Betriebliche Umweltökonomie in Fällen: Band I Anwendung betriebswirtschaftlicher Instrumente [Reprint 2014 ed.] 9783486796667, 9783486246759

Hier wird erstmals eine anwendungsorientierte Bearbeitung von Fällen zu Fragestellungen der Betrieblichen Umweltökonomie

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German Pages 299 [304] Year 1999

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Bearbeitungshinweise
Leitthema Investitionsentscheidung
Investitionsentscheidungen - unter besonderer Berücksichtigung ökologischer Aspekte
Fallstudie PolyChem
Leitthema Akquisitionsentscheidung
Unternehmensbewertung. Strategische und finanzielle Bewertung unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte
Fallstudie Gallati
Target Costing. Eine Einführung in das Instrument des Kostenmanagements
Fallstudie Dresdner Sonne
Leitthema Life Cycle Costing
Life Cycle Costing. Ein Instrument zur Unterstützung der ökologieorientierten Kostenrechnung
Fallstudie Heller und Pfennig
Autorenverzeichnis
Stichwortverzeichnis
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Betriebliche Umweltökonomie in Fällen: Band I Anwendung betriebswirtschaftlicher Instrumente [Reprint 2014 ed.]
 9783486796667, 9783486246759

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Lehr- und Handbücher zur Ökologischen Unternehmensführung und Umweltökonomie Herausgegeben von

Dr. Carlo Burschel Bisher erschienene Werke: Baum • Coenenberg • Günther, Betriebliche Umweltökonomie in Fällen, Band I: Anwendung betriebswirtschaftlicher Instrumente Birke • Burschel • Schwarz, Handbuch Umweltschutz und Organisation Bringezu, Umweltpolitik Jens, Ökologieorientierte Wirtschaftspolitik Pfander, Ökologieorientierte Informations- und Steuerungssysteme im Unternehmen Steger, Handbuch des integrierten Umweltmanagements Strebel • Schwarz, Kreislauforientierte Unternehmenskooperationen

Betriebliche Umweltökonomie in Fällen Bandl: Anwendung betriebswirtschaftlicher Instrumente

Herausgegeben von

Prof. Dr. Heinz-Georg Baum Prof. Dr. Dr. h. c. Adolf G. Coenenberg Prof. Dr. Edeltraud Günther

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme B e t r i e b l i c h e U m w e l t ö k o n o m i e in Fällen / hrsg. von Heinz-Georg Baum ... - München ; Wien : Oldenbourg (Lehr- und Handbücher zur ökologischen Unternehmensfuhrung und Umweltökonomie) Bd. 1 Anwendung betriebswirtschaftlicher Instrumente. - 1999 ISBN 3-486-24675-5

© 1999 R. Oldenbourg Verlag Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0, Internet: http://www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: Druckhaus „Thomas Müntzer" GmbH, Bad Langensalza ISBN 3-486-24675-5

1

Vorwort

Die Betriebliche Umweltökonomie widmet sich als noch junge Disziplin der Betriebswirtschaftslehre den Fragestellungen einer Integration ökologischer Aspekte in betriebswirtschaftliche Entscheidungen. Dabei stehen zwei Fragestellungen im Mittelpunkt: • „Warum sind ökologische Aspekte in die betrieblichen Entscheidungsprozesse zu integrieren?" Hierbei ist zunächst die grundsätzliche Frage nach der Notwendigkeit einer betrieblichen Ökologieorientierung zu untersuchen. Dies erfordert eine Analyse der Rahmenbedingungen, die die Ökologieorientierung in Unternehmen beeinflussen. • „Wie sind ökologische Aspekte in die betrieblichen Entscheidungsprozesse zu integrieren?" Hier ist zwischen dem Management der einzelnen Funktionsbereiche und den anzuwendenden Instrumenten zu unterscheiden. Gerade im Hinblick auf den notwendigen Transfer in die betriebliche Praxis kann die Differenzierung und Erweiterung der sogenannten monetären und nicht-monetären Instrumente den Stellenwert der Betrieblichen Umweltökonomie weiter befördern. Die Relevanz der Betrieblichen Umweltökonomie läßt sich zwar theoretisch einfach darlegen und wird grundsätzlich auch in der Praxis kaum bestritten. Bei der tatsächlichen Integration ökologischer Aspekte in unternehmerische Entscheidungsprozesse stößt man jedoch auf Probleme: Häufig sind die entwickelten Konzepte und Instrumente nicht praktikabel und/oder die real existierenden Wettbewerbssituationen werden nicht ausreichend beachtet. Deshalb ist eine anwendungsorientierte Bearbeitung der Fragestellungen der Betrieblichen Umweltökonomie geboten. Im Zuge einer solchen praxisorientierten Ausbildung in der Betriebswirtschaftslehre hielt das Instrument der Fallstudien vermehrt Einzug in die Lehre an Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen für Führungskräfte. Nach einer Marktanalyse der bestehenden Lehrbücher entstand die Idee, aus der betrieblichen Praxis Fälle zum Thema „Betriebliche Entscheidungen und Umweltschutz" zu erheben und für das vorliegende Lehrbuch aufzubereiten. Nicht konstruierte und auf ein Detail fokussierte Fragestellungen, sondern reale Problemstellungen der Praxis mit all ihren Interdependenzen sollen so der Vertiefung, Erweiterung und Anwendung der theoretischen Grundlagen dienen.

2

Vorwort

Aus didaktischen Gründen wurde der Umfang der Fallstudien so gestaltet, daß die Motivation fiir die Bearbeitung dadurch nicht beeinträchtigt wird. Hierfür wurden Daten und Strukturen verallgemeinert, angepaßt und ergänzt, um jeweils ein in sich schlüssiges Leitthema präsentieren zu können. Für den Einsatz der hier präsentierten Fallstudien in der Lehre sind zwei grundsätzlich unterschiedliche Lehrkonzepte denkbar, wie folgende Abbildung veranschaulicht: Betonung der... ..Fachkompetenz.

...Sozialkompetenz. Vorstellen einer „Quasi"-Musterlösung * durch den Dozenten

Selbständige Gruppenarbeit ohne Eingriff des Dozenten

Kontinuum Dozent als Moderator

Abb.:

Kóntinuum der Einsatzmöglichkeiten

der vorliegenden

Fallstudien

Einerseits können die Fälle basierend auf einer „Quasi"-Musterlösung durch den Dozenten in Form einer klassischen Vorlesung vorgestellt werden. Andererseits kann die Gruppenarbeit der Studenten mit der selbständigen Erarbeitung eigener Lösungsvorstellungen ohne Eingriff eines Dozenten im Vordergrund stehen. Das vorliegende Lehrbuch liefert mit seinen Fallstudien die Ausgangsbasis für beide Lehrkonzepte. Es zielt zum einen darauf ab, die Fachkompetenz der Bearbeiter ausbauen. Zum anderen soll durch eine intensive Gruppendiskussion die soziale Kompetenz gefördert werden. Hierdurch wird authentisch die Erfahrung vermittelt, daß Entscheidungen Ergebnisse von oft langwierigen interaktiven Prozessen sind, und mehr als den alleinigen Instrumenteneinsatz bedeuten. Der Dozent wirkt bei dieser pädagogischen Zielstellung lediglich als Moderator, regt die Entwicklung alternativer Lösungswege an und verdeutlicht so, daß es bei der Bearbeitung von Fallstudien und damit von Problemstellungen der betrieblichen Praxis nur selten eindeutige Musterlösungen gibt. Die Fallstudien können in der Ausbildung von Studenten des Hauptstudiums, vornehmlich der Wirtschaftswissenschaften, eingesetzt werden ebenso wie bei ökologieorientierten Studiengängen mit Bezug zu unternehmerischen Fragestellungen. Im Bereich der Weiterbildung sind sie durch ihre Praxisorientierung, welche den

Vorwort

3

nötigen Theoriebezug jedoch nicht vermissen läßt, für Managementseminare im Bereich Controlling und Untemehmensführung geeignet. Die redaktionelle Arbeit, die Koordination der Autoren und das Layout des vorliegenden Lehrbuchs lag in der Hand von Herrn Dipl.-Kfm. Oliver Schill. Seinen Ideen und seinem unermüdlichen Einsatz ist die einheitliche Gestaltung der Fallstudien zu verdanken. Darüber hinaus gilt unser Dank dem R. Oldenbourg Verlag, namentlich Herrn Dipl.-Volksw. Martin Weigert, für die geduldige Zusammenarbeit.

Heinz-Georg Baum Adolf G. Coenenberg Edeltraud Günther

5

Inhaltsübersicht Vorwort

1

Inhaltsübersicht

5

Bearbeitungshinweise

6

Leitthema Investitionsentscheidung Investitionsentscheidungen - unter besonderer Berücksichtigung ökologischer Aspekte

10

Fallstudie PolyChem

44

Leitthema Akquisitionsentscheidung Unternehmensbewertung. Strategische und finanzielle Bewertung unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte Fallstudie Gallati

88 133

Leitthema Target Costing Target Costing. Eine Einfuhrung in das Instrument des Kostenmanagements ....166 Fallstudie Dresdner Sonne

197

Leitthema Life Cycle Costing Life Cycle Costing. Ein Instrument zur Unterstützung der ökologieorientierten Kostenrechnung

232

Fallstudie Heller und Pfennig

267

Autorenverzeichnis

288

Stichwortverzeichnis

292

6

Bearbeitungshinweise

Ziel Ziel dieses Lehrbuchs ist es, anhand von Fallstudien aus der Praxis Fragestellungen der Betrieblichen Umweltökonomie auf Basis von theoretisch fundiertem Fachwissen der Betriebswirtschaftslehre zu bearbeiten. Im Mittelpunkt steht somit der vielfach geforderte Gedanke des Transfers als Grundlage einer praxisorientierten Lehre. Aufbau Das Lehrbuch gliedert sich hierfür in einzelne Module, die sich jeweils intensiv mit einem sogenannten Leitthema beschäftigen. Wie nachfolgende Abbildung zeigt, bestehen diese Module aus •

einem Aufsatz, der in das jeweilige Leitthema einführt und fundierte theoretische Kenntnisse im Sinne von Methodenwissen vermittelt,



der sich anschließenden Fallstudie, die auf dieser theoretischen Basis aufbauend bearbeitet werden kann.

Dieser Transfer von theoretischem Wissen in die Bearbeitung einer Fallstudie aus der Praxis wird durch gezielte Literaturhinweise unterstützt: Jeder Aufsatz schließt mit kommentierten Verweisen auf Literaturstellen zur Vertiefung des Leitthemas sowie angrenzenden Fragestellungen. Modul: Leitthema als Motivation und Orientierung für den Transfer

r

Literaturhinweise

Aufsatz zum Leitthema

Fallstudie aus der Praxis

Transfer

Bereitstellung der theoretische Basis: Methodenwissen Abb.:

Aufbau eines Moduls

Anwendung des theoretischen Wissens: Problemlösungskompetenz

Bearbeitungshinweise

7

Darüber hinaus wurde jeder Fallstudie eine Kurzinformation vorangestellt, die in erster Linie den Dozenten auf einen Blick über •

das Leitthema, welches mit der Bearbeitung der Fallstudie intensiv behandelt wird, sowie



die damit verknüpften Themengebiete, die mit der Fallstudie optional bearbeitet und diskutiert werden können,

informiert und somit das inhaltliche Potential zur Vermittlung von Fachwissen aufzeigt. Soweit für die Bearbeitung der Fallstudie weitere Literatur (z. B. Gesetze, Verordnungen etc.) empfohlen wird, gibt die Kurzinformation darüber ebenfalls Auskunft. Ergänzend kann die Kurzinformation auch Bemerkungen enthalten, die für die Bearbeitung hilfreich sind bzw. den Dozenten auf Besonderheiten hinweisen. Bearbeitung Für die konkrete Bearbeitung der Fallstudien bedeutet die Umsetzung des angestrebten Transfersgedankens, im Gegensatz zu gewohnten Übungsaufgaben zu lernen, mit einer unvollständigen oder unvollkommenen Datenbasis zu arbeiten. Das heißt beispielsweise, •

bewußt Annahmen zu setzen, deren Bedeutung und Einfluß für die erarbeitete Lösung zu untersuchen, zu diskutieren und nachvollziehbar darzustellen;



bei der Problemlösung in Alternativen zu denken, verschiedene Szenarien zu entwerfen und somit

• Entscheidungssituationen unter Risiko bzw. Unsicherheit zu bewältigen. Verbesserungsvorschläge Über Verbesserungsvorschläge freuen sich die Herausgeber und Autoren ebenso wie über kleine Korrekturhinweise! Kontakt Brief:

Technische Universität Dresden Fakultät Wirtschaftswissenschaften Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Betriebliche Umweltökonomie 01062 Dresden

E-Mail:

[email protected]

Website:

http://www.tu-dresden.de/wwbwlbu/index.htm

9

Leitthema

Investitionsentscheidung

10 Thomas Günther, Jochen Fischer

Investitionsentscheidungen unter besonderer Berücksichtigung ökologischer Aspekte.

1 Einfuhrung

11

2 Investitionsentscheidungsprozeß

12

3 Strategische Bewertung von Investitionsalternativen 3.1 Umfeldanalyse 3.2 Unternehmensanalyse 3.3 Strategiegewinnung durch Abgleich von Umfeld- und Unternehmensanalyse

13 14 16

4 Monetäre Bewertung von Investitionsalternativen 4.1 Benötigte Inputdaten 4.1.1 Bestimmung der Einzahlungsüberschüsse 4.1.2 Bestimmung des Planungshorizontes 4.1.3 Bestimmung des Kalkulationszinssatzes 4.2 Dynamische Investitionsrechenverfahren 4.2.1 Kapitalwert 4.2.2 Interner Zinssatz 4.2.3 Baldwin-Zinssatz 4.2.4 Kapitalwertrate 4.3 Berücksichtigung von Unsicherheit

18 20 20 23 25 31 32 32 34 35 36

5 Qualitative Bewertung von Investitionsalternativen

37

6 Schlußbemerkung

38

7 Literaturhinweise

38

Abkürzungsverzeichnis

39

Symbolverzeichnis

39

Literaturverzeichnis

40

16

Investitionsentscheidungen

11

1 Einführung In den letzten zwei Jahrzehnten nahm die Bedeutung der Umweltschutzinvestitionen in der Bundesrepublik Deutschland drastisch zu. 1994 beliefen sich die Ausgaben des produzierenden Gewerbes und des Staates für Umweltschutz 1 auf insgesamt 42 Mrd. DM gegenüber 13,4 Mrd. DM im Jahr 1975.2 Im Jahr 1993 betrugen die Umweltschutzinvestitionen des produzierenden Gewerbes in den alten Bundesländern 5 Mrd. DM, was 5% des gesamten Investitionsvolumens dieses Sektors entspricht. Innerhalb des produzierenden Gewerbes investierten v. a. die Energieversorgung und die Chemische Industrie für den Umweltschutz. Zu den Umweltschutzinvestitionen zählt das Umweltstatistikgesetz (UStatG) alle „Zugänge an Sachanlagen, die dem Umweltschutz dienen, und zwar jeweils für Abfallbeseitigung, Gewässerschutz, Lärmbekämpfung und Luftreinhaltung" 3 . Gemäß dieser Gliederung teilt sich das gesamte Umweltschutzinvestitionsvolumen des produzierenden Gewerbes in 1993 wie folgt auf: Umweltschutzinvestitionen des produzierenden Gewerbes in 1993: 5 Mrd. DM Lärmbekämpfung 4,0% Gewässerschutz 29,7%

Luftreinhaltung 48,4%

Abfallbeseitigung 17,9% Abb. I:

Investitionen fiir Umweltschutz im produzierenden Gewerbe 1993 im früheren (Quelle: STATISTISCHES BUNDESAMT (Hrsg.) (1997), S. 404)

Bundesgebiet

Die gesetzliche Definition von Umweltschutzinvestitionen laut Umweltstatistikgesetz subsumiert nur derartige Maßnahmen unter den Umweltschutzmaßnahmen, die eindeutig einem Medium zugeordnet werden können. Da diese begriffliche Abgrenzung sehr eng gefaßt ist, erscheint es statt dessen sinnvoll, alle Investitionen mit ökologischer Relevanz als Umweltschutzinvestitionen zu bezeichnen. 4

' 2 3 4

Diese Ausgaben umfassen sowohl Investitionen als auch laufende Ausgaben für den Betrieb von Umweltschutzeinrichtungen. Vgl. STATISTISCHES BUNDESAMT (Hrsg.) (1997), S. 404. § 11 UStatG. Vgl. RÜCKLE,D. (1989), S. 53.

12

Investitionsentscheidungen

Dabei kann es sich sowohl um reine Umweltschutzmaßnahmen als auch zugleich um Erweiterungs-, Ersatz- oder Rationalisierungsinvestitionen handeln. 5 Wie jede andere Investition wird eine Umweltschutzinvestition durch eine Zahlungsreihe charakterisiert, die mit einer Auszahlung beginnt. 6 Daher finden auch bei der ökonomischen Bewertung von Umweltschutzinvestitionen die bekannten traditionellen Investitionsrechenverfahren Anwendung. Bevor verschiedene Methoden der strategischen (Kapitel 3), monetären (Kapitel 4) und qualitativen Bewertung (Kapitel 5) aufgezeigt werden, soll zunächst beleuchtet werden, inwiefern spezielle ökologische Aspekte im Investitionsentscheidungsprozeß, v. a. im Rahmen der Datenbeschaffung und -erfassung, zu berücksichtigen sind. 2 Investitionsentscheidungsprozeß Der Investitionsentscheidungsprozeß (s. Abb. 2) bei ökologisch relevanten Investitionen gliedert sich grob in die vier Phasen Investitionsanregung, Investitionssuche, Investitionsbewertung und Investitionsauswahl.7 In der Investitionsanregungsphase ist zu analysieren, welche Anforderungen der Stakeholder8 (z. B. Kunden, Lieferanten, Wettbewerber, Arbeitnehmer, Kapitalgeber, Anteilseigner) eine Anpassung, einen Ersatz oder eine Erweiterung der bestehenden Investitionsstruktur notwendig machen. Bei der Beurteilung, inwieweit dadurch die bisherige Investitionsstruktur verbessert wird, sind alle relevanten ökologischen Umweltbelastungen zu integrieren. Während der Investitionssuchphase werden alle möglichen Alternativen zur Verbesserung der bestehenden Investitionsstruktur bestimmt. Neben Maßnahmen der Vermeidung, Verminderung, Substitution, Verwertung und Beseitigung sind ebenso Möglichkeiten der Überwälzbarkeit auf Kunden, Lieferanten, Versicherungen und den Staat sowie die Folgen eines Unterlassens ökologieorientierter Maßnahmen zu beleuchten.

5 6

7

8

Vgl. WICKE, L./HAASIS, H.-D./SCHAFHAUSEN, F./SCHULZ, W. (1992), S. 266 f. Vgl. SCHNEIDER, D. (1992), S. 10; KRUSCHWITZ, L. (1995), S. 4; SCHMIDT, R. H / T E R B E R G E R , E. (1996), S. 84. Zum Investitionsentscheidungsprozeß bei Umweltschutzinvestitionen vgl. SCHNEIDER, A. (1991), S. 3; WICKE, L./HAASIS, H.-D./SCHAFHAUSEN, F./SCHULZ, W. (1992), S. 259 f.; GÜNTHER, E. (1994), S. 191 ff. Einen Überblick zum Stakeholder-Ansatz bietet GÜNTHER, E. (1994), S. 24 ff

Investitionsentscheidungen Investitionssuchphase

Investrtionsanregungsphase C> Auswahl der Anforderungen der Stakeholder

0 Darstellung der unternehmerischen Alternativen - Vermeiden - Vermindern - Substituieren - Verwerten - Beseitigen

01 Analyse der bisherigen Investitionsstruktur

C> Darstellung von Möglichkeiten der Überwälzbarkeit - auf Kunden • auf Lieferanten - auf Versicherungen - auf den Staat 0 Darstellung möglicher Konsequenzen bei Nichtdurchfühnjng - Opportunitatskosten - Sanktionen - Verschmutzungsrechte - Verhandlungslösungen

Abb.

13

2:

Investitionsbewertungsphase C> Aussonderung von Alternativen, die Mindestanforderungen nicht genügen 0 Durchführung einer Investitionsrechnung bei monetärer Bewertbarkeit - Bestimmung der mit den Alternativen verbundenen Einnahmen und Ausgaben - Festlegung von Kalkulationszinssatz und Planungshorizont - Durchführung des Investitionsrechenverfahrens

Investitionsauswahlphase 0 Vergleich der Ergebnisse C> Entscheidung, ob und inwieweit externe Effekte freiwillig internalisiert werden C> Auswahl der optimalen Investition

C> Anwendung nichtmonetärer Entscheidungsinstmmente

Investitionsentscheidungsprozeß (Quelle:

GÜNTHER,

E. (¡994),

S.

192)

In der Investitionsbewertungsphase müssen für alle Alternativen, die nicht aufgrund des Verstoßes gegen ökologische Mindestanforderungen eliminiert werden,9 die damit verbundenen Ein- und Auszahlungen bestimmt werden,10 sofern eine monetäre Bewertung der Konsequenzen der Alternativen möglich ist. Diese Zahlungen bilden zusammen mit dem Kalkulationszins11 die Basis für die Bewertung der Vörteilhaftigkeit der Alternativen anhand geeigneter quantitativer Investitionsrechenverfahren.12 Beim Vorliegen von nicht monetär quantifizierbaren Aspekten bietet sich als Bewertungsmethode eine Nutzwertanalyse13 an. Eine Entscheidung für eine bestimmte Alternative erfolgt schließlich in der Investitionsauswahlphase. Hierbei ist abzuwägen, ob und inwieweit auch externe Effekte14 freiwillig internalisiert werden. 3 Strategische Bewertung von Investitionsalternativen Wie die Ausführungen zum Investitionsentscheidungsprozeß veranschaulichen, können Investitionsentscheidungen nicht ausschließlich aus finanzwirtschaftlicher

'

V g l . B O N U S , H. ( 1 9 7 2 ) , S. 3 4 4 ; B E H R E N S - E G G E , M . ( 1 9 9 1 ) , S. 86; G R A Y , R. ( 1 9 9 0 ) , S. 9 3 .

10

Zur B e s t i m m u n g der E i n - und A u s z a h l u n g e n unter b e s o n d e r e r B e r ü c k s i c h t i g u n g ö k o l o g i s c h e r A s p e k t e vgl. Kapitel 4.1.1.

"

Zur B e s t i m m u n g d e s Kalkulationszinses vgl. Kapitel 4.1.3.

12

Z u geeigneten quantitativen Investitionsrechenverfahren vgl. Kapitel 4.2.

13

Z u m A b l a u f e i n e r N u t z w e r t a n a l y s e v g l . Kapitel 5.

14

Z u e x t e r n e n E f f e k t e n v g l . G Ü N T H E R , E. ( 1 9 9 4 ) , S . 1 4 0 f.

14

Investitionsentscheidungen

Perspektive betrachtet werden; sie sind in den gesetzten strategischen Rahmen der Unternehmensaktivitäten einzubetten. Hierzu sind insbesondere bei der Berücksichtigung ökologischer Aspekte sowohl die von verschiedenen Stakeholder an das Unternehmen herangetragenen Ansprüche, die Chancen und Risiken nach sich ziehen können (Umfeldanalyse•), als auch Stärken und Schwächen des Unternehmens (Unternehmensanalyse) zu betrachten, die sich in der bisherigen Investitionsstruktur niederschlagen. 3.1 Umfeldanalyse Das Unternehmensumfeld wird sowohl vom aufgabenspezifischen Umfeld des Unternehmens als auch vom generellen globalen Umfeld bestimmt.15 Zum aufgabenspezifischen Umfeld sind die Anspruchsgruppen zu zählen, mit denen das Unternehmen zur Umsetzung seines Geschäftszweckes interagiert. Dies kann durch das Branchenstrukturmodell (Wettbewerbskräfte) nach P O R T E R charakterisiert werden.16 Ergänzend treten Kreditgeber, Anteilseigner, Mitarbeiter, Staat und die Öffentlichkeit als weitere wesentliche Anspruchsgruppen hinzu.17

Öffentlichkeit

Branchen•

Potentielle neue Konkurrenten B e d r o h u n g durch neue Konkurrenten

Strukturmodell: Verhandlungsstärke der Lieferanten

Wettbewerber in der Branche

Lieferanten

Mitarbeiter

Verhandlungsmacht der A b n e h m e r

Abnehmer Rivalität unter den bestehenden Unternehmen

Kreditgeber aufgabenspez. Umfeld |—j erweitertes aufgabenspez. Umfeld G globales Umfeld

Bedrohung durch Ersatzprodukte u n d •dlenste

Ersatzprodukte



Abb. 3:

15 16

"

Struktur des

Anteilseignern

technologische Rahmenbedingungei Unternehmensumfelds

Vgl. KUBICEK, H./THOM, N. (1976), Sp. 3988; GÜNTHER, E. (1994), S. 24. Vgl. PORTER, M. E. (1992a), S. 26. Vgl. STEGER, U. (1992), S. 94.

15

Investitionsentscheidungen

Zusätzlich ist das Unternehmen in ökonomische, ökologische, gesellschaftliche, technologische und rechtliche Rahmenbedingungen des globalen Umfeldes eingebettet, die in Abbildung 4 beispielhaft erläutert werden.18 Komponente des globalen

Beispiele

Umfeldes ökonomische Rahmenbedingungen

ökologische Rahmenbedingungen



Kostendruck



Öffnung der Märkte / Globalisierung



Deregulierung



Rückgang der Wachstumsraten etc.



Begrenzter Deponieraum

• Verknappung von Ressourcen • Anstieg der Entsorgungskosten •

Gesellschaftliche Rahmen bedingungen

Beschränkung von Emissionen etc.



Wertewandel



Hinwendung zur Informationsgesellschaft



Fragmentierung der Gesellschaft



Einstellung zu neuen Technologien

• Allgemeines Umweltbewulitsein etc. Technologische Rahmenbedingungen



Erhöhung von Innovationsraten

• Verkürzung von Marktzyklen •

Erhöhung von F&E-Kosten

• Vorbehalte gegen ökologische Innovationen • Abnehmende Grenzleistungsfähigkeit (S-Kurven-Konzept) etc. Rechtliche Rahmenbedingungen

Abb. 4:

• Verschärfung des Umweltrechts •

Finanzhilfen und Steuervergünstigungen



Berücksichtigung von Genehmigungsverfahren etc.

