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German Pages 136 [138] Year 2018
Kapitel
BIM Building Information Modeling I Management Band 2 Digitale Planungswerkzeuge in der interdisziplinären Anwendung Eva Maria Herrmann I Tim Westphal (Hrsg.)
Edition
1
Inhalt Einführung S. 5 S. 6
BIM in Zahlen – Status quo Ergebnisse der Online-Umfrage 2017 bei DETAIL, ergänzt durch die Umfrage der Bergischen Universität Wuppertal und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)
S. 14
Der deutschsprachige BIM-Raum – wo stehen wir im globalen Kontext? Ein Überblick mit Auszügen aus einem Interview mit Mark Bew (UK) und Phil Bernstein (USA)
S.18
Architekt und Ingenieur – gemeinsam am digitalen Wendepunkt Bundesarchitektenkammer (BAK) und Bundesingenieurkammer (BIngK)
S. 20
BIM im Hochschulalltag Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Bergische Universität Wuppertal, BIM-Baumeister Akademie, Institut der Jade Hochschule
S. 22
Neues Architektenbild – ein Berufsstand im Umbruch? gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner und BIM Visual
Architekten I Planer S. 24
2
Editorial
Nachverfolgt – die Entwicklung von BIM seit 2015 Ein Resümee von ATP architekten ingenieure, Gerber Architekten, HWP Planungsgesellschaft, OBERMEYER Planen + Beraten, pos4 architekten / DEUBIM, wörner traxler richter planungsgesellschaft, Brechensbauer Weinhart + Partner Architekten, hammeskrause architekten
S. 42
Die Spielregeln bestimmen blauraum Architekten
S. 46
Arbeiten im BIM-Netzwerk – Kollaboration von Fachplanern und Architekten Bollinger + Grohmann Ingenieure und HENN
S. 50
Open BIM-Planung am Beispiel des Neubaus der Kreisklinik Groß-Umstadt Bollinger + Grohmann Ingenieure und ARGE Neubau Kreisklinik Groß-Umstadt
S.52
BIM im Vergleich – Norwegen und Deutschland Snøhetta und Hild und K
S. 60
BIM beim Fachplaner – Status, Ausblick, Schnittstellen ZWP Ingenieur-AG und Eisfeld Ingenieure
S. 64
Kollaboration und BIM als Mehrwert für ein komplexes Laborgebäude hks I architekten
S. 68
Ungehinderter Datenaustausch für alle Ralf Mosler und Christian Weiss
S. 70
BIM-Leistungen als Geschäftsmodell für das Architekturbüro Jundi Schrade Baumeister Architekten
Inhalt
Bauherr I Auftraggeber S. 74
Öffentliche Hand – mit gutem Vorbild voran Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
S. 76
BIM bei Volkswagen Financial Services – Referenzobjekt B11 Volkswagen Financial Services
S. 80
Digitalisierung lebt vom Machen – und zwar möglichst bald! F. Hoffmann-La Roche AG
S. 84
BIM-basiertes Planen, Bauen und Betreiben Fraport AG
Prozesse I Szenarien S. 86
DFAB HOUSE – vier neue digitale Bauverfahren in einem Gebäude ETH Zürich / NCCR Digital Fabrication
S. 90
Beton-3D-Druck auf der Baustelle TU Dresden
S. 92
Plotbot/Crawler – ein universell einsetzbarer Fassadenroboter BAU KUNST ERFINDEN, Uni Kassel
S. 94
Optimierte Planungsprozesse zur Verknüpfung von Planen und Bauen Fraunhofer IAO, designtoproduction, formitas AG
S. 98
Eintauchen und Handeln im virtuellen Raum Autodesk VR Excellence Center
S. 100
Parallelisierte Planungs- und Bauprozesse beim ersten Holz-Hochhaus der Schweiz ERNE AG Holzbau und Burkard Meyer Architekten
S. 104
Von der Vision zur Praxis – BIM-Projekte bei Wolff & Müller Wolff & Müller
Service I Bauprodukte S. 108
Moderne Zeiten – andere Strategien und Ziele = neue Risiken? VHV Allgemeine Versicherung AG
S. 110
Die Zeichen stehen auf BIM – Digitale Bauprodukte Bauproduktehersteller
S. 122
Jung goes BIM Albrecht Jung
Anhang S. 126 S. 133 S. 134 S. 136
BIM-Glossar Abkürzungen Bildnachweis, Quellenverzeichnis, Autoren Impressum
3
Digitale Transformation: In welchen Bereichen sehen Sie Deutschland dafür gut aufgestellt? 77,1 %
Produktionstechnik (Industrie 4.0) 55,4 %
Robotik (auch Service-Robotik)
50,1 %
Additive Manufacturing, 3D-Druck, Rapid Prototyping
39,8 %
Virtuelle Produktentwicklung
37,2 %
Mobilität
25,5 %
Agrartechnische Anwendungen
22,2 %
Visualisierungstechniken, Augmented Realtiy
20,2 %
Planung, Bau und Betrieb von Gebäuden (BIM)
17,6 %
E-Health
16,1 %
Entwicklung und Aufbau von Dienstleistungen- und Service-Plattformen
14,0 %
Neue Geschäftsmodelle auf Basis von Vernetzungen und Online-Plattformen Ortsbasierte Dienstleistungen
11,6 %
Stadtentwicklung
11,5 % 0%
20 %
2017 2016 40 %
60 %
80 % 100 %
Geschäftsmodelle auf der Basis von Daten und Vernetzung werden zukünftig eine wichtige Rolle spielen. Inwieweit bereitet sich Ihr Unternehmen darauf vor?
Wir haben bereits großen Erfolg mit unseren neuen Geschäftsmodellen.
9,1 %
Wir haben neue Geschäftsmodelle am Markt platziert.
20,8 %
Wir sind bereits in einer prototypischen Testphase.
16,8 %
Es gibt einige Ideen zu Geschäftsmodellen, aber es gibt interne, organisatorische Hindernisse. Wir haben Geschäftsmodelle entwickelt, aber fehlende technologische Lösungen behindern die Umsetzung. Wir haben Geschäftsmodelle entwickelt, aber Datenschutz und IP-Schutz hindern uns an der Umsetzung. Wir haben Ideen, aber noch nicht die richtigen Partner.
23,1 % 5,5 % 6,7 % 12,6 %
Wir wissen nicht, wie wir systematisch neue Geschäftsmodelle entwickeln können.
7,7 %
Wir haben noch nicht über neue Geschäftsmodelle nachgedacht.
7,3 %
Keine Angabe
33,7 % 0%
20 %
40 %
Welchen Digitalisierungstrend sehen Sie für Ihren Arbeitsplatz als Effizienztreiber bzw. als „Konkurrenz“? Allgegenwärtige Information (zeitlich und räumlich) Big Data mit geeigneten Datenanalyseverfahren
56,2 %
10,5 %
Online-Hilfestellungen / Online-Beratung / Online-Dienste / Online-Angebote
50,4 %
15,2 %
Augmented Reality - d. h. direkte Unterstützung bei Tätigkeiten
47,8 %
7,7 %
Smart Services (automatisierte, intelligente Dienstleistungen)
44,0 %
16,3 %
Vernetzung über verschiedene soziale Netzwerke
13,3 %
Datengetriebene Geschäftsmodelle
16,9 %
41,2 % 36,1 % Effizienztreiber
9,6 % 9,6 %
Keinen 0%
4
62,9 %
13,1 %
20 %
"Konkurrenz" 40 %
60 %
80 %
Digitale Transformation hat in vielen Unternehmen die höchste Priorität, allerdings hakt es bei der Umsetzung. Eine VDI-Umfrage zur CeBIT 2017 (Erhebungszeitraum: 13. bis 27.02.2017, Stichprobengröße Gesamtauswertung: N = 630) zeigt, dass die größte Herausforderung für Unternehmen nicht ist, digitale Technologien und Prozesse rein technologisch zu beherrschen und weiter zu entwickeln, sondern geeignete Geschäftsmodelle zu konzipieren und umzusetzen. Quelle: VDI-Umfrage zur CeBIT vom 20.03.2017, vdi.de/digitaletransformation
Einführung
Editorial
Building Information Modeling kann und darf Spaß machen! Das ist eine wesentliche Erkenntnis, die wir bei der Erarbeitung der Textbeiträge und in den vielen Hintergrundgesprächen mit den Architekten und Fachplanern aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Skandinavien für dieses Buch sammeln durften. Das ist insofern auch eine wesentliche Erkenntnis, neben den wirtschaftlichen Vorteilen, der Plan- und Terminsicherheit, einer neuen Kommunikationskultur – nur um einige der mit BIM verbundenen Besonderheiten und Qualitäten zu nennen –, weil damit die Methode Akzeptanz und Verständnis erfährt: Dinge beginnen meist Spaß zu bereiten, wenn man anfängt, sie zu verstehen oder sich erste Erfolge einstellen. Die Architekten und Ingenieure, Auftraggeber, Bauunternehmer und Institutionen, die im Folgenden zu Wort kommen werden, haben ihre sehr persönlichen Erfahrungen bei der BIM-Einführung gesammelt. Viele von ihnen waren im Vorfeld kritisch, was sie erwartet. Vor allem die veränderten Büro- und Arbeitsstrukturen, die BIM erfordert, stellten Architektenteams oder Büroleiter immer wieder vor große Herausforderungen bei der Implementierung: Wie lässt sich die Methode schnell und effizient im Büro einführen? Mit welchem Projekt steigt man ein? Wie wird das Team zusammengestellt, das am ersten BIM-Projekt arbeitet? Diese Fragen haben wir bereits im letzten Buch unter dem Titel „BIM – Building Information Modeling I Management, Methoden und Strategien für den Planungsprozess, Beispiele aus der Praxis“ im Jahr 2015 gestellt. Und erneut lassen wir sie beantworten – untermauert durch Erfahrungen, die die Protagonisten des ersten Buches sammeln durften und ergänzt durch neue Gesichter, die heute für BIM stehen und die wir um ihre Einschätzung des Status quo in Hinblick auf die Digitalisierung des Bauwesens und die Zukunft mit BIM gebeten haben. Damit entsteht ein tagesaktuelles Bild auf die Planungslandschaft, das erkennen lässt: BIM ist im Büro- und Baustellenalltag angekommen und der Planungsmethode gehört die Zukunft. Diese Einschätzung lässt sich mit einer Umfrage untermauern, die wir über die DETAIL-Webseite im Sommer 2017 durchgeführt haben. Über 300 Teilnehmer sprachen eine deutliche Sprache und äußerten sich größtenteils „pro BIM“ (S. 6 ff). Und dass Deutschland und Österreich sowie die Schweiz, bezogen auf die Einführung von BIM und die politische sowie wirtschaftliche Strategie dahinter, inzwischen viel weiter als 2015 sind, macht zuversichtlich für die Zukunft der Architekten und Fachplaner (S. 14 ff). Am besten lässt sich für eine Idee jedoch durch den gereiften Anwender begeistern. Daher haben wir nachgefragt, wie es den Protagonisten aus unserem ersten Band von 2015 heute ergeht und wie weit das digitale Planen und Bauen ihren Alltag bestimmt (S. 22 ff). Darüber hinaus konnten wir weitere Büros – mit einem teilweise sehr individuellen Umgang mit der Methode BIM – gewinnen. Es kommen Architekten und Fachplaner zu Wort, die ihren Weg zum Beispiel im großen und grenzübergreifenden BIM-Netzwerk gehen (S. 46 ff) oder ihre Nische in der Spezialisierung auf einzelne BIM-Leistungen (S. 70 ff) gefunden haben. Über BIM wird in einigen Jahren niemand mehr sprechen. Das ist ein Fakt. Denn es wird als Teil einer digitalen Planungskultur in dieser aufgehen. Spannend bleibt aber, wie sich die Bautechnik unter dem Einfluss von BIM entwickelt (S. 90 ff) und wie weit VR, AR oder MR (S. 94 ff und 98 f) auf den Baustellen Einzug halten werden. Hinzu kommt, dass sich die Bauindustrie ebenfalls der neuen Situation stellen muss und beginnt, ihre Produkte für das digitale Planen und Bauen auszurüsten (S. 108 ff). Es beruhigt ungemein, dass Architekturqualität weiterhin das bestimmende Element unserer gebauten Umwelt ist. Auch diese Erkenntnis ist ein wichtiges Ergebnis unserer Recherchen und eindeutiger Tenor aus den zahlreichen Interviews. Und mehr noch: Durch die Planungsmethode BIM wird der Architekt in die Lage versetzt, wichtige Kompetenzen zurückzugewinnen sowie neuen und kreativen Freiraum für den Entwurfsprozess zu schaffen. Wer das alles geschickt für sich zu nutzen weiß, ist gut gerüstet für die Herausforderungen der Zukunft. Tim Westphal und Eva Maria Herrmann im November 2017
5
Ergebnisse der Online-Umfrage von 2017 bei DETAIL, ergänzt durch die Umfrage der Bergischen Universität Wuppertal und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)
BIM in Zahlen – Status quo Die Diskussion um die Perspektiven und Potenziale digitaler Planungsmethoden wie Building Information Modeling (BIM), die in anderen Branchen bereits etabliert sind, sind allgegenwärtig. Auf der einen Seite steht die Hoffnung auf eine durchgängige Prozesskette und damit mehr Transparenz und höhere Wirtschaftlichkeit, auf der anderen Seite bangt eine Branche um den letzten Rest Einfluss auf das Baugeschehen. In der im Jahr 2015 erschienenen Publikation BIM – Building Information Modeling I Management wurden zwei aktuelle Marktanalysen zur Implementierung der BIM-Methodik in Deutschland im Vergleich vorgestellt. Seither ist viel passiert, der Stufenplan Digitales Planen und Bauen ist verabschiedet, Pilotprojekte sind angeschoben. Doch wie sieht es mit der alltäglichen Umsetzung aus? Was hat sich verändert in den vergangenen Jahren? Aus welchen Gründen kommt die Planungsmethode BIM im Architekturbüro zum Einsatz – oder wird abgelehnt? Wir wollten wissen, wie Sie als Architekten und Planer zum Thema stehen, und hatten zwischen dem 10. Juli und 16. August 2017 auf www.detail.de eine Umfrage geschaltet. Die folgenden Grafiken und Informationen entsprechen den Fragen der Online-Umfrage, an der 312 Protagonisten aus der gesamten Wertschöpfungskette Bau teilnahmen. Die allgemeinen Fragen nach der Kenntnis und Verwendung von BIM (Fragen 1, 2) sind als Einführung vorangestellt. Uns interessierte auch die Gruppe der Nicht-Nutzer, hier in der Nummerierung dargestellt ab Frage 7 nach a (BIM-Nicht-Nutzer) und b (BIM-Nutzer). Untermauert wurde die OnlineUmfrage durch 50 ergänzende Telefoninterviews mit den Architektur- und Planungsbüros, die nach der nationalen Rankingliste des Baunetzes vom Juli 2017 die ersten 50 Plätze belegten.
(6) 2 % (1) 0 %
(53) 17 %
Vor mehr als 5 Jahren (152) 49 %
I.
Ergebnisse der BIM-Umfrage auf der Online-Plattform www.detail.de, Laufzeit 10. Juli bis 16. August 2017
1
Wann haben Sie das erste Mal von BIM gehört? (N = 312/312) (2017)
Vor mehr als 3 Jahren
BIM ist im Planungsalltag angekommen. 98 % der Befragten sind in den letzten fünf Jahren bereits mit dem Thema in Berührung gekommen.
Vor mehr als einem Jahr Erst vor Kurzem
(100) 32 %
Für mich ist BIM im Moment kein Thema.
1
2 (18) 6% Ja (67) 21 %
(122) 39 %
Nein Wir arbeiten aktuell an der Einführung Einführung ist geplant, aber noch nicht erfolgt.
(105) 34 % 2
6
Arbeiten Sie bereits nach der BIMMethode? (N = 312/312) (2017) In der Umsetzung zeigt sich ein differenziertes Bild. Während 39 % bereits nach der BIM-Methode arbeiten, lehnen 34 % der Befragten die Methode ab. 27 % der Befragten arbeiten bereits an der Einführung oder planen diese. Ein ähnliches Stimmungsbild zeigt sich in der qualifizierten telefonischen Umfrage bei 50 Architekturbüros im deutschsprachigen Raum: 72 % der Befragten arbeiten bereits nach der BIM-Methode oder sind in deren Einführung, während 28 % nicht nach BIM arbeiten.
Einführung
3
In welcher Fachrichtung sind Sie tätig? (N = 417/312 Teilnehmer, Mehrfachnennungen möglich) (2017) Planer (Architektur, Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur, Stadtplanung, Tragwerksplanung, TGA): 340 / 82 % Bauherren, Projektsteuerung: 27 / 6 % Ausführende (Bauunternehmen, Hersteller / Bauwirtschaft): 35 / 8 % Öffentliche Hand: 3 / 1% Facility Management / Baubetrieb: 3 / 1 % Sonstige Dienstleistungen: 9 / 2 %
Architektur
252
Innenarchitektur
34
Landschaftsarchitektur
8
Stadtplanung
13
Tragwerksplanung
20
TGA
13
Bauherren / Bauherrenvertreter
12
Projektsteuerung
15
Verwaltung / öffentliche Hand
3
Bauunternehmen
20
Hersteller / Bauwirtschaft
15
Facility Management / Baubetrieb
3
Sonstige 3
9 0
50
100
150
200
250
300
(1) 0 % 4
Welche Rolle / Funktion haben Sie in Ihrem Büro / Unternehmen? (N = 312/312) (2017)
(14) (21) 5 % 7%
Die hohe Anzahl der Inhaber / Geschäftsführer in der Umfrage (30 %) zeigt den strategischen Stellenwert von BIM für die Unternehmen. 63 % der Befragten sind Angestellte und freie Mitarbeiter, 7 % Studenten.
Angestellter Inhaber / Geschäftsführer
(181) 58 %
(95) 30 %
Student Freier Mitarbeiter Sonstiges
4
(8) 3 % 5
Wie viele Jahre sind Sie in Ihrem Beruf tätig? (N = 292/312) (2017)
(1) 0 %
(27) 9%
Entgegen dem allgemeinem Empfinden ist der Anteil der jungen Architekten mit einer Berufserfahrung von 0 bis 9 Jahren mit 38 % hoch. Die Gruppe der erfahrenen Protagonisten in der Bauwirtschaft (10 bis 29 Jahre Berufserfahrung) ist mit zusammen 50 % besonders hoch.
0 – 9 Jahre (110) 38 % (71) 24 %
10 – 19 Jahre 20 – 29 Jahre 30 – 39 Jahre 40 – 49 Jahre
(75) 26 %
50+ Jahre
5
6
Wie groß ist das Büro / Unternehmen? (N = 312/312) (2017) (54) 17 %
44 % der Befragten arbeiten in einem Unternehmen mit maximal neun und 17 % in einer Firma mit bis zu 20 Mitarbeitern. 22 % arbeiten in Unternehmen mit 21 bis 100 Mitarbeitern. 17 % der Teilnehmer gehören zu einem Unternehmen mit über 100 Beschäftigten.
1 – 9 Mitarbeiter
(16) 5 %
(137) 44 %
10 – 20 Mitarbeiter 21 – 50 Mitarbeiter 51 – 100 Mitarbeiter
(54) 17 %
> 100 Mitarbeiter (51) 17 %
6
7
BIM entspricht nicht dem klassischen (künstlerischen) Berufsbild des Architekten. Zu hohe Kosten in der Anschaffung / Umstellung auf eine neue Software
7a Warum arbeiten Sie nicht nach der BIMMethode? (N = 295 / 105 Teilnehmer, Mehrfachnennungen möglich) (2017)
13 22
Zu hohe Kosten für Schulungen der Mitarbeiter
26
Ich habe aktuell gar keine Zeit, mich damit zu beschäftigen. Die Bauherrn fordern es nicht ein und benötigen es auch noch nicht. Die Fachplaner sind noch nicht so weit und planen nicht mit BIM.
44 46 40
Die Honorarfrage ist unklar.
33
Die Haftungs-/Gewährleistungsfrage ist unklar.
20
Die Urheberrechtsfrage ist unklar.
15
Der hohe Informationsgehalt des Gebäudemodells ist nicht zu handhaben.
29
Sonstige 7a
7 0
10
20
Größere Marktakzeptanz
30
40
50
8a Was wäre ein Anreiz für den Umstieg? (N = 164 / 105 Teilnehmer, Mehrfachnennungen möglich) (2017)
26
Gesetzlicher Zwang
30
Forderung der Bauherren
46
Forderung der Projektbeteiligten
46
Sonstige 8a
16 0
10
20
30
40
50
Wie sich bereits in den Umfragen aus 2013 („Building Information Modeling – Potenziale, Hemmnisse, Handlungsplan“, Karlsruher Institut für Technologie KIT) und 2015 („Digitale Planungsund Fertigungsmethoden“, Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO) zeigte, sind die Vorbehalte zur Einführung der BIM-Methode noch immer groß. 105 von 312 Teilnehmern der Online-Umfrage sprechen sich gegen BIM aus, während die Zahl der Nicht-Nutzer in der im Nachgang geführten Telefonumfrage bei ca. 20 % der Befragten liegt. Dabei lag die Bandbreite der Argumentation von „BIM ist der Tod der Architektur“ bis zum Eindruck, dass viele die Vorteile von BIM – effizientere Abläufe in den Planungsphasen und bessere Kommunikation mit den Planungsbeteiligten – gern nutzen wollen, aber noch nicht genau wissen, wie das gehen soll. Die größten Hürden liegen noch immer in den nicht vorhandenen nationalen Normen und Richtlinien, auch für die Klassifizierung von Attributen und dem Aufbau eines allgemein gültigen Merkmalservers (vor allem für den Aufbau von BIM-Objekten). Zudem gibt es für viele Begrifflichkeiten unterschiedliche Definitionen; ein einheitliches Glossar würde helfen, zumindest die Aufgaben und Ergebnistiefe festzulegen. Ein weiteres Hemmnis sind die unklaren Anforderungen von Bauherren- und Auftraggeberseite. Auf der einen Seite sträuben sich viele Protagonisten gegen ein Zuviel an Anforderung und Reglementierung, überlassen die Normierungsarbeit aber größtenteils den Institutionen und Verbänden, andererseits erwarten die Architekten und Planer konkrete, aber auch nur sinnvolle Anforderungen vonseiten des Betriebs. Problematisch wird es auch, wenn nicht alle Leistungsphasen für ein Projekt beauftragt sind und der stete Wechsel bei den Ansprechpartnern und der Softwarelösung das zuvor aufgebaute Wissen in Frage stellt. Ebenso sind die Aussagen zu Aufwand und Kosten für die Anschaffung neuer Software und die Schulung der Mitarbeiter nicht zu vernachlässigen. Mit der Anschaffung der passenden Software ist es aber nicht getan. So lange einzelne Softwareformate nicht kompatibel sind und die IFC-Schnittstelle nur in eine Richtung ohne Feedbackschleife funktioniert, wird sich die abwartende Haltung in der Planerlandschaft nicht verändern.
8
Die Gründe gegen die Arbeit mit BIM sind vielfältig. Sei es die Sorge um das klassische Berufsbild (5 %), die Komplexität der Handhabung (10 %) oder der Zeitfaktor (15 %). Die unklaren Rahmenbedingungen (Urheberrecht, Haftung / Gewährleistung und Honorarfragen) hindern 23 % der Befragten an der Umsetzung. Die Zusammenarbeit mit den Fachplanern auf konventioneller Ebene machen 13 % aus, während die nicht vorhandenen Auftraggeberanforderungen 16 % der Befragten als Hinderungsgrund benennen. Mit 16 % machen einen nicht unerheblichen Faktor die zu erwartenden hohen Kosten für Anschaffung und Schulung aus.
Anreize für die Implementierung der BIMMethode sind weniger unternehmerischer und strategischer Art, sondern die Reaktion auf gestellte Anforderungen – vom gesetzlichen Zwang (18 %) bis zu Forderungen der Auftraggeber (28 %) und Projektbeteiligten (28 %). 16 % der Befragten warten auf eine größere Marktakzeptanz.
Einführung
7b Welche Vorteile sehen Sie in der BIMMethode? (N = 967 / 207 Teilnehmer, Mehrfachnennungen möglich) (2017) Wie bereits in den Umfragen aus 2013 kristallisieren sich folgende Benefits bei der BIM-Methode heraus: ∫ Verringerung des Fehlerpotenzials ∫ Verbesserung der Kommunikation und Nutzung der Synergieeffekte ∫ Qualitätssteigerung durch Verbesserung der Datenqualität ∫ Wirtschaftlichkeit in der Abwicklung der Projekte ∫ Effizienzsteigerung von Materialeinsatz und Budgetkontrolle.
Verbesserte Planung der Projekte durch weniger Fehlerpotenzial
153
Höhere Kosteneffizienz bei der Abwicklung von Projekten Verbesserte Kostenkalkulation und Kostenkontrolle Verbesserte Kommunikation aller Beteiligten im Planungs- und Bauprozess Materialeffizientere Realisierung von Gebäuden (also Ressourcenschonender Material- und Werkstoffeinsatz) Verbesserung der eigenen Wertschöpfung (mehr Umsatz und mehr Gewinn für das eigene Unternehmen) Größere Datengenauigkeit und damit Qualitätssteigerung im Planungs- und Bauprozess
75 83 146 43 60
120
Mehr Gestaltungsmöglichkeiten in der Architektur
33
Übernahme des BIM-Datenmodells in den Gebäudebetrieb Ich sehe BIM als Marketinginstrument und Wettbewerbsvorteil. Damit kann ich mich gegenüber anderen Kollegen absetzen.
68 75
Synergieeffekte mit Planungskollegen, Bauherren und Betreibern
104
Sonstige 7b
7 0
8b Seit wann arbeiten Sie nach der BIMMethode? (N = 207 / 207) (2017)
20
40
60
80
100 120 140 160 180
(11) 5%
Der Anstieg der BIM Nutzer seit der letzten Umfrage des KIT von 2013 („Building Information Modeling – Potenziale, Hemmnisse, Handlungsplan“, Karlsruher Institut für Technologie, Fachgebiet Building Lifecycle Management) ist signifikant: 53 % der Befragten haben in den letzten zwei Jahren BIM implementiert. 5 % der Befragten sind „Early Adopter“ und arbeiten bereits seit über 10 Jahren nach der BIM-Methode.
(31) 15 %
0 – 2 Jahre 3 – 5 Jahre
(107) 53 %
(55) 27 %
6 – 10 Jahre über 10 Jahren
8b
9b Was war der Grund für den Einstieg in die BIM-Methode? (N = 237 / 207 Teilnehmer, Mehrfachnennungen möglich) (2017) Im Gegensatz zu den Nicht-Nutzern ist der meistgenannte Grund für den Einstieg in die BIM-Methode die strategische Unternehmerentscheidung.
Forderung der Bauherren
31
Forderung der Projektbeteiligten
22
Strategische Entscheidung zur Differenzierung zum Wettbewerb
139
Sonstige 9b
45 0
20
40
60
80
100
120
140
160
10b Sie arbeiten bereits mit BIM. Wie intensiv nutzen Sie die Methode (in Prozent)? (N = 207 / 207) (2017) In Relation zur Entwicklung der Nutzung aus Frage 8b, in der 53 % der Büros seit 2 Jahren mit BIM arbeitet, erklärt sich die Verteilung der prozentualen Nutzung der Projekte nach BIM. Die qualifizierte Telefonumfrage bestätigt die Ergebnisse. Ein Großteil der befragten Büros bejahte die Herangehensweise über hausinterne Pilotprojekte und den schrittweisen Übergang zu BIM, vorrangig durch neue Projekte.
(48) 23 %
< 25 % der Projekte
(89) 43 %
50 % der Projekte 75 % der Projekte
(37) 18 %
100 % der Projekte
(33) 16 % 10b
9
11b Ab welcher Projektgröße planen Sie mit BIM? (N = 207 / 207) (2017)
(14) 7% (28) 14 %
Im Gegensatz zur Umfrage aus 2013 hält sich die Abhängigkeit von Projektgröße und Nutzung von BIM in der Waage: Die Befragten nutzen BIM für alle Projektumfänge.
< 0,5 Mio. €
(72) 35 %
0,5 – 2,0 Mio. € 2,0 – 5,0 Mio. €
(42) 20 %
5,0 – 30,0 Mio. € > 30,0 Mio. €
(51) 25 %
11b
Immer, auch für private Bauherren mit einem Einfamilienhaus Bauträgerprojekt mit mehreren Wohnungen oder Häusern Projekte öffentlicher Bauherren wie Schulen, Kindergärten, Versammlungsstätten etc. Aufwendige Infrastrukturprojekte im Straßenund Wegebau, Tunnels oder Brücken
92 106
Die verbindliche Prüfung einer Einführung von BIM bei Projekten der öffentlichen Hand ab 5 Mio € schlägt sich auch in der Umfrage nieder. Ein Großteil der Befragten macht die Entscheidung für BIM nicht von der Projekttypologie abhängig.
51
Sonstige
12b
12b Für welche Projekte würden Sie perspektivisch auf BIM setzen wollen? (N = 381 / 207 Teilnehmer, Mehrfachnennungen möglich) (2017)
121
11 0
20
40
60
80
100
120
140
13b Wo befinden sich Ihre Bauprojekte? (N = 289 / 207 Teilnehmer, Mehrfachnennungen möglich) (2017)
(27)
Der Großteil der mit BIM bearbeiteten Projekte befindet sich in Deutschland, Österreich oder der Schweiz (DACHRaum). Lediglich 10 % der Projekte befinden sich im Ausland, europaweit und weltweit.
In Deutschland
(43)
In Österreich In der Schweiz
(166) (53)
Im Ausland Mehrfachnennungen möglich
13b
14b Arbeiten alle Projektbeteiligte nach der BIM-Methode? (N = 207 / 207) (2017) Wenn ja, wer? (N = 65 / 207) (2017) Mehrfachnennungen möglich
(26)
13 % (65)
Die Umfrage zeigt, dass der kollaborative Ansatz noch nicht in allen Planungsteams zum Einsatz kommt. Nur 13 % der Befragten arbeiten im Team, 31% zum Teil und 56 % nutzen das BIMModell für die bürointerne Planung. Neben den Tragwerksplanern und den TGA-Planern sitzen vermehrt auch die Bauunternehmer und damit die ausführenden Unternehmen an einem Tisch.
31 % Ja Nein Teilweise
(116) 56 %
14b
(5)
(23)
Statiker
(47)
TGA-Fachplaner Bauunternehmen Sonstige
(52)
10
Mehrfachnennungen m
Einführung
15b In welcher Struktur organisieren Sie Ihre Softwareumgebung? (N = 207 / 207) (2017)
Open BIM (Softwareprodukte verschiedener Hersteller)
(106) 52 %
Closed BIM (Software eines Herstellers)
Während im angelsächsischen BIMRaum die „Closed BIM“-Umgebung dominiert, organisieren sich die Planer im DACH-Raum zu 52 % in einer „Open BIM“-Struktur. Nutzer nur einer Softwarefamilie präferieren Closed BIM (34 %).
Little BIM (BIM-Ansatz als Insellösung zur Bearbeitung spezifischer Aufgaben) Big BIM (durchgängige Nutzung digitaler Gebäudemodelle über verschiedene Disziplinen)
16b Mit welcher BIM-fähigen Software arbeiten Sie? (N = 292 / 207 Teilnehmer, Mehrfachnennungen möglich) (2017)
Allplan
15b
(71) 34 % (19) 9 % (11) 5 % 0
40
60
80
100
120
44
ArchiCAD
Die verwendete Planungssoftware spiegelt den Open BIM-Ansatz aus Frage 15b wieder. Allplan, ArchiCAD und Revit sind die vorrangigen BIM-fähigen Modellierungsprogramme. Dies zeigt sich auch in den vorrangig bereitgestellten Dateiformaten der BIM Objekte, die über zahlreiche Objekt-Datenbanken zur Verfügung gestellt werden.
101
Autodesk Revit
89
Bechmann BIM
3
Bentley BIM Software
4
Sonstige
12
RIB iTWO
22
Spirit
17b Welche Werkzeuge nutzen Sie? (N = 1549 / 207 Teilnehmer, Mehrfachnennungen möglich) (2017)
1
Tekla
8
Vectorworks
8
16b
Es zeigt sich deutlich, dass modellbasierte Werkzeuge in frühen Planungsphasen zur Anwendung kommen (Vorentwurf, Entwurfsplanung, Visualisierung) und deren Einsatz im weiteren Planungsverlauf zunimmt (Genehmigungsplanung, Werkplanung, Detailplanung) aber auch in der Massenermittlung und Kostenanalyse. Mit dem Übergang in die Realisierung verringert sich die Anzahl dieser digitalen Werkzeuge (Bemusterung, Vorbereitung zur Vergabe) und wird schließlich bei den Prozessen der Bauablaufplanung, Ausführung und Dokumentation (as built) nicht mehr vollumfänglich eingesetzt.
20
0
20
40
Gesamtterminplanung
30
Controlling
30
60
80
Vorentwurf
100
128 168
Entwurfsplanung Tragwerksplanung
62
Visualisierung
153
Massenermittlung
143
Genehmigungsplanung
136 39
Bemusterung
35
Bauablaufplanung
160
Werkplanung bis 1:50 Kostenermittlung und -analyse
68
Planungs- und Bestandsanalysen
56 117
Detailplanung Vorbereitung der Vergabe
62
Dokumentation (as built)
53
TGA-Planung
45
Simulationen
43 17
Facility Management Sonstige 17b
4 0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
11
18b Hat sich die Effektivität des Büros erhöht (nach der Einarbeitungsphase)? (N = 207 / 207) (2017)
(30) 14 %
58 % der Befragten geben eine Steigerung der Effektivität des Büros an, während 27 % noch keine Verbesserung der Arbeitsabläufe bemerkt haben.
Ja Nein
(56) 27 %
Keine Angabe
(121) 58 %
18b
19b Hat sich die Rollenverteilung in den Arbeitsteams in Ihrem Büro und mit den Projektbeteiligten verändert? (N = 207 / 207) (2017)
(8) 4%
(91) 44 %
52 % der Teilnehmer stimmen der Aussage zu, dass sich durch die Verwendung von digitalen Gebäudeinformationsmodellen die Rollenverteilung und damit die Kommunikation innerhalb des Büros und zwischen den Projektbeteiligten verändert hat. Keine Veränderung sehen 44 % der Befragten.
Ja
(108) 52 %
Nein Keine Angabe
19b
Mehr Datenbanken und BIM-Informationen zu den Bauprodukten Besserer softwareunabhängiger Support
84
Zertifizierte BIM-Berater und -Consultants
53
Softwarelösungen, die eine Integration von BIM leichter machen
128
Sonstige
30 0
20b
20
BIM ist ein wichtiges Arbeitswerkzeug, das mir meine Arbeit leichter macht. BIM macht allen nur mehr Arbeit und mehr Aufwand. BIM gehört die Zukunft. Daran gibt es nichts zu rütteln.
12
40
60
80
100
120
140
25 147 22 0
20
40
60
80
100
120
140
Der Weg zu einer konsistenten Nutzung von BIM aller Planungsbeteiligten ist noch weit. Sowohl im Bereich Software als auch bei der Bereitstellung von passenden Bauprodukten. Auch am Support durch softwareunabhängige, zertifizierte Berater muss noch gearbeitet werden.
21b BIM: eher Segen oder Fluch? (N = 312 / 207 Teilnehmer, Mehrfachnennungen möglich) (2017)
118
Sonstige 21b
20b Was kann man besser machen? (N = 407 / 207 Teilnehmer, Mehrfachnennungen möglich) (2017)
122
160
BIM ist nur ein Baustein in der Digitalisierung der Baubranche. Doch wenn die Vorteile der Anwendung nicht zum Tragen kommen, wird die Akzeptanz der Methode leiden.
Einführung
II
Auszüge aus der Umfrage der Bergischen Universität Wuppertal und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), Herbst 2017
Gesamtterminplanung
15 %
Controlling
18 %
Vorentwurf Entwurfsplanung
∫ „Status Quo – Digitales, Planen, Bauen und Betreiben in der Praxis“
36 % 49 %
Visualisierung
57 %
Genehmigungsplanung Prof. Dr.-Ing. Petra von Both (Karlsruher Institut für Technologie, Fachgebiet Building Lifecycle Management) Prof. Dr.-Ing. Manfred Helmus (Bergische Universität Wuppertal, Lehr- und Forschungsgebiet Baubetrieb und Bauwirtschaft) Der Forschungsbericht wurde mit Mitteln der Forschungsinitiative Zukunft Bau des Bundesinstitutes für Bau-, Stadt· und Raumforschung gefördert (Aktenzeichen: SWD-10.08.18.7-15.21). Die Verantwortung für den Inhalt des Berichtes liegt beim Autor. Die ausgewiesenen Prozentangaben können Rundungsdifferenzen enthalten.
45 %
Werkplanung bis 1:50
50 %
Detailplanung
45 %
TGA-Planung
26 %
Tragwerksplanung
36 %
Massenermittlung
44 %
Bemusterung
25 % 29 %
Kostenermittlung und -analyse Vorbereitung der Vergabe Simulationen
25 % 37 %
Bauablaufplanung
21 %
Planungs- und Bestandsanalysen
20 %
Dokumentation (as built)
26 %
Facility Management 481 Gesamtteilnahmen, 242 teilweise und 239 vollständige Teilnahmen. Veröffentlichung: 2017/2018
1
13 % 0%
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
Vergleich Beteiligung nach Anwendergruppe 2011: 51 % BIM-Anwender 13 % BIM-Umsteigewillige 29 % Nicht-BIM-Anwender 7 % keine Angaben
Grundlagenermittlung
49 %
Vorentwurf, Vorplanung Entwurfsplanung Visualisierung Genehmigungsplanung
Beteiligung nach Zielgruppe 2017: Planer 61 % Bauherren, Investoren 10 % Ausführende 13 % Betreiber, FM 2 % Öffentliche Hand 4 % Andere 9 %
1
Nutzungsintensität der modellbasierten Werkzeuge
2
Überführung von Plandaten in nachfolgende Phasen
3
Verwendete Austauschformate
38 %
31 % 44 %
11 % 34 % 39 %
25 %
Mitwirkung bei Vergabe
13 %
16 %
27 %
7%
Vorbereitung der Vergabe
18 %
10 %
53 %
14 %
13 %
13 %
43 %
Simulationen Detailplanung
10 % 21 %
41 %
20 %
8%
15 %
21 %
66 % 28 %
Bemusterung
Beteiligung nach Zielgruppe 2011: Planer 57 % Bauherren, Investoren 5 % Ausführende 4 % Betreiber, FM 2 % Öffentliche Hand 11 % Andere 21 %
18 %
27 %
10 %
Massenermittlung Bemessung
12 %
59 %
8%
4 %6 %
55 %
8%
Marketing
Beteiligung nach Anwendergruppe 2017: 22 % BIM-Anwender 7 % BIM-Umsteigewillige 23 % Nicht-BIM-Anwender 48 % keine Angaben
40 %
24 %
11 % 19 %
70 %
13 % 10 %
55 %
8%
29 %
54 %
12 %
7 % 10 %
Objekt- und Bauüberwachung
34 %
54 %
5%7%
Objektbetreuung und Dokumentation
31 %
54 %
6% 8%
0%
Per Hand
2
20 %
40 %
2D-Schnittstellen
60 %
3D-Schnittstellen
80 %
100 %
Nutzung der Modelldaten
100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% Papier
Planer 3
PDF
Office (Word, Excel)
DWG
DXF
Investoren, Bauherren, Betreiber
PLT
IFC
Ausführende
GAEB
Andere
Öffentliche Hand
13
Ein Überblick von Tim Westphal zur aktuellen Situation im Bereich Digitale Planung mit BIM mit Auszügen aus einem Interview mit Marc Bew, BIM Task Group / UK, und Phil Bernstein, Professor an der Yale University, New Haven, Connecticut / USA
Der deutschsprachige BIM-Raum – wo stehen wir im globalen Kontext? Building Information Modeling, die Digitalisierung des Planen und Bauens und der kollaborative Arbeitsprozess, offen und transparent für alle Planungsbeteiligten – aktuell sind dies noch Wunschvorstellungen. Die Entwicklung und Etablierung der Planungsmethode BIM im globalen, gesamteuropäischen und im wirtschaftsstarken DACH-Raum verläuft weiterhin sehr heterogen und in den Ländern noch immer stark regional orientiert. Bestrebungen, auf der jeweiligen nationalen Ebene Planungsabläufe zu definieren, also den BIM-Prozess zu beschreiben, gibt es selbstverständlich. Sie spiegeln sich in nationalen Verordnungen und/oder Normen wider, jedoch nur mehr oder minder vergleichbar. Hinzu kommt, dass der Druck aus Wirtschaft und Politik, BIM als verpflichtende Planungsmethode einzusetzen, weiter wächst. In Norwegen gilt BIM für öffentliche Gebäude bereits seit 2010, in Großbritannien ist es seit 2016 verpflichtend. Stück für Stück ziehen weitere große europäische Wirtschaftsnationen nach. Damit steigt an diesen Märkten ebenfalls der Druck auf Architekten und Ingenieure, mit BIM zu planen. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn sowohl die nationalen Bestrebungen auf deutscher Seite, vorangetrieben durch die zwei Bundesministerien BMUB und BMVI als auch die nationalen Normen in Österreich (Ö-Norm A 6241-1 und A 6241-2) oder wichtige Impulse, die das netzwerk_digital in der Schweiz setzen wird, lassen nicht darüber hinwegsehen: Europäische Standards sind weiterhin und zwingend erforderlich. Denn Planen und Bauen endet schon lange nicht mehr an der Landesgrenze. Und Großprojekte werden oftmals europäisch ausgeschrieben. Umso wichtiger ist dann die Kommunikation und Interaktion mit einheitlichen Standards. Ohnehin ist in den vergangenen zwei Jahren immer deutlicher geworden, dass die wirtschaftlich starken Europäer, im Speziellen Deutschland, Österreich und die Schweiz (DACH-Raum) BIM keineswegs verschlafen haben. Auch, wenn das gern einmal behauptet wird. Auf einer Fachveranstaltung der Zeitschrift DETAIL in Kooperation mit dem BBSR und dem BMUB stellte Anica Meins-Becker vom Baubetriebslehrstuhl der Bergischen Universität Wuppertal klar, dass vor allem drei Dinge bei der BIM-Etablierung vorrangig zu beachten sind: das Neudenken der Prozesse, die Technologie und der Mensch hinter BIM. Um die Technologie zu verstehen ist es
Planung
Entwurf
Gewerkekoordination
Raumprogramm Variantenstudien
Kostenermittlung
∫ Erlass des BMUB vom 16.1.2017: Ab 5 Mio. € brutto und bei zivilen Neu-, Umund Erweiterungsbau-Vorhaben soll der Einsatz digitaler Mittel bereits bei der Bedarfsermittlung geprüft werden. Die digitalen Werkzeuge in der Planung und deren Vorteile zu einer Effizienzsteigerung und Erhöhung der Wirtschaftlichkeit eines Bauvorhabens sind ebenfalls auf ihre Sinnhaftigkeit zu prüfen und möglichst aktiv zu nutzen. Das klingt nach einem Paukenschlag: Erlass heißt im Normalfall sofortige Umsetzung. Also ist BIM ab 5 Mio. € verpflichtend? Jein, denn ob und inwieweit digitale Werkzeuge in die Planung eingebunden werden, ist nach Prüfung zu entscheiden. Und diese kann (theoretisch) auch gegen BIM ausfallen. ∫ Der Stufenplan des BMVI zur Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens sieht vor: 1. Stufe: Erste Pilotprojekte und wissenschaftliche Begleitung sowie die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen (2015 bis 2017), 2. Stufe: weitere Pilotprojekte, die auf BIM-Level 1 abzuarbeiten sind, sowie Konzeptentwicklung für BIM-Datenbanken (2017 bis 2020), 3. Stufe: regelmäßige Implementierung von BIM-Level 1 bei allen Infrastrukturprojekten (ab 2020). ∫ Die Ö-Norm A 6241-1 regelt den Datenaustausch und die Datenhaltung der Gebäudeinformationen im Hochbau und für bauwerksähnliche Projekte im Tiefbau sowie die Daten, die für den Betrieb und das Management von Immobilien notwendig sind. ∫ In der Ö-Norm A 6241-2 wird die technische Umsetzung eines einheitlichen Datenmodells für den Hochbau und für bauwerksähnliche Projekte im Tiefbau auf Informationstiefe nach BIM Level 3 (auch iBIM) beschrieben. Siehe hierzu auch Tabelle S. 131. ∫ Zitat Anica Meins-Becker: www.detail.de/artikel/transdisziplinaerdigitalisierte-bauprozesse-undmethoden-29095
Konzeptionelles Design Simulation, Berechnungen Ausführung
Rückbau
Bauablaufsimulation Building Information Model (BIM)
Umbau
Baufortschrittskontrolle
Recycling Baustellenlogistik Revitalisierung
Abrechnung
Bewirtschaftung 1
14
Facility Management, Wartung, Betriebskosten
1
Der „BIM-Kreis“ geistert in hunderten von Abwandlungen und Varianten durch das Internet sowie durch Anwenderforen und Präsentationen auf den BIM-Kongressen. Diese Darstellung zeigt die ganzheitliche Betrachtungsweise hinter der Methode: Im Sinne einer Gebäudelebenszyklusbetrachtung müssen alle Phasen, vom Entwurf bis zum Rückbau, einfließen.
Einführung
UK: BIM verpflichtend seit 2016 für öffentliche Gebäude und Bausummen über 5 Mio. £ sowie Einführung Level 2 BIM
USA: GSA, U.S. Army und buildingSMART Alliance mit National BIM Standard United States, Vers. 3
Frankreich: Plan Transition Numérique dans le Bâtiment und Richtlinie 2014/24/EU, BIM ab 2017 gefordert
Skandinavien: Dänemark (seit 2006), Finnland (seit 2007) und Norwegen (seit 2010) schreiben die BIM-Nutzung verbindlich vor. Deutschland: BMUB-Erlass vom 16.1.2017: BIM-Einsatz prüfen ab Bausumme 5 Mio. €; Stufenplan des BMVI: BIM ab 2020 verpflichtend Niederlande: RVB BIM Norm v1.1 von 2013 sowie seit 2016 das Basic Information Delivery Manual (IDM)
Österreich: Austrian Standards, Einführung der BIMNormenreihe Ö-Norm A 6241 Teil 1 und 2 sowie des freeBIM-Merkmalsservers
China: Hong Kong Institute of Building Information Modelling (HKIBIM), China BIM Union, initiiert vom Ministerium für Wissenschaft und Technologie Australien: Einführung der AS ISO 16739:2017 als Adaption der EN ISO 16739 zu IFC 4 und Open BIM-Ansatz, noch kein offizielles BIM-Mandat realisiert
2
2
Es bewegt sich etwas auf dem internationalen Markt der BIM-Anwendung und Digitalisierung: Die großen Wirtschaftsnationen haben die Notwendigkeit erkannt, BIM als verbindliches Planungswerkzeugt zumindest mittelfristig, einzuführen. Vor allem Österreich (mit Ö-Norm und BIM-Merkmalserver) und Deutschland haben in den vergangenen zwei Jahren die Weichen eindeutig in Richtung Digitalisierung gestellt. Quellen: www.geospatial.com, www.standards.org.au, www.planenbauen40.de
wichtig, solche Projekte zu monitoren und deren spezifische Parameter auf ein allgemeingültiges Level zu bringen. In Wuppertal fördert das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) allein vier BIM-Projekte. Und diese Projekte setzen in der Praxis an: Anhand von Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA) entwickelt die Universität Checklisten für den realen Einsatz im BIM-Projekt. Und beantwortet die Fragen: Welche Daten sind relevant? Wer benötigt an einer bestimmten Stelle des Planungsprozesses welche Informationen und Detailtiefe und in was für einem Dateiformat? Und wie ist der BIM-Prozess zu beschreiben und damit zu strukturieren? Die Untersuchung der Schnittstellen zwischen den Fachplanern und weiteren am Bau Beteiligten lässt unter anderem folgenden Schluss zu: Es existiert die idealtypische Prozesskette. Ebenso spannend ist die Situation in Österreich. Im Juli 2015 stellte Austrian Standards die Ö-Norm A A6241-2 „Digitale Bauwerksdokumentation - Building Information Modeling (BIM) – Level 3-iBIM“ vor. Die Norm beschreibt, wie grafische Daten komplexer digitaler Datenmodelle strukturiert werden müssen und wie Gebäudedaten und -informationen zwischen den an der Planung Beteiligten auszutauschen sind. Ziel ist es, im Zusammenspiel mit IFC 4 und den Folgestandards den Gesamtlebenszyklus des Gebäudes abbilden zu können. Hierfür haben die Österreicher ergänzend einen Merkmalserver erstellt. Dies ist eine Datenbank, die in Zusammenarbeit mit dem Forschungsprojekt „freeBIM Tirol“ entstand und in der Eigenschaften von Bauteilen und Materialien gesammelt, ergänzt und überarbeitet werden. Vereinfacht dargestellt ist es das Ziel, die beschreibenden Eigenschaften von Bauteil und Material mit dem sog. bSDD (buildingSMART Data Dictionary) abzugleichen und um neue Werte zu ergänzen. In der Folge erhält jeder Parameter eine spezifische GUID (Globally Unique Identifier), wodurch die Bauteil-Eigenschaften eindeutig und unabhängig von der Sprache definiert werden können. Ergänzende Informationen wie Produktdaten lassen sich ebenfalls verknüpfen, sodass Modelldaten und hinterlegte Attribute Bauteil und Material umfassend beschreiben. Das Konzept des Merkmalservers ist wesentlich für die Einführung des Level 3-iBIM-Standards. Konzept und das gewonnene Know-how aus dem Einsatz des Merkmalservers, der bisher einzigartig im europäischen Raum ist, fließen ein in eine neue BIM-Europa-Norm (CEN/TC 442) in Form einer internationalen Arbeitsgruppe (CEN/CT 442/WG3). Diese wird von Österreich geleitet. In der Schweiz konstituierte sich im Herbst 2017 die Initiative netzwerk_digital, eine Arbeitsgemeinschaft des Schweizerischen Architekten und Ingenieurvereins SIA, der Schweizerischen
15
ISO
CEN
DIN
VDI
ISO/TC 59/SC 13 (SN)
CEN/TC 442 (SN)
NA 005-01-39 AA
Koordinierungskreis BIM
ISO/TC 59/SC 13/TF 02 (BSI) Business Planning and Strategy
CEN/TC 442/WG 1 (BSI) Strategy
NA 005-01-39-01-AK Strategie
VDI 2552 Blatt 1 BIM – Rahmenrichtlinie VDI 2552 Blatt 2 BIM – Begriffe und Definitionen
ISO/TC 59/SC 13/JWG 12 (SN) Develoment of Construction Data Related Standards
CEN/TC 442/WG 2 (DIN) Information Exchanges
NA 005-01-39-02-AK Datenaustausch, Anforderungen, Formate
VDI 2552 Blatt 3 BIM – Mengen und Controlling VDI 2552 Blatt 6 BIM – Facility Management VDI 2552 Blatt 4 BIM – Modellinhalte und Datenaustausch VDI 2552 Blatt 7 BIM – Prozesse
CEN/TC 442/WG 3 (ASI) Information Delivery
NA 005-01-39-03 AK Information Management mit BIM
VDI 2552 Blatt 1 BIM – Rahmenrichtlinie VDI 2552 Blatt 3 BIM – Mengen und Controlling VDI 2552 Blatt 5 BIM – Datenmanagement VDI 2552 Blatt 6 BIM – Facility Management VDI 2552 Blatt 7 BIM – Prozesse
CEN/TC 442/WG 4 (AFNOR) Support Data Dictionaries
NA 005-01-39-04 AK Dictionaries, Kataloge
ISO/TC 59/SC 13/WG 8 (NEN) Information Delivery Manual ISO/TC 59/SC 13/WG 13 (BSI) Collaborative Working over Lifecyle
ISO/TC 59/SC 13/WG 2 (DS) Not active
VDI 2552 Blatt 9 BIM – Klassifikationen
VDI 2552 Blatt 8 BIM – Qualifikationen
ISO/TC 59/SC 13/WG 11 (DIN) Product Data for Building Services Systems Models
CEN/TC 442/WG 2 (DIN) Information Exchanges CEN/TC 442/WG 4 (AFNOR) Support Data Dictionaries
NA 041-01-71 GA Datenstrukturen für elektronische Produktkataloge der Technischen Gebäudeausrüstung
VDI 3805 Blatt 1 – Produktdatenaustausch in der Technischen Gebäudeausrüstung VDI 3805 Blätter: 2 – 11, 14, 16 – 20, 22, 23, 25, 29, 32, 35, 37, 99, 100
3
Zentrale für Baurationalisierung CRB, der Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren KBOB, der Interessengemeinschaft privater professioneller Bauherren IPB und Bauen digital Schweiz. Diese Plattform wurde erstmals im größeren Rahmen auf der Swissbau 2018 vorgestellt. Die verschiedenen Partner stehen dabei für die verschiedenen Schwerpunkte der Digitalisierung im Schweizer Markt. Der SIA koordiniert die technische und organisatorische Normierung und wirkt beim Europäischen Komitee für Normung CEN und ISO mit. Die CRB soll die notwendige Standardisierung und eine nachhaltige Lebenszyklusbetrachtung forcieren und Vertrags- und Kostensicherheit fokussieren. KBOB und IPB stehen im Netzwerk mit ihrer Reputation und Marktkenntnis für öffentliche und private Auftraggeber, geben Empfehlungen ab und sorgen ebenfalls für Kostensicherheit und Vertragstransparenz. Wichtiges Bindeglied zur buildingSMART und dem damit verbundenen internationalen und globalen Austausch und Abgleich zum Thema BIM ist die Bauen digital Schweiz. Bereits mitten im digitalen Zeitenwandel formierten sich auf europäischer Ebene die EU BIM Task Group und das Technische Komitee CEN/TC 442 Building Information Modeling (BIM), die BIM in absehbarer Zeit auf internationales Anwendungslevel heben sollen. Beide Gruppen arbeiten autark und länderübergreifend. Die EU BIM Task Group, gegründet im Januar 2016 und unter norwegischem Vorsitz, vereint heute mehr als 20 Länder unter ihrem Dach. Das CEN-Komitee konstituierte sich im September 2015. Beide sind seit Längerem in der Arbeitsphase. Die Ziele, die sie sich die EU BIM Task Group vorgenommen hat: die nationalen Anstrengungen in einer gemeinsamen und aufeinander abgestimmten europäischen Vorgehensweise zu vereinen, die eine digitale europäische Bauwirtschaft auf Weltniveau zum Ziel hat und zur Stärkung des „digital single markets“ in Europa signifikant beitragen will. Das CEN-Komitee wiederum widmet sich der Standardisierung der Daten und der Inhalte. Im ersten Schritt hat es festgelegt, welche ISONormen in die europäische Normung übernommen werden. Im CEN-Ausschuss arbeiten vier Arbeitsgruppen, die von verschiedenen Ländervorsitzen geführt werden. Eine erste Norm ist bereits gültig: Die EN ISO 16739 regelt, dass das offene Austauschformat IFC 4 zu einer europäischen Datenstandard-Norm wird. Damit ist die Basis für den länderübergreifenden Open BIM-Gedanken gelegt: unabhängig von Softwarelösung und Planungsaufgabe miteinander
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3
Die BIM-Gremien auf der Ebene ISO (international), CEN (europäisch), DIN (deutsch) und VDI. Gut zu sehen ist hier, wie die Normungsarbeit bis in die Verbandsebene (VDI) zurückgeführt werden kann. Quelle: VDI e. V., Building information Modeling, VDI-Richtlinien zur Zielerreichung, 4. überarbeitete Auflage
∫ netzwerk_digital/CRB Schweizerische Zentralstelle für Baurationalisierung www.netzwerk-digital.ch/de www.crb.ch
∫ Relevante Normen und Richtlinien, siehe S. 132
Einführung
korrespondierende Informationen auszutauschen. Die Softwarehersteller, allen voran die Mitglieder der IAI und heutigen buildingSMART, in der unter anderem große BIM-Softwarehersteller wie Autodesk, Nemetschek Allplan, ComputerWorks und Graphisoft aktiv sind, sehen hierin eine wesentliche Triebfeder für die erfolgreiche Arbeit mit der Planungsmethode. Das Phänomen BIM wird ohnehin, so die Fachleute, in wenigen Jahren im digitalen Planen, Bauen und Betreiben aufgehen und dann zum „Stand der Technik“. Damit tritt ein Phänomen zutage, ähnlich der fast verebbten Nachhaltigkeitsdiskussion, die wir in den vergangenen Jahren in Europa auch im Bausektor geführt haben – und durch die zahlreiche wichtige Normen und Verordnungen angestoßen wurden. Die in der damaligen Diskussion verlautbarten Forderungen sind nun Stand der Technik und umfassend beschrieben. Dieser Weg ist im Zuge der Digitalisierung des Bauwesens schon heute für BIM als Planungsswerkzeug und Planungsmethode vorgezeichnet. Umso wichtiger ist es, Architekten und Fachplanern die Angst vor dieser unbekannten Planungsmethode zu nehmen. In anderen europäischen Ländern und Regionen, allen voran UK und Skandinavien, ist BIM bereits gesetzt. Der US-Markt funktioniert im BIM-Vergleich nach eigenen Marktgesetzen und anders als die diversifizierten Architekturmärkte Deutschland, Österreich und die Schweiz. Durch die Planungskultur in den Staaten, wo der Architekt und sein Leistungsportfolio vorwiegend für die Entwurfsplanung und meist bis zur Baugenehmigung in Anspruch genommen werden, ist der Bruch in der Durchgängigkeit der digitalen Arbeitsweise geringer: Der Bauunternehmer setzt die Entwurfsplanung im Zuge der Ausführungsplanung als BIM-Modell um. Eine Neumodellierung nach seinen spezifischen Arbeits- und Projektparametern ist die Folge – verbunden mit allen daraus resultierenden Vorteilen wie Datenkonsistenz, Wirtschaftlichkeit durch geringe Fehlerquote und Effizienz dank abgestimmter Bauabläufe. Für die US-Bauwirtschaft läge der Mehrwert also eindeutig auf der Hand: Verbesserung des Profits durch die BIM-Methode.
∫ Autodesk mit der BIM-Software Revit stellt sein E-Book „Das Ineffizienz-Problem – Das Geheimnis des Erfolgs für die Bauindustrie“ als kostenlosen Download zur Verfügung: http://autode.sk/BIMebook
Doch diese Erkenntnis ist nicht überall angekommen. Im Rahmen einer Veranstaltung bei Autodesk in Boston führten wir ein Interview mit Phil Bernstein, Professor an der Yale University, und Mark Bew, Leiter der BIM Task Group UK, in dem beide wichtige Problempunkte benannten. Phil Bernstein: „Die US-Bauindustrie ist sehr konservativ geprägt und würde eine Einflussnahme auf das Bauen seitens der Regierung, so wie in UK, nicht akzeptieren. Hinzu kommt, dass der Mehrwert durch BIM für die öffentliche Hand in den USA geringer ausfällt, weil wir so viele Verwaltungsebenen haben: Bundesebene, Landesebene, Bezirksebene, Stadtverwaltung. Diese stimmen sich nicht ab, was ihre Vorgehensweise und Strategie betrifft.“ Mark Bew ergänzt: „Ein Großteil der öffentlichen Investitionen geht in den Infrastrukturbereich. Hier die notwendigen Werkzeuge zu haben, Transparenz bei den Ausgaben, ist wichtig. Denn letztlich sind es Steuergelder, die wir ausgeben und der Steuerzahler möchte wissen, wo sein Geld bleibt. Wir sparen viel Geld mit BIM, das dann zum Beispiel in soziale Bereiche gehen kann.“ Befragt nach dem Risiko, das BIM für die Architekten bedeuten kann, antwortet Marc Bew: „Das größte Risiko für die Architekten ist es, gar nichts zu tun. Es gibt einen globalen Wettbewerb um die Projekte, in dem BIM einen immer größeren Stellenwert einnimmt. Damit muss sich jeder auseinandersetzen und dafür gerüstet sein.“ Und Phil Bernstein erläutert die Situation in den USA: „Aktuell gibt es eine große Diskussion darüber, wie stark das maschinelle Lernen, die Programmierung und Berechnung den Entwurfsprozess beeinflussen werden. Es gibt zwei Lager unter den Lehrenden. Die einen sagen, dass wir Architekten nie durch Computer ersetzen können. Und die anderen meinen: Wenn wir die Werkzeuge verbessern, die Datenqualität und die Informationstiefe erhöhen – können wir dann nicht auch Gestaltungsqualität erhöhen? Die Frage ist also, ob Architekten in Zukunft darauf reduziert werden, Black Boxes zu entwerfen, für die sie in ihrem parametrischen Computerprogramm nur die Parameter und Anforderungen eingeben.“ Ob sich die Arbeit des Architekten in Zukunft auf den parametrischen Entwurf von Black Boxes essenzieren lässt, weiß niemand. Das momentane Bild der Branche zeigt aber, dass vor allem der Open BIM Gedanke, Interdisziplinarität und neue Netzwerke notwendig sind, um in Zukunft in Europa als deutscher, österreichischer oder Schweizer Architekt weiterhin große und überregionale Projekte planen zu können. Die technischen Grundlagen dafür sind gelegt und die Normenbasis wird aktuell geschaffen. Nun muss jeder seinen Platz in dieser neuen Arbeitswelt finden.
