Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?: Anleitung für mehr Zufriedenheit im Job [1. Aufl.] 9783658302740, 9783658302757

Beruflich neu durchstarten – dieses Buch hilft allen, die in ihrem Job keine echte Erfüllung finden, ihren eigentlichen

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German Pages XXI, 284 [299] Year 2020

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Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XXI
Demographischer Wandel, Digitalisierung, Corona: Unsere Welt verändert sich dramatisch – das bietet Chancen! (Cordula Casaretto)....Pages 1-29
Schritt 1: Finde Deine kraftvolle innere Haltung (Cordula Casaretto)....Pages 31-52
Schritt 2: Identifiziere Dein berufliches Biotop (Cordula Casaretto)....Pages 53-76
Schritt 3: Erkenne Deine Stärken (Cordula Casaretto)....Pages 77-98
Schritt 4: Kreiere Dein berufliches Ziel (Cordula Casaretto)....Pages 99-126
Schritt 5: Identifiziere Deine Ressourcen zur Zielerreichung (Cordula Casaretto)....Pages 127-172
Schritt 6: Plane Deinen Weg zum Ziel (Cordula Casaretto)....Pages 173-196
Schritt 7: Überprüfe regelmäßig Deine berufliche Erfüllung (Cordula Casaretto)....Pages 197-199
Exkurs 1: Zusammenspiel von beruflicher Erfüllung der Mitarbeitenden und den Unternehmenszielen (Cordula Casaretto)....Pages 201-231
Exkurs 2: Wie Du finanziell selbstwirksam handelst (Cordula Casaretto)....Pages 233-258
Fazit (Cordula Casaretto)....Pages 259-260
Die Zusammenfassungen (Cordula Casaretto)....Pages 261-274
Back Matter ....Pages 275-284
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Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?: Anleitung für mehr Zufriedenheit im Job [1. Aufl.]
 9783658302740, 9783658302757

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Cordula Casaretto

Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein? Anleitung für mehr Zufriedenheit im Job

Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?

Cordula Casaretto

Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein? Anleitung für mehr Zufriedenheit im Job

Cordula Casaretto Frankfurt Frankfurt, Deutschland

ISBN 978-3-658-30274-0    ISBN 978-3-658-30275-7 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Titelbild: macrovector – stock.adobe.com Grafiken des 7-Schritte-Modells: Franziska Sommerfeld Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Geleitwort

Jeder gibt stets sein Bestes. Das Beste, was ihm oder ihr möglich ist. Doch oftmals sind innere und äußere Grenzen des Besten viel zu eng gesteckt. Wir trauen uns den nächsten Schritt nicht zu. Oder man traut ihn uns nicht zu. Wir sind abgelenkt von Sorgen oder Langeweile. Wir arbeiten mit einer Methode, die die Qualität des Ergebnisses begrenzt. Unser Budget ist zu klein. Unser Manager macht uns zu viele Vorgaben. Wir sind demotiviert, weil man uns nicht zuhört. Wir sind entmutigt, weil zahlreiche gute Vorschläge in den tiefen Schubladen des Unternehmens verschwunden sind. Vielleicht wissen wir aber auch einfach gar nicht so genau, wofür wir eigentlich wirklich stehen wollen. Dies alles sind Beispiele für künstliche Grenzen unseres Besten. Mein bestes Mittel, um Grenzen zu überwinden ist, Vertrauen in die Zukunft zu haben. Man stelle sich nur mal das Gegenteil vor: Misstrauen in die Zukunft zu haben. Misstrauen in die eigenen Fertigkeiten oder in die Reaktion des Teams. Misstrauen in den Vorgesetzten oder in die Liquidität des Unternehmens. Das Misstrauen des Vorstandes gegenüber der eigenen Abteilung. Misstrauen erzeugt unsere Grenzen. Misstrauen in die gemeinsame Zukunft ist eine der am schwersten zu überwindenden Grenzen. Würde man eine Ehe eingehen, wenn man kein Vertrauen in die gemeinsame Zukunft hat? Würde man einen Arbeitsvertrag unterzeichnen, wenn dem nicht so ist? V

VI Geleitwort

Vertrauen in die Zukunft ruht auf drei Säulen: Ich habe Vertrauen in mich selbst. Ich weiß, wofür ich wirklich stehe. Was mich antreibt. Mein innerstes Wozu. Das ist die erste Säule. Die zweite ist, Vertrauen in mein Umfeld zu haben. Vertrauen in meine Beziehungen, meine Freundschaften und Kollegen. In meinen Arbeitgeber oder in mein Team. Vertrauen in Kunden und Dienstleister. Vertrauen zu haben, dass man morgen noch füreinander da ist. Die dritte Säule ist eine abstrakte Säule: Vertrauen in das, was ich das Überaußen nenne: die Welt, unsere Branche, den Markt, die Zukunft. Vertrauen darauf, dass unser Handeln grundsätzlich möglich ist. Sind alle drei Säulen in gutem Zustand, ist dies eine solide Basis für Urvertrauen. Ein Unternehmen gewinnt das Vertrauen seiner Kunden, wenn die Fassade einen guten Eindruck macht und auf einem starken Fundament steht. Doch die Fassade ist das, was wir sehen. Sie ist Marke, Slogan, Rechtsform und die gelebte Kultur. Das Fundament ist das innerste Wozu des Unternehmens. Es ist der Grund, warum ein Unternehmen sich für ein Corporate Design entscheidet, warum sich eine bestimmte Unternehmenskultur etabliert. Oftmals ist dieses Fundament nicht gut gepflegt, wird missachtet, es vermodert langsam. Das geht eventuell sogar eine ganze Zeit gut. Das Unternehmen kann trotzdem erstmal wachsen und sich entwickeln. Die Opportunitätskosten zur Aufrechterhaltung des Status quo werden jedoch beständig zunehmen und eine Krise kann die Fassade sehr viel leichter zum Einsturz bringen. Auch Unternehmen geben stets ihr Bestes. Das Beste, was ihnen möglich ist. Doch oftmals sind es gerade die Grenzen, die ihnen am wenigsten bewusst sind, die ihr Wachstum aufhalten. Zum Beispiel die Grenzen des wechselseitigen Vertrauens mit Mitarbeitern, Partnern und Kunden. Cordula Casaretto stellt mit diesem Buch Sprengstoff für Grenzen bereit. Ich habe Cordula als gewitzte, kluge und charmante Frau erlebt, die selbst – privat und beruflich – vorgefundene Grenzen nicht akzeptiert hat. Sie hat sich selbst hinterfragt, wie auch ihr Umfeld. Sie hat nie aufgehört sich zu bilden, sich Feedback zu holen, über den Tellerrand zu schauen. Und sie hat mit sehr interessanten Menschen zu dem Thema gesprochen. Liebe Leser, jetzt sind Sie dran. Sprengen Sie ein paar Grenzen! München, im Mai 2020

 Geleitwort 

VII

Prof. Tim Bruysten  lehrt Business Transformation, Change Management, Digitale Transformation und Gamification an der Fresenius Hochschule München. Zudem ist er geschäftsführender Gesellschafter der richtwert GmbH (siehe richtwert.eu).

Hyperlinks

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IX

Danksagung

Der allergrößte Dank gilt meinen treuen und unglaublich inspirierenden Testleserinnen Ulrike Rehm, ihrer Tochter Annika Rehm und deren Freundin Solveigh Tempels. Ihr seid die Besten! Es hat so viel Spaß gemacht, die Inhalte mit Euch zu besprechen, Eure Impulse aufzunehmen und Euer Feedback einzuarbeiten. Ihr habt mir jeden Tag Motivation gegeben und Mut gemacht. Auch vielen Dank an Ulrikes Schwester Monika Grossmann, die mir ebenfalls als Testleserin zur Seite stand. Und natürlich meinem Mann Christian, der in den vergangenen Monaten nicht nur Testleser war, sondern mir auch alles andere abgenommen hat, wofür ich keinen Kopf hatte und der mich immer wieder bestärkt hat. Meiner Freundin Sonja für viele Jahre Freundschaft und den gewissenhaften Review (trotz Zeitdruck :)). Meinem Freund Tim Bruysten danke ich sehr für das liebevolle und inspirierende Vorwort und die verrückten, erkenntnisreichen und lustigen Erlebnisse der vergangenen Jahre. Meiner Freundin Christiane Frederichs und ihren Kindern Ronja und Ben für viele Jahre tiefer Freundschaft, voll von Humor, Motivation und Inspiration – auch für dieses Buch. Dr. Lena Lindhoff danke ich sehr für das Korrektorat, ihre inspirierenden Denkanstöße und die tolle, unkomplizierte Zusammenarbeit. XI

XII Danksagung

Meiner Freundin Julia Tanasic: Vielen Dank dafür, dass Du mich auf das Thema Netzwerken aufmerksam gemacht hast und mir gezeigt hast, wieviel Spaß das machen kann. Meinen Freunden Michi Bunn und Diana Lipstein für ihre Geduld, Ideen, Impulse und dafür, dass sie mich in den letzten Jahren immer bestärkt haben. Und natürlich auch Thomas Siebenhüner für die vielen Inspirationen – nicht nur bei diesem Buch. Jutta Mandl für die großzügige Unterstützung zum Review des gesamten Buches. Meinen WOL-Freunden Sarah Kugler und Dennis Bensch, die mir viele inspirierende Themen nähergebracht haben: von Objectives & Key Results über lernOS bis hin zum Thema Finanzmanagement. Meinen Kollegen Melanie Sommer, Marion Gaidusch und Marion Dehm für ihren Review und das ermutigende Feedback. Meinen Eltern Rudolf und Margret Golkowsky für das Korrektorat in letzter Minute. Meinen Mitstreiterinnen an der Dr. Bock Coaching Akademie, Martina, Anke, Bärbel, danke ich für die vielen Blicke über den Tellerrand und die gemeinsamen Erlebnisse im vergangenen Jahr. Ich habe mit Euch eine neue Welt entdecken dürfen.

Das darfst Du von diesem Buch erwarten

Noch nie hatten Menschen in Deutschland so viel Spielraum bei der Gestaltung ihrer beruflichen und privaten Möglichkeiten. Trotzdem sind viele unglücklich in ihrem Beruf, arbeiten „auf die Rente hin“ und nutzen ihre Talente und Möglichkeiten zur beruflichen Entfaltung nur wenig oder gar nicht aus. Sie führen ein Leben unter ihren Möglichkeiten. Und darunter leiden nicht nur die Menschen: Auch für Unternehmen und Volkswirtschaften wird das zum eklatanten Nachteil. Denn unzufriedene Mitarbeitende werden öfter krank, das kostet den Arbeitgeber viel Geld, ebenso die Krankenkassen [1]. Dieses Buch zeigt einen Ausweg – für Dich persönlich: Du lernst die wesentlichen Faktoren kennen, um dauerhafte berufliche Erfüllung zu finden und kannst sie auch direkt anwenden. Überblick: Das erwartet Dich Spiegel der aktuellen Themen Kurzüberblick über aktuelle Entwicklungen und Trends, die unser (Berufs-) Leben beeinflussen. Spannende Einblicke in die aktuellen Entwicklungen von Unternehmen und die damit verbundenen, neuen Anforderungen an Mitarbeitende und Selbständige – und die damit einhergehenden Chancen für jeden Einzelnen von uns. Dem entgegen steht ein hoher Frustrationsgrad von Berufstätigen in Deutschland, die „unter ihren Möglichkeiten“ bleiben.

XIII

XIV 

Das darfst Du von diesem Buch erwarten

Warum wir unter unseren Möglichkeiten bleiben Eine Erläuterung, wie wir „ticken“, wenn wir uns selbst klein machen. Diese Selbstsabotage beschreibt Petra Bock als „Mindfucks“ [2], als destruktive Muster, derer wir uns zum Glück entledigen können, um in einen anderen Modus umzuschalten – mit einer konstruktiven Sichtweise, die unserer Entfaltung dient. Praktische Umsetzung für Deine berufliche Erfüllung Praktische Übungen anhand des „7-Schritte-Modells“, die Du direkt für Dich persönlich durchführen kannst, um Deine beruflichen Wünsche zu identifizieren, auf dieser Grundlage ein attraktives, selbst initiierbares Ziel zu formulieren und den Weg dorthin zu planen. Wertvolle Ressourcen auf Deinem Weg zum Ziel Mit Ressourcen sind alle Aspekte gemeint, die Du brauchst, um Dein Ziel zu erreichen. Man könnte auch sagen, Ressourcen bilden die Hebel und Kraftquellen dafür. Unter anderem zeige ich Dir nützliche Infos zu Weiterbildungsquellen, Möglichkeiten zum Netzwerken und Buchtipps. Vorbilder zur Inspiration für Deine berufliche Erfüllung Gerade die Vielfältigkeit von Vorbildern inspiriert. Sie machen deutlich, dass Ziele tatsächlich umsetzbar sind – auf ganz individuelle Weise. Deshalb habe ich unterschiedliche Menschen interviewt, die ihr berufliches Glück gefunden haben. Manche als Angestellte, manche als Selbständige, andere in einer „Mischform“. Ich habe HR-Fachleute, IT-Experten, Coaches, Lehrer, professionelle Netzwerker, Trainer und junge Entrepreneure befragt, wie sie zu ihrem beruflichen Glück gefunden haben. Warum zufriedene und selbstbestimmte Mitarbeiter für Unternehmen absolut notwendig sind, um erfolgreich zu sein und zu bleiben Selbstwirksame und erfüllte Mitarbeitende führen Unternehmen in eine erfolgreichere Zukunft. Denn anders als noch vor ein paar Jahrzehnten sind Unternehmen heute mehr denn je auf kreative und lösungsorientierte Mitarbeitende angewiesen, die mit der immensen Innovationsgeschwindigkeit und komplexen Wirtschaftssystemen mithalten können. Und Menschen haben Lust darauf, produktiv, kreativ und lösungsorientiert zu arbeiten. Der US-Autor Daniel Pink [3] beschreibt es so: Wenn wir unsere Unternehmen stärken, unserem Leben mehr Sinn geben und die Welt verbessern wollen, müssen wir die Kluft zwischen dem, was die Wissenschaft weiß und dem, was die Wirtschaft tut, schließen. Denn unser momentanes „Betriebssystem“ in der Wirtschaft ist vorwiegend auf externe Motivationen wie Belohnung und Bestrafung ausgerichtet. Dieser Ansatz funktioniert in unserer heutigen Welt jedoch nicht mehr. Vielmehr richtet er sogar Schaden an, da er Kreativität und Motivation bremst. Zum Glück weist uns die Wissenschaft einen Weg zu einem „neuen“ Betriebssystem, das auf intrinsischer Motivation beruht und aus drei Elementen besteht:

  Das darfst Du von diesem Buch erwarten 

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1. Selbstbestimmung – das Verlangen, unser Leben selbst zu gestalten 2. Perfektionierung – das Bedürfnis, bei einer Sache, die wichtig ist, immer besser zu werden 3. Sinnerfüllung – der Drang, unser Tun im Dienste von etwas Größerem als uns selbst zu vollbringen [3].

In den Interviews mit Petra Bock und Martina Reiss in Abschn. 9.2 wird sehr deutlich, dass Unternehmen gar nicht anders können, als Mitarbeitende zur Potenzialentfaltung zu motivieren und auf intrinsische Motivation zu setzen. Welche notwendigen Schritte Unternehmen hierbei gehen müssen, erklären die beiden aus unterschiedlichen Perspektiven. Nützliche Quellen für finanzielle Selbstwirksamkeit Als kleines „Add on“ erhältst Du abschließend noch einige Impulse und weiterführende Quellen zum Aufbau eines finanziellen Polsters. Denn die finanzielle Selbstbestimmung und der Umgang mit den eigenen Finanzen tragen entscheidend zur Zufriedenheit bei. Dazu gibt es inzwischen sehr hilfreiche Blogs, Bücher und Vorbilder – u. a. von Natascha Wegelin, Claudia Müller oder dem „Finanzwesir“ Albert Warnecke. Ich wünsche Dir viel Erfolg dabei, Deine ganz persönliche berufliche Erfüllung zu finden, ein Leben lang! Feedback, Rückfragen und Anregungen nehme ich gerne entgegen unter [email protected]. Weitere Informationen zu dem Thema berufliche Veränderung findest Du auf meiner Website unter cordula-casaretto-coaching.de. Noch ein paar Hinweise zu diesem Buch • Am Ende jedes Kapitels findest Du eine kurze Zusammenfassung. Diese soll lediglich als Gedankenstütze dienen oder einen schnellen Überblick ermöglichen wenn Du das Buch vielleicht in ein paar Monaten noch einmal in die Hand nimmst und nicht mehr das gesamte Kapitel erneut lesen möchtest. • Im Folgenden werden einige „neue“ Begriffe verwendet wie z. B. „Working Out Loud“. Diese Begriffe werden im Text erläutert, ebenso im Glossar. • Bei Personenbezeichnungen sind stets alle Formen mit einbezogen (w/m/d).

XVI 

Das darfst Du von diesem Buch erwarten

Literatur 1. https://www.spiegel.de/karriere/arbeitnehmer-studie-deutschland-istfrustweltmeister-a-8c46563b-b6a1-4025-9c45-00e7b5bdcb91. Zugegriffen am 26.05.2020 2. Bock P (2015) Mindfuck Job: So beenden Sie Selbstblockaden und entfalten Ihr volles berufliches Potenzial. Knaur HC, München 3. Pink D (2019) Drive: Was Sie wirklich motiviert. Ecowin, Salzburg

Inhaltsverzeichnis

1 Demographischer Wandel, Digitalisierung, Corona: Unsere Welt verändert sich dramatisch – das bietet Chancen!  1 1.1 Die 7 Schritte zur beruflichen Erfüllung   8 1.2 Einblick in die spannenden Veränderungen unseres Arbeitslebens 11 1.2.1 Interview mit Stefan Weiss, Talent Group Leader „Workforce Strategies & Solutions“, Deloitte Deutschland  12 1.2.2 Interview mit Dr. Jochen Wallisch, Executive Vice President für Human Resources bei Siemens  19 1.2.3 Weiterführende Buchtipps  25 Literatur 28 2 Schritt 1: Finde Deine kraftvolle innere Haltung 31 2.1 Wie unsere Art zu denken über unser Leben bestimmt  36 2.2 Zwei Frauen, die sich selbst erlauben, ihre größtmögliche berufliche Erfüllung zu leben  41 2.2.1 Interview mit Jasmin Karatas, Gründerin des Start-ups „Myndset“  41 XVII

XVIII Inhaltsverzeichnis



2.2.2 Interview mit Linda Mathew, früher Marketing-/PR-Leiterin, heute Grundschullehrerin 44 2.3 Übung: Finde Deine kraftvolle innere Haltung  49 2.4 Weiterführende Buchtipps  50 Literatur 52 3 Schritt 2: Identifiziere Dein berufliches Biotop 53 3.1 Rahmenbedingungen für berufliche Erfüllung  55 3.2 Wie das Wissen um die eigenen Vorlieben und Werte den beruflichen Weg weisen kann  57 3.2.1 Interview mit Felix Thönnessen, Start-up Coach, Unternehmer, Investor  58 3.2.2 Interview mit Anke Rippert, Unternehmerin, Investorin und Herausgeberin des Philosophiemagazins HOHE LUFT  61 3.3 Übungen  65 3.3.1 Finde heraus, was Dir wichtig ist  66 3.3.2 Deine Präferenzen  69 3.4 Weiterführende Buchtipps  75 Literatur 76 4 Schritt 3: Erkenne Deine Stärken 77 4.1 Wie Du durch das Erkennen Deiner Stärken Orientierung gewinnst  78 4.2 Das Gewand des Jobs verändert sich – die Stärke bleibt ein Leben lang  82 4.2.1 Interview mit Dr. Holger Schlageter, Top Coach und Bestseller-Autor  83 4.2.2 Interview mit Stefan Spies, Top-Coach/Trainer, früher Schauspiel- und Opernregisseur  91 4.3 Übung: Gehe Deiner Stärke auf den Grund  94 4.4 Weiterführende Buchtipps und Quellen  95 Literatur 98

 Inhaltsverzeichnis 

XIX

5 Schritt 4: Kreiere Dein berufliches Ziel 99 5.1 Warum Ziele wichtig sind und welche Rolle Bilder und Emotionen dabei spielen 100 5.2 Ohne Ziel kein Durchhalten! 106 5.2.1 Interview mit Tijen Onaran, Moderatorin, Speakerin, Gründerin des Netzwerks „Global Digital Women“ 107 5.2.2 Interview mit Dennis Bensch, IT Engineer Enterprise Collaboration, Corporate Influencer 113 5.3 Übungen 120 5.3.1 So entwickelst Du Dein Ziel 120 5.3.2 Brief von meinem zukünftigen Ich 122 5.4 Weiterführende Buchtipps und Quellen 124 Literatur126 6 Schritt 5: Identifiziere Deine Ressourcen zur Zielerreichung127 6.1 Warum ohne Ressourcen alles nichts ist 130 6.2 Beispiele nützlicher Ressourcen 131 6.2.1 Weiterbildungsmöglichkeiten 131 6.2.1.1 Lernen, das mit Netzwerken verknüpft ist 133 6.2.1.2 Digitale Lernplattformen 137 6.2.1.3 Aufbereitung von Buchinhalten und weiteren Wissensquellen 141 6.2.2.3 Soziale Netzwerke 143 6.3 Coaches und Mentoren finden 146 6.4 Dein Braintrust 148 6.5 Wie Du entspannt netzwerkst 149 6.6 Erfolgsstrategien 153 6.7 Wie sich durch nützliche Ressourcen ungeahnte Chancen ergeben und warum wir ohne lebenslanges Lernen scheitern werden 155

XX Inhaltsverzeichnis



6.7.1 Interview mit Katharina Krentz, Senior Consultant New Work & Digital Collaboration, Lead Working Out Loud Initiative bei Robert Bosch GmbH & Founder Connecting Humans 155 6.7.2 Interview mit Dr. Jens Brandenburg, Mitglied des Deutschen Bundestages 163 6.8 Übung: Ressourcen zur Zielerreichung 168 6.9 Weiterführende Buchtipps und weitere Quellen 169 Literatur171 7 Schritt 6: Plane Deinen Weg zum Ziel173 7.1 Nützliche Methoden bei der Strategieplanung 174 7.1.1 Aus der Zukunft rückwärts planen 175 7.1.2 Maßnahmenplan 176 7.1.3 Getting Things Done [1–3] 176 7.1.4 Relationship Action Plan 181 7.1.5 Objectives & Key Results (OKR) 184 7.1.6 Parkinsonsches Gesetz [9] 187 7.1.7 Dein Elevator Pitch [10] 188 7.1.8 Erfolgsjournal anlegen 190 7.2 Übungen 191 7.2.1 Dein Weg zum Ziel 191 7.2.2 Die Vogelperspektive 192 7.3 Weiterführende Buchtipps und weitere Quellen 193 Literatur195 8 Schritt 7: Überprüfe regelmäßig Deine berufliche Erfüllung197 9 Exkurs 1: Zusammenspiel von beruflicher Erfüllung der Mitarbeitenden und den Unternehmenszielen201 9.1 Warum das Zusammenspiel für eine gelungene Zukunft des Wirtschaftslebens unverzichtbar ist 201

 Inhaltsverzeichnis 

XXI

9.2 Ohne erfüllte Mitarbeitende kein Unternehmenserfolg209 9.2.1 Interview mit Petra Bock (Top Coach, Autorin, Rednerin) 209 9.2.2 Interview mit Martina Reiss (Beraterin und Coach für Führungskräfte, GründerInnen, GeschäftsführerInnen und HR-Verantwortliche)218 9.3 Weiterführende Buchtipps und weitere Quellen 227 Literatur230 10 Exkurs 2: Wie Du finanziell selbstwirksam handelst233 10.1 Zu einem selbstwirksamen Leben gehört der Umgang mit Geld – so gehst Du es an 233 10.2 Interview mit Claudia Müller, Gründerin des Female Finance Forum 245 10.3 Weiterführende Buchtipps und weitere Quellen 255 Literatur258 11 Fazit259 12 Die Zusammenfassungen261 12.1 Twitter-Zusammenfassung 261 12.2 Cocktailparty-Zusammenfassung 262 12.3 Kapitelweise Zusammenfassung 262 Glossar275  esprächsansätze zu diesem Buch, die Du weiterdenken und G diskutieren kannst281 Literatur283

1 Demographischer Wandel, Digitalisierung, Corona: Unsere Welt verändert sich dramatisch – das bietet Chancen!

Wir leben in Deutschland in großem Wohlstand und unterliegen gleichzeitig komplexen Veränderungen. In Zukunft werden wir voraussichtlich noch mehr „Change“ ausgesetzt sein. Die Aufsichtsrätin und ehemalige CFO der Lufthansa Simone Menne beschreibt es so: „Veränderung ist die Konstante und selbst die Veränderung verändert sich.“ [1]

Eine andere Bezeichnung für die komplexen fortwährenden Veränderungen in unserer modernen, digitalisierten Welt bildet der Begriff VUCA [2, 3] – er steht für: Volatility (Volatilität) [3] Volatilität (volatility) beschreibt die Schwankungsintensität über den zeitlichen Verlauf. Leicht verständlich wird es am Beispiel von Aktienkursen: Innerhalb eines kurzen Zeitraums stark schwankende Aktienkurse zeigen sich als „scharfe Zacken“ im Verlaufs-Chart. Je höher die Volatilität, desto stärker und „zackiger“ die Ausschläge.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Casaretto, Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7_1

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Uncertainty (Unsicherheit) [3] Unsicherheit (uncertainty) beschreibt in diesem Modell die Unvorhersagbarkeit von Ereignissen. Je mehr „Überraschungen“ der Kontext bereithält, desto unsicherer ist dieser. Complexity (Komplexität) [3] Komplexität (complexity) wird durch die Anzahl von Einflussfaktoren und deren gegenseitige Abhängigkeit bzw. Interaktion beeinflusst. Je mehr Interdependenzen ein System enthält, desto komplexer ist es. Der Begriff „komplex“ ist dabei vom Begriff „kompliziert“ zu differenzieren – auch wenn beide oft äquivalent benutzt werden (fälschlicherweise). Ein kompliziertes System kann man vereinfachen, ohne die interne Struktur des Systems zu zerstören. Beispiel: Ein unübersichtlicher mathematischer Bruch wird durch Kürzen vereinfacht. Ein komplexes System hingegen wird zerstört, wenn man versucht, es zu vereinfachen, hier ist keine vereinfachende Abstraktion möglich. Ambiguity (Mehrdeutigkeit) [3] Ambiguität (ambiguity) beschreibt die Mehrdeutigkeit einer Situation oder Information. Selbst wenn viele Informationen vorhanden sind (im Sinne von sicher und vorhersagbar), kann die Bewertung derselben immer noch mehrdeutig sein. Begriff VUCA stammt aus US-Militär VUCA stammt aus dem Anfang der 1990er-Jahre und war die Antwort des US Army War Colleges auf den Zusammenbruch der UdSSR. Plötzlich gab es nicht mehr den EINEN FEIND, was eine polarisierende Perspektive überflüssig machte und stattdessen neue Sicht- und Reaktionsweisen zur Folge hatte [4]. VUCA zieht eine Reihe von Konsequenzen nach sich, die sich für jeden Einzelnen von uns bemerkbar machen  – auch im Unternehmenskontext: von neuen Berufsbildern wie Data Scientist oder Content Manager bis hin zur Konvergenz von Branchen und Kompetenzen: Internetfirmen wie Google stellen heute Autos her, frühere Online-Buchhandlungen wie Amazon verkaufen Speicherplatz

1  Demographischer Wandel, Digitalisierung, Corona: Unsere … 

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für Rechner. Und war das Marketing noch vor 15 Jahren eher analog geprägt, werden heute analytische Verfahren zum Erreichen der Zielgruppe immer wichtiger. Auch Arbeitsprozesse in Unternehmen ändern sich hin zu agilen Arbeitsprozessen, die den Anforderungen einer sich immer schneller ändernden Welt Rechnung tragen. Mit diesen komplexen Veränderungen scheinen wir Schwierigkeiten zu haben Trotz unserer Überflussgesellschaft plagen uns große Existenzängste und die Unzufriedenheit in Jobs in den westlichen Industriegesellschaften ist hoch. Die Studienergebnisse zum Frustrationsgrad der deutschen Arbeitnehmer hat sicherlich jeder schon einmal in der einen oder anderen Form gehört: 16  % haben innerlich bereits gekündigt  – das sind sechs Millionen Menschen in Deutschland [5]. Knapp 70 % aller Arbeitnehmer in Deutschland verrichten Dienst nach Vorschrift. Das sind mehr als 25 Millionen Arbeitnehmer [5].

Die Herausforderung ist nicht nur eine psychologische, sondern auch eine wirtschaftliche. Denn es entsteht in Deutschland ein jährlicher volkswirtschaftlicher Schaden von bis zu 122 Milliarden Euro [5]. Frustrierte Mitarbeiter werden auch öfter krank, bis zu 75 Prozent höher liegt die Zahl der Krankheitstage. Das kostet den Arbeitgeber – ebenso wie die Krankenkassen [6]. Neben der Frustration im aktuellen Job kommen für viele Mitarbeitende verschärfend auch noch die Auswirkungen der Digitalisierung hinzu und sie fragen sich: Werde ich in ein paar Jahren noch mithalten können? Was tue ich, wenn mein Job überflüssig wird? [7] Die genannten Entwicklungen, die in Studienergebnissen und Presseberichten publiziert werden, erlebe ich fast jeden Tag hautnah um mich herum: Menschen sind unglücklich in ihren Berufen, sehnen Wochenende und Urlaub herbei und finden keinen Ausweg aus ihrer Misere. ­Jedes Projekt bei der Arbeit und jeder Urlaub werden kreativer und de-

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taillierter geplant als die persönliche berufliche Erfüllung. Je länger Menschen im Beruf sind, desto desolater wird die Lage bei vielen. „Ich würde ja gerne etwas anderes machen, aber mit 45 noch mal neu anfangen? Das geht nicht!“ Die Sehnsucht nach Erfüllung im Beruf treibt unglaublich viele Menschen um, aber die meisten trauen sich nicht, den entscheidenden Schritt dorthin zu gehen, weil sie zu sehr in alten Mustern feststecken. Zum Beispiel, dass man von Arbeit nicht mehr verlangen darf als die eigene Existenz zu sichern. Berufliche Erfüllung wird als Wagnis verkauft, das man nicht eingehen sollte. In Krisenzeiten verstärkt sich dieses Muster meist noch (siehe hierzu auch die Interviews mit Petra Bock und Martina Reiss in Kap. 9). Anzahl psychischer Erkrankungen in Wohlstandsgesellschaften steigt Neben der Unzufriedenheit und Frustration steigt auch die Anzahl ­psychischer Erkrankungen im Beruf in den Industriestaaten. Jedes Jahr erkrankt jeder vierte Europäer an einer Angststörung oder Depression. Obwohl unser Alltag  – materiell gesehen  – bequem ist wie nie zuvor. ­Kurios, dass laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) Herz-Kreislauf-­ Erkran­kungen und Depressionen sowie affektive Störungen ab 2020 die häufigsten Krankheiten der Welt sein werden, die zu einem verfrühten Tod führen. Gerade dort, wo Menschen äußerlich alles haben, klafft eine überraschende innere Lücke auf [8]. Positive Gegenbeispiele Aber ich habe erfreulicherweise auch Menschen kennen gelernt, die in ihren Jobs aufgehen und ihre Arbeit mit solcher Leichtigkeit erledigen, dass es eine Freude ist, sie zu beobachten und ihnen zuzuhören. Einige von ihnen konstatieren, dass es noch nie leichter war als heute, sein berufliches Glück zu finden und sich auch noch zu verändern, wenn man das 25., 35. oder auch 55. Lebensjahr überschritten hat. Meine Interviewpartner waren sich in folgenden Punkten einig, was es braucht, um berufliche Erfüllung zu finden:

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1. Ein Growth Mindset – eine innere Haltung, die sie offen sein lässt für Neues und die Fähigkeit beinhaltet, sich selbst zu reflektieren und Bestehendes in Frage zu stellen. 2. Sie lieben, was sie tun und haben Rahmenbedingungen geschaffen, unter denen sie sehr gerne arbeiten. 3. Sie haben – basierend auf dem, was sie gerne tun – einen Zweck definiert, für den sie stehen. Unabhängig von Jobs und Technologien. Für Unternehmen wird dieser Zweck oft als Massive Transformative Purpose bezeichnet. Er passt in diesem Sinne auch auf Personen. 4. Sie haben sich Ziele gesetzt, die sie in ihrem Beruf erreichen möchten. 5. Sie lernen kontinuierlich und bilden sich fort – auf ganz unterschiedliche Weise. Das klingt gar nicht sooooo schwer? Finde ich auch. Scheint aber schwer umsetzbar zu sein für viele. „Easy but not simple“, hat meine Dozentin an der Akademie Dr. Bock oft gesagt. Andererseits sind alle fünf oben genannten Punkte selbst initiierbar und erlernbar  – egal, in welchem Alter. Und das ist doch ziemlich motivierend! Oder – wie Katharina Krentz so schön sagte: „Wir können jeden Tag, in jedem Alter etwas Neues lernen – bis zu unserem Todestag.“ Das Interview mit Katharina Krentz lest Ihr in Abschn. 6.7. Wenn berufliche Erfüllung möglich ist, warum sind so viele Menschen unzufrieden in ihren Jobs? Die meisten Menschen denken noch so, wie vor ein paar hundert Jahren gedacht wurde: als Arbeit allein dem Überleben diente und die Welt von Not und Mangel geprägt war. Extrinsische Motivation wie Zuckerbrot und Peitsche trieben Menschen damals zur Arbeit an. Mit der Aussicht auf höhere Löhne schleppten sie noch mehr Eisen, Kohle oder Ähnliches. Aus Angst vor Bestrafungen wie Zurechtweisung vor versammelter Mannschaft oder Kündigung muckte man nicht auf und versuchte, nicht aufzufallen. Daniel Pink bezeichnet diese Art der Führung als Motivation 2.0. Er unterscheidet drei Arten von Motivation [9].

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• Motivation 1.0 = biologisch (z. B. Hunger, Durst): einzig und allein auf Überleben ausgerichtet • Motivation 2.0 = externer Antrieb durch Belohnung und Bestrafung: funktionierte sehr gut, was Routinearbeiten im 20. Jahrhundert betraf, wo Menschen wie Maschinen zu funktionieren hatten • Motivation 3.0 = intrinsischer Antrieb: Diese Art von Motivation ist die passende für unsere heutige Arbeitswelt Experimente mit Rhesusaffen, die erstmals auf intrinsische Motivation hinwiesen Man ging lange davon aus, dass tierisches und menschliches Verhalten ausschließlich durch innere Triebe (Motivation 1.0) und extrinsische Motivation (Motivation 2.0) gesteuert ist. Bis 1949 der US-Psychologieprofessor Harry Harlow in einem Versuch eine spannende Entdeckung machte: Acht Rhesusaffen erhielten ein mechanisches Geduldsspiel. Für die Beschäftigung damit erhielten sie weder Essen noch eine andere Belohnung. Harlow war überzeugt, dass die Affen überhaupt keine Lust verspüren würden, sich damit zu beschäftigen. Aber: Sie spielten mit hoher Motivation, erkannten die Funktion des Spiels und lösten es in unter 60 Sekunden [9].

Ähnliche Motivationen wie im Versuch mit den Rhesusaffen entdecken wir bei Menschen – zum Beispiel bei der Entwicklung von Wikipedia: Tausende von Personen verfassen und bearbeiten Einträge für Wikipedia – ohne materielle Gegenleistung. Wikipedia ist ein riesiger Erfolg. Anders als die Entwicklung des Wettbewerbsprodukts Microsoft Encarta – sie wurde vor einigen Jahren eingestellt. Die Encarta wurde von gut ausgebildeten und bestens bezahlten Autoren und Herausgebern erstellt. Warum scheiterte sie also? [9] Eine erfüllende Tätigkeit macht Belohnung überflüssig Der US-Autor Daniel Pink erklärt den Erfolg von Wikipedia und das Scheitern der Encarta mit der intrinsischen Motivation (Motivation 3.0). Wenn eine Tätigkeit oder eine Arbeit jemanden erfüllt, benötigt ein Mensch keine weitere Belohnung. Intrinsisch motivierte Menschen übernehmen Verantwortung und arbeiten selbstbestimmt. Sie tun das gerne und freiwillig – ohne materiellen Lohn dafür zu verlangen [9].

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Eine schöne Erkenntnis, finde ich. Grundlegend können wir Freude an Arbeit verspüren, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür vorhanden sind. Und zu diesen Rahmenbedingungen können wir heute  – in einer sich verändernden Welt und einer Wohlstandsgesellschaft – selbst entscheidend beitragen! Seien wir doch glücklich darüber, dass wir selbstbestimmt handeln können und somit entscheiden dürfen, wie wir uns beruflich entfalten. Und dass wir das Zeitalter der mühe- und qualvollen Arbeit, die nur dem Überleben diente, hinter uns gelassen haben. Das Rüstzeug dafür haben wir [9]. Berufliche Erfüllung direkt angehen Insgesamt ist es für mich noch immer unfassbar, in welch kurzer Zeit wir in Deutschland und den westlichen Industrieländern insgesamt einen unglaublichen Wohlstand aufgebaut haben. Mein Vater ist heute 86 Jahre alt und mit seiner Familie nach dem Zweiten Weltkrieg aus Schlesien geflüchtet. Er erzählte mir einmal, dass seine Mutter nach Ankunft in ihrer neuen Heimat in Niedersachsen bei umliegenden Bauernhöfen nach Essen fragen musste. Wenn ich heute einen Supermarkt betrete, kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, welche Not meine Elterngeneration noch erlebt hat. Wir haben heute ganz andere Entfaltungsmöglichkeiten, wir können unsere destruktiven inneren Dialoge eliminieren und umlenken in einen freundlichen und konstruktiven Umgang mit uns selbst. Basis dafür ist unser Mindset – unsere innere Einstellung – auf das wir in Kap. 2 eingehen. Unser Mindset ist überhaupt die Basis für unser Wohlbefinden – u. a. wirkt es sich auch auf die individuell empfundene Selbstwirksamkeit und Erfüllung im Beruf aus. Da mich dieses Thema sehr fasziniert, habe ich mich entschieden, dem auf den Grund zu gehen. Ich habe mich in den letzten Jahren eingehend mit dem beschäftigt, was Menschen dazu bringt, ihr berufliches Glück in die Hand zu nehmen, und dem, was andere Menschen daran hindert. Ich habe unzählige Gespräche dazu geführt, viele Bücher gelesen und zwei Coaching-Ausbildungen absolviert. Ich habe gelernt, dass es möglich ist, eine hohe Lebensqualität zu erreichen, dabei sehr gute Leistungen zu erbringen und dass all dies selbst initiierbar ist.

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Mir hat diese selbst auferlegte Transformation eine neue Welt eröffnet, in der ich meine Freude im Beruf nun endlich gefunden habe. Deshalb habe ich mich entschlossen, eine Anleitung zu schreiben für Menschen, die mit 25, 30, 45, 60 – kurzum in jedem beliebigen Alter – ihr berufliches Glück finden möchten. Wichtig: Berufliches Glück bedeutet für jeden Menschen etwas anderes. Für den einen ist es wichtig, Einfluss zu haben und einen bestimmten Betrag zu verdienen, andere Menschen können ihr Glück nur finden, wenn sie Gestaltungsfreiheit in ihrem Job haben. Wieder andere möchten mit ihrer Arbeit Geld verdienen, um ein schönes Häuschen im Grünen zu finanzieren [1]. Wir Menschen haben eine begrenzte Lebenszeit. Warum sollen wir sie nicht nutzen, um das Allerbeste daraus zu machen?

1.1 Die 7 Schritte zur beruflichen Erfüllung Das 7-Schritte-Modell (siehe Abb. 1.1) dieses Buches habe ich mit vielen Coachees erfolgreich umgesetzt. Es ist für jeden Lesenden direkt anwendbar. Die einzige Voraussetzung: Du musst Dir ein wenig Zeit nehmen für Dich und Deine Bedürfnisse, um die Übungen durchzugehen. Ich verspreche Dir: Sie machen gute Laune! Eine Coachee bescheinigte mir, dass sie nun viel positiver denkt und handelt, seitdem sie das 7-Schritte-­ Modell anwendet. Die Übungen befinden sich jeweils am Ende der Kap. 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8. Schritt 1: Finde Deine kraftvolle innere Haltung Kraftvolle innere Haltung meint kein übermotiviertes oder spirituell aufgeladenes Mindset, sondern geht von einem ruhigen, konzentrierten und innerlich ausgeglichenen Menschen aus, der auf seine Wünsche hört und daraus selbst initiierbare und realisierbare Ziele formuliert. Im ersten Schritt kümmern wir uns darum, wie Du Deine kraftvolle innere Haltung – man könnte auch sagen, Dein „Growth Mindset“ – findest. Schritt 2: Identifiziere Dein berufliches Biotop Im zweiten Schritt geht es darum, das eigene berufliche Biotop zu finden – sozusagen die idealen Rahmenbedingungen zu identifizieren. Denn

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Abb. 1.1  Das 7-Schritte-Modell für Deine berufliche Erfüllung. Grafiken des 7-Schritte-Modells: Franziska Sommerfeld

die Wünsche an ein erfülltes Berufsleben sind bei jedem Menschen anders. Der eine arbeitet, um sich ein schnelles Auto und ein schönes Haus leisten zu können, der nächste möchte Sinn stiften durch seine Arbeit [1]. Vielleicht findest Du im Rahmen der Übungen in diesem Buch auch heraus, dass es „nur kleine Schrauben“ sind, an denen Du drehen solltest, um mehr Zufriedenheit im Beruf zu erlangen. Vielleicht ist es ein Tag (mehr) Home Office pro Woche, die Abgabe eines bestimmten Aufgabenbereichs oder das klärende Gespräch mit einem Kollegen oder Vorgesetzten zu einem Thema, das Dir schon lange auf der Seele liegt. Vielleicht findest Du aber auch durch die Übungen und Inspirationen in diesem Buch heraus, dass Du einen anderen Beruf ergreifen möchtest –

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es also um eine größere Änderung in Deinem Berufsleben geht. Auch dabei hilft Dir dieses Buch. Schritt 3: Erkenne Deine Stärken Im dritten Schritt geht es darum, Deine Stärken sichtbar zu machen. Menschen leiden oft unter „Kompetenz-Demenz“. Sie vergessen, was sie gut können oder halten das, was sie gut können für wertlos. Ich habe immer gedacht, alles, was mir leichtfällt, ist nichts wert. Ist natürlich Quatsch. Wir werden in diesem Schritt auf Dein bisheriges Leben schauen und identifizieren, welche Stärken Du bereits gezeigt und welche Erfolge Du damit erzielt hast. Ein Coachee bescheinigte mir nach dieser Übung, dass sich sein gesamtes Mindset und seine Stimmung komplett verwandelt hatten in eine positive, ruhige Haltung, nachdem er vorher ziemlich verzweifelt war wegen seiner beruflichen Situation. Aber die Besinnung auf eigene Stärken und Erfolgsstrategien brachte ihm die Gewissheit, dass er schon ziemlich viel aus eigenem Antrieb geleistet hatte. Und dass er diese Fähigkeiten künftig auch erfolgreich einsetzen kann, um seine aktuellen Herausforderungen zu lösen. Schritt 4: Kreiere Dein berufliches Ziel Im vierten Schritt geht es um die Entwicklung Deines Ziels. Wir beschäftigen uns damit, wie wichtig es ist, überhaupt ein Ziel zu formulieren. Mit konkreten Fragen präzisierst Du es und lernst an einer spannenden Übung, wie wichtig es ist, das eigene Ziel zu visualisieren, also in Bilder zu fassen. Dein Ziel, das Du in diesem Kapitel entwickeln wirst, ist so individuell, konkret und attraktiv, wie es für Dich stimmig ist. Das kann die Suche nach einem neuen Job sein, der Wunsch nach einer anderen Tätigkeit, aber genauso kann es auch eine „kleinere“ Dimension annehmen wie etwa „Ein Tag Home Office pro Woche“, „Ein klärendes Gespräch mit einem Kollegen“ oder das Aneignen und Anwenden von Zeit- und Selbstmanagement-Methoden. Schritt 5: Identifiziere Deine Ressourcen zur Zielerreichung Im fünften Schritt geht es um Ressourcen und damit um alles, was es an  Rahmenbedingungen, Fähigkeiten und unterstützenden Menschen braucht, um Dein persönliches Ziel zu erreichen. Manchmal gilt es, Fä-

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higkeiten weiter zu entwickeln. Welche Weiterbildungsformen Du dabei nutzen kannst, findest Du in einer komprimierten Übersicht. Darüber hinaus zeige ich Dir spannende und direkt umsetzbare Methoden zum Netzwerken. Denn oftmals braucht es Unterstützer, um ein Ziel zu erreichen. Die vorgestellten Netzwerkmethoden zeigen auf, wie Du auf wertschätzende Weise Deine Ziele erreichst, indem Du mit anderen Menschen in einen konstruktiven Austausch gehst. Eine neue Methode, um Ziele und Netzwerk zu verbinden ist „Working Out Loud“. Auch hierzu erfährst Du mehr in diesem Schritt. Schritt 6: Plane Deinen Weg zum Ziel Im sechsten Schritt planst Du Deinen Weg zum Ziel ganz konkret. Du lernst ein paar Methoden kennen, um konstruktiv zu planen und potenzielle Hürden gut zu meistern. Du kannst hier z. B. die konkreten Ressourcen, die Du in Schritt 5 identifiziert hast, in Deine konkrete zeitliche Planung einfließen lassen. Beispielsweise, welche Bücher oder Fortbildungen Du in welchem Zeitrahmen nutzen wirst, um Fähigkeiten aufzubauen oder zu vertiefen. Schritt 7: Überprüfe regelmäßig Deine berufliche Erfüllung Das 7-Schritte-Modell kannst Du beliebig oft in Deinem Leben anwenden. Ich empfehle Dir, mindestens einmal pro Jahr zu überprüfen, wie es um Deine berufliche Zufriedenheit und potentiellen Veränderungsbedarf steht. Aber Du wirst wahrscheinlich nach Durcharbeiten dieses Buches in eine andere innere Haltung gehen und Deine berufliche Zufriedenheit viel öfter als einmal pro Jahr überdenken – und entsprechende Maßnahmen anpacken, wenn es notwendig ist.

1.2 E  inblick in die spannenden Veränderungen unseres Arbeitslebens Stefan Weiss und Jochen Wallisch geben einen Einblick in die aktuellen Entwicklungen von Unternehmen und die damit verbundenen, neuen Anforderungen an Mitarbeitende. Darüber hinaus geben sie auch einen

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Ausblick auf die gefragten Kompetenzen in der Zukunft – und wie sowohl Mitarbeitende, als auch Unternehmen damit umgehen.

1.2.1 Interview mit Stefan Weiss, Talent Group Leader „Workforce Strategies & Solutions“, Deloitte Deutschland Stefan Weiss ist Experte für lebenslanges Lernen. Sein Know-how umfasst die gesamte Wertschöpfungskette von „Lernen“. Stefan berät Unternehmen bei der Entwicklung und Verankerung einer Lernstrategie und Lernkultur im Unternehmen sowie bei der organisatorischen Aufstellung der Personalentwicklungsabteilung, den Governance-­Prozessen, der strategischen Ausrichtung des Lernportfolios und der Auswahl von Lerntechnologien.

Stefan Weiss. (Foto: Deloitte)

„Lernen endet oftmals mit dem Eintritt ins Berufsleben.“

Stefan, was hat sich in unserer Arbeitswelt verändert in den vergange­ nen Jahren? Ich sehe vor allem einen herausragenden Trend „Power of the Individual“. Dieser äußert sich zum einen darin, dass Menschen ihre beruflichen Entscheidungen heute ganz anders herleiten als früher, da sie über viel mehr Informationen verfügen. Heute ist jeder auf Plattformen wie „LinkedIn“ verknüpft und es gibt garantiert über zwei oder drei Ecken jemanden, der ein Unternehmen kennt, für das ich mich interessiere. Mitarbeitende können Informationen

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über Ge­ halts­ strukturen und Unternehmenskultur recherchieren und diese in ihre Entscheidungsbildung mit einbeziehen. Sicher spielt bei „Power of the Individual“ auch der Wunsch nach mehr Flexibilität eine Rolle? Ja, Menschen suchen neue Jobs auch in anderen Geographien oder Regionen, da digitales Arbeiten nicht unbedingt eine Anwesenheit vor Ort erfordert. In den USA ist dieser Trend noch viel stärker. Aber auch hier möchten Arbeitnehmende selbstbestimmter arbeiten. Unterneh­men reagieren darauf mit flexiblen Arbeitszeitkon­ zepten und Hei­marbeitsplätzen. Es sind in der Zukunft aber auch Arbeits- und Beschäftigungskonzepte denkbar, bei denen virtuelle Teamstrukturen viel stärker ausgeprägt sind als heute. Einige Menschen vertreten die Meinung, dass durch die fortschrei­ tende Digitalisierung mehr und mehr niedrig qualifizierte Jobs wegfallen. Wie siehst Du das? Das stimmt zum Teil, da heute transaktionale und linear strukturierte Tätigkeiten bereits leichter zu automatisieren sind als komplexe, chaotische Arbeitsprozesse und Tätigkeiten. Aber es verändern sich auch höher qualifizierte Jobs (z. B. in der medizinischen Diagnostik, die durch künstliche Intelligenz unterstützt wird, etc.). Studien des Deloitte Center for the Edge zufolge unterscheiden wir bei der Beschreibung der „Zukunft der Arbeit“ zwei verschiedene Arten von  Fähigkeiten. Zum einen verfügen Menschen über „Human Capabilities“ wie Empathie, Kreativität, Neugier. Auf der anderen Seite benötigen Menschen „Skills“ wie analytische oder mathematische Fähigkeiten, um spezifische Aktivitäten und Aufgaben zu erle­digen. Wie können und werden Menschen diese Fähigkeiten einsetzen? Um Aufgaben zu erfüllen, benötigt man Skills. Diese Skills lassen sich oft durch Technologie und maschinelle Funktionalitäten ersetzen, insbesondere, wenn sie linear und wenig komplex sind. Die kom-

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plexen und nicht strukturierten Aufgaben können nicht so leicht durch Technologie erledigt werden. Ich sage bewusst „nicht so leicht“, weil es bereits Entwicklungen in diese Richtung gibt: So hat ein Team aus Programmierern, Werbeleuten, KI-Experten und Wissenschaftlern der Uni Delft einen Computer eineinhalb Jahre lang Bilder von Rembrandt studieren lassen. Der Computer hat auf dieser Basis ein Bild kreiert. Sicher ist es strittig, ob dieses Bild nun ein „echter“ Rembrandt ist oder nicht. Aber ich denke, es ist eine Frage der Zeit, bis ein Computer auch komplexere Aufgaben erledigen kann. Wie sieht es mit den „Human Capabilities“ aus? Inwiefern können diese auch durch Digitalisierung ersetzt werden? Derzeit gehen wir davon aus, dass „Human Capabilities“ wie „Neu­ gierde“, „Empathie“, „Ethik“ etc. nicht von Maschinen substituiert werden können. Daher werden diese Capabilities relevant für die Definition der „Zukunft der Arbeit“, um den menschlichen und den maschinellen Beitrag zur Arbeit beschreiben zu können. Jedoch gibt es auch heute schon Beispiele, in denen z. B. „Empathie“ synthetisiert wird. Es kommen z. B. in der Altenpflege oder Kunden­ betreuung Maschinen und Roboter zum Einsatz (prominentestes Beispiel ist Pepper, ein sprechender Roboter, der über Kamera und Sensoren menschliche Stimmungen wahrnimmt und spiegelt). Verbunden mit Künstlicher Intelligenz ergibt das dann eine sehr menschenähnliche Interaktion. Heißt das in der Folge, dass wir den „menschlichen Anteil“ an Arbeit identifizieren müssen? Ja, das heißt es. Dabei muss man sich zunächst anschauen, mit welchen Aufgaben ein Job ausgefüllt ist. Daraus lässt sich ableiten, welche Teile des Jobs durch Technologie substituiert werden können. In den vergangenen Jahren haben sich neue Berufsbilder entwickelt – man denke beispielsweise an einen Chief Digital Officer, einen Data Analyst oder Content Manager. Andere Berufsbilder ver­

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schwinden zusehends – wie das des Druckers. Meiner Ansicht nach hat sich auch die Art der Ausbildungen etwas angepasst. Als ich 1998 anfing zu studieren, warben viele Studiengänge damit, „Ge­ ne­ralisten“ auszubilden, da dies den Anforderungen der Wirtschaft entsprach. Wie nimmst Du diese Entwicklung wahr? Zunächst einmal glaube ich nicht, dass Berufsbilder komplett verschwinden. Es wird immer Nischen geben, in denen diese Berufe weiter ausgeübt werden, so eben auch der des Druckers. Grundsätzlich hat sich aber die Struktur unserer Aufgaben und Kompetenzen in den vergangenen Jahrzehnten verändert: Früher gab es oft Expertenkarrieren: Menschen waren in einem Thema Experte und haben dieses Thema sehr tief durchdrungen – wie ein Silo. In den letzten zehn Jahren stand die T-Shape-Logik im Mittelpunkt unseres Denkens. Das bedeutet, Menschen haben Fachexpertise in einem bestimmten Thema und ein darauf aufbauendes Breitenwissen. Dies befähigt sie zu verstehen, wie sie mit ihrem Thema an andere Themen Anschluss finden, um größere Zusammenhänge im Unterneh­mens­kontext zu verstehen. Und wie müssen wir unsere Kompetenzen in Zukunft aufstellen, um erfolgreich arbeiten zu können? Für die Zukunft gehen wir davon aus, dass wir alle transdisziplinär arbeiten müssen (auch M-Shape-Logik genannt). Das heißt, Menschen arbeiten noch viel stärker mit Technologie. Sie müssen deshalb genau verstehen, wie Technologie ihren Arbeitsplatz ergänzt und verändert und wie sie ihre Arbeit mit Technologie gestalten können. Da dies idealerweise alle Menschen tun, müssen sie auch verstehen, welche Schnittmengen thematisch untereinander bestehen und wie sie zusammenarbeiten können. Insofern verändern sich auch die Themenbereiche, in denen wir arbeiten? Natürlich, deswegen sehen wir auch eine Konvergenz von Kompe­ tenzen. Zum Beispiel im Marketing: Hier werden verstärkt analyti-

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sche und statistische Verfahren notwendig, aber auch Design und User Experience. Auch in Human Resources  – hier benötige ich ähnliche Skills, um „Experiences“ zu designen und beispielsweise Mitarbeitende zu rekrutieren. Welche grundlegenden Fähigkeiten sind Deiner Meinung nach aktuell gefragt auf dem Arbeitsmarkt? Technologieverständnis, analytisch-strategisches Denken und besonders die Fähigkeit, all das in den Business-Kontext zu transferieren. Diese Skills werden mich aber nicht für die nächsten 30 Jahre beschäftigungsfähig halten, weil Computer in den nächsten Jahren so leistungsfähig werden, dass sie analytische Verfahren selbst durchführen können. Ich als Mitarbeitender muss dann keine analytischen Verfahren mehr entwickeln. Dafür braucht es dann nur noch wenige Pro­ gram­ mierer, die Algorithmen und mathematische Modelle entwickeln. Welches Fazit kann ich als Mitarbeitender oder Selbständiger aus die­ ser Entwicklung ziehen? Eine Kernkompetenz der Zukunft besteht darin zu verstehen, was Technologie leistet und leisten kann. Das heißt – wie gesagt – nicht, dass jeder Mensch programmieren können muss, aber jeder sollte ein ursächliches Verständnis über zwei Aspekte haben: Erstens, was Technologie alles leisten kann, um die eigene Arbeit zu bereichern. Und zweitens, welche Teile meiner Arbeit anschlussfähig sind an benachbarte Bereiche. Also geht es in Zukunft darum, aktuelle Entwicklungen zu verfolgen, zu verstehen und daraus entsprechende Schlüsse zu ziehen. Technologie kommt dabei eine immense Bedeutung zu. Was ist noch wichtig, um berufliche Erfüllung zu finden und „up to date“ zu bleiben? Ein „Growth Mindset“ zu entwickeln ist unverzichtbar. Dadurch weiß ich, dass das, was ich weiß, sich ständig verändert und entwickelt. Ich kann es mir nicht bequem machen in meiner Komfortzone.

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„Putting meaning back into work“ ist ebenfalls wichtig, um erfolgreich und zufrieden im Job zu sein. Das heißt, dass jeder einen „Purpose“, also einen Zweck, in seinem Job sieht und erfüllen kann. Das kann für den einen Menschen sein, eine Schraube in ein Produkt zu drehen am Band. Aber wenn ich darüber hinaus nichts entwickele, besteht die Gefahr, dass diese Arbeit automatisiert wird. Deshalb benötigen sowohl Unternehmen als auch Menschen einen „Massive Transformative Purpose“ – einen Zweck, für den sie stehen. Das ist ihr Kompass für die Geschäftsentwicklung bei Unternehmen und die persönliche Entwicklung bei Menschen. Bei Google lautet der Massive Transformative Purpose „Organise the world‘s information“. Wie kann denn ein „Massive Transformative Purpose“ für eine Person lauten? Wenn ich für mich als Person einen Massive Transformative Purpose definiert habe, der besagt „Mobilität entwickeln“ und dann feststelle, dass Tätigkeiten in der Produktion automatisiert werden, kann ich mich viel leichter weiterentwickeln. Denn mein Massive Transformative Purpose hängt nicht allein an dieser Tätigkeit in der Produktion. Gibt es schon Methoden, wie man den „Massive Transformative Purpose“ für sich findet? Das Entscheidende sind hier die Themen „Neugier“ und „Lei­ denschaft“. Beides sind Motoren dafür, in sich selbst hinein zu hören. Dabei kann Coaching helfen oder auch, andere Menschen zu fragen, was man gut kann. Zudem existieren einige Diagnostiken, die Stärken und Präferenzen von Menschen analysieren. Über Selbstreflexion kann man die eigene Motivationslandschaft besser verstehen und sein eigenes Handeln auf diese Motive ausrichten. Inwiefern kann das jeder Mensch aus eigenem Antrieb leisten? In der Tat sehe ich hier einen wichtigen Aspekt noch nicht beantwortet: Was bedeutet diese Entwicklung für Menschen, die über eine

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geringere kognitive Gehirnleistung verfügen? Wir wissen aus der Forschung, dass nicht jeder Mensch komplex denken kann. Also gilt es zu identifizieren, wie viel emotionale Intelligenz und wie viel kognitive Intelligenz notwendig sind, um in neuen Jobs tätig zu werden. Und wir werden deshalb das Thema „Stärkung der emotionalen Intelligenz“, das in unserem Bildungswesen gar nicht und in der unternehmerischen Personalentwicklung oft nur am Rande unterstützt wird, fördern müssen. Du hast vorhin erwähnt, dass sich auch höher qualifizierte Jobs ver­ ändern. Könntest Du das etwas genauer umschreiben? Beispielsweise im Medizinwesen. Die Röntgendiagnostik einer künstlichen Intelligenz ist bisher schon geringfügig besser als die eines Arztes. Oder beispielsweise in der Onkologie bei der Diagnostik von Krebszellen. Ein Arzt hat viele Semester studiert und eine Diagnose ist ein hochkomplexes Prozedere. Dabei kann der Arzt nur das Wissen aus den Studien einfließen lassen, die er selbst kennt. Wir sind also durchaus auch bei hochkomplexen und gut ausgebildeten Berufen bei der Frage: Wie verändert sich dieser Beruf? Hier sehen wir auch wieder die Entwicklung in Richtung transdisziplinäre Zusammenarbeit. Wenn ich beispielsweise die Diagnose durch künstliche Intelligenz absichern lasse, kann ich mich dann als Arzt im Gespräch auf ganz andere Dinge konzentrieren? Zum Beispiel auf emotionale Unterstützung des Patienten? Du hast den Begriff Growth Mindset erwähnt, der aussagt, dass ich mich selbst ständig bereitwillig verändere und entwickele. Hierfür scheint mir lebenslanges Lernen ein sehr wichtiger Aspekt zu sein. Was bedeutet Growth Mindset für Dich in puncto Weiterbildung und Lernen? Lernen endet oftmals mit dem Eintritt ins Berufsleben. Meistens haben Menschen in ihrem Job noch ein wenig Training, aber das ist oft sehr fokussiert auf die jeweiligen beruflichen Tätigkeiten. Das heutige Bildungssystem ist darauf ausgelegt, Expertenwissen, Fach-

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und  Metho­denkompetenz zu vermitteln. Häufig haben sich die Einstellungs­kriterien bei Unternehmen noch nicht angepasst. Es wird häufig noch Fachexpertise rekrutiert und Expertenwissen im Bewerbungsprozess überproportional positiv bewertet. Leidenschaft, Lernagilität und disruptives Denken kommen oft zu kurz. Nur für ausgesuchte Positionen haben Unternehmen bereits erkannt, dass diese Human Capabilities wichtig sind und suchen diese gezielt. Inwiefern wird das so bleiben? Das Growth Mindset, in dem ich permanent den Status quo „challenge“ mit der Frage „Ist das, was ich heute mache, noch das Richtige?“, wird in der Zukunft in Einstellungsprozessen immer wichtiger. Hierzu zählt auch, regelmäßig seine bestehenden Denkmuster zu hinterfragen und zu schauen, ob ich eventuell neue benötige. Um all das umsetzen zu können, brauche ich Neugierde. Denn ohne diese komme ich gar nicht auf die Idee, mich zu hinterfragen. Und ich benötige einen Spürsinn, um zu analysieren, welche Art von Weiterentwicklung und Weiterbildung sinnvoll ist. Bei diesem Prozess der permanenten Neuorientierung kann der oben erwähnte Massive Transformative Purpose Mitarbeitenden wunderbar als Kompass dienen.

1.2.2 Interview mit Dr. Jochen Wallisch, Executive Vice President für Human Resources bei Siemens „Veränderung“ beschäftigt Jochen Wallisch beruflich und privat: Als Executive Vice President im Bereich Human Resources der Siemens AG analysiert er mit seinem Team u. a., wie sich bestehende Jobs verändern und welche Anforderungen die Geschäftsmodelle der Zukunft an Mitarbeiter und die HR-Organisation stellen. Auch privat hieß es für Jochen vor ein paar Jahren: Aufbruch! Nach rund 17 Jahren bei der Lufthansa verließ er das Unternehmen auf eigenen Wunsch, um sich darüber klar zu werden, wie er sein künftiges berufliches Leben gestalten möchte.

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Dr. Jochen Wallisch

„Es geht darum, in eigenen Belangen nicht weniger strukturiert und analytisch vorzugehen als bei jedem Business-Projekt.“

Jochen, wie relevant ist für Dich das Thema „berufliche Veränderung“? Das Thema trifft den Nerv vieler. Und ist auch deshalb zunehmend Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung: Professorin Herminia Ibarra, die über „berufliche Veränderung“ forscht, vertritt in ihren Executive-MBA-Klassen die These, dass sich in jeder Gruppe „ca. 80 %“ der Teilnehmer Gedanken darüber machen, dass sie eigentlich etwas anderes tun möchten: Sie wissen, dass sie „auf dem Berg, auf dem sie sich aktuell befinden“, nicht mehr weitermachen möchten, sich allerdings sehr schwer tun, „den neuen Berg“ zu finden. Wie geht man das an? Wie erkenne ich meine echten Interessen und Talente? Wie kann ich Neues ausprobieren und was sind die ersten Schritte dafür? Nicht zu agieren und nicht nach einer besseren Option zu suchen, kann demzufolge nicht die richtige Antwort sein in der heutigen Zeit. Woran liegt es, dass es uns so schwerfällt, uns sich erfolgreich umzu­ orientieren? Die Gründe sind individuell sicherlich sehr unterschiedlich. Zwei Dinge spielen aus meiner Sicht indes häufig eine Rolle. Erstens

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braucht es einen sehr ehrlichen intensiven Austausch mit sich selbst. Und das kann unbequem und schmerzhaft sein. Letztlich geht es darum, in eigenen Belangen nicht weniger strukturiert und analytisch vorzugehen als bei jedem Business-Projekt. Es geht darum, ans Eingemachte zu gehen, unter Umständen auch zuzugeben, woran man gescheitert ist oder was man nicht kann. Und es mag auch eine schwierige Erkenntnis sein, sich gegebenenfalls einzugestehen: Ich habe möglicherweise einige Jahre meines Lebens in etwas Falsches investiert. Und zweitens braucht es den Mut, um etwas zu ändern, weil eine berufliche Neuorientierung häufig die gesamten Lebensumstände betrifft. Mit einer Hypothek auf die eigenen vier Wände und Kindern in Ausbildung fällt es nicht unbedingt leicht, Sicherheit aufzugeben und in etwas anderes, Ungewisses zu starten. Was empfiehlst Du in solchen Fällen? Ehrlichkeit zu sich selbst: Wieviel Sicherheit – materiell und ideell – brauche ich? Wieviel Risiko kann und will ich eingehen? Als ich selbst nach vielen Jahren einen DAX-Konzern verlassen habe, ohne konkret zu wissen, wie es weitergeht, unter anderem, weil ich für mich zu dem Schluss gekommen war, dass es Zeit war für etwas Neues, allerdings für die Selbstreflexion bei übervollem Kalender im Job zu wenig Raum war, bin ich erstmal zehn Tage alleine wandern gegangen, mit einigen Fragen im Gepäck: „Was möchte ich? Was möchte ich nicht? Was treibt mich an?“. Dieser Weg ist durchaus steinig und braucht neben Mut und Ausdauer insbesondere ein gewisses Maß an Resilienz und Durchsetzungswillen. Allerdings lohnt es sich, weil am Ende das bewusstere und häufig erfülltere Lebens­ modell steht. Ich möchte gerne das Thema aufgreifen, dass viele Menschen ihre Businessprojekte strukturierter angehen als die eigene Berufs­ planung. Bodo Schäfer sagte mal, dass die Deutschen beim Sparen ganz weit vorne sind, aber bei renditeträchtigen Anlagen ganz hin­ ten. Hier fällt mir auch wieder die Studie von BCG und Stepstone ein, die besagt, dass die befragten Deutschen im Vergleich zu ande­

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ren Ländern wenig Zeit in ihre Weiterbildung investieren, gleich­ zeitig aber große Veränderungen erwarten durch Globalisierung und Technologie. Das finde ich spannend in diesem Dreiklang: 1. Ich bin unglücklich im Job und ändere nichts. 2. Ich beschäftige mich nicht damit, wie ich ein finanzielles Polster aufbauen kann. 3. Ich lerne nicht kontinuierlich, um mich weiter zu entwickeln. Das Ergebnis aus diesem Dreiklang ist meines Erachtens die ganz banale Erkenntnis, dass man sein Leben selbst in die Hand nehmen muss. Die Maxime „Sei der Influencer Deines eigenen Lebens“ passt aus meiner Sicht heute vermutlich besser als „Sei der CEO Deines eigenen Lebens“, wie es früher mal hieß. Berufs- und Karriereent­schei­ dungen sollten noch viel bewusster und aktiver getroffen werden. Es sind häufig immer noch zu viele externe Einflüsse und Zufälligkeiten, die diese wesentlichen Lebensentscheidungen maßgebend beeinflussen: Was wird von mir erwartet? Was empfinden andere als Karriere­ schritt und was nicht? Anstelle von „Möchte ich das wirklich?“ sollte es vielmehr heißen „Macht mir das Spaß, erfüllt mich das?“ Ich denke, wir Deutschen haben auch große Furcht davor, Fehler zu machen, wenn wir ganz selbständig etwas planen und Risi­ken eingehen. Ja, diese Einschätzung teile ich. Die Angst vor dem Verlust scheint teilweise ausgeprägter zu sein als in anderen Kulturen, die offener und risikobereiter sind. Das Gleiche gilt für die soziale Akzeptanz des Scheiterns: „fail early, fail often, but always fail forward“ ist ein Erfolgsmodell, das bei uns kulturell häufig immer noch stigmatisiert wird. Diese Angst überschattet die Aussicht auf Erfolg. Der Schritt in die Selbständigkeit erfordert neben Vielem ein gewisses Mindset: Wenn jemand zum Beispiel sehr auf Sicherheit bedacht ist und ein festes planbares Monatseinkommen braucht, um ruhig schlafen zu können, sollte er sich unbedingt kritisch fragen, ob Selbständigkeit das richtige für ihn ist. Wir besprachen das Thema eben aus der persönlichen Perspektive, wie empfindest Du darüber hinaus die Veränderungen im Unterneh­ mensumfeld in den letzten Jahren?

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Aufgaben, Jobs und Rollen haben sich in Unternehmen schon immer verändert. Was wir aber jetzt erleben, ist eine ungemeine Beschleu­ nigung dieses Veränderungsprozesses: Die digitale Transfor­mation aller Bereiche  – im geschäftlichen wie im privaten  – ergänzt und verstärkt die schon lange bestehenden Megatrends wie Glo­ ba­ lisierung und den demographischen Wandel. Von den damit einhergehenden Veränderungen sind nahezu alle Tätigkeitsbereiche betroffen – von der Führungskraft bis zum/zur Assistenten/in, von einer Bürotätigkeit bis hin zum Werksmitarbeiter am Band. Als Führungskraft braucht es heute neue ergänzende Kompetenzen, von anderem Kommunikations­verhalten bis hin zu neuen Rollen als Talent Scout oder Ökosystem-Manager. Zudem ist mittlerweile eine andere Füh­ rungskultur gefragt. Und auch der Alltag von Produktions­ mitar­ beitern im Werk ist heute zunehmend durch Mensch-Maschine-Interaktionen sowie agilere und digitalere Pro­ duktionsprozesse geprägt. Es ändert sich grundlegend, WAS wir arbeiten und auch WIE wir zusammenarbeiten. Viele Jobs und Aufgaben entfallen, andere neue entstehen, und die bestehenden ändern sich inhaltlich. Müssen wir davor Angst haben? Nein, keinesfalls. Diese Veränderung ist voller neuer Chancen: Wir müssen uns nur darauf einlassen und an unserer eigenen Anpassungs- und Lernfähigkeit arbeiten. Was voraussichtlich nicht mehr funktioniert, ist, nach einer Ausbildung oder einem Studium einen spezifischen Job bei einem bestimmten Arbeitgeber anzufangen und genau in diesem Job Jahrzehnte später auch in Rente zu gehen. Wer in einem Unter­ nehmen bleiben möchte, sollte sich darauf einlassen, dass sich der aktuelle Job stetig verändert und neue Kompetenzen erfordert. Die eigene „employability“ zu erhalten, geht künftig mehr denn je nur über lebenslanges Lernen und Veränderungen. Deshalb beschäftigen wir uns als Unter­nehmen intensiv mit dem Thema: Wie analysieren wir, was sich verändert? Wie erklären wir das den Mitarbeitern? Wie unterstützen wir sie dabei, sich zu verändern? Aber der Erfolg für diese Initiativen steht und fällt mit der Erkenntnis, dass ich mich als Einzelner selbst engagieren muss.

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Wie geht Ihr das bei Siemens an? Mit zwei Initiativen: einer, in der wir uns mit der Frage auseinandersetzen, WIE sich die Arbeit in Zukunft verändert und welche Themen damit zusammenhängen, also: Wie verändert sich die Form der Zusammenarbeit? Wie müssen Rahmenbedingungen aussehen und verändert werden? Wie sieht Führung in der digitalen Trans­for­ mation aus? Und die andere Initiative beschäftigt sich mit der Frage, WAS ist die Arbeit von morgen, d. h. welche Berufsbilder und Aufgaben fallen weg? Welche entstehen neu? Welche Kompetenzen brauchen wir dafür? Und wie können wir als Unternehmen den Einzelnen und die Organisation dabei unterstützen, diesen Veränderungsprozess proaktiv anzutreiben und zu begleiten? Das ist in vielerlei Hinsicht Neuland, aber es geht hier darum, Orientierung zu geben und den Strukturwandel möglichst konkret und aktiv anzugehen. Letztendlich geht es also um Zukunftsforschung: Wie verändern sich gesellschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen? Was hat das für Auswirkungen auf unser Unternehmen und welche Skills und Jobprofile leiten sich daraus ab? Genau. Um das möglichst konkret und mit Maßnahmen hinterlegbar zu machen, haben wir in verschiedenen Bereichen des Unter­ nehmens neue methodische Ansätze per Pilotprojekt getestet, um einer profunden Analyse des Status quo eine Prognose zu Ent­ wicklungen und Trends für einen Geschäftsbereich, einen Werksstandort oder ein einzelnes Team gegenüber zu stellen. Dabei berücksichtigen wir Pro­gnoseindikationen aus unterschiedlichen Quellen – von externen Studien und Forschungstrends bis zu eigenem Bereichs-Know-how und eigenen Forschungsergebnissen. Aus den Lücken zwischen beiden Analysen lassen sich dann konkrete Handlungsfelder und Ent­ wicklungsmaßnahmen ableiten. Und häufig sind wir überrascht, mit welchem Engagement und welcher Leidenschaft sich die Mitarbeiter auf die neuen Entwicklungspfade einlassen.

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Diesen Aspekt finde ich sehr wichtig bei beruflicher Veränderung: Es geht vielmehr darum, sich selbst zu reflektieren: Was macht mir Spaß, was kann ich gut? Und das dann abzugleichen mit externen Möglichkeiten. Diese Möglichkeiten können ja durchaus in dem Unternehmen liegen, in dem ich aktuell arbeite. Ja, definitiv. In der Diskussion um „berufliche Veränderung“ wird oftmals plakativ das Beispiel vom Investmentbanker aufgeführt, der sein Leben radikal ändert und eine NGO gründet. Das ist schon ein ziemlich radikaler Schnitt  – dabei wird ausgeblendet, dass auch kleine Veränderungen viel bewirken können. Vielleicht ist es der Job in einer Nachbarabteilung oder das Engagement in einem neuen Projekt. Vielleicht komme ich zu dem Schluss, dass mir mein aktueller Job durchaus Freude bereitet, aber eben ein bestimmtes Interesse oder Bedürfnis nicht abdeckt. Und das lässt sich vielleicht auch mit einer Initiative oder einer Aktivität in meiner Freizeit erfüllen. Allein die Einstellung, dass ich mich als CEO – oder auch Influencer – meines eigenen Lebens fühle und entsprechend handele, öffnet vielfach völlig neue Perspektiven.