Beispiele fiir Rahmenbedingungen

des globalen

Umfelds

Die Umfeldanalyse soll aufzeigen, in welchen Bereichen Handlungsbedarf fiir das Unternehmen besteht. In einer strategischen Analyse sind die einzelnen Komponenten des Untemehmensumfeldes branchen- und untemehmensspezifisch anzupassen, herunterzubrechen und im Sinne einer validen Datenbasis monetär, quantitativ oder qualitativ zu messen. Endergebnis der Umfeldanalyse ist die Gewinnung von umfeldbezogenen Chancen (z. B. eine Profilierung am Markt durch Investition in Geschäftseinheiten mit ökologischer Ausrichtung bei steigendem Umweltbewußtsein der Nachfrager) und Risiken (z. B. die Notwendigkeit eines integrierten Konzeptes zum Abbau von Abfallmengen anstatt des Einsatzes von End-of-the-pipe-Technologien bei zunehmendem Kostendruck oder erhöhter Sensibilität der Öffentlichkeit).

18

Vgl. ausfuhrlich GÜNTHER, E. (1994), S. 25 ff.

16

Investitionsentscheidungen

3.2 Unternehmensanalyse Der Umfeldanalyse ist die Analyse der Stärken und Schwächen des Unternehmens gegenüberzustellen. Für die in diesem Beitrag betrachteten Investitionsentscheidungen bedeutet dies, Ansatzpunkte für Investitionsbedarfe und deren Umfang abzuleiten (Analyse der Investitionsstruktur). Als Analyseinstrument bietet sich hier der Wertschöpfungskreis19 an, der eine Erweiterung der noch durch eine Durchlaufwirtschaft gekennzeichneten Wertkette nach PORTER20 darstellt.

Abb 5:

Der Wertschöpfungskreis als Ansatzpunkt der (Quelle: BAUM. H.-G. u. a. (1994), S. 64)

Unternehmensanalyse

Der Wertschöpfungskreis besteht zum einen aus primären Aktivitäten (z. B. Forschung und Entwicklung, Beschaffung, Fertigung, Vertrieb, Entsorgung), die dem Wertefluß einer Kreislaufwirtschaft entsprechen. Zum anderen werden diese primären Funktionen durch unterstützende (sekundäre) Aktivitäten (wie z. B. Organisation, Controlling, Marketing, Logistik oder Personal) ergänzt. Wie bei der Umfeldanalyse können und müssen die einzelnen Komponenten des Wertschöpfungskreises branchen- und unternehmensspezifisch angepaßt und konkretisiert werden. 3.3 Strategiegewinnung durch Abgleich von Umfeld- und Unternehmensanalyse Die aus der Umfeldanalyse gewonnenen Chancen bzw. Risiken sind mit den Fähigkeiten des Unternehmens zu vergleichen. Idealtypisch weist ein Unternehmen

19

20

Vgl. GÜNTHER, E. (1994), S. 90; ZAHN, E./SCHMID, U. (1992), S. 77; SCHALTEGGER, S./STURM, A. (1990), S. 279. Vgl. PORTER, M . E . (1992b), S. 62.

Investitionsentscheidungen

17

dort Stärken auf, wo sich Chancen bieten, oder hat tendenziell Schwächen in Bereichen, die in der Umfeldanalyse als Risiken zu beurteilen sind. Im Rahmen der strategischen Planung werden verschiedene Ebenen der Strategiefindung unterschieden: 21 •

Eignerstrategien



Unternehmensstrategien



Wettbewerbsstrategien

• Funktionale Strategien Während sich Eignerstrategien mit der Wertsteigerung des persönlichen Gesamtvermögens einer Einzelperson (z. B. des Eigentümers einer Personengesellschaft) beschäftigt und funktionale Strategien die strategische Ausrichtungen für bestimmte unternehmerische Funktionen (z. B. Beschaffungs-, Personal- oder Technologiestrategien) zum Gegenstand haben, soll in diesem Beitrag der Fokus auf Unternehmens- und Wettbewerbsstrategien gerichtet werden. Zielsetzung von Unternehmensstrategien ist es, Chancen und Risiken des Umfeldes mit Stärken und Schwächen des Gesamtunternehmens optimal abzustimmen. Neben der Suche von Strategien steht hier klassischerweise das Portfolio-Management im Mittelpunkt. Auf der Ebene von Produkten, Produktgruppen oder Geschäftseinheiten lassen sich z. B. anhand des Marktanteils-/Marktwachstums-Portfolios der Boston Consulting Group (BCG) Überlegungen zum Finanzausgleich zwischen einzelnen Einheiten in einer bestimmten Periode oder über den Lebenszyklus anstellen, um hieraus Normstrategien für die einzelnen Einheiten abzuleiten. Das Marktattraktivitäts-/Wettbewerbsstärken-Portfolio nach McKinsey stellt eine Generalisierung und Weiterentwicklung des BCG-Portfolios dar. 22 Speziell für Investitionsentscheidungen kann diese traditionelle Produktbetrachtung um eine Betrachtung der hinter diesen Produkten stehenden Produktund/oder Verfahrenstechnologien ergänzt werden. Im Technologie-Portfolio (s. Abb. 6) werden die für das gesamte Unternehmen relevanten, schon vorhandenen oder noch zu erwerbenden Technologien anhand der Kriterien Technologieattraktivität (Umfeldanalyse) und Ressourcenstärke (Unternehmensanalyse) bewertet und entsprechende Nonnstrategien abgeleitet. 23

21 22

25

Vgl. G Ü N T H E R , T. (1997), S. 336 ff. Zur Portfolio-Technik vgl. den Beitrag zur Untemehmensbewertung in diesem Buch sowie die dort angegebene Literatur. Vgl. P F E I F F E R , W . / D Ö G L , R . / S C H N E I D E R , W. (1989), S. 486 f.

18

Investitionsentscheidungen

Ressourcenstärke / Kriterien: • Beherrschungsgrad Technologie, Know how • Potentiale Human-, Sach-, Finanz. Kapital • (Re-)Aktionsgeschwindigkeit Vorsprung wahren bzw. aufholen Abb. 6:

Das Technologie-Portfolio (in Anlehnung an: PFEIFFER,

W./DÖGL, R/SCHNEIDER,

W. (1989), S. 490f.)

Analog zu den Produktportfolios ist auch beim Technologie-Portfolio zu fragen, ob in einen bestimmten Produktbereich bzw. in eine bestimmte Technologie überhaupt investiert werden soll, selbst wenn die operative Investitionsbewertung positiv ausfallen würde. Auf der letzten strategischen Ebene, den Wettbewerbsstrategien, ist zu fragen, ob eine Kostenführerschaftsstrategie (Wettbewerbsvorteil Kosten auf dem Gesamtmarkt), eine Differenzierungsstrategie (Wettbewerbsvorteil höherer Kundennutzen auf dem Gesamtmarkt) oder eine Spezialisierungsstrategie (Wettbewerbsvorteil niedrigere Kosten oder höherer Kundennutzen auf einem Teilmarkt) verfolgt wird.24 Neue Fertigungstechnologien und logistische Innovationen erlauben es jedoch, alle drei Strategievarianten zu verbinden und gleichzeitig zu verfolgen (Outpacing-Strategie). 25 4 Monetäre Bewertung von Investitionsalternativen Wie bereits in Kapitel 2 dargelegt, erfolgt die operative Bewertung der verschiedenen Investitionsalternativen mit Hilfe von quantitativen Investitionsrechenverfahren. Zum einen stehen hierbei Verfahren zur isolierten Bewertung einzelner Investitionen zur Verfugung. Neben der Beurteilung der Vorteilhaftigkeit eines einzelnen Investitionsprojektes erlauben diese Methoden auch die Auswahl der besten Investitionsalternative aus mehreren potentiell realisierbaren Alternativen mit 24 25

Vgl. die generischen Wettbewerbsstrategien bei PORTER, M. E. (1992a), S. 62 ff Vgl. CORSTEN, H.AVILL, T. (1992), S. 293 ff.

Investitionsentscheidungen

19

dem gleichen Verwendungszweck (technisches Auswahlproblem). Zum anderen existieren auch Verfahren zur Ermittlung eines optimalen Investitions- und Finanzierungsprogramms. Diese Methoden ermitteln aus einer Vielzahl komplementärer oder voneinander unabhängiger Investitionsmöglichkeiten, die alle für sich betrachtet vorteilhaft sind, ein optimales Investitionsbudget unter Berücksichtigung beschränkter finanzieller Mittel.26

Abb. 7:

Überblick über quantitative Investitionsrechenverfahren (in Anlehnung an: PERRIDON, L./STEINER, M. (1997), S. 39)

Innerhalb der Verfahren zur isolierten Bewertung einzelner Investitionen unterscheidet man statische und dynamische Methoden. Statische Investitionsrechenverfahren27 sind i. d. R. einperiodige Kalküle,28 bei denen ein bestimmtes Jahr als repräsentativ für die gesamte Nutzungsdauer angenommen wird (Durchschnittsbetrachtung). Die zeitliche Struktur der Erfolgsströme findet somit keine Berücksichtigung. Dieser gravierende Mangel haftet den dynamischen Investitionsrechenmethoden nicht an, weil diese nicht auf Durchschnittswerten basieren, sondern den unterschiedlichen zeitlichen Anfall der Ein- und Auszahlungen und damit den Zeitwert des Geldes (Barwertbildung durch Auf- oder Abzinsung) explizit berücksichtigen. Da Umweltschutzinvestitionen i. d. R. langfristige Auswirkungen nach sich ziehen, erscheinen v. a. dynamische Investitionsrechenverfahren sinnvoll.29 26

27

28

29

Zu den Verfahren zur Ermittlung des optimalen Investitions- und Finanzierungsprogramms vgl. DEAN, J. (1969); WEINGARTNER, H. M. (1963), S. 16 ff. und S. 139 ff.; ALBACH, H. (1962), S. 154 ff und S. 305 ff.; HAX, H. (1964), S. 435 ff.; HAX , H. (1985), S. 85 ff. Zu den statischen Investitionsrechenverfahren vgl. ausführlich KRUSCHWITZ, L. (1995), S. 31 f f ; ADAM, D. (1997), S. 88 ff.; PERRIDON, L./STEINER, M. (1997), S. 39 ff Eine Ausnahme bildet die statische Amortisationsrechnung, die in einer Mehrperiodenbetrachtung - jedoch ohne den Zeitwert des Geldes (Diskontierung) zu berücksichtigen - die Zeitspanne ermittelt, in der das investierte Kapital wiedergewonnen wird. Vgl. GÜNTHER, E. (1994), S. 194.

20

Investitionsentscheidungen

Bevor mit dem Kapitalwert, dem Internen Zinssatz, dem Baldwin-Zinssatz und der Kapitalwertrate vier der dynamischen Investitionsrechenverfahren näher vorgestellt werden, 30 sind die zur Bewertung von Investitionen benötigten Inputdaten zu betrachten. Hierbei ist v. a. darauf einzugehen, inwieweit die Parameter der Investitionsrechnung durch die Integration ökologischer Aspekte verändert werden. 4.1 Benötigte Inputdaten Wie eben erwähnt, basieren die dynamischen Investitionsrechenverfahren auf den mit der Investitionsalternative verbundenen Ein- und Auszahlungen. Vor Anwendung der Bewertungsmethoden ist daher der Planungshorizont festzulegen, der in mehrere Perioden (i. d. R. Jahre) unterteilt wird. Ferner müssen alle in diesen Perioden anfallenden Einzahlungsüberschüsse (Differenz von Ein- und Auszahlungen) prognostiziert werden. Um die Einzahlungsüberschüsse der unterschiedlichen Perioden auf einen einheitlichen Zeitpunkt auf- oder abzuzinsen, ist darüber hinaus ein geeigneter Kalkulationszins zu bestimmen. 4.1.1

Bestimmung der Einzahlungsüberschüsse

Im Rahmen eines Investitionsentscheidungsprozesses werden bestimmte Investitionshandlungen bewertet. Grundlage für die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer Investition ist die durch die Investitionshandlung ausgelöste Veränderung von Zahlungsreihen in der Zukunft. Dies bedeutet, daß die Situation einer Unternehmung mit Durchführung eines bestimmten Investitionsprojektes verglichen wird mit der Situation ohne Durchfuhrung dieses Projektes („with-and-without principle"). Als Grundregel läßt sich daher festhalten: 31 Nur solche Ein- und Auszahlungen sind bewertungsrelevant, die durch die Realisierung eines Investitionsprojektes in der Zukunft zusätzlich ausgelöst bzw. vermieden werden. Diese marginalen Zahlungen sind vollständig zu erfassen. Zu den durch eine Investitionsentscheidung zusätzlich ausgelösten Zahlungen gehören zunächst die Investitionsauszahlungen, z. B. für Forschung und Entwicklung oder die Beschaffung von Grundstücken, Gebäuden und technischen Anlagen. Femer sind alle durch das Projekt induzierten Zahlungen aufgrund zusätzlicher Umsatzerlöse, eventueller Netto-Liquidationserlöse am Ende des Planungshorizontes, laufender Ausgaben für Personal, Material, einer erhöhten Steuerschuld usw. zu erfassen. Ökologisch bedingte Einzahlungen resultieren bspw. aus speziellen staatlichen Finanzhilfen für Umweltschutzinvestitionen, während Ener)0

31

Zu den anderen in Abbildung 7 genannten dynamischen Investitionsrechenverfahren vgl. ausführlich ROLFES, B. (1992), S. 17 ff. und S. 120 ff.; ROLFES, B. (1993), S. 691 ff.; BLOHM, H./LÜDER, K. (1995), S. 75 ff., S. 82 ff. und S. 111 ff.; PERRIDON, L./STEINER, M. (1997), S. 67 f. und S. 89 ff Vgl. B R E A L E Y . R . A./MYERS, S. C. (1996), S. 113 f.; BLOHM, H./LÜDER, K. (1995), S. 143; SCHMIDT, R. H./TERBERGER, E. (1996), S. 86.

Investitionsentscheidungen

21

gie- und Wasserverbrauch sowie Entsorgungsgebühren zu ökologisch bedingten Auszahlungen fuhren. 32 Weiterhin sind auch durch die Realisierung einer Investition vermiedene Ein- und Auszahlungen bewertungsrelevant. Während eine vermiedene Einzahlung dem betrachteten Projekt wie eine Auszahlung zugeschrieben wird, stellen vermiedene Auszahlungen quasi Einzahlungen dar.33 Dient eine Investition z. B. der Einführung einer neuen Produktgeneration, die einen Preisverfall des bisher am Markt befindlichen Produkts verursacht, so sind die dadurch entgehenden Umsatzerlöse für das bestehende Produkt bei der Beurteilung der Investition in die neue Produktgeneration zu berücksichtigen. Eine vermiedene Einzahlung liegt auch dann vor, wenn zur Realisierung einer Investition bereits vorhandene Ressourcen (z. B. ein Grundstück) benötigt werden, die im Falle der Nicht-Durchfuhrung veräußerbar sind. Die entgehenden Verkaufserlöse sind im Sinne des „with-and-without principle" dem zu betrachtenden Investitionsprojekt als Opportunitätskosten anzulasten. Beispiele für vermiedene Auszahlungen stellen verminderte Steuerzahlungen aufgrund steuerlicher Sonderabschreibungen für Umweltschutzinvestitionen 34 oder ersparte Sanktionszahlungen dar, die laut Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) beim Überschreiten gewisser Grenzwerte zu leisten wären, aber infolge einer Umweltschutzinvestition (z. B. in eine leistungsfähigere Filteranlage) vermieden werden können. Keine Bewertungsrelevanz weisen hingegen sunk costs auf, d. h. Auszahlungen, die in der Vergangenheit geleistet wurden und unabhängig von der aktuellen Investitionsentscheidung unwiederbringlich sind. 35 So haben bereits getätigte Investitionsauszahlungen für die Entscheidung keine Bedeutung, ob ein Projekt, dessen Realisierung vor geraumer Zeit beschlossen und begonnen wurde, zum gegenwärtigen Zeitpunkt fortgeführt oder abgebrochen werden soll. Auch für derartige Fortfuhrungsentscheidungen gilt die obige Grundregel, daß ausschließlich die durch die Investitionsentscheidung induzierten zusätzlichen, zukünftigen Ein- und Auszahlungen relevant sind (Planungsperspektive). Werden jedoch Investitionen nicht im Sinne einer Entscheidungsunterstützung, sondern zur Kontrolle von Effizienz und Effektivität betrachtet, sind in der Rückschau auch sunk costs in die Wirtschaftlichkeitskontrolle einzubeziehen (Kontrollperspektive).

32 33 34

35

Vgl. GÜNTHER, E. (1994), S. 196. Vgl. BREALEY, R. A./MYERS, S. C. (1996), S. 115; BLOHM, H./LÜDER, K. (1995), S. 143. Nach § 7 d EStG erlaubte der Gesetzgeber für Investitionen, die vor dem 1. Januar 1991 getätigt wurden und zu mehr als 70% dem Umweltschutz dienen, eine Sonderabschreibung in Höhe von 6 0 % im Jahr der Anschaffung. Die verbleibenden 40% waren über die folgenden vier Jahre in gleichen Teilen abzuschreiben. Vgl. BREALEY, R. A./MYERS, S. C. (1996), S. 115.

22

Investitionsentscheidungen

Zur Berücksichtigung einer beabsichtigten (teilweisen) Fremdfinanzierung des zu bewertenden Investitionsprojektes gibt es zwei grundlegende Vorgehensweisen:36 Bei der sogenannten Nettomethode37 werden alle aus der Fremdfinanzierung resultierenden Zahlungsgrößen (Einzahlungen infolge der Kreditaufnahme, Auszahlungen für Tilgungen und Zinsen) in die Ermittlung der bewertungsrelevanten Einzahlungsüberschüsse integriert. Somit erhält man diejenigen Einzahlungsüberschüsse, die den Eigenkapitalgebern zustehen. Die Nettomethode bietet sich in erster Linie dann an, wenn dem Investitionsprojekt explizit bestimmte Fremdfinanzierungsquellen und die damit verbundenen Zahlungen zugeordnet werden können. Ist dies nicht möglich, findet die Bruttomethode3s Anwendung. Voraussetzung hierfür ist die Existenz einer generellen Finanzierungsregel, daß alle Investitionsprojekte während jeder Periode der Nutzungsdauer zu einem bestimmten Anteil39 fremdfinanziert sind. In diesem Fall werden keinerlei Zahlungen aus der Fremdfinanzierung bei der Ermittlung der bewertungsrelevanten Einzahlungsüberschüsse addiert bzw. subtrahiert. Die Fremdfinanzierung wird statt dessen im Kalkulationszins berücksichtigt.40 Die Wahl zwischen der Brutto- und der Nettomethode hat ferner einen Einfluß auf die Berechnung der Ertragsteuerzahlungen (Gewerbeertragsteuer, Einkommensteuer), die vom Investitionsprojekt zusätzlich verursacht werden. Während bei der Nettomethode die Abzugsfahigkeit von Fremdkapitalzinsen bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage berücksichtigt wird, ermittelt man bei der Bruttomethode die Höhe der zusätzlichen Steuerzahlungen wie im Fall einer reinen Eigenfinanzierung (Debt Free-Approach). Die Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen findet bei der Bruttomethode ebenfalls im Kalkulationszins ihren Niederschlag.41 Der Umfang der einzubeziehenden Steuerarten hängt von der Wahl der Investorenperspektive ab. I. d. R. wird ein inländischer Privatinvestor zugrunde gelegt, womit neben der Gewerbeertragsteuer auch die private Einkommensteuer heranzuziehen ist. Die Körperschaftsteuer entfällt dann aufgrund des für Inländer geltenden Anrechnungsverfahrens. Da für Unternehmen mit mehreren, häufig ano-

36 37

38

39

40 41

Zu den Unterschieden zwischen der Brutto- und Nettomethode vgl. SWOBODA, P. (1996), S. 58 ff. Die hier dargestellte Nettomethode entspricht der Nettomethode II, wie sie bei BLOHM, H./LÜDER, K. (1995), S. 123 ff., beschrieben wird. Die hier dargestellte Bruttomethode entspricht der Nettomethode I, wie sie bei BLOHM, H./LÜDER, K. (1995), S. 126 ff., beschrieben wird. Dieser Anteil der Fremdfinanzierung bezieht sich nicht auf die Investitionsauszahlung, sondern auf den Ertragswert der Investition, der als Barwert der zukünftigen Einzahlungsüberschüsse errechnet wird. Man spricht deshalb von einer ertragswertabhängigen Finanzierung. Zu den Auswirkungen der Brutto- und Nettomethode auf den Kalkulationszins vgl. Kapitel 4.1.3. Vgl. SWOBODA, P. (1996), S. 70 ff.

Investitionsentscheidungen

23

nymen Investoren (z. B. große börsennotierte Publikumsgesellschaften) die private Einkommenssteuersituation nicht mehr eindeutig abgebildet werden kann, wird entweder eine einkommensteuerliche Durchschnittsbelastung berücksichtigt oder man beschränkt sich auf die vom Unternehmen zu zahlenden Steuern (d. h. i. d. R. die Gewerbeertragsteuer). Weiterhin ist bei der Bestimmung der Einzahlungsüberschüsse auf eine konsistente Behandlung der Inflation zu achten. Auch hierbei gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten: Entweder bestimmt man die zukünftigen Ein- und Auszahlungen auf Basis des im Betrachtungszeitpunkt herrschenden Preisniveaus (reale Einzahlungsüberschüsse) oder man legt für die zukünftigen Perioden jeweils das dann geltende Preisgefüge zugrunde (nominelle Einzahlungsüberschüsse).42 Die zweite Vörgehensweise ermöglicht eine detailliertere Prognose der Einzahlungsüberschüsse, da differenzierte Inflationsraten bspw. für Absatzpreise, Rohstoffpreise oder Lohnzahlungen berücksichtigt werden können. Auch die Entscheidung, ob die Einzahlungsüberschüsse auf einer realen oder nominalen Basis bestimmt werden, hat Auswirkungen auf den zu verwendenden Kalkulationszinssatz.43 Abschließend ist zu bemerken, daß die Verwendung von Zahlungsgrößen (Einund Auszahlungen) als Bewertungsgrundlage der dynamischen Investitionsrechenverfahren gegenüber Erfolgsgrößen (Erträge und Aufwendungen) den Vorteil besitzt, daß Zahlungsgrößen nicht durch Rechnungslegungskonventionen berührt werden. Buchhalterische Gewinne sind z. B. durch die Wahl einer Abschreibungsmethode zur Periodisierung von Anschaffungsausgaben beeinflußbar. In der Literatur besteht jedoch ein weitgehender Konsens, daß die Ein- und Auszahlungen für Investitionsrechenzwecke hinreichend genau durch Einnahmen und Ausgaben approximiert werden können.44 So werden Umsatzerlöse oder Personalausgaben i. d. R. in derselben Periode als zahlungswirksam betrachtet. 4.1.2

Bestimmung des Planungshorizontes

Die Prognose zukünftiger Einzahlungsüberschüsse wird aufgrund der damit verbundenen Unsicherheit um so schwieriger, je weiter sie in der Zukunft liegen. Deswegen werden die monetären Auswirkungen von Investitionsprojekten lediglich für einen bestimmten Zeitraum (Planungshorizont) geschätzt. In der Praxis orientiert sich die Länge des Planungszeitraums an einer um wirtschaftliche Gesichtspunkte modifizierten technischen Nutzungsdauer der Investition.45

42 43 44

45

Vgl. BREALEY, R. A./MYERS, S. C. (1996), S. 116 ff.; SWOBODA, P. (1996), S. 66 ff. Vgl. hierzu Kapitel 4.1.3. Vgl. z. B. SCHNEIDER, D. (1992), S. 10; BLOHM, H./LÜDER, K. (1995), S. 55 f.; ADAM, D. (1997), S. 62. Zur Abgrenzung der Begriffspaare Ein-/Auszahlung, Einnahme/Ausgabe und Ertrag/Aufwand vgl. ausfuhrlich COENENBERG, A. G. (1997), S. 30 ff. Vgl. SWOBODA, P. (1996), S. 40; PERRIDON, L./STEINER, M. (1997), S. 34.

24

Investitionsentscheidungen

Der spezielle Charakter von Umweltschutzinvestitionen kann darüber hinaus einen Einfluß auf den Planungshorizont ausüben. Im wesentlichen sind hierfür folgende Gründe denkbar: 46 a) Eine Verkürzung des Planungshorizontes kann sich ergeben, wenn sich die Rahmenbedingungen aufgrund geänderter Anforderungen der Stakeholder wandeln. Strengere Umweltauflagen durch den Gesetzgeber oder ein gestiegenes Umweltbewußtsein der Kunden bedingen möglicherweise einen früheren Ersatzzeitpunkt einer Anlage und damit eine Verkürzung des Planungshorizontes. b) Längere Genehmigungsfristen fuhren bei konstanter wirtschaftlicher Nutzungsdauer zu kürzeren Planungshorizonten. Um so zeitaufwendiger die Genehmigungsverfahren sind, desto später kann mit der Nutzung einer Technologie, die dann vielleicht bereits technisch veraltet und wirtschaftlich suboptimal ist, begonnen werden. c) Der an der wirtschaftlichen Nutzungsdauer einer Investition orientierte Planungshorizont kann auch durch Unternehmen dadurch verlängert werden, daß technisch mögliche Innovationen absichtlich nicht durchgeführt werden, um den Ersatzzeitpunkt von Anlagen hinauszuzögern (Schweigekartell der Oberingenieure). d) Eine Verlängerung des Planungshorizontes kann sich des weiteren durch den Einbezug von Entsorgungszyklen ergeben. Die Vorteilhaftigkeit einer Investition hängt u. U. in starkem Maße von den in dieser Phase des erweiterten Produktlebenszyklus 47 anfallenden Einnahmen (z. B. Verkaufserlöse von Sekundärrohstoffen) und Ausgaben (z. B. durch die Entsorgung) ab. e) Werden evtl. in der Zukunft eintretende staatliche Maßnahmen (z. B. Kontingentierung oder Lizenzierung zur Begrenzung des Schwefelausstoßes) antizipiert, so dehnt dies den Betrachtungshorizont tendenziell aus, so daß die daraus resultierenden Einnahmen- und Ausgabenwirkungen in die Investitionsüberlegungen zu integrieren sind.

46 47

Vgl. GÜNTHER, E. (1994), S. 197 ff. Zum erweiterten Produktlebenszykluskonzept vgl. BACK-HOCK, A. (1992), S. 706.