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Tim Westphal im Gespräch mit der Präsidentin der Bundesarchitektenkammer (BAK) Barbara Ettinger-Brinckmann und dem Präsidenten der Bundesingenieurkammer (BIngK) Hans-Ullrich Kammeyer, Berlin / Deutschland
Architekt und Ingenieur – gemeinsam am digitalen Wendepunkt
Der digitale Wandel hat längst Planung und Baustelle erreicht. An BIM führt nach aktuellem Stand kein Weg vorbei. Was sind die wichtigsten Fragen, denen sich die BAK und die BIngK akut widmen müssen im Umgang mit der Planungsmethode BIM und der Positionierung des Themas bei Architekten und Ingenieuren? Barbara Ettinger-Brinckmann: BIM ist eine Planungsmethode, die die Prozesse transparenter und sicherer machen kann. Wir Architekten arbeiten zunehmend mit ihr. Wichtig ist uns, dass bei der Digitalisierung der Planung der bewährte qualitätssichernde Grundsatz der Aufgabenteilung zwischen unabhängiger Planung und überwachter Bauausführung erhalten bleibt. Ich bin froh, dass auch der Gesetzgeber sich ausdrücklich zu diesem wichtigen und verbraucherschützenden Prinzip bekennt. Deutschlands Stärke ist die kleinteilige mittelständische Wirtschaftsstruktur, die es zu bewahren und zu fördern gilt. Die kleinen und mittleren Büros gestalten diesen Wandel mit. BIM wird Prozesse optimieren helfen. Die Architektenkammern werden sehr darauf achten, dass bereits geltende Standards und Gesetze, etwa im Bereich des Vergaberechts, erhalten bleiben. Sie sind in hohem Maße qualitätssichernd und tragen zum nachhaltigen Bauen bei. Hans-Ullrich Kammeyer: An BIM führt künftig kein Weg mehr vorbei. Dem stimme ich absolut zu. Dabei ist es für die Ingenieure Chance und Herausforderung zugleich. Über die Chancen müssen wir dabei nicht mehr reden, sie liegen auf der Hand und wurden bereits vielfach dargestellt. Eine Herausforderung aber ist es, alle Ingenieure auf den Alltag mit BIM adäquat vorzubereiten. Auch wenn wir Gefahren für die bewährten Planungsstrukturen durch die Implementierung von BIM sehen, darf BIM nicht als „Schreckgespenst“ gesehen werden. Sicherlich wird es Veränderungen in den Prozessen geben. Doch müssen diese so mittelstandsfreundlich wie möglich gestaltet werden. Das bedeutet für uns, dass wir mit der Politik sprechen müssen, dass nichts übers Knie gebrochen werden darf und dass die Ressorts der Bundesregierung einheitlich agieren. Dringend müssen wir dabei auch über die Bauherrenkompetenz der öffentlichen Hand sprechen. Wenn der Bauherr nicht weiß, was BIM bedeutet und wo es sinnvoll einzusetzen ist, kann er es
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nicht so ausschreiben, wie eigentlich notwendig. BIM bedeutet für uns aber auch, dass wir als Ingenieurkammern aufklären und unterstützen müssen, wenn es um die Implementierung in den Prozessen geht. Wir müssen über unsere Fort- und Weiterbildungsakademien qualitativ hochwertige Formate anbieten, damit die Ingenieure auch über das notwendige Wissen verfügen. Und wir müssen vor allem begleiten: Digitalisierung bedeutet immer Changemanagement. Wie kann die Zusammenarbeit der Planungsbeteiligten, die wesentlich für den erfolgreichen Einsatz von BIM ist, zukünftig aussehen und wie kann die BIngK diesen Prozess unterstützen? Hans-Ullrich Kammeyer: BIM kann als Tool dienen, ein Bauwerk vom frühesten Planungsstadium bis letztlich zum Rückbau am effizientesten nutzbar zu machen. Insofern ist BIM nur dann sinnvoll, wenn die gesamte Wertschöpfungskette mit BIM umzugehen weiß. Entsprechend vernetzen wir uns über geeignete Plattformen wie die planen-bauen 4.0 und buildingSMART, um den Austausch und Zugang zu allen Beteiligten der Wertschöpfungskette zu erreichen. Hinzu kommt die Beteiligung unserer Kammern an den Länderclustern und ähnlichen regionalen Zusammenschlüssen. Denn der direkte Austausch unserer Berufsträger vor Ort ist aus unserer Sicht fast noch wichtiger als der Austausch auf der „Metaebene“ Bund. Einige unserer Kammern waren dabei sogar Initiatoren der Clustergründungen in den Bundesländern. Es muss sichergestellt sein, dass alle mit am Tisch sitzen – das gilt auch für unsere Kammern. Wohin steuert die BAK in den kommenden Jahren im digitalen Wandel: Nicht jeder Architekt sieht in BIM seine Zukunft, ein Großteil der deutschen Architekten arbeitet in 1 bis 5 Personen-Büros. Wie lassen sich diese Mitglieder motivieren, abholen und mitnehmen? Barbara Ettinger-Brinckmann: BIM ist eine Technologie, die dort einzusetzen ist, wo es sinnvoll ist. Es gibt schon heute kleine Büros, die erfolgreich mit BIM arbeiten. Es ist also nicht unbedingt eine Frage der Größe des Büros, sondern eine Frage der Planungsaufgabe und der Anforderungen des Bauherrn, denn BIM bedeutet das Ma-
Einführung
nagement von Planungsinformationen. Der Architekt steht mit seinem ganzheitlichen Wissen, mit seinem Überblick über die Planung, Fachplanung und die Ausführung im Zentrum. Die Architektenkammern haben im September 2017 beschlossen, einen gemeinsamen Qualitätsstandard für die Aus- und Fortbildung im Bereich BIM festzulegen. Mit diesem bundesweiten Ausbildungsstandard wollen wir für höchstmögliche Qualität sorgen. Auch unsere Publikationen zum Thema BIM sind ein Beitrag in diesem Sinne: Bereits vor einem Jahr haben wir das Buch „BIM für Architekten: 100 Fragen – 100 Antworten“ veröffentlicht. Aktuell erschienen ist „BIM für Architekten – Leistungsbild, Vertrag, Vergütung“. Diese Angebote sind aus meiner Sicht sehr gut geeignet, um unsere Kollegen mit Informationen zu versorgen, Bedenken auszuräumen und zu motivieren. Wie sieht die Kooperation aktuell aus, vor allem zwischen der BAK und der BIngK und in den verschiedenen Normierungsausschüssen?
∫ ISO, CEN und DIN: s. S. 14 f und S. 132, Normen und Richtlinien
Barbara Ettinger-Brinckmann: Mit der Bundesingenieurkammer stehen wir zu diesem Thema wie zu vielen anderen wichtigen berufspolitischen Fragen, die Architekten und Ingenieure betreffen, im engen Dialog miteinander. Hinsichtlich der Fragen der Normung sehen wir die große Bedeutung praktisch anwendbarer und verlässlicher Normen und Richtlinien. Wir haben daher ein eigenes Referat Digitalisierung geschaffen, um sicherzustellen, dass wir nicht nur im DIN, sondern ebenfalls auf der ISO- und CEN-Ebene unsere Sichtweise effektiv einbringen können. Auch beim VDI arbeiten wir an zahlreichen Richtlinien zu BIM aktiv mit. Hans-Ullrich Kammeyer: Wir haben genauso wie die BAK einen Arbeitskreis mit unseren Kammern gegründet und stehen in einem regen Austausch. Darüber hinaus gibt es viele gemeinsame Aktivitäten, sei es in den Arbeitskreisen und Ausschüssen der planen-bauen 4.0, bei den Runden Tischen der Politik oder in anderen Gremien. Das funktioniert hervorragend und ist sehr fruchtbar. Normungsarbeit in Sachen BIM ist – vor allem in Richtung ISO- und CEN-Ebene – immens wichtig. Wir versuchen, das gemeinsam über die planen-bauen 4.0 zu gestalten. Aber das ist ein enormer Aufwand, für den
man Personal und Geld benötigt. Beides haben wir, trotz des großen Netzwerks der Plattform planen-bauen 4.0, nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen. Von Ihrem persönlichen Standpunkt gesehen, wie müssen Ausbildung, Forschung und Lehre auf die neuen Gegebenheiten einer digitalisierten Bauwelt reagieren? Barbara Ettinger-Brinckmann: So wie CAD sehr schnell an Universitäten und in der Lehre Einzug gehalten hat, wird – so ist meine Überzeugung – BIM aufgenommen werden. Wir wissen doch, dass junge Menschen stets weniger Berührungsängste mit neuen Technologien haben und als „early adopter“ die ältere Generation bei der Planung auch schon mal „auf dem Grünstreifen“ überholen. Für die bereits aktiven Architekten habe ich ja schon von unserem „BIM Standard Deutscher Architektenkammern“ gesprochen. Die Architektenkammern bieten in ihren Akademien hervorragende Voraussetzungen für die Fort- und Weiterbildung und entwickeln derzeit ein qualifiziertes Curriculum. Last but not least ist die Softwareindustrie sehr aktiv. Mit ihr tauschen wir uns aktiv aus und diskutieren über virulente Fragen. Hans-Ullrich Kammeyer: Wir bemerken, dass es mehr und mehr BIM-Lehrstühle in den Universitäten und Hochschulen gibt – und viele davon bieten bereits eine exzellente BIM-Ausbildung. Wir stellen aber auch fest, dass es nach wie vor Universitäten und Hochschulen gibt, für die BIM ein „Extra“ darstellt, das man zum Beispiel im Hauptstudium wie ein „Sonderfach“ belegt. Jede Universität und jede Hochschule muss sich hinterfragen, ob sie den Ingenieurnachwuchs, den wir alle dringend brauchen, zukunftsfähig ausbildet. BIM muss als Rüstzeug von Anfang an eine wesentliche Rolle spielen, ohne natürlich die klassische Ingenieurausbildung zu vernachlässigen. Wir brauchen viele und vor allem viele gute Ingenieure. Das geht nur mit einer breiten grundständigen Ausbildung, die BIM aber als essenziellen Bestandteil berücksichtigt. Unsere Fort- und Weiterbildungsakademien spielen bei der Implementierung von BIM ebenfalls eine entscheidende Rolle. Hinzu kommt die Wichtigkeit der Forschung: Wir haben bereits einige hervorragende Pilotprojekte. Doch wir brauchen davon noch mehr, die BIM konsequent und von „A bis Z“ umfassen.
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Christine Ryll im Gespräch mit Prof. Dr.-Ing. Petra von Both, Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe / Deutschland Prof. Dr.-Ing. Manfred Helmus, Dr.-Ing. Anica Meins-Becker, Bergische Universität Wuppertal / Deutschland Hon.-Prof. Dipl.-Ing. Hans-Georg Oltmanns, BIM-Baumeister Akademie, Institut der Jade Hochschule, Oldenburg / Deutschland
BIM im Hochschulalltag In Norwegen arbeiten mittlerweile 96 Prozent aller Planungsbüros mit BIM. Und auch hierzulande nimmt BIM im Planungsalltag Fahrt auf. Insbesondere junge Kollegen wollen ganzheitlich planen. Nur, sind sie darauf auch vorbereitet? Lehren die Universitäten und Hochschulen die Planungsmethode BIM und wie gehen sie dabei vor?
∫ Bezugsgrößen und Werte: siehe Studie S. 52 f
„In Oldenburg ist BIM erst seit dem Wintersemester 2017/18 Teil des Grundstudiums im Studiengang Architektur und Ingenieurwesen“, verrät Hans-Georg Oltmanns. Vorher konnten die Studenten zwar in Form von Arbeitsgemeinschaften oder bei Projektarbeiten im Zuge des Bachelor- und Masterstudiums Wissen rund um BIM erlernen bzw. Projekte mit Revit oder ArchiCAD bearbeiten. „Jetzt aber ist der Zeitpunkt gekommen, an dem Hochschulen zunehmend beginnen, das Thema BIM in die Studiengänge einfließen zu lassen und Ausbildungen anzubieten“, mutmaßt Oltmanns. Zum BIM-Schwerpunkt des Grundstudiums in Oldenburg gehört daher künftig auch eine intensive CAD-Ausbildung. Nach dem vierten Semester beginnt die Spezialisierung. Im fünften und sechsten Semester stehen Praxisprojekte auf dem Programm, die mit BIM bearbeitet werden. „Bis dato hatten wir das Problem, dass die Studierenden bei Praxisprojekten im Zuge ihrer Arbeit gleichzeitig die BIM-Methode verstehen, erlernen und zudem das jeweilige Projekt planen mussten“, erklärt Oltmanns und fügt hinzu: „Wenn wir künftig bereits im Grundstudium die BIM-Methode lehren, entzerren wir diese Problematik.“ Die Studierenden der Architektur und des Bauingenieurwesens der Bergischen Universität Wuppertal haben die Zusammenarbeit bereits geübt. Das BIM-Institut, geleitet von Manfred Helmus, hat im Sommersemester 2017 erstmals ein BIM-Modul für Bauingenieure und Architekten gemeinsam implementiert. Die je acht Architekten und Bauingenieure durchliefen einen festgelegten Lehrplan: Einsatz der Methode BIM in Projektentwicklung und Planung, Bauausführung, Betrieb und Rückbau sowie Vermittlung erster BIM-Software-Kenntnisse – so wie es der Alltag in der Bau- und Immobilienwirtschaft vorgibt. Neben Dozenten und Professoren der Universität Wuppertal kamen Fachleute aus der Praxis zu Wort und bildeten die Studenten Schritt für Schritt in der Projektierung mit BIM aus. Ein wesentlicher Teil der Prüfungsleistung liegt in der Bearbeitung einer vorgegebenen Projektarbeit in kleinen interdisziplinären Teams: Die Architekten mussten beispielsweise eine Fassade umplanen und visualisieren, die Bauingenieure den zugehörigen Terminplan gestalten und kalkulieren. Und wie kommt die Zusammenarbeit von Architekten und Bauingenieuren bei den Teilnehmern der Kurse an? „Durchwegs positiv“, zieht Petra von Both Bilanz. Von Both ist Professorin am Lehrstuhl Building Lifecycle Management des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) an der Fakultät für Architektur. Dort haben Architektur- und Bauingenieurstudenten ergänzend zu den klassischen BIM-Seminaren bereits im Sommersemester 2016 gemeinsam ein Entwurfsprojekt mit Schwerpunkt BIM bearbeitet, in dem sie entwurfsbegleitend BIM im Team erlernen und anwenden konnten. Bereits während die Architekten am Entwurf und an Nutzungskonzepten arbeiteten, brachten die Bauingenieure der interdisziplinären Teams Aspekte der Tragwerksplanung, Bemusterung, Kostenkalkulation und der Ablaufplanung ein. „Wenn man von BIM spricht, spricht man ja von Zusammenarbeit. In diesem Zuge werden Herausforderungen, wie die Abstimmung von Entwurf und Tragwerksplanung, Materialisierungsfragen und auch organisatorische Dinge wie Datenablage und mehr, ganz anders gelöst als im Alleingang“, freut sich die Professorin über den Erfolg des Pilotprojektes.
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∫ Hochschul-Internetseiten: Bergische Universität Wuppertal Lehr- und Forschungsgebiet Baubetrieb und Bauwirtschaft www.baubetrieb.uni-wuppertal.de BIM-Baumeister Akademie, Institut der Jade Hochschule www.bim-baumeister-akademie.de Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Fachgebiet Building Lifecycle Management – BLM blm.ieb.kit.edu
Einführung
Das Thema Schulungen zur BIM-Software spielt an den Hochschulen hingegen eine immer geringere Rolle. „Dieses Wissen können sich die Studenten nach einer kurzen Einführung über Online-Tutorials problemlos selbst beibringen“, weiß Anica Meins-Becker, akademische Rätin am Lehr- und Forschungsgebiet Baubetrieb und Bauwirtschaft der Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen der Bergischen Universität Wuppertal. Im Fokus stehen stattdessen die projektbegleitende Anwendung von BIM-Planungs- und -Bauausführungs-Software. Um eine bundesweit übergreifende Basis für die Lehrinhalte an den Universitäten und Hochschulen zu erschaffen, arbeitet Oltmanns derzeit an einer VDI-Richtlinie mit, die die Lehrpläne rings um BIM festlegt. Bis 2020 sollen auch bereits berufstätige Architekten und Ingenieure auf diesem Weg an die neue Arbeitsweise herangeführt werden, weg vom zweidimensionalen Denken und hin zum Denken in Modellen. Die Bergische Universität Wuppertal plant zudem die Einführung von Zusatzkursen im weiteren Umfeld von BIM: Innovative Technologien im Bauwesen heißt ein Modul, das Studenten künftig Wissen rings um Laserscanning, Drohnentechnologie, Augmented Reality und Virtual Reality im neu eingerichteten BIM-Labor beibringen und selbst erleben lassen soll. Die Studenten sollen auf diesem Weg den Mehrwert jener Techniken verstehen lernen und Fähigkeiten darin erwerben, um diese im Anschluss in die eigenen Projekte integrieren zu können. Eine Art Summer School mit BIM / Digitalisierung als Schwerpunkt ist ebenfalls in Planung – alles mit dem Ziel, Deutschland von der Phase Null so schnell wie möglich weiter zu entwickeln. „Dabei bieten wir die BIM-Kurse in Karlsruhe bereits seit mehr als zehn Jahren an“, blickt von Both zurück. Doch erst seit zwei Jahren werden sie von den Studenten auch wahrgenommen und besucht. „In den ersten Jahren mussten wir die Seminare regelmäßig ausfallen lassen, weil sich niemand angemeldet hatte“, bedauert die Professorin. Bereits seit 2010 gibt es am KIT das Virtual Engineering Labor, in welchem sowohl Forschungsals auch Lehrprojekte zu digitalen Planungs- und Fertigungsmethoden stattfinden. Kurse und Entwurfsvertiefungen zu Rapid Prototyping, 3D-Scanning, 3D-Druck und Augmented Reality gehören seitdem zum Lehrprogramm. In Masterarbeiten können Studenten die Potentiale neuer Technologien, Verfahren und auch Mensch-Maschine-Schnittstellen, wie „brain interfaces“ anwenden und vertiefen. So erlernen die Studenten im Studium sowohl händische als auch analoge und digitale Techniken für die Planung und den Modellbau, „sodass die Teilnehmer ein gutes Gefühl dafür erhalten, wie sie optimal arbeiten können und wollen“, fährt von Both fort. „Welche Dinge kann ich digital produzieren, welche muss ich mit Hand herstellen?“ Fragen wie diese werden in den Seminaren und Entwürfen diskutiert und anhand praktischer Beispiele untersucht, zum Beispiel in Form von rechnergestützt geplanten und CAD-CAM-gestützt gefertigten Möbeln, die als Projektarbeiten realisiert werden. Darüber hinaus können die Studenten seit nunmehr fünf Jahren Basiskurse zum parametrischen Modellieren besuchen, in denen zwei, drei Tage Software-Kenntnisse gelehrt werden, die es im Anschluss im Zuge eines generativen Entwurfs umzusetzen gilt. Und diese Kurse seien fast regelmäßig überbucht, kommentiert von Both. Nachdem inzwischen auch eine Studienvertiefung im Bereich des digitales Entwerfens im Fachbereich Architektur geplant ist, wollen die Karlsruher diesen Schwerpunkt künftig vertieft bespielen. „Wir wollen – auch in Kooperation mit unseren KIT Bauingenieuren – prinzipiell ein breiteres Spektrum an Veranstaltungen anbieten, möglichst aber begleitend zum Entwurf“, äußert sich von Both. „Uns geht es hierbei um die integrale Planung, sodass wir zukünftig neben statischen und kosten- sowie prozessbezogenen Aspekten auch energetische und nachhaltigkeitsbezogene Fragestellungen in integrierte BIM-Entwürfe einfließen lassen möchten. Und eigentlich würden wir BIM gern schon in frühere Planungsphasen integrieren und lehren – also bereits bei der Bedarfsanalyse und Konzeptentwicklung“, konstatiert die Professorin. „Aber softwaretechnisch fängt BIM oft erst an, wenn man elementbezogen plant. Es gibt kaum Planungshilfsmittel für frühere Phasen. Da müssen wir mit den Kursen wohl noch warten, bis die Software-Industrie mit ihrer Entwicklung so weit ist – oder selbst Werkzeuge entwickeln.“
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Eva Maria Herrmann im Gespräch mit Matthias Holtschmidt, Leiter der BIM-Abteilung, gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Hamburg und Szabolcs Sóti, BIM-Consultant und -Manager, BIM Visual, Langweid a. L. / Deutschland
Neues Architektenbild – ein Berufsstand im Umbruch? »Für unser Team suchen wir ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt eine/n versierte/n BIM-Koordinator/in für innovative Großprojekte.« Stellenanzeigen dieser Art fallen in letzter Zeit immer öfter ins Auge. Gepaart mit den Anforderungen: mindestens fünf Jahre Planungserfahrung mit der BIM-Methode und hervorragende Kenntnisse in der Anwendung mit der entsprechenden Software – Zertifizierung von Vorteil. „Das Grundproblem ist nicht die Beschreibung des Wunschkandidaten, sondern der Wildwuchs an Begriffsdefinitionen“ bringt Matthias Holtschmidt, Leiter der BIM Abteilung bei gmp Architekten die Herausforderung auf den Punkt. „Denn jeder definiert die Begriffe und damit die Fähigkeiten eines BIM Managers, BIM Koordinators oder BIM Modellierers anders. Es gibt noch keine Zertifizierung im Sinne einer fachlichen Qualifikation. Im VDI wird in mehreren Arbeitsgruppen bereits an einer Definition und den Leitlinien für BIM gearbeitet. Das betrifft auch die neuen Berufsbilder des BIM Managers und BIM Koordinators. Doch das ist teilweise noch in der Arbeitsphase.“ Wie hat sich das Büro gmp an das Thema BIM angenähert?
∫ VDI-Richtlinie 2552 VDI/buildingSMART 2552 Blatt 8.1 Blatt 8.1 Building Information Modeling; Qualifikationen – Basiskenntnisse Allgemeine Projektbeschreibung: Die fachliche Qualifikation der am BIMProzess Beteiligten und vor allem des „BIM-Managers“ sind nicht einheitlich beschrieben, werden jedoch als wesentlich angesehen. Die Richtlinie soll benötigte Qualifikationen beschreiben und Leitlinien für das Berufsbild des BIM-Managers beschreiben.
Verändert BIM Arbeitsabläufe und Anforderungen an die Mitarbeiter?
die sich mit Projektprozessen und im 3D-Modellieren auskennen, kreativ denken und zudem ein technisches Softwareverständnis haben – hilft uns, eigene Wege zu finden, um BIM vollumfänglich einzusetzen. BIM hat eine starke Softwarekomponente. Diese darf aber nicht zum Leitthema werden. Die Software bleibt ein Werkzeug, Mittel zum Zweck, um Prozesse anzustoßen und zu automatisieren. Es ist eine Vielzahl von Komponenten, technischer, aber auch prozessualer Natur, die hier zusammenspielt. Diese müssen wir eruieren, zusammenstellen, testen, wie sie zusammenspielen, und ihre Auswirkungen betrachten. Daher schulen wir unsere Kollegen in der Softwareanwendung selbst. Das Entwicklungsteam hat umfangreiche Richtlinien erstellt, um bei allen Kollegen in allen Projekten die gleichen Standards zu schaffen. Ziel ist es, eine einheitliche Herangehensweise in der Bearbeitung der BIM-Projekte zu erreichen, damit das Planungsergebnis stimmt und die Daten verlässlich ausgelesen werden können. Sonst kommt der Vorteil der Methode nicht zum Tragen und das Erreichen der Projektziele ist gefährdet.
Die Methode BIM, also der Prozess und nicht „nur“ das 3D-Modell, ist ein sehr gutes Mittel, eine hohe Planungsund Projektqualität zu gewährleisten – wenn man sie konsequent und nicht nur in Teilen anwendet. Das bedeutet aber auch, dass sich Planungsprozesse und Anforderungen an den Projektablauf ändern. Man kann durchaus von einem gewissen Kulturwandel in der Projektbearbeitung sprechen. Dieser Kulturwandel kann schmerzen und muss begleitet werden. Der Aufbau eines Entwicklungsteams – Architekten und Fachleute,
∫ Organisation BIM Team gmp: 1 BIM Manager: Standort- und Projektübergreifende BIM Betreuung und BIM Organisation 3 BIM Gesamtkoordinatoren: Architekten als projektbezogene BIM Gesamtkoordinatoren zur Koordination modellbasierter und Planungsdisziplinen übergreifender Zusammenarbeit 2 BIM Koordinatoren: Architekten als projektbezogene BIM Koordinatoren zur internen Koordination der BIM-Prozesse innerhalb eines gmp-Planungsteams 2 BIM IT/ Softwarespezialisten: Architekten und CAD-Spezialisten mit fundierten IT und Softwarekenntnissen zur Anpassung und Betreuung der eingesetzten Softwarelösungen 1 BIM Supporter: Architekt mit fundierten Softwarekenntnissen zur Betreuung des BIM Ticketsystems und der Planungsteams bei Anwendungsfragen und Problemfällen 1 BIM Schulungsreferent zur internen Ausbildung BIM relevanter Softwareanwendungen ca. 50 BIM Modellierer: Architekten zur Umsetzung der BIM Projekte
Matthias Holtschmidt: Das Büro gmp hat vor zehn Jahren ein großes Projekt bearbeitet, das durch die vertraglichen Anforderungen zur Umsetzung des Projekts heute als klassisches Big BIM-Projekt bezeichnet werden würde, auch wenn damals von BIM noch nicht die Rede war. Die aus diesem Projekt gewonnenen Erfahrungen waren für uns der Anlass, bei Aufkommen der BIM-Thematik uns zuerst auf theoretischer Ebene mit der Methode BIM auseinanderzusetzen, die Anforderungen zu analysieren und darüber nachzudenken, was in einem BIM-Projekt anders laufen muss, als in einem konventionellen Projekt. Also: Was ist BIM und was wird gefordert? Welche Ziele stehen dahinter? Und was bedeutet es für uns, wenn wir die Methode BIM anwenden wollen – bringt BIM grundlegende Änderungen für unsere Arbeit?
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Kapitel Architekten I Planer
Welche besonderen Kompetenzen muss der BIMManager/BIM-Koordinator haben? In unserem Entwicklungsteam ist die Zusammensetzung zum Teil stark spezialisiert: Wir haben Kollegen mit einem sehr hohen Qualifikationsgrad in den Softwareanwendungen, um den technischen Aspekt von BIM zu erfassen, zu entwickeln und unseren Bedürfnissen individuell anzupassen, sowie Kollegen mit großer Projekterfahrung, die für die Konzeptionierung der BIM-Prozesse und -Workflows erforderlich ist. Erfahrene Architekten als Koordinatoren in den Projekten testen die entwickelten Workflows, Prozesse und Software und lassen ihre Erfahrungen in die Entwicklung zurückfließen. Das BIMManagement, so wie wir es verstehen, erfordert weitere Kompetenzen unserer Mitarbeiter. Kenntnisse zu den Leistungsbildern und deren Abbildung in den Bauverträgen sowie klassische Planungs- und Führungskompetenzen sind beispielsweise weiterhin unverzichtbar. Für den IT- und Softwaresupport hingegen kommt es auf professionelle IT- und Softwarekenntnisse an und die Fähigkeit, die Anforderungen der Modellierer zu verstehen und technisch umsetzen zu können. Darüber hinaus bedarf es bei den Koordinatoren auch einer gewissen Durchsetzungsfähigkeit, um die Prozesse im Projekt anzuleiten und zu leben, gerade im Zusammenhang mit den anderen Planungsbeteiligten. Die Stärke unseres Teams liegt in der Vielfallt seiner Fähigkeiten. Für mich als Leiter der
BIM-Abteilung ist es beispielsweise wichtig, einen übergeordneten Blick und ein grundlegendes Verständnis der Methode BIM im Sinne einer Projektmanagementmethode zu besitzen, um die Erfordernisse von BIM in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Weniger entscheidend ist eine dezidierte Kenntnis der einzelnen Software-Lösung. Wohin geht die Reise? Ich gehe davon aus, dass sich die Methode BIM auf Dauer als Projektmanagementmethode durchsetzen wird. Ob sie für alle Projekte sinnvoll anzuwenden ist, insbesondere für kleinere Projekte, muss sich zeigen. Da spielen natürlich auch der Aufwand, den BIM erfordert, und letztendlich die Honorierung eine Rolle. Aus meiner Sicht sollte man aufpassen, BIM nicht zu stark auf die softwaretechnischen Aspekte und das 3D-Modell zu reduzieren. BIM ist in erster Linie ein Prozess und eine Methode zur Projektumsetzung. Projekte sind nur dann erfolgreich, wenn sie vernünftig „gemanaged“ werden. Das 3D-Modell ist dabei Mittel zum Zweck, die Planungen zu koordinieren, die Projekt- sowie die Objektinformationen zu sammeln und zur Auswertung und Nutzung vorzuhalten. Es ist aber bei BIM nicht selbst das Ziel der Planung. Ich gehe davon aus, dass sich mittelfristig der Fokus von der momentan etwas stark modelllastigen Betrachtung von BIM zur Veranschaulichung und Umsetzung der Prozesse im Projekt unter dem Einfluss von BIM verschieben wird.
Die Frage nach neuen Berufsbildern und einer veränderten Rollenverteilung stellt sich auch Szabolcs Sóti, BIM-Consultant und -Manager. Nach 20 Jahren Berufserfahrung als Architekt mit einer hohen Affinität zur technischen und prozessorientierten Seite gibt er sein Wissen als Querdenker und temporärer Begleiter an mittlere und kleine Bürostrukturen weiter. „Strukturell gab es die Arbeitsweise auch vorher schon, aber nun etablieren sich mehr und mehr auch die Schnittstellen für den Austausch. Die größte Hürde bei der Einführung ist die Größenordnung von BIM. Man muss sich mehr einbringen als vorher, früher Entscheidungen treffen und diese auch forcieren. Es sind bestimmte Details auszuformulieren, weil alle Komponenten im folgenden Planungsschritt Abhängigkeiten zueinander haben. Diese veränderten Denkprozesse müssen gelebt werden, die eigene Rolle definiert und geübt werden. Denn nur, weil eine Arbeitsweise, ein Handbuch oder ein Ablaufplan vorgegeben ist, bleibt es nicht aus, dass Entscheidungen getroffen werden müssen. Zugleich steht für viele Architekten eine seit Jahrzehnten etablierte Arbeitsweise auf dem Prüfstand: Wie ist das Büro nach innen bzw. außen strukturiert? Wie wird kommuniziert? Wie werden die Projekte abgewickelt und wie soll das in Zukunft aussehen? Das bedarf eines Grundverständnisses von beiden Seiten – von den Projektbearbeitern und dem externen BIM Manager. Ein eigener Architekturhintergrund ist von großem Vorteil. Denn es geht nicht allein um Zahlen und Abläufe, sondern auch um Gestaltung. BIM soll nicht die Kreativität angreifen, sondern technische und strukturelle Lösungen bieten, verbindliche Daten schaffen, die den Prozess beeinflussen und am Laufen halten. Es soll jedoch nicht den kreativen Entwurfsprozess behindern. Der BIM Manager muss sich also integrieren und als Kommunikator seine Erfahrung zugunsten des Projektes und des BIM Ablaufprozesses weitergeben. Das bedeutet Teamwork statt internem Konkurrenzdenken. Und es gilt, das Vertrauen der Projektbearbeiter zu erringen. Denn erst, wenn sie den Vorteil der Methode sehen, wird der Prozess angenommen. Zwischenmenschliche Schwingungen sind nicht zu unterschätzen. Doch empathische Fähigkeiten, soziale Kompetenz und die erfolgreiche Steuerung der Projektbeteiligten gehörten zu den originären Aufgaben des Architekten. Ein Grundverständnis für die Funktionsweise der Software ist von Vorteil. Jedoch kann man sich nach Notwendigkeit den IT-Spezialisten direkt ins Projekt holen.“
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Eva Maria Herrmann im Gespräch mit Architekten und Planern, die 2015 für die erste BIM-Publikation von DETAIL nach deren Strategien und Erfahrungen befragt wurden
Nachverfolgt – die Entwicklung von BIM seit 2015 Für die BIM-Publikation 2015 von DETAIL gaben zahlreiche Architekturbüros und Generalplaner Einblick in ihren Umgang mit BIM – strategisch und operativ. Zwei Jahre später treffen wir einige Protagonisten wieder, um sie zu ihren Erfahrungen und Visionen für die Zukunft zu befragen.
Prof. DI Arch. Christoph M. Achammer, ATP architekten ingenieure, Innsbruck / Österreich »Die große Herausforderung bei der integralen Planung liegt in der Denkweise der Planer, nicht in der Funktionsweise der Software« war eine der zentralen Aussagen aus dem ersten Band von 2015. Als Pionier der integralen Planung und der Nutzung der BIM-Methode als ideales Werkzeug hierfür haben ATP die Planungsweise perfektioniert.
Was hat sich in Ihrem Büro seit 2015 konkret weiterentwickelt?
Was hat Sie am meisten überrascht, seit der Einführung der Methode?
Wir arbeiten zwischenzeitlich in allen Gesamtplanungsstandorten in den Disziplinen Architektur, Tragwerksplanung und Haustechnik in digitalen Modellen und haben in 50 % aller Fälle unsere hausinterne Kommunikation von planorientiert auf modellorientiert umgestellt (Planungsbesprechungen auf großen Bildschirmen oder über Beamer und da und dort über Datenbrillen). Darüber hinaus haben wir alle unsere Templates und BauteilFamilien standardisiert und stellen unser firmenweites BIMpedia – über unsere Beteiligung Plandata BIM solutions – auch dem Markt zur Verfügung. Wir sind dabei, die Themenbereiche BIM to AVA, BIM to Cost und BIM to Facility Management unternehmensweit umzusetzen.
Die größten Überraschungen liefern weiterhin die zum Teil noch fehleranfälligen Softwarelösungen, insbesondere vor dem Hintergrund kontinentaleuropäischer Anwendungserfordernisse. Positiv überrascht haben uns kleine und mittlere Ausführungsunternehmen, die ähnlich wie wir die Vorteile der Digitalisierung der Bauindustrie nutzen wollen. Darüber hinaus haben unsere Design- & Research-Einheiten für Wettbewerbsarbeiten ebenfalls auf digitale Modellbearbeitung umgestellt. Weiterhin sehr aufwendig sind die Entwicklungsschritte zu den im BIMProzess verankerten Ausschreibungsunterlagen und Kosten.
∫ www.bimpedia.eu
Welche Erfahrungen haben Sie in der konkreten Umsetzung gemacht?
∫ BIM Building Information Modeling I Management, Band 1, 2015 S. 32, „Integrale Planung ist Kopfsache“
Bei der Umsetzung nutzen wir unseren Vorteil eines integralen Planers mit hauseigenen Architekten und Ingenieuren, die in einem geschlossenen System arbeiten können, da die IFC-Schnittstellen zu anderen Softwarelösungen noch sehr fehlerbehaftet sind. Die Transformation der Daten in die Realisierung kann erst zu einem geringen Teil genutzt werden, da die ausführenden Unternehmen sich noch in der Pionierphase befinden. Große Fortschritte wurden bei der selektiven Datenüberführung in bestehende Facility-Management-Systeme gemacht. Hier liegen zweifellos die größten Potenziale für lebenszyklusorientierte Gebäudeplanungen.
∫ Organisation internes BIM Management ATP: 1 BIM-Officer pro Standort Je ein BIM Manager für Gebäude und TGA pro Standort Ein Modellverantwortlicher aus dem integralen Projektteam pro Projekt Entwicklung, QM und Weiterbildung sowie BIM Office Administration durch Plandata BIM Solutions
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Terminologie: Closed BIM Softwareeinsatz: Autodesk Revit (Architecture, MEP, Structure), MagicCAD, ArchiCAD, Rhino, iTWO
Kapitel Architekten I Planer
Was muss sich noch ändern? Über die zähe Softwareentwicklung hinaus, besteht unserer Meinung nach die Hauptaufgabe in der nationalen oder europäischen Installierung eines generischen Merkmalservers. Das heißt, dass Architekten und Ingenieure wie bisher produktneutral Häuser und Bauteile entwerfen und diese mit den gewünschten Attributen versehen. Die Existenz eines generischen Attribute-/Merkmalservers mit einer einheitlichen Ordnung würde es ermöglichen, den Beschaffungsprozess für Bauteile zu professionalisieren und von den zeitlichen Zwängen der dafür bestimmten Montagefirmen zu entkoppeln, weil damit die
Bauteile über internationale Einkaufsplattformen nach Festlegung durch die Planer produktneutral und deutlich vor der benötigten Lieferung beschafft werden können. What‘s next? Wohin geht der Weg Ihrer Meinung nach? Mit wachsender Geschwindigkeit wird die Digitalisierung auch die Bauindustrie und damit das Planen von Architekten und Ingenieuren erreichen und endlich zu jenen Produktivitätsfortschritten beitragen, die der Rest der Industrie schon hinter sich hat.
Thomas Lücking, Geschäftsführer, und Steffen Schünecke, BIM- und InterfaceManager, Gerber Architekten, Berlin / Deutschland Der Auftrag für die Planung der Olaya Metro Station, ein Teilprojekt eines komplexen Infrastrukturprojektes in Riad mit sechs U-Bahn-Linien auf 176 km Streckenlänge und über 80 Haltestellen, war der Startschuss für Gerber Architekten, die BIM-Methode umfassend in einem Projekt zu integrieren. Die Planungsphase ist inzwischen abgeschlossen und wurde für die Realisierung übergeben. Nun liegt es am Auftraggeber, inwieweit er das digitale Gebäudemodell für die Bauausführung und den Betrieb verwenden wird. Ein guter Zeitpunkt, um die letzten zwei Jahre Revue passieren zu lassen.
Welche Erfahrungen haben Sie seit unserem letzten Gespräch 2015 gemacht?
integriert werden sollen, wird derzeit noch in der Vorbereitungsphase des Projektes geklärt.
Die intensive Auseinandersetzung mit dem Olaya Metro Station Projekt war eine gute Zeit für das Büro, um viel zu lernen. Anforderungen, die vor zwei Jahren für das Projekt angedacht und integriert wurden, sind nun in der Praxis getestet und haben sich inzwischen im Büro vielfach als natürlicher Bestandteil interner Arbeitsabläufe etabliert. Wir hatten zu Planungsbeginn zwar eine Vorstellung, wie wir das Projekt umsetzen wollen. Aber es war mit vielen Unsicherheiten verbunden, weil wir mit dem Prozess ja noch gar nicht vertraut waren. Mit jeder Projektphase lernten wir dann aber dazu, und nun bestimmt das Ergebnis dieses Lernprozesses unseren täglichen Workflow. In der Vergangenheit konnten wir auch eine Zunahme der durch Bauherren formulierten BIMAnforderungen wahrnehmen. Ein aktuell gewonnener Wettbewerb für die Allianz soll ebenfalls als BIM-Projekt aufgesetzt werden. ‚Wie viel BIM‘ es dabei werden soll, das heißt welche BIM-Prozesse konkret in die Planung
Wird die BIM-Methode inzwischen für jedes Projekt angewendet? An unserem Berliner Standort, der primär für die internationalen Projekte und Wettbewerbe verantwortlich ist, bearbeiten wir jedes Projekt mit der BIM-Methode. Es ist sinnvoll, wenn alle mühelos in einem System arbeiten, um das Potential einer integrierten Kollaboration bestmöglich zu nutzen. Natürlich ist es ein Unterschied, ob ein Wettbewerb oder ein Projekt bearbeitet wird. Die Frage ist dann: Wie viel und vor allem wie muss der Bearbeiter die Informationen dem Datenmodell hinzufügen, um ein optimales Ergebnis mit der jeweils passenden Detail- und Informationstiefe in kürzester Zeit zu erreichen. Grundrisse, Schnitte und Ansichten werden aus dem digitalen Gebäudemodell ebenso generiert wie Flächenauswertungen sowie Informationen für die Kostenkontrolle, die Visualisierungen und den Modellbauer.
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Für unsere anderen Standorte ist das Thema komplexer zu betrachten. Während in Berlin mit Autodesks Revit modelliert wird, arbeiten die anderen Standorte aus der traditionellen Planung heraus mit ArchiCAD. Das hat einerseits den Vorteil BIM-Anforderungen mit verschiedenen Anwendungen bedienen zu können und andererseits unterstützt es natürlich auch unsere Auffassung von BIM als einen Prozess, der unabhängig von spezifischen Softwareprodukten ist. Wir geben unsere Erfahrungen aus dem Olaya-Projekt intern weiter, die Anpassung an spezifische Softwarelösungen übernehmen die Standorte. Ein monatliches Treffen der hauseigenen BIM Task Group aus den verschiedenen Standorten stimmt die Entwicklung aufeinander ab und formuliert einen firmeninternen BIM-Implementierungsplan / -ablauf. Wo liegen die Fallstricke? Und was muss sich noch verbessern? Das Thema Software ist noch ein Punkt, der sich verbessern muss. Wir hatten im Olaya-Projekt die komfortable Situation in einer Closed BIM-Umgebung zu arbeiten und somit Daten einfach und ohne Verluste austauschen zu können. Dennoch merken wir auch hier, dass verschiedene Programmversionen vorgehalten werden müssen, um ältere Planstände zu öffnen und vor allem Änderungen in veränderten Standards etc. zurückzuspielen. Hier gibt es immer wieder Schwierigkeiten in der Auf- / Abwärtskompatibilität – selbst innerhalb einer Softwarefamilie. Mit steigender Komplexität von Projekten erhöht sich ebenfalls der Bedarf an Kommunikation. Im Grunde wünscht sich jeder eine Automatisierung der Prozesse, um uns stupide ‚manuelle‘ Tätigkeiten abzunehmen und unser Arbeitsleben zu vereinfachen. Der ein oder andere hat bereits darüber nachgedacht, aber die richtigen Werkzeuge standen bisher noch nicht zur Verfügung. Auch wenn nicht immer BIM drin ist, wo BIM drauf steht,
hat sich das Angebot fertig verfügbarer BIM-Werkzeuge merklich erhöht. Die Herausforderung für uns als Planer besteht darin, den richtigen Mix zusammenzustellen, um die Erbringung unserer Leistungen so effektiv wie möglich zu unterstützen. BIM kann man auf verschiedenen Niveaus betreiben. Entscheidend für den Umfang der Datenanreicherung im BIM sind die frühzeitig formulierten Informationsanforderungen des jeweiligen Projektes. Aktuell führen wir eine neue BIM-fähige AVA-Software ein. Da ist bei der intensiven Einarbeitung das Know-how der Ausschreiber, aber auch der in BIM erfahrenen Mitarbeiter gefragt. Welche Ziele setzen Sie sich für die Zukunft? Wir sind daran interessiert, die Anwendungsbereiche auszuweiten, Erfahrungen in der Ausführung und bis in den Betrieb zu sammeln. Das ist natürlich auch auftragsabhängig. Wir stellen uns die Frage: Welche Datenprozesse haben wir in der Betriebsphase und wie müssen unsere Modelle aufgestellt sein, um diese zu unterstützen? Außerdem beschäftigen wir uns intensiv mit Nachhaltigkeitszertifizierungen und Materialanforderungen und wie diese ins Modell zu integrieren sind. Damit erweitern wir unsere Aufgabenfelder oder erobern originäre Aufgaben und Tätigkeitsfelder des Architekten, die verloren gegangen sind, zurück. Wir engagieren uns weiterhin in der Diskussion um BIM und sind im BIMCluster Berlin Brandenburg und mit der Architektenkammer Berlin-Brandenburg und der Bundesarchitektenkammer im stetigen Gespräch. Eine Eigenart der deutschen Mentalität steht der Implementierung von BIM vielleicht im Weg: Nicht alles kann mit 150-prozentiger Sicherheit im Vorherein durchdacht sein. Man muss den Sprung einfach wagen.
∫ BIM-Implementierungsplan: BIM Execution Plan, s. BIMGlossar S. 126
∫ BIM Building Information Modeling I Management, Band 1, 2015 S. 40, „Chancen digitaler Planungswerkzeuge“ 1a
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∫ Organisation internes BIM-Management bei Gerber Architekten: 2 BIM- / Interface-Manager 6 Discipline BIM Model Coordinators Team Model Coordinators Terminologie: Closed BIM
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Softwareeinsatz: Autodesk Revit, Dynamo, Ideate BIMLink, AutoCad (2D drafting), Autodesk Navisworks Manage, Vectorworks, Rhino, Grasshopper, Hummingbird, Civil3D, Tekla Structures
Kapitel Architekten I Planer
GRC Cladding
Pimary Structure
Secondary Sub-Structure
GRC Panel Joint (10 mm)
GRC Facade Horizontal Joint
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Modell Riad Metro Transfer Station 183/2B2, Koordination und Kollaboration, Gerber Architekten a b c d
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Gesamtmodell Statik Architektur TGA
Modell Riad Metro Transfer Station 183/2B2, Gerber Architekten a Programmierung der Fassade b Daten für die Herstellung c Muster
Michael Stradinger, HWP Planungsgesellschaft mbH, Stuttgart / Deutschland Die ersten Erfahrungen mit BIM sammelte HWP bereits seit 2006. (Anmerkung der Redaktion: Projektvorstellung 2015: Umsetzung des internationalen Großprojekts »Rhine Ordnance Barracks Medical Center Replacement« in Kaiserslautern für den U.S. Army Corps of Engineers.) Seitdem wurde die Methode systematisch etabliert und Strukturen für das interne und externe BIM-Netzwerk geschaffen.
Was hat sich in Ihrem Büro seit 2015 konkret getan? In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass es für den immer größer werdenden Markt zu wenige BIM-Experten gibt. Diesem Defizit wirken wir aktiv entgegen, indem wir das Fachwissen und die Fähigkeiten unserer Kollegen durch intensive interne und externe Schulungen ausbauen und festigen. Wir sind der Auffassung, dass man BIM nur durch eigenes Fachwissen und Wissen der Planer sowie durch die Investition in entsprechende Softund Hardware bestmöglich nutzen kann. Darüber hinaus ist unser Tätigkeitsfeld weiter gewachsen. Wir setzten BIM gezielt für Bestandsaufnahmen, für Umbauten und für Neubaumaßnahmen ein und prüfen bei jedem Projekt, ob die Möglichkeit besteht, mit BIM zu arbeiten. Außerdem sensibilisieren wir verstärkt Bauherren und potenzielle Auftraggeber für die innovative Planungsme-
thode und zeigen ihnen die Vorteile und Möglichkeiten von BIM auf. Um bei den rasanten technischen Entwicklungen immer „up to date“ zu sein, sind wir aktives Mitglied im BIM-Cluster Stuttgart. In diesem Netzwerk aus Architekten, planenden Ingenieuren, ausführenden Firmen, Bauherren, Wissenschaftlern und Hochschulen wird gemeinsam und tätigkeitsübergreifend an der Weiterentwicklung und Verbreitung der BIM-Planungsmethode gearbeitet. Der Erfahrungsaustausch und die Zusammenführung unterschiedlicher Kompetenzen sind dabei von zentraler Bedeutung. Wir bewerten darüber hinaus den Informationstransfer durch die Sensibilisierung für Neuerungen im Building Information ModelingBereich sehr positiv.
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Welche Themen und Prozesse haben zu einer Erleichterung der Arbeit geführt? Eine signifikante Verbesserung stellt die Tatsache dar, dass – im Idealfall – alle am Planungsprozess Beteiligten kontinuierlich und gleichzeitig an der Detaillierung des Gebäudemodells arbeiten. Dadurch können Fehlerquellen reduziert werden, da diese in Echtzeit erkannt werden. Alle am Projekt Arbeitenden haben jederzeit Zugriff auf die notwendigen Daten und können aktuelle Änderungen und deren Auswirkungen sofort nachvollziehen. Ergänzend bietet BIM die Grundlage für eine bessere Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten wie Bauherren, Projektsteuerung und der Haustechnik, da Veränderungen transparent und nachvollziehbar werden und vor allem zeitgleich allen Beteiligten vorliegen. Wo liegen die Fallstricke bei der weiteren Etablierung von BIM? Was muss sich noch ändern? Die deutsche Baulandschaft muss ihr Bewusstsein für BIM noch erweitern. Anders als beispielsweise in Großbritannien ist bei uns das Planen öffentlicher Bauvorhaben mit BIM noch nicht verpflichtend und es gibt kaum öffentliche Förderungen. Auch Bauherren müssen sich mit der neuen Planungsmethode vertraut machen, in der sie bereits frühzeitig Entscheidungen fällen, die sie bei der konventionellen Planung erst viel später im Planungsprozess getroffen hätten. Darüber hinaus ist das Thema der langfristigen Datennutzung zu klären. Die Wandlungsfähigkeit in der digitalen Welt ist enorm, Entwicklungen verlaufen rasant und Softwarelösungen bieten immer schneller neue Anwendungen und Konfigurationen. Vor diesem Hintergrund muss man sich auch die Frage stellen, welche Möglichkeiten bestehen, die Daten eines BIM-Modells von heute auch zukünftig verwenden zu können? Das Ziel soll sein, an einer „nachhaltigen“ Software zu arbeiten, die es ermöglicht, heutige Modelle auch noch in der Zukunft ohne Informationsverlust verwenden zu können. Die schnelle Entwicklung der Technik hat außerdem zur Folge, dass sich Architekten und Planer kontinuierlich über alle Neuerungen auf dem Laufenden halten müssen. Das Arbeiten mit BIM erfordert neben dem fachlichen Knowhow ergänzende soziale Kompetenzen. Die ständige Dialogbereitschaft und ein hohes Maß an Disziplin innerhalb der Projektstruktur sind die Grundvoraussetzungen für eine zielführende und erfolgreiche Arbeit mit BIM. Wir müssen uns bewusst machen, dass BIM kein Allheilmittel ist – der Prozess ist immer nur so gut, wie der Input, der einfließt.
Welche Ziele setzen Sie sich für die Zukunft? Eines unserer primären Ziele ist es, mehr Auftraggebern die Vorteile von BIM verständlich zu machen und sie somit für den BIM-Prozess zu gewinnen. BIM bietet ihnen zahlreiche Vorteile gegenüber der konventionellen Planung. Es bedeutet größere Transparenz, da der Bauherr gezielt definieren kann, was er sich für sein Bauprojekt vorstellt. Somit lassen sich die Kosten bereits früher festlegen. Das heißt: die Kosten müssen in der Planung nach BIM nicht wie bei einer konventionellen Planung geschätzt werden, da sich Informationen zu Kosten und Qualitäten bereits zu einem frühen Zeitpunkt elementund bauteilbezogen im Modell hinterlegen lassen. Nach Bauabschluss kann das BIM-Modell weiter gewinnbringend genutzt werden. Auf der Basis dieses Modells und mit Zugriff auf dieselbe Datenbasis wird ein Betreibermodell erstellt, dass dem Facility Management durch die räumliche Verknüpfung die Arbeit erleichtert sowie die Instandhaltung und notwendige Wartungsintervalle besser überwachen und koordinieren lässt. Dies setzt jedoch voraus, dass Bauherren und Betreiber das Modell kontinuierlich weiter pflegen und aktualisieren und ihr Personal im Umgang mit dem BIM-Modell schulen. Künftig werden diese Gebäudedaten für die Life-CycleKosten – bis hin zur Entsorgung und dem sortenreinen Recycling der Baumaterialien – ein weiteres wichtiges Kriterium für den Einsatz von BIM werden. Wir hoffen bzw. wünschen uns, dass dies ebenfalls ein Umdenken dahingehend bewirkt, dass die verschiedenen Schritte wie Planung, Errichtung und Facility Management nicht mehr einzeln, sondern als Ganzes gesehen werden. Zwar ist die Erstellung eines Gebäudes der Fokus unserer Arbeit, jedoch sollte man den Betrieb, mögliche bauliche Veränderungen und einen späteren denkbaren Abbruch des Gebäudes schon bei der Planung einbeziehen. Building Information Modeling ist die Zukunft in der modernen Baulandschaft. Wir sind davon überzeugt, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis BIM sich deutschlandweit als fester Bestandteil der modernen Planungskultur etabliert hat.
∫ Life-CycleKosten: Life Cycle Costing s. BIM-Glossar S. 132
∫ Betrachtung des Gebäudelebenszyklus: s. BLM, BIM-Glossar S. 132
∫ BIM Building Information Modeling I Management, Band 1, 2015 S. 50, „Die DNA eines Gebäudes“ ∫ Organisation internes BIM-Management HWP Planungsgesellschaft mbH: BIM-Manager BIM-Koordinator BIM Projektleiter BIM Konstrukteur BIM-Heads Terminologie: Projektbezogene Lösung Softwareeinsatz: Projektbezogener Softwareeinsatz
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Kapitel Architekten I Planer
Alrun Laufkötter, Leiterin Fachbereich BIM-Gebäude und Markus Hochmuth, Leiter Fachbereich BIM-Infrastruktur, OBERMEYER Planen + Beraten GmbH, München / Deutschland Bei Obermeyer Planen + Beraten gehört BIM zum Alltagsgeschäft. Als Generalplaner deckt das Büro die komplette Bandbreite der Bauplanung in gesamtplanerischer Verantwortung ab: Gebäude, Verkehr sowie Energie und Umwelt. So können die Vorteile der Prozesskette innerhalb des Projektes und unter den Beteiligten optimal genutzt werden.
Wenn Sie die letzten zwei Jahre Revue passieren lassen, wie ist die Entwicklung in Bezug auf BIM weitergegangen? Wir spüren einen unglaublichen Aufschwung von allen Seiten. Wir spüren das große Interesse in den Gremien, der Normierungsarbeit, der Rechtsprechung und bei sehr vielen Kunden. Vor zwei Jahren hatten wir noch Präsentationsfolien, die erklärt haben, was BIM ist und welche Vorteile sich damit ergeben. Das ist Vergangenheit. Unsere großen Bauherren, sowohl aus dem Bereich Infrastruktur wie auch aus dem Bereich Hochbau, treten mit konkreten Vorstellungen und Zielen an uns heran. Jetzt profitieren wir bei uns im Haus davon, dass wir schon länger mit BIM arbeiten und unsere Erfahrungen gemacht haben, bevor der große Hype losging – nicht bei allen Projekten und auch nicht in jeder Sparte, aber wir hatten Zeit, die Arbeitsweise zu erproben. Dadurch können wir jetzt nicht nur reagieren, sondern auch beratend zur Seite stehen und die Projekte mit zugeschnittenen Konzepten durchführen. Der Markt tut sich mit manchen Umstellungen nach wie vor schwer. Der Weg, den die Datenmodelle nach unserer Planung über das Bauen hin zur Nutzung im Betrieb gehen, ist noch längst nicht so konsistent, wie wir uns das wünschen. Gleichzeitig gibt es auch unrealistische Erwartungen, die in BIM ein Allheilmittel sehen und behaupten, sämtliche in letzter Zeit in Schieflage geratenen Projekte wären mit BIM reibungslos verlaufen. Das sehen wir nicht so. Natürlich lassen sich viele Prozesse verbessern, wenn im Zentrum der Wertschöpfungskette digitale Gebäudemodelle verwendet werden, doch man vergisst gerne, dass es sehr viele Abhängigkeiten in Planung, Bau und Betrieb gibt – viele davon sind vom Prozess unabhängig und damit auch nicht direkt durch die Methode BIM zu verändern. Wie sehen Zusammenarbeit und Unterstützung konkret aus? Seit 2015 ist das hauseigene BIM-Team von ehemals sieben Mitarbeitern auf das Doppelte angewachsen. Als zentrale Anlaufstelle sind wir Ansprechpartner für alle Probleme, arbeiten jedoch auch konkret in den Projekten
mit. Wenn wir sehen, dass eine Anforderung aus einem Projekt immer wiederkehrt, versuchen wir den Prozess zu optimieren und einen Unternehmensstandard daraus zu entwickeln. Für die Abwicklung der Projekte ist es ein Vorteil, alle Fachplaner unter einem Dach zu haben. Alle haben das gleiche Interesse, die Zusammenarbeit zu verbessern, denn alle profitieren gleichermaßen davon. Als Teil des großen Ganzen hat man eine andere Verantwortung und diskutiert anders. Wir prüfen jedes Projekt in Umfang und Tiefe und verbessern darauf aufbauend kontinuierlich unsere Arbeitsprozesse. Dadurch, dass wir sehr viele unterschiedliche Spezialisierungen haben, kommen für uns Closed BIM-Lösungen nicht infrage. Wo immer möglich, setzen wir auf eine Open BIM-Herangehensweise. Die Softwarehersteller haben in Bezug auf IFC große Fortschritte gemacht. Trotzdem sind wir darauf angewiesen, eine Mischung aus Zusatztools und eigenen Lösungen einzusetzen, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Die Suche nach der bestmöglichen Lösung für jedes einzelne Gewerk bestimmt für uns die Suche nach der Software. Wir versuchen dabei, die Werkzeuge optimal einzusetzen und projektspezifisch anzupassen. Was muss sich denn noch ändern? An vielen Stellen werden bereits Standards und Vorgaben erarbeitet. Was jetzt noch fehlt ist Erfahrung. Wenn der Bauherr zum ersten Mal mit BIM in Berührung kommt, legen wir die Standards gemeinsam fest. Häufig gibt es jedoch Zwänge durch alte CAD-Richtlinien, die der Planung von BIM-Modellen im Weg stehen können, weil die alten Strukturen nicht zu den neuen passen. Solche Umstellungen innerhalb der Strukturen von Firmen brauchen einfach Zeit. Im Infrastrukturbereich existieren Prüf- und Genehmigungsläufe, die spezielle Unterlagen abverlangen. In der „RI Ing“ ist genau vorgeschrieben, wie ein Genehmigungsplan auszusehen hat, wo Plankopf und Grundriss sitzen und wie die angeschnittene Draufsicht aussieht. Wenn die Kollegen im Genehmigungsbereich noch gar keine BIM-Modelle kennen, dann hat ein modellbasiertes Eingabemodell gar keinen Sinn.
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What‘s next? Wohin geht der Weg Ihrer Meinung nach? Die Reise ist noch nicht zu Ende, deshalb ist es unsere Aufgabe, neugierig zu bleiben. Die Technologie entwickelt sich weiter, die Methoden werden ausgefeilter und neue Prozesse entstehen: Die Vorstellung, dass 3DDrucker auf der Baustelle verwendet werden, um ganze Bauteile direkt vor Ort herzustellen, ist sicher nicht mehr als absurd zu bezeichnen. Digitale Genehmigungsprozesse z. B. auch in Verbindung mit Augmented-RealitySystemen (AR) als Ersatz für den Papierplan des Poliers und des Bauüberwachers sind für uns aber die wichtigeren und spannenderen Zukunftsansätze für die Qualitätssteigerung am Bau. Ein anderes Thema ist Virtual Reality (VR). Wer einmal sein Modell durch eine VR-Brille gesehen hat, wird nichts anderes mehr machen wollen, als sich virtuell durchs Modell zu bewegen. Bei einem gemeinsamen Review kann so der Architekt das Modell aus gestalterischer und funktionaler Sicht und der Tragwerksplaner aus statischer Sicht betrachten. Im Brückenbau erkennt man, ob das Modell homogen in die Landschaft eingebettet ist. Die Diskussionen in der Planung und die Gestaltung werden in Zukunft ganz anders geführt. Dennoch gilt nach wie vor: Theoretisches Wissen zur Methode allein hilft wenig. Fachliche Kompetenz und Projekterfahrung sind viel wichtiger – den Rest kann man lernen.
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∫ BIM Building Information Modeling I Management, Band 1, 2015 S. 62, „Märchen, Realität und Perspektiven bei der Planung mit BIM“ ∫ 3D-Drucker auf der Baustelle: s. S. 90 ff
∫ Organisation internes BIM-/GIS-Management Obermeyer Planen + Beraten: Im Unternehmen: Kompetenzbereich Gesamtplanungsintegration (GI) unterstützt vom GI-Managernetzwerk (GIMN) Im Projekt: Projektleitung (PL) unterstützt durch Leiter Planungsmanagement (LPM), GI-Manager (Gesamtplanung) und ein GI-Manager (pro Gerwerk) Terminologie: Open-, Closed- und Own-BIM Softwareeinsatz: ca. 400 Softwaresysteme Leitsysteme Hochbau: Autodesk Revit, Speedikon Leitsysteme MEP: TRICAD MS, AutoCAD MEP, liNear Leitsysteme Tragwerksplanung: Autodesk Revit, Sofistik, SofiCAD, RFEM
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In der Visualisierung sind sowohl die 2D-Planung als auch das 3D-Modell zu sehen.
Kapitel Architekten I Planer
André Pilling, geschäftsführender Gesellschafter von pos4 architekten und Gesellschafter und Gründer der DEUBIM, Düsseldorf / Deutschland Das Thema BIM wird von André Pilling aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Zum einen als Inhaber der Planungsgesellschaft pos4 architekten, die als Generalplaner BIM über alle Leistungsphasen der Planung nutzt. Zum anderen als Berater und Fort- und Weiterbilder in der 2014 von ihm mitbegründeten DEUBIM, die als unabhängiges Ausbildungs- und Beratungsunternehmen die Anwendung des Open BIM-Gedankens in Deutschland vorantreibt.
Welche Entwicklung beobachten Sie in puncto BIM in den vergangenen Jahren?
∫ BIM-Abwicklungsplan: BIM Execution Plan, s. BIMGlossar S. 126
Seit 20 Jahren bin ich als Architekt und Generalplaner tätig und wir beschäftigen uns seit längerer Zeit mit dem Thema BIM. Wie in der integralen Planung, wo alles ineinandergreifen muss, funktioniert ein BIM-Projekt auch nur, wenn alle Projektbeteiligten den gleichen Wissensstand haben. Bei der BIM-Anwendung spielen wir in Deutschland ganz weit vorne mit, aber wir sind weit davon entfernt, professionelle Anwender zu sein. Wir nutzen BIM nur dort, wo wir die Prozesse optimieren können. Im Moment bewegen wir uns in Deutschland in einer gefährlichen Gemengelage zwischen unprofessionellen Bauherren und unprofessionellen Planern. Viele Planer sehen sich schon als BIM-User, wenn sie 3D nutzen. Der Bauherr wiederum weiß gar nicht, was das ist, denkt aber, dass er schon BIM bekommt. Doch nutzen kann man es nur bedingt. Das Gros der Auftraggeber sieht in BIM noch keinen Mehrwert. Es gibt jedoch bereits hochprofessionelle Bauherren, die sich beraten haben lassen, ihre Hausaufgaben in ihren eigenen digitalen Prozessen gemacht haben und ganz genau wissen, was sie von uns Planern haben wollen. Für viele Kollegen ist das gleichbedeutend einem Radwechsel bei 160 km/h, bei laufenden Projekten BIM zu implementieren. Doch diese Herausforderung steht bei jedem an. Nicht nur als Managemententscheidung und Technologieentwicklung, sondern auch als klassisches Change-Management – um davon zu leben und zukunftsfähig zu bleiben.
