Über einige Namen von Bergen, Thälern, Weilern, Weiden und Hütten in der Umgebung von Madonna di Campiglio [Reprint 2021 ed.] 9783112463062, 9783112463055


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Über einige Namen von Bergen, Thälern, Weilern, Weiden und Hütten in der Umgebung von Madonna di Campiglio [Reprint 2021 ed.]
 9783112463062, 9783112463055

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ÜBER EINIGE NAMEN VON

BERGEN, THÄLERN,

WEILERN,

WEIDEN UND HÜTTEN IN DER UMGEBUNG VON

MADONNA DI CAMPIGLIO VON

DR- HEINRICH SABERSKY.

MIT E I N E R K A R T E .

STRASSBURG VERLAG VON KARL J. TRÜBNER. 1899.

Vorwort.

W e r auch nur wenige Tage in dem mit landschaftlichen Schönheiten reich gesegneten, zwischen der Presanellaund Brentagruppe sich hinziehenden Hochthal weilt, auf dem Madonna di Campiglio liegt, dem werden nicht durch das Auge allein überraschende Eindrücke zugeführt. Denn neben der wechselnden Fülle lieblicher und grossartiger Naturbilder, die sich auf seinen Ausflügen in ungeahntem Reiz vor ihm entfalten, hört er Namen von Bergen und Fluren, die auch sein Ohr eigenartig berühren. Mag er mit der italienischen Sprache, die das Verständigungsmittel mit dem eingeborenen Führer bildet, auch vertraut sein, er wird bald gewahr werden, dass diese Kenntnis allein nicht ausreicht, alle jene Namen zu verstehen, so italienisch die meisten klingen mögen. Ebenso ist es mir ergangen, und an jedem Tage meines viermaligen, je sechswöchentlichen Aufenthaltes daselbst (in den Herbstmonaten der Jahre 1891 bis 1893 und 1895) wurde mein Verlangen dringender, das Verständnis wenigstens einiger Namen zu erschliessen, die von der Wirkung der Zeit oder anderer Umstände nicht ganz unkenntlich gemacht worden sind.



IV



Daher sammelte ich während meines Dortseins zu nachstehender Arbeit den Rohstoff, der durch manche gerne erteilte Auskunft des bekannten Führers und Gemsjägers Ferrari an Wert gewann. Ganz besonderen Dank schulde ich Herrn Lehrer G. B. Lucchini in Pinzolo, der übrigens den Romanisten durch die eifrige und sachkundige Unterstützung, die er Herrn Prof. Gärtner bei Untersuchung der judikarischen Mundart geleistet hat, längst vorteilhaft bekannt ist. Er hat mir nicht nur bereitwilligst Einsicht in verschiedene Abgabenbücher aus früherer Zeit verschafft, sondern mir auch später, als ich in Berlin die Verarbeitung des Stoffes besorgte, manche an ihn gerichtete Anfrage mit Umsicht beantwortet. Gebührender Dank sei auch Herrn Ferrazza in Campiglio für die gestattete Einsicht in ältere Gemeindebücher. Die Darstellung weicht von der für Fachgenossen bestimmten ab, die alles g.uszuschliessen hat, was bei ihnen als bekannt vorauszusetzen ist. Denn das Büchlein wendet sich nicht nur an diese, sondern auch an die Besucher von Madonna di Campiglio und an andere Freunde Tirols, denen es für den behandelten Gegenstand einen weiteren Gesichtskreis erschliessen und zugleich einen Einblick in die Werkstatt derer verschaffen soll, die Ortsnamen untersuchen. Neben den Werken Ludwig Steub's, des Altmeisters tirolischer Namenforschung, war es namentlich die ernste und tief angelegte Untersuchung der Namen des Lagerthales in Südtirol von Christian Schneller, die mir zum leuchtenden Vorbild für meinen kleinen Beitrag zur Namenkunde wurde. Dass dem Versuch Mängel genug anhaften, bin ich mir mit Bedauern bewusst. Ich würde ihn daher nicht veröffentlicht haben, wenn mich nicht die freudige Zuversicht



V



erfüllte, dass Besserwissende Klarheit bringen werden, wo noch Zweifel bestehen. Alsdann wird auch dieses bisher unbebaute Feld dem Namenforscher manche reife Frucht zeitigen. Im weiteren Sinne wird dadurch ein Sandkorn mehr zum Ausbau der Sprachforschung und auch der Geschichtsforschung herbeigebracht sein. Dazu angeregt zu haben, lohnte es sich, so hoffe ich, der Mühe!

Der Verfasser.

1

Verzeichnis der besprochenen Namen.

Agola, Lago d' — Malga di Val . . . — Sarca di Val . . . — Val d' Armi, Cima d' . . . . Artuic, Cima . . . . — Malga Baito . Baldimo Bosco Ragada . . . . Campiglio, vid. Madonna di C Campo di Carlo Magno . Canton, La Val di . . Cima d'Armi . . . . — Artuic — di Laste — Nambino — Tosa Denno, Malga . . . . Dimaro Dovno, Grasso . . . . Fo, Mandra di . . Fulgarida, Malga . . . Fus, La Val della . . .

Seite 48 48 48 48 53 41 41 8 50 24 26 33 53 41 44 11 52 46 54 47 33 40 45

Seite Gardéna Garzon, Pozza di . . . Grasso Dovno . ; . . Laste, Cima di . . . . La Val di Canton . . . della F u s . . . Leores Monte Gardéna . Madonna di Campiglio . Malga Mandra di F o . . . . Maniam, Pra . . . . Màsare Milenia Mistrin Mu, Pian de* . . . . Nambino, C i m a . . . . — Lago di — Malga di — Monte — Sarca di — Val Ometo, Lago . . . . Paluave Palù della Fava . . . i*

• • • • • • • 1; .

42 31 47 44 33 45 42 10 6

• • • • • •

.

33 25 38 45 5i 3i 11 11 11 11 11 11

• • •

44 33 34

. .



Vili



Seite

Pancùgolo, Malga — Monte Patascós Persé, Val . . Pian de' mu . . Pozza di Garzon Pra maniam . . Ragada, Bosco . Ritorto, Lago .

.

. . . . . .

.

. . . . . .





15





15



• 53 • 3i

• •



• .

• 25 . 24

3i







Seite

Ritorto, Malga — Monte Sabione, Monte Seghe, Valle delle . . . . Seródoli del Palù della Fava Tosa, Cima Val Persé Valle delle Seghe . . . . Vallesinella

3° 30 50 53 35 52

53 53 19

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Ferdinandeums

Zeitschrift.

Verschiedene

Zeitschr. f . äst. Gymn. — Zeitschrift für österreichische Gymnasien.

Madonna di Campiglio, ein schon 1188 urkundlich erwähntes Hospiz, das jetzt in einen Luftkurort umgewandelt ist, liegt zwischen der Presanellagruppe im Westen und den Dolomiten der Brentagruppe im Osten und Süden in einer Einsattlung, durch welche die 1 ) in der Nähe entspringende Sarca fliesst, die sich nach Durchschneidung des Rendena- und Sarcathales weiterhin im Süden in den Gardasee ergiesst. Ein Bild von der Geschichte des Hospizes und seiner Umgebung aufzurollen, hätte hier um so weniger Z w e c k , als sich herausstellen würde, dass weder die dunkle F r a g e der Ureinwohnerschaft jener Gegend dadurch irgendwie erhellt würde, noch die in Folgendem behandelten Namen im allgemeinen eine Beeinflussung davon aufweisen könnten. Bei den wenigen Namen, w o dies dennoch der Fall ist, wird im besonderen darauf Rücksicht genommen werden. Auf dem hier untersuchten Gebiete habe ich bestätigt gefunden, was von Chr. Schneller, der sich von den neueren Forschern am gründlichsten mit judikarischen Namen beschäftigt hat, als Ergebnis langjähriger Beobachtung ausgesprochen worden ist2), „dass in den dortigen Orts') Ital. „ i l Sarca"; von Deutschsprechenden aber „ d i e S . " genannt. Schneller, Trid. Urb., p. 260.

2)



2



namen nur Italiker erkennbar sind" und „dass die römische Herrschaft durch Romanisierung der Einwohner nach jeder Richtung hin ihr dauerndes Gepräge aufgedrückt hat". V o m sprachlichen Gesichtspunkt aus betrachtet, bietet der Bezirk der oberen Sarca viel Interessantes, da er unmittelbar die durch Ascoli bestimmte rätoromanische Sprachgrenze berührt und zwar da, wo bereits die Mischdialekte herrschen. Näher bezeichnet, grenzt er an dasjenige Gebiet des Rätoromanischen, das in dem Flussgebiet des Noce bis nahezu an seinen Ausfluss in die Etsch gesprochen wird. Ascoli unterscheidet am Noce zwei Hauptdialekte 1 ) : den des V a l di Sole oder den S u l z b e r g i s c h e n , d. h. den von der Quelle bis Mate und Umgebung gesprochenen, mit dem Hauptorte Mate, und den des V a l di Non oder den N o n s b e r g i s c h e n an der unteren rechten Uferseite, mit dem Hauptorte Cles. Das Gebiet, in dem die erstgenannte Mundart herrscht, ist es, das von Norden her Madonna di Campiglio am nächsten und am meisten zugänglich liegt. Nun handelt es sich noch um die Frage nach den Bestandteilen dieser angrenzenden Dialekte. Nach Ascoli bildet die an den Ufern des Noce gesprochene Mundart ein Gemisch des Rätoromanischen, Venetianischen und Lombardischen, und zwar enthält die Sprache des V a l di Non mehr rätoromanische Elemente, als die des Val di Sole 2 ). Wie verhält es sich nun mit dem Dialekt der Gegend um Madonna di Campiglio selbst? i) Arch. gl. I, p. 323 u. 325. Vgl. Gärtner, Die rätoromanischen Mundarten in Gr. Gr. d. r. Ph. X. 2, p. 462.



3



Nach Süden zu ist die nächste grössere Gemeinde der etwa ein und eine halbe Meile von Campiglio entfernte Flecken Pinzolo, am linken Ufer der Sarca; noch weiter südlich am rechten Ufer, im Rendenathal, liegt Strembo. Ascoli hat die Hauptmerkmale des Dialektes von Strembo und PinzoloJ) (er nennt es irrtümlich Pinzano2) angegeben. Späterhin, 1882, hat Th. Gärtner die Mundart von Pinzolo lautlich, syntaktisch und lexikalisch beschrieben 3) und sie wegen der geringen Unterschiede von andern Mundarten Judikariens kurzweg als Typus der judikarischen Mundart hingestellt. Nun bewerkstelligt sich der Verkehr mit Campiglio und Umgebung von Pinzolo und dem Rendenathal her hauptsächlich längs der Sarca, und administrativ ist es mit dem genannten Flecken eng verbunden. Die örtliche Nähe und das Ineinanderwachsen aller Beziehungen zwischen Campiglio und Pinzolo, wie es thatsächlich besteht, sind genügende Gründe, die Mundart der Gegend von Campiglio auch als judikarische zu bezeichnen, sollten sich auch kleine Unterschiede von dieser, die etwa dem Einflüsse von Norden her zuzuschreiben wären, geltend machen. In Anbetracht der zu erklärenden Namen erübrigt es nun noch eines Hinweises auf die Hauptbestandteile des judikarischen Dialektes. Zu Gärtners Bestimmungt), Wonach das Judikarische ein Mischdialekt ist, bestehend ') Arch. gl. I, p. 313. Pinzano ist ein Dorf der Gemeinde Vermiglio im Sulzberg. 3) Gartner, D . judik. Mndrt. in den Wiener Sitzber. Bd. 100, p. 803 ff. 4) Vgl. Gr. Gr. d. r. Ph. I. 2, p. 462.