Investitionsentscheidungen

25

Wirkung auf Planungs-

Veränderung von R a h m e n b e d i n g u n g e n

horizont

a » < // X

{

f

•^vorher

« Verlängerung der Genehmigungsdauem^

^

Rechtlich bedingte Begrenzungen Technische Em setzbarkeit nachher

b) \ -

vorher 1 Schweigekartell h e m m t Verbesserung des Standes der Technik

vorf,er

————mm^^m^mmmmmmmwtmmmmmmmmmammmmmmmmmmmmmmnachher ———^mmmammmmmmmmmmmm^mmm^mmmmmmmmmmmmmmmm^

— Marktzyklus

v

^

i m m m m « , « « « ^ nachher i Entsorgungszyklus vorher

nachher Sichere Ertragserwartungen

¡eventuelle Realisierung geschafifener Wettbewerbs vorteile

•N Abb. 8:

4.1.3

Ökologiebedingte Veränderungen des Planungshorizontes (Quelle: GÜNTHER, E. (1994), S. 197)

Bestimmung des Kalkulationszinssatzes

Rational handelnde Individuen messen einer Zahlung in Abhängigkeit davon, wann diese Zahlung erfolgt, unterschiedliche Werte bei. Eine Einzahlung (bzw. Auszahlung) zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird gegenüber einer gleich hohen Einzahlung (bzw. Auszahlung) in der Zukunft aufgrund zeitlicher Präferenzen bevorzugt (bzw. geringer geschätzt).48 Diesem sogenannten Zeitwert des Geldes ist im Rahmen der dynamischen Investitionsrechenverfahren dadurch Rechnung zu tragen, daß die prognostizierten Einzahlungsüberschüsse der verschiedenen Perioden des Planungshorizontes mit Hilfe des Kalkulationszinses auf einen einheitlichen Zeitpunkt auf- oder abgezinst werden. Würde in der Realität ein vollkommener Kapitalmarkt49 existieren, auf dem zu einem einheitlichen Marktzinssatz Mittel in unbeschränkter Höhe aufgenommen bzw. angelegt werden können, so wäre dieser Marktzinssatz der richtige Kalkulationszins. Da sich Unternehmen jedoch beschränkten KapitalbeschafFungsmöglichkeiten mit unterschiedlich hohen Finanzierungskosten gegenübersehen, ist ein derartiger einheitlicher Marktzins nicht auszumachen. Zur Bestimmung des Kalkulationszinssatzes im Falle eines unvollkommenen Kapitalmarktes werden in der 48

49

Vgl. BREALEY, R. A./MYERS, S. C. (1996), S. 12; SCHMIDT, R. H/TERBERGER, E. (1996), S. 99 ff. Die Existenz eines vollkommenen Kapitalmarktes ist streng genommen die grundlegende Voraussetzung für die Anwendung der in Kapitel 4.2 beschriebenen dynamischen Investitionsrechenmethoden. Zu den Annahmen eines vollkommenen Kapitalmarktes vgl. BREALEY, R. A./MYERS, S. C. (1996), S. 22, und ADAM, D. (1997), S. 60 f.

26

Investitionsentscheidungen

Literatur verschiedene Ansätze diskutiert, von denen hier lediglich der finanzierungsorientierte Ansatz dargestellt werden soll. 50 Hierbei wird der Kalkulationszinssatz i aus den Finanzierungskosten einer Investition abgeleitet, die dem mit den Finanzierungsanteilen gewichteten Durchschnitt der Kosten für Eigenkapital ¿ek und für Fremdkapital ipK entsprechen: (1)

i=

(\-a)-iEK+a-iFK

a beschreibt in obiger Formel den Anteil51 der Fremdfinanzierung. Der so errechnete Mischzinssatz findet dann Anwendung als Kalkulationszins, wenn die Einzahlungsüberschüsse nach der in Kapitel 4.1.1 beschriebenen Bruttomethode 52 ermittelt werden. Werden hingegen auch Zahlungen, die in Zusammenhang mit der Fremdfinanzierung erfolgen, bei der Prognose der bewertungsrelevanten Zahlungsreihe berücksichtigt (Nettomethode), so stellen die Eigenkapitalkosten iek den richtigen Kalkulationszins dar, da die so ermittelten Einzahlungsüberschüsse ausschließlich den Eigenkapitalgebern zustehen. 53 (2)

i = iEK

Die Eigen- und Fremdkapitalkosten stellen aus Sicht der Unternehmung Kosten dar, die aufgrund der Inanspruchnahme finanzieller Mittel der Kapitalgeber entstehen. Aus deren Sicht sind iEK und ipK als geforderte (Mindest-)Rendite für die Überlassung von Kapital für investive Zwecke zu interpretieren. Diese Renditeforderung der Kapitalgeber ist aber nicht unabhängig von der Art der Investitionen, die mit den zur Verfügung gestellten Mitteln finanziert werden. Je größer das damit verbundene Risiko54 ist, desto höher liegt die geforderte Rendite der Eigenund Fremdkapitalgeber, d. h., zusätzlich zu einer gewissen Basisverzinsung fordern die Kapitalgeber eine bestimmte Prämie für das übernommene Investitionsrisiko. Die Basisverzinsung entschädigt die Kapitalgeber für die mit der Kapitalüberlassung verbundene zeitliche Verlagerung des Konsums von heute in die Zukunft. Diese Verzinsung erhalten sie auch bei Finanzanlagen, mit denen keinerlei Risiko verbunden ist, wie z. B. bei festverzinslichen Anleihen des Staates. 55 50

51 52

53 54

55

Einen Überblick über die verschiedenen Ansätze und weitere Literaturhinweise bieten ROLFES, B. (1992), S. 22 ff., und PERRIDON, L./STEINER, M. (1997), S. 86 ff. Gemessen am Ertragswert der Investition. Wie in Kapitel 4.1.1 erwähnt, wird die Fremdfinanzierung bei Anwendung der Bruttomethode nicht in den Einzahlungsüberschüssen, sondern im Kalkulationszins durch Integration des Fremdkapitalkostensatzes berücksichtigt. Vgl. SWOBODA, P. (1996), S. 58 ff. Die in Kapitel 4.1.1 behandelten bewertungsrelevanten Einzahlungsüberschüsse einer Investition stellen zukünftige Größen dar, deren Prognose mit Unsicherheiten verbunden ist. Somit besteht das Risiko, daß die in der Zukunft tatsächlich realisierten Einzahlungsüberschüsse von den aus gegenwärtiger Sicht erwarteten Werten abweichen. Vgl. SWOBODA, P. (1996), S. 62.

Investitionsentscheidungen

27

Will eine Unternehmung die Kapitalkosten für Eigen- und Fremdkapital und damit den Kalkulationszins bestimmen, der dem einer bestimmten Investition anhaftenden Risiko angemessen ist (risikoadäquater Kalkulationszins), so dient die aktuelle Rendite festverzinslicher Staatsanleihen als Ausgangspunkt. Bei großen Unternehmen werden aus Vereinfachungsgründen häufig vergangenheitsbezogene Durchschnittsrenditen als Basis gewählt. Während dieser sogenannte risikolose Zins sehr leicht aus Kapitalmarktdaten abgelesen werden kann, gestaltet sich die Bestimmung der adäquaten Prämie für das Investitionsrisiko nicht unproblematisch. Eine mögliche Vorgehensweise stellen die traditionellen praxisorientierten Korrekturverfahren dar. Hierbei wird ein Risikozuschlag auf den risikolosen Zins „gefühlsmäßig" und/oder basierend auf Erfahrungen festgelegt. Dies fuhrt zur Bildung von Kalkulationszinssätzen für Investitionsprojekte in bestimmten Risikokategorien in Abhängigkeit der angewandten Produktionsverfahren und der relevanten Märkte: 56

^

^

^

Markt

vorhanden

neu

bekannt

10%

25%

neu

15%

30%

Produktion^ verfahren

Abb. 9:

Kalkulationszinssätze nach Risikokategorien (Quelle: ROLFES, B. (1992), S. 29)

Die traditionellen Korrekturverfahren berücksichtigen das Investitionsrisiko lediglich in einer sehr groben und pauschalierenden Weise. Eine differenziertere Vorgehensweise beruht auf dem Capital Asset Pricing Model (CAPM), 57 das von SHARPE, LINTNER und MOSSIN in den sechziger Jahren basierend auf der Portfo-

liotheorie nach MARKOWITZ58 zur Bewertung von marktnotierten Wertpapieren entwickelt wurde. Nach diesem Erklärungsmodell setzt sich die von Investoren geforderte (= erwartete) Rendite ij eines bestimmten Wertpapiers j zusammen aus einer risikolosen Verzinsung ¿/-und dem /^-fachen der Marktrisikoprämie, die man

56 57 58

Vgl. ROLFES, B. (1992), S. 28 f.; PERRIDON, L./STEINER, M. (1997), S. 1 Ol f. Vgl. SHARPE, W. F. (1964); LINTNER, J. (1965); MOSSIN, J. (1966). Vgl. MARKOWITZ, H. M. (1952).

28

Investitionsentscheidungen

erwartet, wenn man in das Marktportefeuille 59 investiert und somit das durchschnittliche Marktrisiko auf sich nimmt: (3)

i. = i f + ß j \ i

m

-if)

im stellt die erwartete Rendite des Marktportefeuilles dar. Der Ausdruck (im -1/) steht somit für die erwartete Marktrisikoprämie, ß j ist ein Maß für die Empfindlichkeit des Wertpapiers j gegenüber allgemeinen Marktschwankungen und repräsentiert das mit dem Wertpapier j verbundene systematische Risiko, das nicht durch Diversifikation eliminiert werden kann. Der Durchschnitt der Beta-Werte aller Anlagealternativen am Markt und damit das Beta des Marktportefeuilles ßm liegen bei 1, wogegen eine risikolose Anlage ein Beta von Null aufweist. 60 Hat ein einzelnes Wertpapier j das gleiche Risiko wie das Marktportefeuille, so entspricht die erwartete und geforderte Rendite dieses Wertpapiers j genau der erwarteten Rendite des Marktportefeuilles. Ist das Wertpapier j doppelt so risikobehaftet wie das Marktportefeuille, d. h. ß j = 2, so fordern die Anleger zusätzlich zur risikolosen Verzinsung auch die doppelte Marktrisikoprämie, also 2 • (i m - if). i

ßj Abb. 10:

ß,n

Capital Assel Pricing Mode! (CAPM) (in Anlehnung an: ROLFES, B. (1992), S. 35)

Mit Hilfe des CAPM lassen sich nun die projektspezifischen Finanzierungskosten 61 und damit der risikoadäquate Kalkulationszins einer Investition bestimmen.

59

60

61

Das Marktportefeuille beinhaltet marktwertgewichtet alle risikobehafteten Vermögensgegenstände, also auch Anleihen, Immobilien, Edelmetalle etc. Vgl. hierzu STEINER, M./KLEEBERG, J. (1991), S. 174. Statistisch formuliert ist das Beta eines Wertpapiers j das Verhältnis der Kovarianz der erwarteten Renditen des Wertpapiers j und des Marktportefeuilles zur Varianz der erwarteten Rendite des Marktportefeuilles. Bei börsennotierten Titeln läßt sich ein Schätzwert für das Beta bestimmen mit Hilfe einer linearen Regression zwischen Renditen des Wertpapiers j und Marktrenditen, die in der Vergangenheit realisiert wurden. Vgl. hierzu BREALEY, R. A./MYERS, S. C. (1996), S. 160 f. und S. 206 ff.; SCHMIDT, R. H./TERBERGER, E. (1996), S. 351 ff. Die durchschnittlichen Kapitalkosten der gesamten Unternehmung sind nur dann als Kalkulationszins für ein bestimmtes Investitionsprojekt geeignet, wenn das Risiko des neuen Projektes identisch ist mit dem durchschnittlichen Untemehmensrisiko. Ist das Projektrisiko höher oder geringer, so sind die Kapitalko-

Investitionsentscheidungen

29

Setzt man den Beta-Wert für das Eigenkapital ßek, der das Investitionsrisiko widerspiegelt, in die CAPM-Grundformel (3) ein, so erhält man die dem Investitionsrisiko angemessenen Eigenkapitalkosten ¿ek-62 Bzgl. eines projektspezifischen Wertes für das Beta des Eigenkapitals kann man auf das Aktien-Beta von börsennotierten Unternehmen der relevanten Branche zurückgreifen. 63 Plant ein Unternehmen bspw. den Bau einer chemischen Anlage, so kann das Beta von Aktien börsennotierter Chemie-Unternehmen herangezogen werden. 64 Wie oben erwähnt, stellen die Kapitalkosten die (Mindest-)Renditeforderungen der Kapitalgeber dar. Diese Forderung orientiert sich an der Rendite, die die Kapitalgeber bei einer anderweitigen Anlage in der gleichen Risikoklasse erzielen würden (Alternativrendite). Bei Existenz von Steuern macht ein Individuum seine Anlageentscheidungen von der Rendite abhängig, die nach Abzug der Steuerzahlungen verbleibt. Aus diesem Grund sind bei der Bestimmung der bewertungsrelevanten Einzahlungsüberschüsse einer Investition auch die zusätzlich verursachten Steuerzahlungen abzuziehen. 65 Unterliegt die sich alternativ bietende Anlage ebenfalls der Steuerpflicht, so ist auch der Kalkulationszins i um steuerlich bedingte Renditeminderungen zu korrigieren, indem mit Hilfe des Steuersatzes s ein Kalkulationszins nach Steuern is ermittelt wird:66 (4)

i,=i-(l-s)

Bestimmt man zur Anwendung der Bruttomethode den Kalkulationszins i gemäß Gleichung (1), so reduzieren sich durch die Multiplikation mit (1 - s) gemäß (4) die Fremdkapitalkosten auf !>*• • (1 - s ) , wodurch die steuerliche Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen Berücksichtigung findet. 67

62

63

64

65 66

67

sten der Unternehmung nicht risikoadäquat, so daß projektspezifische Finanzierungskosten zu ermitteln sind. Vgl. hierzu RUDOLPH, B. (1988), S. 684; BREALEY, R. A./MYERS, S. C. (1996), S. 209 ff. Unterstellt man einen Planungshorizont von fünf Jahren, so läßt sich die aktuelle Rendite von fünfjährigen Bundesobligationen als risikoloser Zinssatz i j verwenden. Die zukünftige Marktrisikoprämie (i„ - ij) muß prognostiziert werden. Eine Schätzung kann auf Basis von Kapitalmarktdaten der Vergangenheit erfolgen. STEHLE/HARTMOND ermitteln für den deutschen Aktienmarkt, basierend auf Kapitalmarktdaten des Zeitraums 1954 bis 1988, eine durchschnittliche Marktrisikoprämie in Höhe von 4,6% gegenüber der Rendite langfristiger festverzinslicher Wertpapiere. Vgl. STEHLE, R./HARTMOND, A. (1991), S. 390 und S. 406 f. Voraussetzung hierfür ist, daß dieses Vergleichsunternehmen die gleiche Finanzierungsstruktur wie das zu bewertende Investitionsprojekt aufweist. Ist dies nicht der Fall, so muß dieses Branchen-Beta der Finanzierungsstruktur der zu bewertenden Investition durch die sogenannte Pure Play Technique angepaßt werden. Vgl. hierzu DRUKARCZYK, J. (1993), S. 277 ff. und S. 297, sowie GÜNTHER, T. (1997), S. 180 ff. Geschätzte Beta-Werte für ausgewählte deutsche Unternehmen werden regelmäßig im Handelsblatt veröffentlicht. Vgl. Kapitel 4.1.1. Der Steuersatz s beinhaltet alle Steuerarten, denen die Altemativanlage unterliegt. Zur Berechnung des Steuersatzes s, der einen kombinierten Gewerbeertrag- und Einkommensteuersatz darstellt, vgl. BLOHM, H./LÜDER, K. (1995), S. 124; PERRIDON, L./STEINER, M. (1997), S. 95 f. Wie in Kapitel 4.1.1 beschrieben, werden bei Anwendung der Bruttomethode die durch das Investitionsprojekt ausgelösten Steuerzahlungen wie im Falle einer reinen Eigenfinanzierung ermittelt. Die steuerli-

30

Investitionsentscheidungen

Darüber hinaus hat auch die Entscheidung, ob die bewertungsrelevanten Einzahlungsüberschüsse der Investition auf realer oder nominaler Basis prognostiziert werden, 68 Einfluß auf den Kalkulationszins. Nominelle Einzahlungsüberschüsse sind mit einem Nominalzinssatz, reale Einzahlungsüberschüsse mit einem Realzinssatz abzuzinsen. Am Kapitalmarkt beobachtbare Zinssätze stellen Nominalzinssätze dar, die neben einer Prämie für den gegenwärtigen Konsumverzicht auch eine Entschädigung für den inflationsbedingten Kaufkraftverlust während der Dauer der Kapitalanlage beinhalten. Bezeichnet man die allgemeine Inflationsrate mit n, so ergibt sich folgender Zusammenhang zwischen dem Nominalzinssatz inom und dem entsprechenden Realzinssatz ireai.69 (5)

(lHeJ(l + *)=0+'nJ

Aus allgemein investitionstheoretischer Sicht stellt der Kalkulationszinssatz die geforderte Rendite (= Konsumpräferenzrate) dar, zu der Investoren bereits sind, zugunsten eines späteren höheren Konsums jetzt Konsumverzicht zu üben, um die gesparten Mittel für Investitionen zu verwenden (FlSHER-Separationstheorem 70 ). Bei Einbezug ökologischer Aspekte ist jedoch dieser Erklärungszusammenhang in Frage zu stellen: 71 Fall

69 70 71

r1^

Wirkung auf Diskontierungszins

a)

reversible Schäden

b)

Irreversibilität ökologischer Schäden

i« 0

c)

technische Weiterentwicklungen



d)

verschärfte Rahmenbedingungen

¡ 25 %

'C *

überdurchschnittlich

Durchschnittspreis der Branche 9) Marktwachstum der Branche C

4) O) O N W 4-» (D

S E 3

Niedrig

ca. 10 %

Qualitativ Standort

Deutschland

Konkurrenten

kein Konkurrent des eigenen Unternehmens

Rechtliche Anforderungen (z. B. Umweltgesetze)

keine kartellrechtlichen Probleme im Falle des Kaufs

Abb. 9:

Beispiel fur ein Anforderungsprofil

Nach Festlegung des Anforderungsprofils sind potentielle Akquisitionskandidaten zu suchen.40 Dabei ist anhand des Anforderungskataloges eine Vorauswahl zu treffen, um völlig ungeeignete Kandidaten auszuschließen (z. B. falscher Standort, zu

40

Vgl. zur Durchführung dieser Suche z. B.: HAGEMANN, S. (1996), S. 94 f.

100

Unternehmensbewertung

geringer Umsatz, kartellrechtliche Probleme, Konkurrenz zu eigenem Unternehmen).41 Die nach dieser Vorauswahl verbleibenden Unternehmen sind bezüglich des Anforderungsprofils einer detaillierteren strategischen Analyse zu unterziehen, die im nächsten Kapitel erläutert wird. 4 Strategische Bewertung Im Zuge der strategischen Bewertung wird überprüft, ob die potentiellen Akquisitionsobjekte den umfeld- und unternehmensbezogenen Kriterien des Anforderungsprofils entsprechen („Strategie fit").42 Aus diesem Grund ist für die potentiellen Akquisitionsobjekte die Durchführung einer Umfeld- und Unternehmensanalyse notwendig, für die z. B. die im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Instrumente herangezogen werden können. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die mit Hilfe einer Wertschöpfungskreisanalyse vornehmbare Aufdeckung von Kosten- und Differenzierungssynergiepotentialen und auch von Restrukturierungsmöglichkeiten wichtig, die z. B folgende Aspekte umfassen können:43 • Kosten: Zusammenlegung von Kapazitäten für höhere Auslastung (bedeutet gleichzeitig Restrukturierung des Produktionsbereichs), • Differenzierung: Umfangreicheres Produktspektrum für bessere Verkaufsmöglichkeiten. Die Bewertung der unterschiedlichen Synergie- und Restrukturierungspotentiale der Akquisitionsobjekte ist in die strategische Bewertung einzubeziehen, die im folgenden anhand von zwei Methoden dargestellt werden soll: • Überprüfung der Erfüllung des Anforderungskataloges durch die Akquisitionsobjekte mittels eines Scoring-Modells, • Anwendung der Portfoliotechnik als Instrument der strategischen Planung. 4.1 Scoringmodell Bei Verwendung eines Scoringmodells sind die Erfullungsgrade der umfeld- und unternehmensbezogenen Kriterien des Anforderungsprofils mit Hilfe einer Punktskala zu bewerten und im Anschluß mit den kriterienbezogenen Gewichten

41 42

43

Vgl. JUNG, H. (1993), S. 183. Vgl. JUNG, H. (1993), S. 171. Dabei sollte auch untersucht werden, ob das jeweilige Akquisitionsobjekt trotz Erfüllung des Anforderungsprofils eventuell andere Probleme mit sich bringt, die einer Akquisition entgegenstehen. Vgl. dazu auch: COENENBERG, A. G./SAUTTER, M. T. (1992), S. 192. Vgl. JUNG, H. (1993), S. 190 ff. Hier geht es zum einen um Synergien die entsprechend dem Anforderungsprofil vorhanden sein müssen und um zusätzliche Synergien, die zwar bei der Definition des Anforderungsprofils noch nicht erfaßt wurden, jedoch trotzdem Relevanz für die strategische Bewertung besitzen. Ermittelt werden können diese insbesondere durch den Vergleich der Wertketten für Kaufuntemehmen und Akquisitionsobjekt. Vgl zu einem ähnlichen Vorgehen bei der Analyse des Geschäftssystems: COENENBERG, A. G./SAUTTER, M. T. (1992), S. 202.

Unternehmensbewertung

101

zu einem Gesamtpunktwert zu verdichten. Als Akquisitionsobjekt kommt das Unternehmen in Frage, das den höchsten Gesamtpunktwert aufweist.44 Beispiel Punktskala für die Kriterieneinschätzung niedrig-mittel-hoch: 0-3-5, gleiche Gewichtung aller Kriterien untereinander Kriterien

Akquisitionskandidat 1

Akquisitionskandidat 2

Produkt/Markt 1 Produkt/Markt 2 Produkt/Markt 1 Produkt/Markt 2 Punkte

Punkte

Punkte

Reales Marktwachstum

5%

5

5%

5

3%

Marktvolumen ökologischer Produkte

mittel

3

mittel

3

mittel

8

8

Punkte Umfeld

3

Punkte 2%

3

3 niedrig

0

6

3

Relativer Marktanteil

1,5

5

0,5

0

1,2

5

0,75

0

Anteil ökologischer Produkte

mittel

3

hoch

5

hoch

5

mittel

3

Punkte Unternehmen Gesamtpunkte Abb. 10:

Verkürztes Beispiel für ein

8

5

10

3

16

13

16

6

Scoring-Modell

Wird das Unternehmen mit dem höchsten Gesamtpunktwert gewählt, ist die Entscheidung im Beispiel zugunsten von Akquisitionskandidat 1 (16+13 > 16+6) zu treffen. 4.2 Portfoliotechnik Die Anwendung der Portfoliotechnik zur Beurteilung des „Strategie fit" bietet sich besonders dann an, wenn die Akquisitionsobjekte aus mehreren Produkt-/Marktkombinationen bestehen, für die jeweils eine gesonderte Umfeld- und Unternehmensanalyse durchzufuhren ist.45 Zur Auswahl eines geeigneten Akquisitionsobjektes können dann folgende Betrachtungen vorgenommen werden: • Auswahl des Akquisitionsobjektes mit dem im Sinne des Anforderungsprofils ausgewogensten Produkt-/Marktportfolios (Risiko- und Finanzausgleich, s. dazu das Beispiel zum Marktattraktivitäts-/Wettbewerbsstärken-Portfolio),46 • Kombination des Produkt-/Marktportfolios der Akquisitionsobjekte mit dem Produkt-/Marktportfolio des Kaufunternehmens, um das zum Kaufunternehmen 44

45

46

Siehe zum Vorgehen, zur Kritik und dem „balance-model" als weiteren Ansatz: JUNG, H. (1993), S. 184 ff. Die mit Hilfe der Portfoliotechnik zu positionierenden Produkt-/Marktkombinationen werden auch als strategische Geschäftsfelder bezeichnet. Siehe zur Definition und weiteren Aspekten: KREILKAMP, E. (1987), S. 317 ff. Siehe zu Einzelheiten: WELGE, M. K./AL-LAHAM, A. (1992), S. 193 f.

102

Unternehmensbewertung

am besten „passende" Akquisitionsobjekt auswählen zu können, (Veränderung des Ist-Portfolios zu einem unternehmensstrategiekonformen Soll-Portfolio, s. das Beispiel zum Marktanteils-/Marktwachstums-Portfolio),47 • Ableitung des zukünftigen Investitions- und Desinvestitionsbedarfs der einzelnen Produkt-/Marktkombinationen als Input für die Durchführung der finanziellen Bewertung (s. das Beispiel zum Marktanteils-/MarktwachstumsPortfolio).48 Mit Hilfe der Portfoliotechnik wird eine Verdichtung der umfeld- und unternehmensbezogenen Risiken/Chancen und Schwächen/Stärken auf die zwei Portfolioachsen vorgenommen {Komplexitätsreduktion), um mit einer zusätzlichen Rasterung Aussagen über Normstrategien für die einzelnen Produkt-/Marktkombinationen ableiten zu können (s. Abb. 11 links).49 Bei Verwendung des vom Beratungsunternehmen MCKINSEY aufgrund der empirischen Ergebnisse der PIMS-Studie entwickelten Portfolios wird eine Verdichtung der umfeldbezogenen Faktoren zur Marktattraktivität und eine Verdichtung der unternehmensbezogenen Faktoren zur Wettbewerbsstärke vorgenommen. Die Verdichtung der einzelnen Faktoren erfolgt dabei anhand eines Scoring-Modells, wie es beispielhaft oben dargestellt wurde. Zur Ableitung der Normstrategien und zur Beurteilung der Ausgewogenheit des Portfolios wird eine 9er-Rasterung vorgenommen. 50 Zur Integration von ökologischen Aspekten sind diese als Kriterium in die Ermittlung des Punktwertes für die jeweilige Achse einzubeziehen. Stellen diese ökologischen Kriterien aber sogenannte K.O.-Kriterien dar, können diese als zusätzliche Achse eingetragen werden. Hierdurch erfolgt die Erweiterung zum Green Business Portfolio (s. Abb. 11 rechts).51 Das folgende Beispiel soll das prinzipielle Vorgehen zur Erstellung der beiden Portfolios verdeutlichen: Beispiel Es erfolgt eine Fortführung des Beispiels zum Scoring-Modell für Akquisitionskandidat 1. Die Marktattraktivität wird durch die Umfeldpunkte, die Wettbewerbsstärke durch die Unternehmenspunkte gemessen. Die jeweiligen Normstrategien sind in die Rasterung der Portfolios eingetragen. Die Größe der Kreise symboli-

47 48 49 50 51

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

auch: WELGE, M. K./AL-LAHAM, A. (1992), S. 194 und JUNG, H. (1993), S. 180 ff. zu diesem Vorgehen auch: BALLWIESER, W. (1990), S. 101. WELGE, M. K./AL-LAHAM, A. (1992), S. 192 ff. WELGE, M. K./AL-LAHAM, A. (1992), S. 202 ff. zu diesem Ansatz: 1LINITCH, A. Y./SCHALTEGGER, S. C. (1995), S. 29 ff.

Unternehmensbewertung

103

siert den Umsatz. Als K.O.-Kriterium des „Green Business Portfolios" wird die Einhaltung von Umweltschutzgrenzwerten einbezogen: Marktattraktivitäts-/Wettbewerbsstärken Portfolio

Gresn-Business-Portfolio Desinvest ie re n

Marktattraktivität 10

Investieren Selektieren

(!)