∫ BIM Building Information Modeling I Management, Band 1, 2015 S. 110, „BIM-Initiativen“ ∫ Organisation internes BIM-Management: DEUBIM: Strategisches BIM-Management, operatives BIM-Management Pos4: Gesamtkoordinator, Koordinator Terminologie: Big openBIM Softwareeinsatz: ArchiCAD/ Revit/ Solibri
Zudem gibt es nicht „das“ BIM, sondern BIM-Anwendungsfelder. Die haben wir uns in den letzten Jahren angeeignet, trainieren die Kompetenzen und bauen diese aus. Eine weitere zentrale Frage: Welches Projekt passt zu BIM? Es gibt nicht zu jedem Projekt unbedingt einen BIM -Abwicklungsplan. Wir haben auch nicht fix festgelegte LOI und LOD-Zuweisungen und Abmachungen mit den Auftraggebern. Aber wir arbeiten nicht mehr mit Zeichnungen, sondern nur noch im Modell. Auch alte Projekte, die weiterentwickelt oder umgebaut werden, werden von 2D ins BIM-Modell nachgeführt, um dann so weiterzuarbeiten. Denn wenn ich weiß, welche Daten ich haben möchte, kann ich die Gebäude exakt aufnehmen. Woran arbeiten Sie aktuell nach der BIM-Methode? Wir wickeln gerade den Umbau einer Bestandsimmobilie mit BIM ab, die Revitalisierung eines Einkaufszentrums. Da die Bestandsstatik vorhanden war, konnten alle Positionspläne, Statik und Durchbrüche ins Modell modelliert werden. Vom Bestand haben wir uns über den Renovationstatus vorgearbeitet – und immer wieder die Frage gestellt, was bleiben kann im Sinne einer ressourcenschonenden Auseinandersetzung mit dem Bestand. Die Regelöffnungen können durch die Haustechnik genutzt werden. Die Anforderungen der Filialisten im Einkaufszentrum lassen sich im Bestandsmodell gut plausibilisieren und die Mieterausbaubeschreibung lässt sich gleich in das Model überführen. Durch die Koordination der verschiedenen Fachinformationen konnte ebenfalls gestalterisch ein ganz anderes, besseres Bild erzeugt werden. Zum Beispiel über einen stets aktuellen Deckenspiegel, in dem sich die individuellen Bedürfnisse in einer festgelegten Systematik mit individuellem Spielraum dem Gesamtbild unterwerfen. Der positive Effekt ist eine große Zeitersparnis durch weniger Abstimmungsbedarf. Was hat sich noch verändert? Die Art der Kommunikation ist neu. Alle sitzen online im GoToMeeting zusammen, schauen in Solibri das Modell an – und jeder weiß, was zu tun ist. Auch wenn es auf dem Markt nicht so sichtbar ist, das Thema BIM brodelt. Als Berater sehe ich die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit – sowohl auf der Seite der Auftraggeber als
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auch der Seite der Architekten und Fachplaner. Man muss prozesshaft denken: Welche Prozesse bediene ich schon heute? Welche Prozesse habe ich schon implementiert? Man muss sich selbst optimieren, sich eingestehen, wo man steht . Das kann auch wehtun. Erst im Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren, wir nennen das die fünf BIM-Faktoren – der Mensch im Mittelpunkt, Prozesse, Technologien, Daten und die Rahmenbedingungen –, kann ein tragfähiger Implementierungsplan entstehen. Für mich als Büroinhaber bedeutet das einen stetigen Wandel. Im Bereich Mensch heißt das: Kompetenzen aufbauen durch Schulungen und auf dem aktuellen Stand der Technologie zu sein – sowohl in Software als auch Hardware. Für das Management der Daten
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müssen andere Strukturen aufgebaut werden – u. a. das Verständnis für die Auftraggeber Informationsanforderung AIA, IFC-Schnittstellen und die ISO 19650. Doch nicht nur die kommunikativen Prozesse ändern sich. Normen und Richtlinien setzen Rahmenbedingungen und VDI-Richtlinien müssen beachtet werden. Um Zukunftsfähig zu bleiben, reicht es nicht, einen BIM Manager einzustellen und der guten Konjunkturlage zu vertrauen. What‘s next? Wir schauen gespannt auf 2020. Denn da ist der Stichtag, bei dem die öffentliche Hand alle Neubauten in BIM erstellen muss.
∫ ISO 19650: s. S. 14 ff und 68 ff
Kapitel Architekten I Planer
Stefan Traxler, Architekt BDA, wörner traxler richter planungsgesellschaft mbh, Frankfurt am Main / Deutschland Im April 2013 konnte das Büro wörner traxler richter zusammen mit Holzer Kobler Architekturen und ihrem Projekt »HandinHand« innerhalb der Bietergemeinschaft bam swiss AG/Marti AG den Gesamtleisterwettbewerb um den Neubau des Felix Platter-Spitals in Basel für sich entscheiden. Eine Besonderheit des Wettbewerbs lag in der erstmaligen Einbindung der Planungsmethode BIM in das gesamte Verfahren. Denn bereits in der Auslobung war eine integrale Projektbearbeitung unter Anwendung eines BIM-Modells als zentrale Aufgabenstellung des Entwurfs- und Dokumentationsprozesses festgeschrieben.
Was hat sich in Ihrem Büro seit dem Projekt „HandinHand“ von 2015 konkret getan? Wenn wir unsere Auftragsneueingänge seit 2015 analysieren, dann können wir angesichts der dort fast grundsätzlich vertraglich geforderten Planungsprozesse nach BIM feststellen, dass hieran kein Weg mehr vorbei führt. Wir begrüßen das – sehen wir doch einen erheblichen Mehrwert darin, dass über dieses „Vehikel“ eindeutige Bestellungen und Freigaben des Bauherrn zu einem definierten Zeitpunkt erfolgen müssen, die auch nicht ohne erhebliche, und nun eben auch dokumentierte Folgen geändert werden können. Das verschafft Planungssicherheit und Klarheit und dürfte in Zukunft für mehr Ruhe auf den Baustellen sorgen. Durch den Wettbewerbsgewinn und der anschließenden schnellen Realisierung des Projektes Felix Platter-Spital in Basel konnten wir eine sehr direkte und vor allem praxisgerechte Anwendung der Planungsmethode BIM erproben. Zu Beginn des Projektes hat das Felix PlatterSpital im Rahmen einer BIM-Richtlinie seine Ziele und Anforderungen an den Einsatz von BIM über den gesamten Lebenszyklus von der Planung bis in den Betrieb de-
4, 5 Mit dem HandinHand-Projekt / Felix Platter Spital wurde ein Open BIM Projekt gewählt, bei dem jeder Fachplaner mit der Software seiner Wahl arbeiten kann. Voraussetzung ist nur, dass die Software Dateien im IFC-Format austauschen kann. Zum Einsatz kommen Allplan und Plancal Nova als CADSysteme, Solibri Modell Checker für die Koordination und Prevera als Datenbank für das Raum- und Gebäudebuch. Es handelt sich hier um Big BIM, da alle an der Planung Beteiligten die Planungsmethode BIM für die Zusammenarbeit anwenden. Sogar in der Ausführung wird das BIM-Modell genutzt (BIM2Field).
finiert. Diese umfasst u. a. die Bauherrenziele des virtuellen Gebäudemodells für den Gesamtleistungswettbewerb, die Realisierungs- und die Betriebsphase sowie generelle Anforderungen an eine Open BIM-Auslieferung auf Basis des Industry Foundation Classes. Des Weiteren werden Analysen mit dem Model-Checker vorausgesetzt. Auf Basis dieser BIM-Richtlinie hat die BAM Swiss AG einen BIM-Abwicklungsplan entwickelt. Er ist der Grundstein des Projektes und wird während der Projektweiterentwicklung fortgeschrieben und auf Einhaltung geprüft. Welche Erfahrungen haben Sie in der konkreten Umsetzung gemacht? Ein Interessendreiklang zwischen Bauherr, Generalunternehmer und Architekt hat dazu geführt, dass an jeder Stelle der Leistungserbringungen die Möglichkeiten der BIM-Planung ausgelotet wurden. Das Projekt ist komplett in 3D-modelliert und koordiniert. Mit Start der Entwurfsplanung wurde in regelmäßigen Abständen ein Koordinierungsmodell durch das Zusammenführen der Fachmodelle erstellt. Sämtliche BIM-Modelle müssen alle zwei Wochen auf dem Projektkommunikationssystem zur Ver-
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fügung gestellt werden. Dem gesamten Baustellenteam wird das BIM-Modell durch das Virtual Maintenance System zugänglich gemacht. Mit dieser mobilen Lösung haben die Bauleiter der BAM Swiss AG auf dem Tablet-PC immer alle aktuellen Pläne, Dokumente und 3D-Modelldaten vor Ort dabei. Qualitäts- und Sicherheitschecklisten werden direkt auf dem Tablet-PC bearbeitet. Mängel werden standortbezogen aufgenommen, entsprechende Fotos und sonstige Dokumente direkt hinterlegt, was auch die Erstellung des As Built-Modells unterstützt. Was hat Sie am meisten überrascht im konkreten Projekt?
∫ As Built Modell: As Built Model, BIM-Glossar S. 126 6
Aufgrund des hohen Engagements und des echten Willens aller Beteiligten sind die Erfahrungen durchweg positiv. Eines ist klar: Die Implementierung einer Planung nach allen Regeln der BIM-Kunst verlangt Innovation und ebenso Improvisationsbereitschaft, denn wir sind in vielen Bereichen noch immer gleichzeitig Anwender, Entwickler und Versuchsfeld der Softwareindustrie. Offensichtlich sind das Interesse und der Nutzen der strukturierten Arbeitsweise bei den großen Generalunternehmern längst gesetzt. Erstaunt waren wir dennoch über die sehr hohe Bereitschaft der BAM, neue Wege zu gehen und im Sinne des Projektes trotz des hohen Realisierungsdruckes auch Pilotprojekte, wie z. B. die geregelte Übergabe der Daten in ein gewünschtes FMSystem des Bauherrn, anzugehen.
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Was muss sich Ihrer Meinung nach noch ändern? Ohne ein gemeinsames Verständnis über die Folgen, die an den ausgesprochenen Auftrag „Wir hätten gerne eine BIM-Planung.“ gekoppelt sind, sind Missverständnisse und Konflikte vorprogrammiert. Hier braucht die Branche klarere Definitionen und Spielregeln. Dies gilt für alle Ebenen – von der noch unsicheren Bestellerseite bis zu den auf Absicherung der eigenen Erkenntnisse gepolten Softwareanbietern. Welche Ziele setzen Sie sich für die Zukunft? Unsere eigenen Ziele sind vollkommen klar: Ohne BIM geht es in Zukunft nicht mehr. Wir werden weiter personell und technisch in die Digitalisierungsprozesse investieren. Wir wünschen uns aber größere praktische Kompetenz auf der Bauherrenseite und auf Seiten derer Berater, was ein besseres Verständnis für die Auswirkung der Bestellung von BIM und damit sicherlich auch klarere Definitionen und Begrenzungen des gewünschten Outputs zur Folge haben wird. Wir sind aber sehr optimistisch, dass sich dies mit den immer weiter wachsenden Erfahrungen und den positiven Folgen der Anwendung für alle am Bau Beteiligten automatisch einstellen wird.
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6, 7 Innenraumperspektiven Felix PlatterSpital, Basel
∫ BIM Building Information Modeling I Management, Band 1, 2015 S. 76, „Neue Wege beschreiten im Wettbewerbsverfahren, Felix Platter-Spital“ ∫ Organisation internes BIM-Management Wörner Traxler Richter: 1 BIM-Beauftragter aus dem Kreis der Geschäftsleitung 1 BIM-Koordinator Discipline BIM Model Coordinators: Jede Disziplin hat einen BIM-Koordinator, der die internen Probleme koordiniert. Die BAM hat einen Gesamtkoordinator gestellt, der die gewerkeübergreifende Koordination gemacht hat. Zusätzlich gab es noch den TGAKoordinator, der alle TGA Disziplinen koordinierte. Terminologie: Big BIM (projektbezogen) Softwareeinsatz: Allplan und Plancal Nova als CADSysteme, Solibri Modell Checker für die Koordination und Prevera als Datenbank für das Raum- und Gebäudebuch
Kapitel Architekten I Planer
Michael Willimek, Brechensbauer Weinhart + Partner Architekten, München / Deutschland Für den Testlauf der BIM-Methode wählte das Büro Brechensbauer Weinhart + Partner Architekten ein außergewöhnliches Bauvorhaben aus: ein Pilotprojekt für die Instandsetzung und Modernisierung von 20 Mehrfamilienhäusern in der 1950er-Jahre-Siedlung am Perlacher Forst in München im Besitz der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Im September 2017 wurde das Gebäude fertiggestellt. Der Baukörper blieb grundsätzlich erhalten und nur durch einen vorgesetzten Laubengang mit zwei Treppenhäusern ergänzt sowie ein Vollgeschoss aufgestockt. Im Kontext mit der Siedlung unterscheidet sich das sanierte Wohngebäude mit 35 Wohneinheiten dezent, aber deutlich lesbar von den bestehenden Mehrspännern mit jeweils 18 Wohnungen.
Sie haben über die Planungs- und Bauphase hinweg zahlreiche Erfahrungen für Ihr Architekturbüro gesammelt. Wie können diese in Zukunft in neue Projekte übertragen werden? Wurden die Vorteile des digitalen Planungsprozesses in die Bauausführung fortgeführt? Das Pilotprojekt war ein Abenteuer, das wir gemeinsam mit unserem Bauherrn und den beteiligten Planern und Firmen durchlebt haben. Unsere Erfahrungen damit schwanken zwischen Euphorie und Realitätsschock. Einerseits erleichterte die Vorarbeit im digitalen Gebäudemodell den Planungsablauf und die Erstellung von Entscheidungsvorlagen. Andrerseits ließen sich die typischen Unwägbarkeiten eines Bestandsgebäudes im Vorfeld auch durch den Einsatz von BIM nicht umfassend abschätzen. In der Theorie waren wir in der Lage, mit BIM den Bestand wunderbar zu sortieren, die Baustellenlogistik mit Abbruch und Verstärkungen zu planen, Abbruchmassen zu berechnen oder die Bauphasen zu visualisieren. In der Praxis sah es anders aus. Trotz umfangreicher Voruntersuchungen gab es zahlreiche Diskrepanzen zwischen Bestandsdokumentation und tatsächlicher Bauausführung. Unter anderem mussten die Haustrennwände komplett ausgetauscht werden. Diese waren zwar zweischalig gemauert, der Zwischenraum jedoch nicht von Mörtel freigehalten oder gedämmt worden. Schalltechnisch und als Brandwand gemäß heutigen Normen und Richtlinien waren sie somit nicht mehr zu gebrauchen. Bestehende Rippendecken wurden in der östlichen Gebäudehälfte saniert, in der westlichen abgebrochen und durch neue Deckenplatten ersetzt. Die baukonstruktive Verbindung dieser Bauteile verlief trotz gewissenhafter 3D-Vorplanung in der Ausführung überaus komplex und erforderte gegenüber der Planung zahlreiche zusätzliche Arbeitsschritte. Deren Nachführung im digitalen Gebäudemodell erleichterte zwar die Abrechnungskontrolle der tatsächlich ausgeführten Baumeisterarbeiten, ersparte jedoch nicht die dafür erforderlichen Nachträge. Anders als in den Bestandsunterlagen dargestellt banden zu erhaltende Fensterstürze in abzubrechende Decken ein, was die Abbrucharbeiten stark verkomplizierte.
Entgegen einer frühen Entwurfsannahme konnte die Gebäudemittelwand, auf der die Deckenplatten aufliegen, nicht erhalten werden. Budgetiert als „zu sanieren“ musste sie über eine Gebäudelänge von 76 m in drei Stockwerken neu errichtet werden. Mithilfe der Bauphasenvisualisierung im Verlauf der Werkplanung konnte das immerhin vor Ausschreibungsbeginn festgestellt werden. In all diesen Fällen stößt auch die Methode BIM an ihre Grenzen. Zum einen, weil die Datenbasis der Bestandsdokumentation häufig nicht valide ist, zum anderen, weil die in einer komplexen Sanierung erforderlichen Arbeitsschritte nur am echten Gebäudemodell realistisch ermittelt werden können. Nach Abschluss der Sanierung und mit dem Übergang in die neuen Bauteile für die Aufstockung hat das prozessorientierte Planen und Bauen dann sehr gut funktioniert. Dort und im nachfolgenden Ausbau wurde das digitale Modell von uns baustellenverbindlich eingesetzt. Grundsätzlich funktionieren die vorhandenen Tools also, man muss es nur machen. Ein Beispiel: Die Fertigteile für die Balkonanlage wurden komplett als IFC-Modell in die Produktion des Fertigteilwerks übergeben. Anstelle von zahlreichen Detailzeichnungen wurden die Bauteile entlang des präzise aufgenommenen Gebäudemodells maßgenau und mit allen Einbauteilen modelliert und mit beschreibenden Textattributen versehen. Die aus dem 3D-Modell entwickelte Stahlunterkonstruktion zum Einhängen der Fertigteile wurde vorab montiert. Parallel dazu erzeugte das Fertigteilwerk vom 3D-Modell die geometrische Abwicklung der Schalpläne. Die Freigabe bei den Architekten erfolgte ebenfalls papierlos durch Überlagerung mit dem digitalen Gebäudemodell. Durch Auswertung der im IFC-Format mitübergebenen Textattribute wurde der Überblick über die zahlreichen gleichen und ähnlichen Teile gewahrt, die über ein ausgeklügeltes logistisches System nach Baustellenerfordernis geliefert und wie ein dreidimensionales Puzzle an der richtigen Stelle mit einer Toleranz von max. einem Zentimeter eingebaut wurden. Mit dieser Herangehensweise betraten auch die Bauarbeiter vor Ort Neuland – was nach kurzer Eingewöhnung gut funktionierte und somit wegen der Verbesserung der Arbeitsabläufe gern akzeptiert wurde.
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∫ Pilotprojekt Gebäude 327: 35 Wohneinheiten Wohnfläche: 2.740 m² Projektstart: 2009 Fertigstellung: 2017 8, 9 Bestandsgebäude nach und vor den Umbaumaßnahmen
10 Bauzustand innen während der Bauphase. Die bestehende Rippendecke musste zum Teil durch neue Deckenplatten ersetzt werden. Trotz 3D-Vorplanung erforderte die komplexe baukonstruktive Verbindung der alten und neuen Bauteile zusätzliche Arbeitsschritte.
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Die Verwendung von BIM-Objekten spielte ebenfalls eine große Rolle. Alle eingesetzten Bewehrungsdämmelemente wurden vom Hersteller heruntergeladen und in das digitale Gebäudemodell eingepflegt, wodurch sich Kollisionen mit Öffnungen, ELT-Technik und anderen konstruktiven Durchdringungen vermeiden ließen. In der Kommunikation mit dem Bauherrn und seinen Vertretern hat das Gebäudemodell vor allem für die Vermittlung konstruktiver und räumlicher Zusammenhänge Vorteile 9 gebracht. Daneben profitiert er über die Detailtiefe des vorliegenden 3D-Modells von einer hohen Planungsqualität. Die Konfigurierbarkeit des Models erlaubt es zuLernkurve aus dem Pilotprojekt wird ein zweiter Pladem, Vermiet- und Vermarktungsunterlagen redundanzfrei aus der Werkplanung zu generieren. Dagegen zeich- nungsdurchlauf für eine neuerliche Bestandssanierung sicher weniger Überraschungen bereithalten. Unabhännet sich für die Wartungsunterlagen und die Gebäudegig von der Planungsmethode dürfte aber ein Neubau dokumentation ein Medienbruch zu PDF und Papier ab. insgesamt reibungsloser ablaufen. Auffällig ist, dass inDas wird zwangsläufig mit einem Informationsverlust einhergehen. Die wünschenswerte Übergabe der Gebäude- zwischen auch die Fachplaner dieser vergleichsweise kleinen Objekten Interesse am kollaborativen Arbeiten dokumentation an die Gebäudebewirtschaftung per zeigen, das für Open BIM steht , während wir beim PilotIFC ist derzeit – wie bei den meisten Bauherrn – noch projekt noch alleine in unserem bürointernen Little BIM in weiter Ferne. Umfeld gearbeitet haben. Wie geht es mit der Siedlung nun weiter? Also hat sich die BIM-Methode in Ihrem Planungsalltag Schon während der Planungsphase des Pilotprojektes durchgesetzt? konnten wir uns in einem VOF-Verfahren die Sanierung Die bisherigen Erfahrungen fließen in alle unsere Projekte von drei weiteren Wohnbauten in der gleichen Siedlung ein, auch weil wir dadurch interne Richtlinien, Modelliesichern. Während zum Zeitpunkt des Starts des Pilotprorungsbaukästen und Bürostrukturen aufsetzen konnten. jektes im Jahr 2009 seitens der LH München VerändeGrößere Projekte werden mittlerweile durchwegs als inrungen am Perlacher Forst sehr kritisch gesehen wurden, bietet die aktuelle Debatte um fehlenden Wohnraum telligente Gebäudemodelle angelegt. Für die BImA bearbeiten wir aktuell als Generalplaner zwei Forschungsin München eine neue Ausgangslage für die Planung. einrichtungen, für die Max-Planck-Gesellschaft und Derzeit werden sowohl der Wohnungsmix als auch die Fraunhofer mehrere Institutsgebäude. Bei diesen hochFrage nach Sanierung oder Abriss und Neubau neu bewertet. Dafür haben wir ein optimal gepflegtes Gebäude- installierten Gebäuden ist eine 3D-basierte Planung absolut sinnvoll. Wir tauschen mit den Fachplanern im modell, mit dem man gut arbeiten und Vorher-NachherOpen BIM Modus IFC-Datenmodelle aus, realisieren die Szenarien im Vorfeld sichtbar machen kann. Mit der
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Kapitel Architekten I Planer
Kollisionskontrolle und nutzen webbasierte Software für die gemeinsame Betrachtung und das Änderungsmanagement. Anfängliche Skepsis ist der Offenheit durch die Vorteile der Methode gewichen. Das Gebäudemodell wird genutzt, um Entscheidungen und deren Konsequenzen zu diskutieren. Hierzu bauen wir kontinuierlich Know-how auf, auch wenn wir bei unseren Auftraggebern noch viel Informations- und Überzeugungsarbeit leisten müssen. Die Entwicklung der Methode – was soll vom Modell abgeleitet werden, wie wird welche Information ausgewertet – ist der Fahrplan für die Modellierung. Dabei modellieren wir immer so, wie wir bauen wollen. Doch dazu muss man erst mal wissen, wie Bauen funktioniert! Die Fähigkeit zur Erstellung von digitalen Gebäudemodellen bringt das noch nicht zwingend mit sich, weshalb auch der Transfer aus der Bauleitung zurück ins planende Büro eine wichtige Komponente des BIMProzesses darstellt. In einer Planungslandschaft, deren Akteure projektabhängig immer wieder neu zusammengewürfelt werden, hängt die Prozessqualität stark von Anwendern und Nutzern ab. Was bei dem einen Projekt gut funktioniert hat, z. B. Mengen- und Massenermittlung, kann beim Wechsel in eine andere Software-Komponente schon nicht mehr funktionieren und muss deshalb frühzeitig gut vereinbart werden. Entscheidend sind dabei Qualität und Durchgängigkeit der Kollaboration. Was muss sich noch verbessern und wo liegen die Fallstricke? BIM ist für uns ein Werkzeug zur Optimierung des Arbeitsprozesses. Richtig angewendet erbringt das frühzeitig eine hochwertige, redundanzfreie Planung und damit mehr Freiheit für Kreativität und Gestaltung. In
der Struktur des Datenaustausches und im Informationsmanagement liegt noch ein großer Entwicklungsprozess vor uns. Der wichtigste Treiber ist dabei der Bauherr. Er muss fähig sein, die Vorteile der BIM-Methode zu erkennen, das Projekt zu überblicken, Vorgaben zu setzen und Verantwortung dafür zu übernehmen. Früh muss festgelegt werden, welche Daten über die Projektlaufzeit hinweg erhoben, gepflegt, verfeinert und am Schluss an Bauherren und/oder Nutzer übergeben werden sollen. Bislang wird dieser Empfehlung nur selten gefolgt. Aus diesem Grund sind Gebäudedokumentationen zu Projektende zumeist statisch-redundante Datengräber aus Papier, PDF, Excel und DWG. Anzustreben, aber derzeit noch sehr teuer, sind webbasierte Datenbanksysteme, die in Verbindung mit einem Gebäudemodell als dynamische, modellbasierte Dokumentation übergeben und fortgeschrieben werden können. Für so einen hochwertigeren Ablauf ist kompetentes BIM-Management erforderlich, das uns Architekten neue, zusätzlich abrechenbare Geschäftsfelder erschließen wird. Wichtig zu wissen: Je später das Informationsmanagement beginnt, umso höher ist der Aufwand für die Nachführung der Daten in ein konsistentes BIM-Modell. Bei Planern und Auftraggebern wird das aktuell nicht immer so gesehen. Oft stehen vermeintliche Arbeitserschwernis oder Vorbehalte einer Veränderung entgegen. Hochwertiges Informationsmanagement als wesentliche Stellschraube für die Wertschöpfung von Planung und vor allem Betrieb scheint bei vielen Auftraggebern noch nicht bekannt zu sein. Häufig tragen unterschiedliche Finanzierungstöpfe für Planung und Gebäudebetrieb zu dieser wenig nachhaltigen Betrachtungsweise bei. Es liegt also noch ein weiter Weg bis zur durchgängigen Implementierung von BIM in den maßgeblichen Köpfen vor uns.
∫ BIM Building Information Modeling I Management, Band 1, 2015 S. 46, „BIM in der Sanierung – das Pilotprojekt Gebäude 327“ ∫ Organisation internes BIM-Management Brechensbauer Weinhart + Partner Architeken: 1 BIM Manager 14 Computional Design 6 AVA Terminologie: Little BIM (projektbezogen) Open BIM (in Planung) Softwareeinsatz: ArchiCAD, Tekla BIMsight, BIMcollab Zoom, TrimbleConnect, Solibri Model Viewer, ORCA AVA Cinema 4D
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Markus Hammes, Nils Krause und Tobias Döring, hammeskrause architekten, Stuttgart / Deutschland
hammeskrause architekten implementierten die BIM-Methode mit einem Pilotprojekt für ein neues Forschungsgebäude auf dem Roche Campus in Basel als strategisches Werkzeug für einen effizienten und prozessorientierten Planungsablauf. Gut zwei Jahre nach Projektstart ist das dafür eingerichtete hauseigene „BIM-Forschungslabor“ noch immer ein besonderer Ort im Büro. Auch wenn die Planungsmethode inzwischen bei den neuen Projekten Einzug gehalten hat, bleibt das BIM-Testlabor- weiterhin eine wertvolle Anlaufstelle für den informellen Austausch zwischen den Mitarbeitern. Der Rohbau des Pilotprojektes, das Forschungsgebäude 098 in Basel, ist kurz vor der Fertigstellung – drei Wochen vor Terminplan. Das mag zum Teil an der BIM-Methode liegen, aber ebenso an der guten Arbeitsvorbereitung und den technikaffinen Kollegen vor Ort.
Was hat sich in den letzten zwei Jahren getan? Welche Wege würden Sie wieder gehen? Und wo nehmen Sie mit der konkreten Projekterfahrung eine andere Abzweigung? Tobias Döring: Auch zwei Jahre nach Projektstart sind wir auf allen Seiten noch im Lernprozess. Mit Abschluss der Leistungsphase 5 haben wir einen Detailierungsgrad erreicht, der weit über LOD 350 hinausgeht. In der Ausführungsplanung sind viele Bauprodukte mit aufgenommen worden, nicht nur vonseiten der Architekten, sondern auch von den Fachplanern. Das macht es zwar anschaulich, erhöht jedoch auch die zu managende Datenmenge. Markus Hammes: Ohne es überstrapazieren zu wollen: das war im BIM Executionplan nicht unbedingt gefordert. Es war viel Eigeninitiative dabei. So wurden zum Beispiel alle Deckenabhängungen für die Trassen im Modell modelliert, zugunsten der effizienten Ausnutzung der Trassen und minimaler Aufbauhöhen. Ich bin davon überzeugt, dass man diese Installationspakete in einer konventionellen Planung in dieser Dimension nicht zu Ende geplant hätte. Nils Krause: Eine weitere Besonderheit des Schweizer Projektes ist die Einführung einer „Pre Construction Phase“, meint die frühzeitige vergütete Hinzuziehung von ausführenden Firmen während der Planungsphase noch ohne Auftragsversprechen. Der Vorteil dieser Zusammenarbeit liegt auf der Hand. Die Fachfirmen entwickeln mit und modellieren selbst. So hat zum Beispiel der Reinraumbauer ein Planungsmontagemodell entwickelt, das die Grundlage der Ausschreibung wurde.
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Die lückenlose Prozesskette in der Planung funktioniert also. Wie sieht es auf der Baustelle aus? Tobias Döring: BIM ist bereits auf der Baustelle angekommen. Mit einem eigenen BIM-to-field-Konzept wurden von Bauherrenseite umfangreiche Arbeiten an der Infrastruktur vorgenommen, um die Umsetzung der Planung in die Ausführung zu gewährleisten. Das BIM-Modell ist mit der Baustelle vernetzt. Ein bauteilgesteuertes Mängelmanagementsystem wurde auf die Bedürfnisse der Auftraggeber angepasst. Über QR-Codes können sich die Bauleiter mit dem iPad lokalisieren, den Mangel per Text und Bild eingeben und diesen als Hausaufgabe in die Projekt-Cloud einstellen. Nach der Beseitigung des Mangels gibt das Qualitätsmanagement das Bauteil wieder frei. Darüber hinaus ist das BIM-Modell Grundlage des Controllings und der Abrechnung. Markus Hammes: Nur so hat das Ganze Sinn. Wenn es im Modell funktioniert, gibt es keinen anderen Grund, dass anders gebaut werden soll. Jeder Verstoß auf der Baustelle führt sonst zum Chaos und genau das möchte man ja vermeiden. Das muss so gebaut werden! Nils Krause: Dennoch gibt es Situationen, in denen sich herausstellt, dass Dinge, die zuvor kollisionsfrei getestet waren, trotzdem nicht passen. Weil die Parametrik mit denen sie kollisionsfrei geprüft wurden, diesen speziellen Fall nicht im System hatte. Ich kann nur das im Modell prüfen, was ich zuvor als prüfungswürdigen Parameter im System beschrieben habe. Hier müssten wir uns an der Automobilindustrie orientieren dürfen, die eben auch erst mal zwei bis drei Prototypen nach theoretischen Plänen bauen, um die aufgetretenen Fehler korrigiert in den Gesamtplan für die Serie zurückzuspielen.
∫ LOD 350: LOD BIM-Glossar S. 130 f
Kapitel Architekten I Planer
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11 Visualisierung Forschungsgebäude 098 von der Straße
∫ BIM-Koordinator: BIM-Glossar S. 127
Es ist also eine Illusion, dass man den „digital twin“ sozusagen blind bauen kann? Nils Krause: Stand heute ja. Natürlich ist es immer unangenehm, am Ende eines Planungsweges noch mal einige Schritte zurückgehen zu müssen, korrigieren zu müssen. Der Vergleich mit der seriellen Produktion von Automobilien und dem Bau von individuellen Gebäuden hinkt eben an vielen Stellen. Aber um die Methodik von BIM umfassend nutzen zu können, muss man angemessene Lösungen für die parametrisch, digitale Fehlersuche finden. Im Sinne des Lean Managements ist jeder unnötige Umweg Verschwendung. Es ist eine Frage des Aufwands, welche Lösung zur Fehlersuche man wählt. Hierfür ist die eben auch Erfahrung der Planer gefordert und deren umsichtiger Blickwinkel im Gesamtkontext des Gebäudes. Markus Hammes: Wir bauen zuerst virtuell. Dieser Schritt ist sehr intensiv. Wer nicht viel Erfahrung im Bauen hat, wird schnell überfordert. Vor BIM hat man viele Informationen nicht gesehen, weil sie weder im Grundriss noch im Schnitt gezeichnet wurden. 80 % der Konflikte sind nach unserer Erfahrung erst auf der Baustelle entstanden und mussten spontan gelöst werden, ohne im Nachgang in die Dokumentation rückgeführt zu werden. Es ist also eine vertane Chance, den Erkenntnisgewinn aus diesem integralen Blickwinkel nicht mitzunehmen. Wir sehen in einem frühen Planungsstadium viele Herausforderungen, auch Dinge die nicht in unserem Aufgabenfeld liegen. Hier die Augen zu verschließen und auf die Überraschung in der Ausführung zu warten, ist grob fahrlässig. Nils Krause: Letztendlich ist BIM eben auch geeignet, diesen Zielkonflikt wohlwollend auf virtuelle Wiese auf-
zulösen. Es ist eine Frage des Ethos – als Architekten sind wir es, die im Rahmen unseres Koordinationsauftrags diese Konflikte auf einem lösbaren Punkt hinführen wollen, manchmal müssen. Das bedeutet im Planungsalltag was genau? Tobias Döring: Nach unserem Selbstverständnis als Architekten sind wir naturgemäß die am besten geeigneten BIM Koordinatoren. Es ist Teil unserer normalen Arbeit: die Fäden zusammenzuhalten. Das übergeordnete Know-how zu den Schnittstellen der einzelnen Disziplinen haben wir aufgebaut und sind in der Lage die Koordination effizient durchzuführen. Neu in unseren Strukturplänen ist die Schaffung eines separaten BIM Koordinators im Bereich TGA, der dafür sorgt, dass die Infrastrukturgewerke untereinander kollisionsfrei sind. Was würden Sie heute anders machen als vor zwei Jahren? Nils Krause: Es gab einige Situationen, wo man gerne die eine oder andere Abkürzung genommen hätte, statt des großen Umwegs, wenn man sie denn gekannt hätte. Das betrifft Aspekte der Software und Hardware, wie auch den BIM-Prozess. Aber das wohnt jedem empirischen Prozess inne. Aus Umwegen entsteht ja auch Erkenntnisgewinn. Und aus Herausforderungen und Scheitern lernt man. Im konkreten Pilotprojekt würden wir heute früher darauf drängen, verbindlich Festlegungen im BIM Executionplan festzuschreiben: Zum einen, was man wann in welchem Detailierungsgrad austauscht, zum anderen aber auch, wie die Planungsbeteiligten zusammen arbeiten wollen.
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Markus Hammes: Damals saßen die jungen IT-affinen BIM Koordinatoren der einzelnen Büros zusammen und sollten festlegen, wie der Bauablauf funktionieren soll. Heute entscheiden die Inhaber der Büros über die Strukturen und Abläufe und treffen verbindliche Festlegungen. Da kann sich keiner mehr rausreden, etwas nicht gewusst zu haben. Das erfordert ein anderes Miteinander, mehr Teamwork auf Augenhöhe. Wie in anderen Technologiefeldern, wird es bei BIM einen Korridor von vier bis fünf Jahren geben, in dem man immer weiter lernt, an jeder Herausforderung und in jedem Projekt besser wird, bis sich die Lernkurve in Sinnhaftigkeit und Effektivität auszahlt. Das ist nicht nur eine Generationenfrage, sondern auch eine Haltung. Wenn ich jetzt mit Solibri oder der VR-Brille durchs Modell gehe, skizziere ich ins Modell hinein und das Team kann auf meine Anmerkun12 gen sofort zugreifen. Ich kann meine handwerklichen Fähigkeiten mit dem, was ich ergänzend sehe, kombinieren und wieder mein eigenes Tool daraus generieren. Das verändert die Kommunikationswege mit dem Team und innerhalb des Büros nachhaltig. Ich vergleiche das gerne mit der Nachhaltigkeitsthematik, den Zertifizierungssystemen. Damals wurde in den Arbeitsgruppen ebenfalls intensiv gearbeitet. Zu Beginn hieß es noch: Das brauchen wir nicht – und nun sind die Zertifizierungen Standard! Man muss die Dinge bis zum Ende denken, man kann nicht nur ein bisschen zertifizieren, oder ein bisschen modellieren. Was muss sich noch ändern? What‘s next – wohin geht die Reise? Markus Hammes: Bleiben wir beim Thema Zertifizierung. Es fehlt eine Schnittstelle zwischen BIM und den verschiedenen Nachhaltigkeitssystemen. Es wäre wunderbar, wenn man die Informationen zu Material, Energieverbraucht etc. an das Datenmodell angehängt werden können. Diese kann man nach Bedarf auslesen und spart sich 50 Aktenordner Papier. Das ist doch die Grundidee von BIM: Wir haben ein Medium, in dem alle Daten zusammenkommen, das auslesbar ist. Jederzeit und für alle. Das parallele Arbeiten an unterschiedlichen Informationen und Planständen muss aufhören. Ein aktuelles As Built-Modell ist der Mehrwert. Es hat Sinn, die Daten aus der Bauausführung ins Modell nachzuführen. Denn wenn der „digital twin“ mit dem Ende der Leistungsphase 5 eingefroren wird, ist jede Nachführung ein großer Aufwand. Aktuell bearbeiten wir vier Projekte nach der BIMMethode. Und das, obwohl der Bauherr es gar nicht explizit fordert. Wir prüfen, in welchem Planstand ein Wechsel ohne Verluste möglich ist – entweder schon zum Entwurfsstadium oder ein paralleler Aufbau des BIM-Modells zur konventionellen Planung – und schauen nach der Aus- und Belastung der Mitarbeiter. Wir haben
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große Projekte mit langen Projektlaufzeiten, deshalb wird die Übergangsphase noch ein paar Jahre dauern. Im Moment ist es aber eher so, dass die Mitarbeiter gar nicht warten und die BIM-Agenda für sich und ihre Arbeit ganz nach vorn nehmen. Nils Krause: Die Vorteile des prozessorientierten Denkens und des „Vermögenswertes“ BIM-Modell werden noch massiv unterschätzt. Wenn ich Bauherr wäre, würde ich mir von allen Projekten einen Kostenstamm mit Einheitspreisen, Stundensätzen etc. ziehen. Und wenn eine Haushaltsunterlage für die Entscheidung zu einem Bauvorhaben benötigt wird, lasse ich mir die Parameter ausgeben, die nicht plausibel erscheinen und vergleiche sie mit meinen eigenen validierten Zahlen aus dem Gebäudebestand. Heute vergehen immer noch Wochen und Monate mit der händischen Prüfung von Massen, Einheitspreisen, Flächen und Volumen. Tobias Döring: Es gilt auch noch, ein paar Missverständnisse aufzuklären. BIM bedeutet nicht das Ende des konventionellen Plans – es bedeutet lediglich den Anfang des automatisch generierten Plans. Es wäre ganz wichtig, wenn sich das herumspricht, damit alle den Mehrwert erkennen und auch nutzen können.
∫ As Built-Modell: s. As Built Model, BIM-Glossar S. 126
Kapitel Architekten I Planer
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14 12 Visualisierung des Innenraums vom Forschungsgebäude 098. 13 – 15 BIM-to-field bei hammeskrause: Alle Planinformationen, Mängel und Abnahmen werden mit dem iPad mobil auf der Baustelle erfasst und können wieder in die Planung zurückgespielt oder in das Controling und den Betrieb weitergegeben werden.
∫ Pilotprojekt Forschungsgebäude 098 in Basel: Gebäudelänge: 55,20 m Gebäudebreite: 29,50 m Gebäudehöhe: 24,50 m Fertigstellung: 2018 ∫ Im Gespräch mit F. Hoffmann-La Roche „Digitalisierung lebt vom Machen – und zwar möglichst bald!“, S. 80 ∫ BIM Building Information Modeling I Management, Band 1, 2015 S. 54, „Mut zu mehr Unternehmertum!“ ∫ Organisation internes BIM-Management hammes krause architekten: 1 BIM Manager 1 BIM Koordinator 2 Modeling Terminologie: Open BIM Softwareeinsatz: ALLPLAN Autodesk Navisworks Manage, Solibri Model Checker
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∫ 10 Thesen von hammeskrause architekten zu BIM:
1. Für erfolgreiche BIM-Projekte braucht man Mut, Begeisterungsfähigkeit und das Bedürfnis zur Selbstoptimierung. 2. BIM macht Spaß. 3. Die Einführung von BIM ist auf Gebäudeplaner-Seite mehr eine technische als eine plankulturelle Herausforderung. Auf der Seite der TA-Planung ist es umgekehrt. 4. Für ein erfolgreiches BIM-Projekt ist jetzt (noch) ein erhöhter Präkoordinationsaufwand zwischen den Planungsbeteiligten nötig. 5. Der Nutzen von BIM als Planungsmethode wird größtenteils von Auftraggebern unterschätzt. 6. Der Vermögenswert „BIM-Modell“ wird massiv unterschätzt. 7. BIM bedeutet nicht das Ende des konventionellen Plans – es bedeutet lediglich den Anfang des automatisch generierten Plans. 8. Die Software-Industrie hinkt den technischen Möglichkeiten hinterher. 9. Architekten sind ihrem Selbstverständnis nach die prädestinierten Kandidaten für den Posten des BIM Koordinators. 10. Erst die Verbindung von BIM und VR wird unseren Planungsalltag so richtig auf den Kopf stellen.
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Robert Uhde im Gespräch mit Carsten Venus, blauraum Architekten, Hamburg / Deutschland
Die Spielregeln bestimmen
blauraum aus Hamburg wurden 2002 durch die vier Partner Volker Halbach, Carsten Venus, Rüdiger Ebel und Maurice Paulussen (seit 2010 nicht mehr im Büro) gegründet, die zuvor alle bei BRT gearbeitet hatten. Das aktuell mit rund 60 Mitarbeitern besetzte Büro ist in sämtlichen Bereichen der General-, Objekt- und städtebaulichen Planung tätig. Zu den wichtigsten Referenzen zählen das Hamburger Wohnungsbauprojekt Hansaterrassen, der Porsche Design Tower Frankfurt sowie das Wohn- und Geschäftshaus an der Hamburger Hoheluftchaussee. blauraum streben bei ihrer Arbeit eine möglichst unverfälschte Übersetzung ihrer grundlegenden architektonischen Ideen an – vom virtuellen Entwurf auf Papier oder Bildschirm bis hin zum gebauten Objekt. Um den komplexen Entwurfs- und Planungsprozess mit einer optimierten Qualitäts-, Kostenund Planungssicherheit zu verbinden, setzen die Planer seit 2011 auf die Methode BIM. Der Büropartner Carsten Venus hat verschiedene Symposien zum Thema moderiert und ist als Vorstand der Hamburger Architektenkammer im Arbeitskreis BIM beteiligt.
Herr Venus, im Rahmen unseres letzten Gespräches hatten Sie angemerkt, dass BIM fast ausschließlich als Effizienzwerkzeug der Bauindustrie und als Instrument zur Kostenkontrolle von Großprojekten dargestellt würde. Die Perspektive der Architekten käme dabei zu kurz. Hat sich diese Wahrnehmung in den vergangenen beiden Jahren verändert? Nein, nicht wirklich. Als Vorstandsmitglied der Architektenkammer Hamburg und Mitglied im Arbeitskreis BIM bin ich viel zu diesem Thema unterwegs. Dabei stelle ich immer wieder fest, dass die Möglichkeiten, die die Methode BIM für Architekten bereithält, nach wie vor nur unzureichend wahrgenommen werden. Und das liegt vor allem an uns selbst: Während die Bauindustrie durch einige Großkonzerne repräsentiert wird, die zielgerichtet ihre Interessen artikulieren, bestehen innerhalb der Kammer als wesentlicher Organisationsform der Architekten nach wie vor große Vorbehalte. Neben einer gewissen Unkenntnis und der Angst vor zusätzlichen Investitionen gibt es vor allem die Befürchtung, zum Werkzeug der Bauindustrie degradiert zu werden. Die technologische Entwicklung wird aber weiter voranschreiten. Um dabei nicht an den Rand gedrängt zu werden, ist es wichtig, die Regeln, den Aufbau und den Einsatz von BIM nach unseren Interessen zu steuern. Interessant dabei ist, dass sich viele der Vorbehalte gegenüber BIM mit den Bedenken bei der Einführung von CAD in den 1980er Jahren decken. Auch damals wurde endlos lange da-
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rüber diskutiert, inwieweit Computer die sozialen Beziehungen verändern oder die Architektur automatisieren würden. Die großen Potenziale wurden damals und werden heute in vielen Fällen übersehen. Welche Potenziale haben Sie da in erster Linie im Blick? Die Planungsart BIM bietet uns völlig neue Möglichkeiten zur Erfassung und Verwertung von immer komplexeren Informationen und immer größeren Datenmengen als Folge neuer DIN-Vorschriften, neuer europäischer Richtlinien oder neuer Vorgaben im Rahmen der EnEV oder in Bezug auf Cradle to Cradle. Im Endeffekt müssen wir ja mehr oder weniger jedes kleinste Material, das wir in einem Bauwerk einfügen und verarbeiten, in seiner Stofflichkeit kategorisieren und nachführen. Ohne BIM ist all das irgendwann gar nicht mehr leistbar. Außerdem haben wir so die Möglichkeit, uns unser Wissen über Materialität und unsere Kompetenzen beim Einsatz von Materialien und Ressourcen nicht von Dritten aus der Hand nehmen zu lassen. Schließlich sitzen in manchen Planungsrunden mittlerweile Beratungsbüros, die vorgeben, welche Materialien gemäß welcher Zertifizierung verwendet werden dürfen. Da müssen wir in der Lage sein, das zu verifizieren oder klarzustellen.
Kapitel Architekten I Planer
Welche weiteren Vorteile sehen Sie? Neben einer höheren Effizienz in der Bearbeitung von Objekten und einer optimierten Datenverwaltung bietet BIM uns gleichzeitig große Vorteile auf funktionaler Ebene bei der Zusammenführung der unterschiedlichen Fachplaner. Ein Beispiel dafür ist der kostengünstige Wohnungsbau, wo es mittlerweile immer mehr Fertighausanbieter gibt, die neben Einfamilienhäusern zunehmend auch Geschosswohnungsbau aus dem Katalog mit vorgefertigten Bauteilen aus der Fabrik realisieren. Der Druck zur Schaffung von kostengünstigem Wohnraum droht dabei unsere gewachsene Baukultur auszuhebeln. Um das zu vermeiden und unsere Rolle zu behaupten, müssen wir am Ende die gleiche Kompetenz im singulären Hausbau entwickeln. Das geht meiner Meinung nach nur über die Zusammenführung der Komplexität mittels BIM.
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Wie sieht es in Ihrem Büro aus? Setzen Sie bei der BIM-Planung nach wie vor auf Revit? Ja, das hat sich grundsätzlich nicht verändert. Sehr interessant ist allerdings, was rund um BIM mittlerweile entsteht. Ähnlich wie bei anderen großen Programmen wie Microsoft Office gibt es inzwischen auch hier zahlreiche Dritthersteller, die neue Tools erstellen. Wir setzen zum Beispiel eine neue Software ein, die dazu in der Lage ist, eine automatisierte Kontrolle bestimmter Prüfszenarien vorzunehmen. Auf Knopfdruck kann ich so zum Beispiel feststellen, ob sämtliche Abstände zwischen WC und Wand den DIN-Vorgaben entsprechen. In einem nächsten Schritt werden wir ein automatisiertes Qualitätsmanagement erleben, das uns – ähnlich wie beim autonomen Fahren – eine automatisierte Fehlervermeidung im Bereich Planung und Konstruktion erlaubt.
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Sämtliche Auflagen und DIN-Vorschriften sind dabei bereits eingearbeitet?
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Geometrieprüfung
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Intelligente Bauteile und Listen
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Kollisionsprüfung
Ja, ähnlich wie zum Beispiel beim Maschinenbau, wo Schrauben längst nur entsprechend der DIN-Vorgaben in den Konstruktionsprogrammen verwendet werden können, wird die von uns eingesetzte Software schon bald die Vorgaben aller 17 Landesbauordnungen, aller DIN-Normen und aller europäischen Verordnungen integrieren. Ich bin überrascht, wie schnell die Entwicklung in diesem Bereich voranschreitet. Und das Schöne dabei ist: Ich kann meinen Mitarbeitern damit eine Menge repetitiver Tätigkeiten wie Excel-Listen ausfüllen oder Flächen berechnen vom Tisch nehmen. BIM schafft so den Raum für die eigentlichen Kernaufgaben des Architekten.
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Welche weiteren Entwicklungen beobachten Sie? Interessant sind die Veränderungen im Austausch mit der Industrie, den Bauteileherstellern. Als Architekten haben wir natürlich ein Interesse daran, dass ein eingesetztes Produkt in seiner Gesamtheit funktioniert, dass also zum Beispiel die Trittschalldämmung mit dem Estrich korrespondiert und normgerecht erbaut wird. Aktuell liegt die Haftung in diesem Bereich auf der Seite des Architekten, der immer wieder die Ausschlüsse zusammenstellen muss, um Schäden zu vermeiden. Durch die zunehmende Vernetzung und das Einbringen der an den Produkten haftenden Daten in die Planung scheint sich dieses Risiko in Richtung der Hersteller zu verlagern. Die Verantwortung für die Produktsicherheit würde sich damit zu unseren Gunsten verschieben. Parallel dazu wird auch der Bereich der künstlichen Intelligenz zunehmend an Bedeutung gewinnen. Verknüpft mit dem Thema BIM wird es in einigen Jahren zum Beispiel möglich sein, durch eine Brille zu blicken, die digitale Planungsinhalte und reale Szenarien zusammenfügt und während eines Meetings völlig neue Möglichkeiten zur Ansicht von geplanten Bauprojekten bietet. Trotz dieser vielfältigen Möglichkeiten stellen Sie nach wie vor Vorbehalte gegen die Methode fest. Läuft da nicht die Zeit weg? Ja, in der Tat. Wobei man sagen muss, dass die Realitäten Fakten schaffen. Parallel zum Thema Industrie 4.0 ist auch die Durchsetzung von BIM unaufhaltsam und schreitet immer schneller voran. Die kritische Haltung innerhalb der Kammer interpretiere ich dabei vor allem als Generationenfrage. Um hier neue Impulse zu erhalten, rate ich den meisten Büros dringend insbesondere jüngeren Mitarbeitern den spielerischen Zugang zum Thema BIM zu ermöglichen. Jüngere Hochschulabsolventen können mittlerweile alle ganz selbstverständlich mit einer 3D-Planung arbeiten und sind nach einer Woche Einarbeitung in der Lage, mit BIM zu planen. Zum einen hat sich hier die Ausbildungssituation in Deutschland leicht verbessert in den vergangenen Jahren, zum anderen gibt es ein riesiges Interesse bei Studenten an dem Thema. Und weil die digitale Generation hier sowieso sehr schnell adaptionsfähig ist, bringen die sich das in vielen Fällen über Youtube-Tutorials an einem Wochenende bei. Und das mit gutem Grund! Denn die aktuellen Umwälzungen bieten den Jüngeren die große Chance, sich mit BIM relativ schnell zu etablieren.
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Sie hatten eingangs beschrieben, dass die Architekten die Regeln, den Aufbau und den Einsatz von BIM nach ihren Interessen mitbestimmen sollten. In unserem letzten Gespräch hatten Sie hier die Niederlande und Dänemark als positive Beispiele beschrieben und dabei den BIM-Cluster in Aarhus erwähnt. Gibt es solche Ansätze inzwischen auch in Deutschland? Ja, auf lokaler Ebene etablieren sich solche Ansätze mittlerweile auch in Deutschland immer mehr. In Hamburg gibt es zum Beispiel den Arbeitskreis BIM in der Architektenkammer oder unseren Hamburger BIM-Stammtisch mit Partnern aus allen Bereichen des Bauens. Grundsätzlich ist es so, dass jedes Büro seinen eigenen Umgang mit BIM definieren muss. Wichtig ist allerdings, dass wir uns gemeinsam auf einige Standards einigen. Und das betrifft insbesondere die Datenkontrolle an der Schnittstelle zur Bauindustrie. Immerhin bedeuten die von uns erstellten Daten für die Industrie einen enormen Zeitgewinn und eine enorme Arbeitsersparnis. Und das muss den Unternehmen dann auch was wert sein. Bei einem mit BIM geplanten Bauteil aus Beton zum Beispiel sind letztlich sämtliche Daten zur Betongüte, zur Stahlbewehrung oder zur Oberflächenveredelung bestellfertig hinterlegt. Über das gesamte Projekt gesehen schafft das schnell einen wertvollen Zeitvorteil von mehreren Monaten. Gelingt es uns, hier einen einheitlichen Standard zu definieren, dann haben wir die Chance, die Wertschöpfung nach vorne zu verlagern und uns diesen Mehraufwand bezahlen zu lassen. Nicht vom Kunden, aber von der Bauindustrie. Die Grundlage dazu wäre aber, dass die Architekten gemeinsam agieren. Ja, nur dann werden wir in der Lage sein, die Spielregeln mitzubestimmen. Und am Ende ist das ja auch kein Gegeneinander. Wir haben ein Interesse, die Bauindustrie hat ein Interesse, das geht Hand in Hand. Überhaupt setzt BIM eine umfassende Kooperation voraus. Das beginnt schon bei der Planung, die ja nicht singulär in einem Fachgebiet passiert, sondern immer die Zusammenarbeit von verschiedenen Disziplinen an einem Modell bedeutet. Die Grenzen zwischen Autorenschaft und Mitwirkung verschwimmen dabei. Und das erfordert gerade im Bereich Architektur, in dem sich viele Kollegen traditionell als persönliche Schöpfer von Ideen begreifen, ein völlig neues Selbstverständnis. Darüber hinaus gibt es natürlich grundsätzlich immer den Kern der Architektur, das Konzept, die Grundidee für ein Gebäude. Und dieser Kern bleibt von all diesen Entwicklungen letztlich unberührt.
∫ Datenkontrolle/ Schnittstelle: Ungehindeter Datenaustausch für alle, S. 68 f
Kapitel Architekten I Planer
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Vorbereitung für die 3D-Bemusterung: virtueller Rundgang für den Kunden
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Vorbereitung zur Visualisierung
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Visualisierung zur Abstimmung mit dem Kunden
∫ BIM Building Information Modeling I Management, Band 1, 2015 S. 36, „Die Rolle des Architekten als Ingenieur stärken“ ∫ Organisation internes BIM-Management blauraum Architekten: 1 BIM / Interface Manager 6 Discipline BIM Model Coordinators 8 Team Model Coordinators Terminologie: Closed BIM, je nach Projektsituation Little BIM Softwareeinsatz: Autodesk Revit
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Robert Uhde im Gespräch mit Stefan Neuhäuser, Dragos Naicu, Wolfgang Kraus, Bereich Tragwerksplanung Michael Seelig, Bereich Konstruktion, Kim Boris Löffler, Leiter der performative Building Group, alle Bollinger + Grohmann Ingenieure, Frankfurt am Main / Deutschland und Thomas von Küstenfeld, Head of Design Systems, HENN, München / Deutschland
Arbeiten im BIM-Netzwerk – Kollaboration von Fachplanern und Architekten Mit rund 150 Mitarbeitern in weltweit acht Niederlassungen gehören Bollinger + Grohmann zu den bundesweit größten Ingenieurbaubüros. Neben klassischen Ingenieurbauwerken entwickeln die Planer die Konstruktion für sämtliche Arten des Hochbaus wie Schulen, Museen, Stadien, Bürogebäude oder Wohnungsbauten. Seit ihrer Gründung 1983 haben Bollinger + Grohmann unter anderem mit Coop Himmelb(l)au, Zaha Hadid, Dominique Perrault, Sanaa, Frank Gehry, Schneider + Schumacher, Peter Cook oder Hans Hollein zusammengearbeitet. Zu den wichtigsten Referenzen zählen der Gebäudekomplex der EZB in Frankfurt sowie die Tragwerksplanungen für das Kunsthaus Graz und die Hungerburgbahn in Innsbruck. Aktuell arbeiten Bollinger + Grohmann bei zwei Projekten mit Henn zusammen. Das international tätige, mit insgesamt rund 350 Mitarbeitern besetzte Architekturbüro mit Niederlassungen in München, Berlin und Peking verfügt über mehr als 65 Jahre Erfahrung in den Bereichen Kultur- und Bürobau, Lehre und Forschung sowie Entwicklung, Produktion und Masterplanning. Wichtige Referenzen sind der Porsche Pavillon in der Autostadt in Wolfsburg, das Merck Innovationszentrum in Darmstadt, der Hauptsitz von Zalando in Berlin oder der Haikou Tower in Hainan.
tekla BIMsight
LEVEL OF INFORMATION
BIM Koordinator
ARCH
Bauherr Projektsteuerer
Nicht klar definiert. Ziele: • Kollisionsanalyse • Zentrales 3D Modell • Massenermittlung • Digitalisierte Kommunikation
ATTRIBUTE
LEVEL OF GEOMETRY
ARCHICad
Open BIM Kommunikation zwischen den Meilensteinen mittels BCF
Modellaustausch mittels IFC zu definierten Meilensteinen
TWP
Allplan
TGA
AutoCAD
GEOMETRIE
Klassische HOAI-Planung 1
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Durchführungsplan
Kapitel Architekten I Planer
Herr Neuhäuser, in der Zusammenarbeit mit Architekten und anderen Fachplanern arbeiten Sie regelmäßig in interdisziplinären Planungsteams zusammen. Welche Dienste leistet BIM hierbei?
∫ BIM Building Information Modeling I Management, Band 1, 2015 S. 58, „BIM und parametrische Planung bei Bollinger + Grohmann“ ∫ Organisation internes BIM-Management Bollinger + Grohmann: 6 BIM Manager standortübergreifend 24 Modeling standortübergreifend Terminologie: Open BIM und Closed BIM Softwareeinsatz: Autodesk Revit, Allplan Architecture, Rhino, Grasshopper, Karamba3d, Tekla, Dynamo, Solibri Model Checker, Navisworks ∫ Organisation internes BIM-Management Henn: Team Design Systems mit 8 Mitarbeitern zur BIM-Standardisierung und für übergreifendem BIM-Management; BIM Koordinatoren in jedem Projekt Terminologie: Projektspezifisch Open BIM und Closed BIM Softwareeinsatz: LP 1–2: Rhino, Grasshopper, Revit, Datenbanken ab LP 3: Revit, iTWO, Rhino, Grasshopper, Datenbanken Koordination und Qualitätsprüfung: Navisworks, Solibri Model Checker
Stefan Neuhäuser: Unabhängig von der Zusammenarbeit mit anderen Fachplanern bietet uns BIM zunächst einmal intern zahlreiche Vorteile. Das reicht bis hin zur konsistenten Dokumentation und der Unterstützung bei der Kostenberechnung. Aber wenn unsere Projektpartner ebenfalls mit BIM planen, dann ist das natürlich umso besser. Die Arbeit am gemeinsamen Modell ermöglicht eine viel direktere Kommunikation und eine deutlich höhere Transparenz im Netzwerk, sodass sich eventuelle Kollisionen schon im Vorfeld erkennen und beheben lassen. Herr von Küstenfeld, Sie haben bereits verschiedene Projekte mit Bollinger + Grohmann realisiert. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und welche Rolle spielt BIM dabei? Thomas von Küstenfeld: Die Komplexität der Bauten wird kontinuierlich größer und die geforderte technische Ausstattung immer anspruchsvoller. Als Generalplaner arbeiten wir daher gerne mit führenden Fachingenieuren zusammen. Bollinger + Grohmann ist hier ein Partner, mit dem wir auch im Rahmen einer BIM-basierten Planung sehr gut kooperieren können. Inzwischen haben wir bereits mehrere Projekte gemeinsam entwickelt. Da entstehen natürlich auch zahlreiche Synergien. Aktuell entwickeln Sie gemeinsam ein Bürogebäude in Leverkusen. Was sind dort die größten Herausforderungen im Hinblick auf die Abstimmung mit den verschiedenen Fachplanern? Thomas von Küstenfeld: Um eine moderne, kommunikative und transparente Arbeitswelt zu entwickeln, die Raum für Begegnung schafft, setzen wir bei dem Projekt eine offene Atriumslösung um, die hohe Ansprüche an die Tragwerksplanung stellt. Darüber hinaus sind im Rahmen einer komplexen Durchbruchsplanung außerdem permanente Abstimmungen mit den TGA-Fachplanern nötig. Der gemeinsame Planungsprozess in einem BIM-Prozess mit einer einheitlich verwendeten Softwareplattform bietet dazu ideale Voraussetzungen.
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Datenaustausch mittels Open BIM: Beim Prozessablauf Open BIM wird ein softwareunabhängiger Modellaustausch mittels IFC-Dateien (Industry Foundation Classes) als offener Standard an definierten Meilensteinen im Projekt ermöglicht. Zusätzlich erfolgt die Koordination der Modelle zwischen den Meilensteinen mittels BCF (BIM Collaboration Format), ein offenes Format zur Kommentierung der Modelle. Dieser Prozess ermöglicht eine größere Flexibilität im Austausch mit den Projektbeteiligten.