1.2.3 Weiterführende Buchtipps Am Ende jeden Kapitels findest Du eine Reihe von Empfehlungen zu weiterführender Literatur oder anderen spannenden Wissensquellen, die dieselben oder ganz ähnliche Themen behandeln wie das jeweilige Kapitel. In den nachfolgend aufgeführten Büchern geht es um Motivation, das Aufheben von Denkblockaden und das Erreichen von beruflicher Zufriedenheit. Bock P (2015) Mindfuck Job: So beenden Sie Selbstblockaden und entfalten Ihr volles berufliches Potenzial. Knaur HC, München Wie oft blockieren wir uns mit Ängsten und Selbstzweifeln. Damit verspielen wir Chancen und führen ein Leben, das unglaublich stresst. Petra Bock – Top Coach und Bestseller-Autorin – zeigt, wie wir unseren Blockade-Code knacken und unser Potenzial entfalten können.

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Gallwey T, Pyko F (2010) INNER GAME COACHING: Warum Erfahrungen der beste Lehrmeister sind. Allesimfluss, Staufen Inner Game Coaching beschreibt unser „inneres Spiel“, also das, was sich in uns abspielt, aufmerksamer zu beobachten und zu erkennen. Timothy Gallwey zeigt mit praxisnahen Methoden und einfachen Tools auf, wie Du Selbst-Störungen ausschaltest, Deine Aufmerksamkeit erhöhst und aus eigenen Erfahrungen lernst. So erreichst Du auch unter unveränderten äußeren Arbeitsbedingungen eine neue (innere) Bewegungsfreiheit. Vielleicht gelingt sogar ein Perspektivwechsel und das, was Dich vorher gestresst hat, ist dann einfach „interessant“. Pink D (2019) Drive: Was Sie wirklich motiviert. Ecowin, Salzburg Daniel Pink zeigt, dass das Geheimnis unseres persönlichen Erfolges das zutiefst menschliche Bedürfnis ist, unser Leben selbst zu bestimmen, zu lernen, Neues zu erschaffen und damit unsere Lebensqualität und unsere Welt zu verbessern. Er beschreibt, dass das Prinzip von Bestrafung und Belohnung exakt der falsche Weg ist, um Menschen für die Herausforderungen von heute zu motivieren, egal ob in Beruf oder Privatleben. Hill N (2018) Think and Grow Rich – Deutsche Ausgabe: Die ungekürzte und unveränderte Originalausgabe von Denke nach und werde reich von 1937. FinanzBuch, München Unglaubliche 60 Millionen Mal verkaufte sich dieses Buch, für das der Journalist Napoleon Hill in mehr als 20 Jahren rund 500 Millionäre interviewte, unter ihnen die einflussreichsten Menschen seiner Zeit wie Thomas Edison, Alexander Graham Bell, Henry Ford, John D. Rockefeller oder Theodore Roosevelt. Die Essenz ist eine ebenso zeitlose wie überzeugende Anleitung für persönlichen Erfolg, in der Napoleon Hill zeigt, wie man in nur 13 Schritten sein Leben verändern kann. Weinberg U (2015) Network Thinking, 1. Aufl. Murmann Publishers GmbH, Hamburg In der heutigen vernetzten Welt wird unser vorherrschendes Denken zum Bremsklotz. Unsere komplexe und digitale Umgebung lässt sich mit Kategorien des Wettbewerbs, der Einzelleistung, der Hierarchien und der

1  Demographischer Wandel, Digitalisierung, Corona: Unsere … 

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Expertenkultur nicht mehr erfassen, schon gar nicht beeinflussen. Deshalb brauchen wir ein neues Denk- und Handlungskonzept. Dieses Buch gewährt Einblicke hinter die Kulissen von großen Unternehmen, die den Brockhaus-Modus abgelegt haben, aber auch von kleinen Unternehmen, die ihn gar nicht erst praktiziert haben, sondern im Network Thinking-Modus bereits enorm erfolgreich sind. Bock P (2020) Der entstörte Mensch. Droemer HC, München Petra Bock verbindet die Erkenntnisse aus ihrer wissenschaftlichen Arbeit und ihrer Beratungspraxis und zeigt glasklar auf, dass wir mit vorherrschendem destruktivem, polarisierendem Denken keine Chance auf eine gute Zukunft haben. Gleichzeitig gibt sie konkrete Handlungsanweisungen, wie es uns gelingt, eine lebenswerte und humane Welt aufzubauen. Dabei blickt sie auf alle wichtigen Bereiche des Lebens wie den Umgang der Menschen miteinander, Wirtschaft, Politik, Erziehung und Bildung. Fischedick M (2014) Wer es leicht nimmt, hat es leichter: Wie wir endlich aufhören, uns selbst im Weg zu stehen. Piper, München Der Autor ist Business und Mental Coach und erläutert, warum Jammern und Sätze wie „Das schaffe ich nicht!“ oder „Mir hilft ja keiner“ manchmal naheliegend und bequem sind: Denn unser Gehirn tickt ähnlich wie in der Steinzeit als Sicherheit und Herdentrieb unverzichtbar waren zum Überleben. Heute hält uns das aber davon ab, unsere Potenziale zu nutzen und unsere Pläne in die Tat umzusetzen. Matthias Fischedick zeigt auf, wie wir mit unseren immensen menschlichen Fähigkeiten und Ressourcen unsere Wünsche Realität werden lassen können.

Die Quintessenz aus diesem Kapitel Unsere heutige Welt ist geprägt von Komplexität, ständiger Veränderung und großem Wohlstand. Viele Menschen sind – trotz unseres Wohlstands – sehr unzufrieden in ihrem Beruf. Auch die Anzahl der psychischen Erkrankungen im Beruf steigt. Dies liegt u. a. daran, dass wir im tiefsten Inneren noch denken wie vor ein paar hundert Jahren – als Arbeit allein dem Überleben diente

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und die Welt von Not und Mangel geprägt war. Wir fühlen uns nicht selbstbestimmt und sehen Arbeit oftmals als etwas an, das „gemacht werden muss“. Es gibt aber auch Menschen, die große Erfüllung finden in ihrem Beruf. Einige davon durfte ich interviewen. Diese Menschen verbinden folgende Gemeinsamkeiten • Sie verfügen über ein „Growth Mindset“. • Sie lieben, was sie tun und haben sich Rahmenbedingungen geschaffen, unter denen sie sehr gerne arbeiten. • Sie haben – basierend auf dem, was sie gerne tun – einen Sinn und Zweck definiert, für den sie stehen  – unabhängig von Jobs und Technologien. Für Unternehmen wird dieser Sinn und Zweck als „Massive Transformative Purpose“ bezeichnet. • Sie haben sich Ziele gesetzt, die sie erreichen möchten. • Sie lernen kontinuierlich und bilden sich fort – auf ganz unterschiedliche Weise. In den nächsten Kapiteln lernst Du das 7-Schritte-Modell zur beruflichen Erfüllung kennen, das alle Faktoren enthält, die Du zur Definition und Erreichung Deiner beruflichen Erfüllung benötigst: unter anderem Übungen, wie Du zu einer kraftvollen inneren Haltung findest („Growth Mindset“), identifizierst, was Dir wichtig ist im Beruf, und ein richtig attraktives berufliches Ziel definierst. Dieses Modell ist für Dich direkt anwendbar. Du kannst sofort loslegen.

Literatur 1. Dr. Bock Coaching Akademie (2020) Lehrinhalt der Ausbildung zum Business Coach im Jahr 2020. Dr. Bock Coaching Akademie, Berlin 2. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/vuca-119684. Zugegriffen am 18.01.2020 3. https://www.vuca-welt.de/woher-kommt-vuca-2/. Zugegriffen am 26.05.2020 4. https://www.vuca-welt.de/. Zugegriffen am 01.06.2020

1  Demographischer Wandel, Digitalisierung, Corona: Unsere … 

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5. https://blog.wiwo.de/management/2019/09/12/gallup-studie-2019-rundsechs-millionen-beschaeftigte-glauben-nicht-an-ihr-unternehmen-mit-122-milliarden-euro-folgeschaeden-schuld-sind-die-fuehrungskraefte-selbst/. Zugegriffen am 01.06.2020 6. https://www.spiegel.de/karriere/arbeitnehmer-studie-deutschland-ist-frustweltmeister-a-8c46563b-b6a1-4025-9c45-00e7b5bdcb91. Zugegriffen am 26.05.2020 7. Decoding global trends in upskilling and reskilling (2019) https://www. stepstone.de/ueber-stepstone/press/internationale-arbeitsmarktstudie/. Zugegriffen am 10.11.2019 8. Bock P (2020) Der entstörte Mensch. Droemer HC, München 9. Pink D (2019) Drive: Was Sie wirklich motiviert. Ecowin, Salzburg

2 Schritt 1: Finde Deine kraftvolle innere Haltung

Du startest jetzt mit dem ersten Schritt Deines spannenden Weges: Deiner kraftvollen inneren Haltung.

Schritt 1: Finde Deine kraftvolle innere Haltung. Grafiken des 7-Schritte-Modells: Franziska Sommerfeld © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Casaretto, Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7_2

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Sicher hat sich unsere (Arbeits-)Welt in den vergangenen Jahren stark verändert – vorrangig durch Digitalisierung, Globalisierung und demographischen Wandel. Die weltweite Corona-Krise 2020 zieht weitere Veränderungen nach sich. Eventuell sogar gegenläufige Entwicklungen zur Globalisierung? Wir sehen, dass sich auch die Faktoren, die für die Veränderung zuständig sind, gegenseitig beeinflussen und wieder neue Entwicklungen entstehen. Insgesamt haben sich Berufsbilder in den vergangenen Jahren stark verändert und dies wird sich fortsetzen: Manche Berufsbilder verschwinden zusehends wie das des Druckers. Neue Berufsbilder entstehen wie das des Data Analysten, Social Media Managers oder Diversity Officers. Das sorgt bei vielen Menschen für Verunsicherung, insbesondere mit den Vorbildern der Vergangenheit. War es doch üblich, dass Menschen bis vor kurzem – und heute manchmal auch noch – ihr Berufsleben bei einem Arbeitgeber in einem Job verbracht haben. Verbunden mit der Einstellung „Arbeit muss nicht unbedingt Spaß machen“, „Ohne Fleiß kein Preis“ oder „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ assoziieren viele Menschen Arbeit mit etwas, das nicht unbedingt Erfüllung bieten muss. Sie harren in Jobs aus, unter denen sie leiden und suchen ihre Erfüllung in der Freizeit oder verschieben sie gar auf die Zeit der Rente. Die Autorin und Coach Petra Bock hat einmal gesagt „Nach dem technologischen Fortschritt muss nun ein menschlicher Fortschritt folgen“. Denn anders als unsere Vorgängergenerationen leben wir heute – zumindest in Deutschland – nicht mehr in autoritären und stark hierarchischen Systemen. Viele von uns haben die Denkmuster aber noch verinnerlicht, die damals für das Überleben notwendig waren. Diese veralteten Denkmuster gilt es nun zu überwinden, denn wir brauchen sie heute nicht mehr. Im Gegenteil: Sie hindern uns daran, auf die andere Seite des Flusses zu gelangen, das eigene Potenzial zu entfalten und somit eine unglaubliche Lebensqualität zu gewinnen [1]. Ich habe es früher nicht für möglich gehalten, welche Veränderungen mit einer positiven inneren Haltung möglich sind. Damit meine ich keine abgedrehte, übermotivierte Einstellung im Sinne „Ich kann alles!“, sondern eine realistische, lösungsorientierte Sichtweise. Viele Menschen konzentrieren sich oftmals zu sehr auf Probleme, auf Fehler und „erlauben“ sich nicht, ihre Stärken zu schätzen und auszubauen.

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Problemorientierte Sichtweise nur manchmal zielführend Bei technischen Fragestellungen ist es sinnvoll zu fragen, warum ein Auto nicht fährt oder warum der Reifen immer wieder Luft verliert. In vielen anderen Bereichen des Berufs- und Privatlebens ist diese Perspektive aber destruktiv, da sie sich zu sehr in ein Problem verbeißt und unseren Fokus zu einem Tunnelblick verengt. Ich selbst habe ein paar Jahrzehnte meines Lebens mit der problemorientierten Sichtweise gelebt. Ich hatte Angst vor Fehlern und mein Fokus lag vorwiegend auf Aspekten, die schiefgehen könnten. Außerdem hatte ich meine Ressourcen und Bedürfnisse nicht im Blick und schleppte mich auch teilweise krank zur Arbeit. Aber ich hatte immer den Wunsch, beruflich erfüllt zu sein. Ich wusste nur nicht, wie ich es angehen sollte: bis ich in meiner Coachingausbildung eine konstruktivere Sichtweise kennenlernte. Aus meiner Coachingausbildung ist mir ein Beispiel zum Thema „Fokussierung auf Fehler“ besonders in Erinnerung geblieben, das sinngemäß so lautet: Stell´ Dir einen Golfplatz vor mit einem Teich. Ein Loch ist vor dem Teich, das andere Loch dahinter. Einige Zeit wurde vor dem ersten Loch am Teich ein Schild aufgestellt: „Bitte den Ball nicht in den Teich schlagen.“ Was denkst Du, wie viele Bälle wurden in den Teich geschlagen? Ca. 70 %! Dann wurde das Schild folgendermaßen geändert: „Bitte den Ball über den Teich schlagen.“ Wie viele Bälle landeten im Teich? Zwischen 35 und 40 %. Der Mensch hat für nahezu jedes Wort ein Bild im Kopf. Für die Worte „nicht“ und „kein“ fehlt ein Bild. Insofern bleibt beim ersten Beispiel im Kopf hängen: „Bitte den Ball in den Teich schlagen.“ Auswirkungen der inneren Haltung am Beispiel eines Profisportlers Stell´ Dir einen Profisportler vor, sagen wir, einen Skispringer. Im Spitzensport ist Coaching schon lange verbreitet. Coaches bereiten Sportler mental auf Wettkampfsituationen vor. Meinst Du, der Coach bittet den Skispringer, sich eine Wettkampfsituation bildlich vorzustellen bei der alles schiefgeht und er sich sämtliche Knochen bricht? Oder meinst Du, dass er den Sportler darauf vorbereitet, wie ein Sprung zum Sieg gelingen kann? Die Antwort liegt auf der Hand. Trotzdem stellen sich viele Menschen – auch ich habe das viele Jahre getan – Katastrophenszenarien im Berufsleben vor. Was kann wohl alles schiefgehen bei meinem Meeting morgen? Was passiert, wenn ich die Präsentation morgen nicht gut hinbekomme? Mein Chef denkt doch sowieso schon, dass ich das nicht gut kann und bevorzugt meinen Kollegen. …

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Destruktive innere Dialoge als mentale Selbstsabotage Petra Bock beschreibt die Fokussierung auf Schwächen und Fehler als mentale Selbstsabotage und „Mindfucks“ [2]. Die Annahmen von Petra Bock basieren auf ihren eigenen Erkenntnissen und auf Beobachtungen von Timothy Gallwey – früher Sportpädagoge und Tennistrainer, heute Bestsellerautor und Consultant. Timothy Gallwey stellte in seiner Zeit als Trainer fest, dass einige seiner Schüler ganz entspannt und mit guter Leistung spielten. Andere wiederum spielten verkrampft und erzielten weniger gute Leistungen. Er leitete daraus ab, dass im Kopf der Schüler ein innerer Dialog zwischen einem „Selbst 1“ und einem „Selbst 2“ stattfand, den er als „Inner Game of Tennis“ beschrieb: • Selbst 1 ist beherrschend, negativ, zweifelnd und das eigene Tun bewertend – eigene Potenziale werden gehemmt. • Selbst 2 setzt auf Ruhe und wertfreie Aufmerksamkeit – die eigenen Potenziale entfalten sich. Spieler, die „im Selbst 2“ spielen, erleben das Match mit „Neugier, Vertrauen und Freude an der Erfahrung“ [3]. Noch lange Jahre gab Timothy Gallwey Workshops und lehrte Menschen innerhalb von 30 Minuten Tennis spielen, indem er sie dazu brachte, sich ganz auf ihr Selbst 2 zu konzentrieren. Einige Beispiele findest Du auf Youtube [4]. Diese Erkenntnisse hat Timothy Gallwey einige Jahre später auch als Berater in der Wirtschaft angewandt – unter anderem bei AT&T [3]. Petra Bock hat die Erkenntnisse von Timothy Gallwey weiterentwickelt und etwas modifiziert. Sie geht von einem „Coaching-Dreieck“ aus. Oben an der Spitze steht das Erwachsenen-Ich. Das Erwachsenen-Ich setzt auf Ruhe, innere Balance und Potenzialentfaltung. An der unteren rechten und linken Spitze des Dreiecks befinden sich zwei „Ichs“, die eher mit dem Selbst 1 vergleichbar sind: das anpeitschende und strenge „Eltern-Ich“ und das gefallen wollende, nach Aufmerksamkeit suchende und manchmal auch verzweifelte oder trotzige „Kind-Ich“ [2] (Abb. 2.1). Wenn wir mit uns selbst innerlich in Balance sind, befinden wir uns oben an der Spitze des Dreiecks im Erwachsenen-Ich – über der Wasseroberfläche. Wir nehmen uns ernst, ohne uns zu über- oder unterschätzen und blicken ruhig und konzentriert auf uns und die Außenwelt. Rutschen

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2  Schritt 1: Finde Deine kraftvolle innere Haltung  Erwachsenen-Ich

Wasseroberfläche

Kind-Ich

Eltern-Ich

Abb. 2.1  Coaching-Dreieck nach Petra Bock

wir ins Eltern-Ich oder Kind-Ich ab, agieren wir streng, bestrafend, überfürsorglich (Eltern-Ich) oder klein, elend, trotzig, hilflos (Kind-Ich). In diese Haltungen kommen wir sowohl in inneren (im Gespräch mit uns selbst) als auch in äußeren Dialogen (im Gespräch mit anderen Menschen). Vorgesetzter im Eltern-Ich Meine Freundin Pauline erzählte mir von einem Gespräch mit einem ihrer Vorgesetzten, das vor rund zehn Jahren stattfand. Er bescheinigte ihr, dass sie fleißig und empathisch sei, aber keinerlei fachliche Fähigkeit habe, weshalb sie ihr Leben lang nur „unterstützende Tätigkeiten“ werde ausüben können (bewertendes Eltern-­Ich). Sie war danach einigermaßen gebrochen, weil sie einen Großteil ihres Lebens darauf fokussiert war, sehr fleißig zu sein und berufliche Anerkennung zu finden (nach Aufmerksamkeit suchendes Kind-Ich). Das reichte vom Arbeitsbeginn um 4 Uhr morgens bis hin zum ständigen Blick aufs Handy in jedem Urlaub. Inzwischen hat sie diese blockierenden Denkmuster zum Glück überwunden.

Auch für mich brachte die Erkenntnis über die Haltung des Erwachsenen-Ichs und die Perspektive „Neugier, Vertrauen und Freude an der Erfahrung“ viel Lebensqualität und Erleichterung. Heute kann ich ganz gut erkennen, wenn dieses „alte“ Mindset in mir hochkommt und mich das neue Mindset mal im Stich lässt. Auch in Situationen mit anderen Men-

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schen. Eine realistische, lösungsorientierte Sichtweise aus dem Erwachsenen-Ich macht vieles möglich.

2.1 W  ie unsere Art zu denken über unser Leben bestimmt Die folgenden Ausführungen zeigen, welche guten Ergebnisse und inneren Erfolgserlebnisse sich durch eine lösungsorientierte, fokussierte und positive innere Haltung erzielen lassen. Aber Achtung! Diese Methodik kann süchtig machen! Ich möchte die oben beschriebenen Erkenntnisse von Timothy Gallwey noch etwas vertiefen, da sie eine sehr gute Anleitung bieten für eine lösungsorientierte, positive innere Haltung. Timothy Gallwey fand he­ raus, dass der innere Dialog seiner Tennisschüler auf folgender Ursache basiert: Das Lernen auf Basis von Vorgaben („Du musst mehr Umsatz machen“, „Deine Berichte dürfen nicht so viele Fehler enthalten“, „Du musst den Tennisschläger weiter unten halten“) unterscheidet sich deutlich von dem Lernen, das wir bei Kleinkindern beobachten. Beim Lernen auf Basis von Vorgaben hören wir Anweisungen, denen wir meistens angestrengt Folge zu leisten versuchen. Wir bekommen Lob oder Tadel und richten danach unser Handeln aus. Die Bewertung unseres Trainers, Lehrers, Vorgesetzten löst in uns – je nach Ausgang – Zufriedenheit, Versagensangst oder Selbstzweifel aus. Diese externen Anweisungen ziehen in der Regel den bereits oben beschriebenen inneren Dialog zwischen Selbst 1 (beherrschend, negativ, zweifelnd) und Selbst 2 (aufmerksam, wertfrei, neugierig, auf Potenzialentfaltung bedacht) nach sich. Selbst 2 ist vitale Energie, aus der wir als Kind gehandelt haben und die uns heute nur selten zur Verfügung steht. Anscheinend erbringen wir Bestleistung, wenn Selbst 1 den Mund hält und Selbst 2 handeln darf [3]. Eine ähnliche Erkenntnis hatte auch der Autor Daniel Pink in seinem Buch „Drive“: Sind Menschen ausschließlich durch äußere Anreize motiviert, werden sie weniger erfolgreich sein. So wird den Mitarbeitern in Autowerkstätten ein Bonus versprochen, wenn sie eine bestimmte Anzahl von Reparaturen durchführen. Um diese zu erreichen, führen sie auch überflüssige Reparaturen durch. Das verärgert die Kunden und schadet

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dem Unternehmen. Ähnliches zeigte ein Geschicklichkeitstest in Indien. Versuchsteilnehmern wurden verschiedene Geldbeträge für das gezielte Werfen von Tennisbällen versprochen. Diejenigen, denen das meiste Geld versprochen wurde, warfen am schlechtesten. Aufgrund des hohen Drucks haben die finanziellen Anreize die Leistung verschlechtert [5]. Sportler denken im Moment ihrer Bestleistung nicht an Gewinnen oder Verlieren Timothy Gallwey berichtet, dass Athleten – gefragt, was sie im Moment ihrer Bestleistung dachten – antworteten, dass sie gar nicht viel gedacht hätten, sondern dass ihr Geist ruhig und fokussiert gewesen sei auf die Dinge, die in diesem Moment passierten und sie nicht an ihre Leistung, materielle Belohnungen oder Gewinnen und Verlieren dachten. Jedwedes Selbst 1, das anpeitscht oder bewertet, war also ausgeschaltet [3]. Denken wir an ein Beispiel im Berufsleben: Mitarbeiter im Vertrieb und ein monatlich stattfindendes Meeting mit Team und Vorgesetzten. Übliche Fragen des Vorgesetzten mögen sein: Wie viele Kunden wurden besucht? Wie hoch ist der Umsatz im Vergleich zu unseren Zielen? Wie viele Leads habt Ihr geholt? Wie viele Abschlüsse gemacht? Gute Leistung wird vom Vertriebschef gelobt, schlechte getadelt. Die Strategie, die Pläne werden reviewt und es werden Hinweise gegeben, damit es nächsten Monat besser läuft. Fokus auf Learnings im Beruf anstatt auf extrinsische Motivationen und Bestrafungen Was würde passieren, wenn der Verkaufsleiter stattdessen fragt: Was habt Ihr in diesem Monat von unseren Kunden gelernt? Über deren Bedürfnisse, Meinungen? Über deren Einwände? Und wie Ihr auf die Einwände eingeht? Über unseren Wettbewerb? Antworten auf diese spannenden Fragen könnten dazu beitragen, dass jeder Beteiligte etwas lernt, um in Zukunft noch bessere Ergebnisse zu erzielen. Der Vertriebler, der seinen Fokus auf das „Lernen“ richtet, erforscht faszinierende Aspekte des Verkaufsprozesses: welche Kundenbedürfnisse es gibt, wie er sie identifiziert, wie er auf Einwände eingeht und wie er eine Situation aus der Perspektive des Kunden betrachtet. Damit erzielt ein guter Verkäufer wertvolle Lernerfahrungen und liefert gute Zahlen [3].

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Timothy Gallwey setzte seine Erfahrungen als Sporttrainer einige Jahre später nicht nur als Unternehmensberater bei der Privatisierung des Staatskonzerns AT&T ein, sondern auch als Vater, der seinem Sohn das Autofahren beibrachte [3]. Beispiel Gallwey fokussierte sich beim Autofahren mit seinem Sohn auf die Dinge in der direkten Umgebung. Beispielsweise fragte er ihn: „Wie groß ist der Abstand zum Auto vor uns?“ Oder die beiden schätzten die Geschwindigkeit. Erst nachdem sie beide ihre Schätzung abgegeben hatten, schauten sie auf den Tacho. Dann überlegten sie, wie sie jeweils zu ihrer Einschätzung gekommen waren. All das schärfte die Aufmerksamkeit für Faktoren wie Geschwindigkeit, Geräusche des Motors, Fahrtwind etc. Und es geschah ohne Urteil über gutes oder schlechtes Fahren [3].

In seiner beruflichen Rolle sollte Timothy Gallwey als externer Berater bei der Privatisierung des ehemaligen Staatskonzerns AT&T dafür sorgen, die Mitarbeiter des Call-Centers zu trainieren, um die Kundenzufriedenheit des Unternehmens signifikant zu steigern. Er stellte dabei fest: Die Menschen im Call-Center langweilten sich bei ihrer Arbeit. Sie verrichteten sie lustlos und mechanisch. Trotzdem waren sie gestresst, weil ihre Performance sowie ihre individuelle durchschnittliche Gesprächsdauer jeden Tag gemessen und beurteilt wurden im Vergleich zur allgemeinen „durchschnittlichen Gesprächsdauer“. Sie hatten damit das Gefühl, ihre Vorgesetzten behandelten sie wie unmündige Kinder. ­Unzufriedenheit und eine feindselige Haltung gegenüber ihren Vorgesetzten waren die Folge und die Mitarbeitenden führten ihre Telefongespräche sehr unmotiviert [3]. Die Kollegen im Call-Center litten unter einer fatalen Mischung von Stress und Langeweile. Timothy Gallwey entwickelte ein Training, das den Mitarbeitenden dabei half, beides zu reduzieren und ihre Arbeitsfreude zu steigern. Um die Mitarbeitenden in eine andere innere Haltung zu bringen, auf Dinge mit „Neugier, Vertrauen und Freude an der Erfahrung“ zu schauen, fragte er, was sie während ihrer Arbeit lernen konnten. Das war erwartungsgemäß begrenzt [3].

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Wie wäre es, die Arbeitszeit zu genießen? Timothy Gallwey fragte die Mitarbeiter: „Was wäre, wenn sich das Lernen nicht darauf beziehen würde, besser zu werden in puncto Freundlichkeit und Schnelligkeit?“ Dies bezeichnete er als die Ziele des „äußeren Spiels“ – also des Gegners auf dem Platz – verglichen mit Tennis. Gallwey fragte, wie es wäre zu lernen, nicht mehr gelangweilt oder gestresst zu sein während der Arbeitszeit, ja sogar die Arbeitszeit zu genießen. Timothy und die Mitarbeiter des Call-Centers erfanden eine Reihe von Aufmerksamkeitsübungen, die von den Kollegen verlangten, dass sie den anrufenden Kunden genauer zuhörten. Die Mitarbeitenden im Call-­ Center wurden gebeten, auf einer Skala von 1 bis 10 verschiedene Merkmale der Stimme zu erkennen, zum Beispiel den Grad an Verärgerung oder Freundlichkeit. Im nächsten Schritt lernten die Mitarbeitenden, mit ihrer eigenen Stimme Aspekte auszudrücken – das ähnelte einem Schauspielunterricht und machte Spaß. Gallwey setzte die beiden Übungen zusammen und es kam ein aufregendes Spiel heraus: Wenn die Mitarbeitenden beim Kunden ein Stressniveau von 9 hörten, konnten sie sich entscheiden, mit einem Wärmeniveau von 9 zu antworten. Das führte dazu, dass der Kunde am Ende des Gesprächs deutlich entspannter war als bei der Begrüßung. Die Mitarbeitenden bemerkten, dass ihre Stimme Einfluss darauf hatte, wie Kunden sich fühlten. Ergebnis: Die Mitarbeitenden konzentrierten sich mit einer ruhigen, nicht bewertenden Aufmerksamkeit auf die Dinge, die in ihrer unmittelbaren Umgebung vor sich gingen. Das Spiel machte Spaß und die Mitarbeitenden hatten Gestaltungsspielraum. Zudem verbesserten sich die Ergebnisse der Kundenzufriedenheitsanalysen und alle Beteiligten waren schwer beeindruckt [3]. Es ist wirklich eine faszinierende Erfahrung, Situationen mit „Neugier, Vertrauen und Freude an der Erfahrung“ zu erleben. Das kann jeder täglich ausprobieren: in Situationen mit Familie, Freunden oder Kollegen, in denen Du Dich ganz bewusst und frei von Bewertung und Annahmen auf die Details der unmittelbaren Umgebung und des Gesagten beziehst.

Wenn Du Annahmen änderst, von denen Du nicht einmal wusstest, dass Du sie annimmst, entwickeln sich völlig neue Denkräume. „Was

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wäre, wenn mein Beruf eine große Quelle von Freude wäre mit gleichzeitiger finanzieller Sicherheit?“ Diese Frage eröffnet ganz neue kreative Ideen. Wenn Du Dich hingegen fragst: „Wie finde ich einen Job, der mir nicht so viel Spaß macht, womit ich aber viel Geld verdiene?“ konzen­ trierst Du Dich darauf, dass Arbeit per se nicht viel Spaß macht, aber viel Geld einbringen kann. Du schneidest Dir damit Möglichkeiten ab. Denkblockaden lösen mit der Wunderfrage Das Aufheben von Denkblockaden kannst Du noch mit einer weiteren Technik realisieren: Der Wunderfrage. Sie wurde Ende der 70er-Jahre vom Therapeutenehepaar Steven de Shazer und Insoo Kim Berg entwickelt. Die beiden gründeten 1982  in Milwaukee das Family Therapy Center und therapierten in nur vier bis sieben Sitzungen Menschen mit schwerwiegenden Themen wie Drogen, Missbrauch oder Gewalt. Bei diesem Lösungsansatz wird dem Klienten (Person, die therapiert wird) höchste Aufmerksamkeit geschenkt, seinem Problem hingegen keinerlei Aufmerksamkeit. Es geht nur darum, den Klienten auf Augenhöhe und im Vertrauen auf seine eigene Lösungskompetenz in seinen individuellen Lösungsraum zu begleiten. Der fokussierte Blick auf die Lösung arbeitet z. B. mit folgenden Fragen: Wunderfrage Angenommen, nichts würde Dich aufhalten. Es ist alles möglich. Was würdest Du dann in den nächsten Monaten tun? Wie würde Dein Leben in einem Jahr aussehen? Wie würdest Du leben? Wie würdest Du Dich fühlen? Was wäre anders?

Sinn dieser Methodik „Wunderfrage“ mit all ihren Unterfragen ist es, innere Beschränkungen zu umgehen. Wir alle haben unsere Annahmen und Glaubenssätze und denken: Wir können dies nicht, weil… Wir können das nicht, denn … Ich kann ja nicht einfach…

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Aber: Wir wissen auch, dass unsere Realität eine konstruierte Realität ist. Wenn wir von etwas überzeugt sind, werden wir auch Beweise dafür finden, dass genau das wahr ist. Kommt jemand anderes – oder wir selbst – mit der Wunderfrage auf uns zu, sind wir dazu gezwungen, unsere Beschränkungen im Kopf abzubauen. Denn es geht ja nur um ein Gedankenspiel. Und für dieses Gedankenspiel können wir uns erlauben, einmal ganz frei zu denken und das auch auszusprechen. Und dann geben wir Antworten, die viel größer gedacht sind als das, was wir uns bisher erlaubt haben. Wir finden klarere Ziele, Ideen und Visionen. Wir befreien uns von Blockaden und mentalen Fesseln [4]. Das Großartige an diesen „Gedankenspielen“ ist auch, dass sie uns in einen guten Zustand versetzen und wir die Wunderfrage direkt an Ort und Stelle mit uns selbst durchführen können. Häufig angewandt, gewöhnst Du Dich an die Wunderfrage und sie dient Dir als hilfreiche Basis, um auf konstruktive Lösungen zu kommen, nicht nur bei „großen“ Themen – auch bei der Planung von Projekten im Beruf oder der Planung der nächsten großen Party.

2.2 Z  wei Frauen, die sich selbst erlauben, ihre größtmögliche berufliche Erfüllung zu leben Jasmin und Linda haben sich gefragt: Wie sieht mein Berufsleben aus, wenn es richtig schön ist? Und nicht nur das: Sie haben ihren beruflichen Traum realisiert – auf ganz unterschiedliche Weise.

2.2.1 Interview mit Jasmin Karatas, Gründerin des Start-ups „Myndset“ Ursprünglich studierte Jasmin Produktgestaltung und arbeitete dann einige Jahre bei Accenture, wo sie Unternehmen zu User Experience Design und Gamification beriet. 2018 machte sie sich mit einem Partner selbständig, um „Myndset“ zu gründen. Myndset ist ein Kartenspiel und hilft Unternehmen, neue kreative Geschäftsideen zu generieren.

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Jasmin Karatas

„Digitalisierung ermöglicht uns, wieder mehr Mensch zu sein.“

Jasmin, was ist Dir wichtig? Für mich war stets „mein“ Thema relevant und das, was ich gerne mache – unabhängig von einem Arbeitgeber. Spiele, Gamification und Emotionen haben mich schon immer fasziniert. Spielen (Ludologie = Lehre vom Spielen) ist etwas sehr Menschliches. Und die Dinge, die Menschen durch Spielen lernen, lassen sich hervorragend im Berufs­ leben einsetzen. Beispielsweise hat man Parallelen ziehen können, dass Menschen, die über längere Zeit „World of Warcraft“ gespielt haben, sehr gute Projektmanagement-Skills haben. Denn sie sind es gewohnt, im Team Aufgaben zu analysieren und auf eine Lösung hinzuarbeiten. Wie bist Du auf Myndset gekommen? Ich habe mich  – wie gesagt  – schon immer für Spiele und die Auswirkung auf Menschen interessiert. Der Mensch lernt durch Spielen ganz hervorragend – u. a. weil es mit Emotionen verknüpft ist. Ich habe bei meinem vorherigen Arbeitgeber viel Energie investiert. Irgendwann kam es zu einer Stagnation meiner eigenen Entwicklung und meines Wissenshungers und da dachte ich: Jetzt mache ich mich selbständig. Ich genieße es sehr, das zu tun, was mich fasziniert. Ich finde auch, dass man nicht immer auf ein bestimmtes Ziel hinarbeiten muss und erst dann die Früchte und den

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Spaß erntet. Warum kann nicht auch der Weg zum Ziel schon toll sein und viel Spaß und Freude bereiten? Einige Menschen fühlen sich durch die fortschreitende Digita­lisierung bedroht. Was meinst Du? Ich denke, dass die Digitalisierung uns viele lästige und repetitive Aufgaben abnimmt. Dadurch können wir unsere Fähigkeiten wie Kreativität, Neugier, Zusammenbringen von Menschen wieder viel mehr ausleben. Insofern hilft uns die Digitalisierung dabei, wieder mehr Mensch zu sein und uns mit den Dingen zu beschäftigen, die uns Spaß machen. Welchen Tipp kannst Du Menschen geben, die ihre Berufung und Spaß im Job finden wollen? Ein tolles Buch – „Drive“ von Daniel Pink. Es besagt, dass Menschen keine weitere große Belohnung brauchen, wenn sie eine Arbeit haben, die sie erfüllt. Solche Menschen tun ihre Arbeit aus intrinsischer Motivation, sie möchten selbst bestimmen, woran und wofür sie arbeiten, wie viel und welche Verantwortung sie übernehmen. Dementspre­chend müssen sie auch weniger geführt oder belohnt werden. Oder anders ausgedrückt: Sie finden einen ganz eigenen Weg der „Führung“. Denn ihre Arbeit und das, was sie damit schaffen, ist ihre Belohnung. Erzähle doch etwas mehr über Myndset. Myndset ist ein Kartenspiel, es basiert auf Teilen des Design-Thinking-­ Ansatzes und ist eine Schritt-für-Schritt-Methode. Ziel ist es, auf spielerische Weise Ideen zu generieren, indem man anders denkt. Geeignet ist das Spiel nicht nur für Manager oder Unternehmer, sondern auch für Studenten und Privatpersonen. Wie gehen die Spieler genau vor? Nachdem sich die Teilnehmer eine Aufgabe für das Spiel, also ein Ziel, definiert haben, zieht jeder Teilnehmer fünf Karten von fünf verschiedenen Themendecks. Die mannigfaltige Anzahl von Kombina­

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tions­möglichkeiten der Karten pusht das kreative Denken. Aber die Karten bieten gleichzeitig auch schöne Leitplanken, auf die sich die Teilnehmer in ihrem kreativen Denken immer wieder stützen können. Die sechste Karte ist die Präsentationskarte und dient dazu, die  Idee in einer speziellen Form darzustellen, z.  B. als Märchen. Hierdurch gewinnen die Ideen nochmals an Tiefe. Am Beispiel von Märchen ist es „Gut“ gegen „Böse“! Mehr Infos gibt es unter: https://www.myndset.cards/

2.2.2 Interview mit Linda Mathew, früher Marketing-/PR-Leiterin, heute Grundschullehrerin Linda Mathew hat gleich zwei Mal in ihrem Leben ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht: Nach dem Abitur studierte sie Medienmanagement und arbeitete danach zehn Jahre in leitenden Positionen in Marketing und Public Relations. Als Mutter von drei Kindern brachte sie jahrelang Familien- und Berufsleben unter einen Hut. Äußerlich erfolgreich und innerlich zerrissen stellte sie sich eines Tages die Frage, wie die Vereinbarung beider Teile besser gelingen kann. Linda besann sich auf ihre Leidenschaft, anderen Menschen etwas beizubringen und studierte mit Mitte 30 Grundschullehramt, legte in Rekordzeit ihr Staatsexamen ab und ist heute glücklich mit ihrer Arbeit als Lehrerin.

Linda Mathew

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„Gerade wenn man Kinder hat, sollte man vorleben, dass Arbeit und Leben Spaß machen. Kinder sind kein Hinderungsgrund, sich neu zu orientieren – eher eine Motivation.“

Linda, wie bist Du zu Deinem heutigen Beruf als Grundschullehre­ rin gekommen? Da muss ich etwas ausholen, denn eigentlich hat es mir schon zu Schulzeiten Spaß gemacht, anderen Menschen etwas zu erklären – ich habe zum Beispiel viele Nachhilfestunden gegeben. Und ich habe mir damit während meines ersten Studiums auch Geld dazu verdient. Ich hatte zu Zeiten meines Abis  – 1998  – zuerst überlegt, ob ich Lehramt studieren möchte, aber damals gab es zu viele Lehrer und zu wenige Kinder. Ich wollte nicht für die Arbeitslosigkeit studieren. Deshalb habe ich mir dann ein anderes Studium gesucht in einem Fach, das mich auch sehr interessierte: Medienmanagement. Nach meinem Diplom habe ich ungefähr zehn Jahre in der Wirtschaft gearbeitet  – in verschiedenen Bereichen. Ich bin dann irgendwann zu einem Punkt gekommen, an dem ich beruflich nicht mehr ganz zufrieden war. Ich habe damals eine Marketing-/PRAbteilung geleitet. Das Aufgabenspektrum war sehr spannend. Aber mit den organisatorischen Rahmenbedingungen war es schwierig und ich kam manchmal an die Grenze mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf  – beispielsweise wenn mein Chef um 17  Uhr noch etwas von mir haben wollte und ich dann aber gerade mit meinen Kindern zusammen war. Oder ich bin im Büro losgeflitzt, habe meine Kinder aus dem Kindergarten abgeholt und dann zu Hause direkt wieder den Laptop aufgeklappt, weil mein Chef noch schnell etwas haben wollte. Das entfachte in mir ein Gefühl der Zerrissenheit. Ich hatte das Gefühl, nichts richtig zu machen und keiner Seite wirklich voll und ganz zur Verfügung zu stehen. Ich konnte mich weder auf meine Kinder nachmittags so richtig einlassen, noch hatte ich das Gefühl, so richtig für meinen Job da sein zu können, wenn nachmittags etwas gebraucht wurde bei der Arbeit. Ich fragte mich dann, ob es das wirklich gewesen sein kann. Ich gelangte an einen Punkt, an dem ich beschloss, etwas zu ändern, damit es mir wieder besser geht.

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Ich überlegte, was ich ändern sollte, den Arbeitgeber wechseln oder eine andere berufliche Herausforderung annehmen. Ich habe auch in dieser Zeit noch Nachhilfe gegeben – zwei Mal pro Woche kamen Nachbarskinder vorbei. Das hat mir große Freude gemacht. Wenn meine Kinder abends im Bett waren, habe ich anderen Kindern etwas beigebracht. Die Aufgabe war mir wichtig und hat mich sehr erfüllt. Und als ich in dieser Zwickmühle war, habe ich darüber nachgedacht, was mich glücklich macht und beschlossen, mich für ein Lehramts­ studium zu bewerben. Ich hörte in den letzten Jahren oft, dass in Sachsen ein großer Lehrermangel herrscht. Insofern hatte sich die Situation auch 2013 im Vergleich zu Ende der 1990er-Jahre sehr geändert? Ja, das kündigte sich 2013 schon ein wenig an. Es war klar, dass man gute Jobaussichten hat. Es gab aber viele Bewerber für das Studium und ich sagte mir: Wenn ich einen Studienplatz bekomme, ist es toll. Und wenn ich keinen bekomme, ist es auch nicht schlimm, dann ändere ich etwas anderes. Dir hat es immer viel Spaß gemacht, anderen Menschen etwas beizu­ bringen. War das der Trigger, Dich für das Lehramtsstudium zu bewerben? Ja, total. Allerdings habe ich einen Moment innegehalten, als ich meine Zugangsbestätigung zum Studium in den Händen hielt. Denn mein Mann ist ja Freiberufler, und ich dachte darüber nach, ob ich es noch einmal wagen sollte, einen kompletten Schritt zurückzutreten: von einem Job, in dem ich gut verdient habe, zu einem kompletten Studentendasein. Aber ich erfuhr viel Bestätigung aus meinem Umfeld. Dann habe ich im Oktober 2013 angefangen zu studieren. War es ein komplettes Studium? Ja, außer einer einzigen kleinen Prüfungsleistung, die mir aus meinem Erststudium angerechnet wurde. Ich habe mich aber komplett anders organisiert als der „normale Student“. Ich habe mir meinen

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Stundenplan so gestrickt, dass ich ein sehr kompaktes Studium hatte – teilweise von 8 bis 20 Uhr und mit Lehrveranstaltungen, die eigentlich für ganz andere Semester angedacht waren, z. B. belegte ich im dritten Semester auch Lehrveranstaltungen, welche für das fünfte oder siebte Semester vorgesehen waren. Ich wollte einfach keinen Leerlauf haben zwischen den Lehrveranstaltungen. Wie lange hat das Studium gedauert? Mein erstes Staatsexamen legte ich 2016 ab und war damit wohl die schnellste Lehramts-Studentin, die es bis dato in diesem Fach an der Uni Dresden gab. Ich konnte dann ab September 2016 in meine Arbeit als Lehrkraft starten und ab Februar 2017 berufsbegleitend ins Referendariat. Nach einem Jahr habe ich das zweite Staatsexamen absolviert – mit Auszeichnung. Wahnsinn, gerade viele Menschen, die Familie haben sagen, sie könn­ ten nichts Neues starten, obwohl sie unglücklich sind. Was sind hier Deine Empfehlungen? Ich sollte mir (sie sollten sich) erstmal die Rahmenbedingungen anschauen. Wenn ich diese verbessern kann und damit glücklicher bin, ist es gut. Wenn das nicht möglich ist, sollte ich nachdenken über einen Jobwechsel oder eine Neuorientierung. Ich finde, gerade wenn man Kinder hat, sollte man vorleben, dass Arbeit und Leben Spaß machen. Kinder sind kein Hinderungsgrund, sich neu zu orientieren – eher eine Motivation. Du musst erstmal selber glücklich und zufrieden sein, damit Du dies auch Deiner Familie weitergeben kannst. Wenn jemand den tiefen Wunsch hat, Vollzeitmutter oder Vollzeitvater zu sein, ist das toll. Wichtig ist nur, dass Du Dich selbst dafür entscheidest. Kann man sagen, dass Du mit dem Lehrerberuf Deine Leidenschaft zum Beruf gemacht hast? Total! Gerade wenn man beruflich unzufrieden ist, sollte man in sich hinein hören und spüren, was einem wirklich Freude bereitet  – losgelöst von einer beruflichen Tätigkeit. Mich hat es immer unglaublich glücklich gemacht, wenn ich die Selbstwirksamkeit von

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anderen stärken konnte, indem ich ihnen etwas beibrachte. Gestern kam eine meiner Schülerinnen aus der vierten Klasse zu mir, die mir stolz erzählte, dass sie am Vortag einen Schnuppertag in einer weiterführenden Schule besucht hatte. Dort standen zehn englische Fragen an der Tafel und sie war die Einzige, die alle zehn Fragen beantworten konnte. Und sie war so stolz und glücklich, dass sie das geschafft hat. Ich hatte ihr das Wissen dazu vermittelt. Die Selbstwirksamkeit von anderen zu sehen und zu erkennen, dass sie sich dadurch selbst verwirklichen können, erfüllt mich sehr. Ein Lehrer ist ja auch nicht nur ein Wissensvermittler, sondern ebenfalls ein Motivator. Das Berufsbild ist sehr breit aufgestellt. Du bist ja in Deinem Job erst richtig gut, wenn es auch Deine Leidenschaft ist. Wenn Du sagst, Dein Job ist nur Dein Job, ist es nicht das Richtige. Und Rich­tungs­änderungen muss man zulassen. Wir haben so viele Möglichkeiten, die wir nutzen können und alles trägt zum Wachsen meiner Persönlichkeit bei. Ich absolviere beispielsweise gerade eine Weiter­bildung zur Schullei­ terin, weil ich diesen Job einmal ausüben möchte. Und ich merke, dass mir für diese Tätigkeit wieder viele organisatorische Fähigkeiten helfen, die ich aus meinem vorherigen Beruf als Marketingleiterin mitbringe, wie z.  B.  Budgetverwaltung. Eine absolut sinnvolle Verknüpfung  – ich bin mir sicher, dass viele Berufsfelder das ermöglichen. Du hast ein sehr umfassendes Verständnis vom Lehrerberuf, das finde ich toll. Mir fällt spontan der Begriff „Enabler“ ein – jemand, der andere Menschen dazu bringt, ihre Potenziale zu heben. Das stimmt – ich lege Samen und nähre sie. Die Samen entwickeln sich ganz unterschiedlich, aber überall sieht man die Früchte der Arbeit. Man sieht die Kinder wachsen und sich entfalten – das ist wunderschön. Einige meiner Interviewpartner sagten auch, dass ihre Eltern ihnen ein Grundvertrauen mitgegeben haben. Wie war das bei Dir?

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Meine Eltern haben mir immer das Gefühl mitgegeben, dass man für seine Ziele einstehen muss und haben mich dabei unterstützt, diese zu erreichen. Sie haben erkannt, dass ich immer das Beste aus mir herausgeholt habe, wenn ich auf ein Thema große Lust hatte. Ich habe mich zum Beispiel als 16-Jährige für ein Stipendium für ein Aus­landsjahr beworben beim Deutschen Bundestag. Meine Eltern wussten das gar nicht so richtig, aber ich wollte dieses Stipendium unbedingt haben und nach Amerika gehen. Also habe ich mich insgeheim dafür beworben. Und es auch bekommen. Das haben meine Eltern dann mitgetragen. Und für mich war dieses Auslandsjahr eine großartige Erfahrung, die mich bis heute prägt.

2.3 Ü  bung: Finde Deine kraftvolle innere Haltung Dies ist die erste Übung in diesem Buch. Die Übungen sollten in den Kapiteln nacheinander bearbeitet werden, in der Reihenfolge, wie sie dort stehen. Zeitlich sind die Übungen völlig frei einteilbar. Jede Leserin/ jeder Leser sollte sich so viel Zeit nehmen, wie sie/er benötigt. Sie müssen auch nicht an einem Tag auf einmal bearbeitet werden, es kann ruhig etwas Zeit dazwischenliegen. Wichtig ist, dass sich jeder Lesende genug Zeit nimmt und sich nicht unter Druck gesetzt gefühlt. Du kannst alle Übungen auch auf meiner Website ausfüllen unter https://cordula-casaretto-coaching.de/de/buch.php In dieser ersten Übung lade ich Dich ein, eine Herausforderung aus zwei verschiedenen Perspektiven zu betrachten und somit zu erfahren, welchen Einfluss die innere Haltung auf die Lösung eines Problems nehmen kann. Ich habe diese Übung im ersten Ausbildungswochenende an der Dr. Bock Coaching Akademie durchgeführt und es war eine „Augen öffnende“ Erfahrung für mich.

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Übung Nr. 1: Finde Deine kraftvolle innere Haltung [1] Problem- versus Lösungsorientierung Überlege Dir ein Problem, das Dich entweder privat oder beruflich derzeit beschäftigt. Du kannst Dir bei dieser Übung Deine Überlegungen aufschreiben, musst Du aber nicht. Du kannst die folgenden Antworten auch einfach für Dich im Kopf überlegen. Stell Dir dazu folgende Fragen (5 Minuten insgesamt): • • • •

Formuliere das Problem möglichst genau. Wie erkläre ich das Problem jemand anderem? Was stresst/ärgert/bedrückt mich an dem Problem ganz besonders? Woher kommt das Problem wohl? Höre nach diesen Fragen in Dich hinein:

• Geht es Dir nach diesem inneren Dialog besser oder schlechter als vorher? • Wie sicher fühlst Du Dich, das Problem lösen zu können (Skala von 1–10: 1=gar nicht sicher; 10=sehr sicher)? Nun stehe auf, schüttele Dich und wechsele die Position im Raum. Stelle Dir nun vor, Du machst einen Zeitsprung in die Zukunft und das Problem ist gelöst: (5 Minuten insgesamt) • • • • •

Wie sieht das aus? Wie fühlst Du Dich? Woran merkst Du, dass alles so ist, wie Du es Dir wünschst? Was ist besonders attraktiv für Dich an dieser Situation? Welche Deiner Fähigkeiten hast Du eingesetzt, um dort hinzukommen? Höre nun erneut in Dich hinein:

• Wie fühlst Du Dich? Geht es Dir besser oder schlechter als vorher? • Wie sicher fühlst Du Dich, das Problem lösen zu können? (Skala von 1–10: 1=gar nicht sicher; 10=sehr sicher)?

2.4 Weiterführende Buchtipps Die folgenden Buch- und Infotipps drehen sich um das Thema „Mindset“ und Einstellung. Hier findest Du auch einen Link zu den YouTube-­ Videos von Timothy Gallwey, in denen gezeigt wird, wie er Menschen innerhalb von knapp 30 Minuten Tennis spielen beibringt.

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Dispenza J (2014) Du bist das Placebo. KOHA, Dorfen Neurowissenschaftler und Chiropraktiker Joe Dispenza widmet sich der Geschichte und Wirkung des Placebo-Effekts. Und er diskutiert in seinem Buch eine spannende Frage: Ist es möglich, die Prinzipien des Placebos zu vermitteln und ohne Zuhilfenahme einer äußeren Substanz dieselben inneren Veränderungen zu bewirken? Zahlreiche Beispiele zeigen, dass Menschen wieder gesund wurden, indem sie auf ein Placebo vertrauten. Umgekehrt wurden Menschen krank, weil sie sich als Opfer eines Fluchs fühlten oder an eine medizinische Fehldiagnose glaubten. Schäfer B (2003) Die Gesetze der Gewinner. dtv Verlagsgesellschaft, München Der Money-Coach Bodo Schäfer stellt 30 leicht nachvollziehbare Strategien vor, die beruflichen und persönlichen Erfolg befördern. Im Praxisteil findest Du Aufgaben und Übungen, die Du gleich ausprobieren und umsetzen kannst. YouTube-Videos von Timothy Gallwey In diesem – zugegeben etwas älteren – YouTube-Video lehrt Timothy Gallwey eine Frau in ca. 20 Minuten das Tennisspielen. Link: https:// www.youtube.com/watch?v=HzR8x5MgvDw oder suche nach dem Begriff „Inner Game of Tennis (Tim Gallwey method)“.

Die Quintessenz aus diesem Kapitel Ein lösungsorientiertes Mindset – also eine innere Haltung, mit der wir konstruktiv in die Zukunft schauen, eigene Wünsche und auch potentielle Hürden einbeziehen, hat immensen Einfluss auf unsere Lebensqualität. Oftmals denken wir aber – auch bei unseren beruflichen Wünschen und Chancen – in einem problemorientierten Mindset, in dem der Fokus darauf liegt, was alles „falsch“ läuft. Bei technischen Fragestellungen zum Beispiel ist es sinnvoll zu fragen, warum ein Auto nicht fährt oder warum der Reifen immer wieder Luft verliert. In vielen anderen Bereichen des Berufs- und Privatlebens ist diese Perspektive aber destruktiv, da sie sich zu sehr in ein Problem verbeißt und unseren Fokus zu einem Tunnelblick verengt.

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Der ehemalige Tenniscoach und spätere Bestsellerautor und Unternehmensberater Timothy Gallwey hat bei seinen Schülern entdeckt, wie stark sich eine konstruktive Sichtweise auf ihren Spaß und Erfolg auswirkt: Indem sie sich mit „Neugier, Vertrauen und Freude an der Erfahrung“ auf ihr Spiel konzentrieren. Später wandte Gallwey diese Technik auch als Unternehmensberater an. Jeder von uns kann diese lösungsorientierte Sichtweise beim Blick auf seine beruflichen Wünsche anwenden. Das funktioniert z. B. fantastisch mit der „Wunderfrage“. Damit lösen wir Denkblockaden und mentale Fesseln und finden klarere Ziele, Ideen und Visionen. Das Großartige an diesen „Gedankenspielen“ ist auch, dass sie uns in einen guten Zustand versetzen und wir die Wunderfrage direkt an Ort und Stelle mit uns selbst durchführen können. Und das nicht nur bei „großen“ Themen – auch bei der Planung von Projekten im Beruf oder der Planung der nächsten großen Party. In der Übung hast Du ein Thema, das Dich beschäftigt aus zwei Per­spektiven betrachtet: zunächst problemorientiert und anschließend lösungsorientiert. Danach hast Du reflektiert, welche Auswirkungen die jeweilige Perspektive auf Deine Einschätzung hatte, die Herausforderung gut lösen zu können.

Literatur 1. Dr. Bock Coaching Akademie (2020) Angelehnt an eine Übung im Rahmen der Ausbildung zum Business Coach im Jahr 2020. Dr Bock Coaching Akademie, Berlin 2. Bock P (2015) Mindfuck Job: So beenden Sie Selbstblockaden und entfalten Ihr volles berufliches Potenzial. Knaur HC, München 3. Gallwey T, Pyko F (2010) INNER GAME COACHING: Warum Erfahrungen der beste Lehrmeister sind. allesimfluss, Staufen 4. https://youtu.be/_g9ixqAZ-6U. Zugegriffen am 04.06.2020 5. Pink D (2019) Drive: Was Sie wirklich motiviert. Ecowin, Salzburg 6. Bock P (2020) https://www.petrabock.de/speaking/. Zugegriffen am 09.01.2020 7. https://www.youtube.com/watch?v=HzR8x5MgvDw. Zugegriffen am 04.05.2020

3 Schritt 2: Identifiziere Dein berufliches Biotop

Der erste Schritt ist erfolgreich gegangen! Jetzt folgt der zweite: Du identifizierst Dein berufliches Biotop!

Schritt 2: Identifiziere Dein berufliches Biotop. Grafiken des 7-Schritte-Modells: Franziska Sommerfeld © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Casaretto, Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7_3

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Viele Ratgeber beschäftigen sich mit „beruflichem Erfolg“ und/oder Berufung. Ich habe lange darüber nachgedacht, was mich im Zusammenhang mit beruflicher Erfüllung so fasziniert. Und ich denke, es liegt daran, dass es so unglaublich viele Möglichkeiten gibt, sich zu entfalten und seinen ganz eigenen Weg zu finden. Für die einen bedeutet Erfüllung im Beruf, möglichst große Flexibilität leben zu können, was Arbeitszeit und Arbeitsort betrifft. Wieder andere können sich nicht vorstellen, ausschließlich alleine zu arbeiten, für sie sind die gemeinsame Erarbeitung von produktiven Ergebnissen und der Austausch mit einem inspirierenden Team die Grundlage für einen erfüllenden Beruf. Das ist bei mir so: Ich habe aber erst im Laufe meines Berufslebens entdeckt, wie wichtig mir das ist. Manche möchten genau das tun, was sie für ihre Lebensaufgabe halten und worin sie einen Sinn sehen. Wieder andere möchten sich mit ihrem Beruf materielle Träume erfüllen oder einen Status erarbeiten und andere nehmen sich vor, die Karriereleiter nach oben zu klettern und einen bestimmten Titel zu erreichen. Ich kenne eine Frau, die sich vor vielen Jahren vorgenommen hat, einmal CEO zu werden – heute lenkt sie ein Unternehmen in der Finanzindustrie mit mehreren Hundert Mitarbeitern und führt es in eine digitale Zukunft. Die einzelnen Wünsche und Bedürfnisse an einen Beruf sind individuell. Wichtig ist, dass nicht das eine oder andere „besser“ ist. Und wichtig ist auch zu verstehen, dass wir nicht immer alles ändern und auf den Kopf stellen müssen, um zufriedener zu sein. Oftmals ist die Kenntnis über die Aspekte, die uns wichtig sind und diese dann zu erfüllen, ein großer Booster für unsere Zufriedenheit. Und natürlich auch das Wissen darüber, dass wir die Aspekte, die uns wichtig sind, identifizieren können und darauf basierend selbstwirksam handeln können. Unverzichtbar in diesem Zusammenhang ist auch die bewusste Kenntnis der Werte, nach denen wir uns richten. Denn es fällt schwer, gegen die eigenen Werte zu handeln. So kann ich beispielsweise ein hervorragender Netzwerker sein, auf Menschen zugehen und sie von guten Produkten, Dienstleistungen oder Zielen überzeugen. Dem einen mag es Spaß machen, dieses Talent im Direktvertrieb umzusetzen, egal, um welches Produkt es sich handelt, da er oder sie es attraktiv findet, möglichst viele Abschlüsse zu erzielen. Für eine andere Person käme dies gar nicht

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in Frage, da für sie eher der Nutzen für jemand anderen im Vordergrund steht. Eine solche Person findet evtl. ihre Erfüllung im Fundraising einer gemeinnützigen Organisation oder achtet bei ihrer/seiner Berufswahl besonders darauf, dass er/sie sich mit dem Produkt/der Dienstleistung/dem Ziel seiner Vertriebs- oder Netzwerkaktivitäten identifizieren kann.

3.1 Rahmenbedingungen für berufliche Erfüllung Wichtig sind beim Thema Biotop und idealer Lebensraum zwei Aspekte: Je besser wir unsere Bedürfnisse, Präferenzen und Motivationen kennen, desto besser können wir sie erfüllen. Und die heutige Vielfalt an Arbeitsformen und Berufen bietet uns eine Menge Möglichkeiten. Die Frage, die wir uns dabei stellen sollten, lautet: Wenn wir unseren Arbeitsplatz als einen Lebensraum verstehen, an dem wir gerne sind, der unsere Bedürfnisse erfüllt – wie sähe der aus? Was sind unsere prioritären Bedürfnisse? Welche Bedürfnisse sind nicht ganz so wichtig? Und inwiefern werden unsere Bedürfnisse momentan erfüllt? Ich habe eine junge Dame gecoacht, die sich unsicher war, ob sie in ihrer Beratungsfirma gut aufgehoben ist, da die Firma auch Unternehmen berät, von denen meine Coachee in ihrem Privatleben nichts kaufen würde. Im Laufe des Coachings stellte sich heraus, dass sie diesen Job noch wenige Jahre weiter ausüben würde, da sie dorthin gewechselt hatte, um einen beeindruckenden Titel und ein bombastisches Gehalt zu bekommen. Momentan sind das ihre größten Antreiber, denen sie gerne nachgeben möchte. Seit sie sich darüber bewusst ist, ist sie wieder viel zufriedener in ihrem Job. Das Beispiel von meinem Bekannten Matthäus verdeutlichte mir die Wichtigkeit der Tatsache, dass man nicht krampfhaft nach einer bestimmten Tätigkeit suchen sollte, sondern dass es oftmals eine Kombination von Tätigkeiten und Umständen ist, die einen Menschen glücklich macht. Matthäus war früher leidenschaftlicher Handballspieler und hätte gerne eine professionelle Karriere als Handballer eingeschlagen. Da er nicht gut genug war (seine eigene Aussage), startete er eine Karriere in

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einem großen Versandhandel. Im Rückblick auf die vergangenen Jahre stellte er fest, dass er sich in seinem Job im Versandhandel genau die Bedingungen geschaffen hat, die er im Handball geliebt hat: Im Team arbeiten, ein gemeinsames Ziel vor Augen haben und dieses Ziel mit den unterschiedlichen Talenten der Menschen im Team erreichen. Die Herausforderung für viele Menschen besteht allerdings darin, dass sie Dinge, die sie gerne tun, eine gute Umgebung und den Beruf nicht unbedingt miteinander vereinbaren. Vielmehr verbinden sie intrinsische Motivation und einen inspirierenden Lebensraum mit einem Hobby, etwas, das leicht von der Hand geht und Spaß macht. Und viele denken auch, dass sich unter diesen Umständen kein Geld verdienen lässt. Aber wer seine Bedürfnisse und Stärken gut kennt, klug verbindet mit seinen Werten und einem Ziel, nach den Möglichkeiten am Markt schaut, der hat die besten Chancen, beruflich glücklich und erfolgreich zu sein. Der US-Autor und Netzwerkexperte Keith Ferrazzi bezeichnet dies als „blaue Flamme“ – wo Leidenschaft und Können zusammen treffen [1]. Ich kenne ein paar Menschen, die schon sehr früh im Leben erkannt haben, wo ihre intrinsische Motivation – manche Menschen mögen es vielleicht auch als „Leidenschaft“ bezeichnen – liegt und diese nun auch im Beruf ausleben. Meine Freundin Tanja ist HNO-Ärztin. Wir gingen zusammen zur Schule und sie hatte – seitdem ich sie kenne – den Berufswunsch, Ärztin zu werden. Ihre Mutter erzählte ihr neulich, dass sie bereits mit drei Jahren den Wunsch hatte, einen Arztkoffer zu Weihnachten zu bekommen. Sie weiß bis heute, dass es ihr tiefster Wunsch ist, Ärztin zu sein. Sie bildet sich kontinuierlich weiter und weiß, welche Werte sie in ihrer Arbeit ausleben möchte. Nämlich unter anderem, allen Menschen eine adäquate Behandlung zu ermöglichen  – auch wenn es keine Kassenleistung ist. Deshalb hat sie vor ein paar Jahren auch noch einmal den Arbeitgeber gewechselt, weil es in ihrer vorherigen Praxis beispielsweise nicht möglich war, bei älteren Menschen mit geringem Einkommen eine IGEL-Leistung auch mal als Kassenleistung anzuwenden, um den älteren Menschen eine gute Behandlung zu ermöglichen, die sie sich sonst eher nicht leisten könnten. Den meisten Menschen fällt es aber schwerer, eine erfüllende Tätigkeit zu identifizieren, eine Leidenschaft oder einen inneren Antrieb, die sich

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auch beruflich umsetzen lassen. Mit den Übungen am Ende des Kapitels identifizierst Du, welche Rahmenbedingungen Dir für ein erfülltes Berufsleben wichtig sind. Dabei betrachten wir nicht nur die bisherigen beruflichen Erlebnisse, die Du hattest, sondern schauen auch auf Dein privates Umfeld. In den folgenden Kapiteln, verbindest Du dann die Erkenntnisse, die Du aus Deinem bisherigen Berufs- und Privatleben gezogen hast mit Deinem Ziel. Denn oftmals erleben wir eine große Erfüllung in Hobbies oder Ehrenämtern, die sich auch im Berufsleben umsetzen lassen  – wie z. B. Trainer, Nachhilfelehrer, Fundraiser. Es gilt also, den Blick etwas zu weiten, um Deine Potenziale zu erkennen und ausleben zu können. Ich erinnere mich im Rückblick daran, dass ich Freunden immer besonders gerne geholfen habe, Bewerbungen zu schreiben und sich auf Bewerbungsgespräche vorzubereiten. Es hat mir immer ein Kribbeln im Bauch verursacht, wenn mir jemand erzählte, dass er oder sie sich bewirbt. Tatendurstig stand ich zur Seite, wollte alles wissen und meine Gedanken kreisten darum, wie sich die Person möglichst gut vorbereiten konnte. Ein anderes Erlebnis: Ich erzählte einem Kollegen vom „Inner Game of Tennis“ von Timothy Gallwey. Ich beschrieb es ganz kurz – vielleicht ein oder zwei Minuten. Als ich endete, sagte mein Kollege: Cordula, halt´ doch mal einen Vortrag dazu bei uns im Unternehmen. Ich merke richtig, wie Dich das Thema begeistert und damit reißt Du auch andere mit. Es lohnt sich also, mal andere Menschen zu fragen! Auch das gehen wir in den Übungen am Ende des Kapitels durch.

3.2 W  ie das Wissen um die eigenen Vorlieben und Werte den beruflichen Weg weisen kann Anke Rippert hat bereits als Kind erfahren, wie das Vorleben persönlicher Werte andere Menschen prägen kann – durch ihren Vater, der ein Unternehmen aufbaute und ihr bis heute ein Vorbild ist, wenn es um das authentische Ausleben von Werten geht. Felix Thönnessen erkannte während seines ersten Jobs in einer Beratung, dass ihm dort ziemlich viel gut gefiel, aber dass es ihm fehlte, durch

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seine Arbeit eine direkte Wirkung bei Menschen zu erzielen. Heute setzt er das erfolgreich um: als Start-up-Coach und Investor.

3.2.1 Interview mit Felix Thönnessen, Start-up Coach, Unternehmer, Investor Felix Thönnessen beriet vier Jahre lang die Kandidaten der VOX-Sendung „Die Höhle der Löwen“. Neben seiner Tätigkeit als Start-up Coach, Unternehmer und Investor ist er auch Lehrbeauftragter, Referent und Keynote-Speaker zum Thema Existenzgründung.

Felix Thönnessen

„Es war noch nie so einfach, sich selbständig zu machen wie heute.“

Felix, viele Menschen sagen, sie würden „gerne mal was anderes ma­ chen, aber das ist gerade heute wahnsinnig schwer“. Wie siehst Du das? Es war noch nie so einfach, sich selbständig zu machen wie heute mit all den Möglichkeiten, die uns die Digitalisierung bietet, Selbst­ ändigkeit neben dem Beruf, viele Fördermöglichkeiten. Als mein Großvater jung war, war ihm dies nicht möglich. Zudem haben wir heute sensationelle Weiterbildungsmöglichkeiten  – u.  a. durch Blended Learning. 2019 kam eine Studie heraus, in der Menschen in verschiedenen Ländern nach ihrer Weiterbildungsmotivation gefragt wurden. Deutschland stand mit 38  % ganz unten, gleichzeitig haben die Deutschen aber überdurchschnittlich große Sorge, dass die Digita­

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lisierung Jobs kosten kann. Welche Erfahrungen hast Du in Deinem Umfeld gemacht? [1] Ich denke, die Deutschen haben eine Art „Neophobie“ – eine Angst vor allem Neuen. Vielen Menschen fehlt auch noch der Mut, sich selbständig zu machen. Allerdings merke ich auch einen Umbruch im Mindset vieler Menschen. Die Gründer, die zu mir kommen, entwickeln beispielsweise ihr Mindset im Laufe ihrer Tätigkeit. Das war bei mir genauso: Am Anfang meiner Selbständigkeit habe ich gehadert und mich gefragt, warum ich meinen festen Job aufgegeben habe, um dann zunächst mal zwei Jahre weniger zu verdienen. Allerdings wusste ich auch damals, dass wir nur dieses eine Leben haben. Insgesamt sehe ich momentan schon, dass ein Umdenken in Deutschland stattfindet  – weg vom 8–17-Uhr-Job und Facetime hin zu ergebnisorientiertem, flexiblem Arbeiten und hin zum Anspruch, einen erfüllenden Beruf auszuüben. Erzähl´ doch etwas über Deinen Werdegang. Ich habe BWL studiert mit Schwerpunkt Marketing und dann nach dem Studium einige Jahre als Berater gearbeitet. Irgendwann habe ich gemerkt, dass mir etwas fehlt – nämlich der direkte Kontakt mit Menschen, denen ich unmittelbar helfen kann. Ich wollte nicht auf Erzieher umschwenken, aber ich wollte mein Know-how und das, was ich gerne mache, direkt mit anderen Menschen teilen, die dieses Know-how brauchen. Ich wusste ziemlich früh, dass ich Gründern helfen wollte, unter anderem, weil mich dieses Thema selbst so fasziniert und ich ja auch selbst Gründer bin. Also fragte ich mich: Wie kann ich dieses fehlende Element in mein Portfolio integrieren und was kann ich mit meinen aktuellen Ressourcen daraus für einen Beruf machen? Ich machte mich als Coach für Gründer selbständig, ich wusste ja, was Gründer beschäftigt, weil ich selbst einer war. Klingt zunächst komisch, oder? Denn ich war ja noch gar nicht viel weiter als die Menschen, die ich begleitete. Aber es hat funktioniert, denn ich habe mich stets weiterentwickelt und konnte dadurch auch meinen Kunden besser helfen.

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Welchen Tipp gibst Du Menschen, die ihr berufliches Glück suchen? Zuerst sollte man wissen, „wofür man steht“. Also für welches Thema. Hierfür ist es wichtig zu identifizieren, was man gerne macht, und zwar im Berufsleben und im Privatleben. Es geht zunächst darum, Aspekte zu identifizieren, die Dir einfach Spaß machen. Dafür solltest Du Dich beobachten und aufschreiben, was Dir auffällt. Du kannst darüber hinaus auch andere Menschen fragen, was sie darüber denken, was Du gut kannst. Dann solltest Du schauen, wie Du diesen Spaß und diese Fähigkeiten mit externen Möglich­ keiten verknüpfen kannst und loslegen. Falls Dir noch Skills fehlen sollten, gibt es heute ja viel mehr Weiterbildungs- und Vernetzungsmöglichkeiten als früher. Das klingt ziemlich einfach, aber viele Menschen sagen, dass sie jetzt zehn oder 20 Jahre in einem Beruf sind, ein gewisses Gehalt verdie­ nen und dass sie deutliche Abstriche machen müssten oder sogar in ein Existenzminimum abrutschen, wenn sie etwas anderes machen möchten. Wie siehst Du das? Ich habe dafür eine Frage, die ich mir auch selbst oft gestellt habe und immer noch stelle: Was kann schlimmstenfalls passieren? Meistens ist dieses „schlimmstenfalls passieren“ gar nicht so schlimm. Unbe­ streitbar ist, dass man oftmals zunächst ein paar Rückschritte in Kauf nehmen muss, wenn man neue Wege geht – z. B. in finanzieller Hinsicht, wenn man sich selbständig macht. Beispielsweise habe ich in den ersten zwei Jahren meiner Selbständigkeit deutlich weniger verdient als im Angestelltenverhältnis. Aber heute verdiene ich deutlich mehr und mache eigentlich nur noch das, was mir Spaß macht. Ich vergleiche das auch gerne mit Kindern, die laufen lernen. Zuerst krabbeln wir als Kind, dann versuchen wir erste Schritte. Damit kommen wir natürlich viel langsamer voran als beim Krabbeln. Aber nach genügend Üben können wir deutlich schneller laufen als krabbeln. Und das ist doch ein toller Erfolg! Mehr über Felix Thönnessen unter https://felixthoennessen.de/

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3.2.2 Interview mit Anke Rippert, Unternehmerin, Investorin und Herausgeberin des Philosophiemagazins HOHE LUFT Anke Rippert ist in einer Unternehmerfamilie aufgewachsen  – ihr Vater baute in den 60er-Jahren ein großes Maschinenbauunternehmen auf. Die Firma saß zuhause mit am Familienesstisch und fuhr mit in den Urlaub. Ihr Vater war Unternehmer mit Leib und Seele, packte selbst mit an, legte Wert auf Qualität, schuf gute Arbeitsbedingungen, löste Probleme. Eigentlich war die Firma seine zweite Familie. So wie er als Mensch war und was ihm wichtig war, so führte er auch. Als Anke später selbst Unternehmerin und Verlegerin war und sich damit beschäftigte, wie man dem Unternehmen und den Mitarbeitern gerecht wird, fiel ihr auf, wie sehr ihr Vater intuitiv vieles in Sachen Führung, Entscheidungen treffen, klar kommunizieren etc. offenbar richtig gemacht hat. Vieles, über das heute, spätestens im Rahmen von New Work, diskutiert wird, als wäre es neu. Seitdem beschäftigt sie sich als Unternehmerin, Investorin und Herausgeberin des Philosophiemagazins HOHE LUFT damit, wie man als Unternehmer oder Führungskraft verbindlich und konsistent dem eigenen Wertesystem entsprechend handeln und dabei eine authentische Führungskultur entwickeln kann.