4



aus Lombardisch und Venetianisch „mit kaum nennenswerten rätischen Resten", verdient noch Ascoli's Bemerkung zu demselben Gegenstände eine besondere Erwähnung. E r fuhrt aus, dass in der uns angehenden G e g e n d das Ostlombardische mit B e r g a m o als Zentrum vorherrscht 1 ). Eine interessante Erklärung hierfür bietet Bidermann's Mitteilung 2 ): „Wie im Valsugana, so ist auch hier (in der Lombardei) der Viehauftrieb aus dem Gebiete jenseits der Staatsgrenze zur Sommerszeit sehr beträchtlich. So haben Hirten des Val Trompia die Alm des Monte de' Fra?>) bei Campiglio in'dem Gerichtsbezirke Tione in Pacht; auf die Weiden des Rendenathales werden aus dem Brescianischen und Bergamaskischen beiläufig 4000 Stück Rindvieh und 200 Ziegen getrieben . . . " Ferner wird in der gleichen Abhandlung auf Gnesotti, Memorie per servire alla storia delle Giudicarie aus dem Jahre 1786 hingewiesen, w o es (p. 4) heisst: „Die erste Bevölkerung Judikariens sei von Brescia eingewandert (also unfern von Bergamo), wie ja auch seiner Zeit noch jährlich Hirten mit 12,000 bis 20,000 Stück Vieh von hier aus temporär in jene Gebirgsgegend gekommen wären." Nachdem Bidermann eine Reihe judikarischer Geschlechter aufgeführt hat, die dem bergamaskischen A d e l entstammen, fahrt er fort: !) Arch. gl. I, p. 312. 2) Bidermann, Die R o m . in Öst., p. 130. ") So genannt, weil die Felsbildungen an zwei Mönche erinnern.

-

5

-

„So lange die Eisenwerke in Südtirol guten Absatz hatten, beschäftigten sie bergamaskische Hüttenarbeiter in grösserer Anzahl." Diese allgemeinen Bemerkungen über die L a g e Campiglio's, über die Mischungsverhältnisse seiner angrenzenden Dialekte, schliesslich über die Hauptbestandteile der Sprache des Hochthaies selbst, wurden vorangeschickt, damit bei den folgenden Untersuchungen nicht jedesmal auf's neue darauf hinzuweisen sei. Dass die Herbeiziehung der heimatlichen und angrenzenden Mundarten allein, namentlich bei dem Mangel an Urkunden, in den meisten Fällen nicht ausreicht, bedarf kaum näherer Begründung. Zumal ältere Urkunden fehlen für den Bezirk, der hier in F r a g e kommt, wie das schon Schneller beklagte 1 ): „Leider reicht der Tridentinische Urkundenschatz mit wenigen Ausnahmen kaum bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts zurück." S o auch Orsi 2 ): „Mal per noi che i documenti tridentini anteriori al mille sieno in numero cotanto scarso, da conservarci memorie di ben pochi luoghi, e solo col mille e cento si comincia ad avere una abbondante quantità di fonti." Für das kleine Gebiet um Campiglio trifft auch nicht einmal das Letzterwähnte zu. Von jüngeren Urkunden wurden mir durch die Güte der Herren Lucchini und Ferrazza einige zur Verfügung gestellt, die eine Anzahl älterer Flurbezeichnungen enthielten. D a die meisten ') Schneller, Tirol. Nmf., p. 13. 2) Arch. Trent. III, p. 204.



6



dieser Namen beschreibender Natur sind 1 ), so werden ). So dürfte für Ambe der Personenname Ambanus zu Grunde liegen und zwar die Genitivform. Wir hätten >) 2) 3 ) 4 )

Buck, Alem. Bd. X I I , p. 207. Collini, Ale. not. int. a. Mad. di C., p. 15. Steüb, Zur rhät. Ethn., p. 127. Buck, AI. Bd. X I I , p. 2 1 5 .

6 ) Schneller, Trid. Urb. p. 71 u. 222 weist in Judikarien mehrere Personennamen Albanus, auch eine Biata de Albano nach, die leicht im Volksmunde zu Ambano wurden.

— 15 — etwa ein locus Ambani als ursprüngliche Form anzusehen. Denn im Judikarischen wird betontes a zu e nur unter der Bedingung, dass ein nachfolgendes i den Umlaut bewirkt1). In den benachbarten rätoromanischen Dialekten bedarf es dieser Bedingung nicht immer, wie aus den nach Alton2) dem besagten Gebiete zugehörigen Ortsnamen hervorgeht. Er erwähnt Sonné aus Sonatum; Borsé aus Perustatum ; Rechavé aus Rivum cavatum u. a. m. Auch nach Analogie der letztgenannten Namen hätte der Name Ambé gelautet und zwar mit nasalem e, was aus der urkundlichen Form Ambeno hervorgeht. Nach den vorstehenden Untersuchungen wäre anzunehmen, dass an der S t e l l e , wo das Hospiz erbaut wurde, eine Ambérç genannte Niederlassung gestanden hat, von der aus die Bezeichnung auf das dahinterliegende Thal und seine Umgebung übergegangen ist.

Monte Pancügolo3). Malga Pancügolo. Westlich von Campiglio, von da in drei Stunden erreichbar, erhebt sich, gewissermassen als sein Wahrzeichen, der 2272 Meter hohe Pancügolo; südsüdöstlich unter ihm, in einer Höhe von 1046 Metern, liegt die Malga Pancügolo. ') V g l . Gärtner, 1. c., p. 807. 2) Alton, Beitr. z. Ethn. v. Osti., p. 5. 3

) Im Yolksmunde Päcügol; ä =

ang.

— 15 — etwa ein locus Ambani als ursprüngliche Form anzusehen. Denn im Judikarischen wird betontes a zu e nur unter der Bedingung, dass ein nachfolgendes i den Umlaut bewirkt1). In den benachbarten rätoromanischen Dialekten bedarf es dieser Bedingung nicht immer, wie aus den nach Alton2) dem besagten Gebiete zugehörigen Ortsnamen hervorgeht. Er erwähnt Sonné aus Sonatum; Borsé aus Perustatum ; Rechavé aus Rivum cavatum u. a. m. Auch nach Analogie der letztgenannten Namen hätte der Name Ambé gelautet und zwar mit nasalem e, was aus der urkundlichen Form Ambeno hervorgeht. Nach den vorstehenden Untersuchungen wäre anzunehmen, dass an der S t e l l e , wo das Hospiz erbaut wurde, eine Ambérç genannte Niederlassung gestanden hat, von der aus die Bezeichnung auf das dahinterliegende Thal und seine Umgebung übergegangen ist.

Monte Pancügolo3). Malga Pancügolo. Westlich von Campiglio, von da in drei Stunden erreichbar, erhebt sich, gewissermassen als sein Wahrzeichen, der 2272 Meter hohe Pancügolo; südsüdöstlich unter ihm, in einer Höhe von 1046 Metern, liegt die Malga Pancügolo. ') V g l . Gärtner, 1. c., p. 807. 2) Alton, Beitr. z. Ethn. v. Osti., p. 5. 3

) Im Yolksmunde Päcügol; ä =

ang.



i 6



Bei dem Mangel an urkundlichen Erwähnungen dieses Berges müssen die Erklärungen fiir seinen Namen aus andern Kennzeichen erschlossen werden. In cügolo haben wir offenbar einen beschreibenden Namen vor uns. Nach Alton 1 ) bedeutet allgemein ladinisch cögol einen Heuschober, der nach oben zugespitzt ist, überhaupt „Haufe mit spitzem Oberteile" (von cucüllus, Kappe). Eine solche Form hat der Pancügolo von Campiglio aus betrachtet. Im Judikarischen erhielt sich betontes, kurzes u in offener Silbe und intervokales c wurde zu g 2 ). Die Accentverschiebung mag wohl, wie in den angeführten Dialekten, dem Einfluss ehemaliger germanischer Bevölkerung zuzuschreiben sein. „Im 12. und 13. Jahrhundert gab es in Südtirol mehr Reste von Deutschen, in Nordtirol mehr Romanenreste. Erst nach dieser Zeit trat ein umgekehrtes Verhältnis ein, indem im Süden der Romanismus aufs neue kräftige Wurzel fasste^)." Zudem sei noch an die im deutschsprechenden Tirol häufig vorkommende Form: „Kogel" für „Berg" und „Bergspitze" erinnert. Wie steht es mit dem ersten Gliede der Zusammensetzung, mit „Pan"? Hier liegen die Verhältnisse weniger klar. Erwägt man aber, dass ganz in der Nähe des Pancügolo, etwa 3 Kilometer südlicher, gewisse Waldabhänge, die unterhalb des Monte Ritorto liegen, in ähnlichem Lageverhältnis, wie die Bergterrasse derMalga ') Alton, D . lad. Jd., p.

175.

2) V g l . Gärtner, 1. c. 8 1 1 u. 8 1 9 . 3

) V g l . Bidermann, Die Nat. in Tir. (in Forschungen zur Deutschen

Lnds- u. Vlksknde I, p. 4 5 9 .

-

17



Pancügolo zu ihrem Berge, mit Plan de' mu bezeichnet werden, so wird man kaum fehlgehen, in Pan ebenfalls ein Plan (ital. Pian) zu sehen. Auch in dem nahen, gegenüberliegenden Brentagebiete werden eine Anzahl terrassenförmiger A b h ä n g e so bezeichnet. Ich erinnere an Pian Pian Pian Piani

dei Massòdi, della Luva, della Selvata, di Gazza

und füge hinzu, was Apollonio in den „Definizioni"') der in Trient und den angrenzenden Thälern gebräuchlichen alpinistischen W ö r t e r von „piano" sagt. Danach bedeutet es durchaus nicht (was man erwarten sollte) eine Ebene, sondern ein oft sehr geneigtes und welliges Terrain an Bergabhängen, eine Terrasse. Nur zur Hervorhebung des Gegensatzes zu den weit steileren und abschüssigeren A b h ä n g e n darüber und darunter wurde das W o r t „piano" gewählt. Wir dürfen wohl annehmen, dass gewisse derartige am Rücken des „Cugolo" gelegene Abhänge, namentlich solche, die mit Viehweiden bedeckt waren, die Bezeichnung Plan di Cugolo, dann Plan Cugolo erhielten und dass die Silbe Plan in dem nun viersilbig gewordenen, neugebildeten W o r t e mit dem Tone zugleich sein 1 aufgab 2 ) und sich so Pancügolo bildete. Società d. A l p . Trid. 1 8 8 1 — 8 2 , p. 340. 2

pü =

) In alten Wörtern erhielt sich pl im Judik , ausgenommen ist lat. plus.

(Gärtner, 1. c., p. 816.)

-

i 8

-

Späterhin ging der N a m e Pancügolo auf den ganzen B e r g über. begegnet

S o l c h e n V o r g ä n g e n von Namenübertragung man in diesen G e g e n d e n häufig genug.

erinnere an gebung

eine

der

der interessantesten,

mächtigen

Palagruppe

an die bei

Ich

Namen-

Madonna

di

Castrozza in Südtirol. Es

haben

diese Bergriesen

nachgewiesenermassen

ihren N a m e n v o n den steilen Wiesenabhängen erhalten, die sich in beträchtlicher H ö h e an ihren R ü c k e n lehnen. D e n Landleuten erschienen jene W i e s e n in ihrem bunten Schmuck

wie

die A l t a r g e m ä l d e ,

die mit „Pala" 1 ) be-

zeichnet werden*). ') Vgl. Apollonio, a. a. O. unter „Pala". *) Es kommen sowohl Dorf- als Personennamen Cugullo, Cogollo, Cugulo in mittelalterlichen Urkunden vor. So 1188 aus dem Fleimserthal: „prata, quorum duo jacent in Cogollo" (Cod. Wang., p. 75) 1220 „de Cugulo" ein im obern Sulzberg belegenes, jetzt Cogolo benanntes Dorf (Schneller, Trid. Urb., p. 23). A . 1213 sind als Zeugen aufgeführt: Ventura de Cugullo, Conrado de Cugullo, Declarantius de Cugullo (Cod. Wang., p. 496—497). 1226 „cum Cogullo de Carbonaria" (Schneller, Trid. Urb., p. 51). Sonderbarerweise besteht im Friaulischen das Wort Pancücul, das (nach Pirona, Voc. friul.) auch Panicuocolo lautet. Man versteht darunter „Colui che cuoce il pane; fornajo". Im Judilcarischen kennt man aber das Wort nicht. Sollte es einstmals auch hier in der Bedeutung „Brodbäcker" gelebt haben, so wäre immerhin eine volksetymologische Umbildung von Planciigolo zu Pancügolo insofern nicht ausgeschlossen, als vielleicht der Begriff „Backofen", mit dem man ja auch diesen Berg vergleichen kann, die Vermittlerrolle übernommen hätte. (?) Schliesslich sei noch bemerkt, dass im Nonsbergischen „Pancucc" Sauerrampfer heisst. Es ist dieses Wort nach Angabe des Herrn Lucchini auch in den Dialekt von Campiglio eingedrungen, häufiger



IQ

-

Am südlichen Abhang des Monte Spinale erstreckt sich längs eines Seitenarmes der Sarca di Campiglio das

Vallesinella benannte Thal, in dessen oberem und unterem Teil sich je eine gleichnamige Malga befindet. So benannt sind auch die sich darüber erhebenden Felsabhänge der Brentagruppe. Schliesslich heisst der jene krönende Gletscher gleichfalls die Vedretta di

Vallesinella.