2

6,67 DesSelektieren investieren 3,33 —

DosDesSe lektieren i n v e s t i e r e n Investleren

ja 3,3 3

6,67

10

Umwettschutzgrenzwerte eingehalten?

Wettbewerbsstärke Abb. II:

Marktattraktivitäts-ZWettbewerbsstärken-

und Green

Business-Portfolio

Im Ergebnis ändert sich durch den Einbezug des K.O.-Kriteriums für die Produkt-/ Marktkombination 1 die Normstrategie von „Investieren" zu „Desinvestieren". Dies kann in der Konsequenz bedeuten, daß Unternehmen 1 nicht mehr als Akquisitionsobjekt in Frage kommt. Wird eine Reduzierung der umfeldbezogenen Faktoren auf die Größe „Reales Marktwachstum" und eine Reduzierung der unternehmensbezogenen Faktoren auf die Größe „Relativer Marktanteil" vorgenommen, kann die Darstellung anhand des von der BOSTON CONSULTING GROUP entwickelten Marktanteils-/

Markt-

wachstums-Portfolios vorgenommen werden (s. Abb. 12).52 Die Wichtigkeit des relativen Marktanteils als entscheidender Erfolgsfaktor des Unternehmens wird dabei aus dem Erfahrungskurvenkonzept abgeleitet.53 Nach dem Erfahrungskurvenkonzept werden insbesondere aufgrund von Lerneffekten wertschöpfimgsbezogene Stückkostenvorteile gegenüber den Wettbewerbern dann erreicht, wenn die kumulierte Ausbringungsmenge diejenige der Konkurrenten übersteigt. Eine höhere kumulierte Ausbringungsmenge ist anzunehmen, wenn der Marktanteil des eigenen Unternehmens größer ist als der des nächst größten Konkurrenten, das heißt, wenn der relative Marktanteil (RMA) einen Wert von größer 52 53

Vgl. HEDLEY, B. (1977), S. 9 ff. und WELGE, M. K./AL-LAHAM, A. (1992), S. 197 ff. Vgl. grundlegend HENDERSON, B. D. (1984), S. 13 ff.

104

Unternehmensbewertung

als eins aufweist (RMA = Marktanteil eigenes Unternehmen/Marktanteil größter Konkurrent). Im Marktanteils-/Marktwachstums-Portfolio wird dieser Aspekt daher durch eine Trennlinie für den relativen Marktanteil von 1,0 erfaßt.54 Die Wichtigkeit des realen Marktwachstums ergibt sich aus dem Produktlebenszyklusmodell, das für vier idealtypische Produktlebenszyklusphasen einen bestimmten Verlauf der Absatzmenge annimmt. Eine Kernaussage dieses Modells ist, daß insbesondere von Produkten in der Wachstumsphase überdurchschnittliche zukünftige Rückflüsse zu erwarten sind und damit Wachstum einen entscheidenden strategischen Erfolgsfaktor darstellt. Zur Unterscheidung in wachsende und schrumpfende Produkt-/Marktkombinationen wird im Marktanteils-/Marktwachstums-Portfolio eine Trennlinie in Höhe des durchschnittlichen realen Branchenwachstums (nominales Wachstum ohne Inflation) eingezeichnet.55 Das folgende Beispiel soll die Erstellung des Marktanteils-/MarktwachstumsPortfolios und die Zusammenfassung des Portfolios des Akquisitionsobjektes mit dem des Kaufunternehmens zur Überprüfung des „Strategie fit" verdeutlichen:56 Beispiel Es erfolgt eine Positionierung des Unternehmens 1 aus dem Beispiel zum ScoringModell. Die Positionierung des Kaufunternehmens wird ohne weitere Daten angenommen. Portfolio Akquisitionsobjekt 1 (mit Normstrategien) Reales

Gemeinsames Portfolio

Marktwachstum

Relativer Abb. 12:

Portfolio Kaufunternehmen (mit Bereichsbezeichnung)

Marktanteil

Beispiel für ein

Marktanteils-ZMarktwachstums-Portfolio

Durch die Kombination der Portfolios entsteht ein finanziell ausgeglichenes Gesamt-Portfolio, so daß aus diesem Blickwinkel eine Erfüllung des „Strategie fit"

54 55 56

Vgl. COENENBERG, A. G. (1997), S. 207 ff. Vgl. WELGE, M. K./AL-LAHAM, A. (1992), S. 197 ff. Vgl. dazu auch: JUNG, H. (1993), S. 181.

Unternehmensbewertung

105

vorliegt, was den Kauf von Akquisitionsobjekt 1 aus strategischer Sicht sinnvoll erscheinen läßt. Mit Hilfe des Marktanteils-/Marktwachstums-Portfolios sind darüber hinaus Aussagen hinsichtlich der gegenwärtigen und zukünftigen Zahlungsströme der einzelnen Produkt-/Marktkombinationen57 und durch den Lebenszyklusbezug auch Aussagen hinsichtlich zu erwartender Wachstumsraten möglich. Aus diesem Grund kann die im folgenden Kapitel darzustellende finanzielle Bewertung, insbesondere im Rahmen der Prognose, an die aus der Portfolioanalyse abgeleiteten Ergebnisse anknüpfen.58 Des weiteren können die bisher nur qualitativ erfaßten Synergie- und Restrukturierungspotentiale einer Quantifizierung zugänglich gemacht werden.59 5 Finanzielle Bewertung 5.1 Handlungsalternativen des Käufers und Verkäufers Zur Auswahl des heranzuziehenden finanziellen Bewertungskalküls ist zunächst zu untersuchen, welche Handlungsaltemativen dem potentiellen Käufer und Verkäufer des Unternehmens offenstehen:60

Verkäufersicht '

Abb. 13:

Fortführung des Anteils

Zukunftserfolgswert

Alternativanlage

Anteil aus der Liquidation des Unternehmens

Liquidationsbzw. Substanzwert

Anteil an der Neuerrichtung des Unternehmens

Verkauf des Anteils

Marktwert

Handlungsalternativen

Kauf des Anteils

des Käufers bzw. Verkäufers und zugehörige



Käufersicht



Bewertungskalküle

Führt der Verkäufer das Unternehmen fort, sind für die Bewertung des Unternehmens die zukünftigen an ihn aus dem Unternehmen fließenden Entnahmeüberschüsse relevant. Der Zukunftserfolgswert stellt dann den Barwert der auf den heutigen Zeitpunkt mit dem Alternativzins diskontierten zukünftigen Entnahmeüberschüsse dar. Wird das Unternehmen liquidiert fließt dem Verkäufer zum heutigen Zeitpunkt der Liquidationserlös zu. Existiert schließlich ein Markt (z. B. die Börse) für das Unternehmen, kann der Verkäufer die Alternative des Verkaufs zum 57 58

59 60

Vgl. GÜNTHER, T. (1997), S. 343 ff. Damit ist auch die Forderung erfüllt, daß die finanzielle Unternehmensbewertung mit Unternehmens- und Umfeldanalyse zu unterlegen ist. Vgl. COENENBERG, A. G. (1992), S. 104. Es ist daraufhinzuweisen, daß die folgende finanzielle Bewertung das Ergebnis der strategischen Bewertung noch verschieben kann. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn das strategisch optimale Unternehmen zu teuer ist. Vgl. dazu auch: JUNG, H. (1993), S. 192 f. Vgl. im folgenden GÜNTHER, T. (1997), S. 76 ff.

106

Untemehmensbewertung

Marktwert realisieren. Aus rein monetären Gesichtspunkten ist vom Verkäufer die nutzenmaximale Handlungsalternative zu wählen, d. h. für ihn ist der Entscheidungswert der höchste der drei angeführten Unternehmenswerte: Entscheidungswert = Max(Zukunftserfolgswert, Liquidationswert, Marktwert). Für den Käufer des Unternehmens stellt der Zukunfterfolgswert den Betrag dar, der in die Alternativanlage investiert werden muß, um einen zum Unternehmenskauf adäquaten Entnahmeüberschußstrom zu erzielen. Im Fall der Neuerrichtung des Unternehmens drückt der Substanzwert den Betrag aus, der durch den Käufer zur Generierung der dem Zukunftserfolgswert zugrundeliegenden Entnahmeüberschüsse aufzuwenden ist. Der Marktwert stellt den Betrag dar, der zum direkten Kauf des Entnahmeüberschußstroms am Markt aufgebracht werden müßte. Da somit alle Handlungsalternativen einen adäquaten Entnahmeüberschußstrom aufweisen, wählt der Käufer die Alternative mit dem niedrigsten Unternehmenswert als Entscheidungswert: Entscheidungswert = Min(Zukunftserfolgswert, Substanzwert, Marktwert) Im folgenden wird dargestellt, wie die Ermittlung der drei verschiedenen Unternehmenswerte vorgenommen werden kann.61 5.2 Zukunftserfolgswert 5.2.1

Theoretische Grundlagen

Aus finanzieller Sicht erfolgt der Unternehmenskauf zur Mittelerzielung für Konsum-, Investitions- und Schuldenzahlungen,62 weshalb zur Bestimmung des Unternehmenswertes nur die an den Unternehmenskäufer fließenden sogenannten Entnahmeüberschüsse relevant sind. Um den Entnahmeüberschüssen einen Wert beimessen zu können, kann zunächst der beobachtbare Marktpreis einer Anlagealternative herangezogen werden, die gleich hohe erwartete Entnahmeüberschüsse wie das Unternehmen erwirtschaftet.63 Beispiel Ein potentieller Anteilseigner erwartet aus einem in t = 0 durchzuführenden Unternehmenskauf am Ende der Perioden t = 1, 2 folgende Entnahmeüberschüsse: 61

62 63

Eine Darstellung von sogenannten Mittelwertverfahren erfolgt nicht, da diese auf den Zukunftserfolgsund Substanzwert zurückgreifen und somit keine gesonderten Ermittlungsprobleme aufwerfen. Vgl. z. B. MOXTER, A. (1983) S. 56 ff. Vgl. BALLWIESER, W. (1995a), Sp. 1870. Vgl. ähnlich MOXTER, A. (1983), S. 79 und S. 123 ff. Die andere Möglichkeit wäre der Vergleich mit dem Marktwert eines Kredites, der aus den Entnahmeüberschüssen gerade zurückgezahlt werden kann. Diese Möglichkeit wird im folgenden nicht gesondert betrachtet. Anstatt des Begriffs Entnahmeüberschüsse wird in der Literatur auch der Begriff „Nettoentnahmen", „Nettoausschüttungen", „Ausschüttungen" u. ä. verwendet.

Unternehmensbewertung Periode t Entnahmeüberschuß Et

107

1

1

2

110

121

Der Marktpreis für eine Alternative mit einer identischen Reihe an Entnahmeüberschüssen in jeder Periode wird mit 200 angenommen. Kann der potentielle Anteilseigner das Unternehmen für weniger als 200 erwerben, können die Entnahmeüberschüsse billiger erworben werden als bei Durchführung der Alternativinvestition. Bei einem Unternehmenskaufpreis von mehr als 200 sollte dagegen die Alternativinvestition durchgeführt werden. Das bedeutet, daß der Marktpreis der Alternative von 200 den für die Kaufentscheidung heranzuziehenden entscheidungsrelevanten Unternehmenswert (Entscheidungswert, Grenzpreis, Preisobergrenze) darstellt. Zum Vergleich der Entnahmeüberschüsse aus dem Unternehmen mit einer identischen Alternativanlage kann anstatt der Verwendung des beobachtbaren Marktpreises dieser Alternativanlage der diesem Marktpreis zugrundeliegende Zins r herangezogen werden. Hierdurch erfolgt letztlich der Rückgriff auf einen adäquaten Verzinsungsanspruch am Kapitalmarkt. Die Unternehmensbewertung wird somit zum Spezialfall der Investitionsrechnung. Der entscheidungsrelevante Unternehmenswert ist dann als Barwert (oder Ertragswert) durch Diskontierung der bis zum letzten Zuflußzeitpunkt T anfallenden Entnahmeüberschüsse Et mit dem Alternativzins r zu ermitteln:64 EL Unternehmenswert = > -tra+r)« Der obige Untemehmenswert stellt den Betrag dar, der in die Altemativanlage investiert werden muß, damit durch diese Investition in jeder Periode t die gleichen Entnahmeüberschüsse Et wie beim Unternehmenskauf erwirtschaftet werden können.65 Das bedeutet weiterhin, daß der Unternehmenskauf höchstens bis zu diesem Preis vorgenommen werden sollte, da andernfalls der gleich hohe Entnahmeüberschußstrom aus der Durchführung der billigeren Alternativanlage erzielt werden kann. Beispiel Es liegen die gleichen Entnahmeüberschüsse wie im obigen Beispiel vor. Der relevante Alternativzins von 10% basiert auf dem Marktpreis und den Entnahmeüberschüssen der Alternative des vorhergehenden Beispiels.

64 65

Vgl. z. B. SIEBEN, G. (1993), Sp. 4323. Vgl. ähnlich: SIEBEN, G./DIETRICH, R. (1990), S. 796.

108

Unternehmensbewertung

Untemehmenswert =

1,1

+ — - = 200. 1,12

Durch Anlage dieses Betrages in die Alternative kann ein zum Unternehmenskauf identischer Entnahmeüberschußstrom generiert werden. Dies belegt, daß der maximale Kaufpreis für das Unternehmen 200 betragen sollte: Periode

0

1

Zins auf Anlagebetrag der Vorperiode (10 %)

2

20

11

+

Anlagebetrag der Vorperiode

200

110

=

Anlagebetrag vor Entnahme

220

121

-

Entnahmeüberschuß (=Entnahme) E,

110

121

=

Anlagebetrag nach Entnahme

110

0,00

200

Hinsichtlich der Ermittlung des Zukunftserfolgswertes mit Hilfe der investitionstheoretischen Barwertmethode besteht in der Literatur weitgehend Einigkeit. Bei der Ermittlung der Entnahmeüberschüsse und des Alternativzinses sind verschiedene Probleme zu beachten, zu deren Lösung unterschiedliche Ansätze herangezogen werden.66 Im folgenden werden deren Grundlagen zunächst zur Lösung der Entnahmeüberschußproblematik und anschließend zur Lösung der Alternativzinsproblematik dargestellt. 5.2.2

Bestimmung der Entnahmeüberschüsse

Die Ermittlung der Entnahmeüberschüsse kann als zweistufiger Prozeß aufgefaßt werden. Ausgangspunkt der Ermittlung sind die Ein- und Auszahlungen, die zwischen dem Umfeld und dem Unternehmen fließen (z. B. Einzahlungen aus dem Umsatz, Auszahlungen für Material, Personal und Steuern). Dieser Einzahlungsüberschuß des Unternehmens stellt das Potential für den Entnahmeüberschuß der Anteilseigner dar, der sich aus Entnahmen aus dem Unternehmen (z. B. Dividenden, Gratisaktien, Bezugsrechte) und Einlagen (z. B. Kapitalerhöhungen) in das Unternehmen zusammensetzt.67 Entnahmen Anteilseigner

Unternehmen Einlagen

Abb. 14:

66 67

Einzahlungen

Auszahlungen

Anteilseigner-Unternehmen-Umfeldbeziehung

Vgl. SCHMIDT, J. G. (1995), S. 1088. Vgl. ähnlich: COENENBERG, A. G. (1992), S. 94.

Umfeld

Unternehmensbewertung

109

5.2.2.1 Vergangenheitsanalyse und Prognose Zur Prognose der Ein- und Auszahlungen ist zunächst eine Vergangenheitsanalyse durchzufuhren (z. B. Kennzahlenanalyse des Jahresabschlusses), um insbesondere die wesentlichen Einflußfaktoren auf diese Ein- und Auszahlungen zu identifizieren.68 Darauf aufbauend sind die Ein- und Auszahlungen der einzelnen Perioden mit einer integrierten Bilanz-, Erfolgs- und Finanzplanung zu prognostizieren. Eine Finanzplanung allein ist nicht ausreichend, da insbesondere zur Ermittlung der Steuerzahlungen eine Erfolgsrechnung (Gewinn- und Verlustrechnung) notwendig wird. Zur Erstellung der Gewinn- und Verlustrechnung wiederum ist z. B. die Kenntnis der Abschreibungsbeträge erforderlich, die anhand des aus der Bilanzplanung abgeleiteten Vermögens ermittelt werden müssen. 69 Rückwirkungen ergeben sich, da die in der Finanzplanung errechneten Fremdkapitalzinsen, Fremdkapitalbestandsänderungen, Investitions- und Desinvestitonsbeträge einen notwendigen Input für die Gewinn- und Verlustrechnung bzw. Bilanzplanung darstellen (Zirkelproblem). Die Investitions- und Desinvestitionserfordernisse, sowie die Höhe der mit ihnen verbundenen Aus- und Einzahlungen können dabei z. B. aus den im Zuge der strategischen Analyse durchgeführten Portfolioanalysen abgeleitet werden. Zur Ermittlung der Daten für die integrierte Bilanz-, Erfolgs- und Finanzplanung ist das Mengen- und Wertgerüst der einzelnen betrieblichen Teilpläne einzubeziehen.70 Aus dem Absatzplan sind die Preise und Mengen der abzusetzenden Güter und Dienstleistungen zu entnehmen, die als Umsätze in die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und als zahlungswirksame Umsätze in den Finanzplan eingehen. Die Steigerung/Schrumpfung der Absatzmenge kann dabei z. B. anhand der während der strategischen Analyse vorgenommen Analyse des Produktlebenszyklus prognostiziert werden. Ausgehend vom Absatzplan ist der Produktions- und Beschaffungsplan zu erstellen, dessen Abschreibungen und Aufwendungen/Auszahlungen für z. B. Personal und Material ebenfalls in die GuV und den Finanzplan einfließen. Aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeit der Einzelpläne können Konstellationen auftreten, in denen eine sukzessive Lösung der Einzelpläne nicht mehr möglich ist.71 In diesem Fall ist eine simultane Lösung über ein Gleichungssystem oder mit Hilfe des Iterationsmoduls von Tabellenkalkulationen notwendig.

68 69 70 71

Vgl. BALLWIESER, W. (1993), S. 154. Vgl. z. B. BALLWIESER, W. (1995a), Sp. 1869. Vgl. im folgenden zu Einzelheiten: MÖHLMANN, T./BARTELS, D. (1998), S. 903 ff. Dies ist z. B. der Fall, wenn die notwendige Kreditaufnahme am Anfang des Jahres von der Höhe des Einzahlungsüberschusses am Ende des Jahres abhängt und dessen Höhe wiederum von der Zinshöhe auf den Kreditbestand am Anfang des Jahres determiniert wird.

110

Unternehmensbewertung

5.2.2.2 Erfassung von Inflation und Steuern Zwei Kernprobleme im Rahmen der Prognose der Einzahlungsüberschüsse stellen die Erfassung der Inflation und der Steuern dar. Einzelheiten zur Erfassung der Inflation werden im Kapitel zum Alternativzins erläutert. Auf dieser Stufe soll die Anmerkung genügen, daß der Verwendung von nominalen Größen, d. h. Größen inklusive Inflation der Vorzug eingeräumt wird. Zur Erfassung von Steuern ist unter dem derzeitigem deutschen Steuersystem in die persönlichen Steuern des Anteilseigners (insbesondere Einkommensteuer) und die vom Unternehmen zu entrichtenden Steuern zu unterscheiden. Die vom Unternehmen zu entrichtenden Steuern werden in auf die persönlichen Steuern des Anteilseigners anrechenbaren Steuern (Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer auf ausgeschüttete Gewinne), die nicht anrechenbare Körperschaftsteuer auf thesaurierte Gewinne und die Gewerbeertragsteuer als Unternehmenssteuer unterteilt. Zur Ermittlung eines korrekten Einzahlungsüberschusses wäre eine Berücksichtigung der nicht anrechenbaren Steuern und eine Berücksichtigung der anrechenbaren Körperschaftsteuer notwendig, da durch beide Steuern eine Reduzierung des verfugbaren Einzahlungsüberschusses erfolgt.72 Aus Vereinfachungsgründen wird bei der Ermittlung des Einzahlungsüberschusses nur die Wirkung einer Unternehmenssteuer erfaßt, was eine Übertragbarkeit des Vorgehens auf Steuersysteme ohne Anrechnungsverfahren ermöglicht (z. B. corporate tax in den U.S.A.). 5.2.2.3 Beispiel Das folgende einfache Beispiel, bei dem eine sukzessive Aufstellung der Einzelpläne möglich ist, soll die Ermittlung der Einzahlungsüberschüsse erläutern: Für die einzelnen betrieblichen Teilpläne liegen folgende aufgrund von nominalen Größen geschätzten Daten in TDM vor:

72

Diese Problematik ist im Zusammenhang mit dem weiteren Vorgehen zu sehen. Weiter unten wird argumentiert, daß zur Ausschüttung des Einzahlungsüberschusses ein Bilanzgewinn vorhanden sein muß. Die Höhe des Bilanzgewinns hängt jedoch wiederum von der Höhe der Körperschaftsteuer ab. Die Höhe der Körperschaftsteuer ist aufgrund der unterschiedlichen Besteuerung von thesaurierten und ausgeschüttenen Gewinnen vom Ausschüttungsbetrag abhängig. Der maximal mögliche Ausschüttungsbetrag wird aber durch die Höhe des Einzahlungsüberschusses determiniert. Zur korrekten Lösung dieses interdependenten Problems ist die Aufstellung eines Gleichungssystems bzw. eines linearen Programms notwendig.

Unternehmensbewertung Teilpläne

111

Beschaffung

Produktion

Absatz

Entsorgung 3.000

Umsatz Materialaufwand

50

100

50

Personalaufwand

50

200

100

50

Abschreibungen

50

250

25

100

100

Ausgehend von diesen Daten ist die GuV und die Planbilanz zu erstellen. Dazu sind des weiteren folgende Aspekte zu beachten: • Zinsaufwand: 5% auf Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten der Vorperiode, • Steuer: 20% Gewerbeertragsteuer auf das handelsbilanzielle Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, 73 • Umsatz: 80% einzahlungswirksam, 20% auf Ziel (Forderungsaufbau 600), • Materialaufwand: 90% auszahlungswirksam, 10% auf Ziel (Verbindlichkeitenaufbau 30), • die Forderungen der Vorperiode sind in der Planperiode einzahlungswirksam (2.000), • die Investition in Sachanlagevermögen, die Änderung der Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten und die der liquiden Mittel ergeben sich aus dem Finanzplan (s. u.), • die Änderung der Kasse entspricht der Höhe des Einzahlungsüberschusses. Plan-GuV Umsatz +/-

Bestandsänderung

=

Gesamtleistung

=

Aktiva

3.000

Sachanlagevermögen

10.000

10.075

2.000

600

3.000

Liquide Mittel

100

2.255

300

Summe

400

Passiva

Abschreibungen

425

Eigenkapital

Zinsaufwand

250

Jahresüberschuß

Jahresüberschuß

Planjahr

Forderungen

Personalaufwand

Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

Vorjahr

0

Materialaufwand

Steuern =

Planjahr

12.100 Vorjahr

12.930 Planjahr

7.100

7.100

0

1.300

1.625

Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten

5.000

4.500

325

Verbindlichkeiten a. L&L

0

30

12.100

12.930

1.300

Summe

Die Ermittlung des Einzahlungsüberschusses wird auf direkte und indirekte Weise vorgenommen. Bei der indirekten Ermittlung wird der Jahresüberschuß um nicht 73

In der Praxis ist zur Bestimmung der Steuer das zu versteuernde Einkommen bzw. der Gewerbeertrag entsprechend den Vorschriften des Steuerrechts zu ermitteln.

Unternehmensbewertung

112

zahlungswirksame Aufwendungen (hier nur Abschreibungen) / Erträge (hier nicht vorhanden) und um die Änderung des Working Capital (im wesentlichen: Vorräte + Forderungen - kurzfristige Verbindlichkeiten) korrigiert, um den zahlungswirksamen Einzahlungsüberschuß ermitteln zu können.74 Direkte Ermittlung

Planjahr

Indirekte Ermittlung Jahresüberschuß

Einzahlungen Umsatz Planjahr (80%)

2.400

+ Abschreibungen

Umsatz Vorjahr (Forderungsabbau)

2.000

= Cash Flow (einnahmenorientiert)

Planjahr 1.300 425 1.725

- Auszahlungen Material (90%)

-270

Personal

-400

Zins

-250

Steuern

-325

= Cash Flow (einzahlungsorientiert) - Investitionen Sachanlagevermögen = Cash Flow nach Investitionen - Fremdkapitaltilgung = Einzahlungsüberschuß (Freier Cash Flow - Netto)

3.155 -500 2.655 -500 2.155

+/- Änderung Working Capital Forderungsabbau

1.400

Verbindlichkeitenaufbau - Investitionen Sachanlagevermögen = Cash Flow nach Investitionen - Fremdkapitaltilgung = Einzahlungsüberschuß

30 -500 2.655 -500 2.155

(Freier Cash Flow - Netto)

5.2.2.4 Discounted Cash Flow und Ertragswertmethode nach HFA 2/1983 Das vorhergehende Beispiel soll im folgenden dazu dienen, die Grundzüge der Ermittlung der Entnahmeüberschüsse mit Hilfe der zunehmend auch in Deutschland zur Unternehmensbewertung eingesetzten Discounted Cash Flow (DCF)Methode zu erläutern.75 Die maßgeblichen Entnahmeüberschüsse der DCFMethode basieren auf den freien Cash Flows des Unternehmens aus seiner Beziehung zum Umfeld. 76 Nach dem DCF-Bruttoansatz umfaßt der freie Cash Flow die Zahlungen an Eigen- und Fremdkapitalgeber und wird regelmäßig ohne den Einfluß der Fremdfinanzierung ermittelt, so daß dieser freie Cash Flow eine quasi 100% Eigenkapitalfinanzierung widerspiegelt.77 Zur Diskontierung werden die mit den Eigen- und Fremdkapitalmarktwerten gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten herangezogen, die zugleich die steuerliche Abzugsfahigkeit der Fremdka-

74 75

76 77

Vgl. zu Einzelheiten z. B. MANSCH, H./V. WYSOCKI, K. (Hrsg.) (1996), S. 116 ff. Vgl. zu einer empirischen Studie: PEEMÖLLER, H./BÖMELBURG, P./DENKMANN, A. (1994), S. 741 ff. Vgl. grundlegend zu der aus den U.S.A. stammenden Methode: COPELAND, T. E/KOLLER, T./MURRIN, J. (1993) und RAPPAPORT, A. (1995). Vgl. SCHMIDT, J. G. (1995), S. 1095. Vgl. im folgenden auch: BALLWIESER, W. (1998), S. 81 ff..