Wie läuft die gemeinsame Planung ab? Michael Seelig: Die Grundlage für den gesamten Planungsprozess ist ein von Henn mit Autodesk Revit erstelltes Basismodell, in dem dann sukzessive die Modelle der unterschiedlichen Fachplaner integriert werden. Als Tragwerksplaner haben wir ausgehend von diesem Mastermodell zunächst ein leicht reduziertes Modell
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erstellt, das ausschließlich die für uns relevanten bauteilund tragwerksspezifischen Parameter umfasst. Nach und nach können wir hier unsere eigenen Daten und Berechnungen einpflegen: Das betrifft neben den spezifischen Geometrien insbesondere auch die notwendigen Informationen zu den verschiedenen Bauteilen und Materialien – also Materialgüten, Festigkeiten, Bewehrungsgehalte. Alle zwei Wochen leiten wir das von uns überarbeitete Modell an Henn weiter, um einen regelmäßigen Abgleich mit dem Mastermodell zu ermöglichen. Die gleichen Abläufe finden parallel auch mit den TGAFachplanern statt. Ausgehend von den vonseiten der Haustechnik formulierten Vorgaben zur Leitungsführung können wir dann auch die Durchbrüche in Wänden und Decken anpassen. Wenn alles glatt läuft, dann sind die verschiedenen Modelle soweit kohärent, dass es keine Kollisionen mehr gibt. Welche Fortschritte stellen Sie bezüglich der Planung mit BIM in den vergangenen beiden Jahren fest? Wolfgang Kraus: Wenn ich unsere Zusammenarbeit mit Henn als Beispiel nehme, dann würde ich insbesondere den optimierten Austausch zwischen den verschiedenen Modellen nennen. Vor zwei Jahren haben wir das zwar auch schon durchgeführt, es gab aber noch keinen richtigen Konsens über die zu nutzende Software und die genaue Vorgehensweise. Das ist jetzt anders. Damit einher geht ein deutlich verbesserter Workflow. Vor zwei Jahren haben wir Eigenschaften von Bauteilen zum Beispiel noch über Exceltabellen ausgetauscht. Inzwischen arbeiten wir daran, einzelne Prozesse gemeinsam in einer Art Datenbank zu verwalten. Perspektivisch betrachtet wäre die weitere Automatisierung von Prozessen ein schönes Ziel; so könnte zum Beispiel der Verlauf einer Leitung automatisch angepasst werden, wenn ich einen Durchbruch verschiebe. Aber das wird noch dauern. Dragos Naicu: Aktuell ist es immerhin so, dass wir den Haustechnikern im 3D-Modell Bereiche vorgeben können, in denen keine Durchbrüche erlaubt sind. Oder wir können die Größe der Durchbrüche durchgeben und anschließend über eine interne Qualitätskontrolle überprüfen, ob diese Vorgabe umgesetzt ist, ohne alles händisch nachmessen zu müssen. Zukünftig lassen sich aus dem BIM-Modell idealerweise direkt Berechnungsmodelle ableiten, mit denen wir dann unsere planerischen Leistungen erbringen können. Interessant wird das, wenn diese Kopplung in beide Richtungen funktioniert – wenn wir also nicht nur das Berechnungsmodell aus dem BIM-Modell ableiten, sondern auch die Ergebnisse aus den Berechnungen direkt in das BIM-Modell einfließen; als zum Beispiel Berechnungen darüber, wieviel Bewehrung ein Bauteil enthalten muss oder welche Stahlprofile notwendig sind.
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Herr Löffler, in unserem letzten Gespräch hatten Sie das cloudgestützte Generieren und Verwalten von Bauteilfamilien als strategisches Ziel genannt, um so das Wissen aus vorherigen Projekten in aktuelle Planungen einfließen zu lassen. Gibt es hier Fortschritte? Kim Boris Löffler: Nein, in diesem Bereich hat sich leider nicht so viel getan wie erhofft. Durch die gute Auftragslage in der Branche ist es aktuell eher schwierig, Entwicklungen voranzutreiben, die nicht sofort anwendbar sind. Wobei wir in unserem Büro aber auf jeden Fall vorangekommen sind, das sind pragmatische Anwendungen in Revit, die Entwicklung interner Handbücher und das bessere Ausgestalten der Software-Schnittstellen. Das läuft jetzt alles wesentlich routinierter ab als vor zwei Jahren. Wahrscheinlich haben wir im Hinblick auf BIM gerade ein Zwischenplateau erreicht. Und jetzt geht es eher darum, kurz innezuhalten und die internen Prozesse nachzuziehen. Thomas von Küstenfeld: Das nehme ich ähnlich wahr. In den vergangenen zwei, drei Jahren ist auch ein ziemlicher Hype um das Thema BIM entstanden. Da besteht dann schnell die Gefahr, dass man versucht, sich selbst überholen zu wollen, indem man vier Schritte auf einmal macht. Stattdessen geht es uns im Moment vor allem darum, alle Kollegen bei diesem gewaltigen Veränderungsprozess mitzunehmen. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang ein gutes Coaching. BIM lässt sich nicht als eine Software bei einem Händler einkaufen, das funktioniert nicht! Ebenso wichtig ist es, Fachplaner zu finden, mit denen wir modellbasiert gut zusammenarbeiten können. Eine kooperative, pragmatische Arbeitsweise aller Beteiligten und ein optimierter gemeinsamer Datenaustausch sind für die erfolgreiche Umsetzung von BIM deutlich entscheidender als die isolierte Perfektionierung eines internen technischen BIM-Standards. Unsere Vision in einem solchen Zusammenspiel ist es, die Modelle aller beteiligten Planer so zusammenzuführen, dass wir nicht nur 3D-Modelle überlagern, sondern fachübergreifend verschiedene Parameter etwa zu Materialien oder Eigenschaften im Modell austauschen, um darauf aufbauend noch präzisere Kostenberechnungen, Simulationen oder Analysen ablaufen lassen zu können.
Kapitel Architekten I Planer
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Ein weiteres Beispiel für kontinuierliche BIM-Planung bei Bollinger + Grohmann Ingenieure: die Europazentrale der MHK Group in Dreieich Sprendlingen. (Architekten: AS + P, Frankfurt) Der nicht auskragende Teil wurde in konventioneller Stahlbetonbauweise ausgeführt, die 31 m lange Auskragung des 2. bis 5. Geschosses hingegen über zwei Stahlfachwerkträger realisiert. Während die Architekten das Gebäude in Autodesk Revit planten, entschied man sich bei Bollinger + Grohmann angesichts der Herausforderungen an den Stahlbau, das gesamte Tragwerksmodell in Tekla zu erstellen. Das Austauschformat wurde auf das IFCFormat festgeschrieben.
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Die Baustelle der Europazentrale der MHK Group im November 2016. Die Fertigstellung ist für Ende 2017 geplant.
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Robert Uhde im Gespräch mit Kim Boris Löffler, Leiter der Performative Building Group, Bollinger + Grohmann Ingenieure, Frankfurt am Main und Andreas Pilot von der ARGE Neubau Kreisklinik Groß-Umstadt (LSK-Architekten Lube ı Schoppa ı Krampitz Mangold PartGmbB und Angela Fritsch Architekten GmbH), Darmstadt / Deutschland
Open BIM-Planung am Beispiel des Neubaus der Kreisklinik Groß-Umstadt
Ein weiteres aktuelles Projekt von Bollinger + Grohmann ist die Tragwerksplanung für einen Klinikneubau mit der ARGE Neubau Kreisklinik Groß-Umstadt. Die ARGE hat den Auftrag über einen gewonnenen Wettbewerb erhalten, Beide Büros haben ihren Arbeitsschwerpunkt im Bereich Bildungsbauten und Gesundheitswesen in allen Leistungsphasen. Bei diesem Projekt führt Andreas Pilot den BIM-Prozess, der das BIM-Management und die BIM-Koordination umfasst.
Herr Pilot, welche Herausforderungen mussten bei der Planung des Bettenhauses in Groß-Umstadt bewältigt werden? Andreas Pilot: Bei dem Projekt handelt es sich um den Neubau der Kreisklinik in Groß-Umstadt. Der Bau nimmt auf sechs Geschossen einen Pflegebereich, eine Intensivstation, eine Notaufnahme, eine Cafeteria und ein Technikgeschoss mit Küche auf. Im Rahmen der BIMPlanung sind wir bis Leistungsphase 3 mit einem Team bestehend aus Architekten, Tragwerksplanern und TGAPlaner gestartet, die weiteren Fachplaner stoßen erst ab Leistungsphase 5 hinzu. Dieser stufenweise Ablauf hängt auch damit zusammen, dass es in Deutschland noch nicht sehr viele Planungsbüros gibt, die in einem solchen Team eine 3D-Planung umsetzen können. Für einige Firmen und Büros ist dies noch Pionier-Arbeit. Das beginnt schon damit, dass man vorab gar nicht weiß, welche Planer mit welchem CAD-Programm arbeiten. Für eine optimierte Umsetzung des Projektes im Rahmen eines offenen Standards haben wir deshalb zunächst mehrere gemeinsame Workshops durchgeführt, in denen wir vorab an einem Patientenzimmer konkrete technische Abläufe simuliert und Planungsvorgänge durchgespielt haben.
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∫ Organisation internes BIM-Management ARGE: 2 BIM Manager (standortübergreifend) 2 BIM Koordinatoren (standortübergreifend) 9 Modeling (standortübergreifend) Terminologie: open BIM Softwareeinsatz: Graphisoft ArchiCAD, Tekla BIMSight Solibri Model Viewer
Ein Closed BIM-Prozess wäre für das Projekt also gar nicht in Frage gekommen? Kim Boris Löffler: Die Architekten haben bei dem Projekt mit ArchiCAD gearbeitet, die TGA-Planer mit AutoCAD. Aufgrund dieser unterschiedlichen Software-Lösungen der verschiedenen Planungspartner hat sich der offene Standard über die IFC-Schnittstelle fast zwangsläufig ergeben. Für uns war diese Konstellation gleichzeitig der Anlass, erstmals bei einem BIM-Projekt nicht mit Revit, sondern stattdessen mit der von uns seit langem im Rahmen der Schalungs- und Bewehrungsplanung eingesetzten Software Allplan zu arbeiten. Das ermöglicht uns auch eine größere Flexibilität bei künftigen Projekten im offenen BIM-Standard. Was spricht außerdem für einen Open BIM-Prozess? Andreas Pilot: Ein weiterer Vorteil sind die vielen hoch spezialisierten Applikationen, die sich häufig nur über einen offenen Standard ins Projekt einbinden lassen. Und nicht zuletzt hat der offene Standard auch mit Ressourcen zu tun: Denn gerade in kleinen und mittelgroßen Büros ist es häufig gar nicht möglich, dass die Mitarbeiter mal eben so auf ein anderes CAD-Programm umsteigen können. Wir setzen ArchiCAD ein, weil es einerseits sehr objektorientiert und modern ausgerichtet ist und andererseits den offenen Standard sehr gut unterstützt und uns damit eine hohe Flexibilität ermöglicht.
Kapitel Architekten I Planer
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BIM-Koordinationsmodell der Kreisklinik Groß-Umstadt.
Und wie ist der Planungsprozess dann abgelaufen?
∫ BCF: BIM-Glossar S. 129 ∫ IFC-Viewer: s. BIM-Viewer, BIM-Glossar S. 130
∫ IFC-Standard und Optimierung: Ungehindeter Datenaustausch für alle, S. 68 f
Andreas Pilot: In einem ersten Schritt haben wir zunächst das gesamte Gebäude in 3D aufgebaut und dabei auch definiert, welche Bauteile tragend sind und welche nicht. Ausgehend von diesen Vorgaben konnten die Tragwerksplaner von Bollinger + Grohmann zum Beispiel die Geschossdecken mit den dazugehörigen Bauteilen mit ihrer Berechnungssoftware bearbeiten und ihr Tragwerksmodell dann zur Anpassung und Abstimmung wieder an uns zurückleiten. Wichtig dabei ist, dass jeder Fachplaner die Hoheit über sein eigenes Modell behält! Für eine optimierte Kommunikation und eine reibungsfreie Übergabe von Anmerkungen verwenden wir das offene Format BCF, für eine herstellerunabhängige Betrachtung und zur Freigabe sämtlicher Modelle kommt außerdem ein unabhängiger IFC-Viewer zum Einsatz. Wie haben sich diese Prozesse in den vergangenen Jahren verändert und welche Perspektiven sehen Sie für den offenen Standard? Andreas Pilot: Zum einen stelle ich fest, dass immer mehr BIM-Prozesse online ablaufen. Und das wird weiter zunehmen. Parallel dazu wird der IFC-Standard weiter optimiert und es werden immer mehr freie Tools angeboten. Daher ist davon auszugehen, dass sich der offene Standard weiter durchsetzen wird.
Herr Löffler, Sie hatten bei unserem letzten Gespräch die Befürchtung geäußert, dass der offene Standard durch eine Abschottung der großen Softwarehäuser in seiner weiteren Entwicklung eingeschränkt werden würde. Das scheint sich aber eher nicht bestätigt zu haben, oder? Kim Boris Löffler: Nein, das hat sich so nicht eingestellt. Im Gegenteil, mit Revit 2017 hat zum Beispiel Autodesk sich gegenüber anderen Software-Applikationen und Dateiformaten von anderen SoftwareHäusern geöffnet. IFC kann Revit schon lange; aber mittlerweile gibt es auch eine große Bandbreite an Importmöglichkeiten nativer Dateiformate – z. B. mit Rhinoceros, das nicht IFC-kompatibel ist. Das bietet eine gute Basis für die weitere Entwicklung von BIM. Andreas Pilot: Ein positiver Nebeneffekt der Zusammenarbeit im offenen Standard ist außerdem die Stärkung des Netzwerkgedankens. Denn durch die extrem schnelle Entwicklung in diesem Bereich besteht zwangsläufig die Notwendigkeit zur Kooperation und zum intensiven Austausch wie beispielsweise bei buildingSMART oder der BIM_ag. Als Einzelkämpfer hat man hier keine Chance. Das ist ein interessanter Prozess, der auch den Umgang miteinander verändert. Ganz typisch ist für den Open BIM-Prozess ist z. B. die Notwendigkeit zur Weitergabe von unfertigen Modellen. Das schafft eine ganz andere Transparenz, bei der kompetitive Elemente kaum noch eine Rolle spielen. Eine spannende Perspektive für die Branche!
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Christine Ryll im Gespräch mit Henrik Thomä, Architekt und BIM-Manager bei Hild und K, München / Deutschland, sowie Michael Beckert, Project Director, Senior Architect, DI Architect und Astrid Renata Van Veen, Sivil Arkitekt M. Arch, MNAL, Prosjektleder, Snøhetta, Oslo / Norwegen
BIM im Vergleich – Norwegen und Deutschland In Sachen BIM gelten die Skandinavier neben den angelsächsischen Ländern als Vorreiter. Sie haben bereits umgesetzt, was wir noch umsetzen wollen, haben die Herausforderungen gelöst, die wir noch lösen wollen. Aber wie haben sie das geschafft, und vor allem: Was haben sie anders gemacht als wir? Zwei Büros – Hild und K aus München und Snøhetta aus Oslo – vergleichen ihre Erfahrungen.
Wie lange arbeiten Sie bereits mit BIM und wie verlief der Weg bisher? Henrik Thomä: Wir haben 2008 mit der Einführung von BIM begonnen. Das bisher größte Projekt, das wir mit BIM abgewickelt haben, war das BayWa-Hochhaus im Münchner Arabellapark, bei dem der Bestandsbau saniert und aufgestockt wurde. Nach dem Umbau wird das Gebäude eine Fläche von rund 54.000 Quadratmetern erreichen. Hier haben wir mit unseren beiden Standorten Berlin und München gemeinsam am Projekt respektive dessen 3D-Modell gearbeitet. Die Fassade des Hochhauses wurde vollständig in Berlin entwickelt und über den in München geplanten Rohbau gestülpt. Das hat gut geklappt, wobei wir die Daten nicht in Echtzeit ausgetauscht haben, sondern jeweils über Nacht aktualisiert. Bei einem anderen Projekt haben wir die ersten Leistungsphasen mit BIM in München bearbeitet und dann die Ausführungsplanung in Berlin darauf aufgebaut. Der diesem Vorgang systematisch innewohnende Informationsverlust fiel deutlich geringer aus als bei unseren bisherigen (Austausch-)Arbeitsweisen. Die Arbeit an einem gemeinsamen 3D-Modell ist gleichzeitig der Kern, aber ehrlich gesagt auch nur der Beginn von BIMArbeitsweisen. Daran zeigt sich deutlich, dass die Kollegen in Skandinavien ein paar BIMEvolutionsstufen höher agieren. Astrid Renata Van Veen: Für uns gehört BIM schon seit geraumer Zeit zum Alltag. Die norwegische Architektenkammer hat gerade eine Umfrage unter den gelisteten Büros durchgeführt. Die Auswertung ergab, dass inzwischen 96 Prozent aller norwegischen Architekturbüros BIM anwenden, um die täglichen Herausforderungen ihrer Projekte zu lösen. Wir nutzen das Tool, um Informationen zu sammeln und in einem Projekt zu kommunizieren. Jedes Projekt beginnt mit BIM, aber im geringeren Teil der Projekte wird BIM im gesamten Prozess von der Planung über den Bau bis hin zum Gebäudebetrieb genutzt. Alle Informationen werden mit BIM gesammelt. Im Falle unseres Projektes Kunst- und Designhochschule in Bergen (KHiB) haben die Arbeiter auf der Baustelle das Modell genutzt, um Informationen zu checken. Sie hatten Computerscreens vor Ort, und die Poliere nutzten iPads, auf denen die Daten synchronisiert bereitgestellt wurden. Sämtliche Informationen wurden wöchentlich aktualisiert. Der Level an Komfort bezüglich der Kommunikation zwischen den Planern und den ausführenden Unternehmen hat dadurch einen hohen Grad an Genauigkeit erreicht.
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∫ Organisation internes BIM-Management Hild und K: 2 BIM- / Interface-Manager 5 Model Coordinators Terminologie: Closed BIM Little BIM Softwareeinsatz: Autodesk Revit, Solibri
∫ Organisation internes BIM-Management Snøhetta, KHiB-Projekt, design phase: 1 CAD / BIM Operators Projektteam: 8 – 10 Architekten, Innenarchitekten und Landschaftsarchitekten Terminologie: Open BIM Big BIM Technisch – Entwurf, Information, Zusammenarbeit Operativ – Konstruktion, Risiko, Qualität zum Teil: 4D (Zeitmanagement) 5D (Kosten, Material, Recht) Das KHiB-Modell wurde getagged, um dem ausführenden Unternehmen das Generieren von Stücklisten (material take off lists (MTO)) zu ermöglichen. Strategisch – BIM Implementation Plan in der Entwurfsphase
Kapitel Architekten I Planer
Sehen die Mitarbeiter bei Hild und K in Deutschland das genauso? Schätzen sie BIM? Henrik Thomä: Sie weigern sich inzwischen, ohne BIM respektive auf dem früher gängigen Weg zu arbeiten. Dabei haben wir einen gewaltigen Sprung hinter uns. Wir hatten ja zuvor nur mit 2DLinienzeichnungen gearbeitet. Es war also ein Sprung über mehrere Evolutionsstufen hinweg. Um ihn möglichst fehlerfrei zu gehen, haben wir zunächst viele Mitarbeiter geschult, manche sogar mehrfach. Das lag daran, dass sich geplante Projekte verzögert hatten, und als sie schließlich anliefen, war das erlernte Wissen bereits wieder verblasst. Heute machen wir das nicht mehr. Wir haben mittlerweile einen Stamm an BIM-erfahrenen Planern und ordnen BIM-Neulinge bestehenden Teams zu, sodass wir nun voneinander lernen können. Klar, die Einführung hat Kraft gekostet, weil es Lager gibt: Die einen stehen Neuerungen positiv gegenüber, andere sind sehr skeptisch. Das ist wie im echten Leben. Wir sind darüber hinaus ein gestalterisch getriebenes Büro. Gerade in solch einer Umgebung tun sich Architekten schwerer mit der Implementierung neuer digitaler Techniken als in einem Büro, das sowieso technisch unterwegs ist. Aber wir sind den Prozess gegangen und das ist gut so. Inzwischen kommen auch viele junge Architekten zu uns, die mit BIM arbeiten wollen. Wenn die mit einem 2D-Malprogramm konfrontiert werden würden, würden wir irgendwann keine Leute mehr bekommen. Wie sieht die Zusammenarbeit mit anderen Büros aus? Henrik Thomä: Die Schnittstellen in den Leistungsphasen 5 bis 8 funktionieren dank BIM sehr gut. Bei einem aktuellen Projekt arbeiten wir beispielsweise mit einem externen Bauleitungsbüro zusammen. Die Kollegen dort sind sehr zufrieden mit unserer Arbeit, da die von uns gelieferten Pläne durchwegs konsistent und verlässlich sind und zu einem hohen Prozentsatz eins zu eins umgesetzt werden können. Welche Vorteile haben Sie bis dato konkret aus BIM gezogen? Henrik Thomä: Zum einen ziehen wir inzwischen die Mengenermittlung direkt aus den Modellen heraus. Das spart sehr viel Zeit. Seit kurzem machen wir zudem bereits die frühen Baumassenstudien mit BIM respektive der Software Revit. Das funktioniert erst einmal gefühlsmäßig genauso wie über den alten Weg eines Styropor-Modells im Maßstab 1:500. Man gibt dann die Geschosse ein und verlinkt alles, und als Ergebnis weisen die Tabellen die für die Projektentwickler notwendigen Baukennzahlenaus. So gewinnt die mit BIM erstellte Baumassenstudie im Vergleich zur Excelliste an Plausibilität, weil sie vom Bauherrn visuell nachprüfbar ist. Bei den früher gängigen Excellisten hat hingegen kaum jemand durchgeblickt. Unterstützt BIM auch bei der Kommunikation? Henrik Thomä: BIM ist sogar sehr kommunikationsfördernd, weil man Probleme besser erkennt, wenn man sie vor Augen hat. Am Anfang bespricht man im Zuge der Planung mit BIM mehr als auf dem alten Planungsweg – das haben wir in eigenen Pilotprojekten mit Haustechnikern und Statikern erfahren. Aber später braucht man bestimmte Termine gar nicht mehr. Die langwierigen Jour-fixe-Termine entfallen. Zudem ist BIM gemeinschaftsfördernd. Bei der bisher gebräuchlichen Planungstechnik konnten sich Kollegen und Projektanten einfach in eingefahrene Projektweisen flüchten. Heute müssen sie gemeinsam mit Bürovorlagen und in abgestimmten, büroübergreifenden Arbeitsweisen zusammenarbeiten. Einer kann somit dem anderen helfen. Die Arbeitsplanung ist flexibler und viel effektiver geworden. Die Arbeit mit BIM hat Menschen und Arbeitsweisen zusammengeschnürt. In der Regel reiben sich die Projektbeteiligten anfänglich eine Weile an Notwendigkeiten und aneinander, aber dann hat jeder das Gefühl, alles geschafft zu haben. Probleme werden früher bekannt und in Leistungsphasen gelöst, in denen Fehler nicht so dramatisch sind. Damit hat man in späteren Bauphasen keine nicht enden wollenden Schwierigkeiten mehr. Dieses Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben, ist sehr motivierend. Und die Qualität, die dank BIM bei den Projekten herauskommt, ist deutlich höher als früher.
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∫ Umbau und Sanierung BayWa Hochhaus Für die BayWa AG war ihre Konzernzentrale am Münchner Arabellapark zu klein geworden. Man wünschte sich eine Aufstockung des in den späten 1960er Jahren errichteten 18-stöckigen Bürogebäudes. Dies gab den Anlass für die jetzt umzusetzende Erneuerung aller Fassaden und die Neustrukturierung aller Büroetagen. Die intensive Beschäftigung mit dem vorhandenen Gebäude stand am Ausgangspunkt des Entwurfs. Mit seinem kreuzförmigen Grundriss wirkte das mit Waschbetonplatten verkleidete Hochhaus merkwürdig zu kurz geraten. Die Lösung für die als unbefriedigend empfundenen Proportionen lag in der optischen Auflösung des ehemals monolithischen Baukörpers in acht sternförmig und versetzt zueinander angeordnete Hochhausscheiben. Standort: Arabellastraße, München Bauzeit: 2014 – 2017 Bauherr: BayWa Hochhaus GmbH & Co. KG Architektur: Hild und K Architekten Andreas Hild, Dionys Ottl, Matthias Haber Fläche: 54.000 m2
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BayWa-Gesamtprojekt im Bau
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BayWa-Hochhaus im Bau Vorabplanung anhand eines virtuellen Modells, regelmäßiger Soll-Ist-Abgleich mit der Realität
Kapitel Architekten I Planer
Bringt BIM zeitliche Gewinne? Henrik Thomä: Wir können nicht sagen, dass die Projekte schneller ablaufen. Das liegt aber auch daran, dass die Planungen komplexer werden. Früher hat man mit 20 Plänen gebaut, heute mit 200. Aber unsere Erfahrungen mit dem BayWa-Hochhaus zeigen, dass wir die Planung unter Kontrolle hatten und weitestgehend fehlerfrei geplant haben. Das macht es kalkulierbar. Es gab keine großen Überraschungen. Wir waren vielleicht nicht viel schneller, aber wir sind angesichts dieses riesigen Projektes auch nicht komplett baden gegangen. Und wenn wir wirklich Zeit gewinnen würden, dann würden wir die vermutlich dafür nutzen, z. B. noch eine Fassadenstudie mehr zu machen und damit die architektonische Qualität weiter zu verbessern. Welchen Herausforderungen sehen Sie sich derzeit gegenüber? Henrik Thomä: Da ist zum einen das allseits bekannte Schnittstellenproblem zwischen den Software-Lösungen unterschiedlicher Anbieter. Tatsache ist einfach, dass die diversen SoftwareProdukte nach wie vor nicht wirklich kompatibel sind. Wenn Fachplaner nicht die gleiche Software nutzen, sondern wir uns über IFC austauschen müssen, dann sind die ausgetauschten Daten nur etwa 20 bis 30 Prozent dessen wert, was ein natives Datenformat wert ist. Der Rest der Informationen geht verloren. Das muss man verstehen wie den Austausch einer Textdatei über ein PDF. Das kann jeder lesen, aber wer das PDF im Datenformat Word umformatieren und mit Word weiterbearbeiten möchte, verliert eben auch an Informationen. Für uns hat daher Priorität, dass die in den Projekten vertretenen Haustechniker möglichst mit der gleichen Software arbeiten wie wir. Wenn der Datenaustausch zwischen diesen Projektanten und uns gut geregelt ist, ist schon sehr viel gewonnen. Wie haben Sie bei Snøhetta die Schnittstellenproblematik gelöst? Astrid Renata van Veen: In unseren ersten Projekten haben wir alle mit derselben Software auf demselben Server gearbeitet. Die Modelle wurden von Anfang an im Format Revit produziert und hochgeladen. Zur Kollisionsprüfung haben wir ein IFC-Modell genutzt. Zudem haben wir uns alle zwei Wochen zusammengesetzt, um interdisziplinär miteinander zu kommunizieren, also die Kommunikation in BIM mit der physischen Bauwelt zu koppeln. Auf der Baustelle ist es dafür leichter gewesen. In Norwegen benutzen jetzt mehrere Firmen den sogenannten BIM-Kiosk. Es ist ein PC mit Schirm. Der BIM-Kiosk ist mobil, und kann somit in einer Etage herumbewegt werden. Damit wird der Gebrauch der Papierzeichnungen minimiert, und die Daten können jederzeit auf den neuesten Stand gebracht werden. Es gibt jetzt sogar kommerzielle Lieferanten der BIM-Kioske, was uns zeigt, dass es ein äußerst nützliches Hilfsmittel ist. Wie sieht dann die Zusammenarbeit mit Partnerbüros aus, die nicht mit der gleichen Software arbeiten? Henrik Thomä: Genau vor dieser Herausforderung stehen wir gerade. Bei der Sanierung eines großen Museumsgebäudes arbeiten wir mit einem Londoner Büro zusammen. Dieses Büro nutzt ArchiCAD, wir Revit. Daher tüfteln wir gerade noch daran, wie wir die Daten optimal austauschen können. Das kann darauf hinauslaufen, dass wir die Planungen, die in London modelliert wurden, tatsächlich nachmodellieren müssen. Dies sollte im Prinzip problemlos möglich sein, denn alles, was auf der gemeinsamen Planungsgrundlage in 3D modelliert wurde, müsste im Grunde genommen auch zusammen passen. Aber es wäre eine Doppelbearbeitung, die unnötig Kraft und Zeit verschlingt. Der Kern des Problems ist die Aussparungsplanung und alles, was damit zusammenhängt. Wenn die reibungslos funktioniert, sind 50 % der Ausführungsplanung bereits geschafft. Das wäre tatsächlich unsere Frage an die Kollegen aus Skandinavien: Wie kann man über die IFC-Schnittstelle eine Aussparungsplanung machen, ohne dass man die Aussparungen nachmodellieren muss? Astrid Renata van Veen: In dem Fall würden wir ebenfalls nachmodellieren. Wir haben aber eine grundsätzlich andere Herangehensweise an BIM als Büros in Deutschland. Wir sind nicht so
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sehr von der Technik getrieben. So versuchen wir möglichst, die Software-Herausforderungen schon vor Projektbeginn zu lösen, um zu vermeiden, dass überhaupt Schnittstellenprobleme entstehen. Das beginnt bei den Bauherren, den Auftraggebern der Projekte. Die muss man von vornherein in das Projekt integrieren, denn im Grunde geht es darum, dass diese Bauherren wiederum Planer und Fachingenieure beauftragen, deren BIM-Software miteinander harmoniert. So müssen Software-Brücken gar nicht erst gebaut werden und Schnittstellenprobleme entstehen nicht. Wie sieht das bei Sanierungen im Bestandsbau aus? Modellieren Sie hier auch nach? Henrik Thomä: Wir haben bei dem BayWa-Hochhaus jede Aussparung nachmodelliert, da das Bestandsgebäude extrem niedrige Geschosshöhen hatte und trotzdem eine hohe Installationsdichte gefordert war – unter Beachtung und weitgehender Verwendung der Bestands-Aussparungen. Die Haustechniker konnten uns das nicht entsprechend mundgerecht liefern. Also haben wir das gemacht – auch wenn es keine Architektentätigkeit ist. Bei unserem neueren Sanierungsprojekt haben wir die Bauherren ebenfalls überzeugt, einen Vermesser und Bestandsmodellierer zu beauftragen, ein BIM-fähiges Bestandsmodell zu liefern. Solch ein BIM-fähiges Bestandsmodell empfinden wir als wichtig, weil es eine verlässliche Planungsgrundlage ist. Ansonsten wird oft erst auf der Baustelle abgeglichen, was von den Annahmen abweicht. Daraus resultieren Bauverzögerungen und unnötige Kosten. Wir sind der Meinung, dass es sich lohnt, Geld für ein BIM-fähiges Bestandsmodell auszugeben, selbst dann, wenn die Kosten hoch sind. Das ist schon deshalb gut, weil die Planer und Projektbeteiligten nah am Modell besser kommunizieren können. Michael Beckert: Ja, aber auch das ist eine Herausforderung. Wenn man in alten Gebäuden beginnt, Material zu sammeln und mit BIM aufzubereiten, kann man zehn Jahre mit dieser Tätigkeit verbringen. Hier geht es darum herauszufinden, welche Information für das jeweilige Bauvorhaben tatsächlich erforderlich ist. Diese Information erfordert wiederum das Gespräch mit dem Bauherrn, aber auch mit involvierten Genehmigungsbehörden. Die müssen mit ins Boot gezogen werden. Um diesen Prozess steuern zu können, braucht es Erfahrung. Genau das ist allerdings das Problem: Die BIM-Welt ist oft von jungen, technikaffinen Mitarbeitern getrieben. Nur fehlt diesen jungen Mitarbeitern oft die Erfahrung darin, wie man ein Gebäude schlussendlich baut. Die wiederum ist notwendig, um zu wissen, welche Informationen man wirklich benötigt, und alles andere ist sinnlose Vergeudung von Kraft, Zeit und damit auch Geld. BIM und Bauerfahrung miteinander zu verknüpfen ist daher eine aktuelle Herausforderung für das Projektteam Aufteilung und Büroorganisation. Wie reagieren die Bauherren auf BIM? Fordern sie es ein? Henrik Thomä: Beim BayWa-Hochhaus waren sie sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Terminpläne und Plansätze wurden termingerecht geliefert. Und das in einer sehr hohen Qualität. Das hat überzeugt. Wenn wir Bauherren im Erstgespräch erzählen, dass wir mit BIM arbeiten, rennen wir inzwischen offene Türen ein. Das geht so weit, dass wir, bevor wir auch nur das Wort BIM ausgesprochen haben, einen Termin haben, weil die Bauherren den Zug nicht verpassen wollen. Aber tatsächlich von uns gefordert wurde BIM bis dato nur in einem einzigen Projekt von Bauherrnseite in Hamburg, wo unser Berliner Büro einen Teilauftrag für Fassaden erhalten hat. Der Mangel an Bauherren, die sich von vornherein auf BIM einlassen wollen und alles dafür Notwendige tun, ist unser größtes Problem. Wie sieht es mit BIM in der Betriebsphase aus? Henrik Thomä: Mit BIM in der Betriebsphase haben wir noch keinerlei Erfahrung. Das hängt auch damit zusammen, dass von Nutzerseite noch keine BIM-Projekte bei uns angefragt wurden. Wir könnten zwar theoretisch Daten liefern und aufzeigen, wie sie in der Betriebsphase verwertet werden können. Aber zuvor müssen die Nutzer umdenken. Hier gibt es aber noch die Angst, etwa den Arbeitsplatz zu verlieren, wenn Dinge plötzlich effektiver und einfacher gehandhabt werden können.
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Kapitel Architekten I Planer
Astrid Renata van Veen: Das deckt sich mit den Erfahrungen vieler Büros in Norwegen. So hat jene Umfrage ergeben, dass viele Architekten meinen, die Bauherren nehmen das Thema BIM nicht seriös genug. Sie sind nicht qualifiziert genug und fragen nicht die richtigen Fragen. Die braucht man aber, um mit Hilfe von BIM die richtigen Antworten zu liefern. Es gibt also ein Missverhältnis zwischen der Seite der Architekten und der Seite der Bauherren. Zudem beklagt der Großteil der Büros, dass BIM auf den Baustellen immer noch zu wenig genutzt wird. In diesem Punkt müssen wir allerdings zwischen privaten und öffentlichen Bauherren unterscheiden. Wie ist hier die Aufteilung in Norwegen? Astrid Renata van Veen: Einer der führenden Auftraggeber in Norwegen ist Statsbygg. Das ist ein staatlicher Gebäudeentwickler und Betreiber, der beispielsweise alle Hochschulen und Universitäten im Land realisiert. Das Unternehmen behält viele der selbst gebauten Gebäude im eigenen Bestand; deshalb ist es daran interessiert, diese möglichst effizient zu betreiben und instand zu halten. Entsprechend werden die Projekte und die Bauaufträge des Unternehmens aufgezogen. Statsbygg fordert daher grundsätzlich BIM ein und leitet die jeweiligen Projekte im Hinblick auf die Optimierung der BIM-Prozesse dahingehend, dass der Bestand bestmöglich davon profitiert. Die Verantwortlichen setzen Richtlinien auf und fordern Fragen und Antworten ein, einfach deshalb, weil sie sowohl Entwickler als auch Bestandshalter sind. Private Bauherren hingegen bauen Gebäude häufig im Hinblick auf den anschließenden Verkauf. Solche Auftraggeber kümmert der weitere Betrieb des jeweiligen Projektes nicht, und entsprechend stellen sie keine oder die falschen Fragen, die mithilfe von BIM beantwortet werden sollen bzw. können. Michael Beckert: Wir haben zudem Bauherren – beispielsweise aus dem Nahen Osten – die dazu tendieren, Antworten einzufordern, aber nicht genau wissen, was sie da eigentlich abfragen oder welches Problem die Abfrage eigentlich lösen soll. Astrid Renata van Veen: Knapp zusammengefasst: Jeder kennt BIM. Aber oft geht es beim Gespräch um und über BIM nur um tosenden Lärm. Das ist vielleicht so wie bei einem Buch, das in der Bestsellerliste steht und von dem jeder schon gehört hat. Jeder kennt den Titel und redet darüber, aber kaum einer weiß, was wirklich in dem Buch steht. Wie interessiert sind Planer und Projektbeteiligte denn daran, ihr Wissen mit BIM zu teilen und preiszugeben? Astrid Reanta van Veen: Die generelle Meinung hier in Norwegen – insbesondere in größeren Büros – ist, dass BIM bzw. das Wissen kein Alleinstellungsmerkmal sein sollte, sondern ein Benefit für das Projekt, der zugunsten des Projektes weitergegeben werden sollte. In den kleineren Büros besteht daher häufig auch der Wunsch nach mehr Kursen und Weiterbildungen, um das eigene BIM-Wissen zu verbessern. Aus der externen Perspektive: Welche Tipps haben Sie für die hiesige BIM-Kultur? Michael Beckert: Wir haben eine andere Herangehensweise an BIM. Bei der Teilnahme an vergangenen Tagungen haben wir den Eindruck gewonnen, dass es in Deutschland vor allem darum geht, mit BIM ein regulierendes System einzuführen, das von der Planung bis zur Produktion durchläuft. Der Fokus ist dahingehend gerichtet, mit BIM Informationen zu standardisieren und für die Bereitstellung auch bezahlt zu werden. Die Toolbox BIM ist sehr stark im Fokus der Projektsteuerung. Hier in Skandinavien geht es darum, wie man am besten ein Gebäude baut. Wir betrachten BIM als strategisches Werkzeug, um den Bauprozess zu optimieren. Uns interessiert vor allem, wie wir die Informationen für alle Parteien nützlich machen und wie wir kommunizieren können. Unsere Energie ist nicht vorwiegend auf die Software und Technologie gerichtet. Wir gehen davon aus, dass wir BIM haben und nutzen. Daher fragen wir uns, wie wir unseren Workflow und unsere Planungs- und Bauprozesse mit BIM und um BIM herum verbessern können.
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Sie sehen die Herausforderung von BIM also an ganz anderen Punkten als wir hier in Deutschland? Michael Beckert: Ja. Der Grad an Informationen, die BIM ermöglicht, ist sehr hoch. Darin besteht jedoch auch eine Gefahr. Wir müssen die gelieferten Informationen auch zielgerichtet handhaben. Das bedeutet, dass wir die richtige Information zur richtigen Zeit in der richtigen Menge bereitstellen müssen. Wenn die Informationen zu früh bereitgestellt werden, sind sie irritierend oder gar umsonst, werden sie zu spät bereitgestellt, führt das zu Kollisionen und Verzug. Diese Vorgehensweise impliziert, dass bisher linear gedachte Planungsverläufe gegebenenfalls neu strukturiert werden müssen. Astrid Renata van Veen: Es geht um Informationen, die Sinn machen bzw. darum, ein intelligentes Modell zu erschaffen, und nicht nur darum, Informationen zu sammeln und herumzuschieben. Dieser Prozess muss weiter entwickelt werden. Können Sie dies konkretisieren? Astrid Renata van Veen: Den Klienten interessiert das Gebäude und weniger die Zeichnung. Wir haben nun ein Werkzeug, um Details zu liefern, aber die Industrie und die Bauherren nutzen die Möglichkeiten noch nicht, die dieses Werkzeug ihnen bietet. So glauben nur 9 % der in jener Studie befragten Architekten, dass die Bauherren die richtigen Fragen stellen. 67 % sind aber der Meinung, dass BIM die Diskrepanz zwischen Design und ausgeführtem Projekt reduziert. Hier besteht offensichtlich Aufklärungsbedarf bei der Bauherrschaft. Was können die Architekten tun? Michael Beckert: Nun, wir denken derzeit noch von Design zu Design, von der Zeichnung zur Zeichnung. Aber es ist viel interessanter, die Risiken zu verstehen, die Konflikte im Bau. Diese Chance wird zu wenig wahrgenommen. Das kostet zwar Geld, aber reduziert letztlich die Kosten auf der Baustelle. Es minimiert und eliminiert die Risiken dort, wo sie eliminiert werden müssen. Es geht also nun darum, die Schnittstelle zwischen der Planung bzw. dem Design und dem Gebäude zu betrachten und zu optimieren. Das können wir nur tun, nachdem wir hier die Werkzeuge bzw. BIM als Werkzeug integriert haben. Astrid Renata van Veen: Der Informationsfluss ist so riesig. Wenn Du aber nicht weißt, wofür Du die betreffende Info brauchen kannst, ist sie sinnlos. Wir hatten Glück. BIM hat bei uns in Norwegen als 3D-Software begonnen und ist natürlich über lange Jahre hinweg gewachsen. Der Rest der Welt steht nun vor dem Problem, dass er mit einer umfangreichen Software-Lösung konfrontiert ist, aber die Denkprozesse auf dem Weg zu dieser Software nicht durchlaufen hat. Es ist ein Zusammenstoß zwischen der alten Architekturära, die noch in Design-Prozessen denkt, und der neuen Denkweise, die BIM bietet. Und das muss von den Kollegen erst bewältigt werden.
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Kapitel Architekten I Planer
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2 ∫ KHiB – Bergen National Academy of the Arts Die neue Kunst- und Designhochschule liegt am Ufer des Lungegårdsvann-Sees, flankiert von den drei Bergen Fløyen, Ulrikken, and Løvstakken, mit Blick auf die Skyline der Stadt Bergen. Das neue Hochschulgebäude soll als neuer Stadtbaustein gleichzeitig ein wichtiges Symbol für das kulturelle Leben der Stadt sein. Standort: Bergen, Norwegen Bauzeit: 2005 – 2017 Bauherr: Statsbygg – The Governmental Building Agency Architektur: Snøhetta Fläche: 14.800 m2 1 – 4 Alle Informationen werden im BIM gesammelt, sei es für den Entwurf, die Planung und die Einschätzung von Risiken bis hin zu Zeit- und Kostenmanagement, Logistik, Bauleitung vor Ort und Überführung in das As built-Modell.
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Robert Uhde im Gespräch mit Mirjam Borowietz, ZWP Ingenieur-AG, Köln / Deutschland, und Michael Eisfeld, Eisfeld Ingenieure, Kassel / Deutschland
BIM beim Fachplaner – Status, Ausblick, Schnittstellen
Die ZWP Ingenieur-AG gehört zu den bundesweit führenden Ingenieurbüros der technischen Gebäudeausrüstung und des Gebäudemanagements. An acht Standorten arbeiten über 330 Mitarbeiter aus unterschiedlichsten Disziplinen. Neben den bekanntesten Referenzen, bei denen die ZWP Ingenieur-AG für die technische Gebäudeausrüstung verantwortlich war, zählen das Umweltbundesamt Dessau (Sauerbruch Hutton Architekten) und die Rheinpark Metropole in Köln (HPP Hentrich Petschnigg + Partner). Mit einer durchgängigen 3D-Modellierung und der Kopplung von Berechnung und Konstruktion der haustechnischen Anlagen verfolgt das Büro schon seit 2011 einen eigenen BIM-Ansatz. Mirjam Borowietz, Vorstandsmitglied der ZWP Ingenieur-AG, engagiert sich federführend für die interne Umsetzung der BIM-Methodik in den Projekten und ist darüber hinaus im AHO-Arbeitskreis an der Weiterentwicklung des Themas beteiligt.
∫ Organisation internes BIM-Management ZWP Ingenieur-AG: 3 BIM-Manager, die die internen und externen Standards weiterentwickeln. BIM-Koordination durch die jeweiligen Projektzeichner (ca. 30 Mitarbeiter) unter Anleitung eines BIM Managers
Eisfeld Ingenieure (E3P) mit Sitz in Kassel bieten eine umfassende Projektbetreuung – von der ersten Planung bis zur Ausarbeitung ins Detail. Das Spektrum des bereits 1938 gegründeten Büros umfasst neben der Tragwerksplanung auch die baustatische Prüfung und Bauüberwachung sowie fundierte Risikoanalysen für Bauwerke mit erhöhtem Gefährdungspotenzial. Aktuelle Projekte von E3P sind die Tragwerksplanung des Lingner Altstadtgartens in Dresden auf dem ehemaligen Robotron-Gelände, die Neubebauung des ehemaligen Salamander-Areals in Kornwestheim sowie die Bauüberwachung und bautechnische Prüfung des Besucherzentrums am Herkules in Kassel. Seit rund 13 Jahren beschäftigt sich das Büro mit der Anwendung von BIM in der Tragwerksplanung und hat dazu unter anderem auch das eigene Software-Produkt ConED entwickelt – die erste BIM-Software für die Vorstatik.
∫ Organisation internes BIM-Management Eisfeld Ingenieure: Der festgelegte BIM-Workflow ist prozessbasiert definiert. In Abhängigkeit der beauftragten Leistungsphasen wird dieser projektbezogen konfiguriert. 1 BIM Strategieplaner 1 BIM Manager BIM-Koordinator für einzelne Projekte; projektabhängig von beauftragten Leistungsphasen
Terminologie: Firmenintern = Little BIM Büroübergreifend = Big BIM Eine Software für alle Beteiligten (z. B. Revit) = Closed BIM Jeder arbeitet mit seiner Software im Projekt = Open BIM Softwareeinsatz: PreCAD MH-Software, AutoCAD MEP, MicroStation, TRICAD MS, Autodesk Navisworks und Revit
Terminologie: Open Small BIM (Nutzung verschiedener Softwarewerkzeuge für den BIM-Workflow für die modellbasierte Tragwerksplanung entlang der HOAI-Leistungsphasen) Softwareeinsatz: ConED (eigene Softwareentwicklung für die modellbasierte Planung von Tragkonzepten) mit Anbindung von SOFiSTiK, Dlubal und Frilo, Tekla Structures, ArchiCAD
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Kapitel Architekten I Planer
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∫ BIM Building Information Modeling I Management, Band 1, 2015 S. 66, „Grundlegende Herausforderungen datenmodellorientierter Planung“ 1, 2 Exemplarische Illustration eines digitalen TGA-Datenmodells
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Frau Borowietz, bei unserem letzten Gespräch hatten Sie bemängelt, dass der Austausch von Informationen mithilfe der BIM-Methode in der Praxis nach wie vor ein Problem darstellt. Sehen Sie hier Fortschritte? Mirjam Borowietz: Der Austausch innerhalb des gesamten Planungsteams im Rahmen eines Big BIM-Ansatzes hat sich definitiv verbessert und läuft mittlerweile deutlich routinierter ab. In einer geschlossenen Programmumgebung funktioniert das aufgrund der gleichen Software-Produkte sowieso ohne Datenverluste. Bei Open BIM-Projekten würde ich allerdings etwas differenzieren: Die reine Informationsübertragung über die IFC-Schnittstelle läuft letztlich reibungsfrei. Problematisch ist aber nach wie vor, dass keine direkte Veränderung oder Weiterbearbeitbarkeit der Modelle möglich ist. Das kann nur in der jeweils eigenen Software erfolgen. Herr Eisfeld, wo sehen Sie die wichtigsten Herausforderungen für die weitere Entwicklung von BIM? Michael Eisfeld: BIM kommt ja ursprünglich aus dem angelsächsischen Raum, wo die Büros viel größer sind. Die machen häufig die gesamte Generalplanung und nutzen dann dabei eine Software, mit der sie sich problemlos durch die verschiedenen Leistungsphasen durcharbeiten können. Wir in Deutschland mit unseren zahlreichen kleineren Büros hinken da etwas hinterher. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass unsere Ausschreibungsverfahren noch nicht an die BIM-Praxis angepasst sind. Eigentlich müssten dort bereits die Standards festlegt sein, nach denen die Planung organisiert werden muss. Stattdessen weiß aber kaum jemand, wie diese Vorgaben überhaupt aufgebaut sein müssen, um eine integrale und kooperative Arbeit mit BIM überhaupt erst zu ermöglichen. In diesem Bereich gibt es noch unheimlich viel zu tun. Die große Ausnahme ist die Deutsche Bahn, die bei den von ihr vergebenen Projekten klar vorschreibt, dass der gesamte Planungsprozess und der Austausch zwischen den verschiedenen Fachplanern mit Revit zu erfolgen hat.
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Was wäre Ihr Vorschlag an dieser Stelle? Michael Eisfeld: Wichtig wäre, dass die Ausschreibungen von Leuten mit ausreichend Know-how formuliert werden. Nur so lässt sich sicherstellen, dass jeder der Beteiligten einen Mehrwert für sich generieren kann. Alternativ könnte man bereits in der Ausschreibung einfordern, dass Fachplaner und Objektplaner vorab darlegen müssen, wie ihre BIM-Kette aussehen soll. Bevorzugen Sie bei Ihren Projekten eher den offenen oder eher den geschlossenen BIMStandard? Mirjam Borowietz: Das hat beides seine Vor- und Nachteile. Wenn es keine konkreten Vorgaben vom Bauherren gibt, dann arbeiten wir allerdings standardmäßig in einer offenen Umgebung. Das erfordert dann einerseits eine enge Abstimmung zwischen den verschiedenen Beteiligten, andererseits haben wir so aber die Möglichkeit, unsere AutoCAD-Modelle mit den Daten und dynamischen Optimierungen aus unserer Modellierungs- und Berechnungs-Software (mh) zu verbinden. An dieser Stelle sehe ich bei der Nutzung von Revit noch weiteren Entwicklungsbedarf, um die Verbindung mit unserer gewerkespezifischen Modellierungssoftware zu optimieren. Bei der Software handelt es sich ja in erster Linie um ein reines Konstruktionstool. Dennoch setzt sich Revit auch im TGA-Bereich immer mehr durch; allein schon deshalb, weil es von vielen Architekten und Tragwerksplanern genutzt wird und bei Projekten in einer geschlossenen Programmumgebung dann schnell die Anforderung erwächst, dass auch wir damit arbeiten. Michael Eisfeld: In der Regel arbeiten wir im offenen BIM-Standard. Ehrlicherweise muss ich aber sagen, dass ich bislang noch kein offenes Big BIM-Projekt erlebt habe, das von Leistungsphase 2 komplett bis Leistungsphase 5 oder 6 durchgelaufen wäre. Das Ziel wäre natürlich, dass man das komplette Modell und auch die As Built-Modelle als kompletten Prozess erarbeitet. In der Praxis handelt es sich bislang aber eher nur um Teilabschnitte. Für unseren eigenen Workflow haben wir einen Open BIM-Prozess etabliert, bei dem wir für den Tragwerksentwurf und die Entwurfsplanung in Leistungsphase 2 bis 3 das von uns entwickelte Tool ConED nutzen und das so erstellte Modell dann anschließend in ArchiCAD oder Tekla weiter bearbeiten.
∫ As Built-Modell: As Built Model, BIM-Glossar S. 126
Welche weiteren Entwicklungen erwarten Sie in den kommenden Jahren? Mirjam Borowietz: Mittlerweile ist das Thema auch bei den Bauherren angekommen, die jetzt stärkere Vorgaben machen als noch vor zwei Jahren. Diese gestiegene Erwartungshaltung führt nicht zuletzt auch dazu, dass wir mittlerweile deutlich mehr 3D-Modelle von den Architekten erhalten, die ja bislang noch überwiegend in 2D geplant haben. Dieser Prozess wird sich sicher fortsetzen. Auch die Architekten haben die Vorteile des modellorientierten Arbeitens in einem fachübergreifenden Planungsteam erkannt.
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Tragwerksmodell mit berechnetem Lastabtrag aus ConED
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Salamander-Areal in Kornwestheim Rohbaumodell aus ArchiCAD
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Bewehrungsmodell aus Tekla
Kapitel Architekten I Planer
Michael Eisfeld: Das sehe ich ähnlich, die Methode wird sich weiter durchsetzen. Und das ist auch nötig. Denn wenn ich mir die geplante EU-Dienstleistungsrichtlinie anschaue, die weitgehend von den großen englischen Büros geschrieben wurde, dann müssen wir hier in Deutschland höllisch aufpassen, nicht den Anschluss zu verlieren. Von daher rate ich insbesondere den Architekten: Beschäftigt euch damit, denn BIM kommt sowieso! Wichtig dabei ist allerdings, dass jedes Büro auch für sich selbst definiert, welchen Mehrwert es mit BIM erzielen will. Und dann sollte man nicht gleich alles auf einmal wollen. Das ist im laufenden Betrieb auch gar nicht möglich. Welche Perspektiven sehen Sie speziell für das Gebäudemanagement? Mirjam Borowietz: Der nächste Schritt wird sicher sein, dass sich die Methode auch im Rahmen der Ausschreibung und der Terminplanung noch stärker durchsetzt. Hier steckt bislang noch vieles in den Kinderschuhen, vor allem was die praktische Umsetzung betrifft. Darüber hinaus sehe ich noch reichlich Potential, wie Auftraggeber ausgearbeitete As built-Modelle für den Gebäudebetrieb und ihr Asset-Management nutzen können. Im Moment ist es noch so, dass die Modelle nach der Leistungsphase 5 in der Regel aufhören, weil die ausführenden Firmen es noch nicht in ausreichendem Maße weiter bearbeiten und es an vielen Stellen auch noch keine vertraglichen Regeln gibt. Deshalb sollten die Betreiber und Facility-Management-Unternehmen klare Vorgaben machen, welche Daten sie künftig modellorientiert verwenden wollen. Dann würde es sich auch lohnen, dem Modell konkrete Informationen über Sachverständigenabnahmen oder Wiederholungsprüfungen bestimmter Bauteile mitzugeben. Ohne klare Vorgaben macht der dazu nötige Aufwand keinen Sinn. Frau Borowietz, Sie sind nach wie vor Mitglied des AHO-Arbeitskreises und Vertreterin des VBI beim DIN-Arbeitskreis DIN ISO 19650. Welche Themen werden hier aktuell besprochen? ∫ AHO-Arbeitskreis: Der AHO ist der „Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V.“
∫ DIN EN ISO 19650: S. 132 ∫ VDI Richtlinie 2552: S. 16, 22, 112, 132
Mirjam Borowietz: Im AHO-Arbeitskreis ist nach wie vor die Anpassung und Einordnung von BIM in die bestehende Honorarverordnung ein wichtiges Thema. Mittlerweile besteht hier ganz klar die Auffassung, dass BIM durchaus mit der Leistungsphasenorientierung der HOAI kompatibel ist. Und mehr noch, letztlich geben die verschiedenen Stufen ideale Zeitpunkte vor, um Modelle mit jeweils erreichter Detailtiefe gleichzustellen. Parallel finden derzeit auch im DIN-Arbeitskreis DIN ISO 19650 und im VDI-Arbeitskreis zur VDI-Richtlinie 2552 intensive Normungstätigkeiten statt. Teil 1 und 2 der internationalen Normenreihe liegen aktuell im Entwurf vor. Neben sehr positiven Ansätzen in Teil 1 findet sich dort in Teil 2 vor allem das Generalplaner-Modell wieder, das der deutschen Planungslandschaft aber in vielen Punkten widerspricht. Da besteht in den kommenden Monaten noch Abstimmungsbedarf mit den verschiedenen Verbänden. Ich kann allen Planern nur anraten, sich in diese Prozesse einzubringen, da diese Normen durchaus starke Auswirkungen auf unsere zukünftige Arbeit mit BIM haben können.
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Katja Reich im Gespräch mit Martin Werner, hks I architekten, Erfurt / Deutschland
Kollaboration und BIM als Mehrwert für ein komplexes Laborgebäude
Die Tätigkeit für öffentliche Bauherren ist einer der Schwerpunkte des Büros hks I architekten. An den drei Standorten Aachen, Bad Neuenahr und Erfurt sind mehr als 50 Mitarbeiter beschäftigt. Im Erfurter Büro hat man 2014 schrittweise mit der Implementierung von BIM begonnen. Das aktuelle Neubauprojekt „Center for Infection and Genomics of the Lung“ (CIGL) für den Fachbereich Medizin an der Justus-Liebig-Universität Gießen ist das erste Bauvorhaben, bei dem man kollaborativ mit den TGA-Planern am BIM-Modell gearbeitet hat.
einfach ist, erweist sich in der Praxis oft als Herausforderung: Alle Planungsbeteiligten müssen konsequent und transparent im Datenmodell arbeiten. Wie hat sich der Arbeitsprozess also durch die gemeinsame Arbeit von Architekten und TGA-Fachplaner im BIM-Modell verändert? Martin Werner stellt allem eine gezielte Informationsvermittlung und Schulung sowie die Einführung der bauteilorientierten Planung voran: „Durch den Besuch von diversen BIM-Foren und -Symposien habe ich mich für das Thema begeistert und kontinuierlich weitergebildet. Parallel dazu haben wir BIM im Büro implementiert. Ich war zuvor schon für alle Fragen rund um das CADSystem zuständig und habe dann damit begonnen, unsere Vorlagedateien umzustrukturieren hin zu einer bauteilbasierten Planung. Seitdem verfolgen wir das Ziel, Neubauprojekte bauteilorientiert in 3D zu planen, und wir haben die Mitarbeiter auf die BIM-Planungsmethode geschult. Eine Gruppe von Mitarbeitern wurde durch externe Unterstützung ergänzend zu sogenannten ‚PowerUsern‘ ausgebildet, die dann wiederum die Mitarbeiter in den einzelnen Projektteams anleiten. Ich stehe darüber hinaus für alle weiterführenden Fragen der Kollegen zur Verfügung und nehme derzeit noch an einer mehrstufigen Weiterbildung zum sogenannten ‚BIM-Experten‘ teil“, erläutert er.
Die Universitätsstadt Gießen als renommierter Hochschulstandort wird 2018 um ein neues Forschungsgebäude bereichert, das Sitz des „Center for Infection and Genomics of the Lung“ (CIGL) sein wird. Der Preisträger ging aus einem VOF-Verfahren mit Lösungsvorschlägen hervor und wird mit 23 Mio. Euro jeweils zur Hälfte vom Land Hessen und vom Bund finanziert, Bauherr ist das Land Hessen. Der Entwurf von hks I architekten aus Erfurt orientiert sich an dem ursprünglichen, städtebaulichen Leitgedanken von Pavillons im Park. Die innere Struktur ist geprägt durch eine Ringerschließung, die kurze Wege und eine gute Orientierung gewährleistet. Die Flurenden öffnen sich zu verglasten Begegnungszonen und lassen somit Tageslicht in die effiziente Zweibund-Struktur. Die Komplexität des CIGL besteht vor allem in hochinstallierten Labor- und Technikräumen. Obwohl seitens des Bauherrn kein BIM-Modell gefordert wurde, bearbeiteten die Architekten von hks das Projekt komplett in 3D. „Seit 2014 planen wir jedes Neubauprojekt nach der BIM-Methode. Für ein hochinstalliertes Gebäude wie das CIGL erschien uns das besonders sinnvoll, und wir hatten mit diesem Projekt erstmalig die Möglichkeit, ganzheitlicher in diese Planungsmethode einzusteigen, da auch unser TGA-Planer während der Leistungsphase 3 auf BIM umgestiegen ist“, erläutert BIM-Koordinator Martin Werner. Diese Vorgehensweise klingt einleuchtend, denn vor allem die technische Ausstattung von hoch spezialisierten Laboren, wie denen im CIGL, lässt wichtige Vorteile der BIM-Methode schnell erkennbar werden: Minimierung potenzieller Fehlerquellen durch eine optimierte Kollisionskontrolle sowie effiziente Ablauf- und Zeitplanung für Einbau und Inbetriebnahme der Laboreinrichtung. Doch was in der Theorie
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Kapitel Architekten I Planer
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Visualisierung „Center for Infection and Genomics of the Lung“ (CIGL)
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Übersicht Fachmodelle / Projektstruktur
∫ Organisation internes BIM-Management hks I architekten: 1 BIM-Koordinator 4 BIM-Power-User 10 Modellierer Terminologie: Beim CIGL-Projekt Big Open BIM Softwareeinsatz: Architekt: Vectorworks Architektur TGA: Autodesk Revit Solibri Model-Viewer Tekla BIM-Sight
Bei hks arbeiten ausschließlich Architekten und Bauingenieure, keine Technischen Zeichner wie noch früher bei der 2D-orientierten Planung, die mit der Software Vectorworks Architektur das BIM-Modell modellieren. Bei größeren Modellen wird geschossweise oder nach Bauteilen aufgesplittet und den jeweiligen Teams und Bearbeitern zugeordnet. Zu Beginn der Planung überlegt sich Martin Werner, wie das Modell sinnvoll strukturiert werden kann: „Bei mehreren Gebäuden auf einem Grundstück ist zu entscheiden, ob wir es in eine oder mehrere Dateien aufteilen und wer an welchem Teilmodell arbeitet. Bei großen Projekten arbeiten wir mit bis zu fünf Personen in einer Datei am Gesamtmodell.“ Gibt es denn noch Projekte, die Sie konventionell in 2D planen? Ja, durchaus. Bei Wettbewerben beispielsweise arbeiten wir viel mit herkömmlichen Skizzen, Papier und Bleistift – ganz einfach, weil es schnell gehen soll. Diese Skizzen übertragen wir konsequent in eine 2D-Planung und erarbeiten vielleicht noch eine Visualisierung. Doch modellieren wir für Wettbewerbe nicht in 3D. Wenn wir gewinnen, haben wir als Basis also eine 2D-Grundplanung. Spätestens mit Beginn der Leistungsphase 3 modellieren wir den Entwurf dann komplett neu und in 3D. Doch ist auch das nicht immer praktikabel. Bei Altbauten oder Teilsanierungen kann es vorkommen, dass wir klassisch 2D planen, weil es uns schneller und wirtschaftlicher erscheint oder der Bauherr keine 3D-Planung fordert.
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Wie hat die Zusammenarbeit mit den TGA-Planern funktioniert und welche Erfahrungen haben Sie gesammelt? Wir haben von Anfang an bauteilbezogen in 3D modelliert, die TGA-Planung wurde zunächst in 2D begonnen, aber innerhalb der Leistungsphase 3 auf 3D umgestellt. In der Leistungsphase 3 funktionierte der IFC-Austausch, nachdem man wusste, welche Einstellungen und Parameter zu treffen sind, sehr gut. Der Fachplaner konnte in unser BIM-Modell einarbeiten, sich Schnitte und Wandansichten anzeigen lassen und genau sehen, wie Kabel und Rohre verlaufen sollten, ohne dass es Kollisionen gab. Leider tauchte irgendwann das Problem auf, dass sich die Planung der Fachplaner um fünf Zentimeter zu unserem Modell verschoben hatte und man die Ursache dafür nicht herausfinden konnte. Bis das Problem behoben war, mussten z. B. fehlerhaft sitzende Durchbrüche teilweise aufwendig von Hand verschoben werden. Gegebenfalls lassen sich solche Fehler in Zukunft durch entsprechende Referenzprozesse und Handlungsanweisungen vermeiden: beispielsweise beim Aktualisieren der Fachmodelle zuerst den vereinbarten 3D-Einfügepunkt kontrollieren, Referenzbemaßung auf fremde Fachmodelle vermeiden, Zugriff auf Modellhöhen, Achsen, Einfügepunkte etc. beschränken usw. Diese entsprechenden Referenzprozesse sollten projektspezifisch vom BIM-Koordinator festgelegt werden.