Anke Rippert. Foto: Dirk Moeller

„Die Kenntnis über unsere Werte verleiht uns die Fähigkeit, für uns angemessen auf Veränderungen zu reagieren.“

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Anke, welche Begriffe fallen für Dich unter „Werte“? Fairness, Vertrauen, Integrität, Offenheit – um nur ein paar zu nennen. Es sind auf jeden Fall Aspekte, die mein Verhalten bestimmen. Was bedeutet der Begriff „Werte“ im Zusammenhang mit Arbeit? Für mich ist es eine Art von Leitbild. Ich als Führungskraft breche für jeden einzelnen Wert herunter, was das konkret bedeutet  – im Umgang mit Kollegen im Unternehmensalltag. So herrscht beim Thema Offenheit ja beispielsweise die klassische Meinung, Mitar­ beitern in einer Krise nicht allzu viel zu sagen, weil sie sich sonst ängstigen. Viele Führungskräfte drücken sich um klare Aussagen herum und versuchen sich in Motivationsreden und Allgemeinplätzen. Auch weil sie selbst einfach nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen. Ich halte das für veraltet und kontraproduktiv. Ich würde heute in einer schwierigen Situation zu meinen Mitarbeitern sagen: „Ich weiß genau, was Ihr denkt. Ich denke das auch. Ich rede mit Euch Tacheles, wir haben eine herausfordernde Situation und müssen diese Abteilung umbauen. Und ich kann Euch nicht versprechen, dass alles viel besser wird, aber ich werde alles dafür tun, dass es gelingt. Das klingt für mich so: Wenn ich meine Werte kenne und danach han­ deln kann, fühle ich mich wohl. Ja, die Kenntnis über Dein Wertesystem ist wie ein innerer Kompass, der Dir hilft, Entscheidungen zu treffen. Dies ist die Basis, um gesund zu bleiben, mit Veränderungen umgehen zu können und sich weiter zu entwickeln. All das gibt Dir eine intuitive Anleitung. Zum Beispiel sendet mir diese Intuition ein Alarmsignal, wenn ich auf Menschen oder Umstände treffe, die mir nicht guttun. Die spannende Frage für mich ist: Wie findet jemand heraus, welche Werte für ihn wichtig sind? Es klingt einfach  – aber es ist gar nicht so einfach umzusetzen: Die Kenntnis über die eigenen Werte setzt sich zusammen aus Lernen, aus Lebenserfahrungen, daraus, wirklich in sich hinein zu hören und dem unguten Gefühl auf den Grund zu gehen. Für mich sind Werte

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auch viele Dinge, die wir aus der Erziehung und aus dem Umfeld mitbekommen. Ich rege mich zum Beispiel bei mir in der Wohn­ gegend auf, wenn Menschen ihr Papier einfach vor den Papiercontainer pfeffern, obwohl er voll ist. Ich denke dann immer: „So etwas gehört sich einfach nicht, habt ihr denn keine Kinderstube?“ Wie äußert sich die Relevanz von Werten im Unternehmens- oder Arbeitsumfeld? Hakt es beim Wertebild im Unternehmen, dann äußert sich das in der Diskrepanz, in der die Unternehmensleitung auf der einen Seite erzählt, wie alles sein sollte – und angeblich auch ist – und auf der anderen Seite erleben die Mitarbeiter die entgegengesetzte Realität. Die Folge: hoher Krankenstand, Fluktuation, Flurfunk, Frustration. Ich kann dann als Unternehmensleitung zwar Yoga, Motivationsseminare und Offsites anbieten, alles gute Dinge, aber ich erreiche meine Mitarbeiter trotzdem nicht mehr, weil es die Diskrepanz nicht behebt. Und der Unternehmer denkt sich: Wie undankbar meine Mitarbeiter doch sind! Wo ich mich so abrackere und ihnen viel biete. Was sollte ein Unternehmer in einer solchen Situation tun? Sich darüber bewusst werden, dass Begriffe wie Integrität, Offenheit, Wertschätzung nicht nur als Buchstaben im Firmenleitbild stehen, sondern dass ich als Führungskraft mit meiner Persönlichkeit, meinem Handeln und Verhalten diese Begriffe lebe und präge. Und: sich bewusst machen, dass ich als Unternehmer mit meiner Per­ sönlichkeit und meinem Wertesystem die Kultur im Unternehmen präge, ob ich will oder nicht. Dabei kommt es weniger darauf an, wie die Kultur ist, wichtig ist vor allem, dass sie klar und sichtbar ist und keine Doppelbotschaften gesendet werden. Zu diesem Beispiel fällt mir ein persönliches Ergebnis ein: Ich hatte mal einen Chef-Chef, der in persönlichen Gesprächen viele blumige Worte fand, aber Du hast genau gemerkt, dass Du ihm ziemlich egal warst. Nachdem ich bei meinem direkten Vorgesetzten gekün­ digt hatte, hat mich dieser Chef-Chef in den verbleibenden drei Monaten, in denen ich noch dort war, nicht einmal angerufen oder

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eine E-Mail geschrieben. Mir wäre es lieber gewesen, jemand sagt: Du bist hier zum Arbeiten und ich will einfach, dass es gut läuft. Aber das scheinheilige Bla-Bla war furchtbar. Das war ein wichti­ ges Learning in puncto „Ehrlichkeit“ für mich. Wie siehst Du das? Bilden sich Werte im Laufe des Berufslebens heraus? Total! Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einer ehemaligen Mitar­ beiterin, die längere Zeit im Sabbatical war und nach ihrer Rückkehr sagte, dass ihr in den letzten Monaten total klar geworden ist, wie wichtig es für sie ist, hohe Qualität in Texten abzuliefern und dafür genügend Zeit und Ruhe zu haben. Und wie sehr sie darunter leidet, dass bei uns eigentlich immer Zeitdruck herrscht. Das muss gar nicht nur schlecht sein – es ist nur wichtig, das zu erkennen und sich zu fragen, ob man noch damit leben kann. Denn die Bedürfnisse und Werte können sich ja durchaus verändern … Man muss also dranbleiben und den eigenen inneren Kompass immer mal wieder überprüfen. Wie sollte ich vorgehen, um mein inneres Wertesystem regelmäßig „zu überprüfen“ und meinen inneren Kompass weiter zu schärfen? Ich habe mich mal für einen Vortrag länger mit dem Thema „Warum arbeiten wir eigentlich?“ beschäftigt. Dabei bin ich auf Alasdair MacIntyre, Moralphilosoph, gestoßen, der Arbeit als Praxis, also als Tun begreift. Er sagt, durch die Praxis, also die Arbeit, werden innere Güter verwirklicht, die nur durch diese Praxis erlangt werden können. Man kann sie nicht kaufen, man muss sie sich erarbeiten, also z. B. Flow-Erlebnisse, Kreativität, das Gefühl von Zufriedenheit, wenn etwas geschafft ist. Ich glaube, man kann so ganz gut für sich überprüfen, was denn für jeden selbst diese inneren Güter sind und ob die zu meinem Wertesystem passen. Wenn mir, um bei dem oben genannten Beispiel zu bleiben, eigentlich Perfektion und Qualität und Ruhe sehr wichtig sind und mir meine Arbeit diese Befriedigung eigentlich geben sollte, es aber nicht mehr tut: Dann kann ich tun, was ich will, ich werde mich auf Dauer nicht wohl fühlen oder sogar krank werden. Ich höre da auch ganz stark heraus, wie wichtig es ist, regelmäßig ei­ nen Abgleich mit der Realität und dem eigenen Wertesystem vorzu­

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nehmen: Inwiefern gibt mir mein aktuelles Umfeld die Möglichkeit, meine Werte zu leben? Welche meiner gewünschten inneren und äußeren Güter bekomme ich bei meiner Arbeit? Ja, auf jeden Fall. Denn dieser „innere Kompass“ den ich damit immer weiterentwickle, verleiht Stabilität und befähigt mich andererseits dazu, meine Leidenschaft noch besser kennen zu lernen und sie leben zu können. Zum Beispiel kann ich meine Leidenschaft, Menschen für ein Produkt oder eine Dienstleistung zu begeistern auf unterschiedliche Weise ausleben: Ich kann im Direktvertrieb einer Versicherung arbeiten und harten Vertriebszielen folgen oder ich kann im Fund­ raising für eine Stiftung arbeiten und Menschen überzeugen, zu spenden. In beiden Fällen kann ich meine Leidenschaft ausleben. Aber je nachdem wie mein innerer Kompass strukturiert ist, könnte ich an einer der beiden Tätigkeiten mehr oder weniger Spaß haben. Dein innerer Kompass bzw. die Kenntnis über Deine Werte hilft Dir also zu planen, auf welche Weise Du berufliche Ziele zu erreichen möchtest und unter welchen Bedingungen Du arbeiten möchtest. Das stimmt. Wenn Du sehr lange in einer Art und Weise arbeitest, die Dir gegen den Strich geht, wirst Du vielleicht krank – obwohl Du Dein Ziel erreichst. Gegen Leidenschaft und das Ziel, die eigene Bestimmung zu finden und ihr zu folgen, ist nichts einzuwenden, wenn ich auf meine Werte und meinen inneren Kompass höre, ob die Richtung stimmt. Deshalb finde ich es im Sinne der eigenen Gesundheit so wichtig, regelmäßig zu reflektieren, welche Werte mir wichtig sind und Handlungsoptionen zu entwickeln, wenn ich eine Diskrepanz feststellen sollte.

3.3 Übungen In den folgenden beiden Übungen identifizierst Du alle Aspekte, aus denen Du Dein persönliches Biotop kreieren kannst. Du bekommst außerdem einen Überblick darüber, wieviel Du von diesem Biotop in Deiner jetzigen beruflichen Situation bereits erlebst.

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C. Casaretto

3.3.1 Finde heraus, was Dir wichtig ist Tipp: Wenn Du die Übungen online ausfüllen möchtest, gehe bitte auf https://cordula-casaretto-coaching.de/de/buch.php. Übung Nr. 2: Finde heraus, was Dir wichtig ist Begib Dich in eine bequeme Haltung Schließe zunächst die Augen und überlege dir zwei Situationen • eine aus Deinem Berufsleben und • eine aus Deinem Privatleben (z. B. Hobby oder Ehrenamt) in denen Du besonders glücklich/erfüllt warst. Schreibe diese Situation stichpunktartig auf – zum Beispiel: Berufsleben (Beispiel) Du hast einen Job bekommen, den Du unbedingt haben wolltest und hast Dich gegen einige andere Bewerber durchgesetzt. Hobby (Beispiel) Dir macht es besonders Spaß, Torten zu dekorieren und Du hast für die Hochzeit von Freunden letzten Monat eine Hochzeitstorte entworfen und gebacken. Ehrenamt (Beispiel) Du engagierst Dich im Sportverein als Trainerin/Trainer für eine Hockeymannschaft und Ihr hattet vor zwei Wochen ein wichtiges Turnier, das Dir besonders in Erinnerung geblieben ist. Die Beispiele sollen Dir lediglich als Anregung dienen. Du bist völlig frei, so viel oder so wenig aufzuschreiben, wie es für Dich stimmig ist. Höre in Dich hinein und beantworte für beide Situationen (Berufs-, Privatleben) nacheinander folgende Fragen:

Berufliche Situation Kurzbeschreibung: Beispiel für Kurzbeschreibung: Ich habe einen Job bekommen, den ich unbedingt haben wollte und habe mich gegen einige andere Bewerber durchgesetzt

3  Schritt 2: Identifiziere Dein berufliches Biotop 

Was hast Du gemacht? In welcher Funktion warst Du tätig? Beispiel: Ich habe ich mich gegen sechs andere Bewerber durchgesetzt und meinen Traumjob als Leiterin Controlling bekommen. Ich hatte insgesamt vier Bewerbungsgespräche mit meinen neuen Vorgesetzten. Wie sah Deine Umgebung aus? Waren Menschen um Dich herum? Wenn ja, wer? Beispiel: In den Bewerbungsgesprächen waren meine neuen Vorgesetzten dabei, mein Hauptansprechpartner aus der Runde meiner neuen Vorgesetzten war Herr X. Bei meiner Vorbereitung auf die Gespräche habe ich mich intensiv mit meiner Freundin Astrid ausgetauscht, die seit zwei Jahren eine ähnliche Position hat in einem anderen Unternehmen. Ich habe sie gefragt, was bei ihr derzeit die „größten Themen“ sind. Zudem hat mich mein Ehemann sehr bestärkt, dass ich genau die Richtige bin für den Job. Welche Deiner Fähigkeiten hast Du in dieser Situation eingesetzt?

Beispiel: Meine Fähigkeit zur Empathie: Ich habe die Perspektive gewechselt und aus der Sicht meines neuen Arbeitgebers gedacht – ich habe überlegt: Welchen Mehrwert biete ich dem Unternehmen? Meine Antwort: dass ich zehn Jahre lang bei einem Wettbewerber im Controlling gearbeitet habe und dort genau das Programm eingeführt habe, was mein zukünftiger Arbeitgeber jetzt einführen möchte. Meine Fähigkeit zum Netzwerken: Ich bringe sehr gute Kontakte zu anderen Controllingabteilungen in der Branche mit. Das bringt meinem neuen Arbeitgeber immer wieder den „Blick über den Tellerrand“ und neue Impulse. Meine Fähigkeit, fokussiert auf ein Ziel hinzuarbeiten und dabei mehrere Interessengruppen mit einzubeziehen: Ich habe vor den jeweiligen Bewerbungsgesprächen bei meinem künftigen Vorgesetzten Herrn X nachgefragt, was meinem Arbeitgeber in den Gesprächen besonders wichtig ist. Dabei kam u.  a. heraus, dass mein neuer Arbeitgeber Menschen mit Erfahrung in dem neuen Controllingsystem sucht, das die Firma einführen möchte. Basierend auf diesen Erwartungen habe ich mich sehr genau auf diese Gespräche vorbereitet. Ich habe bereits für die Bewerbungsgespräche ein kleines Konzept entwickelt, in dem ich gezeigt habe, wie ich das neue Controllingsystem bei meinem neuen Arbeitgeber einführen würde. Meine Fähigkeit/Fachkenntnis im Bereich Controlling: In dem Konzept, das ich für die Bewerbungsgespräche erarbeitet habe, habe ich meine tiefe Fachkenntnis im Bereich Controlling eingebracht, die ich mir in den letzten zehn Jahren angeeignet habe.

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Was hat Dir in der jeweiligen Situation besonders Spaß gemacht? Was war besonders schön? Beispiel: Die Freude daran, auf ein attraktives Ziel hinzuarbeiten und meinem neuen Arbeitgeber bereits in den Bewerbungsgesprächen einen Mehrwert aufzuzeigen. Besonders erfüllend fand ich auch, dass ich mein Controlling-Know-how und meine Freude, mit Menschen zu arbeiten, gewinnbringend für alle Beteiligten verbinden konnte. Private Situation: Hobby Kurzbeschreibung: Beispiel Kurzbeschreibung: Mir macht es besonders Spaß, Torten zu dekorieren. Ich habe für die Hochzeit von Freunden letzten Monat eine Hochzeitstorte entworfen und gebacken. Was hast Du gemacht? In welcher Funktion warst Du tätig? Beispiel: Meine Freundin Anita erzählte mir, dass sie und ihr zukünftiger Mann für ihre Hochzeit eine wunderschöne Torte bei der besten Konditorei der Stadt in Auftrag geben möchten. Da hat es in meinem Bauch gekribbelt und ich habe spontan angeboten, dass ich die Torte entwerfe und backe. Wie sah Deine Umgebung aus? Waren Menschen um Dich herum? Wenn ja, wer? Beispiel: Meine Freundin Anita, ihr Mann Tom und deren Gäste waren natürlich am Tag der Hochzeit dabei, als ich ihnen Torte übergeben habe. Es war sehr schön, die Begeisterung in den Augen des Brautpaares und der Gäste zu beobachten. Welche Deiner Fähigkeiten hast Du in dieser Situation eingesetzt? Beispiel: Ganz klar meine Kreativität und mein handwerkliches Geschick. Zudem auch mein Talent für Projektmanagement, denn ich hatte ganz schön wenig Zeit, die Torte zu planen und zu erstellen. Was hat Dir in der jeweiligen Situation besonders Spaß gemacht?/Was war besonders schön? Beispiel: Meine Kreativität auszuleben, ich war richtig im „Flow“ beim Planen und Backen. Dann das großartige Ergebnis zu sehen, war einfach überragend. Private Situation: Ehrenamt Kurzbeschreibung: Beispiel Kurzbeschreibung: Ich engagiere mich als Trainer für eine Jugend-Hockeymannschaft und wir haben vor zwei Wochen ein wichtiges Turnier gewonnen.

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Was hast Du gemacht? In welcher Funktion warst Du tätig? Beispiel: Ich bin seit drei Jahren Trainer der Mannschaft, wir treffen uns zwei Mal pro Woche. Ich habe mit den Jugendlichen sehr intensiv auf dieses Turnier hingearbeitet. Wie sah Deine Umgebung aus? Waren Menschen um Dich herum? Wenn ja, wer? Beispiel: Am Tag des Turniers waren meine Mannschaft und die gegnerische Mannschaft dabei, einige Eltern und weitere Zuschauer. Es war eine ganz besondere Atmosphäre bei meiner Mannschaft von konzentrierter Ruhe und gleichzeitigem Spaß am Spiel. Auch der Teamgeist war intensiv spürbar. Welche Deiner Fähigkeiten hast Du in dieser Situation eingesetzt? Beispiel: Meine Fähigkeit, Menschen ganz individuell zu motivieren und ihr Zutrauen in sich selbst zu stärken; mein pädagogisches Geschick, Inhalte leicht verständlich zu vermitteln; meine Fähigkeit, einen echten Teamgeist herzustellen, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Was hat Dir in der jeweiligen Situation besonders Spaß gemacht? Was war besonders schön? Beispiel: Zu sehen, wie sehr das Selbstvertrauen der Jugendlichen in der Trainingsphase vor dem Turnier gewachsen ist, und dann den Sieg zusammen zu feiern. Und das gemeinsame Hinarbeiten auf ein Ziel, wo jeder den anderen unterstützt und seine Stärken bestmöglich einsetzen kann. Nachdem Du die Fragen beantwortet hast – bitte überlege Dir: Gibt es Berührungspunkte, die in beiden Situationen (Berufs- und Privatleben) auftauchen? Wenn ja, bitte notiere diese. Falls nein, ist das auch völlig okay.

3.3.2 Deine Präferenzen Übung Nr. 3: Deine Präferenzen Bitte bewerte auf einer Skala von 1–10, wie wichtig Dir die unten aufgeführten Aspekte im Berufsleben sind (1=gar nicht wichtig; 10 = sehr wichtig)

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Bereich

Aspekt Beziehung zu Kollegen Beziehung zu Vorgesetzten

Sozial

Wertschätzung/Anerkennung Status des Arbeitgebers Status des Jobs (z. B. Rechtsanwalt, Sachbearbeiter, Krankenpfleger, Ingenieur) Macht/Einfluss Unternehmenskultur (z. B. Umgang miteinander, Werte, nach denen sich das Unternehmen richtet)

Infrastruktur

Unternehmenskultur in Deiner Abteilung/Gruppe Infrastruktur (z. B. Einzelbüro, CoWorking-Space, Anfahrtsweg zur Arbeit, Annehmlichkeiten im Büro wie Kaffee, Lounge, etc., Restaurants/Möglichkeiten in der Nähe des Büros etc.)

Finanziell

Bezahlung/Vergütung/weitere Leistungen (z. B. Altersvorsorge) Benefits wie z. B. vergünstigte Mitgliedschaft im Fitnessstudio, Firmenwagen etc. Aufgabe/Thema (z. B. Controlling, Facility Management, Personal)

Selbstverwirklichung

Expertenrolle einnehmen (Ich bin Experte für xyz, ich stehe für das Thema xyz) Identifikation mit eigener Stelle/ Sinnhaftigkeit eigene Stelle Identifikation mit Unternehmen/ Sinnhaftigkeit Unternehmen gesamt Persönliche Erfolgserlebnisse Freude/Spaß Entwicklungsmöglichkeiten (inhaltlich: Lernen/Fortbildung) Work-Life-Balance Flexible Arbeitszeitgestaltung Titel/Hierarchiestufe

Wichtigkeit (1-10)

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Bitte schreibe die fünf Aspekte auf, die Du mit der höchsten Wichtigkeit bewertet hast. Wenn Du sechs, sieben oder acht gleich wichtige Aspekte identifiziert hast, überlege noch einmal ganz genau, welche davon die fünf wichtigsten sind. Bitte überlege Dir nun, wie viel Prozent in den fünf Aspekten Du in Deiner jetzigen beruflichen Situation bereits erlebst (1 %=sehr wenig; 100 %=total erfüllt). Du musst nicht bei 100  % herauskommen, sondern für jeden Aspekt individuell angeben, wie viel Erfüllung Du erlebst. Das kann auch 5 x 50 % sein. #

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Aspekt Beispiel: Expertenrolle einnehmen

Erfüllungsgrad in % Beispiel: 50 %

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Wenn der Erfüllungsgrad bei den jeweiligen Aspekten unter 100  % liegt (was oft vorkommt): In welchen Situationen war es schon einmal mehr? Und welche Umstände waren damals anders? War das in Situationen im Beruf oder evtl. auch in Situationen in der Freizeit (Hobby, Ehrenamt) oder in einer nebenberuflichen Tätigkeit? #

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Aspekt Beispiel: Expertenrolle einnehmen

Situationen/Umstände, in denen Erfüllung höher war Beispiel: Als ich meinen Freunden Karin und Klaus bei der Auswahl und Finanzierung ihrer Wohnung zur Seite stand und sie dank mir eine total schöne Wohnung gefunden haben und eine sehr gute Finanzierung abgeschlossen haben. Karin und Klaus haben mich als absoluten Experten für das Thema „Wohnimmobilien“ gesehen und mich im gesamten Prozess um Begleitung gebeten.

3  Schritt 2: Identifiziere Dein berufliches Biotop 

Wie wäre es, wenn die fünf Aspekte zu 100 % erfüllt wären? Wie sieht das aus? Was ist dann anders? Wie würdest Du Dich fühlen? #

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Aspekt Beispiel: Expertenrolle einnehmen

100 %ige Erfüllung Beispiel: Ich würde in meiner Firma als der Experte gelten für das Thema xyz und ich würde es daran merken, dass Kollegen und Kunden immer nur nach mir verlangen, um über das Thema xyz zu sprechen und Rat zu suchen. Ich verspüre eine Ruhe, fühle mich selbstbewusst und lerne kontinuierlich, weil mich das Thema so sehr interessiert.

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Wie wäre es, wenn die fünf Aspekte zu 110 % erfüllt wären? Wie sieht das aus? Was ist dann anders? Wie würdest Du Dich fühlen? (Das nennt man „Glücksstretching“ – Du erweiterst Deine Perspektive und schaust, wie es richtig richtig schön sein könnte.) #

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Aspekt Beispiel: Expertenrolle einnehmen

110 %ige Erfüllung Beispiel: Ich würde in meiner Firma als der Experte gelten für das Thema xyz und ich würde aufgrund meiner Kompetenz eine Stufe befördert werden und 25 % mehr Gehalt verdienen. Zudem habe ich mir durch diverse Publikationen und Vorträge einen hervorragenden Ruf im deutschsprachigen Markt erarbeitet. Ich fühle mich voller Energie und selbstbewusst und bilde mich kontinuierlich fort, weil mich das Thema sehr interessiert und ich meinem Umfeld beste Leistung bieten möchte.

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3.4 Weiterführende Buchtipps Reiss S (2009) Wer bin ich und was will ich wirklich? Redline, München Der Psychologieprofessor Dr. Steven Reiss entwickelte das Modell der 16 Lebensmotive sowie das daraus resultierende, nach ihm benannte Testverfahren „Reiss Profile“. Diese 16 Profile stehen für die grundlegenden Bedürfnisse, die jeder Mensch in sich trägt. Reiss ging davon aus, dass man jemanden von außen nur motivieren kann, wenn man weiß, was der andere wirklich will, also dessen Lebensmotive kennt. Diese Motive lassen sich durch den Test „Reiss Profile“ identifizieren.

Die Quintessenz aus diesem Kapitel Jeder Mensch braucht Rahmenbedingungen, um beruflich erfüllt zu sein. Für die einen bedeutet Erfüllung im Beruf, möglichst große Flexibilität leben zu können, was Arbeitszeit und Arbeitsort betrifft. Wieder andere können sich nicht vorstellen, ausschließlich alleine zu arbeiten, für sie sind die gemeinsame Erarbeitung von produktiven Ergebnissen und der Austausch mit einem inspirierenden Team die Grundlage für einen erfüllenden Beruf. Wichtig ist, dass nicht das eine oder andere „besser“ ist. Unverzichtbar ist auch die Kenntnis über unsere Werte, nach denen wir uns richten. Denn es fällt schwer, gegen seine eigenen Werte zu handeln. Wir müssen nicht immer alles ändern und auf den Kopf stellen, um zufriedener zu sein. Oftmals ist die Kenntnis über die Aspekte, die uns wichtig sind, dann ein Abgleich mit der Realität und anschließend das Schließen der Lücke ein großer Booster für unsere Zufriedenheit. Je besser wir unsere Bedürfnisse, Präferenzen und Motivationen kennen, desto leichter können wir sie erfüllen. Und die heutige Vielfalt an Arbeitsformen und Berufen bietet uns eine Menge Möglichkeiten. Die Fragen, die wir uns dabei stellen sollten, lauten: Wenn wir unseren Arbeitsplatz als einen Lebensraum verstehen, in dem wir gerne sind, der unsere Bedürfnisse erfüllt – wie sähe der aus? Was sind unsere prioritären

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Bedürfnisse? Welche Bedürfnisse sind nicht ganz so wichtig? Und inwiefern werden diese Bedürfnisse momentan erfüllt? Die Herausforderung für viele Menschen besteht darin, dass sie Dinge, die sie gerne tun, sowie eine gute Umgebung und den Beruf nicht unbedingt miteinander vereinbaren. Vielmehr verbinden sie intrinsische Motivation und einen inspirierenden Lebensraum mit einem Hobby, etwas, das leicht von der Hand geht und Spaß macht. Und viele denken auch, dass sich unter diesen Umständen kein Geld verdienen lässt. Aber wer seine Bedürfnisse und Stärken gut kennt, klug verbindet mit seinen Werten und einem Ziel, nach den Möglichkeiten am Markt schaut, der hat die besten Chancen, beruflich glücklich und erfolgreich zu sein. In den beiden Übungen hast Du Aspekte identifiziert, aus denen Du Dein persönliches Biotop kreieren kannst. Außerdem hast Du einen Überblick darüber bekommen, wieviel Du von diesem Biotop in Deiner jetzigen beruflichen Situation bereits erlebst.

Literatur 1. Decoding global trends in upskilling and reskilling (2019) https://www.stepstone.de/ueber-stepstone/press/internationale-arbeitsmarktstudie/. Zugegriffen am 10.11.2019

4 Schritt 3: Erkenne Deine Stärken

Im dritten Schritt schaust Du gezielt noch einmal auf Situationen, die Dich in Deinem Berufs- oder Privatleben bisher erfüllt haben und identifizierst, welche Deiner Stärken Du in diesen Situationen eingesetzt hast und welche positiven Ergebnisse Du damit bisher schon erreicht hast.

Schritt 3: Erkenne Deine Stärken. Grafiken des 7-Schritte-Modells: Franziska Sommerfeld © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Casaretto, Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7_4

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„Kompetenz-Demenz“ befällt viele Menschen. Wir sind uns gar nicht bewusst darüber, was wir bereits alles geleistet haben und welchen Mehrwert wir bei anderen Menschen damit erzeugt haben. Und wir haben im Laufe unseres Lebens eine ganze Reihe von Erfolgsstrategien und Fähigkeiten entwickelt, die wir für künftige Ziele und Projekte gut einsetzen können. Oftmals denken wir, dass Fähigkeiten, die wir in unserer Freizeit gewinnbringend einsetzen, gar nicht geeignet sind für unser Berufsleben. Aber das stimmt natürlich nicht. Denn meistens sind in der Freizeit Fähigkeiten gefragt, die wir auch beruflich gut einsetzen können wie pädagogisches Geschick (als Trainer einer Sportmannschaft), Organisationstalent (bei der Organisation von Veranstaltungen z.  B. für Vereine) oder Vertriebs- und Networkingfähigkeiten (beim Sammeln von Spendengeldern). Jedenfalls haben wir – oft unbewusst – viele Stärken, die wir immer wieder einsetzen und die wir gleichzeitig auch als Ressource nutzen. Denn das Gute dabei ist: Wenn Du diejenigen Stärken identifiziert hast, die Du sehr gerne einsetzt, ziehst Du daraus gleichzeitig auch Energie: Du schaffst einen Mehrwert für andere Menschen und/oder Unternehmen und profitierst gleichzeitig von Deiner eigenen Energie-Tankstelle. In meinen bisherigen Coachings und Interviews habe ich festgestellt, dass Menschen, die glücklich sind mit ihrer Arbeit, sehr genau um ihre Stärken wissen, diese sehr gerne einsetzen und daraus auch Kraft und Erfüllung ziehen.

4.1 W  ie Du durch das Erkennen Deiner Stärken Orientierung gewinnst Menschen, die Erfüllung im Beruf finden, wissen, welche Rahmenbedingungen sie brauchen, um sich wohl zu fühlen. Und sie wissen um ihre Stärken, die sie gerne einsetzen. Stärken, die Menschen gerne einsetzen und aus denen sie Energie schöpfen, lassen sich meines Erachtens auch unter „intrinsische Motivation“ zusammenfassen. Wie Daniel Pink [1] in seinen Ausführungen beschreibt, streben Menschen nach Perfektion und wollen immer besser werden, wenn sie intrinsisch motiviert sind. Also wenn sie Dinge tun, an denen sie Spaß haben.

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Mein Interviewpartner Holger Schlageter bestätigte diese Aussagen, als ich ihn nach seinem immensen Wissensdurst zum Thema Psychologie fragte: „Das ist ja das Wunderbare, wenn man sich von seiner Leidenschaft leiten lässt: Die Lust auf Lernen kommt automatisch.“ (Interview siehe unten). Ich habe bei meiner Recherche zu diesem Buch herausgefunden, dass sich das Wissen um die eigenen Stärken sogar noch „zielgerichteter“ nutzen lässt: in einer Art „Leitsatz“. Und dass auch Unternehmen so einen Leitsatz definieren, um in einer sich ständig ändernden Welt erfolgreich zu agieren. Konkret lassen sich meine Beobachtungen in drei Punkten zusammenfassen: 1. Definition eines persönlichen „Leitsatzes“ Die meisten meiner Interviewpartner haben – basierend auf ihren Stärken, die sie gerne einsetzen – einen Leitsatz definiert, für den sie stehen. Unabhängig von Jobs und Technologien. Dieser Leitsatz dient – ähnlich einer Palme – als fester Stamm, der dennoch biegsam ist, je nachdem, wie das Wetter sich ändert. Mehr dazu in den folgenden Beispielen von Linda Mathew und Holger Schlageter. 2. Definition eines „Massive Transformative Purpose“ für Unternehmen: Der Begriff „Massive Transformative Purpose“ (MTP) wurde von den Autoren Salim Ismail, Michael Malone und Yuri van Geest geschaffen. In ihrem Buch „Exponentielle Organisationen: Das Konstruktionsprinzip für die Transformation von Unternehmen im Informationszeitalter“ [2] beschreiben sie eine neue Art von Organisation, unter die beispielsweise YouTube, Google oder Groupon fallen. Bei diesen Unternehmen ist der Ertrag überproportional hoch – mindestens zehnmal höher – als bei einer vergleichbaren Organisation. Und zwar aufgrund neuer Organisationsmethoden, die beschleunigende Technologien nutzen. Deshalb haben viele etablierte Konzerne heutzutage mehr Angst vor ein oder zwei Gründern aus der Garage, die exponenzielle Technologien nutzen, als vor der Konkurrenz aus China. Die Autoren haben elf Merkmale identifiziert, über die exponenzielle Organisationen in der Regel verfügen. Eines dieser Merkmale ist der „Massive Transformative Purpose“ (MTP)  – der

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übergeordnete, zielgerichtete Sinn der Organisation. Der MTP von TED Talks lautet beispielsweise „Ideas worth spreading“ („Ideen, die Verbreitung verdienen“) und der von Google „Organise the world´s information and make it universally accessible and useful („Die Informationen dieser Welt organisieren und allgemein zugänglich und nutzbar machen“). Der MTP beschreibt nicht, was die Organisation tut, sondern, was sie erreichen möchte  – unabhängig von einer bestimmten Technologie. Der MTP versucht, Herz, Geist sowie Vorstellungskraft und Bestrebungen von Menschen innerhalb und außerhalb der Unternehmen zu erreichen. 3. In einer sich ständig verändernden Welt sollten Unternehmen und Menschen einen „Massive Transformative Purpose“ (MTP) für sich definieren Mein Interviewpartner Stefan Weiss beschreibt, dass sowohl Unternehmen, als auch Menschen einen „Massive Transformative Purpose“ benötigen (siehe Kap. 1). Also einen Zweck, für den sie stehen. Bei Unternehmen bildet dieser „Massive Transformative Purpose“ den Kompass für die Geschäftsentwicklung, bei Menschen für die persönliche Entwicklung. Stefan Weiss nennt „Mobilität entwickeln“ als möglichen persönlichen MTP. Hat beispielsweise ein Mitarbeitender aus der Produktion eines Automobilunternehmens diesen MTP für sich definiert und stellt dann fest, dass dortige Tätigkeiten automatisiert werden, kann er sich mit Hilfe seines MTP viel leichter beruflich umorientieren und entwickeln. Denn der MTP „Mobilität entwickeln“ hängt nicht allein an seiner Tätigkeit in der Produktion. Reid Hoffmann, Mitbegründer von LinkedIn, geht ebenfalls davon aus, dass Menschen zunehmend lernen müssen, sich wie Unternehmen zu organisieren, wobei der MTP auf die einzelne Person anzupassen ist. Denn die Rahmenbedingungen und technologischen Entwicklungen ändern sich rasant. Früher lag die Halbwertszeit einer erlernten Fähigkeit bei 30 Jahren, heute liegt sie bei fünf Jahren. Insofern ändern sich natürlich die Anforderungen an uns Menschen [2]. Was bedeuten diese Erkenntnisse für Deine berufliche Erfüllung? Ich möchte herausstellen, dass nicht alle Aspekte des MTP für Unternehmen auf den persönlichen MTP übertragbar sind, zum Beispiel muss der persönliche MTP nicht einzigartig auf der Welt sein.

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Aber es ist wichtig zu verstehen, dass der MTP eines Unternehmens als Kompass dient für die fortwährende Veränderung, der wir alle unterworfen sind. Und gleichzeitig kann uns die Definition unseres persönlichen MTP dazu dienen, uns in Zeiten von Veränderung ruhig auf uns und unsere Stärken zu verlassen, diese weiter auszubauen und dabei kontinuierlich zu lernen.

Gut portraitieren lässt sich ein persönlicher MTP am Beispiel meiner Interviewpartnerin Linda Mathew, heute Grundschullehrerin, früher Marketing-Leiterin (Interview siehe Abschn. 2.2.2). Ihre Stärke, ihr großes Interesse und ihr daraus abgeleiteter MTP liegen darin, Menschen etwas beizubringen und damit deren Selbstwirksamkeit zu steigern. Linda beschreibt, dass sich für sie persönlich dabei automatisch neue Verbindungen ergeben, aus denen sie lernen kann: „Du bist ja in Deinem Job erst richtig gut, wenn es auch Deine Leidenschaft ist. Wenn Du sagst, Dein Job ist nur Dein Job, ist es nicht das Richtige. Und Richtungsänderungen muss man zulassen. Wir haben so viele Möglichkeiten, die wir nutzen können, und alles trägt zum Wachsen meiner Persönlichkeit bei. Ich absolviere beispielsweise gerade eine Weiterbildung zur Schulleiterin, weil ich diesen Job einmal ausüben möchte. Und ich merke, dass mir für diese Tätigkeit wieder viele organisatorische Fähigkeiten helfen, die ich aus meinem vorherigen Beruf als Marketingleiterin mitbringe, wie z. B. Budgetverwaltung. Eine absolut sinnvolle Verknüpfung – ich bin mir sicher, dass viele Berufsfelder das ermöglichen.“

Ein weiteres Beispiel für einen persönlichen MTP zeigt sich an meinem Interviewpartner Holger Schlageter (das komplette Interview mit ihm findet Ihr in Abschn. 4.2): Er wuchs in Südhessen auf und hatte von Jugend an den Wunsch, Menschen bei ihrem Wachstumsprozess zu begleiten. Er brachte in seiner Heimat Dieburg vor allem die Geistlichen mit diesem Thema in Verbindung und hatte den Wunsch, Priester zu werden. Nach dem Studium der Theologie und Psychologie arbeitete er als Seelsorger, machte sich dann selbständig als Trainer und Coach und gilt heute als einer der Top Coaches in Deutschland.

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„Ich weiß noch nicht, was ich in 10 Jahren tun werde. Aber ich weiß, dass ich auch dann Menschen dabei helfen werde zu wachsen. Die Verkleidung ändert sich, aber der Kern bleibt gleich.“

Aus den eigenen Stärken und Interessen (Dinge, die Du gerne tust) lässt sich sehr gut ein persönlicher „Massive Transformative Purpose“ ableiten. Hierbei lohnt es sich, einen Rückblick auf das bisherige Leben zu nehmen und zu schauen, welche Stärken Du bereits gewinnbringend für Dich selbst und andere Menschen eingesetzt hast und zu welchen Themen und Tätigkeiten es Dich immer wieder hinzieht. Holger Schlageter erläutert dies anschaulich: „Ich habe mich immer selbst beobachtet und gefragt: Was spricht mich jetzt an? Was möchte ich schaffen? Und wobei habe ich das Gefühl, dass mein Herz aufgeht? Dieser Weg war ein Mäandern, ein Riechen an und Pflücken von unterschiedlichen Blumen. Und hinterher hatte ich 20 Blumen. Daraus habe ich einen Strauß gebunden, der total individuell war. […]“

Am Ende des Kapitels identifizierst Du Deine eigenen Stärken mit einem spannenden Rückblick auf Ereignisse in Deinem Leben. Du ziehst daraus erste Erkenntnisse, die Dir vielleicht bereits erste Impulse geben für Deinen persönlichen Massive Transformative Purpose.

4.2 D  as Gewand des Jobs verändert sich – die Stärke bleibt ein Leben lang Sowohl Holger Schlageter als auch Stefan Spies haben im Laufe ihres Berufslebens unterschiedliche Jobs gehabt. Aber ihre Stärke und ihr Mehrwert – ihr „Massive Transformative Purpose“ (MTP) – blieb stets gleich. Beide berichten mit Blick auf ihr bisheriges Berufsleben und es wird deutlich, dass sich die Schale, der Außenauftritt, die Jobbezeichnung ändern kann, aber der Kern stets gleich bleibt.

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4.2.1 Interview mit Dr. Holger Schlageter, Top Coach und Bestseller-Autor Dr. Holger Schlageter studierte Theologie und Psychologie in Deutschland und den USA. Danach arbeitete er u. a. als Pastoralreferent und in der Personalabteilung/Assessment der Lufthansa. 1999 gründete er das Schlageter Institut, das internationale Konzerne und Führungskräfte in Wirtschaft und Politik berät. Darüber hinaus ist er als Autor tätig: Er veröffentlichte Sachbücher wie „Das Geheimnis gelassener Erziehung“, „Nach Burn kommt out“ und hat unter dem Pseudonym Justyna Polanska zwei Belletristik-Bestseller geschrieben: „Unter deutschen Betten“ (von 20th Century Fox 2018 verfilmt und in die Kinos gebracht) und „Nicht ganz sauber“.

Dr. Holger Schlageter. (Foto: Paul Schirnhofer)

„Baue ich meinen Beruf auf meiner Leidenschaft auf, gelingt Hervorragendes mit Leichtigkeit“.

Herr Dr. Schlageter, wie sehen Sie die Möglichkeiten zur beruflichen Entfaltung heute? Ich gehöre zu einer Generation, in der erstmals durchgängig das Mantra der Selbstverwirklichung propagiert wurde. Das gab es in den Generationen davor noch nicht. Ich habe von meinen Eltern gehört „Such etwas, was Dir passt.“ Die jungen Leute heute suchen

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danach noch viel stärker. Ich habe wahrscheinlich noch mehr Pflicht und Disziplin mitbekommen. Ich arbeite sehr diszipliniert, achte aber auch diszipliniert darauf, dass ich mich selbst verwirkliche. Es erfüllt mich mit Dankbarkeit, in einer Zeit des Friedens und ­Wohlstands zu leben, wo ich mich um viele Dinge gar nicht sorgen und kümmern muss und Selbstverwirklichung realisieren kann. Allerdings scheinen viele Menschen trotzdem unzufrieden zu sein mit ihrem Job. Die Menschen leiden heute mehr, weil sie teilweise unrealistische Erwartungen an Selbstverwirklichung haben. Wenn ich erwarte, dass sich die Umwelt zu jedem Zeitpunkt an mein Leben anpasst, ist das Unsinn, weil das nicht passieren kann. Der Frust darüber wird heute stärker erlebt als noch vor 30 oder 40 Jahren. Das gilt fürs Privatleben ebenso wie für die Arbeit. Durch die „Heraus­ forderung der unbefriedigten Bedürfnisse“ mussten wahrscheinlich fast alle Berufsanfänger gehen. Ich habe meinen ersten Job nach einer gewissen Zeit gekündigt, weil es Bedingungen gab, unter denen ich nicht arbeiten konnte. Das klingt sehr mutig. Für mich war das letztlich Verzweiflung, kein Mut. Ich wusste keinen anderen Ausweg, als zu kündigen. Ich habe sehr gerne mit den meisten Menschen in meinem ersten Job als Pastoralreferent gearbeitet, aber es gab ethische, strukturelle und systemische Probleme, die mir nicht erlaubt haben, dort weiter tätig zu sein. Natürlich muss ich bei so einer Entscheidung immer abwägen: Gebe ich einem Impuls nach oder ist es ein richtungsweisendes Unwohlsein, das mich dauerhaft unglücklich macht? Meiner Meinung nach gehen solche Entscheidungen immer mit Schmerz einher. Vielleicht rechtfertigt das den Begriff des Mutes, indem eine solche Entscheidung Resilienz und Grundvertrauen erfordert. Wer ein erschüttertes Selbst­be­wusst­ sein hat oder eine eher depressive Grundstruktur, kommt da schwerer durch.

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Was haben Sie nach Ihrer Kündigung getan? Ich habe 160 Bewerbungen geschrieben und nur Absagen oder keine Rückmeldungen bekommen. Das war wahnsinnig schwer für mich, denn ich war 30, hatte eine Promotion, einen Masterabschluss und ein Diplom in der Tasche und fand keinen Job. Ich war dann anderthalb Jahre arbeitssuchend. Als Theologe mit einem damals unbekannten amerikanischen Abschluss passte ich in keine Schublade. Zum Glück hatte ich sehr gute Freunde  – ein wichtiger Faktor! Gutes Beziehungsmanagement ist der Backbone des Lebens. Könnten Sie das noch etwas genauer umschreiben? Jeder braucht Menschen um sich, die die eigene Perspektive reflektieren und ehrliche Rückmeldung erteilen, aber nicht verurteilen. Freunde und Familienmitglieder, die Hoffnung geben und helfen, schwierige Dinge als bewältigbar anzusehen. Wie ging es nach den anderthalb Jahren Bewerbungsphase weiter? Ich habe wieder etwas getan, was andere als mutig bezeichnen. Allerdings tat ich es wieder aus Ratlosigkeit. Ich begann, selbständig zu arbeiten. Ich traf die Nachbarin eines Freundes auf dessen Party. Sie bat mich, in ihrem Unternehmen ein Seminar zu geben. Selbständigkeit war neu für mich und nie wirklich auf meinem Radar, denn ich komme aus einer Akademikerfamilie. Die meisten meiner Familienmitglieder hatten feste Jobs im Ange­stell­ten­ver­ hältnis. Nur mein leiblicher Vater war selbständig. Spannend! Wie haben Sie Ihr Portfolio für die Selbständigkeit defi­niert? Mir hat jeder gesagt, ich müsse mein Portfolio schärfen nach dem Motto: „Du kannst keinen psychologischen Bauchladen anbieten.“ Ich wollte das aber nie definieren, denn ich bin aus tiefster Seele Generalist. Ich habe immer alles angeboten, was ich gut kann. Ich

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habe Anfragen bekommen und habe gedacht: Das kann ich und das mache ich. Oft habe ich anfangs auch zugesagt, was ich noch nie zuvor gemacht hatte. Aber ich hatte immer das Vertrauen, es bewältigen zu können. Woher wussten Sie, was Sie gut können? Ich kam sehr gut ausgebildet von meinem Studium aus den USA zurück und wusste: In diesem Metier beherrsche ich alles. In den USA habe ich einen Master of Counseling erworben, war jahrelang dort und habe alles Wissen in diesem Fach aufgesogen. Counseling kannte man hier in Deutschland so bisher nicht, man fängt an den deutschen psychologischen Fakultäten gerade erst damit an. In den USA oder auch Großbritannien wird getrennt zwischen der Natur­ wis­ senschaft in der Psychologie und dem therapeutischen Teil (=Counseling). Counseling beschäftigt sich mit der menschlichen Psyche und damit, wie Therapie gut funktioniert, wie eine gute Arbeit mit Klienten gelingt. Mein Studium war ein tolles, praxisorientiertes und theoriegestütztes Studium. Ich habe die Psyche des Menschen danach wirklich verstanden. Das klingt für mich, als hätten Sie durch dieses profunde Wissen auch ein gutes und gesundes Selbstbewusstsein erworben. Das habe ich in der Tat in den USA an der Uni mitbekommen. Im akademischen Deutschland habe ich das nicht erfahren dürfen. Denn hier gilt es als oberste Prämisse, eine Prüfung möglichst gut zu bestehen. In den USA waren die Vorlesungen in kleineren Gruppen (nie mehr als 30 Studenten). Ich musste in jedem Studienfach jede Woche ein Buch lesen und ein benotetes Reflection Paper darüber schreiben. Am Ende des Studiums stand das Ziel, etwas Eigenes zu produzieren. Meine Abschlussarbeit bestand zum Beispiel darin, mein eigenes Therapiekonzept zu entwickeln. Da ist einfach viel mehr hängen geblieben, als ich es mit dem Bestehen mehrerer Prüfungen im deutschen Sinne jemals hätte erreichen können.

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Das klingt hochmotiviert und begeistert. Allein der Begriff „Reflection Paper“ zeigt, dass Sie Wissen verinnerlicht haben und Ihnen dadurch klar wurde, was Sie eigentlich wissen. Genau, durch dieses tief verinnerlichte Wissen wusste ich nicht nur um meine Kompetenz, ich war mir ihrer sicher. Das gab mir Selbstbewusstsein. Waren das Wissen um Ihre Fähigkeiten und Ihr persönlicher „Backbone“  – die vertrauensvollen privaten Beziehungen  – der Grundpfeiler für den erfolgreichen Start in die Selbständigkeit? Ja, Beziehungen und Wissen sind meine beiden Stärkepunkte. Der dritte Punkt ist Kommunikationsfähigkeit. Menschen sagen mir manchmal, ich sei ein guter Verkäufer. Sie meinen, dass ich überzeugend bin. Ich möchte aber überhaupt kein Verkäufer sein, sondern ich spreche einfach gerne darüber, was meine Leidenschaft ist – nämlich mit Menschen an komplexen Themen zu arbeiten und sie zu entwickeln. Ihre Freude an der Arbeit mit Menschen klingt für mich nach einer großen Leidenschaft, die Sie in Ihrem Beruf umgesetzt haben. Genauso ist es. Mit Menschen zu arbeiten ist meine Lebensleidenschaft. Ich wusste schon immer, dass ich Menschen dabei helfen wollte zu wachsen. In meiner Heimatstadt Dieburg waren die Gemeindepfarrer diejenigen, die das in ihrem Beruf umsetzten. Deshalb habe ich Theologie studiert. Als ich dann merkte, dass das zwar ein spannendes Studium ist, aber mir nichts an die Hand gab, um mit Menschen arbeiten zu können, bin ich nach Chicago gegangen, dem damaligen Mekka der Psychologie, und habe Counseling studiert. Als Berufseinsteiger war ich dann in der Seelsorge tätig und als Arbeitsund Organisationspsychologe. Heute bin ich Coach. Ich weiß noch nicht, was ich in 10 Jahren tun werde. Aber ich weiß, dass ich auch dann Menschen dabei helfen werde zu wachsen. Die Verkleidung ändert sich, aber der Kern bleibt gleich.

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Nochmal zurück zum Start in Ihre Selbständigkeit: Die Nachbarin eines Freundes sprach Sie an, ein Seminar in ihrem Unternehmen zu geben? Wie war das? Ich habe das Training konzipiert und gehalten und es kam sehr gut an. Ich glaube, meine beiden Grundpfeiler Beziehungen und Wissen waren zu Beginn meiner Selbständigkeit ganz entscheidend, um auf die unterschiedlichen Anfragen flexibel und mit hohem Qualitäts­ anspruch zu reagieren. Das war mir möglich, weil ich wie oben ­beschrieben, eine wirklich fundierte universitäre Ausbildung absolviert habe und noch zahlreiche Weiterbildungen. Ich finde es unglaublich wichtig, sich gut auszubilden, wenn man seinen eigenen Weg geht. Mir scheint es so, dass sich viele Menschen im Laufe ihres Lebens nur in sehr geringem Umfang weiterbilden. Wenn ich Sie hingegen höre, klingt es für mich so, dass dieser Wissensdurst ganz tief aus Ihrem Inneren kommt? Das ist ja das Wunderbare, wenn man sich von seiner Leidenschaft leiten lässt: die Lust auf Lernen kommt automatisch. Manche Menschen sagen: „Überleg mal, was Deine Leidenschaft ist und dann mach das.“ Das ist mir zu kognitiv und greift zu kurz. Ich empfehle eine andere Vorgehensweise, weil ich selbst damit sehr glücklich geworden bin. Wie sieht diese Vorgehensweise aus? Ich habe mich immer selbst beobachtet und gefragt: Was spricht mich jetzt an? Was möchte ich schaffen? Und wobei habe ich das Gefühl, dass mein Herz aufgeht? Dieser Weg war ein Mäandern, ein Riechen an und Pflücken von unterschiedlichen Blumen. Und hinterher hatte ich 20 Blumen. Daraus habe ich einen Strauß gebunden, der total individuell war. Das war für mich damals Fluch und Segen zugleich. Denn zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn war ich so

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individuell, dass mich niemand einordnen konnte. Ich habe kein Stellenprofil erfüllt. Ich höre aus Ihrem Werdegang, dass Unternehmen zwar zunächst wenig mit Ihrem CV auf dem Papier anfangen konnten, aber sobald Sie Menschen in der Praxis begegnet sind, ging es bergauf mit der Karriere? Richtig  – ich habe anfangs immer erst überzeugen können, wenn Menschen mich erlebt haben. Das ist heute anders, jetzt eilt mir ein Ruf voraus – ein Privileg des Alters. Auf mich wirkt es so, als fühle sich Ihr Beruf für Sie gar nicht wie „Arbeit“ an. Das stimmt. Viele Menschen sagen zu mir: Du machst so viel. Ich empfinde das gar nicht so, weil ich meine Arbeit so sehr liebe. Es gibt für mich auch keine Work-Life-Balance, weil es bei mir keinen Unterschied zwischen „Work“ und „Life“ gibt. Ich habe natürlich auch ein Privatleben, eine Beziehung, gute Freunde. Für meine Arbeit bekomme ich zwar Geld, aber ich fühle mich dort heute genauso entspannt und glücklich wie im Privatleben. Das heißt, Sie benötigen keine Kompensation von der Arbeit? Auf keinen Fall. Ich finde eine so große Erfüllung in meinem Beruf, dass ich mir gar nicht vorstellen könnte, ihn nicht mehr zu haben. Ein tolles Erlebnis für mich: wenn sich mir jemand in einem Coaching öffnet, der sonst sehr verschlossen ist und ich mit der Person an ihrem persönlichen Thema arbeiten kann. Wenn ich merke, die Person schenkt mir Vertrauen, lässt mich ein, entspannt sich, sieht neue Perspektiven und Ziele – das ist für mich einfach fantastisch. Es gibt auch Dinge, die mich in meinem Beruf mal anstrengen wie stundenlanges Reisen. Aber ich fühle mich insgesamt sehr privilegiert und erfüllt.

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Sie sind ein tolles Vorbild für Menschen, die ihre Leidenschaft erfolgreich im Beruf umgesetzt haben. Es gibt Menschen, die sehr frustriert sind in ihrem Job, aber keinen Ausweg sehen. Was raten Sie jemandem, der sagt: Ich bin unglücklich im Beruf, kann aber nichts anderes machen, weil ich schon 45 Jahre alt bin und finanzielle Verpflichtungen habe? Zunächst würde ich zu einer Inventur raten. Was hat dieser Mensch an positiven Aspekten in seinem oder ihrem Leben? Und was „erkauft“ sich die Person mit dem Opfer des Berufs? Wenn das in der Gesamtschau ausreicht, ist es fein. Wenn es nicht reicht – ändere es, sodass Du mehr von dem bekommst, was Dich zufrieden stimmt. Ich habe auch den Eindruck, dass viele Menschen denken, sie müssten eine riesige Veränderung angehen, wenn sie sich mit dem Thema beschäftigen. Ja, einige Menschen sind bei solchen Fragen gelähmt: Sie gehen davon aus, eine riesige Veränderung hinlegen zu müssen, um glücklich zu sein. Aber das ist oft gar nicht notwendig. Ich muss nicht immer sofort kündigen. Oft gibt es einen dritten, vierten und fünften Weg. Um diese neuen Perspektiven zu erkennen, ist es unverzichtbar, sich zu reflektieren, in sich hinein zu horchen und mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Wenn ich dieses Thema ausschließlich mit mir selbst ausmache, besteht die Gefahr, dass ich meine blinden Flecken nicht finde. Ich rate allerdings, sehr selektiv vorzugehen beim Aussuchen von Menschen, bei denen ich mich öffne. Aber drei, vier enge Freunde sollten es im Leben schon sein. Das bietet auch einen großen Mehrwert für solche Klärungsprozesse. Ich habe in meiner Vergangenheit oft gehört „Ohne Fleiß kein Preis“ oder „Erst die Arbeit und dann das Vergnügen“. Jahrelang habe ich daraus interpretiert, dass nur mit viel Anstrengung gute Qualität gelingt. Bei Ihnen hingegen habe ich den Eindruck, dass es Ihnen leichtfällt, gute Ergebnisse zu erzielen und Menschen zu beeindrucken.

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Ja, ja, das kenne ich. „Vor den Preis haben die Götter den Schweiß gesetzt.“, ein typischer Spruch meiner Mutter. Finde ich ja auch nicht unbedingt falsch. Aber treffender finde ich eben die beiden Säulen Wissen und Beziehung. Am Anfang ist es oft die Säule Beziehung. Menschen geben einen Vertrauensvorschuss, wenn sie einen sympathisch oder interessant finden. Aber nur, wenn sie dann merken, dass sie einem lieb und teuer sind und es Hand und Fuß hat, was man sagt und tut, bleiben sie bei einem. Das gilt für Partner, Freunde, Klienten und Kunden. Wir analysieren deshalb bei uns im Institut in regelmäßigen Abständen unsere Wiederbuchungsrate. Sie liegt immer bei über 93 %. 93 % ist fantastisch! Ja, wir haben wirklich lang dauernde Kundenbeziehungen. Das funktioniert, weil wir unsere Kunden als Menschen schätzen und qualitativ sehr hochwertige Arbeit abliefern. In dieser Hinsicht bin ich extrem anspruchsvoll und kompromisslos. Zum Glück habe ich MitarbeiterInnen finden können, die ähnlich ticken. Einerseits, weil ich weiß, dass das unser Unterscheidungskriterium ist. Zweitens habe ich keine Lust, mittelmäßig zu arbeiten, weil es mich einfach nicht erfüllen würde. Für mich ist es keine schwierige, quälende Aufgabe, Qualität abzuliefern, sondern mein innerer Antrieb, es gibt mir Befriedigung. Und das ist eben das Tolle, wenn ich mit meiner Leidenschaft arbeite: Hervorragendes gelingt mit Leichtigkeit.

4.2.2 Interview mit Stefan Spies, Top-Coach/-Trainer, früher Schauspiel- und Opernregisseur Stefan Spies gehört zu den renommiertesten Coachs und Trainern im deutschsprachigen Raum. Bundespolitiker, DAX-Vorstände, Partner namhafter Sozietäten/Beratungen und Wissenschaftler trainieren mit ihm. Stefan Spies hat einen Lehrauftrag an der Universität St. Gallen, für den DFB schult er die Schiedsrichter und die Trainer der Ersten und Zweiten

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Bundesliga in nonverbaler Kommunikation. Ursprünglich hat Stefan Opern und Theaterstücke inszeniert und von den Besten der Branche gelernt wie beispielsweise Peter Zadek (Schauspiel), Harry Kupfer (Oper) und Johann Kresnik (Tanz). Sein Buch „Der Gedanke lenkt den Körper“ wurde in fünf Auflagen über 20.000 Mal verkauft.

Stefan Spies. (Foto: Vohler)

„Arbeit mit Leidenschaft kostet keine oder nur wenig Anstrengung.“

Vom Opernregisseur zum Managementtrainer – das klingt spannend und ungewöhnlich! Wie kam es dazu? Das ist die Außenperspektive. Mir selbst kommt mein Weg gar nicht so ungewöhnlich vor. Ich bin ihn Jahr für Jahr gegangen. Was hat Dich gestärkt, Deinen Weg zu gehen? Ich habe mich stets auf den nächsten Schritt konzentriert und vor allem wollte ich meine kostbare Zeit nutzen und nicht verschwenden. Investiert habe ich nur in die Themen, die mich wirklich interessiert haben. Man könnte sagen: ganz schön egoistisch. Welche Rolle spielt für Dich Leidenschaft? Leidenschaft ist für mich ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Ganz gleich, was man beruflich unternimmt, man steht immer im Wettbewerb mit anderen. Und diejenigen, die leidenschaftlich dabei sind, haben einen großen Vorteil: Sie empfinden Arbeit nicht wirklich als Anstrengung und sind deshalb bereit, mehr zu geben.

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Ich finde diese Überlegung sehr wichtig, wenn man sich vergegenwärtigt, dass ein Berufsleben ja keine Kurzstrecke, sondern ein Marathon ist. Wie soll ich im Ziel ankommen, wenn ich schon auf den ersten Kilometern meine Zweifel habe und mich mein Arbeits­ alltag belastet? Aber wie findet ein Mensch eine Arbeit, die sich gar nicht wie „Arbeit anfühlt“? Was fällt mir leicht? Wann genau bin ich im Leben erfolgreich? In welchen Situationen bekomme ich positive Resonanz? Hier sollte man meines Erachtens mit seinen Überlegungen beginnen. Nehmen wir mal an, ein Mensch hat seine Leidenschaft gefunden. Wie kann er / sie damit Geld verdienen? Auftraggeber zahlen in der Regel für einen Nutzen. Ich frage mich also: Wie kann ich meine Leidenschaft in einen Nutzen für das Gegenüber umwandeln? Und wenn sich eine Leidenschaft nicht umwandeln lässt? Nicht jede Leidenschaft birgt einen Nutzen in sich. Ich persönlich denke sehr schnell in Alternativen. Sobald ich feststelle, dass ich in eine Sackgasse geraten bin, probiere ich neue Wege aus. Für mich war und ist es wichtig, flexibel zu sein. Gibt es außer Leidenschaft und Flexibilität weitere Treiber, die Du wichtig findest? Realitätssinn: Die Welt wartet nicht auf mich. Ich sollte meine Mög­ lichkeiten einigermaßen realistisch einschätzen können. Ener­ gie und Beharrlichkeit: Ich sollte bereit sein, eine Menge Energie für meine Ziele aufzubringen. Die Lorbeeren hängen in der Regel nicht so tief, wie man es gerne hätte. Qualität: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich langfristig Qualität durchsetzt. Ich selbst v­ ersuche

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stets, das Beste zu liefern. Und mein Qualitätsanspruch hat übrigens noch einen weiteren Vorteil: Nur dann habe ich auch selbst Freude an meiner Leistung.

4.3 Ü  bung: Gehe Deiner Stärke auf den Grund In dieser Übung identifizierst Du in der Rückschau, welche Stärken Du gezeigt hast und welches Feedback Du dazu von Deiner Umwelt erhalten hast. Tipp: Wenn Du die Übungen online ausfüllen möchtest, gehe bitte auf https://cordula-casaretto-coaching.de/de/buch.php.

Übung Nr. 4: Mein Mehrwert/meine Essenz/meine Wirkung Wir gehen jetzt noch einmal in die Situationen in Übung 2 zurück, in denen Du besonders glücklich und erfüllt warst. Bitte überlege Dir: Welche guten Dinge hast Du für andere Menschen oder für Dich selbst in diesen Situationen erschaffen können? Beispiele: Menschen miteinander bekannt gemacht; eine sensationelle Torte für die Hochzeit von Freunden gebacken; ein wunderschönes Bild gemalt; Menschen zum Lachen gebracht Überlege Dir mindestens 3 gute Ergebnisse, die Du in den besonders erfüllenden/glücklichen Situationen erschaffen hast (es können auch noch mehr Situationen sein als die aus der zweiten Übung). Denke dabei auch darüber nach, welches Feedback Du evtl. in diesen Situationen von jemand anderem bekommen hast. Beispiel: Ich erinnere mich an ein Gespräch, in dem mich meine Freundin Julia darauf aufmerksam machte, dass ich ein Talent hätte, Menschen zusammenzubringen und bei ihnen eine gute Stimmung zu erzeugen. Sie erwähnte eine Geburtstagsparty, auf der wir gemeinsam waren und bei der ich auf ein paar Leute zugegangen war, die ich nicht kannte. Julia meinte, dass es genau das sei, worauf es auch im Berufsleben oftmals ankomme: Menschen zu vernetzen, ihnen zuzuhören und dann nützliche Dinge anzustoßen. Ich glaubte bis dahin, dass es ausschließlich darauf ankäme, Dokumente fehlerfrei abzugeben. Meine Art zu „netzwerken“ fühlte sich für mich bis dahin als überhaupt nicht relevant an für einen Beruf. Das Gespräch mit Julia war für mich eine positive Zäsur in meinem Leben und ich begann anschließend, mich mit dem Thema „Netzwerken“ zu beschäfti-

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gen, was mir großen Spaß bereitet hat. Ich habe dadurch für andere Menschen und mich selbst viele nützliche Dinge erreicht (z. B. die Beschäftigung mit meinen Finanzen durch den Tipp einer Working-Out-Loud-Teilnehmerin aus meinem Circle. Mehr zu WOL in Abschn. 6.2.1). Ich würde hier für mich als Mehrwert angeben: Ich habe Menschen auf lockere Weise miteinander vernetzt und eine angenehme Stimmung erzeugt. Fazit Was nimmst Du aus den bisherigen Übungen in diesem Kapitel und dem vorherigen Kapitel mit? Welche Erkenntnisse hast Du gewonnen? Und jetzt einmal aus einer anderen Perspektive: Welche Stärken, Wünsche und Prioritäten würdest Du aus den bisherigen Ergebnissen aus der Sicht eines neutralen Betrachters herauslesen? Beispiel: In diesem Buch lest Ihr auch das Interview mit Claudia Müller in Abschn. 10.2). Sie hat einige Jahre lang für eine Bank gearbeitet und sich nach ein paar Jahren in dieser Tätigkeit damit beschäftigt, was ihr im Berufsleben für die nächsten Jahrzehnte wichtig ist. Es stellte sich heraus, dass ihr Werte wie Freiheit, Selbstbestimmung und Leistungsprinzip total wichtig sind und dass ihr Hauptmotivator darin besteht, einen positiven Beitrag in ihrem Lebensumfeld zu schaffen. Das gab ihr die Erkenntnis und die Kraft, ihren weiteren beruflichen Weg zu planen. Sie hat sich inzwischen sehr erfolgreich selbständig gemacht mit dem Female Finance Forum. Kommen Dir vielleicht schon erste Ideen für Deinen persönlichen Leitsatz (Massive Transformative Purpose), der Dir gefällt und stimmig für Dich ist? Falls nicht, ist das überhaupt kein Problem. Es ist völlig normal, sich längere Zeit zu beobachten und vielleicht später einen Massive Transformative Purpose abzuleiten. Beispiel: Der Leitsatz meiner Interviewpartnerin Linda Mathew ist es, Menschen etwas beizubringen und somit deren Selbstwirksamkeit zu steigern. Mein Interviewpartner Stefan Weiss hat „Mobilität entwickeln“ als Beispiel gebracht für einen möglichen persönlichen Leitsatz. Bei meinem Interviewpartner Holger Schlageter lautet er: „Menschen dabei helfen zu wachsen.“

4.4 Weiterführende Buchtipps und Quellen In den folgenden Buchtipps geht es um die Definition von Stärken für Unternehmen und für Personen. Das Buch „Exponentielle Organisationen“ von S. Ismail, M. Malone und Y. van Geest habe ich oben mehrfach zitiert – es enthält einige interessante Gedanken zum „Massive Transfor-

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mative Purpose“ – der sich modifiziert auch auf Personen anwenden lässt. Den Begriff „Massive Transformative Purpose“ hat Stefan Weiss in seinem Interview sehr schön erläutert (Abschn. 1.2.1). Die beiden folgend aufgeführten Bücher leiten die Definition persönlicher Stärken ebenfalls von Modellen ab, die auch für Unternehmen gelten. Ismail S, Malone M, van Geest Y (2017) Exponentielle Organisationen: Das Konstruktionsprinzip für die Transformation von Unternehmen im Informationszeitalter. Vahlen, München Die Ära der Digitalisierung hat die beherrschende Marktposition der großen Unternehmen angegriffen. Sie bekommen Konkurrenz von kleineren Firmen, die sich schnell entwickeln. Mit diesen wettbewerbsstarken kleineren Unternehmen ist auch ein neues Organisationsmodell entstanden, das den rasanten Veränderungen der Weltwirtschaft Rechnung trägt: Exponenzielle Organisation (ExO) – Unternehmen, deren Wirkung (oder Ertrag) überproportional hoch ist – mindestens zehnmal höher – als bei vergleichbaren Organisationen. Dies ist möglich aufgrund neuer Organisationsmethoden, die beschleunigende Technologien nutzen. Alle exponenziellen Organisationen besitzen eine Motivation, die die Autoren als „a massive transformative purpose“ bezeichnen. Damit ist ein Wertesystem und Leitmotiv gemeint, das die Arbeitseinstellung und das Verhalten der Mitarbeiter beeinflusst. Casnocha B, Hoffmann R (2013) The Start-Up of You. Random House Business, New York Die Autoren erläutern, wie man die Strategien des erfolgreichen Unternehmertums auf die eigene Karriere anwenden kann. Die Disruption vieler Branchen, die auf fortschreitender Digitalisierung beruht, ruft Unsicherheit hervor. In dieser Unsicherheit liegt laut den Autoren aber auch der Schlüssel zum Erfolg darin, wie ein Unternehmer zu denken und zu handeln: wendig und eigenverantwortlich zu sein, innovativ zu sein und zu wissen, wie man sich vernetzt und von der Masse abhebt. Clark T, Osterwalder A et al (2012) Business Model YOU. Campus, Frankfurt am Main Das Buch ist angelehnt an das Modell „Business Model Canvas“, mit dem sich Geschäftsmodelle auf 9 Feldern („Canvas“) abbilden lassen.

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Business Model „You“ zeigt in 4 Schritten, wie jeder Mensch Ziele und Fähigkeiten erkennen und anschließend besser nutzen kann. Das Buch gliedert sich in vier Kapitel: 1 . Canvas (Anwendung der Business Model Canvas nach Osterwalder) 2. Reflect (Reflexion der eigenen Person und Karriere) 3. Revise (neue Ideen für Lebensveränderungen) 4. Act (Umsetzung der Ziele)

Die Quintessenz aus diesem Kapitel „Kompetenz-Demenz“ befällt viele Menschen. Den meisten ist gar nicht bewusst, was sie bereits alles geleistet haben und welchen Mehrwert sie bei anderen Menschen damit erzeugt haben. Und doch hat jeder Mensch im Laufe seines Lebens eine ganze Reihe von Erfolgsstrategien und Fähigkeiten entwickelt, die er für künftige Ziele und Projekte gut einsetzen kann. Vielleicht meinst Du, dass Fähigkeiten, die Du in Deiner Freizeit selbstverständlich einsetzt, gar nicht geeignet sind für Dein Berufsleben. Aber das stimmt natürlich nicht. Denn meistens sind in der Freizeit Fähigkeiten gefragt, die sich auch beruflich gut einsetzen lassen, wie pädagogisches Geschick (als Trainer einer Sportmannschaft), Organisationstalent (bei der Organisation von Veranstaltungen z. B. für Vereine) oder Vertriebs- und Networkingfähigkeiten (beim Sammeln von Spendengeldern). Jedenfalls hat jeder Mensch  – oft unbewusst  – viele Stärken, die er immer wieder einsetzt und die er gleichzeitig auch als Ressource nutzt. Denn das Phänomenale dabei ist: Wenn Du Deine Stärken identifiziert hast, die Du mit Freude einsetzt, ziehst Du daraus gleichzeitig auch Energie: Du schaffst einen Mehrwert und profitierst gleichzeitig von Deiner eigenen Energie-Tankstelle. Menschen, die Erfüllung in ihrem Beruf finden, wissen um ihre Stärken, die sie gerne einsetzen und haben darauf basierend oftmals eine Art Leitsatz definiert, für den sie stehen.

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Die Definition Deiner persönlichen Stärken dient dazu, Dich in Zeiten von Veränderung und sich rasant entwickelnden Technologien auf Dich selbst und Deine Kompetenzen zu verlassen, diese weiter auszubauen und dabei kontinuierlich zu lernen. Für Unternehmen gibt es für diesen Leitsatz einen passenden Begriff, der lautet „Massive Transformative Purpose“ (MTP). Nicht alle Aspekte des MTP von Unternehmen sind für die persönliche Identifikation von Stärken relevant. Aber es ist wichtig zu verstehen, dass der MTP eines Unternehmens als Kompass dient für die fortwährende Veränderung, der wir alle unterworfen sind. Und gleichzeitig kann uns die Definition unseres persönlichen MTP dazu dienen, uns in Zeiten von Veränderung ruhig auf uns und unsere Stärken zu verlassen, diese weiter auszubauen und dabei kontinuierlich zu lernen. In der Übung in diesem Kapitel hast Du gezielt auf Situationen geschaut, die Dich in Deinem Berufs- und Privatleben bisher erfüllt haben und identifiziert, welche Deiner Stärken Du in diesen Situationen eingesetzt hast und welche positiven Dinge Du damit bisher schon erreicht hast. Und Du hast überlegt, wie Dein persönlicher Leitsatz lauten könnte.

Literatur 1. Pink D (2019) Drive: Was Sie wirklich motiviert. Ecowin, Salzburg 2. Ismail S, Malone M, van Geest Y (2017) Exponentielle Organisationen: Das Konstruktionsprinzip für die Transformation von Unternehmen im Informationszeitalter. Vahlen, München

5 Schritt 4: Kreiere Dein berufliches Ziel

Im vierten Schritt arbeitest Du Dein persönliches Ziel heraus, das so attraktiv ist, dass Du richtig Lust darauf hast, es zu verfolgen und zu erreichen. Du bekommst eine Reihe von Hinweisen, wie Du dieses Ziel für Dich definierst.

Schritt 4: Definiere Dein persönliches Ziel

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Casaretto, Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7_5

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Ein attraktives Ziel zu definieren, verleiht nicht nur Orientierung, sondern auch Kraft. Beim Verfolgen des eigenen Ziels sind ein paar wichtige Merkmale zu beachten, die Du in Abschn. 5.1 kennenlernst. Das Ziel muss wirklich, wirklich attraktiv sein. Und es muss messbar sein, selbst initiierbar und positiv formuliert. Meine Interviewpartnerin Tijen Onaran – die sich innerhalb weniger Jahre eine erfolgreiche Selbständigkeit aufbaute und heute eine gefragte Speakerin und Beraterin für Themen wie Digitalisierung und Diversität ist, sagte mir: „Ohne mein Ziel  – dieses Big Picture  – hätte ich nicht durchgehalten“. Auch das Interview mit dem IT-Spezialisten Dennis Bensch ist mir besonders in Erinnerung geblieben, da der Wunsch nach Beschäftigung mit Technik bis in seine Kindheit zurückreicht. Diese individuellen Ziele haben sich bei vielen meiner Interviewpartner ergeben durch die Stärken und Leidenschaften, die sie entdeckt haben. Bei Dennis Bensch war das die Begeisterung für Technik: „Ich habe mit ca. zwölf Jahren angefangen, mich für Technik zu interessieren. Ich habe Programmierung ausprobiert mit meinem C64 und habe mir aus einem Autoradio ein eigenes Radio zusammengelötet. Von da an wusste ich: Ich möchte später etwas mit Technik machen. Außerdem hatte ich immer die Vision, mit einem Aufzug in ein schönes Büro zu fahren und ich wollte einmal einen Mercedes fahren. Meine Eltern sagten: Da musst Du aber einen wirklich guten Beruf haben, um Dir das leisten zu können. Heute habe ich das alles erreicht. Und das war keineswegs selbstverständlich, denn ich komme aus einer Arbeiterfamilie mit fünf Kindern und war lange Zeit wirklich schlecht in der Schule. Aber ich hatte immer mein Ziel vor Augen. Das hat mir geholfen, viele Hürden zu überwinden auf dem Weg zu meinem Ziel.“

Das vollständige Interview mit Dennis Bensch folgt in Abschn. 5.2.2.

