechensempfänger vor der Geburt des Dritten, so kann das Versprechen, an den Dritten zu leisten, nur dann noch aufgehoben oder geändert werden, wenn die Befugniß dazu vorbehalten worden ist. § 332. Hat sich der Versprechensempfänger die Befugniß vorbehalten, ohne Zustimmung des Versprechenden an die Stelle des in dem Vertrage bezeichneten Dritten einen Anderen zu setzen, so kann dies im Zweifel auch in einer Verfügung von Todes­ wegen geschehen. Die Vorschrift hat namentlich Bedeutung für Lebensversicherungs­ verträge.

Zurückweisung -es Rechtes Lurch Len DrMrn. § 333. Weist der Dritte das aus dem Vertrag erworbene Recht dem Versprechenden gegenüber*) zurück, so gilt das Recht als nicht erworben.

90

Recht der Schuldverhältnisse.

1) d. h. durch eine dem Erklärung (§§. 130—132).

Schuldverhältnisse aus Verträgen.

Versprechenden

gegenüber

abzugebende

Einwendungen gegen -en Dritten. § 334. Einwendungen aus dem Vertrage stehen dem Ver­ sprechenden auch gegenüber dem Dritten zu.

Kordrrungsrecht des Urrfprechrnsempfangers. § 335. Der Versprechensempfänger kann, sofern nicht ein anderer Wille der Vertragschließenden anzunehmen ist, die Leistung an den Dritten auch dann fordern, wenn diesem das Recht auf die Leistung zusteht. Bei Lebensversicherungen wird häufig das Gegentheil ausgemacht.

Vierter Titel. Draufgabe. Vertragsstrafe. Draufgabe. § 336. Wird bei der Eingehung eines Vertrags etwas als Draufgabe gegeben, so gilt dies als Zeichen des Abschlusses des Vertrags. Die Draufgabe gilt im Zweifel nicht als Reugeld.

§ 337. Die Draufgabe ist im Zweifel auf die von dem Geber geschuldete Leistung anzurechnen oder, wenn dies nicht geschehen kann, bei der Erfüllung des Vertrags zurückzugeben. Wird der Vertrag wieder aufgehoben, so ist die Draufgabe zurückzugeben. § 338. Wird die vom dem Geber geschuldete Leistung in Folge eines Umstandes, den er zu vertreten hat, unmöglich oder verschuldet der Geber die Wiederaufhebung des Vertrags, so ist der Empfänger berechtigt, die Draufgabe zu behaltend) Verlangt der Empfänger Schadensersatz wegen. Nichterfüllung, so ist die Draufgabe im Zweifel anzurechnen oder, wenn dies nicht ge­ schehen kann, bei der Leistung des Schadensersatzes zurück­ zugeben. *) Vergl. §§. 276—279.

Vertragsstrafe. § 339. Verspricht der Schuldner dem Gläubiger für den Fall, daß er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe, so ist

Draufgabe.

Vertragsstrafe.

§§. 334—343.

91

die Strafe*) verwirkt, wenn er in Verzugs kommt. Besteht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen, so tritt die Verwirkung mit der Zuwiderhandlung ein. *) Die Vertragsstrafe kann sowohl für vertragsmäßige als auch für andere Verbindlichkeiten vereinbart werden. Das Strafversprechen ist auch nach der Entstehung der Hauptverbindlichkeit zulässig. Die Strafe hat aber einen akzessorischen Charakter; sie setzt mithin eine gültige Haupt­ verbindlichkeit voraus. 2) §§• 284 ff.

Erfüllung statt der Strafe. § 340. Hat der Schuldner die Strafe für den Fall ver­ sprochen, daß er seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe statt der Erfüllung verlangen. Erklärt*) der Gläubiger dem Schuldner, daß er die Strafe ver­ lange, so ist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen. Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu, so kann er die verwirkte Strafe als Mindestbetrag des Schadens verlangen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen. *) §§. 130-132.

Erfüllung neben der Strafe.

§ 341. Hat der Schuldner die Strafe für den Fall ver­ sprochen, daß er seine Verbindlichkeit nicht in gehöriger Weise, insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit, erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe neben der Erfüllung verlangen. Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der nicht gehörigen Erfüllung zu, so finden die Vor­ schriften des §. 340 Abs. 2 Anwendung. Nimmt der Gläubiger die Erfüllung an, so kann er die Strafe nur verlangen, wenn er sich das Recht dazu bei der Annahme vorbehält. § 342. Wird als Strafe eine andere Leistung als die Zahlung einer Geldsumme versprochen, so finden die Vorschriften der §§. 339 bis 341 Anwendung; der Anspruch auf Schadens­ ersatz ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger die Strafe ver­ langt. Ermäßigung -rr Strafe durch den Richter.

§ 343. Ist eine verwirkte Strafe unverhältnißmäßig hoch, so kann sie auf Antrag des Schuldners durch Urtheil auf den an­ gemessenen Betrag herabgesetzt werden.*) Bei der Beurtheilung

92

Recht der Schuldverhältnisse.

Schuldverhältnisse aus Verträgen,

der Angemessenheit ist jedes berechtigte Interesse des Gläubigers, nicht blos das Vermögensinteresse, in Betracht zu ziehen. Nach der Entrichtung der Strafe ist die Herabsetzung ausgeschlossen. Das Gleiche gilt auch außer den Fällen der §§. 339, 342, wenn Jemand eine Strafe für den Fall verspricht, daß er eine Handlung vornimmt oder unterläßt?) *) Der Schuldner hat zu beweisen, daß die Strafe unverhältnißmäßig hoch ist. 2) Der Abs. 2 soll eine Umgehung des Abs. 1 abschneiden.

§ 344. Erklärt das Gesetz das Versprechen einer Leistung für unwirksam/) so ist auch die für den Fall der Nichterfüllung des Versprechens getroffene Vereinbarung einer Strafe unwirk­ sam, selbst wenn die Parteien die Unwirksamkeit des Ver­ sprechens gekannt haben. *) Das Versprechen ist unwirksam, wenn die Erklärung des Ver­ sprechenden oder der Vertrag, zu besten Erfordernisten sie gehört, un­ wirksam oder nichtig ist. Fälle der Nichtigkeit vergl. §§. 134, 138, 306, 310, 1136, 1149, 1229, 2302.

Derurislast.

§ 345. Bestreitet der Schuldner die Verwirkung der Strafe, weil er seine Verbindlichkeit erfüllt habe, so hat er die Erfüllung zu beweisen, sofern nicht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht. Fünfter Titel. Rücktritt. Die §§. 346—361 regeln das vertragsmäßige Rücktrittsrecht. Die Vorschriften haben aber insofern eine weitertragende Bedeutung, als sie kraft ausdrücklicher Bestimmung auf die Fälle des hesetzlichen Rücktritts­ rechts bei gegenseitigen Verträgen (§. 327) und auf gewisse verwandte Felle, insbesondere auf das Recht der Wandelung bei dem Kaufe (§. 467) rnd dem Werkvertrag (§. 634 Abs. 4) entsprechende Anwendung finden; vergl. noch §. 280 Abs. 2 Satz 2, §. 286 Abs. 2 Satz 2, §. 645 Abs. 2, §. 555, §. 628 Abs. 1 Satz 3, §. 527 Abs. 1. Der Rücktritt erfolgt durch einseitige Erklärung. Wenn der Rücktritt erklärt ist, sollen die Betheiligten thunlichst in die gleiche Lage zurLckversetzt werden, wie wenn der Vertrag nicht geschlossen wäre. Dies wird aber nicht so bewirkt, daß dem Rücktritt dingliche Wirkung beigelegt wird, sondern es wird lediglich eine persönliche Verpflichtung für die Betheilig:en begründet, sich gegenseitig das Empfangene zurückzugewähren.

Rücktritt.

§§. 344—350.

93

Wirkung des Rücktritts. § 346. Hat sich in einem Vertrag ein Theil den Rücktritt vorbehalten, so sind die Parteien, wenn der Rücktritt erfolgt, verpflichtet, einander die empfangenen Leistungen zurückzuge­ währen. Für geleistete Dienste sowie für die Ueberlassung der Benutzung einer Sache ist der Werth zu vergüten oder, falls in dem Vertrag eine Gegenleistung in Geld bestimmt ist, diese zu entrichten. Durch den Rücktritt wird der Vertrag hinfällig; jeder der Betheiligten hat gegenüber dem Anspruch auf Erfüllung eine unverjährbare Einrede. Das Rücktrittsrecht unterliegt nicht der Verjährung; die durch den Rücktritt erzeugten Ansprüche dagegen sind der Verjährung unterworfen (§. 194).

§ 347. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verschlechte­ rung, Unterganges oder einer aus einem anderen Grunde ein­ tretenden Unmöglichkeit der Herausgabe bestimmt sich im Falle des Rücktritts von dem Empfange der Leistung an nach den Vorschriften,*) welche für das Verhältniß zwischen dem Eigen­ thümer und dem Besitzer von dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs an gelten. Das Gleiche gill von dem Anspruch aus Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen und von dem Anspruch auf Ersatz von Verwendungen. Eine Geld­ summe ist von der Zeit des Empfanges an zu verzinsen?) *) §§. 989 ff.

a) §. 246.

Erfüllung Zug um Zug. § 348. Die sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflichtungen der Parteien sind Zug um Zug zu erfüllen. Die Vorschriften der §§. 320, 322 finden entsprechende Anwendung. Wegen der Durchführung des Rücktrittsrechts im Prozeffe vergl. die für die C.P.O. vorgeschlagenen Ergänzungen der §§. 664, 684 und den neuen §. 676a in der dem Reichstage vorgelegten Denkschrift.

Erklärung des Rücktritts. § 349. Der Rücktritt erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Theile. Vergl. §§. 130ff.

Ausschluß des Rücktritts. § 350. Der Rücktritt wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Gegenstand, welchen der Berechtigte empfangen hat, durch Zufall untergegangen ist. Die Parteien können eine andere Regelung vereinbaren.

94

Recht der Schuldverhältnisse.

Schuldverhältnisse aus Verträgen.

§ 351. Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte eine wesentliche Verschlechterung, den Untergang oder die ander­ weitige Unmöglichkeit der Herausgabe des empfangenen Gegen­ standes verschuldet hat. Der Untergang eines erheblichen Theiles steht einer wesentlichen Verschlechterung des Gegenstandes, das von dem Berechtigten nach §. 278 zu vertretende Verschulden eines Anderen steht dem eigenen Verschulden des Berechtigten gleich. § 352. Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte die empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet hat. Vergl. §. 950. Für die Anwendung des §. 346 ist es gleichgültig, ob durch die Verarbeitung oder Umbildung eine Vermehrung oder eine Minderung des Werthes eingetreten ist.

§ 353. Hat der Berechtigte den empfangenen Gegenstand oder einen erheblichen Theil des Gegenstandes veräußert oder mit dem Rechte eines Dritten belastet, so ist der Rücktritt aus­ geschlossen, wenn bei demjenigen, welcher den Gegenstand in Folge der Verfügung erlangt hat, die Voraussetzungen des §. 351 oder des §. 352 eingetreten sind. Einer Verfügung des Berechtigten steht eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrest Vollziehung') oder durch den Konkursverwalter erfolgt. ') Vergl. §. 135 Abs. 2 Satz 2.

Urrzug -es pim Rücktritt Drrechtigten. § 354. Kommt der Berechtigte mit der Rückgewähr des empfangenen Gegenstandes oder eines erheblichen Theiles des Gegenstandes in Verzug, so kann ihm der andere Theil eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Der Rücktritt wird unwirksam, wenn nicht die Rückgewähr vor dem Ablaufe der Frist erfolgt. Vergl. §. 193.

Frist für die Ausübung -es Rüüttrittsrechts. § 355. Ist für die Ausübung des Rücktrittsrechts eine Frist nicht vereinbart, so kann dem Berechtigten von dem anderen Theile für die Ausübung eine angemessene Frist bestimmt werden. Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn nicht der Rücktritt vor dem Ablaufe der Frist erklärt wird. Die Vorschrift ist mit Rücksicht darauf gegeben,, daß das Rücktritts-

Rücktritt.

§§. 351—361.

95

recht nicht der Verjährung unterliegt (Anm. zu §. 346); sie ermöglicht dem anderen Theile den Schwebezustand zu beseitigen.

Untheilbarkeit -es Wrktrittsrrchts.

§ 356. Sind bei einem Vertrag auf der einen oder der anderen Seite Mehrere betheiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle ausgeübt werden. Erlischt das Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten, so erlischt es auch für die übrigen. Vergl. §§. 474, 502, 513.

§ 357. Hat sich der eine Theil den Rücktritt für den Fall vor­ behalten, daß der andere Theil seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so ist der Rücktritt unwirksam, wenn der andere Theil sich von der Verbindlichkeit durch Aufrechnung befreien konnte und un­ verzüglich nach dem Rücktritte die Aufrechnung erklärt. Vergl. §. 388.

§ 358. Hat sich der eine Theil den Rücktritt für den Fall vor­ behalten, daß der andere Theil seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, und bestreitet dieser die Zulässigkeit des erklärten Rücktritts, weil er erfüllt habe, so hat er die Erfüllung zu beweisen, sofern nicht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht. Vergl. §. 345.

Ueugrid.

§ 359. Ist der Rücktritt gegen Zahlung eines Reugeldes vor­ behalten, so ist der Rücktritt unwirksam, wenn das Reugeld nicht vor oder bei der Erklärung entrichtet wird und der andere Theil aus diesem Grunde die Erklärung unverzüglich zurück­ weist. Die Erklärung ist jedoch wirksam, wenn das Reugeld unverzüglich nach der Zurückweisung entrichtet wird. Vergl. §§. 111, 174.

Vorbehalt der Rechtsverwirkung.

§ 360. Ist ein Vertrag mit dem Vorbehalte geschlossen, daß der Schuldner seiner Rechte aus dem Vertrage verlustig sein soll, wenn er seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so ist der Gläubiger bei dem Eintritte dieses Falles zum Rücktritte von dem Ver­ trage berechtigt. Der Vorbehalt hat keine dingliche Wirkung.

Fixgeschäft. § 361. Ist in einem gegenseitigen Vertrage vereinbart, daß

96

Recht der Schuldverhältnisse.

Erlöschen der Schuldverhältnisse,

die Leistung des einen Theiles genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist bewirkt werden soll, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der andere Theil zum Rücktritte berechtigt sein soll, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder innerhalb der bestimmten Frist erfolgt. Der Berechtigte hat außerdem die fugnisse.

sich

aus §. 326 ergebenden Be­

Dritter Abschnitt. Erlöschen -er Kchuldoerhöltmsse. Neben den im 3. Abschnitt aufgestellten Bestimmungen über das Erlöschen von Schuldverhältnissen (Erfüllung, Hinterlegung, Aufrechnung, Erlaß) kommen noch eine Reihe anderer Erlöschungsgründe in Betracht, und zwar einmal solche, welche an anderer Stelle geregelt sind, nämlich die Erfüllung einer auflösenden Bedingung, die Verjährung und das Unmöglichwerden der Leistung, und sodann solche, hinsichtlich deren das Gesetz keine allgemeinen Vorschriften enthält, nämlich die Vereinigung von Forderungsrecht und Schuld in einer Person, der Tod des Gläubigers oder des Schuldners, die Aufhebung des Schuldverhältniffes durch Ver­ einbarung der Parteien. Hinsichtlich dieser letzteren Erlöschungsgründe sind allgemeine Vorschriften theils für überflüssig, theils für bedenklich erachtet. Die Novation ist im Gesetze nicht als selbständiges Institut aufrecht erhalten (vergl. §. 364 Abs. 2); es ist aber nicht ausgeschloffen, daß die Parteien vertragsmäßig ein der römisch-rechtlichen Novation ent­ sprechendes Verhältniß festsetzen. Auch über den concursus dnarum causarum lucrativarum enthält das Gesetz keine Bestimmung. Wegen des Urtheils vergl. den für die C.P.O. vorgeschlagenen §. 293 a in der dem Reichstage vorgelegten Denkschrift.

Erster Titel.

Erfüllung. Dewirkung der geschuldeten Leistung. § 362. Das Schuldverhältniß erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des §. 185 Anwendung. Die Leistung kann von einem Dritten bewirkt werden, wenn dies ihrer Natur nach möglich ist. Vergl. §§. 267, 268. Die Befriedigung des Gläubigers hat in einer Reihe von Fällen nicht die Folge, daß die Forderung erlischt, sondern die, daß die Forderung aus denjenigen übertragen wird, welcher den Gläubiger befriedigt. Siehe z. B. §. 426 Abs. 2, §. 774 Abs. 1, §. 1143 Abs. 1, §. 1225.

Erfüllung.

97

§§. 362-366.

Annahme einer Leistung als Erfüllung.

§ 363. Hat der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, so trifft ihn die Beweislast, wenn er die Leistung deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete Leistung oder weil sie unvollständig gewesen sei. Die Vorschrift hat namentlich Bedeutung bei gegenseitigen Verträgen, wenn die Einrede des nicht erfüllten Vertrages vorgeschützt wird; sie gilt aber auch bei allen anderen Schuldverhältniffen.

Annahme einer Leistung an Grfüllungsstatt.

§ 364. Das Schuldverhältniß erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungsstatt annimmt.1)2) Uebernimmt der Schuldner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers diesem gegenüber eine neue Verbindlichkeit, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß er die Verbindlichkeit an Erfüllungsstatt übernimmt?) 1) Vergl. die besonderen Bestimmungen für die Anweisung in den §§. 787, 788. 2) Erlischt die Forderung durch Annahme einer Leistung an Er­ füllungsstatt, so erlöschen auch die mit der Forderung zusammenhängenden akzefforischen Rechte. ®) Der Abs. 2 trifft den sehr häufigen Fall, daß für eine Schuld ein Wechsel ausgestellt wird.

Gewährleistung.

§ 365. Wird eine Sache, eine Forderung gegen einen Dritten oder ein anderes Recht an Erfüllungsstatt gegeben, so hat der Schuldner wegen eines Mangels im Rechte oder wegen eines Mangels der Sache in gleicher Weise wie ein Verkäufers Gewähr zu leisten?) *) Siehe §§. 433 ff., 459 ff. 2) Die frühere Forderung lebt nicht wieder auf, wenn sich ein Mangel der an Erfüllungsstatt hingegebenen Sache re. herausstellt.

Anrechnung einer Leistung. 8 366. Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältniffen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämmtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung bestimmt. Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch.

7

98

Recht der Schuldverhältnisse.

Erlöschen der Schuldverhältnisse.

Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren {gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich ästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnißmäßig getilgt. Vergl. §. 396.

§ 367. Hat der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet. Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so kann der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen. Der Abs. 2 hat namentlich die Bedeutung, daß der Gläubiger durch die Verweigerung der Annahme nicht in Verzug kommt.

Quittung.

§ 368. Der Gläubiger hat gegen Empfang der Leistung auf Verlangen ein schriftliches Empfangsbekenntniß (Quittung) zu ertheilen. Hat der Schuldner ein rechtliches Interesse, daß die Quittung in anderer Form ertheilt wird, so kann er die Ertheilung in dieser Form verlangen. Die Quittung kann bei allen Leistungen, durch welche eine Schuld erfüllt wird, verlangt werden, insbesondere auch bei Baarzahlung im Klein­ handel. Der Schuldner hat hinsichtlich der Quittung ein Zurückbehaltungsrecht. Der Gläubiger kommt, wenn ihm die Leistung gegen Quittung an­ geboten wird und er die Quittung verweigert, in Annahmeverzug. Die Quittung hat nicht den Charakter eines den Empfang der ge­ schuldeten Leistung bindend feststellenden Anerkenntnisses, sondern dient lediglich als Beweismittel; die Parteien können aber unter Benutzung der Form der Quittung einen Erlaßvertrag schließen; vergl. §. 897 Abs. 2.

Kosten der Huittung.

§ 369. Die Kosten der Quittung hat der Schuldner zu tragen und vorzuschießen, sofern nicht aus dem zwischen ihm und dem Gläubiger bestehenden Rechtsverhältnisse sich ein Anderes ergiebt. Treten in Folge einer Übertragung der Forderung oder im Wege der Erbfolge an die Stelle des ursprünglichen Gläubigers mehrere Gläubiger, so fallen die Mehrkosten den Gläubigern zur Last. Die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen über die Haftbarkeit aller an

Hinterlegung.

367—372.

99

der Aufnahme einer Urkunde Betheiligten für die vorgeschriebene Stempel­ gebühr bleiben unberührt.

Quittung als Gmpfangsermächtigung. § 370. Der Ueberbringer einer Quittung gilt als ermächtigt, die Leistung zu empfangen, sofern nicht die dem Leistenden be­ kannten Umstände der Annahme einer solchen Ermächtigung entgegenstehen. Die Vorschrift entspricht dem H.G.B. Art. 296.

Rückgabe eines Schuldscheins. § 371. Ist über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt worden, so kann der Schuldner neben der Quittung Rückgabe des Schuldscheins verlangen. Behauptet der Gläubiger, zur Rückgabe außer Stande zu sein, so kann der Schuldner das öffentlich beglaubigte') Anerkenntniß verlangen, daß die Schuld erloschen fei.2) *) §. 129.

2) Die Kosten hat der Gläubiger zu tragen.

Zweiter Titel.

Hinterlegung. Die §§. 372—386 betreffen diejenige Hinterlegung, zu welcher der Schuldner unter gewissen Voraussetzungen zu dem Zwecke berechtigt ist, um sich von seiner Verbindlichkeit zu befreien, die Hinterlegung als Ersatz der Bewirkung der geschuldeten Leistung an den Gläubiger. Mitinbegriffen sind diejenigen Fälle, in welchen der Gläubiger behindert ist, Leistung an seine Person zu verlangen, aber doch die Hinterlegung als Erfüllung fordern darf. Nicht in Frage stehen hier die Fälle, in denen die Hinterlegung zu anderen Zwecken, namentlich zur Sicherheitsleistung, dient (§. 232 ff.). Insbesondere werden durch die Bestimmungen dieses Titels die Vorschriften der Prozeßgesetze, insoweit sie eine Hinterlegung anordnen oder Nachlassen, und die Frage nach der Bedeutung und Wirkung einer solchen Hinterlegung nicht berührt. Die nähere Regelung des Hinterlegungswesens ist der Landesgesetz­ gebung überlassen (Einf.-Ges. Art. 144—146).

Hirrterlegungsbrfugniß -es Schuldners. § 372. Geld, Werthpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten kann der Schuldner bei einer dazu bestimmten öffent­ lichen Stelle für den Gläubiger hinterlegen, wenn der Gläubiger im Verzüge der Annahme ist. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner aus einem anderen in der Person des Gläubigers liegenden Grunde oder in Folge einer nicht auf Fahrlässigkeit 7*

100 Recht der Schuldverhältnisse.

Erlöschen der Schuldverhältnisse,

beruhenden Ungewißheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann. Die Befugniß zur Hinterlegung ist unabhängig von einem Verschulden des Gläubigers. Weitere Fälle, in denen der Schuldner sür berechtigt erklärt wird, die geschuldete Leistung zu hinterlegen, in den §§. 1142, 1171, 1224. An Stelle des Schuldners kann auch ein Dritter hinterlegen, wenn die Voraussetzungen des §. 372 vorliegen. Vergl. §. 268 Abs. 2.

§ 373. Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kann er das Recht des Gläubigers zum Empfange der hinterlegten Sache von der Be­ wirkung der Gegenleistung abhängig machen. Vergl. z. B. die §§. 265, 273, 320.

Ort der Hinterlegung. § 374. Die Hinterlegung hat bei der Hinterlegungsstelle des Leistungsorts zu erfolgen; hinterlegt der Schuldner bei einer anderen Stelle, so hat er dem Gläubiger den daraus entstehen­ den Schaden zu ersetzen. Der Schuldner hat dem Gläubiger die Hinterlegung un­ verzüglich anzuzeigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersätze verpflichtet. Die Anzeige darf unterbleiben, wenn sie unthunlich ist. Ein Verstoß gegen die Vorschrift des Abs. 1 Halbsatz 1 macht die Hinterlegung nicht unwirksam. Der §. 374 setzt die Existenz von gesetzlich eingerichteten öffent­ lichen Hinterlegungsstellen voraus.

Uedersendung durch die Post. § 375. Ist die hinterlegte Sache der Hinterlegungsstelle durch die Post übersendet worden, so wirkt die Hinterlegung auf die Zeit der Aufgabe der Sache zur Post zurück.

Mecht ptr Rücknahme. § 376. Der Schuldner hat das Recht, die hinterlegte Sache zurückzunehmen. Die Rücknahme ist ausgeschlossen: 1. wenn der Schuldner der Hinterlegungsstelle erklärt, daß er auf das Recht zur Rücknahme verzichte;*) 2. wenn der Gläubiger der Hinterlegungsstelle die Annahme erklärt; 3. wenn der Hinterlegungsstelle ein zwischen dem Gläubiger

Hinterlegung.

101

§§. 373—381.

und dem Schuldner ergangenes rechtskräftiges Urtheil vorgelegt wird, das die Hinterlegung für rechtmäßig erklärt?) *) Abweichend §. 382 Halbsatz 2. 2) Bergl. die für die C.P.O. vorgeschlagene in der dem Reichstage vorgelegten Denkschrift.

Aenderung

des

§. 72

§ 377. Das Recht zur Rücknahme ist der Pfändung nicht unterworfen. Wird über das Vermögen des Schuldners der Konkurs eröffnet, so kann während des Konkurses das Recht zur Rück­ nahme auch nicht von dem Schuldner ausgeübt werden. Bergl. §. 400.

Wirkung der Hinterlegung.

§ 378. Ist die Rücknahme der hinterlegten Sache ausge­ schlossen, so wird der Schuldner durch die Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit in gleicher Weise befreit, wie wenn er zur Zeit der Hinterlegung an den Gläubiger geleistet hätte. Liegen die Voraussetzungen des §. 378 vor, so erlöschen mit der Schuld zusammenhängenden Nebenverbindlichkeiten.

auch die

§ 379. Ist die Rücknahme der hinterlegten Sache nicht ausgeschwssen, so kann der Schuldner den Gläubiger auf die hinterlegte Sache verweisen. Solange die Sache hinterlegt ist, trägt der Gläubiger die Gefahr und ist der Schuldner nicht verpflichtet, Zinsens zu zahlen oder Ersatz für nicht gezogene Nutzungen2) zu leisten. Nimmt der Schuldner die hinterlegte Sache zurück, so gilt die Hinterlegung als nicht erfolgt. *) §. 246.

a) §. 100.

§ 380. Soweit nach den für die Hinterlegungsstelle geltenden Bestimmungen zum Nachweise der Empfangsberechtigung des Gläubigers eine diese Berechtigung anerkennende Erklärung des Schuldners erforderlich oder genügend ist, kann der Gläubiger von dem Schuldner die Abgabe der Erklärung unter denselben Voraussetzungen verlangen, unter denen er die Leistung zu fordern berechtigt sein würde, wenn die Hinterlegung nicht erfolgt wäre. Kosten -er Hinterlegung. § 381. Die Kosten der Hinterlegung fallen dem Gläubiger zur Last, sofern nicht der Schuldner die hinterlegte Sache zurücknimmt.

102 Recht der Schuldverhältnisse.

Erlöschen der Schuldverhältnisse.

§ 382. Das Recht des Gläubigers auf den hinterlegten Betrag erlischt mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach dem Empfange der Anzeige von der Hinterlegung, wenn nicht der Gläubiger sich vorher bei der Hinterlegungsstelle meldet; der Schuldner ist zur Rücknahme berechtigt, auch wenn er auf das Recht zur Rücknahme verzichtet hat. Vergl. Einf.-Ges. Art. 145 Abs. 1 SatzL.

Oeffentliche Versteigerung. § 383. Ist die geschuldete bewegliche Sache zur Hinterlegung nicht aeeignet, so kann der Schuldner sie im Falle des Verzugs des Gläubigers am Leistungsorte versteigerns lassen und den Erlös hinterlegen. Das Gleiche gilt in den Fällen des §. 372 Satz 2, wenn der Verderb der Sache zu besorgen oder die Auf­ bewahrung mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden ist. Ist von der Versteigerung am Leistungsort ein angemessener Erfolg nicht zu erwarten, so ist die Sache an einem geeigneten anderen Orte zu versteigern. Die Versteigerung hat durch einen für den Versteigerungs­ ort bestellten Gerichtsvollzieher oder zu Versteigerungen befugten anderen Beamten oder öffentlich angestellten Versteigerer öffent­ lich zu erfolgen (öffentliche Versteigerung)?) Zeit und Ort der Versteigerung sind unter allgemeiner Bezeichnung der Sache öffentlich bekannt zu machen?) *) Vorschriften für §. 935 Abs. 2 rc. 2) Weitere Fälle §§. 97 9 ff., 1219, 1220, s) Die Vorschriften nicht berührt.

die Versteigerung in den §§. 156, 457, 458,

der öffentlichen Versteigerung: § 966 Abs. 2, 1235 ff. der C.P.O. §§. 716 ff. werden durch den §. 383

§ 384. Die Versteigerung ist erst zulässig, nachdem sie dem Gläubiger angedroht worden ist; die Androhung darf unter­ bleiben, wenn die Sache dem Verderb ausgesetzt und mit dem Aufschübe der Versteigerung Gefahr verbunden ist. Der Schuldner hat den Gläubiger von der Versteigerung unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersätze verpflichtet. Die Androhung und die Benachrichtigung *) dürfen unter­ bleiben, wenn sie unthunlich sind. *) Vergl. §§. 130—132.

Verkauf aus freier gmtb. § 385. Hat die Sache einen Börsen- oder Marktpreis, so kann

Aufrechnung.

§§. 882—387.

103

der Schuldner den Verkauf aus freier Hand durch einen zu solchen Verkäufen öffentlich ermächtigten Handelsmäkler oder durch eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person zum laufenden Preise bewirken. Vergl. §§. 457, 458, 1221, 1235.

Kosten der Versteigerung.

§ 386. Die Kosten der Versteigerung oder des nach §. 385 erfolgten Verkaufs fallen dem Gläubiger zur Last, sofern nicht der Schuldner den hinterlegten Erlös zurücknimmt.

Dritter Titel. Ausrechnung. Das B.G.B. ordnet nur das gesetzliche Recht zur Auftechnung. Die Regelung der vertragsmäßigen Aufrechnung bleibt der Verein­ barung der Betheiligten überlaffen. Der §. 387 stellt die Voraussetzungen fest, unter welchen aufgerechnet werden kann, der §. 388 norrnirt die Art und Weise, wie die Aufrechnung erfolgt, der §. 389 die Wirkung der er­ folgten Aufrechnung. Die §§. 390—395 stellen für eine Reihe von Fällen Beschränkungen der Auftechnung fest. Der §. 396 betrifft den Fall, daß sich mehrere Schuldposten gegenüber stehen. Sind die gesetzlichen Voraus­ setzungen für die Aufrechnung vorhanden, so hat jeder Theil das Recht, mit seiner Forderung gegen die Forderung des anderen Theiles aufzu­ rechnen. Dieses Recht verwirklicht er durch die von ihm dem anderen Theile gegenüber abzugebende Willenserklärung, daß er seine Forderung gegen diejenige des Anderen auftechne. Die Auftechnung ist darnach ein einseitiges Rechtsgeschäft des Auftechnenden, welches in seiner Wirksamkeit davon abhängig ist, daß es den Betheiligten gegenüber vorgenommen wird. Eine prozeffuale Geltendmachung der.Auftechnung im Wege der Einrede ist nicht erforderlich. Die Existenz des Rechtes zur Auftechnung giebt keine Einrede; die vollzogene Aufrechnung begründet dagegen, wie die Zahlung, den materiellen Einwand, daß der Gläubiger befriedigt sei. Die Regelung der Auftechnung im B.G.B. führt auch zu einer Aenderung der C.P.O. Die C.P.O. hat mit Rücksicht auf den in Deutschland bei Erlaß dieses Gesetzes herrschenden verschiedenen Zustand des Privatrechts die Auftechnung wesentlich nur als Geltendmachung einer Gegenforderung im Prozesse behandelt. Nach dem B.G.B. ist dagegen die Auftechnung eine Einrichtung des materiellen Rechtes. Es ist eine diesem Gesichtspunkt Rechnung tragende Aenderung der C.P.O. §§. 136, 234, 293, 491 in Aussicht genommen; vergl. die dem Reichstage vorgelegte Denkschrift.

Voraussetzungen.

§ 387. Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstände nach gleichartig sind, so kann jeder Theil seine

104 Recht der Schuldverhältnisse.

Erlöschm der Schuldverhältnisse.

Forderung gegen die Forderung des anderen Theiles auftechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann. Liquidität der aufzurechnenden Forderung ist nicht materielle Vor­ aussetzung der Aufrechnung. Mit ungültigen Forderungen (vergl. §§. 666, 762) kann nicht aufgerechnet werden.

Durchführung.

§ 388. Die Aufrechnung erfolgt durch Erklärung 0 gegenüber dem anderen Theile?) Die Erklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird. *) §§. 130—132. *) Die Aufrechnung kann innerhalb oder außerhalb des Prozesses erklärt werden. Ihre Geltendmachung im Prozeffe hat die Bedeutung des Einwandes, daß durch eine frühere oder durch die gegenwärtige Erklärung die mit der Klage geltend gemachte Forderung aufgehoben fei. Auftechnung Seitens eines Dritten in § 268 Abs. 2, §. 1142 Abs. 2; Geltendmachung des dem Hauptschuldner zustehenden Rechtes zur Auf­ rechnung Seitens eines Dritten in §. 770 Abs. 2, §. 1137 Abs. 1 Satz 1, §. 1211 Abs. 1 Satz 1.

Wirkung.

8 389. Die Auftechnuna bewirkt, daß die Forderungen, so­ weit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Auftechnung geeignet einander gegenübergetreten sind. Vergl. §. 367, §. 664 Abs. 2.

Krfchrankungen.

§ 390. Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden. Die Verjährung schließt die Auf­ rechnung nicht aus, wenn die verjährte Forderung zu der Zeit, zu welcher sie gegen die andere Forderung aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war. Vergl. § 479.

§ 391. Die Aufrechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß für die Forderungen verschiedene Leistungs- oder Ab­ lieferungsorte bestehen. Der auftechnende Theil hat jedoch den Schaden zu ersetzen, den der andere Theil dadurch erleidet, daß er in Folge der Auftechnung die Leistung nicht an dem be­ stimmten Orte erhält oder bewirken kann. Ist vereinbart, daß die Leistung zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Orte erfolgen soll, so ist im Zweifel an-

Aufrechnung.

§§. 388—395.

105

zunehmen, daß die Aufrechnung einer Forderung, für die ein anderer Leistungsort besteht, ausgeschlossen sein soll. Vergl. §§. 269—271.

Aufrechnung gegen eine in Desching genommene Forderung. § 392. Durch die Beschlagnahme*) einer Forderung wird die Aufrechnung einer dem Schuldner gegen den Gläubiger zu­ stehenden Forderung nur dann ausgeschlossen, wenn der Schuldner seine Forderung nach der Beschlagnahme erworben hat oder wenn seine Forderung erst nach der Beschlagnahme und später als die in Beschlag genommene Forderung fällig geworden ist. *) C.P.O. §§. 730 ff.

Aufrechnung gegen eine Ford, aus einer unerlaubten Handlung. § 393. Gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich be­ gangenen unerlaubten Handlung ist die Ausrechnung nicht zulässig. Vergl. §. 273 Abs. 2.

Aufrechnung gegen eine nicht pfändbare Forderung. § 394. Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unter­ worfen ist/) findet die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hülfs- oder Sterbekassen, ins­ besondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschafts­ vereine, zu beziehenden Hebungen können jedoch geschuldete Bei­ träge aufgerechnet werden?) x) C.P.O. §. 749. Vergl. Einf.-Ges. Art. 81. 2) Vergl. hierzu: Gesetz, betr. die Abänderung des Gesetzes über die eingeschriebenen Hülfskaffen rc., v. 1. Juni 1884 Art. 8; Krankenversicherungsges. v. 15. Juli 1883 bezw. 10. April 1892 §. 56; Unfallversicherungsges. v. 6. Juli 1884 §. 68 nebst Ges. v. 28. Mai 1885 §. 1, Ges. v. 5. Mai 1886 §. 73, Ges. v. 11. Juli 1887 §. 68, Ges. v. 13. Juli 1887 76; Ges., betr. die Jnvaliditäts- und Altersversicherung v. 22. Juni 1889 §. 40.

Aufrechnung gegen eine Ford, des Keichs oder eines Kundrsstaats. § 395. Gegen eine Forderung des Reichs oder eines Bundes­ staats sowie gegen eine Forderung einer Gemeinde oder eines anderen Kommunalverbandes ist die Aufrechnung nur zulässig, wenn die Leistung an dieselbe Kasse zu erfolgen hat, aus der die Forderung des Aufrechnenden zu berichtigen ist. Vergl. Einf.-Ges. Art. 92.

106

Recht der Schuldverhältnisse.

Erlöschen rc.

Erlaß.

Mehrere zur Aufrechnung geeignete Forderungen. § 396. Hat der eine oder der andere Theil mehrere zur Auf­ rechnung geeignete Forderungen, so kann der aufrechnende Theil die Forderungen bestimmen, die gegen einander aufgerechnet werden sollen. Wird die Aufrechnung ohne eine solche Be­ stimmung erklärt oder widerspricht der andere Theil unverzüglich, so findet die Vorschrift des §. 366 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Schuldet der aufrechnende Theil dem anderen Theile außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten, so finden die Vorschriften des §. 367 entsprechende Anwendung.

vierter Titel. Erlaß. § 397. Das Schuldverhältniß erlischt, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erläßt Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, daß das Schuldverhältniß nicht bestehe. Der Erlaß ist ein abstrakter Vertrag, ebenso der negative Schuldanerkennungsv ertrag (siehe die Vorbemerkungen zum 2. Abschnitt S. 81). Beide können formlos geschlossen werden. Gesetzliche Beschränkungen des Verzichts auf eine Forderung in S. 1614 Abs. 1, §. 1714. Zu Abs. 2 vergl. §. 368, §. 812 Abs. 2.