Schlägt sich das auch auf die Phase der Bauausführung nieder? Das ist beim genannten Projekt CIGL noch schwer einzuschätzen, da es ja unser erstes Projekt ist, wo wir gemeinsam mit den TGA-Planern im BIM-Modell arbeiten. Ich gehe aber davon aus, dass durch den optimierten Planungsprozess auch die Fehler auf der Baustelle weniger werden.
PL ARCHITEKTUR
koordiniert
prüft
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Organigramm CIGL
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Screenshot Gebäudemodell aus dem Planungsstand Ausführungsplanung, Werkplan 1
GESAMT-PL
Hat sich der Planungsprozess durch die Zusammenarbeit mit den TGA-Fachplanern verändert? Dadurch, dass die Fachplaner das erste Mal mit einem BIM-Modell geplant haben, war am Anfang deutlich mehr Zeit als bei einer 2D-basierten Planung zu investieren – schon deshalb, um sich in das Programm einzuarbeiten. Aber für unser Büro zeigt sich schon jetzt, dass die Arbeit im BIM-Modell nur beim Aufsetzen der Planung zeitintensiver ist; für alle weiteren Planungsschritte generieren wir nur Vorteile. Es werden zum Beispiel alle Änderungen im Grundriss direkt in Schnitte und Ansich-
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BIM-KOORDINATOR
koordiniert
PL TGA
prüft
Als Laborgebäude ist das CIGL sehr hoch installiert, so liegen im Bereich der Technikzentralen im Untergeschoss beispielsweise bis zu fünf Installationsebenen übereinander. Das Gebäude ist teilunterkellert und hat eine komplexe Gründung mit Streifenfundamenten, Magerbetonblöcken, Bodenplatten in diversen Stärken, Versprüngen und Leitungskanälen unter der Bodenplatte. Ich bin mir sicher, dass sowas heute nicht mehr konventionell in 2D abzubilden ist. Insofern war es bei diesem Gebäude absolut richtig, die gesamte Technik innerhalb des BIM-Modells zu planen.
ten übertragen. Der Mehraufwand zum Projektstart rechnet sich in jedem Fall. Beim CIGL-Gebäude hatten wir wie schon beschrieben eine komplexe Gründungssituation, die viele erklärende Teilschnitte erforderte, um das Bauteil exakt zu verstehen. Durch die umfassende Modellierung als BIM-Modell können wir per Mausklick jeden nötigen Schnitt schnell erzeugen und z. B. dem Statiker sofort zur Verfügung stellen. Die Planung selbst wird unserer Meinung nach nicht unbedingt schneller, doch die Fehler werden deutlich minimiert und die Planungsqualität auf jeden Fall verbessert.
koordiniert prüft
Welche besonderen Herausforderungen lagen in dem CIGL-Gebäude?
MITARBEITER 1
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MITARBEITER 2
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MITARBEITER 3
KOORDINIERTES BIM-MODELL
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...
Kapitel Architekten I Planer
Sind noch weitere Planungsbeteiligte in das BIMModell involviert? Mit Start der Leistungsphase 5 gab es eine 3D-Bemusterung mit dem Bauherrn und dem Betreiber. Gefordert war ein 1:1-Musterlabor. Doch das war in unserem sehr engen Zeitplan, an den auch Fördermittel gebunden waren, gar nicht zu realisieren. Stattdessen haben wir angeboten, zwei oder drei Musterlabore exemplarisch digital zu modellieren, die komplette Labortechnik und -einrichtung eingeschlossen. Der Laborplaner wurde von uns mit eingebunden und hat die Laboreinrichtung zugearbeitet. Anhand dieser Modelle war es dann möglich, auf die sehr speziellen Anforderungen des Betreibers einzugehen und Varianten zu vergleichen. Dies wurde seitens des Betreibers sehr positiv aufgenommen: Eine Planung in dieser Form hatte er vorher noch nie gesehen. Wir hoffen darauf, durch diese Modelle auch die Endabnahme durch den Betreiber sehr viel einfacher zu gestalten.
Der bisherige Planungsprozess für das CIGL hat trotz einiger Schwierigkeiten deutliche Vorteile in der Zusammenarbeit der Beteiligten gebracht. Ein BIM-Projekt wie aus dem Lehrbuch ist es nach dem Verständnis von Martin Werner aber nicht: konsequent vom Bauherrenwunsch nach BIM, über die Planungs- und Realisierungsphasen bis hin zum Betrieb unter Einbeziehung der BIM-Daten. Damit dies im CIGL der Fall ist, müsste der Bauherr mit der Übergabe des Gebäudes ein komplettes BIM-Modell einfordern, das für den langjährigen Betrieb des Gebäudes zur Verfügung steht. Hierin liegt für Martin Werner der ganz große Vorteil von BIM. „Ich könnte mir vorstellen, dass wir dem Bauherrn nach Abschluss des Projektes das BIM-Modell nochmals genau erklären, um die großen Vorteile für den Betrieb oder notwendige spätere Umbauten des Gebäudes darzustellen. Unser Eindruck ist, dass viele Bauherren damit bisher kaum Erfahrung gesammelt haben. Meist werden die anfänglichen Mehrkosten für den BIM-Koordinator und einen BIMManager gesehen und nicht der Mehrwert in Hinsicht auf Ausführungsqualität und Gebäudebetrieb, der diese Kosten in einer frühen Phase durch verminderte Fehler in der Bauausführung auf jeden Fall rechtfertigt“, lautet sein persönliches Resümee.
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Katja Reich und Tim Westphal im Gespräch mit Ralf Mosler, Leader BIM Transformation Autodesk GmbH und Christian Weiss, Manager EMEA Field Marketing AEC Autodesk München / Deutschland
Ungehinderter Datenaustausch für alle
Der verlustfreie Datenaustausch der BIM-Programme untereinander klingt in der Theorie so einfach; in der Praxis ist er deutlich schwieriger. Standards, wie ISO und CEN sie setzen, und IFC-Konformität sind daher notwendig. Ralf Mosler und Christian Weiss erläutern, warum. Ein reibungsloser Datenaustausch ist das A und O für die kollaborative Arbeitsweise mit BIM. Was sind die Voraussetzungen dafür? Christian Weiss: So wie im Bereich der Dinge die DINund ISO-Normen sicherstellen, dass nicht nur das Gleiche gesagt, sondern auch dasselbe gemeint ist, ist auch für Anwendungen im BIM-Umfeld eine „gemeinsame Sprache“ unabdingbar. Datenaustausch-Standards sind für eine „Interoperabilität“ unverzichtbare Hilfsmittel. Nur so können die Projektteams ohne Beeinträchtigung der Datenintegrität Informationen zwischen verschiedenen 3D-Anwendungen austauschen. Ralf Mosler: Die Semantik, die dafür entwickelt wurde, nennt man „Industry Foundation Classes“, kurz IFC. Diese Sprache zur digitalen Beschreibung von Gebäudemodellen und Bauwerken ist die technische Grundlage, damit unterschiedliche BIM-Systeme gemeinsam, z. B. in einem Projekt, Daten austauschen können und wertschöpfend sind. IFC ist die technische Implementierung des Konzeptes der buildingSMART und aller daran Beteiligten. Für Autodesk bedeutet dies konkret eine IFC-
Zertifizierung seiner Produkte und die Teilnahme am internationalen Strategy Advisory Board sowie die Mitarbeit in den „Standard Rooms“ und der „Implementer Group“. Werden denn auch andere Datenaustausch-Verfahren unterstützt? Christian Weiss: Neben IFC unterstützt unser Unternehmen viele andere Verfahren für Datenaustausch und -umwandlung. Die Teams am Bau erhalten damit die für das Projekt erforderliche Unterstützung. Mit verschiedenen Anwendungen lassen sich z. B. COBie-Daten zur Gebäudeübergabe erstellen und direkt in eine Tabellenkalkulation übernehmen oder über einen IFC-Pfad exportieren. Hinzu kommt der Support des gbXML Open Schema, das Datenaustauschprotokoll für die Energieanalyse. Autodesk Navisworks-Produkte und Autodesk BIM 360 Glue-Webservice spielen eine Rolle bei der Unterstützung von Overlay, Kollisionserkennung und Referenzierung dutzender Dateiformate für 3D-Modelle, damit Projektteams unabhängig von der gewählten BIMSoftware effizienter arbeiten können. Welche Vorteile ergeben sich für den Architekten durch die Implementierung von Open BIM?
∫ COBie: „Construction Operations Building information exchange“. COBie ist eine Datenspezifikation, die entwickelt wurde, um Informationen während der Planungs- und Bauphase zu sammeln und anschließend dem Gebäudebetreiber zu übergeben. Quelle: www.hochtiefvicon.de
Ralf Mosler: Open BIM bedeutet, dass man als Planer digitale Modelle für die unterschiedlichen Disziplinen
EN ISO 16379 2016 ISO 16379 2013
Normenebene
DIN EN ISO 16379 2017
IAI/buildingSMART IFC IFC 2.0 1999
IFC 1.5 1998
IFC 2x3 2006
IFC 2.x 2000
IFC 4 2013
IFC 5 vorr. 2019
IFC 2x3 TC1 2007
IFC 2x2 2003
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IFC 1.0 1997
1 1998
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2000
2002
2004
2006
2008
2010
2012
2014
2016
2018
2020
Jahr
Die Entwicklung der IFC-Versionen verllief in den vergangenen Jahren rasant. Mit der Einführung von IFC 4 als europäisch gültige Norm wurde ein wichtiger Schritt in Richtung Open BIM gegangen. Quelle: buildingSMART
Kapitel Architekten I Planer
Projektdaten
Dateityp
Architekturmodell
IFC, RVT, DWG, DGN, PLN, NWD
Tragwerksmodell
IFC, CIS/2
CAD-Daten
DXF, DWG
GIS-Daten
SHP, KMZ, WFS, GML
Tiefbau
LandXML, DWG, DGN
Kostenschätzung
XLSX, ODBC
Visualisierungsmodelle
FBX, SKP, NWD
COBie-Daten
IFC, XLSX
Terminplanungsdaten
P3, MPP
Energieanalyse
IFC, gbXML
Bilder der Baustelle
JPG, PNG
2 2
Bis zu 30 verschiedene Dateiformate müssen in einer Architekturplanung bearbeitet und konvertiert werden. Oben eine Übersicht über die gängigen Dateitypen und ihre Bezeichnungen.
erzeugt – als Grundlage eines BIM-Prozesses und eines Projektes. Allein der Schritt, im Rahmen von Projekten digitale Modelle zu erzeugen, bedingt den Prozesswandel in der Planung. Hiermit entwickeln Sie Ihr Team und seine Fähigkeiten weiter und sind zu neuer Wertschöpfung fähig. Der große Vorteil ist die Planungstransparenz für das eigene Team, aber vor allem für die Auftraggeber. Christian Weiss: Ganz konkret bedeutet dies: Die Arbeitsabläufe werden effizienter, die Qualität der Ergebnisse steigt und Zeitpläne werden eingehalten. Die durch den Open BIM-Ansatz bereitgestellten Entwurfs-, Visualisierungs-, Simulations- und Kollaborationsfunktionen ermöglichen allen Projektbeteiligten ein Plus an Übersichtlichkeit, z. B. mit Software zur Bauinformationsverwaltung für 2D- und 3D-Umgebungen, die mobile Technologien für den Baustelleneinsatz mit cloudbasierten Zusammenarbeits- und Berichtsfunktionen kombiniert. Ralf Mosler: Die Digitalisierung wird zudem Servicestrukturen und Geschäftsmodelle verändern. Das sind neue Marktchancen – gerade auch für Architekten. Die Projektteams lernen gerade, realistische BIM-Ziele und -Anforderungen in Projekten zu formulieren und umzusetzen. IFC zur Koordination der verschiedenen Disziplinen funktioniert bereits ausgezeichnet. Weiterhin kann man automatisiert die Qualität der Planung mit IFC überprüfen.
Außerdem ist es als neutrales Datenübergabeformat hervorragend zur Projektdokumentation geeignet. Doch erfordert IFC von den Arbeitsteams ein gutes Verständnis von der Technologie und den funktionierenden Anwendungsfällen. In Ihrer Funktion stehen Sie im Austausch mit Kollegen aus aller Welt – was sind die neuesten Entwicklungen? Christian Weiss: Für mich sind die Bahnunternehmen DB (Deutschland), ÖBB (Österreich), SBB (Schweiz) und SNCF (Frankreich) und ihre Verpflichtung, mit dem Rail Room das Thema für die Infrastruktur der Bahn voranzubringen, gerade ganz weit vorne. Diese großen Bauherren haben das Potenzial, im Markt Veränderungen wie die Digitalisierung und BIM mitzugestalten. In den letzten Jahren war das Thema „Infrastruktur“ sehr stark von den asiatischen Märkten gelenkt. Jetzt haben wir den nötigen europäischen Ausgleich. Und schließlich hat die Parametrik im neuen IFC 4 das Potenzial für den ganz großen Durchbruch bei den BIM-Objektdaten. Wie sehen bei Open BIM die kommenden Entwicklungsschritte aus? Und was kommt nach IFC 4? Ralf Mosler: BuildingSMART entwickelt derzeit mit IFC5-offenen Standards für den Bereich Infrastruktur – also Straße, Schiene, Brücke oder Tunnel. Hier arbeiten wir mit und werden dies unterstützen. Es liegt inzwischen ein Bericht des BMVI vor, der verschiedene Pilotprojekte mit BIM im Infrastrukturbereich beleuchtet. Während für den Hochbau heute meist ausgereifte BIM-Softwarewerkzeuge und Datenaustauschstandards existieren und die BIM-Methodik für eine große Zahl von Projekten weltweit eingesetzt wurde, sind entsprechende Softwarelösungen für den Infrastrukturbereich zum Teil noch nicht entwickelt und Projekterfahrungen vergleichsweise rar. Wie sieht es mit Europa im internationalen Vergleich aus? Wie kann BIM als Teil der digitalen Planung international besser standardisiert werden? Ralf Mosler: Die „International Organization for Standardization“ (ISO) ist federführend, auf europäischer Ebene das „European Committee for Standardization“ (CEN). Seit 2015 arbeitet auf CEN-Ebene das CEN/TC 442, das einheitliche europäische Standards für BIM veröffentlichen wird. Wichtige Standardisierungsaktivitäten sind die ISO 19650 Information management using BIM und die Erweiterung der ISO 16739 Information sharing in the construction and FM industries (IFC) für den Infrastrukturbau. Aktuell sind vier Arbeitskreise zu den Themen Strategie, BIM-Daten, BIM-Management und Kataloge, in Analogie zu den CEN Working Groups, im Aufbau.
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Katja Reich im Gespräch mit Jundi Schrade Baumeister Architekten, Stuttgart / Deutschland
BIM-Leistungen als Geschäftsmodell für das Architekturbüro
Das Stuttgarter Büro Jundi Schrade Baumeister Architekten (JSB) hat sich spezialisiert – Building Information Modeling ist die Arbeitsgrundlage ihrer Leistungen und das wirtschaftliche Rückgrat des Unternehmens. Der Fokus liegt auf der Leistungsphase 5, der Ausführungsplanung. So entwickeln sie für ihre Auftraggeber sehr effizient detaillierte BIM-Modelle, mit denen das Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden einfacher und verlässlicher wird. Sirri El Jundi, Daniel Schrade und Jan Baumeister kennen sich seit dem Studium. Mehrere Jahre Berufserfahrung, unterschiedliche Arbeitsschwerpunkte und die gemeinsame Leidenschaft für digitale Planungsmethoden bewogen sie 2016 zur Gründung ihres gemeinsamen Büros, JSB Architekten. Das Arbeiten mit BIM ist dabei nicht nur Mittel zum Zweck, sondern stellt die Basis ihres Geschäftsmodells und eine Differenzierung von anderen Architekturbüros dar. Die Architekten konzentrieren sich mit ihrem Leistungsangebot auf die planerische Umsetzung der Entwurfsidee ihrer Kollegen und nutzen mit der Neugründung die Chance, passende Arbeitsprozesse für Projekte und Teams nach einer zuvor definierten Organisationsstruktur schnell und effizient aufzusetzen. Von dieser Arbeitsweise profitieren beide Seiten, die sich so auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können. Gemeinsame Ziele und Unternehmenswerte spielen dabei ebenso eine Rolle wie eine klare Teamstruktur mit festgelegten Aufgabenbereichen. So kümmern sich die Projektleiter z. B. stärker um die Ablaufplanung und die Kommunikation mit dem Bauherrn, während die Projektarchitekten und 3D-Konstrukteure mit der Modellierung und Detailplanung beauftragt sind. Zudem haben sich die JSB-Partner darüber Gedanken gemacht, welche Standards und Qualitäten sie von ihren Partnern erwarten bzw. welche sie an ihre Auftraggeber liefern müssen. Dies verschafft ihnen die Möglichkeit, innerhalb einer leistungsgerechten Vergütung zu arbeiten und darüber hinaus noch in weitere Bereiche zu investieren. „Wir arbeiten so wirtschaftlich, dass wir die Bereiche Öffentlichkeitsarbeit, Forschung oder Controlling mittragen können. Dies führen wir natürlich auch auf unsere Spezialisierung zurück“, bringt es Jan Baumeister auf den Punkt.
1, 2 Die Ausführungsplanung für das Wohnhaus H5 und das Kinderhaus H6 auf dem BUGA-Gelände der BUGA 2019 in Heilbronn ist BIM-basiert. JSB Architekten haben sich bewusst auf die BIMbasierte Planung der Leistungsphase 5 spezialisiert und sehen darin ihre zentrale Aufgabe. Aktuell werden im deutschsprachigen Raum nur wenige Projekte bereits in den ersten vier Leistungsphasen im BIM-Standard geplant.
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Kapitel Architekten I Planer
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Anders als klassische Büros, die sämtliche Leistungsphasen anbieten, setzen JSB mit ihren Dienstleistungen erst nach der Baugenehmigungsplanung an. Hierin sehen die Partner einen wesentlichen Marktvorteil für eine gesicherte Zukunft des noch jungen Architekturbüros und haben damit eine Marktlücke besetzt. Dabei steht außer Frage, dass mittelfristig der Großteil der Architekturprojekte in Deutschland sowie international vom Entwurf bis zur Realisierung BIM-basiert geplant und aktuell noch distanzierte Kollegen den Nutzen der Methode für sich erkennen werden. Die Architekten von JSB denken daher bereits weiter. In ihrer Forschungs- und Entwicklungsabteilung prüfen und bündeln sie unter anderem Anforderungen ihrer Kunden und werten Feedbackbögen für ihr eigenes Qualitätsmanagement aus. Dies ist wichtig, um die internen und externen Arbeitsprozesse kontinuierlich zu optimieren, zeitintensive Arbeitsschritte zu automatisieren und sich strategisch weiterzuentwickeln. Sirri El Jundi: „Unsere Forschung ist unerlässlich, um den Vorsprung am Markt zu halten und uns auch zukünftig von der Konkurrenz abzuheben.“ Dieser Arbeitsansatz bietet nicht nur für die Planungspartner von JSB, sondern auch für andere Architekten neue Chancen: Diese können sich auf die Leistungsphasen 1 bis 4 konzentrieren, ihren Entwurf konventionell in 2D oder 3D vorplanen und nach der Baugenehmigung durch JSB in eine BIM-Planung überführen lassen. Auf den ersten Blick ist dies ein Bruch in der geforderten Durchgängigkeit der Prozesse, denn das BIM-Modell wird von JSB komplett neu aufgebaut. Auf der anderen Seite bietet dieses Vorgehen dennoch die Option, auch nach der Genehmigungsphase eine ganzheitliche Planung zu forcieren und kollaborativ zu arbeiten. Fehlplanungen und damit einhergehende Terminverzögerungen lassen sich so noch rechtzeitig vermeiden, um zu einem qualitativ hochwertigeren und wirtschaftlicheren Ergebnis zu gelangen, als es möglicherweise mit einer durchgängigen, konventionellen CAD-Planung der Fall gewesen wäre. „Dadurch, dass wir uns auf die Ausführungsplanung konzentrieren, werden unsere Mitarbeiter in diesem Segment sehr schnell zu guten Planern und die Fehlerquote sinkt erheblich. Gleichwohl ist die Arbeit durch die Verschiedenartigkeit an Projekten nicht langweilig. Die Projekte laufen gut und zügig und so gewinnen auch unsere jungen Kollegen an Sicherheit und haben schnelle Erfolgserlebnisse“. Das „macht Spaß“, lautet die Erfahrung der Partner einhellig. Und der Erfolg gibt JSB recht: Nur ein Jahr nach seiner Gründung arbeitet das Büro mit 12 Mitarbeitern an 16 Projekten mit einem Volumen von 2 bis 33 Mio. Euro und einer BGF von 2.500 bis 25.000 m2.
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Dargestellt ist hier der detaillierte Übergang vom Rohbau über den technischen Ausbau zum Innenausbau. Das Gebäude ist in Stahlbeton-Holz-Hybridbauweise erstellt. Der Stahlbeton-Skelettbau ist tragend. Die Raumstruktur entsteht durch Holzausfachungen. In dieser Abbildung wird deutlich, wie in dem BIM-basierten Modell die unterschiedlichen Fachplanungen im sogenannten digitalen Gebäudezwilling zu einer abgestimmten Einheit zusammengeführt werden.
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Der Arbeitsprozess lässt sich anhand des Beispiels „Kinderhaus am Neckarbogen“ in Heilbronn gut erklären: Der Entwurf stammt von Finckh Architekten aus Stuttgart, einem renommierten Architekturbüro der alten Schule. JSB Architekten erhielten neben DWG-Dateien von Grundrissen, Schnitten und Ansichten zusätzlich dreidimensionale Handskizzen ausgewählter Details. Vom Bauherrn, der Stadtsiedlung Heilbronn GmbH, kam der Auftrag, im Zuge der Ausführungsplanung alle Dokumente in ein BIM-Modell zu überführen. Nach dem einheitlichen Standard des Büros, in dem bereits viele Arbeitsschritte automatisiert sind – so etwa die Plankopferstellung oder die konsistente Übernahme von Änderungen in alle Zeichnungen – wurde das neue Projekt angelegt, bevor im nächsten Schritt mit der Sichtung und dem Einlesen der Pläne begonnen und der Rohbau in der BIM-Software ArchiCAD modelliert wurde. „Für unsere Arbeit in Leistungsphase 5 erweist sich das Programm als optimal, da es aus der Arbeitsweise und dem prozesshaften Denken des Architekten entwickelt wurde“, erläutert Sirri El Jundi, der aufgrund seiner ITAffinität bereits umfassende Erfahrung mit den gängigen Programmen am Markt gesammelt hat und diese stetig kritisch auf ihre Tauglichkeit durchleuchtet. Analog zu den einzelnen Werkplanungsphasen, wie sie bei einem Generalunternehmer verankert sind, arbeiten sich die Projektarchitekten nach der Basismodellierung des Gebäudes immer weiter in die Tiefe. Dabei nutzen JSB grundsätzlich eine Nomenklatur von WP 1 bis WP 3 (Werkplanung 1 bis Werkplanung 3). In WP 1, sozusagen in der Basismodellierung, wird der Rohbau anhand der Planungsgrundlage modelliert und mit den vorhandenen Informationen zu Bauteilen und Elementen ergänzt. Darunter werden beispielsweise Fenster und Türen auf der Basis von Standardobjekten erstellt und mit den gewollten Attributen versehen sowie Sonderbauteile entwurfsgerecht angepasst. Anschließend übergeben die Architekten das Modell über die IFCSchnittstelle an den Statiker und den TGA-Fachplaner. Diese können auf der Basis des Grundmodells ihre Planungen einarbeiten und kollisionsfrei abstimmen (WP 2). Der Architekt übernimmt an dieser Stelle die Koordination und fügt alle Daten in seinem BIM-Modell zusammen. Auf diese Weise entsteht ein konsistentes und verlässliches Modell des Gebäudes und JSB behalten stets den Überblick über Arbeitsphasen, Planungsstände und potenzielle Problempunkte. Diese ganzheitliche Arbeitsweise aller Planungsbeteiligten ist aus Sicht von JSB Architekten essenziell und eng mit dem „Open BIM“-Gedanken verknüpft: Die Planungspartner können mit ihren eigenen Werkzeugen, Hard- und Softwarelösungen planen und dank des IFC-Austauschformates ihre BIM-Teilmodelle in das Gesamtmodell einspielen.
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∫ Organisation internes BIM-Management JSB Architekten: BIM-Manager: Anzahl variiert je nach Projektgröße. In der Regel kann diese Funktion zusätzlich von einem Projektarchitekten übernommen werden. BIM-Koordinatoren: Anzahl variiert je nach Projektgröße. In der Regel kann diese Funktion zusätzlich von dem Projektleiter übernommen werden. 4 Projektleiter 3 Projektarchitekten 1 Auszubildender zum Bauzeichner 1 Projektmanager 1 Abteilungsleiter 2 3D-Konstrukteure Modeling Terminologie: Open BIM Softwareeinsatz: Solibri, Simple BIM, Rhinoceros, Grashopper, MS-Project, Office 365, Graphisoft BIMcloud (Testphase)
Kapitel Architekten I Planer
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3D-Perspektive mit Einschnitt in das Gebäude im Bereich des Atriums. Dies verläuft geschossweise versetzt durch das Kinderhaus und dient neben der Erschließung als Aufenthalts- und Bewegungsbereich. Wesentliche Grundidee des Entwurfs von Finckh Architekten BDA: Scheiben, zwischen die sich die „Holzklötzchen“ einschieben, was umlaufend an den sich herausschiebenden Decken deutlich wird. Weitere Entwurfsidee ist es, den Außenraum nach innen zu holen; die Holzlamellenstruktur der Fassade findet sich auch im Innenbereich wieder. Im Obergeschoss sind fünf kleinere Wohneinheiten geplant.
In der WP 3, der Ausbauphase, werden anschließend alle ausbaurelevanten Informationen zu Materialien und Oberflächen in die Planung aufgenommen. Eine gute Zusammenarbeit mit den Entwurfsarchitekten ist daher auch im fortgeschrittenen Zustand des Modells unerlässlich, um die gestalterischen Vorgaben im Sinne des Verfassers korrekt umzusetzen. Der Erfolg von JSB hängt entscheidend von ihrer wirtschaftlichen und effizienten Arbeitsweise ab. Hierbei spielt innerhalb der Planungsprozesse der „Level of Detail“ (kurz: LOD) eine große Rolle. Das bedeutet, dass der Grad der Informationstiefe im Vorfeld gemeinsam mit dem Auftraggeber festgelegt wird. Damit werden die Aufwände für jeden planbar und die Vergütung der Leistungen transparent. In regelmäßigen Abständen finden Besprechungen mit allen Projektbeteiligten am Modell statt. Dabei wird festgelegt, welche möglichen Problempunkte verfeinert auszuarbeiten sind. Hieraus notwendige Details lassen sich dann zeitnah und bedarfsgerecht erstellen. „Auf Verdacht“ im Vorfeld entwickelte Details oder unnötige Änderungen an von der Überarbeitung unberührten Bauteilen werden so vermieden. Viele konkrete Fragestellungen lassen sich über mobile Endgeräte mit den ausführenden Firmen auch direkt auf der Baustelle anhand des Modells klären, und diese Änderungen aktualisieren sich automatisch. JSB nutzen sie genauso intensiv wie ihre Bauleiter oder Bauherren. Dank dieser, auf der Baustelle noch recht neuen, Hilfsmittel behalten die Projektarchitekten stets den Überblick, und alle Abstimmungen laufen koordiniert ab. Hinzu kommt die direkte Serveranbindung vom Gerät aus: Korrekturen oder Anmerkungen, die am Tablet auf der Baustelle eingefügt werden, erscheinen sofort im Modell und damit in der Folge in allen Plänen. Das Idealbild des Architekten, bei dem wieder alle Fäden zusammenlaufen, unterstützt grundsätzlich die Arbeit mit der BIM-Methode, stellt Sirri El Jundi heraus: „Digitale Planungsmethoden erfordern allerdings eine andere Herangehensweise an die Projekte. Man muss sich öffnen und sehr viel stärker mit den Planungsbeteiligten kooperieren, anstatt zu konkurrieren. Denn so eröffnen sich neue Tätigkeitsfelder und ungeahnte Optionen für die eigene Arbeit.“
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Eva Maria Herrmann im Gespräch mit Sebastian Goitowski, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Referat II 4 Bauwesen, Bauwirtschaft, GAEB, Bonn / Deutschland
Öffentliche Hand – mit gutem Vorbild voran
Nicht erst seit der Einsetzung der Reformkommission für Großprojekte widmet sich die öffentliche Hand – für den Bereich Bundeshochbau hier vertreten durch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung – dem Umgang mit der Planungsmethode BIM. Neben der Arbeit in nationalen und internationalen Normungsgremien und der Projektförderung in der Antragsforschung sind die ersten Pilotprojekte in der Umsetzung bzw. im Monitoring. Die Betrachtung geht über das reine Planen hinaus, ein lebenszyklusorientierter, integrativer Ansatz ist die Zielsetzung. Die Herausforderungen sind vielfältig, von der praktischen bis zu vertraglichen Umsetzung. Wichtige Fragen sind zu klären, etwa wie BIM unter Berücksichtigung der rechtlichen bzw. öffentlich-rechtlichen Vorgaben, der VOB, des Vergabehandbuchs, der RBBau und eigenen Dokumentationsvorgaben zu integrieren ist. Ebenso müssen die Interessen der KMUs (Kleine und mittlere Unternehmen) gewahrt werden, da das deutsche Bauwesen von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägt ist. Es wäre wirtschaftspolitisch nicht zu vertreten, hier mit Vorgaben vorzupreschen, die den Großteil der kleinen Strukturen vom Markt verdrängen. Die Trennung zwischen Planung und Ausführung, die sich im öffentlichen Hochbau auf längere Sicht nicht verändern wird, erfordert eine Offenheit der Systeme. Open BIM und damit neutrale softwareunabhängige Austauschformate sind gesetzt, erfordern aber noch Entwicklungsarbeit. Mangels Erfahrungswerten werden die Anwendungsfälle für den öffentlichen Hochbau in Pilotprojekten erprobt und in eigenen Richtlinien festgeschrieben. Neben den klassischen Themen aus dem Planungsbereich (Kollisionsprüfung, Termin- und Kostenkontrolle und der Übergabe des As Built-Modells) liegt der Fokus auch auf Forschungsvorhaben wie der automatisierten Mengenermittlung – vom 3D-Modell zum vorgefertigten LV – und dem Thema Nachhaltigkeit. Im ersten Ansatz erfolgt die Anhaftung neutraler Informationen ans Modell anhand der Ökobilanzierung, für den Testlauf eine machbare Komplexität der Datenanforderung. Der Bundeshochbau ist pro BIM, solange es in die Rahmenbedingungen passt. Nutzen und Potenzial werden gesehen, jedoch muss
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die Einführung auf soliden Grundlagen basieren. Es ist notwendig, für die Anwendungsfälle ein Grundgerüst aufzusetzen, das von vielen in gleicher Art und Weise genutzt werden kann. Doch prinzipiell ist jeder Bauherr und Nutzer von BIM gefordert, die erforderlichen Richtlinien noch selbst aufzustellen, damit die Gegenseite weiß, was zu liefern ist. Hier ist es die Aufgabe des Bundeshochbaus Vorreiter zu sein und breit aufgestellte Information Delivery Manuals (IDM) und Model View Definitions (MVD) bereitzustellen, die in die AuftraggeberInformationsanforderungen (AIA) bzw. BIM-Ablaufpläne (BAP) integriert werden können. Viele Anforderungen, die heute aus der BIM-Methode resultieren, sind nicht neu, wurden aber bislang nicht in der nun geforderten Prozesstiefe berücksichtigt. An den Pilotprojekten arbeiten Projektpartner mit BIM-Erfahrung. Aber wie sieht es in der breiten Masse aus? Spätestens in der Ausführungsphase fallen für das As Built-Modell wesentliche Informationen an, die wichtig sind, um eine korrekte Übergabe zu machen. Hier ist es nicht unerheblich, wie es mit dem Fachwissen und der Software- und Hardware-Ausstattung aussieht. Doch das Umdenken findet nicht nur auf der Planer-, sondern auch auf der Auftraggeberseite statt. Wie viel Schulungsbedarf besteht bei den eigenen Mitarbeitern, was muss und kann man dafür tun, dass die Leute damit arbeiten können und wie sieht es bei den Partnern aus? Das BBR baut, Betreiber sind jedoch andere – Botschaften, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) etc. Der Dialog mit den Betreibern und Eigentümern muss intensiver geführt werden, um deren Anforderungen und Wünsche zu berücksichtigen. Auf der Gegenseite ist gemäß Erlass des BMUB vom 16.01.2017 zu prüfen, ob und inwieweit die Planungsmethode BIM in neuen Vorhaben eingesetzt wird. Zugunsten von Vielfalt der Planungswerkzeuge und dem Schutz der kleinen KMUs setzt der Bundeshochbau auf Open BIM. Die ersten AIA und BAP sind bereits jetzt Bestandteil der Verträge. Mit dem Verweis auf das Vereinigte Königreich (UK) und dem klaren Bekenntnis zu BIM wird die öffentliche Hand in Deutschland gerne in eine Vorbildrolle gedrängt. Das BMVI hat diese Rolle freiwillig eingenommen.
∫ IDM – Information Delivery Manual: Als zentrales Steuerungswerkzeug beschreibt das IDM projektspezifisch, wer welche Arbeit wann und in welchem Detaillierungsgrad macht und wie an wen liefert. ∫ MVD – Modell View Definition: Die MVD beschreibt die Anforderung, welche Daten und Elemente das IFC-Modell enthalten sollte – je nach Zweck des Modell-Austauschs – und wie die Übertragung technisch abläuft.
∫ AIA und BAP: s. Abkürzungen S. 133
Kapitel Bauherr I Auftraggeber
∫ LOD: BIM-Glossar S. 130 f
∫ Die GAEBSchnittstelle dient dem Austausch von Leistungsverzeichnissen und Angeboten auf Basis von digitalen Planungsdaten.
Vergleicht man jedoch, was die öffentliche Hand nominal an Bauvolumen, Infrastruktur und Hochbau, inne hat, sind dies nur knapp 15 %; die restlichen 85 % des Bauvolumens liegen in der freien Wirtschaft. In den Bereichen, wo Prozesse gut funktionieren und zu einem verbindlichen Standard etabliert werden können, der allen am Bau Beteiligten zur Verfügung gestellt wird, sieht der Bundeshochbau die Möglichkeiten zur Hilfestellung. Dies geschieht durchaus aus Eigennutz, damit viele den standardisierten Prozess benutzen, aber auch als Muster für die, die von BIM noch nichts wissen und Erfahrungswerte brauchen. Dinge, die immer wieder gleich sind, müssen standardisiert werden. Natürlich gibt es stetig individuelle Anpassungen, aber in den meisten Anwendungsfällen kann einen Standardisierungsgrad von 80 % erreicht werden. Denn sowohl der Planer als auch der Ausführende braucht immer die gleichen Informationen von den gleichen Quellen, die wiederrum über unterschiedliche Schnittstellen an die verschiedenen Empfänger verteilt werden müssen. Ein guter Vergleich hierzu ist die Entwicklung der GAEB-Schnittstelle. Mitte der 1980er Jahre wurde mit GAEB ein von Auftraggeber- und Auftragnehmerseite gemeinsam definierter einheitlicher Standard für den Austausch von Bauinformationen entwickelt, der alle Anforderungen an elektronische Prozesse zur Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung bei der Durchführung von Baumaßnahmen unterstützt. Inzwischen wird dieser neutrale Standard bei 90 % der Ausschreibungs- und Vergabeprozesse eingesetzt, die Schnittstelle ist etabliert und funktioniert auf Knopfdruck – egal aus welchem AVA-Programm exportiert wird. So muss auch die IFC-Schnittstelle sich zum etablierten Standard entwickeln, doch dafür müssen sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen und die Anforderungen austauschen. Das Thema BIM und öffentliche Hand ist eng verknüpft mit der herstellerneutralen Ausschreibung und der aus Sicht einiger Hersteller vermeintlichen Unvereinbarkeit mit BIM. Doch nur, weil man nach der BIM-Methode plant, muss man nicht automatisch produktbezogen ausschreiben. Natürlich hat man bei der Planung visuell die Bauteile und Produkte vor Auge, die für die Ausschreibung wieder neutralisiert werden. So kann der Prozess auch für BIM funktionieren. Für den Arbeitsprozess werden produktbezogene Bauteile vom Sanitärobjekt bis zur Halfenschiene ins Modell importiert, deren Informationen
im Ausschreibungsfall wieder neutralisiert werden können – idealerweise auf Knopfdruck oder mittels temporärem deaktivieren von Parametern. Man muss nicht zwingend mit Produkten arbeiten. Auch generische Objekte lassen sich einsetzen. So kann eine Trockenbauwand je nach LOD über die Funktionalität mit Mindestanforderungen ohne Herstellerbezug beschrieben werden. Ist ein bestimmtes Produkt an der Stelle erforderlich? Oder ist ein äquivalentes Modell mit den gleichen Funktionen genauso einsetzbar? Wo ist die Herstellerneutralität notwendig und wo nicht? Die VOB lässt begründete Abweichungen zu. Hier ist man erneut schnell bei Standards. Denn für die Vergleichbarkeit der Bauteile müssen die gleichen Informationsfelder mit derselben Informationstiefe auslesbar sein. Dazu müssen Bauteilbibliotheken standardisiert zur Verfügung gestellt werden. Sonst bleibt es bei einem Vergleich wie von Äpfeln und Birnen. Doch sind wir ausreichend vorbereitet? Das würde ja implizieren, dass BIM schon fertig gedacht wäre. Das Gegenteil ist der Fall. Wir bewegen uns noch sehr an der Oberfläche. Mangels Best-Practice-Beispielen ist BIM in der breiten Masse noch nicht genug etabliert, um es in die Normung zu überführen. Jeder experimentiert nach eigener Interpretation, das gleiche gilt für die Lehre. Auch hier ist man noch im reinen Designgedanken verhaftet und vernachlässigt das Thema Projektmanagement. Einheitliche Standards müssen vermittelt werden, das Bewusstsein der technikaffinen jungen Absolventen für das Thema BIM geweckt werden. Warum werden noch Modelle geklebt, anstatt das digitale Gebäudemodell an den 3D-Drucker zu schicken? Hier werden die Grundlagen für eine andere Arbeitsweise geschaffen. Die Forschung muss ebenfalls stärker vernetzt werden. Hierzu wurde über die Forschungsinitiative Zukunft Bau eine Studie beauftragt mit der Zielstellung, einen BIMMasterplan zu entwickeln. Im Rahmen dieser Studie sollen zudem Forschungstätigkeiten analysiert wrden, die bisher stattgefunden haben sowie kommuniziert und ein wissenschaftlicher BIM Dialog zur Vernetzung von Projekten und Themen etabliert werden. Die Lehre und Anwender aus der Praxis müssen zusammenkommen, um die verschiedenen Anforderungen und Bedürfnisse gerade für die zukünftigen Entwicklungen zu eruieren. Parallel ist eine Definition von Begriffen und Qualifikationen notwendig. Denn die Frage ist: Verstehen wir inzwischen alle dasselbe unter BIM?
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Christine Ryll im Gespräch mit Sabine Burkert, Initiatorin BIM FS AG und Projektleiterin des BIM-Referenzobjektes B11 und Rötger Schütze, Leiter Immobilienmanagement FS AG, Volkswagen Financial Services, Braunschweig / Deutschland
BIM bei Volkswagen Financial Services – Referenzobjekt B11 „Mit BIM macht Bauen wieder Spaß.“ So lautet die Bilanz von Sabine Burkert, Projektleiterin des BIM-Referenzobjektes B11. Der Büroneubau von Volkswagen Financial Services in Braunschweig wurde im Rahmen des Förderschwerpunkts „Mittelstand-Digital – Strategien zur digitalen Transformation der Unternehmensprozesse“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert. Ziel des Förderprojekts „BIMiD – BIM-Referenzobjekt in Deutschland“ war es, die Building-Information-Modeling-Methode anhand konkreter Bauprojekte beispielhaft zu demonstrieren. Volkswagen Financial Services hatte mit seinem für 400 Mitarbeiter ausgelegten Neubau im Bewerbungsverfahren 2014 den Zuschlag erhalten, „weil wir nicht nur Immobilien planen und errichten, sondern diese auch betreiben, sodass wir die Thematik aus mehreren Blickwinkeln über den gesamten Lebenszyklus betrachten“, erklärt Rötger Schütze, Leiter Immobilienmanagement FS AG. Für den Bauherrn ergab sich damit die Möglichkeit, mit Unterstützung eigene Wunschvorstellungen im Zusammenhang mit BIM zu erarbeiten und zu verwirklichen.
Vorteile am laufenden Band Informations- und Kostensicherheit sowie eine bessere Termintreue, da Aufträge früher am Markt platziert werden können: So lautet die Kurzfassung von drei wesentlichen Vorteilen, die Volkswagen Financial Services im Zuge des Pilotprojektes verwirklichen konnte. „Wir haben uns zum Beispiel erhofft, dass dank BIM alle Projektinformationen an einem Ort abgelegt werden, da ja alle Planer für ihre Arbeit auf dasselbe Modell zugreifen müssen. Zudem wollten wir, dass mit dem Abschluss der Planung im BIM-Modell auch sämtliche Ausschreibungen fertiggestellt sind. Dies ergibt sich daraus, dass die Texte analog zu den Planungsinformationen gestaltet werden, während die Massen automatisch erzeugt werden. Und es hat zur Folge, dass die Angebotsrückläufer eher ausgewertet werden können, sodass die Kosten der jeweiligen Leistungen schneller bekannt sind. Somit können Budgetüberschreitungen frühzeitig erkannt und korrigiert und Aufträge so rechtzeitig vergeben werden, dass Lieferschwierigkeiten verhindert werden“, ergänzt Schütze die Palette der Vorteile weiter.
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Visualisierung des Referenzobjektes B11
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Baustelle Neubau B11
Kapitel Bauherr I Auftraggeber
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∫ Objekt: Zentrales BIM-Referenzobjekt „Neubau B11“, Braunschweig Bürogebäude mit Schulungsbereich Bauherr/Nutzer: Volkswagen Financial Services Architekt/Innenarchitekt: Gaudlitz Architekten GmbH BIM-Koordinationsmodell 5D: DhochN Digital Engineering GmbH Planungszeit: 8/2014 – 3/2015 Bauzeit: 8/2015 – 8/2016 BGF: 8.080 m²
Terminologie: Planungskoordination: Open BIM Weitergabe an Kosten / FM: Closed BIM Softwareeinsatz: ArchiCAD 18, liNear, Revit 2015, RIB iTwo, Solibri Model Checker, TEKLA Structures
Auch ein optimales Konfliktmanagement respektive die Möglichkeit, anhand des gemeinsamen Modells bereits im Vorfeld zu erkennen, wo Konflikte in der Planung vorhanden sind, gehört zu den Benefits, die BIM seinen Nutzern bescherte. So konnten bereits am 3D-Modell viele Probleme gelöst werden, deren Beseitigung auf der Baustelle viel Geld und Zeit gekostet hätte. Der höchste Mehrwert der neuen Planungsmethode werde sich allerdings in der Betriebsphase des Gebäudes zeigen, glaubt der Leiter Immobilienmanagement. Denn da die Verantwortlichen für das Facility Management dank BIM nun alle Informationen über ihr Bauwerk griffbereit vorliegen haben, müssen sie im Wartungs- bzw. Schadensfall nicht nicht mit Bergen von Akten und differierenden Daten arbeiten, sondern können mit wenigen Klicks alle notwendigen Informationen einholen und zeitnah und gezielt agieren. Zudem stellt die Betriebsphase mit 33 Jahren gegenüber einer zwei- bis dreijährigen Bauphase die wesentlich längere Phase im Lebenszyklus eines Gebäudes dar. Daraus ergibt sich ein jährlicher Einspareffekt, nicht nur ein einmaliger. Größtes Hindernis: der Mensch Bevor das Braunschweiger BIM-Pilotprojekt und die damit zusammenhängenden Vorteile angestoßen werden konnten, musste Projektleiterin Burkert allerdings viel Überzeugungsarbeit leisten. Denn obwohl die überwiegende Zahl der an der Planung und am Bau beteiligten Unternehmen schnell bereit schien, BIM „auszuprobieren“, erwies sich die Qualität der gelieferten Leistungen als unterschiedlich gut. Insbesondere einzelne Baufirmen und Fachplaner zeigten sich zurückhaltend. Die Planer hatten Angst, ihre Planung für alle transparent zur Verfügung zu stellen. Sie befürchteten zudem, dass der für BIM notwendige Aufwand größer sei als die beauftragte Vergütung. Den Baufirmen hingegen war bewusst, dass mit der Reduzierung von Nachträgen und zu vergütenden Änderungen ein Teil ihres Nachtraghonorars entfallen würde – jener Teil, der im Zuge eines besonders kostengünstigen Gebotes bereits eingerechnet wird. Um alle Parteien zu befrieden, war daher im Vorfeld des Bauvorhabens viel Überzeugungsarbeit vonnöten. „Der Faktor Mensch ist bei der Arbeit mit BIM mit Abstand die größte Herausforderung“, argumentiert Schütze. „Der größte Widerstand liegt bei den Leuten, die an der alten Methode festhalten wollen, weil sie sich darin sicher fühlen. Daran müssen wir arbeiten, indem wir die Vorteile dieser neuen Methode herausstellen.“
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Eventuelle Kommunikationsprobleme zwischen verschiedenen Software-Lösungen lösten die die Verantwortlichen bei Volkswagen Financial Services bereits im Vorfeld, indem sie ein externes Planungsbüro mit der Übertragung aller Daten in ein gemeinsames Modell beauftragten. „Wir arbeiten mit Revit. Da aber unterschiedliche Anbieter auf dem Markt sind und nicht alle Planer Software von Autodesk nutzen, waren wir auf die IFC-Schnittstelle angewiesen. Dabei hat sich herausgestellt, dass mindestens 15 % der Informationen auf diesem Weg nicht richtig übermittelt wurden“, betont der Immobilienfachmann. Um keine Übertragungsfehler zu riskieren, lieferten die Planer daher ihre Zeichnungen an ein externes Büro, das daraus ein detailliertes BIM-Modell erstellte. Mit Erfolg. Weniger Baustellenstress, weniger Änderungen Das zeigt der Rückblick auf den Projektverlauf: „Die Zusammenarbeit zwischen Architekten und Fachplanern war hervorragend. Bis auf wenige Ausnahmen hat alles sehr gut funktioniert, nicht zuletzt dank des Engagements unserer Gesamtprojektleiterin“, lautet das Resümee von Schütze. Die Baufirmen waren zufrieden, weil die Planungen stets auf dem aktuellen Stand waren. Die Baubesprechungen konnten im Vergleich zu früheren Projekten wesentlich verkürzt werden. Statt bis zu sechs Stunden Zeit je Baubesprechung zu benötigen, kamen die Braunschweiger oft mit maximal einer Stunde für die Besprechungen aus. Die anfänglich wöchentlich abgehaltenen Jour-Fix-Termine konnten zudem bald auf einen zweiwöchentlichen und dann auf einen monatlichen Turnus reduziert werden. Auftragsvergaben in letzter Minute gab es bei B11 ebenfalls nicht. „Die ganze Dramatik und der Baustellenstress, die mit Bauvorhaben in der Regel am Schluss verbunden sind, haben wir schlicht umgangen, da wir viel früher mit der Beauftragung der Leistungen begonnen hatten“, stellt der Leiter Immobilienmanagement fest. Selbst Planungsänderungen im Projektverlauf gab es nur wenige.
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Die Ökobilanz des gesamten Gebäudes konnte durch das sorgfältige Hinterlegen der einzelnen Parameter im digitalen Gebäudemodell berechnet und simuliert werden.
Kapitel Bauherr I Auftraggeber
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Die Daten für das physische Modell wurden aus dem digitalen Modell an den 3D-Drucker geschickt.
5, 6 Innenraumaufnahmen des Referenzobjektes B11.
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Zukunft BIM Summa summarum überzeugte das Pilotprojekt so sehr, dass Volkswagen Financial Services beschlossen hat, BIM künftig für alle Planungs- und Bauvorhaben anzuwenden, für Neubauten ebenso wie für Sanierungen. Auch Baubesprechungen sollen nur noch am 3D-Modell im BIM Operating Center durchgeführt werden, sodass jeder am Modell zeigen kann, wo er ein eventuelles Problem erkennt. Im Vorfeld will der Konzern allerdings noch die Verträge mit den Baufirmen anpassen. „Wir können aufgrund unserer jetzigen Erfahrungen nun viel klarer formulieren, in welcher Detailtiefe die 3D-Modelle unserer künftigen Projekte ausgeführt werden müssen. Also nicht bis zur letzten Schraube, aber eventuell bis zur Steckdose. Das erleichtert den Kalkulatoren, den Planern und Baufirmen die Aufwandseinschätzung“, erläutert Schütze. Von einer derartigen Vorgehensweise erhofft er sich wiederum eine Reduzierung der Diskussionen darüber, welche Leistung dem jeweiligen Auftrag geschuldet ist und welche nicht. „Natürlich ist die Detailtiefe wichtig“, führt er aus, „aber die muss der Facility Manager bestimmen und nicht der Architekt. Denn ersterer muss mit dem Gebäude langfristig arbeiten. Er weiß daher am besten, welche Informationen er für den Betrieb benötigt und welche nicht. Das alles müssen wir im Zuge der Auftragsvergabe berücksichtigen und vertraglich festlegen.“ Auf dieser Basis könne und werde im Zuge von BIM ein anderes – besseres – Miteinander auf dem Bau entstehen, ist Schütze überzeugt. „Bis dato behält jeder sein Wissen für sich, um daraus einen finanziellen Vorteil zu erzielen, der Bauherr ebenso wie die Planer und die Baufirmen. Das funktioniert nicht mehr, wenn man das Wissen offenlegt. Damit aber reduzieren sich auch die Missverständnisse.“ Zwar befürchtet er, dass die aufgrund der präziseren Planung reduzierenden Nachträge letztlich zu höheren Angebotspreisen der Baufirmen führen werden, weil sie die aus den Veränderungen resultierenden Einnahmen kompensieren müssen. „Doch ich bin sicher, dass die Schlussrechnungen infolge des reduzierten Nachtragsmanagements letztlich geringer ausfallen werden. Zudem erhalten wir eine höhere Qualität. Ich hoffe, dass die Energie und Kreativität, die bisher in der Diskussion rings um Planungs- und Baufehler aufgebraucht wurde, künftig vermehrt den Projekten und deren Qualität zukommen wird.“
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Eva Maria Herrmann im Gespräch mit Daniel Riekert, Program Lead digital Evolution@PS F.Hoffmann-La Roche AG, Basel / Schweiz
Digitalisierung lebt vom Machen – und zwar möglichst bald!
Das Gespräch mit Daniel Riekert, Program Lead digital Evolution@PS und bis vor kurzem noch zuständig für die BIM-Implementierung beim Unternehmen Roche findet im Bau 1 in Basel statt. Nicht nur die Architektur von Herzog & de Meuron des 2015 fertiggestellten Büroturms, der mit 178 Metern das aktuell höchste Haus in der Schweiz ist, beeindruckt. Der Bau 1 lässt sich in seiner modularen Bauweise mit standardisierten Bauteilen als ein Vorläufer von BIM bezeichnen. Im zeitlichen Kontext gesehen – Projektplanungsphase war von 2008 bis 2011 – war die BIMMethode damals nur Insidern bekannt. „Als Denkweise und Arbeitsmethode sind uns die Prozesse seit langem nicht fremd“, erläutert Daniel Riekert. „Schon seit über 20 Jahren werden Roche-Produktionsanlagen mit Intergraph-3D-Software geplant. Daraus haben wir viel gelernt. Neu war die Anwendung auf Gebäude und Immobilien.“ Bei der Planung von Bau 1 wurden mit den Softwarelösungen, die 2008 zur Verfügung standen, die ersten Schritte zu einem digitalen Gebäudemodell gemacht. BIM war in den Anfängen und es gab noch viel zu entwickeln. Da der Bau 1 mit seiner Strahlkraft als höchstes Gebäude der Schweiz zugleich ein sehr wichtiges Projekt für Roche war, wurde nach einer Risikoabwägung beschlossen, es konventionell fertigzustellen. Anfang 2017 begannen die Bauarbeiten am Bau 2 (Architekt Herzog & de Meuron, Basel), aufbauend auf Erfahrungen von Bau 1, wurde er von Anfang an mit BIM geplant. Mit den Erfahrungen aus Bau 1 und den laufenden „learnings“ aktiver Bearbeitung mit BIM in den Projekten Bau 2 und Bau 98 (In-vivo-Forschungsgebäude, hammeskrause architekten, Stuttgart) konnten die Technologie, Abläufe und Prozesse maßgeblich optimiert werden.
Herr Riekert, vor gut zwei Jahren haben wir für das erste BIM-Buch bereits über die Implementierung von BIM gesprochen – was hat sich seitdem bei Ihnen getan? Vor zwei Jahren war BIM wie ein „theoretischer Hype“. Es hörte sich an wie Science-Fiction. Nun haben wir die ersten Anwendungen und arbeiten täglich damit. BIM ist die richtige Strategie, doch letztendlich entscheidend ist der Business Case, in welchem Maß und in welchem Tempo BIM implementiert wird. Die Sicherheit einer perfekt vorbereiteten Planung gibt es weiterhin noch nicht. Den Weg findet man erst, wenn man auf die Reise geht.
∫ „Nachverfolgt“ hammeskrause architekten, S. 38 ∫ BIM Building Information Modeling I Management, Band 1, 2015 S. 80, „Die ‘Owner BIM’-Strategie am Beispiel von Roche“
∫ Roche mit Hauptsitz in Basel, Schweiz, ist eines der führenden Unternehmen im forschungsorientierten Gesundheitswesen. Seit 1896 ein Pionier im Gesundheitswesen, bündelt Roche die Stärken der beiden Geschäftsbereiche Pharma und Diagnostics und entwickelt als weltweit größtes Biotech-Unternehmen zahlreiche Medikamente für die Onkologie, Immunologie, Infektionskrankheiten und ist führend in der Augenheilkunde und den Neurowissenschaften. Die Roche-Gruppe beschäftigt über 94.000 Mitarbeiter in 150 Ländern. Am Standort Basel und Kaiseraugst sind 11.900 Mitarbeiter im Konzernhauptsitz und in den Unternehmensbereichen Forschung, Entwicklung und Produktion/Logistik beschäftigt. Im Rahmen eines strategischen Arealentwicklungsplans werden in den nächsten Jahren umfassende Investitionen in über 20 Neubau- und Sanierungsprojekte getätigt. An den Standorten Basel und Kaiseraugst werden bis zum Jahr 2024 moderne Forschungs- und Bürogebäude, Produktionsstätten, ein neues Learning Center sowie Infrastrukturprojekte entstehen.
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Kapitel Bauherr I Auftraggeber
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Koordination der Fachplanung am BIMModell mit Smartboards.
∫ BIM-to-Field: BIM-Glossar S. 128
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Ein gutes Beispiel ist der Neubau des oben genannten neuen Forschungsgebäudes Bau 98. Die geplante Fertigstellung ist im Dezember 2018. Dort hat sich ein unglaublich digitalaffines Projektteam zusammengefunden – nicht nur seitens Projektleiter und Architekten, sondern bei den zukünftigen Betreibern aus der Forschung. Der Neubau ist nicht nur das erste Projekt, wo wir im Planen mit BIM sehr weit gekommen sind, sondern wir konnten auch ein BIM-to-Field, also die Nutzung von BIM auf der Baustelle und während des Bauens – mit bestimmten Anwendungen und Use-Cases – entwickeln. Und das Resultat daraus sieht man jetzt im Ergebnis: In den Untergeschossen werden gerade die ersten Trassen mit Rohrleitungen installiert – exakt wie im digitalen Gebäudemodell modelliert! Für uns Ingenieure ist es immer ein gutes Zeichen, wenn etwas sauber installiert ist. Das bedeutet weniger Ärger und einen Mehrwert durch weniger Wartungsaufwand. Für uns als Auftraggeber, ist eine der Hauptaufgaben, unseren Bedarf im Vorfeld deutlich zu kommunizieren. Wir stellen Use Cases auf, in denen beschrieben ist, was wir machen können und wollen und wie wir BIM nutzen – nicht zu verwechseln mit User Requirements, also Nutzeranforderungen – und formulieren die Vision, den Zustand der entstehen soll. Daraus leiten wir ab, welche Funktionalitäten erwartet werden. Und damit kann dann ein Bau geplant werden und der Softwareentwickler kann seine Programmierung aufsetzen. Zum Teil wird bestehende Software auf die Anforderungen von Roche modifiziert. Es gibt aber auch jetzt schon Anwendungen, die sowohl in puncto Datenverwaltung und auch in der Praxisanwendung gut funktionieren. So nutzen wir zum Beispiel BIM 360 Field für den Baustelleneinsatz mit cloudbasierten Zusammenarbeits- und Berichtsfunktionen. Per Barcode und RFID-Chip werden der physische Ort eines Gegenstandes und sein virtueller Planungsstand synchronisiert und eine Überlagerung der Modellansicht und der physischen Realität erzeugt. Dabei ist es nicht wichtig, ob alles in der gleichen Softwareumgebung geplant ist (Bau 2: Revit, Bau 98: Vectorworks / Allplan). Das Entscheidende ist, dass ein Informationsmodell – nicht nur visuell sondern faktisch – die Parameter einhält, die definiert sind, um die notwendigen planungsrelevanten Informationen zu übertragen. Denn es gibt hier Unterschiede. Es ist nicht möglich, von verschiedenen Softwares oder Systemen Daten auszulesen und alle Informationen konsistent vorliegen zu haben. Oft sind Übersetzungstools notwendig, die es zulassen, dass bestimmte Daten in definierten Formaten und Datenbanken ausgelesen werden können. Doch die Fehlerquote ist noch hoch und die Kontrolle der Datenkonsistenz verschlingt Zeit. Es gibt keine „BIM-System-Anbieter“, sondern nur Softwarehersteller mit einzelnen BIM-Komponenten. Kompatibilität fehlt oftmals, nicht nur zwischen den Herstellern, sondern auch innerhalb des jeweiligen Software-Systems. Es muss außerdem verifiziert werden, ob das, was theoretisch möglich ist, praktisch umsetzbar ist.
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Sind Ihre Organisationseinheiten auf die Fülle von Anforderungen vorbereitet? Und wo liegen die Herausforderungen, was muss sich noch verbessern? Vor gut zwei Jahren haben wir uns gefragt, ob wir überhaupt mit BIM arbeiten wollen. Das ist heute längst nicht mehr die Frage. Wenn die BIM-Implementierung einmal richtig funktioniert, ist sie beliebig für andere Projekte reproduzierbar. Daraus entstehen wieder neue Skaleneffekte auch in der Wirtschaftlichkeit. Die Digitalisierung soll unser Geschäftsfeld positiv beeinflussen, doch steht und fällt dieser Wunsch mit der Akzeptanz der Leute, die damit arbeiten. Die Digitalisierung ist eine ungeheure Umwälzung, weil das Arbeiten – egal wie geartet – in Zukunft anders sein wird. Und je nachdem, wie ‚konventionell‘ eine Organisation aufgestellt ist, umso dramatischer fallen die Veränderungen aus. Wir haben Organisationseinheiten, die es schon länger gewohnt sind, computergesteuertes Informationsmanagement zu nutzen. Neu ist für uns jedoch die „Verschachtelung“ zu digitalen Systemen. Damit können relativ schnell neue Perspektiven entwickelt und Use Cases formuliert werden, die das Arbeiten einfacher gestalten, effizienter machen und auch bereichern. Aber es gibt auch Abteilungen, die noch „auf Papier“ arbeiten. Hier bleibt für uns zu untersuchen, ob „alle Rädchen“ unbedingt ineinandergreifen müssen. Oder ob wir Spezialisten bereitstellen, die Änderungen schnell ins Gebäudemodell eintragen und damit die handschriftlichen Eintragungen in unserer digitalen Zukunft ersetzen. Es bedarf dazu Diskussionen und Aufklärungsarbeit in einfacher und verständlicher Sprache. Die komplexen Zusammenhänge im Hintergrund muss nicht jeder verstehen, aber die Gestaltung seiner Arbeitswelt schon. Wollen wir als Ingenieure in der Digitalisierung innovative Lösungen finden, müssen wir anders denken! „User“-Fokus als Priorität – das ist das Gegenmodell zur Denkweise, wie wir als Ingenieure geprägt wurden. Begriffe wie Nutzbarkeit, Optimierung der Anwendung, intuitives Beherrschen stehen im Vordergrund, im Vergleich zu dem gewohnten technischen Optimieren und dem dazu Passendmachen der Nutzer. Viele Entwicklungen und innovative Produkte sind technikgetrieben, Nutzerbedürfnisse (resp. Bewohnerbedürfnisse) werden nur am Rande berücksichtigt.
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Überlagerung des mobilen BIMModells mit realer Situation.
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Montagevorbereitung mit mobilem BIM-Modell.