5.1 W  arum Ziele wichtig sind und welche Rolle Bilder und Emotionen dabei spielen Napoleon Hill (1883–1970), amerikanischer Journalist und Schriftsteller, erhielt vom Stahlmagnaten Andrew Carnegie den Auftrag, Verhaltensweisen und Motivationen der erfolgreichsten Menschen seiner Zeit

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zu erheben. Die Ergebnisse fasste Napoleon Hill in dem 1937 erschienen Buch „Denke nach und werde reich“ zusammen [1]. Er entdeckte 13 Muster, nach denen alle diese erfolgreichen Menschen handelten. Einige der 13 Muster haben mit der Definition und dem Verfolgen persönlicher Ziele zu tun: Wie ich sie am besten definiere, welche Rolle mein persönliches Verlangen spielt, das Ziel zu erreichen und die positive Geisteshaltung, die es braucht, um das eigene Ziel zu erreichen. Es gibt auch viele andere Autoren und Coaches, die sich mit dem Thema „Ziele“ befasst haben. Viele Aspekte überschneiden sich. Folgende zehn Merkmale helfen Dir bei Deiner eigenen Zieldefinition: 1. Attraktivität und Relevanz von Zielen Das brennende Verlangen, die eigenen Ziele auch zu verwirklichen, ist unverzichtbar. Das bedeutet, dass Ziele wirklich attraktiv sein müssen. Thomas Edison hatte z. B. die Idee, eine elektrische Lichtquelle zu erstellen und sein Verlangen danach war so stark, dass er auch nach 10.000 fehlgeschlagenen Experimenten nicht aufgab. Das heißt nicht, dass jedes berufliche Ziel so groß und langwierig sein muss wie die Erfindung der Glühbirne. Wichtig ist nur, dass Dir ein Ziel attraktiv und erstrebenswert erscheint. Nur dann bist Du bereit, auch etwas dafür zu geben. Um möglichst attraktive Ziele zu formulieren, ist eine kreative und positive Geisteshaltung hilfreich. Wenn Du über Dein Ziel nachdenkst, kann es z. B. helfen, an eine Situation zu denken, in der Du ganz kreativ und gleichzeitig entspannt warst. Vielleicht im letzten Urlaub, als Du mit Deinem Partner gebrainstormt hast, wie Ihr Eure neue Wohnung einrichtet? Was auch hilft: das Glücksstretching. Stell Dir mal vor, wie es richtig, richtig schön wäre! Wie wäre das dann? Wären das schon 100 % Attraktivität? Nein? Wie wären denn 100 %? Oder wenn Du schon 100 % überlegt hast, wie wären 110 %? Scheu Dich nicht davor, Dir ein richtig attraktives Ziel vorzustellen. Denn das beflügelt Deine Kreativität und Du entwickelst mit Leichtigkeit erste Ideen, wie Dein Ziel aussieht und wie Du dort hinkommen könntest. Mach Dir auch bewusst: Wohin Du Dein Ziel ausrichtest, dahin richten sich auch Deine Aufmerksamkeit und Deine Energie.

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Eine hilfreiche Erklärung bieten hierzu auch die Erkenntnisse von Napoleon Hill [1]. Er beschreibt, dass unser Unterbewusstsein einen mächtigen Einflussfaktor bildet für unser Handeln. Das Unterbewusstsein speichert Gedanken, Sinneseindrücke und Empfindungen – positive wie negative. Allerdings kann unser Unterbewusstsein nicht gleichzeitig positive und negative Eindrücke abspeichern. Und dieses hilfreiche Instrument kannst Du für die Erreichung Deiner Ziele nutzen. Wird das Unterbewusstsein mit positiven Gedanken und sehr konkreten, klaren Bildern gefüttert, richten sich die Aufmerksamkeit und das menschliche Handeln wie von selbst nach diesen Bildern. Wenn Du Dir z. B. vornimmst, in zwei Jahren 40.000 Euro pro Jahr zu verdienen, richtest Du Dein Unterbewusstsein und somit Deine Aufmerksamkeit und Dein Handeln auf die notwendigen Schritte, mit denen Du das schaffst. Wenn Dein Ziel aber lautet: „Ich möchte in zwei Jahren 80.000 Euro verdienen pro Jahr“, entwickelst Du wie von selbst geeignete Maßnahmen, um 80.000 Euro Jahresgehalt zu erreichen. Dein definiertes Ziel sollte natürlich für Dich realisierbar sein. Aber es hält Dich nicht davon ab, Dir wirklich attraktive Optionen vorzustellen, die realisierbar sind. 2. Emotionen Unverzichtbar: eine emotionale Verbindung zu Deinem Ziel. Was hast Du gewonnen, wenn Du Dein Ziel erreicht hast? Z.  B. finanziellen Wohlstand für Deinen Lebensabend, ein besseres Gefühl, wenn Du morgens aufwachst, weil nagende Konflikte mit Kollegen oder Vorgesetzen gelöst sind usw. Dabei hilft es auch ungemein, sich emotional in den Zielzustand hineinzuversetzen und zu schauen, wie es sich anfühlt: Welche wohlige Freude erlebst Du z. B., wenn Du in Deinem Zielzustand bist? Oder welchen Stolz erlebst Du, wenn Du Dein Ziel erreicht hast? Oder welche Erleichterung, wenn z. B. belastende Konflikte geklärt sind? Wie oben beschrieben, hilft es bei der Definition des Zieles und der Überlegung, wie Du dieses Ziel erreichen kannst, aus der rückschauenden Perspektive zu denken, in der Du Dein Ziel schon erreicht hast. Diese spannende Perspektive lässt sich unter anderem mit einer faszinierenden

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Methode herstellen, die Du auch in den Übungen in diesem Kapitel kennenlernen wirst: Dem Brief von meinem zukünftigen Ich an mich selbst heute. Ein wichtiges Schlüsselelement dabei ist das Einbringen von Emotionen. Die beiden Autoren Anthony Grant und Jane Greene beschreiben das in ihrem Buch „Coach yourself“ folgendermaßen [2]: „Damit es real wird und wirklich zum Erfolg verhilft, musst Du Deine Emotionen einbringen. Scheinbar gibt es etwas ganz Besonderes am Niederschreiben, das es Dir erlaubt, Dein tiefstes Selbst zu erreichen.“ [2]

Deshalb ist es ganz wichtig, wenn Du aus der Zielperspektive heraus denkst, zu beschreiben, wie Du Dich fühlst, wenn Du dein Ziel erreicht hast. Diese emotionale Perspektive hilft Dir, Dich mit positiver Energie aufzuladen. Ich selbst habe das als unglaublich inspirierend und beflügelnd empfunden, als ich das erste Mal einen Brief von meinem zukünftigen Ich an mich selbst heute schrieb. Das war, als ich das erste Mal an einem „Working Out Loud“-Circle teilnahm. Hier ist nämlich der Brief von meinem zukünftigen Ich Teil des Circles [2]. Mehr zu den WOL-­ Circles erfährst Du im nächsten Kapitel, wo es um Ressourcen geht. Um Dich in diesen erstrebenswerten emotionalen Zielzustand hinein zu versetzen, hilft es, sich Deinen Zielzustand in Bildern vorzustellen. Erinnerst Du Dich noch an das Beispiel des Profisportlers in Abschn. 2.1? Auswirkungen der inneren Haltung am Beispiel eines Profisportlers Stell Dir einen professionellen Skispringer vor. Sportcoaches leiten ihre Coachees dazu an, sich eine Wettkampfsituation bildlich vorzustellen, in der sie gewinnen – mit allen ausführlichen Details: wie der Sprung gelingt, wie sie sich dabei fühlen, was sie während des Sprungs fühlen, sehen und wahrnehmen.

3. Realisierbarkeit Das Ziel muss realisierbar sein. „Ich möchte 2 Meter wachsen“, ist kein realisierbares Ziel. Oder wenn Du 58 bist und verbeamtet werden möchtest, ist das ebenfalls nicht realisierbar. Aber Du wirst merken, dass ziemlich viele Ziele realisierbar sind.

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4. Selbst initiierbar Das Ziel muss selbst initiierbar sein. So etwas wie: „Meine Vorgesetzten sollen netter zu mir sein“, gilt nicht. Du musst es selbst initiieren und mit von Dir gewählten Mitteln realisieren können. Das Ziel könnte stattdessen lauten: „Ich möchte mit meinen Vorgesetzten ein klärendes Gespräch führen, in dem wir die drei wichtigsten Ergebnisse festlegen, die ich in den nächsten zwölf Monaten erreichen soll“. 5. Positiv und präzise formuliert Die Beschreibung des Ziels muss so konkret wie möglich sein (u. a. zeitlich – wann möchte ich mein Ziel erreicht haben?). Wie genau sieht Dein Ziel aus? Welche Aspekte kommen darin vor? 6. Visualisierung Deines Ziels Beispiel für eine Zielformulierung Am 21.12.2029 möchte ich €  100.000 auf meinem Spar-Konto haben. Ich werde diesen Betrag dadurch erreichen, dass ich von meinem Gehalt monatlich 900 Euro auf dieses Konto überweise und niemals etwas von diesem Geld anrühre.

Du musst das Ziel auf jeden Fall schriftlich formulieren und, wenn es Dir hilft, auch visualisieren. Manche Coaches raten zum Anlegen eines „Traumalbums“, in das Du Aspekte hineinschreibst und Bilder einklebst, die Dein Ziel beschreiben. Am besten hältst Du Dir Dein Ziel täglich vor Augen. 7. „Ökocheck“ – was Du bereit bist zu investieren Du musst überlegen, welchen Preis Du für Dein Ziel zahlen möchtest. Also was Du bereit bist an Aufwand, Zeit etc. zu investieren. Ich hatte einmal einen Coachee, der in den nächsten 12 Monaten unbedingt befördert werden wollte. Er äußerte diesen Wunsch sehr nachdrücklich.

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Als wir besprachen, was es brauchte, um das Ziel zu erreichen, sagte er, dass er sich fünf bis sechs Stunden pro Woche fachlich weiterbilden müsse. Als wir über den Weg zu seinem Ziel sprachen, stellte sich heraus, dass er diese fünf bis sechs Stunden pro Woche nicht aufbringen konnte, da er auch noch Zeit für Sport und Familie benötigte. Das ist natürlich völlig in Ordnung. Aber es ist eben wichtig, abzuschätzen, was in etwa erforderlich ist, um das Ziel zu erreichen und ob Du bereit bist, den entsprechenden „Preis“ dafür zu zahlen – oder ob sich das Ziel vielleicht in einer anderen Zeitspanne erreichen lässt. Im Falle dieses Coachees vielleicht nicht innerhalb von zwölf Monaten, sondern in zwei oder drei Jahren. 8. Positive Geisteshaltung Du benötigst eine positive Geisteshaltung, damit Du Dein Ziel auch erreichst. Das Prinzip der „Self-fulfilling-Prophecy“ ist allgemein bekannt. Wenn Du Dir ständig sagst, wie schwierig das alles ist und welche Hürden vor Dir liegen, siehst Du nur die vielen Hürden. Die Erreichung Deines Ziels wird unwahrscheinlicher, da Du Dich auf die Schwierigkeiten fokussierst anstelle möglicher Lösungswege. Natürlich sollst Du auch überlegen, wie Du mit etwaigen Hürden umgehst. Aber dies dann eben ganz im Sinne von Timothy Gallwey mit „Neugier, Vertrauen und Freude an der Erfahrung“ (siehe auch Abschn. 2.1). 9. Sei der Regisseur Deines Lebens! Vielleicht läuft ein Film vor Deinem inneren Auge ab, wenn Du Dir Deinen Zielzustand vorstellst. Du nimmst Geräusche wahr, Stimmen, Dein eigenes Verhalten und vielleicht auch das anderer Menschen  – evtl. auch Gerüche. Wenn Du Dich richtig stark in diesen Zustand hineinversetzt, wirst Du merken, wie ein Glücksgefühl Deinen Geist erhebt und Du mehr und mehr Energie auftankst. Damit richtest Du wie von selbst Deine Aufmerksamkeit und Ressourcen auf die Zielerreichung. Neben dem Effekt, dass diese Perspektive Dich Deinem Ziel sehr viel näherbringt, macht sie auch noch unglaublich viel Spaß und ruft gute Laune hervor.

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10. Messbarkeit Frage Dich: Woran erkenne ich, dass ich mein Ziel erreicht habe? Was wird dann anders sein? Woran werden andere Menschen merken, dass ich mein Ziel erreicht habe? Woran Du merkst, dass Du Dein Ziel erreicht hast Wenn Du Dir noch einmal das Beispiel von oben anschaust mit dem Ziel, am 21.12.2029 € 100.000 gespart zu haben, misst Du den Grad Deiner Zielerreichung an Deinem Kontostand. Viele Menschen im Coaching beschreiben auch, dass sie ihren Grad der Zielerreichung an ihrem Verhalten oder ihren Gefühlen feststellen: indem sie z.  B. entspannter sind, wenn sie abends nach der Arbeit nach Hause kommen und etwas Schönes kochen, anstatt zur Chipstüte zu greifen. Oder dass sie in bestimmten Situationen selbstbewusster auftreten, zum Beispiel, wenn sie eine Gehaltserhöhung verhandeln oder eine Präsentation vor Publikum halten.

Was ich an Zielen großartig und auch erleichternd finde: Hast Du ein wirklich attraktives Ziel definiert, basierend auf Aspekten, die Dir wichtig sind, richten sich Deine Aufmerksamkeit und Energie auf die Zielerreichung. Zudem begegnen Dir auf Deinem Weg zum Ziele weitere nützliche Dinge, die Dir bei der Erreichung helfen.

5.2 Ohne Ziel kein Durchhalten! Wie wichtig die Fokussierung auf ein Ziel ist, welche Kraftreserven sich dadurch mobilisieren lassen, zeigen Tijen Onaran und Dennis Bensch. Beide bestätigen, dass sie ohne ihr Ziel, das sie sich vor einigen Jahren gesetzt hatten, nicht das erreicht hätten, was sie erreicht haben und nicht so glücklich wären.

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5.2.1 Interview mit Tijen Onaran, Moderatorin, Speakerin, Gründerin des Netzwerks „Global Digital Women“ Seit 2019 zählt das Manager Magazin Tijen Onaran zu den 100 einflussreichsten Frauen in Deutschland. Sie hat das Netzwerk „Global Digital Women“ gegründet, um die Vernetzung und Sichtbarkeit von Frauen in der Digitalbranche voran zu treiben. Zudem berät sie Unternehmen in Diversitätsfragen. Und das alles ziemlich erfolgreich.

Tijen Onaran. Foto: Urban Zintel

„Heute ist es einfacher denn je, eigene, neue Jobs zu kreieren. Denn die Wirtschaft ist bereit für neue Berufsbilder.“

Tijen, ich habe den Eindruck, Du liebst Deinen Job und bist damit in kurzer Zeit sehr erfolgreich geworden. Wie hast Du es geschafft, eine Arbeit zu finden, die Dich mit solcher Leidenschaft ausfüllt? Ehrlich: Ich habe mit alldem nie gerechnet und ich habe lange Jahre nicht geplant, selbständig zu sein. Wenn Du mir vor acht Jahren prophezeit hättest, dass ich einmal ein eigenes Business haben werde, hätte ich geantwortet „Niemals – mit welcher Idee denn?“

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Wie und wann kam es dann doch zu dem Schritt in die Selbständigkeit? Ich war ja einige Jahre in der Politik tätig und bin ausgestiegen, als ich merkte, dass mich das nicht mehr erfüllt. Außerdem wollte ich unbedingt die Wirtschaft kennenlernen. Ich arbeitete dann einige Jahre bei einer privaten Hochschule und ein paar Verbänden und leitete dort die Kommunikation. Nebenberuflich habe ich einen Stammtisch für Frauen ins Leben gerufen. Dabei habe ich gemerkt, dass meine große Leidenschaft darin liegt, Menschen zusammenzubringen. Ich hatte das auch schon bei meinen vorherigen beruflichen Stationen festgestellt: Bei der Vorbereitung von Veranstaltungen war ich immer diejenige, die alle ganz gut kannte und wusste, wer passt mit wem gut zusammen – sozusagen in einer Art „Matchmaker“-Funktion. Irgendwann habe ich mir überlegt, wie ich meine Leidenschaft monetarisieren kann, ohne dass dabei die Leichtigkeit verloren geht. Für mich war klar: Auch wenn ich mein Hobby zum Beruf mache, wollte ich immer zwei, drei Sachen zusätzlich haben, die mir eine gewisse Unab­hän­ gigkeit bringen. Stimmt es, dass Global Digital Women (GDW) das Hobby ist, das Du zum Beruf gemacht hast, und Du Dir ergänzend dazu weitere ­Professionen aufgebaut hast wie Deine Rollen als Kolumnistin, Speakerin und Unternehmensberaterin? Genau, Global Digital Women macht rund 50 Prozent meines Jobs aus. Dort bin ich mit meinem Mann Marco Geschäftsführerin. Daneben gibt es die weiteren Aktivitäten als Moderatorin, Beraterin und Kolumnistin. Ich habe sehr zielgerichtet auf diesen „Mix“ hingearbeitet. Denn ich wollte niemals nur von Global Digital Women abhängig sein. Dein Erfolgsrezept bei der Planung des beruflichen Glücks besteht also aus zwei Komponenten: dem Identifizieren der eigenen Leiden­ schaft und der Planung, wie sich diese mit externen Möglichkeiten verbinden und monetarisieren lässt?

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Richtig. Für mich war es essentiell, meiner Leidenschaft nachzugehen, aber dabei nicht nur von einer Tätigkeit abhängig zu sein. Ich finde, wenn Menschen sehr abhängig sind von einer Position oder einem Job, strahlen sie das auch aus. Das finde ich ungesund. Wie bist Du konkret vorgegangen bei Deiner Planung? Ich habe mir zunächst überlegt, für welche Themen ich stehen möchte. Für mich war diese Überlegung – ehrlich gesagt – gar nicht so einfach. Denn ich bin ja eine große Generalistin, hatte nie ein spezielles Steckenpferd. Das höre ich von vielen Menschen. Wie ist es Dir gelungen, „Dein“ Thema zu finden? Ich habe dann angefangen mich mit Diversität und Digitalisierung zu beschäftigen und ganz schnell begriffen: Das sind meine Themen! Es hat mich wahnsinnig interessiert, wie beides zusammenhängt und dass Digitalisierung ermöglicht, dass Frauen sichtbar werden und sich vernetzen können. Ich habe mich eingelesen und meine Meinung, meine Thesen dazu entwickelt. Und dann habe ich ü ­ berlegt: Wie möchte ich wahrgenommen werden? Als eine polarisierende Feministin oder als eine eher moderate Feministin? Ich habe dann mein Netzwerk kontaktiert und angeboten, als Speakerin und Expertin zur Verfügung zu stehen. Das war am Anfang extrem schwierig, denn mich kannte ja keiner, ich hatte auch keine große Brand im Rücken. Eines Tages habe ich dann aber eine Chance bekommen und diese ersten Aktivitäten genutzt, um meine Online-­Präsenz auszubauen und meine Erfolge und Gedanken zu teilen. Das hat funktioniert. Aber es war ein langer Weg. Was hat Dir Kraft gegeben durchzuhalten? Unverzichtbar bei alldem war immer mein „Big Picture“ – mein Ziel. Ich wollte unbedingt diesen „Mix“ an Tätigkeiten als Netzwerkerin, Beraterin und Autorin ausüben. Dadurch war ich resilient. Wäre ich ohne Ziel gestartet, nur mit Begeisterung für ein oder zwei Themen, hätte ich mich irgendwann gefragt: Wofür tue ich das alles?

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Das klingt nach einem manchmal harten Weg, an dessen Ziel eine große Erfüllung steht. Viele Menschen meinen, dass es heute schwierig sei, sich im Berufsleben zu entfalten und überhaupt noch „mitzukommen“. Wie siehst Du das? Ich denke, heute ist es einfacher denn je, eigene Jobs zu kreieren. Denn die Wirtschaft ist bereit für neue Berufsbilder. Es ist so toll, wenn Du weißt, was Du willst und gut kannst. Dann hast Du auch die Möglichkeit, Dich in Initiativbewerbungen zu positionieren. Diese Chance nehmen leider noch nicht viele Menschen wahr. So eine Initiativbewerbung erfordert zwar Mut, aber: Was soll schon passieren? Mehr als ein „Nein“ kann ja nicht kommen. Und ein Nein ist auch immer in den Kontext zu setzen und bedeutet ja nicht ein Nein gegen Dich. Vielleicht passt der Zeitpunkt einfach gerade nicht. Ich finde Deine Perspektive sehr ermutigend, Du hast auch von Leichtigkeit bei der Arbeit gesprochen. Viele Menschen sind hin­ gegen unglücklich im Beruf und bei einigen herrscht noch die Einstellung vor „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“ Welche Hindernisse nimmst Du wahr, wenn Menschen ihre beruflichen Potenziale noch nicht nutzen? Ich glaube, viele haben Angst, wie es auf ihr Umfeld wirkt – wenn sie z. B. kündigen, ohne etwas Neues zu haben. Und viele Menschen setzen erst auf ein Netzwerk, wenn sie es wirklich brauchen  – z. B. bei der Jobsuche. Das funktioniert in der Regel aber nicht von jetzt auf gleich. Deshalb plädiere ich ja immer dafür, das eigene Netzwerk kontinuierlich zu pflegen, weil es in Krisensi­ tuationen unglaublich hilfreich ist. Und es ist extrem entscheidend, wie Du sozialisiert bist. Ich komme beispielsweise aus einem Elternhaus, das mir ein Ur- und Grundvertrauen mitgegeben hat. Meine Eltern waren zwar geschockt, als ich sagte: „Ich mache mich freiwillig selbständig.“ Aber sie haben mir nie ein schlechtes Gefühl vermittelt oder gesagt „Tu es nicht.“ Wenn Du ein Elternhaus hast, in dem Risiken im Vordergrund stehen, ist es umso wichtiger, ein Netzwerk zu haben, das Dich auffängt und Dir auch andere Perspektiven aufzeigt.

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Viele Leute sind der Meinung „Ich kann nicht netzwerken, deshalb kann ich darüber keinen neuen Job finden.“ Ist Netzwerken erlernbar? Klar ist es erlernbar. Und viele Menschen netzwerken auch schon, es ist ihnen aber nicht bewusst. Das fängt im Privaten an, wenn Menschen einem Freund einen Tipp für eine Wohnung geben oder gute Handwerker vermitteln. Überraschenderweise tun viele das in ihrem Privatleben ganz selbstverständlich, aber wenn es ans Berufs­ leben geht, stoßen sie an eine mentale Barriere. Und viele wissen auch nicht: Warum netzwerke ich? Was erwarte ich von meinem Netzwerk? Und was kann ich meinem Netzwerk bieten? Wenn Du aber weißt, wofür Du das machst, dann gelingt es Dir auch, ein Netzwerk aufzubauen – Stichwort Big Picture und Ziel. Was rätst Du Menschen, die Netzwerken lernen wollen? Praktische Schritte gehen – zum Beispiel Vorbilder in sozialen Medien suchen. Und sich selbst kleine Aufgaben zu setzen – mal alleine auf eine Veranstaltung zu gehen. Und beim nächsten Mal bei der Veranstaltung eine Frage zu stellen. Dafür brauche ich nicht unbedingt ein Buch, sondern ich muss es einfach machen. Das verleiht Selbstvertrauen und Lust auf mehr. Manchmal habe ich den Eindruck, dass sich Menschen gar nicht wichtig genug nehmen und sich somit auch nicht erlauben, eine ihrer Leidenschaften mit beruflichen Tätigkeiten zu verbinden, geschweige denn zu definieren „Für welches Thema stehe ich?“ Ja, das stimmt. Ich erlebe das oft in Personal Branding Workshops in großen Unternehmen. Dort sitzen ganz tolle Frauen und Männer, die Experten sind in ihrem Beruf und seit vielen Jahren Großartiges leisten. Wenn sie sich dann vorstellen sollen in zwei Sätzen mit ihrem Thema – ohne ihre Position zu nennen – fällt das vielen unglaublich schwer. Die meisten sagen: „Ich habe mir noch nie da­ rüber Gedanken gemacht.“ Das liegt sicher auch an unserer Sozialisation. Wir sind durch unser Schulsystem sehr darauf ge-

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trimmt, Leistung abzurufen, aber das Gelernte und unser eigenes Wissen können wir oft nicht reflektieren und somit nicht herausfinden, wofür wir stehen. Was empfiehlst Du Menschen in einer solchen Situation? Wenn Leute sagen: Was habe ich denn schon Großartiges drauf? Was kann ich schon Großartiges darstellen?, antworte ich: Es gibt bei jedem Menschen irgendeine Sache, die er oder sie gut kann. Und es muss auch nicht unbedingt direkt etwas mit dem Beruf zu tun haben. Es kann ja auch etwas sein, das Du im Privaten nutzt. Zum Beispiel ein künstlerisches Talent. Sich dessen überhaupt erstmal bewusst zu sein, das auszusprechen ist die erste Challenge. Die zweite Challenge könnte darin bestehen zu überlegen: Wie kann ich aus meiner Leidenschaft eine (neben-)berufliche Tätigkeit entwickeln? Diese Übung führen viele Menschen nicht aus, weil sie sich sehr stark über ihren Job definieren und über ihre Position. Und sie denken: Na ja, die Position habe ich ja auf jeden Fall, da kann ich auch bleiben. Meine Antwort darauf: Achtung! Auch wenn Du in einem Großkonzern schon lange arbeitest, kann sich Dein Job verändern. Was tust Du dann? Sicher sind diese Einstellung und das Bedürfnis nach Sicherheit auch noch durch die Nachkriegszeit geprägt  – Stichwort Sozialisation und Elternhaus. Ja, und das führt dazu, dass viele Menschen ihr eigenes Leben nicht gestalten. Sie sind keine Agenda Setter, sondern warten darauf, dass jemand anderes ihr Leben in die Hand nimmt – das Unternehmen, die Vorgesetzten. Aber das passiert nicht. Selbst wenn der Fall eines Jobverlustes nicht eintritt, ist es wichtig, unabhängig zu sein mit einem profunden Expertenwissen und einem starken Netzwerk im Rücken. Damit habe ich immer die Option, meinen Hut bei anderen Unternehmen in den Ring zu werfen. Viele Menschen befürchten, dass die Digitalisierung Jobs kostet. Wie siehst Du das?

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Ein weites Feld. Manche Studien prophezeien, dass Jobs wegfallen, aber genauso viele neue nachkommen: Andere besagen, dass Stellen wegfallen und der Bedarf an Arbeitskräften auch nicht mehr in dem Maße nachkommt. Welche Fragen sollte man sich stellen, wenn es um Digitalisierung im Job geht? Wichtig ist, für sich zu überlegen: In welche Bereiche meines Jobs reicht die Digitalisierung und wie verändert sie ihn? Wird meine Arbeitskraft ersetzbar? Ebenfalls ratsam: Experten zu fragen, in welche Richtung es ihrer Meinung nach geht, und mit Menschen in Kontakt zu treten, die einen ähnlichen Job haben in anderen Unter­ nehmen. Sich anzuschauen: Was tun meine Kollegen in anderen ­Firmen genau? Sind sie schon weiter? Und wenn ja, was hat sich in deren Jobs verändert? Durch Digitalisierung ändern sich ja in vielen Bereichen auch die Anforderungen an die menschlichen Fähigkeiten und Kompetenzen. Hier appelliere ich an die Selbstverantwortung, sich dann entsprechend weiterzubilden. Viele verlassen sich hierbei auf ihre Vorgesetzten und Führungskräfte – ich finde das schlichtweg naiv. Menschen können und dürfen heute mitgestalten. Und das ist doch toll!

5.2.2 Interview mit Dennis Bensch, IT Engineer Enterprise Collaboration, Corporate Influencer Dennis Bensch war und ist fasziniert von Technik. Deshalb setzte er sich bereits als Zwölfjähriger das Ziel: Ich möchte einen technischen Beruf ergreifen und ich möchte gut davon leben können! Dass er dieses Ziel erreicht und berufliche Erfüllung gefunden hat, war damals keineswegs selbstverständlich. Denn auf dem Weg zu seinem heute sehr glücklichen beruflichen und privaten Leben gab es viele Hindernisse.

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Dennis Bensch. Foto: Torsten Dickmann

„Ein attraktives Ziel ist unverzichtbar. Egal welche Hürden und Tiefs kommen. Solange man sein Ziel im Auge behält, gelangt man auch auf Umwegen dorthin.“

Dennis, Du bist für mich ein sehr inspirierendes Vorbild: jemand, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat. Was bedeutet für Dich Erfüllung im Beruf? Mit einem guten Gefühl morgens aufzustehen und sich auf die Arbeit zu freuen, motiviert zu sein. Und nicht im Hinterkopf zu denken: „Ich muss jetzt mein täglich Brot verdienen.“ Für mich ist es ein Privileg, mit dem, was mir Spaß macht, Geld zu verdienen. Ich genieße auch die Rahmenbedingungen: die Abwechslung, mit Kollegen im Büro zu arbeiten und manchmal auch im Homeoffice. Das ist für mich ein perfekter Ausgleich. Ich könnte nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten, aber ich genieße es auch, zeitweise den Arbeitsweg zu sparen und mehr Zeit mit meiner Familie verbringen zu können. Wie hast Du es geschafft, dorthin zu kommen? Ich habe mit zwölf Jahren angefangen, mich mit meinem C64 zu beschäftigen und Programmierung auszuprobieren. Ich habe den PC und ein paar Zeitschriften von meinem großen Bruder bekommen.

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In der Zeitschrift waren auch Seiten voller Code, die ich abgetippt habe, um damit eine Art Animation zu erstellen, in der ein Vogel von links nach rechts fliegt. Dieses Bild läuft heute immer noch wie ein Film vor mir ab, weil ich das damals so faszinierend fand: Du tippst etwas ein und etwas Neues entsteht. Du hast Dich also schon sehr früh für Technik begeistern können. Ja, ich habe mich viel und gerne mit Technik beschäftigt, habe Dinge auseinandergenommen und zusammengelötet. Ich habe mir beispielsweise aus einem Autoradio und einem universellen Netzteil ein eigenes kleines Radio für mein Regal gelötet. Einfach nur durch Ausprobieren, wann funktioniert es, wann nicht, quasi nach der Trial-and-Error-­Methode, ohne zu wissen, was genau ich da tue. Das alles hat meine innere Stimme gestärkt, die gesagt hat: Das möchtest Du auch weiterhin machen! Zeitgleich habe ich im Fernsehen oft Werbung gesehen und fand den Mercedes E-Klasse Esprit sehr schön. Meine Eltern sagten damals zu mir: „Wenn Du mal so ein Auto fahren möchtest, musst Du aber einen wirklich guten Beruf haben, um Dir das leisten zu können.“ Du hattest also bereits als Jugendlicher einen Traum, was Du einmal beruflich erreichen möchtest? Ja, genau. Ich hatte auch immer die Vision, wie ich im Anzug mit einem Aufzug ein großes Gebäude rauffahre zu meinem Büro. Das hat mich von Jugend an motiviert, an diesem Traum festzuhalten. Im Nachhinein kann ich nur bestätigen, dass dieses Ziel das allerwichtigste für mich war. Und ich kann nur jedem empfehlen, ein attraktives Ziel zu finden. Denn es kann Hürden, Tiefs und Umwege geben, aber wenn Du Dein Ziel vor Augen hast, kommst Du immer wieder auf den richtigen Weg. Welche Hürden gab es bei Dir? Ich hatte einige: Meine Eltern waren nicht sehr wohlhabend, ich habe vier Geschwister und komme aus einer Arbeiterfamilie. Ich bin ein

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Scheidungskind, habe meinen Vater nie gekannt, er hatte sich nicht für uns interessiert und nicht mal Unterhalt gezahlt. So mussten meine Eltern zu allem Übel auch noch ständig zum Jungendamt, damit wir weiter Unterstützung bekamen. Meine Mutter war Kellnerin und mein Stiefvater hat in der Industrie gearbeitet und Gase abgefüllt. Auch schulisch war es eine lange Zeit schwer für mich. Ich war in der Grundschule sehr schlecht, insbesondere in den Hauptfächern. So hatte ich nach der vierten Klasse gar keine andere Wahl, als die Hauptschule zu besuchen. Was toll war: Meine Mutter hat immer an mich geglaubt. Das ist aber toll – viele Eltern machen in einer solchen Situation sicher auch Druck. Ja, meine Mutter hat mich wirklich sehr gestärkt und ich wurde in der fünften Klasse viel besser – hatte Einsen in Mathematik und Zweien in Deutsch und Englisch. So gewann ich an Selbstbewusstsein und wusste: Ich kann mehr. Damals habe ich dann angefangen darüber nachzudenken, was ich später einmal beruflich machen möchte. Wenn mich die Leute gefragt haben, was ich einmal werden möchte, habe ich gesagt: „In der Computerbranche arbeiten und vorher Informatik studieren.“ Die meisten schauten mich mit großen Augen an und erwiderten: „Wie möchtest Du Informatik studieren? Schau mal, wo Du gerade stehst.“ Wie bist Du mit dieser Situation umgegangen? Ich habe dann meinen Realschulabschluss geschafft mit einem guten Notendurchschnitt und der Qualifikation zur Oberstufe und habe mich im Berufskolleg für eine Ausbildung als Elektrotechnischer Assistent mit der Möglichkeit zum Abitur beworben. Das war eher eine Alternative zu einer regulären Ausbildung, da ich keinen Ausbildungsplatz bei einem Unternehmen bekommen habe. Letzt­ endlich habe ich das Berufskolleg abgebrochen, weil ich es einfach nicht gewohnt war, in dieser Art und Weise zu lernen und mir auch die Motivation gefehlt hat.

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Wie ging es dann weiter? Zunächst habe ich mich mit Nebenjobs über Wasser gehalten. Meine Eltern sind weggezogen und ich blieb an meinem Heimatort. Zuerst habe ich in einem Blumengroßhandel gearbeitet. Das war harte Arbeit, es war immer kalt und ich hatte rissige Hände. Dort war ich ein halbes Jahr. Dann bin ich zu meinen Eltern nach Kevelaer gezogen und habe mir einen Job bei einem Biobauern gesucht. Das war hart, aber eine tolle Erfahrung. Als ich sagte, dass ich zum Militär gehe, hat der Bauer das bedauert und meine Arbeit gelobt. Das war ein tolles Gefühl für mich. Beeindruckend wirkt das auf mich, als hättest Du Dich auf neue und auch schwierige Situationen immer mit einer großen Neugier, Freude und Engagement eingelassen. Ja, wobei ich glaube, bei vielen Jobs ist die Freude erst im Nachhinein gekommen. Aber die meisten Menschen in diesen Jobs waren sehr nett und haben mich motiviert. Allerdings lernte ich aus diesen Tätigkeiten auch, dass ich so etwas nicht mein Leben lang tun möchte, sondern dass es Jobs sind, die jemand erbringt, um sich finanziell über Wasser zu halten. Das war eine wichtige Erfahrung für mich. Denn als kleines Kind – mit vier oder fünf – habe ich öfters gesagt, dass ich einmal Gärtner oder Bauer werden möchte. Das wollte ich nach diesen Jobs definitiv nicht mehr. Wenn ich Dir zuhöre, muss ich unweigerlich an Timothy Gallwey denken, der empfiehlt, an neue Situationen mit „Vertrauen, Neugier und Freude an der Erfahrung“ heranzugehen. Für mich klingt es so, dass Du all den beschriebenen Situationen mit einer großen Offenheit begegnet bist, daraus gelernt hast und dieses Wissen in Dich aufgesogen hast. Das stimmt und ich möchte keine der Erfahrungen missen. Ich brauche das zwar heute nicht mehr, aber: Ich habe durch meine Arbeit und das, was ich erreicht habe, auch anderen Menschen – die früher nicht an mich geglaubt haben – gezeigt, dass ich es geschafft habe.

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Das war sicherlich auch eine Motivation für mich. Aber wenn ich mir heute neue Fähigkeiten aneigne, tue ich das aus ureigener Motivation, weil es mir einfach so viel Spaß macht, neue Dinge zu lernen. Das macht mich unheimlich glücklich. Nach Deiner Tätigkeit auf dem Bauernhof bist Du zur Bundes­ wehr gegangen? Genau, am 02.11.1998 wurde ich zur Bundeswehr eingezogen. Das war ein Umbruch in meinem Leben und am Anfang echt eine harte Zeit. Du bist unter fremden Leuten und musst Dir ständig etwas sagen lassen. Befehl und Gehorsam war nicht meins. Ich hatte ja gehofft, nach dem Auszug aus dem Elternhaus selbstbestimmt zu leben, aber bei der Bundeswehr musst Du halt parieren. Auch diese Zeit möchte ich aber nicht missen, denn auch dort habe ich tolle Leute kennengelernt. Und es ist eine wichtige Erfahrung in meinem Leben. Was kam dann? Bis 2006 war ich noch Soldat, bis 2005 noch aktiv, dann bin ich in die Berufsförderungszeit gegangen. Das heißt, ich konnte eine Ausbildung zum Fachinformatiker absolvieren und habe noch zwei Jahre eine Lohnfortzahlung bekommen. Nach meiner Ausbildung habe ich zunächst zwei Jahre befristet bei einem großen japanischen Unternehmen im Service Desk gearbeitet. Leider hat dieses die Produktion von Datenträgern wie CDs, DVDs und Bändern komplett eingestellt. So dass ich dann nach meiner Befristung auch nicht dort bleiben konnte. Ich hatte Glück, ein ehemaliger Lehrer, der mich auch bei meiner Abschlussarbeit während meiner Ausbildung unterstützte, hatte von der Situation bei meinem damaligen Arbeitgeber erfahren und kannte durch sein Netzwerk eine freie Stelle, die er mir empfahl. Was war das für eine Stelle? Es ging schnell, kurz meinen Lebenslauf und Qualifikationen weitergereicht, Vorstellungsgespräch und schon war ich als Consultant eines IT-Dienstleisters für einen großen internationalen Metall­dis­

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tributor tätig. Knapp acht Jahre war ich bei diesem IT-Dienstleister angestellt und habe bei dem besagten Metalldistributor den digitalen Wandel mit begleitet. 2017 wurde ich dann von meinem jetzigen Arbeitgeber ALDI abgeworben, wo ich unter anderem verantwortlich bin für unseren Office 365 Tenant und beim globalen Rollout von den Office 365 Cloud Services mitwirke und mich mit dem Thema Unified Communication beschäftige, was mir großen Spaß macht. Darüber hinaus beschäftige ich mich heute auch noch mit ganz anderen Themen, abseits der Technik. Was sind das für Themen? Ich hatte 2014 bei meinem vorigen Arbeitgeber die Möglichkeit, eine Weiterbildung zum ITIL Expert zu absolvieren und das Wissen auch aktiv anschließend in der Transformation der Firma anzuwenden, bzw. umzusetzen. Was ich mittlerweile aber eigentlich bevorzugt verfolge, ist Social Learning. Angefangen hat es damals 2013, als ich meine Kenntnisse im Bereich Unified Communication ausbauen wollte. Ich nahm meinen ausgetrockneten Twitter-Account und folgte jedem bekannten UC-Experten. Daraus ergaben sich eine Menge an Informationen, die ich verschlang. Durch Working Out Loud wurde ich vom Konsumenten schlussendlich immer mehr zum „Contributor“ und habe in dieser Methode meine Art des Lernens entdeckt. Viele Menschen sind unglücklich in ihrem Beruf. Was rätst Du? Den Beruf auf seiner Leidenschaft aufzubauen und sich ein wirklich attraktives Ziel zu setzen. Und: Traut Euch etwas! Tut mehr von dem, was Ihr wirklich WOLLT! Was soll schon passieren? Ich denke, ich bin ein gutes Beispiel, wie man auch mit einer ungünstigen Ausgangssituation sein berufliches Glück finden kann. Abgesehen davon, dass ich zusätzlich zu meiner generellen Tätigkeit Working Out Loud in meiner Firma etabliere, bin ich auch als Corporate Influencer tätig. All das mit der Technik zusammen macht mir riesigen Spaß. Ich habe mir diese Möglichkeiten erarbeitet, weil ich Spaß daran habe und auch öfter ein wenig meinem Instinkt folge, der mir sagt, dass ich damit Erfolg habe.

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5.3 Übungen 5.3.1 So entwickelst Du Dein Ziel Tipp: Wenn Du die Übungen online ausfüllen möchtest, gehe bitte auf https://cordula-casaretto-coaching.de/de/buch.php.

Übung Nr. 5: Mein künftiges Berufsleben Du hast in den vergangenen Übungen viel darüber herausgefunden, was Dich motiviert und erfüllt. Um noch einmal zu sehen, wie wichtig es ist, sich Ziele zu setzen und diese auch zu visualisieren, lade ich Dich zu folgender Übung ein: Stell Dich in der Mitte des Raumes gerade hin und strecke den rechten oder linken Arm (je nachdem, ob Du Rechts- oder Linkshänder bist) nach vorne aus sowie den entsprechenden Zeigefinger. Schließe die Augen und drehe Dich nun mit dem Arm jeweils so weit nach rechts bzw. links, wie es geht – ohne den Unterkörper zu bewegen. Wenn Du nicht mehr weiterdrehen kannst, öffne die Augen, merke Dir die Position, auf die Dein Finger zeigt und gehe mit dem Arm wieder zurück. Wenn Du in der Ausgangsposition angekommen bist, schließe wieder die Augen und fahre gedanklich noch einmal den Weg Deines Armes nach zu dem Punkt, an dem Du Halt gemacht hast. Nun führe diese Bewegung wieder aus – immer noch mit geschlossenen Augen und versuche, mindestens an den Punkt von eben zu kommen und wenn es geht, noch etwas weiter. Öffne die Augen und sieh nach, wie weit Du diesmal gekommen bist. Diese Übung zeigt, dass Du auch über Dein Ziel hinauswachsen kannst und wie wichtig es ist, überhaupt ein Ziel zu haben und dieses zu visualisieren. Jetzt geht es los mit Deiner konkreten Planung: Lass noch einmal Revue passieren, welche Erkenntnisse Du aus den bisherigen Übungen mitgenommen hast. • Was erfüllt Dich im Berufs- und/oder Privatleben? Welche Aspekte sind Dir bei der Arbeit besonders wichtig? (Übung Nr. 2 und Übung Nr. 3) • Inwiefern werden Deine wichtigsten Aspekte bei Deiner jetzigen Arbeit bereits erfüllt? (Übung Nr. 3) • Wovon möchtest Du mehr bekommen? Wie wäre es, wenn es richtig schön wäre (=110 % Erfüllung)? (Übung Nr. 3)

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Bitte beachte, dass Dein Ziel genauso groß oder klein sein soll, wie es Dir guttut. Berufliche Veränderung kann eine komplette Trendwende bedeuten, muss es aber keinesfalls. Wichtig ist allein, dass Du mehr Zufriedenheit findest. Vielleicht ist Dein Ziel • • • • • • •

eine Gehaltserhöhung, die Du in sechs Monaten erreichen möchtest ein Zertifikat eine Beförderung mehr lernen über ein bestimmtes Thema eine (nebenberufliche) Selbständigkeit mehr Home-Office eine Neuorientierung im Beruf: z. B. warst Du bisher Marketingfachfrau und Dir sagen die Rahmenbedingungen nicht mehr zu, da sie sich nicht gut mit Deiner Familie vereinbaren lassen. Du hast schon immer gerne Nachhilfe gegeben und anderen Menschen etwas beigebracht und studierst noch einmal auf Grundschullehramt. Meine frühere Kommilitonin Linda Mathew ist diesen Weg gegangen. Das Interview mit ihr findest Du in Abschn. 2.2.2.

Wenn Du ein schönes berufliches Ziel für Dich formulieren würdest … … wie sähe das aus? Wichtig ist, dass Du Dein Ziel so konkret wie möglich formulierst und richtig schöne, stimmige Bilder vor Deinem inneren Auge auftauchen. Konkret wäre z.  B.: „Ich möchte in zwei Jahren 80.000  Euro Jahreseinkommen haben“ anstatt zu sagen „Ich möchte mehr Geld verdienen.“ Wichtig ist auch, dass das Ziel positiv formuliert ist. So etwas wie „Ich möchte nicht mehr so viel arbeiten“ ist negativ formuliert und gilt daher nicht. Welche Deiner Fähigkeiten könntest Du einsetzen, damit Du Dein Ziel erreichst? Welche Fähigkeiten müsstest Du Dir noch aneignen? Was hättest Du nach Erreichen dieses Ziels für Dich und Dein Leben gewonnen? Inwiefern ist das Ziel durch Dich selbst initiierbar? Das ist sehr wichtig – wenn es das nicht ist, formuliere das Ziel noch einmal ein wenig um. Beispielsweise wäre ein nicht selbst initiierbares Ziel: „Ich möchte mehr Wertschätzung von meinem Chef erhalten“, da Du das Verhalten des Chefs nicht vollumfänglich beeinflussen kannst. Denkbar wäre z. B.: „Ich möchte ein Gespräch mit meinem Chef führen, in dem ich meine Sicht darlege und seine Perspektive verstehen möchte. Außerdem möchte ich in diesem Gespräch Ziele für die nächsten 12 Monate festlegen.“ Ist das Ziel grundsätzlich realisierbar? Es ist ziemlich viel möglich und umsetzbar, aber es gibt manchmal Rahmenbedingungen, die Ziele nicht realisierbar werden lassen, wie z. B. „Ich bin 58 und möchte mich verbeamten lassen.“

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Für wie attraktiv hältst Du dieses Ziel (auf einer Skala von 1 bis 10)? Wenn es unter 10 liegt, überlege noch einmal, wie Du Dein Ziel evtl. so umformulieren kannst, dass es richtig erstrebenswert und attraktiv ist und Du bei einer 10 landest. Wer ist von der Zielerreichung noch betroffen? Und woran merken diese Personen, dass sie von der Zielerreichung betroffen sind? Z. B. Dein Partner, Deine Familie, Deine Kollegen, Deine Vorgesetzten. Was bist Du bereit, für das Erreichen Deines Ziels in Kauf zu nehmen? Würdest Du beispielsweise 2 Stunden Zeit pro Woche aufwenden, um für eine Prüfung zu lernen und ein Zertifikat zu bekommen? Wann möchtest Du dieses Ziel erreicht haben? Beispielsweise in 6 Monaten oder 2 Jahren. Woran würde eine andere Person merken, dass Du Dein Ziel erreicht hast? Woran merkst Du, dass Du Dein Ziel erreicht hast? Bitte fasse dein Ziel jetzt noch einmal in einem oder wenigen Sätzen zusammen: Ich möchte am/bis zum xx.xx.20xx … … erreicht haben/verdienen … .

5.3.2 Brief von meinem zukünftigen Ich Übung Nr. 6: Brief von meinem zukünftigen Ich Um zu Deinem Ziel eine noch stärkere emotionale Verbindung herzustellen, Deinen Fokus darauf zu halten und Dich für den Weg dorthin zu stärken, gibt es eine ganz hervorragende Möglichkeit: einen Brief von Deinem zukünftigen Ich an Dich selbst. Wichtig ist, dass Du Emotionen in diesen Brief einbringst. Denn daraus entwickelt sich eine schöpferische Kraft, mit der es Dir viel leichter fällt, Dein Ziel zu erreichen und auch Hürden kreativ zu meistern. Stell Dir bildhaft vor, wie wunderbar es sein wird, wenn Du Dein Ziel erreicht hast – wie Du Dich dann fühlst, welches Glücksgefühl Dich durchfährt, welche Leichtigkeit Du spürst und welchen Stolz, dass Du Dein Ziel erreicht hast. Um Dich in diesen schönen und emotionalen Zielzustand hineinzuversetzen, hilft es, sich Deinen Zielzustand in Bildern vorzustellen. Nehmen wir mal an, Du möchtest Dein berufliches Ziel am 15. Januar 2022 erreicht haben. Dann datierst Du den Brief von Deinem zukünftigen Ich an Dich heute auf den 16. Januar 2022 oder den 30. Januar 2022. Versetze Dich in diesen schönen Zustand hinein. Welche Bilder tauchen vor Deinem inneren Auge auf? Was fühlst Du dabei? In Deinem Brief be-

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schreibt Dein zukünftiges Ich ausführlich, wie es sich nach der Zielerreichung fühlt – es geht auf folgende Punkte ein: • Was machst Du im Jahr 2022? • Wie lebst Du und was ist das Großartige an dieser Situation? • Dein Ich im Jahre 2022 beschreibt auch, wie es dorthin gelangt ist: Welche Träume wurden verwirklicht? Welche Vision wolltest Du mit dem Ziel realisieren? Welche wesentlichen Erkenntnisse haben Dir weitergeholfen? Welche wesentlichen Schritte bist Du gegangen? • Wie bist Du mit Hürden und Rückschlägen umgegangen? • Was hat Dich gestärkt? Zur Inspiration noch ein schönes Beispiel eines Briefes von einem zukünftigen Ich (von Janine Kirchhof) [3]: Liebe Janine, verrückt, wie schnell die Zeit schon wieder vergangen ist – zack sind drei Jahre um! Du hattest dir viel vorgenommen. Und hast alles geschafft! Herzlichen Glückwunsch, du kannst stolz auf dich sein. Dein Online Business als New Work Facilitator läuft besser, als du erhofft hast. Und das, obwohl du mit deinem ersten Online-Kurs so gekämpft hast. Weißt du noch? Ach, und ein Online-Shop mit deinen Sketchnotes läuft außerdem wie geschnitten Brot. Du kannst so die Hälfte deines Einkommens passiv erwirtschaften. Läuft bei dir! Inzwischen konntest du auch das Life Design Camp als erfolgreiches Format etablieren. Wow, das fühlt sich richtig gut an! Du kannst spüren, wie du Menschen damit hilfst, ihr volles Potenzial zu entfalten. Du machst die Welt damit zu einem besseren Arbeitsplatz. Zuerst wusstest du nicht, wie du anfangen solltest und wie dein Weg erfolgreich werden kann. Außerdem hast du dich zu oft durch äußere Einflüsse ablenken lassen. Das war schon in der ersten Klasse so. Deshalb schrieb deine Klassenlehrerin damals in dein Zeugnis: „Es sollte ihr noch besser gelingen, sich nicht so leicht ablenken zu lassen.“ Haha, erinnerst du dich daran? Dein Banknachbar hatte dich immer wieder zum Schwatzen verleitet. Und du hast mitgemacht! Weil du schon damals lieber Dinge tun wolltest, die dir Spaß machen. Das ist auch heute noch so, nur, dass du dich nicht mehr so leicht ablenken lässt. Schon gar nicht von Männern! Es war gar nicht so einfach für dich, die Ablenkungen in den Griff zu bekommen. Doch in den letzten drei Jahren hast du die volle Verantwortung für dein Leben übernommen. Keine Ausreden, keine Ablenkungen – du warst komplett bei dir. Nur der Fokus auf deine Ziele war wichtig. Die richtigen Tools und Techniken haben dir geholfen.

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Diszipliniert hast du daraus Routinen gemacht. Du hast auf diese Weise das Ruder nicht aus deiner Hand gleiten lassen. Du hast selbst bestimmt, ob dich Störungen erreichen und was deine Aufmerksamkeit catcht. Stück für Stück hast du so deine Eigenmacht erhöht. Endlich keine Blockaden mehr. Bravo! Und dann plötzlich warst du voll im Flow und konntest deine Ziele mit einer enorm hohen Geschwindigkeit umsetzen. Bam, bam, bam!! Produktiv sein macht dir richtig Spaß! Das alles hast du nicht ohne die Unterstützung der Menschen geschafft, die du am meisten liebst. Allen voran deine Schwester Nadine. Der Mensch, der dich am besten versteht, weil ihr die gleiche DNA in euch tragt. Und dein zweiter Zwilling, Dado. Seine Liebe macht dich stark und unverwundbar, ihr seid ein richtiges Powerpärchen. Und nun wirst du deine Erfolge gebührend feiern. Du schmeißt heute zum Jahreswechsel eine Mottoparty und dann geht’s ab ans Meer. Oder besser an den Ozean – nach Australien! Genieß die Zeit und chill mal. Dein zukünftiges Ich, Janine

Jetzt geht es los: Du schreibst einen Brief von deinem zukünftigen Ich an Dich heute: Lieber/Liebe …, Wenn Du möchtest, kannst Du Deinen Brief, den Du von Deinem zukünftigen Ich an Dich selbst schreibst, auch über die Webseite https://www.futureme.org/ an einem bestimmten Datum per E-Mail an Dich selbst senden lassen. Das Datum, an dem Du die Mail erhalten möchtest, kannst Du selbst festlegen. Vielleicht hilft Dir das, Dich auf Deinem Weg zum Ziel noch einmal zu stärken. Probier es einfach mal aus.

5.4 Weiterführende Buchtipps und Quellen Die folgenden Buchtipps enthalten weitere Hinweise zur Wichtigkeit von Zielen, wie Du sie definierst und welche Methodiken Dir helfen können, Dein Ziel zu erreichen. Schäfer B (2003) Die Gesetze der Gewinner. dtv Verlagsgesellschaft, München In diesem Buch werden 30 leicht nachvollziehbare Strategien vorgestellt, die beruflichen und persönlichen Erfolg befördern. Jede Strategie wird

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erläutert und beinhaltet einen Praxisteil mit Aufgaben und Übungen, die die Lesenden gleich ausprobieren und umsetzen können. Wer Lust hat, kann jeden Tag ein Kapitel lesen und hat so innerhalb eines Monats ein schönes Paket neuer Impulse „inhaliert“. Schäfer B (2003) Der Weg zur finanziellen Freiheit. dtv Verlagsgesellschaft, München Bodo Schäfer leitet die Lesenden dazu an, Wohlstand, finanzielle Freiheit und Sicherheit zu erlangen. Das Buch enthält auch Aufgaben und Übungen, mit denen eigene Ziele und Maßnahmen festgelegt werden können. Hill N (2018) Think and Grow Rich – Deutsche Ausgabe: Die ungekürzte und unveränderte Originalausgabe von Denke nach und werde reich von 1937. FinanzBuch, München Unglaubliche 60 Millionen Mal verkaufte sich dieses Buch, für das der Journalist Napoleon Hill in mehr als 20 Jahren rund 500 Millionäre interviewte, unter ihnen die einflussreichsten Menschen seiner Zeit wie Thomas Edison, Alexander Graham Bell, Henry Ford, John D. Rockefeller oder Theodore Roosevelt. Die Essenz ist eine ebenso zeitlose wie überzeugende Anleitung für persönlichen Erfolg, in der Napoleon Hill zeigt, wie man in nur 13 Schritten sein Leben verändern kann.

Die Quintessenz aus diesem Kapitel Ziele – egal wie groß oder klein sie sein mögen – geben uns eine Richtung vor und verleihen uns Kraft. Es gibt zehn Aspekte, die bei der Definition des eigenen Ziels besonders wichtig sind: 1. Attraktivität und Relevanz 2. Emotionen 3. Realisierbarkeit 4. Selbst initiierbar 5. Positiv und präzise formuliert 6. Visualisierung Deines Zeils 7. „Ökocheck“ – was Du bereit bist zu investieren

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8. Positive Geisteshaltung 9. Sei der Regisseur Deines Lebens! 10. Messbarkeit In der ersten Übung in diesem Kapitel hast Du ein richtig attraktives Ziel für Dich entwickelt. In der zweiten Übung hast Du zu Deinem Ziel eine noch stärkere emotionale Verbindung hergestellt, indem Du einen „Brief von Deinem zukünftigen Ich an Dich heute“ verfasst hast und erzählst, mit welchen Schritten Du Dein Ziel erreicht hast.

Literatur 1. Hill N (2018) Think and Grow Rich – Deutsche Ausgabe: Die ungekürzte und unveränderte Originalausgabe von Denke nach und werde reich von 1937. FinanzBuch, München 2. Stepper J (2019) Working out Loud Circle Guides – Woche 7. https://static1. squarespace.com/static/5602f08de4b0cb7ca5d4a933/t/ 5cb65c09971a1852597f29c2/1555454985584/WOL+Circle+Guide+-+Week+7+v5.0+-+German.pdf. Zugegriffen am 07.07.2020 3. https://www.janinekirchhof.com/ein-brief-von-meinem-zukuenftigen-ich/. Zugegriffen am 31.05.2020

6 Schritt 5: Identifiziere Deine Ressourcen zur Zielerreichung

Im fünften Schritt identifizierst Du, was es braucht, um Dein Ziel zu erreichen.

Schritt 5: Identifiziere Deine Ressourcen. Grafiken des 7-Schritte-Modells: Franziska Sommerfeld © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Casaretto, Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7_6

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Mit Ressourcen sind alle Aspekte gemeint, die Du brauchst, um Dein Ziel zu erreichen. Man könnte auch sagen, Ressourcen bilden die Hebel und Kraftquellen, mit denen Du Dein Ziel erreichst. Um Dein Ziel zu erreichen, solltest Du wissen, welche Ressourcen dafür notwendig sind. Ressourcen umfassen z. B. • Fähigkeiten, die Du bereits hast oder noch erlangen solltest, • bestimmte Menschen, die Dich unterstützen • Erfolgsstrategien: Vorgehensweisen, die Du schon einmal angewendet hast und die Dir bei der Erreichung Deines Ziels helfen können oder Erkenntnisse aus bisherigen Erlebnissen • bestimmte Gewohnheiten oder Maßnahmen Deinerseits wie das regelmäßige „Auftanken“, um ein gutes Energielevel zu erreichen ­ (Kraftquellen) Unverzichtbar ist zu wissen, welche Ressourcen Du zu Deiner Zielerreichung benötigst. Wenn Du feststellst, dass die Ressourcen aktuell vielleicht nicht ausreichen, kannst Du überlegen, wie Du Deine Ressourcen (wieder) aufbaust oder ob Du die Dauer, bis Du Dein Ziel erreichen möchtest, verlängerst. In diesem Kapitel bekommst Du einen Boost an Impulsen für mögliche Ressourcen – zum Beispiel, wie Du auf schöne und spannende Weise neue Fähigkeiten erlernst oder bestehende vertiefst  – mit einem Überblick an vielen hilfreichen Weiterbildungsmöglichkeiten. Und Du lernst, wie Du auf sehr wertschätzende Weise netzwerkst mit Menschen, die Dich bei Deiner Zielerreichung unterstützen. Was braucht es? Die Kernfrage bei der Identifizierung der Ressourcen lautet: Was braucht es, um Dein Ziel zu erreichen?

Wie Du genau vorgehst, um den Ressourcenbedarf für Dein Ziel zu ermitteln, zeigt Dir die Übung in Abschn. 6.8.

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Ein Teil der Ressourcen dreht sich um die Erlangung oder Vertiefung von Fähigkeiten und Wissen. Dazu haben wir heute eine Vielzahl von Möglichkeiten. Wissen veraltet heute viel schneller als früher, insofern ist es sowieso ratsam, sich „up to date“ zu halten. Früher lag die Halbwertszeit einer erlernten Fähigkeit bei 30 Jahren, heute nur noch bei fünf Jahren. Insofern ändern sich die Anforderungen an uns Menschen fortlaufend [1]. Viele erfolgreiche Menschen lesen regelmäßig – sogar täglich. Barack Obama sagte einmal, dass Bücher ihm geholfen haben, die Präsidentschaft zu überstehen, und Bill Gates meint, dass das Lesen schon seit der Kindheit sein effektivstes Lernmittel sei [2]. Der US-Unternehmer Michael Simmons rät zu einer Fünf-Stunden-­ Regel pro Woche. Es geht darum, eine Stunde am Tag, beziehungsweise fünf Stunden pro Woche, zur bewussten Weiterbildung zu nutzen. Michael Simmons führt das Prinzip zurück auf Benjamin Franklin [2]: „Throughout Ben Franklin’s adult life, he consistently invested roughly an hour a day in deliberate learning. I call this Franklin’s five-hour rule: one hour a day on every weekday.“ [2] Michael Simmons, Gründer des Unternehmens Empact

Diese Stunde Lernen pro Tag mag ziemlich viel klingen, aber andererseits ist es natürlich beeindruckend, wieviel Know-how sich innerhalb eines Monats, eines Jahres usw. aufbauen lässt. Und dank der digitalen Medien und adressatengerechten Aufbereitung lassen sich inzwischen Inhalte von ganzen Büchern in rund 15 Minuten lesen, z. B. über die App Blinkist (mehr dazu in Abschn. 6.2.2.2). Im Interview mit Dr. Jens Brandenburg in Abschn. 6.7.2 erfährst Du, welche Initiativen derzeit in der Politik laufen, um Menschen zu motivieren, lebenslang zu lernen. Denn anders als früher wird lebenslanges Lernen entscheidend sein für jede berufliche Laufbahn. Darüber hinaus lassen sich Ziele oftmals viel leichter erreichen, wenn Du andere Menschen zu Rate ziehst – zum Beispiel, indem Du „netzwerkst“. Beide Arten von Ressourcen – also Weiterbildung sowie Netzwerken mit anderen Menschen – sind in den vergangenen Jahren vielfältiger geworden und sind allgemein zugänglich.

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Die wichtigsten Möglichkeiten für Weiterbildung und zum Netzwerken findest Du in Abschn. 6.2.1 bzw. Abschn. 6.5. Es gibt sogar Alternativen, in denen beides vereint ist  – zum Beispiel bei der Methode „Working Out Loud“ (Abschn. 6.2.1.1.1).

6.1 Warum ohne Ressourcen alles nichts ist Die Grundannahmen im modernen Coaching fokussieren sich auf Lösungsorientierung und Ressourcen. Das bedeutet auch, dass wir in „ressourcenvollen Zuständen“ sehr viel leichter und mit mehr Lebensqualität unsere Ziele erreichen als in „ressourcenarmen Zuständen“. Deshalb ist es ratsam, dass wir sorgsam mit unseren Ressourcen umgehen und wissen, welche Dinge uns guttun und wie wir unsere Ressourcen aufbauen. Eine fantastische Ressource kann es für einen Menschen bedeuten, eine Tasse Cappuccino in der Sonne zu trinken und für jemand anderen, Klavier zu spielen oder seinen Hund zu streicheln. In der Übung am Ende des Kapitels kommt eine Frage, bei der Du bewusst darüber nachdenkst, was Deine Kraftquellen, Deine Ressourcen sind und sie dann notierst. Wenn Du Dir über Deine Ressourcen bewusst bist, kannst Du sie noch bewusster einsetzen, um in einen „guten“ Zustand zu kommen. Außerdem eröffnet Dir die Frage nach den Ressourcen für Deine Zielerreichung auch noch einmal weitere nützliche Optionen für Deinen konkreten Plan, um ans Ziel zu gelangen.

Aus der Praxis: Coaching eines 18-jährigen Musikers Eines Tages coachte ich einen 18-jährigen, sehr begabten Musiker. Sein Ziel war es, eine eigene CD zu produzieren. Er kam ins Coaching, weil er bei seinem Projekt „CD produzieren“ keine Fortschritte erzielte. Im Laufe des Coachings kristallisierte sich heraus – bei der Frage „was braucht es dazu, eine eigene CD zu produzieren?“, dass es ihm sehr helfen würde, von erfahrenen Musikern Hinweise zu bekommen und sie zu bitten, ihm Türen zu öffnen bei verschiedenen Produktionsfirmen. Der junge Musiker hatte bis-

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her in seinem Leben alles mit Bravour gemeistert: Abitur mit 1,0 mit gerade mal 18 Jahren, 1. Platz in mehreren Musikwettbewerben und Aufnahme in einer Musikakademie als einer der jüngsten Schüler überhaupt. Er konnte die Ressourcen für seine Zielerreichung bisher immer „aus sich selbst“ he­ raus aktivieren und war damit äußerst erfolgreich. Die Sichtweise, dass es auch Ressourcen gibt, für die man andere Menschen ansprechen darf, um von ihren Erfahrungen zu profitieren, war für ihn völlig neu und bis dahin nicht in seinem Gedankenrepertoire präsent. Es war sozusagen ein blinder Fleck. Er erkannte dies im Rahmen unseres Coachings und war sehr erleichtert, dass er seine eigene innere Blockade erkannt und „geknackt“ hatte.

6.2 Beispiele nützlicher Ressourcen 6.2.1 Weiterbildungsmöglichkeiten Menschen, die glücklich sind in ihrem Beruf, lernen in der Regel intrinsisch und kontinuierlich. Verglichen mit anderen Ländern ist die Anzahl der Menschen in Deutschland, die sich fortlaufend weiterbildet, aber erschreckend gering. Insgesamt erwarten wir in Deutschland überdurchschnittlich starke Veränderungen unserer Arbeitswelt durch Themen wie Digitalisierung und „VUCA“ (siehe Kap. 1) – viel mehr als dies Menschen in anderen Ländern tun. Bereiten wir uns darauf vor? Nein. Eine Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG), der Stellenbörse Stepstone und des Stellenbörsennetzwerks The Network zeigt: Deutschland bildet das Schlusslicht in punkto Weiterbildung. 366.000 Menschen in 197 Ländern wurden befragt, darunter ca. 17.000 in Deutschland, wie viel Zeit sie regelmäßig für Weiterbildung aufwenden. Der weltweite Durchschnitt beträgt 65 %, in Deutschland wenden ungefähr 38 % regelmäßig Zeit für Weiterbildung auf [3]. Überraschenderweise erwarten die Deutschen im Zuge der zunehmenden Globalisierung und Automatisierung im internationalen Vergleich überdurchschnittlich starke Veränderungen für ihren Beruf – nämlich 55 %. Der weltweite Durchschnitt beträgt 49 % (vgl [3]).

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Wir erwarten also große Veränderungen, wenden aber unterdurchschnittlich viel Zeit auf, um uns auf diese Veränderungen vorzubereiten. „Lebenslanges Lernen ist für jeden Mitarbeiter, ob 20 oder 60 Jahre alt, zwingend notwendig“, erläutert Rainer Strack, Partner bei BCG und Autor der Studie [3]. Noch eine ermutigende Nachricht in diesem Zusammenhang: Aufgrund des demographischen Wandels werden anspruchsvolle und komplexe Aufgaben in der Zukunft von immer weniger Menschen erledigt werden müssen. Gleichzeitig müssen diese Menschen immer länger arbeiten. Deshalb müssen sie auch dafür sorgen, langfristig leistungsfähig und motiviert zu sein. Diese Entwicklung bietet gute Chancen, neue und spannende Jobs auszufüllen. Dafür braucht es aber wiederum Offenheit – im Sinne des Mindsets – sowie auch die Bereitschaft und Fähigkeit, neues Wissen aufzunehmen. Einen hilfreichen Überblick über die Entwicklung der Arbeitswelt bietet das Interview mit Stefan Weiss am Ende des ersten Kapitels. Weiterbildung muss nicht immer gleich ein Aufbaustudium sein Anders als noch vor 20 Jahren lassen sich heute aus einer Fülle von digitalen und analogen Weiterbildungsmaßnahmen die passenden und nützlichen extrahieren. Zudem ändert sich Wissen so schnell, dass es quasi unverzichtbar ist, sich kontinuierlich weiterzubilden. Denn das ist auch anders als früher: Wir werden unser Leben lang lernen „müssen“. Dafür bekommen wir die Chance, unterschiedliche Berufe in unserem Leben ausüben zu dürfen oder neue Aspekte in unseren aktuellen Beruf zu integrieren. Um den Anforderungen der Digitalisierung, Globalisierung und weiterer gesellschaftlicher Veränderungen Rechnung zu tragen, hat die FDP eine Initiative entwickelt: Sie möchte mit einem „Midlife-BaFöG“, mit Bildungskonten und einer Online-Plattform für Weiterbildungsangebote das lebenslange Lernen fördern. Weitere Informationen hierzu findest Du im Interview mit dem Bundestagsabgeordneten Dr. Jens Brandenburg in Abschn. 6.7.2. Die folgenden Weiterbildungsmöglichkeiten bieten Impulse, den eigenen Wissensdurst zu stillen und dies mit dem Ziel und der Leidenschaft zu verknüpfen, die wir in den vorherigen Kapiteln identifiziert haben. In Abschn. 6.8 findest Du eine Übung, mit der Du Deinen genauen Weiter-

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bildungsbedarf identifizieren kannst. Das Großartige dabei: Fast alle Maßnahmen sind kostenlos oder erfordern wenig Investition und sind unkompliziert anzuwenden. Und bei jeder Maßnahme findest Du einen Tipp, wie Du direkt loslegen kannst. Der Einfachheit halber sind die Maßnahmen nach Kategorien geordnet: 1 . Lernen, das mit Netzwerken verknüpft ist (u. a. Working Out Loud) 2. Digitale Learning-Plattformen (u. a. Udemy, OpenHPI) 3. Aufbereitung von Buchinhalten und anderen Wissensquellen (u.  a. Blinkist) 4. Soziale Netzwerke (u. a. YouTube-Tutorials) 5. Coaches und Mentoren 6. Dein Braintrust (Gleichgesinnte, die ähnliche Interessen und Ziele verfolgen) 7. Möglichkeiten zum Networking (u. a. nach Keith Ferrazzi) 8. Erfolgsstrategien

6.2.1.1  Lernen, das mit Netzwerken verknüpft ist 6.2.1.1.1  Working Out Loud (WOL) Was steckt dahinter? Vier bis sechs Teilnehmer treffen sich zwölf Wochen lang einmal pro Woche für eine Stunde persönlich oder per Webmeeting in einem sogenannten „Circle“. Für jede Woche gibt es einen Circle-Guide mit Übungen für die Teilnehmer, die in den wöchentlichen Treffen gemeinsam durchgeführt und/oder besprochen werden. Maßgeblich entwickelt wurde die Methode von John Stepper, der lange bei der Deutschen Bank gearbeitet hat. WOL bietet eine Methodik, Beziehungen aufzubauen, die helfen, ein Ziel zu erreichen, eine Fähigkeit auf- oder auszubauen oder ein spannendes, neues Thema zu entdecken. Dafür wird in Beziehungen investiert. Durch das Einbringen von Beiträgen aus eigener Arbeit und Erfahrung wird jeder Teilnehmer im Laufe der Zeit besser sichtbar [4].

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Das sind die fünf Prinzipien von WOL: • • • • •

Beziehungen (Relationships) Großzügigkeit (Generosity) Sichtbare Arbeit (Visible work) Zielgerichtetes Verhalten (Purposeful Discovery) Wachstumsorientiertes Denken (Growth Mindset)

Geeignet für Menschen, die sich individuelle Lernziele setzen und diese schnell erreichen möchten. Wie Du direkt loslegen kannst Leitfäden  – sogenannte Circle Guides und weitere Informationen zu WOL finden sich unter https://workingoutloud.com/de/circle-guides. Mit dem Circle-Finder lassen sich Gleichgesinnte finden: https://circlefinder.workingoutloud.com/. Genutzt von sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen wie Bosch, BMW, Conti, Siemens. Meine Einschätzung Ich persönlich habe WOL als wahre Bereicherung und Paradigmenwechsel in meinem Denken empfunden. Ich habe entdeckt, wie wertvoll es sein kann, mit anderen Augen durch die Welt zu gehen und zu überlegen, welchen Mehrwert ich meinem Netzwerk bieten kann, wie ich meine Ziele mit anderen Personen und einem Mehrwert für diese verbinden kann.

6.2.1.1.2  lernOS Was steckt dahinter? lernOS ist ein Betriebssystem für lebenslanges Lernen und lernende Organisationen. Es basiert auf dem Verb „lernos“, das aus dem Esperanto stammt und ist die Zukunftsform von lernen: Das von iOS bekannte,

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groß geschriebene „OS“ symbolisiert die Bedeutung der Digitalisierung für die vernetzte Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts [5]. Es bietet einen Ansatz, um die richtige Grundhaltung (Mindset) für die digital vernetzte Wissensgesellschaft aufzubauen, die richtigen Fähigkeiten (Skillset) zu entwickeln sowie die richtigen Werkzeuge und Methoden (Toolset) zu erlernen und anzuwenden. Anders als bei WOL existieren bei lernOS drei Leitfäden, die den Ansatz beschreiben: 1. für Einzelpersonen 2. für Teams 3. für Organisationen. Darüber hinaus gibt es noch eine Toolbox, die häufig verwendete Methoden und Werkzeuge erläutert (u. a. Podcast, Barcamp, Sketchnoting) [6]. Das Mission Statement von lernOS lautet: „lernOS – Operating System for Lifelong Learning and Learning Organizations“ [7]. Geeignet für Menschen, die sich individuelle Lernziele setzen und diese schnell erreichen möchten. Genutzt von sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen Wie Du direkt loslegen kannst Leitfäden und weitere Informationen zu lernOS finden sich unter https:// de.slideshare.net/cogneon/lernos-leitfaden-fr-dich-version-15 Erfahrungsbericht von Dennis Bensch zu seiner Erfahrung mit WOL und lernOS – was sind die Unterschiede? Ich denke, dass ich schon ganz gut vernetzt war, bevor ich zu WOL kam, jedoch half mir die Methode, mich zielgerichteter mit Menschen zu verbinden, die ähnliche Ziele verfolg(t)en bzw. sich dazu bereits Wissen und Erfahrung aufgebaut hatten. Des Weiteren hat es mich mehr und mehr vom nahezu vollständigen Konsumenten zum „Beiträger“ transformiert

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und somit Social Learning noch einmal von einer ganz anderen Seite bewusst gemacht. Wer intrinsisch motiviert ist, etwas Neues zu lernen bzw. sein vorhandenes Wissen über etwas Bestimmtes vertiefen möchte oder sich etwas anderes als Ziel gesetzt hat, kann WOL als Lern- und Arbeitsmethode verwenden, um dieses Ziel zu erreichen, bzw. sich weiterzuentwickeln und neue Fähigkeiten anzueignen. Hierzu ist kein Vorwissen nötig, jeder Inte­ressierte kann mit WOL sofort loslegen. WOL ist aus meiner Sicht die Social-Learning-Methode, weil es unter anderem durch Aufgaben zur eigenen Person (50 Fakten über mich, Brief an mein zukünftiges Ich …) tiefer emotional wirkt. Es fängt mit ganz einfachen Übungen an, die aufzeigen, dass man gut vernetzt sein sollte, onund offline (erstelle Deine erste Beziehungsliste, like Artikel, kommentiere …), bis zu den o. g. Übungen und „Tools“, die man sehr gut in die tägliche Arbeit integrieren kann (The Habit Checklist, Fortschrittsdiagramm, Brief aus der Zukunft (Ziele für die nächsten X Monate) …) Im Vergleich dazu sind lernOS und Learning Out Loud sicherlich auch geeignete Social-Learning-Methoden und es kommt wie immer auf den Anwendungsfall an, wann und wie ich welches „Tool“ am besten anwende. Wenn ich zurückblicke und meine Erfahrung mit dem Erfahrungsaustausch anderer vergleiche, passt für mich folgender Satz: „Menschen, die nach zwei bis drei WOL Circles noch mehr wollen, denen diese Art des Lernens gefällt, denen sei die Nutzung von lernOS empfohlen“ [8]. lernOS ist aus WOL entstanden Tatsächlich ist lernOs aus WOL entstanden, hieß zunächst WOL+ und wurde aus Gründen des Copyrights umbenannt. Den Ursprung kann man noch erahnen, obwohl die Übungen von 31 auf 11 reduziert wurden und andere agile Methoden miteingeflossen sind (Scrum, Objectives & Key Results, Getting Things Done und Viable Product aus Lean Start-up). Für meinen persönlichen Geschmack hat die Seele (WOL) mit dem Einfluss dieser Methoden aber auch etwas gelitten. Es ist sehr schön strukturiert und für das systematische Arbeiten/Lernen genial, jedoch fördert es meines Erachtens zu wenig die intrinsische Motivation. Was mir an lernOS sehr gut gefällt: Es ist im Gegensatz zu WOL unter der offenen Creative Common Lizenz verfügbar (CC BY 4.0). Das bedeutet, dass jeder die vorhandenen Dokumente an seine Bedürfnisse anpassen darf, unabhängig davon, ob es privaten oder geschäftlichen Zwecken dient. So sind im Laufe der Zeit einige zusätzliche Guides auf Grundlage der

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lernOS Guides entstanden, mit denen spezielle Fähigkeiten erlernt werden können. Die so genannte Toolbox, eine ständig wachsende Auswahl von Guides, die oft genutzte Methoden und Werkzeuge erklären. Mit den Leitfäden können die jeweiligen Tools und Methoden in einem lernOS Sprint erlernt werden. Die WOL Guides sind frei verfügbar, auch für Unternehmen, dürfen aber nicht ohne Genehmigung verändert werden und ab Version 6 auch nicht mehr innerhalb von Unternehmen ohne Genehmigung intern auf eigenen Servern verfügbar gemacht werden. Grundsätzlich muss jeder Nutzer sich auf workingoutloud.com registrieren und bekommt dann die aktuellsten Guides zur Verfügung gestellt. Ein vollständiges Interview mit Dennis Bensch liest Du in Abschn. 5.2.2.