Der Name ist von besonderem Interesse, weil er ein vortreffliches Beispiel abgiebt für die Vorliebe der Romanen, bei der Namengebung Suffix auf Suffix zu häufen. D a sich diese Eigentümlichkeit noch bei andern hier untersuchten Namen zeigt, wird die Besprechung von Vallesinella vorausgeschickt. Ludwig Steub konnte nicht häufig genug auf Suffixhäufung bei Ortsnamen zurückkommen und in kaum einer seiner zahlreichen Abhandlungen und Schriften über rhätische Ethnologie oder über tirolische Namenkunde Hess er sich die Gelegenheit entgehen, mit Nachdruck darauf hinzuweisen. Hier möge eine dieser Stellen Platz finden, weil das uns beschäftigende Wort ebenfalls darin vorkommt 1 ): „Überraschen wird der Reichtum an Suffixen — Augmentativen, Diminutiven, Vezzegiativen, Sprewird aber „ P a n m ö i " gebraucht. Im Friaulischen kommt „Pancüccolo" ebenfalls neben „Pancucc" für „Sauerrampfer" vor. friul.)

Alle

diese Wörter

lauten

(Vgl. Pirona, Voc.

nur zufällig wie

innerer Zusammenhang damit ist nicht zu erweisen. ') Steub, Zur rhät. Ethn., p. 74.

Pancügolo;

ein



IQ

-

Am südlichen Abhang des Monte Spinale erstreckt sich längs eines Seitenarmes der Sarca di Campiglio das

Vallesinella benannte Thal, in dessen oberem und unterem Teil sich je eine gleichnamige Malga befindet. So benannt sind auch die sich darüber erhebenden Felsabhänge der Brentagruppe. Schliesslich heisst der jene krönende Gletscher gleichfalls die Vedretta di

Vallesinella.

Der Name ist von besonderem Interesse, weil er ein vortreffliches Beispiel abgiebt für die Vorliebe der Romanen, bei der Namengebung Suffix auf Suffix zu häufen. D a sich diese Eigentümlichkeit noch bei andern hier untersuchten Namen zeigt, wird die Besprechung von Vallesinella vorausgeschickt. Ludwig Steub konnte nicht häufig genug auf Suffixhäufung bei Ortsnamen zurückkommen und in kaum einer seiner zahlreichen Abhandlungen und Schriften über rhätische Ethnologie oder über tirolische Namenkunde Hess er sich die Gelegenheit entgehen, mit Nachdruck darauf hinzuweisen. Hier möge eine dieser Stellen Platz finden, weil das uns beschäftigende Wort ebenfalls darin vorkommt 1 ): „Überraschen wird der Reichtum an Suffixen — Augmentativen, Diminutiven, Vezzegiativen, Sprewird aber „ P a n m ö i " gebraucht. Im Friaulischen kommt „Pancüccolo" ebenfalls neben „Pancucc" für „Sauerrampfer" vor. friul.)

Alle

diese Wörter

lauten

(Vgl. Pirona, Voc.

nur zufällig wie

innerer Zusammenhang damit ist nicht zu erweisen. ') Steub, Zur rhät. Ethn., p. 74.

Pancügolo;

ein



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giativen, welche in einer Mannigfaltigkeit kombiniert werden, die kaum von der italienischen Schriftsprache, von den jetzigen ladinischen Dialekten, wie mir scheint, nicht von ferne mehr erreicht wird." Hierauf folgt eine Übersicht von Suffixen. Bei Erwähnung von —accio heisst es weiter: „Statt cci, c und z kann aber, wenn noch ein Ansatz hinzukommt, auch s eintreten. Man findet daher sehr häufig . . . Namen wie Mattasone für Mattaccione, Vallisella für Vallieella, Vallesina für Vallecina (Vallicina) . . . Auch unter den Pusterthalischen Alpennamen aus dem 9. Jahrhundert kommt ein Vallesella vor." Aus alledem geht hervor, dass wir es auch hier mit einem Wortgebilde zu thun haben, das aus der Hinzufiigung zweier Diminutivsuffixe zu val („—icina" und „—ella") entstanden ist.

Patascös 1 ) ist eine in der Höhe von 1757 Metern westlich von Campiglio, auf der Abdachung des Pancügolo gelegene, grössere Weidestelle mit einer Malga gleichen Namens. In Anbetracht der grossen Menge von Flurbezeichnungen — es sind deren 34 — die Götzinger 2 ) aus dem Kanton St. Gallen anfuhrt, in denen ein Glied der Zusammensetzung (meistens das erste) urkundlich auf ') Im Yolksmunde Patascos (spr. Pataschkohsch, des oh in uh). 2)

Götzinger, R o m . Ortsn. in St. Gallen, p. 33 ff.

mit Übergang



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giativen, welche in einer Mannigfaltigkeit kombiniert werden, die kaum von der italienischen Schriftsprache, von den jetzigen ladinischen Dialekten, wie mir scheint, nicht von ferne mehr erreicht wird." Hierauf folgt eine Übersicht von Suffixen. Bei Erwähnung von —accio heisst es weiter: „Statt cci, c und z kann aber, wenn noch ein Ansatz hinzukommt, auch s eintreten. Man findet daher sehr häufig . . . Namen wie Mattasone für Mattaccione, Vallisella für Vallieella, Vallesina für Vallecina (Vallicina) . . . Auch unter den Pusterthalischen Alpennamen aus dem 9. Jahrhundert kommt ein Vallesella vor." Aus alledem geht hervor, dass wir es auch hier mit einem Wortgebilde zu thun haben, das aus der Hinzufiigung zweier Diminutivsuffixe zu val („—icina" und „—ella") entstanden ist.

Patascös 1 ) ist eine in der Höhe von 1757 Metern westlich von Campiglio, auf der Abdachung des Pancügolo gelegene, grössere Weidestelle mit einer Malga gleichen Namens. In Anbetracht der grossen Menge von Flurbezeichnungen — es sind deren 34 — die Götzinger 2 ) aus dem Kanton St. Gallen anfuhrt, in denen ein Glied der Zusammensetzung (meistens das erste) urkundlich auf ') Im Yolksmunde Patascos (spr. Pataschkohsch, des oh in uh). 2)

Götzinger, R o m . Ortsn. in St. Gallen, p. 33 ff.

mit Übergang



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Pratum zurückgeht, wird es kaum zweifelhaft sein, dass auch hier das gleiche Wort zu Grunde liegt. Um zu zeigen, unter wie verschiedenen Formen Pratum den Grundstock von Namenbezeichnungen geliefert hat, mögen einige folgen, die zugleich für die Erklärung des uns beschäftigenden Wortes von Wichtigkeit sind. Viele dieser Namen von Orten im Kanton St. Gallen tragen das gemeinsame Kennzeichen, durch eine Suffixerweiterung von Pratum entstanden zu sein. So ist Pardiel — Pratellum, Pardella = Pratella, Bardetsch; Pardàtsch = Pratacium, Badóni mit der urkundlichen Form Pratöni = Pratonem1). Hier reiht sich passend eine Bemerkung an, die Venturi in seiner Abhandlung: „Ladinia"2) macht. Danach bedeutet Padón im Fassaner Thal eine ziemlich steil ansteigende Wiesenflur, woher auch Monte Padon, der an seinem Fusse mit solchen Wiesenhängen bedeckt ist, seinen Namen hat. Offenbar liegt auch hier ein P r a t o n e m 3) zu Grunde. Von dem bei Götzinger •) angeführten Pataduris, im Gebiete von Ragaz, darf mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden, dass eine Suffixerweiterung mit ') Von G. mit einem ? versehen; vergi, hierüber die folgende Anmerkung zu „Pratonem". 2 ) Vgl. Società d. Alp. Trid. Ann. 8. 3 ) Dadurch verlöre Unterforcher's im Litteraturblatt f. germ. u. rom. Phil. 1892, p. 309, gegen Götzinger bekundete Ansicht, es könne vorstehendes Badöni eher auf Pratum Domini zurückgehen, eine Stütze ! 4 ) Götzinger, 1. c. im Register.



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—ura vorliege, also ursprünglich ein Pratatura oder Pratatures anzusetzen sei 1 ). Ferner wäre hier zu erwähnen: Patuz, Gut im Schwarzluogaug im Pinzgau, das Steub 2 ) anfuhrt. Auch hier liegt ein Pratucium zu Grunde. An diesen Beispielen, die zu vermehren leicht, aber kaum dienlich wäre, wird neben der Vorliebe der Romanen, „Pratum" mit Suffix als Ortsbezeichnung zu verwenden, noch klar, dass r darin häufig seine Stelle verändern, — oder dass es auch ganz fallen konnte. In dem von Steub mitgeteilten Weidenamen Pe da Ruwyn 3 ) aus dem Domleschg am Geinzenberge, ersieht man noch deutlich, dass r aus dissimilatorischer Rücksicht gefallen ist; denn urkundlich hiess der Ort Pra da rovina. In gleicher Weise lässt sich der Wegfall des r in „Patascos" erklären. Denn in einem Abgabenbuche der Gemeinde Pinzolo, das von 1697 bis 1761 reicht, wird der Ort nie anders als la grassa't) di (oder da) patascoso oder patascos (auch patasclios)

genannt. Diese Zusammenstellung berechtigt aus obenerwähnten Ursachen, auf ein ehemaliges Grassa di Pratascos zu schliessen. ') Bezüglich dieser eigentümlichen Ableitungsform sei an die im Romanischen vorkommende Suffixgemination erinnert, von der Diez, Rom. Gramm., 5. Aufl., p. 6 1 1 , handelt. Vgl. auch das 1439 urkundlich belegte Plataduras (nahe St. Leonhard b. Ragaz) Götzinger ib. 2 ) Vgl. Mittheilungen d. G. f. Salzb. Lndsk., Bd. 21—22, p. 100. 3 ) Steub, Zur rhät. Ethn. No. 1388. 4 ) Grassa wird der fette, rings um die Hütte liegende Teil des Bodens genannt.

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Hier kamen zwei Suffixe zur Verwendung: das Verstärkungssuffix asco 1 ), das sich nach Flechia 2 ) in nicht weniger als gegen 90 oberitalienischen Ortsnamen findet, und oso, das als neuere italienisierende Hinzufugung, die den Accent an sich gezogen hat, gelten darf. Es erübrigt nur noch zu untersuchen, ob die vorstehenden, Erörterungen auch vor dem Prüfstein judikarischer Lautgesetze bestehen können. Im allgemeinen geht zwar intervokales t im Judikarischen zu d über. E s finden sich aber eine Reihe Ausnahmen, wo ein solches t erhalten ist 3). Darunter fallen diejenigen Wörter ins Gewicht, die aus Bergamo eingeführt sind und wahrscheinlich von dem Verkehr mit Viehzüchtern herrühren, wie z. B. pata, Hosenschlitz; patane, Schloss; patöc, offen; patos, Dünger; Bezeichnungen, von denen aus wohl ein Einfluss ausgehen konnte, der die Erhaltung des t in unserm Worte erklärlich macht. Übrigens findet sich in einer judikarischen Urkunde aus dem Jahre 1244 ein Weideplatz Mase de Pratedino*) erwähnt, , wo wir intervokales t in Pratum verhältnismässig spät noch erhalten sehen, während es im Suffix (—atinum) bereits erweicht erscheint. ') *) 3 ) 4 )

Vgl. hierzu Diez, Rom. Gramm., 5. Aufl., p. 685. Flechia, Di nomi loc. nell' It. sup., p. 63. Vgl. Gärtner, 1. c., p. 821. Schneller, Trid. Urb., p. 274.



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Bosco Ragada wird ein westlich das Val Nambino begleitender, südlich von Patascös in einer Ausdehnung von etwa 2 Kilometer sich hinziehender waldiger Abhang genannt. Urkundlich ist darüber m. W. nichts festgestellt. Es bestehen aber so viele Ortsbezeichnungen, die zweifellos gleichen Ursprungs sind, dass es kaum anfechtbar erscheint, wenn auch dieses Wort derselben Sippe eingeordnet wird. So führt Götzinger allein aus dem Kanton St. Gallen1) 13 Ortsnamen auf, die mit 'lat. runcus, Reute, in Beziehung gebracht werden können, von denen uns jedoch nur die interessieren, in denen unbetontes „unc" zu „ag" verwandelt erscheint. Erwähnt seien: Ragöl, Häusergruppe, gegenüber Valens in der Gemeinde Pfävers, das 1302 Rungal hiess, ein Ortsname, der sich wie Raggdl bei Bludenz, urkundlich „uff Rungdl", entwickelt hat. Bei dem bekannten Kurorte Ragaz schwankt zwar Götzinger noch, ob er sich mit Steub für Runcatia erklären soll, oder für Rucatia, das auf ruca = Raute (wilder Salat) zurückginge. Ein Gegengewicht gegen diesen nicht allzu schwer wiegenden Zweifel bietet noch eine Liste von 19 Ortsnamen, die Steub an verschiedenen Stellen seiner „Rhätischen Ethnologie" aufzählt, die alle von runcus, Reute, abgeleitet sind. Unter ihnen lenken wieder Ragnatsch = urkundlich Runcingnaccia und Rungad = Runcata unsere ') Götzinger, R o m . Ortsn. in St. Gallen, p. 42.