Kapitel Bauherr I Auftraggeber
Sie forschen also an den Auswirkungen der Digitalisierung auf die physische Umgebung der Nutzer? Es ging mit digitalem Design und Konstruktion los. Und jetzt sind wir bei Smart Buildings im Sinne der Ausstattung und der Anforderungen, die ein Nutzer an ein Smart Building der Zukunft hat. Dabei stellen wir uns zuerst die Fragen: „Was ist für uns smart?“, „Was soll ein Gebäude der Zukunft können?, „Welche operativen oder Geschäfts- Abläufe soll dieses IoT-Netzwerk unterstützen resp. optimieren?“ und „Von welchen smarten Eigenschaften hat der Nutzer etwas, was verbessert seine ‚quality of life‘?“ Wir können schnell filtern, was auf dem Markt verfügbar ist, aber digital denken bedeutet für mich von Anfang an, anders denken. Als Ingenieure haben wir bislang stets als erstes die technischen Möglichkeiten und Potenziale diskutiert. Das geschieht heute anders: Wir formulieren, was wir wollen, im zweiten Schritt bis wann und dann schließlich das Wie. Das betrifft Software- und Hardwarelösungen, aber zum Beispiel auch Bauprodukte. Ein Deckenspot kann mehr sein als nur ein Leuchtmittel. Mit einer Stromversorgung über WLAN, Sensoren zur Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit und -qualität etc. Das ist smart. Wenn der Nutzen spürbar ist, dann steigt auch die Akzeptanz. Was kommt als Nächstes – welche Ziele setzen Sie sich für die Zukunft? Die Disruption durchdringt alle Bereiche. BIM war nur der „Triggerpoint“, um in die Digitalisierung einzusteigen, zu erkennen, was für eine Dimension sich da öffnet. Aber wie geht es weiter? Wir haben verschiedene Arbeitsgruppen installiert, die untersuchen, wie die Digitalisierung auch andere Bereiche unserer Organisation positiv beeinflussen kann. Denn das Leben verändert sich digital, das ändert das Kommunikations- und Präsenzverhalten und damit auch die Anforderungen wie Arbeitsplätze aussehen müssen, welche Funktionalitäten sie bereitstellen und wie sie gleichzeitig ökonomisch bewirtschaftet werden können. In drei Clustern untersuchen wir aktuell verschiedene Themenfelder, setzen Impulse: „Live is digital“ – erforscht die Aspekte des Arbeitsumfeldes, „Smart Building / Smart Site / Smart Services“ – untersucht die physische Welt der Gebäude und des Areals, aber auch die Bereitstellung von Smart Services für alle, womit eine vernetzte, digital fähige Umgebung entsteht, die letztlich den Mitarbeiter beim Leben und Arbeiten so unterstützt, dass beides besser zu bewältigen ist und die „quality of life“ im Roche-Kosmos zunimmt. Und: „Informationsverarbeitung und Management.“ Was BIM für Gebäude ermöglicht, sollte in einer vernetzten Welt auch in anderen Bereichen funktionieren – nämlich Informationsmanagement automatisieren und wesentlich effizienter gestalten und den oftmals ungenutzten Mehrwert aus den vorhandenen Informationen zu genieren. Das Faszinierende an der Digitalisierung ist für mich die geistige Offenheit. Es gibt erst mal nicht Richtig oder Falsch. Wer will das schon wissen, wenn es zum ersten Mal gemacht wird? Aber es gibt Visionen und Leitbilder von einer Zukunft auf die wir hinarbeiten wollen. Und ganz wichtig, wir sammeln jetzt Erfahrungen, auf unserer Reise. Es ist ein kollaboratives Arbeiten, welches von individuellem Engagement befeuert wird. Es braucht Leadership, die Überzeugungsarbeit um Mitarbeiter-Akzeptanz zu erzeugen und dass sie motiviert werden, sich einzubringen. Man muss auch die Konsequenzen aus nicht funktionierenden Entwicklungen ziehen und dies kommunizieren. Aus „Fehlern“ oder besser „Nicht-Erfolgen“ lernen wir. Wir müssen auf Impulse schnell reagieren, das ist eine der Eigenarten von Digitalisierung. Wir arbeiten daran, eine Art „digitale Entwicklungsspielwiese“ zu installieren, wo wir im übertragenen Sinne als Testobjekte selbst Anwendungen ausprobieren und bewerten können, die es so auf dem Markt noch nicht gibt. Davon versprechen wir uns viel für die Entwicklung der digitalen Zukunft. Wir haben verstanden, dass wir viele Möglichkeiten und Chancen haben, die wir strukturiert auf ihre jeweilige Sinnhaftigkeit und ihren Wert für den Nutzer und das Unternehmen überprüfen werden. Manchmal muss man auch einfach mal machen.
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Eva Maria Herrmann im Gespräch mit Stephanie Külzer, Leiterin Geo- und Gebäudedatenmanagement der Fraport AG, Frankfurt am Main / Deutschland
BIM-basiertes Planen, Bauen und Betreiben
Für Fraport hat die Planungsmethode BIM schon länger einen großen Stellenwert. Neben dem Planen und Bauen ist die komplette Lebenszyklusbetrachtung insbesondere für den Betriebszeitraum von Interesse. Denn in der bedarfsgerechten Planung und effektiven Umsetzung liegt der Hebel für die nachhaltige Wertschöpfung der Fraport AG. Seit dem Beitrag in der BIM-Publikation von 2015 haben sich bereits weitere Veränderungen ergeben. Mit dem Wechsel in das Ressort Geo- und Gebäudedatenmanagement hat Stephanie Külzer einen stärkeren Einblick auf die digitalen Datengrundlagen als wesentliches Element eines BIM-basierten Planens, Bauens und Betreibens. Derzeit wird intensiv daran gearbeitet, die Datengrundlagen im Bestand aufzubereiten, zu validieren und auszuloten, welche Daten für Projekt und Objekt tatsächlich erforderlich sind. Dabei ist die Grundmaxime „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Denn es kristallisiert sich heraus, dass bei über 400 Gebäuden nicht alle in der Theorie möglichen Gebäudeinformationen und -daten erfasst und vor allem gepflegt werden können.
∫ Die Fraport AG in Zahlen (2016) am Standort Frankfurt Airport City, Frankfurt am Main: Ca. 23 km2 Fläche 60 Mio. Fluggäste, jährlich 1.300 Starts und Landungen, täglich ca. 2,11 Mio. Tonnen Luftfracht, jährlich 14,8 km Start- und Landebahnen Terminal 1+2 mit 188 Flugzeugabstellpositionen, Terminal 3 mit 75 Flugzeugabstellpositionen, 1. Bauabschnitt in Realisierung ca. 21.000 Beschäftigte bei der Fraport AG und ihren Tochter- und Beteiligungsunternehmen vor Ort Anteilseigner der Fraport AG sind derzeit das Land Hessen (31,32 %), die Stadtwerke Frankfurt am Main Holding GmbH (20,00 %), die Deutsche Lufthansa AG (8,44 %) und Lazard Asset Management LLC (5,05 %). 35,19 % der Aktien befinden sich im Streubesitz. Mit Beteiligungen und Tochtergesellschaften ist die Fraport AG an mehr als 35 Standorten im In- und Ausland tätig. ∫ BIM Building Information Modeling I Management, Band 1, 2015 S. 74, „Datenmanagement im Infrastrukturbetrieb“ 1 1
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Visualisierung der Unternehmenszentrale Gebäude 178 mit eingeblendetem TGA-Modell.
Kapitel Bauherr I Auftraggeber
Was hat sich bei Fraport seit 2015 konkret getan und entwickelt? Das Thema BIM hat bei uns in den letzten beiden Jahren weiter an Aufmerksamkeit und Bedeutung gewonnen. Es ist im Unternehmen spürbar, wie sich das Wissen um die Inhalte von BIM sowie die Erkenntnis des aus BIM resultierenden Nutzens für uns als Flughafenbetreiber weiter bei den Beteiligten verfestigt und das Interesse an dem Thema wächst. Die Überlegungen zum Thema BIM initiieren bei den Beteiligten eine intensive Auseinandersetzung mit unseren bestehenden Prozessen und dem Hinterfragen von Abläufen, vor allem hinsichtlich von Informations- und Dateninhalten sowie Datenaustauschprozessen. Welche Erfahrungen haben Sie in der konkreten Umsetzung gemacht? Werden die Vorteile des digitalen Planungsprozesses in die Bauausführung und den Betrieb weitergeführt? Wir haben erkannt, dass das Datenmodell als ein Kernstück von BIM valide und belastbar sein muss, um den BIM-Gedanken leben zu können. Im Falle einer Neuplanung ist das noch relativ einfach zu erreichen, da das Datenmodell neu erstellt wird; für uns als Flughafenbetreiber mit rund 400 Bestandsimmobilien, die tagtäglich betrieben werden müssen, ist jedoch das Datenmodell aus den bestehenden Bestandsdaten heraus zu generieren. Dies stellt uns vor besondere Anforderungen. Wir sind im Bestand in der Datenmodellierung und -information bereits sehr weit; so liegen uns beispielsweise fast alle Architekturdaten für unsere Terminalgebäude vollständig in 3D-Modellierung vor. Schwieriger wird es schon mit den Informationen zur Technischen Gebäudeausrüstung; diese sind bei uns über Jahrzehnte gewachsen und sowohl mit Blick auf die Gewerkezahl als auch in der Erhebbarkeit wesentlich anspruchsvoller, sodass wir hier ein sehr heterogenes Bild vor uns haben. Die besondere Herausforderung für uns ist, die Bestandsdaten mit neuen Daten aus Projekten wie Umbauten und Instandsetzungen so zu ergänzen, dass fortlaufend ein valides und vollständiges Datenmodell vorliegt. Da wir diesen Anspruch für über 3 Mio. Quadratmeter Bruttogeschossfläche erfüllen wollen, stellen wir uns im Moment intensiv die Fragen: Welche Inhalte möchte ich wirklich im Datenmodell mitführen? Wer benötigt zu welchem Zeitpunkt welche Daten? Was ist für einen rechtssicheren Betrieb im Minimum erforderlich? Wer führt während der Betriebsphase die Aktualisierung der Daten durch? Unser Ziel dabei ist klar: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.
Was hat Sie am meisten überrascht? Welche Themen oder Prozesse haben zu einer Erleichterung der Arbeit geführt? Was hat besonders gut funktioniert und – vor allem – was nicht? Bei den vielen Aspekten von BIM ist das Thema Software das Thema, das uns aktuell am wenigstens beschäftigt. Wir kommen immer mehr zur Überzeugung, dass unsere Software und Systeme für sehr viele BIM-Schritte ausreichen bzw. nur noch modifiziert, nicht aber neu programmiert werden müssen. Dies gilt zugegebenermaßen in unserer klaren Richtlinienwelt, also ein sogenanntes „Closed BIM“. Darüber hinaus ist es bei der Vielzahl an BIM-Veranstaltungen und -Informationen wichtig, Infos sowohl zu kanalisieren als auch sich gezielt und fortlaufend zu informieren und weiterzubilden. Unsere Erfahrung ist, dass sich immer wieder neue Ansatzpunkte und Aspekte von BIM auftun, die einen Mehrwert für das eigene Tun bzw. Unternehmen haben können. Wo liegen die Fallstricke? Was muss sich noch ändern? Die größte Herausforderung bei BIM steckt für uns aufgrund der Vielzahl an Rollen und Beteiligten hier am Flughafen (Planen, Bauen, Facility Management, Terminalbetrieb, Retail, Vermietung – um nur die wichtigsten zu nennen) bei den Menschen. Wie kann es gelingen, einen gemeinschaftlichen Prozess zu entwickeln, in dem alle Aufgaben und Rollen klar definiert sind? Wie kann ich sicherstellen, dass dieser Prozess langfristig gelebt wird und auch Wechsel zum Beispiel in den Projektleitungen übersteht? Wie kann ich eine Akzeptanz schaffen für das große Ganze, weg von partiellen Sichtweisen? What´s next? Wohin geht Ihr Weg bzw. der von Fraport? Wie schon gesagt, liegen die nächsten Schritte bei uns in der Definition der Daten und Informationen – was benötigen wir, um unsere Aufgaben zu erfüllen und gleichzeitig die Vielzahl an Daten handhabbar zu halten. Parallel dazu machen wir uns Gedanken, wie wir bei den Beteiligten noch mehr Bewusstsein für den BIM-Prozess schaffen und alle ‚ins Boot‘ nehmen können. Hier ist eine ausdauernde und zielgerechte Kommunikation gefragt. Alles in allem werden wir den Ablauf eines BIMProzesses für unsere Anforderungen als Flughafenbetreiber stetig schärfen und hoffen, das Thema BIM weiter in den Köpfen und dem Handeln der Beteiligten zu etablieren.
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Roland Pawlitschko im Gespräch mit Prof. Matthias Kohler ETH Zürich / NCCR Digital Fabrication, Zürich / Schweiz
DFAB HOUSE – vier neue digitale Bauverfahren in einem Gebäude Acht Professuren der ETH Zürich haben sich im Rahmen eines Forschungsprojekts zusammengetan, um ein Wohnhaus zu realisieren, das nicht nur digital entworfen und geplant, sondern weitgehend auch mit digitalen Prozessen gebaut wird. Im Gespräch erläutert Matthias Kohler, konzeptioneller Vater des Gebäudes und Professor für Architektur und Digitale Fabrikation, sowohl den Planungsprozess als auch die eigens entwickelten Technologien zur Herstellung der eingesetzten Beton- und Holzbauteile. Wie lauten die grundlegenden Ziele für das DFAB HOUSE? Das Projekt basiert auf der Überzeugung, dass es nicht reicht, wenn wir als Architekten isolierte Forschungen betreiben. Vielmehr brauchen wir mehr komplementäre Expertise und interdisziplinäre Zusammenarbeit – von Architekten, Bauingenieuren, Robotikern, Material- und Computerwissenschaftlern. Hierfür gibt es an der ETH Zürich seit 2014 den auf zwölf Jahre angelegten Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) Digitale Fabrikation, dessen Gründungsdirektor ich war. Ziel der ersten Vierjahresphase war der Bau eines Hauses, mit dem wir einen Schritt weg machen von kleinen Versuchspavillons und monomateriellen Konstruktionen – hin zu einem ganzen Gebäude mit verschiedenen Materialien und konstruktiven Systemen. Im DFAB HOUSE, das im Sommer 2018 fertiggestellt sein wird, nutzen wir mit Robotern und 3DDruckern erstmals ganz unterschiedliche Fertigungsprinzipien in einem Bauwerk. Welche Herausforderungen ergeben sich aus dieser Konstellation? Für die Forschungsprojekte ist es eine große Herausforderung, weil wir etwas aus dem Labor herausnehmen und in ein bewohnbares Haus bringen – das dreigeschossige DFAB HOUSE befindet sich auf dem NESTGebäude der eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa in Dübendorf bei Zürich und dient als Gästehaus für vier Bewohner. Zugleich wirft das Projekt grundlegende Fragen der architektonischen Integration auf: Wie geht man mit der Pluralität von digitalen Prozessen um, die unterschiedlich aufgebaut sind, unterschiedlich entworfen werden und auch die Maschinen auf unterschiedliche Weise ansprechen? Wir verwenden nicht ein zentralisiertes System, sondern haben mehrere computerbasierte Entwurfssysteme bzw. Computational
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Computergenerierte Visualisierung des DFAB HOUSE auf dem NEST-Gebäude der Empa in Dübendorf, Zürich
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Axonometrische Explosionszeichnung des DFAB HOUSE
∫ DFAB HOUSE PROJECT CREDITS Research Prof. Matthias Kohler, Chair of Architecture and Digital Fabrication Prof. Fabio Gramazio, Chair of Architecture and Digital Fabrication Prof. Benjamin Dillenburger, Chair for Digital Building Technologies Prof. Jonas Buchli, Institute of Robotics and Intelligent Systems Prof. Robert Flatt, Institute for Building Materials Prof. Joseph Schwartz, Chair of Structural Design Prof. Walter Kaufmann, Institute of Structural Engineering Prof. Guillaume Habert, Institute of Construction & Infrastructure Management Architecture Concept: Prof. Matthias Kohler, Konrad Graser Design: Konrad Graser (Lead), Marco Baur Contributors: Arash Adel, Prof. Benjamin Dillenburger, Kathrin Dörfler, Rena Giesecke, Prof. Fabio Gramazio, Norman Hack, Matthias Helmreich, Andrej Jipa, Prof. Matthias Kohler, Ena Lloret, Mania Meibodi, Fabio Scotto, Demetris Shammas, Andreas Thoma Structural Design Concept: Prof. Joseph Schwartz Project Engineer: Marco Bahr Contributors: Jaime Mata Falcon, Prof. Walter Kaufmann, Daniel Rönz, Thomas Wehrle Planning Team Architecture: NCCR Digital Fabrication General Planner: ERNE Holzbau AG Structural Engineering: Dr. Schwartz Consulting AG Building Physics: BAKUS Bauphysik & Akustik GmbH Electrical Engineering: Elektro Siegrist AG HVAC/Sprinkler Planner: Häusler Ingenieure AG Building Technology: Schibli Gebäudetechnik Membrane Façade: Seele Cover GmbH Lighting design: Sommerlatte & Sommerlatte AG Management and Communication Managing Director: Dr. Russell Loveridge Finances: Blanca Hren Communication: Tanja Coray, Orkun Kasap
Kapitel Prozesse I Szenarien
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Design Systeme, die wir miteinander verknüpfen. Im Prinzip machen wir ein empirisches Experiment darüber, was es heißt, wenn ein Haus überwiegend programmiert und nicht gezeichnet ist. Dabei haben wir aber keine starren Hypothesen aufgestellt. Erkenntnisse entstehen hier vielmehr, indem wir mithilfe dieses einzigartigen Projektes gänzlich neue Erfahrungen sammeln und zur Diskussion stellen. Kann man trotz dieser komplexen Zusammenhänge noch sagen, von wem der Entwurf des Hauses stammt? Im NFS Digitale Fabrikation haben wir ein Designteam unter der Leitung von Konrad Graser formiert, das für die Planung sowie die Integration der Forschung zuständig ist. Zentral für den Entwurf ist hier aber nicht allein das Designteam, sondern ebenso die beiteiligten Professuren der ETH Zürich mit ihren jeweiligen „Innovationsobjekten“: die im Rahmen des neuartigen Stahlbeton-Bauverfahrens „Mesh Mould“ mit dem mobilen Bauroboter „In situ Fabricator“ gebaute, schalungsfreie Stahlbetonwand; die funktional integrierten Deckenelemente „Smart Slab“, für deren Schalung ein 3D-Sanddruckverfahren genutzt wird; die mit dem robotischen Gleitschalungsverfahren „Smart Dynamic Casting“ hergestellten Fassadenpfosten; sowie die im Rahmen des Projektes „Spatial Timber Assemblies“ mit kooperierenden Robotern räumlich vorfabrizierten Holzbauelemente. Jedes dieser Innovationsobjekte ist substanzieller Teil der Architektur. Das größte ist ein als zweigeschossige Wohneinheit konzipierter Holzbau, bei dem das zuständige Team sowohl das Bausystem als auch die programmierte Generierung der Raumstruktur entwickelt.
Was verbirgt sich hinter dem Begriff „programmierte Generierung“? Das ist ein programmiertes Entwurfssystem, aus dem dieser Holzbau mit gewissen Inputs generiert wird, bis hin zu den Fabrikationsdaten. Die Entwurfsmethodik selbst sowie die Programmierwerkzeuge können aber von Innovationsobjekt zu Innovationsobjekt unterschiedlich sein. Der Entwurfsprozess funktioniert wie folgt: Das Designteam und die Forscherteams der Innovationsobjekte arbeiten gemeinsam in engem Austausch am Entwurf. Das Designteam kümmert sich darum, dass auf Ebene des Gebäudes alles funktioniert, z. B. in Bezug auf die Nutzung, Bewilligung und Kosten, aber auch auf der Ebene der Integration der unterschiedlichen Innovationsobjekte. Die Innovationsobjektteams hingegen sind zuständig für die Konsequenzen im jeweiligen Bausystem. Das Holzbauteam integriert beispielsweise alle Anforderungen in ihrem Entwurfssystem, damit am Ende ein räumlich robotisch gefügter Holzbau mit hoher architektonischer Qualität entsteht, der zugleich sämtlichen technischen Anforderungen entspricht. Hier arbeitet das Forschungsteam eng mit dem Schweizer Unternehmen Erne AG Holzbau zusammen, das zugleich Forschungsprojektpartner ist. Mit Thomas Wehrle der Erne AG Holzbau haben wir zudem einen Researcher in Residence im Gebäude, der das Team bei der praktischen Ausführung des Holzbaus unterstützt. Durch diesen engen Austausch können wir die Dinge, die bei der Realisierung eines Gebäudes ganz hinten im Gesamtprozess liegen, sofort nach ganz vorn holen, sodass der Unterschied zwischen Entwurfs- und Ausführungsplanung entfällt und wir das Bauen des Gebäudes integral mitentwerfen.
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Wie funktioniert der Austausch zwischen diesen Gruppen? Mit unseren vielfältigen Teams und Tools bestimmen wir Schnittstellen und definieren auf Ebene des Modells, welche Parameter ausgetauscht und für das Projekt standardisiert werden. Wichtig ist z. B. die gewissermaßen als Interface dienende Auflagerlinie zwischen der statisch optimierten Smart-Slab-Decke und der geschwungenen Mesh-Mould-Wand. Sie informiert die Statik der Decke, wird aber auch durch Informationen über Kräfte, die die Wand aufnehmen muss, bestimmt. Hier wird geometrisch definiert, aber auch, wie die Daten zwischen den unterschiedlichen Gruppen übergeben werden, sodass sich beide Entwurfssysteme adaptiv aufeinander abstimmen können. Welche Rolle spielt BIM dabei? Am NFS Digitale Fabrikation forschen wir an der Zukunft und arbeiten deshalb bewusst nicht mit bestehenden BIM-Ansätzen und -Programmen. Im Ansatz ist der Schritt von CAD zu BIM dennoch sehr wichtig. Informationen müssen parametrisch gespeichert werden und es muss durchgängige parametrische Modelle geben. Ich persönlich glaube aber, dass die Art und Weise, wie BIM historisch aufgesetzt wurde, langfristig zu Problemen führt und die Qualität der Architektur negativ beeinflusst. So wurden Ausführungsprozesse zunächst ausgekoppelt und sollen nun im Nachhinein hinzukommen. Das ist eine antiquierte, klassische Denkweise: Erst wird entworfen, dann wird gebaut. Wir dagegen beginnen beim Bauen
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Zwei Roboter bei der gemeinsamen Assemblierung einer Ecke von einem der Holzmodule
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Axonometrie des Holzbaus des DFAB HOUSE, die die Nutzung der einzelnen Holzbalken darstellt
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Screenshot des Codes, der dazu genutzt wird, den Holzbau des DFAB HOUSE zu generieren
und wollen erreichen, als planende Architekten mit digitalen Werkzeugen das Bauen so zu gestalten, dass wir wieder einen direkten Zugriff auf die Ausführung haben. Das bedingt die frühere Einbindung der Ausführenden in den Prozess. Ich bezweifle, dass BIM das mit der jetzigen Softwarestruktur leisten kann. Was leistet im Gegensatz hierzu die Softwarestruktur beim DFAB HOUSE? Wenn wir z. B. die Mesh-Mould-Wand entwerfen, dann können wir bis kurz vor der Ausführung Veränderungen am Aufbau und der Gestalt der Wand vornehmen, weil alle Detailpunkte über Schnittstellen miteinander verknüpft sind. Bei jeder Veränderung, z. B. wenn sich der Radius für die Kurve der Wand verändert, um sie dadurch statisch zu optimieren, verändert sich auch der Input für die Generierung der Smart-Slab-Decke. Und weil die Decke ebenfalls programmiert ist, wird die Decke entsprechend angepasst, ohne dass aktiv etwas zu tun ist. Natürlich bedarf es eines Entscheidungsmoments. Irgendwann muss jemand entscheiden, dass die Wand in einer bestimmten Form gut ist. Die Ausführungsplanung und die Gestaltung der einzelnen Bauteile verlaufen aber nicht hintereinander, sondern im Idealfall bis zur letzten Sekunde parallel. Für Architekten ergibt sich da-raus einerseits die Chance, ihren Entwurf bis zum Schluss verändern zu können. Andererseits ist das auch ökonomisch ein Riesenvorteil: Wenn Probleme auftauchen oder sich die Gestaltung ändert, muss man nicht viele Planungsschritte zurückgehen, komplexe Abstimmungen vornehmen und neu planen, sondern kann
Kapitel Prozesse I Szenarien
parallel zur Ausführungsplanung optimieren. Das erlaubt kürzere Planungszeiten und reduziert die Anzahl der Schritte in der Ausführungsvorbereitung. Wie werden die einzelnen Innovationsobjekte hergestellt? Beim DFAB HOUSE kommen vier gänzlich verschiedene materielle Prozesse zum Einsatz. Die Mesh-Mould-Wand wird direkt vor Ort hergestellt. Grundlage bildet ein digital generiertes Modell eines Stahldrahtgitters, das in spezifischer Form mittels des mobilen Roboters „In situ Fabricator“ direkt auf der Baustelle robotisch gefertigt und danach mit Beton befüllt wird – die engen Maschen und eine spezifische Betonmischung sorgen dafür, dass der flüssige Beton nicht ausfließt und auf eine herkömmliche Schalung verzichtet werden kann. Die Produktion der Smart-Slab-Deckenschalungen erfolgt mittels eines 3DSanddruckers bei der Firma Voxeljet in Deutschland. Dieser fertigt die hochaufgelösten, formgebenden Elemente, die dann in die Schweiz gebracht, zusammengefügt und mit ultrahochfestem, faserverstärktem Beton ausgegossen werden. Nach Vorfertigung der Betonbauteile werden diese auf der Baustelle montiert und mit Seilen vorgespannt. Funktionen wie Gebäudetechnik, Beleuchtung und Akustik können in solchen Verfahren von vorhinein integriert werden. Die Fassadenpfosten im unteren Geschoss werden mittels der Smart-Dynamic-Casting Technik „gezogen“. Hierbei handelt es sich um ein automatisiertes Gleitschalungsverfahren, bei dem ein 40 Zentimeter hohes Schalungssegment fortlaufend mit speziellem Beton befüllt und gleichzeitig kontinuierlich in die Höhe gezogen wird. Die Geschwindigkeit, mit der die sich in ihrer Form verändernde Schalung gezogen wird,
und der Aushärtungsprozess sind dabei präzise aufeinander abgestimmt. Der zweigeschossige Holzbau schließlich entsteht im derzeit weltweit größten Robotiklabor im Bereich der Architektur, dem Robotic Fabrication Laboratory an der ETH Zürich in sieben räumlichen Modulen. Üblicherweise erfolgt die Fertigung von Holzbauten in flächigen Elementen, die aufgerichtet und zu Modulen zusammengefügt oder in Einzelteilen auf die Baustelle gebracht werden. Im Gegensatz hierzu bauen wir mit insgesamt vier Roboterarmen gleich eine ganze räumliche Zelle – mit Stützen, Trägern und Diagonalen. Ergebnis ist eine Gitterstruktur, die nicht wie sonst im heutigen Holzbau üblich mit einer Beplankung ausgesteift werden muss, sondern die selbstaussteifend ist. Darüber kommt dann eine transluzente Membranfassade, durch die die Konstruktion auch von außen ablesbar bleibt. Arbeiten Sie in Ihrem eigenen Büro ebenso digital wie im Rahmen des DFAB HOUSE? Wir arbeiten schon sehr digital, aber nicht ganz so wie bei diesem Pilotprojekt in der Forschung. Beim DFAB HOUSE sind zwar auch einige Flächen modelliert, aber im Verhältnis zu dem, was wir später generiert haben, wird sehr wenig gezeichnet und sehr viel programmiert. Im Büro ist das Verhältnis eher umgekehrt, da werden meist nur die speziellen Bereiche programmiert. Unser Ziel ist in beiden Fällen ein selbstverständliches Nebeneinander und Gleichgewicht zwischen klassischen Entwurfsmethoden und entwerferischem Programmieren. Beide müssen sich nicht fremd gegenüberstehen oder konkurrieren, sondern gleichzeitig kreative Anwendung finden.
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Roland Pawlitschko im Gespräch mit Prof. Dr.-Ing. Viktor Mechtcherine, TU Dresden / Institut für Baustoffe, Dresden / Deutschland,
Beton-3D-Druck auf der Baustelle
Auf dem Gebiet des Beton-3D-Drucks existieren viele Lösungsansätze verschiedener Forschungseinrichtungen in aller Welt. In ihrer Gesamtheit zeigen sie, dass sich Beton inzwischen in ebenso komplexen wie vielfältigen Formen und Größen drucken lässt, um daraus einzelne Elemente oder gleich ganze Häuser zu bauen. Anders als bei den experimentellen Ansätzen, die oft teure Spezialroboter oder besonders kleine Gesteinskörnungen erfordern, entwickeln Forscher der TU Dresden eine möglichst einfache und kostengünstige 3D-Drucktechnik für rechtwinklige Betonwände. „Wir wollen zunächst konventionelle Gebäudegeometrien herstellen – mit einem Beton, der den gängigen Beton-Normen, -Festigkeitsklassen und -Materialqualitäten entspricht. Das klingt wenig zukunftsorientiert, ist aber weitaus komplizierter als es scheint“, sagt Prof. Viktor Mechtcherine vom Institut für Baustoffe, der das Projekt „CONPrint3D“ zusammen mit dem Institut für Baubetriebswesen und der Professur für Baumaschinen initiiert hat. „Außerdem wollen wir den Bauprozess beschleunigen. Wenn man – wie bei anderen Verfahren – zuerst schmale Streifen als Schalung drucken und den Zwischenraum mit einem anderen Material füllen muss, dann braucht man bereits zwei Materialien und zwei Arbeitsgänge.“ Die Lösung, die die Wissenschaftler aktuell noch am Modell testen, besteht aus drei wesentlichen Komponenten: eine steuerbare, mobile Betonpumpe, der Druckkopf und der Beton selbst. Um den Beton auf der Baustelle zum Bau von Wänden an die richtige Stelle zu bringen, wollen die Forscher mobile Betonpumpvorrichtungen mit mehrgliedrigen Armen einsetzen, die sich im Prinzip wie Roboterarme steuern lassen. „Um diese Pumpenarme in unserem Sinne verwenden zu können, müssen wir den Pumpbetrieb umstellen, den Betonfluss verlangsamen und die Präzision des Arms erhöhen – solche Arme schwanken üblicherweise relativ stark, vor allem im Wind.“
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Darstellung der CONPrint3D-Technologie
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Versuchsstand für 3D-Druck mit Beton
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Ausschnitt aus der gedruckten Wand
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Im Querschnitt einer gedruckten Probe ist ein hervorragender Verbund zwischen den gedruckten Schichten zu erkennen.
Kapitel Prozesse I Szenarien
Mit einem eigens entwickelten Druckkopf ist es schon sehr bald möglich, Beton einzusetzen, der in Bezug auf die Körnung und andere Eigenschaften konventionellem Beton entspricht. Der Druckkopf wird dabei präzise Eckausbildungen, z. B. bei Fenster- und Türöffnungen, verschiedene Wandbreiten sowie Wände in Sichtoptik ermöglichen. Erreicht wird dies durch integrierte Verschluss- und Schneidewerkzeuge sowie Werkzeuge zur Nachbearbeitung von Oberflächen. „Schließlich wollen wir mit Maßgenauigkeiten arbeiten, die der heutigen DIN entsprechen. Eine ‚Würstchen-Optik‘ wie bei manch anderem Verfahren kommt für uns nicht in Frage“, sagt Mechtcherine.
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Ein Thema, das bei den Forschern der TU Dresden höchste Priorität hat, ist der Verbund der einzelnen gedruckten Schichten. Er hängt von der Konsistenz der Schicht ab, die gerade aufgebracht wird, aber auch vom Zustand der Schicht, die zuvor aufgebracht wurde. Im Rahmen der Untersuchungen haben sie Ansätze entwickelt, wie man durch Materialzusammensetzung und/ oder Oberflächenvorbehandlungen – auch bei sich verändernden Druckintervallen – einen guten Verbund erreicht, sodass man von einem weitgehend homogenen Baustoff sprechen kann. Dies wurde in Tests ebenso bestätigt wie das Ziel, die Baukosten niedrig zu halten. „Momentan ist unser 3D-Druck deutlich preiswerter als der konventionelle Mauerwerksbau“ berechnen die Forscher. Horizontale Bewehrungen sind bei diesem 3D-Druckverfahren, z. B. durch Platzierung der Stahlstäbe zwischen den gedruckten Schichten, relativ einfach möglich. Vertikale Bewehrungen sind komplizierter, aber nach Ansicht Mechtcherines ebenso möglich. „Wenn die Bewehrungsführung nicht zu komplex ist, lässt sich das Material mit einem zweiteiligen Druckkopf von beiden Seiten an die Bewehrung andrucken. Der Beton braucht hierfür lediglich eine speziell angepasste Konsistenz.“ Während ein Prototyp des Druckkopfs im Maßstab 1:1 gemäß derzeitiger Planung bei den nächsten Ulmer Betontagen zu sehen sein wird, ist die Kombination von CONPrint3D und Bewehrung selbst für die Dresdner Forscher noch eine Vision.
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Roland Pawlitschko im Gespräch mit Prof. Heike Klussmann, Forschungsplattform BAU KUNST ERFINDEN, Universität Kassel, Kassel / Deutschland
Plotbot/Crawler – ein universell einsetzbarer Fassadenroboter
Ganz egal, ob vertikale Fassaden nun intelligent sind oder nicht – nach einiger Zeit stehen Sanierungen an oder müssen Beschichtungen erneuert werden, und es steht die Frage im Raum, wie gut diese Flächen erreichbar sind. Im Zeitalter von Physical Computing und Industrie 4.0 beschäftigen sich Forscher natürlich nicht mit dem Gerüstbau, sondern entwickeln einen leicht bedienbaren, webbasierten, sensorgeführten Bewegungsautomaten, der im Fall des Plotbot/ Crawlers die Lösung eines konkreten Anwendungsproblems zum Gegenstand hat. Hinter dem hierzu gehörenden Forschungsvorhaben der Forschungsinitiative Zukunft Bau steht die Forschungsplattform Bau Kunst Erfinden am Fachbereich Architektur, Stadtplanung, Landschaftsplanung der Universität Kassel und ihr Spin-off, die Kennwert KW GmbH, die zuvor im Projekt „DysCrete“ einen farbstoffsensitivierten, energieerzeugenden Beton entwickelt haben. Hierbei werden Funktionsschichten, die Licht nach den Prinzipien der technischen Photosynthese in elektrische Energie umwandeln können, auf die Betonoberfläche aufgetragen – wobei manche dauerhaft mit dem Beton verbunden sind, während andere von Zeit zu Zeit erneuert werden müssen. Der Fassadenroboter Plotbot/Crawler eignet sich zum Auftragen dieser Funktionsschichten, lässt sich aber auch so modifizieren, dass er noch andere Funktionssysteme aufnehmen kann. „Vor der Entwicklung des Plotbot/Crawlers haben wir unterschiedliche Fassadenrobotersysteme bzw. Robotiksysteme untersucht, die für Arbeiten an senkrechten Flächen geeignet sind“, sagt Prof. Heike Klussmann, Leiterin der Forschungsplattform Bau Kunst Erfinden. „Dazu gehören Fassadenklimmer, die sich direkt an der Fassade fortbewegen – hier funktioniert die Anhaftung über Vakuum, Magnetismus oder elektrostatische Kräfte. Das zweite Prinzip sind Drohnen und Multikopter, die zwar flexibel, aber windanfällig sind und wegen der Stromversorgung mittels Akkus nur über eine begrenzte Betriebsdauer verfügen.“ Als drittes System kamen die mit Stadionkameras vergleichbaren Seil-Parallelroboter ins Spiel. Plotbot/Crawler besteht aus zwei Teilen: Ein ringförmiger Teil ist als mobile Basis auf einem Seilsystem montiert, das Bewegungen in x- und y-Achsenrichtung zulässt. Für Bewegungen in der z-Achse gibt es vier Propeller.
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Plotbot/Crawler, H-Bot mit Sprüh-Druckkomponente
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Plotbot/Crawler, mobile Basis, Konstruktion im Lab Bau Kunst Erfinden
Kapitel Prozesse I Szenarien
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Plotbot/Crawler, mobile Basis an Testfläche, Ausstellung BAU 2017, Forschungsinitiative Zukunft BAU
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Plotbot/Crawler, H-Bot mit SprühDruckkomponente in Aktion
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„Durch die präzise steuerbaren Seillängen ist der Seilroboter nicht anfällig für Wind, Schlupf oder andere mechanische Einflüsse. Wird von den beiden nichttragenden Spulen Seil abgewickelt, bewegt sich das Gerät kontrolliert von der Wand weg und kann dadurch Hindernisse wie etwa Fenster, Simse, Vor- und Rücksprünge überwinden“ erklärt Prof. Heike Klussmann das Prinzip. Innerhalb des Rings befindet sich dann das Funktionswerkzeug, der H-Bot, „das im Prinzip wie eine Zeichenschiene funktioniert und aus drei Linearführungen mit jeweils einem aufmontierten beweglichen Schlitten besteht“, sagt Klussmann. Im Rahmen des DysCrete-Projektes wurde ein Tintenstrahl-Sprüh-Druckkopf mit einem Druckbereich von 25 ≈ 25 Zentimeter entwickelt, mit dem Farbstoffsolarzellen, aber auch andere, von der Forschungsplattform Bau Kunst Erfinden entwickelte Sensorsysteme gedruckt werden können. „Darüber hinaus können – unter Verwendung geeigneter Druckköpfe – auch Pigment-Beschichtungen, Versiegelungen, Leitsysteme und dekorative Schichten aufgetragen oder Feuchtigkeit, Risse und anderen Defekte an Fassaden detektiert werden.“ Die potenziellen Anwendungsgebiete sind breit gefächert und vielversprechend. Man darf gespannt sein, welche Neuigkeiten über den im Januar 2017 erstmals auf der BAU in München vorgestellten Fassadenroboter in nächster Zeit noch zu hören sein werden.
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Roland Pawlitschko im Gespräch mit Dr. Alexander Rieck, Fraunhofer IAO, Stuttgart / Deutschland Arnold Walz, Design-to-Production, Stuttgart / Deutschland und Shahin Farahzadi, formitas AG, Aachen / Deutschland
Optimierte Planungsprozesse zur Verknüpfung von Planen und Bauen BIM findet zunehmend selbstverständlichen Einsatz in der Architektur – bei Architekten, Fachplanern, Bauherren und Stadtverwaltungen ebenso wie bei ausführenden Firmen. Zugleich gibt es aber noch immer viele ungeklärte Bereiche, z. B. beim Urheberrecht oder bei der Vergütung im Rahmen der HOAI. Ein zentrales Thema, das fast die gesamte Baubranche beschäftigt, ist die digitale Lücke zwischen der Architektenplanung und den darauf aufbauenden Planungs- und Herstellungsprozessen. In der Regel ist es nämlich so, dass die BIM-Modelle der Architekten nur zur Entnahme von Eckdaten geeignet sind und nicht etwa als Ausgangspunkt zur weiteren automatisierten Bearbeitung. Dieses Problem tritt bereits an den Tag, wenn zu Präsentationszwecken aus BIM-Modellen VR-Modelle entstehen sollen. Viel schwerwiegender ist jedoch die Tatsache, dass es der Bauindustrie nicht anders ergeht, z. B. Herstellern von Holz- oder Betonfertigteilen. Die Daten der Architekten sind allzu oft entweder nicht auslesbar oder verfügen nicht über jene Strukturen und Parameter, die ein automatisiertes Ableiten von Produktionsdaten ermöglichen würde. Die Folge: Werden Entwürfe mit digitalen Produktionsanlagen umgesetzt, müssen Hersteller komplett neue digitale Modelle erstellen – ohne automatisierte Informationstransfers. Das ist nicht nur unökonomisch, sondern widerspricht dem Grundgedanken von BIM, das Arbeiten effizienter, fehlerfreier und einfacher zu machen. Was die Architekten wegen fehlender oder unzureichender Software meist nicht liefern können, sind konsistente, standardisierte Datensätze, in denen sich die Programme anderer Planungsbeteiligter zurechtfinden.
Frontloading
Arnold Walz, Architekt und Mitgründer von Design-to-Production, kennt das Problem nur zu gut. Sein Büro bewegt sich seit Jahren in der Lücke zwischen Architekten und Bauindustrie und ist darauf spezialisiert, als nicht baubar geltende, weil sehr komplexe Konstruktionen mithilfe einer produktionsgerechten Datenmodellierung umzusetzen. „Zunächst einmal begleiten wir die Architekten, helfen ihnen, den Entwurf zu optimieren, wissen zu diesem Zeitpunkt aber nicht, welche ausführende Firma später welche Daten braucht. Also sind wir gezwungen, Datensätze zu erzeugen, die es uns zu einem späteren Zeitpunkt erlauben, jene Daten zu liefern, die die beauftragte Firma für ihre spezifischen Produktionsanlagen braucht. Ist uns die Firma dann bekannt, schreiben wir ein passendes Skript, das sich in unserem Datensatz zurechtfindet und die benötigten Daten automatisch generiert.“ Derzeit arbeitet Walz daran, das von ihm als „digitales Beschreibungsmodell“ bezeichnete Prinzip auf ganze Gebäude zu übertragen. Dieses Modell beschreibt keine Geometrie, sondern lediglich eine Struktur. Um diese Struktur zu erstellen, sind intelligente
Planungsprozess
Konzeption / Design / Planung Der gesamte Planungsprozess orientiert sich an den Fertigungs-, Nutzungs- und 1 Produktparametern.
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Bauprozess
Produktentwicklung
Nutzung
Fertigung / Bauausführung
Materialien / Produkte
Nutzung / Betrieb
Der Bauprozess verlagert sich von der Baustelle auf die maschinelle Vorfertigung in Fabriken.
Daten und Materialeigenschaften können in jeder Phase des Prozesses abgerufen und verglichen werden.
Anforderungen der Nutzer
∫ BIM Building Information Modeling I Management, Band 1, 2015 S. 70, „Digitale Prozesse beim Entwerfen komplexer Bauwerke“ 1
Bauen der Zukunft: Wo geht die Reise hin? Prozesskette im Szenario „Parametric Age 2020“.
Kapitel Prozesse I Szenarien
Programme nötig, die in Anlehnung an Programme aus dem Bereich des Maschinenbaus eine innere Struktur mitführen, die nicht von der Disziplin des Bearbeiters abhängt und die eine automatisierte Weiterbearbeitung ermöglicht. Während es bei Verwendung gewöhnlicher BIM-Programme noch immer unerlässlich ist, Fehler und Bauteilkollisionen selbst zu finden und zu korrigieren, sind Beschreibungsmodelle durch ihre Strukturierung und die Verknüpfung mit Datenbanken (in denen technische und rechtliche Vorschriften und Normen digital abrufbar sind) in der Lage, Bauteilen die richtigen Eigenschaften zuzuordnen. „Ein Lüftungskanal, der durch eine anfangs undefinierte Wand geht, generiert dann automatisch die richtige Aussparung mit allen Details, sobald die Wand eine konkrete Materialität erhält“, sagt Walz. „Und auch ein Flur, der zugleich Rettungsweg ist, könnte den Wänden, Türen, Verglasungen etc. automatisch die richtigen Eigenschaften zuordnen. Ziel ist es, dass sich die Architekten um den Entwurf kümmern, während das Programm den Rest erledigt. Selbstverständlich können ‚Vorschläge‘ des Programms jederzeit durch den Architekten überschrieben werden.“ Wenn die Programme, die die Bauteile generieren in Zusammenarbeit mit den Herstellern entstehen, ist am Ende sichergestellt, dass auch sie sämtliche Daten bekommen, die sie für die Kalkulation und die Produktion brauchen – egal, ob sie analog oder digital produzieren. Heutige BIM-Programme sehen im Vergleich hierzu keinerlei Anbindung an die Produktion vor. Alexander Rieck, der sich als Partner im Büro LAVA und als Mitglied des BIM-Expertengremiums in der Bundesarchitektenkammer und der Architektenkammer Baden-Württemberg seit Jahren mit digitalen Bauprozessen beschäftigt, arbeitet ebenfalls daran, die Lücke zwischen Architektenplanung und Herstellungsprozessen zu schließen. Seiner Ansicht nach ist es jedoch auch möglich, für verschiedene Prozesse verschiedene Modelle einzusetzen, die dann allerdings sehr gut vernetzbar sein müssen. „Natürlich ist es unerlässlich, dass die Modelle in den wesentlichen Bestandteilen zueinander passen.“ Für ihn wichtiger als die Automatisierung in der Planung ist die Einbindung der industriellen Fertigung in den Planungsprozess. Genau aus diesem Grund beschäftigt er sich als Forscher am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) mit „FUCON//digital“ – die Weiterführung von FUCON („Future Construction“) bzw. FUCON 4.0. Dabei wird im Verbund mit deutschen Unternehmen der Bauindustrie an den Folgen eines konsequenten und durchgängigen Einsatzes digitaler Prozesse gearbeitet. Ein wesentlicher Teil des Projektes FUCON//digital ist ein interdisziplinäres „Katalysatorprojekt“, bei dem die Theorie in der Praxis erprobt wird.
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Nicht nur der Verkehr passt sich autonom dynamisch den Anforderungen an, sondern auch die Stadtbausteine reagieren.
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Hierbei geht es darum, in Saudi-Arabien mit einem internationalen Konsortium aus Firmen der Baubranche eine völlig neue Kompetenz für teilautonomes und automatisiertes Fertigen im Wohnungsbau aufzubauen. „SaudiArabien ist nicht nur deshalb der Projektstandort, weil es dort im Rahmen des großen Industrialisierungsvorhabens „Vision 2030“ viel Geld gibt und das Land nach Wegen sucht, Wertschöpfungen im Land zu halten, sondern weil die Firmen dort andere Rahmenbedingungen vorfinden und die Prozesse rund ums Bauen weniger festgefahren sind als etwa in Deutschland.“ Gemeint ist damit nicht nur der oft beschwerliche Umgang mit den Behörden, sondern z.B. auch die Gewährleistung. „Alles Neue widerspricht zunächst einmal der Norm. Digitale Prozesse in eine DIN einzubinden ist sehr zeitaufwändig und lässt zunächst wenig Spielräume. Bei FUCON//digital gehen alle ein Risiko des Unerprobten ein und können nicht 20 Jahre haften, also brauchen sie eine Haftungsbefreiung. Das ist hierzulande nicht möglich.“ Das Projekt besteht nicht aus einzelnen Häusern, sondern aus Systemen und Prinzipien. „Innerhalb dieser Prinzipien führen wir digitale Fertigungsmethoden nach dem Prinzip Industrie 4.0 ein – egal, ob es nun um vorabgebundene Kabelstränge und Rohrleitungen oder um Fassaden bzw. komplette Gebäudeteile geht. Hierfür bauen wir eine komplette Fabrik auf und entwickeln die notwenigen digitalen Planungswerkzeuge. Wie beim parametrischen Planen üblich, werden Dinge vom Ende des Planungsprozesses dabei nach vorn geholt, d. h. die Produktentwicklung wird bereits in den Planungsprozess integriert. Dieses ‚Frontloading‘ funktioniert nur dann, wenn die Fertigungsprozesse bekannt sind.“
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In der dynamischen Stadt in Saudi-Arabien verschwimmt die klare Trennung von Straße, Freiraum und Gebäude. Diese Dynamik muss in der Planung mitberücksichtigt werden.
∫ Industrie 4.0: Dahinter steckt die Idee, moderne Informations- und Kommunikationstechnik miteinander über digital vernetzte Systeme zu verknüpfen. Damit soll eine weitestgehend selbstorganisierte Produktion möglich werden, in der Menschen, Maschinen, Anlagen, Logistik und Produkte direkt miteinander kommunizieren. Quelle: www.plattform-i40.de
Kapitel Prozesse I Szenarien
Die Fertigstellung des FUCON//digital-Projektes ist für Ende 2018 geplant. Vielleicht wird es aber schon vorher möglich sein, die neu entstehenden Gebäude und Räume virtuell zu durchwandern. Eine Möglichkeit hierfür bietet beispielsweise das Projekt CAVE, an dem der Architekt Shahin Farahzadi vom BIM-Spezialisten Formitas derzeit zusammen mit der RWTH Aachen arbeitet. Damit ist es möglich, sich mit bis zu fünf Personen in einem ca. 5 ≈ 5 Meter großen Raum zu bewegen, dessen Projektionsflächen an Boden und Wänden so aufeinander abgestimmt sind, dass der Eindruck eines kompletten, virtuellen Raums entsteht. „Es gibt fünf passive und eine aktive Brille mit fühlerartigen Sensoren, deren von Lasergeräten erfasste Position die Perspektive in den anderen Brillen vorgibt. Das technologische Prinzip der Brillen entspricht jenem von 3D-Brillen im Kino. Insofern ist CAVE gewissermaßen die Fortführung des 3D-Kinos, bei dem die Menschen mitten im Film stehen“, sagt Farahzadi. Während sich die Menschen bei CAVE an genau diesem einen Ort befinden müssen, können sie sich bei der PC-Lösung von Formitas überall auf der Welt aufhalten. „In diesem Fall tragen alle eine Brille, in der sie zeitgleich nicht nur das gleiche Projekt sehen, sondern auch sich gegenseitig als Avatare, die miteinander sprechen können. Überdies besteht die Möglichkeit, sich im virtuellen Raum zu treffen, um z. B. zusammen eine Powerpoint-Präsentation anzusehen und dabei mit allen gleichzeitig zu sprechen oder einzelne Teilnehmer kurzzeitig auszuschalten.“ Mit dem Ziel, auf Brillen verzichten zu können, ist es Forschern bereits gelungen, Bilder direkt ins Auge zu projizieren und Hologramme zum „Anfassen“ zu entwickeln. Fehlt eigentlich nur noch, dass eines Tages echte Tastsinnerfahrungen möglich werden. Vielleicht können wir Gebäude dann auch fühlen.
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Überprüfung des Gebäudemodells mittels Augmented Reality (AR) und einer Hololens-Brille.
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Die App GAMMA bringt BIM-Modelle vom Büro auf die Baustelle. Planungsinformationen werden mittels Augmented Reality auf die Baustelle übertragen, unterstützen dort die Qualitätssicherung und helfen beim Mängelmanagement.
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Virtual Reality, Augmented Reality und Mixed Reality live erleben – ein Besuch im Autodesk Center of Excellence in München / Deutschland
Eintauchen und Handeln im virtuellen Raum
Erste Erfahrungen mit Virtual Reality (VR) sammeln oder konkrete Möglichkeiten für eigene Anwendungen ausloten – dies können Planer und Industrievertreter im Virtual Reality Center in München. Das sogenannte „Center of Excellence“ ist das erste seiner Art in Deutschland, das von Autodesk komplett entworfen und umgesetzt wurde, und zählt zu den modernsten Laboren für VR weltweit. Ziel ist es, das Potenzial von VR-Anwendungen anhand von Projekten und Produkten vorzustellen und interessierten Unternehmen ein neues Tool an die Hand zu geben, das sie für ihre Planungs- und Produktionsprozesse gewinnbringend einsetzen können. Die VR- / AR- / MR-Anwendungen ermöglichen eine Kombination aus räumlichem Empfinden und vielfältiger Interaktion mit Gegenständen und Designs, so als wären diese bereits funktionsfähig hergestellt. Eventuelle Problemstellen, beispielsweise in 3D-Planungen, können so einfacher erkannt und Entscheidungsprozesse beschleunigt werden. Dabei ist es übrigens nicht zwingend erforderlich, dass sich alle Personen, die sich zur gleichen Zeit im virtuellen Modell bewegen und miteinander interagieren, auch physisch am Standort in München aufhalten. Zu den bekanntesten Anwendungen zählen in der Architektur 3D-Visualisierungen, mit denen Planer ihre Entwürfe zum Leben erwecken können, um Kollegen und Bauherren ein besseres Verständnis der erdachten Räume zu geben. Meist handelt es sich hier um klassische VR-Anwendungen. Mithilfe einer Datenbrille taucht man in eine virtuelle Umgebung ein, während man sich von der Außenwelt komplett abkapselt. Erst mit dem Absetzen der Brille kann die Diskussion über das Gesehene fortgesetzt werden. Immer häufiger wird dabei VR-Hardware mit BIM-Software kombiniert, um so die räumlichen Qualitäten eines Projektes möglichst realistisch zu erfassen. Eingesetzt werden jedoch auch AR-Features, mit denen Daten oder Anweisungen animiert in der realen Welt dargestellt werden. Dies kann z. B. über Smartphones und Tablets geschehen. Beispielsweise ließe sich damit eine Abstimmung zwischen Bauleiter und Handwerker über ein bestimmtes Problem auf der Baustelle klären, auch wenn der Bauleiter gerade nicht vor Ort sein kann. MR verbindet verschiedene Aspekte von VR und AR: Virtuelle Objekte können in der realen Welt abgebildet und von verschiedenen Personen an unterschiedlichen Standorten erfahren werden. So können sich, wie bei einer klassischen Videokonferenz, Partner aus mehreren Büros, die sich in unterschiedlichen Städten und Ländern befinden, innerhalb der virtuellen Welt vernetzen und gemeinsam an einem virtuellen Gebäude auf einer realen Baustelle arbeiten.
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∫ Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR) und Mixed Reality (MR): BIM-Glossar S. 131
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Kommunikation im virtuellen Raum: Die künstlichen Avatare bewegen sich mit Gesten gemeinsam im Modell, die echten Personen können aber viele Kilometer voneinander entfernt sein.
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Mixed Reality im Greenroom: Die Bewegung der Protagonisten im digitalen Modell wird von einer Kamera aufgezeichnet. Der grüne Hintergrund wird durch die virtuelle Umgebung überlagert, die die Träger der VR-Brille sehen.
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Mixed Reality Building: Der Nutzer kann sich innerhalb des Gebäudemodells mithilfe eines getrackten Steuerungselementes durch das virtuelle Gebäude bewegen. So lassen sich z. B. der Verlauf von Rohrleitungen, und die Ausstattung bis zur Möblierung ansehen. Das ist intuitiv möglich, ohne dass seitens des Nutzers Vorkenntnisse in der Technologie nötig sind.
Kapitel Prozesse I Szenarien
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∫ Ausstattung des Münchener VR-Centers: Greenscreen für VR/AR/MR 5 Displays in 4k-Auflösung 4 Tracking-Kameras HTC Vive (Virtual Reality Brille + Controller) Tracking Points, mit denen Objekte in einer vordefinierten Umgebung getrackt werden können etc. Bei der eingesetzten Software handelt es sich hier um Autodesk VRED Professional.
Das Potenzial für den Architekturbereich steht dabei noch am Anfang und ist lange nicht ausgeschöpft. Ein Blick Richtung Automobilindustrie zeigt, wohin die Reise in den nächsten Jahren gehen wird: VR-Anwendungen werden dort nicht nur dazu genutzt, dass Kunden ihr Auto konfigurieren, sich die Farbe oder Ausstattung aussuchen können, sondern vor allem, um Entwicklungsprozesse zu verändern und zu verbessern. Beispielsweise können Designideen bereits in einem sehr frühen Entwicklungsstadium überprüft und Alternativen miteinander verglichen werden. Aber auch die Zusammenarbeit verschiedener Abteilungen erhält durch VR eine andere Dimension. Indem Designer und Ingenieure die Möglichkeit haben, am gemeinsamen Modell unterschiedliche Aspekte zu diskutieren und somit Argumente des Gegenübers besser nachzuvollziehen, entstehen oftmals neue und praxistauglichere Lösungsansätze. Dieser Aspekt der verbesserten Kommunikation der Beteiligten untereinander ist wesentlich für den Bereich der Architekturanwendung. Mit dem Bauherrn kann man im Modell z. B. Proportionen, Raumwirkungen oder Materialitäten besprechen, mit dem Ingenieur Bauteilabmessungen oder Aussparungen beleuchten. Der große Vorteil ist: Jeder ist mittendrin, sieht das Gleiche und bewegt sich, anstatt nur auf zweidimensionale Grundrisse oder Bildschirmdarstellungen zu schauen und schnell den Faden zu verlieren. VR macht also nicht nur Spaß, sondern entwickelt sich mehr und mehr zu einem sinnvollen Tool, das aus der digitalen Planung bald nicht mehr wegzudenken ist.
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Roland Pawlitschko im Gespräch mit Thomas Werle, Bereichsleiter Spezialbau, Patrick Suter, Systembau & Modul-Technologie, ERNE AG Holzbau, Laufenburg / Schweiz, und Burkard Meyer Architekten BSA AG, Baden / Schweiz
Parallelisierte Planungs- und Bauprozesse beim ersten Holzhochhaus der Schweiz Auf dem ehemaligen Industrieareal Suurstoffi in Risch Rotkreuz am Zugersee entsteht ein neues klimaneutrales Quartier zum Wohnen und Arbeiten. Das zurzeit im Bau befindliche Bürohaus Suurstoffi 22 wurde von Burkard Meyer Architekten als Holz-Beton-Verbundkonstruktion konzipiert und gilt mit seinen zehn Geschossen als erstes Bürohochhaus in Holzbauweise in der Schweiz. Die eigentliche Besonderheit dieses Hauses ist aber nicht die Höhe, sondern der Bauprozess, bei dem die Architekten als Generalplaner auftreten und bei dem das beteiligte Holzbauunternehmen Erne eine zentrale Rolle spielt. Erne ist in dieser Konstellation nicht nur Holzbauer, sondern zugleich Holzbauingenieur, Urheber des verwendeten Holzbausystems und örtlicher Bauleiter im Auftrag des Generalplaners. Die Herausforderung bestand vor allem darin, die Planung und den Bau des Gebäudes wirtschaftlich und innerhalb sehr kurzer Zeit abzuwickeln – auf Grundlage der Entscheidung von Burkard Meyer Architekten, das vorgefertigte Holz-Beton-Verbunddeckensystem Suprafloor Ecoboost von Erne einzusetzen. Wesentliches Merkmal des Planungsprozesses war von Anfang an das Prinzip der Parallelisierung – mithilfe einer vorgezogenen Baueingabe, bei der viele Schritte gleichzeitig statt nacheinander ablaufen konnten, aber auch mithilfe BIM-basierter Abläufe, bei denen das Holzbauunternehmen sehr früh sehr eng eingebunden war. „Wir standen vor der Aufgabe, innerhalb von knapp drei Monaten aus einem Vorprojektstadium ein baureifes Projekt zu entwickeln“, sagt Patrick Suter, bei Erne verantwortlich für Systembau & Modul-Technologie. „Als Proof of Concept haben die Architekten zusammen mit uns zunächst einen komplexen Ausschnitt des Gebäudes detailliert durchgeplant. Daraufhin haben diese ein koordiniertes 3D-Architekturmodell aufgebaut, das als Basis für die gesamte weitere Planung diente und bis zum Schluss sehr gut funktioniert hat. Architektur, Konstruktion und Technik sind bei diesem Bürohaus so dicht miteinander verwoben, dass sie sich kaum entflechten lassen. Allein aus diesem Grund war eine sehr enge Zusammenarbeit u. a. in regelmäßigen ICE-Sessions mit allen Planungsbeteiligten unerlässlich.“
∫ Projektdaten Suurstoffi 22, Risch-Rotkreuz Standort: Risch Rotkreuz Architekt / Generalplaner: Burkard Meyer Architekten BSA AG, Baden Bauherrschaft: Zug Estates AG, Zug Bauingenieur: MWV Bauingenieure AG, Baden Holzbauplanung: Erne AG Holzbau, Laufenburg HLKSE-Planer: Kalt + Halbeisen AG, Kleindöttingen Elektroplaner: enerpeak ag, Hägendorf Bauphysik: BAKUS Bauphysik und Akustik GmbH, Zürich Brandschutzplaner: Makiol Wiederkehr AG, Beinwil am See Studienauftrag: 2015, 1. Rang Realisierung: 2016 – 2018 Außenwandelemente: 3.700 m2 Holzmetallfenster: 2.800 m2 Holzbetonverbunddecken: 10.000 m2 Fichte/Tanne und Baubuche: 1.500 m3 Länge aller Deckenbalken: 17.000 m Gipsfaserplatten: 17.500 m2 Beton für die Holzelemente: 1.200 m3 Stahl in den Verbunddecken: 66.000 kg Transporte: 250 LKW-Ladungen 1
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Modellfoto
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Interaktives 3D-Architekturmodell mit koordinierter Holz- und Betonstruktur
Die frühe Einbindung von Erne ins Generalplaner-Team bot den großen Vorteil, dass die Architekten sehr schnell und direkt auf das Planungs- und Ausführungs-Know-how des Holzbauers zugreifen konnten. Das spielte auch deshalb eine große Rolle, weil ja nicht irgendein Gebäude geplant werde sollte, sondern das erste Holzhochhaus der Schweiz – eine Bauaufgabe, für die in Bezug auf planerische und baurechtliche Fragen bei keinem der Beteiligten ein langjähriger Erfahrungsschatz vorhanden war. Umso wichtiger war es, Schnittstellen im Bauprozess zu minimieren. Dies gelang beispielsweise, indem Erne nicht nur für den Holzbau und die statische Konstruktion beauftragt wurde, sondern auch für die gesamte Gebäudehülle und den Betonbau. Im konventionellen Holzbau werden Betonkerne üblicherweise als Ganzes zeitlich vor der Holzkonstruktion gebaut, was bei der Gebäudehöhe von Suurstoffi 22 zu erheblichen Toleranzen in der Horizontalen hätte führen können. „Für einen sehr präzisen vorgefertigten Holzbau wäre das natürlich ein Problem gewesen“, erläutert Suter. „Also wurden wir auch für die Erstellung der aussteifenden Betonkerne beauftragt, sodass wir die Kerne geschossweise mitbauen und Maßungenauigkeiten besser ausgleichen konnten – Auftragnehmer war ein zu Erne gehörendes Bauunternehmen, das zu uns als Holzbauer in einem Subunternehmerverhältnis stand. Am Ende haben wir mit denselben Kränen und zum Teil auch mit denselben Leuten gleichzeitig Holzelemente montiert und Kerne betoniert. Für die Kerne hätte das Bauunternehmen bei nacheinander erfolgter Ausführung genauso lange gebraucht wie für den Holzbau – was am Ende eine Verdopplung der Bauzeit bedeutet hätte.“ Obwohl viele Bereiche der Ausführung unter einem Dach vereint waren, konnte Erne nicht alles steuern wie ein Totalunternehmer. Vielmehr war das Unternehmen fest eingebunden in eine Generalplanerstruktur und hatte die richtigen Methoden im Informationsaustausch zu finden. „Dieses Projekt war für uns das erste, bei dem wir diese neue Konstellation getestet haben“, sagt Thomas Wehrle, Bereichsleiter Spezialbau bei Erne. „In diesem Fall ging es darum, dass Erne als Hauptunternehmer mit im Boot sein musste, um Termine und Kosten im Vorfeld abschätzen zu können. Ziel war es, den Hauptunternehmer, der am Ende alles baut, nach dem Last-PlannerPrinzip schon sehr früh ins Projekt miteinzubeziehen.“
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Betonstruktur aus dem 3D-Architekturmodell freigestellt; Grundlage für die Planung der Holzstruktur
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Für die Planung der Holzstruktur konnte an der Betonstruktur Maß genommen werden.