6.2.1.2  Digitale Lernplattformen Das Schöne an digitalen Lernplattformen: Es lässt sich ortsunabhängig lernen und in der Regel auch zu jeder Tages- oder Nachtzeit. Außer die Kurse finden in Echtzeit statt. Insgesamt eine tolle Errungenschaft, denn durch das Internet ist Wissen in unglaublichem Maße verfügbar. Umso wichtiger ist es zu wissen, was man lernen möchte. Außerdem sehr hilfreich und inspirierend: Man kann durch das Absolvieren von Online-Kursen in relativ kurzer Zeit Know-how in „neuen Wissensbereichen“ gewinnen, ohne gleich eine weitere Ausbildung oder ein Studium abschließen zu müssen. Und das Wissen auf den digitalen Lernplattformen und in den „Massive Open Online Courses“ ist in der Regel so konzipiert, dass sie Wissen sehr strukturiert und für den Lernenden interessant vermitteln.

6.2.1.2.1  Udemy Was steckt dahinter? Von Effektivitätssteigerung und Zeitmanagement über Programmierung bis hin zu Persönlichkeitsentwicklung und Flirtanleitungen: Mit mehr als 100.000 Onlinekursen bildet Udemy ein fast unerschöpfliches Repertoire für Wissenshungrige. Die Kurse kosten zwischen €  11,99 und

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€ 200. Oftmals bietet Udemy Rabattaktionen mit 60 % oder gar 90 % auf den Normalpreis. Die Kurse werden von Experten angeboten, die sich bei Udemy als Dozent registrieren können. Übrigens auch eine Möglichkeit, sich mit einem Kurs dort als Experte zu positionieren! Die Kurse bestehen aus Lektionen, die Videos, Präsentationen oder Artikel enthalten. Zur Überprüfung des Gelernten setzen die Dozenten Quizfragen, Praxistests, Aufgaben und Programmierübungen ein. Für jeden absolvierten Kurs gibt es eine Udemy-Abschlussbestätigung. Geeignet für Menschen, die sich mit überschaubarem Zeitaufwand und sehr konkret in Soft Skills oder fachlichen Themen weiterbilden wollen, aber auch für „Hobbies“ – wie z. B. Klavier spielen lernen. Lässt sich auch wunderbar einsetzen, um konkret identifizierten Weiterbildungsbedarf zu decken. Wie Du direkt loslegen kannst https://www.udemy.com/ Meine Einschätzung Sehr nützlich durch die unglaubliche Anzahl an Kursen, die auch viele neue Themen abbildet wie Blockchain oder Künstliche Intelligenz. Die Kurse sind sehr praxisnah aufgebaut und fast durchgängig sehr gut erklärt. Zugriff auf die Kurse gibt es nach Erwerb ein Leben lang und die Kurse lassen sich im eigenen Tempo absolvieren.

6.2.1.2.2  Coursera Was steckt dahinter? Ähnlich wie Udemy bietet Coursera ebenfalls Onlinekurse an – unter anderem auch von renommierten Universitäten. Coursera arbeitet mit 190 Universitäten zusammen – u. a. mit der Stanford University. Für das erfolgreiche Absolvieren mancher Kurse erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat. Coursera selbst bietet keine Kurse an, sondern bündelt die Angebote der kooperierenden Universitäten und Unternehmen. Die Kurse bestehen aus mehreren Stunden an Videovorlesungen, kombiniert mit Leistungsüber-

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prüfungen in verschiedenen Formaten wie z. B. (unbewertete) Quizfragen in den Videos zur Selbstkontrolle, automatisch korrigierte Quizzfragen oder „Peer Reviews“ in Form von Aufgabenstellungen von Mitstudenten – üblicherweise drei bis fünf komplexere Aufgabenstellungen. Geeignet, um in neue Themen ’reinzuschnuppern und sich konkretes Wissen anzueignen für die berufliche Weiterentwicklung. Genutzt von Menschen, die sich kostengünstig und flexibel weiterbilden möchten. Sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen wie AXA, P&G, L’Oréal Wie Du direkt loslegen kannst https://de.coursera.org/

6.2.1.2.3  Udacity Was steckt dahinter? Gegründet vom deutschen Stanford-Professor für Künstliche Intelligenz Sebastian Thrun, bietet Udacity vorwiegend Kurse aus dem technischen Bereich an – es lassen sich bei erfolgreichem Absolvieren der Kurse ebenfalls Zertifikate erwerben. Die Lehrsprache ist Englisch. Als Udacity 2012 gegründet wurde, war dies ein Paradigmenwechsel – denn Bildung in den USA kostet Geld und Udacity bot diese erstmals kostenfrei an [9]. Udacity bietet sowohl kostenfreie, als auch kostenpflichtige Online-Kurse (ab ca. 200 EUR monatlich). Geeignet, um sich konkretes technisches Wissen anzueignen und ein Zertifikat als Evidenz zu erwerben – als Basis für die berufliche Weiterentwicklung. Genutzt von Menschen, die an IT-Themen interessiert sind und die digitale Welt besser verstehen wollen. Auch Berufstätige, die spezielle Kenntnisse für ihren Job erlernen oder vertiefen möchten.

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Wie Du direkt loslegen kannst https://www.udacity.com/

6.2.1.2.4  TED Talk Was steckt dahinter? TED steht für Technology, Entertainment, Design. TED war ursprünglich eine jährliche Innovations-Konferenz in Monterey, Kalifornien, und ist vor allem bekannt durch die TED-Talks-Website, auf der die besten Vorträge als Videos kostenfrei verfügbar sind. Das Motto von TED lautet „Ideas worth spreading“ („Ideen, die Verbreitung verdienen“) Die Ausrichtung der Innovationskonferenz hat sich über die Jahre erweitert, mittlerweile umfasst die Themenbandbreite auch Business, globale Themen, Kultur, Kunst und Wissenschaft. Geeignet, um sich über ein aktuelles Thema schnell und komprimiert zu informieren Genutzt von Einzelpersonen und Unternehmen Wie Du direkt loslegen kannst Webseite aufrufen und registrieren: https://www.ted.com/talks

6.2.1.2.5  OpenHPI Ist eine webbasierte Plattform für E-Learning und bietet kostenlose und frei zugängliche Massive Open Online Courses zu Themen rund um Informationstechnologie  – wurde initiiert und betrieben vom Hasso-­ Plattner-­Institut für Digital Engineering in Potsdam. Es gibt keine Zulassungsvoraussetzungen. OpenHPI bietet didaktisch aufbereitete multimediale Kursmaterialien und die Lernenden haben die Möglichkeit, sich über Social Media mit

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den anderen Kursteilnehmern auszutauschen. Eingesetzte didaktische Elemente umfassen u.  a.: Lernvideos, interaktive Selbsttests, Tutorials, praktische Übungen und Hausaufgaben [10]. Die Studierenden erhalten ein Zeugnis über ihre Studienleistungen (4- und 6-wöchige Kurse, ausgewählte 2-wöchige Kurse) bzw. eine Teilnahmebestätigung (alle Kurse). Geeignet, um IT-Kenntnisse zu verbessern in relativ kurzer Zeit und die Fragestellungen der digitalen Welt besser zu verstehen. Genutzt von [10] • Studenten und allen anderen Personen, die an IT-Themen interessiert sind und die digitale Welt besser verstehen wollen. Auch Schüler sind ausdrücklich eingeladen, mitzumachen. • Berufstätigen, die ihre IT-Kenntnisse für den Job verbessern und vertiefen wollen. • Karriereinteressierten, die aktuellstes IT-Wissen für die Fortsetzung ihrer Laufbahn benötigen. • Institutionen aus Politik und Wirtschaft: Charité Berlin, msg systems AG, Nationale Akademie der Technikwissenschaften u. a. Wie Du direkt loslegen kannst Website aufrufen und Kurs heraussuchen: https://open.hpi.de/

6.2.1.3  A  ufbereitung von Buchinhalten und weiteren Wissensquellen Dank der digitalen Medien und adressatengerechten Aufbereitung lassen sich inzwischen Inhalte von ganzen Büchern in rund 15 Minuten lesen. Ich lese oft in der Bahn, auf dem Weg zur Arbeit, im Wartezimmer und genieße dabei den Luxus, für kleines Geld den Inhalt mehrerer Bücher an einem Tag über mein iPad lesen zu können.

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6.2.1.3.1  Blinkist Was steckt dahinter Eine App, die Sachbücher zusammenfasst und den Abonnenten in Essays, die innerhalb von 15 Minuten gelesen oder gehört werden können, zur Verfügung stellt. Als Freemium-Modell kann man Blinkist auch kostenfrei nutzen mit beschränktem Zugriff auf weniger Titel. Ein Jahresabo kostet rund 80 Euro. Geeignet, um sich dauerhaft informiert zu halten über bestimmte Themen, neue Themen zu entdecken oder auch mal „quer zu lesen oder zu hören“ oder durch verschiedene Bücher. Wie Du direkt loslegen kannst https://www.blinkist.com/de Meine Einschätzung Für mich ist blinkist sehr hilfreich – ich nutze es fast täglich, um mir einen Überblick zu neuen Themen zu verschaffen oder mal schnell in ein empfohlenes Buch ’reinzuschauen oder zu hören. Ich finde, das Gelesene und Gehörte bleibt ziemlich gut hängen, da es in verdaulichen „Häppchen“ serviert wird.

6.2.1.3.2  GetAbstract Was steckt dahinter Ähnlich wie Blinkist bietet GetAbstract auch Zusammenfassungen von Wirtschaftsbüchern an, aber auch von Klassikern der Weltliteratur – insgesamt ca. 20.000. Abzuschließen für die volle Nutzung sind Jahresabos zwischen € 99 und € 299. Bei dem teureren Abo ist beispielsweise eine Offlinenutzung dabei und das Extrahieren von Inhalten per PDF oder das Senden von Extrakten an Kindle. GetAbstract ist seit gut 20 Jahren am Markt, der oben vorgestellte Dienst Blinkist erst seit 2012.

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Geeignet, um kurz und knapp die Inhalte von Büchern aufzunehmen. Wie Du direkt loslegen kannst Verfügbar unter https://www.getabstract.com/de/

6.2.1.3.3  Audible Was steckt dahinter Du kannst Dir Hörbücher oder Podcasts anhören. Audible ist ein Tochterunternehmen von Amazon und Du kannst aus rund 200.000 Titeln wählen. Du kannst Audible auf zwei verschiedene Arten nutzen: einmal als klassischen Online-Shop mit Bezahlung pro Titel und/oder als Abo für derzeit 9,95 Euro monatlich (inkl. eines frei wählbaren Hörbuchs). Es wird eine kostenlose Testphase von 30 Tagen angeboten. Bei regulären Hörbuch-Preisen ergeben sich im Abo Einsparungen. Geeignet für Menschen, die Inhalte mal nicht lesen, sondern lieber hören wollen. Du kannst Dir Bücher und Podcasts anhören auf dem Handy, Tablet, PC. Geeignet für Autofahrten, Zugfahrten oder natürlich auch zu Hause. Ich höre von einigen Menschen, dass sie Audible sehr gerne nutzen, da sie sich auch wissenswerte Inhalte „nebenbei“ aneignen können – beispielsweise auf der Fahrt zur Arbeit. Wie Du direkt loslegen kannst https://www.audible.de/

6.2.1.4  Soziale Netzwerke 6.2.1.4.1  Business Factory Was steckt dahinter Die Business Factory hat es sich zum Ziel gesetzt, Menschen auf ihrem Weg zur Selbständigkeit zu begleiten.

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Relevantes Wissen rund um Selbständigkeit wird in rund 30 Online-­ Kursen vermittelt u. a. zu Themen wie: erfolgreich erfolgreich pitchen, Aufbau eines zukunftsfähigen Geschäftsmodells, Markenbildung & Storytelling. Alle Inhalte werden per Video ausgestrahlt und es gibt ergänzende Materialien wie z. B. Workbooks und den Austausch in der Gründer-Community. Für 79  Euro pro Monat mit einer knackigen Mindestlaufzeit von 12 Monaten bekommen Lernende Zugriff auf alle Kurse. Es gibt aber auch immer mal wieder kostenlose Kurse, die ganz gute Impulse geben. Geeignet, um Impulse zu Themen wie Selbständigkeit, Persönlichkeitsentwicklung, Leadership, und Marketing einzuholen – aber auch, um interessante Videos zu fachlicheren Themen wie „Preisverhandlung“ zu erhalten. Wie Du direkt loslegen kannst https://www.business-factory.com/ Meine Einschätzung Schöne Impulse und interessante Themen bieten die kostenlosen Videos. Verglichen mit den anderen hier vorgestellten Möglichkeiten finde ich die Business Factory mit 79 Euro pro Monat recht teuer – zumal ein Abo direkt für 12 Monate abgeschlossen werden muss.

6.2.1.4.2  YouTube Was steckt dahinter YouTube ist natürlich bekannt. Hier lassen sich auch unzählige Tutorials finden zu Hobby- und Fachthemen, aber auch Buchzusammenfassungen. Ich habe mich z. B. für das Buch „Building a storybrand“ interessiert von Donald Miller. Quintessenz des Buches: Wie gestalte ich als Unternehmen meine Kernbotschaften, um meine gewünschte Zielgruppe zu fesseln? Auf YouTube gibt es eine sehr gelungene Zusammenfassung des Buches, in der die Kernbotschaften illustriert und dabei erläutert werden [11].

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Zudem gibt es nützliche Tutorials zu unzähligen Themen – u. a. leicht verständliche Mathetutorials von Daniel Jung, u. a. auch hilfreich, wenn man für bestimmte Fortbildungen sein Mathewissen auffrischen möch­te [12]. Geeignet um sich häppchenweise Wissen anzueignen wie beispielsweise Buchzusammenfassungen, aber auch, um konkrete Themen besser zu verstehen. Wie Du direkt loslegen kannst Thema, Buch oder Dozent auf https://www.youtube.com/ eingeben und los geht’s. Meine Einschätzung Sehr pragmatisch, schnell verfügbar. Nutze es fast täglich. Aus der Praxis: Adäquate Weiterbildungsthemen und – quellen identifizieren Sarah ist Mathematikerin und arbeitet bei einem Softwareanbieter als Developerin. Sie möchte einen neuen Job finden im Bereich Mathematische Optimierung. Sie schaut sich Stellenanzeigen durch und ist sich nicht ganz sicher, welches Know-how sie sich noch aneignen sollte, um perfekt gewappnet zu sein für ihre neue berufliche Herausforderung. In einem Coaching gehen Sarah und ich gemeinsam Stellenanzeigen durch, die sie interessieren und analysieren, welches Know-how und welche Erfahrung gefordert ist. Wir notieren das Know-how aus den Stellenanzeigen und kennzeichnen dahinter mit Strichen, in wie vielen Anzeigen es auftaucht. Dann schauen wir uns an, welche die drei am häufigsten genannten Anforderungen sind und ob Sarah entweder 1) bereits ausreichend über das Know-how/ die Erfahrung verfügt, 2) ihr Know-how oder ihre Erfahrung vertiefen muss oder 3) das Know-how erst noch aufbauen muss. Vor unserer Analyse ging Sarah davon aus, dass sie einen Programmierkurs in Phyton zu absolvieren hätte. Nach unserer Analyse weiß Sarah, dass für ihre präferierten Jobs Kenntnisse in Machine Learning und Deep Learning gefragt sind. Wir schauen bei Udemy, welche Kurse angeboten werden und Sarah wählt zwei Kurse aus, die in Frage kommen.

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Als ich Sarah frage, was sie mitnimmt aus unserem Coaching, antwortet sie: • • • •

Klarheit, welche Fähigkeiten sie ausbauen möchte einen Plan an die Hand, wie sie das angehen kann Sicherheit, was wirklich wichtig ist Mut, sich auf neue Stellen zu bewerben

6.2.1.4.3  Spotify Was steckt dahinter Das schwedische Start-up bietet einen Musikstreamingdienst, aber auch Podcasts. Wenn Du Dich beispielsweise für New Work interessierst oder gute Anleitungen zur Meditation suchst, bist Du hier richtig. Spotify bietet ein Freemium-Modell. Du kannst einen Teil der Inhalte kostenlos abrufen und hast Werbeunterbrechungen dabei. Die Vollversion ist kostenpflichtig. Geeignet, um Inhalte zu neuen Themen via Podcast anzuhören oder Meditationsanleitungen zu finden. Wie Du direkt loslegen kannst https://www.spotify.com/de/ Meine Einschätzung Ich habe seit einigen Jahren die „Bezahlversion“ (Abo). Sie kostet rund 10 Euro im Monat, es gibt auch günstigere Angebote für Familien und Studierende.

6.3 Coaches und Mentoren finden Bis vor einigen Jahren war mir nicht klar, welch unglaubliche Hebelwirkung für mehr Lebensqualität, Entwicklungspotenzial und Klarheit ein Coaching bieten kann. Sicher ist Coaching nicht ganz günstig, aber wenn man es für gezielte Berufs- oder Lebensthemen in Anspruch nimmt,

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kann es Berge versetzen, Lasten von den Schultern nehmen oder zu Höhenflügen beflügeln – und manchmal sogar alles gleichzeitig. Was Coaching Dir bieten kann: eine lösungs- und ressourcenorientierte Sichtweise, um für Deine individuellen Themen und Ziele zu einer für Dich stimmigen Lösung zu kommen. Coaching geht davon aus, dass jeder Mensch selbst weiß, welche die beste Lösung für ihn ist. Der Coach fungiert dabei als Experte auf Prozessebene, er begleitet seinen Klienten dabei, neue Perspektiven einzunehmen, um eine individuelle und stimmige Lösung für sich zu finden. Coach bedeutet übersetzt Kutsche: Der Kutscher ist der Coachee, er hält die Zügel in der Hand und lenkt, der Coach ist die Kutsche. Der Coach ist also das Vehikel auf dem Weg vom Start zum gewünschten Ziel [13]. Die Suche nach dem richtigen Coach Du kannst einen professionellen Coach über eine Empfehlung von Freunden, Bekannten oder Arbeitskollegen finden. Je detaillierter Du Dir über Deine Coachingziele und Deine Erwartungen an einen Coach im Klaren bist, desto leichter gestaltet sich die Suche. Geht es beispielsweise um den nächsten Karriereschritt oder einen beruflichen Konflikt? Oder vielleicht um ein Lebensthema (Life Coaching)? Wenn Du einen professionellen Coach suchst, sollte er oder sie über eine fundierte Ausbildung verfügen, die über ein Wochenendseminar hinausgeht. Auf jeden Fall sollte er Mitglied sein in einem der großen Coachingverbände. Der Begriff „Coach“ ist zwar nicht geschützt, aber für den Beruf des Coaches gibt es Berufsfachverbände, die Qualitätskriterien aufgestellt haben. Viele Coaching-Verbände listen ihre Mitglieder auf ihren Internetseiten auf. Diese dort aufgelisteten Coaches erfüllen dann die Qualitätskriterien des jeweiligen Verbands. Über solche Wege können Interessierte meist nach Region, Thema oder Zielgruppe einen passenden Coach für sich finden. Coachingverbände, über die Du einen Coach suchen kannst, sind z. B. • DBVC – Deutscher Bundesverband Coaching e.V. • ICF – International Coach Federation Deutschland e.V. Darüber hinaus hilft es aber auch, einen „informellen“ Coach oder Mentor zu suchen, der Dir – vielleicht auch längerfristig – immer einmal

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wieder als Gesprächspartner zur Seite steht und Dich dabei begleitet, Deine Ziele zu erreichen. Denn allein die Beschäftigung mit dem Leben von Menschen, die etwas erreicht haben, das Du auch erreichen möchtest, erweitert Deinen Horizont. Fragen Überleg Dir einmal, welche Person ein Vorbild für Dich ist und/oder schon Ziele erreicht hat, die Du auch gerne erreichen möchtest. Überlege Dir, wie Du an diese Person herankommst und was Du sie fragen wollen würdest. Überlege Dir aber im selben Atemzug auch, wie Du dieser Person von Nutzen sein kannst. Welche Bedürfnisse sie hat, welche Dinge ihr wichtig sind. Wichtig ist, dass Du dieser Person zeigst, dass sie Dir wichtig ist, dass Du ihren Rat schätzt und auch gerne etwas für sie tust.

6.4 Dein Braintrust In Abschn. 5.1 habe ich schon einmal die 13 Erfolgsgesetze von Napoleon Hill erwähnt. Neben dem positiven Mindset und den Emotionen, die Du mit Deinem Ziel verbindest, um erfolgreich zu sein, fand Napoleon Hill auch heraus, dass das fundierte persönliche Wissen jedes Einzelnen, wenn es mit dem Wissen der anderen zusammenkommt, unglaublich mächtig sein kann. Deshalb riet er dazu, Gleichgesinnte zu suchen, die dasselbe Ziel verfolgen. Denn wenn solche Menschen zusammenarbeiten mit all ihren Talenten, Fachkenntnissen und Erfahrungen entsteht daraus mehr als die Summe der Einzelpotenziale. Das Ergebnis hätte niemand nur auf sich selbst gestellt erreichen können. Die Gruppe der Menschen, die zusammen kommt, hat Napoleon Hill als „Mastermind Alliance“ [14] bezeichnet. Heute wird auch der Begriff „Braintrust“ [15] dafür verwendet. Beispiel Ich habe einen solchen Braintrust in einer meiner „Working Out Loud“-Gruppen gefunden. Wir haben alle ähnliche Interessen und Ziele und helfen uns noch heute gegenseitig dabei, Ziele zu erreichen: wenn es z. B. darum geht, sich auf einen neuen Job zu bewerben, sichtbarer zu werden in den sozialen Medien oder im aktuellen Job den nächsten Karriereschritt zu gehen.

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6.5 Wie Du entspannt netzwerkst Ziele lassen sich leichter erreichen mit der Unterstützung anderer Menschen. Fast niemand wird langfristig erfolgreich sein, wenn er oder sie nicht netzwerkt. Dabei heißt „Netzwerken“ in diesem Zusammenhang nicht, Kaltakquise zu betreiben oder nach einem Job zu fragen, wenn Not am Mann ist. Viele Menschen denken, dass man zum Netzwerker geboren sein muss und wenn man das nicht ist, mit schweißnassen Händen in der Kaffeepause auf Konferenzen in der Ecke herumsteht und hofft, dass es bald vorbei ist. Diese Qual ist unnötig, denn es gibt zwei gute Nachrichten: • Netzwerken lässt sich von jedem erlernen und viele von uns netzwerken bereits ganz selbstverständlich: bei der Empfehlung von Ärzten, Handwerkern oder dem Hinweis auf freiestehende Wohnungen. • Professionelles und erfolgreiches Netzwerken beruht auf wertschätzender Kommunikation, in der jede Seite darüber nachdenkt, was sie für den jeweils anderen tun kann. Und das alles langfristig – idealerweise ein Leben lang. Dieser Grundgedanke von Großzügigkeit schenkt Vertrauen und baut Sympathie auf. Keith Ferrazzi – ein Networking­ experte aus den USA – vergleicht das Pflegen von guten Beziehungen mit einem Muskel: Je mehr man ihn benutzt, desto stärker wird er [16]. Ganz wichtig: Man baut das Netzwerk langfristig auf und nicht erst in dem Moment, in dem man einen Job sucht. Denn niemand hat Lust auf einen opportunistischen Egoisten. Weiterführende Bücher und Infoquellen zum Erlernen von Netzwerken findest Du in Abschn. 6.9. Es ist erstaunlich, welche fantastischen Ergebnisse und Erkenntnisse durch wertschätzendes Netzwerken entstehen. Ich habe nicht nur im Privaten bereichernde Erfahrungen damit gemacht – wenn es um die Empfehlung von Ärzten, Friseuren, Geldanlagen etc. geht und den Hinweis auf neue Sport-Apps oder Ernährungstipps, sondern auch im Berufsleben habe ich durch diese Art Austausch mit Menschen viel gelernt. Beispielsweise habe ich durch den informellen Austausch mit ehemaligen

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Kollegen erstmals von „Working Out Loud“ erfahren, das ich heute begeistert anwende. Und ich treffe mich regelmäßig mit meinen Peers aus anderen Unternehmen – dort teilen wir (nicht vertrauliche) Best Practices. Ich habe daraus schon viele Impulse gezogen, die ich in meinem Unternehmen gewinnbringend umsetzen konnte. Hierzu fällt mir auch wieder die Formulierung von Timothy Gallwey ein: Neugier, Vertrauen und Freude an der Erfahrung [17]. Wenn Du im Austausch mit Menschen diese drei Aspekte beherzigst, wirst Du ein Universum an neuen spannenden Erkenntnissen und Erfahrungen kennenlernen und Dein Ziel viel leichter und mit mehr Freude erreichen. Verbinde Deine Ziele mit einem wertschätzenden Netzwerkansatz Beispiel Meine Interviewpartnerin Claudia Müller – Gründerin des Female Finance Forum  – hat Netzwerken ganz selbstverständlich mit der Gründung ihres eigenen Unternehmens verknüpft. Zu Beginn ihrer Selbständigkeit nahm sie sich vor, bei jeder Veranstaltung, die etwas mit ihrem Thema zu tun hatte, entweder als Rednerin oder Panelteilnehmerin Teil der Veranstaltung zu sein oder aufzustehen und eine Frage aus dem Publikum zu stellen. Dadurch nahmen die Menschen auf den Veranstaltungen sie erstens als Expertin für das Thema Finanzen wahr und zweitens öffnete es den Teilnehmern die Tür, sie in den Pausen oder nach der Veranstaltung anzusprechen. Das vollständige Interview mit Claudia lest Ihr in Abschn. 10.2.

Übrigens lässt sich mittels Netzwerken auch hervorragend Neues lernen: Ich kann jedem nur empfehlen, einmal an einem „Working Out Loud“-Circle teilzunehmen. Denn hier erfährst Du auf sehr spannende Weise, wie Du Deine eigenen Ziele mit Personen oder Organisationen verknüpfst. Und Du lernst dabei, wie Du diesen Personen und Organisationen Mehrwert bietest. Allein durch die Tatsache, dass Du über diese Personen und Organisationen und den Mehrwert für sie nachdenkst, sammelst Du neues Wissen. Ein weiteres gutes Tool, um Deine Ziele mit wertschätzendem Netzwerken zu verbinden, bildet der Relationship Action Plan. Hierzu erfährst Du mehr in Kap. 7 (Plane Deinen Weg zum Ziel).

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Ziele leichter erreichen durch Netzwerken Eine großartige Erkenntnis finde ich: Die eigenen Ziele lassen sich durch wertschätzendes, professionelles Netzwerken viel leichter erreichen. Wenn ich mir Menschen oder Organisationen suche, die mit diesem Ziel in Verbindung stehen und denen ich ebenfalls einen Mehrwert stiften kann. Ein Mehrwert kann übrigens auch etwas ganz „Kleines“ sein: Mal einen Link per E-Mail versenden mit einem lesenswerten Artikel zu einem Thema, das die Person interessiert. Oder auch das Zusammenbringen von zwei Menschen, von denen man weiß, dass sie voneinander profitieren können. Wichtig ist bei diesem Zusammenbringen nur, dass man beiden Menschen transparent erläutert, warum man an sie gedacht hat und was sie möglicherweise verbindet.

Dein Ziel und Thema definieren Neben der Beschäftigung mit den Interessen und Bedürfnissen anderer Menschen ist es beim Netzwerken auch unerlässlich, Dein eigenes Thema zu definieren. Worüber möchtest Du mit den anderen Menschen sprechen? Was hast Du zu sagen? Und welchen Mehrwert kannst Du beitragen? Hier passt auch wieder das Beispiel von Claudia Müller sehr schön, die sich mit ihrem Thema „Nachhaltige Finanzanlagen“ auf Veranstaltungen als Expertin präsentierte, da sie sich zum Ziel gesetzt hatte, ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. Es ist auch nicht notwendig in einem bestimmten Feld Experte zu sein, um netzwerken zu können. Aber wenn Du ein Ziel hast, sagen wir, Du möchtest Dich in Deinem Job als Personalreferent im Bereich Mitarbeitergewinnung weiterbilden, um die nächste Karrierestufe zu erreichen, könntest Du Dich darüber informieren, welche Methoden, Tools und Trends es derzeit in diesem Bereich gibt. Dann könntest Du Dir darüber eine Meinung bilden und Dich hierzu mit anderen Menschen vernetzen, die ähnliche Interessen haben und von denen Du evtl. auch etwas lernen kannst. Sehr schön beschrieben hat das Tijen Onaran im Interview in Abschn.  5.2.1: Sie las sich ­intensiv in die Themen Diversity und Digitalisierung ein, bildete sich eine Meinung dazu, überlegte, wofür sie stehen möchte und begann dann, ihr Netzwerk aufzubauen.

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Echtes Interesse an Gesprächspartnern Wenn Du auf Menschen zugehst – persönlich oder digital über Social Media – ist echtes Interesse an ihnen unerlässlich. Das müssen nicht unbedingt nur berufliche Themen sein, sondern auch eventuelle gemeinsame Hobbies wie gutes Essen, Haustiere oder Sport. Dafür ist es natürlich auch wichtig, sich mit den Menschen, mit denen Du in Kontakt treten möchtest, im Vorhinein zu beschäftigen: Wer sind diese Menschen? Was treibt sie um? Wir Deutsche sind im beruflichen Kontext manchmal noch zu förmlich. Ich sprach neulich mit dem deutschen CEO eines französischen Konzerns. Er erzählte, dass er mit dem Konzern-CEO mehrmals pro Jahr essen gehe. Es seien angenehme und anregende Abende mit spannenden Gesprächsthemen. Die Arbeit tauche dabei nur am Rande auf. Einen ähnlichen Tipp hörte ich einmal auf einem Sales-­Seminar vor ungefähr zehn Jahren von einem französischen Trainer: „You have to talk about children and family.“ Ich fand das damals witzig und etwas übertrieben. Inzwischen habe ich festgestellt, dass dieser Tipp sehr wertvoll ist. Denn egal, auf welcher Ebene man sich vernetzt: Niemand möchte die Pause, den Tag, den Abend mit einem steifen Langweiler verbringen, der nur seine eigenen Interessen durchdrücken möchte  – das schafft auch keine Vertrauensbasis. Zusammengefasst noch einmal die Kernelemente des Netzwerkens: 1. Definiere Dein Ziel und das damit in Verbindung stehende Thema 2. Schaue, welche Menschen und/oder Organisationen mit Deinem Ziel/Thema in Verbindung stehen 3. Überlege, mit welchen Inhalten und Mehrwerten Du auf diese Menschen und Organisationen zugehst 4. Zeige bei der Interaktion mit anderen echtes Interesse (im Sinne von Gallwey: Neugier, Vertrauen, Freude an der Erfahrung)

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6.6 Erfolgsstrategien Neben den Stärken, die ein Mensch entwickelt, helfen ihm auch Erfolgsstrategien, seine Ziele zu erreichen. Diese Erfolgsstrategien bilden sich zum Beispiel aus Erkenntnissen, die ein Mensch im Laufe seines Lebens aus Erlebtem gezogen hat. Diese Erfolgsstrategien lassen sich am besten im Rückblick erarbeiten. Im Coaching arbeitet man dafür mit der „Time­ line“. Du schaust dabei auf Erlebnisse zurück in Deinem Leben – positive wie negative – und stellst Fragen wie: Was hat Dir geholfen, diese Situation zu meistern? Was hast Du dabei gelernt? Beispiel: Du hast einen Job nicht bekommen, den Du gerne haben wolltest. Was hat Dir geholfen, gut mit der Situation umzugehen? Und was hast Du gelernt? Aus der Praxis: „Timeline“-Übung Caro, 32, arbeitet als Assistentin der Geschäftsführung in einem Pharmaunternehmen. Sie hat vor einem Jahr einen Job als Business Development Manager bei einem Start-up aus dem Gesundheitsbereich nicht bekommen. Sie war sehr enttäuscht, da es ihr Traumjob war und sie sehr gerne aus der Assistenz dorthin wechseln wollte. Ich habe mit ihr in unserem Coaching darüber gesprochen und sie gefragt, welche Learnings und Erfolgsstrategien sie daraus zieht: Caro, was hast Du aus dieser Situation gelernt? Im Rückblick fiel mir auf, dass ich mich viel zu sehr darauf konzentriert habe, Fakten über das Start-up für mein Bewerbungsgespräch auswendig zu lernen. Ich habe hingegen viel zu wenig darüber nachgedacht, welchen Mehrwert ich eigentlich dem Start-up bieten kann. Sie wollten jemanden finden, der bereits ein Netzwerk an Kontakten mitbringt. Anstatt einmal die Perspektive des Unternehmens einzunehmen und vorher auch mal einzuholen, was dem Unternehmen wichtig ist, habe ich mich zu sehr auf meine Rolle als „fleißiges Lieschen“ konzentriert, das im Gespräch mit Wissen glänzen wollte. Das habe ich ganz klar gelernt: Perspektive wechseln und Erwartungen abfragen. Wie hast Du es geschafft, Deine Enttäuschung zu überwinden? Nach der Absage war ich echt niedergeschlagen. Aber dann habe ich mich gefragt: Was ist es, das mir an diesem Job so viel Spaß gemacht hätte? Ich kam darauf, dass es der kontinuierliche Austausch ist mit

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Kollegen innerhalb des Unternehmens und mit Stakeholdern und potenziellen Kunden außerhalb des Unternehmens und dass ich darin aufgehe, einen Wertbeitrag für beide zu schaffen: für den Kunden mit der Vermittlung von guten Kontakten zu Experten innerhalb des Unternehmens und für meine Kollegen mit den neuen Kontakten. Wie bist Du weiter vorgegangen? Ich habe weiter recherchiert und mein Eindruck bestätigte sich, dass Business-Development-Stellen gerne an Leute vergeben werden, die bereits ein Netzwerk haben. Also habe ich geschaut, welche Kontakte ich aufbauen kann, die mir dabei helfen, einen Business-DevelopmentJob in einem Start-up im Gesundheitsbereich zu bekommen. Ich habe mich gefragt: Welche Personen, Verbände oder Unternehmen stehen mit meinem Ziel in Verbindung? Und wie komme ich an sie ran? Natürlich kam ich nicht an alle ran. Aber mein strukturiertes Vorgehen half mir, einige gute Kontakte aufzubauen und zugleich auch mein Know-how über aktuelle Trends im Bereich Start-ups und Healthcare auszubauen. Aktuell bin ich nun im Bewerbungsprozess für zwei spannende Stellen bei Start-ups. Das klingt toll. Wie würdest Du Deine Learnings und Deine Erfolgsstrategie zusammenfassen? Wie gesagt – mein Learning ist: sich genau über die Anforderungen einer Stelle informieren und aus der Perspektive des Unternehmens denken, was ihnen einen Mehrwert bringt. …und deine Erfolgsstrategie? Mein Ziel herausarbeiten – also zu schauen, was macht mir wirklich Spaß und dann einen strukturierten Plan für meinen Weg zum Ziel zu erstellen.

Zu Erfolgsstrategien zählen aber auch Vorgehensweisen, die Du in ähnlichen Situationen schon einmal erfolgreich angewandt hast und die Dir jetzt auch helfen können. Zum Beispiel hast Du in der Ausbildung oder im Studium eine besonders effektive Methode zum Lernen angewandt, die Dir auch bei Deiner beruflichen Weiterbildung helfen kann. Oder Du hast schon einmal sehr erfolgreich ein Projekt geplant und umgesetzt in Deinem früheren Job und die Vorgehensweise zur Projektplanung kannst Du jetzt wieder anwenden. Wichtig hierbei ist, dass Du nützliche Aspekte erkennst, die Du erneut für Dich anwenden kannst, um Dein Ziel zu erreichen.

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6.7 W  ie sich durch nützliche Ressourcen ungeahnte Chancen ergeben und warum wir ohne lebenslanges Lernen scheitern werden Wie kraftvoll die Methode „Working Out Loud“ sich in Deutschland durchgesetzt hat, erzählt Katharina Krentz. Zudem hat sich Katharina mit ihrer Begeisterung für diese Methode und ihrem Engagement dafür eine große berufliche Zufriedenheit geschaffen. Im Gespräch mit dem Bundestagsabgeordneten Dr. Jens Brandenburg erfährst Du mehr über die Initiativen der FDP zum Thema „Lebenslanges Lernen“ und warum es heute und künftig unverzichtbar sein wird.

6.7.1 Interview mit Katharina Krentz, Senior Consultant New Work & Digital Collaboration, Lead Working Out Loud Initiative bei Robert Bosch GmbH & Founder Connecting Humans Von der Assistentin zur digitalen Vorreiterin: Ursprünglich startete Katharina als Assistentin – erst im Mittelstand, dann bei Bosch, dann bildete sie sich in Eigeninitiative zum Social-Media-Profi weiter. Vor fünf Jahren hat sie das Konzept „Working Out Loud“ (WOL) maßgeblich bekannt gemacht in Deutschland. 2015 startete sie die erste WOL-­Initiative bei ihrem Arbeitgeber Bosch. Heute umfasst die WOL-­Community rund 6000 Mitglieder aus über 50 Ländern mit mehr als 900 WOL Circles.

Katharina Krentz. (Foto: Kai R Joachim, BFF professional)

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„Der Begriff „Work-Life-Balance“ stimmt für mich so nicht. Denn meine gesamte Zeit ist Lebenszeit, auch die während meiner Arbeit.“

Katharina, wie schätzt Du die Möglichkeiten zur beruflichen Gestal­ tung von Menschen in Deutschland ein? Es ist heute leichter denn je, sich beruflich zu verwirklichen. Allein schon durch die sichtbaren Beispiele und Vorbilder, die es überall gibt. Viele Prominente und erfolgreiche Menschen schreiben heute Bücher über ihr Leben. Ich lese z.  B. gerade die Biographie von Michelle Obama. Menschen sind durch das Internet wahnsinnig sichtbar geworden und sehr offen im Teilen ihrer eigenen Geschichte. Ich selbst orientiere mich stark an Vorbildern und lasse mich von ihnen inspirieren. Alleine blättere ich beispielsweise nie im VHS-­ Kalender. Wenn mir aber eines meiner Vorbilder sagt, sie oder er habe sich von einem VHS-Kurs inspirieren lassen, melde ich mich sofort an. In Deinem Job und als Botschafterin für das Thema „Working Out Loud“ tauscht Du Dich sicherlich wahnsinnig viel mit anderen Menschen aus. Das stimmt und ich freue mich immer über neue Kontakte, von denen ich lerne und die mich inspirieren – beispielsweise durch Vorträge, Statements, Bücher, TED-Talks. Zudem bin ich viel in der Welt unterwegs und empfinde Deutschland im Vergleich zu vielen anderen Ländern leider oftmals als Jammertal. Viele Leute sind hier sehr unzufrieden und erscheinen hilflos. Viele verharren in ihrer Situation und sind der Meinung: „Früher war alles besser“ oder „Das Gras beim Nachbarn ist grüner“. Du hast bisher viele Länder gesehen und Menschen dort erlebt. Wie empfindest Du die Kulturen in anderen Ländern? Kürzlich war ich in Japan. Darüber hinaus habe ich viel mit China zu tun und ich war gerade in den USA. Ich glaube, das sind diejenigen Länder, die im diametralen Gegensatz zu Deutschland stehen.

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Welches Land bildet den größten Gegensatz zu Deutschland? Die USA – weil dort jeder weiß, dass er sein Leben selbst in der Hand hat. Momentan wird ja gerade das Zitat von Melinda Gates im Internet geteilt, was sinngemäß lautet: „Wenn Du keine Agenda für Dein Leben aufstellst, wird es jemand anderes für Dich tun.“ Dieses Mindset haben die meisten Amerikaner, mit denen ich zu tun habe. Sie gehen nicht davon aus, dass jemand anders etwas für sie regelt. Hier in Deutschland agieren wir oft anders, wir nehmen unser Leben und die Verantwortung dafür nicht selbst in die Hand. Woher denkst Du, kommt dieses Mindset in Deutschland? Eventuell durch die Tatsache, dass wir hier recht abgesichert sind und weni­ ger schnell durch ein Raster fallen können als in den USA? Zum großen Teil sicher daher, dass Menschen abtrainiert wird, Verant­ wortung zu übernehmen. Das erlebe ich in deutschen Unter­nehmen sehr stark. Zum Beispiel gab es früher bei Bosch einmal pro Jahr ein Feedbackgespräch mit dem Vorgesetzten. Im Rahmen dieses Gesprächs durfte man sich zwei Seminare aussuchen zur ­„Steigerung der persönlichen Leistungsfähigkeit“. Mitarbeitende haben sich darauf verlassen, dieses Gespräch einmal pro Jahr zu führen. Sie haben sich das ganze Jahr über an den vereinbarten Zielen orientiert und fühlten sich damit „safe“. Diese Art der Feedbackkultur haben wir schon vor zehn Jahren angefangen zu ändern, aber es gibt viele Unternehmen, die das immer noch so umsetzen. Auch wir merken, dass viele Menschen mit Eigen­ verantwortung, Selbstorganisation und Unsicherheiten nicht umgehen können in der heutigen volatilen Welt. Wie äußert sich das konkret? Konzerne sind so groß, dass wir oftmals gar nicht wissen, was wir als Einzelner beitragen. Und Mitarbeitende haben unterschiedliche Erwartungshaltungen und Ansprüche an Unternehmen. Manche Menschen streben eine Karriere an, andere möchten einfach nur Geld verdienen und wiederum andere wollen aufgehen, in dem, was

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sie tun. Ein weiterer Teil denkt gar nicht darüber nach, wer sie sind und wo sie hinwollen. Dann treffen oftmals noch drei Generationen aufeinander im Unternehmen – umgeben von einem völlig volatilen, unvorhersehbaren Markt. Diese Entwicklung lässt sich aus drei Perspektiven betrachten Welche Perspektiven sind das? Erstens: Die „New-Work-Blase“ lobt bei dieser Entwicklung die neu erlangte Selbstwirksamkeit und Eigenverantwortung gemäß dem Motto: „Super, ich kann mich frei entfalten und mit meinem Chef Sinn diskutieren, Sinn finden und entscheiden, wie ich wirksam werde und welche Fähigkeiten ich dafür einsetzen kann.“ Das ist die positive Seite, die ich auch vertrete. Zweitens ist diese Entwicklung aus Unternehmenssicht praktisch, denn man kann ja die Verantwortung an den Mitarbeitenden abgeben zur jeweils eigenen Personalentwicklung. So kann die Effizienz weiter gesteigert werden. Drittens fühlen sich viele Mitarbeitende aber überfordert und fragen sich: „Wie erlange ich Selbstwirksamkeit und Eigenverantwortung?“ Denn das wurde ja bisher nicht erwartet. Natürlich haben wir auch Pessimisten und Verweigerer dazwischen. Das ist aber eine Minder­ heit. Die große Mehrheit möchte sich gerne entwickeln, braucht aber Unterstützung und Raum hierzu. Sie möchten lernen, wie sie zu einer neuen Haltung aus Eigenverantwortung und Selbstwirk­ samkeit gelangen und was sie dafür bekommen. Das klingt nach Konflikt … Ja, diese Entwicklungen und diametralen Perspektiven verursachen Ängste und bergen einen Konflikt: Denn Veränderung kann nicht stattfinden, wenn Menschen verunsichert sind und nicht mehr klar ist, was sie überhaupt tun können. Es entsteht eine große Bewegungs­ losigkeit, daraus resultierend dann Unzufriedenheit.

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Wie war es denn früher – Du erwähntest das Feedbackgespräch ein­ mal pro Jahr? Früher wurde im Jahresgespräch festgelegt, was ich bekomme, wenn ich meine Ziele erreiche, z. B. mehr Geld, die nächste Gehaltsstufe, eine große Weiterbildung oder den nächsten Karriereschritt. Man hat mit seinem Personaler Gespräche geführt, wo es darum ging „Wo siehst Du Dich in drei bis fünf Jahren, wo langfristig?“ Dann wurde ein Plan erarbeitet und dann hat man diesen Plan abgearbeitet. Früher wurde den Mitarbeitenden alles abgenommen und heute sollen sie möglichst alles selber machen. Das ist eine große Distanz. Für manche ist das einfacher als für andere. Man kann aber auch nicht jeden Mitarbeitenden an die Hand nehmen – das ist unmöglich in einem Unternehmen wie Bosch mit über 400.000 Mitarbeitenden. Wie überwindet Ihr diesen „Clash“? Mit vielen unterschiedlichen Lern- und Weiterbildungsangeboten. Wir haben vor ein paar Jahren die „Bosch Learning Company“ gegründet. Das ist eine Initiative mit tausenden von Möglichkei­ ten zur Weiterbildung, um die Bedarfe der unterschiedlichen Lerncharaktere zu erfüllen. Das reicht von der e-University über den internen YouTube-Kanal, wo jeder Mitarbeitende Videos produzieren und anbieten kann, bis hin zu E-Learning-Formaten, Webinaren, Barcamps, Präsenztrainings usw. Wir können jeden Lerncharakter unterstützen. Unter anderem auch mit Working Out Loud (WOL), was die eigenverantwortlichste Methode ist. Auf der Arbeitsmethodikebene arbeiten wir viel mit Teams und Themen. Auf der Individualebene können die Kollegen Coaching in Anspruch nehmen. Das ist ja eine sensationelle Vielfalt an Möglichkeiten Ja, der Haken bei dieser Vielfalt an Angeboten: Viele Menschen wissen gar nicht, wie, wann und was sie lernen sollen. Ich glaube, die Entwicklung hin zu einer volatilen Welt ging zu schnell. Wir benötigen Ruhephasen, damit Menschen sich mit ihrer eigenen

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Entwicklung und neuen Themen beschäftigen können und um herauszufinden, welche Art von Lerntyp sie sind. Das ist die Brücke über den Fluss hin zu selbstwirksamem Arbeiten. Was hat sich konkret für Dich verändert in den vergangenen Jahren? Denn Du hast Dich ja für das Thema WOL und neue Arbeitsformen interessiert und dies dann innerhalb des Unternehmens angestoßen. Ursprünglich komme ich aus der Assistenz und habe immer gesagt bekommen, was zu tun ist. Aber ich bringe das richtige Naturell mit für Lernen und Weiterbildung, denn ich habe immer rechts und links geschaut, was sich tut, und habe mir neue Themen gesucht. Ich war nie der Typ dafür, nur Anweisungen umzusetzen, sondern hatte schon immer eigene Ideen. Eines Tages hatte ich dann ein sehr einschneidendes Erlebnis: Ich war immer gerne in der Assistenz, wollte mich dann aber einem anderen, noch spannenderen Thema in der Sachbearbeitung widmen. Das war aber nicht ganz einfach. So gelangte ich zu der Erkenntnis, dass wir Menschen oftmals in Schubladen stecken und ihnen nur innerhalb dieser Schubladen Bewegungsfreiheit gewähren, sie aber keine Schubladen wechseln lassen. In einem System von Standar­ disierung und Optimierung ist es sicher wichtig, Menschen und ihre Kompetenzen und Erfahrungen zu kategorisieren, um eine gute Ressourcenplanung vornehmen zu können. Das kann ich total verstehen. Für mich und meine Wechselambitionen damals war das aber sehr schwer. Aber Du hast es trotzdem geschafft, Dich in einen anderen Bereich zu entwickeln. Das stimmt und insofern war die digital vernetzte Welt 2010 für mich wie ein Befreiungsschlag. Ich habe damals angefangen, sehr viel außerhalb von Bosch zu tun, für mich privat. Ich war viel in Social Media unterwegs und war damit eine der Ersten bei Bosch, die sich mit dem Thema auskannte. Plötzlich wurde diese Kompetenz bei Bosch wichtig und damit war für mich der Ausstieg aus meiner bisherigen Rolle möglich.

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Du hast ein Wahnsinns-Engagement an den Tag gelegt – Dich neben der Arbeit für ein neues Thema zu engagieren, von dem Du ja nicht unbedingt wusstest, dass Du es einmal bei Dir im Unternehmen umsetzen wirst. Ja, ich habe vor zehn Jahren genau das getan, was wir heute von Mitarbeitenden erhoffen. Deshalb wurde ich immer sichtbarer und bekannter. Ohne überheblich zu sein  – aber ich bin für viele Menschen wie ein Hoffnungsschimmer. Ich habe nicht studiert und es gab für diese Themen keine Unterstützungen wie Seminare, Schulungen oder Ähnliches. Und ich habe meinen „Change“ mit Mitte 30 gemacht – ohne ein Digital Native zu sein. Dennoch habe ich einen ungewöhnlichen und erfolgreichen Karrierepfad beschritten. Viele Menschen heute haben noch bessere Voraussetzungen – sie haben studiert, Berufserfahrung gesammelt, waren im Ausland. Ich habe mit weniger Qualifikationen eine tolle Entwicklung hinbekommen – also können andere das auch! Du hast eine tolle Karriere gemacht und eine berufliche Erfüllung ge­ funden, von der andere träumen. Viele Menschen sagen, dass sie nun ein gewisses Alter haben und einen Lebensstandard und das nicht mehr aufgeben können für ein größeres Glück im Beruf. Warum sind Beispiele wie Deines immer noch rar, wo doch viele Menschen danach streben? Viele trauen sich einfach keinen Wechsel zu. Das liegt sicher auch an unserer Erziehung. Früher war es ja normal, dass wir in jungem Alter herausfinden, was wir gut können und was wir wollen – zum Beispiel durch Tests in der Schule oder bei der Berufsberatung. Darauf basierend haben Menschen eine Ausbildung absolviert oder studiert und anschließend startete die Karriere. Mein Vater hat zwar innerhalb seines Unternehmens immer wieder gewechselt, ist aber seinem Berufsfeld stets treu geblieben. Es wäre undenkbar gewesen für ihn, noch mal etwas völlig anderes zu machen. Wir sind aufgewachsen mit einer großen Konstanz in der Karriereplanung. Unsere Eltern wurden erzogen von Menschen, die den Krieg noch miterlebt hatten, und da ging es dann erst einmal darum, Deutschland wieder

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aufzubauen und nicht um Selbstverwirklichung und Talent. Der Glaubenssatz war „Arbeit muss nicht unbedingt Spaß machen. Sie ist dazu da, um Geld zu verdienen, die Familie zu versorgen und Wünsche zu erfüllen.“ Ich höre auch oft, dass Menschen sagen, sie bräuchten einen Ausgleich von der Arbeit. Wie siehst Du das? Wer auch immer den Begriff „Work-Life-Balance“ erfunden hat, hat für mich Unrecht. Denn es ist alles meine Lebenszeit. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Und wenn Du zufrieden und glücklich im Job bist, bist Du auch der bessere Mitarbeitende, weil Du gesünder und kreativer bist. Ich finde Deinen Werdegang wahnsinnig ermutigend. Was ist Deiner Meinung nach die allerwichtigste Eigenschaft, um sich weiterentwi­ ckeln zu können? Ein Growth Mindset zu haben, d. h. zu wissen, dass man veränderbar ist und bis ins ganz hohe Alter immer noch dazulernen kann. Du bist die Botschafterin schlechthin für WOL in Deutschland. Wie kam es dazu? 2010 habe ich angefangen, mich mit Social Media zu beschäftigen. Und hatte damit einen Erfahrungsschatz, den nur wenige andere bei Bosch hatten. Das eröffnete mir die Möglichkeit, eine Weiterbildung zur Projektleiterin zu absolvieren und ein Social Media Projekt zu leiten. 2012 kam WOL in mein Leben. Damals gab es weder Buch noch Methode, aber mir gefiel der Ansatz und ich begann, mich dafür zu interessieren und zu recherchieren. WOL floss dann in unsere unternehmensinterne Ausbildung zum Community Manager ein. Und im Mai 2015 poppte WOL erneut auf in meinem externen Netzwerk von Leuten, die in anderen Unternehmen das Gleiche tun wie ich. Ich bekam eine Einladung von der Deutschen Bank, ob ich an einem Treffen mit John Stepper (dem Gründer von WOL) und anderen Unternehmensvertretern teilnehmen möchte, um zu besprechen, wie wir WOL nach Deutschland holen können.

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Wie habt Ihr es geschafft, das Konzept nach Deutschland zu holen? Ich habe John damals gesagt, dass das Konzept spannend ist, aber in der Weise noch nicht funktioniert. Denn damals gab es keine Guides für zwölf Wochen wie heute. Es gab nur Guides für Woche eins bis vier und der Guide ab Woche vier hat sich dann achtmal wiederholt. Ich habe ihm versprochen, dass ich es bei uns im Unternehmen mit neuen Guides ausprobiere, weil es sich individuell skalieren lässt. Der für mich größte Aha-Moment: WOL ist eine Haltung und Fähigkeit und somit erlernbar. Es geht nur um Neugierde und Offenheit. Ich habe dann nach dem Treffen mit John einen Blogpost bei Bosch darüber geschrieben und gefragt, wer mitmachen möchte bei den ersten Versuchen. Und wie habt Ihr die ersten WOL-Circle bei Euch im Unternehmen umgesetzt und gestaltet? Ich habe gemeinsam mit einer Kollegin im September 2015 zehn Circles bei Bosch gestartet mit Befürwortern und Skeptikern. Jede Woche hat John Stepper neue Circle Guides geschickt, zu denen wir ihm Rückmeldungen gegeben haben. Im November 2015 fand dann das erste WOL-Treffen mit John Stepper bei Bosch statt. Insofern haben wir bei Bosch aktiv mitgewirkt an den heutigen Circle Guides. Nach Abschluss der ersten Circle-Runde Ende 2015 haben wir direkt Feedback eingeholt bei den Teilnehmern: 97 % empfahlen WOL ihren Kollegen. Und ab dann hat es sich ausgebreitet im Unter­ nehmen. 2017 kam unser Chief Human Resources Officer als Schirmherr dazu und weitere Manager wurden als Sponsoren gewonnen. Aktuell starten wir gerade Circle 831 (Stand: Dezember 2019) und es ist noch kein Ende in Sicht …

6.7.2 Interview mit Dr. Jens Brandenburg, Mitglied des Deutschen Bundestages Jens Brandenburg ist Mitglied des Deutschen Bundestages für die FDP und setzt sich u. a. für Themen wie lebenslanges Lernen, berufliche Bildung

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und Generationengerechtigkeit ein. Er studierte Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre und promovierte an der Graduate School of Economics and Social Science der Universität Mannheim. Nach der Promotion arbeitete er für die Unternehmensberatung Boston Consulting Group.

Dr. Jens Brandenburg. (Foto: Tobias Koch)

„Wir haben in Deutschland keine ausgeprägte Weiterbildungskultur. Es fängt schon damit an, dass man in der Schule, in Ausbildungsberufen und auch an den Hochschulen viel stärker darauf vorbereitet werden sollte, dass lebenslanges Lernen notwendig ist. Das ist heute noch nicht der Fall. Allein der Begriff ‚Du hast ausgelernt‘ weist darauf hin.“

Die FDP möchte mit Freiraumkonten, „Midlife-BAföG“ und einer di­ gitalen Bildungsarena für Weiterbildungsangebote das lebenslange Lernen fördern. Würden Sie kurz erläutern, auf welchem Bedarf dieses Konzept aufbaut und welches Ziel Sie damit erreichen möchten? Das oberste Ziel besteht darin, dass jeder Mensch in Deutschland – unabhängig von der sozialen und finanziellen Herkunft – ein Leben lang die besten Bildungschancen hat. Wir sehen, dass Weiterbildung in Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung – also sich immer stärker verändernder Arbeits- und Lebenswelten – immer wichtiger wird. Und gleichzeitig nehmen die Menschen, die am stärksten darauf angewiesen wären, am seltensten daran teil. Übrigens auch über alle Qualifikationsstufen hinweg. Dazu gibt es auch recht um-

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fangreiche Studien, die festgestellt haben, dass gerade die Menschen, die am meisten von der Digitalisierung betroffen sein werden, am seltensten an Weiterbildung teilnehmen. Und das trifft insbesondere diejenigen sehr hart, die geringes Einkommen und geringe Vorqualifikation haben. Das wollen wir ändern. Wie wollen Sie das konkret angehen? Letztendlich sind die Themen, die Sie angesprochen haben – „Midlife-­ BaföG“, Freiraumkonten und digitale Bildungsarena – unterschiedliche Säulen unseres Modells. Eine Säule würde ich mal die Finan­zie­ rungsfrage nennen, weil wir wissen, dass der Zugang für viele Menschen zur Weiterbildung sehr stark von der Finanzierbarkeit abhängt. Es ist nicht so, dass der Staat hierzu bisher nichts getan hat, aber wir haben momentan ein System, das wahnsinnig kompliziert ist mit unterschiedlichsten Förderinstrumenten und einzelnen Kleinst­ subventionen. Häufig müssen Sie sich durch mehrere Formulare wälzen, wenn Sie auch nur eine kleinere Weiterbildung subventioniert haben möchten. Das schreckt natürlich die Zielgruppen, die wir am meisten erreichen wollen, ab. Deshalb war uns wichtig, ein einfaches Instrument zu finden. Die Idee ist, dass jeder Bürger in Deutschland ein sogenanntes Freiraumkonto bekommen soll. Das ist ein Konto, wo jeder Mensch ein Guthaben für Bildungszwecke ansammeln kann und dieses Guthaben kann dann genutzt werden, um Prüfungsge­ bühren, Kursgebühren und auch indirekte Kosten wie Reise- oder Übernachtungskosten zu bezahlen. Zudem soll es die Möglichkeit bieten, sich für längere und umfangreichere Maßnahmen, einen Einkommensausfall finanzieren zu lassen. Wer zahlt auf dieses Freiraumkonto ein? Dort können Arbeitgeber Resturlaubstage oder Überstunden gutschreiben, es können auch eigene Beiträge eingezahlt werden. Das ist angelehnt an die Arbeitszeitkonten, die es heute schon in einigen Unternehmen gibt.

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Für wen könnte das Freiraumkonto in der Praxis besonders at­ traktiv sein? Klassisches Beispiel: alleinerziehende Mutter, Mitte 40. Wenn sie vor der Wahl steht, vier Monate auf ihr Einkommen zu verzichten, wird sie wahrscheinlich keine Weiterbildung machen. Mit Hilfe des Freiraumkontos und der dort angesammelten Guthaben kann sie ihren Einkommensausfall zumindest teilweise kompensieren. Uns ist es wichtig, dass wir nicht mit der Gießkanne vorgehen. Menschen mit höherem Einkommen sollen sich mit eigenem Einkommen an ihrer Weiterbildung beteiligen. Anders als bisher. Nicht mehr im Nachhinein kleinklein mit dem Finanzamt herumärgern, welche Einzelmaßnahme aus der Sicht des Finanzamts für den jeweiligen Beruf förderfähig ist. Sondern einfach Brut­to­ein­ kommenssteuer abgabenfrei einzahlen und falls das dann genutzt wird für Bildungszwecke, soll es dann auch steuerfrei bleiben. Was verbirgt sich hinter der Säule „digitale Bildungsarena“? Das Angebot für Weiterbildungen ist momentan total intransparent und unübersichtlich. Die angedachte „digitale Bildungsarena“ beinhaltet eine Übersicht über alle verfügbaren Weiterbildungen in Deutschland – vom Hochschulkurs bis zum E-Learning-Modul. Der Zugang muss möglichst offen sein und die Suche nach Bildungsangeboten so einfach wie im Online-Shop. Die Abrechnung für die Weiter­bildungs­ maßnahmen kann dann direkt über die Freiraumkonten laufen, auf denen das Bildungsguthaben angespart wurde. Wichtig ist auch das Verständnis, was Weiterbildung bedeutet: Es muss nicht immer ein komplettes Zusatzstudium sein, es kann auch ein einzelner Sprachkurs sein. Oder ein Kurs für Senioren, die sich für soziale Medien interessieren. Dies hilft z.  B. auch dabei, dass wir geistig fit bleiben und dass auch ältere Menschen am gesellschaftlichen Leben – wie sozialen Medien – stärker teilnehmen können. Was steckt hinter der Idee des Midlife-BAföG? Dies soll angeboten werden für Menschen mit geringem oder gar keinem Einkommen, um lebensbegleitendes Lernen sicherzustellen. In

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diesem Fall springt der Staat mit einem Zuschuss, von bis zu 1000 Euro ein, den er pro Jahr rückzahlungsfrei auf das individuelle Freiraumkonto überweist. Die Bezeichnung „Midlife-BAföG“ leitet sich aus dem bisherigen BAföG ab, das es seit den 1970er-Jahren geschafft hat, die Hoch­ schulen für Generationen von Menschen zu öffnen, denen das aus sozialen oder finanziellen Gründen vorher nicht möglich war. Und diesen großen Erfolg wollen wir für das lebensbegleitende Lernen in diesem Jahrhundert wiederholen. Sie können das BAföG auch ansammeln über mehrere Jahre und erst dann nutzen. Wichtig ist, dass die eben beschriebenen Maßnahmen – Freiraumkonto, digitale Bildungsarena und Midlife-BAföG  – die bestehenden Initia­tiven wie z.  B. betriebliche Weiterbildung oder Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit ergänzen, aber nicht ersetzen sollen. In puncto Weiterbildung fällt mir die Studie aus 2019 ein, an der auch Stepstone und Boston Consulting Group beteiligt waren. Im Kern sagt die Studie aus, dass Menschen in Deutschland zwar über­ durchschnittlich viel Angst haben vor Veränderung durch Digitali­ sierung, aber im Vergleich zu anderen Ländern viel weniger Zeit in ihre Weiterbildung investieren. Wir haben in Deutschland keine ausgeprägte Weiterbildungskultur. Es gibt beispielsweise Volkshochschulen und das, was Betriebe ohnehin anbieten. Aber es fängt schon damit an, dass man in der Schule, in Ausbildungsberufen und auch an den Hochschulen viel stärker darauf vorbereiten sollte, dass lebenslanges Lernen notwendig ist. Das ist heute noch nicht der Fall. Allein der Begriff „Du hast ausgelernt“ weist ja schon darauf hin. Das zieht sich leider kulturell durch viele Milieus in Deutschland durch. Wie sehen Sie die Anforderungen der Zukunft  – insbesondere die Digitalisierung? Die Kommunikation hinsichtlich der Auswirkung von Digitalisierung auf die Arbeitswelt ist leider oftmals negativ. Dort wird prognostiziert, wie viele Millionen Jobs angeblich wegfallen. Das hat bei den

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früheren technologischen Änderungen auch schon alles nicht gestimmt. Und da wird einerseits Panik verbreitet und andererseits wenig oder keine Anleitung gegeben, wie Menschen am besten mit den anstehenden Veränderungen umgehen sollten. Übrigens finde ich auch, dass unser Schulsystem stärker auf die Anforderungen der Berufswelt vorbereiten sollte – neben digitalen Medien umfasst das auch Projektmanagement: Schulen sollten viel stärker projektorientiert arbeiten. Schüler sollten sich selbst Themen aussuchen, die sie über mehrere Wochen bearbeiten können. Das muss ja nicht wahnsinnig hoch aufgehängt werden – aber es wäre ein schöner Anfang.

6.8 Übung: Ressourcen zur Zielerreichung Tipp: Wenn Du die Übungen online ausfüllen möchtest, gehe bitte auf https://cordula-casaretto-coaching.de/de/buch.php.

Übung Nr. 7: Ressourcen zur Zielerreichung Du hast Dein Ziel formuliert. Jetzt geht es darum, die notwendigen Schritte, Fähigkeiten und Rahmenbedingungen herauszuarbeiten. Bitte überlege: Was braucht es dazu, Dein definiertes Ziel zu erreichen? Z. B. bestimmte Schritte, Personen, Fähigkeiten, Umstände Wer kann Dich dabei unterstützen? Z. B. regelmäßige Gespräche mit einer Freundin, das Hinzuziehen eines Coach/Mentor Warst Du schon einmal in einer ähnlichen Situation und hast diese gut gemeistert? Welche Deiner Fähigkeiten und Erfolgsstrategien von damals könntest Du auch jetzt gut einsetzen? Z. B. hast Du schon einmal sehr erfolgreich ein großes Event geplant und Deine Planungskompetenz und Strukturiertheit kann Dir jetzt auch helfen Stell Dir einmal vor, es ist der Tag nach Deiner Zielerreichung und es ist alles fantastisch gelaufen (Du bist z.  B. befördert worden, hast einen bestimmen Job bekommen). Was hast Du von Dir aus dazu beigetragen, dass alles so hervorragend gelaufen ist? Und jetzt aus einer anderen Sicht: Was würdest Du einer Freundin/einem Freund/Familienmitglied raten, wie er/sie dieses Ziel erreichen könnte? Welche Ressourcen werden Dich dabei stärken, Dein Ziel zu erreichen? (Z. B. regelmäßige Entspannung, gute Gespräche, Sport etc.)

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6.9 W  eiterführende Buchtipps und weitere Quellen Die folgenden Empfehlungen kann ich Dir wärmstens ans Herz legen, denn mit allen drei Autoren und deren Ansätzen beschäftige ich mich schon geraume Zeit und ich muss sagen: Sie haben mir eine neue inspirierende Welt eröffnet, in der sich wertschätzendes Netzwerken und Lernen verbinden lässt, um selbst zu wachsen und Ziele zu erreichen. Onaran T (2019) Die Netzwerkbibel: Zehn Gebote für erfolgreiches Networking. Springer, Wiesbaden Tijen Onaran zeigt in ihrem ersten Buch, wie Netzwerken heute wirklich funktioniert. Sie berichtet und reflektiert auf sehr unterhaltsame Weise passende eigene Erlebnisse, erzählt Anekdoten aus ihrer Zeit in der Politik und Wirtschaft und leitet daraus konkrete Handlungsempfehlungen ab. Ich habe das Buch sehr genossen und „in einem Rutsch“ gelesen. Tijen beantwortet folgende Fragen: • Wurdest Du als Netzwerker geboren oder musst Du das erst lernen? • Hast Du als introvertierter Mensch überhaupt das Zeug zum Networker? • Welche Netzwerktypen gibt es und wie gehst Du am besten mit ihnen um? • Welche digitalen Netzwerke sind wichtig? • Betreiben Frauen Networking anders als Männer? • Welche Rolle spielt Vertrauen beim Netzwerken? Ferrazzi K (2013) Geh nie alleine essen, 1. Aufl. Books4Success, Wien Keith Ferrazzi erklärt das „Geheimnis des Netzwerkens“ auf so verständliche Weise, dass ich nach der Lektüre total Lust hatte, seine Anleitungen direkt auszuprobieren. Ferrazzi erkannte schon früh, wie wichtig Netzwerken ist, um Ziele zu erreichen. Er zeigt die Schritte, die er benutzt, um mit den Tausenden von Menschen in seinem Adressbuch in Kontakt zu bleiben. Es sind Kollegen, Freunde und Partner – Menschen, denen er geholfen hat und Menschen, die ihm geholfen haben.

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Was mir besonders gefällt: Seine Art des Netzwerkens basiert auf Großzügigkeit und ist auf gegenseitige Wertschätzung ausgerichtet. Stepper J (2020) Working Out Loud: Damit Verbundenheit, Vertrauen und Gemeinschaft wachsen können. Vahlen, München Der Autor John Stepper ist der Gründer der Methode „Working Out Loud“. Er denkt die (Zusammen-)Arbeit neu: Statt auf Konkurrenz und strenge Hierarchien setzt er auf eine Kultur des Netzwerkens. In seinem Buch erläutert er die Methode im Detail. Mittlerweile kommt Working Out Loud in vielen Unternehmen erfolgreich zum Einsatz: BMW, Bosch, DHL, Siemens, die Deutsche Bank und viele mehr arbeiten nach Steppers Ansatz und bemerken, dass Erfolge sichtbarer werden und die intrinsische Motivation aller wächst.

Die Quintessenz aus diesem Kapitel Mit Ressourcen sind alle Aspekte gemeint, die Du brauchst, um Dein Ziel zu erreichen. Sie bilden die Hebel und Kraftquellen, mit denen Du Dein Ziel erreichst. Ressourcen umfassen z. B. • Fähigkeiten, die Du bereits hast oder noch erlangen solltest (u.  a. durch Weiterbildung) • bestimmte Menschen, die Dich unterstützen (u.  a. hilft hier wertschätzendes Netzwerken) • Erfolgsstrategien, die Du schon einmal angewendet hast und die Dir bei der Erreichung Deines Ziels helfen können. • Maßnahmen zum regelmäßigen „Auftanken“, um ein gutes Ener­ gielevel zu erreichen (Kraftquellen) Die Kernfrage bei der Identifizierung der Ressourcen lautet: Was braucht es, um mein Ziel zu erreichen? Wir erreichen unsere Ziele in ressourcenvollen Zuständen sehr viel leichter und mit mehr Lebensqualität als in ressourcenarmen Zuständen. Deshalb ist es ratsam, dass wir sorgsam mit unseren Ressourcen umgehen

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und wissen, welche Dinge uns guttun und wie wir unsere Ressourcen aufbauen. Wenn ich feststelle, dass meine Ressourcen aktuell vielleicht nicht ausreichen, weil ich mich auf einem sehr niedrigen Energielevel befinde, kann ich überlegen, wie ich meine Ressourcen durch Kraftquellen (wieder) aufbaue oder ob ich die Dauer, bis ich mein Ziel erreichen möchte, verlängere. Nützliche Ressourcen zur Weiterbildung und zum Netzwerken umfassen z. B.: • Lernen, das mit Netzwerken verknüpft ist (u. a. Working Out Loud) • Digitale Learning-Plattformen (u. a. Udemy, OpenHPI) • Zusammenfassung von Büchern und anderen Wissensquellen (u.  a. Blinkist) • Soziale Netzwerke (u. a. YouTube Tutorials) • Coaches und Mentoren • Dein Braintrust (Gleichgesinnte, die ähnliche Interessen und Ziele verfolgen) • Möglichkeiten zum Networking (u. a. nach Keith Ferrazzi) • Erfolgsstrategien In der Übung in diesem Kapitel hast Du definiert, welche Ressourcen Du benötigst, um Dein Ziel zu erreichen (z. B. Maßnahmen, Fähigkeiten, Umstände) und welche Erfolgsstrategien Du anwenden kannst aus ähnlichen Situationen, die Du gut gemeistert hast. Du hast außerdem Kraftquellen notiert, um in einen ressourcenvollen, „guten“ Zustand zu kommen bzw. darin zu bleiben.

Literatur 1. Ismail S, Malone M, van Geest Y (2017) Exponentielle Organisationen: Das Konstruktionsprinzip für die Transformation von Unternehmen im Informationszeitalter. Vahlen, München 2. https://onlinemarketing.de/jobs/artikel/5-stunden-regel-lesen-erfolg. Zugegriffen am 17.05.2020 3. Arbeitsmarktstudie decoding global trends in upskilling and reskilling (2019) https://www.stepstone.de/ueber-stepstone/press/internationale-ar-

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beitsmarktstudie/. Zugegriffen am 10.11.2019. bzw. Kovács-Ondrejkovic O, Strack R, Antebi P, Gobernado AL, Lyle E (2019) Decoding global trends in upskilling and reskilling. https://www.bcg.com/de-de/publications/2019/decoding-global-trends-upskilling-reskilling.aspx 4. https://workingoutloud.com/de/home/. Zugegriffen am 28.02.2020 5. https://colearn.de/lernos-die-kunst-des-selbstgesteuerten-lebenslangen-lernens-clsprint-am-12-04-2019/. Zugegriffen am 02.06.2020 6. https://www.vhs-starnberger-see.de/programm/beruf-edv/kurs/Webinar+lernOS/nr/F2316/bereich/details/kat/53/. Zugegriffen am 20.02.2020 7. https://cogneon.de/2019/07/13/di3-13-wichtigsten-unterschiede-zwischen-lernos-und-wol/. Zugegriffen am 28.02.2020 8. Zitat Katharina Krentz (o.J.) https://www.linkedin.com/feed/update/urn:li: article:8756249732510360236?commentUrn=urn%3Ali%3Acomment%3A%28article%3A8756249732510360236%2C659381551646 7482624%29. Zugegriffen am 25.06.2020 9. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/digitec/sebastian-thrun-verdient-geld-mit-udacity-16600840.html. Zugegriffen am 01.03.2020 10. https://open.hpi.de/. Zugegriffen am 17.05.2020 11. https://www.youtube.com/watch?v=GUAWqsJFWkg. Zugegriffen am 17.05.2020 12. https://www.youtube.com/watch?v=Oq0G6Wh70OA&list=PLLTAHuUj-zHi77UKD9AGc8uhoNIH2scMG. Zugegriffen am 25.06.2020 13. https://www.emotion.de/de/coaching-tipps/richtigen-coach-finden-6906. Zugegriffen am 25.06.2020 14. Hill N (2018) Think and Grow Rich – Deutsche Ausgabe: Die ungekürzte und unveränderte Originalausgabe von Denke nach und werde reich von 1937. FinanzBuch, München 15. https://aufsteiger.ch/braintrust-prinzip/. Zugegriffen am 04.07.2020 16. Ferrazzi K (2013) Geh nie alleine essen! Und andere Geheimnisse rund um Networking und Erfolg (Deutsch) Taschenbuch. books4success, Kulmbach, S 45 f 17. Gallwey T, Pyko F (2010) INNER GAME COACHING: Warum Erfahrungen der beste Lehrmeister sind. Allesimfluss, Staufen

7 Schritt 6: Plane Deinen Weg zum Ziel

Du hast nun richtig viel geschafft: Du hast Deine Stärken identifiziert und die Umstände und Werte, die Dir bei Deiner Arbeit wichtig sind, um Dich gut und produktiv zu fühlen. Du hast auch Dein nächstes Ziel definiert, das Du für Deine berufliche Zufriedenheit erreichen möchtest und die notwendigen Ressourcen dazu. Nun geht es an die konkrete taktische Planung, um Dein Ziel fokussiert zu erreichen.