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25

-

Aufmerksamkeit auf sich, weil sie es nahelegen, dass unser Ragada ehemals Runcata genannt wurde; [intervokales t = judikarisches d]1). Bestätigt sich diese Annahme, so hätte Bosco Ragada noch insofern für Campiglio ein besonderes Interesse, als vorauszusetzen wäre, dass die Römer hier die A x t angesetzt hätten, um die Gegend bewohnbar zu machen. Späterhin ist der ausgerodete Wald wieder aufgeforstet worden.

Pra maniam2), ein etwa 1400 Meter südlich von Campiglio gelegenes ziemlich sumpfiges Weidegebiet, nahe dem Ufer der Sarca di Campiglio. In der kaum 200 Jahre alten Ubersetzung der „Istrumenti della Comune di Pinzolo" aus dem Jahre 1341 erscheint die Stelle unter dem Namen Pra Romagnano. Dass sich diese Bezeichnung auf obiges Gebiet bezieht, ist umsoweniger zu bezweifeln, als dies noch durch die Erinnerung alter Leute der Bevölkerung bestätigt wird. Unter den ziemlich zahlreichen judikarischen Wörtern, in denen Aphärese auftritt, fuhrt Gärtner3) auch eines mit der Silbe ro auf: tunt, Teller =

rotundum.

„Maniam" würde sich hier also anzuschliessen haben. ') Vgl. Gärtner, 1. c., p. 820. A u f der Karte der Umg. Mad. d. C., herausg. v. Fördergsv. v. C. 1893 irrtümlich mit Pra muniam bezeichnet. 3)

Gärtner, 1. c., p. 823.

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Aufmerksamkeit auf sich, weil sie es nahelegen, dass unser Ragada ehemals Runcata genannt wurde; [intervokales t = judikarisches d]1). Bestätigt sich diese Annahme, so hätte Bosco Ragada noch insofern für Campiglio ein besonderes Interesse, als vorauszusetzen wäre, dass die Römer hier die A x t angesetzt hätten, um die Gegend bewohnbar zu machen. Späterhin ist der ausgerodete Wald wieder aufgeforstet worden.

Pra maniam2), ein etwa 1400 Meter südlich von Campiglio gelegenes ziemlich sumpfiges Weidegebiet, nahe dem Ufer der Sarca di Campiglio. In der kaum 200 Jahre alten Ubersetzung der „Istrumenti della Comune di Pinzolo" aus dem Jahre 1341 erscheint die Stelle unter dem Namen Pra Romagnano. Dass sich diese Bezeichnung auf obiges Gebiet bezieht, ist umsoweniger zu bezweifeln, als dies noch durch die Erinnerung alter Leute der Bevölkerung bestätigt wird. Unter den ziemlich zahlreichen judikarischen Wörtern, in denen Aphärese auftritt, fuhrt Gärtner3) auch eines mit der Silbe ro auf: tunt, Teller =

rotundum.

„Maniam" würde sich hier also anzuschliessen haben. ') Vgl. Gärtner, 1. c., p. 820. A u f der Karte der Umg. Mad. d. C., herausg. v. Fördergsv. v. C. 1893 irrtümlich mit Pra muniam bezeichnet. 3)

Gärtner, 1. c., p. 823.

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In den Sulzberger Urbaren aus dem Jahre 1200 1 ) tritt der Name De Romagnano bereits auf. Der Herausgeber fügt die Bemerkung hinzu: „im obern Sulzberg; unbekannt". Das Ortchen Romagnano, zwischen Trient und dem Monte Bondone, kann ebenfalls die Heimat dieses Geschlechtes gewesen sein.

Campo di Carlo Magno ist ein breites Hochplateau, das nordnordöstlich von Campiglio nur 133 Meter höher als dieses liegt und in einer kleinen halben Stunde erreichbar ist. Aus welchen Gründen die Hochebene diesen stolzen Namen erhalten habe, zu untersuchen, hat schon manchen Geschichtsforscher angeregt. Namentlich Bolognini und Malfatti haben sich mittelbar mit der Aufgabe beschäftigt 2 ). Sie untersuchten nämlich, ob auf Wirklichkeit beruhe, was seit lange im Rendenathale als Legende herrschte, dass Karl der Grosse im Jahre 775 mit 4000 Mann von Bergamo aus über S. Giovanni di Cala marschierte, über das Valle d'Oglio gegangen sei, den Tonalepass überschritten habe, in das Val di Sole hinabgestiegen sei und sich von hier über Campiglio in das Rendenathal hinabbegeben habe; ob er sich ferner von hier aus nach Verona gewandt habe, um es einzunehmen. ») Schneller, Trid. Urb., p. 136. ) Vgl. Societa d. Alp. Trid. Ann. 1875 u. 1876 u. Strenna Trentina del 1881, p. 12. 2



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In den Sulzberger Urbaren aus dem Jahre 1200 1 ) tritt der Name De Romagnano bereits auf. Der Herausgeber fügt die Bemerkung hinzu: „im obern Sulzberg; unbekannt". Das Ortchen Romagnano, zwischen Trient und dem Monte Bondone, kann ebenfalls die Heimat dieses Geschlechtes gewesen sein.

Campo di Carlo Magno ist ein breites Hochplateau, das nordnordöstlich von Campiglio nur 133 Meter höher als dieses liegt und in einer kleinen halben Stunde erreichbar ist. Aus welchen Gründen die Hochebene diesen stolzen Namen erhalten habe, zu untersuchen, hat schon manchen Geschichtsforscher angeregt. Namentlich Bolognini und Malfatti haben sich mittelbar mit der Aufgabe beschäftigt 2 ). Sie untersuchten nämlich, ob auf Wirklichkeit beruhe, was seit lange im Rendenathale als Legende herrschte, dass Karl der Grosse im Jahre 775 mit 4000 Mann von Bergamo aus über S. Giovanni di Cala marschierte, über das Valle d'Oglio gegangen sei, den Tonalepass überschritten habe, in das Val di Sole hinabgestiegen sei und sich von hier über Campiglio in das Rendenathal hinabbegeben habe; ob er sich ferner von hier aus nach Verona gewandt habe, um es einzunehmen. ») Schneller, Trid. Urb., p. 136. ) Vgl. Societa d. Alp. Trid. Ann. 1875 u. 1876 u. Strenna Trentina del 1881, p. 12. 2

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Diese Erzählung wurde in verschiedenen Kirchen Judikariens und des Sulzbergs durch Inschriften überliefertHier genüge die Bemerkung, dass die strenge historische Forschung den Bericht über jenen Zug in das Reich der Dichtung verwiesen hat 1 ). Fraglos bestand schon in den ältesten Zeiten, vor der Gründung des Hospizes eine Verbindung zwischen dem Nonsberge und dem Rendenathale, was aus Spuren einer alten Strasse am linken Sarca-Ufer bis nach Campiglio hinauf hervorgeht 2 ). Dieser W e g führte naturgemäss über jenes Campo oder in der Nähe davon vorüber. Dass die Strasse wohl auch von Heeren benutzt worden sei, ist vorauszusetzen. Auf solche Weise mögen Berichte früherer Heereszüge auf Karl den Grossen übertragen worden sein. Sehen wir uns nach urkundlichen Schreibungen des Namens dieser Hochebene um, so erfahren wir, dass sie ehemals „Moschera" benannt wurde, wie ColliniJ) (leider ohne Angabe seiner Quelle) berichtet. Vermutlich hat er die Angabe der Inschrift unter den Fresken der Kirche S. Stefano bei Pinzolo am Eingange des Val di Genova entlehnt. Darin heisst es: „Qui praedictus Carolus pertransivit . . . vallem quod vocatur Valiana. Et venit ad u n u m montem quod vocatur Moschera et venit in vallem R e n d e n a e . "

Nach ihm berichtet dasselbe C. Gambillo, der in seiner Arbeit „La Valle di Rendena"*) eine Fülle sehr ') Vgl. C. Gambillo, La Valle di Rendena in „Società d. Alp. Trid." Ann. 1881—1882, p. 97. 2 ) Vgl. Kuntze u. Pfeiffer, Mad. d. C. 1893, p. 47. 3 ) Collini, Ale. not. int. a Mad. di C. J ) Società d. Alp. Trid. Ann. 1881—1882, p. 191.

3*



28



wertvoller Angaben über die Natur und Geschichte dieses interessanten Thaies und seiner Umgebungen veröffentlicht hat. In der Kopie einer Urkunde aus dem Jahre 1397 ') heisst es: „ . . . certa pozza2) la quale si nomina la pozza del Campo, giacente sopra il Monasterio di Campiglio." Noch im Jahre 1699 finde ich in dem mehrfach erwähnten Abgabenbuche von Pinzolo obigen Ort mit „Moschetti" bezeichnet. Einer gerichtlichen Urkunde aus dem Jahre 17673) entnehme ich: „ . . . avendo notato che le croci Ossian termini che dividevano il monte di Zeledria ossia Genevria dal luogo detto il Campo grande erano . . . distanti l'un dall' altro . . . " Dass in diesen Schriftstücken nicht der heutige Name vorkommt, ist auffallend und lässt den Schluss zu, die jetzige Bezeichnung des Campo sei erst jüngeren Datums. M. E. ist es nicht unwahrscheinlich, dass, wie in dem wenig über 2 Kilometer südlicher liegenden „Pra magniam" Romagnano, hier ein Romagno (Orts- oder Personenname) zu Grunde liege, der im Munde des Volkes, wie oben ersichtlich ist, leicht zu „Magno" werden konnte. Wohl lässt sich denken, dass unter dem Einfluss der Legende von Carlo Magno, von der immer lebendigen Einbildungskraft des Volkes gerade dieses Campo Im Besitz des Herrn Ferrazza. ) „Pozza" wird später besprochen. 3 ) Im Besitz des Herrn Ferrazza. 2



29



als das betrachtet wurde, über welches Carlo Magno mit seinem Heere gezogen sei. Denn, trifft die Voraussetzung zu, dass dieses Gebiet mit einem Romagno oder Magno Genannten in Verbindung gesetzt wurde, so bedurfte es nur eines Schrittes, um das Campo Magno auch Campo di Carlo Magno zu nennen. Noch eins. Sollte es blosser Zufall sein, dass in einer Urkunde aus Cuvriana von einem Romagnino {Kosenamen für Romagno) die Rede ist, der darin mit der Alpe Folgaria in Verbindung gebracht ist und dass diese Alpe (im Volksmunde jetzt Fulgarida) nur vier Kilometer nördlicher als Campo di Carlo Magno liegt? In dieser Urkunde aus dem Jahre 1220 heisst es1): „Confitetor Romagninus quod tenetur annuatim de sept. solvere fictum canonicis jam dicte canonice nominatim pro ratione de Fulgaria tres modios casei . .." Hier wäre noch Schneller's Bemerkung über die urkundlichen Personennamen im Trientiner Gebiet anzufügen, dass „Völkernamen durch Ableitung auf —anus ziemlich oft gebildet sind". So erwähnt er aus dem Jahre 1216 einen Romanus de Beseno2). Der Geschlechtsname Romagna kommt noch jetzt dort vor-3). 1

) Schneller, Trid. Urb., p. 66. Schneller, Tir. Nmf., p. 284. 3 ) Schneller, ib. p. 286.

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Lago Malga Monte





Ritorto1).