Werter Abschnitt. Übertragung der Forderung. Das Gesetz erkennt grundsätzlich die Uebertragung einer Forderung mit der Wirkung an, daß der neue Gläubiger nicht sowohl der Vertreter des bisherigen Gläubigers ist, als vielmehr vollständig an dessen Stelle tritt. Für eine große Anzahl von Fällen ist allerdings die Uebertragvarkeit ausgeschlossen, und zwar theils durch allgemeine, in diesen Abschnitt eingestellte Bestimmungen (§§. 399, 400), theils durch besondere, für ge­ wisse Fälle gegebene Vorschriften (§. 514 Satz 1, §. 613 Satz 2, §. 717 Satz 1, §. 847, §. 1059 Satz 1, §. 1300 Abs. 2, §. 1408, §. 1427 Abs. 2 Satz 3, §. 1585 Abs. 1 Satz 2, §. 1623 Satz 1, §. 1658 Abs. 1; vergl. auch §. 38 Satz 1, §. 1153 Abs. 2, Einf.-Ges. Art. 81). Auch können die Parteien die Uebertragbarkeit mit Wirkung gegen Dritte aus­ schließen (§. 399; vergl. §. 664 Abs. 2). Die Uebertragung kann sich durch Vertrag oder unmittelbar kraft Gesetzes vollziehen. Die Anordnung in diesem Abschnitt ist derart, daß die vertragsmäßige Uebertragung (Ab­ tretung) geregelt wird und die dafür gegebenen Vorschriften auf die Ueber­ tragung freist Gesetzes für entsprechend anwendbar erklärt werden (§. 412);

Übertragung der Forderung.

§§. 396—399.

107

ergänzend schließt sich noch eine Bestimmung für die Übertragung anderer Rechte als Forderungen an (§. 413). Die Abtretung vollzieht sich durch formlosen abstrakten Vertrag zwischen dem bisherigen und dem neuen Gläubiger (§. 398). Einer Anzeige an den Schuldner bedarf es für den Uebergang der Forderung nicht; die Anzeige ist nur ein Mittel, den guten Glauben des Schuldners auszuschließen. Weitere Bestimmungen (§§. 401—411) bezwecken die nähere Regelung der sich aus der Abtretung für die Betheiligten ergebenden Rechtsverhältnisse, insbesondere mit Rücksicht auf die aus dem Uebergange der Forderung für den gutgläubigen Schuldner erwachsende Gefahr, doppelt zahlen zu müssen.

Abtretung. § 398. Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Ver­ trag mit einem Anderen auf diesen übertragen werden (Ab­ tretung). Mit dem Abschlüsse des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers. Die Abtretung wird regelmäßig zur Erfüllung einer Verpflichtung vorgenommen; die Verpflichtung zur Abtretung kann sich aus einem Rechtsgeschäft, insbesondere - einem Vertrage oder einer letztwilligen Ver­ fügung, ergeben oder vom Gesetz unmittelbar an bestimmte Thatbestände geknüpft sein, z. B. §. 82, §. 281 Abs. 1. Wegen der Abtretung einer Forderung, für die eine Hypothek bestellt ist, stehe §. 1164. Für die C.P.O. ist eine Aenderung des §. 736 dahin in Aussicht genommen, daß die Übertragung einer Forderung durch Ueberweisung im Wege der Zwangsvollstreckung mit der Zustellung des Ueberweisungsbeschlusses an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen ist; vergl. die dem Reichstage vorgelegte Denkschrift.

Beschränkungen drr Abtretung. § 399. Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann oder wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner aus­ geschlossen ist. Wegen weiterer Fälle des Ausschlusses der Uebertragbarkeit stehe die Vorbemerkung zu diesem Abschnitt. In der C.P.O. soll besttmmt werden, daß eine nicht übertragbare Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist; der Gefahr, daß der Schuldner durch vertragsmäßigen Ausschluß der Uebertragbarkeit die ihm zustehenden Forderungen dem Zugriffe seiner Gläubiger entziehen könnte, soll durch die Bestimmung vorgebeugt werden, daß eine nach §. 399 des B.G.B. nicht übertragbare Forderung insoweit gepfändet und zur Ein­ ziehung überwiesen werden kann, als der Gegenstand der Leistung der Pfändung unterliegt; siehe den vorgeschlagenen §. 749 a in der dem Reichstage vorgelegten Denkschrift.

108

Recht der Schuldverhältnisse.

Uebertragung der Forderung.

§ 400. Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen ist. Vergl. §. 877 Abs. 1, C.P.O. §. 749.

Uebrnrrchte.

§ 401. Mit der abgetretenen Forderung gehen die Hypo­ theken^) oder Pfandrechtes) die für sie bestehen, sowie die Rechte aus einer für sie bestellten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger über. Ein mit der Forderung für den Fall der Zwangsvoll­ streckung oder des Konkurses verbundenes Vorzugsrecht kann auch der neue Gläubiger geltend machen. *) §§. 1153, 1154. Ausnahme §. 1190. 2) §. 1250 Abs. 1, §. 1273 Abs. 2.

Pflichten -es bisherigen Gläubigers. § 402. Der bisherige Gläubiger ist verpflichtet, dem neuen Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nöthige Aus­ kunft zu ertheilen und ihm die zum Beweise der Fordemng dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinem Besitze befinden, auszuliefern. Der bisherige Gläubiger ist nach Maßgabe der §§. 437, 438, 445 zur Gewährleistung verpflichtet. Für die Ueberweisung soll nach der Denkschrift eine dem §. 402 entsprechende Bestimmung in die C.P.O. §. 737 eingestellt werden.

§ 403. Der bisherige Gläubiger hat dem neuen Gläubiger auf Verlangen eine öffentlich beglaubigtes Urkunde über die Ab­ tretung auszustellen. Die Kosten hat der neue Gläubiger zu tragen und vorzuschießen. *) §. 129.

Einwendungen des Schuldners.

§ 404. Der Schuldner kann dem neuen Gläubiger die An­ wendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Fede­ rung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren.

Uerbrieste Forderung. § 405. Hat der Schuldner eine Urkunde über die Schuld aus­ gestellt, so kann er sich, wenn die Forderung unter Vorlegrng der Urkunde abgetreten wird, dem neuen Gläubiger gegenüber nicht darauf berufen, daß die Eingehung oder Anerkennung des Schuldverhältniffes nur zum Schein erfolgt oder daß die Ab­ tretung durch Vereinbarung mit dem ursprünglichen Gläukger

Abtretung.

§§. 400—408.

109

ausgeschlossen sei, es sei denn, daß der neue Gläubiger bei der Abtretung den Sachverhalt kannte oder kennen mußte. Es ist gleichgültig, auf welche Weise der neue Gläubiger die Kenntniß erlangt hat.

Aufrechnung.

§ 406. Der Schuldner kann eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen, es sei denn, daß er bei dem Erwerbe der Forderung von der Abtretung Kenntniß hatte oder daß die Forde­ rung erst nach der Erlangung der Kenntniß') und später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist?) ') Siehe die Sinnt, zu §. 405, aber auch §. 410. 2) Anwendung der §§. 406—408 in den Fällen der §§. 720, 1158, §. 1473 Abs. 2, 2019 Abs. 2, 2111 Abs. 1 Satz 2. Abweichend für Hypothekenforderungen §§. 1156, 1157.

Schutz des Schuldners. § 407. Der neue Gläubiger muß eine Leistung, die der Schuldner nach der Abtretung an den bisherigen Gläubiger be­ wirkt, sowie jedes Rechtsgeschäft, das nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommen wird, gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß der Schuldner die Abtretung bei der Leistung oder der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt. Ist in einem nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger anhängig gewordenen Rechts­ streit ein rechtskräftiges Urtheil über die Forderung ergangen, so muß der neue Gläubiger das Urtheil gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß der Schuldner die Abtretung bei dem Eintritte der Rechtshängigkeit gekannt hat. Siehe die Sinnt, zu §. 406, vergl. auch §. 2129 Abs. 2 und die beabsichtigten Aenderungen der C.P.O. §§. 749, 749 a, 850 in der dem Reichstage vorgelegten Denkschrift.

§ 408. Wird eine abgetretene Forderung von dem bisherigen Gläubiger nochmals an einen Dritten abgetreten, so finden, wenn der Schuldner an den Dritten leistet oder wenn zwischen dem Schuldner und dem Dritten ein Rechtsgeschäft vorgenommen oder ein Rechtsstreit anhängig wird, zu Gunsten des Schuldners die Vorschriften des §. 407 dem früheren Erwerber gegenüber entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn die bereits abgetretene Forderung

110

Recht der Schuldverhältnisse.

Uebertragung der Forderung,

durch gerichtlichen Beschluß einem Dritten überwiesen wird oder wenn oer bisherige Gläubiger dem Dritten gegenüber anerkennt, daß die bereits abgetretene Forderung kraft Gesetzes auf den Dritten übergegangen sei.

§ 409. Zeigt der Gläubiger dem Schuldner an,1) daß er die Forderung abgetreten habe, so muß er dem Schuldner gegen­ über die angezeigte Abtretung gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist. Der Anzeige steht es gleich, wenn der Gläubiger eine Urkunde über die Abtretung dem in der Urkunde bezeichneten neuen Gläubiger ausgestellt hat und dieser sie dem Schuldner vorlegt. Die Anzeige kann nur mit Zustimmung desjenigen zurück­ genommen werden, welcher als der neue Gläubiger bezeichnet worden ist. *) §§. 180—132, 182 ff.

§ 410. Der Schuldner ist dem neuen Gläubiger gegenüber zur Leistung nur gegen Aushändigung einer von dem bisherigen Gläubiger über die Abtretung ausgestellten Urkunde1) verpflichtet?) Eine Kündigung oder eine Mahnung3) des neuen Gläubigers ist unwirksam, wenn sie ohne Vorlegung einer solchen Urkunde erfolgt und der Schuldner sie aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist?) Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der bis­ herige Gläubiger dem Schuldner die Abtretung schriftlich angezeigt hat. *) §. 126. 2) Ueber den Fall der Hinterlegung siehe §. 373. 3) §§. 130—132. 4) Klagt der neue Gläubiger gegen den Schuldner, ohne diesem vor­ her die Uebertragung angezeigt und auf Verlangen nachgewiesen zu haben, so fallen ihm die durch die Unterlassung entstehenden Prozeßkosten zur Last. Dies soll durch einen in die C.P.O. einzustellenden §. 89 a klar­ gestellt werden (Denkschrift).

Abtretung von Orhattsarlsprüchen etc.

§ 411. Tritt eine Militärperson, ein Beamter, ein Geistlicher oder ein Lehrer an einer öffentlichen Unterrichtsanstalt den übertrag­ baren Theil des Diensteinkommens, des Wartegeldes oder des Ruhegehalts ab, so ist die auszahlende Kasse durch Aushändi­ gung einer von dem bisherigen Gläubiger ausgestellten, öffent­ lich beglaubigten1) Urkunde von der Abtretung zu benachrichtigen.

Schuldübernahme.

§§. 409—414.

111

Bis zur Benachrichtigung gilt die Abtretung als der Kasse nicht bekannt?) *) §. 129.

2) Vergl. Einf.-Ges. Art. 43, 45.

Uedertragung Kraft Gesetzes. § 412. Auf die Uedertragung einer Forderung kraft Gesetzes *) finden die Vorschriften der §§. 399 bis 404, 406 bis 410 ent­ sprechende Anwendung. ') Fälle einer solchen Uedertragung: §. 268 Abs. 3, §. 426 Abs. 2r §. 774 Abs. 1, §. 1143 Abs. 1, §. 1225, §. 1249 Satz 2, §. 1438, §. 1519 Abs. 2, §. 1549, §. 1607 Abs. 2 Satz 2, 3, §. 1709 Abs. 2, §. 1918 Abs. 2.

Uedertragung anderer Rechte. § 413. Die Vorschriften über die Uedertragung von Forde­ rungen finden auf die Uedertragung anderer Rechtes entsprechende Anwendung, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt?) *) z. B. Urheberrechte. 2) Besondere Vorschriften in §. 792 für die Übertragung des Rechtes aus einer Anweisung vor der Annahme.

Muster Abschnitt. Kchul-übernahme. Das B.G.B. erkennt ebenso wie eine Sondernachfolge in die For­ derung auch eine Sondernachfolge in die Schuld an. Die letztere kann sich vollziehen durch Vertrag oder kraft Gesetzes. Im 5. Abschnitt ist lediglich die erstere, die Schuldübernahme, geregelt (vergl. aber §. 419). Die Schuldübernahme vollzieht sich entweder durch Vertrag zwischen dem Gläubiger und dem neuen Schuldner (§. 414) oder durch Vertrag zwischen dem alten und dem neuen Schuldner mit hinzutretender Genehmigung des Gläubigers (§. 415). Besonders geregelt ist der häufige und wichtige Fall der Uebernahme einer Hypothek Seitens des Erwerbers eines Grund­ stücks (§. 416). Weitere Vorschriften sind gegeben über die Einreden des neuen Schuldners (§. 417) und über das Erlöschen der Nebenrechte in­ folge der Schuldübernahme (§. 418). Im Falle der Uebernahme eines Vermögens durch Vertrag ist dem Uebernehmer kraft Gesetzes die Haftung für die Schulden des Veräußerers neben diesem selbst auferlegt (§. 419).

Vertrag zwischen Gläubiger und Uebernehmer. § 414. Eine Schuld kann von einem Dritten durch Vertrag mit dem Gläubiger in der Weise übernommen werden, daß der Dritte an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt. Der Vertrag ist an keine Form gebunden.

Die Rechtsgültigkeit des

112

Recht der Schuldverhältnisse.

Schuldübernahme.

Vertrages hängt nicht von der Existenz oder Gültigkeit eines Rechts­ geschäfts ab, welches den inneren Grund für den Abschluß des Ueber­ nahmevertrages bildet. Die Wirkung tritt mit dem Abschlüße des Vertrags ein. Die Zustimmung des bisherigen Schuldners wird nicht erfordert. Der Uebernehmer wird Schuldner, der bisherige Schuldner scheidet aus dem Sckuldverhältnisse aus.

Vertrag Mischen Schuldner und Uebernehmer. § 415. Wird die Schuldübernahme von dem Dritten mit dem Schuldner vereinbart, so hängt ihre Wirksamkeit von der Ge­ nehmigung des Gläubigers ab. Die Genehmigung kann erst erfolgen, wenn der Schuldner oder der Dritte dem Gläubiger die Schuldübernahme mitgetheilt hat. Bis zur Genehmigung können die Parteien den Vertrag ändern oder aufheben. Wird die Genehmigung verweigert, so gilt die Schuld­ übernahme als nicht erfolgt. Fordert der Schuldner oder der Dritte den Gläubiger unter Bestimmung einer Frist zur Er­ klärung über die Genehmigung auf, so kann die Genehmigung nur bis zum Ablaufe der Frist erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert. Solange nicht der Gläubiger die Genehmigung ertheilt hat, ist im Zweifel der Uebernehmer dem Schuldner gegenüber ver­ pflichtet, den Gläubiger rechtzeitig zu befriedigen. Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger die Genehmigung verweigert. Der Schuldübernahmevertrag zwischen dem Schuldner und dem Uebernehmer hat eine doppelte Wirkung. Er bindet einerseits den Ueber­ nehmer derart, daß dieser, wenn der Gläubiger den Vertrag genehmigt und nicht vorher ein Widerruf erfolgt ist, an Stelle des alten Schuldners in das Schuldverhältniß eintritt. Andererseits begründet der Vertrag regelmäßig unabhängig von der Genehmigung des Gläubigers eine per­ sönliche Verpflichtung des Uebernehmers gegenüber dem Schuldner, den Gläubiger zu befriedigen. Abs. 1 u. 2 betreffen die eine Seite des Ver­ hältnisses, Abs. 3 die andere Seite. Derjenige Vertrag, durch welchen der Uebernehmer neben dem bisherigen Schuldner eine Verpflichtung gegen den Gläubiger übernimmt, wird durch den §. 415 nicht betroffen; vergl. §. 329. Wegen der Mittheilung siehe §§. 130—132, wegen der Genehmigung §. 184.

Uebernahme einer Hypothek beim Verkauf eines Grundstücks. § 416. Uebernimmt der Erwerber eines Grundstücks durch Vertrag mit dem Veräußerer eine Schuld des Veräußerers, für die eine Hypothek an dem Grundstücke besteht, so kann der Gläubiger die Schuldübernahme nur genehmigen, wenn der Ver-

Schuldübernahme.

§§. 415—418.

113

äußerer sie ihm mittheilt. Sind seit dem Empfange der Mittheilung*) sechs Monate verstrichen, so gilt die Genehmigung2) als ertheilt, wenn nicht der Gläubiger sie dem Veräußerer gegenüber vorher verweigert hat; die Vorschrift des §. 415 Abs. 2 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Mittheilung des Veräußerers kann erst erfolgen, wenn der Erwerber als Eigenthümer im Grundbuch eingetragen ist. Sie muß schriftlich geschehen und den Hinweis enthalten, daß der Uebernehmer an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt, wenn nicht der Gläubiger die Verweigerung innerhalb der sechs Monate erklärt.

Der Veräußerers hat auf Verlangen des Erwerbers dem Gläubiger die Schuldübernahme mitzutheilen. Sobald die Ertheilung oder Verweigerung der Genehmigung feststeht, hat der Veräußerer den Erwerber zu benachrichtigen. *) §§. 130—132.

2) §. 184.

3) Vergl. §§. 873, 925.

Einwendungen des Urdrrnehmrrs.

§ 417. Der Uebernehmer kann dem Gläubiger die Ein­ wendungen entgegensetzen, welche sich aus dem Rechtsverhältnisse zwischen dem Gläubiger und dem bisherigen Schuldner ergeben. Eine dem bisherigen Schuldner zustehende Forderung kann er nicht aufrechnen.*) Aus dem der Schuldübernahme zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisse zwischen dem Uebernehmer und dem bisherigen Schuldner kann der Uebernehmer dem Gläubiger gegenüber Einwendungen nicht herleiten.2) *) In der Abschließung des Schuldübernahmevertrages liegt keine vertragsmäßige Anerkennung der Schuld Seitens des bisherigen Schuldners. Der Uebernehmer kann geltend machen, daß der Schuldübernahme­ vertrag selbst nicht gültig sei.

Uedrnrechle. § 418. In Folge der Schuldübernahme erlöschen die für die Forderung bestellten Bürgschaften und Pfandrechte. Besteht für die Forderung eine Hypothek, so tritt das Gleiche ein, wie wenn der Gläubiger auf die Hypothek verzichtete) Diese Vor­ schriften finden keine Anwendung, wenn der Bürge oder der­ jenige, welchem der verhaftete Gegenstand zur Zeit der Schuld­ übernahme gehört, in diese einwilligt?) Ein mit der Forderung für den Fall des Konkurses verAchilles, Bürgerliche- Gesetzbuch.

8

114 Recht d. Schuldverhältnisse.

Mehrheit von Schuldnern u. Gläubigern,

bundenes Vorzugsrecht kann nicht im Konkurs über das Ver­ mögen des Uebernehmers geltend gemacht werden. 1) §§. 1168, 1175, 1177.

2) §§. 182—184.

Uebernahme eines Vermögens. § 419. Uebernirnrnt Jemand durch Vertrag das Vermögen eines Anderen, so können dessen Gläubiger, unbeschadet der Fortdauer der Haftung des bisherigen Schuldners, von dem Abschlüsse des Vertrags an ihre zu dieser Zeit bestehenden An­ sprüche auch gegen den Uebernehmer geltend machen. Die Haftung des Uebernehmers beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens und die ihm aus dem Vertrage zustehenden Ansprüche. Beruft sich der Uebernehmer auf die Beschränkung seiner Haftung, so finden die für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften der §§. 1990, 1991 entsprechende Anwendung. Die Haftung des Uebernehmers kann nicht durch Verein­ barung zwischen ihm und dem bisherigen Schuldner aus­ geschlossen oder beschränkt werden. Die Haftung tritt unabhängig von dem Willen der Vertragsschließenden unmittelbar mit dem Abschlüße des Vertrags ein, sie ist nicht abhängig vom Empfange des Vermögens. Wegen des Erbschaftskaufs §. 2382 ff. Vergl. auch §. 1086 ff.

Sechster Abschnitt.

Mehrheit von Schuldnern und Gliinbigern. Der sechste Abschnitt regelt diejenigen Schuldverhältnisse, bei denen mehrere Personen als Gläubiger oder Schuldner betheiligt sind. Es kommen außerdem gemeinschaftliche untheilbare Rechte und Pflichten vor, welche mit einem Schuldverhältnisse in Zusammenhang stehen, aber nicht von den Vorschriften des sechsten Abschnitts getroffen werden. Siehe §§. 356, 474, 502, 513. Ferner unterstehen selbständigen Regeln die Fälle, in denen neben dem Schuldner ein Dritter akzessorisch haftet; zu denken ist namentlich an die Bürgschaft, vergl. aber auch §§. 419, 2145, 2382. Endlich giebt es Rechtsverhältnisse, bei denen eine Forderung mehreren Personen in der Art gemeinschaftlich ist, daß einzelne Rechtshandlungen nur gemeinschaftlich vorgenommen werden können. Siehe §§. 1077, 1281,1392, 2116.

1. Theilbare Keistungr

Grundsatz. § 420. Schulden Mehrere eine theilbare Leistung oder haben Mehrere eine theilbare Leistung zu fordern, so ist irn Zweifel

Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern.

§§. 419—425.

115

jeder Schuldner nur zu einem gleichen Antheile verpflichtet, jeder Gläubiger nur zu einem gleichen Antheile berechtigt. Für eine Reihe von Fällen ist abweichend von der im §. 420 auf­ gestellten Regel bestimmt, daß mehrere Schuldner als Gesammtschuldner hasten. Siehe §. 427, ferner §. 42 Abs. 2 Satz 2, §§. 53, 54, 769, §. 840 Abs. 1, §. 1108 Abs. 2, §. 1388, §. 1459 Abs. 2 Satz 1, §. 1480 Satz 1 §. 1530 Abs. 2. §. 1833 Abs. 2 Satz 1, §. 2058, §. 2219 Abs. 2. u. a. Vergl. auch §. 659 Abs. 2, §. 660.

G^sammtschul-nrr.

§ 421. Schulden Mehrere eine Leistung in der Weise, daß jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Ge­ sammtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Theile fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämmtliche Schuldner verpflichtet. Die Schuldner haben nicht die Einrede der Theilung. §. 420 Abs. 3.

Vergl. aber

§ 422. Die Erfüllung durch einen Gesammtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt von der Leistung an Ersüllungsstatt, der Hinterlegung und der Auf­ rechnung. Eine Forderung, die einem Gesammtschuldner zusteht, kann nicht von den übrigen Schuldnern aufgerechnet werden. § 423. Ein zwischen dem Gläubiger und einem Gesammt­ schuldner vereinbarter Erlaß wirkt auch für die übrigen Schuldner, wenn die Vertragschließenden das ganze Schuld­ verhältniß aufheben wollten. Vergl. §. 397.

§ 424. Der Verzug des Gläubigers gegenüber einem Ge­ sammtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Vergl. §. 293 ff.

§ 425. Andere als die in den §§. 422 bis 424 bezeichneten Thatsachen wirken, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältniß ein Anderes ergiebt, nur für und gegen den Gesammtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Dies gilt insbesondere von der Kündigung, dem Verzüge/) dem Verschulden/) von der Unmöglichkeit ^) der Leistung in der 8*

116

Recht d. Schuld Verhältnisse. Mehrheit von Schuldnern it Gläubigern.

Person eines Gesammtschuldners, von der Verjährung, deren Unterbrechung und Hemmung/) von der Vereinigung der For­ derung 5) mit der Schuld und von dem rechtskräftigen Urtheile.«) *) §§. 284 ff. 2) §§. 276ff. 3) §§. 280ff. 4) §§. 192 ff., 202 ff., 209 ff. ö) Ueber die Vereinigung der Forderung mit der Schuld enthält das B.G.B. keine allgemeine Bestimmung. 6) Wegen des Urtheils siehe den für die C.P.O. vorgeschlagenen §. 293 a in der dem Reichstage vorgelegten Denkschrift.

§ 426. Die Gesammtschuldner sind im Verhältnisse zu ein­ ander zu gleichen Antheilen verpflichtet, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesammtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen. Soweit ein Gesammtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Uebergang kann nicht zum Nachtheile des Gläubigers geltend gemacht werden. Zu Abs. 3 vergl. §. 412.

§ 427. Verpflichten sich Mehrere durch Vertrag gemeinschaft­ lich zu einer theilbaren Leistung, so haften sie im Zweifel als Gesammtschuldner. Es kommt nicht darauf an, ob die Verpflichtung in einem einheit­ lichen Vertrage oder in getrennten Verträgen übernommen ist.

Orsarnmtglüudiger. § 428. Sind Mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, daß jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesammtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Be­ lieben an jeden der Gläubiger leisten. Dies gilt auch dann, wenn einer der Gläubiger bereits Klage auf die Leistung er­ hoben hat. Ein Beispiel von Gesammtgläubigern siehe in §. 2151.

§ 429. Der Verzug eines Gesammtgläubigers wirkt auch gegen die übrigen Gläubiger. Vereinigen sich Forderung und Schuld in der Person eines Gesammtgläubigers, so erlöschen die Rechte der übrigen Gläubiger gegen den Schuldner.

Einzelne Schuldverhältnisse.

§§. 426—432.

117

Im Uebrigen finden die Vorschriften der §§. 422, 423, 425 entsprechende Anwendung. Insbesondere bleiben, wenn ein Gesammtgläubiger seine Forderung auf einen Anderen überträgt, die Rechte der übrigen Gläubiger unberührt. Vergl. §. 293.

§ 430. Die Gesammtgläubiger sind im Verhältnisse zu ein­ ander zu gleichen Antheilen berechtigt, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist. 2. Untheilbare Keistung. a) Verpflichtung mehrerer Schuldner.

§ 431. Schulden Mehrere eine untheilbare Leistung, so haften sie als Gesammtschuldner. Das B.G.B. giebt keine Vorschrift darüber, wann eine Leistung untheilbar ist.

b) Kerechtigung mehrerer Gläubiger.

§ 432. Haben Mehrere eine untheilbare Leistung zu fordern, so kann, sofern sie nicht Gesammtgläubiger sind, der Schuldner nur an alle gemeinschaftlich leisten und jeder Gläubiger nur die Leistung an alle fordern. Jeder Gläubiger kann verlangen, daß der Schuldner die geschuldete Sache für alle Gläubiger hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert. Im Uebrigen wirkt eine Thatsache, die nur in der Person eines der Gläubiger eintritt, nicht für und gegen die übrigen Gläubiger. Siehe die Anm. zu §. 431, wegen der Hinterlegung §§. 372, 383.

«Siebenter Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse.

Erster Titel.

Kauf. Tausch. Das B.G.B. giebt noch an anderen Stellen Vorschriften über den Kauf. So namentlich in den §§. 1233 ff. über den Pfandverkauf, in den §§. 2371—2385 über den Erbschaftskauf, in dem §. 651 über die Be­ handlung des Werkvertrages als Kauf. Dem Vorbehalt der Rechts­ verwirkung ist die allgemeine Besümmung des §. 360 gewidmet. Der

118

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Vorbehalt eines besseren Käufers (in diem addictio) ist nicht geregelt. Eine Verpflichtung zum Kaufe enthält §. 915. Die Vorschriften der C.P.O. über den Verkauf im Wege der Zwangs­ vollstreckung bleiben unberührt. Siehe indessen den in der Denkschrift vorgeschlagenen §. 710a. Die Zwangsenteignung bleibt nach dem Einf.-Ges. Art. 109 der Landesgesetzgebung Vorbehalten. Die Zwangsversteigerung der Grundstücke soll in einem besonderen Gesetze geregelt werden.

I.

Allgemeine Vorschriften.

Rechte und Pflichten des Verkäufers und des Käufers. § 433. Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigen­ thum an der Sache zu verschaffend) Der Verkäufer eines Rechtes?) ist verpflichtet, dem Käufer das Recht zu verschaffen und, wenn das Recht zum Besitz einer Sache berechtigt, die Sache zu übergeben. Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen. 1) insbesondere die zur Uebertragung des Eigenthums erforderlichen Erklärungen abzugeben, überhaupt Alles zu thun, was dazu gehört, um den Käufer zum Eigenthümer zu machen. 2) namentlich einer Forderung (§. 437 Abs. 1). 3) Die Bestimmung des Kaufpreises kann einem der Vertragschließenden oder einem Dritten überlassen werden (§§. 315 ff.).

Gewährleistung wegen Mängel im Recht. § 434. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer den ver­ kauften Gegenstand frei von Rechten zu verschaffen, die von Dritten gegen den Käufer geltend gemacht werden können. Die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung des veräußerten Rechtes beruht nicht auf einem stillschweigend übernommenen Garantieversprechen, sondern ergiebt sich kraft Gesetzes unmittelbar aus dem Kauf­ verträge. Beim Verkauf eines Grundstücks hat der Verkäufer namentlich für Freiheit von Grunddienstbarkeiten einzustehen. Wegen der Gewährleistung, wenn ein Gegenstand auf Grund der Pfändung veräußert wird, siehe den für die C.P.O. vorgeschlagenen §. 710a in der dem Reichstage vorgelegten Denkschrift. Vergl. ferner §§. 523, 541, 651, 757, 2042.

§ 435. Der Verkäufer eines Grundstücks oder eines Rechtes an einem Grundstück ist verpflichtet, im Grundbuch eingetragene Rechte, die nicht bestehen, auf seine Kosten zur Löschung zu

Kauf.

§§. 433-439.

119

bringen, wenn sie im Falle ihres Bestehens das dem Käufer zu verschaffende Recht beeinträchtigen würden.*) Das Gleiche gilt bei dem Verkauf eines Schiffes oder eines Rechtes an einem Schiffe für die im Schiffsregister ein­ getragenen Rechte?) *) Die Verpflichtung des Verkäufers, die Löschung eines eingetragenen Rechtes zu bewirken, setzt nicht voraus, daß das Recht geltend gemacht oder die Geltendmachung zu erwarten ist. 2) §§. 1259 ff.

§ 436. Der Verkäufer eines Grundstücks haftet nicht für die Freiheit des Grundstücks von öffentlichen Abgaben und von anderen öffentlichen Lasten, die zur Eintragung in das Grund­ buch nicht geeignet sind. Welche Abgaben oder Lasten als öffentliche anzusehen sind, bestimmt die Landesgesetzgebung.

§ 437. Der Verkäufer einer Forderung oder eines sonstigen Rechtes haftet für den rechtlichen Bestand der Forderung oder des Rechtes.*) Der Verkäufer eines Werthpapiers haftet auch dafür, daß es nicht zum Zwecke der Kraftloserklärung aufgeboten ist?) *) gleichviel, ob das Recht zur Entstehung gelangt und erst später erloschen ist, oder ob es nie bestanden hat, oder durch eine Einrede ent­ kräftet wird. 2) Vergl. §. 799.

§ 438. Uebernimmt der Verkäufer einer Forderung die Haftung für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners, so ist die Haftung im Zweifel nur auf die Zahlungsfähigkeit zur Zeit der Ab­ tretung zu beziehen. An sich haftet der Verkäufer nicht für die Güte der Forderung.

§ 439. Der Verkäufer hat einen Mangel im Rechte nicht zu vertreten, wenn der Käufer den Mangel bei dem Abschlüsse des Kaufes kennte) Eine Hypothek, eine Grundschuld, eine Rentenschuld oder ein Pfandrecht hat der Verkäufer zu beseitigen, auch wenn der Käufer die Belastung kennt. Das Gleiche gilt von einer Vor­ merkung2) zur Sicherung des Anspruchs auf Bestellung eines dieser Rechte. *) Auf welche Weise der Käufer die Kenntniß erlangt hat, ist gleich­ gültig. Er muß den Mangel aber wirklich kennen; verschuldete Unkenntniß

120

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

steht der Kenntniß nicht gleich, ebensowenig genügt, daß der Mangel aus dem Grundbuch ersichtlich ist. Vergl. §. 892 Abs. 1, §. 932 Abs. 2. 2) §§. 883 ff.

§ 440. Erfüllt der Verkäufer die ihm nach den §§. 433 bis 437, 439 obliegenden Verpflichtungen nicht, so bestimmen sich die Rechte des Käufers nach den Vorschriften der §§. 320 bis 327. Ist eine bewegliche Sache verkauft und dem Käufer zum Zwecke der Eigenthumsübertragung übergeben worden, so kann der Käufer wegen des Rechtes eines Dritten, das zum Besitze der Sache berechtigt, Schadensersatz wegew Nichterfüllung nur verlangen, wenn er die Sache dem Dritten mit Rücksicht auf dessen Recht herausgegeben hat oder sie dem Verkäufer zurück­ gewährt oder wenn die Sache untergegangen ist. Der Herausgabe der Sache an den Dritten steht es gleich, wenn der Dritte den Käufer oder dieser den Dritten beerbt oder wenn der Käufer das Recht des Dritten anderweit erwirbt oder den Dritten abfindet. Steht dem Käufer ein Anspruch auf Herausgabe gegen einen Anderen zu, so genügt an Stelle der Rückgewähr die Ab­ tretung des Anspruchs. Der Käufer kann alle Rechte geltend machen, die bei gegenseitigen Verträgen dem einen Theile wegen Nichterfüllung der dem anderen Theile obliegenden Verpflichtungen zustehen, ohne daß es einer Entwehrung be­ darf. Eine Ausnahme ist lediglich in den Fällen des §. 440 Abs. 2—4 und des §. 441 vorgesehen.

§ 441. Die Vorschriften des §. 440 Abs. 2 bis 4 gelten auch dann, wenn ein Recht an einer beweglichen Sache verkauft ist, das zum Besitze der Sache berechtigt.

§ 442. Bestreitet der Verkäufer den vom Käufer geltend gemachten Mangel im Rechte, so hat der Käufer den Mangel zu beweisen. Es genügt nicht, daß der Käufer die erfolgreiche Geltendmachung des Rechtes eines Dritten beweist, sondern es muß bewiesen werden, daß das Recht des Dritten begründet ist.

§ 443. Eine Vereinbarung, durch welche die nach den §§. 433 bis 437, 439 bis 442 wegen eines Mangels im Rechte dem Verkäufer obliegende Verpflichtung zur Gewährleistung erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt.

Kauf.

§§. 440—447.

121

Abgesehen von der im §. 443 aufgestellten Beschränkung können die Parteien die Gewährleistung wegen Mängel im Recht durch Vereinbarung in beliebiger Weise regeln.

Auskunstspflicht -es Verkäufers. § 444. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer über die den verkauften Gegenstand betreffenden rechtlichen Verhältnisse, insbesondere im Falle des Verkaufs eines Grundstücks über die Grenzen, Gerechtsame und Lasten, die nöthige Auskunft zu er­ theilen und ihm die zum Beweise des Rechtes dienenden Ur­ kunden, soweit sie sich in seinem Besitze befinden, auszuliefern. Erstreckt sich der Inhalt einer solchen Urkunde auch auf andere Angelegenheiten, so ist der Verkäufer nur zur Ertheilung eines öffentlich beglaubigten Auszugs verpflichtet. Die im §. 444 bestimmten Verpflichtungen entspringen unmittelbar aus dem Vertrage.

Kaufähnliche Verträge.

§ 445. Die Vorschriften der §§. 433 bis 444 finden auf andere Verträge, die auf Veräußerung oder Belastung eines Gegenstandes gegen Entgelts gerichtet sind, entsprechende An­ wendung. *) Unentgeltliche Veräußerung oder Belastung in §. 523, §. 1624 Abs. 2.

Uebrrgang der Gefahr. § 446. Mit der Uebergabe der verkauften Sache geht die Gefahr des zufälligen Unterganges und einer zufälligen Ver­ schlechterung auf den Käufer über?) Von der Uebergabe an ge­ bühren dem Käufer die Nutzungen und trägt er die Lasten der Sache. Wird der Käufer eines Grundstücks oor2) der Uebergabe als Tigenthümer in das Grundbuch eingetragen, so treten diese Wirkungen mit der Eintragung ein.3), *) Vergl. die allgemeine Vorschrift des §. 323. 2) Erfolgt die Eintragung erst nach der Uebergabe, so bewendet es be der Regel des Abs. 1. 3) Der sich aus den Vorschriften der §§. 446, 447 ergebende Zeit­ punkt des Ueberganges der Gefahr kommt für die Gewährleistung wegen Mängel der Sache in Betracht. Vergl. §. 459 Abs. 2, §§. 483, 484, §. 492 Satz 1.

§ 447. Versendet der Verkäufer auf Verlangen des Käufers die verkaufte Sache nach einem anderen Orte als dem Erfüllungs­ orte, so geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der Ver-

122

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

käufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person oder AnstaÜ ausgeliefert hat.

Hat der Käufer eine besondere Anweisung über die Art der Versendung ertheilt und weicht der Verkäufer ohne dringenden Grund von der Anweisung ab, so ist der Verkäufer dem Käufer für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich. Die Vorschriften gelten auch für den Gattungskauf (§. 243 Abs. 2) und den Werkvertrag (§. 644 Abs. 2).

Kosten der Uebergabe. § 448. Die Kosten der Uebergabe der verkauften Sache, ins­ besondere die Kosten des Messens und Wägens, fallen dem Verkäufer, die Kosten der Abnahme und der Versendung der Sache nach einem anderen Orte als dem Erfüllungsorte fallen dem Käufer zur Last. Ist ein Recht verkauft, so fallen die Kosten der Begründung oder Uebertragung des Rechtes dem Verkäufer zur Last.

Kosten der Auflassung rtr. § 449. Der Käufer eines Grundstücks hat die Kosten der Auflassung und der Eintragung, der Käufer eines Rechtes an einem Grundstücke hat die Kosten der zur Begründung oder Ueber­ tragung des Rechtes nöthigen Eintragung in das Grundbuch, mit Einschluß der Kosten der zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen, zu tragen. Dem Käufer fallen in beiden Fällen auch die Kosten der Beurkundung des Kaufes zur Last.