Unternehmensbewertung

113

pitalzinsen berücksichtigen. 78 Als Ergebnis der Diskontierung resultiert ein Gesamtuntemehmenswert, aus dem durch Abzug des Marktwertes des Fremdkapitals der Unternehmenswert für die Anteilseigner ermittelt wird. Im Gegensatz zum Bruttoansatz wird beim DCF-Nettoansatz zur Bewertung nur der nach Fremdfinanzierung verbleibende freie Cash Flow herangezogen. Die Diskontierung dieses Netto-Cash Flow mit dem Alternativzins (Eigenkapitalkosten des Unternehmens) ergibt direkt den Unternehmenswert für die Anteilseigner. Werden beim Nettound Bruttoansatz die gleichen Annahmen zugrundegelegt, ergeben sich zwischen beiden Ansätzen keine Bewertungsdifferenzen. 79 Für das obige Prognosebeispiel resultieren bei der üblichen indirekten Ermittlung folgende freie Cash Flows nach der Brutto- und Nettomethode: Beispiel in T D M Jahresüberschuß +

Abschreibungen

+ Zinsen abzüglich deren Steuerersparnis (250-250 2 0 % ) +/-

+/-

=

Änderung Working Capital Investitionen in Sachanlagevermögen Fremdkapitaltilgung Freier C a s h Flow

Brutto

Netto

1.300

1.300

425

425

200



1.430

1.430

-500

-500

...

-500

2.855

2.155

Wird zur Vereinfachung angenommen, daß im Planungsjahr keine Fremdkapitaltilgung erfolgt (d. h. die Fremdkapitalhöhe bleibt konstant bei 5.000 und der Netto-Cash Flow beträgt nunmehr 2.655) und daß die ermittelten freien Cash Flows bis zu einem unendlichen Planungshorizont anfallen, kann die Gleichheit der Unternehmenswerte unter Verwendung der Formel für die unendliche geometrische Reihe, einem Alternativzins der Eigenkapital (EK)-Geber r von 10% und einem Fremdkapital (FK)-Zins von i = 5% wie folgt nachgewiesen werden: 80

78

79 80

Aus der Sicht der Eigen- und Fremdkapitalgeber sind dies die Alternativzinsen, aus Sicht des Unternehmens sind dies die jeweiligen Kapitalkosten. Vgl. dazu ausführlich: SIEBEN, G. (1995), S. 717 ff. Für den Nichtrentenfall ergibt sich die Identität bei marktwertkongruenter Finanzierung. Vgl. H ACHMEISTER, D. (1995), S. 106 ff.

114

Unternehmensbewertung

2.655 Unternehmenswert (Netto) = - j r r - = 26.550 TDM Unternehmenswert-Brutto: 1. Marktwertgewichteter Durchschnittszins: Marktwert EK + Marktwert EK + Marktwert FK Marktwert EK i • (1 - Steuersatz) • Marktwert EK + Marktwert FK 26.550 = 0,126.550 + 5.000 r•

= 9,049%

2.855 2. Gesamtunternehmenswert = q 09049 = 31.550 TDM 3. Unternehmenswert (Netto) = Gesamtunternehmenswert - Marktwert des FK = = 31.550 - 5.000 = 26.550 TDM Im folgenden wird ausschließlich auf die Netto-DCF-Methode eingegangen, da für die weitere Behandlung zunächst von Interesse ist, welcher Einzahlungsüberschuß aus der Unternehmens-Umfeld-Beziehung potentiell nur für die Anteilseigner zur Verfügung steht. Das Problem der DCF-Ansätze besteht nun darin, daß von einer Vollausschüttung der freien Cash Flows ausgegangen wird, das heißt, daß per Annahme die freien Cash Flows mit den Entnahmeüberschüssen gleichgesetzt werden.81 Zur Ausschüttung der freien Cash Flows müssen jedoch handelsbilanzielle Ausschüttungsbemessungsgrundlagen beachtet werden.82 Im Fall von Kapitalgesellschaften bedeutet dies, daß ein genügend hoher Bilanzgewinn vorhanden sein muß, um den Anteilseignern den freien Cash Flow als Entnahmeüberschuß verfügbar zu machen. Im Prognosebeispiel ist ein freier Cash Flow von 2.155 TDM vorhanden, zu dessen Verfügbarmachung jedoch zunächst nur ein als Bilanzgewinn dotierbarer Jahresüberschuß von 1.300 TDM verwendet werden kann. Sind allerdings für Ausschüttungen verwendbare Gewinnrücklagen vorhanden, kann der Bilanzgewinn um Gewinnrücklagenauflösungen erhöht und der gesamte freie Cash Flow als Entnahmeüberschuß verfügbar gemacht werden:

81 82

Vgl. SCHMIDT, J. G. (1995), S. 1096. Vgl. ähnlich: SIEBEN, G. (1995), S. 723 und 729.

Unternehmensbewertung Jahresüberschuß +

Gewinnrücklagenauflösung

115 1.300 855

= Bilanzgewinn = Freier C a s h Flow (TDM) = Entnahmeüberschuß

2.155

Kann dagegen keine oder nur eine geringere Gewinnrücklagenauflösung vorgenommen werden, wird der Entnahmeüberschuß durch die erfolgswirtschaftliche Bilanzgewinngröße beschränkt. Eine direkte Anknüpfung an Erfolgsgrößen als Entnahmeüberschuß liegt der Ertragswertmethode nach HFA 2/1983 zugrunde.83 Um dennoch eine Anpassung der Erfolgsgrößen an die theoretisch korrekten Entnahmeüberschüsse zu erreichen, wird eine Korrektur der Erfolgsgrößen mit Hilfe einer Finanzdeckungsrechnung vorgenommen. In der Konsequenz bedeutet dies eine Vollausschüttung der Erfolgsgrößen durch zusätzliche Aufnahme oder Rückführung von Fremdkapital, was dazu führt, daß die ursprüngliche Finanzplanung abgeändert wird.84 Im folgenden soll die Ermittlung des Entnahmeüberschusses auf Basis des Einzahlungsüberschusses unter Beschränkung der Ausschüttung durch die Höhe des Bilanzgewinns vorgenommen werden. Damit ist sichergestellt, • daß der Einzahlungsüberschuß tatsächlich verfügbar gemacht werden kann und • daß die auf der strategischen Analyse basierenden Größen des Finanzplanes auch tatsächlich in die Ermittlung des Unternehmenswertes eingehen. 5.2.2.5 Erfassung der Besteuerung der Anteilseigner Zur Ermittlung eines entscheidungsrelevanten Unternehmenswertes müssen alle den Entnahmeüberschuß beeinflussenden Aspekte des subjektiven Entscheidungsfeldes des Investors in die Bewertung einbezogen werden (Forderung nach Ermittlung eines subjektiven Entscheidungswertes).85 Insbesondere sind die durch den Entnahmeüberschuß determinierten Steuerzahlungen zu berücksichtigen, die als negative Zielbeiträge vom ursprünglichen Entnahmeüberschuß abzuziehen sind.86 Erfassungs- und Bewertungsprobleme entstehen, wenn am zu bewertenden Unternehmen viele Anteilseigner mit unterschiedlichen steuerlichen Gegebenheiten beteiligt sind (z. B. unterschiedliche Steuerprogressionszonen), da in diesem Fall für jeden Anteilseigner ein gesonderter Untemehmenswert berechnet werden müßte. Zur Vereinfachung kann die persönliche Besteuerung gänzlich vernachlässigt87 oder zumindest über pauschale Annahmen in die Bewertung integriert wer83 84 85 86 87

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

HFA (1983), S. 468 ff. SIEBEN, G. (1995), S. 729. MOXTER, A. (1983), S. 23 ff. MOXTER, A. (1983), S. 177. dazu auch; MOXTER, A. (1983), S. 177.

116

Unternehmensbewertung

den. Wird z. B. ein pauschaler proportionaler Steuersatz von s = 35% angenommen, kann für das Beispiel folgender Entnahmeüberschuß nach persönlichen Steuern Es berechnet werden:88 E s = E-(l-s) = 2.155 (1 - 0,35) = 1.400,7589 5.2.2.6 Erfassung von Unsicherheit und Phasenmethode Zur Erfassung der Unsicherheit über die zukünftige Höhe der Entnahmeüberschüsse ist die Durchfuhrung einer mehrwertigen Planung notwendig.90 Zu diesem Zweck sind zunächst die in der Zukunft möglichen Umfeldzustände und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten zu identifizieren.91 Anschließend ist für jeden Umfeldzustand und jede Planungsperiode in der Zukunft eine Prognoserechnung für die Entnahmeüberschüsse durchzuführen. Darauf aufbauend erfolgt eine Aggregation der einzelnen Entnahmeüberschüsse der Periode mit den zugehörigen Wahrscheinlichkeiten zum Erwartungswert. Die Strukturierung der verschiedenen Zukunftslagen kann mit Hilfe von Zustandsbäumen und bei Vorliegen von zukünftigen Handlungspielräumen mit Entscheidungsbäumen vorgenommen werden. Das folgende Beispiel soll die Ermittlung der Erwartungswerte anhand eines zweiperiodigen Zustandsbaumes erläutern: Beispiel Die Analyse der Umfeldzustände (jeweils „gute" oder „schlechte" Absatzentwicklung) und die anschließende Prognose resultiert in folgendem Zustandsbaum: t = 0

88 89

90 91

t = 1

t = 2

Basierend auf dem Vorschlag des IDW. Vgl. O.V. (1997), S. 33 f. Das gleiche Ergebnis resultiert, wenn bei der Ermittlung des Einzahlungsüberschusses auf Unternehmensebene die anrechenbaren Steuern abgezogen worden wären und im Zuge des Anrechnungsverfahrens auf die persönliche Einkommensteuer der Anteilseigner angerechnet werden. Vgl. MOXTER, A. (1983), S. 117 f. Vgl. im folgenden DRUKARCZYK, J. (1996), S. 51 ff.

Unternehmensbewertung

117

Die Erwartungswerte für die beiden Perioden lauten: E(Es,i) = 0,4-1.400,75 + 0,6-1.000 = 1.160,30 E(Es,2) = 0,4-(0,5-2.000 + 0,5-1.600) + 0,6-(0,4-1.400 + 0,6-800) = 1.344 Neben dem Zustands- und Entscheidungsbaumverfahren können zur Integration der Unsicherheit in die Unternehmensbewertung weitere Verfahren der Risikoanalyse angewandt werden. Zu nennen sind hierfür beispielsweise das Verfahren der Simulation und der Sensitivitätsanalyse.92 Aufgrand der mit zunehmendem Planungshorizont schwieriger werdenden Prognose ist es angebracht, eine Unterteilung des Planungshorizontes in Phasen mit unterschiedlicher Planungsgenauigkeit vorzunehmen.93 Wird z. B. die 2-PhasenMethode angewandt, erfolgt für einen Planungszeitraum (z. B. T = 5 Jahre) eine detaillierte Planung und für einen Restzeitraum eine pauschale Abschätzung der zukünftigen Entnahmeüberschüsse. Kann von einer Unternehmensfortführung ausgegangen werden, besteht die Möglichkeit, den Restwert bei Annahme eines konstanten erwarteten Entnahmeüberschusses E(ES) für den Zeitraum T+l ... oo mit Hilfe der Formel für die unendliche geometrische Reihe abzuschätzen. Der Untemehmenswert bei Annahme eines relevanten Alternativzinssatzes r ist dann folgendermaßen zu ermitteln:

Unternehmenswert =

p(Es.,) ^ ^ ( 1 + r)' t=i

|

E(ES) 1 r (l + r)T

5.2.2.7 Bewertung von Synergie- und Restrukturierungspotentialen, sowie ökologischen Aspekten Bis zu diesem Punkt wurde dargestellt, wie der erwartete bewertungsrelevante Entnahmeüberschuß des Anteilseigners aus dem Einzahlungsüberschuß des Unternehmens abgeleitet werden kann. Anhand dieser Vorgehensweise kann nun beurteilt werden, wie die in der strategischen Analyse aufgedeckten Synergie- und Restrukturierungspotentiale, sowie ökologische Aspekte in die finanzielle Bewertung integriert werden können. Die wesentlichen die Höhe des Entnahmeüberschusses beeinflussenden Größen sind der Bilanzgewinn und der Einzahlungsüberschuß, deren Höhe wiederum durch die Höhe der Ein- und Auszahlungen und die Höhe der Erträge und Aufwendungen bestimmt wird. Zur finanziellen Bewertung von Synergie, Restruktu-

52 93

Vgl. zu Einzelheiten PERRIDON, L./STEINER, M. (1997), S. 103 ff. und S. 120 ff. Vgl. im folgenden z. B. SCHMIDT, J. G. (1995), S. 1090.

118

Unternehmensbewertung

rierung und Ökologie ist deshalb deren Auswirkung auf diese Größen zu untersuchen. Folgende Übersicht faßt mögliche Auswirkungen zusammen:94 Erhöhung (+)/ Verminderung (-) der Stromgröße

Synergie

Restrukturierung

Ökologie

Einzahlung

Umsatzerhöhung (+)

Desinvestitionen (+)

höhere Preise für ökologische Produkte (+)

Auszahlung

weniger Personal (-)

Investitionen (+)

Umweltinvestitionen (+)

Ertrag

Umsatzerhöhung (+)

Rückstellungsauflösung (+)

höhere Preise für ökologische Produkte (+)

Aufwand

weniger Personal (-)

Abschreibung (+)

Sanierungsrückstellung (+)

Abb. 16:

Finanzielle Auswirkungen von Synergien, Restrukturierung und Ökologie

Die finanzielle Auswirkung dieser Maßnahmen auf den Einzahlungsüberschuß und auf den, den Bilanzgewinn determinierenden, Jahresüberschuß kann beispielhaft folgendermaßen erfaßt werden (in TDM): Beispiel Maßnahme

Auswirkung

Einzahlungsüberschuß

Jahresüberschuß

ökoprodukte

Umsatzerhöhung

+500

+500

Beschaffungssynergie

Reduzierung Materialaufwand, -auszahlung

+100

+100

Restrukturierung

Erhöhung Personalaufwand, auszahlung wegen Abfindung

-150

-150

Neue Recyclinganlage Investition bzw. Abschreibung (10 Jahre) Steueränderung

20% auf 350

Änderung Neuer Wert

(Auf Basis des Prognosebeispiels)

-1.000

-100

-550

+350

-70

-70

-620

+280

1.535

1.580

Sind keine zusätzlichen liquiden Mittel vorhanden, wird die Höhe des Entnahmeüberschusses durch den Einzahlungsüberschuß von 1.535 beschränkt, was einen Entnahmeüberschuß nach Steuern Es von 1.535 (1-0,35) = 997,75 ergibt. 5.2.2.8 Ermittlung der Preisobergrenze Insbesondere die Auswirkungen von zukünftigen Restrukturierungen und Synergien sind in die Ermittlung eines die Preisobergrenze (POG) widerspiegelnden Ent94

Siehe zu einem Überblick über weitere Restrukturierungs- und Synergiepotentiale: COENENBERG, A. G./SAUTTER, M. T. (1992), S. 201. Zu monetär erfaßbaren ökologischen Aspekten vgl. GÜNTHER, E. (1994), S. 123 ff. Insbesondere zu Umweltschutzanforderungen vgl. STUHR, H.-J./BOCK, M. (1995), S.293 ff.

Unternehmensbewertung

119

scheidungswertes einzubeziehen. Um Transparenz über die Zusammensetzung des Entscheidungswertes zu erlangen, sind die durch Restrukturierungen und Synergien zu erreichenden Änderungen der Entnahmeüberschüsse und damit die des Untemehmenswertes ausgehend vom Untemehmenswert ohne diese Änderungen („Unternehmen wie es steht und liegt") vorzunehmen:95 Beispiel Der Unternehmenswert wird anhand der Zwei-Phasenmethode mit T = 2 und einem Alternativzins von r = 10% ermittelt (in TDM): 1

2

„Unternehmen wie es steht und liegt"

1.160,30

1.344,00

1.000,00

10.430,02

Mit Synergien

1.200,00

1.400,00

1.050,00

10.925,62

Mit Restrukturierung

1.175,00

1.500,00

1.100,00

11.398,76

Entnahmeüberschuß E(Es,t)/Periode t

3...

QO

Unternehmeswert PUG POG

Wird angenommen, daß bei der Bestimmung des Unternehmenswertes für das „Unternehmen wie es steht und liegt" von den Rahmenbedingungen des Verkäufers ausgegangen wird und der Verkäufer den Unternehmenswert ähnlich wie der Käufer ermittelt, kann der Käufer gleichzeitig Rückschlüsse auf die Preisuntergrenze (PUG) des Verkäufers vornehmen.96 5.2.3

Bestimmung des Alternativzinses

Wie in Kapitel 5.1 bereits angesprochen, ist der Alternativzins r Ausdruck der Alternative mit der die erwarteten Entnahmeüberschüsse aus dem Unternehmen verglichen werden. Damit der ermittelte Unternehmenswert einem korrekten Entscheidungswert entspricht, muß der Alternativzins r zunächst die optimale Alternative darstellen.97 Beispiel Der potentielle Anteilseigner hat zwei Alternativen mit r = 10% und 20% zur Auswahl. Bei einem unendlichen gleich hohen Entnahmeüberschuß von 100 TDM ergeben sich folgende Unternehmenswerte (in TDM):

55 96

97

Vgl. ähnlich: DÖRNER, W. (1992), S. 6 ff. Allerdings ist zu beachten, daß sich die Preisuntergrenze des Verkäufers erhöht, wenn ein etwaiger Veräußerungsgewinn zu versteuern ist. Vgl. dazu: MOXTER, A. (1983), S. 179 f. Vgl. z. B. BALLWIESER, W. (1995a), Sp. 1870.

Unternehmensbewertung

120 Alternativzins Unternehmenswert

10%

20%

1.000

500

Da die optimale Alternative die mit dem höheren Zins von r = 20% ist, beträgt der Entscheidungswert 500 TDM. Bei dem in der Realität existierenden unvollkommenen Kapitalmarkt wäre zur Bestimmung des optimalen Alternativzinses die Lösung eines, alle Investitions- und Finanzierungsalternativen (einschließlich des Unternehmenskaufs) umfassenden, Totalmodells nötig. Der Alternativzins ergibt sich dann als modellendogener Opportunitätszins der Grenzanlage- bzw. Grenzfinanzierungsaltemative, dessen Kenntnis wegen des bereits bestimmten Optimums allerdings nicht mehr nötig ist. Da die Anwendung des Totalmodells i. d. R. wegen fehlender Informationen und hoher Komplexität scheitert, ist nur eine pauschalisierende Annahme über den Alternativzins möglich.98 In der Bewertungspraxis wird daher für den Alternativzins vereinfachend ein sogenannter landesüblicher Zins (auch: Basiszinsfuß) herangezogen." Damit der landesübliche Zins zum Vergleich mit der Unternehmenskaufalternative herangezogen werden kann, muß dieser hinsichtlich bestimmter Kriterien zur Unternehmenskaufalternative äquivalente Ausprägungen aufweisen (sonst Vergleich von „Äpfeln mit Birnen"). Im einzelnen bedeutet dies, daß der Zins insbesondere folgende Äquivalenzprinzipien erfüllen muß:100 • Laufzeitäquivalenz, • Risikoäquivalenz (Berücksichtigung von Unsicherheit), • Kaufkraftäquivalenz (Berücksichtigung von Inflation), • Verfügbarkeitsäquivalenz (Berücksichtigung von Steuern). Unter Laufzeitäquivalenz ist zu verstehen, daß zur Vergleichbarkeit der Unternehmenskauf- und Anlagealternative diese grundsätzlich die gleiche Laufzeit aufweisen müssen. Da bei Unternehmensfortfuhrung von unendlich anfallenden Entnahmeüberschüssen ausgegangen wird, wäre eine Alternative mit unendlicher Laufzeit notwendig. Im Falle einer nicht horizontalen Zinsstruktur ist des weiteren erforderlich, für jeden Entnahmeüberschuß eine laufzeitäquivalente Alternative zu finden (Effektivzinssätze von Zerobonds, sog. Spot Rates). Da Alternativzinsen für unterschiedliche Laufzeiten bei einem unendlichen Anlagehorizont kaum zu

98 99

100

Vgl. COENENBERG, A. G. (1992), S. 100 f. Vgl. BALLWIESER, W. (1988), S. 798, BALLWIESER, W. (1995a), Sp. 1870 und SIEBEN, G. (1993), Sp. 4323 ff. Vgl. SIEBEN, G. (1993), Sp. 4325 f.

Unternehmensbewertung

121

bestimmen sind, wird zur Vereinfachung als Alternativzins z. B. die durchschnittliche Umlaufrendite festverzinslicher Wertpapiere herangezogen.101 Der erwartete Entnahmeüberschuß stellt eine mit Unsicherheit behaftete Größe dar (s. Kapitel 5.2.2.6). Die Forderung nach Risikoäquivalenz besagt nun, daß zur Vergleichbarkeit die Entnahmeüberschüsse und die Rückflüsse der Anlagealternative dem gleichen Risiko unterliegen müssen.102 Das kann zum einen dadurch erreicht werden, daß der erwartete Entnahmeüberschuß in eine sichere Größe transformiert wird und die Diskontierung mit einem sicheren Zins (z. B. Umlaufrendite festverzinslicher Wertpapiere, wenn Zinsänderungsrisiken ausgeschlossen werden) vorgenommen wird. Zur Transformation der erwarteten Entnahmeüberschüsse in eine sichere Größe (sog. Sicherheitsäquivalent) wäre die Kenntnis der Risikonutzenfunktion der einzelnen Anleger notwendig, die jedoch nur theoretisch erlangt werden kann.103 Als alternative Vörgehensweise zur Herstellung von Risikoäquivalenz bietet sich daher an, die risikobehafteten erwarteten Entnahmeüberschüsse mit einem risikoangepaßten Alternativzins zu diskontieren. Theoretisch optimal ist die Ableitung des risikoangepaßten Alternativzinses aus den Marktpreisen einer mit den Entnahmeüberschüssen perfekt korrelierenden Alternativanlage.104 Aufgrund der praktischen Schwierigkeit eine perfekt korrelierende Altemativanlage zu finden, wird zur Ableitung eines risikoangepaßten Alternativzinses auf einen mit Zuschlägen versehenen risikolosen Zins zurückgegriffen.105 Die Zuschläge zum risikolosen Zins können zum einen pauschal vorgenommen werden, was das Problem der nicht objektivierbaren Festlegung von Zuschlägen in sich birgt.106 Gerade zur Objektivierung von Risikozuschlägen ist der Rückgriff auf Kapitalmarktmodelle möglich,107 deren bekannteste Variante das Capital Asset Pricing Model (CAPM) darstellt. Unter sehr restriktiven Annahmen läßt sich der Risikozuschlag zum risikolosen Zins i durch Multiplikation eines Betafakors ß (Maß für das systematische Risiko des jeweiligen Wertpapiers gegenüber dem Marktportfolio) mit der Risikoprämie des Marktportfolios (Erwartete Rendite des Marktes TM abzüglich risikoloser Zinses i) festlegen:108

101 102 103 104 105

106

107 108

Siehe dazu und den Problemen dieser Vorgehensweise: DRUKARCZYK, J. (1996), S. 242 ff. Vgl. MOXTER, A. (1983), S. 146. Vgl. SCHMIDT, J. G. (1995), S. 1101. Vgl. COPELAND, T. E./WESTON, J. F. (1992), S. 473 ff. Durch die Verwendung von Risikoschlägen wird ein risikoscheuer Investor unterstellt, was i.d.R. der Realität entspricht. Völlig unbegriindbare Zuschläge können durch Rückgriff auf die Sicherheitsäquivalentmethode ausgeschlossen werden. Vgl. BALLWIESER, W. (1995a), Sp. 1872 ff. Vgl. BAETGE, J./K.RAUSE, C. (1994), S. 437. Vgl. z. B. COPELAND, T. E./WESTON, J. F. (1992), S. 401 ff.

122

Unternehmensbewertung

r = i + ß-(rM - i) Zur praktischen Anwendung des CAPM für die Unternehmensbewertung sind die Bestimmungsgrößen der Gleichung folgendermaßen ermittelbar:109 • Festlegung des risikolosen Zinses i entsprechend dem landesüblichen Zins (z. B. Umlaufrendite). • Das Marktportfolio wird durch einen Aktienindex approximiert (z. B. DAX, FAZ-Index). Anhand der vergangenen Renditen des Aktienindex wird die erwartete Rendite tm geschätzt. • Die ß-Schätzung für börsennotierte zu bewertende Unternehmen erfolgt über eine Regressionsanalyse zwischen den Aktienindexrenditen und den Renditen des Unternehmens (aus Kursteigerung und Dividende) der Vergangenheit. Im Falle nicht börsennotierter Unternehmen ist auf Betas vergleichbarer Unternehmen zurückzugreifen (Branchen-Betas). Beispiel Der risikolose Zins wird aus der Umlaufrendite abgeleitet und beträgt i = 5%. Die Rendite des Aktienindex DAX wird mit tm = 11% aus Vergangenheitsdaten geschätzt. Ein zum bewertenden Unternehmen vergleichbares Unternehmen weist ein Beta von ß = 1,5 auf. Für den risikoangepaßten Alternativzins ergibt sich dann: r = 5% + 1,5-(11% - 5%) = 14%. Die Aussagen des CAPM beruhen auf restriktiven Annahmen und konnten bisher nur teilweise empirisch bestätigt werden.110 Aus diesem Grund sollte das CAPM in der Bewertungspraxis nicht generell und insbesondere nicht unreflektiert angewendet werden.111 Die Ermittlung des Entnahmeüberschusses kann nominal oder real vorgenommen werden. Zur Erfüllung des Kriteriums der Kaufkraftäquivalenz ist es notwendig, daß zur Diskontierung nominaler (realer) Entnahmeüberschüsse ein nominaler (realer) Zins verwandt wird. Beide Methoden führen zu identischen Ergebnissen, wenn eine über alle Perioden konstante Inflationsrate angenommen werden kann.112 Folgende Gründe sprechen jedoch für die Nominalmethode, weshalb dieser bei der Bestimmung der Entnahmeüberschüsse der Vorzug gegeben wurde:

109

1,0 111 112

Vgl. z. B. BALLWIESER, W. (1995b), S. 122 ff., BALLW1ESER, W. (1998), S. 82 ff. und GÜNTHER, T. (1997), S. 176 ff. Vgl. z. B. BALLWIESER, W. (1998), S. 82 ff. und SCHMIDT, J. G. (1995), S. 1103 ff. Vgl. SIEBEN, G. (1995), S. 735. Vgl. BLOHM, H./LÜDER, K. (1995), S. 139.