Der 2409 Meter hohe Monte Ritorto befindet sich in westsüdwestlicher Richtung von Campiglio, von' wo aus man die Spitze in etwa drei Stunden erreichen kann. Der Lago R. liegt nördlich von ihm, etwa 400 Meter tiefer, die Malga R. südöstlich gegen 700 Meter unter ihm. Der Name ist als „Rio torto" = „gewundener Bach" aufzufassen. M. E. bezieht sich dieser Name auf das in der Nähe der Malga R. sich ausdehnende Sumpfgebiet y a l di Canton, das in Windungen fliessende Bäche umgeben und durchziehen, die sich dort alle von einem in die Sarca di Campiglio sich ergiessenden Gewässer abzweigen und sich weiter nördlich wieder mit ihm vereinigen., Dasselbe Wasser speist dann den Lago Ritorto. Von allen Schreibungen ist mir nur eine aus dem erwähnten Abgabeftbuche der Gemeinde Pinzolo bekannt: a. 1698 „la grassa di Ritorto", die sich auf den Weideplatz nahe der Malga bezieht. An Beispielen, dass man schon in früher Zeit gewundene Wasserläufe zur Namengebung verwendet hat, fehlt es nicht. Es seien nur angeführt: Prau de avas tortas2) 1 (ohne Angabe Prau ad avas tortas2)} des Jahres), a. 767 Rioiorto [bei Ferrara] J). ') Im Volksmunde Ritört. 2) Mohr, Cod. dipl., Bd. III, p. 83. 3)

Muratori, A n t . Ital. II, 219 u. 1036.

— 3i



P i a n de' m u , etwa 10 Minuten westlich von der Malga Ritorto, ist nicht viel höher als diese gelegen. Die Stelle ist nach dem hier wachsenden Knieholz, judik. „mu", benannt. Noch im 16. Jahrhundert bestand das ital. Wort mugo in derselben Bedeutung1). In unserm Falle handelt es sich um Pinus mughus Scop. var. pumilio, die namentlich in dem sich westlich von Pinzolo hinziehenden Val di Genova heimisch ist2). Judik. „mu" steht lautlich auf der Stufe der judik. Wörter re = regem; de = digitum. Allgemein ladinisch ist ju = jugum.

P o z z a dì G a r z o n 3 ) liegt etwas nördlich von dem Sumpfgebiet La Val di Canton. Sie ist von einem in die Sarca di Campiglio fliessenden kleinen Gewässer durchzogen. Die Stelle entlehnt ihren Namen nach Ferrari's Angabe einer dort häufigen distelartigen Pflanze; die im Volksmunde „garzun" (spr. gardsüng) heisst. Michele de Sardagna hat eine Zusammenstellung der alpinen Flora dieser Gegend veröffentlicht +), woraus hervorgeht, dass es sich um Carduus nutans L. var. flore alba handelt. ') 2) 3 ) 4 )

Petrocchi, Yocc. ital. Vgl. Soc. d. Alp. Trid. Ann. 8, p. 120. Mundartl. Garzun (spr. Gardsung). Soc. d. Alp. Trid. Ann. 8, p. Ii6.

— 3i



P i a n de' m u , etwa 10 Minuten westlich von der Malga Ritorto, ist nicht viel höher als diese gelegen. Die Stelle ist nach dem hier wachsenden Knieholz, judik. „mu", benannt. Noch im 16. Jahrhundert bestand das ital. Wort mugo in derselben Bedeutung1). In unserm Falle handelt es sich um Pinus mughus Scop. var. pumilio, die namentlich in dem sich westlich von Pinzolo hinziehenden Val di Genova heimisch ist2). Judik. „mu" steht lautlich auf der Stufe der judik. Wörter re = regem; de = digitum. Allgemein ladinisch ist ju = jugum.

P o z z a dì G a r z o n 3 ) liegt etwas nördlich von dem Sumpfgebiet La Val di Canton. Sie ist von einem in die Sarca di Campiglio fliessenden kleinen Gewässer durchzogen. Die Stelle entlehnt ihren Namen nach Ferrari's Angabe einer dort häufigen distelartigen Pflanze; die im Volksmunde „garzun" (spr. gardsüng) heisst. Michele de Sardagna hat eine Zusammenstellung der alpinen Flora dieser Gegend veröffentlicht +), woraus hervorgeht, dass es sich um Carduus nutans L. var. flore alba handelt. ') 2) 3 ) 4 )

Petrocchi, Yocc. ital. Vgl. Soc. d. Alp. Trid. Ann. 8, p. 120. Mundartl. Garzun (spr. Gardsung). Soc. d. Alp. Trid. Ann. 8, p. Ii6.



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Die andere Distelart dieser Gegend, Carduus defloratus L. var. glaucus, ist vornehmlich auf dem gegenüberliegenden Monte Spinale heimisch. Schon in dem erwähnten alt-bergamaskischen Glossar 1 ) findet sich cardo = el garzo. Dass diese Pflanze häufig von Rätoromanen zu Ortsbezeichnungen verwendet wurde, wird von Unterforcher hervorgehoben, der sechs sich auf die Schweiz, Vorarlberg' und Kärnten verteilende Ortsnamen anfuhrt, die auf Carduus2) zurückgehen3). Pozza hat nach Apollonio's angeführten „Definizioni" die Bedeutung einer kleineren oder grösseren Erdvertiefung, in der sich Wasser nach anhaltenden Regengüssen und während der Tauperiode sammelt. Als hierorts bekanntestes Beispiel hierfür könnte die Pozza tramontana in der Brentagruppe, südöstlich von der Cima Tosa angeführt werden4), von der Compton meint, dass sie „das trockene Bett eines früheren tiefen Hochsees sei"5). Ferner ist in der Ubersetzung der „Istrumenti" aus dem Jahre 1446 von einer Pozza della Ricina6) und im Abgabenbuch von Pinzolo aus dem Jahre 1697 von einer Pozza della Grassa die Rede. - 1 ) Her. v. Lorck, p. 1 5 2 . 2

) V g l . Unterforcher, Rätor. Ortsn.

(enth. im Programm

des

Gymnasiums zu Eger, 1890), p. 1 7 . 3 ) Nichtsdestoweniger wird auch zu erwägen sein, dass garz im Trientiner Dialekt (nach Azzolini) die Bedeutung „sumpfige Gegend" (von garza Silberweiher) hat, was leicht auf die nahe gelegenen Sümpfe hinweisen könnte!? 4

) Im Volksmunde zu Pozza tremenda umgestaltet.

5

) Zeitschr. d. D . u. Ö. Alp., Bd. 1 5 , p. 1 9 7 .

®) W o m i t wahrscheinlich die jetzt Pozza di Boc benannte Stelle gemeint ist, die westlich vom Orto della Regina liegt.



33



Mandra1) di Fo liegt südöstlich von M. Ritorto, hat ihren Namen von judik. fo2), Bohne (lat. fagus), die hier wächst.

La Val di Canton, jene sumpfige Gegend, die oben erwähnt wurde, wird wohl ihren Namen von der Ode, die naturgemäss in ihr, wie in einem verlorenen „Winkel" herrscht, erhalten haben. In diesem Sinne dient der Name auch zu andern Ortsbezeichnungen. So ist, nach Schneller 3), „Canton" der Name eines verödeten Gehöfts am Monte Finonchio im Lagerthal.

Paluave, 1493 Meter hoch, heisst eine südlich der Malga Ritorto gelegene Häusergruppe, die, nahe einer nördlich davon entspringenden Quelle, zwischen zwei kleinen, durch Wiesenland der Sarca di Nambino zufliessenden Bächen liegt. Nach Schneller+) besteht in Valsugana ein Familienname Pallaoro (d.i. Pallauer), dessen ältere Form „Palawer" „mit annehmbarster Wahrscheinlichkeit auf den Namen des Dorfes Palü im Fersinathal mit der Stammform Palaw — Palawa hinweist". Wie Schneller für diesen Namen, so trage auch ich kein Bedenken für Paluave bezüglich seines zweiten ') Gleichbedeutend mit Malga. 2)

Vgl. Gärtner, 1. c., p. 820. Schneller, Tirol. Nmf., p. 32. 4) Schneller, R o m . Volksm. in Südt., p. 120. 3)



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Mandra1) di Fo liegt südöstlich von M. Ritorto, hat ihren Namen von judik. fo2), Bohne (lat. fagus), die hier wächst.

La Val di Canton, jene sumpfige Gegend, die oben erwähnt wurde, wird wohl ihren Namen von der Ode, die naturgemäss in ihr, wie in einem verlorenen „Winkel" herrscht, erhalten haben. In diesem Sinne dient der Name auch zu andern Ortsbezeichnungen. So ist, nach Schneller 3), „Canton" der Name eines verödeten Gehöfts am Monte Finonchio im Lagerthal.

Paluave, 1493 Meter hoch, heisst eine südlich der Malga Ritorto gelegene Häusergruppe, die, nahe einer nördlich davon entspringenden Quelle, zwischen zwei kleinen, durch Wiesenland der Sarca di Nambino zufliessenden Bächen liegt. Nach Schneller+) besteht in Valsugana ein Familienname Pallaoro (d.i. Pallauer), dessen ältere Form „Palawer" „mit annehmbarster Wahrscheinlichkeit auf den Namen des Dorfes Palü im Fersinathal mit der Stammform Palaw — Palawa hinweist". Wie Schneller für diesen Namen, so trage auch ich kein Bedenken für Paluave bezüglich seines zweiten ') Gleichbedeutend mit Malga. 2)

Vgl. Gärtner, 1. c., p. 820. Schneller, Tirol. Nmf., p. 32. 4) Schneller, R o m . Volksm. in Südt., p. 120. 3)



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Mandra1) di Fo liegt südöstlich von M. Ritorto, hat ihren Namen von judik. fo2), Bohne (lat. fagus), die hier wächst.

La Val di Canton, jene sumpfige Gegend, die oben erwähnt wurde, wird wohl ihren Namen von der Ode, die naturgemäss in ihr, wie in einem verlorenen „Winkel" herrscht, erhalten haben. In diesem Sinne dient der Name auch zu andern Ortsbezeichnungen. So ist, nach Schneller 3), „Canton" der Name eines verödeten Gehöfts am Monte Finonchio im Lagerthal.

Paluave, 1493 Meter hoch, heisst eine südlich der Malga Ritorto gelegene Häusergruppe, die, nahe einer nördlich davon entspringenden Quelle, zwischen zwei kleinen, durch Wiesenland der Sarca di Nambino zufliessenden Bächen liegt. Nach Schneller+) besteht in Valsugana ein Familienname Pallaoro (d.i. Pallauer), dessen ältere Form „Palawer" „mit annehmbarster Wahrscheinlichkeit auf den Namen des Dorfes Palü im Fersinathal mit der Stammform Palaw — Palawa hinweist". Wie Schneller für diesen Namen, so trage auch ich kein Bedenken für Paluave bezüglich seines zweiten ') Gleichbedeutend mit Malga. 2)

Vgl. Gärtner, 1. c., p. 820. Schneller, Tirol. Nmf., p. 32. 4) Schneller, R o m . Volksm. in Südt., p. 120. 3)

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34



Teiles ein ava = lat. aqua in Anspruch zu nehmen. Steub1) hat dieses Wort in älteren tirolischen Namen häufig nachgewiesen und auch in vorstehendem Artikel „Ritorto" findet sich ein Beispiel dafür. Mit der Deutung des Wortes Palü, den aber Orte tragen, die sich in felsigen Gegenden befinden, haben sich eingehend Steub, dann Schneller beschäftigt. Letzterer brachte es mit ahd. palo, „Verderben", in Verbindung, was für jene Orte zutreffen mag, nicht für Paluave. Hier liegen die Dinge einfacher. Die Lage deutet auf ehemaliges Sumpfgebiet (palü). Wir hätten das Wort etwa mit „Sumpf an Bächen" zu übersetzen. Bei dem Mangel an Urkunden muss jedoch ein Fragezeichen hinzugefügt werden. Schwieriger ist die Deutung von

Palü della Fava, einer Bezeichnung, die hier mehrfach vorkommt. Die im Gebiet bekanntesten so benannten Orte sind die Malga del Palü della Fava, etwas nördlich von Campo di Carlo Magno gelegen, und Serodoli del Palü della Fava2). Beide Fluren liegen gleichfalls in der Nähe von Quellen und ausgedehntem Sumpfland. Wie ist „della Fava" zu deuten? Nach eingezogenen Erkundigungen wachsen weder an dem einen noch an dem andern Orte „Bohnen". Ich erachte daher den Namen als eine volksetymologische Wortbildung, deren Entstehung ich mir auf diese Weise zu erklären versuche. ') Steub, Rhät. Ethn. an verschiedenen Stellen. ) Vgl. hierzu Artikel „Serodoli".

