Berufsorientierung und „Future Readiness“ Jugendlicher: Eine repräsentative SINUS-Studie zur Sicht der Eltern [1. Aufl.] 9783658312688, 9783658312695

Die Studie identifiziert Bedarfe der Eltern mit Blick auf die Berufsorientierung ihrer Kinder. Eltern möchten hier v.a.

277 72 3MB

German Pages VI, 60 [65] Year 2020

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Table of contents :
Front Matter ....Pages I-VI
Einführung (Marc Calmbach, Christoph Schleer)....Pages 1-4
Das Gesellschafts- und Zielgruppenmodell der Sinus-Milieus (Marc Calmbach, Christoph Schleer)....Pages 5-20
Zukunftsoptimismus der Eltern mit Blick auf ihre Kinder (Marc Calmbach, Christoph Schleer)....Pages 21-27
Blick der Eltern auf „Future Readiness“ und Zukunftskompetenzen ihrer Kinder (Marc Calmbach, Christoph Schleer)....Pages 29-40
Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung ihrer Kinder (Marc Calmbach, Christoph Schleer)....Pages 41-53
Handlungsempfehlungen (Marc Calmbach, Christoph Schleer)....Pages 55-60
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Berufsorientierung und „Future Readiness“ Jugendlicher: Eine repräsentative SINUS-Studie zur Sicht der Eltern [1. Aufl.]
 9783658312688, 9783658312695

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SINUS-Studien

Marc Calmbach · Christoph Schleer

Berufsorientierung und „Future Readiness“ Jugendlicher Eine repräsentative SINUS-Studie zur Sicht der Eltern

SINUS-Studien Reihe herausgegeben von Marc Calmbach, Berlin, Deutschland Berthold Bodo Flaig, Heidelberg, Deutschland

​ INUS ist eines der renommiertesten Markt- und Sozialforschungsinstitute im S deutschsprachigen Raum. Es erforscht seit über 40 Jahren die Lebensstile und den gesellschaftlichen Wandel – in Deutschland und weltweit. Die Reihe „SINUS-Studien“ präsentiert wichtige Forschungsarbeiten des Instituts, besonders aus den Feldern Politik, Jugend, Migration, Familie, Digital und Konsum. Die Studien des SINUS-Instituts sind wissenschaftlich fundiert, aber immer auch praxis- und umsetzungsorientiert. Die Publikationen dieser Reihe richten sich daher nicht nur an Studierende, Lehrende und Wissenschaftler*innen der sozialwissenschaftlichen Disziplinen, sondern insbesondere auch an Praktiker*innen in Institutionen und Unternehmen, die das moderne Wertegemenge in unserer Gesellschaft besser verstehen und ihre Zielgruppen noch präziser ins Visier nehmen wollen.

Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/16574

Marc Calmbach · Christoph Schleer

Berufsorientierung und „Future Readiness“ Jugendlicher Eine repräsentative SINUS-Studie zur Sicht der Eltern

Marc Calmbach SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH Berlin, Deutschland

Christoph Schleer SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH Heidelberg, Deutschland

ISSN 2662-9895 ISSN 2662-9909  (electronic) SINUS-Studien ISBN 978-3-658-31269-5  (eBook) ISBN 978-3-658-31268-8 https://doi.org/10.1007/978-3-658-31269-5 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa­ tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Inhalt

1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Forschungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Methodische Anlage der Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Stichprobenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 3 4

2 Das Gesellschafts- und Zielgruppenmodell der Sinus-Milieus . . . . . . . . . . 5 2.1 Einführung in die Sinus-Milieus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2 Die Sinus-Milieus im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2.1 Expeditive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2.2 Adaptiv-Pragmatische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.2.3 Traditionelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.2.4 Prekäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.2.5 Bürgerliche Mitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2.2.6 Sozialökologische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.2.7 Liberal-Intellektuelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.2.8 Konservativ-Etablierte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.2.9 Hedonisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.2.10 Performer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3 Zukunftsoptimismus der Eltern mit Blick auf ihre Kinder . . . . . . . . . . . . 21 3.1 Zukunftsoptimismus allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3.2 Beruflicher Zukunftsoptimismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 4 Blick der Eltern auf „Future Readiness“ und Zukunftskompetenzen ihrer Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

V

VI

Inhalt

5 Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung ihrer Kinder . . . . . . . . . . . . . 5.1 Involvement und Impact der Eltern bei der Berufsorientierung . . . . . 5.2 Aufgaben bei der Berufsorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Informationsbedarfe und hilfreiche Informationsquellen . . . . . . . . . . 5.4 Wichtige Berufswahlkriterien und geeignete Branchen aus Elternsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41 41 43 46 50

6 Handlungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

Einführung 1 Einführung

1

Der Übergang von der Schule in die Arbeitswelt ist eine grundlegende Weichenstellung für die Lebens- und Entwicklungsperspektiven junger Menschen. Doch obwohl Schulen, Unternehmen und Verbände seit geraumer Zeit große Anstrengungen unternehmen, um Informationen zu Ausbildungswegen, Studiengängen und Berufen zur Verfügung zu stellen, haben viele Jugendliche allzu lang keine Ahnung, was sie nach der Schule machen möchten bzw. können (siehe Calmbach et al. 20201). Hohe Abbrecherquoten unter Azubis und Studierenden sind ein klares Indiz dafür, dass viele Jugendliche nach Abschluss der Schule für sich die falsche Entscheidung treffen. Auch Befragungen in Schulen zeigen, dass unabhängig von der besuchten Schulform Jugendliche sich eine bessere Vorbereitung auf das Leben nach der Schule wünschen. Dabei merken sie auch immer wieder an, dass die Eltern ihnen nur bedingt bei der beruflichen Orientierung helfen können (siehe Schleer 20182). Doch was sagen eigentlich Eltern dazu? Wie zuversichtlich blicken sie in die Zukunft ihrer Kinder? Wie schätzen sie die Fähigkeiten ihrer Kinder ein, in der Arbeitswelt zurechtzukommen? Inwiefern glauben sie, ihren Kindern bei der Aneignung zentraler Kompetenzen helfen zu können? Und: Was meinen sie, ist ihre eigene Aufgabe bei der Berufsorientierung ihrer Kinder? Diesen und weiteren Fragen ist das SINUS-Institut in Kooperation mit dem Panel-Anbieter respondi auf den Grund gegangen. Dabei wurden neben der in sozialwissenschaftlichen 1

Calmbach, M.; Flaig, B.; Edwards, J.; Möller-Slawinski, H.; Borchard, I.; Schleer, S. (2020): SINUS-Jugendstudie u18. Wie ticken Jugendliche 2020? Lebenswelten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren in Deutschland. Berlin. 2 Schleer, C. (2018): Schule-Wirtschaft-Kooperationen – Was sagen Jugendliche dazu? Eine Studie des SINUS-Instituts für das Netzwerk Berufswahl-SIEGEL. https://www. netzwerk-berufswahlsiegel.de/wp-content/uploads/2018/03/2018-Schule-WirtschaftKooperationen_Was-Jugendliche-dazu-sagen_Bericht.pdf © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Calmbach und C. Schleer, Berufsorientierung und „Future Readiness“ Jugendlicher, SINUS-Studien, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31269-5_1

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1 Einführung

Untersuchungen üblichen demografischen Befunddifferenzierung auch in den Blick genommen, inwiefern sich Eltern aus verschiedenen sozialen Milieus bei Fragen rund um das Thema Berufsorientierung ihrer Kinder unterscheiden. Basis hierfür ist das Gesellschafts- und Zielgruppenmodell der Sinus-Milieus. Die vorliegende Publikation schildert zunächst die zentralen Forschungsfragen (Kapitel 1.1) sowie die methodische Anlage der Studie (Kapitel 1.2) und führt dann in den Sinus-Milieuansatz ein (Kapitel 2). Daran anschließend wird dargelegt, wie optimistisch Eltern die Zukunft ihrer Kinder sehen (Kapitel 3) und wie „zukunftsfit“ sie diese einschätzen (Kapitel 4). Zudem wird die Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung ihrer Kinder beleuchtet (Kapitel 5). Abschließend werden auf Basis der Studienbefunde Handlungsempfehlungen präsentiert.

1.1 Forschungsfragen Im Rahmen einer Online-Repräsentativbefragung wurden Eltern von Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren zu folgenden Themenbereichen befragt: 1. Zukunftsoptimismus • Wie optimistisch sind Eltern beim Blick in die Zukunft ihrer Kinder? • Wie optimistisch sehen Eltern die Zukunft der deutschen Gesellschaft? • Rechnen Eltern mit sozialem Aufstieg ihrer Kinder? • Wie zuversichtlich sind Eltern mit Blick auf die berufliche Zukunft ihrer Kinder? 2. „Future Readiness“ und Zukunftskompetenzen • Wie gut sehen Eltern ihre Kinder auf die Zukunft vorbereitet? • Welche Fähigkeiten sind aus Sicht der Eltern in Zukunft wichtig, um im Beruf erfolgreich zu sein? • Wie schätzen Eltern die Fähigkeiten ihrer Kinder ein, in der Arbeitswelt zurechtzukommen? • Sind Eltern der Meinung, dass sie ihren Kindern dabei helfen können, diese Zukunftskompetenzen zu erlernen? 3. Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung ihrer Kinder • Wie sehr sind Eltern in die Berufsorientierung ihrer Kinder involviert? Wann haben sie das erste Mal mit ihnen über das Thema Berufswahl gesprochen?

1.2 Methodische Anlage der Studie

3

• Gehen Eltern davon aus, dass sie die Berufswahl ihrer Kinder beeinflussen können? • Was sind aus Sicht der Eltern ihre wichtigsten Aufgaben bei der Berufsorientierung ihrer Kinder? • Welche Informationen wünschen sich Eltern, um ihre Kinder bei der Berufswahl besser unterstützen zu können? • Welche Informationsquellen nutzen Eltern, um sich über die beruflichen Optionen ihrer Kinder zu informieren, und für wie hilfreich stufen sie diese ein? • Welche Kriterien sind für Eltern bei der Berufswahl ihrer Kinder am wichtigsten? • In welchen Branchen würden die Eltern ihre Kinder am liebsten sehen?

1.2

Methodische Anlage der Studie

1.2

Methodische Anlage der Studie

Alle Daten wurden im Rahmen einer Online-Befragung erhoben. Hierfür hat das SINUS-Institut die respondi AG beauftragt. Ausgewertet wurden die Daten von SINUS. Die Befragung wurde in der Zeit vom 28.08.2019 bis 06.09.2019 im OnlineAccess-Panel von respondi durchgeführt. Basierend auf soziodemografischen Stammdateninformationen der Panelteilnehmer*innen wurde eine zufällig ausgewählte Stichprobe von n=1.046 Eltern im Alter ab 30 Jahren mit mindestens einem Kind im Alter von 14 bis 18 Jahren im Haushalt gezogen und repräsentativ nach Geschlecht und höchstem Schulabschluss der Eltern quotiert. Die Mitgliedschaft der Panelteilnehmer*innen ist freiwillig und beruht auf einem Double-opt-in Registrierungsprozess, in dessen Verlauf die Emailadresse verifiziert wird und bei den prospektiven Teilnehmer*innen auf Mehrfachteilnahme und plausibles Antwortverhalten überprüft wird. Das Mindestalter von Panelteilnehmer*innen liegt (in Deutschland) bei 14 Jahren. Die Rekrutierung erfolgt ausschließlich online, vornehmlich über Affiliate-Netzwerke, klassische Display-Kampagnen, soziale Netzwerke oder exklusive Kooperationen. Die Qualität des Panels und die Identität der Panelisten wird kontinuierlich kontrolliert, sowohl auf Panel- als auch auf Umfrageebene. So werden systematisch Dubletten (Doppelanmeldungen im Panel oder doppelte Teilnahmen in Umfragen), Cheater (Betrüger*innen), Speeder (Teilnehmer*innen, die zu schnell durch Umfragen klicken), Straightliner (Teilnehmer*innen die systematisch durch Umfragen klicken) sowie auch Teilnehmer*innen mit inkonsistenten Antworten aus dem Panel entfernt. Gemäß den geltenden europäischen Datenschutzregeln 3

4

1 Einführung

werden persönliche Daten und Umfragedaten pseudonymisiert, anonymisiert und voneinander getrennt abgespeichert. Die Teilnehmer*innen werden für Umfrageteilnahmen automatisiert über eine virtuelle Panelwährung (mingle-Punkte) incentiviert, die ab einer Auszahlungsgrenze von 15 € als Barüberweisung, Gutschein oder Spendenmöglichkeit eingelöst werden können. Im Durchschnitt erhalten die Teilnehmenden für eine zehnminütige Umfrage ein Incentive von 50 mingle-Punkten (entspricht einem Gegenwert von 0,50 €). Screenouts (Personen, die nicht zur Zielgruppe gehören) und Quotafulls (Personen, die nicht in die Quoten passen) erhalten ein Trost-Incentive von fünf mingle-Punkten. Die respondi AG ist nach der international gültigen Norm ISO 20252 für Dienstleistungen der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung zertifiziert, die Anforderungen an das Qualitäts- und Projektmanagement, die Handhabung konzeptioneller Forschungsaspekte, Methodik, Anforderungen an Datenerhebung, das Datenmanagement, die Datenverarbeitung und die Berichterstattung behandelt. respondi ist Mitglied in den Verbänden ESOMAR, irep, DGOF und Adetem.

1.3 Stichprobenstruktur 1.3 Stichprobenstruktur

Die Stichprobe vorliegender Studie sind Eltern im Alter ab 30 Jahren mit mindestens einem Kind im Alter von 14 bis 18 Jahren im Haushalt. Die Stichprobe hat folgende demografische Struktur: • 48% sind Väter, 52% sind Mütter. • 14% der befragten Eltern sind zwischen 30 und 39 Jahre alt, 49% sind zwischen 40 und 49 Jahre alt, und 37% sind 50 Jahre und älter. • 16% haben eine niedrige formale Bildung (keinen Schulabschluss oder einen Hauptschulabschluss), 44% haben einen mittleren Abschluss (Mittlere Reife), und 40% haben einen hohen Abschluss (Fachhochschulreife, Abitur oder fachgebundene Hochschulreife, Fachhochschul- oder Hochschulabschluss).

Das Gesellschafts- und Zielgruppenmodell der Sinus-Milieus 2 Das Gesellschafts- und Zielgruppenmodell der Sinus-Milieus

2.1

Einführung in die Sinus-Milieus

2.1

Einführung in die Sinus-Milieus

2

Seit über 40 Jahren erforscht das SINUS-Institut den Wertewandel und die Lebenswelten der Menschen. Daraus entstanden sind die Sinus-Milieus, eines der bekanntesten und einflussreichsten Instrumente für die Zielgruppen-Segmentation. Die Zielgruppenbestimmung von SINUS orientiert sich an der Lebensweltanalyse unserer Gesellschaft. Die Sinus-Milieus gruppieren Menschen, die sich in ihrer Lebensauffassung und Lebensweise ähneln. Grundlegende Wertorientierungen gehen dabei ebenso in die Analyse ein wie Alltagseinstellungen zur Arbeit, zur Familie, zur Freizeit, zu Geld und Konsum. Die Sinus-Milieus rücken also den Menschen und das gesamte Bezugssystem seiner Lebenswelt ganzheitlich ins Blickfeld.3 Die folgende Grafik zeigt die aktuelle Milieulandschaft in Deutschland und die Position der verschiedenen Milieus nach sozialer Lage und normativer Grundorientierung. So ergibt sich ein modellhaftes Abbild der sozialen Schichtung und der Wertestruktur der deutschen Gesellschaft. Je höher ein bestimmtes Milieu in dieser Grafik angesiedelt ist, desto gehobener sind Bildung, Einkommen und Berufsgruppe; je weiter es sich nach rechts erstreckt, desto moderner im soziokulturellen Sinn ist die Grundorientierung des jeweiligen Milieus. Was die Grafik auch zeigt: Die Grenzen zwischen den Milieus sind fließend; Lebenswelten sind nicht so (scheinbar) exakt eingrenzbar wie soziale Schichten. SINUS nennt das

3

Methodologisch wird das umgesetzt durch den Rückgriff auf aus der Ethnologie entlehnte Erhebungsverfahren wie etwa das non-direktiv angelegte narrative Interview, bei der die Befragten in ihrer eigenen Sprache alle aus ihrer Sicht relevanten Lebensbereiche darstellen (siehe hierzu: Flaig B. B., Barth B. 2018: Hoher Nutzwert und vielfältige Anwendung: Entstehung und Entfaltung des Informationssystems Sinus-Milieus. In: Barth B. et al. (Hrsg.): Praxis der Sinus-Milieus. Gegenwart und Zukunft eines modernen Gesellschafts- und Zielgruppenmodells. S. 3-22.).

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Calmbach und C. Schleer, Berufsorientierung und „Future Readiness“ Jugendlicher, SINUS-Studien, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31269-5_2

5

6

2 Das Gesellschafts- und Zielgruppenmodell der Sinus-Milieus

die „Unschärferelation der Alltagswirklichkeit“. Wäre das nicht der Fall, könnte man schwerlich von einem lebensechten Modell sprechen. Berührungspunkte und Übergänge zwischen den Milieus sind deshalb ein grundlegender Bestandteil des Sinus-Milieukonzepts. Die Prozentzahlen in dem Modell verweisen auf die Größe der einzelnen Milieus. Sie beziehen sich dabei nicht auf die Gesamtheit der deutschsprachigen Wohnbevölkerung, sondern auf die Grundgesamtheit der vorliegenden Studie: Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren.