Verwendungen -es Uerkäufrrs. § 450. Ist vor der Uebergabe der verkauften Sache die Ge­ fahr auf den Käufer übergegangen und macht der Verkäufer vor der Uebergabe Verwendungen auf die Sache, die nach dem Uebergange der Gefahr nothwendig geworden sind, so kann er von dem Käufer Ersatz verlangen, wie wenn der Käufer ihn mit der Verwaltung der Sache beauftragt hätte. Die Verpflichtung des Käufers zum Ersätze sonstiger Ver­ wendungen bestimmt sich nach den Vorschriften über die Ge­ schäftsführung ohne Auftrag?) *) §§. 677 ff. Vergl. §. 547 Abs. 2, §. 601 Abs. 2, §. 994 20s. 2, §. 1049 Abs. 2, §. 1216.

Kaufähnliche Verträge. § 451. Ist ein Recht an einer Sache verkauft, das zun Be-

Kauf.

§§ 448-456.

123

sitze der Sache berechtigt, so finden die Vorschriften der §§. 446 bis 450 entsprechende Anwendung. Verzinsung des Kaufpreises.

§ 452. Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufpreis von dem Zeitpunkt an zu verzinsen/) von welchem an die Nutzungen des gekauften Gegenstandes ihm gebühren/) sofern nicht der Kaufpreis gestundet ist?) *) 4°/o (§. 246). 2) §. 446 Abs. 1 Satz 2. 8) Die Parteien können ausdrücklich oder stillschweigend eine andere Regelung vereinbaren.

Marktpreis.

§ 453. Ist als Kaufpreis der Marktpreis bestimmt, so gilt im Zweifel der für den Erfüllungsort zur Erfüllungszeit maß­ gebende Marktpreis als vereinbart. Besieht für einen Ort kein Marktpreis, so wird regelmäßig der Marktpreis desjenigen größeren Handelsplatzes maßgebend sein, zu deffen Bereich der Erfüllungsort gehört.

Stundung des Kaufpreises.

§ 454. Hat der Verkäufer den Vertrag erfüllt und den Kaufpreis gestundet, so steht ihm das im §. 325 Abs. 2 und im §. 326 bestimmte Rücktrittsrecht nicht zu. Der Käufer hat die Voraussetzungen für die Anwendung des §. 454, insbesondere die Stundung des Kaufpreises, zu beweisen.

Vorbehalt des Eigenthums.

§ 455. Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigenthum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Übertragung des Eigenthums unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises erfolgt und daß der Verkäufer zum Rücktritte von dem Vertrage berechtigt ist, wenn der Käufer mit der Zahlung in Verzug kommt. Vergl. das Ges. betr. die Abzahlungsgeschäfte v. 16. Mai 1894, R.G.Bl. S. 450.

Verbot der Theilnahme an einem Kauf.

§ 456. Bei einem Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung dürfen der mit der Vornahme oder Leitung des Verkaufs Be­ auftragte und die von ihm zugezogenen Gehülfen, mit Einschluß des Protokollführers, den zum Verkaufe gestellten Gegenstand

124

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

weder für sich persönlich oder durch einen Anderen noch als Vertreters eines Anderen kaufen.2) *) Vergl. §§. 181, §. 1630 Abs. 2 Satz 1, §. 1795 Abs. 1 Nr. 1. 2) Vergl. Einf.-Ges. Art. 86 Satz 1, Art. 88. Die Disziplinar­ vorschriften der Landesgesetze für Gerichtsvollzieher und andere Beamte bleiben unberührt.

§ 457. Die Vorschrift des §. 456 gilt auch bei einem Ver­ kauf außerhalb der Zwangsvollstreckung, wenn der Auftrag zu dem Verkauf auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift ertheilt worden ist, die den Auftraggeber ermächtigt, den Gegenstand für Rechnung eines Anderen verkaufen zu lassen/) insbesondere in den Fällen des Pfandverkaufs2) und des in den §§. 383, 385 zugelasfenen Verkaufs, sowie bei einem Verkaufe durch den Konkursverwalter. *) z. B. §. 966 Abs. 1, H.G.B. Art. 315. 2) §§. 1228 ff. Vergl. auch §. 1219 ff.

§ 458. Die Wirksamkeit eines den Vorschriften der §§. 456, 457 zuwider erfolgten Kaufes*) und der Uebertragung des ge­ kauften Gegenstandes hängt von der Zustimmung der bei dem Verkauf als Schuldner, Eigenthümer oder Gläubiger Betheiligten ab. Fordert der Käufer einen Betheiligten zur Erklärung über die Genehmigung auf, so finden die Vorschriften des §. 177 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Wird in Folge der Verweigerung der Genehmigung ein neuer Verkauf vorgenommen, so hat der frühere Käufer für die Kosten des neuen Verkaufs sowie für einen Mindererlös aufzu­ kommen. *) Das Verbot (§§. 456, 457) richtet sich also auch gegen das zur Uebertragung erforderliche Leistungsgeschäft (§§. 398, 413, 929 ff.).

II. Gewährleistung wegen Mängel der Sache.

Allgemeine Vorschriften. § 459. Der Verkäufer einer Sache hastet*) dem Käufer dafür, daß sie zu der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den Käufer über­ geht, nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Werth oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Eine uner­ hebliche Minderung des Werthes oder der Tauglichkeit kommt nicht in Betracht.

Kauf.

Gewährleistung wegen Mängel der Sache.

§§. 457—463.

125

Der Verkäufer haftet auch dafür, daß die Sache zur Zeit des Ueberganges der Gefahr die zugesicherten3) Eigenschaften hat?) *) ohne Rücksicht darauf, ob ihm ein Verschulden zur Last fällt. a) Allgemeine Anpreisungen der Sache, wie sie im Verkehr üblich stnd, gelten nicht als Zusicherung; die etwaige Haftung wegen Betruges bleibt unberührt. 3) Anwendung des §. 459 bei der Gemeinschaft nach §. 757, bet der Erbgemeinschaft nach §. 2042. Besondere Bestimmungen für die Schenkung in §. 524, für die Miethe und Pacht in §§. 637 ff., §. 581 Abs. 2. Siehe auch die für die C.P.O. vorgeschlagenen §§. 449a, 710a (Denkschrift).

§ 460. Der Verkäufer hat einen Mangel der verkauften Sache nicht zu vertreten, wenn der Käufer den Mangel bei dem Abschlüsse des Kaufes kennt. Ist dem Käufer ein Mangel der im §. 459 Abs. 1 bezeichneten Art in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so haftet der Verkäufer, sofern er nicht die Abwesenheit des Fehlers zugesichert hat, nur, wenn er den Fehler arglistig verschwiegen hat. Auf welchen Umständen die Kenntniß des Käufers beruht, ist gleich­ gültig; die Thatsache der Kenntniß ist entscheidend. Vergl. §. 539.

§ 461. Der Verkäufer hat einen Mangel der verkauften Sache nicht zu vertreten, wenn die Sache auf Grund eines Pfandrechts in öffentlicher Versteigerung*) unter der Bezeichnung als Pfand verkauft wird. 1) §. 383 Abs. 3.

Mandelung und Minderung. § 462. Wegen eines Mangels, den der Verkäufer nach den Vorschriften der §§. 459, 460 zu vertreten hat, kann der Käufer Rückgängigmachung des Kaufes (Wandelung) oder Herabsetzung des Kaufpreises (Minderung) verlangen/ Der Käufer hat die freie Wahl, ob er Wandelung oder Minderung verlangen will. Er ist an die von ihm verlangte Wandelung oder Minderung erst gebunden, wenn dieselbe vollzogen ist.

Schadensersatz. § 463. Fehlt der verkauften Sache zur Zeit des Kaufes eine zugesicherte Eigenschaft, so kann der Käufer statt der Wandelung oder der Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung ver­ langen?) Das Gleiche gilt, wenn der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen hat. *) Auf ein Verschulden des Verkäufers kommt es nicht an.

126

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

§ 464. Nimmt der Käufer eine mangelhafte Sache an, ob­ schon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in den §§. 462, 463 bestimmten Ansprüche nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Annahme vorbehält. Vergl. §. 363, §. 539 Satz 2.

§ 465. Die Wandelung oder die Minderung ist vollzogen, wenn sich der Verkäufer auf Verlangen des Käufers mit ihr einverstanden erklärt. Vergl. §. 634 Abs. 3.

§ 466. Behauptet der Käufer dem Verkäufer gegenüber einen Mangel der Sache, so kann der Verkäufer ihn unter dem Er­ bieten zur Wandelung und unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber auffordern, ob er Wandelung ver­ lange. Die Wandelung kann in diesem Falle nur bis zum Ab­ laufe der Frist verlangt werden. Wandelung insbesondere. § 467. Auf die Wandelung finden die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§. 346 bis 348, 350 bis 354, 356 entsprechende Anwendung;') im Falle des §. 352 ist jedoch die Wandelung nicht ausgeschlossen, wenn der Mangel sich erst bei der Umgestaltung der Sache gezeigt hat. Der Ver­ käufer hat dem Käufer auch die Vertragskosten zu ersetzen. ') Hieraus folgt namentlich, daß die Wandelung keine dingliche Wirkung hat, sondern daß die Parteien lediglich obligatorisch verpflichtet sind, den früheren Rechtszustand wiederherzustellen, sowie daß die Rechte und Pflichten der Parteien sich unmittelbar aus der Wandelung ergeben, ohne daß es eines besonderen Rechtsgeschäfts oder eines Urtheils bedarf.

§ 468. Sichert der Verkäufer eines Grundstücks dem Käufer eine bestimmte Größe des Grundstücks zu, so haftet er für die Größe wie für eine zugesicherte Eigenschaft. Der Käufer kann jedoch wegen Mangels der zugesicherten Größe Wandelung nur verlangen, wenn der Mangel so erheblich ist, daß die Erfüllung des Vertrags für den Käufer kein Interesse hat. § 469. Sind von mehreren verkauften Sachen nur einzelne mangelhaft, so kann nur in Ansehung dieser Wandelung ver­ langt werden, auch wenn ein Gesammtpreis für alle Sachen festgesetzt ist. Sind jedoch die Sachen als zusammengehörend verkauft, so kann jeder Theil verlangen, daß die Wandelung

Kauf.

Gewährleistung wegen Mängel der Sache.

§§. 464—474.

127

auf alle Sachen erstreckt wird, wenn die mangelhaften Sachen nicht ohne Nachtheil für ihn von den übrigen getrennt werden können. Vergl. zu den §§. 469—475 den §. 634 Abs. 4, zu den §. 469—471 den §. 543 Abs. 1.

§ 470. Die Wandelung wegen eines Mangels der Haupt­ sache erstreckt sich auch auf die Nebensache. Ist die Nebensache mangelhaft, so kann nur in Ansehung dieser Wandelung ver­ langt werden. § 471. Findet im Falle des Verkaufs mehrerer Sachen für einen Gesammtpreis die Wandelung nur in Ansehung einzelner Sachen statt, so ist der Gesammtpreis in dem Verhältnisse herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Verkaufs der Gesammtwerth der Sachen in mangelfreiem Zustande zu dem Werthe der von der Wandelung nicht betroffenen Sachen gestanden haben würde. Minderung insbesondere.

§ 472. Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Ver­ hältnisse herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Verkaufs der Werth der Sache in mangelfreiem Zustande zu dem wirklichen Werthe gestanden haben würde. Findet im Falle des Verkaufs mehrerer Sachen für einen Gesammtpreis die Minderung nur wegen einzelner Sachen statt, so ist bei der Herabsetzung des Preises der Gesammtwerth aller Sachen zu Grunde zu legen. Das B.G.B. hat das sog. relative Prinzip bei der Berechnung der Minderung angenommen. Die Vorschriften der §§. 472, 473 gelten auch in den Fällen des §. 323 Abs. 1 Halbs. 2 und des §. 537.

§ 473. Sind neben dem in Geld festgesetzten Kaufpreise Leistungen bedungen, die nicht vertretbare Sachen zum Gegen­ stände haben, so sind diese Leistungen in den Fällen der §§. 471, 472 nach dem Werthe zur Zeit des Verkaufs in Geld zu veranschlagen. Die Herabsetzung der Gegenleistung des Käufers erfolgt an dem in Geld festgesetzten Preise; ist dieser geringer als der abzusetzende Betrag, so hat der Verkäufer den überschießenden Betrag dem Käufer zu vergüten. Von besonderer Bedeutung für den Tausch (§. 515).

§ 474.

Sind auf der einen oder der anderen Seite Mehrere

128

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

betheiligt, so kann von jedem und gegen jeden Minderung ver­ langt werden. Mit der Vollziehung der von einem der Käufer verlangten Minderung ist die Wandelung ausgeschlossen. Vergl. §. 356.

§ 475. Durch die wegen eines Mangels erfolgte Minderung wird das Recht des Käufers, wegen eines anderen Mangels Wandelung oder von neuem Minderung zu verlangen, nicht ausgeschlossen.

Urrtrag über dir Gewührleistungspsircht. § 476. Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung wegen Mängel der Sache erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt. Ohne Einfluß auf die Gültigkeit ist es, ob die Vereinbarung bei oder nach Abschluß des Kaufvertrages, ausdrücklich oder stillschweigend ge­ troffen ist.

Verjährung. § 477. Der Anspruch auf Wandelung oder auf Minderung sowie der Anspruch auf Schadensersatz wegen Mangels einer zugesicherten Eigenschaft verjährt,*) sofern nicht der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, bei beweglichen Sachen in sechs Monaten von der Ablieferung, bei Grundstücken in einem Jahre von der Uebergabe an. Die Verjährungsfrist kann durch Vertrag verlängert werden?) Beantragt der Käufer gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises, so wird die Verjährung unterbrochen. Die Unterbrechung dauert bis zur Beendigung des Verfahrens fort. Die Vorschriften des §. 211 Abs. 2 und des §. 212 finden entsprechende Anwendung?) Die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung eines der im Abs. 1 bezeichneten Ansprüche bewirkt auch die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung der anderen Ansprüche?) *) §§. 194, 198 ff. 2) Was namentlich bei dem sogen. Garantieversprechen vorkommt. Im Uebrigen vergl. §§. 195, 225. ®) Ergänzung der C.P.O. durch einen §. 449 a in der Anlage zur Denkschrift. 4) Ueber die Anwendung des §. 477 Abs. 2, 8 und der §§. 478, 479 beim Werkverträge siehe §. 688.

Kauf.

Gewährleistung wegen Mängel der Sache.

§§. 475—481.

129

§ 478. Hat der Käufer den Mangel dem Verkäufer angezeigt oder die Anzeige an ihn abgesendet, bevor der Anspruch auf Wandelung oder auf Minderung verjährt war, so kann er auch nach der Vollendung der Verjährung die Zahlung des Kauf­ preises insoweit verweigern, als er auf Grund der Wandelung oder der Minderung dazu berechtigt sein würde. Das Gleiche gilt, wenn der Käufer vor der Vollendung der Verjährung gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises be­ antragt oder in einem zwischen ihm und einem späteren Er­ werber der Sache wegen des Mangels anhängigen Rechtsstreite dem Verkäufer den Streit verkündet hat. Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so bedarf es der Anzeige oder einer ihr nach Abs. 1 gleichstehenden Handlung nicht. Es wird nicht erfordert, daß der Käufer den Mangel sofort, nachdem er von demselben Kenntniß erlangte, angezeigt hat.

§ 479. Der Anspruch auf Schadensersatz kann nach der Voll­ endung der Verjährung nur aufgerechnet werden, wenn der Käufer vorher eine der im §. 478 bezeichneten Handlungen vor­ genommen hat. Diese Beschränkung tritt nicht ein, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Oattungskauf. § 480. Der Käufer einer nur der Gattung nach bestimmten Sache kann statt der Wandelung oder der Minderung verlangen, daß ihm an Stelle der mangelhaften Sache eine mangelfreie geliefert wird. Auf diesen Anspruch finden die für die Wandelung geltenden Vorschriften der §§. 464 bis 466, des §. 467 Satz 1 und der §§. 469, 470, 474 bis 479 entsprechende Anwendung. Fehlt der Sache zu der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den Käufer übergeht, eine zugesicherte Eigenschaft oder hat der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen, so kann der Käufer statt der Wandelung,-der Minderung oder der Lieferung einer mangelfreien Sache Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Neben der Nachlieferung (Vertragserfüllung) kann der Käufer auch sein Interesse, insbesondere wegen Verzuges des Veräußerers, verlangen. Bezüglich der Schenkung siehe §. 524 Abs. 2.

§ 481.

Uiehmüngel. a) Bezeichnung der in Betracht kommenden Thiere. Für den Verkauf von Pferden, Eseln, Mauleseln und

Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch

9

130

Recht der Schuldverhättnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Maulthieren, von Rindvieh, Schafen und Schweinen gelten die Vorschriften der §§. 459 bis 467, 469 bis 480 nur insoweit, als sich nicht aus den §§. 482 bis 492 ein Anderes ergiebt. In Betreff der sämmtlichen im §. 481 nicht genannten Thiergat­ tungen, insbesondere der Ziegen, gelten die allgemeinen Vorschriften über Mängelwähr unbeschränkt.

b) Hauptmängel; Oemährfristen. § 482. Der Verkäufer hat nur bestimmte Fehler (Haupt­ mängel) und diese nur dann zu vertreten, wenn sie sich inner­ halb bestimmter Fristen (Gewährsristen) zeigen. Die Hauptmängel und die Gewährfristen werden durch eine mit Zustimmung des Vundesraths zu erlassende Kaiserliche Verordnung bestimmt. Die Bestimmung kann auf demselben Wege ergänzt und abgeändert werden. Vergl. die auch hier geltenden Vorschriften des §. 460.

§ 483. Die Gewährfrist beginnt mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Gefahr auf den Käufer übergeht.

§ 484. Zeigt sich ein Hauptmangel innerhalb der Gewährfrist, so wird vermuthet, daß der Mangel schon zu der Zeit vorhanden gewesen sei, zu welcher die Gefahr auf den Käufer über­ gegangen ist. § 485. Der Käufer verliert die ihm wegen des Mangels zu­ stehenden Rechte, wenn er nicht spätestens zwei Tage nach dem Ablaufes der Gewährfrist oder, falls das Thier vor dem Ab­ laufe der Frist getödtet worden oder sonst verendet ist, nach dem Tode des Thieres den Mangel dem Verkäufer anzeigt oder die Anzeige an ihn absendet oder wegen des Mangels Klage gegen den Verkäufer erhebt oder diesem den Streit verkündet oder gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises^ bean­ tragt. Der Rechtsverlust tritt nicht ein, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. *) §§. 188, 193.

2) Siehe die Amn. 3 zu §. 477.

§ 486. Die Gewährfrist kann durch Vertrag verlängert oder abgekürzt werden. Die vereinbarte Frist tritt an die Stelle der gesetzlichen Frist. In der Vereinbarung kann ein Verstoß liegen; dann greift §. 188 Platz.

gegen

die

guten

Sitten

Kauf.

Gewährleistung wegen Mängel der Sache. §§. 482—490.

131

c) Man-rlung.

§ 487. Der Käufer kann nur Wandelung, nicht Minderung verlangen. Die Wandelung kann auch in den Fällen der §§. 351 bis 353, insbesondere wenn das Thier geschlachtet ist, verlangt werden; an Stelle der Rückgewähr hat der Käufer den Werth des Thieres zu vergüten. Das Gleiche gilt in anderen Fällen, in denen der Käufer in Folge eines Umstandes, den er zu ver­ treten hat, insbesondere einer Verfügung über das Thier, außer Stande ist, das Thier zurückzugewähren. Ist vor der Vollziehung der Wandelung eine unwesentliche Verschlechterung des Thieres in Folge eines von dem Käufer zu vertretenden Umstandes eingetreten, so hat der Käufer die Werth­ minderung zu vergüten. Nutzungen hat der Käufer nur insoweit zu ersetzen, als er sie gezogen hat. Ist eine Mehrheit von Thieren, insbesondere eine Heerde verkauft, und zeigt sich bei einzelnen Thieren eine ansteckende Krankheit, so kann nicht ohne Weiteres Wandelung hinsichtlich der ganzen Heerde, sondern nur hinsichtlich der einzelnen kranken Thiere verlangt werden.

§ 488. Der Verkäufer hat im Falle der Wandelung dem Käufer auch die Kosten der Fütterung und Pflege, die Kosten der thierärztlichen Untersuchung und Behandlung sowie die Kosten der nothwendig gewordenen Tödtunq und Weqschaffunq des Thieres zu ersetzen. Es konnnt nicht darauf an, ob der Verkäufer hinsichtlich der Rück­ nahme des Thieres im Verzüge gewesen ist.

§ 489. Ist über den Anspruch auf Wandelung ein Rechtsstreit anhängig, so ist auf Antrag der einen oder der anderen Partei die öffentliche Versteigerung *) des Thieres und die Hinterlegung des Erlöses durch einstweilige Verfügung anzuordnen, sobald die Besichtigung des Thieres nicht mehr erforderlich ist. J) §. 383 Abs. 3.

d) Verjährung.

§ 490. Der Anspruch auf Wandelung sowie der auf Schadensersatz wegen eines Hauptmangels, dessen handensein der Verkäufer zugesichert hat, verjährt Wochen von dem Ende der Gewährfrist an. Im bleiben die Vorschriften des §. 477 unberührt.

Anspruch Nichtvor­ in sechs Uebrigen

132

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

An die Stelle der in den §§. 210, 212, 215 bestimmten Fristen tritt eine Frist von sechs Wochen. Der Käufer kann auch nach der Verjährung des Anspruchs auf Wandelung die Zahlung des Kaufpreises verweigern. Die Ausrechnung des Anspruchs auf Schadensersatz unterliegt nicht der im §. 479 bestimmten Beschränkung. e) Oattungskauf. § 491. Der Käufer eines nur der Gattung nach bestimmten Thieres kann statt der Wandelung verlangen, daß ihm an Stelle des mangelhaften Thieres ein mangelfreies geliefert wird. Auf diesen Anspruch finden die Vorschriften der §§. 488 bis 490 entsprechende Anwendung. Neben der Nachlieferung kann er auch sein Interesse verlangen (Anm. zu §. 480); er hat ferner die in den §§. 482, 483 bestimmten Rechte.

f) Oarantieverfprechen. § 492. Uebernimmt der Verkäufer die Gewährleistung wegen eines nicht zu den Hauptmängeln gehörenden Fehlers oder sichert er eine Eigenschaft des Thieres zu/) so finden die Vor­ schriften der §§. 487 bis 491 und, wenn eine Gewährfrist ver­ einbart wird, auch die Vorschriften der §§. 483 bis 485 ent­ sprechende Anwendung. Die im §. 490 bestimmte Verjährung beginnt, wenn eine Gewährfrist nicht vereinbart wird, mit der Ablieferung des Thieres. *) ausdrücklich oder stillschweigend.

Kaufähnliche Verträge. § 493. Die Vorschriften über die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung wegen Mängel der Sache finden auf andere Verträge, die auf Veräußerung oder Belastung einer Sache gegen Entgelt gerichtet sind, entsprechende Anwendung.

III. Kefondere Arten -es Kaufes. 1. Kauf nach Probe.

Kauf auf Probs.

Kauf nach Probe. § 494. Bei einem Kaufe nach Probe oder nach Muster sind die Eigenschaften der Probe oder des Musters als zugesichert anzusehen. Hinsichtlich der Verpflichtung des Käufers, die ihm eingehändigte Probe aufzuvewahren und sie im Prozesse vorzulegen, sowie hinsichtlich

Kauf.

Besondere Arten.

§§. 491—498.

133

der Veweislast über die Identität der Probe und über die Probemäßig­ keit der gelieferten Kaufsache im Falle des Verlustes der Probe sind im B.G.B. keine besonderen Bestimmungen getroffen. Es entscheiden die allgemeinen Grundsätze. Vergl. namentlich §. 363.

Kauf auf prodr. § 495. Bei einem Kaufe auf Probe oder auf Besicht steht die Billigung des gekauften Gegenstandes im Belieben des Käufers. Der Kauf ist im Zweifel unter der aufschiebenden Bedingung der Billigung geschlossen. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer die Untersuchung des Gegenstandes zu gestatten. Die Gefahr geht nicht auf den Käufer über, zum Zwecke der Untersuchung übergeben wird.

wenn

ihm

die Sache

§ 496. Die Billigung eines auf Probe oder auf Besicht gekauften Gegenstandes kann nur innerhalb der vereinbarten Frist und in Ermangelung einer solchen nur bis zum Ablauf einer dem Käufer von dem Verkäufer bestimmten angemessenen Frist erklärt werden. War die Sache dem Käufer zum Zwecke der Probe oder der Besichtigung übergeben, so gilt sein Schweigen als Billigung.

2. Wiederkauf. § 497. Hat sich der Verkäufer in dem Kaufverträge das Recht des Wiederkaufs vorbehalten/) so kommt der Wiederkauf mit der Erklärung 2) des Verkäufers gegenüber dem Käufer, daß er das Wiederkaufsrecht ausübe, zu Stande. Die Erklärung bedarf nicht der für den Kaufvertrag bestimmten FormDer Preis, zu welchem verkauft worden ist, gilt im Zweifel auch für den Wiederkauf. *) Der Vorbehalt des Wiederkaufs wirkt nur obligatorisch unter den Vertragschließenden; das B.G.B. kennt kein dingliches Wiederkaufsrecht. -) §§. 130—132.

§ 498. Der Wiederverkäufer ist verpflichtet, dem Wiederkäuser den gekauften Gegenstand nebst Zubehör herauszugeben. Hat der Wiederverkäufer vor der Ausübung des Wieder­ kaufsrechts eine Verschlechterung, den Untergang oder eine aus einem anderen Grunde eingetretene Unmöglichkeit der Heraus­ gabe des gekauften Gegenstandes verschuldet oder den Gegen­ stand wesentlich verändert, so ist er für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich. Ist der Gegenstand ohne Verschulden

134

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

des Wiederverkäufers verschlechtert oder ist er nur unwesentlich verändert, so kann der Wiederkäufer Minderung des Kaufpreises nicht verlangen. Vergl. §. 292.

§ 499. Hat der Wiederverkäufer vor der Ausübung des Wiederkaufsrechts über den gekauften Gegenstand verfügt, so ist er verpflichtet, die dadurch begründeten Rechte Dritter zu beseitigen. Einer Verfügung des Wiederverkäufers steht eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrest­ vollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt.

§ 500. Der Wiederverkäufer kann für Verwendungen, die er auf den gekauften Gegenstand vor dem Wiederkaufe gemacht hat,^insoweit Ersatz verlangen, als der Werth des Gegenstandes durch die Verwendungen erhöht ist.1) Eine Einrichtung, mit der er die herauszugebende Sache versehen hat, kann er wegnehmen.2) *) Soweit diese Voraussetzung nicht vorliegt, kann auch wegen noth­ wendiger Verwendungen Ersatz nicht verlangt werden. 2) §. 258.

§ 501. Ist als Wiederkaufpreis der Schätzungswerth ver­ einbart, den der gekaufte Gegenstand zur Zeit des Wiederkaufs hat, so ist der Wiederverkäufer für eine Verschlechterung, den Untergang oder die aus einem anderen Grunde eingetretene Unmöglichkeit der Herausgabe des Gegenstandes nicht verantwortlich, der Wiederkäufer zum Ersätze von Verwendungen nicht verpflichtet. § 502. Steht das Wiederkaufsrecht Mehreren gemeinschaftlich zu, so kann es nur im Ganzen ausgeübt werden. Ist es für einen der Berechtigten erloschen oder übt einer von ihnen sein Recht nicht aus, so sind die übrigen berechtigt, das Wieder­ kaufsrecht im Ganzen auszuüben. Vergl. §. 356.

§ 503. Das Wiederkaufsrecht kann bei Grundstücken nur bis zum Ablaufe von dreißig, bei anderen Gegenständen nur bis zum Ablaufe von drei Jahren nach der Vereinbarung des Vor­ behalts ausgeübt werden. Ist für die Ausübung eine Frist be­ stimmt, so tritt diese an die Stelle der gesetzlichen Frist. Die Frist ist keine Verjährungsfrist, sondern eine Ausschlußfrist (§§. 186 ff.).

Kauf.

Besondere Arten.

§§. 499—507.

135

3. Vorkauf. Die Parteien können vertragsmäßig eine andere als die im Gesetz getroffene Regelung festsetzen.

Allgemeine Vorschriften.

§ 504. Wer in Ansehung eines Gegenstandes zum Vorkaufe berechtigt ist, kann das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Ver­ pflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegen­ stand geschlossen hat. Die §§. 504—514 regeln nur das obligatorisch wirksame Vorkaufsrecht; wegen des dinglichen Vorkaufsrechts an Grundstücken siehe §§. 1094—1104. Im Uebrigen fällt nicht nur das beim Abschlüsse eines Kaufvertrags vor­ behaltene Vorkaufsrecht sondern jedes durch Rechtsgeschäft oder durch Vermächtniß begründete Vorkaufsrecht unter die Vorschriften dieses Abschnitts. Wegen des gesetzlichen Vorkaufsrechts der Miterben §§. 2034 ff.

§ 505. Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt durch Er­ klärung gegenüber dem Verpflichteten. Die Erklärung bedarf nicht der für den Kaufvertrag bestimmten Form. Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts kommt der Kauf zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten unter den Be­ stimmungen zu Stande, welche der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat. *) §§. 130—182.

§ 506. Eine Vereinbarung des Verpflichteten mit dem Dritten, durch welche der Kauf von der Nichtäusübung des Vorkaufs­ rechts abhängig gemacht oder dem Verpflichteten für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts der Rücktritt vorbehalten wird, ist dem Vorkaufsberechtigten gegenüber unwirksam. Das Vorkaufsrecht kann also trotz der Vereinbarung ausgeüvt werden.

Besondere Fälle. 1. Uedenleistungen. § 507. Hat sich der Dritte in dem Vertrage zu einer Neben­ leistung verpflichtet, die der Vorkaufsberechtigte zu bewirken außer Stande ist, so hat der Vorkaussberechtigte statt der Nebenleistung ihren Werth zu entrichten. Läßt sich die Nebenleistung nicht in Geld schätzen, so ist die Ausübung des Vorkaufsrechts ausge­ schlossen; die Vereinbarung der Nebenleistung kommt jedoch nicht

in Betracht, wenn der Vertrag mit dem Dritten auch ohne sie geschlossen sein würde.

136

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Für die wegfallenden Nebenleistungen ist nur der objektive Werth zu entrichten, - nicht das subjektive Interesse, welches etwa der Verkäufer an den Nebenleistungen haben könnte.

2. Oesannntpreis. § 508. Qat der Dritte den Gegenstand, auf den sich das Vor­ kaufsrecht bezieht, mit anderen Gegenständen zu einem Gesammtpreise gekauft, so hat der Vorkaufsberechtigte einen verhältnißmäßigen Theil des Gesammtpreises zu entrichten. Der Verpflichtete kann verlangen, daß der Vorkauf auf alle Sachen erstreckt wird, die nicht ohne Nachtheil für ihn getrennt werden können. 3. Stundung.

§ 509. Ist dem Dritten in dem Vertrage der Kaufpreis gestundet worden, so kann der Vorkaufsberechtigte die Stundung nur in Anspruch nehmen, wenn er für den gestundeten Betrag Sicherheit leistet. Ist ein Grundstück Gegenstand des Vorkaufs, so bedarf es der Sicherheitsleistung insoweit nicht, als für den gestundeten Kaufpreis die Bestellung einer Hypothek an dem Grundstücke vereinbart oder in Anrechnung auf den Kaufpreis eine Schuld, für die eine Hypothek an dem Grundstücke besteht, übernommen worden ist. Vergl. zu Abs. 1 §§. 232 ff., zu Abs. 2 §. 416.

Anrrigrpflicht; Ausschlußfristen.

§ 510. Der Verpflichtete hat dem Vorkaufsberechtigten den Inhalt des mit dem Dritten geschlossenen Vertrags unverzüglich mitzutheilen. Die Mittheilung des Verpflichteten wird durch die Mittheilung des Dritten ersetzte) Das Vorkaufsrecht kann bei Grundstücken nur bis zum Ablaufe von zwei Monaten, bei anderen Gegenständen nur bis zum Ablauf einer Woche nach dem Empfange der Mittheilung ausgeübt werden. Ist für die Ausübung eine Frist bestimmt, so tritt diese an die Stelle der gesetzlichen Frist?) ’) Die Mittheilung ist nicht Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts. Vergl. noch §§. 130—132. 2) Die Frist ist eine Ausschlußfrist (§§. 186 ff.).

Verkauf an -en gesetzlichen Gr-en.

§ 511.

Das Vorkaufsrecht erstreckt sich im Zweifel nicht auf

Kauf.

Tausch.

Schenkung.

§§. 608—516.

137

einen Verkauf, der mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht an einen gesetzlichen Erben erfolgt. Vergl. §. 312 Abs. 2.

Verkauf im Mege -er Zwangsvollstreckung.

§ 512. Das Vorkaufsrecht ist ausgeschlossen, wenn der -Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Konkursverwalter erfolgt. Der Vorkaufsberechtigte kann wegen eines solchen Verkaufs auch keine Ersatzansprüche gegen den Verpflichteten geltend machen.

Gemeinschaftliches Vorkaufsrecht.

§ 513. Steht das Vorkaufsrecht Mehreren gemeinschaftlich zu, so kann es nur im Ganzen ausgeübt werden. Ist es für einen der Berechtigten erloschen oder übt einer von ihnen sein Recht nicht aus, so sind die übrigen berechtigt, das Vorkaufsrecht im Ganzen auszuüben. Vergl. §§. 366, 502.

Uebertragöarkeit -es Vorkaufsrechts.

§ 514. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar und geht nicht auf die Erben des Berechtigten über, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist. Ist das Recht auf eine bestimmte Zeit beschränkt, so ist es im Zweifel vererblich. Das durch die Ausübung des Vorkaufsrechts erlangte Recht ist über­ tragbar. Gegen die Erben des Verpflichteten kann das Vorkaufsrecht gelten­ gemacht werden.

IV. Tausch. § 515. Auf den Tausch finden die Vorschriften über den Kauf entsprechende Anwendung. Gegenstand des Tausches können alle Gegenstände sein, über die ein Kauf abgeschlossen werden kann, also namentlich auch Rechte an be­ weglichen und unbeweglichen Sachen und Forderungen.

Zweiter Titel.

Schenkung. Die Schenkung ist im 2. Titel nicht erschöpfend geregelt. Das Gesetzbuch giebt an zahlreichen anderen Stellen Sondervorschriften über

138

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Schenkungen, welche mit deren eigenthümlichem wirthschaftlichen Charakter Zusammenhängen. Die Vorschriften der §§. 516—534 bilden aber die allgemeine Grundlage für alle Schenkungen. Die Anordnung im 2. Titel ist derart, daß zunächst der Begriff der Schenkung festgestellt und das Zustandekommen der Schenkung geregelt wird (§§. 516, 517). Dann folgt eine beschränkende Formvorschrift (§. 598). Allgemeine materielle Be­ schränkungen werden nicht aufgestellt; es ist aber dem Ehemanne bei der Verwaltung des Gesammtgutes (§. 1446), dem Vater bei der Verwaltung des Kindesvermögens (§. 1641) und dem Vormunde (§. 1804) die Vor­ nahme von Schenkungen ausdrücklich untersagt. Nacherben, Vertragserben und Pflichttheilsberechtigte sind gegen Schenkungen, durch welche ihre Rechte beeinträchtigt werden würden, besonders geschützt (§. 2113 Abs. 2, §4. 2287, 2288, 2335 ff). Schenkungen unter Ehegatten sind gültig. — Weiter werden geregelt die Rechtsverhältnisse, welche sich aus der Schenkung ergeben (§§. 519—524), insbesondere einerseits die dem Schenker zu­ stehenden Einreden, andererseits die Haftung des Schenkers. Hierauf folgt die Schenkung unter einer Auflage (§§. 525—528). Den Schluß bilden Bestimmungen über die Rückforderung und den Widerruf von Schenkungen (§§. 528—534); vergl. auch §§. 1301, 1584. Ueber belohnende Schenkungen enthält das Gesetzbuch keine besonderen Bestimmungen; dagegen sind besonders begünstigt Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird (§. 534, §. 1446 Abs. 2, §. 1641 Satz 2, §. 1804 Satz 2, §. 2113 Abs. 2. Satz 2). Wegen der Schenkungen von Todeswegen siehe §. 2301.

Kegriff; Annahme der Zuwendung.

§ 516. Eine Zuwendung, durch die Jemand aus seinem Ver­ mögen einen Anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Theile darüber einig sind, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Ist die Zuwendung ohne den Willen des Anderen erfolgt, so kann ihn der Zuwendende unter Bestimmung einer ange­ messenen Frist zur Erklärung über die Annahme auffordern. Nach dem Ablaufe der Frist gilt die Schenkung als angenommen, wenn nicht der Andere sie vorher abgelehnt hat. Im Falle der Ablehnung kann die Herausgabe des Zugewendeten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Be­ reicherung gefordert werden. Die Schenkung ist Verttag. Zuwendungen, die nicht aus dem Ver­ mögen des Gebers erfolgen, z. B. unentgeltliche Gewährung von Unterricht, sind keine Schenkungen. Wegen der Ausstattung, welche Eltern ihren Kindern gewähren, siehe §. 1624.

§ 517. Eine Schenkung liegt nicht vor, wenn Jemand zum Vortheil eines Anderen einen Äermögenserwerb unterläßt oder

Schenkung.

§§. 516—522.

139

auf ein angefallenes, noch nicht endgültig erworbenes Recht ver­ zichtet oder eine Erbschaft oder ein Vermächtniß ausschlägt. Vergl. §§. 1942, 2176. sein; vergl. §. 1317.

Verzicht auf den Pflichttheil kann Schenkung

Form.

§ 518. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung schenkweise versprochen wird, ist die gerichtliche oder notarielle Beurkundung des Versprechens erforderlich?) Das Gleiche gilt, wenn ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntniß der in ben §§. 780, 781 bezeichneten Art schenkweise ertheilt wird, von bem Versprechen oder der Anerkennungserklärung. Der Mangel der gorm2) wird durch die Bewirkung der ver­ sprochenen Leistung geheilt. *) Die Schenkung eines ganzen Vermögens oder einer Erbschaft regeln die §§. 310—312. 2) §§. 125, 128.

Verweigerung der Erfüllung.