Unternehmensbewertung

123

• Es kann nicht von einer konstanten und einheitlichen Inflationsrate für die verschiedenen Komponenten des Entnahmeüberschusses ausgegangen werden (z. B. Verbilligung des Materials bei gleichzeitiger Erhöhung der Löhne). • Die Steuerbemessungsgrundlagen sind nominale Größen. 113 • Der am Kapitalmarkt beobachtbare Zins enthält bei Gültigkeit der These eine Inflationskomponente, ist also ein nomineller Zins. 114

FISHER-

Dem Grundsatz der Verfügbarkeitsäquivalenz liegt der Gedanke zugrunde, daß bei Berücksichtigung der Besteuerung der Entnahmeüberschüsse (s. dazu Abschnitt 5.2.2.5) die Besteuerung der Rückflüsse der Alternativanlage ebenfalls zu berücksichtigen ist.115 Die vereinfachende Integration der Besteuerung der Erträge der Alternativanlage erfolgt durch Kürzung des risikoangepaßten Alternativzinses mit dem als proportional angenommenen persönlichen Steuersatz des Anteilseigners s: 116 r s = r-(l -s). Anzumerken ist, daß eine Erfassung der Besteuerung im Alternativzins nur dann vorgenommen werden muß, wenn auch tatsächlich eine Besteuerung der Alternativerträge vorliegt. Dies ist z. B. dann nicht der Fall, wenn die Alternativerträge aufgrund von Steuerbefreiungen nicht der Besteuerung unterliegen. 5.3 Substanz- und Liquidationswert 5.3.1

Liquidationswert

Die Liquidation des Unternehmens kann gegenüber der Unternehmensfortfuhrung vorteilhaft sein, wenn der Liquidationswert größer als der Zukunftserfolgswert ist.117 Die Ermittlung des Liquidationswertes ist grundsätzlich folgendermaßen vorzunehmen:

=

Liquidationserlöse des Vermögens

Erfassung ökologischer Aspekte

Liquidationswert der Schulden

diesen einzelnen Bestandteilen

Liquidationskosten

dationswertes

Liquidationswert

oder Kosten für

bei

des Liqui-

(z. B. Verkauf von

Öko-Patenten

Deponiesanierung)

Neben den Vermögensgegenständen der Bilanz sind die Liquidationserlöse von nicht aktivierbaren (z. B. selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände) 113

Vgl. " 4 Vgl. 115 Vgl. 1,6 Vgl. 117 Vgl.

DRUKARCZYK, J. (1996), S. 276. COPELAND, T. E./WESTON, J. F. (1992), S. 167 f. MOXTER, A. (1983), S. 177 ff. z. B. BALLWIESER, W. (1993), S. 163. BALLWIESER, W. (1993), S. 169.

124

Unternehmensbewertung

oder bereits abgeschriebenen Vermögensgegenständen zu erfassen. Beim Liquidationswert der Schulden ist zu beachten, daß bestimmte Schulden erst mit der Liquidation entstehen (z. B. Sozialplan) und andererseits bestimmte Schulden wegfallen (z. B. Aufwandsrückstellungen, Pensionsrückstellungen, wenn Übernahme der Pensionszahlungen durch den Pensionssicherungsverein)."8 Die mit der Liquidation verbundenen Zahlungen sind als zukünftige Entnahmeüberschüsse auffaßbar. Insbesondere bei weiter in der Zukunft liegenden Liquidationszahlungen (z. B. mehijährige Abfindungszahlungen) ist eine Diskontierung notwendig. Insofern ist der Liquidationswert als Spezialfall des Zukunftserfolgswertes interpretierbar.119 Neben der eigenständigen Bedeutung als Zerschlagungswert wird der Liquidationswert zur Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens im Rahmen der Ermittlung des Kaufpreises auf Basis des Zukunfitserfolgswertes herangezogen.120 5.3.2

Substanzwert

Die theoretische Ermittlung des Substanzwertes geht von dem Betrag aus, der zum nutzenidentischen Nachbau des Unternehmens notwendig ist („Nachbau auf der grünen Wiese"). Für Nutzenidentität im finanziellen Sinne ist nicht der bilanzielle Nachbau des Unternehmens, sondern der Nachbau des Entnahmeüberschußstroms relevant. Für diesen nutzenidentischen Nachbau ist die Reproduktion aller immateriellen und materiellen Vermögensgegenstände notwendig (Ermittlung eines Gesamtrekonstruktionswertes).121 Aufgrund der Schwierigkeit der Erfassung aller für Nutzenidentität notwendigen Vermögensgegenstände wird in der Bewertungspraxis die Forderung nach nutzenidentischer Reproduktion auf die Summe der Reproduktionwerte der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens reduziert (Ermittlung eines Teilrekonstruktionswertes).122 Ausgehend von den Bilanzwerten des Unternehmens kann die Ermittlung des Substanzwertes dann folgendermaßen vorgenommen werden:

118 1,9 120 121 122

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

BALLWIESER, W. (1993), S. 169. ähnlich: HFA (1983), S. 473. DÖRNER, W. (1992), S. 111 f. ähnlich: BALLWIESER, W. (1993), S. 169 f. ähnlich: BENDER, J./LORSON, P. (1995), S. 111.

Unternehmensbewertung

125

Buchwerte der bilanzierten materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände £ nur betriebsnotwendiges Vermögen Wiederbeschaffungskosten (neu)

Abschlag Abschlag/Zuschlag Abschlag

(Abschreibungen)

Bruttosubstanzwert Wiederbeschaffungskosten (alt)

Zur Ermittlung des Nettosubstanzwertes sind die für die Reproduktion notwendigen Schulden vom Bruttosubstanzwert abzuziehen. Zur Ermittlung des Kaufpreises anhand des Nettosubstanzwertes ist zu diesem noch der Liquidationswert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens zu addieren.123 Die Integration von ökologischen Aspekten erfolgt analog zum Liquidationswert auf den einzelnen Ermittlungstufen (z. B. Abzug von Deponiesanierungsrückstellungen als Schulden). Der Ermittlung des Substanzwertes als eigenständiger Wert im Rahmen von Make-or-Buy-Entscheidungen (Kauf des Unternehmens oder eigenständiger Aufbau) kann aufgrund der Bestimmungsprobleme keine Bedeutung zugewiesen werden.124 Dennoch kommt der Analyse der Unternehmenssubstanz (nicht der Ermittlung des Substanzwertes) bei der Ermittlung des Zukunftserfolgswertes Bedeutung zu.125 Beispielhaft ist hier die Ermittlung der Abschreibungsbeträge und des zukünftigen Investitionsbedarfes zu nennen. 5.4 Marktwert Als Anhaltspunkt für die Ermittlung des Unternehmenswertes kann insbesondere bei börsennotierten Unternehmen auf deren Marktwert zurückgegriffen werden. Im Falle nicht börsennotierter Unternehmen können alternativ die bei vergleichbaren Transaktionen gezahlten Marktpreise herangezogen werden.126 Des weiteren kann in diesen Fällen die Approximation von Marktwerten anhand sogenannter Multiplikatoren durchgeführt werden. Als Multiplikatoren kommen beispielsweise in Frage:127 • das Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV, Price/Earnings-Ratio [PER]), als Gewinnmultiplikator, • das Kurs/Cash Flow-Verhältnis (KCFV, Price/Cash Flow-Ratio [PCFR]), als Cash Flow-Multiplikator, • das Kurs/Umsatz-Verhältnis als Umsatzmultiplikator. 123 124 125 126 127

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

zu Einzelheiten z. B.: BENDER, J./LORSON, P. (1995), S. 110 ff. dazu und zu weiterer Kritik: BENDER, J./LORSON, P. (1995), S. 113. z. B. MOXTER, A. (1983), S. 53. GÜNTHER, T. (1997), S. 91 ff. BALL WIESER, W. (1991), S. 52 ff.

126

Unternehmensbewertung

Um eine Anwendbarkeit der Multiplikatoren zu ermöglichen, sollte eine standardisierte Ermittlung der Gewinne und Cash Flows vorgenommen werden. Zu diesem Zweck kann auf die von der DVFA SG gemachten Vorschläge zur Ergebnisund Cash Flow-Ermittlung zurückgegriffen werden.128 Beispiel Das zu bewertende Unternehmen A weist einen Cash Flow nach DVFA/SG von 15 Mio. DM auf. Der Marktpreis für ein vergleichbares Unternehmen B der Branche beträgt 250 Mio. (Aktienkurs-Aktienanzahl = 50-5 Mio.), was bei einem Cash Flow nach DVFA/SG von 20 Mio. ein KCFV von 12,5 ergibt. Damit läßt sich der Marktwert des zu bewertenden Unternehmens A folgendermaßen approximieren: Marktwert A = Cash Flow-KCFV = 15 Mio.-12,5 = 187,5 Mio. Den Marktwerten im allgemeinen und damit auch den aus diesen abgeleiteten approximativen Marktwerten haftet u. a. das Problem an, daß sie kurzfristigen Kursschwankungen unterliegen können, was zu einer eingeschränkten Aussagefahigkeit fuhrt. Trotz dieser Einschränkung können Marktwerte und approximative Marktwerte zumindest zur Festlegung von Bandbreiten und zur Überprüfung von selbst ermittelten Unternehmenswerten herangezogen werden.129 6 Zusammenfassung Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden als Teil des gesamten Akquisitionsprozesses die Festlegung der Akquisitionsstrategie, die strategische und die finanzielle Bewertung der potentiellen Akquisitionsobjekte dargestellt. Zur Sicherstellung des Erfolgs von Akquisitionen sollte die Akquisitionsstrategie in die gesamte Unternehmensstrategie eingebettet werden. Zu diesem Zweck ist eine Unternehmens- und Umfeldanalyse durchzuführen, die bereits auf dieser Stufe die die Akquisitionsstrategie beeinflussenden ökologischen Aspekte aufdecken muß. Diese und andere Aspekte sind anschließend in das Anforderungsprofil an die Akquisitionskandidaten aufzunehmen. Zur Untersuchung der Vereinbarkeit des Akquisitionsobjektes mit der Unternehmensstrategie („Strategie fit") ist im Zuge der strategischen Analyse ebenfalls eine Unternehmens- und Umfeldanalyse, allerdings jetzt für die Akquisitionsobjekte, durchzuführen. Auch auf dieser Stufe sind die relevanten ökologischen Aspekte, z. B. als K.O.-Kriterium, zu integrieren. Die finanzielle Bewertung des Unternehmens erfolgt insbesondere durch die Ermittlung des Zukunftserfolgswertes („financial fit"). Auf dieser Stufe ist es mög128 125

Vgl. zur Ermittlung: BUSSE V. CÖLBE, W. U. A. (1996). Vgl. GÜNTHER, T. (1997), S. 94 f.

Unternehmensbewertung

127

lieh, die Auswirkung ökologischer Aspekte durch ihre Auswirkung auf die Entnahmeüberschüsse finanziell zu bewerten. 7 Literaturhinweise Eine umfassende Darstellung der im Zuge der strategischen Bewertung zur Anwendung kommenden Instrumente bietet z. B. W E L G E / A L - L A H A M und KREILKAMP. Ein Überblick über die Methoden der finanziellen Bewertung ist bei BALLWIESER zu finden. Für eine tiefergehende Beschäftigung mit der finanziellen Bewertung von Unternehmen ist M O X T E R empfehlenswert. Eine detaillierte Analyse ökologischer Aspekte ist bei GÜNTHER beschrieben.130

130

Vgl. WELGE, M. K. / AL-LAHAM, A. (1992); KREILKAMP, E. (1987); BALLWIESER, W. (1993); MOXTER, A. (1983); GÜNTHER, E. (1994).

128

Unternehmensbewertung

Abkürzungsverzeichnis CAPM

Capital asset pricing model

DAX

Deutscher Aktienindex

DCF

Discounted Cash Flow

DVFA/SG

Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung/Schmalenbach-Gesellschaft - Deutsche Gesellschaft für Betriebswirtschaft

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

GuV

Gewinn- und Verlustrechnung

HFA

Hauptfachausschuß

IDW

Institut der Wirtschaftsprüfer

i. d. R.

in der Regel

KCFV

Kurs/Cash Flow-Verhältnis

KGV

Kurs/Gewinn-Verhältnis

Max

Maximum

Min

Minimum

PCFR

Price/Cash Flow-Ratio

PER

Price/Earnings-Ratio

PIMS

Profit impact of market strategies

POG

Preisobergrenze

PUG

Preisuntergrenze

TDM

Tausend Deutsche Mark

Symbolverzeichnis ß

Betafaktor

E

Entnahmeüberschuß

E(...)

Erwartungswertoperator

Es

Entnahmeüberschuß nach Steuern

Es,t

Entnahmeüberschuß der Periode t nach Steuern

Et

Entnahmeüberschuß der Periode t

Unternehmensbewertung

129

EK

Eigenkapital

FK

Fremdkapital

i

risikoloser

Zins oder Fremdkapitalzins

r

Alternativzins

tm

Rendite des Marktportfolios

rs

Alternativzins nach Steuern

s

proportionaler Steuersatz des Anteilseigners

t

Index für Periode

T

Periode des Planungshorizontes

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130

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Unternehmensbewertung

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Unternehmensbewertung

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133

Heinz-Georg Baum, Jochen Cantner, Adolf G. Coenenberg, Edeltraud Günther, Hannu Kurki, Thomas Muche, Robert Wittmann

Fallstudie Gallati

Kurzinformation

Leitthema Akquisitionsentscheidung: Strategische und finanzielle Bewertung unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte. Verknüpfte Themengebiete Untemehmenswertberechnung, Umweltverträglichkeitsprüfung, Joint VentureÜberlegungen, Due Diligence, Altlastenbewertung

134

Fallstudie

Gallati

PAPERijätti Oy PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti

Öffentlichkeitsarbeit

Allgemeine Informationen über PAPERijätti Oy

Firma:

PAPERijätti Oy

Sitz:

Helsinki, Finnland

Gründungsjahr:

1880

Rechtsform:

Aktiengesellschaft

Vorstandsvorsitzender:

Veikko Virtanen

Anteilseigner:

Pankki Oy 31%, Vakuutus Oy 26% und viele kleine Anteilseigner

Mitarbeiter:

ca. 15.000

Produktbereiche und Kapazitäten:

• • • •

Zeitschriftenpapier 1,6 Mio t/a Zeitungsdruckpapier (SC- und LWC-Papier) 600 Mio t/a Feinpapier (z. B. Kopierpapier) 1,8 Mio t/a Halbstoffe (Zellstoff und Holzschliff) 2 Mio t/a

Diese Produkte werden in sieben Fabriken in Mitteleuropa und in fünf Fabriken in Finnland hergestellt.

Fallstudie Gallati

135

PAPERijätti Oy PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti

Öffentlichkeitsarbeit

KONZERNBILANZ Aktiva 31.12.1997 Mio. FIM Finanzvermögen Kassenbestand und Bankguthaben Forderungen aus Lieferungen und Leistungen Forderungen aus Ausleihungen Geleistete Anzahlungen Rechnungsabgrenzungen Sonstige Mittel

Vorräte Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Halb- und Fertigfabrikate Sonstige Vorräte

Anlagevermögen Anzahlungen und Anlagen im Bau Land- und Wassergebiete Gebäude Maschinen und maschinelle Einrichtungen Sonstige materielle Güter Aktien und Beteiligungen Immaterielle Rechte Sonstige immaterielle Anlagewerte Firmenwerte Kumulative Differenz zwischen planmäßigen und Buchabschreibungen

1.712.9 2.947,0 581,2 100,8 699,4 277,4 6.318,7

1.139,8 1.616,3 119,4 2.875,5

%

31.12.1996 Mio. FIM

19,4

1.157,3 3.426,5 469,0 68,7 553,1 518,6 6.193,2

18,8

8,9

1.660,6 1.716,0 88,5 3.465,1

10,5

322,8 3.328,0 3.391,7 11.508,9 283,4 1.537,2 49,6 177,1 436,6 21.035,3

213,8 3.304,0 3.312,1 11.614,5 297,0 1.051,4 42,9 203,5 464,4 20.503,6

2.227,8 23.263,1

71,7

2.773,3 23.276,9

32.457,3

100,0

32.935,2 100,0

70,7

136

Fallstudie

Gallati

PAPERijätti Oy PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti

Öffentlichkeitsarbeit

KONZERNBILANZ Passiva, Teil 1 31.12.1997 Mio. FIM Fremdkapital Kurzfristig Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Erhaltene Anzahlungen Rechnungsabgrenzungen Verbindlichkeiten aus Wechseln Jahrestilgungen Sonstige kurzfristige Verbindlichkeiten Langfristig Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten Zurückgeliehene Rentenversicherungsbeiträge Obligationsanleihen Sonstige langfristige Verbindlichkeiten Jahrestilgungen Fremdkapital insgesamt

%

1.465,2 96,1 1.583,1 387,7 2.631,2 2.706,7 8.869,9 27,3

31.12.1996 Mio. FIM

1.580,4 47,1 1.222,5 612,5 2.275,5 4.524,6 10.262,6

12.381,3

11.830,4

2.176,0

1.946,9

304,9 2.294,4 17.156,6 2.631,2 14.525,4 44,8 23.395,5 72,1

648,4 2.018,5 16.444,2 2.275,5 14.168,7 24.431,3

%

Fallstudie

137

Gallati

PAPERijätti Oy PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti

Öffentlichkeitsarbeit

KONZERNBILANZ Passiva, Teil 2 31.12.1997 Mio. FIM Rückstellungen Kumulative Differenz zwischen planmäßigen und Buchabschreibungen Sonderposten mit Rücklagenanteil Sonstige Rückstellungen

Anteil konzernfremder Gesellschafter Eigenkapital Gebundenes Eigenkapital Grundkapital Gebundene Rücklagen Kapitalanleihe Freies Eigenkapital Freie Rücklagen und Gewinnvortrag Ergebnis des Geschäftsjahrs Eigenkapital insgesamt

%

31.12.1996 Mio. FIM

%

2.227,7

2.773,3

5,8 658,7 2.892,2

8,9

331,5 450,3 3.555,1

10,8

34,6

0,1

44,3

0,1

1.804,0 2.765,6 4.569,6 825,0

1.804,0 2.643,3 4.447,3

242,1 498.0 740.1 6.135,0

740,3 -283,1 457,2 4.904,5

18,9

32.457,3 100,0

14,9

32.935,2 100,0

138

Fallstudie

Gallati

PAPERijätti Oy PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti

Öffentlichkeitsarbeit

GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG DES KONZERNS, TEIL 1 31.12.1997 Mio. FIM

%

31.12.1996 Mio. FIM

%

Umsatz

17.926,3 100,0

14968,1 100,0

Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Löhne und Gehälter Personalnebenkosten Mieten Sonstige Erträge und Aufwendungen Aktivierte Eigenleistungen Bestandsveränderung Betriebskosten

9.233,2 2.199,4 1.391,6 244,3 1.226,3 -73,4 611,3 14.832,7

82,7

8.685,6 2.034,0 1.293,0 231,7 1.040,8 -99,0 -263,1 12.923,0

86,3

Betriebsergebnis

3.093,5

17,3

2.045,1

13,7

Sonstige Geschäftserträge Planmäßige Abschreibungen

354,9 1.698,8

2,0 9,5

1.611,7

10,8

Geschäftsergebnis

1.749,5

9,8

433,4

2,9

11,9 173,5 -1.976,7 -157,1 -82,6 -2.031,0

11,3

12,3 208,4 -1.938,1 -209,0 -2,0 -1.928,4

12,9

-281,5

-1,6

-1.494,9 -10,0

Kapitalerträge und -aufwendungen Dividendenerträge Zinserträge Zinsaufwendungen Kursdifferenzen Sonstige Finanzkosten

Ergebnis nach Kapitalerträgen und -aufwendungen

Fallstudie

Gallati

139

PAPERijätti Oy PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti

Öffentlichkeitsarbeit

GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG DES KONZERNS, TEIL 2 31.12.1997 Mio. FIM Übertrag: Ergebnis nach Kapitalerträgen und -aufwendungen Sonstige Erträge und Aufwendungen Sonstige Erträge Sonstige Aufwendungen Ergebnis vor Abschlußpositionen und Steuern Veränderung der Rückstellungen Differenz zwischen planmäßigen und Buchabschreibungen Veränderung der Rückstellungen

-281,5

% -1,6

163,3 -2,9 -121,0

Direkte Steuern Anteil konzernfremder Gesellschafter

-57,9 9,7

Ergebnis des Geschäftsjahrs

498,3

%

-1.494,9 -10,0

478,6 -1,2 -0,7

573,6 93,8 667,4

31.12.1996 Mio. FIM

-1.017,5

-6,8

609,4

3,7

173,9 783,3

5,3

-65,2 16,3 2,8

-283,1

-1,9

140

Fallstudie Gallati

PAPERijätti Oy PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti PAPERijätti

Öffentlichkeitsarbeit

Auszug aus den Unternehmensleitlinien

Im operativen Bereich hat sich PAPERijätti folgende mittel- und langfristig zu realisierenden Ziele gesetzt:

1. Erhöhung des Marktanteils

2. Stärkung unserer Position auf dem europäischen Druckpapiermarkt Wir wollen auch in Zukunft einer der drei größten europäischen Druckpapierhersteller sein.

3. Entwicklung neuer Produkte mit Altpapieranteil Neben unseren sehr weit entwickelten Zeitungsdruckpapieren mit Altpapieranteil wollen wir auch andere Druckpapiersorten mit Altpapieranteil entwikkeln, zunächst SC-Papier, anschließend LWC-Papier.

4. Die Mitarbeiter sind unser wichtigstes Potential Zufriedene und gut ausgebildete Mitarbeiter sind unser wichtigstes Potential. Um dieses zu bewahren, fuhren wir Mitarbeiterweiterbildungsprogramme durch.

Fallstudie Gallati

141

PAPERijätti Oy Marketing

An die Abteilung Unternehmensakquisition - im Hause 21.12.1997

Marktentwicklung auf dem europäischen Papiermarkt

Sehr geehrte Damen und Herren, anbei erhalten Sie als Anlage die neuesten Informationen über die Marktentwicklung auf dem europäischen Papiermarkt.

Mit freundlichen Grüßen

Esko Lahti Marketing Anlage: Laut Text

142

Fallstudie Gallati

Anlage: Der Markt für Presse- und Magazinpapiere

Die Produkte der Druckpapierindustrie können in drei Hauptproduktgruppen untergliedert werden: Zeitungsdruckpapiere, SC-Papiere und LWC-Papiere. Nachfolgende Abbildung spiegelt die aktuellen Preis- und Qualitätsverhältnisse der Druckpapiere wider:

Subventionen durch • Preisentwicklung • Qualitätsentwicklung

Druckqualität

Zeitungsdruckpapiere |

SC-Papiere

LWC-Papiere

(Tageszeitungen)

(Zeitschriften z. B. Focus)

(Zeitschriftenpapier mit sehr hoher Qualität z. B. Geo)

Die größten Papierunternehmen in Europa sind in Skandinavien zu finden. Viele mitteleuropäische Papierfabriken gehören heute zu finnischen oder schwedischen Konzernen. Die Unternehmensgröße steigt und die Anzahl der Unternehmen reduziert sich zunehmend. Vor drei Jahren haben wir ein Zukunftsszenario für die europäische Papierindustrie entworfen. Die Entwicklung führt ganz klar in die Richtung dieser Prognose. Es ist sehr wahrscheinlich, daß im Jahr 2000 nur fünf bis sieben große Papierunternehmen in Europa etabliert sein werden.

Fallstudie Gallati

143

Die Wettbewerbsvorteile in verschiedenen Gebieten Europas sind in folgender Abbildung dargestellt:

rfHolz und Energie

Zeitungsdruckpapiere Zu Beginn der 90er Jahre war die Ertragssituation der Papierindustrie negativ. Überkapazitäten und Preissenkungen (ca. 40%) waren hierfür verantwortlich. Seit Mitte diesen Jahres kann von einer Erholung gesprochen werden: Die Kapazitätsauslastung hat aufgrund der höheren Nachfrage bereits zugenommen, was auch zu einem leichten Preisanstieg führte. Langfristig wächst der Zeitungsdruckpapiermarkt relativ langsam mit 2-3% p. a. Die Kapazitätsauslastung wird in den nächsten Jahren noch zunehmen, weil die Nachfrage weiter steigt und die Unternehmen zunächst keine neuen Papiermaschinen errichten. Allerdings haben viele Unternehmen schon mit der Planung einer neuen Papiermaschine begonnen, diese Maschinen werden aber erst ab 2001 oder 2002 einsatzbereit sein. Es ist sogar möglich, daß es in den nächsten drei Jahren im Markt für Zeitungsdruckpapier zu einer Knappheit kommt. Wegen der gestiegenen Altpapiereinsatzquoten im Markt für Zeitungsdruckpapier und den damit erzielbaren Kostensenkungen sind die mitteleuropäischen Unternehmen wieder konkurrenzfähig gegenüber den skandinavischen Papierfabriken. Das Umweltbewußtsein der mitteleuropäischen Kunden wird diese Entwicklung verstärken. Damit haben die mitteleuropäischen Unternehmen eine große Chance, ihre Marktanteile zu vergrößern.

144

Fallstudie Gallati

SC-Papiere Bei SC-Papieren war die Kapazitätsauslastung noch schlechter als bei Zeitungsdruckpapieren. Diese Situation hat sich schon etwas verbessert und die Entwicklung wird wahrscheinlich ähnlich wie auf dem Zeitungsdruckpapiermarkt sein. Die SC-Papiere niedriger Qualität (SCB) werden in Zukunft höhere Altpapiermengen beinhalten. Der SC-Papiermarkt wächst langsam mit etwa 3-4% p. a.

Fallstudie Gallati

145

PAPERijätti Oy Unternehmensakquisition

Herrn Veikko Virtanen Vorstandsvorsitzender - im Hause 10.01.1998 Interessantes Kaufobjekt: Gallati Papier

Sehr geehrter Herr Virtanen, in der Schweiz gibt es ein interessantes Kaufobjekt. Gallati Papier ist ein schweizerisches Unternehmen, das Zeitungsdruckpapier produziert. Bei Gallati besteht seit längerem ein Verkaufsinteresse und mit mehreren Interessenten wurden bereits Verhandlungen geführt. Dieses Unternehmen würde unsere schwache Position in der Schweiz sehr stärken. Anbei erhalten Sie Informationen über Gallati Papier und ein Stärken-/Schwächenprofil.