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Dreh- und Angelpunkt der Planung ist das 3D-Architekturmodell, das nach Fertigstellung der architektonischen Rahmenbedingungen als Grundlage für das Holzbaumodell dient. „Dieses Modell übergeben wir unseren Lieferanten, die den Abbund und Zuschnitt der Holzbauteile machen und das fertige Material dann an uns schicken, damit wir es zusammenbauen können“, erklärt Suter. „Mit dem Holzbaumodell werden Stücklisten generiert und zur Kennzeichnung Etiketten ausgedruckt. Im Modell abgebildet werden aber auch die Montagereihenfolgen, sodass seine Bearbeiter von Anfang an wissen, in welcher Reihenfolge die Einzelteile später montiert werden.“
∫ Lean Construction: die Planung und Ausführungsprozesse werden ganzheitlich betrachtet und vorausschauend gesteuert. Damit soll besser auf Bauherrenbedürfnisse eingegangen und die Gesamtleistung des Projektes verbessert werden. Wesentlich ist, dass die Arbeit durchgehend durch den gesamten Planungs- und Bauprozess so organisiert ist, dass der Wert für die Kunden maximiert und die Verschwendung von Ressourcen minimiert wird. Quelle: www.tmb.kit.edu
Mithilfe der optimierten Planung wurde es möglich, Fehler auf der Baustelle zu vermeiden und die Bauabläufe und die Vorfertigung optimal zu steuern. In diesem Zusammenhang bestand die große Herausforderung für Erne bei diesem Projekt darin, die theoretische Planung auf Halbtagesgenauigkeit tatsächlich umzusetzen. „BIM macht hier vor allem dann Sinn, wenn es in der Fertigung Lean Construction ermöglicht – und das haben wir geschafft“, sagt Suter. „Einerseits durch das Last-Planner-System, d. h. wir haben die Zeitkoordination aller Gewerke nicht mit einem Baumanager abgestimmt, sondern direkt mit den Polieren – mit ihnen, die letztlich alles umzusetzen haben, haben wir tages- und wochenweise immer wieder die nächsten Schritte besprochen. Anderseits durch das Pull-Prinzip, also das präzise bedarfsweise Abrufen von Material auf der Baustelle. Das war nicht kompliziert, sondern eine einfache WhatsApp-Gruppe von drei Leuten. Durch das Last-Planner-System ist es uns gelungen, die Qualität der Einhaltung von Zusagen um fast 80 Prozent zu steigern. Weil wir die Etappen also nicht mit einem Vorgesetzten des Poliers ausmachten, sondern direkt mit dem Polier, haben wir eine um 80 Prozent verbesserte Planung. Das liegt daran, dass die Leute vor Ort Probleme viel besser voraussehen können und viel genauer wissen, wann sie mit was fertig sind.“ Dass die Abläufe mit Unternehmen unter dem Dach von Erne stattfanden, hat sicher zum guten Funktionieren der Prozesse und Abstimmungen beigetragen, war aber nicht die Voraussetzung. Das zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass die Koordination zwischen Generalplaner und Unternehmern ebenfalls reibungslos verlief. Für Patrick Suter liegen die Gründe hierfür im BIM, in der engen Zusammenarbeit und im Null-Fehler-Prinzip. „Eine solche Art der Planung bedingt keine Totalunternehmerkonstellation. Mit dem Bürohaus Suurstoffi 22 haben wir den Beweis erbracht, dass eine solche Planung auch mit einem Generalplaner möglich ist.“
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Räumliche Wirkung der sichtbaren Holzstruktur
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Mögliche Raumeinteilung
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Dialog mit Niklas Brandmann, Leiter Digitalisierung / BIM der Service-Einheit Unternehmensentwicklung bei WOLFF & MÜLLER, Stuttgart / Deutschland
Von der Vision zur Praxis – BIM-Projekte bei Wolff & Müller
Wolff & Müller hat BIM bereits im Jahr 2009 eingeführt und nutzt die Methode seither in immer größerem Umfang. Das Bauunternehmen realisiert mittlerweile rund ein Drittel der schlüsselfertig zu erstellenden Hochbau-Projekte mit einem Auftragsvolumen von mindestens 5 Mio. Euro mit BIM. Weil es in Deutschland noch keine allgemeingültigen BIM-Richtlinien gibt, waren und sind Pionierprojekte wichtig, um die Methode weiterzuentwickeln. Auf der einen Seite stehen sogenannte Little BIM-Projekte mit dem Ziel, die internen Prozesse durch die durchgängige Nutzung des Datenmodells zu verbessern, auf der anderen Seite Big BIM-Projekte zusammen mit externen Partnern. Dabei arbeiten Architekten und Fachplaner in einer Cloud auf den Servern des Bauunternehmens gemeinsam an Datenmodellen des Gebäudes. Der Beitrag gibt einen Überblick der Projekte, die für die Weiterentwicklung von BIM besonders wichtig waren. Die ersten Erfahrungen Um ein Verständnis für das Gesamtkonzept BIM zu entwickelten, sammelte das Unternehmen zunächst Erfahrungen in Teilbereichen. Erster BIM-Pilot war 2010 das schlüsselfertig erstellte B&B Hotel in Heilbronn. Schwerpunkte waren BIM in der Planungsphase und die Akzeptanz der neuen Methode: Am virtuellen Modell ließen sich bauliche Ideen und Alternativen, einschließlich der Ausstattung und Bemusterung, rechnerisch und visuell schnell umsetzen und durchspielen. Durch die zuverlässige Mengenermittlung, die Verknüpfung des BIM-Modells mit dem Leistungsverzeichnis und ein breites Spektrum an Bemusterungsdaten verbesserte sich die Angebotsqualität deutlich. Fazit unter anderem: Die während der Testphase errechneten Mengen stimmten exakt, die modellbasierte Arbeitsweise wurde seitens der Mitarbeiter sehr gut angenommen. Diese Vorteile bestätigten sich in weiteren Folgeprojekten. Little BIM: Von der Planung zur Ausführung Im nächsten Schritt ging es darum, BIM auch in der Ausführungsphase zur effizienten Steuerung der Baustelle einzusetzen. Dazu diente unter anderem das 2015 fertiggestellte a-ja-Resort in Grömitz, eine Hotelanlage mit 222 Zimmern, Panoramarestaurant und NIVEA-Haus (Bauherr: Wellness Resort Grömitz GmbH & Co. KG, eine Objektgesellschaft der Deutsche Immobilien AG). Als Generalunternehmer wurde dieses Projekt genutzt, um möglichst viele Tätigkeiten und Prozesse im technischen Innendienst und auf der Baustelle modellbasiert abzubilden. Während die beteiligten Planer klassisch in 2D arbeiteten, erstellte die BIM-Koordinatorin des Bauunternehmens aus den 2D-Unterlagen ein BIM-Modell, das sie im weiteren Planungsverlauf immer weiter anpasste und verfeinerte. Das Modell wurde zum einen genutzt, um die genauen Mengen für die Ausschreibung zu ermitteln; zum anderen wurde das Modell mithilfe eines Viewers auch auf der Baustelle bereitgestellt, sodass das Projektteam vor Ort eine modellbasierte Leistungsmeldung erzeugen und die Bauablaufsimulation erproben konnte. Dass der Bauablauf durch das Zuordnen einzelner Bauteile und Positionen zu Vorgängen virtuell durchgespielt werden kann, ist ein großer Vorteil von BIM in der Ausführungsphase.
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∫ Erklärung Little BIM, Big BIM etc.: BIM-Glossar S. 129
Kapitel Prozesse I Szenarien
Aus Little BIM wird Big BIM Der nächste Meilenstein bestand darin, BIM-Projekte nicht nur innerhalb des Unternehmens, sondern zusammen mit externen Partnern zu bearbeiten. Diese Gelegenheit bot sich beim Bau eines Ausbildungszentrums für einen großen Automobilhersteller. Bei diesem Projekt arbeiteten erstmals alle Beteiligten – Architekt, Tragwerksplaner, TGA-Planer und Bauunternehmen – gemeinsam an koordinierten Fachmodellen. Dafür wurde die Cloud zur Verfügung gestellt und die BIMGesamtkoordination übernommen. Über ein Webportal konnten sich alle Planungspartner auf die Wolff & Müller-eigenen Citrix-Server schalten und dort gemeinsam „live“ an ihren Gebäudedatenmodellen arbeiten. Big BIM für Fortgeschrittene Eines der am meisten fortgeschrittenen BIM-Projekte war der Neubau des Rathauses in Leonberg bei Stuttgart. BIM kam hier ab der Leistungsphase 3 (Entwurfsplanung) zum Einsatz. Schaller Architekten BDA RIBA Stuttgart und Wolff & Müller hatten im Dezember 2014 den Zuschlag für den Neubau des Rathauses bekommen; der Neubau wurde wie geplant Ende 2016 schlüsselfertig an die Stadt übergeben. Insgesamt waren vier Planungspartner an dem Projekt und somit auch am Gebäudedatenmodell beteiligt: Architekten, Tragwerksplaner, Elektroplaner und TGAPlaner. Noch vor dem Bauantrag überführten die Architekten die ersten 2D-Entwürfe in eine bauteilorientierte 3D-Planung und legten das Zentralmodell auf dem Server ab. Die Tragwerksplaner konnten über die Cloud darauf zugreifen und die statisch erforderlichen Bauteildimensionen anpassen. Die Bauantragspläne wurden direkt aus dem zentralen BIM-Modell abgeleitet. Während der Ausführungsplanung wurde das Modell immer weiter verfeinert. Im Unterschied zu den Tragwerksplanern arbeiteten die anderen Fachplaner nicht direkt im Zentralmodell, sondern in einem referenzierten TGA-Fachmodell. Die Darstellung der verknüpften Modelle kann quasi auf Knopfdruck aktualisiert werden, sodass jeder Beteiligte den aktuellen Planungsstand der anderen Gewerke kennt.
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BIM-Gesamtmodell des Bauprojektes Rathaus Leonberg, bestehend aus: Architektur, Tragwerk, Elektro und Heizung/Lüftung/Sanitär/Kühlung
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BIM-Gesamtmodell von innen: Bei dieser Visualisierung sind das Architektur- und Tragwerksmodell transparent geschaltet. Der Fokus liegt somit auf der Haustechnik, die massiv und farblich dargestellt ist.
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Die BIM-Koordinatorin überprüfte die Datenmodelle in regelmäßigen Abständen auf Kollisionen, die dann in den Jour-fixe-Terminen besprochen und geklärt wurden. Konflikte zum Beispiel zwischen dem Tragwerk und den Ausbaugewerken wurden am BIM-Modell sichtbar und konnten früh bereinigt werden. Mit Start der Bauarbeiten im August 2015 wurde die virtuelle, digitale Planung Schritt für Schritt Realität. Ein großer Bildschirm im Besprechungsraum machte das BIM-Modell auf der Baustelle nutzbar. Damit konnten Bauherr, Planer und Bauunternehmen bei ihren Besprechungen vor Ort die besprochenen Punkte anschaulich visualisieren. Sie bekamen ein einheitliches Verständnis vom Bauprojekt und dem jeweiligen Planungs- und Ausführungsstand. Zum Beispiel war für alle besser nachvollziehbar, welche Folgen eine Planungsänderung hat. Zudem ließ sich der Soll- und Ist-Zustand der Bauarbeiten am Modell regelmäßig vergleichen und anschaulich darstellen. Obwohl das Rathaus Leonberg für einige Planer das erste BIMProjekt war, hat die Methode alle Beteiligten überzeugt. Zum Beispiel kam vonseiten der Tragwerksplaner die Rückmeldung, dass sie die Ausführungsplanung noch nie so früh so detailliert ausarbeiten konnten wie bei diesem Projekt. BIM auf Initiative des Bauherrn Während die bisherigen BIM-Projekte meist auf die eigene Initiative bzw. die des Projektteams zurückgingen, fordern mittlerweile auch immer mehr Bauherren die Methode aktiv für ihr Projekt ein. Zum Beispiel hat die SOFiSTiK AG, Europas führender Hersteller von FEM-, BIM- und CADSoftware für Bauingenieure, für ihr neues Bürogebäude am Standort Nürnberg gezielt einen BIM-erfahrenen Generalübernehmer gesucht. Für Thomas Fink, den Vorstandsvorsitzenden der SOFiSTiK AG, stand von Beginn an fest, dass der Neubau komplett mit BIM realisiert werden soll. Um den Baubedarf zu konkretisieren, trafen sich alle Beteiligten Ende 2016 zu zwei Workshops, an denen auch das gesamte Planungsteam teilnahm. Der Bauherr dokumentiert seine Erfahrungen in seinem eigenen Blog, damit auch andere Interessierte daran teilhaben können. Anfang Mai 2017 wurde das Baugesuch eingereicht, der erste Spatenstich konnte im Juli gefeiert werden.
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Ansicht des Neubau Bürogebäude SOFiSTiK von außen
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BIM-Modell des Neubau Bürogebäude SOFiSTiK mit TGA und Bewehrung
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Inneneinrichtung Büro Neubau Bürogebäude SOFiSTiK Visualisierung: WABE-PLAN
Kapitel Prozesse I Szenarien
Fazit Wegen der mangelnden Kompatibilität verschiedener Softwarelösungen und einer noch nicht ganz ausgereiften IFC-Schnittstelle ist es einfacher, wenn die Planungsbeteiligten bei BIMProjekten möglichst wenige unterschiedliche Softwareprodukte einsetzen. Ein reines Closed BIM, also das Arbeiten aller Beteiligter in derselben Software, lässt sich allerdings aufgrund der heterogenen Planungswelt nur schwer realisieren. Deshalb ist Wolff & Müller ständig damit beschäftigt, die Arbeitsweise weiter zu entwickeln und den digitalen Planungsprozess nachhaltig zu verbessern. Auch wenn die Pilotprojekte viel Pioniergeist von den Beteiligten forderten, fällt die Bilanz sehr positiv aus. BIM verlagert die Planung zwangsweise wieder in die frühen Projektphasen; aufwendige baubegleitende Änderungen werden auf ein Minimum reduziert. Der aktuelle Stand ist für alle transparent, was zu einem hohen Projektverständnis im gesamten Team führt. Dass alle Beteiligten im gleichen Datenraum arbeiten, macht die Kommunikation besser, effizienter und fehlerfreier. Die Planungsbüros und Bauunternehmen, die derzeit das digitale Planen und Bauen vorantreiben, müssen aber noch einige Hürden wie fehlende BIM-Richtlinien und -Normen für Deutschland überwinden. Umso wichtiger ist es, dass inzwischen auch Bauherren die Methode vorantreiben und gezielt einfordern.
Ausblick BIM ist der wichtigste Baustein der Digitalisierungsstrategie von Wolff & Müller: Bis 2020 will das Unternehmen alle wesentlichen Prozesse digitalisieren. Baupartner, Lieferanten und die Baustellen-Logistik sollen in die BIM-Methode eingebunden werden. Zum Beispiel könnten Baupartner in Zukunft schon während der Planungs- oder Ausschreibungsphase vormodellierte Bauteilgruppen zum digitalen Modell beisteuern. Dazu brauchen sie im Gegenzug bestimmte Informationen aus dem Modell. Um die Bauzeit zu verkürzen, will das Bauunternehmen außerdem mithilfe von BIM den Vorfertigungsgrad von Bauteilen erhöhen, bis hin zur Nutzung von Bauwerkskonfiguratoren. Zudem wird die Methode auf den gesamten Lebenszyklus von Bauwerken ausgeweitet. Die Übergabe des BIM-Modells an die späteren Nutzer soll Standard sein. Der Nutzer bekommt dann einen digitalen Zwilling des fertigen Gebäudes und kann damit zum Beispiel die Energie-, Reinigungs- und Wartungskosten berechnen oder Umbauten planen. Im Idealfall wird künftig bereits vor Beginn der BIM-Modellierung geklärt, welche Informationen für das Facility Management relevant sind, so dass diese im Modell hinterlegt und an die Nutzer übergeben werden können.
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Tim Westphal im Gespräch mit Ass. jur. Michael Janke von der VHV Allgemeine Versicherung AG, Hannover / Deutschland
Moderne Zeiten – andere Strategien und Ziele = neue Risiken? Die Arbeit mit der Planungsmethode BIM bedingt eine Fülle an bisher unbekannten Aufgabenfeldern und ergänzenden neuen Berufsbildern im Architektur- und Planungsbüro. Eines davon ist beispielsweise der BIM-Manager: Er erfüllt durch seine strukturierende Tätigkeit und das spezifische Einsatzgebiet im Büro nicht mehr die Arbeitsleistungen des klassischen Architekten oder Fachplaners. Seine Aufgabe ist vielmehr die Etablierung und Steuerung der BIM-Arbeitsprozesse im Büro und in den Projekten. Und er legt die Strategie zur Qualitätssicherung der Planung fest. Wie lassen sich jedoch seine veränderten Leistungen sowie grundsätzliche BIM-Leistungen versichern, um einen potenziellen Schaden abzusichern?
Die Verunsicherung zum Thema BIM und den im Rahmen der BIM-Planung erbrachten Leistungen eines Architekturbüros ist noch immer groß. Sind solche Dienstleistungen über die Berufshaftpflicht abgedeckt oder nicht? Die Berufshaftpflicht-Versicherung für Architekten und Ingenieure versichert die zum Berufsbild des Versicherungsnehmers gehörende Tätigkeit methodenneutral. Das heißt, dass es nicht darauf ankommt, auf welche Art und Weise der Versicherungsnehmer sein funktionelles Werk erschafft, sondern auf das Ergebnis dieser Arbeit. BIM ist erst einmal eine Methode von mehreren, mit denen Versicherungsnehmer ihre eigentliche berufsbildimmanente Leistung bewerkstelligen können. Insofern gibt es hinsichtlich der Verwendung der BIM-Methode durch den einzelnen Versicherungsnehmer keine deckungsrechtlichen Besonderheiten. Wichtig ist jedoch, dass nur die tatsächlich zum Berufsbild gehörenden Tätigkeiten gedeckt sind. Dieses Berufsbild ist zwar im stetigen Wandel und passt sich neuen Gegebenheiten an, aber grundsätzlich geht es um die ureigene freischaffende Tätigkeit des Architekten oder Ingenieurs im jeweiligen Fachgebiet. Anhaltspunkte finden sich in den jeweiligen Landesgesetzen, aber auch beispielsweise in der HOAI, obwohl diese als Preisrecht nur bedingt Leistungsinhalte definieren kann. Gerade in der noch laufenden Diskussion, welche Aufgaben für den BIM-Koordinator oder den BIM-Manager anfallen, kann man nicht von einer Versicherungsdeckung für diese Begriffe als solche ausgehen. Es muss jeweils im Einzelnen auf die übernommenen Leistungen ge-
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schaut werden, ob diese zum Berufsbild gehören oder nicht. Als deckungskritisch kann zum Beispiel die gesamte Bereitstellung der IT-Infrastruktur sein. Wie sind die eigenen, internen Mitarbeiter, die sog. BIM-Manager oder BIM-Koordinatoren, über die Berufshaftpflicht versichert? Die Begriffe BIM-Manager und BIM-Koordinator sind nicht einheitlich definiert. Es kommt immer auf die tatsächlich übernommenen Aufgaben an und darauf, ob das (versicherte) Berufsbild überschritten wird oder nicht. Beispielsweise wird oft der gesamte IT-Bereich hinsichtlich der Implementierung, des Betreibens oder der Schulungen dem Aufgabengebiet des BIM-Managers zugeordnet. Diese Verantwortung gehört aus unserer Sicht allerdings nicht zum Berufsbild und fällt damit nicht unter den normalen Deckungsschutz. Bezogen auf den BIM-Koordinator ist zu beachten, dass dieser eine eigene Planungsleistung erbringt, sodass die Berufshaftpflichtversicherung diese mit einschließen muss und nicht beispielsweise auf bestimmte Tätigkeiten eingeschränkt sein darf. BIM-Manager und deren Know-how werden oft von externen Dienstleistern eingekauft. Welche Versicherungen muss man als Geschäftsführer oder Büroleiter von einem solchen externen Mitarbeiter einfordern, damit dessen spezielle Arbeitsleistungen abgesichert sind? Da es keine abschließende Definition für den BIM-Manager gibt, kommt es in jedem Einzelfall auf die Tätigkeiten an, die er übernimmt. Leistungen, die nicht typischer-
Kapitel Service I Bauprodukte
Szene aus Charlie Chaplins Meisterwerk „Modern Times“ von 1936. Wir sind wie damals mitten im Umbruch – heutzutage von der analogen in die digitale Welt. Das bedeutet: Neue (Moderne) Zeiten, verlagerte Risiken und vielfach noch uneindeutige Arbeits- und Leistungsbilder. Fragen nach einer ergänzenden Absicherung der BIMLeistungen, die von Architekten und Fachplanern erbracht werden, sind damit durchaus berechtigt.
weise zum Berufsbild eines Architekten oder Ingenieurs gehören, können in Zweifelsfall auch nicht abgesichert sein. Um etwaige Versicherungslücken zu schließen, ist daher eine gute und umfassende Beratung durch einen Makler oder Vermittler notwendig. Nur so können sich die Kunden sicher sein, dass sie den Versicherungsschutz haben, den sie brauchen. Für umfassende Planungspakete oder auch als Generalplaner werden oft Projekt-GmbHs oder Arbeitsgemeinschaften gegründet – bei großen BIMProjekten kann dies ebenfalls sinnvoll sein. Was ist dann zu beachten, versicherungstechnisch? Versicherungstechnisch ist bei Arbeitsgemeinschaften oder anderen Zusammenschlüssen in Bezug auf BIM nichts Besonderes zu beachten. Es kann sich allerdings für die Versicherungsnehmer lohnen, sich über eine Objektversicherung abzusichern, in der alle Planer unabhängig von ihrem Spezialauftrag versichert sind. Damit würde im Schadenfall die gegebenenfalls sehr schwierige Abgrenzung zwischen Verantwortlichkeiten
im Zusammenhang mit dem gemeinsamen BIM-Modell weitestgehend entfallen. Welche Dienstleistungspakete, speziell auf BIM ausgerichtet, bietet Ihr Unternehmen an? Wenn man als Versicherung allein die Tätigkeit der BIMMethode absichert, braucht man kein besonderes deckungsrechtliches Paket. Wichtig ist, dass die Grundlage von BIM die vom Planer zu generierenden Daten für die einzelnen Bauteile bzw. in der Gänze die zugrundeliegende Datenbanken sind. Da es sich bei der Erstellung dieser Datenbanken um die eigene Leistung eines Planers handelt, sind diese nicht von der Berufshaftpflichtversicherung gedeckt. Hierfür bietet die VHV eine Cyber-Absicherung an, die auch den Eigenschaden mit abdeckt. Die dritte offene Haftungsfrage ist die Bereitstellung der IT-Infrastruktur. Da diese nicht zum Berufsbild gehört, muss sie gegebenenfalls separat abgesichert werden. Auch hierfür bietet die VHV selbstverständlich sinnvolle Lösungen an.
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Eva Maria Herrmann im Gespräch mit Bauprodukteherstellern
Die Zeichen stehen auf BIM – digitale Bauprodukte
Sollen die Möglichkeiten der BIM-Prozesskette konsistent genutzt werden, müssen für den Planungsprozess bis in den Betrieb auch die Bauprodukte digital verfügbar sein. Nicht nur als 2Dund 3D-Zeichnungen, sondern als BIM-Objekte, die die benötigten Informationen für die Planung, Ausschreibung, Ausführung, Produktion und den Betrieb bereitstellen. Durch die Weiterentwicklung der Software ist die Komplexität in den Modellen und angehängten Datenbanken darstellbar und bislang brachliegende Potenziale können zukünftig ausgeschöpft werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die planungsrelevanten Objektinformationen und Merkmale stehen tagesaktuell, für alle Beteiligten abrufbar, zur Verfügung. Diese Merkmale sind unter anderem Abmessung, Ausführung, Materialität, Oberfläche, Ausstattung, technische Spezifikationen, Normen und Richtlinien, Umweltkennzeichnungen, EPDs, Informationen für Zertifizierungen und Simulationen, Brand- und Schallschutz sowie bauphysikalische Daten, Kosten, Stückzahlen, Wartungszyklen etc. sowie Verknüpfungen mit Regeln und Logiken für die Parametrik. Doch die Herausforderungen sind ebenso klar. Noch fehlen einheitliche Standards und Normen für strukturierte BIM-Produktdaten, die PDT (Product Data Templates). Der Spagat zwischen Detailtiefe – der geometrischen Detailierung LOD (Level of Detail) und Produkteigenschaften LOI (Level of Information) – und Benutzbarkeit ist zu überwinden. Ebenso bleiben die Fragen nach der Vereinbarkeit von herstellerbezogenen Daten und der Forderung nach produktneutraler Ausschreibung zu klären. Ergänzend muss an der Kompatibilität und Vergleichbarkeit von Daten gearbeitet werden. Doch trotz allem sind quer durch den Baubereich die verschiedenen Hersteller aktiv und geben im Folgenden ihre Erfahrungen und Strategien weiter.
SCHÜCO Digital GmbH, Bielefeld / Deutschland Martin Peukert, Teamleiter Architects Data Als Systemgeber verfolgt Schüco seit jeher den Servicegedanken in der Zusammenarbeit mit Architekten, Fassadenplanern und Metallbaupartnern. So setzen wir zwischen die Arbeitsschritte Planen und Bauen noch den Zwischenschritt „Konkretisieren“. Diesen Schritt gab es bereits im CAD-Zeitalter. Er muss im BIM-Modell jedoch noch eindeutiger werden – sei es über die Definition von Produktfunktion, Komponenten und Materialien oder über angefügte Informationen zu Zertifikaten, Wartungszyklen und vielem mehr. Unsere Produkte sind wichtige Gestaltungselemente der Architektur und erfahren so in fast allen Hochbauprojekten ein hohes Interesse seitens der Bauherren und Planer. Aufgrund der Komplexität der Metallbaukonstruktionen ist es erforderlich, die Architekten, Planer und vor allem die Ausführenden mit Know-how zu unterstützen. BIM als wirkungsvolle Arbeitsmethode wird das Zusammenwirken von Systemgeber, Planer und Verarbeiter intensivieren. Dabei werden digitale Services einen weiter steigenden Stellenwert einnehmen. Die Anforderungen aus dem Markt nach BIM-tauglichen Produkten oder BIM-Objekten sind oftmals zu kurz gegriffen. Es reicht nicht aus, sein Produktportfolio in einer Datenbank abzubilden und eine IFC-Schnittstelle anzubieten. Es bedarf vielmehr konkreter Gespräche mit Anwendern, um die Anforderungen zu klären. Und wo früher die Werkplanung mit konkreten Details unter-
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∫ LOD/LOI: BIM-Glossar S. 130 f ∫ Plattformen bim.archiproducts.com bimobject.com/de magicloud.com mepcontent.eu polantis.com/de/ bimstore.co.uk nationalbimlibrary.com
Kapitel Service I Bauprodukte
stützt wurde, muss das Angebot nun so aufgebaut sein, dass es zu den verschiedenen Planungsphasen passt. Sei es durch die Möglichkeit, in den ersten Leistungsphasen mit wenig detaillierten Elementen zu arbeiten und diese je nach Bauphase in verschiedenen Detailierungsgraden (LOD) anzureichern oder sei es über ein Leitprodukt den Entwurf maßgeblich mitzudenken. Wir versetzen uns in die Arbeitsmethode der Architekten hinein und bauen unsere Daten auf der Frage auf: Welche Produkte sollen wir präzisieren und welche kann man noch gar nicht exakt umreißen? Die schnelle Verfügbarkeit von guten BIM-Objekten ist essentiell. Als Hersteller sind wir nicht in der Lage, für alle Softwaresysteme gleichwertige Daten bereitstellen zu können. Denn die Funktionalitäten müssen durch die Vielfalt der Softwareanbieter für jedes Programm anders aufgebaut sein und nicht alle Benutzer können den gleichen Komfort nutzen. Das müssen sie aber auch nicht, denn bis zu einem gewissen Grad kann der Architekt für die Planung eine Produktfamilie für die Werkplanung verwenden, ohne beispielsweise die genauen Spezifika für die Unterschiede in einer Rahmenkonstruktion angeben zu müssen. Solche Daten können in der Konkretisierungsphase ergänzt werden. Die Planung muss dabei auch ohne Datenbanken möglich sein. Wir sprechen ja von der Gebäudedaten-Modellierung und nicht der Gebäudedatenbank-Modellierung. Über webbasierte Produktdatenbanken und Plug-ins mit Direktverlinkungen auf die Produktwebsites lassen sich die Informationswege verkürzen und die Akzeptanz wird steigen. Bis das geschieht, müssen wir noch Erfahrungen sammeln und den Anwendern Zeit für die Einarbeitung geben. „In dem Moment, wo das Problem auftaucht, nutzt man die dazu passende Technologie.“ Wir reagieren mit unserem Angebot an BIM-Planungsdaten auf die veränderten Anforderungen an Planung und Ausführung und bedenken sowohl die Herangehensweise der Architekten und Planer als auch die Möglichkeiten der verfügbaren Software. Es wurde bereits viel getan, um die große Nachfrage der Architekten nach Planungsdaten zu erfüllen und in Projekten gemeinsam Erfahrungen zu sammeln. Mit den dabei gewonnenen Erkenntnissen setzen wir die Entwicklung fort und gestalten Standards und Regeln für die Methode BIM mit.
Fenster
Typ Art Kategorie
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Die Fenstertypen unterscheiden sich nicht nur über Geometrien, Öffnungsarten, Größen und Proportionen, sondern auch funktional.
Es gibt beispielsweise unzählige Möglichkeiten, Fenster zu gestalten. Je nachdem, ob ein Architekt sich dem Thema Öffnungen, Ein- und Ausblicke, Luft und Licht von den Gebäudeansichten her nähert oder ob er vom Gebäudeinneren her denkt, kann er zu mannigfaltigen Fenstertypen kommen, die sich nicht durch Geometrien, Öffnungsarten, Größen und Proportionen, sondern auch funktional stark voneinander unterscheiden. Für die bauliche Umsetzung müssen eine Vielzahl technischer Parameter wie baubare Größen, Öffnungsarten, Verglasungen und erforderliche statische Konstruktionen berücksichtigt werden. Um dies digital optimal zu unterstützen und gleichzeitig für den Planer verständlich zu ordnen ist es sinnvoll, die mögliche Vielfalt zu einem Ordnungssystem zu bündeln, mit dem man schnell und eindeutig arbeiten kann.
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Eindeutige und praktikable Regeln müssen gefunden werden, wie die Produkt- oder Systembeschreibungen auszusehen haben. Die VDI 2552 Blatt 9 BIM – Klassifikationen, wird hier zukünftig unterstützen. Fleißarbeit, Attribute zu definieren und zu beschreiben, ist aber nicht das einzige Erfordernis – wir müssen uns auch fragen, was logisch wie zusammengehört und welcher Planungsschritt welche Art von Planungsdaten erfordert. Eine der großen Herausforderungen von BIM ist, dass Gebäude eben nicht wie bei Lego aus stets passenden Einzelteilen, sondern aus ganz unterschiedlichen gewerkspezifischen Bauteilen bestehen. Damit Architekten und Planer auch im digitalen Zeitalter arbeitsfähig bleiben, muss dafür gesorgt werden, dass deren Planungswerkzeuge es ermöglichen, bauliche Sachverhalte ganz unterschiedlicher Art durchgängig beschreiben zu können. Was im CAD nur Linien, sind im BIM-Modell eben auch spezifische Informationen. Gebäude können nur dann digital durchgängig und plausibel geplant werden, wenn die realen Bauteilinformationen für den Planer auch digital verfügbar sind. Aber auch die Informationen wie die Bauteile miteinander zu kombinieren sind und wo die Vor- und Nachteile einzelner Kombinationen liegen, können erheblich zur Qualität eines Bauwerks beitragen. Das Wissen um diese Fragen und die damit verbundenen Umgangsweisen liegen bei den Herstellern. Im Mai 2017 wurde deshalb von uns gemeinsam mit sechs anderen Unternehmen die Herstellerinitiative „Bauprodukte digital ProductsForBIM“ gegründet. Ziel dieser Initiative ist es, praxiskonforme digitale Produktdaten und daran gekoppelte Services zu gestalten sowie die damit verbundenen digitalen Prozesse zu optimieren. Außerdem soll der fachliche Austausch von Informationen und Erfahrungen mit anderen Protagonisten aus Planung, Bauen und Betrieb von Gebäuden, die optimale Vernetzung zwischen Industrie und Handwerk sowie die damit verbundene Erweiterung und Optimierung digitaler Wertschöpfungsketten vorangetrieben werden.
alwitra GmbH & Co. Klaus Göbel, Trier / Deutschland Judith Köhl, Leitung Anwendungstechnik Mit der Planungsmethode BIM werden alle Beteiligten zu einer koordinierten Zusammenarbeit gezwungen. Bereits in der Entwurfsplanung wird der Architekt auf entsprechende Herstellerdaten zurückgreifen. Dabei ist es wichtig, dass die vom Hersteller zur Verfügung gestellten geometrischen Produktdaten inklusive der Attribute sowohl für den Planer als auch für den Verarbeiter im jeweiligen Planungsstand komfortabel abrufbar sind. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Denn nur, wenn alle Bauprodukte marktdeckend verfügbar sind, wird die BIM-Methode die notwendige breite Akzeptanz finden. Die Potentiale liegen auf der Hand. Beispielsweise werden Fehlerquellen bereits in der Planungsphase dank der Kollisionsprüfung minimiert. Ebenso lassen sich Baukosten und Bauzeit leicht überwachen. Auch die Übergabe einer kompletten aktuellen Baudokumentation nach der Fertigstellung gibt dem Gebäudebetreiber größtmögliche Transparenz und Sicherheit – während des Betriebs bis hin zum Rückbau am Ende der Gebäudenutzung. Die ersten Anfragen zu BIM-fähigen Daten kamen 2013 aus Großbritannien sowie aus den asiatischen Märkten. Aktuell verzeichnen wir auch eine steigende Nachfrage von Architekten aus dem deutschsprachigen Raum. Seit 2015 stehen sämtliche geometrischen Produktdaten online zur Verfügung. Um die verschiedenen Softwarelösungen abzudecken, gibt es seit 2016 auf unserer Webseite einen Online-Produkt-Konfigurator. Die positiven Rückmeldungen aus dem Markt zeigen uns, dass wir bestens für die digitale Zukunft des Bauens gerüstet sind. Wir sind in der Lage, unsere Produktdaten jederzeit flexibel und schnell anzupassen und sehen der weiteren Entwicklung der Digitalisierung im Baubereich mit Spannung entgegen.
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Kapitel Service I Bauprodukte
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Plug-in von Saint-Gobain: Nach Anwendung eines BIM-Files im grafischen Modell stehen alle BIM-Daten zur Verfügung.
Saint-Gobain – Isover, Rigips, Weber Zeki Harmanci, BIM Manager Saint-Gobain Construction Products Als international tätiger Konzern hat Saint-Gobain als Antwort auf die zunehmende Digitalisierung der Bauwirtschaft ein umfangreiches firmenübergreifendes Angebot von BIM-Assistenten und Plug-ins für die Produkte von Isover, Rigips und Weber entwickelt. Trotz der internationalen Ausrichtung der Gruppe, konnten die Anforderungen aus den ausländischen Märkten nur bedingt für die Weiterentwicklung genutzt werden. Zu komplex sind die Bauprozesse im deutschsprachigen Raum, die eine andere Arbeitsweise und Werkzeuge benötigen. Anstelle einzelner BIM-Objekte, die ein Bauteil mit einer alphanumerischen Geometrie darstellen, steht eine große Auswahl an bedarfsgerechten und volldigitalisierten Bauteillösungen für den Innenausbau (Wand, Boden, Decke), Vorhang- sowie Putzfassaden, Kellerdecken und den Perimeterbereich zur Verfügung. Sie eröffnen außerdem neue Möglichkeiten für eine durchgängige Gebäudeplanung über alle Teilschritte hinweg – vom ersten Entwurf über die detaillierte Visualisierung bis hin zur Erstellung von Leistungsverzeichnissen sowie Mengen- und Kostenkalkulationen. Die Qualität und Menge der bauteilspezifischen Daten wirkt sich direkt darauf aus, wie genau und zeitintensiv sich der Planungsprozess gestaltet. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, Architekten und Planern die Arbeit mit BIM so leicht, zeitsparend und sicher wie möglich zu gestalten. Dank der ausführlichen und laufend aktualisierten Datengrundlage, auf der unsere BIM-Dateien basieren, sind alle benötigten Informationen in der jeweiligen Softwareumgebung sofort abrufbar. Zurzeit stehen sie für Allplan Architecture, Graphisoft ArchiCAD sowie Autodesk Revit zur Verfügung. Das stellt sicher, dass nur bauphysikalisch geprüfte, zertifizierte Lösungen verwendet werden können. Kernfunktion der Assistenten und Plug-ins ist die intelligente Suche, die das einfache Auffinden der in der BIM-Datenbank hinterlegten geprüften Lösungen erleichtert.
DALLMER GmbH + Co. KG, Arnsberg / Deutschland Ekkehard Knoche-Korte, Marketing Dallmer stellt dem Architekten und Fachplaner schon seit langem Produktdaten in den bisher für die Planung eingesetzten Datenformaten zur Verfügung. Dieser Service wird entsprechend der neuen Anforderungen um die Bereitstellung von BIM-Daten zum Produktprogramm erweitert. Die Zusammenarbeit wird durch neue Strukturen der Produktdaten wohl intensiver werden. Dieser Vorteil ist zugleich auch eine Herausforderung: Wird BIM bei der Planung eines Gebäudes eingesetzt, muss der gesamte Lebenszyklus von der Planung/Entstehung über den Betrieb bis hin zum Rückbau betrachtet werden. Das bedeutet für uns, dass für jedes Produkt unseres Programms die Daten, die im BIM-Modell zusätzlich zur 3D-Geometrie benötigt werden, genau vor diesem Hintergrund erhoben werden. Das wichtigste Potenzial für die Zukunft liegt in der Ressourcenschonung. Durch weniger Materialverschwendung in der Bauphase und Kostensenkung während des Gebäudebetriebs sollte BIM dazu beitragen, dass am Ende des Lebenszyklus eine höhere Recyclingrate steht.
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Gilgen Door Systems AG, Schwarzenburg / Schweiz Philipp Fasel, Produktmanagement Mit BIM wird sich die Schnittstelle zwischen dem Planer, Architekten und Bauproduktehersteller grundlegend verschieben. Wurden unsere Produkte bisher während der Ausschreibungsphase integriert und konnten wir nach der Vergabephase die Architekten entsprechend beraten und je nach Anforderung neue Konfigurationen offerieren, verschiebt sich mit BIM diese Informationstiefe in frühere Leistungsphasen. Der Planer benötigt einerseits alle relevanten Bauteilinformationen für die Erstellung des Gebäudemodells, kann andererseits aber nicht der Spezialist für jede Produktkonfiguration sein. Daher muss die Komplexität der Produkte auf die Bedürfnisse des Architekten angepasst sein. Diese Anforderung wurde zum Beispiel bei unseren Drehflügeltürantrieben so gelöst, dass zwar sämtliche Schnittstellen und Optionen zur baulichen Situation abgebildet sind, die Optionen und Informationen innerhalb des Antriebs aber nicht enthalten und erst in der Angebotsphase berücksichtigt werden. Zu unserer Strategie als Hersteller von Antriebsund Gesamtlösungen im Bereich der Tür-, Tor- und Wandsysteme gehört es, neben allen neuen Produkte, das bestehende Portfolio ebenfalls BIM-tauglich zu machen. Aktuell setzen wir auf die aus unserer Sicht weltweit am meisten verbreiteten Programme Autodesk Revit und Graphisoft ArchiCAD. Um ergänzend angemessen auf die verschiedenen Märkte reagieren zu können, werden BIM-Objekte mit den länderspezifischen Gegebenheiten und Marktanforderungen angereichert. BIM verändert als Methode unsere Herangehensweise an Projekte. Durch die hohe Qualität der Daten, den verbesserten Informationsaustausch zwischen allen Planungsbeteiligten sowie die unmittelbare Verfügbarkeit aller aktuellen und relevanten Daten wird sich BIM als Standard durchsetzen.
Schöck Bauteile GmbH, Baden-Baden / Deutschland Birgit Luber, Technischer Support Tim Stollberg, Bereichsleiter Produkte + Märkte Die Verwendung von intelligenten 3D-BIM-Modellen gewinnt immer mehr an Bedeutung. Dabei wird sich der Fokus der Anwender auf benutzerfreundliche BIM-Objekte und -Daten richten, die sich einfach, schnell und sicher ins Gebäudemodell integrieren lassen. Das Bereitstellen dieser Informationen setzt ein gutes Produktdatenmanagement voraus. Es eröffnet einerseits neue Möglichkeiten für die Digitalisierung und Automatisierung von Produktionsprozessen. Andererseits muss der Kundenbedarf entlang der Wertschöpfungskette Bau bekannt sein und zum passenden Zeitpunkt als BIM-Objekte und mit tagesaktuellen Informationen zur Verfügung stehen. Eine Herausforderung stellt darüber hinaus der Austausch von Daten zwischen verschiedenen Softwarelösungen dar; ebenso der vernetzte und automatisierte Prozess von der technischen Angebotsausarbeitung über die Produktion der Produkte bis hin zur Anlieferung beim Kunden. Da sich durch BIM die Platzierung eines Bauproduktes in der Planung zeitlich nach vorn verschiebt, ist es unerlässlich, gute BIM-Objekte zur Verfügung zu stellen. Unsere Servicequalität beinhaltet auch die Optimierung der internen Prozesse des Kunden mittels eines digitalen und vernetzten Datenflusses. Bei Schöck sind die Anforderungen aus dem Markt je nach Kundengruppe verschieden. Während Architekten zu Beginn der Planungsphase möglichst einfache Objekte mit einem geringen Detaillierungsgrad benötigen, die in späteren Leistungsphasen durch konkrete Ausschreibungstexte zu ergänzen sind, benötigen die Tragwerksplaner die Möglichkeit zur Bemessung der Produkte innerhalb der BIM- und Statiksoftware und die genaue Bezeichnung des Typs mit Bewehrung zur Kollisionsprüfung. Die Integration von Bauteildaten für den Angebots- und Bestellprozess sowie den Einbau in das Gebäudemodell ist für die Bauunternehmer und Fertigteilhersteller relevant. Jedoch gelten für alle die gleichen Anforderungen: BIM-Objekte von Schöck sind in den gängigen nativen Formaten und im IFC-Austauschformat zur Verfügung zu stellen, um eine bedienerfreundliche Integration in alle BIM-Programme am Markt zu gewährleisten.
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Entwurfsphase
LOD 100
LOD 200
LOD 300
LOD 350
JORDAHL GmbH, Berlin / Deutschland Dennis Neumann, Technik Über unsere internationalen Niederlassungen in den Niederlanden, Nordamerika, Großbritannien und Asien begleitet uns das Thema BIM bereits seit mehreren Jahren. Während es im Ausland oft ohne BIM gar nicht mehr geht, sind die konkreten Nachfragen aus dem deutschsprachigen Raum noch verhalten. Das liegt zum Teil auch daran, dass die BIM-Objekte (auch BIM-Familien genannt), die wir für den internationalen Markt bereitstellen, für die deutsche Planungskultur ungeeignet sind sowohl hinsichtlich der Detailtiefe als auch bei der Forderung nach Produktneutralität. Will man die Vorteile der BIM-Methode konsequent in der Prozesskette nutzen, muss auf dem deutschen Markt umgedacht werden. Das bedeutet eine Verlagerung des Aufwands und eine andere Kommunikation. Am Beispiel einer Ankerschiene, eines unserer Hauptprodukte, zeigt sich die Herausforderung sehr deutlich. In Deutschland wird bislang meist die Ankerschiene als Objekt nicht miteingeplant, sondern in einer separaten 2-D-Zeichnung eingefügt oder eigene abstrahierte und somit produktneutrale Objekte in das BIM-Model eingesetzt. Für die Bauausführung mag das heute noch ausreichend sein. Doch im Zuge der konsistenten Fortführung der BIM-Methode über das Bauen in die Betriebsphase des Gebäudes eröffnen sich neue Fragestellungen. Denn nicht nur die Position der verbauten Ankerschiene ist wichtig, sondern auch weitere Parameter wie zum Beispiel das Anzugsdrehmoment der in der Ankerschiene eingesetzten Schrauben. Wer also trägt im Nachgang für jedes verbaute Produkt die Daten in das As built-Modell nach? Diese umfangreichen Daten kann nur der Hersteller mit dem spezifischen Produkt liefern! Was in Deutschland noch als Zukunftsmusik erscheint, ist beispielsweise für die Kollegen aus der niederländischen Niederlassung bereits Realität. Die komplette Fassadenplanung mit BIM wird dort per IFC-Austauschformat an den Kunden zurückgespielt und kann auch direkt in die Produktion überführt werden. Bis sich diese Arbeitsmethoden und deren Vorteile hierzulande durchsetzen, wird es noch dauern, aber bei den Planern und in der Industrie sind erste strategische und operative Schritte hierfür bereits gemacht.
RHEINZINK GmbH & Co. KG, Datteln / Deutschland Ivonne Seiler, Application Engineering / Anwendungstechnische Beraterin LOD 400 3
Nutzungsphase
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Der Detailierungsgrad LOD setzt sich zusammen aus dem Level of Geometry (LOG) z. B. in Länge, Breite, Höhe und Materialstärke und dem Level of Information (LOI) in Form von Material, Randabständen und LV-Texten. Über die Projektphasen erhöhen sich die Anforderungen an den Informationsgehalt.
Die ersten Wege zu BIM hat Rheinzink 2015 in Großbritannien und Frankreich beschritten. Die Detailtiefe der BIM-Objekte ist grundsätzlich den länderspezifischen Anforderungen geschuldet: reine Oberflächentexturen mit Informationen zu Material, Metalldicken, Brandschutzklassifizierung und dem Land entsprechenden Normen. Die bislang fehlenden Definitionen zu Standards und Vorgaben machen es zur Herausforderung, die richtige Detailtiefe und wesentliche Anforderungen firmenintern festzulegen. Die Schnittstelle zur Ausschreibung, zu Zertifizierungssystemen und zur Ökobilanzierung ist ebenfalls noch nicht geregelt. Planer und ausführende Unternehmen haben unterschiedliche Anforderungen an die Nutzung von BIM-Objekten: Während der Architekt an der Gestaltung einer Fassade, an Formen, Strukturen und Oberflächen interessiert ist und Informationen zu Oberfläche, Abmessungen, Eigenschaften, Einsatzgrenzen des Materials, Wartung und Pflege und auch EPDs erwartet, benötigt der Verleger u. a. Verarbeitungsrichtlinien, Stücklisten und Informationen zu Scharlängen. Dank der Erfahrungen, die wir in unserer anwendungstechnischen Beratung gesammelt haben, wurden BIM-Texturen für Autodesk Revit und Graphisoft ArchiCAD entwickelt, in denen zahlreiche Produktinformationen mit eingebauten Links zur Website enthalten sind. Zusätzlich zu den BIM-Texturen stehen verschiedene Formate für Visualisierungen mit Materialoberflächen zur Verfügung. Die Herausforderung liegt in der Produktbeschaffenheit. Die Vielzahl der Anforderungen an den Dachaufbau sowie Details einer Deckung in z. B. Stehfalztechnik verbunden mit der handwerklichen Komponente sind für die Erstellung von umfassenden BIM-Objekten derzeit noch sehr komplex. Wir streben hier weiterhin eine enge Zusammenarbeit mit Architekten und Planern an, um praxisgerechte Lösungen zu finden.
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Lindner Group KG, Arnstorf / Deutschland Martin Weber, Bereichsvorstand Decke, Licht, Lean, Digital, F&E Matthias Jakisch, Abteilungsleiter Lindner Digital Schon lange bevor der Begriff BIM in den Fokus der Bauwirtschaft gerückt ist, war das datengetriebene Bauen bei Lindner ein Thema. In erster Linie, um ein gutes Monitoring der verbauten Produkte und Systeme zu erreichen: in den Dimensionen (Fläche, Menge oder Gewicht), aber auch angereichert mit Kosten, Leistungsfortschritt und Verantwortlichkeiten für die Montageteams, um auf Knopfdruck eine Auswertung der Leistungsstände der einzelnen Projekte zu bekommen und somit Planung und gebaute Realität abzugleichen. Als vorteilhaft für diese Arbeitsweise erwies sich der Perspektivenwechsel unseres Unternehmens, denn mit den mk I hotels führen wir eine hauseigene Hotelkette, deren Immobilien sowohl selbst geplant und gebaut als auch betrieben werden. Diesen Umstand konnte man für die Grundlagenforschung nutzen – auch in Bezug auf die Potenziale von BIM. Die Herausforderung liegt unserer Meinung nach nicht in der prozesshaften Planungskette. Wir haben keine Einzelprodukte, sondern Systeme und diese funktionieren nur in Abhängigkeit von ihren Parametern. So ist z. B. eine Systemtrennwand flexibel in den Abmessungen, aber auch in der Art der Glaspaneele, Glasstärken, Profile, Texturen etc., hat aber Systemgrenzen in der Abhängigkeit von Höhe und Glasgewicht. Abgehängte Decken müssen ebenfalls einer variablen Fläche entsprechen können. Wenn man also alle Parameter bis ins Detail abbilden will, um einen 100-prozentigen digitalen Zwilling zu generieren, wird die Programmierung zu komplex, um damit arbeiten zu können. Um die Nutzbarkeit des Systems zu erhöhen, müssen entweder der LOD reduziert oder Objektfamilien ausgeblendet werden. Doch erschweren fehlende Workflow-Richtlinien die Umsetzung. Zudem hat jeder Nutzer eine eigene Vorstellung, was ein BIM-Objekt können muss. Strichstärken und Maßstäbe spielen im digitalen Gebäudemodell keine Rolle mehr. Dies kann Fluch und Segen zugleich sein. Bereits in einer frühen Leistungsphase muss zwar die Anzahl der Türen, nicht jedoch die Materialität der Umfassungszarge oder die Bänder definiert werden. BIM-Objekte von Lindner entsprechen einem selbst entwickelten Standard, der länderspezifisch angereichert wird oder auf Anforderung an spezifische Kundenanforderungen angepasst wird. Das erfordert eine andere Zusammenarbeit innerhalb der Planungsbüros, genauso wie in der Kommunikation zwischen Planer, Hersteller und ausführendem Unternehmen. Die Zukunft des Bauens und Betreibens eines Gebäudes liegt klar im datengetriebenen Bauprozess. Der zukünftige Planungsprozess wird – mit stetig intelligenter werdenden parametrischen Objekten und Algorithmen und dem Einsatz künstlicher Intelligenz – andere Entscheidungsvorlagen liefern als bislang. Der Technologiefortschritt bietet Potenziale für mehr Effizienz und Wirtschaftlichkeit, die durch reduzierte Baukosten an die Eigentümer bzw. Mieter weitergegeben werden können. Zuviel Optimierung kann allerdings auch zur Verödung und Einseitigkeit in der Baukunst führen. Das dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren!
EGGER Building Products Brilon, Brilon / Deutschland Moritz Steinruck, Teamleiter Produktmanagement Im Holzbau ist die digitale Planung als Grundlage für die Fertigung schon lange Standard. Die 3D-CAD-Pläne von Holzbaukonstrukteuren sind schon heute sehr detailliert. Einen so hohen Informationengehalt gibt es eigentlich in keiner anderen Branche. Und auch die Schnittstellen in die Produktion, zu den Abbundmaschinen, welche mit den Daten aus dem CAD-File arbeiten, sind längst Standard. Die Bauprodukte, die wir herstellen – OSB-Platte, Schnittholz und DHF – sind für den Anwender, den Handwerker gemacht. Und dieser hat noch keinen Bezug zu BIM. Die Entscheidung für ein Produkt fällt aktuell auf Materialbasis. Welchen Mehrwert kann also ein BIM-Objekt über die reine Information zu Abmessungen, Aufbau und Eigenschaften dem Nutzer bieten? Benötigt der Planer die Informationen zu den einzelnen Platten? Oder muss man eher den kompletten Schichtaufbau des Bauelementes betrachten, um die Vorteile der Holzbauweise auch für die Vorfertigung auszunutzen? Diese und andere Fragen stellen wir uns im Moment und stehen noch am Anfang einer Umsetzung von BIM im Holzbau.
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∫ LOD/LOI: BIM-Glossar S. 130 f
Kapitel Service I Bauprodukte
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Das Lindner-Produkt „Cube“ ist ein Raum-in-Raum-System. Im BIMObjekt des Produktes sind in tabellarischer Form die verschiedenen Varianten und die daraus entstehenden Abhängigkeiten von Größe und Form gruppiert, um dem Planer die Auswahl zu erleichtern und um – anstelle eine eigene Größe zu konstruieren – auf bestehende Module zurückgreifen zu können.
Roto Dach- und Solartechnologie GmbH, Bad Mergentheim / Deutschland Frank Wendel, Leiter Marktsortimente Die ersten Anfragen zum Thema BIM-Objekte erreichten Roto 2011 aus Polen und Tschechien, zu einem Zeitpunkt als im deutschsprachigen Raum nur in Fachkreisen über BIM diskutiert wurde. Der Vorteil der digitalen Planungsmethode liegt für uns in der Logik, Bauteile zu fügen. Bisherige Planungstools wie CAD-Daten ermöglichten nicht die Daten eines Dachfensters so zu verwenden, dass die benötigte Größe skaliert werden konnte. Dies ließ daher noch keine Aussage zur Anpassung der Größe des Dachauschnittes und der damit verbundenen Tragfähigkeit des Daches zu. Mit dem digitalen Gebäudemodell können diese komplexen Abhängigkeiten ganzheitlich im Blick behalten werden. Die Verwendung von BIM-Objekten erlaubt eine höhere Sicherheit in Planung und Kosteneffizienz. Nur das, was technisch machbar ist, wird abgebildet. Mit der Auswahl eines Fenstersystems sind die Produktparameter variabel in Größe, Glasaufbau, Verglasung, Materialität und Farbe der Eindeckrahmen, Verschattungselemente etc. hinterlegt. Darüber hinaus finden sich die technischen Werte wie U-Wert, g-Wert, Wärmedämmwert oder Lichteintrag in Abhängigkeit von der jeweiligen Fläche. So können die hinterlegten und tagesaktuell gehaltenen energetischen Werte zugleich für die Simulationsberechnung der Energieeinsparung verwendet werden – ein deutlicher Mehrwert des BIM-Objektes. Das bedingt eine hohe Detailtiefe der BIM-Daten, weit mehr als die noch nicht in Standards festgeschriebenen Mindestanforderungen aus den verschiedenen Märkten. Eine hohe Qualität ist aber auch nötig, um verlässliche Entscheidungshilfen für den Architekten, Fachplaner und Bauherrn im Planungsprozess zu ermöglichen. Daten gewinnen an Bedeutung. Diese zu sortieren, angepasst an die Dateiformate der Softwarelösungen aufzubereiten und jederzeit abrufbar zur Verfügung zu stellen, ist unsere Verantwortung. Die steigende Zahl der Nachfragen bestätigt uns in diesem unternehmerischen Schritt. Fakt ist jedoch, dass kein BIM-Modell die individuelle Beratung ersetzen kann, die weiterhin durch uns gewährt wird. Doch auch der Hinweis auf Verwendung unserer Daten ermöglicht es uns, direkt Kontakt mit den planenden Kunden aufzunehmen und diese zukünftig noch besser bei der Planung zu unterstützen.
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Heidelberger Kalksandstein GmbH, Durmersheim / Deutschland Dirk-Christoph Worthmann, Leiter Produktmanagement / Marketing Als Mauerwerkshersteller stellen wir ein Bauprodukt her, das zwar für die Standfestigkeit eines Gebäudes wichtig, aber meist unsichtbar hinter Putz verbaut ist. Daher ist es wichtig, den Planer in seiner Arbeit mit einem Mehrwert im Workflow in der Planung und in der Bauausführung zu unterstützen. Neben der Produktion sind auch Logistik und Bauausführung wichtige Komponenten im reibungslosen Planungsablauf. Der BIM-Prozess ist ein wesentlicher Baustein in der Digitalisierung der Bauabläufe. Über die verschiedenen Planungsphasen, wie Entwurfs-, Genehmigungs- und Ausführungsplanung, nimmt der Grad der Detaillierung und Informationen kontinuierlich zu. In der Entwurfsphase sind weder die Elementierung der Wände noch konkrete Informationen zu Festigkeitsklassen oder Rohdichten relevant. Die vereinfachte Darstellung einer Mauerwerkswand für die Raumbildung / Raumplanung reicht aus. Im BIM-Objekt sind allerdings im Hintergrund Informationen zu allen wesentlichen Eigenschaften der Steintypen und Mörtelarten beigefügt, die eine automatische Kollisionsprüfung mit geltenden Normen und anderen Bauteilen ermöglichen. Im kollaborativen Prozess, zusammen mit den Fachplanern, wird die Detailtiefe bis zur Genehmigungsplanung angepasst und in das BIM-Modell zurückgespielt. Eine wesentliche Funktionalität kommt in der Bauausführung zum Tragen: Mit einer hierfür entwickelten Wandplanungssoftware kann das digitale Gebäudemodell eingelesen werden und Wände werden vollautomatisch elementiert, Wandabwicklungen und Mengenaufstellungen für die Bestellung erstellt und im folgenden Schritt die Baustellenlogistik entwickelt. Die verbindlichen Informationen aus der Elementierung können in das As built-Modell für den Betrieb exportiert werden und liefern u. a. wichtige Informationen zu Wandqualitäten, Positionen von Unterzügen und Ausgleichssteinen. Sogar das Werk kann benannt werden, in dem die Steine gefertigt wurden. Im Moment arbeiten diverse Verbände zusammen mit der öffentlichen Hand noch an der Festlegung der Merkmale für die Dokumentation und noch fehlen die Richtlinien für die Informationstiefe in den Datenbanken. Es zeigt sich jedoch bereits jetzt: Je mehr kollisionsgeprüft festgelegt werden konnte, desto reibungsloser läuft der Bau. Und ein Blick in die Fertigungsanlagen der Automobilindustrie zeigt, dass die Digitalisierung mithilfe von BIM auch bei aller Komplexität der Bauteile funktionieren kann.
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BIM-Objekt KS-Quadro in der Eingabemaske für ArchiCAD. Im BIM-Objekt sind im Hintergrund Informationen zu allen wesentlichen Eigenschaften der Steintypen und Mörtelarten beigefügt, die eine automatische Kollisionsprüfung mit geltenden Normen und anderen Bauteilen ermöglichen.
Kapitel Service I Bauprodukte
Laufen Bathrooms AG, Laufen / Schweiz André Michel, Head of Product Marketing Aktuell stehen von Laufen rund 1.000 Sanitärobjekte als BIM-Objekte in den gängigen Softwareund Austauschformaten der BIM-Softwarehersteller zur Verfügung. Als Badhersteller im Premiumsegment bieten wir mit den BIM-Objekten jetzt ein Werkzeug an, das in Zukunft mehr oder weniger Standard sein wird. Der Fokus liegt dabei nicht auf einzelnen Produktlösungen, sondern darin, alle Elemente einer Serie inklusive der Accessoires als Gesamtbadlösung abzubilden. BIM bietet uns die Möglichkeit, ganzheitliche zielgruppengerechte Angebote zu lancieren. Dabei nehmen wir nicht nur Anforderungen aus den Märkten an, sondern definieren selbst, was wir anbieten – vom „spec taking“ zum „spec making“. ∫ LOD/LOI: BIM-Glossar S. 130 f
Die Standardisierung der Produktdaten, der LODs und der Klassifizierung der Merkmale, die wichtig sind, um Planungssicherheit für die Hersteller und Anwender zu schaffen, ist noch nicht umfassend geklärt. Ebenso ist die Frage nach der Einbindung des Gebäudelebenszyklus und der Vergänglichkeit der Produkte unbeantwortet. Wunschdenken ist für uns auch der Bestellprozess aus dem digitalen Modell heraus, um die Zeit von Bestellung zur Lieferung entsprechend frühzeitiger voraussehen zu können. Denn die Produktionsabläufe von Keramik sind zeitintensiv und brauchen wenn möglich diesen „Blick in die Zukunft“. Für Laufen bleibt es interessant, die weitere Entwicklung zu beobachten und unser Wissen, Angebot und Service im Sinne einer qualifizierteren Planung einzubringen und zu erweitern.
DAW SE Objektmanagement / Caparol, Ober-Ramstadt / Deutschland Maic Auschrat, Leiter des Bereichs Objektmanagement Oliver Junglas, Objektmanagement Unsere Initiative zur „BIM readyness“ basiert auf den Anforderungen aus dem deutschsprachigen Raum, vor allem vonseiten der Generalunternehmer. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Planungsmethode bietet eine gute Grundlagen für Flächen- und Mengenberechnungen sowie für die Kostenschätzung, sowohl in der Planung als auch in der Ausführung. Caparol und alsecco haben 6.000 Produkte, von denen 1.500 relevant für BIM sein können. BIM-Objekte für Wandfarben zu erstellen, erschien uns zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sinnvoll. Die Nutzung dieser Informationen durch das FM zur Planung und Steuerung von Renovierungszyklen ist noch nicht definiert. Jedoch sind im Bereich der Fassade und WDVS intelligente Objekte notwendig, die sowohl Dämmstoffdicke als auch Beläge nach Bedarf ändern können. Unsere BIM-Objekte basieren auf einem international funktionierendem Datenstandard, der mit länderspezifischen Informationen, Sprachversionen und Produktnamen modifiziert werden kann. Unser Interesse an BIM ist groß, doch wir sehen viele Herausforderungen bei der Einführung und Akzeptanz der Planungsmethode. Uns fehlen momentan klare Standards: Welche Informationstiefe wird in der jeweiligen Projektphase benötigt? Aus Herstellersicht ist die Programmierung von BIM-Modellen wirtschaftlich nur dann sinnvoll, wenn diese zu konkreten Ausschreibungen mit den Produkten des jeweiligen Hersteller führen. Werden neutrale BIM-Modelle gewünscht, stellt sich die Frage, wer die produktspezifischen, ausführungsrelevanten und gestalterischen Informationen zur Verfügung stellen soll. Noch sitzen nicht alle Protagonisten der „Wertschöpfungskette Bau“ an einem Tisch. Bislang wird BIM nur aus einem technischen, ingenieurslastigen Planungsprozess heraus gedacht. Aktuell gibt es wenige Auftraggeber die BIM-Modelle einfordern bzw. das Potential der BIM-Methode komplett ausschöpfen. Nach unserer Einschätzung scheuen viele Auftraggeber noch die zusätzlichen Kosten. Sie scheinen noch abzuwarten, bis erfolgreiche Pilotprojekte klare Einblicke in die Kosten- / Nutzenbilanz ermöglichen. Die Vorgaben der Politik sind noch nicht in den entsprechenden Gremien definiert und stehen somit dem Planer, Produkthersteller und dem Facility Management nicht zur Verfügung. Aus unserer Sicht sind diese Standards erforderlich, um die Einführung des BIM-Prozesses zu forcieren. Infolgedessen wird die Akzeptanz für eine sinnvoll und effiziente Planungsund Betreiberphase beschleunigt.