§ 519. Der Schenker ist berechtigt, die Erfüllung eines schenk­ weise ertheilten Versprechens zu verweigern, soweit er bei Be­ rücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, das Versprechen zu erfüllen, ohne daß sein standesmäßiger Unter­ halt oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Unterhaltspflichten*) gefährdet wird. Treffen die Ansprüche mehrerer Beschenkten zusammen, so geht der früher entstandene Anspruch vor. *) §§. 1360s., 1578fr., 1301 ff., 1700, 1703, 1708ff., 1766.

Wegfall einer versprochenen Unterstützung.

§ 520. Verspricht der Schenker eine in wiederkehrenden Leistungen bestehende Unterstützung, so erlischt die Verbindlichkeit mit seinem Tode, sofern nicht aus dem Versprechen sich ein Anderes ergiebt. Uerfchul-rn Les Schenkers. § 521. Der Schenker hat nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Abweichung von §. 276. Schenkers.

Der §. 521 gilt auch für die Erben des

Verzug Les Schenkers.

§ 522. Zur Entrichtung von Verzugszinsen ist der Schenker nicht verpflichtet.

140

Recht der Schuldverhältnisse.

Die sonstigen Bestimmungen finden (§. 286 ff.) Anwendung.

Einzelne Schuldverhältmsse.

über

die Wirkungen

des Verzuges­

Gewährleistung. a) Mängel im Recht.

§ 523. Verschweigt der Schenker arglistig einen Mangel im Rechte, so ist er verpflichtet, dem Beschenkten den daraus ent­ stehenden Schaden zu ersetzen. Hatte der Schenker die Leistung eines Gegenstandes ver­ sprochen, den er erst erwerben sollte, so kann der Beschenkte wegen eines Mangels im Rechte Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn der Mangel dem Schenker bei dem Erwerbe der Sache bekannt gewesen oder in Folge grober Fahrlässigkeit un­ bekannt geblieben ist. Die für die Gewährleistungspflicht des Verkäufers geltenden Vorschriften des §. 433 Abs. 1, der §§. 434 bis 437, des §. 440 Abs. 2 bis 4 und der §§. 441 bis 444 finden entsprechende Anwendung. Wenn die besonderen Voraussetzungen des so hat der Schenker für einen Mangel im Rechte tragsmäßig kann er aber eine über das Gesetz leistungspflicht übernehmen. Siehe auch §. 2385

§. 523 nicht vorliegen, nicht einzustehen. Ver­ hinausgehende Gewähr­ Abs. 2.

b) Mängel -er Sache.

§ 524. Verschweigt der Schenker arglistig einen Fehler der verschenkten Sache, so ist er verpflichtet, dem Beschenkten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Hatte der Schenker die Leistung einer nur der Gattung nach bestimmten Sache versprochen, die er erst erwerben sollte, so kann der Beschenkte, wenn die geleistete Sache fehlerhaft und der Mangel dem Schenker bei dem Erwerbe der Sache bekannt ge­ wesen oder in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, verlangen, daß ihm an Stelle der fehlerhaften Sache eine fehlerfreie geliefert wird. Hat der Schenker den Fehler arglistig verschwiegen, so kann der Beschenkte statt der Lieferung einer fehlerfreien Sache Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Auf diese Ansprüche finden die für die Gewährleistung wegen Fehler einer verkauften Sache geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Siehe die Anm. zu §. 523.

Auslage.

§ 525.

Wer eine Schenkung unter einer Auflage macht, kann

Schenkung.

§§. 528—628.

141

die Vollziehung der Auflage verlangen, wenn er seinerseits ge­ leistet hat?) Liegt die Vollziehung der Auflage im öffentlichen Interesse, so kann nach dem Tode des Schenkers auch die zuständige Be­ hörde die Vollziehung verlangen?) *) Das B.G.B. enthält keine allgemeinen Vorschriften über die Auflage. Wegen der Auflage bei letztwilligen Zuwendungen siehe §§. 2192—2196. 2) Die Zuständigkeit der Behörde bestimmt sich nach den Landes­ gesetzen.

§ 526. Soweit in Folge eines Mangels im Rechte oder eines Mangels der verschenkten Sache der Werth der Zuwendung die Höhe der zur Vollziehung der Auflage erforderlichen Auf­ wendungen nicht erreicht, ist der Beschenkte berechtigt, die Voll­ ziehung der Auflage zu verweigern, bis der durch den Mangel entstandene Fehlbetrag ausgeglichen wird. Vollzieht der Be­ schenkte die Auflage ohne Kenntniß des Mangels, so kann er von dem Schenker Ersatz der durch die Vollziehung verursachten Aufwendungen insoweit verlangen, als sie in Folge des Mangels den Werth der Zuwendung übersteigen. Zu Satz 2 vergl. §. 267.

§ 527. Unterbleibt fcic Vollziehung der Auflage, so kann der Schenker die Herausgabe des Geschenkes unter den für das Rücktrittsrecht bei gegenseitigen Verträgen bestimmten Voraus­ setzungen nach den Vorschriften über die Herausgabe einer un­ gerechtfertigten Bereicherung insoweit fordern, als das Geschenk zur Vollziehung der Auflage hätte verwendet werden müssen. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn ein Dritter berechtigt ist, die Vollziehung der Auflage zu verlangen. Der Schenker hat nicht das Recht, die Schenkung zu widerrufen. Dies ist wichtig, weil im Falle des Widerrufs das Recht auf Herausgabe des Geschenks an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft ist; siehe §. 531 Abs. 2.

Rückforderung wegen Hedürstigkeit. § 528. Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außer Stande ist, seinen standesmäßigen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten oder seinem früheren Ehegatten gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, kann er von dem Beschenkten die

142

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Heraus­ gabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der Be­ schenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des für den Unter­ halt erforderlichen Betrags abwenden. Auf die Verpflichtung des Beschenkten finden die Vorschriften des §. 760 sowie die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltende Vorschrift des §. 1613 und im Falle des Todes des Schenkers auch die Vor­ schriften des §. 1615 entsprechende Anwendung.

Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist. Wegen der Unterhaltspflicht siehe §§. 1860ff., §§. 1578ff., §§. 1601 ff

§ 529. Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes ist ausgeschlossen, wenn der Schenker seine Bedürftigkeit vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat oder wenn zur Zeit des Eintritts seiner Bedürftigkeit seit der Leistung des ge­ schenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind?) Das Gleiche gilt, soweit der Beschenkte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, das Geschenk herauszugeben, ohne daß fern standesmäßiger Unterhalt oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Unterhaltspflichten gefährdet wird. *) Die Frist ist eine Ausschluszfrist (§§. 186 ff.).

Widerruf einer Schenkung.

§ 530. Eine Schenkung kann widerrufen werden/) wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undankes?) schuldig macht. Dem Erben des Schenkers steht das Recht des Widerrufs nur zu, wenn der Beschenkte vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getödtet oder am Widerrufe gehindert hat. 1) gleichviel, ob eine bereits vollzogene Schenkung oder nur ein Schenkungsversprechen vorliegt. Besondere Fälle des Widerrufs in den §§. 1301, 1584. 2) Vergl. §§. 2333 ff., 2339 ff.

§ 531. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung') gegenüber dem Beschenkten. Ist

die Schenkung

widerrufen, so kann die Herausgabe

Miethe.

§§. 529—585.

143

des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung2) gefordert werden. *) §§. 130—132.

2) §§. 812 ff.

§ 532. Der Widerruf ist ausgeschlossen, wenn der Schenker dem Beschenkten verziehen hat oder wenn seit dem Zeitpunkt, in welchem der Widerrufsberechtigte von dem Eintritte der Voraussetzungen seines Rechtes Kenntniß erlangt hat, ein Jahr­ verstrichen ist. Nach dem Tode des Beschenkten ist der Widerruf nicht mehr zulässig. Vergl. §§. 2337, 2343.

§ 533. Auf das Widerrufsrecht kann erst verzichtet werden^ wenn der Undank dem Widerrufsberechtigten bekannt geworden ist Pflicht- und AnstandsSchenkungen^ § 534. Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder­ einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen roirb, unterliegen nicht der Rückforderung und dem Widerrufe. Siehe die Anm. zur Titelübcrschrift.

Dritter Titel.

Miethe. Pacht. Das Gesetz behandelt Miethe u. Pacht als rein obligatorische Ver­ hältnisse, obschon durch die Annahme des Satzes „Kauf bricht nicht Miethe" (§§. 571—579) dem Rechte des Miethers in gewisser Hinsicht Wirkung auch gegen Dritte beigelegt ist. Eine Eintragung des Mieth-oder Pachtrechts in das Grundbuch findet nicht statt. Eine Uebergangsvorschrift siehe im Einf.-Ges. Art. 171.

I. Miethe. Segriss der Miethe.

§ 535. Durch den Miethvertrag wird der Vermiether ver­ pflichtet, dem Miether den Gebrauch der vermietheten Sache während der Miethzeit zu gewähren. Der Miether ist ver­ pflichtet, dem Vermiether den vereinbarten Miethzins zu entrichten. Gegenstand des Miethvertrags können nur Sachen sein. Anders bei der Pacht. Die Verpflichtung des Vermiethers, den Gebrauch der gemietheten Sacke zu gewähren, umfaßt auch die Verpflichtung, Handlungen vorzu-

144

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

nehmen, insbesondere die Sache zu übergeben, soweit dies für den Gebrauch wesentlich ist. Der Miethzins kann auch in anderen Leistungen als Geld bestehen.

Rechtsvrrhültrriß.

1. Uevrrlassung und Erhaltung der Sache. § 536. Der Verrniether hat die vermiethete Sache dem Miether in einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauche geeigneten Zustande zu überlassen und sie während der Miethzeit in diesem Zustande zu erhalten.

2. Stiftung des Uermiethers für Müngel.

§ 537. Ist die vermiethete Sache zur Zeit der Ueberlassung an den Miether mit einem Fehler behaftet, der ihre Tauglichkeit .zu dem vertragsmäßigen Gebrauch aufhebt oder mindert, oder entsteht im Laufe der Miethe ein solcher Fehler, so ist der Mether für die Zeit, während deren die Tauglichkeit aufge­ hoben ist, von der Entrichtung des Miethzinses befreit, für die Zeit, während deren die Tauglichkeit gemindert ist, nur zur Entrichtung eines nach den §§. 472, 473 zu bemessenden Theiles des Miethzinses verpflichtet. Das Gleiche gilt, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt. Bei der Vermiethung eines Grundstücks steht die Zusicherung einer bestimmten Größe der Zusicherung einer Eigenschaft gleich. § 538. Ist ein Mangel der im §. 537 bezeichneten Art bei dem Abschlüsse des Vertrags vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später in Folge eines Umstandes, den der Vermiether zu vertreten hat, oder kommt der Vermiether mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Miether, statt die im §. 537 bestimmten Rechte geltend zu machen, Schadens­ ersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Im Falle des Verzugs des Dermiethers kann der Miether den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Auf­ wendungen verlangen. Siehe zu Abs. 1 §. 276 ff., zu Abs. 2 §§. 256, 257.

§ 539. Kennt der Miether bei dem Abschlüsse des Vertrags den Mangel der gemietheten Sache, so stehen ihm die in den *§§. 537, 538 bestimmten Rechte nicht zu. Ist dem Miether ein

Miethe.

145

§§. 536—542.

Mangel der im §. 537 Abs. 1 bezeichneten Art in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben oder nimmt er eine mangel­ hafte Sache an, obschon er den Mangel kennt, so kann er diese Rechte nur unter den Voraussetzungen geltend machen, unter welchen dem. Käufer einer mangelhaften Sache nach den §§. 460, 464 Gewähr zu leisten ist. Vergl. auch §. 363.

Erlaß der Oewahrleistungspflrchl. § 540. Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung des Vermiethers zur Vertretung von Mängeln der vermietheten Sache erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Vermiether den Mangel arglistig verschweigt. Abgesehen von der im §. 540 aufgestellten Beschränkung können die Betheiligten die gesetzlichen Bestimmungen über die Folgen der Nicht­ erfüllung 2C. durch Vereinbarung abändern.

Mängel im Recht.

§ 541. Wird durch das der vertragsmäßige Gebrauch zum Theil entzogen, so finden des §. 539 Satz 1 und des §.

Recht eines Dritten dem Miether der gemietheten Sache ganz oder die Vorschriften der §§. 537, 538, 540 entsprechende Anwendung.

Die Vorschrift gilt auch im Falle der Untermiethe für das Verhältniß zwischen dem Untervermtether und dem Untermiether.

Kündigung des Miethers wegen Uichtgewähr des Gebrauchs.

§ 542. Wird dem Miether der vertragsmäßige Gebrauch der gemietheten Sache ganz oder zum Theil nicht rechtzeitig ge­ währt oder wiederentzogen,so kann der Miether ohne Einhal­ tung einer Kündigungsfrist das Miethverhältniß kündigen. Die Kündigung ist erst zulässig, wenn der Vermiether eine ihm von dem Miether bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhülfe zu schaffen. Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die Erfüllung des Vertrags in Folge des die Kündigung. rechtfertigenden Umstandes für den Miether kein Interesse hat. Wegen einer unerheblichen Hinderung oder Vorenthaltung des Gebrauchs ist die Kündigung nur zulässig, wenn sie durch ein besonderes Interesse des Miethers gerechtfertigt wird. Bestreitet der Vermiether die Zulässigkeit der erfolgten Kündigung, weil er den Gebrauch der Sache rechtzeitig gewährt Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch.

10

146

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

oder vor dem Ablaufe der Frist die Abhülfe bewirkt habe, so trifft ihn die Beweislast?) *) gleichviel ob durch den Vermiether selbst oder durch einen Dritten. 2) Vergl. den für die C.P.O. vorgeschlagenen §. 230b in der dem Reichstage vorgelegten Denkschrift.

§ 543. Auf das dem Miether nach §. 542 zustehende Kün­ digungsrecht finden die Vorschriften der §§. 539 bis 541 sowie die für die Wandelung bei dem Kaufe geltenden Vorschriften der §§. 469 bis 471 entsprechende Anwendung. Ist der Miethzins für eine spätere Zeit im voraus ent­ richtet, so hat ihn der Vermiether nach Maßgabe des §. 347 oder, wenn die Kündigung wegen eines Umstandes erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über die Heraus­ gabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten. An eine Frist ist die Ausübung dieser Rechte nicht gebunden.

Ungesunde Wohnung. § 544. Ist eine Wohnung oder ein anderer zum Aufenthalte von Menschen bestimmter Raum so beschaffen, daß die Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist, so kann der Miether das Miethverhältniß ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, auch wenn er die gefahrbringende Be­ schaffenheit bei dem Abschlüsse des Vertrags gekannt oder auf die Geltendmachung der ihm wegen dieser Beschaffenheit zustehenden Rechte verzichtet hat. Die Vorschrift soll namentlich auch zur Unterstützung und Erleich­ terung polizeilicher Maßnahmen dienen, welche die Räumung ungesunder Wohnungen 2C. bezwecken.

Verpflichtung -es Miethers ptr Mangelanzeige. § 545. Zeigt sich im Laufe der Miethe ein Mangel der gemietheten Sache oder wird eine Vorkehrung zum Schutze der Sache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich, so hat der Miether dem Vermiether unverzüglich Anzeige zu machen. Das Gleiche gilt, wenn sich ein Dritter ein Recht an der Sache anmaßt. Unterläßt der Miether die Anzeige, so ist er zum Ersätze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet; er ist, soweit der Vermiether in Folge der Unterlassung der Anzeige Abhülfe zu schaffen außer Stande war, nicht berechtigt, die im §. 537 be-

Miethe.

§§. 543—549.

147

stimmten Rechte geltend zu machen oder nach §. 542 Abs. 1 Satz 3 ohne Bestimmung einer Frist zu kündigen oder Schadens­ ersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Die im §. 545 ausgesprochene Verpflichtung ist ein Ausfluß der dem Miether allgemein obliegenden Verpflichtung, für die Obhut der gemietheten Sache zu sorgen und sie vor Schaden zu bewahren.

3. Kasten. § 546. Die auf der vermietheten Sache ruhenden Lasten hat der Vermiether zu tragen.

4. Verwendungen des Miethers. § 547. Der Vermiether ist verpflichtet, dem Miether die auf die Sache gemachten nothwendigen Verwendungen *) zu er­ setzen. Der Miether eines Thieres hat jedoch die Fütterungs­ kosten zu tragen. Die Verpflichtung des Vermiethers zum Ersätze sonstiger Verwendungen bestimmt sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag?) Der Miether ist berechtigt, eine Einrichtung, mit der er die Sache versehen hat, weg­ zunehmen ?) *) §§. 256, 257.

2) §§. 677—687.

3) §. 258.

5. Veränderungen und Verschlechterungen der Sache.

§ 548.- Veränderungen oder Verschlechterungen der gemietheten Sache, die durch den vertragsmäßigen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Miether nicht zu vertreten. Vergl. §. 602.

6. Untermiete.

§ 549. Der Miether ist ohne die Erlaubniß des Vermiethers nicht berechtigt, den Gebrauch der gemietheten Sache einem Dritten zu überlassen, insbesondere die Sache weiter zu vermiethen?) Verweigert der Vermiether die Erlaubniß, so kann der Miether das Miethverhältniß unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen,2) sofern nicht in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt?) Ueberläßt der Miether den Gebrauch einem Dritten, so hat er ein dem Dritten bei dem Gebrauche zur Last fallendes Ver­ schulden zu vertreten, auch wenn der Vermiether die Erlaubniß zur Ueberlassung ertheilt hat.

148

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

*) Auch eine Uebertragung der Rechte des Miethers ist ausgeschlossen, falls es sich nicht um Forderungen handelt, die von der Person des Miethers unabhängig sind. Wegen der Rechte des Vermiethers gegen den Untermiether siehe §. 556 Abs. 3. 2) §. 565 Abs. 4. s) Dem Pächter steht das Kündigungsrecht nicht zu (§. 596 Abs. 1).

7. Vertragswidriger Gebrauch.

§ 550. Macht der Miether von der gemietheten Sache einen vertragswidrigen Gebrauch und setzt er den Gebrauch ungeachtet einer Abmahnung des Vermiethers fort, so kann der Vermiether auf Unterlassung klagen. Vergl. §. 862 Abs. 1 Satz 2, §. 1004 Abs. 1 Satz 2, §§. 1027, 1053.

8. Methzms. § 551. Der Miethzins ist am Ende der Miethzeit zu entrichten. Ist der Miethzins nach Zeitabschnitten bemessen, so ist er nach dem Ablaufe der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten. Der Miethzins für ein Grundstück ist, sofern er nicht nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, nach dem Ablaufe je eines Kalendervierteljahrs am ersten Werktage des folgenden Monats zu entrichten.

§ 552. Der Miether wird von der Entrichtung des Miethzinses nicht dadurch befreit, daß er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung des ihm zustehenden Ge­ brauchsrechts verhindert wird. Der Vermiether muß sich jedoch den Werth der ersparten Aufwendungen sowie derjenigen Vor­ theile anrechnen lassen, welche er aus einer anderweitigen Ver­ werthung des Gebrauchs erlangt. Solange der Vermiether in Folge der Ueberlassung des Gebrauchs an einen Dritten außer Stande ist, dem Miether den Gebrauch zu gewähren, ist der Miether zur Entrichtung des Miethzinses nicht verpflichtet. Vergl. die vorgeschlagene Aenderung der K.O. §. 17 in der Reichstage vorgelegten Denkschrift.

dem

9. Krsonderes Kündigungsrecht des Uermiethers.

§ 553. Der Vermiether kann ohne Einhaltung einer Kündi­ gungsfrist das Miethverhältniß kündigen, wenn der Miether oder derjenige, welchem der Miether den Gebrauch der gemietheten Sache überlassen hat, ungeachtet einer Abmahnung des Ver­ miethers einen vertragswidrigen Gebrauch der Sache fortsetzt, der die Rechte des Vermiethers in erheblichem Maße verletzt,

Methe.

§§. 550—557.

149

insbesondere einem Dritten den ihm unbefugt überlassenen Ge­ brauch beläßt, oder die Sache durch Vernachlässigung der dem Miether obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet.

§ 554. Der Vermiether kann ohne Einhaltung einer Kündi­ gungsfrist das Miethverhältniß kündigen, wenn der Miether für zwei aus einander folgende Termine mit der Entrichtung des Miethzinses oder eines Theiles des Miethzinses im Verzugs ist. Die Kündigung ist ausgeschlossen, wenn der Miether den Ver­ miether beftiedigt, bevor sie erfolgt. Die Kündigung ist unwirksam, wenn sich der Miether von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und un­ verzüglich nach der Kündigung die Ausrechnung erklärt. *) §. 284 Abs. 2.

§ 555. Macht der Vermiether von dem ihm nach den §§. 553, 554 zustehenden Kündigungsrechte Gebrauch, so hat er den für eine spätere Zeit im voraus entrichteten Miethzins nach Maß­ gabe des §. 347 zurückzuerstatten.

10. Rückgabe -er Sache nach Beendigung -er Miethe.

§ 556. Der Miether ist verpflichtet, die gemiethete Sache nach der Beendigung des Miethverhältnisses *) zurückzugeben.2) Dem Miether eines Grundstücks steht wegen seiner An­ sprüche gegen den Vermiether ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu. Hat der Miether den Gebrauch der Sache einem Dritten überlassen, so kann der Vermiether die Sache nach der Be­ endigung des Miethverhältnisses auch von dem Dritten zurück­ fordern?) !) aber nicht vor Ablauf der landesrechtlichen Räumungsfrist (Einf.Ges. Art. 93). 2) Klage auf künftige Räumung nach näherer Bestimnmng der C.P.O. §. 231a (Denkschrift). 3) Das gegen den Miether erwirkte Urtheil ist nicht gegen den Unter­ miether vollstreckbar. Der Vermiether muß vielmehr gegen den Unter­ miether eine besondere Klage anstellen. Vergl. noch die für die C.P.O. vorgeschlagene Aenderung des §. 649 (Denkschrift).

§ 557. Giebt der Miether die gemiethete Sache nach der Beendigung des Miethverhältnisses nicht zurück, so kann der Vermiether für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung den vereinbarten Miethzins verlangen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

150

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

11. Verjährung von Ersatzansprüchen.

§ 558. Die Ersatzansprüche des Vermiethers wegen Ver­ änderungen oder Verschlechterungen der vermietheten Sache so­ wie die Ansprüche des Miethers auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung der Ersatzansprüche des Vermiethers beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem er die Sache zurück­ erhält, die Verjährung der Ansprüche des Miethers beginnt mit der Beendigung des Mißverhältnisses. Mit der Verjährung des Anspruchs des Vermiethers auf Rückgabe der Sache verjähren auch die Ersatzansprüche des Ver­ miethers. Vergl. §§. 606, 1057.

12. Pfandrecht des Uermiethers an den eingebrachtrn Sachen.

§ 559. Der Vermiether eines Grundstücks hat für seine Forderungen aus dem Miethverhältniß ein Pfandrechts an den eingebrachten Sachen des Miethers?) Für künftige Entschädigungs­ forderungen und für den Miethzins für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Miethjahr kann das Pfand­ recht nicht geltend gemacht werden. Es erstreckt sich nicht auf die der Pfändung nicht unterworfenen Sachen. x) §. 1257. Absonderungsrecht des Vermiethers im Konkurse des Miethers (K.O. §. 41; neue Fassung in der Denkschrift). 2) aber nicht an Sachen der Ehefrau, der Kinder, der Untermiether rc. 3) Vergl. §. 704.

§ 560. Das Pfandrecht des Vermiethers erlischt mit der Ent­ fernung der Sachen von dem Grundstück, es sei denn, daß die Entfernung ohne Wissen oder unter Widerspruch des Ver­ miethers erfolgt. Der Vermiether kann der Entfernung nicht widersprechen, wenn sie im regelmäßigen Betriebe des Geschäfts des Miethers oder den gewöhnlichen Lebensverhältnissen ent­ sprechend erfolgt1) oder wenn die zurückbleibenden Sachen zur Sicherung des Vermiethers offenbar ausreichen. *) z. B. wenn Waaren aus einem Verkaufsladen des Miethers im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb entfernt oder Sachen zur Reparatur aus dem Hause gegeben werden.

§ 561. Der Vermiether darf die Entfernung der seinem Pfandrecht unterliegenden Sachen, soweit er ihr zu widersprechen

Miethe.

§§. 558—565.

151

berechtigt ist, auch ohne Anrufen des Gerichts verhindern und, wenn der Miether auszieht, die Sachen in seinen Besitz nehmend) Sind die Sachen ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermiethers entfernt worden, so kann er die Herausgabe zum Zwecke der Zurückschaffung in das Grundstück und, wenn der Miether ausgezogen ist, die Ueberlassung des Besitzes verlangen. Das Pfandrecht erlischt mit dem Ablauf eines Monats, nachdem der Vermiether von der Entfernung der Sachen Kenntniß er­ langt hat, wenn nicht der Vermiether diesen Anspruch vorher gerichtlich geltend gemacht hat. *) auch wenn die Voraussetzungen des §. 229 nicht vorliegen. §. 280 findet gleichfalls keine Anwendung.

Der

§ 562. Der Miether kann die Geltendmachung des Pfand­ rechts des Vermiethers durch Sicherheitsleistung*) abwenden; er kann jede einzelne Sache dadurch von dem Pfandrechte be­ freien, daß er in Höhe ihres Werthes Sicherheit leistet. §§. 232 ff.

§ 563. Wird eine dem Pfandrechte des Vermiethers unter­ liegende Sache für einen anderen Gläubiger gepfändet, so kann diesem gegenüber das Pfandrecht nicht wegen des Miethzinses für eine frühere Zeit als das letzte Jahr vor der Pfändung geltend gemacht werden. Dem Miether gegenüber (§. 559) unbeschränkt.

gilt

das

Pfandrecht

des

Vermiethers

13. Endigung des MiethverlMnisses; Kündigung.

§ 564. Das Miethverhältniß endigt mit dem Ablaufe der Zeit, für die es eingegangen ist. Ist die Miethzeit nicht bestimmt, so kann jeder Theil das Miethverhältniß nach den Vorschriften des §. 565 kündigen. Wegen Verbindung der Kündigung mit der Räumungsklage siehe den für die C.P.O. in Aussicht genommenen §. 231a (Denkschrift). Vergl. auch die vorgeschlagene Aenderung der K.O. §. 17 a. a. O. Eine Uebergangsbestimmung enthält das Einf.-Ges. Art. 171.

§ 565. Bei Grundstücken ist die Kündigung nur für den Schluß eines Kalendervierteljahrs zulässig; sie hat spätestens am dritten Werktage des Vierteljahrs zu erfolgen. Ist der Miethzins nach Monaten bemessen, so ist die Kündigung nur

152

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

für den Schluß eines Kalendermonats zulässig; sie hat spätestens am fünfzehnten des Monats zu erfolgen. Ist der Miethzins nach Wochen bemessen, so ist die Kündigung nur für den Schluß einer Kalenderwoche zulässig; sie hat spätestens am ersten Werk­ tage der Woche zu erfolgen. Bei beweglichen Sachen hat die Kündigung spätestens am dritten Tage vor dem Tage zu erfolgen, an welchem das Miethverhällniß endigen soll. Ist der Miethzins für ein Grundstück oder für eine be­ wegliche Sache nach Tagen bemessen, so ist die Kündigung an jedem Tage für den folgenden Tag zulässig. Die Vorschriften des Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 gellen auch für die Fälle, in denen das Miethverhällniß unter Einhaltung der gesetzlichen Frist vorzeitig gekündigt werden kann. Vergl. §. 193.

Mietvertrag übrr rtn Grundstück.

§ 566. Ein Mietvertrag über ein Grundstück, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, bedarf der schriftlichen Form.^) Wird die Form nicht beobachtet, so gill der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen; die Kündigung ist jedoch nicht für eine frühere Zeit als für den Schluß des ersten Jahres zulässig. *) §• 126.

§ 567. Wird ein Mietvertrag für eine längere Zeit als dreißig Jahre geschlossen, so kann nach dreißig Jahren jeder Theil das Miethverhällniß unter Einhüllung der gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung ist unzulässig, wenn der Vertrag für die Lebenszeit des Vermieters oder des Miethers geschlossen ist. Vergl. Einf.-Ges. Art. 63.

Stillschweigende Verlängerung.

§ 568. Wird nach dem Ablaufe der Miethzeit der Gebrauch der Sache von dem Miether fortgesetzt, so gilt das Miethver­ hällniß als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern nicht der Vermieter oder der Mether seinen entgegenstehenden Willen binnen einer Frist von zwei Wochen dem anderen Theile gegen­ über erklärt.') Die Frist beginnt für den Mether mit der

Miethe.

§§. 566—571.

153

Fortsetzung des Gebrauchs, für den Vermiether mit dem Zeit­ punkt, in welchem er von der Fortsetzung Kenntniß erlangt. *) §§. 130—132, 193.

Kündigung nach dem Tode des Miethers.

§ 569. Stirbt der Miether, so ist sowohl der Erbe als der Vermiether berechtigt, das Miethverhältniß unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist. Die Ehefrau kann nur kündigen, wenn sie Erbin ist. Verhältniffes von Miterben siehe §. 2038.

Wegen des

Kündigung der Milttürpersonen, Keantten etc.

§ 570. Militärpersonen*), Beamte, Geistliche und Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten können im Falle der Versetzung nach einem anderen Orte das Miethverhältniß in Ansehung der Räume, welche sie für sich oder ihre Familie an dem bis­ herigen Garnison- oder Wohnorte gemiethet haben, unter Ein­ haltung der gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist. 1) Welche Personen als Militärpersonen re. anzusehen sind, bestimmt sich nach dem öffentlichen Recht.

14. Veräußerung eines vermieteten Grundstücks.

8 571. Wird das vermietete Grundstück nach der Ueberlassung an den Miether von dem Vermiether an einen Dritten ver­ äußert, so tritt der Erwerber an Stelle des Vermiethers in die sich während der Dauer seines Eigenthums aus dem Mieth­ verhältniß ergebenden Rechte und Verpflichtungen ein. Erfüllt der Erwerber die Verpflichtungen nicht, so haftet der Vermiether für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Miether von dem Uebergange des Eigenthums durch Mittheilung des Vermiethers Kenntniß, so wird der Vermiether von der Haftung befreit, wenn nicht der Miether das Miethverhältniß für den ersten Termin kündigt, für den die Kündigung zulässig ist. Zwischen dem Erwerber und dem Miether wird ein neues Rechts­ verhältniß mit dem Inhalte des bisherigen Mietvertrages begründet (vergl. §. 1108). Hinsichtlich der Forderungen tritt nicht eine Uebertragung kraft Gesetzes ein. Vorauszahlungen von Miethzins und ähnliche

154

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Rechtsgeschäfte wirken deshalb grundsätzlich nicht gegen den Erwerber. Dieser Grundsatz ist aber in den §§. 573—575 eingeschränkt. Die Vorschriften des §. 571 haben wegen des §. 566 praktische Bedeutung wesentlich nur dann, wenn der Miethvertrag schriftlich geschlossen ist. In den §§. 1056, 1423, 1546, 1550, 1663, 2135 ist ihre entsprechende Anwendung vor­ geschrieben. Wegen der Übergangszeit siehe Einf.-Ges. Art. 172. Das Gleiche wird voraussichtlich in dem bevorstehenden Gesetz über die Zwangs­ versteigerung 2C. geschehen.

Wegen des Schutzes des Miethers bei der Miethe beweglicher Sachen vergl. §. 986.

§ 572. Hat der Miether des veräußerten Grundstücks dem Vermiether für die Erfüllung seiner Verpflichtungen Sicherheit geleistet, so tritt der Erwerber in die dadurch begründeten Rechte ein. Zur Rückgewähr der Sicherheit ist er nur verpflichtet, wenn sie ihm ausgehändigt wird oder wenn er dem Vermiether gegen­ über die Verpflichtung zur Rückgewähr übernimmt. Vergl. §. 233.

§ 573. Eine Verfügung, die der Vermiether vor dem Uebergange des Eigenthums über den auf die Zeit der Berechtigung bes Erwerbers entfallenden Miethzins getroffen hat, ist insoweit wirksam, als sie sich auf den Miethzins für das zur Zeit des Ueberganges des Eigenthums laufende und das folgende Kalendervierteljahr bezieht. Eine Verfügung über den Mieth­ zins für eine spätere Zeit muß der Erwerber gegen sich gelten lassen, wenn er sie zur Zeit des Ueberganges des Eigen­ thums kennt. Vergl. §. 404.

§ 574. Ein Rechtsgeschäft, das zwischen dem Miether und dem Vermiether in Ansehung der Miethzinsforderung vor­ genommen wird, insbesondere die Entrichtung des Miethzinses, ist dem Erwerber gegenüber wirksam, soweit es sich nicht auf den Miethzins für eine spätere Zeit als das Kalenderviertel­ jahr, in welchem der Miether von dem Uebergange des Eigen­ thums Kenntniß erlangt, und das folgende Vierteljahr bezieht. Ein Rechtsgeschäft, das nach dem Uebergange des Eigenthums Dorgenommen wird, ist jedoch unwirksam, wenn der Miether bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts von dem Uebergange des Eigenthums Kenntniß hat. Vergl. §. 407.

Miethe.

§§. 572—579.

155

§ 575. Soweit die Entrichtung des Miethzinses an den Vermiether nach §. 574 dem Erwerber gegenüber wirksam ist, kann der Miether gegen die Miethzinsforderung des Erwerbers eine ihm gegen den Vermiether zustehende Forderung aufrechnen. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn der Miether die Gegen­ forderung erworben hat, nachdem er von dem Uebergange des Eigenthums Kenntniß erlangt hat, oder wenn die Gegenforderung erst nach der Erlangung der Kenntniß und später als der Miethzins fällig geworden ist.

Vergl. §. 406. § 576. Zeigt der Vermiether dem Miether an, daß er das Eigenthum an dem vermietheten Grundstück auf einen Dritten übertragen habe, so muß er in Ansehung der Miethzins­ forderung die anaezeigte Übertragung dem Miether gegenüber gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist. Die Anzeige kann nur mit Zustimmung desjenigen zurück­ genommen werden, welcher als der neue Eigenthümer bezeichnet worden ist.

Vergl. §. 409. § 577. Wird das vermiethete Grundstück nach der Ueberlassung an den Miether von dem Vermiether mit dem Rechte eines Dritten belastet, so finden die Vorschriften der §§. 571 bis 576 entsprechende Anwendung, wenn durch die Ausübung des Rechtes dem Miether der vertragsmäßige Gebrauch entzogen wird. Hat die Ausübung des Rechtes nur eine Beschränkung des Miethers in dem vertragsmäßigen Gebrauche zur Folge, so ist der Dritte dem Miether gegenüber verpflichtet, die Ausübung zu unterlassen, soweit sie den vertragsmäßigen Gebrauch be­ einträchtigen würde. § 578. Hat vor der Ueberlassung des vermietheten Grund­ stücks an den Miether der Vermiether das Grundstück an einen Dritten veräußert oder mit einem Rechte belastet, durch dessen Ausübung der vertragsmäßige Gebrauch dem Miether entzogen oder beschränkt wird, so gilt das Gleiche wie in den Fällen des §. 571 Abs. 1 und des §. 577, wenn der Erwerber dem Ver­ miether gegenüber die Erfüllung der sich aus dem Miethverhältniß ergebenden Verpflichtungen übernommen hat.

§ 579.

Wird das vermiethete Grundstück von dem Erwerber

156

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

weiter veräußert oder belastet, so finden die Vorschriften des §. 571 Abs. 1 und der §§. 572 bis 578 entsprechende Anwendung. Erfüllt der neue Erwerber die sich aus dem Miethverhältniß er­ gebenden Verpflichtungen nicht, so haftet der Vermiether dem Miether nach §. 571 Abs. 2.

15. Miethe von Mohnrüumen. § 580. Die Vorschriften über die Miethe von Grundstücken gelten auch für die Miethe von Wohnräumen und anderen Räumen. Vergl. Einf.-Ges. Art. 93.

II. Pacht.

Kegriff der Pacht; Gleichstellung mit der Miethe.

§ 581. Durch den Pachtvertrag wird der Verpächter ver­ pflichtet, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstandes und den Genuß der Früchte, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft als Ertrag anzusehen sind, wäh­ rend der Pachtzeit zu gewähren. Der Pächter ist verpflichtet, dem Verpächter den vereinbarten Pachtzins zu entrichten. Auf die Pacht finden, soweit sich nicht aus den §§. 582 bis 597 ein Anderes ergiebt, die Vorschriften über die Miethe ent­ sprechende Anwendung. Die Pacht unterscheidet sich von der Miethe einerseits dadurch, daß bei ihr nicht nur der Gebrauch des verpachteten Gegenstandes, sondern auch der Genuß der Früchte zu gewähren ist, andererseits dadurch, daß ein Pachtvertrag nicht nur über körperliche Sachen, sondern auch über andere Gegenstände, insbesondere Rechte, geschloffen werden kann. Vergl. wegen der Pfändung des Pachtrechts die beabsichtigte Er­ gänzung der C.P.O. (§. 749 a Abs. 2), wegen der Kündigung der Pacht und des Absonderungsrechts im Falle des Konkurses die vorgeschlagenen Aenderungen der K.O. §§. 17, 41 (Denkschrift).

Hrsonderhelten der Pacht. 1. Pacht eines landwirthschastlichen Grundstücks. § 582. Der Pächter eines landwirthschastlichen Grundstücks hat die gewöhnlichen Ausbesserungen, insbesondere die der Wohnund Wirthschaftsgebäude, der Wege, Gräben und Einfriedigungen, auf seine Kosten zu bewirken. Im Uebrigen §. 636.

Pacht.

§§. 580—587.

157

§ 583. Der Pächter eines landwirthschaftlichen Grundstücks darf nicht ohne die Erlaubniß des Verpächters Aenderungen in der wirthschaftlichen Bestimmung des Grundstücks vornehmen, die auf die Art der Bewirthschaftung über die Pachtzeit hinaus von Einfluß sind. Die Vorschrift ist ein Ausfluß des allgemeinen Prinzips, daß der Pächter sein Recht in der aus dem Wesen des Vertrages nach Treu und Glauben sich ergebenden Art und Weise auszuüben hat. Aus dem Prinzip ergiebt sich auch die Pflicht des Pächters zu wirthschaftlicher Benutzung und Erhaltung des gepachteten Gegenstandes. Vergl. §. 591.