Oberschicht / Obere Mittelschicht

Milieuverteilung von Eltern ab 30 Jahren mit Kindern von 14 bis 18 Jahren

KonservativEtablierte 14 % 

Mittlere Mittelschicht

Traditionelle 4 % 

Performer 12 %  Expeditive 7 % 

Sozialökologische 7 %  Bürgerliche Mitte 11 % 

AdaptivPragmatische 11 % 

Hedonisten 15 % 

Prekäre 6 % 

Soziale Lage

Untere Mittelschicht / Unterschicht

LiberalIntellektuelle 13 % 

© SINUS 2019

Grundorientierung Festhalten Bewahren

Tradition

Haben & Genießen

Sein & Verändern

Modernisierung / Individualisierung

Machen & Erleben

Grenzen überwinden

Neuorientierung

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

Die einzelnen Sinus-Milieus werden in den folgenden Kapiteln näher beschrieben.

2.2 Die Sinus-Milieus im Überblick

2.2

Die Sinus-Milieus im Überblick

2.2

Die Sinus-Milieus im Überblick

7

2.2.1 Expeditive

2.2.1.1 Kurzcharakterisierung Beim Expeditiven Milieu handelt es sich um die postmoderne, online und offline vernetzte Avantgarde, die mental, kulturell und geografisch mobil ist und über die in der globalisierten Welt erforderlichen Schlüsselkompetenzen verfügt. Das Milieu ist stark individualistisch geprägt; typisch sind Neugier, Weltoffenheit und Experimentierfreude.

2.2.1.2 Grundorientierung und Lebensstil Typisch für Expeditive ist eine nonkonformistische, risikoakzeptierende Grundhaltung ohne ideologische Festlegungen. Sie sind offen für alles und wollen vom Leben lernen, wollen Grenzen durchbrechen, Horizonte erweitern, neue Herausforderungen annehmen. Viele sehen das Leben als Spiel – und die ganze Welt als ihre Bühne. Sie haben eine grundsätzliche Neugier und Toleranz gegenüber unterschiedlichen Lebensformen und Kulturen. Ihre Leitwerte sind Weltoffenheit, Kreativität und Vitalität (Dynamik, Speed), Spaß/Genuss und intensives Erleben. Expeditive sind ambitioniert, haben aber keine klassische Erfolgs- und Aufstiegsorientierung. Wichtiger als Karriere um jeden Preis ist Zeit für sich selbst und die eigenen (privaten) Projekte. Bei der Verfolgung der eigenen Lebensthemen und Leidenschaften zeigt man Ehrgeiz und strategische Zielorientierung. Mit den gegebenen Verhältnissen geht man pragmatisch um, verfügt über große Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Expeditive sind die postmoderne Lifestyle-Avantgarde unserer Gesellschaft: weltanschaulich unvoreingenommen, kreativ, oft subkulturaffin und in entspannter Opposition zum bürgerlichen Lebensstil. Sie haben ein Faible für das Außergewöhnliche und Neue, das Ungedachte, die Verbindung und Überwindung von Gegensätzen, und sie stehen auf Kriegsfuß mit allem Dogmatischen (z. B. ÖkoHardliner). Entsprechend haben sie häufig unkonventionelle Karrieren (z. B. in der Kreativbranche) und bunte Patchwork-Biografien. Die meisten haben großes Interesse an Musik, Kunst und Kultur. Dabei bevorzugen sie das Unkonventionelle abseits des Mainstreams; sie haben Freude an stilistischen Provokationen, bis hin zu einem inszeniert-nachlässigen Erscheinungsbild, grenzen sich aber ab von Trash und legen Wert auf Distinktion. Expeditive zeigen ein selektives Konsumverhalten mit dem Fokus auf Neuheit, limitierte Verfügbarkeit und Extravaganz. Sie lieben das Einzigartige/Besondere, 7

8

2 Das Gesellschafts- und Zielgruppenmodell der Sinus-Milieus

was nicht jeder hat. Wichtig ist den Expeditiven die demonstrative Distanz zum Massengeschmack. Sie sehen sich selbst als Teil der progressiven Popkulturelite und pflegen ein entsprechendes Selbstbewusstsein. Mainstream- und Spießerästhetik lehnen sie ab (Eiche rustikal ebenso wie IKEA), ihre Vorliebe gilt unkonventionellen Inszenierungen; viele sind selbst kreativ-künstlerisch tätig. Expeditive haben ein starkes Bedürfnis nach Kommunikation und Vernetzung, im realen wie im virtuellen Leben. Die Kommunikation mit diesem Milieu sollte deshalb multimedial sein und nicht nur über klassische Kanäle vermittelt werden. Expeditive verstehen sich als Netzavantgarde, haben hohe Internet-Kompetenz und gehen souverän mit moderner IT um. Erfolgversprechend ist eine Ansprache der Expeditiven als postmoderne, tolerante Lifestyle-Avantgarde und eine Thematisierung des milieutypischen Selbstbilds von Vielseitigkeit und Offenheit für alles („no limits“), möglichst in Verbindung mit Signalen der Anerkennung von Außergewöhnlichkeit und Kreativität der Adressaten. Hilfreich ist dabei ein lockerer Stil, eine Tonalität, die entspannt und unaufdringlich ist, dabei souverän und anspruchsvoll – ohne aufgesetzt oder überheblich zu wirken.

2.2.2 Adaptiv-Pragmatische 2.2.2.1 Kurzcharakterisierung Beim Adaptiv-pragmatischen Milieu handelt es sich um die moderne junge Mitte in unserer Gesellschaft mit ausgeprägtem Lebenspragmatismus und Nützlichkeitsdenken. Die Milieuangehörigen zeigen Leistungs- und Anpassungsbereitschaft, wollen aber auf Spaß, Komfort und Unterhaltung nicht verzichten. Adaptiv-Pragmatische sind zielstrebig, flexibel und weltoffen – und haben gleichzeitig ein starkes Bedürfnis nach Verankerung und Zugehörigkeit.

2.2.2.2 Grundorientierung und Lebensstil Die Angehörigen dieses Milieus sind aufgeschlossen und zielstrebig, erfolgsorientiert, dynamisch und gut organisiert, aber auch kompromissbereit und zu Graden konventionell. Sie sind offen für neue Trends, Medien und Technologien. Und sie sind ständig auf der Suche: nach Etablierung im Beruf und im Privaten, nach Halt und Orientierung in ihrem Leben. Typisch für das Milieu ist eine pragmatische Grundhaltung und ein funktionales, utilitaristisches Denken („was bringt mir das?“). Adaptiv-Pragmatische sind nüchtern, „down to earth“, benefit- statt risikoorientiert. Von abstrakten Idealen,

2.2 Die Sinus-Milieus im Überblick

9

Ideologien und jeder Form von Extremen halten sie sich fern. Es geht darum, das Beste aus seinen Möglichkeiten zu machen, sich (realistische) Ziele zu setzen und diese zu erreichen; wichtige Ziele sind: eine Arbeit zu haben, die man gern macht, genug Geld zu haben, um sich seine materiellen Wünsche erfüllen zu können, eine schöne Wohnung, ein Auto, ein erfülltes Freizeitleben und vor allem Freunde und Familie, die man lieben und denen man vertrauen kann. Das Lifestyle-Ideal der Adaptiv-Pragmatischen lässt sich mit den Schlagworten jung, modisch und trendy gut charakterisieren. Die Angehörigen dieses Milieus grenzen sich ab von altbackenen Werten, Lebensweisen und Moralvorstellungen. Sie sind offen für Neues, insbesondere bei Medien und Technologien, adaptieren aufkommende Trends – sind aber keine wirklichen Trendsetter wie etwa die Expeditiven. Verbreitet ist ein intensiver Medienkonsum und eine hohe Aktivität in sozialen Netzwerken. Adaptiv-Pragmatische folgen dem Mainstream der modernen Freizeitkultur, ihr Freizeitverhalten ist stark unterhaltungs- bzw. erlebnisorientiert, ihre Stilpräferenzen sind konventionell-modern. Typisch für das Milieu ist seine unvergrübelte Konsumneigung: Konsumieren bedeutet Lebensqualität. Adaptiv-Pragmatische sind in Geschmacksfragen stark beeinflussbar. Sie sind außenorientiert und deshalb empfänglich für modische Leitbilder, und sie greifen neue Trends schnell auf. Die Orientierung am Mainstream hat für sie nichts Negatives. Im Gegenteil: am wohlsten fühlt man sich dort, wo viele den gleichen Geschmack teilen. Bei aller Zeitgeistigkeit mag man es gerne moderat und ausgeglichen. Der Wunsch nach Geborgenheit und Harmonie ist in diesem Milieu sehr stark. Das zeigt sich u. a. in der Liebe zu verspielten Details und dekorativen Elementen. Das eigene Wohnumfeld gestaltet man freundlich und bunt – aber immer auch warm und gemütlich. Design soll modern, praktisch, preiswert und flexibel sein – und für alle Gelegenheiten passen. Kommunikation mit Adaptiv-Pragmatischen sollte an die Verortung des Milieus in der jungen Mitte anknüpfen, d. h. ihrem Selbstverständnis als moderner Mainstream gerecht werden – der offen ist für neue Trends, aber nicht übertreiben und immer realistisch bleiben will. Die Angehörigen dieses Milieus mögen es locker und zeitgemäß, aber auch praktisch und alltagsrelevant. Gute Erfolgsaussichten haben Angebote/Ansprachen, die einen modernen, freizeitbezogenen Lifestyle mit einer milieugerechten Benefit-Argumentation verbinden.

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2 Das Gesellschafts- und Zielgruppenmodell der Sinus-Milieus

2.2.3 Traditionelle 2.2.3.1 Kurzcharakterisierung Das Traditionelle Milieu hat seinen Schwerpunkt in der Sicherheit und Ordnung liebenden älteren Generation und ist verhaftet in der kleinbürgerlichen Welt bzw. in der traditionellen Arbeiterkultur. Das Milieu ist geprägt von Sparsamkeit und Anpassung an die Notwendigkeiten, aber auch von einem zunehmenden Gefühl des Abgehängtseins.

2.2.3.2 Grundorientierung und Lebensstil Die Angehörigen des Traditionellen Milieus haben ein hierarchisches, von Konformität und traditionellen Moralvorstellungen geprägtes Weltbild. Sie sind, so ihr Selbstbild, „die kleinen Leute“, rechtschaffen und bodenständig – aber durch die gesellschaftliche Modernisierung zunehmend an den Rand gedrängt. Die Folgen sind oft Resignation und Verbitterung. Das Leitmotiv der Traditionellen könnte heißen: „Keine Experimente“. Sie halten fest an traditionellen Tugenden wie Pflichterfüllung, Anstand, Sparsamkeit und Disziplin. Ihr Lebensprinzip ist Bescheidenheit („man muss zufrieden sein mit dem, was man hat“). Sie haben keine hoch gesteckten Ziele (mehr), sondern lediglich den Wunsch nach Gesundheit, Ruhe und Harmonie. Glücklich wird das Leben durch die Liebe (in der Partnerschaft, in der Familie) und den Glauben. Im Alltag legt man Wert darauf, in geordneten Verhältnissen zu leben, man passt sich an sein soziales Umfeld an und ist bestrebt, den hart erarbeiteten Lebensstandard zu bewahren. Wichtig für Traditionelle ist das Vertraute, Gewohnte und Bodenständige. Routinen, Rituale und Bräuche geben Sicherheit und Geborgenheit. Idealerweise soll alles so bleiben wie es immer schon war. Wandel und Veränderung erzeugen Unbehagen. Die Bereitschaft des Milieus, sich auf Neues und Fremdes einzulassen, ist gering. Die Vergangenheit wird oft romantisch verklärt („früher war alles besser“). Entsprechend ausgeprägt ist die Tendenz der Traditionellen zum Rückzug in die heile Welt der eigenen vier Wände. Typisch ist ein passives Freizeitverhalten mit dem Fokus auf Haus, Garten, Hobbys und familiäre Verpflichtungen. Die Suche nach Entspannung und Ablenkung durch Medienkonsum (Fernsehen, Zeitschriften) ist weit verbreitet – wobei das Leben der Traditionellen weitgehend offline stattfindet. Zu digitalen Angeboten, Internet und Multimedia hat man eine große Distanz. Wichtigste Stilprinzipien im Milieu sind Ordnung, Sauberkeit und Zweckmäßigkeit (praktisch, pflegeleicht, haltbar). Man hat keinen Bedarf nach Extravaganzen und stilistischer Abgrenzung, sondern möchte den althergebrachten Standard. Am liebsten hat man es altdeutsch-rustikal (im Wohnbereich: Schrankwand, Eckbank,

2.2 Die Sinus-Milieus im Überblick

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„Gelsenkirchener Barock“). Bequemlichkeit geht vor Ästhetik und Design, und Geschmack richtet sich nach dem Geldbeutel. Zu beachten in der Kommunikation mit Traditionellen ist eine milieugerechte Einfachstruktur der Aussagen: Kongruenz von Bild und Text, keine abgehobene Sprache, nicht theorielastig – sondern alltagsnah, praktisch und solide. Erfolgversprechend sind affirmative, harmonische Botschaften, die die Sehnsucht der Zielgruppe nach Ruhe, Verlässlichkeit und Gemütlichkeit bedienen, die menschliche Nähe schaffen und die Sicherheit und Klarheit in einer zunehmend überkomplexen Welt versprechen. Leitmotiv der Ansprache kann das Bewahren des Bewährten, Traditionellen, Überlieferten sein, oder das Angebot von Rückhalt und Unterstützung, verbunden mit Signalen an die Adressaten, dass sie gebraucht werden und etwas Nützliches beitragen können.

2.2.4 Prekäre 2.2.4.1 Kurzcharakterisierung Bei den Prekären handelt es sich um die um Orientierung und Teilhabe bemühte Unterschicht, die dazu gehören möchte und den Wunsch hat, Anschluss zu halten an die Konsumstandards der breiten Mitte. In diesem Milieu häufen sich soziale Benachteiligungen, Ausgrenzungserfahrungen, Verbitterung und Ressentiments.

2.2.4.2 Grundorientierung und Lebensstil Viele Angehörige des Prekären Milieus leben in sozial und finanziell schwierigen Verhältnissen. Und viele fühlen sich aufgrund einer Kumulation von Defiziten (fehlende Ausbildung, Krankheit, familiäre Probleme, Arbeitslosigkeit) als Benachteiligte – ohne eigene Schuld. Die Alltagswirklichkeit ist vom Kampf um das tägliche Überleben geprägt, die eigenen Gestaltungsmöglichkeiten sind gering, der Einzelne ist ohnmächtig, und wer unten ist, hat wenig Chancen. Entsprechend beklagt werden die ungerechten Zustände in der Gesellschaft, die mangelnde Solidarität, die Gier der Bessergestellten und deren Verachtung der kleinen Leute. Die Folge ist häufig ein um sich greifender Pessimismus, Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit – oder auch ein trotziges Selbstbewusstsein mit aggressiver Abgrenzung gegenüber Randgruppen, Chauvinismus und Protestbereitschaft. Kompensatorisch ist bei den Prekären das Bemühen mitzuhalten weit verbreitet. Die Milieuangehörigen haben den starken Wunsch nach Identität und Zugehörigkeit, die Sehnsucht, wahrgenommen und ernst genommen zu werden. Gerade weil man sich selbst meist auf der Verliererseite sieht, möchte man anerkannt sein und 11

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2 Das Gesellschafts- und Zielgruppenmodell der Sinus-Milieus

dazu gehören. Prekäre haben ausgeprägte konsum-materialistische Wünsche; man möchte sich etwas leisten können, ein „Stück vom Kuchen“ abbekommen. Das Wichtigste im Leben ist aber Gesundheit und der Zusammenhalt in der Familie; viele sind bereit, zurückzustecken, damit es der Familie gut geht und die Kinder es einmal besser haben. Manche suchen Ablenkung von der harten Realität durch Flucht in Traumwelten (Geld, Luxus, Prestige) oder intensiven Medien- und Genussmittelkonsum (Zigaretten, Alkohol, Süßigkeiten, Snacks). Die Teilnahme am Leben der Reichen und Schönen via Yellow Press und TV-Serien sorgt für sekundäre Glücksmomente. Im Milieu der Prekären haben Äußerlichkeitswerte eine große Bedeutung (z. B. Body-Kult); insbesondere bei Männern findet sich oft ein starkes Geltungsbedürfnis. Prekäre sind ausgesprochen mode- und trendaffin. Sie sind gepolt auf Unterhaltung und Entertainment in jeglicher Form und haben Freude an der medialen Trashkultur. Trotz Technikbegeisterung (U-Elektronik, TV, Computerspiele) haben sie häufig aber nur eine geringe IT-Kompetenz. Kommunikation mit dem Milieu sollte verständlich und verständnisvoll sein, respektvoll und vertrauenerweckend, geradeheraus – und durchaus zupackend und direktiv (Orientierung gebend). Dabei verbietet es sich, von oben herab zu sprechen und mit dem moralischen Zeigefinger zu winken. Prekäre brauchen keine frommen Ratschläge, sondern anschauliche Beispiele und Tipps für das tägliche Überleben. Viele haben eine Präferenz für plakative Auftritte und „ehrliche“, unverblümte Aussagen. Ihr Vertrauen in die (Massen-) Medien ist groß, ebenso wie ihre Affinität zu Werbung. Leitmotiv der Ansprache sollte primär Akzeptanz und Anerkennung sein, im Sinne von Zugehörigkeit bzw. Anschluss an die Mitte der Gesellschaft.