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Teiles ein ava = lat. aqua in Anspruch zu nehmen. Steub1) hat dieses Wort in älteren tirolischen Namen häufig nachgewiesen und auch in vorstehendem Artikel „Ritorto" findet sich ein Beispiel dafür. Mit der Deutung des Wortes Palü, den aber Orte tragen, die sich in felsigen Gegenden befinden, haben sich eingehend Steub, dann Schneller beschäftigt. Letzterer brachte es mit ahd. palo, „Verderben", in Verbindung, was für jene Orte zutreffen mag, nicht für Paluave. Hier liegen die Dinge einfacher. Die Lage deutet auf ehemaliges Sumpfgebiet (palü). Wir hätten das Wort etwa mit „Sumpf an Bächen" zu übersetzen. Bei dem Mangel an Urkunden muss jedoch ein Fragezeichen hinzugefügt werden. Schwieriger ist die Deutung von

Palü della Fava, einer Bezeichnung, die hier mehrfach vorkommt. Die im Gebiet bekanntesten so benannten Orte sind die Malga del Palü della Fava, etwas nördlich von Campo di Carlo Magno gelegen, und Serodoli del Palü della Fava2). Beide Fluren liegen gleichfalls in der Nähe von Quellen und ausgedehntem Sumpfland. Wie ist „della Fava" zu deuten? Nach eingezogenen Erkundigungen wachsen weder an dem einen noch an dem andern Orte „Bohnen". Ich erachte daher den Namen als eine volksetymologische Wortbildung, deren Entstehung ich mir auf diese Weise zu erklären versuche. ') Steub, Rhät. Ethn. an verschiedenen Stellen. ) Vgl. hierzu Artikel „Serodoli".

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Beide Orte hiessen wahrscheinlich ursprünglich auch Paluava. Nach judikarischer Gepflogenheit nannte man sie später Paluvava1). Palü verstand man noch, vava nicht. Es klang ähnlich wie Fava, das wenigstens ein allgemein verständliches Wort war. So bildete man „Palü della Fava".

Serödoli2) del Palü della Fava wird eine etwa i Kilometer in nördlicher Richtung von dem Höhenzug des Nambino entfernte, nördlich von Sümpfen, südlich von kleinen Seen begrenzte, baumlose Abdachung genannt, die gegen 2000 Meter hoch gelegen ist. Ortlich in keinem Zusammenhange damit steht der Lago di Sero doli'1'), der nahezu ebensoweit in südwestlicher Richtung vom Nambino liegt, ferner südlich davon der darüber sich erhebende Monte Serodoli (2699 Meter). Urkundliche Aufschlüsse sind m. W. nicht vorhanden. ') V g l .

Gärtner,

1. c. 8 1 7 ,

wo

Beispiele gebracht werden,

in

denen v zwischen zwei Vokalen eingeschoben ist. 2)

Im Volksmunde Sarrödoi.

3)

So nach der Karte d. Umg. v. Mad. d. C.

aber wird dieser See „ L a g o scuro" genannt. südlich von Serodoli del Palü della Fava

V o n den Führern

Umgekehrt

gelegene Lago

heisst

der

scuro auch

„ L a g o Serodoli". Mit der Bezeichnung „ L a g o di Serodoli" herrscht noch eine bedauerliche Verwirrung.

So wird auf der österr. Generalstabs-

karte der südlich vom Monte Serodoli belegene See auch mit „ L a g o di Serodoli" bezeichnet!

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Beide Orte hiessen wahrscheinlich ursprünglich auch Paluava. Nach judikarischer Gepflogenheit nannte man sie später Paluvava1). Palü verstand man noch, vava nicht. Es klang ähnlich wie Fava, das wenigstens ein allgemein verständliches Wort war. So bildete man „Palü della Fava".

Serödoli2) del Palü della Fava wird eine etwa i Kilometer in nördlicher Richtung von dem Höhenzug des Nambino entfernte, nördlich von Sümpfen, südlich von kleinen Seen begrenzte, baumlose Abdachung genannt, die gegen 2000 Meter hoch gelegen ist. Ortlich in keinem Zusammenhange damit steht der Lago di Sero doli'1'), der nahezu ebensoweit in südwestlicher Richtung vom Nambino liegt, ferner südlich davon der darüber sich erhebende Monte Serodoli (2699 Meter). Urkundliche Aufschlüsse sind m. W. nicht vorhanden. ') V g l .

Gärtner,

1. c. 8 1 7 ,

wo

Beispiele gebracht werden,

in

denen v zwischen zwei Vokalen eingeschoben ist. 2)

Im Volksmunde Sarrödoi.

3)

So nach der Karte d. Umg. v. Mad. d. C.

aber wird dieser See „ L a g o scuro" genannt. südlich von Serodoli del Palü della Fava

V o n den Führern

Umgekehrt

gelegene Lago

heisst

der

scuro auch

„ L a g o Serodoli". Mit der Bezeichnung „ L a g o di Serodoli" herrscht noch eine bedauerliche Verwirrung.

So wird auf der österr. Generalstabs-

karte der südlich vom Monte Serodoli belegene See auch mit „ L a g o di Serodoli" bezeichnet!

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Unter den zum Vergleich herangezogenen Namen findet sich in der von Unterforcher') zusammengestellten Auswahl von Ortsbezeichnungen, die aus „cerrus", „Zirneiche" gebildet sind, der Bergname Zerrotta bei Brand in Vorarlberg, auf cerrotulum zurückgehend. Dieser fordert zunächst auf, auch für Serödoli ein „cerrotulum"2) als Etymon anzunehmen. Nun ist zwar lat. ce lautgesetzlich im Judikarischen zu t^e (spr. tche) geworden; es erscheint aber in Wörtern, die venetianischem Einfluss unterworfen waren, auch als se, wie aus silest = celesto, sert = cei;to, sirot = cerotto hervorgeht. Nichtsdestoweniger verbieten andre Umstände, diese Spuren weiter zu verfolgen. Denn nicht nur die so benannte Stelle ist baumlos, was als einzelnes Vorkommnis nichts Auffallendes hätte, sondern auch eine ganze Anzahl gleichnamiger Orte im Gebiet von Madonna di Campiglio. Nach der Mitteilung des Herrn Lucchini tragen alle diese Stellen das gemeinsame Kennzeichen, dass sie sich da befinden, wo keine Vegetation herrscht. Er bezeichnete mir als solche Serodoli Serodoli Serodoli Serodoli

delle Malghette, di Nambino, di Ritorto, di Välchestria u. a. m.

Sie alle befinden sich an Orten, wo der Pflanzenwuchs aufgehört hat! ') Zeitschr. d. Ferd. Jhrgg. 1892. 2) Oder wie Schneller bevorzugt, acerrotulum (von acer, Ahornbaum). Vgl. Schneller, Tirol. Nmf., p. 38 u. p. 3 1 1 .



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Nun fuhrt Schneller1) das Kirchdorf Serrada (Gemeinde Folgaria) auf einer Hochebene nordöstlich über Rovereto an, dessen Namen er von serrata „umzäuntes Feld" ableitet, indem er annimmt, dass die Gemeinde Folgaria dort einst an ihrer Grenze eine Wegsperre hatte. Andrerseits ist nach Gatschet2) das mittellat. Appellativum sarra, sarrea = Zaun, Einzäunung, in rhätischen Ortsbezeichnungen mehrfach nachgewiesen. Es ist daher der Schluss erlaubt, dass an allen den mit Sarrödoi bezeichneten Stellen ein Zaun oder irgend ein Grenzzeichen errichtet war, um die Waldgrenze anzudeuten, und dass diese Zeichen die Namengebung veranlassten, die sich dann auch auf den See und den Berg darüber erstreckte. Wir hätten ein sarrotulum, Diminutiv von sarra als Etymon anzusetzen, dessen judikarische Form Sarrodoli, Sarrodoi den hier waltenden Lautgesetzen durchaus nicht widerspricht^). ') Schneller, Tirol. Nmf., p. 153. 2) Gatschet, Ortsetyraol. Forschungen I, p. 236 u. p. 77. Schneller, ib., p. 150.) 3) Vgl. Gärtner, 1. c., p. 821.

(Vgl.

A n m e r k u n g . Acerrotolo oder Cerrotolo als Grundform anzunehmen, könnte erst Berechtigung erhalten, sobald nachgewiesen würde, dass an den jetzt unfruchtbaren Stellen ehemals Ahornbäume oder Zirneichen gestanden hätten.

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Másare1). Nur wenigen Besuchern von Campiglio wird der südöstlich davon sich erhebende Monte Spinale mit seinem ausgedehnten Plateau unbekannt sein. Um hinaufzugelangen, wird meistens der Aufstieg gewählt, der über die Tillyhütte fuhrt. Von dieser etwas nördlich, zwischen den beiden Wegen, die zu verschiedenen Spitzen ) Jetzt Malga F . 2) Schneller, Trid. Urb., p. 66. 3

) Wieviel Sulzberger Pfund (librae) auf einen „modius" K ä s e

gingen, hat nicht genau festgestellt werden können, wahrscheinlich 24. (Vgl. Schneller, a. a. O., p. 1 5 1 . ) 4 5

) V g l . Hormayr, Beitr. z. Gesch. v. Tir. II. I., p. 74.

) Fontes rer. Austr. 5, p.

6

(66.

) V g l . hierzu auch Meyer's Besprechung von „Schneller, Tirol.

N r a f . " in der Zeitschr. f. öst. Gymn., Bd. 42, p. 56.

4



41



In den Tridentiner Urbaren erscheint Fulgarida im Sulzberg1) in einer Urkunde aus dem Jahre 12202), deren Wortlaut im Abschnitt: „Campo di Carlo Magno" zu finden ist, woraus hervorgeht, dass auch hier gewisse Gewichtsmaasse 3) Käse, als Zinsabgabe auf dem Orte lasteten. Ein interessantes Beispiel von Volksetymologie ist es, dass der deutsche Name der erwähnten Gemeinde im Lagerthal, Vilgreit, Füllgreit, auch Vollgreit, als „viel Gereut" oder „voll Gereut" gedeutet wird. In einer Urkunde aus dem 9. Jahrhundert wird der Ort im Lagerthal schon Folgarides, auch Folgarie4) genannt und 1208 Fulgarida3). Die deutsche Bezeichnung Vilgreit oder Füllgreit zeigt klar den Namen des Wortes: ßlicareta6), von ßlix, Farrenkraut.

Malga Artuic und die sich darüber erhebende

Cima Artuic, 2616 Meter hoch, etwa 3 Kilometer nördlich von M. Nambino entfernt, gehen wohl auf den Gentilnamen >) Jetzt Malga F . 2) Schneller, Trid. Urb., p. 66. 3

) Wieviel Sulzberger Pfund (librae) auf einen „modius" K ä s e

gingen, hat nicht genau festgestellt werden können, wahrscheinlich 24. (Vgl. Schneller, a. a. O., p. 1 5 1 . ) 4 5

) V g l . Hormayr, Beitr. z. Gesch. v. Tir. II. I., p. 74.

) Fontes rer. Austr. 5, p.

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(66.

) V g l . hierzu auch Meyer's Besprechung von „Schneller, Tirol.

N r a f . " in der Zeitschr. f. öst. Gymn., Bd. 42, p. 56.

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In den Tridentiner Urbaren erscheint Fulgarida im Sulzberg1) in einer Urkunde aus dem Jahre 12202), deren Wortlaut im Abschnitt: „Campo di Carlo Magno" zu finden ist, woraus hervorgeht, dass auch hier gewisse Gewichtsmaasse 3) Käse, als Zinsabgabe auf dem Orte lasteten. Ein interessantes Beispiel von Volksetymologie ist es, dass der deutsche Name der erwähnten Gemeinde im Lagerthal, Vilgreit, Füllgreit, auch Vollgreit, als „viel Gereut" oder „voll Gereut" gedeutet wird. In einer Urkunde aus dem 9. Jahrhundert wird der Ort im Lagerthal schon Folgarides, auch Folgarie4) genannt und 1208 Fulgarida3). Die deutsche Bezeichnung Vilgreit oder Füllgreit zeigt klar den Namen des Wortes: ßlicareta6), von ßlix, Farrenkraut.

Malga Artuic und die sich darüber erhebende

Cima Artuic, 2616 Meter hoch, etwa 3 Kilometer nördlich von M. Nambino entfernt, gehen wohl auf den Gentilnamen >) Jetzt Malga F . 2) Schneller, Trid. Urb., p. 66. 3

) Wieviel Sulzberger Pfund (librae) auf einen „modius" K ä s e

gingen, hat nicht genau festgestellt werden können, wahrscheinlich 24. (Vgl. Schneller, a. a. O., p. 1 5 1 . ) 4 5

) V g l . Hormayr, Beitr. z. Gesch. v. Tir. II. I., p. 74.

) Fontes rer. Austr. 5, p.