§ 584. Ist bei der Pacht eines landwirthschaftlichen Grund­ stücks der Pachtzins nach Jahren bemessen, so ist er nach dem Ablaufe je eines Pachtjahrs am ersten Werktage des folgenden Jahres zu entrichten. Vergl. §. 270. Der Pächter hat keinen Anspruch auf Nachlaß des Pachtzinses wegen außerordentlicher Unglücksfälle.

§ 585. Das Pfandrecht') des Verpächters eines landwirth­ schaftlichen Grundstücks kann für den gesammten Pachtzins geltend gemacht werden und unterliegt nicht der im §. 563 be­ stimmten Beschränkung. Es erstreckt sich auf die Früchte des Grundstücks sowie auf die nach §. 715 Nr. 5 der Civilprozeßordnung der Pfändung nicht unterworfenen Sachen. ') K.O. §. 41 (neue Fassung in der Denkschrift).

2. pacht eines Grundstücks sammt Inventar. § 586. Wird ein Grundstück sammt Inventar verpachtet, so liegt dem Pächter die Erhaltung der einzelnen Jnventarstücke ob. Der Verpächter ist verpflichtet, Jnventarstücke, die in Folge eines von dem Pächter nicht zu vertretenden Umstandes in Ab­ gang kommen, zu ergänzen. Der Pächter hat jedoch den ge­ wöhnlichen Abgang der zu dem Inventar gehörenden Thiere aus den Jungen insoweit zu ersetzen, als dies einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entspricht. Vergl. §. 98 Nr. 2.

§ 587. Uebernimmt der Pächter eines Grundstücks das In­ ventar zum Schätzungswerthe mit der Verpflichtung, es bei der Beendigung der Pacht zum Schätzungswerthe zurückzugewähren, so gelten die Vorschriften der §§. 588, 589.

158

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

§ 588. Der Pächter trägt die Gefahr des zufälligen Unter­ ganges und einer zufälligen Verschlechterung des Inventars. Er kann über die einzelnen Stücke innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft verfügen. Der Pächter hat das Inventar nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft in dem Zustande zu erhalten, in welchem es ihm übergeben wird. Die von ihm angeschafften Stücke werden mit der Einverleibung in das Inventar Eigen­ thum des Verpächters. Vergl. §. 1048 Abs. 2,

§. 1120 in Verbindung mit §. 98 Nr. 2.

§ 589. Der Pächter hat das bei der Beendigung der Pacht vorhandene Inventar dem Verpächter zurückzugewähren. Der Verpächter kann die Uebernahme derjenigen von dem Pächter angeschafften Jnventarstücke ablehnen, welche nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft für das Grundstück überflüssig oder zu werthvoll sind; mit der Ablehnung geht das Eigenthum an den abgelehnten Stücken auf den Pächter über. Ist der Gesammtschätzungswerth der übernommenen Stücke höher oder niedriger als der Gesammtschätzungswerth der zurück­ zugewährenden Stücke, so hat im ersteren Falle der Pächter dem Verpächter, im letzteren Falle der Verpächter dem Pächter den Mehrbetrag zu ersetzen. Für den Schätzungswerth ist einerseits der Zeitpunkt der Uebernahme, andererseits der Zeitpunkt der Ruckgewähr maßgebend. Darauf, daß etwa die Werthe sich in der Zwischenzeit geändert haben, kommt es nicht an.

Pfandrecht des Pachters an dem Inventar.

§ 590. Dem Pächter eines Grundstücks steht für die Forder­ ungen gegen den Verpächter, die sich auf das mitgepachtete Inventar beziehen, ein Pfandrechts an den in seinen Besitz ge­ langten Jnventarstücken zu. Auf das Pfandrecht findet die Vor­ schrift des §. 562 Anwendung. *) §. 1257. schrift).

Vergl. die K.O. §. 41

(neue Fassung

in der Denk­

3. Mckgeroähr rines tandwirthschastlichen Grundstücks. § 591. Der Pächter eines landwirthschaftlichen Grundstücks ist verpflichtet, das Grundstück nach der Beendigung der Pacht in dem Zustande zurückzugewähren, der sich bei einer während der Pachtzeit bis zur Rückgewähr fortgesetzten ordnungsmäßigen

Pacht.

Bewirthschaftung ergiebt. Bestellung.

§§. 588-595.

159

Dies gilt insbesondere auch für die

Eine Vermehrung oder Minderung des Werthes des Grundstücks, die bei ordnungsmäßiger Bewirthschaftung eingetreten ist, wird nicht berück­ sichtigt; der Pachter kann einerseits keine Vergütung beanspruchen und hat andererseits keinen Ersatz zu leisten. Vergl. §. 1055 Abs. 2, §. 1421 Satz 2, §. 1663 Abs. 2, §. 2130 Abs. 1 Satz 2.

§ 592. Endigt die Pacht eines landwirthschaftlichen Grundstücks itn Laufe eines Pachtjahrs, so hat der Verpächter die Kosten, die der Pächter auf die noch nicht getrennten, jedoch nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft vor dem Ende des Pachtjahrs zu trennenden Früchte verwendet hat, inso­ weit zu ersetzen, als sie einer ordnungsmäßigen Wirthschaft ent­ sprechen und den Werth dieser Früchte nicht übersteigen. § 593. Der Pächter eines Landguts hat von den bei der Beendigung der Pacht vorhandenen landwirthschaftlichen Erzeug­ nissen ohne Rücksicht darauf, ob er bei dem Antritte der Pacht solche Erzeugnisse übernommen hat, so viel zurückzulassen, als zur Fortführung der Wirthschaft bis zu der Zeit erforderlich ist, zu welcher gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich ge­ wonnen werden. Soweit der Pächter landwirthschaftlicheErzeugnisse in größerer Menge oder besserer Beschaffenheit zurückzulassen verpflichtet iftr als er bei dem Antritte der Pacht übernommen hat, kann er von dem Verpächter Ersatz des Werthes verlangen. Den vorhandenen auf dem Gute gewonnenen Dünger hat der Pächter zurückzulassen, ohne daß er Ersatz des Werthes ver­ langen kann.

§ 594. Uebernimmt der Pächter eines Landguts das Gut auf Grund einer Schätzung des wirtschaftlichen Zustandes mit der Bestimmung, daß nach der Beendigung der Pacht die Rückgewähr gleichfalls auf Grund einer solchen Schätzung zu er­ folgen hat, so finden auf die Rückgewähr des Gutes die Vor­ schriften des §. 589 Abs. 2, 3 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn der Pächter Vorräthe auf Grund einer Schätzung mit einer solchen Bestimmung übernimmt, für die Rückgewähr der Vorräthe, die er zurückzulassen verpflichtet ist.

§ 595.

4. Kündigung. Ist bei der Pacht eines Grundstücks oder eines

160

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Rechtes die Pachtzeit nicht bestimmt, so ist die Kündigung nur für den Schluß eines Pachtjahrs zulässig; sie hat spätestens am ersten Werktage des halben Jahres zu erfolgen, mit dessen Ab­ laufe die Pacht endigen soll. Diese Vorschriften gelten bei der Pacht eines Grundstücks oder eines Rechtes auch für die Fälle, in denen das Pachtver­ hältniß unter Einhaltung der gesetzlichen Frist vorzeitig ge­ kündigt werden kann. Regelmäßig wird das Pachtjahr mit dem Wirthschaftsjahre zusammen­ fallen; soweit dies nicht der Fall ist, kommt es nur auf das Pachtjahr an.

§ 596. Dem Pächter steht das im §. 549 Abs. 1 bestimmte Kündigungsrecht nicht zu. Der Verpächter ist nicht berechtigt, das Pachtverhältniß nach §. 569 zu kündigen.') Eine Kündigung des Pachtverhältnisses nach §. 570 findet nicht statt. 1) Die kündigen.

Erven

des

Pächters

können

nach

Maßgabe

des

§.

569

L. Ansprüche -es Urrpüchters wegen UorrnthaUung. § 597. Giebt der Pächter den gepachteten Gegenstand nach der Beendigung der Pacht nicht zurück, so kann der Verpächter für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung den ver­ einbarten Pachtzins nach dem Verhältnisse verlangen, in welchem die Nutzungen, die der Pächter während dieser Zeit gezogen hat oder hätte ziehen können, zu den Nutzungen des ganzen Pacht­ jahrs stehen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen. Vergl. §. 100.

vierter Titel. Leihe. Argriff; Inhalt -es Uertrages.

§ 598. Durch den Leihvertrag wird der Verleiher einer Sache verpflichtet, dem Entleiher den Gebrauch der Sache unentgeltlich zu gestatten. Gegenstand des Leihvertrages im Sinne des Gesetzes können nur Sachen, nicht andere Gegenstände, insbesondere nicht Rechte, sein. Der Unterschied zwischen Leihe und Miethe liegt in der Unentgeltlichkeit der Leihe.

Leihe.

161

§§. 596—604.

Die Frage, ob die Leihe ein Konsensualvertrag oder ein Realvertrag ist, hat nicht entschieden werden sollen.

Haftung des Verleihers.

§ 599. Der Verleiher hat nur Vorsatz und grobe Fahr­ lässigkeit zu vertreten. Vergl. §. 521.

§ 600. Verschweigt der Verleiher arglistig einen Mangel im Rechte oder einen Fehler der verliehenen Sache, so ist er ver­ pflichtet, dem Entleiher den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Vergl. §. 523 Abs. 1, § 524 Abs. 1.

Grhaltungskostrn etc.

§ 601. Der Entleiher hat die gewöhnlichen Kosten der Er­ haltung der geliehenen Sache, bei der Leihe eines Thieres ins­ besondere die Fütterungskosten, zu tragen. Die Verpflichtung des Verleihers zum Ersatz anderer Ver­ wendungen bestimmt sich nach den Vorschriften über die Ge­ schäftsführung ohne Auftrag?) Der Entleiher ist berechtigt, eine Einrichtung, mit der er die Sache versehen hat, wegzunehmen?) 1) §§. 677 ff.

2) §. 258.

Verschlechterungen etc. § 602. Veränderungen oder Verschlechterungen der geliehenen Sache, die durch den vertragsmäßigen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Entleiher nicht zu vertreten. Vergl. §. 548.

Vertragsmäßiger Gebrauch -er Sache. § 603. Der Entleiher darf von der geliehenen Sache keinen anderen als den vertragsmäßigen Gebrauch machen. Er ist ohne die Erlaubniß des Verleihers nicht berechtigt, den Ge­ brauch der Sache einem Dritten zu überlassen.

Pflicht zur Rückgabe; Zeitpunkt. § 604. Der Entleiher ist verpflichtet, die geliehene Sache nach dem Ablaufe der für die Leihe bestimmten Zeit zurück­ zugeben. Ist eine Zeit nicht bestimmt, so ist die Sache zurückzugeben, nachdem der Entleiher den sich aus dem Zwecke der Leihe er» Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch.

11

162

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

gebenden Gebrauch gemacht hat. Der Verleiher kann die Sache schon vorher zurückfordern, wenn so viel Zeit verstrichen ist, daß der Entleiher den Gebrauch hätte machen können. Ist die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus dem Zwecke zu entnehmen, so kann der Verleiher die Sache jederzeit zurückfordern. Ueberläßt der Entleiher den Gebrauch der Sache einem Dritten, so kann der Verleiher sie nach der Beendigung der Leihe auch von dem Dritten zurückfordern. Der Entleiher hat wegen etwaiger ihm auf Grund des Vertrags­ verhältnisses zustehender Gegenforderungen nach Maßgabe des §. 273 ein Zurückbehaltungsrecht.

Kündigung.

§ 605. Der Verleiher kann die Leihe kündigen: 1. wenn er in Folge eines nicht vorhergesehenen Um­ standes der verliehenen Sache bedarf; 2. wenn der Entleiher einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, insbesondere unbefugt den Ge­ brauch einem Dritten überläßt, oder die Sache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheb­ lich gefährdet; 3. wenn der Entleiher stirbt. Der Tod des Verleihers ist ohne Einfluß auf das Fortbestehen des Vertrages.

Verjährung von Ersatzansprüchen.

§ 606. Die Ersatzansprüche des Verleihers wegen Ver­ änderungen oder Verschlechterungen der verliehenen Sache sowie die Ansprüche des Entleihers auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten. Die Vorschriften des §. 558 Abs. 2, 3 finden ent­ sprechende Anwendung.

Fünfter Titel. Darlehen. 1. Das Reichsgesetz, betr. das Reichsschuldbuch, v. 31. Mai 1891 wird durch die Bestimmungen dieses Titels nicht berührt (Einf.-Ges. Art. 32, 50). Ebenso sind die landesgesetzlichen Vorschriften über Staatsschuld­ bücher prinzipiell aufrecht erhalten (Art. 97, 98).

Darlehen.

§§. 606-610.

2. Wegen des Sparkaffenwesens Pfandleihverträge ebenda Art. 94.

Einf.-Ges.

163 Art. 99, wegen

der

Begriff.

§ 607. Wer Geld oder andere vertretbare Sachen als Darlehen empfangen hat, ist verpflichtet, dem Darleiher das Empfangene in Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten. Wer Geld oder andere vertretbare Sachen aus einem anderen Grunde schuldet, kann mit dem Gläubiger vereinbaren, daß das Geld oder die Sachen als Darlehen geschuldet werden sollen. Die Frage, ob der Darlehnsvertrag ein Konsensualvertrag oder ein Realvertrag ist, hat nicht entschieden werden sollen. Die Fassung des §. 607 ergiebt aber, daß beim Darlehn die Erstattungspflicht den vorherigen Empfang des Darlehns voraussetzt. Ueber die Behandlung eines Der, Wahrungsvertrags als Darlehnsvertrag siehe §. 700.

Zinsen.

§ 608. Sind für ein Darlehen Zinsen bedungen, so sind sie, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, nach dem Ablaufe je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuerstatten ist, bei der Rückerstattung zu entrichten. Zinsfuß §. 246.

Rückerstattung Kündigung.

§ 609. Ist für die Rückerstattung eines Darlehens eme Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, daß der Gläubiger oder der Schuldner kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt bei Darlehen von mehr als dreihundert Mark drei Monate, bei Darlehen von geringerem Betrag einen Monat. Sind Zinsen nicht bedungen, so ist der Schuldner auch ohne Kündigung zur Rückerstattung berechtigt. Wegen der Klage auf künftige Rückerstattung siehe den für die C.P.O. vorgeschlagenen §. 231a (Denkschrift).

Darlehnsvrrsprechen. § 610. Wer die Hmgabe eines Darlehens verspricht, kann im Zweifel das Versprechen widerrufen, wenn in den Ver­ mögensverhältnissen des anderen Theiles eine wesentliche Ver­ schlechterung eintritt, durch die der Anspruch auf die Rück­ erstattung gefährdet wird.

164

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhälknisse.

Diese Auslegungsregel gilt nicht, wenn die schlechte Vermögenslage schon zur Zeit des Vertragsabschlusses bestanden hat. Vergl. §. 321.

Sechster Titel. Dienstvertrag. 1. Verschiedene unter den Begriff des Dienst- bezw. Werkvertrags fallende Verhältnisse sind bereits durch die Reichsgesetzgebung mehr oder weniger ausführlich geregelt. Dahin gehören namentlich: das Dienstverhältniß der Handlungsgehülfen (H.G.B. Art. 57 —65), des Schiffers (ebenda Art. 478—527 und Ges., betr. die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt, v. 1. Juni 1895, R.G.Bl. S. 301, §. 7 ff.), der Schiffsmannschaft (Seemannsordn. v. 27. Dezember 1872, Binnen­ schifffahrtsgesetz §. 21 ff.), des Floßführers und der Floßmannschaft (Ges., betr. die privatrechtlichen Verhältnisse der Flößerei, v. 15. Juni 1895, §. 1 ff.), der Anspruch auf Berge- und Hülfslohn bei der Bergung und Hülfeleistung in Seenoth, bei Bergung von Seeauswurf und strandtriftigen Gegenständen (H.G.B. Art. 742—756, Strandungsordn. v. 17. Mai 1874), das Dienstverhältnitz der gewerblichen Arbeiter — Gesellen, Ge­ hülfen, Lehrlinge, Fabrikarbeiter — (Gew.O. §§. 105—139 b, 154), das Frachtgeschäft zur gewerbemäßigen Beförderung von Gütern zu Lande oder auf Flüssen und Binnengewässern, sowie von Gütern und von Reisenden zur See (H.G.B. Art. 390—431, 557—679, Binnenschifffahrtsgesetz §. 26 ff., Flössereigesetz §. 2 ff.) und der Postbeförderungsvertrag (Postges. v. 28. Oktober 1871, R.G.B. S. 347). Auch in Beziehung auf das privatrechtliche Verhältniß der amtlich bestellten Handelsmäkler enthält die Reichsgesetzgebung einzelne hierher gehörende Bestimmungen (H.G.B. Art. 81—83). Diese besonderen Vorschriften bleiben unberührt, soweit nicht das Einf.Ges. Art. 39 Abänderungen bestimmt. 2. Die Rechtsverhältnisse der Beamten unterstehen dem öffentlichen Recht und werden somit durch die Bestimmungen des B.G.B. nicht be­ rührt. Soweit sich vermögensrechtliche Ansprüche und Verbindlichkeiten aus dem Amtsverhältnisse ergeben können, ist die Regelung der Landes­ gesetzgebung überlassen (Einf.-Ges. Art. 80, 81). 3. Das Gesinderecht ist der Landesgesetzgebung überwiesen. Ver­ schiedene Bestimmungen des B.G.B. sollen aber als absolute Vorschriften für das Gesinderecht gelten (Einf.-Ges. Art. 95). 4. Abgesehen von den unter 1—3 angegebenen Ausnahmen unter­ stehen alle Verträge, welche die Leistung von Diensten zum Gegenstände haben, den Vorschriften des 6. Titels, gleichviel welcher Art die ver­ sprochenen Dienste sind; insbesondere werden auch die sämmtlichen Ver­ träge über Dienste höherer Art, z. B. die der Aerzte, Lehrer, Rechtsanwälte 2C., mit betroffen. 6. Für die Uebergangszeit siehe Einf.-Ges. Art. 171.

Kegriff; Gegenstand. § 611. Durch den Dienstvertrag wird

derjenige, welcher

Dienstvertrag.

§§. 611—615.

165

Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Theil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein. Gegenstand des Dienstvertrages ist die Leistung von Arbeit, während beim Werkverträge entweder die Herstellung eines Werkes oder die Herbei­ führung eines Erfolges versprochen wird. Der Vertrag, welcher die Beschaffung von Diensten zum Gegenstände hat, fällt nicht unter die Vorschriften des 6. Titels; siehe §§. 652, 655.

Vergütung. § 612. Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Ver­ gütung zu erwarten ist. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Vergl. §§. 632, 653. Die Vergütung kann ganz oder theilweise in einem Bruchtheile des von dem Dienstberechtigten bei einem Geschäft zu erzielenden Gewinnes bestehen.

Persönlicher Charakter -er Dienste. § 613. Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten?) Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel nicht übertragbar. *) Er ist daher im Zweifel auch nicht verpflichtet, einen Vertreter zu beschaffen.

Entrichtung der Dergütung.

§ 614. Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablaufe der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten. Vergl. §. 551 Abs. 1.

Verzug -es Dirnstverrchtigtrn.

§ 615. Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die in Folge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muß sich jedoch den Werth desjenigen anrechnen lassen, was er in Folge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch

166

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu er­ werben böswillig unterläßt. Wegen des Anspruchs des zur Dienstleistung Verpflichteten auf Schadensersatz, wenn der Konkursverwalter das Dienstverhältniß nach Maßgabe der K.O. §. 19 kündigt, siehe die vorgeschlagene Ergänzung der K.O. (§. 19 Abs. 2) in der Denkschrift.

Usriivergehen-e Verhinderung des Dienstverpflichteten.

§ 616. Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des An­ spruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, daß er für eine verhältnißmäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienst­ leistung verhindert wird. Er muß sich jedoch den Betrag an­ rechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken­ oder Unfallversicherung zukommt. Neben Erkrankungen kommen namentlich militärische Dienstleistungen in Betracht.

Pflege im Falle einer Erkrankung.

§ 617. Ist bei einem dauernden Dienstverhältnisse, welches die Erwerbsthätigkeit des Verpflichteten vollständig oder haupt­ sächlich in Anspruch nimmt, der Verpflichtete in die häusliche Gemeinschaft ausgenommen, so hat der Dienstberechtigte ihm im Falle der Erkrankung die erforderliche Verpflegung und ärztliche Behandlung bis zur Dauer von sechs Wochen, jedoch nicht über die Beendigung des Dienstverhältnisses hinaus, zu gewähren, sofern nicht die Erkrankung von dem Verpflichteten vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt worden ist. Die Verpflegung und ärztliche Behandlung kann durch Aufnahme des Verpflichteten in eine Krankenanstalt gewährt werden. Die Kosten können auf die für die Zeit der Erkrankung geschuldete Vergütung angerechnet werden. Wird das Dienstverhältniß wegen der Erkrankung von dem Dienstberechtigten nach §. 626 gekündigt, so bleibt die dadurch herbeigeführte Beendigung des Dienstverhältnisses außer Betracht. Die Verpflichtung des Dienstberechtigten tritt nicht ein, wenn für die Verpflegung und ärztliche Behandlung durch eine Ver­ sicherung 0 oder durch eine Einrichtung der öffentlichen Kranken­ pflege Vorsorge getroffen ist. Die §§. 617—619 finden auch im Gesinderecht Anwendung, der §. 617

Dienstvertrag.

§§. 616—620.

167

jedoch nur insoweit, als die Landesgesetze dem Gesinde nicht weitergehende Ansprüche gewähren (Einf.-Ges. Art. 95 Abs. 2). 1) Ob die Versicherung eine gesetzliche oder eine private ist und wer die Versicherungsprämien bezahlt, ist gleichgültig.

Schutzrnaßregrln.

§ 618. Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Geräthschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu be­ schaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienst­ leistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vor­ zunehmen sind, so zu regeln, daß der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet. Ist der Verpflichtete in die häusliche Gemeinschaft aus­ genommen, so hat der Dienstberechtigte in Ansehung des Wohnund Schlafraums, der Verpflegung sowie der Arbeits- und Erholungszeit Mejemgen Einrichtungen und Anordnungen zu treffen, welche mit Rücksicht auf die Gesundheit, die Sittlichkeit und die Religion des Verpflichteten erforderlich finb.1) Erfüllt der Dienstberechtigte die ihm in Ansehung des Lebens und der Gesundheit des Verpflichteten obliegenden Verpflichtungen nicht, so finden auf seine Verpflichtung zum Schadensersätze die für unerlaubte Handlungen geltenden Vorschriften der §§. 842 bis 846 entsprechende Anwendung?) ') Vergl. einerseits §. 253, andererseits §§. 626, 628, 679. 2) Inwieweit der Dienstberechtigte auch dann ersatzpflichtig bleibt, wenn dem Beschädigten in Folge eines Unfalls aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Renten- oder Unfallversicherung etwas zttkommt, dafür sind zunächst die bezüglichen Gesetze (vergl. Ges., Bett, die Krankendersicherung der Arbeiter v. 15. Juni 1883 §. 57, Unsallversicherungsgesetz v. 6. Juli 1884 §. 95 ff.) maßgebend.

§ 619. Die dem Dienstberechtigten nach den §§. 617, 618 obliegenden Verpflichtungen können nicht im voraus *) durch Ver­ trag aufgehoben oder beschränkt werden. *) wohl aber für die Vergangenheit. D. h. wenn eine der Ver­ pflichtungen verletzt ist, so kann der hieraus für den Dienstverpflichteten entstandene Anspruch durch Vertrag aufgehoben oder ermäßigt werden.

Endigung des Dienstverhältnisses; Kündigung.

§ 620. Das Dienstverhältniß endigt mit dem Ablaufe der Zeit, für die es eingegangen ist. Ist die Dauer des Dienstverhältnisses weder bestimmt noch

168

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

aus der Beschaffenheit oder dem Zwecke der Dienste zu entnehmen, so kann jeder Theil das Dienstverhältniß nach Maßgabe der §§. 621 bis 623 kündigen. Ob durch den Tod oder die dauernde Arbeitsunfähigkeit des Ver­ pflichteten das Dienstverhältniß aufgehoben oder nur ein Kündigungsrecht begründet wird, ist für den gegebenen Fall nach den §§. 275, 613^ 626 zu entscheiden. Der Tod des Dienstberechtigten führt zur Aufhebung des Dienst­ verhältnisses, wenn die Leistung der Dienste an die Person des Berech­ tigten geknüpft war. Vergl. §. 626. Wegen der Kündigung siehe §§. 130—132.

Kündigungsfristen. § 621. Ist die Vergütung nach Tagen bemessen, so ist die Kündigung an jedem Tage für den folgenden Tag zulässig. Ist die Vergütung nach Wochen bemessen, so ist die Kündigung nur für den Schluß einer Kalenderwoche zulässig; sie hat spätestens am ersten Werktage der Woche zu erfolgen. Ist die Vergütung nach Monaten bemessen, so ist die Kündi­ gung nur für den Schluß eines Kalendermonats zulässig; sie hat spätestens am fünfzehnten des Monats zu erfolgen. Ist die Vergütung nach Vierteljahren oder längeren Zeit­ abschnitten bemessen, so ist die Kündigung nur für den Schluß eines Kalendervierteljahrs und nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen zulässig. Vergl. K.O. §. 19 Satz 2, Vorschlag einer neuen Fassung Denkschrift.

in der

§ 622. Das Dienstverhältniß der mit festen Bezügen zur Leistung von Diensten höherer Art Angestellten, deren Erwerbs­ thätigkeit durch das Dienstverhältniß vollständig oder haupt­ sächlich in Anspruch genommen wird, insbesondere der Lehrer/ Erzieher, Privatbeamten, Gesellschafterinnen, kann nur für den Schluß eines Kalendervierteljahrs und nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen gekündigt werden, auch wenn die Vergütung nach kürzeren Zeitabschnitten als Viertel­ jahren bemessen ist. Annr. zu §. 621.

Vergl. auch §. 629.

§ 623. Ist die Vergütung nicht nach Zeitabschnitten bemessen, so kann das Dienstverhältniß jederzeit gekündigt werden; bei einem die Erwerbsthätigkeit des Verpflichteten vollständig oder

Dienstvertrag.

§§. 621—627.

169

hauptsächlich in Anspruch nehmenden Dienstverhältniß ist jedoch eine Kündigungsfrist von zwei Wochen einzuhalten.

Siehe die Sinnt, zu §. 622. § 624. Ist das Dienstverhältniß für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Verpflichteten nach dem Ablaufe von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

Siehe die Sinnt, zu §. 622. Die Kündigung ist nicht zulässig, wenn der Verpflichtete die Dienste durch einen Anderen leisten lassen darf. Die Vorschriften des §. 624 gelten auch für das Gesinderecht (Einf.Ges. Art. 95 Abs. 2). Stillschweigende Verlängerung.

§ 625. Wird das Dienstverhältniß nach dem Ablaufe dev Dienstzeit von dem Verpflichteten mit Wissen des anderen Theiles fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern nicht der andere Theil unverzüglich widerspricht. Es kommt nicht darauf an, ob das Dienstverhältniß durch Ablauf der vereinbarten Zeit oder durch Kündigung beendigt ist.

Sofortige Kündigung..

§ 626. Das Dienstverhältniß kann von jedem Theile ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Vergl. §. 671 Abs. 3, §. 696 Satz 2, §. 712, §. 723 Abs. 1, §. 749§. 2, Abs. 1889, §. 2227 Abs. 1.

§ 627. Hat der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnisse mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten, die auf Grund besonderen Vei> trauens übertragen zu werden pflegen, so ist die Kündigung auch ohne die im §. 626 bezeichnete Voraussetzung zulässig. Der Verpflichtete darf nur in der Art kündigen, daß sich der Dienstberechtigte die Dienste anderweit beschaffen kann, es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt er ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er dem Dienstberechtigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Zu Abs. 2 vergl. §. 671 Abs. 2, §. 723 Abs. 2, §. 2226 Satz 3.

170

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

§ 628. Wird nach dem Beginne der Dienstleistung das Dienstverhältniß auf Grund des §. 626 oder des §. 627 ge­ kündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Theil der Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Theiles dazu veranlaßt zu sein, oder veranlaßt er durch sein vertrags­ widriges Verhalten die Kündigung des anderen Theiles, so steht ihm ein Anspruch aus die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen in Folge der Kündigung für den anderen Theil kein Interesse haben. Ist die Vergütung für eine spätere Zeit im voraus entrichtet, so hat der Verpflichtete sie nach Maß­ gabe des §. 347 oder, wenn die Kündigung wegen eines Um­ standes erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vor­ schriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung Hurückzuerstatten. ~ Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Theiles veranlaßt, so ist dieser zum Ersätze des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet. Vergl. die für die K.O. als §. 19 Abs. 2 vorgeschlagene Bestimmung in der Denkschrift.

Zeit zum Aufsuchen eines anderen Dienstes. § 629. Nach der Kündigung eines dauernden Dienst­ verhältnisses hat der Dienstberechtigte dem Verpflichteten auf Verlangen angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen Dienst­ verhältnisses zu gewähren. Zeugniß. § 630. Bei der Beendigung eines dauernden Dienstverhält­ nisses kann der Verpflichtete von dem anderen Theile ein schrift­ liches Zeugniß über das Dienstverhältniß und dessen Dauer fordern. Das Zeugniß ist auf Verlangen auf die Leistungen und die Führung im Dienste zu erstrecken. Die Kosten einer öffentlichen Beglaubigung des Zeugnisses hat der Dienstverpflichtete zu tragen, wenn die Beglaubigung auf sein Verlangen bewirkt wird.

Siebenter Titel.

Werkvertrag. Wegen verschiedener reichsrechtlicher Bestimmungen, welche Werkver­ träge betreffen, siehe die Vorbemerkung zum vorigen Titel unter 1.

Werkvertrag.

§§. 628—633.

171

Kegriff; Gegenstand. § 631. Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein. Gegenstand des Werkvertrages ist das Werk als Erzeugniß von Arbeit oder Dienstleistungen. Dadurch unterscheidet sich der Werkvertrag einerseits von dem Kaufverträge, bei dem es nicht auf die Arbeit ankommt, anderer­ seits von dem Dienstverträge, bei dem die Arbeit schlechthin, ohne Rücksicht auf den Erfolg, maßgebend ist. Von dem Auftrage unterscheidet sich der Werkvertrag dadurch, daß dem Unternehmer regelmäßig eine Vergütung gewährt wird. Den Vor-schriften des Werkvertrages unterliegen nach Abs. 2 na­ mentlich auch Verträge über die Beförderung von Personen oder Sachen und Verträge über die Herstellung wissenschaftlicher oder künstlerischer Ar­ beiten.

Vergütung.

§ 632. Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßrge Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Die Vergütung braucht nicht in Geld zu bestehen.

Haftung für Mangel.

§ 633. Der Unternehmer ist verpflichtet, das Werk so herzu­ stellen, daß es die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Werth oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Ge­ brauch aufheben oder mindern. Ist das Werk nicht von dieser Beschaffenheit, so kann der Besteller die Beseitigung des Mangels verlangen. Der Unter­ nehmer ist berechtigt, die Beseitigung zu verweigern, wenn sie einen unverhältnißmäßigen Aufwand erfordert. Ist der Unternehmer mit der Beseitigung des Mangels im Verzüge, so kann der Besteller den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Der Unternehmer haftet nach §. 278 für die Gehülfen, deren er sich bei der Herstellung des Werkes bedient.

172

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Der Besteller hat neben dem Anspruch auf Abstellung des Mangels die Einrede des nicht erfüllten Vertrages nach §. 320 ff. Das Recht auf Einleitung eines Verfahrens zur Sicherung des Beweises, wenn Gewähr­ leistung wegen Mängel des Werkes beansprucht wird, soll erweitert werden; siehe den für die C.P.O. vorgeschlagenen §. 449 a (Denkschrift). Wegen des Ersatzes der Aufwendungen vergl. §§. 256, 257.

Recht auf Beseitigung des Mangels. § 634. Zur Beseitigung eines Mangels der im §. 633 be­ zeichneten Art kann der Besteller dem Unternehmer- eine ange­ messene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Beseiti­ gung des Mangels nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Zeigt sich schon vor der Ablieferung des Werkes ein Mangel, so kann der Besteller die Frist sofort bestimmen; die Frist muß so be­ messen werden, daß sie nicht vor der für die Ablieferung be­ stimmten Frist abläuft. Nach dem Abläufe der Frist kann der Besteller Rückgängigmachung des Vertrags (Wandelung) oder Herabsetzung der Vergütung (Minderung) verlangen, wenn nicht der Mangel rechtzeitig beseitigt worden ist; der Anspruch auf Beseitigung des Mangels ist ausgeschlossen.

Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die Be­ seitigung des Mangels unmöglich ist oder von dem Unternehmer verweigert wird oder wenn die sofortige Geltendmachung des Anspruchs auf Wandelung oder auf Minderung durch ein be­ sonderes Interesse des Bestellers gerechtfertigt wird.

Die Wandelung ist ausgeschlossen, wenn der Mangel den Werth oder die Tauglichkeit des Werkes nur unerheblich mindert. Auf die Wandelung und die Minderung finden die für den Kauf geltenden Vorschriften der §§. 465 bis 467, 469 bis 475 entsprechende Anwendung. Wegen der Setzung der im §. 634 vorgesehenen Frist im Urtheil siehe den für die C.P.O. vorgeschlagenen §. 230b (Denkschrift).

Schadensersatz wegen Mangels. § 635. Beruht der Mangel des Werkes auf einem Umstande, den der Unternehmer zu vertreten hat, so kann der Besteller statt der Wandelung oder der Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Der Besteller hat die Wahl, ob er Wandelung oder Minderung oder ob er Schadensersatz verlangen will; er kann aber nicht beides neben einander verlangen.

Werkvertrag.

§§. 634—639.

173

Verspätete Herstellung. § 636. Wird das Werk ganz oder zum Theil nicht rechtzeitig hergestellt, so finden die für die Wandelung geltenden Vor­ schriften des §. 634 Abs. 1 bis 3 entsprechende Anwendung; an die Stelle des Anspruchs auf Wandelung tritt das Recht des Bestellers, nach §. 327 von dem Vertrage zurückzutreten. Die im Falle des Verzugs des Unternehmers dem Besteller zustehenden Rechte bleiben unberührt. Bestreitet der Unternehmer die Zulässigkeit des erklärten Rücktritts, weil er das Werk rechtzeitig hergestellt habe, so trifft ihn die Beweislast. Der Besteller hat neben den sich aus §. 636 ergebenden Rechten die Einrede des nicht erfüllten Vertrages nach Maßgabe der §§. 320 ff. Vergl. auch §. 361.

Vereinbarung über die Haftung.

§ 637. Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung des Unternehmers, einen Mangel des Werkes zu vertreten, erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Unternehmer den Mangel arglistig verschweigt. Die Betheiligten können im Uebrigen die Gewährleistung vertrags­ mäßig regeln.

Verjährung.

§ 638. Der Anspruch des Bestellers auf Beseitigung eines Mangels des Werkes sowie die wegen des Mangels dem Be­ steller zustehenden Ansprüche auf Wandelung, Minderung oder Schadensersatz verjähren, sofern nicht der Unternehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat, in sechs Monaten, bei Arbeiten an einem Grundstück in einem Jahre, bei Bauwerken in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit der Abnahme des Werkes. Die Verjährungsfrist kann durch Vertrag verlängert werden. Wegen des vergl. §. 356.

im

Falle

des

§.

636

begründeten

Rücktrittsrechts

§ 639. Auf die Verjährung der im §. 638 bezeichneten An­ sprüche des Bestellers finden die für die Verjährung der An­ sprüche des Käufers geltenden Vorschriften des §. 477 Abs. 2, 3 und der §§. 478, 479 entsprechende Anwendung. Unterzieht sich der Unternehmer im Einverständnisse mit dem Besteller der Prüfung des Vorhandenseins des Mangels

174

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

oder der Beseitigung des Mangels, so ist die Verjährung so lange gehemmt, bis der Unternehmer das Ergebniß der Prüfung dem Besteller mittheilt oder ihm gegenüber den Mangel für beseitigt erklärt oder die Fortsetzung der Beseitigung verweigert. Zu Abs. 2 vergl. §§. 205, 130—132. Abnahme.

§ 640. Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig her­ gestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk ab, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in den §§. 633, 634 be­ stimmten Ansprüche nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält. Der Besteller kann die Abnahme wegen jeden Mangels, auch eines unerheblichen, verweigern. Vergl. auch §. 363.

Vergütung; Zeit -er Entrichtung; Verzinsung.

§ 641. Die Vergütung ist bet der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Theilen abzunehmen und die Ver­ gütung für die einzelnen Theile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Theil bei dessen Abnahme zu entrichten. Eine in Geld festgesetzte Vergütung hat der Besteller von der Abnahme des Werkes an zu verzinsen, sofern nicht die Ver­ gütung gestundet ist. Ist die Vergütung nicht für die einzelnen Theile bestimmt, so ist sie erst bei Abnahme des letzten Theiles zu entrichten. Wegen des Zinsfußes §. 246.

Annahmeverzug. § 642. Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Be­ steller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der An­ nahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen. Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Ver­ gütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer in Folge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch ander­ weitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann. Wegen des Falles, daß die Herstellung des Werkes durch einen in -er Person des Bestellers liegenden Umstand unmöglich wird, §§. 323, 324.

Werkvertrag.

175

§§. 640—646.