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Olli Suominen Unternehmensakquisition Anlage: Informationen über Gallati Papier inkl. Stärken-/Schwächenprofil

146

Fallstudie Gallati

Anlage: Informationen über Gallati Papier

1 Angaben zur Gesellschaft Firma:

Gallati Papier AG

Sitz:

Inkwil/Schweiz

Gründung:

1953

Geschäftsführer:

Frederik Keller

Mitarbeiter:

450(1997)

Gesellschaftskapital:

21.600 TSFr.

Umsatz:

135 Mio SFr. in 1997 (145 Mio SFr. in 1996)

Jahresüberschuß:

5,4 Mio SFr. in 1997

2 Märkte und Produkte: Der Zeitungsdruckpapiermarkt in der Schweiz In der Schweiz bedient Gallati mit einem weiteren Hersteller etwa 80% des Marktes (beide Hersteller ca. 40%). Viele ausländische Unternehmen haben versucht, in die Schweiz zu exportieren, allerdings meist mit mäßigem Erfolg. Die Geschäftsbeziehungen entstehen oft im Heer und werden durch die jährlichen Wehrübungen noch intensiviert. Ausländische Unternehmen können so nur schwer neue Kundensegmente erschließen, da diese über Jahrzehnte gewachsenen Geschäftsbeziehungen eine Markteintrittsbarriere darstellen. Die Papierpreise in der Schweiz sind die höchsten in Europa. Sie sind z. B. etwa um 20% höher als in Deutschland. Die Preise sind auch stabiler als in anderen europäischen Ländern und die Preissenkungen waren in den letzten Jahren nicht so stark wie im restlichen Europa. Diese günstige Situation ergibt sich daraus, daß die Kunden der Gallati Papier AG ein hohes Maß an Loyalität aufweisen, da sie ihren Papierbedarf über einen Schweizer Lieferanten decken wollen. Auf dem Beschaffungsmarkt für Altpapier herrscht zur Zeit Knappheit. In Deutschland sind die Altpapierhändler selbständig, die Papierproduzenten haben so keinen Einfluß auf die Versorgungssituation. In der Schweiz ist die Situation für die Papierproduzenten besser. Sie schließen Verträge zur Altpapiersammlung mit den Kommunen und können so den Altpapierstrom selbst kontrollieren. Die Altpapierhändler in der Schweiz unterliegen damit der Kontrolle der Papierfabriken

Fallstudie Gallati

147

und haben als Zulieferer keine große Gewinnspanne. Die Altpapierpreise sind folglich nicht so hoch wie in Deutschland und den anderen mitteleuropäischen Ländern. Sie sind um etwa 25% niedriger als die Preise in Deutschland. Der ökonomische Spielraum, der sich im Schweizer Markt aufgrund der günstigen Beschaffungsmarktsituation sowie der hohen Preise erzielen läßt, ist so groß, daß die Kosten für die Logistik diesen Spielraum nicht aufzehren können. Zwischen der EU und der Schweiz gibt es keine Exportzölle für Zeitungsdruckpapier für Importmengen in der Höhe von 200.000 Jahrestonnen.

3 Die Situation von Gallati Das Hauptprodukt von Gallati ist Zeitungsdruckpapier, daneben werden kleine Mengen an Spezialpapieren gefertigt. Gallati verfügt über zwei Papiermaschinen: Eine Zeitungsdruckpapiermaschine (PM 5) mit einer Kapazität von 115.000 Jahrestonnen und eine kleine ältere Papiermaschine (PM 1), die Spezialpapiere mit einer Kapazität von 29.000 Jahrestonnen produziert. Die Spezialpapiere stellen für Gallati ein Nischenprodukt dar. Gallati hat in der Schweiz nur einen Konkurrenten, die ausländischen Unternehmen hatten aus oben genannten Gründen bisher kaum Chancen, den Markt zu erschließen. Das steigende Umweltbewußtsein kann in der Zukunft zu Veränderungen auf dem Zeitungsdruckpapiermarkt führen. So kann die Rolle der Zeitungen in der Informationsvermittlung z. B. durch elektronische Medien gefährdet werden. Auch der Einfluß des Staates kann Veränderungen hervorrufen. In Deutschland würde die im Entwurf vorliegende Altpapierverordnung zu einer Rohstoffkontrolle durch den Staat führen, da hohe Altpapiereinsatzquoten gefordert werden. Andere Länder werden sich einer solchen Entwicklung langfristig nicht verschließen können. Die wenigen Kunden der Gallati Papier AG haben eher eine langfristige Geschäftsverbindung zu Gallati. Aufgrund einer fehlenden Unternehmensnachfolge streben die Eigentümer einen Verkauf des Unternehmens an.

4 Management, Personal und Organisation Die Mitarbeiter von Gallati kommen aus dem nahen Einzugsgebiet und arbeiten oft ihr ganzes Leben in der Papierfabrik. Es ist normal, daß ganze Familien bei Gallati arbeiten. Das Management der Gallati Papier AG gilt weithin als ausgezeichnet. Alle Bereiche unterstehen der Leitung des Geschäftsführers. Forschung und Entwicklung sind aufgrund der Forschungsinhalte dem Produktionsbereich als Abteilung zuge-

Fallstudie Gallati

148

ordnet. Die wichtigsten Managementpositionen aus unserer Sicht sind des Geschäftsführers und die des Vertriebsleiters. Diese beiden Manager sind noch relativ jung, sie würden wahrscheinlich auch gerne für uns arbeiten. Das Unternehmen ist - wie aus dem folgenden Organigramm ersichtlich - funktional gegliedert.

Stärken- und Schwächenprofil

Stärken 1. Sehr stabile Markt- und Preissituation in der Schweiz. 2. Gute Geschäftsbeziehungen zu den Käufern. 3. Hohe Papierpreise. 4. Niedrige und stabile Altpapierpreise. 5. Gallati verfügt über die erforderlichen Genehmigungen zum Bau einer neuen Papiermaschine. Dadurch kann ein Zeitvorsprung gegenüber den Konkurrenten bei einer Verbesserung der konjunkturellen Lage gewonnen werden. Schwächen 1. Relativ alte Maschinen, insbesondere PM 1 ist zu alt. 2. Schweiz ist nicht EU-Mitglied. 3. Geringes Marktwachstum.

Fallstudie

Gallati

149

Pankki Oy Maakravunkuja 11 Helsinki

Paperijätti Oy Herrn Jaakko Nieminen Vorstand Finanzen Helsinki 03.01.1998 Informationen über die Gallati AG Sehr geehrter Herr Nieminen, anbei übersende ich Ihnen die versprochenen Informationen. Die Rendite von risikolosen langfristigen Anleihen ist für den Betrachtungszeitraum mit 6% p. a. vor Steuern anzusetzen. Die Risikoprämie für den Index des zugrunde gelegten Marktportefeuilles, bestehend aus allen mit ihren Marktwerten gewichteten Aktien des Frankfurter Amtlichen Handels, ist mit 4,5% p. a. anzusetzen (Rendite des DAFOX bzw. des CDAX). Für vergleichbare Aktien aus der Papierbranche ist ein Beta-Faktor von ß = 1,14 zu beobachten. Für das Unternehmen Gallati AG ist davon auszugehen, daß es einem ähnlichen systematischen Risiko unterliegt wie die anderen Unternehmen der Papierbranche.

Mit freundlichen Grüßen

Jukka Pellinen Firmenkundenbetreuer

Anlage: Informationen über die Gallati AG

150

Fallstudie Gallati

Anlage: Informationen über die Gallati AG

Gallati AG - konsolidierte Bilanz 31.12.1997 TSFr.

1.1.1997 TSFr.

34.435 20.422 3.879 18.961 77.697

25.765 21.428 4.336 21.206 72.735

Wertschriften Ausleihungen Finanzielles Anlagevermögen Maschinelle Anlagen Gebäude Grundstücke Anlagen im Bau Materielles Anlagevermögen Gesamt Anlagevermögen

79.914 2.981 82.895 114.809 40.400 25.704 50.000 230.913 313.808

90.618 3.006 93.624 126.645 41.325 25.704 1.099 194.773 288.397

Total Aktiven

391.505

361.132

Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Bankkredite Übrige Verbindlichkeiten, Rechnungsabgrenzungen Rückstellungen Fremdkapital

4.740 34.554 814 92.731 132.839

8.474 2.574 604 91.622 103.274

Aktienkapital Gesetzliche Reserven Konzernreserven Bilanzgewinn Gewinnvortrag Jahresgewinn Eigenkapital

21.600 18.306 213.266

21.600 18.306 217.952

5.494 258.666

257.858

391.505

361.132

Aktiven Liquide Mittel Forderungen aus Lieferungen und Leistungen Übrige kurzfristige Guthaben, Rechnungsabgrenzungen Warenlager Umlaufvermögen

Passiven

Total Passiven

142 5.352



Fallstudie Gallati

151

Gallati AG - konsolidierte Erfolgsrechnung (GuV) 1997 TSFr. Bruttoumsatz Erlösschmälerungen Nettoumsatz Bestandesänderungen Halb- und Fertigprodukte Eigenleistungen Produktionsertrag Material- und Energieaufwand Personalaufwand Übrige betriebliche Aufwendungen Abschreibungen auf Sachanlagen Betriebsergebnis Sonstiger Ertrag Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) Finanzergebnis Ergebnis vor Steuern Steuern Nettoergebnis

135.434 6.929 128.505 374 274 129.153 65.075 34.505 15.473 16.534 -2.434 95 -2.339 9.337 6.998 1.646 5.352

Gallati AG - Bilanzanalyse 1996

1997



Forderungen/Umsatz



15,08%



Vorräte/Umsatz



14,00%



Eigenkapitalquote

71,40%

71,95%



Anlagevermögen/Gesamtvermögen

79,86%

78,77%

7,13%

9,41%

0,89

0,91

• Liquide Mittel/Bilanzsumme • Anlagendeckung = Eigenkapital/Anlagevermögen • ROI = Betriebsergebnis/betriebsnotwendiges Vermögen



-0,85%

• Kapitalumschlag = Umsatz/Gesamtkapital

0,40

0,37

• Liquiditätsindex = Forderungen/Kurzfristige Verbindlichkeiten

2,33

2,67

152

Fallstudie Gallati

Gallati AG - Anmerkungen zum Jahresabschluß per 31.12.1997 1 Bilanz 1.1 Aktiva 1.1.1 Umlaufvermögen Alle Positionen sind entsprechend ihrer tatsächlichen Werte bilanziert. a) Forderungen, übrige kurzfristige Guthaben und Rechnungsabgrenzungen könnten zu 90% des Buchwertes liquidiert werden. b) Vorräte: Der Wert der fertigen Produkte im Warenlager beträgt 10.300 TSFr., der Wert der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe beträgt 8.661 TSFr. Die Bestandsbewertung erfolgt nach Lifo. Unverkäufliche Produkte werden zu 100% wertberichtigt. Bei einer Einzelveräußerung kann auf dem Markt ein Erlös von ca. 50% der Buchwerte der fertigen Produkte und ca. 40% der Buchwerte der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe erzielt werden. 1.1.2 Anlagevermögen a) Die Wertschriften beinhalten Beteiligungen und staatliche Wertpapiere. Der Substanzwert der Beteiligungen der Papierindustrie (Buchwert 40.000 TSFr.) beträgt 60.000 TSFr. Die anderen Beteiligungen (Buchwert 30.000 TSFr.) werden an Unternehmen gehalten, die nicht in der Papierindustrie tätig sind. Mit dem Halten der Beteiligungen sind keine Dividendenzahlungen verbunden, da die Gewinne in den Beteiligungsunternehmen vollständig thesauriert werden. Der Buchwert der sich mit 6% p. a. verzinsenden staatlichen Wertpapiere beträgt 9.914 TSFr. Der für die Ausleihungen zu berücksichtigende Zins beträgt ebenfalls 6% p. a. Im Fall der Liquidation könnten die Beteiligungen mit 75% ihrer Buchwerte verkauft werden. b) Die Maschinen sind relativ alt und schon zu einem hohen Prozentansatz abgeschrieben. Da die Anlagen noch technisch nutzbar sind, stellen sie für Gallati einen Wert von 132.000 TSFr. dar. Die Papiermaschine kann nicht ohne Grundstück und Gebäude liquidiert werden. Die aktuellen Entsorgungskosten

Fallstudie Gallati

153

für Maschinen dieses Typs betragen etwa 10 Mio. SFr. Der Barwert der Entsorgungskosten dieser Maschinen nach Nutzungsdauer beträgt rund 20,5 Mio. SFr. c) Das Ergebnis einer Schätzung der Gebäude ergab einen Wert von 46.000 TSFr, der bei einer Veräußerung nur zu 20% des Buchwerts (40.400 TSFr.) realisiert werden könnte. d) Der Wert von Grundstücken wurde durch ein Gutachten vom Dipl. Ing. Helmut Schröder ermittelt. Er beträgt 35.000 TSFr. (siehe Anlage) 1.2 Passiva Das Aktienkapital beinhaltet 72.000 Aktien im Nennwert von 300 SFr. Der Marktwert der einzelnen Aktie ist 712 SFr. Der Bilanzgewinn des Jahres 1997 wird vollständig thesauriert. 2 Gewinn- und Verlsutrechnung Keine Anmerkungen.

154

Fallstudie

Gutachtennummer: 111297

Gallati

Gemarkung Inkwill

Verkehrswert zum 1.9.1997 Definition: Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und Lage des Grundstückes oder des sonstigen Gegenstandes der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche ohne persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.

Bewertung: Der Bodenwert des Fabrikgeländes wurde im Vergleichswertverfahren, im unbelasteten Zustand bei Unterstellung ungestörter altlastenfreier Bodenverhältnisse unter Würdigung aller bewertungsrelevanten Aspekte, zum Bewertungsstichtag, den 1. September 1997, mit gerundet 35.000.000,- SFr (in Worten: Fünfunddreißig Millionen Schweizer Franken) ermittelt.

Geneve, den 21. September 1997

Fallstudie Gallati

155

OKO-TECHNIK DIPL.-ING.

GMBH

LUDWIG

KÖNIG

Paperijätti Oy Herrn Veikko Virtanen Vorstandsvorsitzender Helsinki, Finnland Ihre Nachricht vom

IZ, 20.09.96

Unser Zeichen

Datum

RA/96-10-04

98-01-25

Orientierende Umweltrisiko-Analyse der Papierfabrik Gallati AG

Sehr geehrter Herr Virtanen, im Namen der Öko-Technik GmbH darf ich mich für das entgegengebrachte Vertrauen bedanken und übersende Ihnen als Ergebnis des uns erteilten Auftrags die orientierende Umweltrisiko-Analyse der Papierfabrik Gallati AG. Mit freundlichen Grüßen

Ludwig König Anlage: Orientierende Umweltrisiko-Analyse

156

Fallstudie Gallati

Anlage: Orientierende Umweltrisiko-Analyse der Papierfabrik Gallati AG in Inkwil, Schweiz

Gutachter: Öko-Technik GmbH Projektbearbeitung: Ludwig König, Dipl.-Ing.

Zusammenfassung der Gutachten Diese Zusammenfassung stellt die wichtigsten Ergebnisse der Analyse vor. Eine detaillierte Bestandsaufnahme und Bewertung befindet sich im 20-seitigen Analysebericht. Betriebsorganisation Der Betrieb ist nach den bisherigen Eindrücken straff und sinnvoll organisiert. Der Umweltschutzbeauftragte wird in seinen Aufgaben durch Sicherheits- und andere Betriebsbeauftragte unterstützt. Alle Beauftragten werden ausreichend über Lehrgänge weitergebildet. Standort Im Rahmen der Untersuchungen haben wir ermittelt, daß der Standort der Gallati Papier AG vor etwa 100 Jahren Standort eines Hüttenwerkes war. Um die potentiellen Altlasten wegen deponierter geschmolzener Metalle zu untersuchen, haben wir uns bei der Gemarkung Inkwil nach den Standorten der damaligen Deponien erkundigt. Nach dem aktuellen Kenntnisstand gibt es keine alten Deponien in der Nähe der Gallati Papier AG. Die Proben, die wir vom Boden genommen haben, unterstützen diese Ergebnisse. Die Wahrscheinlichkeit, daß Altlasten aufgrund der Papierproduktion bestehen, ist minimal zu bewerten. Objektschutz Es gibt im Betrieb keine Bereiche bzw. Objekte mit erhöhten Sicherheitsanforderungen, die einer besonderen Überwachung bedürfen. Bezüglich des Objektschutzes sind unseres Erachtens keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Produktion Die Papierfabrik Gallati AG stellt Druckpapiere her. Die Hauptgrundstoffe sind zu ca. 60% Altpapiere, zu etwa 35% Holzschliff (TMP), der selbst aus frischem Holz

Fallstudie Gallati

157

produziert wird, und zu etwa 5% Zellstoff, der gekauft wird. Die Überwachung der Produktionsprozesse, der De-Inking Verfahren und der Holzschliffausfuhrung, ist sinnvoll organisiert und die potentiellen Gefahren der Einsatzstoffe sind bekannt. Besondere Arbeitschutzmaßnahmen wurden bereits ergriffen. Lagerung und innerbetrieblicher Transport von Gefahrstoffen Der Stand der Lagerung ist, mit Ausnahme der Hilfsstoffe des Betriebs, als gut einzuschätzen. Bei der Lagerung der Hilfsstoffe wird zwar versucht, nicht kompatible Stoffe separat zu lagern. Aufgrund der fehlenden Brandschutzeinrichtungen und der Menge der gelagerten Stoffe muß die Lagerung aber als nicht dem Stand der Technik entsprechend bezeichnet werden und stellt ein Sicherheitsrisiko dar. Um diesen Zustand zu verbessern, muß eine neue Lagerhalle gebaut werden. Die Haupttransportwege sind alle durch Asphalt bzw. Beton versiegelt. Abfallentsorgung Für die Entsorgung der Abfalle steht schon längere Zeit eine eigene Deponie auf dem Betriebsgelände zur Verfugung, die jedoch bald verfüllt sein wird. Sie liegt in der unmittelbaren Nähe des Inkwil-Baches. Es muß deshalb sichergestellt werden, daß auch in der Zukunft keine potentielle Gefahr entstehen wird. Die Entsorgung der Abfälle ist mit einer neuen Rückstandsverbrennungsanlage gesichert. Aufgrund des zu niedrigen Heizwertes kann man jedoch die Schlämme von der DIP-Anlage derzeit nicht verbrennen. Für diese Schwachstelle ist aber technisch eine Lösung zu finden und Gallati hat bereits die Investition dafür getätigt. Abwasserentsorgung Das Abwasser wird mit einer werkseigenen mehrstufigen, mechanischbiologischen Kläranlage entsorgt. Die Reduzierung des Wasserverbrauchs durch Rezirkulierung von Brauch- und Kühlwasser ist bislang noch nicht durchgeführt worden. Eine Kreislauffiihrung ist bezüglich PM 1, die farbige Papiere produziert, nicht möglich. Die Kläranlage wird bereits an der Kapazitätsgrenze betrieben, so daß eine Erhöhung der Auslastung der Papiermaschinen zu Problemen in der Abwasserentsorgung führen würde. Immissionsschutz Die Hauptemissionsquelle der Firma befindet sich bei den Heizkesseln im Heizhaus. Die Abgase der mit Schweröl befeuerten Kessel werden in den alten

158

Fallstudie Gallati

Kamin eingeleitet. Vor der Ableitung in die Athmosphäre wird die Abluft (ca. 60.000 m 3 ) über einen ausreichend dimensionierten staubabscheidenden Elektrofilter gereinigt. Langfristig sollte jedoch erwogen werden, von der Schwerölfeuerung auf weniger umweltrelevante Feuerungsstoffe (z. B. Erdgas) umzustellen. Ein akuter Handlungsbedarf liegt trotzdem nicht vor. Lärmschutz Im Betrieb gibt es diverse Anlagen mit erhöhter Geräuschentwicklung. Hierzu zählen vor allem die Holzbereitungsmaschine aber auch die Papiermaschinen, die sich jedoch innerhalb der Hallen befinden, so daß die Geräuschemissionen nicht ganz so hoch sind. Seit der Erstellung des Lärmschutzwalls an der Ostseite des Betriebsgeländes gibt es seitens der Nachbarschaft keinerlei Beschwerden mehr. Personenschutz Die Belange des Personen- und Arbeitsschutz werden erfüllt.

Fallstudie Gallati

159

PAPERijätti Oy Der Vorstandsvorsitzende

Herrn Jaakko Nieminen Vorstand Finanzen - im Hause 21.01.1998

Unternehmensbewertung Gallati Orientierende Umweltrisiko-Analyse der Papierfabrik Gallati AG

Sehr geehrter Herr Nieminen, beiliegend erhalten Sie die orientierende Umweltrisiko-Analyse der Papierfabrik Gallati AG. Es gibt einige Punkte, die Auswirkungen auf den Unternehmenswert haben können. Beachten Sie diese bitte bei der Bewertung der Gallati AG. Mit freundlichen Grüßen

Veikko virtanen Vorstandsvorsitzender Anlage: Laut Text

160

Fallstudie Gallati

PAPERijätti Oy Vorstand Strategie

Herrn Jaakko Nieminen Vorstand Finanzen - im Hause 01.02.1998 Erwartete Synergien durch Kauf der Gallati AG

Sehr geehrter Herr Nieminen, von uns werden bei einem Erwerb der Gallati Papier AG durch PAPERijätti folgende Synergien erwartet: •

Gemeinsame Verwaltung: In der Verwaltung sind Synergieeffekte im Wert 2,5 Mio SFr. pro Jahr zu realisieren. Davon können 1,5 Mio. SFr. im Umweltbereich realisiert werden.



Gemeinsame Verkaufsorganisation: Die Verkaufsorganisation der Gallati AG kann abgebaut werden. Durch eine gemeinsame Verkaufsorganisation können Synergieeffekte von 1,5 Mio SFr. pro Jahr verwirklicht werden.

Die Integrationskosten würden allerdings 2 Mio SFr. im 1998 und 1,5 Mio SFr. im Jahr 1999 betragen. Für weitere Fragen stehen ich Ihnen gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen

Olli Suominen Vorstand Strategie

Fallstudie Gallati

161

PAPERijätti Oy Vorstand Finanzen

An die Mitglieder der Arbeitsgruppe Akquisition „Gallati" - im Hause 10.02.1998

Ermittlung unserer Preisobergrenze

Sehr geehrte Damen und Herren, die Ihnen in der Anlage übermittelten Daten über die Ergebnisplanung können als Grundlage für die Ermittlung unserer Preisobergrenze dienen. Ich bitte Sie, bis zum ersten Treffen mit den Vertretern von Gallati in drei Wochen die üblichen Werte (objektivierter und subjektiver Unternehmenswert, Substanz- sowie Liquidationswert) zu ermitteln und auf deren Basis ein Angebot unsererseits festzulegen. Wir haben vorgesehen, die von der Gallati AG erzielten und an uns ausschüttbaren Ergebnisse an unsere Anteilseigner weiterauszuschütten. Bitte beachten Sie diesen Aspekt bei der Ermittlung des Unternehmenswertes. Die Bedeutung der Ergebnisse der orientierenden Umweltrisiko-Analyse zur Bewertung wird auch in den Anlagen vorgestellt. Mit freundlichen Grüßen

Anlage: Ergebnisplanung

162

Fallstudie Gallati

Anlage: Ergebnisplanung

Absatzplanung Die Kapazität (141 Tonnen pro Jahr) wird ab 2000 voll ausgelastet sein. Die Produktionsmenge im Jahr 1998 wird 135 Tonnen und im Jahr 1999 140 Tonnen betragen. Die Produktionsmengen der Maschinen sind folgende: Absatz in Tsd. Tonna

1998

1999

2000

2001

2002

PM 1

29

30

31

31

31

PM 5

105

110

110

110

110

Preisentwicklung Preise SFr/Tonne)

1998

1999

2000

2001

2002

Spezialpapiere/PM 1

1.500

+5%

+2%

0%

-1%

912

+13,3%

+6,3%

+1,3%

0%

Zeitungsdruckpapier/PM 5

Kostenentwicklung Für 1998 sind folgende Cash Flows in TSFr. auf der Basis der Voijahre geplant: Umsatz

139.260

Rohstoffe Altpapier

10.263

T M P (Holzschliff)

8.730

Zellstoff

3.911

Zusatzstoffe

5.626

Übrige Rohstoffe

9.284

Andere Kosten Energie

20.102

Personal

30.701

Entsorgung Verwaltung und übrige Kosten Kosten insgesamt

701 11.304 100.622

Es werden zunächst nur die von unseren Anteilseignern nicht anrechenbaren Steuern in Höhe von 20% auf das Ergebnis vor Steuern berücksichtigt.

Fallstudie Gallati

163

Altpapierkosten Jahr Preise (SFr/Tonne) Menge (Tonne)

1998

1999

2000

2001

110

100

90

90

2002 91,8

93300

94900

94900

94900

94900

Rohstoff- und Energiekosten Die Kosten für TMP, Zellstoff, Zusatzstoffe und die der übrigen Rohstoffe erhöhen sich aufgrund der höheren Kapazitätsauslastung und wegen der steigenden Preise im Jahr 1999 um 15%, die Energiekosten steigen 1999 um 7%. Ab 2000 werden die benötigten Mengen gleich bleiben, die Preise werden sich wie folgt entwickeln: Jahr

2000

2001

2002

Rohstoffe

+3%

+2%

+2%

Energie

+2%

+1%

+ %

Personal- und Verwaltungskostenkosten Gallati wird das Personal in Zukunft leicht reduzieren. Die Investitionen der vergangenen Jahren haben das ermöglicht. Die Reduktion des Personalbestandes wird durch natürliche Fluktuation erreicht. Die Löhne steigen um 3,5% p. a., wobei die durchschnittlichen Lohnkosten pro Mitarbeiter 1998 80.160 SFr. betragen. Die Verwaltungskosten steigen 1999 und 2000 um 3% und danach jährlich um 2 %. Die Mitarbeiterzahlen betragen: Jahr Mitarbeiter

1998

1999

2000

2001

2002

383

368

353

347

347

En tsorgungskosten Gallati verfügt über eine Deponie, die seit Jahren genutzt wird. Die Entsorgungskosten sind dadurch bisher relativ niedrig gewesen. Diese Deponie wird Ende 1999 verfüllt sein. Die Gefahr, daß die Entsorgungskosten stark ansteigen werden, ist sehr groß, zumal die Entsorgungsgebühren auch in der Schweiz eine ähnliche Entwicklung wie in Deutschland nehmen werden. Die zu erwartenden Entsorgungsprobleme hat Gallati durch den Bau einer neuen Rückstandsverbrennungsanlage gelöst. Andernfalls könnten die Entsorgungskosten um 100% steigen, aber diese Gefahr wird sich nicht bewahrheiten. Gallati rechnet damit, daß die neue

164

Fallstudie Gallati

Verbrennungsanlage die Energiekosten um etwa 25% pro Jahr ab 2000 verringern wird. Die laufenden Entsorgungskosten werden 2% pro Jahr steigen. Abschreibungen und Investitionen Die hier vorgestellten Investitionen zeigen den prognostizierten laufenden Investitionsbedarf und werden jeweils über einen Zeitraum von vier Jahren abgeschrieben. Der potentielle Umweltschutzinvestitionsbedarf ist hier nicht beachtet. Jahr

1998

1999

2000

2001

2002

Investitionen in TSFr.