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(66.

) V g l . hierzu auch Meyer's Besprechung von „Schneller, Tirol.

N r a f . " in der Zeitschr. f. öst. Gymn., Bd. 42, p. 56.

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Artuic zurück, der nicht selten in Trienter Urkunden erscheint. So 1210 Artuicus de Riva1), 1213 Artuicus, episcopus eichstetiensis1). Auch Schneller fuhrt den Namen in einer Urkunde aus dem Jahre 1220 aus Perzene (Pergine) an: „Artwichus de Portuli intravit"2).

Leores Monte Gardena, 2496 Meter hoch, erhebt sich im Osten der Malga Artuic. Nach Mitteilung des Führers Ferrari kommt hier ein „Gardena" genannter Vogel häufig vor, der die Namengebung veranlasste. Es handelt sich um Gardena, Misteldrossel (Tordus viscivorus L.). So heisst dieser Vogel auch in den angrenzenden Mundarten von Bergamo, Brescia, Mailand und denen des übrigen Wälschtirols. Dem Worte liegt wahrscheinlich 3) lat. crates, veraltet ital. grada, Gitter, zu Grunde, das ja leicht auch zur Bezeichnung des Geflechtes dienen konnte, das die Mistel um die Baumäste schlingt. Der die Mistelbeeren fressende Vogel wird gradina, gradena, mit Metathese gardena genannt worden sein. Das Wort „Leores" ist jetzt in der judikarischen Mundart unbekannt. Fontes rer. Austr., II. Abt., 5. Bd., p. 209 u. p. 265. ä) Schneller, Trid. Urb., p. 102. 3) Vgl. Schneller, Rom. Vlksm. i. Südt., p. 145. 4)



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Artuic zurück, der nicht selten in Trienter Urkunden erscheint. So 1210 Artuicus de Riva1), 1213 Artuicus, episcopus eichstetiensis1). Auch Schneller fuhrt den Namen in einer Urkunde aus dem Jahre 1220 aus Perzene (Pergine) an: „Artwichus de Portuli intravit"2).

Leores Monte Gardena, 2496 Meter hoch, erhebt sich im Osten der Malga Artuic. Nach Mitteilung des Führers Ferrari kommt hier ein „Gardena" genannter Vogel häufig vor, der die Namengebung veranlasste. Es handelt sich um Gardena, Misteldrossel (Tordus viscivorus L.). So heisst dieser Vogel auch in den angrenzenden Mundarten von Bergamo, Brescia, Mailand und denen des übrigen Wälschtirols. Dem Worte liegt wahrscheinlich 3) lat. crates, veraltet ital. grada, Gitter, zu Grunde, das ja leicht auch zur Bezeichnung des Geflechtes dienen konnte, das die Mistel um die Baumäste schlingt. Der die Mistelbeeren fressende Vogel wird gradina, gradena, mit Metathese gardena genannt worden sein. Das Wort „Leores" ist jetzt in der judikarischen Mundart unbekannt. Fontes rer. Austr., II. Abt., 5. Bd., p. 209 u. p. 265. ä) Schneller, Trid. Urb., p. 102. 3) Vgl. Schneller, Rom. Vlksm. i. Südt., p. 145. 4)

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Unbeachtet aber bleibe nicht, dass in der Kirche S. Stefano bei Pinzolo, am Eingange des Valle di Genova, in der unter den Fresken befindlichen Inschrift1) der Besitzer eines Kastells mit Namen Alorus genannt wird: „... ad unum castellum quod vocatur Sanctus Joannes de Calla, quo castello morabatur unus qui nominabatur Morus." Wie nun die südlich nahe dabei gelegene Cima Artuic mit einem Männernamen bezeichnet wird, so "kann auch der Name dieses Berges auf Alorus zurückgehen. Was das Sprachliche anbelangt, so finden sich "keine besonderen Widersprüche mit der Mundart. Denn Aphärese des a ist im Judikarischen nicht selten. Vgl. bandunar = abbandonare, rivar = arrivare, gulana = avellana (Haselnuss), karoel = acaro [Milbe] 2), doperar = adoperar-3) u. a. m. Unbetontes u bleibt zwar im allgemeinen im Judikarischen erhalten oder es wird zu andern Vokalen, nicht zu e. Da jedoch im nahen Sulzbergischen Wörter mit unbetonter Ausgangssilbe -es häufig sind, so könnte angenommen werden, dass durch Einfluss dieser Leorus zu Leores geworden sei. ') Veröffentl. auch bei Kuntze u. Pfeiffer, Mad. d. C., p. 28. 2

) V g l . Gärtner, 1. c„ p. 8 2 3 .

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) Sulzbergisch; nach Gärtner, Sulzb. Wtr., p. 2 1 .

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Den Namen

Lago Ometo tragen zwei Seen, deren einer 2019 Meter, der andre, kleinere, nördlichere, 1998 Meter hoch gelegen ist. Südöstlich davon, 2243 Meter hoch, befindet sich Ometo. Hier ist eine kleine Pyramide, die einem „Männchen" ähnlich ist, errichtet. Daher die Bezeichnung. Solche aus rohen Steinen aufgeführte, pyramidenförmige Zeichen finden sich häufig in dieser Gegend. Sie stehen auf gefahrlichen Stellen und dienen hauptsächlich zur Zurechtfindung bei Nebel oder plötzlich einbrechenden Schneefallen. Die häufigere Bezeichnung ist „Matassin" 1 ) (in Brescia mätas, Vogelscheuche).

Cima dì Laste, 2770 Meter hoch, nördlich der Cima di Nambino gelegen. Laste ist eine sehr häufig vorkommende Benennung von Berggegenden, „wo grosse Steinplatten zu T a g e liegen" 2 ). Italienisch lastra, Steinplatte; mundartlich lasta. ') "Vgl. Apollonio, Definizione di alcuni vocabuli albini usati nel Trentino, enth. im Soc. d. A l p . Trid., ann. 8, p. 338. Vgl. Schneller, Tirol. Nmf., p. 89.

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Den Namen

Lago Ometo tragen zwei Seen, deren einer 2019 Meter, der andre, kleinere, nördlichere, 1998 Meter hoch gelegen ist. Südöstlich davon, 2243 Meter hoch, befindet sich Ometo. Hier ist eine kleine Pyramide, die einem „Männchen" ähnlich ist, errichtet. Daher die Bezeichnung. Solche aus rohen Steinen aufgeführte, pyramidenförmige Zeichen finden sich häufig in dieser Gegend. Sie stehen auf gefahrlichen Stellen und dienen hauptsächlich zur Zurechtfindung bei Nebel oder plötzlich einbrechenden Schneefallen. Die häufigere Bezeichnung ist „Matassin" 1 ) (in Brescia mätas, Vogelscheuche).

Cima dì Laste, 2770 Meter hoch, nördlich der Cima di Nambino gelegen. Laste ist eine sehr häufig vorkommende Benennung von Berggegenden, „wo grosse Steinplatten zu T a g e liegen" 2 ). Italienisch lastra, Steinplatte; mundartlich lasta. ') "Vgl. Apollonio, Definizione di alcuni vocabuli albini usati nel Trentino, enth. im Soc. d. A l p . Trid., ann. 8, p. 338. Vgl. Schneller, Tirol. Nmf., p. 89.



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La Val della Fus, nordwestlich von Malga Artuic, so benannt wegen der spindelförmigen Lage des Thaies. Judik. fus, Spindel (ital. fuso). Auffallend ist, dass das Wort weiblichen Geschlechtes ist, während es im Trientinischen männliche Geltung hat. Hier hat es aber, wie noch im älteren Italienisch zwei Pluralformen „fusi" und „fusa". Letztere Form mag zur Änderung des Geschlechtes beigetragen haben.

Milenia 1638 Meter hoch, zwischen der Malga Valchestria und Paluave. Schreibung aus dem Jahre 1347 Malegna 1 ). Im Volksmunde heisst der Ort noch jetzt Malegna. Daran knüpft sich die Vorstellung, der Name rühre von dem schlechten Holze her, das in der Nähe wächst. Da aber in andern Gegenden Trients und der Umgebung gleichnamige und ähnlich benannte Orte bestehen, wie z. B. im Lagerthal Malingo, Alpe in Terraguol am Monte Maggio, Milegna, auch Melegna auf der Nordseite dieses Berges, Melegnone im Vicentinischen, ') So in der mehrfach erwähnten Übersetzung des Abgabenbuches von Pinzolo, wo allerdings fraglich ist, ob nicht die Schreibung des Übersetzers dafür eingetreten ist.



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La Val della Fus, nordwestlich von Malga Artuic, so benannt wegen der spindelförmigen Lage des Thaies. Judik. fus, Spindel (ital. fuso). Auffallend ist, dass das Wort weiblichen Geschlechtes ist, während es im Trientinischen männliche Geltung hat. Hier hat es aber, wie noch im älteren Italienisch zwei Pluralformen „fusi" und „fusa". Letztere Form mag zur Änderung des Geschlechtes beigetragen haben.

Milenia 1638 Meter hoch, zwischen der Malga Valchestria und Paluave. Schreibung aus dem Jahre 1347 Malegna 1 ). Im Volksmunde heisst der Ort noch jetzt Malegna. Daran knüpft sich die Vorstellung, der Name rühre von dem schlechten Holze her, das in der Nähe wächst. Da aber in andern Gegenden Trients und der Umgebung gleichnamige und ähnlich benannte Orte bestehen, wie z. B. im Lagerthal Malingo, Alpe in Terraguol am Monte Maggio, Milegna, auch Melegna auf der Nordseite dieses Berges, Melegnone im Vicentinischen, ') So in der mehrfach erwähnten Übersetzung des Abgabenbuches von Pinzolo, wo allerdings fraglich ist, ob nicht die Schreibung des Übersetzers dafür eingetreten ist.

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die von Schneller 1 ) alle auf „malignus" zurückgeführt werden, weil es „hochgelegene, nur kurze Zeit benutzbare Alpen sind", so stehe ich nicht an, auch für diesen Ort ein „malignus" als Etymon anzunehmen.

Malga Denno, 1400 Meter hoch, liegt zwischen den nördlichen und östlichen Ausläufern der Brentagruppe. Die Malga ist nach dem östlich davon gelegenen Dorfe Denno, das nahe dem Noceflusse gelegen ist, benannt worden. Die hier befindliche Ruine des Schlosses Enno zeigt, worauf der Name zurückgeht 2 ). Ähnlich liegen die Verhältnisse bei dem alten Kastell Enn bei Neumarkt im Avisiothal, dessen Ursprung Orsi^) mit einem Gentilnamen Ennius in Verbindung brachte, der schon auf der Vellejanischen Tafel verzeichnet steht. — Hier mögen nun wieder einige Namen von Orten folgen, die, südlich von Campiglio, sich Pinzolo nähern. Schneller, Tirol. Nmf., p. 94. Ein vorgeschlagenes D ist in nonsbergischen Namen nicht selten. Vgl. Daulaso aus Olasco; ferner Dovena, Dardine, Dermullo. (Schneller, Trid. Urb., p. 163 u. Tirol. Nmf., p. 14.) 2)

*) Orsi, Saggio di top. Trent, im Arch. Trent. III, p. 249.

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die von Schneller 1 ) alle auf „malignus" zurückgeführt werden, weil es „hochgelegene, nur kurze Zeit benutzbare Alpen sind", so stehe ich nicht an, auch für diesen Ort ein „malignus" als Etymon anzunehmen.

Malga Denno, 1400 Meter hoch, liegt zwischen den nördlichen und östlichen Ausläufern der Brentagruppe. Die Malga ist nach dem östlich davon gelegenen Dorfe Denno, das nahe dem Noceflusse gelegen ist, benannt worden. Die hier befindliche Ruine des Schlosses Enno zeigt, worauf der Name zurückgeht 2 ). Ähnlich liegen die Verhältnisse bei dem alten Kastell Enn bei Neumarkt im Avisiothal, dessen Ursprung Orsi^) mit einem Gentilnamen Ennius in Verbindung brachte, der schon auf der Vellejanischen Tafel verzeichnet steht. — Hier mögen nun wieder einige Namen von Orten folgen, die, südlich von Campiglio, sich Pinzolo nähern. Schneller, Tirol. Nmf., p. 94. Ein vorgeschlagenes D ist in nonsbergischen Namen nicht selten. Vgl. Daulaso aus Olasco; ferner Dovena, Dardine, Dermullo. (Schneller, Trid. Urb., p. 163 u. Tirol. Nmf., p. 14.) 2)

*) Orsi, Saggio di top. Trent, im Arch. Trent. III, p. 249.