2.2.5 Bürgerliche Mitte 2.2.5.1 Kurzcharakterisierung Die Bürgerliche Mitte ist der leistungs- und anpassungsbereite Mainstream, der nach beruflicher und sozialer Etablierung strebt und gesicherte und harmonische Verhältnisse möchte. Das Milieu bejaht grundsätzlich die gesellschaftliche Ordnung, leidet aber zunehmend unter Verunsicherung, Überforderung und Abstiegsängsten.

2.2.5.2 Grundorientierung und Lebensstil Die Angehörigen der Bürgerlichen Mitte sehen sich selbst als Mitte und Rückgrat der Gesellschaft – sozusagen als „Otto Normalverbraucher“, aber nicht selten auch als „Melkkuh der Nation“. Durch Zielstrebigkeit, Leistungs- und Anpassungs-

2.2 Die Sinus-Milieus im Überblick

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bereitschaft möchte man einen angemessenen Status in der Gesellschaft – in der wohlsituierten Mitte – erreichen. Die Bürgerliche Mitte möchte gesicherte materielle Verhältnisse sowie Beständigkeit, Ordnung und Balance – beruflich wie privat. Sie will teilhaben an der modernen Welt, aber realistisch und bodenständig bleiben, nichts übertreiben und kein Risiko eingehen. Glück und Erfüllung verspricht zuvorderst die Geborgenheit in einer intakten Familie und das Eingebundensein in die lokale Nahwelt mit einem verlässlichen und akzeptierenden Netzwerk von Freunden, Nachbarn, Vereinen. Harmonie, Freundlichkeit, Rücksicht, Fairness, Treue und Zuverlässigkeit sind entsprechend wichtige Werte. Typisch für die Angehörigen des Milieus ist ein konventioneller, modern-bürgerlicher Lebensstil, charakterisiert durch das Streben nach sozialer Nähe und Wärme sowie nach Ausgleich von Arbeit und Freizeit, persönlichen Interessen und familiären Pflichten. Viele haben ausgeprägte Komfort-Ansprüche und eine starke Wellness-Orientierung, sehnen sich nach Lebensqualität und Genuss. Konsumpriorität haben ein gut ausgestattetes, gemütliches Heim und ein gepflegtes Outfit. Aber auch für Auto, Urlaub, Freizeit, Sport und nicht zuletzt für die aufwändige Förderung der Kinder und Enkel (Stichwort „Bildungswettrüsten“) wird gerne Geld ausgegeben. Im Milieu der Bürgerlichen Mitte orientiert man sich an sozialen Normen und Konventionen. Auch geschmacklich passt man sich an das Empfinden der Mehrheit an und bevorzugt eine konventionell-moderne Ästhetik. Gängige Trends werden gerne aufgegriffen. Viele haben eine Schwäche für modische Design-Produkte einerseits, für rustikal-natürliche Ästhetik und Retro-Trends andererseits. Gleichzeitig schätzt man das Praktische und Pflegeleichte – wobei Funktionalität und Ordnung als Symbol für Intaktheit und Sicherheit stehen. Leitmotiv des Milieus ist „das Erreichte sichern“ – was allerdings schwer fällt in Zeiten, in denen die Zukunft immer weniger planbar scheint. Tatsächlich breitet sich in der Bürgerlichen Mitte zunehmend Verunsicherung und Furcht vor sozialem Abstieg aus: Angst, nicht mehr mitzukommen (technologisch, finanziell), den Anforderungen steigender Komplexität (Digitalisierung) und Diversität (Zuwanderung) nicht mehr gerecht werden zu können – mit der Folge wachsender Unzufriedenheit und Erschöpfung sowie verstärkter Cocooning- und Abschottungstendenzen. Diese Befindlichkeit ist in der Kommunikation mit der Bürgerlichen Mitte mit zu berücksichtigen. Die Kommunikation sollte keine Störimpulse setzen und nicht allzu elaboriert und herausfordernd sein. Erfolgversprechend ist ein klarer, unprätentiöser Stil, eine lebendige, bildhafte Sprache, eine freundliche Tonalität sowie die Beachtung sozialer Konventionen (z. B. Höflichkeit). Leitmotive der An-

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2 Das Gesellschafts- und Zielgruppenmodell der Sinus-Milieus

sprache könnten sein: gesicherte Verhältnisse herstellen; das gute Mittelmaß finden; integriert sein und mitreden können; bodenständig, gesellig und lebensfroh bleiben.

2.2.6 Sozialökologische 2.2.6.1 Kurzcharakterisierung Die Sozialökologischen sind ein engagiert gesellschaftskritisches Milieu mit normativen Vorstellungen vom „richtigen“ Leben. Sie haben ein ausgeprägtes ökologisches Gewissen und sind häufig Globalisierungsskeptiker und Bannerträger von Political Correctness und Diversity (Multikulturalismus).

2.2.6.2 Grundorientierung und Lebensstil Leitmotive der Sozialökologischen sind Nachhaltigkeit, Entschleunigung und Gerechtigkeit. Das Milieu versteht sich als ökologische und soziale Avantgarde, als Träger globaler Verantwortung und „Gewissen der Gesellschaft“. Viele sind schonungslose Aufklärer und Kritiker von Missständen (Umweltzerstörung, soziale Spaltung, Ausbeutung der Dritten Welt), die dazu beitragen wollen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Und viele haben genaue Vorstellungen von dem, was richtig und gut ist, versuchen nachhaltige Alternativen vorzuleben (Ernährung, Wohnen, Energie, Mobilität) und – mit teilweise ausgeprägtem Sendungsbewusstsein – andere davon zu überzeugen. Sozialökologische kritisieren die materialistische Wachstums- und Überflussgesellschaft, die sinnentleerte Jagd nach Geld und Konsum und die neoliberale Ellbogen-Mentalität – vor dem Hintergrund starker Wertebezüge und postmaterieller Ansprüche (Rettung des Planeten, Gerechtigkeit, Toleranz, Solidarität). Viele sind selbst aktiv im sozialen Bereich bzw. im Umwelt- und Naturschutz, setzen sich ein für einen nachhaltigen Lebensstil, für politische Korrektheit, für Vielfalt und Multikulturalismus. Viele haben ein ausgeprägtes Interesse an fremden Kulturen. Typisch für das Milieu ist sein Streben nach Authentizität, Ganzheitlichkeit und Balance (auch Fitness und Gesundheit). Sozialökologische sind Anhänger von Downsizing und Entschleunigung mit der Vision eines nachhaltigen Lebens in der Gesellschaft wie im Privaten. Sie orientieren sich an den Leitwerten Freiheit, Verantwortung, Selbstverwirklichung, Achtsamkeit, Natürlichkeit und Sinnlichkeit. Viele haben ausgeprägte kontemplative Bedürfnisse und eine Affinität zu Spiritualität und Esoterik. Sozialökologische definieren sich eher über anspruchsvolle intellektuelle und kulturelle Interessen als über Besitz und Konsum. Ihr Motto ist „mehr Sein als

2.2 Die Sinus-Milieus im Überblick

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Schein“, und sie haben eine große Distanz zu Künstlichem, Oberflächlichem und Protzigem. Vom Massengeschmack der modernen Konsumgesellschaft grenzen sie sich ebenso ab wie gegenüber Trash und Kitsch. Sie wollen es unprätentiös und statusneutral, legen keinen Wert auf Exklusivität und Extravaganz. Typisch ist die Vorliebe des Milieus für offene, flexible Strukturen und belebte Arrangements (menschliches Maß). In der Alltagsästhetik des Milieus zeigt sich seine Sehnsucht nach dem Echten und Natürlichen, aber auch sein Hang zu Idyllisierung und Nostalgie. Im Freizeitleben der Sozialökologischen spielen Kultur und Kommunikation eine große Rolle. Man ist gerne in Gemeinschaft und an Orten, wo steife bürgerliche Konventionen durchbrochen werden: auf alternativen Stadtfesten, in Kulturcafés, Kleinkunstveranstaltungen etc. Trotz verbreiteter Skepsis gegenüber den (Massen-) Medien sind Sozialökologische auf allen Kanälen (online und offline) erreichbar. Bei der Ansprache des Milieus empfiehlt sich ein reflektierender Stil und eine kritisch-hinterfragende Tonalität. Jede Form werblicher Kommunikation und „Verkäufe“ verbietet sich. Insbesondere die Sensibilität gegenüber „Greenwashing“ ist groß. Stattdessen sind Achtsamkeit und Toleranz geboten, auch in der Sprache (Gender Mainstreaming ist Pflicht). Erfolgversprechend sind Signale der Anerkennung von Verantwortungsethik und Gutmenschentum des Adressaten. Als Leitmotive der Ansprache eignen sich Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit, Lebenssinn, Wohlfühlmomente, Selbstentfaltung und Visionen einer besseren Gesellschaft.

2.2.7 Liberal-Intellektuelle 2.2.7.1 Kurzcharakterisierung Beim Liberal-intellektuellen Milieu handelt es sich um die aufgeklärte Bildungselite mit kritischer Weltsicht, liberaler Grundhaltung und postmateriellen Wurzeln. Typisch für das Milieu ist ein ausgeprägter Individualismus und der Wunsch nach Selbstbestimmung und Selbstentfaltung.

2.2.7.2 Grundorientierung und Lebensstil Typisch für das Milieu der Liberal-Intellektuellen ist seine liberale, kosmopolitische Grundhaltung mit den Leitwerten Weltoffenheit, Toleranz, Anti-Fundamentalismus und Diversity. Liberal-Intellektuelle sind leistungsbereit und zeigen Durchhaltevermögen. Sie sind verantwortungsbewusst und gleichzeitig pragmatisch, sie streben nach Erfolg, haben aber keine klassische Kar15

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2 Das Gesellschafts- und Zielgruppenmodell der Sinus-Milieus

riereorientierung. Sie akzeptieren die Leistungsgesellschaft und das Prinzip der Selbstverantwortung, haben aber auch den starken Wunsch nach einer besseren und gerechteren Welt. Viele Liberal-Intellektuelle leben einen postmateriell geprägten Individualismus. Sie möchten Freiräume für sich selbst schaffen (auch gegen Sachzwänge), streben nach Zeitsouveränität und Entschleunigung. Ein gehobener Lebensstandard macht es möglich, sich Freiheiten zu „erkaufen“ und die eigenen Spielräume kreativ auszugestalten. Charakteristisch für das Milieu ist die Betonung der ethischen Grundlagen des (Zusammen-) Lebens: Achtsamkeit, Respekt, Toleranz, Gemeinschaftssinn, Verantwortung, Gerechtigkeit und Liebe. Gleichzeitig pflegt man eine kritische Weltsicht, zeigt eine ausgeprägte Tendenz zum Relativieren und Hinterfragen. Liberal-Intellektuelle streben nach einem ganzheitlichen Lebensentwurf auf hohem Niveau. Sie haben meist anspruchsvolle intellektuelle und kulturelle Interessen. Charakteristisch ist die Pflege der Lebenskunst und die Wertschätzung von subtilen Genüssen, Ästhetik, Bildung und Kultur. Viele Liberal-Intellektuelle verfolgen das Ideal einer nachhaltigen, umwelt- und gesundheitsbewussten Lebensführung, zeigen dabei aber keinen missionarischen Eifer. Ihr Konsumverhalten ist anspruchsvoll und selektiv („weniger ist mehr“), verbunden mit einer Aversion gegen die oberflächliche Konsum- und Mediengesellschaft. Die Milieuangehörigen haben hohe ästhetische Ansprüche, auch im Alltag. Sie zeigen sich offen für ein breites Spektrum an Genres und Stilen (solange sie Anspruch und Niveau beweisen), sind dabei aber immer auf der Suche nach dem Authentischen, Originellen. Sie verachten den Mainstream-Geschmack und reagieren empfindlich auf Protz und Prunk, Kitsch und Trash. Viele Milieuangehörige verfügen über Stil-Sensibilität, Kennerschaft und Kunstverstand. Bevorzugt wird häufig ein unprätentiöser Gestus: klar, zeitlos, reduziert; Understatement ist ein beliebtes Stilmittel. Liberal-Intellektuelle sind offen für Neues und Außergewöhnliches, für Erkenntnisse, die (neue) Perspektiven eröffnen und Visionen aufzeigen – haben aber auch eine kritische, reflektierte Haltung gegenüber Medien und Inhalten und suchen am liebsten selbst aktiv nach Informationen und Hintergrundwissen. Typisch ist eine zielgerichtete, selektive Mediennutzung und die Suche nach seriösen Quellen. Erfolgversprechend ist eine niveauvolle, unaufdringliche Ansprache, die das Selbstbild des Milieus als liberale, tolerante Kosmopoliten mit Verantwortungsbewusstsein und gleichzeitig die milieuspezifische Vorliebe für Genuss, Kultur und Exklusivität bedient.

2.2 Die Sinus-Milieus im Überblick

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2.2.8 Konservativ-Etablierte 2.2.8.1 Kurzcharakterisierung Beim Konservativ-etablierten Milieu handelt es sich um das klassische Establishment mit klaren Exklusivitäts- und Führungsansprüchen und entsprechendem Standesbewusstsein – ein Milieu, das geprägt ist von Verantwortungs- und Erfolgsethik und einem zunehmenden Wunsch nach Ordnung und Balance.

2.2.8.2 Grundorientierung und Lebensstil Konservativ-Etablierte haben das Selbstbewusstsein des klassischen Establishments und sehen sich als verantwortungsbewusste gesellschaftliche Elite. Man strebt nach Erfolg durch Leistung, Pflichtbewusstsein, Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit und hat hohe Erwartungen an sich selbst und an andere. Milieutypisch ist Erfolgs- und Machbarkeitsdenken wie auch die Akzeptanz gesellschaftlicher Ungleichheit und die Betonung von Macht, Hierarchie und Rang. Das Leben nach dem „Prinzip Verantwortung“ basiert auf einem Fundament konservativ-bürgerlicher Werte: Tradition, (Hoch-) Kultur, intakte Familie, Solidität, Anstand, Autorität, Glaube und Religion. Der Lebensstil im Konservativ-etablierten Milieu ist geprägt von der Bewahrung bewährter Traditionen und Lebensformen, einem ausgeprägten Familiensinn und profilierten Exklusivitätsansprüchen. Prägend sind auch das Bedürfnis nach Distinktion (Abgrenzung nach unten) und die starken Entre-nous-Tendenzen – d. h. am liebsten bleibt man unter sich, in den gehobenen Zirkeln von Gleichgestellten. Luxus und exklusiver Konsum, sich etwas gönnen, bedient und verwöhnt werden sind Privilegien, von denen man glaubt, dass sie einem aufgrund der persönlichen Leistung und der daraus resultierenden gesellschaftlichen Stellung zustehen. In der Freizeit stehen familiäre, gesellschaftliche und kulturelle Aktivitäten im Vordergrund. Milieutypisch ist das starke Interesse an Hochkultur und Kunst (Theater, Oper, klassische Konzerte, Museen, Galerien, Kulturreisen), verbunden mit Distanz zu extravaganten, trivialen bzw. populären Erscheinungsformen. Konservativ-Etablierte pflegen gerne Hobbys mit hohem Sozialprestige (z. B. Golf, Segeln). Viele Milieuangehörige betreiben soziales und karitatives Engagement, um ihrer Rolle als Vorbild und Mitgestalter der Gesellschaft gerecht zu werden. Im Milieu der Konservativ-Etablierten hat man eine Vorliebe für das Edle, Vornehme, Kultivierte, für Harmonie und Ebenmaß. Alles Übertriebene, Schreiende, Vulgäre, aber auch allzu Verspieltes, wird abgelehnt. Distinktion und Kennerschaft sind die dominanten alltagsästhetischen Motive – von großbürgerlich bis klassisch-

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2 Das Gesellschafts- und Zielgruppenmodell der Sinus-Milieus

modern. Bevorzugt werden klare Linien und großzügige Arrangements. Das Bedürfnis nach Exklusivität, Wertigkeit und Repräsentation spielt eine große Rolle. In der Kommunikation mit dem Konservativ-etablierten Milieu gilt es, den gesellschaftlichen Status zu respektieren und möglichst das Selbstbild des Milieus als Elite mit Führungsanspruch zu bestätigen. Das bedeutet eine Ansprache der Milieuangehörigen als wirtschaftlich und gesellschaftlich relevante Zielgruppe, die Anerkennung ihres Verantwortungs- und Leistungsethos sowie die Signalisierung von Souveränität und Meinungsführerschaft.

2.2.9 Hedonisten 2.2.9.1 Kurzcharakterisierung Das Hedonistische Milieu ist die spaß- und erlebnisorientierte moderne Unterschicht und untere Mitte, die im Hier und Jetzt leben möchte – möglichst unbekümmert und spontan. Viele Hedonisten sind angepasst im Beruf, wollen aber in der Freizeit aus den Zwängen des Alltags ausbrechen.