§ 643. Der Unternehmer ist im Falle des §. 642 berechtigt, dem Besteller zur Nachholung der Handlung eine angemessene Frist mit der Erklärung zu bestimmen, daß er den Vertrag kündige, wenn die Handlung nicht bis zum Ablaufe der Frist vorgenommen werde. Der Vertrag gilt als aufgehoben, wenn nicht die Nachholung bis zum Ablaufe der Frist erfolgt. Der Besteller Vertrag kündigen.

kann

seinerseits

nach

Maßgabe

des

§♦ 649

den

Tragung -er Gefahr^

§ 644. Der Unternehmer trägt die Gefahr bis zur Abnahme des Werkes. Kommt der Besteller in Verzug der Annahme, so geht die Gefahr auf ihn über. Für den zufälligen Untergang und eine zufällige Verschlechterung des von dem Besteller gelieferten Stoffes ist der Unternehmer nicht verantwortlich. Versendet der Unternehmer das Werk auf Verlangen des Bestellers nach einem anderen Orte als dem Erfüllungsorte, so finden die für den Kauf geltenden Vorschriften des §. 447 ent­ sprechende Anwendung. Die Tragung der Gefahr hat die Bedeutung, daß der Unternehmer des Anspruchs auf die Gegenleistung verlustig geht, wenn vor der Abnahme das begonnene oder fertig gestellte Werk durch Zufall untergeht oder die Herstellung unmöglich wird.

Mangel -es vom Desteller gelieferten Stoffes rtr«.

§ 645. Ist das Werk vor der Abnahme in Folge eines Mangels des von dem Besteller gelieferten Stoffes oder in Folge einer von dem Besteller für die Ausführung ertheilten Anweisung untergegangen, verschlechtert oder unausführbar ge­ worden, ohne daß ein Umstand mitgewirkt hat, den der Unter­ nehmer zu vertreten hat, so kann der Unternehmer einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Theil der Vergütung und Ersatz der in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen. Das Gleiche gilt, wenn der Vertrag in Gemäßheit des §. 643 aufgehoben wird. Eine weitergehende Haftung des Bestellers wegen Ver­ schuldens bleibt unberührt. Geht das Werk nach der Abnahme unter, so kann der Unternehmer die volle Gegenleistung fordern.

Vollendung anstatt -er Abnahme.

§ 646.

Ist nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme

176

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

ausgeschlossen, so tritt in den Fällen der §§. 638, 641, 644, 645 an die Stelle der Abnahme die Vollendung des Werkes. Die Vorschrift kommt namentlich für die Fälle des §. 631 Abs. 2 in Betracht.

Pfandrecht des Unternehmers.

§ 647. Der Unternehmer hat für seine Forderungen aus dem Vertrag ein Pfandrechts an den von ihm hergestellten oder aus­ gebesserten beweglichen Sachen des Bestellers, wenn sie bei der Herstellung oder zum Zwecke der Ausbesserung in seinen Besitz gelangt sind. *) §. 1257.

KauhandmrrKer.

§ 648. Der Unternehmer eines Bauwerkes oder eines einzelnen Theiles eines Bauwerkes kann für seine Forderungen aus dem Vertrage die Einräumung einer Sicherungshypothek *) an dem Baugrundstücke des Bestellers verlangen. Ist das Werk noch nicht vollendet, so kann er die Einräumung der Sicherungs­ hypothek für einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Theil der Vergütung und für die in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen?) *) §§. 1184 ff. 2) Der Unternehmer kann auch eine Vormerkung eintragen laffen (§§. 883 ff.).

Kündigung. § 649. Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu ver­ langen; er muß sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er in Folge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen er­ spart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt. Der Unternehmer hat keinen Anspruch auf Schadensersatz.

Kostenanschlag.

§ 650. Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zu Grunde gelegt worden, ohne daß der Unternehmer die Gewähr für die Richtig­ keit des Anschlags übernommen hat, und ergiebt sich, daß das Werk nicht ohne eine wesentliche Ueberschreitung des Anschlags

Mäklervertrag.

177

§§. 647—653.

ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grunde kündigt, nur der im §. 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu. Ist eine solche Ueberschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen. Kesthaffung des Stoffes durch den Unternehmer.

§ 651. Verpflichtet sich der Unternehmer, das Werk aus einem von ihm zu beschaffenden Stoffe herzustellen, so hat er dem Besteller die hergestellte Sache zu übergeben und das Eigenthum an der Sache zu verschaffen. Auf einen solchen Vertrag finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung; ist eine nicht ver­ tretbare Sache herzustellen, so treten an die Stelle des §. 433, des §. 446 Abs. 1 Satz 1 und der §§. 447, 459, 460, 462 bis 464, 477 bis 479 die Vorschriften über den Werkvertrag mit Ausnahme der §§. 647, 648. Verpflichtet sich der Unternehmer nur zur Beschaffung von Zuthaten oder sonstigen Nebensachen, so finden ausschließlich die Vorschriften über den Werkvertrag Anwendung. Unter die Vorschriften des §. 651 fällt auch der sog. Spezifikationskauf.

Achter Titel.

Mäklervertrag. Begriff.

§ 652. Wer für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß eines Vertrags oder für die Vermittelung eines Vertrags einen Mäklerlohn verspricht, ist zur Entrichtung des Lohnes nur ver­ pflichtet, wenn der Vertrag in Folge des Nachweises oder in Folge der Vermittelung des Mäklers zu Stande kommt?) Wird der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so kann der Mäklerlohn erst verlangt werden, wenn die Be­ dingung eintritt. Aufwendungen sind dem Mäkler nur zu ersetzen, wenn es vereinbart ist?) Dies gilt auch dann, wenn ein Vertrag nicht zu Stande kommt. *) Die Vorschriften des H.G.B. über Handelsmäkler (Art. 66 bis 84) bleiben unberührt. 2) §§. 256, 257.

Maklerlohn. § 653. Ein Mäklerlohn gilt als stillschweigend vereinbart, Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch.

12

178

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

wenn die dem Mäkler übertragene Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe der taxmäßige Lohn, in Ermangelung einer Taxe der übliche Lohn als vereinbart anzusehen. Vergl. §§. 612, 632.

§ 654. Der Anspruch auf den Mäklerlohn und den Ersatz von Aufwendungen ist ausgeschlossen, wenn der Mäkler dem Inhalte des Vertrags zuwider auch für den anderen Theil thätig gewesen ist. Der Mäkler soll nicht doppelten Lohn erhalten.

Herabsetzung des Maklerlohns. § 655. Ist für den Nachweis der Gelegenheit zum Ab­ schluß eines Dienstvertrags oder für die Vermittelung eines solchen Vertrags ein unverhältnißmäßig hoher Mäklerlohn ver­ einbart worden, so kann er auf Antrag des Schuldners durch Urtheil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Nach der Entrichtung des Lohnes ist die Herabsetzung ausgeschlossen. Vergl. § 343.

Hrirathsvermittelung. § 656. Durch das Versprechen eines Lohnes für den Nach­ weis der Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe oder für die Vermittelung des Zustandekommens einer Ehe wird eine Ver­ bindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Versprechens Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werdens, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der andere Theil zum Zwecke der Erfüllung des Versprechens dem Mäkler gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntniß. ’) Vergl. §. 222 Abs. 2, §. 762 Abs. 1 Satz 2, §. 814.

Neunter Titel.

Auslobung. Kegriff.

§ 657. Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbei-

Auslobung.

179

§§. 654—660.

führung eines Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat. Die Auslobung stellt sich dar als ein einseitiges, ohne Annahme verbindliches Versprechen. Die Herbeiführung des Erfolges hat lediglich die Bedeutung, daß die dem Versprechen beigefügte Bedingung erfüllt wird. Wegen marktschreierischer, verbotener und unsittlicher Auslobungen siehe §§. 118, 134, 138.

Widerruf.

§ 658. Die Auslobung kann bis zur Vornahme der Hand­ lung widerrufen werden. Der Widerruf ist nur wirksam, wenn er in derselben Weise wie die Auslobung bekannt gemacht wird oder wenn er durch besondere Mittheilung erfolgt. Auf die Widerruflichkeit kann in der Auslobung verzichtet werden; ein Verzicht liegt im Zweifel in der Bestimmung einer Frist für die Vornahme der Handlung. Wenn die Auslobung in rechtsgültiger Weise widerrufen wird, können diejenigen, welche bereits Zeit und Arbeit für die Herbeiführung des Erfolges aufgewendet oder Ausgaben gemacht haben, keinen Schadens­ ersatz verlangen. Der Tod des Auslobenden oder der Eintritt der Geschäftsunfähigkeit steht dem Widerrufe nicht gleich. Vergl. §. 130 Abs. 2. Es kann aber möglicherweise die Herbeiführung des geforderten Erfolges dadurch un­ möglich werden. Wegen der besonderen Mittheilung siehe §§. 130—132.

Mehrere Usübringer neben einander. § 659. Ist die Handlung, für welche die Belohnung aus­ gesetzt ist, mehrmals vorgenommen worden, so gebührt die Be­ lohnung demjenigen, welcher die Handlung zuerst vorge­ nommen hat. Ist die Handlung von Mehreren gleichzeitig vorgenommen worden, so gebührt jedem ein gleicher Theil der Belohnung. Läßt sich die Belohnung wegen ihrer Beschaffenheit nicht theilen oder soll nach dem Inhalte der Auslobung nur Einer die Be­ lohnung erhalten, so entscheidet das Loos.

Zusammenwirken Mehrerer. § 660. Haben Mehrere zu dem Erfolge mitgewirkt, für den die Belohnung ausgesetzt ist, so hat der Auslobende die Be12*

180

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

lohnung unter Berücksichtigung des Antheils eines jeden an dem Erfolge nach billigem Ermessen unter sie zu vertheilen. Die Vertheilung ist nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist; sie erfolgt in einem solchen Falle durch Urtheile) Wird die Vertheilung des Auslobenden von einem der Betheiligten nicht als verbindlich anerkannt, so ist der Aus­ lobende berechtigt, die Erfüllung zu verweigern, bis die Be­ theiligten den Streit über ihre Berechtigung unter sich aus­ haben; jeder von ihnen kann verlangen, daß die Be­ lohnung für alle hinterlegt2) wird. Die Vorschrift des §. 659 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung. *) Der Auslobende hat eine ähnliche Stellung wie bei einem Ver­ trage der Dritte, dem die Parteien die Bestimmung der Leistung nach billigem Ermessen überlasten haben. Vergl. §. 317 ff. a) §§• 372 ff.

Preisausschreiben.

§ 661. Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung zum Gegenstände hat, ist nur gültig, wenn in der Bekanntmachung eine Frist für die Bewerbung bestimmt wird?) Die Entscheidung darüber, ob eine innerhalb der Frist er­ folgte Bewerbung der Auslobung entspricht oder welche von mehreren Bewerbungen den Vorzug verdient, ist durch die in der Auslobung bezeichnete Person, in Ermangelung einer solchen durch den Auslobenden zu treffen. Die Entscheidung ist für die Betheiligten verbindlich?) Bei Bewerbungen von gleicher Würdigkeit finden auf die Zuertheilung des Preises die Vorschriften des §. 659 Abs. 2 Anwendung. Die Üebertragung des Eigenthums an dem Werke kann der Auslobende nur verlangen, wenn er in der Auslobung be­ stimmt hat, daß die Üebertragung erfolgen soll. *) Die Preisausschreibung ist im Zweifel unwiderruflich (§. 658 Abs. 2). 2) und unanfechtbar.

Zehnter Titel.

Auftrag. Die Vorschriften des öffentlichen Rechts über die Pflicht der Beamten, Amtshandlungen vorzunehmen, werden durch die Bestimmungen dieses Titels nicht berührt.

Auftrag.

661-665.

181

Die Vollmacht (§. 164 ff.) ist als einseitiges Rechtsgeschäft von dem Auftrage vollständig geschieden; der Auftrag steht nur insofern mit der Vollmacht in Zusammenhang, als er den Anlaß für die Ausstellung einer Vollmacht bilden kann. Wegen des Kreditauftrages §. 778, wegen der Anweisung §. 783 ff. Die für den Auftrag gegebenen Vorschriften finden theilweise bei anderen ähnlichen Rechtsverhältniffen entsprechende Anwendung, so nach §. 27 Abs. 3, §. 48 Abs. 2, §§. 713, 2218.

Begriff.

§ 662. Durch die Annahme eines Auftrag s verpflichtet sich der Beauftragte, ein ihm von dem Auftraggeber übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen. Die Unentgeltlichkeit unterscheidet den Auftra g vom Dienstverträge, Werkverträge und Mäklervertrage. Der Auftrag ist nicht an eine Form gebunden ; er kann auch süll­ schweigend ertheilt und angenommen werden.

Anzeigepflicht bei Ablehnung eines Auftrags. § 663. Wer zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich be­ stellt ist oder sich öffentlich erboten hat, ist, wenn er einen auf solche Geschäfte gerichteten Auftrag nicht annimmt, verpflichtet, die Ablehnung dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen. Das Gleiche gilt, wenn sich Jemand dem Auftraggeber gegenüber zur Besorgung gewisser Geschäfte erboten hat. Die Nichterfüllung der im §. 663 festgesetzten Verpflichtung hat nicht zur Folge, daß der Antrag als angenommen gilt, sondern daß der Auftraggeber Schadensersatz beanspruchen kann.

Persönlicher Charakter -es Auftrags.

§ 664. Der Beauftragte darf im Zweifel die Ausführung des Auftrags nicht einem Dritten übertragen. Ist die Uebertragung gestattet, so hat er nur ein ihm bei der Übertragung zur Last fallendes Verschulden zu vertreten. Für das Ver­ schulden eines Gehülfen ist er nach §. 278 verantwortlich. Der Anspruch auf Ausführung des Auftrags ist im Zweifel nicht übertragbar. Ob der Auftraggeber, wenn der Beauftragte die Ausführung des Auftrages einem Dritten übertragen hat, einen direkten Anspruch gegen den Dritten erhält, hängt von dem zwischen dem Berechtigten und dem Dritten begründeten Rechtsverhältniffe ab. Vergl. §. 691.

Anweisungen -es Auftraggebers.

§ 665.

Der Beauftragte ist berechtigt, von den Weisungen

182

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

des Auftraggebers abzuweichen, wenn er den Umständen nach an­ nehmen darf, daß der Auftraggeber bei Kenntniß der Sachlage die Abweichung billigen würde. Der Beauftragte hat vor der Abweichung dem Auftraggeber Anzeige zu machen und dessen Entschließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschübe Ge­ fahr verbunden ist. Vergl. §. 692.

Auskunft. § 666. Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu ertheilen und nach der Aus­ führung des Auftrags Rechenschaft abzulegen. §§. 259, 260.

Herausgabe des Erlangten. § 667. Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber Alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Siehe §. 260. Forderungen, welche der Beauftragte aus der Geschäfts­ besorgung als eigene erlangt hat, sind an den Auftraggeber abzutreten.

Selbstnühige Verwendung von Geld. § 668. Verwendet der Beauftragte Geld für sich, das er dem Auftraggeber herauszugeben oder für ihn zu verwenden hat, so ist er verpflichtet, es von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen. Vergl. §. 1834, wegen des Zinsfußes §. 246.

Aufwendungen; Vorschuß.

§ 669. Für die zur Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen hat der Auftraggeber dem Beauftragten auf Verlangen Vorschuß zu leisten. Vergl. §. 1835.

Ersatz.

§ 670. Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für er­ forderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersätze ver­ pflichtet. Siehe §§. 256, 257, 246.

Vergl. §. 693.

Auftrag.

§§. 666—673.

183

Midrrruf und Kündigung drs Auftrags. § 671. Der Auftrag kann von dem Auftraggeber jederzeit widerrufen, von dem Beauftragten jederzeit gekündigt werden. Der Beauftragte darf nur in der Art kündigen, daß der Auftraggeber für die Besorgung des Geschäfts anderweit Für­ sorge treffen kann, es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt er ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er dem Auftraggeber den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Liegt ein wichtiger Grund vor, so ist der Beauftragte zur Kündigung auch dann berechtigt, wenn er auf das Kündigungs­ recht verzichtet hat. Der Auftrag erlischt, abgesehen von den int Gesetz ausdrücklich er­ wähnten Fällen, durch seine Ausführung, durch Ablauf der Zeit, für welche er eingegangen ist, durch Eintritt einer auflösenden Bedingung und durch Vereinbarung der Parteien. Der Einfluß der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Auftraggebers soll in der K.O. geregelt werden (Anm. zu §. 672). Wegen des Widerrufs und der Kündigung siehe §§. 130—132. Zu Abs. 3. vergl. §. 626, §. 696 Satz 2, §. 712, §. 723 Abs. 1, §. 749 Abs. 2, §. 1889, §. 2227 Abs. 1.

Tod des Auftraggebers; Geschäftsunfähigkeit desselben.

§ 672. Der Auftrag erlischt im Zweifel nicht durch den Tod oder den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Auftraggebers. Erlischt der Auftrag, so hat der Beauftragte, wenn mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Erbe oder der gesetzliche Ver­ treter des Auftraggebers anderweit Fürsorge treffen kann; der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend. Das Erlöschen des Auftrags durch den Konkurs des Auftraggebers soll nach der Denkschrift in der K.O. §. 19 a geregelt werden.

Tod des Deauftraglru. § 673. Der Auftrag erlischt im Zweifel durch den Tod des Beauftragten. Erlischt der Auftrag, so hat der Erbe des Be­ auftragten den Tod dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen und, wenn mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist, die Be­ sorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Auf­ traggeber anderweit Fürsorge treffen kann; der Auftrag gilt in­ soweit als fortbestehend. Vergl. §§. 666, 667.

184

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Fortdauer des Auftrags. § 674. Widerruf, so fortbestehend, erlangt oder

Erlischt der Auftrag in anderer Weise als durch gilt er zu Gunsten des Beauftragten gleichwohl als bis der Beauftragte von dem Erlöschen Kenntniß das Erlöschen kennen muß.

Vergl. §. 169, §§. 729, 1682, 1893, 2140.

Oeschästsbeforgung gegen Entgelt.

§ 675. Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstände hat, finden die Vor­ schriften der §§. 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des §. 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Vergl. den für die K.O. vorgeschlagenen §. 19 a (Denkschrift).

Rath und Empfehlung.

§ 676. Wer einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältniß oder einer unerlaubten Handlung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersätze des aus der Befolgung des Rathes oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet. Die Ertheilung von Auskünften durch ein Auskunftsbureau fällt regelmäßig unter den Begriff des Werkvertrags. Wegen der unerlaubten Handlungen vergl. §§. 824, 826, 839.

Lister Titel. Geschäftsführung ohne Auftrag. Pflichten -es Oeschästsführers.

§ 677. Wer ein Geschäft für einen Anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder muthmaßlichen Willen es erfordert. Die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag sind in einer Reihe von Fällen ausdrücklich für anwendbar erklärt; siehe §. 460 Abs. 2, §. 647 Abs. 2 Satz 1, §. 601 Abs. 2 Satz 1, §. 994 Abs. 2, §. 1049 Abs. 1, §. 1216 Satz 1, §. 1969 Abs. 1, §. 1978 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, §. 1991 Abs. 1; vergl. auch §. 1648. Wenn Jemand auf Grund einer Amtspflicht Geschäfte für einen

Geschäftsführung ohne Auftrag.

§§. 674—681.

185

Anderen besorgt (z. B. §. 1960), so finden die Vorschriften über die Ge­ schäftsführung ohne Auftrag keine Anwendung. Wegen des Ersatzes der von Armenverbänden rc. für den Unterhalt einer Person gemachten Aufwendungen siehe Einf.-Ges. Art. 103.

Geschäftsführung gegen -en Millen -es Orfchästsherrn. § 678. Steht die Uebernahme der Geschäftsführung mit dem wirklichen oder dem muthmaßlichen Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch und mußte der Geschäftsführer dies erkennen, so ist er dem Geschäftsherrn zum Ersätze des aus der Geschäfts­ führung entstehenden Schadens auch dann verpflichtet, wenn ihm ein sonstiges Verschulden nicht zur Last fällt. Der Geschäftsführer haftet für allen wirklich entstandenen Schaden^ nicht nur für den bei seiner Einmischung als möglich vorauszusehenden Schaden.

§ 679. Ein der Geschäftsführung entgegenstehender Wille des Geschäftsherrn kommt nicht in Betracht, wenn ohne die Geschäfts­ führung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn nicht rechtzeitig erfüllt werden würde. Auch die Erfüllung einer privatrechtlichen Pflicht des Geschäftsherrn kann im öffentlichen Jntereffe liegen, wie z. B. die Erfüllung der dem Dienstberechtigten nach §. 618 obliegenden Pflichten im Falle einer Epidemie. Wegen der gesetzlichen Unterhaltungspflicht siehe §§. 1360, 1578, 1601 ff., 1703, 1708.

Abwendung drohender Gefahr.

§ 680. Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

Anzeigepflicht des Geschäftsführers.

§ 681. Der Geschäftsführer hat die Uebernahme der Ge­ schäftsführung, sobald es thunlich ist, dem Geschäftsherrn an­ zuzeigen und, wenn nicht mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist, dessen Entschließung abzuwarten. Im Uebrigen finden auf die Verpflichtungen des Geschäftsführers die für einen Beauftragteu geltenden Vorschriften der §§. 666 bis 668 entsprechende An­ wendung. Der Tod des Geschästsherrn hebt die Verpflichtungen des Geschäfts­ führers nicht auf.

186

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Beim Tode des Geschäftsführers gehen die bestehenden Verpflichtungen, insbesondere auch die Verpflichtung zur Erledigung eines begonnenen Ge­ schäfts, auf seine Erben über.

Geschäftsunfähigkeit des Geschäftsführers. § 682. Ist der Geschäftsführer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist er nur nach den Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen und über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ver­ antwortlich.

Anfprüchr drs Geschäftsführers. § 683. Entspricht die Uebernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem muthmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Be­ auftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des §. 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Uebernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht. Bei der Uebernahme der Geschäftsführung ist das objektive Interesse und der Wille des Geschäftsherrn zu berücksichtigen; bei der Ausführung hat der Geschäftsführer lediglich die Pflichten eines Beauftragten zu beob­ achten. Wegen der Aufwendungen siehe §§. 256, 257.

§ 684. Liegen die Voraussetzungen des §. 683 nicht vor, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer Alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt, nach den Vor­ schriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Be­ reicherung herauszugeben. Genehmigt der Geschäftsherr die Geschäftsführung, so steht dem Geschäftsführer der im §. 683 bestimmte Anspruch zu. Die Genehmigung (§. 184) kann ausdrücklich oder stillschweigend er­ klärt werden.

§ 685. Dem Geschäftsführer steht ein Anspruch nicht zu, wenn er nicht die Absicht hatte, von dem Geschäftsherrn Ersatz zu verlangen. Gewähren Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen oder diese jenen Unterhalt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß -bic Absicht fehlt, von dem Empfänger Ersatz zu verlangen.

Verwahrung.

§§. 682—689.

187

Irrthum Mer die Person. § 686. Ist der Geschäftsführer über die Person des Geschäfts­ herrn im Irrthume, so wird der wirkliche Geschäftsherr aus der Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet.

Keforgung fremder Geschäfte als eigene. § 687. Die Vorschriften der §§. 677 bis 686 finden keine Anwendung, wenn Jemand ein ftemdes Geschäft in der Meinung besorgt, daß es sein eigenes sei. Behandelt Jemand ein ftemdes Geschäft als sein eigenes, obwohl er weiß, daß er nicht dazu berechtigt ist, so kann der Geschäftsherr die sich aus den §§. 677, 678, 681, 682 er­ gebenden Ansprüche geltend machen. Macht er sie geltend, so ist er dem Geschäftsführer nach §. 684 Satz 1 verpflichtet. Im Falle des Abs. 1 sind sich beide Theile zur Herausgabe einer etwaigen Bereicherung nach Maßgabe des §. 812 ff. verpflichtet. Daneben haftet der Geschäftsführer möglicherweise nach den Vorschriften über uner­ laubte Handlungen. Im Falle des Abs. 2 hat der Geschäftsherr die Wahl, ob er auf Grund der Vorschriften über unerlaubte Handlungen vorgehen oder den Anderen als Geschäftsführer haftbar machen will.

Zwölfter Titel.

Verwahrung. Vergl. Ges., betr. die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Werthpapiere, v. 5. Juli 1896, R.G.Bl. S. 183.

Uerwahrungsvertrag. § 688. Durch den Verwahrungsvertrag wird der Verwahrer verpflichtet, eine ihm von dem Hinterleger übergebene beweg­ liche Sache aufzubewahren. Die Frage, ob der Verwahrungsvertrag Konsensual- oder Realvertrag ist, hat durch das B.G.B. nicht entschieden werden sollen. Ein Ver­ wahrungsvertrag liegt nicht vor, wenn die Verwahrung nur die Folge oder Nebenwirkung eines anderen Vertrages, z. B. eines Werkvertrages, ist. Umgekehrt kann beim Abschluß eines Verwahrungsvertrags zugleich vereinbart werden, daß dem Verwahrer die Verwaltung der hinterlegten Sachen obliegen soll. Einen besonderen Fall der Verwahrung betrifft §. 1231 Satz 2.

Vergütung für die Aufbewahrung. § 689. Eine Vergütung für die Aufbewahrung gilt als süll­ schweigend vereinbart, wenn die Aufbewahrung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

188

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Vergl. §. 612 Abs. 1, §. 632 Abs. 1. Wegen der Höhe der Ver­ gütung ist die Vereinbarung entscheidend; auf eine Taxe oder die übliche Vergütung (vergl. §. 612 Abs. 2, §. 632 Abs. 2) ist im Gesetz nicht verwiesen.

Haftung des Verwahrers. § 690. Wird die Aufbewahrung unentgeltlich übernommen, so hat der Verwahrer nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Vergl. §. 277.

Hinterlegung bei einem Dritten. § 691. Der Verwahrer ist im Zweifel nicht berechtigt, die hinterlegte Sache bei einem Dritten zu hinterlegen. Ist die Hinterlegung bei einem Dritten gestattet, so hat der Verwahrer nur ein ihm bei dieser Hinterlegung zur Last fallendes Ver­ schulden zu vertreten. Für das Verschulden eines Gehülfen ist er nach §. 278 verantwortlich. In der unbefugten Bestellung eines Vertreters liegt eine Pflicht­ verletzung, für deren Folgen der Verwahrer aufzukommen hat. Vergl. §. 664.

Art -er Aufbewahrung. § 692. Der Verwahrer ist berechtigt, die vereinbarte Art der Aufbewahrung zu ändern, wenn er den Umständen nach an­ nehmen darf, daß der Hinterleger bei Kenntniß der Sachlage die Aenderung billigen würde. Der Verwahrer hat vor der Aenderung dem Hinterleger Anzeige zu machen und dessen Ent­ schließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist. Vergl. §. 665.

Aufwendungen des Verwahrers. § 693. Macht der Verwahrer zum Zwecke der Aufbewahrung Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Hinterleger zum Ersätze verpflichtet. Vergl. §§. 246, 256, 257, 670.

Haftung des Hinterlegers. § 694. Der Hinterleger hat den durch die Beschaffenheit der hinterlegten Sache dem Verwahrer entstehenden Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß er die gefahrdrohende Beschaffenheit der Sache bei der Hinterlegung weder kennt noch kennen muß

Verwahrung.

§§. 690—699.

189

oder daß er sie dem Verwahrer angezeigt oder dieser sie ohne Anzeige gekannt hat. Der Hinterleger hat die Entstehung und den Umfang des Schadens, der Verwahrer den Ausschluß seiner Haftung zu beweisen.

Rückforderung.

§ 695. Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache jederzeit zurückfordern, auch wenn für die Aufbewahrung eine Zeit be­ stimmt ist. Vergl. §. 273.

Anspruch auf Rücknahme.

§ 696. Der Verwahrer kann, wenn eine Zeit für die Auf­ bewahrung nicht bestimmt ist, jederzeit die Rücknahme der hinterlegten Sache verlangen. Ist eine Zeit bestimmt, so kann er die vorzeitige Rücknahme nur verlangen, wenn ein wichtiger Grunds vorliegt. *) Vergl. §. 626.

Ort der Rückgabe.

§ 697. Die Rückgabe der hinterlegten Sache hat an dem Orte zu erfolgen, an welchem die Sache auszubewahren war; der Verwahrer ist nicht verpflichtet, die Sache dem Hinterleger zu bringen. Verwendung von Geld.

§ 698. Verwendet der Verwahrer hinterlegtes Geld für sich, so ist er verpflichtet, es von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen?) *) mit 4°/0 (§. 246).

Fälligkeit der an den Verwahrer pt entrichtenden Vergütung. § 699. Der Hinterleger hat die vereinbarte Vergütung bei der Beendigung der Aufbewahrung zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablaufe der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten. Endigt die Aufbewahrung vor dem Ablaufe der für sie bestimmten Zeit, so kann der Verwahrer einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Theil der Vergütung verlangen, sofern nicht aus der Vereinbarung über die Vergütung sich ein Anderes ergiebt. Vergl. §§. 273, 689.

190

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Unregelmäßiger Nermahrungsvertrag. § 700. Werden vertretbare Sachen in der Art hinterlegt, daß das Eigenthum auf den Verwahrer übergehen und dieser verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren, so finden die Vorschriften über das Darlehen Anwendung. Gestattet der Hinterleger dem Verwahrer, hinter­ legte vertretbare Sachen zu verbrauchen, so finden die Vor­ schriften über das Darlehen von dem Zeitpunkt an Anwendung, in welchem der Verwahrer sich die Sachen aneignet?) In beiden Fällen bestimmen sich jedoch Zeit und Ort der Rückgabe im Zweifel nach den Vorschriften über den Verwahrungsvertrag. Bei der Hinterlegung von Werthpapieren ist eine Ver­ einbarung der im Abs. 1 bezeichneten Art nur gültig, wenn sie ausdrücklich getroffen wird?) 1) Bis zur Aneignung der Sachen Seitens des Verwahrers trägt der Hinterleger die Gefahr. 2) Vergl. das Ges., betr. die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Werthpapiere, v. 5. Juli 1896, R.G.Bl. S. 183, §. 2.

Dreizehnter Titel. Einbringung von Sachen bei Gastwirthen. Haftung drs Gastwirths. § 701. Ein Gastwirth, der gewerbsmäßig Fremde zur Be­ herbergung aufnimmt, hat einem im Betriebe dieses Gewerbes aufgenommenen Gaste den Schaden zu ersetzen, den der Gast durch den Verlust oder die Beschädigung eingebrachter Sachen erleidet?) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden von dem Gaste, einem Begleiter des Gastes oder einer Person, die er bei sich ausgenommen hat, verursacht wird oder durch die Beschaffenheit der Sachen oder durch höhere Gewalt?) entsteht. Als eingebracht gelten die Sachen, welche der Gast dem Gastwirth oder Leuten des Gastwirths, die zur Entgegennahme der Sachen bestellt oder nach ' den Umständen als dazu bestellt anzusehen waren, übergeben oder an einen ihm von diesen angewiesenen Ort oder in Ermangelung einer Anweisung an den hierzu bestimmten Ort gebracht hat. Ein Anschlag, durch den der Gastwirth die Haftung ab­ lehnt, ist ohne Wirkung?) 1) Die gesetzlichen Bestimmungen können durch dem Gastwirth und dem Reisenden geändert werden. rungen des Gastwirths genügen hierzu nicht (Abs. 3).

Vertrag zwischen Einseitig^ Erklä­

Einbringung von Sachen bei Gastwirthen.

§§. 700—704.

191

2) Der Begriff der höheren Gewalt (vergl. §. 1996 Abs. 1 Satz 1) ist im B.G.B. nicht näher bestimmt. 8) Die §§. 701—704 finden auf Restaurateure sowie auf Stallwirthe keine Anwendung.

Einschränkung der Kastung.

§ 702. Für Geld, Werthpapiere und Kostbarkeiten haftet der Gastwirth nach §. 701 nur bis zu dem Betrage von eintausend Mark, es sei denn, daß er diese Gegenstände in Kenntniß ihrer Eigenschaft als Werthsachen zur Aufbewahrung übernimmt oder die Aufbewahrung ablehnt oder daß der Schaden von ihm oder von seinen Leuten verschuldet wird.

Erlöschen der Aaflung.

§ 703. Der dem Gaste auf Grund der §§. 701, 702 zu­ stehende Anspruch erlischt, wenn nicht der Gast unverzüglich, nach­ dem er von dem Verlust oder der Beschädigung Kenntniß er­ langt hat, dem Gastwirth Anzeige') macht. Der Anspruch erlischt nicht, wenn die Sachen dem Gastwirthe zur Aufbewahrung über­ geben waren. ') §§. 130—132.

Pfandrecht des Gnstwirths. § 704. Der Gastwirth hat für seine Forderungen für Wohnung und andere dem Gaste zur Befriedigung seiner Be­ dürfnisse gewährte Leistungen, mit Einschluß der Auslagen, ein Pfandrechts an den eingebrachten Sachen des Gastes. Die für das Pfandrecht des Vermiethers geltenden Vorschriften des §. 559 Satz 3 und der §§. 560 bis 563 finden entsprechende An­ wendung. ') §. 1257.

Vierzehnter Titel. Gesellschaft. 1. Die Bestimmungen der Reichsgesetze über Gesellschaften (offene Handelsgesellschaften, Aktiengesellschaften, eingetragene Genossenschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung re.) bleiben von dem 14. Titel unberührt. Für eine weitere Reihe von Gesellschaften (Gewerkschaften, Waldgenossenschaften 2c.) wird nach Maßgabe des Einf.-Ges. das Landesrecht seine Geltung behalten. Der Kreis der Gesellschaften, welche unter die §§. 705—740 fallen, ist darnach an sich kein großer. Es ist aber zu be­ achten, daß nach §. 54 Vereine, die nicht juristische Personen find, als Gesellschaften behandelt werden sollen.

192

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

2. Durch den Abschluß' des Gesellschaftsvertrags wird für die Ge­ sellschafter die persönliche Verpflichtung begründet, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern. Das Gesetz enthält hierüber sowie über die Führung der Geschäfte der Gesellschaft nähere Bestimmungen in den §§. 705—717. Um aber die Erreichung des Zweckes der Gesellschaft zu sichern und zu erleichtern, legt das Gesetz dem Gesellschaftsvertrage nicht nur persönliche, sondern auch dingliche Wirkungen bei. Die gemeinschaftlichen Gegenstände werden dem Gesellschaftszweck unmittelbar 'dienstbar gemacht und ein besonderes Gesellschaftsvermögen gebildet (§ 718). An diesem Gesellschaftsvermögen be­ steht eine Gemeinschaft zur gesammten Hand. Der einzelne Gesellschafter hat kein nach Bruchtheilen ideell getheiltes Eigenthum an den einzelnen Vermögensgegenständen. Er kann nicht über seinen Antheil an dem Ver­ mögen und den einzelnen Gegenständen verfügen; er ist auch nicht berechtigt, Theilung zu verlangen (§. 719). Diese Bestimmungen werden in wesent­ licher Weise ergänzt durch neu vorgeschlagene Vorschriften der C.P.O. Der Privatgläubiger eines einzelnen Gesellschafters soll nicht befugt sein, die Zwangsvollstreckung in die einzelnen zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Gegenstände zu betreiben; zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschafts­ vermögen soll ein gegen alle Gesellschafter vollstreckbares Urtheil erforderlich sein (C.P.O. §§. 670b, 754 a). Der gutgläubige Gesellschaftsschuldner soll dabei durch eine besondere Bestimmung (§. 720) geschützt werden; er braucht die Zugehörigkeit der Forderung zum Gesellschaftsvermögen erst gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß erlangt. Die weiteren Vorschriften des Titels betreffen die Vertheilung von Gewinn und Verlust, Kündigung und Endigung der Gesellschaft und Auseinandersetzung nach der Auflösung sowie das Ausscheiden eines einzelnen Gesellschafters aus der im Uebrigen fortbestehenden Gesellschaft.

Kegriff. § 705. Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten. Gesellschaftsverträge, welche einen verbotenen oder unsittlichen Zweck zum Gegenstand haben, sind nichtig (§§. 134, 135), ebenso Verträge, die Unmögliches bezwecken (§. 306). Der Gesellschaftsvertrag kann formlos geschlossen werden. Möglicher­ weise ist aber wegen des Gegenstandes der Leistung, zu welcher sich der einzelne Gesellschafter verpflichtet, die Beobachtung einer Form erforderlich; vergl. z. B. §§. 311, 313.

Beitrüge -er Gesellschafter. § 706. Die Gesellschafter haben in Ermangelung einer anderen Vereinbarung gleiche Beiträge zu leisten. Sind vertretbare oder verbrauchbare Sachen beizutragen,

Gesellschaft.

§§. 705—710.

193

so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie gemeinschaftliches Eigen­ thum der Gesellschafter werden sollen. Das Gleiche gilt von nicht vertretbaren und nicht verbrauchbaren Sachen, wenn sie nach einer Schätzung beizutragen sind, die nicht blos für die Gewinnvertheilung bestimmt ist. Der Beitrag eines Gesellschafters kann auch in der Leistung von Diensten bestehen. Bezüglich der Folgen der Nichtleistung eines Beitrags, z. B. des Verzuges (§§. 284 ff.), gelten die allgemeinen Grundsätze. Wegen der Gewährleistung der einzelnen Gesellschafter für die ein­ gebrachten Gegenstände siehe §§. 445, 493.

Erhöhung der Keitrüge.

§ 707. Zur Erhöhung des vereinbarten Beitrags oder zur Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlage ist ein Gesell­ schafter nicht verpflichtet. Der Gesellschaftsvertrag kann eine andere Regelung bestimmen.

Haftung -es einzelnen Gesellschafters.

§ 708. Ein Gesellschafter hat bei der Erfüllung der ihm ob­ liegenden Verpflichtungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Siehe §. 277.

Geschäftsführung.

§ 709. Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für jedes Geschäft ist die Zu­ stimmung aller Gesellschafter erforderlich. Hat nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen Zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen. Gin Gesellschafter, welcher seine Zustimmung zu einem durch den Zweck der Gesellschaft gebotenen Geschäft verweigert, kann für den daraus entstehenden Schaden den anderen Gesellschaften haftbar sein.

§ 710. Ist in dem Gesellschaftsvertrage die Führung der Ge­ schäfte einem Gesellschafter oder mehreren Gesellschaftern über­ tragen, so find die übrigen Gesellschafter von der Geschäfts­ führung ausgeschlossen. Ist die Geschäftsführung mehreren Ge­ sellschaftern übertragen, so finden die Vorschriften des §. 709 entsprechende Anwendung. Wegen der Haftung der Gesellschafter für unerlaubte Handlungen,

Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch.

13

194

Recht der Schuldverhälmisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

welche ein geschäftsführender Gesellschafter bei Ausübung seines Amtes begeht, vergl. §. 831.