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Grasso Dovno (auch Grassa Dovno) liegt in einer Höhe von 1806 Meter, zwischen Val Brenta und Monte Spinale. Die dort wachsende Erle, jud. ovno (lat. alnus) hat dem Orte den Namen gegeben 1 ). Schneller hat seine besondere Aufmerksamkeit auf diesen Baum als Namengeber gerichtet 2 ) und eine grössere Anzahl Orte aufgezeigt, die sich nach ihm nennen. Hier dürfte aus dieser Zusammenstellung namentlich der Umstand interessieren, dass der Nonsberg, bekanntlich auch Oansberg und Uansberg genannt, urkundlich Anaunia, in diesem Baume die Wurzel seiner Bezeichnung hat. Auch Unterforcher fuhrt eine Reihe rätoromanischer Ortsnamen an, die auf lat. alnus zurückgehen 3). ') Über die lautliche Entwicklung von al vor Dental im Jud. vgl. Gärtner, I.e., p. 812 und andere Beispiele, p. 844. Über vorgeschlagenes D vgl. den vorigen Artikel. *) Schneller, Rom. Vollcsm. in Südt., p. 281—284. 3) Unterforcher, Rätor. Ortsn. in der Zeitschr. des Ferdinandeums, Jhrgg. 1892.

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Lago d'Agola1). Val d'Agola2). Sarca di Valagola. Malga di Valagola. Der Lago d'Agola ist ein kleiner See, der in einem Hochthal zwischen dem Monte Sabione und den Ausläufern der Brentagruppe liegt, etwa 10 Kilometer südlich von Campiglio, gegen 4 Kilometer östlich von Pinzolo. Durch diesen See geht die Sarca di Valagola, die, das Thal Val d'Agola durchziehend, im Norden, ungefähr in der Mitte zwischen Pinzolo und Campiglio, in die Sarca di Campiglio fliesst. Mit Malga di Valagola wird eine nördlich in der Nähe des Sees gelegene Sennhütte bezeichnet. Alle diese Namen verdanken ihren Ursprung höchstwahrscheinlich dem kleinen See selbst. In Du Cange 3) wird ein „Lagora" pro „Lacus" aufgeführt mit der Bemerkung: „enuntiatione Longobardica" und eine Stelle aus den Charta Aistulfi Reg. Longob. anno 753: „Et omnes lacoras usque ad grumam seu silvam". „Lacora" ist offenbar eine dissimilatorische Umbildung aus „Lacula", das Du Cange ebenfalls in der Bedeutung von Lacus erwähnt. ') Auch d. C. und die Auch (Abgabenbuch 3)

Lago di Valagola, wie ihn die Karte der Umg. v. Mad. österr. Generalstabsk. bezeichnen. Valagola nach ob. Karten; urkundl. 1694 Valagolla P.).

D u Cange, Gloss, med. et inf. lat.

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„Co" und „cu" erweichen sich im Judikarischen zu „go" und „gu" 1 ). Man wird nun das Thal, in dem der kleine See liegt, Val Lagola genannt haben. Dass in der romanischen Bevölkerung eine derartige Thalbezeichnung auch anderwärts vorkommt, bestätigt u. A. Gambillo, der aus der Rosengartengruppe eine Cima della Valle del Lago 2 ) erwähnt. Die hier beliebte Form „Val Lagola" verschuldete, dass sich das Bewusstsein von der Entstehung des Namens schnell verwischte, indem die Verlockung vorlag, den Anlaut von Lagola für den Auslaut von Val zu halten und demgemäss Agola als einen besondern Namen zu betrachten. Daher auch die Bezeichnung Val d'Agola. In einer späteren Zeit wird man den See nach dem Thal, in dem er liegt, benannt haben: Lago di Val Agola oder auch Lago

d'Agola,

ohne zu ahnen, dass sich in dem Namen eine Tautologie verberge. In gleicher Weise erklären sich die Benennungen der Sennhütte und des Flüsschens. ') Vgl. Gärtner, 1. c., p. 819 mit den Beispielen aguoei, Stachel der Bienen = acucul . . . , bägula, Wachholderbeere = bacula fugulär, Herd = focularis u. a. m. J ) Ann. Trid. 1885, p. 109.



so



Monte Sabione, 2IOO Meter hoch, westlich vom L a g o di Valagola. Einer geologischen Beschreibung des V a l di Rendena von Gambillo 1 ) entnehme ich, dass Gletscherdurchgänge, teils aus dem V a l di Genova, teils aus dem Nambronthal kommend, an diesem Berge ein Hindernis fanden, und dass man daher bis zu seiner Spitze Muränenreste und von diesen stammende Sandhaufen und Granitblöcke findet. Gambillo glaubt, dass der Bergname solchen Massen von „Sabbia" seinen Ursprung verdanke.

Baldimo2), ein nahe bei Pinzolo, nordwestlich davon gelegener Weiler, hat seinen Namen von einem in hiesiger Gegend einst nicht seltenen Männernamen Balduinus erhalten. Nur wenige ältere Schreibungen standen mir zu Gebote. In den erwähnten „Istrumenti" heisst der Ort im Jahre 1347 noch Baldmo, während er im „Abgabenbuch von Pinzolo" im Jahre 1628 schon als Baldimo auftritt; ebenso im Jahre 1697. A n Trientiner Urkunden, in denen der Name Balduin vorkommt, mangelt es nicht. So heisst es in den Gilten von Sopramonte (nordwestlich von Trient), 1) Società d. A l p . Trid. Ann. 8, p.

115.

2) Im Volksmunde Bavdim (vgl. alnus: ozmo !).



so



Monte Sabione, 2IOO Meter hoch, westlich vom L a g o di Valagola. Einer geologischen Beschreibung des V a l di Rendena von Gambillo 1 ) entnehme ich, dass Gletscherdurchgänge, teils aus dem V a l di Genova, teils aus dem Nambronthal kommend, an diesem Berge ein Hindernis fanden, und dass man daher bis zu seiner Spitze Muränenreste und von diesen stammende Sandhaufen und Granitblöcke findet. Gambillo glaubt, dass der Bergname solchen Massen von „Sabbia" seinen Ursprung verdanke.

Baldimo2), ein nahe bei Pinzolo, nordwestlich davon gelegener Weiler, hat seinen Namen von einem in hiesiger Gegend einst nicht seltenen Männernamen Balduinus erhalten. Nur wenige ältere Schreibungen standen mir zu Gebote. In den erwähnten „Istrumenti" heisst der Ort im Jahre 1347 noch Baldmo, während er im „Abgabenbuch von Pinzolo" im Jahre 1628 schon als Baldimo auftritt; ebenso im Jahre 1697. A n Trientiner Urkunden, in denen der Name Balduin vorkommt, mangelt es nicht. So heisst es in den Gilten von Sopramonte (nordwestlich von Trient), 1) Società d. A l p . Trid. Ann. 8, p.

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2) Im Volksmunde Bavdim (vgl. alnus: ozmo !).

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zwischen Monte Bondone und Monte Gazza aus dem Jahre 1205: . . . prima pecia jacet apud Balduinum1), aus dem Jahre 1220 2 ): Balduinus de Carza (im Sulzberg), Balduwinus de Formigaro (heute Schloss Sigmundskron bei Bozen), Balduinus de Portuli (bei Pergine). In einer der judikarischen Urkunden, die Papaleoni veröffentlicht hat, und die im Jahre 1272 abgefasst ist3), handelt es sich um ein Stück Land: „que fuit condam Baldoini de Teegne". Auch im Lagerthal wird im Jahre 1300 ein Baldinus de Avio genannt+). Die Personennamen Baldi, Baldini, Baldo, Balduzzi gehen alle auf althochd. „bald", neuhochd. „kühn" zurück 5).

In Bezug auf

Mistrin, des am südlichen Ende des Nambinothales gelegenen Weilers, verdient die Mitteilung des Führers Ferrari Erwähnung, dass noch vor einigen Jahren der Familienname Mestrin in Pinzolo häufig gewesen sei. ') Schneller, Trid. Urb., p. 206. 2) Schneller, ib., p. 57. 3 ) Arch. stor. ital. 1891, p. 228. Schneller, Tirol. Ortsn., p. 250. 5 ) Diez, Et. Wtbch.

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zwischen Monte Bondone und Monte Gazza aus dem Jahre 1205: . . . prima pecia jacet apud Balduinum1), aus dem Jahre 1220 2 ): Balduinus de Carza (im Sulzberg), Balduwinus de Formigaro (heute Schloss Sigmundskron bei Bozen), Balduinus de Portuli (bei Pergine). In einer der judikarischen Urkunden, die Papaleoni veröffentlicht hat, und die im Jahre 1272 abgefasst ist3), handelt es sich um ein Stück Land: „que fuit condam Baldoini de Teegne". Auch im Lagerthal wird im Jahre 1300 ein Baldinus de Avio genannt+). Die Personennamen Baldi, Baldini, Baldo, Balduzzi gehen alle auf althochd. „bald", neuhochd. „kühn" zurück 5).

In Bezug auf

Mistrin, des am südlichen Ende des Nambinothales gelegenen Weilers, verdient die Mitteilung des Führers Ferrari Erwähnung, dass noch vor einigen Jahren der Familienname Mestrin in Pinzolo häufig gewesen sei. ') Schneller, Trid. Urb., p. 206. 2) Schneller, ib., p. 57. 3 ) Arch. stor. ital. 1891, p. 228. Schneller, Tirol. Ortsn., p. 250. 5 ) Diez, Et. Wtbch.

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In den von Schneller 1 ) veröffentlichten Sulzberger und Nonsberger Urbaren aus dem Jahre 1220 wird auch ein Ort Mistriano im Sulzberg erwähnt. Der Herausgeber zweifelt, ob dieser das jetzige Mestriago sei. Wäre nachweisbar, dass der Accent auf dem zweiten i gelegen hätte, so könnte man Mistriano auch als Etymon für Mistrin in Anspruch nehmen. Weitere Schlüsse zu ziehen, verbietet der Mangel an Urkunden.

Von Campiglio entfernter gelegen, als die bisher erwähnten Orte, ist die

Cima Tosa, die in der Brentagruppe am häufigsten bestiegene, 3179 Meter hohe Gletscherspitze. Von hier aus zweigen sich nach Südwesten die kahlen „Le Tose" genannten Felswände ab, von deren Höhe die Gletscher nach dem erwähnten Val d'Agola abfallen. „Toso", geschoren, unbehaart, wird im Venetianischen in der Bedeutung „Kind" verwandt; tosa heisst aber auch „halberwachsenes Mädchen". Compton bemerkt daher richtig: „Tosa könne auf den kahlen Scheitel des Berges bezogen werden; oder man kann im poetischen Sinne darunter die „Jungfrau" verstehen2)." ')' Schneller, Trid. Urb., p. 47. 2) Vgl. Ztschr. d. D. u. Ö. Alp., Bd. 15, p. 2 1 3 .

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In den von Schneller 1 ) veröffentlichten Sulzberger und Nonsberger Urbaren aus dem Jahre 1220 wird auch ein Ort Mistriano im Sulzberg erwähnt. Der Herausgeber zweifelt, ob dieser das jetzige Mestriago sei. Wäre nachweisbar, dass der Accent auf dem zweiten i gelegen hätte, so könnte man Mistriano auch als Etymon für Mistrin in Anspruch nehmen. Weitere Schlüsse zu ziehen, verbietet der Mangel an Urkunden.

Von Campiglio entfernter gelegen, als die bisher erwähnten Orte, ist die

Cima Tosa, die in der Brentagruppe am häufigsten bestiegene, 3179 Meter hohe Gletscherspitze. Von hier aus zweigen sich nach Südwesten die kahlen „Le Tose" genannten Felswände ab, von deren Höhe die Gletscher nach dem erwähnten Val d'Agola abfallen. „Toso", geschoren, unbehaart, wird im Venetianischen in der Bedeutung „Kind" verwandt; tosa heisst aber auch „halberwachsenes Mädchen". Compton bemerkt daher richtig: „Tosa könne auf den kahlen Scheitel des Berges bezogen werden; oder man kann im poetischen Sinne darunter die „Jungfrau" verstehen2)." ')' Schneller, Trid. Urb., p. 47. 2) Vgl. Ztschr. d. D. u. Ö. Alp., Bd. 15, p. 2 1 3 .

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S3

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Die nördlich davon sich erhebende 2953 Meter hohe C i m a

d ' A r m i

hat nach einer Mitteilung von Compton1) ihren Namen von einem alten Gemsjägergeschlechte Armi.

V a l

Pers