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Sto SE & Co. KGaA, Stühlingen / Deutschland Silvio Czikora-Pozar, Project Engineering, BIM Die ersten Anfragen zum Thema BIM-Objekte wurden 2011 aus dem amerikanischen Markt an Sto herangetragen. Die Beschäftigung mit der Planungsmethode ist die logische Weiterentwicklung des heutigen Bauplanungsprozesses und der zur Verfügung stehenden parametrischen Werkzeuge. BIM ist softwaregetrieben und wird sich nur dann durchsetzen, wenn die entsprechenden Tools zur Verfügung stehen. Im ersten Schritt wurden BIM-Objekte erstellt, die nicht nur für Amerika Gültigkeit haben, sondern international eingesetzt werden können. Auch wenn man Daten in einer Detailtiefe von lediglich LOD 200 bereitstellt, müssen die hinterlegten und verlinkten Informationen vorgehalten werden. Das setzt eine gewisse interne IT-Infrastruktur voraus. Unser gesamtes Produktportfolio in BIM-Objekten abzubilden, ist derzeit noch nicht umsetzbar. Hersteller, die BIM-Objekte mit in sich geschlossenen Geometrien produzieren, haben es leichter, da die Kombinationsmöglichkeiten überschaubarer sind. Bei einer Wand ist es nicht komplizierter, aber die verschiedenen Schichtaufbauten, die zudem für jedes System variieren, sind in unterschiedlichen LODs, in verschiedenen Sprachen und für unterschiedliche Länder zu erstellen machen das Thema sehr komplex. Allein die Kombinationen an Dämmstoffen, Unter- und Oberputzen des Fassadendämmsystems StoTherm Classic für ein Land, in einer Sprache würde über 400.000 BIM-Objekte ergeben – das ist schlicht nicht vorzuhalten. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, bevorzugen wir im digitalen Erstellungsprozess für unsere BIM-Objekte einen datenbankbasierten Ansatz. Hierbei könnten die Daten und Informationen auf Seite der Produkthersteller vorgehalten werden und der Planer stellt sich die gewünschten Informationen im Web zusammen. Wir als Produkthersteller sind nur ein Baustein in der digitalen Prozesskette. Neben der Erstellung von BIM-Objekten ist bei unseren Fachhandwerken eher das Thema Drohnen- und Fotoaufmaß von Interesse. Es liegt noch viel Entwicklungsarbeit vor uns, z. B. die Standardisierung auf europäischer Ebene. Zurzeit baut jedes Land seine eigene BIMLandschaft mit eigenen LOD-Definitionen, und auch unsere Plattformen müssen so entwickelt werden, dass sie in alle Richtungen und Märkte offenbleiben. Damit BIM und die digitale Planung weiter Einzug hält, braucht es gemeinsame Regeln und Lösungen. Umwege in der Denk- und Entwicklungsarbeit, bis zum Vorhandensein solcher Regeln, sollten jedoch nicht als Scheitern, sondern als Lernkurve innerhalb eines wichtigen Prozesses betrachtet werden.
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Ausschnitt aus der BIM-Objekt: Übersicht der plastischen Fassadenelemente StoDeco im LOD 200
∫ LOD 200: BIM-Glossar S. 130 f
Kapitel Service I Bauprodukte
Rhomberg Bau GmbH, Bregenz / Österreich Harald Professner, Global Business Development Manager
∫ LOD 500: BIM-Glossar S. 130 f
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Ausschnitte aus der digitalen Planung von Holz-Hybrid-Gebäuden aus der BIM-Plattform von Cree
Das Planen und Bauen wird sich in Zukunft verändern. Die Erfahrungen unserer beiden Tochtergesellschaften – Cree im Holz-Hybridbau und das Joint Venture mit Goldbeck mit Fokus auf die industrielle Fertigung – zeigen schon jetzt einen Vorgeschmack auf die Disruption in der Planung und der Bauproduktion durch die Digitalisierung. Die bisher auf dem Markt zur Verfügung stehenden Werkzeuge sind stark architekturgetrieben. Nach der Entwurfsplanung folgt die Genehmigung und im Anschluss die Werk- und Detailplanung. Wir drehen den Ablauf komplett um und ziehen die Ausschreibung der Baueingabe vor. So stellen wir sicher, dass nur Produkte eingeplant werden, die den technischen und ökonomischen Anforderungen entsprechen und ein digitaler Zwilling mit einem hohen Detailierungsgrad von LOD 500 schon bei der Baueingabe vorhanden ist. Mit dem gesammelten Wissen im Modell, hinterlegt mit Kosten und Zeit, können Entscheidungen auf valider Basis getroffen werden. Die gesamte Werkleistung – Material (Lieferung und Montage) und Lohnleistung – wird es im digitalen Zwilling mittelfristig nicht mehr geben, denn die Beschaffung und Logistik erfolgt unabhängig von der ausführenden Firma. Nur noch Zeitkontingente werden ausgeschrieben. Mit der digitalen Art des Bauens werden bisherige Instrumente obsolet und eine andere Herangehensweise erforderlich. Die lineare Abwicklung von Projekten, die heute durch baubegleitende Planung und Abhängigkeiten von Gewerken geprägt ist, wird transparenter, wenn einzelne Komponenten zu halbfertigen Elementen zusammengefasst werden. Was sich wie Zukunftsmusik anhört, ist heute bei Rhomberg schon Realität. So bieten die BIM-Objekte von Cree nicht nur Bauelemente und Komponenten an, sondern auch Komplettlösungen, die den gesamten Lebenszyklus abbilden können. Bauplanung und -vorbereitung werden industrialisiert, sodass in Zukunft mehrstöckige Gebäude standardmäßig innerhalb kürzester Zeit geplant, produziert und montiert werden können. Bestes Beispiel ist der achtstöckige Prototyp LCT ONE in Dornbirn, der mit diesem Prozess von fünf Arbeitern in nur acht Tagen montiert wurde. Beauftragt werden können ausschließlich Hersteller oder Subunternehmer, die im digitalen System mitwirken. So garantiert Cree Lieferzeiten, Qualität, Fixpreise, CO2-Einsparung und -Ausstoß. Es werden weiterhin Architekten, Handwerker und Bauleute benötigt, nur die gelernten Prozesse und Werkzeuge wird es in Zukunft nicht mehr geben. Künstliche Intelligenz kann mit ihrem gesammelten „Wissen“ Planung unterstützen, auf Einschränkungen durch Gesetze und Normen hinweisen und Varianten zur Entscheidungsvorlage liefern. Die grundlegende Frage ist, wie man die Komplexität der derzeitigen Bauprozesse reduzieren kann. Der aktuelle Bauboom gibt wenig Anlass, etwas zu verändern, maximal den aktuellen Prozess zu digitalisieren. Doch muss nicht erst der Prozess verbessert werden?
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Eva Maria Herrmann im Gespräch mit Deniz Turgut, Leiter Marketing und Jörg Szczuka, Teamleiter technische Redaktion, Albrecht Jung GmbH & Co. KG, Schalksmühle / Deutschland
Jung goes BIM
Jung ist Premiumanbieter von fortschrittlichen Lösungen. Das Portfolio reicht von der klassischen Elektroinstallation über die Nachrüstung per Funk bis zur vernetzten High-End-Technologie im Smart Home. Die modernen Lösungen überzeugen durch Komfort, Sicherheit und Energieeffizienz. Mit eigenen Niederlassungen und zahlreichen Vertretungen weltweit ist Jung auch international eine feste Größe der Branche. Um Architekten und Planer bereits in der Planungsphase zu unterstützen, stellt Jung seine Produkte kostenlos als BIM-Objekte für die Softwarelösungen Revit und ArchiCAD zur Verfügung.
Worin sehen Sie den größten Vorteil von BIM? Deniz Turgut: BIM definiert die strukturellen Abläufe innerhalb des Planungsprozesses und ermöglicht es Architekten und Planern, ein bauteilorientiertes dreidimensionales Gebäudemodell zu entwickeln. Alle relevanten Gebäudedaten und Eigenschaften sind im BIM-Modell gespeichert und können dadurch von allen Planungsbeteiligten abgerufen werden – so können Projekte noch effizienter geplant und ausgeführt werden. In unserem Fall kann die Elektroinstallation früh in der Projektplanung berücksichtigt werden. Die BIM-Objekte werden im Rahmen der integrativen Planung untereinander assoziativ vernetzt, wodurch Schnittstellen zwischen den Gewerken definiert und Planungsfehler identifiziert werden können. BIM vereinfacht so die Kommunikation der einzelnen Gewerke untereinander und trägt zu einer kosteneffizienten und fehlerfreien Planung bei. Darüber hinaus bietet BIM auch nach Abschluss eines Projektes einen enormen Nutzen, da die Wartung von Gebäuden im laufenden Betrieb viel einfacher wird. Das Facility Management kann mithilfe von BIM beispielsweise schnell und einfach nachverfolgen, welche Produkte aus unterschiedlichen Gewerken in einem Gebäude verbaut sind. Wenn zum Beispiel ein Lichtschalter oder eine Steckdose defekt ist, kann das entsprechende Produkt ganz leicht spezifiziert und nachbestellt werden.
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Nicht alle Produkte sind beim Thema BIM relevant. Auf welcher Basis fällt die Entscheidung, welche Programme bzw. Systeme als BIM-Objekte verfügbar gemacht werden? Deniz Turgut: Jung ist seit über 100 Jahren fest auf dem Markt etabliert. Wir kennen uns im Objektgeschäft aus und wissen, was in den Objekten verbaut wird. Daher wurde als erstes einer unserer Klassiker, das hochwertige Schalterprogramm LS in Kunststoff und Metall, BIMfähig gemacht. Jörg Szczuka: Planer und Architekten, die unsere BIMDaten nutzen, sprechen mit uns. Sollte ein Produkt fehlen, ergänzen wir unsere vorhandenen Daten. Unser Fokus liegt auf der Bereitstellung intuitiv nutzbarer Daten. Man kann nicht voraussetzen, dass Anwender in Artikelnummern oder herstellereigenen Bezeichnungen denken. Das Finden der BIM-Modelle erfolgt daher über eine grafische Oberfläche. Hat sich BIM in Deutschland Ihrer Meinung nach bereits fest etabliert? Deniz Turgut: Die BIM-Planung steht in Deutschland noch relativ am Anfang. Dies liegt pragmatisch betrachtet vor allem daran, dass die deutlich höheren Aufwände für die detaillierte Planung in einer früheren Projektphase durch die HOAI für Architekten nicht abgedeckt werden.
∫ BIM-Objekte: BIM-Glossar S. 129
Kapitel Service I Bauprodukte
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Um Architekten und Planer bereits in der Planungsphase zu unterstützen, stellt Jung kostenlos seine Produkte als BIMObjekte für die Softwarelösungen Revit und ArchiCAD zur Verfügung. Zusätzlich wird in dem Plug-in eine Konfiguration für die richtige Kombination von Abdeckungen, Rahmen und Einsätzen bei der konventionellen und KNX-Installation angeboten.
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Plug-in für Revit In den BIM-Objekten von Jung sind sämtliche planungsrelevanten Produkteigenschaften, wie Material, Abmessungen und Leistungseigenschaften, gespeichert.
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Rahmen und Einsätze können flexibel zusammengestellt werden. Die Produktkombination wird als komplettes Objekt in der Software zur Verfügung gestellt.
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Nicht kompatible Kombinationen werden durch eine Logikprüfung ausgeschlossen.
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Abschließend besteht die Möglichkeit, direkt aus der Software die genauen Stückzahlen und Bestelllisten zu generieren.
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Elemente der Ausführungsplanung werden bei BIM schon in der Entwurfsplanung eingebracht. Gleichzeitig ist noch nicht geklärt, wie sich die deutlich genauere Vorplanung hinsichtlich der technischen Eigenschaften von Produkten unter dem Aspekt der „produktneutralen Ausschreibung“ mit unserem Vergaberecht vereinbaren lässt. Diese Unklarheit wird noch weiter verstärkt durch den Mangel an Fachkräften, die die Planung mit BIM umsetzen. Länder wie die Niederlande oder Großbritannien sind hier schon deutlich weiter. Die Rahmenbedingungen sind auf der politischen Ebene bereits geregelt. Hier tun wir uns etwas schwer. Stichwort Niederlande: Die erste Anfrage an Sie zur Bereitstellung von BIM-Daten kam von hier. Wie geht man dort mit BIM um? Jörg Szczuka: Die Zusammenarbeit mit den Niederlanden ist traditionell bedingt. Seit 2011 ist bei öffentlichen Bauten mit einem Volumen von mehr als 10 Mio. Euro der Einsatz der BIM-Methode vorgeschrieben. Nach einer Umfrage des Marketingspezialisten Arch-Vision aus dem Jahre 2016 arbeiten 56 % der Planer in den Niederlanden nach der BIM-Methode. Auf die Anforderungen nach validen BIM-Objekten haben wir reagiert und im gemeinschaftlichen Dialog mit den Architekten, Planern und Installateuren erarbeitet, was benötigt wird und wie die Daten aussehen müssen. Da in den Niederlanden vorrangig mit Autodesk Revit gearbeitet wird, haben wir uns dazu entschieden, zuerst BIM-Objekte als Plug-in für Revit und im Anschluss native Daten für die ArchiCADBibliothek von Graphisoft erstellen zu lassen. Weitere Lösungen sind bereits in der Umsetzung. Erfordert sogar jedes Land individuelle Lösungen und Produktgruppen? Jörg Szczuka: Unsere BIM-Daten sind länderspezifisch aufgesetzt. Die Informationen in den BIM-Modellen sind in ihrer Datenbasis gleich, je nach Land jedoch mit anderen Metadaten verknüpft. In den Ländern unterscheiden sich die Zusammenstellungen der Produktportfolios und die Sprache der Metadaten. Die Niederlande hat z. B. andere Steckdosen als Deutschland oder Großbritannien. Diese Informationen für die unterschiedlichen
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Märkte bereitzustellen, erhöht die Komplexität der BIMDaten. Letztlich wird das alles über Datenbanken gesteuert. So basiert die Planung auf validen Daten. Eine weitere Herausforderung kommt hinzu: Die Unterlagen von heute müssen zukunftstauglich archiviert werden. Aus einem BIM-Modell muss man auch in zehn Jahren noch die einzelnen Produkte auslesen können. Da nützt die Einbauanleitung des inzwischen verfügbaren Nachfolgemodells nicht viel. Ab 2020 soll BIM im Zuständigkeitsbereich des BMVI bei neu zu planenden Projekten regelmäßig angewandt werden. Welche Voraussetzungen müssen aus Ihrer Sicht noch geschaffen werden, um dieses Ziel zu erreichen? Deniz Turgut: Hierfür sind noch Voraussetzungen in den unterschiedlichen Baugewerken zu schaffen. Die Initiative Planen Bauen 4.0 ist z. B. die Organisation, in der alle relevanten Verbände und Kammerorganisationen der Wertschöpfungskette Planen, Bauen und Betreiben in Deutschland die Einführung von digitalen, den gesamten Lebenszyklus von Bauwerken sowie Immobilienprojekten abbildenden Geschäftsprozessen vorantreibt. Wie lange es dauern wird, die Rahmenbedingungen für das Gelingen zu schaffen, ist derzeit noch unklar. Wovon wir jedoch ausgehen ist, dass wenn Klarheit besteht, es relativ schnell gehen wird und alle Planer und auch Unternehmen in einer recht kurzen Zeit ihre Arbeitsweise und auch ihre Produktdatenbanken darauf ausrichten müssen. Aus Sicht der Industrie ist es daher sicher sinnvoll, Produktdatenbanken um 3D-Modelle und -Merkmale zu erweitern und die Grundlage für den digitalen Planungsprozess zu erbringen. Ein persönlicher Wunsch wäre es, wenn sich das Vergaberecht auch an der realen Bausituation orientieren würde. Da ist ein europäischer Blick in die Schweiz ganz charmant. Dort wird das günstigste und teuerste Angebot aus einer Submission herausgenommen. Dies führt eher zu realistischeren Kalkulationen, die nicht darauf aus sind, eine Ausschreibung auf mögliche Planungsfehler zu bewerten und mit der Kalkulation von Nachträgen ein Bauvorhaben kostendeckend zu realisieren.
Kapitel Service I Bauprodukte
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ArchiCAD-Bibliothek 5
In den BIM-Objekten von Jung sind sämtliche planungsrelevanten Produkteigenschaften, wie Material, Abmessungen und Leistungseigenschaften, gespeichert.
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Nicht kompatible Kombinationen werden durch eine Logikprüfung ausgeschlossen.
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Um detaillierte Produktinformationen zu erhalten, führt ein Direktlink auf den Onlinekatalog von Jung.
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Abschließend besteht die Möglichkeit, direkt aus der Software die genauen Stückzahlen und Bestelllisten zu generieren. 7
∫ Einschub ETIM (Europäisches Technisches InformationsModell) ist eine Initiative zur Standardisierung eines elektronischen Austausches von Produktdaten im Bereich der Elektrotechnik und damit verwandter Branchen, und ermöglicht den elektronischen Handel dieser Produkte. Der ETIM-Standard erlaubt es, Güter einheitlich technisch zu beschreiben und in der jeweiligen Produktklasse hierarchiefrei Artikelklassen zuzuordnen.
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BIM-Glossar
Planung
Entwurf
Gewerkekoordination
Raumprogramm Variantenstudien
Kostenermittlung
Konzeptionelles Design Simulation, Berechnungen Ausführung
Rückbau
Bauablaufsimulation Building Information Model (BIM)
Umbau
Baufortschrittskontrolle
Recycling Baustellenlogistik Revitalisierung
Abrechnung
Bewirtschaftung 1
Facility Management, Wartung, Betriebskosten
1
Building Information Modeling beruht auf der durchgängigen Nutzung eines digitalen Gebäudemodells über den gesamten Lebenszyklus.
AIA
Auftraggeber-Informationsanforderung – beinhaltet die Anforderungen des Auftraggebers, die der Auftragnehmer hinsichtlich der Prozesse, Informationstiefe und BIM-Standards erbringen soll.
As Built Model
Ist das BIM-Modell, das als Basis für den anschließenden Betrieb dient. In ihm sind alle relevanten Planungen und Planungsänderungen bis zum Zeitpunkt der Übergabe der Immobilie in den Betrieb erfasst und die gesamte Planungszeit ist nachgeführt. Es ist damit die erschöpfende und modellbasierte Gebäudedokumentation zum gesamten Projekt und wird über die gesamte Bauphase ergänzt und komplettiert. Das As Built-Modell ist wesentlich für die Gesamtlebenszyklusbetrachtung und das Building Lifcecycle Management (BLM) des Gebäudes vor, während und nach der Betriebs- und Nutzungsphase (Recycling) und Grundlage für die Einpflege in CAFM-Systeme.
BIM
Building Information Modeling (BIM) beruht auf der durchgängigen Nutzung eines digitalen Gebäudemodells über den gesamten Gebäudelebenszyklus – von der Planung bis zum Rückbau. BIM ist keine Softwarelösung, sondern eine Methode zur Optimierung der Arbeitsprozesse im Bauwesen. Das digitale Gebäudemodell bildet die physikalischen und funktionellen Eigenschaften eines Bauwerks konsistent in Informationsgehalt und -qualität ab und dient der Entscheidungsfindung während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes. Idealzustand ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit der verschiedenen Planungsbeteiligten in den unterschiedlichen Wertschöpfungsphasen an einem digitalen Gebäudemodell, die durch den Open BIM-Gedanken untermauert wird. Die BIM-Methode hilft nicht nur bei der Optimierung der Planung und Bauausführung, sondern dient auch der Projektsteuerung und dem Betrieb des Gebäudes bis hin zum Recycling am Ende des Gebäudelebenszyklus.
BIM-Strategie
Die BIM-Strategie gibt die Ziele und Methode für die BIM-Implementierung in das Projekt vor und gilt als Grundlage für den BIM Execution Plan.
BIM Execution Plan
Der BIM Execution Plan (auch: BIM-Entwicklungsplan oder BIM-Ablaufplan, kurz: BAP) legt als Richtlinie die Grundlagen der BIM-basierten Zusammenarbeit in einem Dokument fest. Dies beinhaltet vorrangig: die Festlegung der Ziele und der Rahmenbedingungen, organisatorische Strukturen und Verantwortlichkeiten, die Definition des Levels of Development, die Festlegung der Verfahrensregeln, Rechte und Befugnisse der Planungsbeteiligten und die Struktur des virtuellen Gebäudedatenmodells. Der BIM Execution Plan ist Vertragsbestandteil zwischen Auftraggeber und Planungsbeteiligten.
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Anhang
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BIM-Modellierer
Umsetzung
Schulung
Ausführungsplan
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‡
‡
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‡
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Zeichnungsgenerierung
Standards ‡
Modellierung
Prozess + Workflow ‡
Erzeugung von Inhalten
BIM-Koordinator
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Modellkoordination
Aufgabenverteilung zwischen BIM-Manager, BIM-Koordinator und BIM-Modellierer, wie sie vom britischen AEC BIM Protocol vorgesehen ist.
‡
Produktion
Modellprüfung
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Forschung
BIM-Manager
Management
Unternehmensziele
Strategie
‡
BIM-Richtlinie
Die BIM-Richtlinie legt die logische büro- und projektübergreifende Struktur der Dokumentation fest. Sie definiert die 3D-Modelle in Bezug auf Strukturen, Elemente, Informationen sowie die Informationsbedürfnisse und Qualitäten, die über den Projektverlauf notwendig sind.
BIM-Beteiligte / -Aufgabenverteilung
Für die Implementierung der BIM-Methodik muss die klassische Aufgabenverteilung und Kommunikation der verschiedenen Planungsbeteiligten und Fachdisziplinen angepasst werden: Managementaufgaben sind sowohl vom Auftraggeber als auch den Planungsbeteiligten zu definieren und zu übernehmen, z. B. die Modellentwicklung, Datenmanagement, Kollisionskontrolle und Überprüfung der festgelegten LOD-Qualität (der Detailtiefe). Die Aufgabenverteilung erfolgt hier zwischen BIM-Manager, -Koordinator und -Modellierer.
BIMManagement
Ein durchdachtes BIM-Management ist die Basis für die Steuerung und Erfüllung der BIM-Prozesse sowohl strategisch wie auch projektbezogen. Es erfolgt in Form der büro- oder projektspezifischen BIM-Richtlinie sowie mit der Koordination der unterschiedlichen Disziplinen in verschiedenen Unternehmen im BIM Execution Plan.
BIM-Manager
Der BIM-Manager ist die verantwortliche Fachperson für die Umsetzung des BIM-Managements. Zu den Aufgaben gehört die Erarbeitung einer Strategie für die Qualitätssicherung im Gesamtprojekt, die Festlegung der notwendigen Arbeitsabläufe sowie die regelmäßige Zusammenführung der Fachmodelle und darauf aufbauend die Koordination der verschiedenen Planungsdisziplinen. Nach der Prüfung und Kollisionsbereinigung gibt der BIM-Manager die einzelnen Fachmodelle bzw. das Gesamtmodell frei und archiviert sie zur Dokumentation des Planungsprozesses.
BIMKoordinator
Für jede Fachdisziplin gibt es einen eigenen BIM-Koordinator. Er koordiniert die Teilmodelle und überprüft und sichert deren Qualität an der Schnittstelle zwischen technischem Sachverhalt und Anforderungen aus der Projektplanung. Der BIM-Koordinator überwacht die Einhaltung von BIMStandards und -Richtlinien sowie Datensicherheit und -qualität. Außerdem ist er dafür verantwortlich, dass das Modell zu den vertraglich vereinbarten Zeitpunkten im vereinbarten Ausarbeitungsgrad bereitgestellt wird.
Modellierer
Der Modellierer (auch: Modellelementautor (MEA), BIM Technician, BIM Operator) ist verantwortlich für die Entwicklung und Bearbeitung eines Modellelementes oder eines Teilmodells.
Modellnutzer
Der Modellnutzer oder BIM-Analyst nutzt das Modell innerhalb der Projektarbeit für Auswertungen, Berechnungen oder Planung von Abläufen sowie deren Überprüfung.
BIMConsultant
Der BIM-Consultant ist ein externer Berater zur Implementierung der BIM-Methode und Technologie in Architektur- und Planungsbüros. Als externer Auftragnehmer kann der BIM-Consultant ergänzend z. B. die Qualitätskontrolle des BIM-Modells übernehmen.
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BIM und HOAI
Mit der Novellierung der HOAI aus dem Jahr 2013 kann innerhalb der Leistungsphase 2 die „3D- oder 4D-Gebäudemodellbearbeitung“ (BIM) gesondert vergütet werden. Darüber hinaus lassen sich BIM-Leistungen, die nicht oder nur anteilig in der LPH 2 vergütet werden, als weitergehende besondere Leistungen über eine separate Honorarvereinbarung fixieren.
BIM und Normierung / DIN
Das Deutsche Institut für Normung (DIN) hat Anfang 2015 die „DIN SPEC 91400“ vorgestellt. Ziel des Normenwerks ist es, ein einheitliches Klassifikations- und Beschreibungssystem für BIM-Objekte zu definieren – also eine Art Katalog, aus dem Architekten und Planer eine objektbezogene Auswahl treffen können.
BIMModellplan
Der BIM-Modellplan ist Teil der BIM-Richtlinie bzw. des BIM Execution Plans und definiert disziplinen- und projektphasenbezogen den Informationsgehalt und die Detailqualität der Bauwerksmodelle. Im BIM-Modellplan werden die erforderlichen LOD (Level of Development) beschrieben.
Gesamtmodell
Das Gesamtmodell (auch VGM – Virtuelles Gebäudemodell genannt) setzt sich aus den einzelnen Fachmodellen zusammen und beinhaltet alle relevanten Daten der beteiligten Gewerke. Das Gesamtmodell dient der umfassenden Dokumentation und wird in Teilen oder im Ganzen in den Betrieb des Gebäudes überführt.
Fachmodell / Teilmodell
Das Teilmodell ist ein disziplin- bzw. gewerkespezifisches Bauwerksmodell, z. B. des Architekten, Tragwerksplaners und der Gebäudetechnik oder der Aufsplittung des Gesamtmodells in verschiedene Bauteile. Jedes Modell wird über den Projektverlauf mit relevanten Informationen in verschiedenen Detaillierungsstufen (Level of Detail) angereichert und kann entsprechend ausgewertet werden. Das Teilmodell enthält primär Modellelemente einer Planungssicht oder für einen bestimmten Zweck – im Gegensatz zum Gesamtmodell, welches das Ergebnis der Zusammenführung aller oder einzelner Teilmodelle zur gemeinsamen Betrachtung und Auswertung umfassend darstellt.
Koordinationsmodell
Das Koordinationsmodell dient der disziplinübergreifenden Kommunikation der Planungsbeteiligten und setzt temporär einzelne Teilmodelle zusammen. Es dient darüber hinaus der Koordinierung der beteiligten Gewerke und insbesondere der Kollisionsprüfung.
3D-Modell
Modelldarstellung in den drei Dimensionen des Raumes (x, y und z-Achse)
4D-Modell
Erweiterung des 3D-Modells um die Zeitkomponente. Zuordnung des zeitlichen Verlaufs von der Erstellung des Gebäudes bis zum aktuellen Baufortschritt zugunsten der Prozessoptimierung sowie Transparenz im Gesamtablauf.
5D-Modell
Erweiterung des 4D-Modells um die Komponente Kosten. Die Mengenermittlung erfolgt über die Modellelemente, die mit Preisen belegt und verknüpft werden – zugunsten von Kostensicherheit, Transparenz – und ist Entscheidungshilfe bei Varianten.
6D-Modell
Erweiterung des 5D-Modells um die Komponenten Nachhaltigkeit und Facility Management durch die Einbindung von relevanten Produkt- und Herstellerinformationen sowie technischen Informationen zu Betrieb und Wartung des Gebäudes.
Parametrik / parametrisches Modell
Geometrische Objekte wie Linien, Flächen und Volumen werden in ihren Bedingungen und Beziehungen zueinander durch definierte Einzelparameter beschrieben. Daraus ergibt sich ein neuer, zusammengesetzter Parameter, der Änderungen einzelner Parameter im Gesamtmodell überträgt.
BIMDatenbank
Die BIM-Datenbank enthält die zur Verfügung stehenden BIM-Objekte. Bereitgestellt über eine Cloudlösung, webbasierend oder über eine serverbasierte Datenbank.
BIM-to-Field
Alle Planinformationen, Mängel und Abnahmen werden mobil auf der Baustelle mit einem TabletComputer erfasst und sofort in die BIM-Planung zurückgespielt. Damit ist jederzeit ein korrekter Überblick über den Planungsverlauf, den Baufortschritt, das Mängelmanagement und die IstKosten möglich. BIM-to-Field ist ein wichtiger Informationsgeber für das interne Controlling sowie das As Built-Modell, das die Grundlage für den anschließenden Gebäudebetrieb bildet.
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Anhang
3
BIM-Objekt
„Ein BIM-Objekt setzt sich aus mehreren Dingen zusammen: dem Inhalt an Informationen, die das (Bau-)Produkt definieren, der Geometrie des Modells, das die physischen Eigenschaften des (Bau-)Produktes darstellt, Verhaltensdaten, die es ermöglichen, dass das BIM-Objekt auf die gleiche Art und Weise positioniert werden bzw. funktionieren kann wie das (Bau-)Produkt selber Daten zur Darstellung liefert, die dem BIM-Objekt eine wiederzuerkennende Erscheinung geben.“ (Quelle: NBS BIM Object Standard, Version 1.1/0914). BIM-Objekte ersetzen die klassischen CAD-Symbole. Die Objekte bzw. Symbole werden wie in der konventionellen Planung in 2D und 3D abgebildet, enthalten über die Daten zu Geometrie und Produktbeschreibung noch weitere Informationen, z. B. Herstellerangaben zu Mengen, Preisen, Montage, Wartung, Handbücher, EAN-Codes, U-Werten usw.
Modellelement
Der Begriff Modellelement bezeichnet die einzelnen Bestandteile im digitalen Bauwerksmodell, wie Wände, Stützen, Türen. Die einzelnen Elemente sind gekennzeichnet durch ihre geometrischen Eigenschaften wie Länge, Höhe und Breite sowie durch ihre beschreibenden Attribute wie Materialität, Farbigkeit, Brandschutz etc.
Elementtyp und Elementgruppe
Der Elementtyp ist ein Bauelement mit speziellen bautypischen Eigenschaften wie zum Beispiel Wand, Decke, Fassadenelement. Die (Modell-)Elemente eines definierten Bauteils und damit einer IFC-Klasse (*.ifc) können in Elementgruppen zusammengefasst werden.
Attribut
Ein Attribut definiert die Merkmale und Eigenschaften eines Objektes oder Modellelements.
IFC
Industry Foundation Classes (IFC) ist ein objektorientiertes hersteller- und länderübergreifendes Austauschformat für den modellbasierten Daten- und Informationsaustausch in den Planungs-, Ausführungs- und Bewirtschaftungsphasen. Definiert werden die IFC von buildingSMART International (bSI), früher bekannt als Industrieallianz für Interoperabilität (IAI). IFC sind unter ISO 16739 als internationaler Standard registriert.
BCF
BIM Collaboration Format ist ein offenes Dateiformat, welches den Austausch von Nachrichten und Änderungsanforderungen zwischen BIM-Viewern und BIM-Software unterstützt und damit die Kommunikation zwischen den Planungsbeteiligten im Sinne des Open BIM-Gedankens erleichtert.
Closed BIM
Struktur, bei der alle Planungsbeteiligten mit derselben Softwareumgebung (Festlegung auf die Produkte und Formate eines einzelnen Softwareherstellers) arbeiten und den interdisziplinären Datenaustausch über softwareeigene Formate und Kontrollsysteme steuern.
Open BIM
Struktur, bei der jeder Planungsbeteiligte in seiner eigenen Softwareumgebung mit BIM-Ausrüstung arbeitet und der interdisziplinäre Datenaustausch der Teilplanungen über die softwareunabhängige IFC-Schnittstelle stattfindet.
Little BIM
Verwendung von BIM-Softwareprodukten als Insellösung innerhalb eines Büros und zur Bearbeitung projektspezifischer Aufgaben.
Big BIM
Struktur, die die durchgängige Nutzung digitaler Gebäudemodelle über verschiedene Disziplinen und Lebenszyklusphasen abbildet.
Systemstruktur, nach der die Planungsbeteiligten ihre interne und externe Organisation strukturieren. Unterscheidung zwischen Little BIM, Big BIM, Closed BIM und Open BIM.
Little BIM
Big BIM
Verwendung von BIM-Softwareprodukten als Insellösung zur Bearbeitung spezifischer Aufgaben
Durchgängige Nutzung digitaler Gebäudemodelle über verschiedene Disziplinen und Lebenszyklusphasen
Little Open BIM
Big Open BIM
Little Closed BIM
Big Closed BIM
Open BIM Softwareprodukte verschiedener Hersteller; Datenaustausch mit offenen Formaten Closed BIM Software eines einzelnen Herstellers; Datenaustausch in 3 proprietären Formaten
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BIM-Level
Level 0
Level 1
Level 2
Level 3 iBIM
BIMs 2D
Austauschformate Datenqualität
Datenaustausch, Koordination der Zusammenarbeit
3D
IDM, IFC, IFD
CAD
Proprietäre Formate
Proprietäre Formate, COBie
ISO-Standards
Zeichnungen
geometrische Modelle
disziplinenspezifische BIM-Modelle
integrierte, interoperable Bauwerksmodelle für den gesamten Lebenszyklus
Papier
Austausch einzelner Daten
zentrale Verwaltung von Dateien, gemeinsame Objektbibliotheken
cloudbasierte Modellverwaltung
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Übersicht BIM-Level
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Übersicht LOD – Level of Development
BIM-Level
Die sog. „BIM Maturity Ramp“ der britischen BIM Task Group definiert vier verschiedene Reifegradstufen (Level 0 – Level 3). Das Ziel der britischen Regierung war es, bis zum Jahr 2016 Level 2 in Großbritannien vollflächig umgesetzt zu haben.
LOD, LoD, Level of Detail
Als Level of Detail (Detaillierungsgrad) bezeichnet man die verschiedenen Detailstufen bei der Darstellung virtueller Welten. Dies geschieht in Form von Präzisierungen der Geometrien und Informationen, die in in einem Modellelement oder einer Modellelementgruppe enthalten ist.
LOD, LoD, Level of Development
Der Level of Development (Entwicklungsgrad) beschreibt den fachlich notwendigen Informationsgehalt und damit Detaillierungsgrad bzw. Präzisionsgrad, den das BIM-Modell zu einem bestimmten Zeitpunkt oder einer Leistungsphase enthält. Im „Document G202-2013 Project Building Information Modeling Protocol Form“, einer Vorlage des American Institute of Architects (AIA) zur Ausgestaltung eines BIM-basierten Projektes, werden fünf Grundstufen von LoD 100 bis LoD 500 benannt: von der Konzeption / Vorplanung (LoD 100), Entwurf (LoD 200), Werkplanung und Vergabe (LoD 300), Realisierung (LoD 400) bis zum Baubetrieb (LoD 500 As Built). Ziel ist die effiziente Sammlung und Verwertung von Informationen zur Verbesserung der Wertschöpfung ohne Verlust von Daten. Aktuell setzt sich hierfür der Begriff Level of Detail mehr und mehr durch.
BIM-Viewer
Software zur Betrachtung und teilweise auch Auswertung von Bauwerksmodellen, ohne die Funktionalität zu besitzen, diese zu ändern oder deren Attribute anzupassen.
BIM-Checker
BIM-Checker sind Hilfsprogramme bzw. Werkzeuge, um das Datenmodell auf notwendige Integrität, Datenqualität oder Normenkonformität zu prüfen.
BIM-Editor
Software zur Betrachtung von Bauwerksmodellen, versehen mit der Funktionalität, deren Eigenschaften bzw. Attribute anzupassen.
Clash-Detection (Kollisionskontrolle)
Die Kollisionskontrolle erfolgt durch den Abgleich der Planungsstände innerhalb der Planungssoftware. Sind Überlagerungen zwischen Tragkonstruktion, Bauteilen oder Einbauten zu befürchten, werden diese im Modell angezeigt. So lassen sich frühzeitig Folgefehler vermeiden, die auf der Baustelle zu Zeitverzögerungen und ungeplanten Mehrkosten führen können.
Frontloading
Vorziehen von projektrelevanten Entscheidungen in die frühen (Leistungs-)Phasen des Planungsund Bauprozesses.
Interoperabilität
Interoperabilität ist die Fähigkeit verschiedener Systeme oder Plattformen, Informationen auszutauschen und gleichzeitig in der Lage zu sein, diese Informationen ohne Verlust der erforderlichen Spezifikationen oder Datenwerte zu verarbeiten.
130
Anhang
LOD Leistungsphasen
100
200
300
400
500
Vorplanung
Entwurf
Werkplanung
Realisierung / Ausführung
Betrieb / Dokumentation
Linien, Flächen
allgemeines geometrisches Modell
spezifisches geometrisches herstellerspezifisches Modell geometrisches Modell
As built
Definition
2D
3D, visueller Output, allgemein verfügbarer Content
benutzerspezifischer Content
herstellerspezifischer Content
gebäudespezifischer Content
Komponenten des Modells
grafische Darstellung, geometrische Modelle mit Objekten als Symbole / Abbildungen
disziplinenspezifische BIM-Modelle mit Objekten oder Bauelementen mit ungefähren Größen und Lage
modellierte BIM-Objekte / definierte Modellelemente
herstellerbasierte BIM-Objekte / BIMObjektdatenbanken als In- House- oder als CloudLösung
gebäudespezifisches BIMModell mit angeschlossenem CAFM-System / Datenbank
Definition
importierte CAD-Files, Linien, Flächen, Volumina
3D-Körper als allgemeines geometrisches System - Flächen, Größen - Modellelemente (vordimensioniert) - nicht-grafische Informationen
Modellierung als spezifizierte Bauteile - Flächen, Größen - Modellelemente - nicht-grafische Informationen
Modellierung als herstellerspezifische, geometrische Bauteile - Flächen, Größen - Modellelemente - Information zu Herstellung und Montage - nicht-grafische Informationen
gebäudespezifisches BIMModell mit für den Betrieb angereicherten Informationen zu Wartung und Unterhalt
Ziele des Entwicklungsgrades
Grundaussagen zu Raumprogramm, Funktion, Konstruktion und Technik. Mengen und Kosten der Hauptelemente. Einhaltung der gesetzlichen und normativen Vorgaben; Festlegung der Struktur des BIM-Modells.
Detaillierung des Entwurfs mit Darstellung aller für die Koordination relevanter Bauelemente (in Größe und Lage vordimensioniert und untereinander verknüpft). Berechnung und Dimensionierung von Tragwerk und Gebäudetechnik. Berücksichtigung der Bauverordnungen und Normen
Ausarbeitung und Detaillierung der Werkplanung mit Darstellung aller für die Koordination relevanter Modellelemente zur Definition der Ausführungsqualität. Form, Dimension, Lage, Menge und Materialität sind definiert und mit genauen Spezifikationen für die Ausschreibung und Vergabe versehen.
Festlegung der Ausführungsdokumente mit Darstellung aller für die Koordination relevanter Modellelemente zur Definition von Produktion, Einbau und Installation. Festlegung von Dimensionen, Fabrikaten sowie material- und produktspezifischen Angaben.
As built Überprüfung des Ist-Zustands, der aktuellen Flächen, Größen und Einbauort / Platzierung
Zusammenführung der Fachmodelle, Kollisionsprüfung
Zusammenführung der Fachmodelle, Kollisionsprüfung
Zusammenführung der Fachmodelle, Generierung von Produktionsplänen, Kollisionsprüfung
Generierung von Informationen zu Einrichtung und Wartung
Basis
Koordination 5
Model View Definition
Die Model View Definition (MVD, Definition der Modellsicht) definiert den Prozess des Datenaustauschs bzw. der Datenaustauschstandards während einer Baurealisierung zwischen Architektur, Tragwerksplanung und technischer Gebäudeausrüstung etc. (in Klassen, Attribute, Beziehungen, Eigenschaftssätze, Mengendefinitionen) und den notwenigen projektspezifischen Informationsbedarf in Teilmengen des BIM-Modells. Im Bereich des IFC-Standards definiert eine MVD den für die gewünschte Situation erforderlichen Teil des IFC-Datenschemas, gemeinsam mit den Abbildungsund Implementierungsvorschriften, die zur Umsetzung in Softwareschnittstellen benötigt werden. Im Bereich des GAEB-Datenaustausches wird eine solche Untermenge „Datenaustauschphase“ genannt und umfasst besondere Abbildungs- und Implementierungsbeschreibungen.
Virtuelles Gebäudemodell
Als virtuelles Gebäudemodell (VGM) wird das Bauwerksmodell bezeichnet, welches während des Planungsprozesses in BIM-fähigen dreidimensionalen, bauteilorientierten Softwaresystemen erstellt und mit Attributen und Parametrisierung versehen wird. Das VGM ist dabei nicht automatisch das Gesamtmodell, sondern die variable Summe der Fachmodelle / Teilmodelle der einzelnen beteiligten Fachplaner (Architektur-, Tragwerks-, Gebäudetechnikmodell etc.).
Augmented Reality
Unter Augmented Reality (AR, „Erweiterte Realität“) versteht man eine Technologie, bei der mittels computergestützter Erweiterung die Wahrnehmung der Realität mit den virtuellen Inhalten überlagert wird. AR spricht alle menschlichen Sinne an. Dies betrifft nicht nur die visuelle Darstellung von Informationen mittels Einblendung und Überlagerung, sondern auch die Einbindung von Ton, Bewegtbild, GPS-Daten etc. Für die Realisierung von Gebäuden ermöglicht die Technologie einen Zugriff auf virtuelle Daten in Echtzeit.
Simulation (Gebäudesimulation)
Bei der Gebäudesimulation wird ein realitätsnahes Modell des zu untersuchenden Objektes abgebildet. Neben der Simulation des Bauablaufs und der Soll-/Ist-Kontrolle während der Bauausführung können die Eigenschaften und Bauteilkennwerte genutzt werden, um Analysen zu Energieverbrauch etc. zu simulieren und zu bewerten. 131
3D-Laserscan- Das 3D-Laserscanning beschreibt ein dreidimensionales Aufnahmeverfahren, bei dem Räume ning und Fassaden von Bestandsgebäuden mittels der Impulslaufzeit eines Laserstrahls berechnet werden. Die entstehende digitale „Punktwolke“ mit einer definierten Anzahl von Punkten und ihren zugehörigen Koordinaten oder die Visualisierung wird in das Virtuelle Gebäudemodell zur weiteren Nutzung übertragen. Während des Bauprozesses kann mittels 3D-Laserscanning der aktuelle Status quo der Baustelle mit der Planung abgeglichen werden. Die Lebenszykluskosten (Life Cycle Costing, LCC) betrachten den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes, von den Erstellungskosten über Betrieb, Wartung bis zu Abbruch- und Entsorgung und zeigen möglich Ansätze zu Optimierungen auf. Bei der ganzheitlichen Betrachtung von Lebenszyklen werden die direkten Abhängigkeiten zwischen technischer Lebensdauer – dem Zeitraum, in dem das Gebäude und die Gebäudetechnik bis zum Abriss zur Verfügung stehen – und der wirtschaftlichen Nutzungsdauer deutlich.
BLM
Building Lifecycle Management (BLM) ist das Gebäudelebenszyklus-Management vom Entwurf über die Bauphase, den Betrieb und notwendige Instandhaltungen sowie Reparaturen bis zum Abriss und Recycling des Gebäudes und der verbauten Bauprodukte sowie Werkstoffe.
LOI
Level of Information (LOI) beschreibt die Informationen, mit denen die Objekte im Datenmodell attribuiert werden sollen.
Computer Aided Facility Management, CAFM
Das Computer Aided Facility Management (CAFM) unterstützt als Werkzeug die Arbeit des Facility Managements sowohl im Betrieb der Immobilie als auch in der Planung von Dienstleistungen und Personaleinsatz. Der effiziente Einsatz von Ressourcen zur Optimierung der gebäude- und servicebedingten Kosten wird durch die computergestützte Verwaltung gestützt. Die Qualität der Informationen und deren Zugänglichkeit für den Facility Manager ist hierbei der wichtigste Faktor.
Relevante Normen und Richtlinien (Stand Nov. 2017)
BIM-Normenfamilie ÖNORM A 6241 Digitale Bauwerksdokumentation, Teil 1 und 2 Britische Richtlinie PAS 1192-2 Specification for information management for the capital/delivery phase of construction projects using building information modeling DIN EN ISO 12006-3 Bauwesen – Organisation von Daten zu Bauwerken – Teil 3: Struktur für den objektorientierten Informationsaustausch DIN EN ISO 16739 Industry Foundation Classes (IFC) für den Datenaustausch in der Bauindustrie und im Anlagenmanagement DIN EN ISO 19650-1 Organisation von Daten zu Bauwerken – Informationsmanagement mit BIM Teil 1: Konzepte und Grundsätze DIN SPEC 91400 Building Information Modeling (BIM) – Klassifikation nach STLB-Bau ISO/TS 12911:2012 Struktur für die Erstellung von Richtlinien zu virtuellen Gebäudemodellen (BIM) ISO 29481 (Teil 1 und 2) Virtuelle Gebäudemodelle (BIM), Informationshandbuch VDI 2552 Richtlinienreihe (Blatt 1 „BIM – Rahmenrichtlinie“, Blatt 2 „BIM – Begriffe und Definitionen“, Blatt 3 „BIM – Mengen und Controlling“, Blatt 4 „BIM – Modellinhalte und Datenaustausch“, Blatt 5 „BIM – Datenmanagement“, Blatt 6 „BIM – Facility-Management”, Blatt 7 „BIM – Prozesse”, VDI/buildingSMART 2552 Blatt 8 „BIM – Qualifikationen”, Blatt 9 „BIM – Klassifikationen”)
Planungsaufwand
Lebenszykluskosten / Life Cycle Costing, LCC
6 Einfluss auf Gestaltung und Kosten des Gebäudes
konventioneller Planungsprozess
BIM-gestützter Planungsprozess
Konzeptioneller Entwurf
6
132
Kosten durch Planungsänderungen
Entwurfsplanung
Ausführungsplanung
Ausführung
BIM führt zu einer Vorverlagerung von Planungs- und Entscheidungsprozessen. Baugestaltung und Baukosten lassen sich umfassender beeinflussen und der Aufwand für Planungsänderungen sinkt spürbar.
Anhang
Abkürzungen
AEC
Architecture, Engineering and Construction
AIA
Auftraggeber-Informationsanforderung
AIM
Asset Information Model – vereint alle wichtigen Informationen einer Immobilie zu dessen Verwaltung und Betrieb, wird aus dem BIM-Gesamtmodell bzw. dem PIM abgeleitet
API
Application Programming Interface (Programmierschnittstelle)
BAP
BIM Abwicklungsplan
BLM
Building Lifecycle Management = Gebäudelebenszyklusmanagement
CAD
Computer Aided Design = Computergestütztes Zeichnen, Entwerfen und Konstruieren
CAFM
Computer Aided Facility Management = Computergestütztes Gebäudemanagement
CAM
Computer Aided Manufacturing = Computergestütztes Produzieren durch direkte Steuerung von Produktionsanlagen, Maschinen, Transport- und Lagersystemen auf Basis von CAD-Daten
DB
DataBase = Datenbank Electronic Data/Document Management
EDM
Electronic Data/Document Management = Elektronisches Daten-/Dokumentenmanagement
FM
Facility Management
IAI
International Alliance for Interoperability = Industrieallianz für Interoperabilität, Vorgängerin der buildingSMART International
GIS
Geographical Information Systems – zur Erfassung, Verwaltung, Auswertung und Darstellung von geographischen Daten
HVAC
Heating, Ventilation, Airconditioning and Cooling = Heizung, Lüftung, Sanitär
LOD
Level of Development = Entwicklungsgrad Level of Detail = Detaillierungsgrad
LOI
Level of Information = Informationsgrad
LCC
Life Cycle Costing = Lebenszykluskosten
MEP
Mechanical, Electrical and Plumbing = Haustechnik
PDM
Product Data Management = Produktdatenmanagement
PIM
Projekt Information Model – eine Form des BIM-Modells, die während der Planungs- und Bauphase mit z.B. Herstellerinformationen angereichert wird und Basis des AIM ist
PLM
Product Lifecycle Management = Produktlebenszyklusmanagement
QTO
Quantity Takeoff = Massenermittlung
REM
Real Estate Management = Immobilienmanagement
RFID
Radio Frequency Identification – Identifikationstechnik, bei der die logistische Prozesskette sowie die Verknüpfung von Informationen mit den Objekten die automatische Identifikation ermöglicht
VDC
Virtual Design and Construction = Virtuelles Planen und Bauen – entspricht BIM
VGM
Virtuelles Gebäudemodell
133
Abbildungen / Illustrationen in diesem Buch: Umschlag: 121 Seaport Boulevard, SKANSKA USA; Tim Westphal Illustrationen DETAIL research: S. 6 – 13, 15, 68, 69, 126, 127, 129, 130 – 132; Karlsruher Institut für Technologie, Bergische Universität Wuppertal: S. 13; Gerber Architekten: S. 26, 27; Obermeyer: S. 30; wörner traxler richter planungsgesellschaft mbh: S. 32 – 34; Brechensbauer Weinhart + Partner: S. 36, 37; hammeskrause architekten: S. 39 – 41; blauraum Architekten: S. 43, 45; Bollinger + Grohmann Ingenieure: S. 46, 49; ARGE Neubau Kreisklinik Groß-Umstadt LSK-Architekten/Angela Frisch Architekten: S. 51; Falk Hartmann, Catterfeld Welker GmbH (Foto) und Hild und K (Visualisierung und Bildmontage): S. 54; Statsbygg / Trond Isaksen: S. 59; ZWP Ingenieur-AG: S. 61; Eisfeld Ingenieure: S. 62, 63; hks I architekten: S. 64 – 66; Vectorworks: S. 67; Autodesk: S. 68, 69, 98, 99; Jundi Schrade Baumeister Architekten: S. 70 – 73; Volkswagen Financial Services: S. 76 – 79; F.Hoffmann-La Roche AG: S. 81, 82; Fraport AG: S. 84; NFS Digitale Fabrikation, Juni 2017: S. 87 – 89; V. N. Nerella, M. Krause, M. Näther und V. Mechtcherine, „3D-Druck-Technologie für die Baustelle“ Concr. Pflanze Int. / Betonwerk Int., Vol. 4, 2016: S. 90, 91; Bau Kunst Erfinden: S. 92, 93; Fraunhofer IAO: S. 94 - 96; formitas AG: S. 97; Markus Bertschi, Zürich: S. 100; Burkard Meyer BSA, Baden: S. 101 – 103; Wolff & Müller: S. 105 – 107; Glasshouse Images / Alamy Stock Photo: S. 109; Schüco Digital GmbH: S. 111; SaintGobain / Press‘n‘Relations: S. 113; Jordahl GmbH: S. 115; Lindner: S. 117; Heidelberger Kalksandstein GmbH: S. 118; Sto SE & Co. KGaA: S. 120; Rhomberg Bau GmbH / Cree: S. 121; Albrecht Jung GmbH & Co. KG: S. 123, 125
Quellenangaben Bücher / Magazine: BIM Building Information Modeling I Management Methoden und Strategien für den Planungsprozess Beispiele aus der Praxis, 2015, Tim Westphal, Eva Maria Herrmann, DETAIL Verlag, ISBN 978-3-95553-279-6 BIM – Potenziale, Hemmnisse und Handlungsplan, 2013, Petra von Both, Volker Koch, Andreas Kindsvater, Fraunhofer IRB Verlag, ISBN 978-3-8167-8941-3 Ernst & Sohn Special 2016, BIM – Building Information Modeling, A61029, November 2016 Deutsches Architektenblatt, Ausgabe 4/2017, Technik, BAU, Bits und Bytes Deutsches Architektenblatt, Ausgabe 7/2017, Technik, Digitale Bauprodukte BIM-Leitfaden für die Planerpraxis, VDI, 2016 Building Information Modeling, VDI Agenda / VDI-Richtlinien zur Zielerreichung BIM-Leitfaden für die Planerpraxis, Empfehlungen für planende und beratende Ingenieure, Verband Beratender Ingenieure VBI Allplan BIM Kompendium, Theorie und Praxis BIM – Das digitale Miteinander: Planen, Bauen und Betreiben in neuen Dimensionen, 2016, André Pilling, Beuth Verlag, ISBN 978-3-410-27327-1 BIM für Architekten: 100 Fragen – 100 Antworten, 2016, Bundesarchitektenkammer BAK / Bau Naturschutz, BKI, ISBN 978-3-945649-28-2 Quellenangaben online: www.buildingsmart.de www.buildingsmart-tech.org www.planen-bauen40.de www.bim-blog.de bimundumbimherum.wordpress.com/glossar www.allplan.com/de/bim-glossar.html blog.graphisoft.de/bim-glossar www.bim-me-up.com/glossar www.hochtief-vicon.de/vicon de.wikipedia.org www.detail.de/research www.geospatial.com www.standards.org.au www.netzwerk-digital.ch/de www.crb.ch standards.cen.eu www.iso.org
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Anhang
Herausgeber / Autoren: Hintergrundinformationen zum Stand der Digitalisierung und den Herausforderungen und Chancen mit der Planungsmethode BIM (Auszug): Die Bundesarchitektenkammer BAK bietet mit ihrem Buch „BIM für Architekten: 100 Fragen – 100 Antworten“ einen ersten Überblick über die Methode BIM (ISBN: 9783481035433) Autodesk mit der BIM-Software Revit stellt sein E-Book „Das Ineffizienz-Problem – Das Geheimnis des Erfolgs für die Bauindustrie“ als kostenlosen Download zur Verfügung: http://autode.sk/BIMebook Nemetschek mit der BIM-Software Allplan und dem kostenlosen „BIM-Kompendium“: info.allplan.com/de/links/ bim-leitfaden.html ComputerWorks mit der BIM-Software Vectorworks und seinem kostenfreien „Leitfaden BIM-Einführung“: www.computerworks.de/produkte/ vectorworks/bestellung-bim-leitfaden.html „BIM-Leitfaden für die Planerpraxis“ mit Empfehlungen für planende und beratende Ingenieure, VBI-Webseite: www.vbi.de/service/downloads „Building information Modeling, VDI-Richtlinien zur Zielerreichung“: www.vdi.de
Tim Westphal, geb. 1974, Studium der Architektur an der FH Wismar (Diplom), Volontariat in der Architekturfachbuchabteilung des Callwey-Verlags München, Arbeit für verschiedene Architekturmagazine, 2003 – 2016 Fachredakteur und Teamleiter bei der Fachzeitschrift DETAIL, München. Seit Sommer 2016 freiberuflicher Fachredakteur, Journalist und Öffentlichkeitsarbeiter. Veröffentlichungen, Vorträge, Lehraufträge und Moderationen zu Themen der Baukultur, der digitalen Planung und BIM. www.timwestphal.de
Eva Maria Herrmann, Dipl.-Ing. Architektin und freie Journalistin. Architekturstudium an der HS Darmstadt und TU Graz. 2005 Gründung des Büros für Architekturkommunikation mit dem Schwerpunkt Vermittlung von Baukultur. Veröffentlichungen, Redaktion, Vorträge, Workshops und Ausstellungen zu allen Themen der Baukultur. www.evaherrmann.de
Roland Pawlitschko ist Architekt sowie freier Autor, Redakteur und Architekturkritiker. Er veröffentlicht Artikel und Aufsätze in Büchern, Zeitschriften und Tageszeitungen, organisiert Architekturexkursionen und kuratiert Ausstellungen rund um das Thema Architektur und Öffentlichkeit.
Katja Reich, Jahrgang 1969, Architekturstudium an der TU Kaiserslautern, Ausbildung zur Fachredakteurin, seit 2003 Redakteurin der Architekturfachzeitschrift DETAIL, seit 2016 Leitung DETAIL Produktredaktion und Corporate Publishing.
Christine Ryll ist Architektin und Redakteurin. Fortbildung zur Fachzeitschriftenredakteurin beim Klett Wirtschaftsund Bildungsservice, Mitarbeit in verschiedenen Redaktionen u.a. Mikado, Leonardo Online, Computer Partner. 2001 Gründung des Redaktionsbüros rylltext. In ihrem Redaktionsbüro rylltext beschäftigt sie sich vorwiegend mit den Themenbereichen Architektur, Bau und Immobilien sowie IT. www.rylltext.com
Robert Uhde, 1968 in Düsseldorf geboren, lebt und arbeitet in Oldenburg. Studium Kunst und Germanistik in Oldenburg. Ausbildung zum Fachredakteur für Architektur beim Rudolf Müller Bauverlag in Köln. Seit 1997 tätig als freier Architekturjournalist mit eigenem Büro in Oldenburg. Schreibt für verschiedene Architekturzeitschriften und -magazine. Zu den Schwerpunkten zählen dabei die niederländische und deutsche Architektur der Gegenwart. www.robert-uhde.de
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Impressum
Herausgeber: Tim Westphal, Eva Maria Herrmann Buchkonzeption: Tim Westphal, Eva Maria Herrmann Inhaltliche Konzeption: Tim Westphal, Eva Maria Herrmann Autoren: Eva Maria Herrmann, Roland Pawlitschko, Katja Reich, Christine Ryll, Robert Uhde, Tim Westphal Korrektorat: Gabriele Oldenburg Grafische Gestaltung und Satz: Eva Maria Herrmann, Tim Westphal Druck und Bindung: Kessler Druck + Medien GmbH& Co. KG, Bobingen Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtes. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Verlag: DETAIL Business Information GmbH, München 2017 978-3-95553-406-6 Print 978-3-95553-407-3 E-Book 978-3-95553-408-0 Bundle
© 2017, Stand Dezember 2017, 1. Auflage
Die Publikation „BIM Building Information Modeling I Management Band 2 – Digitale Planungswerkzeuge in der interdisziplinären Anwendung“ wird unterstützt von:
ARCHICAD 136
BIM – Building Information Modeling I Management Methoden und Strategien für den Planungsprozess – Beispiele aus der Praxis Band 1, November 2015 ISBN: 978-3-95553-280-2 Preis: 39,90 €
- Fachbuch für die Praxis - digitales Planen und Bauen mit BIM - verschiedene BIM-Ansätze - typologie- und softwareunabhängig - internationaler Blick auf BIM - erste realisierte Projekte und BIM-Anwendungen - umfassende Projektberichte und Interviews - Informationen zur Vergütung, Vertragsgestaltung und Haftung bei der Planung mit BIM Der Vorgängerband vom November 2015 bleibt weiterhin aktuell. Viele Meinungen und Thesen zum Thema treffen hier zusammen und regen zum Nachdenken und zur Auseinandersetzung mit dem Thema Building Information Modeling und den damit verbundenen Neuerungen, Chancen und Risiken an. Band 2 bezieht sich in vielen Punkten auf die seit 2015 gewonnenen Erkenntnisse. Band 1 und 2 ergänzen sich ideal zu einem umfassenden Bild der Entwicklung der vergangenen Jahre und der Ist-Situation mit BIM im deutschsprachigen Raum.
Building Information Modeling, kurz BIM, ist angekommen im Alltag von Architekten und Fachplanern. Und der Ruf von Bauherren, Eigentümern und Immobilienbetreibern nach der neuen Planungsmethode ist deutlich spürbar und wird kontinuierlich lauter. Die fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema, ohne Vorurteile oder der Angst vor dem Neuem, ist damit zwingend notwendig. Was liegt also näher, als die Anwender selbst erläutern zu lassen, was ihr persönliches Rezept ist im Umgang mit der Digitalisierung des Bauwesens und mit BIM, und diese Protagonisten einen differenzierten Blick auf das Baugeschehen von gestern, heute und morgen werfen zu lassen? Darin sehen die beiden Herausgeber der vorliegenden Publikation ihre Prämisse beim Umgang mit dem scheinbaren Neuland BIM. Widmete sich der erste Band mit dem Titel „BIM – Building Information Modeling I Management, Methoden und Strategien für den Planungsprozess – Beispiele aus der Praxis“ vor allem vertiefend den Fragen der Implementierung und Anwendung von BIM in ersten Pilotprojekten, geht die aktuelle Publikation einen Schritt weiter: Sie hinterfragt die Statements von damals bei den Protagonisten auf ihren Realitätsgehalt und gibt ihnen wertvollen Raum für Reflektion und Resümee. Hinzu kommen umfassende Informationen zum heutigen Stand der Digitalisierung, in der Normungsarbeit und der Qualifizierung von BIM sowie aktuelle Stimmungsbilder aus Umfragen und Interviews. Zahlreiche Querverweise und Zusatzinformationen direkt an den Beiträgen sowie ein seit 2015 umfassend überarbeitetes und ergänztes Glossar bieten dem Leser darüber hinaus wertvolle Hinweise und Unterstützung bei der Arbeit mit diesem Fachbuch zum Thema BIM.
ISBN 978-3-95553-406-6
9 783955 534066
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