Schritt 6: Plane Deinen Weg zum Ziel. Grafiken des 7-Schritte-Modells: Franziska Sommerfeld. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Casaretto, Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7_7

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Du kennst nun Dein Ziel und die wesentlichen Ressourcen – also Fähigkeiten, Erfolgsstrategien, andere Menschen. Du hast identifiziert „WAS es braucht“, um Dein Ziel zu erreichen. Nun geht es an die Strategieplanung – die Kernfrage hierbei lautet „WIE gehe ich es an?“ Welcher Schritt kommt als Erstes? Welcher danach? Auch bei dieser Frage hilft es, aus der Lösung heraus zu denken. Sich z. B. vorzustellen, dass man sein Ziel bereits erreicht hat und im Rückblick beschreibt, welche wichtigen Schritte, Maßnahmen und Rahmenbedingungen dazu geführt haben, dass man sein Ziel erreicht hat. Daraus lässt sich dann zum Beispiel wunderbar ein Projekt- oder Maßnahmenplan erarbeiten. Denn beim Blick „rückwärts“ aus der Zukunft heraus konzentrieren wir uns auf die konstruktiven Schritte, die uns zum Ziel geführt haben. Die Perspektive wird geweitet. Beim Blick von jetzt nach vorne kann es vorkommen, dass wir uns sehr auf mögliche Probleme und Hürden fokussieren. Neben dem Blick rückwärts lernst du in den folgenden Unterkapiteln weitere nützliche Methoden kennen. Konkret kannst Du Deinen Weg zum Ziel dann in der Übung am Ende dieses Kapitels planen. In dieser Übung sind auch die wesentlichen Elemente der vorher vorgestellten Methoden enthalten.

7.1 N  ützliche Methoden bei der Strategieplanung Die folgenden Methoden zeigen, wie Du lösungs- und ressourcenorientiert konkrete Maßnahmen planst, um zu Deinem Ziel zu gelangen. Ich stelle Dir auch Methoden vor, aus denen Du für Dich einzelne nützliche Elemente herausziehen kannst. Der folgende Überblick soll Impulse bieten, die Du immer wieder anwenden kannst bei der Planung von Zielen. Such Dir einfach die Methoden heraus, die Dir am nützlichsten erscheinen. Vielleicht hast Du auch Lust, einzelne Methoden erst einmal im Alltag auszuprobieren an ein oder zwei kleinen Beispielen. Die Methode „Getting Things Done“, die Du in diesem Kapitel kennenlernst, mag dafür geeignet sein, Deine To-do-Listen und Deine

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Aufgabenplanung im Alltag zu strukturieren und das Prinzip zu befolgen, Deinen Verstand durch das sofortige Aufschreiben von Einfällen zu „entlasten“. Und Du kannst Getting Things Done auch als Methode für die Planung Deiner Zielerreichung nutzen, indem Du z.  B. ganz konkrete To-dos aufsplittest, die für Deine Zielerreichung notwendig sind.

7.1.1 Aus der Zukunft rückwärts planen Überlege Dir, Du hast Dein Ziel bereits erreicht und alles ist so optimal gelaufen, wie Du es Dir vorgestellt hast. Welche Schritte waren die wichtigsten zum Erfolg? Welche Deiner Fähigkeiten hast Du eingesetzt, um zum Ziel zu kommen? Und wer hat Dir dabei geholfen? Aus der Praxis Ein Coachee war gerade dabei, ein Sachbuch zum Thema Ernährung zu verfassen und hatte die Deadline – die nicht mehr allzu weit weg war – nervös vor Augen. Er wusste, welche Ressourcen notwendig waren, um das Buchmanuskript erfolgreich und pünktlich beim Verlag einzureichen: er wusste, dass er noch einige Experteninterviews und Hintergrundgespräche führen musste und er wusste, in welche Themen er sich noch einlesen wollte, um einige Kapitel noch anzureichern. Seine Herausforderung bestand darin, dass er sich noch nicht genau darüber klar war, welcher nächste Schritt denn nun angebracht war. Ich bat ihn, sich vorzustellen, sein Buch sei veröffentlicht und es sei alles super gelaufen. Was sagen die Leser und Kritiker über sein Buch? Was ist daran großartig? Und worauf ist er selbst besonders stolz bei seinem Buch? Hier der Dialog: Theo: Meine Leser sind begeistert von dem Buch, weil die teilweise komplexen Inhalte auf eine sehr verständliche und unterhaltsame Art vermittelt werden. Außerdem können sie die Hinweise sofort anwenden und haben richtig Spaß dabei. Wie hast Du es geschafft, dieses exzellente Buch zu verfassen? Welche Schritte waren entscheidend? Theo: Indem ich die Inhalte und Praxistipps vorher mit Menschen ausprobiert habe, die sich für das Thema Ernährung besonders interessieren – potenzielle Käufer also. Ich habe mit ihnen das Grundgerüst der Praxishinweise besprochen und bat sie, diese im Alltag einmal anzuwenden.

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Spannend! Wie hast Du diese Menschen angesprochen? Theo: Ein Großteil waren Freunde von mir, die sich für das Thema gesunde Ernährung schon lange interessieren. Aber auch einige Bekannte und frühere Arbeitskollegen. Das war also der entscheidende Schritt: die Erprobung des Praxisteils mit potenziellen Käufern des Buches. Welche Schritte waren noch entscheidend? Theo: Das Vorstrukturieren der Kapitel. Ich habe mir für jedes Kapitel überlegt: Was ist die Kernaussage? Wie bauen die Kapitel aufeinander auf? Welche Literaturangaben machen hier Sinn? Und welche Praxistipps sind passend? Das klingt sehr professionell und nach einem starken Hebel, um Dein Buch zu einem Erfolg werden zu lassen. Was sind aus der jetzigen Sicht die nächsten Aspekte, die Du angehst? Theo: Ich gehe gleich noch einmal meine Kapitelstruktur grob durch, formuliere einen Prototypen der Praxishinweise und dann spreche ich vier oder fünf potenzielle Leser an, ob sie Lust haben, die Übungen einmal auszuprobieren und mit mir durchzugehen. …

7.1.2 Maßnahmenplan Den klassischen Maßnahmenplan in Form eines Projektplans kennt wahrscheinlich jeder Leser – dieser kann sehr detailliert oder auch grob sein. Es gibt viele Vorlagen von Projektplänen – wichtig ist, dass Du Dich mit Deinem Plan wohlfühlst und ihn gut nutzen kannst. Wer es simpel und klar mag, dem wird es genügen, seine Schritte zum Ziel in einem einfachen Excel-Template herunterzuschreiben, in dem steht, WAS bis WANN zu tun ist und evtl. WER mit dem Ziel in Verbindung ist, also wer helfen kann. Wer es etwas komplexer mag, möchte vielleicht einen Projektplan in MS Project anlegen oder auch einen detaillierteren Plan in Excel, in dem z. B. wichtige Meilensteine aufgelistet sind.

7.1.3 Getting Things Done [1–3] Wer kennt das nicht: Wir sind den ganzen Tag beschäftigt, kommen total erschöpft von der Arbeit nach Hause und fragen uns: Was hast Du heute

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eigentlich geschafft? David Allen berät Menschen und Unternehmen zum Thema Produktivitätsmanagement und hat mit „Getting Things Done“ eine Methode entwickelt, mit der sich dieses Problem lösen lässt. Allen beschreibt ein System, das hilft, mit Unterbrechungen und Ablenkungen im Alltag gut umzugehen und mit dem es gelingt, eigene Ziele zu verfolgen. Du kannst Getting Things Done (GTD) für Deine konkrete berufliche Planung einsetzen, aber es bringt auch einen zusätzlichen Nutzen für die tägliche Aufgabenplanung [1, 2]. Ziele verschwinden im Alltag aus unserem Fokus [1, 2] Jede Information im Alltag führt dazu, dass Prioritäten, die Du Dir vielleicht am Morgen gesetzt hast, durcheinandergewirbelt werden. Eingehende Anrufe, E-Mails, WhatsApp etc. und neue eigene Ideen wuseln in Deinem Kopf herum und blockieren Dich bei der strukturierten Aufgabenabarbeitung. Dabei vergisst Du Dinge, verpasst auch mal eine Deadline oder gerätst in Zeitnot. ABER: Du wirst in Deinem Job zu einem großen Teil daran gemessen, wie produktiv Du bist: Du musst einen bestimmten Umsatz erreichen pro Monat, Unterlagen zu einem bestimmten Zeitpunkt an Vorgesetzte abliefern oder Kundenprojekte mit einem definierten Ergebnis abschließen. Eine Herausforderung im Alltag besteht darin, dass Du ständig beschäftigt bist und dich in Details verlierst und nicht mehr unterscheiden kannst, welche Aktion zu einem produktiven Ergebnis führt und welche nicht. Die Ziele verschwinden dabei aus Deinem Fokus. Allens Prinzip von Getting Things Done (GTD) steuert dagegen und hilft Dir, Deine To-dos nach Wichtigkeit, Dringlichkeit und Umfang zu priorisieren, damit sie zum passenden Zeitpunkt erledigt werden können. Das Kernprinzip von GTD besteht darin, Dein Gehirn zu entlasten, indem Du alle Deine Aufgaben schriftlich fixierst. Wenn sich Dein Gehirn daran gewöhnt hat, dass es Aufgaben nicht mehr speichern muss, „vertraut“ es der schriftlichen Organisation. Somit kannst Du Dich besser auf Aufgaben fokussieren und in Ruhephasen wirklich entspannen [3].

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Getting Things Done (GTD) besteht aus 5 Schritten [3] Sammeln Du sammelst alle Aufgaben und Termine in „Eingangskörben“ (physisch oder digital). David Allen rät dazu, immer ein physisches Notizbuch dabei zu haben, da das tatsächliche Schreiben mit der Hand seiner Ansicht nach den Verstand mehr entlastet als der Eintrag in ein digitales Tool. Ich schreibe meine To-dos und Ideen immer in eine Excelliste und bin damit sehr happy, da ich somit genau EINE Quelle habe, wo alles steht. Diese „Single Source of Truth“ ist für mich das entscheidende Kriterium, um mein Gehirn zu entlasten. Bei physischen Notizbüchern würde ich Gefahr laufen, sie auch einmal liegen zu lassen. Verarbeiten Du sichtest die Aufgaben und Termine aus dem Eingangskorb und überlegst, was Du damit machst. Dafür stellst Du Dir folgende Fragen: • Was ist das für eine Aufgabe? • Kann ich direkt etwas unternehmen? • Was ist der nächste Schritt? Wichtig: Du solltest beim Verarbeiten keine Aufgabe zurücklegen, sondern für jede Aufgabe eine Einsortierung vornehmen. Ist eine Einsortierung nicht möglich, wählst Du eine der folgenden Alternativen: entsorgen/als Referenzmaterial ablegen/auf „vielleicht“ bzw. „irgendwann“ setzen. David Allen rät, alle Aufgaben, die in weniger als zwei Minuten erledigt werden können, direkt zu bearbeiten und nicht in das GTD-System einzusortieren. Organisieren Alle Aufgaben und Termine werden Zwischenablagen zugeordnet bzw. auf bestimmte Listen gesetzt und von dort aus weiterbearbeitet. Aufgaben, die mehrere Schritte umfassen, sind nach der GTD-Methode ein Projekt, z. B. Deine Hochzeitsplanung oder die nächste Marketingkampagne bei Dir im Büro. Alle Deine Projekte setzt Du auf eine Projektliste, die Du regelmäßig durchsiehst. Die nächsten Schritte für Deine Projekte kannst Du als feste Termine in Deinen Kalender eintragen. Außerdem führst Du einen Überblick für alle Aufgaben, die Du an andere delegiert hast, so hast Du alle ausstehenden Feedbacks immer übersichtlich im Blick. Zudem führst du außer Deiner Projektliste noch eine separate Liste mit Einzelaufgaben. Auch hier kannst Du wieder einen Überblick ergänzen mit Aufgaben, die Du delegiert hast oder Personen, von denen Du Feedback erwartest. Halte Dir beim Ordnen Deiner Projekte und Aufgaben immer wieder Dein übergeordnetes Ziel oder Deine Ziele vor Augen. Möchtest Du Klavier spielen lernen? Dann finde einen Lehrer, kaufe oder miete ein Klavier

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und sieh Dir vielleicht auch ein Tutorial auf YouTube an. Oder Du möchtest unbedingt ein Zertifikat in Spanisch erwerben? Dann schau Dich nach einer geeigneten Lernmöglichkeit um – offline oder digital, hole Erfahrungen anderer Menschen ein, die das Zertifikat schon bekommen haben oder vielleicht mach Dich kundig, wie Du einen Sprachkurs und einen Urlaub in einem spanischsprachigen Land verbinden kannst. Wichtig ist, dass Du konkrete Schritte festlegst, wie Du Dein Ziel erreichst. Und sei der erste Schritt, den Du gehst, noch so klein – Hauptsache, Du hast ihn definiert. Das erleichtert. Dieses Aufsplitten in präzise To-dos bzw. kleine Schritte hilft sehr, Dein Ziel konzentriert und mit gutem Ressourceneinsatz zu erreichen. Durchsehen Um Dein Gehirn wirklich zu entlasten und Deine Produktivität zu steigern, sieh Deine Listen regelmäßig durch. Denn nur, wenn Dein Gehirn weiß, dass Dein Dokumentationssystem aktuell ist, kann es sich entspannen. Geh deshalb am besten mindestens einmal täglich Deine Aufgabenliste durch. GTD empfiehlt, einmal pro Woche einen Rückblick vorzunehmen, der folgende Schritte beinhaltet: • Kopf leeren: Du schreibst alle Ideen auf, die Dir in den Sinn kommen und packst sie in Deinen digitalen oder physischen Eingangskorb. • Verarbeiten der neuen Infos im Eingangskorb: Du sortierst alle Aufgaben in entsprechende Listen (u. a. Projekte, Einzelaufgaben, warten auf xy). • Aufgabenliste: Ist die Liste Deiner Einzelaufgaben up to date? Was kann gestrichen werden? Welche To-dos stehen für die nächsten Tage an? • Irgendwann/vielleicht-Liste: Gibt es hier Inhalte, die Du in die Aufgabenoder Projektliste verschieben möchtest? • Terminkalender: alle Termine wahrgenommen? Ist Dein Kalender wirklich aktuell, sind alle Termine eingetragen? Was steht in den nächsten Tagen an? • „Warten auf“: Von wem erwartest Du noch Rückmeldungen? Hake, wenn nötig, nach. Erledigen David Allen rät dazu, Kontextlisten anzulegen, da wir uns in unterschiedlichen Kontexten bewegen (Familie, Hobby, Beruf). Sobald Du freie Zeit hast, kannst Du Dich fragen: In welchem Kontext befinde ich mich gerade? Was kann ich jetzt tun? Z. B. kannst Du in einem Wartezimmer oder in der Bahn nützliche Bücher oder andere Infoquellen lesen oder E-Mails beantworten. Zudem solltest Du bei der Erledigung Deiner Einzelaufgaben oder Projektaufgaben darauf achten, wann Du sie erledigst. Denn unser Energielevel schwankt während des Tages. Also solltest Du wirklich wichtige Aufgaben in Tageszeiten legen, in denen Du sehr leistungsfähig bist.

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Interpretation von Getting Things Done (GTD) Klaus Heywinkel bietet mit seiner Interpretation von GTD auf seiner Website https://zeitkuenstler.de/ hilfreiche Tipps zur Anwendung. Ich selbst schreibe zum Beispiel basierend auf den Tipps von Klaus Heywinkel jeden Tag in meiner „Single Source of Truth“-Excelliste auf, welche „Einzelaufgaben“ zu erledigen sind und lege fest, in welcher Reihenfolge ich sie bearbeite. Darunter folgt ein Überblick mit „Projekten“. Projekte sind Ziele, die sich aus mehreren Aufgaben zusammensetzen. Hinter jedem Projekt stehen dann einzelne Aufgaben jeweils mit Anfangs- und Abschlussdatum (Tab. 7.1). Ich schaue meine Aufgaben jeden Morgen durch und plane genau, welche Einzel- und Projektaufgabe ich zuerst, welche danach erledige usw. Das hilft mir, meinen Kopf zu entlasten. Sobald ich eine Aufgabe erledigt habe, streiche ich sie und die nächste rückt an die erste Stelle. Vielleicht möchtest Du GTD einmal für Deine Aufgabenplanung während des Tages ausprobieren und dann entscheiden, ob diese Methode sich auch für die Planung Deines beruflichen Ziels eignet. Du könntest z.  B. für die Erreichung Deines beruflichen Ziels ein Projekt anlegen, das aus mehreren Aufgaben besteht. Vielleicht möchtest Du auch nur einzelne Elemente aus GTD nutzen – wie z. B. das Sammeln der Ideen und To-dos in einer einzigen Liste und diese dann regelmäßig durchsehen. Mein persönliches Fazit zu GTD Der Ansatz, das Gehirn zu entlasten durch die Dokumentation in einer einzigen Quelle (Eingangskorb), ist sehr nützlich. Auch der Ansatz, diese Tab. 7.1  Übersicht Aufgaben pro Projekt – angelehnt an Klaus Heywinkel [4] Projekt

Aufgabe

Englischzertifikat B2 erlangen Englischzertifikat B2 erlangen Englischzertifikat B2 erlangen

Anbieter (on-/offline x recherchieren) Fördermöglichkeiten bei x Arbeitgeber eruieren Angebote bei Anbietern einholen und vergleichen

Erledigt Deadline

Start

03.03.2020 25.02.2020 16.04.2020 10.04.2020 02.05.2020 18.04.2020

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Quelle regelmäßig durchzusehen und die Aufgaben zeitlich und nach Priorität zu ordnen, ist hilfreich. Allerdings sind mir die unterschiedlichen Kontextlisten und unterschiedlichen Projektlisten etwas zu viel. Ich sammele meine Einzelaufgaben und Projekte in einer einzigen Excelliste: oben die Einzelaufgaben pro Wochentag, daneben die Übersicht mit „Warten auf“ und darunter – geordnet nach Projekten – weitere Aufgaben. Vorteilhaft bei GTD: Du kannst auch einzelne Elemente herauspicken, die Dir nutzen.

7.1.4 Relationship Action Plan Den Ansatz zum Netzwerken von Keith Ferrazzi hast Du bereits in Kap. 6 kennengelernt. Für seine Methode des wertschätzenden, professionellen Netzwerkens verbunden mit eigenen Zielen hat er ein Tool entwickelt, das er „Relationship Action Plan“ [5] (RAP) nennt. Der RAP ist angelegt wie eine To-do-Liste, die sich gut im Alltag abarbeiten lässt und zum nächsten Schritt motiviert. Der Plan besteht aus drei Teilen [5]: 1 . Deine Ziele, die Du erreichen möchtest (Drei-Jahres-Ziele) 2. Verbindung dieser Ziele mit Menschen und Organisationen, die Dir beim Erreichen helfen 3. Maßnahmen, wie Du an diese Menschen und Organisationen herantrittst Keith Ferrazzi geht von Drei-Jahres-Zielen aus. Natürlich muss nicht jedes berufliche Ziel auf drei Jahre ausgelegt sein. Aber Du kannst auf jeden Fall von der Grundmethodik profitieren, eigene Ziele mit Menschen und Organisationen in Verbindung zu bringen. Nach dieser Vorgehensweise funktioniert übrigens „Working Out Loud“ (siehe Abschn. 6.2.1). Ich habe sie selbst ausprobiert und finde sie wirklich hilfreich. Du lernst, auf eine neue Art zu denken: nämlich zu überlegen, mit welchen interessanten Anknüpfungspunkten Du auf andere Menschen zugehst, um ihnen einen Mehrwert zu bieten. Durch diese Überlegung beschäftigst Du Dich automatisch mit dem Thema Deines Ziels und arbeitest somit auch an Deinem Ziel.

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Keith Ferrazzi bringt in seinem Buch ein faszinierendes Beispiel, wie ein Relationship Action Plan gut funktioniert: als er in noch jungen Jahren seinen Job als Vorstandsvorsitzender des Konzerns YaYa antrat. YaYa war damals eine Marketing-Gesellschaft und verfügte über die notwendige Technologie mittels Online-Spielen Kunden anzuziehen. Als Keith Ferrazzi dort anfing, verfügte das Unternehmen aber weder über Kunden noch Einnahmen. Um diese Situation zu ändern, bekam er zwei Ziele vorgesetzt: 1 . ein tragfähiges Geschäftsmodell zu bauen und 2. entweder einen Großinvestor zu finden oder das Unternehmen an einen strategischen Käufer zu veräußern. Keith Ferrazzi erstellte einen RAP mit 90-Tage-Zielen, Jahreszielen und Drei-Jahres-Zielen [6]: Seine Ziele [6]: • 3 Jahre: Funktionierendes Geschäftsmodell implementiert, das auch ohne Keith Ferrazzi als CEO funktioniert, Liquidität für Investoren geschaffen, Unternehmen hat Image eines geistigen Führers erreicht auf dem Feld des Online-Marketing. • 1 Jahr: Ausreichend Bluechip Kunden gewonnen, um das Unternehmen in die Gewinnzone zu führen und für eine potenzielle Übernahme interessant zu positionieren. • 90 Tage: Vertrauen der Mitarbeiter gewonnen; Unternehmen eine klare Richtung vorgegeben. Um seine gesteckten Ziele zu erreichen, schrieb Keith eine Liste der wichtigsten Teilnehmer der Online- und Spieleindustrie (CEOs, Journalisten, Programmierer etc.). Er setzte sich das Ziel, sie alle innerhalb eines Jahres kennenzulernen. Um Begeisterung für die Produkte von YaYa zu wecken, erstellte er zunächst eine Liste von Personen, die er als „Einflussnehmer“ bezeichnete, diejenigen Personen, die Technologien frühzeitig übernehmen (Journalisten, Branchenanalysten). Danach erstellte er eine Liste potenzieller Kunden, potenzieller Unternehmenskäufer und von Menschen, die später einmal daran interessiert sein könnten, YaYa zu finanzieren. Er brach die Maßnahmen weiter herunter, wie er an diese

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Menschen herantreten wollte, und war damit erfolgreich: Im Jahr 2002 berichtete Forbes über den außerordentlichen Erfolg von YaYa als Start-­ up-­Unternehmen, das praktisch aus dem Nichts aufgetaucht war. YaYa wurde an eine Aktiengesellschaft verkauft, dadurch bekamen die Investoren die gewünschte Liquidität und YaYa das Kapital, das es benötigte. Keith Ferrazzi geht davon aus, dass YaYa ohne seinen Relationship Action Plan nicht einmal das erste Jahr überstanden hätte [6]. In der Methodik von Keith Ferrazzi startest Du mit dem Ziel, das Du in drei Jahren erreichen möchtest. Danach arbeitest Du Dich in Drei-­ Monats- und Ein-Jahres-Schritten vor bis heute (Tab. 7.2). Weitere konkrete Anleitungen und Templates zum Relationship Action Plan findest Du im Buch von Keith Ferrazzi „Geh nie alleine essen“ [5] und auf vielen Websites, z. B. hier: Tab. 7.2  Mögliche Ausgestaltung eines Relationship Action Plans (angelehnt an Keith Ferrazzi) Ziele

3 Jahre:

1 Jahr:

3 Monate:

Menschen/ Priorität Organi(A = sehr hoch bis sationen C = niedrig)

Vertrautheit/ Qualität der Beziehung (1-5)

Warum diese Menschen/ Organisationen wichtig sind für mein Ziel

Wie erreiche ich diese Menschen/ Organisationen

Welchen Mehrwert kann ich bieten

Frequenz der Interaktion

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• Slideshare: https://www.slideshare.net/Pepobist/relationship-actionplan • oder bei Gazelles.com: https://www.gazelles.com/summits/growth2014/Speaker-one-page-plans/Keith_Ferrazzi_one_page_plan.pdf • oder bei Keith Ferrazzis Unternehmen Greenlight: https://ferrazzigreenlight.app.box.com/s/ivdo8jlm09t15ikx7g3mj557z6a9d0jt Eine schöne Zusammenfassung von Keith Ferrazzis Buch „Geh nie alleine essen“ mit allen Tipps zu seinem Netzwerk-Konzept findest Du auf YouTube unter https://youtu.be/EWcgqYKRQdo (von Dario di Donato „Bücher die mein Leben verändert haben – Part 2“)

7.1.5 Objectives & Key Results (OKR) Objectives & Key Results (OKR) steht für Ziele und Schlüsselergebnisse. Das Modell wurde über Intel und Google bekannt und ist eigentlich eine Planungs- und Zielsetzungsmethode für Unternehmen. Zu der Historie findest Du weiter unten noch einige Informationen. Zunächst geht es hier um den Nutzen von OKR für Dein persönliches Ziel. Einige Aspekte von OKR lassen sich für Deine persönliche Planung zur Zielerreichung gut nutzen. Denn das OKR-Modell setzt auf ehrgeizige Ziele und definiert messbare Schritte, um Ziele zu erreichen. Es stellt sicher, dass Du Deinen Fokus auf Dein Ziel behältst und dabei auch das „große Ganze“ im Auge hast.

Beispiel Beispielsweise legst Du ein Ziel fest, das lautet: Programmiersprache Python erlernen in 12 Wochen (z. B. bis 1. Juli 2020). Dann legst Du fest, welches Level Du bei dieser Programmiersprache erreichen möchtest. Möchtest Du ein Basisverständnis entwickeln oder schon richtig gut programmieren können? Nachdem Du Dein „Zielniveau“ und das Datum der Erreichung festgelegt hast, definierst Du, welche Schritte Du bis wann unternehmen musst, um dorthin zu gelangen.

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Diese Schritte sind Deine Schlüsselergebnisse (Key Results), die zeigen, was Du tun musst, um Dein Ziel zu erreichen. Wichtig: Alle Schlüsselergebnisse müssen messbar sein und an Dein Ziel anknüpfen und: Du solltest nicht zu viele Key Results definieren. Drei bis fünf sind ausreichend. Zur Erreichung Deiner Key Results solltest Du dann einen Zeitplan erarbeiten. Beim Lernen von Python könntest Du z. B. folgende Key Results setzen: „Einen Online-Kurs beenden mit einem Zertifikat“ bis zum 1. Mai 2020 und „2 Bücher“ lesen zum Thema „Python“ bis zum 30. Juni 2020. Den Fortschritt Deiner Schlüsselergebnisse (Key Results) solltest Du wöchentlich überprüfen. Dafür gibt es z.  B. das Tool „Weekdone“ (https:// weekdone.com/). Du kannst auch eine einfache Liste in Form von Excel o. Ä. verwenden [7].

Eine schöne Anleitung, wie sich OKR für persönliche Ziele anwenden lässt, findest Du auch auf der Website von Sina Hübsch unter https:// deine-traumverwirklicherin.de/get-shit-done-okr/ Historie von OKR und Anwendung im Unternehmenskontext [8] Ursprünglich kommt die Methode OKR aus dem Unternehmenskontext. Der ehemalige Intel-Mitarbeiter John Doerr hat sie Mitte der 1970er-­Jahre kennengelernt, als er bei Intel einstieg. Seitdem ist er leidenschaftlicher Anhänger davon. Er gibt diese Methode inzwischen auch als Trainer an andere Unternehmen weiter, damit sie erfolgreicher werden. John Doerr war begeistert vom damaligen CEO Andy Grove, der Intel von einem Vier-Mann-Start-up zu einem globalen Großkonzern entwickelte. Grove vermittelte, dass es als Unternehmer nicht um das geht, was man weiß, sondern um das, was man damit macht. Also, dass die Umsetzung von Wissen wichtiger ist als das Wissen selbst. Die Kernfragen lauten • „Wo will ich hin?“ (Objectives) und • „Welche Ergebnisse muss ich auf dem Weg dorthin erzielen und wie kann ich sie messen?“ (Key Results) Intel setzte sich in den 1970er-Jahren das Ziel, einer der weltweit führenden Hersteller von PC-Mikroprozessoren zu werden. Um zu erken-

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nen, ob und wann sein Unternehmen das Ziel erreicht hatte, setzte Grove die „Key Results“ ein – konkrete Ergebnisse, die sich messen lassen. Intel nahm sich daraufhin vor, den Mikroprozessor 8085 zehnmal in ein Produkt eines anderen Unternehmens einbauen zu lassen. Wichtig dabei war, dass sich die Erreichung der Key Results mit einem klaren Ja oder Nein messen lassen konnte. Grove steigerte den Umsatz von Intel in elf Jahren um unfassbare 40 % pro Jahr. Das beeindruckte seinen Angestellten John Doerr so nachhaltig, dass dieser den Rest seines Lebens damit verbringt, die OKR-Methodik anderen Unternehmen beizubringen. OKR ist durch drei Merkmale gekennzeichnet [8]: • Ein Unternehmen sollte immer nur eine überschaubare Anzahl an firmenweiten OKR definieren, damit sich jeder Mitarbeiter darauf konzentrieren kann, daran zu arbeiten. Die OKR sind für alle Mitarbeiter transparent. • Das Management muss pro Ziel drei bis fünf (maximal) konkrete Schlüsselergebnisse vorgeben. Die Begrenzung ist wichtig, denn bei einer höheren Zahl ist der Fortschritt weniger gut messbar. • Ein konkreter Zeitplan muss erstellt werden, damit alle Abteilungen auf definierte Deadlines hinarbeiten.

John Doerr empfiehlt Unternehmen, die OKRs vierteljährlich zu überprüfen, um auf die Schnelllebigkeit der wirtschaftlichen Entwicklungen reagieren zu können und zu schauen, ob der bereits erzielte Fortschritt in die richtige Richtung geht oder ob Korrekturen erforderlich sind. Wichtig ist auch, dass die individuellen Ziele der Mitarbeitenden im Unternehmen an den OKR zwar ausgerichtet sind, die Selbstbestimmung und Motivation aber nicht ersticken. Im besten Fall entsteht hier ein wechselseitiger produktiver Austausch, der Innovation ermöglicht. Das meistverwendete E-Mail-Programm der Welt ist durch OKR entstanden [8] Google führte im Rahmen seines OKR-Managements die 20 %-Regelung ein: Entwickler dürfen 20 % ihrer Arbeitszeit auf ein Projekt ihrer Wahl verwenden. Einzige Bedingung: Das Projekt soll Google helfen,

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seinen übergeordneten OKRs näherzukommen. Hierbei entstand das E-Mail-­Programm Gmail, das 2001 von einem jungen Entwickler gelauncht wurde. Google unterscheidet zwischen Langzeitzielen und verpflichtenden Zielen. Langzeitziele haben das große Ganze im Fokus – die übergeordnete Vision des Unternehmens. Sie müssen zu 40 % erreicht werden. Verpflichtende Ziele beziehen sich auf die relevanten Kennzahlen des laufenden Betriebs z. B. von Sales oder HR. Sie müssen immer zu 100 % erreicht werden. Ein weiteres Merkmal von OKR ist – neben der Tatsache, dass Ziele schriftlich festgehalten werden  – der regelmäßige Austausch über den Fortschritt. Denn dieser Austausch erhöht wiederum die Motivation, seine Ziele zu erreichen.

7.1.6 Parkinsonsches Gesetz [9] Das Parkinsonsche Gesetz dreht sich um Zeitmanagement. Es kann helfen, Stress zu vermeiden bei der Planung und Erreichung Deines Ziels. Es geht dabei um die Zeit, die man für Aufgaben ansetzt: Wer eine Stunde für ein Meeting ansetzt, braucht auch die volle Stunde – obwohl alles Wichtige schon nach 20 Minuten besprochen und entschieden ist. Anders gesagt: Was Du bequem in zwei Stunden erledigen kannst, lässt sich auch auf einen halben Tag ausdehnen. Denn in welchem Unternehmen ist es nicht schon mal vorgekommen, dass Mitarbeiter einer Deadline entspannt entgegensehen, andere Dinge tun und sich mit Nebensächlichkeiten beschäftigen, weil ja noch viel Zeit ist – und dann in Panik ausbrechen und Überstunden anhäufen, wenn die Abgabe vor der Tür steht? Und das, obwohl sie das Projekt theoretisch vor Wochen hätten abschließen können. Der Erfinder des Gesetzes Cyril Northcote Parkinson sagte: „Arbeit lässt sich wie Gummi dehnen, um die Zeit auszufüllen, die für sie zur Verfügung steht“. Er brachte auch noch ein Beispiel aus dem privaten Bereich: Eine alte Dame möchte eine Postkarte an ihre Nichte schreiben. Zunächst sucht sie eine Stunde lang eine Karte, danach ihre Brille, dann die Adresse und anschließend überlegt sie einige Stunden, was sie eigentlich schreiben soll. Laut Parkinson benötigt ein Geschäftsmann für die gleiche Aufgabe nur drei Minuten – da er sich nur so viel Zeit für die Aufgabe nimmt [9].

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Northcote Parkinson war ein englischer Historiker und Autor, er veröffentlichte seine Erkenntnis 1955  in einem Artikel im Magazin „The Economist“ und drei Jahre später schrieb er einen Bestseller darüber. Inspiriert wurde Parkinson, als er die britische Marine beobachtete: Innerhalb von 14 Jahren war die Zahl der Offiziere und Matrosen um ein Drittel gesunken, statt 62 Schlachtschiffen gab es nur noch 20. Gleichzeitig wuchs die Führungsmannschaft der britischen Navy um 78 Prozent  – und das, obwohl es weniger zu tun und zu beaufsichtigen gab. Parkinsons Schlussfolgerung: Angestellte verschaffen sich gegenseitig Arbeit. Je mehr Menschen an einer Aufgabe beteiligt sind, desto mehr Zeit benötigen sie dafür. Was heißt das nun für uns heute und unsere Aufgaben? Weniger Zeit einplanen für Meetings, Projekte und andere Aufgaben. Du setzt normalerweise 90 Minuten für ein Meeting an, in dem Du die nächsten Schritte eines Projekts festlegst? Dann probiere es mal mit 45 Minuten. Und um Hektik kurz vor Deadlines zu vermeiden, kann es helfen, Zwischenziele zu definieren. Bezogen auf Dein berufliches Ziel: Wenn Du beispielsweise ein Zertifikat erwerben möchtest für einen Online Kurs und bis zur Abschlussprüfung noch zwei Wochen Zeit sind, könntest Du Dir vornehmen, den gesamten Stoff innerhalb der nächsten Woche einmal durchgearbeitet zu haben. So bleibt Dir dann noch eine Woche Puffer für Wiederholungen und Vertiefen des Stoffes [9].

7.1.7 Dein Elevator Pitch [10] Für Menschen, die sich selbständig machen möchten und auf der Suche nach Kunden und/oder Investoren sind oder Menschen, die sich auf ein Bewerbungsgespräch vorbereiten, ist es hilfreich, ihre Geschäftsidee oder den Mehrwert ihrer Person kurz und knackig zu formulieren – in einem sogenannten Elevator-Pitch. Denn hier wird der eigene Mehrwert präzise auf den Punkt gebracht und im Idealfall ein „Call to Action“ eingeläutet (Einladung des Gegenübers zum nächsten Schritt).

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Ursprünglich wurde der Elevator Pitch von Vertrieblern in den USA entwickelt mit dem Ziel, Kunden und Chefs während der Dauer einer Aufzugfahrt von ihrer Idee zu überzeugen. Weil die Fahrt im Aufzug kurz ist, müssen alle relevanten Informationen in dieser Zeit rübergebracht werden, nämlich: den Gesprächspartner von der eigenen Person oder Idee zu überzeugen und Lust auf mehr zu machen. Heute ist „Elevator Pitch“ ein geflügeltes Wort für präzise, überzeugende Statements. Baustein für die Erarbeitung Deines Weges zum Ziel Die Formulierung eines „Elevator Pitches“ bietet nur einen Baustein für die Definition des Weges zum Ziel. Aber vielleicht hilft es Dir ja schon heute, wenn Du darüber nachdenkst, wie Du Dich gerne vorstellen möchtest, wenn Du Dein Ziel erreicht hast? Der Aufbau des Elevator Pitches ist wie folgt:

Angebot Was bietest Du? Wo liegt Dein Mehrwert? Was kannst Du für Dein Gegenüber tun und auf welchen Erfahrungsschatz und welche Fähigkeiten greifst Du dabei zurück?

Interesse Womit gelingt es Dir, Dein Angebot für den Kunden oder Chef in spe interessant zu machen? Dafür solltest Du seine jeweiligen Bedarfe und Vorlieben kennen.

Nutzen Welche Vorteile bietest Du? Was ist speziell an Deinem Angebot? Was also gewinnt Dein Kunde oder künftiger Arbeitgeber, wenn er Dein Angebot annimmt und nicht das eines Mitbewerbers?

Motivation Was bringt Dich dazu, ausgerechnet ihm dieses Angebot zu machen? Was ist der Reiz für Dich, wenn Du für ihn arbeiten kannst? Appell Was wünschst Du Dir von Deinem Gesprächspartner? Was wären die nächsten Schritte?

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7.1.8 Erfolgsjournal anlegen Ein weiterer schöner Baustein auf Deinem Weg zum Ziel ist das Erfolgsjournal oder Erfolgstagebuch. Du erinnerst Dich an den ersten Schritt im „7-Schritte-Modell“ (Abschn. 1.1), in dem es um Dein Mindset geht und darum, entspannt und konzentriert auf die Dinge zu schauen, die Dir wichtig sind? Wenn Du Dir Deine Erfolge vor Augen hältst, also Dinge, die gut gelaufen sind am jeweiligen Tag, wird Dein Mindset gestärkt und Dein Fokus richtet sich auf Positives. Denn wenn Du möchtest, dass Dein Unterbewusstsein Dir dabei hilft, Deine Ziele zu verwirklichen, braucht es positive Gedanken und Gefühle. Und das funktioniert mit einem Erfolgstagebuch ganz wunderbar. Es gibt einige Vorlagen für ein Erfolgstagebuch  – zum Beispiel bei Amazon (einfach als Suchbegriff „Erfolgstagebuch“ eingeben), aber Du kannst auch einfach ein schönes physisches Buch nehmen oder Deine Notizen in Dein Handy, Tablet oder deinen PC tippen. Wichtig ist, dass Du das Prinzip des Erfolgstagebuchs verinnerlichst und die Einträge jeden Tag vornimmst, um eine Gewohnheit daraus werden zu lassen. Du wirst bereits in den ersten Tagen merken, welch gutes Gefühl sich dabei einstellt. So füllst Du das Erfolgstagebuch aus [11] In das Erfolgstagebuch gehören alle Dinge, die am jeweiligen Tag gut gelaufen sind. Das können auch vermeintlich kleine Dinge sein wie z. B. „Ich habe in einem Meeting einen guten Beitrag geleistet“ oder „Jemand hat sich bei mir bedankt, weil wir ein schönes Mittagessen zusammen hatten“. Vielleicht hilft es Dir auch, Fragen zu stellen und Deine Antworten dann in das Erfolgsjournal einzutragen: • • • • • •

Was ist mir heute gut gelungen? Wofür habe ich positives Feedback bekommen? Worüber habe ich mich heute gefreut? Welche Ziele habe ich erreicht? Worüber bin ich glücklich? Worauf bin ich stolz?

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Ob Du Dein Erfolgstagebuch abends oder morgens ausfüllst, ist egal. Es kommt darauf an, wann es Dir am leichtesten fällt und am meisten Spaß macht und hängt sicher auch von Deinem Biorhythmus ab. Abends erinnerst Du Dich vielleicht eher an das, was alles gut gelaufen ist. Allerdings bist Du vielleicht sehr müde und möchtest andere Dinge tun. Am Morgen hast Du vielleicht eher einen freien, klaren Kopf und startest gleich positiv in den Tag.

7.2 Übungen 7.2.1 Dein Weg zum Ziel Tipp: Wenn Du die Übungen online ausfüllen möchtest, gehe bitte auf https://cordula-casaretto-coaching.de/de/buch.php.

Übung Nr. 8: Dein Weg zum Ziel Du hast nun Dein berufliches Ziel definiert, ebenso die wesentlichen Ressourcen – also Fähigkeiten, Erfolgsstrategien, andere Menschen und Rahmenbedingungen, um Dein Ziel zu erreichen. In dieser Übung geht es an die konkrete taktische Planung. Die Kernfrage dabei lautet „Wie gehe ich es an?“. Auch bei dieser Frage hilft es, aus der Lösung heraus zu denken. Stell Dir vor, Du hast Dein Ziel bereits erreicht und Du schaust ruhig und konzentriert zurück: Was waren die wichtigsten Schritte, die Dich zum Ziel geführt haben? Und nun leite aus Deinem „Rückblick“ ab: Was sind die wichtigsten konkreten Schritte für Deinen Weg zum Ziel? Aus der heutigen Sicht? Was ist Schritt 1, 2, 3 usw.? Bis wann möchtest Du diese Schritte jeweils gegangen sein? Gibt es eventuelle Hürden oder mögliche Rückschläge auf Deinem Weg zum Ziel? Wie gehst Du mit ihnen konstruktiv um? Falls es nützlich für Dich ist, bitte überlege, inwiefern gibt es Zwischenziele, die Du erreichen möchtest? Oder falls diese Frage stimmiger für Dich ist: Was sind die wichtigsten Schritte und „Hebel“, um Dein Ziel zu erreichen? Kleiner Tipp: Ein „Traumalbum“ oder „Zielalbum“ kann äußerst nützlich sein, um Dein Ziel noch stärker zu visualisieren (siehe 6. Visualisierung in Abschn. 5.1). Dort kannst Du alles hineinschreiben, malen, kleben, was Du

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mit Deinem Ziel verbindest. Kauf Dir dazu ein schönes Buch, in das Du regelmäßig – am besten täglich – hineinschaust. Dies gibt Dir Kraft, Dein Ziel gut zu erreichen, denn die Bilder werden auch von Deinem Unterbewusstsein abgespeichert. Das hilft Dir, fokussiert zu bleiben auf Dein Ziel. Außerdem ist ein Erfolgsjournal großartig, da es Dir zeigt, was alles gut läuft und Deine Ressourcen stärkt. Schreibe jeden Abend oder jeden Morgen mindestens eine Sache, die Dir gut gelungen ist – je nach Deinem Biorhythmus in ein schönes Buch oder in ein Tablet/Smartphone/einen PC.

7.2.2 Die Vogelperspektive Übung Nr. 9: Die Vogelperspektive Wenn Du Deine bisherigen wichtigsten Erkenntnisse aus den vorherigen Übungen noch einmal kurz zusammenschreibst: Was fällt Dir auf? Was gibt es hier für Dich zu lernen? Vielleicht fallen Dir zusätzliche Aspekte auf, die Dir helfen, Dein berufliches Ziel noch spielender zu erreichen. Dann notiere sie in der folgenden Übersicht in der Spalte „Ergebnis“. Falls Dir nichts Zusätzliches einfällt, ist das überhaupt kein Problem. Fragestellung

Ergebnis

-

Situationen, in denen ich besonders glücklich war (Beruf, Hobby, Ehrenamt) Wichtigste Fähigkeiten, die ich dort eingesetzt habe (Übung Nr. 2: Finde heraus, was Dir wichtig ist) Meine Top 5 Aspekte aus der Berufsmatrix (Übung Nr. 3: Deine Präferenzen) Mein Mehrwert/meine Stärken evtl. „Massive Transformative Purpose“ oder „Leitsatz“ (Übung Nr. 4: Mein Mehrwert/mein Essenz/meine Wirkung) Mein Ziel/mein künftiges Berufsleben (Übung Nr. 5: Mein künftiges Berufsleben) Meine Ressourcen (Übung Nr. 7: Ressourcen zur Zielerreichung) Wichtigste Schritte, die mich zu meinem Ziel bringen (Übung Nr. 8: Dein Weg zum Ziel)

Du hast nun alle Übungen erfolgreich absolviert – großartig! Wie fühlst Du Dich nach diesem intensiven und hoffentlich erkenntnisreichen Weg?

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7.3 W  eiterführende Buchtipps und weitere Quellen In den folgenden Buchtipps findest Du Inhalte zu OKR, Zeitmanagement und Projektmanagement-Methoden sowie zu einer guten Methodik, die Dir hilft, eine klare und erfolgversprechende Message für Deine Website aufzubauen – wenn Du Dich beispielsweise selbständig machen möchtest (Donald Miller – Building a StoryBrand). Doerr J (2018) OKR: Objectives & Key Results: Wie Sie Ziele, auf die es wirklich ankommt, entwickeln, messen und umsetzen. Vahlen, München Eine Führungskraft muss in der Lage sein, Ziele zu formulieren, die verständlich und erreichbar sind. Ein hervorragendes Frameset dazu bietet das OKR-Modell (Objectives & Key Results). Google, Twitter, LinkedIn, mymuesli und viele andere Unternehmen nutzen es. Objectives definieren dabei, welche Ziele wirklich von Bedeutung sind. Key Results sind Metriken, die verdeutlichen, ob die Top-Prioritäten innerhalb einer bestimmten Zeit erreicht werden (können). Dieses Buch arbeitet die OKR „Superpowers“ heraus, die den Zielmuskel einer Organisation kräftigen. Website von Sina Hübsch: https://deine-traumverwirklicherin.de/ get-shit-done-okr/ Hier wird beschrieben, wie die OKR-Methode helfen kann, persönliche Ziele zu erreichen Miller D (2020) StoryBrand: Wie Sie mit starken Geschichten Ihre Kunden überzeugen. Vahlen, München Viele Unternehmen tun sich schwer, ihren Kunden klar zu vermitteln, warum sie das benötigen, was das Unternehmen anbietet. Manchmal verwirren sie ihre Kunden sogar. Denn die Kunden wünschen sich Klarheit, und ohne eine klare Botschaft laufen Marketingmaßnahmen schnell ins Leere. Deshalb hat Donald Miller den StoryBrand entwickelt, der für alle Arten und Größen von Unternehmen und auch für Personen relevant ist: Sei es ein Multimilliarden-Dollar-Unternehmen, ein Kleinunternehmen, ein

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Politiker, der für ein Amt kandidiert, oder der Leadsänger einer Rockband: Der Aufbau einer StoryBrand wird die Art und Weise, wie man darüber spricht, wer man ist, was man tut und welchen einzigartigen Wert man den Kunden bietet, für immer verändern. Ziel ist es, eine klare und überzeugende Botschaft zu senden. Donald Miller ist New-York-Times-Bestsellerautor und Gründer von StoryBrand, einem sehr erfolgreichen Unternehmen, mit dem er das „StoryBrand 7-Framework“ entwickelte. Zu seinen Kunden zählen neben Intel, Steelcase und Pantene noch weitere rund 3.000 Unternehmen. Udemy Kurs von Johannes Metzler: Superproduktiv werden! Tipps, Tricks, Tools und Strategien Johannes Metzler stellt Strategien vor, wie Du jede Woche viele Stunden einsparst, um Deine Zeit mit den Dingen zu verbringen, die Dir wirklich wichtig sind. Du lernst z. B., Deinen Tag effektiv zu planen und Dich auf die wichtigsten Dinge zu konzentrieren, die Du zu erledigen hast, und Ablenkungen jedweder Art vermeiden zu können. Abrufbar unter: https://www.udemy.com/course/produktivitaet-tippstricks-tools-strategien-zeitmanagement/ zeitkuenstler.de Hier findest Du viel Lesestoff, Ideen, Vorlagen und Tipps rund um Zeitund Selbstmanagement. Die Informationen sind sehr gut aufbereitet und leicht anwendbar.

Die Quintessenz aus diesem Kapitel Kernfrage für den Weg zum Ziel: „Wie gehe ich es an?“. Um die eigene Perspektive zu weiten und konstruktiv zu denken, ist es auch hier hilfreich, aus der Lösung heraus zu denken: sich vorzustellen, dass man sein Ziel bereits erreicht hat und rückblickend beschreibt, welche wichtigen Schritte, Maßnahmen und Rahmenbedingungen dazu geführt haben. Aus dieser Rückschau lässt sich wunderbar ein Projekt- oder Maßnahmenplan erarbeiten.

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Je nach persönlicher Vorliebe bieten sich weitere Methoden an für die Planung des Wegs zum Ziel. Diese kannst Du auch beliebig kombinieren oder einzelne Elemente herausziehen, die für Dich hilfreich sind – zum Beispiel: • • • • • • •

Projekt-/Maßnahmenplan Getting Things Done (GTD) Relationship Action Plan Objectives & Key Results (OKR) Parkinsonsches Gesetz Elevator Pitch Erfolgsjournal

In der ersten Übung in diesem Kapitel hast Du Deinen Weg zum Ziel mit Hilfe der „Rückschau“ geplant. Ein weiteres nützliches Tool, um Dich auf Deinem Weg zum Ziel zu stärken ist u. a. das Anlegen eines „Erfolgsjournals“. In der zweiten Übung in diesem Kapitel hast Du Deine bisherigen Ergebnisse aus den vorherigen Übungen noch einmal zusammengefasst und geschaut, ob Dir dabei etwas auffällt – und wenn ja, was – und ob es Dir bei Deinem Weg zum Ziel noch helfen kann.

Literatur 1. https://www.youtube.com/watch?v=AWsAAQ9dKW8. Zugegriffen am 21.05.2020 2. Allen D (2011) Ich schaff das!: Selbstmanagement für den beruflichen und privaten Alltag (Dein Erfolg). GABAL, Heidesheim 3. https://www.ionos.de/startupguide/produktivitaet/getting-things-donegtd/. Zugegriffen am 18.06.2020 4. Heywinkel K (2019) Aufgaben mit System verwalten, freies e-book. https:// zeitkuenstler.de/download-ebook-gtd/. Zugegriffen am 20.06.2020 5. Ferrazzi K (2013) Geh nie alleine essen! Und andere Geheimnisse rund um Networking und Erfolg (Deutsch) Taschenbuch. books4success, Kulmbach, S 45 f

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6. Ferrazzi K (2013) Geh nie alleine essen!: Und andere Geheimnisse rund um Networking und Erfolg (Deutsch) Taschenbuch. books4success, Kulmbach, S 107 f 7. https://okrfaq.com/okr-examples-and-templates/how-do-i-set-okrs-for-personal-development-goals-e-g-soft-skills-like-becoming-a-better-communicator/. Zugegriffen am 21.05.2020 8. Doerr J (2018) OKR: Objectives & Key Results: Wie Sie Ziele, auf die es wirklich ankommt, entwickeln, messen und umsetzen. Vahlen, München 9. https://www.impulse.de/management/selbstmanagement-erfolg/parkinsonsche-gesetz/7347249.html. Zugegriffen am 21.05.2020 10. https://karrierebibel.de/elevator-pitch/. Zugegriffen am 21.05.2020 11. https://selbstvertraut.com/erfolgsjournal/. Zugegriffen am 07.06.2020

8 Schritt 7: Überprüfe regelmäßig Deine berufliche Erfüllung

Du hast Dein berufliches Ziel definiert, die notwendigen Ressourcen dafür identifiziert und auch den Weg zu Deinem Ziel geplant. Nun geht es darum, dass Du Deine berufliche Zufriedenheit behältst, indem Du immer wieder in Dich hineinhörst und überprüfst, ob Du weitere Ziele erreichen möchtest und wenn ja, welche.

Schritt 7: Überprüfe regelmäßig Deine berufliche Erfüllung. Grafiken des 7-Schritte-Modells: Franziska Sommerfeld © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Casaretto, Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7_8

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Egal, wie groß oder klein die beruflichen Ziele sind, die Du bis jetzt definiert hast: Das 7-Schritte-Modell kannst Du beliebig oft in Deinem Leben anwenden, um Deine aktuelle Zufriedenheit zu analysieren und bei Bedarf weitere Ziele zu definieren und entsprechende Schritte anzugehen. Du wirst auch merken, dass Du in eine wirklich positive Haltung kommst, je öfter Du das 7-Schritte-Modell anwendest. Nachdem Du das 7-Schritte-Modell das erste Mal durchgeführt hast, wirst Du wahrscheinlich ganz automatisch in eine Haltung von starker Selbstwirksamkeit kommen und Deine berufliche Situation kontinuierlich daraufhin überprüfen, ob sie nach wie vor stimmig für Dich ist. Dafür kannst Du auch Einzelelemente aus dem 7-Schritte-Modell anwenden, zum Beispiel schauen, ob sich Deine Präferenzen oder Prioritäten verändert haben in Hinsicht auf Dein berufliches Biotop. Eine komplette Anwendung des 7-Schritte-Modells bietet sich z.  B. auch an, wenn sich Deine Lebensumstände geändert haben: Vielleicht bist Du kürzlich Mutter oder Vater geworden und möchtest schauen, was Deine aktuellen Prioritäten sind und welche beruflichen Ziele Du verfolgen möchtest. Manchmal treten auch externe Umstände auf, bei denen sich eine „Inventur“ anbietet: Die Beschränkungen durch Corona waren sicher eine größere externe Veränderung, die auf viele Menschen eingewirkt hat – privat wie beruflich. Aber manchmal ergeben sich auch andere Veränderungen in den äußeren Umständen wie beispielsweise die Umstrukturierung eines Unternehmens oder einer Abteilung, in der Du tätig bist. Egal, wann und wie häufig Du das Modell anwendest: Es geht einfach darum, dass Du künftig Deine berufliche Erfüllung findest und behältst und dafür diejenigen Schritte unternimmst, die Dich dort hinführen.

8  Schritt 7: Überprüfe regelmäßig Deine berufliche Erfüllung 

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Veränderung des beruflichen Ziels Für meinen Freund Nico (33) haben sich die Prioritäten verändert, seit er vor rund einem Jahr Vater geworden ist. In den vergangenen Jahren ist er aufgrund seines Jobs als Unternehmensberater sehr viel gereist, was ihm viel Spaß bereitet hat. Zudem hat er in den Projekten bei seinen Kunden sehr viel gelernt und wertvolle Erfahrungen gesammelt. Nun haben sich seine Prioritäten geändert: Er möchte nach wie vor einen spannenden Job ausüben, bei dem er auch seine Kreativität einsetzen kann. Allerdings möchte er seine Reisetätigkeit deutlich minimieren, um mehr Zeit mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn zu verbringen. Nico weiß sehr genau um seine Prioritäten und lotet derzeit innerhalb seines Unternehmens aus, welche Möglichkeiten bestehen. Schließlich ist er auch schon einige Jahre in dem Unternehmen tätig und hat sich eine gute Reputation erarbeitet – innerhalb der Firma und bei seinen Kunden. Und durch die „virtuelle“ Projektarbeit während der Corona-Beschränkungen haben er und auch seine Kunden bemerkt, dass nicht unbedingt jede Woche eine Präsenz vor Ort erforderlich ist.

Die Quintessenz aus diesem Kapitel Egal wie groß oder klein Deine beruflichen Ziele sind, die Du bis jetzt definiert hast: Das 7-Schritte-Modell kannst Du beliebig oft in Deinem Leben anwenden, um Deine aktuelle Zufriedenheit zu analysieren und bei Bedarf entsprechende Schritte vorzunehmen. Du wirst auch merken, dass Du in eine wirklich positive Haltung kommst, je öfter Du das 7-Schritte-Modell anwendest. Es ist empfehlenswert die Überprüfung regelmäßig vorzunehmen  – beispielsweise einmal pro Jahr. Und natürlich auch, wenn sich Deine Lebensumstände geändert haben – vielleicht bist Du kürzlich Mutter oder Vater geworden und möchtest schauen, was Deine aktuellen Prioritäten sind und welche Ziele Du dabei verfolgen möchtest.

9 Exkurs 1: Zusammenspiel von beruflicher Erfüllung der Mitarbeitenden und den Unternehmenszielen

Die individuell empfundene Zufriedenheit im Job mag ja schön und gut für jeden Einzelnen sein. Aber was bringt das dem Unternehmen, für das die jeweilige Person tätig ist? In diesem Kapitel möchte ich die thematische Brücke schlagen zwischen zwei Notwendigkeiten, die Unternehmen und Mitarbeiter nicht nur in eine zufriedenere, sondern auch erfolgreichere Zukunft führen.

9.1 W  arum das Zusammenspiel für eine gelungene Zukunft des Wirtschaftslebens unverzichtbar ist Unsere Welt ist heute viel komplexer als vor einigen Jahren. Wissen veraltet schnell, Technologien kommen dafür immer flinker an den Markt und die Innovationsgeschwindigkeit ist so rasant, dass man als Unternehmen kaum mehr hinterher kommt. Wie soll man sich da noch mit der Zufriedenheit der einzelnen Mitarbeitenden befassen? In den Interviews mit Petra Bock und Martina Reiss wird deutlich, dass Unternehmen gar nicht anders können, als Mitarbeitende zur Selbstwirksamkeit und Potenzialentfaltung zu motivieren. Denn Unternehmen bestehen © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Casaretto, Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7_9

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aus Menschen und diese Menschen gestalten den unternehmerischen Wandel mit. Welche notwendigen Maßnahmen Unternehmen hierbei angehen müssen, erklären die beiden aus unterschiedlichen Perspektiven. Darüber hinaus gibt es weitere, sehr hoffnungsvolle Erkenntnisse über das Zusammenspiel von zufriedenen Mitarbeitern, die selbstbestimmt arbeiten, und dem Unternehmenserfolg. Unter anderem hat sich der US-Autor Daniel Pink stark damit beschäftigt. Seine Erkenntnisse zur intrinsischen Mo­ tivation hast Du ja bereits in Kap. 1 kennengelernt. Daniel Pink hat auch beschrieben, welchen Mehrwert es Unternehmen bringt, wenn ihre Mitarbeitenden selbstbestimmt arbeiten. Denn die Anforderungen der Wirtschaft haben sich in den vergangenen Jahren gewandelt: Heute sind selbständig denkende und zufriedene Mitarbeiter gefragt, die kreative Lösungen erarbeiten und dabei ihre intrinsische Motivation einsetzen. Das vorige Jahrhundert dagegen war dominiert von Jobs, die „algorithmisch“ geprägt waren, also von Routineaufgaben. Diese Routinearbeiten verschwinden mehr und mehr. Sie werden ersetzt durch andere, neue Jobs und Geschäftsmodelle, in denen es darum geht, neuartige Probleme zu lösen oder etwas zu erschaffen, worauf niemand mehr verzichten möchte. Genau für diese Art von Arbeit ist das bisher noch weit verbreitete Prinzip von extrinsischer Motivation, das auf Belohnung und Bestrafung beruht, aber hinderlich. Sogar mehr noch: Es schadet der Kreativität von Menschen und hemmt ihre Produktivität. In der Wissenschaft ist die Wichtigkeit der intrinsischen Motivation, mit der Menschen komplexe, kreative Aufgaben gut lösen können, längst bekannt. In der Wirtschaft ist sie jedoch noch nicht etabliert [1]. Die Wirtschaft hinkt den Erkenntnissen der Wissenschaft hinterher Daniel Pink beschreibt in seinem Buch „Drive“, dass die Wissenschaft von drei Arten von Motivation bei Menschen ausgeht [2]: • Motivation 1.0 = biologisch (z. B. Hunger, Durst): einzig und allein auf Überleben ausgerichtet. • Motivation 2.0 = externer Antrieb durch Belohnung und Bestrafung: funktionierte sehr gut, was Routinearbeiten im 20. Jahrhundert betraf, als Menschen wie Maschinen zu funktionieren hatten. • Motivation 3.0 = intrinsischer Antrieb: Diese Art von Motivation ist die passende für unsere heutige Arbeitswelt.

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Die intrinsische Motivation ist vergleichsweise „neu“. Wissenschaftler entdeckten sie erst Mitte des 20. Jahrhunderts (siehe auch Kap. 1). Diese Erkenntnis hat sich in den vergangenen 70 Jahren aber noch nicht umfassend in der Wirtschaft durchgesetzt. Sie nutzt immer noch die Motivation 2.0 als laufendes Betriebssystem, das auf Zuckerbrot und Peitsche – also Belohnung und Bestrafung – basiert. Das funktioniert aber in den meisten Fällen nicht mehr in der heutigen Unternehmenswelt – vielmehr kann es sogar Schaden anrichten: Treffen Zuckerbrot und Peitsche auf intrinsische Motivation, kann diese sogar ausgelöscht werden: Leistung wird geschmälert, Kreativität unterdrückt. Motivation 3.0 (intrinsische Motivation) besteht aus drei Elementen [2] • Selbstbestimmung: dem Bedürfnis, unser Leben selbst zu bestimmen; • Perfektionierung: dem Drang, bei einer wichtigen Sache immer besser zu werden; • Sinnerfüllung: der Sehnsucht, unser gesamtes Tun im Dienste von etwas Größerem als uns selbst zu vollbringen. Deshalb brauchen wir ein „Upgrade“ von Motivation 2.0 auf Motivation 3.0 in unserer Unternehmenswelt. Denn die Anforderungen unserer Wirt­ schaft erfordern neue und kreative Lösungsansätze, die durch Motivation 3.0 entstehen.

Intrinsische Motivation bringt sehr gute Ergebnisse hervor, extrinsische Motivation engt die Perspektive ein Hierfür gibt Daniel Pink mehrere Beispiele: Experiment mit zwei Testgruppen: Anbringen einer Kerze [3] Teilnehmer wurden gebeten, eine Kerze so an einer Wand zu befestigen, dass kein Wachs herunter tropft. Die Lösung hierfür erfordert eine kreative Idee. Einigen Teilnehmern wurde eine Belohnung versprochen, wenn sie die Auf­ gabe schnell lösen. Anderen Teilnehmern wurde keine Belohnung versprochen. Welche Teilnehmer lösten die Aufgabe schneller? Die Teilnehmer, denen keine Belohnung versprochen wurde, lösten die Auf­ gabe deutlich schneller. Sie benötigten im Durchschnitt dreieinhalb Minuten

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weniger für die Lösung als diejenigen, denen eine Belohnung für das schnelle Lösen der Aufgabe versprochen worden war. Der Anreiz des Geldes verne­ belte in diesem Fall die Kreativität. Denn Belohnungen führen grundsätzlich dazu, dass der Blickwinkel eingeengt wird. Und das ist insbesondere bei Auf­ gaben, die komplexeres und kreatives Denken erfordern, nicht förderlich.

Die heutige Unternehmenswelt erfordert intrinsisch motivierte Mitarbeitende Es gibt wenige Umstände, unter denen Zuckerbrot und Peitsche doch noch funktionieren, allerdings in abgemilderter Form und mit zugestandener Selbstbestimmung bei der Erledigung der Aufgabe: Bei regelgebundenen Routineaufgaben kann der Ansatz Erfolg haben, weil es hier wenig intrinsische Motivation und Kreativität gibt, die untergraben werden kann. Hier ist es dennoch nützlich, wenn die Personen, die die Belohnung vergeben, begründen, warum die Aufgabe notwendig ist; zugeben, dass sie langweilig ist und den Menschen Selbstbestimmung darüber zugestehen, wie sie die Aufgabe erledigen möchten, und nicht nur eine strikte Anweisung erteilen [2]. Da diese Routineaufgaben (algorithmische Arbeit) aber mehr und mehr aus unserem Arbeitsalltag verschwinden, indem sie ausgelagert werden in Billiglohnländer oder die Erledigung durch Computer erfolgt, greift das Prinzip Belohnung und Bestrafung in der Regel nicht mehr. Schätzungen der Unternehmensberatung McKinsey zufolge entstehen 30 % der neuen Jobs aufgrund von algorithmischer Arbeit und 70 % aufgrund von heuristischer Arbeit. Bei heuristischen Aufgaben müssen Menschen mit verschiedenen Möglichkeiten experimentieren, um eine neue Lösung zu entwickeln [4]. Menschen wollen Neues lernen Grundsätzlich haben Menschen eine angeborene Neigung, Neues zu lernen, Herausforderungen zu suchen und ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Allerdings müssen sie hierfür in einem adäquaten Umfeld arbeiten können, das ihnen dies auch ermöglicht. Douglas McGregor – ehemals Managementprofessor am MIT in den USA – beschrieb, dass Unternehmen oftmals gerade nicht davon ausgehen, dass Menschen diese angeborenen Neigungen haben. Vielmehr glaube der Großteil der Führungskräfte, dass ihre Mitarbeiter nicht gerne arbeiteten und bei jeder sich bietenden Gelegenheit der Arbeit aus dem Weg gingen. Die Folge: Unter-

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nehmen sehen sich gezwungen, ihre Mitarbeiter zu kontrollieren und mit Bestrafung und Belohnung zu arbeiten. McGregor äußerte diese Thesen Ende der 1950er-Jahre, aber auch heute noch ist dieses Betriebssystem von Motivation 2.0 oftmals Teil unseres Berufslebens: Gutes wird belohnt und Schlechtes bestraft [4]. Und selbst, wenn dies in Unternehmen anders gehandhabt wird, können Mitarbeitende das manchmal noch gar nicht glauben (siehe hierzu auch das Interview mit Petra Bock in Abschn. 9.2.1). Daniel Pink gibt einige Beispiele für Unternehmen, die das Update zu Motivation 3.0 schon erfolgreich vorgenommen haben – unter anderem Meddius: Meddius: Results-Only Work Environment [5] Unternehmer Jeff Gunthers aus Charlottesville (USA) führte in seinem Unter­ nehmen Meddius, Hersteller von Software und Hardware für Krankenhäuser, ein sogenanntes „ROWE“ (Results Only Work Environment) ein. Das ist ein er­ folgsorientiertes Arbeitsumfeld, in dem die Mitarbeiter keine festen Bürozei­ ten haben: Sie müssen gar nicht im Büro sein, sie müssen einfach nur ihre Ar­ beit gut erledigen und bestimmte Ziele erreichen, wie etwa Projekte in einem bestimmten Zeitraum fertigstellen oder Umsatzziele erreichen. Jeff entschied sich dabei gegen die Zahlung zusätzlicher Prämien für die Erreichung dieser Ziele. Jeff zahlt seinen Mitarbeitenden gute Gehälter und geht davon aus, dass Geld über diese Ausgangsbedingung hinaus nur ein begrenzter Motivator ist. Bereits wenige Wochen, nachdem ROWE eingeführt wurde, stieg die Produk­ tivität und der Stress ließ nach. Jeff geht davon aus, dass sich die Mitarbeiten­ den auf die eigentliche Arbeit konzentrieren konnten und nicht fürchten mussten, dass jemand sie einen Faulpelz nannte, wenn sie um 15 Uhr das Büro verließen, um ihrer Tochter beim Fußball zuzuschauen. Da sein Mitarbeiterstab hauptsächlich aus Softwareentwicklern, Designern und anderen kreativen Menschen besteht, die gute neue Lösungen entwickeln müssen, ist ein Arbeits­ umfeld, in dem sie selbstbestimmt arbeiten können, essenziell. Jeff war überrascht, dass die 22 Mitarbeitenden die Veränderung anfangs kaum annahmen: Obwohl sie es nicht mussten, kamen die meisten um 9 Uhr morgens ins Büro und verließen es am frühen Abend wieder. Einige von ihnen waren eine strenge Kontrolle der Arbeitszeiten gewohnt, da sie vorher für Firmen tätig waren, in denen es diese Art von Gestaltungsspiel­ raum nicht gab. Nach einigen Wochen hatten die meisten Mitarbeiter aber ihren Rhythmus gefunden. Jeff beschreibt den Unterschied zwischen der früheren Art der Führung und der heutigen so: „Die Generation meines Vaters hat Mitarbeiter ausschließlich als Humankapital angesehen. Sie waren die Kanthölzer, die man brauchte, um ein Haus zu bauen. Ich sehe das Ganze viel mehr als eine Partnerschaft zwi­ schen den Mitarbeitenden und mir. Sie sind keine Ressourcen – sie sind Part­ ner. Und Partner müssen ihr Leben selbst bestimmen – so wie wir alle.“

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Weitere ermutigende Beispiele von Unternehmen, die ebenfalls auf Motivation 3.0 setzen, hat der ehemalige McKinsey-­Berater Frederic Laloux zusammengestellt. Er hat sich erfolgreiche Organisationsmodelle aus allen Branchen auf der ganzen Welt angeschaut und dabei zwölf Unternehmen gefunden, die damit schon jetzt erfolgreicher sind als ihre Konkurrenten. Diese Unternehmen setzen auf Selbstführung und Selbstbestimmung der Mitarbeitenden und werden als „evolutionäre Organisationen“ bezeichnet. Es gibt keine Vorgesetzten, flache Hierarchien und Entscheidungen werden von allen Mitarbeitern getroffen. Klingt verrückt? Funktioniert aber gut. Denn Selbstorganisation hat sich als viel produktiver und effektiver herausgestellt als die herkömmliche hierarchische Pyramide [6]. Niederländischer Krankenpflegedienst Buurtzorg Beim niederländischen Krankenpflegedienst Buurtzorg arbeiten inzwi­ schen rund 9000 Beschäftige in Teams von zehn bis zwölf Pflegerinnen und Pflegern, die ohne Vorgesetzte auskommen. Gegründet wurde der Pflege­ dienst vom Krankenpfleger Jos de Blok, der jahrelang selbst erlebt hatte, unter welch anstrengenden Bedingungen Pflegekräfte bei Pflegediensten arbeiten mussten und dass auch die Patienten unter dem Zeitmangel litten. Jos stellte fest, dass sich ein sich selbst organisierendes Team von zehn bis zwölf Pflegekräften am besten eignete, um hervorragende Pflege zu ge­ währleisten und gleichzeitig einen zufriedenstellenden Arbeitsplatz zu bie­ ten. Jos geht davon aus, dass Krankenschwestern und Pfleger die beste Ar­ beit leisten, wenn man ihnen Wertschätzung entgegenbringt und Freiheit bei der Ausübung ihrer Arbeit gewährt. Eine Priorität von Buurtzorg liegt in der ausreichenden Zeit, die sich die Pflegekräfte für die Patienten nehmen, beispielsweise, um gemeinsam eine Tasse Kaffee zu trinken. Dabei helfen sie ihren Patienten auch, ein Netz­ werk von Unterstützern aus der Nachbarschaft und der Familie zu organi­ sieren, damit sich die Patienten nicht so alleine fühlen. Beispielsweise ma­ chen die Pflegekräfte ihre Patienten auch mit den Nachbarn bekannt – falls notwendig –, um das Unterstützernetzwerk zu erweitern. Niemand misst, wie lange die Pflegekräfte pro Patient brauchen. Und der administrative Apparat ist schlank: Für das gesamte Unternehmen steht eine Firmenzen­ trale mit 28 Mitarbeitern zur Verfügung. Trotzdem benötigt Buurtzorg rund 40 % weniger Zeit pro Patient als an­ dere Pflegedienste  – unter anderem, weil die Pflegekräfte den Patienten helfen, so unabhängig wie möglich zu werden. Zudem fanden 30 % weni­ ger Einweisungen in die Notaufnahme statt als bei Wettbewerbern. Denn

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die Pflegekräfte kennen ihre Patienten so gut, dass sie Probleme bereits sehr früh bemerken. Insgesamt beschert Buurtzorg dem holländischen So­ zialversicherungssystem damit Einsparungen von mehreren Hundert Millio­ nen Euro jährlich. Die Mitarbeiter holen auf Basis der Selbstorganisation das Beste aus sich heraus und setzen ihre Fähigkeiten optimal dort ein, wo sie benötigt werden. Sie haben einen anspruchsvolleren Job als bei ver­ gleichbaren Pflegediensten, da sie alle Probleme selbst lösen müssen. Gleichzeitig ist das System aber auch viel erfüllender, weil sie sich selbst darum kümmern, Prioritäten zu setzen und Aufgaben zu verteilen.