2.2.9.2 Grundorientierung und Lebensstil Das Leben der Hedonisten ist oft turbulent, bunt und überraschend. Ihre Philosophie ist: frei, spontan und uneingeschränkt ganz in der Gegenwart zu leben; nicht warten, sparen und sich krumm legen, sondern das Leben gleich genießen. Hedonisten haben eine ausgeprägte Erlebnisorientierung und den Wunsch nach intensivem Leben. Sie lieben Fun & Action und pflegen einen expansiven, outdoor-orientierten Lebensstil. Der milieutypische Anspruch, „sein eigenes Ding“ zu machen, seinen eigenen Träumen nachzugehen, kommt meist in der Freizeit zum Tragen. Die Freizeit als Refugium für unprogrammiertes Leben ist der eigentliche Lebensraum des Milieus, wo man sich nicht selten zielstrebig und engagiert mit seinen speziellen Interessen (von Mangas bis Motorsport) beschäftigt. Entgegen ihrem Selbstbild sind Hedonisten oft weniger cool und entspannt als ständig auf der Suche: nach Kommunikation, Unterhaltung, Party, Job, Wohnung, Geld – und nicht zuletzt nach sozialer Akzeptanz. Man möchte „gut drauf“ sein, um auf andere anziehend zu wirken, und man möchte geschätzt, geliebt und gebraucht werden. Zentrale Bedeutung im Leben haben die Familie, die Beziehung, die Freunde und die Emotionen, die man mit ihnen teilt. Materielle Ziele werden selten ernsthaft verfolgt, weil man Planung und Anstrengung vermeiden will. Dennoch möchte man nicht auf die Dinge verzichten, die das Leben angenehmer machen (Auto, Reisen, Events, Unterhaltungselektronik, IT). Die Maxime des Milieus lautet:

2.2 Die Sinus-Milieus im Überblick

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möglichst keine einschränkenden Verpflichtungen, keinen Stress; Anpassung wo nötig, Freiheit wo möglich. Der Bezug zu gesellschaftlichen Normen, Werten und Konventionen ist entsprechend flexibel. Milieutypisch ist ein spontaner Konsumstil und ein unkontrollierter Umgang mit Geld; häufig lebt man auf Pump. Viele haben eine hohe Konsumneigung bei Ausgehen, Musik, Games, Kleidung, Sport und identifizieren sich mit den jeweils aktuellen Lifestyle-Trends. Jugendlichkeits- und Body-Kult sind mächtige Lifestyle-Normen im Milieu (gängige Schönheitsideale und Pop-Ikonen als Vorbilder) – bereiten den (älteren) Milieuangehörigen aber zunehmend Probleme. Ein anderes Segment der Hedonisten profiliert sich über demonstrative Unangepasstheit, durch Spaß an Tabuverletzungen und Provokation und einer Vorliebe für Unkonventionelles (z. B. Faible für Retro, Esoterik und Fantasy). Originalität, starke Reize und die Missachtung bürgerlicher Ordnungsnormen sind charakteristische Stilansprüche, die in der Kommunikation mit den Hedonisten berücksichtigt werden sollten. Erfolgversprechend ist es, an die Anti-SpießerSehnsucht des Milieus anzuknüpfen, an das Bedürfnis, anders zu sein und aus den Zwängen der Konvention auszubrechen. Leitmotive der Ansprache in diesem Sinn wären Spannung, Spontaneität und Neugier, Freiheit, Selbstverwirklichung, Spaß und Lebensfreude. Zum Scheitern verurteilt sind dagegen Aussagen / Angebote, die als Bevormundung oder Verpflichtung interpretiert werden können, sowie alle Botschaften, die Anstrengung, Aufschub und Verzicht predigen.

2.2.10 Performer 2.2.10.1 Kurzcharakterisierung Beim Milieu der Performer handelt es sich um die multioptionale, effizienzorientierte Leistungselite unserer Gesellschaft mit einer hohen Technik- und IT-Affinität und global-ökonomischem Denken. Das Milieu sieht sich selbst als Konsum- und Stil-Avantgarde, zeigt aber deutliche Etablierungstendenzen und ist dabei, seinen früheren visionären Elan zu verlieren.

2.2.10.2 Grundorientierung und Lebensstil Performer haben eine von Zielstrebigkeit, Leistungsoptimismus und pragmatischem Denken geprägte Grundhaltung. Typisch ist ihre Effizienz-, Wettbewerbs- und Karriereorientierung, verbunden mit dem Streben nach Selbstverwirklichung und intensivem Leben. „Flexibel zum Erfolg“ kann als Leitmotiv für das Milieu gelten.

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20

2 Das Gesellschafts- und Zielgruppenmodell der Sinus-Milieus

Man steckt viel Energie und Risikobereitschaft in die Verfolgung seiner Ziele, und man möchte Erfolg haben, wenn und wo sich Chancen auftun. Performer orientieren sich sehr stark am Prinzip der Selbstverantwortung, befürworten den freien Wettbewerb und treten ein für Deregulierung und Globalisierung. Individualität und Freiheit sind zentrale Werte. Jeder ist für sein Glück selbst verantwortlich, muss selbst wissen, was er leisten und erreichen kann. Die Angehörigen dieses Milieus verstehen sich als die moderne Elite: smart, dynamisch, kosmopolitisch und immer einen Schritt voraus. Sie sind Stil- und Technik-Trendsetter, denken global, sind getrieben von Neugier und dem Wunsch, unter den Ersten und Besten zu sein. Viele Performer haben einen Avantgarde-Anspruch hinsichtlich Konsum, Designpräferenzen und Lebensart und sie haben eine ausgeprägte Konsumneigung: Konsum ist Belohnung für Leistung. Die Ansprüche an Qualität und Service sind entsprechend hoch. Viele Performer haben ein robustes Selbstbild als Macher, Networker und Multitasker und ein entsprechend großes Ich-Vertrauen. Aber sie sind auch sehr sensibel für Status-Aspekte und anfällig für Prestige-Signale. Die meisten Milieuangehörigen haben großes Interesse an sportlicher Betätigung (Trendsport, Prestigesport, Extremsport) und bevorzugen generell eine aktive Outdoor-orientierte Freizeitgestaltung. Performer haben eine hohe IT- und Multimedia-Kompetenz; die neuen Medien werden selbstverständlich in die alltägliche Lebensführung integriert – wobei die Technik den Doppelcharakter eines Spielzeugs wie auch eines Arbeitsmittels zur Effizienzsteigerung hat. Das dominante alltagsästhetische Prinzip im Milieu der Performer ist ein extravertierter Individualismus. Die Inszenierungen zielen auf Wirkung, Extravaganz und Selbstpräsentation. Weil man sich als Avantgarde versteht, greift man aktuelle Moden und Designtrends gerne auf. Performer lehnen die traditionelle wie die zeitgemäße „Spießer-Ästhetik“ ab (Eiche rustikal ebenso wie Landhaus-Nostalgie), bevorzugen einen coolen Modernismus und haben oft ein Faible für modernes (Industrie-) Design und technisch anmutende Materialien wie Stahl, Beton und Glas. Hilfreich in der Kommunikation mit Performern ist es, das Selbstverständnis des Milieus als Elite und Avantgarde zu verstärken, indem man den Adressaten einen Informationsvorsprung verschafft und sie als „First Mover“, die auf der Höhe der Zeit sind, anspricht. Das bedeutet, Signale der Anerkennung von Leistung, Kreativität und Risikobereitschaft an die Zielgruppe zu senden und gleichzeitig den Nutzen der Botschaft zu betonen: als Hilfe zur Selbstpositionierung bzw. zur Erreichung persönlicher oder beruflicher Ziele. Entscheidend sind Effizienz und Professionalität des Auftritts.

Zukunftsoptimismus der Eltern mit Blick auf ihre Kinder

3 Zukunftsoptimismus der Eltern mit Blick auf ihre Kinder

3.1

Zukunftsoptimismus allgemein

3.1

Zukunftsoptimismus allgemein

3

Wie optimistisch sind Eltern beim Blick in die Zukunft ihrer Kinder? Die breite Mehrheit der Eltern ist im Großen und Ganzen optimistisch, was die Zukunft ihrer Kinder angeht. Enthusiastisch äußert sich aber nur ein kleiner Teil. Auf die Frage, ob man in die Zukunft der eigenen Kinder zuversichtlich oder düster blickt, äußern sich 86% (mehr oder weniger) zuversichtlich. Uneingeschränkt zuversichtlich sind aber nur 22%. Dem stehen 14% gegenüber, die ein (eher) düsteres Bild der eigenen Zukunft zeichnen („eher düster“: 13%, „sehr düster“: 1%). Väter und Mütter unterscheiden sich hier nicht signifikant voneinander. Auch das Alter der Eltern spielt bei dieser Frage keine Rolle. Allerdings zeigen sich Bildungs- und Einkommensunterschiede: Während sich unter den „bildungsfernen“ Eltern und den Eltern mit niedrigem Haushaltseinkommen jeweils 19% pessimistisch mit Blick auf die Zukunft ihrer Kinder äußern, sind es unter den bildungsnahen Eltern nur 10% und in der Gruppe mit hohem Haushaltseinkommen nur 9%. Noch deutlicher fallen die Milieuunterschiede aus: In den bildungsbenachteiligten Milieus der Hedonisten und Prekären blicken 20% respektive 41% in eine (eher) düstere Zukunft ihrer Kinder. Im Gegensatz dazu sind es im Milieu der Liberal-Intellektuellen nur 8% und im von Erfolg geprägten Milieu der Performer gerade einmal 6%.

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Calmbach und C. Schleer, Berufsorientierung und „Future Readiness“ Jugendlicher, SINUS-Studien, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31269-5_3

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3 Zukunftsoptimismus der Eltern mit Blick auf ihre Kinder

Wie sehen Eltern die Zukunft ihrer Kinder? „Wie blicken Sie in die persönliche Zukunft Ihres Kindes?“ 86 %  TOTAL

NIEDRIGE BILDUNG MITTLERE BILDUNG HOHE BILDUNG

MÜTTER VÄTER

1 % 13 %

18%

1% 1%

64 %

14 %

22 %

60 %

21 %

63 %

22 %

1% 9%

67 %

23 %

1 % 10 %

64 %

25 %

1%

15 %

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

65 %

19 %

sehr düster eher zuversichtlich

eher düster sehr zuversichtlich

Wie optimistisch sehen Eltern die Zukunft der deutschen Gesellschaft? Die Eltern sind gespalten bei der Frage, ob die Zukunft der Gesellschaft vielversprechend oder düster aussieht. Nur ein Bruchteil der Eltern (4%) ist „sehr zuversichtlich“, was die Zukunft der Gesellschaft in Deutschland betrifft. 43% sind zumindest eingeschränkt optimistisch („eher zuversichtlich“). Der gleiche Anteil blickt hingegen „eher düster“ in die Zukunft der Gesellschaft, weitere 9% sogar „sehr düster“. Auffällig ist, dass die Zuversicht mit Blick auf die gesellschaftlichen Entwicklungen klar mit dem Bildungsniveau der Befragten steigt. Während sich unter den Niedriggebildeten nur 34% optimistisch äußern („sehr oder eher zuversichtlich“), sind es bei den Mittelgebildeten 45% und bei den Hochgebildeten 54%. Ähnlich verhält es sich beim Haushaltseinkommen. Danach sind hohe Einkommensbezieher (3.500 Euro und mehr: 52%) zuversichtlicher als niedrige Einkommensbezieher (bis unter 2.500 Euro: 39%). Geschlechts- und Altersunterschiede zeigen sich bei dieser Frage keine.

3.1 Zukunftsoptimismus allgemein

23

Wie blicken Eltern in die gesellschaftliche Zukunft?

Oberschicht / Obere Mittelschicht

Milieuunterschiede Antwort „eher zuversichtlich / sehr zuversichtlich“

LiberalIntellektuelle

52 % 

Mittlere Mittelschicht

Traditionelle

Performer

67 % 

Expeditive

Sozialökologische

43 % 

Bürgerliche Mitte

37 % 

51 % 

AdaptivPragmatische

44 % 

33 % 

Hedonisten

47 % 

Prekäre

Soziale Lage

Untere Mittelschicht / Unterschicht

55 % 

KonservativEtablierte

10 % 

Ø = 47 %  © SINUS 2019

Grundorientierung Festhalten Bewahren

Tradition

Haben & Genießen

Sein & Verändern

Modernisierung / Individualisierung

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

Machen & Erleben

Grenzen überwinden

Neuorientierung

überrepräsentiert durchschnittlich unterrepräsentiert

Auch bei dieser Frage bestehen große Unterschiede im Antwortverhalten der sozialen Milieus: Während gut zwei Drittel der stark erfolgsorientierten Performer zuversichtlich in die Entwicklung der Gesellschaft blicken, sind es nur 10% bei den Prekären. Hier zeigt sich der Pessimismus dieser wirtschaftlich und sozial benachteiligten Modernisierungsverlierer. Prekäre sehen sich ohne eigene Schuld von der Gesellschaft im Stich gelassen, als Opfer des globalen Wandels und der politischen Reformen. Auffällig ist aber auch der hohe Anteil der wenig optimistisch in die Zukunft blickenden Angehörigen des Traditionellen Milieus (37%) und der Bürgerlichen Mitte (33%). Zurückzuführen ist das darauf, dass in beiden Lebenswelten viele Milieuangehörige die Furcht vor sozialem Abstieg umtreibt, wie auch die Angst, technologisch, sozial und finanziell nicht mehr mithalten zu können.

23

24

3 Zukunftsoptimismus der Eltern mit Blick auf ihre Kinder

Rechnen Eltern mit sozialem Aufstieg ihrer Kinder? „Glauben Sie, dass es Ihrem Kind in Zukunft einmal schlechter, gleich oder besser gehen wird als Ihnen heute?“ SCHLECHTER

BESSER

25 % 

28 % 

27 %

29 %

24 %

29 %

24 %

27 % Niedrige Bildung

Mittlere Bildung

Hohe Bildung GLEICH

47 %  44 % 47 % 49 %

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

Rechnen Eltern mit sozialem Aufstieg ihrer Kinder? Rund drei Viertel glauben nicht, dass es ihre Kinder einmal besser haben werden. Die befragten Mütter und Väter sollten angeben, ob sie glauben, dass es ihren Kindern im Vergleich zu ihnen heute in Zukunft besser, schlechter oder gleich gut gehen wird. Im Ergebnis rechnet ein Viertel mit einer Verschlechterung, 28% mit einer Verbesserung. 47% gehen davon aus, dass es ihren Kindern gleich gut gehen wird. Mütter sind dabei etwas zuversichtlicher als Väter (32% vs. 24%, die glauben, dass es den eigenen Kindern besser gehen wird). Auch bei der Bildung zeigt sich ein Zusammenhang: Die formal niedriggebildeten Befragten rechnen etwas häufiger mit einer Verschlechterung als die formal Hochgebildeten (33% vs. 24%). Im Milieuvergleich sind es erneut die Prekären, die besonders wenig Zuversicht verbreiten: In dieser Lebenswelt befürchtet fast jeder zweite Elternteil, dass es dem eigenen Kind zukünftig (noch) schlechter gehen wird als einem selbst.

3.2 Beruflicher Zukunftsoptimismus

25

3.2

Beruflicher Zukunftsoptimismus

3.2

Beruflicher Zukunftsoptimismus

Wie zuversichtlich sind Eltern mit Blick auf die berufliche Zukunft ihrer Kinder? Um herauszufinden, wie zuversichtlich die Eltern mit Blick auf die berufliche Zukunft ihrer Kinder sind, wurden ihnen zwei Fragen gestellt: Zunächst wurde erhoben, ob die Eltern der beruflichen Zukunft ihrer Kinder mit Hoffnungen oder Befürchtungen entgegensehen. Anschließend wurde gefragt, wie sicher sich die Eltern sind, dass die beruflichen Wünsche ihrer Kinder in Erfüllung gehen.