§ 711. Steht nach dem Gesellschaftsvertrage die Führung der Geschäfte allen oder mehreren Gesellschaftern in der Art zu, daß jeder allein zu handeln berechtigt ist, so kann jeder der Vornahme eines Geschäfts durch den anderen widersprechen. Im Falle des Widerspruchs muß das Geschäft unterbleiben. § 712. Die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Besugniß zur Geschäftsführung kann ihm durch ein­ stimmigen Beschluß, oder, falls nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen entscheidet, durch Mehrheitsbeschluß der übrigen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflicht­ verletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäfts­ führung. Der Gesellschafter kann auch seinerseits die Geschäftsführung kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; die für den Auf­ trag geltenden Vorschriften des §. 671 Abs. 2, 3 finden ent­ sprechende Anwendung. Wird die Befugnih zur Geschäftsführung entzogen oder die Ge­ schäftsführung gekündigt, so greift mangels anderer Bestimmungen des Vertrags die Regel des §. 709 Platz.

§ 713. Die Rechte und Verpflichtungen der geschäftsführen­ den Gesellschafter bestimmen sich nach den für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§. 664 bis 670, soweit sich nicht aus dem Gesellschaftsverhältniß ein Anderes ergiebt. Ob und welche Vergütung der geschäftsführende Gesellschafter erhält, bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrage.

Uerlrrtung -rr Gesellschaft.

§ 714. Soweit einem Gesellschafter nach dem Gesellschafts­ vertrage die Befugniß zur Geschäftsführung zusteht, ist er im Zweifel auch ermächtigt, die anderen Gesellschafter Dritten gegen­ über zu vertreten. Siehe §§. 164 ff.

§ 715. mächtigt, die so kann die Abs. 1 und,

Ist im Gesellschaftsvertrag ein Gesellschafter er­ anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten, Vertretungsmacht nur nach Maßgabe des §. 712 wenn sie in Verbindung mit der Befugniß zur

Gesellschaft.

§§. 711—719.

195

Geschäftsführung ertheilt worden ist, nur mit dieser entzogen werden. Kenntnißnahmr von -en Angelegenheiten -er Gesellschaft. § 716. Ein Gesellschafter kann, auch wenn er von der Ge­ schäftsführung ausgeschlossen ist, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Geschäftsbücher und die Papiere der Gesellschaft einsehen und sich aus ihnen eine Uebersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anfertigen. Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Verein­ barung steht der Geltendmachung des Rechtes nicht entgegen, wenn Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht.

Ur-rrtragung -er Ansprüche aus -em Gesellschaftsvrrtragr. § 717. Die Ansprüche, die den Gesellschaftern aus dem Gesellschastsverhältnisse gegen einander zustehen, sind nicht über­ tragbar?) Ausgenommen sind die einem Gesellschafter aus seiner Geschäftsführung zustehenden Ansprüche, soweit deren Befriedigung vor der Auseinandersetzung verlangt werden kann, sowie die Ansprüche auf einen Gewinnantheil oder auf dasjenige, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt. *) daher auch nicht pfändbar. Siehe den für die C.P.O. vorgeschlagenen §. 749 a (Denkschrift).

Orsellschaftsvermögen. § 718. Die Beiträge der Gesellschafter und die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände werden gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter (Gesellschafts­ vermögen)?) Zu dem Gesellschaftsvermögen gehört auch, was auf Grund eines zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Gesellschastsvermögen gehörenden Gegenstandes erworben wird?) *) Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ist nach dem für die C.P.O. vorgeschlagenen §. 670b ein gegen alle Gesellschafter voll­ streckbares Urtheil erforderlich (Denkschrift). 2) Vergl. §. 1370, §. 1440 Abs. 2, §. 1524 Abs. 1, §. 1554 Satz 1, Siehe auch §. 1638 Abs. 2, §. 1651 Abs. 2, §. 2111 Abs. 1 Satz 1. die Vorbemerkung zu diesem Titel.

§ 719.

Urrfügung über -rn Antheil eines Gesellschafters. Ein Gesellschafter kann nicht über seinen Antheil an 13*

196

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

dem Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen verfügen; er ist nicht berechtigt, Theilung zu ver­ langen. Gegen eine Forderung, die zum Gesellschaftsvermögen ge­ hört, kann der Schuldner nicht eine ihm gegen einen einzelnen Gesellschafter zustehende Forderung aufrechnen. Wegen der Zwangsvollstreckung schlagenen § 754a (Denkschrift).

siehe

den für

die C.P.O. vorge­

Schutz von Schuldnern. § 720. Die Zugehörigkeit einer nach §. 718 Abs. 1 erworbenen Forderung zum Gesellschaftsvermögen hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörig­ keit Kenntniß erlangt; die Vorschriften der §§. 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung.

Rechnungsabschluß und Gewinnverteilung. § 721. Ein Gesellschafter kann den Rechnungsabschluß und die Vertheilung des Gewinns und Verlustes erst nach der Auf­ lösung der Gesellschaft verlangend) Ist die Gesellschaft von längerer Dauer, so hat der Rech­ nungsabschluß und die Gewinnvertheilung im Zweifel am Schlüsse jedes Geschäftsjahrs zu erfolgen. x) vorausgesetzt, bestimmt.

daß |ber

Gesellschaftsoertrag

nicht

etwas Anderes

Antheile am Gewinn und Verlust. § 722. Sind die Antheile der Gesellschafter am Gewinn und^ Verluste nicht bestimmt, so hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf die Art und die Größe seines Beitrags einen gleichen Antheil am Gewinn und Verluste. Ist nur der Antheil am Gewinn oder am Verluste bestimmt, so gilt die Bestimmung im Zweifel für Gewinn und Verlust. Bestimmt der Vertrag, daß ein Gesellschafter nur am Gewinn oder nur am Verlust theilnehmen soll, so liegt kein Gesellschaftsvertrag vor.

Kündigung der Gesellschaft. § 723. Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen, so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigend) Ist eine Zeitdauer bestimmt, so ist die Kündigung vor dem Ab­ laufe der Zeit zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere vorhanden, wenn ein anderer

Gesellschaft.

§§. 720—726«

197

Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahr­ lässigkeit verletzt oder wenn die Erfüllung einer solchen Ver­ pflichtung unmöglich wird?) Unter der gleichen Voraussetzung ist, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt ist, die Kündigung ohne Einhaltung der Frist zulässig. Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen, es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt ein Gesellschafter ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er den übrigen Gesellschaftern den daraus ent­ stehenden Schaden zu ersetzen?) Eine Vereinbarung, durch welche das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder diesen Vorschriften zuwider beschränkt wird, ist nichtig. *) Die Kündigung ist den anderen Gesellschaftern gegenüber Vorzug nehmen (§§. 130—182). >.2) Vergl. §. 626, §. 627 Abs. 2. 3) Siehe Nr. 2.

§ 724. Ist eine Gesellschaft für die Lebenszeit eines Gesell­ schafters eingegangen, so kann sie in gleicher Weise gekündigt werden wie eine für unbestimmte Zeit eingegangene Gesellschaft. Dasselbe gilt, wenn eine Gesellschaft nach dem Ablaufe der be­ stimmten Zeit stillschweigend fortgesetzt wird.

Kündigung drr G. durch den Gläubiger eines Gesellschafters. § 725. Hat ein Gläubiger eines Gesellschafters die Pfändung des Antheils des Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen erwirkt, so kann er die Gesellschaft ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, sofern der Schuldtitel nicht blos vor­ läufig vollstreckbar ist. Solange die Gesellschaft besteht, kann der Gläubiger die sich aus dem Gesellschaftsverhältniß ergebenden Rechte des Gesellschafters, mit Ausnahme des Anspruchs auf einen Gewinn­ antheil, nicht geltend machen?) *) Siehe die Anm. zu §. 719.

Endigung der Gesellschaft.

§ 726. Die Gesellschaft endigt, wenn der vereinbarte Zweck erreicht oder dessen Erreichung unmöglich geworden ist. Endigungsgründe außer den im Gesetz besonders bestimmten (§§. 723 bis 728): Eintritt einer auflösenden Bedingung, Ablauf der Zeit, für welche die Gesellschaft eingegangen ist, Vereinbarung der Gesellschafter.

198

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Tod eines Gesellschafters. § 727. Die Gesellschaft wird durch den Tod eines der Ge­ sellschafter aufgelöst, sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrage sich ein Anderes ergiebt.

Im Falle der Auflösung hat der Erbe des verstorbenen Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern den Tod unverzüglich anzuzeigen und, wenn mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist, die seinem Erblasser durch den Gesellschaftsvertrag über­ tragenen Geschäfte fortzuführen, bis die übrigen Gesellschafter in Gemeinschaft mit ihm anderweit Fürsorge treffen können. Die übrigen Gesellschafter sind in gleicher Weise zur einstweiligen Fortführung der ihnen übertragenen Geschäfte verpflichtet. Die Gesellschaft gilt insoweit als fortbestehend. Die Gesellschaft wird mangels besonderer Bestimmung im Gesell­ schaftsvertrage nicht durch den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit eines der Gesellschafter aufgelöst. Die anderen Gesellschafter haben nur das Recht, die Gesellschaft nach Maßgabe des §. 723 zu kündigen.

Konkurs über das Vermögen eines Gesellschafters. § 728. Die Gesellschaft wird durch die Eröffnung des Kon­ kurses über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst. Die Vorschriften des §. 727 Abs. 2 Satz 2, 3 finden Anwendung. Wie die Ansprüche der Gesellschafter (§. 728 Satz 2, §. 729) im Konkurse der Gesellschaft zu behandeln sind, soll in der K.O. §. 21a bestimmt werden (Denkschrift).

Fortdauer der Oesrüschast. § 729. Wird die Gesellschaft in anderer Weise als durch Kündigung aufgelöst, so gilt die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Befugniß zur Geschäftsführung zu seinen Gunsten gleichwohl als fortbestehend, bis er von der Auflösung Kenntniß erlangt oder die Auflösung kennen muß. Siehe die Anm. zu §. 728. Der §. 729 gilt auch für die nicht ausdrücklich geregelten Fälle der Auflösung (Anm. zu §. 726). Vergl. auch §. 169.

Auseinandersetzung. § 730. Nach der Auflösung der Gesellschaft findet in Ansehung des Gesellschaftsvermögens die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern statt. Für die Beendigung der schwebenden Geschäfte, für die dazu erforderliche Eingehung neuer Geschäfte sowie für die Er-

Gesellschaft.

§§. 727—733.

199

Haltung und Verwaltung des Gesellschaftsvermögens gilt die Gesellschaft als fortbestehend, soweit der Zweck der Auseinander­ setzung es erfordert. Die einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage zustehende Befugniß zur Geschäftsführung er­ lischt jedoch, wenn nicht aus dem Vertrage sich ein Anderes ergiebt, mit der Auflösung der Gesellschaft; die Geschäftsführung steht von der Auflösung an allen Gesellschaftern gemein­ schaftlich zu. Besondere Liquidatoren sind für die Auseinandersetzung nicht vor­ gesehen.

§ 731. Die Auseinandersetzung erfolgt in Ermangelung einer anderen Vereinbarung in Gemäßheit der §§. 732 bis 735. Im Uebrigen gelten für die Theilung die Vorschriften über die Gemeinschaft. Die Rechte der Gesellschaftsgläubiger werden durch die Auseinander­ setzung nicht berührt; die Gläubiger können sich, wenn sie bei der Aus­ einandersetzung nicht berücksichtigt sind, an die einzelnen Gesellschafter halten.

§ 732. Gegenstände, die ein Gesellschafter der Gesellschaft zur Benutzung überlassen hat, sind ihm zurückzugeben. Für einen durch Zufall in Abgang gekommenen oder verschlechterten Gegen­ stand kann er nicht Ersatz verlangen.

§ 733. Aus dem Gesellschaftsvermögen sind zunächst die gemeinschaftlichen Schulden mit Einschluß derjenigen zu be­ richtigen, welche den Gläubigern gegenüber unter den Gesell­ schaftern getheilt sind oder für welche einem Gesellschafter die übrigen Gesellschafter als Schuldner haften. Ist eine Schuld noch nicht fällig oder ist sie streitig, so ist das zur Berichtigung Erforderliche zurückzubehalten. Aus dem nach der Berichtigung der Schulden übrig bleibenden Gesellschaftsvermögen sind die Einlagen zurück­ zuerstatten. Für Einlagen, die nicht in Geld bestanden haben, ist der Werth zu ersetzen, den sie zur Zeit der Einbringung ge­ habt haben. Für Einlagen, die in der Leistung von Diensten oder in der Überlassung der Benutzung eines Gegenstandes bestanden haben, kann nicht Ersatz verlangt werden. Zur Berichtigung der Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen ist das Gesellschaftsvermögen, soweit erforderlich, in Geld umzusetzen. Vergl. §. 755 Abs. 3.

200

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

§ 734. Verbleibt nach der Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden und der Rückerstattung der Einlagen ein Ueberschuß, so gebührt er den Gesellschaftern nach dem Verhältniß ihrer Antheile am Gewinne.

Vergl. §§. 752, 753. Haftung der Gesellschafter. § 735. Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden und zur Rückerstattung der Ein­ lagen nicht aus, so haben die Gesellschafter für den Fehlbetrag nach dem Verhältniß aufzukommen, nach welchem sie den Ver­ lust zu tragen haben. Kann von einem Gesellschafter der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so haben die übrigen Gesellschafter den Ausfall nach dem gleichen Verhältnisse zu tragen. Ausscheiden eines Gesellschafters.

§ 736. Ist im Gesellschastsvertrage bestimmt, daß, wenn ein Gesellschafter kündigt oder stirbt oder wenn der Konkurs über sein Vermögen eröffnet wird, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so scheidet bei dem Eintritt eines solchen Ereignisses der Gesellschafter, in dessen Person es eintritt, aus der Gesellschaft aus. Ausschließung eines Gesellschafters. § 737. Ist im Gesellschastsvertrage bestimmt, daß, wenn ein Gesellschafter kündigt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesell­ schaftern fortbestehen soll, so kann ein Gesellschafter, in dessen Person ein die übrigen Gesellschafter nach § 723 Abs. 1 Satz 2 zur Kündigung berechtigender Umstand eintritt, aus der Gesell­ schaft ausgeschlossen werden. Das Ausschließungsrecht steht den übrigen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Die Ausschließung erfolgt durch Erklärung*) gegenüber dem auszuschließenden Gesellschafter.

*) §§• 130—132. § 738. Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wächst sein Antheil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu. Diese sind verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, die er der Gesellschaft zur Benutzung über­ lassen hat, nach Maßgabe des §. 732 zurückzugeben, ihn von den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien und ihm dasjenige

Gemeinschaft.

§§. 734—740.

201

zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Sind gemeinschaftliche Schulden noch nicht fällig, so können die übrigen Gesellschafter dem Ausscheidenden, statt ihn zu befteien, Sicherheit*) leisten. Der Werth des Gesellschaftsvermögens ist, soweit erforderlich, im Wege der Schätzung zu ermitteln. ’) §§. 232 ff.

§ 739. Reicht der Werth des Gesellschaftsvermögens zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden und der Einlagen nicht aus, so hat der Ausscheidende den übrigen Gesellschaftern für den Fehlbetrag nach dem Verhältnisse seines Antheils am Verlust aufzukommen. Vergl. §. 273.

§ 740. Der Ausgeschiedene nimmt an dem Gewinn und dem Verluste Theil, welcher sich aus den zur Zeit seines Ausscheidens schwebenden Geschäften ergiebt. Die übrigen Gesellschafter sind berechtigt, diese Geschäfte so zu beendigen, wie es ihnen am vortheilhaftesten erscheint. Der Ausgeschiedene kann am Schlüsse jedes Geschäftsjahrs Rechenschaft über die inzwischen beendigten Geschäfte, Aus­ zahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangend) *) §§. 259, 260.

Fünfzehnter Titel.

Gemeinschaft. Die Vorschriften der §§. 729—745 über die Schuldverhältniffe aus einer Gemeinschaft gelten, sofern sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt, für alle Fälle, in denen ein Recht, z. B. das Eigenthum an einer Sache, Mehreren gemeinschaftlich zusteht (§. 728). Besonders geregelt sind im Gesetze die Gesellschaft (§§. 705 ff.), die allgemeine Gütergemeinschaft unter Ehegatten (§§. 1437 ff.), die fortgesetzte Gütergemeinschaft zwischen dem überlebenden Ehegatten und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen (§. 1483 ff.), die Errungenschaftsgemeinschaft (§. 1519 ff.) und die Fahrnißgemeinschaft (§. 1549 ff.) unter Ehegatten sowie die Gemeinschaft der Miterben (§. 2032 ff.). Während bei allen diesen Gemeinschaften der deutschrechtliche Gedanke der gesammten Hand durchgeführt ist, hat das Gesetz die gewöhnliche Gemeinschaft auf der Grundlage des Römischen Rechtes geregelt, wenngleich nach verschiedenen Richtungen hin auch hier der Gedanke der gesammten Hand berücksichtigt wird. Letzteres gilt

202

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

namentlich von den Vorschriften des §. 746 und des §. 751 Satz 1, wonach Vereinbarungen, die von den Theilhabern über die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes oder gemäß §. 749 Abs. 2 über die Dauer der Gemeinschaft getroffen worden sind, auch für und gegen die Sondernachfolger der Theilhaber wirksam sein sollen. Die für die Gemeinschaft nach Bruchtheilen aufgestellten Vorschriften kommen übrigens zum Theil auch bei den nach dem Prinzip der gesammten Hand geregelten Gemeinschaften zur Anwendung (§. 731, §. 1477 Abs. 1, §. 1546 Abs. 2, §. 1649, §. 2038 Abs. 2, §. 2042 Abs. 2, §. 2044 Abs. 1).

Gemeinschaft nach Kruchtheilen. § 741. Steht ein Recht Mehreren gemeinschaftlich zu, so finden, sofern sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt, die Vorschriften der §§. 742 bis 758 Anwendung (Gemeinschaft nach Bruchtheilen). Die Vorschrift des §. 741 ist absoluter Natur; sie kann daher durch Rechtsgeschäft nicht geändert werden. Wegen der gesetzlichen Ausnahmen siehe die Vorbemerkung zu diesem Titel. Beispiele einer Gemeinschaft nach Bruchtheilen in den §§. 921, 923, 1008. In dem Einf.-Ges. Art. 173 wird auch eine zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehende Gemeinschaft den Vorschriften des B.G.B. unterworfen.

Gleichheit der Antheile. § 742. Im Zweifel ist anzunehmen, daß den Theilhabern gleiche Antheile zustehen. Es ist in Aussicht genommen, die Eintragung eines Rechtes als mehreren Personen gemeinschaftlich zustehend in der Grundbuchordnung in der Art zu regeln, daß entweder die Bruchtheile angegeben werden, M welchen das gemeinschaftliche Recht den Berechtigten zusteht, oder, wenn eine Gemeinschaft nach Bruchtheilen nicht vorliegt, dies bemerkt und zugleich das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältniß bezeichnet wird.

Früchte; Gebrauch. § 743. Jedem Theilhaber gebührt ein seinem Antheil ent­ sprechender Vruchtheil der Früchte. Jeder Theilhaber ist zum Gebrauche des gemeinschaftlichen Gegenstandes insoweit befugt, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Theilhaber beeinträchtigt wird. Wegen der Ausübung der Rechte einen Pfandgläubiger stehe §. 1258.

eines

Miteigenthümers

durch

Verwaltung. § 744. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes Fteht den Theilhabern gemeinschaftlich zu.

Gemeinschaft.

§§. 741—748.

203

Jeder Theilhaber ist berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstandes nothwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Theilhaber zu treffen; er kann verlangen, daß diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im voraus ertheilen. Wird einem einzelnen Theilhaber die Verwaltung übertragen, so liegt ein besonderes Vertragsverhältniß vor, welches regelmäßig nach den Grundsätzen des Auftrags zu beurtheilen sein wird.

Regelung der Verwaltung. § 745. Durch Stimmenmehrheit kann eine der Beschaffen­ heit des gemeinschaftlichen Gegenstandes entsprechende ordnungs­ mäßige Verwaltung und Benutzung beschlossen werden. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Antheile zu berechnen. Jeder Theilhaber kann, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluß ge­ regelt ist, eine dem Interesse aller Theilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen. Eine wesentliche Veränderung des Gegenstandes kann nicht beschlossen oder verlangt werden. Das Recht des einzelnen Theilhabers auf einen seinem Antheil entsprechenden Bruchtheil der Nutzungen kann nicht ohne seine Zustimmung beeinträchtigt werden.

§ 746. Haben die Theilhaber die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes geregelt, so wirkt die ge­ troffene Bestimmung auch für und gegen die Sondernachfolger. Abweichend §. 1010 Abs. 1.

Uerfligungsrecht -er Theilhaber. § 747. Jeder Theilhaber kann über seinen Antheil verfügen. Ueber den gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen können die Theilhaber nur gemeinschaftlich verfügen. Der Antheil eines Theilhabers unterliegt auch der Zwangsvollstreckung.

Kasten und Kosten. § 748. Jeder Theilhaber ist den anderen Theilhabern gegen­ über verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstandes sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer ge­ meinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnisse seines Antheils Hu tragen. Die Haftung der Theilhaber untereinander ist bei der Gemeinschaft nicht 'wie bei der Gesellschaft auf die Sorgfalt beschränkt, welche der einzelne ^Theilhaber in eigenen Angelegenheiten anzuwenden Pflegt.

204

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Aufhebung -er Gemeinschaft.

1. Voraussetzungen. § 749. Jeder Theilhaber kann jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Wird das Recht, die Aufhebung zu verlangen, durch Ver­ einbarung für immer oder auf Zeit ausgeschlossen, so kann die Aufhebung gleichwohl verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Unter der gleichen Voraussetzung kann, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt wird, die Aufhebung ohne Einhaltung der Frist verlangt werden. Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung zu verlangen, diesen Vorschriften zuwider ausgeschlossen oder be­ schränkt wird, ist nichtig. Vorbehalt für die Landcsgesetzgebung im Einf.-Ges. Art. 131, Uebergangsvorschrift ebenda Art. 182. Die K.O. §. 14 soll nach der Denkschrift durch Einstellung eines Abs. 2 des Inhalts ergänzt werden, daß im Konkurs eines Theilhabers der Verwalter an eine die Aufhebung der Gemeinschaft ausschließende Vereinbarung oder Anordnung nicht gebunden ist.

§ 750. Haben die Theilhaber das Recht, 'die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, auf Zeit ausgeschlossen, so tritt die Vereinbarung im Zweifel mit dem Tode eines Theilhabers außer Kraft.I Siehe die Anm. zu §. 749.

§ 751. Haben die Theilhaber das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit aus­ geschlossen oder eine Kündigungsfrist bestimmt, so wirkt die Vereinbarung auch für und gegen die Sondernachfolger. Hat ein Gläubiger die Pfändung des Antheils eines Theilhabers erwirkt, so kann er ohne Rücksicht auf die Vereinbarung die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, sofern der Schuldtitel nicht blos'vorläufig vollstreckbar ist. Abweichend §. 1010 Abs. 1.

2. Durchführung; Theilung in Uatur.

§ 752. Die Aufhebung der Gemeinschaft erfolgt durch Thei­ lung in Natur, wenn der gemeinschaftliche Gegenstand oder, falls mehrere Gegenstände gemeinschaftlich sind, diese sich ohne Verminderung des Werthes in gleichartige, den Antheilen der Theilhaber entsprechende Theile zerlegen lassen. Die Ver-

Gemeinschaft.

§§. 749—765.

205

theilung gleicher Theile unter die Theilhaber geschieht durch das Loos. Für die Aufhebung der Gemeinschaft ist in erster Linie die Verein­ barung der Theilhaber entscheidend. Das Gesetz regelt nur die Fälle, in welchen keine Vereinbarung getroffen ist.

Kerkaus -es gemeinschaftlichen Gegenstandes.

§ 753. Ist die Theilung in Natur ausgeschlossen, so erfolgt die ^Aufhebung der Gemeinschaft durch Verkauf des gemein­ schaftlichen Gegenstandes nach den Vorschriften über den Pfand­ verkaufs) bei Grundstücken durch Zwangsversteigerung,2) und durch Theilung des Erlöses. Ist die Veräußerung an einen Dritten unstatthaft, so ist der Gegenstand unter den Theilhabern zu ver­ steigern?) Hat der Versuch, den Gegenstand zu verkaufen, keinen Erfolg, so kann jeder Theilhaber die Wiederholung verlangen; er hat jedoch die Kosten zu tragen, wenn der wiederholte Versuch mißlingt. *) §. 1233 ff. 2) nach dem in Aussicht genommenen Gesetz über die Zwangs­ versteigerung und die Zwangsverwaltung. 3) §. J56.

Verkauf einer gemeinschaftlichen Forderung. § 754. Der Verkauf einer gemeinschaftlichen Forderung ist nur zulässig, wenn sie noch nicht eingezogen werden kann. Ist die Einziehung möglich, so kann jeder Theilhaber gemeinschaft­ liche Einziehung verlangen. Vergl. §. 432. Der eingezogene Gegenstand tritt hinsichtlich Gemeinschaft an die Stelle der Forderung und ist nach Maßgabe Vorschriften der §§. 752, 753 zu theilen.

der der

Kerichtigung einer gemeinschaftlichen Schuld. § 755. Hasten die Theilhaber als Gesammtschuldner?)?.für eine Verbindlichkeit, die sie in Gemäßheit des §. 748 nach dem Verhältniß ihrer Antheile zu erfüllen haben oder die sie zum Zwecke der Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit eingegangen sind, so kann jeder Theilhaber bei der Aufhebung der Gemein­ schaft verlangen, daß die Schuld aus dem gemeinschaftlichen Gegenstände berichtigt wird. Der Anspruch kann auch gegen die Sondernachfolger geltend gemacht werden?)

206

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Soweit zur Berichtigung der Schuld der Verkauf des ge­ meinschaftlichen Gegenstandes erforderlich ist, hat der Verkauf nach §. 753 zu erfolgen. §§. 421 ff.

2) Abweichend §. 1010 Abs. 2.

Forderung eines Theilhabers gegen einen anderen. § 756. Hat ein Theilhaber gegen einen anderen Theilhaber eine Forderung, die sich auf die Gemeinschaft gründet, so kanrr er bei der Aufhebung der Gemeinschaft die Berichtigung seiner Forderung aus dem auf den Schuldner entfallenden Theile des gemeinschaftlichen Gegenstandes verlangen. Die Vorschriften des §. 755 Abs. 2, 3 finden Anwendung. Gegenseitige Gewährleistung. § 757. Wird bei der Aushebung der Gemeinschaft ein ge­ meinschaftlicher Gegenstand einem der Theilhaber zugetheilt, so hat wegen eines Mangels im Rechtes oder wegen eines Mangels der Sache2) jeder der übrigen Theilhaber zu seinem Antheil in gleicher Weise wie ein Verkäufer Gewähr zu leisten. *) §§. 434 ff.

2) §§. 469 ff.

Verjährung. § 758. Der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft unterliegt nicht der Verjährung.

Sechzehnter Titel. Leibrente. Dauer der Rente. § 759. Wer zur Gewährung einer Leibrente verpflichtet ist, hat die Rente im Zweifel für die Lebensdauer des Gläubigers zu entrichten. Der für die Rente bestimmte Betrag ist im Zweifel der Jahresbetrag der Rente. Die Verpflichtung zur Gewährung einer Leibrente kann auf Vertrag, letztwilliger Verfügung oder Gesetz beruhen. Wegen des Leibgedingsver­ trages 2C. siehe Einf.-Ges. Art. 96.

Zahlung. 8 760. Die Leibrente ist im voraus zu entrichten. Eine Geldrente ist für drei Monate vorauszuzahlen; bei einer anderen Rente bestimmt sich der Zeitabschnitt, für den sie

Leibrente.

Spiel.

Wette.

§§. 756—768.

207

im voraus zu entrichten ist, nach der Beschaffenheit und dem. Zwecke der Rente. Hat der Gläubiger den Beginn des Zeitabschnitts erlebt,, für den die Rente im voraus zu entrichten ist, so gebührt ihm der volle auf den Zeitabschnitt entfallende Betrag. Fälle der Anwendung des §. 760: §§. 528, 1361, 1580, §. 1612 Abs. 3. Vergl. auch §. 1710. Wegen der Klage auf künftige Zahlung einer Leibrente siehe den für die C.P.O. vorgeschlagenen §. 231b (Denkschrift).

Form des Keibrentenvrrtrages. § 761. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leib­ rente versprochen wird, ist, soweit nicht eine andere Form vor­ geschrieben ist, schriftliches Ertheilung des Versprechens er­ forderlich.^) *) §. 126.

2) Vergl. Einf.-Ges. Art. 96.

Siebzehnter Titel. Spiel.

Wette.

§ 762. Durch Spiel oder durch Wette wird eine Ver­ bindlichkeit nicht begründet. Das aus Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat?) Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der verlierende Theil zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel­ oder einer Wettschuld dem gewinnenden Theile gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntniß.2) *) Wegen der juristischen Konstitution des Rechtsverhältnisses vergl. §. 222 Abs. 2, §. 656 Abs. 1, §. 814, auch §. 1297 ff. 2) ferner für die Hingabe eines Wechsels.

Kotterrrvertrag. § 763. Ein Lotterievertrag oder ein Ausspielvertrag ist ver­ bindlich, wenn die Lotterie oder die Ausspielung staatlich ge­ nehmigt *) ist. Anderenfalls finden die Vorschriften des §. 762 Anwendung.2) 1) Für die Voraussetzungen und die Form der staatlichen Genehmigung sind die Landesgesetze maßgebend. 2) gleichviel ob die Lotterie eine private oder eine öffentliche ist. Das Spielen in einer verbotenen auswärtigen Lotterie wird schon durch den §. 134 getroffen.

208

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

MfferrnMschäft. § 764. Wird ein auf Lieferung von Waaren oder Werth papieren lautender Vertrag in der Absicht geschlossen, daß der Unterschied zwischen dem vereinbarten Preise und dem Börsen­ oder Marktpreise der Lieferungszeit von dem verlierenden Theile an den gewinnenden gezahlt werden soll, so ist der Vertrag als Spiel anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn nur die Absicht des einen Theiles auf die Zahlung des Unterschieds gerichtet ist, der andere Theil aber diese Absicht kennt oder kennen muß. Wegen des Börsenterminhandels vergl. Börsengesetz v. 22. Juni 1896, (R.G.Bl. S. 157) §§. 48 ff.

Achtzehnter Titel.

Bürgschaft. 1. Das Gesetz enthält keine allgemeinen Vorschriften überJnterzessionen oder über Garantieverträge. Es ist vielmehr lediglich der Bürgschaftsvertrag geregelt. 2. Das Versicherungsrecht ist der Landesgesetzgebung Vorbehalten, so­ weit nicht in dem B.G.B. besondere Bestimmungen getroffen sind (Einf.-Ges. Art. 75). In der Versicherung einer Forderung kann übrigens die Ueber­ nahme einer Bürgschaft liegen. 3. Wegen der Stellung eines Bürgen zum Zwecke der Sicherheits­ leistung siehe §. 232 Abs. 2, §. 239, §. 273 Abs. 3 Satz 2, §. 1218 Abs. 1. 4. Die Bürgschaft beruht auf Vertrag zwischen dem Gläubiger und dem Bürgen. Das Gesetz bestimmt aber an einzelnen Stellen, daß Jemand wie ein Bürge zu haften habe, auch wenn er keinen Bürgschaftsvertrag abgeschloffen hat; so §. 571 Abs. 2 Satz 1, §. 1251 Abs. 2 Satz 2.

Kegriff;^Gegenstand. § 765. Durch den Burg sch aftsv ertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Er­ füllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine be­ dingte Verbindlichkeit übernommen werden. Der Vertrag, durch welchen sich der Bürge dem Schuldner gegenüber verpflichtet, die Bürgschaft zu übernehmen, ist kein Bürgschaftsvertrag. Die Bürgschaft kann nicht für eine ungültige Schuld, z. B. nicht für eine Spielschuld, übernommen werden.

Form. § 766. Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist schrift­ liches Ertheilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Soweit

Bürgschaft.

209

§§. 764—770.

der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt, wird der Mangel der Form geheilt. ’) §. 126.

Umfang drr Verpflichtung des Kürgen.

§ 767. Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend?) Dies gilt ins­ besondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Uebernahme der Bürgschaft vornimmt,2) wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert. Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Haupt­ schuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechts­ verfolgung?) *) Die Haftung des Bürgen kann jedoch vertragsmäßig beschränkt werden. 2) z. B. durch einen Vergleich, den der Schuldner ohne Zustimmung des Bürgen mit dem Gläubiger schließt. 3) Vergl. §§. 1118, 1210.

Einreden des Kürgrn.

§ 768. Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, daß der Erbe für die Ver­ bindlichkeit nur beschränkt haftet?) Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, daß der Hauptschuldner auf sie verzichtet?) *) §§. 1967 ff. Anwendungen: §. 1137 Abs. 1 Satz 2, §. 1211 Äbs. 1 Satz 2. 2) Vergl. §§. 401, 418.

Mttdürgen.

§ 769. Verbürgen sich Mehrere für dieselbe Verbindlichkeit, so haften sie als Gesammtschuldner, auch wenn sie die Bürgschaft nicht gemeinschaftlich übernehmen. Die Einrede der Theilung ist ausgeschloffen.

Siehe §. 421 ff.

Anfechtung; Aufrechnung.

§ 770. Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zu Grunde liegende Rechtsgeschäft anzu­ fechten. Achilles, Bürgerliches Gesetzbuch.

14

210

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Die gleiche Befugniß hat der Bürge, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Haupt­ schuldners befriedigen kann. Leistet der Bürge, ohne zu wissen, daß ein Anfechtungsrecht oder die Möglichkeit zur Aufrechnung besteht und wird das Anfechtungsrecht ausgeübt oder die Aufrechnung vollzogen, so kann er das Geleistete nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückfordern. Vergl. §. 202 Abs. 2, §. 1137 Abs. 1 Satz 1, §. 1211 Abs. 1 Satz 1, wegen des Anfechtungsrechts §§. 119 ff.

Ginrr-r der UsrausKlirgr.

§ 771. Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat (Einrede der Vdrausklage). Die Vorschrift gilt auch für Nachbürgen.

§ 772. Besteht die Bürgschaft für eine Geldforderung, so muß die Zwangsvollstreckung in die beweglichen Sachen des Haupt­ schuldners an seinem Wohnsitz*) und, wenn der Hauptschuldner an einem anderen Orte eine gewerbliche Niederlassung hat, auch an diesem Orte, in Ermangelung eines Wohnsitzes und einer gewerblichen Niederlassung an seinem Aufenthaltsorte versucht werden. Steht dem Gläubiger ein Pfandrechts oder ein Zurück­ behaltungsrecht an einer beweglichen Sache des Hauptschuldners zu,, so muß er auch aus dieser Sache Befriedigung suchen. Steht dem Gläubiger ein solches Recht an der Sache auch für eine andere Forderung zu, so gilt dies nur, wenn beide Forderungen durch den Werth der Sache gedeckt werden?) •) §§. 7—11.

2) §§. 1228 ff.

3) §. 273.

§ 773. Die Einrede der Vorausklage ist ausgeschlossen: 1. wenn der Bürge auf die Einrede verzichtet, insbesondere wenn er sich als Selbstschuldner verbürgt hat; 2. wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner in Folge einer nach der Uebernahme der Bürgschaft eingetretenen Aenderung des Wohnsitzes, der gewerb­ lichen Niederlassung oder des Aufenthaltsorts des Hauptschuldners wesentlich erschwert ist; 3. wenn über das Vermögen des Hauptschuldners der Konkurs eröffnet ist;

Bürgschaft.

§§. 771—775.

211

4. wenn anzunehmen ist, daß die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners nicht zur Befriedigung des Gläubigers führen wird. In den Fällen der Nr. 3, 4 ist die Einrede insoweit zu­ lässig, als sich der Gläubiger aus einer beweglichen Sache des Hauptschuldners befriedigen kann, an der er ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht hat; die Vorschrift des §. 772 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung. Uedergang der Hauptforderung auf den Kürgen.

§ 774. Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf ihn über?) Der Uebergang kann nicht zum Nachtheile des Gläubigers geltend gemacht werden?) Einwendungen des Hauptschuldners aus einem zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden Rechts­ verhältnisse bleiben unberührt. Mitbürgen haften einander nur nach §. 426. *) §. 412. Vergl. §. 1143 Abs. 1 Satz 2, §. 1225 Satz 2. 2) Aehnlich in §. 1176. Anspruch drs Kürzen auf Sefrerung.

§ 775. Hat sich der Bürge im Auftrage des Hauptschuldners verbürgt oder stehen ihm nach den Vorschriften über die Ge­ schäftsführung ohne Auftrag wegen der Uebernahme der Bürg­ schaft die Rechte eines Beauftragten gegen den Hauptschuldner zu, so kann er von diesem Befreiung von der Bürgschaft ver­ langen : 1. wenn sich die Vermögensverhältnisse des Haupt­ schuldners wesentlich verschlechtert haben; 2. wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner in Folge einer nach der Uebernahme der Bürgschaft eingetretenen Aenderung des Wohnsitzes, der gewerb­ lichen Niederlassung oder des Aufenthaltsorts des Hauptschuldners wesentlich erschwert ist; 3. wenn der Hauptschuldner mit der Erfüllung seiner Verbindlichkeit im Verzug ist; 4. wenn der Gläubiger gegen den Bürgen ein vollstreck­ bares Urtheil auf Erfüllung erwirkt hat. Ist die Hauptverbindlichkeit noch nicht fällig, so kann der Hauptschuldner dem Bürgen, statt ihn zu befreien, Sicherheit*) leisten. x) SS- 232 ff.

212

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Aufgabe von Rechten Keilens -es Gläubigers. § 776. Giebt der Gläubiger ein mit der Forderung ver­ bundenes Vorzugsrecht/) eine für sie bestehende Hypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mit­ bürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Rechte nach §. 774 hätte Ersatz erlangen können?) Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Uebernahme der Bürgschaft entstanden ist. *) K.O. §§. 39 ff. *) Ein Recht darauf, daß der Gläubiger bei Einziehung der Forderung sorgfältig verfahre, hat der Bürge im Allgemeinen nicht.