Weitere Merkmale dieser „evolutionären Organisationen“ wie Buurtzorg sind [7] Lebende Systeme Die Gründer dieser evolutionären Organisationen sprechen nicht von Organisation, sondern von „lebenden Mechanismen“ oder „lebendigen Systemen“, da dieser Begriff der Tatsache Rechnung trägt, dass hier ständig Veränderung stattfindet und Menschen darin leben, die das System mitgestalten. Zudem zeigt sich hier der sich selbst organisierende Drang, der keine zentrale Autorität benötigt, die Befehle gibt und Entscheidungen trifft. Selbstführung Evolutionäre Organisationen wissen, wie sie ihre Strukturen von hie­ rarchischen Systemen hin zu wirkungsvollen, fluiden Systemen mit verteilter Autorität und kollektiver Intelligenz entwickeln können. Ganzheit Organisationen waren immer Orte, an denen man Menschen dazu brachte, sich nur mit einem begrenzten „professionellen“ Selbst zu zeigen. Evolutionäre Organisationen haben diverse Praktiken entwickelt, die innere Ganzheit wieder zu erlangen und das gesamtes Selbst einer Person in die Arbeit einzubringen Evolutionärer Sinn Evolutionäre Organisationen werden als Einheiten gesehen, die ein inneres Eigenleben und eine eigene Richtung haben. Statt die Zukunft vorherzusagen und zu kontrollieren, werden die Mitglieder der Organisation eingeladen, darauf zu hören und zu verstehen, was die Organisation wer-

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den möchte und in welche Richtung sie sich entwickeln möchte. Gerade diese Äußerung erinnert mich sehr an die Timothy Gallweys, auf Dinge mit „Neugier, Vertrauen und Freude an der Erfahrung“ zu schauen [8]. Weitere Unternehmen neben Buurtzorg, die Frederic Laloux als evolutionäre Organisationen identifiziert hat und die sehr erfolgreich agieren, sind: RHD Gemeinnützige Organisation für Gesundheitswesen und Sozialarbeit in den USA, 4000 Mitarbeiter. Sun Hydraulics Produktion hydraulischer Ventile und Ventilblöcke, global, 900 Mitarbeiter, gewinnorientiert. Heiligenfeld Netzwerk psychosomatischer Kliniken, Deutschland, 600 Mitarbeiter, gewinnorientiert. Morning Star Ernte, Transport und Verarbeitung von Tomaten, Kalifornien, 400 bis 2400 Mitarbeiter, gewinnorientiert. Holacracy „Betriebssystem“ für Organisationen, das von vielen Organisationen weltweit eingesetzt wird. FAVI Messinggießerei, Automobilzulieferer, Frankreich, 500 Mitarbeiter, gewinnorientiert. ESBZ Öffentliche Schule (7. bis 12. Klasse) in Berlin, 1500 Schüler, Mitarbeiter und Eltern. BSO/Origin IT­Beratung, 10.000 Mitarbeiter. Patagonia Produzent und Händler von Outdoor­und Funktionskleidung, USA, 1350 Mitarbeiter, gewinnorientiert.

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Sounds True Medienunternehmen, USA, 90 Mitarbeiter und 20 Hunde, gewinnorientiert.

9.2 O  hne erfüllte Mitarbeitende kein Unternehmenserfolg 9.2.1 Interview mit Petra Bock (Top Coach, Autorin, Rednerin) Dr. Petra Bock gilt als Vordenkerin einer neuen Generation, für die Erfolg und Leistung nicht unter Druck entstehen, sondern fest verbunden sind mit Lebensqualität und dem sorgsamen Umgang mit eigenen Ressourcen. Ursprünglich arbeitete die promovierte Politikwissenschaftlerin als Spezialistin für Systemwechsel. Abgeworben in die Wirtschaft begleitete Petra Bock anschließend Change-Prozesse in großen Unternehmen und beriet Führungskräfte bei Herausforderungen durch Transformationen. Sie baute sich einen Ruf als exzellente Managementberaterin und Top-Coach auf und schrieb Bestseller, die mehrfach ausgezeichnet wurden, darunter „MINDFUCK. Warum wir uns selbst sabotieren und was wir dagegen tun können“ [9].

Petra Bock. Foto: Constanze Wild

„Jede Veränderung – und sei sie auch noch so kritisch – bietet die Chance, die Themen Erfüllung und Beruf endlich zusammenzubringen.“

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Als ich Menschen erzählte, dass mein Buchprojekt vom Thema „Berufliches Glück“ handelt, fragten manche mit gerunzelter Stirn, ob sich „Beruf“ und „Glück“ überhaupt miteinander vereinen lassen. Was steckt Ihrer Ansicht nach hinter diesem – wie ich finde – verbreiteten Mindset? Der klassische Satz „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ ist ein uraltes kulturelles Erbe, das in unserem Jahrhundert nicht mehr zeitgemäß ist. In den vergangenen Jahrhunderten war diese Einstellung n ­ otwendig – Arbeit diente vor allem dem Überleben. Das ist heute anders. Wir leben in der westlichen Welt in Überflussgesellschaften. Da geht es um mehr als um das pure Überleben. Wir dürfen uns heute – zum Glück – andere Fragen stellen – z. B.: Wie kann mein Leben gelingen? Wie möchte ich meinen Tag verbringen? Welche Fähigkeiten möchte ich entwickeln und einsetzen? Was möchte ich mit meiner Zeit anfangen? Spätestens seit diesem Jahrhundert sind diese Fragen absolut nicht mehr wegzudenken – insbesondere in der jüngeren Generation. Obwohl das Thema Erfüllung im Beruf offen und viel thematisiert wird, sind viele Menschen mit ihrer Arbeit nicht glücklich. Könnte es daran liegen, dass sich viele selbst nicht erlauben, Erfüllung und Freude im Beruf empfinden zu dürfen? Die Frage nach Erfüllung im Beruf treibt ganz viele Menschen um. Zu viele trauen sich aber nicht, den entscheidenden Schritt dorthin zu gehen, weil sie zu sehr in alten Mustern feststecken. Zum Beispiel, dass man von Arbeit nicht mehr verlangen darf als die eigene Existenz zu sichern. Oder dass das Arbeitsleben nun mal mühevoll und hart ist. Diese Muster werden immer wieder betont und wiederholt – gerade in der Corona-Krise. Insofern erscheint es für viele Menschen als ein Wagnis, das man nicht eingehen sollte. Viele Menschen gehen in der Corona-Krise davon aus: Die Rezession steht vor der Tür. Jetzt muss ich erstmal finanziell überleben. Welche Empfehlungen würden Sie Menschen geben, die sich in dieser Lage sehen?

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Jede Veränderung – und sei sie auch noch so kritisch – dazu zu nutzen, um die Themen Erfüllung und Beruf endlich zusammenzubringen. Wenn alles stillsteht, stehen auch unsere Hamsterräder endlich einmal still. Eine gute Gelegenheit darüber nachzudenken, ob es nach Corona so weitergehen soll wie davor. Denn sehr viele waren alles andere als glücklich. Der Anstieg von psychischen Erkrankungen im Beruf in den vergangenen Jahren ist sehr bedenklich. Wie äußert sich diese Entwicklung? In wachsenden Angst- und Depressionserkrankungen und steigenden Burnout-Raten. Nicht nur bei uns, sondern überall auf der Welt, wo Menschen einen bestimmten Wohlstand erreicht haben. Diese Zahlen sind alarmierend und sie werden wiederkehren nach der Krise. Natürlich ist es nachvollziehbar, dass man jetzt erstmal Angst hat und sich die Frage stellt, wie man Kredite abzahlt oder die Miete deckt. Aber sehr viel klüger und wirklich smart ist es, sich zu fragen: Wie kann ich aus dieser Situation eine große Chance für mich ziehen und das Thema „Geld verdienen“ koppeln mit dem Thema „Ich möchte glücklicher sein als vorher“? Vielleicht sogar „Ich möchte mehr verdienen und glücklicher sein.“ Das klingt gar nicht so leicht in einer Zeit des wirtschaftlichen Abschwungs … Es klingt zwar zunächst paradox, aber es ist eine äußerst wirksame Technik, sich höhere Ziele zu setzen. Gerade dann, wenn man eigentlich ängstlich wird und lieber auf Nummer sicher gehen würde. Dabei geht es um Ziele, die wirklich motivieren. Ziele, die wirklich Spaß machen: Was wäre, wenn mein Beruf in Zukunft eine Quelle großer Erfüllung und einer finanziellen Sicherheit und eines bestimmten Wohlstands wäre? Wie müsste ich es dann angehen? Das macht ja viel mehr Freude, als sich krampfhaft an etwas zu klammern, was einem niemals ein gutes Gefühl gegeben hat. Wir müssen uns klar sein: Langfristige gute Leistungen können wir nur mit dem bringen, was wir gerne tun.

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Wie komme ich als Einzelner, der Angst hat, seinen Job zu verlieren, zu dieser Einstellung? Ich empfehle vor allem Neugier und eine bestimmte Art der Uner­ schrockenheit. Es ist wichtig, genau jetzt mutiger zu werden und sich nicht klein machen zu lassen von dieser Krise. Zu sehen, dass es wirklich etwas anderes ist als vor 100 Jahren. Die Corona-Krise ist wirtschaftlich nicht vergleichbar mit der Nachkriegszeit. Wir sind sehr viel reicher und haben sehr viel bessere Ausgangsvoraussetzungen. Es wäre wirklich ein fataler Fehler, wieder zurückzurudern. Sie meinen mit „zurückrudern“, dass wir uns wieder klein machen, in alte Muster verfallen und Risiken überdramatisieren? Ja, Menschen neigen in einer Krise dazu, Dinge zu dramatisieren. Das ist typisches Verhalten in Zeiten von Veränderung, wenn Orien­ tierung fehlt und wir uns sogar nach Dingen zurücksehnen, die wir vorher unbedingt loshaben wollten. Dann kommen die alten Muster wie Angst, Selbstverleugnung, sich etwas nicht trauen und nicht erlauben. Es kommt auch Druck auf: „Ich muss jetzt doch funktionieren und kann doch nicht an mich denken.“ Diese ganzen Muster sehen wir in der Corona-Krise ganz deutlich. Die Menschen sind nicht in ihrer Balance, das ist normal in Krisen. Was empfehlen Sie als Alternative? Wir brauchen genau jetzt unsere volle Konzentration auf eine andere Einstellung – nämlich ruhig und konzentriert zu überlegen, welche Chancen sich aus der Krise ergeben. Was möchte ich nach der Krise anders haben als vor der Krise? Wie kann ich den weltweiten Übergangsprozess für mich nutzen, so dass ich glücklicher und erfüllter bin – auch beruflich? Derzeit – und wahrscheinlich auch in Zukunft – werden wir vielen Veränderungen ausgesetzt sein. Hierzu fällt mir das Zitat von

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Simone Menne ein: „Veränderung ist die Konstante und selbst die Veränderung verändert sich.“ In der Tat! Die Corona-Krise ist nur eine von vielen Unwägbarkeiten und Umbrüchen, die in den nächsten Jahren auf uns zukommen. Wir können es immer wieder Krise nennen. Wir können aber auch sagen: Wir sind äußerst gefordert, mit Veränderung und Komplexität auf einem neuen Level umzugehen. Veränderung ist in der Wirtschaft und im Management schon längst Alltag. Unternehmen fragen sich kontinuierlich: Wie gehen wir damit um, dass sich Märkte ständig verändern? Wie gehen wir damit um, dass der technologische Fortschritt so schnell ist, dass wir gar nicht wissen, ob unsere neueste Markteinführung nicht gestern schon überholt wurde? Deshalb finde ich, dass die Wirtschaft aktuell sehr viel souveräner reagiert als die Politik. Warum ist die Politik noch nicht weiter? Weil unsere politischen Systeme so organisiert sind, dass es um Wahlkampf und Polarisierung geht. Da geht es um „Entweder ich oder der Andere.“ Da ist die Wirtschaft bereits breiter aufgestellt in ihrem Denken. Das bedeutet natürlich auch, dass Demokratien sich weiter entwickeln müssen. In meinem neuen Buch „Der entstörte Mensch“ schreibe ich darüber ausführlich. Viele Menschen, mit denen ich gesprochen habe, gehen davon aus, dass Unternehmen es gar nicht vorteilhaft finden, wenn sich Mitar­ beitende zu sehr damit beschäftigen, wie sie sich in ihrem Beruf persönlich entfalten können. Oftmals folgt dann die Begründung, dass die persönlichen Ziele und die Unternehmensinteressen nicht im Einklang stehen. Wie sehen Sie das Zusammenspiel der beruflichen Entfaltung jedes Einzelnen und der jeweils geltenden Unternehmensziele? Die Arbeitswelt hat sich in den letzten fünf Jahren revolutioniert. Sehr viele Unternehmen haben ihre Einstellung Mitarbeitern gegenüber

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vollständig verändert. Das hat mit dem technischen Fortschritt zu tun, insbesondere mit der Digitalisierung und mit den demographischen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt. Der Arbeitsmarkt hat sich spätestens seit 2017 gedreht. Kein Unternehmen, das klar sieht, kann sich mehr leisten, Menschen zu „verheizen“. Ganz im Gegenteil. Die Frage ist, wie man es schafft, ein langfristig attraktiver Arbeitgeber zu sein. Das gilt natürlich vor allem für die ­technisch getriebenen Wachstumsbranchen und für den Dienstleistungssektor. Was kennzeichnet die neuen Mitarbeitenden? Unternehmen benötigen Menschen, die selbstständig denken und arbeiten können, also selbstmotiviert, verantwortlich, kreativ und proaktiv sind. Und flexibel Projekte annehmen und steuern können. Das ist etwas völlig anderes als das Management der früheren Jahrzehnte, wo es darum ging, dass Menschen schnell und zuverlässig umsetzen, was von oben entschieden wird. Aber mir fällt auf, dass das ausgerechnet bei den Arbeitnehmern oft noch nicht angekommen ist. Wenn ich mit Personalern oder Top-Managern spreche, zeigt sich das ganz deutlich: Unternehmer haben die große Herausforderung zu meistern, dass viele Mitarbeiter konservativ und ängstlich sind und den neuen Angeboten nicht trauen. Wie äußert sich dieses Verhalten von Mitarbeitenden in der Praxis? Viele misstrauen diesem fortgeschrittenen Mindset, weil sie denken, dass der Arbeitgeber es nicht ernst meint und sie sogar aufs Glatteis führen möchte. Ich erlebe das gerade bei einem Unternehmen, das in der Corona-Krise Vertrauensarbeitszeit eingeführt hat. Sie geben dort ihren Mitarbeitern die Freiheit, zu Hause produktiv zu sein, ohne zu kontrollieren, wie lange die Mitarbeiter online waren. Warum? Weil sie sie ernst nehmen und ihnen in dieser besonderen Situation Flexibilität bieten möchten  – zum Beispiel, weil viele Menschen jetzt ihre Kinder zu Hause versorgen müssen. Nun geht bei einigen die große Angst um: „Ist das wirklich so?“ Es kommen die ersten Anfragen an Vorgesetzte: „Aber der Kollege macht nichts

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im Home Office, habe ich mitbekommen.“ Es scheint für viele ganz schwer zu sein, ernst genommen zu werden und sich nicht mehr auf die Haltung zurückziehen zu können: Der Chef sagt an, was Sache ist und bestraft mich, wenn das nicht läuft. Spannend! Dazu fällt mir ein, dass mir neulich ein Bekannter aus der Finanzindustrie von einem Konflikt im Büro erzählte und seinem Umgang damit. Sein Vater hätte ihm dazu geraten: „Lächle es einfach weg. Das ist das Beste im Berufsleben.“ Das ist in der Tat eine antiquierte Sicht, die aber bei vielen Menschen noch verbreitet ist. Genauso zeigt sich das in der Aussage: „Wie geht es im Job?“ „Na ja, muss ja!“ Es ist schade, wenn man ohne jede Not bei dieser Einstellung bleibt. Man tut sich im doppelten Sinne nichts Gutes. Denn Mitarbeiter, die einfach nur noch Dienst nach Vorschrift machen, sind in Zukunft nur noch in sehr wenigen Nischenberufen gefragt. Heute haben diejenigen das Nachsehen, die brav ihre Pflicht erfüllen und meinen, sie dürften nicht zu viel erwarten. Diejenigen, die mehr erwarten, wach und aktiv sind, sind eindeutig im Vorteil. In welchen Unternehmen ist diese neue Erwartungshaltung an kreative und selbstwirksame Mitarbeitende schon präsent? Vor allem in den wachsenden Branchen, die digital getrieben sind und sich auch jetzt in der Corona-Krise als Wachstumsbranchen erweisen. Allerdings ist der Arbeitsmarkt momentan kulturell sehr fragmentiert: Es gibt einige Branchen, die noch nach alten Regeln funktionieren. Dort ist auch noch nicht viel von Diversity zu spüren. Obwohl Diversity auch schon seit mehreren Jahren ein großes Thema in der Wirtschaft ist. Ich denke aber auch, dass – bedingt durch den demographischen Wandel – alle Branchen dazu gezwungen werden, umzudenken. Wie führen die wachsenden, fortschrittlichen Branchen ihre Mitar­ beitenden an neue, zeitgemäße Denkweisen heran?

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Bei den Top-Unternehmen steht das Thema „Kultureller Wandel“ im Mittelpunkt der Personalentwicklung. Die Kernfrage dabei lautet: „Wie schaffen wir es, aus Befehlsempfängern oder Jobholdern kreative, selbstwirksame und menschlich aufgeschlossene Kollegen zu machen, die gerne arbeiten und in einer guten Balance mit sich und dem Leben sind?“ Diese Qualitäten sind so wichtig und die guten Unternehmen suchen gerade händeringend nach Lösungen, wie sie dies am besten realisieren Es ist ja eine kuriose Situation, dass momentan sehr viele Arbeitnehmer quasi zu ihrem Glück gezwungen werden müssen. Ich habe den Eindruck, dass allein die individuell empfundene Selbstbestimmung eines Menschen zu einer viel höheren Lebens­ qualität und Zufriedenheit führt. Wohingegen das „Sich-getriebenFühlen“ – sei es von sich selbst oder anderen Menschen – ein hohes Stresslevel generiert. Genauso ist es. Zahlreiche Studien zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz zeigen, dass das Gefühl von Selbstwirksamkeit und Zufriedenheit im Beruf die Arbeitsleistung massiv erhöht und die Gesundheit stärkt. Wenn Menschen den Eindruck haben, sie müssen nur eine lästige Pflicht erfüllen und haben keinen Einfluss auf ihre Arbeit, sind sie in der Regel öfter krank und weniger erfolgreich. Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der eigenen Denkweise, den Erlebnissen am Arbeitsplatz und der Qualität, die bei der Arbeit herauskommt. Welche Veränderungen erwarten Sie in den nächsten Jahren für Unternehmen und ihre Mitarbeitenden durch die Corona-Krise – auch im Zusammenspiel mit bereits länger andauernden Entwick­ lungen wie demographischer Wandel, Digitalisierung und Globalisierung? Unternehmen müssen das Potenzial von Mitarbeitern auf eine möglichst natürliche und respektvolle Weise fördern. Die Idee, dass wir Human Resources ausbeuten, ist ja schon längst Geschichte. Sie

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stammt noch aus dem Maschinenzeitalter oder aus der Land­ wirtschaft, wo Menschen gleichsam „verbraucht“ wurden. Heute ist es komplett anders: Man weiß, dass Menschen sehr viel länger mehr leisten müssen und sehr viel länger einen offenen Geist brauchen. Dass sie nicht permanent emotional überstrapaziert werden können, weil sie sonst die Lust und Motivation verlieren, weniger einbringen oder sogar ernsthaft krank werden. Wie lässt sich der respektvolle Umgang mit Mitarbeitenden in der Praxis konkret realisieren? Viele Unternehmen verstehen heute schon – und diese Unternehmen werden die Nase vorn haben – dass Menschen Lebewesen sind, denen man so etwas wie ein Biotop anbietet und nicht nur einen Arbeitsplatz. Das Büro der Zukunft ist ein Lebensraum, wo Men­ schen sich entfalten können und auch immer wieder auftanken. Wo sie nicht nur Energie lassen, sondern auch wiedergewinnen. Also im Grunde ein „erneuerbarer Energiespot“. Eine gute Frage, die sich Unternehmen dabei stellen können, ist: „Wie schaffe ich es, dass die Menschen, die mit uns arbeiten, am Montagmorgen aufwachen und Lust auf die Woche haben?“ Natürlich auch in dem Wissen, dass es einzelne Krisen gibt und nicht immer alles nur schön ist. Aber die Mitarbeitenden haben das Zutrauen, dass es ein guter Tag wird. Dass man nicht kaputt zurückkommt, sondern mit Wertschätzung und guten produktiven Ergebnissen. Menschen möchten produktiv sein. Sie möchten etwas leisten und ein wichtiger Teil von etwas Größerem sein. Das alles vorzubereiten und sich einen guten Ruf als Arbeitgeber zu schaffen, ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil für Unternehmen. Das heißt, vielleicht werden uns die Unternehmen noch mehr zu unserem Glück nötigen müssen als es viele Angestellte von sich aus tun würden. Das klingt für mich so, dass das Biotop für jeden Menschen anders ausgestaltet ist. Denn jeder findet andere Dinge wichtig und zieht daraus Energie. Für den einen mag dies eine ausgeglichene Work-­ Life-­Balance sein und für den nächsten Titel und Bezahlung.

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Absolut. Es gibt ganz unterschiedliche Motivationen. Ich habe in meinem Buch „Mindfuck Job“ eine Typologie mit sechs Haupt­ motivationen vorgestellt, warum Menschen arbeiten. Weder die eine noch die andere Typologie ist besser oder schlechter. Wichtig ist nur, die eigene Motivation möglichst genau zu kennen. Manche Menschen arbeiten beispielsweise, um sich einen guten Lebensstandard leisten zu können, andere möchten durch ihren Job einen guten Ruf aufbauen, einen beeindruckenden Titel haben. Wieder andere möchten ihrer Berufung folgen und in dem Bereich arbeiten, den sie für ihre Lebensaufgabe halten oder vor allem frei und ungebunden sein. Berufliche Biographien sind heute keine Einbahnstraßen oder Leitern mehr, die man hochklettern muss. Das kann man machen, wenn das der eigene Antrieb ist. Genauso gut aber lassen sich auch Patchwork-Berufslebensläufe realisieren. Vor zwanzig Jahren wäre das nicht möglich gewesen – dass wir heute die Wahl haben, das ist doch ein unglaubliches Geschenk!

9.2.2 Interview mit Martina Reiss (Beraterin und Coach für Führungskräfte, GründerInnen, GeschäftsführerInnen und HR-Verantwortliche) Als HR-Profi und Business Coach begleitet Martina Reiss Führungskräfte und GeschäftsführerInnen bei der erfolgreichen Entwicklung und Ausrichtung ihres Unternehmens. Dabei setzt sie auf die Verknüpfung der Unternehmensziele und professioneller Personal- und Organisationsentwicklung.

Martina Reiss. Foto: HEIDI SCHERM FOTOGRAFIE

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„Insbesondere in schwierigen Zeiten brauchen Unternehmen motivierte und selbstreflektierte Mitarbeiter, um die Krise zu überwinden und weiterhin erfolgreich zu sein. Kreatives Denken und zielgerichteter Ressourceneinsatz der Mitarbeitenden sind gerade dann wichtiger denn je.“

Martina, viele Menschen gehen davon aus, dass das individuelle berufliche Glück der Mitarbeitenden und Unternehmensinteressen nicht unbedingt miteinander harmonieren. Wie siehst Du das? Es ist mittlerweile Common Sense, dass die Zufriedenheit und das damit verbundene berufliche Glück der Mitarbeitenden ihr En­ gage­ ment und ihr Commitment und damit auch direkt den Unternehmenserfolg bestimmen. Und die gute Nachricht ist, Unternehmen können maßgeblich beeinflussen, ob ihre Mitar­ beitenden beruflich glücklich sind. Wie und wo können Unternehmen das beeinflussen? Eigentlich in jedem Aspekt der Personalarbeit. Das für mich spannendste Feld ist hierbei die Personalentwicklung. Maßnahmen in diesem Bereich gehören zu den wichtigsten Investitionen eines Unternehmens. Wie bei jeder Investition steht und fällt ein positiver ROI mit einer guten Due Diligence  – also einer sorgfältigen Analyse, wo der Bedarf liegt. Diese beantwortet im Fall der Personalentwicklung die Frage, was der Einzelne bzw. das Team wirklich brauchen, um erfolgreich und sinnstiftend zu arbeiten. Wer sollte diese Due Diligence vornehmen? Die Wichtigkeit dieser Aufgabe ließe vermuten, dass die Entscheidung über solche Maßnahmen wichtige Führungsaufgabe ist und mit großer Sorgfalt betrieben wird. Ich sehe jedoch immer wieder, dass sie entweder einfach ausgelagert wird („Liebe HR-Abteilung, mach mal ein Konzept zum Thema XY“) oder einfach Annahmen getroffen werden. Es wird nicht geschaut, wo der Schuh wirklich drückt.

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Wie kann ich mir das praktisch vorstellen? Ein praktisches Beispiel, das sich fast in jedem Unternehmen wiederfindet, ist das Thema Kommunikation. Hakt es hier, wird nicht selten der Ruf nach einem Kommunikationstraining laut. Aber es wird überhaupt nicht geschaut, wo es konkret Probleme gibt. Fehlen tatsächlich Skills oder ist es vielleicht ein abweichendes Verständnis von der vermeintlich gemeinsamen Sache? Es werden Annahmen getroffen, ohne kooperativ zu identifizieren, was genau verbessert werden muss und vor allem, wie dieses „besser“ aussieht. Wie sähe es idealerweise aus, wenn es gut läuft? Was es braucht, ist ein Dialog. Statt im Detail zu analysieren, warum die Kommunikation schlecht läuft, wer an welcher Stelle einen Fehler gemacht hat und welche Defizite bei wem zum Tragen kommen, sollte vom Idealzustand, von der Lösung her gedacht werden. Also statt einer problemorientierten Sichtweise eine lösungsorientierte Perspektive nutzen? Genau. Führungskräfte können dann in einem Co-Creation-Prozess mit ihren Peers und mit den Mitarbeitenden analysieren, wie es aussieht, wenn das Problem gelöst ist; welches Konstrukt jeden im Team wirklich happy macht. Um dann zu fragen: Was braucht es, um diese Situation herzustellen? Das ist die eben angesprochene Due Diligence. Die benötigten Maßnahmen, die sich daraus ableiten, sind nun explizit auf die tatsächlichen Bedarfe ausgerichtet und haben vor allem den Buy-In einer wesentlichen Anzahl der Teammitglieder. Oft sind diese identifizierten Maßnahmen in ihrem Umfang auch viel geringer. Statt eines mehrtätigen Trainings ist es eher ein gemeinsamer Lernprozess, begleitet von Lernimpulsen, Workshopformaten oder Coachings. Der Unterschied zum klassischen Training liegt für mich in der stärkeren Involvierung aller Betroffenen.

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Ja, dadurch werden die Menschen auch kreativ und denken automatisch in Lösungen. Das ist der Prozess „where the magic happens“. Vielleicht braucht es auch nochmal einen zusätzlichen Workshop oder eine bestimmte Methode, ein bestimmtes Tool muss gezielt trainiert werden. Aber die eigentliche Problembewältigung hat in der gemeinsamen Due Diligence stattgefunden. Dadurch wird eine innere Beteiligung aller Teilnehmer möglich. Kannst Du ein konkretes Beispiel nennen? Ich berate oft Start-ups, ca. im fünften Jahr nach Gründung, zwischen 150 und 200 Mitarbeitende. Man ist über die Sturm- und Drang­ phase hinaus. Dinge fangen an, sich zu professionalisieren. Das Thema Organisations- sowie Personalentwicklung und die Fragen „Ist jeder an der richtigen Stelle?“ und „Sind diese Personen befähigt?“ werden immer unternehmensentscheidender. Wer stellt diese Fragen? Die Gründer, sie sind in der Regel noch mit an Bord. In einem wie oben beschriebenen Start-up kam es in Projekten immer wieder zu massiven Verzögerungen und zur Unterschreitung von Qualitäts­ standards. Die schnelle Antwort des Management Teams war: Projektmanagement-­Training. Für sie war einfach sehr schnell klar, dass das Problem in fehlendem Wissen lag. Als ich anfing, mit dem Führungsteam zu arbeiten, stellte sich jedoch heraus: Alle wussten, wie Projektmanagement funktioniert – auf dem Papier. Woran hakte es dann? Es fehlte an der Kenntnis über kurz- und mittelfristige Ziele des Unternehmens. Und welche Befugnisse und Entscheidungs­ spielräume jede und jeder hat. Jede Entscheidung hat vielfache Schleifen gedreht. Außerdem hat sich herausgestellt, dass sich die Führungskräfte im Unternehmen nicht ausreichend austauschten. Es gab zwar ein Format für ein Update zum allgemeinen Status

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und einzelnen Projekten. Aber de facto gab es hier implizit den Druck, vor der Mannschaft gut dazustehen. Also keine Plattform, um sich offen und ehrlich auch über Schwierigkeiten auszutauschen oder nach Hilfe und Input zu fragen. Das klingt für mich eher nach einem Kommunikationsthema als nach Projektmanagement. Ja, den Menschen fehlte der Raum zum Lernen und dazu, diese Learnings zu verarbeiten. Wir haben als Erstes ein regelmäßiges, moderiertes Format für Führungskräfte etabliert, in dem sie sich über die Herausforderungen, Learnings und Best Practices ausgetauscht haben. Dadurch hatten dann alle die Möglichkeit, ihre Arbeits­erfahrungen zu benennen, gegenseitig zu reflektieren und Lösungen zu finden und daraus zu lernen. Was sind weitere typische Themen in der Personalentwicklung? Auch gern voreilig zur Ursache von Problemen erklärt: fehlende Kompe­ tenzen im Zeitmanagement. Es gibt großartige Methoden und Tools, die bei diesem Thema weiterhelfen. Tatsächlich ist es aber selten der Grund für dysfunktionale Teams oder strukturelle Herausforderungen. Es ist ein sehr individuelles Thema, das häufig im Selbststudium, in Kombination mit einem Coaching, gut erarbeitet werden kann. Ein aufoktroyiertes Training ist hier selten hilfreich. Ich denke gerade an Trainings, in denen die Hälfte auf ihren Handys tippt. Ja, genau das passiert dann. Viele stehen unter Druck und sind somit nicht wirklich präsent. TrainerInnen, aber auch die Teilnehmenden, müssen dann erstmal wahnsinnig viel Energie investieren, um überhaupt arbeitsfähig zu sein. Wenn ich für Mitarbeitende und Unternehmen Ressourcen für die Personalentwicklung im Sinne eines höchstmöglichen ROI einsetzen möchte, gibt es zu einer guten Due Diligence keine Alternative.

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Wie können Mitarbeitende und Führungskräfte in der Personal­ entwicklung möglichst gut zusammenarbeiten? Grundlage ist die Einsicht, dass das Management nicht die alleinige Deutungshoheit über den Erfolg des Unternehmens hat. Also ich als Gründer oder Geschäftsführer muss einen Shift im Mindset vornehmen und davon ausgehen, dass es relevante Menschen im Unternehmen gibt, die zum Erfolg beitragen und die entsprechend befähigt werden müssen. Der nächste Schritt wäre, wirklich alle relevanten Mitarbeitenden in die Lösungsfindung einzubeziehen. Auch hier wieder die innere Beteiligung herzustellen und gemeinsam zu erarbeiten: „Wie sieht z. B. Kundenzufriedenheit aus und wie erreichen wir sie?“ Noch einmal in Bezug auf unser Ausgangsthema: Wie äußert sich der Gewinn bzw. Verlust für Unternehmen, wenn sie in das berufliche Glück ihrer Mitarbeitenden investieren bzw. nicht? Der Gewinn kann zum einen monetär sein. Das wird vor allem bei größeren Paketen wie zum Beispiel bei Programmen zu Führungs­ kräfteentwicklung deutlich. Da ist man schnell im fünfstelligen Bereich, was die Kosten anbelangt. Ohne Due Diligence sind Fehlinvestitionen vorprogrammiert – wenn ich z. B. als Unternehmen ein großes Programm bei einem Anbieter buche, der nicht passt. Sicher geht es auch um Opportunitätskosten. Ja, die können in immenser Höhe entstehen. Wenn es drei Tage Druckbetankung im Rahmen eines Trainings gibt, ist das eine hohe Zeitinvestition und eine zusätzliche Anstrengung für die Teilnehmenden. Im Anschluss geht es dann ja auch noch darum, wie das Gelernte im Arbeitsalltag umgesetzt wird. Hier werden überall Kräfte mobilisiert für Aspekte, die vielleicht gar nicht zielführend sind. Und in dieser Zeit können andere wichtige Dinge nicht erledigt bzw. weiterentwickelt werden.

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Inwieweit merken Unternehmen, dass Maßnahmen, die ohne eine Due Diligence durchgeführt werden, nicht vollumfänglich an­schlagen? In der Regel an folgenden Punkten: –– Ziele werden auch weiterhin nicht erreicht. –– Mitarbeitende sind nach wie vor unzufrieden und damit weniger engagiert und committet. –– Führungskräfte sind enttäuscht, weil die Investition sich nicht gelohnt hat und das Problem nach wie vor besteht. („Undank­ barkeit, nun haben wir uns schon so bemüht und Maßnahmen angeboten …“) Ich habe auch den Eindruck, dass Personalentwicklungsmaßnahmen gerade dann angestoßen werden, wenn es irgendwo hakt? Genauso ist es. Meistens brennt schon irgendwo der Baum: Die Fluk­ tuation steigt, die Qualität stimmt nicht mehr oder die Entwick­ lungszeiten dauern zu lange. Und wenn dann die Lösung des Problems darin besteht, zu sagen: „Wir machen jetzt mal was on top“ wie z. B. 360-Grad-Feedback, sind alle überfordert. Vielleicht geht es ja wirklich im Kern darum, dass wichtige Stimmen der Mitarbeitenden nicht gehört werden und dass eine neue Art von Feedback-­System sinnvoll ist. Aber dafür ist nicht sofort ein vollumfängliches 360-GradFeedback notwendig, wo alle nächtelang Bögen ausfüllen müssen. Was wäre denn die Ideallösung in solchen kritischen Situationen? Eine Ideallösung als Blueprint für alle Organisationen gibt es leider nicht. Aber folgendes Vorgehen, am Beispiel des oben genannten 360-Grad-Feedbacks, kann den Erfolg von Entwicklungsmaß­ nahmen maßgeblich unterstützen: –– Führungskräfte definieren mit den Mitarbeitenden gemeinsam das Ziel: Der Baum soll nicht mehr brennen.

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–– Was können wir tun, um den Brand zu löschen? –– Unter Umständen ist eine Lösungsstrategie mehr Feedback von Mitarbeitenden. Aber dafür braucht man im ersten Schritt nicht unbedingt ein 360-Grad-Feedback. –– Führungskräfte und Mitarbeitende könnten erst einmal übereinkommen, ein Bottom-up-Feedback der Mitarbeitenden einzuholen. –– Dann schaut man, was dabei herauskommt. Vielleicht stellt sich dann nach drei oder sechs Monaten heraus, dass man auch noch Peer-Feedback der Mitarbeitenden und Führungskräfte dazu nehmen sollte, weil das Bottom-up-Feedback nützliche Erkenntnisse gebracht hat. –– So sichert man einen echten Buy-in in die Maßnahmen. Ganz anders, als wenn ein 360-Grad-Feedback aufoktroyiert wird. Denn damit haben die Mitarbeitenden keine Verbindung zu der Frage: Was nützt mir das und wie macht es meine Arbeit besser? Ich finde es super, die Mitarbeitenden mit einzubeziehen und gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten. Aber ich sehe folgende Diskrepanz: Inwieweit bildet die Führungskraft hier ein Korrektiv, wenn persönliche Befindlichkeiten zu sehr hochkommen, die für die Lösungsfindung nicht nützlich sind? Beispiel: Ein Mitarbeitender sagt sehr oft „Das haben wir schon ganz oft gemacht und es hat nie was gebracht.“ Ich finde, es ist eine Gratwanderung zwischen dem echten Interesse an der Perspektive der Mitarbeitenden und dem Vorgeben einer Leitplanke, die für die Lösungsfindung nützlich ist. Ja, das ist eine echte Führungsaufgabe: herauszufinden, welche Beiträge einen Mehrwert zur Lösungsfindung bieten und welche Beiträge eben nicht. Und dass man gute Formate bildet, in denen sich leicht herausstellt, wer Nützliches beizutragen hat und wer nicht. Für ein nützliches Format ist eine konkrete Frage, die das Team gemeinsam bearbeitet, unverzichtbar, z.  B. „Wie lösen wir gemeinsam die Qualitätsprobleme, die in den vergangenen Monaten aufgetaucht sind?“ Bei einem strukturierten Format stellt sich dann auch schnell heraus, wer etwas Konstruktives beizutragen hat und wer nicht.

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Wie geht es weiter, wenn ein Mitarbeitender nichts Konstruktives mehr beiträgt? Auch hier ist es unverzichtbar, mit dem Mitarbeitenden, der nichts mehr beitragen will oder kann, in einen Dialog zu treten und zu besprechen, ob er oder sie vielleicht in einem anderen Bereich des Unternehmens besser aufgehoben ist oder ob die Interessen einfach nicht mehr zusammenpassen und man sich im Guten trennt. Aber das macht eine Trennungssituation viel besser, als wenn eine Führungskraft eines Tages überraschend auf einen Mitarbeitenden zukommt und sagt, dass es nicht mehr läuft. Ich finde, hier ist die Frage der Rahmenbedingungen und Ressourcen ganz entscheidend: Was braucht es dazu, dass Mitarbeitende und Führungskräfte gemeinsam gute Lösungen erarbeiten? Dafür braucht es auf jeden Fall eine wirklich befähigte Führungskraft, die die nützlichen Formate mit ihren Mitarbeitenden gut umsetzt. Hierzu muss eine Führungskraft die „richtige“ innere Haltung haben und Leitplanken und gute Formate entwickeln. Und sie muss wissen, dass sie nicht alles weiß und die Kompetenzen und Perspektiven der Mitarbeitenden benötigt, um das Unternehmen erfolgreich zu machen. Und das schmälert den Status der Führungskraft überhaupt nicht. Denn meine Expertise besteht darin zu wissen: Wen brauche ich genau an welcher Stelle? Dafür muss ich aber nicht alles wissen oder im Detail besser können als jeder meiner Mitarbeitenden. Wie gut kommen die heutigen Führungskräfte damit klar? Bisher hat sich der Status der Führungskraft ja am Firmenauto, dem Ein­ zelbüro und dem Titel ablesen lassen? Hier ist vieles in Bewegung. Aber es stimmt, der Titel ist durchaus für viele Menschen wichtig – egal ob jung oder älter. Auch wenn gar nicht so viel dahintersteht. Aber ich sehe schon noch bei vielen den Anspruch: Ich bin die Führungskraft, darum weiß ich per se mehr, kann mehr und entscheide auch mehr.

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Wie würdest Du denn die Wichtigkeit der beruflichen Erfüllung in Zeiten der Covid-19-Krise und der wirtschaftlichen Folgen beschreiben? Denn viele Menschen mögen jetzt denken: „Ich muss erstmal meinen Job sichern. Da habe ich keinen Kopf, mich um meine berufliche Entfaltung zu kümmern.“ Gerade jetzt musst Du Dich um das kümmern, was Du gut kannst und wofür Du stehst, damit Du Deine Ressourcen zielgerichtet einsetzen kannst. Die meisten Unternehmen müssen jetzt wieder auf die Beine kommen und kreativ denken und dafür brauchen sie reflektierte Persönlichkeiten an den richtigen Positionen. Wenn Du jetzt nicht die Menschen auf den Punkt dabei hast, wirst Du diese Krise nicht gut oder gar nicht überstehen. Auch Unternehmen, denen es jetzt in der Krise gut geht, müssen umdenken, da sich die Rahmenbedingungen ändern. Dafür benötigen sie motivierte und befähigte Mitarbeiter. Sicher haben viele Unternehmen ganz akuten Kostendruck, der sie sehr in Anspruch nimmt. Auch wenn Unternehmen aktuell sehr stark auf ihre Kosten schauen, müssen sie ja auch kreativ überlegen: Wie kann ich als Unternehmen trotzdem weiterbestehen und mich weiterentwickeln? Und das zeigt ganz klar, dass das Thema Personalentwicklung und -befähigung kein esoterisches Orchideenthema ist, dem man sich in guten Zeiten widmen kann, sondern dass es essenziell auf den Unternehmenserfolg einzahlt – gerade in Krisenzeiten. Mehr Informationen unter https://www.martinareiss.de/

9.3 W  eiterführende Buchtipps und weitere Quellen Die folgenden Bücher wurden zum Teil in diesem Kapitel zitiert (u. a. Frederic Laloux) und sind wirklich empfehlenswert für einen „Deep Dive“ ins Thema Organisationsentwicklung und Führungskultur.

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Sinek S (2017) Gute Chefs essen zuletzt: Warum manche Teams funktionieren – und andere nicht. Redline, München Ohne ein gutes, verlässliches Team könnten viele Führungskräfte ihre Ziele niemals erreichen. Aber in der Realität werden viele Teams von internen Machtkämpfen, Streitigkeiten und den daraus resultierenden Misserfolgen ausgebremst. Viele Führungskräfte schaffen es dann auch mit Leistungsanreizen oder Belohnungen nicht, ein Team wieder motiviert zu bekommen. Doch warum sind hier manche Vorgesetzte oft erstaunlich hilflos? Die Antwort fand Simon Sinek während einer Unterhaltung mit einem General des Marine Corps. Der erläuterte eine Tradition beim Militär: „Offiziere essen immer zuletzt.“ Was in der Kantine noch symbolisch gemeint ist, wird auf dem Schlachtfeld todernst: Gute Anführer opfern ihren eigenen Komfort, sogar ihr eigenes Leben, zum Wohl derer, die ihnen unterstehen. Sinek überträgt diese Tradition auf Firmen, wo sie bedeutet, dass die Führungskraft einen sogenannten Safety Circle, einen Sicherheitskreis, bilden muss. Dieser schützt das Team vor Schwierigkeiten von außen. Nur so bildet sich im Unternehmen eine vertrauensvolle Atmosphäre. Der Sicherheitskreis führt zu stabilen, anpassungsfähigen und selbstbewussten Teams, in denen sich jeder zugehörig fühlt und in denen alle Energie darauf verwendet wird, die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Bock P (2020) Der entstörte Mensch. Droemer HC, München Petra Bock verbindet die Erkenntnisse aus ihrer wissenschaftlichen Arbeit und ihrer Beratungspraxis und zeigt glasklar auf, dass wir mit dem vorherrschenden destruktiven, polarisierenden Denken keine Chance auf eine gute Zukunft haben. Gleichzeitig gibt sie konkrete Handlungsanweisungen, wie es gelingt, eine lebenswerte und humane Welt aufzubauen. Dabei blickt sie auf alle wichtigen Bereiche des Lebens wie den Umgang der Menschen miteinander, Wirtschaft, Politik, Erziehung und Bildung. Ein Buch, das große Hoffnung macht. Obwohl große und komplexe Themen vermittelt werden, liest sich das Buch sehr leicht und verständlich.

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Pink D (2019) Drive: Was Sie wirklich motiviert. Ecowin, Salzburg Daniel Pink zeigt, dass das Geheimnis des persönlichen Erfolges das zutiefst menschliche Bedürfnis ist, das eigene Leben selbst zu bestimmen, zu lernen, Neues zu erschaffen und damit die eigene Lebensqualität und die Welt zu verbessern. Der US-Autor zeigt, dass das Prinzip von Bestrafung und Belohnung exakt der falsche Weg ist, um Menschen für die Herausforderungen von heute zu motivieren, egal ob im Berufs- oder Privatleben. Laloux F (2016) Reinventing Organizations visuell: Ein illustrierter Leitfaden sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit. Vahlen, München Frederic Laloux war früher Berater bei McKinsey und hat mit seinem Buch über neue und für viele Menschen ungewöhnliche Organisationsmodelle einen Nerv getroffen: Die ermutigende Botschaft ist in der ganzen Welt auf gute Resonanz gestoßen. So wurde die Aufmerksamkeit von den Problemen im Management auf die neuen Möglichkeiten der Zusammenarbeit gelenkt, die Unternehmen erfolgreich werden lassen.

Die Quintessenz aus diesem Kapitel Unternehmen stehen heutzutage vor vielfältigen Herausforderungen. Wie sollen sie sich da noch mit der Zufriedenheit der einzelnen Mitarbeitenden befassen? Antwort: Sie müssen es um ihrer Erfolge willen. Dabei müssen sie ihr „Betriebssystem“ umstellen von Motivation 2.0 (Belohnung und Bestrafung) auf Motivation 3.0 (intrinsische Motivation). Denn die Anforderungen unserer Wirtschaft erfordern neue und kreative Lösungsansätze, die nur durch Motivation 3.0 entstehen. Das 20. Jahrhundert war geprägt von Jobs mit Routineaufgaben. Diese Routinearbeiten verschwinden mehr und mehr und werden ersetzt durch andere, neue Jobs und Geschäftsmodelle, in denen es darum geht, neuartige Probleme zu lösen oder etwas zu erschaffen, worauf niemand mehr verzichten möchte. Genau für diese Art von Arbeit ist Motivation 2.0 aber hinderlich, denn sie schmälert die kreative Leistung von Menschen.

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In der Wissenschaft ist die Wichtigkeit der intrinsischen Motivation, mit der Menschen und sogar Affen komplexe, kreative Aufgaben gut lösen können, längst bekannt. In der Wirtschaft ist sie jedoch noch nicht sehr etabliert. Menschen haben eine angeborene Neigung, Neues zu lernen, Herausforderungen zu suchen und ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Allerdings müssen sie hierfür in einem adäquaten Umfeld arbeiten können, das ihnen dies auch ermöglicht. Viele Unternehmen gehen vom Gegenteil aus und sehen sich gezwungen, ihre Mitarbeiter zu kontrollieren und mit Bestrafung und Belohnung zu arbeiten. Ermutigende Beispiele von Unternehmen, die auf die Selbstbestimmung der Mitarbeiter setzen, hat der ehemalige McKinsey-Berater Frederic Laloux zusammengestellt. Er hat sich erfolgreiche Organisationsmodelle aus allen Branchen auf der ganzen Welt angeschaut und dabei zwölf Unternehmen gefunden, die mit einer neuen Art von Organisation schon jetzt erfolgreicher sind als ihre Konkurrenten. Diese Unternehmen setzen ebenfalls auf Merkmale der Motivation 3.0, unter anderem Selbstbestimmung und Selbstführung. Es gibt keine Vorgesetzten, flache Hierarchien und Entscheidungen werden von allen Mitarbeitern getroffen. Klingt verrückt? Funktioniert aber gut. Denn Selbstorganisation hat sich als viel produktiver und effektiver herausgestellt als die herkömmliche Pyramide.

Literatur 1. Pink D (2019) Drive: Was Sie wirklich motiviert. Ecowin, Salzburg, S 42 f 2. Pink D (2019) Drive: Was Sie wirklich motiviert. Ecowin, Salzburg, S 245 f 3. Pink D (2019) Drive: Was Sie wirklich motiviert. Ecowin, Salzburg, S 56 f 4. Pink D (2019) Drive: Was Sie wirklich motiviert. Ecowin, Salzburg, S 95 f, 30 f 5. Pink D (2019) Drive: Was Sie wirklich motiviert. Ecowin, Salzburg, S 107 f 6. Laloux F (2016) Reinventing Organizations visuell: Ein illustrierter Leitfaden sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit. Vahlen, München, S 43 f 7. Laloux F (2016) Reinventing Organizations visuell: Ein illustrierter Leitfaden sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit. Vahlen, München, S 54 f

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8. Gallwey T, Pyko F (2010) Inner game coaching: Warum Erfahrungen der beste Lehrmeister sind. Allesimfluss, Staufen 9. Bock P (2011) Mindfuck: Warum wir uns selbst sabotieren und was wir dagegen tun können. Droemer HC, München

10 Exkurs 2: Wie Du finanziell selbstwirksam handelst

Ein Grund, warum sich viele Deutsche getrieben und fremdbestimmt fühlen, ist der (gefühlte) finanzielle Druck, dem sie unterliegen: Die Miete muss gezahlt werden oder der Kredit abbezahlt, die Kinder sind in der Ausbildung und vielleicht sind auch noch Altlasten wie beispielsweise Konsumschulden abzubezahlen. In diesem Kapitel bekommst Du Impulse und einen Überblick über weitere Quellen, wie Du auch finanziell selbstwirksam handelst, Dir attraktive Ziele setzt und Dich von unnötigem Druck befreist.

10.1 Z  u einem selbstwirksamen Leben gehört der Umgang mit Geld – so gehst Du es an Als ich anfing, mich mit dem Thema finanzielle Freiheit zu beschäftigen, war mir noch gar nicht klar, wie eng verknüpft dieses Thema ist mit empfundener Selbstwirksamkeit und beruflicher Zufriedenheit. Finanzexpertin Claudia Müller (im Interview in Abschn. 10.2) erwähnte eine Dame, die ihren Job viel lieber ausübt, seitdem sie weiß, wie lange sie auch ohne ihn finanziell überleben könnte. Sie fühlt sich mit diesem Wissen viel selbstbestimmter und stärker. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Casaretto, Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7_10

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Ich bin sehr dankbar, dass mich meine ehemalige WOL-Kollegin Sarah auf das Thema „Money Coaching“ und finanzielle Freiheit hinwies, als sie begeistert erzählte, dass sie sich seit kurzem damit beschäftigt. Dieses Erlebnis zeigt auch wieder, wie sehr wir aus Beziehungen und Gesprächen mit anderen Menschen lernen. Folgende Aspekte bei den Themen „berufliche Zufriedenheit“ und „finanzielle Selbstwirksamkeit“ ähneln einander:

• • • •

Das Mindset und unser Verhältnis zu Geld entscheiden darüber, wie wir mit Geld umgehen. Denkblockaden und selbst auferlegte Annahmen führen zu gefühltem Druck, die Aufhebung von beidem zu einem neuen Gefühl von Selbstwirksamkeit. Die Bildung und Anleitung hin zu finanzieller Selbstwirksamkeit wird weder in der Schule noch in der Ausbildung noch im Studium unterrichtet, sondern sie wird vornehmlich im Elternhaus vermittelt. Transparenz über eigene Wünsche und Ansprüche hilft dabei, attraktive finanzielle Ziele zu setzen. Konkrete Ziele setzen, diese visualisieren und einen Maßnahmenplan zur Erreichung erstellen, trägt beim Beruf zur Erfüllung bei und beim Thema Finanzen zu empfundener Selbstwirksamkeit und finanzieller Freiheit.

In den vergangenen Jahren haben sich viele Möglichkeiten gebildet, durch die wir lernen können, finanziell selbstwirksam zu handeln – von Online-Kursen über Bücher bis hin zu Einzelcoachings. Einen Kurzüberblick über die verfügbaren Quellen findest Du in Abschn. 10.3. Das gesetzliche Rentenniveau in Deutschland wird vermutlich weiterhin sinken. Das heißt, allein mit der gesetzlichen Rente kann niemand mehr den Lebensstandard im Alter halten. Die gute Nachricht dabei ist: Du kannst selbst vorsorgen, konstruktiv mit Deinen Finanzen umgehen und langfristig ein Vermögen aufbauen. Mindset und Glaubenssätze Nicht nur, wenn es um Berufliches geht, unterscheiden sich Träume und Realität vieler Menschen immens. Auch im Hinblick auf Geld und Wohlstand scheinen viele sich nicht zu gönnen, dass es ihnen richtig gut gehen

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darf. Wir leben in einem der wohlhabendsten Länder der Welt, und trotzdem wird bei 75 Prozent aller Frauen in Deutschland die Rente später unter 400 Euro liegen. Wie kann das sein? Weil viele Frauen immer noch weniger verdienen als Männer, unter anderem wegen der Kindererziehung häufiger in Teilzeit arbeiten und sich teilweise in finanzielle Abhängigkeit von ihrem Partner begeben. Kommt es zu einer Trennung, kann das fatale Folgen haben. Manchmal führen finanzielle Engpässe aber auch dazu, dass es trotz schwerwiegender Gründe nicht zu einer Trennung kommt. Eine Studie aus Großbritannien zeigte, dass rund ein Drittel der Befragten hauptsächlich aus finanziellen Gründen mit ihrem Partner zusammen waren [1]. Beispiel Ein aufrüttelndes Beispiel ist Sandra, die sich von ihrem Mann Rolf getrennt hat. Er ist Oberarzt und verdient gut. Sie ist studierte Grafik-Designerin, arbeitet in einer Agentur und verdient deutlich weniger als er. Zudem arbeitet sie in Teilzeit, um mehr Zeit zu haben für die drei Kinder (4, 7 und 12 Jahre alt). Beide haben in der Zeit ihrer Ehe sehr ihr Leben genossen: teure Reisen, Designer-­Kleidung, Restaurantrechnungen nicht unter 200 Euro am Abend, Essen aus dem Feinkostladen. Beide haben nichts gespart und wohnen zur Miete, keine Immobilien, keine Aktien. Sandra wohnt nun mit den Kindern in einer kleinen Wohnung, Rolf zahlt zwar Unterhalt, aber das Geld ist trotzdem knapp. Denn auch Rolf hat seinen Dispokredit ausgereizt. Er zahlt immer noch die Miete für die große Wohnung und das Auto, das Sandra nun nutzt. Beide haben sich in ihrem bisherigen Leben nicht näher mit Finanzen beschäftigt und leiden unter der jetzigen Situation – trotz des guten Gehalts von Rolf.

Viele Menschen beschäftigen sich überhaupt nicht gerne mit Geld. Der Blick aufs Konto oder die monatliche Kreditkartenabrechnung geht einher mit einem Kloß im Magen. Ein Bekannter, der bereits in jungen Jahren wirklich gut verdiente, gab regelmäßig mehr Geld aus, als reinkam. Unter anderem, weil er sich mit exklusiven Urlauben, teuren Restaurantbesuchen und schönen Autos für seinen anstrengenden Job, der ihm keinen Spaß machte, entschädigen wollte. „Wenn ich einmal im Monat auf meine Kreditkartenabrechnung schaue, fühlt sich das an wie ein Messer, das zwischen meine Rippen gestoßen wird.“ Er hatte bereits

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im Alter von 40 Jahren Konsumschulden angehäuft von 20.000  Euro. Als ich ihn fragte, warum er sich mindestens 40 Stunden pro Woche mit etwas beschäftigt, was er nicht mag, um sich dann mit Konsum zu belohnen, für den er sich verschuldet, antwortete er: „Aber in einem anderen Job, der mir Spaß macht, würde ich ja viel weniger verdienen.“ Er war fest davon überzeugt, dass er niemals gut verdienen würde mit einem Job, der ihm Spaß macht und der ihn erfüllt. Arbeit dient allein zur Sicherung der Existenz – mehr darf man von ihr nicht verlangen. Es ist verrückt, dass Menschen sich im Job oftmals aufreiben, um Geld zu verdienen und gleichzeitig ein schlechtes Verhältnis zu Geld haben. Aussagen wie „Über Geld spricht man nicht“, „Geld macht auch nicht glücklich“ oder „Geld verdirbt den Charakter“ zeigen, welche Einstellung zum Geld gar nicht wenige Menschen bereits im Elternhaus mitbekommen. Geld alleine macht nicht glücklich. Allerdings kann es sehr belastend sein, wenn Geld an allen Ecken und Enden fehlt. Wäre es im Gegenzug nicht schön, mit Geld so umzugehen, dass es Dich unterstützt und Dir ein Gefühl von Freiheit, Sicherheit und Selbstwirksamkeit verleiht? Und kein schlechtes Gefühl aufkommt, wenn Du auf Dein Konto oder die Kreditkartenabrechnung schaust? Und wäre es nicht schön, das Geld mit einer Tätigkeit zu verdienen, die Dir richtig Spaß macht? Im Interview mit Petra Bock in Abschn. 9.2.1 hast Du erfahren, wie Du Dir scheinbar paradoxe Fragen stellst und damit richtig attraktive Ziele für Dich entwickelst. Es ist eine wirklich schöne Erkenntnis, dass mit einem vertretbaren Aufwand an Zeit ein sehr gutes Ergebnis zu erreichen ist: nämlich Transparenz über die eigenen Finanzen und die Ziele, die finanziell erreicht werden wollen. Meine Interviewpartnerin Claudia Müller zog einen Vergleich, der mir die Augen geöffnet hat: „Wer sich 40 Stunden in das Thema Finanzen einliest, ist ziemlich gut aufgestellt, um sich in seinem Leben finanziell abzusichern. Alle Staffeln „Game of Thrones“ anzusehen dauert 72 Stunden.“ Claudia Müller, Gründerin des Female Finance Forum

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Das heißt also auch, dass Du kein Finanz- oder Börsenexperte sein musst, um Deine finanziellen Ziele zu erreichen, sondern in einer vertretbaren Zeit zu einem für Dich guten Ergebnis gelangst. Und glücklicherweise gibt es heute viele verständliche und leicht umsetzbare Anleitungen zum Thema Geld und Kapitalanlage. Mehr dazu weiter unten in diesem Kapitel. Finanzielle Bildung aneignen Frage Wie schätzt Du Dein Wissen über Geld und Kapital ein?

Einen guten Überblick über die Entstehung des Geldes bietet ein kostenfreies Video von Bodo Schäfer  – dem wohl bekanntesten „Money Coach“ in Deutschland. Das Video findest Du hier: https://bodoschaefer.clickfunnels.com/video_1 Bodo Schäfer fokussiert sich in seinen Anleitungen sehr stark darauf, Menschen zu Erfolg und Wohlstand zu verhelfen. Seine intensiven Werbemaßnahmen und Mailings sind zwar Geschmackssache, aber ich habe durch ihn einige wertvolle Informationen über Geld, die Einstellung hierzu und notwendige Schritte zur finanziellen Selbstwirksamkeit gelernt. Es klafft eine große Lücke bei der finanziellen Bildung in Deutschland: Viele Menschen scheuen sich davor, sich mit Geld und Kapitalanlagen zu beschäftigen, weil es kompliziert wirkt – wie ein Dickicht an Produkten, Klauseln und versteckten Fallen, in die man tappen kann. Viele denken unweigerlich an die Beratung eines Finanzmaklers, der die komplizierten Inhalte auf kleingedruckten Formularen erläutert, wobei man gar nicht weiß, ob das Kleingedruckte gut oder schlecht ist. Zudem wird weder in der Schule noch im Studium oder in einer Berufsausbildung gelehrt, wie man gut mit seinen Finanzen umgeht und sich ein langfristiges Vermögen aufbaut. Und viele Menschen denken bei Finanzplanung und dem Umgang mit dem eigenen Geld an höhere Ma-

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thematik und schwer verständliche Formeln. Aber es ist nicht kompliziert. Das Entscheidende ist, sich selbst mit dem Thema zu beschäftigen. Und wenn Du einmal angefangen hast, Deine Finanzen zu verstehen, Dir Ziele zu setzen und erste Erfolge zu erzielen, merkst Du, dass das Spaß macht und Dich stärkt. Robert Kiyosaki, Autor des Buches „Rich Dad Poor Dad“, sieht einen wesentlichen Grund dafür, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden darin, dass der Umgang mit Geld nicht in der Schule unterrichtet, sondern zu Hause gelernt wird. Denn die meisten von uns übernehmen den Umgang mit Geld von ihren Eltern. Auch Menschen, die ihre Ausbildung oder ihr Studium mit hervorragenden Noten abgeschlossen haben und in ihren Berufen als Ärzte, Banker oder Anwälte sehr erfolgreich sind, kämpfen zum Teil mit finanziellen Schwierigkeiten. Kiyosaki beobachtete bei zwei – hart arbeitenden – Vätern (seinem leiblichen (armen) Vater und dem (reichen) Vater seines besten Freundes), dass der eine Vater sein Gehirn trainierte, wenn es um den Umgang mit Geld ging, während der andere Vater es ausschaltete. Dadurch wurde der eine Vater immer reicher und der andere Vater immer ärmer [2]. Das heißt also, dass ein konstruktiver Umgang mit Geld nicht von Talent und formaler Ausbildung abhängt, sondern von der eigenen Einstellung und der kontinuierlichen Beschäftigung mit der Materie. Deshalb hilft es enorm, die eigene finanzielle Intelligenz auszubauen und sich mit der wichtigsten Ressource zu beschäftigen, die ein Mensch hat: dem eigenen Gehirn. Kiyosaki vergleicht diese kontinuierliche Beschäftigung mit dem Trainieren im Fitnessstudio: Wer regelmäßig trainiert, hat gute Chancen auf lange Gesundheit und regelmäßiges geistiges Training erhöht die Chance auf finanziellen Wohlstand [2]. „Ich wünschte, ich hätte alles das, was ich heute über Geld und Vermögen weiß, in der Schule gelernt.“ (Dani Parthum, Geldcoach und Wirtschaftsjournalistin (www.geldfrau.de))

Transparenz ist entscheidend für Ziele und Wünsche Um finanziell selbstwirksam handeln zu können, ist es unverzichtbar, sich einen Überblick über die eigene finanzielle Situation zu verschaffen.

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Fragen

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Kennst Du Deinen aktuellen Kontostand? Welche laufenden Kosten hast Du pro Monat? Wie viel gibst Du an Bargeld aus? Wie hoch sind Deine Vermögenswerte? (also alles, was Du besitzt wie Geld, Aktien, Immobilien, Unternehmen, Wertgegenstände) Wie hoch sind Deine Schulden? (offene Rechnungen, laufende Kredite, aktuelle Finanzierungen z. B. für ein Auto oder ein Studium) Wenn Du nun die Summe Deiner Schulden von der Summe Deines Vermögens abziehst: Was bleibt übrig? Bleibt überhaupt etwas übrig oder ist die Höhe Deiner Schulden höher als die Deines Vermögens? Kennst Du Deine voraussichtliche Rentenhöhe?

Da die meisten von uns in die Rentenkasse einzahlen, bekommen wir auch eine Rente im Alter ausgezahlt. Diese wird aber deutlich niedriger sein als das Gehalt, das wir vorher verdient haben. Deshalb entsteht eine sogenannte „Versorgungslücke“. Wie hoch Deine Rente und Deine Versorgungslücke voraussichtlich einmal sein werden, kannst Du z.  B. in einem Online-Rechner berechnen: http://www.brutto-netto-rechner.info/rente.php Hier trägst Du Dein aktuelles Bruttogehalt ein, Dein Alter und der Rechner ermittelt automatisch noch Inflation und mögliche Gehaltssteigerungen. Als Ergebnis erhältst Du eine sehr wertvolle Information  – auch, wenn der eine oder andere vielleicht erst einmal „hinten überkippt“. Du bekommst angezeigt, wie hoch Deine monatliche Rente inflationsbedingt sein wird und Du bekommst Deine Rentenlücke angezeigt. Das ist die Differenz zwischen Deinem letzten Monatsgehalt und dem, was Du nach heutiger Berechnung an Rente bekommen würdest. Mit dieser Information kannst Du Dir schon einmal überlegen, ob und wie Du Deine voraussichtliche Rente aufstocken möchtest. Verbraucherzentralen sind hier beispielsweise gute Ansprechpartner oder natürlich auch Money Coaches und unabhängige Finanzexperten. Vielleicht möchtest Du auch früher aufhören zu arbeiten, Dich selbständig machen oder möchtest Dir bestimmte Wünsche erfüllen? Auch dafür ist es unglaublich wichtig, Transparenz darüber zu haben, wie viel Geld dafür notwendig ist und was Du heute dafür zur Seite legen kannst,

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um diesen Wunsch zu erfüllen. Die unten angegebenen Finanzblogger und Money Coaches zeigen Dir eine Vielzahl von hilfreichen Mustern, um Deine Ein- und Ausgaben zu berechnen und wie Du berechnest, was Du einmal an Kapital benötigen wirst und wie Du dafür vorsorgst. Viele Muster und Templates sind auch kostenlos, z. B. das Haushaltsbuch, die Berechnungsvorlage zur finanziellen Freiheit oder zur Investitionsentwicklung (z. B. beim Female Finance Forum unter „Downloads“ https:// www.femalefinanceforum.de/downloads/). Auch ein Navigationssystem funktioniert nur, wenn Du ein Ziel eingibst [1]. Deshalb ist es wichtig, dass Du Dir erstens darüber bewusst wirst, wie es um Deine Finanzen steht, und zweitens, wo Du einmal hinmöchtest und welche Wünsche Du Dir erfüllen möchtest. Die beste Investition ist die in Dich selbst „Eine Investition in Bildung bringt immer noch die besten Zinsen.“ (Benjamin Franklin (1706–1790))

Den Begriff „Investition in Dich selbst“ möchte ich sogar noch etwas weiter fassen: Es geht nicht nur um fachliche Weiterbildung, sondern auch um Sport, Gesundheit, Erholung etc. Das heißt, Du investierst in Dinge, die Dich wachsen lassen. Du gönnst Dir eine Massage, um Dich zu entspannen oder einen Online-Kurs, um Dich weiterzubilden [1]. Natascha Wegelin (Madame Moneypenny) beschreibt in ihrem Buch [1] sehr schön, wie wichtig die Investition in sich selbst ist, um Ziele zu erreichen: „… um […] Ziele zu erreichen, muss ich mich in vielen Bereichen stark verbessern und stets dazulernen. Ich bin ja Fan von großen Zielen. Ich glaube fest daran und sehe es an meinen Erfahrungen, dass große Ziele die absolute Voraussetzung für große Ergebnisse sind. Wer viel erreichen will, muss sich große Ziele setzen. Was meine Finanzen angeht, habe ich einen Zehnjahresplan, der das Wachstum meines Nettovermögens beinhaltet. Ich weiß, wo ich in zehn Jahren rauskommen möchte, und arbeite nun Jahr für Jahr an der Erreichung der jährlichen Etappenziele und Meilensteine.

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Damit das auch klappt, arbeite ich täglich mit meinem eigens konzipierten Finanzjournal. Dort trage ich mein Zehnjahresziel ein und breche dieses dann auf Jahresziele, Monatsziele und Wochenziele herunter. Daraus ergeben sich wiederum To-dos für jeden Tag, die ich ebenfalls dort eintrage. Am Ende jedes Tages und jeder Woche reflektiere ich, was gut gelaufen ist und was es noch zu verbessern gibt. Außerdem ‚zwingt‘ mich das Finanzjournal anhand seiner Struktur und Fragen zur Achtsamkeit, sodass ich es nicht übertreibe und stets dankbar und demütig bleibe. Seitdem ich meinen Zehnjahresplan habe und strukturiert mit dem Finanzjournal arbeite, erreiche ich das Vielfache von dem, was ich vorher erreicht habe. Genau wie bei den Glaubenssätzen spielt auch hier unser Unterbewusstsein eine enorme Rolle – es ist quasi unser Zielnavigationssystem. Und ein Navi funktioniert nur, wenn man ein Ziel eingibt.“ [1]

Vor allem in den letzten Jahren haben sich eine Reihe von Finanzbloggern und Money Coaches etabliert und Bücher, Blogs etc. veröffentlicht, die hilfreich sind, um Deine finanzielle Selbstwirksamkeit zu stärken. Einige von ihnen haben sich auf Frauen und deren Lebenssituationen (mit oder ohne Kinder; in Voll- oder Teilzeit berufstätig) als Zielgruppe fokussiert. Denn Frauen bilden leider die größte Risikogruppe für Altersarmut, da sie häufig in befristeten Positionen, in Teilzeit oder auf Minijob-Basis arbeiten. Beispiele von Money Coaches und Finanzbloggern Mit den im Folgenden vorgestellten Personen und Organisationen hatte ich schon einmal direkte oder indirekte Berührungspunkte (z.  B. über Empfehlungen). Finanzwesir Ursprünglich Ingenieur, entschloss sich Albert Warnecke im Januar 2014, seine Erfahrungen in puncto Geld anderen Menschen weiterzugeben. Unter dem Namen „Finanzwesir“ betreibt er unter anderem einen Blog und einen Podcast und bietet auch Seminare an zu ETFs. Inspirierend sind auch seine hilfreichen Bücher, die er dort vorstellt.

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Die Erklärung für seine Namenswahl „Finanzwesir“ ist sehr schön und lehrreich [3]: Es war einmal ein Wesir, der seinem Sultan einen großen Dienst erwies. Als Dank dafür wollte der Sultan seinem Wesir einen Wunsch erfüllen. Der Wunsch des Wesirs: Der Sultan möge ein Schachbrett nehmen und ihm als Lohn ein paar Weizenkörner darauflegen. Auf das erste Feld ein Korn, auf das zweite Feld zwei Körner, auf das dritte Feld vier Körner, auf das vierte Feld acht Körner und so fort, Verdopplung bis zum 64. Feld. Der Sultan  – amüsiert von der Bescheidenheit des Wesirs  – gab dem Wunsch statt und beauftragte den Verwalter seiner Vorräte, dem Wesir die Weizenkörner zu geben. Für den Sultan ging die Sache gründlich schief, denn die Exponentialfunktion fängt ganz gesittet an, wächst dann aber über alle Grenzen. Am Feld 64 betrug die Schuld des Sultans 18 Trillionen Weizenkörner. Das Ende vom Lied: Um seine Ehre zu wahren, musste der Sultan zurücktreten und der Wesir wurde Sultan anstelle des Sultans. Zu Ehren dieses schlauen Wesirs, der um die Kraft des Zinseszinses wusste, habe ich diesen Blog auf den Namen Finanzwesir getauft. Denn darum geht es letztendlich für uns Privatanleger: früh mit kleinen Summen anfangen und sich dann durch die exponentielle Kraft des Zinseszinses in Richtung finanzielle Unabhängigkeit katapultieren lassen. Albert Warnecke, https://www.finanzwesir.com/ [3]

Besonders gefällt mir seine Philosophie: „Alle großen Dinge einfach“. sind. Und wenn etwas übermäßig komplex ist, dann ist es überflüssig oder schlecht designt (entweder der Produktdesigner oder der Kunde muss leiden). Mehr Infos unter finanzwesir.com. Madame Moneypenny Natascha Wegelin hat Madame Moneypenny gegründet, um Frauen dabei zu unterstützen, ihre Finanzen selbst in die Hand zu nehmen. Ich denke, dass auch Männer von ihren Tipps profitieren können. Sie hat sich auf die Zielgruppe Frauen fokussiert, da sie festgestellt hat, dass die Angst vor Altersarmut bei Frauen seit Jahren an oberster Stelle steht. Das ist nicht unbegründet: Bei rund 75 % der Frauen in Deutschland zwischen 35 und 50 Jahren wird die gesetzliche Rente schätzungsweise unter dem Hartz-IV-Niveau liegen [1, 4].

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Natascha Wegelin hat BWL studiert und mit 26 Jahren unter anderem das Portal wg-suche.de mitgegründet. 2016 gründete sie ihren Blog madamemoneypenny.de. Natascha beschreibt als ihren „Aha-Moment“ die Erfahrung, bei der sie einer Versicherungsvertreterin zum „Opfer“ fiel und in der Folge große Summen für die falschen Produkte ausgeben musste. Natascha betreibt einen Blog und hat auch ein Buch verfasst (Madame Moneypenny: Wie Frauen ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen können). Außerdem bietet sie ein Finanzjournal an für knapp 10 Euro, in das Du Deine Ziele und den jeweiligen Grad an Erreichung eintragen kannst. Zudem betreibt sie auf Facebook mit ihrer Women-­ Only-­Gruppe eine Community, in der Frauen Finanzthemen diskutieren können. Auch ein achtwöchiges Mentoring-Programm zum Vermögensaufbau gehört zu ihrem Angebot (Kosten knapp 2000 Euro). Mehr Infos unter https://madamemoneypenny.de/ Bodo Schäfer Er gilt wohl als der Erste unter den „Money Coaches“, er begann bereits Mitte der 1990er-Jahre Bücher zu schreiben wie „Der Weg zur finanziellen Freiheit“, „Die Gesetze der Gewinner“ oder das Kinderbuch „Ein Hund namens Money“. Er beschäftigt sich intensiv mit den Themen Erfolg und Wohlstand und betreibt ein intensives E-Mail-Marketing. Insgesamt sind seine Bücher nicht mehr so ganz up to date – beispielsweise, was Renditeerwartungen betrifft. Aber er hat eine klare Art, Dinge zu erklären, und in seinen – teilweise – kostenlosen Videos können sich Zuschauer etwas Know-how über Geld, die Geschichte des Geldes und finanzielle Ziele aneignen. Für das Aneignen einer finanziellen Grundbildung sind sie hilfreich. Er bietet auch Seminare an, die Kosten liegen bei ca. 3500 Euro. Mehr Infos unter https://www.bodoschaefer.de/ Henning Jauernig Als gelernter Journalist arbeitet Henning Jauernig beim Spiegel, erreicht dort mit seinem Blog „Young Money“ ein großes Publikum und schreibt über alles, was junge Menschen über Geld und Kapitalanlage wissen müssen. Der 29-Jährige ist seit Kindheit fasziniert von der Börse, kaufte seine erste Aktie kurz nach dem Abi und avancierte bei Freunden und

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Familie somit schnell zum Finanzexperten. Seine Tipps und Erkenntnisse hat er ebenfalls in einem Buch zusammengefasst: Young Money Guide: Richtig mit Geld umgehen und mehr vom Leben haben [5]. Mehr Infos unter https://www.spiegel.de/thema/young_money/ Finanzheldinnen Die Finanzheldinnen sind Mitarbeiterinnen von comdirect, die sich zusammengeschlossen haben, um Frauen dabei zu unterstützen, sich mit dem Thema Finanzen besser vertraut zu machen. Du kannst Dir z. B. über eine Lern-App (finanzcoach) Wissen aneignen über Börse und Wertpapiere. https://finanz-heldinnen.de/ Female Finance Forum Das „Female Finance Forum“ (FFF) wurde von Claudia Müller gegründet – deren Interview in Abschn. 10.2 folgt. Das FFF ist eine Bildungseinrichtung zum Thema Finanzen für Frauen. Claudia Müller gibt Einzelcoachings für Privatpersonen und hält Vorträge und Workshops für Arbeitgeber. Dabei erklärt sie z. B.: Wie funktioniert private Altersvorsorge? Wie lege ich Geld an? Wie sichere ich mich finanziell ab? Claudia arbeitete nach ihrem VWL-Studium bei der Deutschen Bundesbank und war dort für das Thema nachhaltige Geldanlage zuständig. Sie wollte sich selbständig machen, um Menschen beizubringen, wie sie ihr Geld nachhaltig anlegen können. Aber im Gespräch mit anderen Menschen wurde ihr klar, dass nicht die Nachhaltigkeit bei der Geldanlage das Problem war, sondern die Geldanlage an sich. Und sie stellte fest, dass es fast gar keine Informationen gab, die sich ausschließlich an Frauen richteten. Das hat Claudia geändert, denn es gibt viele Studien, die zeigen, dass Frauen ein Thema anders angehen, wenn sie direkt angesprochen werden [6]. Mehr Infos unter https://www.femalefinanceforum.de/ Die 10 erfolgreichsten Finanzblogs im Internet [7] Um Dir noch ein paar weitere Infoquellen zu bieten, anbei die Top 10 Finanzblogs per Mai 2020, die Du findest unter finanzblognews.de. Die Finanzblog-Charts geben einen Überblick über deutschsprachige Finanzblogs mit den Schwerpunkten Geldanlage, Altersvorsorge und finanzielle Freiheit. Die Personen hinter dem Finanzwesir (Platz 2) und Madame Moneypenny (Platz 7) hatte ich Dir ja schon vorgestellt.