Wie zuversichtlich sind Eltern mit Blick auf die berufliche Zukunft ihrer Kinder? „Wie sicher sind Sie sich, dass die beruflichen Wünsche Ihres Kindes in Erfüllung gehen?“ 68 %  TOTAL

NIEDRIGE BILDUNG MITTLERE BILDUNG HOHE BILDUNG

MÜTTER VÄTER

30 BIS 39 JAHRE 40 BIS 49 JAHRE 50 JAHRE UND ÄLTER

7%

2%

6%

4%

9%

9%

23 %

2%

5% 3%

6%

23 %

2%

21 %

45 %

18 %

27 %

8%

2%

24 % 21 %

16 %

49 %

25 %

1%

3%

28 %

57 %

8%

6%

19 %

39 %

26 % 19 %

3%

49 %

21 % 48 %

16 %

42 %

22 %

49 %

17 %

50 %

weiß nicht Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

20 %

sehr unsicher eher sicher

eher unsicher sehr sicher

25

26

3 Zukunftsoptimismus der Eltern mit Blick auf ihre Kinder

Die Eltern sind verhalten optimistisch, dass die Berufswünsche ihrer Kinder in Erfüllung gehen. Nur rund ein Fünftel der befragten Eltern sind sich „sehr sicher“, dass die beruflichen Wünsche ihrer Kinder in Erfüllung gehen. Die mit Abstand meisten Eltern sind dagegen nur verhalten optimistisch („eher sicher“: 49%). 25% sind sich (eher) unsicher („sehr unsicher“: 3%, „eher unsicher“: 23%), und 7% trauen sich keine Einschätzung zu („weiß nicht“). Soziodemografische Unterschiede fallen bei dieser Frage eher moderat aus. • Die Mütter sind etwas zuversichtlicher als die Väter (70% vs. 64%). • Die Zuversicht steigt mit dem Alter der Eltern (30-39 Jahre: 64%, 40-49 Jahre: 66%, 50+ Jahre: 70%). • Die hochgebildeten Eltern sind zuversichtlicher, was die berufliche Zukunft ihrer Kinder angeht als die niedriggebildeteren Eltern (73% vs. 67%). Im Vergleich der Lebenswelten äußert das stark bildungsorientierte Milieu der Liberal-Intellektuellen die größte Zuversicht: Mehr als drei Viertel der Angehörigen dieses Milieus sind sich „sehr sicher“ (23%) oder „eher sicher“ (54%), dass die beruflichen Wünsche ihrer Kinder in Erfüllung gehen. Ganz anders verhält es sich im Prekären Milieu. In dieser Lebenswelt ist knapp die Hälfte der befragten Eltern bei dem Gedanken an die berufliche Zukunft ihrer Kinder pessimistisch, weitere 19% trauen sich keine Einschätzung zu („weiß nicht“). Beim Blick in die berufliche Zukunft ihrer Kinder zeigen sich viele Eltern verunsichert. Bei der Frage, ob man mit Hoffnungen oder Befürchtungen in die berufliche Zukunft der eigenen Kinder blickt, äußert sich eine knappe Mehrheit von 54% hoffnungsvoll. Auf der anderen Seite sind 28% unentschieden, und 15% äußern sogar Befürchtungen. Offensichtlich macht sich hier bei vielen Eltern eine gewisse Unsicherheit bemerkbar. Dabei sind Bildungs- und Geschlechterunterschiede nicht zu erkennen, aber es besteht ein Alters- und Einkommenszusammenhang: Die älteren Mütter und Väter sind hoffnungsvoller als die jüngeren (50+: 60% vs. 30-39 Jahre: 48%). Ebenso sind Eltern mit hohem Haushaltseinkommen optimistischer als Eltern mit geringem Haushaltseinkommen (60% vs. 48%).

3.2 Beruflicher Zukunftsoptimismus

27

Im Milieuvergleich sehen Hedonisten und Prekäre am häufigsten mit Befürchtungen in die berufliche Zukunft ihrer Kinder (25% respektive 37%). Die wenigsten Sorgen machen sich Konservativ-Etablierte (8%) und Liberal-Intellektuelle (6%). Offensichtlich bestehen in diesen Gruppen kaum Zweifel daran, dass die eigenen Kinder in der Arbeitswelt genauso gut zurechtkommen werden wie man selbst.

27

Blick der Eltern auf „Future Readiness“ und Zukunftskompetenzen ihrer Kinder 4 Blick der Eltern auf „Future Readiness“ …

4

4 Blick der Eltern auf „Future Readiness“ …

Anhand einer Literatur-Recherche hat das SINUS-Institut Fähigkeiten identifiziert, die gemeinhin als berufliche Schlüsselkompetenzen für die Zukunft verstanden bzw. von der Arbeitswelt eingefordert werden. Die ermittelten Kompetenzen lassen sich zu sechs Dimensionen verdichten: Communication, Collaboration, Critical Thinking, Creativity / Curiosity, Charisma und Coolness. Für jede dieser Dimensionen wurden Fragebogen-Items entwickelt. Ergebnis ist ein kompakter, standardisierter Indikator zur Evaluation der subjektiven „Future Readiness“ junger Menschen: SINUS 6C: Future Competencies. Für jede dieser identifizierten Zukunftskompetenzen wurden den Eltern die folgenden drei Fragen gestellt: • Welche Eigenschaften und Fähigkeiten sind aus ihrer Sicht in Zukunft wichtig, um im Beruf erfolgreich zu sein? • Inwiefern sind sie der Ansicht, dass ihre Kinder über diese Zukunftskompetenzen verfügen? • Inwiefern sind sie der Ansicht, dass sie ihren Kindern dabei helfen können, diese Zukunftskompetenzen zu erlernen? Einleitend in diesen Fragenkomplex wurden die Eltern gefragt, wie gut sie ihre Kinder insgesamt auf die Zukunft vorbereitet sehen.

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Calmbach und C. Schleer, Berufsorientierung und „Future Readiness“ Jugendlicher, SINUS-Studien, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31269-5_4

29

30

4 Blick der Eltern auf „Future Readiness“ …

Zukunftskompetenzen SINUS 6C Future Competences CRITICAL THINKING

COMMUNICATION

COLLABORATION

– Souverän mit Computern umgehen

– Mich angemessen benehmen

– Mich in andere hineinversetzen

– Aus vielen Informationen das Wesentliche erkennen

– Auf Menschen aus anderen Kulturen aufgeschlossen zugehen

– Im Team zusammenarbeiten

– Dinge immer kritisch hinterfragen

– Fremdsprachen lernen

– Knifflige Probleme lösen

– Leicht in Kontakt mit anderen Menschen kommen

– Im Internet richtige von falschen Informationen unterscheiden

– Führung übernehmen, andere anleiten – Probleme offen ansprechen

– Umweltbewusstes Handeln – Einschätzen, ob Produkte unter fairen Bedingungen hergestellt werden

CREATIVITY / CURIOSITY – Neugierig sein – Ungewöhnliche Ideen entwickeln – Neue Dinge lernen, mich weiterbilden

COOLNESS – In stressigen Situationen einen kühlen Kopf bewahren – Meine Zeit richtig einteilen

CHARISMA – Eigene Ideen gut verkaufen – Vor fremden Leuten etwas vortragen

– In stressigen Phasen auf mich und meine Gesundheit achten

Quelle: SINUS (2019)

Wie gut sehen Eltern ihre Kinder auf die Zukunft vorbereitet? Die meisten Eltern sehen ihre Kinder im Großen und Ganzen gut auf die Zukunft vorbereitet. Auf die Frage „Wie gut sehen Sie Ihr Kind ganz allgemein auf die Zukunft vorbereitet?“ zeigt sich zunächst ein klares Bild: 82% der Eltern sehen ihre Kinder mehr oder weniger gut auf die Zukunft vorbereitet. In dieser Einschätzung wird aber auch eine gewisse Unsicherheit deutlich, denn nur 15% sehen ihre Kinder uneingeschränkt fit für die Zukunft („sehr gut vorbereitet“). Die meisten äußern sich hingegen verhalten optimistisch („eher gut vorbereitet“: 67%). Hinzu kommt, dass immerhin 18% ihre Kinder „eher schlecht“ (16%) oder sogar „sehr schlecht“ (2%) vorbereitet sehen.

4 Blick der Eltern auf „Future Readiness“ …

31

Wie sehen Eltern die Future Readiness ihrer Kinder? „Wie gut sehen Sie Ihr Kind ganz allgemein auf die Zukunft vorbereitet?“ 82 %  TOTAL

NIEDRIGE BILDUNG MITTLERE BILDUNG HOHE BILDUNG

MÜTTER VÄTER

2%

16 %

2%

67 %

21%

18 % 2 % 11 %

1 % 13 % 2%

15 %

60 %

17 %

69 %

13 %

69 %

18 %

69 %

19 %

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

17 % 66 %

13 %

sehr schlecht eher gut

eher schlecht sehr gut

Väter sind bei dieser Frage etwas skeptischer als Mütter: 21% der Väter sehen ihre Kinder auf die Zukunft schlecht oder sehr schlecht vorbereitet, unter den Müttern sind es nur 14%. Erneut variiert das Antwortverhalten mit dem Bildungshintergrund der Eltern: Während unter den Niedriggebildeten 23% die „Future Readiness“ ihrer Kinder skeptisch betrachten, sind es bei den Mittelgebildeten 18% und den Hochgebildeten 13%. Am wenigsten verbreitet ist die Skepsis in der Gruppe der höchsten Einkommensbezieher. Hier sind es nur 12%, die ihre Kinder eher oder sehr schlecht auf die Zukunft vorbereitet sehen. Im Vergleich dazu sind es in der Gruppe mit niedrigem Haushaltseinkommen 22%. Die Milieubetrachtung verdeutlicht die in großen Teilen des Prekären Milieus um sich greifende Perspektivlosigkeit, die sich aus Sicht der befragten Eltern nicht nur auf die eigene Situation bezieht, sondern auch die Zukunftsaussichten ihrer Kinder betrifft: 46% der Angehörigen dieses Milieus sehen ihre Kinder eher schlecht oder sehr schlecht auf die Zukunft vorbereitet – der mit großem Abstand höchste Wert.

31

32

4 Blick der Eltern auf „Future Readiness“ …

Wie sehen Eltern die Future Readiness ihrer Kinder?

Oberschicht / Obere Mittelschicht

Milieuunterschiede Antwort „eher schlecht / sehr schlecht“

LiberalIntellektuelle

17 %

Mittlere Mittelschicht

Traditionelle

Performer

12 %

Expeditive

Sozialökologische

12 %

Bürgerliche Mitte

19 %

12 %

AdaptivPragmatische

14 %

18 %

Hedonisten

23 %

Prekäre

Soziale Lage

Untere Mittelschicht / Unterschicht

12 %

KonservativEtablierte

46 %

Ø = 17 %  © SINUS 2019

Grundorientierung Festhalten Bewahren

Tradition

Haben & Genießen

Sein & Verändern

Modernisierung / Individualisierung

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

Machen & Erleben

Grenzen überwinden

Neuorientierung

überrepräsentiert durchschnittlich unterrepräsentiert

Welche Fähigkeiten sind aus Sicht der Eltern in Zukunft wichtig, um im Beruf erfolgreich zu sein? Die in der Befragung vorgegebenen Kompetenzen werden von den Eltern nahezu durchgängig als zukunftsrelevant eingestuft. Bei allen der 23 abgefragten Kompetenzen stimmen mindestens jeweils über 70% der Eltern zu, dass diese in der Zukunft wichtig sind, um im Beruf erfolgreich zu sein. Bei 19 dieser Kompetenzen sind es sogar jeweils über 85%, die ihnen eine hohe berufliche Bedeutung zuschreiben. Die anderen vier Kompetenzen werden immerhin noch von 70% bis 80% als zukunftsrelevant eingestuft: Führung übernehmen / andere anleiten (80%), ungewöhnliche Ideen entwickeln (78%), vor fremden Leuten etwas vortragen (74%) und einschätzen können, ob Produkte unter fairen Bedingungen hergestellt wurden (72%).

4 Blick der Eltern auf „Future Readiness“ …

33

Welche Fähigkeiten sind aus Sicht der Eltern in Zukunft wichtig, um im Beruf erfolgreich zu sein?? Wird in Zukunft wichtig sein

neue Dinge lernen, sich weiterbilden

97 %

in stressigen Situationen einen kühlen Kopf bewahren

97 %

aus vielen Informationen das Wesentliche erkennen

97 %

sich angemessen benehmen

95 %

im Team zusammenarbeiten

95 %

die eigene Zeit richtig einteilen

95 %

souverän mit Computern umgehen

94 %

im Internet richtige von falschen Informationen unterscheiden

94 %

Probleme offen ansprechen

93 %

knifflige Probleme lösen

93 %

in stressigen Phasen auf sich und die eigene Gesundheit achten

93 % 90 %

eigene Ideen gut verkaufen neugierig sein

90 %

umweltbewusstes Handeln

89 %

leicht in Kontakt mit anderen Menschen kommen

89 %

sich in andere hineinversetzen

87 %

Fremdsprachen lernen

87 %

Dinge immer kritisch hinterfragen

86 %

auf Menschen aus anderen Kulturen aufgeschlossen zugehen

85 %

Führung übernehmen, andere anleiten und motivieren ungewöhnliche Ideen entwickeln vor fremden Leuten etwas vortragen einschätzen können, ob Produkte unter fairen Bedingungen hergestellt werden

80 % 78 % 74 % 72 %

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

33

34

4 Blick der Eltern auf „Future Readiness“ …

Bei der Einschätzung der Zukunftsrelevanz der verschiedenen Fähigkeiten und Fertigkeiten zeigen sich keine Alters-, Geschlechts-, Bildungs- oder Einkommensunterschiede bei den Eltern. Auch in der Milieubetrachtung sind nur geringe Unterschiede zu erkennen. Auffällig ist aber, dass es bei allen der 23 abgefragten Kompetenzen jeweils überdurchschnittlich viele Performer sind, die ihnen eine hohe berufliche Bedeutung zuschreiben. Dieses Ergebnis ist zurückzuführen auf die stark kompetitive Grundhaltung der Performer. Diese multioptionale und effizienzorientierte moderne Leistungselite strebt v. a. nach beruflichem Erfolg – und geht vermutlich davon aus, dass die eigenen Kinder einen ähnlichen Weg einschlagen werden. Die in der Literatur beschriebenen und von SINUS zu sechs Dimensionen gebündelten Schlüsselkompetenzen (Communication, Collaboration, Critical Thinking, Creativity / Curiosity, Charisma und Coolness) werden auch aus Sicht der befragten Eltern als zukunftsrelevant eingestuft. Exemplarisch für diese Kompetenzfelder können hier folgende Aspekte genannt werden: neue Dinge lernen, sich weiterbilden (97%), in stressigen Situationen einen kühlen Kopf bewahren (97%), im Team zusammenarbeiten (95%), souverän mit Computern umgehen (94%), sich und seine Ideen gut verkaufen können (90%) und Fremdsprachen lernen (87%).

Wie schätzen Eltern die Fähigkeiten ihrer Kinder ein, in der Arbeitswelt zurechtzukommen? Eltern sehen ihre Kinder insgesamt gut auf die Arbeitswelt vorbereitet. Bei einigen zukunftsrelevanten Kompetenzen besteht aber aus ihrer Sicht noch „Luft nach oben“. Neben ihrer Meinung dazu, welche beruflichen Kompetenzen zukünftig wichtig sind, sollten die Eltern auch einschätzen, inwiefern ihre Kinder über diese Kompetenzen verfügen. Die Eigenschaften und Fähigkeiten, von denen die meisten Eltern der Meinung sind, dass ihre Kinder sie mitbringen, sind vor allem überfachliche Kompetenzen: sich angemessen benehmen, neugierig sein, neue Dinge lernen bzw. sich weiterbilden, souverän mit dem Computer umgehen, im Team arbeiten und auf Menschen aus anderen Kulturen aufgeschlossen zugehen – jeweils sind es mindestens 80% der befragten Mütter und Väter, die glauben, ihre Kinder wären darin „eher gut“. Anders verhält es sich mit „klassischen“ Performanceskills, Leadershipskills und Kompetenzen im Zeit- und Konfliktmanagement: Probleme offen ansprechen, in stressigen Situationen einen kühlen Kopf bewahren, vor fremden Leuten etwas vortragen, Führung übernehmen, in stressigen Phasen auf sich und die eigene Gesundheit achten, einschätzen können, ob Produkte unter fairen Bedingungen

4 Blick der Eltern auf „Future Readiness“ …

35

hergestellt wurden und die eigene Zeit richtig einteilen – diese Kompetenzen werden den Kindern von deutlich weniger Eltern zugeschrieben (ca. 55% bis 60%). Dabei fällt auf: Bei den Performance- und Leadershipskills ist die Diskrepanz zwischen der Einschätzung der Zukunftsrelevanz und der Einstufung, ob die Kinder darin gut sind, am größten. Bei einer Gesamtbetrachtung aller 23 abgefragten Kompetenzen ist kein eindeutiges soziodemografisches Muster (Unterschiede nach Alter, Bildung etc.) zu erkennen. Betrachtet man aber die Kompetenzen im Einzelnen, lassen sich Bildungsunterschiede ausmachen. Tendenziell sind die hochgebildeten Eltern am zuversichtlichsten bei der Kompetenzeinschätzung ihrer Kinder. Das zeigt sich über die verschiedenen Kompetenzcluster hinweg. Beispielsweise glauben 69% der Eltern mit einem hohen Bildungsabschluss, dass ihre Kinder gut darin sind, vor fremden Leuten etwas vorzutragen. Bei den Eltern mit niedriger formaler Bildung sind es hingegen nur 50%. Die hochgebildeten Väter und Mütter sind z. B. auch (noch) eher der Meinung als niedriggebildete Eltern, dass ihre Kinder aufgeschlossen auf Menschen anderer Kulturen zugehen (85% vs. 72%). Im Milieuvergleich sind es am häufigsten Liberal-Intellektuelle, die davon ausgehen, dass ihre Kinder gute Teamplayer sind (90%). Expeditive hingegen sind besonders häufig der Ansicht, ihre Kinder wären gut darin, sich in andere hineinzuversetzen (84%), ungewöhnliche Ideen zu entwickeln (82%) und Fremdsprachen zu erlernen (79%). Ein schlüssiger Befund, denn Expeditive sehen sich selbst als empathisch, zeichnen sich durch Offenheit gegenüber Neuem und Fremden aus und legen dabei ein hohes Maß an Flexibilität und Mobilität an den Tag.

35

36

4 Blick der Eltern auf „Future Readiness“ …

Wie stufen Eltern die Kompetenzen ihrer Kinder ein? Ist mein Kind gut drin

sich angemessen benehmen

90 %

neugierig sein

89 % 86 %

neue Dinge lernen, sich weiterbilden souverän mit Computern umgehen

84 %

im Team zusammenarbeiten

84 %

auf Menschen aus anderen Kulturen aufgeschlossen zugehen

80 %

umweltbewusstes Handeln

75 %

im Internet richtige von falschen Informationen unterscheiden

74 %

aus vielen Informationen das Wesentliche erkennen

74 %

knifflige Probleme lösen

72 %

sich in andere hineinversetzen

72 %

eigene Ideen gut verkaufen

71 %

Dinge immer kritisch hinterfragen

71 %

ungewöhnliche Ideen entwickeln

69 %

leicht in Kontakt mit anderen Menschen kommen

68 %

Fremdsprachen lernen

67 %

Probleme offen ansprechen

62 %

in stressigen Situationen einen kühlen Kopf bewahren

61 %

vor fremden Leuten etwas vortragen

59 %

Führung übernehmen, andere anleiten und motivieren

59 %

in stressigen Phasen auf sich und die eigene Gesundheit achten einschätzen können, ob Produkte unter fairen Bedingungen hergestellt werden die eigene Zeit richtig einteilen

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

56 % 56 % 54 %

4 Blick der Eltern auf „Future Readiness“ …

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Wie stufen Eltern die Kompetenzen ihrer Kinder ein? Bildungsunterschiede (Auswahl auffälliger Unterschiede) NIEDRIGE BILDUNG

MITTLERE BILDUNG

HOHE BILDUNG

53 %

54 %

67 %

Vor fremden Leuten etwas vortragen

50 %

54 %

69 %

Eigene Ideen gut verkaufen

66 %

69 %

75 %

72 %

79 %

85 %

62 %

54 %

52 %

Knifflige Probleme lösen

68 %

69 %

77 %

Dinge immer kritisch hinterfragen

67 %

68 %

75 %

Einschätzen können, ob Produkte unter fairen Bedingungen hergestellt werden

51 %

53 %

60 %

COLLABORATION

Führung übernehmen, andere anleiten und motivieren

CHARISMA

COMMUNICATION

Auf Menschen aus anderen Kulturen aufgeschlossen zugehen

COOLNESS

Die eigene Zeit richtig einteilen

CRITICAL THINKING

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

Sind Eltern der Meinung, dass sie ihren Kindern dabei helfen können, diese Zukunftskompetenzen zu erlernen? Mehrheitlich sind die Eltern der Ansicht, sie können ihre Kinder bei der Aneignung der Zukunftskompetenzen unterstützen. Es gibt keine Zukunftskompetenz, von der weniger als die Hälfte der Eltern der Meinung wäre, sie könnten nicht dabei helfen, dass das Kind diese Kompetenz erlernt. Das geringste Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten, ihre Kinder zu unterstützen, zeigt sich bei den folgenden Kompetenzen: Fremdsprachen lernen (54% glauben, ihren Kindern dabei helfen zu können), ungewöhnliche Ideen entwickeln (54%), vor fremden Leuten etwas vortragen (62%), Führung übernehmen bzw. andere anleiten (64%), eigene Ideen gut verkaufen (65%), leicht in Kontakt mit anderen Menschen kommen (64%) und souverän mit dem Computer umgehen (68%).

37

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4 Blick der Eltern auf „Future Readiness“ …

Wie groß ist das Zutrauen der Eltern, ihre Kinder beim Kompetenzerwerb unterstützen zu können? Ich kann meinem Kind dabei helfen

92 %

sich angemessen benehmen Probleme offen ansprechen

87 %

umweltbewusstes Handeln

86 %

Dinge immer kritisch hinterfragen

85 %

aus vielen Informationen das Wesentliche erkennen

85 %

neue Dinge lernen, sich weiterbilden

82 %

im Internet richtige von falschen Informationen unterscheiden

82 %

die eigene Zeit richtig einteilen

82 %

in stressigen Phasen auf sich und die eigene Gesundheit achten

81 %

knifflige Probleme lösen

78 %

in stressigen Situationen einen kühlen Kopf bewahren

77 %

sich in andere hineinversetzen

76 %

auf Menschen aus anderen Kulturen aufgeschlossen zugehen

75 %

im Team zusammenarbeiten

75 %

neugierig sein

74 %

einschätzen können, ob Produkte unter fairen Bedingungen hergestellt werden

71 %

souverän mit Computern umgehen

68 %

leicht in Kontakt mit anderen Menschen kommen

67 %

eigene Ideen gut verkaufen

65 %

Führung übernehmen, andere anleiten und motivieren

64 %

vor fremden Leuten etwas vortragen

62 %

ungewöhnliche Ideen entwickeln

54 %

Fremdsprachen lernen

54 %

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

4 Blick der Eltern auf „Future Readiness“ …

39

Das größte Zutrauen zeigen Eltern bei den folgenden Kompetenzen: sich angemessen benehmen (92%), Probleme offen ansprechen (87%), umweltbewusstes Handeln (86%), Dinge immer kritisch hinterfragen (85%) und aus vielen Informationen das Wesentliche erkennen (85%). Bei drei der insgesamt 23 abgefragten Kompetenzen sind zuvorderst Eltern mit einer hohen Formalbildung der Überzeugung, ihre Kinder gut unterstützen zu können. Das gilt für das Erlernen von Fremdsprachen (67% vs. 55% im Durchschnitt), das Vortragen vor fremden Leuten (67% vs. 62% im Durchschnitt) und das offene Zugehen auf Menschen aus anderen Kulturen (81% vs. 75% im Durchschnitt). Darüber hinaus zeigt sich, dass Eltern ab 50 Jahren oft weniger Zutrauen zeigen, ihren Kindern beim Erlernen von Fremdsprachen zu helfen (47% vs. 55% im Durchschnitt). Auch Geschlechterunterschiede sind erkennbar: Während Frauen häufiger als Männer davon ausgehen, ihren Kindern dabei helfen zu können, die eigene Zeit richtig einzuteilen (86% vs. 78%), in stressigen Phasen auf sich und die eigene Gesundheit zu achten (87% vs. 75%) und sich in andere hineinzuversetzen (82% vs. 71%), sind Männer häufiger als Frauen davon überzeugt, ihre Kinder beim Umgang mit Computern unterstützen zu können (73% vs. 62%).

Wie groß ist das Zutrauen der Eltern, ihre Kinder beim Kompetenzerwerb unterstützen zu können? Ich kann meinem Kind dabei helfen

MÜTTER

VÄTER

die eigene Zeit richtig einteilen

86 %

78 %

in stressigen Phasen auf sich und die eigene Gesundheit achten

85 %

75 %

82 %

71 %

62 %

73 %

COOLNESS

COLLABORATION

sich in andere hineinversetzen

CRITICAL THINKING

souverän mit Computern umgehen

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

39

Differenziert nach Milieus lassen sich die folgenden Unterschiede erkennen: • Von allen Milieus haben Performer das größte Zutrauen, ihren Kindern dabei helfen zu können, souverän mit Computern umzugehen (79%) und Fremdsprachen zu erlernen (67%). Das ist vor dem Hintergrund ihrer hohen IT- und Multimedia-Kompetenz und ihrer Fähigkeit zu „Global Networking“ plausibel. • Die Dinge immer kritisch zu hinterfragen, ist eine Eigenschaft, von der Sozialökologische überdurchschnittlich häufig glauben, dass sie diese ihren Kindern beibringen können (96%). Dieser Befund lässt sich damit erklären, dass Sozialökologische ein starkes Sendungsbewusstsein besitzen. Kritisch sein statt „leichtgläubig“ und andere von den eigenen Ansichten überzeugen wollen, ist typisch für dieses Milieu. • Das insgesamt geringste Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten, ihre Kinder beim Erwerb von wichtigen Kompetenzen zu unterstützen, haben die Angehörigen des Prekären Milieus. Über alle 23 Eigenschaften hinweg, sind es jeweils nur unterdurchschnittlich viele Prekäre, die davon ausgehen, ihren Kindern helfen zu können. Das gilt vor allem für die folgenden Kompetenzen: aus vielen Informationen das Wesentliche erkennen (75%), in stressigen Phasen auf sich und die eigene Gesundheit achten (66%), knifflige Probleme lösen (61%), auf Menschen aus anderen Kulturen aufgeschlossen zugehen (58%), im Team zusammenarbeiten (63%), souverän mit Computern umgehen (51%), Führung übernehmen, andere anleiten und motivieren (51%), vor fremden Leuten etwas vortragen (46%) und Fremdsprachen erlenen (41%).

5

Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung ihrer Kinder

5 Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung ihrer Kinder

5.1

Involvement und Impact der Eltern bei der Berufsorientierung

4.1

Involvement und Impact der Eltern bei der Berufsorientierung

Wie sehr sind Eltern in die Berufsorientierung ihrer Kinder involviert? Wann haben sie das erste Mal mit ihnen über das Thema Berufswahl gesprochen? Die breite Mehrheit der Eltern beschäftigt sich mit der Berufsorientierung ihrer Kinder. Drei von vier Eltern sagen, dass sie das Thema Berufsorientierung ihrer Kinder eher stark (48%) oder sehr stark (26%) beschäftigt bzw . beschäftigt hat . Deutliche Unterschiede zwischen den soziodemografischen Teilgruppen bestehen hier keine . Erwähnenswert ist, dass Eltern mit niedriger oder mittlerer Bildung etwas häufiger angeben, sich mit diesem Thema zu beschäftigen als Eltern mit hoher Bildung (77% vs . 69%) . Womöglich gehen Eltern mit niedriger und mittlerer Formalbildung eher davon aus, dass ihre Kinder Unterstützung benötigen . Im Milieuvergleich sind es zuvorderst Adaptiv-Pragmatische, die sich mit der Berufsorientierung ihrer Kinder beschäftigen . 86% geben an, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen . Da in diesem jungen, zielstrebigen Milieu der gesellschaftlichen Mitte die Eltern selbst nach beruflicher Etablierung und Absicherung streben, liegt hier die Vermutung nahe, dass sie sich Gleiches auch für ihre Kinder wünschen . Knapp die Hälfte der Eltern (48%) spricht mit den eigenen Kindern zum ersten Mal über das Thema Berufswahl, wenn diese 14 oder 15 Jahre alt sind . Rund ein Viertel der Eltern spricht dieses Thema an, wenn die Kinder jünger als 14 Jahre alt sind .

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Calmbach und C. Schleer, Berufsorientierung und „Future Readiness“ Jugendlicher, SINUS-Studien, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31269-5_5

41

42

5 Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung ihrer Kinder

Engagement der Eltern bei der Berufsorientierung Wie stark beschäftigen Sie sich mit dem Thema Berufsorientierung Ihres Kindes? Falls Ihr Kind sich beruflich schon entschieden hat: Wie stark haben Sie sich damit beschäftigt? ÜBERHAUPT NICHT

ÜBERHAUPT NICHT

1 %  SEHR STARK EHER WENIGER

25 % 

Was denken Sie: Wie sehr können Sie die Berufsentscheidung Ihres Kindes beeinflussen?

6 % 

48 % 

4 %  EHER STARK

26 %  EHER STARK

SEHR STARK

31 %  EHER WENIGER

59 % 

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

Gehen Eltern davon aus, dass sie die Berufswahl ihrer Kinder beeinflussen können? Die Mehrheit der Eltern geht nicht davon aus, die Berufsentscheidung der eigenen Kinder beeinflussen zu können – wohl aber ihnen eine Hilfe zu sein bei der Berufsorientierung. Nur ein Drittel der Eltern glaubt, einen Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder zu haben . Dabei geht nur ein Bruchteil von 4% von einem sehr starken Einfluss aus, 31% attestieren sich einen moderaten Einfluss („eher stark“) . Dem stehen 6% gegenüber, die von überhaupt keinem Einfluss ausgehen und 59%, die ihren Einfluss als eher schwach bezeichnen würden . Es zeigen sich dabei einige soziodemografische Unterschiede: • Formal hochgebildete Eltern sind häufiger der Ansicht als formal niedrig- und mittelgebildete Eltern, dass sie hier einen Einfluss haben (42% vs . 29%) . • Eltern mit hohem Haushaltseinkommen glauben häufiger als Eltern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, bei der Berufswahl ihrer Kinder mitentscheiden zu können (39% vs . 32% bzw . 31%) .

4.1 Involvement und Impact der Eltern bei der Berufsorientierung

43

• Väter gehen häufiger als Mütter davon aus, die Berufsentscheidung der eigenen Kinder beeinflussen zu können (39% vs . 30%) . • Jüngere Eltern (30 bis 39 Jahre) sind häufiger als ältere Mütter und Väter (50 Jahre oder älter) der Auffassung, sie könnten ihre Kinder bei der Berufswahl beeinflussen (39% vs . 30%) . Im Milieuvergleich gehen Sozialökologische besonders häufig davon aus, keinen Einfluss auf die Berufsorientierung ihrer Kinder zu haben . In dieser Lebenswelt glaubt nur jeder fünfte Elternteil daran . Dies mag an dem antiautoritären Erziehungsstil der Sozialökologischen liegen . In dieser Lebenswelt bemüht man sich, den Kindern möglichst große Freiräume zur Entfaltung ihrer Fähigkeiten zu bieten und geht davon aus, dass sie den für sie „richtigen“ Weg schon selbst finden werden . Noch weniger als die Sozialökologischen glauben die Angehörigen des Prekären Milieus auf die Berufswahl ihrer Kinder einwirken zu können . Hier gehen gerade einmal 17% von einem gewissen Einfluss aus . Anders als bei den Sozialökologischen kann das u . a . daran liegen, dass im Prekären Milieu Eltern oft kaum Zugang zur Lebenswelt ihrer Kinder haben – weil sie angesichts von schwierigen Beschäftigungssituationen und existenziellen Zukunftsängsten schlicht überfordert sind und/oder ihre Kinder die Unterstützung der Eltern ablehnen . Wenngleich die meisten Eltern der Meinung sind, nur einen geringen Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder zu haben, bedeutet dies nicht, dass sie ihre Kinder nicht unterstützen würden . Im Gegenteil: Zwei Drittel der Eltern sagen über sich, dass sie ihren Kindern eine große Hilfe bei der Berufsorientierung waren bzw . sind („trifft voll und ganz zu“: 13%, „trifft eher zu“: 54%) . Es bestehen hier keine Unterschiede zwischen den soziodemografischen Teilgruppen . Gleiches gilt für die sozialen Milieus .

5.2

Aufgaben bei der Berufsorientierung

5.2

Aufgaben bei der Berufsorientierung

Was sind aus Sicht der Eltern ihre wichtigsten Aufgaben bei der Berufsorientierung ihrer Kinder? Eltern sehen ihre wichtigste Aufgabe bei der Berufsorientierung darin, ihre Kinder dabei zu unterstützen, die eigenen Interessen und Stärken herauszufinden. Die befragten Mütter und Väter wurden gebeten, aus einer Liste von zehn Aufgaben, die Eltern typischerweise bei der Berufsorientierung ihrer Kinder übernehmen können, die drei aus ihrer Sicht wichtigsten Aspekte auszuwählen . 43

44

5 Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung ihrer Kinder

Aufgaben der Eltern bei der Berufsorientierung Was sind für Sie Ihre wichtigsten Aufgaben bei der Berufsorientierung Ihres Kindes? Bitte wählen Sie die drei wichtigsten Aspekte aus. Mein Kind unterstützen, ihre/seine Interessen und Stärken herauszufinden Mein Kind motivieren, sich über berufliche Möglichkeiten zu informieren Mein Kind bei der Vorbereitung eines Vorstellungsgesprächs unterstützen

52 % 35 % 29 % 29 %

Meinem Kind aufzeigen, welche Berufe zukunftssicher sind Meinem Kind aufzeigen, welche Ausbildungen und Studiengänge es überhaupt gibt Meinem Kind aufzeigen, ob der Wunschberuf zu seinem/ ihrem Lebensstil passt

29 % 28 % 25 %

Meinem Kind beim Schreiben von Bewerbungen helfen Meinem Kind Hinweise geben, wo es sich über Berufe informieren kann Mein Kind trösten, wenn eine Absage eines Betriebs / einer (Hoch-)Schule kommt Mein Kind motivieren, sich bei Bewerbungen anzustrengen

20 % 17 % 14 %

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

Dabei ergibt sich ein klares Bild: Mit deutlichem Abstand wird am häufigsten genannt, die eigenen Kinder dabei zu unterstützen, die persönlichen Interessen und Stärken herauszufinden (52%) . Am zweithäufigsten (35%) ist den Eltern wichtig, das Kind dazu zu motivieren, sich über berufliche Möglichkeiten zu informieren . Jeweils rund 30% wählen folgende Aspekte in die Top 3 der wichtigsten elterlichen Aufgaben bei der Berufsorientierung: Unterstützung bei der Vorbereitung auf ein Vorstellungsgespräch (30%), Aufzeigen von zukunftssicheren Berufen (29%), Aufzeigen des Panoramas an Ausbildungen und Studiengängen (29%), Einschätzen, ob der Wunschberuf zum Lebensstil des Kindes passt (28%) . Am seltensten sehen es Eltern als eine wichtige Aufgaben an, ihr Kind dazu zu motivieren, sich bei Bewerbungen stärker anzustrengen (14%) .

5.2 Aufgaben bei der Berufsorientierung

45

Die soziodemografischen Unterschiede lassen sich wie folgt zusammenfassen: • Kinder dabei zu unterstützen, ihre Interessen und Stärken herauszufinden, zählen Frauen häufiger als Männer zu ihren wichtigsten Aufgaben (57% vs . 47%) . Ähnlich verhält es sich mit formal hochgebildeten gegenüber niedriggebildeten Eltern (56% vs . 46%) und mit hohen Einkommensbeziehern gegenüber niedrigen Einkommensbeziehern (58% vs . 46%) . • Die Häufigkeit, mit der Mütter und Väter angeben, es sei ihnen besonders wichtig, ihren Kindern aufzuzeigen, welche Ausbildungen und Studiengänge es überhaupt gibt, nimmt mit dem Haushaltseinkommen und dem Bildungsniveau der Eltern zu . • Ihre Kinder zu motivieren, sich bei Bewerbungen anzustrengen, zählen Eltern mit niedrigem Haushaltseinkommen etwas häufiger zu ihren wichtigsten Aufgaben als Eltern mit hohem Haushaltseinkommen (18% vs . 11%) . Die Milieubetrachtung zeigt auf, dass es Expeditive und Sozialökologische besonders häufig als wichtig erachten, ihren Kindern dabei zu helfen, die eigenen Interessen und Stärken herauszufinden (jeweils 69%) . Bei den Sozialökologischen kann das daran liegen, dass der Beruf für diese Lebenswelt weit mehr als nur ein Job ist . Man tut sich schwer, das Richtige für sich zu finden, schließlich ist es alles andere als einfach, die wahre Berufung zu entdecken . Auch für Expeditive ist die Berufswahl kein einfaches Unterfangen . Man ist vielseitig interessiert und fragt sich daher, ob der Beruf, für den man sich entscheidet, auch noch Jahre später interessant sein wird . Umso wichtiger ist es aus Sicht der Eltern, Kinder dabei zu unterstützen, ihre Interessen und Stärken herauszufinden . Ihre Kinder zu ermutigen, sich bei Bewerbungen anzustrengen, wird am häufigsten in der Bürgerlichen Mitte (21%) und im Milieu der Hedonisten (22%) als wichtige Aufgabe angesehen . Vermutlich schwingt hier die Befürchtung der Eltern mit, dass ihre Kinder Bewerbungen nicht ernst genug nehmen, auf die lange Bank schieben und/oder im Wettbewerb um die besten Ausbildungsplätze nicht die besten Voraussetzungen mitbringen .

45

46

5 Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung ihrer Kinder

5.3

Informationsbedarfe und hilfreiche Informationsquellen

5.3

Informationsbedarfe und hilfreiche Informationsquellen

Welche Informationen wünschen sich Eltern, um ihre Kinder bei der Berufswahl besser unterstützen zu können? Gerade in jenen Bereichen, in denen Eltern ihre wichtigsten Aufgaben bei der Berufsorientierung ihrer Kinder sehen, wünschen sie sich mehr Informationen.

Bedarf der Eltern bei der Berufsorientierung Worüber hätten Sie gerne mehr Informationen? Bitte wählen Sie die drei Bereiche aus, die Ihnen am wichtigsten sind. Angebote, die aufzeigen, welche Berufe am besten zu den Fähigkeiten meines Kindes passen

45 %

Zukunftsrelevanz bzw. -sicherheit verschiedener Berufe

39 % 31 %

Berufsbeschreibungen / Berufsbilder Angebote, die aufzeigen, welche Ausbildungen und Studiengänge es überhaupt in Deutschland gibt

29 %

Offene Stellen

27 %

Formale Bildungsvoraussetzungen verschiedener Berufsbilder / notwendige Qualifikationen

27 % 22 %

Berufsspezifische Verdienstmöglichkeiten Anlaufstellen zum Thema Berufsorientierung vor Ort Formale Anforderungen an die Bewerbungsunterlagen (z.B. wie man eine Bewerbung oder einen Lebenslauf schreibt) Ablauf des Bewerbungsverfahrens

18 % 15 % 14 %

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

21% der Eltern fühlen sich mit dem Thema Berufsorientierung ihres Kindes (eher) überfordert . Dabei fällt auf, dass sich junge Eltern deutlich häufiger überfordert fühlen als ältere Mütter und Väter (30 bis 39 Jahre: 28% vs . ab 50 Jahre: 16%) . Die Frage nach den Bereichen, zu denen Eltern gerne mehr Informationen hätten, gibt Hinweise darauf, welche Defizite bestehen . So wünschen sich Eltern vor allem zu

47

5.3 Informationsbedarfe und hilfreiche Informationsquellen

47

jenen Themen mehr Informationen, bei denen sie ihre zentralen Aufgaben im Berufsorientierungsprozess ihrer Kinder sehen: Vor allen Dingen möchte man mehr zu Angeboten erfahren, die aufzeigen, welche Berufe am besten zu den Fähigkeiten des Kindes passen (45%) . Am zweithäufigsten werden Informationen zur Zukunftsrelevanz bzw . -sicherheit von Berufen genannt (39%) gefolgt von Berufsbeschreibungen, Überblicksinformationen zum Panorama der beruflichen Optionen sowie Hinweisen zu offenen Stellen (jeweils genannt von ca . 30%) . Bei der Abfrage der verschiedenen Informationsbedarfe zeigen sich keine generellen soziodemografischen Muster . Bei einzelnen Aspekten sind aber Unterschiede erkennbar: • Eltern mit hoher Formalbildung wünschen sich häufiger als Eltern mit niedriger Formalbildung mehr Informationen zur Zukunftsrelevanz bzw . -sicherheit verschiedener Berufe (46% vs . 34%), über Berufsbeschreibungen / Berufsbilder (34% vs . 22%) und über Angebote, die aufzeigen, welche Ausbildungen und Studiengänge es überhaupt gibt (33% vs . 20%) . Umgekehrt wünschen sich formal niedriggebildete Eltern häufiger als hochgebildete Eltern Informationen über offene Stellen (35% vs . 22%) . • Eltern mit hohem Einkommen wünschen sich häufiger als Eltern mit niedrigem Einkommen mehr Informationen über Berufsbeschreibungen/Berufsbilder (36% vs . 26%) und über Angebote, die aufzeigen, welche Ausbildungen und Studiengänge es überhaupt gibt (33% vs . 23%) . Umgekehrt wünschen sich niedrige Einkommensbezieher häufiger als hohe Einkommensbezieher mehr Informationen über offene Stellen (35% vs . 21%) . • Väter sind stärker als Mütter an berufsspezifischen Verdienstmöglichkeiten interessiert (26% vs . 17%) . Hingegen interessieren sich Mütter häufiger als Väter für Angebote, die aufzeigen, welche Ausbildungen und Studiengänge es überhaupt in Deutschland gibt (34% vs . 23%) Im Milieuvergleich fühlen sich Eltern aus dem Prekären und Hedonistischen Milieu am häufigsten mit der Berufsorientierung ihres Kindes überfordert (31% respektive 36%) . Im Gegensatz dazu sind es im Milieu der Liberal-Intellektuellen nur 11% . Dabei wünschen sich Liberal-Intellektuelle überdurchschnittlich häufig mehr Informationen über Angebote, die aufzeigen, welche Ausbildungen und Studiengänge es überhaupt in Deutschland gibt (38%) . Zurückzuführen ist das darauf, dass im Liberal-intellektuellen Milieu die meisten Kinder das Gymnasium besuchen und damit zu jener Gruppe gehören, der besonders viele Optionen offen stehen .

47

48

5 Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung ihrer Kinder

Welche Informationsquellen nutzen Eltern, um sich über die beruflichen Optionen ihrer Kinder zu informieren, und für wie hilfreich stufen sie diese ein? Eltern informieren sich zuvorderst über die Schule zu den beruflichen Möglichkeiten ihrer Kinder. Elternabende (66%) und Gespräche mit Lehrer*innen (59%) sind – in allen Teilgruppen – die von den Eltern am häufigsten genutzten Möglichkeiten, um sich über die beruflichen Optionen ihrer Kinder zu informieren . Auch Infobörsen / Berufsmessen (51%) werden von mehr als der Hälfte genutzt . Alle anderen vorgegebenen Informationsquellen werden von weniger als der Hälfte in Anspruch genommen . Für viele Eltern sind auch Informationstage von Unternehmen (45%) und Jobmessen (42%) relevant – also Möglichkeiten, um in einen direkten Austausch mit Mitarbeiter*innen eines Unternehmens (z . B . Azubis, Praktiker*innen) zu treten . Alle anderen Quellen werden von maximal einem Drittel der Eltern genutzt . Am seltensten werden Kampagnen von Branchenverbänden (21%) und Anrufe bei Unternehmen (24%) genannt . Betrachtet man das Antwortverhalten differenziert nach den soziodemografischen Merkmalen der Befragten, fällt auf, dass die persönliche Beratung bei der Arbeitsagentur von jüngeren Eltern wesentlich häufiger in Anspruch genommen wird als von älteren Müttern und Vätern (30-39 Jahre: 50%, ab 50 Jahre: 28%) . Im Milieuvergleich nutzen Traditionelle insgesamt mit Abstand am wenigsten Möglichkeiten, um sich zu informieren . In dieser Lebenswelt geben 28% der befragten Eltern an, keine der aufgezeigten Informationsmöglichkeiten zu nutzen (Durchschnitt: 14%) . Vor dem Hintergrund ihres generellen eher passiven Informationsverhalten überrascht dies wenig, denn Traditionelle zeigen wenig Bereitschaft, sich auf (für sie) Neues bzw . Fremdes – z . B . der Besuch von Infobörsen oder Berufsmessen – einzulassen . Weiterhin fällt auf, dass Performer, die gerne den schnellen bzw . direkten Weg suchen, von allen Milieus am häufigsten den persönlichen Kontakt zu Mitarbeiter*innen eines Unternehmens suchen: 55% nutzen Informationstage von Unternehmen (Durchschnitt: 45%) und jeder Zweite besucht Jobmessen (Durchschnitt: 42%) . Hinzu kommt, dass 42% auf die Informationsangebote der IHK zugreifen (Durchschnitt: 31%) .

5.3 Informationsbedarfe und hilfreiche Informationsquellen

49

Nutzung von Berufsberatungsangeboten Elternabende (in der Schule)

55 %

59 %

Gespräche mit Lehrkräften

87 %

44 %

Informationstage von Unternehmen

89 %

42 %

Jobmessen 33 %

Persönliche Beratung bei der Bundesagentur für Arbeit Informationsangebote der IHK (Industrie- und Handelskammer)

31 %

Gesprächskreise (außerhalb von Schule)

30 %

Kampagnen von Branchenverbänden

71 %

51 %

Infobörsen, Berufsmessen

Anrufe bei Unternehmen

66 %

24 % 21 %

87 % 68 % 85 % 78 % 79 % 79 %

Welche der folgenden Möglichkeiten nutzen bzw. haben Sie bereits genutzt, um sich über die beruflichen Optionen Ihres Kindes zu informieren? Für wie hilfreich stufen Sie diese Angebote ein? (sehr / eher hilfreich) Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

Elternabende werden immer wieder zur Berufsinformation genutzt, gelten aber oft als wenig hilfreich. Besonders gut kommen Infobörsen und -messen, Infotage von Unternehmen sowie Angebote der IHK an. Diejenigen Eltern, die die verschiedenen Informationsquellen zur Berufsorientierung ihrer Kinder schon genutzt haben, wurden gefragt, wie hilfreich sie diese einstufen würden . Es zeigt sich (Auswertung auf Basis der Angaben „sehr hilfreich“ und „eher hilfreich“): Alle abgefragten Informationsquellen werden von mindestens der Hälfte der Eltern, die diese Angebote schon genutzt haben, als hilfreich eingestuft . Als am hilfreichsten gelten unternehmens-, verbands- und IHK-spezifische Kanäle sowie Jobmessen und -börsen: Jeweils deutlich über 80% der Eltern haben hier gute Erfahrungen gemacht . Interessanterweise gelten Elternabende im Panorama 49

50

5 Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung ihrer Kinder

der abgefragten Infoquellen als am wenigsten hilfreich (55%) – wenngleich sie am häufigsten genutzt werden . Dass ihnen Elternabende bei der Berufsorientierung ihrer Kinder geholfen haben, geben Mütter und Väter mit niedriger Formalbildung häufiger an als Mütter und Väter mit hoher Formalbildung (64% vs . 50%) . Bezüglich der Bundesagentur für Arbeit zeigt sich ein Alterseffekt . Danach hilft die persönliche Beratung bei dieser Agentur jüngeren Eltern häufiger als älteren Müttern und Vätern (30-39 Jahre: 87%, ab 50 Jahre: 58%) . Im Traditionellen Milieu werden Gespräche mit Lehrkräften als besonders hilfreich wahrgenommen: 81% haben gute Erfahrungen gemacht, wobei 42% die Gespräche sogar als „sehr hilfreich“ einstufen (im Durchschnitt: 18%) . Bei den Sozialökologischen fällt auf, dass sie Elternabende (39%) ebenso wie Jobmessen (75%) und Informationstage von Unternehmen (77%) im Milieuvergleich am seltensten als hilfreich bewerten . Anrufe bei Unternehmen waren vor allem für Performer eine hilfreiche Option, sich über die beruflichen Möglichkeiten ihrer Kinder zu informieren (90%) .

5.4

Wichtige Berufswahlkriterien und geeignete Branchen aus Elternsicht

5.4

Wichtige Berufswahlkriterien und geeignete Branchen aus Elternsicht

Welche Kriterien sind für Eltern bei der Berufswahl ihrer Kinder am wichtigsten? Der Beruf soll Kindern Spaß machen und ihren Talenten entsprechen – alle anderen Aspekte spielen für Eltern eine nachrangige Rolle bei der Berufswahl ihrer Kinder. Die Frage, welche fünf von insgesamt 17 abgefragten Kriterien bei der Berufswahl ihrer Kinder am wichtigsten sind, beantworten die Eltern unmissverständlich: Zuvorderst muss der Beruf ihren Kindern Spaß machen und ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechen (76% bzw . 72% Zustimmung) . An dritter Stelle rangiert – bereits mit einem klaren Abstand – die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung (48%) . Alle anderen Aspekte werden von deutlich weniger als der Hälfte der befragten Eltern zu den fünf wichtigsten Berufskriterien gezählt . Gute Karrierechancen werden beispielsweise nur von rund einem Fünftel ausgewählt, und auch ein hohes Einkommen ist für Eltern von nachrangiger Bedeutung (17%) . Am wenigsten legen Eltern Wert auf Internationalität, Status- und Abgrenzungspotenziale, Tradition und darauf, dass der Beruf ihnen als Eltern selbst gefällt . 51

5.4 Wichtige Berufswahlkriterien und geeignete Branchen aus Elternsicht

51

Erwartung der Eltern an den Beruf der Kinder Welche Kriterien sind für Sie bei der Berufswahl Ihres Kindes am wichtigsten? Bitte wählen Sie die fünf wichtigsten Aspekte aus. 76 %

Der Beruf muss meinem Kind Spaß machen Der Beruf muss den Neigungen und Fähigkeiten meines Kindes entsprechen Der Beruf muss meinem Kind die Möglichkeit geben, sich selbst verwirklichen zu können

72 % 48 %

Der Beruf muss krisensicher sein

39 %

Der Beruf muss meinem Kind die Möglichkeit garantieren, sich fachlich weiterentwickeln zu können

39 %

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

Erwartung der Eltern an den Beruf der Kinder Welche Kriterien sind für Sie bei der Berufswahl Ihres Kindes am wichtigsten? Bitte wählen Sie die fünf wichtigsten Aspekte aus. SELTENER AUSGEWÄHLTE ASPEKTE

UNBEDEUTENDE ASPEKTE

– Der Beruf muss sich gut mit Privatleben und Familie vereinbaren lassen (26%)

– Der Beruf muss es mir ermöglichen, auf der ganzen Welt Arbeit zu finden (8%)

– Der Beruf muss gute Karrierechancen eröffnen (22%)

– Der Beruf muss Kontakt zu Menschen auf der ganzen Welt bieten (5%)

– Der Beruf muss ein hohes Einkommen garantieren (17%) – Der Beruf muss der Traumberuf meins Kindes sein. Man sollte hier keine Kompromisse eingehen. (16%)

– Der Beruf muss in der Gesellschaft sehr angesehen sein (2%) – Der Beruf muss es ermöglichen, möglichst viel zu reisen und die Welt zu sehen (2%) – Der Beruf muss ungewöhnlich sein, damit man sich damit von anderen abgrenzen kann (1%) – Der Beruf muss ein Traditionsberuf sein (1%) – Der Beruf muss im Freundeskreis meines Kindes gut angesehen sein (1%) – Der Beruf muss den Eltern gefallen (1%)

Quelle: SINUS (2019) Basis = 1.046 Eltern ab 30 Jahren mit Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren

Soziodemografische Unterschiede zeigen sich wenige . Die folgenden Motive sind älteren Müttern und Vätern wichtiger als jüngeren: Der Beruf muss den Neigungen und Fähigkeiten ihrer Kinder entsprechen (30-39 Jahre: 62% vs . 77% bei Eltern ab

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5 Rolle der Eltern bei der Berufsorientierung ihrer Kinder

50 Jahre), ihren Kindern die Chance zur Selbstverwirklichung bieten (34% vs . 54%) und ihnen die Möglichkeit zur fachlichen Weiterentwicklung garantieren (34% vs . 44%) . Außerdem wählen Frauen noch etwas häufiger als Männer das Merkmal „Spaß an der Arbeit“ zu den wichtigsten fünf Kriterien der Berufswahl (82% vs . 70%) . Im Sozialökologischen Milieu wird von allen Milieus am häufigsten hervorgehoben, dass der Beruf den eigenen Kindern Spaß machen muss (87%) . Hingegen legen sie mit Abstand am wenigsten Wert auf Karrierechancen . Zum Vergleich: Während 33% der Performer gute Karrierechancen zu den wichtigsten fünf Kriterien bei der Berufswahl ihrer Kinder zählen, sind es im Sozialökologischen Milieu nur 9% . Ein stimmiger Befund, denn Sozialökologische legen deutlich mehr Wert auf intrinsische Motive als auf finanzielle Aspekte . Eine „sinnentleerte“ Jagd nach Karriere, Geld und Materiellem können und wollen sie sich für ihre Kinder nicht vorstellen . Dass der Beruf den Neigungen und Fähigkeiten ihrer Kinder entsprechen muss, wird vor allem von den Liberal-Intellektuellen als eines von fünf zentralen Kriterien genannt (85%) . Selbstverwirklichung wird am häufigsten von den Expeditiven als wichtiges Berufskriterium herausgestellt (67%) . Ganz anders verhält es sich im Milieu der Hedonisten: Hier sind es nur 57%, die es mit am wichtigsten finden, dass der Beruf den Neigungen und Fähigkeiten ihrer Kinder entspricht, und nur 36% legen großen Wert auf das Kriterium der Selbstverwirklichung . Offenbar will man die „Latte“ an Berufserwartungen nicht allzu hoch legen . Das deutet darauf hin, dass viele froh sind, wenn ihre Kinder überhaupt einen Job finden .