Bürgschaft auf Zett. § 777. Hat sich der Bürge für eine bestehende Verbindlich­ keit auf bestimmte Zeit verbürgt, so wird er nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit frei, wenn nicht der Gläubiger die Ein­ ziehung der Forderung unverzüglich nach Maßgabe des §. 772 betreibt, das Verfahren ohne wesentliche Verzögerung fortsetzt und unverzüglich nach der Beendigung des Verfahrens dem Bürgen anzeigt/) daß er ihn in Anspruch nehme. Steht dem Bürgen die Einrede der Vorausklage nicht zu, so wird er nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit frei, wenn nicht der Gläubiger ihm unverzüglich diese Anzeige macht. Erfolgt die Anzeige rechtzeitig, so beschränkt sich die Haftung des Bürgen im Falle des Abs. 1 Satz 1 auf den Umfang, den die Hauptverbindlichkeit zur Zeit der Beendigung des Verfahrens hat, im Falle des Abs. 1 Satz 2 auf den Umfang, den die Hauptverbindlichkeit bei dem Ablaufe der be­ stimmten Zeit hat. *) §§. 130—132.

Kredttauftrag. § 778. Wer einen Anderen beauftragt, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung einem Dritten Kredit zu geben, hastet dem Beauftragten für die aus der Kreditgewährung entstehende Verbindlichkeit des Dritten als Bürge. Vergl. §. 766.

Neunzehnter Titel.

Vergleich. § 779. Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewiß­ heit der Parteien über ein Rechtsverhältniß im Wege gegenseitigen

Vergleich.

Schuldversprechen.

Schuldanerkenntniß.

§§. 776—782.

213

Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalte des Vertrags als feststehend zu Grunde ge­ legte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewißheit bei Kenntniß der Sachlage nicht ent­ standen sein würde. Der Ungewißheit über ein Rechtsverhältniß steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist. Durch Vergleich kann nicht blos ein Schuldverhältniß, sondern auch ein Rechtsverhältniß anderer Art festgestellt werden. Einer Form bedarf der Vergleich an sich nicht. Doch kann für die Rechtsänderung, welche durch den Vergleich herbeigeführt oder auf Grund desselben vorgenonnnen werden soll, die Beobachtung einer Form erforderlich werden. Vergl. §. 782.

Zwanzigster Titel. Schuldversprechen.

Schuldanerkenntniß.

§ 780. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung in der Weise versprochen wird, daß das Versprechen die Ver­ pflichtung selbständig begründen soll (Schuldversprechen)'), ist, soweit nicht eine andere Form2) vorgeschrieben ist, schriftliche2) Ertheilung des Versprechens erforderlich. ') Es kommt nicht darauf an, ob ein Grund für die Ausstellung des Schuldversprechens angegeben ist oder nicht. Entscheidend ist lediglich der Wille, eine abstrakte Verbindlichkeit zu begründen. 2) Vergl. §§. 313, 518. 3) §. 126.

§ 781. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Be­ stehen eines SchuldverhäÜnisses anerkannt wird (Schuldanerkennt­ niß),^) ist schriftliche Ertheilung der Anerkennungserklärung er­ forderlich. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form2) vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form?) ') Der Anerkennungsvertrag ist im B.G.B. nicht allgemein ge­ regelt. Erwähnt wird er in §. 397 Abs. 2, §. 812 Abs. 2. Vergl. auch §. 371 Satz 2, §§. 1598, 1718. 2) §§. 313, 518. •) §. 126.

§ 782. Wird ein Schuldversprechen oder ein Schuld­ anerkenntniß auf Grund einer Abrechnung oder im Wege des Vergleichs ') ertheilt, so ist die Beobachtung der in den §§. 780, 781 vorgeschriebenen schriftlichen Form nicht erforderlich. ') §. 779.

214

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Linundzwanzigster Titel.

Anweisung. Kegriff; Gegenstand. § 783. Händigt Jemand eine Urkunde, in der er einen Anderen anweist, Geld, Werthpapiere oder andere vertretbare Sachen an einen Dritten zu leisten, dem Dritten aus, so ist dieser er­ mächtigt, die Leistung bei dem Angewiesenen im eigenen Namen zu erheben; der Angewiesene ist ermächtigt, für Rechnung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten. Die Anweisung ist ein selbständiges Rechtsgeschäft, welches nicht den Vorschriften des Auftrags untersteht, sondern ebenso wie die Vollmacht nach eigenen Grundsätzen behandelt wird.

Annahme der Anweisung durch den Angewiesenen. § 784. Nimmt der Angewiesene die Anweisung an, so ist er dem Anweisungsempfänger gegenüber zur Leistung verpflichtet; er kann ihm nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Annahme betreffen oder sich aus dem In­ halte der Anweisung oder dem Inhalte der Annahme ergeben oder dem Angewiesenen unmittelbar gegen den Anweisungs­ empfänger zustehen. Die Annahme erfolgt durch einen schriftlichen Vermerk auf der Anweisung. Ist der Vermerk auf die Anweisung vor der Aushändigung an den Anweisungsempfänger gesetzt worden, so wird die Annahme diesem gegenüber erst mit der Aushändigung wirksam. Aushändigung der Anweisung. § 785. Der Angewiesene ist nur gegen Aushändigung der Anweisung *) zur Leistung verpflichtet. *) und gegen Quittung (§. 368).

Verjährung. § 786. Der Anspruch des Anweisungsempfängers gegen den Angewiesenen aus der Annahme verjährt in drei Jahren. Anweisung auf Schuld. § 787. Im Falle einer Anweisung auf Schuld wird der An­ gewiesene durch die Leistung in deren Höhe von der Schuld befreit.

Anweisung.

§§. 783—792.

215

Zur Annahme der Anweisung oder zur Leistung an den Anweisungsempfänger ist der Angewiesene dem Anweisenden gegenüber nicht schon deshalb verpflichtet, weil er Schuldner des Anweisenden ist. Für die Ansprüche des Angewiesenen gegen den Anweisenden ist im Uebrigen das zwischen ihnen bestehende Rechtsverhältniß maßgebend.

Anweisung pim Zwecke der Zahlung. § 788. Ertheilt der Anweisende die Anweisung zu dem Zwecke, um seinerseits eine Leistung an den Anweisungsempfänger zu bewirken, so wird die Leistung, auch wenn der Angewiesene die Anweisung annimmt, erst mit der Leistung des Angewiesenen an den Anweisungsempfänger bewirkt. Anweisung ist keine Zahlung.

Vergl. aber §. 364.

Pflichten des Anweisungsrmpfangers.

§ 789. Verweigert der Angewiesene vor dem Eintritte der Leistungszeit die Annahme der Anweisung oder verweigert er die Leistung, so hat der Anweisungsempfänaer dem Anweisenden unverzüglich Anzeige zu machen. Das GKiche gilt, wenn der Anweisungsempfänger die Anweisung nicht geltend machen kann oder will. Die Verpflichtungen des Anweisungsempfängers gegenüber dem An­ weisenden bestimmen sich im Uebrigen nach dem zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisse.

Widerruf der Anweisung. § 790. Der Anweisende kann die Anweisung dem Angewiesenen gegenüber *) widerrufen, solange nicht der Angewiesene sie dem Anweisungsempfänger gegenüber angenommen oder die Leistung bewirkt hat. Dies gilt auch dann, wenn der Anweisende durch den Widerruf einer ihm gegen den Anweisungsempfänger ob­ liegenden Verpflichtung zuwiderhandelt. *) §§. 130—132.

Tod oder Geschäftsunfähigkeit eines der Bethätigten.

§ 791. Die Anweisung erlischt nicht durch den Tod oder den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit eines der Betheiligten. Vergl. §. 153.

Ueverlragung einer Anweisung vor der Annahme. § 792. Der Anweisungsempfänger kann die Anweisung durch

216

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Vertrag mit einem Dritten auf diesen übertragen, auch wenn sie noch nicht angenommen worden ist. Die Uebertragungserklärung bedarf der schriftlichen Form. Zur Uebertragung ist die Aushändigung der Anweisung an den Dritten erforderlich./ Der Anweisende kann die Uebertragung ausschließen. Dtt Ausschließung ist dem Angewiesenen gegenüber nur wirksam, wenn sie aus der Anweisung zu entnehmen ist oder wenn ste von dem Anweisenden dem Angewiesenen mitgetheitt wird, bevor dieser die Anweisung annimmt oder die Leistung bewirkt. Mmmt der Angewiesene die Anweisung dem Erwerber gegenüber an, so kann er aus einem zwischen ihm und dem Anweisungsempfänger bestehenden Rechtsverhältniß Einwendungen nicht herleiten. Im Uebrigen finden auf die Uebertragung der Anweisung die für die Abtretung einer Forderung gellenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Die Vorschriften über die Abtretung einer Forderung können für die Uebertragung einer noch nicht angenommenen Anweisung nicht zur An­ wendung kommen, weil vor der Annahme keine Forderung des Anweisungs­ empfängers gegen den Angewiesenen besteht.

Zweiundjwanjigster Titel. Schuldverschreibung auf den Inhaber. 1. Das Gesetz giebt im 22. Titel nur Vorschriften für diejenigen Jnhaberpapiere, in welchen der Äussteller dem jeweiligen Inhaber eine Leistung verspricht. Nicht betroffen werden diejenigen Jnhaberpapiere, welche kein Leistungsversprechen enthalten, insbesondere Aktien; es ist vorausgesetzt, daß bei der Revision des H.G.B. die Frage entschieden wird, ob und wie weit die Vorschriften des B.G.B. auf Aktien rc. zu erstrecken stnd (vergl. den Entwurf eines H.G.B. §. 211, Denkschrift dazu S. 137 ff., Amtliche Ausgabe, Berlin 1896). 2. Der 22. Titel regelt nur die aus der Schuldverschreibung sich ergebenden Verbindlichkeiten des Ausstellers gegen den Inhaber. Hinsicht­ lich der dinglichen Rechtsverhältniffe an der Urkunde, insbesondere des Erwerbes und Verlustes des Eigenthums, sind die Vorschriften des Sachen­ rechts maßgebend. 3. Die Forderung aus der Schuldverschreibung auf den Inhaber gelangt dadurch zur Entstehung, daß der Aussteller die Urkunde herstellt und daß ste alsdann in den Verkehr gebracht wird; der Aussteller wird auch dann verpflichtet, wenn die von ihm hergestellte Urkunde ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt (§§. 793, 794). Forderungsberechtigt soll nach der dem Gesetze zu Grunde liegenden Anschauung nicht jeder Inhaber, namentlich nicht der unredliche Besitzer,

Schuldverschreibung auf den Inhaber.

§. 793.

217

sondern nur der Eigenthümer der Urkunde sein. Würde aber im Gesetze die Rechtsnorm aufgestellt, daß nur der Eigenthümer die Forderung geltend machen könne, so würden große Schwierigkeiten entstehen, einerseits für den Inhaber, welcher bei der Einlösung eines jeden Zinsscheins rc. einen Eigenthumserwerbsgrund anführen und beweisen müßte, anderer­ seits für den Aussteller, welcher, um Regreßansprüchen zu entgehen, vor der Leistung die Berechtigung des Präsentanten prüfen müßte. Es ist deshalb bestimmt, daß der Inhaber als solcher die sich aus dem Papiere ergebende Forderung geltend machen kann und daß der Aussteller befugt ist, an den Inhaber zu leisten, daß aber der Aussteller das Recht haben soll, einredeweise das Verfügungsrecht des Inhabers zu bestreiten; der Aus­ steller hat im letzteren Falle den Mangel der Berechtigung des Inhabers zu beweisen (§. 793). Die Gültigkeit der Unterzeichnung und damit der Schuldverschreibung kann von dem Aussteller an eine bestimmte Form geknüpft werden (§. 793 Abs. 2). Für gewisse Schuldverschreibungen ist staatliche Genehmigung vorgeschrieben (§. 795). Weiter giebt das Gesetz eine Anzahl von Bestimmungen, welche mit Rücksicht auf die besondere Natur der Jnhaberpapiere und das in der Praxis hervorgetretene Be­ dürfniß als nothwendig erschienen sind, insbesondere über Kraftloserklärung^ Zahlungssperre, Verjährung, Natur der Zinsscheine rc. (§§. 796—806). Zum Schlüsse werden die Rechtsverhältnisse an Karten, Marken rc. und an den sogen, qualifizirten Legitimationspapieren (Sparkassenbüchern rc.) geregelt (§§. 807, 808).

Kegriff; Gegenstand; Fon

§ 793. Hat Jemand eine Urkunde ausgestellt, in der er dem Inhaber der Urkunde eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf den Inhaber), so kann der Inhaber von ihm die Leistung nach Maßgabe des Versprechens verlangens) es sei denn, daß er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist?) Der Aus­ steller wird jedoch auch durch die Leistung an einen nicht zur Verfügung berechtigten Inhaber befreit. Die Gültigkeit der Unterzeichnung kann durch eine in die Urkunde aufgenommene Bestimmung von der Beobachtung einer besonderen Form3) abhängig gemacht werden. Zur Unterzeichnung genügt eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung her­ gestellte Namensunterschrift. *) auch soweit mehr als 6°/0 Zinsen versprochen sind (§. 247 Abs. 2). 2) Die Vorschriften der Reichsgesetze, durch welche Schuldverschrei­ bungen auf den Inhaber gewissen Beschränkungen unterworfen werden (insbes. Ges., betr. die Jnhaberpapiere mit Prämien, v. 8. Juni 1871, R.G.Bl. S. 210, und Bankges. v. 14. März 1875, R.G.Bl. S. 177)r bleiben unberührt. 3) Vorbehalt für die Landesgesetzgebung im Einf.-Ges. Art. 100.

218

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

der Uerpstichtung des Ausstellers. § 794. Der Aussteller wird aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber auch dann verpflichtet, wenn sie ihm gestohlen worden oder verloren gegangen oder wenn sie sonst ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt ist. Auf die Wirksamkeit einer Schuldverschreibung auf den In­ haber ist es ohne Einfluß, wenn die Urkunde ausgegeben wird, nachdem der Aussteller gestorben oder geschäftsunfähig ge­ worden ist.

Ktaalliche Genehmigung. § 795. Im Inland ausgestellte Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, dürfen nur mit staatlicher Genehmigung*) in den Verkehr gebracht werden. Die Genehmigung wird durch die Zentralbehörde des Bundesstaats ertheilt, in dessen Gebiete der Aussteller seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat. Die Ertheilung der Genehmigung und die Bestimmungen, unter denen sie erfolgt, sollen durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt gemacht werden. Eine ohne staatliche Genehmigung in den Verkehr gelangte Schuldverschreibung ist nichtig; der Aussteller hat dem Inhaber den durch die Ausgabe verursachten Schaden zu ersetzen?) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Schuld­ verschreibungen, die von dem Reiche oder einem Bundesstaat ausgegeben werden. *) In der staatlichen Genehmigung liegt nicht die Uebernahme einer Garantie. 2) Strafbestimmung im Einf.-Ges. Art. 34 IV.

Einreden des Ausstellers. § 796. Der Aussteller kann dem Inhaber der Schuld­ verschreibung nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Ausstellung betreffen oder sich aus der Urkunde er­ geben oder dem Aussteller unmittelbar gegen den Inhaber zustehen. Vergl. die W.O. Art. 82.

Der Aussteller hat keine Einreden aus

den die Ausgabe des Papiers betreffenden Rechtsverhältnissen.

Aushändigung der Urkunde. § 797. Der Aussteller ist nur gegen Aushändigung der Schuld­ verschreibung zur Leistung verpflichtet. Mit der Aushändigung

Schuldverschreibung auf den Inhaber.

§§. 794—801.

219

erwirbt er das Eigenthum an der Urkunde, auch wenn der Inhaber zur Verfügung über sie nicht berechtigt ist. Die etwaigen Ansprüche des bishengen Eigenthümers auf Grund der Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung und der Vorschriften über unerlaubte Handlungen bleiben unberührt.

Umtausch beschüdrgtrr Urkunden.

§ 798. Ist eine Schuldverschreibung auf den Inhaber in Folge einer Beschädigung oder einer Verunstaltung zum Um­ läufe nicht mehr geeignet, so kann der Inhaber, sofern ihr wesentlicher Inhalt und ihre Unterscheidungsmerkmale noch mit Sicherheit erkennbar sind, von dem Aussteller die Ertheilung einer neuen Schuldverschreibung aus den Inhaber gegen Aus­ händigung der beschädigten oder verunstalteten verlangen. Die Kosten hat er zu tragen und vorzuschießen.

KrastLoserkLärung. § 799. Eine abhanden gekommene oder vernichtete Schuld­ verschreibung auf den Inhaber kann, wenn nicht in der Urkunde das Gegentheil bestimmt ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden. Ausgenommen sind Zins-, Rentenund Gewinnantheilscheine sowie die auf Sicht zahlbaren un­ verzinslichen Schuldverschreibungen. Der Aussteller ist verpflichtet, dem bisherigen Inhaber auf Verlangen die zur Erwirkung des Aufgebots oder der Zahlungs­ sperre erforderliche Auskunft zu ertheilen und die erforderlichen Zeugnisse auszustellen. Die Kosten der Zeugnisse hat der bis­ herige Inhaber zu tragen und vorzuschießen. Das Aufgebotsverfahren soll sich nach den Bestimmungen der C.P.O. richten. Es ist in Aussicht genommen, die einschlägigen Vorschriften der C.P.O. in verschiedenen Richiungen zu ändern und zu ergänzen; vergl. die §§. 837 ff. in der dem Reichstage vorgelegten Denkschrift.

§ 800. Ist eine Schuldverschreibung auf den Inhaber für kraftlos erklärt, so kann derjenige, welcher das Ausschlußurtheil erwirkt hat, von dem Aussteller, unbeschadet der Befugniß, den Anspruch aus der Urkunde geltend zu machen, die Ertheilung einer neuen Schuldverschreibung auf den Inhaber an Stelle der für kraftlos erklärten verlangen. Die Kosten hat er zu tragen und vorzuschießen. Ausschlußfristen; Uerjührung. § 801. Der Anspruch aus einer Schuldverschreibung auf den

220

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Inhaber erlischt mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach dem Eintritte der für die Leistung bestimmten Zeit, wenn nicht die Urkunde vor' dem Ablaufe der dreißig Jahre dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt wird. Erfolgt die Vorlegung, so ver­ jährt der Anspruch in zwei Jahren von dem Ende der Vorlegungsfrist an. Der Vorlegung steht die gerichtliche Geltend­ machung des Anspruchs aus der Urkunde gleich. Bei Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheinen beträgt die Vorlegungsfrist vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schluffe des Jahres, in welchem die für die Leistung bestimmte Zeit eintritt. Die Dauer und der Beginn der Vorlegungsfrist können von dem Aussteller in der Urkunde anders bestimmt werden. Der Aussteller kann weder auf die Vorlegung verzichten noch die Ausschlußfrist ganz beseitigen.

ZaMngssperre. § 802. Der Beginn und der Lauf der Vorlegungsfrist sowie der Verjährung werden durch die Zahlungssperre zu Gunsten des Antragstellers gehemmt. Die Hemmung beginnt mit der Stellung des Antrags auf Zahlungssperre; sie endigt mit der Erledigung des Aufgebotsverfahrens und, falls die Zahlungs­ sperre vor der Einleitung des Verfahrens verfügt worden ist, auch dann, wenn seit der Beseitigung des der Einleitung ent­ gegenstehenden Hindernisses sechs Monate verstrichen sind und nicht vorher die Einleitung beantragt worden ist. Auf diese Frist finden die Vorschriften der §§. 203, 206, 207 entsprechende Anwendung. Die Außerkurssetzung von Schuldverschreibungen auf den Inhaber ist beseitigt, und zwar sowohl die öffentliche wie die private (Einf.-Ges. Art. 176).

Zinsscheinr. § 803. Werden für eine Schuldverschreibung auf den Inhaber Zinsscheine ausgegeben, so bleiben die Scheine, sofern sie nicht eine gegentheilige Bestimmung enthalten, in Kraft, auch wenn die Hauptforderung erlischt oder die Verpflichtung zur Ver­ zinsung aufgehoben oder geändert wird. Werden solche Zinsscheine bei der Einlösung der Haupt­ schuldverschreibung nicht zurückgegeben, so ist der Aussteller be­ rechtigt, den Betrag zurückzubehalten, den er nach Abs. 1 für die Scheine zu zahlen verpflichtet ist. Vergl. §. 1296.

Schuldverschreibung auf den Inhaber.

§§. 802—807.

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§ 804. Ist ein Zins-, Renten- oder Gewinnantheilschein ab­ handen gekommen oder vernichtet und hat der bisherige In­ haber den Verlust dem Aussteller vor dem Ablaufe der Vor­ legungsfrist angezeigt, so kann der bisherige Inhaber nach dem Ablaufe der Frist die Leistung von dem Aussteller verlangen?) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der abhanden ge­ kommene Schein dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt oder der Anspruch aus dem Scheine gerichtlich geltend gemacht worden ist, es sei denn, daß die Vorlegung oder die gericht­ liche Geltendmachung nach dem Ablaufe der Frist erfolgt ist. Der Anspruch verjährt in vier Jahren. In dem Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine kann der im Abs. 1 bestimmte Anspruch ausgeschlossen werden. *) Ersatz für die ausgeschloffene Kraftloserklärung von Zinsscheinen re. Siehe indessen auch das Einf.-Ges. Art. 100 Nr. 2.

Erneuerungsscheine.

§ 805. Neue Zins- oder Rentenscheine für eine Schuld­ verschreibung auf den Inhaber dürfen an den Inhaber der zum Empfange der Scheine ermächtigenden Urkunde (Erneuerungsschein) nicht ausgegeben werden, wenn der Inhaber der Schuld­ verschreibung der Ausgabe widersprochen hat. Die Scheine sind in diesem Falle dem Inhaber der Schuldverschreibung aus­ zuhändigen, wenn er die Schuldverschreibung vorlegt. Die Ansprüche des Inhabers des Erneuerungsscheins bleiben un­ berührt.

Umschreibung auf den Mauren. § 806. Die Umschreibung einer auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibung auf den Namen eines bestimmten Be­ rechtigten^) kann nur durch den Aussteller erfolgen. Der Aus­ steller ist zur Umschreibung nicht verpflichtet.a) Die Umschreibung auf den Namen dient demselben Zwecke wie die beseitigte Außerkurssetzung (Anm. zu §. 802). Das B.G.B. operirt mit der Umschreibung an mehreren Stellen (§. 1393, §. 1667 Abs. 2 Satz 4, §§. 1815, 2117). 2) Vorbehalt für die Landesgesetzgebung im Einf.-Ges. Art. 101.

Karten, Marken rtr.

§ 807. Werden Karten, Marken oder ähnliche Urkunden, in denen ein Gläubiger nicht bezeichnet ist, von dem Aussteller unter Umständen ausgegeben, aus welchen sich ergiebt, daß er

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Recht der Schuldverhältmsse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

dem Inhaber zu einer Leistung verpflichtet sein will, so finden die Vorschriften des §. 793 Abs. 1 und der §§. 794, 796, 797 entsprechende Anwendung. Vergl. Einf.-Ges. Art. 102.

Kegitirnationspapiere.

§ 808. Wird eine Urkunde, in welcher der Gläubiger benannt ist, mit der Bestimmung ausgegeben, daß die in der Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden kann, so wird der Schuldner durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde Befreit.1) Der Inhaber ist nicht berechtigt, die Leistung zu verlangen. Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung der Urkunde«) zur Leistung verpflichtet. Ist die Urkunde abhanden gekommen oder vernichtet, so kann sie, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens«) für kraftlos erklärt werden. Die im §. 802 für die Verjährung gegebenen Vor­ schriften finden Anwendung. 1) Vorbehalt wegen der Sparkassen im Einf.-Ges. Art. 99. 2) und gegen Quittung (§. 368). 3) Siehe den für die C.P.O. in Aussicht genommenen §. 850 a in der Denkschrift, Uebergangsvorschriften im Einf.-Ges. Art. 177, 178.

Dreiundzwanzigster Titel. Vorlegung von Sachen. Anspruch gegen -en Besther. § 809. Wer gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich Gewißheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, kann, wenn die Besichtigung der Sache aus diesem Grunde für ihn von Interesse ist, ver­ langen, daß der Besitzer ihm die Sache zur Besichtigung vorlegt oder die Besichtigung gestattet. Das Interesse ist nicht nur glaubhaft zu machen, weisen.

sondern zu be­

Anspruch auf Gestattung -er Ginstcht einer Urkunde.

§ 810. Wer ein rechtliches Interesse daran hat, eine in fremdem Besitze befindliche Urkunde einzusehen, kann von dem Besitzer die Gestattung der Einsicht verlangen, wenn die Urkunde in seinem Interesse errichtet oder in der Urkunde ein zwischen ihm

Vorlegung von Sachen. Ungerechtfertigte Bereicherung. ZZ. 808—811. 223

und einem Anderen bestehendes Rechtsverhältniß beurkundet ist oder wenn die Urkunde Verhandlungen über ein Rechtsgeschäft enthält, die zwischen ihm und einem Anderen oder zwischen einem von beiden und einem gemeinschaftlichen Vermittler ge­ pflogen worden sind. Die Ansprüche auf Vorlegung oder Herausgabe der Urkunde, welche sich aus einem besonderen Rechtsverhältnisse, z. B. Eigenthum (§. 952) oder Auftrag, ergeben, bleiben unberührt. Die Vorschriften der C.P.O. §. 387 sollen dahin geändert werden, daß lediglich auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes verwiesen wird (Denkschrift).

Ort -er Darlegung; Gefahr und Kosten.

§ 811. Die Vorlegung hat in den Fällen der §§. 809, 810 an dem Orte zu erfolgen, an welchem sich die vorzulegende Sache befindet. Jeder Theil kann die Vorlegung an einem anderen Orte verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.*) Die Gefahr und die Kosten hat derjenige zu tragen, welcher die Vorlegung verlangt. Der Besitzer kann die Vor­ legung verweigern, bis ihm der andere Theil die Kosten vor­ schießt und wegen der Gefahr Sicherheit) leistet. *) Ueber die Art und Weise, wie die Vorlegung zu erfolgen hat, fehlt es an besonderen Bestimmungen. Der Grundsatz des §. 242 ist maßgebend. 2) §§. 232 ff.

vierundzwanzigster Titel.

Ungerechtfertigte Bereicherung. 1. Die Vorschriften des 24. Titels über die Herausgabe einer un­ gerechtfertigten Bereicherung haben eine weittragende praktische Bedeutung, da infolge der im B.G.B. durchgeführten Trennung von Kausalgeschäft und Leistungsgeschäft und der vielfachen Anwendung des abstrakten Vertrags die Möglichkeit des Eintritts einer ungerechtfertigten Bereicherung gegen­ über dem geltenden Recht erheblich erweitert ist. Die Regelung beruht auf folgenden Gedanken: Eine Vermögensverschiebung kann sich in äußerlich gültiger Weise vollziehen, obschon innerlich kein rechtlicher Grund für dieselbe vorhanden ist. Das Gesetz will die Möglichkeit reöffnen, eine solche Vermögensver­ änderung rückgängig zu machen und giebt zu dem Zwecke demjenigen, der den Verlust erlitten hat, einen persönlichen Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung gegen den Empfänger (§. 812). Der Anspruch richtet sich gegen denjenigen, der unmittelbar auf Kosten des Geschädigten bereichert

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Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

ist, ausnahmsweise (§. 822) auch gegen einen Dritten, der mittelbar be­ reichert ist. Der Thatbestand, auf Grund dessen eine Vermögensverschiebung als innerlich nicht gerechtfertigt erscheint, kann sehr verschieden sein, und es werden darnach sowie aus historischen Gründen mehrere Arten der Bereicherungsklagen unterschieden. Das B.G.B. stellt start mehrerer Einzel­ klagen im §. 812 Abs. 1 Satz 1 ein einheitliches Prinzip auf, welches alle in Betracht kommenden Fälle decken soll. Für einzelne wichtige Fälle, bei denen Mißverständnisse möglich wären, ist das Prinzip ausdrücklich für -anwendbar erklärt (§. 812 Abs. 1 Satz 2). Die §§. 814—817 stellen die Voraussetzungen für die Anwendung der Bereicherungsklage und den Ausschluß derselben in besonderen Fällen fest. Die §§. 818—820 ergänzen das Prinzip des §. 812, indem sie den Umfang der Verpflichtung zur Herausgabe näher bestimmen, und zwar giebt der §. 818 eine allgemeine Vorschrift, während die §§. 819 und 820 Fälle betreffen, in denen sich der Inhalt der Verpflichtung wegen der subjektiven Verhältnisse des Em­ pfängers (Mangel des guten Glaubens re.) erweitert. Der §. 821 stellt die Unverjährbarkeit der Einrede der ungerecht­ fertigten Bereicherung gegenüber einer ohne Rechtsgrund eingegangenen Verbindlichkeit fest. 2. Wenn auf Grund der Bestimmungen der C.P.O. eine vorläufige Leistung erlangt ist, z. B. mittels eines vorläufig vollstreckbaren Urtheils, und der prozessuale Grund für die Leistung demnächst fortfällt, so erhebt sich die Frage, nach welchen Grundsätzen der Geschädigte Ersatz zu bean­ spruchen hat. Es ist in Aussicht genommen, das Verhältniß so zu regeln, daß in den Fällen des §. 503 und der §§. 687, 688 die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung Anwendung finden sollen, daß da­ gegen in anderen Fällen nicht nur Herausgabe der Bereicherung, sondern Schadensersatz soll beansprucht werden können. Vergl. hinsichtlich der ersteren Fälle die (in der Denkschrift) für die C.P.O. vorgeschlagene Er­ gänzung des §. 503 und den neuen §. 689 a, hinsichtlich der letzteren die Vorbemerkung zu dem folgenden Titel. 3. Das B.G.B. verweist an zahlreichen Stellen auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung, so namentlich in §. 323 Abs. 3, §. 327, §. 516 Abs. 2 Satz 3, §. 527 Abs. 1, §. 528, §. 531 Abs. 2, §. 543 Abs. 2, §. 628 Abs. 1 Satz 2, §§. 682, 684, §. 852 Abs. 2, §§. 951, 977, 988, 993, 1301, §. 1399 Abs. 2 Satz 2, §. 1455, §. 1973 Abs. 2 Satz 1, §§. 2021, 2196, 2287, 2329. Vergl. auch Einf.-Ges. Art.104.

Grundsatz.

§ 812. Wer durch die Leistung eines Anderen oder in sonstiger1) Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts be­ zweckte Erfolgs nicht eintritt. Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte An-

Ungerechtfertigte Bereicherung.

§§. 812—816.

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Erkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuld­ verhältnisses?) *) Wer z. B. eine Erbschaft dadurch erlangt, daß der zunächst be­ rufene Erbe sie ausschlägt, wird hierdurch auf dessen Kosten bereichert. *) Durch diesen Ausdruck ist an die Stelle der subjektiven Voraus­ setzung ein objektives Merkmal gesetzt. *) §. 781, §. 397 Abs. 2.

Leistung einer Uichtfchuld. 8 813. Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann auch tarnt1) zurückgefordert werden, wenn dem Anspruch eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltend­ machung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen wurde. Die Vorschrift des §. 222 Abs. 2 bleibt unberührt. Wird eine betagte Verbindlichkeit vorzeitig erfüllt, so ist die Rückforderung ausgeschlossen; die Erstattung von Zwischenzinsen kann nicht verlangt werden?) T) Der Anspruch auf Rückforderung wegen Leistung einer Nichtschuld ergiebt sich schon aus §. 812 Abs. 1 Satz 1. *) Bergl. §. 272.

8 814. Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückaefordert werden, wenn der Leistende gewußt hat, daß er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den An­ stand zu nehmenden Rücksicht entsprach. Auf den Irrthum des Zahlenden kommt es nicht an. Wegen der jurisüschen Konstruktton vergl. §. 222 Abs. 2, §. 656 Abs. 1 Satz 2, §. 762 Abs. 1 Satz 2, auch §. 1297 ff.

Uichleintrilt -es mit einer Leistung bezweckten Erfolges.

8 815. Die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit einer Leistung bezweckten Erfolges1) ist ausgeschlossen, wenn der Ein­ tritt des Erfolges von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewußt hat oder wenn der Leistende den Eintritt des Erfolges wider Treu und Glauben verhindert-) hat. *) §. 812'Abs. 1 Satz 1.

*) Vergl. §. 162.

Verfügung eines Uichtbrrrchtigtrn über einen Gegenstand.

8 816. Trifft ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist,1) so ist er dem Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet. Erfolgt die Verfügung unentgeltlich, so Achilles, Bürgerliche- Gesetzbuch.

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226

Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse,

trifft die gleiche Verpflichtung denjenigen, welcher auf Grund der Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vortheil erlangt. Wird an einen Nichtberechtigten eine Leistung bewirkt, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist der Nicht­ berechtigte dem Berechtigten zur Herausgabe des Geleisteten ver­ pflichtet. *) §§. 892, 893, 932—936, 1032, 1207.

Vergl. §. 135 Abs. 2.

Verwerflicher Empfang. § 817. War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, daß der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verboth oder gegen die guten Sitten2) verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, daß die Leistung in der Eingehung einer Verbind­ lichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden?) 2) §. 134. 2) §. 138. 3) Die Vorschriften über unerlaubte Handlungen (§§. 823 ff.) bleiben unberührt.

Umfang -er Verpflichtung zur Herausgabe. § 818. Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen*) sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechtes oder als Ersatz für die Zer­ störung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegen­ standes erwirbt.2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außer Stande, so hat er den Werth zu ersetzen. Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersätze des Werthes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. Von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften?) *) §§. 99, 100.

2) Vergl. §. 718 Abs. 2.

3) §§. 291, 292.

Kenntniß -es Empfängers vom Mangel -es Rechtsgrundrs. § 819. Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntniß an zur

Ungerechtfertigte Bereicherung.

§§. 817—822.

227

Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre?) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten?) so ist er von dem Empfange der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet. *) §§. 291, 292.

2) Anm. zu §. 817.

Zweifel über -en Eintritt eines bezweckten Erfolges. § 820. War mit der Leistung ein Erfolg bezweckt, dessen Ein­ tritt nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als ungewiß an­ gesehen wurde, so ist der Empfänger, falls der Erfolg nicht ein­ tritt, zur Herausgabe so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zur Zeit des Empfanges rechtshängig geworden wäre?) Das Gleiche gilt, wenn die Leistung aus einem Rechts­ grunde, dessen Wegfall nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde, erfolgt ist und der Rechtsgrund wegfällt. Zinsen2) hat der Empfänger erst von dem Zeitpunkt an zu entrichten, in welchem er erfährt, daß der Erfolg nicht eingetreten oder daß der Rechtsgrund weggesallen ist; zur Herausgabe von Nutzungen2) ist er insoweit nicht verpflichtet, als er zu dieser Zeit nicht mehr bereichert ist. *) §§. 291, 292. Vergl. die Vorschläge zur Ergänzung der C.P.O. §§* BOB, 683 a in der Denkschrift. 2) Zinsfuß §. 246. 3) §§. 99, 100.

Eingehung einer Verbindlichkeit ohne Uechtsgrund.

§ 821. Wer ohne rechtlichen Grund eine Verbindlichkeit eingeht, kann die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Befreiung von der Verbindlichkeit verjährt ist. Vergl. §. 222 Abs. 2, ferner §. 858.

Zuwendung der Bereicherung an einen Dritten. § 822. Wendet der Empfänger das Erlangte unentgeltlich einem Dritten zu, so ist, soweit in Folge dessen die Verpflichtung des Empfängers zur Herausgabe der Bereicherung ausgeschlossen ist, der Dritte zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn er die Zuwendung von dem Gläubiger ohne rechtlichen Grund er­ halten hätte.

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Recht der Schuldverhältnisse.

Einzelne Schuldverhältnisse.

Fünfundzwanjigster Titel. Unerlaubte Handlungen. t. Das B.G.B. setzt eine Schadensersatzpflicht nicht für bestimmte unerlaubte Handlungen fest, sondern stellt für die Haftung aus solchen Handlungen allgemeine Voraussetzungen auf (§. 823). Dabei wird einerseits der Zweck verfolgt, den Rechtskreis des Einzelnen gegen widerrechtliche Eingriffe zu schützen; der Rechtskreis der Einzelnen aber bestimmt sich nach der durch die in seiner Person begründeten Rechte und durch die zu seinem Schutze erlassenen Gesetze. Andererseits ist das Verhältniß so geregelt, daß Voraussetzung für die Ersatzpflicht ein Verschulden des Thäters ist. 2. In den weiteren Vorschriften des Titels wird das im §. 823 aufgestellte Prinzip nach mehreren Richtungen ergänzt. Ein Anspruch auf Schadensersatz wird zunächst zugestanden in einer Anzahl von Fällen, in denen kein in der Person begründetes Recht verletzt oder nicht gegen ein Gesetz verstoßen ist (§§. 824—826, 839, vergl. auch §. 1787 Abs. 1). Das Prinzip des subjektiven Verschuldens, aus welchem die §§. 827, 828 Konsequenzen ziehen, wird für eine Anzahl von Fällen durchbrochen oder abgeschwacht, und zwar derart, daß entweder auch ohne Verschulden Schadensersatz zu leisten ist (§§. 829, 833, 835) oder daß wenigstens dem Geschädigten der Beweis des Verschuldens abgenommen wird (§§. 834, 836—838). Im Zusammenhänge hiermit stehen Vorschriften über die Haftung für Handlungen dritter Personen (§§. 831, 832). Die C.P.O. soll dahin ergänzt und geändert werden, daß in einer Reihe von Fällen derjenige, welcher von einem vorläufigen Rechts­ behelfe Gebrauch macht, dem Anderen den hierdurch entstehenden Schaden ersetzen soll, wenn die endgültige Entscheidung zu Ungunsten des Klägers ausfällt. Vergl. die Zusätze zur C.P.O. §§. 274, 568, 655 und die neuen §§. 697 a, 822 a, aber auch den Zusatz zu §. 85 (Denkschrift) und das Einf.-Ges. Art. 95 Abs. 1 Satz 2, Art. 105—108. 3. Der nur mittelbar Geschädigte hat nach §