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Timschäfermedia https://timschaefermedia.com/ 2. Finanzwesir https://www.finanzwesir.com/ 3. Frugalisten https://frugalisten.de/ 4. Mr. Market https://www.mr-market.de/ 5. DividendenAdel https://www.dividendenadel.de/ 6. Intelligent Investieren www.intelligent-investieren.net/ 7. Madame Moneypenny https://madamemoneypenny.de/ 8. Die Freiheitsmaschine https://freiheitsmaschine.com/ 9. Finanzrocker https://finanzrocker.net/ 10. Geldfrau https://www.geldfrau.de/ Im folgenden Interview mit Claudia Müller erzählt sie sowohl von den Herausforderungen, denen insbesondere Frauen gegenüberstehen, wenn es um finanzielle Selbstwirksamkeit geht, als auch von ihrem eigenen spannenden beruflichen Weg in die Selbständigkeit – mit der Gründung des Female Finance Forums.

10.2 Interview mit Claudia Müller, Gründerin des Female Finance Forum Als Gründerin des „Female Finance Forums“ berät Claudia Müller Frauen rund um das Thema Finanzen. Nach ihrem VWL-Studium arbeitete sie vier Jahre lang bei der Bundesbank. Irgendwann spürte sie intuitiv, dass sie einen anderen Weg einschlagen, etwas Eigenes aufziehen möchte. Mit großer Energie entwickelte sie aus ihrer Begeisterung für das

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Thema Finanzen ihr eigenes Business. Claudias Weg zeigt, wie sehr finanzielles Wissen, berufliches Glück und Selbstwirksamkeit miteinander verknüpft sind.

Claudia Müller. Foto: Abbi Wensyel Photography

„Wer sich 40 Stunden in das Thema Finanzen einliest, ist ziemlich gut aufgestellt, um sich in seinem Leben finanziell abzusichern. Alle Staffeln „Game of Thrones“ anzusehen dauert 72 Stunden.“

Claudia, wie kamst Du dazu, Dich mit dem „Female Finance Forum“ selbständig zu machen? Ich habe nach dem Studium vier Jahre lang bei der Bundesbank gearbeitet. Ich fragte mich nach ungefähr vier Jahren, wie es für mich weitergeht: Also ob ich die nächsten 40 Jahre bei der Bundesbank bleiben möchte oder ob ich etwas anderes erreichen möchte. Und dann war relativ schnell für mich klar: Ich möchte was Eigenes aufziehen. Damals war das ein guter Zeitpunkt, denn ich hatte ein paar Jahre Berufserfahrung, war aber noch jung, hatte keine Kinder und keine größeren finanziellen Verpflichtungen wie beispielsweise Hypo­theken abzubezahlen. Wie bist Du vorgegangen bei der Planung Deiner Selbständigkeit? Ich habe mich gefragt: Was ist das Schlimmste, das passieren kann? Antwort: dass ich meine Selbständigkeit nach ein oder zwei Jahren wieder beende. Und auch dann bin ich immer noch eine hoch aus-

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gebildete Frau im Finanzsektor und suche mir einen neuen Job. Insgesamt war das Schlimmste, was mir passieren kann, gar nicht so schlimm. Und spannend ist auch, sich im Umkehrschluss zu überlegen: Wie ist es, wenn alles gut funktioniert? Und diese Vorstellung hat total gekribbelt in meinem Bauch. Und wie hat Dein Umfeld auf Deine Pläne reagiert? Irgendwann in dieser Zeit der Überlegungen hat mein Vater mir geraten: Jetzt starte mit Deiner Selbständigkeit und leg das Thema Altersvorsorge einfach mal für zwei Jahre an die Seite. Manchmal muss man auch vorübergehend auf Dinge verzichten, um sich langfristig etwas aufzubauen. Ich habe zu Beginn meiner Selbständigkeit zu meinen Freunden gesagt, dass ich nun eine gewisse Zeit weniger Geld haben werde, um abends auszugehen, wir uns aber immer bei mir treffen können und jeder bringt etwas mit. Und das war für alle völlig in Ordnung. Ich finde das ein tolles Beispiel, denn es zeigt, wie sehr man sein Leben selber gestalten kann. Ja, total. Und man wertschätzt die Dinge dann auch wieder ganz anders, wenn man sie sich leistet. Und oftmals sagten meine Freunde auch: „Komm, heute lade ich Dich ein.“ Urlaub ist in der Weise, wie ich ihn sonst verbracht habe, auch flachgefallen. Anstatt eine Flugreise zu machen, bin ich auf dem Rheinsteig wandern gegangen. Das war neu, toll und wunderschön. Du hast ja eben bereits die Unterstützung Deiner Freunde geschildert. Wie hast Du beruflich „genetzwerkt“? Ich habe für 2018 einen Neujahrsvorsatz gefasst: Bei jeder Veranstaltung, die etwas mit meinem Thema zu tun hat, möchte ich entweder Teil der Veranstaltung sein – auf dem Podium als Rednerin, auf einem Panel – oder ich möchte aufstehen und eine Frage aus dem Publikum stellen. Und das hatte zwei Vorteile: Erstens nehmen Dich Menschen

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als Vertreterin für ein Thema wahr und zweitens habe ich damit anderen Teilnehmern die Tür geöffnet, mich in der Pause oder nach der Veranstaltung anzusprechen. Wie hast Du definiert, womit Du Dich selbständig machst? Ich war ja angestellt bei der Bundesbank und habe an einem Mentoring-­ Programm der Hertie-Stiftung teilgenommen. Meine Mentorin von der Stiftung hat mir ein Buch empfohlen, das heißt „Finde den Job, der Dich glücklich macht.“ Ich habe die Aufgaben im Buch durchgearbeitet und dadurch wurde mein Bauchgefühl „Ich will nicht mein Leben lang verbeamtet sein“ in Worte gefasst. Zum Beispiel bei der Frage „Welche Werte sind Dir wichtig?“ kam bei mir heraus: Freiheit, Selbstbestimmung, Leistungsprinzip. Das hat mich darin bestärkt, mich selbständig zu machen. Und dann habe ich Businessideen wie am Fließband entwickelt. Ich wusste aber, dass mein Hauptmotivator darin besteht, einen positiven Beitrag in meinem Lebensumfeld zu schaffen. Ich wollte als Kind z.  B. erst Ärztin und dann Lehrerin werden. Nach dem Studium wollte ich dann auch nicht zu einer konventionellen Bank, sondern zur Bundesbank und etwas für die Stabilität des Finanzsystems tun. Ich war dort für nachhaltige Geldanlagen zuständig. Und wie hast Du daraus Dein heutiges Angebot abgeleitet? Auf der Suche nach einer Businessidee habe ich zwar ganz viel allein recherchiert, aber immer auch intensiv mit meinem Umfeld geredet. Und das war essenziell. Ein wichtiger Moment war zum Beispiel, als mein Vater mich fragte: „Claudia, wie kann ich mein Geld nachhaltig anlegen? Du redest immer mit solcher Begeisterung davon.“ Ich habe dann auch mit anderen Menschen darüber gesprochen, was sie vom Thema „Nachhaltigkeit“ und „Geldanlagen“ halten. Das Thema Nachhaltigkeit ist für viele Menschen leicht zugänglich, das Thema Geldanlagen dagegen kompliziert.

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Woran liegt das  – in einer modernen, digitalen Welt voller Wis­ sensquellen? Uns fehlt in Deutschland eine grundlegende finanzielle Bildung. Selbst in einem BWL- oder VWL-Studium lernst Du das nicht. Ich habe in meinem VWL-Studium zwar gelernt, wie ich die makroökonomische Situation analysiere, aber nicht, wie ich in einen Aktienfonds investiere. Ich war hartnäckig und habe viele Menschen gefragt, wie sie das Thema Geldanlage angehen. Und eine Freundin sagte mir, dass sie sich in das Thema eingelesen hätte, aber alle Autoren, Journalisten und Experten seien Männer. Sie fühlte sich von ihnen nicht angesprochen. Ich habe dann recherchiert, wie es um das Thema Frauen und Finanzen steht, wie viel weniger Frauen selber tun in dem Segment und wie hoch der Bedarf eigentlich ist. Damit hatte ich meine Geschäftsidee gefunden. Ich wusste nur noch nicht, wie ich sie zum Leben erwecke. Spannend. Was hast Du dann gemacht? Ich habe mich für zwei Stipendien beworben, einmal bei der Hertie-­ Stiftung, wo ich ja bereits Mentee war, und beim Social Impact Lab in Frankfurt. Geklappt hat es dann beim Social Impact Lab. Das war für mich Gold wert. Denn dadurch hatte ich ein großartiges Netzwerk von anderen Gründerinnen und Gründern. Ich hatte super Seminare, in denen ich gelernt habe, wie ich eine Finanzplanung als Unternehmerin vornehme, wie ich eine Steuererklärung mache oder eine Website gestalte. Insgesamt ist das keine finanzielle Förderung, ausschließlich hinsichtlich Inhalt und Netzwerk. Wie hast Du das finanziell gemanagt in der Anfangszeit Deiner Selbständigkeit? Grundsätzlich ist es so, dass es zwei bis drei Jahre dauert, bis man von seinem Unternehmen leben kann – wenn es überhaupt dazu kommt. Also ist es gut, entweder einen Investor zu haben, einen Partner, der in dieser Zeit finanziell einspringen kann, oder Ersparnisse. Ich

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hatte keinen Investor und auch keinen Partner zu der Zeit. Zwar hatte ich Ersparnisse, aber nicht für zwei bis drei Jahre. Über meine Schwester bekam ich einen Teilzeit-Job an der Uni. Als ich die ­Zusage von der Uni hatte, habe ich bei der Bundesbank gekündigt. Leider hat sich mein Start an der Uni aber unglaublich hingezogen, denn 2017 war Bundestagswahl und es gab monatelange Koalitions­ verhandlungen. Deshalb gab es niemanden, der die Forschungsgelder für mein Projekt an der Uni freigeben konnte. Somit war ich erstmal fünf Monate arbeitslos. Das war sicher unglaublich belastend. Emotional kein Problem, finanziell aber ganz anders. Denn ich war für Arbeitslosengeld drei Monate gesperrt, weil ich ja selbst gekündigt hatte bei der Bundesbank. Ich konnte dann beim Arbeitsamt zwar bestätigen, dass ich eigentlich eine feste Zusage der Uni hatte und letztendlich habe ich das Arbeitslosengeld für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 auch bekommen – allerdings erst im Dezember 2018. Also war ich superfroh, dass ich einen gut gefüllten Notgroschen hatte. Deshalb ist der Notgroschen wichtig, denn selbst, wenn wir im Recht sind, können sich Zahlungen verzögern oder ausbleiben. Ich finde, Du bist ein tolles Vorbild dafür, wieviel Menschen mit guter Planung erreichen können und welche unvorhergesehenen Hinder­ nisse sie auch überwinden können. Ich habe neulich ein Zitat gelesen, das besagt, dass ganz viele Ent­ scheidungen, die mit Mut zusammenhängen, eigentlich Finanz­ent­ scheidungen sind. Zum Beispiel: Kann ich es mir leisten, diesen Job zu kündigen, ohne etwas Neues zu haben? Das ist keine Frage des Mutes, sondern der Finanzen. Wie lange könnte ich theoretisch ohne Job auskommen? Eine Kundin von mir hat sich beispielsweise einmal hingesetzt und durchgerechnet, wie lange sie ohne ihren Job finanziell überleben könnte. Und seither ist sie viel glücklicher mit  ihrem Job. Sie hat jetzt einfach ein ganz anderes Gefühl von

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Selbstbestimmtheit. 34 % der Beziehungen bleiben nur zusammen, weil es sich einer von beiden nicht leisten kann, sich zu trennen. Und auch da ist es etwas anderes, ob ich bei meinem Partner bleibe, weil ich es möchte und mit ihm auch durch Krisen gehe, oder weil ich es muss. Und es ist für denjenigen, der mehr verdient oder Alleinverdiener ist, auch beruhigend, seine Partnerin oder seinen Partner in einem Krisenfall gut versorgt zu wissen – im Falle einer Krankheit oder einer Trennung. Ich habe den Eindruck, dass das Thema „Finanzen“ auch bei Menschen schwierig werden kann, die gut verdienen. Das Entscheidende beim Geld ist noch nicht einmal „Was kommt rein?“, sondern „Was bleibt hängen?“ Bei ganz vielen Menschen steigen die Ausgaben mit steigendem Einkommen. Ein Viertel aller Erstliga-Fußballprofis meldet irgendwann Privatinsolvenz an. Je höher das Einkommen, desto höher die Rücklage, die man bilden kann. Das ist aber erst der zweite Schritt. Entscheidend ist das Verständnis darüber, dass man mit seinem Geld arbeiten kann, um sich etwas leisten zu können und um auf etwas hinzuarbeiten. Vielleicht möchte ich ja mit 60 aufhören zu arbeiten. Entscheidend ist es, sich das Ziel und das Warum vor Augen zu führen. Dann kann ich gut damit planen. Mir wird gerade klar, dass die Themen „Berufliches Glück“ und „Finanzplanung“ viele Parallelen haben. Denn bei beiden ist es wichtig zu überlegen: Wo möchte ich hin? Was möchte ich errei­ chen? Und das zu visualisieren. Und wir haben heute viele Möglichkeiten, das selbst zu gestalten. Aber viele Menschen verhal­ ten sich noch so, als hätten wir diese Möglichkeiten nicht. Das stimmt und es bedingt sich auch gegenseitig. Gerade wenn ich weiß, was ich finanziell erreichen möchte, weiß ich, was ich dafür tun muss. Viele Menschen denken auch: Arbeit macht keinen Spaß. Und nur, wenn Du Dich richtig angestrengt hast, ist die Arbeit etwas wert. Eine Freundin von mir hat beruflich umgeschwenkt, eine

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Coachingausbildung absolviert und ist jetzt Scrum Master in einem Unternehmen. Sie weiß zwar, welche Glaubenssätze sie hat, nämlich „Arbeit muss wehtun“, aber trotzdem war es total ­verwirrend, weil ihr neuer Job mit großer Leichtigkeit gelingt und sie super Feedback bekommt für ihre Leistung. Warum scheuen so viele Menschen in Deutschland die Beschäftigung mit der finanziellen Vorsorge? Viele Menschen finden es kompliziert und denken, die Finanzexperten können es besser. Wenn wir uns mal anschauen, was die Finanz­ experten in den letzten Jahren erreicht haben: Also ehrlich – so viel schlechter können wir es gar nicht machen. Mit den Finanzen ist es ein bisschen wie beim Autofahren: Ich brauche keine KFZ-­ Mechanikerausbildung, um Auto fahren zu dürfen. Ich sollte den Führerschein haben, aber das reicht. Ich muss auch keine Finanzexpertin sein, um mir finanzielle Sicherheit und Wohlstand aufbauen zu können. Ich sollte ein paar Grundlagen kennen, z. B. nicht in Panik zu verkaufen, wenn die Börse abstürzt. Und es gibt hervorragende Informationsquellen in jedem Format – Bücher, YouTube-­Videos, Blogs, Webinare. Das Wichtigste scheint mir, sich mit dem Thema beschäftigen zu wollen. Richtig. Und das Ziel, die Vision. Und dann zu wissen „Better done than perfect“. Lieber 80 % pragmatisch angelegt, als perfekt geplant und gar nichts getan. Und nichts ist für die Ewigkeit – wenn sich ein Fonds nicht rentiert, kann ich ihn wieder verkaufen. Ich glaube, wenn man sich 40 Stunden in das Thema einliest, ist man richtig gut aufgestellt. Und als Vergleich: Acht Staffeln Game of Thrones sind 72 Stunden Deiner Zeit. Und das Einlesen muss ich am Anfang machen, danach weiß ich schon ziemlich gut Bescheid. Ich muss das ja nicht jede Woche machen. Und das Thema macht wirklich Spaß. Ich habe einmal im Jahr meinen „Dagobert Duck Tag“. Da zähle ich meine Goldmünzen. Das dauert zwischen 30 Minuten und drei Stunden. Da schaue ich, ob und wie sich meine Einkommenssituation

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und mein Ziel verändert haben. Ich zelebriere das auch – ich trinke einen schönen Wein oder trinke leckeren Kaffee und esse Kuchen. Wie stehen die Deutschen generell zum Thema Finanzen und finan­ zielle Freiheit? Es ist kein Thema in der Schule und wir gehen davon aus, dass der Staat für uns sorgt. Es wird zwar von uns erwartet, dass wir finanziell vorsorgen, aber in der Klarheit wird uns das selten kommuniziert und natürlich auch nicht, wie das funktionieren soll. Und dann sind die Deutschen auch ängstlich und Bedenkenträger. Uns steckt das kollektive Trauma der Telekom-Aktie noch in den Knochen. Da hatte man die Deutschen endlich so weit, dass sie Aktien kaufen und damit sind ganz viele gescheitert. Wo siehst Du den größten Nachholbedarf bei uns Deutschen? Ich würde den Aktienmarkt nicht so verteufeln und das Zutrauen stärken, dass ich viel über den Aktienmarkt lernen kann und dass es toll ist, selbstwirksam zu sein. Falls sich meine Lebenssituation verändert, kann ich meine Investitionen selbst steuern, – sozusagen per Knopfdruck mehr oder weniger investieren. Außerdem: das Tabu Geld mal durchbrechen und fragen „Was machst Du in dem Bereich?“ Eine positive Einstellung zu dem Thema zu bekommen, sich darauf zu freuen, etwas zu investieren und daraus Resultate zu ernten. Und zu wissen, dass man sich ganz viel Wissen aneignen kann. Der Mensch ist darauf ausgelegt, zu lernen. Ein weiteres Thema, in dem die Deutschen Nachholbedarf haben, scheint das Thema „Weiterbildung“ zu sein. Ich habe in meinen Trainings verschiedene Budgetempfehlungen und in einem steckt auch die Investition in mich selbst  – in meine Weiterbildung. Wir sind es gewohnt, dass Bildung weitestgehend kostenlos ist. Das ist auch großartig. Aber trotzdem ist es immens

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wichtig, das Verständnis zu haben: Ich investiere in mich. Das ist nicht nur die Verantwortung meines Arbeitgebers. Und Weiterbildung auf eigene Kosten bedeutet auch Unabhängigkeit. Richtig. Ich biete ja z. B. auch Workshops für Arbeitgeber an. Die sehen, dass Geldsorgen einer der größten Ablenkungsfaktoren sind bei der Arbeit. Es gibt eine interessante Studie dazu, die analysiert hat, welche Faktoren, die nicht mit der Arbeit in Verbindung stehen – wie zu viele Meetings – Menschen am meisten von der Arbeit ablenken. Es kam heraus, dass die chronische Krankheit von Angehörigen an erster Stelle steht und Geldsorgen an zweiter Stelle stehen. Was empfiehlst Du als grundlegende Tipps? Ich empfehle allen, eine Zeit lang Haushaltsbuch zu führen, insbesondere, wenn es eine Veränderung in der Lebenssituation gab. Als ich bei der Bundesbank aufgehört habe und eine Veränderung in meiner Einkommenssituation hatte, nämlich weniger Geld zur Verfügung, habe ich akribisch Haushaltsbuch geführt. Das war wahnsinnig hilfreich. Und dann habe ich gemerkt, wie teuer die Brötchen sind, die ich am Bahnhof kaufe und dass selbstgemachtes Müsli leckerer, gesünder und kostengünstiger ist. Führst Du immer ein Haushaltsbuch? Nein, jetzt führe ich kein Haushaltsbuch mehr, weil ich meine Finanzen im Griff habe. Es gibt noch einen großen Faktor, den wir uns von den Amerikanern abschauen können – nämlich von Vorbildern lernen: Wenn in den USA jemand viel Geld verdient und erfolgreich ist, wird er in der Regel bewundert und die Menschen fragen: „Toll, wie hast Du das geschafft? Was kann ich von Dir lernen?“ Hier denken die Menschen oft: „Warum verdient der so viel Geld? Das ist doch völlig über die Maßen! Braucht er das überhaupt?“

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Du verkörperst für mich eine spannende Symbiose der Themen beruf­ liches Glück und finanzielle Freiheit. Wie siehst Du die Verknüpfung dieser beiden Themen? Finanzielle Sicherheit ermöglicht mir z. B. einen Job zu kündigen, auf den ich keine Lust mehr habe, um dann zu überlegen, was ich tun möchte. Das war bei mir ja auch so  – ich habe mit einem Sicherheitsnetz im Rücken gekündigt – meinem Ersparten und einem Teilzeitjob. Das Schöne an der Selbständigkeit ist, dass Du auch finanziell absolut selbstwirksam bist. Denn ich bin die Chefin meines Gehalts. Wenn ich mal einen Monat richtig reinhaue, kann ich mein Gehalt hochfahren und für Sommerlöcher vorsorgen. Bei 35 Grad hat niemand Lust, einen Finanzworkshop in geschlossenen Räumen zu machen. Das hat mich im ersten Jahr meiner Selbständigkeit in 2018 echt frustriert. Letztes Jahr (2019) bin ich im Sommer drei Wochen in die Bretagne gefahren, habe Urlaub gemacht und an meinem Buch gearbeitet. Es war wunderschön und ich konnte die Zeit einfach nur genießen.

10.3 W  eiterführende Buchtipps und weitere Quellen Der Finanzwesir 2.0 - Was Sie über Vermögensaufbau wirklich wissen müssen, tredition. Hamburg Ein „Leitfaden“, der erklärt, wie Du als Aktien-Anfänger in 10 bis 20 Jahren ein (kleines) Vermögen aufbauen kannst, mit Hilfe von fünf Ebenen der Geldanlage • • • • •

Ebene eins: Die Anlagepolitik. Ebene zwei: Die Vermögenswerte. Aktie oder Fonds? Ebene drei: Die Umsetzungsstrategie. Aktiv oder passiv? Ebene vier: Die konkrete Produktauswahl Ebene fünf: Den richtigen Broker finden. Mit Checkliste.

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Kiyosaki R (2014) Rich Dad Poor Dad: Was die Reichen ihren Kin­ dern über Geld beibringen. FinanzBuch, München Robert Kiyosaki erläutert, welche Ratschläge reiche Menschen ihren Kindern geben und wie diese mit Geld umgehen müssen. Robert T. Kiyosaki hatte in seiner Jugend einen „Rich Dad“ und einen „Poor Dad“. Nachdem er die Ratschläge des Ersteren beherzigt hatte, konnte er sich mit 47 Jahren zur Ruhe setzen. Er hatte gelernt, Geld für sich arbeiten zu lassen, statt andersherum. In Rich Dad Poor Dad teilt er sein Wissen und zeigt, wie jeder erfolgreich sein kann. Müller C (2020) Finanzen – Freiheit – Vorsorge: Der Weg zur finan­ ziellen Unabhängigkeit  – Nicht nur für Frauen. Springer Fachme­ dien, Wiesbaden Als Gründerin des Female Finance Forum wendet sich Claudia Müller an Leserinnen (und Leser), die mehr über persönliche Budgetplanung, Geldanlage und Altersvorsorge wissen wollen. Um dieses Know-how direkt anwenden zu können und einen klaren Plan für die persönlichen Finanzen zu entwickeln, enthält das Buch viele Tipps und nützliche Tools. Schäfer B (2003) Der Weg zur finanziellen Freiheit: Die erste Million. dtv Verlagsgesellschaft, München Wohl eines der ersten Bücher in Deutschland, die sich mit persönlicher Geldanlage und dem Aufbau von Vermögen beschäftigen. Bodo Schäfer zeigt in diesem Buch Wege auf, wie Du zu Wohlstand, finanzieller Sicherheit und Freiheit gelangst. Das Buch enthält auch einige Übungen, die man direkt ausfüllen kann. Wie oben schon gesagt, hinsichtlich der Renditeerwartungen nicht mehr ganz up to date, aber die Kernbotschaft, sich mit dem Thema Geld zu beschäftigen und entsprechend zu handeln, wird gut rüber gebracht. Wegelin N (2018) Madame Moneypenny: Wie Frauen ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen können. Rowohlt Taschenbuch, Hamburg Natascha Wegelin gibt Frauen Tipps und vermittelt Tricks, mithilfe derer sich jede Frau ihre ganz persönliche Spar- und Investitionsstrategie erarbeiten kann. Du lernst unter anderem, wie du deine Rentenlücke berechnen kannst, welcher positive Glaubenssatz über Geld dein Leben verän-

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dern kann und welche Kontenregelung für dich und deinen Partner die beste ist. Zitelmann R (2015) Reich werden und bleiben: Ihr Wegweiser zur finanziellen Freiheit. FinanzBuch, München Hier werden die Ergebnisse der Reichtumsforschung aus Deutschland und Amerika zusammengetragen. Rainer Zitelmann zeigt außerdem, wie sich Geld durch kluge Investitionen vermehren lässt, um finanzielle Freiheit nicht nur zu erreichen, sondern auch zu sichern.

Die Quintessenz aus diesem Kapitel Ein Grund, warum sich viele Menschen „getrieben“ und „fremdbestimmt“ fühlen, ist der finanzielle Druck, dem sie unterliegen: Die Miete muss gezahlt werden oder der Kredit abbezahlt, die Kinder sind in der Ausbildung und vielleicht sind auch noch „Altlasten“ wie beispielsweise Konsumschulden abzubezahlen. Folgende Aspekte ähneln sich bei den Themen „berufliche Zufriedenheit“ und „finanzielle Selbstwirksamkeit“: • Das Mindset und unser Verhältnis zu Geld entscheiden darüber, wie wir mit Geld umgehen. Denkblockaden und selbst auferlegte An­ nahmen führen zu gefühltem Druck, die Aufhebung von beidem zu einem neuen Gefühl von Selbstwirksamkeit. • Bildung und Anleitung hin zu finanzieller Selbstwirksamkeit bekommen wir weder in der Schule noch in der Ausbildung noch im Studium, sondern sie wird vornehmlich im Elternhaus vermittelt. • Transparenz über die Wünsche und Ansprüche, die ich finanziell habe, hilft mir dabei, attraktive Ziele zu setzen. • Konkrete Ziele setzen, diese visualisieren und einen Maßnahmenplan zur Erreichung erstellen trägt beim Beruf zur Erfüllung bei und beim Thema Finanzen zu empfundener Selbstwirksamkeit und finanzieller Freiheit.

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In den vergangenen Jahren haben sich viele Möglichkeiten gebildet, mit denen wir lernen können, finanziell selbstwirksam zu handeln – von Online-Kursen über Bücher bis hin zu Einzelcoachings.

Literatur 1. Wegelin N (2018) Madame Moneypenny: Wie Frauen ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen können. Rowohlt Taschenbuch, Hamburg, S 9 f 2. Kiyosaki R (2015) Rich Dad, Poor Dad: Was die Reichen ihren Kindern über Geld beibringen. FinanzBuch Verlag, München, S 15 f 3. https://www.finanzwesir.com/neu-hier. Zugegriffen am 23.05.2020 4. Wegelin N (2018) Bali statt Bochum: Wie jede Frau ihr Ticket in die finanzielle Unabhängigkeit löst, ebook 5. Jauernig H (2020) Young Money Guide: Richtig mit Geld umgehen und mehr vom Leben haben. Penguin, München 6. Müller C (2020) Finanzen – Freiheit – Vorsorge: Der Weg zur finanziellen Unabhängigkeit – Nicht nur für Frauen. Springer Fachmedien, Wiesbaden 7. https://www.finanzblognews.de/die-10-besten-deutschen-finanzblogs/. Zugegriffen am 23.05.2020

11 Fazit

Du hast in diesem Buch eine Reise unternommen durch eine Reihe von Themen, die auch „für sich alleine“ stehen können und für die es vielfältige Informationsquellen gibt. Du hast gesehen, in welch kraftvoller Verknüpfung diese Themen zueinander stehen und wie wir sie nutzen können, um ein erfülltes (berufliches) Leben führen zu können. Du hast Deine Reise gestartet beim Blick auf die Veränderung unserer Welt durch Trends wie Digitalisierung, Globalisierung, New Work und Entwicklungen wie beispielsweise Corona. Und Du hast gesehen, welche Möglichkeiten Dir offenstehen in einer wirtschaftlich gut aufgestellten Industriegesellschaft, in der Arbeiten nicht mehr allein dem Überleben dient. Du hast einen intensiven Blick geworfen auf die Gestaltungsfreiheit jedes Einzelnen in puncto berufliche Erfüllung. Du hast gesehen, welchen Einfluss Du – Dein Leben lang – darauf nehmen kannst: mit deiner eigenen inneren Haltung und einem ruhigen konzentrierten Blick auf deine Bedürfnisse – also den Rahmenbedingungen, die jeder von uns benötigt, damit sie oder er erfüllt leben und arbeiten kann. Diese kraftvolle innere Haltung und das Wissen um die eigenen Bedürfnisse und Stärken verleihen Dir Kraft und Sicherheit. Sie navigieren Dich durch eine kom© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Casaretto, Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7_11

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plexe Welt und lassen Dich die Möglichkeiten erkennen, die Du hast. Denke an das Beispiel von der Palme in Abschn. 4.1 – die einen festen Stamm hat und gleichzeitig biegsam ist, um sich flexibel in unterschiedlichen Wetterlagen bewegen zu können. Um Deine Möglichkeiten zu erkennen und zu einer kraftvollen inneren Haltung zu gelangen, stehen Dir heute glücklicherweise viele Möglichkeiten zur Verfügung – wie beispielsweise Übungen zum Selbstcoaching (so wie Du sie in diesem Buch kennengelernt hast) oder zum Coaching und Mentoring durch andere Menschen. Aber auch Weiterbildungsmöglichkeiten in unterschiedlichsten Ausprägungen, Formen des Netzwerkens oder Vorbilder zur Inspiration. Auch das Wissen um Deine finanzielle Selbstwirksamkeit spielt hier mit hinein – wie Du die Möglichkeiten zur eigenen finanziellen Planung nutzen kannst, um Dich unabhängiger und selbstbestimmter zu fühlen. Das Wissen um die eigenen Bedürfnisse und Stärken kommt in einer sich ständig verändernden, komplexen Welt nicht nur Dir selbst als Mensch, sondern auch Unternehmen und anderen Organisationen zugute. Mehr noch: Arbeitgeber können es sich nicht mehr leisten, allein folgsame Pflichterfüller zu beschäftigen. Denn die heutigen Anforderungen der Wirtschaft erfordern selbständig denkende Mitarbeitende, die kreative Lösungen erarbeiten – motiviert durch sich selbst und die Lust darauf, produktiv zu arbeiten. Natürlich begegnest Du täglich Herausforderungen und auch Dingen, die Du nicht gerne erledigst. Aber insgesamt kannst Du Dein Leben wählen und weißt auch, wie Du gute Entscheidungen für Dich treffen kannst – unter anderem durch Möglichkeiten zur Reflexion, wie Du sie in diesem Buch kennengelernt hast. Ich wünsche Dir viel Freude und Erfolg bei der Gestaltung Deiner beruflichen Erfüllung. Es ist eine Reise, die sich lohnt.

12 Die Zusammenfassungen

In diesem Buch werden einige Bereiche angerissen und viele Themen behandelt. Die drei folgenden Zusammenfassungen helfen Dir dabei, die Inhalte immer mal wiederaufzufrischen – z. B. wenn Du Deine berufliche Zielfindung erneut angehst. Die Zusammenfassungen folgen dem Prinzip von Daniel Pink in seinem Buch „Drive“: • Twitter: das Wesentliche beschränkt auf höchstens 280 Zeichen – wie bei Twitter vorgeschrieben. • Cocktailparty-Zusammenfassung: maximal 100 Wörter und weniger als eine Minute Sprechzeit. • Kapitelweise Zusammenfassung.

12.1 Twitter-Zusammenfassung Viele Menschen sind durch Denkmuster blockiert, die sie an beruflicher Erfüllung hindern. Eine Veränderung des Mindsets überwindet die inneren Blockaden und öffnet neue Wege. Gut für alle, denn zufriedene, selbstbestimmte Mitarbeitende sind für Unternehmen heute unverzichtbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Casaretto, Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7_12

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12.2 Cocktailparty-Zusammenfassung Trotz des Wohlstands in Deutschland ist die Unzufriedenheit in Jobs hierzulande hoch, die Anzahl beruflich bedingter psychischer Erkrankungen steigt. Abgesehen vom dadurch erwachsenden volkswirtschaftlichen Scha­ den benötigen Unternehmen heute motivierte Mitarbeitende, die die neuartigen Fragestellungen lösen können und wollen, die die sich ständig verändernden Märkte hervorbringen. Dieses Buch zeigt anhand eines 7-Schritte-Modells und inspirierender Vorbilder, wie sich blockierende Denkmuster durch ein neues Mindset ablösen lassen, wie man sich direkt und praktisch auf den Weg zur eigenen beruflichen Erfüllung macht – und vor allem auch wirklich am Ziel ankommt. Und zwar lebenslang.

12.3 Kapitelweise Zusammenfassung Kap. 1 Demographischer Wandel, Digitalisierung, Corona: Unsere Welt verändert sich dramatisch – das bietet Chancen! Unsere heutige Welt ist geprägt von Komplexität, ständiger Veränderung und großem Wohlstand. Viele Menschen sind – trotz des heutigen Wohlstands – sehr unzufrieden in ihrem Beruf. Auch die Anzahl der beruflich bedingten psychischen Erkrankungen steigt. Dies liegt u. a. daran, dass viele Arbeitnehmer im tiefsten Inneren noch denken wie vor ein paar hundert Jahren – als Arbeit allein dem Überleben diente und die Welt von Not und Mangel geprägt war. Sie fühlen sich fremdbestimmt und sehen Arbeit oftmals als etwas an, das „gemacht werden muss“. Es gibt aber auch einige Menschen, die große Erfüllung finden in ihrem Beruf. Einige davon durfte ich interviewen. Diese Menschen verbinden folgende Gemeinsamkeiten: • Sie verfügen über ein „Growth Mindset“ – eine innere Haltung, die sie offen sein lässt für Neues und die Fähigkeit beinhaltet, sich selbst zu reflektieren und Bestehendes in Frage zu stellen.

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• Sie lieben, was sie tun und haben sich Rahmenbedingungen geschaffen, unter denen sie sehr gerne arbeiten. • Sie haben – basierend auf dem, was sie gerne tun – einen Sinn und Zweck definiert, für den sie stehen  – unabhängig von Jobs und Technologien. Für Unternehmen wird dieser Sinn und Zweck als „Massive Transformative Purpose“ bezeichnet. • Sie haben sich Ziele gesetzt, die sie in ihrem Beruf erreichen möchten. • Sie lernen kontinuierlich und bilden sich fort – auf ganz unterschiedliche Weise. Interviews mit • Stefan Weiss, Talent Group Leader „Workforce Strategies & Solutions“, Deloitte Deutschland • Dr. Jochen Wallisch, Executive Vice President für Human Resources bei Siemens Kap. 2 Schritt 1: Finde Deine kraftvolle innere Haltung Ein lösungsorientiertes Mindset – also eine innere Haltung, mit der Du konstruktiv in die Zukunft schaust, eigene Wünsche und auch potenzielle Hürden einbeziehst, hat immensen Einfluss auf Deine Lebensqualität. Oftmals ist das eigene Denken – auch bei beruflichen Wünschen und Chancen – in einem problemorientierten Mindset verhaftet, in dem der Fokus auf dem liegt, was alles „falsch“ läuft. Bei technischen Fragestellungen zum Beispiel ist es sinnvoll zu fragen, warum ein Auto nicht fährt oder warum der Reifen immer wieder Luft verliert. In vielen anderen Bereichen des Berufs- und Privatlebens ist diese Perspektive aber destruktiv, da sie sich zu sehr in ein Problem verbeißt und den gedanklichen Fokus zu einem Tunnelblick verengt. Der ehemalige Tenniscoach und spätere Bestsellerautor und Unternehmensberater Timothy Gallwey hat bei seinen Schülern entdeckt, wie stark sich eine konstruktive Sichtweise auf ihren Spaß und Erfolg auswirkt: indem sie sich mit „Neugier, Vertrauen und Freude an der Erfahrung“ auf ihr Spiel konzentrieren. Später wandte Gallwey diese Erkenntnis auch als Unternehmensberater an.

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Jeder Einzelne kann diese lösungsorientierte Sichtweise beim Blick auf seine beruflichen Wünsche ebenfalls anwenden. Das funktioniert z. B. fantastisch mit der „Wunderfrage“. Damit lösen sich Denkblockaden und mentale Fesseln und es finden sich klarere Ziele, Ideen und Visionen. Das Großartige an diesen „Gedankenspielen“ ist auch, dass sie Dich in einen guten Zustand versetzen und Du die Wunderfrage direkt an Ort und Stelle durchführen kannst. Und das nicht nur bei „großen“ Themen – auch bei der Planung von Projekten im Beruf oder der Planung der nächsten großen Party. Mithilfe der Übung kannst Du ein Thema, das Dich beschäftigt, aus zwei Perspektiven betrachten: zunächst problemorientiert und anschließend lösungsorientiert. Danach kannst Du reflektieren, welche Auswirkungen die jeweilige Perspektive auf Deine Einschätzung hat, die He­ rausforderung gut lösen zu können. Interviews mit • Jasmin Karatas, Gründerin des Start-ups „Myndset“ • Linda Mathew, früher Marketing-/PR-Leiterin, heute Grundschul­lehrerin Kap. 3 Schritt 2: Identifiziere Dein berufliches Biotop Jeder Mensch braucht passende Rahmenbedingungen, um beruflich erfüllt zu sein. Für die einen bedeutet Erfüllung im Beruf möglichst große Flexibilität leben zu können, was Arbeitszeit und Arbeitsort betrifft. Wieder andere können sich nicht vorstellen, ausschließlich alleine zu arbeiten, für sie ist die gemeinsame Erarbeitung von produktiven Ergebnissen und der Austausch mit einem guten Team die Grundlage für einen erfüllenden Beruf. Wichtig ist, dass nicht das eine oder andere „besser“ ist. Unverzichtbar ist auch die Kenntnis der eigenen Werte. Denn es fällt schwer, dagegen zu handeln. Es muss sich nicht immer gleich alles ändern und auf den Kopf gestellt werden, um zufriedener zu sein. Oftmals sind die Kenntnis der Aspekte, die Dir wichtig sind, dann ein Abgleich mit der Realität und das folgende Schließen der Lücke ein großer Booster für die Zufriedenheit.

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Je besser Du Deine Bedürfnisse, Präferenzen und Motivationen kennst, desto leichter kannst Du sie erfüllen. Und die heutige Vielfalt an Arbeitsformen und Berufen bietet Dir eine Menge Möglichkeiten. Wenn Du Deinen Arbeitsplatz als einen Lebensraum verstehst, an dem Du gerne bist, der Deine Bedürfnisse erfüllt – wie sähe der aus? Was sind Deine prioritären Bedürfnisse? Welche Bedürfnisse sind nicht ganz so wichtig? Und inwiefern werden diese Bedürfnisse momentan erfüllt? Die Herausforderung für viele Menschen besteht darin, dass sie Dinge, die sie gerne tun, eine gute Umgebung und ihren Beruf nicht unbedingt miteinander vereinbaren. Vielmehr verbinden sie intrinsische Motivation und einen inspirierenden Lebensraum mit einem Hobby, einer Aktivität, die ihnen leicht von der Hand geht und Spaß macht. Und viele denken auch, dass sich unter diesen Umständen kein Geld verdienen lässt. Aber wer seine Bedürfnisse und Stärken gut kennt und klug mit seinen Werten und einem Ziel verbindet, außerdem nach den Möglichkeiten am Markt schaut, hat die besten Chancen, beruflich glücklich und erfolgreich zu sein. Mithilfe der beiden Übungen kannst Du Aspekte identifizieren, aus denen Du Dein persönliches Biotop kreieren kannst. Außerdem gewinnst Du einen Überblick, wieviel Du von diesem Biotop in Deiner jetzigen beruflichen Situation bereits erlebst. Interviews mit • Felix Thönnessen, Start-up Coach, Unternehmer, Investor • Anke Rippert, Unternehmerin, Investorin und Herausgeberin des Philosophiemagazins HOHE LUFT Kap. 4 Schritt 3: Erkenne Deine Stärken „Kompetenz-Demenz“ befällt viele Menschen. Sie sind sich gar nicht dessen bewusst, was sie bereits alles geleistet haben und welchen Mehrwert sie bei anderen Menschen damit erzeugt haben. Doch haben sie im Laufe ihres Lebens eine ganze Reihe von Erfolgsstrategien und Fähigkeiten entwickelt, die sie für künftige Ziele und Projekte gut einsetzen können. Viele meinen, dass Fähigkeiten, die sie in unserer Freizeit erfolgreich einsetzen, gar nicht geeignet sind für das Berufsleben. Aber das stimmt

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natürlich nicht. Denn meistens sind in der Freizeit Fähigkeiten gefragt, die sich auch beruflich gut einsetzen lassen, wie pädagogisches Geschick (als Trainer einer Sportmannschaft), Organisationstalent (bei der Organisation von Veranstaltungen z. B. für Vereine) oder Vertriebs- und Networkingfähigkeiten (beim Sammeln von Spendengeldern). Jedenfalls verfügst Du – oft unbewusst – über viele Stärken, die Du immer wieder einsetzen und die Du gleichzeitig auch als Ressource nutzen kannst. Denn wenn Du Deine Stärken identifiziert hast, die Du mit Freude einsetzt, ziehst Du daraus gleichzeitig auch Energie: Du schaffst einen Mehrwert und profitierst gleichzeitig von Deiner eigenen Energie-Tankstelle. Menschen, die Erfüllung in ihrem Beruf finden, wissen um ihre Stärken, die sie gerne einsetzen und haben darauf basierend oftmals eine Art Leitsatz definiert, für den sie stehen. Die Definition der persönlichen Stärken dient dazu, sich in Zeiten von Veränderung und sich rasant entwickelnden Technologien auf sich selbst und die eigenen Kompetenzen zu verlassen, diese weiter auszubauen und dabei kontinuierlich zu lernen. Für Unternehmen gibt es für diesen Leitsatz einen passenden Begriff, der lautet „Massive Transformative Purpose“ (MTP). Reid Hoffmann, Mitgründer von LinkedIn, geht davon aus, dass Menschen zunehmend lernen müssen, sich wie Unternehmen zu organisieren, wobei der MTP auf die einzelne Person angepasst werden muss. Nicht alle Aspekte des MTP sind für die persönliche Identifikation von Stärken relevant. Aber es ist wichtig zu verstehen, dass der MTP eines Unternehmens als Kompass dient für die fortwährende Veränderung, der alle unterworfen sind. Und gleichzeitig kann die Definition des persönlichen MTP dazu dienen, sich in Zeiten von Veränderung ruhig auf sich selbst und die eigenen Stärken zu verlassen, diese weiter auszubauen und dabei kontinuierlich zu lernen. Mithilfe der Übung kannst Du gezielt auf Situationen schauen, die Dich in Deinem Berufs- und Privatleben bisher erfüllt haben und identifizieren, welche Deiner Stärken Du in diesen Situationen eingesetzt und welche positiven Dinge Du damit bisher schon erreicht hast. Und Du kannst überlegen, wie Dein persönlicher Leitsatz lauten könnte.

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Interviews mit • Dr. Holger Schlageter, Top Coach und Bestseller-Autor • Stefan Spies, Top-Coach/-Trainer, früher Schauspiel- und Opern­regisseur Kap. 5 Schritt 4: Kreiere Dein berufliches Ziel Ziele – egal, wie groß oder klein – geben eine Richtung vor und verleihen Kraft. Es gibt zehn Aspekte, die bei der Definition des eigenen Ziels besonders wichtig sind: 1. Attraktivität und Relevanz Das brennende Verlangen, Ziele auch zu verwirklichen, ist unverzichtbar. Nur dann sind wir bereit, auch etwas dafür zu geben. Das menschliche Unterbewusstsein bildet in diesem Zusammenhang einen mächtigen Einflussfaktor für das Handeln: Formulierst Du Dein Ziel positiv und in klaren Bildern, richten sich Deine Aufmerksamkeit und Dein Handeln wie von selbst danach. Unklare Bilder hingegen werden vom Unterbewusstsein weniger stark angesteuert. 2. Emotionen Du musst eine emotionale Verbindung zu Deinem Ziel herstellen. Was hast Du gewonnen, wenn Du Dein Ziel erreicht hast? Dabei hilft es auch ungemein, sich in den Zielzustand emotional hineinzuversetzen und zu schauen, wie er sich anfühlt. 3. Realisierbarkeit Das Ziel muss realisierbar sein. „Ich bin 58 und möchte verbeamtet werden“ ist kein realisierbares Ziel. Du wirst merken, dass es auf der anderen Seite ziemlich viele realisierbare Ziele gibt. 4. Selbst initiierbar So etwas wie „Meine Vorgesetzten sollen netter zu mir sein“ gilt nicht, weil Du das nicht selbst tun kannst. Du musst das Ziel selbst initiieren und mit von Dir gewählten Mitteln realisieren können. Das Ziel könnte stattdessen lauten: „Ich möchte mit meinen Vorgesetzten ein klärendes Gespräch führen, in dem wir die drei wichtigsten Ergebnisse festlegen, die ich in den nächsten zwölf Monaten erreichen will“.

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5. Positiv und präzise formuliert Die Beschreibung des Ziels muss so konkret wie möglich sein (unter anderem zeitlich: Wann möchtest Du Dein Ziel erreicht haben?). Wie genau sieht Dein Ziel aus? Welche Aspekte kommen darin vor? 6. Visualisierung deines Ziels Du musst das Ziel auf jeden Fall schriftlich formulieren und, wenn es Dir hilft, auch visualisieren. Manche Coaches raten zum Anlegen eines „Traumalbums“, in das Du Aspekte hineinschreibst und Bilder einklebst, die Dein Ziel beschreiben. Am besten hältst Du Dir Dein Ziel täglich vor Augen. 7. „Ökocheck“ – was Du bereit bist zu investieren Welchen Preis bist Du bereit, für Dein Ziel zu zahlen an Aufwand, Zeit etc.? Beispiel: Du möchtest in zwölf Monaten befördert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, musst Du fünf bis sechs Stunden pro Woche an fachlicher Weiterbildung investieren. Diese Zeit fehlt Dir für Deine Familie oder andere Aktivitäten wie Sport. Es ist wichtig, abschätzen zu können, was es ungefähr braucht, das Ziel zu erreichen und ob Du bereit bist, den Preis dafür zu zahlen. Oder ob sich das Ziel vielleicht in einer anderen Zeitspanne besser erreichen lässt – vielleicht in anderthalb oder zwei Jahren. 8. Positive Geisteshaltung Wenn Du Dir ständig sagst, wie schwierig alles ist und welche Hür­ den  vor Dir liegen, siehst Du nur noch die vielen Hürden und die Erreichung Deines Ziels wird unwahrscheinlicher, da Du Dich auf Schwierigkeiten fokussierst und nicht lösungsorientiert denkst. Na­ tür­lich sollst Du überlegen, wie Du mit etwaigen Hürden umgehst. Aber dies dann eben ganz im Sinne von Timothy Gallwey mit „Neugier, Vertrauen und Freude an der Erfahrung“. 9. Sei der Regisseur Deines Lebens! Vielleicht läuft ein Film vor Deinem inneren Auge ab, wenn Du Dir Deinen Zielzustand vorstellst. Du nimmst Geräusche wahr, Stimmen, Dein eigenes Verhalten und vielleicht auch das anderer Menschen – evtl. auch Gerüche. Wenn Du Dich sehr intensiv in diesen Zustand hineinversetzt, wirst Du merken, wie ein Glücksgefühl Deinen Geist erhebt und Du mehr und mehr Energie auftankst. Damit richtest Du automatisch Deine Aufmerksamkeit und Ressourcen auf die Ziel­erreichung.

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10. Messbarkeit Frage Dich: Woran erkenne ich, dass ich mein Ziel erreicht habe? Was wird anders sein? Woran werden andere Menschen merken, dass ich mein Ziel erreicht habe? Viele Menschen beschreiben, dass sie selbst sich anders verhalten oder anders fühlen, wenn sie ihr Ziel erreicht haben, in dem sie z. B. entspannter sind, wenn sie abends nach Hause kommen. Mithilfe der ersten Übung in diesem Kapitel kannst Du ein richtig attraktives Ziel für Dich entwickeln. Mithilfe der zweiten Übung kannst Du zu Deinem Ziel eine noch stärkere emotionale Verbindung herstellen, indem Du einen „Brief von Deinem zukünftigen Ich an Dich heute“ verfasst und Dir selbst erzählst, mit welchen Schritten Du Dein Ziel erreicht hast. Interviews mit • Tijen Onaran, Unternehmerin, Kolumnistin, Speakerin • Dennis Bensch, IT Engineer Enterprise Collaboration, Corporate In­ fluencer Kap. 6 Schritt 5: Identifiziere Deine Ressourcen zur Zielerreichung Mit Ressourcen sind alle Aspekte gemeint, die Du brauchst, um Dein Ziel zu erreichen. Sie bilden die Hebel und Kraftquellen, die Dich vorwärts bringen. Ressourcen umfassen z. B. • Fähigkeiten, die Du bereits hast oder noch erlangen kannst (u. a. durch Weiterbildung) • Bestimmte Menschen, die Dich unterstützen (u.  a. hilft hier wertschätzendes „Netzwerken“) • Erfolgsstrategien, die Du schon einmal angewendet hast und die Dir bei der Erreichung Deines Ziels helfen können • Maßnahmen zum regelmäßigen „Auftanken“, um ein gutes Ener­ gielevel zu erreichen und zu halten (Kraftquellen)

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Die Kernfrage bei der Identifizierung der Ressourcen lautet: Was braucht es, um Dein Ziel zu erreichen? Du erreichst Deine Ziele in „ressourcenvollen Zuständen“ sehr viel leichter und mit mehr Lebensqualität als in „ressourcenarmen Zuständen“. Deshalb ist es ratsam, dass Du sorgsam mit Deinen Ressourcen umgehst und weißt, welche Dinge Dir guttun und wie Du Deine Ressourcen aufbaust. Wenn Du feststellst, dass Deine Ressourcen aktuell vielleicht nicht ausreichen mögen, weil Du Dich auf einem sehr niedrigen Energielevel befindest, kannst Du überlegen, wie Du Deine Ressourcen durch Kraftquellen (wieder) aufbaust oder ob Du die Dauer, in der Du Dein Ziel erreichen möchtest, verlängerst. Nützliche Ressourcen zur Weiterbildung und zum Netzwerken umfassen z. B.: • Lernen, das mit Netzwerken verknüpft ist (u. a. Working Out Loud) • Digitale Learning-Plattformen (u. a. Udemy, OpenHPI) • Zusammenfassung von Büchern und anderen Wissensquellen (u.  a. Blinkist) • Soziale Netzwerke (u. a. YouTube Tutorials) • Coaches und Mentoren • Dein Braintrust (Gleichgesinnte, die ähnliche Interessen und Ziele verfolgen) • Möglichkeiten zum Networking (u. a. nach Keith Ferrazzi) • Erfolgsstrategien Mithilfe der Übung kannst Du definieren, welche Ressourcen Du benötigst, um Dein Ziel zu erreichen (z. B. Maßnahmen, Fähigkeiten, Umstände) und welche Erfolgsstrategien Du anwenden kannst aus ähnlichen Situationen, die Du gut gemeistert hast. Du kannst außerdem Kraftquellen notieren, die Dich in einen ressourcenvollen, „guten“ Zustand bringen bzw. darin halten. Interviews mit • Katharina Krentz, Senior Consultant New Work & Digital Colla­ boration, Lead Working Out Loud Initiative bei Robert Bosch GmbH & Founder Connecting Humans • Dr. Jens Brandenburg, Mitglied des Deutschen Bundestages

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Kap. 7 Schritt 6: Plane Deinen Weg zum Ziel Kernfrage für den Weg zum Ziel: „Wie gehe ich es an?“. Um Deine Perspektive zu weiten und konstruktiv zu denken, ist es auch hier hilfreich, von der Lösung her zu denken: Sich vorzustellen, dass das Ziel bereits erreicht ist und rückblickend zu beschreiben, welche wichtigen Schritte, Maßnahmen und Rahmenbedingungen dazu geführt haben. Daraus lässt sich dann wunderbar ein Projekt- oder Maßnahmenplan erarbeiten. Je nach persönlicher Vorliebe bieten sich weitere Methoden an für die Planung des Wegs zum Ziel. Diese kannst Du auch beliebig kombinieren oder einzelne Elemente herausziehen, die für Dich hilfreich sind – zum Beispiel: • • • • • • •

Projekt-/Maßnahmenplan Getting Things Done (GTD) Relationship Action Plan Objectives & Key Results (OKR) Parkinsonsches Gesetz Elevator Pitch Erfolgsjournal

Mithilfe der ersten Übung kannst Du Deinen Weg zum Ziel mit Hilfe der „Rückschau“ planen. Ein nützliches Tool, um Dich auf Deinem Weg zum Ziel zu stärken, ist unter anderem das Anlegen eines „Erfolgsjournals“. Mithilfe der zweiten Übung kannst Du die Ergebnisse aus den bisherigen Übungen noch einmal zusammenfassen und schauen, ob  – und wenn ja was – Dir dabei auffällt und ob dies Dir bei Deinem Weg zum Ziel noch helfen kann. Kap. 8 Schritt 7: Überprüfe regelmäßig Deine berufliche Erfüllung Egal, wie groß oder klein die beruflichen Ziele sind, die Du bis jetzt definiert hast: Das 7-Schritte-Modell kannst Du beliebig oft in Deinem Leben anwenden, um Deine aktuelle Zufriedenheit zu analysieren und bei Bedarf entsprechende Schritte vorzunehmen. Du wirst auch merken, dass Du in eine wirklich positive Haltung kommst, je öfter Du das 7-Schritte-Modell anwendest.

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Empfehlenswert ist die regelmäßige Überprüfung – beispielsweise einmal pro Jahr. Und natürlich auch, wenn sich Deine Lebensumstände geändert haben – vielleicht bist Du kürzlich Mutter oder Vater geworden und möchtest schauen, was Deine aktuellen Prioritäten sind und welche Ziele Du dabei verfolgen möchtest. Kap. 9 Exkurs 1: Zusammenspiel von beruflicher Erfüllung der Mitarbeitenden und den Unternehmenszielen Unternehmen stehen heutzutage vor vielfältigen Herausforderungen. Wie sollen sie sich da noch mit der Zufriedenheit der einzelnen Mitarbeitenden befassen? Antwort: Sie müssen es um ihrer Erfolge willen tun. Dabei müssen sie ihr „Betriebssystem“ umstellen von Motivation 2.0 (Belohnung und Bestrafung) auf Motivation 3.0 (intrinsische Motivation). Denn die Anforderungen unserer Wirtschaft erfordern neue und kreative Lösungsansätze, die nur durch Motivation 3.0 entstehen. Das 20. Jahrhundert war geprägt von Jobs mit Routineaufgaben. Diese Routinearbeiten verschwinden mehr und mehr und werden ersetzt durch andere, neue Jobs und Geschäftsmodelle, in denen es darum geht, neuartige Probleme zu lösen oder etwas herzustellen, worauf niemand mehr verzichten möchte. Genau für diese Art von Arbeit ist Motivation 2.0 aber hinderlich, denn sie schmälert die kreative Leistung von Menschen. In der Wissenschaft ist die Wichtigkeit der intrinsischen Motivation, mit der Menschen und sogar Affen komplexe, kreative Aufgaben gut lösen können, längst bekannt. In der Wirtschaft ist sie jedoch noch nicht sehr etabliert. Menschen haben eine angeborene Neigung, Neues zu lernen, Herausforderungen zu suchen und ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Allerdings müssen sie hierfür in einem adäquaten Umfeld arbeiten können, das ihnen dies auch ermöglicht. Viele Unternehmen gehen vom Gegenteil aus und sehen sich gezwungen, ihre Mitarbeiter zu kontrollieren und sie mit Bestrafung und Belohnung zu steuern. Ermutigende Beispiele von Unternehmen, die auf die Selbstbestimmung der Mitarbeiter setzen, hat der ehemalige McKinsey-Berater Frederic Laloux zusammengestellt. Er hat sich erfolgreiche Organisationsmodelle aus allen Branchen auf der ganzen Welt angeschaut und dabei zwölf Unternehmen gefunden, die mit einer neuen Art von Organisation schon

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jetzt erfolgreicher sind als ihre Konkurrenten. Diese Unternehmen setzen ebenfalls auf Merkmale der Motivation 3.0, unter anderen Selbstbestimmung und Selbstführung. Es gibt keine Vorgesetzten, sondern flache Hierarchien und Entscheidungen werden von allen Mitarbeitern gemeinsam getroffen. Klingt verrückt? Funktioniert aber gut. Denn Selbstorganisation hat sich als viel produktiver und effektiver herausgestellt als die herkömmliche hierarchische Pyramide. Interviews mit • Petra Bock (Top Coach, Autorin, Rednerin) • Martina Reiss (Beraterin und Coach für Führungskräfte, GründerInnen, GeschäftsführerInnen und HR-Verantwortliche) Kap. 10 Exkurs 2: Wie Du finanziell selbstwirksam handelst Ein Grund, warum sich viele Menschen „getrieben“ und „fremdbestimmt“ fühlen, ist der finanzielle Druck, dem sie unterliegen: Die Miete muss gezahlt werden oder der Kredit abbezahlt, die Kinder sind in der Ausbildung und vielleicht sind auch noch „Altlasten“ wie beispielsweise Konsumschulden abzubezahlen. Folgende Aspekte ähneln sich bei den Themen „Berufliche Zufriedenheit“ und „finanzielle Selbstwirksamkeit“: • Das Mindset und das Verhältnis zum Geld entscheiden darüber, wie wir mit Geld umgehen. Denkblockaden und selbst auferlegte An­ nahmen führen zu gefühltem Druck, die Aufhebung von beidem zu einem neuen Gefühl von Selbstwirksamkeit. • Bildung und Anleitung zu finanzieller Selbstwirksamkeit bekommen wir weder in der Schule noch in der Ausbildung, noch im Studium, sondern sie wird vornehmlich im Elternhaus vermittelt. • Transparenz hinsichtlich Deiner finanziellen Wünsche und Ansprü­ chehilft Dir dabei, attraktive Ziele zu setzen. • Konkrete Ziele setzen, diese visualisieren und einen Maßnahmenplan zur Erreichung erstellen trägt beim Beruf zur Erfüllung bei und beim Thema Finanzen zu empfundener Selbstwirksamkeit und finanzieller Freiheit.

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In den vergangenen Jahren wurden viele Möglichkeiten geschaffen, mit denen Du lernen kannst, finanziell selbstwirksam zu handeln – von Online-Kursen über Bücher bis hin zu Einzelcoachings. Du kannst heute mit einem vertretbaren Aufwand an Zeit ein exzellentes Ergebnis erreichen: nämlich Transparenz der eigenen Finanzen und Ziele, die Du finanziell einmal erreichen willst. Meine Interviewpartnerin Claudia Müller zog einen Vergleich, der Dir die Augen öffnen kann: „Wer sich 40 Stunden in das Thema Finanzen einliest, ist ziemlich gut aufgestellt, um sich in seinem Leben finanziell abzusichern. Alle Staffeln „Game of Thrones“ anzusehen dauert 72 Stunden.“ Claudia Müller, Gründerin des Female Finance Forum

Interview mit: • Claudia Müller, Gründerin des Female Finance Forum

Glossar

Demographischer Wandel Beschreibt die Veränderung, dass die Anzahl jüngerer Menschen sinkt, während gleichzeitig die Anzahl älterer Menschen ansteigt [1]. Exponentielle Organisation Organisationen wie YouTube, Groupon oder auch Uber werden als „exponentielle Organisationen“ bezeichnet. Ihr Ertrag ist überproportional hoch  – mindestens zehnmal höher als bei vergleichbaren Organisa­ tionen  – aufgrund neuer Organisationsmethoden, die beschleunigende Technologien nutzen. exponentielle Organisationen basieren auf Informationstechnologien und bringen das, was in der Natur einmal materiell war, in die digitale Welt, wo es nun immer verfügbar bleibt [2]. Freemium-Modell Geschäftsmodell, bei dem ein Unternehmen einen großen Teil seines Angebotes kostenlos zur Verfügung stellt. Umsatz generiert das Unternehmen dann mit ergänzenden Zusatzleistungen. Das Wort Freemium ist

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Casaretto, Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7

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aus den Wörtern „free“ (für kostenlos) und „premium“ (im Sinne von Aufpreis) zusammengesetzt [3]. Getting Things Done (GTD) [4, 5] Getting Things Done ist eine Selbstmanagement-Methode von David Allen. Ihr Hauptprinzip besteht darin, dass die Nutzer alle anstehenden Tätigkeiten in einem System erfassen. Dadurch bekommen sie den Kopf frei für die Erledigung der jeweils aktuell wichtigen Aufgabe, ohne befürchten zu müssen, andere Aufgaben zu vergessen. Inner Game of Tennis Timothy Gallwey stellte in seiner Zeit als Tennistrainer fest, dass einige seiner Schüler ganz entspannt und mit guter Leistung spielten. Andere spielten verkrampft und erzielten weniger gute Leistungen. Er leitete daraus ab, dass im Kopf der Schüler ein innerer Dialog zwischen einem „Selbst 1“ und einem „Selbst 2“ stattfand, den er als „Inner Game of Tennis“ beschrieb. Selbst 1 ist beherrschend, negativ, zweifelnd und das eigene Tun bewertend  – eigene Potenziale werden gehemmt. Selbst 2 setzt auf Ruhe und wertfreie Aufmerksamkeit – die eigenen Potenziale entfalten sich [6]. Lean Start-up Beschreibt einen Ansatz der Unternehmensgründung, bei dem alle Prozesse so schlank wie nur möglich gehalten werden. Ein wesentliches Element bildet das „Minimum Viable Product“. Durch einen schnellen Markteintritt mit einem „schlanken“ (deutsch für „lean“) Prototyp kann auf Basis des Kundenfeedbacks das suboptimale Produkt verbessert werden und durch mehrere Entwicklungszyklen zu einem Produkt heranreifen, das am Markt akzeptiert wird. Dieser Prototyp sollte für sich alleine bereits einen Mehrwert bieten, dabei allerdings auf die wesentlichsten Funktionen und Eigenschaften reduziert sein. Ein solches Produkt in seiner minimalen Form wird als Minimum Viable Product, kurz MVP, bezeichnet [7, 8]. lernOS lernOS ist ein Betriebssystem für lebenslanges Lernen und lernende Organisationen. Es bietet einen Ansatz, die richtige Grundhaltung (Mind-

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set) für die digital vernetzte Wissensgesellschaft aufzubauen, die erforderlichen Fähigkeiten (Skillset) zu entwickeln sowie die passenden Werkzeuge und Methoden (Toolset) zu erlernen und anzuwenden. Drei Leitfäden beschreiben den Ansatz: 1. für einzelne Personen; 2. auf der Ebene von Teams; 3. auf der Ebene von Organisationen. Darüber hinaus gibt es noch eine Toolbox, die viel gebrauchte Methoden und Werkzeuge erläutert (u. a. Podcast, Barcamp, Sketchnoting). Das Mission Statement von lernOS lautet: „lernOS – Operating System for Lifelong Learning and Learning Organizations“ [9]. Massive Transformative Purpose (MTP) Exponentielle Organisationen besitzen eine Motivation, die die Autoren des Buches „Exponentielle Organisationen: Das Konstruktionsprinzip für die Transformation von Unternehmen im Informationszeitalter“ als „Massive Transformative Purpose“ bezeichnen. Damit gemeint ist der übergeordnete, zielgerichtete Sinn des Unternehmens. Der MTP von TED lautet beispielsweise „Ideas worth spreading“ (Ideen, die es verdienen, verbreitet zu werden) oder von Google „Organise the world’s information and make it universally accessible and useful“ („Die Informationen dieser Welt organisieren und allgemein zugänglich und nutzbar machen“). Der MTP beschreibt nicht, was die Organisation tut, sondern was sie erreichen möchte, unabhängig von einer bestimmten Technologie. Der MTP versucht, Herz, Geist sowie Vorstellungskraft und Bestrebungen von Menschen innerhalb und außerhalb der Unternehmen zu erreichen [2]. Motivation 1.0; Motivation 2.0; Motivation 3.0 Daniel Pink beschreibt in seinem Buch „Drive“, dass Menschen über drei Arten von Motivation verfügen: • Motivation 1.0 = biologisch (z. B. Hunger, Durst): einzig und allein auf Überleben ausgerichtet. • Motivation 2.0 = externer Antrieb durch Belohnung und Bestrafung: funktionierte sehr gut, was Routinearbeiten im 20. Jahrhundert betraf, wo Menschen wie Maschinen zu funktionieren hatten. • Motivation 3.0 = intrinsischer Antrieb: Diese Art von Motivation ist die passende für unsere heutige Arbeitswelt [10].

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Objectives & Key Results (OKR) Um Ziele zu formulieren, die verständlich und erreichbar sind, bietet sich neben anderen das OKR-Modell an. Es wird zum Beispiel genutzt von Google, Twitter, LinkedIn und mymuesli. Objectives definieren dabei, welche Ziele wirklich von Bedeutung sind. Key Results sind Metriken, die verdeutlichen, ob die Top-Prioritäten innerhalb einer bestimmten Zeit erreicht werden (können) [11]. Relationship Action Plan (RAP) Wurde vom US-Networking-Experten Keith Ferrazzi entwickelt. Der RAP ist angelegt wie eine To-do-Liste, die sich gut im Alltag abarbeiten lässt und zum nächsten Schritt motiviert. Der Plan besteht aus drei Teilen: 1. Deine Ziele, die Du erreichen möchtest (3-Jahres-Ziele) 2. Verbindung dieser Ziele mit Menschen und Organisationen, die Dir bei der Erreichung helfen 3. Maßnahmen, wie Du an diese Menschen und Organisationen heran trittst [12] ROWE (Results-Only Work Environment) Stammt von zwei Beraterinnern aus den USA. Bei einem sogenannten ROWE-Arbeitsplatz existiert kein Dienstplan. Das bedeutet, dass die Mitarbeitenden zu keiner festgelegten Zeit bzw. überhaupt nicht im Büro erscheinen und dort arbeiten müssen. Wichtig ist allein, dass sie ihre Arbeit schaffen [10]. SCRUM Bezeichnet ein Vorgehensmodell der agilen Softwareentwicklung. Es basiert auf der Annahme, dass Softwareprojekte aufgrund ihrer Komplexität nicht im Voraus detailliert planbar sind. Aus diesem Grund erfolgt die Planung nach dem Prinzip der schrittweisen Verfeinerung, wobei die Entwicklung des Systems durch das Team nahezu gleichberechtigt erfolgt [13].

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VUCA Abkürzung, die sich auf volatility (Volatilität), uncertainty (Unsicherheit), complexity (Komplexität), ambiguity (Mehrdeutigkeit) bezieht. Damit werden Merkmale der modernen Welt beschrieben. Der Begriff VUCA stammt aus dem US-Militär zu Beginn der 1990er-Jahre und war die Antwort des US Army War College auf den Zusammenbruch der UdSSR [14, 15]. Working Out Loud (WOL) Eine Methode für den Aufbau relevanter Arbeitsbeziehungen, die dabei helfen, ein Ziel zu erreichen oder neue Themen zu entdecken. Es geht darum, mithilfe von Geschichten, Praktiken und Übungen Beziehungen zu vertiefen und eigene Verhaltensweisen zu ändern – offener, freigiebiger und vernetzter zu arbeiten/zu werden. In der Praxis geht es zunächst darum, welches Ziel man verfolgt. Mit diesen drei Fragen beginnt Working Out Loud: • Was versuche ich, zu erreichen? • Wer könnte mit meinem Ziel irgendwie in Verbindung stehen? • Was kann ich diesen Personen im Gegenzug anbieten, um unsere Beziehung zu vertiefen? Praktisch umgesetzt wird die Methode dann in einem Working Out Loud Circle. Man trifft sich in kleinen Gruppen wöchentlich über 12 Wochen (persönlich oder digital) und jeder Teilnehmer bearbeitet sein eigenes Ziel mithilfe der anderen Gruppenmitglieder [16].

Gesprächsansätze zu diesem Buch, die Du weiterdenken und diskutieren kannst

Auch dieser Ansatz geht auf Daniel Pink zurück. Es geht darum, die Gedanken zum Thema „Berufliche Erfüllung“ mit anderen zu teilen, daraus zu lernen und eigene Perspektiven zu entwickeln. Du kannst Dir einzelne Ansätze „herauspicken“, die Dir besonders spannend erscheinen – oder natürlich auch alle betrachten, diskutieren, weiterdenken. 1. Inwiefern haben Dir die Übungen im Buch geholfen, ein stimmiges Ziel für Deine berufliche Erfüllung zu definieren? 2. Inwiefern findest Du die Aussage nachvollziehbar, dass wir in einer Welt von Freiheit, Wohlstand und Demokratie leben und unser Gehirn oftmals noch so tickt wie vor mehreren hundert Jahren? 3. Inwiefern hat das Buch Deine innere Haltung/Dein Mindset bereits verändert? 4. Timothy Gallwey rät, privaten und beruflichen Situationen mit „Neugier, Vertrauen und Freude an der Erfahrung“ zu begegnen. Wie nachvollziehbar ist diese Methode für Dich? Hast Du sie vielleicht sogar schon angewendet? 5. Inwiefern findest Du das „Coaching-Dreieck“ von Petra Bock (Erwachsenen-Ich; Eltern-Ich; Kind-Ich) nachvollziehbar? Inwiefern © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Casaretto, Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7

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Gesprächsansätze zu diesem Buch, die Du weiterdenken und …

beobachtest Du die dort beschriebenen Haltungen im Gespräch mit Dir selbst und in Gesprächen mit anderen Menschen? 6. Inwiefern ist der Ansatz stimmig, dass eigene berufliche Erfüllung, Selbstbestimmung/Selbstwirksamkeit und Unternehmenserfolg miteinander einhergehen? 7. Inwiefern lässt sich das Motto „Gerade in Krisenzeiten nach höheren Zielen streben“ für Dich gewinnbringend umsetzen? 8. Wie viele Menschen kennst Du, die Erfüllung in ihrem Beruf finden? Wie viele Menschen kennst Du, die mit ihrem Beruf nicht glücklich sind? Beispielsweise aus Deiner Familie, Deinem Freun­ deskreis oder Deinem Kollegenkreis? Vielleicht fallen Dir auch prominente Beispiele ein? Auch aus der Geschichte? 9. Welche Informationen zum Thema „Berufliche Erfüllung“ hast Du Dir bisher angeeignet? Inwiefern waren diese nützlich für Dich? Welche neuen Aspekte hat dieses Buch im Vergleich dazu aufgebracht? 10. Was waren für Dich die spannendsten und nützlichsten Erkenntnisse, die Du aus der Lektüre dieses Buches gezogen hast? 11. Welche Dinge möchtest Du nach der Lektüre des Buches anders machen als bisher? 12. Wie präsent ist das Thema „Berufliche Erfüllung“ in Deinem Umfeld (Kollegen, Freunde, Familie etc.)? 13. Wenn Dich nichts aufhalten würde: Welche Aspekte würden Dir helfen, ein Leben lang berufliche Erfüllung zu finden? Was würdest Du dazu beitragen? Welche Menschen können Dir dabei helfen? In welchen Situationen warst Du beruflich erfüllt und welche Aspekte davon könntest Du auf die Zukunft übertragen? 14. Vielleicht kommen Dir auch noch weitere Fragen in den Sinn, die Du weiterdenken und/oder mit anderen Menschen diskutieren möchtest?

Ich freue mich auch über Dein direktes Feedback und Deine Denkansätze unter [email protected]. Weitere Informationen findest Du unter cordula-casaretto-coaching.de.

Literatur

1. https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Demografischer-Wandel/_inhalt.html. Zugegriffen am 01.06.2020 2. Ismail S, Malone M, van Geest Y (2017) Exponentielle Organisationen: Das Konstruktionsprinzip für die Transformation von Unternehmen im Informationszeitalter. Vahlen, München 3. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/freemium-53522/version-276605. Zugegriffen am 01.06.2020 4. https://www.youtube.com/watch?v=AWsAAQ9dKW8. Zugegriffen am 21.05.2020 5. Allen D (2011) Ich schaff das!: Selbstmanagement für den beruflichen und privaten Alltag (Dein Erfolg). GABAL, Heidesheim 6. Gallwey T, Pyko F (2010) Inner game coaching: Warum Erfahrungen der beste Lehrmeister sind. Allesimfluss, Staufen 7. https://www.gruenderszene.de/lexikon/begriffe/lean-startup. Zugegriffen am 02.06.2020 8. https://www.fuer-gruender.de/wissen/geschaeftsidee-finden/geschaeftsidee-suchen/lean-startup/. Zugegriffen am 02.06.2020 9. https://cogneon.de/2019/07/13/di3-13-wichtigsten-unterschiede-zwischen-lernos-und-wol/. Zugegriffen am 28.02.2020

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Casaretto, Berufliche Veränderung Darf es auch das Beste sein?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30275-7

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284 Literatur

10. Pink D (2019) Drive: Was Sie wirklich motiviert. Ecowin, Salzburg, S 245 f 11. Doerr J (2018) OKR: Objectives & Key Results: Wie Sie Ziele, auf die es wirklich ankommt, entwickeln, messen und umsetzen. Vahlen, München 12. Ferrazzi K (2013) Geh nie alleine essen, 1. Aufl. Books4Success, Wien 13. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/scrum-53462/version-276551. Zugegriffen am 02.06.2020 14. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/vuca-119684. Zugegriffen am 18.01.2020 15. https://www.vuca-welt.de/. Zugegriffen am 01.06.2020 16. https://www.tandemploy.com/de/blog/mach-deine-arbeit-sichtbar-working-out-loud/. Zugegriffen am 01.06.2020