In welchen Branchen würden die Eltern ihre Kinder am liebsten sehen? White-Collar-Berufe rangieren in der Gunst der Eltern klar vor dem Handwerk und technischen Berufen. Am liebsten hätten es die Eltern, wenn ihre Kinder einen Beruf im Öffentlichen Dienst ergreifen würden (29%), gefolgt von Berufen im Gesundheitssektor (26%), in der IT-Branche (24%) und im sozialen Bereich, z . B . Pflege, Betreuung, Erziehung (23%) . Alle anderen Branchen werden von weniger als einem Fünftel genannt . Auffällig ist, dass Branchen mit den klassischen handwerklichen Berufen nur im Mittelfeld rangieren – obwohl gerade dort der Fachkräftemangel besonders gravierend ist und die beruflichen Chancen gut stehen: Handwerk (17%), Elektrotechnik (13%), Automobilindustrie (11%), Maschinen- und Fahrzeugbau (10%) . Einigen Branchen erteilen die Eltern eine klare Absage – allen voran der Landwirtschaft (3%), der Metallerzeugung und -verarbeitung (3%), der Nahrungs- und Genussmittelherstellung (3%) und der Gastronomie (3%) . Vereinzelt lassen sich Alters-, Einkommens- und Bildungsunterschiede erkennen: 53

5.4 Wichtige Berufswahlkriterien und geeignete Branchen aus Elternsicht

53

• Jüngere Eltern sehen ihre Kinder weniger gern im Öffentlichen Dienst (21%) als Eltern mittleren Alters (29%) und Eltern ab 50 Jahren (30%) . • Eltern mit niedrigem Einkommen können sich ihre Kinder eher in der IT-Branche vorstellen als Eltern mit hohem Einkommen (28% vs . 19%) . Umgekehrt sehen hohe Einkommensbezieher ihre Kinder häufiger im Öffentlichen Dienst und im Gesundheitswesen als niedrige Einkommensbezieher (Öffentlicher Dienst: 33% vs . 23%; Gesundheitswesen: 31% vs . 21%) . • Berufe im Handwerk finden Eltern mit niedriger Formalbildung für ihre Kinder interessanter als Eltern mit hoher Formalbildung (24% vs . 13%) . Im Milieuvergleich können sich Hedonisten am seltensten vorstellen, dass ihre Kinder einen Beruf im öffentlichen Dienst ergreifen (21%) . Während Eltern aus der Bürgerlichen Mitte die Softwarebranche für ihre Kinder vergleichsweise selten als geeignet betrachten (14%), können sich Perfomer von allen Milieus am seltensten vorstellen, dass sich ihre Kinder für einen Beruf im sozialen Bereich begeistern könnten (12%) . Expeditive sehen ihre Kinder überdurchschnittlich häufig in der Medienbranche (30%) . Eltern aus dem Prekären Milieu können sich ihre Kinder deutlich häufiger im Handel (19%) und/oder der Textilbranche (12%) vorstellen als die Eltern der anderen Milieus .

6

Handlungsempfehlungen 6 Handlungsempfehlungen 6 Handlungsempfehlungen

Nachfolgend werden auf Basis der Befunde einige Schlussfolgerungen gezogen und Handlungsempfehlungen formuliert.

Berufsberatungsangebote stärker kommunizieren Die Befunde machen deutlich, dass sich Eltern mehr Informationen wünschen, um ihre Kinder im Berufswahlprozess (besser) unterstützen zu können. Die Schulen sollten also ebenso wie Verbände, Behörden und Unternehmen prüfen, welche Informationsbedarfe sie künftig besser bedienen können. Dabei sollten vor allem jene Berufsberatungsangebote stärker kommuniziert werden, die zwar größtenteils als (sehr) hilfreich wahrgenommen, aber vergleichsweise selten in Anspruch genommen werden (z. B. Informationsangebote der IHK).

Informelle Treffen zum Thema Berufsorientierung im schulischen Rahmen etablieren Die Studie zeigt, dass Elternabende zwar besucht werden, jedoch als wenig hilfreiche Informationsquellen mit Blick auf die Berufsorientierung Jugendlicher gelten. Informelle schulische Angebote, wie z. B. Gesprächsrunden, Elterncafés oder ein Elternfrühstück, können hier ansetzen und mehr Raum für den vertiefenden Austausch zwischen Eltern und Lehrpersonal bzw. Berufsberater*innen bieten. Diese Formate sind besonders dann erfolgversprechend, wenn sie es schaffen, eine gute, offene Atmosphäre herzustellen. Bei Elternabenden liegt der Fokus häufig auf Leistungs- und Verhaltensproblemen der Schüler*innen und nicht auf ihren Potenzialen und Perspektiven.

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Calmbach und C. Schleer, Berufsorientierung und „Future Readiness“ Jugendlicher, SINUS-Studien, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31269-5_6

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56

6 Handlungsempfehlungen

Schule und Wirtschaft durch lokale Anlaufstellen miteinander vernetzen Branchenverbände und Unternehmen sollten in (informelle) schulische Elternveranstaltungen eingebunden werden. Denn Branchenvertreter*innen können am besten schildern, welche Kompetenzen bestimmte Berufe voraussetzen – dies ist einer der zentralen Informationsbedarfe der Eltern. Da solche Veranstaltungen in der Regel von jeder Schule einzeln organisiert werden, bietet es sich an, kommunale Stellen einzurichten, die die berufsorientierenden Aktivitäten der Branchenverbände und Unternehmen vor Ort bündeln und neutral über diese informieren. Auch können dadurch unabgestimmte Kontaktversuche durch Branchenverbände unterbunden und Berufsberatung für Eltern als wirkliche Hilfe statt als „bloße Werbung“ präsentiert werden. Kommunale Informationsstellen müssen für die betroffenen Eltern gut erreichbar sein (ggf. auch virtuell), und deren Angebote sollten kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Neben der Einbindung kommunaler Akteure müssen auch schulische Ressourcen gestärkt werden. Um Schulübergänge besser zu gestalten, sollten allgemeinbildende und berufliche Schulen sowie Ausbildungsbetriebe zielführend und nachhaltig vernetzt werden. Um dies zu realisieren, benötigt es im schulischen Rahmen personelle (z. B. Lehrkräfte oder Studien- und Berufsberater*innen) sowie räumliche und finanzielle (Ausgleichsstunden; Verpflegungskosten) Ressourcenerweiterungen.

Bei Angeboten zur Berufsorientierung zielgruppenspezifische Zugangsbarrieren berücksichtigen Soziodemographische Faktoren spielen eine große Rolle in den „Needs“ und „Haves“ der Familien (elterliche Bildungssituation, Grad der Integration in den Arbeitsmarkt, Alter). Sie beeinflussen die Grundmotivation bezüglich Bildung, Schule und Engagement sowie die finanzielle Möglichkeit, in die Berufsorientierung der Kinder zu investieren. Angebote müssen dabei sowohl die Familiensituation (z. B. alleinerziehender Mütter oder Väter), wie auch Erwerbs- und Migrationshintergründe im Blick haben, um die Erreichbarkeit verschiedener Gruppen zu gewährleisten. Eltern sollten auch frühzeitig Optionen als Alternative zu Abitur und Studium aufgezeigt bekommen. Gerade die verbreitete Affinität für White-Collar-Berufe führt nicht selten zu Zukunftspessimismus als Resultat falscher Erwartungen bzw. falscher Bilder über einen scheinbar einfachen Berufseinstieg.

6 Handlungsempfehlungen

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Ungenutzte Branchenpotentiale besser nutzen Durch den voranschreitenden Fachkräftemangel eröffnen sich in vielen Branchen Berufsperspektiven mit guten Aufstiegsmöglichkeiten. Dieses Potenzial wird von den Eltern jedoch oft nicht gesehen. Berufsorientierungsveranstaltungen sollten hier ansetzen und deutlicher aufzeigen, welche Möglichkeiten über die verschiedenen Bildungswege vorhanden sind. Dabei muss beachtet werden, dass in verschiedenen Milieus verschiedene Vorstellungen bestehen, was einen „guten Job“ ausmacht. Milieuwissen kann dazu genutzt werden, Vor- und Nachteile von Berufen zielgruppengerecht herauszuarbeiten und so spätere Passungsprobleme und frühzeitige Bildungsabbrüche verhindern.

Leicht zugängliche Anlaufstellen (on- wie offline) aufbauen Viele Eltern sehen ihre Hauptaufgabe im Berufsorientierungsprozess darin, die eigenen Kinder bei der Erkundung ihrer Stärken und Interessen zu unterstützen. Sie wünschen sich daher Informationen, wie sie herausfinden können, welche Berufsfelder zu diesen Profilen passen. Neben klassischen Print-Ratgebern bieten sich hierzu digitale Angebote an (z. B. Online-Portale). Vor allem Angebote, die konkrete Empfehlungen aussprechen (vgl. Wahl-O-Mat), können hier ein hilfreiches Tool sein, das sowohl berufliche Passungen hervorhebt als auch branchenspezifische Informationen vermittelt. Diese konkreten Anlaufstellen, sei es online oder in Form kommunaler Bildungsstellen, eröffnen gerade sozial benachteiligten Familien einfache Wege, um Berührungsängste beim Thema Berufsberatung zu verlieren und ein Orientierungsnetzwerk aufzubauen.

Eltern darin bestärken, bei der Berufsorientierung stärker auf die Interessen ihrer Kinder einzugehen Auch wenn viele Kinder und Jugendliche es schwer haben werden, das eigene Hobby zum Beruf zu machen, sollten Eltern genau auf die Interessen und Neigungen ihrer Kinder achten – auch wenn diese auf den ersten Blick für die Berufsorientierung nicht unmittelbar relevant erscheinen. Zu wissen, was den eigenen Kindern Spaß macht, kann dabei helfen, bestimmte Berufe in die engere Wahl zu nehmen. Diese Empfehlung mag zunächst banal anmuten, aber viele Jugendliche leben bereits in ihrer eigenen Welt und teilen ihre Wünsche und Interessen den Eltern nicht immer unmittelbar und selbstverständlich mit. Eltern sollten daher auch vorsichtig sein mit Aussagen wie „Das liegt dir nicht“, da sie die Eigeninitiative der Jugendlichen mindern könnten. 57

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6 Handlungsempfehlungen

Eltern dafür sensibilisieren, Berufsorientierung als längerfristigen Prozess zu verstehen Es ist sinnvoll, die konkrete Berufsplanung schon zwei bis drei Jahre vor Schulabschluss anzugehen, da zur Zeit der Abschlussprüfungen bereits viel Druck auf den Jugendlichen lastet. Meist ist das auch der Fall: Circa zwei Drittel der Eltern haben das erste Mal mit ihrem Kind über das Thema Berufsorientierung gesprochen, als dieses 14 Jahre oder älter waren. Allerdings ist es sinnvoll, die Berufsorientierung zeitlich zu entzerren und sie als längerfristigen Prozess zu verstehen. Denn Hilfe bei der Berufsorientierung sollte wiederholt und „en passant“ geschehen und nicht allein auf vereinzelten problemorientierten Gesprächen und Messebesuchen basieren. Eltern sollten ihre Kinder vielmehr kontinuierlich am eigenen Berufsalltag teilhaben lassen (z. B. in lockeren Küchengesprächen; was lief gut bei der Arbeit, was weniger). Auch können die eigenen Wunschberufe zum Thema gemacht werden, besonders wenn man mit einem Plan B sein berufliches Glück gefunden hat. Die einfache Formel lautet: Immer wieder das Gespräch suchen und zuhören. Denn viele Jugendliche äußern heutzutage Angst vor Leistungsdruck und Selbstzweifel, den Anforderungen der Berufswelt nicht gewachsen zu sein. Hilfreich ist natürlich auch, praktische Erfahrungen (z. B. Praktika) und Kontakte zu Personen mit einschlägiger Berufserfahrung anzuregen.

Für Eltern Informationen über die vielfältigen Berufswege und die gegenwärtigen Berufsbilder und deren Zukunftsaussichten bereitstellen Zu den von den Eltern am deutlichsten formulierten Bedarfen bei der Berufsorientierung ihrer Kinder zählen mehr Informationen zur gegenwärtigen Berufslandschaft und zur Zukunftssicherheit einzelner Berufe. Immerhin sagen 40% der Eltern von sich, dass sie sich nicht gut mit den Berufen auskennen, die junge Menschen heute ergreifen können. Hier können die erwähnten Formate bzw. Anlaufstellen ansetzen. Dabei ist es sinnvoll, die Eltern dafür zu sensibilisieren, dass die Wahl der ersten Arbeitsstelle keine Entscheidung fürs Leben ist – v. a. wenn es mit dem Wunschberuf der Kinder nicht klappt – sondern heutzutage viele Wege für die berufliche Aus- und Weiterbildung offen stehen. Auch der Verweis darauf, dass biografische Brüche und lebenslanges Lernen heute die Normalperspektive darstellen, ist wichtig. In anderen Worten: Eltern sollten dazu angehalten werden, die Berufswahl ihrer Kinder zu entdramatisieren.

6 Handlungsempfehlungen

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Eltern für die Bedeutung der Vereinbarkeit von Beruf und Lebensentwurf sensibilisieren 92% der befragten Eltern geben an, die Berufswahl ihrer Kinder uneingeschränkt zu unterstützen. Das ist grundsätzlich ein sehr positiver Befund, weil er darauf hindeutet, dass Eltern ihren Kindern ihr Vertrauen schenken und ihnen keine Berufe aufzwingen. Da der Beruf für viele junge Menschen nicht alles im Leben sein wird, ist es sinnvoll, den Eltern aufzuzeigen, wie sie mit ihren Kindern darüber sprechen können, die Berufsplanung nicht von der Lebensplanung entkoppelt zu denken. Dabei sind alle Bereiche, die Lebensqualität versprechen, einzubinden (z. B. Kultur, Freizeit, Sport, Erholung – eben nicht nur der Beruf). Besonders die Vereinbarkeit von Familie und Beruf spielt hier eine wichtige Rolle – denn dieser Aspekt rangiert bei Jungen wie Mädchen unter den Top-Berufserwartungen. Diesen Aspekt zählen jedoch nur 26% der Eltern zu den wichtigsten Berufswahlmotiven.

Besonders den jüngeren Eltern Beratung und Unterstützung anbieten Wirklich überfordert mit dem Thema Berufsorientierung der eigenen Kinder zeigt sich nur eine Minderheit der Eltern. Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass gerade jüngere Mütter und Väter (unter 40 Jahre) mehr Unterstützung benötigen: Diese Gruppe ist am häufigsten der Meinung, dass Eltern zu wenig Unterstützung bei der Berufsorientierung erfahren, dass ihre Kinder – wie auch sie selbst – mit dem Thema Berufsorientierung überfordert sind und dass über die Berufswahl zuhause auch gestritten wird. Es ist davon auszugehen, dass diese Gruppe offen für entsprechende Angebote ist, denn sie nutzen heute schon viele Angebote bereits häufiger als die älteren Eltern.

Besonders Eltern am unteren sozialen Rand bei der Berufsorientierung ihrer Kinder unterstützen Sozial benachteiligte Eltern, v. a. aus dem Prekären Milieu, betrachten die „Future Readiness“ ihrer Kinder vergleichsweise skeptisch und sehen sich bei vielen Zukunftskompetenzen nicht in der Lage, diese ihren Kindern zu vermitteln. Die Förderung von praktischen Angeboten für Eltern, etwa bei Workshops zu Vortrags- und Projektarbeitstechniken, kann neben der Förderung von Softskills den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Kindern fördern und so Eltern wie Kinder für die Themen motivieren. Um Berührungsängste abzubauen und positive Erfahrungen zu schaffen, müssen auch hier die Bedürfnisse und Vorbehalte der Eltern berücksichtigt werden. Dies beinhaltet neben niedrigschwelligen 59

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6 Handlungsempfehlungen

Formulierungen das Bereitstellen der Angebote in verschiedenen Sprachen. Gerade Kooperationen mit Migrantenselbstorganisationen können hier zielführend sein.