4000

4000

4000

4000

4000

Die Gebäude wurden zu 46.250 Mio. SFr. angeschafft und werden über 50 Jahre linear abgeschrieben. Für die bereits vorhandenen Maschinen sind in Zukunft jährliche Abschreibungen in Höhe von 11.836 Mio. SFr. zu berücksichtigen. Für die aus den Anlagen im Bau zugegangenen Maschinen ist von einer Nutzungsdauer von 10 Jahren und einer gleichmäßigen Wertminderung über diese Jahre auszugehen. Allgemeines Es ist anzunehmen, daß der Jahresüberschuß des Jahres 2002 auch für die folgenden Jahre anfallt. Des weiteren ist aufgrund der Stabilisierung des Geschäftsbereichs davon auszugehen, daß ab dem Jahre 2002 die Höhe der Abschreibungen der Höhe der Investitionen entspricht. Bewertungsauswirkungen der Umweltanalyse • Für die Hilfsstoffelagerung muß sofort eine neue Lagerhalle gebaut werden. Die Kosten hierfür betragen etwa 1 Mio. SFr. Die Lagerhalle kann voraussichtlich zehn Jahre genutzt werden. • Die Rückstellungen für die Deponiesanierung, die in 2000 und 2001 stattfinden wird, betragen insgesamt 3 Mio. SFr. Die mit dieser Depotsanierung einhergehenden Zahlungen sind in den Sanierungsjahren jeweils zur Hälfte zu berücksichtigen. • Ein Kläranlagenausbau um 50% kostet etwa 10 Mio. SFr., aber in diesem Fall ist es zu empfehlen, daß man versucht, die Ausbaukosten durch eine Entwicklung von geschlossenen Wasserkreisläufen zu vermeiden. • Eine Umstellung der Heizkessel auf weniger relevante Feuerungsstoffe würde insgesamt ca. 9 Mio. SFr. in den folgenden drei Jahren betragen. Es besteht jedoch kein aktueller Handlungsbedarf.

165

Leitthema

Target Costing

166 Adolf G. Coenenberg, Thomas M. Fischer, Oliver Schill, Jochen Schmitz, Heiko Schuh

Target Costing Eine Einführung in das Instrument des Kostenmanagements.

1 Entwicklung, Hintergründe und Ziele des Target Costing

167

2 Vorgehensweise zur Umsetzung des Target Costing 2.1 Ablaufschema des Target Costing 2.2 Zielpreisbestimmung 2.3 Allowable Costs, Drifting Costs und Zielkosten 2.4 Zielkostenspaltung 2.5 Zielkostenanalyse

168 168 170 173 178 180

3 Berücksichtigung von Ökologiekosten im Target Costing

183

4 Ausgewählte Konzepte zur Reduzierung von Produktkosten 4.1 Benchmarking 4.2 Make-or-Buy-Entscheidungen und Integration von Zulieferern 4.3 Erfahrungskurve

186 187 189 190

5 Kritische Würdigung

191

6 Literaturhinweise

192

Abkürzungsverzeichnis

193

Literaturverzeichnis

193

Target Costing

167

1 Entwicklung, Hintergründe und Ziele des Target Costing1 Entwicklung und Hintergründe Bereits Anfang der siebziger Jahre wurde in einer Studie von British-Aerospace nachgewiesen, daß 80-90% der Herstellkosten vor Beginn der eigentlichen Produktion des ersten Stückes festgelegt werden.2 Aus diesem Sachverhalt wurde der Schluß gezogen, daß Kostenziele für die späteren Herstellkosten eines Produktes bereits in der Entwicklungs- und Konstruktionsphase zu setzen seien.3 Abbildung 1 veranschaulicht, daß während des Produktlebenszyklus die Beeinflußbarkeit der Kosten fortlaufend sinkt und gleichzeitig die Festlegung der Kosten zunimmt. Zeitlich fallen die Kosten überwiegend in der Produktionsphase und den nachfolgenden Lebenszyklusphasen an. Dann ist die Festlegung der Kosten bereits größtenteils abgeschlossen und die Beeinflußbarkeit entsprechend gering. Kosten

Abb. 1:

Festlegung, Entstehung und Beeinflußbarkeit der Kosten im (in Anlehnung an: WÜBBENHORST, K. L. (1992), S. 252)

Produktlebenszyklus

Die etablierten betrieblichen Kostenrechnungssysteme, unabhängig von ihrer Verrechnungssystematik (Voll- oder Teilkostenrechnung), beginnen vielfach erst in der Produktionsphase mit der Steuerung und Kontrolle der betrieblichen Kosten, d. h. mit der Ermittlung der Herstell- bzw. Selbstkosten von Produkten. Deshalb ergibt sich - wie bereits angesprochen - die Notwendigkeit, Kostenziele bereits in den frühen Lebenszyklusphasen vorzugeben.4 Hier setzt das Target Costing als Instrument des Kostenmanagements an, indem es schon in den frühesten Phasen der Produkt- und Prozeßgestaltung kostengestaltend eingreift. 1

2 3 4

Vgl. im Folgenden COENENBERG, A. G. (1997), S. 453 ff. und COENENBERG, A. G./FISCHER, T. M./SCHMITZ, J. (1994), S. 1 ff. Vgl. stellvertretend BERLINER, C./BRIMSON, J. A. (1988), S. 139; TANAKA, M. (1989), S. 49. Vgl. SEIDENSCHWARZ, W. (1991), S. 199. Vgl. HIROMOTO, T. (1988), S. 24 ff.

168

Target Costing

Ziele des Target Costing Wichtigstes Ziel ist die Schaffung eines konsequent auf den Kundennutzen ausgerichteten und damit marktgerechten Produkt- bzw. Leistungsangebots innerhalb des von den Kunden akzeptierten Preisrahmens.5 Somit geht es hauptsächlich um die Frage: Was darf ein Produkt kosten?6 Weitere Ziele dabei sind:7 • Motivation aller Mitarbeiter durch nachvollziehbare Ableitung der Produktanforderungen (Preis und Leistung) aus dem Markt heraus. • Kostentransparenz und Kostenbewußtsein bei allen Mitarbeitern. In der Entwicklungs- und Konstruktionsphase müssen dabei alle folgenden Wertschöpfungsstufen berücksichtigt werden. • Frühzeitige Entscheidung über Eigenentwicklung oder Fremdbezug. Target Costing eignet sich besonders für wettbewerbsintensive Branchen mit hohem Preisdruck, geringen Gewinnmargen und kurzen Produktlebenszyklen, in denen es auf hohe Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit ankommt.8 Damit wird es vor allem in High-Tech-Industrien angewendet, aber auch die Anwendung in der Massenfertigung ist sinnvoll, da sich Grundsatzentscheidungen aufgrund der relativ seltenen Modellwechsel auf die langfristige Entwicklung des Unternehmenserfolges auswirken.9 Damit lassen sich folgende wesentliche Merkmale des Target Costing zusammenfassen: • Konsequente Markt- und Kundenorientierung, • Kostengestaltung in der Entwicklungs- und Konstruktionsphase sowie • Betrachtung des gesamten Produktlebenszyklus, in der Regel auf Vollkostenbasis. 2 Vorgehensweise zur Umsetzung des Target Costing 2.1 Ablaufschema des Target Costing Der idealisierte Ablauf des Target Costing besteht aus sechs Schritten, die in den folgenden Kapiteln näher erläutert werden. Mit diesen Schritten sollen die oben angesprochenen Ziele umgesetzt werden.

5 6 7 8 9

Vgl. LAKER, M. (1993), S. 61. Vgl. SEIDENSCHWARZ, W. (1991), S. 199. Vgl. GAISER, B./KIENINGER, M. (1993), S. 4. Vgl. BERENS, W./HOFFIAN, A. (1994), S. 604. Vgl. SEIDENSCHWARZ, W. (1991), S. 199; FRANZ, K.-P. (1993), S. 126, und das Beispiel von TAN A K A , M . (1989), S. 49 ff.

Target Costing

169



Schritt 1: Zielpreisbestimmung



Schritt 2: Ableitung der Allowable Costs



Schritt 3: Berechnung der Drifting Costs



Schritt 4: Festlegung der Zielkosten



Schritt 5: Zielkostenspaltung



Schritt 6: Zielkostenanalyse Umfeldanalyse als Entscheidungsgrundlage

Rahmenbedingungen

Kunden

Nutzung innovativer Technologien in der Produktentwicklung

Abb. 2:

Idealisierter Ablauf des Targel Costing (in Anlehnung an: SEIDENSCHWARZ, W. (1994), S. 75)

weitere regulative G r u p p e n

laufende Kostensenkungsaktivitäten mindestens entsprechend der Marktpreisentwicklung

170

Target Costing

Das Target Costing im engeren Sinn ist mit Schritt 6 abgeschlossen. Seinem Charakter als Instrument des Kostenmanagements folgend, sind daran aber auch Maßnahmen zur Zielkostenerreichung direkt anzuschließen und in den Gesamtzusammenhang zu integrieren. Darüber hinaus wird in Kapitel 3 veranschaulicht, wie Ökologiekosten in das Target Costing einbezogen werden können. Hinsichtlich der Lebenszyklusorientierung des Target Costing lassen sich ausgehend vom Markteintritt zwei Phasen unterscheiden (s. Abb. 2):10 • In der Kostenplanungsphase - vom Entwicklungsbeginn bis zum Beginn der Fertigung und damit dem Markteintritt - müssen die Zielkosten erreicht werden. • Während der Phase der Kostenanpassung nach dem Markteintritt werden anschließend die Produkte ständig auf Kostensenkungsmöglichkeiten hin untersucht, was besonders bei einem Preisverfall am Markt von Bedeutung ist. Die Kostenplanungsphase zielt dabei vorwiegend auf die Einführung neuer Produkte ab, da hier bei bestehenden Produkten die Kostenbeeinflussungsmöglichkeiten insgesamt nur gering sind.11 Darüber hinaus darf aber das Potential der Kostenanpassung nicht unterschätzt werden, dies gilt insbesondere für Produkte ohne ausgeprägte Entwicklungs- und Konstruktionsphase, wie es insbesondere bei Dienstleistungen der Fall sein kann. Die Kostenanpassung kann damit als produktbezogenes kosten- und gleichzeitig marktorientiertes Instrument der Unternehmensanalyse eingesetzt werden. Sie kann damit als Grundlage für Prozeßoptimierungen gesehen werden, wobei die Prozesse als Funktionsträger auf unterster Ebene zu interpretieren sind. 2.2 Zielpreisbestimmung Qualität aus Kundensicht Ausgehend von den oben dargestellten Zielen des Target Costing ist zur Generierung eines marktgerechten und damit auf den Kundennutzen ausgerichteten Leistungsangebots im ersten Schritt der Prozeß der Zielpreisbestimmung zu durchlaufen. Das bedeutet, es sind das Leistungsangebot und der dafür vom Kunden akzeptierte Preis zu ermitteln. Der vom einzelnen Kunden akzeptierte Preis ist dabei von der Produktqualität i. w. S. (technische Qualität, Service, Umwelt, Image, Zeitaspekte u. a.) abhängig. Entscheidend ist also, welche Funktionen (Funktionsspektrum) mit welchem Niveau das Unternehmen dem einzelnen Kunden zur Lösung seines Problems bieten kann. Damit wird deutlich, daß der Zielpreis von der

10

"

Vgl. BERENS, W./HOFFIAN, A. (1994), S. 603. Vgl. GAISER, B./KIENINGER, M. (1993), S. 5.

Target Costing

171

strategischen Positionierung des Produktes im Markt unter Beachtung der jeweiligen Wettbewerbssituation abhängt.12 Zielpreisbestimmung und Unternehmensstrategie Die Positionierung im Markt stellt eine grundsätzliche unternehmerische Entscheidung dar, die somit der Zielpreisbestimmung vorausgehen muß und Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung des Target Costing ist. Die Unternehmensstrategie (z. B. nach PORTER Kostenführerschaft, DifFerenzierungs- oder Spezialisierungsstrategie13) muß dabei produktbezogen umgesetzt werden. Zur Generierung der dafür notwendigen entscheidungsrelevanten Informationen muß eine Umfeldsowie Untemehmensanalyse durchgeführt werden, um die Chancen und Risiken sowie die Stärken und Schwächen der einzelnen strategischen Alternativen identifizieren zu können. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Wirkungen auf den zu bestimmenden Zielpreis. So kann beispielsweise der Staat durch produktbezogene Fördermaßnahmen bei den potentiellen Abnehmern das Preisgefüge am Markt beeinflussen, was bei der Bestimmung des für das Unternehmen relevanten Zielpreises entsprechend berücksichtigt werden muß. Ein bekanntes Instrument dafür ist die Wettbewerbsanalyse von PORTER, der als Determinanten des Wettbewerbs Lieferanten, Kunden, potentielle Konkurrenten und Ersatzprodukte sieht.14 Dabei werden jedoch wichtige Aspekte wie z. B. rechtliche oder ökologische Rahmenbedingungen sowie regulative Gruppen wie Anteilseigner, Kreditgeber, Staat und Öffentlichkeit vernachlässigt. Es wird deshalb vorgeschlagen, die Wettbewerbsanalyse zu einer Umfeldanalyse mit der Unterscheidung in Makroumfeld und aufgabenspezifisches Umfeld zu erweitem.15 Durch die grundsätzliche Positionierung des Produktes in einem bestimmten Marktsegment ergibt sich das relevante Funktionsspektrum. Dies setzt sich aus Funktionen zur Lösung des Kundenproblems zusammen, die vom Kunden jeweils wahrgenommen und als wichtig eingestuft werden. Für die Ermittlung der einzelnen Funktionen kann eine Expertenbefragung oder eine Befragung von Referenzkunden durchgeführt werden. Dies ist allerdings nur bei Lösungen für bereits bestehende Kundenprobleme sinnvoll, da der Kunde bei der Beurteilung von Lösungen von Problemen, die sich derzeit noch nicht stellen, wohl überfordert ist.16

12 13

15 16

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

LAKER, M. (1993a), S. 252; weiterführend SEIDENSCHWARZ, W. (1993), S. 88 ff. PORTER, M. E. (1996), S. 31 ff. PORTER, M E. (1997), S. 26. GÜNTHER, E. (1994), S. 24 ff. BÜSCHKEN, J. (1994), S. 85.

Target Costing

172

Conjoint Measurement17 Um die strategische Positionierung des Produktes aus der entscheidungsrelevanten Kundensicht zu konkretisieren, sind ergänzend die Bedeutungen der einzelnen Funktionen aus Kundensicht zu ermitteln und als Feed Back einzuarbeiten. Die jeweilige Bedeutung der einzelnen Funktionen läßt sich dabei mit Hilfe des Conjoint Measurement bestimmen.18 Das Conjoint Measurement dient der differenzierten Beschreibung der subjektiven Kundenwahrnehmung von gewünschten Produktfunktionen hinsichtlich Preis und Qualität.19 Den Kunden werden dabei ganze Merkmalskombinationen vorgestellt mit dem Ziel, ihre Zahlungsbereitschaft und damit gleichzeitig die Bedeutung einer einzelnen Produktfunktion relativ unverzerrt zu offenbaren. Ist dieses Verfahren zu aufwendig, können für strategisch weniger wichtige Produkte einfachere Methoden wie Expertenbefragungen, Konkurrenzanalysen oder die Erfahrungen der eigenen Vertriebsmitarbeiter genutzt werden.20 Diesen Methoden fehlt allerdings die direkte Marktorientierung, d. h. die eigentliche Kernidee des Target Costing geht verloren. Beispiel Als Ergebnis des Conjoint Measurement können sich z. B. für ein Untersuchungsgerät im medizinischen Bereich folgende Bedeutungen der Funktionen aus Kundensicht (Durchschnittswerte der Befragten) ergeben: Geforderte Produktfunktion

Bedeutung aus Kundensicht

Raumbedarf

15%

Patientendurchsatz

20%

Bildqualität

25%

Montagezeit

5%

Zuverlässigkeit

20%

Bedienbarkeit

15% 100%

Summe Abb. 3:

Bedeutung der Produktfunktionen

aus Kundensicht

Preis-Absatz-Funktion Das Unternehmen sieht sich jedoch nicht nur einem oder mehreren durchschnittlichen Kunden, sondern einer Vielzahl individueller Kunden gegenüber, die eigenständig auf Basis der angebotenen Kombination aus Preis und Produktqualität

17

18

" 20

Zur Erweiterung des Target Costing um das Conjoint Measurement vgl. COENENBERG, A. G./ FISCHER, T. M./SCHMITZ, J. (1997), S. 374 ff. Vgl. zur Vorgehensweise des Conjoint Measurement z. B. SIMON, H. (1992), S. 116 ff. Vgl. SEIDENSCHWARZ, W. (1993), S. 199, in Verbindung mit LAKER, M. (1993a), S. 254. Vgl. GAISER, B ./KIENINGER, M. (1993), S. 62.

Target Costing

173

i. w. S. ihre Kaufentscheidung treffen. Aggregiert man diese individuellen PreisAbsatz-Funktionen, ergibt sich für den gesamten relevanten Markt ein Zusammenhang zwischen Preis und Absatzmenge sowie eine Aussage über das potentielle Umsatzvolumen. Um dies bei der Zielpreisbestimmung berücksichtigen zu können, muß nun eine für das betroffene Unternehmen gültige Preis-AbsatzFunktion 21 geschätzt werden. Hierbei ist eine Verknüpfung mit den Ergebnissen des Conjoint Measurements möglich. 22 In Abhängigkeit von der Unternehmensstrategie und den daraus abgeleiteten Formal- und Sachzielen kann das Management die gewünschte Position auf der geschätzten Preis-Absatz-Funktion wählen. Dies kann z. B. der gewinn- oder umsatzmaximale Punkt oder der Punkt maximaler Kapazitätsauslastung sein. Beispiel Für das hier betrachtete medizinische Untersuchungsgerät wird von Experten eine Preis-Absatz-Funktion geschätzt. Aufgrund der derzeitigen Unterauslastung der Produktion und der bei Vollauslastung erwarteten Erfahrungskurveneffekte sowie des strategischen Ziels, zunächst vorrangig den Marktanteil auszubauen, wählt die Unternehmensleitung den Punkt maximaler Kapazitätsauslastung. So ergibt sich eine Absatzmenge von 1.000 Geräten bei einem dazugehörigen Zielpreis von 800 TDM. Dies ergibt einen erwarteten Umsatz von 800.000 TDM. Ergebnis ist nun ein für die Positionierung im Wettbewerb und damit für das gewählte Funktionsspektrum und -niveau gültiger Zielpreis als Grundlage für die Ermittlung der Allowable Costs. 2.3 Allowable Costs, Drifting Costs und Zielkosten Ableitung der Allowable Costs Nach der Zielpreisbestimmung werden daraus im zweiten Schritt die Allowable Costs als die vom Markt maximal zulässigen Kosten abgeleitet. Wählt man die produktbezogene Betrachtung, so werden die Allowable Costs ausgehend vom gewählten Zielpreis durch Subtraktion des gewünschten Zielgewinns (= Zielpreis • Umsatzrentabilität) ermittelt. Die Allowable Costs stellen für das Unternehmen die Kostenobergrenze auf Vollkostenbasis dar, die während der gesamten Produktlebensdauer aufgrund der Markt- und Wettbewerbssituation entstehen dürfen, sofern die geforderte Umsatzrendite erreicht werden soll. 23 Die Umsatzrendite wird dabei vom Management verbindlich vorgegeben. 24 21 22 23 24

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

zur Theorie der Preis-Absatz-Funktion GUTENBERG, E. (1984), S. 193 ff. COENENBERG, A. G. (1997), S. 456 ff. HIEKE, H. (1994), S. 498 f.; SEIDENSCHWARZ, W. (1993), S. 116. NIEMAND, S. (1994), S. 68; PEEMÖLLER, V. H. (1993), S. 376.

174

Target Costing

Umsatzrentabilität versus Rentabilität des investierten Kapitals Die Umsatzrendite wird hinsichtlich ihrer Bedeutung oft erst als nachrangiges Ziel hinter der Rendite des investierten Kapitals (Rol) gesehen. Mit der Anwendung der Umsatzrendite sind im Vergleich zum Rol folgende Vorteile verbunden:25 • Schwierigkeiten bei Messung und Bewertung des zur Erstellung eines Produktes in Form von Anlagevermögen und Working Capital gebundenen Kapitals werden umgangen, • Abneigungen gegenüber innovativen Investitionen aufgrund hoher Kapitalbindung werden eventuell vermieden. Dem steht jedoch der Nachteil gegenüber, daß die Umschlaghäufigkeit des Kapitals nicht berücksichtigt wird, was zu Fehlallokationen des betriebsnotwendigen Kapitals führen kann. Bei der Auswahl des geeigneten Renditemaßes ist zu beachten, daß der Rol sowohl die Umsatzrendite als auch den Kapitalumschlag beinhaltet: Rol =

Umsatz

Kapital

= Umsatzrendite • Kapitalumschlag

Problematisch am Rol ist allerdings, daß er - wie die Umsatzrendite - ein statisches Maß ist. Für strategische Entscheidungen ist jedoch eher die langfristige als die kurzfristige Rentabilität relevant. Diese Problematik kann durch eine Gesamtbetrachtung der mit dem Projekt verbundenen Zahlungsströme aufgehoben werden. Trotz der angeführten Kritik an der Umsatzrendite wird diese vor allem in japanischen Unternehmen als alleiniger Erfolgsmaßstab verwendet. Der zur Verzinsung des eingesetzten Kapitals erforderliche Kapitalumschlag muß dann durch andere Managementwerkzeuge erreicht werden. Grundsätzlich ist es möglich, den Kapitalumschlag durch Verringerung beliebiger Positionen der Aktiva zu erhöhen, d. h, durch Reduzierung des Anlagevermögens, der Vorräte oder der Forderungen und liquiden Mittel.26 Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Bestandsmanagement, z. B. durch Just-in-Time-Maßnahmen, zu. Die Umsatzrendite ist als Erfolgsmaßstab nur dann ausreichend, wenn sie durch andere Konzepte, die den Kapitalumschlag gleichsam garantieren, ergänzt wird.

25 26

Vgl. FRANZ, K.-P. (1993), S. 127 f. Vgl. FRANZ, K.-P. (1993), S. 128.

Target Costing

175

Herstellkosten versus Gesamtkosten Bei den Allowable Costs handelt es sich um eine stark aggregierte Größe, in der sich anteilig alle Kostenarten des Unternehmens widerspiegeln. Folglich sind auch die Gemeinkosten der Unternehmensfunktionen wie Entwicklung, Marketing/ Vertrieb und Verwaltung enthalten, die sich im Vergleich zu den Herstellkosten nur bedingt verursachungsgerecht auf die einzelnen Produkte zurechnen lassen. Vor diesem Hintergrund sind zwei Varianten zur weiteren Behandlung der Allowable Costs denkbar: • Variante 1: Betrachtung der Herstellkosten Da das Target Costing auf eine produktorientierte Kostengestaltung abzielt, werden produktbezogene Kosten benötigt, für die die Verantwortung möglichst eindeutig und verursachungsgerecht zugeordnet werden kann. Es bietet sich deshalb an, den Vollkostengedanken des Target Costing an dieser Stelle zu durchbrechen und die Kostenbudgets für die Unternehmensfunktionen wie Entwicklung, Marketing/Vertrieb, Verwaltung abzuspalten und allein die Herstellkosten als Allowable Costs zu definieren. • Variante 2: Betrachtung der Gesamtkosten Langfristig benötigt jedoch jedes Unternehmen die Deckung seiner gesamten Kosten, eine Unterteilung in fixe und variable oder Einzel- und Gemeinkosten ist aus Sicht des Marktes nicht relevant.27 Folglich müssen alle Kosten langfristig gestaltet werden. Dieser Argumentation folgend sind deshalb die Allowable Costs auf Vollkostenbasis, d. h. inklusive aller Gemeinkosten, für die weiteren Schritte im Target Costing zu verwenden. In diesem Sinne können beispielsweise auch einzelne Gemeinkostenblöcke detailliert analysiert und mit Zielvorgaben versehen werden.28 Beispiel Das Management arbeitet mit der Umsatzrentabilität und fordert 25%. Damit ergeben sich die Allowable Costs wie folgt: Allowable Costs = Zielpreis • (1 - Umsatzrendite) Allowable Costs = 800 TDM • (1 - 0,25) = 600 TDM Berechnung der Drifting Costs Im dritten Schritt sind nun Drifting Costs zu berechnen und den Allowable Costs gegenüberzustellen, um eventuelle Abweichungen festzustellen. Die Drifting Costs sind dabei die durch die Plankostenrechnung geschätzten Kosten auf Voll27 28

Vgl. HORVATH, P./SEIDENSCHWARZ, W. (1992), S. 144. Vgl. CLAASSEN, U./HILBERT, H. (1994), S. 5.

Target Costing

176

kostenbasis unter Berücksichtigung der geplanten Absatzmenge. Grundlage dieser Schätzung ist der im Unternehmen jeweils vorhandene Technologiestand.29 Damit wird kontrolliert, ob mit der vorhandenen Technologie die vom Markt geforderten Kosten erreicht werden können. Die Berechnung der Drifting Costs sollte in der Regel analytisch erfolgen, so daß im Rahmen der Plankalkulation ausgehend von den Einzelteilen die Produktkomponenten identifiziert und die dazugehörigen Drifting Costs ausgewiesen werden können. In Summe ergeben sich dann die produktbezogenen Gesamtkosten. Die prozentuale Verteilung der Drifting Costs auf die einzelnen Produktkomponenten zeigt dabei die mit dem derzeitigen Technologiestand realisierte bzw. realisierbare relative Inanspruchnahme der betrieblichen Ressourcen an. Da die Produktkomponenten aus Unternehmenssicht als Bausteine zur Erfüllung der geforderten Produktfunktionen zu sehen sind, wird die Verteilung der Drifting Costs im Kontext des Target Costing als die im Unternehmen realisierbare Bedeutung der einzelnen Produktkomponenten interpretiert. Beispiel Wird versucht, die von den Kunden gewünschten Funktionen mit dem derzeitigen Technologiestand umzusetzen, so würde sich laut Plankalkulation für das medizinische Untersuchungsgerät folgende Kostensituation ergeben: Komponente

Drifting Costs absolut

relativ

Magnet

310 TDM

31%

Elektronik

270 TDM

27%

30 TDM

3%

120 TDM

12%

Spule

40 TDM

4%

Kabine

70 TDM

7%

160 TDM

16%

1.000 TDM

100%

Liege System

Montage Summe Abb 4:

Absolute und relative Verteilung der Drifting Costs

In der Regel übersteigen die Drifting Costs die Allowable Costs, so daß sich für den Gesamtzusammenhang des bisherigen Ablaufs folgendes Bild ergibt:

29

Vgl. HIEKE, H. (1994), S. 498; SEIDENSCHWARZ, W. (1993), S. 117; CIBIS, C./NIEMAND, S. (1993), S. 205; BERENS, W./HOFFIAN, A. (1994), S. 603.

Target Costing

177

Markt >> Zielpreis

Zielgewinn

= Allowable Costs

Zielkosten? 800 T D M

Unternehmen Drifting C o s t s

Kostenreduk tionsbedarf

200 T D M

600 T D M Abb. 5: